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University of Illinois Urbana-Champaign
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M M.
MÜNCHENER
MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
HERAUSGEGEBEN
VON
O. v. Angerer, Ch. Bäumler, A. Bier, M. v. Gruber, H. Helferich, M. Hofmeier, L. v. Krehl,
München. Freiburg i. B. Berlin. München. Eisenach. Würzburg. Heidelberg.
Fr. Lange, W. v. Leube, G. v. Merkel, Fr. Moritz, Fr. v. Müller, F. Penzoldt, B. Spatz, R. Stintzing,
München. Stuttgart. Nürnberg. Köln. Münch' n. Erlangen. München. Jena.
REDIGIERT
HOFRAT DR BERNHARD SPATZ
PRAKT. ARZT.
LX. JAHRGANG.
MÜNCHEN
VERLAG VON J. E. LEHMANN1'
1913.
I. Originalartikel.
Seite
Abderhalden, Ueber Serumfermentwirkung bei Schwangeren
und Tumorkranken . . . 411, 763
— Zur Frage der Spezifizität der Schulzfermente . 462
— Bemerkung „Zur Geschichte der Serodiagnoetik der
Schwangerschaft“ von R. Freund . 701
— Ueber die diagnostische Bedeutung des Nachweises von
auf blutfremde Stoffe eingestellten Ferment n . 1386, 1549
— Gedanken über den spezifischen Bau der Zellen der einzelnen
Organe und ein neues biologisches Gesetz . ... 2385, 2712
— Weiterer Beitrag zur Frage nach dem E*nfluss des Blut¬
gehaltes der Substrate auf das Ergebnis der Prüfung auf
spezifisch eingestellte Abwehrfermeute mittels des Dialysier-
verfahrens. (Aus dem physiologischen Institut der Uni¬
versität Halle a. S.) . . 2774
— und An dr ye wsk y , Ueber die Verwendbarkeit der optischen
Methode und des Dialysierverfahrens bei Infektionskrank¬
heiten. Untersuchungen über Tubeikulose bei Rindern.
(Aus dem physiologischen Institute der Universität Halle a. S.) 1641
— und Fodor, Ueber Abwehrfermente im Blutserum
Schwangerer und Wöchnerinnen, die auf Milchzucker ein¬
gestellt sind. (Aus dem physiologischen Institut der Uni¬
versität Halle a. S.) . 1880
— und Schiff, Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Spezifität
der Abwehrfermente. Das Verhalten des Blutserums
schwangerer Kaninchen gegenüber verschiedenen Organen.
(Aus dem physiolog sehen Institute der Universität Halle a. S.) 1923
— und Weil, Beitrag zur Kenntnis der Fehlerquellen des Dia¬
lysierverfahrens bei serologischen Untersuchungen. Ueber
den Einfluss des Blutgehaltes der Organe. (Aus dem Physio¬
logischen Institute der Universität Halle a. S.) . 1703
Ae rzte Ordnung und Gesetz über die Errichtung einer Aerzte-
kammer und ärztlicher Ehrengerichte im Grossherzogtum
Hessen . ... 820
Alexandrescu-Dersca, Ueber ein neues Verfahren der intra¬
venösen Neusalvarsaninjektion. (Spital Filantropia. III. Medi¬
zinische Klinik zu Bukarest) . 1601
Allemann, Marion Sims . 138
— John Shaw Billings . 1096
Althoff, Ueber zwei Fälle von schwerer Bleivergiftung in der
Messingindustrie .... 530
Altmann und Dreyf us G. L , Salvarsan und Liquor cerebrospi¬
nalis bei Frütisyphilis, nebst ergänzenden Liquorunter¬
suchungen in der Latenzzeit. (Aus der dermatologischen
Klinik und der medizinischen Klinik des städtischen
Krankenhauses zu Frankfurt a. M.) . 464, 531
Altstaedt, s. u. Deyke und Altstaedt.
Alwens, Neuere Fortschritte in der Röntgentechnik und -dia-
gnostik (Ulustr.) . 2682 2740
Andree, Exstirpation eines kleinfaustgrossen Hirnhauttumors
in Lokalanästhesie. (Aus der chirurgischen Abteilung des
Vereinskrankenhauses zum Roten Kreuz in Bremen). (Ulustr.) 528
Andryewskys u. Abderhalden und Andryewsky.
Anitschkow, Ueber experimentell erzeugte Ablagerungen von
Cholesterinestern und Anhäufungen von Xanthomzellen
im subkutanen Bindegewebe des Kaninchen. (Aus dem
pathologischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) . 2555
Ansprenger, Einige interessante Missbildungen der männ¬
lichen Generationsorgane. (Aus dem patholog. Institut des
Krankenhauses München Schwabing.) (Illustr) . 1707
Anton, Zur Erinnerung an Fritz Gustav v. Bramann . 1438
Arnold, Ueber orthotische Albuminurie und ihre Beziehungen
zur Tuberkulose nach Untersuchungen bei Hautkranken,
inbesondere bei Hauttuberkulose und Syphilis. (Aus der
Universitätsklinik für Hautkrankheiten in Würzburg) . . 458
Ascher s. u. Mehler und Ascher.
Aschoff, Wie entstehen die reinen Cholesterinsteine? (Aus
dem pathologischen Institut der Universität Freiburg i. B.) 1753
— , Krönig und Gauss, Zur Frage der Beeinflussbarkeit
tiefliegender Krebse durch strahlende Energie. (Aus dem
pathologisch-anathomischen Institut und der Universitäts-
Frauenklnik zu Freiburg i. Br.) (Mit einer Tafel.) . . 337 413
Auerbach, Pericarditis caseosa und Unfall. (Aus dem israeli¬
tischen Krankenhause Köln-Ehrenfeld) . 1829
Aumann, Reiseskizzen aus Mittelbrasilien. (Ulustr.) . 1888
Authenrieth und Funk, Ueber kolorimetrische Bestimmungs¬
methoden: Die Bestimmung des Gesamtcholesterins im
Seite
Blut und in Organen. (Mitteilung aus der medizinischen
Abteilung des chemischen Universiiätslaboratoriums zu
Freiburg i. B.) (Ulustr.) . 1243
Authenrieth und Funk, Zur Kenntnis der Liebermannschen
Cholestqlreaktion. (Aus der med. Abteilung des ehern.
Universitätslaboratoriums Freiburg i. Br.) . 1776
Baar, Ueber Ureterenstrikturen, die eine Nephrolithiasis Vor¬
täuschen . 2838
Bachem, Ein haltbarer Ersatz der Jodtinktur in fester Form.
(Aus detn Pharmakologischen Institut der Universität Bonn.) 2626
Bacmeister, Das Auftreten virulenter Tuberkelbazillen im Blut
na« h der diagnostischen Tuberkuliniujektion. (Aus der
medizinischen Universitätsklinik Freiburg i. Br.) . 343
Bade, Zur Behandlung der spondylitischen Lähmungen .... 1432
Baer G. -Davos, Das Perkussionsquantimeter. (Aus Dr. Turbans
Sanatorium, Davosplatz.) (Ulustr.) . 132
— Ueber extrapleurale Pneumolyse mit sofortiger Plombierung
bei Lungentuberkulose. (Ihustr.) . 1587
Baer J.- Wiesbaden, Vesikovaginalfistel auf intravesikalem Wege
geschlossen. (Aus der urolog. Privatklinik Dr. Henrique
Bastos in Lissabon.) (Illustr.) . . . 2053
— - Littiotripsie eines walnussgrossen Steines (Inkrustation) und
nachfolgende Extraktion einer Haarnadel aus der Blase
eines siebenjährigen Mädchens. (Illustr ) . 2118
Baermann u Heinemann, Die Behan llung der Amöben¬
dysenterie mit Emetin. (Aus dem Zentralhospital zu Pe-
toemboekan [Sumatras Ostküste]) . 1210
— — Die Intrakutanreakt on bei Syphilis und Frambösie.
(Aus dem Zentral-Hospital zu Petoemboekan [Sumatras
Ostküste]). . 1537
Baetge, Be andlung der Malaria tertiana mit Neosalvarsan. (Aus
der med. Klinik Düsseldorf.) (Ulustr ) . . 2776
Bäumel, Ueber einen Quellstiftträger. (Ulustr.) . 2283
Bä um ler. Die Differentialdiagnose der Pocken . 1361
v. Baeyer H, Mechanische Behandlung der tabisehen Ataxie.
(Aus der orthopäd. Station des Krankenhauses München
1. d. Isar.) [Illustr] . 2621
Bang, Ueber den klinischen Nachweis von Hyperglykämie. (Aus
dem medizinisch chemischen Institut der Universität Lund.) 2277
Bardach, Zur therapeutischen Anwendung intravenöser Arthi-
goninjektinnen. (Aus der Univ.-Klinik für Haut- und Ge-
schlechtekranke in Heidelberg.) . 2622
Barladean, Methoden der Wasserdestillation. (Ulustr.). . . . 1601
Basler, Einiges über den Tastsinn. (Illustr.) . . 1809
Bass, Untersuchungen am Blutserum von Gichtikern . 2176
Bauer, Zur Behandlung granulierender Wunden . 1549
Beck, Ist konstitutionelle Syphilis vom Ohr aus zu diagnosti¬
zieren? (Aus der k. k. Universitäts-Ohrenklinik in Wien) 2778
Behrendt, Die Folgen der neuen zahnärztlichen Prüfungsordnung 1213
Benario, Zur Pathologie und Therapie des Diabetes insipidus.
(Aus dem Kgl. Institut für experimentelle Therapie in
Frankfurt.) (Illustr.) . . 1768
Benedek, Ueber Hautreaktionen mit Noguchis Luetin bei Para¬
lytikern. (Aus der neurologisch-psychiatr. Universitätsklinik
zu Klausenburg (Ungarn). (Ulustr.) (Mit einer Tafel) . . . 2033
Bennecke, Ueber pseudo cholezystische Symptome bei Typhus.
(Aus der mediz. Klinik zu Jena.) . 1251
— Behandlung schwerster Sepsis mit intravenöser Infusion
grösserer Mengen menschlichen Normalserums nach voraus¬
gegangenem Aderlass. (Aus der medizin. Klinik in Jena) 1926
— Klinische Beobachtungen über „Isticin“, ein neues Abführ¬
mittel. (Aus der med. Klinik zu Jena) . 2789
Bennigson s. u. Borchardt und Bennigson.
Bergeat, Zur Behandlung granulierender Wunden. (Aus dem
Institut für Orthopädie und Medikomechanik von Dr. von
Baeyer und Dr. Bergeat in München) . 1377
— Zum Ausbau der bayerischen ärztlichen Staudesorganisation
(Ehrengeriachtsordnung) . 1834
Berger, F., Köln, Weitere statistische und klinische Beobachtungen
in der Salvarsantherapie der Syphilis . 2394
Berger H., Berlin, Zur Psychologie der falschen LiteraLuxangaben 652
Berger H, Jena, Ueber den Nachweis der Spirochäten des Para¬
lytikergehirns im Tieiexperiment. (Aus der psychiatr. Klinik
zu Jena) . 1921
259587
1*
IV
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
v. Bergmann, G., Das spastnogene Ulcus pepticum. (Aus der
mediz. Abteilung des Altonaer Stadt-Krankenhauses.) (Illustr.) 169
— Ueber Beziehungen des Nervensystems zur motorischen
Funktion des Magens. (Aus der medizinischen Abteilung
des A.tonaer Stadt-Kiankenhauses) . . 2459
Bernoulli, Einfluss der Digitalis auf die Erholung des Herzens
nach Muskelarbeit (Aus dem pharmakologischen Institut
der Universität Basel.) (Illustr.) . 967
Bertlich, Thrombose des Sinus cavernosus bei einem 5 Monat
alten Säugling. (Aus der Kgl. Universitäts-Kinderklinik
Hai e a. S . 1435
ßestelmeyer, „Eine Woche Bauchchirurgie“ in Düsseldorf . . 2709
Bett mann, Ueber kombinierte Behandlung des Lupus mit Alt¬
tuberkulin und Aurum-Kalium cvanatum. ( Aus der Heidel¬
berger Universität Hautklinik) . 79H
Beyer, Ein Fall von spontaner Uterusruptur in der Schwanger¬
schaft. (Aus der Chirurg. Abteilung des Landkrankenhauses
zu Hanau.) (Illustr.) . 25
Beyer B., Ueber die Bedeutung des Abderhaldenschen Dialysier-
verfalircns für die psychiatrische Diagnostik. (Aus dem
Bürgerhospital in Stuttgart und dem Sanatorium Herzog¬
höhe in Bayreuth.)' . 2450
Beyer W., Diphtheriebazillen im Harn. (Aus der medizinischen
Universitätsklinik in Rostock.) . 240
— Ueber die intravenöse Anwendung des Diphtherie -Heil¬
serums. (Aus der Medizinischen Universitätsklinik Rostock.)
(Illustr.) . 1867
Biberstein s. u. Frank, Rosenthal und Biberstein.
Binswanger, Die Abderhaldensche Seroreaktion bei Epilep¬
tikern ... . . - . 2321
Bitter, Ein brauchbarer, leicht zu beschaffender Organextrakt
zur Anstellung der Wassermannscben Reaktion. (Aus dem
Kgl. Hygienischen Institut in Kiel.) . 1819
Bittorff, Friedrich Albin Hoffmann . 2524
Blech er, Kampferöl bei Peritonitis und Douglasabszess. (Aus
dem Garnisonlazarett Darmstadt) . . 1261
Bl es, Die Köhlersche Knochencrkrankung. (Illustr.) . 1941
Bleuler, Träume mit auf der Hand liegender Deutung . . 2519
Blümel, Aktuelles auf dem Gebiet der Lungentuberkulose 2796, 2846
Boas, Zwei Fälle von Reinfektion bei Salvarsan-Quecksi lber-
behandelten Patienten nebst einer Zusammenstellung un¬
serer Resultate mit der kombinierten Behandlung. (Aus
dem R. Berghs Plospital in Kopenhagen.) . 2620
Bo dm er, Ueber Chemotherapie der Lungentuberkulose, speziell
das Finklersche Heilveifahren. (Aus dem Sanatorium Cla-
vadel bei Davos.) . 1756
Bo ecke r, Zur operativen Behandlung des chronischen Oedems 1774
Boehncke, Beobachtungen bei der Chemo-Serotherapie der
Pneumokokkeninfektion. (Aus dem Kgl. Institut für expe¬
rimentelle Therapie zu Frankfurt a. M.) . 398
Bo hm, Hegonon in der Gonorrhöebehandlung . 2787
Bollag, Beitrag zur Kalziumtherapie (Kalzine) bei Urtikaria im
AVochenbett. (Aus dem Frauenspital Basel-Stadt.) .... 2514
Borchardt und Bennigson, Blutzuckeruntersuchungen bei
chronischen Nephritiden. (Aus der Kgl. medizinischen Klinik
zu Königsberg.) . 2275
Bornstein, Ueber den Stoffwechsel der Geisteskranken. (Aus
der physiol. Abteilung am allgemeinen Krankenhaus St. Georg
in Hamburg.) ... • 1994
Bossi, Psychiatrie und Gynäkologie . • . . . . 134
llrahm s. u. Freund und Brahm.
Brauer, Ueber die Beschaffung und Bereitstellung radioaktiver
Substanzen . 2149
Breiger, Ueberblick über die Entwicklung und die Erfolge der
Lichttherapie in den erden 15 Jahren . 363
Brenner, Ein Beitrag zur Anwendung des Fibrolysins bei
chronischer Pneumonie . 1547
Brix, Ueber einen durch Operation geheilten Fall von puerperaler
Sepsis. (Illustr.) . 1325
— Ein Fall von Situs inversus totalis. (Aus der Diakonissen¬
anstalt zu Flensburg) . 2790
Br ommer, Ueber die Behandlung der Bauchdecken und des
muskulären Beckenbodens bei Wöchnerinnen mittells des
Bergonieschen ATerfahrens. (Aus der Universitäts-Frauen¬
klinik Erlangen.) (Illustr.) ... 2325
Bruck C. K. und Glück, Ueber dio Wirkung von intravenösen
Infusionen mit Aurum-Kalium cyanatum (Merck) bei äusserer
Tuberkulose und Lues. (Aus der Kgl. dermatolog. Univer¬
sitätsklinik zu Breslau ) (Illustr.) . 57
— und Sommer, Ueber die diagnostische und therapeutische
Verwertbarkeit intravenöser Arthigoninjektionen. (Aus der
Kgl. Dermatologischen Klinik zu Breslau) ....... 1185
Bruck F. -Berlin, Zur persönlichen Prophylaxe der Syphilis . . 650
— Uebor den diagnostischen Wert der Abderhaldenschen
Serumreaktion (Fermentreaktion) . 1775
Bruegel, Bewegungsvorgänge am pathologischen Magen auf
Grund röntgenkinomatögraphischer Untersuchungen. (Aus
dem Röntgeninstitut Dr. Bruegel, und Dr. Kaestle zu
München.) (Illustr.) . . . 179, 593
Seite
Brün eil s. u. Flatow und Brtinell.
Brüning, Einfacher Handschutz bei eitrigen Operationen. (Aus
der Chirurg. Universitäts-Poliklinik zu Giessen . 1716
Bruno, Ein Beitrag zur Aetiologie der spinalen Kinderlähmung 1995
Bucky, Kombinierte Augenelektrode und Augenirrigationsgefäss.
(Illustr.) . 186
— und Frank, Ueber Operationen im Blaseninnern mit Hilfe
von Hochfrequenzströmen. (Illustr.) . 348
Biirker, Die physiologischen AVirkungen des Höhenklimas auf
das Blut und ihre Deutung . ... 2442
Büttner- W obst, Die von Pirquetsche Kutanreaktion im Diensto
der Schwindsuchtsprophylaxe . 133
Bufe, Erfahrungen mit Ureabromin bei der Alkoholentziehung.
(Aus dem Kurhause AVilhelmshof für Alkohol- und nerven¬
kranke Männer) . 2624
Bumm u. Voigts, Zur Technik der KarzinombestraliluDg. (Aus
der Universitäts Frauenklinik zu Berlin.) (Illustr) .... 1697
Burkhardt, Fortschritte auf dem Gebiete der Chirurgie der
Leber und des Pankreas . 1155
Butzengeiger, Erfahrungen mit Mesbe in der Behandlung
chirurgischer Tuberkulosen. (Aus der chirurgischen Abtei¬
lung der städt Krankenanstalten zu Elberfeld.) . 128
•
Caan, Zur Behandlung maligner Tumoren mit radioaktiven Sub¬
stanzen. (Aus dem Samariterhaus zu Heidelberg.) .... 9
— Therapeutische Versuche mit lokaler Thoriumcliloridbe-
handlungbei Karzinommäusen und Sarkomratten. (Aus dem
Kgl. Institut für experimentelle Therapie zuFrankfurt a. M.) 1078
Chiari, Ueber familiäre Chondrodystrophia foetalis . 248
Christen, Vereinfachung der dynamischen Pulsdiagnostik.
(Illustr.) . . 1372
— Zur Extensionsbehandluug der Oberarmbrüche. (Illustr.) . 1545
Cimbal, Schutz vor Schlafmittelvergiftungen . 2626
Cohn, M. -Moabit Berlin, Die röntgenologischo Darstellung des
Wurmfortsatzes . 1042
Cohn P., Mannheim, Ueber Behandlung mit „Hetoleinträufelung“
bei Iritis . 979
Conradi E., Ueber das Vorkommen von Diphtheriebazillen im
Nasen- und Rachensekret ernährungsgestörter Säuglinge.
(Aus der Kinderklinik der Akademie für praktische Medizin
zu Köln.) . 512
— Tuberkulosenachweis im Tierversuch mit Hilfe der Pirquet,-
schen Reaktion. (Aus der Kinderklinik der Akademie für
praktische Medizin zu Köln.) . 1592
Conradi II., Ueber ein neues Prinzip der elektiven Züchtung
und seine Anwendung bei Diphtherie. (Aus der Kgl. Zen¬
tralstelle für Gesundheitspflege in Dresden.) . 1073
Cords, Die Bedeutung der „Sonderdruckzen'rale* für den Aka¬
demiker . 2681
Gramer, Ein neuer Amerikanismus in der Medizin . 251
Crede, Antiseptische Behandlung der Perbouitis . . . 2117
Credd-Hörder, Ueber die „Spätinfektion“ der Ophthalmoblen¬
norrhoe. (Aus der Privat-Frauenklinik San. -Rat Dr. Steffek
und Dr. Crede-Hörder zu Berlin . 23
Cremer, John Seemann j . ... 1831
Cuno, Erfahrungen mit Tuberkulin Rosenbach. (Aus Dr. Christs
Kinderhospital in Frankfurt a. M ) . 25.15
Cuntz, Ueber ungünstige Wirkungen des Hexamethylentetramins
(Urotropins). (Aus der Hautklinik der Universität Heidelberg) 1656
Danielsen, Allgemeine eitrige Peritonitis durch Bandwurm.
(Aus der chirurgischen Klinik in Beuthen O.Schl.) . . .411
v. Dapper und Jürgensen, Ueber die Indikationen des Kis-
singer Neuen „Luitpold- Sprudels“ . 808
Daser, Sir Jonathan Hutchinson . 1605
David, Akute primäre diphtherische Lungenentzündung. (Aus
der med. Universitätsklinik zu Halle a. S.) (Illustr.) . . . 2341
Decker, Ueber gutartige Polypen des Mastdarms und des S
romanum. (Aus Dr. Deckers Sanatorium für Magen-, Darm-,
und Zuckerkranke in München) . 589
— Ueber eine praktische künstliche Afterbandage und Mast¬
darmvorfallbandage. (Aus Dr. Deckers Sanatorium für
Magen-, Darm- und Zuckerkranke in München). (Illustr.) 700
Denker, Wird in Deutschland der praktische Arzt in genügender
Weise in der Oto Rhino-Laryngologie ausgebildet? .... 1606
Dessauer, Versuche über die harten Röntgenstrahlen (mit Berück¬
sichtigung der Tiefenbestrahlung). (Illustr.) . 696
— Arbeiten über harte Röntgenstrahlen . 1383
Dessauer, Fortschritte in der Erzeugung harter Röntgenstrahlen.
(Illustr ) . 2268
Deycke und Altstaedt, Anderthalb Jahre Tuberkulosetherapie
nach Deycke-Much. (Aus der Direktorialabteilung des all¬
gemeinen Krankenhauses Lübeck) . 2217
— und Much, Einiges über Tuberkulin und Tuberkulose¬
immunität. (Aus der V. med. Abteilung und dem Institut
für experimentelle Therapie des Eppendorfer Kranken¬
hauses) . 119, 190
1913
INHALTS-VERZEICHNIS
V
Seite |
Dieterle, Hirschfeld und Klinger, Studien über den ende¬
mischen Kropf. (Aus dem Ilygieneinstitut der Universität
Zürich.) (Illu8tr.) . 1818
Dietl, Ueber Arsenregenerin und Regonerin. (Aus dem Kinder-
spitale der allgemeinen Poliklinik in Wien) ....... 2049
Di etlen, Orthodiagraphie und Teleröntgenographie als Methoden
der llerzmessung, (lllustr.) . 17(13
Döllner, Eine neue Tafel zur Bestimmung der Sehschärfe und
Refraktion der Analphabeten. (lllustr.) . 25(59
Doorfler, Bemerkungen zur Behandlung der Lungentuberkulose
in der allgemeinen Praxis mit besonderer Berücksichtigung
der Wilmschen Pfeilerresektion . . . 12(58
Doinikow, Ueber das Verhalten des Nervensystems gesunder
Kaninchen zu hohen Salvarsandosen. (Aus dem Georg-Speyer¬
haus und dem neurologischen Institut in Frankfurt a. M.) 79(5
Donati s. u. Morpurgo und Donati.
Dreisbach, Auch eine ,, Pilzvergiftung“ . 591
Dreuw, Ueber Druckscheidenspülungen in der gynäkologischen
Praxis vor vaginalen Operationen und bei der Prostituierten¬
untersuchung. (lllustr.) . 1382
Dreyfus s. u. Altmann und Dreyfus.
Dreyfus, Neosalvarsan (Aus der Medizinischen Klinik des
Städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M.) . (53U
- — Die Injektion konzentrierter Altsalvarsanlösung mit der
Spritze. (Aus der Medizinischen Klinik des Städtischen
Krankenhauses zu Frankfurt a. M.) (lllustr.) . 2333
v. Düring, Vom Kriegsschauplatz in Montenegro . 92(5
Duhot, Eine neue Spritze zur Injektion von konzentrierter, unter
Luftabschluss bergestellter Neosalvarsanlösung. (lllustr.) . 1U88
Dunbar, Dr. Heino Trautmann f. (lllustr.) . 2793
v. Düngern und H alp ern, Ueber Komplementbindungsreaktion
mit Liquor cerebrospinalis bei Karzinom. (Aus der bio¬
chemischen Abteilung des Instituts für experimentelle Krebs¬
forschung in Heidelberg) . 1923
D u n z e 1 1 , Die Ditferentialauszählung der weissen Blutkörperchen
in der Zählkammer. (Aus der II. medinischen Klinik zu
München) . . . 261(5
Durlacher, Ueber eine Frühgeburtseinleitung bei platt rachiti¬
schem Becken bei Gravidät des rechten Hornes eines Uterus
bicornis unicollis mit einigen epikritischen Bemerkungen 1882
Ebstein, Claude Bernard . 2912
Ehrenreich, Ein Momentverschluss an der v. Recklinghausen-
schen Armmanschette. (Aus dem Med.-Poliklin. Institut
der Universität Berlin.) (lllustr.) .... 2792
Ehrmann und Wolff, Untersuchungen am Blutserum von
Gichtikern. (Aus dem medizinisch-poliklinischen Institut
der Universität Berlin) . 2115
Eichholz, Die Vermeidung der Anaphylaxiegefahr durch eine
neue Art der Serumeinverleibung. (Injektionsfertiges Trocken¬
serum.) (Aus der bakteriologischen Abteilung der chemischen
Fabrik von E. Merck in Darmstadt) . 2558
Eich mann, Schwangerschafts-Toxikodermien durch Ringersche
Lösung geheilt. (Aus der Hebammenschule in Osnabrück) 183
Eicke, Die Goldreaktion im Liquor cerebrospinalis. (Aus der
dermatologischen Abteilung des Rudolf-Virchow- Kranken¬
hauses Berlin.) (lllustr.) . . . 2713
Eijkman, Ueber die Ursache der Beriberikrankheit . 871
Eisler s. u. Lenk und Eisler.
— Radiologische Studien über Beziehungen des Nervensystems
zur motorischen Funktion des Magens. (Aus dem Röntgen¬
institut der allgem. Poliklinik in Wien.) . 2734
Ellis s. u. Swift und Ellis.
Emmerich M. -Nürnberg, Ueber Rubidium in der Quelle des
Bades Adelholzen (Primusquelle) in Oberbayern . (598
Emmerich R. und Loew- München, Erfolgreiche Behandlung
des Heufiebers durch lange Zeit fortgesetzte tägliche Chlor¬
kalziumzufuhr . 2676
Engelhorn, Zur biologischen Diagnose der Schwangerschaft.
(Aus der Universitäts Frauenklinik Erlangen.) . 587
— Ueber die Beeinflussung des Hämoglobinkatalysators in der
Schwangerschaft (Weichardtsche Reaktion). (Aus der Uni¬
versitäts-Frauenklinik zu Erlangen.) . 1195
Erhardt, Experimentelles über Mäusekarzinom . 1484
Erlacher, Zur Behandlung von Skoliosen durch Gipsverbände
nach Abbott. (Aus der chirurgisch-orthopädischen Abteilung
der Universitäts-Kinderklinik Graz.) (lllustr.) . 1312
Erne, Funktionelle Nierenprüfung mittels Phenolsulfonphtalein
nach Rowntree und Geraghty . 510
Ertl, Klinische Versuche mit wehenanregenden Mitteln. (Aus
der Oberösterreichischen Landes Frauenklinik Linz a. Donau.) 973
Esch P., Zur Frage des Tuberkulosennachweises durch beschleu¬
nigten Tierversuch. (Aus der Kgl. Universitäts Frauenklinik
zu Marburg.) . 187
— Die Monopolisierung der Unfalltherapie . 1385
Espeut, Uterusruptur nach Pituglandol, (Aus dem evangelischen
Krankenhause Gelsenkirchen.) . 1774
Seite
Ewald, Eine typische Verletzung am Condylus medialis femoris.
(Aus dem orthopädischen Institut von Dr. Ottendorf und
Dr. Erwald in Hamburg und Altona.) (lllustr.) . 16(52
Fabian, Ueber die Behandlung, des Lymphosarkoms. (Aus dem
chirurgisch poliklinischen Institut der Universität Leipzig.) 1870
Faginoli, Weiteres über die Thermopräzipitinreaktion bei Tuber¬
kulose. (Aus dem Institut für spozioll«^ Pathologie innerer
Krankheiten der Kgl. Universität Catania.) . 1480
Falkner, Direkte Behandlung der tuberkulösen Peritonitis mit
Jod präparaten. (Aus dem öffentlichen Krankenhause
Deutsch-Liebau) . 978
Faulhaber, Zur Diagnose und Behandlung des chronischen
Ulcus pylori. (lllustr.) . 915, 983
Fauser, Zur Frage des Vorhandenseins spezifischer Schutz¬
fermente im Serum von Geisteskranken . 584
— Die Serologie in der Psychiatrie . • . 1984
Feiber, Lithotripsie oder Lithotomie? ... 247
Fellenberg, Eine Pinzette zur Erleichterung der Peritonealnaht
in der Tiefe des Beckens. (lllustr.) . 2(580
Felten-Stoltzenberg, Ueber negativen Druck in den langen
Röhrenknochen des Hundes . 134
Fi chera, Experimentelle, histologische und klinische Forschungen
über die Geschwülste . 2176
Fiessler, Zur Frage der gesetzlichen Bestimmungen für die
ärztliche Berufstätigkeit . 1831, 1884
Finckh, Der Arzt als Patient .... 361
Finger, Dichotomie unter Aerzten . 1385
Finkeistein, Otto L. Heubner ... 703
Finsterer, Ueber die Freilegung inoperabler Magenkarzinomo
zur Röntgenbestrahlung und die damit erzielten Erfolge.
(Aus der chirurgischen Universitätsklinik Iiofrat Hochenegg
in Wien) . . 855
Fischei, Jodipin per elysma bei Prostatitis . (551
Fischer A. - Karlsruhe , Die Begriffe „Soziale Hygiene“ und
„Soziale Medizin“ . 1943
— Lehrreiche Angaben aus dem Statistischen Jahrbuch der
Stadt Berlin . 2737
Fischer B. - Frankfurt, Das Urteil der Frankfurter Strafkammer
im Prozess Spohr . 1550
Fischer J.-Bad Nauheim, Seekrankheit und Vagotonie .... 1649
Flath, Zur Kasuistik der subkutanen Leberruptur. (Aus der
chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der Barm¬
herzigkeit in Königsberg i. Pr.) . 75
Flatow, Praktische Winke zur Bestimmun'g der Harnsäure und
und Purinkörper im Urin. (Aus der II. mediz. Klinik der
Akademie für praktische Medizin zu Köln a. Rb.) . . . . 354
— und B r ü n e 1 1 , Eine klinisch einfache Methode quantitativer
Urobilinogenbestiramung. (Aus der II. mediz. Klinik der
Akademie für prakt. Medizin Cöln a. Rh.) . . . . 234
F o d o r s. a. Abderhalden und Fodor.
Foerster, Zur Psychologie der Aussagen Unfallverletzter . . . 1880
Forcart, Larosan als Ersatz für Eiweissmilch . 1199
Fraenkel. A.-Badenweiler-ITeidelberg, Ueber hustenstillende
Mittel und über ein neues Kodeinpräparat . 522
Fr ä nkel J., Die Entstehungsweise übermässiger Beckenneigung.
(Aus der Kgl. Chirurgischen Universitäts Klinik in Berlin.)
(lllustr.) . 579
Fran c k E.-Berlin, Das neue russische Arbeiterversicherungsgesetz 301
Frank E. R. W.-Berlin s. a. Bucky und Frank.
Frank C. und Rosenthal H., Experimentelle Untersuchungen
über die Spezifität der proteolytischen Schutzfermente (Ab¬
derhalden). (Aus der medjz. Klinik der Universität Breslau.) 1425
— und Biberstein, Experimentelle Untersuchungen über
die Spezifität der proteolytischen Abwehr (Schutz)-fermente
f Abderhalden.) (Aus der mediz Klinik der Universität Breslau.) 1594
— W.-Dudweiler, Seltenheiten aus der Praxis . 1149
Frankhauser, Ueber die Behandlung einer ausgedehnten
schweren Verbrennung mit dem Warmluftstrom. (Aus der
Bezirksheilanstalt Stephansfeld i. E.) . 2625
Freudenberg, Ein elektrisches Beckendammheizkissen in Bade¬
hosenform. (Aus der chirurgisch-urologischen Privatklinik
von Dr. A. Freudenberg in Berlin.) (lllustr.) . 981
Freund R. und Brahm, Die Schwangerschaftsdiagnose mittelst
der optischen Methode und des Dialysierverfahrens. (Aus
der Frauenklinik der Kgl. Charitee und aus dem mediz -
chem. Laboratorium.) . 685
Freund R. und Brahm, Zur Geschichte der Serodiagnostik der
Schwangerschaft. (Aus der Frauenklinik der Kgl. Charitee
zu Berlin.) . . . 700
— Ueber Serumfermentwirkungen bei Schwangeren und Tumor¬
kranken . 7(53
Fried, Zur Seradiagnostik der malignen Geschwülste. (Aus dem
medizin. -klinischen Institut der Universität München . . . 2782
Friede mann, Ueber intravenöse Dauerin fussion . 12(54
Fried länder, Seekrankheit und Vagotonie ... .... 1830
Friedmann, Ueber intravenöse Dauerinfusion. (Ans dem kom¬
munalen Krankenhaus zu Langendreer i. W.) (lllustr.) . . 1022
VI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Friedrich, Aus den griechischen Kriegslazaretten zu Saloniki
und Athen am Ausgang des zweiten Balkankrieges 2497, 2570
2628
v. Frisch, Ueber den Farbensinn der Bienen und die Blumen¬
farben . 15
Fritsch, Erfahrungen über die Röntgentherapie der tuberkulösen
Halslymphome. (Aus der chirurgischen Klinik zu Breslau.) 2610
Froesch, Ueber eine Komplementbindungsreaktion bei ange-
bnrnem Schwachsinn und anderen degenerativen Zuständen
des Zentralnervensystems. (Aus dem Hygieneinstitut der
Universität Zürich.) . . 911
Fromme und Ruhncr, Die Nierenfunktionsprüfung mittels des
Phenolsulfonphthaleins. (Aus der Universitäts- Frauenklinik
der Kgl Charitee zu Berlin) . 588
Frühwald, Ueber konzentrierte intravenöse Neosalvarsaninjek-
tionen (Aus der dermatologischen Klinik der Universität
Leipzig.) ... . . . . . 2512
Fuchs, A -Kaufbeuren, Tierexperimentelle Untersuchungen über
die Organspezifität der proteolytischen Abwehrfermente
(Abderhalden) ... . 2230
Fuchs H., Ueberleitungsstörung im Verlauf der Salvarsanbehand-
lung bei einem Patienten mit ppäter Sekundärines. (Aus
der dermatologischen Klinik in Basel.) illlustr.) . 2339
Fuchs, M -Liegnitz, Beitrag zur Behandlung gastrischer Krisen 1327
Fuchs, R.-Miii.chen, s. u Lampd und Fuchs.
Fürth, Ein Bakterium der Faecalis-alcabgenes-Gruppe als wahr¬
scheinlicher Erreger bei sechs typhusähnlich verlaufenen
Erkrankungen in Ostasien. (Aus dem Kaiserlichen Gouverne-
mentslazaiett und der bakteriologischen Untersuchungs¬
station des Gouvernements Kiautschou in Tsingtau.) . . . 2669
Funk, A. Freiburg, s. u. Autbenrieth und Funk.
Funk, C.-London, Fortschritte der experimentellen Beriberi-
forschung in den Jahren 1911-1913. (Ans der bioche¬
mischen Abteilung des Lister-Instituts, London SW ) . . 1997
— Diät und diätetische Behandlung vom Standpunkt der Vitamin¬
lehre. (Aus dem Cancer Hospital Research Institute, London ) 2614
Galli, Allgemeine Eindrücke von Amerika gelegentlich der
14. deutschen ärztlichen Studienreise . . . . .
Gambaroff, Die Diagnose der t ösartigen Neubildungen und
der Schwangerscha't mittels der Abderhaldenscben Methode.
(Aus dem Krebsforschungen stitutder Universität zu Moskau)
Gastpar, Ueber Angenuntersuchnngen bei Schulkindern. (Illustr )
Gatiss, s. u. Aschoff, Krönig und Gauss
Gebb, Experimentelle und klinische Versuche über Chemo¬
therapie b i der DiplobazilUninfektion dos menschlichen
Auges. (Aus der Kgl Universi'ä's- Augenklinik zu Greifswald)
Geigel, Die Zäsur im hörbaren Atmen .
— Konvexe Kehlkopfspiegel .
Geinitz, Zur Behandlung der Varizen mittelst des Spiral -c.hn'ttes.
(Aus der chirurgischen Abteilund des St. Johannes-Hospitals
in Bonn) . . . .......
Geissler, Ueber Blut in der ^pinalfliissigkeit .
Genneri ch, Die Behandlung von Geschlechtskrankheiten 1556,
— Weitere Beiträge zur Reinfectio syphilitica nach Salvarsan
und zur Biologie der humanen Svphdis ... . 2391,
Gerber, Die bisherigen Erfahrungen mit der Salvarsan- und
Neosalvarsanbehandlung der lokalen Spirochfltoken (Aus
der Kgl Universitäts-Poliklinik für Hals- und Nasenkranke
zu Königsberg) . . . . . .
— Die Behandlung der Hals-, Nasen- und Ohrerkrankungen
mit Salvarsan und anderen Arsen präparaten .
Gerhardt, Ueber Scbulterschmetz bei Pleuritis. (Aus der medi¬
zinischen Klinik zu Würzburg) . .... . . .
Gerlach, Eine sicher fixierbare Otodiatherm - Elektrode und
Messungen über den Grad der Durchwärmung des Ohres
bei der Otodiathermie. (Aus der Abteilung für Ohren-,
Nasen- und Halskranke des Stadtkrankenhauses Dresden-
Johannstadt) (Illustr.) . . .
Giemsa, Beitrag zur Chemotherapie der Spirochätosen. (Ans
dem Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Ham¬
burg) (Illustr) .
Gildemeister, Ueber die physikalisch chemischen und physio¬
logischen Vorgänge im menschlichen Körper, auf denen
der psychogalvanische Reflex beruht. (Ans dem physio¬
logischen Institut zu Strassburg i. Eis.) (Illustr.) . . . .
Glaessner und Kreuzfuchs, Ueber den Pylorospasmus. (Aus
der IV. med. Klinik und dem Röntgeninstitut der allgem.
Poliklinik.) . .
Glas-München, Ueber geistige Erkrankungen und Fürsorge für
psychisch Erkrankte im Kriege .
Glück s. u. Bruck und Glück.
Glücksmann und Gobbi, Desinfizierende Wirhung des
Solargyls. (Aus dem Institut für Hygiene und Bakteriologie
der Universität Freiburg in der Schweiz) .
Goebel, Ersatz von Finger- und Zehe mhalan gen. (Aus der
Kölner Akademie für praktische Medizin: Chir. Klinik der
K. A. Lindenburg.) (Illustr.) . ' .
139
1644
647
964
1926
2679
1257
121
16U9
2460
634
2411
2873
2523
1074
2389
582
1496
2788
356
Seite
Go e bell Ersatz von Fingergelenken durch Zehengelenke. (Aus
dem Anscharkraukenhaus und der Chirurg. Universitäts-
Poliklinik in Kiel.) (Illustr.) . . 1598
Goetz, Aerzte und gemeinnützige Unternehmungen . 1097
Goldstein, K., Ein Fall von Akromegalie nach Kastration bei
einer erwachsenen Frau. (Vus der Nervenpoliklinik der
psychiatrischen Klinik der Universität Königsberg i. Pr.) . 757
Goldstein, M., Ein kasuistischer Beitrag zur Chorea chronica
heroditaria. (Aus der Kgl. Universitätsklinik für Nerven-
und Geisteskrankheiten in Halle a. S.) . . . . . . 1659
Gorn, Ueier Versuche mit kolloidalem Palladiumhydroxydul
„Leptinol“. (Aus der Brandenburgischen Provinzialirren¬
anstalt Sorau ) . 1935
Goudsmit, Zur Technik des Abderhaldenschen Dialysierver-
fabrens . 1775
Gräf E., Ein vergessener geburtshilflicher Handgriff . . .2910
Grafe, Die Stellung des Eiweisses im Stoffwechsel des fiebernden
Menschen und ihre theoretische und praktische Bedeutung.
(Aus der medizin Klinik in Heidelberg.) . 569
Grassmann, Aerzi liehe Besichtigungsreise nach Bad Reichen¬
hall am 9. und 10 Vlai 1913 . 1151
— 15 Fall« paroxysmaler Tachykardie . 1597
— Muss die Prognose der Herz- und Gefässerkrankungen auf
dem toten Punkte bleiben? . 2503
Graul, Ueber neuere Anschauungen in der Ernährungstherapie
des D abetes mellitus . ... 421
Grober, Ueber Selbstheilung von Basedowscher Krankheit.
(Aus der medizinischen Universitätsklinik in Jena.) (Illustr.) 8
— Fortschritte in der Behandlung des Diabetes mellitus (Illustr.) 927
Groedel, F. M., Vierjährige Erfahrungen mit unterbrecherlosen
(Gleichrichter) Röntgenapparaten und einige wichtige
Neuerungen an denselben. Zugleich ein Beitrag zur Frage
der Apparatbeurteilung durch den Arzt. (Ans der inneren
Klinik des Hospitals zum Heiligen Geist in Frankfürt a. M. 471
— Die röntgenologische Darstellung des Prozessus vermiformis.
(Aus der inneren Klinik am Hospital zum heiligen Geist
in Frankfurt a. M.) (Illustr.) . 744, 1042
— Versuche über die harten Röntgenstrahlen . 1090
Grosser und Schaub, Zur Pathologie des Morbus Banti. (Aus
der Kinderklinik des städtischen Krankenhauses in Frank¬
furt a. M . 76
Grote s. u. Schnitz und Grote.
Grünherg, Beitrag zur Behandlung der Lues mittelst Aurum
Kalium Cyanatum . ... . 1711
Grünwald, Ein einfaches Verfahren der tracheo-bronchialen
Injektion zur As hmabehandlung . 1377
Grumann, Zur Kasuistik der l’itnitrinwirknng . 1436
Grund, Feber atrophische Myotonie. (Aus der med. Klinik in
Halle a S) (Illustr.) . 863,923
v. Gu 1 a t-W « 1 1 e n b u rg, Ein ausserordentlicher Fall von
menschlichem Wiederkäuen, illlustr.) . . . . . . 2568
Gundermann, Ueber eine häufige Anomalie der unteren Brust¬
wirbelsäule. (Aus der chirurgischen Klinik zu Giessen.)
(lllusir.) . . 1878
— Zur Pathologie des grossen Netzes. (Aus der chirurgischen
Klinik zu Giessen.) .... 2278
— Zur Pathologie der Leber. (Aus der chirurgischen Klinik
zu Giessen ) . . 2332
Gunsett, Eine Fehlerquelle beim Ablesen der Sabourand-NoirA
Tabletten. ( llustr ) . . . 980
G werder, Die Plombierung der tuberkulösen Lunge. (Aus dem
Sanatorium Arosa in Arosa.) ... 2668
Härtel, Salvarsan bei Chorea gravidarum.- (Aus der Provinzial-
Frauenklinik und He* ammonschule zu Breslau.) . 184
Häuer, Ein seltener Fremdkö' ner in der männlichen Harnröhre 530
Hahn B., Ueber intravenöse Melubrintheranio. (Aus der inneren
Ab'eilung der Krankenanstalt Magdeburg-Sudenburg.) . 2232
Hahn H, Ueber die erfolgreiche Behan ilung von haemophilen
Blutungen mittels des Thermokauters. (Aus der Univers.-
Kinderklinik in Heidelberg.) . . 971
Halpern s. u. v. Düngern und Halpern.
Halpern, Ueher Serodiagnost k der Geschwülste mittelst Kom
plemeutablenkumrsieaktion. (Ans der serologischen Ab¬
teilung des Instituts für experimentelle Krebsforschung.) 914
Hamburger F, Wien, Ueber die diagnostische Bedeutung des
Nachweises von auf blutfremde Stoffe eingestellten Fer¬
menten . 1549
— Bemerkungen zu dem Artikel Abderhaldens „Gedanken
über den spezifischen Bau der Zellen d--r einzelnen Organe
und ein neues biologisches Gesetz“ . 2711
Hamburger V., Steinfeld, Die hämatologische Diagnose der
Röteln . .... . 2120
Hamm. Ein seltener Fall von Kolipyämie; zugleich ein Beitrag
zur klin. Bedeutung des Bakterienanaphylatoxins. (Aus
der Universitäts-Frauenklinik zu Strassburg.) (Illustr.) . . 292
Hammer, Ein neues Wundpulver . 1150
Hanssen, Ueber den Geburtenrückgang . 2004
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS
VII
Seite
H apk o, Experimentelle and klinische Untersuchungen über Kreis-
laufdiagnostik mit d<-m Ene gometer. (Aus der inneren
Abteilung des städtischen Krankenhauses Altona a. E.) -
(lllustr.) .... 1473
Harbitz, Ueher angeborene Tuberkulose. (Vom pathologisch-
anatomischen Institut zu Christiania in Norwegen.) . . . 741
Ha rmsen, Radfahren unter aktiver Beteiligung eines Beines mit
steifem Kniegelenk. (lllustr.) . .... 78
Hartmann E. -Sanatorium Schömberg b. Wildbad, Ueber ambu¬
lante Tuberkulinbehandlut g . 2001
Hartmann J.-Leipzig, Zur Sensibilität des Peritoneums und der
Bauchfaszien . 2729
Hartmann J., Beitrag zur ambulanten Tuberkulinbehandlung.
(Aus der Lnngenfürsorgestelle Pfaffenhofen a. Ilm) .... 1710
— Zur ambulanten Tuberkuhnbehandlung . 2406
Har tu n g , Beitrag zur Beseitigung der Emboliegefahr bei l araffin-
injektionen . 2730
H a u c k , Spontane tödliche Gehirnblutung bei einem Hämophilen.
(Aus der medizinischen Kl nik in Erlangen.) (lllustr.) . . 1147
— Ueber tödliche Wirkung des Aurum Kalium cyanatum als
Blutgift beim Menschen. (Aus der med. Klinik in Erlangen.) 1824
Hau de k s. u. Holzknecht und Haudek.
Hauser, Vierlinge und Vierlingsmütter. (Aus der grossherzogl.-
meklenhurg. Universitäts-Frauenklinik Rostock.) (lllustr.) 812
Hausmann, Die Psoaspalpat'on und der Psoasschmerz . . . 2517
Haymann, Zur Pathologie und Klinik der otogenen Grosshirn-
ahszesse. (Auh der K. Universitäts Ohrenklinik und -Poli¬
klinik in München.) . . . • . 65, 135
Hegar, Beitrag zur Frage der Sterilisierung aus rassehygienischen
Gründen . . . . . . 243
Hegner, Zur Anwendung des D'alysierverfahrens nach Abder¬
halden in der Augenheilkunde. (Aus der Universitäts-
Augenklinik Jena.) . 1138
— Ueber experimentelle Uebertragung von Tumoren auf das
Auge . . . . . .... 2722
Heidenhain A., Kurze Bemerkungen über Dämmerzustände . 2175
Heidenhain L„ In di kationsstell ung beim akuten Stein Verschluss
des Ductus choledochus nebst statistischen und technischen
Bemerket gen. (Aus dem städtischen Krankenhause zu
Worms a. Rh) . . 1019
Heilner und Petri, Ueber künstlich herbeigeführte und natür¬
lich vorkommende Bedingungen zur Erzeugung der Abder¬
haldensehen Reaktion und ihre Deutung. (Aus der Kgl.
Universitäts-Frauenklinik München und dim pathologischen
Institut des Krankenhauses München-Schwabing.) In30, 1775
Heimann, Zur Bewertung der Abderhaldenschen Schwanger¬
schaftsreaktion. (Aus der Kgl. Universitäts-Frauenklinik zu
Breslau.) . . . . . 915
Heimann F., Thymus, Ovarien und Blutbild. Experimentelle
Untersuchungen. (Aus derKgl.Univ -Frauenklinik zu Breslau) 2829
Heine, Ueber die Höhe des Hirndruckes bei einigen Anyen
krankheiten. (Aus der Universitäts-Augenklinik zuKiel )1305, 2441
Heineke, Wie verhalten sich die blutbildenden Organe beider
modernen Tiefenbesirahlung? (Aus der chirurgischen Uni¬
versitäts-Poliklinik in Leipzig.) ... . . ' . . . 2657
Heinemann H. -Sumatra s. u. Baermann und Heinemann.
Hein emann O.- Berlin, Irrtümliche Karzinomdiagnose infolge
eines grossen Speichelsteins . 1940, 2711
Heinrichsen, Ein Fall von Verletzung durch Hornstich . . . 2283
Heinz, Diogonal Ein bromhaltiges Derivat des Veronals = Di-
brompropyldiäthylbarbitursäure . 2618
Helferich, Ueber operative Nearthrosis . . 2769
H eis ler, Zur Behandlung granulierender Wunden . 2460
H e 1 1 i n , Die Beeinflussung von Lungenerkrankungen durch künst¬
liche Lähmung d> s Zwerchfells (Phrenikotomie) ... . 872
Helly, Zur Pathologie der Nebenniere. (Aus dem pathologisch¬
anatomischen Institut zu Würz bürg.) . 1811
He n dry s u. Schlimpert und Hendrv.
Hengge, Scheiden pul verbläser „Antileukon“. (lllustr.) .... 2680
Henius,Ein neuer Gärungssaccharome'er (Diabetometer). (lllustr ) 1603
Henrich, Beitrag zur Klinik der direkten UnterHiichnngsmethoden.
(Aus der grossherzoglichen Universitätsklinik für Hals und
Nasenkranke in Freiburg i Br. (lllustr.) . 2666
Hentig, Alkohol und Verbrechen in Bayern . . 2525
v. Herff ()., Verbesserte Serres fines. (Aus dem Frauenspital
Basel Stadt.) . 2912
Herrenknecht, Ein einfacher Nasenersatz. (Aus der zahn¬
ärztlichen Universitäts-Poliklinik Freibnrg i. Br.) . . . . 2842
Herrligkof fer und Lipp, Neuere klinische Erfahrungen über
die Wirksamkeit der Dt'irkheimer Maxquelle. (Aus dem In¬
validen- und Genesungsheim Ichenhausen der Landesver-
sicherungsan-ta’t Schwaben ) . 1932
Herrmann, Ueber Radium, seine therapeutische Anwendung
und Wirkung . . . 2236
Hertel, Ueber die Verminderung des Augendrucks beim Coma dia-
boticum. (Aus der Universitäts-Augenklinik Stmsshurg i Eis ) 1191
Herxhe im er G , Ueber -de Lymphoblasten- (grosszeilig lympha¬
tische) und Mvolob'aHtenleukämie. (Aus dem pathologischen
Institut des städtischen Krankenhauses zu Wiesbaden) 2506, 2573
Seite
Herxheimer K. -Frankfurt, Nachtrag zu meiner Mitteilung „Hei¬
lung eines Falles von Hautsarkomatose durch Thorium X“ 185
— Ueber Haarbruch. (Aus der dermatolog sehen Klinik des
städtischen Krankenhauses in Frankfurt a. M.) (lllustr.) . 1141
Her zb erg, Eine neue Ab rtuszange (lllustr.) . .... 2120
Herzog, Kritisches zur Verkürzung der Knochenleitung hei nor¬
malem Gehör. (Aus der Königl. Universitäts-Ohrenklinik
München) . 18, 79
Heubner, Ueber die Wirkung von intravenösen Infusionen mit
Aurum-Kalium cyanatum . 357
v. Heuss, Die ambulante Behandlung des varikösen Symptomen-
komplexes — insbesondere des Unterschenkolgoschwüres —
mit der Klebrobinde . . 2172
Hildebrand B.-Fro bürg, Ein Beitrag zur Behandlung der Er¬
krankung an Oxyuris vermibularis . . . 131
Hildebrandt W. -Freiburg, Ctdoroformnarkose und Leberkrank¬
heiten . 527
— Hepatitis parenchymatosa . . . . . 2529
Hirsch A.-Wien, Icterus neonatorum und GallenfarbstofEsekretion
bei Föten und Neugeborenen . . . 2346
Hirsch G.- Halberstadt, Zur Behandlung der Tabes, besonders
. der Schmerzen und Parästhesien . ... 1036
Hirsch Gg , Die Röntgentherapie bei Myomen und Fihrosis nteri.
(Ans der Kgl. Poliklinik für Frauenleiden zu München) . . 906
Hirschfeld s. u. Dieterlo, Hirschfeld und Klinger.
Hirschko witz. Röstweizen als Diütotikum ...... 409
Hirz, Vergleichende Untersuchungen über die Wirkung von Uzara
und Opium. (Aus dem pharmakologischen Institut der Uni¬
versität Marbu'g a. L.) (lllustr.) . . . . . 2220
Hoehl, Zur Kenntnis der Neosa1 varsanwirkung bei Keratitis
parenchymatosa. (Aus der Kgl. Universitäts - Augenklinik
München) ... .72
v. Hoesslin, Ueber Lymphozytose bei Asthenikern und Neuro-
pathen und deren klinische Bedeutung . 1129, 1206
Hötzel, Neue Gesichtspunkte für die therapeutische Anwendung
des Kamphers, insbesondere in bezug auf die Behandlung
der Lungenentzündung . 2793
Hoff mann J. -Breslau, Seearankheit und Hypnose . 2054
Hoffmann M, Ueber doppcltbrechende Myeline in Katarakten
(Aus der Kgl. Universitäts-Augenklinik zu München.) . . . 741
Hoffmann R. München, Ueber das Anovarthyreoidserum . . 693
Hofmann A-Offenburg. Zur Operation der akuten Pankreatitis 2456
Hofmeister, Beiträge zur Chirurgie des Choledochus. (Aus
dem Karl-Olga-Krankenhaus und dem Ludwigsspital zu
Stuttgart.) . . ... . . ... 225
Hohlweg, Weitere Erfahrungen über die Behandlung der
Pyelitis mit Nierenbeckenspülungen. (Aus der medizin.
Klinik in Giessen ) . 1420, 1491
— Zur Funktionsprüfung der Leber. (Aus der medizinischen
Klinik Giessen.) . . 2271
Hohmann, Meine Erfahrungen mit der Stoffelschen Operation
bei spastischen Lähmungen. (lllustr.) . . . 1368
Holzknecht s u. Singer und Holzknecht.
Holzknecht, Eine Fehlerquelle beim Ablesen der Sabouraud-
Noirö Tabletten . . .... 1150
— Das neue Zentra'röntgeninstitut im k. k. allgemeinen Kran¬
kenhause in Wien und einige technische Neuerungen.
( 1 1 1 us t ) ... ... . . . . ■ ... 1698
— Durchleuchtungs Kompressorium mit Bucky-Effekt. (Illu“tr.) 2727
— und Haudek, Rewegungsvorgäuge am pathologischen
Magen auf (trund röntgenkinematographischer Untersuchung 413
— und Sgalitzer, Papaverin zur röntgenologischen Ditfe-
rentialdiagnose zwischen Pv lorospasmus und Pylorusstenose.
(Aus dem Zentralröntgenlaborator. um des Wiener allge¬
meinen Krankenhauses.) .' . 1989
Hübschmann, Spätperforation eines Meckelschen Divertikels
nacn Trauma. (Ans dem pathologischen Institut der Uni¬
versität Leipzig, (lllustr.) . 2051
Hu eck s. u. Wacker und Hueck.
Hüssy, Ein Fall von tödlicher Peritonitis nach Laminariadila-
tation. (Aus dem Frauenspital Baselstadt.) . . ... 922
Hügel, Radium- und Mesothorbestrahlung bei Schwerhörigkeit
und Ohrensausen ... . 2110
H u i s m a n s , Der Telekardiograph, ein Ersatz des Orthodiagraphen.
(lllustr.) . 2400
Jacob, Beitrag zur Kenntnis der Myositis (Aus der medizi¬
nischen Klinik in Würzburg) (lllustr) ... . 1089
Jäger, Ein neuer, für di- Prax's brauchbarer Sekaleersatz (Tenosin).
(Aus der Kgl. Universitäts Frauenklinik in Erlang- n) . 1714
Jakob u. Weygandt, Mittei1 nngen über experimentelle Syphilis
des Nervensystems, (lllustr.) . .... 21)37
Jancke, Beitrag zur Diagnostik der Rückenmarkstumoren. (Aus
der med. Uni versitätskl nik zu Jena.) (Illus r) . . 1033
Janeway, Eine neue Gastr 'tomiemethode. (Aus der Abteilung
für experimentelle Chirurgie an der Universität von New
York und Bellevue Hospital medical College.) (lllustr.) . 1705
VIII
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Jansen, Ein einfacher Verband zur Behandlung des Schlüssel¬
beinbruches. (Aus der Chirurg. Abteilung des Städtischen
Krankenhauses in Stralsund.) (Illustr.) . 474
.laschke, Ueber die Verwendung des Narkophins in der Ge¬
burtshilfe. (Aus der Universitäts-Frauenklinik in Giessen.) 72
.Telke, Intraperitoneale Anwendung von Kollargol bei diffuser
eiteriger Peritonitis. (Aus dem Kreiskrankenhaus Bernburg). 1828
J e n s e n , Ueber Nitritintoxikation bei der Injektion der Beckschen
Wismutpaste. (Aus der Kgl. Frauenklinik Dresden.) (Illustr.) 12(12
Jessen, Beitrag zur Freundschen Emphysemoperation. (Aus
dem Waldsanatorium Davos) . 1033
Ueber Pneumolyse. (Aus dem Waldsanatorium Davos) . 1591
— Eine neue Rippenschere und ein neuer stumpfer Muskel¬
haken. (Aus dem Waldsanatorium Davos.) (Illustr.) . . . 2733
Ingebrigtsen, Regeneration von Achsenzylindern in vitro. (Aus
dem Laboratorium des Rockefeiler Institute for Medical
Research, New York.) Illustr.) . . • . 22(55
Jö dicke, Die differentialdiagnostische Abgrenzung einiger
Krampfformen durch das Blutbild. (Aus den Kückenmühler
Anstalten in Stettin. (Illustr.) . . 1085
J o 1 1 e s , Azotometer zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffes,
der Harnsäure und der Purinbasen im Harne. (Aus dem
chemisch mikroskopischen Laboratorium von Dr. M. und
Prof. Dr. Ad Jolles in Wien.) (Illustr.) . 2345
Jores, Ueber eine verbesserte Methode der Konservierung ana¬
tomischer Objekte . 976
Josefson, Experimentelle Untersuchungen über die Möglichkeit
einer Uebertragung der Kinderlähmung durch tote Gegen¬
stände und durch Fliegen. (Aus der Medizin. Staatsanstalt
[Bakteriol. Abteilung] in Stockholm . 69
Issel s. u. Schlimpert und Issel.
Jüngling, Bedingt die Methode der Hautdesinfektion mit Jod¬
tinktur eine Gefahr der Jodintoxikation für den operierenden
Arzt? (Aus der Kgl. chir. Universitätsklinik zu Tübingen.)
(Illustr.) . 1766
Jürgensen s. u. v. Dapper und Jürgensen.
Jungmann, Die Abhängigkeit der Nierenfunktion vom Nerven¬
system. (Aus der medizinischen Universitätsklinik zu
Strassburg i. Eis.) . 1760
Junker, Zur Goldzyanbehandlung der Lungentuberkulose. (Aus
der Lungenheilstätte Cottbus bei Kolkwitz.) . 1376
Justi, Ueber Ruhr und ihre Behandlung . .... 764
Ivaefer, Zur Behandlung des Schlüsselbeinbruchs. (Aus dem
Krankenhaus „Rotes Kreuz“ für Fabrikarbeiter in Odessa )
(Illustr.) . 1599
Kämmerer, Zur Frage der antitryptischen Wirkung des Blut¬
serums. (Aus dem medizinisch-klinischen Institut der
Universität München.) . 1873
Käsbohrer, Erfahrungen mit Noviform. (Aus der Kgl. Chirurg.
Univer.-Poliklinik München) . 2455
Kaestle, Vereinfachte Magen- Bioröntgenographie. (IlluHtr.) . . 346
Kaestner, Der Arzt in der Rechtsprechung 302, 872,1495,1554,2287
— Das erste Vierteljahrhundert der preussischen Aerztekammern 1097
— Das ehrengerichtliche Verfahren und die Rechtsprechung
des preussischen Ehrengerichtshofes für Aerzte in den
Jahren 1912/13 ... 2527
— Muss der Arzt kommen? . 2795
Kabanow, Ueber die Diagnose der Magendarmaffektionen mit
, Hilfe des Abderhaldenschen Dialisierverfahrens. (Aus dem
physiologischen Institut und aus der medizin. Klinik
Halle a. S . 2164
Kahn E., Zum Nachweis der „Tuberkelbazillen“ im strömenden
Blut. (Aus der Direktorialabteilung des allgemeinen Kranken¬
hauses Nürnberg.) . 345
Kahn F., Der Einfluss von Thorium X auf keimende Pflanzen.
(Aus der medizinischen Klinik der Universität Kiel. (Illustr) 454
Kall, Die praktische Verwendbarkeit der provozierenden Wirkung
des Salvarsans. (Aus der Hautabteilung in Jena) .... 803
Kanngiesser, Hat die Blutsverwandtschaft der Eheleute einen
schädlichen Einfluss auf die Gesundheit der Nachkommen? 762
Kantorowicz, Ein Fall von Kieferaktinomykose odontogenen
Ursprungs. (Aus dem Kgl. zahnärztlichen Universitäts¬
institut zu München.) (Illustr.) . 1938
Katz, Ueber intravenöse Injektionen von konzentriertem Neo-
salvarsan. (Aus der Hautabteilung des städtischen Kran¬
kenhauses Nürnberg) . . 2337
Ivauffmann M.-IIalle, Ueber ein neues Entfettungsmittel: kolloi¬
dales Palladiumhydroxydul („Leptynol“) . 525
— Weitere Erfahrungen mit kolloidalem Palladiumhydroxydul
(Leptynol) . . . 1260
Kaufmann E, Emil Ponfick . 2843
Keil, Die Bewegung des Brustkorbs bei der Atmung. (Aus dem
Prager Handelsspitale.) (Illustr.) . 2457
Keller, Ueber Funktionsprüfungen der Ovarialtätigkeit. (Aus
der Universitäts-Frauenklinik Strassburg i. Eis) . 2162
Kellner, Die mongoloide Idiotie. (Illustr.) . 746
Kessler s. u Schmiz und Kessler.
Seite
Kessler, Tuberkelbazillenuachweis im Blut. . . . 346
Kielleuthner, Ueber den Wort der intravesikalen Operationen 969
— Wandlungen in der Lehre der Prostatahypertrophio . . . 1701
Kienböck, Ueber das Sigma elongatum mobile (Röntgenbefund)
(Aus dem Röntgeninstitut im Sanatorium Fürth in Wien.)
(Illustr.) . . . . . 68
— Ueber Beschwerden bei rudimentärer Eventratio diaphrag-
matica. (Aus dem Röntgeninstitut im Sanatorium Fürth in
Wien.) (Illustr.) . 2219
King, Ueber trockenes Plazentapulver und seine Anwendung
bei dem Abderhaldenschen Dialysierverfahren bezüglich der
Diagnose der Schwangerschaft. (Mitteilung aus dem Unter¬
suchungslaboratorium Parke, Davis & Co , Detroit, U.S.A.) 1198
Ki rcliberg, Druck- und Saugbehandlung in der ärztlichen Praxis.
(Illustr.) . 1653
Kirchner, Ueber Corytin und seine Anwendung in der Ohren¬
heilkunde. (Aus der Kgl. Universitäts-Ohrenklinik Würzburg.) 1934
Kisch, Ueber Aethertropfnarkosen nach vorheriger Injektion von
Pantopon-Atropinschwefelsäure. (Aus der Kgl. chirurgischen
Universitätsklinik zu Berlin.) . 352
Klapp, Physiologische Chirurgie. (Aus der Kgl. Chirurg. Klinik
zu Berlin.) . 793
Klausner, Die Behandlung der Syphilis mit Kontraluesin
(Richter), einem molekular zerstäubten Quecksilber. (Aus
der Deutschen dermatologischen Universitätsklinik in Prag ) 62
De Kleijn s. u. Magnus und Kleijn.
Klein, Röntgenbehandlung bei Karzinom des Uterus, der Mamma
und der Ovarien. (Aus der Kgl. gynäk. Universitäts-Poli¬
klinik in München.) . 905
Kleinschmidt H., Ueber Hautdiphtherie mit ungewöhnlich
starker Antitoxinbildung. (Aus der mediz. Klinik zu Mar¬
burg.) (Illustr.) . 1477
— Bemerkungen zur Technik der Radikaloperationen von
Leistenhernien. (Aus der Chirurg. Abteilung des Verbands¬
krankenhauses in Berlin-Reinickendorf.) (Illustr.) .... 1929
Klinger s. u. Dieterle, Hirschfcld und Klinger.
Klotz, Die Beeinflussung des inoperablen Uteruskarzinomes
mit Strahlen- und intravenöser Chemotherapie. (Aus der
Universitäts-Frauenklinik Tübingen.) . 1704
Klunker, Ueber die Verwendbarkeit der Conradi-Trochschen
Tellurplatte zum Diphtherienachweis. (Aus dem hygienischen
Institut der Universität Jena.) . . • . 1025
Koch, Ueber Scharlachrekonvaleszentenserum. (Aus der medi¬
zinischen Klinik des städt. Krankenhauses Frankfurt a. M.)
(Illustr.) . 2611
Koch R., Ueber die Konservierung des Scharlachrekonvaleszenten¬
serums . 291 1
Ko ebner, Die Musterverträge der Krankenkassenkommission
des Deutschen Aerztevereinsbundes und die ärztlichen
Tarifverträge . 1329
Kölle, Weiteres zur Behandlung der Sklerodermie mit Coeliacin 24
König, Erfolgreiche Gelenkplastik am Ellbogen durch Implan¬
tation einer Elfenbeinprothese. (Aus der chirurgischen
Klinik in Marburg.) (Illustr.) . 1136
Kohlschütter, Ein Wort zur Frage des frühen Aufstehens
nach Bauchoperationen. (Aus dem Knappschaftskranken-
haus im Fischbachtal Kr. Saarbrücken.) . 1378
Kohn, Glättolin als Ursache einer hartnäckigen Dermatitis colli 1205
Kolb K., Gelingt es mittelst der Abderhaldenschen Ferment¬
reaktion, den Nachweis eines persistierenden oder hyper¬
plastischen Thymus zu führen? (Aus der chirurgischen
Klinik der Universität Heidelberg.) . . . 1(542
— und Laubenheimer, Zur Beurteilung der prophylak¬
tischen Serumtheräpie des Tetanus (Aus der chirurgischen
Klinik und dem hygienischen Institut zu Heidelberg.) . . 456
— Ueber unsere Dauerresultate bei der Pylorusumschnürung
mittelst Faszie, Ligamentum teres hepatis und Netz nach
Wilms als Ersatz der unilateralen Pylorusausschaltung.
(Aus der chirurgischen Klinik der Universität Heidelberg.) 2400
Krabbel, Bernhard Bardenheuer f . .2121
Krecke, Ueber chronische Appendizitis . 572
Kreisch, Ein Fall von Missed labour . 1263
Kreiss, Eine seltene Missbildung des Thorax. (Aus der Königl.
Frauenklinik Dresden.) (Illustr.) . 1435
Kreuter, Edwin E. Goldmann . 2725
Kr öl, Ein merkwürdiger Todesfall nach Salvarean. (Aus der
Abteilung für Chronischkranko des Bürgerspitals zu Strass¬
burg i. Eis.) . • . 1712
Kreuzfuchs s. u. Glaessner und Kreuzfuchs.
Krönig s. u. Aschoff, Krönig und Gauss.
Krukenberg, Ein neuer Vorschlag zur Radiotherapie . . . .2112
Küster, Indikationen und Resultate abdominaler Tampondrai¬
nage. (Aus der Kgl. Universitäts-Frauenklinik zu Breslau.) 241
Küttner, Der angeborene Turmschädel. (Aus der Kgl. Chirurg.
Klinik zu Breslau. (Illustr.) . . . 2209
Kuhn, Die erste Hilfe bei Asphyxien mittels direkter Einbla¬
sung von Luft. (Illustr.) . . . 647
Kutschern, Gegen die Wasserätiologie des Kropfes und des
Kretinismus. (Illustr.) . 393
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
IX
Seite
Lade, Anwendung der Hermann-Perutzschen Reaktion bei der
Prüfung von Lumbalpunktaten. (Aus der Abteilung für
Haut- und Geschlechtskrankheiten und dem bakteriologisch-
serologischen Institut des allgemeinen Krankenhauses
St. Georg in Hamburg) . 590
Lampe A. E, Zur Technik der Bereitung der Organe für das
Abderhaldensche Dialysierverfahren. (Aus der I. medizin.
Klinik zu München.) . 28.31
— und Papazolu, Serologische Untersuchungen mit Hilfe
Abderhaldenschen Dialysierverfahrens bei Gesunden und
Kranken. Studien über die Spezifität der Abwehrfermente.
(Aus dem physiologischen Institut der Universität Hallo a S.
und dem physiologischen Institut zu Bukarest) . . 1423, 1533
— und Fuchs R.. Serologische Untersuchungen mit Hilfe
des Abderhaldenschen Dialysierverfahrens bei Gesunden
und Kranken. Studien über die Spezifität der Abwehr¬
fermente. (Aus der I. medizinischen Klinik zu München) 2112, 2177
Langbein, Kasuistischer Beitrag zur Diagnose perforierender
Aneurysmen der Hirnarterien. (Aus der medizinischen
Klinik zu Leipzig) . . 22
Laquer, Ein Vorstoss gegen die Antialkoholbowcgung .... 1443
— Alkoholforschungsinstitute . 2598
Laubenheimer s. u. Kolb und Laubenheimer.
Le hie, Die Behandlung der Vorderhauptslagen. (Aus der
Königl. Universitäts-Frauenklinik München) . Stil)
Lehmann, Die wirksamen und wertvollen Bestandteile des
Kaffeegetränks mit besonderer Berücksichtigung des koffein¬
freien Kaffees Hag und des Thumkaffees. (Aus dem hy¬
gienischen Institut der Universität Würzburg.) . . 281, 357
Leng nick, Beitrag zur Operation des Mastdarmvorfalls bei
Kindern. (Aus der städtischen Heilanstalt zu Tilsit.) . . . 2405
Lenk undEisler , Experimentell-radiologische Studien zur Physio¬
logie und Pathologie des Verdauungstraktes. (Aus dem
Röntgeninstitut der allgemeinen Poliklinik Wien.) (Illustr.) 1031
— — Radiologische Studien über Beziehungen des Nerven¬
systems zur motorischen Funktion des Magens. (Aus dem
Röntgeninstitut der allgemeinen Poliklinik in Wien.) (Illustr.) 2048
Leo, Neue Gesichtspunkte für die therapeutische Anwendung
des Kampfers. (Aus dem pharmakologischen Institut der
Universität Bonn) . 2397
Leschke, Ein Troikart mit seitlichen Oeffnungen. (Aus der
II. medizinischen Universitätsklinik der Kgl. Chariteo in
Berlin.) (Illustr.) . 2627
I. esser, Die Mobilisierung des Glykogens. (Aus dem Labora¬
torium der städtischen Krankenanstalten Mannheim.) . . . 341
Leusser, Der neue Kissinger Sprudel und seine Bedeutung für
Herz und Gefässkrankheiten . 754
Leva, Ueber einige körperliche Begleiterscheinungen psychischer
Vorgänge, mit besonderer Berücksichtigung des psychogal-
vanischen Reflexphänomens. (Aus dem physiologischen
Institut und der psychiatrischen und Nervenklinik der Uni¬
versität Strassburg.) (Illustr.) . 2386
Levinger, Gesichtsschutzvorrichtung aus Papier. (Illustr.) . . 1604
Lewin L., Ueber photodynamische Wirkungen von Inhaltsstoffen
des Steinkohlenteerpechs am Menschen .... • . . . . 1529
Lewinski, Ueber den Wert intravenöser Arthigoninjektion.
(Aus der Akademischen Klinik für Hautkrankheiten in
Düsseldorf.) . 2784
Lewinsohn, Ein nenes Herzplessimeter. (Illustr.) . 923
Lewy, Modifizierter Ileftpflastergipsverband bei der Klumpfuss-
i ehandlung. (Aus dem orthopädischen Institut der Uni¬
versität Freiburg i. Br.) (Illustr.) . 1263
Le xer , Die praktische Verwendung der freien Transplantation 2059, 2123
Lichtenstein, Zur Serumreaktion nach Abderhalden. (Aus
der Universitäts-Frauenklinik in Leipzig.) . . 1427
Liofmann, Die Unterscheidung verwandter Bakterienarten durch
die Ausfällung ihres Eiweisses mittels konzentrierler Salz¬
lösungen. (Aus der bakteriologischen Abteilung des Rudolf
Virchow-Krankenhauses zu Berlin.) . 1417
Li ep mann, Der Antifluor, ein neues Instrument zur Trocken¬
behandlung der Scheidenkatarrhe. (Illustr.) . 1388
LifBchütz, Geben die Cholesterinfette die Liebermannsche
Cholestolreaktion? . . . . 1549
— Zur quantitativen Bestimmung des Cholesterins und des
Oxycholesterins . 2346
Lindemann, Vereinfachung der Anaürobenzüchtung nebst An¬
gabe eines praktisch verwertbaren neuen Kulturverfahrens.
(Aus der Kgl. Univers.-Frauenklinik in Halle a. S.) (Illustr.) 236
— und Aschner, Ueber Natur und Verbreitung vasokonstrik-
torischer und wehenerregender Substanzen im Körper.
(Aus der Kgl. Universitäts-Frauenklinik zu Halle a. S.)
(Illustr.) . 2278
Lindig, Ueber Serumfermentwirkungen bei Schwangeren und
Tumorkranken. (Aus der Univcrs. Frauenklinik Jena.) 288, 702
Lingel, Grenzen der Reklame . 1267
L i p p s. u. Herrligkoffer und L'pp.
Litzner, Zur Diagnostik und Klinik der nichttuberkulösen Er¬
krankungen der Lungenspitze. (Aus der K. Kloster-Heil¬
anstalt für Lungenkranke in Bad Rehburg bei Hannover.) 2452
Seite
Loew s. u. Emmerich und Loew.
Loewe, Ueber IJautimplantation an Stelle der freien Faszien¬
plastik . 1320
Löwen he im, Digifolin, ein neues Digitalispräparat. (Aus der
II. medizin. Abteilung des städt. Krankenhauses Nürnberg) 2502
Loewi 0., Ueber die Abhängigkeit experimentell-diabetischer
Störungen von der Kationenmischung. (Aus dem pharma¬
kologischen Institut der Universität Graz) . 690
Loh mann, Die Bedeutung des Rhodans im Speichel . 83
Lubinus, Die Heilgymnasten in Schweden und in Deutschland 1327
Lunckenbein, Zur Behandlung maligner Geschwülste .... 1931
Lust, Ueber den Einfluss der Alkalien auf die Auslösung spas-
mophiler Zustände. (Aus der Universitäts-Kinderklinik in
Heidelberg). (Illustr.) . 1482
— Ueber die missbräuchliche Verwendung von Eiweisswaeser
bei der Behandlung akutar Nahrungsstörungen von Säug¬
lingen. (Aus der Heidelberger Kinderklinik.) . 2720
Maccabruni, Ueber die Verwendbarkeit der Abderhaldenschen
Reaktionen bei der Serumdiagnose der Schwangerschaft.
(Aus dem Fortbildungsinstitut für Geburtshilfe und Gynä¬
kologie in Mailand) . 1259
Magnus G., Wundbehandlung mit Zucker. (Aus der chirurgischen
Klinik Marburg) . . . 406
Magnus R. und de Kleijn, Ein weiterer Fall von tonischen
„Halsreflexen“ beim Menschen. (Aus dem pharmakolo¬
gischen Institut der Reichsuniversität Utrecht [Holland].)
(Illustr.) . 2566
Maier L., Einfluss hygienischer Verhältnisse auf die Morbidität
und Mortalität der Masernpneumonie. (Aus der Kgl. Uni¬
versitäts-Kinderklinik München ) 636
Mandelbaum, Eim merkwürdiges Phänomen bei Meningitis
tubcrculosa post mortem. (Aus dem pathologischen Institut
des städt. Kranhauses München-Schwabing.). . 1195
Mangold, Weitere Beobachtungen über willkürliche Kontrak¬
tionen des Tensor tympani. (Aus dem physiologischen In¬
stitut der Universität Freiburg i. B.) (Illustr.) . 1027
Mann, Klinische Erfahrungen mit Codeonal. (Aus der inneren
Abteilung des Freiburger Diakonissenhauses.) . 474
Mar es c h, Ueber den Lipoidgehalt der sogen. Appendixkarzinome.
(Aus der Prosektur der kaiserl. -königl. Krankenanstalt Ru¬
dolfstiftung in Wien.) . 189
Marcuse, Fürst Alexander von Plohenlohe, ein Vorläufer der
Christian Science . 27, 82
Massini, Radiologische Studien über Beziehungen des Nerven¬
systems zur motorischen Funktion des Magens. (Aus der
medizinischen Klinik in Basel.) . 2460
Mathes, Zur Technik der intrauterinen Injektionsbehandlung . 2406
Mayer A.-Frankenhausen, Verwendung der elektrischen Taschen¬
laterne als diagnostisches Hilfsmittel bei unsicheren Hydro-
zelen . 301
— Die Beziehungen der Koli-Pyelitis zur Fortpflanzungstätig¬
keit. (Aus der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.) , . . 1479
Mayer M., Rocha-Lima und Werner, Untersuchungen über
Verruga peruviana. (Aus dem Institut für Schiffs- und
Tropenkrankheiten zu Hamburg.) (Illustr) . 739
M a y e r W. -Fürth, Schaffung einer gesetzlichen Ehrengerichts¬
ordnung für Bayerns Aerzte . 1721
Mayer W. -Tübingen, Die Bedeutung der Abderhaldenschen
Serodiagnostik für die Psychiatrie. (Aus der Universitäts¬
klinik für Nervenund Gemütskrankheiten Tübingen.) . . . 2044
— LTobcr die Spezifität der Abderhaldenschen Abwehrfermente.
(Aus der Universitätsklinik für Gemüts- und Nervenkrank¬
heiten Tübingen.) . 2874
Mees, Ueber alkoholische reflektorische Pupillenstarre. (Aus
der inneren Abteilung des städt. Krankenhauses St. Rochus
in Mainz.) . 1200
Mehl er und Ascher, Beitrag zur Chemotherapie der Tuber¬
kulose. Versuche mit Borcholin (Enzytol). (Aus dem Sana¬
torium für chirurgische Tuberkulose in Georgensgmünd bei
Nürnberg.) . 748, 1041
Meirowsky, Beobachtungen an lebenden Spirochäten. (Illustr.) 1870
— Beobachtungen an lebenden Spirochäten . 2042
— - Ueber Methoden zum Nachweis von Sprossungsvorgängen
an Spirochäten . 2783
Menzer, Ueber bakteriologische Harnuntersuchungen bei akuter
und chronischer Nephritis . 2002
Merckens, Ein Fall schwerster Melaena neonatorum geheilt
durch Injektion von defibriniertem Menschenblut. (Aus der
akademischen Kinderklinik zu Köln a. Rh.) . . • . . . . 971
Mertens, Die Behandlung granulierender Wunden mit Ilelfoplast 2792
Meseth, Thorium X bei inneren Krankheiten. (Aus der medi¬
zinischen Universitätsklinik zu Erlangen.) . 210 >
Meyer W.- Hagen, Ueber die erfolgreiche Behandlung von haemo-
philen Blutungen mittels des Thermokauters . 1549
Meyer W., Die chirurgische Behandlung des Oesophaguskarzi
noms. (Aus dem Deutschen Hospital New York.) .... 1816
X
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Michelsen, Die Krankheit und der Tod Otto Nicolais .... 1777
Mörchen, Ueber Diogenal, ein neues Sedativum. (Aus dem
Kurhaus Ahrweiler) . 2671
Mokrzecki, Zur Salvarsanhehandlung des Milzbrand ... . 1089
v. Molo Hans-Wien, A. De Nora (Dr. A. Noder) als Lyriker und
Satiriker . 2844
Moro, Erythema nodosum und Tuberkulose. (Aus der Heidel¬
berger Kinderklinik ) . 1142
— Ueber rezidivierende Nabelkoliken bei älteren Kindern . . 2827
Morpurgo und Donati, Beitrag zur Frage der Vererbung der
Anlage zur Geschwulstentwu-klung. (Aus dem Institute für
allgemeine Pathologie der Universität zu Turin.) ..... 626
— und Satta, Ueber Austausch von Nährstoffen unter Para-
bioseratten. (Aus dem Institute für allgemeine Pathologie
der Universität zu Turin.) . 1536
Muchs, u Deycke und Much.
Müller Ch.-Immenstadt, Physikalische und biologische Grund¬
lagen der Strahlenwirkung radioaktiver Substanzen, be¬
sonders des Mesothoriums und der Ersatz derselben durch
Röntgenstrahlen . 2448
Müller H.- Mainz, Dauererfolge der Salvarsanabortivkuren der
Jahre 1910—1911 . 408
Müller M.-Metz, Die Notwendigkeit einer obligatorischen Ein¬
führung der Blutuntersucbung nach Wassermann bei der
Kontrolle der Prostitu erten und deren Bedeutung für die
allgemeine Prophylaxe der Syphibs . 299
— „Vasocommotio cerebri“, ein neuer Symptomenkomplex von
Gehirnerscheinnngen schwerster Art nach Sal arsaninfu-
sionen, eine mittelbare Folge des Wasserfehlers . 805
Müller P., Eine neue Fasszange. (Aus der chirurgischen Abtei¬
lung des städtischen Krankenhauses zu Ulm ) (lllnstr.) . . 2345
Müller P. Th., Vorläufige Mitteilung über bakteriologische Befunde
bei Flecktyphus. (Aus dem Seelazarett San Bartolomeo und
dem hygienischen Institut Graz.) . 1364
Müller R. -Kiel, Einiges von der Entwicklung der Hygiene und
ihrer Hilfswissenschaften in Grossbritannien . . . . 1716
— Blechdeckel mit Gipsschicht für Petrischalen. (Aus dem
hygienischen Institut der Universität in Kiel.) . . . 1548
— Hygieni-ches ans Nordamerika .... .... 417, 475
M u 1 z e r , Zur Technik der Blutentnahme für die Wassermannsche
Reaktion. (Ans der Klinik für syphilitische Hautkrankheiten
der Universität Strassburg i. E.) (lllustr.) . . 1429
Naegeli, Ueber die diagnostische Bedeutung der Hämatologie
für die Neurologie . 194, 252
Nassauer Hugo Salus. (lllustr.) . • . . . . 535
— Dichotomie unter Aerzten . . . . 1153
— Die Hohe Schule für Aerzte und Kranke 2182, 2235, 2286,
2347, 2409, 2466, 2526, 2583, 2631, 2682, 2739, 2795, 2845
Neudörfer, Ueber Pvlorospasmus und Ulcus ventriculi. (Aus
dem Kaiserin Elisabeth-Krankenhaus in Hohenems-, . . . 760
Neumayer, Zur Gabengrösse des Neosalvarsans. (Aus dem Be-
zirksspitale in Kljuc, Bosnien.) . . 2672
Neupert, Die Psychoneurosen und ihre Behandlung . . 537, 593
Neu wir th. Pituitrin in der Eröffnungsperiode . 2120
Noguchi, Studien über den Nachweis der Spirorhaete pallida
im Zentralnervensystem bei der progressiven Paralyse und
bei Tabes dorsalis. (Aus dem Rockefeller Institute for Me¬
dical Research in New York) . 737
v. Noorden, Ueber Indikationen und Wirkungen des Homburger
Tonschlammes . . . 296
Nussbaum, Ein einfaches Hilfsmittel bei der Reposition aus¬
getretener Hernien der Säuglinge . 1433
Obermüller H., Ueber „Coagulen-Kocher-Fonio“, ein neues
Blutstillungsmittel und seine Anwendung in der Rhinologie 2832
Oberndorfer, Die syphilitische Aortenerkrankung (Aus dem
pathologischen Institut des städtischen Krankenhauses
München-Schwabing.) (lllustr,) . . 505
Oeri, Erstickungsanfall infolge Durchbruchs einer tuberkulösen
Drüse in den Bronchus. (Aus dem Lungensanatorium
Braunwald.) ...... ... . 410
Openchowski, Zur Diagnostik der Lokalisation des Magen-
ge-chwüres. (lllustr.) . . . . ... 2606
Orlovius, Eine neue Flasche zur sterilen Aufbewahrung von
Blut für bakteriolog'sche Zwecke. (Aus der K. Universitäts-
Frauenklinik zu Halle a. S.) (lllustr.) . 2627
Orten au, Zur bayerischen Standesorganisation . 478
— Bad Reichenhall . . 982
— Zur bayer. Ehrengerichtsordnung und Standepgüederung 2058
Orth, UeUer einen Fall von rupturiertem Aneurysma einer Hirn¬
arterie durch Trauma . 1038
P äs s ler, Sind die sogen. Diathesen Konstitutionsanomalien? . 2604
Pagenstecher s. a. Wolze und Pagenstecher.
Seite
Pagenstoch er A.-Brannschweig, Ueherdie Benutzung von Sekun¬
därstrahlen zur Verstärkung der Röntgenstrahlen Wirkung 1319
— Ueber die praktische Identität von Radium und Röntgen¬
strahlen ... . . .... . 2562
Pagenstecher E. , Gastropexie vermittelst des Ligamentum
teres. (Ans dem Diakonissenhaus Paulinenstiftung zu
Wiesbaden.) .... 24
Papazola 8 u. Lampfi und Papazolu.
Parreidt, Ueber die erfolg eiche Behandlung von hämophilen
Blutungen mittels des Thermokauters . 1150
Payr, Zur Prophylaxe und Therapie peritonealer Adhäsionen.
(Eisenfüllung des Magendarmkanals und Elektromagnet.)
(Aus der Chirurg Klinik zu Leipzig.) (lllustr.) . 2601
P e i s e r , Eine Präzissionswage für die Säuglingsernährung (lllustr.) 475
Perutz, Ueber Aluminium lacticum, ein haltbares Eratzpräparat
der essigsauren Tonerde. (Aus der Kgl dermatologischen
Universitätsklinik in Würzburg.) . 1261
Petri s. a. Heilner und Petri.
Petri, Ueber das Auftreten von Fermenten im Tier- und Menschen¬
körper nach parenteraler Zufuhr von art- und individuum¬
eigenen Serum (Aus der Kgl Universitäts Frauenklinik
München um! dem patholog. Institut des Krankenhauses
München-Schwabing ) . 1137
Petridis, Ueber Serodiagnostik der Geschwülste nach v Düngern.
(Aus der chirurgischen Univ* rsitätsklinik und der sero¬
logischen Abteilung des Instituts für Krebsforschung zu
Heidelberg.) . 1318
Pfitzer s. u. Thannhauser und Pfitzer.
Pipo, Zum 70. Geburtstag Ludwig Heusners . . 2680
Plate, Ueber einen Fall von Meningitis saturnina (Aus der
Abteilung für physikalische Therapie des allgemeinen
Krankenhauses St. Georg zu Hamburg.) . 2343
Plaut, Zur Wertschätzung der Brendel-Müllerschen Reaktion . 238
Ploeger, Zum Heimgange Kopps . . . . . 193
Plotkin, Zur Frage von der Organ spezifität der Schwanger¬
schaftsfermente gegenüber Plazenta . 1942
Pöhlmann, Ist die Ausführung der Brendel-Müllerschen Reaktion
durch den praktischen Arzt empfehlenswert? . 591
Pollag, Zur Aetiologie der Appendizitis . 2119
Pol land, Zur Bewertung der internen Hg-Darreichung. (Aus der
Grazer dermatologischen Klinik.) . 590
Port, Die Nervenpunktlehre von Cornelius und die schwedische
Massage . . 2732
Praetorius, Pemphigus malignus, durch einmalige intravenöse
Blutinjektion geheilt . 867
Pribram, Ueber die adialysabeln Harnbestandteile. (Aus der
medizinischen Klinik K. v. Jaksch in Prag.) . 2047
P ür ck h au er H. -Dinkelsbühl, Aerzte und gemeinnützige Unter¬
nehmungen . . . . • . 820
Pürckhauer R. -München, Ueber Verletzungen der Ligamenta
cruciata des Kniegelenks. (lllustr.) . 73
Querner, Ueber Vorkommen von Tuberkelbazillen im strömen¬
den Blut. (Aus der III. medizinischen Abteilung des all¬
gemeinen Krankenhauses Hamburg-Eppendorf.) . . . . 401
Raab, Zur Technik der Blutentnahme für die Wassermannsche
Reaktion . 1941
Rabinowitsch M., Ueber den Flecktyphuserreger. (Aus der
chemisch-hakteriologischen Abteilung des Gouvernements-
Semstwo Krankenhauses in Charkow.) . 2351
Rabow, Prof. Dr Louis Bourget f . 2180
Ranke, Die Tuberkulose der verschiedenen Lebensalter. . . . 2153
Rapp, Die Kgl. Bayer. Verordnung über das Apothekenwesen
vom 27. Juni 1913 . 2002
Rauch s. u. Roichmann und Rauch.
Rauenbuscb, Beitrag zur Filariosis des Auges . 2910
Rauschenberger, Ein Fall von gonorrhoischer Tendovaginitis.
(Aus der I. medizinischen Klinik der Kgl. Cbaritfi zu Berlin ) 1828
Rautenberg E., Die Vorhofregistrierung beim Menschen. (Aus
dem Kreisurankenbaus Berlin-Lichterfelde.) . 2912
von Recklinghausen, Neue Apparate zur Messung des arte¬
riellen Blutdrucks beim Menschen (Aus dem Laboratorium
für experimentelle Pharmakologie zu Strassburg i. Eis.)
(lllustr.) . 817, 869
Reich art , Ueber eine eigentümliche, typische Deformierung des
Griffel fortsatzes der Ulna. (Aus der physikalischen Heil¬
anstalt des Thennia-Sanatoriums in Bad Pistyan.) . . . 1146
Reichel, Erfahrungen mit dem Skopolamindämmerschlaf in Ver¬
bindung mit Morphium, I’antopon und Na'kophin. (Aus
der Chirurg. Privatklinik von Hofrat Krecke in München.) 638
Reichmann M.-Chieago, Zur Fremdkörperlokalisation im Auge ’ 816
v. Reichmann V., Kurze Mitteilung über eine akute Schwefel¬
säure- und Kupfer8ulfatvergiftung mtt besonderer Berück¬
sichtigung des Blutbefundes. (Aus der medizinischen Klinik
zu Jena.) .
181
1913
INHALTS-VERZEICHNIS.
XI
Seite
v. Reichmann V., Zur Druckbestimmung des Liquor cerebro¬
spinalis. (Aus der medizinischen Klinik zu Jena.) ' . . . 926
— Ueber die Prognose und Theiapie der Meningitis. (Aus
der med. Klinik zu Jena.) . 1374
— u. Rauch F., Zwei geheilte Fälle von Meningitis tuber-
culosa. (Aus der med. Klinik zu Jena.) (Illusir.) .... 1430
Re in ach, Die Frri htnng von Sä' glingspflegematenal- und
Wäschedepots im Ansch'uss an die bestehenden Säuglings¬
fürsorgeeinrichtungen oder als eigene Institutionen. . . 1380
Reschad u. Schilling, Ueber eine neue Leukämie durch
echte Uebf-rgangsformen (Splenozytenleukämie) und ihre
Bedeutung für die Selbständigkeit dieser Zellen. (Aus der
dermatob 'gischen Abteilung des Krankenhauses St. Georg.) 1981
Rethi, Die elektrolytische Behandlung der Trigeminusneuralgien.
(Aus der Kal. Universitäts-Poliklinik für Hals- und Nasen¬
kranke zu Kön'gsberg i. Pr.) (Illustr.) . 295
Reu sch, Ein einfaches und billiges Garungsaccharometer. (111.) 2406
Reuter, Ueber eine neue Lampe zur Diaphonoskopie und
Endoskopie. (Illustr.) ... . ... ... 1548
Riedel B. Jena, Ueber Mittelohrfisteln und Perforationen ander
Schädelbasis, Zysten und abnorme Knochenbildungen da¬
selbst. (Illustr.) . . . . 1248
— Ueber die Tonsillektomie bei Kindern . 2269
Riedel, K., Ueber subkutane und intramuskuläre Melubrin-
therapie. (Aus der inneren Abteilung der Diakonissenanstalt
zu Halle a. S . 2454
Rieländer, Zum 70. Geburtstag von F. Ahlfeld . 2346
Riemer, Ueber die Beeinflussung der Agglutinierbarkeit von
Typhusbazillen durch den Alkaligehalt des Nährbodens . . 908
Rigi er. Ueber Neuborny val. (Aus der „Ernst-Ludwig-Heilanstalt“
in Darmstadt . 249
Rocha-Limas u. Mayer, Rocha-Lima und Werner.
R o e m h e 1 d L., Zur Kritik der modernen elektrischen Entfettungs¬
kuren. (Aus dem Sanatorium für innere und Nervenkrank¬
heiten Schloss Hornegg a. N.) . 2877
v. Romberg, Ueber Digitalis. (Aus der I. medizinischen Klinik
in München.) . . . . s . 1
Rominger, Ueber Erzeugung von Komplementbindungsreak¬
tionen durch Zusatz von chemischen Substanzen zum
normalen Serum. (Aus dem Institut für experiment. Krebs¬
forschung der Universität Heidelberg) . . . . . ! . 859
Rosenberg, Ueber das Vorkommen von Tuberkelbazillen im
strömenden Blut. (Aus der inneren Abteilung des Allge¬
meinen Krankenhauses Hagen i. W . 404
Rosen ow. Klinische Beiiräge zur Therapie der Leukämie mit
Thorium X. (Aus der medizinischen Universitätsklinik zu
Königsberg.) (Illustr.) . ... 2214
Rosenthal, E.-Pest, Zur Frage der antitryptischen Wirkung des
Blutserums . 2175
Rosenthal F. -Breslau s. u. Frank, Rosentbal und Biberstein.
Rost, Welches ist der wirksame Bestandteil der Reckschen
Wismutpaste? (Aus der chirurgischen Klinik der Universität
Heidelberg.) .... . . 2280
Rothmann, Ueber „negativen“ Druck in den langen Röhren¬
knochen des Hundes. (Aus d*-m physiolog. Institut der
Universität Breslau. (Illustr.) . 1664
Rotky, Ueber den Diastasegchalt des Fäzes. (Aus der medizin.
Klinik von R. v Jaksch, Prag.) ... . . . 2158
Rotter, Die therapeutischen Erfahrungen mitRotters Antiseptikum 1671
Rubner s. u. Fromme und Hübner.
Rüb samen. Klinisch-experimentelle Untersuchungen über die
Wirksamkeit der Wcbenrait'el in der Nachgehurtsperiode.
(Aus der Kgl. Frauenklinik Dresden.) illlustr.) . . . 627
— Zur biologischen Diagnose der Schwangerschaft mittels der
optischen Methode und des Dialysierverfahrens. (Aus der
Kgl. Frauenklinik Dresden.) . 1139
— Klinisch experimentelle Untersuchungen über die Wirksam¬
keit synthetischer Wehemittel. Aus der Kgl. Frauenklinik
Dresden.) illlustr.) . 2724
Rüder, Ueber den Wert der Alquie-Alexanderschen Operation 305
Rühl, Wie können wir aus der 1 rinschau und aus der Thomp-
sonschen Zweig’äserp>obe sicherere Ergebnisse gewinnen? 2233
Rütten s. u. Stüber und Riitten.
Rupprecht, Die Prostitution jugendlicher Mädchen in München 12
— Arzt und Jugendfürsorge . 2464
Saalfeld, Zur Technik der intravenösen Salvarsaninjektion . . 2338
Saat hoff, Thyreose und Tuberkulose. (Aus der Kuranstalt
Dr. Saathoff für innere und Nervenkrankheiten in Oberst¬
dorf.) . . . 230
— Die Anwendung der klinischen Methoden in der Praxis . 2183
Saenger, Ueber plötzliche, klinisch rätselhafte Todesursachen
während od-r kurz nach der Geburt (Aus der Kgl. Uni¬
versitäts-Frauenklinik und dem pathologischen Institut der
Kgl. Universität München.) . ..... . 1321
Salge B., Zur Beruhigung schreiender Säuglinge durch Anblasen.
(Aus der Universitäts Kinderklinik zu Strassburg i. E.) . . 2842
Seite
v. Salis, Erfolgreiche Adrenalinbehandlung bei rezidivierter
Osteomalazie. (Aus dem Franenspital Basol Stadt.) .... 2563
Sander, Ein Fall von akuter Spondyarthritis gonorrhoica . . 1830
Saniter, Geburtshilfliches Besteck. (Illustr.) . . .... 1437
Sasse, Ulcus callosum ventriculi (Schrumpfmagen). Exstirpation,
nebst Bemerkungen überden dauernden Verlust des Magens
sowie über die Technik der Magenresektion. (Aus der
chirurgischen Abteilung des St. Marienkrankenhauses zu
Frankfurt a. M.) . . 650
Satta s. u. Morpurgo und Satta.
Sauerbruch s. a. Spengler und Sauerbrnch.
Sauerbruch, Die Beeinflussung von Lungenerkrankungen durch
künstliche Lähmung des Zwerchfells (Phrenikotomie).
(Illustr.) . 625, 1041
— Fortschritte in der chirurgischen Behandlung der Lungen¬
krankheiten. (Illustr) 1890, 1944
Schaub s. u. Grosser und Schaub.
Schaumann, Ueber die Ursache der Beriberikrankheit . . . 1264
Scheidemandel, Ueber die Bedeutung der bakteri"log. Harn¬
untersuchung für die Diagnose und Therapie (speziell der
akuten Nephritis) . ... 1722, 1778
Scheiding, Aerzte und gemeinnützige Unternehmungen . . . 1268
Schelle, Zum Andenken an Dr. med. Benedikt . 1942
Scherbak, Leichtes Erkennen kleinster Plazentardefekte . . 1327
Scherer, Ueber das Vorkommen von Tuberkulose und Syphilis
in Deutsch Südwest- Afrika . ... 1488
Schick, Die Diphtherietoxin-Hautreaktion des Menschen als
Vorprobe der prophylaktischen Diphtherieheilseruminjektion.
(Aus der k. k. Universitäts-Kinderklinik in Wien.) .... 2608
Schickele, Kritischer Rückblick über wichtige gynäkologische
Arbeiten aus dem Jahre 1912 . . 652, 708
Schiff, s. u. Abderh 'Iden und Schiff.
Schiff E., Ist das Dialysierverfahren Abderhaldens differential¬
diagnostisch verwenbar? (Aus dem Physiologischen Institut
der Universität Halle a. S.) . 1197
— E.-Wien, Die Abgabe von Radiumpräparaten aus öffent¬
lichen Stationen zur Behandlung privater Kranker .... 250
Schilling, s. u. Reschad und Schilling.
Schilling V.-Torgau, Zur Frage der neuen Rossschen Entwick¬
lung des Syphiliserregers. (Aus dem Institut für Schiffs¬
und Tropenkrankheiten in Hamburg) . . . 186
Schlagin tweit und Stepp, Studien über die Pankreassekretion
bei Sekretionsstörungen des Magens. Nach Experimenten am
Dauerfistelhund. (Aus der medizinischen Klinik zu Giessen.) 1865
Schlayer, Ueber die Quellen dauernder Blutdrucksteigerung.
(Ans der I. med Klinik zu München.) . 63
— Notiz zur Funktionsprüfung der Niere. (Aus der I. medi¬
zinischen Klinik in München ) . 800
Schlecht, Ueber allgemeine und lokale Eosinophilie bei Ueber-
empfindlichkeit gegen organische Arsenpräparate. (Aus
der medizinischen Klinik in Kiel.) . ... .... 800
Schlimnert und Hendry, Erfahrungen mit der Abderhalden-
SchwTangerscbaftsreaktion (Dialysierverfahren und Ninhylrin-
reaktion). (Aus der Universitäts-Frauenklinik Freiburg i Br.) 681
— und Issel, Die Abderhaldensche Reaktion mit Tierplazenta
und mit Tierserum. (Aus der Univers. Frauenklinik Frei¬
burg i. Br.) . . . . 1758
Schlossmann, Die Oekonomie im S'off- und Kraftwechsel des
Säuglings. (Aus der akademischen Kinderklinik in Düsseldorf.) 285
— Adolf Baginsky . 1095
Schmerz, Improvisierte Heissluftapparate. (Aus der Chirurg.
Universitätsklinik zu Graz.) (Illust) . 2169
Schmidt A.-Halle, Chronische diphtherische Infektion der Lungen
(Illustr) . 20
Schmidt H.-Bonn s. u Stursberg und Schmidt.
Schmidt J. E. Bemerkungen über Dünndarmstenose. (Aus der
chirurgischen Universitätsklinik Würzburg ) illlnstr.) . . 919
Schmincke, Ein Beitrag zur Blutregeneration bei Eisenverab¬
reichung ... ... . 1199
Schmiz und Kessler, Typhusepidemie bei einem Dragoner-
reyiment . 1324
Schnaudigel, Hornhaut'äsionen nach Narkosen . 1600
Sehnde, Ein neuer prakt'scher Vierzellcnbadeschalter. (Illustr.) 1715
— Das elektrische Entfettungsverfahren mittels des „Degras-
sator“ nach Dr. Sehnde. (Hlu-tr.) . 1936
Schneider, Ueber eine neue Geburtszange und ihre Anwendung.
(Aus der Frauenklinik der Universität Heidelberg.) (Illustr.) 2790
Schneider H.-Bonn, Ueber Erblichkeit des Atherom. (Illustr.) 294
Schöne, Zur Behandlung von Vorderarmfraktnren mit Bolzung.
(Aus der Kgl chirurgischen Klinik zu Greifswald.) (Illustr) 2827
Scholl, Einigung zwischen Krankenkassen und Aerzten in Bayern 1666
Schreiber E., Kurze Bemerkungen über Salvarsan- resp. Neo-
sal varsaninjektionen. (Aus der inneren Abteilung^ des
Krankenhauses Magdeburg-Sudenburg . 1993
— Zur quantitativen Bestimmung des Cholesterins und Oxy-
choles'erins nach Antenrieth und Funk . 2001
Sehr ei ber R, Zur Therapie der Raynaudsohen Krankheit (Ans
der Kgl chirurgischen Universitätsklinik und Poliklinik zu
Berlin.) . 1255
XII
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Schröder, Eine Freiluftbehandlung des Typhus vor hundert
Jahren und einiges vom Typhus überhaupt .
Schüffner, Ist die Beriberi eine auch in Europa heimische
Krankheit? (Aus dem Hospital der Senembah-Maatschappy
in Deli-Sumatra.) . ' .
— und Vervoort, Das Oleum chenopodii gegen Ankylosto-
rniasis und eine neue Methode der WertbestimmuDg von
Wurmmitteln. (Aus dem Hospital der Senembah Maat-
schappy in Deli .
Schütz, Gelenkwinkelmesser. (Illustr.) .
Sc hui tz, Technik und Ergebnisse meiner Blutgerinnungsmethode.
(Aus der inneren Abteilung des Krankenhauses Cnarlotten-
burg-Westend.) (Illustr.) ... .
— u. Grote, Untersuchungen mit dem Abderhaldenschon
Dialysierverfahren bei Scharlach. (Aus der II. inneren Ab¬
teilung und dem bakteriologischen Institut des Kranken¬
hauses Charlottenburg-Westend.) ...
Schulz, Ueber Auftreten eiweissspaltender Fermente im Blut
während der „prämortalen Stickstoffsteigerung“. (Aus der
ehern. Abteilung des physiolog. Instituts in Jena) . . .
Schumacher, Eine Gruppe von (i klassischen Botulismus¬
erkrankungen in der Eifel und der Nachweis ihres Erregers,
des Bacillus botulinus .
Sch urig, Zur Behandlung der Ischias .
Schuster, Ueber traumatische Spätapoplexie. (Aus der inneren
Abteilung des Stadtkrankenhauses zu Chemnitz.) . . . .
Schwaer, Ueber die hämatologische Diagnose der Röteln. (Aus
dem Stadtkrankenhause zu Lüdenscheid.) .
Schwarz E., Der Wachstumsreiz der Röntgenstrablen auf pflanz¬
liches und tierisches Gewebe. (Aus der chirurgischen Uni¬
versitätsklinik zu Tübingen.) (Illustr.) . . . .
Schwarz G., Ruptur des graviden Uterus nach vorausgegangenem
klassischen Kaiserschnitt. (Aus dem städtischen Kranken¬
haus Elbing ) . ...
Schwenke, Ueber die diagnostische Bedeutung der Döhleseben
Leukozytenoinschlüsse bei Scharlach. (Aus der Kgl. Uni¬
versitäts-Kinderklinik Breslau.) ... .
Schwyzer, Der Flourgehalt des Karlsbad wassers .
Seeligmann, Ueber ein erfolgreiches Heilverfahren bei einem
Sarkom (Rezidiv) des Eierstocks, das die Wirbelsäule er¬
griffen hatte .
— Die Beeinflussung des inoperablen Uteruskarzinoms mit
Strahlen und intravenöser Chemoterapie .......
Sbguin, Paul Segond .
Sehrt, Die thyreogene Aetiologie der hämorrhagischen Metro-
pathieen mit Bemerkungen zur Theorie der Eklampsie und
des habituellen Aborts. (Aus der Universitäts Frauenklinik
Freiburg i. Br.) .
— Die Extraktion der Lungenfremdkörper beim Kinde. (Illustr.)
Sehrwald, Erysipei und Tätowierung .
— Zur Geschichte der Malariaübertragung .
Seitz, Ueber galvan. Nervenmuskelerregbarkeit in der Schwanger¬
schaft und über Schwangerschaftstetanie. (Aus der Uni¬
versitäts-Frauenklinik Erlangen.) .
Sellheim, Neue Wege zur Steigerung der zerstörenden Wirkung
der Röntgenstrahlen auf tiefliegende Geschwülste. (Aus
der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.) . . .
v. Seydel, Generalstabsarzt v. Vogl .
— Generalstabsarzt z D. v. Bestelmeyer .
Sevderhelm s. u. Veraguth und Seyderhelm.
Sgalitzer s. u. Holzknecbt und Sgalitzer.
Siegel, Der Dämmerschlaf in der Geburtshilfe mit konstanten
Skopolaminlösungen. (Aus der Universitäts-Frauenklinik
Frei bürg i. Br.) .
Siegrist, Nervöses Fieber bei Tabes dorsalis. (Aus der II. med.
Klinik der Akademie Köln.) (Illustr.) .
Simmonds, Hypophysis und Diabetes insipidus. (Aus dem
pathologischen Institut des allgemeinen Krankenhauses
St. Georg in Hamburg.) (Illustr.) . ....
Singer und Holzknecht, Radiologische Anhaltspunkte zur
Diagnose der chronischen Appendizitis. (Aus der I. medi¬
zinischen Abteilung des k. k. Krankenhauses „Rudolf¬
stiftung“ und dem Zentralröntgenlaboratorium des k. k. all¬
gemeinen Krankenhauses in Wien.) (Illustr.) ......
Sippe 1, Die Behandlung der Uterusmyome mit Röntgenstrahlen
Sobotta, Zur Hamburger Universitätsfrage .
Sommer s. u. Bruck und Sommer.
Speck, Ueber Noviform zur Wundbehandlung. (Aus der Chirurg.
Abteilung des Diakonissenhauses zu Leipzig-Lindenau.) . .
Spengler L. Davos u. Sauerbruch F.-Zürich, Die chirurgische
Behandlung der tuberkulösen Pleuraexudate .
Spielmeyer, Fortschritte der Hirnrindenforschung .
Spiethoff, Zur therapeutischen Verwendung des Eigenserums.
(Aus der Hautabteilung Jena.) . ...
— Ueber die Hirndruckerhöhung bei Lues nach Salvarsan.
(Aus der Hautabteilung Jena.) .
Spitzy, Zur Ausnützung der lespiratorischen Kräfte in der
Skoliosenbehandlung. (Aus der chirurgisch-orthopädischen
Abteilung der Kinderklinik in Graz.) .
1 41)3
042
129
1039
4
2510
2512
124
1830
2404
1203
2165
815
752
2678
037
1884
139
961
1486
976
1040
849
2266
1550
1776
2280
2726
127
2659
2226
419
1881
2825
30
521
1192
w (
Seite
Spitzy, Ein Instrument zur radikalen Phimosenbeseitigung.
v Xus der chirurgisch-orthopädischem Abteilung der Univer¬
sitäts- Kinderklinik Graz.) (Illustr.) . 975
Sprengel, Die Assistenten- und Praktikanten frage . 1264
— Modifizierter Heftpflastergipsverband bei der Klumpfuss-
behandlung . 1490
Stäubli, Beitrag zur Kenntnis und zur Therapie des Asthma.
(Illustr.) . . . 113
— lieber vergleichende Temperaturmessungen und deren
klinische Bewertung. (Illustr.) . 1017, 1090
v. Stauf fenberg, Der Wandel der Anschauungen über Gehirn¬
lokalisation . 2466
Stange, Zur biologischen Diagnose der Schwangerschaft. (Aus
, der Provinzial Hebammen-Lehranstalt und Frauenklinik zu
Magdeburg) . 1084
Stander, Allgemeine Diagnostik und Behandlung der Pankreas¬
erkrankungen . 2290
Stein, Die kosmetische Korrektur der Fazialislähmung durch freie
Faszienplastik. (Aus der chirurgisch-orthopädischen Anstalt
von Dr. Stein in Wiesbaden.) (Illustr.) . 1370
Steiner, Ueber die Physiologie der Linkshändigkeit ... . 1098
S t ei si n g, Ueber die Natur des bei der Abderhaldenschen Reaktion
wirksamen Fermentes. (Aus dem hygienischen Institut der
Universität Lemberg) . 1535
Stepp s. u. Schlagintweit und Stepp.
Stern C., Die Anwendungsart des Salvarsans und Neosalvarsans,
Infusion oder Injektion? (Aus der akademischen Klinik
für Hautkrankheiten in Düsseldorf) . (591
Stern K. -Fürth, Ueber Entfernung von Tätowierungen. (Illustr.) 2731
Stoeltzner, Ueber Larosan, einen einfachen Ersatz der Eiweiss¬
milch. (Aus der Kinder-Poliklinik und der Säuglingsklinik
an der Universität Halle a. S.) . 291
Stoffel, Beiträge zu einer rationellen Nervenchirurgie. (Illustr.) 175
— Neues über das Wesen der Ischias und neue Woge für die
operative Behandlung des Leidens. (Illustr) . 1365
Straub, Ueber die Gefährlichkeit der Kombination von Morphin
mit allgemeiner Narkose und mit Schlafmitteln (Aus dem
pharmakologischen Institut der Universität Freiburg i. Br.)
(Illustr.) . 1823
— Ueber Zersetzung und Konservierung von Skopolaminlö-
süngen. (Aus dem pharmakolog. Institut der Universität
Freiburg i. Br.) . 2279
Stüber und Rütte n, Uebei eine einfache Methode zur Bestim¬
mung des phagozytären Index uud dessen klinische Be¬
deutung. (Aus der medizinischen Klinik zu Freiburg i. Br.)
(Illustr.) . • . 1585
Stümpke , Ueber Jodostarin. (Aus dem dermatolog. Stadtkranken¬
haus II Hannover-Linden) . 1489
Sturm, Ueber orthotische Albuminurie bei Tuberkulose. (Aus
dem Sanatorium Wehrawald.) . 763
Stursberg und Schmidt H., Ueber Blutdruckmessung nach
Körperarbeit und ihre Bedeutung für die Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit. (Aus der medizin. Universitätsklinik zu
Bonn.) . 174
Sudhoff, Johann Christoph Huber f . . . 1042
— Syphilis und Pest in München am Ende des 15. und zu
Anfang des 16. Jahrhunderts . 1439
— Viktor Fossel f . 2407
— Johann Christian Reil im Befreiungsjahre 1813 . 2578
Sultan, Eine seltene Indikation zur Darmresektion . 761
— Eigentümliches Verhalten von Fremdkörpern. (Illustr.) . . 1038
Sutherland, ein kleiner Wink für das Präzipitationsverfahren
in der gerichtsärztlichen Praxis . 2054
Swift und Ellis, Die kombinierte Lokal- und Allgemeinbehand¬
lung der Syphilis des Zentralnervensystems. (Aus dem
Hospital des Roekefeller Institute for Medical Research
New York.) . 1977, 2054
Thannhauser und Pfitzer, Ueber experimentelle Hypergly
kümie beim Menschen durch intravenöse Zuckerinjektion
(Aus der II. medizin. Klinik.) (Illustr.) . 2155
The de ring, Zur Therapie des Herpes tonsurans . 2679
Therstappen, Beitrag zum Krankheitsbild der Ostitis fibrosa.
(Aus der Akademie für praktische Medizin in Köln.) (Illustr.) 1379
Tiegel, Eiterbecken mit Stiel. (Aus der Chirurg. Abteilung des
städtischen Luisenhospitals zu Dortmund ) (Illustr.) . . . 1941
Thilo O, Zur Behandlung des Formalinekzem . 2841
Többen, Die Beeinflussung der Neuralgie des Plexus brachialis
durch Kuhlenkampfsche Anästhesie. (Aus der Chirurg. Ab¬
teilung des St. Josef-Hospitales Oberhausen.) . 1883
T o ff , Handwerker- und Arbeiterkrankenversicherung inRumänien 2409
Trautmann, Ueber Halslymphdrüsentuberkulose jin ihrer Be¬
ziehung zu den Tonsillen und zur Lunge . 866
— Die Technik der extrakapsulären Totalexstirpation der Ton¬
sille. (IlluBr.) . 2223
Treplin, Beitrag zur Aetiologie der Darminvaginationen . . . 1204
Trümmer, Ueber Ortizon. (Aus der Kgl. Universitäts-Poliklinik
für Nasen- und Kehlkopfkrankc in Würzburg.) . 2565
mS. _ INHALTS-VERZEICHNIS. _ _ _ ^ XIII
Seite
Trumpp, Erkrankung von Geschwistern an Heine-Medinscher
Krankheit . O . . 1029
v. Tschermak, Die führenden Ideen in der Physiologie der
Gegenwart . 2328
Tschudnowsky, Zur Frage über den Nachweis der Abwehr¬
fermente mittels der Optischen Methode und des Dialysier-
verfahrens nach Abderhalden im Blutserum bei Schwanger¬
schaft und gynäkologischen Erkrankungen. (Aus der Uni¬
versitäts-Frauenklinik zu Jena.) . 2282
Tuszewski, Ueber Elarson. (Aus der inneren Abteilung des
Krankenhauses Berlin-Reinickendorf.) . 2875
Uffenheimer A., Der Stand der Heine-Medinschen Krankheit
(epidemischen Kinderlähmung) in Bayern . 2883
Yeiel, Beitrag zur Arteriitis obliterans. (Aus der I. medizinischen
Klinik in München.) . . . 256(1
Veil, Beitrag zum Studium der gutartigen Albuminurien. (Aus
der medizinischen Universität s Poliklinik zu Strassburg i. E.) 2717
Vera gut h und Seyderhelm, Ueber raschwirkende Beeinflus¬
sung abnormer Leukozytenbilder durch ein neues Verfahren.
(Aus dem Privatlaboratorium von Dr. 0. Veraguth, Kurhaus
Rigi-Kaltbad und Zürich.) (Ulustr.) .... 2211, 2284, 2664
Verse, Ueber das Vorkommen der Spirochaete pallida bei früh -
und spätsyphilitischen Erkrankungen des Zentralnerven¬
systems. (Aus dem pathologischen Institut der Universität
Leipzig.) (Illustr.) . • 2446
Vervoort, s. u Schüffner und Vervoort.
Voelckel, Ueber das Nachweisverfahren der Diphthcriebazillen
nach v. Drigalski und Bierast. (Aus der Kgl. Zentralstelle
für öffentliche Gesundheitspflege in Dresden.) . 1888
Vogel F.-Bilin, Traumatische Scheidenruptur mit Dünndarm¬
vorfall . 1326
Vogel K.-Dortmund, Die allgemeine Asthenie des Bindegewebes
in ihren Beziehungen zur Wundheilung und Narbenbildung 851
Vogt, Morbus Addisonii und Schwangerschaft. (Aus der Kgl.
Frauenklinik Dresden.) . 1821
Voigts, s. u. Bumm und Voigts.
Voigts, Mesothorium als Röntgenstrahlenersatz in der Gynä¬
kologie. (Aus der Kgl. Universitäts-Frauenklinik in Berlin.) 1188
Voll, Schmerzlose Entbindungen . 800
Vollert, Zur Therapie des Hordeolum und der Blepharitis ciliaris
mit Histopin . 1658
Vorberg, Die Energos Co . 222
Vulpius, Zur Behandlung der inneren Verletzungen des Knie¬
gelenks. (Aus der Professor Dr. Vulpiusschen orthopädisch¬
chirurgischen Klinik in Heidelberg.) . 453
— Ueber die Arthrodese des Hüftgelenkes. (Aus der Professor
Dr. Vulpiusschen orthopädisch- chirurgischen Klinik in
Heidelberg.) (Illustr.) . 691
— Ueber die Lichtbehandlung der chirurgischen Tuberkulose.
(Aus dem Sanatorium Solbad Rappenau für Knochen-,
Gelenk- und Drüsenleiden.) . 1079
Wacker, Welches ist der wirksame Bestandteil der Beckschen
AVismutpaste? (Aus dem pathologischen Institut der Uni¬
versität München.) . . . . . . 2674
— und Hueck, Ueber experimentelle Atherosklerose und
Cholesterinämie. (Aus dem pathologischen Institut der
Universität München.) (Illustr.) . 2097
Wagner A., Ein Beitrag zur Aderlasstherapie bei Polyzythämie.
(Aus der medizinischen Klinik zu Jena.) . 408
Wagner G., Erfahrungen mit der Conradi-Trochschen Tellurplatte
zum Diphterienachweis. (Aus dem hygienischen Institut
der Universität Kiel.) (Illustr.) . 457
Wahle, Zwei Fälle von Neosalvarsanvergiftung. (Aus der Klinik
für Hautkrankheiten der städt. Krankenanstalt Lindenburg 854
Waibel, Die Verletzungen und traumatischen Erkrankungen
der Zehen und ihre Begutachtung in Unfallsachen .... 467
Walkhoff, Die erste biologische Radiumwirkung . 2000
Walther, Synthetisches Hydrastinin-Bayer, ein Ersatz fiirExtr.
Hydrastis canadensis fluidum . 694
v. Wassermann, Ueber die wissenschaftlichen Grundlagen der
Serodiagnostik . 1331
Weber A, Automatische Entwicklung von Röntgenplalten. (Aus
der medizinischen Klinik in Giessen.) ... • . 1264
— Ueber intravenöse Injektionen kleiner Mengen von Menschen¬
blut bei der Behandlung schwerer Anämien (Aus der
medizinischen Klinik zu Giessen.) . . 1307
— Ueber die Registrierung des Druckes im rechten Vorhof
und über den Wert des oesophagealen Kardiogramms für
die Erklärung des Jugularvenenpulses. (Aus der medizischen
Klinik zu Giessen.) (Illustr.) . 2553
Seite
Weber A., Ueber den Wert der Serumtherapie bei Tetanus. (Aus
der inneren Abteilung der Diakoniesenanstalt zu Halle a. S.)
(Illustr.) . . 2232
Weber F. P.-London, Ueber die traumatische Thrombose der
Vena cava inferior in bezug auf Lebensversicherung . . 1434
Weber F., Ein Fall von Pfählungsverletzung. (Aus der Kgl.
Universitäts-Frauenklinik München) . . . . 1770
Weber H., Extensionstisch zur Einrenkung angeborener Hiift-
luxationen. (Aus der orthopäd. Klinik in München.) (Illustr.1 1999
Wechsel mann, Ueber tausend subkutane Neosalvarsaninjek-
tionen. (Aus der dermatolog Abteilung des Rudolf- Virchow-
Krankenhauses in Berlin.) . 1309
Wegen er, Serodiagnostik nach Abderhalden in der Psychiattie.
(Aus der psychiatrischen Klinik Jena) . 1197
Weichsel, Ueber luetische perniziöse Anämie. (Aus der medi-
Weil a. Halle s. u. Abderhalden und Weil.
Weinbrenner, Willy Thorn f . 1 :)H3
Wein er t, Ueber rektale Temperatursteigerungen. (Aus der medi¬
zinischen Universitätsklinik Heidelberg.) . . . 1542
Weiser, Ein neuer Apparat zur Diathermiebehandlung von
Ohrenkrankkeiten (Ototherm e). Aus der inneren Abteilung
des Stadtkrankenhauses Dresden-Johannstadt) (Illustr.) . 2521
Weiss, Ueber klinische Erfahrungen mit Digipan. (Aus der
medizinischen Klinik und Nervenklinik Tübingen.) (Illustr.) 249 9
Weiss R., Ein einfacher Apparat zur Bestimmung der Chloride
im Harn (Chlorometer) . 2842
Werner s. u. Mayer, RocherLima und Werner.
Werner P. und v. Zubrzycki, Ueber die Beeinflussung der
Opsonie durch Elektrargol. (Aus der II. gyäkolog. Klinik
in Wien.) . 583
Werner R., Erfahrungen mit den chemisch-physikalischen Be¬
handlungsmethoden des Krebses im Samariterhause. (Aus
dem Institut für Krebsforschung in Heidelberg.) ..... 2100
Werther, Beitrag zur Kenntnis der Pyämide. (Illustr.) . . . 1709
Wertheimber, Die Behandlung des Ulcus varicosum mit ein¬
fachen Kleisterverbänden . 1490
Werthern, Ueber Erfahrungen mit der Blasennaht beim hohen
Steinschnitt an Kindern. (Aus der Medizinschule der eng¬
lisch-amerikanischen Mission in Tsinanfu, Nordchina.) . . 134
Wesener, Zweijährige Erfahrungen mit der Wassermannschen
Reaktion . 1816
Weygandt W. -Hamburg -Friedrichsberg s. u. Jakob und Wey-
gandt.
Wiegels, Ileus und Appendizitis. (Aus der chirurgischen Privat¬
klinik von Hofrat Krecke in München.) (Illustr.) . 1644
Wieland, Neuere Forschungen über die Ursache der Beriberi-
krankheit . 706
Wilke, Arnold Heller . 987
Wilms, Welche Formen der thorakoplastischen Pfeilerresektion
Bind je nach Ausdehnung und Schwere der Lungenerkran¬
kung zu empfehlen? (Illustr.) . 449
Windosheim, Zur Therapie der schweren Anämie. (Aus dem
städtischen Krankenhaus Erfurt.) . 2235
Wittek, Zur Behandlung granulierender Wunden. (Aus der Grazer
chirurgischen Universitätsklinik.) (Illustr.) . 1657
Witzei, Allgemeines über Bruchbehandlung und Besonderes über
den Riesenbruch. (Hernia permagna) . . 516
— Das Ulcus duodeni chronicum und seine Behandlung . . 875
— Dürfen wir die Möglichkeit einer fori schreitenden Throm¬
bose und die Thromboembolie noch als unmeidbar ansehen? 2632
Wolf, Ein ungewöhnliches Repositionshindernis bei typischem
Knöchelbruch mit Luxation des Fusses nach aussen. (Aus
dem Garnisonslazarett Leipzig ) (Illustr.) . 868
W olff H. -Berlin s. u. Ehrmann und Wolff.
W 0 1 f f - Karlsruhe , Eine einfache neue Bestrahlungslampe für
Gleich- und Wechselstrom. (Illustr.) . 185
Wolff-Eisner, Experimentelle Untersuchungen über die von
Aborten ausgehende Infektionsgefahr und, ihre Verhütung.
(Aus der bakteriologischen Abteilung des Krankenhauses
Friedrichshain.) (Illustr.) . 473
Wolze und Pagenstecher, Erfolgreiche Behandlung eines in¬
operablen Mandelsarkoms mit Cuprase und Röntgenstrahlen 1036
Wulff, Ueber Verbrennungen, nach Rovsings Methode behandelt.
(Aus der chirurgischen Universitätsklinik des Reichshospitals
Kopenhagen) . 1651
Ylppö, Icterus neonatorum und Gallenfarbstoffsekretion beim
Fötus und Neugeborenen. (Aus dem Kaiserin Auguste
Victoria-Haus zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit im
Deutschen Reiche) . 2161
Zalewski, Beobachtung einer beginnenden Spontanruptur des
Uterus gelegentlich einer Sectio suprapubica (Aus der I’ro-
vinziäl-Hebammen-Lehranstalt und Frauenklinik Breslau ) 2456
XIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Zangemeister, Ein Handgriff zur Umwandlung der Gesichts¬
lage. (Aus der Kgl. Universitäts Frauenklinik Marburg.) . 1241
Ziegler, Eine neue Methode zur quantitativen Bestimmung von
Uraten in Blutserum . 1083
Zieler, Ueber orthotisclie Albuminurie bei Tuberkulose .... 1041
Zimbler, Ein Fall von Uterusperforation durch einen Fremd¬
körper . 1773
Zimmermann, Ueber Tenosin, ein neues Sekaleersatzpräparat.
(Aus der Universitäts-Frauenklinik in Jena.) . 2675
Seite
Zimmern, Infusion oder Injektion des Salvarsans. (Aus der
dermatologischen Klinik des Städtischen Krankenhauses zu
Frankfurt a M ) . 1087
Zink, Bildet die Kehlkopftuberkulose eine Kontraindikation bei
der Lungenkollapstherapie? (Aus der Baseler Heilstätte für
Brustkranke in Davos.) . 1924
Zinsser, Ein einfacher Nasenersatz. (Klinik für Hautkranke der
städtischen Krankenanstalt Lindenburg Köln-Lindenthal.)
(Illustr.) . 2734
v. Zubrzycki s. u. Werner und v. Zubrzycki.
II. Namen-Register.
(Die fett gedruckten Ziffern bedeuten Originalartikel.)
Seite
A.
Aaron . 201 1
Abbott .... 731, 1110
Abderhalden 86,' 365, 4M,
462 654, 701, 763, 1043,
1386. 1402, 1549, 1641,
1703, 1842, 1880, 1923,
2 '30, 2190, 2191, 2240,
2244, 2385, 2434, 2712,
2774, 2799, 2805
Abel-Berlin 275, 1014, 1847
Abel Wiesbaden . 1054
Abelin . . 425, 2636, 2917
Abels . 730, 2474
v. Aberle . . 781, 2369
Abesser ..... 772
Abi . 2853
Abraham . 1342
Abrami . 277
Abrikossow . 2424
Abulow .... 664, 1285
Ach .... 946, 1115
Achard . 2029
Acker . 845
Ackerley ... . 843
Ackermann . . 443, 1522
Adam . 1514
Adamson . 2024
Adler-Prag . 1576
Adler L.-Berlin-Schöne-
berg . .... 1221
Adler L.-Wien .... 2371
Adler S.- Berlin-Pankow 715
Adolf Friedrich, Herzog
von Mecklenburg . 541
Ahlfeld 314, 658, 1504, 2296
Ahrens 495, 785, 1857, 1858
2086, 2251
Aichel . 1164
Aisenstadt . . . . ! 2423
Aizner ....... 371
Alamartine ... . 1048
Albahary . . . 2078, 2584
Alban-Dorau ... 2080
Albanus 213, 951, 1569, 1793
Albers-Scbönberg 652, 730,
950, 1390, 2080, 2259
Albert . 1347
Al bracht . 1845
Albrecht Graz .... 2479
Alhrecht H. -München 1220,
1348, 2865
Albrecht P.-Wien 51, 1167,
1728
Albrecht W. -Berlin 265, 1571
Albee .... 1339, 1907
Albu . . . 710, 1902, 2364
Alcock . 1955
Alden . 1851
Seite
Aleman .... 2359
Alexander B. . 479
Alexander F G. . . . 2131
Alexander-Nürnberg . 2315
Alexander F.-Frankfurt 200
Alexander S.-Herlin . 1637
Alexander W. -Berlin . 935,
1502
Alexandrescu-Dersca . 1601
Alexejew . 1622
Alfaro . 1904
Alglave . 1049
A|gyogyi . 2376
Alkan . 1789
Allard . 619, 898, 994. 1064
Allemann . 139, 1096,1289,
1751
Allen A. R . 1852
Allen C. W. . • . 2592
Allison . 1 39
Allmann 1107, 2435, 2805
Allport . 604
Alsberg . 1342
Alt . 675
Althoff . 530
Altmann .... . 464
Alt schul ... 1339, 2366
Altstaedt . 2217
Alvarez .... 319, 2477
Alwens 445, 833, 1341, 1909,
2313, 2682
Alzheimer ..... 2427
Amann O -München . 52
Ainann R. -Zürich . . 1343
Amberg . 2804
Amberger . . . . .2144
Amblard . 2537
Amelung . 2069
Amerling ..... 258
Amrein . 2536
Amstrong . 2019
Andenino . 1169
Anderes . 1565
Andereya . 2702
Andersen Kristen Krist-
iansand ..... 1338
Andersen R. P. . . . 483
Anderson . 2693
Ando . 2067
Andree H. -Bremen . . 529
Andrd K. -Marburg . . 1677
Andryewsky ... .1641
Andrewes ... 1735
Andrews . 312
Andriescu .... 1050
Andronow . . . . 53
Andvord . 551
Angela . 1850
v. Angerer . . . 82, 1214
v. Angydn . 2190
, Seite
Anitschkow 601, 938, 1279
1845, 2419, 2555
Anschütz ... . 159
Ansprenger . 1707
Anton 1438,1782,2024,2309
Antoni . 661
Antonowsky . 663
Aoki . 38, 1217, 1901, 1902,
2801
Aoyama .... 2588, 2690
Aparicio . 318
Apolant . 1505, 1675, 2851
Apt . 312
Archibald . 16’ 2
Arent de Besehe . . . 602
Ardin-Delteil .... 2539
Argyris ..... 2131
A rinkin . 2809
Arisawa .... 1513
Armand-Delille . . . 322
Arnaud ... ... 548
Arnd . 207, 431
Ameth . . 994, 2248
Arnold J. -Halle . . 427
Arnold W.- Würzburg . 458
Arnoldi . . 884, 1450, 2476
ArnspergerH. -Dresden 1686
1782
Arnsperger L.-Karls-
ruhe . 92, 1116, 2366
Arnstein 1110, 1897, 2548
Aron E.-Berlin .... 430
Aron H.-Breslau 2071, 2371
Aronsohn .... 429, 602,
2298, 2921
Arrou . 1895
d’Arsonval . 894
Artamonow . 1624
v. Arx . 1507
Arzt 97, 828, 1124, 1731,
2195
Asanow . 2746
Asch P.-Strassburg . 2430
Asch R.-Breslau 1349, 1619,
1951
Aschaffenburg 309, 1282,
2261
Aschenheim 379, 2071, 2372
Asch-r . 748, 1041
Aschner B.-Halle 542, 617,
1290,1291,1565,2306,2779
Aschner B. Rumänien 1052
Asch off 337, 782, 1221, 1753,
2198, 2533
Ascoli .... 1902, 2534
Ashby . 2643
Ask . 2353
Askanazy . 2071
v. Assen . . 731
Assmann . . . 1296, 1843
Seite
Assmy . 1956
Astrachanowa .... 2809
d’ Astros . 323
Attias . 717
Auer . 2243
Auerbach-Baden Baden 265
Auerbach B. Köln-Ehrenfeld
839, 1829
Auerbach Fr.-Berlin 262, 2916
Auerbach S. -Frankfurt 200,
258, 1516, 1739, 2428
Aufrecht . 767
v. Aufschnaiter . . . .1012
Augagneur . 1577
Augstein ..... 1453
Anlhorn . 667
Aumann-Berlin . . . 1888
Aumann-Hamburg . . 94
Austregeliso . 2805
Autenrieth . . 1243, 1776
Auvray . 479
Avö-Lallement .... 1730
Axenfeld . 710, 1453, 1513
Axnausen 39. 91, 106, 731,
732, 832, 2543, 2705
Axionow . . . 1288, 2810
Ayrignac . 2478
B.
Baar . 479, 2838
Bab . 2541
Babesch 43, 1051, 1052, 2303
Babitzki . . 482, 826, 827
Babonneix . 333
Bacaloglu . 1050
Bach-Elster . . 894, 2802
Bach- Marburg .... 710
Bachem . 2626
ßachrach 675, 1069, 2132,
2367
Bachstez . 264
Back . 1851
Backhaus . 1681
Bacmeister 343, 715, 1003,
1398, 1952, 2585
Baculescu . 548
Bade . 732, 780, 1432, 2368
Badt . 1693
Badtke . 1225
Baecher . 1342
Baedeker . 2208
Bähr F.-Hannover 204, 1789,
2587
Baehr G -Freiburg 1216,2023
Baehr G.-NewYork 1280,
1340
Baehr G.-Wien . . . 2747
Baensch . 496
Seite
Baer G.-Davos Platz 132,206,
1587. 2800
Baer J.- Wiesbaden 2053, 21 18
Baermann 1132, 1399, 1400,
1537
Baerthlein 1221, 1283, 2921
Baetge . 1275, 2379, 2776
Baetzner . 1565
Bäimel . 2283
BaetimerJena .... 1687
Baeuuier E.-Berlin 1619, 1620
Bäumler . 1361
v. Baeyer . . . 1353, 2621
Bnginsky . 883, 2419, 2470
Bahrdt ... 1617, 2372
Bail . . 1284, 1726, 1784
Bailey . 2023
Bain . 843
Baisch B. - Heidelberg 427,
428
Baisch K.-München 366, 442,
1290, 1560, 1725, 2531
Bakofen ..... 1626
Balance . 887
Balds . 1278
Balatu . 43
Baldowsky . 1285
Balfour . 1612
Ball . 2643
Bailas . 2196
Ballerini . 2355
Balliano . 881
Balzer . 1071
Bamberg . . 1219, 1901
Bamberger . . . . 2927
Bandelier , 823, 2914
Bang J.-Lund . 990, 2277
Bang S.-Dänemark . . 2245
Banga . 1860
Bangert . .
Bankart .
Bankowski
Banti . . .
Bar . . . .
. . 833
1955, 2643
1217, 2539
. . . 1960
655, 1045, 1967
Baranczik 1287, 1288, 1622
Barannikow ... 1621
Bäräny 97, 219, 264, 445,
720, 827, 900, 2362, 2428
Barberio . 2750
Barbo . 792
Barchet . 372
Bardach B.-Wien . . . 264
Bardach K. -Heidelberg 2622
Bardachzi 107, 498, 1576,
2365
v. Bardeleben . . . 2701
Bardswell 1953, 1955, 2694
Bargeron . 1898
Barikine . 427
Barkan . 662
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XV
Seite
Banker-London . . . 843
Barker L. F. -Baltimore 2017
Barkla . . .
. . . 2023
Barladean . .
fl 601, 2357
Bäron ....
. . . 1278
Barrenschen .
. 1446
Bärsony . . .
. 89, 1278
Bartel ...
. . . 2590
Bartels 5 . . .
. . 1274
Barth ....
. 207, 209
Barthälemy .
. 1048
Bartolotti . .
... 487
Bary ....
. . . 1792
Barykin .
. 999
Basch . .
. 769, 1789
Bashford
2259, 2353
Basler 1809, 197
2, 2190, 2242
Bass C. C.-New Orleans 217,
1344
Bass R.-Prag 1054, 2176, 2473
Basset . . .
. . . . 1617
Bastian . .
. . 886
Bastianelli
. 770, 1907
Bateson
. . 1959
Battle ....
. 1070, 2*395
Bauer-Erlangen
. . . 1549
Bauer -Wien
. . . . 2372
Bauer A.- Breslau 1559, 2070
Bauer F.A.-Inner-Arosa 369
Bauer J.-Innsbruck 881, 939,
1001,1222,1620, 2007,2363
Bauer J. -Düsseldorf 659, 1466,
2007, 2299
y. Bauer J. -München . 1335
Bauer R.-Wten 388, 1413,
1620, 2549
Bauer Th. -Wien . . . 1731
Bauereisen 104, 655, 1164,
1291, 1340, 1397, 1741
Baum-Kiel . . 160, 161
Baum H -München 309, 1104,
1296,1445,2189, 2242,2636
Baumgarten . ... 2378
Baumgartner . . . 318
Baumm G.-Breslau . 833
Baumm H - Königsberg 2419
Baumm P. -Breslau . . 317,
1349, 1451
Baur E . 1680
Baur J.-Zürich .... 1106
Baur J.-Basel-Land . . 2421,
2476
Bayer C.-Prag .... 92
Bayer G. -Innsbruck . 38
Bayer H -Jena .... 1389
Bayer H.-Strassburg . 1044,
2297
Bayer R - Bonn 203, 314, 2355
Bayer S. -Innsbruck . . 2853
Bayerthal . 1511
Bayet . 98, 1907
Bayon . 940
Bazy L. -Paris .... 933
Bazy P.-Paris .... 934
Bazzicalupo . 1849
Beard ........ 2064
Becher . 732
v. Bechterew . 2691, 2748
Beck-Tübingen . . . 714
Beck C . 1219
v. Beck B. -Karlsruhe . 1338
Beck C.- Frankfurt 659, 2537,
2806
Beck C. - Chicago 218, 842,
2020
Beck J. -Chicago . . . 1689
Beck K.-Heidelberg 2242
Seite
Beckers .... 316, 1109
Bäclbre . . . 950, 2082
Beckmann H.-Wien . 2705
Beckmann W. - St. Pe¬
tersburg . 1340
Beckurts . 426
Bedeschi . 1168
Bedson . . 2540
Beer . 934
Beerwald . 904, 1725
Behne . 1045
Behr . . . 147, 2478
Behrend-Stetlin . . . 429
Behrend-Pest .... 2372
Behrendt H. -Königs¬
berg . 1213
Behrenroth 207, 1054, 1561,
2641
v. Behring . .
1109, 1221
Bejau .
... 44
De Bekker
. . . 2479
Beläh .
... 41
Belfield ....
. . . 1223
Bellinger . .
. . . 1848
Bellini ....
. . . 2750
Belloir ....
. . . 2029
Beltz .
. . . 161
Benario . . 446,
1115, 1768
v. Benczur . .
... 992
Benda ....
. 2543
Bendix . 259,
1415, 2871
Bened-k 9% 1449, 2033,
2249, 2302
Benedict-Pest .
. . . 2137
Benedict F. G.-Ameiika
1276, 1841
Benedikt M.-Wien 620, 730,
1069, 2693, 2763
Benelli . 316
Benestad . 551
Benfey . 1617
Benjamin . 1358
Benjamins . . . 2140
Benians ... . . 2694
Bennecke(311,l25l,l926 2788
Bennigsor. . 2275
Benon . 1783
Benthin . . 656, 840, 1456
Bentlein . 2010
Bentmann . 1949
Bei tzen . 2358
Berblinger . 50, 674
Berczeller . . 1397, 2748
Beresnegonsky . 39, 1676
Berg A. A. -Chicago . 1224
Berg P.-Würziiurg . 2586
Berg R.-Oberloschwitz 2364
Berg W.-Strassburg . 105
van den Bert; . . 2 1 39, 2140
Bergeat 1377, 1637, 1693,
1834, 2493, 2822, 2870
Bergei .... 1002, 1675
Bergeil ....... 880
Berger-Aschaffenburg . 951
Berger F.-Köln 2394, 2420
Berger H. -Berlin - Friedenau
652
Berger H -Jena495, 784, 1857,
1921, 2085
Bergl . . 2805
v. Bergmann - Freiburg 784
v. Bergmann G. -Altona 720,
769, 786, 832, 890, 895,
897, 948, 1566, 2459, 2542
v. BergmannGg -Irkutsk 2531
Bergmann H. -Posen .*‘2822
2927
Beck O.-Wien . 1569, 2778
Beck R. -Schweden . . 2359
Beck S. C.-Pest 1863, 2534
Becker G . 368
Becker W . 376
Becker C - München . 2743
Becker E.- Hildesheim 1728
Becker J -Dortmund . 93
Becker K.-Göttingen . 2804
Becker Ph.F. Frankfurt 661
Becker W.-Bremen 428, 1163
Becker W. H. -Giessen 2138
Bergmann J. - Charlot¬
tenburg . 259
Bergmeister .... 675
! Bergonib . 950
Bergsma . 656
Bergstrand . 1340
Bäriel . . 2012
Bering .... 1951, 1971
Berkeley-London . . . 2083
I Berkeley W. N. -New-
York . 1851
i Berkowitz A.-Pest . . 2192
Seile
Berkowitz R.-München 93
ßerUtzky . 2808
Berliner
v Bermann . 1849,
Bernard L. 220, 221,
Bernard-Dresden .
Berner .... 601,
Bernhard .
Bernhardt . . .
Bernheim W. -Breslau .
Bernheim-Karrer . . .
Bernheimer . .
Bernoulli . . 967,
Bernstein J.-Halle . .
Bernstein P. -Berlin . .
Berry . . . 957, 1954,
Bertarelli .
Bertels . .
Bertelsmann
Bertheim .
621
314,
1049,
2137
2704
2064
600
2072
882
660
1583
2373
2918
2535
2414
1614
1955
488
2532
1277
2686
2850
1435
1562
1792
2806
1343
2539
Bertholet
Bertlich .
Bertog .
Bertrand
Berwald . .
Besenbruch
Bosredka 1217, 1750,
Besselmann 1633, 1636, 1692
Best Dresden 154, 895, 2921
Best-Rostock . . 947, 1618
Besta . 260
Bestelmeyer ..... 2709
Beth ........ 2376
Bethe . 2148
Betke . . 781, 2008, 2545
Bettmann J. -Leipzig . 1842
Bettmann M -Berlin . 1676
Bettmann S. -Heidelberg 494,
798, 1451
Beumer-Greifs 1 ald . . 1280
Beumer H. -Charlotten¬
burg .... 938, 1893
De Beurmann .... 958
Beuthin . . ... 1447
Beuttner 317, 1782,2007,2022
Beyer-Hanau . . . 25
Beyer B. -Bayreuth 1560, 2450
Beyer W.- Rostock 240, 1867
Beyermann . 2140
Beythien . 424
Bezais ....
Biach M-Wien
Biach P.-Wien .
Bialo ....
Bjalokur . . .
Bianchi ....
Biberfeld . . .
Bibergeil . •
Biberstein . . .
Bickel A -Berlin
Bickel H.-Bonn
Bidou .
Bie .
ßiedl . . 1103, 1167,
Biehl . 377
Biehler . 2532
de Biehler . 323
Bieling . 1673
Bielschowsky- Marburg 214,
710, 1512
Bi elscho wsky-Berlin
Bien .
Biener ...
Bier-Berlin. 275, 313,
2858
Bier J. -Breslau . . .
Bier M. -Berlin ...
Bierast . , 1342, 1398,
Bierbaum
Bierer
Bierger .
Biermann
Bierry
Biesalski
Biggs . .
Bigi - Terran uo va - Brac
chiolini
Billet . .
Bilsted .
773,
731,
40,
2423
2014
1620
998
1108
1167
1898
1848
1595
483
1511
1782
2015
1960
263,
733j
9,
2427
. 2374
, 2688
2753,
, 2302
. 2437
1507
827
1222
483
493
2130
781
604
2077
2918
2298
Seite
Seite
Bindseil . . . 1341, 1784
Bing R . 2187
Bing H. J. Kopenhagen 2359,
2804
Binger . 2915
Bingler . 1561
Binswanger 2007, 2084, 2321,
2479
v. Björkenheim 599, 1678
Birch-Hirschfeld 1514, 2641)
Bircher 1559, 1976, 2355,
2418, 2533, 2802
Birk . 1219
Birkheimer . 1903
. . 256,
Berlin 879,
-Berlin . .
1627,
547
2023
309
2194
37
2078
1819
2693
1845
Birnbaum
B rt .
Bischoff
Bischoff H.
Bischoff M
Bishop
Bitter .
Bittner
Bit torf 427, 1056, 1562,
2525
Bittrolf ....... 1396
Blackford . 2592
Blackwell . 1957
Bad . 90
Blaizot .... 1792, 2763
Bland-Sutton . . . 1733
Blandy . 2696
Blanluet . 829
Blaschko . 2805
B'au . 99, 1568
Blauei ... . 870, 882
Blecher . . . . 1251, 2246
Bleeck . . ... 937
Blencke . . 162, 330, 1231
Bles . 1941
B essing . . 2353
Bleuler 256, 309, 366, 424,
599, 657, 1560, 2519,
Bley .
Blick ..... .728,
Bloch-Beuthen . 1636,
Bloch A. -Frankfurt . .
E. Kattowitz . .
F. -Fran/ensbad
R.-Zborowitz
96, 1342,
. . 1273,
2742
885
1176
1692
380
376
2196
828
1447
2071
2796
2641
1952
165
1790
Bloch
Bloch
Bloch
Blöte . .
Blühdorn
Blütnel .
Blum L. ,
Blum D.-Köln . .
Blum L. Strassburg
Blum R.-Berlin
Blum V.-Wien 445, 1069, 1577
Blumberg . . . 498, 2705
Blumenau .... 996, 1622
Blumenfeld-Wiesbaden 1560
Bluinenfeld E.-Berlin . 992
Blumenthal A. -Berlin . 1620
Blumenthal F. -Berlin 2476,
2916
Blumenthal Gg.-Berlin 1846,
1908, 1909
Blumenthal W.-Reichenhall-
Charlottenburg . 2584
Blumrn . . 34, 256, 1014
Blumreich . 766
Boas K. ....... . 2699
Boas H.- Kopenhagen 549,
1111, 2016, 2357, 2358,
2620
Boas J. -Berlin 263, 826,
Bocci
209, 2134,
. . 2699,
2364
2242
1452
2646
2759
958
1756
2301
1791
602
-Lüdenscheid
Bock .
Bockhorn
Boden
B"din . .
Bodmer .
Boechat .
Boeckel .
Böcker W -Berlin
Boecker W
1774
Boehm . 257
Böhm Jena . 951
Böhm F.-Prag .... 2196
Boehm G. -München . 1164
Boehm G.-Schleswig . 936
Böhm M.-ßerlin
731, 2419
Böhme . . . .
. . . 2026
Böhmig . . . .
. . 1292
Boehncbe .
398, 1046
Böing . . . .
. . . 1109
Bönniger . . .
674, 2705
Bönning . . .
. . . 1681
Boerma . . . .
. . 1729
Bösch . . . .
... 90
Böttcher . . .
. . . 1730
Böttger . . . .
. . 1726
Böttrich . . . .
1415, 1896
Bogason . . .
. 2014
Bogdanowitsch
1278, 1340
Bohm . . . .
. 2787
Bogoras . . .
1621, 1676
Bohne . . . .
1281, 1282
Boikow . . .
. 999
du Bois-Reymondl214, 2469
Boissonnas . .
. . . 1617
Boit ... 770
2069, 2368
v. Bokay 323,
2299, 2ä01,
2373, 2689
Böiiarsky . . .
. . . 1288
Bollag K.-Basel
. . . 2514
Bollag K. Interlaken . 939
Bondi J.-Wien
1452, 2307
Bondi S.-Wien
2139, 2307,
2819
Bondy O.-Breslau 314, 1456,
1617, 1842
Bongartz . 715
Bonger . 1902
Bonhoeffer . 2854
Bonhoff . 954
Bonnet . 1791
Bonnier ...... 1793
Bonsmann . 2418
Bontemps . 602, 607, 720
Borberg ...... 2189
Borchard-Posen . . 2588
Borchardt L. -Königs¬
berg . *2275
Borchardt M - Berlin . 599,
1006, 1504, 1789,2535,
2637, 2744
Borchers Kiel .... 2148
Borchers E.-Altona . . 769
Bordet . 937
Borissow . 1621
Bornhaupt .... 2532
Bornstein 311, 599,1994,
2134
Bornträger . 199
Boross . 1278
Borszeky . . . 1278, 2018
Boruttau . 141, 711, 1681
Bosänyi .... 949, 1951
Bose . 1732
Bosse . 2072
Bossi . 134, 372, 709, 1678
Botey . 1225
Boucek . 939
Bouchard . 655
Bouquet . 2028
Bourgelot . 2471
Bourne . 1734
Boveri . 1849
Boyd W . 2694
Boyd-Philadelphia . . 2079
Boyd S. -London . . . 843
Braddon . 707
Bradshaw . 2078
Brady . . . . 1851
Bräutigam 1902, 2420, 2691
Brahm . 685, 1402
Braithwaite . 2643
Bramann . 1782
Bramvvell 1735, 1969,^2643
Brande . 2746
Brandeis . 2251
Brandenburg .... 430
Brandenstein .... 1282
Brandes 104, 145, 371,
731, 832, 1398, 1627, 1970
Brandt .... . . 551
Brandweiner . 1284, 1849
XVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913
Seite
Branson . 605
Brasch . 1215
Brauer Gg.-Rumänien 43
Brauer L.-Hamburg 157, 190,
619, 671, 948, 1003,
1012, 1231, 1461,
2150
Braun-Brasilien . . .
Braun H -Zwickau 96,
2290, 2354
Braun L.-Wien . . .
Braun W.-Berlin
Braunstein . . 1398,
Brauser .
Braza .
v. Breemen . 1217
Brehm . 2532
Breiger . 363
Brei n 1 . '. . 2296
Breisacher . 1108
Breituiann J. M. -St. Peters¬
burg 1675, 2421, 2423
Breitmann M J. -Halle 2473
Breitner . . 543, 675, 1577
Brem . 2592
Brennecke 2070, 2470, 2852
Brenner A.-Linz 2366, 2367
2590
Brenner M.-Heidclbeyg 1448,
1547
1400
1501
1558
. 373
1908
2091
2749
Breslauer . . .
370, 2191
Bresler . . .
. . 17S3
Bretschneider .
937, 1615
Breuer ....
. . 900
Breus ....
. . 317
Breyer ....
. . 2199
Brezina . . .
. . 2415
Brian-Köln . .
. . 1115
O’Brian C. M .
. . 1070
Brick .
. . 1788
Bridrö ....
. . 2028
Brieger-Breslau
. . 1568
Brieger L. -Berlin
258, 2917
Brielli ....
. . 1169
Brill-Frankfurt .
. . 1517
Brill N. E.-New-York . 2076
Briuckmanu
. . 1565
Brind .
. . 1163
Brissaud . . .
. . "277
Brix .
1325, 2790
Broadbent . . .
. . 1968
Broca .
. . 1860
Brock ....
. . 1568
Brojkmann . .
. . 92
B oeq .
. . 1070
Broden ....
. . 1344
Bro mann . .
. . 2362
Br >mel . . .
. . 1952
Brösamlen . .
. . 2801
Brokmann . . .
. . 2806
Bromberg . . .
1620, 1900
Brommer . . .
. . 2325
Brooks ....
. . 605
Brosch ....
. . 318
Brossa ....
. . 2192
Biotzpn . . .
. . 881
Brouardel . . .
. . 255
Brouriiton-Ale ck
. . 887
Brouwer B. . .
. . 2141
Brouwer P.-Amster
!am 1564
Brown ....
. . 2591
Browne ....
. . 605
Brubacher . . .
. 991
Bruce .
. . 2023
Bruch . .
. . 1166
Bruck A.-Berlin
. 1445
1071, 1185, 2476
Bruck F.-B rlin 650 1775
Brückner- Berlin . . . 1513
Brückner-Dresden 484 1219,
2193, 2859
Bruegel . 179. 593
Brüggemann-Giessen . 1569
Brüggemann A.-Kiel . 543
Brühl . 1569
Brünell . 234
Brüning A.-Giesson780, 1350,
1716
2853
2129
2862,
660
2588
483
2420
201
2741
003
1283
2803
2418
1896
1280
2532
1155
1728
1049
1960
1963
1621
2138
91
2863
2538
949
2190
Seite 1
Brüning H.-Bostock 365, 884,
1746, 2299
Brünings . 990, 1568, 1571
Brünn . . . 827, 2690
Brugscb 37, 1180, 1576, 2352
Bruhin . 255
Brun H.-Luzern . . 317
Brun H.-Ztirich . . . 1338
v. Brunn M . 1389
v. Brunn M.-Boehuin . 2533
v. Brunn W. -Rostock 1044,
1746
Brunner C.-Schweiz . 1620
Brunner Fr. -Neumünster
1677
Bruno . 1995, 2373
Brunon . 423
v. Bruns P . 198
Bruns L.-IIannover . . 2018
Bruns O.-Marburg 35, 207,
948, 955, 1055
Bruschettini . . 1396, 2078
Brustein . 2807
Brustmann . 1674
Brutzer C . 2532
Bryan . 2696
Bublitschenko .... 2688
Buch . . 2015
Buchholz . 999
v. Buchka . 1335
Buchmann . . . 2805
Büchner A.- Frankfurt 1846
Büchner P. -München 990,
1044
Buchtala . 2749
Buchwald . 2763
Bucky . 186 348, 833, 950
Bülow-Hansen .... 551
v. Buenger . 2595
Bürger Fr.-Chicago . . 2546
Bürger M.- Charlotten¬
burg . . 938, 1898,
Bürgi . 425,
Bürker 365, 423. 769, 1001,
1103, 1214, 1725, 2027,
2129, 2190, 2249, 2414,
2442, 2470, 2530, 2686, 2849
Bütschli . 365
Büttner-Wobst .... 133
Bufe . 2624
Bugarsky . 2139
Buia . 2303
Bukowskaja . 1623
Bull . 203
Bum . 377, 2470
Bumke . 1512
Bumm 205, 653, 654, 1068,
1180, 1235, 1402, 1697,
2920
Bundschuh E. - Chem¬
nitz .... 262,
Bundschuh E.- Frei¬
burg . 1677, 2354,
Bundschuh Iv. - Darm¬
stadt . . .
Bundschuh R. -Illenau
Bungart . .
v. Bunge .
Buob . . .
Burchard .
Burckhardt G. -Würz
bürg . .
Burckhardt II. -Beilin
Burckhardt J. E.-Würz-
burg ....
Burckhardt .T. L. -Basel
Bürden ko .
Burkhardt-Nürnberg
Burmeister . . 371,
Burnet ....
Burns ....
Burrows . . .
Busch ....
Buschke . . .
Buschmakin
Busse . . 1456,
de Butler . . .
Butscher . . .
Butterfield . .
Buttermilch . . 2374,
Seite
2817
Butzengeiger-Elberfeld
128
Butzengeiger O.-Wien
2244
Buytendvk .
2243
Bychowsky .
Bvers .
1967
Bylina .
1286
Byloif . 886,
1790
Bywaters . . . 1046,
2644
C.
Caan . 9, 1062, 1078,
2754
Cabot .
1223
Cade . 219
, 712
Cadiot .
2093
Caffarena .
1168
Cahen . .
1503
Calmette .... 541
, 843
Calot .
2414
Calv4 .
733
Camerer .
2373
Cameron .
Cammidge ...
2077
De la Camp . . 2197,
2263
Candea .
De Candolle .
256
Cann .
1908
Canti .
2853
Cantieri .... 2476,
2749
Cantiori .
1849
Cantlie .
2023
Capelle .
2355
Capitolin . . . 1051,
1052
Carcanagua .
312
Carl W .
2069
Carl-Karjsruhe . . .
2471
Carl-Königsberg . . .
1058
Caro .
2852
Carozzi .
2416
Carulla .
Carwardine .
1733
Casella . . 1238, 1358,
2850
Carlier .
221
Carlsson ......
1170
Carneiro .
2689
Carnob .
276
Caro .
2360
Caronia . . 248, 883,
2750
Carpintero . . .
1904
Carrel 189, 1223, 1398,
2591
Casella .
Caspari . 1576, 1626,1673,
1902
Caspary .
1907
Casper .... 1058,
2429
Cassel .... 2299,
2594
Cassirer .
Castaigne . . 221,
277
Castoll-Rüdenhausen,
Graf zu .
2693
Castellani A.- England
1954
Castellani L. -Mailand
1792
Castellvi .
Castex .
714
Castiglioni .
de Castro .
1169
Cathelin .
221
Cattaneo .
1219
Cattani . . . 602,
2138
Cavina .
1337
Cazencuvc .
1401
Ceelen .
601
Celli . 1445,
1902
Cervello . .
206
Cesa-Bianchi 311, 427,
584
Cesar .
Chabrol .
835
Chachlow .
1621
Chais .
2423
Chalatow . . 2247,
2588
Chalier .
1791
Chalmers .
605
Cbalupecky . 603,
2196
Champion niere . . .
1508
Chantemesse 277, 843,
1 182,
1631, 1972
Chapple .
1953
Seite
Charnas .... 621, 2139
Chaslin . 480
Chatelin
Chauffard
Chauveau
Chauvin
Chelaru .
277,
67
677
1958
2653
1791, 2495
. . . 44
1630
94,
2749
484,
388
Chemin . 1957
Chernbacli . 1051
Chessin . 1787
Chevassie .
Chevrel .... 958,
Chiari H.-Strassburg .
248, 841, 2534
Chiari O. -Wien . . .
Chiari O. M.-Innsbruck
5368
Chiari R.-Wien . . .
Chilaiditi . . . 2201, 2692
Chiliaiditis . 1791
Childe .... 1070, 2644
Cbinh-Hunge Yen . . 2538
Chlopin . 1622
Chlumsky . 427, 1452, 2527
Chosrojeff . 315
Chouke witsch .... 1792
Chaplewski . 432
Christen 86, 950, 1160, 1337,
1372, 1545
Christiani A.-Reichen-
bach . 2302
Christiani E. -Eibau . . 1616
Chrust.alewr . 1621
Chrysospathes .... 2638
Chudovzkv . 1278
Ciaccio . 660
Ciarla E.-Rom . . . 2587
Cimbal . 1104, 1282, 2626
Cioc . 43
Cisler . 2360
Citron-Berlin . . . 2541
Citron H. -Berlin . . . 1620
Citrou J. -Berlin . 827, 943
Ciuca . 1050
Claasz . 1837
Clairmont . 939, 1299, 2073,
2366, 2368
Clark H . 886
Clark P. T . 486
Clarke . 604
Claude . 333
Claudius .... 550, 1789
Clausen . 1454
Clausmann . 1750
Clausnitzer . 1729
Clemens-Chemnitz . 154
Clemens H.-Eickelboorn25t-9
Clock . 2591
Cloetta . 262, 2198, 2535
Coca . 1675
Cochran . . 1401
Cölliger . 2745
Coenen .... 831, 2915
Cohen . 32
Cohn-Köln . 2087
Cohn T . 990
Cohn A. E.-New-York 2077
Cohn F.-Greifswald 937, 2370
Cohn M. -Berlin 106,387, 778,
831, 833, 1042, 1298, 1731
Cohn M. -Rumänien . 1050,
2304
Cohn P. -Mannheim 979
Cohnheim-Heidelberg 893,
2469
Cohnheim O. ... 1336
Cohnheim P.-Berlin . 86
Colebrook . 941
Cole . 2696
Colemann . 677
v. Coler . 879
Coles . 2693
Coley . 1908
Colle . 1849
Collet . 2361
Colmers . . . 109, 1057
Colwell ....... 486
Combes . 277
Seite
Combier-Creusot
. . . 266
Comby . . .
. 333, 2299
Compau . . .
. . . 1225
Conzetti . . .
. . . 2299
Connal ....
. . . 1401
Connor ....
. . . 2078
Oonon . . .
1973, 2092
Conradi C.-Dresden 148,609,
1458
Conradi E.-Köln
. . . 1592
Conradi H.-Dresden . 1073
Conseil . 549,
1792, 2092
Constantinescu
. . . 1050
Cooke ....
. . . 2023
Cooley . .
. . . 2078
Coombs ....
. . . 940
Cope .
. . . 604
Coppez ....
. . 98
Corby ....
. . . 1968
Cordier ....
. 1047
Cords .
2681
Cordua . . .
. . . 1900
Corin .
. . . 1344
Cornelis . .
. . . 39t)
Corner . .
1733, 1954
Cornet ....
828, 1894
Corning ....
... 989
Corradi ....
. . . 1168
Correa ....
. . . 2140
de Cortes . . .
. . . 370
da Costa . . .
. . . 716
Costantini . .
335, 488
Cottenot . . .
. . 950
Coulomb . . .
. . . 1401
de Courmelles .
. . . 2081
Courmont . . .
. . . 277
Courvoisier . .
... 661
Coustaing . . .
. . . 1790
Couto .
. . 935
Cowan ....
. . . 2077
Cozzolino . . .
. . . 2299
Crarner ....
. . . 251
Craig C. F. - Chicago 1224,
1851, 2150
Craig D. M. -Newyork 335
Crarner H. -Berlin 1283, 2805
Cramer H.-Bonn . . . 2638
Crarner K.-Köln . 731, 1163
Credö . 2 117
Crede-Hörder . 23, 41, 149,
2241, 2639
Cremer
. 1831
Crbmieu
. 2636
Creutzfeld H. - Frank-
furt . .
. 2418
CreutzfeldH.G. -Leipzig 2475
de Crignis
. 2690
Crile . . .
. 2694
de Crinis .
. 1899
Cristea . .
. 1051, 1052
Crocq . . .
Croftan . .
. . . .41
Crofton . .
Croom H. .
Croom J. H. -
Edinburg 788
Croner . .
. 1104
Cropper . .
. . . 35, 2696
Crottie . .
. . 1224
Crouzon . .
. 277, 333, 334
Crow . . .
. 2694
Cr o well . .
. 1400
Crucillü . .
, . . . 1168
Cruet . . .
1049, 2133
Cruichshank
. 606
Cruveilhier
. 1848
Csöpai . .
. 1841
Cserna . .
. 2131
Cumherbatch
.... 2023
Cun4o . .
. 1043
Cuno . . .
. 2515
Cuntz . . .
Cuny . . .
. . 718, 2745
Currie . . .
. . 1223
Curschmann
F.-Grep-
pinwerke ... . 1395
CurschmannH. -Leipzig 1444
Curschmann H. -Mainz 2599,
2651, 2761, 2864
Curtis . 486;
INHALTS-VERZEICHNIS.
XVM
ipi.i
Seite
Cushing J. R . 993
Cushing H. -Philadel¬
phia . 1224
Cushny . 262
Ozernogubow .... 999
Czernorutzky . . 664, 2425
Czerny A.-Berlin 332, 778,
2299
Czerny V.-Heidelberg 734,
1797
Czyborra
. 1728
Czirer . . .
. 2534
Czuprina .
. . . 1624
v. Czyhlarz 206, 1222, 2014,
2364
D.
Dabney . .
. 1793
Daeis . . .
713, 1678, 1908
Dagaew . .
. 1563
Dahl • . . .
. 1566
Dahlgren .
. 8‘>5
Dahmer . .
. 265
v. Dalmädv
. 949
Dalziel . .
. 1968
van Dam .
. 882
Damask . .
. . 1343 1447
Dammann
. 207
Dana . . .
. 1851
Dangschat .
Daniel . .
. . 936, 1951
Danielsen .
. . 411, 713
Danielopolu
. . . 42, 2304
Dannehl .
. 1681
v. Dapper-Saalfels . . 808
Darier . .
. 1013
Darre . . .
Daser 88,
267, 2075, 2593
Dattner . .
. 256
Daus . . .
. 1785
Dautwitz .
. . 995, 1222
Dauwe . .
. 2255
David 90,
491, 881, 1799,
2341
Davidsohn 1633, 1678, 2071,
2804
Davies . .
. 941
Davis O. C.
M . 1734
Davis P.
146, 1967, 2020
Da is W. T.
F . 2644
Dawson . .
. 605
Dax . . .
. 1684
Deäk . . .
. . . 96, 1449
Debaisieux
. 1907
Debove . .
. 1631
v. Decastello 108, 621, 1357
Decio . . .
. 1788
Decker . .
. . 589, 670
Decref . .
. 2914
Decroly . .
. 2255
Dedekind .
. . 2818, 2868
Deiressine
... . 1401
Degrai . .
894, 2020, 2082
Dekeyser .
. 87
Delamare .
. 1043
Delange . .
. 937
Delbanco .
. 1574, 1910
Delbet . .
479, 1501, 1895
Delchef . .
. 99
Delcorde
. 98
Delcourt .
. 323
Deleuze . .
. 1678
Delfino . .
. 936
Delherme .
. 894
Delorme- Frankreich . 2073
2752
Delorme-Halle . 731, 1631
Del porte .
. 656
Delteil . .
. . . • . 277
Delyannis .
. 2014
Demarest .
. 1895
Dembskaja
. 2421
Deminsky
... .999
Demmer .
Demoor . .
. 83
Demuth . .
. 95
Denk J. Stuttgart . . 1389
Seite
Denk W.-Wien .
202. 1615,
2251, 2366
Denker 48,96, 990, 1606, 2024
Denks ....
. . . 1405
Le Dent . . .
. . . 1501
Le Dentn . 179,
677, 1895
Denuc£ . . .
. . . 2531
Depage ....
Deppe ....
. . . 1725
Depree ....
1736, 2438
Derganc ....
Deroitte ....
. . . 2253
Dervieux . . .
. . . 1103
Desbouis . . .
. . . 202n
Deseniss . •
. . . 213
Desnos . .
. . . 277
Dessauer . 696,
833, 1383,
2082, 2268, 2544
Dessy .
. . . 318
Determann . .
. . . 599
Dettmer ...
. . . 1662
Deubner
. . . 1897
Deutsch A.-Wien
. . 1731
Deutsch E.-Pest
. . . 323
Deutsch F.-Wien 219, 1180,
2014
Deutsch H. -Brünn . . 264
Deutsch H.-Wien
Deutschländer .
. 2249
713, 1011,
2860
van Deventer .
. . 2255
Devoto E. . . .
Devoto L. . . .
. . . 374
Dewar ....
. . . 504
Dexler ....
. . . 847
Deycke ....
119, 2217
Dibailow . . .
. . . 1622
Dibbelt . . .
442, 715
Dick .
. . . 486
Dicke .
. . . 937
Dickinson-Brooklyn . 2083
Dickinson-Glasgow . . 1967
Di-m . 316
Dienst . . 708, 1164, 2474
Diesing . 715
Dieterle .... 1813, 2916
Dietl . . 481, 881, 2049
Dietlin . 1763
Dietrich A.- Charlotten-
bnrg . . . 1107, 2300
Dietrich E.-Berlin . . 309
Dietrich E.-Köln . . 1107
Dietrich K. Helfenberg 2471
Dietrich S.-Köln . . . 2247
Dietschy .... 825, 2302
jLfieiz .
Dieudonn6 . .
2007, 2636
Ddger .
Dilling . . . .
Dimmer . . . .
Omkler . . . .
1843, 2378
Dippe , . • . .
. 847, 880
Disque . . . .
. . . 1501
del Distro . . .
. . . 1904
Ditlevsen . . .
. 2358
Dittler . . . .
. 543, 2129
Diwawin Bogovodsk . 40
Dixon W. E.
. . . 2643
Dixon S. G.-Chicago . 1851
Diuski . . . .
. . . 1337
Dmitrijew . . .
. . . 1622
Dobbertin 317,
1615, 1903,
2192
Dobi-rauer . . .
. . . 2639
Dobernecker
... 44
Dobrochotow .
. . . 2355
Dobrovici . . .
. 42, 2303
Dobrowolskaja .
658, 2009,
2354
Dochez . . . .
... 486
Dock .
. . . 2016
Dodgson . . .
. . 941
Döbeli . . . .
... 659
Döblin . . . .
1446, 2850
Döderlein 442,
653, 1296,
1403, 1728,
1804, 1859,
1964, 2080, 2082, 2865
Dölken . . . .
. . . 1221
Döll .
... 95
Seite
Döllner . 2569
Doqrfler H.- Regens¬
barg . 2065
Doerfler H. - Weissen-
burg i. B . 1268
Döri . 97
Doering . 335
Doernberger 256, 1275, 1631
Doerr ... ... 1673
Dörr O-Göttingen . . 488
Doerr R.-München . . 427
Dohmen . 2093
Dohrn . 902
Doinikow . 795
Dold 38, 1217, 1276, 1848,
1901, 2636
Dolgopol . 481
Dollinger 1117, 1218, 2019
Doljan . 43
v. Domarus . 2850
Domraer . 2859
Dominici . 958
de Dominicis .... 2076
Dominikow . 147
Donaggio . 2253
Donath H -Wien . . . 1682
Donath J.-Pest ... 42
Donati . 626
Dönges . 1902
Dopter . 1630
Dorendorf . . . 1166, 2816
Dornblüth H . 2415
Dornblüth O. . . . 2415
Dorner . 164
Dostal . 1621
Douglas . 2023
Downes . 1852
Downie . . 266
Draudt . 1679
Dreesen . 2138
Drehtnann . 731
Dreisbach . 591
D ennan . 1851
Dresel . 1283
Dreuw . . 949, 1382, 2589
Drews . 1218, 1382
Dreyer A.-Köln . 161, 1627,
2249
Dreyer L.-Breslau . . 1058,
Seite
Dutoit
. . . 935, 2262
van Dnyse
. 98
Dychno .
. . . 998, 1622
Dynkin .
. 1901
Dworetzky
607. 889, 2813
E.
Ebbinghaus .... 2013
Eb 1er F.-Dortmutul 708, 1279
Ebeler F.-Köln . 1913, 2356
Ebeling .
. 1846
Eben . .
. 2693
Eberhart
. 40
Ebi-rle
. 202
Eberlein
. 833
Ebe s . .
. 14i
Eberstadt
. 993
Ebner . .
. . 613, 2069
Ebstein .
1566, 1843, 2375
Eccles . .
. 843
E :Kard .
1165, 1341, 1902
Eck' lt
. . . 1455, 2298
Eckert .
. . . 1279, 2916
Eckert A.-Breslau . . 2853
Eckler .
. . . 1047. 2804
Ecks e n-Berlin . . . 1907
Eckstein-Prag .... 331
Edberg .
. 2359
Edelmann
.... 2537
Edelstein
1505, 2371, 2372
Eden . .
. 946
Edens
. . . 1751, 1841
E 1er . .
. 1336
Edgar . .
. 2592
Edge . .
. 1969
Edinger
. 489, 1214, 1228,
1511, 2244, 2544
Edzard .
. 96
Egau . .
. 89
Egger .
. . . 2421, 2763
Egle . .
. 2851
Eguchi . .
. . . 935, 1165
Eiders E. -Kopenhagen 2358
Ehlers W E. -Neukölln 2588
Ehrenreich . 2792
v. Ehrenwall .... 1627
Ehrl . 2382
2069, 2135, 2474
Drevfus . 444, 464. 630,
1F.11 MM
v. Drig'alsäi . . 1507, 1796,
1797
Drizaki .
. . 995
Drobny ....
. . 665
Drouven ....
. . 2801
Drowatzky . . .
Drügg .
. . 430
Dschunkowsy . .
. . 546
Dserzgowsky S. .
•
z-gvyyoajt Ui . •
St. Petersburg 996, 1622
Dserzgowsky W. . . .
St. Petersburg 998
Dubois-Bern .
. . 41, 1163
Dubois M.-StrasBburg . 600
Duckworth
Dudgeon . .
.... 1953
Dührrsen . .
33, 148, 259
Duensing . .
.... 2260
Dünkeloh . .
.... 1410
v. Düring 926,
1577, 1578,
1783, 2007,
2065, 2073,
2531
Dufour . . .
Duhot . 792, 1088, 1126
Duker . . .
.... 2141
Dumont . . .
.... 1277
Dunbar . . .
.... 2795
v. Düngern .
. . 493, 1923
Dunkan . . .
.... 2801
Denker . . .
.... 1842
Dunzelt . . .
. . . 2616
Dupo it . . .
. . . 1690
Dupuich . .
. 1791, 2538
Dupuy . . .
.... 1525
Durlach . . .
.... 660
Durlacher . .
. . 1882
Dustin . . .
Ehrlich Stettin .... 1619
Ehrlich H.-Wien 1508, 2252,
2368
Ehrlich P.-Frankfurt . 443,
492, 1696, 1959, 2917
Ehrmann R -Berlin . 148,
824, 935. 1398, 1731, 1789
2066, 2115, 2264
Ehrmann S
-Wien . .
932
Eichelberg
... 93,
2373
Eichhoff
880
Eichholz .
2558
Eichhorst .
1783
Eichmann
. . . 183, 428
Eicke . . .
2713
Eiermann
. . 1636,
1637
Eijkmann .
. . 671,
707
Eiken . .
2357
Einhorn . 545, 1680, 1681,
2078, 2137
Einthoven . . . 2129, 2243
v. Eiseisberg 51, 312, 1004,
1124, 1236, 2019, 2252
Eisen bach . . . 2432, 2638
Eisenheimer. .... 41
Eisenstadt . 2699
Eisler P . 141
Eisler Fr.- Wien 1031, 2048,
2536
v. Eisler M.-Wien . . 1399
Eisner .... 1415, 1680
Eitner . 2139
Ekler . . . 1069, 1164,2307
Kkstein . . 259, 372, 2746
Elfer . 1336
Elias . 1630
Eliasberg . 2532
Ellenbeck . 2299
Ellenberger . 2469
Ellermann . 317, 550, 1106
Seite
Ellern . 881
Kbis .... .707, 1977
Ellsworth . 1851
El perin . 428
Elpers . 1563
Eis . 2474, 2585
Elsässer F.A.-Hannover 207,
1451
Elsässer J. Heidelberg 2353
Elschtiig 107, 388, 710, 1299,
1513, 2867, 2925
Else . 1682
Elten . 372
Ely . 429
Emanuel . 2544
Embleton 957, 1216, 1276,
1953
Emerson . 2077
Emery . J . 1013
Emmerich E.- Strass¬
burg ... .827, 1726
Emmerich M.-Nürnberg 698
Emmerich R.-München 1505,
1559, 1730, 1894, 2676
Ender . ... . 1621
Enderlen . 216, 1179, 1859
Enebuske . 2359
772
217
2249
2305
1160
Engau .
Engel C. S. -Berlin
Engel E -Berlin .
Engel Fr. Bonn .
Engel H.-Wien
Engel J.- Strassburg 2247,
2418
Engel St -Düsseldorf 883,
1507, 2299
Engelen 41, 199, 1222, 1507,
2013, 2420
Engelhardt ... 1785
Engelhorn . 587, M95, 1291
Engelking . 1729
Engelmann . ... 708
Engelmann F.- Dort¬
mund .... 1563, 2587
Engelmann G.-Wien 1124,
1180. 2368
Engelmann W. -Kreuz¬
nach . . 949, 1115, 1897
v. Engelmann . . . 2096
v. Engelmann G.-Riga 2532
Engels . 2029
Engelsmann . 2800
Engwer . 94
Entrario . 1577
Ephraim .... 1283, 1570
Eppinger 445, 603, 621, 1236,
1732, 1952, 2367, 2819
Epstein A.-Prag . . . 2299
Epstein E.-Wien . . . 995
Epstein M.-München . 1125
492, 1510, 2427
. 1105
. . 900, 2196
. 2645
. 785
. 1484
. . . 313, 712
Erlacher 207, 731, 780, 1312
Erlenmeyer A.-Koblenz 1046
Erlenmeyer E.-Freiburg 96,
1114
Ernst F . 712
Ernst-Kopenhagen . . 1908
Ert . . • . 973
Esch-Ben dorf .... 1634
Esch P.-Marbnrg 187, 201,
655, 1385, 1457, 1616,2746
Eschweiler . 774
Escudero . 318
Espeut . 1774
Essen-Möller . 1965
Eston . 2538
Etienne .... 1791, 2538
Eulenburg . . . 1613, 1673
Evangelista . 1849
Evans . 2018
Eve . . 940, 1906
Evler 1640, 1689, 2012, 2710
Ewald . 779
Erb
Erd41yi .
Erdheim
Erfurth .
Erygelet .
Erhardt .
Eikes . .
XVIII
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
Ewald C. A.-Berlin 163, 1566,
1789, 2076, 2187
Ewald G.-Erlangen . . 770
Ewald K.-Wien . . • 1452
Ewald P.-Hamburg 378, 712,
1662
Ewart . . • 886
Exner A. - Wien 275, 1682,
2548
Exner H. -Wien 1682, 2367
Exner S.-Wien . . . 2469
Eykel . 716
Eymer 653, 654, 655, 1560
Eysell . 1^44
F.
Faber A.-Kopenhagen 2295
Faber K.-Kopenhagen 1111,
1221, 2076
Fabian . 1876
Fabre . 2021
Fagge . 2693
Faginoli .... 1480, 2248
Fahrenkamp . . 839, 1843
Falgowski 1456, 2246, 237u,
2476
Falk . 1792, 2746
Falkenburg ..... 2532
Falkenstein . . . . k- 38
978
Falkner .
Falta 40, 98, 1300 , 2127, | Fischei L.-Berlm .
2536, 2596, 2819 Fischei R.-Bad Hall
Fanning . 604 1 Fischer
Farmachidis . 1169
Seite i
Fiebig . 88
Fiehe . 1166 !
Fielitz . 838 i
Fiertz . 994
Fiessinger . 548 i
Fiessler . 1831
Fieux . 655 j
Fildermann . 1790 i
Filehne . 2801 |
Le Filliatre . 1905
Fimmen . 1292 j
Finato . 2750 |
Finck . 165
Finckh . 363
Findlay .... 1517, 1955
Finger 885, 1386, 1452, 2203
v. link Fr. Karlsbad 91, 936,
2367, 2368, 2744
Fink M.-Berlin .... 2305
Finkelnburg . 714
Finkeistein H.-Berlin 33, 706,
1009, 1043, 1279, 16/8, 2595
Finkeistein J.-Moskau 998,
1623, 2137, 2248
Finsterer 264, 620, 855, 1124,
2195, 2366, 2692
Fiolle J. . . . ■ . 599, 933
Fiolle P . 599, 933
Fiore . 2750
Fiori . 1398, 1726
Fisch . 2 1 88
651
1506
_ _ 2318
Fischer R . 312
Seite
1741
716,
Farr . 2591
Fasal . 2642
Fasano . H68
Fatjanow . 2422
Faulhaber . 216, 915, 2687
Fauning ..... 604
Faure . 2083
FauBer 41, 430, 584, 1984
F'aust . 2859
F'auth . 815
v. Faykis . 871
Federlein . 1410
Federn . . 256, 1236, 2548
v. Fedoroff . 2430
Feer . . .
Feher . . .
Fischer-Wien .... 2376
Fischer A.-St. Gallen . 1451
Fischer A. -Karlsruhe . 1943,
2737
Fischer. A.-Pest 1215, 1278,
2019
Fischer B.-Frankfurt a.M.609,
669, 1062, 1228, 1405, 1449,
1450,1460,1550,1920,2084,
2143, 2313, 2543, 2754
Fischer B.-Kiel . . . 2917
Fischer E.-Oharlotten-
burg .
Fischer E.-Freiburg . .
1043, 1842 ! Fischer E.-Pest . . .
. 2534 ! Fischer E.-Strassburg .
Fleischhauer ...
Fleischmann K.-Wien
2851 j
Fleischmann O.-Berlin lo76 I
Fleischmann P. Berlin 1446, I
2850
Fleischmann R. - Ham¬
burg .... 1066, 1220
Fleissig . 1502 i
Fleming G. B.-Glasgow 207/
Fleming R. A . 2697
Flensburg . 2359
Flesch J .-Wien 378, 2548,2818
FleschM.W. -Frankfurt 145, 1
2744
Fletcher . 2696
Fleurent . 2297
FlexnerS.-Chicago 485, 1223
Flexner S.-New-Yora . 2137
Fliess . - • 1790
Flörcken . 540, 2123, 2296
Flöystrup . 2358
Floret . 2415
Floru . • 1051
Flury . 78o, 2193
Focke . 1276
Fodor . S 880
Föderl . 1047
Foerster A.-Berlin . . 768
Förster B.-Tübingen . 992
Förster C.-Heidelberg . 369
F'örster Fr.- Wien . . 2/0o
Foerster R.-Berlin 1566, 1880,
2748
Förster O.-Breslau 493, 662,
780, 1566, 1675, 2428
Försterhng . 2854
Föuss . 2359
Foges .
Fonahn
Fongö
Fonio
Foot
Fehling .... 1949, 229/ J
Feliziani . 1850
Fehlmeyer . 374
Fehr . 718, 2296
Feiber . 247
Fischer G.-Pest . . .
Fischer H. -Halle . . .
Fischer H.-New-York
Fischer J. F. -Kopen¬
hagen
2245
2306
2368
1398
935
1159
2744
2359
1649
2535
1216
2009
2751
rischer O -Prag 107, 149, 730,
1523, 2868
Fischer O.- Würzbarg 2803
Fischer W.-Berlin . . 2805
FischerW.-Göttingen 94, 601,
660, 1047
Fischer W. - Ostafrika . 2690
Fischer-Defoy . 1785, 2192
Fischkin . 1805
Fischl F -Wien .... 2138
Fischl R.-i'rag . 939, 2372
Fi s < hier . . 36, 2473, 2585
Fishberg M.-Chicago . 1851
Fishberg M.-New-York 768
Fernet .... 1070, 2869 Fisichella . 2248
F6ron . 2255 Fiske . 1851
Ferrari . 939 Flach . 942
Ferner . 677 I Flatau G.-Dresden 1160, 1560,
Fesenmeyer .... 1162 j 1725
Fetzer . 67.1, 1347, 2744 ' Flatau S.-Nürnberg . .
Feuchtwanger .... 1062 j Flatau Th S. -Berlin 209,
Fejes . 1216 i Fischer J.-BadNauheim
Feilchenfeld 377, 2699, 2752 rischer J. -Rostock . .
Feiling . . 2695 | Fischer J.-Tübingen .
Feinsinger . 1287 \ Fischer M.-Olmütz . .
Feith . . 2314 Fischer M.-Wieslo_ch
Feiber . 388
Feldmann .... • . 666
Feldt . 715
v. Fellenberg . 1782, 2680
Fellner .... 1349, 1728
Fels . 1896
Fellin-Stoltzenberg F. 1 34,205
Fellin - Stoltzenberg R. 134,
205
Fenney . 934
Feodorow . 2810
Ferenczi . 256
Feri . 821
Fernau . . • 264, 2195
Feuillie ....... 2029
Feustel . 1447
Fibiger . . 429, 1908, 2015
Fichera .... 1908, 2176
Ficker . 7 902
Fickler . 1843
Fieber . 1163
87
951
75
354
1220
219, 1413, 2364
367,
234,
Fl-ath . .
Flat ow .
Fl ebbe
Flecksedcr
Fleischer B.-Tübingen
1514, 2742
Fleischer M. S.-Chicago 1851
. 2365
... 88
1278, 2010, 2192
. 1110
. 1223
Forbät . 938
Forcart . H99
Fordyce . 485
Forel . 2850
Forgue . 1/91
Fornaca . 4ü
Fornet . 2301, 2916, 2918
Forschbach . 1446
Forsheim . 2356
Forsmann . 2475
Forssner .... 427, 1161
Förster E. -Berlin 1507, 2700
Förster N. B.-Newyorh 1337
Forsyth . 2694
Fouassier . 2029
Foulerton . 1953
Foveau de Courmelles 2081,
2258
, Fowclin . . . . . 658, 659
[ Fowler . . 2695
Eoy . 2023, 2361
Frankel M. 652, 653, 1612
Fraenkel-Halle . . . 223
Fraenkel A.-Badeirweiler-
Heidelberg .... 522
Frankel A.-Berlin 831, 994,
2419
Fraenkel A.-Wien . . 331
Fraenkel D.-Berlin . . 373
Frankel E -Bonn . 938, 1283
Fraenkel E.-Hamburg 156,
269, 897, 1407, 1460, 2009,
2436, 2756
Frankel E.-Heidelberg 1619,
1910, 1912, 1913, 1952,
2025
Fraenkel Fr.-Chemnitz 1226
Fraenkel J.- Berlin 579, 733
Fraenkel K.-Berlin . . 2805
Fraenkel L.-Breslau 1349,
2297, 2310, 2802
Fraenkel M.-Charlotten-
burg . 950, 2474
Frankel N. A.-Wien . 2073
Fränkel S.-Wien . . . 939
Fraenken .... 48, 1902
Seite
Fragale . 1850
Franck . . 302, 2415, 2645
Francke . 1398
Franco . ._ . 2ji39
Frangenheim 615, 776, 1559,
1628, 2863
Frank . 1788
Frank-Hamburg . . . 207
Frank A.-Berlin . . . 1056
Frank A, - Strassburg . 1951,
2071
Frank E. -Berlin 448, 541
Frank E. -Breslau 827, 1053,
(425. 1595, 1678
Frank E. A.-Hannover 771
Frank E. R. W.-Berlin 324,
348,1847,2430,2431, 2589
Frank F.-Köln .... 2020
Frank K.-Berlin . . 1901
Frank L.-Greifswald . 1044,
1054, 1561, 1562
Frank O.- München . 2131
Frank R.-Kaschau . . 882
Frank W.-Dudweiler . 1149
Franke C.-Heidelberg 39,
315, 1970
Franke E.-Rostock . . 1/46
Franke F. - Braun¬
schweig . . . 258, 2068
Franke M. -Lemberg . 1682
Frankenau . 1745
Frankenburger 1044, 2583
F rankenhäuser-Baden-
Baden .... 38, 951
Frankenhäuser - Berlin 948
Frankenthal . 1910
Frankfurter O. - Grim¬
menstein . . 1399, 2250
FrankfurtherW .-Berlin 2191,
2361
Frankhauser .... 2625
Frankl 1291, 1398, 1731,
2355, 2369, 2371
v. Frankl-Hochwart . 1843,
2849
v. Franquö 1349, 1455, 1788,
2803, 2850
Franz.?K . 1673
Franz V . 2128
Franz Fr.-Berlin . . . 262
Franz R.-Graz 654, 655, 24/4
Fraser A. M . ... 886
Fraser H . 2696
Fraser J. 605, 707, 897, 941,
1735, 2696
Fraser F. R.-New York 2077
Frattin . 482
Frazier . 486
Fredet . • 1895
Freer . 1689
Freifeld .... 660, 2425
Fremel . . . • 2537, 2704
2132
1566
French . . . . • . • 2202
Frenkel J. -Charkow . 1287
Frenkel K.-Berlin . . 2o39
Frenkel-Heiden . . . 217
Frentzel-Celli .... 1445
Frenzei '16
Frerichs . 426
Frese . • • • 2072
Freud . 256
Freudenberg A.-Berlin 981
Freudenberg E -Heidel¬
berg . .... 1842
Freudenberg-Klocman 1912
Freudenberger .... 2705
Freudenthal .... 885
Freund E. -Triest . . . 1732
Freund E.-Wien . 331, 373,
1071, 1907, 2260
Freund F. S. - Berlin-
Schöneberg . . . 2748
Freund H. -Heidelberg 838,
1164,1276,1506,2475, 2860
2915
Freund H.-Strassburg 1456,
1457, 2297
Freund L.-Wien . 51, 674,
716, 1236, 2537
1913.
Seile
Freund P.-Hamburg . 2247
Freund R.-Berlin 685, 700,
708, 763, 1348, 1402, 2247
Freund W. A.-Berlin 2096,
2799
Frew . 1953
Frey ....... 369
Frey E.-Marburg 441, 2534
Frey O.-Wien .... 2471
v. Frey M. -Würzburg . 198,
255, 1725, 2128
Freyer .... 1955,
Freytag . ... •
Fricker . 146
Fridericia . . . . 2358
Fried C.-München . . 2782
Fried E.-Ludwigshafen 264
Friedberg- Magdeburg . 1177
Friedberg S.A.-Chicago 1522
Friedberger 427, 481, 1216,
1458, 1566,1784,|1789, 2916
Frieueberg . 328
Friedei . . 2863
Friedemann . . 544, (264
Fr, edj ungJ.R.-Prag 256, 1279,
1357
Friedjung K. J. -Wien 2373,
2652
Friedländer R . 1789
Friedländer A. - Hohe-
Mara. .... 670, 1830
Friedländer S. -Frank¬
furt a. M . 378
v. Friedländer -Wien 1047,
1451
Friedmann A. -Königs¬
berg . 1902
Friedmann F.F. -Berlin 2589
Frieda, ann L. J.-New-
York . 2495
Friedmann M. -Langen¬
dreer i. W . 1022
Friedrich-Berlin Steglitz 2853
F'riedrich-Kiell741 ,1970,2147
Friedrich-Leipzig . . . 1843
Friedrich P. - Königs¬
berg 613, 945, 1231, 2497
v. Frisch B.-Wien 484, 1058
y. Frisch K.-Mücchen . 15
v. Frisch O.-Wien 1469, 2704
Frischberg . 2135
Frising . 958
Fritsch G.-Berlin . . . 1620
Fritsch K. -Breslau .2610
Fritsche .... 313, 314
Fröhlich A.-Wien 316, 2747
Fröhlich Fr. W.-Bonn . 1/89
Frölich Th . 2690
Froesch . ■ 911
Fröschels 208, 1613, 2428,
2488, 2704
Fröse . 1167
Frohse . - . 1612
Fromberg . . . 1562, 1903
Fromholdt . 66
Fromme A. -Göttingen 204
Fromme F.-Berlin 588, 1289,
1501, 2297
Fromme W.-Düsseldorf 1164,
2299
Frommer . 2309
Froning . 1742
Fronstein . 1624
Fronzig . 824
Froriep . 1218
Frühwald H. E. . . . 1340
Frühwald R.-Leipzig 1800,
2195, 2477, 2512, 2761
Frühwald V.-Wien 1110, 2138
Fründ . 2586
Frugoni . 487
Fry . 2693
Fuchs A.-Breslau 366, 1617
Fuchs A.-Kaufbeuren 2230
Fuchs A.-Wien . . . 2364
Fuchs D.-Pest . . 992, 2133
Fuchs ;,H.-Basel . . . 2339
Fuchs H. -Danzig . . . 1728
Fuchs M.-Liegnitz . , 1327
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XIX
Seite
Fuchs R. F.-Breslau . 708
Fuchs R.-München . .2112
Fuchsbühler . . . . 2810
Fühner . . 601,' *1288, 1341
Fülleborn . 1400
Fürbringer . 1681
Fürnrobr . . . 1629, 1843
Fürstenberg . . . 480, 948
Fürth . 2669
v. Fürth . . . 2364, 2799
Füth . 161, 1457
Fukuhara . 2067
Fukushi . 714
Fulci . 2137
Fuld . 1183
Fullerton . 1734
Fundner ..... 827
Funk-Köln . . . 707, 1114
FunkA.-Freiburg 1243, 1776
Funk C.-London 1735, 1997,
2614
v. Funke-Prag 1357, 1749,
1950
Le Für . 221
G.
Gadamer ...... 2471
Gaertner C.-Coburg . . 314
Gärtner A.-Jena . . . 1220
Gaethgens . 1463
Gaffky . 32
Gaillardos . 934
Gaisböck . 1337
Galambos . 824
Galazer . 2423
Galdonyi . 2139
Galeazzi . 428
Galewsky . 1010
Gali . 1566
Gail . 713
Gallart y Mones . . . 2477
Galli 101, 139,904. 1113, 1168,
2128, 2142, 2650, 2857
Galli-Valerio .... 2128
Galloway . 1735
Galpern . 544
Galton . 932
Galusser . 1681
v. Gambaroff .... 1644
Gammeltoft 656, 2192, 2358
Gamper . 2918
Ganon . 1956
Gans O. -Hamburg . . 2302
Gans O. -Freiburg . . . 2475
Ganter . 1055
Gappisch . . 2029
Garcia del Mazo . . . 319
Gärcia del Diestro . . 1224
Gardere .... • . . 2537
Garre . . . 776, 1786, 2585
Garrod .... 835, 1967
Garrod A. E . 1953
Garrod A. S . 1182
Garson . 604
Gasbarrini . 265
Gasperini . 2750
Gastinel . 2128
Gastpar . . 647, 1632, 2255
Gaucher 1071, 1577, 2028,
2201
Gaugele . 2850
Gaundby . 1735
Gaupp .... 1914, 2759
Gause . 2138
Gauss C. J . 2007
Gauss F.-Bünde . . . 1620
Gauss K.-Freiburg 337, 428,
652, 653, 950, 1403, 1404,
1507, 1908, 2023
Gaussade . 1070
Gaussel . 277
Gautier A. -Paris . 677, 1750
Gauthier Cb. -Lyon . . 277
Gauvain . 2643
v. öfeiza . 938
Gazeau . 1958
Gebb . • . . 964, 1513
Gebele 132, 203, 931, 1683
Seite
Geber . 2249, 1302
Gebhardt-Dresden . . 1061
Gebhardt Tb.-München 768,
1163, 1726
v. Gebhardt Fr.-Pest . 2245
Geeraerd . 98
Gegenbauer . 429
Gehm . 942
Gehry . . . 2748
Geigel . . 714, 1926, 2679
Geinitz . 1257
Geipel . 94, 1458
Geissler . • .... 121
Gelarie . 2644
Gelderblom .... 2357
Gelinsky 1163, 1278, 2589
Le Gendre ..... 835
Gennerich . . 132, 2391
Georgi . 262
Georgiewsky .... 1285
Georgopulos ... 89
Gerber O. P.-Wien . . 2691
Gerber P. - Königsberg 634,
2203, 241 1, 2584
Gerbsmann ..... 1286
Gereda . 1904
Gergö . 936
Gerhardt 106, 201, 786, 956,
1055, 1334, 1629, 2637, 2906
Gerhartz . . . 1502, 1895
Gerlach H.-Dresden . 2523
Gerlach R.-Göttingen . 97,
1048
Gerlach VV.-Berlin . . 2068
Gerngross . 2188
Gerschun J.-Moskau . 2137
Gerschun T. - Moskau 998,
2348, 2423
Gersley . 2011
(ierstenberg . 771
Gessner . 774
Geymayer . 547
Gfroerer . 2803
Ghedini . 488
Ghilarducci . 487
Ghiron . 2137
Ghon 767, 787, 1576, 2549
Giacchi . 1850
Giani . 487
Gibbard . 2654
Gibbs . 829
Giemkiewicz .... 1752
Giemsa E . 2471
Giemsa G. -Hamburg . 1074
Giere . 367, 495
v. Gierke . 885
Giessing ..... . 551
Giestland ... .89, 2072
Gierszewski . 1451
Giffard . 2080
Giffhorn . . . 1356, 2746
Gigon . 660 I
Gil . . 1904
Gilbert A.-Paris . 255, 2007
Gilbert W. -München 143, 376,
1232, 1501, 1513, 1514
Gildemeister E.-Berlin 1221
Gildemeister E.- Posen 2916
Gildemeister M. - Strassburg
1512, 2129, 2389
Giles . 1968
Gilg . 368
Gimenez de la Serrana 1904
Gindes . 998
GinB . 661
Ginsberg . 163
Ginsburg . 2809
Giordano . 482
Giorgis . 1850
Giovannini . 310
Girard . 944
Giraud . 894
Giroux . 2653
Gisel A -Wilchingen . 428
Gisel A. -Zürich . . . 1283
Giusti . 2477
Glaessner K.-Wien .■ 582,
774, 1069, 2195, 2364, 2692,
2705
Seite
Glässner P.-Berlin 781, 832,
'1356, 1789
Glas . 829
Glaser-Augsburg . . . 1619
Glaser E.-Wien . . 147
Glaser F. -Berlin 316, 1507,
1790, 2747
Glass . 202
Gleichen . 1680
Glenn . 2592
Glinczikow . 1287
Glintschikoff .... 1789
Gloyne . 887
Gluck . 1221, 2252
Glück .... 57, 828, 2476
Glücksmann . 2789
Gluschkow . 663
Glyan . 1393
Goadby . 1013
Gobbi . 2789
Gobiet . 2014
Gocht . . . 731, 733, 833
Godardanhieux ... 98
Goebel C.-Breslau . . 1056
Göbel F. -Halle . . 1398
Goebel W.-Köln 356, 496,
939
Göbell 1503, 1574, 1598,
1900, 2009, 2068
Goecke . 2485
Göldi . 1390
Göppert E.- Marburg . 214
Göppert F.-Göttingen 902,
1166, 1279
Goerdeler . 89
Görges . 1467
Goerke 775, 1450, 1568, 1571
Görl . . 1126, 1235, 1688
Goerlitz . 1120
Goertz .... 1470, 2380
Goetjes .... 496, 2135
Gött . . . . ^ 710, 2470
Goetz . . 1098, 1633, 1637
Götzel-Wien ... . 2252
Götzel A.-Prag . . 934, 2132
Götzky . 1279, 1909, 2804
Götzl . 2302
Le Goff . 2078
Golfe . 2082
Golanitzki . 1397
Goldberg A. -Moskau . 664
Goldberg B.-Köln-Wil-
dungen . . . 2432, 2759
Goldberg J.- Warschau 2749
Goldberg L.-Jerusalem 827,
2690
Goldbladt .... 714, 2136
Goldfeld . 93
Goldmann E.-Freiburg 1005,
1053
Goldmann G.-Köln . 1903
Goldreich . 2763
Goldscheider . . 258, 1217
Goldschmid E -Genf . 1340
Goldschmidt R.-Mün¬
chen . 1688
Goldschmidt S. -Reichen¬
hall ....... 947
Goldstein K.- Königs¬
berg 757, 2356, 2419, 2863
Goldstein M.-Halle 1106,
1274, 1659, 2024
Goldstrom .... 482, 2010
Goldzieher ... . 2534
Goliner ....... 2699
Golla . 2428
Gollubow .... 665, 1160
Gomoiu . 2304
Gomolitsky . 825
Gonder . 38
Gontermann .... 1068
Goodmann . . 2018, 2138
van der Goot .... 2140
Gordon J. L . 2696
Gordon M. H. . 2694, 2696
Gordon A. -Philadelphia 208
Gordon W -England . 2643
Goretti . . ... 2245
Gorn . 1935
Seite
Gorowitz . 1623
Gorse . 1791, 2538
Gorter . 323
Goslar . 1845
Gossmann .... 2637
Goto . 1218, 1615
Gottfried . 2704
Gottlieb . 1276
Gottschalk G.- Rathe¬
now . 657
Gottschalk S. - Berlin 1450,
2474
Gottsten . 1044
Goudberg . 1898
Goudsmit . (775
Gougerot . 2201
Gould . 2023
Grabley .... 1576, 2364
Grabower . 209
v. Grabowski .... 1845
Grabs . 2536
Gradle . 900
GräfE. -Frankenhausen 2910
Graf M.-Berlin .... 1846
GraefW. -Nürnberg 658, 1178,
2486
Graefe 309, 657, 768, 2686
Gräfenberg . . 1349, 1457
Graessner . . . 377, 779
Graetz-Hamburg . . . 1518
Graetz Fr . 1910
Graf . 1358
Grafe V . 989
Grafe E -Heidelberg 36, 569,
724, 943, 1845, 2191
v. Graff 92, 1348, 2307, 2370
Graham . . . 1955, 2696
Grande . 541
Gran jux . 277
Graser . 1007, 1683, 1684
Grashey 777, 778, 841, 1060,
1061, 1215, 1275, 1684,
2007, 2200
Grasmann . 1445
Grassl . 772
Grassmann 33, 34, 86, 87,
823, 845, 879, 991, II 53,
1238, 1334, 1391, 1501,
1502, 1559, 1597, 1613,
1673, 1674, 1948, 2352,
2415, 2470, 2503, 2530,
2800, 2850, 2914
Gi au .
421, 1167
1638
2640
2743
2747
1619
2693
1860
829
710
941
1224
. 887
.... 1576
550, 1108, 2011,
Chicago
England
-Boston
Graul .
Grave .
Graves
Grawitz
Gray H. W
Gray E. A.
Grayson
Greeff
Green O. E
Green R.M
Greenfield
Gr elf n er .
Gregersen
2015
Greggio . 1679
Greiffenhagen . 1397, 2532
Greig . 940
Grek . 1452
Grenacher . 265
Grenet . 958
Gressot . 89
Grindon . 1957
Grinew . 1286
Grinker . 1916
Grober 8, 662, 879, 927, 1044,
1389, 2188
Grobs . 1841
Gröber .... 1565, 1863
Groedel F. M.-Frankfurt 373,
471, 744, 832, 833, 880, 994,
1042, 1090, 1784
Groedel Th.-Bad Nau¬
heim . 880, 994
Grön . 2073
Gröndahl . 2073
Groenouw 2686
Seito
v. Groer . 2373
Groll . 2193
Groos ....... 2361
de Groot . 203
Gros O.-Leipzig 262, 993, 1046
Gross . 1274
Gross G. -Nancy . . . 1048
Gross O. -Greifswald . 1015
Gross S.-Wien . 2187, 2642
Gross W. -Heidelberg . 2860
Grosser ..... 76, 323
Grossmann . 374
Grote . 2510
Groth . . . 711, 2128, 2352
Grotjahn .... 711, 991
Groves E. W. . . 665, 939
Groves H. . . 1968
Grube A.-Petersburg . 1621
Grube F.-Köln .... 1742
Gruber G. B.-München 201,
826, 1337, 2645
v. Gruber M. -München 1731,
2257, 2583
Grübberg . 2137
Grün . 2250
Grünberg . . . 1711, 2423
Grüneberg . . . 895, 1516
Grünfeld . 2763
Grünfelder . 1695
Grünspan . 1521
Grünwald . . . 1377, 2636
Grüter . . . 1123, 1513
v Grützner P.-Tübingen 1511
Grützner R. - Frankfurt 782,
1229, 1677
Grumann . 1436
Grunberg . 1047
Grund-Halle 601, 863. 1175,
1216, 1219, 1799, 2144
Grund t E.-Lyster . . 1562
Grüne . 712
Grunert E.-Dresden 371
Grunert F.-Dresden . 1559
Grusdew . 2809
f-rmoQ 99^1
Gudzent" 1109, * 1166, ’ 2639,
2850
Gühne . 1956
Gueit . 277
Guelpa . 220
Gümbel . 2850
Günther . 1280, 1841, 2065
Güntsch .... 551, 606
Günzel . 949, 2806
Gürber . 2686
Gubrin . 843
Guggenheim .... 618
Guggisberg . . . 713, 1465
Guillain . 333
Guillery . 1895
Guischard . 2301
Guisez . 829
v. Gulat-Wellenburg . 2568
Guleke . 39, 1107
Guliajew . 995
Gumpertz . . . 1952, 2025
Gumprecht-Jena . . . 495
Gumprecht F.-Weimar 2470
Gundermann W.- Düs¬
seldorf 145, 890, 1503
Gundermann W.-Gies-
sen 1787, 1878, 2278, 2332
Gunsett . 980
Günther . 1843
Gunzburg . 1675
Guradze .... 781, 1351
Gurari .... 1287, 2422
Gurewitsch . 2194
Gurko . 1341
Gussew V.-Riga . . . 2532
Gussew W. J.-Moskau 993
Gussow . 93
Guszmann . 2534
v. Gutfeld ... . 1504
Gutknecht . . . 2066
Gutmann C. -Wiesbaden 772,
1951, 2012
Gutmann J. -New York 2592
Gutmann L.-Berlin . 482
2*
XX
INHALTS-VERZEICHNIS.
m
Seite
Gutowitz . 110
Gutzmann 2( 18, 366, 1 506,1570
Guy . 042
Guye . 2246
Guzmann . 264
Guzzoni . • 1967
Gwerder . . . 369, 2668
Gvenes . 2805
v. Gyergyai 1451, 1568, 1571
v. Gvörv . 2377
H.
204
957
2262
1683
2433
1281
890,
Haagn .
Haarbleicher . .
Haas-Böblingen .
Haas A.-München
Haas A. E.-Wien
Haberda ....
v. Haberer . 38, 313,
1008, 1559, 2252
Haberern . 2534
Haberling . 2376
Habetin .... 1620, 2549
Habs . 383, 728
Hackenbruch . 1117, 1350
1727, 2368
v.Hacker 205,1339, 2366, 2368
Hadda .... 428, 1014
Häberle .... 372, 2803
Haeberlin . 669
Häcker . 2068
Haendly ... . , 1204
Haenel Fr.-Dresden . 835
Haenel H.-Dresden212, 667,
1172
Haenisch070, 778,2420, 27;>8
Hansel . 608
Haerle . 1951
Härtel E. -Breslau 184
Härtel F.-Berlin .313,2070
Härtel F.-Leipzig . . 1730
Hässner . 94
Häuer . 530
Hagashi . 1221
Hagedorn . 314
Hagelweide . 1453
Hagemann . . . 144, 1789
Hagenbach-Burckhardt 1167
Hager ..... 1071
Hahn B -Magdeburg 728,
1114, 2194, 2232, 2691
Hahn H.-Heidelberg 206, 971
1340
Hahn M.-Freiburg . . 316
Hahn O.-Stuttgart . . 1900
Hahn R.-Wien .... 2869
Haiek . .485
Hairn . 774, 1279
Hainebach . 2751
v. Hainiss . 374
Haiös . 994
Ham . 1901
Haitz . 150
Halben . 959, 1103
Hall . 1902
Hallas . 660
Hallauer . 1512
Halle .... 87, 484, 1467
Hallwachs ...... 2854
Halpern . .914, 1923, 2535
Halsted . 2592
Hamant . 1048
Hamburg . 1341
Hamburger . 2189
Hamburger H. .T. _. . 1334
Hamburger-Berlin 1512, 1514
Hamburger F.-Wien 484,
1549, 2596, 2711, 2818
Hamburger V. - Stein¬
feld . 2120
Hamei . 2206
Hamilton . 312
Hamm . 709
Hamm A.-Strassburg . 292,
1751
HammO.-Braunschweigl620
Hammer C. -Heidelberg 423,
1003
Seite I
Hammer F. -Hamburg 2803 j
Hammer F Stuttgart 1 1 50,
1460 !
Hammerl . 1846 j
Hammerschlag 498, 1298
Hammesfahr .... 1291
Hammond . ... 2644
Hamonic . 277
Hampeln . 1046 j
Hanau . 2636
Hanauer . 381, 1393, 2416
Handley ...... 2642
Handrick . • 880
Handrovsky . . 316, 601
Haneborg . UH
Hanes . 600 |
Hannes 92, 1617, 2070, 2370,
2746
v. Hansemann 324, 1068, j
1107, 1283, 1908
Hansen A. .... 143
Hansen O.-Christiania 89
Hansen P. N.- Kopen¬
hagen . 1045
Hanslian . 2130
Hanssen-Kiel 374, 1104,
1225, 2004
Hanusa . 2743
Hapke . . 948, 1055, 1473
Happe . 1513
Harabat.h . 2688
Harbetz .... 741, 771
Häri . 2131
Harman . 2643
Harms . 829
2249
949
2010,
255
65
202
1564
1069
2372
901
Harmsen . . .
Harpster . . .
v. Harriehausen
Harris . . . .
Harrower . . .
Hart 1618, 1895,
2748
Hartbecher
1183,
1955,
2247,'
78
935
1279
2023
1954
2297,
2753
Hartert . 1503 Heiden
Hartl ey . 1055
Hartmann-Graz . . 2310
Hartmann A. -Heiden¬
heim .... 1572
Hartmann E. -Schöm¬
berg .
Hartmann H. -Leipzig
624, 736, 847
Hartmann H.-Paris933, 1043,
1861, 1906
Hartmann J.-Pfaffen-
hofen a. Ilm . 1711,
Hartmann J. -Leipzig .
Hartmann J. P. -Kopen¬
hagen .... 1279,
Hartmann K.. Rem¬
scheid .... 1617,
Hartoch .... 1046,
Harttung H -Breslau 602, 658,
1163, 2135
Hartung E.-Berlin 1343, 2013,
2730
Hartung E.-Bernburg 149, 430
1948
2001
. 382,
2404
2729
2359
2308
2637
Seite
Haupt . 1458
Hauptmanu-Freiburg . 1511
Hauptmann-Halle • 223
Hauser E -Erlangen 866, 1612
Hauser H.-Rostock 812. 2803
Hauser R. -Rostock . . 2418
Hausmann Berlin . . 1179
Hausmann Th. -Rostock 35,
484, 1215. 1283,1949, 2013,
2517, 2585
Hauswirth .
Havas . .
Hayashi 1339, 1951,
2071
Hayem .
Haymann .
Hayward .
Hebold .
Hecht-Prag . . . . .
Hecht A. F.-Wien 485,
Hecht H.-München 52
Hecker- Königsberg . . 1408
Hecker O -Berlin . . . 902
Hecker R.-München 1043,
1178, 1358. 2470
v.Hecker H.-Strassburg 2301,
2638
Heckner . 92
edin . 480
Hedinger . 2641
; Hedr6n . 94
de Heer . 2190
Heermann . 2360
j H elfter .... 1680, 1847
Hefter . 4105
Hegar A.-Freiburg . . 1951
Hegar A.-Wiesloch . . 243
Hegener .... 326, 896
Hegi . 541
Hegler . . 897, 2535, 2756
Hegner 149,159, 1138, 1518,
2723
Heiherg .... 1169, 1170
. 1950
Heidenhain A. . 2175, 2382
Heidenhai u L.- Worms 1019
Heidkamp . 94
Heigel . 1576
Seite
Hell . 709, 2806
Hellendall . 1505
Heller Charlottenburg 374
Heller E.-Leipzig 672, 1296,
1560, 1628
Heller F.-Berlin . . . 1505
Heller Th. -Wien . . . 2374
Hellin . 872
Helly . 1811, 2134
Helmholz . 2804
Helwes . 1396
Hempel- Jörgensen . .1111
Henderson . 2476
Hendry . 681
Henes-New-York . . 715
Henes E.-Freiburg . 1783
Heng . 310
Hengge . . . 33, 162, 2680
Henius K.-Berlin . . . 1046
Henius M.-Ber in . . 1603
Henke . 1231, 1408, 1793
Henkel 326, 2352, 2414, 2474,
2862
2140
2850
2071
2666
2696
276
886
1043
2190,
424
153
1843
331
2535
316
. 828
. 2357
. 315
. 882
. 2244
. 2140
. 2080
97, 828
Hauberisser . 601
Hauch E.-Kopenhagcn 550,
993
Hauch W.-Hamburg . 882
Hauck . . 837, 1147, 1 824
Haudek 42, 51, 413, 777, 890,
1013, 1236, 2200, 2366
Hauenstein . 2700
Hartwich
Harzbecker
Harzer
Hase . .
Hasebroek
Hasegawa
Haskovec
Haslund .
Hasse . .
Hassel . .
Hasselbalch
van Hasselt
Hastings-Tweedy
Hatiegan
Heiil . 2300
Heile . . . 831, 1351, 1727
Heilmaier . 2152
Heilner . . 1530, 1775
Heim E.-Budweis . . 202
Heim F. Innsbruck . 881
Heim G.-Bonn . . . 1785
Heim L.-Erlangen . 2256
Heim P.-Pest 93, 1045, 2136
Heim R.-Freiburg . . 316
Heimann Fr.-Breslau 827
915.1291,1448, 1617, 2745,
2829
Heimann W. -Göttingen 1216
Heims . 541
Heine 710, 1305, 1512, 2441
Heineke 382, 672, 14U9,
2070, 2531, 2657, 2703
Heinemann H.-Petoem-
boekam (Sumatra) .
1537
Heinemann 0. -Berlin
224, 368, 1790, 1940,
2711
Heinicke Grosschweid
nitz . .
Heinike ......
v. Heiniss . .
Heinlein 885,1410,2026,2867
Heinrich . 993
TTeinrichsdorfE . 2420, 2805
I Heinrichsdorfer . . . 655
! Heinrichsen . 2283
Heinsius . 1616
| Heinz . 2618
Heisler . 2586
| Heitmüller . 1267
j Heitz . / . • 892
Heitz-Boyen . 220
Helbing . 1559
Helferich . 2769
1132,
92
2688’
1565
1843
662
Hentrjs .
Henneberg . . .
Hennig .
Henrich .
Henrici .
Henrot . . - .
Henry H.-England 34,
Henry Y.-Frankreich .
HenschenF.-Schweden 1169,
1340
Honschen K. -Zürich 39,204,
1505, 1614, 1900
Heimchen S.E.-Schwe-
den . 1169
Henschen-Naef . . • 732
Hensen . 429
v. Hentig ... <90, 2525
Herbst ... 1356, 1505
Hercher . 2586
Herderschee ....'. 2140
Herescu .... 2303, 2304
v. Herff ... 259, 2911
Hergens . 2805
Herhold . 2249
Hering A.E.-Prag 1963, 2242
Hering Fr.-Zittau . . . 1516
Hering H. E.-Prag 107, 331,
770, 1444
Hering W.-Klettwitz . 97
Hering W. -Zwickau . . 882
Hermann L. - Königs¬
berg . 2849
Hermanns . 1053
H<jrmkes . 1282
Heron . 932
Herrenknecht .... 2842
Herrenschneider ... 33
Herrfordt . 1514
H.-rrgott . 1049
Herr.igkoti'er .... 1932
Herrmann-Breslau . . 1349
Herrmann E -Wien . . 2432
Herrmann Fr. -München 2236
Hersing . 431
Hertel .... 710, 1191
Herterich . 782
Hertle . 1951
Hertold . 99
Hertz A. F.- London .1181,
1735, 1955, 2023
Hertz L. -Warschau . 480
Hertz R. -Warschau . 2472
Hertz R.-Wien .... 2806
Hertzell . 715
van Herwerden . . . 2248
Herxheimer G. -Wies¬
baden . . ■ 2506, 2588
Herxheimer K. -Frank¬
furt 185, 1141, 1517,2027,
2747
Heryng ........ 84
Herz E.-Rzeszow 1218, 2418
Herz M.-Wien . 823, 2692
Herz P.-Berlin . 602, 827
Herzberg E.-Berlin .2120,
2494
Seite
Herzberg S. Greifswald 317
Herzenberg . ... 885
Herzfeld A. New-York . 2586
Herzfeld E.-Berlin . . 2067
Herzfeld E.- Zürich . . 1106,
1950
Herzog-München . 18, 1569
Herzog B. -Mainz . . 1629
Herzog Gg - Leipzig . 826,
1841, 1744, 1845, 2090
Herzog H. -Berlin . . 1788
Herzog H - Solothurn . 2302
Hess A. F.- New-York . 546
Hess J.-Hamburg 2545, 2702
Hess L. -Wien . 484, 546,
1849, 2590
Hess O.- Göttingen . 1563
Hess O. -Leipzig . . . 1340
Hess 0. -Posen . . • 2865
Hess R. - Strassburg . 2804
Hess Th. -Berlin . . . 1283
Hess W. R. -Zürich . 316
v. Hess K. - München . 2306,
2478, 2686
1636
1220,
40,
Hesse-Jena . . 494, 1687
Hesse - U trecht . . ■ 832
Hesse A.-Bad Kissin-
gen . .1014,
Hesse E.-Berlin . . .
1336, 1398, 1729
Hesse E.-St. Petersburg
145, 2009
Hesse Fr. A. -Greifswald 1 72 < ,
2766
Hesse M.-Graz .... 2537
Hesse M.-Wien 880,939, 1725
Hett. . 2024
Heubner O. -Berlin . . 600
Heubnor W. -Göttingen 357,
660, 1505, 1751
Heuck . 110
Heuse . 1351
Heusner . 1681
v Heuss 677, 1125, 1232,2172
Heyde . 655
Heyerdahl . 551
Hey-Groves . . 143, 1968
Heymann E.-Berlin 54Ö, 2476
Heymann H. -Breslau . 1728
Heymann J.-Dresden . 721
Heymann P.-Berlin . . 1793
Heyn . 1616
Heynemann .... 653
Heynemann Th. -Halle 1291,
1455, 1456, 1504 , 2746
Heynsius van den Berg 1680
Heyrovsky 276, 1217. 1727,
2366
Hidaka . 1726
Hidding . 2131
Hiess . 230 1
Hift . . . 1731, 2195, 2420
Higier . 2136
Hijmans . 2140
Hilbert . 718
Hildebrand B. Freiburg 131
Hildebrand H. Marburg 955
Hildebrand O.-Berlin 945,
1217, 1737
Hildebrandt W.-Freiburg 527,
2076, 2529, 2639
Ililferding . ^42
Hilgenreiner . 2743
Hilgermann . 1506
Hill . . H82
Hillenberg . 1225
Hiller . 2073
Ililse . 2802
Hindhede 1841, 2192, 2473,
2531
Hinhede . 599
Hinsberg . . . 1109. 1793
Hinselmann 1456, 1504, 2531
Hinterstoisser 716, 780, 2885
Hmtzelmann . 2804
Hinz . 90
Hinze . 1302
v. Hippel . 2025
v. Hippel-Dresden . . 1175
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XXI
Seite
710,
v. Hippel E.-H , Ile 490,
1513
Hirano . 2586
Hirata . 2130
Hiromoto . 1842
Hirsch-Ber'in . 1298, 1728 wald
Hirsch-Nauheim . . . 948 Hoffmann
Ilirscu-Salzschlirf . . 947 2494
Hirsch A -Wien 1630,2251, Hoffmann
234S, 2372 Hoffmann
Hirsch C. -Frankfurt 376, 430,
1444
Hirsch C.-Göttingen . 2194
Hirsch G. - Halberstadt 1036
Hirsch Gg.-München . 906
Hirsch Jos. -Berlin 53, 335,
2248
Hirsch M.-Berlin 771,1391,
1728, 1788, 2417
Hirsch M.- Magdeburg 104
Hirsch M.-Wien 1452, 2692
Hirs h O. -Halle . . 2191
Hirsch R.- Berlin 943,1561,
2535
Hirsch-Tabor .... 670
Hirschberg J . 2296
IIir8chbergA.-Berlin 773,1340
Hirschberg M.-Tegel . 2356 j Hofstätter .
Hirschberg R - Paris 657, 1502 ; Ilohenadel
Hirschbruch 1109, 1221, 1846 | Hohl . • .
Hirschei . . . 1445, 2473 j Hohlbaum
Hirschfeld M. . . . 933 I Hohlweg .
Hirschfeld A. -Berlin . 2191 J Hohmann
Hirschf dd H. -Berlin . 1674 ! H >hmeier
Hirschfeld H. -Zürich . 1901 Hoke . .
Hirsch feld
2916
Hirschfeld R.-Leipzig
Hirschfelder . 207/
Seite
Hoffmann . 309
Hoffmann-Heidelberg . 1843
Hoffmann A.-Düssel-
dorf 376, 1390, 1467, 1511
Hoffmann A.-Greifs-
2009, 2070, 2743
E.-Bonn 96, 484,
J.-Breslau . 2054
M. -München 741
Hoffmann P.,' Würzburg 656,
2243
Hoffmann R -Dresden 1059
Hoffmann R.-München 481,
693
Hoffmann R. S.-Wien . 730
Hoffmann W.-Berlin . 879
v. Hoffmann G. . . . 2188
Hofius . 545
Hofmann-Prag ... 330
Hofmann A.-Offenbnrg
314, 371, 825. 1677,
1787,2262, 2456
Hof mann W.- Leipzig .
Hofmeier . . . 2307,
v. Hofmeister
Hofmokl .
316
2352
145, 225
2073
1788
482
708
659
1420, 2271
780, 1368. 2091
. 162, 309, 617
. . 1357, 1681
L.- Zürich 1813, Ilolbeck . 32, 2532
Hirschkowitz . . . .
Hirschler .
Hirschstein . . 1462,
Hirt E.-Münehen
Hi 1 1 R. -Magdeburg 615,
Hirtz . 334,
Hirz .
Hiss .
Hitschmann .
Hnateh .
Hoch ... . 1284,
Holfelder . 1950
1692 I Holinger H. -Chicago . 1804,
1916
Holinger J.-Chicago . 788,
1411, 1690
Holitsch . 778
Holl . 372
Holländer E.-Berlin 602, 618,
1058, 1737, 2297, 2914
Holländer LI. -Pest . . 2139
Holland . . 1111
409
1218
1574
52
1744
2915
2220
1217
256
2357
1849
Hoche . . 1335, 1510, 2012
Hochenegg . 2073
Hochhaus . . . 385, 1627
Hochsinger C. . . 710, 2373
Hochsinger K.-Wien . 675
Hochwald . 97
Höck . 2374
Höfner . 2070
Hoeftmann . 2759
Höger . 2193
Högyes . 657
Hoebl H. -München . 72
Hoehl K. E.-Chemnitz 268,
951, 1292
Hoehne . 167,
Holder .
. . 1571,
31/
Hollensen . . . 1163,
Hollerbusch .
Hollitschek .
Hollös. . . .
Holmgren . ,
Holroyd . . .
Holst A .
v. Holst L.-St. Peters¬
burg .
Holste A.-Jena ....
Holste A. -Strassburg .
Holste C.-Stettin 259,
2356
Holsti . 1783
Holtersdorf . 1848
2688
2768
1069
41
369
2642
2690
2354
2535
262
545,
1456
713
2301
370
1859
263
1569
Hölscher .
Höniger . .
Hörrmann . 259, 482,
Hörz .
Hoessli .
v.Hösslin H.-Halle 2147, 2473
v. Höwslin R. -München 1129,
1353, 2710
Höst . 2073
Hoestermann .... 1511
vonderHoeven 40,314, 1447
Hof bauer 258, 275, 485, 655,
656 733, 1217. 1469, 2131,
2749, 2804, 291 4 j
Hofer-München . . . 1220
Hofer G.-Wien 1451, 1469,
1569
602, 1514
724, 948
391, 1394
2297
1410
1632
1608,
1456,
1404,
Hofer
II. -Wien . .
546
Hoff
. 1732,
2806
Holla
A.- .
142
Hoffa
Th.-Barmen . .
1451
lloffendahl .
143
Holth .
Llolthusen . . .
Holtzmann 311,
Holzapfel . .
Holzbach 1290,
Holzinger . . .
Holzknecht 1 150, 1523,
1989,2201,2585,2727
Homburger . 1725
Hoogkamer . . . . 2802
Hopf . 2128
Hopmann E.-Köln 208, 2639
Hopmann F. W.-Köln 839
Hoppe-Seyler .... 1334
Hopstock . 8s
Hopwood . 2694
Horn A.-Kissingen . . 2646
Horn P.-Bonn . 2646, 2741
Llorne . 2024
Horn eff er . 1470
Horowitz Fr. -Agram . 2249
Horowitz K.-Wien . . 2433
Horowitz L.-St. Peters¬
burg . 2637
Horsley . 1577
Hort . 1733
Seite
Horton-Smith .... 1501
Horedth . 1277
V. Hovorka . . 2375, 2377
Horwitz . 1162
Hosemann . 1008
Hough . 1223
Houghton . 939
Houssay . . . 773, 2477
Howard ... .... 486
Howard-Hnmphris . 951
Huber 106, 884, 2433, 2850
Hubrich . 496
Hudson . 940
Hübner A.- Berlin . . 1788
Hübner H - Marburg . 50,
335, 542, 661, 673
Hübotter . . . 1613, 2375
Hübschmann . 1296, 1628,
2051, 2475
Hueck O. -Freiburg . 2300
Hueck W. -München . 261,
993, 2097
Hügel . .
Huemer . .
Hueppe . .
Hürthle . .
Hiissy . . .
Hueter . .
Hüttl . . .
Hufnagel .
Hufschmidt
Hügel . .
Hughes . .
Huguenin .
ILuismanns
Huldschinsky
Hummel
Humphries
Huntemüller
Husler . .
Hussa . .
Hussler . .
Hutschinson
Hutinel . .
Hutt . . .
Hutyra . .
Huynen . .
Huzar . .
Hymans v. d
1338
Hynek
546,
714,
773,
922,
660,
2110,
2917
2374
715
2190
2136
895
1278
1170
1106
2768
2643
1957
1004, 2400, 2759
1901, 2247
600
2023
148
38
1452
2460
843
20, 2299
1165
2471
98
1952
1337,
Bergh
2138
Jachontow . 2421
Jackson . 2361
Jacob-Kudowa .... 2802
Jacob-Paris .... 1860
Jacob F. H. -England . 605
Jacob L. -Würzburg 1089,
1275, 1334. 1444
Jacobaeus . 711, 2078, 2356
Jacobi A.- New -York 624,
1128
Jacobi E. -Freiburg . . 2128
Jacobj C.- Tübingen 1280,
2027, 2028
Jacobovici 1050, 1051, 2303,
2304
Jacobs-Brüssel .... 2080
Jacobs-Hamburg . . . 2545
Jacobsohn E -Charlot¬
tenburg 201, 732, 778, 2008
Jacobsohn H.- Berlin . 2589
Jacobsohn P. -Berlin . 834
Jacobson O. -Berlin . . 373
Jacobsthal . . . 620, 2860
Jacquin . 1458
Jacub . 1505
Jäger-Berlin . 498
Jaeger K.-Landshut . 1862
Jäger Fr.-München-Er-
langen 599, 1714, 2745
Jäger R. -Halle . 990, 1335
Jaffd ... 46, 425, 1M38
v. Jagic . . 662, 1672, 2195
Jahn . 2640
8eite
Jaklin . 41
J akob A.-LIamburg 1405, 1854,
2037, 2428, 2436
Jakoby . 1680
Jakowlew . 1632
Jaks . 2928
v. Jaksch 1523, 2473, 2762,
2817
Jamin 268, 838, 1002, 1843
Jampolsky . 995
Janaszek . . . 1732
Jancke . 158, 612, 1033
Jancovescu . 1052
Jankowski .... 2533
Janet . 277, 679
Janeway . 1705
Janke .... . . 1453
Jankowski . 2249
Jansen M. -Leiden 543, 780
Jansen M. -Stralsund . 474
Janssen P.-Düsseldorf 167
Jantke . 2585
Januschke 957, 1047, 1682,
2150, 2372
Japha . 1518, 2594
Janz . 378
Jaquet . . . 2420
Jarisch . . 542, 654, 1950
Jarosch . 317
882
600
2371,
Jaroschy .
Jarzer .
Jaschke 72, 709, 1290,
2744, 2745
Jastrowitz 769, 2013, 2133,
2145
Jaugeot . 950
Jaworski . . . 1343, 2246
Ibrahim 275, 732, 1043, 2595
Ichibagase . 1221
Ichikawa . 2067
Idzumi . 1615
Jeanbran . . • . . . 277
Jeanselme 547,958, 1013,1526
Jeger 148, 1218, 1444, 1614
1787
Jehle . . . 445, 546, 2372
Jelke . 1507, 1828
Jellinek . 333
Jellinek H. Wien . . . 2247
Jellinek S.-Wien 1392, 2590
Jemma . 322
Jenckel 1515, 1677, 2542,
2702
Jenike . 2701
Jennings . 35
Jenny . 2418
Jens ' . 2752
Jensen J. -Kopenhagen 1786
Jensen Th. -Dresden . 1202
Jerchel .... 1900, 2242
Jerofejewa . 997
Jersild . 2015
Jerusalem . . . 1523, 1682
Jespersen . 1566
Jess . 1971
Jessen 1033, 1507,1591,2363,
2738
J esner . 366
Jester . 840
Igersheimer 610, 1513. 2024
Jiana .
Jianu 43, 44, 372, 1051
2304, 2806
lkonnikoff . . .
Ilgner .
II j in .
Ilkewit.-ch . . .
llloway ....
v. lllyös ....
Iltis .
Imai ....
Imme! mann 933,
Impens ....
Infeld ....
Ingebrigtsen 1169,1223, 2265
Ingier . . . 1220, 2690
Inouje . 2129
Joachim . 2687
205,
1390,
603
1222,
1218
833
663
2298
2592
2131
2434
1898
2589
2194
2488
Seite
731, 884
2345
1167, 2195
. . . 1790
1843, 2065
657, 2686
2551, 2692
. . . 2299
. . . 2358
. . . 1679
323
1066
666
373,
2469
Schwe-
2360,
-Stock-
1048, 1170
. . . 1896
. . . 1045
. . . 2023
. . 2296
2074, 2083
2356,
2471
2587
2083
1070
99
2022
1733
Joachimsthal 387
2420
Joannevics
Job . .
Jochmann 1001
Jodlbauer
Jödicke . 1085
Joel . . .
Jörgensen
Joesten . . ..
Johannesssn
Johannessohu
Johannsen
Johanssobn J.
den ....
Johanssobn S.C
holm . . .
John . . .
John M. K.-Pest
Johnson
Johnston
Johnstone
Jolles 86,
Jolly Ph. -Halle
Jolly R. -Berlin
Joltrain . . .
Joly-Ltittich .
Joly-Montpellier
Jona .
Jonas S.-Wien 545, 661, 2364
Jonas W. -Greifs wald . 1342
Jones 11. L.-London 333, 2023
Jones D. W. C. ... 2643
Jonnesco Berlin 153, 2537
Jonnescu Th. . . 2304, 2869
J ordan A .-England 2023, 2644
Jordan A.-Moskau . . 998
Jordan A.-München . 1782
Jores . . . 161, 976, 2064
Josef . 831
Josefson . 69
Joselin . 1841
JosephD.R -Heidelberg 2137
Joseph E.-Berlin 387, 388,
1008
Joseph H. -Berlin . . . 1787
Joseph HcBreslau . . 1727
Joseph M.-Berlin . 317, 824
de Josselin de JongöOO, 1338,
2139, 2140
Josuö . 2029, 2312
Jourdan . 203
Ipatow . 998
Ipsen C.-Innsbruck . . 1282
Ipsen J.-Kopenhagen . 261
Iribarne . . .... 1904
Isaac . 888
Isabolinsky 663, 998, 1726,
2808, 2810
Iselin . 484
Ishikawa .... 2130
Ishioka .... 2697, 2698
Ishiwara K. . . . 546, 603
Ishiwara T.-München . 2640
Isobe .
Israel J.-Berlin . . .
Israel W.-Berlin 1218, 1614,
1737, 2431
v. Issekutz
Issel . . •
Isserlin . 215, 956
Isserson . 2687
Ito . . 38, 427
J ubb . 2843
Jüngerich • • . . . . 2536
Jüngling .... 1748, 1766
Jürgens . 42
Jürgen sen . 809
Juble . 1169
Julian . 1561
Jundell .... 1170, 2136
Junger . 2693
Junghahn . 2208
'Jungmann . . . 1760, 1846
Junker . 1376
Jupille ... . . 1217
Jurasz . . 1559, 1628, 2748
Jurgelunas . 1288
200
1737
1863
1758
XXII
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913!
Seite
Juati . . . 764, 1344, 2755
Iversen . 663
Iwanoff . 329
Iwanow W . 1237
Iwaschenzow
Izar ....
K.
Seite
1952 1
2337
2136
208,
38,
662
1047
Kabanow .
Kaczynski .
Kaefer • ... 882,
Kämmerer 1216, 1335,
r . 2176. 2914
Kaerger .... 202,
Kärrner
Käsbobrer
Kaess . .
Kaestle
2164
1165
1599
1873,
2753 I
1508
2455
145
346
Kaestner 302 872. 1097, 1554,
2287, 2527, 2795
Kafemann .... 2438
Kafka 896, 1406, 2249, 2702
Kahane .... 774, 2642
Kahler- Wien . 1069, 2198
Kahler O.- Freiburg . 1570
Kahn E. -Nürnberg . 345
Kahn Fr. -Berlin . . 319
Kahn Fr - Kiel . 1002, 2148
Kahn J.- Magdeburg . 543
Kahn R. H - Prag . . 2189
Kaiser-Dresden . . . 2859
Kaiser M.-Triest . . . 482
Kaiser P. -Marburg . .2747
Kaiserswaldau ... 541
Kakizawa . . . 1846, 2640
Kakowski . 1302
Kalabin . 2639
2844
428
2245
1181
525,
Katz L.-Berlin . .
Katz Th.-Nürnberg . .
Katzenellenbogen . .
Katzenstein J. -Berlin
1570, 1571
Katzenste n M. -Berlin 217,
776, 1068, 1614, 1676
Kauert . 145
Kauffmann E. -Göt¬
tingen .
Kauffmann F. - Greifs¬
wald .
Kauffmann J. - Strass-
bu'g .
Kauffmann O.-London
Kauffma m M. - Halle
1260
Kaufmann E . 937
Kaufmann M. - Berlin 482,
2067
I KaufmannR.-Hamburg <69
I Kaufmann R. - Wien 1682,
2194
j Kaufmann-Wolf M. . 89
i Kaumkeimer . 659, 1901
! Kaup 991, 1125, 1301, 2353
Kausch .... 777, 2748
I Kauft . 1448
Kawamura ... • 2008
Kawasoye . . 1340, 2247
Kayser . 2543
Kayserling . 2751
Kaz . 150
De Keating-Hart . . . 950
Keay . 343
Keck . 1565
De Keersmaker . . . 221
Keetmann . 257
Keferstein . 383
Seite
Kielleuthner 480, 599, 933,
969. 1044, 1390, 1501,
1613, 1684, 1701, 2131,
2429, 2531
Kienast . 2250
Kienböck 68, 950, 22 1 9, 2365
Kieselbach . 146
Kilborne . 417
Killian . 1514, 1571, 1572
Kimmerle . 1461
Kimura . 92
Kindborg .
King-Pr .
King-Washington . .
King J. H . Berlin . . .
King V. L. -Parke U S. A.
Kinghorn A. . . . .
Kinghorn H. M.-Sarauc
Lake .
Kingma
430
1968
2022
258
1198
886
Kj ölseth
Kionka
Kiralyfi
Kirch
Kalczek! ! ! ! ! . 1844 Kehr 619, 1116, 2635, 2685
Kehrer E. Dresden 20o, 654,
1348,1455,1456,1518,2803
Kehrer F. A.-Kiel 1520, 2419
KehrerF.A. -Heidelberg 1615
Keibel . 373
Keidel . 1726
Keil . 2457, 2693
Keilmann . 1616
Keith . 886, 1732
Keitler . 2590
Kelen . 2369
Keller München . . 1631
Keller A -Berlin 1220, 1895
1902
Keller K -Pest .... 828
Keller O.-Stettin . . 2589
Keller R.-Heidelberg . 2688
Keller R.-Strassburg . 1615,
2162, 2638
Kelling 143, 489, 1447, 1620
Kellner . 746, 2545
Kellock . 1577
Kernen . 949
Kemp 544, 1111, 1618, 2358
Kempf . 2645
Kendrik . 1953
Kennedy . 2077
Ivenzeres . 1281
Keppich . 2018
Keppler . . . 370, 712
Kerl 97,1124,2195,2642,2855
Kaliski . 2641
Kall . 803
Kalledey 1349, 1678, 1842,
2541
Kallös . 2249
Kalmanowitsch . 2136
Kammer . 331, 373, 1678
Kaminskaja .... 2809
Kamssarkan . 2424
Kanavel . 1852
Ivanngiesser Fr.-Braun-
fels .
Kanngiesser F.-Neu-
cbätel . . 680, 762,
Kantorowicz . . 624,
Kapelusz . 2918
Kaplan . 1288
Kaposi . 2069
Käppis . 2008
Kapsenberg . . 481, 1216
Karczag . 257
Kardamatis . 1789
Karelin . 2810
2551
1393
1938
Karewski .
Karl . - .
Karlsson .
Karo . 949,
Karplus . , .
Karrillon
2706
828
1169
1613
1682
143
Kasahara . 2804
Kasashima
372
K o q »■» p r
2637
tvaanel
#
. . . .
208
Kassnitz
, ,
• .
. 1572
Kassowitz
K
-Berlin
. 791
Kassowitz
M.
- Wien
. 316.
603, 713, 2012,2013, 2072,
2373
Kastan 261, 1565, 2864
von de Kastelle . . . 883
Kato . • . 714
Katsch-Berlin . . . 786
Katsch G.- Altona 769, 770,
832, 2008
Katsch S. -Altona . . 1566
Kätscher . 1 395
Katz- Wien . 2365
Katz Gg.- Berlin . . . 994
Katz J. B.-Holland . . 717
Kermauner .... 1045
Kern . 599
Kern H.-Berlin . . . 2748
Kern H -Zürich . . . 1951
v. Kern T.-Pest . . • 2476
Kerr W. M . 19_57
KerrM.-Glasgow 1967, 2079,
2080
Kerschensteiner 87, 199,
710, 768, 1783, 2007,2850
Kesseldorfer ... 2374
Kessler .... 346, 1324
Kettle . 940
Keuper . 1046
Key .... • 1343
v. Khautz 675, 900, 1012
1396
.... 1338
.... 1788
• . 949
1508, 2475, 2534
_ 1165
Kirchbach . 1507
Kirchberg Fr. - Berlin 1653,
2531, 2802
Kirchberg P. -Frankfurt 884
Kirchenberger .... 1732
Kirehenstein 825, 995, 1620,
2353
Kirchheim 316, 674, 1113,
2137, 2915
Kirchhoff . 1160
Kirchner K.-Würzburg 1934
Kirchner M.-Berlin 95, 1907
Kirmisson . . . 844, 1860
Kirsch . 2365
Kirschbaum ..... 939
Kirschner 1106, 2068, 2123,
2748
Kirste . • 2867
Kirstein . . . 1122, 1560
Kisch-Marienbad . . . 949
Kisch E.-Berlin . . . 352
Kitasato . 2356
Kittsteiner . 1165
Kiutsi . . . 146, 314, 655
Klages . . ... 2432
Klapp 153, 793, 945, 1058
1292
Klar . 732, 1123
Klare . 1566, 2590
Klauhammer .... 785
Klause . 2248
Klauser . .... 993
Klausner E.-Prag 62, 107, 149
430, 1399
Klaussner-München . 932
de Kleijn . 2566
Klein A.-Pest .... 2357
Klein A.-Prag .... 2693
v. Klein C. TJ.-Graudenz 826
Klein G.-München 905, 1163,
2082, 2803, 2865
Klein H.-Holsterhausenl396,
1952
Klein H. A. -Chicago . 1690
Klein H. V.-Wien . • 2541
Klein J.-Strassburg . 2297
Klein S.-Wien .... 2806
Klein St. -Warschau 603, 2642
Kleine 94, 1165, 1341, 2690
K.leinschmidtG.-Leipzig 1559
Kleinschmidt H. -Mar¬
burg 1045, 1577, 2356, ' 689
Kleinschmidt P.-Berlin 1929
Kleissel E.-Wien . . . 253r
Seite )
Klieneberger O. -Königs¬
berg . 429, 2012 I
Kligermann .... 92
Klimenko 997, 1286, 1618, j
2804
Klimmer . 424 |
Kline . 2590
Kling ... . 149, 542
Klinger . 1451, 1813, 2916
Klinkert . 1046
Kliucznikowa .... 1622
Klocman . 1842
Klokow . 2194
Kloninger . 2419
Klopfer A.-Rostock . . 37
Klopfer E.- St. Peters¬
burg . 1503
Klopätock . 1561
Klose E. -Breslau 2373, 2689
Klose H.-Frankfurt 781, 2545
Klotz- Lewenberg (Schwerin)
980, 2804
Klotz R. Tiibingen 948, 1704,
1863, 1908, 2096
Kluge . 329
Klumker . 1895
Klunker . 1025
Knaffl-Lenz 938, 1046,
1844
823,
>795
203,
2320
2301
Kidd .
Kidoze
2ö94
2753
Kleissel R.-Wien . . . 662
Kleist . . . 325, 714, 1011
Klemens . • 2652
Klemm .... 1338, 2533
Klemperer F.-Berlin . 1696
Klemperer G.-Berlin . 1054
Klestadt .... 1569, 2070
Klewitz . 2800
Klien . • • 2089
Klieneberger K. -Zittau 41
1282, 1559
v.
1341, 2475
Knape . 1162
Knapp . 1453
Knauth . . . . • 1342
Knepper . 376, 2646, 2698
Kniaskoff . 429
Knick . 775, 1569
Knierim . 1844
Knoch . . . 2804
Knöpfelmacher . 2374, 2869
Knoll . 880
Knowlton . 887
Kobler . 2749
Koch R . 32, 2912
Koch C.-Giessen 993, 1615
Koch Fr.-Berlin 1467, 1516
Koch H -Chicago . . . 2804
Koch H.-Wien 219, 431, 2652
Koch J. -Berlin . 1164, 2420
Koch J. A. -Holland . 2141
Koch K.-Berlin . . . 714
Koch Rich.-Frankfurt 1798,
2418, 2611
Kocher A.-Bern . . 90, 431
Kocher Th.-Bern . 40, 1284
Kochmann 770, 2129, 2301,
2589
de Kock . 2141
Kockel ....... 1281
Kodama .... 601, 1164
Koebbel . 2301
Koebner 1215, 1275, 1329,
1632
Köhler-Frankfurt . . . 2651
Köhler A -Berlin . . . 2070
Köhler A.-Wiesbaden 1390,
1787, 2296
Köhler F.-Holsterhausen 32,
257, 1952, 2192
Köhler M.-Leipzig . . 2199
Köhler R.-Wien 485, 2010,
2014
Köhne . 1338
Kölle . 24
Kölliker . 732
Koelsch 310, 1391, 1446, 1895,
2415
Könen .... 2645, 2697
König S. . 143
König Fr.-Marburg 162, 215
616, 946, 1 136, 1339, 1677
König H.-Kiel .... 1520
König R.-Jena .... 39
Königer 380, 503, 1003, 1011
Königsfeld . 2917
Königstein .... 51, 1299
Koeppe .... 315, 1279
Körbl . 1786, 2195
Körner . 1390
Körte 153, 1292, 1458,1737,
1906
Seite
Köster . 2747
Kofi er . 901
Kofmann . 781
Koga . 936
Kogan . 66: )
Köhler J . 1274
Köhler R. -Berlin . . . 2851
Kohlhaas . . 543
Kohlrausch . 2247
Kohlschütter . . . . 1378
Ivohn J. -Frankfurt . 1205
Kohn S. -Berlin . . . 2301
Kohnstamm . 1511
Koks . 1507
Kolaczek . . . 1747
Kolb K -München 598,
879, 1908, 1909, 2353, »
Kolb K.- Heidelberg .
1642, 2400
Kolb O.- Tutzing . .
Kolb R. -Marienbad
Kolde . . . 993, 1678, 2803
Kolinski . 826
Kolisch . 2308
Kolischer . 788
Kollarits . 1952
Kolle 479, 1046, 2637 2917
Kollert . 42
Kolschewski ..... 1908
Komarowsky . . • 2810
Kondring . 661, 771, 2638
Konjetzny 1900, 2588, 2758
Konikow . 2422
Konoplew . 1287
Konrich . 483
Konried . 207
v. Konschegg 206, 937, 2011
Koplik . 2021
Kopytko . 1623
Koralewski . 2251
v. Koranyi M.-Wien . 26, >
v. Koränyi A.-Pest . . 1561
Korelkin . 996
Korff-Petersen .... 2690
Korn . . 2687
Kornew .... 1447, 1677
Korschelt . . . 200, 1725
Kosminski . 122 >
Kossel . 2917
Kossow . 2473
Kostenbader . 2691
Kothny . 281 9
Kotowschtschikow . . 1949
Kottmann . 36
Kotzenberg 325, 671, 1573
Kowanitz . 97
Kowarsky . 2013
Kowler . 431
Kozlik . 2433
Kozlowski . 1563
Kraaz . 1673
Krabbel H.- Aachen . 2123
Krabbel M.-Bonn 370, 1899
Krämer ....... 1456
Krafft-Ebing . 366
Kraft H.-WeisserHirsch 2297
Kraft J.-Nürnberg . . 1178
Krall . 382, 1970
Kraner . 41
Kranz . - • • 145
Krasnogorski 1842, 2011,
2419, 2689
Krasser . 603
Kraszewski . 1399
Kratter . 1837
Kraus E.-Brünn . . 2370
Kraus E.-Prag "315, £[1299,
1576, 1788, 2818, 2868
Kraus E. -Remscheid . 1045
Kraus Fr.-Berlin 731,1180,
1445, 1576, 1696, 1961,
2352,2543,2589,2705, 2854
Kraus F.-Nürnberg'1629, 1 972
Kraus Fr.-Prag .... °9Kß
Kraus J.-Nürnberg; . *
Kraus H. -Pernitz . .
Kraus R. -Wien 546,
1342
Krause Jena . 778
2356
1298
2806
1167,
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XXIII
Seite
Krause F.-Berlin 90, 163, 164,
540, 1006, 1576, 2705
Krause P. - Berlin 773, 833
Krause P.-Bonn 1109, 1389,
1844
Krauss H. - Tübingen 1395,
1520
Krauss W.-Marburg . . 1513
Krebs . 258, 1620
Krecke 541, 572, 1214. 1274,
1501,' "1613, 1684, 2091
Kredel . . 317
Kreglinger . 429
Krehl L.-Heidelberg 492, 943,
1844, 2351
Krchl P.-Kiew .... 2419
Krebl en . 370
Kreibich ... 715, 2806
Kreide . 2469
Kreisch . 1263
Kreiss . 1290, 1435, 2915
Kren . 264, 1469
Kretschmann .... 1232
Kretschmer H. L. -Chi¬
cago . 2591
Kretschmer M. - Strass¬
burg 1219, 1448, 2193
Kreucker . 1790
Kreuter . 1161, 2638, 2736
Kreuzfuchs 582, 1160, 2200,
2364, 2370, 2536
Kriegel . 711
Krienitz . 1451
Krinski . 1404
v. Kries . 2469
Krische . 428
Kriser . 1071
Kriwski . 1728
Kröger . 1176
Krömer 1290, 1348, 1455, 2082
Kröner F. A. W.- Hol¬
land . 717
Kröner M -Rostock . . 1951
Krönig 337, 428, 653, 933,
1345, 1403, 1507, 1797,
2081
Krogh . 551
Kroh ..... 543, 2863
Krohne . 1680
Kroiss ..... . 2596
Krokiewicz . . 1682, 2590
Kr61 . 1679, 1712
Kroll . 2423
Krolunitzky . . • . . 549
Krompecher . . 1845, 2534
Krön . f 2428
Kronberger . 2067
Krone . 947
Kronenfels . l 2590
Kronfeld . 493
Kronheimer . 334
Kropeit . 213
Kroph . 1124
Kropiwnicki . 2303
Krosz . 2587
Krotkow . 2808
Krückmann . 710
Krüger-Dresden . . . 1517
Krüger- Weimar . . . 258
Krüger E. -Berlin . . . 209
Krüger-Franke .... 205
Krug . 771
Kruken berg . 2112
Krusius . 1397, 1512, 1566
Kruspe .... 1398, 2066
v. Kryger . 325
Krymon . 1787
Kuchenbauer .... 2584
Kuczerenko . 996
Kudoh . 2020
Küchenhoff . 2817
Kühl . 959, 1902
Kühler . 1693
Kühn . 1044
Kühnelt . 42
Külbs-Kiel . 201
Külbs F. -Berlin . . . 1674
Külz . 1400, 1521
Kümmel . 1571
Seite
Kümmell H. -Hamburg 325,
896, 933, 1007, 1573, 1789,
2366, 2367, 2755
Kümmell R.-Er)angen 380,
718, 1514
Kuenen .... 1344, 1399
Ktinne .... 428, 2587
Küpferle . . . 949, 1952
Küppers . 1511
Kürsteiner ... . 2806
Kürt . 264
Küss . 1043
Küster E.-Berlin . . 1952
Küster E.-Freiburg 94, 1335
Küster H.-Breslau 241, 1617,
2745
Küstner .... 1456, 2010
Küttner 96, 202, 660, 890,
1006, 1342, 1444, 1786,
2069, 2209
Kufajeff . 1617
Kuhfahl . 1275
Kühl . 1341
Kuhn . 1956
Kuhn E . 2134
Kuhn F.-Berlin 369, 948
Kuhn Fr.-Schöneberg 482,
599, 647, 1162, 1166,
1277
Kuhn H. -Halle .... 2133
Kukowerow . 1623
Kukula . . ... 1732
Kulenkampff 207, 1107,1339,
1447
Kulka . 1225
Kumagai . 1784
Kumaris . 2915
Kunow . 2690
Kuntze . 772
Kunz . 314
Kupferberg . . 1351. 1575
Kurd .... . . 991, 992
Kurtzhalss . 2588
Kuru . 94
Kurzrock . 2204
Kusama . 1280
Kusunoki . 1788
Kuthy . . ... 1396
v. Kutscha 1110, 1412, 2252
Kutscher . 827
v. Kutschera A.-Inns-
bruck . . 393, 899, 2375
Kutschera v. Aichbergen 603
Kutschewsky
Kuwasoye . .
Kuzmik . . .
Kyaw . . .
Kyritz . . .
Kyrie . . .
483
883
1277
53
1956
2536, 2642
L.
Laacbe . 1446
Laaser . 49
Labanowsi . 2551
Labbd H . 547
Labbd M.-Paris 220, 779,
2077
Lackmann 49, 2545, 2755
Lade . 885, 2191
Ladin ski . 2592
Läwen . 1339, 1559
Laegnel-Lavastine . . 2241
Lagana . 2750
Lallement . 1015
Lamberg . 1275
Lambert . 600
Lambling . 164
Lameris . 204
Lammers . 1913
Lampd E. -Frankfurt . 935
Lampd A. E.-Halle München
1423, 1533 2112, 2137,
2191, 2245, 2831
Landa . 1287
Landau B.- Wandlitz . 1635,
1637
Landau M. -Freiburg 430, 715
Seite
Landau W.-Wien . . 2477
Länderer . 2066
Landois . 1444
Landolt ... . . 2357
Landouzy . 277, 893, 2064
Landgraf . 2301
Landsberg . 655
Landsberg-Lennep . . 2199
Landsberg E.-Halle . 1291,
1504
Landwehr . . . 1240, 2087
Lane . 941, 1735
Lanel ... • . . . . 220
Lang I.-Prag . 938
Lang W.-Prag .... 1396
v. Lang K.-Pest . 1278
Langaard 1560, 2535, 2916
Langbein . 22, 96
Lange E. -Leipzig . . 313
Lange Fr - München . 132,
256, 309, 733. 1782, 2353,
2414, 2471, 2850
Lange .T. - Magdeburg . 2010
Lange L. - Berlin . . . 2640
de Lange S. J. ... 2128
de Lange C. - Amster¬
dam 715, 716, 2136, 2140
Langemak . 309
Langendorff . 2469
Langer E. -Wien . . 546
Langer H. -Berlin . . 481
Langer H. -Freiburg . 2194
Langer J. - Graz . . . 2299
Langes . . . 205, 937, 1740
Langstein 790, 1468, 1505,
2199, 2371, 2594
Langwill . 1956
Lannois
Lanz .
Lapage
Lapeyre
Lapin sky
266
717
1955
2539
1564, 2422
Laquer B - Wiesbaden 1225,
1395, 1443
Laquer Fr. - Frankfurt 269,
1336, 1449
Laqueur A.- Berlin 950, 2297
Laqueur W. - Berlin 950
Larass . 2855
Larguier des Bancels 87
Laroche . 277
Lassen . . 550
Latis Bey ...... 2019
Lattes .... 600, 2130
Latzko .... 2195, 2370
Laub . 1399
Laubenheimer . . . 314
Lauber . . . 446, 2639
Lauenstein 49, 671, 712, 1447
Lauffs . 2642
Laurent . 2869
Lauro witsch . . 774, 1568
Lautenschläger . . . 2589
Lautmann 1793
Laven ant . 277
Laveran . 1949
Lawatschek . 149
Lawrow . 658
Lay . . 1850
Lazar . 2374, 2418
Lazarus . 1298, 1731, 2815,
2914, 2920
Lebedew . . . 205, 2807
Lebedewa ...... 2424
Leber A. - Göttingen . 1344,
1401, 1514
Leber Th. - Heidelberg 1512
Lebreton . 1043
Lecene . 1043
Lecha-Marzo . . 1904, 2478
Lecher . 1043
Leclainche . 1526 '
Leclercq . 1103
Ledderhose . . 2365, 2646
Lederer 484, 662, 713, 1279,
2011, 2071, 2307, 2371
Ledermann P.-Breslau 1732
Ledermann R. - Berlin 2067,
2816
Seite
Ledingham . 1736
Ledoux-Lebard . . . 2262
Leduc . 1214
de Lee .... 1967, 2079
Leede . 1446, 1678
Leemhuis . . . 2471, 2472
de Leenu . —717
Leers . 1837
van Leersum . . .36, 2139
Legeiko . 2810
Legrain . 1957
Legneu E. -Paris . 2193
Legueu F. - Paris 933, 934
Lehle . 8ß0
Lehmann - Dresden 1691,
1692
v. Lehmann A. -Kasan 1903
Lehmann Fr. -Berlin 259, 993
Lehmann K. B. - Würz¬
burg 32, 281, 316, 367,
479. 541, 601, 1220, 1393,
1859, 2416
Lehndorff . . . 2762, 2817
Lehnert . 315
Lehrnbecher
Leibecke . . .
Leibsohn . . .
Leichtweiss . .
Leimdörfer . .
Leitner ....
Lembcke . . .
Lemon ....
Lenard ....
Lenel .
Lengnick . . .
Lenhartz . .
Lenk R. -Wieden
Lenk R.-Wien .
Lennö ....
Lennhoff . . .
Lenormant . .
Leontowitsch .
Lentz .
Lenz G. -Breslau
Lenz J.-Prag . .
Lenzmann 335,
. . 2640
. . 2137
. . 1623
. . 1785
. . 1675
. 2249
1456, 2007
. 1733
. . 2364
260, 2437
. . 2405
. . 1723
. . 1105
1031, 2048
. . 2475
. . 1692
, . 1860
. . 2129
. . 2917
. 1512
. 2474
1464, 1613
Leo A. -Magdeburg 104, 616
Leo H.-Bonn .... 2397
Leonhard .... 87, 2586
Leontowitsch .... 2243
Leotta . 1168
Lepage G . 2539
Lepage-Paris . 2079
Lepine . 714, 2538
Lepsius . 1220
881
. . 2135, 2746
1526, 2028, 2093,
Lerch
Lerda
Leredde
2686
Laiche . . 204, 712, 1277
Leroux . 1047
Lerk .... • . . 1956
Leschke E -Berlin 943,’ 1458,
2134, 2627
Leschke E.-Hamburg . 1614
Leschly . 2016
Leslie . 2078
Leshnew . 2423
Lesne . 277
Less . 1900
Lesser E. J.-Mannheim 341
Lesser Fr.-Berlin . . . 2535
Lessing . 1895
Letsche ....... 2189
Letulle . 1916
Leubuscher . 661
Leuenberger .... 90
Leusser . . . .... 754
Leva-Tarasp . . . . 834
Leva J.-Strassburg 1512, 2386
Levaditi . 2539
Ldvai . 376
Seite
Levison . 1224
Levit . 265, 1794
Levy E.-Essen . . 93, 385
Lew E. -Strassberg 41, 1166,
2801
Levy L.-Metz . . 1846, 1849
Levy R.-Breslau . . 96. 314
Levy-Bing . • . . . 679
Levy-Dorn . 778, 2012, 2589
Lewandowski A.-Berlin 2261
Lewandowsky K. . . 2294
Lewandowsky F.-Ham-
burg . 201
Lewandowsky M.-Berlin2428
Lewenhagen . 1727
Lewi
Lewin
Lewin
Lewin
Lewin
1576,
A. -Breslau . .
C. -Berlin . .
J.-Berlin
L.-Berlin 312,
1895, 2416
621
2806
715
2300
1529,
Levi-Paris . .
Levi E.-Wien .
Levi-Della Vida
Levin .
Levi oger . .
Levinsohn . .
Levinstein . .
265,
3/ (
1 790
2590
41
1604
1512
2360
Lewin T. H.-London . 2644
Lewinski J. -Düsseldorf 2784
LewiDski J.-Stettin . . 601
Lewinsohn 923, 947, 1619
Lewis F. C . 1393
Lewis Th. -Engl and 940, 1734,
2312
Letvy F. H.-Berlin . . 2427
Lewy J.-Freiburg 716, 1263
Levy M.-Berlin . . . 1342
Levy W.-Berlin . . 1044
Lexer E.-Jena 494, 612, 613,
1687, 1688, 1855, 2059,
2203, 2701
Lexer K. -München . 1684
Ley . 2255
Leyboff . 1952
Leys . 1957
Leysmann . 1394
Libensky . 1674
Liberow .... 2422, 2423
Libmann . 2077
Libotte . 950
Lichatschow . . 998, 2424
v. Lichtenberg . . . 933
Lichtenhahn .... 2536
Lichtenstein F. -Leipzig 1348,
1427, 1677, 1800, 2638
Lichtenstein R.-Halle . 2314
Lichtenstein L Pistyan 2369
Lichtenstein M.-Wies-
baden . 369
Lichtenstern . . 2365, 2705
Lichtwitz . . . 1109, 1898
Licini . 203
Liddell . 887
Liebe 424, 540, 823, 1274,
1446, 1895, 2198, 2354
Liebeck . 1729
Lieben . 98
Lieber . 1413
v. Liebermann . . . 2243
Liebere . 1729
Lieberthal . 218
Liebich ...... 993
Liebrecht . 1453
Liebl . 2355
Liedke . 1341
Liefmann E.-Strassburg 771
Liefmann H.-Berlin 1417,
1614, 2072
Liegner . 1951
Lidnaux . 98
Liepmann 372, 598, 1279,
1383, 2193
Lier 42, 662, 1413, 2641,
2642, 2749
Lieven . 713
Liewellyn . 1013
Liffran . 1401
Lifsehitz M. -Charkow 1295,
2078, 2853
Lifscb ütz J. -Königsberg 1 549,
2346
Lilienstein . . . 948, 2429
Lilienthal . 1507
Liljestrand .... 2008
Lillingstone . 941
XXIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Linck . 200, 1725
Lindemann A. -Essen . 543
Lindemann A.-Jena . 378
LindemannE. A.-Berlin 2916
Lindemann G.- Han¬
nover . 2297 I
Lindemann L.-München 90, i
1444, 1558
Lindemann W.-Halle 236,
1291,2535,2745,2779
Lindenberg . . . .90
Lindig . 288, 326, 654, 702
Lindner .... 203, 2753
Lindsay . 604
Lindström . 1047
Lindt . 2807
Lingel . 1 267
v. Lingen . . . 1448, 1788
Einiger . 2697
Link . 775
Linkenfeld . 2297
Linossier . 947
Linser .... 1411, 1520
Linzenmeyer 145, 428, 1563
Lion . 255
Lipliawsky . 1673
Lipp . 1932
Lippich . 620
Lippmann . 2201
Lippmann-Berlin 1681, 1784
Lippmann A.-Hamburg 619,
1106, 1351, 1405, 1673,
1784, 1848, 2201
v. Lippmann R. -Halle 490,
1799
Lippschütz . 1124
Lipwkerow . 1286
Lipowetzky . 1216
Lischkiewitsch .... 2069
Lissmann 541,542,933, 1221,
2428
Litinsky . 997
Litzner . 2452
Ljnngdahl . 1783
Li vingston . 789
Llopart . 367
Lohenhoffer 1007, 1106, 1683,
1726, 2744
Lochte . . 370, 1281,
Lockemann . . .
Lockner ....
Loeb Fr.-München
Loeb H.-Mantiheim
Loeb L -Chicago .
Loeb O.-Göttingen
Loeb S.- Ahrweiler
Loeb S.-Stuttgart
Löeffler F.-Greifswald
Berlin . . 1283, 2916
Löffler W -Basel . . . 2 1 31
Löhlein M -Kamerun . 1956
Löhlein W -Greifswald 1336
1513, 1514
Löhnberg . 2010
Loele . 1729
Loeuing . 838
Lönnberg . 2356
Loeper . 164
Loeschke . . . 2378, 2379
Lövegreen . 2193
Loevenhart . 2591
Loevy ....... 994
Loew .- 1506, 1730, 2676
Loewe O.-Frankfurt 1320,
2144
Loewe S.-Göttingen . 660
Löwenheim ... . 2502
Löwenstein-Prag 1513, 1523
Löwenstein-Dresden . 1339
Löwenstein E.-Wien 661,
1124, 1447
Löwenstein S.-Frank-
furt . 2645
Löwenthal . 429
Loewi . 206, 690
Löwit A.-Wien . . . 901
Loewit M.-lnnsbruck 1845,
2853
Löwv- Reichenberg . . 2693
Seite
992, 2429
1337, 1674
445
51
2757
83
146, 2802
327,
Loewy A.-Berlin
Löwy J.-Prag .
Lfiwy P.-Wien ....
Löwy R.-Wien ....
Lohfeldt . . . 670,
Lohmann A.-Kassel .
Lohmann A.-München 1949,
2190
Lohmann W.-München 541
Lohrisch
Lomer .
Lommel .
Lomnitz .
London .
Long . .
Lnngard .
Longmead
Longo
Lonhard .
Loofs . .
Loos . 442
Loose-Bremen .... 778
Loose O.-Berlin . . . 773
Looser ....... 1842
Looss . 1045
LorentzFr H.-Schömbg 1561
Lorentz Stettin .1110
714,
1565
881,
1687
326,
1640
2130
957
1676
2694
2750
2301
2638
Seite
M.
v.
886,
732, 733,
1282
2917
1969
86
264
1851
2194
2138
207
Lorenz A.-Wien 1343,2368,
2918
Lorenz FI. -Wien
781, 901
Lorenz H. E.-Breslau . 2009
Lorey . ... 833, 1397
Loris-Melikoff .... 958
Lotheisen 1299, 1469, 2366,
2868
Lotmar . . .... 2917
Lotsch 773,1058,1397,2301,
2641
Louis . • . 277
Lovell . 941
Low . 2023
Lubarsch . . . 375, 2534
Lube .
Lubenau .
Lubinus .
Luboscb .
Luc .
Lucas H.-Trier . 264,
Lucas W. P.-Chicago .
Lucas - Championniöre 1905
Luee G -Freiburg . . , . 145
Luee H.-Hamburg . . 2485
Lucien . 2064
Lucksch . 1468, 2549, 2925
Luczewsky . 1622
Ludloff . 732
Liibke . 827
l.üders . . .41, 317, 775
Lüdin . 1507
Lüdke H. -Würzburg 36, 199,
1056, 1629
Lüdke H.-Pest .... 1216
1619
378
1327
1859
34
1615
1851
939
1968
308
2024
1221
Lüken . . .
Lüthje . . .
Lüttge . . .
Luff . . .
Luger A.-Berlin
. . . 614
. 1053
2427, 2435
. . . 1968
. . . 2585
Luger A.-Wien 331, 431, 485,
1452
Luig . 1393
Luithlen 995, 1343, 1950,2590
Lukis . 2644
Luksch .... 1181, 1284
Lumpe . 40
Lunckenbein . . . .1931
Lundborg . 710
Lundsgaard . 2418
Lurje N.-Lewin . . . 1284
Lurje R -St Petersburg 2422
Lust 206, 260, 937, 1340, 1482
Lu>tig
Lutz R -Berlin . ,
Lutz R.-München
Lutz W. -Basel
Luxembourg
Luys . . .
Lydston . .
Lyons . .
2246,
277,
2365
428
315
2854
2759
278
541
940
Maag C.-Spanien . . . 2477
MaagW. -München 1182, 2550
Maas H.-Berhn . 781, 885
Maass C -Berlin . . . 1220
Maass S Leipzig . . . 1564
Maass Th. A.-Berlin 257,387
Macalister . 604
Maccabruni . 1259
Mac Callum . 543
Mc Cann . 887
Mc Carrison . 1953
Mc Crae . 485
Mc Crudden . 1275
Mc Donagh . 52
Mc Gavin . . . 843, 2642
Mc Gowan . . 887, 1956
Mc Guire . . . 486, 1732
Mache . 948
Machwitz . 2853
Mc Ilroy . . . 1969, 2022
Mc Intosh ... . 1954
viackenrodt . . 709, 2297
Ma< kenzie H. -London 677,
2696
Mackenzie J.- Glasgow
1948, 2312
Mackenzie- Wallis . .
Mac Kinnon .
Mc LeF an .
Mac Leod .
Mc Nee .
Mc Neil A . 486
Mc Neil Ch . 604
M’Nell . 1956
Maczavariani .... 2807
Mader . 956
Madden . . 603, 604, 2695
Madlener . 1787
Madrakowski . . . 832
Maere . 2255
Magen . 1636, 1692, 1693
Magnan . 958
Magnus F. -Dresden . . 1684
Magnus G.-Marburg 162, 202,
406, 827, 960, 1122
Magnus R.-Utrechtl847,2566
Magnus-Alsleben . . 1001
Magnus-Levy . . . 2650
Magnusson . 1161
Mahlo . 1337
Maier G.-Rnstock . . 2013
Maier H.W.-Burghölzli 480
Maier L.-München . . 636
Maikow . 999
Maingot . 933
Mainzer J.-München . 1302
Mainzer J. -Nürnberg 334,
496, 2316, 2597
Major . 2136
Matr . 1955
Makenzie . 605
Makins . 1968
Makkas . 2123
Malade . 2743
Maldecott . 2696
Malinowsky . 1288
Malliwa . 263
Ma'.y-Prag . 1619
MalyG W.-Reichenbergl279
M amlock . 880
Mamulianz .. .. 1286
Manasse P. -Berlin . . 1950
Manasse P.-Strassburg 1448
Mancini . . .
Mandelbaum
Mandel . . .
Mandoul . . .
Manefeld . .
Mangelsdorf .
Manges . . .
Vlangold
Manicatide .
Mankiewicz .
Mann F.-Hildesheim .
Mann G.-England . .
Mann L -Breslau 131,
951, 2245
Seite
Mann Th.-Freiburg . . 474
Mannaberg . 1047
Mannheimer G. . . 1619
Mannheimer Gommes 2255
Mannich . 902, 2471, 2472
Manoiloff . . . 430, 997
Manoukhine . 548
Mansfeld 1349, 1456, 1957
Manteuffel .... 2533
v.
220,
1027,
828
1195
1849
1790
1275
311
1223
2855
1505
2434
1636
940
935,
Manz . 931
Maragliano . 165
Maranön . 1224
de Marbaix . 2646
Marburg . 1069
Marcantoni . 487
MarchandF.-Heidelbergll64,
1276, 1337, 2475, 2860 _
Marchand F. J. -Leipzig 1743
Marchiafava . 1952
Marchoux . 1048
Maroinowski . 424
Marco vic . 2201
Marcovici . 2246
Marcus . 375
Marcuse . 27, 199
Marek R . 603
Marek J.-Pest .... 2471
Maresch M.-Wien . . 1508
Maresch R.-Wien . . 189
Marfan . 2300
M arggraf . . . 1109, 1221
Margolis . 265
Margulies-Prag .... 1523
Margulies M.-St. Peters¬
burg . . 663, 884
Margulis M. S.-Moskau 147,
2588
Mariani . 2586
Marie A . 2539
Marie P. L.-Paris 498, 677
Mariman . 1619
Marimön . 1224
Marinesco . . . 935, 2252
Marion .... 934, 2133
Markelow . 2808
Markl .... 1731, 2302
Markovici . 1675
Markowitsch .... 2699
Markus N. -Breslau . . 994
Markus O.-Frankfurt . 1449
Markwald . 894
Marmann . 1506
Marotta . 318
Marquis . 2538
Marschick 98, 730, 901, 1413,
2252, 2375, 2763
Marsh . • . 1908
Martens . 1737
Martin A. M.-England 939
Mart'n E. -Berlin 366, 2646
Martin L.-Paris . .
Martin W. -Berlin
Martinez . ...
Martini E. -Wilhelms¬
haven ...
Martini E. -Turin . .
Martinotti . 1788
Martins H.-Bonn . . 2476
Martius K. -Frankfurt 428,
1450
Märtz . 43
Maruyama . 1731
Marx-Berlin . 2310
Marx A. V -Frankfurt 1229
Marx H. -Heidelberg . 1563,
1568, 1570
Marx-Prag . 2926
Marzinowsky .... 94
Mas y Magro . 1224, 1903,
2477, 2478
Masing . 2189
| Massalongo . 2750
v. Massari . 2590
Massini . 2460
Matapau . 1908
Matas R.-New Orleans 2018
Matas R. -Philadelphia 2592
Mateescu . 2303
Mathes . 2406
Seite
Mathey . 882
Mathies . 1901
Mathieu . 2241, 2539, 2653
Matko . 1630
Matsuoka . 1339
Matthiae . 2246
Matthes . . 215, 617, 1001
Mattison ..... 1108
Matzenauer . . 661, 2749
Mau . 1398
Maucaire . . . 1501, 1907
Maurel ........ 312
Maurer . 724
Mauriac . 655
2374
2418
2583
604
1502
Mautner-Wien . .
Mautner Fr - Berlin
May F. -München
May O. -England .
May W.-Kiel . .
Maybaum . 1618
Mayen . 2538
Mayer M . 1401
Mayer A. -Franken
hausen (Kyffh.) . . 301
Mayer A -Tübingen 372, 774,
1849.1411,1479,1729,1900,
1972, 2136, 2306
Mayer A.-Berlin 2013, 2748
Mayer G.- München 309, 485
Mayer I^.-Brüssel 98, 1906
Mayer M.-Brasilien . 1400
Mayer M.-Hamburg . 739
Mayer M -Simmern 376, 2697
Mayer O.-Wien 2548, 2818,
2855
Mayer W. -Fürth . . . 1721
Maver W. -Tübingen . 2044,
2906
Maverhofer E.-Wien . 675,
1180,1300,1525. 1678,2247
Mayerhofer J. -Deggen¬
dorf . 1170
v. Mayersbach . 781, 2068
1070
431
2477
2013
1048
v'ayesima . 91, 200, 1277
Mayo C. FI . 2592
MayoW. J 486, 1851,2-92
Mayo-Robson .... 2250
Mayr .... • • . 2128
Mayrhofer 991, 1682, 2353
Mecklenburg Adolf Fr.
Herzog von .... 541
Meder .... 1633, 2697
Medigreceanu . 1049, 1792
Medin .... 2300, 2434
Meek . 1953
Mees R.-Heidelberg . . 372
Mees R.-Mainz .... 1200
Megaw . 940
Megele . 95
Mehler .... 748, 1041
Mehlhorn . 2589
.Mehliss . 827
Meidner . 1674
Meier H. -München . . 2188
Meier J.-München . . 1631
Mejer-Leipzig .... 1693
Meinertz . 35
Meinhold . . . 1460, 2012
Meirowsky 1870, 2042. 2783
Meisel . 2763
Meissner . 1898
Meixner . 2310
Melchior E.-Breslau 263,2070,
2356
Melchior L.-Kopen-
hagen .... 1785,
Meldola . .
Meldon . .
Melkich . .
Meller . .
Melther . .
Menard . .
Menciere .
Mendel . .
Mendelssohn
Mendes de Leon
Mendl . .
Menge 653, 654, 1560, 2025,
2414
43,
548,
2428,
2245
620
677
1284
1051
1783
2076
1049
2645
998
2804
318
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XXV
Seite
Menier .... 266, 2360
Menne . 2185
Mense . 2241
Menzer 1952, 2C02, 2069, 2747
Menzerath . 2255
Merian . 90
Merkel Fr.-Nürnberg . 1782
Merkel H -Erlangen 268, 657,
1837, 2310
Merkel K.-Halle . . . 1045
Merkel S. -Nürnberg . 1044
Merckens A.-Köln . . 971
Merkens W.-Oldenburg 1507,
2641
Merkurjew . 996
Merrem . 885
Mertens-Hamburg-
Eppendorf .... 2747
Mertens G.- Bremen . 2355
Mertens V. E. -Zabrze . 2792
Merzbacher . 714
Mesernitzky . . 894, 1565
Meseth . 2(05
Mesnil . 1949
Messerschmidt .... 40
Mettam . 1070
v. Mettenheimer . . . 2084
Metzener . 1674
Metzlar . 2746
Metzner . 2469
Meyer E . 1220
Meyer L . 1619
Meyer-Frankfurt . . . 1448
Meyer A. -Berlin . . . 829
Meyer A. -Tübingen . . 1348
Meyer A. W -Heidelberg 204,
768, 2367, 2925
Meyer C.-Berlin . . . 600
Meyer E. -Strassburg . 1846
Meyer F.-Kissingen 948, 1166
Meyer F.-Berlin . . . 2190
Meyer Gg -Berlin 1907, 1909
Meyer H. H - Wien 942, 2250
Meyer H.-Kiel . 1404,
2804
Meyer H. Leipzig . . .
1676
Meyer K. -Stettin . 38,
2801
Meyer L. - Kopenhagen 550,
993
Mover L. F -Berlin 994, 1009,
1043, 1505
Meyer 0. B -Würzburg
2428
Meyer O.- Berlin 546,
1468
Meyer R. -Berlin 40, 205, 1677
Meyer R.- Berlin . . .
2297
Meyer R.-Genf . . .
2247
Meyer St.-Wien . . .
894
Meyer W. R. -Charkow
600
Meyer W -Hagen . . .
1549
Meyer W.-Heidelberg 1107,
1217
Meyer W. -Muskau . .
1847
Meyer W.-New-York .
544,
1217, (316.
v. Mever F .
2850
Meyer Betz .
479
Meyer-Htnlimann . .
2917
Meyer-Rüegg . . . .
602
Meyer-Steineg . . . .
Meyerstein .
374
Michaelis . . . 2429,
2619
Michael8en .
1293
Michail ow .
1565
Michaud .
2917
Michejda .
714
Michel .
991
Mich eisen .
1777
Michelsson .
2070,
2533
Miescher .
1284
Mthail .
42
v. Mihalkowics . . .
1788
Mikkelsen .
Milani .
487
Mildbraed .
541
Milian 332, 334, 1013,
1070,
2028
Milkowicz .
999
Miller J. R.-Wien . -
2307
Miller J.W.- Heidelberg 1109
Seite
Miller M. -Bayreuth . 1163
Milligan . .
. . 1953, 2024
Mills . . . .
.... 2643
Milne . . .
. 1106
Milner . . .
. 271
Miloslavich .
. 1679
Minakuchi
.... 1951
Minervini . .
. 1907
Mingazzini .
. . 1449,2479
Minkow’ski
. 834
Mintz . . .
.... 1107
Minuchin . .
. 265
Minz . . . ,
Miodowski
. 828
Missikow . ,
. 1624
Mita . . .
. 1784
Mitchell . . .
, . . . . 2644
Mitlacher .
. 1560
Mittendorf
.... 1224
Mitter . . .
. 443
Mittwoch . .
. 602
Miyaji . . ,
. 482
Mivake . .
. 1676
Miyata . . .
. 1786
Miyauchi . .
. 1614
Mock . . . ,
. 548
Mocquot . .
Modena . .
. 714
Modelsee . .
. 318
Moegle . . ,
. 368
Möhring
.... 427
v. Möllendorf 479, 989, 1612,
2012, 2636, 2913
Moeller A. -Berlin . . 939
Möller A.-Gotha . . . 1673
Möller P. -Kopenhagen 2015
Möller S.-Hamburg . . 2545
Möller V. F. -Kopen¬
hagen . 2357
Möllers 263, 773, 1396, 2194,
2917
Mönkemöller .... 2854
Mörchen . 2671
Moewes . . 37, 1841, 2420
Mohr C. F. A.-Leipzig 727,
1844, 2090
Mohr F.-Coblenz . . . 1114
Mohr L.-Halle 37, 610, 1348,
1739, 2146, 2298
Mokrzeeki . 1089
Molineus 145, 314, 712, 1162,
1786
Molinie . 2361
Moll Berlin . 2654
Moll- Wien . 2372
MoMier . 200
Molnär B.-Pest . . . 2013
Molnar B.-Wien . . . 2599
v. Molo . 2845
Molndenkoff ... 205
Momburg . 374, 716, 1342
Momose . . . 1283, 1396
Moncharmont . . . 256
Mondolfo . 2751
Mondschein . . . 2129
Monnier . 656
Monrad-Krohn .... tl!1
Monteeuis . 2255
Montuovo . 2010
Moolgavkar . 35
Moore . 446
Moorhead . 677
Moos . 1728
Morawitz . . . 1054, 2190
Moreau . 789
Moreira . 2253
Morel . 540
Morostin . 1860
Morgan C. L . 1783
Morgan W. P. 941, 2695
Morgenroth 163, 482, 483,
618, 1506, 2067
Morgenstern K. -Heidel¬
berg . . . • ... 371
Morgenstern J.-Zürich 2189
Moritz . 1003
Morland ...... 887
Moro 659, 1043, (142, 1895,
1949, 2827
Seite
Morone . 2588
Morpurgo . 626, 655, , 1536
Morris . 2642
Morrison . 2643
Morton . . 449, 1784, 2023
Mory . 1904
Mosbacher 1229, 1291, 1448
Mosenthal A. -Berlin . 778,
1737
Mosenthal H. -Tübingen 1841
1062
.... 2250
.... 1902
. 2066
. . . 1957
. . 1626, 2434
.... 1837
. 2471
.... 882
. 1576, 1626
430, 5 .1, 2420
. 479
. 1861
. . . 958
. 1109
, . . 2241
. 1160, 1732
88, 119, 2860
.... 2536
.... 2476
. 2296
Berlin 773, 1008,
1728
1635
781
1956
1069
373
Moses
Moskowitz
Moskowski
Mosler
Moss .
Mosse-Berl
Mosse M.
Mossler .
Moszkowicz
Moszkowski
Motzfeldt
Mouchut
Moufel .
Mouneyrat
Moure
Moutier .
Moynihan
Much . .
Mucha .
Mühlmann
Mühsam W
Mühsam R.-
1057, 1058
Müller-Berlin . 780, 1059
M ül ler-Deutsch-Ost-
at'rika» . . .
Müller-Hildesheim
Müller-Stuttgart
Müller-Tanga . .
Müller-Wien . . .
Müller A. -Berlin .
Müller A. -München 162, 2638
Müller A.-Wien . . . 167
Müller B -Dortmund . 829
Müller C.-Schässburg . 1562
M über Ch. -Immenstadt 1804,
2448
Müller E.-Berlin 1356, 1505,
1518, 2589, 2748
Müller E. -Hamburg . 1676
Müller Ed. Marburg 215, 322,
323, 1122, 1511
Müller E -München . . 778
Müller E. -Nürnberg . 1948
Müller E.-Stuttgari 1279, 1900
Müller E. J -Zittau 1634, 1636
MuellerFr H.-Bonn . 993
Müller H./Wien 1452, 2590
Müller .T.-Koblenz . . 1165
Müller J. E. Dortmund 1216
Müller J.-Dtisseldorf 2469
MiilUr J. -Nürnberg 496, 1948
Müller L. R.- Augsburg -132,
199, 541, 1335 1511,
1619.1844,2188,2295,
Müller M.-Metz . 299, 805
Müller O.-Hongkong . 1956
Müller O.-Ti'ibingen 893, 992
1337
Müller P. Ulm .... 2345
Müller P.Th.-Graz 1003, 1364
Müller R.-Kiel 417, (548,
1716
Müller R. -Berlin . . 1786
Müller R. -Fngland . 940
Müller R. - Wien 661, 1222,
2691, 2742, 2918
Müller W. -Leipzig . 1503
Müller W. -Rostock . 777,
2252
Müller W.-Zürich . . . 2686
v. Müller A.-Wien . 2365
v. Müller Fr.-München 34, 1
2017
v. Müller H. -Wien . 445
Müller- Lyer ..... 1274
Müllerheim . 2297
Münchmeyer . . . . 1902 |
Münzer - Prag . 498, 2596
Seite
Münzer A. -Berlin 545, 994,
2248
Mugdan 1225, 1635, 1692
Mälzer 546, 994, 1109, 1429,
1846, 2535
Munk . . 1626, 1689, 2065
Munter 1633, 1635, 1636
de Munter . . . . 2914
v. Muralt . . . 2198, 2852
Mutaschew . 998
Murata . 94
Mtirdoch Mac Kinnon 1968
Muret . 2298
Murillo . 319
Muroya . 1276
Murphy • Chicago . . 1906
Murphy F T.-New-York 1224
Murphy J.B.-New-York 827
Murray . 1690
Murri . 1501
M urschhauser . . . .2131
Musehold . 2414
Muskens . . . 832, 1006
Mussatow . 2355
Musser . 2591
Vlutch . 1733
Mutermilch . 480
v. Mutschenbacher . 1278
Mygind .... 209, 2358
N.
Nacke . 1455, 1900, 2745
Nadel ... . 2692, 2763
Nadolecznv 789. 1123, 1569,
2471, 2531, 2707
Nädory . 1279
Näcke . ... 1620
Seite
NeuH.-Heidelbergll63,1290,
1869
Neu M.-Heidelberg . . 2688
Neubauer - Charlotten-
bnrg . 2805
Neubauer E.-Wien . . 2191
Neubauer J.-Wien . . 2207
Neuber . 262, 2534
Neuberg . . . 1673, 2129
Neubert .... 1226, 1293
Neuburger A.- Berlin 2375,
2377
Neuburger M.-Wien . 2306
Neuda . 2548
Neudorfer .... 205, 760
Neue . 1451
v. Neugobauer -War¬
schau . 937, 1729, 2915
Neugebauer F.- Ostrau 258
Neugebauer O.-Wien . 2692
Neuhaus . 1505
Neuhof . 1339
Neukirch-Kiel .... 2758
Neukirch P.-Berlin 2130, 2242
Neukirch P -Utrecht . 2130
Neumann-Bcilin . . . 619
Neumann-Wien 1225, 2639
Neumann A. -Berlin . 715
Neurnann A.-Wien . . 1277
NeumannFr -Wienl793,2692
Neumann H.-Wien 1299, 2470
Neumann J.-Wien . . 2749
Neumann L.-Wien . . 1395
Neurnann R O.-Giessen 69,
425,1104,1335,1336,1390,
1445, 1500
Neumann W. -Heidel¬
berg . 41, 716
Neumann W\ -Giessen 1784,
Naegeli 194, 252, 1001,
1343, 1411, 2918
Nägelsbach .... 1106
Nagel W.- Berlin . .1398,
1966, 2080, 2082, 2083
Nagel W.- Rostock . . 2469
Nager . 1569
Nagoya . 2690
Nagy . 546
Nahmmacher .... 2921
Naish . 1734
Nakano .... 1283, 2915
Narath . 91, 204
Nassauer M. -München 53,
88, 143. 536,
1105,
1153,
1638,
2(82,
2206.
2235,
2286,
2316,
2347,
2409,
2415,
2466,
2526,
2550,
2582,
2631,
2682,
2707,
2739,
2743,
2766,
2795,
2800,
2845
Nast-Kolb . .
Nasta .
2304
Nathan
. .
. 1726,
2245
Naumann -Berli
n . .
1343
Naumann L.- Dresden 2070,
2476
2687
Neumann-Kneucker . 995
Neumayer . . . . . . 2672
Neupert . 537
Neustätter . . . 1105, 2377
Neuwirth 1951, 2032, 2120,
2192, 2309, 2688
Ney . 1161
Nicholson . . . . 1969
Nicol 262, 2198, 2472, 2475
Nicola . 1168
Nicolai . 893
Nicolaidi . 44
Nicolas . 948
Nicolich .... 277, 2132
Nicoll . 605
Nicolle 549, 1791, 1792, 2092,
2763
Nichols .... 1233, 2150
Niculescu . 1507
Niehues . 1274
Niemann . 1219
N erenstein . 1500
Niessl v. Mayendorf 727,
1449, 1800
Nietner . 1125
Nikitin .... 2419, 2809
Naunyn . 2805
Nauwerck . . . 827, 1226
Navassart . 1950
Naville . 1562
Nebel A.-Leipzig 271, 327
Nebel H. -Koblenz . 1163
Nebesky . . . 2688, 2746
Neff . 1223
Neger . 1275
Negre . 277, 2539
Neisser . 1063, 1797, 2754
Nemenow . 663
Nemmser . . . 938, 996
Nenadovics . 949
Nentwig . 2313
Nerking . 1167
Nersesoff . 36
Nesbitt . 677
Nestler . 368
Nestor . 1051
Neter . 2300
Netter . . 323, 1631, 2029
Neu E. A.- Genua . . 936
Niklas . 1787
Nikolskij . 2639
Nippe . 771
Nissl . 492
Nixon . 2926
Noack . 314
Nobe . 370
Noböcourt 220, 276, 322, 333
Nobel E.-Wien 1300, 2252,
2534, 2763
Nobl G.-Wien 901,957,1343,
1469, 2488, 2537
Noder • . 2415
Noeggerath . . . .1219
Noel .... • . . . 887
Nörregard . 550
Noesske . 160
Noethe-Dresden . . . 1175
Noethe R. -Halle . . . 391
Noguchi H.- Chicago-
New York 485, 737, 1223,
2137, 2480, 2483, 2591
XXVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Noguehi V. . .
. 202
, 446
Nogues . . . .
- t i
Noll .
276
, 327
Nonne 49, 492,
671,
1012,
1120, 1353,
1406,
1573,
2480
Nonnenbruch .
1276
v. Noorden C.
-Wien-
Frankfurt 148, 480,
779,
2016, 2849
v. Noorden W - Hom¬
burg v. d. Höhe . . 296
Nordentöft . . . . 2194
Nordmann . 484
Norrlin . 2859
Nottebaum . 2805
Novak 995,1291,1848,2432,
2855
Novö-Josserand . . . 2531
Novello . 2750
Novikoff . 1504
Novoa . 318
Nowak . 2364
Nowakowski .... 2013
Nowell . 1851
Nubiola ...... 2021
Nürenberg ..... 1287
Nürnberger . 1859
Nussbaum H. Ohr. . . 1392
Nussbaum M. . . 309
Nussbaum A. - Bonn 1434,
1447, 2585
Nyhoff . 716
Nyströin . 40
O.
Obakewicz . 2807
Obata . 314
Oberholzer- Schaff¬
hausen . . . . 2309
Oberholzer E. -Breiten-
au . . 149
Obermiller . . 1221, 2535
Obermüller . ... 2832
Oberndorfer 198, 541, 1275,
1836, 1444, 2295, 2686
Oberstadt . 1901
Obersteiner . . 1560, 2742
Oberwarth . 2594
1732
2871
2804
2129
1908
42
2495
2806
1230,
Seite
Olivier . 1401
Oloff . 143
Olpp . 88, 1613
Olshausen . 2697
Oltmanns . . 200, 1725
O'Malley . 2024
Ombredanne 323, 1860, 2539
v. Openchowski . . . 2606
Openshaw . 941
Opitz E. -Giessen 1339, 1348,
1456, 1616, 2308, 2414
Opitz H -Thorn . . 207
Oppel .... 257, 2128
Oppenheim . . . 492
Oppenheim M.-Wien 335,
2416, 2692, 2868, 2918
Oppenheim E. A -Hohen-
lychen ... • 1789
Oppenheim H. - Berlin 163,
1343, 2428, 2535, 2636,
2637, 2705
Oppenheimer C. . 86, 2635
Oppenheimer C. -Strass¬
burg ... . 1635
Oppenheimer G. -Halle 1620
Oppenheimer K.-Mün-
■ chen . 2706
OppenheimerR. -Frank¬
furt . 103, 1228
Oppermann . 1844
Oppikofer . 2360
Orbän . 311
Orlovius . 2627
Orlowski . . 841, 2852
Ortenau . 478, 982, 2058
v. Ortenberg . . 1107, 2746
Orth J. -Berlin 618, 2434, 2705
Orth O.-Forbach 1038, 1786
Orth O.-Innsbruck
Orthner .... 149,
Ortner .
Orudschiew . .
Oser 202, 770, 2369,
Osgood .
Osler . .
Obst .
Ochsenius . 1404,
Oczesalski . 880, 2749,
Odake .
Odier ........
Odstrcil .
Oeconomos . . 1791,
v. Oefele .
Oehlecker 1117, 1120,
1339, 2545, 2702
Oehler J.-Freiburg 201, 658
OehlerR.-W. Frankfurt 1062
Oehmann . . . 2474, 2639
Oehme .... 1164, 1521
Oehmen . . . 1678, 2689
Oeller H. -Leipzig . . . 1844
Oeller J. N. -Erlangen . 710
Oeri . 410, 1784
Oertel .... 1792, 2803
Oerum . 2358
Oesterlen . 992
v. Oettingen . . 1057, 2752
Oiiergeld . 148
Offerhaus . 2139
Offmann . 1512
Ogata S. . . 1276
Ogata M.-Osaka . . . 372
Ogata T.-Freiburg . . 826
Ogawa . 36
Ogörek ...... 2475
Ohlemann . 2537
Ohly . 1681
Ohm J. -Bottrop . 367, 718
Ohm R. -Berlin 37, 1004, 2077
Ohnacker . 1170
Oker-Blom . 1341
Oliva . 824
Oliver . 2643, 2696
Osman
Ossinin
Ostenfeld
v. Ostertag
Ostrowski
Ostwald
Oswald .
Oszacki .
Otsuka .
v. Ott
Ottenberg
Otto
Ottow . .
Oudin . .
Oulmann
Owen .
de Oyarzabal
93,
716
2806
1392
664
2704
1851
605
1444
2809
550
. 1673
315, 1288, 2193
. . 256
. . 2917
. 90, 824, 1398
.... 263
. 146
. . 2641
. . . 2301
1164, 1340
. 1 275
. . . 2591
1070, 1733
. . . 1224
600,
Ozaki . 544
P.
Pacewicz . 2808
Pacewitsch . 663
Pach . 318
Pachner . 369
Pässler H.-Dresden 503, 1010,
1452, 2604
Page . 333
PagenstecherA.-Braun-
schweig . . 1319, 2562
Pagenstecher E.-Wies-
baden 24, 201, 203, 2297
PagenstecherH.-Strass-
burg . 1512
Paglione . 1169
Paderstein . 148
Paine .... 2077, 2850
Pakuscher . . . . 2747
Pal . 957, 2364, 2749, 2763
Paltauf
Pamperl 2744,' 281 8,
Panconcelli-Calzia . .
Seite |
Pankow O.-Freiburg .
2189
Panse ...
1571
Papazolu . . 1423,
1533
Pappenheim . l4y, 25r
, 601 |
Parhon C. . . • .
1051
Parhon-Bukarest . . .
2254
Parin .
2246
Pariser .
947
Parisot . . 165, 276,
2064
Park ... 1223,
1358
Parkinson .
2262
Parlavechio .
599
Parma .
1506
Parreidt . .
1150
Parsamoor .
1505
Parssamow . . . .
2423
Partis .
1504
Par vis .
887
Paschen . 49,
1400
Pascual . .
2123
Passow A. -Berlin 1335,
2767
Passow C. A. -Hamburg 2071
Pasteau .
221
Pasteur .
958
Patak .
1413
Patek . . .771, 1451,
1788
Patel .
548
Paterson H. J. . 1905,
1968
l’aterson O. N .
2643
Patterson . .
1906
Seite
Petren K . 1727
Paul -
Paulesco
Pauli . .
Paulian
1690
1052
2249
1050
Pankow
2638
1069
2868
622
O. -Düsseldorf 1455,
Petrin G.-Lund . .
Petri 482, 1137, 1402,
1775, 2241
Petridis .
Petrovich
1503
1530,
Petrowa
Petruschky
Petsche .
Pettavel .
Petterrson
Petzoldt
Peus .
Peyser .
Pezarzkaja
Pfahler .
Pfalz . .
Pfänner .
Pfarrius
1318
. . 2752
. . 997
. . . 423
1573, 1841
Paulsen . . 155, 1462, 1909
Paus . 2359
Pavesio . 2751
Pawloff . 1162
Pawlowski . 1345
Pawollek . 95
Payne . 887
Payr 144, 327, 614, 713, 727,
936, 1408, 1742, 1743, 1800,
2069, 2601, 2635, 2686
Paysen . 1574
Peabody . 1223
Pechstein . 770
Peckert . 991
Peiper .... 1344, 1399
Peiser . 475
Pekanovich . ... 1620
Pelmann ...... 657
Pellesohn .... 731, 781
Pelz . 1731
Pende . 1850
Penkert . 1798
Penzoldt 255, 308, 598, 879,
942, 2425
Pereira . 717
Perez-Montaut .... 2247
Perianu .... . . 44
Perinoff .... 145, 2192
Peritz . 1446
Perkel . 998
Perl . 1849
Perman . 1170
Permin . 550
Pernet . 2024
Perrey . 1806
Pers . 1398
Perrson . 1615
Perthes 652, 732, 832, 936,
1117, 1677, 1746
Pertik . 149
Perutz A. Wien ... 42
Perutz A. Würzburg 1251,
1472
Perutz F. München 480, 541,
1215, 2687
Pesharskaja . 2421
Pesskow . 665
v. Pesthy ...... 2131
Peters Wien .... 713
Peters A.-Rostock . . 710
Peters H. -Brünn . . 1679
Peters W.-Heidelberg . 1695
PetersenH.-Kopenhagen825
Petersen O. H.-Kiel . 2637
2072
542, 1048
. . . 1344
. 1448
1637, 1693
. 1286
1852, 2082
1635, 1636, 1692
. . 2252, 2368
. . . 2470
v. Pfaundler 278, 330, 1043,
1123
Pfeifenberger .... 2375
Pfeifer . 2701
Pfeiffer-Strassburg . . 656
Pfeiffer E. -Wiesbaden 884,
1458
Pfeiffer H.-Graz 542, 1899
Pfender . 1851
Pfersdorff . 659, 1511
Pfister E. -Kairo 207, 1956
Pfister E. -Wiesbaden . 936
Pfister O. -Zürich . . . 2007
Pfitzer . 2155
Pflanz . 264
Pflaumer . 1107
Pfleiderer . 2850 ]
Pflüger . 1220
Pförringer . 2645
Pförtner . 261
Pfuhl . 32
Pfuhl W.-Berlin . . . 2066
Pharmakowsky . . . 1286
Philipp . 2693
Philippi . . . 2363, 2420
Philippsohn .... 1014
Philippson . 2071
Philippsthal ..... 2641
Philosophow .... 1622
Pic . 276
Pichler A.-Klagenfurt 318
Pichler H.-Wien . . 202
Pick-Berlin 1689, 2434, 2542
Pick E. P.-Wien . 316, 601,
938, 1046, 2747
Pick F.-Prag . 1114, 2433
Pick FI.-Berlin 262,948, 2916
Pick J.-Berlin 1453,2138,2852
Pick W.-Wien .... 2642
Piczugin ...... 2807
Pielsticker . 2010
Pieralli . 2438
Pieri . 1850
Pidry M. . . 1790
Pidry G.-Lyon . . . 2-0
Pietrulla . 484
' Pighini . 2244
Pilcher-Brooklyn . . . 1108
Pilcher J. F. -Philadel¬
phia . 2591
Pilcz . 2254
Pilsky . 1516
Pinard . 677
Pincus . 385
Pincussohn L. - Berlin 258
894, 1160
Pindborg . . . 542, 550
Pinkuss . 1283, 1908, 2072,
2419
Pinerua . 1904
Pinsch . 1733
Piorkowski . 2471
Piotrowski . 993
Piper . 2190, 2243
Pipo . 2681
Piquand . 2189
Pirie . 2643
v. Pirquet-Wien . . . 2749
v. Pirquet C.-Wien 713, 1043,
1046, 1300, 1732,
Seite
v. Pirquet E.-Wien . . 1525
Piskacek . 1 99
Piskator . 488
Pissavy . 1070
Pittaluga .... 319, 1224
Planelles . 1224
v. Planner . . . 2302
Plaschkes 219, 1357, 1413,
1950
Plaseller . 1564
Plate L . . . . 879, 2849
Plate E. Hamburg 201, 213,
258, 599, 2343
Plate F.W.-Altenai. W. 2586
Plaut F . .2188
Plaut Th . 711
Plaut A.-Mtinchen . . 1751
Plaut H C.- Hamburg
238, 720
Plaut M.-München . . 429
Pia y Armengol . . 1224
Plehn . 324, 1400
Plenz . . . . . 372
Plesch 257, 263, 1110, 1681,
1784, 1897
Pleschner . 219
Plitek . 1619
Ploeger . 193, 2092
Plönies . 318, 774
Ploss-Renz . 1949
Plotkin . 1942
Pobedinsky . 1279
Podesta . 2073
Poduschka . 662
Pöhlmann . 591
Poenaru-Caplescu . . 1051,
2304
Poerschke . 1395
Pohl F.- Warmbrunn . 1279
Pohl J.-Breslau . . . 679
Pohl R.-Berlin .... 1160
Poindecker . 1110
Pokschischewsky . . 1164
Pol . 2924
Polacco . . - 1217
Polak . 2079
Polano . . 443, 1456, 2803
Pollag . 2119
Pollak E.-Wien 1452, 1682
Pollak F.-Triest . . 2302
Pollak L.-Wien . . .1105
Pollak R. -Brünn . . . 1849
Polland . 590, 827, 2642
Pollatschek . . 1278, 1571
Pollitzer H.-Prag 1357, 1469
Pollitzer H.-Wien 108, 621
Polotebnowa . . . . 996
Pölya . . . 144, 712, 2009
Poncet . 732
Ponfick . 1616
Pongs . 2364
Ponomareff . 145
v. Poör . 2692
Popielski . . . 1450, 2245
Poppe .... 1730, 2916
Popper . 2194
Poputon . 887
Porchownik . 1951
Porges . 1675, 2364, 2749
Porias . . 2693
Porosz . 2854
Port . . . 148, 2475, 2732
Porta . 544
Portmann . 1562
Portner . 1284
Poscharisky . 262
Postma . . . 2141
Posner C.-Berlin 164, 2535
PosnerH.L.-Heidelberg 39
Poth . 1842
Potherat . 1861
Potpeschnigg .... 1167
Poulsen . . 1676
Poulsson . • .... 657
Pousson A.-Bordeaux 221,
545
Pousson* A. -Lyon . . 933
Powell D . 1501
Powell R. D . 940
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XXVII
Seite
Poynton . 2077
Pozsonyi . . . 2533, 2850
Pozzi . 2022
Pradervand .... 781
Prado-Tagle . 40
Praeger . 1404
Praetorius . 867
Prasad . 2078
Pratt . 1224
Prausnitz . 2917
Predteczensky .... 998
Preiser .... 732, 1230
Preisich . 2534
Preiswerk G. . . . . 991
Preiswerk A. -Basel . . 2195
Prest . 605
Preysing . . . 1569, 1913
Pribram B. O.-Wien 1284,
1976, 2032, 2302, 2805
Pribram E. E.-Wien 770, 2819
Pribram H.-Prag 1674, 2047,
2693, 2868
Price . 2023
Priester . 828
Prigge . 95
Pringle . 2696
Pringsheim . 1727
Prinzing . . . 375, 2693
Prochownick 205, 728, 826,
896
Proescher . 827
Propping . 782, 882, 1342
Prorog . 542
Prosorowsky .... 2248
Protopopescu .... 2303
Proust . 2083
v. Prowazek . 2535
Prus . 2134
Prutz . 656
Prym . 1507
Przedborski . 2476
Przygode . 1222
Pucher . 787
Pürckhauer X. -Dinkels¬
bühl . 821
PürckhauerR. -München 73
Pütter . 309
Pujol y Brüll . 2018, 2083
Pulawski . 485
Puppe . 840
Puppel .... 1163, 2688
Purjesz B . 1849
PurjeszP.-Klausenburg 2138,
2536
Pussep . 205
Putzig . 446
Q
Quadflieg . 1047
Quadri . 2751
Quarelli . 40
Queisser . 2654
Querner . 2435
de Quervain . 1274
Quincke .... 1055, 1334
Quinetella . 548
R.
Raab . 1941, 1949
Rabe . 1899
Rabinowitsch D.-Berlin 205
Rabinowitsch L. -Berlin 206,
207
Rabinowitsch M.-Char-
kow 206, 429, 482, 2451,
H 2590, 2809
Rabow . 2180
Rach . . . 675, 2136, 2373
Rachmilewitsch ... 771
Raczinsky . 996
Raczynslri . 323
v. Rad . 1123
Rados-Pest . 1516
Rados A.-Strassburg . 1848
Radot . 958
v. Radwanska .
Raecke . . 260,
Rafin . .
Rajewsky
Rai mann
Ram . .
Seite
. . . 2136
1619, 1738
... 221
. . . 1624
. . . 2310
. . . 333
Rambousek 1392, 1393, 1895,
2417
Rammstedt . 145
Ramsauer ..... 948
Rank . . . . 256, 424
Ranke K E. -München 768,
823, 933, 1397, 1501, 2153,
2583, 2914
Ranke O. -Heidelberg 492,
1214, 1500, 1511
Ranken . .
Ranschburg
Ransome .
Ranzi 1004, 1299, 1413, 2366,
2367, 2819
Rapmund . .
Rapp ....
Rasch . . .
Raschba . . .
| Räskay . . .
Rasp ....
Rathe ....
Rau ....
Raubitschek .
Rauch F.-Jena
Rauch F. -Göttingen 2009,
2354
v. Rauchenbichler 1615, 2367
604
1398, 2428
... 605
. . . 309
. . . 2004
1525, 2918
. . . 1621
. . . 1278
. . . 1506
. . . 1447
. . . 2589
992, 2301
. . . 1430
Raudnitz
Rauenbusch
Rautenberg
Rautenkranz
Rautmann .
2372, 2374
. 2910
674, 2912
. . . 2365
... 262
Ravaut622, 1126, 1304, 1526,
2028
Raven . 2355
Ravogli . 2591
Rawitsch . 1106
Raydt . 1673
Raynaud . .... 2539
Rebentisch . 1898
Reber K.-Berlin . . . 773
Reber K.-Bern .... 209
Recasens 1966, 2021, 2083
v. Redwitz . 2744
von Recklinghausen . 817
Reckzeh . . . . 1110, 1681
v. Reding . 1451
Redlich . 1215
v. Redwitz .... 1684
Regensburger . 2026, 2315
Reh 32, 790, 880, 1170, 1215,
1274, 2074, 2753
Rehfisch . 2815
Rehm 0 . 2188
Rehm E.-München . . 52
Rehm M. -Zürich . . . 830
Rehn E. -Frankfurt . . 831
Rehn E.-Jena .... 494
Rehn L. -Frankfurt . . 429
Reich-Berlin . 1794
Reich A. -Tübingen 370, 882,
1746, 2743
Reich J. - Breslau 201, 2136
1730
2362
1222
792, 1129
Reich R. -Leipzig
Reich Z.-Wien
Reich-Brutzkus
Reichardt . . .
Reichart A.-Pistyan . . 1146
Reichart C.-Pistyan . . 2473
Reiche . . 713
Reichel H. -München 638, 847,
1684
Reichel H.-Wien . . . 429
Reichenow . 1166
Reichenstein .... 1452
Reicher 216, 947, 1053, 1520
Reichmann M. -Chicago 816,
2488
v. Reichmann V. -Jena 158,
181, 926, 1374, 1430
Reifferscheid .... 2369
Reimann . 2009
Seite
Reinach 617, 1381, 1501,
1837, 1895, 2008, 2199, 2704
Reiner ... 428, 1619
Reinhard H. -Osnabrück 938,
1218
Reinhardt A. -Frankfurt 1503,
2300
Reinhardt A. -Leipzig . 2008
Reinhardt R. -Heidelberg 881,
2473
Reinhardt W. -Leipzig
Reinhold . . .
Reiniger . . .
Reinking . . .
Reis E. -Frankfurt
Reis V.-Lemberg
Reisinger .
Reiss . . .
Reissmann
Reiter . . .
Reitier . .
Rendle-Schort
R4non . .
Renner . .
Renz . . .
Repaci . .
Resch .. . .
Reschad
Rethi-Pest .
2475
2428
1679
2545
1695
1284
620
444
. 2139
38, 1899
. . 256
1046
2078
1275
1949
549
314
1981
1572
2029,
1217’
2809
770,
329,
2406
938
Rbthi A .-Königsberg 295, 828,
1792, 1793
Retiwow .
Retzlaff K.-Berlin 37,
1115
Retzlaff O. - Madeburg
658
Reusch .
Reuss - Chemnitz . . .
v. Reuss-Wien 2749, 2764
Reuter . 1548
Reuterskiold . 2360
Rüvesz . 2131
Reye . 783, 2485
Reyher . 1448
Reyn A . 824
Reynaud . 277
Reynes . 2083
Reynier . 1860
Rheinboldt . 947
Rheins . 1105
Rhese . 2361
Rhode .... • . . 2479
Ribbert . . . . 96, 2418
Ribes . 1789
Ribollet . 2133
Richards . 1851
Richartz . . • . . . . 827
Richet . 277
Richter-Berlin .... 2482
Richter-Dresden . . 2296
Richter-Wien .... 2307
Richter E. - Plauen 266, 775
Richter G.- Wölf elsgr und
1848
Richter P.-Berlin . . . 2248
Richter W. Chemnitz . 154
Ricevuto . 1967
Ricker . 544
Ridder . 1445
Ridge . 2696
Riebold . 379
Riebel . 1804
Rieck C. A. -Hamburg 214,
259
Rieck P. G. -Mainz . 205
Riecke .... 272, 2703
Riedel B.-Jena 1008, J 248,
2269
Riedel H. -Linz .
Riedel K.- Halle .
Rieder .
Riedinger
Rieger .
Rigler
Riehl . .
Rieländer
. 2642
. 2454
. . • 480, 2295
. 733
. 256
. 657
. 98,11413, 2249
33, 199, 1336,
2347, 2470
Riemer . 908
Ries . . 1522, 1804, 2298
Seite
Rietschel 896, 1010,1 392,2193
Rigg . 1733, 1953
Rigler ... 249, 2470
Rihl 1357, 1560, 1681, 1950
Rimini . 149
Rimpau . 95, 2640
Rind . 1452
Rindfleisch . . 386, 715
Ringleb . 1501
Rinne . 2850
de Rio Branco . . . 366
Rischard . 2414
93, 673, 2754
428, 201(1
996
942
654
2373
1125
2854
1006,
2816
771
314,
Risel . .
Rissmann
Rister . .
Ritchie .
Ritter .
Ritter - Berlin . .
Ritter - Edmundstal
Ritter-Stade . . .
Ritter C.- Posen 544
2367
Ritter J. -Berlin . .
v. Ritter G. -Pilsen
Rittershaus - Coburg
2009
Rittershaus E. L -Ham¬
burg . . 213, 1574, 2007
Ritz . . 38, 1731
Roark .... . . 486
Roasenda . 1850
Robertson ..... 2696
Robin . . . . 901, 1750
Robinsohn . 2200
Robinson . 2092
da Rocha-Lima 739, 1400
Rochat . . 717
Röchelt . 2692
Röchet . 2310
Rockhill . 335
Rodelius . 1406
Rodella . 2011
Rod4z . 2687
Rodhain . 1344
Rodler-Zipkin . 1972, 2026
Röchling . 948
Rödelius .... 49, 2756
Roeder H. -Berlin . . 2300
Röder H.- Elberfeld . 90,
1465, 2365, 2370, 2371
Roelofs . 2139
Römer K.G’-Hamburg 1255,
2860
Roemer H.- Illenau . . 2420
Römer P.- Greifswald . 541
Römer P. H.- Marburg 1122,
1123, 1785
Roemer R.- Erfurt . . 315
Roemheld . . . 493, 2908
Röner . 1446
Rönne .... 147, 149
Röper . 2087
Roepers . 604
Roepke O. -Melsungen 263,
823, 2914
Röpke W. - Barmen . 732,
781, 946, 1218, 1727, 2366
Röse . 2364
Rösle . 2752
Rösler B. A. -Leipzig . 1627
Rösler O. A. - Graz . . 1222
Rössle 158, 952, 1334, 1855,
2064, 2128, 2187, 2849, 2863
Rogers . 886
Rogowsky . 1014
Rohde . 2087
v. Rohden . 1106
Rohland . 2752
Rohleder . 34
Rohmer . 36, 161
v. Rohr . 150
Rohrbach . 1617
Roith . 1113
Roll . 1679
Rollet . 1790
Rollmann . 2641
Rolly . 898, 1294
Roman . 600, 787, 2867
Romanow . 2424
Seite
Romanowitch .... 549
v. Romberg . j
Rominger . 859
Rommel . . 33, 215, 733
Röna D.-Baja .... 1278
Rona P.-Berlin 2130, 2242
Rondoni 2245, 2438, 2751
Rood . . . 886
Roos . 481, 1393
Roosen . 1842
Roppert . 1275
Roque . 1047
Rorschach . 1106
Rosanow . - . 143
Rose-Krakau . . . 2374
Rose H.-Hamburg . . 1120
Rosell .... 167, 223
Rosemann . . 1103, 2530
Rosen . 880
Rosenbach . 1846
Rosenberg E . 1507
Rosenberg M. - Berlin 163,
992, 1046, 2372
Rosenberger . . 1113, 1354
Rosenblatt . 778
Rosenfeld G . 541
Rosenfeld-Münster . . 1281
Rosenfeld-Nürnberg . 781
Rosenfeld E -Berlin . 2357
Rosenfeld E.-Charlot-
tenburg ..... 2690
Rosenfeld G.-Breslau . 2077
Rosenfeld H.-Erlangen 1503
Rosengart
Rosenhaupt
Rosenheim
Rosenow .
Rosenstein
Rosenstein A.-Posen
1737
938
1221
2214
256
430
Rosenstein M. -Breslau 1787
Rosenstern . . . . 1009
Rosenstern J. -Berlin . 2071
Rosenthal-Leipzig . . 382
Rosenthal-Wien . . . 1908
Rosenthal E. -Pest 1450, 1455,
1788,2175,2194,2915
Rosenthal F. -Breslau 1425,
1446, 1595, 1614
Rosenthal H. -Charlot¬
tenburg . 1917
Rosenthal J. - Kopen¬
hagen .... 2296, 2358
RosenthalR. -Karlsruhe 1162
RosenthalW. -Göttingen 1680
Roser . 1732
Rosin . 1673
Rosner .... 1635, 2261
Rosowa . 997
Rosowsky . 1614
Ross R . 308
Ross St, . . . 942
Ross E. H. -London . . 34
Rossbach 424, 990, 1044,
1104, 1160, 1501
Rossiwall . 1525
Rossknecht ... . 2248
Rost E.-Berlin . 262, 368
Rost F. - Heidelberg 1162,
2025,2281,2367,2637, 2861
RothM . 2012
Roth A.-Pest . 2382
Roth E-Potsdam . . . 2417
Roth N.-Pest . . 992, 2133
Roth O.-Lübeck . . . 2069
Roth O.- Zürich 201, 1275,
1395, 1507, 2801
Roth P. B.-England 887, 941
Rothaub . 94
Rothberger . 1672
Rothe E.-Berlin 827, 1396
Rothe H.-Breslau . . 1616
Rothermund . 1046, 2637
Rothfeld-Wien .... 2428
Rothfeld J.-Lemberg 2254,
2362
Rothmann M. -Berlin . 208,
387, 483, 773, 1282
Rothmann M.-Breslau . 1283,
1664, 1666
XXVIII
INHALTS- VERZEICHNIS.
1913.
346, 894,
Seite
1004,
Rothschild
1451
Rothschuh . 949
Rotkv H.-Prag . 1106, 1784,
2158
Rotky K.-Prag .... 1726
Rott-Wien . 1180
Rott F . 1505
Rotter E.-München . . 1671
RotterH -Pest 205,2808, 2804
Rotter J .-Berlin 1458, 2013
Roubier .... 165, 220
Roubitschek . 780
Rouen . 423
Rouget . 1630
Rouland . 2079
Rous . 2592
Rouss . 827
Rousseau Th. .... 314
Rousseau-St -Philippe . 1525
Routh . 2079
Routier . 1861
Roux C . 1167
Seite
Saar M.-Berlin ... 49
Saar G. J. -Innsbruck 31,
v.
832
1225
256
2252
1045,
780. 1504. 2069 2368’' •
Saathoff 230 990,1103,2183,
2188, 2240
Sabat . . 778,
Sacanella .
^achs .
Sachs-New York . .
Sachs E.-Königsberg
1729, 2759
Sachs O.-Wien 97, 2642, 2806
Sackur . . 546
Sacquepde . 1630
Sadger . 256
Säend sch 309, 657, 768, 2686
Sänger D -Benin . . . 1014
Saenger A. -Hamburg . 619,
1103, 1844. 2428. 2755, 2859
Saenger H. -München 146,
1321
Safranek . . . 1278,
Seite
Savariand .... .*1526
Savini E. -Berlin .
Savini E.-.lassy .
Savini-Castano . . .
Saxl . . . 167, 1236,
Savnisch .
Scaglione .
Scagliosi .
Schaab Mannheim . .
Schaab W.-St -Peters¬
burg . 2355
Scbaack . 1447
Schablin . 621
Schade 36, 86, 104, 99U, 1043,
1617
2138
1617
1898
2302
660
1849
1806
2133,
2241
335
2636
2241
2357
2078
2136
2586
Roux J. Ch .
Roux W.-New York . .
Roux W. Halle ....
Roux- Berger J. L. . .
Rovsing 332, 933, 1111,
Rowntree .
Rozenblat .
Rubaschow . . 1162,
Rubel . 2421
Rüben .... 839, 1514
Rubesch .... 2818, 2868
Rubin . 376
Rubino C . 367
Rubino A.-Neapel 714
Rubner . . . . 588 826
Rubritius . 388, 498, 2549
Rudas . 2192
Rudö . 2131
Rudolph M.-Estrela
do Sul . .
Rudolph O.-Marburg .
Rudzki ....
Rübsamen W.-Bern . .
Rübsamen W. -Dresden
627, 713, 1139, 1166,
1457, 2247
Rüde . 2137
Rüder ..... 305 671
Rühl K.-Turin . 2013, 2233,
2751
Rühl W.-Dillenburg . 371
Rühle . . . 2298
Rülf . 2587
2360
1730
322
2801
2474
1525
827
269,
Seite
1690
1049
1279
Schiller-Chicago .
Schiller J.-Paris .
v. Schiller K.-Pest
Schilling O.-Berlin-Ost-
Afrika . . t. 1343, 2476
Schilling J.F.W.-Leipzig 545,
711
Schilling R.-Freiburg 484
Schilling V.-Torgau 186,1401,
1521, 1981, 2356
902
1900
1337
1615
92,
sage .
Le Sage .
Sahli . 598,
Sainmont' . 2913
^aint-Giron . 277
Sdinz y Aja ... . 2471
Saisawa . . 483, 994, 1165
Sakobielski . 1842
Salaghi .... 1110, 1566
Salge .... 1505, 2842
v Salis .
Salle . 894,
Salles .
Salomon-Wien ...
Salomon D. Berlin
Salomon H.-Wien 1124,2014,
2139, 2819
Salomon M.-Paris . . 334
Salomonski . 2072
Salpeter . 1558
Saltykow 315, 714, 2014, 241 8
Salzer F -München 309.657,
2563
2851
1680
835
202
1290,
151,
733,
1285
207
Rütten .......
Rüge II C.-Berlin . . .
Rüge E. -Frankfurt a.O.
Rüge R.-Kiel . .
Rumpel .
Rumpf . . 377, 1282,
Runge Kiel . . 654,
Runge E.-Berlin .
Rupp . 1681
Ruppel . 2911
Ruppert . 2861
247
Rupprecht J. -Dresden
895, 1457
Rupprecht P. -Dresden
Ruska 2375, 2376, 2482
Russ . . .
Russell . . .
Russo
Rutherford
Ruttin . .
185,
1 568,
Ruzicka . 316
Ryall .
Rychlik
Ryffel .
Ryser .
17?
1795, r
2138,
Saatfeld
Saalmam
1398,
710, 768, 2128,
2296, 2353,
2687
Falzer H.-Wien .
. . . 2652
■^alzmann . . .
. . . 2196
Sambon ....
605, 2644
Samelaon . . .
2071, 2247
Sampson . . .
. . . 887
^amter ....
. . . 1231
Samuels ....
. . . 2010
Samuelson . .
. . . 2011
Samways . . .
. . . 1734
Sand .
... 98
Sander ....
1830
-andmann . .
728, 1801
Sandrock . . .
. . . 1615
^aneyoshi ...
Sanford ....
Saniter ....
1437
Saphier ....
1621, 2748
Sarauon ....
1390, 2800
Sarbö .
147, 2749
Sardemann . .
. 992
Sargnon ....
. . 1048
\ Sarnizyn . . .
. . . 2808
, Sarvonat, . . .
. 165
Sasaki 91, 263,
1502, 2667
1 Sasse A.-Kotthus . 1 167
■1 Sasse F. -Frankfurt 650, 1614,
i 2143
) Sata .
1396, 1675
1 Sato . . . . .
. . . 1110
3 Sato G.-Kiusbiu
. . . 1162
8 Sato S.-Freibu rg
. 601
6 Satta .
. 1536
5 Saudelc . . . .
. . . 2918
6 Sauer .
1219, 2701
3 Saueracker
. 1957
3 Sanerbruch 625
655, 1006,
1041,1890,1944.2019,2825
Saugmann-Daugaard . 2078
Sauphar . . . .
. . . 1013
8 Sauvage .
. 679
'0 Savage . . .
. . . 2023
1103, 1160, 1214
2636, 2741, 2799
Schäfer A. -Rathenow
Schäfer E, A -Liverpol
Schäfer Fr.- Breslau
Schaefer P.-Frankfurt
1402
Schäfer P.-Berlin 92,
1689
Schäfer P. A.-London 1181
Sc> aefer-Hieber . . . 2800
Schaeffer . 279, 2653, 2745
Schaffer . 2417
Schafir . 2418
Schantz G -Königsberg 1163
Schanz A.-Dresden . 1283
Schanz Fr.-Dresden
311, 484, 609, 732,
780, 1392
Schaposchnikow . . .
Scharetzky . 2915
Scharfe . 546
Scharlieb ... . 1968
Schattenfroh . 2195, 2250
Schatzmann . 2918
Schaub .... 76, 1505
Schaum . . 200, 1725
Schanmann 707, 835, 1246,
1293, 1344, 1345, 1400
Schauta . . . 374, 2804
Schede . 1339
Scheel . . . 1500
Scheele . 936
Scheer . 2698
der Scheer . . . 1449
Scheffer . 164
Scheibe 991, 1044, 1335,
1390, 1445, 1569, 1949
Scheidemandel . . . 1722
Scheiding . 1268
Schelble . 1342
Schelenz .... 503, 2482
Schellack . 1166
Schellenberg .... 1447
Schellong . 377
Schenck . . . 2469, 2686
v. Schenckendorff 991, 1673
Schilmann
Schiltig .
Schindler
Schinner
Schippers
Schirmer
1785,
. 2138,
715, 2136,
2192
1619
2482
2374
2140
676
609
1679
1199,
2584
1683
Schirokauer . 656
880,
1617,
1286
316
998
943
879
1951
2422
2639
E.-
F.
1865,
, 480,
800,
800,
2800
2431
2359
1347,
1844,
1104,
787
. 780
2589
. 47
2373
2590
882
200,
2434
108,
q
749
773
Schenk . . .
Schepelmann 47, 202,
544, 1014, 1787,2313,
Scherbak ......
Scherber . . . 2536,
Scherer A.-Pest 2369,
2691
Scherer F. Tsumeb
828
490.
2806
1327
2855
2688,
1566,
1620,
Schereschewsky
2013
Schern . .
Scherpf . .
Schcrschmid
Scheunert
Schewket
Schick B.-Wicn
2609
Schick F.-Königsberg
Schick S.-Wien . .
Schickele 599, 652, 65
1488
1681,
1180,
2640
1014
1399
2469
2129
2373,
1397
97
1349.
1615,2298,2799,2849,2914
.Schiedler
Schiff A.-Wien
Schiff E. Halle
Schiff E -Wien .
Schiff F.-Berlin
Schiffmann 431,
Schilder . . . .
1197,
1340,
1413
1299
1923
250
2916
1678
2136
Schirokogorow
Schischlo . .
Schistopal . .
Schittenhelm
v Sehjerning
Schkarin . .
Schklowsky .
Schlapobuski
Srhlagintweit
Giessen
Schlagintweit
München . .
Sehlasberg . .
Schlaver 63, 308,
1501, 1841
Schlecht . 35, 95,
1898
Schlee . .
Schleich .
Schleip
Schleissner
Schlemmer .
S' hlesinger A.-Berlin .
Schlesinger E.-Berlin .
217, 264, 715, 2691
Schlesinger E.-Strass-
bnrg 2300, 2360
Schlesinger F.-Berlin .
Schlesinger H.-Wien .
445, 1413, 1844, 2548,
Schliep
Schimpert 259, 654, 681, 783,
1291,1402,1758.1969,2432,
2639
Sch'ippe .... 711, 2353
Schlörs . 1783
Schl off er . 388, 1006, 1299,
2196, 2354, 2367
Schloss E -Berlin 1356, 1618
Schloss K.-Freiburg . 1841
Schlossmann Tübingen 830
Schlossmann A.- Düssel¬
dorf 285, 883, 1095, 1219,
2007, 2300, 2371
Schmauch . 2486
Schmelz . 2377
Schmerz . . . .2169, 2368
Schmey . 1220
Scbmid E . 2689
Sphmid H. H.-Prag 428, 1164,
1181,1457,1749,1788,2388,
2639
Schmid M. -Potsdam . 1342
Schmidt . 95
Schmidt Meinhard . . 1502
Schmidt-Berlin .... 833
Schmidt Ad -Halle 20, ?108,
491, 8:34, 935, 1347, 1562,
1799, 2363
Schmidt E. Würzburg . 144
Schmidt F. A -Bonn 991, 1673
Schmidt PI. E.-Berlin 654,
1215, 1448, 1903
Schmidt H.-Kew-Surrey
Schmidt J.- Frankfurt .
Schmidt J.E - Würzburg
Schmidt M.B. Marburg-
Würzburg . . 148,
Schmidt O. -Bremen .
Schmidt O.-Köln . . .
Schmidt P.-Leipzig . .
Schmidt R.-Innsbrnck
H.-Bonn . .
O-Adana .
O.- Heidel-
294
1344
2790
1845
770
770
2366
2698
1220
2029
484,
2327
1288
427
484
2686
919
2817
1616
1858
1780
2363
Seite
Schmidt K.-Prag . . . 2596
Schmidt W.-Breslau . 773
Schmidt-Rimpler . . . 151
Schmieden 81, 82, 946, 1166,
1728, 1751
Schmiedicke
Schmiedl .
Schmincke . . 949,
2704, 2761, 2865
Schmitt Artur . . .
Schmitt A.-München .
Schmitz . 93
Schmiz . 1324
Schmorl .... 1684, 2475
Schnandigel 782, 1600, 1909
Schneb 951. 1 167. 1217, 1396,
1507, 1715, 1936
Schneider . 2584
Schneider C.-Brücke-nau-
Wiesbaden . . • 2429
Schneider G.-Potsdam 1635,
1692
Schneider
Schneider
Schneider
berg .....
Schneider P. -Heidel¬
berg ....
Schneider P. - Magde¬
burg .
Schneller
Schnitzler . . . 1069,
Schnürpel . . . 1226,
Schnyder ...... 99d
Schob . 1059, 2701
Schönberg .... 96,
Schoenborn . . .715,
Schöne Ch. Greifewald
1336
Schöne Gg. Greifswald
Schöne K.-St. Peters¬
burg . . .
Schönenberg
Schöner . 1Ü4:>
Schönfeld J . 2416
Schönfeld E.-Göttingen 601
Schönfeld W.- Mann¬
heim 1302, 1789
Schoenfeld W. -Würz¬
burg . 1789
Schönffiee . 1632
Schönheimer .... 1693
Schönhof . 429
Schönstadt . 324
Schönstein . 1069
Schöpf . 1336
Schopp . 259
Scholl PI.-München 711, 991,
i 1666, 1693, 2687, 2707
Scholl E.-Erlangen . . 993
Scholz . 599
Scholz B. - Frankfurt . 2697
Scholz W.-Königeberg 1789
Schonack . 1783
Schopper . 1679
Schorlemmer .... 2011
Schossberger . . . 1283
Schott . 36, 2379
Schottelius 1063, 1506, 2440
Schottländer E.-Barmen 92,
936, 1284
Schottländer J.-Wien 428,
1339, 2371
Schottmüller .
2699
Schoug ....
Schoute .
Schrameli 264,
2249
Schramm . 602
Schrammen . 1847
Schreiber A.-Augsburg 199,
366, 479, 656, 1166, 1390,
1444, 1501, 1723, 1782,
1993, 2001, 2432, 2531
Schreiber A.-München 1274
; Schreiber Gg.-Paris . 328
' Schreiber L.-fleidelberg 1513
Schreiber P.-Magdeburg 384
1460, 2188,
1731,
661
2140
2195
1913.
tortALTS-VEKZEtCHNlS.
Seite
Schreiber II.- Berlin 1255,
1501
Schreiner . 2854
Schricker . . . .480, 939
Schridde . 826
Schröder . 2198
Schröder-Güttingen . 1789
Schröder Rostock . . 1349
Schröder R. . . . . 1725
Schröder F.-Bcrlin 373, 1165
Schröder H.-Dortmund 1788
Schröder H. -Düsseldorf 886
Schröder K. -Dänemark 2015
Schroeter . 483
v. Schrötter H.-Wien 2363
Schrottenbach .... 2479
Schrumpf 947, 949, 1004,
2473, 2627
Schuberg ... 1 109, 1450
Schubert A. -Frankfurt 145
v. Schubert E . . . .2911
Schubert G.-Beuthen 1617
Schubert M. E.-.Tena . 715
Schubotz . 541
Schübel . 206
Schück . 1692
Schücking . 446
Schüffner-Leipzig . . 328
Schüffner W.-Deli 129, 642,
1344, 1399, 1400, 2139
Schüle . 378
Schüller . 2900
Schüller A.-Wien 957, 1413,
2428
Schüller L.-Düsseldorf 2852
Schüller L.-Würzburg 36
Schürer . 881
Schürmann 994, 1046, 1903,
2637, 2915
Scbüssler .... 951, 952
Schütte . 1449
Schütz A.-Straubing . 1039
Schütz E.-Wien 1047, 1507
Schütz F.-Kopenhagen 602
Schütz J.-Wien . . . 1110
Schütz L.-Kopenhagen 602
Schütze A. -Königsberg 1729
Schütze H.-Berlin . 778
Schütze K.-Kösen 947, 2262,
2606
Schuhmacher .... 2536
Schulhof . 949
Schüller . 2195
Schulthess . 716
Schultz J. H.-Chemnitz 1573,
2193
Schultz W.-Charlotten-
burg . 4, 2510
Schultze . 1896
Schultze A . 541
Schultze L. S . 709
Schnitze E.O. P.-Berlin 1161,
1666, 1787
Schulize F. - Duisburg 544,
1339, 2369
Schultze Friedr.-Bonn 32,
36, 1467, 1510
Schultze Fr.-Frankfurt 145
Schultze H. W.-Braun-
schweig . 1785
Schultze J.H. -Chemnitz 1681
Schultze O.-Würzburg . 479
Schultze W.-Berlin . . 1562
Schulz B. ..... . 711
Schulz F. C. A.-Gum-
binnen . 2589
Schulz Fr. N.-Jena . .2512
Schumacher , . . 1956
Schumacher-Zürich . 201
Schumacher E.-Trier . 124
Schumacher J.-Berlin . 2642
Schumacher M. - M.-
Gladbach . ... 1396
Schumacher R.-Halle . 1215
Schümm 783. 897, 1066, 1220,
1461, 1853, 2756, 2757
Schur-Prag . 1357
Schur H.-Wien 1124, 1398,
1050
Seite
Schurig .... 373, 1830
Schuster P . 377
Schuster-Berlin . . . 2428
Schuster-Frankfurt . . 1797
Schuster G.- Chemnitz 154
2404
Schustrow . 1623
Schwab M.-Nürnbg. 496, 1397
Schwab M. -Berlin 657, 2742
Schwaer . 1203
Schwalbe E.-Rostock . 365
Schwalbe J.-Berlin 32, 87, 880
Schwamberger .... 1504
Schwandner . 2260
Schwartz . 1222
Schwarz . 2201
Schwarz E.-Riga . . . 2533
Schwarz E.-Tübingen
492, 1503, 2165
Schwarz G -Elbing . . 815
Schwarz G.-Wien 275, 317,
545, 2642, 2818
Schwarz H. J. -Philadel¬
phia 486
Schwarz L. -Hamburg 1902
Schwarz M.- Charkow 666
Schwarzwald 621, 1576, 2548
Schwarzwäller .... 2070
Schweissheimcr . . . 1105
Schweizer . 1286
Schwenke . . . 752, 2373
Sch wenkenbechcr 444, 894
2754
Schwenker . 35
Sehwenter . 1110
Schwerdtfeger .... 1284
Schwerin-Storoshewa . 2810
Schweriner . 2915
Schwiening . . . 309, 879
Schwyzer . . . 2302, 2678
Scott Kapitän .... 2800
Scott G. B . 887
Scott T. B . 887
Scripture . 2471
Scudder . 486
Sebardt . 1169
Secchi . 1850
Sddillot . 958
Seefelder . . . 316, 1512
Seeligmann 637, 1455, 1566,
1884, 1908, 2369
Seemann-Berlin . . . 2927
Seemann J.-München 2243
Seemann O.-Bonn . . 2586
Seenger . . . 2534
Segale M.-Genua . . . 429
Segale C.-Bonn . . ; 2586
Segelken . 2194
Sötruin . 135
Sehrt . 961, i486
Sehrwald . 430, 977, 1040
Seidel A . 1502
Seidel-Dresden .... 2246
Seif . 1233
Seifert- Würzburg . . . 2636
Seifert O. -Dresden 1226, 1227
Seiffert . 1506
Seitz-Frankfurt . . . 2545
Seitz C. -München . . 1895
Seitz L. -Erlangen 349, 1289
2240
Selberg . . . 1848
Selichowskaya-Sycz . 1623
Selig . 949
Seligmann . 429
Selka . 1222
Seil . 2198
Seilheim 372, 1290, 1291,
1456, 1563, 2266, 2298,
2369, 2432, 2638
Semeleder . 2369
Semenow .
Semkowsky
Senator . 787
Sencert
Senestrey
Senge . . 1279, 2194, 2745
Senkewicz
Seqneira
1789, 2133
. . 1624
, 2584, 2693
. . 2241
. . 1105
997
2694
Seite
Serebrenikowa .... 1678
Sdrieux-Libert .... 2254
Serkowski . 1399
v. Seufert . 950
Severin . 543
v. Seydel-München . 1777
Seydel H.-Dresden . . 1899
Seyderhelm .... 2211
Sgalitzer . 1523, 1989,2868
Shaheen . 693
Shennan . 2696
Shibayama . . . 938, 2067
Shiga . . 1344
Shimamura . 2129
Sbimazono . 268
Short . 2644
Shraga . 1796
Shukow . 2422
Shwif . 2810
Sicard . 1973
v. Sicherer . 2742
Sick C . -Hamburg -
Eppendorf .... 2009
Sick P;- Leipzig .... 898
Siebeck . 2191
Siebelt . 947
Siebenmann . ... 774
Sieber-Schumowa . . 996
Siebert . 143
Siebert W . 1400
Siebert C. -Marburg . . 1785
Siebert F.-Jena . . . 2637
Siebert F.-München . 88
Siebert K.- Magdeburg 105
Siedeberg . 605
Sieden hof . 1455
Siefart . 713
Siegel E. -Berlin . . . 2300
Siegel E.-Frankfurt . 2144
Siegel P. W.-Freiburg 2280
Siegert 385, 1407, 2374, 2378
Siegmund . 2795
Siegrist . 1513
Siemerling . . . 260, 709
Sieskind . 483
Siess . 445, 1343
Sieveking . 894
Sievers 313, 613, 659, 1676
Sievert . 1342
Sigmund . 989
Signorelli . 2801
Sigwart 1457, 2298, 2688,
2803
Silber . 2424
Silberberg . 2428
Silberknopf . 1525
Silbersiepe . 615
Silberstein-Berlin . . 1298
Sdberstein-Frankfurt . 1458
Silberstern . 1392
Sillingston . 2696
Silvestrini . 1850
Simici . 1051
Simin . 665
Simionescu . 2304
SimmondsM.-Hamburg
49, 127, 600, 619, 1460,
2435, 2859
SimmondsO.-Frankfurt
53, 223
Simon H . 2065
Simon G.-Aprath . . . 1784
Simon H. -Breslau . . 658
Simon H.Th.-Göttingen 200,
1725
Simon L.-Mannheim . 658
Simon Th.-Paris ... 87
Simonsohn . 2551
Simpson . 2023
Simpson J. W . 2644
Simpson G. C. E.-Liver-
pool . 1690
SingerCh.-England941, 1784,
2694, 2695
Singer G.-Wien 41, 1003, 2365
Singer H.-Pest .... 1564
Sioli . 1449
Sippel 373, 1678, 2226, 2312,
2000
2196,
335,
37,
1623,
222
Seite
2375
1450
2191
487
658
2691
1675
2134
2808
2251
2196
886
29 1 8
825
2298
431
1218
2130
1526
417
2915
2472
Sittig ....
Sitzen frey . .
Sivdn ....
Sivori ....
Sjövall . . .
Skalier . . .
Sklodowski
Skörczewski .
>korodumow
Skorscheban .
Skray ....
Skudro . . .
Skutezky . .
Slawinski . .
Slingenberg .
Sluka ....
Smirnotf . .
Smirnow . .
Smith R. B. -Hamilton .
Smith Th. -Boston . .
Smoler .... 371,
Snapper 1337, 2189,
Sobernheim . 2360
Sobotta 200, 257, 365, 419,
480, 989, 2795, 2817
Sochamski . 1897
f'oein . 2852
Söderbergh . 2747
Söderlunt . . . 933, 2012
Soerensen ...... 1863
Sohn . 885, 2134
Sokolowskv . . . 50, 208
Sol6 . 1909
Solger . 1570
Solieri . 2637
Sol her . 2255
Solly . 843
Solm . 1513
Solon-Yeras . 323
Solowij 826, 2247, 2639, 2746
Soltan . 2694
Soltrain . 1526
Sommer E . 1215
Sommer A.-Breslau 148, 2476
SommerR.-Giessen2480,2653
Sommerfeld-Posen . 1108
Sommerfeld P.-Berlin 602,
2300
Somogyi . 1952
Sonnenberg . 29 1 6
Sonnenberger .... 2261
Sonnenburg . . 1214, 2070
Sonnenfeld . 1163
Sonnenkalb . 1568
Sonntag-Berlin .... 1044
Sonntag E. Leipzig 203, 2354
Sorel F.-Paris .... 1048
Sorel R.-Nizza .... 1791
Soresi . 1906, 2018
Sorge . 1358, 1848
Sorgo . . . 828, 2363, 2590
Souligoux . 1860
Sowade . 1166
Souques . 958
Souttar . 887
Spaet . 1726
Spät W.-Prag ... 94, 1046
Spaeth .... 428, 1012
van Spanje . 2140
Sparmann . 2868
>patz Hugo . 1500
Speck A.-Breslau . . . 1343
Speck W.-Leipzig 376, 1277,
1881
Specht . 2749
Speleers . 2140
Spencer W. G. ... 1733
Spencer-London . . . 1906
Spengler ... 2249, 2825
Sperber . 2256
Sperk . 1300
Sperling . 205
Spiegel-München . . . 1846
Spiegel N. -Charlotten¬
burg . 1451
Spielmann . 370
Spielmeyer 30, 956, 990, 1003
Spiess G. A. -Frankfurt 1570,
1573
1399
. . . 1896
. . . 2416
. . . 1791
. 2469
1220, 1902
957, 2373
. . . 2642
. . . 2596
_ XXIX
Seite
Spiess P.-Basel .... 1679
Spiethoff . 521, 1192, 2204
Spietschka . . .
Spinner Schweiz
Spinner J. R. .
Spire .
Soirö .
Spitta ....
Spitzer E.-Wien
Spitzer L.-Wien
Spitzky . .
Spitzy . 577, 731, 733, 975
Spohr . 1919
Spooner . 485
Sprengel 830, 1161, 1264,
1490
Springer-Graz .... 781
Springer-Prag .... 2652
Springer-Rostock . . . 1280
Sprunt . 486
Spude . 1398, 1908
Spuler . 880
»samoylenko . 601, 1792
Ssemionow . 663
Ssemjonow . 1622
Ssobolew . 2248
Ssokolow 2424, 2807, 2809
Ssolowjiew . 664
Ssyrensky . 663
Stadelmann . 674
Stadler-Plauen . . , 1844
Stadler E -Leipzig . . 86
Staehelin . 264, 893, 1390
Staeubli 41, 113, 773, Iul7,
2692
Staffel . 1162
1064, 2300
831, 1460
. . . 2304
600, 1084
. . . 707
Stamm . .
Stammler .
Stanculeanu
Stange . .
Stanton .
Starck H.-Karlsruhe . 494
v. Starck-Kiel . 2025, 2026
Staroke . 2855
Sturgardt 143, 269, 1513
Starkenstein . 107
Starker . 2136
Starling . 423, 887
Staude E. F. C.-Harn-
burg ....... 1120
Staude C. -Hannover . 1728
Stauder . 1693, 2290, 2316
v. Stauffenberg . . . 2466
Staunig . 388
Stavrides . 1791
Stawsky . 2810
Steenbeck . 2698
Stefansky . 2808
Steft'eck . 2803
Steffen . • . 773
Steffens . 735
Stegmüller . 1166
Steidl . 2298
Steiger A . 1949
Steiger M.-Bern . 95, 1903
Steiger O.-Zürich 2536, 2584,
2641
v. Steimker . 371
Stein- Leipzig .... 2310
Siein A . 600
Stein A. E.-Wiesbaden 700,
945, 993, 1351, 1370, 1566,
1907, 2420
Stein B.-Wien .... 2805
Stein L.-Purkersdorf . 2196
Stein R. O -Wien 661, 730,
1222, 2537, 2691, 2918
v. Stein St.-Moskau . 828
Steinbiss . 1505
Steinegger . 1563
Steiner-Prag 256, 445, 787
Steiner G.-Strassburg 1099,
1221, 1511, 2419
Steiner M.-Berlin . . . 2699
Steiner M. -Tanger . 2194
Steiner M. Moor . . 2806
Steiner P.-Klausenburg 2431
Steiner R. -Wien 388, 939
Steinhardt . 1688
XXX
Seite |
Steinhaus ...
368
Steinheil .
1673
Steinitz .
2318
Stein mann . . 205,
771
Steising .
1535
v. Stejskal . » .
621
de Stella .
829
Stemmler .
948
Stenart .
2643
Steng .
601
Stenglein .
1726
Stenzei .
427
Stephan A.-Wiesbaden 1415,
2471
Stephan E. R.-Leipzig
1295,
1844
Stephan S.- Giessen .
2533
Stepp . . 1113, 1865,
2800
Sterling .
880
Stern C. - Düsseldorf .
546,
691, 1507, 2420
Stern E. - Strassburg .
993
Stern F.-Kiel . . . .
884
Stern H. -Wien . . .
208
Stern H.-NewYork 994,
1566
Stern K. -Fürth . . . .
2731
Stern S.-Pest . . .
603
Sternberg- Wien . . .
1844
Sternberg M .
1896
Sternberg C. - Brünn
219
Sternberg F.-Pest
2805
Sternberg W.- Berlin
712,
774, 1526, 2639, 2693
2914
Stertz .
2428
Stettiner 1233, 1560,
2374,
2816
Steudel D. O.- Afrika
1400
Steudell .
1798
Stich . 1356
2248
Sticker A .
1673
Sticker G. - Berlin 950,
1559,
1626, 1894, 1909
Stieda . 1737
, 2314
Stiefler .
. 2479
Stierlin E. - Basel
. 1343
Stierlin R.- Winterthur 2302
Stieve .
. 262
Stiftar ......
. 2807
Stiner .... 2636
, 2917
Stintzing . . . 157, 879
Stock . 710, 1687
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
1788,
Seite
2245
1842,
rat/. 259, 1457
2746
Straub Ii.-Tübingen
Straub W .-Freiburg 783, 1823,
2279
Seite
541
2873
775
1105
Stockard . 385
Stöcker A. - Zürich . . 1950
Stöcker F. -Luzern . . 1110
Stockmann . 1013
Stoeckel 1164, 1741, 2147
Stoecker W. -Breslau . 261
Stöcker S. jun -Luzern 938
Stöhr . 479
Stoeltzner ... 291, 2767
Stoerk . 445, 661, 1343
Stoffel A -Mannheim. 732,
733, 780, 781, 1365, 1512,
2013, 2353
Stoffel E. -Mannheim . 2013
Stoll . 1972
Stolper 146, 428, 544, 2432
Stolte K.-Berlin . . . 2689
Stolte K. - Strassburg . 600,
659
Stolte R. - Strassburg . 1951
Stolz . 709
Stolz M.-Graz 147, 259,
428, 2418
Stoney . 1733
Stookes . 1690
Stoppato . 1502
Storath . 325
Strangman . 677
Stransky . 2374
Strasburger J.-Breslau-
Frankfurt 894, 2187, 2241
Straßchesko . . . . 481
Strasser - Kaltenleut-
geben . 893
Strasser A. - Wien . 1675
Strassmann 1282, 2854, 2921
Strauch A.-Chicago 675, 2315,
2486
Strauch H.-Hamburg . 1853
Strauch W.-Altona . . 1789
Strauss-Berlin .... 947
Strauss A.-Barmen . . 661
Strauss F.- Stuttgart . 2354
Strauss H. -Berlin 834, 1014,
1282, 1848, 2087, 2137,
2692, 2747
Strauss M.-Nürnberg . 1683
Strazesco . 2808
Strebei . 2584
Strecker . • • 2129
Streissler . . . 781, 1559
Streit . . . 671, 774, 1571
Strempel . . . 1616, 1617
Stricker . • 659
Strisower . . 79, 331, 1913
Stritter . 1733
StröbelH.-Erlangenl008,110ö
Strobel H.-Paris . . . 1217
Ströse ... . . 372
Stroganoff . . 372, 548, 708
Strohmayer . 159
Stroink . 1903
Stromer . 480
Strome y er ...... 261
Strong . HOI
Strother-Smith ■ 94L
Strubeil 893, 990, 1055, 1117,
1513, 1673
v. Strümpell 270,2088, 2427,
2849
Struth ers . 941
v. Stubenrauch . . . 2315
Stüber .... 1114, 1585
Stuckey . 90
Stucky' . 266
Stübel . 2244
Stümpke . 546, 1489, 1789
Stuertz . 1125, 1466, 2485
Stütz- Jena . 1568
Sturm . 163
Stunock . 2644
Stursberg . 32
Stutz . 1616
Suarez de Mendoza . 323
Subbölitch . . .1795
Sudeck . 326
Sudhoff K. -Leipzig 88, 672,
1043, 1439, 2375, 2377,
2408, 2482, 2582, 2638, ,2760
Sudhoff W.-Berlin . . 2851
Süpfle . 2640
Suess . . .... 948
Suessenguth . . 204, 1515
Sugar . 657
Sogi .... 94, 206, 2010
Sugimoto . 274/
Sultan C.-Kiel . 761, 1038
Sultan G.-Neukölln . . 2588
Sulzer . 2478
Swinbrune . . ._ • •
Swoboda 1236, 1525,
Syring P.-Halle . •
Syring R. G.-Bonn 371, 2586
Szabö . 1449
Szametz ...... 265
Sz^csi . ... 493, 1952
v. Szily A.-Freiburg . 1513
v. Szily P.-Pest . 98, 1047,
1682
v. Szöllösy . 2641
v. Szontagh . . 315, 2746
Szymanowski 148, 542, 1343
Sumita . . • 144
Sundberg . 2245
Sunde .... 1047, 1112
v. Sury . . . . • • 1281
Sussmann M. -Berlin . 2249
Sussmann R. -Berlin . 1903
Sutherland G. A. . . 2695
Sutherland H . 606
Sutherland P. L. . . . 2643
Sutherland W. D. Kal¬
kutta . • • 2054
Sutton . 1957
Suzuki . 2129
Svenson . 1288
Swart . 717
Sweet . 1852
Swellengrebel .... 1344
Swenigorodsky .... 2424
Swift . 486, 1977
T.
Tachau . . . 88, 324, 1216
Taege 35, 87, 143, 366, 824,
880, 932, 2584, 2686, 2743
Takaki . 706
Takamine . 2242
Takei . 2242
Takeno . 600, 1618
Takeyoshi . 428
Tandler . 2187
Tange . • 2140
Tangl . 2131
Tannhauser . 2155
Tanon . 958, 1690
Tansini . 2538
. Tappeiner 1503, 2599, 2850
Tasawa . . 2067
Tatar . 2249
Tate . 2082
Tatlow . 940
Taub . 426
Tauber . . • .... 146
Tausk . 256
Taussig . . 2481
Tausz . 780, 824
Taute ... . 483, 2640
Taylor F. H.-Sydney . 2296
Taylor J. L -London . 88
Taylor K.-Chicago . 1851
Tedesko 108, 112, 265, 388,
2365
Tegner ....... 2689
Teichmann-Brasilien . 1400
Teichmann E. . 200, 1725
Teissier . 165, 498
Teissonier ...... 323
Teleky 219, 311, 662, 1284,
1395,1896,1897,2415
Telemann . 778
Temoin . 1860
Tenani . ■ 487
Tendeloo . 1726
Tenzer . 2692
Teoumin .... • 1342
Terebinsky . . 997, 2807
de Terra . 657
Tertsch . 621
Teruuehi . '07
Teachemacher . . . 602
Tetzner . 2136
Teutschländer .... 2639
Thalacker . 1844
Thaler .... . • 2309
Thalheim LI. -Berlin . 2589
Thalmann . 1730
Thaon . 277
Thatcher . 2644
Thedering . 2679
Theilhaber 97, 483. 1455,
1566,1842,1908,2369
Thelen . 726, 2088
Theobald . 2691
Therstappen . 1379
Thiede . 2300
Thiele -Varel ... . 1680
Thiele F. H.-England 957,
1216, 1276, 1953
Thiem G.-Leipzig . . 1730
Thiem K.-Kottbus 375, 2645
Thiemich . 259, 323, 1043,
1067, 1178
Thieringer . . 1108, 2640
Thierry . . • .... 2010
Seite
Thierec.h . . . 1059, 2872
Thiess . 259, 892
Thiessen . »99
Thilenius . 541
Thilo . • 2841
Thiroloix . . . 1079, 2029
Thöle . 189, 1782
Thörner . 1109
Thoinot . 255
Tholl . 605
Thomä . 1787
Thomas - Charlotten¬
burg . . . 1844, 2372
Thomas E.-Berlin . . 2136
Thoms . 2914
Thomschke . . . 2135
Thomson . . . 549, 2358-,
Thomson A . 2696
Thomson J. G . 308
Thorling ...._. 1727
Thorn .... 1177, 1745
Thornton . 2694
Thorsp ecken .... 1336
Thost 49, 778, 1009, 1461,
1515, 2241, 2435, 2545
Thumm .
v. Thun .
Tiecbe . . . 149,
Tiegel 944, 1397, 1728,
Tietze . . . 206, 732,
Tiger . . ...
Tigerstedt 198, 656,
2128
Tillgren . 1284
Tilmann . 2251
Tillmanns . 1214
Tilp . . . 255, 1847, 2854
Timmer ...... 2141
Timofeiewsky .... 664
Tinelli . 1169
Tintemann . . • 1282
Titze . . . 1108, 1109, 2640
Tixier . 276, 321
Tobeitz . - 2748
Tobias .... 1167, 2428
Tobler . 1043
2256
2652
1681
1941
2123
997
1725,
v. Tobold . . . 773, 1902
Todd . 886
Todyo . 1616
Többen . 1504, 1507, 1883
Toenissen . . . 325, 1114
Török . 2139
Toff . 2305, 2409
Togami . . . . • 2134
Toider . 1615
Tollens . 208
Toman . 2693
Tomasczewski .... 1507
Tood . . . 2694
Tooth . 2019
Topolanski . 2818
v. Torday . 2534
Torek . 2135
Tormin . 2261
Tornai . . ■ 1114, 2248
La Torre 1967, 2022, 2688
Toupet . . . ■ 548
Tourneux . 2538
Touton ... • 714, 772
Trassl . • 146
Traube . 1576, 2129, 2249
Traugott . . 482, 1173, 1456
Trautmann A.-Leipzig 1730
Trautmann G. -München 34,
768, 823, 866, 880, 1445,
1725, 1802, 2065, 2189,
2223, 2241, 2296, 2912
Trautmann R.- Ham¬
burg . 1463
Trebing . 2194
Treitel . 263
Trendelenburg .... 2137
Treplin . 1204
Trepp er . 1226
Treupel .... 492, 1350
Treutlein . . . 1520, 1860
Trevisanello . 487
Tribonlet .... 333. 334
Trillat . 2029
Seite
Trillmich . 427
Trinchese . . . 1045, 2013
Troell 1169, 1284, 1787,2359,
2646
Trömner E.-LIamburg 2428,
2436, 2702, 2755
Trömner E.-Marburg 1352,
1573, 2137
Troitzky . 2300
Trosarello ..... 488
Trotta . 2014
Trümmer . . • 2565
Trnmpp . 1029, 1178, 1336
Trussow . 2423
Tschagowetz . 2244
v. Tschermak . . . 2328
Tscherniacbowski . . 2067
Tscherning . 2359
Tschernorutzky . . . 2356
Tschirch ...... 2471
Tschirjew ... • 1564
Tschudnowsky .... 2282
Tsiwidis .... 600, 2191
Tsuzuki . 1221
Tubby . 2695
Tuczek . 954
Türk M. -Heidelberg . 1845
Türk W.-Wien .... 219
Tuffier . • 2241
Tugendreich G. -Berlin 1837,
2300, 2594
Tngendreich J.- Berlin 1506,
2801
Tunmann . 2471
Turan-Franzensbad . . 2365
Turan F.-Wien .... 1732
Turnbull . 1954
Turner C. G . 1070
Turner D. . . . 1735, 2696
Turner G. R . 1070
Turney ...... 1181
Turrel . 2022
Tuschinsky . 662
Tuszewski . . 2907
Tuszkai . 2432
Tweedy . 1967
Twichell . 1396
Twort . 2693
Tyovity . 1278
Tzupa . . . . 1051, 2303
2065
1676
552
153
U.
Ubbels . 2189
Ubeda y Sarachaga . . 1904
Uchermann . 775
Udaondo . 318
Udvarhelyi . . • . 1278
Uffenbeimer 34, 2595,' 2833,
2866
Uffenorde . 204, 1302,
Uffreduzzi . 482, 1615,
Ughetti .
Uhle .
Uhlenhuth 40, 546, 827, 994,
1109, 1846, 2535, 2917
Uhthoff . 1514, 2428, 2686
Ullmann . . . 108, 1469
Ulrich . 939
Umber . 2543
Ungar . 1281
Unger . . 374, 378
Unger E.-Berlin 1676,2543,
2589
Ungermann-Halle . . 1342
Ungermann E.-Berlin . 1109
Unna P. G.-Berlin . . 772
Unna P. jun.-Hamburg 2435,
2641
Unterberg . 1278
Unterberger . 2638
Urbach . 87
Urban . 1726
Urbantschisch .... 2548
Urbantschitsch . . . 774
Urechia .... 1051, 2303
Uriel . 2073
Urizio 939
1911
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
Urschütz . 2433
Ursin . . . . . 1287
Urstein . 1952
Ury . 2011
Usener . .... 2070
Uthemann . . 1345, 1837
Uthmöller . . . 000, 1107
V.
Vakulenko . 655
Valeanu .... 1050, 1051
Valenta . 541
Valentin . . . 1671, 2009
van Valkenburg . . 2128
Vallardi ... 427, 600
Vallary . 958
Valide ... 1526
Le Van Chinh-Hungd-
Yen . 2538
Vandenhoft . 1723
Vangensten ..... 88
Van-Ingen-Winter . . 2080 1
Vannod . 2476
Vaquez 893, 1565, 1962, 2530 I
Varaldo . 2192
Varvaro . 206
Vas . 2534
Vasiliu . 1050
Vatrik . 1450
Vayssiere . 655
Veale . 603
Vecchi . 91
della Vedova ... - 1792
Veiel . 2560
Veilion . 549
Veit . 654
VeiL J.-Breslau . . . 263
Veit J. -Halle 93, 1218, 1457,
1565, 1967,12024, 2079
Veit K.-Halle .... 2314
Veith A.-Nürnberg . . 1681
van de .Velde Th. H.-
Haarlem .... 713, 717
van den Velden R.-
Düsseldorf 890, 1390, 2298,
2363, 2378
Seite
Vörner . 1120
Vogel-München . . . 330
Vogel F.-Bilin .... 1326
Vogel K. -Dortmund 851
Vogel R.-Wien 716, 900, 957,
1682
Vogel W.-IIeppenheim 1636,
1692, 2805
Vogelsberger .... 708
Vogt- Aarau . . . 1514
Vogt E.-Dresden 93, 883, 937,
1 291, 1456, 1504, 1620, 1729,
1821, 2805
Vogt H.-Strassburg 323, 842
Vogt H Wiesbaden 102, 1695
Voigt J.-Göttingen . . 1638
Voigt L.-Hamburg . . 1460
Voigts . . . . 1188, 1697
Voit F.-Giessen . . . 2352
Voit W. Nürnberg . . 2762
Volhard ... . 2076
Volk . 2138,^2429, 2548
Volkmar . 1067
Voll . 300
Vollert - . 1658
Vollmer . 948
Voorhoeve . . 1336, 1337
Vorberg .... • . 1974
Vordermann . 707
Vorkastner . 1221
V orpahl Fr.-Greifswald 826
Vorpahl K.-Stettin . . 2245
Vorrhoeve . 1783
Vorschütz . .892
Vos . 2140
Voss F.-Riga . 2633
Voss J.-Leopoldshöhe 53
Voss 0. -Frankfurt 266, 1569
Vossius . 1513
de Vries-Reilingh 717, 824
Vromen . . .93
Vulpius 691, 731, 732, 776,
885, 1079, 1447, 2193, 2353
Vystavel . 431
W.
van den Velden E.-
Düsseldorf . 2190
Velican . 937
Velhagen . 2588
Veraguth . . . 1512, 2211
de Verbizier . 1790
v. Verebdly . 1277
v. Veress . 1449
Versd 1409, 1743, 2088, 2446
2475
De Vdrteuil .... 1735
zur Verth 936, 1056, 1401,
1613, 1837, 1895,2188, 2241,
2296
Vervoort .... 129
Verworn 200, jl 725, 2244, 2469
Verzpremi . 2534
Vetlesen . 1848
Viannay . 277
Viereck-Berlin . . .1617
ViereckP.-Marburg673, 1221,
2356
Vignard . 548
Vild . 1224
Vilanova . . 1225, 1904
Vincent- Val-de- Gräce . 333
Vincent-Tours .... 278
Vincent H. -Paris 277, 446,
1182, 1973
da'Vinci . 88
Violle . 549
Vischer . 1343
Vöchting . 1337
Voeckler . 2313
Voegelmann . 2853
Voelckel E.-Dresden/ / 1 833
Voelckel E.-München . 2136
Voelcker . 832,1933, 1008,
1912, *2131, 2132
Völpel . 1679
VölBch . 1067, 1464, 2702
Wachmann . 2304
Wachsner ..... 2300
Wachtel . 430
Wächter . 2068
Wacker . 993, 2097, 2674
Wade . 1968
Waeber . 1620
De Waele . 98
Wagenmann . 768
Wagner Ad . 990
Wagner A.-Neidenburg 204,
1451
Wagner A.-Lübeck 91, 543,
1397, 1620
Wagner E.-Heidelberg 151
Wagner G.-Kiel . . 457
Wagner G. A.-Wien 1124,
2308
Wagner K.-Graz . . . 2536
Wagner von'Jauregg 1159,
2195, 2692, 2749
Wahle P.-Köln .... 354
Wahle S. -Bad Kissingen 1014
Waibel . 467
Wainstein . . . 665, 1624
Wakulenko ... . 1677
Walb 602, 1398, 2691, 2805
Walbaum . . . 1280, 2027
Walcher . . 1949
Waldmann . 1216
Waldow . . . 1400, 1521
Waldschmidt .... 2795
Waldstein . . . 936, 2307
Waledinsky 258, 1622, 2810
Waliaschko . . 91, 2807
Walker . 1954
Walkhoff E.-Berlin . . 732
Walkhoff O. München 880,
2000
Wall . 1728
Wallace . 940
Seite
Wallart- Basel . . . .
Wallart .1. -St. Ludwig
259
*i. E .
Wallbaum . . .
1507
Wallich .
2021
Walter . . .
833
Walterhöf er . .
2066,
2494
Waith ard . . .
1290
Walther E. . .
1107
Walther-Paris .
1200
Walther H.- Giessen 694, 1336
Walther LI. E. -Zürich .
91
Wal ton ....
940
Walzberg . . .
v. Walzel . . .
2195
Wankel . . .
2917
Wanner ....
2072,
2636
Warnekros 1009,
1457,
1677
Warschauer .
203,
1277
Warstat ....
. 826,
1505
W arth . . .
1288
Waser ....
2535
v. Wasiliewski
1912 1
Wasiliewsky . .
1908
Wasisky . . .
2471
v.Wassermann A -Berlin 479,
1331, 1356
Seite
Weiland W.-Utrecht . 2130
Weiland W. Kiel 258, 1898
Weiler . . .
Weill E.-Frankreich
2537
W eill L.-Bad Elster
372
Weinberg 200, 710,
1620.
1908, 2583
Weinbrenner 1232,
1385
Weinert .
1542
Weinländer . . 2749,
2869
Weintraud
1620
Weir .
1953
Weis .
1916
Weiser K.-Wien .
219
Weiser M.-Dresden
1227,
2521
Weishaupt ....
1161
Weismann .
1334
Weiss-Hamburg
2859
Weiss Ed.
2471
Weiss B.-Freiburg
266
IVeiss F.-Pest . .
935
Weiss J.-Wien . . . .
2365
Weiss K. -Tübingen
2499
Weiss M.-Wien
1863,
2363
Weiss O. -Königsberg
2469.
2849
W assermann r -jVIün*
chen . 141
Wassermann M. -Mün¬
chen . 899
Wassiljewa . 1622
Wassing . . . 1731, 1790
Watermann . 2139
WaterstrpJt . 1958
Watkin . 2644
Watson Ch. . . . 1735
Watson E. M . 1223
Watson H. F . 1955
Watt . 2695
Watters . . 446
Weber 0. H . 1336
Weber A. -Berlin . . . 825
Weber A.-Giessen 1264,1307,
2552
Weber A. -Halle . . . 2232
W7eber E.-Berlin . 2190, 2191
Weber F. sen.-Jalta . 1562
Weber F.-München . 1457,
1772
Weber F. P.-London 1434,
1525, 1734
Weber H.. Dresden 212, 837
Weber H.- München 1999
Weber L. W.-Chemnitz 608,
772, 1619, 2702
Wechselmann . 932, 1309
Wechsler . 2918
Weckerle . 2065
Weckowski ... • 2691
Wedemann . 148
Wegele . 835
Wegelin . 2691
Wegener . 1 1 97
Wehner Ph.-Potsdam 2536
Wehner Ph.-Werneck 999
Wehrle . 1902
Weibel 2080, 2083, 2247,
2308, 2371/2688, 2745/2802,
2915
Weichardt . 2007, 2636
Weichert 148, 206, 1731
Weicksel . . . II 43, 1663
Weidenfeld . 2749
Weidler . 486
Weigert . 894
Weihe . 1909
Weihrauch 1047, 2687, 2747
Weil A. -Halle . 1703, 2190
Weil A.-Köln .... 1913
Weil A. -Strassburg . 1216
Weil E.-Prag . 482, 1450
Weil E.-Paris .... 276
Weil L.-München . . 2641
Weil M.-Wien . . . 957
Weil P.-Paris . 540, 2653
Weil R.-New York . 1675
Weil S.-Breslau . . . 545 I
Weiss K.-lreiburg . . 2842
Weiss R -Zwickau . 2645
Weisswange . . . 1788
Weisz E. Bad-Pistyan 430,
947, 1343
Weisz M.-Wien . . . 1413
Weitz . 2473
Weitzel . 263
Weizsäcker 1505, 1565, 2242,
2243
Welcker .... 2474, 2688
Weide . 1617
Wells . 53
Weiter .... 203, 1670
Weltmann . 388, 1284, 162' ,
1845
Welz A.-Breslau . . . 2i93
Welz A.-Frankfurt 1415,
1451
Wenckebach . . . 1962
v Wenczel ... 1278
Wendel 91, 329, 330, 383,
1067, 1176, 1462, 1801,
2070
Wenderowiö
Wenglowski
Wentscher
v. Werdt .
Werndorff .
Werner
. 2419
. . 1218
. . 1637
. 1220
732, 2368
1574
Werner F.-Riga . . . 2533
Werner H. - Hamburg . 213,
373, 739, 2485
Werner P. - Wien -583, 2308,
2587, 2744
Werner R. H. -Heidel¬
berg 601, 950, 1350, 1797,
1907, 2100
Wernöe . 2015
Wernstedt . 323, 542
Wertheim-Wien 1413, 2083,
2371
Wertheim E. -Breslau 265
Wertheimer
Werth er
v. Werthern
Weselko
Wesener
Weski
2650
. . . 1709
. . 134
. . 690
1816, 2689
778
Wesselkin . 150
Wessely A. II. - Würz¬
burg .... 1514, 2478
Wessely K. -Berlin . 498
West E. -England . , 940
West J. M. -Berlin . . 1009,
1514, 1572
West S. -London . . 676
Westenhoeffer . 1355, 1516
Westphal A. - Bonn . . 884,
1448
Westphal K. -Altona . 2008
XXXI
Wetherill . 1S52
Wetterstrand .... 1162
Weygandt 896, 1405, 2037~
2254, 2309, 2428
Whale . . . 1954, 2693
White - New- York . . 599
Withe W. C . 2696
White W. H . 1784
Whitehouse .... 2644
Whitfield . 94 t
Withman . 2694
Wicherkiewicz . . . 1453
Wichmann . . 950, 1120
Wickham . ... 2020
v. Wiczkowski . 885, 1508
Widal . 277
Widmann . 1573
Wiechowski . 498
Wiedemann A. - Strass¬
kirchen . 790
Wiedemann F. -Neu-
Ulm . 367
Wledemann G.- Erlan¬
gen . 1679
Wiedersheim ... 782
Wiegels . 1 644
Wieland E.-Basel 2372, 2476
Wieland H.-Strassburg 706
Wiemann . 1047
Wiemers . 2587
Wiener C.- München . 87
Wiener E.-Tor 995, 1957
Wiener E. -Pest . . . 2476
Wiener G.- München .1949,
2007, 2296
Wiener J. -Chicago . 1852
Wiener O. -München . 1782
Wiens . 1845
Wieringa . 2243
Wierzejewski .... 733
v. Wiese . 541
Wiesel . 546
Wiesner ..... 1222
Wieting - Kopenhagen 992
Wieting - Stambul . . 204
Wijnhausen . 2141
Wikker . 2808
Wilbrand . 1103
Wild E.-Berlin .... 2851
v. Wild . 2639
Wildbolz 933, 1725, 1963,
2310
de Wilde . 2140
Wilenko ...... 937
Wilensky . 1226
Wilheim ..... 1630
Wilke . . . 600, 989, 1970
Wilker . 1446
Wilkie . 1968
Willan . 2644
Willems . 2069
! Willführ . 1848
Williams E. M. N. . . 887
Williams F. H. -Chicago 1851
Williamson C. S.- Chi¬
cago . . 218, 1916, 1969
Williamson H . 2694
Willich . 2025
Wilms 132, 382, 713, 1117,
1283, 2473, 2861
Wilse . 2353
Wilson . 1577
Wilson Th . 940
Wimmer . . . .147, 2697
Winckel 425, 1726, 1838,2471,
2914
Winckler . 2360
Windelöv . . . 2359, 2804
Windesheim . 2235
v.Winiwarter 1124, 2306, 2913
Winkelmann .... 1636
Winkler H. -Berlin . . 1166
Winkler H. -Hamburg 2867
Winkler C. -Holland . 717
Winogradow . . . 1621
Winokurow . . 1624, 2300
Winter . 50
Winternitz . 331
Winterstein . . . 255, 2131
XXXI!
1 N H Ai-TS-V ERZE! CHN 1$ •
i9il
Seite
1279
198
1502
948
Wirtb J .
Wirth W .
v. Wistingliausen
Wiszwiansld ...
Wittek .... 1508, 1657
Wittgen .
Witt ich . l
Wittig . .
Wittmaack 774, 1519, 1568
Wittmund . 27o8
Wittrock ..-••• 11’^
Witzei . . 875, 1908, 2632
Wladyczko . 2421
Wockenfuss . -450
Wöbbecke . 660
Wölfflin . 1458
van Woerkom .... 2140
Wörner . *336
Wohlauer . . 428
Wohlgemuth . . . 1905
Wohlwill 1352, 1400, 2436,
2485, 2645
Woker . 1£4
Wolf K. . 88ü
Wolf Fr. -Dresden 424, <11
Wolf J.-Breslau . . .2199
Wolf W. Leipzig 868, 2852
Wolf W.-Würzburg . . 1393
Wolfonstein . 2231
Wolf er . 1222
Wolff G . “63
Wolif H . 2264
Wolff- Hermannswerder 713
Wolti A. - Heidelberg 1109,
1163, 1456
Wolff A. -Lemberg . 178/
Wolff B.- Rostock 94, 1789
Wo. ff E.-Frankfurt . . 781
Wolff F.-Gelsenkirchen 430,
2071
Wolff Fr.-Giessen . . 93
Wolff F. G. - Reibolds-
grün . 369
Wolff Gg. Berlin . . . 1901
Wolff G.-Göttingen . 2688
Wo'ff Gg. - Greifswald 2138,
2247
Wolff H.-Berlin824, 1902,21 15
Seite
2854
1563
2587
199
1003
185
1918
778
. 543
2587
1448,
Wolff H.-Freiburg
Wolff H. -Leipzig .
Wolff J.-Danzig .
Wolff J.-Jena . .
Wolff K.-Lichtenau
Wolff L.-Karlsruhe
Wolff H -Lüneburg
Wolff M.- Berlin
1044
Wolff P. -Berlin . . .
Wolff R.-Ilamburg .
Wolff S. - Wiesbaden
1451
Wolff W.-Berlin, 599, 1167,
2300
Wolff W.-Bd. Neuenahr 780
Wolff Eisner 430, 473, 2594
Wolff berg .... 149, 150
Wolffenstein . . 483, 2356
Wolfsgruber . . . 264, 317
Wolfsohn-Berlin . . . 2543
Wolfsohn . 1851
Wolkowitsch . . • 1163
Wollenberg . 781, 732, 1398
Wollheim . 2591
Wollin . 774
Wollsteiner . 1416
AVoloscbin .... 2637
Wolpe . 1623, 2422
Wolsa . 1565
Wolter . 2808
Wolze . 1036
Wommelsdorf .... 949
Wood H. B.-Chicago . 2591
Wood 8. W.-London . 1793
Woolwark . 939
Worms . 1048
Wortmann .... 2068
v. Worzikowsky-Kun-
dratitz . . ■ • 1846
Wossidlo . 1411, 2430, 2531
Wrede . . . 40, 830, 1855,
2861
Wright . 041
v. Wrzesniowski . . . 776
Wünzen . °49
Wüstmann . 266
Wulff-Berlin . 2748
Seite
Wulff O.-Kopenhagen 1651,
2357
Wulff P.-Hamburg.l23U, 1406
Wullstein .... 132, 733
Wunscbbeim .... 2691
Wybauw . 048
Wynter . 2694
Wyss O. sen . 1849
v. Wyss H.-München 484,
1216, 1783
Y.
Yatsusbiro . .
Ylppö .
Yokoyama . .
Yorke ....
Young A. . . .
Young Baltimore
Yukawa ....
, . 429
2136, 2161
. 601
886, 2644
. . 1734
. 2132
. 2011
Z.
Zaaijer . 882, 2638
Zabel . 547
Zacherl . . . 1790
Zack ..... 1469, 2364
Zade . 1513, 2420
Zadek . 545
Zaharescu . 43
Zahn-Heidelberg . . . 1055
Zahn A.- Freiburg 1054, 2190,
2242
Zahn Th.-Stuttgart . . 2698
Zahradnicky . 2250
Zahrt . 1685
Zak . 2747
Zalewska . 1280
Zalewski . 2456
Zaloziecki • . 1219, 1730
Zander-Dresden . . . 1175
/.ander E. jr.-Berlin . 770
Zander E -Stockholm . 893
Zander P.-Freiburg . 201
Zange . 1569, 1856
~~ Seite
Zangemeister 616, 708, 1221,
1241, 1289
Zanietowski . 051
Zanietowsky . 2428
Zappen 323, 1180, 2800, 2374
Zaretzky . 03
Zarfl . 1524, 224/
Zarnik ....... 1575
Zarzycki . . 264, 485, 1167
Zaussailow .... 1284
Zcymanowski .... 1217
Zdrawosmysslow . . . 664
Zehbe . 1605
Zehner . 40
Zehren . 2705
Zeiss H -Freiburg . . 1678
Zeiss H -Giessen . . . 1506
Zelinsky . 098
Zeller . . . 147, 372, 1108
Zöllner ....... 1002
Zeltner J. . . ... 483
Zeltner E.-Nürnberg . 1901
Zerzycki . 1732
Zesas .... 1950, 2135
Zeuner . 1785
v. Zeynek .... 107, 950
Zick . 881
Zickel .... 1951, 2077
Ziegenspeck . 1454
Ziegler HE . 1042
Ziegler A. -Basel . . . 1045
Ziegler J.-B*-rlin . . 2641
Ziegler J.-Kiefersfelden 1083
Ziegler K.-Breslau . . 1845
Ziehen . 2913
Zieler . . . 162, 1041, 1748
Ziemann . 373, 1895, 1956
Ziemendorff . . . • 2698
Ziemke . 1281, 1282, 1564
Zilinsky . 997
Zilkens . 2088
Zimbler . • 1 173
Zimmermann A.-Chi-
cago . 2547
Zimmermann A.-Ko-
burg . 2009
Zimmermann C. Mün¬
chen 367, 1613, 2415
Seite
Zimmermann H. -Halle 1229
Zimmermann H.-Salz-
schlirf . ' . 2914
Zimmermann R.-Jena 2675,
2691
Zimmern A. -Paris 950, 1275
Zimmern F. -Frankfurt 1087
Zink . 1924
Zinn . 1889
Zinserling . 2418
Zinsmeister . 999
Zinsser A.-Berlin ->45, 882,
1347, 2298, 2734
Zitronblatt . 484
Znojemsky . 1727
Zoeppritz B. -Göttingen 1456
Zoeppritz H.-Kiel 169,2758
Zografides . 42, 97, 829
Zondek 91, 259, 945, 2859
Zorn . 002
Zorochowicz . 1623
Zschucke . ... • 2137
v Zubrzvcki 92, 264, 317,
583, 600, 2915
Zuekerkandl . 1731, 236 1,
2431
Zuckermann . 2690
Züllig . 371
Zuelzer .... 1009, 2850
Zürn . 2071
v. Zumbusch . 1682, 1849,
2537, 2748
Zumsteeg . 209
Zuntz ... . 2469, 2474
Zurhelle E.-Aachen . 2746
Zurhelle E.-Bonn . . 1566
Zurhelle E. F.-Düssel-
dorf . 1 BOG
Zwaardemaker . . 2242
Zweifel E.-Jena 2013, 2308,
2804
Zweifel P.-Leipzig 936, 2298,
2307
Zweig L.-Dortmund . 31/
Zweig M.-Wien . . . 2364
Zwick . . 147, 148, 1108
Zybell . 1901
Zypkin . 1398
I
A.
III. Sach -Register.
(Die fett gedruckten Ziffern bedeuten Originalartikel.)
Seite
Ab/lerhaldensche Anschauungen, Unter¬
suchungsergebnisse und klinische Aus¬
blicke auf Grund der, und Methodik, von
Fauser . . • • •
Abderhalden scher Fermentnachweis, Tech¬
nik des, im Serum von Schwangeren,
von Schäfer . . •
Abderhaldensche Forschungsergebnisse,
Bedeutung der, für die Pathologie der
inneren Sekretion, von Münzer . . .
Abderhaldensche Methode, Diagnose der
bösartigen Neubildungen und der
Schwangerschaft mittels der, von Gam-
baroff 1644, — bei Tuberkulose, von
Jessen .
Seite
Abderhaldensche Reaktion, s.a. u. Schwan¬
gerschaft, Fermente, Schwangerschafts¬
serodiagnostik, Serodiagnostik, Abwehr¬
fermente, Dialysierverfahren, Diagno-
stik.
41 Abderhaldensche Reaktion, künstlich her-
beigefühite und natürlich vorkommende
Bedingungen zur Erzeugung der, und
1689 ihre Deutung, von Heilner und Petri
1530, 1775, Natur des bei der — wirk¬
samen Fermentes, von Steising 1535,
994 die — mit Tierplazenta und Tierserum,
von Schlimpert und Issel 1758, dia¬
gnostischer Wert der — , von Bruck
1775, Anwendung der — auf dem Ge¬
biete der Geburtshilfe, von Decio 1788,
2363 — hei Nervenerkrankungen, von Ahrens
Seite
1857, zur — , von Evler 2012, klinische
Bemerkungen zur — , von Jaworski .
Abderhaldensche Reroreaktion hei Epi-
leptikern, von Binswanger . . . . .2321
Abderhaldensche Serumprobe auf Kar-
zinom, von Epstein . . • 09.)
Abdominaltumoren, diagnostischeSchwieng-
keiten bei, von Müllerheim - • • 230/
Abdominaltyphus s. a. Typhus, Unterleibs¬
typhus.
Abdominaltyphus, Russosche Reaktion zur
Diagnose des, — von Ursin 1287, Be¬
handlung des — mit Injektionen von
nukleinsauremNatri um, von Kukowerow
undZorochowicz 1623, Leukopenie bei—,
von Kukowerow und Zorochowicz 1623,
Mandelbaumsche Reaktion beim ,
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XXXIII
Seite
von Bukowskaja 1623, Ernährungsweise
beim — , von Rajewsky 1624, Pro¬
phylaxe und Behandlung des — im
Hospital von Uesküb, von Petrovich 2752
Abführmittel, Wirkungsweise von salini-
schen, von Best 947, 1618, subkutane
Applikation von — , von Pinerua 1904,
Isticin, ein neues — , von Bennecke 2788
Abhärtung, von 8trasser . 1675
Abimpfung, Methoden der, aus Rachen
und Nase, von Streit . 671
Abdominalendoskopie, Apparat von Jaco-
baeus zur, und Thoraxendoskopie, von
Tedesko . 108
Abort, die von, ausgehende Infektions¬
gefahr und ihre Verhütung, von Wolff-
Eisner . . 473
Abort, Abortus, der kriminelle, von v. Lingen
40, Prophylaxe des luetischen — und
der Säuglingssyphilis — , von v. Szily 98,
infektiöser — der Rinder, von Zwick
und Zeller 147, Uterusperforation bei
der Ausräumung von — , von Rühl 371,
aktive Therapie des fiebernden und sep¬
tischen — , von Kasashima 372, ein¬
seitige Amaurose im Anschluss an krimi¬
nellen — , von Gjessing 551, künstlicher
— aus rassehygienischen Gründen,
von Bayer 1044, Behandlung des in¬
fizierten — , von Traugott 1173, exspek-
tative Behandlung fieberhafter — , von
Benthin 1456, Pyaemie nach — , von
Kraus 1576, Bakteriologie und Therapie
des fieberhaften — , von Bjoerkenheim
1678, Behandlung des fieberhaften — ,
von Warnekros 1678, tentamen provo-
candi — deficiente graviditate, von Lie¬
beck 1729, von v. Neugebauer 1729, von
Hammer 2803, kriminelle — , von Peukert
798, der fahrlässige — , von Hegar 1951,
Behandlung des fieberhaften — , von
Bentlein 2010, intrauterine Behandlung
der Infektionen post — und post partum,
von Polak 2079, Einwirkung des Tuber¬
kulin auf den — Tuberkulöser, von Weih¬
rauch 2687, — spontan eus praeterna¬
turalis, von Bublitschenko 2688, — bak¬
teriologische Untersuchungen beim fie¬
berhaften — , von Werner . 2744
Abortbehandlung, von Hammerschlag . . 1298
Abortivversuch, krimineller, von Zweifel . 2013
Abortusbazillus, von Zwick und Wede-
mann . 148
Abortustherapie, von v. Mibälkowics und
Rosenthal . 1788
Abortuszange, neue, von Herzberg . . .2120
Absorptionstafel für Radium- und Meso¬
thoriumbestrahlung, von Weckowski . 2690
Absprengungsfrakturen der Tibia, von
König . 143
Abstraktionsprozess,zellularphysiologische
Grundlagen des, von Verworn . . . 2244
Abtr eibungs versuch, krimineller, von Kropb
1 124, Verletzung der H ar nblasenschleim-
haut durch — . von Frask . 1847
Abwässer, Gutachten über, von Fränken,
Keller und Spitta . . . 1902
Abwässerbeseitigung, Gutachten über 1220,
— bei Einzel- und Gruppensiedelungen,
von Thumm .... 2256
Abwässerfrage, die, von Rohland . . . 2752
Abwässerreinigung, neueres Verfahren der,
von Abel . 1014
Abwehr, zur, von Stoeltzner . 2768
Abwehrfermente s. Fermente, Abderhal-
densche Reaktion etc.
Abwehrfermente, Studien über die Spe¬
zifität der — , von Lampö und Pa-
pazolu 1533, von Frank, Rosenthal
und Biberstein 1594, von Lampb und
Fuchs 2112, von Mayer 2906, — im
Blutserum Schwangerer und Wöch¬
nerinnen, von Abderhalden und Fo-
dor 1880, zur Kenntnis der Spezifität
der — , von Abderhalden und Schiff
1 923, Organspezifität der proteolytischen
— , von Fuchs 2230, — des tierischen
Organismus, von Abderhalden 2240,
Nachweis der — im Blutserum bei
Seite
Schwangerschaft und gynäkologischen
Erkrankungen, vonTschudnowsky 2282,
Einfluss des Blutgehaltes der Substrate
auf das Ergebnis der Prüfung auf spe¬
zifisch eingestellte — mittels des Dia-
lysierverfahrens, von Abderhalden . . 2774
Abwehrfermenttheorie, von Rollmann . . 2641
Achillessehne, Ruptur der — , von Jeru¬
salem 1523, Verknöcherung der — , von
Meyer . ... 1619
Achsel- und Rectaltemperatur, von Lipp-
mann . 1848
Achsenzylinder, Degeneration und Rege¬
neration der — in vitro, von Ingebrigtsen
1223, 2265
Achylie, anämische Zustände bei der chro¬
nischen — , von Faber 1111, 1221, die
— gastrica in ihrer Bedeutung für die
Krebsdiagnose, von Schorlemmer 2011,
Pathogenese und Behandlung der —
gastrica, von Albu . 2364
Acido-test-Kapseln . 2818
Acrodermatitis atrophicans, von Ehrlich
554, — chronica atrophicans progressiva,
von Zieler . 1748
Activation, artifical, of the growth in vitro
of connective tissue, von Carrel . . . 198
Adalin als Antidiarrhoikum, von Philipp-
son . 1014
Adamantinom, von Sick 1409, primäres —
der Tibia, von Fischer . 1450
Adamon bei den Reizzuständen der akuten
Gonorrhöe, von Treitel 263, Wirkungen
des — , von Frank 542, von Junger 2693,
Behandlung klimakterischer Störungen
mit — , von Oppenheim . 1343
Adams-Stokessche Erkrankung, Herz bei,
von Hochhaus . 1627
Adams-Stokessche Krankheit, von Pick . 1114
Adams Stokessches Syndrom, von Sperk 1300
Addisonsche Krankheit, von Hegener 326,
Fall von geheilter — , von Teschemacher
602, — und Schwangerschaft, von Vogt
1291, 1821, zur Kenntnis der — , von
Löwy . 1337
Adenitis, Radiotherapie der tuberkulösen
— , von Chelaru . 44
Adenoide Wucherungen, Behandlung von
und vergrösserten Tonsillen ohne Ope¬
ration, von Stenart . 2643
Adenoma sebaceum, von Hauck .... 837
Adenomyomatose, subseröse, des Dünn¬
darms, von de Josselin de Jong . . 600
Aderlasstherapie bei Polyzythämie, von
Wagner 408, von Hörder . 568
Adhäsionen, peritoneale, von Payr 2601,
intraabdominale — kongenitalen Ur¬
sprungs, von Gray und Anderson . 2693
Adhäsol Dreuw, . 1838
Adigan, von Fränkel und Kirschbaum . 939
Adipositas dolorosa, von Gerhardt 106,
von v. Starck 2026, — cerebralis in ihrer
Beziehung zu den Hypophysistumoren,
von Gordon 208, — hypophysarea,
von Bauer und Wassing 1731, — uni-
versalis, von Kastan . 2864
Adnexe, Technik der Exstirpation ent¬
zündlich erkrankter, von Beuttner317,
sog. eingeklemmte Hernien der — , von
Mathey . 882
Adnexerkrankungen, die, von Hannes . 2070
Adnexgonorrhöe, spezifische Diagnostik
und Therapie der weiblichen , von
Neu . 1163
Adnexschwellungen, alternierende, von
Ries . 1522
Adnextuberkulose, Infektionsweg bei der,
von Keller . 1615
Adrenalin s. a. Vergiftung.
Adrenalin, Wirkung von, bei Nephro¬
pathien, von Hess und Wiesel 546,
Kombination von — und Hypophysin,
von Houssay 773, Wirkungen von —und
Pilokarpin am vegetativen Nerven¬
system, von Sardemann 992, Wirkung
des — auf die Atmung, von Fuchs
und Roth 992, — und Pituitrin bei
Dysmenorrhöe, von Klein 1163, — und
Wärmehaushalt, von Hirsch 1561, — bei
Seite
Vergiftungen mit nicht ätzenden Sub¬
stanzen, von Jona 1733, Wirkung des
— auf den Respirationsstoffwechsel,
von Fuchs und Röth . 2133
Adrenalinbestimmung im Blut, von Adler 1221
Adrenalindiabetes, Ursache des, von
Wilenko .... . 937
Adrenalin einspritzungen, Eierstockverän-
derungen infolge wiederholter, von
Varalrlo . 2192
Adrenalinglykosurie, Vermeidbarkeit der,
durch Nikotin, von King . 258
Adrenalininjektion , entzündungshemmd.
Wirkung subkutaner, von Januschke 1682
Adrenalsystem, Hypoplasie des, bei töd¬
licher Atonie, von Mansfeld . 1349
Aeronom . ... 2415
Aerzte s. a. Arzt, Amtsärzte, Armenarzt,
Badeärzte, Bahnärzte, gerichtsärztliche
Untersuchungen, Gewerbearzt, Kran¬
kenkassen, Krankenhaus-Aerzte, Land¬
ärzte, Mantel vertrag, Militärärzte, Muster¬
verträge, Ortsärzte, Schulärzte, Standes¬
organisation, V ertragskommission.
Aerzte , Einigungskommission zwischen
hamburgischen — und Krankenkassen
45, Praxis ausländischer — in Deutsch¬
land 53,279, Organisation der Schweizer
— 152, Verhältnis der — zu den Kranken¬
kassen 279, 390, wirtschaftliche Orga¬
nisation der — Wiens 279, Zahl der
— Oesterreichs 447. der Gewerkschafts¬
kampf der deutschen — , von Plaut 711,
und gemeinnützige Unternehmungen,
von Pürckhauer 820, von Goetz 1097,
von Scheiding 1268, von Staudler 1301,
Kraftfahrervereinigungen Deutscher —
1072, von — und über — , von Nassauer
1104, Dichotomie unter — , von Nassauer
1153, Kampf der — Niederösterreichs
mit den Krankenkassen 1171, Organi¬
sation der englischen — 1583, ameri¬
kanische — in München 1583, Praxis¬
ausübung durch in Deutschland nicht
approbierte - — 1636, — und Kranken¬
kassen 1917, der Vertrag zwischen —
und Krankenkassen in Bayern 2029,
2031, 2151, 2380, Aussichten für — in
Deutsch- Ostafrika 2029, Konflikt zwi¬
schen — und Krankenkassen in Bres¬
lau 2094, Einigung der pfälzischen —
2094 , Beziehungen zwischen — und
Krankenkassen in Berlin 2142, 2151,
2207, 2383, Konflikt zwischen — und
Krankenkassen in Rheydt 2151, Tuber¬
kuloseerkrankung bei — und Kranken¬
pflegepersonal 2206, die sozialhygieni¬
schen Aufgaben der — , von Lewan-
dowsky und Sonnenberger 2261, Melde¬
wesen der — beim Wohnungswechsel
2290, Lage der Verhandlungen von —
und Kassen im Reich, von Mainzer 2316,
Grundsätze für Verträge zwischen —
und Krankenkassen 2317, Verhand¬
lungen der — n it den Kassen in
Baden 2318, 2551, 2655, 2710, weibliche
— im alten Rom von v. Hovorka 2375,
Abbruch der Verhandlungen zwischen
— und Krankenkassen 2381, 2383, Reso¬
lution der Breslauer — 2436, Stellung
der Berliner mediz. Gesellschaft zum
gegenwärtigen Kampf der deutschen
— 2594, 2647, Resolution des Nürn¬
berger Bezirksvereins zum Kampf der
— 2597, Stellung der Tagespresse im
Kampfe der — 2599, die „von ausser¬
halb zuziehenden“ — in Breslau 2647,
2655, Grundsätze für die Neuregelung
der Beziehungen zwischen Kranken¬
kassen u. — in Berlin 2647, Lage des K on -
fliktes zwischen — u. Kassen 2655,2870,
2871, 2927, der Kampf der deutschen —
mit den Krankenkassen 2708, 2709,2710,
2820, Verteilung des staatlichen Pau¬
schalbetrages an die — Oesterreichs
2813, ungehöriger Beschluss der — Vil¬
lachs 2813, die klinischen — als Staats¬
beamte 2813, Sympathiekundgebung
der Gesellschaft für Natur- und Heil-
XXXIV
INHALTS-VERZEICHNIS.*
1913.
>- • ^ • Seite 1
■- künde in Dresden zum Kampf der deut¬
schen — 2822, Kundgebung der — der
Dresdener Krankenanstalten 2822,
Stellung der Schweizer — zum Kampfe
der deutschen - 2928, Stellung der baye¬
rischen Bezirks vereine zumKampf der — 2927
Aerzteausschuss von Gross-Berlin .... 180-5
Aerzteheim in Marienbad . ^ • Hl
Aerztokammer für Elsass-Lothringen 1 19,
Errichtung einer — in Hessen 820,
84G, Verhandlungen der bayerischen —
im J. 1912 848, das erste Vierteljahr¬
hundert der preussischen — , von
Kaestner 1097, Demission der steier¬
märkischen — 1171, — in Baden 1527,
Sitzungen der bayerischen — 2599, die
Verhandlungen der bayerischen — vom
Jahre 1913: 2873, Einladung der — zu
offiziellen Gelegenheiten . 2876
Aerztekammerausschuss, preussischer 391,
Stellung des — zum Konflikt der
Aerzte mit den Kassen . 2871
Aerztekammertag, XIX. österr., in Lemberg 2813
Aerztekonflikte in Berlin 2439, 2647, —
in Rathenow 2436, — mit der Berliner
Strassenbahn . 2493
. . • . 1583
Seite
846
2550
2437
2207
2251
1831
2191
352
1560
Aerztekongress, allrussischer ... • .
Aerzteordnung und Gesetz über die Er¬
richtung einer Aerztekammer und ärzt¬
licher Ehrengerichte in Hessen 820,
Aerztetag, Deutscher 447, Durchbrechung
der Beschlüsse des Stuttgarter — 566,
• der 39. Deutsche — in Elberfeld 1526,
1578, ausserordentlicher — in Berlin
2383, 2438, 2489, 2493, 2495, 2549,
Aerztevereine, Eintragungsfähigkeit der .
Aerzte vereinsbund, Geschäftsausschuss
des Deutschen 790, . ... .
Aerzteversammlung, allg. österreichische
Aerztevertretung bei offiziellen Gelegen¬
heiten . 2599
Aerztliche Berufstätigkeit, zur Frage der
gesetzlichen Bestimmungen für die,
von Fiessler .
Aeskulin s. u. Zeozonpräparate.
Aethernarkose, intravenöse, von Beresne-
gowsky 39, intravenöse — und Isopral-
— , von Graef 658, 1178, Bronchitis nach
— , von Smith-Hamilton . 1526
Aetherschwefelsäure, Bildungsstätte der,
im Tierkörper, von Lade .
Aethertropfnarkosen nach vorheriger In¬
jektion von Pantopon- Atropinschwefel¬
säure, von Kisch .
Aethylalkohol, Giftigkeit des, von Lang-
gaard . .
Aethylchloridnarkose, Verwendung der, in
der Hals-, Nasen-, Ohrenpraxis, von F alk 1792
Aethylhydrokuprein, von Leber 1514, —
bei Pneumonie, von Parkinson 2262,
von Lennö . 25^5
Aetzgeschwüre nach Wasserglas, von Perutz 42
Affektionen, extrapyramidale, motorische,
von Monrad-Krohn . 1111
Aff ekt3törungen , von Frank ...... 1044
Afterbandage, praktische, künstliche, und
Mastdarmvorfallbandage, von Decker
Agglutinationsphänomen, Bedeutung des
Komplementes für das, von Bayer . .
Agglutinine, Bildung spezifischer, von
Przygode 1222, Einwirkung der Rönt¬
genstrahlen auf die — , von Fränkel
und Schilfig . .
Agobilin 1838, — zur internen Behandlung
des Gallensteinleidens, von Runck
Aguilar Prof. Dr. f . 1752
Aguma, ein neues Eiweisspräparat aus der
Sojabohne, von Kafemann . 2438
Ahlfeld, zum 70. Geburtstag von F., von
Riel ander .
Akademie, Reform der militärärztlichen,
in St. Petersburg 888, 2073, preussische
— der Wissenschaften 1239, 2600, —
für praktische Medizin in Posen
Akanthosis nigricans, von Klein 2693, Be¬
ziehungen der — zu malignen Tumoren,
von Porias . 2693
Akkommodationsmechanismus des Auges
für die Ferne, von Bocci . 2242
700
38
1619
“. 2494
2346
. 2151
Akne, Behandlung der, vulgaris mit Rönt¬
genstrahlen, von Baumm ..... 833
Aknebazillus, Züchtung des, aus Kome-
donen, von Benians . 2694
Akromegalie s. a Frühakromegalie.
Akromegalie, leichter Fall von, von Godar-
danhieux 98, Dystrophia genito-adiposa
und — , von Winkler 717, — nach
Kastration bei einer erwachsenen Frau,
von Goldstein 757, Radiotherapie bei — ,
von Beclere u. Jaugeot 950, Hypo-
phvsenveränderungen bei — , von Poin-
decker 1110, Fall von — , von Krauss
1520, zur Kasuistik der — , von Heinicke
1565, Schwangerschaft und — , von
Kalledey 1678, — mit Diabetes melli-.
tus, von Fink 2305, zur Lehre von der
— , von Reinhardt u. Creutzfeldt 2475,
— u. Ovarialtherapie, von Bab . . . 2541
Aktinum X . ^ 831
Aktinochronometer, von Ileusner .... 1688
Aktinomykose s. a. Kieferaktinomykose.
Aktinomykose, Röntgenbestrahlung der,
von Levy 314, von Magnus 1122, gene¬
ralisierte — , von Schmorl 1684, — der
Speicheldrüsen, von Söderlund 2012,
Organe eines Falles von — , von Versd
2088, durch Neosal varsan geheilte — , von
Plöger 2092, — der Leber, von Seenger
2534, durch subkutane Jodipininjek-
tionen geheilte — des Halses, von
Bittner u. Toman ......... 2693
Akustik, allgemeine, und Mechanik des
menschlichen Stimmorgans, von Muse¬
hold . . . 2414
Akustikustumor, von Ranzi . 1299
Akzessoriuslähmung durch Stichverletzung,
von Kaiser . . 2747
Albuminimeter, neues, zur sofortigen quanti¬
tativen Eiweissbestimmung, von Jonass
und Edelmann . • 2537
Albuminurie, experimentelle, mit Nephritis
infolgevonImmobilisation,vonAmerling
258, lordotische — , von Gasbarrini 265,
Einiges über — etc., von Schellong 377,
Pathologie derlordotischen — , von Dietl
431, orthostatische — , von Jehle 445,
orthotische — und ihre Beziehungen zur
Tuberkulose, von Arnold 458, von Sturm
763, von Zieler 1041, Bedeutung der —
in der Schwangerschaft, von Siedeberg
605, zur Lehre von der orthostatischen
— , von Gomolitsky 825, Beziehungen
der orthostatischen — zur Tuberkulose,
von Reyher 1448, Bence-Jonessche — ,
von Kimmerle und Schümm 1461, —
neugeborener Kinder, von Heller 1505,
Zusammenhang zwischen orthostati-
scher und Lungentuberkulose, von
Winogradow und Raschba 1621, — der
Kinder, von Hayashi 2010, orthostatisch-
lordotische — und Tuberkulose, von
Jagic 2195, die sog. physiologische —
vom militärärztlichem Standpunkt, von
v. Hecker 2301, Beiträge zur Frage der
— , von Jehle 2372, Bedeutung der —
während der1 Schwangerschaft, von
Williamson 2694, Beitrag zum Studium
der gutartigen — , von Veil .
Alcock Prof. Dr. f . •
Aldehydreaktion, Technik und klinische
Verwertung der Ehrlichschen, von Gross¬
mann .
Aleudrin, von Gutowitz 110, spezifische
Indikationen des — , von Burchardl283,
Wirkung des — , von Langguard . . .
Alexander-Adams, mit Tuberkelumschnitt,
von Zickel 1951, 100 Operationen nach
— , von Rissmann 2010, zur — , von
Mendes des Leon . . 2804
Alkaloide, Nachweis von, in der gericht¬
lichen Medizin, von Cattani .... 602
Alkaloidsalz, Wirkung von Basen und basi¬
schen Salzen auf, von Traube .... 2129
Alkohol und Homosexualität, von Deutsch
264, Einfluss des — auf die Keimzellen
und die Embryoentwicklung, von
Stockard und Craig 335, Nachweis von
— in der Spinalflüssigkeit, von Schümm
2525
49
544
2624
37
2598
1399
1220
2717
1528
374
2535
Seite
436, — und Infektionskrankheiten, von
Ewald 779, Fahrlässige Tötung durch
Verabreichung von — 790, Wirkung
von — auf die antigenen Eigenschaften
von Pferdefleischeiweiss, von Kodama
1164, — und Schule, von Hecker 1358,
Einfluss des — auf die Resistenz der
roten Blutkörperchen, von Tasawa 2067,
— und akademische Gerichtsbarkeit
2439, zur Geschichte des — , von Ruska
2482, — und Verbrechen in Bayern,
von v. Henfig .
Alkoholdelirium, von Nonne ......
Alkoholdesinfektion, über die, von Ozaki
Alkoholentziehung, Ureabromin bei der,
von Bufe .
Alkoholforschung, experimentelle, von
Bischoff ... .
Alkoholforschungsinstitute, von Laquer
2598, Aufruf zur Errichtung eines deut¬
schen — .
Alkoholfreie Getränke, von Hesse . . .
Alkoholgehalt der Spinalflüssigkeit und des
Blutes, von Schümm und Fleischmann
1066,
Alkoholinjektionen, funktionelle und hi¬
stologische Veränderungen nach, in
Nervenstämme und Ganglien, von May
604, — ins Ganglion Gasseri bei Tri¬
geminusneuralgie, von Loevy 994, die
Hyoszin-Morphiumanästhesie bei den
— wegen Neuralgie, von Harris 1955,
— bei Trigeminusneuralgie, von Flesch 2548
Alkoholismus, s. a. Eugenics Laboratory
Memoirs.
Alkoholismus, Bauch deck enreflexe be i chro¬
nischem, von Sauer 1219, Differential¬
diagnose zwischen den syphdogenen
Erkrankungen Tabes und Paralyse und
dem — chronicus, von Pflüger 1220, die
sozialen Bestrebungen zur Verhütung
des — chronicus, von Warth 1288, — ,
Schwachsinn und Vererbung, von Wil-
ker 1446, wissenschaftliche Vorträge
über — in München 2319, Wirkung des
chronischen — auf die Organe des
Menschen, von Berthold . 2850
■ Alkoholoperationshandschuhe, von Koz-
lowski . 1563
Alkoholpsychose, chronische, von Cursch-
rnann .
Alkoholseifenpräparate, Desinfektionswir-
kung von, von Süpfle ...
i Allergie, nichtproteinogene, von Hift 2195,
I Allgemeininfektion, septiopyämische, von
Rössle 2862, Gonokokken- — , von Rössle
Allgemeinnarkose, die, von v. Brunn 1389,
von Grunert . . • • ■ ■ 1559
Almatein, Heilerfolge mit, von Fiertz . . 994
Alopecia areata, pathologisch anatomische
Wesenheit der, von Terebinsky 997,
das Anfangsstadium der — atrophicans,
von Dreuw . 2589
Alqui 4-Alexandersche Operation, Wert der,
von Rüder . .••••.•
Alternation und Perseveration im psychi¬
schen Geschehen, von Bickel ....
Altersprobleme gewerblicher Hygiene, von
Teleky . 1897
Altersstar, Genese des grauen, von Gebb
1513, nichtoperative Behandlung des
— , von Meyer-Steineg . 2478
Altersveränderungen des Skeletts , von
Grashey . . - . 7/8
Altsalvarsanlösungen, Injektion konzen¬
trierter, mit der Spritze, von Dreyfus
Aluminii Liqu. acetici, Wirkung des, von
Kühl .
Aluminium, chlorsaures, von Widemann
790, — lacticum, von Perutz . I26E
Alvarengapreis . 447,
Alveolarluft, Kohlensäurespannung der,
bei Diabetikern, von Straub . . . ... 1105
Alveolarpyorrhöe, Radiumemanation bei,
von Dautwitz . • 1222
Alypin, Toxikologie, des, von Schröder
1789, — in der Rhino-Laryngologie,
von Steiner . . • • • 2806
Alzheimersche Krankheit, von Spielmeyer 990
2761
2640
2420
2862
305
1511
2333
1902
1472
2439
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS
XXXV
Seite
Amberholz, hautreizende Wirkung des, von
Nestler . 368
Ambidextriebewegung, die, von Herder¬
schee . 2140
Amblyopia, Augenspiegelbefund bei, ex
anopsia und Schielen, von Wolffberg 149
Ambulanz, belgische, während des Balkan¬
krieges . 2752
Ameisensäure, zur Toxizität der, von Ep-
pinger 603, Bildung und Ausscheidung
der — , von Strisower . 1013
Ameisensäurevergiftung, von Lutz . . . 2854
Amentia, die, und ihre Beziehungen zur
Dementia praecox und zum manisch-
depressiven Irresein, von Stransky . 2374
Amenorrhöe, Behandlung der, von Zoep-
pritz . 1456
Amerika s. u. Nordamerika.
Amerika, allgemeine Eindrücke von, ge¬
legentlich der 14. deutschen ärztlichen
Studienreise, von Galli 139, von Jacobi
624, ärztliche Reklame in — , von Galli
903, von Jacobi 1 127, deutsche ärztliche
Studienreise nach — , von Gebele . . 203
Amerikanismus, ein neuer, in der Medizin,
von Crämer 251, 392, von Brosch und
v. Aufschnaiter . 392
Amidoazotoluol, Behandlung von Brand¬
wunden mit, von Beilatzky .... 2808
Aminosäuren , Schicksal von in den
Magendarmkanal eingeführten, Amino¬
säuregemischen, Peptonen und Pro¬
teinen, von Abderhalden und Lampe 2191
Aminosäurenausscheidung, von Damask 1447
Ammen, Behandlung der Wassermann-
schen Reaktion, bei der Verwendung
von, von Wesener . 2689
Amnioswasser, Herkunft des, von Woltf 1789
Amoebendysenterie, Behandlung der, mit
Emetin, von Baermann und Heinemann I i 32
Amoebenkrankheiten, subkutane Emetin¬
injektionen bei, von Roepers 604,
Wirkung des Emetin bei — , von Dopter 1630
Amol . 1840
Amphotropin . 935
Amputatio, osteoplastische epiphysäre,
tibiae sub genu, von Franke 258, Tech¬
nik des beweglichen Stumpfes bei — ,
von Slawinski 825, intrauterine — des
Oberschenkels, von Küster 1617, Ver¬
änderungen des Blutes und der blut¬
bildenden Organe nach — und Exarti¬
kulationen, von Schaab 2355, — inter-
scap ul o thoracica, von Wilms .... 2861
Amtliches : Oberpolizeiliche Vorschriften
über die Feuerbestattung (Bayern) 54,
die Verhandlungen der Aerztekammern
im Jahre 1912 betr. (Bayern) 848, Medi¬
zinische Reisestipendien für 1913 betr.
(Bayern) 1584, Prüfung für den ärztli¬
chen Staatsdienst 1913/14 betr. (Bayern)
1864, Anstellung der Staatsärzte betr.
(Baden) 2032, Bekanntmachung zum
Vollzüge der Reichsversicherungsord¬
nung (Bayern) . 2712, 2823
Amtsärzte, Aus- und Fortbildung der oester-
reichischen . 2426
Amylazeen, Verdauung der, von Ehrmann
824, von Ehrmann und Wolff .... 824
Amyloid, lokales tumorförmiges, vonSchön-
hof . 429
Amyloidkranke, Verteilung des Stickstoffs
in den ßerösen Ergüssen der, von Zack 2364
Anämie s. a. Schulanämie.
Anämie, Thorium X bei perniziöser, von
Prado-Tagle 40, Salzsäurebehandlung
bei perniziöser — , von Croftan 41,
Rückenmarkdegenorationen bei perni¬
ziöser — , von Lenel 260, Bekämpfung
der — durch Injektionen von d* flbri-
niertem Menschenblut, von Zubrzycki
und Wolfsgruber 264, die — des
Säuglings, von Tixier 321, die —
alimentären Ursprungs, von Czerny
322, — splenomegalica durch Fragilität
der roten Blutkörperchen, von Armand-
Delille 322, Eisenbehandlung der post¬
hämorrhagischen — , von Armand-
Delille 322, Aetiologie der chloro tischen
Seite
— , von Armand-Delille 322, infektiöse
akute — beim Kinde, von Ribadeau-
Duma 322, Behandlung hochgradiger
sekundärer — durch intramuskuläre In¬
jektionen von defibriniertem Blut und
Eisenammoniumzitrat, von Kowler 431,
Brennen auf der Zunge als Frühsymp¬
tom perniziöser — , von Zabel 547,
pseudoleukämische — Jaksch-Hayem,
von Rodler-Zypkin 561, posthämor¬
rhagische — , von Rodler-Zypkin 561,
Zungenveränderungen bei perniziöser
— , von Matthes 617, sauerstoffarme
Luft bei — , von David 881, Einfluss
chronischer experimenteller — auf
den respiratorischen Gaswechsel, von
Eberstadt 993, Huntersche Zungen¬
veränderungen bei perniziöser — ,
von Matthes 1001, luetische perni¬
ziöse — , von Weicksel 1143, 1663,
Genese der kryptogenetischen perni¬
ziösen — , von Lüdke u. Fejes 1216, Be¬
handlung perniziöser — mit Thorium¬
strahlen, von Park 1223, intravenöse
Injektionen von Menschenblut bei der
Behandlung schwerer — , von Weber
1307, hämolytische — mit herabgesetz¬
ter osmotischer Erythrozytenresistenz,
von Gaisböck 1337, Splenektomie bei
perniziöser — , von v. Decastello 1357,
mit intravenösen Thorium -X-Injek-
tionen behandelte perniziöse — , von
Park 1358, aregenerative — , von
Schilling 1401, Bluttransfusion bei — ,
von Schmid 1457, Wirkungsmechanis¬
mus des Arseniks bei — , von Saneyoshi
1561, zur Pathologie der perniziösen
— , von Ewald und Friedberger 1566,
1789, Veränderungen des Zentral¬
nervensystems bei perniziöser — , von
Lube 1619, Erkrankungen des zen¬
tralen Nervensystems bei der Bier-
merschen — , von Dinckler 1843,
Beziehungen der — zur Achylie und
Gastritis, von Faber 2076, zur Therapie
der schweren — , von Winchsheim 2235,
Biermersche — , von Dinkler 2378,
Milzexstirpation bei perniziöser — , von
Huber 2434, Wucherung myeloblasten¬
ähnlicher Elemente in den Lymph-
drüsen bei perniziöser — , von Nicol
2472, Aetiologie der perniziösen — ,
von Pilcher 2591, Behandlung der per¬
niziösen — , von Bram well 2643, Chole¬
sterinbehandlung eines Falles von —
splenica des Kindesalters, von Cantieri
2749, Serumtherapie der — , von Massa-
longo und Gasperini 2750, schwere
akute — durch Malaria, von Quadri
2751, Blutbefunde in den Remissions¬
stadien der perniziösen — , von Brö-
samlen 2801, schwere — mit Herder-
scheinun gen im Gehirn, von Knoch 2804,
Milzexstirpation bei perniziöser — , von
Ranzi 2819, Splenektomie bei perni¬
ziöser — , von Eppinger 2819, Klinik der
— , von Lazarus .
Anaerobenzüchtung, Vereinfachung der,
von Lindemann .
Anästhesie s.a.Extraduralanästhesie, Lokal¬
anästhesie, Novokainlösung, Kältelei¬
tungsanästhesie.
Anästhesie des N. ischiadicus, von Ba-
bitzki 482, 826, die regionäre — , von
Rood 886, Kuhlenkampffsche — , von
Babitzki 827, von Kulenkampff 1339,
von Többen 1883, Bedeutung der —
für den Verlauf von Laparotomien,
von Finsterer 2195, die — in der
Chirurgie der oberen Luftwege, von
Nasta und Wachmann . 2304
Anästhesierung der unteren Extremität,
von Keppler . 1161
Anaphylaktische Erscheinungen, Einfluss
des präventiven Klystiers auf die, von
Laganä . 2750
Anaphylaktischer Symptomenkomplex im
Röntgenbild, von Schecht und Weiland 1898
Anaphylatoxin s.a. Bakterienanaphylatoxin .
Seite
Anaphylatoxin, Einfluss der Leukozyten
auf das, von Spät 1046, — , Peptotoxin
und Pepton in ihren Beziehungen zur
Anaphylaxie, von Besredka, Strobel
und Jupille 1217, das in vitro darstell¬
bare — , von Dold und Aoki 1217, von
Zade 2420, Bedeutung des — für die
Pathologie, speziell des Auges, von
Dold und Rados 1848, Beziehung des
— zu den Endotoxinen, von Dold und
Hanau 2636, die Abspaltung von — aus
Agar nach Bordet, von Loewit und Bayer 2853
Anaphylatoxinbildung aus tierischen Bak¬
terien und durch Plasma, von Fried¬
berger und Kapsenberg 1216, — durch
Agar, von Nathan 1726, — durch Stärke,
von Nathan . 2245
Anaphylatoxinempfindlichkeit, von Miyaji 482
Anaphylatoxinfieber und Gesamtenergie
und Stoffumsatz, von Hirsch . 943
Anaphylatoxin Vergiftung, Lungenblähung
bei der, von Kumagai . 1784
Anaphylatoxie s. a. Milchanaphylatoxie,
Serumanaphylatoxie, Vergiftung.
Anaphylaxie, Diskussion über 276, Eklam¬
psie und — -, von Liepmann 372,
über — , von Friedberger und Langer
481, die — mit Linsensubstanz, von
Kapsenberg 481, — bei Salvarsan, von
Swift 486, — und Fieber, von Schitten-
helm 943, von Leschke 2134, Beiträge
zur — , von Dold und Aoki 1901, — als
Ursache von Koordinationsstörungen
des Herzschlags, von Auer 2243, Harn¬
giftigkeit bei — , von Zinsser 2298,
— als diagnostisches Mittel bei Kar¬
zinom, von Ranschoff 2591, praktische
Verwertung der — , von Scherns 2840,
die — bei der Leishmaniosis infantum,
von Caronia 2750, Verhalten des Serum¬
antitrypsins bei der — , von Meyer . 2801
Anaphylaxieähnliche Erscheinungen, Er¬
zeugung von — durch ei weissfüllende
Mittel, von Szymanowski ...... 542
Anaphylaxiegefahr, Vermeidung der, durch
eine neue Art der Serumeinverleibung,
von Eichholz . 2558
Anaphylaxietheorie, von Friedberger . . 2067
Anastomose, Behandlung der angiosklero-
tischen Ernährungsstörungen durch die
arteriovenöse, von Wieting 204, arte¬
riovenöse — , von Jianu und Meller
1051, arteriovenöse — zur Bekämpfung
der Gangrän, von Grodman . . 2018, 2138
Anatomie, Leonardo da Vincis, 88, Vor¬
lesungen über vergleichende — , von
Bütschli 365, Lehrbuch der topographi¬
schen — , von Corning 989, makrosko¬
pisch-diagnostisches Taschenbuch der
pathologischen — , von Osman 1444,
Archiv und Atlas der normalen und
pathologischen — in typischen Röntgen¬
bildern, von Eymer 1559, die — des
Menschen, von Merkel 1782, Elements
d’ — et de Physiologie mddicales, von
Landouzy und Bernard 2064, Lehrbuch
2914 der vergleichenden mikroskopischen — ,
von Oppel 2128, chinesische — , von
236 Hübotter 2375, pathologische — des
Nervensystems, von Gross 2861, mikro¬
skopische — des Gehirnes, von Zieher 2913
Anatomische Objekte, verbesserte Methode
der Konservierung von — , von Jores 976
Anazidität, Therapie der chronischen, von
Hirschberg • . 2356
Anblasen, Beruhigung schreiender Säug¬
linge durch, von Nussbaum (434, von
Salge . 2842
Anenzephalie, von Brouwa . 2141
Anesthösie, Pr4cis d', locale, von Piquand 2189
Aneurysma, Diagnose perforierender, der
Hirnarterien, von Langbein 22, Aetio¬
logie der — in der Art. poplitea, von
Buschmakin 91, — dissecans der Aorta
descendens, von Rössle 158, — der
Bauchaorta, von Byloff 886, rupturiertes
— einer Hirn arterie durch Trauma, von
Orth 1038, Bedeutung der Venen bei
arteriovenösen — , von Ney 1161, — der
3*
XXXVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Bauchaorta mit Perforation in den Ma¬
gen, von Zypkin 1398, durch Exstir¬
pation geheilter Fall von — der Ano¬
nyma, von Imai 1398, echtes — der Art.
poplitea, von v. Frisch 1469, — spurium,
von Göbell 1575, — durchgebrochenes
— der Bauchaorta, von Holländer 1737,
Erfahrungen beim traumatischen — ,
von Suhbotitch 1795, der arterielle
Blutdruck beim — der Brustaorta,
von Mac Kinnon 1968, — der Arterien
kleinen Kalibers, von Dobrowolskaja
2009, Anwendung der Gefässnaht bei
der Behandlung der — , von Tschernia-
chowki 2067, mykotisch - embolisch-
thrombotisches — der Aorta ascendens,
von N euber 2534, — der r. Art. corp . callosi,
von Fischer 2544, — der Subclavia d.,
der Anonyma und des Arcus aortae, von
Förster 2705, Indikationsstellung bei
der Operation der — von Coenen 2915,
die — und die Nervenverletzungen im
Balkankriege von Laurent . 2869
Aneurysmaoperation, ideale, von Unger . 2543
Angestellten Versicherung 792, Tätigkeit des
ärztlichen Sachverständigen bei der —
1914, — in der Hauptversammlung des
L. V . 1692
Angestelltenversicherungsgesetz, der Arzt
im, von Joachim u Korn . 2687
Angewöhnung, Bestimmung und Bewer¬
tung der, in augenärztlichen Gutach¬
ten, von Axenfeld . 1453
Angina und Scharlach, von v. Szontagh 315,
Therapie der — PlautV incenti, vonCitron
827, Befund bei Plaut-Vincentscher — ,
von Bonhoff 954, Kontagiosität der
spezifischen — , von Lichatschow 998, —
ulcero-membranacea, von Regensburger
2315, — als Eintrittspforte pyogener In¬
fektionen — , von Tedesko 2365, Menin¬
gitis nach follikulärer - , vonSiemerling 2691
Anginapectoris s. a.Stenokardische Anfälle.
Angina pectoris, Pathogenese u. Therapie
der, von Schaposchnikow 1285, neural¬
gische Form der — , von Turan . . . 2365
Anginoltabletten . 1839
Angiokeratom, von Guszman . 2534
Angiom, kavernöses, des peripherischen
Nervensystems, von Sato . . . . 1162
Angiorhexis alimentaria oder Skorbut, von
Hussa . . 1452
Angstzustände, von Kahane . 774
Anhidrosis u. Diabetes insipidus, von
Günther . > 2065
Anilin, Ausscheidung des, von Rambousek 1393
Anilinarbeiter, Karzinom der Blase bei
einem, von Wilma . 382
Anilinvergiftung, von de Leenu 717, von
Pereira . 717
Anionenbehandlung nach Steffens, von
Schnöe . 1507
Aniontotherapie, Erfolge der, von Eiselt 547
Anisokorie, von Föron . 2254
Ankündigung, öffentliche, von Mitteln . 2289
Ankylose, knöcherne, von Enderlen 216,
knöcherne hereditäre — der Inter-
phalangealgelenke, von Morgenstern
371, Heilbehandlung der — durch die
blutigen Methoden, von Baumgartner
und Denucd . 2857
Ankylostomafälle, Diagnose und Behand¬
lung der, in der Flotte, von Leys . 1957
Ankylostomiasis, Oleum ehenopodii gegen,
von Schüffner u. Vervoort 129. Infek¬
tionsweg bei — , von Olpp 562, die
Anaemie bei der — , von Nicoll 605,
Infektionsmodus der ■ — in Deutsch-
Ostafrika, von Peiper 1399, neues Ge¬
setz zur Bekämpfung der — in Italien 1567
Ankylostomum, Darminhalt mit, duode¬
nale, von Bondy . 2819
L’annde psychologique, von Largnier des
Bancels u. Simon . 87
Annalen des städt. allgem. Krankenhauses
zu München, von v. Bauer . 1335
Anoci-Assoziation, Verhütung des Schock
durch, von Crile 2694, Wert der — ,
von Maldecott und Bryan . 2696
Seite
Seite
Anomalien, angeborene.von Lebedev 205, —
der Brustwirbels >ule, von Gundermann 1879
Anomaloskop, Nagelsches, von Grube . 1742
Anonyma, Perforation der, von Fischer . 1405
AnopheVsmagen mit Malariasporoblasten,
von Olpp . . 562
Anorexieformen des Pubertätsalters, von
Schnyder . . . 995
Anovarthyreoidinserum 1839, von Hoff-
mann .
Anpassungsvermögen, das psychische, in
den heissen Ländern, von De Bekker 2479
Anthrakose retroperitonealer Lymphdrü-
sen, von Franke . . . 315
Anthropotoxin in der Ausatmungsluft der
Menschen, von Farmachidis .... H69
Antialkoholbewegung in Italien 1112, ein
Vorsioss gegnn die — , von Laquer . 1443
Antialkoholistenkongress in Mailand . . 2648
Antianaphylaxie, das Wesen der, von
Weil und Coca . 1675
Antidiabetikum Dr. Raaf-Ohms . 1839
Antifluor zur Trockenbehandlung der
Scheidenkatarrhe, von Liepmann 1383, 2193
Antiformin, Wirkung des, auf Tuberkel¬
bazillen, von Dönges . 1^02
Antiforminmethode, eine Fehlerquelle bei
der, von v. Lehmann . 1903
Antigenantikörperreaktionen und ihre Ver¬
wendung zurLösung desKrebsproblems,
von Schmidt . 1^58
Antigene, Verwendung von Mikroorganis¬
men als, von Loeffler . 1283
Antigonokokkenimpfstoff, ungiftiger, von
Nicolle und Blaizot . 2764
Antigonokokkenserum, Behandlung gonor¬
rhoischer Erkrankungen mit, von Abu-
low664, Gewinnung eines — und seine
klinische Behandlung, von Dembskaja 2421
Antikörper, Einfluss hoher Kältegrade auf
die, von Ito 38, spezifische — im Serum
mit Salvarsan behandelter Tiere, von
Margulies 663, Bildung von — in vivo
und in Gewebskulturen, von Reiter 1899,
spezifische — im Primärstadium der Sy¬
philis, von Lichatschow 2424, hetero¬
genetische — , von Findberger u. Schiff 2916
Antikörperbildung, Beeinflussung der In¬
tensität der, durch Salvarsan, von Reiter
38, — bei Diphtherie, von Hahn 1114,
Ernährung und — , von Kleinschmidt 2689
Antikörpergehalt der Kaninchensera, von
Ledermann und Herzfeld . 2067
Antikörperproduätion, Verlauf der, von
Lüdke . 1629
Antileukon, Scheidenpulverbläser, von
Hengge . . . 2680
Antduetin, von Tsuznki 1221, therapeu¬
tische Wirkung des — , von Tsuznki,
Ichibagase, Hagashi und Htano . . .1221
Antimalazin . ..... 1839
Antimeristem s. a. Antigenantikörperreaktion.
Antimonpräparate, chemotherapeutische
Wirkung von organischen, bei Spiro¬
chäten- und Trypanosomenkrankheiten,
von Uhlenhuth, Mulzer und Hügel 546,
von Uhlenhuth und Hügel . 2917
Antiphon, praktisches, von Halle .... 97
Anti pollut, von Lissmann . 2595
Antipyrese, von von den Velden ... 2378
Antisepsis, Vorgeschichte der, von Fischer 2376
Antiseptik, Frage der, von Rovsing 332,
die — im Kommunehospital, von
Tscherning . . 2359
Antistaphylokokkenvakzine, sensibilisierte
lebende, von Cohendy und Bertrand 621
Antithyreoidin, neue Indikationen zum
Gebrauch des, Moebius, von Breitmann 2423
Antitoxinbildung, ungewöhnlich starke,
bei Hautdiphtherie, von Kleinschmidt 1477
Antitrypsin, das, des Serums, vonKirchheim 1113
Antitrypsingehalt des Blutes bei Schwan¬
gerschaft und Karzinom, von v. Graff
und v. Zubrzycki . 92
Antitrypsinreaktion, diagnostische Bedeu¬
tung der, des Blutes bei Karzinom, von
Dychno . 998
Antituberkuloseserum s. u. Marmorek-
serum.
Antituberkulo«eserum, Marmoreks, von
Henius u. Rosenberg 1046, von Reimann 2009
Antityphusimpfung in den Krankenwärte¬
rinnenschulen in Massachusetts 485,
einige Resultate der — , von Russell
485, — bei Kindern, von Russell . . 1223
Antityphusserum, Besredkasches, von An-
driescu u. Ciuca . 1050
Anurie, Urethemlithotomie bei kalkulöser,
v. Läwen 1339, kalkul Öse , v. Herescu 2304
Anus praeternaturalis, von Carl 2069, Tech¬
nik des — permanens, von Brenner . 2367
Anzeigepflicht 1395, — bei offener Tuber¬
kulose 2093, — bei spinaler Kinder¬
lähmung . 2151
Aorta, postoperative Todesfälle bei ab¬
normer Enge der, von Frühwald 1110,
Ersatz eines Stückes der — abdomi¬
nalis durch die Karotis, von Jeger u.
Joseph 1787, Bedeutung des Nervus
depressor für Blutdruck und — , von
Stadler 1844, Läsionen der — bei lue¬
tischen Affen, von Boveri 1849, Struma
und Hyperthyreoidismus im Gefolge
von Dilatationen und Aneurysmen der
— , von Kienböck 2365, pathologische
Veränderungen der — beim Pferde, von
Zinserling 2418. akute Entzündung der
— , von Stumpf 3474, Reduktion des
Lumen der — thoracica durch Einwärts¬
faltung der Gefässwand, von Matas u.
Allen 2592, Verschluss der Brust- und
Bauch — , von Halsted . 2592
Aortenaneurysma, seltene Komplikation
eines, von Dorner 164, Lungenblutung
bei perforiertem — , von Hampeln 1046,
Durchbruch eines — in die obere Hohl¬
vene, von Klein . 2357
Aortenerkrankung, syphilitische, v. Deneke
49, von Oberndorfer 505, 840, Klinik
der syphilitischen — , von Stadler . . 86
Aorteninsuffizienz, von Gerhardt .... 106
Aortenklappen, diastolischer Herzstoss,
d'astolischer akzidenteller Ton und
Dikrotismus des Pulses bei Insuffienz
der, von Straschesko 481, Veränderungen
an den — bei Aortensyphilis, von Engel 2305
Aortenlues, von Krenzfuchs . 2200
Aortenostium, Atresie des, von Ipsen . 1282
Aortenruptur, spontane, von Woloschin . 2637
Aortenstenose, angeborene, von Häberle 2803
Aortensyphilis. Röntgendiagnose der, von
Eisler und Kreuzfuchs . 2536
Aorten verä n der u ngen, hereditär-syphiliti¬
sche, beim Kind, von Escudero . . . 319
Aortitis, pathologische, Histologie der
syphilitischen, von Fukushi . 714
Apertische Krankheit, von Kraus .... 2543
Aphasie, von Gerhardt 956, motorische
— nach Schädeltrauma, von Töböen
1507, sensoiische — von Kehrer 1520,
amnestische — , von Kehrer 2419,
Behandlung der — , von Fröschels 2488,
transkortikale motorische — , von Gold¬
stein 2864, transkortikale sensorische
— , von Goldstein 2864, hysterische
— , von Meyer . . 2864
Aphasische, Funktionsprüfung bei, von
Köhler . . • 2651
Aphasielehre, Beiträge zur, von Niessl
von Mayendorf 727, von Kehrer . . . 2419
Aphrodisiaca, Anwendung von, in der
Gynäkologie, von Bab . . . .* . . . 2541
Aponal bei chirurgischen Fällen, von
Herzberg . . 2494
Apotheken, Bestimmungen für die, zum
Vollzug d. Reichsversicherungsordnung 2712
Apotheken wesen in Bayern 1527, die Kgl.
Bayer. Verordnung über das — , von Kapp 2002
Apotheker, Verurteilung eines, wegen Be¬
trugs . . 675
Apothekerbund, internationaler . . ... 425
Apothekergewerbe, Niederlassungsfreibeit
im . 2290 ,
Apothekergesetze, die preussischen, von
Böttger-Urban . . 1726
Apothekerkammern, bayerische ..... 1471
Apothekerverein, Geschäftsbericht des
deutschen 2471, Hauptversammlung des 2471
INHALTS-VERZEICHNIS.
XXXVII
1913.
- «-
Seite
Appendektomie, Technik der, von Narath
204, von Haagn 204, von Bertelsmann
1277, operative Mobilisierung des
Zoekum bei der — , von Krüger 258,
subseröse — , von Derganc 544, von
Kaefer 882, — oder Ausschaltung, von
v. Rauchenbichler 1615, — bei Radikal¬
operation von Leisten- und Krural-
hernien, von Norrlin . 2359
Appendikostomie bei inoperablen Rektum-
und Kolonkrebsen, von Spencer . . 1733
Appendix s. a Blinddarmanhang, Wurm¬
fortsatz.
Appendix, die, im Röntgenbild, von Cohn
387, Zysten der — vermiformis, von
Wilson 940, — und weibliche Geni¬
talien, von Bogdänowitsrh 1278, Pseudo¬
myxom der — , von Hammesfahr 1291,
Funktion der — ,von Corner 1733, das pri¬
märe Karzinom der- — , vonGraham 1955,
Helminthen in der — , von Hueck 2300,
die schwarze pigmentierte — , vonBattle 2695
Appendixkarzinome, Lipoidgehalt der so¬
genannten, von Maresch . 189
Appendizitis s. a. Blinddarmentzündung.
Appendizitis, die chronische, von Perianu
44, — am Leistenbruch, von Becker 93,
chronische — und Coecum mobile, von
Lieben 98, Operation im Intermediär¬
stadium der akuten — , von Fromme
204, chronische — , von Krecke 573,
Anästhesierung der rechten Darmbein¬
grube bei der Operation der chronischen
— , von Fouelin 659, chronis. he Intus-
suszeption nach — , von Wohin 774,
Spätblutungen bei — , von Hauch 882,
— und Paratyphus B, von Merrem 885,
präoperaiive Diagnose der — , von
Ewart 886, Aetiologie der — , von Po-
puton und Payne 887, chronische —
mit gastr sehen Svmptomen. von Singer
941, frühzeit ge Operation bei — , von
Owen 1070, Aetiologie der — , von
Sasse 1167, Operation im Intermediär¬
stadium der akuten — , von Bertels¬
mann 1277, — der Frauen, von Fongö
1278, die Frühoperation bei akuter — ,
von Boliarsky 1288, Behandl ng der
akuten — mit sofortiger Operation, von
Savariand 1526, Blutuntersuchungen
bei der — , von Schnitze 1562, Ileus
und — , von Wiege s 1644, Behandlung
der akuten eitrigen — , von Longard
1676, — bei Kindern, von Simpson
1690, sofortige Operation bei — , von
Owen 1733, Entstehung der — , von
Corner 1733, zur Behandlung derakuten
— , von Jakob 1860, das Bastedosche
Zeichen als Symptom der chronischen
— , von Hertz 1955, ein neues An¬
zeichen chronischer — , von Aaron 2011,
akute katarrhalische und destruktive
— , von Krecke 2091. zur Aetiologie der
— ,von Pollag 2119, Diagnose zwischen
Salpingitis und — , von Poenaru-Ca-
plescu 2304, mesenteriale Pyämie nach
— , von Braun 2354, Spätabsz sse
nach — , von Melchior 2356, chronische
— und Zystosklerose der Ovarien, von
Lapeyre 2539, radiologische Anhalts¬
punkte zur Diagnose der chronischen
— , von Singer und Holzknecht 2659,
die — einst und jetzt, von Sonnen¬
burg 2916, — m>t prävertebral-lumbaler
Lage, von Bandet . 2920
Appendizitisoperationen, Thrombosen und
Embolien nach, von Bull 203, Resul¬
tate von 601 — , von Denk 1339, Nach¬
behandlung bei — , von Sorge . . 1848
Appendizitis - Peritonitis , Schnittlänge,
Bauchspülung, Bekämpfung der Darm¬
lähm mg bei. von Dobbertin .... 317
Appetit und Hunger, von Sternberg . 2914
Appetitproblem, wir praktischen Aerzte
und das, von Sternberg . 774
Apraxie, motorische, von v Rad .... 1123
Approbationen im Jahre 1911/12 .... 1752
Aqua destillata in der medizinischen Praxis,
von Barladean . 2357
Arausan .
Arbeiten s. q,. Journalliteratur, Teil IV.
Arbeiten aus dem Wiener neurologischen
Institute, von Obersteiner 1560, 2742,
— aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Berlin, von Thoms
Arbeiterbestände, Assanierung der java¬
nischen und chinesischen, in Deli-
Sumatra, von Baermann .
Arbeiterkrankheiten, Schenkungen für die
Klinik für, in Mailand 369, Bericht der
Klinik für — in Mailand, von Devoto
Arbeiterin, Schutz der schwangeren, von
Giovannini . .
Arbeiterschutz und gewerbliche Vergif¬
tungen in der Schweiz, von Spinner .
Arbeiterversicherung, Diabetiker und, von
Knepper . 2646,
Arbeiter versieh erungsgesetz, das neue rus¬
sische, von Franck .
Arbeiterversicherungsmedizin , Lehrbuch
der, von Gumprecht, Pfarrius und Rigler
Arbeitsfähigkeit, Bedeutung der Blutdruck¬
messung für die Beurteilung der, von
Stursberg und Schmidt 174, Beurtei¬
lung der — bei nervösen Zuständen,
von Zahn ... . ......
Arbeite- und Gewerbekrankheiten, IV. na¬
tionaler Kongress für, in Rom . . .
Archiv s a. Journalliteratur, Teil IV.
Archiv für experimentelle und klinische
Phonetik . 2207,
Archives urologiques de la clinique de
Necker .
Argaldin .
Argas Persius, von Lehmann .
Argentauiin, intrauterine Injektionen von,
von Mussatow .
Argvrie, hochgradige gewerbliche, von
Teleky .
Argyrosis, von Hegener 326, — der Blase,
von Blum .
Arhamablütenwein .
Arhythmie s. a Flimmerarhythmie.
Arhythmien, künstliche Auslösung von. an
gesunden Herzen von Hoffmann 1511,
eigenartige — , bei einem Neugeborenen,
von Hecht .
Armee, Gesundheitszustand der franzö¬
sischen .
Armenarzt und Münchener Fürsorgewesen,
von Freudenberger 2706, Tätigkeit des
— u. die freie Arztwahl in der Armen¬
pflege, von Hainebach .
Armmanschette, Momentverschluss an der
von Recklinghausenschen, von Ehren¬
reich .
Arsen, Verteilung des, im tierischen Oganis-
mus, von Schilling und Naumann
Arsen-gsaures Silber, therapeutische Ver¬
suche mit, von Rind .
Arsenik, Wirkungsmechanismus des, bei
Anaemien, von Saneyoshi .
Arsenikvergiftung, von Fiertz 995, von
Lindström .
Arsenlähmungen, von Obermiller . .
Arsenregenerin und Regenerin, von Dietl
Arsenüberempfindlichkeit, von Staenbli
Arsenverbindungen, organische, und ihre
chemotherapeutische Bedeutung, von
Nierenstein 1500, Handbuch der organ¬
ischen — , von Bertheim 2686, — bei
syphilitischen Erkrankungen der Nase
und des Rachens, von Whale . .
Arsen-Zinnober-Pa-te, Zellersche, bei Epi
theliomen, von Holzknecht
Artbildung, Probleme der, von Plate
Artemidol . . .
Arteria, Lageveränderung der, poplitea,
von Buschmakin 91, Veränderungen
der — iliaca communis bei Syphi¬
litikern, von Stein 600, partielle Naht
der — brachiabs und zirkuläre Naht
der — femoralis, von Fowclin 658,
Freilegung der — bei Brand, von Jianu
1222, Zirkulationsstörungen und Unter¬
bindung der — iliaca com und d*-r —
iliaca ext., — von Strauss 2354, Ver¬
stopfung der — cerebelli post, iuf., von
Seite
1839
2914
1399
2417
310
1896
2698
301
2470
2698
1567
2711
1528
426
1859
2355
2488
445
1840
2372
1508
2751
2792
1343
1452
1561
1047
1221
2049
41
2018
2194
2587
2802
2806
2818
2695
2291
2849
1839
Seite
Goldstein u. Baumm 2419, Unterbin¬
dung der — hypogastr., von Nikolsky 2639
Arterienpuls, Dikrotie des, von Hasebroek 2190
Arteriensystem, Diskussion über die Chi¬
rurgie des .
Arterienveränderungen , experimentelle,
von Loeb .
Arteriitis obliterans, von Veiel 2560, —
— catarrhalis im Verlauf eines Barlow,
von Wolff .
Arteriosklerose, Stauungsreaktion bei, von
Hertzell 715, — vor dem 30. Lebens¬
jahre, von Hirsch 947, Behandlung der
— , von Fraenkel 994, — des Darmes,
von Bacaloglu 1050, Aetiologie der — ,
von Pissavy 1070, Ursache und Vor¬
beugung von — , von Bishop 2078,
Pathogenese und Physik der — , von
Hirsch 2194, pathologische Anatomie,
Pathogenei- e und Aetiologie der — ,
von Faber 2295, diätetische Fragen bei
Behandlung der — , von Lustig 2365,
experimentelle von Levi Deila Vida
2590, Wirkung der Massage bei
von Kirchberg .
Arth gon bei den Komplikationen der
Gonorrhöe, — von Freund 1732, Be¬
handlung der Epididymitis mit — und
Ichthyol, von Saynisch 2302, Iritis u.
— , von Kreibich .
Arthigoninjekrionen, diagnostische und
therapeutische Verwertbarkeit intra¬
venöser, von Bruck u. Sommer 1185,
zerebrale Erkrankung nach — , von
Fischer 2318, intravenöse — , von Stei-
nitz 2318, von Kyrie u. Mucha 2536,
therapeutische Anwendung intravenö¬
ser — , von Bardach 2622, Wert intra¬
venöser — , von Lewinski 2784. — bei
Iritis gonorrhoica, von Topolanski . .
Arthritis, Wesen Ser, deformans, von Ax-
hausen 106, 731, — hypertrophicans.von
Jacobsohn 201, chronische — und —
deformans, von Kraus 731, — defor¬
mans juvenilis, von Werndorf 732,
Magensekretion und — deformans,
von Woodwarck und Mackenzie Wallis
939, Fibrolysin bei — deformans, von
Ipatow 998, — deformans des Hüft-
ge’enkes als Berufskrankheit, von
Staff- 1 1162, — paratypttosa tarsi, von
Tillgren und Troll 1284, Wirkung des
Gonokokkenvakzins bei chron. gonor¬
rhoischer — , von Ssemjonow 1622, die
— urica im Röntgenbilde, von Jacob¬
sohn 2008, — unca Befunde, von Ja¬
cobsohn 778, infektiöse — , von Cooley
2078, purulente — bei Säuglingen, von
Edoerg 2359, experimentelle defor¬
mans, von v. Manteuffel 2533, die
chronische — , von Jones 2643, Vakzine¬
therapie bei der — deformans, vonSoltan 2694
Arthrodese, Indikationen der, von Böcker
Arthrogoniometer, neuer, von Galeazzi
Arthropathie, von Hess .
Arzn eibesorg nng, Erleichterung der, auf
dem Lande durch die Post . .
Arzneibestand , Entwicklungsgeschichte
des deutschen, von Taub .
Arzneibuch, die Prüfungsmethoden des
deutschen, von Claasz 1837, — aus
dem Jahre 1625, von v. Hovorka
Arzneiexantheme nach Luminal und Ve-
ronal, von Pernet . .
Arzneigemische, Wirkung von, von Abelin
425, von Kahmann 525, von Bürgi
Arzneimittel, geschäftsmässige Begutach¬
tung von, durch Aerzte 109, Dosierung
von — in Tropfenform, von Beckers
316, neue — 426, die neuen — des
letzten Jahres, von Bberfeld 773, Ver¬
wendung wortgeschützter — 875, An¬
kündigung von — in medizinischen
Fachblättern 1015, 1183, Verordung
von stark wirkenden — 1239, von
Wollsteiner 1416, Veränderungen eini¬
ger — im Licht, von Neuberg und
Schewket 2129, Vertrieb und Rezeptur
fertiger — .
602
428
2545
2653
426
2377
2024
2129
2653
XXXVIII
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
1637
1471
2876
\rzneimittelkommission, Unterstützung
der, 1359, Verständigung zwischen der
— und dem Verband pharmazeutischer
Fabriken . 1752, 2096
Arzneimittellehre, '^Lehrbuch der, von v.
Tappeiner . .
Arzneimittelliste des Deutschen Kon¬
gresses für innere Medizin 1526, 1640,
1752, 1838, 2096
Arzneimittelniederlagen, Einrichtung von,
auf dem platten Lande . 21ol
Arzneiverkehr s. a. Aerztekammern, Ver¬
handlungen der bayerischen.
Arzneimittelverkehr, Schäden im . .
Arzneitaxe s. a. Reichsarzneitaxe.
Arzneitaxe .
Arzt s. a. Aerzte.
Arzt, der, in der Rechtsprechung, von
Kaestner 302, 872, 1495, 2287, der
als Patient, von Finckh 361, Strafbar¬
keit der Beilegung der Bezeichnung
als — 872, — und Priester, von Hör-
neffer 1470, in Amerika approbierter
— 1862, — und Jugendfürsorge, von
Rupprecht 2464, der — im Angestellten¬
versicherungsgesetz, von Joachim und
Korn 2687, — und Unfallversicherung,
von Meder 2697, muss der — kommen?
von Kaestner 2795, Berufung eines —
in die Kammer der Reichsräte . . • .
Arztähnlicher Titel . . • • • 2288
Arztfrage, Stand der, im Deutschen Reich,
von Schneider 2707, Stand der — bei den
Münchener Krankenkassen, von Scholl 2707
Arztwahl, freie, in der Armenpflege, von
Hainebach . • -. . 2^6 1
Ascherson-Denkmal und Medaille . • . • lJlo
Asepsis für Krankenschwestern, von
Doerfler und Weckerle .... 2065, 2207
Askariden, Toxine der, von Dobernecker
44, Invaginatio ileocoecalis durch ,
von Hohmeier 617, Beziehungen der
Helminthen und — zur Geschwulst¬
ätiologie, von Saul 618, Wirkung des
oleum chenopodii auf — , von Przed-
borski . 2476
Askaridiasis der Gallenwege, von Rosen¬
thal . ••••*.••• H62
Asphyxien, erste Hilfe bei, mittels direkter
Einblasung von Luft . 647
Aspirator, verbesserter, von Höger • _ • 2193
Assimilation, Arbeiten über, und Dissi¬
milation . 2191
Assistenten- und Praktikantenfrage, die,
von Sprengel ... • . . . .
Association internat. de Perfectionnement
scientifique medical 846, projektierte
Neuorganisation der British Medical
— 1735, 64. Versammlung der American
Medical — . • . - • •
Assoziationsversuche, tatbestandsdiagno¬
stische, am Spiegelgalvanometer, von
Busch . .
Asthenie, juvenile, von Jamin . lOlL
Asthma s. a. Bronchialasthma.
Asthma, zur Kenntnis und zur Therapie
des von Stäubli 113, chronisches
— der Rachitiker, von Kassowitz 603,
Einfluss von Nordseekuren auf das
— , von Nicolas 948, Tuberkulinbe¬
handlung des — bronchiale, von Frank¬
furter 1399, Apparat zur Behandlung
des — bronchiale, von Henke 1408,
experimentelle Pathologie und Therapie
des — bronchiale, von Cloetta 2193,
Rachitis der Nase und — , von Walb 2691
Asthmaanfälle, neueste Therapie bei, von
Goldschmidt . 9T7
Asthmabehandlung, tracheobronchiale In¬
jektion zu, von Grünwald . 1377
Asthmolysin . . . • • 426
Aszites, Dauerdrainage hei, von Perimoff
145, die tuberkulöse Natur des — bei
der Zirrhose, von Roque und Cordier
1047, direkte Dauerdrainage des_ chro¬
nischen — , von Dobbertin 1615, der
— und seine chirurgische Behandlung,
von Höfner 2070, Beseitigung des — , ^
von Kumaris . 2915
1224
2621
2244
294
2097
2252
1264
1750
1916
Seite
Aszitesergüsse, Dauerdrainage stagnieren-
der, von Henschen . "64
Aszitesrezidive, Verhinderung der, von
Planelles . ■ • •
Ataxie, hereditäre, von Stintzing 157, Be¬
handlung schwerer Formen der — bei
Tabes, von Frenkel 217, Behandlung
der — bei der Tabes, von Garson 604,
mechanische Behandlung der tabischen
— , von v. Baeyer .
Atemstillstand in tiefer Inspirationsstel-
lung, von Mosler . 10oo, "Ubb
Atemzentrum, Neutralitätsregulation und
Reizbarkeit des, von Hasselbalch .
Atherom, Erblichkeit des, von Schneider
Atherosklerose, experimentelle alimentäre,
von Steinbiss 1505, experimentelle —
und Cbolesterinämie, von Wacker und
Hueck . •••■•••*
Athyreoidismus congenitalis, von v. Eisels-
berg . .•••■•■
Atlas der Operationsanatomie und Ope¬
rationspathologie der weiblichen Sexual¬
organe , von Liepmann 598 , ver¬
gleichend -diagnostischer — der Haut¬
krankheiten und Syphilide, von Ehr¬
mann 932, Archiv und — der nor¬
malen und pathologischen Anatomie
in typischen Röntgenbildern, von
Eymer 1559, — der Hautkrankheiten,
von Jacobi . .
Atmen, die Zäsur im hörbaren Atmen,
von Geigelj .
Atmung, paradoxe, von de Vries Reilingh
und Rochat 717, — des gesunden und
säurevergifteten Menschen, von Rover
1466, künstliche — , von Liljestrand
2008, Bewegung des Brustkorbes bei
der — , von Keil 2457, — bei Herz¬
kranken, von Reinhardt 2473, künst¬
liche — bei intrathorakalen Eingriffen,
von Gelin sky . .
Atmungsgymnastik und Atmungstherapie 2531
Atophan, warum vergrössert, die Ausschei¬
dung der Harnsäure, von Skörczewski
37, — bei Ischias, von Hirschberg 53,
Pharmakologie des — , von Starkenstein
107, — wegen akutem Gelenkrheuma¬
tismus, von v. Müller 445, Nukleinstoff¬
wechsel unter dem Einfluss von^— ,
von Schittenhelm und Ullmann 770,
Wirkungsweise des — ,vonBiberfeldl898,
Beeinflussung der Harnsäureausschei¬
dung bei exsudativen Kindern durch
— , von Kern 1951, — und Novatophan
bei rheumatischen Affektionen, von
Jokl . . . . • 2693
Atophandarreichung, Einfluss der, auf die
Urochromausscheidung, v. Skörczewski 2134
Atophanwirkung beim Gesunden und beim
Gichtiker, von Retzlaff 770, Wesen der
— , von Klemperer 1054, — bei Gicht
und Gelenkrheumatismus, von Fried-
1913.
Seite
2128
1926
2589
berg
97
601
Atoxyl, parasitotrope Wirkung des, und
Neosalvarsans, von Arzt und Kerl . .
Atrioventrikularklappen, Atherosklerose
der — , von Sato .
Atrium, spontane Kontraktionen am r. —
einer Leiche, von Försterling .... 2854
Atropin, Schwefelsäureester des — , und
Skopolamins, von Trendelenburg . . . 2137
Atropinentgiftung, Mechanismus der, von
Döblin und Fleischmann . 1446
Atropinschwefelsäure, klinische Erfah¬
rungen mit, von Philippsthal .... 2641
Atropinvergiftung, Stimm- u. Artikulations¬
störung durch, von Oisler . 2360
Atropinwirkung, inverse, von Kaufmann
und Donath . 1682
Aufbrauchtheorie, Edingersche, von Auer¬
bach . 1612
Aufenthaltsort, freie Selbstbestimmung bei
der Wahl des, von Weber . . . . . . 2702
Aufstehen, frühes, nach Bauchoperationen,
von Kohlschütter . 1378
Augapfel, Ektasieformen des, von Schnau
digel .
Auge s. a. Sehorgan.
Auge, Uebungsbehandlung am, von v.
'pflugk 207, Entwicklungsgeschichte
des menschlichen — , von Nussbaum
309, Organologie des — , von Pütter 309,
pathologische Anatomie des , von
Rupprecht 325, Behandlung der Kalk¬
verletzung des — , von Gilbert 376, Ver¬
änderungen und Schädigungen des —
durch Licht, von Schanz 484, Fett¬
implantation in die Tenonsche Kapsel
nach Enukleation des — , von Weidler
486, Kontusionsverletzungen des —
durch Kinderspielzeug, von Alexander
561, Altersveränderungen des mensch¬
lichen — , von Attias 717, Verletzungen
des — ) von Wagenmann 768, Entzün¬
dung des linken — , von Schnaudigel
782, Fremdkörperlokalisation im — , von
Reichmann 816, Chemotherapie bei
der Diplobbzilleninfektion des — , von
Gebb 964, Neurologie des — , von Wil-
brand und Saenger 1103, das mensch¬
liche albinotische — , von Elschnig 1299,
Veränderungen und Schädigungen des
— durch Licht, von Schanz 1392, Ein¬
fluss der Massage auf die Tension nor¬
maler und glaukomatöser — , von Knapp
1453, die Ruhelage des — , von Biel-
schowsky 1512, Ernährung des — , von
Hamburger 1512, Grundbegriffe der
Teratologie des — , von Pagenstecher
1512, albinotisches — , von Elschnig
1513, Anaphylaxie am — , von Zade
und Grüter 1513, zur Tuberkulose des
— , von Stock 1687, doppelte Perfo¬
ration des r. — , von Sandmann 1801,
Wirkungen von Arzneimitteln und
Giften auf das — , von Lewin und
Guillery 1895, Verletzungen des kind¬
lichen — während der Geburt, von
Kraus 1972, Kontusionskatarakt des — ,
von Alexander 2315, was soll der prak¬
tische Arzt bei Verletzungen des —
tun? von Birch-Hirschfeld 2646, ex¬
perimentelle Uebertragung von Tu¬
moren auf das — , von Hegner 3722,
Hygiene des — , von v. Sicherer 2742,
Filariosis des — , von Rauenbusch .
Augenbewegungen, Nervenmechanismus
der assoziierten, von Högyes . ...
Augendruck, Verminderung des, beim Coma
diabeticum, von Hertel . 681 :
Augeneiterung der Neugeborenen, von
Crede-Hörder . 2241
Augenelektrode u. Augenirrigationsgefäss,
von Buchy . • • • 186
Augenentzündungen, Serumbehandlung d.
eitrigen, von Solm . 1513
Augenerkrankungen, Behandlung skrofu¬
löser und tuberkulöser, mit J. K., von
Bock 1452, — durch ungeeignete Licht-
Wirkungen, von v. Hess . 24 fo 1
Augenheilkunde, Handbuch der gesamten,
1177 von Graefe-Saemisch 309, 657, 768, 2686,
Lehrbuch der — , von Römer 541, Ge-
schichteder — , von Hirschberg 657, Lehr¬
buch der — , von Axenfeld 710, Anwen¬
dung des Abderhaldenschen Dialysier-
verfahrens in der — , von Hegner 1 138, L>18
Augenhöhle , Röntgenphotographien der,
von Adam . . . . . .
Augenkammer, Erweiterung der vorderen, ^
von Heuse . , • • • • 43,J^
Augenkrankheiten, Höhe des Hirndruckes
bei einigen, von Heine .... 1305, 2441
Augenleiden, elektrische Behandlung ent-
zündlicher, von v. Reuss . . . . . • 274 J
Augenlider, noch nicht beschriebene Lu- ^
dungsanomalien der, von Elschnig . 286 1
Augenlinse , Einfluss der ultravioletten
Strahlung auf die Menses, von Chalu-
pecky ... . . • • • 2^99
Augenmedien, Verhalten der durchsich¬
tigen, gegen ultraviolette Strahlen, von
Takamine u. Takei .... .... 2242
Augenmuskellähmungen, Lokalisations-
fehler bei, von Rüben . 839
Augenspalte, Verschluss der fötalen, von
Seefelder . 1512
2910
657
782
XXXIX
1913. INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
Augenuntersuchungen bei Schulkindern,
von Gastpar . 647
Augenverletzungen, neue Gefahrenquelle
für gewerbliche, von Pach 318, Tropf¬
ampullen für die Behandlung von — ,
von Birkhäuser . 1903
Augenwasser, venezianisches ... . 1840
Augenzittern, das, der Bergleute, von Ohm 367,
718, 1897
Auguste- Viktoria- Krankenhaus in Berlin-
Weissensee . 790
Aurum-Kalium cyanatum, Wirkung von in¬
travenösen Infusionen mit, bei äusserer
Tuberkulose und Lues, von Bruck u.
Glück 57, von Heubner 357, Behand¬
lung der Lues mittelst — , von Grün¬
berg 1711, tödliche Wirkung des — als
Blutgift, von Hauck 1824, — bei der
Behandlung des Lupus, von Ruete 2072,
— bei Syphilis, von Grünberg 2423, in¬
travenöse Behandlung des Lupus vul¬
garis mit — , von v. Poör . 2692
Ausfallserscheinungen, sogenannte, von
Dubois 1163, von Mosbacher und Meyer 1448
Ausflockungsreaktionen bei Syphilis, von
Thomsen und Boas 549, quantitative
— bei Syphilis, von Ellermann . . . 550
Ausfluss, Behandlung des, der Frau, von
Katz . 994
A uskultophonation, die, als U ntersuchungs-
methode, von Plönies . 318, 774
Auskunftstelle des Geschäftsausschusses
der Berliner ärztlichen Standesvereine 1000
Ausländer s. a. Klinizistenstreik, Praxis,
Universitäten.
Ausländer an den deutschen med. Fakul¬
täten . 221, 223, 502, 1583, 2319
Ausstellung beim Chirurgenkongress 168,
beim Internat. Med. Kongress 168, 503,
1471, 1974, — der ehern. Fabrik Helfen¬
berg 2263, — für Gesundheitspflege in
Stuttgart . 2656
Austauschassistenten . 2927
Austern, Reinigung der, von Bakterien in
filtriertem Meerwasser, von Bodin und
Chevrel . 958
Aus wurf, Ei weisskörper im, von Pintborg
542, Eiweissstoff in tuberkulösem — ,
von Pintborg 550, Fiweisstoffbestim-
mungen im — , von Hempel und Jör¬
gensen . 1111
Autointoxikationen, intestinale, von Albu 1902
Autolaktotherapie als Laktagogum, von
Becerro de Bengoa . 2477
Autolyse, Pigmentbildung in der Leber
während der, von Sprunt und Colwell 486
Autolytische und autoplastische Vorgänge
im embryonalen Gewebe, von Daeis
und Deleuze . 1678
Automobilführer, ärztliche Untersuchung
von, in Frankreich . 1695
Auxolin . 1839
Azetessigsäure, Abbau der, von Hermanns 1053
Azetonausscheidung im Urin gesunder und
spasmophiler Kinder, von Liefmann . 771
Azetonkörperbildung, Ort der, von Fischler
und Kossow . 2473
Azetonreaktion, klinische Verwendbarkeit
der, in der Kinderpraxis, von v. Ritter 771
Azetonurie, Einfluss des doppeltkohlen¬
sauren Natrons auf die, von Növoa 318,
— und Diazeturie, von Kleissei . . . 2537
Azidosis, Diät bei, von v. Noorden, Labbd,
Blum 779, Bestimmung der diabetischen
— , von Fridericia . 2358
Azitrin, von Pietrulla . 484
Azotämie und albuminurische Neuroreti-
nitis, von Dobrovici und Mihail 42,
— bei Nephritis, von Baiatu .... 43
Azotometer zur quantitativen Bestimmung
des Harnstoffes, der Harnsäure und
der Purinbasen im Harn, von Jolles . 2345
B.
Bacillus, Bazillen, Allgemeininfektion
durch, pyocyaneus, von Klieneberger
l
Seite
41, Nachweis des — botulinus, von
Schumacher 124, Nachweis des — coli
im Wasser, vonPurvis 887, Stoffwechsel
des — diphtheriae, von Springer 1280,
Beziehungen des — Perez zur Ozaena,
von Hofer 1451, 1469, Kochscher —
im Blute Tuberkulöser, von de Verbizier
1790, Bekämpfung der Dauerausschei¬
dung von — mittels Yatren, von Bi¬
schof! . 2194
Bad s.a. Bäder, Kohlensäurebäder, Seebäder.
Bad Adelholzen, Rubidium in der Quelle
des, von Emmerich . - 698
Bad Kissingen s. a. Kissinger Sprudel.
Bad Kissingen, Regentenbau in 1072,
Betriebsverlängerung in — . . . 2440
Bad Reichenhall, Besichtigung des 902,
1127, von Ortenau 983, von Grass¬
mann . 1151
Bad Tölz, die Heilquellen von 678, i'rinz-
regent-Luitpold-Genesungsheim in — ,
von Grassmann . .... 844
Badeärzte , wirtschaftliche Organisation
der reichsdeutschen, 567, 846, Vereini¬
gung deutscher und russischer Kur-
und — . . . 1184, 1304
Badewanne, fahrbare, für Krankenhäuser,
von Perrey und Schaab . 1806
Bäder, Technik der, und des Badens, von
Krebs 258, Temperaturwirkung der
Wasser-, Kohlensäure- und Moor- — ,
von Schmincke 949, Wirkung von Sol-
— auf den kindlichen Organismus,
von Schkarin und Kufajeff .... 1617
v. Baelz, Geh. Hofrat Dr. f ...... . 2031
Baginsky Adolf, zum 70. Geburtstag, von
Schlossmann . 1095
Bahnärzte, 10. Verbandstag deutscher, in
Leipzig 1527, Diensttitel für die — der
österreichischen Staatsbahnen .... 2551
Bahnarztfiage, die, in der Pfalz .... 2093
Bajonette, Verletzungen durch, im Balkan¬
krieg, von Delorme . 1631
Bakteriämie, von Williamson 218, plazen¬
tare — , von Warnekros 1457, intrave¬
nöse Sublimatbehandlung der — , von
Schklowsky . 2422
Bakterien, bacterium, Einwirkung des Phe¬
nols auf, von Küster und Rothaub 94,
Variabilität und Artbeständigkeit der — ,
vonToenniessen 325, Umwandlung von
nicht pathogenen — in pathogene Or¬
ganismen, von Embleton und Thiele
957, die anaeroben — beim Typhus, von
Loris-Melikoff 958, Bedeutung der Mu¬
tation für die Virulenz der — , von
Toenissen 1114, Wirkung des ultravio¬
letten Lichtes auf — , von Oker-Blom
1341, quantitative Bestimmung der —
coli commune im Wasser, von Partis
1506, Differenzierung säurefester — , von
Dostal und Ender 1621, Bedeutung des
— coli für die sanitäre Begutachtung
des Wassers, von Gorowitz 1623, anae¬
robes — , von Neisser 1797, Vernich¬
tung von — im Wasser durch Protozoen,
von Spiegel 1846, reduzierendeWirkung
der — , von Oberstadt 1901, Pathogenität
und Virulenz der — , von Thiele und
Embleton 1953, ein — der Faecalis alca-
ligenes-Gruppe als Erreger typhusuhn-
licber Erkrankungen, von Fürth 2669,
— bei Nasendiphterie der Säuglinge,
von Buttermilch . ... 2817
Bakterienanaphylatoxin, von Doll und
Aoki 38, klinische Bedeutung der — ,
von Hamm . 292
Bakterienarten, Unterscheidung verwand¬
ter, durch die Ausfällung ihres Eiweisses
mittels konzentrierter Salzlösungen, von
Liefmann . 1417
Bakteriengifte, insbesondere die Bakterien¬
leibesgifte, von Fukuhara und Ando . 2067
Bakterieninfektionen, sensitivierte Vakzi¬
nen bei akuten, von Gordon .... 2694
Bakterienmenge, Instrument zur Bestim¬
mung der, von Rosenthal . 2194
Bakteriologische Mitteilungen, von Neisser 1063
Seite
Balanitis gangraenosa, von Tische . . . 149
Balkankrieg s. a. Abdominaltyphus, Am¬
bulanz, Aneurysmen, Bajonette, Feld¬
zug, Fussgangrän, Gangrän, Infektion,
kriegschirurgische Erfahrungen, Kriegs¬
erfahrungen, Kriegslazarette, medizini¬
sche Erfahrungen, Rotes Kreuz, Sani¬
tätsmission, Schussverletzungen, Spitz¬
geschoss, Typhus, Verwundete, Wund¬
behandlungsmittel, W undinfektion.
Balkankrieg 2073, internistische Beob¬
achtungen während des — , von Böhme
2026, chirurgische Erfahrungen aus
dem — , von Pettavel 2072, Verletzun¬
gen im — , von Delorme . 2752
Balkenstich, Behandlung der angeborenen
und erworbenen Gehirnkrankheiten
mit Hilfe des, von Anton und Bra-
mann . 1782
Ballonbehandlung mit tierischen Blasen,
von Baumm . 1451
Baineologenkongress, zum 34. 1016, zum
35. - . 2767
Balneologie, Kurszyklus für, und Balneo¬
therapie in Karlsbad . 1583, 1807
Balneotherapie, wissenschaftliche Grund¬
lagen der, von Landouzy und Heitz . 893
Bananenmehl, Stoffwechsel versuche mit,
von Kakizawa . 1846
Bandwurm, allgemeine eiterige Peritonitis
durch, von Danielsen . . 411
Banti morbus, Pathologie des, von Grosser
und Schaub 77, Milzexstirpation bei — ,
von Grosser 323, mikroskopischer Be¬
fund bei — , von Grützner 782, die so¬
genannte — und der hämolytische Ik¬
terus, von Lommel 881, operative Be¬
handlung der — , von Göbel 939, zur
Lehre vom — , von Grützner .... 1677
Barbiere, Morbiditäts- und Mortalitätsver¬
hältnisse der, von Hanauer . 1393
Bardenheuer Geh.-R. f 1864, von Krabbel 2121
Barlowsche Krankheit, Hämatologie und
Knochenveränderung bei, von Nobe-
court 322, über — , von Ochsenius 1404,
— bei einem mit pasteurisierter Milch
ernährtem Kinde, von Pfender 1851,
Organ analysen bei — , von Bahrdt und
Edelstein 2372, zur Kenntnis der — ,
von Ingier . 2690
Bartwuchs, weiblicher, von Hegler . . . 436
Basalmeningitis, syphilitische, von Nonne 1573
Basch Dr Karl f .... . 1127
Basedowsche Krankheit, morbus B., Selbst¬
heilung von, von Grober 8, alimentäre
Glykosurieund Adrenalinglykosurie bei
— ,vonSchulze 145, Blutzuckergehalt bei
— , von Flesch 145, Viskosität des Blutes
bei — , von Kaess 145, Thymektomie bei
— , von Schuhmacher und Roth 201,
Behandlung der — , von Rubino 714,
— bei Rekruten, von Kuhn 948, Bei¬
trag zur — , von Günzel 949, Thymek¬
tomie bei — , von v. Haberer 1008,
Funktion der Schilddrüse bei — , von
Hosemann 1008, Beeinflussung der —
mittels Röntgenbestrahlung derOvarien,
von Mannaberg 1047, Röntgentiefen¬
bestrahlung bei — und Myom, von
Moses 1062, — und Pulsverlangsamung,
von Hollitschek 1069, — nach Trauma,
von Miller 1163, Myxoedem und — ,
von Maronon 1224, Ovarialfunktion
bei — , von Frankl 1291, — und Geni¬
tale, von v. Graff und Novak 1348,
Neues zur Therapie des — , von Sehnde
1396, serologische Untersuchungen
mittels des Dialysierverfahrens bei — ,
von Lampd und Papazolu 1533, neue
Therapie der — , von Mariman 1619,
die pathologisch -anatomischen Ver¬
änderungen in einigen inneren Organen
beim — , von Chrustalew 1621, Fall
von — , von Gerhardt 1629, akuten — ,
von v. Funke 1950, interne Behandlung
der — , von Becker 2138, operative
Behandlung der — , von Schloffer 2196,
Thymus und Schilddrüse in ihren
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
XL
Seite
wechselseitigen Beziehungen zum — ,
von Capelle und Bayer 2355, dieOvarial-
funktion bei — , von Frankl 2355,
Tbymin hei der Behandlung des — ,
von Hirsch 2535, Beitrag zur Behand¬
lung des — , von Günzel .
Basedowkranke, von Rosenberg ....
Basedowstruma, Histologie der — , von
Zander 201, 1175, von Oehler ....
Bassel-Hagensches Gesetz, von Babesch
und Capitolin .
Bastedosches Zeichen, von Hertz . . . .
Bauch, Ausguss eines normalen, weiblichen
— , von Seilheim .
Bauchbrüche, von Loewe . .
Bauchchirurgie, eine Woche, in Düsseldorf,
von Bestelmeyer .
Bauchdecken, Rekonstruktion der — , von
Schultze 544, Behandlung der — und
des muskulären Beckenbodens bei
Wöchnerinnen mittels des Bergonid-
schen Verfahrens, von Brommer . . .
Bauch deckenhämatom, von Vogt ....
Bauchdeckenphlegmone und -abszesse mit
Zuckerbehandlung, von Baeumer . .
Bauchdeckenreflexe bei chron. Alkoholis¬
mus, von Sauer .
Bauchfaszien, Sensibilität der, von Hart¬
mann 2729 ,Katgutnaht der — , vonMüller
Bauchfenster, das experimentelle, von
Katsch und Borchers 769, von Katsch
786, von Borchers und Kahn . . • .
Bauchgeschwülste, Diagnostik der — , von
Ssobolew . . . ••••••
Bauchhöhle, chirurgische Eingriffe in der,
bei Kindern, von Baiäs 1278, atmo¬
sphärische Luft in der — nach Abdo¬
minaloperationen, von Cohn 1298, Sen¬
sibilität der — , von Käppis 2Ü08, Gas¬
ansammlung in der freien — , von Fal¬
kenburg 2532, Kontamination der Brust¬
höhle bei Infektionen der — , vonTwort
Bauchhöhlenoperationen, Extraperitoni¬
sierung vaginaler, von Rieck . .
Bauchoperationen, Friibaufstehen nach,
von Kohlschütter .
Bauchorgane, die luetische Erkrankung der,
von Hausmann .
Bauchperkussion bei Kindern, von deLange
Bauchschuss, von Pamperl .
Bauchspeicheldrüse s. a. Pankreas.
Bauchspeicheldrüse, Chirurgie der, von
Mayo . • •••••
Bauchtrauma, stumpfes, — Peritonitis, von
Giese . .
Bauchwandtumoren, von Schiffmann . .
Bauchzysten, Diagnostik grosser, von
Glaessner . .
Bauernhäuser, hygienische Studien an alten
südtirolischen, von Neustätter ....
Baufachausstellung, Leipziger . .
Baum« ollweber, Berufskrankheit der
Baunscheidtismus, von Schrammen 1847,
gerichtsärztliche Studien über — , von
Schreiner . . . .
Bayerisches Volk, Einfluss der beruflichen
Gliederung des, auf die Entwicklung
der Sterblichkeit und Fruchtbarkeit der
letzten Jahrzehnte, von Groth ....
Bayern s. u. Gesundheitswesen.
Bazillen s. u. Bacillus.
Bazillenträger, Diphtherieansteckung durch,
von Gaussade u. Joltrain 1070, Bedeu¬
tung der — , von Willführ .
Bechterew, Geh. R. Prof, v., Absetzung .
Becken s. a. Spaltbecken.
Becken, Heilung enger, von Rotter 205,
Dammverschluss nach Entbindung bei
plattem — , von Rieck 205, Knochen¬
kerne des fötalen menschlichen — ,
von Obata 314, einige seltene Formen
von engem — ■, von Mayer 372, Punk¬
tion des Sakralkanals rachitischer — ,
von Rübsamen 713, Rotters Verfahren
zur Heilung enger — , von Gerstenberg
771, Kunstgriff zur Erweiterung desgrad-
veren gten — ,vonFreudenth al 885, Thera¬
pie bei engem — , von Kupferberg 1351,
1575, operative Behandlung alter Infil-
2806
163
658
1052
1954
2432
2144
2709
2325
883 I
1687
1219
2766
2148
2248
Seite i
träte des kleinen — , von Falgowski 1456,
Solitärzyste im kleinen — , von Falgowski
1456, lebende Kinder beim platten — ,
von Esch 1457, Frühgeburt bei engem
— , von Ponfick 1616, Frühgeburtsein¬
leitung bei platt rachitischem — , von
Durlacher 1882, dauernde Erweiterung
des knöchernen — , von Schmid 2308,
2639, Behandlung der Geburt bei engem
— in Basel, von Cuny 2745, Einfluss
des platten — auf die Geburt in nor¬
maler Schädellage, von Esch 2746,
beiderseitig ankylotisches Robertsches
— , von Becker . 2804
Beckenbauchbinde, ortbopaedische, von
Hörrmann
259
Seite
— , von Schaumann 1400, the etiology
0f von Strong und Crowell . . . 1401
Beriberiätiologie, von Schaumann .... 1345
Beriberiforschung, Fortschritte der ex-
perimentellen, von Funk . ■ 1997
Beriberifrage. weiteres zur, von Moszkowski
und Caspari . . 1576, 1626, 190-
Bernard, Claude . ‘912
Beriberikrankheit, neuere Forschungen
über die Ursache der, von Wieland 706,
Ursache der — , von Eijkman 871, von
Schaumann
1264
2695
259
1378
1215
716
2868
2592
495
1678
2692
2377
2440
1896
. 2854
2352
613
736
1848
2811
Beckenbindegewebszyste, von Hörrmann 482
Beckenbruch, von Hecker 1408, von Jensen 1786
Beckendammheizkissen in Badehosenform,
von Freudenberg . 981
Beckenendlage, die poliklinischen Ge-
bürten in, von Obst . 1732
Beckenentzündungen, Behandlung von,
mit Autoinokulation, von Chapple . . 1953
Beckenerkrankungen, Behandlung chroni¬
scher, von Hasse . 315
Beckenflecken, Radiogramme von, von
Goldberg . 2709
Beckenfraktur, spontane, von Schnürpel 2698
Beckengefässe, Naht der grossen, bei der
abdominalen Radikaloperation , von
Sigwart . 2298
Beckeninfiltrate , operative Behandlung
chronisch-entzündlicher, von Falgowski 2246
Beckenkolon, Chirurgie des, von Patel
und Duval . 2858
Beckenmessung, exakte röntgenologische,
von Kehrer 205, 1455, — mit dem
Röntgen verfahren, von Henkel . . .
Beckenneigung, Entstehungsweise über¬
mässiger, von Fränkel .... 579,
Beckenresektion, von Wilms . -861
Beckenspaltung, von Weibel ...... 2688
Becquerelstrahlung, chemische Wirkungen
der, von Fernau und Schrameck . . . 2195
Begleiterscheinungen, einige körperliche,
psychischer Vorgänge, von Leva . . 2386
Begutachtungsfälle, die unklaren, von
Schüle . . |78
Beine, künstliche, von v. Baeyer .... 1353
Beiträge s. u. Journalliteratur, Teil IV.
Beiträge zur Klinik der Infektionskrank¬
heiten und zur Immunitätsforschung 2030
Beleidigungsklage . • • • 679
Beleuchtung, Apparat zur, des Operations¬
feldes, von Prochownik . 826
Belletristik, neuere, von Nassauer . . . 1104
Bellisari Dr. G. f . . 280
Bellsches Phänomen, von Lauber .... -t>J3
Bennecke, Privatdozent Dr. H. f ... 1016
Benzin, Verätzungen durch, von Sehrwald
430, — und Toilette, von Roux . . .1167
Benzoetinktur, Verwendung von, zum
Lackieren von Chokoladen, von Heffter
und Abel . 1847
Benzol, Beeinflussung des Stoffwechsels
durch, von Sohn 885, therapeutische
Verwendung des — , von Kiralyfi . . 1508
Benzoltherapie s. u. Leukämie.
Benzyl chlorid, Wirkung des, und Benzal-
chlorids auf den tierischen Organis¬
mus, von Wolf . 1393
Bergarbeiter, Einfluss des Klimas auf die
Morbidität der ... ... 1392
Bergbau, Hygiene des, und Hüttenwesens,
von Frey .
Bergleute s. a. Augenzittern, Nystagmus.
Bergoniäsches Verfahren, Behandlung der
Bauchdecken und des muskulären
Beckenbodens bei Wöchnerinnen, von
Brommer . .
Bergonisieren s. a. Entfettungskur.
Bergsteigen bei Herzleiden, von Jacob . 2802
Berfberi, über, von Shimazono 268, von
Funk 1735, ist die — eine auch in
Europa heimische Krankheit? von
Sehiiffner 642, Einfluss der Behandlung
des Reises auf die — , von Schüffner
und Kuenen 1399, zur Aetiologie der
1902
2737
2820
369
2325
Berichtigungen 54, 112, 224, 623, 680, t36, 79-,
847, 1127, 1240, 1528, 1808, 1150, 2552,
2600
Berkefeldfilter mit automatischer Reinig¬
ung, von Aumann 94, von Hesse 1 729,
Nachweis von Bakterien durch das — ,
von Ficker .
Berlin, lehrreiche Angaben aus dem Sta¬
tistischen Jahrbuch der Stadt, von
Fischer . .
Berliner Kassenverhältnisse ....
Berufsgeheimnis, das ärztliche, von Meyer¬
stein 374, von Gaupp 1914, das — in
der Strafrechtskommission • • • • 2383
Berufsgenossenschaften, Verhältnis der
zu den, von Besselmann . 1633
Berufsk ankheiten, Anzeigepflicht von, von
Curschmann 1395, Versicherung gegen
— , von Curschmann 1395, — oder Un-
fall, von Franck . . . •
Berufswahl, Fürsorge bei der, mit Ruck-
sicht auf die Tuberkulose, von Teleky 66-
Besteck, geburtshilfliches, von Saniter . 1437
v. Bestelmeyer, Generalstabsarzt z. D.,
Excellenz, f 161°. von v- Seydel • • . • 1716
Bestrahlungslampe, einfache neue, für
Gleich- und Wechselstrom, von Wollt loa
Betaine, Entstehung der, in Tier und
Pflanze, von Ackermann . •
Betriebskrankenkassen verband, Essener
2262, Verhandlungen zwischen dem —
und der ärztlichen Organisation . . . -318,
2438 _. .
Bettfedernhandel, Hygiene des, v. btem-
haus . * • ‘
Beugersehnen, plastischer Ersatz der, von
Payr . .
Beugungsluxation, Reposition einer,
zwischen 4. und 5. Halswirbel . . . •
Beulenpest, die angebliche, der Philister,
von Algyogyi . • • . • • Zö‘ ’
Bevölkerungsbewegung s. u. Bayerisches
Volk, Geburtenrückgang, Sterblichkeit
Bevölkerungsbewegung in Italien 101, —
in Bayern 566, in Deutschland . . ■ 2uyo
Bewegungen, Beziehungen alternierendei,
zur Länge der Reflexbahnen, von
Freund . • • •
Bewegungsbehandlung bei inneren Krank-
heiten, von Goldscheider . . • • • 1J1<
Bewegungsstörungen, dissoziierte u. athe-
toide, bei traumatischer Hysterie, von
Wimmer . • ■ •
Bezirksärzte, Fortbildungskurse für baye-
rische . .
Bezirksverein, Anträge des ärztlichen,
Dresden Stadt 2384, Resolution des
Münchener ärztlichen — 2438, Reso-
lution des Nürnberger ärztlichen . -*>9/
Bienen, Farbensinn der, und die Blumen-
färben, von v. Frisch ...••• 13
Bildungshemmung des Mastdarms und
der Harnblase, von Raubitschek . • • 23U1
Bilharzia der Blase, von Joseph . . 38/, 8dl
Bilharziakrankheit s. a. Distomum.
Billings J. Sh. f 736, von Allemann . . iOSt»
Bindegewebe, Elastizitätsfunktion des, und
die intravitale Mes«ung ihrer Störungen ,
von Schade 36, Quellung von , von
Hauberisser und Schönfeld 601, allge¬
meine Asthenie des — in ihren Be¬
ziehungen zur Wundheilung und bar-
benbildung, von Vogel 851, Wachstum
von — in vitro, von Carrel 1223, das
Quellungsvermögen des — , von Schade -13
Bindegewebeprobe, Schmidtsche , von
Gregersen . 650, 11
368
614
327
1913
INHALTS-VERZEICHNIS.
XLI
Seite
Biochemie für Zahnärzte, von Hoffendahl
143, Einführung in die — , von Grafe 989
Bioföxpillen . 1840
Biologie, la, synthotique, von Leduc . . 1214
Biometrica . (380
Biozyme 1839, von Stephan . 1415
Bisanna . 1840
Bismethylaminotetraminoarsenobenzol-
chlorhydrat . 2171
Bissverletzungen im landwirtschaftlichen
Betrieb, von Mayer . 376
Bitterwasserwirkung, von Ury . 2011
Bizepsriss, sog., von Liniger . 2697
Blase s. a. Harnblase.
Blase, Totalexstirpation der karzinoma-
tosen, von Kümmell 896, Einwanderung
eines Tupfers in die — , von Stöckel 1164,
Totalexstirpation der — , von Krall 1970,
Uteruskarzinom und — , von Cruet 2133,
Fremdkörper der — , von Herescu . . 2303
Blasenausgang, Verengungen des, von
Young . 2132
Blasenbrüche, von Chudowsky .... 1278
ßlasendivertikel, radikale Behandlung an¬
geborener, von Dam 882, Operation
des — , von Kreuter . 1684
Blasenektopie, von Wilms . 382
Blasenerkrankungen bei entzündlichen Er¬
krankungen der Adnexe, von Haim . 1279
Blasenfistel, Technik der Operation
schwieriger, von Solowij . 2247
Blasenfisteloperation, von Baumm . . . 1349
Blasengeschwülste, Koagulationsbehand¬
lung der, von Rubritius . 2549
Blasenhals, Behandlung von Defekten und
Verletzungen des, und des Sphinkter,
von Mackenrodt . 2297
Blaseninfektionen, Übertragung von, bei
Ehegatten, von Janet . 277
Blaseninneres, Operationen'im, mit Hilfe
von Hochfrequenzströmen, von Bucky
und Frank . 348
Blasenmole, von Kropiwnicki . 2303
Blasennaht beim hohen Steinschnitt an
Kindern, von v. Werthern . 134
Blasenoperationen s. u. Operation.
Blasenpapillome s. a Hochfrequenzströme,
Blasengeschwülste, Blaseninneres.
Blasenpapillome, intravesikale Behandlung
der, durch Elektrolyse, von Oppen¬
heimer . . 1228
Blasenruptur, von Lauenstein 49, intra¬
peritoneale — . von Wendel 1462, spon¬
tane — , von Huebschmann . 1628
Blasenscheidenfistel, freie Faszientrans-
plantation bei, von Schmid 1164, Sym¬
ptomatologie der — , von Muret . . 2298
Blasenscheidenfisteloperation, neue, von
Schickele . 1349
Blasensprung, verspäteter, von Hapke 1345,
Bedeutung des vorzeitigen — , von Basset
1617, über — und Blasenstich, von Bayer 2297
Blasensteine, Histologie der ägyptischen,
von Pfister 936, Entstehung, Behand¬
lung u. Verhütung von — , von v.Fedoroff
2430, von Preindlsberger 2430, von
Schlagintweit 2431, drei — , von Goecke
2485, Radiogramme von — , von Gold¬
berg 2759, operierter — , von Busse .
Blasensteinentfernung , Kolpozystotomie
zur, im Wochenbett, von Cohn . . .
Blasentuberkulose s. a. Nierentuberkulose.
Blasentumor, von Kropeit 213, von Heineke
Blasenverletzung, von Wendel .
Blastom bei einem Aal, von Wolff . . .
Blattern, Serumtherapie der, von Teissier
u. Marie ....
Blatternmortalität in Schweden, von Petter-
son .
Blaudsche Pillen nach Lenhartz, von Petzet
Blauholz, Hautausschlag durch Staub von
mexikanischem, .
Blei, Verteilung des, in verschiedenen Or¬
ganen und Geweben nach subkutaner
Injektion, von Maurel u. Carcanagua
312, Schutzvorrichtungen gegen die Auf¬
nahme von — in Bleischmelzkesseln,
von Lewin . 312
Bleiabgabe s. u. Bleiverbindungen.
2862
2370
560
1462
94
499
1048
166
368
Bleibetriebe, ärztliche Ueberwachung und
Begutachtung der in, beschäftigten Ar¬
beiter, von Teleky . .
Bleidampf, Bildung von, in Betrieben, von
Lewin . . .
Bleifarbenindustrie und Bleivergiftungen
in den U. S. von Amerika, von Hamilton
u. Andrews . .
Bleifarbenverbot in Deutschland, von Ram-
bousek .
Bleikolikrezidiv, von Devoto .
Bleiverbindungen, Verhalten schwerlös¬
licher, gegenüber Darmsäften, von
Auerbach und Pick .
Bleivergiftung s. a. Meningitis saturnina.
Bleivergiftung, Massnahme zur Verhütung
der, von Apt 312, schwere — in der
Messingindustrie, von Althoff 530, ge¬
setzliche Schutzmassnahmen gegen die
gewerbliche — in den europäischen
Ländern, von Rehm 830, Mechanismus
der chronischen — , von Erlenmeyer
1114, akute — , von Ortner 1392, Früh¬
diagnose und Häufigkeit der — in
Buchdruckereien, von Rambousek 1392,
— in Akkumulatorenfabriken, von Bött-
rich 1415, Frühdiagnose der — , von
Böttrich 1896, — unter den Anstreichern,
Malern und Lackierern in Wien, von
Teleky 1896, Blutnntersuchung bei der
— , von Schönfeld 2416, Prophylaxe und
Behandlung der industriellen — , von
Oliver 2696, — durch die Wasserleitung,
von Schwenkenbecher und Neisser 2754,
Wert der Symptome der — , von Nägeli
Bleiweiss verbot in Deutschland, von Fischer
Blennorrhagie, Behandlung der Kompli¬
kationen der, mittels der Besredkaschen
Methode, von Cruveilhier
Blennorrhoe s. a. Einschlussblennorrhoe,
Augeneiterung.
Blepharitis, Therapie der, ciliaris, mit
Histopin, von Vollert . .
Blicklähmung, supranukleäre, von Neu
mann .
Blinddarmanhang, Entstehung der Entzün
düngen am, von Heile . . .
Blinddarmentzündung, Rizinusölbehand
lung der, von Sorge 2358, Pathogenese
der sog chronischen — , von Dobbertin
1903, die chronische — und Dickdarm¬
entzündung, von Lindemann ....
Blinddarmerschlaffung, Diagnose der, von
Stern .
Blut s. a. Menschenblut, Kaninchenblut.
Blut, Enteiweissung und Reststickstoffbe¬
stimmung des, von Oszacki 90, Adre¬
nalingehalt des — bei einigen Psychosen,
von Kastan 261, Zuckergehalt des —
und seine klinische Bedeutung, von
Tachau 324, 563, Regeneration des — ,
von Eppinger und Charnas 621, Chole¬
steringehalt des menschlichen — , von
Bacmeister und Henes 715, Enteiweis¬
sung und Reststickstoff bestimmung des
— mittels Uranilazetat, von Oszacki 824,
Einfluss der Narkose auf das — , von
Oliva 825, Lipoidchemie des — , vonBeu-
mer und Bürger 938, Veränderungen
im — nach der Nahrungsaufnahme, von
Mann und Gage 940, Ungerinnbarkeit
des — beider Hämoptoe der Phthisiker,
von Magnus-Alsleben 1001, Mangan-
gehalt des — , von Bertrand und Medi-
greceanu 1049, Alkoholgehalt des — ,
von Schweisheimer 1105, Adrenalin¬
bestimmung im — , von Adler 1221, Vis-
kosimetrie des — , von Rothmann 1283,
abnormer Säuregehalt des — bei krank¬
haften Zuständen, von Rolly 1294, Kalk¬
gehalt des — in der Schwangerschaft,
von Kehrer 1348, Tuberkelbazillen im
strömenden — , von Göbel 1398, Tu¬
berkelbazillen im strömenden — bei
chirurgischen Tuberkulosen, von Bran¬
des und Mau 1398, Harnsäurenachweis
im — , von Oszacki 1398, Lipoidgehalt
des — , von v. Eisler und Laub 1399,
Kohlensäurespannung des — in patho-
Seite
371
312
312
1392
311
2916
2918
312
1848
1658
1299
1727
2297
1566
Seite
logischen Zuständen, von Porges, Leim¬
dörfer und Markovici 1675, von Porges
und Leimdörfer 1675, Gerinnung und
Dekoagulation des — nach dem Erstik-
kungstod, von Roll 1679, Zählung und
Differenzierung der körperlichen Ele¬
mente des — , von Bürker 1725, Chole¬
steringehalt des — bei inneren Erkran¬
kungen, von Henes 1783, von Secchi
1850, Bindung des Arsenwasserstoffs im
— , von Meissner 1898, Chemie des —
in Krankheiten, von Beumer und Bürger
1898, Tuberkelbazillen im — , von Bo-
gason 2014, das — normaler Men¬
schen, von Bie und Möller 2015, Druck
und Geschwindigkeit des — in den Ar¬
terien, von Hürthle 2190, antiproteoly¬
tische Stoffe des — während der Gra¬
vidität, von Gammeltoft 2192, 2358, Un¬
gerinnbarkeit des — und Pepton Witte,
von Popielski 2245, Veränderungen des
— und der blutbildenden Organe nach
Amputationen und Exartikulationen,
von Schaab 2355, Immunisierung des
— gegen septische Erkrankungen, von
Krehl 2419, Tuberkelbazillen im — ,von
Moeves und Bräutigam 2420, gefässver-
engernde Stoffe des — , von Trussow
2423, Immunisierung des — gegenüber
Streptokokken, von Kroll 2423, die phy¬
siologischen Wirkungen des Höhenkli¬
mas auf das — , von Bürker 2442, Infek¬
tiosität des — Syphilitischer, von Fi üh-
wald 2477, 2761, Auftreten eiweissspal-
tender Fermente im — , von Schulz 25 12,
Flasche zur sterilen Aufbewahrung von
— , von Orlovius 2627, 2767, Radiothe¬
rapie der Krankheiten des — und der
lymphoiden Organe, von Crdmieu 2686,
Lipoidchemie des — bei Schwanger¬
schaft, Amenorrhoe und Eklampsie, von
Lindemann 2745, Gerinnungsfähigkeit
und Viskosität des — bei verschie¬
denen Strumaformen, von Maczavariani
Blutalkaloszenz, latente und ihre Schwan¬
kungen, von Pesharskaja . . .
Blutausstrich, Technik des, von Schilling
Blutbild, das, bei Cacbexia thyreopriva,
von Kocher 40, — bei Pocken und
Impf pocken, von Erlenmeyer 96, —
bei lymphatischer Konstitution, von
Siess u. Stoerk445, 1343, differential dia¬
gnostische Abgrenzung einiger Krampf¬
formen durch das — , von Jödicke 1085,
das — bei Struma und dessen Beein¬
flussung durch Strumektomie, von Ror-
schach 1106, vom normalen quanti¬
tativen — , von v. Torday 2534, Thymus,
Ovarien und — , von Heimann . . .
Blutbildende Organe, Verhalten der, bei
der modernen Tiefenbestrahlung, von
Heineke . .
Blutbildung, Eisenstoffwechsel und, von
Schmidt . . .
Blutdruck, der hohe, von Osler 605, neue
Apparate zur Messung des arteriellen
— , von v. Recklinghausen 817, Ein¬
fluss intraabdominaler Drucksteigerung
auf den — , von Fundner 827, Einfluss
der täglichen Luftdruckschwankungen
auf den — , von Staehelin 893, Ver¬
halten des — im Mittelgebirge, von
Siebelt 947, Beeinflussung des — , von
Selig 949, — Lungenkranker, von Feu-
stell 1447, der klinische — , von Scheel
1500, Einfluss von Strumapresssaft auf
den — , von Grube 1621, der arterielle
— beim Aneurysma der Brustaorta,
von Mac Kinnon 1968, — und Blut¬
druckmessung, von Saathoff 2183, Be¬
einflussung des — durch Jodothion
und Quarzlampe, von Lampe und
Strassner 2245, die Lehre vom — , von
Federn 2548, Wirkungen von intra¬
venösen Injektionen von Kropfextrakt
auf den — , von Blackford und San-
ford 2592, — und Blutbild, von Münzer
2596, — nach Thorium-X-Injektionen,
von Sudholf u. Wild .
2807
2421
2356
2829
2657
2817
2851
XL1I
Seite
2808
36
2320
1216
951
Blutdruckbestimmung, klinische Bedeu¬
tung der, von Strazesko .
Blutdr uckerhöhung, alimentäre, von van
Leersum .
Blutdruckmesser, von Kolb .
Blutdruckmessung s a. Armmanschette.
Blutdruckmessung nach Körperarbeit, von
Stursberg und Schmidt 174, — bei
Diphtherie, von Brückner 484, zur — ,
von De Vries Reilingh 824, Blutdruck
und _ von Saathoff 2183, optische
— , von Federn . . . 2548
ßlutdrucksteigerung, über die Quellen
dauernder, von Scblayer 63, Bezieh¬
ungen zwischen anhaltender — und
Nierenerkrankung, von Fischer . . .
Blutdruckverhältnisse, Behandlung patho¬
logischer, durch die moderne Elektro¬
therapie, von Howard-Humphris . .
Blutdrüsen, dieErkrankungen der, von Falta 2127
Blutegel, blutstillende Wirkung von, von
Muraschew . . • • 998
Bluteosinophilie, hochgradige, bei Kar-
zinomatose und Lymphogranulom, von
Strisower . . . . 97
Blutergelenke, von Mankiewicz . 2434
Blutergüsse, Verhalten traumatischer,
speziell in den Gelenken und der
Pleura, von Pagenstecher ..... 201
Blutfarbstoff, Einwirkung des Hydroxy¬
lamin auf den, von Letsche 2189,
Photometrie des -, von Butterfield . 2190
Blutgefässe, Pathologie der, von Rössle
158, Transplantation von — , von Ca-
stiglioni 1340, die Chirurgie der —
und des Herzens, von Jeger 1444,
Nervenlaesionen als Ursache patho¬
logischer Veränderungen der — , von
Tood . . • • • 2694
Blutgerinnung, Physiopathologie der, von
Nolf 276, Einfluss otogener Erkran¬
kungen auf die — , von Urbantschitsch
744, Rolle der Lipoide bei der — -, von
Bordet und Delange 937, — bei ende¬
mischen Kropf, von Bauer .
Blutgerinnungsbestimmungen, Wert der
für die Chirurgie, von Schlossmann
Blutgerinnungslehre, Studien zur, von Zak 2747
Blutgerinnungsmethode, Technik und Er¬
gebnisse meiner, von Schultz .... 4
Blutgerinnungszeit, Bestimmung der, von
Bürker . 2190
Blutgewinnung zu serologischen Zwecken,
von Müller . 215
Blutharnsäure bei Gicht, von Gudzent . 2851
Blutkalkgehalt bei Kindern, von Katzen¬
ellenbogen . 2136
Blutkapillaren, Apparat zur Untersuchung
des Druckes in den, der Haut, von
Basler . 1972
Blutkörperchen, die weissen, beim Jugend¬
irresein, von Pförtner 261, Einfluss der
wreissen — auf die Viskosität des
Blutes, von Holmgren 317, Einfluss der
Blutentziehungen und subperitonealen
Blutinjektionen auf Zahl und Resistenz
der roten — , von Oczesalski und Ster¬
ling 880, Einfluss des Extractum filicis
maris und des Infusum Sennae compos.
auf das Verhalten der weissen — , von
Grek und Reichenstein 1452, Einfluss
des Alkohols auf die Resistenz der
roten — gegenüber hämolytischen
Agentien, von Tasawa 2067, junge und
alte — , Resistenz md Regeneration
von Hamburger undUbbels 2189, Ein
fiuss des Auswaschens auf die Resi
stenz der — , von Snapper 2189, Durch
gängigkeit der — für Traubenzucker
von Masing 21 89, Differentialauszählung
der weissen — in der Zählkammer .
Blutkonzentration, gesetzmässige Schwan¬
kungen der — . von Veil .
Blutkrankheiten, Elarson bei, von Walter-
höfer . • .... 2494
Blutlipoide, Pathologie der, von Bauer
und Skutezky . 1222
1411
1336
660
2190
1464
1630
1199
INHALTS-VERZEICHNIS. _
Seite
Blutmengebestimmungen nach v. Behring,
von Kämmerer und Waldmann . • 121b
Blutmorphologie, funktionelle Gesichts¬
punkte aus der, von Naegeli . . • .
Blutneubildung, Höhenklima und, von
Laquer 269, 1336, — im Hochgebirge,
von Cohnheim und Weber .
Blutplättchenbefunde in inneren Organen,
von Bernhardt . .
Blutplasma, Drehungsvermögen des, und
-serums, von Abderhalden und Weil .
Blutpräparate, mikroskopische, von Lenz¬
mann . .
Blutreaktion, Hemmung der, im Harn,
von Wilheim . . . . '.-•••
Blutregeneration bei Eisenverabreichung,
von Schmincke . . •
Blutserum, Chlorgehalt des, von Arnoldi
884 , Untersuchungen des Blutplas¬
mas mit — , von Naegeli 1001, neue
Methode zur quantitativen Bestimmung
von Uraten im — , von Ziegler 1083,
toxische Wirkung des menschlichen — ,
von Bankowski und Zcymanowski 1217,
die Farbstoffe des — , von Hymans
v. d. Bergh und Snapper 1337, Unter¬
schiede zwischen dem — von Para¬
lytikern und Präkoxen, von Benedek
und Ddak 1449, antitryptische Wirkung
des — , von Kämmerer 1 873, von Rosen¬
thal 2175, — von Gichtikern, von Ehr¬
mann u. Wol ff 21 15,2264, von Bass 2176,
Drehungsvermögen des — , von Abder¬
halden und Weil 2190, die Reaktion
des — als Hilfsmittel zur Krebsdiag¬
nose, von Sturroch 2644, Enzym Wirkung
fördernde Stoffe im pathologischen — ,
von Guggenheimer 2650, Diphtherie-
Antitoxingehalt des menschlichen ,
von Kleinschmidt 2689, hämatopoe-
tischer Wert des — , von Massalongo
1913.
Seite
1001
830
und Gasperini 2750, fettspaltende Fer-
2852
2691
1055
762
2616
1001
mente im — , von Caro
Blutstillung, Technik der, an den Hirn¬
blutleitern, von Mintz 1107, von Bor-
chardt 1504, — bei Leberwunden, von
Jaquin 1458, — bei Leberoperationen,
von Borszeky 2018, — in der Nach¬
geburtszeit, von Zimmermann ....
Blutstillungsmethodo, neue, und Wund¬
behandlung durch das Koagul en Kocher-
Fonio, von Fonio . 1110
Blutstillungsmittel s. u. Coagulen.
Blutstrom, Förderung des, durch Arterien¬
puls, von Hürthle 73, — im Aorten¬
bogen, von Quincke . . . . ^
Blutsverwandtschaft, schädlicher Einfluss
der, der Eheleute auf die Gesundheit
der Nachkommen, von Kanngiesser .
Bluttransfusion bei geborstener Tubar-
schwangerschaft, von Green _1224, —
bei Anämie, von Schmid 1457, direkte
— , von Göbell 1574, Wert der direkten
— , von Soresi . . . . 2(118
Blutungen, Feststellung versteckter, im
Mageninhalt, von Brauer 43, Therapie
sog. unstillbarer — im Säuglingsalter,
von Blühdorn 96, Kontrolle der post-
partum- — vermittels manueller Kom¬
pression der Aorta, von Davis 146,
okkulte — bei Magenerkrankungen, von
Zoeppritz 160, Therapietübermässig star¬
ker menstrueller — , von Rieck 214, kli¬
makterische — und Karzinomprophy-
laxe, von Lehmann 259, — im Tractus
gastrointestinalis, von Stadelmann 6 * 4,
Behandlung von haemophilen — mittels
des Thermokauters, von Hahn 971, von
Parreidt 1150, von Meyer 1549, Be¬
handlung von — mit Pferdeserum, von
Levison 1224, — aus den weiblichen-
Genitalien auf haemophiler Grundlage
von Landa 1287, — im Nierenlager, von
Schiffmann 1340, intraperitoneale —
infolge Zerreissung der Leberarterie,
von Reinhardt 1503, akzidentelle — ,
von Essen-Möller 1965, grosse — wäh¬
rend der Entbindung, von Gjistland
2042, Genese und Symptomatologie
intrakranieller — beim Neugeborenen,
von Abels 2474, Behandlung haemo¬
philer — , von Väzquez-Lefort 2478,
subendokardiale — , von Aschoff 2533,
okkulte — im Stuhlgang, von Queisser
2654, freie Fetttransplantation bei —
der parenchymatösen Bauchorgane, von
Hilse .
Blutungsanämie, von Milne . • - • ■
Blutuntersuchung, Methodik und Technik
der okkulten, des Magen darmkanals,
von Boas 263, Notwendigkeit der obli¬
gatorischen Einführung der — nach
Wassermann bei der Kontrolle der
Prostituierten, von Müller 299, sero¬
logische — , von Freund und Brahm
1402, intravitale bakteriologische — bei
Kindern, von Kretschmer 1448, — bei
der Appendizitis, von Schultze 1562,
— an röntgenbestrahlten Tieren, von
Fränkel 1912, Methodik der — , von
Bloch 2196, — bei Bleivergiftung, von
Schönfeld 2416, — bei Nervenkranken,
von Sauer . •
Blutverluste, erhöhte Gefahren an, bei
angeborener Enge des Aortensystems,
von Melchior 263, wie grossen — ver¬
trägt ein Mensch? von Gjistland . .
Blutverteilung, Beeinflussung der, durch
physikalische Massnahmen, von Stru¬
bel! . • • • • . • 1
Bl utverschiebun gen , psy choph y siol ogisc he,
bei Läsionen der Thalamusgegend, von
Schrottenbach . •
Blutviskosität, Einfluss des Druckes auf
den Koeffizienten der, von Hess 316,
— bei der Eklampsie, von Engelmann
u. Elpers 1563, — bei Infektionskrank¬
heiten der Kinder, von Rumianzew .
Blutzählung, Pipetten und Mischgefässe
bei der klinischen, von Ellermann . .
Blutzellen, basophil punktierte rote, im
Knochenmark, von Walterhöfer 2066,
Resistenz der farblosen — , von Fraenkel
Blutzerfall, Galle und Urobilin, von Brugsch
und Retzlaff .
Blutzucker, der, von Bang 990, Hyper¬
tension und — , von Port 148, Bedeu¬
tung des — , von Benthin 840, Ver¬
halten des — bei Gesunden und Kran¬
ken, von Rolly 898, Beziehungen der
Nebennieren zu — , von Freund und
Marchand 1164, Verhalten des — im
Fieber, von Freund und Marchand 1276,
— bei Säuglingen, von Bing und Win-
delöv 2359, — und Wärmeregulation,
von Freund und Marchand . . 24/5,
Blutzuckerbestimmungen, Bedeutung von,
für Diagnose und Therapie des Dia¬
betes mellitus, von Reicher 216, 1520,
— und Blutlipoidbestimmungen _bei
Diabetes mellitus, von Reicher 556,
klinische Bedeutung der — beim Dia¬
betes, von Tachau 1216, Toleranzprü¬
fung mit Hilfe einer neuen Methode
der — , von Kraus 2364, — bei Kindern,
von Bing und Windelöw .
Blutzuckergehalt unter normalen und pa¬
thologischen Verhältnissen, von Purjesz
2138, der physiologische — beim Kinde,
von Goetzky . -••.•••
Blutzuckeruntersuchungen bei chronischen
Neph itiden, von Borchardt und Ben¬
nigsen .
| Bochenek Prof. Dr. A. f .
| De Boeck, Prof. Dr. f . .
Bogengangapparat, Entwicklung der Lehre
vom peripherischen und zentralen,
von Bäräny 2362, Anatomie des — ,
von Reich 2362, Physiologie des — ,
von Rothfeld 2362, Klinik des — , von
Bäräny . . . . .
Bolus alba im Handschuh, von Burmester
371, 1728, Verwendung der — bei der
Händedesinfektien, von Günther . .
2802
1106
2701
2072
893
2479
2807
1106
2419
37
:75, 2860
2804
2804
2275
1303
2767
2362
826
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS
XLIII
Seite
Bolusseife, Händedesinfektion mit, und
— pasta, von Kutscher . 827
Bolzungen s. u. Gelenkbolzung.
Bolzung, Behandlung von Vorderarm¬
frakturen mit, von Schöne . 2327
Bomintabletten . 426
Borcholin bei Tuberkulose, von Melder u.
Ascher . 748. 1041
Bornyval s. u. Neubornyval.
Bosnien s. u. Briefmarken, Medizinische
Erfahrungen.
Botulismuserkrankungen, 6 klassische, in
der Eifel, von Schumacher . 124
Bourget Prof. Dr. L. f 1696, von Rabow 2180
Bovotuberkulin als Diagnostikum bei chi¬
rurgischer Tuberkulose, von Buch . . 2015
Boykottierung eines dem Verein nicht an-
gehörigen Arztes . 874
Brachialplexusneuritis und -polyneuritis,
metapneumonische, von Biermann . . 263
Brachett Dr. J. E. f . 54
Bradykardie bei Leberverletzungen, von
Rubaschow 1162, von Finsterer . . . 1162
v. Bramann, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. f
1016, zur Erinnerung an — , von
Anton . 1438
Brandwunden, Behandlung von, mit
Amidoazotoluol, von Berlatzky . . . 2808
Brasilien s. u. Reiseskizzen.
Brauereiindustrie, hygienische Verhältnisse
in der, von Hanauer . 2416
Brechakt des Hundes, von Hesse . . . 832
Brendel-Müllersche Reaktion, von Plaut
238, ist die Ausführung der — durch
den praktischen Arzt empfehlenswert?
von Pöhlmann 591, — bei Malaria,
von Zschucke . 2137
Brenner zur Beseitigung von Geschwülsten
des Colliculus seminalis, von Dommer 2859
Brief aus Amerika 1289, Belgrader —
1693, 1795, 1861, Berliner — 100, 210,
221, 321, 667, 1000, 1415, 1509, 2142,
2317, 2493, 2647, 2764, 2811, Breslauer -
501, 2436, 2647, Hamburger — 45, 2540,
— aus Italien 101, 552, 1112, 1567, 2142,
2648, 2856, — aus Konstantinopel 46,
Londoner — 267, 1736, 2074, 2593,
— aus Moskau 607, 888, Schweizer —
152, 1346, 2811, — aus Strassburg 719,
1861, Wiener — 320, 1171, 1625, 2250,
2426, 2813
Briefkasten . 2768, 2872
Briefmarken, bosnische . 111
Brightsche Krankheit, zweimalige Edebohl-
sche Operation , Basedowsymptome,
von Pulawski . 485
Brille s. a. Jagdbrille, Schiessbrille.
Brille, die, als optisches Instrument, von
v. Rohr 150, punktuell abbildende —
von Gleichen . 1680
Brillenkunde, Fortschritte in der, von
Hegner 149, Kurs für — in Pest . . 224
British Medical Association s. u. Asso¬
ciation.
Bromdarreichung, zweckmässige Form der,
von Joedicke . 2551
Bromexanthem, von Rach . 675
Bromoderma, von Winternitz 331 , — tubero¬
sum, von Goldreich . 2763
Brompräparate, von Amman 1343, Ver¬
halten von — im Tierkörper, von
Gutknecht . 2066
ßromsalze, Wirkung der, von Bernouilli . 2535
Bromtherapie, die pharmakologischen
Grundlagen der, bei der Epilepsie, von
v. Wyss . 484
Brom Wirkungen, physikalisch - chemische,
im Organismus, von Januschke . . 1047
Bronchialasthma als anaphylaktische Er¬
scheinung, von Manoilow 997, zur
Theorie des — , von Ephraim 1570,
Behandlung des — mit dem Vibro-
inhalationsapparat, von Gerber . . . 2691
Bronchialbaum, Form, Lage und Lagen¬
änderungen des, im Kindesalter, von
Engel . 2299
Bronchialdrüsentuberkulose, röntgenogra¬
phischer Nachweis des primären, bei
der, von Simon . 1784
Seite
Bronchialerkrankungen , Durstkuren bei
chronischen, von Singer 41, syphilitische
— , von Hochhaus . . . 385
Bronchialkarzinom, primäres, von Kreg-
linger . 429
Bronchialmuskulatur der überlebenden
Meerschweinchenlunge, von Baehr und
Pick . 2747
Bronchiektasien, von Hildebrand 955, Heil¬
stättenerfahrungen über — , von Bauer 369
Bronchien, mechanische Bedeutung der,
von Jansen 543, von Tendeloo 1726,
partielle Wismutfüllung der — intra
vitans, von Telemann . 778
Bronchiolitis obliterans, von Assmann . 1296
Bronchitis, Behandlung der akuten, Bron¬
chiolitis und Bronchopneumonie bei
Säuglingen mit heissen Bädern, von
Arneth2248, Vakzinen bei der Behand¬
lung von chronischem — u. des Asthmas,
von Pirie . 2643
Bronchoskop, Fremdkörperentfernung aus
der Lunge durch das, von Thost . . 2545
Bronchoskopie s. a. Untersuchungsme-
thoden.
Bronchoskopie, über, von Knick 560, —
u.Oesophagoskopie, von Friedberg 1522,
Entfernung eines Fremdkörpers durch
untere — , von Friedrich 2147, Ent¬
fernung eines Fremdkörpers durch —
inferior aus dem 1. Bronchus, von
Zoeppritz u. Weiland . . . 2758
Bronchoskopische Entfernung einer Sicher¬
heitsnadel aus dem Bronchus, von
Konjetzny . 2758
Bronchoskopische Röhren für Kinder, von
Killian . 1514
Bronchostenose, Diagnostik der, von Jacob¬
son 373, Röntgendiagnostik der — , von
Ziegler . 2641
Bronchotetanie, von Lederer . 1279
Brophenin . 426
Brot s. a. Ganzkornbrot.
Brot, das, als Träger der Diphtherie, von
Moreau . 789
Brotsorten, Verdaulichkeit einiger, von
Hinhede . 599
Bruch s. a. Bauchbrüche, Blasenbrüche,
Darmbrüche, Netzbruch, Riesenbruch,
Gleitbrüche.
Bruchband, Operation oder ?, von Chlumsky 427
Bruchbehandlung, Allgemeines über, von
Witzei . 516
Bruchenden, Reposition der, in Lokal¬
anästhesie, von Dollinger . 1218
Brüche, Therapie der eingeklemmten,
von Gussew . .... 2532
Brüning, Generaldirektor Dr. v. f . . . . 392
Brunst, experimentelle, von Aschner . . 611
Brustbein, Chirurgie des, von Hartung . 2135
Brustdrüsen, Hypertrophie der, von Gus¬
sew 993, überzählige — , von Frühwald
1800, Einfluss der Ovarien auf das
Wachstum der — , von Schickele . . 2298
Brusternährung, die, von Forsyth . . . 2694
Brustkinder, Ernährungsstörungen der,
von Friedjung . 1279
Brustkorb, Bewegung des, bei der Atmung,
von Keil . 2457
Brustmuskeldefekte, zur formalen und
kausalen Genese der, und Brustdrüsen¬
defekte, von Walther 1107, angeborene
— , von v. Strümpell . 2088
Brustwarzen, rasche Heilung wunder, von
Neubauer . 2805
Brustwirbelsäule, häufige Anomalie der
unteren, von Gundermann . 1879
Bubo, Behandlung des, mit Röntgen¬
strahlen, von Wittig 2748, Behandlung
der vereiterten — mit Methylenblau-
Silber, von Saphier und v. Zumbusch 2748
Buchdruckgewerbe, Ursachen der Haut¬
erkrankungen im, von Zellner und
Wolif . 1902
Buchhandlung s. u. Leipziger Verband.
Bücherei, Max Hesses, des modernen
Wissens, von Beerwald und Dippe 880, 1725
Bürkner, Geh. M.-R , Prof. Dr. f ... 2031
Buhlii morbus, Aetioiogie des, vonLuksch 1284
Seite
Bulbärparalyse, akute syphilitische, von
Schlesinger 108, tabische — , von
Troern ner . 2755
Bulbus, angeborene Retraktionsbewe¬
gungen bei Adduktion des, von Elsch-
nig 388, doppelte Perforation des — ,
von Kraus . 1298
C.
Cachexia thyreopriva, das Blutbild bei,
von Kocher . 40
Cadogel bei Ekzem, von Bugarsky und
Török . 2139
Caissonarbeit, Gefahren der, von Silber¬
stern . 1392
Calleja y Sanchez f . 1016
Calotropis procera, von Lewin . 601
Calziron . 1839
Cammidgesche Reaktion, Wert und Wesen
der, bei Pankreaserkrankungen, von
Mayesima 200, Bedeutung der — für
die Diagnostik der Pankreaserkran¬
kungen, von Lanzer . 546
Cancer recti s. a. Mastdarmkrebs.
Cancer, Imperial Research Fund . ... 2353
Capsules surrenales, les lesions des, dans
la scarlatine von Hutinel . 2299
Caravonica- Verband watte . 2472
Carcinoma ventriculi, von Gerhardt 106,
von Wendel 383, Heilung von — uteri
nach Probeauskratzung, von Hess 1283,
von v. Hansemann 1283, — psammosum
des Ovariums, von Martius 1450, Ent¬
fernung eines — uteri durch Probeaus¬
kratzung, von Prym 1507, Histologie
eines — cervicis uteri, von Liegner 1951,
— vaginae, von Veit 2024, regionäre
Lymphdrüsen und Ureter beim — colli
uteri in gravididate, von Rühle 2298,
Wert der Probeausschabung zur Dia¬
gnose des — corporis uteri, von Burk¬
hard . . 2803
Carcinosarcoma uteri, von Stein .... 146
Carotis, Unterbindung der, communis, von
Smoler . • . . 371
Cataracta nigra, von Elschnig und v.Zeynek 107
Caviblentherapie, von Sommer . ... 2476
Ceolat . 426
Cereus, Extrakt aus, grandiflorus, von
Groeber . 1863
Cheilotomie, von Handley u. Ball . . . 2642
Chelonidin . 2472
Chelonisol . 2472
Chemie der Fette, von Jolles 86, Grund¬
riss der anorganischen — , von Oppen¬
heimer 86, — bei Tuberkulose und
Skrofulöse, von Zeuner 1785, Lehrbuch
der organischen — , von v. Bunge 2741,
Probleme der physiologischen und
pathologischen — , von v. Fürth . . . 2799
Chemische Industrie, Krankheits Verhält¬
nisse in der, von Curschmann .... 1395
Chemotherapie, von Ehrlich 1959, experi¬
mentelle — der bakteriellen Infektion,
von Levy 96, — bei der Diplobazillen-
infektion des Auges, von Gebb 964,
— der Tuberkulose, von Rothschild
1004, von Mehler und Ascher 1941, von
Schütze 2806, — der Spirochaetosen,
von Giemsa 1074, — der Lungentuber¬
kulose, von Hinze 1302, intravenöse —
bei inoperablem Uteruskarzinom, von
Klotz 1704, von Bodmer 1756, von
Mayer 2013, 2096, — der Pneumokok¬
keninfektion, von Morgenroth und
Kaufmann 2067, von Gutmann 482,
kombinierte — und Strahlentherapie
maligner Geschwülste, von Seeligmann 2369
Chimärenforschung, Wege und Ziele der,
von Winkler . 2867
Chinaalkaloide, Wirkung von, auf Pneu¬
mokokkenkulturen, von Tugendreich
und Russo . 2801
Chineonal, von Fraenkel und Hauptmann
223, Behandlung des Keuchhustens
mit — , von Pauli . 2249
XLIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
1520
309
Seite
Chinin, Wirkung des, und des Salizyl¬
säuren Natriums auf das innere Ohr,
von Rister . 996
Chininpräparate, neuere, von Giemsa und
Werner . • • • 1400
Chininprophylaxe oder mechanischer
Malariaschutz, von Külz 1400, von
Waldow 1400, — in der Malaria, von
Rüge 1400, von Treutlein .
Chirurg, die Arbeitsstätte des, und Ortho¬
päden, von Langemak .
Chirurgenkongress, zur Einladung des,
nach Leipzig . H2S
Chirurgenvereinigung, südostdeutsche . 1471
Chirurgie, Lehrbuch der allgemeinen, von
Lexer 32, von Tillmanns 1214, Lehr¬
buch der — , von Wullstein-Wilms 142,
physiologische — , von Klapp 793,
travaux de — anatomo-clinique , von
Hartmann 1043, Fortschritte auf dem
Gebiete der — der Leber und des Pan¬
kreas, von Burkhardt 1155, die — der
quergestreiften Muskulatur, von Kütt-
ner und Landois 1444, die — der Blut¬
gefässe und des Herzens, von Jeger
1444, nouveau traite de — , von le Dentu
und Delbet 1 501 , 1895, orthopädische —
der Extremitäten, von Mauclaire 1501,
Ergebnisse der — und Orthopädie, 1559,
— der Nierentuberkulose, von Wild¬
bolz 1725, — der Lebergeschwülste,
von Thöle 1782, Jahrbuch für ortho¬
pädische — , von G'aessner 1782, —
des Arteriensystems 2018, Diskussion
über intrathorakale — (Ref. Sauerbruch)
2019, Diabetes und — , von Kaposi 2069,
— du Crane, du Rachis, du Thorax, du
Bassin et des Membres, par Denucö
et Novfi-Josserand 2531, Lungentuber¬
kulose und — , von Gorse und Dupuich
2538, Fortschritte in der orthopädischen
— , von Künne . 2587
Chirurgische Diagnostik, spezielle, von
de Quervain . 1274
Chirurgische und orthopädische Eingriffe
im Säuglingsalter, von Spitzy . . . 2373
Chirurgische Operationen, Lehrbuch der,
von Krause und Heymann ... . 540
Chirurgische Untersuchungsarten, von
Manz 931, — Untersuchungsmethoden,
von Gebele . 931
Chlamydozoenbefunde bei Schwimmbad-
konjunktivitis, von Huntemüller und
Paderstein . 148
Chloraethylnarkose, von König . 39
Chloraethylrausch, der, in der operativen
Zahnheilkunde, von Kreucker . . . 1790
Chloreton Vergiftungen, von Wynter . . . 2694
Chloride, Ursprung der anorganischen, im
Magensekret, von Singer 2694, Apparat
zur Bestimmung der — im Harn, von
Weiss . 2842
Chlorkaiksterilisation, neues Verfahren
der, kleiner Trinkwassermengen, von
Langer . . . • 2194
Chlorkalzium, Erhöhung der natürlichen
Resistenz gegen Infektionsquellen
durch, von Emmerich und Loew 1730,
— bei Lungentuberkulose, von Schütze 2262
Chlorkalziumgelatine, von Müller u. Saxl 167
Chlorkalziumzufuhr bei Heufieber, von
Emmerich und Loew . . .... 2676
Chlormetakresol zur Schnelldesinfektion
der Hände, von Kondring . . . . 661
Chloroform, das, in der Rhino-Pharyn-
gologie, von Blanluet . 829
Chloroformanästhesie, 8 Jahre, in der
Nasen- und Halschirurgie, von Grayson 829
Chloroformnarkose und Leberkrankheiten,
von Hildebrandt 527, — und Neben¬
nierenkapseln, von Delbet, Herren¬
schmidt und Beauvy 548, Adrenalin
bei der — , von Depree 1736, Herz¬
massage bei Herzstillstand unter — ,
von Pieri 1850, plötzliche Todesfälle
bei leichter — , von Nobel 2252, über
— und Aethernarkose, von Kochmann
2301, Gefährlichkeit kleiner Adrenalin¬
dosen bei oberflächlicher — , von Depree 2438
1913.
Seite
145
1614
2744
92
1162
1562
2588
Chlorom, von v. Pirquet 564, von Sim-
monds 2702, — der Brustwirbelsäule,
Chlorometer, von Weiss . ■_ • 2842
Chlorose, Beiträge zur, und Eisentherapie,
von Kottmann 36, Aetiologie der — ,
von de Dominicis . ■ • • 2076
Chlorretention, anhydropische, von Leva
834, Funktion der Nieren und — bei
fieberhaften Krankheiten, von Snapper
2472, Permeabilitätsänderung der Zel¬
len als Ursache der — , von Snapper 2472
Choledochoduodenaldrainage, von v. Hof¬
meister . .
Choledocho-Duodenostomie, von Sasse .
Choledochotomia transpancreatica, von
v. Fink .
Choledochus, Beiträge zur Chirurgie des,
von v. Hofmeister 225, Regenerierung
des — , von Propping 882, Bildung eines
künstlichen — , von Cahen . 1503
Choledochusbildung, künstliche, durch ein¬
faches Drainrohr, von Arnsperger und
Kimura . . • .
Choledochusersatz durch Einpflanzung des
Proc. vermiformis, von Molineus . .
Choledochusverschluss, weisse Galle beim
absoluten dauernden, von Bertog
Cholelithiasis, über, von Bain 843, Be¬
handlung der — mittels einer tropi¬
schen Pflanze, von Hagelweide 1453,
Rettigsaft bei — , von Engels 2029, Pa¬
thologie der — , von Klose 2545, zur
Frage der — , von Aoyama ...
Cholera 54, 111, 168, 224, 280 336, 391, 44/,
504, 567, 791, 846. 903, 960, 1015, 1071,
1184, 1240, 1639, 1696. 1752 1807, 1864,
1918, 1975. 2031, 2095, 2152, 2204, 2264,
2319, 2384, 2440, 2496, 2551, 2600, 2656,
2711, 2767, 2822, 2872, die — in Kon¬
stant! nopel und ihre Bekämp'ung 46,
Desinfektionsmittel bei — , von Murillo
319, Rogersche Methode bei der Behand¬
lung der — , von Megaw 940, le —
asiatique dans la marine ä Toulon
1911, von Defressine, Cazeneuve,
Olivier, Coulomb 1401, die — in Ser¬
bien, von Drigalski 1796, von Jaeger
18 >1, 1918, die — in Lybien 2142, Rolle
der Kontaktiifektion in der Epi¬
demiologie der — , von Eckert ...
Choleraepidemie, die, in Belgrad, von
Moufel . 1861
Cholera- und Typhusgangrän, von Welcher 2474,
2688
Choleratoxine und Antitoxine, von Horo-
witz . • • 2637
Choleraübertragung durch Nahrungsmittel,
von Kobler . 2749
Choleravibrio in den Gallenwegen, von
Greig . . • 940
Cholesteatom, epidermoidales, des Gehirns,
von Meyer . 000
Cholesterin, Nachweis von, von Weltmann
388, Bedeutung des — im Organismus,
von Wacker und Hueck 993, Bestim¬
mung des gesamten — im Blut und in
Organen, von Authenrie'h und Funk
1243, von Lifschütz 1549, 2346, von
Schreiber . ....
Cholesterinäraie , experimentelle, von
Wacker u. Hueck 2097, Hypertension
und — , von Cantieri 2476, über — , von
Obakewicz . . . ......
Cholesterinbehandlung bei Anaemia sple-
nica, von Cantieri ... 2749
Cholesterinester, experimentell erzeugte
Ablagerungen von, und Anhäufungen
von Xanthomzellen im subkutanen
Bindegewebe des Kaninchens, von
Anitschkow . 2555
Cholesteringehalt des Blutes — , von Henes
1783, von Secchi . . . 1850
Cholesterinnachweis im Blutserum, von
Weltmann . 1284
Cholesterinsteatose, experimentelle, von
Anitschkow .......... 1845
Cholesterinsteine, wie entstehen die reinen?
von Aschoff . 1153
2750
938
1776
2637
94
2750
2539
2916
2001
2808
Cholesterinstoffwechsel, von Klinker 1 1046, ^
Cholesterinurie, von Barberio .
Cholesterin Verfettung, experimentelle, von
Anitschkow . ......
Cholestolreaktion, geben die Cholesterin¬
fette die Liebermannsche? von Lif¬
schütz 1549, zur Kenntnis der Lieber-
mannschen — , von Autenrieth u. Funk
Cholezystektomie, snbseröse Drainage des
Zvstikusstumpfes nach einfacher, von
Flörcken 2298, experimentelle u. ana¬
tomische Untersuchungen nach — ,
von Rost . ......
Chondrodystrophia, familiäre, foetalis, von
Chiari 248, klinisches Bild der — foe¬
talis, von Jaroschy 882, familiäre — ,
von Wagner 1124, — fetalis, von Brüning 1/46
Chondrodystrophische Zwergin, chondro-
dystrophisches Kind einer, von Swoboda Io-jO
Chordom, rezidivierendes bösartiges, der
sakrokokzygealen Gegend, von Vecchi
91, über — , von Hässner .
Chorea, Salvarsan bei, gravidarum, von
Härtel 184, die syphilistische Natur der
Sydenhamschen — , von Milian 333,
die Einbruchspforten der Sydenham¬
schen — , von Branson 605, Hunting-
tonsche — , von Weber 608, intravenöse
Salvarsaninjektionen bei Sydenham-
scher — , von Marie u. Chatelin 677,
syphilitischer Ursprung der Sydenham¬
schen — , von Grenet u. Södilot 958,
hirnpathologische Ergebnisse bei -
chronica, von v. Niessl-Mayendorft
1449, zur — chronica hereditaria, von
Goldstein 1659, Behandlung der —
mit \1agnesiumsulfat,vonFeliciani 1850,
das Salvarsan bei der Behandlung der
Sydenhamschen — . — und Erblues,
von Fiore .
Choreatiker, der Tod bei, während der
Schwangerschaft, von Lepage .
Chorioidea, Rundaellensarkom der, von
Siegrist . • • •
Chorionepitheliom, von Uhle 154, — der
Leber, von Paltauf 1069, von Fischer
1450, Klinik und Histologie des — ,
von Heimann 2745, maligne — mit
langer Latenzzeit, von Polano . . . 2803
Chorionzotten, von Ries . 1^22
Chorvereinigung Berliner Aerzte .... 3J1
Christian Science s. u. Hohenlohe.
Chromate, Bedeutung der, für die Ge-
sundheit, von Lehmann ...... 36/
Chylorrhöe aus dem Darm, von Fleisch-
mann . ... 157b
Chyluszysten, multiple mesenteriale, von
Poulsen . 197b
Citrospirinum . • • 24/2
Coagulen Kocher-Fonio, ein neues Blut¬
stillungsmittel, von Obermüller 2832,
von Fonio . . •
Coccidienuntersuchungen, von Schellack
und Reichenow .......
Cocoboloholz, hautreizende Wirkung des,
von Nestler . . • •
Codeonal, klinische Erfahrungen mit, von
Mann 474, von Bönning 1681, Wir-
kung des — , von Marcantoni .... 48/
Coecum s u. Zoekum.
Coeliacin s. u. Sklerodermie.
Cöliazintabletten . . 183J
Coeur, le, et l’Aorte Etüde de Radiologie
clinique, par Vaquez et Bordet . . . 25*30
Colitis s. a. Kolitis.
Colitis chron. gravis, von Rosenheim 1221,
— ulcerosa, von Schwarzwald . . .
Collicullus seminalis , Entzündung des,
und seine Folgen, von Orlowski 93.»,
Brenner zur Beseitigung von Ge¬
schwülsten des — , von Dommer
Colon, Ruptur des, ascendens durch Huf¬
schlag, von Enderlen 1859, — mobile
u. 1 1 eozoekaltuberk ulose, von Holländer
2297, Karzinom des — descendens, von
Albrecht . .••.•••*
Colpitis, Herkunft der Keime bei, emphy-
sematosa, von Aichel . H94
1110
1166
368
1576
2859
2865
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XLV
Seite
Cols et Sommets, von Galli-Valerio . . . 2128
Coma diabeticum, von Ehrmann 148, Na¬
trontherapie bei — , von Ohnacker 1170,
Verminderung des Augendrucks beim
— , von Hertel . 1190
Condylus, typische Verletzung am, medialis
femoris, von Ewald . 1662
Contributions ä la connaissance des voies
d'infection de la tuberculose chez les
enfants dans leus premiere annbe de
vie, von Medin . 2300
Conus, Stenose des, arteriosus, von Fischer 009
Copai vabalsam, Exantheme nach Gebrauch
von, von Fischer . 1047
Corpora amylacea im endoskopischen Be¬
funde der hinteren Harnröhre, von
Loose u. Steffen . 773
Corpus luteum, innere Sekretion des, von
Kiutsi 146, — und Schwangerschaft,
von Miller 443, 1109, Funktion des — ,
von Dick u. Curtis 486, Chemie des — ,
von Herrmann 1349, Physiologie des
— , von Herrmann . . 2432
Corpus luteum-Bildung und Menstruation,
von Meyer u. Rüge . 205
Corpus luteum Zysten und Hyperemesis
gravidarum, von Cohn . 2370
Cortische Organe, von Brühl . 1569
Cortusa Matthioli, eine stark hautreizende
Pflanze, von Nestler . . 368
Coryfin und seine Anwendung in der
Ohrenheilkunde, von Kirchner . . . 1934
Cotoin, Wirkung des, von Impens . . . 2194
Coxa valga, doppelseitige kongenitale, von
Lackmann . 49
Coxa vara, Röntgenbild bei, von Reichard
438, — congenita, von Drehmann 731,
Entstehung der — , von Glaessner 832,
— infolge Karies am Collum femoris.
von Engelmann . 1180
Coyne Prof. Dr. P. f . 1640
Crandall Dr. Gge. C f . 112
Credbscher Handgriff und Uterusinversion,
von Bierer . 1222
Cugini Prof. Dr . 2767
da Cunha Feijö f . 792
Cyclophorus (Anophilis) nigripes Staeger,
von Eysell . 1344
CyllinlösuDg, Einwirkung von, auf Milz¬
brandsporen, von Lange . 2640
Cymarin, ein neues Herz- und Gefässmittel
715, von Allard 994, — bei Myocarditis
chronica, von Kolb . 2301
Cyprin . .... 2472
Cysteinschwefel, antiseptische Eigenschaf¬
ten des, von Saxl . 1898
Cystitis, Aetiologie der, emphysematosa,
von Schönberg . 1220
D.
Dämmerschlaf, der, in der Geburtshilfe
mit konstanten Skopolaminlösungen,
von Siegel . 2280
Dämmerzustände, von Heidenhain . . .2175
Dalcrozesche BildungsanstaltinHellerau 102, 154
Dampfdesinfektion von milzbrandhaltigem
Material, von Lange und Rimpau . . . 2640
Darm, Genese der karzinoiden Tumoren
sowie der Adenomyome des, von Salty-
kow 315, pharmakologische Einflüsse
auf den — , von Katsch 769, Arterio¬
sklerose des — , von Bacaloglu 1050,
Verhalten des — gegenüber der Ver¬
dauungstätigkeit des Magensaftes, von
Fiori 1726, Physiologie des — , vonRona
und Neukirch . 2130
Darmatresien, Pathogenese der angebore¬
nen, von Forssner 427, Pathogenese
der angeborenen — und Oesophagus-
atresien, von Forssner 1161, von
Kreuter . 1161
Darmausschaltung, von Brauser . 2091
Darmbakterien, Bedeutung der, für die Er¬
nährung, von Schottelius . 1506
Seite
Darmbewegungen, physikalische Beeinflus-
f sung der, von Katsch und Borchers 769,
Experimentelles über — , von v. Berg¬
mann 784, 897, — und Darmform, von
v. Bergmann 786, 832, von Katsch 832,
von v. Bergmann und Katsch 1566, Ent¬
stehung der — , von Weiland . 2130
Darmblutungen, Behandlung von typhösen,
von Nottebaum . 2805
Darmbrüche, Radikaloperation der, mit
inkomplettem Bruchsack, von Schmidt 1502
Darmeinklemmung, retrograde, beißrüchen,
von v. Wistinghausen . 1502
Darmerkrankungen, Präzipitinreaktion bei,
von Isabolinsky und Pacewicz .... 2808
Darmfäulnis, von Rodella . 2011
Darmgase, Entwicklung, Resorption und
Elimination der, von Schilling .... 711
Darmgekröse, chirurgische Krankheiten
und Verletzungen des, und des Netzes,
von Prutz und Monnier .... . 656
Darminfarkte, Chirurgie der, von Reich . 2743
Darminkarzeration, retrograde, vonMerkens 2641
Darminvaginationen, von Propping 782,
Aetiologie der — , von Treplin 1204,
Erfahrungen über — , von Sasse . . . 2144
Darmkanal, Bakterioiogiedes,vonAndrewes 1735
Darmkarzinome, kleine, von Dietrich 2300,
multiple — , von v. Muralt . 2852
Darmkatarrh, Molketherapie bei ruhr¬
artigem, von Frank . 771
Darmkrankheiten, Klinik der, von Schmidt
308, Behandlung von — mit Sauerstoff,
von Schmidt 491 , Röntgendiagnostik der
— , von Faulhaber . 2687
Darmmotilität, psychische Beeinflussung
der, von Katsch . 770
Darmohstruktion, Todesursache bei der
akuten, von Wilkie . 1968
Darmresektion, seltene Indikation zur,
von Sultan . 761
Darmsarkome, von Wortmann . 2068
Darmstase, chronische, von Lane 941,
von Hertz 1735, von Fagge 2693,
chirurgische Behandlung der — , von
Paterson . 1968
Darmstenosen, multiple tuberkulöse, von
Lotheissen 1299, kongenitale — , von
Stolte . . 2689
Darmstrangulation, Aetiologie, Symptoma¬
tologie und Pathogenese der akuten,
von Polacco und Neumann ... . 1277
Darm vei Schluss nach Entbindungen bei
plattem Becken, von Rieck 205, arterio-
mesenterialer , von Bollag 939, von
v. Haberer 1559, akuter — mit Darm¬
steifungen, von Ryser . 2853
Darwinismus, ein Handbuch des, von Plate 2849
Dauerernährung mittels der Duodenal¬
sonde, von Ritz . 1731
Dauerinfusion, intravenöse, von Fried¬
mann 1022, 1264, zur — , von Burkhard 1683
Dauerpneumothorax, der künstliche, von
Röchelt . . . . 2692
Dauerpräparate, Konservierung von, in
konzentrierter Zuckerlösung, von Mag¬
nus . 827
Dauersonde, Magenuntersuchungen mit¬
telst, von Neukirch und Wittmund . 2758
Daumenballenmuskeln, isolierte Atrophie
einzelner, bei Feilenhauern, von Teleky
603, 1897
Daumenplastik nach Knapp, von Nentwig
2313, von Schepelmann . 2313
Davos s. a. Tuberkulosesterblichkeit, Heil¬
stätte.
Debilitas congenita und spasmophile Dia-
these, von Rosenstern . 2071
Dbcanulement, Behandlung des erschwer¬
ten, von Brüggemann . 1569
Defekt, doppelseitiger des Radius, von
Lorenz 1343, transplan tative Deckung
grosser — , von Henschen . 1900
Deformität s. a. Madelung.
Deformitäten, Entstehung kongenitaler,
von Linzenmayer und Brandes 145,
kongenitale — des Vorderarmes, von
Dawson . 605
Seite
Degenerationspsychosen und Dementia
praecox bei Kriminellen, von Aschaf¬
fenburg . ... 1282
Degenerationszeichen an den Händen,
von Ebstein . 1843
Dekompressionsverfahren, neues, von Mc
Guire . 486
Degrassator, von Schnbe . (936
Dekomposition, postmortale, und Fett¬
wachsbildung, von Müller . 2686
Dekubitalgeschwüre, Behandlung der, im
Kehlkopf, von v. Bokay . 2301
Delirium tremens, Polydipsie nach, alco-
holicum, von Ourschmann . 2652
Dementia paralytica, von Hoche 1335, —
und Geburt, von Hartung 149, — bei
Kriminellen, von Aschaffenburg 1282,
körperliche und katab mische Symptome
bei — praecox, von Küppers 1511,
biologische Untersuchungen bei —
praecox, von Hauptmann 1511, Sal-
varsanbehandlung der — , von Raecke
1738, Spirochaeten bei — , von Geber,
Benedek und Tatar 2249, Erblichkeit und
Erbgang bei — praecox, von Oberholzer
2309, — und Syphilis, von Noguchi . 2483
Denken und Schauen, von Much ... 88
De Nora A. als Lyriker und Satyriker, von
v. Molo . 2844
Depressionen, psychische, von Kahane . 2642
Dermatitis atrophicans, von Oppenheim . 2692
Dermatomykosen, von Plaut 720, die Er¬
reger der häutigst vorkommenden — ,
von Bontemps . 607
Dermatologie, Ordinariat für, in Strassburg 1861
Dermatologische Demonstrationen, von
Ploeger . 2092
Dermatosen, Pathogenese der hämatogenen,
von Brunsgaard 1112, — und Anazi¬
dität, von Lier und Porges . 2749
Dermographie, von Müller . 1511
Dermographismus und deren diagnostische
Bedeutung, von Müller . 1844
Dermoid zwischen den Blättern der Meso¬
appendix, von Friedrich . 613
Dermoidinhalt, von Wolff . 1456
Dermoidkugeln, Entstehung von, von Plenz 372
Dermoidzyste zwischen den Blättern der,
von Willems . 2069
Desinfektion s. a. Chlormetakresol, Häute,
Grossichsche Methode, Formaldehyd¬
dämpfe, Phobrol, Formaldehyd verdamp¬
fungsverfahren, Alkoholseifenpräparate,
Damp'desinfektion, Solargyl.
Desinfektion von Fäkalien und städtischen
Sielwässern, von Glaser 147, Fachaus¬
stellung für — 447, Lehrbuch der — ,
von Croner 1104, — der Häute von
Rauschbrandkadavern, von Maass 1220,
— in der Geburtshilfe, von Siwert 1342,
1620, reichsgesetzliche Regelung der —
1639, Lingnersche Zentrale für — in
Dresden . . 1806
Desinf^ktionsmassnahmen, Wert der
jetzigen, von Heim . 2256
Desinfektionsmethoden milzbrandhaltiger
Rohhäute, von Hilgermann und Mar-
mann 1506, Vereinfachung unserer — ,
von Merkens . 1507
Desinfektionsverfahren, Fortschritte in den
allgemein anwendbaren, von Rosenthal 1680
Desinfektorenbund, Deutscher . 1639
Despyrin . 2472
Deszendenztheorie, Vorträge über, von
Weismann . 1334
Dettweilerstiftung . . 567
Deutschmannserum, Erfahrungen über
das, von Dörr . . 488
Deutsch-Südwestafrika, Tuberkulose und
Syphilis in, von Scherer . 1488
Deutungspsychosen, die, als symptoma¬
tische Anhaltspunkte, von Sbrieux-
Libert . 2254
Dezidua, die Entzündung als Entstehungs¬
ursache ektopischer, oder Paradezidua,
von Meyer . 2297
Diabetes s. a. Lipämie, Adrenalindiabetes,
Coma.
XLV1
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Seite
Diabetes insipidus, von Adler <87, von
Socin 2852, Hypophysis und — , von
Simmonds 127, 437, Eunuchoidismus
bei — , von Ebstein 200, anatomische
Befunde bei — , von Berblinger 674,
ätiologisches Studium des — , von El¬
lern 881 , Konzentriervermögen der
Niere beim — , von Forschbach 1346,
zur Pathologie und Therapie des — ,
von Benario 1768, — nach Delirium tre¬
mens, von Curschmann 2652, Beziehun¬
gen zwischen der Funktion der Hypo¬
physis cerebri und dem — , von Römer
2755, Geschwulstmetastasen der Hypo¬
physis und — , von Simmonds . . . 2860
Diabetes mellitus, Wirkungen grosser
Dosen Natr. bicarb. bei, von Han¬
sen 89, Bedeutung von Blutzucker¬
bestimmungen für Diagnose und
Therapie des — , von Reicher
216, 556, Kohlehydratkuren und
Alkalitherapie bei — , von Weiland
258, neuere Anschauungen in der
Ernährungstherapie des — , von
Graul 421, Aetiologie der Gefäss-
erkrankungen beim — , von Aron
434, Erfolg der Haferkur bei — , von
Piskator 488, Kohlehydratkuren bei — ,
von Rosenfeld 541, 2073, Fortschritte in
der Behandlung des — seit 50 Jahren,
von Ldpine 714, Wesen und Behandlung
des — , von Swart 717, Diät bei —
gravis, von v. Noorden 779, von Labb4
779, von Blum 779, Kohlehydratthera¬
pie des — von Roubitschek 780, Diä¬
tetik des — , von Tausz 780, Eiweiss¬
stoffwechselstörungen bei — mellitus,
von Galambos und Tausz 824, Kohle¬
hydratkuren bei — , von Richartz
827, Natur des pankreatischen — ,
von Knowlton u. Starling 887, Fort¬
schritte in der Behandlung des —
mellitus, von Grober 927, Klinik
und Balneotherapie des latenten — ,
von Reicher 947, Fett- und Lipoid-
Stoffwechsel bei — mellitus 1053, zur
Therapie des — , von Lüthje 1053, der
renale — , von Frank 1053, Azidose¬
bestimmungen bei — mellitus; von
Straub 1105, Behandlung der schweren
Fälle von -— mellitus, von Brugsch
1180, 1356, 1576, Blutzuckerbestim¬
mungen bei — , von Tachau 1216, Ver¬
schwinden des Zuckers bei — nach
Entfernung von Tumoren, von Manges
1223, Rolle der Drüsen mit innerer
Sekretion bei der Pathogenese des.— ,
von Georgiewsky 1285, Dextrose-Stick-
stoff-Quotient bei schwerstem — , von
Förster 1337, Erfolge der Hafermehl¬
kur bei — , von Pawlowski 1345, Be¬
deutung von Blutzuckerbestimmungen
für die Diagnose und Therapie des —
mellitus, von Reicher 1520, serologische
Untersuchungen mittels des Dialysier-
verfahrens bei — mellitus, von Lamp6
und Papazolu 1533, Stoff- und Energie¬
umsatz bei — , von Benedict und Jos-
lin 1841, Wassermannsche Reaktion
bei — von Richartz 1851, — im kind¬
lichen Alter, von Morse 1851, — und
Lipämie, von Beumer und Bürger 1898,
Diskussion über — auf dem internat.
med. Kongress 2016, — und Chirurgie,
von Kaposi 2069, Einteilung des —
mellitus, von Labbö 2077, der Jod¬
koeffizient des Harns bei — , von
Cammidge 2077, — mellitus im fernen
Osten, von Prasad 2078, Polygonum
aviculare als Volksmittel gegen —
mellitus, von van Leersum 2139, zur
medikamentösen Behandlung des —
mellitus, von Preiswerk 2195, der
Natrium- und Kaliumstoffwechsel bei
— mellitus, von Kohn 2301, Akrome¬
galie mit — mellitus, von Fink 2305,
Pathogenese und Behandlung des —
und der Azetonämie, von Lepine 2538,
Hungerkur bei — , von Kanngiesser
2819
1674
710
2551, Theorie und Behandlung des —
mellitus, von Falta 2596, 2 <04^ über ,
von Kraus und Karewski 2705, renaler
— , von Salomon .
Diabetesfrage, zur, von Pribram und Löwy
Diabetesküche, von Albu . • .*
Diabetiker, Mehl- und Kartoffelkuren bei,
von Wolff 780, die Hautkrankheiten
der — , von Bettmann 1451, — und
Arbeiterversicherung , von Knepper
2646, 2698, Kreatin- und Kreatininaus¬
scheidung bei — , vonBürger u. Machwitz
Diabetische Störungen, Abhängigkeit ex¬
perimenteller, von der Kationenmi¬
schung, von Loewi . .
Diabetische Stoffwechselstörungen, Wesen
der, von Loeschke .
Diabetometer, von Henius .
Diablastin .
Diachylon oder Pflicht, von Oliver . . .
Diäresis- und Diapedesisblutung,von Ricker
Diät, harnsäurelösende, von Hindhede
2473, — und diätetische Behandlung
vom’ Standpunkt der Vitaminlehre . .
Diätetik bei Infektionen im Säuglingsalter,
von Langstein 1505, — der Herz- und
Gefässkrankheiten, von Vaquez . . .
Diätetische Zeitfragen, von Schmidt . .. .
Diätküche, rationelle Einrichtung der, in
Krankenhäusern und Sanatorien . . .
Diagnostik, Lehrbuch der klinischen,
inneren Krankheiten, von Krause 1389,
kutane — und das Eisentuberkulin, von
Schumacher 1396, serologische — von
Organveränderungen, von Abderhalden
2434, Bedeutung des Dialysierverfahrens
für die psychiatrische — , von Beyer
Diagnostische Fortschritte, Verwertung
von, in versicherungsärztlicher Hin¬
sicht, von Flesch . • • •
Dialvsierverfahren s. u. Abwehrfermente,
Ninhydrin, Schwangerschaft, Schwan¬
gere ch af tsdiagnose, Serumfermentwir¬
kung.
Dialysierverfahren, Abderhaldensches, von
Fauser 430, von Behne 1045, An¬
wendung des — in der Augenheil¬
kunde, von Hegner 1138, 1518, ist das
— Abderhaldens differentialdiagno¬
stisch verwertbar? von Schiff 1197, An¬
wendung von trockenem Plazentapulver
bei dem — , von King 1 198, — bei
Psychosen, von Kafka 1406, serolo¬
gische Untersuchungen mit Hilfe des
— , von Lampd und Papazolu 1423,
1533, — bei sympathischer Ophthalmie,
von v. Hippel 1513, Nachweis organ-
abbauender Fermente im Serum mittels
des Abderhaldenschen — , von Bauer
1620, Verwendbarkeit der optischen
Methode und des — bei Infektions-
tionskrankheiten, von Abderhalden
und Andryewsky 1641, Fehlerquellen
des — bei serologischen Untersu¬
chungen , von Abderhalden und
Weil 1703, Abderhaldensches — , von
Schmid 1749, zur Technik des — , von
Goudsmit 1775, Diagnose der Schwanger¬
schaft mittels des — , von Abderhalden
1842, klinische Bedeutung des Abder¬
haldenschen — , von Mayer 1900, An¬
wendung des — bei Tuberkulose, von
Frankel und Gumpertz 1952, 2025, von
Lampd 2137, Bedeutung des — für die
Psychiatrie, von Urstein 1952, das Ab-
derhaldensche — und seine klinische
Bedeutung, von Mayer 1972, 2306,
serologische Untersuchungen mittels
des — ) von Deutsch und Köhler 2014,
von Lampd u. Fuchs 21 12, Diagnose der
Magendarmaffektionen mit Hilfe des — ,
von Kabanow 2164, Erfahrungen mit
dem Abderhaldenschen — , von Deutsch
2249, Bedeutung des Abderhaldenschen
_ für die innere Medizin, von Bauer
2363, das Abderhaldensche — in der
Psychiatrie, von Bundschuh un d Roemer
2420, biologische Diagnose d.Schwanger-
schaft mit dem — , von Parssamow
Seite
2853
690
2379
1603
1839
2643
544
2614
1565
935
834
2450
378
2423, Bedeutung des — für die psy¬
chiatrische Diagnostik, von Beyer 2450,
— bei perniziöser Anämie, von Kabanow
2473, Schwangerschaftsnachweis mittels
des ’ — , von Naumann 2476, Unter¬
suchungen mit dem — bei Scharlach,
von Schultz und Grote 2510, f'öi
Geisteskranken, von Fischer 2535,
psychiatrische Erfahrungen mit dem
— , von Maass 2700, zur Technik der
Bereitung der Organe für das Abder-
haldenscbe — , von Lampd .
Diaphanoskopie, Lampe zur, von Reuter
Diarrhöe, diätetische Behandlung chroni¬
scher, von Wegele 835, chronische — ,
von Wijnhausen 2141, Aetiologie der
gastrogenen — , von Jonas 2364, über
— und unsere Antidiarrhoika, von Weil
Diathermie, Beeinflussung des Blutgefäss¬
apparates durch, von Mohr 1114, die — ,
von Weiser 1227, Behandlung d. Schwer¬
hörigkeit mittels — , von Hamm 1620,
Erfahrungen mit — , von Dreesen
Diathermiebehandlung der Gelenkkrank¬
heiten, von Stein 1566, neuer Apparat
zur — von Ohrenkrankheit., von Weiser
2521, — bei Lepra, von Unna ....
Diathermieströme, Technik der, von Bucky
Diathese, Beteiligung der Schleimhaut des
Urogenitalapparates am Symptomen-
komplex der exsudativen — , von Beck
659, Hautreaktionen bei Kindern mit
exsudativer — , von Rachmilewitsch 771,
über — , von Rietschel 876, von Pässler
1010, exsudative — im Säuglingsalter,
von Siegert 1407, exsudative — u. Vago-
tomie 2011, spasmophile — , von Rosen¬
stern 2071, sind die sog. Konstitu¬
tionsanomalien, von Pässler .
Diazetsäure, die Reaktionen auf, von Hart-
ley .
Dichotomie unter Aerzten, 1182, 1183, 1237,
1239, von Nassauer 1153, von Finger
Dick Dr. R t . .
Dickdarm, Einfluss desN. sympathicus etc.
auf die Bewegungen des, von Boehm
1164, Beziehungen von Entzündungen
des — Zu den weiblichen Geschlechts¬
teilen, von Opitz 1616, Yolvulus des — ,
von Bundschuh 1677, von Jankowski
2533, Gleitbruch des — , von Kreckel684,
entzündliche Tuberkulose des — , von
Pidry u. Mandoul 1790, Mikrobenflora
des — der Rinder und Schafe, von
Choukewitsch .
Dickdarmausschaltung, Spätzustände nach,
durch Enteroanastomose, von v. Beck
1338, — durch Einpflanzung des Ileu-
mendes in die Flexur, von Lexer . .
Dickdarmdivertikel, falsche, von Anschütz .
Dickdarmerkrankungen, Röntgendiagno¬
stik der, von Weiter ....
Dickdarmgeschwülste, chirurgische Be¬
handlung der malignen, von Körte und
Bastianelli .
Dickdarmkarzinom, Diagnose und lhera-
pie der, von Arnsperger 2366, die Ini¬
tialstadien des — , von Mathieu . . .
Dickdarmpathologie, von Schwarz ....
Dickdarmresektion, Technik der, von Ge-
linsky 1163, über — , von Karlsson 1169,
primäre — , von v. Rauchenbichler . .
Dickdarmstenosen,innere Behandlung von,
von Brosch . . • • • •
Digifolin, von Zurhelle 1806, — , ein neues
Digitalispräparat, von Löwenheim . .
Digimorvol .
Digipan, klinische Erfahrungen mit, von
Weiss .
Digitalingruppe, Wirkung der Stoffe der,
von Holste .
Digitalinwirkung, Einfluss der, auf Systole
und Diastole, von Holste . . . •
Digitalis, über, von v. Romberg I, Einfluss
des — auf die Erholung des Herzens
nach Muskelarbeit, von Bernoulli . .
Digitalisblätter, Resorption wirksamer Be
standteile aus, und Digitalispräparaten,
von Ogawa .
2831
1548
2641
2138
2041
950
2604
1955
1385
1303
1792
1687
159
1676
1906
2539
2201
2367
318
2502
2472
2499
262
262
967
36
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XLVII
Seite
Digitalisgaben, Herz- und Gefässwirkung
kleinerer, bei intravenöser Injektion,
von Joseph . 2137
Digitalismus, von Reiss . 444
Digitalispriiparat, neues, von Frankel und
Kirschbaum . . . 939
Digitalistherapie, von Cushing 993, die — ,
ihre Indikationen und Kontraindika¬
tionen, von Meyer . 708
Digitoxinresorption, von Focke 1276, von
Gottlieb . 1276
Dilatation, elektrolytische, von Desnos
277, — einer Larynxstenose, von
Thost . 2485
Diogenal, ein bromhaltiges Derivat des Ve-
ronals, von Heinz 2618, — , ein neues
8'edativum, von Mörchen . 2671
I Dioradin bei Tuberkulose, von Andronow
u. Wells 53, über — , von Kahn 543,
— bei der chirurgischen Tuberkulose,
von Stoney . 1733
Diphtherie s. u. Munddiphtherie, Lungen¬
entzündung.
Diphtherie, Herzveränderungen bei, von
Berblinger 50, bakteriologische Dia¬
gnostik der — , von Marzinowsky 94,
Prophylaxe der — , von Sivori u. Co-
stantini 335, Prophylaxe und Früh¬
behandlung der — , von Braun 373,
zur Prophylaxe der — , von Brückner
554, 668, 721, Ueberleitungsstörungen
bei — , von Weiland 557, zur Prophy¬
laxe der — , von Conradi 609, 668,
721, von Schanz 609, 668, 721, Brot als
Träger der — , von Moreau 789, An¬
wendung eines neuen Prinzips der
elektiven Züchtung bei — , von Oon-
radi 1073, Antikörperbildung bei — ,
von Hahn 1114, Prophylaxe und Thera¬
pie der — , von Schreiber 1166, sekun¬
däre — der Haut- und Genitalschleim¬
haut, von de Oyarzäbal 1224, Mutation
bei — , von Baerthlein 1283, Adams -
Stockessches Syndrom nach — , von
Sperk 1300, pathologisch-anatomische
Organ- und bakteriologische Leichen¬
befunde bei — , von Leede 1446, Epi¬
demiologisches über — , von Klinger
1451, Behandlung der — , von Bauer
1466, Veränderungen in der Hypophysis
cerebri bei — , von Koch 1798, — nach
Durchstechen der Ohrläppchen, von
Pollak 1849, Immunisierung gegen —
mit Toxin- Antitoxingemischen , von
Schattenfroh 2195, Kommission zur
Bekämpfung der —2319, Veränderungen
in der Hypophysis cerebri bei — , von
Creutzfeld u. Koch 2418, — u. diphthe-
ritischer Krupp, von Bagin sky 2470,
Milchsäurebazillenspray bei der Be¬
handlung der — , von Wood 2591, Be¬
handlung der — mit Yatren, von Freund
2748, Behandlung der — mit intrave¬
nöser Seruminjektion und Yatren, von
Kausch . 2748
Diphtherieantitoxin, Nachweis von, imBlut-
serum, von Schöne . 484
Diphtherie-AntitoxingehaltdesBlutserums,
von Kleinschmidt . 2689
Diphtheriebazillen im Harn , von Beyer
240, von Freifeld 2194, 2425, — im
Nasen- und Rachensekret ernährungs¬
gestörter Säuglinge, von Conradi 512,
zur Färbung der — , von Gins 661,
durch den — hervorgerufene Erkran¬
kungen, von Müller 1216, Wachstum
der — auf Tellurserum, von Axionow
1288, Nachweis der — , von v. Drigalski
und Bierast 1507, — in Reinkultur
in einem perisinuösen Abszess, von
Albanus 1569, Nachweisverfahren der
— nach v. Drigalski und Bierast,
von Voelckel 1883, Differentialdiag¬
nose der — und Pseudo - Diphtherie¬
bazillen, von Markl und Pollak
2302, — im Säuglingsalter, von Fried-
jung . . 2373
Diphtheriebazillenkulturen , Giftbildung
in, von Gräf 1846, Verwendung von
Seite
Menschenblutserum für die — , von
Martini . 2013
Diphtheriebaifillenträgor, Staphylokokken¬
spraybehandlung bei, von Alden . . 1851
Diphtheriebekämpfung, heutige, von De-
lyannis . . . 2014
Diphtheriediagnose, Tellurnährböden bei
der bakteriologischen, von Schürmann
undHajös 994, schwebende Fragen d^r
bakteriologischen — , von Trautmann
und Gaethgens 1462, Leistungsfähig¬
keit der bakteriologischen — , von
Schuster 1797, Erfahrungen über den
Gallennährboden bei der bakteriolo
gischen — , von Grundmann .... 2805
Diphtherie-Heilserum, intravenöse Anwen¬
dung des, von Beyer . 1867
Diphtherieherztod und dessen Beziehungen
zum Reizleitungssystem, von Rohmer 36
Diphtherielähmung, Behandlung und We¬
sen der, von Römer . 1123
Diphtherienachweis mit der Conradi-Troch-
schen Tellurplatte, von Wagner 457,
von Klunker . 1025
Diphtherieschutzkörper, Verhalten der, bei
Mutter und Neugeborenen, von Kasso-
witz und v, Groer 2373, Natur der — ,
von v. Groer und Kassowitz . 2373
Diphtherieschutzmittel, neues, von v. Beh¬
ring 1109, 1221, das neue — in der
Marburger Frauenklinik, von Zange¬
meister 1221 , zur Anwendung des neuen
— , von Viereck . 1221
Diphtherieserum, Wertbestimmung des,
von Dserzgowsky 996, Heilwert des — ,
von Barykin und Maikow 999, Anti¬
toxingehalt und Heilw'ert des — , von
Kraus und Baecher . 1342
Diphtherietoxin, Reaktion zwischen dem,
und dem Antitoxin, von Barikine . . 427
Diphtherietoxin - Hautreaktion des Men¬
schen als Vorprobe der prophylakti¬
schen Diphtherieheilseruminj ektion,
von Schick . . . 2606
Diphtherievakzin, Behrings, von Klein¬
schmidt und Viereck . 2356
Diphtherievergiftung, Wirksamkeit grosser
Serumdosen bei der, von Schöne . . 1336
Diplobazilleninfektion, Chemotherapie der,
des Auges, von Gebb . 964
Diplomelliturie, von Stern . 994
Dirner Dr. G. f . 54
Dissimulation bei Augenleiden, von Se-
gelken . 2194
Distomum haematobium, Eier des, von
Kröger . 1176
Diuretika, intravenöse Anwendung der,
Diuretin, Einfluss des, auf die Menses,
von Stein ... 2196
Doktortitel, strafbare Führung des recht¬
mässig erworbenen . 2029
Doktorwürde, Kampf um die Einführung
der zahnärztlichen . 2822
Doppelhörrohr, von Hecker . 902
Dover s. u. Pulvis.
Drahtgeflechteinpflanzung, von Mc Gavin 843
Drahtschlinge zum Vorziehen des Uterus,
von Sellheim . 1563
Dreiaform . . 1839
Dreieck, das paravertebrale, von Grocco,
von Bigi-Terranuova-Bracchiolini . . . 2077
Drehreflex, Entwicklung des, am Neuge¬
borenen, von Kraft . 2297
Drillinge, Röntgenplatte von, von Henkel 326
Droserin in der Keuchhustentherapie, von
Bandorf 391, von Cramer . 2805
Druck, Erhöhung des, im venösen System,
von Schott 36, negativer — im Thorax,
von v. Wyss . 1216
Druck- und Saugbehandlung in der ärzt¬
lichen Praxis, von Kirchberg . . . 1653
Druckpunkt, Erbscher u. Mac Burneyscher,
von Schellong . 377
Drucksaugspritze, von Landsberger . . . 2691
Druckscheidenspülungen in der gynäkolo¬
gischen Praxis, von Dreuw . 1382
Drüse, Erstickungsanfall infolge Durch¬
bruchs einer tuberkulösen, in den
Seite
Bronchus, von Oeri 410, Kombination
von Krebs und Tuberkulose in meta-
statisch erkrankten — , von Krische
428, neue internsekretorische — , von
Pende 1850, — mit innerer Sekretion
in ihrem Verhältnis zur Psychologie
und Psychopathologie, von Parhon
2254, Einfluss der — mit innerer
Sekretion auf die Muskel tätigkeit, von
Markelow . 2808
Drüsensarkom, retroperitoneales, von Hirt 1744
Drüsenschwellungen bei Kindern , von
Benfey und Bahrdt . 1617
Drüsentumor, von Krecke . 2001
Ductus arteriosus Botalli, offen stehen der,
von Motzfeld . 2420
Ductus choledochus, primäre zystische Er¬
weiterung des, von Mayesima 92, an¬
geborener Defekt des — aus mecha¬
nischer Ursache, von Elperin 428, In¬
dikationsstellung beim akuten Stein¬
verschluss des — , von Heidenhain . 1019
Ductus pancreaticus, Folgen der Unter¬
bindung des, von Watermann .... 2139
Ductus parotideus, ein embryonaler Seiten¬
gang des, von Weishaupt . 1161
Ductus thoracicus, Chirurgie des, von
Warschauer . 203
Dünndarm, primäres Lymphosarkom des,
von Gaertner 314, multiple tuberkulöse
Strikturen des — , von Wendel 329,
Karzinom des — , von Sievers 614,
primäres Sarkom des — , von Patek 771,
Instrumente für den — , von Einhorn
1680, Röntgendurchleuchtung des — ,
von David 1799, physiologische Wert¬
bestimmung am — , von Neukirch 2130,
primäres malignes Granulom des — ,
von Fischer . 2313
Dünndarmkarzinoide, von Böhm . • . . 951
Dünndarmkrebs, primärer, von Hinz . . 90
Dünndarm- und Mesenteriumruptur, von
Hirt . 615
Dünndarmschlinge, Ruptur einer, nach
Taxis, von Amberger . 2144
Dünndarmstenose, von Schmidt 919,
Röntgendiagnostik der — ,von Assmann 1843
Dünndarmsyphilis, Histologie der kongeni¬
talen, von Warstat . 1505
Dürkheimer Maxquelle, Wirksamkeit der
von Herrligkofer und Lipp 1932, Aus¬
zeichnung der — . 2207
Duffin Prof. Dr. A. B. f . 504
Duhring Prof. Dr. L. A. f . 1303
v. Dungernsche Syphilisreaktion bei Lues
congenita, von Samlson . 2071
Dünn J. T. f . 792
Duodenalatresie, angeborene, von Weber 212
Duodenalblutungen, Diagnose der, von
Sklodowski . • . . . . 1675
Duodenalerkrankungen, Leistungsfähig¬
keit der Radiologie in der Erkennung
von, von Müller . 1562
Duodenalernährungsmethode, Indikationen
für die, von Einhorn . 1681
Duodenalgeschwür, von Perthes 1747, das
chronische — und seine chirurgische
Behandlung, von Blad 90, Diagnose
des — , von Faulhaber 216, von En-
derlen 216, von Bier 2753, 2858, das
perforierte — , von Struthers 941, Klinik
und Therapie des perforierten Magen-
und — , von Wetterstrand 1162, — und
Pylorusgeschwüre, von Ewald .... 2076
Duodenalsonde, Einhornsche, von Lazarus
1298, von Kuhn 1298, Dauerernährung
mittels der — , von Lazarus . 1731
Duodenalsondierung, von Rosenberger . 1113
Duodenalstumpf, JStumpfversorgung des,
bei der Magenresektion, von Smoler 2919
Duodenaltherapie, von Rosenberger . . . 1354
Duodenalverletzungen, operative Behand¬
lung der, von Röpke . 1218
Duodenum, Technik der Röntgenunter¬
suchung des, von David 1396, neue
Instrumente für das — und den Dünn¬
darm, vonEinhornl680, morphologische
Untersuchung des — , von Holzknecht
und Lippmann . 2201
XLVIII
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
2244
1801
Seite
Dupuytrensche Kontraktur, von Enderlen
217, von Krecke . • • •
Dura mater, Zerreissungen der, bei der
Entbindung, von Meyer und Hauck 550,
Fibrosarkom der — spinalis, von Am¬
berger 2144, — der Menschen und der
Säugetiere, von Butzengeiger ....
Duraend"theliom des r. Parietalhirnes, von
Wendel . . • •
Durchblutung überlebender Warmblüter¬
organe mittels eines neuen Durch-
blutungsapparates, von Jacobj .... 20-8
Durchleuchtungskompressorium m. Bucky-
Effekt, von Holzknecht .... _■ • 2727
Durstkuren bei chronischen Bronchial¬
erkrankungen, von Singer . ^
Dymal . . .
Dysbasia angiosclerotica, von Pick . . . 94»
Dysenterie s. u. Amabendysenterie.
Dysenterie, Behandlung der, mitDysenterie-
‘ heilserum, von Peinsinger 1287, Dis¬
kussion über — 2023, Diagnose und
Behandlung der — , von Lukis . . . 2644
Dysgenitalismus, von Weygand .... 396
Dysmenorrhöe, Wesen und Behandlung
der, von Füth 161, Adrenalin und Pitui¬
trin bei — , von Klein 1163, Nasenkrank¬
heiten und — , von Henkes 2140, Be¬
handlung der — , von Röder 2370, zur
Atropinbehandlung der — , von Novak 285;>
Dyspepsie, Stoffwechsel bei der, und der
alimentären Intoxikation, von Jundell
2136, Salzretention bei hyperchlorhy-
drischer — , von Dobrovici . • • • •
Dysphagia und Dyspnoe lusoria, von Girard
944, Behandlung der — bei Lungen¬
tuberkulose, von Bialo . • •
Dystokie bewirkt durch solide Ovarial-
geschwülste, von Zaharescu 43, Vor¬
gehen bei — infolge zu grossem Vo¬
lumen des Fötus, von Zaharescu . .
Dystrophia genito adiposa und Akrome¬
galie, von Winkler 717, — und Morbus
Recklinghausen, von Lier .
Seite
2058
2303
998
43
1413
720
318
89
1161
2424
203
203
E.
Ebagapräparate in der Dermatologie, von
Neugebauer . . • • -69^
Echinokokkenerkrankungen , Serodiagno¬
stik der, von Bontemps ..... • •
Echinokokkenflüssigkeit, Giftigkeit der,
von Dessy und Marotta . . . . . •
Echinokokkenkomplementbindung, diag¬
nostische Verwertung der, von Bärsony
und Egan . .
Echinkokkenkrankheit, Pathologie und
Therapie der, von Magnusson ....
Echinokokkus, azephalozystischer, der
Schilddrüse, von Marimön 1224, Sero¬
diagnostik des — , nach Weinberg, von
Abrikossow . .
Echinokokkusinfektion, Serumdiagnostik
der, mittels der Komplimentbindungs¬
methode, von Sonntag . .
Echinokokkuskrankheit, von Weiter
Echinokokkuszyste, geheilte primitive, der
Lunge, von Steiner . 2194
Eckzahn, von Hoffmann . • • • 16,r>9
Ectopia testis, von Wendel 329, von Fischer
1278, — perinealis, von Gundermann 145
Efucsa ... . • ■ 18^9
Egger, Obermedizinalrat Dr. J. G. f 736, 846
Egidi Dr. Fr. f . 1696
Eheerlaubnis, Gesundheitszeugnisse zur,
in Pennsylvanien . 18(16
Eheschliessung, Aenderung des Gesetzes
über die . • 879
Ehrengerichte, Errichtung ärztlicher, in
Hessen 820, 846, — ärztliche — in
Baden . ... 1302
Ehrengerichtshof, das ehrengerichtliche
Verfahren und die Rechtsprechung des
preussischen, für Aerzte in den Jahren
1912/13, von Kaestner .
Ehrengerichtsordnung, s. a. Aerztekam-
mern, Verhandlungen der bayerischen
2876 ff.
Ehrengerichtsordnung, Schaffung einer ge¬
setzlichen, für Bayerns Aerzte, von
Mayer 1721, — zur bayerischen ärzt¬
lichen — , von Bergeat 1834, von Or-
tenau . •
Ei, junges pathologisches menschliches,
’ von Todyo 1616, Einbettung des mensch¬
lichen — , von Boerma 1729, junges
menschliches — , von Johnstone . . . 2083
Eieinbettung, von Delporte ..... 6ü6
Eierstock s. a Ovarium.
Eierstock, Endotheliome des, von Schott¬
länder . . . 2371
Eierstocksabszesse, von Baldowsky . . I-.80
Eierstocks-Uterus-Erkrankungen und Psy¬
chopathien, von Bossi ....... 372
Eierstocksschwangerschaft, reine folliku¬
läre, von Uhle 153, Fall von — , von
Serebrenikowa 1678, intraligamentär
entwickelte — , von Engelking . . . .1729
Eigelbantiseren, von Emmerich . G26
Eigenserum, zur therapeutischen Verwen¬
dung des, von Spiethoff .
Eihäute, Diagnose und Behandlung des
vorzeitigen Einreissens der, von Zaha¬
rescu . .
Eingeweidewürmer, Nachweis giftiger Lei¬
bessubstanzen in, von Brian ...
Einigungskommission zwischen Hambur-
gischen Aerzten und Krankenkassen
Einläufe, Mechanik rektaler, von Roith .
Einschlüsse, strahlige, in Riesenzellen,
von Hummel .
EinschlussblennorrliöhederNeugeborenen,
von Sussmann . .
Eiovan . •_ . .
Eisen-Arsenikautolyse des Eiweisses, von
Schapiro . 36
Eisenbahnunfälle, nervöse Erkrankungen
nach, von Horn und Rumpf .... 2741
Eisenhaushaitim Säuglingsalter, von Lang¬
stein und Edelstein . 2371
Eisen-Jodozitin-Präparate, von Cramer . 1283
Eisensajodin bei Arteriosklerose, von Hoff¬
mann . . . . 1167
Eisenstoffwechsel und Blutbildung, von
Schmidt . 281 1
Eisen Verabreichung, Blutregeneration bei,
von Schmincke .... H99
Eiterbecken mit Stiel, von Tiegel • • 1941
Eiterung, epitympanische, von Reinking 2545
Eiweiss, Stellung des, im Stoffwechsel des
fiebernden Menschen, von Grafe 569,
Vertretbarkeit des — , von Abderhalden
und Lampä . .
Eiweissbedarf, Deckung des, durchAmmon-
salze und einzelne Aminosäuren, von
Abderhalden und Hirsch . ....
Eiweissbestimmungen, quantitative, im
Urin, von Pfeiffer 884, Wert der quanti¬
tativen — in der Zerebrosp nalflüssig-
keit, von Greenfield 887, — im Aus¬
wurf, von Hempel-J örgensen 1 1 1 1 , Albu¬
minimeter zur sofort gen quantitativen
— , von Jonass und Edelmann . . .
Eiweissmilch s. a. Larosan.
Eiweissmilch, Erfahrungen mit der Finkel-
steinschen, im Basler Kinderspital,
von Schwyzer 2362, vereinfachte Her¬
stellung von — , von Kern und Müller
521
43
1115
45
1113
600
1903
2472
2527
2191
2191
2537
2807
2748, Ernährung magendarmkranker
Säuglinge mit — , von Beck 2806, An¬
wendung von — bei Säuglingen, von
Ssokolow . .
Eiweissminimum, über, vonllindhede 1841,
das — in der menschlichen Ernährung,
von Röse . . 2364
Ei weissrahmmilch, von Feer ...... 184^
Eiweiss-Salzbeziehungen, von Lippich . . 620
Eiweissspaltungsprodukte, Entgiftung der
peptischen, von Baehr und Pick . .
Eiweisswasser, missbräuchliche Verwen¬
dung von, bei der Behandlung akuter
Ernährungsstörungen von Säuglingen,
von Lust . -.••••
Eiweisszerfallstoxikosen, von Pfeiffer und
Jarisch .
Ekchondrom, bilaterales, der Ohrmuschel,
von Zografides . 8
2747
2720
542
Seite
Eklampsie, Nierendekapsulation bei, von
Wagner 151, Behandlung der — , von
Zondek 259, die — und ihre Behandlung,
von Veit 263, — und Anaphylaxie, von
Liepmann 372, Heilbarkeit der — durch
Einspritzungen in den Rückenmarks¬
kanal, von "Rissmann 428, Schädigung
der Niere bei — , von Zinsser 545, Be¬
handlung der — mittels der prophylak¬
tischen Methode, von Stroganoff 548,
Heilung der — durch intralumbale In¬
jektion von Schwangerenserum, von
Mayer 600, Pathogenese und Behand¬
lung der — , von Jarzer600, Behandlung
der — ) von Uhtmöller 600, — und Pseu¬
doeklampsie, von Croom 788, Behand¬
lung der — von Zweifel 936, Unterdrük-
kung der Konvulsionen bei der — , von
Wallace 940,— geheiltmitHvpophysen-
extrakt.von Schossberger 1283, Störung
der Nierenfunktion bei - , von Krömer
1290, quantitative Gesamtfett-Choleste-
rin- und Cholesterinesterbestimmungen
bei — und Amenorhöe, von Lindemann
1291, über — , von Nagel 1398, Therapie
der — , von Praeger 1404, zur Therapie
der—, von Nacke 1455, Verhalten der
Blutviskosität bei der —, von Engelmann
und Elpers 1563, —gravidarum undPare-
Bis puerperalis, vonPersson 1615, Harn¬
giftigkeit bei der — , von Esch 1616,
Schnellentbindung bei der — .vonNacke
und Less 1900, viermaliges Auftreten
der — bei derselben Patientin, vonHolste
2356, Blutveränderungen beider — und
Schwangerschaftsniere, von Dienst2474,
Behandlung der — mit Ringerscher ^
Lösung, von Engelmann ..... 258y
Eklampsiebehandlung, über, von Kolisch
2308, Stroganoff -^che — , von Holst 259,
zur — , von Lutz 428, — durchlnj ektionen
in den Rückenmarkskana], von Guggis-
berg 713, abwartende — , von Lichten¬
stein 1348, 1677, 2638, — nach Uroga-
noff in der Arbeiterwohnung, von
Strempel 1617, Resultate der ander
Schautaschen Klinik, von Thaler .
Eklampsiefälle, 158, und derenBehandlung,
von Rohrbach . 16171
Eklampsiefrage, zur, von Stange 600, von
Schmidt . 161»
Eklampsietherapie, zur, von Freund . . . 1-148
Eklamptische, Behandlung von, vonSchwab
1397, Untersuchungen von Harn und
Blut von — , von Landsberg . . . . •
Ekzem s. a. Formalin ekzem.
Ekzem, Eczema, Pellidol- Vaselinsalbe bei,
von Bendix 1415, Behandlung des — -
mit Xylol, von Missikow 1624, — bei
Säuglingen, von Schkarin 1951, — oris
als Manifestation der kongenitalen Sy¬
philis, von Findlay und Watson 1955,
Cadogel, ein neues Teerpräparat bei — ,
von Bugarsky und Török 2139, toxisch-
follikuläres — , von Berger . ....
Elarson 426, von Tuszewski 2907, — bei
genuiner Epilepsie, von Maier 2013,
— bei Epilepsie, von Sussmann 2249,
— bei Blutkrankheiten, von Walter-
höfer 2494, — in der Dermatologie,
von Scherber .
Elberfelder Pferde, von Haenel .
Eibon, von Johannessohn . •
Elektrargol, Beeinflussung der Opsonie
durch, von Werner und v. Zubrzycki 583,
über die Wirkung des — Clin, von
Daeis 713, —bei Gelenkrheumatismus,
von Schönfeld . ...-.• 1302, 1789
Elektrischer Starkstrom, Verletzung des
Schädelknochens durch, von Gerlach
97, Bedeutung der Art und Intensität
des — , von Jellinek . 2590
Elektrische Unfälle, von Maly . . . .1619
Elektrizität s. a. Starkstromverbrennung,
Verbrennung
Elektrizität, Handbuch der medizinischen
Anwendungen der, von Boruttau und
Mann 141, Gefahren der — , von Jelli¬
nek 333, — , Unfallverhütung und erste
2309
1504
2420
2536
212
1166
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XLIX
8eite
Hilfeleistung, von Jellinek 1392, Un¬
fälle durch — , von Fischl . 21 .‘18
Elektroangiogramm, von Bittorf . . 427, 1056
Elektrobiologie, von Bernstein . 2414
Elektroden, Polarisation der — , von Gilde¬
meistor . .... 2129
Elektrokardiogramm, Einfluss der Kohlen¬
säurebäder auf das, von Waledinsky
258, — bei Schwangeren, von Rubner
826, — des Vorhofes bei normotroper
und heterotroper Automatie, von Ganter
und Zahn 1055, Bedeutung des — für
die Analyse der Herzarrhythmie, von
Weil 1913, Beeinflussung des— durch by-
driatrische Prozeduren, von Jastrowitz
2133, Deutung des — , von Einthoven
2243, Einfluss experimenteller Ver¬
letzungen des Conus arteriosus dexter
auf die Kurve des — , von Tscherno-
rutzky 2356, Veränderungen des —
bei Aenderungen der Herzarbeit, von
Weitz . 2473
Elektrokardioarammstudien, von See¬
mann 2243, von Leonto witsch .... 2243
Elektrokardiograph der Siemens & Halske
A.-G., von Rautenkranz . 2365
Elektrokardiographie, Bedeutung der, von
Nicolai 893, physikalische Grundlage
der — , von Rautenkranz . 2365
Elektrokoagulation bei der operativen Be¬
handlung des Krebses, von Abel . . . 275
Elektromyogramm roter und weisser Mus¬
keln, von Kohlrausch . 2243
Elektroselenium, Behandlung inoperabler
Tumoren mit, von Philipp . ... 2693
Elektrotherapie mittels des Stabilisierungs¬
verfahren, von Sommer . 2486
Elephantiasis, Lymphangioplastik bei, von
Rosano w 143, — vulvae tuberkulöser
Aetiologie,von Thornll77, Operation der
— der männlichen Genitalien, von
Müller 1956, operative Behandlung der
— scroti, von Kuhn und Gühne . . . 1956
Elfenbein, Implantation von, von König 946, 1677
Ellenbogenaffektionen, von Deutschländer 1011
Ellenbogengelenk, operative Mobilisierung
eines ankylosierten, von Exner . . . 2548
Elsbergsche Reaktion, Diagnose der
Schwangerschaft durch die — , von
Carpintera und Gimdnez de la Serrana 1964
Emanation und Emanationstherapie, von
Hausmann . 1215
Emanationsmengen, neue Methode zur
Einverleibung grösserer, von Kühnelt 42
Embarin, von Sowade 1166, Behandlung
der Syphilis mit — , von Guppisch 2029,
Erfahrung mit — , von Salomonski 2072,
— in der Privatpraxis, von v. Planner
2302, Wirkung des — bei Syphilis, von
Karelin . 2810
Embarininjektionen , toxische Erschei¬
nungen nach — , von Fried . ... 264
Embolien, Lokalisation von, in der Lunge,
von Hofmann 316, Mechanik der — ,
von Geigel 714, — der Pulmonalarterie,
von Neubert 1226, operierte — der Art.
femoralis, von Key 1343, — im Lenden¬
mark, von Binswanger . 2084
Emetin, Behandlung der Amoebendysen-
terie mit, von Baermann und Heine¬
mann 1 132, Wirkung des — bei Amoe-
benkrankheiten, von Dopter .... 1630
Emphysem, von Plesch 1110, — und Un¬
fall, von Rumpf . 1282
Emphysemoperation, Freundsche, von
Jessen . 1033
Empyema pulsans interlobare, von Levi
1790, — als Unfallfolge, von Rodler-
Zypkin 2026, interlobäres — , von
Flöystrup 2358, Apparat zur Drainage
bei — , von Schmerz 2368, parapneu¬
monische — , von Gerhardt . 2637
Empyembehandlung im Säuglings- und
frühen Kindesalter, von Buttermilch
und Stettiner . 2374
EncephalitishaemorrhagicanachSalvarsan-
injektionen, von Schmorl 1685, liae-
Sette
morrhagische — , von Oeller 1844, —
und Mumps, von Bien .
Enchondrom der rechten Brustwand, von
Heinlein ! . . .
Enchondrombildung, multiple, der Pha
langen, von Regensburger ....
Endaneurysmoraphie, von Matas . .
Endocarditis lenta, von Lewinski . .
Endometritis, Nephritis und Eklampsie
bei eitriger Mikrokokken-, von Albert
1347, Behandlung der — , von Slingen-
berg 2298, Totalexstirpation wegen tu¬
berkulöser — , von Henkel .
Endometrium, biologische und biochemi¬
sche Funktion des, von Goffe ....
Endoskop, Feststellung der Ursache des
Versagens der elektrischen Beleuchtung
eines, — , von Ehrlich .
Endoskopie s. u. Abdominalendoskopie.
Endoskopie, von Ahrens 785, Lampe zur
— , von Reuter 1548, — geschlossener
Höhlen, von Nordentöft 2194, Bericht
über 4000 rektale — , von Foges . ,
Endoskopische Methoden, neue Fort
schritte der, von Jackson ...
Endotheliome des Eierstocks, von Schott
länder .
Endothelsarkom, von Lucksch ...
Energometer, von Hapke 1055, 1473,
Ohristenscher — , von Drouven 2801,
von Dunkan .
Energos Co., die, von Vorberg .
Engel-Tumansche Reaktion bei Säuglingen,
von Ostrowsky .
Enophthalmus, traumatischer, von Dutoit
Entamoeba, Identität der, histolytica und
— tetragena, von Craig .
Entbindungen, schmerzlose, von Voll 300,
Verwendung von Skopolamin und
Morphium bei — , von Long 957, —
bei vollständiger Lähmung des Rump¬
fes, von Bogdanowitsch .
Enteritis, phlegmonöse, von Frising und
Sjövall 658, — necrotica-fibrinosa, von
Sta*mm 1064, akute embolische — , von
Hart 1618, ätiologisch unklare chron.
— , von Dalziel 1968, — membranacea,
von v. Reuss 2764, Therapie der —
mit Tannismut, von Tobeitz .
Enterocleaner s. a. u. Amerikanismus.
Enterocleaner, von v. Aufschnaiter . . .
Enteroglandol .
Enteroptose , Röntgenbilder von , von
Williamson 218, Kolo-K olostomie wegen
maximaler — , von v. Kutscher . ,
Enterospasmus, chronischer, von Hart
becker .
Enterostomie, aseptische, von Wolff .
Entfettung, Technik der, von Brauer .
Entfettungsapparat, einfacher, u. Muskel
Übungsapparat, von Hergens . . .
Entfettungskur, von Brauer 619, Erfah
rungen mit dem Bergonisieren für — ,
von Veith 1681, zur Kritik der modernen
elektrischen — , von Roemheld . . .
Entfettungsmittel, neues, von Kauffmann
525,
Entfettungsverfahren , das elektrische,
mittels des Degrassator, von Sehnde .
Entfieberung, Deutung der kritischen, von
Lüdke .
Entwicklungsmechanik, Terminologie der,
der Tiere und Pflanzen, von Roux
Entzündungshemmung, von Januschke 957,
Enzephalomyelitis nach Pocken, von Klie-
neberger ..... .
Eosin, Einwirkung des, auf Bakterien,
Hefen und Schimmelpilze, von Zeiss
Eosinophile Granula, chemische Konsti¬
tution der, von Müller . .
Eosinophile Zellen, nach besonderer Me¬
thode gefärbte, im Blute, von Müller
Eosinophilie, Beziehungen der, zur Ana¬
phylaxie, von Schlecht u. Schwenker 35,
lokale — bei chirurgischen Darmaffek¬
tionen, von Oehler 201, — bei Ueber-
empfindlichkeit gegen organisch eArsen-
2374
2867
2026
2018
601
2863
2082
1619
2365
2361
2371
1181
2801
222
1288
1047
1851
1340
2748
1012
2781
1412
2753
1787
948
2805
2908
1260
1936
1056
2636
1013
884
1506
1452
1069
Seite
Präparate, von Schlecht 800, — im
Liqu. cerebrospinalis bei Rautengruben-
zystizerkus, von Grund 1219, diagnosti¬
sche u. prognostische Bedeutung der
— • bei der Lungentuberkulose, von
Czuprina 1624, — beim sog. Frühjahrs¬
katarrh, von Steiger u. Strebei . . . 2584
Ependymitis, pathologische Anatomie und
Pathogenese der, granularis, von Mar-
gulis . 2588
Epidemiengesetz, Schweizerisches .... 1072
Epidermolysis bullosa congenita, von Beck 2534
Epididymitis, Behandlung der, mit Arthi-
gon u. Ichthyol, von Saynisch . . . 2302
Epiduralraum, Darstellung des, von Heiler 831
Epilepsie, Bromtherapie bei der genuinen
— , von v. Wyss 484, Luminal bei — ,
von Geymayer 547, Bromwirkung bei
der — , von Januschke 564, 736, Zy-
stizerken- — , von Saenger 619, Luminal
bei — , von Meliola 620, Deviation der
Augen bei — , von Bäräny 900, trau¬
matische — nach Kopfverletzungen
im Japanisch-Russischen Krieg, von
Eguchi 935, Zustandekommen der — ,
von Sauerbruch 1005, traumatische —
mit Schädelläsion, von Muskens 1006,
chirurgische Therapie der — , von Ku-
kula 1732, operative Behandlung der
traumatischen — , von Kolaczek 1844,
seltenere Fälle organischer — , von
Jakob 1854, die — , von Binswanger
2007, operative Behandlung der — ,
von Rauch 2009, Elarson bei genuiner
— , von Mayer 2013, Jahresversamm¬
lung der Internat. Liga zur Bekämp¬
fung der — 2030, Halbseitenerschei¬
nungen bei — , von Binswanger 2084,
traumatische — u. ihre chirurgische Be¬
handlung, von Matthiae 2246, Elarson
bei — , von Sussmann 2249, Meningitis
und — , vonTilmann 2251, Beziehungen
von pathologischen Veränderungen der
Hirnrinde zur — , von Denk 2251, Be¬
handlung der — , von Heidenhain 2382,
Bedeutung der Abderhaldenschen Sero¬
diagnostik für die — , von Binswanger
2479, chirurgische Behandlung der — ,
von Bornhaupt 2532, Operation der
traumatischen — , von Lexer .... 2701
Epilepsiebehandlung, von Erlenmeyer
1046, von Januschke . . 2372
Epileptiker, psychische Anomalien der,
von Münzer 2248, die Abderhaldensche
Seroreaktion bei — , von Binswanger
2321, 2479
Epileptische, Blutserum und Liqu. cere¬
brospinalis an, von Trevisanello . . 487
Epileptischer Symptomenkomplex, pseu¬
dobulbärer, von Zappert . 2374
Epinephrin bei Nierenblutungen, von
Kretschmer . 2591
Epiphysenautoplastik, von Pfänner . . 2368
Epiphysenlösung, von Haenisch 778, —
am r. Oberarmkopfe, v. Luxembourg 2759
Epiphyseolyse, von Magnus ...... 1684
Epiphysitis tibiae dissecans traumatica
adolescentium, von Ebbinghaus . . 2013
Epitheltransplantationen nach Mastoid-
operationen, von Balance . 887
Epityphlitis traumatica, von Benestad . 551
Erbrechen, unstillbares, bei Retroversio,
von Sperling 205, normales Schwan-
gerenserum bei unstillbarem — , von
Rubeska 600, medikamentöse Behand¬
lung des nervösen — , von Rosenhaupt
938, unstillbares — und Retroversion
des schwangeren Uterus, von Herr¬
gott 1049, — der Schwangeren, von
Asch 1349, 1619, Aetiologie u. Therapie
des — in der Gravidität, bei Tabes
und in der Seekrankheit, von Stern¬
berg 2639, Differentialdiagnose des
periodischen — , von Strauss .... 2692
Erepton, von Lallement und Gross . . . 1015
Erfrierung der Füsse bei niederen Wärme¬
graden, von Lauenstein 1447, — im
4
L
INHALTS- VERZEICHNIS
1913.
Seite
Kriege, von Meyer 2867, von Massari
und Kronenfels . 2596
Erhängen, Differentialdiagnose zwischen
Tod durch, und Erdrosseln, von Giese
495, Todesursache bei — , von Nippe 1281
Ermüdungsreaktionen, von Hoimann . . 330
Ernährung, Einfluss künstlicher, auf bio¬
logische Eigenschaften des Organis¬
mus, von Ossinin 93, Technik der — ,
von Thiemich 323, einige bisher in
der Physiologie und Pathologie der
— noch nicht berücksichtigte Faktoren,
von Schaumann 835, 1293, Zuckerzu-
satz bei der unnatürlichen — , von
Bendix 1219, Bedeutung der Darm¬
bakterien für die — , von Schottelius
1506, Technik der — und Ernährungs¬
therapie im Säuglingsalter, von Engel
1507, kochsalzarme — , von Hirsch¬
stein 1574, die — der Narkotisb rten
und Operierten, von Chauvin und
Oeconomos 1791, natürliche dreifache
— bei Nervenkrankheiten, v. Monteenis
2255, Zusammenhang von Infektion u.
— , von Thomas und Hornemann
2372, parenterale — , von Schott 2379,
Gesetze der — , von Schottelius 2440,
der neivöse Mechanismus der — , von
Albahary 2584, natürliche — des Neu¬
geborenen, von Jaschke . 2744
Ernährungsstörungen, Körperzusammen¬
setzung bei, von Klose 2373, miss¬
bräuchliche Verwendung von Eiweiss¬
wasser bei akuter — von Säuglingen,
von Lust . 2720
Ernährungstorheiten, unsere grossen, von
Christen . 86
Erreur de sexe infolge von Hypospadie,
von Zurhelle . 1566
Erschöpfung, objektives Zeichen der ner¬
vösen, von Bumke . 1512
Erstickungstod, von Roll . 1679
Ertrinkungstod, von Völpel . 1679
Erwerbsunfähigenversicherung , die , in
Grossbritannien und Irland, von Fehl¬
meyer . 374
Erysipel und Tätowierung, von Sehrwald
976, Behandlung des — mit Antistrepto¬
kokkenserum, von Welz 1415, latentes
— , von Berger 2420, — kontra Ne¬
phritis, von Glaser . . . 2747
Erysipelfall, Eigenserum bei, von Luba-
nowski . 2551
Erystypticum Roche, von Keibel 373, von
Gisel . 1283
Erythema, Aetiologie des, exsudativum
multiforme, von Saisawa 994, Pathoge¬
nese des — , von Bruusgaard 1112, —
nodosum und Tuberkulose, von Moro
1142, — induratum und akneiforme
Tuberkulide, von Lier 2642, — multi¬
forme bullosum in Pemphigus über¬
gegangen, von Weinländer ... . 2869
Erythrodermia mycotica, von Herxheimer 1517
Erythromelalgie , Foerstersche Operation
bei, von Mayeshima . 1277
Erythrozyten, Zusamm ensetzung der Stro¬
mata menschlicher, von Beutner u. Bür¬
ger 938, Thoma-Zeisssche Zahlmethode
der — , von Bürker 1001, Resistenzbe¬
stimmung der — bei Tuberkulose, von
Weihrauch 1047, Natur der Substantia
granulofilamentosa der — , von Pfuhl 2066
Eserin, Wirkungsweise des, von Wessely 2478
Eserinlösungen, Rotwerden von, von Wölff-
lin . 1453
Esperantokongress, ärztlicher .... 1975
Essig, der, des Hannibal, von Neuburger 2375
Estomac, Troite Medico-chirurgical des rna-
ladies de 1’, et de loesophage, von Ma-
thieu, Sencert u. Tutfier . . . . 2241
Etikettenkommission, Thesen der Münch.
ärztlichen . 901
Eubalsol . 2472
Euboment . . 1839
Eugenics Laboratory Memoirs XVII, von
Heron , , ; . . 932
Seite
Eumecon . • 2472
Eunuchoidismus, von Sänger 2860, — bei
Diabetes insipidus, von Ebstein 200,
Fall von — , von Schwenkenbecher . 444
Euresolspiritus, von Doering . 335
Euthalattin . 2472
Euthanasie, über . 552
Eventratio diaphragmatica, von Motzfeld
430, von Krause 778, 1844, von Hilde-
brand955, Differentialdiagnose zwischen
— und Hernia diaphragm., von Baetge
1275, Beschwerden bei rudimentärer — ,
von Kienböck . 2219
Exanthem, erythrodermieartiges luetisch.,
von Pirquet 564, — nach Copaivabal-
sam, von Fischer 1047, einige akute
febrile — , von Chernbach 1051, klein¬
blasiges — auf Sumatra, von Leber . 1344
Exokard- Apparat s. u. Heilgymnastik.
Exostosis cartilaginea, von Wendel . . 383
Exostosen, osteogenetische, und Rachitis
mus, von Babesch und Capitolin . . 1051
Experimentelle Eingriffe an Kranken . . 100
Explosion, ärztlicher Bericht über die, auf
dem französischen Linienschiff „La Li-
bertö“, von Gazeau . 1958
Exsudate, Behandlung eitriger tuberku¬
löser , mittels künstlichen Pneumo¬
thorax, von Rösler 1627, Punktion pleu-
ritischer — unter Lufteinlass , von
Schmidt . 2363
Extension, intermittierende, von v. Baeyer 1353
Extensionsapparate, von Fischer .... 2368
Extensionsbehandlung, die moderne Bar-
denheuersche, im Vergleich zur Stein-
mannschen Nagelextension, von Grüne
712, — bei Kalkaneusfraktur und den
Verletzungen der Mittelfussknochen,
von Gelinsky 1278, — der Oberarm¬
brüche, von Christen . . ... 1545
Extensionsschiene, ambulatorische, von
v. Buengner . . 2595
Extensionstisch, von Weber . . . 733, 1999
Extractum filicis maris, Vergiftung mit,
von Cornelis 390, Einfluss des — auf
die weissen Blutkörperchen, von Grek
und Reichenstein 1452, tödliche Ver¬
giftung mit — , von Curschmann . 2652
Extraduralanästhesie, von Bleeck 937, von
Läwen . 1559
Extrasystolen, supraventrikuläre, von Rihl 1560
Extrauteringravidität, ausgetragene, von
Rüder 671, wiederholte — , von v. Lin-
gen 1448, 4 Fälle von — , von Hirt 1744,
Frühsymptom der — , von Solowij 2746,
Beobachtungen über — , von Grusdew 2809
Extrauterinschwangerschaft, Schwierigkeit
der Diagnose bei geplatzter, mit Hä-
matozele, von Bejan 44, statistische
Studie zur — , von Baculescu 548, das
chirurgische Verhalten bei — , von Cohn
1050, durch Corpus luteum-Blutung vor¬
getäuschte — , von Thorn . 1177
Extremitätenreflexe, pleurogene,von v.Saar
39, von Finsterer . 2692
Extremitätensarkome, von Oser ... . 2369
F.
Fabrikbetrieb, Reformen im, von Kätscher 1395
Fäkalien s. u. Desinfektion.
Fäzes, quantitative Skatol- Indolbestim¬
mungen in den, von Moewes 37, Dia-
stasegehalt der — bei Gärungsdys¬
pepsie, von Arnold 427, Diastasegehalt
der — , von Rotky . 2158
Fahrlässigkeitsparagraphen, Resolutionen
gegen die, in Österreich. Entwurf eines
Strafgesetzes . 2250
Fahrt, letzte, von Scott . 2800
Familie, Schutz der, gegen den trunksüch¬
tigen Familienvater, von Duensing und
Schwandner . 2260
Familienerkrankung, hereditäre, von Do-
brochotow . . 2355
Seite
Familienforschungen, medizinisch - biolo¬
gische, von Lundborg . . . 716
Farbenschwäche, sogenannte, von Hilbert 718
Farbensinn der Bienen, von v. Frisch 15,
vergleichende Untersuchungen über
den Licht- und — , von Fröhlich 1789,
pseudo-isochromatische Tafeln zur Prü¬
fung des — , von Stilling 2128, Ent¬
wicklung von Lichtsinn und — im
Tiei reich, von v. Hess . 2306
Farbensinnstörungen, Diagnostik der, von
Stargardt u. Oloff . . 143
Farbstoffe, Unterscheidung natürlicher, von
künstlichen, von Chlopin u. Wassiljewa
1622, Giftigkeit basischer — , von Traube 2129
Farbstofflösungen, Transport subkutan
injizierter, durch den Darmkanal, von
v. Möllendorf ... . 2012
Farbwerke, öOjähr. Bestehen, der Höchster 223
Fasszange, neue, von Müller . 2345
Faszie, Verhalten für transplantierter, im
Organismus, von Chiäri 484, freie Pla¬
stik der — lata, von Lucas . 1615
Faszienplastik, von Sievers614, — bei Ku-
kullarisdefekt, von Cramer 1163, Haut¬
implantationen an Stelle der freien — ,
von Löwre 1173, operative Verengerung
der Magenfistel mittels freier — , von
v. Hacker 1339, freie — bei Fazialis¬
lähmung . 1371
Faszienquerschnitt zur Beseitigung grosser
Bauchbrüche, von Schottelius .... 1405
Faszientransplantation, Verwendbarkeit der
freien, von Neudörfer 205, freie — , von
Denk 201, von Schmid 1181, 1788, von
Warschauer 1277, von Kornew 1677,
— zum Zwecke der Rektopexie und
Nephropexie, von Ach 946, Technik
der — , von Guleke 1107, — bei Blasen¬
scheidenfistel, von Schmid 1164, — bei
Leberresektion, von Kornew u. Schaack
1447, homoioplastische — , von Valentin
2009, freie — zur Deckung von Thorax¬
wanddefekten, von Hirano .... 2586
Faszienüberpflanzung zur Nahtsicherung
von Lungenwunden, von Hirano . . 2586
Faszienübertragung, autoplastische freie,
von Kirschner . . 2068
Fazialislähmung, Behandlung der, mit
Muskel plastik, von Hildebrand 945,
operative Korrektur der — , von Stein
945, chirurgische Behandlung der — ,
von Stein 1351, kosmetische Korrektur
der - durch freie Faszienplastik, von
Stein 1370, periphere — durch Schuss¬
verletzung, von Stein 1794, Genese und
Therapie der rheumatischen — , von
Moskowitz . . 2250
Fazialisphänomen, von Raudnitz .... 2372
Febris recurrens und Malaria in Nord¬
syrien, von Schneider 1344, Aetiologie
der — , von Nicolle, Blaizot und
Conseil . .... 1792
Fechten, Einflussdes, auf den Organismus,
von Marcovici . 2246
Fede Prof. Dr. F. + . 504
Fehlgeburten, Steigerung der, 167, 692 Fälle
von — , von Schmidt 259, Rundfrage
über die Häufigkeit der — .... 2653
Feilitzsch, Staatsminister a. D. Frh. v. f . 1415
Feldlaboratorien, mobile . 1302
! Feldzug, Erfahrungen aus dem türkischen,
von Marco vic . -201
Felsenbeinpräparat, von Cohn . 2078
Femurdrittel, seltene Erkrankungen des
oberen, von Axhausen . 2535
] Ferienkurse, akademische, in Hamburg
45, 1183, — der Berliner Dozenten¬
vereinigung 111, 280, 1127, — in
München . 1583
j Ferien Versicherung der Schulkinder, von
Steinhardt . 1688
! Fermente, Wirkung der metallischen, auf die
weissen Blutkörperchen und die Leuko-
zytolysine, von Manoukhine, Fiessinger
u.Krolunitzky 548, Nachweis u. Registrie¬
rung derWirkung proteolytischer — , von
1913.
I N HALTS- VERZEICHNIS
LI
Spite
Kantorowicz 624, diastatisches — im
Harn, von Feldmann 666, proteolytische
— in Exsudaten, von Lenk und Pollak
1105, Auftreten von — nach paren¬
teraler Zufuhr von art- und individuum¬
eigenem Serum, von Petri 1137, dia¬
gnostische Bedeutung des Nachweises
von auf blutfremde Stoffe eingestellten
— , von Abderhalden 1386, 1415, 1549,
von Hamburger 1549, Natur des bei
der Abderhaldenschen Reaktion wirksa¬
men — , von Steising 1535, Saccharose
spaltende — , von Bierry 2180, Auftreten
eiweissspaltender — im Blut während
der prämortalen Stickstoffsteigerung,
von Schulz 2512, die — und ihre Wir¬
kungen, von Oppenheimer 2635, Nach¬
weis von organabbauenden — im Blute
von Mongolen, von Jödicke 2692, Vor¬
kommen der das Lebergewebe spal¬
tenden — bei Leberkranken, von Hertz
und Brokmann 2866, fettspaltende
— im menschlichen Blut-erum, von
Caro . 2852
Fermentreaktion, Abderhaldensche, bei
Karzinom, von Frank und Heimann
827, Verwertbarkeit der — beiSchwanger-
schaft und Karzinom, von Markus 994,
— nach Abderhalden, — von Schäfer
1402, — im Serum Schwangerer,
Kreissender und Wöchnerinnen, von
Petri 1462, Nachweis eines persistie¬
renden oder hvperplastischen Thymus
mittels der — , von Kolb 1642, zur
— , von v. Wini warter 2306, von Hiess
und Lederer . 2307
Fermentuntersuchungen bei Magenkrank¬
heiten, von Rütimeyer . 146
Fernsprechbeamtinnen, Einfluss der
Dienststunden auf die Leistungsfähig¬
keit der, von Dobmen . 2093
Ferrlezit . 1839
Fersendekubitus, operative Behandlung
des, von Ledderhose . 2646
Fersenschmerzen, Behandlung der, von
Reichart . 2473
Festalkol, neues Händedesinfektions¬
mittel, von Martius . 2476
Festschrift zum 70. Geburtstag von
M. Kassowitz 111, — der XI. internat.
Tuberkulosekonferenz in Berlin . . 2802
Fettartige Stoffe, Ablagerung von, in den
Organen, von Wesselkin ... . . 1505
Fette, Chemie der, von Jolles 86, quali¬
tativer Nachweis von — in den Sekre¬
ten und Extrakten, von Lohrisch 146,
Verwendung freitransplantierter — in
der Gelenkchirurgie, von Röpke 946,
Einfluss des — auf den Stoffwechsel,
von Giffhorn 1356, Verhalten des —
in der Leber bei atrophischen Säug¬
lingen und bei Inanition, von Hayashi
2071, Wirkung des — als Erreger der
der Bauchspeicheldrüse, von Babkin
und Ishikawa . 2130
Fettembolie, von v. Aberle 781, — des
grossen Blutkreislaufes, von Frora-
berg und Naville 1562, — nach Quer¬
bruch beider Tibiae und Fibulae, von
Wilke . 1970
Fettgewebe, Nekrose des, durch Naht,
von Eberhart . 40
Fettimplantation zur Mobilisierung eines
versteiften Ellenbogens, von Wilma . . 2861
Fettleibigkeit, allgemeine Faradisation bei,
von Carulla . . . 951
Fettresorptionsprüfung, Methodik der, von
Neumann . .... 2639
Fettstempel zur Anfertigung des hängen¬
den Tropfens, von Bierast ... 1398
Fettstoffwechsel, von Gessner 774, — bei
Diabetes, von Reicher . 1053
1 ettsubstanzen, Nachweis der, des Muskel¬
gewebes, von Noll . 327
Fetttransplantation, freie, in Knochen¬
höhlen, von Klopfer 1503, — bei Sy¬
nostose, von Lexer 2203, freie — bei
Blutungen der parenchymatösen Bauch¬
organe, von Hilse . 2802
seile
Fettverdauung, Störungen der, hei den
Erkrankungen der Leber und der Pan¬
kreas, von Tauber . 14(j
Fettwachsbildung, von Müller .... 2686
Fettwuchs, hypophysärer, von Strauch 676
Feuerbestattung, Regelung der, in Bayern
53, 54, — in Elsass-Lothringen 719, ^
— und gerichtliche Medizin, von i
Richter . 1470
Feuerbestattungsgesetz, das, von Kefer-
stein ......... ... 383
Fibrolipom am Zoekum, von Friedrich . 613
Fibrolysin bei Arthritis deformans, von
Ipatow 998, Anwendung des — bei
chronischer Pneumonie, von Brenner 1547
Fibrom, multilokulares, im Zervikalmark,
von Merzbacher und Castex 714, —
des Nasenrachens, von de Stella . . 829
Fibromyoendothelioma capsulae renis,
von Hailas . . . 660
Fibromyome, Behandlung der, der Gebär¬
mutter mit Röntgenstrahlen, von Chi-
liaditis und Stavridis . 1791
Fibrosarcoma ligamenti lati, von Jacub 1505
Fibrositis, von Llewellyn 1013, — und
Muskelrheumatismus, von Luff . . . 1967
Fibroxanthosarkum, von Dietrich . . . .1107
Fibuladefekt, zur Therapie des kongeni¬
talen, von Hesse . 1727
Fieber, Pathogenese des, von Friedberger
und Ito 427, Referat über — auf dem
Kongr. f. inn. Med., von Meyer 942,
von Krehl 943, Anaphylaxie und — ,
von Schittenhelm 943, Verhalten des
Ei Weissminimums beim experimen¬
tellen — , von Grafe 943, Beziehungen
zwischen Nervensystem und Infekt beim
— , von Citron und Leschke 943, Ver¬
halten des Blutzuckers im — , von
Freund und Marchand 1276, ana¬
phylaktisches — , von Leschke 1458,
von Friedberger 1458, — bei der Gicht,
von Pfeiffer 1458, — und Chinin Wir¬
kung im — , von Hirsch 1561, Vakzine
und — , von Hort 1733, Wesen und Be¬
handlung des — , von v. Funke 1749,
nervöses — bei Tabes dorsalis, von
Siegiist 2726, — als einziges Symptom
latenter Lues, von Kraus . 2806
Fieberanstieg, von Cloetta und Waser . . 2535
Fieberepidemie in einer Knabenschule bei
Edinburgh, von M’Nell und M’Gowan 1956
Filariaembry onen im Bl ut bei Eingeborenen
in Lagos, von Conual . 1401
Filariainfektion, tropische Gewebsentzün-
dungen infolge von, von Ziemann . 1956
Filarienkrankheiten, Klinik und Therapie
der, von Leber . 1401
Filariosis des Auges, von Rauenbusch . 2910
Fingerbeugesehnen, subkutane trauma¬
tische Rupturen der, von Pförringer . 2645
Fingerchirurgie, von Müller ...... 2252
Fingerdefekte, Uebertragung gestielter
Hautlappen auf, von Sievers .... 313
Fingergelenke, Ersatz von, durch Zehen¬
gelenke, von Goebell .... 1598
Fingerphalangen, Ersatz von, und Zehen¬
phalangen, von Goebel 356, Ersatz
einer — , von Lexer . 1855
Fingersehnenkontraktur, von Hess . . . 2702
Finsenbehandlung, die, von Reyn . . . 824
Finsenlichtbehandlung am Londonho¬
spital, von Sequeira . 2694
Fisteldarstellung auf Röntgenbildern, von
Cohn . 833
Flasche, neue, zur sterilen Aufbewahrung
von Blut, von Orlovius .... 2627, 2768
Flecken, Diagnostik der, in der gericht¬
lichen Medizin, von Dervieux und
Leclercq . 1103
Fleckfieber bei Kindern, von Molodenkoff
205, über — , von Hegler und von
Prowazek . 2535
Fleckfieberroseolen, von Fraenkel . . . 2756
Flecktyphus, von Brauer 1461, Empfäng¬
lichkeit der Ferkel für — , von Rabino-
witsch 482, Variola und — , von Arzt
und Kerl 1124, Vorbeugung der Ein-
schleppu ng des — 1188, bakteriologische
Seite
Befunde bei — , von Müller 1364, sero¬
logische Diagnose des — , von Markl
1731, — bei Schwangeren und Brust¬
kindern, von Martinez 2477, hämato-
logische Diagnose des — , von Rabino-
witsch . 2590
Flecktyphusepidemie, die grosse, in Mittel¬
europa, im Anschluss an den russi¬
schen Feldzug, von Prinzing .... 375
Flecktyphuserreger, von Rabinowitsch . 2451
Fleischbüchsenkonserven, die Anforde¬
rungen an, von Mayer . 485
Fleischvergiftung . 1471, 1527
Fleurs d’oxzoin . . 1839
Flexurkarzinom, von Silbersiepe 616, von
Weinbrenner 1232, von Jenckel . . . 1515
Flimmerarhythmie, von Nadel . 2763
Flimmern vor den Augen, von Niessl von
Mayendorf . 1800
Flimmerskotom, das Gesichtsfeld beim,
von Pichler 318, Entstehungsmöglich¬
keiten des — , von Filehne . ... 2801
Flora, illustrierte, von Mitteleuropa, von
Hegi . 541
Florencesche Reaktion, von Joesten . . 1679
Flügelbolzen, von Marschik . 730
Fluor, Xerasebehandlung des, von Abra¬
ham 1342, — im menschlichen Orga¬
nismus, von Gautier und Clausmann 1750
Fluoreszierende Substanzen, biologische
und kurative Wirkung von, von Ghi-
larducci und Milani . 487
Fluoreszin als Indikator für die Nieren¬
funktion, von Strauss . 2747
Förstersche Operation bei gastro-intesti-
nalen Krisen bei Tabes, von Bungart
20i, — bei Erythromelalgie, von Maye-
sima 1277, — bei spastischen Läh¬
mungen, vonSchloffer 1299, — bei Little-
scher Krankheit, von Gaugele u.Gümbel 2850
Fötus, Zeitpunkt der luetischen Infektion
der, von Grinchese 1045, — papyra-
ceus, von Stratz . 2746
Fonabisit . 1839
Forceps intrauterinus, von Neuwirth 2192,
von Fleischmann 2852, von Hofmeier
2852, von Herzfeld 2852, Technik des
hohen — , von Neuwirth . 2309
Forchheimer, Prof. Dr. F. f . 1416
Formaldehyddämpfe, Tiefenwirkung der
Desinfektion mit, von Hirschbruch
und Levy ... . 1846
Formaldehydraumdesinfektionsverfahren,
die apparatlosen, von Hammerl . . . 1846
Formaldehyd verdampfungs verfahren, neues
apparatloses, von Hauswirth . . . 2249
Formalinekzem, Behandlung des, von Thilo 2841
Forschung, Fortschritte der naturwissen¬
schaftlichen, von Abderhalden . . . 2799
Forschungsinstitut für Biologie 503, Ham¬
burger — für Krebs und Tuberkulose 2767
Fortbildungskurse in Hamburg 54, 1183,
1639, 2095, — der Kölner Akademie
111, — in der Universitäts-Frauenklinik
in München 391, — in Paris 391, —
für Schulärzte in Düsseldorf 504, —
für Schulärzte in Köln 591, unentgelt¬
liche — in Berlin 791, — in Physio¬
logie, Pathologie und Hygiene des Säug¬
lingsalters in Düsseldorf 791, 2927, psy¬
chiatrischer — in München 791, —
über Herzkrankheiten in Düsseldorf
903, — über soziale Medizin in Düssel¬
dorf 1127, 1359, — über Säuglingsfür¬
sorge in Berlin 1127, gerichtsärztliche
— für Militärärzte in Oesterreich 1171, —
in Düsseldorf 1359,2709, — für General¬
ärzte in Berlin 1415, — in Karlsbad
1583, — in Köln 1752, — in Zürich
1752, — in Dresden 1807, — in Berlin
1975,2207, — für bayerische Bezirksärzte 2439
Fortbildungsschüler, Untersuchungen an,
von Kaup . 1125
Fortbildungsvorträge in München 1015,
1127, 1359, — in Berlin 1807, — in
Karlsbad 1807, — im Seminar für so¬
ziale Medizin in Berlin 1975, — über
Krankheiten des Säuglings- und Kindes¬
alters in Berlin 1975
4*
LII
Seite
Fortbildungewesen in Bayern s. u. Aerzte-
kainmern, Verhandlungen der baye¬
rischen.
Fortbildungswesen, Kuratorium des, in
Preussen . . .
Fortpflanzungsfäbigheit , Unterdrückbar-
keit der, von Waldschmidt ....
Fortschritte der naturwissenschaftlichen
Forschung, von Abderhalden . 86,
Fossel Prof. Dr. f 2081, von Sudhoff . .
Fractura malleoli interni non sanata, von
Baehr .
Frakturbehandlung, blutige operative, von
Troell . 1169, 2359,
Frakturen s. a. Absprengungsfrakturen,
Bruchenden, Knochenbrüche, Knochen¬
frakturen, Nagelextension, Hornbolzung.
Frakturen, operative Behandlung der, von
Hey Groves 143, 605, von Walton 940,
von Fink 2368, — des Gesichtsschädels,
von Körte 153, — des Os naviculare,
von Blencke 162, — am oberen Ende
der Tibia, von Salomon 202, isolierte
— des Trochanter minor von Wagner
204, — des Zahnfortsatzes des Epistro-
pheus, von Fritsche 313, 314, typische
— des atrophischen Femur, von Bran¬
des 371, — des Boaens des 4. Hals¬
wirbels, von Plate 436, blutige Stellung
schlecht stehender — , von Keppler 712,
schwierige — , von Gocht 731, opera¬
tive Behandlung der einfachen — der
langen Röhrenknochen, von Samp-
son 887, — des Sternums, von
v. Brunn 1044, — des Schenkelhalses,
von Worms und Hamant 1048, Dia¬
gnose und Behandlung einiger — , be¬
sonders der Gelenke, von Meyer 1107,
Distraktionsbehandlung der — , von
Hackenbruch 1350, Betiandlung der —
des Unterschenkels, von Többen 1504,
Nagelextension bei — der unteren
Extremität, von Jüngling 1748, Thera¬
pie der suprakondylären — des Hu¬
merus, von Veit 2314, — des Fusses,
von Plate 2586, Abduktionsbehandlung
der — des Femurhalses, von With-
man 2694, Extensions- und Flexions -
am unteren Ende der Tibia und Fibula,
von Hilgenreiner 2743, — und Luxation
des 1. Humeruskopfes, von Luxembourg
2759, Serienschnitte von — , von Zondek
Frakturheilung, von König .......
Framboesie, Intrakutanreaktion bei, von
Baermann und Heinemann 1537, die
— in Guam, von Kerr .
Framboesiefrage, von Plehn 1400, von
Baermann und Schüffner .
Frank Prof. Dr. R. f . .
Frankfurt, Genehmigung der Universität
Frau, die Natur der, von Tayler 88, die
junge — , von Huber .
Frauen erwerbsarbeit, F rauenkrankhei ten
und Volksvermehrung, von Hirsen 1391,
Frauenheilkunde, Handbuch der, von
Menge und Opitz .
Frauenkrankheiten, Einfluss der Berufs¬
tätigkeit auf die Entstehung von, von
Heng 310, Handbuch der — , von Hof¬
meier 2352, von Menge und Opitz
Frauenkurort, Attribute eines, von Tuszkai
Frauenmilch, normale Hämagglutinine in
der, von v. Zubrzycki und Wolf sgruber
317, Wirkung der mechanischen Er¬
schütterung auf die — , von Engel 883,
Unterscheidung von — und Kuhmilch,
von Davidsohn 1678, Reaktion der — ,
von Davidsohn .
Frauenmilchernährung, von Ritter . . .
Frauenstudium in Deutschland .
Fremdkörper s. a. Bronchoskopie.
Fremdkörper der Lunge und Pleura, von
Hesse 40, fort mit der Schlundsonde
bei — in der Speiseröhre, von Voss 266,
— in der Blase, von Vincent 278, seltener
— in der männlichen Harnröhre, von
Häuer 530, Röntgenbild eines — im
Hauptbronchus, von Payr 614, — des
Darmes und Wurmfortsatzes, von Retz-
2927
2799
1043
2407
204
2646
2850
439
1957
1400
448
446
2859
1788
2414
2414
2432
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
8eite
von
von
laff 658, Schicksal der — in der Abdo¬
minalhöhle, von Beck 842, eigentüm¬
liches Verhalten von — , von Sultanl038,
Blasensteinbildung an einem • — , von
Maly 1279, — in der weiblichen Harn¬
blase, von Senge 1279, — in der Hypo¬
pharynx, von Böhmig 1292, — im Oeso¬
phagus, von Jurasz 1559, Methoden
der Extraktion von — aus der Speise¬
röhre, von Wagner 1620, Ileus und. — ,
von Bauereisen 1741, Uterusperforation
durch einen — , von Zimbler 1773, Ent¬
fernung eines — durch untere Broncho¬
skopie, von Friedrich 2147, Entfernung
der — der Blase auf natürlichem Wege,
Herescu 2303, Lagebestimmung
— mit Hilfe des Stereo-Röntgen -
Verfahrens, von v. Holst 2354, — in
der Niere, von Haberern 2534, — in
der Trachea, von Haenisch .
Fremdkörperentfernung aus der Lunge
durch das Bronchoskop, von Thost . .
Fremdkörperextraktion, Technik der, von
R. und F. Felten-Stoltzenberg 205, Ver¬
einfachung der — , von Schlesinger 882,
Todesfälle bei der bronchoskopischen
— , von Hinsberg . . 1793
Fremdkörperschlucker, Organe eines, von
Loesehke . - •
Frequenz der deutschen med. Fakultäten
im W.-S. 1912/13 222, imS.-S 19131862,
— der Schweizer med. Fakultäten im
W.-S. 1912/13 678, im S.-S. 1913 . . .
Friedmannsches Mittel s. u. Tuberkulose¬
heilmittel.
Friedmannsches Mittel 275,1696, 1840,2493,
von Mannheimer 1619, von Schleich,
Müller, Thalheim, Immelmann, Kraus
und Friedmann . - ■ 2589
2758
99
Valgussteilung des — , von Looser 1842,
Einfluss von Operationen am Fuss-
skelett auf Wachstum und Funktion
des — , von Hahn . . . 1900
Fussbekleidung in der amerikanischen
Armee .
Fussgangränen, eigentümliche, aus dem
Balkankrieg, von Dreyer .
Fussgelenk, Arthrodese des, vonSchoenen-
berg 427, Behandlung versteifter — ,
von Weisz 430, Behandlung der Tuber¬
kulose des von Syring . ...
Fussgeschwulst, traumatische, von Schultz 2596
Fussohlenkitzel, von Basler . 2242
Fussverletzungen, seltene, von v. Assen . 731
2474
2586
G.
2545
2406
1336
208
2378
1694
2070
1564
1729
372
556
2804
2373
1695
Frostschäden ohne Frostwetter, von Köhler
Fruchtabtreibung, Kampf gegen die krimi¬
nelle, von Meyer-Ruegg 602, Versuch
einer — bei ektopischer Schwanger¬
schaft, von Singer ......
Fruchtbarkeit, ungewöhnliche, des Weibes,
von Neugebauer . • • •
Fruchtentwicklung, extrachoriale, von Lin-
zenmayer und Brandes 145, vonSamuels 2010
Frühakromegalie, von Schlesinger . . 2749
Friihaufstehen nach der Geburt, von Stro-
ganoff .
Frühgeburt oder ausgetragenes Kind, von
Hacke 40, Reifezentren der — im 9. Mo¬
nat, von Lutz 314, Erfolge der künst¬
lichen — bei engem Becken, von
Ponfick . . . ..... 1616
Frühgeburtseinleitung bei platt rachiti
schem Becken, von Durlacher . . . 1882
Frühjahrskatarrh, Eosinophilie beim sog.,
von Steiger und Strebei . 2584
Frühsyphilis, Salvarsan und Lues cere¬
brospinalis bei, von Altmann und Drev-
fus . . 465,
Führer, illustrierter, durch Bäder, Heil¬
anstalten und Sommerfrischen ....
Fürsorge s. a. Jugendfürsorge, Kinderfür¬
sorge.
Fürsorgestellen, 2. Tag der, für Lungen¬
kranke . 791
Fürsorgewesen, Armenarzt und Münche¬
ner, von Freudenberger .
Fürsorgezöglinge, Musteranstalt zur Unter¬
bringung von, undErziehnngszöglingen
in Wien . . .
Fulguration nach KeatingHart, von Roelofs 2139
Fulmargin , intramuskuläre Anwendung
von, von Engelen .
Fundal .
Funikulitis, eitrige, von Schumacher .
Furunkulin, Behandlung mit, von Gol
donyi 2139, — Zyma, von Dutoit
Furunkulose, Behandlung der, mit Opso
nogen, von Zweig . .
Fuss, Stützpunkte des, von Momburg 373,
Bau und Mechanik des normalen —
und des Plattfusses, von Baisch 428,
freie Osteoplastik in der Fixation des
paralytischen — , von Frattin 482, Ope¬
ration gelähmter — , von Müller 1279,
1127
2706
2927
563
320
41
426
1956
2262
317
Gärungsdyspepsie, DiastasegehaltderFäzes
bei, von Arnold . . -*'427
Gärungssaccharometer, neuer, von Henius
1603, einfaches und billiges — , von
Rensch .
Galaktose, Toleranz gegen, von Wörner
Galens Lehre von der Stimme, von Kassel
Galerie hervorragender Aerzte und Natur¬
forscher (316. Marion Sims) 167, (3l7.
Kopp) 223, (318. Löbker) 335, (319-
Heubnen 735, (321. Heller) 1015, (322.
Huber) 1071, (320. Baginsky) 1126, (323.
Thom) 1415, (324. v. Bramann) 1470,
(325. v. Vogl) 1583, (326. Hutchinson)
1638, (327. Bardenheuer) 2150, (328.
Bourget) 2207, (329. Fossel) 2438, (330.
Stoffmann) 2551, (331. Reil) 2599, (332.
Heusner) 2710, (333. Goldmann) 2766,
334. Ponfik) 2871, (335. CI. ßernard) . .
Galle, Cholestearingehalt der, während der
Schwangerschaft, von McNee 1221, von
Aschoff" 1221, Entstehung der sog.
weissen — , von Bertog . 1562
Gallediphtherienährboden, Erfahrungen
mit dem, nach v. Drigalski und Bierast,
von Schulz . ' • 2589
Gallenausführungsgänge, angeborener De¬
fekt der, von Epstein .
Gallenblase, die, als Inokulationsstelle be¬
trachtet, von Violle 549, zur Chirurgie
der — , von Adler 715, kongenitale
sanduhrförmige — , von Toider 1615,
Aziditätsverhältnisse des Magens bei
Erkrankungen der — , von Ohly 1681,
funktionelle Bedeutung der — , von
Rost 2025, 2367, 2637, die akute Per¬
foration der — , von Braithwaite
Gallenblasenexstirpation, freie Netzver¬
pflanzung als blutstillendes Mittel bei
der, von Stuckey .
Gallenergüsse imBauchraum,vonNauwerck 1226
Gallenfarbstoff bildung aus Blut, von
Brugsch und Retzlaff . 67
Gallenfarbstoffsekretion s. u. Ikterus.
Gallengänge, Ersatz der grossen, von
Kroh . ■ 2863
Gallengangektasie, Ruptur einer, von
Vogel . 957
Gallengangstenose beim Neugeborenen,
von Sugi . 206
Gallengangstuberkel, die, das Resultat
einer Ausscheidungstuberkulose, von
Lichtenstein . 669
Gallenperitonitis, von Johansson ... 2360
Gallenstein, von Moynihan 1732, Bedeu¬
tung des Fibrins im — , von Kuru
94, das Schicksal von — , von v. Hanse¬
mann 324, Lösungsmöglichkeit der — ,
von v. Hansemann 1107, Aetiologie der
— , von Miyake 1676, Erbrechen von — ,
von Ubeda y Sarachaga . 1904
Gallensteinerkrankung , diätetische Be¬
handlung der, von Salomon .... 835
Gallensteinileus, von Enderlen . 216
Gallensteinleiden, Agobilin bei, von Runck 2494
Gallensteinstatistik, Baseler, von Cour-
voisier . • •
Gallenwege, Anomalien der Art. hepatica
und der, von Kehr 619, 2000 Opera¬
tionen an den, — , von Kehr 1116,
Askaridiasis — , von Rosenthal 1162,
2643
90
661
1913.
Seite
typhöse Infektion der — , von Zar-
zycki 11Ö7, operative Behandlung der
Krankheiten der — , von Paus . . .
Gallenwegechirurgie, die Praxis der, von
Kehr . . .
Gallisan .
Ganglion Gasseri, Leitungsanästhesie und
Injektionsbehandlung des, u. der Trige¬
minusstämme, von Härtel 313, von
Loevy 994, Bakterienbefund im —
bei Herpes zoster frontalis, von Sunde
Ganglioneurome, von Peters 1679, — des
r. Halssympathikus, von Freund . . .
Gangosa, Aetiologie der, von Kerr . . .
Gangrän s. u. Fussgangrän, Spontangan¬
grän, Kältegangrän.
Gangrän, Amputation bei, von Molineus
145, zur Behandlung beginnender — ,
von Borchardt 599, Diagnostik u. The¬
rapie bei — pedis, von Moszkowicz
882, Behandlung beginnender — , von
Frank 882, — des Mundes im An¬
schluss an eine Salvarsaninjektion,
von Drizaki 995, Beobachtungen von
— während des Balkankrieges, von
Dreyer 1058, puerperale — , von Guggis-
berg 1456, — der Extremitäten u. ihre
Behandlung, von Ehrlich und Maresch
1508, Bestimmung der Ernährungs¬
grenze bei — pedis, von Sandrock
1615, angiosklerotische • — , von Hoch¬
haus 1627, arteriovenöse Anastomose
zur Verhinderung bezw Bekämpfung
der — , von Goodmann 2018, 2138, akute
spontane — bei einem Kinde, von
Tiramer 2141, die symmetrische - — im
Balkankrieg kein Frostschaden, von
Welcker . 2474
Gangstörung, tabesähnliche hysterische
von Niessl v. Mayendorf . .
Ganzkornbrot, ein reines, und seine Aus
nutzung, von Boruttau .
Gardner Prof. Dr. f . . .
Garnisonslazarett, Chirurgisches aus dem
von Petzsche . . .
Gasbazillus, Wirkungen des, auf den weib
liehen Genitalapparat, von Fraenkel
Gase, Wirkung technisch u. hygienisch
wichtiger, und Dämpfe auf den Men
sehen, von Lehmann und Diem 316
von Lehmann 601, von Burckhardt
1280, die nitrosen — , von Lehmann
und Hasegawa 316, Vergiftungen durch
nitrose — , von Llopart .
Gasphlegmone, Entstehung und Behand¬
lung der, von Müller .
Gasstoffwechsel, Einfluss trockener und
feuchter Luft auf dem, von Marsch¬
hauser u. Hidding .
Gastrische Krisen, Behandlung von, von
Fuchs .
Gastrodiaphanie, von Hofius .
Gastroenterostomie, Erfahrungen mit der,
von Janssen 167, Teehn'k der — , von
Joseph 388, doppelte — bei Sanduhr¬
magen, von Schmilinsky 557, Jejunum¬
kolon- und Magenkolonfistel nach — ,
von Polya 712, Endresultate der — ,
von Hertz 1181. Einfluss der — auf
Magen- und Duodenalgeschwüre, von
Berg 1224, Nachgeschichte der — beim
Ulcus pepticum, von Bourne 1734, hin¬
tere — in vordere umgewandelt, von
Zimmermann .
Gastrognost .
Gastro-Jejuno Oesophagostomie, Abände¬
rungen an der Rouxschen, von Uffre-
duzzi und Giordano . .
Gastrojejunostomie, Physiologie der, von
Paterson .
Gastrokardialer Symptomenkomplex, von
Meyer .
Gastropathie, die hyperazide, appendi-
zitischen Ursprungs, von Solieri . .
Gastropexie vermittelst des Ligamentum
teres, von Pagenstecher 24, — bei
Gastroptose, von Permann . ...
Gastroptose, Behandlung der, durch keil¬
förmige Resektion, von Schlesinger
2359
2634
1839
1047
2247
1957
2688
1800
711
1752
1573
156
367
777
2131
1327
545
2547
2818
482
1905
948
2637
1170
INHALTS-VERZEICHNIS. LIII
Seite
200, totale — , von Rovsing 1111, — mit
Gastropexie behandelt, von Permann 1170
Gastroskopie, die, und ihre klinische An¬
wendung, von Frankl . 563
Gastrospasmus, Pathologie und Diagnostik
des, von Holzknecht und Luger . . . 2585
Gastrostomie und Oesophagoplastik nach
Jianu-Roepke, von Meyer . 544
Gastrostomiemethode, eine, von Janeway 1705
Gastrotomie, sechsmalige an demselben
Magen, von Wolff, . 713
Gasvergiftungen, Wirkungen der, von Rubino 367
Gaswechsel, Einfluss der Temperatur
der Nahrung auf den, von Häri und
v. Pesthy 2131, Wirkung der intraperi-
toealen Blutinfusion auf den — , von
Rudö und Cserna 2131, Einfluss op¬
tischer Reize auf den — des Gehirns,
von Alexander und Revdsz 2131, der
— bei extremen Aussentemperaturen,
von M urschhauser 2131, — bei hoch¬
gradigen Stenosen der Luftwege, von
v. Schrötter . 2363
Gaswerksteer, Epithelproliferationen durch
Injektionen von, von Bayon . . . 940
Gaumen, Verwachsungen des, mit der
Rachenwand, von Panse . 1571
Gaumenmandeln, phlegmonöse Entzün¬
dungen der, von Henke 1793, lympho-
zytäre Zellen in den — , von Goslar 1845
Gaumenspalte, angeborene, von Böhmig 1292
Gaumenspaltenbehandlung , Brophysche,
von Kärger . . . 2753
Gebärende, elektrokardiographische Unter¬
suchungen bei den, von Schäfer . . 1290
Gebärmutter, Hand von der, von Resch 314,
Behandlung der Lageveränderungen
der — , von Weinbrenner 438, Kontrolle
der — in der Nachgeburtsperiode, von
Solowij 826, spontane Zerreissung der
— während der Entbindung, von Solo¬
wij 2639, die Nerven der — , von Hoog-
kamer . . . 2802
Gebärmutterblutungen , Behandlung der
akuten, von Raczinsky 996, Behandlung
der — durch die Röntgenstrahlen, von
Pfahler 1852, Extr. fluid Polygoni Hy-
dropiperis bei — , von Kaminskaja . . 2809
Gebärmutterkrebs, Therapie des, in den
allerersten Anfängen, von Neuwirth
1951, 2032, Heilung des — mittels der
Wertheimschen Operation, von Petö
2534. Radiumbehandlung des — , von
Keitler . 2590
Gebärmutterverletzungen , violente , von
Bretschneider . 937
Gebühren für mikroskopische Untersu¬
chungen auf Tuberkelbazillen . . . 167
Gebührenordnung s. a. Verhandlungen der
bayerischen Aerztekammern 2877 ff.
Gebührenwesen, das ärztliche, in Bayern,
von Spaet u. Stenglein . 1726
Geburt, das günstigste Alter bei der ersten,
von Richter u. Hiess 2307, Drehungen
des Kindes unter der — , von Sell-
heim 2432, Unterschied zwischen nat ür-
licher — und künstlicher Entbindung,
von Sellheim 2638, Behandlung der —
bei engem Becken in Basel, von Cuny 2745
Geburtenhäufigkeit, Allgemei nsterblichkeit
und Säugbngsmortalität in Preussen,
von Hillenberg . 1225
Geburtenrückgang, der 389, von Wolff 199,
der — in Deutschland, von Bornträger
199, der — und die Aerzte 501, Sam¬
melreferat über den — , von Haussen
2004, — u. Säuglingsschutz, von Wolf
2199, von Langstein 2199, Bedeutung
des — für die Gesundheit des deutschen
Volkes, von v. Gruber 2257, der — u.
seine Beziehungen zum künstlichen Ab¬
ort und zur Sterilisierung, von Fehling
2297, statistische Beiträge zum — in
Deutschland, von Schaeffer 2745, Sta¬
tistik des — in der neueren deutschen
Literatur, von Rösle 2752, — im Regie¬
rungsbezirk Stade, vonRitter u. Hallwachs 2854
Geburtenzahl, die Beschränkung der, von
Marcuse 199, die Abnahme der — und
Seite
ihre Ursachen, von Hanssen 374, Ab¬
nahme der — in Frankfurt a. M., von
Hanauer 381, — und Säuglingsfursorge,
von Grassl . 772
Geburtshämatom, Fontaneliaspiration des
subduralen, von Henschen .... 1505
Geburtshilfe, Resultat e der häuslichen, von
Schwab 496, die Röntgenstrahlen in der
— , von Eymer 1559, — u. Säuglings¬
fürsorge, von Keilmann 1616, Desin¬
fektion in der — , von Sievert 1342, von
Gans 1620, Lehrbuch der — für Heb¬
ammen, von Fehling-Walcher .... 1949
Geburtshilfliche Kasuistik, von Ekstein 372
Geburtshilfliche Ordnung, der Kampf um
die Gesundung der, von Brennecke . 2470
Geburtshilfliche und gynäkologische Tages¬
fragen, von Kupferberg ... . 1575
Geburtshilflicher Handgriff, vergessener,
von Gräf . 2910
Geburtshilfliches Handeln, Späterfolge
des, von Schröder . 1788
Geburtshindernis, Hämangiom des Armes
als, von Frank . 1149
Geburtsleitung, abwartende, von Voigt . 1638
Geburtszange, neue, und ihre Anwendung,
von Schneider 2790, von Jaks .... 2928
Gedankenfreiheit in Russland . . . 2811
Gefässe, Feststellung der Unfalltatsache
durch die Obduktion bei Erkrankungen
der, vonFeilchenfeld377, TranspoRition
der grossen — , von Liebich 993, In¬
nervation der — , von Müller und Glaser 1619
Gefässanastomose, Technik der, End-zu-
Seit, von Jeger und Israel . 1218
Gefässerkrankungen, juvenile, von Gilbert 1513
Gefässerweiternde Stoffe, experimentelle
Erzeugung von, von Halpern .... 2535
Gefässmuskulatur, Arbeit der, von v. Grütz-
ner . 1511
Gefässnaht, von Hesse 145, Instrument
zur Erleichterung der — nach Carrel,
von Jeger 148, zirkuläre — , von Loben-
hofer 380. Gegenindikationen gegen
die — bei Verletzungen, von Danielsen
713, zirkuläre — , von Hirsch . . 1452
Gefässstämme, temporäre Unterbindung
der grossen, von Hacker . 2368
Gefässtonus, pharmakologische Beeinfluss-
barkeit des peripheren, von Handovsky
und Pick . . - 601
Gefässtransplantation am Menschen, von
Unger . 2543
Gefässvereinigung, neues Verfahren zur,
von Porta . 544
Gefässverschluss, Anatomie des, post par¬
tum, von Heckner 92, Chirurgie der
mesenterialen — , von Reich .... 2743
Gefässwand, Zirrhosen der, von Ssobolew 2248
Geflügelpocken, von Schuberg . 1450
Geheimmittelfirma . . . . 1072
Gehirn s. a. Grosshirn, Kleinhirn, Hirn,
Vorderhirn.
Gehirn, Balkenmangel im menschlichen,
von Stoecker 261, tuberöse Sklerose
des — , von Bundschuh 262, Verhält¬
nis zwischen - und Seele, von Baensch
496, totales Fehlen des — und Rücken¬
marks, von Modena 714, Untersuch¬
ungen über das — , von Reichardt
1159, gleichzeitige Erkrankung des —
und der Leber, von Schütte 1449, Be¬
ziehungen zwischen — , Keimdrüsen
und Gesamtorganismus, von Lomer
1565, operative Beeinflussung der Ent¬
wicklungsstörungen des — , von Anton
2309, forensische Bedeutung der histo-
pathologischen Untersuchung des — ,
von Fischer 2868, mikroskopische Ana¬
tomie des — , von Ziehen ...... 2913
Gehirnabszesse, durch Mittelohreiterung
entstandene, von Udvarhelyi 1278, sel¬
tene Ursprungsstätten des — , von
Starcke . 2855
Gehirn erkrankung, Frühsymptome der
arteriosklerotischen, von Raecke 260,
die Psychosen bei — , von Redlich . 121.)
Gehirnhäute , Ausbreitung des tuberku¬
lösen Prozesses auf die, von Artamonow 1624
L1V
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Gehirnkrankheiten, Behandlung der, mit
Hilfe des Balkenstiches, von Anton
und Bramann . 1782
Gehirnlokalisation, Wechsel der Anschau¬
ungen über, von v. Stauffenberg . . . 2466
Gehirnpunktion, Hilfsinstrument zur, von
Ahrens . . 1858
Gehirntumoren, Behandlung der, und die
Indikationen für deren Operation, von
Bruns 2018, von v. Eiseisberg 2019,
von Tooth 2019, Frühdiagnose und
Lokalisierung der — , von Deroitte . 2253
Gehirnvolumen, Einwirkung von thermi¬
schen Hautreizen auf das, von Stras-
burger . . . 894
Gehör, Verkürzung der Knochenleitung
bei normalem, von Herzog . . . . 18
Gehörnerven, intrakranielle Durchtren¬
nung der, wegen Möniereschem Schwin¬
del, von Frazier . 486
Gehörorgan , doppelseitige angeborene
Missbildung des, von Mader 956, Ein¬
fluss des Chinin und Salizyl auf das
— , von Lindt . . 2807
Gehörzentrum, Lokalisation des, von
Boyd und Hopwood . 2694
Geisteskranke, Sicherung der Gesellschaft
gegen gemeingefährliche, von Aschaf¬
fenburg 309, spezifische Schutzfermente
im Serum von — , von Fauser 584,
Bewahrhaus für — mit gemeingefähr¬
lichen Neigungen, von Hermkes 1282,
Stoffwechsel der — , von Bornstein 1994,
Organisation der Fürsorge und Beob¬
achtung der — ausserhalb der An¬
stalten, von van Deventer 2255, Re¬
gelung der Uebernahme von — zwi¬
schen Deutschland und Grossbritannien
2439, das Abderhaldensche Dialysier-
verfabren bei — , von Fischer 2535,
Gesundheitsaufsicht bei — ausserhalb
der Anstalten, von Fischer . 2751
Geisteskrankheiten, Prophylaxe der, von
Kalmus 445, Nerven- und — in Bra¬
silien, von Moreira 2253, Katalysatoren¬
beeinflussung bei — , von Hauenstein 2700
Geistesschwäche, Häufigkeit der heredi¬
tären Syphilis bei kongenitaler, von
Gordon . 2696
Geistesstörung s. a. trouble psychique.
Geistige Erkrankungen und Fürsorge für
psychisch Erkrankte im Kriege, von
Glas . ...... 1496
Gelatinekapseln, gehärtete, von Niculescu 1507
Gelenkanästhesie, von Deutschländer . . 713
Gelenkautoplastik, Behandlung der Frac-
tura supracondyl. humeri mittels freier,
von v. Saar 2368
Gelenkbewegungen, Universalpendelappa¬
rat für passive, von Caro . 733
Gelenke, operative Mobilisierung ankylo-
sierter, von Sumita 144, Temperatur¬
verhältnissekranker — , von Weisz947,
gesteigerte Hauttemperaturen über er¬
krankten — , von Weiss 1343, Vaselin¬
injektion in die — , von Rovsing . . 2357
Gelenkbolzungen, Spätresultate von, von
Weiss . 2586
Gelenkentzündungen, tabische, und Spon¬
tanfrakturen, von Blencke 330, Diffe¬
renzierung der chronischen — , von
Barker 2017, von v. Müller . 2017
Gelenkerkrankung, Artigon bei gonorrhoi¬
scher, von Tedesko 388, chirurgische
Behandlung tabischer — , von Oehlecker
1117, Phenolkampferbehandlung ver¬
schiedener — , von Pohl 1279, die
praktisch wichtigsten entzündlichen — ,
von Pässler 1452, Klinik, Unfallbegut¬
achtung und Behandlung tabischer — ,
von Oehlecker . 2545, 2702
Gelenkmäuse, von Brehm . 2532 I
Gelenkplastik am Ellbogen durch Implan¬
tation einer Elfenbeinprothese, von
König . 1136
Gelenkrheumatismus. Melubrin bei aku¬
tem, von Saar 41, akuter — , von Reich¬
mann 158, Veränderung des Blutbildes
bei chronischem — . von Gudzent 1109,
2194
2140
1240
2643
320
790
Ssits
Atophanwirkung bei — , von Friedberg
1177, Behandlung des — mit Elektrar-
gol, von Schönfeld 1302, Tryparosan
bei chronischem — , von Kopytko 1623,
Pathogenese des — , von Weintraud
1731, Behandlung des — mit Elektrar-
gol, von Schönfeld ••••__ • • • 1789
Gelenkschüsse, von Schliep 773, — und
Organschüsse, von Reich . 1794
Gelenktransplantation, halbe, am Hand- ^
gelenk, von Lexer .... ... 2203
Gelenktuberkulosen, von Ely 429, von De-
lorme 731, Behandlung der Knochen-
und — , von Garrd 776, 1786, 2585,
von Menciere 1049, Operation und
offene Behandlungsmethode der eitri-
gen fistulösen — , von Wrzesniowski 776,
Bazillentypus bei — der Kinder, von
Fraser 1735, Aetiologie der — , von
Möllers . ; .
Gelen k Verunstaltungen ,paraartikul äre Kor¬
rektion von, von Correa
Gelenkwinkelmesser, von Schütz 1039, von
Landwehr . • ■ • • ;
Gelenksaffektionen, autogene Vakzine bei
der Behandlung chronischer , von
Hughes . . • • •
Gemeindearzt, Behandlung Nicht-Armer
durch den .
Gemüsepulver, Friedentbalsche, von Lang¬
stein und Kassowitz ....
Generalkrankenrapport über die K. Bayer.
Armee 112 (November 1912); (Dezem¬
ber 1912) 392, (Januar 1913) 624, (Fe¬
bruar 1913) 848, 1072 (März 1913); 1360
(April 1913); (Mai 1913) 1584, (Juni 1913)
1808, (Juli 1913) 2032. (Auaust 1913)
2320, (September 1913) 2552, (Okto¬
ber 1913) . •
Generationsorgane, interessante Miss¬
bildungen der männlichen, von An¬
sprenger . .....
Genickstarre, von Levy 385, Behandlung
der epidemischen — durch Seruminjek¬
tionen in die Seitenventrikel, von Levy
93, der Darm bei foudroyant verlaufen¬
der — , von Göppert .
Genickstarreserum, Wertbestimmung des,
von Blumenthal . .
Genitalapparat, multiple primäre Karzi¬
nome des weiblichen, von Hauser . .
Genitale, Genitalien, der Haflapparat der
weiblichen, von Martin 366, Geschwür
am — , von Lippschütz 1124, die Er¬
krankungen des weiblichen — in Be¬
ziehung zur inneren Medizin, von
v. Frankl-Hochwart, v. Noorden und
v. Strümpell . • 2849
Genital prolaps, Aetiologie des, von Jaschke
2745, Operation der grösseren — , von
Steffeck . . 2803
Genitalsystem, Innervation der weiblichen,
von Brill . 1517
Genitaltraktus, vom männlichen, aus¬
gehende septikopyämische Allgemein¬
infektionen, von Rössle . . . . 1856
Genitaltuberkulose, Behandlung der, der
Frau, von Patel . 548
Genitaltumor, doppelseitiger maligner, von
Schottländer . .... 2371
Genu valgum, Aetiologie und Therapie
des, von Heinlein 885, solitäre rachi¬
tische Exostosen bei — , von Wiemers 2587
Geoponika, die, in der arabisch-persischen
Literatur, von Ruska . 2376
Geradstand s. u. Gradstand.
Geräusche in der Präkordialgegend, von
Hochsinger . . 675
Gerichtliche Entscheidungen: 679 (fahr¬
lässige Körperverletzung), (fahrlässige
Tötung durch Alkohol) 790, (in Ame¬
rika approb. Arzt) 1862, (Verrufserklä¬
rung) 2093, (Hebammen) 2094, 2494,
(unzüchtige Gegenstände) 2318, (Ope¬
rationspflicht des Verletzten) .... 2494
Gerichtsärztliche Untersuchungen, von
Leers . 1837
Gesangsphysiologie undGesangspädagogik
von Stern . 208
2824
1707
1279
1846
2803
Sette
Gesangston, Deckung des, von Schilling 484
Geschichte, zur, der Wissenschaften und
Gelehrten, von de Candolle . ... 256
Geschlecht, Entwicklungsmechanik des,
von Weill 372, Verhältnis der — , von
Hirsch 771, Verhältnis der — , von Leh¬
mann 993, — und Sitte im Leben der
Völker, von Seidel 1502, Vererbung
und Bestimmung des — , von Gold¬
schmidt . 1688
Geschlechtsdrüsen und das Zahnsystem,
von Robinson . 2092
Geschlechtskrankheiten, die, und ihre
Verhütung im k. u. k. Heere, von
Urbach 87, — als gesetzlicher Grund
zur Lösung der Verlobungen und
Trennung der Ehe, von Heller 3<4,
Ankündigung von Mitteln zur Ver¬
hütung der — 735, die Behandlung
von — , von Gennerich 1556, neue Er¬
hebung über die Verbreitung der — in
den Grossstädten Deutschlands . . . 2597
Geschlechtsleben der Jugend, Schule und
Elternhaus, von Meirowsky 1560, Ein¬
fluss des Klimas und der Rasse auf
das weibliche — , von Steiger . . . 1903
Geschlechtsleiden, Lehrbuch der Haut¬
leiden und, einschliesslich der Kos¬
metik, von Jessner . 366
Geschlechtsmerkmale, die biologischen
Grundlagen der sekundären, vonTandler
und Gross . 2187
Geschlechtsorgane, Innervation der männ¬
lichen, von Müller .... . 542
Geschlechtsverkehr, darf der Arzt zum
ausserehelichen, raten ? von Hecht . o64
Geschmacksempfindung, Störungen der,
von Schilder . • • 2136
Geschosswirkung des Schweizerischen Or-
donanzgewebrs, von Brunner .... 1620
Geschwülste, Grawitzsche, von Ipsen 261,
— und Unfall mit besonderer Berück¬
sichtigung des Krebsgewächses, von
Thiem 375, — mit Unfall, von Lubarsch
375, seltene — im Kindesalter, von
Joachimsthal 387, durch Nematoden*
hervorgerufene papillomatöse und kar-
zinomatöse — , von Fibiger 429, Er¬
zeugung von — mittels arteigener
und artfremder Embryonalzellen, von
Kelling 489, polvpoide — auf ge-
schwüriger Basis, von v. Hippel 490,
Serodiagnostik der malignen — , von
Schenk 828, von Fried 2782, Behand¬
lung bösartiger — mit dem eigenen
Tumorextrakt, von Stammler 831, Soro-
diagnostik der — mittelst Komplement¬
ablenkungsreaktion, von Halpern 914,
Radiotherapie der — , von Werner 950,
bösartige — der Nasenhöhle und der
Nebenhöhlen, von Safranek 1278, Sero¬
diagnostik der — nach v. Düngern, von
Petridis 1318, Behandlung der — mit
radioaktiven Substanzen, von Werner
1350, positiver Wassermann bei malig¬
nen — , von Spiess 1570, multiple
primäre malique — , von Krokiewicz
1682, primäre melanotische — des
Mastdarmes, von Charlier und Bonnet
1791, Yakzinations- und Serumtherapie
der — 1 908, zur Behandlung maligner — ,
Lunkenbein 1931, bösartige — bei afri¬
kanischen Negervölkern, von Huguenin
1957, Forschungen über die — , von
Fichera 2176, angeborene sakral sit¬
zende — , von Parin 2246, Strahlen¬
therapie der — , von Keetmann 2248,
Steigerung der zerstörenden Wirkung
der Röntgenstrahlen auf aufliegende — ,
von Sellheim 2266, primäre malique —
des Nasenrachenraums, von Oppikofer
2360, Erfolge der kombinierten Chemo-
und Strahlentherapie maligner — , von
Seeligmann 2369, Behandlung der bös¬
artigen — , von Blumenthal , 2476, 2916,
Radiumtherapie bösartiger — , von
Schlesinger . 2691
Geschwüre, Narben nach gummösen, von
Zieler 163. das runde — des Magens
1913
INHALTS-VERZEICHNIS.
LV
S#lte
und Zwölffingerdarms als „zweiteKrank-
heit“,von Rössle 201 , phagedänisches — ,
von Hoffmann 1059, X-Strahlen bei — ,
von Harris 2023, variköse — , von Grün¬
feld . 2763
Geschwulstätiologie, Beziehungen der Hel¬
minthen und Askariden zur, von Saul 618
Geschwulstbildung, multiple symmetrische,
von Mohr . . 727
Geschwulstentwicklung, Frage der Ver¬
erbung der Anlage zur, von Morpurgo
und Donati . 627
Geschwulstimmunität, Beziehungen der
Milz zur aktiven, von Apolant ... 1675
Geschwulstzellen, TJebertragung von, von
Strauch . 1789
Gesellschaften s. a. Teil VI.
Gesellschaft, Hauptversammlung der Deut¬
schen, für Volksbäder 504, Rund¬
schreibender — Deutscher Naturforscher
und Aerzte 959, Münchener — für
Rassenhygiene 111, 280, 504, derma¬
tologische — 111, Gründungs Versamm¬
lung der Rheinisch-westfälischen —
für Versicherungsmedizin 167, 15. Ver¬
sammlung der Deutschen — für Gynä¬
kologie 168, Tagung der Deutschen
Pathologischen — 168, Deutsche —
zur Bekämpfung des Kurpfuschertums
223, 791, Deutsche — für Chirurgie 224,
Deutsche — für orthopädische Chirur¬
gie 224, Aerztliche — für Sexualwissen¬
schaft in Berlin 335, 27. Versammlung
der Anatomischen — 336, Kongress der
Deutschen dermatologischen — 336,
1. Jahresversammlung der Deutschen
— für Meeresheilkunde 447, — für
Volksbäder 504, 903, Deutsche — zur
Bekämpfung der Geschlechtskrank¬
heiten 1015, — Deutscher Nervenärzte
1015, 2151, 4. Kongress der Internat.
— für Chirurgie 1303, Schweizerische
— für Chirurgie 1415, 2711, Rheinisch¬
westfälische — für innere Medizin u.
Nervenheilkunde 1639, Kongress der
deutschen dermatologischen — in Wien
1695, 44. Versammlung der Deutschen
Anthropologischen — in Nürnberg 1696,
4. Kongress der Deutschen — für Uro¬
logie 2030, 2095, 1. ital. — für Radio¬
logie 2095, Anmeldungen zur Deutschen
— für Chirurgie 2439, Amerikanische
— von Immunitätsforschern 2600, in¬
ternationale — für Sexualforschung
2656, 50jährige8 Bestehen der — der
Aerzte Mannheims . 2710
Gesetzliche Bestimmungen für die ärztliche
Berufstätigkeit, von Fiessler .... 1831
Gesichtsfeldstudien über das Verhältnis
zwischen der peripheren Sehschärfe
und dem Farbensinn, von Rönne . . 149
Gesichtskrebs, Behandlung von, von Spude 1398
Gesichtslage, Zusammenhang von, und in¬
fantiler spontaner Geburtslähmung, von
Kaumheimer 659, Handgriff zur Um¬
wandlung der — , von Zangemeister . . 1241
Gesichtsneuralgie, idiopathische und symp¬
tomatische, von Lapinski . . . . 1564
Gesichtsödem, hyperplastisches, von Nobl 1343
Gesichtsschädel, familiäre Hyperostosen
des, von Frangenheim . 1628
Gesichtsschutzvorrichtung aus Papier, von
Levinger . 1604
Gesundheitsamt der Stadt New York 110,
internationales — in Jerusalem . . 2655
Gesundheitskommission, Tätigkeit und Er¬
folge der, von Meyer . . . 1847
Gesundheitswesen, Bericht über das Baye¬
rische 596, das — des Preussischen
Staates i. J. 1911 . 821
Gewebe, Reduktionsorte und Sauerstoff orte
des tierischen, von Unna 772, Unter¬
suchungen über das selbständige Leben
der — und Organe, von Carrel 1398,
heteroplastische Produktion lympho-
iden — , von Greggio 1679, das chrom¬
affine — , von Borberg . 2189
Gewebsembolien, von Kunze . 772
Seite
Gewebskulturen, künstliche Aktivierung
von, von Carrel 198, — in vitro, von
Dilger 370,* von Lambert und Hanes . 600
Gewerbeärztlicher Dienst in Italien . . . 1391
Gewerbearzt, hygienische Sonderberichte
des badischen, von Holtzmann .... 1391
Gewerbehygiene, Bedeutung der, für Arzt
und Techniker, von Holtzmann . . . 1391
Gewerbehygienische Sammlung in Mün¬
chen . 1126, 1395
Gewerbehygienische Uebersicht , von
Koelsch . . . 309, 367, 1391, 1895, 2416
Gewerbekrankenverein, Berliner .... 1359
Gewerbekrankheiten, aus dem Gebiete der,
von Althoff 530, 4. internat. Kongress
für — in Rom 553, 567, drei noch nicht
beobachtete — der Haut, von Oppen¬
heim 2416, — u. Berufskrankheiten
oder Unfall, von Könen . 2697
Gewerbliche Anlagen, Schutz der Nach¬
barn von, von Roth . 2417
Gibson Dr. Gg. A. f . 224
Gicht, Diätbehandlung der — , von Min¬
kowski 834, von Garrod 835, von Le
Gendre 835, Atophanwirkung bei — ,
von Friedberg 1177, echte — , von
Schiff 1299, Fieber bei der — , von
Pfeiffer 1458, Anwendung der Radium¬
emanation bei — , von Mesernitzki
1565, Salzsäurebehandlung der — , von
Aisenstadt 2423, Disposition der —
und ihre Behandlung, von Bach 2802,
schwere — , von Falta 2819, Verschwin¬
den der Blutharn-äure bei — nach
Behandlung mit radioaktiven Sub¬
stanzen, von Gudzent . 2851
Gichtfluid, Ahmlings . 426
Gichtfort . 1840
Gichtosint . 426
Gichtosinttabletten . 1840
Gichtiker, Blutserum an, von Ehrmann
u. Wolff 2115, 2264, von Bass 2176,
Einfluss der Radiumtherapie auf den
Stoffwechsel bei — , von Skorczewski
u. Sohn . 2134
Gichtpathologie, von Bass . 2473
Gicht- und Nierensalz . 1840
Gifte, Eindringen von, durch die Haut,
von Lehmann 1859, 2416, Abgabe von
— u. Arzneien zur Probe an Aerzte
u. Patienten 2383, Synergismus u. Anta¬
gonismus von — , von Wolff .... 2854
Giftsumach, der, u. seine Giftwirkungen,
von Rost u. Gilg . 368
Gipstisch, fahrbarer, von Bettmann . . . 1842
Gipsverband s. u. Skoliose.
Gisela-Kinderspital, Schliessung des, in
München . 215, 275, 790
Gittersklerektomie, von Wicherkiewicz . 1514
Glättolin als Ursache einer hartnäckigen
Dermatitis colli, von Kohn . 1205
Glättolindermatitis, von Dreyer . 161
Glandes surrbnales et Organes chromaffines,
von Lucien u. Parisot 2064, die sog. —
endocrine myombtriale, von Fraenkel 2802
Glandula, Tumor der, carotica, von Ender-
len 216, Erkrankungen der — pitui-
tania, von Schäfer . 1181
Glandula pituitaria s. u. Pituitrin.
Glanduovin, von Hirsch . 2248
Glas, Einfluss der Zeit auf rotes, von
Würtzen . . . 549
Glashütten, Gesundheitsverhältnisse in,
von Wittgen . 1394
Glaskörper, Persistenz von Gewebe im, von
Krauss 1513, Blutinjektionen in den — ,
von Schreiber 1513, Zystizerkus im
-, von Sandmann 1801, Abfluss aus
dem — in den Sehnerven, von Behr 2478
Glaukom, Skleraltrepanation nach Elliot
hei, von Grüter 1122, über — , von
Fraenkel 1226, — der Jugendlichen,
von Löhlein 1514, lipoidhaltige Zellen
bei hämorrhagischem — , von Vel-
hagen . . 2588
Glaukomatöse, Stoffwechsel bei, von Sul-
zer und Ayrignac . 2478
Glaukombehandlung, von Bentzen . . . 2358
Gleichrichterapparat, von Bangert .... 833
Seite
Gleitbrüche, Therapie grosser, der Flexura
sigmoidea, von Finsterer . 2692
Gleit- undTiefenpalpation, topographische,
des Yerdauungsschlauchs, von Haus¬
mann 35, 1179, rachiologische Kontroll-
untersuchungen der — , von Haus¬
mann und Meinertz . 35
Glieder, Suppension und Stützpunkte
künstlicher, von Dollinger . 1117
Gliome, Histologie der, von Yeszpremi . 2534
Gliomatose, diffuse, des Grosshirns, von
Kurzrock . 2204
Gliosis spinalis und Syringomyelie, von
Siemerling . 260
Glomerulonephritis, experimentelle, von
Baehr . 1280
Glukose, Nachweis kleiner Mengen, im
Urin, von Cole . 2696
Glykobrom 2472, — von Issekutz .... 1863
Glykogen, die Mobilisierung des, von
Lesser 341, Sekretion von — in Dia¬
betikernieren, von Baehr . 1340
Glylcokoll, Verhalten des intravenös ein¬
verleibten, von Bürger u Schweriner 2915
Glykosurie in der Gravidität, von Novak,
Porges und Strisower 1291, — renalen
Ursprungs, von Frank 1678, die — bei
der tuberkulösen Meningitis, von Frew
und Garrod 1953, Diskussion über die
nichtdiabetische — 1967, alimentäre
— nach Resorption von Rohrzucker,
von Le Golf 2078, experimentelle —
bei graviden und nichtgraviden Frauen,
von Jaeger . 2745
Glyzyl-l-phenylalanin, Isolierung von, aus
dem Chymus des Dünndarms, von
Abderhalden . 2130
Glyzyltryptophanprobe zur Diagnose des
Magenkarzinoms, von Giani . 487
Goethes Leipziger Krankheit und „Don
Sassafras“, von Hansen 143, war —
kurzsichtig?, von Birnbaum . . . 547
Goldmann Prof. Dr. f 1864, Edwin E. — ,
von Kreuter . . .... 2735
Goldreaktion, die, im Liquor cerebrospi¬
nalis, von Eicke . . .... . . 2713
Golfbälle, Augen- und Gesichts Verletzungen
durch sog. Water Core- und Zodiak-,
von Ohlemann . 2537
Gonargintlierapie, von Schuhmacher . . 2536
Gonitis, Autoserotherapie bei der Behand¬
lung der, von Gluschkow . 663
Gonokokken-Allgemeininfektion,vonRössle2862
Gonokokken vakzine, Menzersches, von
Erlacher207, Behandlung der Gonorrhöe
und ihrer Komplikationen mit — , von
Drobny 665, Behandlung der gonorrhoi¬
schen Bindehautentzündung mit — ,
von Mittendorf 1224, Wirkung des —
bei chronisch gonorrhoischer Arthritis,
von Ssemjonow 1622, 2133, Verwendung
von — , von Asch 2430, Verwendung
von — bei gonorrhoischen Frauen¬
leiden, von Runge 2476, Anwendung des
— bei gonorrhoischen Erkrankungen,
von Komarowsky . 2810
Gonokokkus. Involutionsformen des, Neis-
ser, von Herzog 1788, biologische Stu¬
dien an — mit Uranoblen, von Glück 2476
Gonorrhöe s. a. Arthigoninjektionen, Teu-
dovaginitis, Spondylarthritis, Urethritis,
Vulvovaginitis, Endometritis.
Gonorrhöe, Behandlung der, und Prostatitis
mit starker Hitze, von Kyaw 167, Er¬
folge der Vakzinetherapie bei der — ,
von Reber 209, Adamon bei — , von
Treitel 263, Behandlung frischer — ,
von Schüking 446, Behandlung der —
und ihrer Komplikationen mit Gono¬
kokkenvakzin, von Drobny 665, Be¬
handlung der — und ihrer Komplika¬
tionen mit Neosalvarsan, von Janet
und Levy-Bing 679, spezifische Diag¬
nostik der — bei der Frau, von v. d.
Velde 717, Behandlung der — von
Bruck 845, Mitteilungen über — von
Brandweiner und Hoch 1284, 1849, Be¬
deutung der — für die moderne Wochen¬
bettsdiätetik, von Hannes 1617, Serum-
LVI
INHALTS-VERZEICHNIS
1913.
Seite
behandlung der weiblichen von
Waeber 1620, die Kutireaktion bei — ,
von Dmitrijew 1623, Vakzinebehand¬
lung der weiblichen — , von Heymann
und Moos 1 728, Arthigon bei den Kom¬
plikationen der — , von Freund 1732,
therapeutische Versuche bei — , von
Jersild 2015, — eines paraurethralen
Ganges, von Ploeger 2092, Gebrauch
der Balsamika bei der — , von Ribollet
2133, Vakzinebehandlung der — , von
Klause 2248, von Ktil 2693, Argentum¬
therapie bei der — des Mannes, von
Rosenfeld 2357, Behandlung der akuten
— , von Leshnew 2423, neue therapeu¬
tische und prophylaktische Versuche
bei — , von Bruck 2476, Behandlung
der — mit Gonokokkenserum, von
Vannod . .
Gonorrhöebehandlung, von Bruck 1071,
Hegonon in der — , von Bohm . . .
Gonorrhoische Erkrankungen, Vakzine¬
behandlung von, von Gerschun und
Finkeistein 998, 2137, Diagnostik der
— , von Fronstein 1624, Serologie der
— , von Finkeistein und Gerschun 2248,
diagnostischer und therapeutischer
Wert der Sera und Vakzine für die — ,
von Asch 2430, Gonokokkenvakzin
bei — , von Komarowsky 2810, die —
der Mundhöhle bei Neugeborenen,
von Shwif . .
Gonorrhoische Gelenk- und Sehnen¬
scheidenentzündungen, Behandlung
der, mit Antimoningokokkenserum, von
Compau .
Gonorrhoische Metastasen , von Auer¬
bach . .
Gordius als Parasit des Menschen, von
Herzog .
Gotch Prof. F. f .
Gradstand, hoher, von Weiss 266, von
Pankow 2638, von Nacke .
Gramfärbungsmethode, einfachste, von
Hausmann .
Gram-Farbstoff, haltbarer, von Klausner .
Granulationsgewebe, Fibroblasten und
Makrophagen des, von Krompecher .
Granuloma venereum, von Siebert 1400,
plasmazelluläres — , von Kusunoki und
Frank 1788, — inguinale tropicum,
von Grindon 1957, Beziehungen des
malignen — zur Tuberkulose, von
Fischer .
Gravidität in einem Uterusdivertikel, von
Borchet 372, Stoffhaushalt in der — ,
von Fetzer 671, 2744, industrielle — , von
Siefart 713, tubare — , von Thom 1177,
Tuberkulose und — , von Stutz 1616,
Zystennieren und — , von Heinsius
1616, die antiproteolytischen Stoffe des
Blutes während der — , von Gammeltoft
2192, Einfluss der — auf das Wachs
tum maligner Tumoren, von v. Graf
Graviditätshypertrichosis, von Harabath
Graziola . .
Greve Dr. M. S. f . .
Grippeendemie, ruhrartige, von Bernheim
Karrer .
Grosshirn, Kind ohne, von Edinger . .
Grosshirnabszesse, Pathologie und Klinik
der otogenen, von Haymann . . . .
Grosshirnrinde, Zytoarchitektonik der, von
Ranke 1511, Grundmechanismen der
Arbeit der — bei Kindern, von Kras-
nogorski .
Grosshirn-Schussverletzung, von Lauen¬
stein 712, Tumor des — , von Perthes
Grossichsche Methode s. a. Hautdesinfek¬
tion, Jodtinkturdesinfektion.
Grossichsche Methode, von Merkens . .
Gruber -Widalsche Reaktion, Technik von
Massenuntersuchungen auf die, von
Loele . • . . .
Gummierte Gewebe, Gefahren bei der Her¬
stellung, von Poerschke .
Gummihandschuh, Löcher im, von Crede-
Hörder . ....
Gurgeln, über das, von Kassnitz . . . .
2476
2787
2810
1225
, 839
2302
1696
2745
1283
430
1845
2313
2307
2688
2472
54
2373
1511
65
2689
1746
1507
1729
1395
. 41
1572
Seite
Gutachten für ausländische Gerichte oder
Berufsgenossenschaften 110, ärztliche
— im Strafrecht und Versicherungs¬
wesen, von Rieger 256, das psychia¬
trische und Unfallneurose- — , von
Cimbal 1282, Gebühren für ärztliche — 2873
Guttemplerorden, Verbreitung des, in
Deutschland . 1694
Gye Mc Clellan f . 1016
Gymnastik, orthopädische, von Schulthess 716
Gynaecologia Helvetica, von Beuttner
und von Fellenberg .... 1782, 2007
Gynäkologie, Psychiatrie und, von Bossi
134, von Bumke 1512, differential¬
diagnostische Schwierigkeiten in der
— , von Sippel373, die Strahlentherapie
in der — , von Krönig und Gauss 428,
die Lehre Bossis und die — , von
Mayer 774, Behandlung mit Röntgen -
strählen und Mesothorium in der — ,
von Döderlein 1296, Röntgentherapie
in der — , von Zaretzky 93, von Lorey
1397, von Kirstein 1559, von Albers-
Schönberg 2080, 2259, von Kreuzfuchs
2370, die Röntgenstrahlen in der — ,
von Eymer 1559, Organtherapie in der
— , von Recasens 2021, die Röntgen-
und Radiumtherapie in der — , von
de Cournelles 2259, organotherapeu-
tische Erfahrungen und Anwendung
von Apbrodisiacis in der — , von Bab 2541
Gynäkologische Arbeiten, kritischer Rück¬
blick auf wichtige, aus dem Jahre 1912,
von Schickele . 652
Gynäkologische Eingriffe, Kritik der Todes¬
fälle nach, von Cölliger . 2745
Gynäkologische Erkrankungen, bakterio¬
logische Untersuchung bei, von Scholl
und Kolde 993, — und Psychosen,
von König 1520, physikalische Therapie
bei — , von Laqueur . 2297
Gynäkologische Operationen, Thrombosen
und Embolien nach, von v. Wenczel
1278, — bei Psychosen, von Busse 2863,
von Friedei . 2863
Gynäkologischer Untersuchungskurs am
natürlichen Phantom, von Blumreich 766
Gynäkologisches Vademekum, v.Dührssen 33
Gynatresien, zur Aetiologie der, von Ker-
mauner 1045, von Thomä . 1787
H.
Haarbruch, von Herxheimer . 1141
Haare, die Ursachen der verschiedenen,
von Fasal . 2642
Haar- und Pelzfärbemittel, Hauterkran¬
kungen durch, von Blaschko .... 2805
Haarlemeröl . 1840
Haarschwund, universeller, von Nobl . . 957
Haarverletzungen durch Ueberfahren, von
Lochte . 1281
Haarzunge, schwarze, von Andereya . . 2702
Habitus tuberculosus, von Friedjung . . 2373
Hällsten Prof. Dr. C. G. f . 1472
Hämagglutination, Wesen und Ursprung
der, von Bergei . 1675
Hämatin im Blutserum Kranker, von
Schümm 783, 1853, Wirkung des — auf
Blutkreislauf u Respiration, von Brown
u. Laevenhart . < . 2591
Hämatinämie, von Schümm . 2190
Hämatogen, ist, dem freien Verkehr über¬
lassen? von Heffter u. Krohne . . . 1680
Hämatologie, diagnostische Bedeutung der,
für die Neurologie, von Naegeli 194,
Klinik der • — , von Strauss . 1848
Hämatologische Untersuchungsmethoden
im Dienste der Psychiatrie, von Schultz 1573,
1681
Hämatometra im 80. Lebensjahr, von Ottow 600
Hämatomyelie, von Berblinger . 50
Hämatopoetischer Apparat, Erkrankungen
des, von Nicol . . . * . 2475
Hämatoporphyrin, spektroskopischer Nach¬
weis des, von Schümm .... 436, 1853
1960
618
1614
1147
1728
218
Seite
Ilämatoporphyrinurie, von Gerhardt . . 1629
Hämatoporphyrosis ossium, von Fraenkel 436
Hämaturie, von Harpster 935, renale — ,
von Baum 160, — im Kindesalter, von
Rosenstern 1009, — bei chronischer
Nephritis, von Eisendrath . 1522
Hämoglobinkatalysator, Beeinflussung des,
in der Schwangerschaft, von Engel¬
horn ... . 1 195, 1 291
Hämoglobinurie, Donath- Landsteinerscher
Versuch mit dem Serum von paroxys¬
maler, von Bontemps . 720
Hämolyse, Krankheiten mit gesteigerter,
von Mosse 1626, 2434, chemische Be¬
einflussung der — , von Fränkel 1913,
das klinische Bild der — , von Banti
llämolysenversuche, von Morgenroth . .
Hämolysine, Einfluss der, auf die Kultur
lebender Gewebe ausserhalb des Or¬
ganismus, von Hadda u. Rosenthal
Hämolysinreaktion, diagnostische Bedeu¬
tung der W eil-Kaf kaschen, im Liquor
cerebrospinalis, von Mertens . 2747
Hämolytische Flüssigkeiten, Gewinnung
von, ausserhalb des Tierkörpers, von
Bail u. Itotky . • 1784
Hämometer, neues, von Sato . . . . . .1110
Iiämophiler, spontane tödliche Gehirn¬
blutung bei einem, von Hauck . . .
Hämophilie s. a. Blutergelenke.
Hämophilie, zur Lehre von der, von
Gressot 89, zerebrale Blutung bei — ,
von Hauck 268, Erklärung der Ver¬
erbungsgesetze der — auf Grund der
Mendelschen Regeln, von Riebold 379,
Serumtherapie bei der — , von Jero-
fejewa 997, — bei Frauen, von Czy-
bona ....... .
Llämopneumothorax, von Williamson . .
Hämoptoe, Ungerinnbarkeit des Blutes
bei, von Magnus- Alsleben 1001, opera¬
tive Bekämpfung der — , von Lisch-
kiewii sch . 2069
Hämorenaler Index, Bestimmung des, als
Prüfung der Nierenfunktion, von Brom¬
berg . . .
Hämorrhagie, neurotische, von Hart . .
Hämorrhagische Symptome, Therapie der,
von Carnot . 276
Hämorrhoidalblutungen, Entstehung von,
von Kirschner . 2748
Hämorrhoidalknoten, Entstehungsursache
der, von Reckzeh 1110, extraanale un¬
blutige Behandlungsmethode der — ,
von Maybaum . 1618
Hämorrhoidalleiden, Therapie des, von
Jüngerich . 2536
Hämorrhoiden, Prophylaxe und Therapie
der, durch Anikure, von Kindborg 430,
Exzision der — nach Whitehead, von
Hadda 1614, Behandlung der — mit
den Pessarsuppositorien Braun , von
Seemann . 2927
Hämorrhoidenoperation , einfache , von
Bayer .
Hände, Asepsis der, von Sorel .
Händedesinfektion, von Corel .
Händedesinfektionsmethoden, vonLauben-
heimer . . . . .
Hängebauch. Operation des flachen, von
Loewe . . . • • •
Hängelage, die Walchersche, von Chris-
tiani . ... 2302
Häute, Desinfektion milzbrandhaltiger, und
Felle, von Moegle 368, Desinfektion
milzbrandiger — und Felle in Salz¬
säure-Kochsalzgemischen, von Gegen¬
bauer und Reichel 429, Desinfektion
der — von Rauschbrandkadavern, von
Maass .... 1220
Haferkuren, prognostische Bedeutung der,
von Lamp4 . 935
Hafermehl, therapeutische Wirkungsweise
des, von Jastrowitz . 769
Haft, Psychologie der, von Marx ... 2310
Haftpflichtprozess, abgewiesener .... 2813
Haftpsychosen, von Raimann . 2310
Hallux valgus, neue Operation bei, von
Ludloff 732, — varus, von Hollensen 1163
1620
2247
92
2920
1791
314
2144
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LVII
Seite
Hals, Krankheiten des, von Arrcn, Frecht,
Desnaarest . 1 895
Halsabszesse, otogene, von Mygind . . . 2858
Hals-, Nasen- und Ohrerkrankungen, Be¬
handlung der, mit Salvarsan und an¬
deren Arsenpräparaten, von Gerber . 2411
Halsfisteln und Zysten, von Wenglowski 1218
Halslymphdrüsentuberkulose in ihrer Be¬
ziehung zu denTonsillen und zur Lunge,
von Trautmann . 866
Halslymphome, Röntgentherapie der tuber¬
kulösen, von Fritsch . 2610
Halsreflexe, tonische, beim Menschen, von
Magnus und de Kleijn . 256S
Halsrippen, von Streissler . .... 1559
Halsschuss, durchgehender, von Lexer . 612
Halssympathikus, maligner Sympatho-
blastentumor des, von Martius .... 1450
Halssympathikusslähmung, angeborene
einseitige, von Pollak . 1082
Hamburgische Universität . 58
Hamburger Universitätsfrage, zur, von
Sobotta . . . 419
Hammerzehe, Behandlung der, von
Chlumsky . .... 427
Handbook, Honans, to Medical Europe . 1583
Handbuch der gesamten medizinischen
Anwendungen der Elektrizität, von
Boruttau und Mann 141, — der phy¬
siologischen Methodik, von Tigerstedt
198, — der vergleichenden Physiologie,
von Winterstein 255, — der gesamten
Augenheilkunde, von Graefe-Saemisch
309, 657, 768, 2686, — der allg. Patho¬
logie und patholog. Anatomie des
Kindesalters, von Brüning u. Schwalbe
365, 1612, — der Nahrungsmittel¬
chemie, von Beythien, Hartwich und
Klimmer 424, — der pathogenen Mikro¬
organismen, von Kolle und Wasser¬
mann 479, — der gesamten Therapie,
von Penzoldt und Stintzing 879, ärzt¬
liches — für Bayern 1303, — der
Hygiene 1471, — der allgemeinen
Pathologie, Diagnostik und Therapie
der Herz- und Gefässerkrankungen,
von v. Jagic 1672, — der physiolo¬
gischen Methodik, von Tigerstedt 1725,
— der Tropenkrankheiten, von Mense
2241, — der Neurologie, von Lewan-
dowsky 2294, — der Frauenkrank¬
heiten, von Hofmeier 2352, von Menge
und Opitz 2414, — der organischen
Arsenverbindungen, von Bertheim . 2686
Handbüchlein, ärztliches, von Schlesinger
623, 2656
Handgelenk, Madelungsche Deformität
des, von Streissler und Springer 781,
von Melchior . 2070
Handgriff, neuer, bei Entbindungen, von
Krug . 771
Handlähmung, von Reichard . 439
Handschuhverletzungen und Händedes¬
infektion, von Ahlfeld 658, über — ,
von Wolff . 1563
Handschutz, einfacher, bei eitrigen Opera¬
tionen, von Brüning . . . 1716
Handwerker- und Arbeiterkrankenversiche¬
rung in Rumänien, von Toff .... 2409
Handwörterbuch der Naturwissenschaften
200, 1725, — der sozialen Hygiene, von
Grotjahn und Kaup . 991
Handwurzelbrüche, von Habs . 383
Handwurzelknochen , Erwerbsfähigkeit
nach Verletzungen der, von Scheer . 2698
Hansen- Medaille . 1807
Harn s. a. Agotometer, Säugfingsharn,Urin,
Urinschau.
Harn, Diphtheriebazillen im, von Beyer
240, von Freifeld 2194, 2425, ein Phos-
phatid im menschlichen — , von Hess
und v. Frisch 484, Giftigkeit des — bei
Masern und anderen Infektionskrank¬
heiten, von Aronsohn und Sommerfeld
602, Bestimmung des kolloidalen Stick¬
stoffes im — zur Karzinomdiagnose,
von Ssemionow 663, Toxizität des — im
puerperalen Zustand und bei Eklampsie,
von Zinsser 882, Gehalt dos — von Krebs-
Seite
kranken an kolloidalem Stickstoff, von
Rosowa 997, Nachweis von Trauben¬
zucker ihi — , von Beckers 1109, das
spezifische Gewicht des — bei Krank¬
heiten, von Jacob 1275, Giftigkeit des — ,
Gebärender und Eklamptischer , von
Zinsser 1347, Schwefel im — bei Krebs¬
kranken, von Alexejew 1622, erhöhter
Gehalt des — von Produkten eines
nicht genügend tiefen Abbaus der Ei¬
weissstoffe, von Philosophow u Kluic-
znikowa 1622, die chemischen Eigen¬
schaften des — bei karzinomatösen
Erkrankungen der inneren Organe, von
Wolpe 1623, Kreatinin- und Kreatin¬
ausscheidung durch den — bei Wöch¬
nerinnen, von Wakulenko 1677, Be¬
stimmung des Kolloidalstickstoffes im
— nach Salkowski und Kojo, von
Semenow 1789, Löslichkeit der wich¬
tigsten Steinbildner im — , von Licht¬
witz 1898, Nachweis von Jod im — ,
von Jolles 2356, Gehalt des — an Krebs¬
kranken an kolloidalem Stickstoff, von
Konikow 2422, Porphyrin und Por-
phyrinogenausscheidung im — , von
Roedelius und Schümm 2756, Apparat
zur Bestimmung der Chloride im — ,
von Weiss . 2842
Harnapparat, Tuberkulose des — , von Israel 1737
Harnaziditätsverhältnisse nach Verab¬
reichung von Alkalien, von Sochanski 1897
Harnbestandteile, die adialysablen, von
Pribram . 2047
Harnblase s. a. Blase.
Harnblase, Behandlung gutartiger Papil¬
lome der, mit dem Oudin Hochfrequenz¬
strom, von Beer 934, Ligatursteine der
weiblichen — , von Hirschberg 1340, ex-
stirpierte — , von Loewe 2144, ausge¬
dehnte Schleimhautexzisionen bei mul¬
tiplen Papillomen der — , von Zucker-
kandl 2367, Projektil aus der — ,
Svon chwarzwald 2548, Operation des
angeborenen Divertikels der — , von
Kreuter . 2638
Harnblasenektopie, Operation der, von
Schmitt . . 1683
Harnblasenpapillom, von Albrecht 2865,
Mutation von — in Sarkom, von Leuen-
berger . 90
Harnblasenschleimhaut, seltene Verlet¬
zungen der, von Frank . 324
Harndiagnostik, Entwicklung der klini¬
schen, von Ebstein . . 2375
Harnfieber, Ursache und Behandlung des,
von Thelen . 2088
Harnfisteln, von Minakuchi . 1951
Harngiftigkeit, Verhalten der, in Schwanger¬
schaft, Geburt und Wochenbett, von
Esch 1616, von Franz 2474, — bei Ana¬
phylaxie, von Zinsser . 2298
Harninkontinenz, hartnäckige, von Wolko-
witsch . 1163
Harnkrankheiten des Kindes, von Fran¬
kenau . . . 1745
Harnleiter, adhärente Ueberpflanzung der
Art. hypogastr. zur Wiederherstellung
des, von Jianu 44, aszendierende In¬
fektion der Nieren nach Implantation
der — in den Darm, von Iljin 664,
akzessorische — , von Pawloff 1162,
extravesikale Einmündung der — bei
Frauen, von Hartmann 1279, Chirurgie
des — , von Wendel 1464, Vorfall
des — durch die Harnröhre, von
v. Franquö 1788, Konkremente im ,
von Pascual . 2132
Harnleiterverletzungen, Behandlung hoher,
von Mackenrodt . . 2297
Harnorgane, Ausbreitungsorgane der post-
operativen Infektion der weiblichen,
von Bauereisen 104, 1164, Beziehungen
der Erkrankungen der — zu Schwanger¬
schaft, Geburt und Wochenbett, von
Zangemeister 1289, Röntgenverfahren
bei Erkrankungen der — , von Immel-
mann 1390, Bact. coli-Infektion der — ,
von Hess . 1563
Seite
Harnpepsinbestimmung, der diagnostische
Wert der, vonTachau . 88
Harnröhre, seltener Fremdkörper in der
männlichen, von Häuer 530, operative
Behandlung der Erkrankungen des hin¬
teren Blasenhalses und der hinteren — ,
von Wossidlo 1411, die chronischen
Erkrankungen der hinteren — , von
Wossidlo . . . 2531
Harnröhrendefekt, Ersatz eines, durch die
V. saphena, von Mühsam . 1008
Harnröhrendivertikel, von Fromme . . . 2297
Harnröhrenersatz durch freie Transplan¬
tation des Wurmfortsatzes, von Lexer 613
Harnröhrenstein, von Lieber . 1413
Harnröhrenstrikturen, angeborene, von
Riedel 1008, Dauerresultate der verschie¬
denen Behandlungsarten der — , von
Räskay . 1278
Harnröhrenzerreissungen, Behandlung der
totalen, von Hof mann 371, moderne
Therapie der — von Marion . 2133
Harnsäure, Bestimmung der, im Urin, von
Flatow 354, Nukleinstoffe und — im
Blute, von Bass 1053, — im Speichel,
von Herzfeld und Stöcker 1950, die
übersättigten Lösungen der — u. ihrer
Salze, von Köhler . 2851
Harnsäureausfuhr, Beziehungen zwischen
Splanchnikustonus und, von Abel . 1054
Harnsäureausscheidung bei exsudativen
Kindern und ihre Beeinflussung durch
Atophan, von Kern 1951, pharmakolo¬
gische Beeinflussung der — , von Abi
2853, geformte — in den Nieren, von
Eckert . 2853
Harnsäurebestimmung, Methodik der, in
Urin und Blut, von Schneller . . . 770
Harnsäureintoxikationen, von Volkmar . . 1067
Harnsäurelöslichkeit, Anomalie der, von
Schade . 104
Harnsäurenachweis, Verwertbarkeit der
Uranilfüllung zum, im Blut, von Oszacki 1398
Harn Stauungen, örtliche Behandlung rena¬
ler, und Eiterstauungen durch Harn¬
leiterkatheterismus, von Zuckerkandl 1731
Harnuntersuchung, spektroskopische, von
Bardach 264, Bedeutung der bakterio¬
logischen — für die Diagnose und
Therapie, von Scheidemandel 1722,
von Menzer . . 2002
Harnwege, Chirurgie der, von Hartmann
1043, intraperitoneale Verwundung der
— , von Kingma Boltjes 1338, Hyper¬
ämiebehandlung bei entzündlich-infil¬
trativen Erkrankungsprozessen der — ',
von Frank . 2589
Hartley Prof. Dr. f . 1584
Hasenscharten, Operation sehr grosser,
von Neumann . 41
Hauner-Gedenkbrunnen . 1183
Hausarztvereine, Verband der . 2289
Hausozonisierungsapparate, praktische Ver¬
wertbarkeit von, von Schroeter . . . 483
Haustiere, spezielle Pathologie u. Therapie
der, von Hutyra und Marek .... 2471
Haut, Verteilung der pathogenen Keime
in der, von Nogucbi 202, Sterilisation
der — mit Sublimatlösung, von Clarke
604, Pilzerkrankung der — , von Linser
1520, Wärmeleitungsfähigkeit der — ,
von Wolsa 1565, Pilzerkrankungen der
nichtbehaarten — , von Adamson 2024,
Ueberpflanzung behaarter — , von Peri-
moff 2192, multiple Tumoren der — ,
von Schmid . 2689
Hautatrophie, idiopathische, von Seifert
1226, Aetiologie der idiopathischen
— , von Oppenheim . . 2692
Hautdefekte, Ueberhäutung grosser, von
Polland . 2642
Hautdesinfektion mit Jodtinktur, von
Crucilla 1168, bedingt die — eine Ge¬
fahr der Jodintoxikation für den be¬
handelnden Arzt? von Jüngling . . 1766
Hautdiphtherie mit ungewöhnlich starker
Antitoxinbildung, von Kleinschmidt . 1477
Hauteffloreszenzen, Metamorphosen pri¬
märer, von Herxheimer . 2072
LV1II
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913
Seue
Hautgeschwülste, angeborene multiple,
von Eisenbach . 2432
Hautimplantationen an Stelle der freien
Faszienplastik, von Löwe . . . 1173, 1320
Hautkarzinome, von Zieler . 1748
Hautkeime, Import der, durch das Messer,
von Steinegger . 1563
Hautkitzel, von Basler ........ 2242
Hautkrankheiten s. a. Eigenserum.
Hautkrankheiten, Atlas der, von Ehemann
932, von Jacobi 2128, seltene — im
Kindesalter, von Finkeistein 1009,
physikalische Behandlung der — , von
Renz 1217, — der Diabetiker, von
Bettmann 1451, Serumbehandlung von
— , von Stümpke 1789, Behandlung
der — mit Kohlensäureschnee, von
Haslund 2357 , Aenderung der Kost
bei einigen — . von Gerschun 2423,
Serum- und Blutinjektionen bei — ,
von v. Zumbusch 2537, gewerbliche — ,
von Oppenheim . 2868
Hautkrebs, moderne Behandlung des, von
Wichmann 950, Behandlung des —
durch Radiumbromid, von Williams
und Ellsworth . 1851
Hautleiden, Lehrbuch der, und Ge-
schleehtsleiden, von Jessner . 366
Hautnerven, Färbung der marklosen, von
Kreibich 715, für die Lokalanästhesie
wichtige — , von Rost . . . 1162
Hautreaktion, Veränderungen der, bei In¬
jektion von Serum und kolloidalen Sub¬
stanzen, von Luithlen 995, 2590, — bei
Lues und ihre Beziehung zur Wasser-
mannschen Reaktion, von Müller und
Stein 1222, — durch Ergamin, von
Eppinger 1732, — mit Noguchis Lnetin
bei Paralytikern, von Benedek 2033,
Prüfung der — auf chemische Reize,
von Schultz 2193, — bei gesunden und
ekzematösen Kindern, von Mautner 2418
Hauttransplantation ohne Verband, von
Wiener . 1852
Hauttumoren, metatastische, von Laache
1446, Pigmentbildung in melanotischen
— , von Stein . 2537
Head Prof. Dr. f . 1752
Hebammen, Dienstanweisung für die, in
Preussen 279, Zurücknahme des Prü¬
fungszeugnisses von — 2094, Tage¬
bücher der — 2290, Abtreibungsver¬
such einer — an ihrer eigenen Person 2494
Hebammenausbildung, Hebung des He¬
bammenstandes und ärztliche Praxis,
von Hartmann . . . 1045
Hebammenkunst, Lehrbuch der, von
Herrenschneider . 33
Hebammenkursus, Lehrbuch für Schüle¬
rinnen des, von . Piskacek . 199
Hebammenlehrbuch, Vorschläge zur Ver¬
besserung des neuen preussischen,
von Holste 545, Neuauflage des Preus¬
sischen — . 1560
Hebammenwesen, Vereinigung zur För¬
derung des . • 846
Hebosteotomie, Bedeutung der Hypophy¬
senpräparate für die, von Lin zenmeier
428, zur Frage der — , von Kriwski . 1728
Heberdrainage, Indikation und Technik
der Bülauschen, von Hürter . 617
Hediosit, von Krauer . 41
Hedonal-Chloroformnarkose, 100 Fälle von,
von Senkowicz . 997
Hedonalnarkose, von Page 333, Kompli¬
kationen nach — , von Veale . . . 603
Heftpüastergipsverband bei der Klump-
fussbehandlung, von Lewy . . . 1263
Hegonon, von Rosenfeld 2357, in der
Gonorrhöebehandlung, von Bohm . . 2787
Heilanstalt, Prof. Dr. Vulpiussche ortho¬
pädisch-chirurgische, 223, Lewaldsche
— - in Obernigk . . . 1807
Heilerziehungsheime, Verein zurGründung
und Erhaltung von, in München . .1183
Heilgymnasten, die, in Schweden und
Deutschland, von Lubinus . 1327
Heilgymnastik, Wirkung der, auf die
Blutzirkulation, von Salaghi 1110,
Seite
Seite
1566, 20 Jahre Erfahrungen mit Zan¬
ders mediko-mechanischen — , von
Nebel . - - 1163
Heilkunde, Vert eidigung der, aus den Zeiten
der Mönchsmedizin, von Sudhoff . . 2375
Heilmittel, Warnung vor einem öffentlich
angepriesenen . 875
Heilpädagogik, Beziehungen zwischen, und
Fürsorgeerziehung, von Huemer . . . 2374 .
Heilseren, rektale Applikation von, von
Blumenau und Dserzgowsky 996, 1622,
wiederholte Einführung von — beim
Menschen, von Klimenko ... . . 2808
Heilstätten für Kranke des Mittelstandes,
von Dietschy 825, Deutsche — in Davos
959, — und Krankenhaus in der Ver¬
sorgung der Tuberkulösen, von Ritter
1125, Basler — für Lungenkranke in
Davos-Dorf 1807, — für Alkoholkranke
in Oberbayern . 2655 j
Heilstättenkuren, statistische Beiträge zur
Frage der, von Köhler 2192, Auswahl
der Lungenkranken für die — , von
Dietschy . 2302
Heine-Medinsche Krankheit, die Epidemie
von, im Jahre 1911, von Bokay 323,
Anzeigepflicht bei — , von v. Pfaundler
330, Erkrankung von Geschwistern an
— , von Trumpp 1029, Luxation des
Oberarms nach — , von Klar 1123,
Epidemie der — in den Niederlanden,
von Schippers und de Lange 2136,
2140, Fälle von — , von Beyermann 2140,
Stand der — in Bayern, von Uffen-
heimer . 2833, 2866
Heissluftapparate, improvisierte, von
Schmerz 2169, Verwendung des — bei
der Nachbehandlung Operierter, von
Orthner . . '2806 |
Heissluftbehandlung in der Laryngologie,
von Albrecht . 265
Heissluftinhalation, von Elsaesser . . 207
Hektin in der Behandlung der Syphilis,
von Vilanova . . 1904
Helfoplast, Behandlung granulierender
Wunden mit, von Mertens . 2792
Heliotherapeutische Frage, von Guye . . 2246 j
Heliotherapie s. a. u. Tuberkulose.
Heliotherapie, chirurgische Gedanken über
die, von Leric.he 1277, — in der Gress¬
stadt, von Alkan . . . 1789 j
Holler Geh. Med.-R. Prof. Dr. t 280, von
Wilke . 487
Hellerau s u. Dalcrozesche Bildungsanstalt.
IJelmholtz-Präraie ... .... 279
Helminthen in der Appendix, von
Hueck . 2300 j
Hemianopsie, Bedeutung der Pupillen¬
störungen für die Herddiagnose der
homonymen, von Behr . 147 i
Hemiatrophianeocerebellaris, vonBrouwer 1564
Hemicanities bei Hemiplegie, von Loeb . 207
Hemihypertrophia faciei. von Finkeistein 2595
Hemiparkinsonähnliches Syndrom, von
Mingazzini . 2479
Hemiplegie, latente Deviation der Augen
und Vorbeizeigen des Kopfes bei -
und Epilepsie, von Baräny 900, —
postdiphtherica, von Leede . ... 1678
Hemmungsmissbildungen, von Löwenstein 1339
Hemoptysies, les, tuberculeuses, von
Weil' . 540 1
Hepatikusdrainage, transduodenale, von
Hörz . 263
Hepatitis, heilbare akute, von Schultze 36,
— syphilitica, von Plate 213, — paren-
chymatosa, von Hildebrandt .... 2529
Hepato-Duodenostomie, von Kroh . . . 2863
Hepatodynie, linksseitige, und ihre dia¬
gnostische Bedeutung, von Breitmann 2421
Heredität, über, von Bateson 1959, die —
der Psychosen, von Jolly . 2587
Ileredodegeneration undpostdiphtherische
Lähmung, von Benedict . 2137
Hering, Gedenktafel . . . 279
Herraann-Perutzsche Reaktion, Anwen¬
dung der, bei der Prüfung von Lumbal¬
punktaten, von Lade 590, Erfahrungen
mit der — , von Lade 885, Unter¬
suchungen über die — , von Giorgis
1850, die — im Vergleich zur Wasser-
mannschen Reaktion, von Bräutigam
1902, Modifikation der — , von Leschly
und Boas 2016, über die — , von Kallös
2249, von Möller . 2357
Hermaphroditismus, Entstehung des, von
Zarnik 1575, der wahre — der Säuge¬
tiere und des Menschen, von Pick 2434, 2542
Hernie s. a. Bruch, Rezidivhernie.
Hernien, Radikaloperation der, des Nabels
und der Linea alba, von Waljaschko
91, Entstehung der — pectinea, von
Harzbecker 153, 2 seltenere — , von
Steimker 371, — und Eventratio dia-
phragmatica, von Motzfeldt 551, gleich¬
zeitiges Vorkommen von — epigastrica
und Magenulcus und -karzinom, von
Kirmisson 844, — im Foramen Win-
slowii, von Vasiliu 1050, einfaches
Hilfsmittel bei der Reposition ausge¬
tretener — der Säuglinge, von Nüss-
baum 1434, — labialis posterior, von
Peus 1448, Kasuistik der — , von Bern¬
stein 1614, — duodeno-jejunalis beim
Säugling, von Vogt 1729, die Cooper-
sche — , von Krymon 1787, — diaphrag-
matica, von Melchior 2245, — ency-
stica und — encystica communicans,
von Sultan und Kurtzhalls 2588, trau¬
matische — des M. deltoideus, von
Clemens 2589, Entstehung trauma¬
tischer — , von Scharezky . 2915
Herniologisches, von Föderl . . . 1047
Herniotomie, seltene Komplikation nach,
von Finsterer 264, autoplastischer
Faden zur Verwendung bei der Opera¬
tion der — , von Golanitzki . 1397
Herpes zoster im Wochenbett, von Kunz
314, — frontalis, von Sunde 1047, —
frontalis mit Bakterienbefund im
Ganglion Gasseri, von Sunde 1112,
Therapie des — tonsurans, von Thede-
ring 2679, zur Pathologie des — zoster,
von Kürsteiner . 2806
Herrn Bredenfelds Erde, von Malade . . 2743
Hervieux Prof. Dr. H. f . 447
Herz s. a. Kropfherz.
Herz, Erhöhung des Druckes im venösen
System als Mass für die Funktions¬
tüchtigkeit des, v. Schott 36, Chirurgie
der Segelklappenstenoso des — , von
Sehepelmann 47, Chirurgie des — ,
von Wagner 91, die Gitterfasern des
— , von Neuber 262, Systole und Dia¬
stole des — unter Digitalinwirkung, von
Holste 262, dorsale Auskultation des
— und der Gefässe, von Kürt 264,
Chirurgie des — u. des Herzbeutels, von
Rehn 429, Einwirkung dauernder kör¬
perlicher Arbeit auf das — , von Grober
662, röntgenanatomische Untersuchung
des — in situ, von Groedel 833, Er¬
scheinungen am gesunden — junger
Individuen, von Mackenzie 886, Stich¬
verletzungen des — , von Boehm 936,
Einfluss der Digitalis auf die Erholung
des — nach Muskelarbeit, v. Bernoulli
967, Dilatation des — , von Gerhardt
1055, Vergrösserung des — , von Fischer
1062, chronische Anstrengungsverän¬
derungen des — , von Jundell 1170,
angeborene Missbildung des — , von
Hederer 1178, Beziehungen der Er¬
krankungen des — zu Schwangerschaft,
Geburt und Wochenbett, von Fromme
1289, Beziehungen der Fortpflanzungs¬
funktion zum — des Weibes, von
Sellheim 1290, — und Zwerchfellstand
in der Schwangerschaft, von Heyne¬
mann 1291, physikalische Diagnostik
des — , von v. d. Velden 1390, die
Chirurgie des — , von .leger 1444, Ar¬
beitsleistung des — bei gesunden
Kindern, von Müller 1505, Schussver¬
letzung des — , von Breitner 1577,
Einfluss des Salizylsäuren Natrons auf
das — , von Borissow 1621, — und
Schwangerschaft, von Fellner 1728,
1913,
INHALTS-VERZEICHNIS.
LIX
Saite
penetrierende Wunden des — , von
De Verteuil 1735, röntgen anatomische
Untersuchung des — und der grossen
Gefässe, von Groedel 1784, Wirkung
der Nitrite auf die Durchblutung des
— , von Schloss 1841, Funktion des
— im Hochgebirge, von Kuhn 2133,
das periphere im deutschen Seeklima,
von Bockhorn 2134, Blutdruckschwan¬
kungen in den Hohlräumen des — ,
von Piper 2190, Wirkung der Ca-Salze
der Ringerschen Lösung auf das — ,
von Leontowitsch 2243, das reizende
und verbindende Muskelsystem des
— , von Josue 2312, von Lewis 2312,
v. Mackenzie 2311, Stich Verletzung des
— , von Nast-Kolb 2354, Anstrengungs¬
veränderungen des — , von Beck 2359,
Rekurrenslähmung bei Erkrankung des
— , von Sobernheim und Caro 2360,
Ueberleitungestörungen des — , von
Roth . 2801
Herzalternans, Erklärung des, von Hering
770, über — und Pseudoalternans,
von Boden . . . . 2759
Herzarbeit, Einfluss des Schmerzes und
der Digitalis auf die, des normalen
Menschen, von Kaufmann . 769
Herzarrythmien infolge von Störungen der
Leitungsfähigkeit des Herzmuskels,
von Danielopulo 42, Analyse der — ,
Herzbeutel, Defekt des, von Plaut 429,
Chirurgie des — , von Rehn . . . . 429
Herzbeuteldrainage, hintere und Pleura¬
drainage, von Tiegel . 1397
Herzbeutelresorption, von Boit . 2069
Herzbewegung, Untersuchung der, und
des zentralen Pulses mit dem Frank-
schen Apparat, von Hess . 2365
Herzblock mit Adams Stokesschen Svm-
ptomenkomplex, von Plehn 324, Ven¬
trikeltempo beim kompletten — , von
Naish . 1734
Herzchirurgie, zur, von Lucas 264, von
Rehn 429, zur konservativen — , von
v. Arx . . . . . 1507
Herzdiagnostik, funktionelle, von v. Berg¬
mann 721, 895, — aus den gleichzeitig
registrierten Bewegungsvorgängen des
Herzschalles, Arterienpulses u. Venen¬
pulses, von Ohm 1004, 2077, subakute
bakterielle — , von Libmann . . . 2077
Herzerkrankungen, Therapie der, in der
Schwangerschaft, von Eisenbach . . . 2638
Herzermüdung, akute, und Dilatation,
von Bruns . ... 1055
Herzfehler, traumatischer, von Müller 215,
— und Schwangerschaft, von Kreiss
1290, 2915, — in graviditate, von Pankow
1455, zur Diagnostik der kongenitalen
— , von Mohr 1844, angeborener — , von
Mohr 2090, kongenitaler — , von Herzog 2090
Herz- und Gefässerkrankungen, Begut¬
achtung und Behandlung der trauma¬
tischen, von Rumpf 377, Handbuch
allgemeinen Pathologie, Diagnostik und
Therapie der — , von v. Jagic 1672, muss
die Prognose der — auf dem toten
Punkte bleiben? von Grassmann . . 2503
Herz- und Gefässkrankheiten und Unfall,
von Hoffmann 376, Vorträge über — •,
von Herz 823, Diagnose und Therapie
der — , von Braun 1558, Diätetik der
— , von Vaquez . 1 565
Herzgeräusch, intermittierendes, bei an¬
geborener Trikuspidalatresie, v. Wieland
2372, sog. — , von Steiner 2699, blasende
— , von Goliner . 2699
Herzgifte, Mechanismus der Bindung digi¬
talisartig wirkender, von Weizsäcker . 1565
Herzgrössenbestimmungen , röntgenologi¬
sche, an Ringern, von Katz u. Leybotf 1952
Herzhypertrophie, von Edens • . . 1841
Herzinsuffizienz, von Vaquez 1962, — u.
Herzschwäche, von Wenckebach . . . 1962
Seite
Herzklappen, Veränderungen an den, bei
Infektionskrankheiten, von Czirer . . 2534
Herzklappenchirurgie, von Schepelmann . 544
j Herzklappenfehler, von Gerhardt 1334,
Prognose der — , von Heinrich . . 993
Herzklappenzerreissung, traumatische, von
Scholz . 2697
Herzkranke, Störungen der Wasserbilanz
bei, von Gerhardt 786, symptomatische
Psychosen bei — , von Kleist 1011, die
Atmung bei — , von Reinhardt 2473,
die Arbeitsfähigkeit — und Gefäss-
kranker, von Bockhorn ...... 2646
Herzkrankheiten, die nervösen, von Krehl 2351
Herzleiden und Stoffwechselstörungen in
der Schwangerschaft, von Walthard 1 290,
— und Schwangerschaft, von Schmidt
1347, Bergsteigen bei — , von Jacob . 2802
i Herzmass ige, von Wrede 830, die — bei
Herzstillstand unterChloroformnarkose,
von Pieri . 1850
Herzmessung, Orthodiagraphie u- Telerönt-
genographie als Methoden der, von
Dietlen . 1763
I Herzmittel, lokale Reizwirkungen von, von
Holste . 2535
Herzmittelwirkung und physiologische Ka¬
tionenwirkung, von v. Konschegg . 937
Herzmuskel, syphilitische Erkrankung des,
von Simmonds 49, Neubildung des Gra¬
nulationsgewebes im — , von Anitsch-
kow 1279, die Erkrankungen des — u.
die nervösen Herzkrankheit., von Krehl 2351
Herzmuskel Verfettung, alimentäre, vonWe-
gelin . 2691
Herznaht, von Nast-Kolb . 2354
Herzneurose, sexuelle psychogene, von
Behrenroth 207, objektive Symptome
bei — , von Turan . 1732
Herzplessimeter, neues, von Lewinsohn . 923
Herzreize, Einfluss der Vaguserregung auf
das Auftreten heterotoper, von Kurd 992
Herzschallverhältnisse, die physiologisch.,
im Kindesalter, von Hecht ..... 485
Herzschlag, die Unregelmässigkeit des, von
Hoffmann . 1390
Herzschlagvolumen, zur Frage des, von
Mohr 37, — von Müller u Förster 992,
von Müller u. Oesterlen 992, von Müller
u. Vöchting 1337, von Bornstein . . 2134
Herzschwäche, ein Symptom von, von
Hering 331, Pathologie der — , von
Hering 1963, Herzinsuffizienz und — ,
von Wenckebach 1962, Behandlung
der — bei Pneumonie, von Lonhard 2301
Herzuntersuchung, kombinierte röntgen-
kinematographische und elektrokar-
diographische, von Th. und Fr. Groedel 880
Herzventrikel, penetrierende Stichver¬
letzung des r., von Oser . 2704
Herz Veränderungen bei Diphtherie, von
Berblinger 50, — bei Pertussis, von
Brick . . . . . 1788
Herz Verletzungen, Kasuistik der, von Ritters¬
haus 314, — bei unverletzten Perikard,
von Haeberlin 669, Diagnostik der — ,
von Häcker . . 2068
Herzvibration, Einfluss der, mit hoher Fre¬
quenz auf den Kreislauf, von Plate
und Born stein . . 599 j
Hetoleinträufelung bei Iritis, von Cohn . 979
Heubner Otto L., zum 70. Geburtstag, von
Finkeistein . 703
Heufieber, Vakzinebehandlung des, von
Lovell 941, erfolgreiche Behandlung
des — durch tägliche Chlorkalzium¬
zufuhr, von Emmerich und Loew . . 2676
Heusner, zum 70. Geburtstag Ludwigs, von
Pipo .... 2680
Hexai 426, Erfahrungen mit — , von Ko-
wanitz 97, von Baeumer 1619, — als
Sedativum, von Fritsch . 1620
| Hexamethylentetramin, ungünstige Wir¬
kungen des, von Cuntz . 1656
Hg s. a. Quecksilber.
I Hg-Glidine, von Horn . 2646
Seite
Hjelt Prof, f . 1864
Hilfe, Leitfaden der ersten, von Lamberg 1275
Hilfsarbeiterinnen, Vereinigung wissen¬
schaftlicher . 167, 1806
Hilfsschüler, Eigentümlichkeiten der, von
Schinner . 2374
Hilfsschulen, Verbandstag der, Deutsch¬
lands . . . . 504
Hilustuberknlose, von Leslie 2078, — des
Kindes im Röntgenbild, von Sluka . . 431
Hinken s. a. Dysbasia.
Hinken, Natr. nitr. gegen die Schmerzen
bei intermittierendem, von Schlesinger
445, Anwendung des faradischen Stromes
beim intermittierenden — , von Kühn 1044
Hinterkopf, Fall auf den, von Bärany . . 445
Hirnabszess, von Ahrens 495, von Hirsch¬
berg 1105, von Perthes 1747, von
Elsc.hnig . 2925
Hirnanatomie, neuere Forschungsergeb-
nisoe der, von Brodmann 2362
Hirnarterien, Diagnose perforierender
Aneurysmen der, von Langbein . . 22
Hirnarterienaneurysmen und ibre Folgen,
von Reinhardt . 2008
Hirn- und Rückenmarkschirurgie, von
v. Eiseisberg 1004, von Ranzi .... 1004
Hirnblutungen, Entstehung und Heilung,
von Geller 1844, spontane — ,von Merkel 2310
Hirn chirurgische Fälle, von Loewe . .2144
Hirndruck, Höhe des, bei einigen Augen¬
krankheiten, von Heine ... 1305, 2441
Hirndruckerhöhung bei Lues nach Sal-
varsan, von Spiethoff . 1192
Hirnerschütterung oder Vergiftung als
Todesursache, von Weber . 772
Hirnhäute, die sekundären syphilitischen
klinisch latenten Affektionen der, von
Jeanselme und Chevallier 547, Funk¬
tion der — , von Goldmann 1005, dif¬
fuse Karzinomatose der weichen — ,
von Maass . 1564
Hirnhauttumor, Exstirpation eines, in
Lokalanästhesie, von Andree . . . 528
Hirnkomplikation, praktisch wichtige oto¬
gene, von Auerbach und Alexander
200, die Lymphscbeiden des Olfakto¬
rius als Infektions weg bei rhinogenen
— , von Miodowski . 828
Hirnnervenlähmungen, angeborene mul¬
tiple, von v. Strümpell . . 2088
Hirnpathologische Erscheinungen und ihre
psychologische Analyse, von Wert¬
heimer . . . . ' . 2650
HirnDunktion, zur Technik der, von Payr
713, diagnostischer Wert der — , von
Stertz .' . 2428
Hirnrindenforschung, Fortschritte der, von
Spielmeyer . 30
Hirnsklerose, zur Klinik der diffusen, von
Jastrowitz . . . 2145
Hirntumoren, Röntgendiagnose der, in
( der Hypophysengegend, von Strubell
33^ 1H7, lehrreiche Fehldiagnosen bei — ,
von Müller 1511, operierter — , von
Berger 1857, nach Palliativtrepanation
regressiv gewordener basaler — , von
' Röper . • . 2087
Hirnventrikel, breite Freilegung der, von
Krause 90, ependymäre Gliomatose der
— , von Margulis . 884
Hirschbergs ausgewählte Abhandlungen
1868 — 1912, von Frhr. v. Mühsam . . 2296
Hirsch sprungsohe Krankheit, von Steiner
939, von Zarfl 1524, Pseudo — , von
Mayerhofer 1525, Diagnostik der — ,
von Frank 1562, chirurgische Behand¬
lung der — , von Kümmell . 1573
Hiss Ph. H f . 792
Histamin s. a. Imidazoläthylamin , Ver¬
giftung.
Histamin, von Fiihner 1238, Wirkungs¬
weise des — , von Oehme . 1164
Histologie, Stöhrs Lehrbuch der , von
Schultze 479, physiologische — , von
Sigmund . 989, 2799
LX
Seite j
Histopin, 1839, von Saalfeld 1398, von
Breslau 1583, Therapie des Hordeolum
und der Blepharitis ciliaris mit — , von
Vollert . 1658
Histopintherapie, die Wassermannsche,
in der Dermatologie, von Joseph . . 317
Hitzschlag, Behandlung des, von Hiller . 2073
Hochfrequenz, alte Experimente in der — ,
von d’Arsonval 894, neue Anwendungs¬
weise der — in der Chirurgie, von
Carl . 1058 |
Hochfrequenzströme, therapeutische Ver¬
wendung der, von Schurig373, Behand¬
lung mit — , von A. u. W. Laqueur 950,
thermische Wirkung, Anwendung und
klinische Resultate der — , von Bergoniö
950, Behandlung von Nasen-, Rachen-
und Kehlkopftuberkulose mit — , von
Albanus 951, Behandlung von Hyper¬
tension mit — , von Hiss 1217, endo-
vesikale und endourethrale Behandlung
mit — , von Bachrach . 2132
Hochgebirge s. a. Leukozytenbild, Lungen¬
tuberkulose.
Hochgebirge, Blutnenbildung im, von Cohn¬
heim u. Weber 1336, Indikationen und
Kontraindikationen des — , von Stäubli 2692
Hochgebirgsklima s. a. Höhenklima.
Hochgebirgsklima, Wirkung des, auf die
Pulsfrequenz, von Stern . 993
Hochgebirge- und Winterphotographie, von
Kuhfahl . . 1275
Hochschul nachrichten : Berlin: Heubner
224, 504, Meyer 280, Knuth 391, Hilde¬
brand 903, Grotjahn 903, 960, Röntgen
1015, Charite-Neubau 1072, Fleischmann
1127, Oestreich 1240, Leydenbüste 1303,
Czerny 1359, Dönitz 1416, Joseph 1416,
Strassraann 1584, Bickel 1584, Zie-
mann 1640, v. Wassermann 1696, Ficker
1752, Morgenroth 1808, Weissenberg
1808, Neuberg 1976, Hirschberg 2152,
Otto 2152, Plesch 2264, Löffler 2320,
v. Schjerning 2320, Beyer 2384, Gaffky
2384, Bruck 2496, Köhler 2496, Röpke
2496, Ceelen 2496, Hirsch 2600, Gluck
2711, Lesser 2823; Bonn: Hotfmann
391, Schöndorff 448, Bachem 680, Sturs-
herg 680, Zurhelle 680, Frequenz 1360,
2440, 2823, Hinselmann 1696, 1976,
Selter 2152, Brinck 2264; Braun¬
schweig: Schnitze 2656; Breslau:
Danckwortt 54, Küttner 280, Preisauf-
gabe 2Ö0, 504, Frequenz 336, 1742, 2928,
Henke 448, 504, Wetzel 448, Ponfick 504,
Vorklinikerschaft 567, Küstner 736,Stras-
burger 846, Coenen 846, Landois 1528,
Frank 1640, Uhthoff 1696, Bondy 2208,
Heimann 2208, Pax 2384, Küttner 2384,
Gräper 2656; Forschbach 2823; Ludloff
2928, Dresden: Ganser 224, 1360,
Schmorl 448, Nitsche 791, Schurig 1127,
Conradi 1 303, Rostoski 1360, Geipel 1360,
Renk 1416, Chalybaeus 2711 ; Düssel¬
dorf: Lubarsc.h 448, 680, Cassen 791,
Molineus 2208; Erlangen: Loben-
hoffer 567, 623, 2525, Frequenz 1360,
1584, Rosenthal 1640, Weinland 1640,
Specht 1696, 2551 ; Frankfurt: Gold-
schmidt 224, Boehncke 1919, Quincke
2320. Hagen 2656; Freiburg: Samu-
ely 448, Ftihner 448, Oehler 623, Salge
791, Frequenz 1303, 2823, Knoop 1640,
Goldmann 1640, Morawitz 2496, Ziegler
2656, 2711; Giessen: Bötticher 224,
Uni versitäts Kinderklinik 448, Sülze 567,
Dietz 1184, Jess 1303, Dannemann 1303,
Frequenz 1360, 2823, Koppe 1752, Brüg¬
gemann 2496, Neumann 2711; Göt¬
tingen: Hauschild 504, 2264, Ehren¬
berg 504, 2264, Ebbecko 567, 2264,
Oehme 567, 2264, Lichtwitz 1472, Kauf¬
mann 1584, Loewe 1752, Leber 2264,
Lanze 1320, Schultze 2656; Greifs¬
wald: Cohn 1416, Schöne 1416, Fre¬
quenz 1584, Lange 2384, Steyrer 2384,
Gebb 2496, Morawitz 2552, Walter
2656, Löffler 2767, Peiper 2823, Adloff
2823; Halle; Wallstein 54, v. Bra-
IN H AJLTS-VERZEI CHNIS.
Seite
mann 391, 1303, 1472, 2928, Lehnerdt
448, Aichel 448, Stiedall27, 2208, Ab¬
derhalden 1184, 1303, 1360, Siefert 1472,
Freqpenz 1472, Schmieden 1528, Will ige
1752, w. Hoesslin 1864, 1919, Loening
1919, 2095, Schmidt 2656. Reil-Gedächt¬
nisfeier 2711, Justi 2767, Härtel 2767,
Streik 2823; Hamburg: Cohnheim
1240, Kissling 1472, Hegler 1472 ; Han¬
nover: Stümpke2496; Heidelberg:
Lust 286, Gottlieb 392, Czerny 504,
Beck 504, ' Gruhle 504, Lenard 680,
v. Düngern 960, Frequenz 1360, 2823,
Vnlpius 1416, Hirschei 1528, Emmerich
1640, Petersen 2552, Krebsinstitnts-
Fonds 2711; Jena: Zange 903, 960,
v. Rohr 1015, Pathologisches Institut
1240, Frequenz 1472; Kiel: Boehme
168, 2600, Frequenz 504, 1416, 2823,
Lubarsch 567, 791, Käppis 623, Michaud
846,2208, Konjetzny 1127, Kehrer 2208,
Quinckebüste 2440, König 2600, 2767,
Schneidemühl 2767, Aichel 2823 ; Köln:
Jores 448, 504, Medpr 567, Dürck 736,
Bardenheuer 846, 1472, Krautwig 1360,
Siegert 1472, Guleke 1584, Frangenheim
1640, Dietrich 1640, Hering 1640, 1696,
Müller 1640; Königsberg: Sinnhuber
280, Meyer-Betz 336, Hermann 448,
846, Reiter 680, Henke 736, Hedinger
736, 791, Hof mann 846, Klieneberger
960, Kaiserling 1015, Riesser 1472,
Benthin 1472, Gerber 1528, 2031, Nippe
1528, Meyer 1528, Petzer 1584, Haecker
1696,2264, Kirschner 2384; Leipzig:
Hofmann 168, Läwen 392, 448, Stadler
392, 448, Thiemich 448, Schweitzer 623,
Trendelenbnrg 680, Hoffmann 1240,
Frequenz 1360, 2823, Versd 1360, Kruse
1472, v. Strümpell 1528, Assmann 1584,
v- Brücke 2031, Löhlein 2208, Kruse
2264, Ludwig 2264, Sudhoff 2711; Mar¬
burg: Schmidt 112, 168, Römer 392,
1016, 1127, 2711, Kirstein 567, Klein¬
schmidt 567, Jores 736, Zeissler960, Fre¬
quenz 1416, 2823, Loening 1696, Küster
1752, Magnus 1752, 1919, Rehmer 2656,
Frey 2656, Kirchheim 2928, Harter
2928; München: v Pfaundler 54,
Groth 504, Ahrons 504, v. Ranke
504, Böhm 504, Ach 568, Soxhlet 791,
Henkel 791, Dürck 846, Veiel 960. Lange
1016, Huber 1416, Gott 1416, 2264, Fre¬
quenz 1472, Heuck 1472, 2552, v. Gruber
1584,Posseltl584,v. Zumbuschl696,1808,
Allers 1752, 2264, v Stauffenberg 1752,
2264, Baisch 2095, Zahn 2496, Ktilpe
2600, Fischer 2767, Promotionen 2823,
Kielleuthner 2928 ; Münster: Medizi¬
nische Fakultät 54, 623, 1360, Frequenz
1303, Stiftung 1303, Prüfungen 1808,
König 2656; Rostock: Burchard 336,
Hauser 392,680, Wirths 504, Körner 568,
846, 2600. Wolff 680, Reinhardt 680,
2384, Pfeiffer 846, Müller846, Peters 846,
Schwalbe 960, 1016, Frequenz 1240, 2872,
Bennecke 1752, Riemer 2031, Wolters
2656;Strassburg: BHndll2, Pfersdorf
623, Baer 623. Berg 623, Wolff 903, Fre¬
quenz 1528, 2928, Le vy 1640, Guleke 1640,
Hügel 2656, v. Lichte nberg 2656, Steiner
2823; Tübingen : v.Brunnl016, Mdler
1 01 6, Wal bäum 1 303, Freq uenz 1 360,2823,
Weitz 1640. v Korff 1696, Dibbelt 1976,
Brodmann 1976 ; Würzburg: Riedintrer,
Schmidt, Helly, Lüdkell2, Wessely 280,
Flury 392, Jacob 448, Kretz 448, Schmidt
448, ßoveri 680, 1072, 2823, Köllner903,
Schneider 1184, Preisaufgabell84, Are ns
1472, Köllner 1472, Frequenz 1528, 2767,
Rektorwahl 1696, Hotz 2440, 2496,
Lobenhober 2552, Seifert 2711.
Alabama 2320, 2440, Algier 903, 2656, Ann
Arbor 112, Amsterdam 2208, 2264, Athen
736, Bahia 960, Baltimore 1976, Basel
504, 568, 1303, 1472, 1528 1584, 1752,
1 864, 29^8, Bern 568 623, 1 127, 1 240,2031 ,
2767, Birmingham 2264, Bologna 54,
791, 1127, 1919, 2031, 2208, 2384, Bor-
1913.
Seite
deaux 1240, 2656, Boston 791, 2264,
Brüssel 1528, Bukarest 1808, Cagliari
112, 448, 2208, 2384, Catania 54, 336,
448, 791, 1416, 2208, 2264, Chicago
2384, 2440, Christiania 568, Czernowitz
2440, Dublin 2264, Edinburgh 2152,
Florenz 54, 448, 1184, 2320, 2440, San
Francisco 1864, 1976, 2152, 2264, 2384,
Genf 1528, Genua 960, 1127, 1416, 2152,
2208, 2264, 2440, Glasgow 1640, 2440,
Graz 54, 112, 448, 736, 846, 960, 1184,
1360, 1528, 1696, 1919, 2320, Gröningen
1808, Guatemala 1864, 2031, Helsing-
fors 2152, Jassy 1808, Innsbruck 1303,
2096, 2600, Klausenburg 960, Kopen¬
hagen 168, 1360, 1808, 2711, Lausanne
791, 2384, 2496, 2552, Leiden 2208,
Lemberg 623, 736, 791, 846, 960,1016,
1184, 1976, Lille 791, Liverpool 903,
1184, London 1184, 1808, 2096, 2656,
Lyon 1752, Madrid 960, 1528,Manchester
54, 1864, 2264, Marseille 1808, Milwau¬
kee 2031, Mobile 1808, Modena 112,1184,
1416, 1640, 1976, 2208, Montevideo 791,
Montpellier 280, 1240, 2656, Montreal
2152, Nancy 504, Neapel 54,330, 568, 792,
960,1127.1184,1303,1360,1640,1864,1976,
2208, 2320, 2440, 2496, 2552, 2823, New-
York 112, 1127, 1528, 1808, 1976, 2031,
Odessa 2928, Padua 112, 448, 846, 960,
Palermo 112, 448, 1184, 1976, 2208, 2320,
Parma 846, 1184, 1528, 1864, 2031, 2208,
2264, Pavia 336, 792, 1184, 2096,2152,
2264, 2320, Pest 336, 1303, 1640, 1808,
1919, 1976, 2031, 2823, Philadelphia 792,
2208, Pisa 54, 336, 568, 846, 1184, 2208,
2320, Prag 54, 336, 448, 568. 792,846, 1240,
1303, 1360, 1528, 1640, 1919, 1976, 2320,
2384, 2440, 2600, 2823, Rennes 1808, Rio
de Janeiro 792, 1640, Rom 54, 336, 680,
792. 960, 1184, 1303, 1528, 1976, 2096,
2208, 2320, 2440, 2496, 2823, Salamanca
1640, 2440, Saratow 54, 336, Siena 336,
680, 1528, 2208, 2264, 2320, 2440, 2496,
Stockholm 1864. Toulouse 1240, 1808,
2656, Turin 336, 846,960, 1184, 2264,2320,
2440, Utrecht, 54, 448, Wien 54, 112, 280,
448. 623. 680, 736, 960, 1240, 1303, 1360,
1472, 1640, 1696, 1752, 1804. 1919, 1976,
2896, 2384, 2600, Zürich 504, 2552.
Hoden s. a. Ectopia.
Hoden, primäre Tuberkulose der Samen¬
kanälchen des, und des Nebenhodens,
von Balliano 881, Röntgenbestrahlung
der — , von Sasaki 1502, kongenitale
Hypoplasie beider — , von Rössle . . 2862
Hodenchirurgie, Bewertung der konser¬
vativen, von Schmidt . 144
Hodeneinklemmung, von Flesch .... 2744
Hoden geschwülste, Entstehung der, von
Miyata . 1786
Hodenretention, Pathologie der, von Uffre-
duzzi . 1615, 1676
Hodenteratome, Struktur und Pathogenese
der embryonalen, von Meyer . . . 2247
Hodgkinsche Krankheit, von Fraenkel . 1460 j
Höhenklima s. a. Hochgebirgsklima.
Höhenklima und Blutneubildung, von
Laquer, 269, 1336, physiologische Wir¬
kung des — , von Cohnheim 893, Ver¬
halten der Leukozyten im — , von
Wanner 2072, die physiologischen Wir¬
kungen des — auf das Blut, von Bürker 2442
Höhensonne, künstliche, von Bach 894,
von Busse . • 2421
Hörapparate, von Nadoleczny . 1569 I
Hörprüfung und ihre Verwertung in der
Praxis, von Bichl . 377 I
1 llörschärfebestimmungen, exakte, von
Brünings . 1568 j
van t’Hoff, Jacobus Henricus, von Cohen 32 j
Hoffmann Friedrich Albin, zum 70. Geburts¬
tag, von Bittorff . 2524
Hofrat, wie man, und Professor wird 1974, 2208
1 Hohenlohe, Fürst Alexander von, ein Vor¬
läufer der Christian Science, von
Marcuse .... . 27
Holmes und Semmelweis, von Richter 2248, 2482
Holoakardius, von Sachs . 1729 \
1013.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXI
Seite
Holzapfelkreuth, 10 jähriges Bestehen der
Walderholungsstätte .... 2207, 2203
Homburg s. u. Tonschlamm.
Ilonige, ausländische, von Fiehe und
Stesmüller . 1166
Honorarregelung in Krankenhäusern und
Privatkliniken s. u. Aerztekammern, Ver¬
handlungen der bayerischen.
Hordeolum, Therapie des, mit Histopin,
von Vollert . 1658
Hormonal, neue Untersuchungen über,
von Dittler 543, Wirkung des — , von
Bylina 1286, das Zuelzersche — , von
Nürenberg 1287, das neue gereinigte — ,
von Hesse 2766, das Zuelzersche —
bei der Behandlung der Obstipation,
von Sarnizyn . 2808
Hnrmonaltherapie, derzeitiger Stand der,
von Scbricker . 939
Hormonalwirkung , experimentelle und
klinische Beiträge zur, von Sackur . . 546
Hornbolzung, Wert der, und ihre Technik,
von Greift'enhagen . 2532
Hornhaut, Epithelregeneration der, von
Löwenstein 1523, Wanderzellenbildung
in der — , von Grawitz . 1619
Hornhautanästhesie durch Chinaalkaloide,
von Morgenroth und Ginsberg 163, 434
Hornhautentzündung, Atropinwirkung bei
diffuser parenchymatöser, von Wicher-
kiewicz ... . 1453
Hornhautepithel, oberflächliche Erkran¬
kung des, von v. Szily . 1513
Hornhauterkrankungen, degenerative, von
Seefelder . 316
Hornhautläsionen nach Narkosen, von
Schnaudigel . 1 600
Hornhauttuberkulose, von Krusius 1397,
— und Iristuberkulose, von Schick
und Krusius . 1396
Hornhautverletzung mit Eröffnung des
Bulbus, von Nobis . 1405
Hornstich, Verletzung durch, von Hein-
richsen . 2283
Hospital, The Moderne . 2031
Hospitalschiff, Beschreibung eines, der
U.S.Flotte, von Blackwell . ... 1957
Hotel Dieu, Clinique medicale de, de Paris,
von Gilbert . 2007
Houy Dr. R f . _ . . . . 1696
Huber, Medizinalrat J. Chr. f 736, von
Sudhoff . 1042
Hüfte, operative Behandlung der schnap¬
penden, von Weiss . 2645
Hüftgelenk, Neubildungsvorgänge am, von
Schmieden und Erkes 313, Arthrodese
des — , von Vulpius 691, Arthritis de-
formans des — als Berufskrankheit,
von Staffel 1162, Behandlung der Tu¬
berkulose des — , von Nussbaum 2585,
Cheilotomie bei der traumatischen
Arthritis des — , von Handley und
Ball . 2642
Hüftgelenksankylose, operativ behandelte
knöcherne, von Payr . 1742
Hüftgelenksluxationen, Extension bei äl¬
teren kongenitalen, von Chlumsky 427,
Behandlung der kongenitalen — , von
Bankart 2643, neues Operationsver¬
fahren der blutigen Reposition kon¬
genitaler — , von Hoeftmann .... 2759
Hüftgelenkstuberkulose, Resultate der Ge¬
lenkexzision bei, von Morton . . . 1734
Hüftgelenksverrenkung, unblutige Behand¬
lung der kongenitalen, von Galeazzi 428,
Erblichkeit der angeborenen — , von
Hayashi und Matsuoka 1339, Behand-
der angeborenen — , von Bade .... 2368
Hüftluxationen, Extensionstisch zur Ein¬
renkung angeborener, von Weber 733,
1999, Oberschenkeldeformitäten nach
Reposition kongenitaler — , von Hor-
väth . 1277
Hüftpfanne, Luxationsbrüche der, von
Lorenz . 2368
Hüftverrenkung, Veränderungen desSchen-
kelkopfes nach der unblutigen Ein¬
renkung der kongenitalen, von Bade 732,
der augenblickliche Stand der Frage der
Seite
angeborenen — , von Blencke 1231, an¬
geborene Missbildungen kombiniert mit
der kongenitalen — , von Hayashi und
Matsuoka 1339, Glutäalraffung bei der
unblutigenEinrichtung der angeborenen
— , von Springer .... ... 2652
Hühnercholera-Immunserum, Wirkungs¬
weise des, von Weil . 1450
Hühnereier, natürliche Schutzkraft in Ent¬
wicklung begriffener, von Ruzicka . 316
Hühnereiweiss, antitryptische Wirkung
des, von Sugimoto . 2747
Hühnergeschwülste, von v. Wasiliewnki . 1912
Hühnerknochenmark, Wachstum von, in
vitro, von Foot . 1223
Hühnersarkom, filtrierbare Ursache des,
von Rouss und Murphy . 827
Hühnertuberkulose beim Menschen, von
Löwenstein . 1124
Hühnertumor, verimpfbarer, Peyton Rous,
von Lewin . 1576
Hufeisenniere, von Reinach . (51 7
Humerus s. u. Fraktur.
Hundegebell, einfaches Dressurmittel gegen
das, von Helly . 2134
Hundestaupe, Erreger der, von v. Wunsch¬
heim . 2691
Hundetuberkulose, die, von Cadiot . . . 2093
Hungerkur bei Diabetes, von Kanngiesser 2550
Huste nicht, von Oppenheim . 335
Hustenstillende Mittel, von Fraenkel . . 522
Hutchinson, Sir Jonathan f 1528, vonDaser 1605
Hutnadel, Augenverletzung durch, von
Hubrich . 496
Hyalin, das kristallinische, von. Freifeld . 660
Hydrargyrum s. a. Hg.
Hydrargyrum oxycyanat.- Vergiftung, von
Curschmann . 2761
Hydramnion, Aetiologie des, von Cramer 2638
Hydrastinin, synthetisches, von Offergeld
148, von Dührssen 148, von Walther . 694
Hydrencephalocele, Kleinhirnexstirpation
bei, von Mees . 372
Hydrologie, die, im Dienste der Hygiene,
von Thiem . 1730
Hydronephrose, Pyelotomie bei, von Bloch
381, perforierte — , von Bloch 381,
doppelseitige — , von Fischer 669, sel¬
tenere — , von Rössle 1853, — und
Hydroureter durch kongenitale Ur¬
sachen, von Bachrach 2367, trauma¬
tische — , von Albrecht . 2865
Hydrorrhoea, Aetiologie der, amniotica,
von Dietrich 1107, ■ — uteri gravidi
amnialis, von Gottschalk . . . . 2474
Hydrotherapie, Bedeutung der, für die
Hygiene, von Brieger 258, wissenschaft¬
liche Grundlagen der — , von Strasser
893, Bedeutung der — , für den Gynä¬
kologen, von Klein ... .... 2541
Hydroureter durch kongenitale Ursachen,
von ßachrach . 2367
Hydrovibration, von Dreuw . 949
Hydrozele, die elektrische Taschenlaterne
als diagnostisches Hilfsmittel bei un¬
sicheren, von Mayer 301, Operation
der — , von Müller 1728, zur Pathoge¬
nese der — , von Zesas . . .... 1950
Hydrozephalus, operative Behandlung des,
internus bei Kindern, von Pussep 205,
Fall von — , von Rittershaus 1574, ver¬
langsamte Resorption der Zerebrospinal¬
flüssigkeit bei — , von Knöpfelmacher
und Mautner 2374, Diagnose und The¬
rapie des chronischen — internus, von
Ibrahim 2595, Strasburgersche Trans¬
parentuntersuchung bei chronischem —
internus, von v. Bökay . 2689
Hygiene of city infants and babies, von
Baginsky 883, Handwörterbuch der so¬
zialen — , von Grotjahn und Kaup 991,
Grundriss der sozialen — , von Fischer
1215, Untersuchungsstation für die —
der Arbeit in komprimierter Luft 1527,
Entwicklung der — und ihrer Hilfs¬
wissenschaften in Grossbritannien, von
Müller 1716, die Begriffe „Soziale — “
und „Soziale Medizin“, von Fischer 1943,
— des Auges, von Sicherer . 2742
8eite
Hygrom, intraossales, von Frangenheim . 615
Hygromatosis rheumatica, von Günther . 1841
Hyomandibularfistel, von Küttner .... 666
Hyperämiebehandlung, entzündungswid-
rige Wirkung der passiven, von
v. Schiller 1278, — der Harnwege, von
Frank . 2589
Hyperazidität, neue Therapie der, des
Magens, von Glaessner . 2195
Hyperemesis gravidarum, von Stolz 259,
Pathologie und Therapie der — , von
Neu 1969, Corpus luteum-Zysten und — ,
von Cohn 2370, Aetiologie und Dia¬
gnose der — , von Stolper . 2432
Hypergenitalismus, von Mohr . 610
Hyperglykämie, experimentelle, durch
intravenöse Zuckerinjektion, von
Thannhauser und Pfitzer2l55, physio¬
logische amylogene — , von Welz 2193,
klinischer Nachweis von — , von Bang 2277
Hypermelie beim Menschen, von Pol . . 2 924
Hypernephrome, maligne, von Rodler-
Zypkin 561, — der Niere, von Harttung
1163, von Israel 1737, von Curschmann 2761
Hypernephrommetastase, von Israel . . 1737
Hypertension und ihre Behandlung mit
Hochfrequenzströmen, von Hiss 1217,
— und Cholesterinämie, von Cantieri 2476
Hyperthermie, rektale, im Kindesalter, von
Moro . 659
Hyperthermisch gemachte Kaninchen, von
Walbaum . 2027
Hypertrichosis, von Chilaiditi 2201, Be¬
handlung der — mit Röntgenstrahlen,
von Saudek . 2918
Hypnose, Seekrankheit und, von Hoff-
mann . . . . 2054
Hypopharynx, quere Resektion des, wegen
Karzinom, von Hoffmann . 2743
Hypophyse s. a. Glandula, Zirbeldrüse.
Hypophyse, Tuberkulose der, von Heid¬
kamp 94, — und Diabetes insipidus,
von Simmonds 127, 2860, die Lipoidsub¬
stanzen der menschlichen — und ihre
Beziehungen zur Sekretion, von Kraus
315, Beziehungen zwischen — und
Genitale, von Aschner 542, die Chirurgie
der — , von Toupet 548, die isolierten
wirksamen Substanzen der — , von
Fühner 661, Diskussion über die —
cerebri im Verein Freiburger Aerzte
782, die — nach Kastration, von Rössle
952, zur Pathologie der — , von Haenel
1172, Differenzierung krankhafter Zu¬
stände der zwei Lappen der — , von
Cushing 1224, zur Physiologie der — ,
von Schlimpert 1291, — und ihre Prä¬
parate, von Popielski 1450, neuer Weg
für Eingriffe an der — , von Novikoff
1504, Operation der — , von Prey sing 1569,
— bei Schwangerschaft und nach Ka¬
stration, von Kolde 1678, Tumor der
— , von Perthes 1747, Ausführwege der
— , von Wassing 1790, die — cerebri
in der vergleichenden Anatomie, von
Steudell 1798, Veränderungen in der
— bei Diphthorie, von Koch 1798,
Methode zur lebensfrischen Fixierung
der — , von Thomas 1844, Verände¬
rungen in der — , cerebri bei Diphtherie,
von Creutzfeld u. Koch 2418, Beziehun¬
gen zwischen der Funktion der — und
dem Diabetes insipidus, von Römer . 2755
Hypophysektomie, Folgen der — • beim
Hunde, von Sweet und Allen .... 1852
Hypophysenchirurgie, Endresultate der,
von Kanavel . 1852
Hypophysenextrakt in der Behandlung der
Placenta praevia, von Trassl 146, Ver¬
wertbarkeit der — in der rechtzeitigen
und vorzeitigen Geburt, von Stolz 146,
Behandlung der Magendarmatonie mit
— , von Udaondo 318, — zur Abkürzung
der Geburtsdauer, von Hirsch 335, —
und Spätgeburt, von Stolper 428, zur
Wirkung des — , von Lieven 713, —
zur Behandlung der akuten Blutdruck¬
senkungen, von Klotz 948, Gefahren
des — , von Wagner 2308, Wirkung von
Spitr
LXII
1 N HALTS-VERZE1 CHNIS
1913.
— , von v. rt. Velden 2863, — bei Pla-
centa praevia, von Herz 2418, Wirkung
von — auf die Milchsekretion, von
Houssay, Giusti u. Maag 2477, Wir¬
kungen fortgesetzter Darreichung von
— , von Musser 2591, — bei uteriner
Inertie, von Edgar 2592, Wirkung von
— , von Hecht u. Nadel . 2692
Hypophysengeschwülste, der intrakranielle
Weg zur Exstirpation von, von Hupp 1681
Hypophysenmedikation, Misserfolge und
Schädigungen durch die, von Hofstätt er 1788
Hypophysenpräparate, geburtshilfliche In¬
dikationen und Kontraindikationen der,
von Puppel 2688, Wirkungen der — ,
von Fröhlich und Pick . 2747
Hypophysentumor, von Preysing 161, von
Rodler-Zypkin 561, Radiotherapie der
— , von Beclere u. Jaugeot . 950
Hypophysin 1839, klinische Versuche mit
— , von Herzberg 317, von Senge 2194,
Kombination von Adrenalin und — ,
von Houssay . . . 773
Hypophysiseinpflanzungen, von Paulesco 1052
Hypophysisgeschwülste, Operation der,
von v. Eiseisberg 312, operative Heilung
einer — , von Lanz . 717
Hypophysisiniektionen, lumbale, von
Hoff mann . 481
Hypophysisoperationen, transnasale, von
Holmgren . 2360
Hypophysistumoren, operative Behand¬
lung der, von Hirsch . . . 2251
Hypophisochromtabletten, von Weiss . . 1863
Hypospadie der Harnröhre, von Blum 1577,
Verwendung eines überpflanzten Venen¬
segmentes als Ersatz der bei — feh¬
lenden Harnröhre, von Zimmermann 2547
Hypothyreose, Diagnostik der, von Predte-
czensky . 998
Hysterektomie, Katgut-Nahtligaturen bei,
von Dickinson . 2083
Hysterie unter den marokkanischenTruppon
2073, Vorkommen von — in der Gra¬
vidität, von Ballas 2196, — im Kindes¬
alter, von Engel 2418, Bewegungs¬
störungen bei traumatischer — , von
Wimmer 2697, — vom versicherungs¬
rechtlichen Standpunkt, von Steenbeck 2698
Hysterieanalyse, Freudsche, von Vogt . . 102
Hysterische Kontrakturen nach Uniall, von
Hartlung . 1163
Hysterische Krampfanfälle, vonv. Strümpell 271
Hysterische Situationspsychosen, von Stern 884
Hysterographie, externe, von Fahre . . . 2021
J.
Jaccoud Dr. S. f . 1016
Jagd- und Scbiessbrillen, gelbe, von Haitz
150, gefärbte Gläser als — , Schnee-
und Schutzbrillen, von Schanz . . . 317
Jahr, das, 1913, von Sarason . 2800
Jahrbuch der praktischen Medizin, von
Schwalbe 880, — für Volks- u. Jugend¬
spiele, von v. Schenkendorff u. Schmidt
991, — der Schulgesundheitspflege,
von Fürst 1015, — für Volks- und
Jugendspiele, von v. Schenckendorff,
Schmidt u. Raydt 1673, — für ortho¬
pädische Chirurgie, von Glaessner
1782, therapeutisches — 1864, lehr¬
reiche Angaben aus dem Statistischen
— der Stadt Berlin, von Fischer . . 2737
Jahresbericht über soziale Hygiene, Demo¬
graphie u. Medizinalstatistik, von Grot-
jahn u. Kriegei 711, 42. — über das
Medizinalwesen im Königreich Sachsen
878, — der k. bayer. Gewerbeaufsichts¬
beamten u. Bergbehörden 1445, — des
Deutschen Krankenhauses in Neapel
1527, — über die Ergebnisse der Im¬
munitätsforschung und deren Grenz¬
wissenschaften 2007, — der Direktion
des Ital. Gesundheitsamtes 2142, —
der Heidelberger chirurg. Klinik, von
Wilms und Hirschei 2472, — über die
Leistungen und Fortschritte auf dem
Gebiete der Neurologie und Psychiatrie
2767, — des K. Sächsischen Landes-
Medizinaikollegiums 2798, Köhler¬
scher — 2801, — über die Ergebnisse
der Tuberkuloseforschung 2822, —
über die Fortschritte der Physiologie,
von Hermann und Weiss . . . 2849
Jahreskurse für ärztliche Fortbildung, von
Sarason . 1 390
Jahrhundertfeier in Kelheim . 1415
Jayne Prof. Dr. f . 1864
Ichthyol u. seine Ersatzpräparate, von
Beckurts u. Frerichs 426, Verwendung
des — zu Magenspülungen, von Canti 2853
Idiotie, die mongoloide, von Kellner 746,
familiäre amaurotische — , von Berger
784, Tay-Sachssche familiäre amauro¬
tische — , von Savini-Castano und Sa-
vini 1617, amaurotische — , von Biel-
schowsky 2427, Histopathologie der
familiär-amaurotischen — , von Frey . 2534
Idiosynkrasien, von Glück . 828
Jerusalem , Tuberkulose - Forschungsreise
nach, von Much . - 2860
Jevurbilis . . . 1839
J. K.-Therapie C. Spenglers, von Kirchen¬
stein . 825, 2353
Ikt&re hümolosinique, von Roth .... 1275
Ikterus, Blutveränderungen bei hämolyti¬
schen, von Huber 106, der kongenitale
familiäre — , von Maliwa 263, hämo¬
lytischer — , von Kahn 558, 1002, von
Lommel 881, von Jacobsthal und Rö¬
mer 2860, zur Pathogenese des — ,
von Ogata 826, septischer — , von Ogata
826, mit Methylenblau behandelter in¬
fektiöser — , von Fleckseder 1413, der
angeborene hämolytische — , von Roth
1507, — neonatorum, von Hirsch 1630,
— catarrhalis, von Matko 1630, — neo¬
natorum u.Gallenfarbstolfsekretion beim
Fötus u. Neugeborenen, von Ylppö 2161,
von Hirsch 2346, chirurgische Behand¬
lung bei — , von Mayo-Robson 2250,
chron. acholurischer — mit Milztumor,
von Möller . 2545
Ikterusbereitschaft, physiologische, des
Neugeborenen, von Hirsch .... 2372
Ileozoekalgegend, Lokalisation der Druck¬
empfindlichkeit in die, von Singer . . 2365
Ileozoekaltumor, bösartiger, von Friedrich 613
Ileozoekaltuberkulose, Colon mobile und,
von Holländer . . 2297
Ileus, vonNolet 717, — durch Mesenterial¬
drüsentuberkulose, von Hirt 615, post¬
operativer — , von Schubert 1617, —
und Appendizitis, von Wiegels 1644, —
und Fremdkörper, von Bauereisen 1741,
Behandlung des postoperativen durch
Adhäsionen bedingten Ileus — , VQn
Zahradnicky . . . . . 2250
Immunkörper, Versuche über die Bildung
von bakteriolytischen, von Bail und
Rotky . 1726
/S-Imidazoläthylamin, Verwendung des, in
der Geburtshilfe, von Jäger 599, von
Koch . 993
Immunisierung, Kombination von spezi¬
fischer, und Einwirkung von Röntgen¬
strahlen, Hochfrequenzströmen und
ultravioletten Strahlen, von Büchner
1846, mit — desanaphylatoxierten Bak¬
terien, von Levy u. Dold . 2801
Immunität, Abhängigkeit der natürlichen,
von der Ernährung, von Czerny 778,
Infektion und — , von Müller 1103,
— , Schutzimpfung und Serumtherapie 2636
Immunitätsforschung, Ergebnisse der, von
Weichardt . 2007
Immunitätsreaktionen, Verhalten der
durch Aether getrennten Serumbestand-
teile bei, von Rosowsky . 1614
Immunstoffe, leukozytenauflösende, von
Leschke . 1614
Impetigo herbetiformis Hebra, von Marek 603
Impfergebnisse in Hamburg, von Voigt . 1460
Impffrage 389, 1633, Demonstrationen zur
— , von Risel . 2754
Impfgegner s. a. Spohr.
Seile
Impfgegner, Petition der 502, Klagen der — 2995
Impfgegnerische Hetzereien . . 1414
Impfpusteln, verspätete Abheilung von,
von Meder . 149
Impfpustelübertragung auf die Analgegend,
von Rossiwall . 1525
Impfschädigungen, von Swoboda .... 2378
Impfzwang . 2288
Impotenz, Behandlung der sexuellen, von
Lissmann 542, von Swinbrune 541,
von Lydston 542, präkokzygeale In¬
jektion bei Spermatorrhöe und — , von
Grande 542, physikalische Therapie der
sexuellen — , von Tobias 1167, gericht¬
liche Feststellung von — und Perver¬
sität, von Porosz . 2854
Inanition und Zuckerausscheidung im
Säuglingsalter, von Rietschel . . . 1505
Inauguraldissertationen 44, 99, 151, 209,
266, 319, 378, 431, 488, 551 , 606, 775, 830,
942, 999, 1226, 1288, 1345, 1904, 1958,
2196, 2305, 2361, 2425, 2646, 2699, 2753,
2810,2855, 2918, Berlin 210,379, 432, 666,
887, 1454, 1566, 1793, 2196, 2810, 2918,
Bonn 151,432, 1454, 2699, Breslau 44, 379,
432, Erlangen 99, 433, 551, 1345, 1682,
2196, Freiburg 210, 432, 433, 606, 775,
1226, 1345, 1736, 1852, 2141, 2753,2855,
Giessen 100, 432, 433,606, 1112, 1401,
1624, 1852, 2074, 2593, 2811, Göttingen
100, 432, 433, 1052, 1852, 2196, 2479,
2855, Greifswald 151, 319, 433, 551, 775,
1052, 1288, 1624, 1852, 2305, Halle 100,
433, 1794, 1905, 2540, Heidelberg 151,
432, 433, 606, 942, 1345, 1566, 2016,
2425, 2646, 2855, Jena 266, 433, 666, 830,
1112, 1345, 1401, 1794. 1958, 2425,
2699, 2918, Kiel 319, 433, 666, 1 454, 2016,
2361, 2593, Königsberg 210, 433, 2141,
2811, Leipzig 44, 151, 432, 433, 666,
719, 1508, 1736, 2305, Marburg 210,
999, 1905, München 210, 379, 606,
830, 1052, 1345, 1509, 1794, 2074, 2425,
2540. 2811, Rostock 151, 551, 775,
1052, 1682, 1852, 2361, 2855, Strassburg
433, 775, 1682,2305, Tübingen 210, 319,
830, 1112, 1345, 1566, 2141, 2361,
Würzburg 100, 379, 488, 719, 830,
1052, 1345, 1454, 1736, 1794, 1958,
2361, 2753
Incontinentia urinae, Nasenbehandlung
und, von Bonnier 1793, Operation der
— urinae, von Steifeck . 2803
Index s. u. hämorenaler, opsonischer, pha¬
gozytären Index.
Index Catalogue of the Library of the
Surgeon Generals Office . .... 1583
Indikanurie, die, von Baar 479, gastroin¬
testinale — , von Frenkel und Franco . 2639
Indolmengen, quantitative Bestimmungs¬
methoden geringer, von Herzfeld und
Baur . 1106
Industria Poligraphica Italiana,von Carozzi 2416
Industrie, Fortschritte und Probleme der
chemischen, von Duisburg . 567
Infanterie, Gepäckerleichterung der . . . 2752
Infantilismus, genitaler, von Mohr 610, all¬
gemeiner — , von Strauch 675, dys¬
genitale Form des — , vonWeygandt 896,
intestinaler — , von Nobel 1300, Bedeu¬
tung des — in Geburtshilfe und Gynä¬
kologie, von Mayer . 1349, 2136
Infektion s. a. Allgemeininfektion, Puer¬
perale Infektion.
Infektion, tuberkulöse, im Kindesalter, von
de Besehe 602, Einbruchspforten der
rheumatischen — , von Branson 605,
Pathogenese der tuberkulösen — , von
Calmette und Guörin 843, Behandlung
von bakteriellen — mit antogenenVak-
zinen, von Scott 887, Behandlung akuter
chirurgischer — mit rhythmischer
Stauung, von Thies 892, — und Ver¬
dauung, von Meyer 994, die — im Kriege,
von v. Oettingen 1057, — und Immu¬
nität, von Müller 1103, endogene — ,
von Bondy 1617, Krebs und — , von
Schmidt 2363, Angina als Eingangs¬
pforte pyogener — , von Tedesko 2365,
1913.
Lxm
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
therapeutische Versuche bei lokalen und
allgemeinen — , von v. Müller und Edel¬
mann 2305, Zusammenhang von — und
Ernährung, vonThomas und Hornemann 2372
Infektionskrankheiten, Behandlung der,
mit organischen Kolloiden, von Kon-
ried 207, Isolierungssystem hei — , von
Le Sage 322, zur Pathogenese der — ,
von Dibbelt 442, Alkohol und — , von
Ewald 779, Behandlung von — mit na¬
türlichen Seren, von Litinsky 997, Ver¬
wendbarkeit der optischen Methode
und der Dial.VBierverfahrens bei — , von
Abderhalden und Andryewsky 1641,
spezifischer Geruch bei — •, von Krasno-
gorsky 1842, Beeinflussung verschiede¬
ner Erkrankungen durch akute — , von
Thalacker 1844, akute - , von Brill 2070,
Prophylaxe der akuten — , von Eichel¬
berg 2373, Phagozytose bei — , von
Schäfer-Hieber 2801, zeitliche und ört¬
liche Disposition bei — , von Kossel 2917
Infektionszustände, hochfiebernde , von
Meyer . 1009
Influenza, Peroneuslähmung nach, von
Schönstein 1069, Immunität bei — , von
Thalmann ... 1730
Influenzaepidemie, die älteste, in Persien
und Mesopotamien, von Mittwoch . . 602
Influenzalaryngitis, einseitige, und Kehl¬
kopftuberkulose, von Dahmer .... 265
Influenzataubheit, von Nager . 1569
Inhalationsprinzip, neues, von Löwenstein 1447
Injektion Dr. Hirsch 1036, tracheobron-
chiale — zur Asthmabehandlung, von
Grünwald 1378, Technik der intra¬
venösen — , von Saphier 1621, von
Arzt und Schramek . 1731
Injektionsbehandlung, Technik der intrau¬
terinen, von Mathes . 2406
Initialsklerose an der Caruncula lacrimalis,
von Jampolsky . 995
Inkarzeration, die retrograde, von Wendel
2070, von v. Thun 2852, Entstehung
der retrograden , von Ritter . 2367
Insekten, sanitarisch -pathologische Be¬
deutung der, und verwandten Glieder¬
tiere, von Göldi . 1390
Instinkt und Erfahrung, von Morgan . . 1783
Institut, das histologisch-embrvologische,
der neuen anatomischen Anstalt Mün¬
chen, von Mollier 200, die medizi¬
nischen — der preussischen Universi¬
täten, von Spielmann 360, Bericht über
das Neurologische — in Frankfurt a. M.
390, Erweiterung des poliklinischen —
in Berlin 2440, Seegens — für Physio¬
logie des Stoffwechsels in Wien . . 1302
Instrumente, Aufbewahrung chirurgischer
in den Tropen, von Ganon 1956, An¬
preisung verwerflicher — 2876, urolo-
gische — , von Dommer . 2859
Insufflation, Meitzers, von Unger und Bett¬
mann 1676, von Riebel . 1804
Intelligenzprüfungen u. Intelligenzdefekte,
von Isserlin 215, — bei heranwachsen-
den Kindern, von Eürnrohr 1629, —
bei anormalen Kindern, von Decroly 2255
Interferometer, Bestimmung der Kohlen¬
säurespannung der Alveolarluft durch
den, von Hahn und Heim . 316
Interkrikothyreotomie, Technik und Ver¬
wendbarkeit der, von Denker ... 48, 96
Interpositio, Technik der, uteri vesico-
vaginalis, von Wertheim 2371, opera¬
tive Behandlung der Rezidive nach —
uteri ves.-vag., von Weibel . . 2371, 2915
Intestinal trakt, Wirkung der Regulatoren
des, von v. Bergmann . 769
Intoxikation, enterogene, von v. Noorden
564, intestinale — , von Ledingham 1736,
alimentäre — in ihren Beziehungen
zum sympathischen Nervensystem, von
Hirschfeld . 1901
Intradermoreaktion von Mantoux, von
Swenigorodsky . 2424
Intrakutanreaktion bei Syphilis und Fram-
boesie, von Baerinann und Heinemann 1537
Intrapessar, das, in foro, von Thorn . . 1745
Seite
Intubation, perorale, nach Kuhn, von
Schlemmer . 2590
Intussuszeption, chronische, als Folge über¬
standener Appendizitis, von Wollin . 774
Inulin bei Ernährungskuren, von Goud-
berg . 189K
Invaginatio ileocoecalis durch submuköses
Lipom, von König 215, Resektion des
1 leozoekalteiles wegen — , von AndrAe
1677, die sog. — ileocoecalis beim
Säugling, von Lotsch . 2641
ln versio uteri, von Froriep . 1218
Involutionsparanoia, von Kleist ... 714
Inzestmotiv, das, in Dicht ung und Sage,
von Rank . 424
Inzuchtsfrage, zur, von Strohmayer . . . 159
Joachimsthaler Kurbericht, von Dautwitz . 995
Jod als Verbandmittel, von Madden 604,
— bei Operationen, von Dalton, 604,
Nachweis von — im Urin, von Ehr¬
mann 1781, von Besser 2535, direkte
Einwirkung des — auf den Kreislauf,
von Lehndorff . 2817
Jodierung bei Operationen am Magen¬
darmtrakt, von Fieber . 1163
Jodkalium, Wirkung des, von Lienaux
und Huynen 98, renale Ausscheidung
von — , von Kaufmann . 1181
Jodölreagens, von Landau . 2477
Jodointabletten . 2626
Jodostarin u. Jodpräparate in der Therapie
der Lungenschwindsucht, von Pertik
149, über — , von Stümpke 1489, —
bei der Behandlung der Syphilis, von
Bäumer 1620, — zur Bestimmung der
motorischen Funktion des Magens, von
Galazer . . . 2423
Jodpräparate, Beeinflussung des Blutes
durch, von Baranczik . . . 1288 j
Jodtherapie, spezifische Beeinflussung
tuberkulöser Prozesse durch, von Weiss 2363
Jodtinktur, ein haltbarer Ersatz der, in
fester Form, von Bachem . ... 2626
Jodtinkturdesinfektion, modifizierte Gros-
siehsebe, von Reich-Brutzkus 1222, zur
— , von Candea 2537, zur Frage der
Grossichschen — , von Heinemann . 2688
Jodwirkung, von Enebuske . 2359
Jontophorese, Stand der, von Franken¬
häuser 951, Erfahrungen mit — , von
Stöcker . 1110
Journal, British, of Surgery . 1528
Ipekakuana in kleinen Dosen bei Ver¬
dauungsstörungen im Kindesalter, von
Rousseau-St.-Philippe . . 1525
Iridenkleisis, Operationsnarben der, von
Holth . 1513
Iridodesis, Bewährung der, von Heymann 721
Irisvorbuckelung, von Heine . 1512
Iritis, Hetoleinträufelung bei, von Cohn
979, Behandlung der — gonorrhoica mit
Arthigoninjektionen, von Topolanski . 2818
Irrenarzt, Erinnerungen eines alten, von
Pelmann 657, 43. Versammlung süd¬
westdeutscher — . 2030, 2439
Irrenpflege, die, in Oesterreich, von
Schlörs . 1783
Irrenwesen, Bestrebungen zur Reform des,
von Beyer . 1560
Irresein, frühere und jetzige Anschauungs¬
weise über das, von v. Ehrenwall . . 1627
Irrigoradioskopie, von Schwarz 275, direkte
— des Kolons, von Schwarz .... 317
Ischias, Atophan bei, von Hirschberg 53,
Behandlung der — mit epiduralen In¬
jektionen, von Langbein 96, Behand¬
lung der — , von Stoffel 732, Behand¬
lung der — mit Radium, von Delherme
894, Behandlungsmethode der — , von
Boucek 939, epidurale Injektionen bei
— , von Heile 1351, Wesen und opera¬
tive Behandlung der — , von Stoffel
1365, zur Behandlung der — , von
Sch urig 1830, — kyphotica, von Hnätek
2357, — , mit Strychnininjektionen be¬
handelt, von Retiwow . 2809
Ischuria paradoxa bei Prostataatrophie, von
Wilma . 382
Isoagglutinine. von Bohne . 1282
Seite
Isopralnarkose, intravenöse, von Reresne-
gowsky . 1676
Isticin, ein neues Abführmittel, von Ren¬
necke . 2788
Jubiläum der Firma Kall & Co. ... 1918
Jucken, Heilung des, mit autogener Vak¬
zine, von. Schischlo . 316
Juden, die Rassenmerkmale der, von Fish-
berg . 768
Juffinger Prof. Dr. f . 2823
Jugendfürsorge, Tagung derDeutschen Zen¬
tral e für, 2260, Arzt und—, von Ru pprecht 2464
Jugendgeiichte, von Stein . 2310
Jugendgerichtshilfe, ärztliche, von Kessels-
dorfer . 2374
Jugendirresein, die weissen Blutköperchen
beim, von Pförtner . 261
Jugendliche, endogene und exogene Wur¬
zeln der Dissozialität. der, von Lazar
2418, strafrechtliche Behandlung der
— nach dem geltenden Str.-G.-B^ und
den Vorentwürfen, von Sommer . . . 2653
Jugularisunterbindung, otitische, von Voss 2533
Jugularvenenpuls, Erklärung des, von
Weber . 2553
Justschinski, der Fall 2743, 2812, von
Strassmann . 2854
K.
Kältegangrän, gefässparalytische, von
Wieting . 992
Kälteleitungsanästhesie am N. mentalis,
von Neumann-Kneucker . 995
Käse, der, als Nahrungsmittel, von Reich 173(1
Kaffee Haag s. a. Kaffeegetränk.
Kaffee, diuretische Wirkung des koffein-
freien, von Kakizawa . 2640
Kaffeegetränk, die wirksamen und wert¬
vollen Bestandteile des, von Lehmann 281
Kaiserin-Auguste-Viktoriahaus . 1415
Kaiserschnitt, über, von Opitz 2308, Mög¬
lichkeit einer normalen Schwanger¬
schaft nach dem klassischen — , von
v. d. Hoeven 40, abdominale — , von
Schäfer 92, Erfahrungen über den extra¬
peritonealen — , von Baumm 317, Ruptur
des graviden Uterus nach vorausge¬
gangenem — , von Schwarz 815, Technik
des -, von Veit 1218, Erfolge des —
in Russland, von Pobedinsky 1279, —
wegen Scheidenstenose, von Beckmann
1340, bakteriologische Untersuchungen
beim extraperitonealen — , von Bondy
1617, Uterusnarbe nach suprasymphy¬
särem extraperitonealem — , von Hart¬
mann u. Loeschcke 1617, extraperito¬
nealer — mit Beckenspaltung, von
Weibel 2308, 2686, über — , Symphyseo-
tomienundHebosteotomien.vonFischer 2803
Kaiserschnittbecken, von Zickel .... 2072
Kaiser Wilhelm-Gesellschaft, Begründung
des biologischen Forschungsinstitutes
Oer . 1974
Kaiser Wilhelm-Institut für experimentelle
Therapie . 2647
Kaiser Wilhelm-Stiftung, Chemisches In¬
stitut der . 425
Kakkeausbruch, epidemieartiger, in einem
Gefängnis in Korea, von Shiga . . . 1344
Kala-Azar s. a. Leishmania.
Kala-Azar, das kindliche an der Ostküste
Spaniens, von Pitmluga 319, vier Fälle
von — , von Gurko 1341, Leishman-
körperchen bei — , von Cochran 1401,
Nachweis des — infantum in der Pro¬
vinz Almeria, von Martinez . 2477
Kalender für das Jahr 1914 2870
Kaliausscheidung, von Blumenfeld . . 992
Kalium, tödliche Vergiftung mit chlor¬
saurem, von Lehnert . 315
Kalk und Magnesia in der Therapie, von
Kochmann . 2589
Kalkatieus, Architektur des, von Reiner . 428
Kalkaneusfraktur, von Lack mann 2545,
Extensionsbehandlung bei — , von
Gelinsky . 1278
Kalkaneussporn, von Bähr 258?
LXIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
1837
Kalkbilanz, Abhängigkeit der, von der Al¬
kalizufuhr, von Dubois u. Stolte 600,
Einfluss grosser Kalkgaben auf die — ,
von Voorhoeve . . . •
Kalkmetastase und Kalkgicht, von Schmidt
148, — im Unterbautzellgewebe, von
Gontermann 1068, — • und Knochen¬
atrophie bei Säugetier, von Pick . .. . 1689
Kalksalze, therapeutisch wirksame Dosie¬
rung von, von Blühdorn 1342, 20/1,
Einfluss der — auf Konstitution und
Gesundheit, von Emmerich u. Loew
1506, Einwirkung von — auf die Niere,
von Jakoby u. Eisner 1680, Entziehung
von — aus dem mütterlichen Blute durch
den Fötus, von Drennan . ldöl
Kalkstoffwechsel, Tuberkulose und, von
Voorhoeve 1336, zur Lehre des — , von
Voorhoeve 1783, Nebennieren und — ,
von Novak
2432
Seite
Kalzium, Bedeutung des, für das Wachs¬
tum, von Mc Crudden 1275, — und
Phosphor beim Wachstum, von Herbst lo05
Kalziumkarbid zur Bestimmung der Mörtel-
feuchtigkeit, von Korff-Petersen . . . 2690
Kalziumtherapie bei Urtikaria im Wochen-
bett, von Bollag . . . . . 2514
Kamerun, Pathologie der Eingeborenen
von, von Löhlein . . 19ob
Kammerbradysystolie , rhythmische, bei
Vorhofflimmern, von Kihl ...... 1950
Kammersystolo , paradoxe Verkleinerung
der, von Hering ™
Kampfer, Wirkung des, bei bakterieller
Infektion, von Boehnke 1046, neue Ge¬
sichtspunkte für die therapeutische An¬
wendung des — , von Leo 2397, von
Hötzel 2793, — als Entfieberungsmittel
bei Lungentuberkulose, von Weihrauch 2747
Kampferanwendung, intravenöse, von
Weintraud . . 16-0
Kampferlösung, Wirkung gesättigter, was-
seriger, von Leo
Kampferöl, intraperitoneale Injektion von,
bei Peritonitis, von Vignard u. Arnaud
548, _ bei Peritonitis und Douglas¬
abszess, von Blecher . 1261
Kampf spiele, deutsche .
Kanadabalsam, Ersatz des, von Edinger . 1228
Kaninchenblut, Gerinnungsfähigkeit des,
von Fischer ... 224o
Kaninchenleukozyten, Wirkungsweise der,
von Weil .
Kaninchensarkom, Implantation von, von
Happe . 1513
Kaninchensyphilis , experimentelle, von
Finkeistein 1623, — von Arzt u. Kerl
2195, Histologie der — , von Graetz u.
Delbanco . 1910
Kaninchentuberkulose, spontane, von
Rothe . • • ■ • 1396
Kanüle, einfache, zur Punktion, Injektion
und Infusion, von Lotsch . 1397
Kapillardruck, von Länderer . 2066
Karbolkampfer, von Chlumsky . 2537
Karbunkel, Behandlung der, mittels Ex¬
zision, von Levit . 265
Kardiogramm, Wert des oesophagealen, für
die Erklärung des Jugularvenenpulses,
von Weber . 2553
Kardiakarzinom , Resektion eines , von
Zaaijer . 382
Kardiolyse und Talmaoperation, von Strobel 1684
Kardiospasmus, von Stephan 1295, von
Heller 1296, — und Hypnose, von
v. Szöllösy . 2641
Kardiovaskuläre Symptome und ihre The¬
rapie, von Ehrmann . 1789
Karellkur, Wert der, zur Behandlung von
Kreislaufstörungen, von Wittich . . . 1276
Karies, zur Genese der, von Lehmann . 1859
Karlsbad wasser, der Fluorgehalt deB, von
Schwyzer . 2678
Karotidendrüse, Luschkasche, von Frugoni
487, Geschwülste der — , von Simmonds 619
Karotis, Implantation der, in die Aorta
abdom., von Jäger . 498
Kartoffeln, Verdaulichkeit der, von Hind-
hede . . • . •
Karvonensche Reaktion, Wert der, für die
Diagnose der Syphilis, von v. Veress
und Szabö . • • •
Karzinom s. a. Carcinoma, Krebs, Mäuse¬
karzinom.
Karzinom, Serodiagnostik des, nach v. Dün¬
gern, von Edzard 96, Prophylaxe der
— , von Theilhaber 97, sogenannte pri¬
märe — und primäre — des Wurm¬
fortsatzes, von Luce 145, oberfläch¬
liches — , von Zieler 163, Röntgen- und
Radiumbestrahlungen bei — , von
Freund und Kaminer 373, durch Rönt¬
genstrahlen gebessertes inoperables ,
von Döderlein 442, operationslose Be¬
handlung des — , von Theilhaber 483,
Diagnose des — innerer Organe, von
Ssemionow 663, primäre — auf dem
Boden alter tuberkul. Darmgeschwüre,
von Herzog 826, — der Flexur, von
Fränkel 831, Röntgenbehandlung bei
— des Uterus, der Mamma und der
Ovarien, von Klein 905, Röntgen- und
Mesothoriumbestrahlung bei — in weib¬
lichen Genitalien, von Bumm 1068, 1 180,
1235, 1402, von Döderlein 1296, 1403,
2865, Einfluss des Klimakteriums auf die
Entstehung der — der Genitalien, von
Theilhaber 1455, 1842, zur Röntgenbe¬
handlung des — , von Heynemann 1455,
Frühdiagnose der — des Verdauungs¬
kanales, von Schütz 1507, — der Ader¬
haut, von Arisawa 1513, Spontanheilung
von — , von Theilhaber 1566, — der
kleinen Kurvatur, von Kümmell 1573,
Bedeutung der Lues für die Entstehung
des — , von Ledermann 1732, Behand¬
lung des — mit Elektroselen, von
Zieler 1748, Radiotherapie des — , von
Döderlein 1804, Heilung von — durch
Probeauskratzung, von Stratz 1842,
ein ätiologischer Faktor bei — , von
Nowell 1851, Komplementbindungs¬
reaktion mit Liquor cerebrospinalis bei
— , von v. Düngern und Halpern 1923,
das bronchiogene — , von Lorenz 2009,
Radiumsulfat bei inoperablen — , von
Ledoux-Lebard 2262, röntgenologische
Diagnose des — der Verdauungswege,
von Haudek 2366, Einfluss des Lebens
alters auf die Entstehung des — , von
Theilhaber 2369, Nachbehandlung nach
Beseitigung von — , von Theilhaber
2369, benzoltherapeutischeVersuchebei
— , von Kirälyfi 2475, — und Radium,
von Riehl 2481, von Wertheim 2481,
von Ranzi 2480, Herzsymptom des — ,
von Gordon .
Karzinomatöse Erkrankungen, Diagnose
von, nach Abderhalden, von Wolter .
Karzinomatose des Knochensystems, von
v. Decastello .
Karzinombehandlung, kombinierte, mit Me¬
sothorium, Röntgen strahlen und intra
venösen Injektionen, von Klein . . .
Karzinombestrahlung, Technik der, von
Bumm und Voigts 1697, weitere Er¬
fahrungen über — , von Bumm . . .
Karzinomdiagnostik, serologische, von
Rosenberg . .
Karzinommäuse, therapeutische Versuche
an, und Sarkomratten, von Caan 1062,
Karzinomoperation, V erhalten der Ureteren
nach der abdominalen, von Weibel .
Kasein, der isoelektrische Punkt des, von
Ylppö .
Kaseinfrage, neuere Untersuchungen zur,
von Uffenheimer . .
Kassenärzte, s. a. Aerzte, Tarifvertrag.
Kassenärzte, Delegiertenversammlung des
Zentralverbandes der, 210, Kündigung
des Vertrags Verhältnisses von — . .
Kassenärztliche Verträge, Grundsätze für
210, 1000, besondere Forderungen der
Spezialärzte für den Abschluss der —
1913.
Seite
1693, die Reformbestrebungen ira
2192 Verein Berliner — . ... 2811
Kassenarztfrage, Regelung der, in Gross-
Berlin . 2142
1449 Kassenverhältnisse, Berliner . 2708, 2764, 2820
Kassowitz Prof. Dr. M. f . . • 1472
Kastration, Akromegalie nach, von Gold¬
stein 757, die Hypophyse nach — ,
von Rössle 952, Sterilisation und —
im Kampfe gegen das Verbrechen,
von Gerngross 2188, Einfluss der —
auf das Knochenwachstum, von Sell-
heim . 2298
Katalog der Firma P. A. Stoss Nachf. . 2319
Katalysatorenbeeinflussung, Untersuchun¬
gen mit der Weichhardtschen Methode
der, bei Geisteskranken, von Hauen¬
stein . 2700
Katapyrin . 2472
Katarakt, Beobachtungen bei einseitiger,
und Aphakie, von Scbmidt-Rimpler
151, doppelbrechende Myelino in — ,
von Hoff mann . 741
Kataraktoperationen, von Pharmakowsky 1286
Katgutfabriken, Grundsätze für Einrich¬
tung und Betrieb von . 2317
Katgutfrage, zur, von Wolff . 543
Kaudatumoren, von Bruns . 955
Kavernenchirurgie, von Baer . 206
Kaviar, Differenzierung des, von anderen
Fischrogen, von Kodama . 601
Kazwini, von Ruska . 2375
Kegelkugelhandgriff, von Schwarzwäller . 2070
Kehlkopf, neue Methode zur direkten Be¬
sichtigung des, von Katzenstein 563,
1570, der normale und kranke — im
Röntgenbild, von Thost 1515, 2241, Ap¬
parat zur Kompression des — , von
Katzenstein 1570, Komplikationen bei
Heilung nach Totalexstirpation des — ,
von Hölscher 1571, neue Methode der
Röntgendarstellung des — und der Luft¬
röhre, von Rdthi 1792, halbseitige Ex¬
stirpation des — , von Denker 2024,
lokale Behandlung der Dekubitalge-
sch wirre des — nach Intubation, von
v. Bökay . 2301
Kehlkopfbewegungen, Instrument zur Re¬
gistrierung der, von Gutzmann .... 1570
Kehlkopf endoskop, optische Verhältnisse
des, von Flatau . 209
Kehlkopfgesch Wülste, gutartige, von Wood 1793
Kehlkopfinnervation, Lokalisation der, in
der Kleinhirnrinde, von Katzenstein und
Rothmann . 208
Kehlkopfkarzinom, Diagnosedes.vonKillian 1514
Kehlkopfoperationen auf direktem Wege,
von Pollatschek . 1278
Kehlkopfspiegel, konvexe, von Geigel . . 2879
2643 Kehlkopfstenose, Exstirpation des Ary-
knorpels bei, von Iwanoff 829, fortge-
2807 setzte Intubation bei diphtherischer — ,
von Brückner . 1219
108 Kehlkopftuberkulose, elektrochemolytische
Behandlung der, von Pollatschek 1571,
Geschichte der Behandlung der — , von
2865 Menier . 2360
Kehlkopfzentrum in der Kleinhirnrinde,
von Grabower . 209
2762 Kehlsackbildung, yon Reich ...... 1747
Keilbeinhöhlenerkrankungen, Therapieder,
1166 von Spiess . ' ^!,~3
Keimprophylaxis in der Chirurgie, von
1078 Jaklin . Jl
Kephalidon .... 1°3”
2247 Keramische Industrie, Gesundheitsverhält¬
nisse der Arbeiter in der, von Leymann
2136 1394, hygienische Verhältnisse in der
— , von Hanauer . 2416
2595 Keratitis, Neosalvarsanwirkung bei, paren-
chymatosa, von Hoehl 72, lokale Be¬
handlung der — parenchymatosa mit
Neosalvarsan, von Bachstez 264, Chemo-
874 therapie der luetischen — , von v. Szily
1047, zur Kenntnis der — interstitialis,
von Clausen 1454, — punctata leprosa,
von Axenfeld 1513, — anaphylactica,
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXV
Seite
von Zade 1518, — parenchymatös:» auf
hereditär-luetischer Grundlage, von
Igersheimer 1513, luetische — paren
chymatosa, von v. Hippel .
Keratocpitheliom der Wangenschleimhaut
von Konjetzny
Keratokonus, Aetiologie und Therapie des
von Augstein . .
Keratosis, gonorrhoische, von Roark
Kernschollen, Herkunft der, bei lympha
tischer Leukämie, von Spuler und
Schittenhelm
Kettenströme, Schliessungskontakt für
von Dittler .
Keuchhusten s. a. Pertussis.
Keuchhusten, das psychogene Moment
beim, von Oberholzer 149, Therapie des
— , von Hadenfeldt 558, Behandlung
des — mit intravenösen Jodoform-
injektionen, von De war 604, Haut¬
blutungen nach — , von Schick 1180,
Komplementbindungsvorgang beim — ,
von Manicatide 1505, Pockenimpfung
bei — , von Jakowlew 1623, Vakzino-
therapie beim — , von Nicolle und
Conon 1973, Behandlung des — mit
Chineonal, von Pauli 2249, zur Behand¬
lung des — , von Hamburger 2596,
Problem des Wesens und der Behand¬
lung des — , von Ritter 2816, neue Be¬
handlungsart des — , von Ochsenius .
Keuchhustenbehandlung mitDroserin, von
Bandorf 391, von Cramer .
Keuchhustenheilserum, das, von Klimenko
Kiautschou, wie begegnet das Schutzge¬
biet, der andringenden Pestgefahr?
von Uthemann .
Kieferaktin omykose odontogenen Ur¬
sprungs, von Kantorowicz .
Kieferbrüche, Behandlung von, von Fren¬
zei 716, — und deren Behandlung, von
Hirtmüller .
Kieferhöhlenempyem, von Meinhold . .
Kieferhöhlenspülungen, üble Zufälle bei,
von Killian . . . .
Kieferpathologie, von Weski .
Kieferspalten, Behandlung der, und Hasen¬
scharten, von Kredel .
Kiefertrepanation bei dentalem Markab¬
szess .
Kieselsäurehämolyse, von Liebers ....
Kind, Kinder, die anormalen, und ihre er-'
ziehliche Behandlung, von Demoor 33,
die Gesundheitspflege des — im Eltern¬
haus, von Hochsinger 710, Tafel zur
Bestimmung von Wachstum und Er¬
nährungszustand bei — , von v. Pirquet
1046, Schicksal von kongenital-syphi¬
litischen — , von Weide 1617, Weiter¬
entwicklung frühgeborener — , von
Wall 1728, die Nahrungsbedürfnisse der
— , von Watson 1735, das — in Brauch
und Sitte der Völker, von Ploss-Renz
1949, die Rechtsstellung des unehe¬
lichen — nach deutschem Recht, von
Landsberg 2199, von Köhler 2199, Be¬
handlung von — in Sanatorien, von
Spiegelberg 2704, idiopathisch stumme
— , von Fröschels 2704, Fazialisphä-
nomen bei stotternden — ,
Kinderarbeit vom sanitären
nischen Standpunkt, von
Kinderdiarrhöe, Behandlung
des Bac. lactis bulgaricus,
1513
2588
1453
486
880
2129
2871
2805
1286
1345
IS38
1227
1460
1572
778
317
1682
1729
von Fremel
und hygie-
Rambousek
der, mittels
von Clock
Kinderfürsorge, städtisches Wohlfahrtsamt
für, in Berlin 321, — für stammelnde
und stotternde Kinder, von Mangold .
Kindergehirne mit ausgedehnten Erwei¬
chungsprozessen der Rinde, von Wohl¬
will .
Kinderheilkunde, Südvvestdeutsche und
Niederrheinisch- Westfalische Vereini¬
gung für, 623, Lehrbuch der — , von
Feer, Finkeistein, Ibrahim, Meyer, Moro,
v. Pirquet, v. Pfaundler, Thiemich u.
Tobler .
Kinderheilstätten in Sol- und Seebädern,
von Vollmer. .
2704
2417
2591
2855
2485
1043
943
Kinderkrankheiten während des Schul¬
lebens, von ßaginsky 883, Behandlung
der — , von Neumann .
Kinderlähmung s. a. Heine -Medinsche
Krankheit, Poliomyelitis.
Kinderlähmung, Möglichkeit einer Ueber-
tragung der, durch tote Gegenstände
und durch Fliegen, von Josefson 69,
die Aetiologie der — , von Kling 149,
dieEpidemiologie der sogen. spinalen — ,
von Müller 322, die Symptomatologie
des Frühstadiums der epidemischen — ,
von Müder 323, Quadrizepsplastik bei
spinaler — , von Kekstein 331, Art der
Verbreitung der epidemischen — , von
Kling, Wernstedt und Pettersson 542,
Sammelforschung über das Vorkommen
der — in Bayern 567, 1 126, Länge der
Inkubationszeit bei der akuten — , von
Schong 661, Wesen, Verhütung und Be¬
kämpfung der akuten spinalen — , von
Abesser 772, Aetiologie der spinalen
— , von Bruno 1995, Vorkommen der
spinalen — in Oberösterreich, von
Stiefler .
Kindermehle, mykologische Untersuchung
der, von Kühl .
Kindermilchbereitung, von Backhaus . .
Kinderschutz in Spanien, von Suarez de
Mendoza323,— in europäischenStaaten,
von Keller u. Klumker .
Kindersterblichkeit, Diskussion über die,
in den vier ersten Lebenswochen . .
Kindertyphus, Komplikation des, von
Samelson .
Kindesalter, Handbuch der allgemeinen
Pathologie und der pathologischen
Anatomie des, von Brüning u. Schwalbe
365,
Kinnfistel, Diagnose u. Therapie der, von
Schottländer . .
Kinnscharten, angeborene, u. Kinnfurchen,
von Günther .
Kippstuhl zur hohen extraduralen Anästhe¬
sie, von Schlimpert . .
Kissinger Sprudel, der neue, u. seine Be¬
deutung für Herz- und Gefässkrank-
heiten, von Leusser 754, Indikationen
des — , von v. Dapper-Saalfels u. Jür-
gensen .
Kläranlage für Schmutzwässer, von Spaet
Klangkurvenaufnahmen, Zeitmessung bei,
von Katzenstein .
Klangverhältnisse in der Nase beim Spre¬
chen und Singen, von Fröschels . .
Klauenkohlfuss, von Bibergeil .
Klavikularluxationen, Behandlung der, von
Meyer .
Klebrobinde, von v. Heuss 1232, ambulante
Behandlung des varikösen Symptomen-
komplexes, insbesondere des Unter¬
schenkelgeschwüres mit der — , von
v. Heuss .
Klebs Prof. Dr. f .
Kleesalzvergiftung, von Puppe . ...
Kleidoplastik aus der Spina scapulae,
von Molineus .
Kleinhirn, traumatische Läsion des, von
Berger 784, — und Statotonus, von
Edinger .
Kleinhirnaffektion, von Goldstein ....
Kleinhirnbrücken winkeltumoren, Chirurgie
der, von Marx .
Kleinhirnerkrankungen, die sog. äussere
Körnerschicht in akquirierten, von
Böriel .
Kleinhirngeschwülste, Operationen von,
von Oppenheim u. Borchardt ....
Kleinhirnfragen, von Edinger . .
Kleinhirnhemisphären, Lokalisation in
der Rinde der, von Barany .
Kleinhirnlokalisation, zur, von Rothmann
Kleinhirntumor, von Krause .
Kleinhirnzysten, doppelseitige, von Auer¬
bach u. Grossmann ........
Kleisterverbände bei Ulcus varicosum, von
Wertheimber .
Klima s. u. Hochgebirgsklima, Höhenklima.
Seite
2470
2479
959
1681
1895
2021
2011
1612
92
1280
259
808
1470 J
1571 |
208
731
204
2172
2496
840
712
2244
2864
1563
2012
2535
489
97
483
1576
200
1490
Klima, veränderte Bewertung des deutschen
See- und Küsten-, von Röchling 948,
Einfluss des — auf das weibliche Ge¬
schlechtsleben, von Steiger .
Klimatische Kuren, Wert der, für Berufs
Sänger und Sprecher, von Bockhorn
Klimatologische u. klimatotherapeutische
Fragen, von Schröder .
Klimatotherapie im Kindesalter, von
Hecker . .
Klinik, psychiatrische, in Baltimore 1183
Satzungen der orthopädischen — in
München .
Klinikerschaft, Berliner 223, 8. Verbands
tag der Deutschen — .
Klinizistenstreik s. u. Ausländer.
Klinizistenstreik, Hallenser .
Klitoris, Melanosarkome der, von Vogt
Kloake, persistierende wahre, von Martius
Klumpfuss, operative Behandlung des
angeborenen, von Bülow-Hansen 551,
operative Behandlung des — , von
Wilms 1283, blutige Behandlung
schwerer — , von Haas 1683, Behand¬
lung der einzelnen Formen des an¬
geborenen — , von Schultze .
Klumpfussbehandlung, modifizierter Heft¬
pliastergipsverband, von Lewy 1263,
von Sprengel 1499, über — und Platt-
fussbehandlung, von Guradze . . . .
Klumpfussverband, zur Technik des, von
Chlumsky .
Klumphand, von Spitzky .
Knickfuss, die Ursachen des, und Platt-
fusses, von Ewald .
Kniegelenk, Verletzungen derLig cruciata
des, von Pürckhauer 73, Radfahren mit
steifem — , von Harmsen 78, Behand¬
lung infizierter Verletzungen des —
mit Bierscher Stauungshyperämie, von
Ponomareff 145, Heftpflasterextension
in Semiflexion des — , von Sternmann
205, Schiene zur Streckung und Beu¬
gung des — , von Weisz 430, Behand¬
lung der inneren Verletzungen des — ,
von Vulpius 453, Verletzungen des
— , von Enderlen 1179, Zerreissung
der Ligamenta lata des — , von Süssen-
guth 1515, Pathologie des — , von
Bähr 1789, Diagnose und Behandlung
der Verletzungen des — , von Martin
1968, Verletzungen der Ligg. cruciata
des — , von Goetjes 2135, Behandlung
der Tuberkulose des — , von Eis 2585,
Exstirpation des — , von Riedl . . .
Kniegelenkkapsel, Regeneration der, nach
Totalexstirpation, von Segale ....
Kniegelenksankylosen, operative Behand¬
lung von, von Payr 144, von Silber¬
stein . .
Kniegelenksluxation, kongenitale, von
Wächter .
Kniegelenkstuberkuloee, Resultat radikal
operierter — , von May .
Kniegelenksverletzung, von Süssenguth .
Kniegelenkswunden, penetrierende, von
Müller ... .
Kniependelapparat, Fixation im, von
Mosenthal . .
Kniewunden, penetrierende, des Friedens,
von Müller . 1059,
Knight Dr. Ch. H. f .
Knochen, Drahtung von, von Groves 939,
Unterscheidung der Menschen- und
Tier — von Beniner 1280, Untersu¬
chungen an — , von Kenzeres 1281,
Veränderungen der — bei Infektions¬
krankheiten im Kindesalter, von Feher
Knochenatrophie, durch Inaktivität be¬
dingte, im Röntgenbilde, von Brandes
832, 1970, — beim Säugetier, von Pick
Knochenaufiagerungen, von Grebner
Knochenbildung in der Laparotomienarbe,
von Hannes . . 2370,
Knochenbrüche, ambulante Behandlung
der, der oberen Extremität mit Gips¬
schienen, von Lüvai 376, funktionelle
Behandlung von — , von Bum 377, am-
Seite
1903
209
2198
2762
1302
1807
110
2803
428
2369
1351
427
2596
712
2642
2586
1298
2068
1502
1515
1786
427
1292
1184
2534
1689
1576
2746
LXVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Seite
18
2861
880
bulant»Behandlung von — , von Hacken¬
bruch 1117, operative Behandlung der
— , von Lipskerow 1286, ambulante
Behandlung von — mit Gipsverhänden
u. Distrakti on sklammern , von Hacken¬
bruch 1727, 2368. Nagelstreckbehand¬
lung der — , von Petsche 1841, Stahl¬
nägel zur Behandlung komplizierter — ,
von Hey Groves . i"68
Knochenbrüchigkeit, angeborene, von
Bamberg und Huldschinsky . 1901
Knochenerkrankung, Köhlersche, von
Grashey 841, von Bles . 1941
Knochenfrakturen, Behandlung schlecht
heilender, mit Osmiumsäure, von
Bartolotti 487, Knochennaht bei — ,
von Poenaru-Caplescu . 10°1
Knochenhöhlen, Plombierung von, mit
frei transplantiertem Fett, von Krabbel 1809
Knochenkallus, Struktur des, von Zondek 94o
Knochenleitung, Verkürzung der, bei nor¬
malem Gehör, von Herzog .
Knochenmark, Anwendung der Methode
der Blutkörperchenzählung für das
Studium des, von Timofejewsky 664,
zur Chemie des — , von Beumor und
Bürger 1898, Verbreitung des roten —
im Oberschenkel, von Iledinger 2641,
chronische granulierende Entzündun¬
gen des — , von Rost . .
Knochenmarkspunktion , diagnostische,
von Spuler und Schittenhelm ....
Knochennekrose, einfache aseptische, und
Knorpelnekrose, Chondritis dissecans
und Arthritis deformans, von Ax-
hattsen . ™
Knochenoperationen, Umführungszange
oder Giglisäge bei, von König . . 1339
Knochenreflexe, diagnostische Bedeutung
der, von Bickel . ^0
Knochenregeneration , Beobachtungen ^
über, von Bier . .... 313
Knochensyphilis, von Zieler 163, — und
Gelenksyphilis, von Axhausen 2543, 2705
Knochentransplantation, von Wilms 382,
— bei tuberkulöser Spondylitis, von
Albee 1339, — ohne Periost, von We¬
therill 1852, Erörterung über — . . .
Knochentuberkulose, Behandlung der^ u.
Gelenktuberkulose, von Garre 776, 1 <86,
von MenciQe 1049, Lokalisation der
Läsionen bei der — , von Fraser 941,
Röntgenbehandlung der — und Gelonk-
tuberkulose, von Schede 1339, — und
Ge'enktuberkulose, von Vidpius 1447,
Bazillentypus bei — und Geenktuber-
kulo-en der Kinder, von Fraser 1735,
Anwendung des Röntgenlichtes bei
— , von Oppenheim 1789, Aetiolouie
der — Und Gelenktuberkulose, von
Möllers . . .
Knochentumoren thyreogener Natur, von
Kolb . .
Knochenüberpflanzung, freie, von Haas .
Knochen Wachstum, von Seilheim 1291, Be¬
einflussung des — durch phosphor¬
arme Ernährung, von Schmorl .
Knochenzyste, von Frangenheim 615, von
Engelmann 1180, Spontanfraktur des
Humerus infolge, — , von v. Khautz
1012, — des rechten Oberarms, von
Swoboda . . 1525
Knöchelbruch, Endresultat bei doppeltem,
von Molineus 314, ungewöhnliches Re¬
positionshindernis bei typischem — ,
von Wolf 868, Bruchkomplikationen bei
— , von Gröndahl . 2073
Koagulen s. u. Coagulen.
Kobragiftreaktion, Bedeutung der Calmette-
schen, für die Diagnose der Tuberku¬
lose, von Schustrow . . .
Koch, Roberts, gesammelte Werke, von
Gaffky, Pfuhl u. Schwalbe 32, — R.,
und das Spezifizitätsproblem, von Kolle
2710, Feier des 70. Geburtstages von
R. — . .
Robert Koch-Denkmal . . 223, 280, 503,
Kochbuch, diätetisches, von O. u. H. Dorn-
blüth .
1907
2194
203
1683
2475
1623
Kochers Austritt aus der Schweizerischen
Gesellschaft für Chirurgie . . . 1415,
Kocherstiftung . .
Kochkunst, Ausbildung des Pflegepersonals
in diätetischer, von Strauss u. Jacob¬
sohn . . • •
Kochsalzfieber, das sog., von Bendix u.
Bergmann 259, — bei Säuglingen, von
Jörgensen 2358, 2689, — und Wasser¬
fehler, von Freund .
Kochsalzinfusionen, Technik der, vonKuhn
Kochsalzlösung, prävesikale Einspritzung
von, von Schoute .
Kodeinpräparat, neues, von Fränkel . .
Koeffizientenlehre, die, von Hering . . .
Koeliotomie, Aseptik bei der vaginalen,
von v. Ott .
König Ludwig III . ; .
König Wilhelm - Hospiz in Kairo . . _. .
Köppel, der Fall . 2654, 2708,
Körnchen, das infektiöse, von Henry . .
Körnerkrankheit, Behandlung der schwe¬
ren, von Rau .
Körper, Variabilität des menschlichen, von
Göppert . .
Körpererziehung, militärische, von Kulka
Körperkonstitution, Bedeutung der, von
de Josselin de Jong . • • •
Körpertemperatur, normale, des Kindes,
von Fraenkel 373, Beeinflussung der —
durch Salze, von Fiiedberger und Ito
427, Einfluss physikalischer Massnah¬
men auf die — ,"v0n Fürstenberg 948,
Wirkung der Nitrite auf die — , von
Jacobj 1280, nervöse Regulierung der
— , von Döblin und Fleischmann ^ .
Körperverletzung, fahrlässige . . . 678,
Kohlehydratentziehung, Gewichtsschwan¬
kungen bei, von Carneiro .
Kohlehydratkuren s. u. Diabetes.
Kohlehydrat -Stoffwechsel, Beziehungen
anämischer Zustände zum, von Isaac
und Handrick 880, — in der Gravi¬
dität und bei Eklampsie, von Beuthin
1447, Wärmeregulation und — , von
Silberstein 1458, über — , von Elias
1630, — in der Narkose, von Opper-
mann ... • • • • • • • • •
Kohlcnoxydvergiftungen, psychische Stö¬
rungen nach, von Giese 367, Geschichte
der — , von Neuburger . . .
Kohlensäurebäder, Erklärung betr , Zeo
904, von Jungbahn und Baedeker 2208,
Kreislaufmodell für — , von Wybauer
948, Methodik der — , von Nenadovics
Kohlensäuregehalt der Luft in der Ber¬
liner Untergrundbahn, von Arnoldi 1450,
Bestimmung des — der Atmungsluft
mittels des Aeronom
2711
503
834
Seite
2915
599
2140
522
1444
146
2551
1975
2764
886
2589
214
1225
2139
2851
2288
2689
1844
2377
949
Kohlensäureschnee, Lupusbehandlungmit,
von llaslund 2357, Behandlung von
2415
2872
959
2415
Hautkrankheiten mit — , von Haslund
Kohlensäurespannung der Lungenluft, von
Frideticia . . .
Kokain als Ant'diarrhoikum, von Fuld
1183, Wirkung des — auf das Herz,
von Prus 2134, Wirkung von - auf
das Wachstum der transplantabien
Mäusetumoren, von Joannovics . .
Kokainintoxikation, Alkohol zur Verhütung
akuter, von Herzfeld .
Kokainvergiftung, von Bose .
Kola-Dultz- Tabletten . . .
Kol. hizin und seine Derivate, vonFühner
Koliinfektion, chirurgische Behandlung
der, in der Schwangerschaft, von Davis
Kolipyämie, seltener Fall von, von Hamm
Koli- Pyelitis s. u. Pyelitis.
Kolitis, zur operativen Behandlung der,
ulcerosa, von Lindenberg 90, akute
infektiöse — , von Cade219, von Hutinel
und Nobecourt 220, Febris intermittens
perennis bei — mucosa, von Conto
938, Appendikostomie bei — , von
Schmitt 1683, die chronische — , von
Doberauer .
Kollargol, von Kausch 777, — u. Hyper¬
leukozytose, von Gehm 942, intra¬
peritoneale Anwendung von — bei
2357
2358
2195
2586
1732
1840
1341
2020
292
2693
diffuser eiteriger Peritonitis, von Jelke
1828, — bei Zystitis, von Trebing 2195,
Einfluss des — auf Infektionen, von
Ssokolow . . .
Kollargolklysmen bei septischen Prozessen,
von Wolff . . .
Kollateralkreislauf, besonderer, von Rössle
Kolloidale Metalle, al ergieäunliche Er¬
scheinungen nach Einverleibung von,
von Hift . .
Kolloidaltherapie bei Masern, von Galli .
Kollumkarzinom, Anurie na> h Radikal¬
operation wegen, von Dietrich 2247,
Rückbildung der Blasenveränderungen
bei bestrahlten — , von Sigwart . .
Kolonbazillurie, Natur der, von Williams
Kolonkarzinome, von Körte .... 1292,
Kolonkrebs, der, von Cope .
Kolorimetrische Bestimmungsmethoden,
von Autenrieth und Funk . .
Kolostomie, transversale, von Mc Gavin
Kolostrum, Nährwert des, von Langstein,
Rott und Edelstein .
Kolostrumkörpeichen, Biologie der, von
Thomas .
Kolpaporrhexissub partu, vonBjörkenheim
Kommandieren, über das, von Zumsteeg
Kompensationsstörungen, eiue Methode
der Behandlung der, von Tornai . .
Komplement, Inaktivierung des, durch
Schü teln, von Ritz 38, Inaktivierung
hämolytischer — durch Erwärmen, von
Husler 38, Bedeutung des — für das
Agglutinationsphänomen, von Bayer 38,
Gehalt an — in normalen und patho¬
logischen Flüssigkeiten des Körpers,
von Mutermilch und Hertz 480, Gehalt
der Sera bei Abdominaltyphus und
Pneumonie an hämolytischen — , von
Ssyrensky 665, die Leukozyten die
Quelle der — , von Lippmann u. Plesch
1784, Konservierung des — , von Grigo-
rowicz 2424, von Silber . . . ■ -
Komplementablenkungsreaktion, Serodia¬
gnostik der Gescnwülste mittelst, von
Halpern . .
Komplementablenkungsversuch, Verwen¬
dung von aktivem und inaktivem
Serum bei dem, von Hesse ....
Komplementbindung bei Bazillenträgcr-
kaninchen, von Aoki . ....
Komplementbindungsprobe bei der Dia¬
gnose der Gonokokkeninfektion des
Uroirenitaltraktes, von Schwarz und
McNeil .
Komplementbindungsreaktionen, Erzeu¬
gung von, durch Zusatz von chemi¬
schen Substanzen, von Rominger 859,
— bei angeborenem Schwachsinn und
anderen degenerativen Zuständen des
Zentralnervensystems, von Froesch 911,
— mit Liquor cerebrospinalis bei Kar¬
zinom, von v. Düngern und Halpern
1923, — bei gonorrhoischen Erkran¬
kungen, von Romanow 2424, — bei
Scharlach, von Isabolinsky u. Legeiko
Komplementfixationsprobe, Wert der, bei
der Tuberkulose, von Dudgeon, Meck
und Weir .
Komplementwirkung und Katalyse, von
Liefmatm .
Kompressionsmyelitis, von Berblinger . .
Kondensatormaschinen, mehrplattige, von
Wommelsdorf .
Kondensatortherapie, Stand der, von Za-
nietowski .
Konflikt zwischen Aerzten und Kranken¬
kassen . 2599, 2655, 2710, 2766, 2871,
Kongo, vom, zum Niger und Nil, von Adolf
Friedrich Herzog zu Mecklenburg . .
Kongresse s. Teil VI.
Kongress, II. internat., für Rettungswesen
und Unfallverhütung 111, internat. —
zur Bekämpfung von Verfälschungen
von Nahrungsmitteln 111, 12. — der
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
224, 12. — der Deutschen Gesellschaft
für orthopädische Chirurgie 224, 4. inter¬
nationaler — für Physiotherapie 336,
2809
1167
158
1731
1168
2688
887
1458
604
1243
2642
1505
2136
599
209
1114
2424
914
939
2801
486
2810
1953
1614
50
949
951
2927
541
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXVÜ
1^13.
Seite
778, 9. — Amerikanischer Aerzte und
Chirurgen 230, — der Deutschen der¬
matologischen Gesellschaft 83R, 1695,
1. deutscher — für alkoholfreie Jugend¬
erziehung 336, 567, 9. — der Deutschen
Röntgengesellschaft 391, internat. medi¬
zinischer — zu London 447, 499, 1239,
1751, 1866, 1863, 10. internat. Woh-
nungs- — 447, 9. internat. — für Phar¬
mazie 425, 30. Deutscher — für innere
Medizin 504, 4. ital. — für die Arbeits¬
krankheiten in Rom 553, 567, 3. inter¬
nationaler — für Neurologie und Psy¬
chiatrie 623, 1239, 4. internat. — für
Schulhygiene 680, 1. ital. — für medi¬
zinische Radiologie 846, 2095, 2439,
23. — der Irrenärzte und Neurologen
Frankreichs 960, — für Sportsphysio¬
logie und Sportspsychologie 960, —
für Hydrologie, Klimatologie und Geo
logie 1015, 1471, 4. — der Internat.
Gesellschaft für Chirurgie 1303, 27.
französischer — für Chirurgie 1527,
4. deutscher — für Säuglingsschutz
1639, 2030, — des Internat. Vereins für
medizinische Psychologie und Psycho¬
therapie 1807, 3. — der Tutmonda
Esperanto Kuracisto Asocio 1975, 14.
internat. — gegen den Alkohol 1975,
— der Deutschen Gesellschaft für Uro¬
logie 2030, 2095, 31. Deutscher — für
innere Medizin 2600, 2656, 23. — der
Italienischen Gesellschaft für innere
Medizin 2711, 35. Baineologen- — 2767,
5. — für die Fürsorge der Geistes¬
kranken . 2767
Kongresswesen, Vereinfachung des Deut¬
schen . 959
Konjunktivaabstriche, Mikrophotos von,
von Schüffner . 328
Konjunkti valsack, die Wiederherstellung
des, von Stanculeanu und Jianu . . . 2304
Konjunktivitis s. u. Chlamydozoenbe-
funde.
Konjunktivitis, Pathologie und Therapie
der, von Kraus . 1629
Konkremente, Symptomatologie und The¬
rapie der im Harnleiter sitzenden, von
Pascual . 2132
Konservenspargel, Vergiftungserscheinun¬
gen durch Zinn nach dem Genuss von,
von Friedmann . 1902
Konstante, Natur der physikalischen, in
der Toxikologie, von Davis . 1734
Konstitution und Krankheit, von Hart 2297,
hypoplastische — , von v. Bermann . 2704
Konstitutionskrankheiten, asthenische, und
Diabetes mellitus, von Graul . . . .1167
Kontraktur, operative Behandlung der
ischämischen, von Horwitz 1162, hy¬
sterische — nach einem Unfall, von
Harttung 1163, Dupuytrensche — , von
Krecke2091, Behandlung von — mittelst
Thermopenetration, von Lichtenstein
2369, phylogenetische Auffassung der
spastischen — , von Hasebroek . . 2535
Kontraluesin 1839, Behandlung der Sy¬
philis mit — , von Klausner . 62
Konvulsionen, Heilung epileptiformer
durch Wurmkur, von Müller . 215
Kopaivabalsam, Exantheme nach, von
Portner ... • . 1284
Kopenhagen, 50jähr. Jubiläum des Kom¬
munehospitals in . 2263
Kopfform und Geburtsmechanismus, von
Müller . 162, 2638
Kopfgeschwulst, Bedeutung der, als Zeichen
der vitalen Reaktion, von Ziemke . . . 1281
Kopfschmerz, manuelle Behandlung des,
von Wiszwianski 948, Nasenoperationen
zur Beseitigung von — , von Fröse 1167,
diagnostische Schwierigkeiten der — ,
von Schottmüller 1460, — bei herab¬
gesetztem intrazerebralem Druck, von
Wladyczko . 2421
Kopfsuspension, Vorrichtung zur, von
Chlumsky . 427
Kopfverletzungen, Behandlung der durch
Kleingeschosse, verursachten, von ßillet 2918
111
880
2139
1625
Seite
Kopp, zum Heimgange, von Ploeger . . 193
v. Koränyi Prof. Dr. F. f . 1184
Kordaleninjektionen, Erfahrungen mit,
von Koebbel . 2301
Koronargefässe, Wirkung verschiedener
Arzneimittel auf die, von Meyer . . . 2190
Kornea, Tuberkulose der, von v. Hippel
1513, die Areflexie der — , von Wolff 2587
Koronarkreislauf, von Morawitz und Zahn
1054,2190, Adrenalinwirkung auf den — ,
von Meyer . • . H60
Korrespondenz 224, 392, 448, 568, 624, 736,
792, 847, 903, 960, 1016, 1127, 1184,
1240, 1304, 1416, 1472, 1640, 1696, 1752,
1808, 1919, 1976, 2031, 2096, 2152, 2208,
2264, 2320, 2440, 2496, 2711, 2767, 2872, 2928
j Korrespondenzblatt s. a. Journalliteratur,
Teil IV.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte
Kosmetik, Lehrbuch der, von Jessner 366,
praktische — , von Eichhoff .
Kosmetische Operationen, von Eitner
Kosmos, Unfall- und Haftpflichtversiche¬
rungsanstalt in Wien .
Kotbrechen bei gastrischen Krisen, von
Oczesalski . 2804
Koxalgische Attacko im Kindesalter, von
v. Friedländer . 1451
Koxitisbehandlung, Endresultate der kon¬
servativen, von v. Aberle . 2369
Koxitische Erscheinungen durch eine
Nadel, von Hirsch . . 1298
Krämpfe, hysterische, von v. Strümpell
271, psyehaleptische — , von v. Pfaund¬
ler 275, tonische — , von Nobel 564,
Magnesiumsulfatbohandlung der spas-
mophilen — , von Berend 2372, iso¬
lierte — im Gebiet des Ram. desc. N.
hypoglossi, von Hess . 2378
Krätze, Behandlung der, mit Xylol, von
Missikow . 1624
Kräuter, Liebersche . 1840
Kraftfahrräder der Sanitätskompagnien
und Feldlazarette, von Hufnagel . . . 1170
Kraftfahrtruppen im Felde . 2073
Kraftfahrervereinigung Deutscher Aerzte 1072
Krampfadergeschwüre, neu aufbrechende,
als unmittelbare Unfallfolge, von Franc.k 2645
Krampfadern, chirurgische Behandlung
der, von v. Tappeiner . 2599
Krampfformen, differentialdiagnostische
Abgrenzung einiger, durch das Blutbild,
von Jödicke . 1085
Krampfprädisposition, Erhöhung der, von
Kastan . 1565
Kraniotomie, neue Methode der dekom-
pressiven, von Stoppato . 1502
Kranke, experimentelle Eingriffe an . . . 210
Krankenanstalten, Haftung der Gemeinden
für Verschulden der Aerzte und des
Pflegepersonals ihrer . 874
Krankenhäuser s. a. Ilonorarregelung.
Krankenhaus, Krankenhäuser, private
Unterstützung der, in Italien 552, neue
— in Strassburg 719, Vorschläge zur
Gründung eines — mit freier Arztwahl
in München, von Rommel 733, Begriff
des „öffentlichen“ — 2290, das neue
Allgemeine — Barmbeck 2540, lOOjähr.
Jubiläum des Münchener Städtischen —
2551, Reform der römischen — . . 2648
Krankenhausärzte, 1. Hauptversammlung
der Vereinigung der, 566, 735, Gehalts¬
erhöhung der — in Dresden .... 2495
Krankenhausapotheken, Konferenz der . 425
Krankenhausarzt und Privatklinikbesitzer¬
frage . 2879, 2883
Krankenhausfrage, Kölner, von Lammers 1913
Krankenhauswresen, Sonderausstellung für,
auf der Internat. Baufacbausstellung in
Leipzig . . 1973
Krankenkassen s. a. Aerzte, Aerztekammern
(Verhandlungen der bayer.), Ortskran¬
kenkassen, Kassenarztfrage, Kassen¬
ärzte, Betriebskrankenkassen verband,
Reichs versichern ngsordn un g, V ortrags-
kommission, Musterverträge.
Krankenkassen, Grundsätze für V'erträge
mit, in der Schweiz 1346, Einigung
Sei te
zwischen — und Aerzten in Bayern
1639, von Scholl 1666, von Heilmeier
2152, die Gegenerklärung der — 2493,
Vereinbarungen der Berliner Kassen¬
ärzte mit den — 2493, Anschrciben des
Verbandes Düsseldorfer — an einzelne
Aerzte ... 2811
Krankenkassenmitglieder, klinische spe¬
zialärztliche Behandlung der, in Berlin 667
Krankenkassenstatistik, von Rambousek 1895
Krankenkassen Verhältnisse, Verschiebun¬
gen in der Berliner 1509, 2708, 2764, 2820
Krankenpflegelehrbuch . H27
Krankenpfleger, mehrl von Merkel . . . 1044
Krankenpflegerinnen, Lage der . 389
Krankenpflegeschule in Dresden 1015, —
in Wien . 2095
Krankenpflegewoson, Reform des Berliner
1509, Zentralstelle für — für Gross-
Berlin . 2319
Krankenversicherung, Nachschlagebuch
zur, von Wiedomann 367, zur Einfüh¬
rung der neuen — Warnung 736, 847,
die — in Bayern . 2710
Kranken- und Unfallversicherungsgesetz,
Durchführung des, in der Schweiz . . 152
Krankenwagen, Fortschaffung von . . . 2753
Krankheit und soziale Lage, von Mosse
und Tugondreich 425, 1837, Taschen¬
buch zur Untersuchung nervöser und
psychischer — , von Cimbal 1104, Lehr¬
buch der klinischen Diagnostik innerer
— , von Krause 1389, traumatische Ent¬
stehung innerer — , von Stern 1559,
alimentäre — , von Saltykow 2014, ana¬
tomische Grundlagen wichtiger — , von
Jores 2064, präkanzeröse — , von v. Han¬
semann 2297, Konstitution und — ,von
Hart 2297, spezielle Pathologie und
Therapie innerer — , von Krauß und
Brugsch 2352, die acht ansteckenden —
• einer Basler Ratsverorordnung vom
Jahre 1350, von Sudhoff 2377, alimen¬
täre — der Versuchstiere, von Salty¬
kow . 2418
Krankheitsbilder, die wichtigsten, der in¬
neren Medizin in Statusform, von
Engelen . 499
Krankheitszeichen und ihre Auslegung,
von Mackenzie . 1948
Krankheitszustände, Pathologie undThera-
pie der plötzlich das Leben gefährden¬
den — , von Lenzmann . 1613
Kraurosis und Kankroid, von Teuffel . . 1678
Kreatin- und Kreatininausscheidung bei
Diabetikern, von Bürger und Machwitz 2853
Krebs s. a. Cancer, Karzinom, Tierkrebs.
Krebs, Elektrokoagulation bei, von Abel
275, Beeinflussbarkeit tiefliegender —
durch strahlende Energie, von Aschoff,
Krönig und Gauss 337, Kombination
von — und Tuberkulose in metastatisch
erkrankten Drüsen, von Krische 428,
neues Heilmittel gegen — , von Comite
487, Czerny über Entstehung und Be¬
handlung des — in der Urania in Berlin
734, lokale Häufigkeit des — in Nairn-
shire, von Green 941, Behandlung des
operablen — mit Fulguration, von De
Keating-Hart 950, Selbstheilungsvor¬
gänge in — , von Schiissler 952, Sero¬
diagnose des — , von Isabolinsky und
Dychno 998, künstliche Erzeugung von
— , von v. Hansemann 1068, Silicium
und Arsen bei der Behandlung des — ,
von Vörner 1120, primärer — in Jeju¬
num und Ueum, von Carlsson 1170,
operatiouslose Behandlung des — , von
Krönig und Gauss 1403, Behandlung
des — mit Röntgenlicht und Mesotho¬
rium, von Krönig und Gauss 1507, An¬
wendung der physikalisch-chemischen
Behandlung des — , von Caspary 1907,
Aetiologie des — , von Fibiger 1908,
Behandlung des — mit Mesothorium,
von Pinkuss 2072, chemisch-physika¬
lische Behandlungsmethoden des —
im Samariterhaus, von Werner 2100,
Radiumbehandlung des — , von Latzko
5*
LXVIII
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
2920
2644
1858
1956
2710
Seite
und Schüller 2195, Referate über — ,
von Bashford 2259, von Freund 2260,
— und Infektion, von Schmidt 2863,
Kadiumtherapie des — , von Latzko
2370, Vakzinationstherapie des — , von
Rinkuss und lvluninger . 2419
Krebsbehandlung, Diskussion über nicht¬
operative . . . 1/97
Krebsbehandlungsmethode, die, Dr.Zellers,
von Schick . 97
Krebschirurgie durch Fulguration, von
Juge . •
Krebsdiagnose, die Reaktion des Blut¬
serums als Hilfsmittel zur, von Stur¬
rock . .
Krebsforschung, 3. internat. Konferenz für
846, 959, 13j9, 1471, 1639, 19u7, Badi¬
sches Landeskomitee für — 1797, die
Scbmidtsche — .
Krebsgeschwülste, Vorkommen von, in
tropischen Ländern, von Löhlein . .
Krebsgesellschaft, Jahresversammlung der
k. k . . . •
Krebskranke, kolloidaler Stickstoff im
Harn von, von Rosowa 997, Störungen
im Eiweissstoff Wechsel von — , von öaxl
1236, chemotherapeutische Versuche
an — mittels Selenjodmethylenblau,
von Braunstein 1398, diagnostische
Bedeutung des erhöhten Gehaltes an
neutralem Schwefel im Harn bei — , von
Alexejew 1622, Retention der Chloride
bei — , von Kobin 1750, Fürsorge für
die — , von Blumenthal 19üy, Fliege
der — , von Meyer . 1909
Krebskrankheit, Bekämpfung der 279,
Ausschuss zur Erforschung u. Bekämp¬
fung der — o67, Krebsspital und In¬
stitut zur Bekämpfung der — in Wien
1171, Statistik der — , von Rosenthal
1908, Zahl der an — Gestorbenen in
Freussen 2496, Unfall und — , von
Löwenstein . 2645
Kreisarztprüfung in Freussen . 1752
Kreislauf und Lunge, von Stähelin 1390,
Fhysiologie des — , von Kothberger
1672, operative Herstellung eines neuen
— durch die Leber, von Weber . . 2190
Kreislaufdiagnostik, Untersuchungen über,
mit dem Energometer, von liapke . 1473
Kreisläufe! krankungen, Untersuchungs-
methoden bei, von Hirschfelder . . . 2077
Kreislaufstörungen, Balneotherapie der,
von Müller 893, Diättherapie der — ,
von Vaquez 893, Kinesitherapie der
— , von Zander 893, kliniseh-balneo-
logische Therapie der — , von Lewin-
sohn 947, Balneotherapie der — im
Kohlensaurestahibad und im Solbad,
von Krone 947, Fhlebostase bei — ,
von Lihenstein 948, Wert der Karell-
kur zur Behandlung von — , von Wit-
tich . 1276
Kreislaufstudien, von Ribbert . ... 2418
Krematorium in Augsburg . 1302
Kretinismus, sporadischer, bei Geschwis¬
tern, von (John 106, gegen die VVasser-
ätiologie des — , von Kutschera 393,
Myxoedem und — , von Wagner v. Jau-
regg 1159, Bekämpfung des — , von v.
Kutschera 2375, typisch. — , vonKeilner 2545
Kresolseife, desinfizierende Wirkung der,
von Waterstradt . 1958
Krieg s. a. geistige Erkrankungen, Balkan¬
krieg.
Krieg, sanitäre Vorbereitungen für einen,
von Hochenegg 2073, Seucheugefahr
im — , von Landgraf . 2301
Kriegsbereitschaft, die sanitäre, der öster¬
reichischen Monarchie . 446
Kriegschirurgie, die, im Balkankriege 1693,
moderne — , von Subbotitsch 1694, die
— als physiologische Chirurgie, von
Klapp ..... 1694
Kriegschirurgische Betrachtungen aus Kon¬
stantinopel, von Klemens . . ... . 2652
Kriegschirurgische Eindrücke u. Beobach¬
tungen vom Balkankrieg, von Fraenkel 331
Seite
s. a. Re-
1058
2497
609
928
1302
1957
2247
Kriegschirurgische Erfahrungen
servelazarett.
Kriegschirurgische Erfahrungen, von Exner
275, von Heyrovsky 276, von Breitner
675, von Clanmont 939, — im Deutschen
Roten Kreuz-Lazarett in Belgrad, von
Mühsam 773, — im letzten Balkankrieg,
von Fucher 787, — über Aneurysmen,
von v. Frisch .
Kriegschirurgische Verletzungen, Behand¬
lung der, im Balkankrieg, ,von Herhold 2249
Kriegserlahrungen, von Frank . 1056
Kriegslazarette, aus den griechischen, zu
Saloniki und Athen am Ausgang des
zweiten Balkankrieges, von Friedrich
Kriegssanitätsdienst und Ausrüstung, von
Scumiedicke .
Kriegsschauplatz, vom türkisch-bulgarisch.
109, vom — in Montenegro, von v. Dü¬
ring . .
Kriegsseuchen, internationale Hilfe gegen,
320,
Kriegsverletzungen, wichtige, von Coenen
831, — während des japanisch russisch.
Krieges . •
Kristalle, flüssige, im tierischen Organis¬
mus, von Ghalatow .
Kropf s. a Struma.
Kropf, beiderseitige Resektion oder ein¬
seitige Exstirpation des, von Tietze
206, gegen die Wasseraetiologie des
— und des Kretinismus, von Kut¬
schera 393, 899, geographische Ver¬
breitung des — in Baden, von Mer-
ckens 551, organabbauende Fermente
im Serum bei endemischem — , von
Bauer 939, Blutgerinnung bei ende¬
mischem — , von Bauer 1001, Röntgen¬
strahlen bei mtraihorakalem — , von
Crotti 1224, vier — , von Ries 1522,
Aetiologie des endemischen — , von
Bircher 1559, Studien über den ende¬
mischen — , von Dieterle, Hirschfeld
und Klingel' 1813, 2916, von Hirsch¬
feld und Klinger 1814, von Bircher
1976, die Vakzine theiapie des — ,
von Gereda 1904, Aetiologie des en¬
demischen — , von McCarrison 1953,
— und Meersalz, von Taussig . . .
Kropfendemie und Radioaktivität, von
Hesse ....... . 1336
Kropferzeugung, künstliche, von Blauel
und Reich . 882
Kropfextrakt, intravenöse Injektionen von,
von Blackford und Sanford . 2592
Kropfherz, Röntgenbefunde bei, von Bauer
und Heim 881, Entstehung des mecha¬
nischen — , von Strobel . 1008
Kropfoperation, Funktionsstörungen der
Nachbarorgane nach, von Famperl . . 2744
Kruralisneuralgie, latente Form von, und
ihre diagnostische Bedeutung, von
Lapinsky . 2422
Krychka Dr. A. J. f . 113
Kubitaldrüsenschweilungen, von Götzky 1279
Küche, die elektrische, von Sternfeld 712,
von Disquö . ... 1501
Kuhmilch, Reaktion zur Unterscheidung
von, und Frauenmilch, von Bauer 659,
die kaseiu - fettangereicherte — als
Dauer- und Heilnahrung, von Heim
und John 1045, Ausnutzung von Voll¬
milch und kaseinangereicherter — , von
Frank . • .
Kuhmilchidiosynkrasie bei Säuglingen,
von .Neuhaus und Schaub .
Kukullarisdefekt, Faszienplastik bei kon¬
genitalem, von Gramer ....... 1163
Kultur, die, der Gegenwart, von Henne¬
berg . 2850
Kumysbehandlung bei Tuberkulösen, von
Giinczikow . 1287
Kunst, die, Monatshefte für freie und
angewandte Kunst . 2152
Kunstfehler, Haftung des Arztes für einen 873
Kunstgeburten, Stellung der verschie¬
denen, von v. d. Hoeven . 1447
Kunstgesang und Wissenschaft, von Barth 209
2481
Seite
Kupfermünze s. u. signe du sou.
Kurort s. a. Frauenkurort.
Kurorte, Diät in, von Strauss, Pariser und
Linossier 947, chemische Nahrungs¬
mittelvergiftungen in — , von Schrumpf
947, vergleichende Klimatik der — ,
von Frankenhäuser 948, Ptomain-
vergiftungen an — , von Schrumpf . 2473
Kurpfuscher, Verurteilung des, Bauer 623,
Verurteilung eines — . 846
Kurpfuschertum, Bitte der Deutschen Ge¬
sellschaft zur Bekämpfung des, . _ . 1240
Kurse über Geburtshilfe und Gynäkologie
in München . 891
Kurzsichtigkeit, Entstehung der, von
Levinsohn . . . 1512
Kutanreaktion s. a. Pirquetsche Reaktion.
Kutanreaktion bei der Lues, von Fischer
und Klausner 107, 149, v. Pirquetsche
— im Dienste der Schwindsuchtspro¬
phylaxe, von Büttner- W« -bst 133, dia¬
gnostischer Wert der quantitativen — ,
von Ostenfeld und Permin 550, Be¬
einflussung der v. Pirquetschen — durch
das serum Tuberkulöser, von Petrowa
997, Veränderungen der v. Pirquetschen
— bei Tuberkulösen unter Kumys¬
behandlung, von Giinczikow 1287, —
auf tertiäre Syphilis von Klausner 1399,
— nach Pirquet bei gesunder und
erkrankter Haut, von Oppenheim und
Wechsler . . • • 2918
Kutireaktion, quantitative, von Morland
887, üie — bei Gonorrhöe, vonDmitrijew
1623, — von Noguchi bei Syphilis,
von Faginoli und Fisichella 2248, die
— bei Syphilis, von Citron 2541, zur
— bei Lues, von Müller und Stein 2691, 2918
Kutner Prof. Dr. f . 2317, 2320
Kyger, Prof. Dr. J. W. f . 1360
Kysiophotographie, Lehrbuch der, von
Fromme und Ringleb . . 1501
2071
1505
Lab, Wesenseinheit von, und Pepsin, von
Rütimeyer . 146
Laboraturiumshilfsbuch, medizinisch-che¬
misches, von Fincussohn . 1160
Labyrinth, artifizielle, postmortale und
agonale Beeinflussung der histolo¬
gischen Befunde im membranösen, von
Witimaack und Laurowitsch 774, Ex¬
stirpation des vestibulären — , von
Richter 775, Trepanation des — , von
Botey 1225, Spätmeningitis nach Bruch
des — , von Klestadt 1569, Heilungs¬
vorgänge im entzündlich erkrankten — ,
von Herzog 1569, Beziehungen entzünd¬
licher Vorgänge im — zur Degeneration
in den Nervenendapparaten, von Zange
1569, zur Kenntnis des häutigen — ,
von Benjamins . . • • 2140
Labyrmthäre Interferenz, von Brünings . 1568
Labyrintheiterung, von Wassermann . 899
Labyrinthentzündung, tympanogene, von
Zange . ...... 1569
Labyrintherkrankung, Histologie der tuber¬
kulösen, von Ruttin . 1568
Labyrinthfistel, von Hofer . 1569
Labyrinthinfektionen bei Mittelohrent¬
zündung, von Zange . 1569
Lachapelle Prof. Dr. S. f
Lachgas und Sauerstoff als Anästheti-
kum, von Guy und Ross . . . . .
Lachgas-Sauerstoffnarkose, von Zweifel .
Lähmung s. a. Stoffelsche Operation.
Lähmung, isolierte traumatische, des N.
suprascapularis, von Behrend 429, die
spastischen — der Kinder und ihre
Behandlung, von ßiesalski 434, — durch
eine Hg-lnjektion, von Böttiger 436,
chirurgische Behandlung der spa¬
stischen — der Oberextremität, von
Menciöre 548, ein- und gleichzeitige
der Vagus-, Akzessorius-, Glossopharyn-
gensgruppe, von Siebenmann 774, spon-
1640
942
2308
1913.
LXIX
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
dylitische — , von Bade 780, Behand¬
lung der spastischen — , von Stoffel 780,
spastische — bei intakter Pyramiden¬
bahn, von Spielmeyer 956, postnar¬
kotische — , von Königer 1011, —
des Armes, von Katzenstein 1068,
Muskelgriippenisolierung zur Beseiti¬
gung spastischer — , von Allison 1339,
Stoffelsche Operation bei spastischer
— , von Hohmann 1369, Behandlung
der spondylitischen — , von Bade 1432,
Uebungsbehandlung bei — , von Ale¬
xander 1502, spätrachitische — , von
Offmann 1512, operative — des M. trian-
gularis, von Walzberg 1563, von Manasse
1950, das phylogenetische Moment in der
spastischen — , von Förster 1566, ge¬
neralisierte, postdiphtheritische — , von
Dunker 1842, Pathogenese und Klinik
der zerebralen postdiphtherischen — ,
von Dynkin 1901, Behandlung der spa¬
stischen — , von Hohmann 2091, Here-
dodegeneration und postdiphtherische
— , von Benedict 2137, Behandlung
der postdiphtheritischen — , von Chais
2423, schlaffe — aller Extremitäten und
des Rumpfes, von Infeld 2488, isolierte
— des M. glutaeus med. et min. nach
Unfall, von Erfurth 265, isolierte — des
N. axillaris, von Onrschmann .... 2864
Lähmungstypus bei Rinderherden, von
Reich . . . 2136
Längenwachstum, abnormes, von Mohr . 610
Längsschnitt, der ulnare, von v. Saar und
Schwamberger 1504, — oder Quer¬
schnitt, von Hellendall . 1505
Lävulosurie, spontane, in der Schwanger¬
schaft, von Gräfenberg 1349, — bei
Trypanosomiasis, von Schern und Ci-
tron 1620, alimentäre — bei chroni¬
schen Nephritiden, von Franke . . . 1682
Lagerungsvorrichtung, freistehende, Sy¬
stem Sichlinger . . 2753
Laktation der Frau, von Risel 673, Phy¬
siologie der — , von Bamberg .... 1219
Laminariadilatation , tödliche Peritonitis
nach, von Hüssy . 922
Lampe, neue, zur Diaphanoskopie und
Endoskopie, von Reuter . 1548
Landärzte, Kampf der niederösterreichi¬
schen, mitden Krankenkassenleitungen 2250
Landerziehungsheime, Bedeutung der, von
Lietz 1632, von Sexauer . . . . 1632
Landesgewerbearzt, Tätigkeit des bayeri¬
schen . 1891
Landesverband, bayerischer, zur Bekämp¬
fung der Tuberkulose . 846
Landgraf Wilhelm von Hessen, die Er¬
krankung des, von Schelenz .... 2482
Landheim Eberstadt für Unfallverletzte
und Invalide . 2319
Landkartenzunge, von Groos . 2360
Landkolonien für Unfallverletzte und In¬
valide, von Rigler . 657
Landschafter, Erfahrungen eines alten,
von Mentor . 1275
Langenbeck-Virchow-Haus, Bau des . . 2594
Langerhanssche Inseln, Bau und Funk¬
tion der, von Grinew 1286 , — des
Pankreas, von Else . 1682
Lautschner Prof. Dr. f . ...... 224
Laparoskopie, von Renon 2078, — Thora¬
koskopie, von Jacobaeus ... 711, 2078
Laparotomie, Verwendung des Luffa¬
schwammes bei der, von Thies 259,
Vorbeugung postoperativer Peritonitis
bei verschmutzten — , von v. Herff 259,
subkutanes Emphysem nach — , von
Gergö 936, neues Rahmenspekulum
für — , von Kautt und Brenner 1448,
Bedeutung der Anästhesie für den Ver¬
lauf der — , von Finsterer 2195, Be¬
urteilung postoperativer Beschwerden
nach — , von Linkenfeld 2297, bak¬
teriologische Kontrolle der Asepsis bei
gynäkologischer — , von Sigwart , . . 2803
Laparatomienarbe, Knochenbildungin der,
von Hannes . 2370
Seite
Laparotomierte, Nachbehandlung von, von
Kleinschmidt . 1559
Lappendeckung, Kuhntsche, von Schnau-
digel . 1909
Lappen-Elephantiasis, von Payr . . . . 1743
Larosan, einfacher Ersatz der Eiweissmilc.h,
von Stoeltzner 291, von Forcart 1199,
neue Anwendungsform von — , von
Wehner . . • 2536
Larosanmilch bei Ernährungsstörungen
der Säuglinge, von Stawsky 2810, —
als Ersatz der Finkelsteinschen Eiweiss¬
milch, von Curschmann . 2864
Laryngitis, Behandlung der Dysphagie bei
tuberkulöser, »von Combier Creusot . , 266
Laryngologische Untersuchungsmethoden,
von Kahler . ... .2198
Laryngo-Rhinologie, Referat über 262, 828, 1792,
2360
Laryngoscopie, traitd de, et de Laryngo-
logie opdratoire et clinique, von Heryng 34
Laryngoskopie bei geschlossenem Munde
von Flatau . 209
Laryngo-Tracheoskopie, direkte, und Bron¬
choskopie, von Gugenheim ... . 618
Larynx, sekundäres Karzinom des, von
Lannois et Moncharmont 266, Radium¬
träger für den — , von Neumann . . 1793
Larynxerkrankungen, Häufigkeit der tuber¬
kulösen, von Bingler . 1561
Larynxexstirpationen, von Gluck .... 2252
Larynxfraktur, 4 Fälle von, von Downie 266
Larynxkarzinome, Endresultate zweier, von
Deila Vedova u Castellani 1792, ope¬
riertes — , von Evans . 2018
Larynxstenose, chirurgische Behandlung
der, nach Rekurrenslähmung, von Mo¬
linie . 2361
Larynxtuberkulosen unter der Pneumo¬
thoraxbehandlung, von Winckler . . . 2360
Larynxtumoren, kleinste, und ihre Behand¬
lung, von Krüger . 209
Lateralsklerose, amyotrophische, nach
Trauma, von Speck 376, Varietäten
der amyotrophischen — , von Starker
2136, die amyotrophische — , von
Mendel . 2645
Leben, Ursprung des, von Bastian 886,
Versicherung minderwertiger — , von
Feilchenfeld 2699, — und Arbeit, von
Freund . 2799
Lebensmittelgewerbe, des, von v. Buchka 1335
Lebensversicherungsgesellschaften, Ab¬
schluss der Verträge mit den, in Oester¬
reich 320, Todesursachenstatistik der
Berliner — , von Eisenstadt . . . 2699
Leber, Verletzungen der, und der Gallen¬
blase, von Thöle 198, Pigmentbildung
in der — , von Sprunt und Colwell
486, knotige Hyperplasie der — , von
Yokoyama und Fischer 601, Chorio-
epithcliome der — , von Paltauf 1069,
Chirurgie der — und des Pankreas,
von Burkhardt 1155, die Krankheiten
dor — , von Quincke und Hoppe-Seyler
1334, gleichzeitige Erkrankung des Ge¬
hirns und der — , von Schütte 1449,
primäres Angioendotheliom der — ,
von Fischer 1449, primäres Chorion¬
epitheliom der — , von Fischer 1450,
Verhalten der — zur Tuberkulose und
Zirrhose, von Lorentz 1561, Vergrösse-
rung der — während der Menstruation,
von Dibailow 1623, Funktionsprüfung
der — , von Strauss 2078, von Rown-
tree 2078, von Hohlweg 2271, zur Pa¬
thologie der — , von Gundermann 2332,
Abkapselung von tuberkulösen Herden
in der — , von Jenny 2418, Zonendege¬
neration der — in der Schwanger¬
schaft, von Heinrichsdorff 2420, zen¬
trale Läppchennekrose in der — , von
Fischler 2585, Funktion der — in der
Gravidität, von Neu und Keller 2688,
perkutorisch e U ntersuchungsmethode
der — , von Orlowski . 2852
Leberabszesse, Entstehung von, auf rück¬
läufigem Wege, von Reiniger 1679,
Seite
Diagnose und Behandlung der dysen¬
terischen — , von Müller . 1956
Leberatrophie, die bei der akuten gelben,
auf tretenden Regenorationsprozesse,
von Hess . 1340
Leheransschaltung, Einfluss der, auf den
respiratorischen Stoffwechsel , von
Fischler und Grafe 36, Verwertung
von Laktose und Galaktose nach par¬
tieller — , von Draudt . 1679
Leberechinokokken, spontane Vereiterung
von, von Rittershaus ...... 2009
Lebererkrankungen, Stoffwechselfunktions¬
prüfung bei, von Bier . 2302
Leberfunktionen, Histologie der, von Berg
105, zur — , von Fischler 437, dia¬
gnostische Feststellung der — , von
Ghedini . 483
Lebergeschwülste, Chirurgie der, von Thöle 1782
Leberglukosurie, von Neubauer . 2191
Lebergummen, Histologie und Genese der
miliaren, von v. Werdt . 1220
Leherkarzinom, chemische Zusammen¬
setzung des, von Robin 901, primäres
— im Säuglingsalter, von Idzumi 1615,
durch Operation geheilter Fall von soli¬
tärem — , von Schlimpert . 2639
Leberkrankheiten, Chloroformnarkose und,
von Hildebrandt 527, die — , von Ewald
2187, Diagnose der — , von Breitmann 2473
Leberoperationen s. u. Blutstillung.
Leberresektion, von Lindner 203, neues
Verfahren für ausgedehnte — , von
Kornew und Schaack 1447, Verwend¬
barkeit der Fascia lata bei — ,vonChessin 1787
Leberruptur, subkutane, von Flath 75, zur
— und Gallengangsruptur, von Orth
1786, intrahepatische, — von Krall . . 1970
Lebersarkom, primäres, von Beckmann . 2705
Leberschwellung, perakute, von v. Brunn 2533
Lebersyphilis, tertiäre, von McCrae . . . 485
Leberverletzungen, Bradykardie bei, von
Rubaschow 1162, von Finsterer 1162,
Puls verlangsamung bei — , vonKirchen-
berger . 1732
Leherwunden, Blutstillung bei, von Jacquin 1458
Leberzellen, Kupffersche, vonBianchi 1167,
— bei Stoffwechselazidosis, von Duker 2141
Leberzirrhose, von Gerhardt 106, 956, ex¬
perimentell erzeugte — , von Ogata 826,
Leukozytenzählungen bei der — , von Ro¬
gers 886, — und Kalkinfarkt der Nieren¬
pyramiden, von Goldschmidt 1340, —
durch intrahepatische Gallensteine, von
Fischer 1460, Ueberpflanzung der V.
mesent. sup. in die V. cava inf. bei — ,
von Bogoras 1621, Duodenalernährung
bei der — , von Einhorn 2137, diffuse
Gehirnveränderungen hei — , von de
Josselin deJonguud vanWoerkom 2140,
zur Lehre der — , von Ssobolew 2248,
alkoholische — , von Schafir 2418, ex¬
perimentelle Cholesterin — , vonChala-
tow . 2588
Leberzysten, solitäre nicht parasitäre, von
Sonntag . 2354
Lederstaub, Gefährlichkeit des, von Holtz-
mann . 311
Legat Exz. v. Vogls . 1975
Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie, —
von Lexer 32, — der Hebammenkunst,
von Herrenschneider 33, — der Säug¬
lingskrankheiten, von Finkeistein 33,
— der Chirurgie, von Wullstein-Wilms
142, — für Schülerinnen des Heb¬
ammenkurses, von Piskacek 199, —
der gerichtlichen Psychiatrie, von Bi-
schoff 256, — der Militärhygiene, von
Bischoff, Hoffmann, Schwiening 309,
— der Haut- und Geschlechtsleiden
einschliesslich derKosmetik.vonJessner
366, — der Histologie, von Stöhr 479, — ■
der Palaeozoologie, von Stromer v. Rei
chenbach 480, — der chirurgischen
Operationen, von Krause und Heymann
540, — der Augenheilkunde, von Römer
541, — der klinischen Untersuchungs¬
methoden, von Sahli 598, — der Pharma-
LXX
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
kologie, von Poulsson 657, — der
Augenheilkunde, von Axenfeld 710, —
der spez. Diagnostik und Therapie der
Lungentuberkulose, von Bandelier und
Röpke 823, — der Militärhygiene 879,
— der topographischen Anatomie, von
Corning 989, — der Krankheiten des
Ohres und der Luftwege, von Denker
u. Brünings 990, — der konservierenden
Zahnheilkunde, von Preiswerk 991, —
der Zahnkrankheiten, von Mayrhofer
991, — der Physik, von Lecher 1043,
— der Kinderheilkunde, von Feer,
Finkeistein, Ibrahim, Meyer, Moro,
v. Pirquet, v. Pfaundler, Thiemich und
Tobler 1043, Landois’ — der Physiologie,
von Rosemann 1103, 2530, — der Des¬
infektion, von Croner 1104, — der allge¬
meinen Chirurgie, von Tillmanns 1214,
— der klinischen Diagnostik innerer
Krankheiten, von Krause 1389, — der
Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrank¬
heiten, von Körner 1390, Oppenheimers
— der Nervenkrankheiten 1416, — der
Lokalanästhesie, von Hirschei 1445, —
der Kystophotographie, von Fromme
und Ringleb 1501, — der Sprachheil¬
kunde, von Fröschels 1613, — der ge¬
richtlichen Medizin, von Kratter 1837,
— der Geburtshilfe für Hebammen, von
Fehling -Wal eher 1949, — der Physi¬
ologie, von Tigerstedt 2128, — der ver¬
gleichenden mikroskopischen Anatomie
der Wirbeltiere, von Oppel 2128, — der
Nervenkrankheiten, von Bing 2187,
— der Röntgenkunde, von Rieder-
Rosenthal 2295, — der Muskel- und
Gelenksmechanik, von Strasser 2414,
— der Physiologie, von Zuntz u. Loewy
2469, — der Arbeiterversicherungsmedi¬
zin, von Gumprecht, Pfarrius und Rigler
2470, — der Nervenkrankheiten, von
Oppenheim 2636, — der organischen
Chemie, von v. Bunge 2741, — der Arz¬
neimittellehre, vop v. Tappeiner .
Lehrlingsuntersuchungen in München,
von Epstein 1125, — im Gremium der
Wiener Kaufmannschaft, von Neu¬
mann . 1225,
Leibbinde für Enteroptotiker, von Arnoldi
Leibesübungen, Eintiuss der, auf das
Elektrokardiogramm und die Funktion
des Herzens, von Strubell .
Leichen, Entstehung von Verletzungen
an, durch Tiere, von Ziemke ....
Leichenzersetzung, von Nippe .
leipziger Verband, der, im preussischen
Abgeordnetenhaus 568, — u. Berufs¬
buchhandel 875, 1016, 1304, Vertrauens-
männerversainmlung des — 2655, 2819,
Witwengabe des — .
Leishmania infantum in Spanien , von
Pittaluga, Diestro u. Vild .....
Leishmaniaanämie, von Caronia . 883,
Leishmaniosis s. u- Kala-Azar.
Leistenbruch, von Enderlen 1179, Ur¬
sachen der Rezidive nach Radikalope¬
ration des — , von Pölya .
Leistenhernie, Behandlung der indirekten,
von Lameris 204, Technik der Radikal¬
operation der — , von Kleinschmidt
1929, die — der weiblichen Geschlechts¬
organe, von Daniel 1951, Methode zur
Radikaloperation von — , von Davis .
Leistenhoden, operative Behandlung des,
von Hanusa .
Leisten-Schenkelbrüche, 295 operativ be¬
handelte, von Ingebrigtsen . . . .
Leitungswasser, Entgiftung bleihaltiger,
von Schmidt .
Leinen J. R. f .
Lepra, Verhältnis des Bazillus Hansen zu
einigen bei — gezüchteten Mikro¬
organismen, von Kutschewsky und
Bierger 483, Kontagiosität der — , von
Lindsay 604, — der Ratten, von Mar-
choux und Sorel 1048, die — in den
Seite
2696
90
902
773
1744
1935
1123
1680
2850
1895
2476
1055
1281
1847
2712
1224
2418
144
Seealpen, von Brocq u. Fernet 1070,
Behandlung der — mit Nastin, von
Schumacher 1956, Wundheilung bei — ,
von Biehler 2532, Diathermiebehand¬
lung bei — , von Unna . -641
Leprabazillen im kreisenden Blut der
Leprakranken und im Herzblut eines
Leprafötus , von Rabinowitsch 429,
Differenzierung der — mittels Bakte¬
riologie, von Kraus, Hofer und Islii-
wara 546, Züchtung des — , von Fraser
und Fletcher . _-••••
Leprabazillenbefund im Inhalt einer Kuh¬
pockenpustel, von Merian .....
Leprabehandlung mit Nastin, von Rudolph
Leprahirn, das, in Ossidinge, von Mans feld 195
Lepröse, serologische Untersuchungen bei,
von Möllers .
Leptomeningitis anthracica, von Herzog
Leptynol 1839, von Kauffmann 525, 1260,
Versuche mit — , von Gorn ....
Lesen, Unfähigkeit, zu lernen, von Nado-
leczny . . • • •
Leuchtgasvergiftung, von Heynsius van
den Berg . . •
Leukämie s. a. Lymphoblastenleukämie.
Leukämie, die Benzolbehandlung der, und
sonstiger Blutkrankheiten, von Pappen¬
heim 149, von Tedesko 265, mit Benzol
behandelte myelogene — , von Deutsch
219, Therapie der — , von Türk 219,
Benzolbehandlung der — , von v. Ko-
ranyi 265, von Wachtel 430, zur Patho¬
genese der myeloiden — , von Müller
439, Behandlung der — mit Benzol,
von Stern 603, Behandlung der chro¬
nischen — mit Benzol, von Hahn 729,
plasmazelluläre — und Pseudoleukämie,
von Ghon und Roman 787, Kernschollen
bei lymphatischer — , von Spuler und
Schittenhelm 880, zur Lehre von der ,
von Wiczkowski 885, Darreichung von
Benzol bei — , von Sohn 885, mit
Thorium X behandelte Fälle von ,
von Grund 1175, lienale — , von Blick
1 176, zur Benzolbehandlung der — , von
Rösler 1222, Stoffwechsel bei der lym¬
phatischen — während der Jtöntgen-
bestrahlung, von Cavina 1337, myelo¬
gene — , von Rodelius 1406, benzol-
behandelle — mit eigentümlichem Ver¬
lauf, von Jespersen 1566, Behandlung
der — mit Benzol, von Liachowsky
1622, von Molczanow 1622, von üerni-
dow 1622, von Luczewsky 1622, jetzige
Behandlung der — , von Görl 1688,
neue — durch echte Uebergangsformen,
von Resliad und Schilling 1981, Benzol¬
behandlung der — , von Mohr 2146,
von Liberow 2422, Therapie der — mit
Thorium X, von Rosenow 2214, Ver¬
änderungen der oberen Luftwege bei
— , von Safranek 2360, akute myelo¬
ische — oder Streptokokkensepsis, von
Gans 2475, Benzoltherapie der — , von
Mühlmann 2476, von Krokiewicz 2590,
von Weiss 2860,myeloide — , mit Benzol
behandelt, von Skorodumow 2808, Be¬
handlung der- — mit Benzol, von Astra-
lymphatische
1789
1851
1398
218
2644
2743
1169
1730
792
ehanowa 2809, lymphatische — , von
Lucksch . 2925 Linkshändigkeit,
Leukämiebehandlung, verschiedene Me¬
thoden der, und die Benzoltherapie,
von Betke . 2545
Leukämischer Prozess, Wirkung des Ben¬
zols auf den, von Klein . 603
Leukoblasten - Promyelozytcnleukozytose,
von Mds y Magro ... 2477
Leukoderm, universelles, von Zieler . . . 168
Leukofermantin statt Kampferöl, von Bir-
(■her . 2533 I Linsenektopie ,
Leukozyten, die, gesunder Kinder, von meister . . ... . ... • • - •
Rabinowitsch 205, Emigration von — Linscnluxation,pathologischeAnatomieder
bei der Entzündung, von Yatsushiro erworbenen, von Ask ... . ■ • . •
429, lokale Anhäufung eosinophil-ge- Lipämie, diabetische, von Hegler 89/, von
körnter — in den Geweben, von Fi¬
scher 660, Einfluss der — auf das
Seite
Anaphylatoxin, von Spät 1046, — im
Blut Malariakranker, von Scherschmidt
1399, sind die — die Quelle der Kom¬
plemente?, von Lippmann und Plesch
1784, Verhalten des phagozytären In¬
dex der — , . von Lay 1850, Degene¬
ration der — und Lymphozytenkerne,
von Kronberger 2067, neue Differential¬
zähltafel für — , von Schilling 2356,
Genese der eosinophilen — , von Mds
y Magro . 25 t t
Leukozytenbild, Leukozytenbilder, rasch¬
wirkende Ileeinflussung abnormer,
durch ein neues Verfahren, von 5 era-
guth und Seyderhelm 2211, 2664, das
— bei Gesunden und Lungentuber¬
kulösen im Hochgebirge, von Baer und
Engelsmann . 2800
Leukozvteneinschlüsse, diagnostische Be¬
deutung der Doehleschen, von Beläh
41, von Schwenke 752, von Lippmann
und Hufschmidt 1106, von Lippmann
1351, vonBrinckmann 1565, von Dychno 1622
Leukozytenveränderungen, von Glintschi-
koff' .
Leukozytenzählung, diagnostische Bedeu¬
tung der, von FiBke .
Lezithin, Verdauung des, von Ehrmann
und Kruspe . . . . • .....
Lichen ruber acuminatus, von Lieberthal
Licht, Einfluss des, auf den Stoffwechsel,
von Pincussohn 894, keimtötende Wir¬
kung des ultravioletten — im Wasser,
von Oker-Blom 1341, Wirkungsart des
ultravioletten — auf Bakterien, von
Oker-Blom 1341 , Behandlung chir¬
urgischer Tuberkulosen mit künst¬
lichem — , von Hagemann 1789, Hellig¬
keitswerte reiner — bei kurzen Wir¬
kungszeiten, von Zahn 2242, Einwir¬
kung des ultravioletten — auf das
Komplement des Meerschweinchen¬
serums, von Abelin und Stiner . . .
Lichtbehandlung der chirurgischen Tuber¬
kulose, von Vulpius .
Lichtenergie, die, und ihre chemischen
Wirkungen, von Weigert . 894
Lichttherapie, Ueberblick über die Ent¬
wicklung und die Erfolge der, in den
ersten 15 Jahren, von Breiger .... 363
licht- und Farben Wahrnehmung, von Loeb 2138
Lidplastik nach Biidinger, von Hegner . 159
Lichtsinn, Entwicklung von, und Farben¬
sinn im Tierreich, von v. Hess . . . 2306
Lichtwirkungen, Augenerkrankungen durch
ungeeignete, von v. Hess . 2478
Liechtenstein - Spende ..... • • •
Lienin-Poehl, Einfluss des, auf die Blut¬
zusammensetzung, von Pezarskaja
Ligamenta, neue Methode der intraperito¬
nealen Verkürzung der, rotunda, von
Langes 205, 438, von Stolz 428, Ventri-
flxur der — rotunda, von Dührssen 259,
Bildung eines — Suspensorium ventri-
culi, von Göbell . _ • 2009
Ligamentfixation, vaginale, bei Retroflexio
uteri, von Schürmann .
Lingua geographica, von Jellinek
Linkshänderin, Selbstmord einer,
Kopfschuss, von Tilp .
_ o die, in der Unfallver¬
sicherung, von Marcus 375, Physiologie
u. Pathologie der — , von Steiner 1098,
2031, ist — ein Zeichen von Minder¬
wertigkeit, von v. Bardeleben ....
inse, Schnitt durch die, des Schweines,
von Schnaudigel 782, Extraktion der —
in der Kapsel, von Strother Smith 941,
in den Glaskörper luxierte — , von Ale¬
xander .
beiderseitige , von Berg-
2630
1079
1695
1286
durch
2915
2247
1847
2701
2315
Fraenkel 897,
betes und — .
von Schümm 897, Dia-
von Beumer u. Bürger
675
2353
1898
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXXl
Seite
Lipoide, die, und ihr Phosphorgehalt bei
der chron tuberc. Infektion, von Grinew
1286, das doppelt -brechende — der
Nebenniere, von Grabowski 1845, die
— im Uterus, von Sugi 2010, antigene
Eigenschaften von — , von Meyer . 2801
Lipoidzellen, pigmentierte Netze tfnd Kri¬
stallimitationen in, von Krompecher . 2534
Lipojodin, von Roth . ... 2382
Lipom, von Israel 1737, symmetrisches —
im inneren Augenwinkel, von Vossius 1513
Lipomatose, symmetrische, von Wolfsohn 2543
Lipnmbildung, retroperitoneale, von Ebner 2069
Liposol . 1889
Lippenkieferspalte, von Hildebrand . . . 1737
Liquor cerebrospinalis, Druckbestimmung
des, von v. Reichmann 926, Pathologie
des — bei otitischen Komplikationen,
von Knick 1569, Antikörpernachweis in
— , von Jaloziecki 1730, der — bei der
gewöhnlichen und hei der Angenmi¬
gräne, von Sicard 1973, Kompressions¬
syndrom im — , von Raven 2355, Xan-
tbochromie des — , von Schwarz 2533,
die Goldreakt'on im — , von Eicke . 2713
Literatur, amerikanische 485, 1223, 1851,
2590, belgische — 98, englische — 603,
886, 939, 1732, 1953 2642, 2693, fran¬
zösische — 547, 1047, 1790, 2537, hol¬
ländische — 716, 2139, italienische —
487, 1167, 1849, 2750, nordische — :
a) dänische 549, 1111, 2014, 2357,
b) schwedische 1169, 2359, c) nor¬
wegische 550, 1111, 2072, rumänische
— 42, 1050, 2303, russische — 662, 995,
1284, 1621, 2421, 2807, spanische - 318,
1903, 2477
Literaturangaben, zur Psychologie der fal¬
schen, von Berger 652, von Reichardt 792
Lithopädion im Mesenterium, von Biener 2688
Lithotripsie oder Lithotomie?, von Feiber
247, Kontrol e der — durch die Zysto-
skopie, von Luys 278, — eines wal¬
nussgrossen Steines, von Baer , . . .2118
Littlesche Krankheit, von Preiser 1230,
von Concetti 2299, von Gaugele und
Gümbel . 2851
Lobärpneumonie, ante mortem,Thrombose
als Todesursache bei der, von Fleming 2697
Lobello Dr. D. f . 1696
Löbkermedaille . 1360
Lokalanästhesie s. a. Pantopon-Skopola-
min-Injektionen, Venenanästhesie.
Lokalanästhesie im kleinen Becken, von
Franke und Posner 39, — zur Repo¬
sition subkutaner Frakturen und Luxa¬
tionen, von Braun 96, praktische Ver¬
wendung der — im Krankenhaus, von
Eberle 202, Anwendungsweise der —
in der Chirurgie, von Hohmeier 309,
— bei Operationen am Brustbein, von
Harttung 602, — in der kleinen opera¬
tiven Gynäkologie, von Haim 774, —
und Nerveuleitungsanästhesie , von
Meyer 1107, für die — wichtige Haut¬
nerven, von Rost 1162, Reposition der
Bruchenden in — , von Dollinger 1218,
Lehrbuch der — , von Hirschei 1445,
die — , von Braun 1501, — mit Novo-
kain-Suparenin-Kaliumsulfat, von Hoff-
mann 2070, der heutige Stand der — ,
von v. Buenguer 2595, Wundschmerz
nach — , von Wolf 2852, zur — , von
Best . 2921
Lokalanästhetika, Kombination der, von
Zorn . 992
Lourdesheilungen, die, vom ärztlichen
Standpunkt, von Aigner . 2205
Lourdespropai-anda, gegen die . 2877
Lucas-C' ampionmere Prof. Dr. f . . . . 2440
Lucidol, ein neues Fixiermittel, von
Szöcsi . . .... 1952
Lues s. a. Aurum-Kalium, Syphilis.
Lues, kombinierte Behandlung der, von
Stümpke 546, die Hautreaktion bei —
und ihre Beziehungen zur Wassermann¬
seben Reaktion, von Müller und Stein
661, gibtes eine — nervosa? von Fischer
730, hereditäre — in der 2. Generation,
Seite
von Vilanova 1225, Behandlung und
Klinik der — congenita, von Müller
1356, Hör- und Gleichgewichtsstörungen
bei — , von Voss 1569, 20 Jahre alte — ,
von Drever 1627, spinale — , von Ger¬
hardt 1629, zerebrale — , von Gerhardt
1629, Bedeutung der — für die Ent¬
stehung des Karzinoms, von Ledermann
1732, Meiostagminreaktion und Wasser-
mannsche Reaktion bei — , von Baz-
zicalupo 1849, Fortschritte in der Be¬
handlung der — , von Bering 1971,
Nystagmus bei hereditärer — , von Tgers-
heimer2024, Erkrankungen der tränen¬
abführenden. Wege bei hereditärer — ,
von Iger-heimer 2025, v. Dungornsche
Syphilisreaktion bei — congenita, von
Samelson 2071, A>»ortivbehandlung
der — , von Zürn 2071, Tiersyphilis und
menschliche — , von Bnschke 2138, zur
kongenitalen — , von Japha 2594 ter¬
tiäre — der Nase, von Andereya 2702,
zur pathologischen Anatomie der —
congenita, von Schmincke 2761, The¬
rapie und Klinik der — congenita,
von Mueller 2766, — congenita und
Serodiagnostik, von Ledermann . . . 2816
Luestherapie, Stand der, von Spiethoff . 2204
Luetin, Hautreaktionen mit Noguchis, bei
Paralytikern, von Benedek 2033, In¬
trakutanreaktion mit — , von Kafka . 2702
Luetin Hautreaktion bei Syphilis, von Ka¬
liski . 2591
Luetinreakfion, die, von Noguchi 485, die
Noguchische — , von Boas u. Ditlevsen 2358
Luetische Prozesse, Diskussion zur Frage
der Erkennung und Behandlung der, 492
Luftdruckerniedrigung, mechanische Wir¬
kung der, auf den Körper, von Jacobj 2027
Luftembolie, arterielle, von Brauer 1003,
anatomische Folgen der — im Gehirn,
von Spielmeyer 1003, die — , von Mein¬
hold 1460, arterielle — und die Tech¬
nik des künstlichen Pneumothorax,
von Jessen 1507, — bei Luftfüllung
der Blase, von Nicolich 2132, von Marion 2132
Luftkompressor imKrankenhaus, vonKuhn 1162
'Luftozonisierung, vonBail 1284, vonSchwarz
und Müncbmeyer . 1902
Luftwege, Jod- und Hgtherapie bei
Schleimhauttuberkulose der oberen, von
Wüstmann 266, Lehrbuch der Krank¬
heiten des Ohres und der — , von
Denker und Brünings 990, Chirurgie
der oberen — und Speisewege, von
Gluck 1221, Nachweis von Frucht¬
wasserbestandteilen in den — , von
Ungar 1281, histologische Differential-
diagnose zwischen Syphilis und Tuber¬
kulose der oberen — , von Solger 1570,
BedetitungderErkrankungen der oberen
— und des Ohres für die Miltärdienst-
tauglichkeit, von Hölscher 2301, die
Anästhesie in der Chirurgie der oberen
— , von Nasta und Wachmann 2304,
Neosalvarsan bei luetischen Affek-
tionen der oberen — , von Schlesinger
2360, Veränderungen der oberen —
bei Leukämie, von Safranek 2360, Ver¬
halten des Gaswechsels bei hoch¬
gradigen Stenosen der — , von v Sehröt-
ter 2363, die Untersuchungen der — ,
von Gerber . 2584
Luische Spätform, Heilversuche bei, von
Lomer . 714
Lu'tpoldsprudel s. u. Kissingen.
Lumbalanästhesie mit Stovain in der Uro¬
genitalchirurgie, von Nicolich .... 277
Lumbalpunktate, Anwendung der Her¬
mann- Perutzschen Reaktion zur Prü¬
fung von, von Lade . 590
Lumbalwirbel, Tumor des 4., von Jenokel 2702
Luminal, Wert des, für den Praktiker, von
Noetbe 391, Wirkung des — , von Har¬
tung 430, Wirkungsweise des — , von
Geymayer 547, Arzneiexanthem nach
— , von Pernet ... . 2024
Lungen, chronischediphtherischeTnfektion,
der, von Schmidt 20, die Blutzirkulation
in der atelekta tischen — , von Bruns
35, 207, Embolielokalisation in der — ,
von t-ieorgi 262, in welcher Respira-
tionsphase ist die — am besten durch¬
blutet?, von Clnetta 262, Stichverletzung
der — , von Hirt 615, pseudotuberku¬
löse Affektion der — , von Bloch 828,
Blutzirkulation in der — bei geschlos¬
senem und offenen Thorax, von v. Roh¬
den 1106, operative und konservative
Behandlung von Stieb Verletzungen der
— , von v. Kutscha 1110, Tumor der
— , von Rasch 1525, wann Ruhig¬
stellung der — , wann Bewegung ?, von
Kuhn 2134, aktive Aenderungen der
arteriellen Blutfülle der — , von Weber
2191, die Plombierung der tuberkulösen
— , von Gwerder 2668, K"mpression
der tuberkulösen — durch Paraffin und
Fett, von Wilms . . . . . . .
Lungenabszesse und Bronchiektasen, von
Külbs 201, — mit Durchbruch in die
Pleura, von Lotheisen .
Lungenarterienembolie, Operation der,
nach Trendelen bürg, von Wolff 781,
von Rose . . .
Lungenchirurgie, Tierexperimente zur,
Schepelmann 1614, Erfahrungen über
— , von Graser .
Lungenechinokokkus, Differentialdiagnose
des, von Guischard 2301, Diagnose und
Therapie des — , von Behrenroth . .
Lungeneiterungen, konservative Behand¬
lung der chronischen, von Singer . .
Lungenembolie, obturierende, als Todes¬
ursache, von Petrdn 1503, Trendelen-
burgsche Operation bei der puerperalen
— , von Yogt 1504, — als Spätunfalls¬
folge, von Strauss .
Lungenemphysem, Verhältnis von CO2-
Ausscheidung zur Atemgrösse beim,
von Reinhardt 881, Rückwirkung einer
ausgedehnten Brustwandresekticn auf
hochgradiges — , von Friedrich 945,
neue operative Erfahrungen beim —
mit Thoraxstarre, von Friedrich 1231,
Säbelscheidentrachea und — , von
Kahler 1570, kausale Bekämpfung des
— , von Hofbauer .
Lungenentzündung, inorganischer Stoff¬
wechsel bei — , von Peabody 1223,
akute primäre diphtherische — , von
David 2341, Anwendung des Kampfers
bei der Behandlung der — , von Leo
2397, von Hötzel .
Lungenerkrankung, thorakoplastische Pfei¬
lerresektion bei, von Wilms 449, Beein¬
flussung von — durch künstliche Läh¬
mung des Zwerchfells, von Sauerbruch
625, 1 04 1 , von Hellin .
Lungenfellentzündung, Entstehung des
Mnskelschmerzsymptoms bei tuberku¬
löser, von Isserson .
Lungenfremdkörper, Extraktion der, beim
Kinde, von Sehrt . .
Lungengangrän, met astatische-embolische,
von Rodler-Zypkin .
Lungengewebe, Eisen- und Alkaliimpräg¬
nation des, von Gigon .
Lungenheilanstalt, diätetische Fragen in
der, von Seil .
Lungenimmobilisierung, einseitige, durch
Phrenikusresektion, von Schepelmann
Lungenkarzinom, Radikaloperation eines
primären, von Rotter .
Lungenkollapstherapie, bildet die Kehl¬
kopftuberkulose eine Kontraindikation
bei der?, von Zink 1924, über — , von
Spengler . .
Lungenkranke, Beobachtungsstelle für, in
Nürnberg . .....
Lungenkrankheiten, Fortschritte in der
chirurgischen Behandlung der, von
Sauerbruch .
Lungenkrebs, sog. Schneeberger, von Arn¬
stein 1110, primärer — , von v. Wicz-
kowski .
Lungeuoedem, experimentell hervorgeru¬
fenes, von Kraus 1180, Veränderungen
Sette
2861
1299
1120
1683
2641
1003
1683
2914
2793
872
2687
I486
2026 '
660
2198
490
2013
2249
2384
1890
1508
LXXII . _ ....
Seite
der Herztätigkeit und des Blutkreis¬
laufes bei akutem — , von Kotow-
schtschikow . ...*••••■ 1949
Lungenphthise s. a. Lungenspitzenphthise,
Phthise.
Lungenphthise, Nomenklatur der, von Nicol
2198, Entstehung der — , von Bac- _
meister .
Lungenpleura, Kalkplatte der, von Heinlein 14 1(J
Lungenprozesse, chronische nicht tuber¬
kulöse, im Säuglingsalter, von Lederer 1842
Lungenruptur, traumatische, von Tilp . . 2854
Lungensaugmaske, Kuhnsche, von Brotzen 881
Lungenschüsse im Kriege 1904/05, von
Holbeck . . 2532
Lungenschwindsucht, Jodostarin u. Jod¬
präparate bei, von Pertik 149, Behand¬
lung der — mittels des künstlichen
Pneumothorax, von Martin 431, Patho¬
logie und Therapie der — , von
Aufrecht . . r07
Lungenseuche, Diagnose der — des Rindes,
von Poppe . • • • • 2910
Lungenspitze, Diagnostik u. Klinik der
nicht tuberkulösen Erkrankungen der,
von Litzner . 2452, 2552
Lungenspitzenatelektase, Natur und Ent- ^
stehung der Krönigschen, von Hofbauer 258
Lungenspitzenerkrankungen, Diagnose der,
von Rüde . -2137
Lungenspitzenphthise, aerogene oder hä¬
matogene Entstehung der, von Bac-
meister . < . 1398
Lungenspitzentuberkulose, experimentelle,
von Bacmeister ' 1003, Diagnose der
beginnenden — , von Richter . . . 1848
Lungen- und Zwerchfellstich, von Krall . e82
Lungensyphilis, von Kayser . . 2543
Lungentuberkulose, Behandlung der, mit
künstlichem Pneumothorax, von Geer-
aerd 98, von Tollens 208, Staubinhala¬
tion und — , von Cesa-Bianchi 311,
perkutane Tuberkulinreaktion bei der
— , von Cbraplewski 432, Ei weisskörper
im Auswurf bei — , von Pintborg 542,
die Pneumothoraxbehandlung der — ,
von Kohlhaas 547, die sekundären In¬
fektionen bei der ulzerösen — , von
Veilion u. Repaci 549, Saturation der
Gewebe mit Toxin bei der Behandlung
der — , von Prest 605, operativ behan¬
delte — , von Friedrich 613, die Indi¬
kationen der Pneumothoraxtherapie
der — , von v. Jagic 662, spezifische Be¬
handlung der — , von Crofton 677, Lehr¬
buch der spez. Diagnostik und Therapie
der — , von Bandelier u. Röpke 823, am¬
bulante Behandlung der — mit Tuberku¬
lin, von Ulrich 939, Vakzinebehandlung
bei der — , von Hudson 940, das kardio¬
vaskuläre System bei der — , von Po-
well 940, Röntgenbehandlung der — ,
von Küpferle 949, Bedeutung der intra¬
kutanen Tuberkulinreaktion für die
Diagnose und Prognose der — , von
Rosenberg 992, serologische Diagnose
der — , von Hammer 1003, das Marmorek-
serum in der Behandlung der — , von
Henius u. Bosenberg 1046, Diagnostik
des frühesten Stadiums der — , von
Nicola 1168, Behandlung der — in der
allgemeinen Praxis mit besonderer Be¬
rücksichtigung der Wilmsschen Pfeiler¬
resektion, von Doerfler 1268, die am¬
bulante Therapie der — und ihre häu¬
figsten Komplikationen, von Blümel
1273, medikamentöse Therapie der — ,
von Lurje 1284, Chemotherapie der — ,
von Hinze 1302, Einfluss der Genera¬
tionsvorgänge auf die — , von Köhne
1338, Behandlung des Fiebers bei — ,
von Damask 1343, Indikationsstellung
bei der Behandlung der — mit künst¬
lichem Pneumothorax, von Schur und
Plaschkes 1357, Goldzvanbehandlung
der — , von Junker 1376, Turbansche
Vererbung des Locus minoris resisten-
tiae bei — , von Kuthy 1396, Röntgen¬
diagnose der — , von Dangschat 1408,
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Jodtherapie der — , von Weisz 1413,
vergleichende röntgenologische und
physikalische Untersuchungsbefunde
bei — , von Schellenberg 1447, geheilte
— , von v. Jaksch 1523, extrapleurale
Pneumolyse bei — , von Baer 1587,
chemotherapeutische Versuche bei — ,
von Pekanovich 1620, Zusammenhang
zwischen orthostatischer Albuminurie
und — , von Winogradow und Raschba
1621, Behandlung der — mit Trypa-
rosan, von Waledinsky 1622, 2809,
diagnostische und prognostische Be¬
deutung der Eosinophilie bei der — ,
von Czuprina 1624, Behandlung der —
mittels künstlicher Pneumothorax, von
Arnsperger 1686, Neutuberkulin bei der
— , von Rigg 1733, von Watkin 2644,
Chemotherapie der — , speziell das
Finklersche Heilverfahren, von Bodner
1756, Herzverschiebung bei — , von Oeri
1784, Anomalien des ersten Rippen¬
ringes und — , von Schultze lr85, Ta¬
schenbuch der Diagnostik und Thera¬
pie der — , von Gerhartz 1894, Beein¬
flussung experimenteller — durch
Röntgenstrahlen, von Küpferle und Bac¬
meister 1952, hydrotherapeutische Be¬
handlung der — , von Köhler 1952,
Mesbü bei — , von Klein 1952, Behand¬
lung der — mit kleinen Dosen von
Tuberkulin, von Bardswell 1953, pro¬
vokatorische Alttuberkulineinspritzun¬
gen bei geschlossenen — , von Rigg
1953, die Behandlung der — , von Bards¬
well 1955, Klinik und Pathologie der
— beim Säugling, von v. Ivonschegg
und Lederer 2011, von Hayashi 2071,
Behandlung des Fiebers bei der — ,
von Nowakowski 2013, zur Chemo¬
therapie der — , von Mayer 2013, Be¬
handlung der — durch den künstlichen
Pneumothorax, von Saugmann - Dau-
gaard 2078, Behandlung der — mit
Serumvakzine, von Bruschettini 2078,
Röntgendiagnostik der — im Kindes¬
alter, von Rack 2136, das Abderhalder-
sche Dialysierverfahren bei — , von
Larnpd 2137, moderne Strahlentherapie
in der — , von De la Camp 2197, Todes¬
fälle nach Behandlung der — mit künst¬
lichem Pneumothorax, von Sundberg
2245, Chlorkalzium bei — , von Schütze
2262, menstruelle Temperatursteige-
rungen bei — , von Wiese 2353, Tu¬
berkelbazillen im Blutstrom bei — , von
Elsässer 2353, Entfieberung bei — durch
Tuberkulin, von Philippi 2363, Finkler-
sches Heilverfahren bei — , von Sorgo
2363, Hilfsmittel bei der Prognosestel¬
lung der — , von Weiss 2363, Therapie
der — im Hochgebirge, von Philippi
2420, Hochgebirgsindikationen für, von
Egger 2421, Pathogenese der akuten
pneumonischen Formen der — , von
Robel 2421 , Frühdiagnose der — , von
Szezukin 2424, chirurgische Heilver
suche bei — , von Alvarez 2477, ope¬
rative Behandlung schwerer — , von
Stuertz 2485, Pneumothoraxbehand¬
lung bei — , von Amrein und Lichten-
habn 2536, — und Chirurgie, von Gorse
und Dupuich 2538, operative Behand¬
lung der — , von Betke 2545, Resultate
der Arnethschen Methode bei der — ,
von ITolroyd 2642, Wert des T. R. bei
der — , von Fowler 2695, Stellung des
T. R. unter den anderen Behandlungs¬
methoden der — , von White 2696, mit
Pneumothorax behandelte — , von
Bönniger 2705, — und Hydrotherapie,
von Brieger 2710, Aktuelles auf dem
Gebiete der — , von Blümel 2796,
neuere und neueste Bestrebungen in
der Behandlung der — , von Kroh
2863, Operationen bei der — , von
Frangenheim 2864, klinische Heilung
der — durch den künstlichen Pneumo¬
thorax, von Bernard . . . 2926
Seite
Lungenvolumen, pathologische Physiologie
des, von Plesch .
Lungenwunden, Spontanheilung von, von
Tiegel . . • •
Lunge, on Diseases of the, and Pleurae
including Tuberculosis and Mediastinal
Growths, »by Powell u. Horton-Smith
Hartley . . • •
Lupus, von Zieler 162, 163, 1748, Physio¬
therapie des — , von Dekeyser 87, kom¬
binierte Behandlung des — mit Alttu¬
berkulin und Aurum-Kalium cyanatum,
von Bettmann 798, — der Zunge und
des Kehlkopfes, von Harms 829, Patho¬
genese des — des Naseninnern, von
Albanus 1793, Natur, Varietäten, Ur¬
sachen und Behandlung des — erythe¬
matosus, von Mac Leod 2024, Aurum-
Kalium cyanatum bei — , von Ruete
2072, Behandlung des — erythematosus
mit Kohlensäureschnee, von Haslund
2357, intravenöse Behandlung des —
vulgaris mit Aurum-Kalium cyanatum,
von v. Poör . • • •
Lupusausschuss . 1359,
Lupusbehandlung, neuere Methoden der,
von Zieler . . . • • • •
Lupusfürsorge in Hamburg, von Wichmann
Lupusheilstätte in Giessen 1015, — in
Hamburg 1126, — in Graudenz . . .
Luteintabletten . > .
Luxationen im Bereich des Mittelfusses,
von Brockmann 92, — im Talonaviku-
largelenk, von Nobe 370, angeborene —
des Radiusköpfchens, von Künne 428,
— pedis sub talo, von Genne 712, —
im Kniegelenk, von Hering 882, blutige
Reposition einer angeborenen — des
Hüftgelenkes, von v. Winiwarter 1124,
— centralis femoris, von Brind 1163,
— femoris centralis, von Haudek 1236,
— der Hand radialwärts, von Speck
1277, operative Behandlung veralteter
— des Schulter-, Ellbogen- und Hüft¬
gelenkes, von Dollinger 2019, — inter-
carpea, von v. Mayersbach_ ....
Lymphangioma cyst. mesenterii, von Rona
1278, zur Kenntnis des — , von Müller
Lymphatiker, Reaktion der leukopoetischen
Organe von, auf Infekte, von Pribram
und Stein . . • •
Lymphatische Disposition im. Säuglings¬
alter, von Siegert . . •
Lymphdrüsen, Entstehen und Verschwin¬
den der, von de Groot 203, von Ritter
544, Entfernung von vergrösserten ver¬
kalkten tuberkulösen — , von Betke
781, Beziehungen der — zu den benach¬
barten Körperhöhlen, von Westen-
hoetfer .
Lymphkreislauf, Anregung des, als Heil¬
prinzip, von Röder . .
Lymphoblasten- u. Myeloblastenleukämie,
von Herxheimer . •
Lymphogranulomatose, von v. Jaksch 1523,
2473, Beziehungen der — zur Tuber¬
kulose, von Schüssler 951, Benzoltherapie
der — , von Schur 1124, Blutbefunde
bei der — von Steiger . .
Lymphom, endotheliomähnliches, von
Kniaskoff 429, retropharyngeales tuber¬
kulöses — , von Heymann .
Lymphomatosis granulosa, von Rodler-
Zypkin . . .
Lymphosarkom, Behandlung des, von
Fabian . .
Lymphozyten, Genese der, in den Ex¬
sudaten seröser Höhlen, von Lippmann
und Plesch . . . . •
Lymphozytose, klinische Bedeutung der,
von Bergei 1002, —.bei Asthenikern
und Neuropathen, von v. Hoesslin 1 128,
1353, die — der Infektion, von Cabot
1223, ungewöhnlich starke — im An¬
schluss an Injektionen, von Marchand
Lymphwege, Endotheliome der, vonVallardi
Lysol, chronifizierende Wirkung des, von
Waterstradt .
Lysolvergiftung, von Curschmann . . .
1897
944
1501
2692
2030
1748
1573
1303
2472
2068
1503
2805
1407
1516
1465
2506
2641
2476
561
1876
1681
1337
600
1958
2864
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXX1I1
2917
2369
2195
Seite
Lyssaerkrankungon, atypische, von Joch-
mann . 1843
Lyssaforschung, gegenwärtiger Stand der,
von Koch . • . 2420
M.
Mc Hardy, Prof. Dr. M. f . 594
Madagaskar, Krankheiten in, von Moss 1957
Madelungsche Deformität, von Magnus 102,
Beitrag zur — , von Trillmich 427, —
des Handgelenks, von Berg . 2586
Madelungsche Handdeformität, von
Streissler-Springer 781, von Melchior . 2070
Mäusefavus beim Menschen, von Fischer 2805
Mäusekarzinom, Einfluss der Quecksilber¬
präparate auf das Wachstum der, von
Skudro 886, Experimentelles über — ,
von Eckhardt 1485, durch — erzeugte
Kaninchentumoren, von Strauch 1853,
Erblichkeit des — . von Bashford 2353,
Einfluss des Kupfers auf das — , von
Gelarie 2644, Wachstumshemmung der
— durch Allylderivate, von Koenigsfeld
und Prausnitz .
Mäusekrehs, Analogien zwischen, und
Menschenkrebs, von Frankl ....
Mäusetumoren, Einfluss von Morphin,
Kokain und Schleichscher Lösung auf
das Wachstum transplantabler, von
Joannovics .
Magen, Lagebestimmung des, und Dick¬
darms mittels der Gleit- und Tiefen¬
palpation, von Hausmann und Meinertz
35, Bewegungsvorgänge am patholo¬
gischen — auf Grund röntgenkine-
matographischen Untersuchungen, von
Bruegel 179, 593, von Holzknecht und
LIaudek4l3, akute Dilatation von — und
Duodenum, von Leriche 204, Röntgen¬
photographie des — und die Gastro-
diaphanie, von Hofius 545, der nor¬
male und pathologische — in Röntgen¬
bildern, von Heyerdahl 551, Stichver¬
letzung und Prolaps des — , von
Friedrich 613, Verhalten verschieden¬
artiger Strikturen im — und Duode¬
num bei Milchdiät, von Jonas 661,
primäres Zystosarkom des — , von
Kondring 771, Radioskopie des — , von
Simici 1051, Einwirkung der medizi¬
nischen Behandlung auf die Motili¬
tätsstörungen des — , von Kemp 1111,
1618, röntgenologisches Verhalten des —
bei gastrischen Krisen und beim Brech¬
akt, von v. Czyhlarz und Selka 1222,
bakteriologische Untersuchung des
leeren — , von Fränkel 1283, Mobili¬
sation nnd Verlagerung des — bei
Operationen am — , von Brun 1338,
Papaverinwirkung auf den — , von
Holzknecht 1523, motorische Funk¬
tion des — , von Eisler und Lenk
2048. von v. Bergmann 2459, von
Massini 2460, von Eisler 2734 moto¬
rische und sekretorische Funktion des
— , von Höst 2073, Totalexstirpation
des — , von Sasse 2143, Befestigung
des gesunkenen — mittelst Ligament¬
plastik, von Pagenstecher 2296, Rönt¬
genuntersuchung des belasteten — , von
Fischer 2359, das spätere Schicksal
des Patienten mit Querresektion des
— , von Kümmell 2366, Bestimmung
der motorischen Funktion des — mit
Jodostarin, von Galazer 2423, Lage
und Form des normalen — , von
Paterson 2643, Untersuchung der Saft¬
sekretion des — und Ersatz derselben,
von Skalier 2691, Erzeugung von Ge¬
schwüren im — der Ratte , von
Singer 2695, die Fibromatosis des — ,
von Thomson und Graham 2696, Rönt¬
gendiagnose der geschwürigen und
krebsigen Veränderungen des — , von
Schüller . 2852
Magenachylie, Blutveränderungen bei, von
Liberow . . . . • . 2423
• Seite
Magenausspülungen, AVandlungen in der
Lehre von den, von Boas ...... 2364
Magen-Bioröntgenographie, vereinfachte,
von Kaestle . 346
Magenblutung, Therapie der, und Darm¬
blutungen, von Boas . 826
Magendarmaifektionen, Diagnose der, mit
Hilfe des Abderhaldenschen Dialysier-
verfahrens, von Kabanow . 2164
Magendarmatonie, Behandlung der, mit
Hypophysenextrakt, von Udaondo . 318
Magendarmdiagnose, vorherige Thorax¬
untersuchung bei, von Loose .... 778
Magendarmkanal, Innervation des, von
Madrakowski und Sabat 832, Durchläs¬
sigkeit des — für heterologes Eiweiss
bei ernährnngsgestörten Säuglingen,
von Lust 937, 1340, Durchlässigkeit des
— für Antitoxin, von Hahn 1340, Lezi¬
thinverdauung bei Erkrankungen des
— , von Ehrmann und Kruspe 1398, die
Röntgenuntersuchung des — , von
Arnsperger 1782, Eisenfüllung des —
und Elektromagnete, von Payr . . . 2601
Magendarmklemme, neue, von Nussbaum 1447
Magendarmpathologie, Röntgenbilder aus
der, von Cohn . 778
Magendiagnostik mit dem modifizierten
Gluzinskiverfahren, von Rusca . . . 2918
Magendilatation, akute, von Stierlin . . 2302
Magen-Duodenalgeschwür, Pharmakothe-
rapeuthisches zur Behandlung des, von
van den Velden 890, Zustandekommen
des peptischen — , von Gruber 1337,
Perforation von — , von Corner 1954,
zur Operation des perforierten — , von
Seidel . 2246
Magenfistel, Faszienplastik bei, von v.
Hacker . 1339
Magenfunktion und Psycbe, von Bönniger 674
Magengeschwülste, gutartige, vonTyovity 1278
Magengeschwür s. u. Magen, Magenulcus,
Ulcus.
Magengeschwür, klinische Diagnose des
tiefgreifenden an der kleinen Kurvatur,
von Haudek 51, chirurgische Behand¬
lung des — von v. Fink 91, neue chi¬
rurgische Behandlungsmethode des — ,
von Alvarez 319, das akut in die Bauch¬
höhle perforierte — , von Wagner 543,
zur Pathologie und Therapie des — ,
von Kemp 544, Beziehungen des — zur
Melaena neonatorum, von Zadek 545,
Erzeugung von — durch Netzgefäss-
unterbindung, von Gundermann 890,
Jejunostomie mit Gastroenterostomie
zur Behandlung chronischer — , von
Tatlow 940, ist das — ein häufiger Vor¬
läufer des Krebses? von Paterson 941,
Klinik und Therapie des perforierten
— und Duodenalgeschwürs, vonWetter-
strand 1162, Schmerzpunkte beim run¬
den — , von Baranczik 1287, Entstehung
des — , von Katzenstein 1614, experi¬
mentelle Hervorrufung eines — , von
Katzenstein 1676, experimentelle Er¬
zeugung von — und Darmgeschwüren,
von Gundermann 1787, Entstehung
von — und Papillomen, von v. Wasi-
lie wski 1 912, zur Pathogenese des runden
— , von Kawamura 2008, perigastrisches
Hämatom nach Perforation von — , von
Meinert 2011, Behandlung des — , von
Bradshaw 2078, Diagnose des perfo¬
rierten — , von Ryser 2138, Pathologie
und Therapie des — , von Kemp 2358,
Diagnostik der Lokalisation des — , von
v. Openchowski 2606, das tuberkulöse
— , von Rost . . 2637
Mageninhalt s. a. Magenschlauch.
Mageninhalt, Feststellung der freien Salz¬
säure im, ohne Magenschlauch, von
Opitz 207, Untersuchung des — ohne
Sonde, von Friedrich .... ... 2853 j
Magenkarzinom, Glyzyltryptophanprobe
zur Diagnoee des, von Giani 487, Vor¬
lagerung von — zur Röntgenbehand¬
lung, von Finsterer 620, Knochenbil¬
dung in einem — , von Gruber 826,
Seite
Freilegung inoperabler — zur Röntgen¬
bestrahlung, von Finsterer 855, Chlor
im Magensaft bei — , von Grund 1216,
Chirurgie des — , von Altschul 1339,
Magenkolonresektion bei — , von Per¬
thes 1677, eine Analyse von 200 Fällen
von — , von Langwill 1956, Frühdia¬
gnose des — , von Leitner 2249, opera¬
tive Behandlung des — , von Mayo .
j Magenklemmen, von Hertle .
Magen-Kolonfistel, radiologischer Nachweis
der, von Haudek ........
Magenkolonresektion, von Perthes. . . .
Magenkrankheiten, von Hayem und Lion
255, Taschenbuch der — und Darm¬
krankheiten, von Wolff 599, Röntgen¬
diagnostik der — , von Haudek 777,
funktionelle Diagnostik der — nach
Sahli, von Znojemsky 1727, Wert der
der Berechnung der peptischen Kraft
des Magensaftes für die Diagnose der
organischen — , von Singer .
Magenkrebs, Beziehungen der chronischen
Gastritis und des chron. Magenulcus
zur Entwicklung der, von Konjetzny
1990, Diagnose und Behandlung der
primären — , von Makins .
Magenmotilität, von Haudek 2200, röntge¬
nologische Prüfung der — , von Lüdin
Magen myom, von Vogel 900, von Farr u.
Glenn .
Magenneurose oder Ulcus duodeni, von
Kock . . .
Magenperforation, Frühdiagnose der aku¬
ten, von Kulenkampff 207, Zwerchfell¬
reiben als Frühsymtom der — , von
Brenner 2366, gedeckte — , von Schnitzler
Magenperistaltik, Einfluss elektrischer
Reize auf, und -Sekretion, von Weil .
Magenpolypen, von Ledderhose .
Magenpräparate, von Grüneberg . . .
Magenresektionen, von Pers 1398, Technik
der — beim Karzinom, von Kelling 143,
totale — , von Unger 387, zur Statistik
der — , von Weil 545, Technik der — ,
von Sasse 651, von Gelinsky 1162, —
wegen Ulcus ventriculi, von Clairmont
1 299, Technik der — , von Finsterer 2366,
Versorgung des Duodenalstumpfes hei
der — , von Smoler .
Magensaft , kapillaranalytische Bestim¬
mungen der freien Salzsäure im, von
Schmidt 484, sog. Kapillaranalyse vom
— nach Holmgren, von Mattison 1108,
Erregung der Pankreassekretion durch
pathologischen — , von Stepp 1113, das
fest gebungene Chlor im — , von Grund
1216, Wert der Berechnung der pep¬
tischen Kraft des — für die Diagnose
der organischen Magenkrankheiten, von
Singer 1784, chron. Appendizitis und
Hyperazidität des — , von Uloway . .
Magensaftanaphylaxie, von Manoiloff . .
Magensaftuntersuchungen, neuere, von
Haneberg .
Magensarkom, von Flebbe .
Magenschlauch, Salzsäureprüfung ohne,
von Schwarz .
Magenschleimhaut, histologische Unter¬
suchungen der, bei Ulcus und Karzi¬
nom, von Heyrovski . . .
Magensekret, Ursprung der anorganischen
Chloride im, von Singer . .
Magensekretion, die, während des Verlaufs
der Verdauung, von Gregersen . 2011,
Magensondierung, die, des Praktikers, von
Sternberg .
Magenspülungen, Verwendung des Ich¬
thyols zu, von Canti . . .
Magenstörungen, Psychotherapie der funk¬
tionellen, von Curschmann ....
Magentuberkulose, zur Pathologie der, von
Melchior .
Magentumoren, seltene, von Chosrojeff , .
Magenulcus, Bedeutung der regionären
Disposition für das, von Schönberg
96, Behandlung der perforierten —
und Darmulcera, von Simon 658, Be¬
handlung des — mit der Einliornschen
2592
1951
42
1677
1784
1968
1507
2592
2141
2366
1216
2365
1516
2915
2592
430
1112
1220
2818
1727
2694
2015
2693
2853
2599
1785
315
LXXIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
Sette
Duodenalsonde, von Lazarus 1298, das
chronische — im Röntgenbild, vonRöpke 1727
Magenwandtumoren, diagnostische Schwie¬
rigkeiten der, von Amelung . 2069
Magnesia, bisurierte 2471, — in der Thera¬
pie, von Kochmann . 2589
Magnesiumsalze, pharmakologische Wir¬
kung von, von Starkenstein . ... 1781
Maisernährung und Ueberempfindlichkeit
gegen Maisextrakte, von Cesu-Bianchi
und Vallardi . 427
Makula, traumatische Lochbildungen in
der, von Stock . . 1687
Mal perforant du pied, von Brutzer . . . 2532
Malaria, Heilung von, tertiana durch Neo-
salvarsan, von Schaefer 36, 269, das Zi:
sternen problem bei der Bekämpfung
der — in Jerusalem, von Brünn und
Goldberg 827, Salvarsaninjektion bei — ,
von Drizaki 995, Neosalvarsan bei — ,
von Iwanow 1287, Kultur des Plas¬
modiums der tropischen — nach Bass
und Johns, von Gurko und Hamburger
1341, die — nach den neuesten For¬
schungen, von Celli 1445, Verbreitung
der einheimischen — in Deutschland,
von Trautmann 1730, — tertiana, von
Grund 1799, Einfluss der — auf das sym¬
pathische Nervensystem, von Wiens
1845, — bei Neugeborenen und während
der ersten Kindheit, von Fragale 1850,
— perniciosa, von Marchiafava 1952,
die — in Indien, von Kendrik 1953,
Wassermannsche Reaktion bei der — ,
von Zschucke 2137, die — in Italien
2143, die — in Schweden, von Flens¬
burg 2359, Behandlung der — tertiana
mit Neosalvarsan, von Baetge 2379,
2776, die — Jerusalems und ihre Be¬
kämpfung, von Brünn und Goldberg 2690
Malariaabnahme in Rom, von Celli . . . 1902
Malariabekämpfung in Emden, von Müh-
lens . 1400
Malariaformen, Parasitologie einiger irre¬
gulärer, von Mas y Magro . 2478
Malariaparasiten, Kultivierung einer Gene¬
ration von, in vitro, von Thomsen,
Mc Lellan und Ross 308, künstliche
Weiterentwicklung von — in vitro,
von Ziemann 324, 373, Züchtung von
— , von Werner . 2485
Malariapigment, das, von Brown .... 2591
Malariaschutz, Chininprophylaxe oder
mechanischer, von Külz 1400, von
Waldow 1400, von Treutlein ... 1520
Malariaübertragung, zur Geschichte der,
von Sehrwald . 1040
Mallebrein in der Kinderpraxis, von Bendix 2871
Malokklusionen, von Hesse . 1687
Maltafieber, Epidemie von, von Gil 1904,
Eiterung bei — , von Trotta . 2014
Maltyl-Mate ... 426
Malznährmittel, die, in der Behandlung
der Enteritis bei kleinen Kindern, von
Solon-Veras . . . . . 323
Malzsuppe, Behandlung von Magendarm¬
katarrh und Atrophie bei Säuglingen
mit, von Rosenthal und Oerum . . 2358
Mamma, innere Sekretion der, von Schiff¬
mann und Yystavel 431, Graviditäts¬
hypertrophie der — , von Erdheim 900,
2196, intersekretorische Beziehungen
zwischen — und Ovarien, von Cohn 937,
Hypertrophie der — , von Juhle 1169,
abweichende Gefässversorgung der —
bei Hypertrophie, von Federn 1236,
Fibromatose der — , von Lexer 1684,
Hypertrophia — diffusa, von Schle¬
singer 2434, Karzinom und Tuberku¬
lose derselben — , von Bundschuh . 2588
Mammafibrom, von Jacobovici . 1051
Mammahypertrophie, von Lexer .... 494
Mammakarzinom, Röntgenbehandlung bei
operiertem, von Lohfeldt 670, nach
der Krebsbehandlungsmethode nach
Zeller gewonnenes Präparat eines — ,
von Kronheimer 1179, Abnahme des
Arms bei — , von Franke ... . . 2068
Mammaplastik, von Weichert . 206
Seite
Mammasekretion, die, beeinflussende Fak¬
toren, von Mc Ilroy . 2022
Mammatumoren des Mannes, von Mieseber 1284
Mandelbaumsche Reaktion beim Abdomi¬
naltyphus des Kindesalters, von Bu-
kowskaja . 1623
Mandelentzündungen und innere Erkran¬
kungen, von Meier . 2188
Mandelgrubeninfektion, die chronische,
und ihre Behandlung durch Tonsillek¬
tomie, von Oertel . 1792
Mandeln, soll man bei Entfernung der,
und der Adenoiden unempfindlich
machen? von Botey . 1225
Mandelsarkom, erfolgreiche Behandlung
eines, mit Cuprase und Röntgenstrahlen,
von Wolze und Pagenstecher . . . 1036
Mandibula, totale Exartikulation der, von
Rousseau . . 314
Mangan, das im Blute enthaltene, von
Bertrand und Medigreceanu 1049, Ver¬
teilung des — • im Organismus, von
Bertrand und Medigreceanu 1049, das
in der Tierreihe vorhandene — , von
Bertrand und Medigreceanu . 1792
Mantel vertrag, bayerischer, von Stau dt er
2317, der badische — , von Bergeat 2765,
2822, der wtirttembergische — , von
Bergeat . . 2870
Marcus, die optischen Entdeckungen des
Prager Professors Johannes Marcus,
von Kozlik . 2433
Maretin, von Plaut . ... 1751
Marienbad, urologische Klinik in . . . 1015
Marine, Gesundheitsverhältnisse der fran¬
zösischen und deutschen, von Podestä 2073
Marinelazarett, Auflösung des, in Yoko¬
hama . 1401
Mark, labyrinthäres Syndrom des ver¬
längerten, von Benedikt . 2693
Marmorekserum s. a. Antituberkuloseserum.
Marmorekserum, von Henius und Rosen¬
berg 1046, von Reimann . 2009
Marshallinseln, Reisebericht über einen
Besuch der, von Braunert . 1956
Martin, Prof. Dr. J. N. f . . 1640
Marro, Prof. Dr A. f . 1303
Marschhämoglobinurie, sogen-, von Jehle 546
Mary Putnam Jacobi-Stipendium für ärzt¬
liche Fortbildung . 280
Masern, Bild der, auf der äusseren Haut,
von v. Pirquet 713, Kolloidaltherapie
in anormalen und komplzierten Formen
der — , von Galli 1168, Typhus und
— , von Jastrowitz 2013, die infektiösen
Erytheme im Verlauf der — , von Weill
und Gardere 2537, einige strittige
Fragen aus der Lehre von den — ,
von Fried jung 2652, Vorexanthem bei
— , von Koch . 2804
Masernpneumonie, Einfluss hygienischer
Verhältnisse auf die Morbidität und
Mortalität der, von Maier . 636
Massage, Technik der, von Hoffa 142, von
Bum 2470, moderne — auf anatomisch¬
physiologischer Basis, von Lange 255,
Einfluss der — auf die Tension nor¬
maler und glaukomatöser Augen, von
Knapp 1453, die Nervenpunktlehre
von Cornelius und die schwedische
— , von Port 2732, Wirkung der — bei
Arteriosklerose und chronischer Kreis¬
laufschwäche, von Kirchberg .... 2802
Massagemethode, die feuchte, von Decref 2914
Mastdarm s. a. Rektum.
Mastdarm, gutartige Polypen des, und des
S. romanum, von Decker 589, kombi¬
nierte Exstirpation des karzinomatösen
— , von Heller 1559, primäre melano-
tische Geschwülste des — , von Chalier
u. Bonnet 1791, Lymphfollikel im — ,
von Ssobolew . 2248
Mastdarmernährung, von Mutch u. Ryffel 1733
Mastdarmkrebs, Modifikation der kombi¬
nierten Operationsmethode bei, von
Dahlgren 825, die Kontinenzverhält¬
nisse nach den radikalen Operationen
des — , von Körbl 1786, chirurgische
Behandlung des — , von Depage und
1913.
Seite
Mayen 2538, erweiterte Operation des
— , von Hartmann . 2920
Mastdarmvorfall, Behandlung des, bei
Kindern, von Pielsticker 2010, Opera¬
tion des — bei Kindern, von Lengnick 2405
Mastisolbehandlung, Technik der, v. Jaquet 2420
Mastisolverband im serbischtürkischen
Kriege, von Stierlin u. Vischer . . . 1343
Mastitis chronica und ihr Uebergang in
Karzinom, von Bertels . 2532
Mastixlösungen, bakteriologische Unter¬
suchungen über, von Borchardt . . 2744
Mastoidoperation, Technik u. Nachbehand¬
lung bei der radikalen, von Milligan 2024
Masturbation im vorschulpflichtigen Alter
von Neter . 2300
Mathematik, Einführung- in die höhere,
von Salpeter . 1558
Maticolysatum . 426
Maul- und Klauenseuche des Menschen,
von O’Brien 1070, Protozoen u. Nema¬
toden bei der — , von Paulsen . . 1462
Maximalthermometer . 2207, 2318
Möcanisme, le, nerveux dans le processus
nutritif, par Albahary . 2584
Meckelsches Divertikel, Spätperforation
eines, nach Trauma, von Hübschmann 2051
Mddicine, nouveau traitd de et de thera-
peutique, par Brouardel et Gilbert . 255
Mediastinale Erkrankungen, Diagnostik
der, von Lommel 1687, von Siebert . 2637
Mediastinalsarkom, kombinierte Röntgen-
undArsenbehandlungbei, von Haenisch 670
Mediastinaltumoren, von Nicol . 2475
Medikamente, Berechnung der Dosen von,
für Kinder, von Dilling 605, Verwen¬
dung von — bei der Behandlung kranker
Kinder, von Thiemich .... 1067, 1178
Medizin, wie studiert man? von Müller 34,
die soziale — , ein notwendiger Unter¬
richtsgegenstand, von Lochte 370, Grund¬
riss der gerichtlichen — , von Gottscbalk
657, Jahrbuch der praktischen — , von
Schwalbe 880, Einführung in das Stu¬
dium der sozialen — , von Gottstein
1044, Lehrbuch der gerichtlichen —
von Kratter 1837, die Begriffe „Soziale
Hygiene“ und „Soziale — von Fischer
1943, die neuen Grundlagen der — in
ihren Wechselbeziehungen zur Chirur¬
gie, von Cushing 1958, — u. Religion
bei den sogen. Naturvölkern, von Beth
2376, innere — , von Zuelzer 2850, die
— in der klassischen Malerei, von
Holländer . - • 2914
Medizinaletat, preussischer .... 335, 389
Medizinalgesetz, Zürcherisches . 1346
Medizinalpolizei, die Handhabung der,
von Keifte 1 . 1726
Medizinal praktikanten, Ausbildung von . 1527
Medizinalprüfungen, Schweizer . 1346
Medizinalweeen, sächsisches . . . . 878
Medizinerschaft, Münchener 1127, 2927,
Abteilung der — der Münchener frei¬
willigen Sanitätskolonne . 2927
Medizinische Erfahrungen in Serbien und
Bosnien, von Hegler . 2756
Medizin schule, deutsche, in Shanghai . 1975
Medizinstudierende, Zahl der, 390, Or¬
ganisation der — in Frankreich 735,
1. Kongress der — in Frankreich 844,
Zahl der — in Frankreich . 845
Medulla, eyperimentelle Verletzungen der,
oblongata, von Rothfeld ..... 2254
Meerschweinebenserum, eigenlösende
Eigenschaften des, von v. Gierke 885,
von Neue . 1451
Megalophthalmus, von Flesch . 2818
Megalosplenie, rachitische, v. Aschenheim 379
Megalozytenbildung, Bedeutung der, von
Brösamlen . 2801
Mehlbrei, Ausnutzung von, und Griesbrei
beim Säugling, von Pfersdorf u. Stolte 659
Mehlhausen, Obermedizinalrat General¬
arzt Dr. f . 1416
Mehlnährschaden, von Frank und Stolte 1951
Meiostagminreaktion, zur, von Köhler und
Luger 485, dieVerwertbarkeit der Azeton¬
extrakte bei der — , von Zarzicky 485,
1913.
die — bei Verwendung der Lezithin¬
extrakten, von Ferrari und Urizio 039,
Antigene für die — , von Izar 1047,
— und Wassermannsche Reaktion,
von Bazzicalupo 1849, in der Geburts¬
hilfe .
Meiostagminreaktionsfähigkeit der Ex¬
trakte verschiedener Dotterarten, von
Kelling .
Melaena, Entstehung der, neonatorum, von
Wolf! 93, hämorrhagische Erosionen
und Magengeschwüre und ihre Be¬
ziehungen zu — neonatorum, von Zadek
545, Aetiologie der — neonatorum,
von Reinach 617, schwerste — neo¬
natorum geheilt durch Injektion von
defibriniertem Menschenblut, von
Merckens 971, — neonatorum, von
Lövegreen .
Melanosarkom, pi-imäres, des Zentralner¬
vensystems, von Bösch 90, — der Cho-
rioidea, von Schneider 278, pigment-
bildendeNematoden von — , von Paulsen
Melanosarkomatose, primäre, der Pia mater,
von Schopper . * .
Melanose der Dickdarmschleimhaut, von
Henschen 1169, von Henschen u. Berg¬
strand .
Mcloplastik, totale, von Lerda .
Melubrin bei akutem Gelenkrheumatismus,
von Saar 41, über — , von Schuster 154,
— als Antirheumatikum und Antipyre-
- tikum, von Keuper 1046, neuere Erfah¬
rungen mit — , von Schmid .
Melubrintherapie, intravenöse, von Hahn
2232, subkutane und intramuskuläre — ,
von Riedel .
Mendel, Gregor, als Student, von Iltis .
Mdnierescher Schwindel, Operation bei,
von Frazier .
Meningeale Prozesse, Diagnose der ent¬
zündlichen, mittels der Reaktion mit
Natrium taurocholicum, von Jancovescu
Meningen, Permeabilität der, von Zalo-
ziecki .
Meningitis s. a. Zystizerkenmeningitis.
Meningitis serosa circumscripta cerebralis,
von Wendel 91, epidemische — , von
Gerhardt 106, Zerebrospinalflüssigkeit
bei der tuberkulöseix — , von Fischer
107, Entstehungsursache der — tuber-
culosa bei Kindern, von Koch 219, 431,
Zucker in der Zerebrospinalflüssigkeit
bei — , von Jacob 605, Histologie und
Pathologie der — und Sinusthrombose,
von Streit 774, merkwürdiges Phänomen
bei — tuberculosa post mortem, von
Mandelbaum 1194, Bedeutung des Uro¬
tropin für Prophylaxe und Therapie der
otogenen — , von Zimmermann 1229,
Prognope und Therapie der — , von
Reichmann 1375, Schädeldach eines
Falles von tuberkulöser — , von Fraenkel
1407, zwei geheilte Fälle von — tuber¬
culosa, von Reichmann u. Rauch 1430,
Durchspülung des Zerebrospinalsackes
bei eitriger — , von Knick 1569, tödliche
— nach intranasaler Abtragung der
mittleren Muschel, von Kümmel T571,
— serosa traumatica, von Schlecht 1844,
prophylaktische Impfung gegen epide¬
mische — , von Back 1851, geheilte rhi-
nogene — , von Zange 1856, Serumbe¬
handlung der — cerebrospinalis, von
Alfaro u. Iribarne 1904, die Glykosurie
bei der tuberkulösen — , von Frew u.
Garrod 1953, Behandlung der — otiti-
schen Ursprunges, von Milligan 1953,
— ohne makroskopischen Befund, von
Sittig 2196, — u. Epilepsie, von Tilmann
2251, — saturnina, von Plate 2343, De¬
struktionsprozesse in der Rinde bei tu¬
berkulöser — , von Sittig 2375, — nach
follikulärer Angina, von 1 Siemerling
2691, — basalis posterior chron., von
Brückner .
Meningocele occipitalis superior, von
Wendel 1802, Geb urts verlauf bei ok-
I NH ALTS- VE RZ EICHN IS.
LXXV
Soite
2915
1620
2193
1909
1679
1340
712
1342
2454
2434
486
1052
1219
2859
Seite
zipitalen und dorsalen — , von Kröner
1951, basale sphenorbitale — , von Kond-
ring . 2638
Meningo - Encephalitis occipitalis, von
Marx . 1568
Meningomyelitis, genuine, von Grund
2144, luetische — , von Gruber . . . 2645
Meniskus, Verlagerung des, von Schwarz
1503, seitliche Abreissung der — , von
Blecher . 2246
Meniskusluxation, Diagxxose der, und des
Meniskusabrisses, von Bircher .... 2802
Meniskusvei-letzungen, Dauerresultate voxx
Meniskusexstirpationen bei — , von
Glass . 202
Menorrhagie, Röntgentherapie juveniler,
von Loose 833, Behandlung schwerer
— durch Portioinjektionen, von Koch 1615
Mexxschenafien, psychologische uxxd tier-
physiologisuhe Erforschung der, von
Rothmann . 1282
Menschenblut, intravenöse Injektionen
von, bei Anämie, von Weber .... 1307
Menschenpocken , Erkrankungen des
Rückenmarkes bei, voix Eichhorst . 1783
Menschentypen, gefährliche, von Anton 2309
Menses, Einfluss des Diuretin auf die,
von Stein . 2196
Menstruation s. a. Ovulation.
Menstruation, vorzeitige, Geschlechtsreife
und Entwicklung, von Lenz .... 2474
Menstruationsstörungen, tuberkulöse Aetio¬
logie der — , von Hollös . 41
Merjodin, von Horix . 2646
Merkblätter 566, — für die Wassemxaixn-
sche Reaktion 502, 504, — über den
Gebrauch von Schutzmassregeln gegeix
Röntgenstrahlen 1239, — über die
Folgen des übermässigeix Alkohol¬
genusses . 1239
Merkel, W., 80. Geburtstag von Hofrat Dr. 845
Mesbö in der Behandlung chirurgischer
Tuberkulosen, voix Butzengeiger 128,
Erfahrungen mit — bei Lungen- und
Kehlkopftnberkulose, von Roepke 263,
— bei Lungentuberkulose, von Jarosch
317, Behandlung der chirurgischen
Tuberkulose mit — , von Michejda 774,
— bei Lungentuberkulose, von Klein
1952, das ixeue Tuberkuloseheilmittel
— , von Laixdolt . 2357
Mesenterialgefässe, Obliteration der, von
Leotta . 1 168
Meseixterium, Deimoid des, von Krall . 1970
Mesothorium, Wirkung des, auf den Seh¬
apparat, von Chalupecky 603, — und
Radium, von Fi-eund 674, Etwas über
Radium und — , von Kröner 717, — als
Röntgenstrahlenersatz iix der Gynäko¬
logie, von Voigts 1 188, Behandlung mit
— in der Gynäkologie, von Döderlein
1296, 1728, mit — behandelte Karzi¬
nome, von Haendly 1404, Bestrahlung
mit — bei Epitheliomen, von Nobl
1469, Behandlung des Krebses mit
Röntgenlicht und — , von Krönig und
Gaues 1507, die Muttersubstanzen des
Radiums und — , von Wichmann 1573,
Anschaffung von — in Düsseldorf 1695,
in München 1806, 2095, 2151, über — ,
1838, bakterizide Wirkung des — , voix
Bondy 1842, Ankauf von — in Dresden
1975, die Lebensdauer des — 1976, Be¬
handlung des Krebses mit — , von Phx-
kuss 2072, Beschaffung von — für d. prak¬
tischen Aerzte 2206, Ersatz des — durch
Röntgenstrahlen, von Müller 2448, 2495,
Ersatz von Radium und — durch harte
X-Strahlen, von Dessauer 2544, Wir¬
kung des — auf bösartige Neubil¬
dungen, von Wanner und Teutsch-
länder 2639, — bei Carcinoma cervicis,
von Schauta 2804, Radium und — , von
Nahmmacher . 2921
Mesothorium -Behandlung von Metro-
pathien und Myomen, von Pinkuss
1283, — beim Utefuskarzinom, von
Bumm 1402, von Döderlein 1403, — der
Seite
Myome, von Döderlein 1403, — der
Myome uixd Metropathien, von Gauss
und Krinski 1404, — gichtischer und
rheumatischer Leidexx, von Görges 1467,
— der Uteruskarzinome, von Allmann 2435
Mesothoriumbestrahlung bei Karzinom der
weiblichen Genitalien, von Bumm 1068,
1180, 1235, — bei Schwerhörigkeit und
Ohrensausen, von Hügel 2110, 2768,
von Passow 2496, 2768, Absorptions¬
tafel für — , von Weckowski .... 2691
Mesothoiiumeiixwirkung auf genitale Neu¬
bildungen, von Kroemer . . . 1455, 2082-
Mesothoriumtherapie, Stand und neue
Ziele der, von Lazarus . 2815
Mesothoi'schädigung des Hodens, von Sim-
rnonds . 2435
Mesothorschlamm, von Freund und Kriser 1071
Messband für Kinder, von v. Pirquet . . 1525
Messingindustrie, schwere Bleivergiftung
in der, von Althoff . 530
Metalues, Begriff und Wesen der, von Erb 2427
Metastasen, Möglichkeit direkter, von den
Brustorganen, von Franke . 315
Metatarsus, Dislokation des, von Young 1734
Methämoglobinbildung, von Heubner . . 1505
Methylalkohol, Giftigkeit des, und Aethyl-
alkohols, von Langgaard . 1560
Methylalkoholvergiftung, von Segale 429,
Massenvergiftungen mit — , von Strass¬
mann 1282, das Wesen der — , von Kröl 1679
Methylgrün -Pyronin - Schnittfärbung, von
Pappenheim . 601
Meti’itis, Behandlung der chronischen,
mittels Chlorzinkinjektionen, von Moc-
quot. und Mock 548, stenosierende —
der Zervix, von Pozzi . 2022
Metro-Menoi-rhagien, Röntgenbehandlung
der nicht-klimakterischen, von v. Graf! 2370
Metropathien, thyreogeixe Aetiologie der
hämorrhagischen, von Sehrt 961, Me¬
sothoriumbehandlung bei hämorr¬
hagischen — und Myomen, von Pin¬
kuss 1283, Mesothoriumbehandlung
der — , von Gauss und Krinski 1404,
Behandlung der — haemorrbagica mit
Röntgenstrahlen, von Siedenhof 1455,
Röntgeixtherapie oder Vaporisation bei
hämorrhagischen — , von Fuchs 1728,
Röntgenbehandlung bei — , von Langes 1740
Microfilaria diurna und nocturna, voix
Fülleborn . 1401
Migräne, therapeutischer Vorschlag bei
schwerer, von Müller 439, — otique,
von Margulies 1523, Theorie und Patho-
geixese der — , von Auerbach . . .1739
Migräneanfall, erbrochener Duodenal¬
schleim im, von Schilling . 545
Mikroben, Schicksal der, im Magendarm¬
kanal des Säuglings, von Raczynski . 323
Mikroblutgasanalyse, Apparat zur, und
Mikrospirometrie, von Winterstein . . 2131
Mikrognathie, von Enderlen . 216
Mikromelie, von Mayerhofer . 675
Mikroorganismen, Handbuch der patho-
geneix, von Kolle und v. Wassermann
479, Anleitung zur Kultur der — , von
Küster 1335, elektive Züchtung von
— , von Conradi 1458, Eignung kräf¬
tiger und schwacher Organismen zur
Aufnahme virulenter — , von Chau-
veau 2653, Vermehrungsgeschwindig¬
keit einiger pathogener — , von Ro¬
senthal . . 2915
Mikropan, von Ranschburg ........ 1398
Mikrophthalmus congenitus, von Rupprecht 895
Mikrophotographien voix Spirochaeteix etc. 1359
Mikroskopie, zur klinischen, und Mikro¬
photographie, von Posner und Scheffer 164
Mikroskopische Technik, Taschenbuch der,
von Boehm und Oppel . 257
I Mikuliczsche Krankheit, von Plaschkes . 1413
! Milch s. u. Frauenmilch, Kuhmilch, Laro-
sanmilch, Rohmilch.
Milch brünstiger Kühe als Kindermilch,
von Steng 691, Infektiosität der —
syphilitischer Frauen, von Uhlenhuth
und Mulzer 1109, kann die — der
LXXVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
eigenen Mutter dem Säugling schäd¬
lich sein?, von Opitz 1450, Ernährungs¬
versuche mit Friedenthalscher — . . 2372
Milchabsonderung, Physiologie der, von
Schäfer . 1525
Milchanaphylaxie, von Kleinschmidt . . 1045
Milchdrüsen, das Wachstum der, und die
Milchsekretion, von Schickele . . . 561
Milchentkeimung, hygienisch einwand¬
freie, von Hering . 1516
Milchferment, lipolytisches, von Davidsohn 1678
Milchgewinnung und Milchbehandlung auf
dem Lande, von Bellinger . . 1848
Milchsäure, quantitative Bestimmung der,
von Mondschein 2129, Wirkung der — ,
von Loeb . 2194
Milchsäurelangstäbchen, von Kühl . . . 1341
Milchsekretion, von Cristea und Ascliner
1052, Wirkung von Hypophysenextrak¬
ten a. die — ,vonHoussay, Giusti u.Maag 2477
Milchuntersuchung, Methodik der biolo¬
gischen, von Bauer . 2007
Milchverkehr, gesetzliche und polizeiliche _ I
Regelung des, von Schreiber .... 1501
Milchzahngebiss, Wert des, von Hock . . 2374
Miliartuberkulose, von Assmann 129(5, von
Schmincke 2704, die akute allgemeine — ,
von Cornet . 823
Militärärzte, Stellung der, . 2073
Militärdiensttauglichkeit, Bedeutung der
Erkrankungen der oberen Luftwege und
des Ohres für die, von Hölscher . . . 2301
Militärhygiene, Lehrbuch der, von Bischoff,
Hoffmann, Schwiening . . . 309, 879
Militärsanitätswesen, Fortschritte auf dem
Gebiete des, 99, 1170, 1508, 2073, 2752,
— in Norwegen 1170, in Frankreich . 1508
Militärverwaltungsetat, bayerischer . . . 2317
Milz, metastatische Geschwulstbildung in
der, von Geipel 94, Blutgefässerkran¬
kungen der — , von Geipel 94, Fett¬
gehalt der — , von Poscharisky 262,
Bedeutung der — in dem an malignem
Tumor erkrankten Organismus, von Oser
und Pribram 770, Gallertkrebs der — ,
von Loening 838, Spontanrupturen
der — , von Johansson 1048, Exstir¬
pation der — , von Mühsam 1058, Patho¬
logie der — , von Eppinger 1236, wachs¬
tumhemmender Einfluss der — auf
das Rattensarkom, von Biach und Welt¬
mann 1620, von Frankl 1731, Bezie¬
hungen der — zur aktiven Ge¬
schwulstimmunität, von Apolant 1675,
zur Chirurgie der — , von Mayo 1851,
Bedeutung der — als hämatopoetisches
Organ, von Port 2475, zur Diagnose
und Therapie der Schussverletzungen
der — , von Michelsson 2533, Zyste
der — , von Riese . 2858
Milzbrand, der äussere, des Menschen 92,
zur Behandlung des äusseren — , von
Heinemann 224, 368, — und Salvarsan,
von Becker 368, Serodiagnostik des —
nach Ascoli, von Isabolinsky und Pace¬
witsch 663, zur Salvarsan behandlung
des — , von Mokrzecki 1089, gewerb¬
licher — 1393, Impfung gegen den — ,
von Leclainche und Valide 1526, Sal¬
varsan bei — und Wut, von Isabolinsky 1726
Milzbrandbazillen, Einwirkung von Salvar¬
san auf, von Roos . 481
Milzbranderkrankungen, gewerbliche, von
Rebentisch 1896, von Schultze .... 1896
Milzbrandgefahren durch Gerbereien und
ihre Bekämpfung, von Hilgermann und
Mar mann . 1506
Milzbrandsporen, Ermittlung von, in in¬
dustriellem Material, von Glyan und
Lewis . . 1393
Milzchirururgie, moderne, von Michelsson 2070
Milzexstirpation wegenEchinokokkenzyste,
von Israel 1737, — bei perniziöser Anä¬
mie, von Ranzi . 2819
Milzextrakt, therapeutische Wirkung des,
von TTarrower . 1954
Seite
1952
Milzfunktion, zur Pathologie der, von Ep¬
pinger . . •
Morphiumentwöhnung mit Skopolamin,
von Muelleri . . • 093
Milzruptur, spontane, von Johansson 1170,
— als Unfallfolge, von Isbioka . . . 2(597
Milztumor mit tödlicher Blutung, von Ewald 1 64
Milzvenen- und Pfortaderthrombose, von
Goldmann . . 1903
Mineralsalze, Bedeutung der, für Stoff¬
wechsel und Therapie, von Grabley . 2364
Mineralstoffwechsel des Menschen, von
Berg . 2364
Mir ist wohl . • • 1841
Mischnarkose, Pharmakologie der, von Zorn 992
Missbildung der Geschlechtsorgane, von
Vromen 93, angeborene — , von Hayashi
und Matsuoku 1339, von Kaiser 2859,
— des Sehnerveneintrittes, von See¬
felder 1512, seltenere — der inneren
Genitalien, von Stratz 1788, Statistik
der angeborenen — , in Japan, von
Hiromoto 1842, mehrfache — , von
Pfänner . 2252
Missed labour, von Kreisch . 1263
Missionsarbeiter, die Gesundheitsverhält¬
nisse der Rheinischen, von Fiebig . . 88
Mistelsky, Verurteilung des Kurpfuschers 1639
Mitlacher, Prof. Dr f . 224
Mitralstenose, der Vorhof bei der, von
Samways . 1734
Mitteilungen, Radiologische, des Kreuz-
nacher Aerztevereins 680, bakteriolo¬
gische — , von Neisser 1063, — und
Ausblicke, von Kochel ....... 1281
Mittelohr, Entwicklung der eitrigen Ent¬
zündungen des, von Wittmaack 1519,
Tuberkulose des — , von Brieger 1568,
Beziehungen der Pneumatisations¬
störungen zu den eitrigen Entzündungs¬
prozessen des — , von Wittmaack . . 1568
Mittelohrentzündung, die syphilitische,
von Lüders . 317
Mittelohrflsteln u. Perforationen an der
Schädelbasis, von Riedel . 1248
Mittelohrtuberkulose, von Brock .... 1568
Mittelstandssanatorium, ärztliches, inWien
1625, Gründung von — . 2250
Modiskop, von Keller . 828
Möbiusstiftung . . 391
Möller Barlo wsche Krankheit, von Hart u.
Lessing . 189o
Mörtelfeuchtigkeit, Bestimmung der, von
Korff Petersen . 2690
Molen, Breussche Molen, u. retinierte Eier,
von Waldstein 936, destruierende oder
penetrierende — , von Curtis und Oni 2539
Molke u. .Magendarmfermente, von David¬
sohn . 2071
Molliment . 1839
Molluscum contagiosum, von Merkel . . 1045
Momburgscher Schlauch, Gefahren des,
von Mayer . 1729
Momentaufnahmen, stereoskopische, von
Lorey 833
Monatsschrift, Bibliographische .. .. 1239
Mongolen, organ abbauende Fermente im
Blute, von, von Jödicke . 2692
Mongolen fleck, der, in Nordafrika,von Bruck 1071
Mongolismus, von Strauch 676, 2315, von
Tugendreich . 2594
Monokel, das, von Halben . 959
Morbus coeruleus, von Lippmann .... 619
Morphin, Verhalten des, gegen Fäulnis,
von Ipsen 1282, Gefährlichkeit der
Kombination von — mit allgemeiner
Narkose und mit Schlafmitteln, von
Straub 1823, Wirkung von — auf das
Wachstum der transplantablen Mäuse¬
tumoren, von Joannovics . ... 2195
Morphinismus, Klinik und Therapie des,
von Friedländer . 670
Morphinvergiftung, Gutachten über, von
Magnus ............ 1847
Morphinwirkung auf die Zirkulation, von
Anderes . 1565
938
882
371
Seite
Morphium, Wirkung des, von Madrakowski
und Sabat . 832
Morphiumvergiftung, von Braun 1012, post¬
operative — , von Hinterstoisser . . . 2855
Morrow Pr. A. f . 792
Mosquitoküste, Aerzte u. Krankenhäuser
an der, von Schottelius . 1063
Motais Prof. Dr. f . 1528
Mückenvertilgung, von Mühlens .... 1400
Müller Dr. Franz C. f . . . 2096
Müllverbrennung, von Sperber .... 2256
Mütter, Tod der, in der Univ .-Frauenklinik
zu München, von Wehner .... 999
Mütterfürsorge, Beziehungen der, zur
Säuglingsfürsorge, von. Schönflies 1632,
Aufgaben des Arztes in der — , von
Holzinger . • 1632
Mütter- u. Säuglingsfürsorge, neue Reichs¬
anstalt für, in Wien . 320
Mulgatose, von Wallbaum . . L . 1507
Mumps, Enzephalitis und, von Bien 2373,
das Blut und die Zerebrospinalflüssig¬
keit heim — , von Feiling . 2695
Mumpsepidemie, von Müller und Römer 1122
Mumpsphlebitis, von Hirtz und Salomon . 334
Mund, Therapie der Entzündungen im,
Rachen und Kehlkopf, von Lang . .
Mundbodendermoide, von Hassel ....
Munddiphtherie und Munddiphtheroid, von
Züllig ... .
Mundhöhle, die Krankheiten der, und der
oberen Luftwege, von Trautmann 823,
die Erkrankungen der — und der Speise¬
röhre, von Kraus und Ridder 1445, die
Krankheiten der Nase und der — , von
Bruck 1445, Bakteriologie der — , von
Regensburger 2315, die Krankheiten
der — , des Rachens und der Nase,
von Grünwald 2636, gonorrhoische Er¬
krankung der — bei Neugeborenen,
von Shwif . 2810
Mundschleimhautkarzinome, Behandlung
der — mit Radium, von Schindler . 2482
Mundsepsis, von Mills . '2643
Mundspeichel, diastatische Kraft des, von
Hirata . . 2130
Mundsperrer, von Marschik . . .... 730
Murphyknopf, Anwendung des, bei der
Gastroenterostomia retrocolica poste¬
rior, von Fesenmeyor .
Murri-Stiftung .
Muskel, Muskeln, die, des Stamme->, von
Eisler 141, zur chemischen Pathologie
des — , von Grund 601, die — des
menschlichen Beines, von Frohse und
Fränkel 1612, Leitungsgeschwindigkeit
der Erregung im quergestreiften — ,
von Hoffmann 2243, Elektromyogramm
roter und weisser — , von Kohlrausch 2243
Muskelangiome, kavernöse Form der, von
Borchard . 2588
Muskelarbeit und Körperkonstitution, von
Roeder . . . • 2300
Muskelatrophie, neurotische progressive,
von Seifert 1227, Spätformen der pro¬
gressiven — , von Ziegler 1845, — zere¬
bralen Ursprungs, von Roasenda und
Angela . 1850
Muskelbündellänge und neurogene Kon¬
trakturen, von Jansen . 780
Muskeldystrophie, Kombination der, mit
anderen Muskelerkrankungen , von
Klieneberger . . 2012
Muskelerkrankung, systematische, von
Hoehl ... . • 268
Muskelfaser, Erregungswellen in den, von
Hoffmann . 2243
Muskelhaken, neuer stumpfer, von Jessen 2733
Muskelkontraktur, Beseitigung der ischä¬
mischen, durch freie Muskeltransplan¬
tation, von Göbell . 1503
Muskellähmung, ischämische, und Muskel¬
kontraktur, von Kroh . 543
Muskel- und Gelenkmechanik, Lehrbuch
der, von Strasser . 2414
Muskelrhcumatismus, von Luff . 196
1162
101
1913
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXXVII
Seite
Muskelsarkom, primäres, und Myomek-
tomie, von Fasano . 1 1(38
Muskelverknöcherung, Ursache der trau¬
matischen, von Ewald 378, von Janz 378
Mu8kelverpllanzung, von Reichard . . . 439
Muskelzuckungen, rhythmisierte klonische,
von Friedrich . 1843
Muskulatur, die Chirurgie der quergestreif¬
ten, von Küttner und Landois . . . 1444
Musterverträge, die, der Krankenkassen¬
kommission des Deutschen Ae.-V.B.
und die ärztlichen Tarifverträge, von
Koebner . 1329
Mut, der, zu sich selbst, von Marcinowski 424
Mutterkornpräparate, Wirksamkeit syn¬
thetischer, von Rübsamen . 1457
Mutterschaft, von Schreiber . . . 1274
Muttertuberkulose, Stillen bei, von Coz-
zolino . 2299
Myasthenie, faradisch elektrische und
histologische Untersuchungsergebnisse
bei, von Harzer . .... 1843
Myatonia, Pathologie und Klinik der,
congenita, von Kaumheimer . 1901
Mycetom in Amerika, von Sutton . . . 1957
Myeline, doppeltbrechende, in Katarakten,
von Hoffmann . . 741
Myeloblastenleukämie, akute, von Boechat 2301
Myelodysplasie und Enuresis nocturna,
von Saenger . 1844
Myeloide Metaplasie bei experimentellen
Blutgiftanämien, von Albrecht 1220,
von Meyer . 1220
Myelom, das multiple, von Shennan . . 2696
iVlyelomeningozelen, nachträgliche Ueber-
häutung von, von Bonsmann .... 2418
Myeloplastik, von Schmieden . 1751
Myelose, mit Benzol behandelte chronische
leukämische, von Döri . 2806
Mykolisine Doyen, von Konried .... 207
Mykose der Magenschleimhaut, von Be-
nelli . . 310
Myokardische Affektionen, physikalische
Zeichen von, von Lewis . 1734
Myocarditis, Cymarin bei, chronica, von
Kolb . . • . . 2301
Myonysteropexie, von Jacobovici .... 2304
Myokardveränderungen bei Intoxikatio¬
nen, von Anitschkow . 601
Myoklonusepilepsie, familiäre, von Sioli 1449
Myome, Typen von, von Seilheim . . . 2432
Myombehandlung, moderne, von Schauta
374, operative — , von Fleischmann 716
Myome, Einfluss der, auf Sterilität und
Fertilität, von Szametz 265, subseröses
— , von Henkel 613, Röntgentherapie
bei -r- und Fibrosis uteri, von Hirsch
906, — der Vagina, von Dicke 937, Rönt¬
gentherapie der — , von Kosminski
1226, vonDöderlein 1403, Mesothorium¬
behandlung der — , von Döderlein 1403,
von Gauss und Krinski 1404, die Lymph-
bahnen der — , von Polano 1456, Hy-
stereuryse bei — unter der Geburt,
von Christiani 1616, Röntgenbehand¬
lung bei — , von Langes . 1740
Myomenukleation, von Schopp . 259
Myomoperationen, partielle, von Freund 1457
Myomotor, der neue, von Becker . . . 428
Myopie s. u. Kurzsichtigkeit, Schul¬
myopie.
Myopie, traumatische, von Tange .... 2140
Myositis ossificans, von Brauer 157, zur
Kenntnis der — , von Jacob 1089, trau¬
matische — , von Rotky 1106, — ossi¬
ficans progressiva multiplex, von Goto 1218
Myotonie, atypische, von Hirsch-Tabor
670, atrophische — , von Grund 863,
— akquisita mit Muskelatrophie, von
Willich 2025, atrophische — nach
Trauma, von Tetzner . 2136
Myxidiotie, zwei Geschwister mit, von
Goldstein . 2356
Myxoedem, von Thost 49, von v. Strümpell
270, kongenitales — , von Kotzenberg
325, — und Kretinismns, von Wagner
v. Jauregg 1159, — und Basedow, von
von Maranon 1224, forme fruste von
Seite
infantilem — , von Weihe 1909, Patho¬
logie des angeborenen und erworbenen
— im Kindesalter, von Siegert . 2374
N.
Nabeladenome, Kasuistik und Histogenese
der, von Zitronblatt . 484
Nabelbrüche, Naht von grossen, und ähn¬
lichen Hernien, von Bertelsmann . . . 314
Nabelhernie, Behandlung der, bei Kindern
mit elektrischer Ligatur, von Fraser
2696, Methode zur Behandlung der — ,
von Pringle . 2696
Nabelkoliken, rezidivierende, bei älteren
Kindern, von Moro . 2827
Nabelschnur mit wahrem Knoten, von
Plolzapfel . 1456
Nabelschnurknoten, Tod des Kindes durch
einen wahren, von Holzapfel .... 2297
Nabelschnurrest, Versorgung des, von
Nädory . 1279
Nabelschnurumschlingung, forense Be¬
deutung der, von Engau . 772
Nabelsteine, sogenannte, von Herzen¬
berg . 885
Nachgeburtsperiode, Behandlung der, von
Reber . . 773
Nachkommenschaft von 442 tuberkulösen
Arbeiterfamilien, von Leroux und Grun-
berg . 1047
Nacüröten, vasomotorisches, von Schellong 377
Nadelhalter, neuer, von Blumenthal . . . 1620
Näcke, Oberm -R. f . . 2031
Nährböden, kohlehydrathaltige, von Sai-
sawa 1165, Gewebewachstum in sauren
— , von Rous . . . 2592
Nährklistiere mit Eiweissabbauprodukten,
von Schöpf . 1336
Naevus flammeus, von Zieler 163, von
Kren 1469, Haemangiom der weichen
Hirnhaut bei — vasculosus des Gesichts,
von Hebold 1564, — angiomatosus,
von Flesch . . 2818
Naganainfektion, Schutzimpfung gegen,
von Rondoni und Goretti . . 2245
Nagelextension, zur, von Magnus 202, von
Grüne 712, von Wolff 781, Technik
der Steinmannschen — , von Kulen-
kampff 1447, Schädigung des Knochens
durch — , von Wagner 1451, — bei
Frakturen der unteren Extremität, von
Jüngling 1748, Technik der — , von
Steinmann 1841, von Kulenkampff . . 1841
Nagelextensionsapparat, un verschiebbarer,
von Spiegel . 1451
Nahrungsaufnahme, Einfluss der, auf den
Stoffwechsel, von Benedict . 1276
Nahrungsballast, von Hirschstein .... 1462
Nahrungsbedürfnis, das, von Sternberg . 2914
Nahrungseiweiss, Einfluss des, auf die
Bluterneuerung, von Hopmann . . . 2639
Nahrungsmittel, Verkehr mit 223, Arbeiten
über — . 2129
Nahrungsmitteluntersuchung, Handbuch
der, von Beythien, Hartwich und Klim-
mer . 425
Nahtverstärkungswert des ungestielten
Netz-, Peritoneal- u. Mesenteriallappens,
von Sasaki . 2067
Napoleon, von der Sektion, herstammende
Präparate, von Keith . 1732
Narben, Strahlenbehandlung der fehler¬
haften, und Keloide, von Freund . . 2537
Narkolepsie, von Laaser 49, von Kliene-
berger . 429
Narkophin, Verwendung des, in der Ge¬
burtshilfe, von Jaschke 72, von Drews
1218, Anwendung des — , von Eisner
1415, über — , von Rosenthal 1917, von
Wockenfuss . 2150
Narkose, s. a. Aethernarkose, Aethertropf-
narkose, Aethylchloridnarkose, Allge¬
meinnarkose, Chloraethylnarkose, Chlo¬
roformnarkose, Hedonalnarkose, Iso-
pralnarkose, Lachgasnarkose, Magne-
Scite
siumnarkose, Sauerstoffnarkose, Ueber-
drucknarkose.
Narkose, Frage der, von Rovsing 332,
intravenöse — , von Keppler u. Bres¬
lauer 370, Einfluss der Chloroform-,
Aether- und Misch- -- auf die physi-
kal.-chem. Beschaffenheit des Blutes,
von Oliva 825, — und verwandte Er¬
scheinungen, von Traube 1576, Horn¬
hautläsionen nach — , von Schnaudigel
1600, Gefährlichkeit der Kombination
von Morphin mit allgemeiner — , von
Straub 1 823, Kohlehydratstoffwechsel
in der — , von Oppermann 1844, Ver¬
halten der Tränendrüse während der — ,
von Rutherford . ’ 2643
Narkotikagemische, Wirkung von, auf poi-
kilotherme Wassertiere, von Kochmann 770
Narkotikum, Wahl des, bei Operationen
in der Bauchhöhle, von Sprengel . 830
Nase, Schleimhautlupus der, von Walb 602,
die Krankheiten der — und der Mund¬
höhle, von Bruck 1445, vergleichende
Bakteriologie der — und des Mundes,
von Streit 1571, Chirurgie der Neben¬
höhlen der — , von Kleestadt 2070, Be¬
ziehungen zwischen .Allgemeinerkran¬
kungen und solchen der — , von Senator 2693
Nasenbluten, häufiges, bei Jugendlichen,
von Nobis . 268
Nasendiphtherie, klinische Bewertung der
Bakterien bei der, der Säuglinge, von
Buttermilch . 2817
Nasendusche, direkt erwärmbare, von Hart¬
mann . .... 1572
Nasenersatz, von Brei tner 1577, einfacher — ,
von Zinsser 2734, von Herrenknecht 2842
Nasenkrankheiten und Dysmenorrhöe, von
Henkes . 2140
Nasennebenhöhlenerkrankungen, Röntge¬
nologisches über, von Neubert . . . 1293
Nasenplastik, von Koch . . . . 1467, 1516
Nasenpolyp, einfacher, von Fimmen . . 1292
Nasenrachen, direkte Besichtigung des,
von v. Gyergyai . ... 1571
Nasenrachenraum, primäre maligne Ge¬
schwülste des, von Oppikofer . . . 2360
Nasenscheidewand, Reorganisation des
Knorpels der, nach submuköser Re¬
sektion, von Ssamoylenko . 1792
Nasenspülapparat Vakuum, von Waib . 1398
Nasensteine, von Heinemann . 1790
Nasenstirngegend, Verletzungen der, von
Böhmig . 1292
Nasenverletzung, von Klapp . 153
Nasenverstopfung, von Fimmen .... 1292
Nastin, Leprabehandlung mit, von Ru¬
dolph 902, von Schumacher . 1956
National-Iiygienemuseum in Dresden . . 679
Natriumbikarbonatlösungen, subkutane In¬
fusion von, Amn Magnus-Levy .... 2650
Natrium salicylicum, Resorption von, von
Levin 41, Ersatzmittel des — , von Cle¬
mens . 154
Natriumnitrit, Vergiftungen mit, von Krogh 551
Natron, Einfluss des Salizylsäuren, auf das
Herz, von Borissow . 1621
Natura . 1840
Nature, the, of woman, von Tayler ... 88
Naturforscherversammlung in Wien . . . 2207
Naturvölker, Medizin und Religion bei
den, von Beth . 2376
Naturwissenschaften, HandAvörterbuch der 200,
1725
Nearthrosis, operative, Aron Helferich . . 2769
Nebenhodentuberkulose , Zeugungsfähig¬
keit bei bilateraler, von Fürbringer . .1681
Nebenniere, Blutung in das Lager der
rechten, von Enderlen 216, — bei
Hemizephalen, von Veit 562, — und
Fettstoff Wechsel, von Landau 715, Be¬
ziehungen der — zu Blutzucker und
Wärmeregulation, von Freund und Mar-
chandll64, — und Genitale, von Novak
1291, neuere Untersuchungen über die
— , von Luc k sch 1468, 2196, zur l’atho-
logie der — , von Helly 1811, das dop¬
peltbrechende Lipoid der — , von Welt-
LXXVIlt
INHALTS-VERZEICHNIS.
l^li
Seite
mann 1845, — und Zuckerstich, von
Jarisch 1950, Studien über die — , von
Kahn 2189, Veränderungen der — bei
Schwangerschaft und Kastration, von
Kolde 2808, Adrenalingehalt der — bei
Thorium-X-Intoxikationen , von Salle
und Apolant 2851, Rolle der — bei
der Regelung der Körpertemperatur,
von Döblin und Fleischmann ....
Nebennierenmark, Tumoren des, von Herx-
heimer . 2588
Nebennierenrinde, zur Entwicklung der,
von Landau . 480
Nebennieren- und Kalkstoffwechsel, von
Novak - . 2432
2851
Seite
Seite
354
72
1230
1218
Neosalvarsanvehikel, Patientenserum als,
von v. Schubert . 2911
Neosalvarsanvergiftung, 2 Fälle von, von
Wahle .
Neosalvarsanwirkung bei Keratitis paren-
chymatosa, von Hoehl .
Nephrektomie ohne Drainage bei tuber¬
kulöser Niere, von Mayo 486, geburts¬
hilfliche Argumente zugunsten der —
wogen einseitiger Nierentuberkulose,
von Spire und Boeckel ....... 1791
Nephrektomierte, das spätere Schicksal
der, von Kümmell 1007, 1785, die Zu
kunft der — , von Bary
1792
Nebennierentumoren, von Oehlecker . .
Neoimplantation der V. renalis in die V.
cava, von Jeger und Israel .
Neosalvarsan von Dreyfus 630, von Iversen
663, von Grünfeld 665, — bei Malaria
tertiana, von Schaefer 36, Erfahrungen
mit von Odstrcil 42, vergleichende
Tierexperimente mit Salvarsan und — ,
von Kersten 51, parasitotrope Wirkung
des — , von Arzt und Kerl 97, über — ,
von Bayet 98, von Heuck 110, Parasi-
totropie, und Toxizität des — , von
Ullmann 108, lokale Behandlung der
Keratitis parenchymatosa mit — , von
Bachstez 264, lokale Anwendung von
— am Auge, von Igersheimer 610, Be¬
handlung der Gonorrhöe mit — , von
Levy-Bing 679, neue Art intravenöser
Injektion von — , von Ravaut 622, Er¬
fahrungen über — , von Lier 662, —
bei Febris intermittens tertiana, von
Iversen und Tuschinsky 663, Wirkung
des — } von Ssolowjew 664, Behand¬
lung der Gonorrhöe und ihrer Kompli¬
kationen mit — , von Janet und Levy-
[• Bing 679, Anwendungsart des — , In¬
fusion oder Injektion? von Stern 691,
792, darf — ambulant angewandt
werden? von Touton 714, von Wolff
und Mulzer 1109, Parallel versuche mit
Alt — und — , von Gutmann 772, in-
traarachnoideale Injektion von — , von
Marinesco 935, Versuche mit — , von
Jordan und Finkeistein 998, — in
der Otorhinolaryngologie, von Botey
1225, über das — , von Mamulianzl286,
Salvarsan und — , von Gerbsmann 1286,
— bei Malaria und Syphilis, von
Iwanow 1287, Einfluss des — auf die
Wassermannsche Reaktion, von Gurari
1287, Einfluss des — auf Kreislauf und
Nieren, von Alwens 1341, intravenöse
Applikation von — mittels Spritze, von
v. Zumbusch 1849, therapeutische Wir¬
kung des — auf Tuberkulide, v. Ravaut
2028, durch — geheilte Aktinomykose,
v. Ploeger 2092, intravenöse Injektionen
75 von konzentriertem — , von Katz 2337,
Resultate mit — bei luetischen Affek¬
tionen der oberen Luftwege, von
Schlesinger 2360, — bei Malaria
tertiana, von Baetge 2379, 2776,
zur Gabengrösse des — , von Neu¬
mayer . . •
Neosalvarsanbehandlung der lokalen Spiro-
chaetosen, von Gerber 635, Versuch
der — bei Scharlach, von Axionow .
Ne osal varsanin j ektion , Gehirnhyperämie
nach einer intravenösen, von Perkel
998, löprozentige intravenöse — , von
Görl 1126, tausend subkutane — , von
Wechselmann 1309, neues Verfahren
der intravenösen — , von Alexandrescu-
Dersca 1601, vereinfachte Technik der
intravenösen — , von Jess 1971, kurze
Bemerkungen über — , von Schreiber
f 1993, konzentrierte intravenöse — ,
von Frühwald 2512, konzentrierte — ,
von Kerl . 2855
Neosalvarsanlösung, neue Spritze zur In¬
jektion von konzentrierter unter Luft¬
abschluss hergestellter, von Duhot
1088, Injektion konzentrierter — , von
Gurari und Fatjanow . 2422
2672
2810
Nephritis s. a. Azotämie, Glomerulone¬
phritis, Nierenentzündung.
Nephritis, hypogenetrische, von Jianu und
Meller 43, Azotämie bei — und deren
prognostischer Wert, von Baiatu 43,
entgiftende Tätigkeit derParathyreoidea
bei der — , von Georgopulos 89, intra¬
renale Drucksteigerung und chirurgi¬
sche Behandlung der — , von Zondek
91, chronische — , von Gerhardt 106,
chron. parenchymatöse — , von Fleck-
seder 219, experimentelle — infolge
von Immobilisation, von Amerling 258,
zur Chirurgie der — , von Pousson 545,
zur Prognose der — , von Goldberg 559,
chirurgische Behandlung der — , von
Cesar 934, Ausscheidung der stickstoff¬
haltigen Stoffwechselprodukte bei — ,
von Erde ly i 1105, Polyurie bei sub¬
akuter — , von Baehr 1216, — in gra-
vididate, von Holzbach 1290, akute —
mit Anurie, von Schloffer 1299, aktive
Exspiration bei — , von Barrenscheen
1446, Hämaturie bei chronischer — ,
von Eisendrath 1522 , serologische
Untersuchungen mit Hilfe des Dialy-
sierverfahrens bei — , von Lampe und
Papazolu 1 533, alimentäre Laevulosurie
bei chronischen — , von Franke 1682,
Blutzuckeruntersuchungen bei chroni¬
schen — , von Borchardt und Bennigson
2275, die Rolle der hyalinen Zylinder
in der Diagnose und Evolution der — ,
von Simionescu 2304,Thyreoidtabletten
als prälimin ärer Schritt zu chirurgischen
Eingriffen bei — , von Percy 2591,
Erysipelas contra — , von Glaser 2747,
spezifische — bei Erbsyphilis, von
Hintzelmann 2804, Kochsalzretention
bei — , Herzkranken und Pneumonie,
von Hoff 2806, postanginöse — , von
Pribram . . . 2818
Nephritisfragen und Nephritischirurgie,
von Rüge . 2070
Nephrolithiasis, die Radiographie in der
Diagnostik der, von Klieneberger 1282,
durch Ureterenstriktur vorgetäuschte
— , von Baar . 2838
Nephrolysine, von Lüdke und Schüller . 36
Nephropexie, von Henschen 1614, —
mittels freien Faszienstreifen, von
Cordua . 1900
Nepbrose, chronische, im Kindesalter, von
Heubner 600, Kombination von Thy-
reosen mit — , von Jamin . 1843
Nephrotomie, Technik der, und Nieren¬
resektion, von Rubaschow . 2586
Nerven, morphologische Veränderungen
des gereizten, von Stübel . 2244
Nervenchirurgie, Beiträge zu einer ratio¬
nellen, von Stoffel . 175
Nervenfasern, beginnende Degeneration
der, von Donaggio . 2253
Nervenkranke, Demonstration an, von Wed-
dy-Poenicke 953, Blutuntersuchungen
bei — , von Sauer .
Nervenkrankheiten, mechanische Behand¬
lung der, von Cohn 990, Lehrbuch
der — , von Bing 2187, von Oppenheim
2686, — und Geisteskrankheiten in
Brasilien, von Moreira 2253, natür¬
liche dreifache Ernährung bei — , von
Monteeuis 2255, klinische Symptome
aus dem Gebiete der — , von Hart¬
mann . 2310
2701
Nervenlähmungen, operative Behandlung
traumatischer peripherer, von Luxem¬
bourg . .
Nervenmassage, von Wiszwianski ....
Nervennahrung, Dr. Frank s .
Nervennaht, Ergebnisse der, von Strobel
und Kirschner .
Nervenplastik, von v. Saar .
Nervenpunktlehre, die von Cornelius und
die schwedische Massage, von Port .
Nervensystem, Bau und Verrichtungen des,
von Edinger 1214, pharmakologische
Prüfung des vegetativen — im Kindes¬
alter, von Eckert 1279, experimentelle
Syphilis des — von Weygandt und
Jakob 1405, 2037, Uebungstherapie bei
Erkrankungen des — , von Hirschberg
1502, Behandlung der postsyphilitischen
Erkrankungen des — mit Quecksilber
und Salvarsan, von Tshirjew 1564,
Pathologie des vegetativen — beim
Kinde, von Viereck 1617, Erkrankungen
des zentralen — bei Biermerscher Anä¬
mie, von Dinckler 1843, radiologische
Studien über Beziehungen des — zur
motorischen Funktion dos Magens, von
Eisler und Lenk 2048, von v. Berg¬
mann 2459, von Massini 2460, von
Eisler 2734, allgemeine klinische Lokali¬
sation im — , von Valkenburg 2128,
Regeneration des — , von Dustin 2252, Ab¬
bauvorgänge im — , von Alzheimer 2427,
Tonus der sympathischen — beim kran¬
ken Säugling, von Togner 2689, patholo¬
gische Anatomie des — , von Gross .
i Nervenverletzungen im Balkankrieg, von
Laurent . . .
Nervenzellen, kolloidale Struktur der, von
Marinesco 2252, Pathologie des neu-
rofibri Hären Netzes der, von Donaggio
Nervöse, das Seelenleben der, von Marci-
nowßki . . . .
Nervöse Erkrankungen nach Eisenbahn¬
unfällen, von Horn und Rumpf . .
, Nervöse Zustände, Beurteilung der Arbeits¬
fähigkeit bei, von Zahn . . .
Nervosität, die Behandlung der, von Weber
Nervous and Mental Disease Monograph
Series .
Nervus vagus, inthratorakale des, von
Heller 672, Klinik und Chirurgie des —
phrenicus, von Oehlecker 1120, 1339,
Redeutung des — depressor für Blut¬
druck und Aorta, von Stadler 1844,
Phlebektasien und Varizen des —
ischiadicus, von Reinhardt .
! Nessushemd, das, von Nassauer ....
Netz, Bedeutung des, von Gundermann
1503, zur Pathologie des grossen — ,
von Gundermann .
Netzbrüche, von Krecke .
| Netzhaut, Eisensplitterin der, von Alexander
j Netzhautablösung, zur, von Kümmell 380,
operative Behandlung der — , von
Fehr 718, von Birch-Hirschfeld 1514,
Sklerektomia praeaequatorialis bei — ,
von Holth 1514, Erfolge bei der Be¬
handlung der — , von Emanuel . . .
Netzhautgliom, von v. Khautz .
Netzhautveränderungen, degenerative, von
Brückner .
Netzmanschette, weitere Erfahrungen mit
der, von Neumann .
Netztransplantation, freie, im Dienste der
Bauchchirurgie, von Hesse .
Netzunterbindungen, Geschwulstbildung
nach, von Holländer .
Neubildungen, nichtoperativeBehandlungs-
methoden der bösartigen, von Werner
601, Rückbildung prognostisch schwerer
— unter Radium, von Dominici 958,
Mesothoriumeinwirkung auf genitale
— , von Kroemer 1455, die Erstickung
bösartiger — , von Chachlow 1621,
Anfänge der atypischen — im Rek¬
tum und im S romanum, von Libensky
1674, Mesothosiumein Wirkung auf —
der weiblichen Genitalien , von
Kroemer .
2246
948
1840
1 106
780
2732
2860
2869
2253
424
2741
2698
837
1359
2300
2415
2278
2091
2315
2544
900
1513
619
145
618
2081
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXXtX
Neubornyval 1839, von Rigler 249, von
Engelen .
Neugeborene, Abhängigkeit der körper¬
lichen Entwicklung von, vom Berufe
der Eltern, von Goldfeld 93, seltene
Erkrankung eines — , von Krüger-
Franke 205, Weichteildefekte am Kopfe
von — , von Vogt 937, Gewichtsabnahme
der — , von Trepper 1226, das Gewicht
der — und die Ernährung der Mütter,
von Bondi 1452, Einfluss körperlicher
und sozialer Verhältnisse der Mutter
auf dieKörpermasse der — ,vonv.Guffeld
1504, das Baden der — , von Weiss wange
1788, die Augeneiterung der — , von
Crede Hörder 2241, Physiologie und
Technik der künstlichen Ernährung
des — ■, von Jaschke .
Neuralgien, Elektrotherapie der, von Mann
951, objektive Feststellung der — , von
Zuelzer 1009, traumatische — , von
■ Gruber .
Neurasthenie, die, von Crocq 98, Syphilis
und — , von Krebs .
Nematode (Spiroptera sp. n.), von Fibiger
Neuritis , Histopathologie der , von
Dominikow 147, Beziehungen der —
optica retrobulbaris zu den Neben¬
höhlenerkrankungen, von Wertheim
265, — optica und Neurofibromatose,
von Pincus 385, akute retrobulbäre — ,
von Tertsch 621, die arteriosklerotische
— , von Förster .
Neuro-Dermomyositis, von Förster ....
Neuroepithelioma gliomatosum, von Ro¬
man .
Neurofibromatose, diffuse, von Verse . .
Neurokardin .
Neurologie, diagnostische Bedeutung der
Hämatologie für die, von Naegeli 194,
— des Auges, vonWilbrand und Saenger
1103, Handbuch der — , von Lewan-
dowsky 2294, Institut für praktische —
in Berlin 2428, Beziehungen der Rönt¬
genologie zur — , von Schüller . . .
Neuropathologie und -Therapie im Deut¬
schen Reiche um das Jahr 1700, von
Schmelz .
Neuropsychologisches Grundgesetz, von
Ranschburg .
Neurosen nach Unfällen, von Schultze und
Stursberg 32, die vasomotorisch trophi-
schen — , von Cassirer 199, trauma¬
tische — , von Becker 376, traumatische
— ohne Rentenanspruch, von Bloch
376, respiratorische — , von West 676,
ungeheilte traumatische — , von Naegeli
1343, die traumatischen — , von Murri .
Neurosenforschung, neue Wege der, und
-Behandlung, von Seif .
Neutuberkulin, kontrollierte therapeutische
Verwendung des, bei der Lungentuber¬
kulose, von Rigg 1733, von Watkin .
Nicolai, die Krankheit und der Tod Ottos,
von Michelsen .
Niedner, Geh. Med.-Rat f .
Nieren, Chirurgie der, von König 162, Bil¬
dung venöser Kollateralbahnen in der
— , von Isobe 200, Zuckerdichtigkeit der
— nach wiederholten Adrenalininjek¬
tionen, von v. Konschegg 206, Rege¬
nerationsvorgänge in den — , von Tilp
255, in die Arteria brachial is eingenähte
— , von Schönstadt 324, Exstirpation
einer — wegen Tuberkulose, vonCasper
434, Blutzyste der — , von Kotzen berg
436, die Untersuchung der — und der
Harnwege mit N Strahlen, von Alexan¬
der 479, Schädigung der — bei Eklamp¬
sie, von Zmsser 545, Plasmazellen in
den — , von Ceelen 601, Salzwirkung
auf die Funktion insuffizienter — , von
Zander 770, Funktionsprüfung der — ,
von Schlayer 800, von Treupel 1350,
Entstehung dnr kleinzelligen Infiltrate
der — bei Scharlach und Diphtherie,
von Schridde 826, Exstirpation der — ,
von Mühsam 1058, Hypernephrome der
Seite
2013
662
2705
600
1744
1840
2428
2377
2428
1501
1233
2644
1777
1360
Seite
2744
2645
1620
2015
— , von Harttung 1163, Innervation der
— , von Renner 1275, hydronephrotische
und verkalkte — , von Bauer 1413, Kon¬
zentrationsvermögen der — beim Dia¬
betes insipidus, von Forschbach 1446,
Untersuchungen über die Funktion der
— mit Hilfe der Phenolsulfophthalein-
probe, von Behrenroth u. Frank 1561,
Einwirkung einer lädierten — auf die
der anderen Seite, von Isobe 1562, Kom¬
bination von Tuberkulose u. Steinkrank¬
heit der — , von Schwarzwald 1576, kon¬
genitale Dystopie der — , von Bret-
schneider 1615, luetische und postlue¬
tische Erkrankungen der — , von Bauer
u. Habetin 1620, Einwirkung von Kalk¬
salzen auf die — , von Jakoby u. Eisner
1680, Funktionsprüfungen an transplan¬
tierten — , von Lobenhoffer 1726, Er¬
müdbarkeit der — , von Mosentbal u.
Schlayer 1841, Steinerkrankung der — ,
von v. Illyös 2131, osmotische Eigen¬
schaften der — , von Siebeck 2191, Ein¬
fluss der intravenösen Salvarsanin jek-
tionen auf die — , von Schlasberg 2359,
Funktion der — in der Schwangerschaft,
von Jaschke 2371, Zusammenhang zwi¬
schen Funktion der — und Chlorre¬
tention 2472, Entwicklungsstörung der
— , von Buday 2534, Fremdkörper in
der — , von Haberern 2534, moderne Me¬
thoden der Funktionsprüfung der — ,
von Bauer u. Habetin 2549," Wirkung
des Kochsalzes auf gesunde u. kranke
— , von Longo 2750, — u. Nebenniere,
von Voegelmann 2853, geformte Harn¬
säureausscheidunginden — , von Eckert 2853
Nierenarterie, Unterbindung der, u. -vene
als Ersatz für die Nephrektomie, von
Kellock . 1577
Nierenbeckenentzündungen, Pathogenese
u. Klinik der, von Lindemann . . . 543
Nierenbeckeneiterung, luetische, von Gott¬
fried . 2704
Nierenbecken- und Harnleiternaht, von
P. u. L. Bazy .... 934
Nierenblutungen, von Holinger 1690, Be¬
handlung starker — durch Epinephrin,
von Kretschmer . 2591
Nierenchirurgie, Frage der, von Rovsing
332, zur — , von Schloffer 388, — und
Blasenchirurgie, von Martens .... 1737
Nierendiagnostik, funktionelle, von Brom¬
berg . 1900
Nierendystopie, von Ekler . 1164
Nierenechinokokkus, von Salomon . . . 1124
Nierenentzündung, s. a. Nephritis.
Nierenentzündung, akute, syphilitische, in
der Frühperiode, von Hoffmann 484,
operative Behandlung der — , von
Herz 602, Verhalten der Salzsäure im
Magensaft bei — , von Sebardt 1169,
die Nierenfunktion bei der durch Subli¬
mat erzeugten — , von Ghiron .... 2137
Nierenerkrankung, postluetische, vonBauer
388 , anhaltende Blutdrucksteigerung
und — , von Fischer 1216, — in der
Schwangerschaft herzkranker Frauen,
von Jaschke 1290, Kohlensäurespan¬
nung des Blutes bei — , von Porges
und Leimdörfer 1675, Klinische Dia¬
gnostik der degenerativen — , von
Munk 2065, Mechanotherapie der — ,
von Kirchberg . 2766
Nierenfunktion in der Schwangerschaft und
bei Schwangerschaftstoxikosen, von
Fetzer 1347, zur Physiologie und Patho¬
logie der — , von Baetzner 1565, Be¬
stimmung des hämorenalen Index als
Prüfung der — , von Bromberg 1620,
Abhängigkeit der — vom Nervensystem,
von Jungmann 1760, von Jungmann
und Meyer 1846, Fehlerquellen bei der
Phenolsulfophthaleinprobe zur Prüfung
der — , von Roth 2012, — in der
Schwangerschaft, von Eckelt 2298,
Fluoreszin als Indikator für die — , von
Strauss . . 2747
Seite
Nierenfunktionsprüfung durch die Phenol¬
sulfonphthaleinprobe, von Eichmann
428, die — mittels des Phenolsulfon¬
phthaleins, von Fromme und Rubner 588
Nierengegend, radiologische Befunde am
Dickdarm bei Tumoren der, von Luger 431
Niorengeschwülste, Bau und Histogenese
der angeborenen, von Dienst 1164,
histogenetische Abteilung der Grawitz-
schen — , von Kosenfeld . 2690
Niorenhilus, Varix des, von Rössle . . , 2862
Nierenimplantation, Einfluss von, auf die
Nierenf unktion,von Katz u.Lichtenstern 2365
Niereninnervation, von Lobenhoffer . . 1007
Niereninsuffizienz, geistige Symptome beij
von Neff . ’ j223
Nierenkranke, Bestimmung des Reststick¬
stoffes im Blute von, von Michaud . 2917
Nierenkrankheiten, Pilznahrung bei, von
Kakowski 1302, Brightsche — , von
Volhard . 2076
Nierenlager, Blutung ins, von Schiffmann
1340, chronische Apoplexie des — ,von
Rössle . 2862
Nierenleiden, Balneotherapie von, von
Pflanz
264
Nierenoporationen, Leitungsanästhesie bei,
von Käppis . ’ qgg
Nierenprüfung, funktionelle, mittels Phen'ol-
suffonphthalei'n nach Rowntree und
Geraghty, von Erne . 5 1 q
Nierenschädigung nach Infektionskrank¬
heiten, von Frank u. Behrenroth . . . 1054
Nierensekretion, Morphologie der, von
Suzuki 308, Nerveneinflüsse auf die — ,
von Graser . ’ 4997
Nierensteine, von Mosenthal 778, Nach¬
weis von — und Uretersteinen, von
Kümmell . 2367
Nierensteinerkrankung, Pathologie und
Therapie der, von Karo 949, Klinik
der — , von Karo . 1943
Nierensteinfälle, 34, von Kielleuthner ! . 1684
Nierensteinkrankheit, Erfahrungen auf
dem Gebiete der, von Pousson . . . 933
Nierensteinoperationen, von Kolischer . 788
Nierensyphilis, von Welz . 1451
Nierentätigkeit, experimentelle Beeinflus¬
sung der, vom Nervensystem aus, von
Meyer und Jungmann . 1054
Nierentuberkulose, von Rovsing 933, Ver¬
gleichsresultate der verschiedenen Be¬
handlungsmethoden der—, von Bernard
und Heitz-Boyen 220, Nieren-Ureter-
exstirpation bei — , von Bloch 380,
Technik der Diagnose, Operation und
Harnleiterbehandlung bei — , von
Schlagintweit 480, zur Frühoperations¬
frage der — , von Kielleuthner 933,
Röntgendiagnostik der — , von Söder-
lunt 933, Diagnose der doppelseitigen
— , von Casper 1058, anatomisches
Bild der — , von Geipel 1458, — und
Blasentuberkulose, von Rupprecht 1459,
Chirurgie der — , von Wildbolz 1725,
Nephrektomie wegen — , von Spire und
Boeckel 1791, Diagnose und Behand¬
lung der — und Blasentuberkulose im
Anfangsstadium, von Wildbolz 1963,
2311, von Röchet 2310, Indikations¬
stellung bei — , von Voelcker . . . 2131
Nierentumor, embryonaler, von Wendel
1067, Demonstration eines — , von
Lexer 1688, von Payr 1800, Grawitzscher
— , von Graef . 2486
Nierenveränderungen, klinische Diagno¬
stik degenerativer, von Munkl625, 1689,
— bei Tuberkulösen, von Leichtweiss 1785
Nierenverlagerungen, von Rössle .... 1855
Nierenzellen, Degeneration der, von Türk 1845
Nierenzylinder, Bedeutung von, von Thom¬
son . . 2694
Nikotinamblyopie, Behandlung der, mitLe-
zithin, von De Waele . 98
Ninhydrin . 426
Nisslsche Körner, chemische Zusammen¬
setzung der, der Ganglienzellen, von
van Herwerden . 2248
LXXX
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite I
Nitrite, Wirkung der, auf die Körpertem¬
peratur, von Jacobj 1280, Wirkung der
— auf die Durchblutung des Herzens,
von Schloss . 1841 |
Nitritintoxikation bei der Injektion der
Beckschen Wismutpaste, von Jensen 1202 (
Nitrobenzol als Gift im Gewebe und zu
verbrecherischen Zwecken, von Spinner 2416
Nitrobenzolvergiftnng, von Roth .... 1395
Nobelpreis für Medizin 2495, — für Physik
2600, Verteilung der — . 2822
Noder A. s. De Nora. __ ;
Noguchi in München . 2207
Noma, Aetiologie der, von Seitz .... 2545
Nonnescbe Reaktion s. u. Bakterienarten.
Nora A. De s. u. De Nora.
Nordamerika, Hygienisches aus, von Müller 417
Noviform in der oto-rhino laryngologiscben
Fraxis, von Schwerdtfeger 1284, Erfah¬
rungen mit — , von Patek 1451, — in
der Augenheilkunde, von Freytag 1566,
von Best 2921, — in der Rhinologie,
von Divelt 1566, — zur Wundbehand¬
lung, von Speck 1881, über — , von
Frese 2072, Erfahrungen mit — , von
Käsbohrer 2455, — als Salbe in der
chirurgischen Praxis, von Molnar 2599,
— in der Therapie der Augenerkran¬
kungen, von Rauch . 2691
Novokain bei Paravertebralinjektion, von
Muroya 1276, Anästhesie mittels — ,
von Denis . 2920
Novokainlösnngen, Gewebsnckrose und
Arrosionsblutung nach Anwendung al¬
ter, von v. Gaza . 538
Novokainwirkung, Potenzierung der ört¬
lichen, durch Kaliumsulfat, von Braun 2296
Nucleus lentiformis, Degeneration des, mit
Zirrhose der lieber, von Henrici . . . 2696
Nukleinsäure, Einfluss der, auf die lerrnen-
tativen Vorgänge im tierischen Organis¬
mus, von Czernorutzky 664, intravenöse
Verabreichung von — , von Ewald 770,
Behandlung des Scharlachs mit — , von
Skorodumow 1623, biologische Wertig¬
keit der « — , von Brossa ...... 2192
Nystagmus s. u. Augenzittern.
Nystagmus bei fieberhaften Krankheiten,
von v. Czyhlarz 206, horizontal pen¬
delnder — , von Dimmer 275, sympa
thischer — bei Erysipel, von Hirsch 430,
Aetiologie und Behandlung des — der
Bergleute, von Browne und Makenzie
605, galvanischer — , von Blau 1568,
— bei hereditärer Lues, vonfgersheimer 2024
O.
Oberarmbrüche, Extensionsbeliandlungder,
von Christen . 1545
Oberkiefer, Teratom des, von Goto . . . 1615
Oberkieferbrüche, von Vogel . 716
Oberkieferkarzinome , 2 geheilte , von
Wendel . • 1802
Oberkieferresektionsprothese, von Hesse 494
Oberkiefersarkom, von Schottländer . . 936
Oberkiefertumoren, Operation der malig¬
nen, von Kuhn . 1166
Oberschenkelbrüche, ambulatorische Be¬
handlung der, von Delchef und Joly
99, Lähmungen bei Extensionsbehand¬
lung von — , von Weichert .... 148
Obsterzeugnisse, Beurteilungvon.vonHärtel 1 730
Obstipation, verschiedene Formen der
chronischen, von Lomnitz 326, Folge¬
zustände der chronischen spastischen
— , von v. Noorden 480, operative Be¬
handlung der schweren — , von Schmie¬
den 831, Mineralwassertherapie der
habituellen — , von Rheinboldt 947,
Röntgenuntersuchung bei chronischer
— , von Strauss und Brandenstein 1282,
Behandlung der — mit Hormonal, von
Sarnizyn . • • 2808
Oehrometer, Baslerscher, von Länderer
2066, von Basler . . • . 2190
Seite
2806
716
1913.
Seite
Ochronose bei Mensch und Tier, von
Schmey 1220, sog. endogene — , von
Jantke . ...... 2585
Oedeme, Oedema, die, der Kachektiker,
von Doljan 43, angioneurotisches — ,
von Schob 1059, — durch grosse Al¬
kalidosen, von Breitmann 1675, ope¬
rative Behandlung des chronischen
— , von Boecker 1774, — durch Natr. bi-
earbonicum, von v. Wyss 178-5, Thera¬
pie des — fugax, von Albracht 1845,
— bullosum linguae, von Hesse 2537,
akute szirkumskriptes — , von Neuda
2548, Entstehung der — , von Hoff . .
Oel, das, in der Bauchcbirurgie, von
Schepelmann . • . 202
Oelan wendung, intrapertionealo, von Mom-
burg .
Oesophagoplastik, von Frangenheim 1559,
— aus der Magenwand, von Pflaumer
1107, — bei hochsitzenden Oesophagus¬
karzinomen, von Wilensky 1226, ante-
thorakale — aus dem Querkolon, von
v. Hacker . ....
Oesophagoskop oder Münzenfänger? von
. .
Oesophagus s. a. Speiseröhre.
Oesophagus, idiopathische spindelförmige
Erweiterung des, von Pollitzer 108, Ste¬
nose des — , von Wilms 382, Behand¬
lung der schweren Narbenstenosen des
— , von Sargnon und Almartine 1048,
Fremdkörper im — , von Juratz 1559,
Chirurgie des — im Thorax, von Unger
2589, Behandlung der Narbenstenosen
des — Jmit Radium, von Neumann
2692, Schaffung eines künstlichen — ,
von Jianu .
Oesophagnshlutungen, von Rössle . . .
Oesophaguschirurgie, Experimente zur,
von Kehm 494, Beitrag zur — , von Ach 11 lo
Oesophagusdilatation, idiopathische, von
Assmann . . 1-Jb
Oesophagusdivertikel, Zenkersches, von
Holthusen 724, nach Goldmann be¬
handeltes — , von Marschik . . . • 1413
Oesophagusfistel, dorsale, von Clairmont 2366
Oesophagusektasie, paralytische, von Ste-
655
2366
2748
2806
158
phan
1295
Oesophagusende, spasmodische Kontrak¬
tionen des kardialen, von Jordan . . 2023
Oesophaguskarzinom, von v. Eiseisberg
1124, Oesophagektomie u. Oesophago¬
plastik bei hochsitzenden — , von Wi¬
lensky 1226, chirurgische Behandlung
des—, von Meyer 1316, Erleichterung
der Ernährung bei — , von Krienitz
1451, Radikaloperation des — , von
Denk 1615, — auf dysontogenetischer
Basis, von v. Grabowski 1845, Resek¬
tion des — im kardialen Abschnitt,
von Bircher . 2418
Oesophaguskrebs vom Standpunkt der
thorakalen CLirurgie, von Meyer . . .
OesophaguBplastik aus der Magenwaud,
von Galpern 544, Gastronomie und —
nach Jianu-Roepke, von Meyer . . .
Oesophagustraktionsdivertikel, perforierte,
von Egle . .....
Oeuf, Contribution ä la l’etude de la ni-
dation de 1’, humain et de la Physio¬
logie du trophoblaste, von Delporte
Ohr, Lehrbuch der Krankheiten des, und
der Luftwege, von Denker u. Brünings
990, Wirkung des Chinin u. des Sali¬
zylsäuren Natriums auf das innere — ,
von Rister 996, Funktionsprüfung des
— , von Sonntag u. W olff 1044, Knorpel¬
faltung bei abstehenden — u. Othäm-
atom, von Wiemann 1047, Radikal¬
operation des — in Lokalanästhesie,
von Kulenkampff 1107, Niederschläge
im inneren — , von Laurowitsch 1568,
Fistelsymptome bei nicht eitrigen Er¬
krankungen des — , von Beck ....
Ohrenkrankheiten, Lehrbuch der, Nasen-
und Kehlkopfkrankheiteu, von Körner
129
542
1217
544
2852
656
1390, Apparat zur Diathermiebehand¬
lung von — , von Weiser . 2521
Ohrensausen, Radium- und Mesothor¬
bestrahlung bei — , von Hügel 2110,
2768, von Passow . 2496, 2768
Ohrgeräusch, subjektiv und objektiv wahr¬
nehmbares, von Alt . . • • ’
Ohrlabyrinth, pathologische Histologie des,
von Knick 775, die Leichen Verände¬
rungen im — , von Goerke 775, funk¬
tionelle Untersuchung des — , von
Hinsberg 1109, Eiterungen des — , von
Ulfen orde . 2065
Ohrtrompete, direkte Erweiterung der, von
v Gyergyai . 1451, 1568
Ohrtuberkulose, experimentelle, von Blau 1568
Okulare Störungen als Ursachen von all¬
gemeinen und lokalisierten nervösen
Beschwerden, von Bielschowsky . . . 214
Okulomotoriuslähmung, zyklische, von
Lauber . . . . . 446
Olekranonsporn, Fraktur eines, von Hirsch 2692
Oleum chenopodii gegen Ankylostomiasis,
von Schüffner und Vervoort .
Onanie, die, von Dattner, Federn, Ferenczi
u. A. . . . . 256,
Operation, Beweislast für die schädlichen
Folgen einer, 873, Wert der intravesi-
kalen — , von Kielleutner 969, Vor¬
nahme von — an Minderjährigen 2287,
wie weit darf der Arzt die — aus¬
dehnen? 2287, endokranielle Kompli¬
kationen bei endonasalen — von Mar¬
schik . 2375
Operationsimmunität, die sogenannte, von
Bindseil . . 1784
Operationslehre, chirurgische, von Bier,
Braun, Kümmell 1559, orthopädische — ,
von Vulpius und Stoffel .
Operationspflicht, die, des Verletzten . .
Operationstechnik, von Le Filliatre . . .
Operationstisch, neuer, von Borchardt . .
Ophthalmie Semiology and Diagnosis, von
Beard . 2064
Ophthalmie, metastische, von Erggelet 785,
Blutbefund bei sympathischer — , von
Gradle 900, Dialysierverfahren bei — ,
von v. Hippel 1513, Häufigkeit der —
neonatorum in London, von Harman
Ophthalmoblennorrhoe, Spätinfektion der,
von Credd - Hörder 23, nichtgonor¬
rhoische — der Neugeborenen u. Säug¬
linge, von Credd-Hörder . _.
Ophthalmologie, Referat über, 148, 717,
1453, 2478.
Ophthal momyiasis, von Reis . 1284
Opiate, Verwendung von, im Kindesalter,
von Döbeli 659, von Wolff .
Opium, Wirkung des, auf den Magendarm¬
kanal, von Mahlo 1337, Einfluss des
— und seiner Derivate auf den Darm¬
kanal, von Zehbe 1695, Wirkung von
Uzara mit — , von Hirz .
Opiumtinktur, die Fleischverdauung beim
Hunde unter dem Einfluss von, von
Delcorde . .
Opsiurie, Pathogenese der, von Amhlard 2537
Opsonie, Beeinflussung der, durch Elek-
trargol, von Werner und v. Zubrzycki
Opsonine, Klinik der, von Strubell
Opsonischer Index bei der Pestimpfung,
von Brooks 605, pharmakologische Be¬
einflussung des — , von Strubell . . .
Opsonogen, Behandlung der Furunkulose
und der Sycosis coccogenes mit, von
Zweig . 4 1 6
Optikerschulen, von Schreiber . 384
2352
2494
1905
1789
2643
149
1448
2220
98
583
990
1283
1569
Optikus, Ruptur des, von Kraus
Optikusatrophie, s. a. Sehnervenschwund.
Optikusstamm, die Erkrankungen des, von
Wilbrand und Saenger .
Optische Methode s. u. Dialysierverfahren.
Optische Methode nach Abderhalden beim
grauen Altersstar, von Gebb . . . .
Optochin s. u. Aethylhydrokuprein.
Orbita, Tumor der, von v. Hippel . . . .
Orchidopexie, Technik der, von Schäfer .
1298
11(13
1513
490
2474
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXXXI
1913.
Seite
Orchi-Epididymitis, Behandlung der, mit
Argent. colloid., von Hamonic . . . 277
Orchitis, die angebliche, par effort, von
de Cortes 370, die akute primäre —
im Kindesalter, von Ombredanne 1860,
2539, akute nicht gonorrhoische — und
Epididymitis, von Stroink . 1903
Organe, rückläufige Durchströmung paren¬
chymatöser, von Breslauer 2191, einige
neuerdings wichtig gewordene — , von
Gaupp 2759, Reaktion der leukopoeti¬
schen — von Lymphatikern auf Infekte,
von Pribram und Stein . 2805
Organextrakte, Giftwirkung normaler, und
Muskelextrakte, von Aronson 429, to¬
xische Wirkung der — und Tachyphy-
laxie, von Cesa-Bianchi 548, Wirkung
von — insbesondere auf die Blutgerin¬
nung, von Ichikawa . 2067
Organextraktgifte, wässerige, von Dold und
Ogata . 1276
Organtherapie in der Gynäkologie, von
Recasens . 2021
Organtransplantationen, heutiger Stand
der, von Stich . 1356
Orthodiagraph s. u. Telekardiograph.
Orthodiagraphie s. u. Herzmessung.
Orthodontie, von Grübberg .... .2137
Orthopaedie, 12 Jahren, von Becker 1163,
Ergebnisse der Chirurgie und — 1559,
Ortizon 426, von Trümmer . 2565
Ortsärzte, die, un i die ärztliche Organi¬
sation, von Haas . 2263
Ortskrankenkasse, drohender Konflikt bei
der Charlottenburger ... ..... 1509
Ortskrankenkassentag, der Deutsche . . 1917
Ortskrankenkasse verband Halle . 223
Oryzanin, von Suzuki, Shimamura und
Odake . 2129
Os naviculare pedis, Köhlersche Erkran¬
kung des, von Wohlauer 428, von
Schultze 1161, das Köhler-Knochenbild
des — bei Kindern — keine Fraktur,
von Köhler 1787, von Schultze . . . 1787
Oscillator, von Hoehl . 951
Ossifikationen, traumatische, von Süssen-
guth . . 1515
Osteoarthropathie hypertrophiante pneu-
mique, von Vas . .... 2534
Osteochondritis deformans juvenilis, von
Perthes 1117, — coxae juvenilis, von
Grashey . . 1684
Osteogenesis imperfecta, von Kardamatis
1789, — bei Mutter und Kind, von
Zurtielle . 2746
Osteomalazie in Japan, von Ogata 372,
lokale — , von Grashey 841, Aetiologie
und Therapie der — und Rachitis, von
Stöcker 938, klimakterische — und
Tetanie, von Kahler 1069, — und
Psychose, von van der Scheer 1449,
die multiplen braunen Tumoren bei — ,
von Molineus 1786, Azidität des Blutes
bei — , von Porges und Nowak 2364,
Stoffwechselversuche bei — , von Zuntz
2474, erfolgreiche Adrenalinbehand¬
lung bei rezidivierter — , von v. Salis
2563, senile — , von Curschmann . . 2864
Osteomyelitis, totale, des Unterkiefers,
von Strauss 561, Behandlung der chro¬
nischen — am unteren Femurende,
von Frangenheim 776, Pathogenese
der akuten hämatogenen — , von Du-
mont 1277, infektiöse — , von Klemm
1338, aberrante und rekurrierende
Form der — , von Mc Guire 1732, akute
— des Schambeins, von Thomschke
2135, akute — und Osteoplastik im
Kindesalter, von Wachsner 2300, Ver¬
änderungen der knöchernen Grund¬
substanz bei — , von Klemm . . 2533
Osteopathie, kalziprive, von v. Kutscha 2252
Osteoperiostitis, secundäre hyporplastisch-
porotische, von Grafe und Schneider 1845
Osteophlebitispyämie, otogene, von He-
gener . 896
Seite
Osteopsathyrosis foetalis, von Mayerhofer
1180, Pathologie der idiopathischen — ,
von Zesas 2135, — idiophathica, von
Klose . 2689
Osteotomie, Nebenverletzungen bei, von
Kölliker 732, modellierende — bei
Plattfuss, von Perthes . 936
Ostitis fibrosa, von Therstappen 1379, —
fibrosa cystica des Schädels, von
Frangenheim . 1628
Otitis, Therapie der, externe furunculosa,
Zografides 42, Stauungstherapie der
Mastoiditis und schweren — , von Esch-
weiler 774, .durch den Streptococcus
mucosus hervorgerufene — media acuta,
von Stütz . i5ßg
Otologie, Referat über . . 774
Otosklerose, von O’Malley . 2024
Otodiatherm-E! ektrode, sicher fixierbare,
von Gerlach . 2523
Otologenkongress, internationaler, in
Boston, von Holinger . 788
Oto-Rhino-Laryngologie, wird in Deutsch¬
land der praktische Arzt in genügender
Weise in der, ausgebildet? von Denker 1606
Ototherm, von Hamm . . . iß20
Otothermie, Apparat zur, von Weiser 2521,
Messungen über den Grad der Durch-
I
wärmung des Ohres bei der — , von
Gerlach . 2523
Otto, Dr. f . . - . 736
Ovaire, Ovogbnese et organogdnese de 1’ —
des mammiferes, par v. Winiwaiter
et Sainmont . . . 2913
Ovarialblutungen und Ovarialhämatom,
Oehmann . 2639
Ovarialdermoide, Histogenese der, von
Kudoh . . 2020
Ovarialkarzinom mit Milchbildung in den
Brustdrüsen, von Saenger 146, Röntgen¬
bestrahlung eines — , von v. Franque 1455
Ovarialkystom, malignes, von Evler . . . 1689
Ovarialsarkom, von Seeligmann 436, 1455,
gleichzeitiges — und Darmsarkom, von
Weibel . 2745
Ovarialschwellungen, Aetiologie perio¬
discher und alternierender, von Ries . 2298
Ovarialtätigkeit, Funktionsprüfungen der,
von Keller . 2162
Ovarialtumor, grosser, von Bakofen 1626,
stielgedrehter, linksseitiger — , von Hirt
1744, maligne — , von Klein 2803, —
und Parovarialtumoren, von Eckler . 2804
Ovarialzysten, maligne Degeneration der,
von Oulesko-Stroganoff . 2083
Ovarium s. a. Eierstock, ovaire.
Ovarium, Ovarien, Dermoid des 1 , von
Henkel 613, Einfluss der — auf den
weiblichen Organismus, von Nijhoff
716, Beziehungen von Thymus und —
zum Blutbild, von Heimann 1291, Fern¬
resultate derkonservativenOperationen
der — von Walther 1300, Chemie des
— , von Hermann 1349, Melanosarkome
des — , voxr Vogt 1504, innersekreto¬
rische Funktion der — , von Heimann
1617, Behandlung innerer Störungen
der — mit Glanduovin, von Flirsch 2248,
Einfluss der Ovarialnervendurchschnei-
düng auf das — , von Aschner 2306,
strumöse Teratoblastome des — , von
Frankl 2371, chron. Appendizitis u.Zysto-
sklerose der — , von Lapeyre 2539, zur
Hypofunktion der — , von Kalledey
2541, Veränderungen amFollikelapparat
des — in der Schwangerschaft, von
Keller 2638, die autoplastische Ver¬
pflanzung des — , von Whitehouse 2644,
Thymus, — und Blutbild, von Heimann
2829, Verwachsung beider — , von Rössle
2862, psammöses Karzinom des — , von
Rössle . 2863
Ovulation, zeitliche Beziehungen der, und
Menstruation, von Schröder . 1349
Oxalämie und Oxalurie, von Loeper . . . 164
Oxalsäure, von Lambling 164, Vergiftungen
mit — , von Löwy 2693, die entkalkende
Wirkung der — , von Fry . 2695
1
Seite
Oxalsäurebildung und -ausscheidung beim
Menschen, von Lichtwitz und Thörner 1109
Oxalsäurevergiftung, von Curschmann . 2651
Ozalsäurewirkung, von Gros . 1046
Oxycholesterin s. u. Cholesterin.
Oxydasereaktion, W. II. Schultzsche, von
Klopfer 37, von Raubitschek 992, — in
der Plazenta, von Wolff 1163, die —
unter Blausäurewirkung, von Rabe . . 1899
Oxyuriasis, Diagnostik und Therapie der,
von Trumpp . H78, 2136
Oxyuris, Behandlung der Erkrankung an,
vermicularis, von Hildebrand .... 131
Ozaena, Behandlung der, von Richter 266,
von Moure 1109, Wesen und Therapie
der - , von Zografides 829, Beziehung
des Bacillus Perez zur genuinen — ,
von Hofer 1451, 1469, Ozon und — ,
von Foy 2361, Behandlung der — , von
Klare . . 2590
Ozon, Verwendung des, in der Lüftung,
von Konrich 483, Wirkung von — auf
den GaHtrointestinaltraktus, von Brei¬
sacher 1108, — und Ozaena, von Foy 2361
P.
Pachymeningitis haemorrhagica, von Ro¬
senberg 2372, von Wohlwill 2436,
— cerebralis haemorrhagica, von Ciarla 2587
Paderstein-Stipendium . . ... . 1639
Pädiatrie, die Meinungen Hufelands über
die, im Lichte der Jetztzeit, vonTroitzky 2300
Pagenstecher, San.-R. Dr. f . 2152
Pagetsche Krankheit, von Dax 1684, Augen¬
komplikationen der — , von Coppez . 98
Pacolo . 1840
Palaeozoologie, Lehrbuch der, von Stromer
und Reichenbach . 480
Palladiumhydroxydul s. u. Leptynol.
Palladiumhydroxydul, colloidales, von
Kauffmann . 525, 1260
Palliativtrepanation, von Wilms . . . 382
Palpation s. u. Gleit- u. Tiefenpalpation.
Panella Dr. A. f . 280
Pankreas s. a Bauchspeicheldrüse, Fett¬
verdauung, Zuckerstoffwechsel.
Pankreas, die akute Entzündung des, von
v. Fäykiss 371, Trypsinabsonderungs¬
fähigkeit des — , von Orlowski 481, — ,
Leber- und Kohlehydratstoffwechsel,
von Wohlgemuth 483, Diagnose der
akuten Entzündung des — , von Nagy
546, Bedeutung der Langerhansschen
Inseln im — , von Koch 714, Chirurgie
der Leber und des — , von Burkhardt
1155, Antagonismus zwischen — und
Nebennieren, von Paglione 1169, Pseu¬
dozyste des — , von Wendel 1176, Patho¬
logie des — , von Apolant 1505, Langer-
hanssche Inseln des — , von Else 1682,
Bau des — unausgetragener Kinder,
von Stiftar . 2807
Pankreasachylie, Diagnose und Therapie
der funktionellen, von v. Kern und
und Wiener . 2476
Pankreasadenome, von Prosorowsky . . 2248
Pankreasamylasebestimmung im Stuhl, von
Gailart y Monds . 2477
Pankreasausschaltung, Untersuchungen
über die, von Labbö . 547
Pankreas-Dauerfisteln, Herstellung konti-
nenter, von Lattes . 2130
Pankreaserkrankungen , Cammidgesche
Reaktion bei, von Mayesima 200, von
Langer 546, Laparotomie wegen — ,
Silbersiepe 615, diätetische Therapie
der chronischen — , von Ehrmann 935,
funktionelle Diagnostik der — , von
Lifschitz 1285, 2078, 2853, allgemeine
Diagnostik und Behandlung der — , von
Stander 2290. akute — , von v. Berg¬
mann und Jenckel . 2542
Pankreasfunktionsprüfung, Verwendbar¬
keit der Schmidtschen Kernprobe zur,
von Fronzig . . . . 824
o
L.XXXtl
INHALTS-VERZEICHNIS.
1011
Seite |
Pankreasgeschwülste, Pathologie der, von
Buob . . 603 *
Pankreashämorrhagie, von Knape . . . 1162 J
Pankreasnekrose, akute, von Saenger 1321,
von Seidel 1899, von Gobiet 2014, Ab¬
szesse im Saccus omentalis nach — .von
Bittorf 1562, Immunität gegen — , von
Joseph und Pringsheim 1727, 2 Fälle
von — , von Enderlen . - 1859 ]
Pankreasquetschung, von Wendel 1176,
subkutane — , von Hagedorn .... 314
Pankreassaft, Alkalität vom, und Darm¬
saft, von Auerbach und Pick 262 Schutz
der Darmwand gegen das Trypsin des
— , von Kirchheim 316, Rückfluss von
— in den Magen des Säuglings, von _ ^ j
Reiche . • • 713
l’ankreassaftsekretion, von Bondi und
Salouion . 2139
Pankreassekretion, Errregung der, durch
pathologische Magensäfte, von Sienp
1113, — beim Menschen, von Holste
1783, — bei Sekretionsstörungen des
Magens, von Schlagintweit und Stepp
1865, 2800, zur Physiologie der — , von
Smirnow . 2130
Pankreassteine, von Glaessner . . . . 774
Pankreasvergiftung, über, von Lattes . . 600
Pankreaszirrhose, von Hopmann . . . 839
Pankreatitis, Diagnose und Therapie der
chronischen, von Guleke39, Entstehung
der akuten — , von Arnsperger 1116,
chronische — , von Schmidt 1562, —
chronica und Icterus chronicus, von
Elirmann u. Kruspe 2066, Operation
der akuten — , von Hofmann .... 2456
Panterschwärze s. u. Anilinvergiftung.
Pantopon, Wirkung von, und Pituglandol
in der Geburtshilfe, von Gisel 428, kli¬
nische Beobachtungen über — , von
Kidodze 2753, allgemeine lokale An¬
ästhesie mit — Roche und Kokain, von
Buchmann . 2805
Pantopon-Skopolamin-Dämmcrschlaf , von
Kasashima . 372
Pantopon Skopolamininjektionen bei Ope¬
rationen mit lokaler Anästhesie, von
Diwawin-Bogovodsk . 40
Pantopon- Skopolaminnarkose, von Johann-
sen 666, von Mehlhorn . 2589
Papaverin, Wirkung des, von Pal 957, —
zur röntgenologischen Differentialdia-
gnose zwischen Pylorospasmus und Py¬
lorusstenose, von Holzknecht n. Sga-
litzer 1989, — als Gefässmittel und
Anästhenkum, von Pal . 2763
Papaverinreaktion der glatten Muskeln,
von Pal . 2364
Pap a ver i n wirkun g, rö n tgenologische U nter-
suchungen über die, auf den Magen,
von Holzknecht . 1523
Papilla duodeni , methodische Dilatation
der, von v. Hofmeister . 145
Papillomeim Larynx der Kinder, von Chiari 2749
Papuan atee . 1840
Parabioseratten.Austausch von Nährstoffen
unter, von Morpurgo u. Satta .... 1536
Paracodin s. a Kodein präparat.
Paracodin, 1840, therapeutische Wirksam¬
keit des — , von Dahl . 1566
Paraffineinbettungsverfahren für Uterus
und Ovarien, von Loofs . 2638
Paraffininjektionen, Beseitigung der Em¬
boliegefahr bei, von Hartung 2013, 2730,
— zur Behandlung von Hernien, von
Zimmermann . 2517
Paraganglien, von Kahn . 2189 j
Paraldehyd, intravenöse Injektion von,
von Noel u. Souttar . 887 j
Paraldehyd Vergiftung, von Fornaca u. Qua-
relli . 40 |
Para yse s. a. Dementia, Spirochaeten.
Paralyse, Nukleinsäurebehandlung der
progressiven, von Donath 42, Blutserum
bei — und Dementia praecox, von
Benedek und Deäk 96, Ursachen des
Sehnervensetwundes bei progressiver
— , von Stargardt 269, Spirochäten im
Seite
Gehirn bei progressiver — , von Ehrlich
443, 446, von Noguchi und Moore 446,
aetiologische Studie zum Problem der
progressiven — , von Krasser 603,
juvenile — , von Nonne 671, Nachweis
derSpirochaetepallidaimZentralnerven-
svstem bei — und Tabes, von Noguchi
737, 790, 847, 901, Behandlung der
progressiven — , von Westphal 884,
von Pilcz 2254, Statistisches über
allgemeine — , von Paulian 1050,
Familiäre allgemeine — , von Parhon,
Urechia und Tzupa 1051, Nachweis
von Spirochäten im Gehirn bei — ,
von v. Wassermann 1356, Karvonen-
sche Reaktion bei — , von v. Veress
und Szabö 1449, Tragweite der Spiro¬
chätenbefunde bei progressiver — , von
Hoche 1510, Heilbarkeit der — , von
Schultze 1510, Augenveränderungen bei
der progressiven — , von Uhthoif 1514,
Salvarsanbehandlnng der progressiven
— , von Raecke 1619, Behandlung der
allgemeinen — mit Salvarsan , von
Leredde 2093 , Begutachtung bei —
und Syphilis de* Zentralnervensystems,
von Weygandt 2309, Behandlung der
progressiven — mit Tuberkulininjek-
tionen, von Shukow 2422, — und
Syphilis, von Nonne und Noguchi 2480,
die allgemeine — , von Robertson 2696,
Frühsymptome und Prognose der pro¬
gressiven — f ürdieLebensversicherung,
— von Boden 2699, Behandlung der
progressiven — mit Staphylokokken¬
vakzine, von Wagner v. Jauregg 2749,
zur alten und modernen Behandlung
der spastischen — , von Lorenz . . . 2918
Paralysis agit ns mit bedeutender Ver-
grösserung der Glandulae parathyreoi-
deae, von Gjestland 89, über — , von
Günther 1843, von Lewy . 2427
Paralytiker, diagnostisch verwertbare Re¬
aktion in der Spinalflüssigkeit von,
von Mayurama 1731, Hautreaktion mit
Noguchis Luetin bei — , von Benedek
2033, Gedächtnisausfälle bei — , von
Rohde 2087, die Spirochäte im Gehirn
der — , von Levaditi, Marie und Ban-
kowski 2539, Liquor von — , von Volk 2548
Paralytikergehirn, Noguchipräparate eines,
von Nonne 1353, 1406, von Schultze
1467, lebende Spirochäten im — , von
Förster und Tomasczewski 1507, grubige
Vertiefungen in — , von Fischer 1523,
Nachweis der Spirochäten des — im
Tierexperiment, von Berger 1921,2085,
Uebertragnng des Treponema pallidum
von — auf das Kaninchen, von Noguchi
2591, Impfversuche mit — , von Förster 2700
Parametritis chronica und Lageverände¬
rungen, von Ziegenspeck . 1457
Paramyoklonus multiplex, von Feri . . . 621
Paraplegie, kongenitale spastische, von
Finkelnburg . . . 714
Paraplögie, sur une forme de, spasmodique
hörddosyphilitique chez l’enfant, par
Marfan . . . . • . 2300
Para psoriasis, Versuche mit Pilokarpin bei,
von Herxbeimer u. Köster . 2747
Parasiten, aus der Lebensgeschichte
menschlicher, von Brandes 434, Gor-
dius als — des Menschen, von Herzog 2302
Parasiteneier, Fäzesuntersuchung auf, von
Wolff . 430
Parasiticus, lebender, epigastricus, von
van Duyse . . . ... 98
Parasyphilis, zur Frage der, von Schoen-
born u. Cuntz . 715
Paratyphus, zur pathologischen Anatomie
des, von Saltykow 714, mit Cholera
komplizierter Fall von — B, von Man-
cini 828, — B, von Knauth 1342, Mas¬
senerkrankung an — beim Inf.-Regt.
Nr. 78 in Osnabrück, von Otto 2301,
cholera verdächtiger — , von Baur 2476,
— bei gleichzeitiger Typhusepidemie,
von Watt . 2695
Seitp
Paratyphusappendizilis, von V\ alther . .
Paratyphus-B-Antisera, spezifische Quali¬
täten der. von Keck .
Paratyphus-B-Infektionen, von Job . . .
Paratyphusbazillus ohne Gasbildung, von
Löwenthal u. Seligmann 429, Uhiquität
des — B, von Clausnizer 1729, Ubi-
quität des — in Nahrungsmitteln, von
Poppe
565
1565
1790
1730
268
2475
1527
540
1472
1108
2702
736
Paratyphusepidemie, von Merkel . .
Paratyphuserkrankungen , pathologische
Anatomie u. Pathogenese der gastroin
testin ahn, von Huebscbmann . . .
Paratyphusinfektion .
Parathyroi’des, les, von Morel .
Parenski Prof. Dr. St. f .
Parese, postoperative gastro-enteritisebe
von Pilcher .
Parietallappen, Tumor des 1., von Rind
fleisch 386, Geschwülste des — , von
Yölsch .
Parker R. W. f .
Parlamente, aus den: Preussisches Abge¬
ordnetenhaus 166, 279, 389, 502, 84o,
Deutscher Reichstag 279, 502, 1238,
Preussisches Herrenhaus 1071, Baye¬
rischer Landtag . . . 2262, 2317, 2709
Parotitis, genuine eitrige, von Nicol 262,
töddehe — bei Kindern, von Goidon 2695
Passavantscher Wulst, Vorkommen und
Bedeutung des, von Fröschels .... 208
Patella, habituelle Luxation der, von Loth¬
eissen . 1469
Patellarfraktur, Behandlung der, von
Schultze 1339, von Sakobielski . . . 1842
Pathologie, spezielle, undTherapie innerer
Krankheiten, von Kraus und Burgsch 2352
Patoir Prof. Dr. J. G. f . 604
Pavor nocturnus, Wesen u. Heilung des,
und seiner Aequivalente, von Ham¬
burger . • • • 2818
Pediculi, Schnellkur, der, capitis, von
Whitfield . 941
Pellagra, Wirkung des organisch-poly¬
mineralischen radioaktiven Serums auf
die kutanen Erscheinungen der, von
Ntcolaidi 44, Aetiologie und Klinik der
— , von Devoto 374, die — auf den
britischen Inseln, von Sambon und
Chalmers 605, Mais und — , von An-
denino 1169, Abnahme der — in
Italien 2143, Arbeiten über die — in
England2644, die — in England, von
Blandy . 2696
Pellagrakranke, die Ueberempfindlichkeit
der, von Finato und Novello .... 2750
Pellidol 426, — und Azodolen in der
Kinderpraxis, von Hoffa . 1451
Pollidol-Vaselinsalbe, von Bendix . . . 1415
Pemphigus, kleine ovale Gebilde bei, von
Sternberg 219, durch SalvarHaninfusion
geheilter — , von Lindemann 378,
doppelseitiger — der Konjunctiva und
Mundschleimhaut, von v. Hippel 490,
— malignns, durch einmalige intra- •
venöse Blutinjektion geheilt, von Prae-
torius 867, angeborener gutartiger — ,
von Zarfl 1524, — vulgaris, von Kyrie 2642
Penetrotherm, von Damman . 207
Penis, Induratio, plastica, von zur Verth
und Scheele 936, von Dreyer . . . 2249
Pensionsverein für Witwen und Waisen
bayerischer Aerzte 110, Rechenschafts¬
bericht des — . . 1627
Pentosurie im frühen Kindesalter, von
Aron . 207 1
Pepton s. u. Vergiftung.
Peptonwirkung, Bedeutung des Trypto¬
phangehaltes für die, von v. Knaffl-
Lenz . 247 jj
Pepton Witte, von Popielski . 2245
Peracid . . • • 1^40
Peiforationslabyrinthitis, tympanale eitrige,
von Link . 775
Perforationsperitonitis, Aetherspülung bei,
von Dergane . 1952
1 Perhydrit 1840, — ein festes Wasserstoff¬
superoxyd, von Schumacher . 2642
5
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXXXIII
Seite
PeriaHbritis hmneroscapularis,von Grashey 841
Perikard, Physiologie und Pathologie des,
von Kehn 831, radiologisches Verhalten
des — , von v. Czyhlarz . 2014
Perikarditis, drüsenähnliche Epitbelbil-
dungen bei — , von Tsiwidis 600, chro¬
nische — , von Gerhardt 956. — caseosa
und Unfall, von Auerbach 1829, Sympto¬
matologie der adhäsiven — , von Tornai
2248, epigasirische Punktion des Peri¬
kards bei der Diagnose des — , von
Marfan . 2926
Perikolitis, von Carwardine . 1733
Perinealrupturen, Aetiologic der — , von
Babe-ch und Cioc . . 43
Perinephritis, operativ entstandene, serosa,
voa Banereisen . 1340
Perineum, Ruptur des, von Metzlar . . . 2746
Periostitis tvphosa, von Braza . 2749
Periostverpflanzung, freie, vonSchepelmann 1787
Periphlebitis tunerculosa, vn Gilbert . . 1232
Peripupillometer, von Schlesinger .... 264
Peritomie, von Salzmann . . .... 21ü6
Peritoneale Adhäsionen, Prophylaxe und
Therapie der, von Payr . 2601
Peritoneal naht, Pinzette zur Erleichterung
der, in der Tiefe des Beckens, von
v. Fellenberg . 2680
Peritonealschutz durch anteoperative Reiz¬
behandlung des Peritoneums, von
Hoehne . 167
Peritoneum, bei intimen Beziehungen des,
zum Muskelgewebe des Uterus, von la
Torre 2688, zur Sensibilität des — und
der Bauchfaszien, von tlartmann . . 2729
Peritonitis s. a. Retropedtoneum.
Peritonitis, die appendikuläre, von Haim
202, zur Vorbeugung posi operativer —
bei verschmutzten Laparotomien, von
v. Herff 259, allgemeine eiterige — durch
Bandwurm, von Hanielsen 41 1 . gallige
— ohne Perforation der f-mllenwege,
von Nauwerck und Lübke 827, direkte
Behandlung der tuberkulösen —
mit Jodpraparaten, von Falkner 978,
Kampferöl bei — , von Blecher 1261,
von Vigna' d und Arnaud548, Rehns< he
Behandlung der — , von Propping 1342,
tuberkulöse — , von Gerhardt 1629, loka¬
lisierte — , von Gerhardt 1629, gallige — ,
von Vogel 1682, Gaseinblasung bei — ,
von Schmidt 1799, Prophylaxe und
Therapie der -, von Weber 1772,
Kollargol bei diffuser eiteriger — , von
Jelke 1828, Behandlung der infektiösen
— mit Aether, von Temoin 1860. sog.
gallige — , vn Sick und Fränkel 2009,
akute fortschreitende — , von Fisc ,er
2009, die tuberkulöse von Härtel
2070, Pathogenese der galligen — , von
Askanazy 2071, antiseptische Behand¬
lung der — , von Crede 2117, — nach
Darmruptur, von Uedekind . 2868
Perityphlitis, Pathologie und Therapie der,
von Sonnenburg ... 1214
Perkussion s. a. Bauchperkussion.
Perkussion der Rückseite der Körpers, von
Ewart 886, symmetrische — , von Wemöe
2015, - der Wirbelsäule, von Rüde . 2137
Perkussionsmethode, neue, von Lerch . 881
Perkussionsquantimeter, von Baer . . . 132
Perkussionschallwechsel der Lunge, von
Molnär . 2013
Perleberg, die Entwicklung der Stadt, von
Unger . 374
Perlsuchtbazillenbefund im Auswurf, von
Ungermann . 1109
Perrheumal . 2472
Persönlichkeit, der Zustand von Zurück¬
versetzung der, von Sollier . ... 2255
Peroneuslähmung post partum, von Staude 1728
Persen, Burg . 1183
Personalien 167, 223, 279, 335, 391, 447,
503, 504, 567, 623, 735, 791, 815, 959,
1015, 1072, 1126, 1183, 1239, 1303, 1415,
1471, 1527, 1583, 1640, 1695 1752, 1807,
1864. 1918, 1975,2030,2151,2208,2263,
2319, 2440, 2495, 2551, 2656, 2711, 2767, 2927
| Seile
Pertussis, Chinin bei, von Lenzmann 335,
Herzveränderungen bei — , von Brick 1788
Perversitäten, sexuelle, von Ziemke 1282, 1564
Pertik O. f . 624
Pes adductus, von v. Maversbach 781,
operative Behandlung des — valgus
und varus, von Wilms . 1H7
Pessarsupn<>sitorien. von Seemann 2927
Pest 54, 112, 168 224, 280, 336, 391, 147,
504, 567, 623, 680. 736, 791, 846, 91)3,
960. 1915, 1072. 1127, 1184.1240,1303,
1359, 1416 1471, 1528 1584 1640, 1696,
1752. 1808, 1864,1918.1976,2031,2095,
2152, 2208 2264.2319,2384,2440.2496,
2552, 2600, 2856. 2711, 2766, 2822. 2872,
2928, Bild der — bei Prokopiun, von
Schröder 886, ist die Astrachansche —
endemisch? von Deminsky 999, Sy¬
philis und — in München im 15. und
16. Jahrhundert, von Sudhoff .... (439
Pestseuche, epidemiologische Beobach¬
tungen anlässlich der, in der Süd¬
mandschurei . 94
Peterson Dr. O. V. f . H2
Petrefactol . 1840
Petrischalen, Blechdeckel mit Gipsschicht
für, von Reiner Müller . 1548
Peitenkoferhaus München 1918, Ehrlichs
Vortrag zum Besten des — .... 2822
Pettersson- Palmquist- Apparat, tragbarer,
von Andersen . . 483
Pfählungsverletzungen, von Orthner li9,
von Weber ....... . . . (772
Pfannenboden, Aetiologie und Genese der
Ottoschen Protrusion des, von Breus 317
Pfeih-rr- Sektion, thorakoplastische, von
Wilms 450, von Doerfler . 1 268
Pferde, Erklärung betr. die Elberfelder
denkenden 847, die mod* rne Tierpsycho¬
logie und die Elberfelder — , von Haenel 212
Pflanzen, die oftizinellen, und Drogen,
von Mitlacher . 1560
Pflegekinder, Versorgung luetischer, von
Rommel- . 215
Pflegerinnenwesen, Ausgestaltung des, in
Oesterreich ... 1171
Pfortader, kavernöse Umwandlung der,
von Hart . 2748
Pfortaderthrombose, von Gruber 201, Milz¬
venen- und — , von Goldmann . . . 1903
Phagozyten, physikal sch chemische Unter¬
suchungen über, von Hamburger . . 1334
Phagozytärer Index, einfache Methode zur
Bestimmung des, vonStuber undRütten 1585
Phagozytose, phagozytärer Index und
dessen klinische Bedeutung, von Stüber
1114, — bei akuten Infektionskrank¬
heiten, von Schaefer-Uieber . . . 2800
Phantom, Erfahrungen mit dem Blurn-
reichschen, von Schliinpert .... 2432
Pharm acy, Councd on, and Chemistry . 1526
Pharmakngnostische Studien, röntgen¬
photographische Aufnahmen zu, von
Ba dachzi und Wiechowski . . . . 498
Pharmakologie, Lehrbuch der, von Pouls-
son 657, chinesische und tibetisch¬
mongolische — , von Hiibotter . . . 1613
Pharmazeutische Vierteljahrsrundschau,
von Winckel . 425, 1838, 2471
Pharmazon präparate . 426
Pharynxtuberkulose, akute miliare, von
Meyer . 829
Phenolentgiftung, von v. Czyhlarz, Fuchs
und v. Fürth . 2364
Phenolkampfer bei Ulcus venereum, von
Rühl 2013 von Horowitz . 2249
Pheno lösungen, neutralisierende Wirkung
von A kohol auf, von Berceller . . . 2748
Phenolphthaleinspektrum, von Bardach . 264
Bhenolsulfophthaleinprobe s. a. Niere.
Phenolsulfonphthalein s. u. Nierenfunk¬
tionsprüfung
Phenolsulfophthaleinprobe, wichtige Feh¬
lerquellen bei der, von Roth .... 2012
Phimosenbeseitigung, Instrument zur
radikalen, von Spitzy . . 975
Phle barte riektasie, genuin« diffuse, von
Ebstein . 1843
Seite
Phlebektasien, von Herbst . 1350
Phlebitis syphilitica cerebrospinalis, von
„ Yer'6 ... 2475
Phobrol und Zimmerdesinfection, von
Wyss 1849, Anwendung des — in der
geburtshilflichen und gynäkologischen
Praxis, von Kal abin . 2639
Phonasthenie, von Sokolowsky 50, — und
Uebungen zu ihrer Heilung, von Hop¬
mann . 208
Phonetik, die experimentelle, in der
15 Versammlung der Italien Oto-
rhinolaryngologischen Gesellschaft . 622
Phonetische Therapie, neuere Hilfsmittel
der, und Diagnostik, von Flafau . . . 209
Phosphor, Bedeutung des, in der Nahrung,
von Durlach 660, therapeuiiscbe Ver¬
suche mit — bei Epileptikern, von
Leubuscht-r 661, Nachweis von weissem
— in Zündwaren, von Schröder 1165,
Bestimmung des organischen — im
Harn unnatürlich ernährter Säuglinge,
von Kaminer und Mayerhofer 1678,
— und Lebertran, von Kassowitz . 2072
Photodynamische Wirkungen von Inhalts¬
stoffen des Steinkohlenteerpechs, von
Lewin . 1529
Photographenanämie, sogenannte, von
Carozzi . 2416
Photographie s. a. Hochgebirgsphoto-
graphie
Photographie, die, in natürlichen Farben,
von Y’alenta 541, Rezepte und Tabellen
für — und Reproduktionstechnik, von
Eder 1336, — von Röntgenschirm¬
bildern, von Hartung . . . . . 1343
Phrenikotomie bei Lic generkrankungen,
von Sauerbruch 625, von H-Ilm . . 872
Phrenikuslähmung, von Sievers 613, — bei
Plexusanäs hesie, von Stein 993, von
Klauser 993, von Brunner . 1677
Phrenokardie, von Behrenroth . 207
Phthise s.a Lungenphthise, Lungenspitzen¬
phthise.
Phthise, Behandlung der kavernösen,
durch Pneumolyse, von Mayer . . . 2748
Phylakogene 426, Heilwirkung der — bei
Infektionskrankheiten, von Schirmer . 676
Physik, Lehrbuch der, von Lecher . . . 1043
Physikalische Grundbegriffe, neue An¬
schauungen über, von Gebhardt . . 1061
Physiologie, Bericht über neuere Arbeiten
über, von Biirker 12129, 2189, 2242,
Handbuch der vergleicnenden — , von
Winterst* in 255, praktische Uebungen
in der — von Gaule 656, Landois Lehr¬
buch der— , von Rosemann 1103,2530,—
des Menschen und der Säugetiere, von
du Bois-Reymond 1214, von Tigerstedt
2128, die führenden Ideen in der —
der Gegenwart, von v Tschermak 2328,
Lehrbuch der — , von Zuntz und Loewy
2469, Leitfaden der — , von Schenk und
Gürber 2686, Jahresbericht über die
Fortschritte der — , von Hermann und
Weiss . . 2849
Physiologische Methodik, Handbuch der,
von Tigerstedt . ... 1725
Physiologische Uebungen und Demonstra¬
tionen, von Tigerste It . 656
Physiologisches Praktikum, von Abder¬
halden 365, von Fuchs . 768
Physiology, Principles of human, von Star-
ü»g . . .423
Phytonosen, Arbeiten über 368, von Kann-
giesser . 1393
Pia mater, diffuse Sarkomatose der, von
Markus . 1449
Pichtgonal . 1840
Pigment, Bildung von melanotischem, im
Sonnenlicht, von Adler . 1576
Pigmentnaevi, von Zieler . 163
Pigmentstud'en, von Hueck . 261
Pilokarpin, Wirkung von, von Sardemann
992, Versuche mit — bei Parapsoriasis,
von Herxheimer und Köster .... 2747
Pilzforschung, Abteilung für, im Ham¬
burger Krebainatitut . ■ ... 1289
LXXXIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Pilznahrung bei Nierenkrankheiten, von
Kakowski . .
Pilzvergiftung, auch eine, von Dreisbach .
Pineiro Prof. Dr. f . . • •
v. Pirquetsche Kutanreaktion s. u. Kutan¬
reaktion.
v. Pirquetsche Reaktion im Kindesalter,
von Gindes und Mendelssohn 998,
Tuberkulosenachweis mit Hilfe der—,
von Conradi .
Piscin .
Pituglandol s. a. Wehenerregende Sub¬
stanzen.
Pituglandol in der Behandlung der Pla-
centa praevia, von Gail 718, Retentio
placentae und — , von Liepmann 1279,
— bei Eklampsie, von Schossberger
1288, — in der geburtshilflichen Praxis,
von Fuchs 1617, Uterusruptur nach
— , von Espeut 1774, Vorzüge des — ,
von Bosse .
Pituitrin s. u. Vergiftung.
Pituitrin in der Geburtshilfe, von Gussow
93, nachteiliger Einfluss des — auf das
Kind, von Spaeth 428, — als Austrei-
bungsmittel, von Hauch und Meyer 993,
— als wehenverstärkendes Mittel, von
Tiger 997, Adrenalin und — bei Dys¬
menorrhöe, von Klein 1163, Uterus¬
ruptur nach — , von Herz 1218, — bei
Retentio urinae, von Ebeler 1279, Ein¬
fluss des — auf die Geburtswehen, von
Malinowsky 1288, Wirkung des — unter
pathologischen Verhältnissen, von Elfer
1336, Portioinjektionen mit — , von Koch
1615, klinische Beobachtungen über das
— , von Semkowsky 1624, — als Wehen¬
mittel, von Deutsch 1 731, von Mory
1904, — in der Eröffnungsperiode, von
Neuwirth 2120, Wirkungen des — auf
Kreislauf und Atmung, von Pankow
2189, — in der Nachgeburtsperiode,
von Vogt .
Pituitrinwirkung, zur, von Grumann . . .
Placenta praevia, Aetiologie der, von Lumpe
40, Hypophysenextri'kt in der Behand¬
lung der — , von Trassl 146, Kaiser
1302
591
1584
1592
1841
2072
2805
1436
schnitt bei — , von Davis 146, Pitu-
- ~ — j *
glandol in der Behandlung der — , von
Gail 713, Pituitrin bei — , von Hauch
und Meyer 993, — centralis, von v. Or¬
tenberg 1107, Behandlung der. — , von
Döderlein 1964, Entwicklung und Be¬
handlung der — , von Jolly 2083, Hypo¬
physenextrakte bei — , von Herz . .
Plasmazytom, multiples, der Knochen, von
Warstat . . .
Plasmodium, Kultur des, vivax, nach dem
Verfahren von Bass, von Piczugin . .
Plasteine, Bezeichnungen der, zur Pepton¬
vergiftung, von v. Knaffl-Lenz und Pick
938, — als Antigene, von v. Knaffl-Lenz
und Pick . .
Plastiken und Prothesen in der Rhinologie,
von Albanus .
Plastische Operationen, von v. Mutschen-
bacher .
Plattfuss, Behandlung des, von Roth 887,
modellierende Osteotomie bei — , von
Perthes 936, operative Behandlung
des — und Klumpfusses, von Wilms
1283,
Plattfussbehandlung, von Guradze . . .
Plattfusseinlagen, Technik der, von Wol¬
lenberg . .
Plattfussfrage, von Cramer .
Plattfussoperation, Resultate der Müller-
schen, von Müller .
Plazenta s. a. Placenta praevia.
Plazenta, vorzeitige Ablösung der normal
inserierten im Laufe der Schwanger¬
schaft, vonZaharescu 43, Secto caesarea
wegen vorzeitiger Lösung der — , von
Späth 1012, Oxydasereaktion in der — ,
von Wolff 1163, Retention der — und
Pituglandol, von Liepmann 1279, die
Plazentargefässe als Kennzeichen für
die Entstehung der — inarginata s.
extrachorialis, von Meyer .
2418
826
2807
1046
213
1278
2861
1351
1787
2191
Seite
Plazentalösung, vorzeitige, von Aschner . 2306
Plazentapulver, trockenes, von King . . 1198
Plazentarangiom, das, eine echte Ge¬
schwulst, von Elten . 372
Plazentarblutungen, Behandlung der, in
den letzten Monaten der Schwanger¬
schaft . 1964
Plazentardefekte, leichtes Erkennen klein¬
ster, von Scherbak . 1327
Plazentarextracte, Wirkung der, auf das
Herz und Gefässsystem und die Blut¬
gerinnung, von Colle . 1849
Plazentarsubstanzen als Laktagoga, von
Niklas ...... • .
Plethysmogramm, Einfluss der Musik auf
auf das, von Frankfurther und Hirsch¬
feld . • .
Pleura, Hydrops adiposus der, von Plasch-
kes . . . . .
Pleuraempyem, tuberkulöses, von Jancke
158, chirurgische Behandlung des — .
von Lawrow 658, Behandlung des akuten
— , von Hahn 2194, Resultate der opera¬
tiven Behandlung des — der Kinder,
von Werner . 2533
Pleuraerguss, von Gerhardt . 956
Pleuraexsudate, Viskosität des, von Krot-
kow 2808, chirurgische Behandlung
der tuberkulösen — , von Spengler und
Sauerbruch . 2825
Pleurahöhle, Verschluss der, nach intra¬
thorakalen Eingriffen, von Dreyer . 213!)
Pleuraresorption, von Boit 770, — und
Herzbeutelresorption, von Boit . . . 2268
Pleurareflexe, sog., von Petersen .... 2637
Seite
91
486
219
600
485
2816
1883
2643
2805
1398
1163
1900
1677
Pleurasarkom, von Bernard
Pleuraschwarte, von Hofbauer 275, Ent¬
stehung und Bekämpfung der kon¬
sekutiven Störungen bei — , von Hof¬
bauer ....... .
Pleuratumor, von Dorendorf ......
Pleuritis s. a. Lungenfellentzündung.
Pleuritis, urämische, von Kön'ger 380,
aktive Pneumatotherapie der Residuen
von — , von Stemmler 948, seröse —
bei Wurmfortsatzentzündung, von Sven-
son 1288, Gaseinblasung bei — und
Peritonitis, von Schmidt 1799, Auto¬
serotherapie bei — , von Fishberg 1851,
Schulterschmerz bei — , von Gerhardt 2905
Pleuritische Ergüsse, vollständige Entlee¬
rung von, von Davies . 941
Pleuritische Exsudate, Ausblasung der,
von Melkich . 1285
Plexus brachialis, Anästhesierung des, nach
Kulenkampff, vonBabitzki 827, zur An¬
ästhesierung der — , von Kulenkampff
1339, Beeinflussung der Neuralgie des
— , durch Kulenkampffsche Anästhesie,
von Többen .
Plexus chorioideus, zelluläre Physiopatho¬
logie des, von Ciaccio und Scaglione
660, Funktion der — und der Hirn¬
häute, von Goldmann . 1005
Plexus solaris, Dehnung des, von Leriche 1277
Plexusanästhesie, von Siebert 105, Phreni¬
kuslähmung bei — nach Kulenkampff,
von Sievers 659, von Stein 993, von
Klauser 993, von Brunner 1677, Nerven-
schädigungen bei — , von Hirschler
1218, 28 Fälle von — , von Nentwig
2313, Uebergreifen der Lähmung auf
den N. sympathicus bei Kulenkampff-
scher — , von Voeckler . 2313
Plexuslähmung, von Perthes . 1747
Plombierung, die, der tuberkulösen Lunge,
von Gwerder . 2668
Pneumatisation, ideal-normale, des Schlä¬
fenbeins, von Wittmaack . 1568
Pneumatisationsprozess, Hemmungen und
Störungen des, im Schläfenbein, von
Wittmaack . 1568
Pneumasationsstörungen, Beziehungen der,
zu den übrigen Entzündungsprozessen
des Mittelohrs, von Wittmaack . . . 1568
Pneumatisches System im Röntgenbild,
von Sonnenkalb . 1568
Pneumatosis cystoides intestini, von
Demmer . 2368
Pneumatozele, operative Eingriffe bei der,
der Parotis u. des Ductus Stenonianus,
von Narath . .
Pneumokokken, Bedeutung der, für die
puerperale Infektion, von Bondy 314,
Arzneifestigkeit bei — , von Morgen-
roth u. Kaufmann 482, — im strömen¬
den Blut bei kruppöser Pneumonie,
von Dochez ... .
Pneumokokkeninfektion, Chemo- u. Sero-
* therapie der, von Engwer 94, von
Boehncke 398, 435, zur experimentellen
Chemotherapie der — , von Gutmann
482, von Morgenroth u. Kaufmann 2067,
Pharmakotherapie der — , von Wright
941, chronische — der Lungen bei
Kindern, von Sutherland u. Jubb . .
Pneumokokkeninfluenza, von Walb . . .
Pneumokokkenkulturen , Wirkung von
Chinaalkaloiden auf, von Tugendreich
und Russo . 2801
Pneumokokkenmeningitis, von Brady . . 1851
Pneumokokkensepsis und -meningitis im
Anschluss an Cholezystitis u. Cholan¬
gitis, von Severin . 543
Pneumolyse, über, von Jessen 1591, extra¬
pleurale — mit sofortiger Plombierung
bei Lungentuberkulose, von Baer 1587,
Behandlung der kavernösen Phthise
durch extra- und intrapleurale — , von
Mayer . 2748
Pneumonie s. a. Leberpneumonie, Lungen¬
entzündung.
Pneumonie, Behandlung der, durch Sauer¬
stoffinhalationen, von Delcourt 323, zur
Kritik des Traumas bei der — durch
körperliche Anstrengung, von Rubin
376, Schutzstoffe im Serum bei krup¬
pöser — , von Dochez 486, Pneumo¬
kokken im strömenden Blut bei krup¬
pöser — , von Dochez 486, chron. —
mit Bronchiektasen, von Matthes 617,
über — , von Vogt 842, Rekonvales¬
zentenserum bei — , von Jelke 1507,
Anwendung des Fibrolysins bei chro¬
nischer — , von Brenner 1547, Behand¬
lung der kruppösen — mit hohen
Kampferdosen, von Roser 1732, akute
— während der Arsenbehandlung, von
Weber 1734, chemotherapeutische Be¬
handlung von — mit Aethylhydrocu-
prein, von Fetlesen 1848, Verlauf des
Fiebers der kruppösen — bei Malaria¬
kranken, von Canti eri 1849, die metal¬
lischen Fermente in der Behandlung
der — , von Cattani 2138, Aethylhydro-
cuprein bei — , von Parkinson 2262,
Serumbehandlung der kruppösen — ,
von Feith 2314, — croup. migrans, von
Baur 2421, Behandlung der — mit
Aethylhydrocuprein und Pneumokok¬
kenserum, von Lenne 2475, — und Herz¬
fehler, von Keller 2589, experimentelle
— , von Kline und Winternitz 2590, zur
Frage der traumatischen — ,von Ishioka
2698, Todesursachen bei kruppöser — :
von Fleming .... ....
Pneumoperikardium, von Ljungdahl . .
Pneumopexie, die rationelle, von Lerda . 2135
Pneumothorax, Puls- und Blutdruckver¬
änderungen beim, von Walther 91,
Behandlung der Lungentuberkulose
mit künstlichem — , von Geerardt 98,
von Tollens 208, von Martin 431, der
künstliche — im Röntgenbild, von
Nebel 271, 327, künstlicher — beim
Kinde, von Vogt 323, Behandlung
chronischer Lungenerkrankungen mit
dem künstlichen — , von Hochhaus
385, Kinder mit künstlichem — ,
von Jancke 612, Behandlung mit
künstlichem — , von Sorgo 828, Ein¬
fluss des künstlichen — auf die Atem¬
mechanik des Kindes , von v. de
Kastelle 883, Behandlung der Phthise
mit künstlichem — , von Lillingston
941, zur Anlegung des künstlichen —
durch Punktion, von Moritz 1003, "zur
Frage des künstlichen — , von Hof-
2926
1783
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
LXXXV
Seite
bauer 1217, doppelseitiger traumatischer
— , von Brauer 1231, Erfahrungen mit
künstlichem — , von Hymans v. d
Bergh, de Jossolin deJong und Schut
1338, Indikationsstellung bei der Be¬
handlung der — mit künstlichem — ,
von Schur und Plaschkes 1357, Be¬
handlung des geschlossenen — mit
Aspiration u. Ueberdruck, von Greiffen-
hagen 1397, Technik des künstlichen
, von Jessen 1507, Bülausche Drai¬
nage bei — , von v. Jaksch 1523, Be¬
handlung eitriger tuberkulöser Exsu¬
date mittels künstlichem — , von Rösler
1627, Behandlung der Lungentuberku¬
lose mittels künstlichem — , von Arns-
perger 1686, von Gray 1860, von Saug-
mann-Daugaard 2078, therapeutischer
— , von Daus 1785, Exsudate bei künst¬
lichem — /von v. Muralt 2198, Technik
des künstlichen — , von Bang 2245,
Todesfälle nach Behandlung von
Lungentuberkulose mit künstlichem
— , von Sundberg 2245, Erfolge mit
künstlichem — , . von Stuertz 2485, Wert
des partiellen — , von Morgan 2695,
Verhütung des plötzlichen Todes bei
— , von Lillingston 2696, klinische
Heilung der Lungentuberkulose durch
den künstlichen — , von Bernard . , 2926
Pneumothoraxbehandlung der Lungen¬
tuberkulose, von Kohlhaas 547, von
Schur und Plaschkes 1399, experimen¬
telle Studien zur — , von Schur und
Plaschkes 1950, Larynxtuberkulosen
unter der — , von Winckler 2360, —
bei Lungentuberkulose, von Amrein
und Lichtenhahn . 2536
Pneumothorax Operation bei Tuberkulose,
von Wolff . 275
Pneumothoraxpleuritis , experimentelle ,
von Königer . . 1003
Pneumothoraxtherapie, von Aron 430, von
Königer 503, Indikationen der — bei
Lungentuberkulose, von v. Jagic . . . 662
Pneumotyphus, Klinik des, von Brauer . 671
Pocken s. a. Menschenpocken.
Pocken, über die, von Fraenken 48, Er
krankungen an — in Bayern 224, Enze¬
phalomyelitis nach — , von Klieneberger
884, Verbreitung der — in den Tropen,
von Rüge 1343, Epidemiologie der —
in Nordchina, von Besenbruch 1343,
Ditferentialdiagnose der — , von Bäumler
1361, Erforschung und Bekämpfung der
— in Togo, von Paschen 1400, — und
Vakzinationslehre, von Jochmann . . 2065
Pockenerreger, Reinkultur des, von Fornet
2301, 2916, 2918
Podotrochlitis des Pferdes, von Kberlein 833
Podwyssotzki Prof. Dr. W. y 392, von Dwo-
retzky . 607
Poliencephalitis acuta, von Lüttge . . 2435
Poliklinikenfrage, Regelung der, in Mün¬
chen . 1182
Poliomyelitis s. a. Kinderlähmung, Heine-
Medinsche Krankheit.
Poliomyelitis, von Cassel 2594, patholog.
Anatomie, und experimentelle Patho¬
logie der — , von Zappert 323, akute
— in Norwegen, von Johannessen 323,
die — in Frankreich, von Netter 323,
die Reflexe bei — , von Schreiber 323,
chirurgische Behandlung der Folgen der
— , von Ombr4danne 323, foudrovante
— , von Löwy 445, Infektionsmodus bei
der epidemischen — , von Flexner 485,
Uebertragung des Virus der — durch
Insekten, von Howard u. Clark 486,
Fehldiagnose bei der — , von Zappert
1180, 2300, Virus der — , von Flexner
und Noguchi 1223, Differentialdiagnose
der Polyneuritis und — , von Hoff 1732,
Uebertragungsversuche mit dem Virus
der — , von Lucas u. Osgood 1851, über
— , von v. Mettenheimer 2084, Kultivie¬
rung des Mikroorganismus der — epi¬
demica, von Flexner und Noguchi 2137,
• 8eite
— acuta, von Bruno 2373, traumatische
— , von Jenicke . . 2701
Poliomyelitisepidemie, von Ibrahim 275,
die — in Polen, von de Biehler 323,
die 2. grosse schwedische — , von Wern-
stedt . 323
Poliomyelitisfälle, Transmission des Virus
vom englischen, auf Affen, von Mcln-
tosh u. Turnbull . 1954
Polyarthritis, akute luetische, von Huzar 1952
Polychrom, panoptische Blut- und Gewebs-
färbung mit, von Klein . 2642
Polydaktylie, von Loening . 838
Polyglanduläres System, Diagnostik und
Pathologie des, von Csdpai . 1841
Polygonum aviculare als Volksmittel gegen
Diabetes, von van Leersum . 2139
Polymastie, von Friedeberg . 328
Polymyositis, akute, nicht eitrige, von
Knierim . .... 1844
Polyneuritis, von Gerhardt 106, entero-
toxische — , von v. Noorden 148, rheu¬
matische — , von Schulhof 949, in der
Reiskleie enthaltene, gegen — wirk¬
same Substanzen, von Schaumann
1344, — nach Diphtherie, von Völsch
1464, Differentialdiagnose der — und
Poliomyelitis, von Hoff 1732, — cere-
bralis, von Ruttin . 2918
Polyposis intestinalis adenomatosa diffusa,
von Scagliosi . 1849
Polyzythämie, von Beltz 161, Aderlass¬
therapie hei — , von Wagner 408, von
Hörder 568, — mit Milztumor, von
Saenger 619, prognostische Bedeutung
der sekundären — bei kardio pulmo-
närer Erkrankung, von Weber 1525,
zur Klinik der — , von Mohr 1739,
— rubra, von Moewes 1841, das Benzol
in der Therapie der — , von Kiralyfi 2534
Poncet Prof. Dr. f . . . . 2208
Ponfick, Geh. M.-R. Prof. Dr. f 2552, von
Kaufmann .... . 2843
Ponstumor, von Edinger 1228, vonTrömner 1573
Porphyrin und Porpliyrinausscheidung im
Harn, von Roedelius und Schümm . 2756
Portio,ra8che mechanische Er Weiterung der,
während der Geburt, von Anton 2309,
Anatomie der — vaginalis, von Kraus 2370
Portiokarzinome, palliative Behandlung
inoperabler, mit Zuckerstaub, von
Berczeller . 1397
Post abortum-Erkrankungen, Behandlung
der, von Lepage . 2079
PostnarkotischeStörungen, Säure Vergiftung
als Ursache der, von Chauvin und Oe-
conomos . 2495
Potenzstörung, seltene, von Lissmann . 1221
Portio, Karzinom der, von Deseniss . . . 213
Pottsche Krankheit, Behandlung der, von
Openshaw und Roth . 941
Powers Prof. Dr. Gge. H. f . 1303
Präzipitationsverfahren in der gerichtsärzt¬
lichen Praxis, von Sutherland .... 2054
Präzipitinreaktion , diagnostische Bedeu¬
tung der, bei Darmerkrankungen, von
Isabolinsky und Pacewicz . 2808
Präzisionsmikrometer, klinische Verwend¬
barkeit des, von Modelsee ... . 318
Präzisions wage für die Säuglingsernäh¬
rung, von Peiser . 475
Prager medizinische Fakultät, Geschichte
der, von Pick . ... 2433
Praktikanten, Verzeichnis der zur An¬
nahme von , ermächtigten Kranken¬
häuser etc. in Preussen . 223
Praktisches Jahr . . 390, 679
Praxis ausländischer Aerzte in Deutsch¬
land 53, 279, Mitteilungen aus der — ,
von Priester 828, Seltenheiten aus der
— , von Frank . . . . . f 149
Preisausschreiben der Umschau 391, —
der Heinrich Brock-Stiftung 902, — der
Vereinigung Karlsbader Aerzt ■ 903, —
des Herrn Woermann in Hamburg . . 2029
Preiser f . 1864
Preisverteilung auf dem Internat, med.
Kongress . 503
Seite
Presse, Psychiatrie und, von Vorkastner
1221, Psychiatrisches aus der Ham¬
burger — , von Rittershaus . 2435
Primusquelle s. u Bad Adelholzen.
Prinzregent - Luitpold - Genesungsheim in
Tölz, von Grassmann . . 844
Prinzregent - Luitpold - Kinderheilstätte in
Oberschwenden . 2767
Privatkrankenanstalten, Anmeldungspfiicht
der . . 1918
Probedämmerschlaf, vort Holder . . 713
Probefrühstück, klinischeVergleichung des
Ewald-Boasschen und des Mintzschen,
von Hatiegan u. Döri 97, Wert des
trockenen — von Triscuit, von van
Span je . 2140
Probekost, Fleischfrühstück als, von Skray 2196
Probemahlzeit, Hypersekretion nach der,
von Kemp . 544
Processus vermiformis, röntgenologische
Darstellung des, von Groedel 744 ~ (042,
von Cohn . 1042
Produktivgenossenschaft , ärztliche , in
Wien . 1625
Professoren, Vollbesoldung der amerikani¬
schen . 2599
Prognathie, Behandlung der, von Hesse 1687
Prognose, die medizinische, von Chauffard 1958
Projektil, Extraktion eines, aus dem III. Ge¬
hirnventrikel, von Exner und Karplus 1682
Projektilentfernung aus der Gegend des
Ganglion Gasseri, von v. Walzel . . 2195
Projektilextraktion aus dem retrobulbären
Raum, von Rubritius . 388
Proktitis, eosinophile, von Fricker . . . 146
Prolaps s. u. Genitalprolaps
Prolaps und Unfall, von Martin .... 2646
Promontoriumresektion, von Rotter 2308,
von Schmid 2308, 2639, becken¬
erweiternde Operation durch — , von
Rotter . j . 2804
Promotionswesen, Reform des . 2383
Prophylaktika, Aetzwirkung der, von Crede-
Hörder . . 2639
Prophylaktikum Mallebrein, Wirkung des,
von Bierast und Ungermann 1342, Be¬
handlung infektiöser Erkrankungen der
Luftwege mittels — , von Klare . . . 1566
Prostata, Tuberkulose der, von Götzel 2132,
das Karzinom der — , von Willan . . 2644
Prostataatrophie, experimentelle, von Sa-
saki . 1502
Prostataenukleationen, 236 totale, von
Freyer . 1955
Prostatahypertrophie , kompliziert durch
Blasensteine, von Wendel 330, Diagno¬
stik und Therapie der — , von Thelen
726, — und -atrophie, von Fielitz 838,
Toxizität der Sekrete bei — , von Le-
gueu und Gaillardos 934, Zystoskopie
bei der — , von Marion 934, Diagnose
und Behandlung der — , von Wulff
1230, 1406, über — , von Jenckel 1515,
Wandlungen in der Lehre von der — ,
von Kielleuthner 1701, 2 Fälle von — ,
von Franke 1970, operative Behand¬
lung der — , von v. Engelmann 2532,
Behandlung der — durch indirekte Be¬
strahlung, von Jacobsohn . 2589
Prostataringmesser, von Grunnert . . . 371
Prostatektomie, Resultate der 277, Prostata¬
ringmesser für die suprapubische — ,
von Grunert 371, Technik der — , von
Rubritins 498, die entfernten Resultate
der transvesikalen — , von Constanti-
nescu 1050, Erfolge der transvesikalen
— , von Sacanella 1225, Technik der —
suprapubica, von Jenckell 1677, Dauer¬
resultate der suprapubischen — , von
Kreuter 1684, Serie von 55 suprapubi¬
schen — , von Fullerton 1734, Wilmsche
laterale perineale — , von Siegel . . . 2144
Prostatiker, Zeitpunkt, wann ein, operiert
werden soll, von Fenney 934, Nutzen
der Anwendung der Harnstoffsekre¬
tionskonstante bei — , von Legueu
2193, Untersuchung und Behandlung
der — , von de Butler . . . 2588
LXXXVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Prostatismus ohne Prostata, von Marion
934, die pathologischen Grundlagen der
operativen Behandlungder — , von Wade 1968
Prostatitis, Behandlung ter, gonorrhorica,
von Simmonds 223, Jodipin per clysina
bei — , von Fischei . 651
Prostituierte, Notwendigkeit der obligato¬
rischen Blutuntersuchung nach Wasser¬
mann bei der Kontrolle der, von Müller 299
Prostituiertenuntersuehung, Druckschei¬
denspülung bei der, von Drenw . . . 1382
Prostitution jugendlicher Mädchen in
München, von Rupprecht 12 die — und
ihre Bekämpfung, von Leonhard 87,
Reglementierung der — 1577. Kon¬
trolle der — von French 2202, von
Blaschko 2202, von Finger . 2203
Prostitutionsfrage, zur . 110
Protargolsalbe, Anwendung der lÜproz.,
von Reiesmann . 2139
Protein and Nutrition. An Investigation.
By Hindhede . 2531
Prothese eines doppelseitig Oberarmampu¬
tierten, von Heikler . . ... . 2586
Protoplasma, Chemie des, und Zellkerns,
von Gans . 2302
Protozoen, Kultur von, und Bakterien im
Blute, von Bars 1344, Vernichtung
von Bakterien im Wasser durch — ,
von Spiegel . 1846
Prüfungen, Ergebnis der ärztlichen . . . 2822
Prüfungsordnung, Folgen der neuen zahn¬
ärztlich., v. Behrendt 1213 Schweizer — 1346
Pruritus, Pittylen bei, vulvae, von Herzberg
53, ovariale Opotherapie bei — vulvae,
von Babesch und Buia . 2303
Pseudobulbärparalyse, infantile, v. Fickler 1843
Pseudodiphtheriewtäb' hen, bakteriologische
Diagnostik der echten u., von Teoumin 1342
Pseudodysenterie und Paradysenterie,
von Hutt . . 1165
Pseudoübnlatumor, von Preiser .... 1230
Pseudogibbus traumaticus, von Haskovec 828
Pseud"hämatemesis, von Speck . . . 1343
Pseudohermaphr ditismus,von Hirsch und
Leo 104, von Mohr 610, — mascubnus,
von G'üneberg 1516, — femininus,
von Küstner 2010, — femininus ex-
tanus, von Benda . 2543
Pseudo-Hirsrhsprungsche Krankheit, von
Mayerhofer . .... 1525
Pseudoleukämie, von Rodler-Zypkin . . 561
Pseudomyxoma peritonei, von Rathe 1447,
— ovarii et peritonei, von Bondy . . 1456
Pseudomyxombildung nach Appendizitis,
von Paczek . 2302
Pseudopolyserositis syphilitica,' von Cursch-
mann . 2761
Pseudorückenmarkstumor, von Preiser . 1230
Pseodosklerose, Westphal-Strümpell, von
Westphal 1448, Leberveränderungen
und Pigmentierungen boi — , von
Rumpel 2356, Fall von — , von
v. Strümpell . 2427
Pseudotuberknlose, beim Menschen, von
Saisawa 483, Bazillus der — , von Sai-
sawa 483, experimentelle — , von Kirch 1165
Pseudotumor cerebri, von Gerhardt . . 106
PsoaspalpatioD.die, und der Pnoasschmerz,
von Hausmann . 2517
Psoriasis eine echte Hautkrankheit, von
Hübner 661, zur Menzerschen Theorie
der Tuberkuli Inatur der — , von Hüb¬
ner 673, Strahlenbehandlung der —
vulgaris, von Freund 716, Behandlung
von — mit Thorium X, von Gudzent
und Winkler 1166, — mit atypischer
Lokalisation, von Herxheimor 1517, ist
die — ein Symptom chronischer In¬
fektionskrankheiten, von Schoenfeld
1789, — als Konstitutionskrankheit,
von Menzer . . ....... 1952
Psoriasiskranke, das Ehrmannsche Frosch¬
augenphänomen im Blutserum von, von
Sommer 148, angebliche Verminderung
adrenalinartiger Substanzen im Serum
von — , von Fischei und Parma . . . 1506
Psychiatrie s. a. Semiologie.
Saite
Psychiatrie und Gynäkologie, vonBossi 134,
von Bumke 1512, Lehrbuch der ge¬
richtlichen — , von Bischoff 256, Ge¬
schichte der — , von Kirchhoff 1160,
Serodiagnostik nach AbderhaMen in
der — , von Wegener 1197, von
Mayer 2044, — und Presse, von Vor-
kastner 1221, hämatologische Unter-
suchungsmethode'i im Dienste der — ,
von Schultz 1573, Bedeutung des Ab-
derhaldenschenlhalvsierverfahrens für
die — , von Urstein 1952 die Serologie
in der — , von Fauser 1984, das Dialy-
serverfahren in der — , von Bundschuh
und Roemer . 2420
Psychiatrisches aus der Hamburger Presse,
von Ritternhaus . 2435
Psychiatry, Outlines of, von White . . . 599
Psychische Behandlung im Kindesalter,
von Hamburger . . 484
Psychische Tärigkeit, Entwicklung der,
von v. Bechterew .... ... 2748
Psychische Kranke, Deutsche Heil- und
Pflegeanstalten für, von Bresler . . 1783
Psychoai alvse, von Isserlin 956, von Seif
1233, Wert der — , von Hoche 2012,
Freudsche- — , von Engelen . 2420
Psychoanalytische Methode, von Pfister 2007
Psycho-elektrisches Phänomen, Analyse
des, von Philippson und Menzerath . 2253
Psychologische Experimente an Kindern,
von Raudnitz . • . 2374
Psychologische Wanderungen auf Seiten¬
wegen, von Schulz . 711
Psychoneurosen.die, und ihre Behandlung,
von Neupert 537, affektive — deH Kin¬
desalters, von Heller 2374, — bei Herz¬
kompensationsstörungen, von Lilien¬
stein . 2429
Psvchopathia sexnalis, von v. Krafft-Ebing
366, pharyngo laryngeale — .vonCollet 2361
Psychopathische Mädchen, ästhetische Nei¬
gung des, von Postma . 2141
Psychosen, Adrenalingebalt des Blutes bei
einigen, von Kastan 261, — des Rück-
bildungs- und Greisenalters, von Spiel-
meyei 990, symptomatische - bei Herz¬
kranken, von Kleist 1011, die — bei
Gehirnerkrankungen, von Redlich 1215,
allgemeine Therapie der — , von Gross
1274, gynäkologische Erkrankungen
mit — , von König 1520, Aetiologie der
akuten — , von Weber 1619, — während
d-r Schwangerschaft, von Passow 2071,
Stoffwechsel bei — , von Toyami 2134,
die Heredität der — , von Jolly 2587,
postt'aumatische — , von Wohiwtll 2645,
Selbstmord und Selbstmordversuch bei
verschiedenen — , von Markowitsch
2699, Korsakowsche — mit Polyneuritis
auf alko1 ol. Basis, von Curschmann
2761, gynäkologische Untersuchungen
und Operationen bei — .vonBusse 2863,
von Friedei ... ... 2863
Psychotherapie, Ethik und, von Dubois 41,
Wirkungsgebiet und Methoden der — ,
von Vogt . 1695
Ptosis, von Saenger . 2755
Piosisoperation mit freier Faszientrans-
plantauon, von Aigner . 371
Pubosteotomie, Spontanentbindungen nach,
von Friedrich . . ... . . . 1741
Puerperale Infektion s. a. Sepsis.
Puerperale Infektion, prophylaktische Be¬
handlung der, mit intravenösen Kollar-
goleinspritzungen, von Cohn 2304, Dia¬
gnose und Prognose der — , von
v. Hecker . 2638
j Puerperale Prozesse, Verweitung bakterio¬
logische Befunde bei, von Sitzenfrey
und Vatrik . . ... ... 1450
Puerperale Selbstinfektion, Quellen und
VVege der, von Ahlfeld . 1504
Puerperalfieber mit Fieber im Puerperium,
von Brandt . 550
Puerperalsepsis, Behandlung der, von Ilke-
witsch . 2298
Pulmonalatresie, angeborene, von Häberle 2803
Seite
Pulmonalinsuffizienz, Diagnose der, von
Rehfisch . . . • 2815
Pulpa, Anrigenvermögcn der, bacillaris
Maragliano, von Sivori . 487
Puls, dem, gleichzeitiges Geräusch auf dem
rechten Ohr, von Mdner 271, Aussetzen
des — bei tiefsier Atmung und for¬
cierter Muskelaktion, vonGaiaböck 1337 ,
der — im Schlaf, von Klewitz . . . 2800
Pulsd'agno«tik, dynamische, von Christen
1337, 1373.
Pulsoconnapparat . 426
Puisus durus, von Lewinsohn .... 1619
Pnlsverspätung, von Hoke und Rihl 1357, 1681
Pulvinhal, von Kassnitz . 1572
Pulvis Doveri, der Urheber des, von
Nixon . 2926
Pupillenphänomen, -das vagotonische, von
Somouyi . ; . . • • 1952
Pupillenreaktion, Schwellenwert 'der, von
Schlesinger ... . “64
Pupillenstarre, alkoholische reflektorische,
von Mees . 1200
Pupillenstörungen, isolierte, von Dreyfus 444
Pupillenuntersuchungen bei Geistes¬
kranken und Gesunden, von Runge . 1519
Putinbasenausscheidung, von Hefter . . 1105 j
Purinkörper, Bestimmung der, im Urin,
vn Flatow . . • 354
Purinstoffwechsel desMenschen, vonSiven 2191
Purpura, Behandlung der, von Märtz 43,
— abdominalis, von Lederer 713, — _ I
urticans, von Spitzer . • 957
Pyämide, zur Kenntnis der, von Werther 1709
Pyaemie, Sepsis und, von Nacke . . . 2745
Pyämische Allgemeininfektion, von Ghon 2549
Pydonal . ..... 2472 j
Pyelitis, von Oppenheimer 103, — gravidar¬
um, von Kroemer 1348, vonStoeckel 2147,
Behandlung der — mit Nierenbecken-
Spülungen, von Hohlweg 1420, — im
Kindei-alier, von Langstein 1468, Be¬
ziehungen der Kuli — zur Fort-
pflanzungi-tätigkeit, von Mayer 1479,
— und Nierenbeckenerweiterungen
während und ausserhalb der Schwanger¬
schaft, von Schickele 1615, zwei Fälle
von — , von Gerhardt 1629. Infektions¬
modus der — , von Menge 2025, Behand¬
lung der — gravidarum mit Nieren¬
beckenspülungen, von Rübsamen 2247,
— durch bact. lactis aerogenes, von
Langstein . • • 2594 1
Pyelographien, von Voelcker 832, Ergeb¬
nisse der — , von Voelcker . 1912
Pyelonephritis, abs edierende, von Israel 1737 j
Pyeb'tomie mit Inzision der vorderen
Nierenbeckenwand, von v. Jlly4s . 205
Pyelotomiewunde, Behandlung der, von
Bastianelli . 770
Pyloropexie, von Hof mann . 1787 ;
Pylorospasmus, von Mayerhofer 1300, von
Ober warth 2594, Untersuchungen über
— und Pankreas fermente beim Säug¬
ling, von Hess 546, über den — , von
Glaessner und Krenzfuchs 582, — und
Ulcus ventriculi, von Neudörfer 760,
Papaverin zur Diffe'entialdiagnose
zwischen — und Pylorusstenose, von
Holzknecht und Sgalitzer 1989, Rurni-
natiun und — , von Aschenheim . 2071
Pylorus, Umschnürung und Verschluss
des — durch Netz von Momberg 1342,
Verschluss und Suspension des —
nach Gastroenterostomie, von Hercher 2586 a
Pylorusaus8cbaltung, von Dobbertin 2192,
unilaterale — , von v. Haberer
313, — mittels Schnur, von Parla-
verchio 599, Technik der — , von Polya
2009, von Hoffmann 2009, — mittels
Faszienstreifen, von Röpke 2366, die
Intra parietomuskelpyloropexie als
Meihode der — bei Gastroptose, von
Mariani . . . 2586
Pylorusexklusion, von Bircher . 2355
Pylorushypertrophie, gutartige, von Cbiari
841, 2534
Pylorussondierung, von Putzig . 446
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXXXVII
8 eite
Pylorusstenose, von Jamin 838, von Zweig
2364, Operation der angeborenen — ,
von Rammstedt 145, Papaverin zur
Differentialdiagnose zwischen Pyloru-
spasmus und — , von Holzknecht und
Sgalitzer 1989. Behandlung der — des
Säuglings, von Hess . 2804
Pylorustuberkulose, von Schlesinger . . . 2548
Pylorusumschnürung, Dauerresultate bei
der, als Ersatz der unilateralen Pylorus-
ausBchaltung, von Kolb . 2400
Pylorusverengerung, von Göbell .... 2009
Pylorusverscbluss, von Israel 1737, Tech¬
nik des — , von Mertens . 2355
Pyonephrosis calculosa, von Kotzenberg
436, geschlossene — , von Lichtenstern
2705, — mit Steinbildung, von Albrecht 2865
Pyosalpinx, tuberkulöse, von Henkel . . 2863
Pyovarium nach einem Partus, von Oehmen 1678
Pyozyanase, antitoxische Wirkung der,
auf das Tetanustoxin, von Silvestrini 1850
Pyraloxin bei Erkrankungen des Ohres
etc., von v. Stein . 828
Pyrmoos . 1840
Pyrodinanämie, Ablauf der Blutzerstörung
bei der, von Hess und Müller .... 2590
Q.
Quaderni d’Anatomia, von Leonardo da
Vinci . 88
Quadrizepssehne, Risse der, und des Lig.
patellae proprium, von Janaszek . . . 1732
Quanti Pirquet s. u. Kutireaktion.
Quarzquecksilberlampe „künstliche Höhen¬
sonn e“, von Bach . 894
Quecksilber s. a. Hg Kontraluesin.
Quecksilber in der die Aerzte umgebenden
Lutt, von Schelenz 503, Wirkung des
per os genommenen — , von Schäfer
827, — und Ralvarsan, von Finger 885,
Wirkungsweise des — bei Spirillosen,
von Hahn und Kostenbader .... 2691
Quecksilberdarreichung, zur Bewertung
der internen, von Polland . . . . 590
Qu ecksilberein sprit '.um gen , supermaxi¬
male, zur Einleitung der Syphilisbe¬
handlung, von Ehlers . 2358
Quecksilberkuren, Gefahren der, und ihre
Verhütung, von Wolffenstein .... 2356
Quecksilberverbindungen , Wirksamkeit
und Toxikologie verschiedener, von
Klages und Schreiber . 2432
Quecksilbervergiftung, von Pribram . . 2868
Quellenmessung, von Sieveking .... 894
Quellstift, Gebrauch des, von Banya . . 1860
Quellsliftträger, von Bäumel . 2283
Querlage, Uterus bicornis als Aetiologie
chronischer, von v. Klein 826, Lage¬
korrektur der — durch Schenkelkom¬
pression, von King . 2022
Querschnitte, die, in der Bauch Chirurgie,
von Mayer . 1906
Quinckesche Krankheit und Schwanger¬
schaft, von Ballerini . 2355
R.
Rabies, Züchtuug des Erregers der, von
Noguchi . 2484
Rachenmandeloperation, Technik der,
von Barth . 207
Rachenring, zentrale Stellung des lympha¬
tischen, im Organismus, von Röder . 2365
Rachen- u. Gaumentonsillenhypertrophie,
Ursache der — und ihre Behandlung
mit Lymphdrüsenextrakt, von Ashby 2643
Rachianaesthesie g4n6rale, von Jonnesco
153, die allgemeine — , von Jonnescu
2304, 2869, 2920
Rachis, maladies du, et de la moelle, von
Auvray u. Mouchut . 479
Rachitis, Beitrag zur, von Ribbert 96,
Pathogenese u. Aetiologie der — , von
Kassowitz 316, Kontagiosität der —
beim Tiere, von Delcourt 323, Einfluss
Seite
der Sonnenstrahlen auf die Knochen¬
entwicklung bei — , von Raczynski 323,
Symptomatologie der — in Japan, von
Ogata 372, das Blutbild bei — , von
Aschenheim 379, Mineral Stoffwechsel
bei der — , von Meyer 600, Aetiologie
der — , von Dibbelt 715, — bei Neu¬
geborenen, von Kassowitz 937, Aetio¬
logie u. Therapie der Osteomalazie u.
— , von Stöcker 938, Behandlung der
— auf Grund von Stoffwechselunter¬
suchungen, von Schloss 1356, nervöse
Uebererregbarkeitbei — , von Kassowitz
2013, — der Wirbelsäule, von Engel¬
mann 2368, — der Nase, von Walb
2691, experimentelle — bei Hunden,
von Koch .
Rachitismilz, Verhalten der Gitterfasern
bei der, von Havashi .
Rachitistheorien, alimentäre, von Kasso¬
witz .
Radfahren unter aktiver Beteiligung eines
Beines mit steifem Kniegelenk, von
Harmsen .
Rad Jo .
Radioaktive Elemente, Zufalltheorie der
von Markwald .
Radioaktive Pleilmittel, Ankauf von . .
Radioaktive Normalmasse u. Messmetho
dik, von Meyer .
Radioaktive Präparate .
Radioaktive Stoffe, Verhalten der, im Or
ganismus, von Lazarus .....
Radioaktive Substanzen, Behandlung ma
ligner Tumoren mit, von Caan 9, An
Wendung der — bei Mund- und Zahn
krankheiten, von Levy 1342, Beschaf
fung und Bereitstellung von — , von
Brauer 2148, physikalische und bio
logische Grundlagen der Strahlenwir
kung der — , von Müller ....
Radioaktive Therapeutik, Stand der, von
v. Stubenrauch .
Radioaktivität, Wirkung induzierter, von
Fernau, Schramek u.Zarzycki 264, Ueber
Schätzung der — als Potenz der Heil
quellen, von Kisch 949, Kropfendemie
und — , von He«se 1336, Erzeugung von
— , von Levy-Dorn . 2012,
Radiometer, Sabouraud -Noirescher, von
Holzknecht . . . . .
Radiosensibilität, neue Methode zur Be¬
stimmung der, von Freund . . . ,
Radioskopie, gastrische, von Simici . . .
Radiotherapie, Anwendung von Filtern in
der, von Morton 949, — der Geschwülste,
von Werner 950, — der Hypophysen-
tumoren bei Akromegalie, von Böclkre
u Jaugeot 950, Kompendium der — ,
von Oudin u. Zimmern 1275, — des
Karzinoms, von Döderlein 1804, neuer
Vorschlag zur — , von Krukenberg 2112,
— des Uterusmyoms, von Sippel 2226,
2312, — des maladies du sang et des
Organes lymphoides, von Cremieu . .
Radium s. a. Emanationsmengen.
Radium, physiologische u. therapeutische
Wirkungen des,u.Thorium, vonFürsten-
berg480, Mesothorium u. — , von Freund
674, Etwas über — u. Mesothorium, von
Kröner 717, biologische Wirkungen des
— , von Arzt u. Kerl 828, Behandlung
des Rhinophyma mit — , von Desgrais
894, Rückbildung prognostisch schwerer
Neubildungen unter — , von Dominici
058, Beeinflussung von Uteruskarzino¬
men durch — , von Wertheimer 1523,
Muttersubstanzen des — , von Wich-
mann 1573, die 1912 in der Royal In-
firmery in Edinburgh mit — behandelten
Fälle, von Turner 1735, Einfluss des —
auf die Blutformel und den Blutdruck,
von Giacchi 1850, Ankauf von — • 2029,
über — , seine therapeutische Anwen¬
dung und Wirkung, von Hermann 2236,
therapeutische Verwendung des — in
der Dermatologie, von Riehl u. Schramek
2249, Karzinom und — , von Riehl,
Wertheim u. Ranzi 2481, Behandlung
2762
1951
2012
78
1807
894
2495
894
1838
948
2448
2315
2589
2201
1236
1051
2686
Seit«
der Mnnd8chleimhautkarzinome mit — ,
von Schindler 2482, — als Heilmittel,
von Falta 2536, Ersatz von — u. Meso¬
thorium durch harie X-Strahlen, von
Dessauer 2544, praktische Identität von
— und Röntgenstrahlen, von Pagen¬
stecher 2562, Behandlung der Narben¬
stenosen des Oesophagus mit — , von
Neumann 2692, mit — erfolgreich be¬
handelte Krebsfälle, von Marschik
■ 2763, — und Mesothorium bei Carci¬
noma cervicis, von Schauta 2804,
— und Mesothorium in der Heilkunde,
von Nahmmacher . 2921
Radiumbehandlung des Krebses , von
Latzko u. Schüller 2195, — des Gebär-
mutterkrebses, von Keitler . 2590
Radiumbestrahlung bei Scheidenkrehs, von
Wertheim 1413, — bei Schwerhörigkeit
und Ohrensausen, von Hügel 2 1 1 0, 2768,
von Passow 2496 2768, Absorptionstafel
für — , von Weckowski . 2691
Radiumemanation bei inneren Krank¬
heiten, von Falta 98, — als Heilmittel
bei Rheumatismus und Gicht, von
Goldberg 664, Anwendung der — bei
Gichtikern, von Mesernitzky 894, In¬
halationskur oder Trinkkur der — ,
von Mache und Suess 948, von Ram-
sauer und Holthusen 948, pharmako¬
logische Wirkungen der — , von Kionka
949, Wirkung der — auf den Stoff¬
wechsel, von v. Benczur und Fuchs
992, Wirkung der — , von Engelmann
1115, — bei Alveolarpyorrhöe, von
Dautwitz 1222, Wirkung von — auf
Uterusblutungen, von Opitz 1339, An¬
wendung der — bei Gicht, von Meser¬
nitzky 1565, Behandlung mit Inhalation
von — , von Lewin 2806, Behandlung
mit — , von Brustein . 2807
Radiuminstitut, Arbeit des, in London,
von Pinsch . 1733
Radiumpräparate, Abgabe von, aus öffent¬
lichen Stationen zur Behandlung pri¬
vater Kranker, von Schiff ... . 250
Radiumsalze, höhere Dosen löslicher, bei
inneren Krankheiten, von Gudzent
und Castell Rüdenhausen 2693, An¬
kauf von — für die Stadt München 2710
Radiumsalzlösungen, Verteilung von, und
Radiumemanationslösungen in der
Blutbahn, von Engelmann . 949
Radiumstation in Wien . 1302
Radi umstrahlen s. a. Tiefenbestrahlung.
Radiumstrahlen, merkwürdige Wirkung
der, von Freund 51, Absorption der
— , von Giraud 894, Behandlung des
Uteruskrebses mit Röntgen- und — ,
von Scherer und Kelen 2369, — zur
Behandlung der Schilddrüsenhyper
Sekretion, von Turner . 2696
Radiumtherapie in der Dermatologie, von
Riehl 98, — in der Laryngo-Rhinologie,
von Marschick 98, Blutuntersuchungen
bei der — , von Kernen 949, — und
Elektrotherapie, von Sticker 950, —
in der Gynäkologie, von de Courmelles
2081, 2259, von Krönig 2001, Einfluss
der — auf den Stoffwechsel bei Gichti¬
kern, — von Skörczewski und Sohn
2134, die Röntgen- und — in der
Gynäkologie, von Albers - Schönberg
2259, — bei inneren Krankheiten, von
Kraus 2356, — des Krebses, von Latzko
2370, Stand der — bösartiger Geschwül¬
ste, von Schlesinger 2691, Stand und
neue Ziele der — Mesothoriumtherapie,
von Lazarus . . 2815, 2920
Radiumträger für den Larynx, von Neu¬
mann . 1793
Radiumwirkung, die erste biologische, von
Walkhoff . 2000
Radiusbruch, Spontanrupturen der Sehne
des Ext. pollicis long. nach typischen,
von Heinike . 1843
Radiusfraktur, Behandlung der, von Troell 1787
Rassenelemente, Kosten der schlechten,
von Jens . 2752
LXXXVIll
INHALTS-VERZEICHNIS:
1913.
Seite
Rassenhygiene, Münchener Gesellschaft
für. 111, Vererbung und — , von Bayer
1389, — in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika, von v. Hoffmann . 2188
Rassonkreuzung, das Problem der, beim
Menschen, von Fischer . 2306
Rattenbissfieber, über das, von Cruichs-
hank . . . . 606
Rattenfloh, Leben des, nach dem Ver¬
lassen des Wirtes, von Browne und
Makenzie 605, Biologie des europäi¬
schen — , von Swellengrebel .... 1344
Ratten - Sarkome , Wirkung kolloidalen
Schwefels auf, von Izar 38, wachstum¬
hemmender Einfluss der Milz auf das
. — , von Biach und Weltmann 1620,
von Frankl . . 1731
Rautengrubenzystizerkus, von Herzog . . 1845
Raynaudsche Krankheit, Therapie der,
von Schreiber 1255, die — als Sym¬
ptom der hereditären Syphilis, von Bo-
sdnyi . 1951
Raynaudscher Symptomenkomplex, der,
und Syphilis, von Lemon . 1733
Reagentienverzeichnis, Mercks .... 1127
Reaktion s. a. Abderhaldensche Serum¬
probe , Antitrypsinreaktion , Ausflok-
kungsreaktion, Blutreakiion, Brendel-
Müllersche Reaktion, Cammidgesche
Reaktion , Diphtherietoxin - Hautreak¬
tion, v. Dungernsche R.. Elsbergsche R.,
Engel-Tumansche R, Fermentr., Flo-
rencesche R., Goldr., Gruber-Widalsehe
R., Hämolvsinr., Hautr., Hermann-
Perutzsche R., Intradermor , Karvonen-
sche R., Kobragiftr., Komplementbin-
dungsr., Kutanr., Kutir., Luetinr., Man-
delbaumsche R., Meiostagminr., Non-
nesche R., Oxyda=er., Papaverinr., Para¬
lytiker, v. Pirquetsche R., Präzipitinr.,
Russosche R., Sputum, Thermopräzi-
pit'nr., Tnberkulimnjektion, Tuber-
kulinr, Ueberempfindlichkeitsr., Weis-
sche R.
Reaktionen, Bedeutung der biologischen
für die Diagnose und Therapie der Sy¬
philis, von Citron . 2541
Reaktionskörper, Bildungsstätten des ana¬
phylaktischen, von Felländer und Kling 427
Recherchen, medizinische, von Boas . . 2263
Realenzyklopädie der gesamten Heilkunde,
von Eulenburg . 1613
Rechtsfähigkeit der ärztlichen Vereine
53, 390, 391, 446, 1126
Rechtshändigkeit beim Säugling, von Voel-
ckel . 2136
Rechts- und Gesetzeskunde, ärztliche, von
Rapmund und Dietrich . . . 309
Recklinghausen morbus, von Lier . . . 1413
Reczey Prof. Dr. f . 2552
Redfern Dr. P. f . . . 112
Reflex, neuer antagonistischer, von Pio-
trowski 993, die physikalisch- chemi¬
schen und physiologischen Vorgänge,
auf denen der psychogalvanische —
beruht, von Gildemeister . 2389
Reflexneurosen, vom Tuberculum septi
ausgehende, von Levinstein .... 2360
Reflexometer, neues, von Goldbladt . . . 714
Reflexphänomen, psychogalvanisches, von
Gildemeister und Leva 1512, 2092, von
Veraguth 1512, von Leva 2386, klinische
Verwertung des galvanischen — , von
Albrecht ... 2479
Reflexzeit, Messung der, von Berger . . 495
Reformvorschlag, ein, von Flesch 378, von
Feilchenfeld . 378
Refraktion s. a. u. Sehschärfe.
Refraktion, die Entstehung der sphäri¬
schen, des menschlichen Auges, von
Steiger . ... 1949
Refraktionsuntersuchungen an höheren
Schulen der Levante und Ostindiens,
von Krusius .... .... 1512, 1566
Refraktometer, Anwendung des, von Ser-
kowski und Kraszewski . 1399
Refraktometrische Beziehungen zwischen
Kammerwasser, Glaskörper und Zere¬
brospinalflüssigkeit, von Hailauer . . 1512
Sette
Regenerin s. u. Arsenregenerin.
Regierungsjubiläum, 25 jähriges Kaiser
Wilhelms II . 1359
Registerfrag e, Analytisches zur, von Soko-
lowsky . 208
Registrierung, die, in der Praxis des Rhino-
Laryngologen , von Gutzmann 208,
photographische — der Zeit, von Ein¬
thoven 2129, optische — von Druck
und Stromstärke, von Hürthle ... 2190
Reglementierung, Nutzen der, für die Sa¬
nierung der Prostitution . 1577
Reichsarzneitaxe, Erhöhung der .... 2655
Reichsversicherungsordnung, von Stier-
Somlo 846, Erlass des Reichskanzlers
zur — 1470, — in der Hauptversamm¬
lung des L.V. 1692, Grundsätze des
Reichsamtes des Innern für die An¬
wendung des § 370 der — 2655,
zum Vollzüge der — 2712, Erlass der
preussischen Regierung zum § 370
der — 2766
Reil, Joh. Christian, von Neuburger 2306,
— im Befreiungsjahre 1813, von Sud¬
hoff .... 2578
Reil-Denkmal . 223, 1471, 2656
Reiner Privatdozent Dr. M. f . 736
Reinfectio, 7 Fälle von, syphilitica, von
Antoni 661, — nach Salvarsanbehand-
lung, von Stern 1507, — syphilitica,
von Biach 2014, von Riecke 2703, —
syphilitica nach Salvarsan, von Gen-
nerich 2391, 2 Fülle von — bei Sal-
varsan-Hg-behandelten Patienten, von
Boas . .... 2620
Reiseskizzen aus Mittelbrasilien, von Au-
mann . ... 1888
Reisestipendien, medizinische, in Bayern 1584
Reiz, physiologischer, von Grahley . . . 1576
Reizbildung, Pathogenese der heterotopen,
von Kur4 . . . . 991
Reizleitungsstörungen, 2 Fälle von, von
Grobs . 1841
Reklame, ungehörige 904, 960, ärztliche
— in Amerika, von Galli 903, von
Jacobi 1127, Grenzen der — , von
Lingel 1267, standesunwürdige — . . 2151
Reklameschilder . 565
Rekrutierungsergehnisse in Frankreich
und Deutschland, von Reh .... 789
Rektalernährung, Aminosäuren und Zitcker
bei der, von Bywaters und Rendle
Short . 1046, 2644
Rektaltemperatur, Erhöhung der, von Lipp-
mann . 1405
Rektoskopie, diagnostischer Wert und Ge¬
fahren der, von Fuchsbühler .... 2810
Rektum s. a. Mastdarm.
Rektum, Amputation des, von Kelling
1447, erste Anfänge der atypischen
Neubildung im — , von Libensky . . 1674
Rektumkarzinom, vonFrankel970, Radium¬
bestrahlung eines — , von v. Frisch . 2704
Rekurrens s. a Rückfallfieber.
Rekurrens, Behandlung des, mit Salvarsan,
von Leibsohn 1623, Uebertragungsweise
des — , von Stefansky . 2808
Rekurrenslähmung, linksseitige, bei Mitral¬
stenose, von Dorendorf 1166, von
Killian 1571, komplette — , von Denker
2024, — bei Erkrankung des Herzens,
von Sobernheim und Caro 2360, chir¬
urgische Behandlung der Larynxstenose
nach doppelseitiger — , von Moliniö
2361, gleichzeitiges Vorkommen von
Stenose des linken venösen Ostiums
und — , von Purjez . 2536
Relativitätsgedanken, geschichtliche Ent¬
wicklung des physikalischen, von
Horowitz . 2433
Relief- und Leisten Schädel, angeborener,
von Kato . 714
Renascin . 1840
Rentenabfindung s. u. Neurose.
Resectioextremitatisinferioris,vonBogorasr 1676
Reservelazarett, Erfahrungen im 4 , in
Belgrad, von Goebel ....... 496
Resonator-Effluvien, Therapie der Herz¬
affektionen mit, von Libotte . 950
Seite
Resorption aus der Bauchhöhle, von Simm
665, Mechanismus der — in die Pleura¬
höhle eingeführter Formelemente, von
Aoyama . 2690
Respirationsapparat, von Murschhauser
2131, von Tangl . 2131
Respirationslähmung, graphische Dar¬
stellung der, von Sutherland .... 2695
Respirationsluft, Wirkungen verschieden
zusammengesetzter, von David . . . 491
Respirationsneurosen, von West .... 940
Respirationsversuche an Menschen, von
Loeffler . 2131
Retentio, Pituglandol bei, placentae, von
Liepmann 1279, Pituitrin bei — urinae,
von Ebeler . 1279
Retinitis s. u. Azotämie.
Retinitis, Bedeutung der, albuminurica in
der Geburtshilfe, von Miller ..... 2307
Retroflexio, Endergebnisse der Operationen
wegen, uteri, von Ewald 1452, — uteri
gravidi partialis, von Fonyö . 2010
Retroperitoneum, diffuse entzündliche Er¬
krankungen des, von Sprengel .... 1161
Retroversio, unstillbares Erbrechen bei,
uteri puerperalis, von Sperling 205, un¬
stillbares Erbrechen bei — des schwan¬
geren Uterus, von Herrgott . . . 1049
Rettichsaft bei Cholelithiasis, von Engels 2029
Rettungswesen, Verstadtlichung des Ber¬
liner 321, zur Neuordnung des Ber¬
liner — 667, internat. Vereinigung für
— und erste Hilfe . 2263
Revolvergeschoss, Verletzung mit einem,
von de Castro und Brielli . . . . .1169
Revolverschuss, von Rubesch . 2868
Rezepte, die, des Scribonius Largus, von
Schonack . 1783
Rezeptur, Missstände in der . 1238
Rezidiv, Wesen und Genese des, von Rosen¬
thal . 1446
Rezidivhernien, Radikaloperation von, von
v. Schloffer . 2367
Rhamnose, Einfluss von, und Raffinose
auf das Wachstum von Bakterien, von
Gildemeister . 2916
Rheumatische Affektionen, Wirkung des
Atophan und Novatophan bei, von Jokl 2693
Rheumatische Erkrankungen, Wesen und
Behandlung von, von Röder . 90
Rheumatism, Researches on, by Poynton
and Paine . 2850
Rheumatismus nodosus im Kindesalter,
von Berkowitz 93, von Abels 730, Histo¬
logie des experimentellen — , von
Coombs, Müller und Kettle 940, Wand¬
lungen in den Ansichten über den — ,
von Bosänyi 949, deutscher und fran¬
zösischer — und seine Behandlung,
von v. Breemen 1217, chronischer —
infolge von Schilddrüseninsuffizienz,
von Menard 2076, akuter — , von Paine
und Poynton 2077, — und Tuberkulose,
von Menzer 2747, kinesitherapeutische
Behandlung des akuten — , von de
Munter . . 2914
Rheumatosen, Verhalten des Blutes bei
den, von Takeno 600, ätiologische Be¬
ziehungen zwischen — und nasalen
Erkrankungen, von Senator . 787
Rhinitis posterior im Säuglingsalter, von
' Göppert 1166, fibrinöse — , von Dabney
1793, Behandlung der — und der Ade¬
noiden beim Säugling, von Lautmann
1793, — sicca postoperativa und deren
Verhütung, von Rhese . . . 2361
Rhinophyma, von Rödelius 49, Behand¬
lung des — mit Radium, von Desgrais 894
Rhinoplastik, ein dritter Weg zur totalen,
von Rosenstein 430, von Holländer 602,
Technik der — , von Holländer 1058, phy¬
siologische u. kosmetische — , von Halle 1467
Rhinosklerom, das, in Aegypten, von Ri¬
chards . . . 2024
Rhodan, Bedeutung des, im Speichel, von
Lohmann . 83
Rhodansalze, Giftwirkung der, vonNerking 1167
Rhythmische Hebungen, Wesen und Wir¬
kung der, von Dohrn . 102, 155
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
LXXXIX
Seite
Riba als Nährmittel, von Rosell .... 223
Riberi-Preisbowerbung . 1695
Rieder-Pascha, Geh. Med -R f . 1919
Riesenbrach, über den, von Witzei ... 516
Riesenkinder, von Ahlfeld . 314
Riesenkystom, pseudomuzinöses, von Al-
brecht . 2865
Riesenmyomzysten, von v. Lingen . . . 1788
Riesennierenstein? von Grove . ... 2743
Riesenwuchs, von Müller 780, Aetiologie
des — , von Hübner . 1788
Riesenzellenbildung in Thyreoidea und
Prostata, von Wilke . . . 600
Riesenzellengranulom , Transplantations¬
versuche mit dem experimentell erzeug¬
ten, von Stieve . 262
Riesenzellensarkom des 1. Femur, von En-
derlen 217, — der Sehnenscheiden, von
Fleissig 1502, — der Mittelphalanx des
1. Ringfingers, von Sievers 1676, von
Sehnenscheiden und Aponeurosen aus¬
gehende — , von Spies . 1679
Rigorosenordnung, neueste, in Oesterreich
2426, Uebergangsbestimmungen zu
den — . 2710
Rindenkrampf, der familiäre, von Rülf . 2587
Rinderbazillen, Bedeutung der, für den
Menschen, von Orth . . . 434, 563, 618
Ringskotom bei Erblindung durch Sonnen¬
finsternis, von Speleers . 2140
Rinosalbe, Ungt. vitellinum comp. Rino,
von Neubauer . 2207
Riopan, von Grobs . . • . 2536
Rippendefekt, der totale angeborene, von
Hadda 428, totaler — , von Weihe . . 1909
Rippeninfraktionen, Röntgendiagnoee fri¬
scher, von Flach . 942
Rippenknorpel, Wundgestaltung bei Ope¬
rationen an den, von Axhausen . . 39
Rippenkorbrandschnitt, epigastrischer, von
Brun . 317
Rippenquetsche, von Wilms ...... 713
Rippenring, Anomalien des ersten, und
Lungentuberkulose, von Schultze . . 1785
Rippenschere, neue, von Jessen .... 2733
Ritualmord s. u. Justschinski . 2743
Robinson, ein arktischer, von Mikkelsen 991
Röhrenknochen, negativer Druck in den
langen, des Hundes, von R. u. F Felten-
Stoltzenberg 134 von Rothmann 1664,
1666, von Schultze 1666, Zysten in den
langen — , von v. Bergmann 2531, Be¬
handlung der Sarkome der langen — .
von Eve . 940
Röntgenapparate, unterbrecherlose, von
Groedel . 471
Röntgenarbeiten, Taxordnung für .... 2207
Röntgenaufnahmen mit lichtempfindlichem
Papier, von v. Lorentz .... . . 1110
Röntgenbehandlung gynäkologischer Lei¬
den 652 ff., gynäkologische — , von Pro-
chownik 896, — bei Karzinom des
Uterus der Mamma und der Ovarien,
von Klein 905, — der Lungentuberku¬
lose, von Küpferle 949, -- bei Hyper¬
funktion von Organen, von Zimmern
und Cottenot950, — der Knochen- und
Gelenktuberkulose, von Schede 1339,
— und Mesothoriumbehandlung beim
Uteruskarzinom, von Bumm 1402, von
Döderlein 1403, Technik und Patho¬
logie der gynäkologischen — , von
Schmidt 1448, — bei Karzinom, von
Heynemann 1455 , — bei Myomen
und Metropathien, von Langes 1740,
— der nichtklimakterischen Metro-
Menorrhagien, von v. Graff 2370, —
der chirurgischen Tuberkulose , von
Fründ . . . 2586
Röntgenbestrahlung, chemische Wirkungen
von, und Radiumbestrahlungen inBezug
auf Karzinom, von Freund und Kaminer
373, Entgiftung des tuberkulösen Her¬
des durch — , von Iselin 484. gynäko¬
logische — , von Albers-Schönberg und
Prochownik 730, Freilegung inoperabler
Magenkarzinome zur — , von Finsterer
855, Schadenersatzpflicht bei Verbren¬
nung durch — 873, , — und Mesotho-
Seite
riumbestrahlung bei Karzinom der weib¬
lichen Genitalien, von Bumm 1068, 1180,
1235, — bei Aktin omykose, von Mag¬
nus 1122, Heilung eines Ovarialkarzi-
noms mit — , von v. Franquöl455, — der
Hoden, von Sasaki 1502, Spätschädi¬
gungen nach therapeutischer — , von
Schmidt . 1903
Röntgendiagnostik in der inneren Medizin,
von Staehelin 264, — der Magenkrank¬
heiten, von Haudek 777, — von Er¬
krankungen von Kopf und Wirbel¬
säule, von Sabat 778, — der Dünn¬
darmstenosen, von Assraann 1843, —
der hirndrucksteigernden Prozesse, von
Schüller 2200, — der Broncliostenose,
von Ziegler 2641, neuere Fortschritte
in der — , von Alwens 2682, — der
Darmkrankheiten, von Faulhaber . 2687
Röntgendosimetrie, von Kienböck u. Bauer 950
Röntgendurchleuchtung, neue Methode
der, von Alwens 833, zur — des Dünn¬
darms, von David ... .... 1799
Röntgenerythem, was soll der Nicht-Rönt¬
genarzt über das, wissen? von Becker 661
Röntgengyniatrie, Technik der, von Frankl 1397
Röntgenhaut, Biologie der, von Weiden¬
feld und Specht .... .... 2749
Röntgenkatalog der E G. Sanitas .... 224
Röntgenkinematographie, Technik der,
von Groedel 373, 994, Fortschritte der
— , von Alwens 445, verbesserte — ,
von Groedel 833, zur — , von Dessauer 833
Röntgenkunde, Lehrbuch der, von Rieder-
Rosenthal . 2295
Röntgenkurse, Wiener . . . 54
Röntgenmomentaufnahme, von Schwenter 1110
Röntgenologie, Beziehungen der, zur Neu¬
rologie, von Schüller . 2428
Röntgenphosphoreszenz, von Bardachzi . 2365
Röntgen photographie, Bedeutung der, für
die Zahnheilkunde, von Zilkens . . . 2088
Röntgenplatten, automatische Entwicklung
von, von Weber . 1264
Röntgenröhre, Lilienfeldsche, von Heineke
und Rosenthal 382, Bleiglastubus für
— , von Holzbach . . . ..1410
Röntgenschutzwirkung des Bleies und
Bleiglases, von Walter . 833
Röntgenstrahlen, chemische Wirkungen
der, und Radiumstrablen in bezug auf
Karzinom, von Freund u. Kaminer 331,
Behandlung von Fibromyomen und
Uterusblutungen mit — , von Nemenow
663, Versuche über die harten — , von
Dessauer 696, Vergleich der Wirkung
von Thorium X- und — , von Krause
773, Feststellung der Todesursache
mittels — , von Bucky 833, Merkblatt
über den Gebrauch von Schutzmass-
regeln gegen — 834, Einwirkungen der
— auf die Eihäute, von Kuwasoye 883,
physikalische Grundlagen für die Do¬
sierung der - , von Christen 950, Ver¬
suche über die harten — , von Groedel
1090, von Dessauer 1383, die Physik der
— , von Pohl 1160, Messung und Do¬
sierung der — , von Christen 1160, —
bei intrathorakalem Kropf, von Crotti
1224, Behandlung mit — und Meso¬
thorium in der Gynäkologie, von Döder¬
lein 1296, mit — behandelte Karzinom¬
fälle, von Haendly 1404, Wirkung von
— auf Fermentlösungen, von Luger u.
Pollak 1452, Behandlung der Metro-
pathia haemorrhagica mit — , von
Siedenhof 1455, diagnostische Verwer¬
tung der — in der Geburtshilfe, von
Heynemann 1504, die — in Gynäko-
' logie u. Geburtshilfe, von Eymer 1559,
Einwirkung der — auf die Agglutinine,
von Fränkel u. Schiltig 1619, — und
Mesothorium in der gynäkologischen
Therapie, von Döderlein 1728, Behand¬
lung der Fibromyome mittels — , von
Chiliaiditis u. Stavridös 1791, — bei
der Diagnose der Lungentuberkulose,
von Morton 2023, Indikationen der —
vor, während u. nach Krebsoperationen,
< Seite
von Johnson 2023, Wachstumsreiz der
— auf pflanzliches und tierisches Ge¬
webe, von Schwarz 2165, Messung der
— , von Kienböck 2200, Behandlung
der Uterusmyome mit — , von Sippel
2226, Steigerung der zerstörenden Wir¬
kung der — auf tiefliegende Ge¬
schwülste, von Seilheim 2266, Fort¬
schritte in der Erzeugung harter — , von
Dessauer 2268, kombinierte Behand¬
lung des Uteruskrebses mit — und
Radiumstrahlen, von Scherer u. Kelen
2369, Lösung parametritischer Verwach¬
sungen durch — , von Fraenkel 2474,
praktische Identität von Radium u. — ,
von Pagenstecher . 2562
Röntgenstrahlendosimeter, Ablesung von
Farbenveränderungen bei, von Bucky 950
Röntgenstrahlenwirkung, Verstärkung der,
durch Sekundärstrahlen, von Pagen-
stecher . 1319
Röntgentechnik, die, von Albers-Schön¬
berg 1390, neuere Fortschritte in der
— , von Alwens . 2682
Röntgentherapie in der Gynäkologie,
von Zaretzky 93, von Lorey 1397, von
Kirstein 1559, von Hamm 1751, von
Albers-Schönberg 2080, von de Cour¬
melles 2081, von Krönig 2081, von
Reifferscheid 2369, — bei Myomen
und Fibrosis uteri, von Hirsch 906, —
und Radiumtherapie, von Butscher
949, gynäkologische — , von Kirstein
1122, vonHeimann 1448, Kompendium
der — , von Schmidt 1215, Methodik der
— , von Meyer 1404, Erfahrungen mit
der — , von Holzbach 1404, die — und
Radiumtherapie in der Gynäkologie,
von de Courmelles 2258, von Kreuzfuchs
2370, — der tuberkulösen Halslympho¬
me, von Fritsch 2610, Kreuzfeuerwir¬
kung in der gynäkologischen — , von
Meyer . 2804
Röntgentiefenbestrahlung bei Morb. Base¬
dow und Myom, von Moses 1062, —
von Tumoren, von Sgalitzer . 2868
Röntgentiefentherapie, von Gauss und
Lembcke . 2007
Röntgenulcus, von Eben . 2693
Röntgen Verbrennungen, Klinik und Histo¬
logie schwerer, von Pagenstecher . 203
Röstweizen als Diätetikum, von Hirsch-
kowitz . 409
Röteln, hämatologische Diagnose der, von
Schwaer 1203, von Hamburger . . .2120
Rohmilch, keimfreie, von Schlossmann . 2300
Romauxan 1840, von Hofmann .... 2262
Rote Kreuz-Medaille, chinesische .... 790
Rotes Kreuz, Tätigkeit des, und des Roten
Halbmondes in Konstantinopel 46,
chirurgische Erfahrungen der Tripolis¬
expedition des Deutschen — , von
Goebel 1056, — in Oesterreich 2073,
Sitzung des Verbandes Deutscher Kran¬
kenanstalten vom — und der Deutschen
Landes-Frauenvereine vom — 2439,
Erfahrungen mit den Schwestern vom
— , von v. Oettingen und Colmers 2439,
Stellung des Arztes im — . 2927
Rotes-Kreuz- Lazarett, die im, zu Belgrad
beobachtetet Gehirn-, Rückenmarks¬
und Nervenverletzungen, von Müh¬
sam . 1057
Rotgrünblindheit und das Medizinstudium,
von Jerchel . . . 2242
Rotters Antiseptikum, die therapeutischen
Erfahrungen mit, von Rotter .... 1671
Rotz, Komplementbindungbei der Diagnose
des, von Schwarz 666, chronische Form
des — , von Stein . 1 731
Rp, von Raab . 1949
Rubidium in der Quelle des Bades
Adelbolzen, von Emmerich . 698
Rudertraining, von Lehrnbecher .... 2640
Rücken, Pflege des muskelschwachen, von
Göppert . . 902
Rückenmark, Krankheiten des, von Auvray
und Mouchut 479, Zweiteilung des
— ,vonZalewskal280, Erkrankungen des
1913.
XC
Seite
— bei Men sehen porken, von Eichhorst
1783, Hund mit durchschnittenem — ,
von Beihe . 2148
Kückenmarksanästhesie s. u. Lumbalan¬
ästhesie, Rachianästhesie, Spinalan-
ä^thesie, Spinalanalgesie, Stovainan-
ästhesie.
Rückenmarksanästhesierungen]m. Stovain,
von Bedeschi . . 1168
Rückenmarkschinirgie, Gegenwart und
Zukunft der, von Rothmann . . . 387
Rückenmark sdegeneration, traumatische,
von Wiedemann . 1679
Rückenmarksgeschwulst, geheilte, von
Samter . 1231
Rückenmarkstumor, von Redlich und
v. EiseUberg 51, operierter — , von
Ehers 148, Diagnose der — , von Nonne
1012, Diagno-tik der — , von Jancke
1033, Erfahrungen an operierten Fällen
von — , von Nonne 1120, durch Ope¬
ration geheilter — , von Gerhardt 1629,
chirurgische Therapie des intramedul¬
lären — , von Oppenheim u. Borchardt
2637, Hämangiom des — , von Roman 2867
Rückfallfieber in Persien, von Dschun-
kowsky 546, Spirochäte des — , von
Wittrock 1165, — bei Kindern in Odessa,
von Winocouroff . 2300
Rückgrats Verbiegungen, Verbreitung und
Entstehung der. von Brüning .... 780
Rückgratverkrümmungen, Korrektur der
seitlichen, von Abbott 1110, Behand¬
lung von — , von Semeleder . . . 2369
Ruhestoft'wechsel, Frequenz, Rhythmus
und Temperatur, von Weizsä' ker . . 2243
Ruhr und ihre Behandlung, von Justi 764,
Beobachtungen über die Y- , von
Ebeling 1846, Y — bei Säuglingen
u. kl inen Kindern, von Bauer, Ellen¬
beck und Fromme 2299, Y — bei
Säuglingen, von Siegel . 2300
Rumänien, Handwerker und Arbeiterver-
sichernng in, von Toff . 2409
Elimination s. u. Wiederkauen.
Ruminatio hnmana, von Schlesinger 107,
— und Pylorospasmns, von Aschen¬
heim 2071, Therapie der — im Säuglings¬
alter, von Huldschinsky . . . . 2247
Rumpfkompression, Stauungsblutungen
infolge traumatischer, von Lange . . 313
Rumpfskelctt, angeborene Entwicklungs¬
fehler des, von Böhm . 2419
Russosche Reaktion, von Ursin .... 1287
S.
Sabouraud-Nohd -Tabletten, Fehlerquelle
beim Ablesen der, von Gunsett 980,
von Holzknecht . . . . 1150 i
Saccharometer s. u. Gärungssaccharometer.
Säbelscheidentrachea und Lungenemphy¬
sem, von Kahler . 1570
Säugetiere,Gewinnu ng und Züchtung keim¬
freier, von Küster . 1952
Säugetiererythrozyten, von Schilling . . 1401
Säugetierherz, Dynamik des, von de Heer
2190, Reizbildungsstellen des — , von
Hering 2242, Physiologie dgs isolierten
— , von Neukircli und Rona . 2242 ;
Säugling s. a. Sommersterblichkeit, Magen¬
darmkanal.
Säuglinge, Rolle der Wärmestauung und
Exsikkation bei der Intoxikation der,
von Heim 93, AusscheiOungvonzucker-
spaltenden Fermenten beim — , von
Lust 206, Ausscheidung von eiweiss-,
stärke- und fett spaltenden Fermenten
beim — ,von Hahn und Lust 206, Nach¬
weis der Verdauungsfermente in den
Organen von — , von Lust 260, Einfluss
der vermehrten Wasserzufuhr auf den
Stoffwechsel des — , von Margolis 265,
die Oekomunie im Stoff- und Luft¬
wechsel des — , von Schlossmann 285,
Ernährungsstörungen bei — infolge
parenteraler Infektion, von Birk 438,
INHALTS-VERZEICHNIS. _
Seite
Anstaltebehandlung der — , von Schloss¬
mann 883, Stoffwechsel atrophischer — ,
von Niemann 1219, Elektrokardio¬
gramme schwächlicher — , von Noegge¬
rath 1218, Einfluss psychischer Vor¬
gänge auf den Ernährnngserfolg bei — ,
von Birk 1219, die Arbeitsleistung des
— , von Schlossmann 1219, bakterio¬
logische Untersuchungen beim darm¬
kranken — , von Gildemeister und
Baertlein 1221, Sommersterblichkeit
der — in Kiel, von Haussen 1225, Er¬
nährungsstörungen der — von Finkel-
stein 1279, Physiologie und Pathologie
des — , von Salge 1505, Ekzema bei — ,
von Schkarin 1951, Entwicklung junger
— bei künstlicher Ernährung, von
Philippson 2071, Energ'equotient des
— , von Engel und Samelson 2247,
hungernde — , von Schlossmann 2371,
temperatursteigernde Wirkung subku¬
taner Salzlösungen bei jungen — , von
Aron 2371, Tonus des sympathischen
Nervensystems heim kranken — , von
Tegner 2689, Störungen des Längen¬
wachstums der — , von Stolte2689, Be¬
ruhigung schreiender — durch An¬
blasen, von Salge . 2842
Säug’ingsanämie durch Typhus, von Wolff 2247
Säuglingsblut, Schwankungen imEiweiss-
gehalt und der Leitfähigkeit beim, von
HagnCr ... . 1678
Säuglingschirurgie, von Stettiner .... 2816
SäuglingsOarmkatarrh, Aetiologie des, von
Baerthlein . . . . ... 2921
Säuglingsekzem, diätetische Behandlung
des, und Kin ierekzems, von Fmkelstein 1678
Säuglingsernährung, Präzisionswage für
die, von Peiser 475, — mit einer ein¬
fachen Eiweissrahmmilch, von Feer . 1842
Säuglingsfürsorge, Geburtenzahl und, von
Grassl 772, Geburtshilfe und — , von
Keilmann 1616, — und Degeneration,
von Herzog 1629, Mitgliederversamm¬
lung der Zentrale lür — 1631, ärzt¬
liche Forderungen in der — und
Kle'nkinderfürsorge, von Doernberger
1631, organisatorische Forderungen der
— , von Keller 1631, Beziehungen der
Mütterfürsorg« zur — , von Schönflies
1632, — und Kinderschutz in euro¬
päischen Staaten, von Keller und
Klumker 1895, Stellung des Arztes in
der — , von Breyer 2199, von Salge
2199, staatliche — in Lübeck, von
Joel . 2299
Säuglingsfurunkulose, Auto Vakzination bei,
von v. Harriehausen . 1183
Säuglingsharn, Hippursäure im, von Am¬
berg und Helmholz . 2804
Säuglingskrankheiten, Lehrbuch der, von
Finkeistein . 33
Säuglings- und Kinderkrippe, von Meier 1631
Säuglingsmagen, röntgenologische Beob¬
achtungen am, von Major . 2136
Säuglingsmyxödem, von Hochsinger . . 2373
Säuglingspflegematerial- u Wäschedepots,
Eirichtung von, von Reinach .... 1380
Säuglingspflegerinnen, Grundsätze für die
Ausbildung 111, 279, Ausbildung von
— , von Rissmann . 259
Säuglingspyelitis und -Otitis media, von
Glaser und Fliess . 1790
Säuglingsschutz, Kongress für 2199, Ge¬
burtenrückgang und — , von Wolf 2199,
von Langstein . 2199
Säuglingsspital, Infektionsvorhütung im,
von Meyer . 1505
Säuglingssterblichkeit, Bekämpfung der
389, — im Grossherzogtum Sachsen-
Weimar, von Gumprecht 495, — im
Grossherzogtum Mecklenburg Schwerin,
von Brüning 884, — in den Fabriken,
von Schweizer Ü186, — in Königsberg,
von Liedke 1341, — in Bayern im
Jahre 1912, 1414, über — , von Janke-
und Pick 1458, Hitze und — , von Japha
1018, Bekämpfung der — in Bayern
Seit«
1836, Steigerung der — im Frühjahr,
von Liefmann 2072, — an Ernährungs¬
störungen und an Konvulsionen, von
de Lange 2140, noch einmal Sommer¬
hitze und — , von Rietschel 2193,
Wohnung und — , von Prinzing . . 2693
Säuglingssyphilis, Prophylaxe der, von
v. Szily . # . 98
Säuglingstuberkulose, Prognose der, von
Lawatschek 149, von Tugendreich 2300,
Beitrag zur — , von Cassel . 2299
Säureagglutination innerhalb der Typhus-
Paratyphusgruppe, von Heimann . 1216
Säure- und Laugenverätzungen, Frühope¬
rationen bei — , von Müller . 440
Saitengalvanometer, das, und seine klini¬
sche Verwendung, von Fahrenkamp
839, Arbeiten über das — . 2129
Sakralgeschwulst, operierter Fall von an¬
geborener, von Nebesky . 2746
Sali-Neol Böer . . . . . . 2472
Salizylpräparate, externe, von Sieskind,
Wolffenstein und Zeltner . 483
Salpetersäure, die, von Lehmann und
Diem . 316
Salpetersäuredämpfe, Unfall durch, von
Floret . 2415
Salpingitis isthmica nodosa, von Wallart
1504, Diagnose zwischen — und Ap¬
pendizitis, von Poenaru-Caplescu . . 2304
Salpingo - Oophoriditen, Behandlung der
chron. gonorrhoischen, durch intra¬
uterine Injektionen von Argentamin,
von Mussatow . 2355
Salrado compound . 1840
Salus Hugo, von Nassauer . 535
Salvarsan s. a. Altsalvarsan, Neosalvarsan.
Salvarsan, Beeinflussung der Intensität der
Antikörperbildung durch, von Reiter
38, vergleichende Tierexperimente mit
— und Neosalvarsan, von Kersten 51,
Parasitoiropie und Toxizität des — und
Neosalvarsans, von UHmann 108, Ein¬
fluss des — auf das Gehörorgan, von
Rimini 149, — bei Chorea gravidarum,
von Härtel 184, Heilung der Verrucae
planae durch — , von Loeb 264, Er¬
fahrungen mit — , von Kren 264, Dis¬
kussion über — 272, das — in der
Augenheilkunde, von Garcia del Mazo
319, Milzbrand und — , von Becker 368,
therapeutische Anwendung des — bei
nicht syphilitischen Erkrankungen, von
Lnbenau 378, Status thymolvmphatieus
und — , von Rindfleisch 387, — und
Liquor cerebrospinalis bei Frühsypbilis,
von Altmann und Dreyfus 464, 556,
Einwirkung von — auf Milzbrand¬
bazillen, von Roos 481, Anaphylaxie
bei — , von Swift 486, Einverleibung
von — durch das Rektum, von Tro-
sarello 488, Behandlung der kongeni¬
talen syphilitischen Taubheit mit — ,
von Biggs 604, lokale Behandlung der
chron. superfiziellen Glossitis mit — ,
von Allport 604, spezifische Antikörper
im Serum mit — behandelter Tiere, von
Margulie* 663, Anwendung des — bei
syphilitischen Frauen in der Schwanger¬
schaft, von Sauvage 679, die Anwen-
dungsaTt des — , Infusion oder In¬
jektion? von Stern 691, 792, Behand¬
lung von Syphilis mit — , von da Costa
716, Parallel versuche mit Alt- u. Neo — ,
von Gutmann 772, provozierende Wir¬
kung des — , von Kall 803, Quecksilber
und — , von Finger 885, Behandlung
schwangerer syphilitischer Frauen
mit — , von Jeanselme 958, — in Klys¬
men, von Zelinsky 998, Einfluss des
— auf das Knochenskelett, von Boikow
999, — bei Scharlach, von Jochmann
1001, über das — , von Jeanselme 1013,
Infusion oder Injektion des — , von
Zimmern 1087, Behandlung der Syphilis
mit — in Verbindung mit Quecksilber,
von Boas 1111, Hirndruc.kerhöhung bei
Lues nach — , vonSpiethoff 1 192, Neben
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
XCI
Seite
Wirkungen des — , von Obermiller 1221,
2535, Einfluss des — auf die Organe von
Schirokogorow 1286, — und Neosalvar-
snn, von Gerbsmann 1286, Einfluss des
— auf die Wassermann che Reaktion,
von Gurasi 1287, Einfluss des — auf den
Krei lauf und die Nieren, von Alwens
1341, le et la trypanose humaino, von
Broden, Rodhain, Corin 1344. Erfah¬
rungen über — , von Spietschka 1309,
Abhandlungen über — , von Ehrlich
1416, Methylhydroknprein u. Salizyl¬
säure als Adjuvantien des — , von
Morgenroth u. Tngendreirh 1506, Tabes
und — , von Leredde 1526, Behandlung
des Rekurrens mit — , von Leibsohn
1623, erfolglose Anwendung von — bei
Lyssa, von v. Zumbusch 1682, merk¬
würdiger Todesfall nach — , von Kröl
1712, — bei Milzbrand u. Wut, von
Isabolinsky 1726, Schicksal des — , im
menschlichen Körper, von Heiden u.
Navassart 1950, Behandlung der allge¬
meinen Paralyse mit — , von Leredde
2093, Behandlung der Hals-, Nasen-
und Ohrenkrankheiten mit — , von
Cas'ex 2203, von Gerber 2203, mit
— behandelte Lnesfälle im Kindesalter,
von v. Bokay 2299, Reinfectio svnhi-
litica nach — , von Gennerich 2391,
Behandlung der Hals-, Nasen- u. Ohren¬
erkrankungen mit — und anderen
Arsen präparaten, von Gerber 2411,
wirkliche und angebliche Schädigung
durch — , von Schmitt 2584, — u. das
Profetasche Gesetz, von Ravogli 2591,
Anwendung von — u. Neosalvarsan
durch Enteroklysmen, von Oulmann
und Wollheim 2591, Behandlung der
kongenitalen Syphilis mit — , von Simp¬
son u. Thatcher 2644, Erfahrungen mit
— in der englischen Armee, von Gib-
bard u. Harrison 2654, das — bei der
Behandlung der Svdenhamschen Cho¬
rea, von Eiore 2750, Leberschädigung
durch — , von Heinrichsdorff 2805, An¬
wendung des — bei Nervenkrankheiten,
von Ni kitin . 2809
Salvarsanauortivkuren, Dauererfolge der,
der Jahre 1910/11, von Müller . 408
Salvarsanbehand.dte Mütter n ihre Kinder,
von Holth 602, von Wolff . 1451
Salvarsanbehandlung, Praxis der, von
Gennerich 142, zur — der Syphi is,
von Fordyce 485, — der l»»k den Spiro-
chaetosen, von Gerber 634, — des
Milzbrand, von Mokrzecki 1089, Re¬
infektionen nach — , von Stein 1507, —
der progressiven Paralyse, von Raecke
1619, — der Dementia paralytica, von
Raecke 1738, — geschwüriger, durch
die Vincentsche Symnioi-e veranlasster
Prozesse, von Assmy u Kyritz 1956,
die — in der Aimee der U S. 2150,
aktive Lungentuberkulose keine Kon¬
traindiktion für die intravenöse — ,
von Klokow 2194, Ueberleitungsstörnng
im Verlauf der — bei später Sekundär¬
lues, von Fuchs . . ... . 2339
Salvarsanbereitung, Aqua destillata zur,
von Schramm . 602
Salvarsandermatitis, von Zieler . . 163, 1749
Salvarsandosen, Verhalten des Nerven¬
systems gesunder Kaninchen zu hohen,
von Doinikow . 798
Salvarsaneinspritzungen , Gebfihrenfest-
setzung für 2653, Nekrosen nach intra¬
muskulären — , von Kraus und Bon-
hoeffer . 2854
Sal varsanfieber, von Luithlen und Mucba 1343
Sal varsanfrage, zur, in der Otiatrie, von Lang 546
Salvarsaninfusion bei Pemphigus, v<>n
Lindemann 378, Vasocmmotio cerebri
nach — , von Müller 805, das Fieber
bei — , von Penzoldt . 2425
Salvarsaninj' ktion, hartnäckige' Urtikaria
nach intravenösen, von Lier 42, Rei¬
zung an der Stelle der — , von Zieler
163, Neurorezidiv nach — , von v. Lipp-
Selte
mann 490, Dermatitis exfoliativa und
Nephritis nach — , von Lüthje 557,
durch Alkaliabgabe des Glases bedingte
Nebenwirkungen nach intravenösen — ,
von Matzenauer 661, — bei Syden-
hamseber Chorea, von Marie und Cha¬
telin 677, Gangrän nach einer — bei
Malaria, von Drizaki 995, Whkung in¬
travenöser — auf die Niere, von Loewy
und Wechselmann 1680, Encephalitis
haemorrhagica na> h — , von Schmorl
1685, kurze Bemerkungen über — , von
Schreiber 1993, Todesfall nach — , von
Grön 2073, Technik der intravenösen
— , von Saalfeld 2338, Einfluss der intra¬
venösen — auf die Nieren, von Schlas-
berg . 2359
Salvarsanintoxikation, von Ullmann . . . 1469
SalvarsanlöHiing, Injektion konzentrierter,
von Havaut .... , . 1304
Salvarsan Quecksilberbehandlung, 41 Fälle
von Syphibsrezidiv nach, von Zilinsky
997, Heilung der Syphilis durch die
kombinierte — , von Scholz und Riebes 1789
Salvarsantherapie in der Praxis, von Görl
1235, die — in Europa, von Fischkin
1805, statistische und klinische Beob¬
achtungen in der — der Syphilis, von
Berger . . . 2394
Salvarsantodesfälle, Pathogenese der, von
Wechselmann . 932
Salvarsunwirknng, Einfluss von Bakterien
auf die, von Merkurjew 996, experi¬
mentelle Analyse der — , von Luithlen 1950
Salze, Zustand der, im Innern der Zellen,
von Höfer . . . . . 438
Salzfieher durch Wärmestauung, von Heim 2136
Salzlösungen, Verweildauer von, im Darm,
von Best . 1618
Salzsäureprüfung s. u. Mageninhalt.
Salzsänrevergiftung, von Loening .... 838
Samenblasen, Operation an den, von Voel-
cker 1008, Röntgen bilder der — , von
Belfield . . . ‘1223
Samen-trang, Bindegewebszyste des, von
Fio i . 1398
Samuely Prof. Dr. f . . 1584
Sanatorien, Behandlung von Kindern in,
von Spiegelberg . 2704
Sanatoriumsbehandlung, Resultate der, von
Fanning . .... 604
.Sanduh magen, luetischer, von Holitsch . 778
Sanitätsam-rüstung des Heeres im Kriege,
von Niehues . . 1274
Sanitätsbericht über die k. bayer. Armee 1215
Sanitätsdienst, militärischer, in Frankreich
99, vom — in der japanischen Marine,
1957, von Uthemann ...... 1837
Sanitätskolonne, Medizinerabteilung der
Münchener . 2927
Sanitätsmission, die rumänische, in Bul¬
garien, von Jacobovici . .... 2303
Sanitätsoffiziere, Dienstausbildung der,
1170, Mangel an — . 1238
Sanitätsoffizierskorps, französisches . . . 1508
Sanitätsstelle»-, Einführung einer, in Wien 1171
Sanitätsverwaltung der U. S. Army, von
Stimson . 1170
Sanosclerose . 426
Santalpräparate, von Pohl 566, Prüfung
der — , von Pohl . 679
Sargol . 2472
Sarkoide, subkutane, von Volk ... . 2138
Sarkom s. u. Rattensarkom.
Sarkom als Folge der radiotherapeutischen
BehandlungeinesKarzin oms, von Mayer
u. Sand 98, — der Scheidenhaut des
Hodens und des Samen Stranges, von
Bayer 203, erfo'greiches Heilverfahren
bei — des Eierstocks, von Seeligmann
637, — beider Lungen, von Müllet 778,
— endotheliale der Haut, von Marti-
notti 1788, Resektion wegen — , von
Enderlen J859, — der Sehnenscheiden,
von Tourneux ......... 2538
SaTkomratten, therapeutische Versuche an,
von Caan . . 2754
Sattelnase, Implantation von Rippenknor¬
pel bei traumatischer, von Jurasz 1628,
Seit«
Implantation von Tibiastücken bei — ,
Sauerstoff, Einfluss des, auf die Blutzirku¬
lation, von Retzlaff . 1115
Saugbehamflung, Nasenansatz für, von
Panse 1571, Druck- und — , von Kirch-
berg . 1653
Saugmaske, Erfahrungen mit der, von
Kuhn . . . 369
Saugspritze, von Ny ström . 40
Schädel, s. a. Reliefschädel, Turmschädel.
Schädel, senile grubige Atrophie des, von
Chiari 94. Operationen am — , von En¬
derlen 1179. Osteom des — , von Schle¬
singer u. Schüller 1413, komplizierte
Depressionsfraktur des — , von Wendel
1462, — aus Piahuanaco, von Treut-
lein 1860, Knochendefekt am — , von
Koch u. Schüller . 2652
Scbädelaufnahmen in 3 Ebenen, von
Schmidt . 833
Schälelausguss des Mannes von La
Chapelle, von Edinger . 2544
Schädelbasis, Perforation, Zysten und ab¬
norme Knochenbildungen an der — ,
von Riedel 1248, Operation ausge¬
dehnter Tumoren an der — , von
Schloff er . 2196
Schädelbasisfraktur, von Lüken .... 614
Schädelbrüche, Priorität der, von Puppe
840, — und Sehnerv, von Liebrecht
1453, komplizierter — , von En¬
derlen . 1859
Schädeldach, kindliches, mit tuberkulöser
Meningitis, von Fmenkel 1407, — nebst
Gehirn, von Jenckel . 1515
Schädeldefekte, Ersatz von, und Dura-
defekten, von v Hacker . 205
Schädelheteroplastik, Dauerresuhat einer,
mit Zelluloid, von Ruppert .... 2868
Schädelimpressionen bei Neugeborenen
und ihre Behandlung, von Hofmeier
2307, Einfluss der — auf den Neuge¬
borenen, von Gfroerer . 2803
Schädelplaslik bei Depressionsfrakturen,
von Hofmann . 1677
Schädelgrnbe, Chirurgie der hinteren, von
Hildobrand . 1217
Schädeloperationen, Verminderung des
Blntgehaltes bei, von Riller . 1006
Schädelschussverletzungen, die Behand¬
lung der, bei den mobilen Sanitäts¬
formationen, von Lotsch . 2301
Schädeltraumen, Folgezustände nach, von
Hirsch . 376
Schädelwachstum, das, und seine Stö¬
rungen, von Thoma . 1107
Schalenpessar, von van de Velde 713,
Strangulation der vorderen Mutter¬
mundslippe durch ein — , von Vogt . 93
Scharlach, perirenales Hämatom nach, von
Hering 97, Angina und — , von v. Szon-
tagh 315, Einschliis-e in den polynu¬
kleären Leukozyten bei - , von B»>n-
gartz 715, diagnostische Bedeutung der
Dohleschen Leukozyteneinschlüsse bei
— , von Schwenke 752, von Lippmann
und Hufschmidt 1106, von Lippmann
1351, über experimentellen — , von
Klinienko 997, 1618, Salvarsan bei—, von
Jochmann 1001, Aetiologie des — , von
Kretschmer 1219, Veränderungen der
Blutgefässe beim — , von Konop!ewl287,
Behandlung der Ol rkomplikationen bei
— , von Uffenorde 1302. Therapie des
— , von Benjamin 1358, — und Ohr,
von Manasse 1448, vermehrte Glyku-
ronausscbeidun.r bei — , von Oppen¬
heimer 1620, die Leukozyten einschlüsse
bei — , von Dychno 1622, Behandlung
des — mit Nukleinsäure, von Skoro-
dumow 1623, Behandlung des — mit
Rekonva eszentenserum, von Reis 1695,
familiäre Disposition bei — , von Mathies
1901, Beziehungen der Diät zu Verlauf,
Blutbefnnd und Nephritis bei — , von
Geistley 2011, zur Pathogenese des — ,
von Kretschmer 2193, Nebennieren
läsionen bei — , von ITutinel 2299,
XCII
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Aetiologie des — , von Schleissner 2373,
nephritiscbe Herzanomalien bei — ,
von Bagin sky 2419, Untersuchungen
mit dem Abderhaldensclren Dialysier-
verfahren bei — , von Scbultz und
Grote 2510, zur Aetiologie des — , von
Preisich 2534, Behandlung des — mit
Neosalvarsan, von Axionow 2810, Kom-
plementbindungsreaktion bei — , von
Isabolinsky und Legeiko 281 0,Heimkehr-
fällebei — ,vonKnöpfelmacher undHahn
Scharlachausschlag , Abblassungserschei¬
nungen des, von Kirsch .
Scharlachepidemie, Massenschutzimp¬
fungen bei einer, von Selichowskaja .
Scharlachinfektionsversuche bei Affen, von
Schleissner .
Scharlachphänomen, das Leedescbe, von
Beck . .
Scharlachpropbylaxe mittels Streptokok¬
kenvakzine, von Watters .
Scharlachrekonvaleszentenserum.vonKoch
2611, Konservierung des — , von Koch
Scharlachrezidive, über, von Schöne .
Scharlachrot, klinischer Wert des, und
Amidoazotoluol, von Dobrowolskaja
Scharlachschutzimpiüngen, von Kogan
Scharlachserum, antitoxisches, von Zdra
wosmysslow . . .
Scharlachspirochaete, die sog., von Baran
nikow .
Scharlachstatistik, Baseler, von Wolfer
Schartenspuren, Identifizierung von, von
Nippe . .
Scheel Dr. Ludwig f .
Scheide, künstliche Neubildung der, von
Henkel 326, die Trockenbohandlung
der — , von Nassauer . . .
Scheidendammdebnungen, artifizielle, in-
tia partum, von Rudolph .
Scheidenkarzinom, primäres, von Henkel
326, von Richard 438, primärer — und
Leukoplakie, von Löhnberg ....
Scheidenkatarrhe, Instrument zur Trocken
behandlung der, von Liepmann . .
Scheidenkeime, Uebergang von mütter¬
lichen, auf das Kind während der Ge
hurt, von Noack 314, — und endogene
Infektion, von Bondy .
Scheidenklappenzerreissung, von Salles
Scheidenkrebs, Radiumbestrahlung eines
von Wertheim 1413, dorsoperineal ope
rierter Fall von primärem von Po
Seite
2869
2365
1623
787
2537
446
2912
1288
658
665
664
1621
1222
771
1472
2767
1990
2010
1383
1617
1680
zsonyi . ....
Scheidenpulverbläser Antileukon, von
Hengge . _ • • ■
Scheidenruptur, traumatische, mit Dünn
darmvorfall, von Vogel .
Scheidensekret, Chemie des, vonGräfenberg
Scheidenspülung s. u. Druckscheidenspü
lung.
Scheidentrockner, der, von Scharfe . .
Scheidenzysten, sog., von Küster . . .
Schelle, zum Andenken an Dr. Benedikt
Schenkelhalsbruch, der, und die isolierten
Brüche des Trochanter major und minor,
von Roth . . . .
Schenkelhalsfraktur, Pseudarthrose bei,
von Lorenz .
Schenkelhernien, operative Dauerresultate
von eingeklemmten , von Rosenfeld
1503, Verbesserung der Lotheissen
Föderlschen Radikaloperation der —
von Göbell ........
Schenkelsymptom, das, von v. Heiniss
Schiefhals, ossärer kongenitaler, von Bran
des 104, muskulärer — , von Bauer 1559,
der neurogene — , von Bauer 2070,
Aetiologie und Pathologie des konge¬
nitalen — , von v. Aberle . .
Schiefnase, exzessive knorpelige, von
Brandenburg 430, von Evler . . .
Schiessbrillen, gelbe Jagd- und, von Haitz
1,50, gefärbte Gläser als — , von Schanz
SchifE Prof. Dr. E. f .
Schiffsärzte, Bedarf an ... . . . . .
Schiffs- und Tropenkrankheiten, Referat
über . 1343, 1399,
2533
2680
1326
1 457
546
2745
1943
2069
732
1900
662
2252
1640
151
568
1240
1956
Seite
Schilddrüse s. a. Basedowii morbus.
Schilddrüse, Einfluss künstlicher Tracheal¬
stenose auf die, von Reich und Blauel
370, Auftreten thyreotoxischer Sym¬
ptome bei Geschwulstmetastasen in der
— , von Takeyoshi 428, kropfige Er¬
krankungen der — , von Breitner 543,
Carcinoma sarcomatodes der — , von
Simmonds 557, lymphatische Herde
in der — , von Simmonds 600, — , Thy¬
mus und ihre Nebendrüsen, von
Maurer 724, Beziehung des Thymus
zur — , von Basch 769, Funktion der
— bei Basedow, von Hosemann 1008,
Veränderungen der — , von Martini
1048, Jodumsetzung und Jodspeiche¬
rung in ihrem Verhältnis zur — , von
Grützner 1229, — und Konzeption, von
Mosbacher 1229, Sphärolithe in der — ,
von Kraus 1299, 1788, — und Gestation,
von v. Graff und Novak 1348, Ver¬
änderungen in der — bei hereditärer
Syphilis, von Busch 1621, Verhalten
des Blutes nach Entfernung der — ,
von Reckzeh 1681, Chirurgie der — ,
von Berry 1954, einige mineralische
Bestandteile der — , von Morgenstern
2189, Transplantation von — , von
Wagner v. Jauregg 2195, operative
Eingriffe an der — , von Wagner
v. Jauregg 2195, die — der Frau und
ihre Bedeutung für Menstruation und
Schwangerschaft, von Schmauch 2486,
Chirurgie der — , von Mayo 2592,
Beziehungen zwischen der — und der
alimentären Toxämie, von Longmead
2694, Karzinom der — mit exzessiver
spezifischer Drüsenfunktion, vonMeyer-
Hinlimann und Oswald .
Schilddrüsenadenom, von Jacobaeus
Schilddrüsenaplasie, von Zuckermann 2690,
Hypophysenbefund bei — , von Zucker¬
mann .
Schilddrüsenerkrankungen in der Schwan¬
gerschaft, von Rübsamen 1615, sero¬
logische Untersuchungen bei — , von
Lamp6 und Fuchs . . .
Schilddrüsenhypersekretion, Radiumstrah¬
len zur Behandlung der, von Turner
Schilddrüseninsuffizienz, chron. Rheuma¬
tismus infolge von, von Menard . .
Schilddrüsentätigkeit, Organveränderung
bei Störungen der, von Marx ....
Schilddrüsenverkleinerung, von Röder
Schilddrüsentuberkulose, von Gebele
Schimmelpilze, biologische Färbung der,
von Marzinowsky 94, können — aus
Antimonverbindungen flüchtige Körper
bilden? von v. Knaffl-Lenz .
Schizotrypanum Cruzi , von Mayer und
da Rocha .... .
Schläfenbein, normale Pneumatisation des,
von Wittmaack . .
Schlafkrankheit und Tsetsefliegen, von
Kleine u. Fischer 94, 2690, zur Morpho¬
logie der Erreger der — , von Taute
483, Bekämpfung der — in Deutsch-
Ostafrika, von Steudel 1400, — in Ka¬
merun, von Ziemann 1400, Gehirn
eines an — Gestorbenen, von Stargardt
1513, zur Behandlung der — , von Tanon
u. Dupont 1690, Bedeutung der Haus-
t tiere und des Wildes für die Verbreitung
der — , von Kleine u. Eckard 1902, von
Taute 2640, die — in Uganda, von
Schilling 2476, die — und wilde Tiere,
von Yorke .
Schlaf krankheitsfliege, Bedeutung der Spei¬
cheldrüseninfektion bei der, von Kleine
und Eckard .
Schlaflosigkeit, Hydrotherapie der ner¬
vösen, von Determann 599, Digalen
bei — , von Sternberg .
Schlafmittelvergiftungen, Schutz vor, von
Cimbal . ’.....
Schlangen, die europäischen, von Steinheil
Schlangen vertilgerin, die, Rhachidelus bra-
sili, von Olpp .
2690
2112
2696
2076
1229
2377
1683
Seite
1599
258
2428
2288
2914
1681
2150
2694 ;
2151
2917
2356
1341
1400
1519
2644
1165
1526
2626
1673
562
Schlattersche Krankheit, von Schultze . 1161
Schleimhautjodierung bei Operationen am
Magen-Darmtrakt, von Hohlbaum . . 659
Schleimhautpemphigns der oberen Luft¬
wege, von Steiner . 445
Schleimhautüberpflanzung, freie, von Ax-
hausen . . 832
Schlingbeschwerden, Ursache von, von
Marx . 1570
Schlüsselbeinbruch, einfacher Verband zur
Behandlung des, von Jansen 474, zur
Behandlung des — , von Kaefer . .
Schmeckstoffe, Temperatur der, von Stern
berg . .
Schmerzen, zur Kenntnis der, von Oppen
heim .
Schmerzensgeld, Begriff des ....
Schmerzzustände, gichtisch-rheumatische,
u. ihre Behandlung, von Zimmermann
Schmierkur, Quecksilberresorption bei der,
von Boruttau .
Schnarchen, Kienstütze zur Verhinderung
des, von Hersing . 431
Schnüffelkrankheit, bei der, am Skelett
auftretende Veränderungen, von Ingier 1220
Schnupfen, interne Kalziumbehandlung
des, von Januschke . .
Schock, Tod durch, nach körperlicher
Misshandlung, von Ziemke 1281, kine¬
tische Theorie des — von Orile . . .
Schömberg, 25 j ähr. Bestehen des Sana¬
toriums .
Schreibmaschine, Arbeitsversuche an der,
von Frankfurther . . 2361 p
Schriftsachverständige, Rolle des Neuro¬
logen und Psychiaters als, von Mann-
heimer-Gommes . . 2255
Schrift- und Vortragssprache, unsere, von
v. Wild . 2639
Schröter Dr. P. R. f ...... , . 448
Schrumpfniere, Beziehungen der sog. ar¬
teriosklerotischen, zum Morbus Brightii,
von Friedländer . 1789!
Schuchardt Prof. Dr. f . 2552;
Schülerspeisung in München, von Oppen¬
heimer . ■ ....... . • 2706*
Schuhdruck, Behandlung des, von Novak 995 \
Schulärzte, Dienstesinstruktion für die
städtischen, in Brüx 1275, Vereinigung
der — Deutschlands 1632, Aufgaben
der — , von Gentzen 1632, Notwendig¬
keit der Anstellung von — in länd¬
lichen Kreisen, von Gerlach .... 1848 !
Schulärztin in Berlin . 2151
Schulanämie und deren Prophylaxe, von
Mendl . 318 t
Schulanfänger, Anforderungen an den,
von Steinhaus 1632, von Wehrhahn .
Schularztbericht aus Brüx, von Roppert .
Schularztfrage, ketzerische Betrachtungen,
von Teleky 1284, die — in Oesterreich
Schule, prophylaktische Aufgaben der,
von Bayerthal 1511, Bedeutung des
Strassenlärms für die — , von Stephani
1632, die Hohe — für Aerzte und
Kranke, von Nassauer 2182, 2235, 2286,
2347, 2409, 2437. 2466, 2526, 2582,
2654, 2682, 2739, 2795, 2845, 2872
Schulkinderuntersuchungen in Imst, von
Pfeifenberger .
Schulmyopie, Vollkorrektion der, von Kaz
Schulschwester, Beruf und Tätigkeit der,
von Debbeke . 1632
Schulterblatt, das skaphoide, von Kollert
42, skaphoide Form des — , von Brück¬
ner . . . . • 2193
Schulterblatthochstand, von Rosenfeld .
Schultergelenk, Kalkablagerungen in der
Umgebung des, vonWrede 40, Behand¬
lung der Tuberkulose des — , Ellbogen-
und Handgelenkes, von Leonhard
Schultergelenksluxation, Fernresultate der
operativen Behandlung der habituellen,
von Clairmont und Ehrlich . 2368
Schultergürtel, Deventer-Müllersche Ent¬
wicklung des, von Ziegler . 1045;
Schulterhochstand, angeborener, von
Neuhof . 133!
1632
1275
2250
2375
150
561
258i
'
1913,
INHALTS-VERZEICHNIS.
XCIII
Se te
Schulterschmerz bei Pleuritis, von Gerhardt 2905
Schulterverrenkung, funktionelle Behand¬
lung der, von de Marbaix .... 2640
Schulzahnklinik, Stiftung für eine, in
Berlin . 223
Schulzahnpflege auf dem Lande, von
Steinhard und Gernert . 1301
Schussverletzung s. a. Bauchschuss, Bel¬
grader Briefe, Geburtshilfe, Geschoss¬
wirkung, Halsschuss, Kopfverletzung,
kriegschirurg. Erfahrungen , Lungen¬
schüsse, Projektil, Projektilentfernung,
Projektilextraktion, Revolvergeschoss,
Revolverschuss , [Schädelschussverlet¬
zungen, Spitzgeschoss, Trepanation.
Schussverletzungen, die, des Schädels im
Kriege, von Holbeck 32, — des Ge¬
hirns, von Lauenstein 49, von Wilms
382, von Völsch 1067, — des Bauches,
von Schricker 430, — der Blutgefässe,
von Lotsch 1058, — des Gehirns, von
Bohne 1281, Nachweis der Fett- und
Bleispur bei Kleider- — , von Lochte
1281, — des Herzens, von Breitner
1577, direkte und indirekte — , von
Sandmann 1801, merkwürdige — , von
Hijmans und van der Goot 2140, —
des Abdomens, von Amberger 2144,
— der Milz, von Michelsson 2533, —
durch Suizid versuch, von Jenckel . . 2702
Schutzfermente, Spezifität der, von Abder¬
halden 462, spezifische — im Serum
von Geisteskranken, von Fauser 584,
Spezifität der — , von Lamp6 und
Papazolu 1423, Spezifizität der proteo¬
lytischen — •, von Frank und Rosenthal 1425
Schutzimpfungen mit dem Vakzin Gabri-
tschewsky während einer Scharlach¬
epidemie, von Polotebnowa 996, Er¬
gebnisse der — gegen die Tuberkulose,
von Julian 1561, — gegen die Schaf¬
pocken, von Bich£ und Bouquet 2028,
— gegen Naganainfektion, von Ron-
doni und Goretti . 2245
Schutzpessare, von Ekstein . 259
Schwachsinnige, Zahl der, von Hertold 99,
Deutsche Anstalten für — , Epileptische
und psychopatische Jugendliche, von
Melther 1783, Wesen und Behandlung
der moralisch — , von Oehry , . . 2748
Schwangere, das Versehen der, in Volks¬
glaube und Dichtung, von Kahn 319,
späteres Schicksal herz- und nieren¬
kranker — , von Baisch 1290, Erbrechen
der — , von Asch 1349, 1619, Technik
des Abderhaldenschen Fermentnach¬
weises im Serum von — , von Schäfer
1689, elektrische Erregbarkeit bei, —
von Thierry . . . 2010
Schwangerenserum, normales, von Ru-
beska 600, therapeutische Verwendung
von normalem — , von Mayer .... 1411
Schwangerschaft s. a. Gravidität.
Schwangerschaft, Serodiagnostik der, von
Veit 93, von Porchownik 1951, biolo¬
gische Diagnose der — , von Petri 482,
die Serumdiagnose der — , von Quine-
tella 548, zur biologischen Diagnose der
— , von Engelhorn 587, 654 ff, von
Stange 1084, zur Geschichte der Sero¬
diagnostik der — , von Freund 700, von
Abderhalden 701, galvanische Nerven-
muskelerregbarkeit in der — , von Seitz
849, Verwertbarkeit der Abderhalden¬
schen Fermentreaktion bei — und Kar¬
zinom, von Markus 994, Erfahrungen
mit der biologischen Diagnose der —
nach Abderhalden, von Eckler 1047,
zur biologischen Diagnose der —
mittels der optischen Methode und
des Dialvsierverfahrens , von Rüb-
samen 1139, Beeinflussung des Hämo¬
globinkatalysators in der — , von Engel¬
horn 1195, trockenes Plazentapulver
beim Dialysierverfahren zur Diagnose
der — , von King 1198, ektopische — ,
von Reinhard 1218, Verwendung der
; Abderhaldenschen Reaktion bei der
Seite
Serumdiagnose der — ,von Maccabruni
1259, Beziehungen der Erkrankungen
des Herzens und der Nieren, sowie der
Störungen der inneren Sekretion zu — ,
Geburt und Wochenbett, von Fromme,
Zangemeister, Seitz 1289, Therapie der
Herzerkrankungen in der — , von Neu
1290, Nierenerkrankungen in der — ,
herzkranker Frauen, von Jaschke 1290,
Herzleiden und Stoffwechselstörungen
in der — , von Walthard 1290, Herz¬
fehler und — , von Kreiss 1290, 2915,
Herz- und Zwerchfellstand in der — , von
Heynemann 1291, Morbus Addisonii
und — , von Vogt 1291, Bedeutung der
innersekretorischen Drüsen für den
Stoffwechsel in der — , von Landsberg
1291, Beeinflussung des Hämoglobin¬
katalysators in der — , von Engelhorn
1291, Thyreoidea und — , von Mosbacher
1291, Einfluss der — auf Herz und
Nieren, von Bauereisen 1291, zur Sero¬
diagnostik der — , von Jaworski und
Szymanowsky 1343, Herzleiden und — ,
von Schmidt 1347, Kalkgehalt des Blutes
in der — , von Kehrer 1348, Kastration
in der — wegen Osteomalazie, von v.
Franqub 1849, Selbstaufschlitzen des
Bauches während der — , von Patak
1413, Thyreoidea und — , von Guggis-
berg 1455, Serumdiagnose der — , von v
Rosenthal 1455, — in der Kunst, von
Stratz 1457, biologische Diagnostik der
— nach Abderhalden, von Parsamoor
1505, Kalkgehalt des Blutes in der — ,
vonLinzenmeier 1563, Pyelitis und Nie¬
renbeckenerweiterungen während und
ausserhalb der — , von Schickele 1615,
Harngiftigkeit in der — , von Esch
1616, Leberveränderungen in der — ,
von Opitz 1616, Diagnose der — mittels
der Abderhaldenschen Methode, von
Gambaroff 1644, — und Akromegalie,
von Kalledey 1678, Herz und — , von
Fellner 1728, Wesen und Technik der
Serodiagnostik der — mittels des Ab¬
derhaldenschen Dialysierverfahren, von
Schmid 1749, m. addisonii und — ,
von Vogt 1821, Diagnose der — mittels
des Dialysierverfahrens u. der optischen
Methode von Abderhalden 1842, Dia¬
gnose der — mittels der Elsbergschen
Reaktion, von Carpintero und Gimenez
de la Serrana 1904, während der —
auftretende Affektionen des Harn¬
traktes 1969, Serumdiagnose der —
nach Abderhalden, von Schlimpert
1969, chirurgische Behandlung derKoli-
infektion in der — , von Davis 2020, elek-
trokardiographische Untersuchgen wäh¬
rend der — , von Nubiola 2021, Psy¬
chosen während der — , von Passow,
2071, Indikationen zur Untersuchung
der — bei Hyperemesis und Herzkrank¬
heiten, von Tuszkai 2080, innere Sekre¬
tion und — , von Seitz 2240, biologische
Feststellung der — , v. Abderhalden 2244,
Nierenfunktion in der — , von Eckelt
2298, antiproteolytische Stoffe des Blutes
während der — , von Gammeltoft 2358,
tubare — , von Hartmann 2359, Funk¬
tion der Niere in der — , von Jaschke
2371, biologische Diagnose der —
nach dem Dialysierverfahren, von
Parssamow 2423, von Henkel 2474,
Tod bei Choreatikern während der — ,
von Lepage 2539, die elastische Fläche
am Isthmus des Uterus als frühes und
positives Zeichen der uterinen — , von
Ladinski 2592, Veränderungen am
Follikelapparat des Ovariums in der
— , von Keller 2638, Herzerkrankung
und — , von Eisenbach 2638, gleich¬
zeitige — beider Tuben, von Unter¬
berger 2638, biologische Diagnose der
— nach Abderhalden, von Wolff 2688,
Vitum cordis und — , von Scherer
2688, Bedeutung der Albuminurie
Seite
während der — , von Williamson 2694,
Lipoidchemie des Blutes bei — , von
Lindemann 2745, Herz- und Zwerch¬
fellstand während der — , von Heyne¬
mann 2746, — in der Kunst, von
Stratz 2746, Ernährungsprinzipien wäh¬
rend der — , von Neumann 2749, Sero¬
diagnose der — , von Fraenkel . . . 2805
Schwangerschaftsalbuminurie, von Aschn er 1 290
Schwangerschaftsbeschwerden, Behand¬
lung der, von Hilferding-Hönigsberg . 42
Schwangerschaftsblutung, chirurgische Be¬
handlung der, Geburts- u. Nachgeburts¬
blutungen, von Bar . 1045
Schwangerschaftsdauer, Bestimmung der,
von Schottländer 428, 1339, von Peters
713, Ovulation, Konzeption und — , von
Fraenkel . . 2297
Schwangerschaftsdiagnose s, a. Dialysier¬
verfahren, Ninbydrin, Serumferment¬
wirkung, Schwangerschaft, Abderhal¬
den, Schwangerschaftsreaktion.
Schwangerschaftsdiagnose, biologische,
nach Abderhalden, von Polano 443, —
mittels der optischen Methode und des
Dialysierverfahrens, von Freund und
Brahrn 685, Abderhaldensche — , von
Kafka 896, Erfahrungen mit der — , von
Gutman . 2592
Schwangerschaftsdiagnostik, serologische,
von Rosenthal . 1450
Schwangerschaftsfermente, zur Frage von
der Organspezifität der, gegenüber Pla¬
zenta, von Plotkin ... • . 1942
Schwangerschaftsnephritis, von J.u S.Bondi 2307
Schwangerschaftsniere und Neptuitis in
graviditate, von Holzbach 1290, Funk¬
tion der — und Eklampsieniere, von
Eckelt 1455, Blutveränderungen bei
Eklampsie und — , von Dienst .... 2474
Schwangerschaftspyelitis, Serologisches u.
Klinisches über, von Weibel 2802, zur
Therapie der — , von Albrecht .... 2865
Schwangerschaftsreaktion, Erfahrungen mit
der Abderhaldenschen, von Schlimpert
und Hendry 681, von Schlimpert 1402,
zur Bewertung der Abderhaldenschen
— , von Heimann 915, ergibt das Dia¬
lysierverfahren eine spezifische — ? von
Behne 1045, Abderhaldensche — , von
Ekler 1069, klinische Verwertbarkeit
der — , von Jonas 1342, Abderhal¬
dens Vortrag über — 1415, zur Ab¬
derhaldenschen — , von Gottschalk 1450,
von Stoeckel 1741, von Ebeler 1913, zur
serologischen — nach Abderhalden, von
Ebeler und Lönnberg 2356, die Abder¬
haldensche — , von Lurje 2422, prakti¬
sche Erfahrungen mit der biologischen
— nach Abderhalden, von Scherer . 2691
Schwangerschaftsserodiagnostik, von Ab¬
derhalden 1402, serologische — , von
Rosenthal . 1450
Schwangerschaftsserumtherapie der
Schwangerschaftstoxikosen, von Rüb-
sarnen . . . 1166
Schwangerschaftstetanie, von Seitz . . . 849
Schwangerschaftsthrombose, angebliche
physiologische, von Hinselmann 1504, 2531
Schwangerschafts -Toxikodermien durch
Ringersche Lösung geheilt, von Eich¬
mann . . 183
Schwangerschaftstoxikosen, Serumtherapie
bei, von Wolff 2071, Therapie der — ,
von Engel 2249, — und ihre Behand¬
lung mit Serum und Ringerscher Lö¬
sung, von Freund . 2297
Schwangerschaftsunterbrechung, Indikati¬
onsstellung zur, bei Nierenveränderun¬
gen, von Schlayer 1347, einzeitige —
und Sterilisierung bei Tuberkulose, von
Werner 2308, 2587, — und Sterilisation
in einer Sitzung, von Sellheim . . 2638
Schwarzwasserfieber , protozoenähnliche
Gebilde im Blute bei — , von Coles . 2693
Schwebehaken, von Killian . 1514
Schwebelaryngoskopie nach Killian, von
Storath 325, von Froning 1742, von
XCIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Deuker 2024, Modifikation des Killian-
schen Spatelhakens zur — , von Lauten¬
schläger 602, Bedeutung der — für das
Kindesalter, von Albrecht
Schwefelkohlenstoff- und Benzolvergiftung,
von Luig .
Schwefelsäure- und Kupfersulfatvergif¬
tung, akute, von Reichmann . . . .
Schweflige Säuren, pharmakologische Wir¬
kung der organisch gebundenen, und
des neutralen sehwefligsauren Natri¬
ums, von Kost und Franz .
Schweigekur, von Menier .
Schweigepflicht, ärztliche .
Schweinerotlauf des Menschen, von Voss
Sch weiner- itlaufimmunserum , Wirkungs¬
weise des, von Spät .
Schweissdnisen, Physiologie der, und des
Schweisses, von Kittsteiner ...
Schwerhörige, die, in der Schule, und der
Unterricht lür hochgradig — in Deutsch¬
land, von Hartmann .
Schwerhörigkeit, experimentell erzeugte,
von Huewsli 1569, Behandlung der —
raitttels Diathermie, von Hamm 1820,
Radium- und Mesothoriumbestrahlung
bei — , von Hügel 2110, 2768, von Pas-
sow 2493, 2768, von Vohsen . . .
Schwermetalle, das Oxydationsvermögen
einiger, in Verbindung mit Eiweiss, von
Cervello und Varvaro 206, Wirkung von
— auf die bösartigen Tiergeschwülste,
von Lewin .
Schwitzkuren bei inneren Krankheiten,
von Schwenkenbecher .
Secalan .
Secalysatum, von Brömel .
Sectio caesarea, Widerstandskraft des Peri¬
toneums und der Uterusnaht nach, von
Patek . . . .
1571
1398
181
262
266
872
167
94
1165
1948
2544 :
715
894
1840
1952
1788
Sedobrol, von Engelen . 1507
Seebäder, Heilwirkung der deutschen, von
Huismans . 726
Seegens Institut für Physiologie des Stoff¬
wechsel in Wien . .... 1302
Seehäfen, sanitäre Polizei in, von Williams 2023
Seehospiz in Trient, von Homa ... . 662
Seekrankheit, Veronal und Veronalnatrium
bei, von Frank 207, Untersuchungen
über die — . von Pineussohn 258, über
— , von Pribram 1284, 1976, 2032, —
und Vagotonie, von Fischer 1649, von
Friedländer 1830, — und Hypnose, von
Hoffmann . 2054
Seekrieg, das Rote-Kreuz- Abkommen im,
von Saueracker . 1957
Seekriegsverletzunaen, von zur Verth . . 1056
Seelazareth.ausdem k.k., vonPotpesctinigg 1167
Seelentaubheit für Geräusche mit senso¬
rischer Aphasie, von Kehrer .... 1520
Seemann John f, von Cremer . 1831
Segond Paul f, von Seguin . 139
Sehhügel, funktionelle Bedeutung des,
von Pfeiffer . 2701
Sehhügel Untersuchung, von Higier . . . 2136
Sehhügelgegend, operative Erfolge hei Ge¬
schwülsten der, und Vierhügelgegend,
von Oppenheim und Kramer .... 2705
Sehne, Spontanruptur der, des Daumen¬
streckers, von Heineke 560, Behand¬
lung verletzter — in Atjeh, von Lerk 1956
Sehnen- und Hautreflexe bei alten Leuten,
von Schlesinger 1844, Messung der — ,
von Goldbladt . . 2136
Sehnenscheiden, Erkrankungen der, und
der Schleimbeutel, von Günther 1841,
Sarkome der — , von Tourneux . . . 2538
Sehnenscheidenentzündung, fibröse, von
Eykel . . 716
Sehnenscheidenphlegmonen, Behandlung
der, von Noess ke . 160
Sehnenüberpflanzung.neueGesichtspunkte
auf dem Gebiete der, von Stoffel 733, 2013
Sehnenverletzung der rechten Hand, von
Enderlen . 217
Sehnervenatrophie, Prognose der, von
Rönne 149, hereditäre familiäre — , von
G uzmann . 264
Seite
Sehnervenschwund, Ursachen des, bei
Tabes und Paratyse, von Stargardt . . 269
Sehorgan, Beziehungen der Allgemein¬
leiden und Urganerkrankungen zu den
Veränderungen und Erkrankungen des
— , von Groenouw und Uhthoff . . . 2686
Sehproben s. u. Würfelpunkt.
Sehprobentffeln, von Kern u. Scholz . . 599
Sehschärfe, Zusammenhang von, n.Schiess-
leistung der Infanterie, von Cuny 718,
neue Tafel zur Bestimmung von - —
u. Refraktion von Analphabeten, von
Döllner . 2569
Sehsphäre, Entwicklung der, von Lenz . 1512
Sehstörungen, psychogene, von v. Hippel 1175
Seife für Aerzte u. Hebammen, von Peters 1694
Seitenlaue intra partum und endogene In¬
fektion, von Westphalen . 600
Sekaleersatz, neuer brauchbarer, von Jäger 1714
Sekretion, innere, Kieferbildung u. Den¬
tition, von Kranz 145, innere — und
Nervensystem, von Münzer 545, Be¬
deutung der Abderhaldenschen For¬
schungsergebnisse für die Pathologie
der inneren — , von Münzer 994, phy¬
siologische Grundlagen der inneren —
u.ihre Bedeutunufür die Pathologie, von
Biedl 1103, die Störungen der inneren
— in ihren Beziehungen zu Schwanger¬
schaft, Genurt und Wochenbett, von
Seitz 1289, innere — der Keimdrüsen
und Knochenwachstum, von Sellheim
1291, inne-e — der Speicheldrüsen,
von .Vlohr 1348, innere — der Mamma,
von Albrecht 1348, wehonerregende
Substanzen u. innere — , von Schickele
1349, Tierversuche zur inneren — , von
• Feilner 1349, Wechselbeziehungen der
Organe mit innerer — und deren i'tö-
rung--n, von Biedl, Gley, v. Koränyi
u. Kraus 1961, innere — u Schwanger¬
schaft, von Seitz 2240, Beitrage zur
inneren — , von Kühle 2298, die innere
— in ihrer Beziehung zur Dermatologie,
von Morris . . ... . . . 2642
Sekretorische Fasern, Verlauf der, von Blum 1952
Sektionen, Honorierung von ... . . 389
Sekundärstralilen, Abblendung der, von
Bucky 833, Benutzung von — zur Ver¬
stärkung der Röntgenstrahlenwirkung,
von Pagenstecher . . . . 1319
Sekundärstrahlenihernpie, von Schwarz . 2u42
Selbstinfektion, puerperale, von Ahlfeld 2296
Selbstmord, psycho ogische Analyse des,
u. Selb-tmordversuches bei verschie¬
denen Psychosen, von MarkowitHch . 2699
Selbstverletzungen, von Lochte 1282, —
von Geisteskranken, von Tintemann 1282
Semdunarknorpel, Verletzungen der, von
Martin . 939
Sfimiologie, elements de, et clinique men¬
tales, von Chaslin . 480
Semori . 426
Senembah-Maatsc.happy, gesundheitliche
Verhältnisse des Arbeiterstandes der,
von Schüffner u. Kuenen . 1344
Senkungsprozesse, röntgenologische Dia¬
gnose endothorakaler, im Kindesalter,
von Rach . 2373
Sennax 2472, von Schoenborn ..... 20 2d
Sensibilisationserscheinungen und Ueber-
empfindlichkeitsreaktionen, von v.Szon-
tagh . 2746
Sensibilisierungsversuche und die Pro¬
gnose, von Grundt . 1562
Sepsis, puerperale, von Klauhammer 785,
durch Operation geheilter Fall von
puerperaler — , von Brix 1325, tracheo-
gene — , von Stephan 1844, Behand¬
lung schwerster — mit in ravenöser
Infurion menschlichen Normalserums,
von Bennecke 1926, — und Pyämie,
von Nacko . 2745
Septikaemie s. u. Allgemeininfektion, In¬
fektion.
Septikämie als häufiger Gast in der Fa¬
milie der übrigen Infektionskrank¬
heiten, von Golubow . 665, 1106
Seite
Septische Prozesse, Behandlung von, durch
Alkalien, von Vorschütz . 892
Septumresektion im Kindesalter, von Heer¬
mann . i . . . 2360
Serbien s a. Medizinische Erfahrungen.
Serodiagnostik nach Abderhalden in der
Psychiatrie, von Wegener 1197, von
Mayer 2044, von Theobald 2691, —
der Gesell * iilsie nach v. Düngern, von
Tetridis 1318. die wissenschaftlichen
Grundlagen der — , von v. Wassermann
1331, — der Schwangerschaft, von Ja-
worski und Szymanoweki 1343, — der
Gravidität, von Veit 1565, die — der
Schwangerschaft, von Porehownik 1951,
— des Echinnkokkus nach Weinberg,
von Abrikossow 2l24, Abderhaldeusche
— bei Gehirn- und Rückenmarkskrank¬
heiten, von Gollt-r 2428, Be 'eutung
der Abderhaldenseh» n — für die r pi-
lepsie, von Binswanger 2479, — der
Syphilis, vn Müller 2742, — der ma¬
lignen Geschwülste, von Schenk 8j8,
von Fried 2782, Lues congenita und
— , von Ledermann . 2816
Serologie, die, in der Psychiatrie, von
Fauser 1984, — und Vakzinetherapie,
von Michaelis 2429, von Volk .... 2429
Serrati, willkürliche Erschlaffung der, von
Hildebrand . 955
Serratuslähmung, von Loening . 439
Sen es fines, verbesserte, von v. Herff .2911
Serum s. u. Eigenserum, Toxin.
Serum (Sera), syphilitische, von Russ
886, Wirkung von — und Toxin bei
rektaler Anwendung, von Shibayama
938, das präventive antitetanische — ,
von Jacoüuviri 1U50, das Antitrypsin
des — , von Kirchneim 1113, urintoxi¬
sche — , von Corradi und Caffärena
1168, paradoxe — , von Graetz 1518,
die Eigeuhemmung des — im Symptom
der Lues, von Trinciiese 2013, Natur
der Trypsinhemmung des — , von
Kirchheim 2137, Reaktion luetischer —
mit einem Jodolreagens, von Landau 2477
Serumaggluiination, von Schmidt . . . 1730
Serumanaphylaxie, über die, von Nemser
996, von Jurgelunas . 1288
Ser im; ehandlung der kruppösen Pneu¬
monie, von Feith . 2314
Serumfermentwirkuiigen bei Schwangeren
und Tumorkranken, von Lindig 288,
702, von Abderhalden 411, 763, von
Freund . 763
Seruminjektionen, wiederholte, u. Ueber-
empfindlichkeit von Nemmser . . . 938
Serumkrankheit, 683 Fällevon.von Axenow 2746
Serumqualiiäten, Konzentration der, durch
Gefrieren, von Ito . . 38
Serumreaktion nach Abderhalden, von
Lichtenstein .... ... 1427, 1800
Serumtherapie, experimentelle, von Schick,
Busacchi und Ka-sowitz . 2373
Serumvak/.in, spezifische Behandlung mit
dem Bruschettinischen,von Bruschettini 1396
Serviettenhalter bei Bauchhöhlenopera¬
tionen, von Kolinski .■ . 826
Seuchenbekämpfung, die Kosten der, u.
ihre Verteilung nach preussischem
Recht, von Foerster . 768
Seuchengeschichte, Abhandlungen aus der,
und Seuchenlehre, von Sticker 1559, 1894
Seuchengesetz s. a. Epidemiengesetz.
Sexualforschung, internationale Gesell¬
schaft für . 2656
Sexualorgane, nervöse Funktionsstörungen
der männlichen, von Grosz 542, Atlas
der Operationsanatomie u. Operations¬
pathologie der weiblichen — , von Liep-
mann . 598
Sexualstörungen, Fortschritte auf dem Ge¬
biete der nervösen, von Lissmann . . 541
Sichern eitscouveuse, elektrische, vonThiede 2300
Siebbein, Endotheljom des, von Jerchel . 1900
Sielwässer, Desinfektion von Fäkalien u.
städtischen, von Glaser . 147
Sigma elongatum mobile, von Kienböck 68
INHALTS-VERZEICHNIS.
xcv
Mi.
-'II
Solle
Sigmoideutn, zweizeitige liadikaioperation
der strikturierenden Karzinome des’
von Madlener . 1787
Signe du sou, diagnostischer Wert des
Pitresschen, von v. Hainiss 374, — bei
Lungenentzündung und Pleuritis bei
Kindern, von Ostrowski . 2193
Silberhalogenide, Wirkungsmechanismus
kolloidaler, von Gros . 262
Silvana, Nervensanatorium .... 427, 2439
Simi . 1840
Sims Marion, von Allemann . 138
Simulantentutn, das, und der Valetudi-
narianismus, von Bramwell . 1735
Simulation bei Unfallverletzten und In¬
validen, von Horn . 2646
Sinapius, über, von v. Györy . 2377
Sinecain . 426
Sinemellittabletten . 2472
Singen, Disposition und Indisposition
beim, von Fla' au . . 29
Singstimme, Störungen der, von Holger
Mygind . . ... 209
Sinus pericranii, von Borchardt 1006, Osteom
des — frontalis, von Payr 1743. Resek¬
tion des longitudinalen — , von Perthes 1746
Sinusphlebitis, otitische, von Scheibe . 1569
Sinustbrombose und ihre Beziehungen zu
Gehirn- und Pialblutungen, vonVorpahl 826
Sinuswand, Abszess der, vonUrbantschitsch 2548
Sisson Prof. Dr. f . 1864
Sittlichkeitsverbrecher, Erfahrungen an 80,
von Hänsel 608
Situs .nversus partialis abdominis, von Hart
1618, — inversus totalis, von Brix . 2790
Skapularknochen, von Lobenhotfer . . . 1106
Skelettmuskulatur, Aktionssttöme der
menschlichen, von Eahrenkamp 1843,
elektrisoheErscheinungen bei der Inner
va'ion der — , von Buytendyk .... 2243
Sklerekoomia praeaequatonalis, von Holth 1514
Skleretn, von v. Pirquet . 564
Sklerodermie, Behandlung der, mit Goe-
liacin, von Kölle 24, diffuse — , von
Grouven 556, über — , von Seifert 1226,
die Blutformel bei der — , von Evan-
gelista 1849, angeborene — , von Egger 2763
Sklerom, Serodiagnose des, von Czerno-
gubow . 999
Skleromfrage in Russland, von Jürgens . 42
Sklerose, akute disseminierte, von Rönne
und Wimmer 147, akute multip e — ,von
Fraenkel 435, multiple — , Schwanger¬
schaft und Geburt, von Beck 714,
akute und chronische multiple — , von
Wohlwill 1352, 1406, Gehirndemon¬
stration eines Falles von multipler — ,
von Trömner 1352, familiäres Vor¬
kommen der multiplen — , von Hoff- •
mann 1843, typische multiple — , von
Goldstein 2024, tuberöse — , von Böhm 2196
Skoliosen, angeborene, von Lewy 716, neue
Verbandbehandlungder - nach Abbott,
von Vulpius 885, 2193, Abbottsche Be¬
handlung des — , von Schanz 1283,
Behandlung von — durch Gipsver¬
bände nach Abbott, von Erlacher 1312,
la — et son traitement, von Bidou 1782,
pathologische Anatomie der multiplen
— , von Schob 2701, fixierte — mit
Rippenbuckel, von Deutschländer 2860,
Behandlung schwerer — mit der Ab-
bottschen Methode, von Calot .... 2920
Skoliosenbehandlung, Ausnützung der re¬
spiratorischen Kräfte in der, von Spitzy
577, Abbottsche Methode der — , von
Abott . . 731, 733
Skoliosenfrage, statische, von Doerr . . . 427
Skoliosenmessung, von Schlee ... 780
Skopolamin, Wirkung des, von Cushny 262,
— und Morphium bei Entbindungen,
von Long 957, Schwefelsäureester des
— , von Trendelenburg . 2137
Skopolamindämmerschlaf in Verbindung
mit Morphiumpantopon und Narkophin,
von Reichel . 638, 847
Skopolaminlösungen, Zersetzung und Kon¬
servierung von, von Straub 2279, der
Seite
Dämmerschlaf in der Geburtshilfe mit
konstanten — , von Siegel . 2280
Skopolaminfrage, zur, von Sieber .... 882
Skopolamin-Pantopon-Aethernarkose, von
Minz . 665
Skorbut, das histologische Blutbild des
infantilen, von Glaser 316, der — der
kleinen Kinder, von Hart und Lessing
1895, über experimentellen — , von
Holst und Frölich ... 2690
Skrofulöse Erkrankungen, ein Blutschma¬
rotzer als Erreger der, von Holländer 2139
Skrofulöse, die, von Cornet . 1894
Soemmering-Preis . 846
Sojabohne s. u. Aguma.
Sojargil . 1840
Solargyl , desinfizierende Wirkung des,
von Glücksmann und Gobbi .... 2789
Solbäder s. u. Bäder.
Sommersterblichkeit, Ursachen der, von
Eichelberg 93, von Jester 840, — der
Säuglinge in Kiel, von Hanssen . . . 1225
Sonderdruckzentrale, Bedeutung der, für
den Akademiker, von Cords . 2681
Sonnenbehandlung s. u. Heliotherapie,
Tuberkulose
Sonnenbestrahlung bei Spondylitis cervi-
calis, von Kienast und Frankfurter 2250,
Einfluss der — auf die weissen Blut¬
zellen, von Aschenheim . 2372
Sonnenfinsternis, Erblindung durch, von
Speleers . . 2140
Sonntagsruhe, ärztliche, in Berlin 321, —
und soziale Hygiene, von Laquer 1225, 1395
Soziale Medizin und Hygiene, Referat über
374, 1225, 2751
Sozialhygienische Aufgaben auf dem
Lande, von Larass . 2855
Spätapoplexie, traumatische, von Schuster 2434
Spätsyphilis, von Zieler . 163
Spaltbeckeu, von v. Franquö . 2803
Spaltuterus und seine Genese, von Rosen¬
stein . .... 1787
Spasmophile Diathese, ein noch nicht be¬
schriebenes Krankheitsbild der, von
Lederer . 484, 662
Spasmnphile Erscheinungen, von Rosen¬
stern . ^ . . . 2071
Spasm iphile Zustände, Einfluss der Al¬
kalien auf die Auslösung von, von Lust 1482
Spasmophilie der Erwachsenen, von Peritz
1446, — und Parathyreoidinbehandlung,
von Meyer 1168, — und Tetanie der
Kinder, von Grünfelder 1695, Einwir¬
kung alimentärer und phai makodyna¬
mischer Faktoren auf den Verlauf der
— , von Zybell 1901, Kalksalze bei — ,
von Blühdorn 2071, experimentelle — ,
von Moll 2372, Larosanmilch bei — ,
von Curschman . 2864
Spasmophiliefrage, Untersuchungen zur,
von Freudenberg-Klocmann . 1912
Spasmophilieproblem, Untersuchungen
zum, von Freudenberg undKlocmaun 1842
Speichel, Bedeutung des Rhodans im, von
Lohmann 83, Ptyalingehalt des — , von
Purjesz und Perl 1849, Harnsäure im
— , von Herzfeld und Stöcker ' .... 1950
Speicheldrüsen, symmetrische Schwellung
der. und Tränendrüsen, von Plate und
Lewandowsky 201, innere Sekretion der
— , von Mohr 610, Aktinomykose der
— , von Söderlund 2012, Geschwülste
der — , von Hcineke 2070, Pathologie
der — , von Mohr 2146, innere Sekretion
der — und ihre Bezit-hungen zu den
Genitalorganen, von Mohr 2298, Ver¬
letzungen und chirurgische Krankhei¬
ten der — , von Heineue . 2531
Speichelkörperchen, Herkunft der, von
Laquer . ..... 1449
Speichelstein, von ßa< hrach 675, zur Pa¬
thologie und Diagnose der — ,von Rdthi
828, irrtümliche Karzinomdiagnose in¬
folge eines — , von Heinemann 1940, 2711
Speiseröhre s. a. Oesophagus.
Speiseröhre, plastischer Ersatz der, von
v. Fink 936, Therapie der idiopathischen
Seile
Dilatation der — , von Heyrovsky 1217,
Mobilisation und Verlagerung des Ma¬
gens und der — bei Operationen am
Magen und unteren Abschnitt der — ,
von Brun 1338, Entfernung eines Ge¬
bisses aus der — , von Francke 1398,
die Erkrankungen der Mundhöhle und
der — , von Kraus und Ridder 1445,
idiopathische Erweiterung der — , von
Simmonds 1460, Extraktion von Fremd¬
körpern aus der — , von Wagner 1620,
Resektion des Brustteiles der — wegen
Karzinom, von Torek 2135, Dureh-
schneidung der Kardia alsVoroperation
zur Resektion der — , von Fischer . . 2744
Speiseröhrenkarzinome, Therapie der, von
Voit . 2762
SpeiHeröhrenstrikturen , Behandlung der,
von Luttmissen . 2388
Sperma, ist das, des Syphilitikers infektiös?
von Frenkel 1287, Phosphormolybdan-
saure als Reagenz auf — , von Lecha-
Marzo 1904, Nachweis resorbierten —
im weiblichen Organismus, von Wald¬
stein u. Ekler . 2307
Spormanntersuchung, forensische, von
Güntsch . 686
Spermatozoen, Schicksal arteigener u. art¬
fremder, im weiblichen Genitalapparat
und der Bauchhöhle, von Hoehue . . 1456
Spezialärzte, Honorierung der, an Kranken¬
kassen 100, Bezeichnung als — 391,
Zusammenschluss der — Breslaus 501,
Ausschluss der — vom Rettungsdienst
in Berlin . 667
Spezialitäten, Taschenbuch pharmazeut.,
von Hügel 903, medizinische — , von
Capaun Karlowa . . 903
Spezifizitätsproblem, R. Koch u. das, von
Kolle . 2917
Sphygmobolometrie, Vereinfachungen und
Verbesserungen der pneumatischen,
von Sahli . .... 2801
Sphygmobolometrische Untersuchungen
nach Sahli, von Lipowetzky 1216, von
Christen . . . 1216
Spielplätze, Errichtung von, in München 503
Spina bifida, von Saalmann 370, — bifida
occulta, von Cramer 731, vo i Bibergeil
1848, die falsche — , vonEston u. Eiienne 2537
Spinalanästtiesie mit Stovain, von Madden
u. Shaheen 603, — mit Tropakokain . 2643
Spinalanalgesie, von Houghton . 939
Spina flü'sigkeit, Blut in der, von Geissler
121, Nachweis von Alkohol in der — ,
von Schümm 438, Alkoholgehalt der —
und des Blutes bei Alkoholisten u. De¬
liranten, von Schümm u. Fleischmann
1066, 1220, Analyse der — u. des Blut¬
serums, von Kaplan 1283, zytolögische
Untersuchung der — , von Kliert . . 2089
Spinalparalyse, spastische, als Unfallfolge,
von Sarbö 147, syphilitische — , von
v. Lippmann 1799, familiäre spastische
— , von Hoffman n . 1843
Spiralschnitt, operative Behandlung von
Varikositäten und Ulcera cruris mit dem
Rindfieisch-Friedelschen, von Rauch . 2354
Spirochaeten, Entwicklung eines intra¬
zellulären Parasiten zu, in syphiliti¬
schen Affektionen und im Blute
von Syphilitikern, von Ross 34, — im
Gehirn bei Paralysis progressiva, von
Ehrlich 443, 446, von Noguchi und
Moore 446, Eindringen von — pallida
durch die unverletzte Haut und
Schleimhaut, von Bortarelli 488, An¬
reicherung von — und Try pannsomen
im Kaninchenhoden, von Emmerich
724, Nachweis der — pallida im Zen¬
tralnervensystem bei der progressiven
Paralyse und bei Tabes dorsalis, von
Noguchi 737, 790, 847, — in der Hirn¬
rinde von Paralytikern, von Marburg
1069, Biologie der — des Rückfall¬
fiebers, von Wittrock 1165, — pallida
im Liqu. cerebrospinalis, von Nichols
und Hough 1228, Lokalisation der —
XCVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
in der Rückfallfieberzecke, von Kleine
und Eckard 1841, Nachweis von —
im Gehirn, von v. Wassermann 1356,
Generations- und Wirtswechsel bei — ,
von Mayer 1401, Noguchipräparat von
— im Gehirn, von Schultze 1467, Be¬
obachtungen an lebenden — , von
Meirowsky 1870, 2042, Vorkommen von
— bei Dementia paralytica, von Geber,
Benedek und Tatar 2249, 2302, Vor¬
kommen der — bei früh- und spät-
sphylitischen Erkrankungen des Zen¬
tralnervensystems, von Versb 2447,
Reinzüchtung der — , von Noguchi
2483, die — im Gehirn der Paralytiker,
von Le vaditi, Marie und Bankowski 2539,
Methoden zum Nachweis von Spros¬
sungsvorgängen an — , von Meirowsky
2783, neue Methode zum Nachweis der
— pallida in den Geweben, von Gyenes
und Sternberg . *2805
Spirochaetenherde , Widerstandsfähigkeit
lokaler, gegenüber kombinierter Lues¬
behandlung, von Fischl ...... 2138
Spirochaetenpräparato, von Reye . . 2485
Spirochaetosen, Salvarsan- und Neosalvar-
sanbehandlung der lokalen, von Gerber
634, Chemotherapie der — , von Giemsa 1074
Spitalnot, die Wiener 1171, Zahlstock
und — 1183
Spital wesen, Wendepunkt im, des Mittel¬
alters im Abendlande, von Sudhoff . 2482
Spitzgeschoss, Wirkung des, von Lotsch
773, von Colmers . 1057
Splenektomie bei perniziöser Anämie, von
Eppinger 2819, von Ranzi . . ... 2819
Splenomegalie und Ikterus, von v. Deca-
stello 1357, haemolytische — , von
Pollitzer 1357, primäre — , von Downes
1852, familiäre — , von Götzky 1909,
Indikationen und Resultate der Milz¬
exstirpation bei — , von Eppinger und
Ranzi 2366, — mit Leberzirrhose, von
Tansini und Morone 2538, — haemo-
lytica cum ictero acholurico intercur¬
rente, von Quadri . . 2751
Spohr, Anklage gegen den Impfgegner Dr.
902, Verurteilung des Dr. ■ — 1471, das
Urteil der Frankfurter Strafkammer im
Prozess — , von Fischer 1551, zum Pro¬
zess — , von Spohr 1919, von Fischer 1919
Spondylarthritis, akute, gonorrhoica, von
Sander . . . ... 1830
Spondylitis, Behandlung der, in Leysin,
von Straube 203, — infectiosa, von
Reye 783, Knochentransplantation bei
tuberkulöser — , von Albee 1339, —
traumatica, von Krüger 1517, durch
Sonnenbestrahlung geheilte — cervi-
calis, von Kienast u. Frankfurter 2250,
syphilitische — und verwandte Zu¬
stände, von Sachs 2252, — traumatica,
von Silberberg und Förster 2428, Be¬
handlung der tuberkulösen — , von
Garrö . ....... 2585
Spondylolisthesis im Röntgenbilde, von
Wiemers . 2587
Spontanfrakturen, multiple, von Kolaczek
1747, — bei Tabes dorsalis, von
Schnürpel 2698, — unklarer spinaler
Genese, von Troemner . 2754
Spontangangrän, Therapie der, an den
Extremitäten, von Koga . . . , 936
Sporotrichum Schenckii, von Taylor . . . 1851
Sporozoenpräparate u. -kulturen bei einem
Melanosarkom, von Paulsen . 155
Sport und Reizmittel, von Hueppe 714, 715,
— und Herzerweiterung, von Henschen 1169
Sportbuch der Deutschen Jugend, von
Simon . 2064
Sportsleute, Untersuchungen an, vonKülbs
und Brustmann . 1674
Sprache, Verlust der, von Meyer .... 2864
Sprachheilkunde, Lehrbuch der, von
Fröschels . 1613
Sprachstörungen, synoptische Gliederung
der, von Gutzmann . 1506
Sprechstunden, doppelte . .1414
Seite
Spreizfedern bei der Behandlung eitriger
Prozesse, von Tiegel . 1728
Spritze, neue, zur Injektion von Neosal-
varsanlösung, von Duhot 1088, neue —
für sterile Injektionen, von Wolff . . 2748
Spritzer, diagnostische Bewertung der, ge¬
nannten diarrhoischen Entleerungen,
von Graul . 2640
Sprue, von Cantlie 2023, von Justi . . - 2754
Spuckhygiene, von Moszeik . 1562
Spucknäpfe, Aufstellung von, in Kasernen 2753
Sputum s. a. Auswurf.
Sputum, putrides, von Sasaki u. Otsuka
263, die Albuminoreaktion im — , von
Aparicio 318, Phosphor-, Kalk- und
Magnesiagehalt im — , von Prorog 542,
Eiweissreaktion des — , von Pesskow
665, Splitter im — von Phthisikern,
von Forbät 938, Wechsel der Tuberkel¬
bazillenformen im — , von Kirchenstein
995, diagnostische Bedeutung der Ei¬
weissreaktion des — , von Korelkin 996,
Eiweissreaktion im — Tuberkulöser,
von Floru 1051, Tuberkelbazillenfär¬
bung im — , von Mas y Magro 319,
324, Eiweissgehalt des — und dessen
diagnostische Bedeutung, von Becko-
vits u. Rudas 2194, Nachweis von ge¬
rinnbarem Eiweiss im — , von Kauff-
mann 2245, die Eiweissreaktion im — ,
von Hempel-Jörgensen 2358, Eiweiss¬
gehalt im — Tuberkulöser, von Gelder-
blom 2357, diagnostische Bedeutung
des Nachweises von Eiweiss im —
Lungenkranker, von Schneider 2584,
Albumenreaktion im — , von Ridge u.
Treadgold 2696, diagnostische Bedeu¬
tung des Eiweisses im — , von Isabo-
linsky und Schwerin-Storoshewa . . . 2810
Sputumuntersuchungen, Nutzen des Anti¬
formin bei, von Macalister . 604
Staatsärzte, Verordnung über die Anstel¬
lung der, in Baden ...... 1974, 2032
Staatsdienst, Prüfung für den ärztlichen,
in Bayern . 1751, 1864
Staatshaushaltplan, bayerischer ... . 2262
Staatshygiene, von Burus . 1960
Stäbchen, säurefeste, im Blute, von Lang 1396
Stäupehen, die sogen., von Klotz .... 2804
Stadtmedizinalrat, Berliner . 567, 623
Stadtphysikat, Bericht des Wiener . . . 2687
Standesorganisation, zur bayerischen, von
Ortenau 478, zum Ausbau der bayeri¬
schen ärztlichen — , von Bergeat 1834,
von Ortenau . 2058
Staphylococcus pyogenes, von Nakano . 2915
Staphylokokkenantiphagine, Spezifität der,
von Arinkin . 2809
Staphylokokkensepsis, von Gerhardt . . 956
Staphylokokkenvakzin, Modifikation des,
von Wolfsohn . 207
Staphylome, ektopische hintere, von
v. Szilly . 1513
Starkstrom s u. Elektrischer Starkstrom.
Starkstromverbrennung und Tetanus, von
Enderlen . 216
Staroperation, Technik der, von Best . . 895
Starrkrampf, von Herterich . 782
Stase, intraabdominale Anwendung von
Oel bei postoperativer, von Burrows 1963
Statik des Körpers in der Medizin, von
Landwehr . 2087
Statischer Apparat von Gesunden und
Kranken, von Beck . 2242
Status hypoplasticus, von Vogt .... 1620
Status thymolymphaticus und Salvarsan,
von Rindfleisch 387, 715, Thymustod
und — , von Müller 829, — bei Er¬
wachsenen, von Emerson . 2077
Staubinhalation und Lungentuberkulose,
von Cesa-Bianchi . 311
Stauung, rhythmische, von Thies .... 892
Stauungsblutungen bei Kompression des
Körpers, von Holland . 1111
Stauungsmilz, hypersplenische Hämoph-
thisen und, von Pribram . 2302
Stauungsniere, zur Funktion der, von
Nonnenbruch . . 1276
Seite
Stauungspapille, doppelseitige, von Ale¬
xander . 2315
Steffan Dr. Philipp f . 112
Stein, s. u. Blasenstein, Gallenstein, Niere,
Nierenstein, Steinniere, Ureterstein, Li-
tliotripsie, Konkremente.
Stein in der Blase, von Henkel .... 613
Steinbildner, Löslichkeit der wuchtigsten,
im Harn, von Lichtwitz ...... 1898
106
1394
1529
1019
1616
314
667
1616
2819
2600
Steinhauerlunge, von Gerhardt
Steinindustrie, gesundheitliche Verhält¬
nisse in der, von Holtzmann
Steinkohlenteerpech , photodynamische
Wirkungen von Inhaltsstoff'en des
— am Menschen, von Lewin
Steinkrankheit, Häufigkeit der, in Aegyp¬
ten, von Madden . 2695
Steinniere, von Sick . 2089
Steinschnitt, Blasennaht beim hohen, von
v. Werthern 134, — in Indien, von Koch 2141
Steinverschluss, Indikationsstellung beim
akuten, des Ductus choledochus, von
Heidenhain .
Steisshaken, Extraktion mit Küstners, von
Strempel . ......
Steisslage, Ursache und Therapie der, von
von der Hoeven .
Steissteratom, Fötus mit, von Aulhorn
Steisstumor, von Heyn .
Stenokardische Anfälle, von Kothny .
Sterbekassenverein der Aerzte Bayerns
Sterblichkeit grössere, des männlichen
Geschlechtes, von Pinnard und Magnan
Stereoskopenbilder, 26, zur Prüfung auf
binokulares Sehen und für Schielende,
von Hausmann
Sterilisation mit Formoldämpfen, von
Gross und Barthdlemy 1048, 2920, Me¬
thode zur — einiger nicht wässeriger
Stoffe, von Schroeder . 2015
Sterilisation, die strafrechtlichen Grund¬
lagen der, von Rosenfeld 1281, — und
Kastration als Hilfsmittel im Kampfe
gegen das Verbrechen, von Gerngross 2188
Sterilisierung aus rassehygienischen Grün¬
den, von Hegar 243, neue Operation
zur — des Weibes, von Blumberg 498,
Technik der tubaren — , von Holzapfel 2297
Sterilität, von Kluge 329, Dilatation der
Fallopischeu Tuben wegen — , von
Lewin . . 2644
Sternumfrakturen, von v. Brunn .... 1746
Steuererklärung von Aerzten . 2289
958
1501
335
Steuerhinterziehung
Stichverletzuug des Perikards und der
Pleura, von Fowelin 658, operative oder
konservative Behandlung von — der
Lunge, von v. Kutscha 1110, Herznaht
bei — des Herzens, von NaBt-Kolb
Stickstoffansatz mit Ammoniaksalzen oder
Harnstoff, von Grafe . ”24
2354
881
von
2191
2512
2096
Stickstoffembolie, von Zick
Stickstoffretentionen bei Fütterung
Ammoniaksalzen, von Grafe . . .
Stickstoffsteigerung, prämortale, von
Schmelz . • .
Stiftungen 223, italienische — 101, Adel¬
heid Bleichröder- — 335, Möbius- —
391, Dettweiler - — 567, Hufelandsche
— 623, Dr. Fritz Oberreitsche Jugend¬
fürsorge- — 791, R. Mossesche — 1072,
Adolf Witzei - 1126, Dr. Friedrich
Müller — 1359, neue — Carnegies 1416,
— W. A. Freund . 1472,
Stiftungswesen in Bayern . 2030
Still-Chauffardscher Symptomenkomplex,
von Politzer . 1469
Stillen s. u. Zoogstations, Muttertuber
kulose.
Stillprämien und ihre Erfolge, von Risel
und Schmitz . 93
Stillsche Krankheit, von Koeppe 315, von
v. Starck . 438
Stilltechnik, zur, von Thiemich . 259
Stimmärztliches Gebiet, neuere Publi¬
kationen auf . 208
Stimmband, Paraffininjektionen in das
gelähmte, von Kretschmann . 1232
INHALTS-VERZEICHNIS.
XCVII
1913.
Seite
Stimme, Galens Lehre von der, von
Kassel . 208
Stimmbildung und Stimmpflege, von Gutz-
mann . . . 366
Stimmorgan, Mechanik des menschlichen,
von Musehold . 2414
Stimmstörungen, Physiotherapie der funk¬
tioneilen, von Flatau .... . . 951
Stirnhirn, Endotheliom des, von Hueter . 895
Stirnhöhle, intranasale Eröffnung der, von
Rtithi 1572, ungewöhnlich grosse — ,
von Holinger . 1804
Stirnhöhleneiterungen, abszedierende, von
v. Lang 1278, — und Kieferhöhleneite¬
rungen, von Holinger 1411, Therapie
der chronischen — , von Pick . . . 2138
Stoffelsche Operation s. a. Ischias, Läh¬
mungen.
Stoffelsche Operation bei spastischen Läh¬
mungen, von Hohmann 1368, von Bund¬
schuh . . 2354
Stotfverbrauch, der grössere, des Kindes,
von Kassowitz . 713
Stoffwechsel, Stellung des Eiweisses im,
des fiebernden Menschen, von Grafe
569, — besonders der Mineralien im
Säuglingsalter, von Müller und Schloss
1618, von Takeno 1618, der — eines
atrophischen Säuglings, von Frank und
Wolff 1901, Einfluss von Fettzulagen
auf den — verdauungsgesunder Kin¬
der, von Gift'horn . 2746
Stotfwechselstörungen, intermediäre, von
Umber . 2543
Stoffwechseluntersuchungen bei Fiebern¬
den, von Schwartz . ... 1222
Stoff Wechsel versuche, bei, gebrauchte Nah¬
rungsmittel, von Weitzel 263, — mit
Bananenmehl, von Kakizawa . . . 1846
Stomatitis, Nekrose des Zahnfortsatzes des
Unterkiefers bei, ulcerosa, von Hanusa 2743
Stottern s. a. Stuttering.
Stottern und Fazialisphänomen, vonFremel 2537
Stovainanästhesie, von Jonnesu 2920, Pa¬
thogenese der Abduzenslähmung bei
— des Rückenmarks, von Tenani . . 487
Strafgefangene, Lebensschicksale geistes¬
kranker . 1725
Strafgesetzbuch, Regierungsentwurf 1912
eines österreichischen, von Haberda
1281, Sittlichkeitsdelikte im Entwurf
zum neuen deutschen — . 2262
y - Strahlen in der Chirurgie, von Gould . 2023
Strahlenreaktionen, das wirksame Prinzip
biochemischer, von Schwarz . 545
Strahlentherapie, die, in der Gynäkologie,
von Krönig und Gauss 428, moderne
— in der Lungentuberkulose, von De
la Camp 2197, — der Geschwülste, von
Keetmann 2248, — der experimentellen
menschlichen Tuberkulose, von De la
Camp . 2363
Strahlung, Einfluss der ultravioletten, auf
die Augenlinse, von Chalupecky . . . 2196
Strangerkrankungen, kombinierte, von
Völsch . 1464
Strassendurchbruch in Mülhausen . . . 720
Streptocccus, Streptokokken, Artverschie¬
denheit des, erysipelatos und des —
equi, von Koch und Pokschischewsky
1164, Passage von — durch das Blut¬
serum fiebernder Wöchnerinnen, von
Hüssy . . 2136
Streptokokkenabort, konservative Behand¬
lung des, von Traugott . 1456
Streptokokkensepsis, eigenartige, von Gans 2475
Streptokokkenvakzin, Massenschutzimp¬
fungen mit — während einer Schar¬
lachepidemie, von Schichowskaja f . 1623
Streptomykosis oralis f ebrilis,von Ben necke 61 1
Streptothrixinfektionen, Serie von 78, von
Foulerton . 1953
Stridor congenitus, von v. Starck .... 2025
Strophanthidin, von Gröber . 1565
Strophanthin, pharmakodynamischer
Grundwert des — , von Gros .... 993
Strophanthintherapie, Ausbau der intra¬
venösen, von Thorspecken . 1336
Seite
Strophanthin Wirkung, Abhängigkeit [der,
von der Intensität der Herztätigkeit, von
Weizsäcker . 1505
Strukturen, künstlich erzeugte, von Lecha-
Marzo . 2478
Struma s. a. Kropf.
Struma, experimentelle Erzeugung der,
von Sasaki 91 , — suprarenalis hae-
morrhagica, von Küttner 202, Radio¬
therapie der — , von Crouzon und Folley
334, eisenharte — , von Breuer 900,
Metastase der — , von Stieda 1739,
— endothoracica, von Wendel 1802,
Bau der kongenitalen — , von Krasno-
gorski 2419, metastasierende, anschei¬
nend gutartige — , von Ingier 2690,
Symptomatologie der intrathorazischen
— , von v. Sarbo 2749, kongenitale —
und Thymusvergrösserung, von Moisel 2763
Strumametastase im Humerus, von Israel 1737
Strumapressaft, Einfluss von, auf den Blut¬
druck und das Herz, von Grube . . . 1621
| Strumarezidiv, von Ehrlich . 2252
Strumitissubsternalis, vonKrall382, — und
Thyreoiditis, von Hagen 561, — post-
typhosa apostimatosa tarda, von Gali 1566
I Strychninwirkung, zentral lähmende, von
Heubner und Loewe . 660
Studienreise s. u. Amerika.
Studienreise, ärztliche 447, 623, internatio¬
nale — nach Spanien 623, röntgeno¬
logische — 903, von Grashey 2200,
2377, medizinisch - chirurgische — in
Frankreich, von Le Vän Chinh . . 2538
Studies from the Rockefeiler Institute for
Medical Research . 1303
Stühle, Desinfektion infektiöser, von Kaiser
482, Staphylokokkus in den — , von
Schiller . 1949
Stuhlbild, Verhältnis zwischen, und Darm¬
motilität, von Jonas . 545
Stümpfe, Bildung tragfähiger, von Levy . 1044
Stumpf, Rücktritt des Zentralimpfarztes
Med.-R. Dr . 503
Stuttering and Lipsing, von Scripture . . 2471
Styptika, Wirkung der, von Hynek . . 2138
Styptol, Erfahrungen mit, von Pick . . 2852
Subarachnoidealblutung, spontane, von
Forsheim . 2356
Subduralblutung, Diagnostik u. Operation
der traumatischen, von Henschen . . 39
Sublimat, Desinfektionskraft des, von
Steiger u. Döll 95, des — in der Chi¬
rurgie, von Marquis . 2538
Sublimatinjektion, intravenöse, v. Burkhard 1683
Sublimatvergiftung nach Ausspülungen,
von Fischer 609, — des Kaninchens,
von Weiler . 1505
Subluxation, habituelle, der 1. Unterkiefer¬
hälfte, von Sievers . 614
Supraorbitalneuralgie, von Gerhardt . . 956
Symblepharon totale durch Pemphigus,
von Meyer ... 324
Symmetromanie, von Sternberg . . 1844
Sympathikus, die Nebenorgane des, von
Jachontow . . . . 2421
Symphysenschnitt, subkutaner, von Frank 2020
Symphysiotomie, subkutane, nach Frank,
von Kehrer . . . 2803
Symphysis, Ruptur der, ossium pubis
unter der Geburt, von Minüchin . . 265
Symptom, das Mahlersche, und das Mi-
chaelissche, von Rasch . 2918
Syndaktylie, Behandlung der, von Lerda 2135
Synostose, kongenitale radio-ulnare, von
Baisch 427, Fetttransplantation bei — ,
von Lexer . 2203
Synovialmembran, Regeneration der, und
der Gelenkkapsel, von Segale . . . 2586
Synovitis, pathologische Anatomie der ten-
dinösen, von Forgue u. Etienne . . . 1791
Synzytiallakunen, Entstehung der, junger
menschlicher Eier, von Hinselmann . 1456
Synzytiopräzipitin, das, von Kiutsi . . 314
Synzytium, das mesenchymale, von Ranke 1500
Syphilis s. a. Antikörper, Antiluetin,
Aortenerkrankung, Aortenklappen, Aor¬
tensyphilis , Aortitis , Arsenverbin-
dungen, Basalmeningitis, Bauchorgane,
Blut, Bronchialerkrankungen, Bulbär-
paralyse, Chorea, Dementia, Dünn¬
darmsyphilis, Ekzem, Embarin, Exan¬
them, Frühsyphilis, Geistesschwäche,
Hautreaktion, Hektin, Hepatitis, Herz¬
muskel, Hirnhäute, Initialsklerose,
Kaninchensyphilis, Keratitis, Kind,
Knochensyphilis, Kutanreaktion, Kuti-
reaktion, Lebersyphilis, Lebergummen,
Lues, Luftwege, Luische Spätform,
Lungensyphilis, Meningomyelitis, Me¬
talues, Milch, Mittelohrentzündung,
Nervensystem, Niere, Nierenbecken¬
eiterung, Nierenentzündung, Nieren¬
erkrankung, Nierensyphilis, Ny stagmus,
Parasyphilis, Phlebitis, Polyarthritis,
Pseudopolyserosit s, Reinfectio, Säug¬
lingsyphilis, Sanduhrmagen, Schild¬
drüse, Serum, Spätsyphilis, Spinalpara¬
lyse, Spirochaeten, Spondylitis, Tabes,
Taubheit, Ulcus callosum, Zentral¬
nervensystem, Zerebrospinalflüssigkeit.
Syphilis, Behandlung der, mit Kontra¬
luesin, von Klausner 62, Dauer der
Kontagiosität der — und Ehekonsens,
von Hoffmann 96, Kutanreaktion der
— , von Fischer und Klausner 149, Be¬
deutung der Blutuntersuchung der Pro¬
stituierten für die Prophylaxe der — ,
von Müller 299, quantitative Ausflok-
kungsreaktionen bei — , von Ellermann
317, zur Salvarsanbehandlung der — ,
von Fordyce 485, Ausflockungsreakti¬
onen bei — , von Thomsen und Boas 549,
von Ellermann 550, zur persönlichen
Prophylaxe der — , von Bruck 650, zur
prähistorischen bzw. präkolumbischen
— von Sudhoff 672, die jetzigen Heil¬
mittel der — , von Touton 772, die
Wassermannsche Reaktion als Indi¬
kator bei der Therapie der — , von
Hecht 1069, Behandlung der — mit
Salvarsan in Verbindung mit Queck¬
silber, von Boas 1111, Salvarsantherapie
der — in der Praxis, von Görl 1235,
— hereditaria tarda, von Swoboda 1236,
Abortivbehandlung der — , von Abulow
1285, Neosalvarsan bei — , von Jwanow
1287, experimentelle — des Nerven¬
systems, von Weygandt und Jakob 1405,
— und Pest in München am Ende des
15. und Anfang des 16. Jahrhunderts,
von Sudhoff 1439, Karvonensche Re¬
aktion bei — , von v. Veress und Szabö
1449, die — als Staatsgefahr und die
Frage der Staatskontrolle, von Finger
1452, von Gaucher und Gougerot
2201, — in Deutsch-Südwestafrika, von
Scherer 1488, — und Fieber, von Glaser
1507, Intrakutanreaktion bei — , von
Baermann und Heinemann 1537, — und
Neurasthenie, von Krebs 1620, Jodo-
starin bei der Behandlung der — , von
Bäumer 1620, Veränderungen in der
Schilddrüse bei hereditärer — , von
Busch 1621, Behandlung der — mit
Tryparosan, von Waledinsky 1622, Hei¬
lung der — durch die kombinierte
Salvarsanquecksilberbehandlung , von
Scholz und Riebes 1789, experimentelle
Pathologie und Therapie der — , von
Uhlenhuth und Mulzer 1846, die Kutan¬
reaktion bei — , von Wolfsohn 1851,
Hektin in der Behandlung der — , von
Vilanova 1904, Bedeutung akut ent¬
zündlicher Prozesse in den Organen
bei kongenitaler — von Haerle 1951,
die Raynaudsche Krankheit als Sym¬
ptom der hereditären — , von Bosänyi
1951, Fortschritte in der Behandlung
der — , von Bering 1951, akute Poly¬
arthritis bei — , von Huzarl952, Eczema
oris als Manifestation der kongenitalen
— , von Findlay und Watson 1955, kom¬
binierte Lokal- und Allgemeinbehand¬
lung der — des Zentralnervensystems,
von Swift und Eins 1977, Mortalität an
8eite
7
XCVlll
INHALTS-VERZEICHNIS.
1013.
Seite
Seite
— in Paris 1910, von Leredde 2028,
Behandlung der — mit Embarin, von
Gappisch 2029, — des Nervensystems,
von Weygandt u. Jakob 2037,Studies on
— von Craig und Nichols 2095, Abortiv-
beliandlung der — , von Frühwald 2195,
Kutanreaktion vonNoguchi bei — , von
Faainoli u.Fisicholla 2248. Begutachtung
bei Paralyse und — des Zentralnerven¬
systems, von Weygandt 2309, interne
okkulte — , von Weiss 2865, Biologie
der humanen — , von Qennerich 2391,
Salvarsantherapie der — , von Berger
2394, Aurum-Kalium cyanatum bei — ,
von Grünberg 2423, Anwachsen der
spezifischen Antikörper im Serum im
Primärstadium der — , von Lichatschow
2424, Paralyse und — , von Nonne u.
Noguchi 2480, Dementia paralytica u.
Von Noguchi 2483, Fortschritte in
der Erkennung und Behandlung der
— , von Hoffmann 2494, Diagnose und
Therapie der — in der Hand des prakt.
Arztes, von Wagner 2536, Bedeutung
der biologischen Reaktionen für die
Diagnose und Therapie der — , von
Citron 2541, die Luetin-Hautroaktion
bei — , von Kaliski 2591, Abortivbe¬
handlung der — , von Lier 2641, zur
Abortivbehandlung der — , von Kerl
2642, zur Frühbehandlung der — , von
Sachs 2642, zur Kasuistik der — , von
Spitzer 2642, Bedeutung der Infektions¬
quelle für den weiteren Verlauf der
—, von Pick 2642, Behandlung der kon¬
genitalen — mit Salvarsan, von Simp¬
son u. Thatcher 2644, innerliche Dar¬
reichung von Quecksilber bei — , von
Horn 2646, Etudes sur le särodiagnostic
et le traitement de la — , von Leredde
2686, Häufigkeit der hereditären — bei
kongenitaler Geistesschwäche, von Gor-
don 2696, die Serodiagnose der — und
ihre Bedeutung für Diagnose, Therapie
und Prognose, von Müller 2742, 2 Fälle
von schwerer — , von Rübl 2751, ist
konstitutionelle — vom Ohr aus zu
diagnostizieren ? von Beck 2778, — und
Ehe, von Terebinsky 2897, Wirkung des
Embarin bei — , von Karelin 2810,
Liquorstudien bei — , von Gamper u.
Skutezky .
Sypbilisbehandlung,supramaximaleQueck-
silbereinspritzungen zur Einleitung der,
von Ehlers . .
Syphilisepidemie, des Märchens Ende von
der grossen, in Europa nach der Ent¬
deckung der Antillen, von Sudhotf
Syphiliserreger, Entwicklungsgeschichte
des, von Mc Donagh 1
Syphilitiker, das klinische Erkennen von
sogen, latenten, von Graves 2747, In¬
fektiosität des Blutes von — , von
Frühwald . . . ...
Syringom, von Ploeger . ..••;••• -UJ-
Syringomyelie, von Wendel 18ü_, von
Hess 2702, Trauma und — , vonFauth
315, warzige Hyperplasien der Gross-
hirnoberfiüche bei — , von Bundschuh
660, Arthropathien bei — , von Fürn-
rohr 1843, — mit Arthropathie und
Pseudarthrose, von Krecke . -991
T.
Seite
2748
2918
2358
1329
1809
2760
186
2855
neue Rosssche
Entwicklung des — , von Schilling .
Syphilisfälle, Verlauf der mit Quecksilber
frühbehandelten, von Scherber . . .
Syphilisforschung, moderne, und Neuro¬
pathologie, von Steiner 2419, weitere
Ergebnisse der experimentellen — , von
TJhlenhuth und Mulzer ....... 2535
Syphiliskranke, Schicksal der, und ihrer
Familien, von Kaufmann-Wolf. . . .
Syphilisimmunität, Beziehungen zwiechen,
und Rekurrensimmunität, von Hidaka
Syphilisimmunitätsversuche mit Spiro-
chaetenreinkulturen,von Schereschews-
ky . . • • • •
Syphilisniere, von Munk . . 1625, 1089,
Syphilisparasiten, neueste Forschungen
über . .
Syphilisprodukte, Infektiosität der ter¬
tiären, von Terebinsky .
Syphilisprophylaxe mit Chininsalbo, von
Scheresche wsky .
Syphilisspirochaeten, Teilungsfermen der
reingezüchteten, von Nakano 1283, Rein¬
züchtung der — , von Sclierescbewsky
Syphilistherapie und Wassermannscho
Reaktion, von Gross und Volk 2642,
Merlusan in der — , von Buchtala und ^
Matzenauer . 2749
89
1020
2013
2065
34
2807
1566
1081
Tabakarbeiter, Einfluss der Erwerbs- und
Arbeitsverhältnisse der, auf ihre Ge¬
sundheit, von Thiele . . 1980
Tabakrauchen, Wirkung des, auf _das Ge-
fässsystem, von Schmiedl 1079, Ein¬
fluss des — auf den Organismus, von
Frankl-Hoch wart . • • • 1843
Tabes s. a Gelenkentzündungen, Gelenk¬
erkrankungen.
Tabes, Behandlung gastrointestinaler Kri¬
sen bei, dorsalis durch Resektion hin¬
terer Dorsalwurzeln, von Bungart 201,
Behandlung der Ataxie bei — , von
Frenkel, 217, — superior, von Willi-
amson 218, Ursachen des Sehnerven¬
schwundes bei — , von Stargardt 269,
infantile und juvenile — , von Barkau
062, — und Patellarfraktur, von Le
Dentu 076, die gastrischen Krisen bei
der — dorsalis, von Cade und Leriche
712, Spontanfraktur bei — dorsalis, von
Habs 728, Nachweis der Spirochaete
pallida im Zentralnervensystem bei — ,
von Noguchi 737, 790, 847, d Arson-
valisation bei — , von Buchholz 999,
zur Behandlung der — , von Hirsch
1036, Statistisches über — und allge¬
meine Paralyse, von Paulian 1050, Be¬
handlung der — , von Noethe 1175,
spontane Beckenfraktur bei — , von
Schnürpel 1226, antiluetische Therapie
der — , von Dreyfus 1511, Heilbehand¬
lung der — , von Dupuy 1525, — und
Salvarsan, von Leredde 1526, . atac-
tica, von Tschirjew 1564, juvenile —
mit Geistesstörungen, von Zerzycki
1732, die Hypersekretion während der
gastrischen Krisen bei — , von Dauwe
2255, Spontanfrakturen bei — dorsalis,
von Schnürpel 2698, nervöses Fieber
bei — dorsalis, von Siegrist 2726, Früh¬
diagnose der — und der — oligosympto-
rnat'ca, von Austregeliso . 2805
Tabeslehre, neue Wendungen und Um¬
wertung der, von Erb . . 1510
Tabische Erscheinungen, Heilung von,
von Dölken . 1221
Tabische Krisen, Dehnung des Plexus so¬
laris wegen, von Leriche . 1277
Taboparalyse, von Rittershaus ..... 213
Taches, le diagnostic des, en medecine
legale, von Dervieux und Leclercq . 1103
Tachykardie, paroxysmale, von Lommel
327, verschiedene Formen der regu¬
lären _J von Lewis 940, Pathogenese
der paroxysmalen — , von Hoffmann
1467, 15 Fälle paroxysmaler — , von
Grassmann 1597, Pathogenese u. The¬
rapie der paroxysmalen — , von Kauf¬
mann und Popper 2194, paroxystische
— , von Danielopolu ........ 2304
Tätowierung, Erysipel und, von Sehrwald
976, Entfernung von — , von Stern . 2731
Talmaoperation, von Strobel ...... 1684
Tamponade, Gefahren der, von IVeber .
Tamponbehandlung, Modifikation der, von
Kraus . .......
Tampondrainage, Indikationen und Resul¬
tate abdominaler, von Küster ....
Tannargentanstäbchen, Behandlung go¬
norrhoischer Prozesse mit, von Polland
Tannismut bei Enteritis, von Tobeitz . .
Tarifvertrag zwischen dem Reichspostamt
und dem Leipziger Verband 165, 167,
die ärztlichen — , von Koebner . . .
Tastsinn, Einiges über den, von Basler .
Taubheit infolge Liquoransammlung, von
Bärdny 219, Wiederherstellung des Ge¬
hörs nach kompletter — , von Bärdny
264, Behandlung der kongenitalen
syphilitischen — mit Salvarsan, von
Biggs 604, gekreuzte — mit Parese
und Anästhesie der anderen Seite, von
Benedikt 730, Behandlung der — mit
Ohrgymnastik, von Fernet . . .
Taubstumme, Erblichkeit und Bluts\er-
wandtschaft bei den, von de Wilde
Taubstummenuntersuchungen inSt.Gallen,
von Gallusser .
Teakholzbearbeitung, Dermatitis nach, von
John .
Tebean . .
Tebesapin, Zeunersches Tuberkulose¬
präparat, von Möllers und Wolff . . .
Technik, therapeutische, von Schwalbe^ .
Technische Neuheiten, von v. Tobold 773,
Telekardiograph, der, ein Ersatz des Ortho-
diagraphen, von Huismans . . 2400,
Telephon s. u. Fernsprechbeamtinnen.
Telephon, Betriebsunfälle am, von Ols-
hausen .
Telephongutachten, von Foerster ....
Telephon Unfälle, zur Begutachtung von,
von Foerster . •
Teleröntgen, Ersatz des Orthodiagraphen
durch den, von Huismans . . .
Teleröntgenographie s. u. Herzmessung.
Tellurnährböden, von Schürmann u. Hajos
Tellurplatte, Conradi-Trochsche, zum Diph¬
therienachweis, von Wagner 457, von
Klunker 1025, über — , von Regens¬
burger . . • 2026,
Tellurserum, Wrachstum des Diphtherie¬
bazillus auf, von Axionovy ....
Temperaturmessungen, vergleichende, von
Stäubli .
Temperatursteigerungen, rektale, von
Weinert .
Temperatur Veränderungen, Hervorrufung
von, von Thiele und Embleton
Tendo- und Neurolysis mit Fettplastik, von
Eden . . •
Tendovaginitis, gonorrhoische, von Itau-
schenberger . .... .
Tenosin 1840, von Jäger 1714, von Zimmer¬
mann 2675, Erfahrungen mit — , von
Krosz .... ■ .....••
Tensor tympani, willkürliche Kontrak¬
tionen des, von Mangold ...... 1027
Teratoblastome, strumöse, des Ovariums,
Frankl . 23 <1
2869
2140
1681
1896
1840
263
87
1902
2759
2697
2748
1566
1004
994
2315
1288
1017
1542
1216
946
1828
2587
von
1015
2588
206
1457
1045
241
827
Teratogenie, von Kehrer . ......
Teratoma embryonale der Schilddrüsen¬
gegend, von Ehlers
Termiten, Biochemie der, von Schübel .
Terpinomenth . . ^40
Tetanie, von Haenel 667, von Grüneberg
895, Ueberregbarkeit der Nerven bei — ,
von Mac Callum 543, Btrumiprive — ,
von Mainzer 561, — und tetanoide
Zustände im Kindesalter, von Fischl
939, — Neugeborener, von Kehrer 1618,
Bromkalzium bei — der Kinder, von
Grünfelder 1695, - bei Perforations¬
peritonitis, von Holtersdorf 1848, -
parathyreopriva, von v. Eiseisberg 2252,
— bei abdominellen Affektionen, von
Bircher 2533, geburtshilflich-gynäko¬
logische Bedeutung der — , von Kehrer 2803
Tetaniekatarakt, von Stöltzner ..... 1617
Tetanus, Heilung des, mit Magnesium¬
sulfat, von Kocher 431, Magnesium¬
behandlung des — , von Arnd 431,
prophylaktische Serumtherapie des — ,
von Kolb und Laubenheimer 456, Be¬
handlung des — nach Baccelli, von
Guliajew 995, Behandlung des — mit
Magnesiumsulfat, von v. Redwitz 1864,
geheilter Fall von — neonatorum, von
INHALTS-VERZEICHNIS.
XCIX
1913. _ _
Seite
Wo! ff 2 1 38, Wert der Serumtherapie
bei — , von Weber . 2232
Tetanusantitoxin, von Friedmann .... 2495
Tetanustoxin, Wirkung der Pyozyanaso
auf das, von Silvestrini . 1850
rheoform . .... 2472
Thörapeutique des Cliniques de la Faculte
de Paris, von Laignel-Lavastine . . . 2241
Therapie, Handbuch der gesamten, von
Penzoklt und Stintzing 879, ein Ge¬
spräch über — , von Krehl . 1844
Thermalbadekuren, funktionelle Kontrolle
bei, von Havas . 949
Thormalduschemassage, Einwirkung der,
auf die TJrinbestandteile.von Rothschuh 94(1
Thermokauter, erfolgreiche Behandlung
von haemophilen Blutungen mittels
des, von Meyer . 1649
Thermopenetration , wissenschaftliche
Grundlagen der, von v. Zeynek . . . 950
Thermopräzipitinreaktion bei Tuberkulose,
von Faginoli 1480, Ergebnisse und
Ausblicke der — , von Ascoli .... 2534
Thigenol in der gynäkologischen Thera¬
pie, von Hirschberg . 773
Thiriar Prof. Dr. f . . • . 1528
Thorakoplastik, extrapleurale, von Brauer 437
Thorakotomie und Hydrothorax , von
Schepelmann . 2806
Thorax, negativer Druck im, von v. Wyss
1216, seltene Missbildung des — , von
Kreiss 1435, Entwicklung des — , von
Zeltner . 1901
Thoraxbewegung, Einfluss der Mund- und
Nasenatmung auf die, von Hofbauer 2131
Thoraxdruck, die zirkulatorische Funk¬
tion des, von Hofbauer . . . 2804
Thoraxkompression m. Stauungsblutungen,
von Zimmermann . 2009
Thorax wundresektion, von v. Eiseisberg 1236
Thorium X, 1838, chemische Einwirkung
des — , auf organische Substanzen, be¬
sonders auf Harnsäure, von Falta u.
Zehner 40, ambulatorische Trinkkurbe¬
handlung mit — bei perniziöser Anae-
mie, von Prado-Tagle 40, Heilung eines
Falles von Hautsarkomatose durch — ,
von Herxheimer 185, — in der Biologie
und Pathologie, von Plesch, Karczag
u. Keetmann 257, Wirkung des — auf
die Zirkulation, von Maass u. Plesch
257, Wirkung des — auf den tierisch.
Organismus, von Pappenheim u. Plesch
257, chemische Einwirkung des — auf
organische Substanzen, von Plesch 263,
von Falta u. Zehner 545, Einfluss von
— auf keimende Pflanzen, von Kahn
454, physiologische und therapeutische
Wirkungen des Radium und — , von
Fürstenberg 480, Vergleich der Wirkung
von — und Röntgenstrahlen , von
Krause 773, zur biologischen Wirkung
von — , von Saile 894, von Salle und
Domarus 2851, — in der Biologie und
Pathologie, von Loewy 992, Behand¬
lung der Psoriasis mit — , von Gud-
zent und Winkler 1166, mit — behan¬
delte Fälle von Leukämie, von Grund
1175, Organotropie von — und Thor. B,
von Metzener 1674, biologische Wirkung
des — , von Hirschfeld u. Meidnerl674,
— bei inneren Krankheiten, von Me-
seth 2 1 05, Kreisl aufwirkung des — ,- von
Tsiwidis 2191, Therapie der Leukämie
mit — , von Rosenow 2214, — bei
der experimentellen Anämie, von Czer-
norutzky . 2425
horium-X-Injektionen, Blutdruck nach,
von SudhofE und Wild . 2851
horium-X-Intoxikation, Adrenalingehalt
der Nebennieren bei, von Salle und
Apolant . 2851
horium X-Therapie bei Anämie, Leukämie
u. rheumatischen Erkrankungen, von
Bickel . 483
horium X-Wirkung auf das Blutzellen¬
leben, von Arneth . 994
horiumbebandlung, Beobachtungen über,
von Loben hoffer . 1683
Seite
Thoriumchloridbehandlung, therapeutische
Versuche mit lokaler, bei Karzinom¬
mäusen und Sarkomratten, von Caan 1078
Thoriumstrahlen, Behandlung perniziöser
Anämie mit, von Park . 1223
Thorn Prof. Dr. W. f 1016, von Wein¬
brenner . (383
Thromboarteriitis, von Reinacli . 2704
Thrombophlebitis, eitrige, von Reinach . 2704
Thrombosen der Art. carotis, von Rössle
158, totale — der unteren Bauchaorta,
von Rössle 158, Zuckerinfussionen als
Prophylaktikum gegen — von Kuhn
1277, — und Embolien nach gynäko¬
logischen Operationen, von v. Wenczel
1278, Aufbau und Entstehung der toxi¬
schen — , von Kusama 1280, die trau¬
matische — an der oberen Extremität,
von Baum 1296, hyaline — der Nieren-
gefässe, von Herzog 1341, traumatische
— der V. cava in Bezug auf Lebens¬
versicherung von Weber 1434, — der
Sinus cavernosus bei einem Säugling,
von Bertlich 1435, — infolge Arterien¬
wandläsion, von Williamson 1916, zur
Frage der — , von Hauser 2418, dürfen
wir die Möglichkeit einer fortschreiten¬
den — und die Thromboembolie noch
als unvermeidbar ansehen? von Witzei
2632, ante-mortem- — im r. Herzen
als Todesursache bei der Lobärpneu¬
monie, von Fleming . 2697
Thüringer Wald, der, und seine Heil¬
faktoren . 1673
Thumkaffee s. u. Kaffeegetränk.
Thymektomie bei m. Basedowii , von
Schumacher und Roth 201, von v. Ha-
berer . 1008
Thymin bei der Behandlung des m.
Basedowii und als Schlafmittel, von
Hirsch . 2535
Thymus s. a. Basedowii morbus.
Thymus, Trachealverdrängung bei, hyper-
plasticus, von Schubert 145, dermoidale
Zyste des — , von Felber 388, Schild¬
drüse, — und ihre Nebendrüsen, von
Maurer 724, Beziehung des — zur Schild¬
drüse, — von Basch 769, Beziehungen
von — und Ovarien zum Blutbild, von
Heimann 1291, Nachweis eines persi¬
stierenden oder hyperplastischen —
mittels der Abderhaldenscher Fermen t-
reaction, von Kolb . 1642
Thymusdrüse, Pathologie der, von Klose
781, Röntgenstrahlen bei Hyperplasie
der — , von Crotti 1224, über die — ,
von Basch 1789, Physiologie und Patho¬
logie der — , von Meinhold 2012, die
Natur der — , von Fulci . 2137
Thymusexstirpation und ihre Erfolge, von
v. Haberer . 2252
Thymusextraktwirkung, Analyse der, von
Fischl . 2372
Thymushypertrophie , Symptomatolog:e
und Therapie der, von Boissonas . . . 1617
Thymusresektion bei Thymushyperplasie,
von Paysen . 1574
Thymusstenose, von Grenacher . 265
Thymustod und Status thymolymphaticus,
von Müller 829, — bei kleinen Kindern,
von Perez-Montant . • . 2247
Thymuszysten, von Hueter . 660
Thyreoidea und Schwangerschaft, von
Moosbacher 1291, von Guggisberg . . 1455
Thyreoiditis chron. maligna, von Meyer . 429
Tkyreose und Tuberkulose, von Saathoff
230, Kombination von mit Nephrosen,
von Jamin . 1843
Tibiadefekte, Heilung grösserer, von
Brandes . 731, 1627
Tichutkin N. P. f . 792
Tiefenbestrahlung, neue, von Krause 833,
gynäkologische — , von Albers Schön¬
berg 950, von Gauss 950, Tech nik der — ,
von Fränkel 950, von Schnee 1217, Ver¬
halten der blutbildenden Organe bei
der modernen — , von Heinecke 2657, 2703
Tierkrebs, intravenöse Injektionen bei, von
Loeb und Fleischer . 1851
Seite
Tier- und Pflanzenkunde, vergleichende,
von Wagner . . . 990
Tierpsychologie, die moderne, und die
Elberfelder Pferde, von Haenel . . . 212
Tod, Bestimmung der Zeit des, nach dem
Knochenbefund, von Tinelli . 1169
Todesfälle : Aguilar 1752, Alcock 1528,
Ascherson 680, Baelz 2031, Bardenlieuor
1864, 2121, ßasch 1127, Belisari 280,
Bennecke 1016, v. Bestelmeyer 1640,
1776, Billings 736, 1096, Binz 168,
Bochenek 1303, de Boeck 2767, Bourget
1696, 2180, Brackett 54, v. BramannlOlO,
1438, Bristow 903, v. Brüning 392, Bürk-
ner 2031, Calleja y Sanchez 1016, Coyne
2640, Crandall 112, Cugini 2767, da
Cunha Feijo 792, Dick 1303, Dirnor 54,
Duffin 504, Duhring 1303, Dünn 792,
Egger 736, 846, Egidi 1696, Fede 504,
Forchheimer 1416, Fossel 2031, 2407,
Frank 448, Gardner 1752, Gemwell 903,
Gibson 224, Goldmann 1864, 2735, Gotch
1696, Greve 54, Hällst4n 1472, Hartley
1584, Head 1752, Heller 280, Hervieux
448, Hjelt 1864, Hiss 792, Houy 1696,
Huber 736, 1042, Hutchinson 1528, 1605,
Jaccoud 1016, Jayne 1864, Juffinger
2823, Kassowitz 1472, Klebs 2496,
Knight 1184, v. Koränyi 1184, Ivrychka
112, Kutner 2317, 2320, Kyger 1360,
Lachapelle 1640, Lautschner 224, Le¬
rnen 792, Lloyd 903, Lobello 1696,
Lucas-Championiere 2440 , Mc Clellan
1016, McHardy 504, Marro 1303, Martin
1640, Mehlhausen 1416, Mitlacher 224,
Moret 903, Morrow 792, Motais 1528,
Müller F. C. 2096, Naecke 2031, Niedner
1360, Noesske 168, Otto 736, Pagen¬
stecher 2152, Panella 280, Parenski
1472, Parker 736, Patoir 504, Perrin
903, Pertik 623, Petersson 112, Pineiro
1584-, Podwyssotzki 392, 607, Poncet
2208, Ponfick 2552, 2843, Powers 1360,
Preiser 1864, Reczey 2552, Redfern 102,
Reiner 736, Rieder-Pascha 1919, Sa-
muely 1584, Scheel 1472, Schiff 568,
Schoetensack 168, Schröter 448,
Schuchardt 2552, Seemann 623, 1831,
Sisson 1864, Steffan 112, Thiriar 1528,
Thorn 1016, 1383, Tichutkin 792, Traut¬
mann 2552, 2793, Tuttle 448, Upson
1303, Vergely 1416, Virchows Witwe 504,
v. Vogl 1416, 1550, Wallace 2552, 2593,
Weyl 1303, Whitehead 1976, Wising 112
Todesursachen, plötzliche klinisch rätsel¬
hafte, während oder kurz nach der Ge¬
burt, von Saenger . 1321
Todesursachenstatistik der Berliner Lebens¬
versicherungsgesellschafton, von Eisen¬
stadt . 2699
Tötungsversuche an Kindern, von Meixner 2310
Tollwut s. u. Lyssa, Rabies.
Tollwut, zur Aetiologie der, von Proescher
827, — in Preussen im Jahre 1912 . 1918
Tollwutschutzimpfungen, Statistik der, am
Institut Pasteur von Samara 1886 bis
1910, von Acker . 622, 844
Tonometer, modifiziertes Schiötzsches, von
Rüben . 1514
Tonschlamm, Indikationen und Wirkungen
des Homburger, von Noorden . . . 296
Tonsilla, Catarrhus chron. hypertrophicus
der linguaüs, von Zografides 97, die —
lingualis lateralis und ihre Erkrankung
an Angina, von Levinstcin 265, Total¬
exstirpation der — , von Auerbach 265,
das Massackor der — , 266, physiolo¬
gische Bedeutung der — , von Henke
1231, die Entwicklung der Operationen
an den — und adenoiden Vegetationen,
von Beck 1689, Bekämpfung der Nach¬
blutung bei den chirurgischen Ein¬
griffen an den — , von Rdtlii 1793,
Funktion, Pathologie und Operationen
der — , von Hett 2024, Technik der
extrakapsulären Totalexstirpation der
— , von Trautmann . 2223, 29(2
Tonsillektomie, unliebsame Nachwirkun¬
gen der zu radikalen, von Stucky 266,
c
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Methode der — , von Klapp 1058, —
bei chronischer Mandelgrubeninfektion,
von Oertel 1792, totale — und deren
Indikationen, von Trautmann 1802, —
bei Kindern, von Riedel ...
Tonsillektomiefrage, zu, von Goerke 1450,
1571, von Tenzer .
Tonsillenexstirpation, ihre Gefahren und
deren Bekämpfung, von Halle . . . .
Tonsillitis, chronische, von Pässler 503,
— membranacea, von Regensburger .
Tonsillotomie, Endresultate bei der, und
Tonsillektomie, von Whale .
Tornister oder Rucksack? .
Torticollis oculaire, von Goerlitz ....
Totalexstirpationen, hundert, bei Myoma
uteri, von Flatau 87, Spätileus nach
vaginaler — , von Schütze .
Totalprolaps, Operation von, nach W. A.
Freund, von Klein ........
Toxämie, Einleitung zum Kapitel der ali¬
mentären, von White 1734, Sympto¬
matik und Behandlung der alimen¬
tären — , von Gaumlby 1735, Folgen
und Behandlung der alimentären ,
von Lane 1735, Hantsymptome der ali¬
mentären — , von Gallo way 1735, die
alimentäre — , von Dixon 2693, Be¬
ziehungen zwischen der Schilddrüse
und der alimentären — , von Long-
mead .
Toxinbefunde im Blut, von Harriehausen
und Wirth . .
Toxine, Bildung eines akut wirkenden
Giftes aus, von Friedberger, Mita und
Kumagai . • • • • •
Toxipeptiden Vergiftung, biochemische
Differentialdiagnose bei, und Methyl¬
alkoholvergiftungen, von Segale . .
Toxynon 1840, 2472, intravenöse Injek¬
tionen mit — , von Gutmann . 1951,
T.R. Wert des, bei der Lungentuber¬
kulose, von Fowler 2695, Stellung des
— unter den Behandlungsmethoden
der Lungentuberkulose, von White .
TR.- Behandlung, ambulatorische, von
Cooke .
Trachealstenosen, Behandlung der, nach
dem Luftröhrenschnitt, von Thost . .
Trachelorrhaphie als Prophylaxe des Zer-
vixkrehses, von Asch .
Tracheobronchialdrüsentuberkulose und
ihre chirurgische Behandlung, von
Betke . . • •
Tracheostenosis thymica, von Höniger .
Tracheotomie, Bericht über 100, von Be¬
wald .... . • .
Trachom s. a. Körnerkrankheit.
Trachom, Untersuchungen über, von Czap-
lewski .
Trachomkörperchen , Prowazek - Halber-
städtersche und ihre diagnostische Be¬
deutung, von Kuczerenko .
Tränendrüse, Verhalten der, während der
Narkose, von Rutherford .
Tränensack, Eröffnung des, von der Nase
aus, von West 1514, 1572, von Mayer
Tränensackeiterung, geheilte, von West
1009, Jodin jektionen bei — , von W essely
Träume mit auf der Hand liegender
Deutung, von Bleuler .
Tragbahren, Anbringung von, in Eisen
hahnwagen, von Immecke .
Traggestell, zusammenlegbares, von May er
hofer .
Transfusion und Infusion, von Dreyer
2069, Gefahren der — und ihre Ver
hütung, von Ottenberg und Kaliski
Transhimalaya, von Sven Hedin . .
Transkondomoskop, von Mansfeld . .
Transparentuntersuchung, Slrasburgersche,
von Bökav .
Transplantation s. a. Faszientransplan
tation, Fetttransplantation, Gefäss-
transplantation, Gelenktransplantation,
Hauttransplantation , Muskelverpflan¬
zung, Sehnenüberpflanzung.
Transplantation von Gelenkenden, von
Axhausen 39, freie — des Peritoneums,
2269
2692
484
2315
1954
2752
1120
1729
2297
2694
1279
1784
429
2012
2696
2023
1009
1951
2008
370
2806
559
Seite
Seite
2193
785
1746
621
996
2643
2818
1514
2519
2752
1170
2641
480
1456
2689
von Hofmann 314, von Friedemann 544,
— des Oberschenkels heim Hunde, von
Jianu 603, gestielte — der Vena facialis
zum Ersätze des Ductus Stenonianus,
von Jianu 603, freie — von Sievers 614,
freie — des Peritoneums, von Hof¬
mann 825, — von Pankreasgewebe in
die Milz, von Pratt und Murphy 1224,
— von Blutgefässen, von Castiglioni
1340, freie — des 1. Interphalangeal-
gelenkes, von Göbell 15/ 4, freie der
Haut von Neugeborenen und Föten,
von Minervini 1907, die praktisch« Ver¬
wendung der freien — , von Lexer 2059,
freie „ von Knochen, von Rovsing . 2357
Trautmann Prof. Dr. f 2552, von Dunbar 2793
Tremor, der, und dessen Untersuchung
mittels des Haitengalvanometers, von
Saenger und Bornstein . 556
Trendelenburgsche Operation, Grundlagen
der, bei der puerperalen Lungenembolie,
von Vogt . • • 1504
Trepan, elektromotorisch betriebener Elliot-
scher, von Vogt . . ...... 1514
Trepanation, nachträgliche, bei durch¬
gehendem Schädel Stirnschuss , von
Lexer 612, anatomische Befunde bei
Elliotscher — , von Stock 1687, Wir¬
kung der — auf das Gehirn, von Ahrens 2251
Treponema calligyrum in Kondylomen,
von Noguchi . 1223
Tricalcol 2472, von Stoeltzner . 2768
Trichinenschau, obligatorische, in Bayern 1527
Trichinöse Tiere, Stoffwechseluntersu¬
chungen an, von Flury und Groll . .
Trichinose, Untersuchungen über die, von
Romanowitsch 549, von Flury ....
Trichobezoar, von Franke .
Trichocephalus, Chloroanämie infolge von,
dispar, von Schablin .
Trichoepithelioma papulosum multiplex,
von Delbanco . 1574
Trichozephalosis mit Nekropsie, von Ure-
chia, Tzupa und Mateescu . 2303
Trichterbrust, kongenitale, von Frühwald 1340
Trigeminusneuralgien, elektrolytische Be¬
handlung der, von Röthi 295, Fort¬
schritte der physikalischen Therapie
der - , von Alexander 935, Behandlung
schwerer Formen von — mit Alkohol¬
injektionen, von Loevy 994, Behand¬
lung der — mit Alkoholeinspritzungen,
von Offerhaus 2139, Alkoholinjektionen
bei — , von Flesch . .
Trikuspidalatresie, angeborene, von Wie¬
land . .
Trikuspidalklappe, kongenitale Anomalie
der, von Ghon u. Heigel . 1576
Trinkerfürsorgestelle, III. Jahresbericht der
Münchener . .... 1238
Trinkwasser s. a. Chlorkalksterilisation.
Trinkwasser, Entkeimung von, mit Chlor¬
kalk, von Äntonowsky 663, Desinfek¬
tion des — mit Chlor, von Hairi 1901,
Gewinnung von keimfreiem — im
Felde, von Kunow . .
Trinkwasserfürsorge in den Armeen der
Vergangenheit, von Haberling . .
Trinkwasseruntersuchungen , bakteriolo
gische, u. Kolibazillen, von Fromme
Trivalin 2495, von Stengel 427, von Meh
liss .
Trixidin .
Trockenserum, injektionsfertiges, vonEich
holz .
Troikart mit seitlichen Oeffnungen, von
Leschke . ....
Trommelfell, Blutungen bei der Parazen
tese des, von Lüders .
Trommelfellbilder, von Passow ....
Tronc coeliaque, l'anatomie et la mede
eine operatoire du, von Rio Branco
Tropakokain, Spinalanästhesie mit, von
Morrison . .
Tropen, Pocken, Tuberkulose u. Typhus
in den, von Rüge 1343, Gesundheits-
Ratgeber für die — , vonZiemann 1895,
Invalidierung aus den — , von Price 2023
Tropengenesungsheim . 2495
111
2548
2372
2690
2376
1165
827
1840
2558
2627
775
1335
366
2643
Tropenhygiene, von Sehiiffner ..... 2139
Tropenhygienisches Institut in Townsville 1918
Tropen krank heit« n s. a. Schiffskrankheiten.
Tropenk' ankheiten , Handbuch der ,
von Mense . • 22413
Tropenmedizinische Gesellschaft, Verhand¬
lungen der Deutschen . 1401
Tropical Medecine, 2. Review of some of
the recent advances in, Hygiene and
tropical octerinary Science, von Balfour
u. Archibald 1612, Australian Institute
of — , von Breinl, Taylor u. Johnston 2291
Tropical Research Laboratories, 4 Report
of the Wellcome, at the Gordon Me¬
morial College Kadhoum, von Balfour 101:
Tropische Krankheiten, von Fisch . . . 218t.
Troubles psychiqnes, traitö clinique et
mbdico-lbgal des, et nbvrosiques post- _ ..
traumatiqnes, von Benon . 178lj
Trunksucht, Heilung der . 2921 .
Tryen, von Evler ... 271(1
Try enpuderbehandlung in der Gynäkologie, jl
von Blum . . • • 179®
Trypanosomen, experimentelle Studien
mit, und Spironemen, von Gonder 38,
infektiöse Körnchen bei — Gambiense,
von Ranken 604, Einfluss meteorolo¬
gischer Bedingungen auf das — Rho-
desiense, von Kinghorn und Yorke
886, Generations- und Wirtswechsel
bei — und Spirochaeten, von Mayer
1401, Morphologie und Verhalten der
in deutschen Rindern nachgewiesenen
— , von Bonger 1902, — und Trypanoso- \
miasen, von Laveran und Mesnil . . 194 I
Trypanosomenarten, immunisatorisches
Verhalten verschiedener, von Braun
und Teichmann .... . HC
Trypanosomenerkrankungen, Weg der In¬
fektion bei, und Spirochaetenerkran-
kungen, von Schuberg und Böing . .
Trypanosomeninfektion, Verhalten des
‘ Kaninchenhodens bei experimenteller,
und Spirochaeteninfektion, von Uhlen-
huth und Emmerich 827, neue Prin¬
zipien und neue Präparate für die
Therapie der — , von Kolle, Hartoch,
Rothermundt und Schürmann 1046,
chemotherapeuthische Experimental¬
studien bei — , von Kolle, Hartoch,
Rothermund und Schürmann ...
Trypanosomenstämme, Gewinnung reiner,
von Oehler . . .
Trypanosomen- W ärmestich- Anaphylatoxin-
fieber, von Hirsch . ...... 15H
Trypanosomiasis, menschliche, mit Schlaf¬
krankheitssymptomen, von Werner 373,
Laevulosurie sowie neuartige Serum-
und Leberstoffe bei — , von Schern i
und Citron . • • • 1®1
Tryparosan, Behandlung der Lungentuber¬
kulose mit, von Waledinsky 1622, 2809,
— bei chron. Gelenkrheumatismus,
von Kopytko 1623, — und seine Heil¬
wirkung, von Bezais . 24|
Trypasophrol , chemotherapeutische Ver¬
suche mit, von Ritz . . . . 171
Trypsinvergiftung, von Kirchheim . . . «9d
Tubargravidität, Diagnose der, von Son¬
nenfeld 1163, wiederholte — , von
Puppel 1163, von Hirsch . . . • • l'H
Tubarschwangerschaft, Bluttransfusion bei
geborstener, von Green . 12W
Tube.Schwangerschaftsveränderungen der,
von Wallart 259, Inversion der gravi¬
den — , von Silbersiepe 616, gleich¬
zeitige Schwangerschaft bei der — , i
von Unterberger . 2f|
Tubenkarzinom, das primäre, von Fongö 21SS
Tubenruptur, von Silbersiepe 616, Behand¬
lung des bei — ergossenen Blutes,
von Baisch 942, Giftigkeit und Gerin¬
nungsverzögerungdesintraperitonealen .
Blutergusses nach — , von Eis . . . . 2‘*
Tubentuberkulose, von Rössle . .. . . • 2!:
Tubenverschluss, Technik des, mit. der
Hornbolzenmethode, von Laurowitsch 11®
Tuberculeuse, Poncets, inflammatoire, von
v. Gebhardt . **
261
101
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
CI
Seite
Tuberkel, Störungen im Hypoglossus etc.
durch einen, von Rott 1180, in den
linken Vorhof hineinragender — , von
Schmorl 1G84, Solitär — in der Herz¬
muskulatur, von Schmorl . 1084
fuberkelbazillen, beschleunigter Nachweis
von, durch den Meerschweinchenver¬
such, von Esch 201, Schutzimpfung mit
abgeschwftchten — , von Rabinowitsch
206, Auftreten virulenter — im Blut
nach der diagnostischen Tuherkulin-
injektion, von Bacmeister 343, Nach¬
weis der — im strömenden Blut, von
Kahn 345, von Kessler 346, — im
strömenden Blut bei chirurgischen
Tuberkulosen, von Krabbel 370, Vor¬
kommen von — im strömenden Blut,
von Querner 401, von Rosenberg 404,
Veränderungen der — im strömenden
Blut, von Costantini 488, Einfluss der
Jodmedikation auf die Sputumphago¬
zytose der — , von Rothschild 546,
Verhütung der mikroskopischen Fehl¬
diagnose der — , von Bontemps 602,
tinktorieller Nachweis von — , von
Macalister 604, Probe zur Differen¬
zierung zwischen dem Typ. hum. und
dem Typ. bov. des — , von Fraser 605,
Untersuchungen über — , von Petersen
825, Joussettsche Methode zum Nach¬
weis der — , von Gloyne 887, — im
strömenden Blut, von Fränkel 938, die
Hydrolyse des — , von Sieber-Schumowa
996, Virulenz der — , von Burnet 1049,
Nachweis von — in den Ausschei¬
dungen von Rindern, von Titze 1108,
Nachweis von — im Kote von Rindern,
von Thieringer 1108, Haltbarkeit der
in die Blutbahn eingedrungenen —
im Blute und in der Muskulatur, von
Titze 1109, neuere Methoden zum
Nachweis von — , von Wiesner 1222,
aktive und passive Ueberempfindlich-
keir gegen — , von Thiele und Embleton
1276, antigene Wirkung des entfetteten
— , von Momose 1283, — im strömenden
Blut, von Göbel 1398, — im strömenden
Blut bei chirurgischen Tuberkulosen,
von Brandes und Mau 1398, die Ein¬
gangspforte der — , von Findlay 1617,
über den — , von Besredka 1750, Nach¬
weis von — im aspirablen Staub, von
Engelhardt 1785, Zweigformen des —
und Tuberkuloseimmunität, von Dixon
1851, Verhalten der Ratte gegenüber
— vom Typus hum. und bov., von Aoki
1902, Wirkung des Antiformin auf — ,
von Dönges 1902, Säurefestigkeit und
Zodophilie der — , von Mas y Magro
1903, — im Blut, von Bogason 2014,
— im Blutstrom bei Lungentuberkulose,
von Elsässer 2353, — im Blute, von
Moeves und Bräutigam 2420, Nach¬
weis von — bei Tuberkulose der
liaut, von Stern 2420, Schicksal des —
in den gesunden Organen von Phthi¬
sikern, von Lebedewa und Ssashina
2424, Ausscheidung von — mit dem
Kote tuberkulöser Rinder, von Titze,
Thieringer und Zahn 2640, Ausschei¬
dung von — mit der Galle bei tuber¬
kulösen Rindern und Ziegen, von
Titze und Zahn 2640, die Phagozytose
der — im Sputum, von Rod^z 2688,
zur^Bio'ogie der — , von Lockemann
2917, Antigengehalt der K ultur ösungen
von — , von Möllers 2917. die Th.
Smithsche Reaktionskurve zur Differen¬
zierung humaner und boviner — , von
Wankel 2917, Lösung von — , von Ka-
pe’usz . -2918
nberkelbazillenanaphylatoxin, von Shi-
bayama . . . . . 2067
uberkelbazillenbefunde im Urin bei
Hodentuberkulose, von Löwenstein . 661
uberkelbazillenfärbung, neue Methode
der, von Mas y Magro 319, 1224 ver¬
gleichende Bewertung der verschie-
Seite
denen Methoden der — , von Isabo-
linsky und Schwerin-Storoshewa . . . 2810
Tuberkelbazillonformen, Wechsel der, im
phthisischen Sputum, von Kirchenstein 995
Tuberkelbazillenkultur, Isolierung des
Typus humanus undbovinus aus einer,
mit atypischer Virulenz, von Lindemann 2916
Tuberkelbazillenlipoide, Immunisierungs¬
versuche mit, und lipoidfreien Tuber¬
kelbazillen, von Meyer . 38
Tuberkelbazillennachweis s. a. Tuberkel¬
bazillen.
Tuberkelbazillennachweis durch den Meer¬
schweinchenversuch, von Bauereisen 1397
Tuberkelbazillenpenkarddis vonFromberg 1903
Tuberkulin von Ruppel 2917, — u. Tuber¬
kuloseimmunität, von Deycke und Much
119, Behandlung klinischer Kranker mit
— und antituberkulösem Serum, von
Castell vi 318, ambulante Behandlung der
Lungentuberkulose mit — , von Ulrich
939, neue Form von — , von Lyons 940,
Behandlung der kindlichen Tuberkulose
mit dem Rosenbachschen — , von Beck
1219, Reaktion auf humanes und bovines
— in der Kindheit, von Cattaneo 1219,
Wirkung des auf den Lymphwegen der
Drüsen zugeführtefl — , von Koeppel279,
Erfahrungen mit dem — Rosenbach,
von Elsässer 1415, von Drowatzky und
Rosenberg 1507, von Frey 2363, von
Bergmann 2927, Wirkung des — auf
tuberkulosefreie Meerschweinchen, von
Klopstock 1561, Behandlung der chirur¬
gischen Tuberkulose mit — Rosenbach,
von Meyer 1676, Varietäten des — ,
von Raw 1733. Behandlung der Lungen¬
tuberkulose mit kleinen Dosen von — ,
von Bardswell 1953, Studien über — .,
von Aronson 2298, Behandlung der
Gelenktuberkulose mit — Rosenbach,
von Lichtenstein 2314, — Rosenbach,
von Baumgarten 2338, von Pieralli u.
Rondoni 2438, von Cuno 2515, Ein¬
wirkung des — auf den Blutdruck
Tuberkulöser, von Weihrauch 2687,
Einfluss von Alt — Koch und — Rosen¬
bach auf die Impftuberkulose, von Neu¬
mann 2687, das diagnostische — , von
Bardswell 2694, Wiederkehr der Reak¬
tionsfähigkeit auf — nach dem Ver¬
schwinden der Masernanergie, von
v. Pirquet 2749, therapeutische Ver¬
suche mit dem — Rosenbachschen bei
Lungentuberkulose, von Pierallini und
Rondoni 2751, — und Tuberkulose,
von Aronsohn . 2921
Tuberkulinambulatorien, städtische, von
Fraser und Clark . 886
Tuberkulin-Augenprobe und Tuberkulin-
Intrakutanprobe zur Feststellung der
Tuberkulose des Rindes, von Titze . 1108
Tuberkulinbehandlung, allgemeine, ambu¬
lante, von Helwes 1396, die Grund¬
lagen der — , von Gerhartz 1502, ambu¬
lante — , von Hartmann 1710. 2406.
von E. Hartmann 2001, ambulatorische
— der Skrofulöse n. kindlichen Tuber¬
kulose, von Wolff 2300, — u. -diagnostik,
von Schmidt 2596, über die — , von
Mackenzie 2698, — Augenkranker, von
Bernheimer . . . . 2918
Tuberkulindiagnostik im Kindesalter, von
Stricker 659, — in der Unfallhegutach-
tung, von Klein 1396, psychologische
Beobachtungen bei der subkutanen — ,
von Fels 1396, Tubeikulinbehandlung
und — , von Schmidt . 2596
Tuberkidinempfindlichkeit , Entwicklung
der, im inkubationsstadium der Tuber¬
kulose, von Dietl 881, passive Ueber-
tragbarkeit der — durch Tuberkulose¬
serum, von Sata 1675, Sonnenbehand¬
lung der chirurgischen — , von Jeru¬
salem . 1682
Tuberkulininjektion, Tuberkelbazillen im
Blut nach der diagnostischen, von
Bacmeister 343, diagnostischer Wert
Seite
der subkutanen — und der quantita¬
tiven Kutanreaktionen, von Osienfeld
u. Permin 550, — nach Wagner bei
progressiver Paralyse, von Shukow . 2422
Tuberkulinpräparat, reines, von Siebert
und Römer . 1785
Tuberkulinprüfung, prognostischer und
diagnostischer Wert der kutanen, im
Kindesalter, von Küchenhoff .... 2817
Tuberkulinreaktion, Uebereinstimmung ver¬
dünnter Säuren in Löschpapier u. der,
in der Haut, von Holmagren 369, Er¬
fahrungen mit der perkutanen — bei
der Lugentuberkulose Erwachsener, von
Chraplewski 432, Bedeutung der intra¬
kutanen — für Diagnose u. Prognose
der Lungentuberkulose, von Rosenberg
992, klinische Bedeutung der Moro-
schen — , von Dluski u. Rudzki 1337,
klinische Anwendbarkeit der lokalen
— , von Andersen 1338, intrakutane —
zum beschleunigten Nachweis von
Tuberkelbazillen, von Schürmann 1903,
kutane — bei Kindern, von Rozenhlat
2136, refraktäre Phase bei der — , von
Vorpahl 2245, diagnostischer und pro¬
gnostischer Wert der Wiederholung lo¬
kaler — , von Schwenke, Bessau und
Pringsheim 2373, Beeinflussung der
kutanen und intrakutanen — durch
Serum, von Sorgo 2590, Spezifität der
kutanen — nach v. Pirquet, von Kasa-
hara . 2804
Tuberkulintherapie, depressorische, von
Hochwald 97, — bei der chirurgischen
Tuberkulose des Kindesalters, von
Förster . 369
Tuberkulöse, chemotherapeutische Erfah¬
rungen bei der Behandlung von, von
Rothschild 894, 1451, Ungleichmässig-
keit der Temperatur bei fieberlosen — ,
von Plä y ArmeDgol 1224, die Kinder
der — , von Wimberg 1620, Nierenver¬
änderungen bei — , von Leichtweiss
1785, Anwesenheit des Kochschen Ba¬
zillus im Blute — , von de Verifizier
1790, Weiszsche Reaktion im Harn von
— , von Vitry 1904, die Kin ier der — ,
von Weinberg . 2583
Tuharkulomuzin Weleminsky, von Pachner
369, Behandlung der Tuberkulose mit
— , von Poduschka 662, Behandlung
mit — , von Götzl . 2252, 2302
Tuberkulose s. a. A Inextuberkulose, An¬
zeigepflicht, Broncbialdiüsentuberku-
lose Habitus, Hilustuberkulose, Hunde¬
tuberkulose, Lungentuberkulose, Ma-
gentuberkulose, Phthise.
Tuberkulose, Wirkung intravenöser In¬
fusionen mit Aurum Kalium cyanatum
bei äusserer — , von Bruck und Glück
57, Kriterien der ahgelaufenen — der
Lungen, von Goerdeler 89, — der Hy¬
pophyse, von Heidkamp 94, patholo¬
gische Anatomie und Infektionsweise
der — der Kinder, von Hedren 94,
miliare — im Röntgenbild, von Bar-
dachzi 107, Mesbd l>ei chirurgischer — ,
von Butzenge'ger 128, Diagnose chirur¬
gischer — aus den pathologischen Aus¬
scheidungen, von Hagemann 144, die
kindliche — , von Rohmer 161. — des
Kindesalters, von Hamburger 168, akute
— nach gynäkologischen Eingriffen,
von Prochownik 205, Bluthefunde bei
— , von Rabinowitsch 206, Thyrcose
und — , von Saathoff 230, Pneumo¬
thoraxoperation bei — , von Wolff 275,
die hämatogene Verbreitung der —
und die Disposition bei — , von Wolff
369, spezifische Diagnostik und Thera¬
pie der — , von Petruschky 423, la —
pulmonaire maladie dvitable, von
Brunon et Rouen 423, orthotische Albu¬
minurie und ihre Beziehungen zur — ,
von Arnold 458. von Sturm 763 von
Zieler 1041, korrelative Vegetationsstö¬
rungen und — , von Kraus 542, Epide-
CII
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
miologie der — in den französischen
Kolonien, von Calmette 549, die Stadien
und Immunitäts Verhältnisse der — , von
Andvord 551, — des Säuglings- und
Kindesalters vom Standpunkte der
präventiven Medizin aus, von McNeil
604, die Aufgaben des Staates bei der
Bekämpfung der — ,von Ransome 605,
der Boden und der Samen bei der — ,
von Sutherland 606, chirurgische — ,
von König 616, zur Kupferbehandlnng
der äusseren — , von Strauss 661,
Chemotherapie der — mit Gold, von
Feldt 715, angeborene — , von Harbitz
741, Chemotherapie der — , von Mehler
und Ascher 748, orthotische Albumi¬
nurie bei — , von Sturm 763, der pri¬
märe Lungenherd bei der — ,von Ghon
767, Behandlung der chirurgischen —
mit Mesbö, von Michejda 774, Heil¬
stättenbehandlung der chirurgischen
— , von Vulpius 776, Bedeutung der
Rinder- — für die Entstehung der
menschlichen — von Weber 825, Be¬
deutung der - Antikörper bei der — ,
von Schürer 881, primäre — der Sa¬
menkanälchen, von Balliano 881, Tu¬
berkulinempfindlichkeit im Inkuba¬
tionsstadium der — , von Dietl 881,
Vakzinebehandlung der chirurgischen
— , von Fraser und McGowan 887, ele-
fantiastische — der Vulva, von Daniel
986, Immunisierung und Behandlung
der — mit lebenden Kaltblütertu¬
berkelbazillen, von Moeller 936,
Behandlung der — mit Kalzium-Ich¬
thyol, von Schütze 947, Veränderungen
in den peripheren Nerven bei allge¬
meiner — , von Milkowicz 999, Chemo¬
therapie der — , von Rothschild 1004,
von Mehler u. Ascher 1041, die sog.
gutartige — , von Burnet 1049, Miss¬
brauch der klimatischen Behandlung
bei lokalen — , von Menciere 1049,
Rolle des Vaters in der erblichen — ,
von Valeanu 1050, die Rolle der Pa¬
ternität in den hereditären — , von
Nestor u. Valeanu 1051, Lichtbehand¬
lung der chirurgischen — , von Vulpius
1079, — des Pferdes, von Zwick und
Zeller 1108, Feststellung der — des
Rindes, von Titze 1108, Lipoidgehalt
des Blutes bei — , von v. Eisler und
Laub 1399, zur Kenntnis der — , von
Harbitz 1111, — cutis serpiginosa ul-
cerativa Hyde, von Wichmann 1120,
Erythema nodosum und — , von Moro
1142, — u Kalkstotf Wechsel, von Voor-
hoeve 1336, die — im Kindesalter,
von Schelble 1342, Ausbreitung der —
in Deutsch-Ostafrika, von Peiper 1344,
Organe eines nach Friedmann behan¬
delten Falles von — , von Westenhöfer
1355, Sonnenbehandlung der chirurgi¬
schen — , von Glaessner 1356, von
Wittek 1508, Immunisierung gegen — ,
von Sata 1396, Veröffentlichungen der
Robert Koch-Stiftung zur Bekämpfung
der — 1396, — der Vulva und Harn¬
röhre, von Krämer 1456, trockene —
— im Röntgenbild, von Stuertz 1466,
Thermopräzi pitinreaktion bei — , von
Faginoli 1480, Vorkommen von — u.
Syphilis in Deutsch-Südwestafrika, von
Scherer 1488, — der Kornea, von
v. Hippel 1513, Ablauf der — am
tuberkulinvorbehandelten Tier, von
Klopstock 1561, Ergebnisse der Schutz¬
impfung gegen — , von Julian 1561, Ver¬
halten derLeberzur — , vonLorentzl561,
— u. Wohnung, von Portmann 1562,
Allgemeine Wehrpflicht zum Kampfe
gegen die — , von Weber 1562, — des
Mittelohrs, vonBrieger 1568, Entstehung
meningealer — vom Ohr aus, von Goerke
1568, — u. Gravidität, von Stutz 1616,
Friedmannsche Behandlung der — ,
von Mannheimer 1619, Bedeutung der
Calantheschen Kobragiftreaktion für
Seite
Seite
die Diagnose der — , von Schustrow
1623, über — bei Kindern, von Abder¬
halden und Andryewski 1641, die Be¬
kämpfung der — des Rindes, von
v. Ostertag 1673, Behandlung der chirur¬
gischen — mit Tuberkulin, von Meyer
1676, Landesauschuss zur Bekämpfung
der — in Sachsen 1695, Diagnose und
Klinik der kindlichen — , von v. Pir¬
quet 1732, Dioradin bei der chirurgi¬
schen — , von Stoney 1733, die — in den
deutschen Schutzgebieten, von Heim
1785, die Zomotherapie bei der — , von
Schilmann 1785, 2192, zur Chemie der —
u.Skrophuloso, vonZeuner 1785,Sonnen-
und Lichtbehandlung der chirurgischen
— , von Glaessner 1789, Heliotherapie
der — in der Grosstadt, von Alkan 1789,
Behandlung chirurgischer — mit künst¬
lichem Licht, von Hagemann 1 789, _ in¬
trauterine miliare — , von Rollet 1790,
entzündliche — des Dickdarms, von
Piöry und Mandoul 1790, Uebertragung
der — durch Kleidungsstücke, von Le-
tulle 1916, Anwendung des Dialysier-
verfahrens bei der — , von Fränkel und
Gumpertz 1952, muss der Patient wissen,
dass er an — leidet? von Kollarits
1952, Wert der Komplementfixations¬
probe bei der -, von Dudgeon, Meck u.
Wier 1953, Pathologie der — im Säug¬
lings- und Kindesalter, von Lapage und
Mair 1955, Bovotuberkulin bei chirur¬
gischen — , von Buch 2015, Prophy¬
laxe und Therapie der — 2023, Toxine
der — von Albahary 2078, die konser¬
vativen Behandlungsmethoden der
chirurgischen — , von Menne 2135,
Beeinflussung der — durch Balsa¬
mika, von Berliner 2137, die — der
verschiedenen Lebensalter, von Ranke
2153, angeborene — , von Zarfl 2247,
Bekämpfung der — im Kindes¬
alter, von Gastpar 2255, Verlauf der
— im Kindesalter, von Czerny 2299,
Schwangerschaftsunterbrechung bei — ,
von Werner 2308, 2587, Strahlentherapie
der experimentellen menschlichen — ,
von de la Camp 2363, Abderhaldensche
Methode bei — , von Jessen 2363, Dia¬
gnostik der — bei Kindern mittels der
Intradermoreaktion von Mantoux, von
Sw’enigorodsky 2424, Pathologie der — ,
von Lubarsch 2534, Vorkehrungen der
österreichischen Staatsbahnen zur Be¬
kämpfung der — 2551, Mitteilungen
des bayerischen Landesverbandes zur
Bekämpfung der — , von May und
Frankenberger 2583, Behandlung der
— des Hüftgelenkes, von Nussbaum
2585, Behandlung der — des Knie¬
gelenks, von Eis 2585, Behandlung der
— des Fussgelenks, von Syring 2586,
Behandlung der — des Schulter-, Ell¬
bogen- und Handgelenks, von Leon¬
hard 2586, Verlauf und Ausgang der
— der Wirbelsäule, von Seemann 2586,
Röntgenbehandlung chirurgischer — ,
von Fründ 2586, Behandlung der —
an der Riviera, von Schrumpf 2687,
Therapie und Prognose der — im Säug¬
lingsalter, von Hollensen 2688, die chi¬
rurgische — der Kinder, von Tubby
2695, traumatische — , von Ziemendorff
2698, Rheumatismus und — , von Menzer
2747, Behandlung der chirurgischen —
mit dem Marmorekschen Serum, von
Pavesio 2751, die Gesetze zur Bekämp¬
fung der — in Deutschland und im
Ausland, von Kayserling 2751, Chemo¬
therapie der — , von Schütze 2806, la¬
tente — bei Kindern im frühen Lebens¬
alter, von Ossinin 2809, Klinik der — ,
von Bandelier und Röpke 2914, Mass¬
nahmen zur Eindämmung der — als
Volkskrankheit, von Löffler 2916, ex¬
perimentelle Untersuchungen über Tu¬
berkulin und — , von Aronsohn . . .
Tuberkuloseabtoilungen in allgemeinen
Krankenhäusern, von Stuertz ....
Tuberkuloseantikörper, Erzeugung von,
von Bundschuh 483, von Rothe und
Birnbaum 827, Bedeutung der — , von
Schürer 881, von Citron . • ....
Tuberkulosebehandlung, Probleme der
spezifischen, von Levy 41, Heilerfolge
der Volksheilstätten in der — , von Grau
Tuberkuloseerkrankung bei Aerzten und
Krankenpflegepersonal .
Tuberkuloseerreger, Beziehungen zwischen
Organismus und, von Knoll .
Tuberkuloseforschung, Jahresbericht über
die, 1911, von Krehlen 370, Erinne¬
rungen aus der Zeit der ätiologischen
— R. Kochs, von Ehrlich .
Tuberkulose-Forschungsreise nach Jeru¬
salem, von Much .
Tuberkulose-Fortbildungskurs des Allgem.
Krankenhauses Hamburg - Eppendorf,
von Brauer .
Tuberkulosefrage, Untersuchungen zur,
von Rabinowitsch 207, die — an der
Riviera, von Schrumpf .
Tuberkulose-Fürsorge- Blatt .
Tuberkulose-Fürsoraestellentag .
Tuberkuloseheilmittel s. a. Friedmannsches
Mittel.
Tuberkuloseheilmittel, Urteile der ameri¬
kanischen Presse über Dr. Friedmann
und sein .
Tuberkuloseimmunität durch natürliche
Zuchtwahl, von Blöte .
Tuberkuloseinfektion, lokale Resistenz der
Haut gegen, von Stiner und Abelin^ .
Tuberkulosekonferenz, internationale 1471,
2263, 2319, 2439, 2493, Festschrift der —
Tuberkulosekultur mit Granulis, von
Viereck . .
Tuberkulosenachweis durch beschleunig¬
ten Tierversuch, von Esch 187, — mit
Hilfe der Pirquetschen Reaktion, von
Conradi . .
Tuberkuloseprophylaxe, spezifische, von
Kutschera . .
Tuberkulosesterblichkeit unter der ein¬
heimischen Bevölkerung in Davos,
von Gwerder 369, Statistik der in
Baden, — von Dresel .
Tuberkulosetag, III. österreichischer 1183,
Tuberkulosetherapie, anderthalb Jahre,
nach Deycke-Much, von Deycke und
Altstaedt . . ... ■
Tuberkulosevakzination, von Schrumpf .
Tuberkuloseverbreitung, die, und die pro¬
jektierte Tuberkulosebekämpfung im
Landkreise Quedlinburg, von Fischer-
Defoy . 1 ^85,
Tuberku1 ose virus, granuläres, von Bitt-
rolff und Momose .
Tuberculosis, the Complement Fixation
Test in the Diagnosis of Pulmonary,
von Kinghorn und Twichell .
, Türklinke, von Veit . •
Tumorbildung, zirkumskripte, durch ab¬
dominale Fettnekrose, von Küttner 96,
— in der Bauchhöhle, von Schmieden
1166, mehrfache — , von Kraus . . .
Tumoren, Behandlung maligner, mit radio¬
aktiven Substanzen, von Caan 9, —
der Glandula carotica, von Enderlen
216, retrosternaler — , von Enderlen
216, peritheliomartiger — der Glutäal-
gegend, von Bayer 314, Serumdiagnose
maligner — , von Brüggemann 543,
Bedeutung der Milz bei malignem — ,
von Oser u. Pribram 770, 3 Grawitzsclie
— , von Wendel 1067, künstliche Kultur
menschlicher — , von Albrecht und
Joannovics 1167, nichtoperative Be¬
handlung von bösartigen — , von
Chlumsky 1452, primäre desmoide —
des Ligamentum rotundum, von Steidl
2298, röntgentherapentisch behandelte
maligne — , von Kotzenberg 1573,
Radiumbehandlung maligner — , von
2921 Exner 1682, Röntgenstrahlenbehand-
1125
1276
1638
2208
880
2917 |
2860
199
949
1752 ;
2319
1289
1447
2917 1
2801
67311
1592
6031 i
1 28c.
1231
221'
100-
219:
139'
139
231
286
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
CIII
Seite
Seite
lang der — , und ihre Kombinationen,
von Müller 1804, — bei afrikanischen
Eingeborenen, von Legrain 1957, —
am Chiasma, von Ahrens2086, Radium-
und Mesothoriumtherapie maligner — ,
von Schindler 2138, — glandulae pine-
alis, von Hijmanns van den Bergh
und van Hasselt 2140, Operation von
ausgedehnten — an der Schädelbasis,
von Schlotter 2198. Einfluss der Gra¬
vidität auf das Wachstum maligner — ,
von v. Graff 2307, Einfluss der malignen
— auf Reaktion und Alkaleszenz des
Blutes, von Konikow 2422, — medi-
astini, von Quorner 2435, — des
Rektums, von Lucksch 2549, Be¬
handlung inoperabler — mit Elektro-
selenium Clin., von Philipp 2893, ex¬
perimentelle Uebertragung von — auf
das Auge, von Hegner 2722, Meso¬
thoriumbehandlung maligner — , von
Lobenhofer 2744, mit Radium behan-
handelt« Fälle maligner — , von Spar¬
mann 2888, Röntgentieferbestrahlung
von — , von Sgalitzer . 2888
Turmschädel, Behandlung der Sehstörun¬
gen beim, von Schlotter 1006, ange¬
borener — , von Küttner 1006, 2209.
operative Behandlung der Sehstörun¬
gen bei — , von Schlotter 2354, Fall
von — , von Hochsinger . 2373
Turnen, Laboratorium zur Untersuchung
der Wirkung des, und des Sportes . . 335
Tussalvin . 1840
Tussobromin . 2472
Tuttle Prof. Dr. J. P . 448
Typhlitis, primäre, von Obäl . 1278
Typhus s. a. Abdominaltyphus, Unterleibs¬
typhus.
Typhus mit fünfmaligem Rezidiv, von
David 90, Milzdiagnose des — , von
Vincent 333, klinische Diagnostik des
— abdominalis, von Lüthje 557, Vak¬
zinetherapie des — abdominalis, von
Delteil, Negre und Reynaud 565, —
mit symptomatischem Scharlach, von
Bennecke 612, Schutzimpfung gegen —
bei der Flottenmannschaft, von Chante-
messe 843, Wirkung des Besredka-
schen Antithyphusserums auf den Ver¬
lauf des — , von Andriescu und Ciuka
1050, Spitalserfahrungen über — abd.
in den Jahren 1865 — 1911, von Hagen-
bach-Burckhardt 1167, pseudo-cholezy-
stitische Symptome bei — , vonBennecke
1251, Freiluftbehandlung des — vor
100 Jahren, von Schröder 1493, Pro¬
philaxe und spezifische Therapie des —
abdominalis während des serbischen
Krieges, von Debove 1631, — in Mün¬
chen 1975, 2095, — und Masern, von
Jastrowitz 2013, die Autovakzination
gegen den — , von Josuö und Belloir 2029,
Vakzinetherapie des — mit dem sen¬
sibilisierten Besredkaschen Virus, von
Ardin-Delteil, Negre und Raynaud 2539,
Darm bei — , abdom., von Schmincke
2761, der — in Oberstein, von Lentz
2915, Vakzinetherapie des — beim
Kinde, von Weil . 2926
Typhus exanthematicus, experimentelle
Untersuchungen über den, von Nicolle
und Conseil 549, zur Lehre vom — , von
Naunyn . 2805
Typhusähnliche Erkrankungen, im Bak¬
terium der Faecalisalcaligenes-Gruppe
als Erreger von — , in Ostasien, von
Fürth . 2669
Typhusausscheider, Preis für Befreiung
der, von Typhusbazillen . 1071
Typhusbakterien, Anionenbestrahlung von,
von Steffens . 735
Typhusbazillen auf den Tonsillen Typhus¬
kranker, von Schütz 602, Beeinflussung
der Agglutinierbarkeit von — durch
den Alkaligehalt des Nährbodens, von
Riemer 908, Nachweis von — im Wasser
1165, Haltbarkeit der — auf verschie¬
denen Fleischarten, von Hirschbruch
und Marggraf 1221, Uebertragung der
— von Wasser auf Milch, von Trillat
und Fouassier 2029, intravenöse Ein¬
impfung lebender — , von Nicolle, Conor
und Conseil . 2092
Typhusbazillenträger, Kaninchen als, von
Uhlenhuth und Messerschmidt 40,
über — , von Conradi 148, Geschichte
eines — , von Currie 1223, Sektions¬
befund eines chronischen — , von Bind¬
seil 1341, Autoinfektion einer an Darm¬
tuberkulose erkrankten — in, von Sage
1730, Perinealeiterung bei einem — ,
von Levy . 1849
Typhusbazillenwirt, Auto-Reinfektion des,
von Kaspar . 2637
Typhusbekämpf ung, Denkschrift des R.G.A.
über die, im Südwesten Deutschlands
95, — in den öffentlichen Irrenanstalten
Deutschlands, von Böttcher . 1730
Typhusendotoxin, das, von Baranczik . . 1622
Typhusepidemie, durch Flmschwaren ver¬
ursachte, von Hirschbruch und Marg¬
graf 1109, — bei einem Dragoner¬
regiment, von Schmiz und Kessler . . 1324
Typhuserkrankungen in Irrenanstalten,
von Müller 1165, — in München durch
eine Bazillenträgerin in Freising, von
Gruber . 1731
Typhusimpfbehandlung, von Sacqudpöe
und Chevrel . . . 1630
Typhusirapfung mit sensibilisierten leben¬
den Typhusbazillen, von Broughton-
Alcock887, — u. Paratyphusimpfungen
mitgemischtenVakzinen, von Castellani 1954
Typhusperforation, 3 erfolgreiche ope¬
rierte Fälle von, von Mitchell .... 2644
Typhusschutzimpfung, Diskussion über,
277, — im Heere derVereinigten Staaten,
von Chantemesse 1132, — in Frank¬
reich, von Liffran 1401, Resultate der —
durch die polyvalente Lymphe, von
Vincent 1973, die — mit lebendem sensi¬
bilisiertem Virus, von Metschnikoff
und Besredka . 2539
Typhusschutzlymphe, Wirkung der poli-
valenten, von Vincent . 1182
Typhusvakzin, polyvalentes, von Vincent
446, vergleichende Untersuchungen
zwischen 3 — , von Levy und Bruck . 1166
Typhusverbreitung durch Milch, von
Fischer . 2917
U.
Ueberdruck, Beeinflussung der Blutzirku¬
lation der Lunge bei, und Unterdrück,
von v. Rohden . 1106
Ueberdruckapparat, neuer von Klapp . . 945
Ueberdrucknarkose, nasale, von Zaaijer . 2638
Ueberdrucknarkosenapparate, von Gerlacli 2068
Ueberempfindlichkeitsreaktionen, Sensi-
bilisationserscheinungen und, von
v. Szontagh . 2746
Ueberempfindlichkeitsgift, Bildung eines
akut wirkenden, von Leschke . . . .1614
Ueberfahrenwerden, innere Verletzungen
nach, von Salzer . 2652
Ueberleitungsstörung bedingt durcbVagus-
reiz, von v. Hoesslin . 2473
Uebungsbehandlung bei Lähmungen, von
Alexander 1502, — bei Nervenerkran¬
kungen, von Förster . 1675
Uebungstherapie b. motorischen Störungen,
von Hirschberg . 1502
Ulcus s. a. Duodenalgeschwür, Magenge¬
schwür, Unterschenkelgeschwür.
Ulcus callosum, ätiologische Rolle der
Syphilis bei, penetrans, von Hausmann 1676
Ulcus cruris, Gleerupsche ambulatorische
Behandlung des, von Nörregaard . . 550
Ulcus duodeni, von Haenel 835, von Kütt¬
ner 890, 1342, 1787, von Brüning 1350,
das — chronicum und seine Behand¬
lung, von Witzei 875, — und vegeta¬
tives Nervensystem, von v. Bergmann
890, Röntgenbefunde bei — , von Hau-
dek 891, zur Diagnose des — , von Allard
898, 1064, — rotundum im 1. Lebens-
, Seite
jahre, von Schmidt 773, Differential¬
diagnose des Ulcus ventriculi und des
— , von Sommerfeld 1108, das — , von
Moynihan 1160, über — , von Dünkeloh
1410, zur Kenntnis des — , von Plitek
1619, von Payr 1628, Verhalten des
Duodenalinhaltes bei — , von Matko
1630, Bemerkungen zum — , von Rosen¬
gart 1737, das neurotische — , von West-
phal und Katsch 2008, Diagnose und
Behandlung des — , von Einhorn 2078,
Magenneurose und — , von de Koch
2141, Fehlerquellen bei der Röntgen¬
diagnose des — , von Altschul .... 2366
Ulcus pepticum jejuni, von v. Haberer891,
Gastroenterostomie beim — , von Bourne
1734, Vorkommen, Diagnose und Thera¬
pie des — , von Clairmont . 2366
Ulcus pylori, Diagnose und Behandlung
des chronischen, von Faulhabor ... 915
Ulcus varicosum, Behandlung des, mit ein¬
fachen Kleisterverbänden, von Wert¬
hei mber . . 1490
Ulcus veneretim, Phenolkampfer bei, von
Rühl 2013, von Horowitz . 2249
Ulcus ventriculi und Gastroenterostomie,
von Kocher 90, das spasmogene —
pepticum, von Bergmann 169, Ent¬
stehung und Behandlung des — , von
Katzenstein 217, Röntgenuntersuchung
beim — , von Schlesinger 217, die Patho¬
genese des — , von Stromeyer 261, zur
Genese des — , von Bönniger 563, —
callosum totale, von Sasse 650, — ro-
tundum und Lymphatismus, von Stoerk
661, Pylorospasmus und — , von Neu¬
dörfer 760, karzinomatös entartete — ,
von Holitsch 778, Differentialdiagnose
des — und des Ulcus duodeni, von
Sommerfeld 1108, in die Milz penetrie¬
rendes — , von Finsterer 1124, Magen¬
resektion wegen — , von Clairmont 1299,
interne Behandlung von — mit Stau¬
ungsinsuffizienz, von Petren, Lewen-
hagen und Thorling 1727, perforiertes
— , von Frankenthal 1910, von Fraenkel
1910, — chron. juxtapyloricum, von
Kemp 2358, — und duodeni, von Gläss-
ner und Kreuzfuchs 2364, Atropin¬
behandlung bei — und duodeni, von
Fleckseder 2364, — an der kleinen Kur¬
vatur, von Heyrovsky 2366, Gastroen¬
terostomie oder Resektion bei pylorus-
fernem — , von Brenner . 2590
Ulna, Deformierung des Griffelfortsatzes
der, von Reichart .... • . 1146
Ulnadefekt, von Peltesohn . 731
Unarislähmung, die, von Singer .... 424
Ulsanin, von Mandl . 41, 1849
Umschläge, feuchte, bei akuten Erkran¬
kungen, von Herz . 827
Undostat, von Hoehl . 951
Unfall, Neurosen nach, von Schultze und
Stursberg 32, Geschwülste und — , von
Thiem 375, von Lubarsch 375, Herz-
und Gefässkrankheiten und — , von
Hoffmann 377, — und Krebskrankheit,
von Löwenstein 2645, Prolaps und — ,
von Martin 2646, Gewerbe- und Be¬
rufskrankheiten oder — , von Körner 2697
Unfallbegutachtung, die durch die RVO
erweiterten Aufgaben der, von Thiem 2645
Unfallfolgen, Gewöhnung an, von Knepper
376, von Schantz 1163, Beurteilung von
— , von Bennecke 611, Beurteilung von
— nach dem Reichsversicherungsgesetz,
von Engel 1160, die bildliche Darstel¬
lung von — , von Könen 2645, neu auf¬
brechende Krampfadergeschwüre als
unmittelbare — , von Frank 2645, Milz¬
ruptur als — , von Ishioka . 2697
Unfallheilkunde, Volksheilmittel und, von
Mayer . 2697
Unfalltherapie, die Monopolisierung der,
von Esch . ... 1385
Unfallverletzte, Vorsichtsmassregeln bei
der Untersuchung des Nervensystems,
von Schuster 377, Landkolonien für
— und Invalide, von Rigler 657, zur
CIV
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Psychologie der Aussagen von — , von
Foerster 1880, Nachweis von Gewöh¬
nung bei der Begutachtung von — ,
von Kempf 2645, Simulation bei — ,
von Horn . 2646
Unfallversicherung, Arzt und, von Meder 2697
Unfallvericherungsgesellschaften, Anzeige¬
pflicht gegenüber den, 110, Kündigung
der Verträge mit den — in Oesterreich
320, Versicherungsbedingungen der — 1126
Unglücksfälle, tödliche, in Preussen . . . 1864
Ungt. sanans E. Bark . 2472
Universalbruchband ... .... 336
Universallaryngoskop, von Brünings . . 1571
Universitäten s. a. Hochschulnachrichten.
Universitäten, Etat der preussischen 1071,
neue — in Italien 1112, Errichtung
einer — in Dresden 1415, Reichsaus¬
länder auf den deutschen — 1974,
2263, Satzungen der bayerischen — 2262,
Medizinalstudierende an der öster¬
reichischen — 2263, Zulassung von
Ausländern an den bayerischen —
2319, Frequenz der italienischen — ,
von Galli . • . . . 2856
Universitäts-Frauenklinik, 5^2 Jahre patho¬
logisch anatomischer Tätigkeit in der
II., in Wien, von Schottländer .... 2371
Universitätsinstitute, neue, in Strassburg 1861
Universitäts-Kinderklinik, Umbau der, in
München . 1359
Universitätspolikliniken . 845
Universitätsreform in Italien . 1567
Unterdrück, Kombination von, und Ueber-
druck, von v. Bergmann und Hapke
948, Beeinflussung der Blutzirkulation
der Lunge durch Ueberdruck und — ,
von v. Rohden . ... 1106
Unterdruckatmung, von Bruns 948, Be¬
handlung von Herzschwäche und Kreis¬
laufstörungen mit der Brunsschen — ,
von Hirsch . 948
Unterkieferdefekte, Ersatz von, von Schmie¬
den 946, osteoplastischer Ersatz von
— , von Göbell . 2068
TJnterkieferfraktur, Extensionsbehandlung
bei, von Baum . 161
Unterkieferkarzinom, zentrales, von Loos 442
Unterkieferresektion, Immediatprothesen
nach, von Pichler und Oser 202, von
Wrede 1855, Methoden der — , von
Sudeck . 326
Unterlappenbefunde, einseitige, von Schu¬
macher . .... 1447
Unterleibstyphus, Erkrankung des N. ul-
naris nach, von Dolgopol 481, der — ,
von Curschmann und Hirsch .... 1444
Unterrichtskurse für Polizeibeamte in der
Ueberwachung des Verkehrs mit Nah¬
rungsmitteln . 223
Unterschenkelfrakturen, Nachuntersuchung
geheilter, von Chiari . 2368
Unterschenkelgeschwür, Klebrobinde bei,
von v. Heuss 1232, 2173, Knochen¬
wucherungen bei — , von Zieler . . . 1749
Untersuchungselektrode, praktische, von
Auerbach . 258
Untersuchungsmethoden, Lehrbuch der
klinischen, von Sahli 598, Beitrag zur
Klinik der direkten — , von Henrich . 2666
Unzüchtiger Gebrauch, Anpreisung von zu,
bestimmten Gegenständen . 2318
Upson Prof Dr. H. S. f . 1303
Urachus, offener, von Koks . . . . 1507
Urämie, auffallende Erscheinungen bei,
von Engelen . 1222
Urämischer Anfall, akuter, und seine Be¬
handlung, von Pal . 2749
Uranilazetat s. u Blut.
Uranoblen, von Glück . 2476
Uranoschisma, von Ranzi . 1413
Uranostaphyloplastik, von Helbing . . . 1559
Urate, neue Methode zur quantitativen
Bestimmung von, im Blutserum, von
Ziegler . . . .1083
Ureabromin, Bewertung von, von Johannes¬
sohn 373, — bei der Alkoholentziehung,
von Bufe . . 2624
Urenkel, im Lande unserer, von Karrillon 143
Seite
Ureter, überzähliger aberranter, von Hart¬
mann 382, Eiterniere bei Verschluss und
Unterbrechung des — , von Kroener
1348, doppelseitiger aberrierender — ,
von Stammler 1460, Verhalten der —
nach der abdominalen Karzinomopera¬
tion, von Weibel 2247, Freilegung des
— im kleinen Becken, von Kidei . . 2694
Ureterenstrikturen, die eineNephrolithiasis
Vortäuschen, von Baar . 2838
Ureterkarzinom, von Chiari .... 2368
Ureterolitbotomie, doppelseitige, vonLä wen 1 339
Ureterocele, intermittierende, vesicalis, von
Ottow . 1340
Uretersteine, von Graser 1684, von Ries
1804, eingeklemmte — , von Boröss 1278,
zystoskopische Diagnose eines — , von
Heinsius 1616, Therapie der — , von
Voeleker . 2132
Ureterverpflanzung wegen narbiger Ste¬
nose, von Lexer . 612
Ureterverschluss, Veränderung der Nieren
nach dem künstlichen, von Kawasoye
1340, — durch Knotenbildung, von
Kawasoye . 2247
Ureterverschlusssteine, von Kümmell . . 2755
Urethra, traumatische Ruptur der, von
Suessenguth 204, Behandlung von Tu¬
moren der — mittels Fulguration, von
Bachrach .... ..... 1069
Urethralresektionen, primäre Heilung aus¬
gedehnter, von Joseph . 1008
Urethritis, galvanokaustische Behandlung
der chronischen, von Luys 277, Allge¬
meinerkrankung nach — gonorrhoica,
von Bettmann u. Zade 437, Behandlung
der — , Vulvovaginitis und Endometritis
gonorrhoica, von Slingenberg 2298, Be¬
handlung der — mit Lytinol, von Pa-
kuscher . 2747
Urethrorrhoea, Prostataelemente bei, ex li-
bidine, von Pfister . 207
Urin s. u. Harn, Eiweissbestimmung.
Urin , Bestimmung der Harnsäure und
Purinkörper im, von Flatow 354, Ver¬
halten d< r Aminosäuren im — , von
Galambos u. Tausz 824, das diastatische
Ferment des — , von Neumann . . . 1784
Urinantiseptica, von Jordan . 2644
Urinkonservierung mit Formalin, von
v. Engelmann . 2096
Urinschau, wie können wir aus der, und
der Thompsonschen Zweigläserprobe
sicherere Ergebnisse gewinnen? von
Rühl . 2233
Uriozongichtsalz . . . 426
Urobilin und sein Nachweis, von Haus¬
mann . 1949
Urobilinfrage, Beiträge zur, von Fromholdt
und Nersesoff . 36
Urobilinnachweis mittels Kupfersulfat,
von Hausmann . 484
Urobilinogen, kristallisiertes, aus Fäzes,
von Charnas 2139, Nachweis des — ,
von Hildebrandt . 2639
Urobilinogenbestimmung, klinisch einfache
Methode quantitativer, von Flatow und
und Brünell . 234
Urobilinogenurie bei Infektionskrank¬
heiten, von Kamssarakan . 2424
Urobilinreaktion, Behinderung der, durch
Formaldehyd, von Hausmann .... 2013
Urobilinurie und Urobilinogen bei Brust¬
kindern, von Ostrowski 315, — in der
Tropenpraxis, von Justi 1314, klinische
Bedeutung der — , von Hildebrandt . 2076
Urogenitalorgäne, dringende Behandlung
der Krankheiten der, von Fiolle . . . 599
Urogenitaltuberkulose , von Rupprecht
1459, von Brauser 2091, die Infektions¬
wege bei der — , von Walker .... 1954
Urolithiasis und Bilharziasis, von Pfister 1956
Urologie, die, als Wissenschaft und Lehr¬
fach, von Casper . . 2429
Urologische Forschungsergebnisse, Bericht
über, von Kielleuthner .... 933, 2131
Urologische Instrumente, von Dommer . 2859
Uropoetisches System, Uebersichtsauf-
nahmen des, von Krüger . 1517
Seite
Urotropin s. a. Hexamethylentetramin.
Urotropin, Arzneiexanthem nach, von
Sachs 97, — und seine Bedeutung für
die Prophylaxe und Therapie der oto¬
genen Meningitis, von Zimmermann
1229, Verteilungs- und Ausscheidungs¬
verhältnisse des — , von Usener 2070,
Sekretion des — durch Schleimhäute
und seröse Häute, von Lübecke . . . 2137
Urtikaria, Hervorrufung von, durch Erga-
min , von Eppinger 445 , diätetische
Therapie der — , von Salomon 2015,
Kalziumtherapie bei — im Wochen¬
bett, von Bollag . 2514
Uteramin 1840, chirurgische Erfahrungen
mit dem Hämostatikum — zyma, von
Lauffs . . 2642
Uterus s. a. Gebärmutter, Interpositio, Re-
troflexio, Retroversio.
Uterus, Wundversorgung bei der Radikal¬
operation des Carcinoma colli des — ,
von Bumm 205, — duplex separatus,
von Schwab 496, — mit Kollumkarzi-
nom, von Schwab 496, Einklemmung
eines retroflektierten schwangeren — ,
von Hammerschlag 498, — im 3. und
4. Monat, von Silbersiepe 616, ver-
grösserter — , von Leo 616, Ruptur des
graviden — nach Kaiserschnitt, von
Schwarz 815, Exstirpation des — , von
Feuchtwanger 1062, myomatöser — ,
von Thorn 1177, Tuberkulose des — , von
Thorn 1177, — gravidus mit Portio¬
karzinom, von Weinbrenner 1232, —
myomatosus, von Weinbrenner 1232,
Massage des schwangeren, — , von
Sippel 1678, exotische Flora des — , von
Bland-Sutton 1733, totalexstirpierter
gravider — , von Hirt 1745, Wander¬
sarkome des — , von Zacherl 1790, Vor¬
richtung zur aseptischen Einführung
der Hand in den — , von Roosen 1842,
Axendrehung des myomatösen — , von
Poth 1842, Gravidität des r. Hornes
eines — bicornis unicollis, von Dur¬
lacher 1882, Diskussion über die beste
Methode zur Behandlung von Lage¬
veränderungen des — 1968, Keilex¬
zision des — , von Beuttner 2022, die
Blutgefässe des puerperalen — , von
Nagel 2083, Geburt bei — bicornis
unicollis, von Kalmanowitsch 2136,
angeborener Prolaps des — , von
v. Radwanska 2136, Beckenhochlage¬
rung bei Repositon des retroflektierten
— , von Liebl 2355, zur Anästhesierung
des — , von Kraus 2370, Beobachtung
einer beginnenden Spontanruptur des
— gelegentlich einer Sectio suprapubica,
von Zalewsky 2456, postklimakterisches
Myosarkom des — , von Ogörek 2474,
die elastische Fläche am Isthmus des
— als Zeichen der Schwangerschaft,
von Ladinski 2592, — bicornis mit aus¬
getragener Schwangerschaft, von Oeh-
mann 2689, Innervation des — und
der Vagina, von Falk 2746, 2 Fälle
von — inversus, von Sachs 2759, —
bicornis, von Rössle . 2863
Uterusblutungen, Wirkung von Radium¬
emanation auf, von Opitz 1339, Aetio-
logie und Organotherapie der — , von
Kalledey 1349, 1842, Aetiologie und
Therapie der — , von Hirsch .... 1728
Uterusentleerung, transperitoneale, von
Kaufmann . 937
Uterusfibromyome, Gründe für die Früb-
operation von, von Giles . 1969
Uterusinversion, puerperale, von Zange¬
meister 616, Geburt nach Piccoli-
operation wegen puerperaler — , von
Neugebauer 937, Therapie der puer¬
peralen — , von Alsberg . 1342
Uteruskarzinom, Mesothorium- u. Röntgen¬
behandlung der — , von v. Seuffert
450, von Döderlein 1296, 1403, 2865,
von Klein 2865, 40 Jahre operativer
Behandlung des — , von Staude
1120, 1230, Erfolge der Röntgen-
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
CV
Seite
und Mesothoriumbehandlung beim — ,
von Bumm 1402, 2920, Röntgenbestrah¬
lung eines — , von Denks 1405, Beein¬
flussung von — durch Radium, von
Wertheimer 1523, Beeinflussung der
inoperablen — mit Strahlen- und in¬
travenöser Chemotherapie, von Klotz
1704, 2096, von Seeligmann 1484, Spät¬
wirkung des Mesothorium bei — , von
Döderlein 1859, Operationstechnik und
Resultate bei — , von Weibel 2083, —
und B'ase, von Cruet 2133, Meso¬
thoriumbehandlung der — , von All¬
mann 2435, drei inoperable — , von
Strassmann . 2921
(Jteruskörper, Verdoppelung des, und der
Scheide, von Henkel . 613
Uteruskrebs, Technik der Operationen bei,
von Mc Caan 887, die wahre Prophy¬
laxe des — , von Bossi 1678, kombinierte
Behandlung des — mit Röntgen- und
Radiumstrahlen, von Scherer u. Ivelen 2369
(Jterusmissbildungen, plastische Opera¬
tionen bei, von Kerr . ...... 2080
Uterusmuskulatur, pharmakologische
Untersuchungen an der überlebenden,
und Tubenmuskulatur, von Rüb-
' samen und Kligermann 92, Typus der
— , von La Torre . . 2022
[Jterusmyome, Behandlung der, mit
Röntgenstrahlen, von Sippel 2226,
2312, zur Aetiologie der — , von Freund
2297, konservative Tendenz bei der
Operation der — , von Falgowski 2370,
- und Ovarialblutungen, vonOehmann 2474
Jterusperforationen bei Ausräumung von
Aborten, von Rühl 371, — durch einen
Fremdkörper, von Zimbler . 1773
Jterusruptur, spontane, in der Schwanger¬
schaft, von Beyer 25, — nach Pituitrin,
von Herz 1218, operative Behandlung
der, von Sigwart 1457, — nach Pitu-
glandol, von F.speut 1774, Therapie
der kompletten — , von Nebesky 2688,
Präparate von kompletter — , von
Henkel 2863, — nach Wendung und
Zangenversuchen, von Henkel . . . . 2863
Jterusschleimhaut, der normale menstru¬
elle Zyklus der, von Schröder 1725,
die — bei Blutungen, von Adler . . . 2371
Jterus Verletzungen, Zustandekommen
von, von Maly . 1279
Jterusvorfälle, intraabdominale Myor-
rhaphie bei, von Jianu ...... 372
Yerusstumpf, von Thorn 1177, im —
sich entwickelnde Geschwülste, von
Hansen 1045, — mit Karzinom der hin¬
teren Lippe, von Thorn . 1177
Jteruswand, partielle Aussackung der hin¬
teren, von Henkel . 2863
Jvula, Choanalbefunde bei fehlender,
von Glas . 829
zara, von Eisenheimer 41, Blutdruck¬
wirkung von — , von Frey 441, ver¬
gleichende Untersuchungen über die
Wirkungen von — und Opium, von Hirz
2220, Wirkung des neuen Stopfmittels
— , von Wikker . 2808
Jzaron, Wirkung des, von Hirz .... 2915
V.
accination, la, contre la fievre typhoide,
von Liffran . . • . ... 1401
'accine, des rdactions d’infection et d’im-
munitö dans la, et la variole, von
Gastinel . . . . 2128
'ademecum, gynäkologisches, von Dührs-
sen 33, diagnostisch-therapeutisches — ,
von Schmidt, Friedheim, Lamhofer u.
Donat 623, — anatomicum, von de Terra
657, geburtshilfliches — , von Richter 2296
Agj, Resektion beider, von Cohn . . 1731
ragina, Papillome der, von Kieselbach
146, Haematom der — und Vulva, von
Roemer 315, das biologische Moment
Seite
bei der Behandlung der — , von Kuhn
482, Myom der — , von Dicke 937,
Exstirpation der ganzen — wegen Kar¬
zinom, von Fenchtwanger 1062, — septa
bei einfachem Uterus, von Holste 1564,
plastischer Ersatz der — bei ange¬
borenem Defekt, von Albrecht 1728,
Zerreissung der — • sub coitu, von Köhler
2010, künstliche — aus Dünndarm, von
Protopopescu . 2303
Vaginaefixur, schwere Geburten nach, von
Uthmöller . 1107
Vaginale Untersuchung der Kinder, von
Stolz . . 2418
Vaginalsekret, bakteriologische Unter¬
suchung des — Kreissender, von Trau¬
gott und Goldstrom 482, Bedeutung des
Streptokokkenbefundes im — Kreis¬
sender, von Sachs 1045, von Goldstrom 2010
Vaginaltumoren, von Stratz . 259
Vaginismus der, von Föuss 2359, blutige
Erweiterung beim — , von Rothe . . 1616
Vagotomie bei gastrischen Krisen, von
Exner ... . 2367
Vago onie s. a. Seekrankheit.
Vagotonie, exsudative Diathese und — ,
von Krasnogorski ........ . 2011
Vagus, frequenzändernde Wirkung des,
Muskarin und Nikotin, von Hering . 107
Vaguserregbarkeit und Vagusgifte, von
Loewy . 206
Vagusreiz, von v. Hoesslin . 2147
Vagusreizung, Einfluss von Chloralhydrat
auf den Erfolg der, von Loewi . . 206
Vaguswirkung, Bedeutung des Kalziums
für die, von Loewi 206, ungleichmässige
— auf das Herz, von Einthofen und
Wieringa . . . 2243
Vakzinationstherapie, zur, von Wolff-Eisner
430. die — bei einigen gynäkologischen
Erkrankungen, von Wainstein 665, —
des Krebses, von Pinkuss u. Kloninger
2419 — , bösartiger Geschwülste, von
Blumenthal . 2916
Vakzine und Fieber, von Hort 1733, ge¬
mischte — , von Castellani 1954, auto¬
gene — bei der Behandlung chronischer
Gelenksaffektionen, von Hughes 2643,
— bei der Behandlung der chron. Bron¬
chitis und des Asthmas, von Pirie
2643, sensiti vierte — bei akuten Bak¬
terieninfektionen, von Gordon .... 2694
Vakzinebehandlung bei Gonorrhöe, von
Klause 2248, von Keil . 2693
Vakzineinfektion an den Fingern, von
Paschen . . 49
Vakzinetherapie, Erfolge der, bei der Go¬
norrhöe, von Reber 209, — des Typhus
abdominalis, von Delteil, Negre und
Reynaud 565,2539,— der gonorrhoischen
Vulvovaginitis, von Winokurow und
Wainstein 1624, — des Kropfes, von
Gereda 1904, die — verschiedener In¬
fektionen mit lebenden sensitivierten
Mikroorganismen, von Alcock 1955,
— beim Keuchhusten, von Nicolle und
Conon 1793, — der gonorrhoischen Er¬
krankungen, von Gerschun und Finkei¬
stein 998, 2137, Serologie und — , von
Michaelis 2429, von Volk 2429, die —
in der Urologie, von Schneider 2429,
— bei Arthritis deformans, von Soltan
2694, — des Typhus beim Kinde, von
Weil . , 2926
Vakzinlymphe, Variola vakzin zur Züch¬
tung von, von van den Berg .... 2139
Vakzinola, von Kraus . 1972
Valamin, von Simonsohn . 2551
Valaurin, Erfahrungen mit, von Bräutigam 2691
Valerianae extract. aromaticum 1839, von
Fischer . 1389
Valeriandialysat Golaz, von Ehrl . . . 2382
Valvula Bauhini, Insuffizienz der, und
ihr Verhalten unter dom Leuchtschirm,
von Lohfeldt . 2757
Variköser Symptomenkomplex, Behand¬
lung des, mit der Klebrobinde, von
v. Heuss . 1232, 2(72
. Seite
Varikozele, operative Behandlung der, von
Gomoiu 2304, akute — durch Unter¬
bindung der unteren Hohlvene, von
Rössle . 2862
Variola, Behandlung der, mit Jodtinktur,
von Rockhill 335, — und Flecktyphus,
von Arzt und Kerl 1124, Epidemiolo¬
gisches und Experimentelles über —
und Vakzine, von Tieche 1681, — bei
Neugeborenen, von Epstein 2299, Häma¬
tologie der — und der Vakzine, von
Schatzmann . 2918
Varix, Kombination von, aneurysmaticus
und Aneurysma spurium, von Göbell 1575
Varizellen, von Medin 2434, — bei Er¬
wachsenen, von Stäubli 773, von Krause
1109, von Lilienthal 1507, von Savini
2138, - und Rubeolae, von v. Pirquet 1300
Varizen, Resultate der totalen Resektion
der oberflächlichen, der Oberextremi¬
täten, von Aiglave 1049, — beider
unteren Extremitäten, von Enderlen
1179, Behandlung der — mittels des
Spiralschnittes, von Geinitz 1257, Häu¬
figkeit der — am Unterschenkel bei
Japanern, von Miyauchi 1614, sapheno-
femorale Anastomose bei — , von
Weichert 1731, Operation der — mit
kleinsten Schnitten, von Holfelder 1950,
im Symptom der Klappeninsuffizienz
bei — , von Hesse . 2009
Vaselininjektion in die Gelenke, von
Rovsing . 2357
Vasocommotio cerebri nach Salvarsan-
infusionen, von Müller . . . .... 805
Vasohypertensin . . . 2472
Vasokonstriktorische Substanzen, Ent¬
stehung von, durch Veränderung der
Serumkolloide, von Handrovsky u Pick 316
Vasomotorische Phänomene am Kopf
durch Extrakte innerer Drüsen, von
Fraenkel . 1349
Vegetarische Diät, absolute, japanischer
Bonzen, von Yukawa . 2011
Vegetationen, Hinabfallen der, und Man¬
deln in die Luftwege bei Operationen,
von Guisez 829, Operationen an den
adenoiden — , von Beck . 1689
Vena cava, Ersetzung eines Stückes der,
inf. durch freie transplantierte V. jugul.
ext., von Jeger u. Israel 1614, Ruptur
der — inf. durch Ueberfahrung, von
Schmieden 1728, Unterbindung der —
ileocolica bei mesenterialer Pyämie
nach Appendizitis, von Braun 2354,
Unterbindung der — portae, von Bur-
denko . . . 2532
Venektasien, operative Behandlung der,
der unteren Extremität, von Kuzmik . 1277
Venenanästhesie, direkte, zu Operationen
an Hand und Fuss, von Kaerger 202,
Erfahrungen an 375 Fällen von — ,
von Hayward . 202
Venennaht, von Retzlaff 329, eine das
Lumen der Gefässanastomose erwei¬
ternde Methode der — , von Dobro-
wolskaja . 2354
Venenpuls, von Ohm 37, 563, Vorhofspuls
und — , von Rautenberg 674, — und
Herztöne, von Ohm . 1848, 1913
Venenstauung, Wirkung der, auf die Puls¬
kurven Herzkranker, von Engel . . • 217
Venerische Krankheiten, die, in England
2074, Kontrolle der — , von French
2202, von Blaschko 2202, von Finger 2203
Ventilation, Wichtigkeit der, für die indi¬
viduelle Isolierung, von Le Sage . . . 322
Ventrifixur, Nachteile der, von Allmann
1107, über 100 — derLigg. rot., von Riss¬
mann .... . ... 2010
Ventrikelzyste,traumatische,von v.Haberer 39
Verätzungen, Drucksteigerung bei, und
Verbrennungen, von Kümmell ... 718
Veratrinmuskel, Funktion des, von
Wöbbecke . • 600
Verbände, Instrument zum Oeffnen der
festen, von Bley 885, erster — bei ak¬
zidentellen Wunden, von v. Eiseisberg 1236
CVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Verbandstag, 10., deutscher Bahnärzte .
Yerblödungsprozesse, Differentialdiagnose
der jugendlichen, von Tuczek ....
Verblutung, postoperative, von Rössle 158,
— intra partum infolge Venenruptur
des Uterus, von Langes .......
Verblutungstod, subendokardiale Ekchy-
mosen beim, von Stoll 1972, intraperi¬
tonealer — sub partu, von Stephan .
Verbrennung, elektrische, von Beck 218,
Drucksteigerung bei — , von Kümmell
718, eigentümliche Befunde bei — , von
Harbitz 771, — nach Rovsings Methode
behandelt, von Wulff 1651, 2357, Be¬
handlung schwerer — , von Beck 1863,
Behandlung einer schweren — mit dem
Warmluftstrom, von Frankhauser 2625,
Heilmittel gegen — , von Bamberger
Verbrühungstod, Symptomatologie des,
von Pfeiffer 1899, von Pfeiffer und de
Crinis . .....
Verdauung und Stoffwechsel, von Falken¬
stein 38, Infektion und — , von Meyer
994, — lebenden Gewebes im Magen,
von Kawamura 2008, Verhalten des
im Fleisch enthaltenen Eisens und
Kalziums bei der — , von Abderhalden
und Hanslian 2130, normale und patho¬
logische — beim Hunde, von London
Verdauungsfermente s. u. Säuglinge.
Verdauungsinsuffizienz jenseits des Säug
lingsalters, von Wieland .
Verdauungskanal, Krankheiten des, voü
Cohnheim 86, Frühdiagnose der Kar
zinome des — , von Schütz ....
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
erste Tagung für . . .
Verdauungsprozesse, Aenderungen in den
nach Gastroduodenostomie und Gastro
jejunostomie und totaler Magenopera
tion, von Dagaew .
Verdauungstrakt, Indikationen für Opera
tionen bei Erkrankungen des, von
Einhorn 545, experimentell -radiolo¬
gische Studien zur Physiologie und
Pathologie des — , von Lenk und Eisler
Verdauungsvorgang, der, im Lichte der
vitalen Färbung, von Goldmann . . .
Vereine, Rechtsfähigkeit ärztlicher, in
Preussen 53, 390, 391, 446, 875, 1527,
Vereine s. a. Teil VI.
Verein, Versammlung des Deutschen, für
Schulgesundheitspflege in Breslau 447,
504, 20. Tagung des — deutscher Laryn-
gologen 320, Jahresversammlung des
Deutschen — für Psychiatrie 447,
29. Hauptversammlung des Preus-
sischen Medizinalbeamten- — 679,
Jahresversammlung des Internat. —
für medizinische Psychologie und
Psychotherapie 735, Jahresversamm¬
lung des — Bayerischer Psychiater
1303, — Liegnitzer Aerzte 1415, 38. Ver¬
sammlung des Deutschen — für öffent¬
liche Gesundheitspflege 1527, 1864,
Vorsitz des — Deutscher Laryngologen
Vereinigung der an leitender Stelle im
Kommunaldienst angestellten Aerzte
1864, 2319, Internat. — gegen die Tuber¬
kulose 2151, — mitteldeutscher Psychi¬
ater 2207, Internat. — für Rettungs¬
wesen und erste Hilfe 2263, — süd¬
westdeutscher Kinderärzte .
Vererbung s. a. Hämophilie.
Vererbung und Rassenhygiene, von Bayer
1389, — und Bestimmung des Ge
schlechte, von Goldschmidt ....
Vererbungsgesetze, die Mendelschen, von
Hammer .
Vererbungslehre, von Plate 879, internati
onale Konferenz für — .
Vererbungsproblem, das pathogenetische
von Rhode .
Vergebungsfest im Ospedale maggiore in
Mailand .
Vergely Dr. P. t . - •
Vergiftung s. a. Ameisensäure, Anaphylat
oxinvergiftung, Anilinverg., Arsenik-
Seite |
1975 !
954
937
2533 t
Seite
2927
1 899
2130
2476
1507
2711
1563
1031
1053
2654
2656
2384
1688
1460
1471
2479
1112
1416
verg., Atropinverg., Bleibetriebe, Blei
verg.,Chloreton verg. , Extract. filic masi s
Gase, Gasverg., Hydrarg. oxycyanat.
Kal. chloric., Kleesalzverg , Kohlenoxyd
verg., Kokainverg., Konservenspargel
Leuchtgasverg , Lysolverg., Morphium
verg., Natriumnitrit, Nitritintoxikation
Nitrobenzol, Oxalsäureverg., Pankreas
verg., Paraldehydverg., Sälzsäurevorg.
Schlaf mittel verg., Schwefelkohlenstoff
Schwefelsäure verg., Sublimatverg.,Toxi
peptidenverg., Trypsinverg., Veronal-
verg., Wurm verg.
Vergiftung, Folgen der, durch Adrenalin,
Histamin, Pituitrin, Pepton, sowie der
anaphylaktischen, in Bezug auf das
vegetative Norvonsystem, von Fröhlich
und Pick 316, Pathologie und Therapie
der akuten — , von Müller 440, Adrenalin
bei — , von Jona 1733, die anaphylak¬
tische und anaphylaktoide — , von
Löwit 1845, Muskelveränderungen bei
der anaphylaktischen und anaphylak¬
toiden — , von v. Worzikowsky-Kund-
ratitz 1846, Arbeiterschutz und gewerb¬
liche — in der Schweiz, von Spinner
Verhandlungen des VI. Internationalen
Kongresses für Geburtshilfe und Gynä¬
kologie in Berlin .
Verhütungsmittel, öffentliche Ankündi¬
gung von .
Verkalben, Diagnostik des ansteckenden,
von Szymanowski .
Verkalkungen, Röntgonbilder von, von
Fraenkel . .
Verkalkungsherde, intrakranielle, von
Schüller .
Verknöcherungen, posttraumatische, von
Grässner .
Verletzung, merkwürdige, von Matthes
617, — durch eine Kastanie, von
v. Hoesslin .
Vermifuga, Wert einiger, gegenüber dem
Ankylostomum, von Schüffner ....
Veronal, Arzneiexanthem nach, von Pernet
Veronalvergiftung und ihre Therapie, von
Tholl ' .
Verrucae, Heilung der, planae durch Sal
varsan, von Loeb .
Verruga peruviana, von Werner 213
Untersuchungen über — , von Mayer
Rocha-Lima und Werner ....
Versalzung der Elbe und der Weser durch
die Abwässer dor Kaliindustrie, von
Dunbar .
Verschüttete Arbeiter, von Marx . . . .
Versehen, das, der Schwangeren in Volks¬
glaube und Dichtung, von Kahn . . .
Versicherungsgesetz, nationales, in Eng¬
land 167, 223, 267, — für Angestellte
168, von Mugdan . 1225,
Versicherungskasse für die Aerzte Deutsch¬
lands 567, 568, Rechenschaftsbericht
der — .
Versicherungsmedizin, neue Arbeiten aus
dem Gebiet der . 375, 2645
Vertrag s. a. Mantelvertrag, Musterverträge,
Tarifverträge, Krankenkassen, kassen¬
ärztliche Verträge.
Verträge, zivilrechtliche Gültigkeit unter
Ehrenwort gestellter .
Vertragskommission, Bericht der Gross¬
berliner, von Moll .
Verwachsungen, röntgenologische Befunde
bei perigastritischen, von Haudeck 1013,
— zwischen Dünndarm und Blasen¬
vertex, von Ottow 1164, Wichtigkeit
der — in der Magenpathologie, von
Marie und Clergier .
Verwundete, Behandlung der, auf dem
Schlachtfelde, von v. Oettingen . . .
Verzinkung, Verzinnung und Verbleiung
von Gegenständen .
Vesal, anatomische Erklärung der Original¬
figuren von Andreas, von Palmaz von
Leveling .
Vesikovaginalfistel auf intravesikalem
Wege geschlossen, von Baer . . . .
1896
1127
389
148
269
957
778
2710
1344
2024
606
264
739
1126
2926
319
1692
1527
2697
2288
2654
Seite
2920
1394
2263
2053
Vestibularapparat, kalorische Funktions¬
prüfung des, von Michaelsen ....
Veterinärpolizeiliche Anstalt in München
Veterinärwesen, Arbeiten über das 372,
Vibrator, neuer, von Plate .... 258,
Vibrette, von Dreuw .
Vichy, Gichtbehandlung in, von Chabrol
Vierlinge und Vierlingsmütter, von Hauser
Vierzellenbad, neue Anwendung des elek
trischen, von Schnee . .
Vierzellenbadeschalter, von Schnee . .
Vioform, von Feodorow .
Rudolf Virchow-Haus 2495, städtischer Zu
Schuss für das — ... 1509, 1527
Vircbows Witwe f .
Viscostagonometer, von Traube ....
Viskosität s. u. Blut.
Viskositätsbestimmung des Blutes bei cbi
rurgischen Erkrankungen, von Frisch
berg .
Visnervin .
Viszerale Organismen, von Carrel .
Vita sexualis, ausgewählte Kapitel unserer,
von Grinker . .
Vitale Färbung, Einfluss physikalischer
Massnahmen auf die, von v. Dalmady
Vitaminlehre s. u. Diät,
v. Vogl, Generalstabsarzt z. D. Dr. Anton f
1416, von Seydel 1550, Legat Exz. v. — s
Volksaufklärung auf hygienischem Gebiet
Volksborngesellschaft, Rednerliste der . .
Volksheilmittel und Unfallheilkunde, von
Mayer . .....
Volksheilstätten, Heilerfolge der, in der
Tuberkulosebehandlung, von Grau . .
Volks- und Jugendspiele, Jahrbuch für,
von v. Sehen ckendorff und Schmidt .
Volkskrankheiten, Bekämpfung der, in der
Schweiz . . . .
Volvulus, Zoekum-Dünndarm-, in einer ein¬
geklemmten Hernie, von Syring 371,
partieller — des Magens, von Orth 716,
chronischer — des S romanum, von
Lorenz 901, — des Dickdarms, von
Bundschuh 1677, von Jankowski 2533,
— der Flexura sigmoidea, von Riese
Vorderarmfrakturen, Behandlung von, mit
Bolzung, von Schöne .
Vorderarmsynostose, kongenitale, von
Maar . ... 781
Vorderhauptslagen, Behandlung der, von
Lehle . .
Vorderhirn der Vögel, von Rose . . . .
Vorderkammerinhalt, Strömungsrichtung
und Resorption des, von Klein . . .
Vorfall beider Unterextremitäten neben
dem Kopfe, von Bilsted . •_ .
Vorhof, Registrierung des Druckes im
rechten, von Weber 2553, von Rauten¬
berg .
Vorhofflattern, von Ritchie .
Vorhofflimmern, von Rihl . .
Vorhofkontraktion, Einfluss der, auf die
Blutdruckkurve, von Lohmann . . . .
Vorhofspuls und Venenpuls, von Rauten¬
berg .
Vorzugsbuttermilch, von v. Pfaundler . .
Votivgaben, antike, von Sudhoff . . . ■
Vulva, Blutgeschwulst der, von v. Zubrzyki
600, elefantiastische Tuberkulose der — ,
von Daniel .
Vulvakarzinom, Erfahrungen über das, von
Rupprecht 314, operiertes — , von
Fleischhauer . . . .
Vulvovaginitis, Vakzinebehandlung der go¬
norrhoischen, von Winokurow und
Wainstein 1624, Behandlung der — ,
von Slingenberg .
W.
Wachstumsstörung, von Falta .
Wärmeregulation, nervöser Mechanismus
der, von Freund 838, Beziehungen der
Nebennieren zu — , von Freund und
Marchand 1164, Mechanismus der — ,
vonWalbaum 1280, — undKohlehydrat-
1219
1359
1902
436
949
835
812
951
1715
2810
2095
504
2129
2135
1840
2591
1916
949
1975
2028
110 j
2697
1638
991
1346
2858
2327
8851
860
2374
2806
2298;
2912
9421
1950
2190
671
1123
2638
93t
1741
2298 -
1301
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
CVII
Stoffwechsel, von Silberstein 1458, Be¬
deutung der Vagi für die — , von Freund
1506, Einfluss des Zwischenhirns auf
die — , von Leschke 2134, Blutzucker
und — , von Freund und Marchand
2475,
Wärmestichfieber, das, als Ausdruck
d. Wärmeregulationsvermögens , von
Freund .
Wärmetherapie, intrastomachalo,vonFunke
Wallace Alfred Russell f 2552, von Daser
Wanderausstellung Mutter und Säugling
Wandermilz, von Montuovo .
Wanderniere, Beziehungen zwischen der,
und der chronischen Kolitis, vonLiddell
887, operative Behandlung der — , von
Kocher 1284, — mit Solitärzyste in
kleinen Becken, von Falgovski . . .
Wanderversammlung, 38., der südwest¬
deutschen Neurologen und Irrenärzte
Warmwasserversorgung für Operationssäle,
von Becker .
Warzenfortsatz, Spätempyeme des, von
Lüders .
Wasser, Methode zur Beurteilung der fä¬
kalen Verunreinigung eines, von Hen-
ningsen 1341, sanitäre Begutachtung
des — , von Gorowits 1623, neuere Ver¬
fahren zur Sterilisierung etc. von — ,
von Selberg 1848, Bedeutung des —
für Konstitution und Ernährung, von
Schlossmann 2371, das — in der Physik
und Technik des Altertums, von Ur-
schütz .
Wasserdestillation, Methoden der, von
Barladean .
Wasserfehler, Kochsalzfieber und, von
Freund .
Wassermann-Neisser-Brucksche Reaktion,
Modifikation der, nach Stern, von
Quadflieg 1047, Verwendbarkeit von
Retroplazentar- und Nabelvenenblut zur
— , von Krukenberg . .
Wassermannsche Reaktion, die, bei Neu¬
geborenen und Säuglingen, von d' Astros
und Teiseonier 323, — und Lebensver¬
sicherung, von Friedländer 378, v. Dun-
gernsche Vereinfachung der — , von
Drügg 430, Merkblatt für die — 502,
504, Fehlerquellen der — , von Stern
546, positive — bei Sarkom, von Lassen
550, praktische Bedeutung der — , von
Jacobsthal 620, 671, 730, Beziehungen
der Hautreaktion bei Lues zur — , von
Müller und Stein 661, die — in der
Krankenhauspraxis , von Tuschinsky
und Iwaschenzow 662, Häufigkeit der
— im Liquor cerebrospinalis bei Para¬
lyse, von Kirchberg 884, — in d. Schwan¬
gerschaft und bei Wöchnerinnen, von
Sarateanu und Velican 937, — als In¬
dikator bei der Therapie der Syphilis,
von Hecht 1069, Auslegung der Resul¬
tate der — , von Craig 1224, Beobach¬
tungen bei der — , von Thiele und
Embleton 1276, Bedeutung der — für
den Gerichtsarzt, von Bohne 1281, Ein¬
fluss des Salvarsan und Neosalvarsan
auf die — von Gurari 1287, Technik
der Blutentnahme für die — , von Mulzer
1429, Reaktionsumschläge bei wieder¬
holter — , von Seiffert und Rasp 1506,
zur Frage des verfeinerten — , von
Graetz 1518, positive — bei malignen
Geschwülsten, von Spiess 1570, neuer
Organextrakt zur Anstellung der — ,
von Bitter 1627, Wesen der — , von
Liebers 1729, zweijährige Erfahrungen
mit der — von Wesener 1816, brauch¬
barer Organextrakt zur Anstellung der
— , von Bitter 1819. Meiostagminreak-
tion und — bei Lues, von Bazzicalupo
1849, — bei Diabetes, von Richartz
1851, zur Technik der Blutentnahme für
die — , von Raab 1941, — bei der gynä¬
kologischen Diagnose, von Mc Ilroy
1969, Ausfall der Müller-Brendelschen
Modifikation der — bei Malaria, von
Zschucke2137,quantitativeBestimmung
Seite
2860
1506
1114
2593
1416
2010
1456
391
1728
41
2433
1601
2915
2744
Seite
der verschiedenen Grade bei positiver —
von Ginsburg 2309, Bedeutung der — mit
Leichenblut, von Boas und Eiken 2357,
Einfluss der Temperatur auf die Kom¬
plementbindung in der — , von Thomsen
und Boas 2358, bei malignen Tumoren,
von Eliasberg 2532, Bedeutung der — ,
von Citron 2541, relative Häufigkeit der
— und Noguchi-Reaktion bei Erwach¬
senen, von Mathieu, Weil und Gironz
2653, Bedeutung der — bei der Ver¬
wendung von Ammen, von Wesener
2689, Wert der — für das Versiche¬
rungswesen, von Schottmüller 2699,
Einfluss des Phenols auf die — , von
Meyer 2801, von Signorelli 2801, Wesen
der — , von Rabinowitsch . . . .
Wasserpfeffor bei Gebärmutterblutungen,
von Kaminskaja .
Wasserproben, Eisenfällung zur direkten
Keimzählung in, von Hesse 1220, leicht
desinfizierbare Pumpenvorrichtung zur
Entnahme von — , von Ishiwara .
Wassersterilisation mittels ultraviolettei
Strahlen, von Müller .
Wasserstoffsuperoxyd, Anwendung des
bei Erkrankungen des Magens und des
Darmes, von Wolpe ...
Wassersucht, Blutbildung bei fötaler all
gemeiner, von Rautmann 262, ange
borene — , von Pfreimbter 951 , Be
handlung der Herz- und Nieren — , von
Strauss .
Wasseruntersuchung, Methoden der bak
teriologischen, von Hesse 1729, zur
bakteriologischen — , von Ficker . .
Wasserversorgung von Prag, von Reisinger
620, — von Stadt und Land, von
Thiersch 1059, 2872, — von Städten,
von Bürger .
Webschiffchen, Ansaugen des Fadens an
die, von Bargeron .
Wechsel strombäd, das, von Strubell . . .
Wechselstrom-Röntgenmaschine, von Des¬
sauer .
Wehenanregende Mittel, klinische Ver¬
suche mit, von Ertl ........
Wehen erregende Substanzen und innere
Sekretion, von Schickele 1349, Natur
und Verbreitung vasokonstriktorischer
und — im Körper, von Lindemann
und Aschner .
Wehenmittel, Wirksamkeit der, in der Nach¬
geburtsperiode, von Rübsamen 627,
moderne — , von Koch 993, ein neues
— (Präparat 1 97-Roche), von Lindemann
2535, klinisch-experimentelle Unter¬
suchungen über die Wirksamkeit syn¬
thetischer — , von Rübsamen ....
Wehenschwäche, medikamentöse Behand¬
lung der, von Reinhard .
Wehentätigkeit, Beeinflussung der, durch
Skopolamin-Pantopon-undSkopolamin-
Narkophin - Injektionen , von Zins¬
meister .
Wehrkraftverein, gesundheitliche Ziele
und Massnahmen des, von v. Heuss
Weichardtsche Reaktion, von Engelhorn
Weihnachtsgabe für arme Arztwitwen in
Bayern . 56, 2496, 2552, 2712, 2768
Weiszsche Reaktion im Harn Tuberkulöser
von Vitry .
Werlhofii morbus maculosus, Blutgerin
nungsfähigkeit , Viskosität und Blut
plättchenzahl bei, von Steiger . . .
Wer ist’s? von Degener .
Wertheimsche Abdominalpanhysterekto
mie, von Ohilde .
Wettbewerb, Strafantrag beim unlauteren
Weyl Prof. Dr. Theodor + .
Whitehead Prof. Dr. f .
Witwengabe des L. W. V .
Wiederkäuen, ein ausserordentlicher Fall
von menschlichem, von v.Gulat-Wollen
bürg ... . .
Wien, die Gesundheitsverhältnisse von
im Jahre 1912 320, Neuigkeiten aus —
902, Spital not in — 1171, Krebsspital
und Krebsinstitut in — 1171, Sanitäts-
2809
2809
2640
373
2422
1014
1902
2536
846
2644
2289
1303
1976
2712
2568
Steuer in — 1171, Pflegerinnen wesen
m
2546
1896
1613
833
973
2779
2724
938
999
677
1195
2872
1904
Wiesbaden, Kaiser Friedrichbad in . .
Wietingsche Operation s. a. Anastomose.
Wietingsche Operation, von Ssokolow .
Wildungen, Ermässigungen in Bad . .
William PI. Welch Endowment for Clinical
Education and Research .....
Wilsonsche Krankheit, von Stöcker
v. Winckels nachgelassene Vorträge . .
Winkl er-Schulz-Oxydasereaktion, klinische
Bedeutung der, von Platiegan . . .
Wintersport, Verletzungen beim, von Bern
hard .
Wirbelsäule, transperitonealer Weg bei
Operationen an der, von Jourdan 203,
der röntgenologische Nachweis von
Verletzungen der — , von Graessner
377, Krankheiten der — , von Auvray
und Mouchut 479, Redressement der
kyphoskoliotischen — , von Engelmann
1124, Enchondrom der — , von Valen¬
tin 1677, Rachitis der — , von Engel¬
mann 2368, Entstehung u. Behandlung
seitlicher Verkrümmungen der—, von
Werndorff 2368, Verlauf und Ausgang
der Tuberkulose der — , von Seemann
Wirbelsäulentuberkulose, Zelluloid bei der
Behandlung der, von Gauvain . . . .
Wirbelsäulenverkrümmungen, Behandlung
der, durch Laien .
Wisbola • .
Wising Dr. P. J. f .
Wismutpaste, Nitritintoxikation bei der
Injektion der Beckschen, von Jensen
1202, wirksamer Bestandteil der Beck¬
schen — , von Rost 2281, von Wacker
Wissenschaftliches humanitäres Komitee,
Vierteljahresbericht des, von Hirsch¬
feld . . . .
“Wochenbett, Aetiologie der Spätblutungen
im, von Looss 1045, Krankheitszustand
im — , von Pelz . . . . .
Wochenbettfieber, Verhütung der durch
Spontaninfektion verursachten, von
Zweifel . 2298,
Wochenschrift, 50. Jahrgang der Berliner
klinischen 111, Jahressitzung des
Herausgeberkollegiums der Münchener
medizinischen — . . • .
Wöchnerinnen s. a. Bergoniösches Ver¬
fahren.
Wöchnerinnen, Vermächtnis zur Unter¬
stützung unehelicher, und Mütter 1127,
Leitfaden zur Pflege der — und Neu¬
geborenen, von Löhlein .
Wöchnerinnenasyle, Vereinigung zur För¬
derung der, von Brennecke 2070, 2852,
von Eckstein .
Wohlfahrtsgründungen, allerlei ärztliche,
in Wien und Oesterreich .
Wohltätigkeitsstiftung in Bad Kissingen
Wohnung und Säuglingssterblichkeit, von
Prinzing .
Wohnungsamt, Eröffnung des städtischen,
in Berlin .
Wohnungsaufsicht, Aufgaben und Erfolge
der, von Badtke .
Wohnungsenquete der Ortskrankenkasse
Berlin für Kaufleute, von Feilchenfeld
Wohnungsgesetz, Entwurf eines, vonWolff
Wohnungskongress, internat .
Wohnungspflege, Organisation einer, und
Wohnungsaufsicht in Berlin . . . . .
Wohnungswesen, Konferenz über studen¬
tisches . 1127,
Wolframantikathode, von Bangert ....
Wortblindheit, kongenitale, von Nadoleczny
Würfelpunkt-Sehproben, von Wolffberg .
Würste, Zusammensetzung und Beurteilung
der, von Avd-Lallement .
Wundbehandlung mit Zucker, von Magnus
406. 960, von Hoffmann 568, von Bar
bo 792, moderne — im Kriege und im
Frieden, von Graf 1358, Pfannenstiel-
sche Methode der — , von Reuterskiold
Wundbehandlungsmittel, erfolgreiches, im
Balkankrieg erprobtes, von Chrysos-
pathes .
Seite
1171
623
2424
1975
2599
2428
2822
828
882
2586
2643
1171
2472
112
2674
933
1731
2307
1126
1336
2746
1625
1583
2693
2317
1225
2752
1013
447
210
1300
833
1123
149
1730
2360
2638
CVIII
INHALTS-VERZEICHNIS
1913.
Wunden, Behandlung granulierender, von
Bergeat 1377, von Bauer 1549, von
Wittek 1657, von Heisler 2460, Be
handlung granulierender — mit Helfo
plaat, von Mertens .
Wundheilung s. u. Bindegewebe.
Wundheilung an Leber, Milz und Nieren
von Waliaschko und Lebedew . .
Wundinfektionen im Kriege, von Meyer
Wundlaufen, Formaldehydlösung, zurVer
hütung des, von Eguchi . • ...
Wundpulver, neues, von Hammer . ,
Wundschmerz nach Lokalanästhesie, von
Wolf .
Wurm, partielle Entfernung des, wegen
Geschwulstbildung, von Oppenheim u
Krause .
Wurmfortsatz s a. Processus vermiformis,
Appendix.
Wurmfortsatz, Veränderungen des, bei
Peritonitis, von Sugi 94, primäre Kar
zinome des — , von Luce 145, Aus
Schaltung des — , von Steinmann 771
systematische Untersuchungen des —
von Colan 831, röntgenologische Dar
Stellung des -, von Cohn 1042, Pal
pation des — , von Bjalokur 1108, Ein
klemmung und Gangrän des — und
einer Dünndarmschlinge, von Wagner
1397, Karzinoide des — , von Müller
1676, Zylinderzellenkarzinome des — ,
von Miloslavich 1679, Ausschaltung
des — , von Sonnenburg 2070, die Drüsen
und Follikel des — , von Nagoya 2690,
Gefässveränderungen am erkrankten — ,
von v. Redwitz .
Wurmkrankheit, Ausbreitung der, in
Muansa, von Petzoldt 1344, — in Nieder¬
ländisch Indien, von Schüffner . . .
Wurmmittel s. a. Vermifuga.
Wurmmittel, neue Methode der Wert¬
bestimmung von, A’on Schüffner und
Vervoort .... ... . . .
Wurmvergiftung, Veränderungen der Or¬
gane mit innerer Sekretion bei der,
von Bedson .
Seite |
2792
2807
2925
1165
1150
2852
163
2744
1344
129
2540
X.
Xanthoproteinreaklion, von Inouje . . 2129
Xanthosarkome, pigmentierte riesenzellen¬
haltige, von Hartert . 1503
Xerasebebandlung des Fluor, von Abraham 1342
Xeroderma pigmentosum, von Richter . 154
Ximenia, ölhaltige Samen der, americana,
von Schröder . . 373
Xylol, Behandlung des Ekzems, der Krätze
und anderer Hauterkrankungen mit,
von Missikow . 1624
Y.
Yatren, Bekämpfung der Dauerausschei¬
dung von Bazillen mittels, von Bischoff
2194, Unterstützung der Diphtherie¬
behandlung mit — , von Freund 2748,
Behandlung der Diphtherie mit Serum¬
injektion und — , von Kausch .... 2748
Yemengeschwür, Vibrionenbefund in
einem, von Wiener . 995, 1957
Yoghurt, Ueberwachung des Verkehrs mit,
undYoghurtpräparaten, von Griebel 426,
Untersuchungen über — , von Hohen-
adel . 482
Yohimbin, bisher nicht bekannte Neben¬
wirkung des, von Hübner . . 50, 325, 542
Z.
Zahnärztekammer in Preussen 53, 1303, 2439
Zahnärztliche Gesichtspunkte aus der Rhi-
nologie, von Gibbs . 829
Seite
Zahnärztliche Doktorwürde, Kampf um die 2822
Zahnerosion, die, von Coustaing und Fil-
dermann . 1790
Zahnfleiscbtuberkulose, von v. Tappeiner 1503
Zahnheilkunde, konservierende, von Michel
991, von Peckert 991, Lehrbuch der
konservierenden — , von Preiswerk 991,
technische und chirurgische — , von
Warnekros 1009, Bedeutung der Rönt¬
genphotographie für die — , von Zilkens 2088
Zahnkaries, eine Streptomykose, von Baum¬
gartner . 318
Zahnkeimentzündung, nekrotisierende, von
Zarfl . 564
Zahnkrankheiten, Lehrbuch der, von Mayr¬
hofer 991, Pathologie und Therapie der
chirurgischen — , von Mayrhofer . . . 2353
Zahnradiologie, von Robinsohn ... . 2200
Zahntechniker, Stellung der, in der R.V.O.
2822, 2823
Zahnwurzelspitzenresektion, von Schott¬
länder . 1284
Zahnzysten, von Heineke . 1409
Zange s. a. Forzeps, Fasszange, Geburts¬
zange.
Zangenanwendung in der Privatpraxis,
von Fleurent . . . . 2297
Zehen, Verletzungen und traumatische Er¬
krankungen der, und ihre Begutach¬
tungen, von Waibel 467, Doppelbildung
der — , von Gebhardt . . .... 1163
Zeitschriften, s. Teil IV, Journalliteratur.
Zeitschrift, internationale, für ärztliche
Psychoanalyse 336, Umfang und Preis
medizinischer — 902, — für urologische
Chirurgie 933, — für Krankenanstalten
1975, — für die ges. experimentelle
Medizin 2030, — für angewandte Ana¬
tomie und Konstitutionslehre 2030, —
für urologische Chirurgie 2030, — für
ophthalmologische Optik mitEinschluss
der Instrumentenknnde . . . 2030
Zelle, synthetische Fähigkeiten der tieri¬
schen, von Abderhalden, Lampe und
Hirsch 2191, Gedanken über den spe¬
zifischen Bau der — im einzelnen Or¬
gane und ein neues biologisches Gesetz,
von Abderhalden 2385. 2712, von Ham¬
burger 2711, Bedeutung der azurophilen
Granulationen derlymphoiden — bei In¬
fektionskrankheiten, von Mondolfo . 2751
Zelleinschlüsse, Döhlesche, von Schippers
und de Lange 715, von Beläh 41, von
Schwenke 752, von Lippmann und Huf¬
schmidt . 1106
Zellfärbung, Pbysiochemie der, von v. Szily 1682
Zellreaktion nach Freund Kaminer bei
Ratten, von Ishiwara 603, von Rosenthal 1455
Zelluloidplatte in der Stirnhöhlenwand,
von Schloffer . 1299
Zementfabriken, Gesundheits Verhältnisse
in den, von Deubner . 1897
Zentralblätter s. a.Teil IV, Journalliteratur.
Zentralblatt für die gesamte Chirurgie 623,
— für die gesamte Gynäkologie und
Geburtshilfe . 623
Zentrale Erkrankungen, Anwendung der
physikalischen Heilmethoden bei, von
Goldscheider . 258
Zentralnervensystem, Beziehung, zwischen,
Vestibularapparat, von Barany 97, histo-
pathologische Befunde am — syphili¬
tischer Kaninchen, von Steiner 1221,
1511, Verän terungen des — bei per¬
niziöser Anämie, von Lube 1619, kom¬
binierte Lokal- und Allgemeinbehand¬
lung der Svphilis des — , von Swift
und Ellis 1977, Indophenaloxydase im
— , von Pighini 2244, Veränderung der
reflektorischen Erregbarkeit bei Ein¬
wirkung drs intermittierenden galva¬
nischen Stromes auf das — , von Tscha-
gowetz 2244, Häufung dysontogene-
tischer Bildungen im — , von Ross¬
knecht 2248, diagnostische Unter¬
suchung des Blutes, und der Zerebro¬
spinalflüssigkeit bei Erkrankungen des
— , von Hafka 2249, pathologische
Seite
Histologie des — syphilitischer Ka¬
ninchen, von Steiner24l9, Vorkommen
der Spirochaete pallida bei früh- und
spätsyphilitischen Erkrankungen des
— , von Versö 2446. Beziehungen des
Berufes zu den metasyphilitischen Er¬
krankungen des — , von Boas . . . 2699
Zentralröntgeninstitut, das neue, im k. k.
allg. Krankenhaus in Wien, von Holz-
knecht . 1698
Zentral-Spar- und Kreditinstitut in Wien 1625
Zeozon präparate, von Mannich . 902
Zephalhydrozele, traumatische, v. Heineke 672
Zerebrospinalflüssigkeit, Gelbfärbung der,
von Reich 201, Zucker in der — , von
Jacob 605, Untersuchung der — , von
Plaut, Rehm und Schottmüller 2188,
Untersuchung der — bei der Behand¬
lung nervöser syphil. Affektionen, von
Brem . 2592
Zerebrospinalmeningitis, eitrige, v. Jamin
268, epidemische — , geheilt durch
Antidiphtherieserum, von Rawitsch 1106
Zerebro zerebellare Bahnen, von Besta . . 260
Zervikalrippe, vaskuläre Symptome der,
von Todd 886, Technik der Exzision
der — , von Bankart . 1955
Zervixkarzinom, abdominale Totalexstir¬
pation eines, von Henkel 613, Diagnose
der Operabilität des — , von Cruet 1049,
Radium und Mesothorium bei — , von
Schauta . 2804
Zeugenaussage, Psychologie der, von Ley
und Menzerath . 2255
Zeugung, die, unter Blutsverwandten, von
Rohleder 34, die — im Rausche, von
Näcke . 1620
Zimbes, Dr., allerneuestes Heilsystem . 1841
Zinnblech, die bei der Fabrikation von,
hervorgerufene chronische Irritation,
von Ross und Oropper . 2696
Zirbeldrüse, Teratom der, von Hueter 895,
die Genitalorgane und die — , von
Cristea 1051, Pathologie und Operabi¬
lität der Tnmo'en der — , von Rohr¬
schach 1106, Schwangerschaftsverän¬
derungen der — , von Aschner 1291,
die Funktionen der — , von Dana und
Berkeley . 1851
Zirbeldrüsenextrakt in der geburtshilf¬
lichen Landpraxis, von Wolf . . . 1903
Zirbeldrüsengeschwulst, von Goldzieher . 2534
Zirkulationsstörungen an der unteren Ex¬
tremität nach Unterbindung der Art.
iliaca com. und der Art. iliaca ext.,
von Strauss . 2354
Zirrhose, kardiale, von Gerhardt ... 956
Zitronensaft, Verwendung des, zu thera¬
peutischen Zwecken, von Zaussailow . 1284
Zoekum, funktionelle Natur des, nnd der
Appendix, von Keith 886, Verschiebung
des — während der Gravidität, von
Füth 1457, Karzinom des — , von
Jenckel 1515, die verschiedenenFormen
des — mobile, von Hausmann . . 2585
Zoogstations, Zoogweet, Vrouwendienst-
plicht, vonVos . 2140
Zoologisches Wörterbuch, von Ziegler . . 1044
Zottenkropf, von v. Vereböly . 1277
Zucker, Wundbehandlung mit, vonMagnus
406 960. von Hoffmann 568, von Barbo
792, — in der Zerebrospinalflüssigkeit
bei Meningitis, von Jacob . 605
Zuckerbehandlung von Bauchdeckenphleg¬
monen und -abszessen, von Baeumer 1687
Zuckerbestimmung, quantitative, ohne
Polarimeter, von Katz . . . . 717
Zuckergehalt, Bestimmung des, in kleinen
Blutmengen, von Kowarsky ... 2013
Zuckergussleber, von Hochhaus 385, von
Siegert . ... 2378
Zuckerinfusionen, ein Prophylaktikum
gegen Thrombose, von Kuhn . . 1277
Zuckerinjektion, Hyperglykämie durch
intravenöse, von Thannhauser und
Pötzer . 2155
Zuckerkranke, Grundzüge für die Ernäh¬
rung von, von Albu . 710
1913,
INHALTS-VERZEICHNIS
CIX
Seite
Zuckerkrankheit in den nordischen Län¬
dern, von Heiberg . . 1169
Zuckermobilisation durch Adrenalin, von
Pechstein . 770
Zuckernachweis s.a. Gärungssacharometer.
Zuckernachweis, einfacher, im Harn, von
Gause . 2138
Znckerstich, Nebenniere und, von Jarisch 1950
Zuckerstoffwechsel, Pankreas und Ovarium
in ihren Beziehungen zum, von Stolper
146, Einfluss der weiblichen Keimdrüse
auf den — , von Stolper . 544
Züchtung, ein neues Prinzip der elektiven,
und seine Anwendung bei Diphtherie,
von Conradi 1073, elektive — von
Mikroorganismen, von Conradi . . . 1458
Zugverbände mit Trikotschlauchbinde, von
Arnd . 207
ZuDge s. a. Lingua, Landkartenzunge,
Haarzunge.
Zunge, Totalexstirpation der, wegen Kar¬
zinom, von Kümmell 325, Brennen auf
der — bei perniziöser Anämie, von
Zabel . 547
Zungenexstirpation, vollständige, von
Lexer . 612
Zungenkrebs, der, von Ryall 1735, — im
jugendlichen Alter, von Gorse und
Dupnich . 1791
Zungenveränderung, Huntersche, bei per-
niziösrr Anämie, von Matthes .... 1001
Seite [
Zweigläserprobe, Thompsonsche, von Rühl 2233
Zwerchfell, Resektion des, von JankowHki 2249
Zwerchfellbruch, eingeklemmter, von Gu-
rewitsch . 2194
Zwerchfelldefekte, plastischer Ersatz von,
von Ikonnikoff und Smirnoff .... 1218
Zwerchfellhernie, nichttraumatische, von
Scudder . 486
Zwerchfellhochstand, einseitiger, von
Reuss 938, Bedeutung des habituellen
linkseitigen — , von Hoehl . . . . . 1292
Zwerchfelllähmung, von Matthes .... 215
Zwerchfellreiben ein Frühsymptom der
Magenperforation, von Brenner . . . 2366
Zwerchfellruptur, subkutane, von Riebel 1804
Zwerchfellstand, Bestimmung des, und
der Zwerchfellfunktion, von ßyloff . . 1790
Zwerchfellübungen gegen Thoraxstarre,
von Hofbauer . 1469
Zwergwuchs, Schwachsinn und Hirnkrank¬
heiten, von Weygandt . 2254
Zwillinge, Nachempfängnis- und Verer¬
bungsfragen bei der Erzeugung rasse¬
differenter, von Nürnberger . 1859
Zwillingsschwangerschaft, 73 Fälle iso¬
chroner heterotoper, von v. Neugebauer 2915
Zwitterbildungen, von Fraenkel . 2310
Zyangas, von Burckhardt . 1280
Zyanid, Wirkung des, von Weizsäcker . 2242
Zyklone, Wirkung von, auf das Allgemein¬
befinden, von Frankenhäuser .... 38
Seite
Zylinder, Rolle der hyalinen, in der Dia¬
gnose und Evolution der Nephritiden,
von Simionescu 2304, — u. Zylindroide,
von Posner . 2535
Zylindrom, von Ploeger . 2092
Zyma s. a. Furunkulin.
Zyste, peripankreatische, von Delfino 936,
— in den langen Röhrenknochen, von
v. Bergmann . 2531
Zystenniere, von Payr 1408, — u. Zysten¬
leber, von Versd 1409, — u. Gravidität,
von Heinsius 1616, pathologische Ana¬
tomie der — , von Berner 2072, Rekon¬
struktionen von — , von Forsmann . 2475
Zystennierenfrage, zur, von Berner . . . 601
Zystinstein, von Jeanbrau . 277
Zystinurie, von Ackermann . 443
Zystitis, operative Heilung der rebellischen,
von Unterberg 1278, Kollargol bei — ,
von Trebing . 2195
Zystizerken, pathologisch-anatomische Ver¬
änderungen, bei, des Grosshirns, von
Margulis 147, — im Glaskörper, von
Sandmann 1801, — meningitis, von
Bittorf . 1895
Zystizerkus s. a. Rautengrubenzystizerkus.
Zystoskopische Irrtümer, von Weiss . . 935
Zystoskopische Untersuchung bei Zervix¬
karzinom, von Cruet . 1049
Zystoskoplampen, einfache Stromquelle
für, von Burckhard . 2803
IV. Journalliteratur. *)
*) Die mit * bezeichneten Zeitschriften werden regelmässig ihrem ganzen Inhalte nach referiert.
Seite
Zeitschriften in deutscher Sprache.
Amtsarzt, der . 2073
Apothekerzeitung . . ... 425, 426
Arbeiten, Neue, aus dem Gebiete der
Versicherungsmedizin 375, — aus dem
Kaiserl. Gesundheit samt* 95, 147, 262,
372, 1108, 1165, 1220, 1846, 1902, 2640,
2916, Wiener — aus dem Gebiet der
sozialen Medizin . 2415
Archiv, Deutsches, für klinische Medizin*
35, 880, 1105, 1216, 1275, 1336, 1783, 1841,
2472, 2800, — für klinische Chirurgie*
39, 90, 143, 202, 312, 1161, 1217, 1614,
1676, 1785, — für Gynäkologie* 1615,
1677, 2474, 2802, — für Hygiene* 147,
312, 429, 482, 601, 1165, 1280, 1450, 1565,
1729, 1846, 2640, 2915, — für soziale Hy¬
giene* 374, 1225,2752,2915, - für Kin¬
derheilkunde* 93, 205, 883, 2298, — für
Orthopädie, Mechanotherapie und Un¬
fallchirurgie* 1163, 1842, 2586. — für ex¬
perimentelle Pathologie und Pharmako¬
logie* 202, 312, 601, 660. 937, 1164, 1280,
1341, 1565, 1678, 1845, 2137, 2193, 2475,
2535, 2915, Virehows — * 94, 600, 714,
1007, 1788, 2418. 2533, — für Psychiatrie
und Nervenkrankheiten* 260, 884, 1448,
1564, 2012, 2419, 2587, — der Ver-
dauungskrankbeiten unter Einschluss
der Stoffwechselpathologie und der
Diätetik* 146, 544, 1108, 1618, 2011,
2639, 2852, — für Laryngologie und Rhi-
nologie 208, 209, 265, 1793, 2360, — für
Ohrenheilkunde 774, — für Augen¬
heilkunde 718, 2262, — für Ophthal¬
mologie 1453, 2478, v. Gräfes — für
Seite
Ophthalmologie 717, 718, 1454, — für
experimentelle Pathologie undTherapie
206, 2747, 2853, — für Pharmakologie
426, — für Physiologie 2189, 2190, 2191,
2192, — für die gesamte Physiologie
2130, 2131, 2189, 2191, 2242, 2243,
2244, skandinavisches — für Physio¬
logie 2189, 2192, — für Schiffs- und
Tropenhygiene 1343, 1344, 1045, 1399, 1956
Beiträge, Bruns’, zur klinischen Chirur¬
gie* 144, 202, 370, 658, 882, 1277, 1676,
1899, 2008, 2068, 2354, 2473, 2585, 2743,
Zieglers — zur pathologischen Ana¬
tomie und allgemeinen Pathologie * 261,
315, 660, 826, 1279, 1340, 1845, 2474,
2588, Hegars — zur Geburtshilfe und
Gynäkologie* 372, 1044, 1951, 2638,
— zur Klinik der Tuberkulose* 369,
711, 881, 1337, 1784, 2245, 2353, 2687,
Passows — zur Anatomie, Physiologie,
Pathologie und Therapie des Ohres, der
Nase und des Halses . 1792
Bericht der Deutschen Botanischen Ge¬
sellschaft 368, — der Deutschen phar¬
mazeutischen Gesellschaft . 368
Blätter für Vertrauensärzte der Lebens¬
versicherungen . 378, 2699
Concordia . 1897
Ergebnisse der Chirurgie und Ortho¬
pädie . . . . 2069
Folia urologica . . 2131, 2132
J ahrbuch für Kinderheilkunde* 315, 600,
771, 937, 1340, 1618, 1842, 1901, 1951,
2193, 2689, 2746, Klinisches — * . . . 370
Klinik, medizinische 53, 110, 167, 223,
335, 368, 376, 377, 378, 902, 1014, 1302,
2029, 2262, 2382, 2697, 2698
Seite
Korrespondenzblatt für Schweizer
Aerzte* 41, 149, 207, 317, 431, 602,
661, 773, 938, 994, 1110, 1167, 1222,
1284, 1343, 1620, 1681, 1849, 1903, 2014,
2072, 2138, 2195, 2249, 2302, 2357, 2420,
2476, 2536, 2748, 2806, 2917
Militärarzt, der ....... 2073
Militärwochenblatt .... 99, 1170, 2073
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der
Medizin und Chirurgie* 200, 543, 1562,
1726, 2008, 2585, 2637, - aus dem Ge¬
biete des Seewesens . 1957
Monatsblätter, klinische, für Augen¬
heilkunde . 149, 151, 1453, 2478
Monatshefte, Therapeutische 53, 110,
167, 446, 503, 566, 679, 735, 790, 845,
902, 959, 1014, 1071, 1183, 1238, 1302,
1358, 1415, 1583, 1638, 1695, 1751, 1806,
1863, 2599, 2654, 2710, 2766
Monatsschrift für Geburtshilfe und
Gynäkologie * 146, 259, 371, 936, 1163,
1447, 1728, 1787, 2638, 2804, — für
Kinderheilkunde* 206, 259, 659, 883,
1045, 1219, 1448, 2010, 2071, 2689, — für
Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhino-
logie 265, 774, 829, 1793, 2360, — für
Unfallheilkunde . . . 375, 376, 2645, 2646
Reform, medizinische 374, 375, 1225,
2751, 2752
Reichsmedizin alanzeiger . . . . 391
Rundschau, Gynäkologische * 146, 259,
372, 544, 993, 1045, 1218, 1397, 1448,
1563, 1617, 1729, 1788, 1842, 2136,
2192, 2247, 2355, 2533, 2688, 2746, 2852,
2915, (Wiener klinische — * 265, 603, 1222,
1732, 2302, 2692, 2806, koloniale — 1957,
Marine - 1401, Schweizer — für Me¬
dizin . 1957
cx
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Sachverständigenzeitung, ärztliche
376, 378, 1396, 2415, 2646, 2698
Sanitätswesen, das österreichische . 2466
Stimme, die . . 209
Telegraphen - und Fernsprech-Technik 2093
Therapie der Gegenwart . . . 2029, 2318
V eröff entlieh un gen auf dem Gebiete
der Medizinalverwaltung 369, — der
Robert-Kocli-Stiftung zur Bekämpfung
der Tuberkulose* . 1396
V i e r t e 1 j a h r s s c h r i f t, deutsche, f . ö.
Gesundheitspflege 368, — für gericht¬
liche Medizin und öffentliches Sanitäts¬
wesen* . . . . 771, 1280, 1679, 1847, 2854
Wochenschrift, Berliner klinische* 40,
148, 206, 263, 316, 429, 483, 545, 601,
714, 772, 826, 884, 993, 1046, 1109,
1119, 1166, 1221, 1282, 1342, 1398, 1450,
1565, 1619, 1680, 1731, 1789, 1848, 1902,
1951, 2012, 2071, 2137, 2193, 2248, 2301,
2856, 2419, 2476, 2535, 2589, 2641, 2691,
2747, 2804, 2916, Deutsche Medizinische
— *40, 99, 148, 207, 263, 316, 373,425,
430, 484, 546, 602, 660, 715, 773, 827, 885,
938, 994i 1046, 1109, 1166, 1221, 1283,
1342, 1398, 1451, 1566, 1619, 1681, 1789,
1848, 1903, 1952, 2012, 2072, 2137, 2194,
2248, 2301, 2356, 2420, 2476, 2535, 2589,
2641, 2691, 2747, 2805, 2916, Wiener klini¬
sche — * 41, 97, 149, 204, 317, 373, 431,
484, 546, 603, 661 , 716, 773, 828, 885, 939,
995, 1047, 1110, 1167, 1222, 1284, 1343,
1399, 1451, 1620, 1681, 1731, 1790, 1849,
1897, 1952, 1957, 2014, 2138, 2195, 2249,
2302, 2420, 2476, 2536, 2590, 2642, 2692,
2749, 2805, 2855, Wiener medizinische
— 42, 97, 374, 485, 662, 828, 1047, 1343,
1452, 1731, 2139, 2196, 2250, 2536, 2642,
2749, 2918, Wiener klinisch-therapeu¬
tische — 207, 547, 939, 2537, 2806,
Frager medizinische — 318, 774, 1284,
2196, 2693, dermatologische — 235,
2382, — für Therapie und Hygiene
des Auges . 149, 150, 2478
Zeitschrift für klinische Medizin* 88,
480,824, 1446, 1674,2065, 2851, Deutsche
— für Chirurgie* 91, 203, 313, 368, 370,
543, 712, 935, 1162, 1276, 1727, 2067,
2135, 2246, 2531, — für orthopädische
Chirurgie * 427, 1339, — für Geburts¬
hilfe und Gynäkologie * 92, 315, 1616,
2010, 2297, 2744, 2803, — für Hygiene und
Infektionskrankheiten* 94, 483, 1164,
1341, 1847, 1901, 2690, — für Immuni¬
tätsforschung und experimentelleThera-
pie* 38,427,481, 542, 1216, 1276,1614,
1675, 1726, 1784, 1899, 2067, 2245, 2637,
— für Kinderheilkunde* 713, 1046, 1219,
1279, 1617, 1678, 2070, 2136, 2247, 2418,
2804, Deutsche — fürNervenheilkunde*
714, 1219, 1619, 1843, 2136, 2355, 2747,
— für experimentelle Pathologie und
Therapie* 36, 257, 769, 991, 1561, 1897,
1949, 2133, Frankfurter — für Patho¬
logie* 428, 1220, 1449, 1679, 22^7, 2690,
— für physikalische und diätetische
Therapie* 38,258,599, 711, 935, 1217,
1675,2134, 2245, 2473, 2802, 2914, — für
Tuberkulose* 542, 825, 1396, 1447, 1561,
1785, 2192, 2353, — für gynäkologische
Urologie* 1164, 1279, 1340, 2247, — für
ärztliche Fortbildung 378, — für Augen¬
heilkunde 718, — für Balneologie 2150,
Biochemische — 2129, 2130, 2131,
2189, 2191, 2244, — für Biologie
2243, — für biologische Technik und
Methodik 2129, 2130, 2242, 2243, -
für physiologische Chemie 2129, 2130,
2189, 2190, 2191, 2244, — für Chemo¬
therapie 2262, dermatologische — 335,
— für öffentliche Gesundheitspflege
1896, — für Gewerbohygiene 1896,
— für Laryngologio, Rhinologie und
ihre Grenzgebiete 208, 265, 266, 828,
829, 1792, 2360, Deutsche militärärzt.-
liche — 2073, — für Nahrungs- und
Genussmittel 426, — für Ohrenheil¬
kunde und für die Krankheiten der
Seite.
Luftwege 266, 774, 775, 1793, 2361, —
für allgemeine Physiologie 2129, 2244,
allgemeine — für Psychiatrie 367, 714,
— für Sinnesphysiologie 2242, — für
schweizerische Statistik 1896, — für
urologische Chirurgie 2132, — für Uro¬
logie 2133, — des Verbandes deutscher
Architekten- u. Ingenieurvereine 1806,
, — für Versicherungsmedizin 376, 378,
2646, 2697, 2699
Zeitung, Allgemeine Wiener medizi¬
nische 2599, Deutsche Militär — 1170,
Pharmazeutische — . 425
i Zentralblatt für innere Medizin* 90,
427, 1106, 1395, 1675, 1950, 2473,
2584, — für Chirurgie* 40, 92, 145,
204, 258, 314, 371, 427. 482, 544,
599, 659, 713, 770, 825, 882, 936, 992,
1044, 1107, 1163, 1218. 1278, 1339, 1397,
1447, 1563, 1615, 1677, 1728, 1787, 1900,
1950, 2009, 2070, 2192, 2246, 2296, 2355,
2418, 2474, 2533, 2586, 2638, 2688, 2744,
2915, — für Gynäkologie* 40, 93, 2802,
2852, 205, 259, 314, 382, 482, 599, 713,
771, 826, 882, 937, 993, 1045, 1164, 1218,
1279, 1339, 1397, 1448, 1563, 1678, 1729,
1788, 1900, 1951, 2010, 2070, 2192,
2298, 2355, 2418, 2474, 2587, 2639, 2688,
2746, 2804, 2852, 2915, — für praktische
Augenheilkunde 2478, — für Bakterio¬
logie 368, Biologische — 2243, — für
allgemeine Gesundheitspflege 2416, —
für Gewerbehygiene 1391, 1895, 1896,
2415, 2416, 2417, internationale — für
Ohrenheilkunde 775, pharmazeutische
— 2416, — für Physiologie 2190, 2243, 2244
Zeritralhalle, pharmazeutische . . . 959
Zentral-Zeitung, Allgemeine medizi¬
nische . 223, 2262, 2438, 2551
Zeitschriften in englischer Sprache.
a) Englische Literatur 603, 886, 939,
1732, 1953
b) Amerikanische Literatur 485,
1223, 1850, 2590
Annals of Surgerv . 1852, 2592
Bulletin, United States navale medical 1957
Journal, British Medical (Engld.) 34, 603,
604, 605, 606, 886, 1732, 1733, 1734,
1 735, 1736, 2642. 2643, 2644, — of experi¬
mental Medicine 198, ■ — of Laryngo-
logy, Rhinology and Otology 266,
829, Edinb med. — 941, 942, 1955,
1956, 2696, 2697, — of cutan diseases
1957, The — of tropical Medicine and
Hygiene 1401. 1957, The Philippine —
of Scionce 1401, Boston Med. and Surg.
— 1223, 1851, — amerikan. obstetiical
1851, 1852, 2592, American — Med.
Sciences 486, 1223. 1224, 2591,New-Vork
Medical — 486, 2591, 2592, — amer.
med. assoc. 335, 447, 485, 486, 1223,
1224, 1851, 1852, 1957, 2132, 2591, 2592,
— Experimental Medicine 486, 1223,
1224, 2590, 2591, 2592
Lanzet 886, 887, 939, 940, 941, 1953,
1954, 1955, 2693, 2694, 2695, 2696
Laryngoscope The, 266, 829, 1793, 2361
Record medical 1223, 1224, 1358, 1851,
1852, 2592
Surgery Gynecol. and Obstet. 486, 1851, 1852
Zeitschriften in französischer Sprache.
a) Französisch eLiteratur 547, 1047,
1790, 2537
b) Bol gische Literatur . 98
A cademie royale demedecino de Belgique 98
Annales d'hygiene pub ique et de rnöde-
cine legale 1896, — des maladies venö-
riennes 2133, — de maladies de l'Oreille,
du Larynx, du nez er du Pharynx
266, 829, 1793, 2361, — de gynec Josrie
et d’obstetrique 548, 679, 1049, 1791,
2539, — de l’institut Pasteur 549, 1048,
1049, 1050, 1792, 2539, 2540
An nee medicale de Cacn . 2551
Seite
Archives provinciales de Chirurgie 548,
1049, 1791, 2538, 2539, — internatio¬
nales de Laryngologie, d’otologie et de
Rhinologie 266, 829, 1793, — d'elcctr.
med. 2262, — de mödecine et pharmacio
navale . 1401,
Belgique medicale .
Bulletin medical .
Gazette des höpitaux . 679,
Journal medical de Bruxelles 98, • —
de Neurologie 98, — d’ Urologie
Policlinique, la .
Presse medicale .... 622, 1049
Revue internat. de la tuberculose 53
— de mödecine 547, 548, 1047, 1790
2537, 2538, — de Chirurgie 548, 1048
1791, 2538, — heptomadaire de La
ryngologio, d'otologie et de Rhvnologie
Scalpel, le .
Sociötö beige de Chirurgie . . . .
1958
98
99
2539
2132
98
2539
2361
99
98
Holländische Literatur (716, 2139):
Bladen, Geneeskundige 717, 2139,
l’sy
chiatrisclie
Tydschrift, Nederlandisch voor Genees
künde 716, 717, 2139, 2140, 2141, Ge
neeskundige — voor Ned Indie . .
Italienische Literatur (487, 1167, 1849, 2750)
A 11 n al i dell' istituto Maragliano 1 168, — d
Clinica Medica .
Archivio di anthropol. crim. 1169, — d
farmacol. sperim. e. sc. affini .
Bolletino delle scienze Mediche di Bo
logna . . . . .
La Clinica medica italiana ...
Gazzetta degli ospedali 487, 488, 1168
1169, 1849, 2750, — internationale d
Medicina e Chirurgia 1849, 1850, 2751
— Medica Italiana .
Giornale italiano delle Malattie veneree
e della pelle .
II Morgagni . . . 1167
II Policlinico, Sezione medica 487
1168, 1169, 1850, — Sezione chirurgica
1168, — Sezione Pathologica . .
Pathologica . . . . .
IlRamazzini .
1849, 1850, 2750
Rif orma medica .
Ri vista critica di Clinica Medica 185C
2751, — ospedaliera . 185C
2141
390
751
335
2750
1849
2751
2750
2750
2750
2750
367
2751
Nordische Literatur (549, 1111, 1169, 2014
2072, 2357, 2359):
a) Dänische Literatur 549,1111,2014,
b) Norwegische Literatur 550, 1111,
c) Schwedische Literatur .
1169,
Archiv, Nordisk Med. . .
Bibliothek for Läger
Drägerhefte .
Hospitalstitende 1111, 11
1169,
1170,
2358,
2357
2072
2359
2396
2359
24 U
2,2015,2016,
2357,
Hygiea . 1169, 1170, 2359,
Magazin, Norsk, for Läge videnskaben 550,
551, 2072,
Tidsskrift, Nordisk, for Terapie 2358,
Norsk — for MilitärmeJicin . .
Ugeskrift for Läger .... 1111, 2014,
2358
2360
2073
1170
2015
Rumänische Literatur (42, 1050, 2
Gazeta medicale .
Gesellschaft für genito-urinäre Studien
in Bukarest . 2303,
Re vista stiinzelor medicale 42, 43, 44,
1050, 1051, 2303, 2304, — de Chirurgie
1053,
Spital ul . . 43, 44, 1050, 1051, 1052,
2304
2304
Russische Literatur (662, 995, 1284, 1621,
2421, 2807):
Dcrmatologia .
Gazeta, Wratschcbnaja 664, 665, 997,
998, 1287, 1622, 1623, 2422, 2423, 2808,
Journal, Charkowskv medizinsky 666,
999, 1285,
2304
2303
2810
2809
2425
(013. _ INHALTS-VERZEICHNIS. CXI
Seite
Ibosrenije, Tlierapevticzeskoje 665,
998, 1285, 1286, 1623, 1624, 2423, 2424,
2810, — , Medizinskoje 660, 998, 999,
1624, 2424, — Novoje W. medizine 2424, 2810
Vifestnik obszczestvvennoi hygieny 999, 1284
rat soll, Russky 662, 663, 664, 665,
995, 996, 997, 1287, 1288, 1621, 1622,
2421, 2422, 2807, 2008, — Prakticzesky
665, 998, 1286, 1623, 2423, 2808, 2809
oitschrift, Russische für Haut- und
Geschlechtskrankheiten .... 999, 1285
Seite
Spanische Literatur (318, 1224, 1903, 2477):
Archivos Brasiliana de Medicina 902,
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atria 2477, — latino-amerieanos de pedi-
atria . 1904
Boletin del instituto nacional de higiene
de Alfonso XIII. 319, 1224, — El siglo
medico 319, 1904, — La coronaca md-
dica 1224, — La medicina de los ninos
319, 1904
Seite
Gaceta medica catalena 318, 1225, 1904,
2477, 2478
Re vista de la sociedad medica argen-
tina 318, 319, 2477, — medica del Ro¬
sario 318, — de la medicina y cirugia
praticas 318, 319, 1224, 2477, — valen-
ciana de ciencias medicas 319, 1224,
1903, 1904, 2477, 2478, — de ciencias
medicas de Barcelona 1224, 2477, —
de medicina y cirurgia 1224, 1225, 1904,
2478, — balear de ciencias medicas
1225, — medica de Sevilla . 2477
V. Aus Kliniken, Krankenhäusern und Instituten.
a) Deutschland.
ihr weiler: Kurhaus . 2671
iltona: Stadt-Krankenhaus, medizinische Abteilung . 1473
— — — Psychiatrische Abteilung . 2911
— Orthopädisches Institut von Dr. Ottendorff u. Dr. Ewald . 1662
layreuth: Sanatorium Herzogshöhe . 2450
ierlin: Chirurgische Universitätsklinik . 352, 793
— Kgl. Charitee, I. Medizinische Klinik . 1828
— — — II. Medizinische Klinik . . . 2627
— — — Chirurgische Klinik . . 1255
— — — Universitäts-Frauenklinik . . 588, 685, 700, 1188, 1697
— — — Medizinisch- chemisches Laboratorium . 685
— Universitäts-Poliklinik . 1255, 2792
— Rudolf-Virchow-Krankenhaus, Dermatologische Abteilung
1309, 2713
— — — — Bakteriologische Abteilung . 1417
— Chirurgisch-urologische Privatklinik von Dr. A. Freudenberg 981
— Privat-Frauenklinik von San.-Rat Dr. Steffek und Dr. Credö-
Hörder . . ■ . . . 23
— Kaiserin-Augusta-Victoria Haus zur Bekämpfung der Säug¬
lingssterblichkeit im Deutschen Reiche . 2161
— Krankenhaus Friedrichshain, bakteriologische Abteilung . 473
— -Lichterfelde: Kreiskrankenhaus . 2842,2912
— -Schöneberg: Hospital Hauptstrasse . 647
— -Reinickendorf: Verbandskränkenhaus, innere Abteilung 2907
— — — chirurgische Abteilung . 1929
lern bürg: Kreiskrankenhaus . . . 1828
leuthen: Chirurgische Klinik ... 411
lonn: Medizinische Universitätsklinik . 174
— Pharmakologisches Institut . 2397, 2626
— St. Johanneshospital, Chirurgische Abteilung . 1257
Iraunwald: Lungensanatorium . 410
Iremen: Vereinskrankenhaus zum roten Kreuz, Chirurgische
Abteilung . 528
Ireslau: Medizinische Klinik . 1425, 1594
— Chirurgische Klinik . 2209, 2610
— Universitäts Frauenklinik . 241, 915, 2829
— Universitäts-Kinderklinik . 752
— Dermatologische Universitätsklinik . 57, 1185
— Provinzial-Frauenklinik und Hebammenschule ... 184, 2456
— Physiologisches Institut . • .... 1664
har lotte nb urg- Westend : Städtisches Krankenhaus, innere
Abteilung . 4, 2510
-’hemnitz: Stadt-Krankenhaus, innere Abteilung . 2404
Darmstadt: Ernst-Ludwig-Heilanstalt . 249
— Garnisonslazarett . 1261
— Bakteriologische Abteilung der chemischen Fabrik von
E. Merck . 2558
Deutsch-Liebau: öffentliches Krankenhaus . 978
Dortmund: Städtisches Luisenhospital, chirurgische Abteilung 1941
Dresden: Kgl. Frauenklinik . . . 627, 1139, 1202, 1435, 1821, 2724
— Johannstädter Krankenhaus ... 2521
— — — Abt. für Ohren-, Nasen-, und Halskranke .... 2523
— Kgl. Zentralstelle für Gesundheitspflege . . . . 1073, 1883
Düsseldorf: Akademie für praktische Medizin, Medizinische Klinik 2776
— — — Chirurgische Klinik . 314
— — — Kinderklinik . 285
— — — Klinik für Hautkrankheiten . 691, 2784
Elberfeld: Städtische Krankenanstalten, chirurgische Abteilung
Elbing: Städtisches Krankenhaus .
Erfurt: Städtisches Krankenhaus .
Erlangen: Medizinische Universitätsklinik . 1147,
— Universitäts Frauenklinik . 587, 849, 1195, 1714,
Flensburg: Diakonissenanstalt .
Frankfurt a. M.: Städtisches Krankenhaus, Medizinische Klinik
464, 530, 2333, 2611, 2682,
— — — Kinderklinik .
— — — Dermatologische Klinik . 464,
— Kgl-. Institut für experimentelle Therapie . . . 398, 1078,
— Neurologisches Institut .
— Georg-Speyerhaus . . . .
— Dr. Christs Kinderhospital .
— St. Marienkrankenhaus .
— Hospital zum Heiligen Geist, innere Klinik .
Freiburg: Medizinische Universitätsklinik . 342,
— Universitäts-Frauenklinik . 337, 681, 961, 1758,
— Universitätsklinik für Hals- und Nasenkranke .
— Orthopädisches Institut .
— Diakonissenhaus . .
— Pathologisch-anatomisches Institut . 337, 1753,
— Physiologisches Institut .
— Pharmakologisches Institut . . . 1823,
— Chemisches Universitätslaboratorium (Mediz. Abt.) . 1243,
— Zahnärztliche Universitätspoliklinik .
Gelsenkirchen: Evangelisches Krankenhaus . . .
Georgsgemünd b. Niirnb. : Sanatorium für chirurgische Tuber¬
kulose . . .
Giessen: Medizinische Klinik. . 1264, 1307, 1420, 1865, 2271,
— Chirurgische Klinik . 1878,
— Universitäts-Frauenklinik .
— Chirurgische Unhrersitäts-Poliklinik . 1716,
Greifswald; Chirurgische Klinik .
— Universitäts-Augenklinik .
Hagen i. W. : Allgemeines Krankenhaus, innere Abteilung, . .
Halle: Medizinische Klinik . 863, 2164,
— • Kgl. Universitätsklinik für Nerven- und Geisteskrankheiten
— Kgl. Universitäts-Frauenklinik . 236, 2627,
— — — -Kinderklinik .
Seite
128
815
2235
1824
2325
2790
2740
76
1087
1768
796
796
2515
651
744
1585
2280
2666
1263
474
9b
DO
— Kinderpoliklinik und Säuglingsklinik
Diakonissenanstalt, innere Abteilung
Physiologisches Institut 1197, 1423, 1533,
. 2232,
1641, 1703, 1880,
1923, 2164,
Abteilung .
.-. . . 119,
.... 119,
Pathologisches
Ilamburg-Eppendorf: III. medizinische
— — V. medizinische Abteilung .
— — Institut für experimentelle Therapie
— — Allgemeines Krankenhaus St. Georg ,
Institut .
— — — Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten 590,
— — — Abteilung für physikalische Therapie ....
— — — Bakteriologisch-serologisches Institut ....
— — — Physiologische Abteilung .
— Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten . . . 186, 7
Hanau: Landkrankenhaus, chirurgische Abteilung . . .
Hannover-Linden: Dermatologisches Stadtkrankenhaus II .
Heidelberg: Medizinische Universitätsklinik. . 569,
— Chirurgische Universitätsklinik . . . 456, 1318, 1642, 2280,
59.
1027
2279
1776
2842
1774
748
2553
2278
72
2332
2327
964
404
2341
1659
2779
1435
291
2454
2774
401
190
190
127
1981
2343
590
1994
1074
25
1489
1542
2400
CXII
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
Heidelberg: Universitäts-Frauenklinik . 2790
— Universitäts-Kinderklinik . 1142, 1482, 2720
— Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskranke . 798,
1656, 2622
— Hygienisches Institut . 456, 971
— Institut für experimentelle Krebsforschung .... 859, 914
— — — Serologische Abteilung . . . . 1318
— — — Biochemische Abteilung . • 1923
— Orthopädisch-chirurgische Klinik von Prof. Dr. Vulpius 453, 691
— Samariterhaus . 9
Hohenems: Kaiserin Elisabeth Krankenhaus . . ... 760
Schloss Hornegg, Sanatorium für innere und Nervenkrank¬
heiten . 2908
Ichenhausen: Invaliden- und Genesungsheim der Landes¬
versicherungsanstalt Schwaben . 1932
Jena: Medizinische Universitätsklinik 8, 181, 408, 926, 1033, 1251
1374, 1430, 1926, 2789
— Universitäts-Frauenklinik . . 288, 2282, 2275
— Universitäts-Augenklinik . 1138
— Hygienisches Institut . 1025
— Hautabteilung . 1192
— Psychiatrische Klinik . 1197, 1921
— chemische Abteilung des physiologischen Instituts . . . .2512
— Hautabteilung . 521, 803
Kiel: Medizinische Klinik . . 454, 800
— Universitäts-Augenklinik . . . - • 1305
— Hygienisches Institut . . 457, 1548, 1819
— Chirurgische Universitäts-Poliklinik . 1598
— Anscharkrankenhaus . . . . .... 1598
Köln: Akademie für praktische Medizin I. med. Klinik .... 1379
— — — ii. meu. . . «ui, iuu
— — — Kinderklinik . . . 512, 971, 1592
— Städtische Krankenanstalt Lindenburg, Klinik für Haut¬
krankheit (Prof. Dr. Zinsser) . 354
— — — Chirurgische Klinik . 356
— -Ehrenfeld: Israelitisches Krankenhaus ........ 1829
— -Lindenthal: Klinik für Hautkranke der städtischen
Krankenanstalt . 2734
Königsberg: Medizinische Klinik . 2214, 2275
— Universitätspoliklinik für Hals- und Nasenkranke . 295, 634
— Psychiatrische Klinik: Nervenpoliklinik . 757
— Krankenhaus der Barmherzigkeit, chirurgische Abteilung . 75
Kottbus: Lungenheilstätte Cottbus . 1376
Langendreer i. W. : Kommunales Krankenhaus . 1022
Leipzig: Medizinische Universitätsklinik . 22
— Chirurgische Universitätsklinik . 2601
— Universitäts-Frauenklinik . 1427
— Universitäts-Poliklinik . 1143, 1663, 2657
— Pathologisches Institut . . 2051, 2446
— Dermatologische Klinik . 2512
— Garnisonslazarett . 868
— Chirurgisch-poliklinisches Institut . ... ... . 1876
— -Lindenau: Diakonissenhaus, chirurgische Abteilung . . 1881
Lübeck: Allgemeines Krankenhaus, Direktorialabteilung . . . 2217
Lüdenscheid: Stadtkrankenbaus . 1203
Magdeburg: Städtische Krankenanstalt Magdeburg-Sudenburg,
Innere Abteilung . -1993, 2232
— Provinzial-Hehammenlehranstalt und Frauenklinik .... 1084
Mainz: Städtisches Krankenhaus St. Rochus, Innere Abteilung 1200
Mannheim: Städtische Krankenanstalten, chemisches Labora¬
torium. der . 341
Marburg: Chirurgische Klinik . 406, 1036
— Universitäts-Frauenklinik . 187, 1241
— Pharmakologisches Institut . 2220
München: I. Medizinische Universitätsklinik 1, 63, 800, 2177, 2831
— II. Medizinische Universitätsklinik . 2155, 2616
— Chirurgische Universitäts-Poliklinik . . 2455
— Universitäts- Frauenklinik ..... 860, 1037, 1321, 1530, 1772
— — Kinderklinik . . 636
— — Augenklinik . 72, 741
— — Ohrenklinik . 18, 65, 135
— Psychiatrische Universitätsklinik .
— Universitäts-Poliklinik . ...... 65, 135
— Pathologisches Institut . 1321
— Medizinisch-klinisches Institut . 1873, 2782
— Orthopädische Klinik . . 1999
— Gynäkologische Universitätspoliklinik für Frauenleiden 905, 906
— Zahnärztliches Universitätsinstitut .... . 1938
— Krankenhaus 1. d. Isar, orthopädische Station ... . . 2621
— — München-Schwabing, Pathologisches Institut 505, 1137, 1195,
1530, 1707, 2674
— Röntgeninstitut von Dr. Bruegel und Dr. Kaestle . . . 179
— Dr. Deckers Sanatorium für Magen-, Darm- und Zucker¬
kranke ... . 589, 700
— Chirurgische Privatklinik von Hofrat Krecke .... 638, 1644
— Institut für Orthopädie und Medikomechanik von Dr.
v. Baeyer und Dr. Bergeat ... . 1377
Nürnberg: Allgemeines Krankenhaus, Direktorialabteilung . . 345
Seite
Nürnberg: Allgemeines Krankenhaus, II. Abteilung . 2502
— — — Hautabteilung . . 2337
Oberbausen: St. Josephhospital, chirurgische Abteilung . . . 1883
Oberstdorf: Kuranstalt von Dr. Saathott' für innere und Nerven¬
krankheiten . ’230
Osnabrück: Hebammenschule . 188
Pfaffenhofen: Lungenfürsorgestelle . 1710
Solbad Rappenau: Sanatorium für Knochen-, Gelenk- und
Drüsenleiden . 1079
BadRehburgb. Hannover: Klosterheilanstalt für Lungenkranke 2452
— Medizinische Universitätspoliklinik, Universitäts-Frauen¬
klinik . 812
Saarbrücken: Knappschaftskrankenhaus im Fischbachtal . . 1378
Sorau: Brandenburgische Provinzialirrenanstalt . 1935
Stephansfeld i. E. : Bezirksheilanstalt . 2625
Stettin: Küchenmühler Anstalten . 1085
Stralsund: Städtisches Krankenhaus, chirurgische Abteilung 474
— Universität für syphilitische und Hautkrankheiten . . .1429
— Universitäts- Augenklinik . . 1191
— Physiologisches Institut . 2386, 2389
— Psychiatrische und Nervenklinik . 2386
— Labaratorium für experimentelle Pharmakologie ... . 817
— Bürgerspital, Abteilung für Chronischkranke . 1712
Stuttgart: Karl-Olga-Krankenhaus . 225
— Ludwigsspital . 225
— Bürgerspital . 2450
Tilsit: Städtische Heilanstalt . 2405
Tsingtau: Kaiserliches Gouvernementslazarett und bakteriolo¬
gische Untersuchungsstation des Gouvernements Kiautschou 2669
Tübingen: Medizinische Universitätsklinik . 2499
— Universitäts-Frauenklinik . 1479, 1704, 2266
— Universitätsklinik für Nerven- und Gemütskrankheiten 2044,
2499, 2906
Ulm: Städtisches Krankenhaus, chirurgische Abteilung .... 2345
Wehrawald: Sanatorium Wehrawald . . ■ 763
Wiesbaden: Städtisches Krankenhaus, Pathologisches Institut 2507
— Diakonissenhaus Paulinenstiftung . . 24
— Chirurgisch-orthopädische Anstalt von Dr. Stein . 1370
Wilhelmshof: Kurhaus für alkokol- und nervenkranke Männer 2624 '*
Worms: Städtisches Krankenhaus . . . . 1019
Würzburg: Medizinische Universitätsklinik . 1089, 2905
— Chirurgische Universitätsklinik . . . . 91S
— Universitätsklinik für Hautkrankheiten . 458
— Universitätspoliklinik für Nasen- und Kehlkopfkranke . . 2565
— Universitäts- Ohrenklinik . 1934
— Dermatologische Universitätsklinik . 1261
— Hygienisches Institut . . 231
— Pathologisch-anatomisches Institut . 1813
b) • Ausland.
Arosa: Sanatorium Arosa .
Basel: Medizinische Universitätsklinik .
— Chirurgische Universitätsklinik . . •
— Frauenspital Basel-Stadt . 922, 2514, 2563,
— Pharmakologisches Institut . .
— Dermatologische Klinik .
Bukarest: Physiologisches Institut . . 1423,
— Spital Filantropia III Medizinische Klinik .
Catania: Kgl. Institut für spezielle Pathologie innerer Krankheiten
Charkow: Gou wernements-Semstwo-Krankenhaus, chemisch-bak¬
teriologische Abteilung .
Christiania: Pathologisch-anatomisches Institut .
Davos-Platz: Dr. Turbans Sanatorium . . • .
— Waldsanatorium Davos . . 1033, 1591,
— Sanatorium Clavadel .
— Baseler Heilstätte für Brustkranke . .
Deli auf Sumatra: Hospital der Senembah Maatschappy . 129,
— Zentralhospital . .
Detroit. U.S.A.: Untersuchungslaboratorium Parke, Davis & Co.
Freiburg (Schweiz): Institut für Hygiene und Bakteriologie : .
Graz: Chirurgische Universitätsklinik . . . 1657,
— Kinderklinik, Chirurgisch-orthopädische Abteilung 577, 975,
— Dermatologische Klinik .
— Pharmakologisches Institut . .
— Hygienisches Institut . . ..... .
Kopenhagen: Reichshospital, Chirurgische Klinik .
— R. Berghs Hospital .
Lund: Medizinisch chemisches Institut . . ■ . -
Klausenburg: Neurologisch-psychiatrische Universitätsklinik .
Kljuc (Bosnien): Bezirksspital .
Lemberg; Hygienisches Institut .
Linz a. d. Donau: Universitäts-Kinderklinik, Orthopädische Ab¬
teilung . • .
2668
2461
313
2911
967
2331
1533
1601
1481
2351
741
132
2738
1751
192
642
1133
1193
2783
216!
13 U
591
691
136
165!
262(
2277
2038
2671
153:
97:
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
CXIII
Se te
Lissabon: Urologische Privatklinik von Dr. H. Bartos .... 2053
London: Lister Institut, biochemische Abteilung . 1997
— Cancer Hospital Research Institute . 2614
Mailand: Fortbildungsinstitut für Geburtshilfe und Gynäkologie 1259
Moskau: Krebsforschungsinstitut . 1644
Xew-York: Universitäts-Abteilung für experimentelle Chirurgie 1705
— Bellevue Hospital medical College ... . . . . 1705
— Rockefeller Institute for Medical Research 737, 1977, 2051, 2265
— Deutsches Hospital . . 1316
Odessa: Krankenhaus „Rotes Kreuz“ für Fabrikarbeiter . . . 1599
Petoemboekan auf Sumatra: Zentralhospital . 1537
Pistyan: Physikalische Heilanstalt des Thennia-Sanatoriums . 1146
Prag: Medizinische Klinik . 2047, 2158
— Deutsche dermatologische Universitätsklinik • . 62
— Handelsspital . . . . • . 2457
Rigi-Kaltbad: Kurhaus, Privatlaboratorium von Dr. O. Vera-
Stockholm: Medizinische Staatsanstalt, bakteriologische Ab¬
teilung ...... . . 69
Tsinanfu (Nord-China): Aus der Medizinschule der englisch¬
amerikanischen Mission . 134
Seite
Turin: Institut für allgemeine Pathologie . 626, 1536
Utrecht: Pharmakologisches Institut . 2566
Wien: Medizinische Klinik . 582
— I. Chirurgische Klinik . 855
— Universitäts-Kinderklinik . 2608
— II. Gynäkologische Klinik . 583
— Universitäts-Ohrenklinik . 2778
— Allgemeines Krankenhaus, Zentralröntgenlaboratorium 1989, 2659
— K. K. Krankenanstalt Rudolfstiftung: I. medizinische Ab¬
teilung . 2650
— - Prosektur . 189
— Spital der allgemeinen Poliklinik : Röntgeninstitut 582, 1031,
2048, 2734
- — Kinderspital . 2049
— Sanatorium Fürth, Röntgeninstitut . . 68, 2219
— Chemisch-mikroskopisches Laboratorium von Dr. M. und
Prof. Dr. Ad. Jolles . 2345
— Privatlaboratorium von Dr. O. Veraguth . . . 2211, 2284, 2664
VI. Aus Vereinen und Versammlungen.
Die mit * bezeichnetcn Vereine veröffentlichen ihre offiziellen Protokolle in der M. m. W.
Seite
a) Wissenschaftliche Gesellschaften und Vereine.
I. Deutschland.
Altona: ‘Aerztlicher Verein . 607, 720, 895, 1515, 2542
Berlin: Medizinische Gesellschaft 106, 163, 217, 275, 324, 387,
434, 498, 563, 618, 674, 786, 1009, 1068, 1179, 1235, 1298,
1355, 1411, 1467, 1516, 1576, 1026, 1689, 2434, 2542, 2594,
2705, 2762
— Mikrobiologische Gesellschaft . 429
— Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde 164, 217,
324, 434, 498, 563, 674, 1009, 1180, 1356, 1468, 1576, 2434,
2543, 2594, 2650, 2705, 2921
— Gesellschaft für Chirurgie 153, 387, 618, 1058, 1291, 1356,
1458, 1737, 2753, 2958
— Pharmazeutische Gesellschaft ... . . 425
Chemnitz: ‘Medizinische Gesellschaft 153 268,608, 1226, 1292,
1404, 1573
Dresden: ‘Gesellschaft für Natur- und Heilkunde 102, 154,
212, 324, 435, 489, 554, 609. 667, 721, 835, 895, 1010, 1059,
1117, 1172, 1226, 1293, 1458, 1516, 1684, 2753, 2859, 2921
Erlangen: Aerztlicher Bezirksverein . 268, 325, 837, 1011
Frankfurt a. M.: ‘Aerztlicher Verein 102, 435, 443, 556, 609,
699, 781, 1062, 1173, 1228, 1405, 1460, 1737, 2084, 2143,
2312, 2483, 2543, 2650, 2754
— ‘Wissenschaftliche Vereinigung am Städtischen Kranken¬
hause . 268, 782, 1063, 1517, 1797, 1909, 2313, 2545
— Juristische Gesellschaft ... . . 2653
Frei bürg: ‘Verein Freiburger Aerzte . . ... . 782, 1063
Halle: ‘Verein der Aerzte 47, 490, 556, 610, 838, 1175, 1229,
1739, 1798, 2144, 2313, 2754
Hamburg: ‘Aerztlicher Verein 49, 213, 325, 436, 619, 670, 730,
1011, 1230, 1405, 1460, 1573, 2435, 2545, 2702, 2755, 2859
— Biologische Abteilung des ärztlichen Vereins* 155, 269, 436,
556, 783, 897, 1064, 1351, 1406, 1461, 1518, 1853, 1909,
2435, 2485, 2756
Heidelberg: ‘Naturhistorisch-medizinischer Verein 437, 492,
724, 838, 1912, 1969, 2860, 2924
Jena: ‘Naturwissenschaftlich-medizinische Gesellschaft 157, 326,
494, 611, 724, 784, 951, 1518, 1687, 1855, 2084, 2203, 2861
Kiel: ‘Medizinische Gesellschaft 104, 159, 438, 557, 1519, 1574,
1627, 1740. 1970, 2147, 2758
Köln: ‘Allgemeiner ärztlicher Verein 161, 496, 559, 726, 839,
1407, 1627, 1742, 1913, 2087, 2485, 2759, 2863
Königsberg. ‘Verein für wissenschaftliche Heilkunde 49, 429,
913, 671, 840, 1231, 1408, 2759, 2863
Leipzig: ‘Medizinische Gesellschaft 270, 827,560,613,672,727,
898, 953, 1120, 1294, 1408, 1627, 1742, 1800, 2088, 2703, 2760
Seite
Magdeburg: ‘Medizinische Gesellschaft 51, 104, 162, 328, 438,
615, 728, 1067, 1176, 1231, 1463, 1744, 1801
Mainz: ‘Aerztlicher Kreisverein 1575, 1629, 2595, 2651, 2761, 2864
Marburg: ‘Aerztlicher Verein 56, 162, 214, 439, 616, 673, 954,
1122, 1913
München: ‘Aerztlicher Verein 840, 899, 956, 1232, 1296, 1353,
1802, 2091
— ‘Gesellschaft für Morphologie und Physiologie .... 1688
— ‘Gynäkologische Gesellschaft . . . 162, 442, 1804, 1859, 2865
— Gesellschaft für Kinderheilkunde 215, 275, 330, 617, 1123,
1178, 2595, 2704, 2761
Nürnberg: ‘Aerztlicher Verein 496, 561, 618, 1067, 1123, 1178,
1410, 2314, 2486
— ‘Medizinische Gesellschaft und Poliklinik 216, 561, 1178,
1235, 1298, 1629, 1688, 1745, 1972, 2762, 2867
Rostock: ‘Rostocker Aerzteverein . 1746
Strassburg: ‘Naturwissenschaftlich-medizinischer Verein 105,
442, 496, 561, 841, 1913, 2092
Tübingen: ‘Medizinisch-naturwissenschaftlicher Verein 442,
562, 1410, 1520, 1746, 1914, 1972
Würzburg: ‘Physikalisch-medizinische Gesellschaft 443, 498,
785, 1519, 1575, 1629, 1859, 2867
— ‘Würzburger Aerzteabend 106, 162, 216, 956, 1179, 1629,
1748, 1859
2. Ausland.
Chicago: ‘Deutsche Medizinische Gesellschaft 218, 332, 564,
675, 788,842, 900, 1411, 1522, 1689, 1804, 1860, 1916, 2315,
2486, 2546
Edinburgh: Obstetrical Society . 788
— Medico-Chirurgical Society . 2926
Irland: Royal Akademy of Medicine, Section of Medicine . . 1070
Kopenhagen: Medizinische Gesellschaft . 429
Liverpool: Liverpool-Medical Association . 1525, 1690
London: Royal Society of Medicine .
— — Pathological Section . 957
— — Section of Medicine . 677
— — of Balneology and Climatology . 843, 1013
— — of Ophthalmology and Neurology . 1181, 1525
— — — — Medical Section . 1413
— Section of the History of Medicine . 2926
— Surgical Section . . - . 843, 1181, 1577
— Section of Electro-Therapeutics . 333
— Pathological Society . . . 52
— Medical Society of London . 333, 676, 1070, 1181
— Association of Registered Medical Women . . 957
Paris: Akademie de mödecine 565, 677, 789, 844,901,958, 1182,
1300, 1525, 1631, 1916, 1973, 2093, 2869, 2968,
— — des Sciences 333, 498, 565, 621, 843, 958, 1070, 1182,
1526, 1750, 1973, 2092, 2653, 2764
8
CX1V
INHALTS-VERZEICHNIS.
1913.
Seite
Paris: Societd de Biologie . - • • ■
— Societ6 de Chirurgie . _■ • • • • ■ l)>
— Sociüte medicale des höpitaux 383, 958, 1413, 1030, 1690,
1973, 2653, 2926
— Societd de thdrapeutique . . . . . .
— Soci^te franc-aise de Dermatologie et de Syphiligraphie
1013, 1070, 1526, 2093
Prag: Verein deutscher Aerzte 331, 388, 445, 498, 564, 620, 787,
1069, 1181, 2549, 2868, 2925
— Wissenschaftliche Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen
107, 330, 498, 563, 620, 730, 787, 1357, 1468, 1523, 1576,
1(49. 26o2, 2867
Wien: K k. Gesellschaft der Aerzte 51, 108, 219, 275, 331, 445,
620, 674, 730, 900, 957, 1012, 1069, 1124, 1230, 1299, 1357,
1412, 1496, 1523, 1576, 2489, 2548, 2596, 2(04, 2762, 2868
— Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde
108, 219, 388, 445, 564, 621, 675, 1069, 1180, 1236, 1299,
1412, 1469, 1630, 2548, 26o3, 2704, 2869
b) Wissenschaftliche Versammlungen.
Aachen: 38. Versammlung des Deutschen Vereins für öffent- _
liehe Gesundheitspflege . • • • • • “*jJ0
Baden-Baden: 38: Wanderversammlung der südwestdeutschen
Neurologen und Irrenärzte ........ . JolU
Bad Kreuznach: 60. Versammlung mittelrheinischer Aerzte 13o0
Bayreuth: V. Ordentliche Mitgliederversammlung der Zentrale
für Säuglingsfürsorge in Bayern e. V . 1031
Berlin: Brandenburger Aerztekammer . . ; • •
_ XII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für orthopädische
Chirurgie . . • • ■ ^31, 780
_ 42 Versammlung: der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
776, 830, 890, 944, 1004, 1056, 1115
— IV. Internationaler Kongress für Physiotherapie 778, 834,
894, 949
— IX. Kongress der Deutschen Röntgengesellschaft . 777, 832
— 34. Balneologenkongress . 893, 947
— 29. Hauptversammlung des Preussischen Medizinalbeamten¬
vereins . ..... 1013
— Generalversammlung des Deutschen Zentralkomitees zur
Bekämpfung der Tuberkulose . 1125
— Verhandlungen der Deutschen Tropenmedizinischen Gesell¬
schaft. IV. und V. Tagung .... . . • • • EJ00
— IV. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie . . 2420
— Ausserordentlicher Deutscher Aerztetag . 2489
— Berlin-Brandenburgische Aerztekammer . ... 26: )3
Breslau: Deutscher Verein für Schulgesundheitspflege und Ver¬
einigung der Schulärzte Deutschlands . 1632
— IV. Deutscher Kongress für Säuglingsschutz . 2199
— 7. Jahresversammlung der Gesellschaft deutscher Nervenärzte 2427
Brighton: 81. Jahresversammlung der British Medical Asso¬
ciation, Sektion für interne Medizin . 1967
_ _ — Sektion für Gynäkologie und Geburtshilfe .... 1968
— — — Sektion für Chirurgie . 1968
Brüssel: III. Internationale Konferenz für Krebsforschung vom
1. bis 5. August . 190J
Darmstadt: Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge . . . ■ 2260
Freiburg i B.: VIII. Jahresversammlung der Vereinigung der
Lungenheilanstaltsärzte ... 219/
Gent: III. Internationaler Kongress für Neurologie und Psychiatrie 2252
der Haag: Gründungsversammlung des internationalen Apo¬
thekerbundes . ■••••• 125
Halle: XV. Versammlung der deutschen Gesellschaft für Gynä¬
kologie . . 1289, 1347, 1402, 1455
Heidelberg: 39. Zusammenkunft der ophthalmologisclien Ge¬
sellschaft . . • . . 1512
— Sitzung des Badischen Landeskomitdes für Krebsforschung,
30. Juni . l,Z?n
Jena: 19. Versammlung mitteldeutscher Psychiater und Neurologen 2700
Köln: 28. ordentliche Versammlung der Rheinisch-westfälischen
Gesellschaft für innere Medizin und Nervenheilkunde . . 385
— 30. . . . • 2377
London: 17. Internationaler Medizinischer Kongress 499, 1905,
1958, 2076, 2201, 2258, 2310
— - I. Sektion für Chirurgie . 1905, 1963
— — — Allgemeine Sitzungen . 2958
— — — Sektion für innere Medizin . 1960, 2076
— - Sektion für Geburtshilfe und Gynäkologie . . 1964, 2079
Seite
London: 1 7. Internationaler Medizinischer Kongress, Sektion für
Hautkrankheiten, gemeinsam mit der Sektion für gericht¬
liche Medizin . 2201 j
_ _ Sektion für Hals- und Nasen krankheiten, gemeinsam
mit der Sektion für Obrenkrankheiten . 2203
_ - Sektion für Geburtshilfe und Frauenkrankheiten, ge¬
meinsam mit der Sektion für Radiologie ........ 2258
— — — Sektion für pathologische Chemie, gemeinsam mit
der Sektion für Bakteriologie und Immunität . 2259 ,
— - Sektion für Chirurgie, gemeinsam mit der Sektion für
Urologie . 2310 j
- - Sektion für Anatomie und Entwicklungsgeschichte,
gemeinsam mit der Sektion für allgemeine Pathologie . . 2312
M i n n e a p o 1 i s, Minnesota : 46. Versammlung der American Medical
Association vom 16. bis 19. Juni.
München: Jahresversammlung desVereins bayerischer Psychiater
(Programm) . . . 844 :
— Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe u. Frauenheilkunde 286o
— Konferenz über das studentische Wohnungswesen an den
Hochschulen des deutschen Sprachgebietes . 1800
— Verein alkoholgegnerischer Aerzte . • • • 1358
— IU. Tagung der Vereinigung bayerischer Chirurgen .... 1683
Nürnberg EBay rischer Medizinalbeamten -Verein. X. Jahres¬
versammlung . . • • • .*.*■■■ o ’ 22”9
Paris: 13. französischer Kongress für innere Medizin . 164, 219, 276
— 24. Kongress der Vereinigung frauzösischer Chirurgen 2857, 2918
— 16. Versammlung französischer Urologen . 220, 277
-— I. Kongress der Internationalen Vereinigung für Pädiatrie 311
— I. Kongress Medizinstudierender in Frankreich . 844
_ XI. Kongress der internationalen abolitionistischen Föde¬
ration . . . . ...... 1577 •
Rheinisch- westfälische Gesellschaft für unsere Medizin und
und Nervenheilkunde zu Köln . 885 j
— — zu Düsseldorf . 1-104
Rom: IV. Nationaler Kongress für Arbeite- und Gewerbe¬
krankheiten . 1567
Stuttgart: Verhandlungen des Vereins Deutscher Laryngologen.
XX. Tagung . •_ . 1514, 1569
— 22. Versammlung der Deutschen otologischen Gesellschaft 1568
Wien- 85 Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte
1690, 1917, 2251, 2306, 2362, 2432, 2479, 2541
— — — Chirurgie . 2251, 2365, 2480
- - I. und II. Allgemeine Versammlung . 2306
- Gesamtsitzung beider Hauptgruppen . . . 2306
— — — Gesamtsitzung der medizinischen Hauptgruppen . 2362
_ — — 22 Abt. Geburtshilfe und Gynäkologie 2306, 2369,
2432, 2480, 2541
- Abteilung für Neurologie und Psychiatrie . 2309, 2374
- Abteilung für Psychiatrie gemeinsam mit der Ab¬
teilung für gerichtliche Medizin . . . 2309
— — — Abteilung für inneie Medizin, Balneologie und Hydro¬
therapie . . 2363, 2432, 2480
- Abteilung für Kinderheilkunde . 2371
_ _ Abteilung 16 Geschichte der Medizin und Natur¬
wissenschaften . 2378, 2432, 2482, 2483
— — — Abteilung für Dermatologie . 2480
— — — Abteilung für Syphilidologio . 2480
— - Abteilung für Laryngologie . • 2480
— Erste Studienreise der Deutschen Röntgengesellschaft 2200, 2377
Wiesbaden: 30. Deutscher Kongress für innere Medizin 942,
1000, 1053, 1113, 1458
c) Standesvereine.
Bad Kissingen: Aerztlicher Bezirksverein .
Elberfeld: 39. Deutscher Aerztetag . 1578,
— Ordentliche Hauptversammlung des Verbandes der Aerzte
Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen
München: Aerztlicher Bezirksverein 52, 733, 1469, 1637, 2205,
2315, 2380, 2549, 2707,
— Aerztlicher Bezirksverein M.-Land .
— Rechtsschutzverein Münchener Aerzte . . .
— Münchener Aerzteverein für freie Arztwahl . . 901, 1182,
— Kommission für Arbeiterhygiene und Statistik des Mün¬
chener Aerzte Vereins für freie Arztwahl . . _. . . 1125,
— Neuer Standesverein Münchener Aerzte 388,1237,1469,2380,
— Schulkommission des ärztlichen Vereins .
Nürnberg: Krankenhausapotheker, Konferenz der^ . .
— Aerztlicher Bezirksverein . 333, 565, 1301, 2316,
1014
1633
1691
2869
2707
789
2707
2706
2869
677
425
2597
1913.
INHALTS-VERZEICHNIS.
cxv
VII. Abbildungen und Kurventafeln.
Seite
1 Abbildung zu Schultz, Technik und Ergebnisse meiner Blut¬
gerinnungsmethode . 4
2 Abbildungen zu Grober, Ueber Selbstheilung von Basedowscher
Krankheit . 8
1 Kurventafel zu Schmidt, Chronische diphtherische Infektion der
Lungen . 20
1 Abbildung zu Beyer, Ein Fall von spontaner Uterusruptur in
der Schwangerschaft . . 25
1 Abbildung zu Schepelmann, Zur Chirurgie der Segelklappen¬
stenose des Herzens . . . 47
1 Abbildung zu Berblinger, 1. Kompressionsmyelitis mit intra¬
medullärem Aufsteigen gequetschten Rückenmarks. 2. Ha¬
rn atomyelie . . . 50
9 Abbildungen zu Bruck und Glück, Ueber die Wirkung von
intravenösen Infusionen mit Aurum - Kalium cyanatum
(Merck) bei äusserer Tuberkulose und Lues . 57
1 Abbildung zu Kienböck, Ueber das Sigma elongatum mobile
(Röntgenbefund) . 68
1 Abbildung zu Piirckhauer, Ueber Verletzungen der Ligamenta
cruciata des Kniegelenks . . 73
2 Abbildungen zu Harmsen, Radfahren unter aktiver Beteilgung
eines Beines mit steifem Kniegelenk . 78
4 Abbildungen zu Stäubli, Beitrag zur Kenntnis und zur Therapie
des Asthma . .... 113
1 Abbildung zu Simmonds, Hypophysis und Diabetes insipidus 127
2 Abbildungen zu Baer, Das Perkussionsquantimeter . ... 132
6 Abbildungen zu Bergmann, Das spasmogen- Ulcus pepticum 169
6 Abbildungen zu Stoffel, Beiträge zu einer rationellen Nerven-
chirurgie . 175
6 Abbildungen zu Bruegel, Bewegungsvorgänge am pathologi¬
schen Magen auf Grund röntgen-kinematographischer Unter¬
suchungen .... . . 179
2 Abbildungen zu Wolff, Eine einfache, neue Bestrahlungslampe
für Gleich- und Wechselstrom . . 185
1 Abbildung zu Bucky, Kombinierte Augenelektrode und Augen-
irrigationsgefäss . . 186
4 Abbildungen zu Lindemann, Vereinfachung der Anaeroben-
züchtung nebst Angabe eines praktisch verwertbaren neuen
Kulturverfahrens . 236
1 Kurventafel zu Hamm, Ein seltener Fall von Kolipyämie; zu¬
gleich ein Beitrag zur klinischen Bedeutung des Bakterien-
anaphylatoxins . 292
1 Abbildung zu Schneider, Ueber Erblichkeit des Atherom . . 294
1 Abbildung zu Rethi, Die elektrolytische Behandlung der
Trigeminusneuralgien . 295
1 Tafel zu Aschoff, Krönig und Gauss, Zur Frage der Beeinfluss-
barkeit tiefliegender Krebse durch strahlende Energie . . . 337
30 Abbildungen zu Kaestle, Vereinfachte Magen-Bioröntgeno-
graphie . 346
9 Abbildungen zu Bucky und Frank, Ueber Operationen im
Blaseninnern mit Hilfe von Hochfrequenzströmen . . . 348
2 Abbildungen zu Goebel, Ersatz von Finger- und Zehenpha¬
langen . 356
1 Kurventafel zu Hanauer, Abnahme der Geburten in Frank¬
furt a. M. . . . . . . . 381
1 Abbildung zu Kutschera, Gegen die Wasserätiologie des Kropfes
und des Kretinismus . . . 393
9 Abbildungen zu Wilms, Welche Formen der thorakoplasti sehen
Pfeilerresektion sind je nach Ausdehnung und Schwere der
Lungenerkrankung zu empfehlen? . 449
6 Abbildungen zu Kahn, Der Einfluss von Thorium X auf
keimende Pflanzen . . 454
3 Abbildungen zu Wagner, Erfahrungen mit der Conradi-Troch-
schen Tellurplatte zum Diphtherienachweis . 457
1 Abbildung zu Wolff-Eisner, Experimentelle Untersuchungen
über die von Aborten ausgehende Infektionsgefahr und
ihre Verhütung . 473
3 Abbildungen zu Jansen, Ein einfacher Verband zur Behand¬
lung des Schlüsselbeinbrnches . 474
1 Abbildung zu Peiser, Eine Präzisionswage für die Säuglings¬
ernährung . . . . 475
2 Abbildungen zu Schepelmann, Einseitige Lungenimmobilisierung
durch Phrenikusresektion . 490
5 Abbildungen zu Oberndorfer, Die syphilitische Aorten¬
erkrankung . •... . 505
2 Abbildungen zu Andree, Exstirpation eines kleinfaustgrossen
Hirnhauttumors in Lokalanästhesie . 528
1 Abbildung zu Nassauer, Hugo Salus . 535
6 Abbildungen zu Fränkel, Die Entstehungswoise übermässiger
Beckenneigung . . 579
2 Abbildungen zu Bennecke, Zur Beurteilung von Unfallsfolgen 611
Seite
2 Abbildungen zu Brauer, Entfettungskur . 619
2 Abbildungen zu Sauerbruch, Die Beeinflussung: von Lungen¬
erkrankungen durch künstliche Lähmung des Zwerchfells
(Phrenikotomie) . 625
1 Kurventafel zu Rühsamen, Klinisch-experimentelle Unter¬
suchungen über die Wirksamkeit der Wehenmittel in der
Nachgeburtsperiode . 627
1 Abbildung zu Gastpar, Ueber Augenuntersuchungen bei Schul¬
kindern . . 647
7 Abbildungen zu Kuhn, Die erste Hilfe bei Asphyxien mittels
direkter Einblasung von Luft . . . . 647
3 Abbildungen zu Vulpius, Ueber die Arthrodese des Hüftgelenkes 691
8 Abbildungen zu Dessauer, Versuche über die harten Röntgen¬
strahlen (mit Berücksichtigung der Tiefenbestrahlung) . . 696
2 Abbildungen zu Decker, Ueber eine praktische künstliche Aftei-
bandage und Mastdarmvorfallbandage . 700
2 Abbildungen zu Mohr, Ein Fall von ungewöhnlicher multipler
symmetrischer Geschwulstbildung ... • . 727
1 Abbildung zu Sandmann, Ein Fall von partieller halbseitiger
Gesichtshypertrophie ohne Beteiligung des Augapfels . . 728
1 Abbilduug zu Mayer, Rocha-Lima und Werner, Untersuchungen
über Verruga peruviana ... . . . 739
1 Abbildung zu Groedel, Die röntgenologische Darstellung des
Processus vermiformis . 744
8 Abbildungen zu Kellner, Die mongoloide Idiotie . 746
2 Abbildungen und 1 Kurventafel zu Hauser, Vierlinge und Vier¬
lingsmütter . 812
11 Abbildungen zu v. Recklinghausen, Neue Apparate zur Messung
des arteriellen Blutdrucks beim Menscheu . 817
3 Abbildungen zu Grund, Ueber atrophische Myotonie . . . 863
2 Abbildungen zu Wolf, Ein ungewöhnliches Repositionshindernis
bei typischem Knöchelbruch mit Luxation des Fusses nach
aussen . 868
7 Abbildungen zu Faolhaber, Zur Diagnose und Behandlung des
chronischen Ulcus pylori . 915
4 Abbildungen zu Schmidt, Bemerkungen über Dünndarmstenose 919
1 Abbildung zu Lewinsohn. Ein neues Herzplessimeter . . . 923
6 Kurventafeln zu Grober, Fortschritte in der Behandlung des
Diabetes mellitus . 927
1 Abbildung zu Weddy-Poenicke, Demonstration von Nerven¬
kranken . 953
1 Abbildung und 5 Kurventafeln zu Bernoulli, Einfluss der Digi¬
talis auf die Erholung des Herzens nach Muskelarbeit . 967
1 Abbildung zu Spitzy, Ein Instrument zur radikalen Phimosen¬
beseitigung . 975
1 Abbildung zu Gunsett, Eine Fehlerquelle beim Ablesen der
Sabourand-Noire-Tabletten . 980
1 Abbildung zu Freudenberg, Ein elektrisches Beckendammheiz¬
kissen in Badehosenform . 981
10 Kurventafeln zu Stäubli, Lieber vergleichende Temperaturmes¬
sungen und deren klinische Bewertung . 1017, 1090
1 Abbildung zu Friedmann, Ueber intravenöse Dauerinfusion . 1022
6 Kurventafeln zu Mangold, Weitere Beobachtungen über will¬
kürliche Kontraktionen des Tensor tympani . 1027
3 Abbildungen zu Lenk und Eisler, Experimentell-radiologische
Studien zur Physiologie und Pathologie des Verdauungstraktes 1031
4 Abbildungen zu Jancke, Beitrag zur Diagnostik der Rücken¬
markstumoren . 1033
1 Abbildung zu Sultan, Eigentümliches Verhalten von Fremd¬
körpern . 1038
1 Abbildung zu Schütz, Gelenkwinkelmesser . 1039
4 Abbildungen zu Giemsa, Beitrag zur Chemotherapie der Spiro-
chätosen . • . 1074
1 Kurventafel zu Jödicke, Die differentialdiagnostische Abgren¬
zung einiger Krampfformen durch das Blutbild . ... 1085
2 Abbildungen zu Duhot, Eine neue Spritze zur Injektion von
konzentrierter, unter Luftabschluss hcrgestellter Neosal-
varsanlösung . 1088
1 Abbildung zu Jacob, Beitrag zur Kenntnis der Myositis . . 1089
3 Abbildungen zu König, Erfolgreiche Gelenkplastik am Ellbogen
durch Implantation einer Elfenbeinprothese . 1136
1 Abbildung zu Herxheimer, Ueber Haarbruch . 1141
1 Tafel zu Reichart, Ueber eine eigentümliche typische Defor¬
mierung des Griffelfortsatzes der Ulna . 1146
1 Abbildung zu Hauck, Spontane tödliche Gehirnblutung bei
einem Hämophilen . 1147
1 Abbildung zu Haenel, Zur Pathologie der Hypophyse . . . 1172
1 Abbildung und 1 Kurventafel zu Jensen, Ueber Nitritintoxika¬
tion bei der Injektion der Beckschen Wismutpaste . . 1202
1 Abbildung zu Zangemeister, Ein Handgriff zur Umwandlung
der Gesichtslage . 1241
8*
CXVI
INHALTS-VERZEICHNIS.
191
o.
Seite
1305
1312
1325
1354
1365
1368
1
4
12
2 Kurventafeln zu Authenrieth und Funk, Ueber kolorimetrische
Bestimmungsmethoden: Die Bestimmung des Gesamtchole¬
sterins im Blut und in Organen . • • • 1243
1 Abbildung zu Riedel. Ueber Mittelohrfisteln und Perforationen
an der Schädelbasis, Zysten und abnorme Knochenbildungen
daselbst . . . 1248
1 Abbildung zu Lewy, Modifizierter Heftpflastergipsverband bei
der Klumpfussbehandlung . 1263
1 Abbildung zu Heine, Ueber die Höhe des Hirndruckes bei
einigen Augenkrankheiten .
10 Abbildungen und 1 Kurventafel zu Erlacher, Zur Behandlung
von Skoliosen durch Gipsverbände nach Abbott .
1 Kurventafel und 1 Abbildung zu Brix, Ueber einen durch
Operation geheilten Fall von puerperaler Sepsis. ....
2 Abbildungen zu Rosenberger, Ueber Duodenaltherapie . . .
5 Abbildungen zu Stoffel, Neues über das Wesen der Ischias
und neue Wege für die operative Behandlung des
Leidens . . •
12 Abbildungen zu Hohmann, Meine Erfahrungen mit der Stoffel-
schen Operation bei spatischen Lähmungen . ......
2 Abbildungen zu Stein, Die kosmetische Korrektur der Fazialis¬
lähmung durch freie Faszienplastik . • • • 1370
2 Kurventafeln zu Christen, Vereinfachung der dynamischen
Pulsdiagnostik . 1372
4 Abbildungen zu Therstappen, Beitrag zum Krankheitsbild der
Ostitis fibrosa . . . . . 1379
2 Abbildungen zu Dreuw, Ueber Druckscheidenspülungen in der
gynäkologischen Praxis vor vaginalen Operationen und bei
Prostituiertenuntersuchung . . 1382
2 Abbildungen zu Liepmann, Der Antifluor, ein neues Instru¬
ment zur Trockenbehandlung der Scheidenkatarrhe . . . 1383
1 Abbildung zu Heineke, Ueber Zahnzysten . 1409
4 Abbildungen zu Mulzer, Zur Technik der Blutentnahme für die
Wassermannsche Reaktion . • 1429
1 Kurventafel zu Reichmann und Rauch, Zwei geheilte Fälle
von Meningitis tuberculosa . . 1430
Abbildung zu Kreiss, Eine seltene Missbildung des Thorax . 1435
Abbildungen zu Saniter, Geburtshilfliches Besteck . ... 1437
Kurventafeln zu Hapke, Experimentelle und klinische Unter¬
suchungen über Kreislaufdiagnostik mit dem Energometer 1473
1 Abbildung zu Kleinschmidt, Ueber Hautdiphtherie mit unge¬
wöhnlich starker Antitoxinbildung . - • • • 1477
3 Kurventafeln zu Lust, Ueber den Einfluss der Alkalien auf die
Auslösung spasmophiler Zustände . 1482
2 Abbildungen zu Sehrt, Die Extraktion der Lungenfremdkörper
beim Kinde . 1486
8 Abbildungen zu Christen, Zur Extensionsbehandlung der Ober¬
armbrüche . 1545
1 Abbildung zu Reuter, Ueber eine neue Lampe zur Diaphano¬
skopie und Endoskopio . . • • 1548
1 Kurventafel zu Stüber und Rütten, Ueber eine einfache
Methode zur Bestimmung des phagozytären Index und
dessen klinische Bedeutung . _• 1585
4 Abbildungen zu Baer, Ueber extrapleurale Pneumolyse mit
sofortiger Plombierung bei Lungentuberkulose . 1587
2 Abbildungen zu Goebell, Ersatz von Fingergelenken durch
Zehengelenke . 1598
2 Abbildungen zu Kaefer, Zur Behandlung des Schlüsselbein¬
bruchs . 1599
2 Abbildungen zu Barladean, Methoden der Wasserdestillation . 1601
2 Abbildungen zu Henius, Ein neuer Gärungssaccharometer
(Diabetometer) . 1603
1 Abbildung zu Levinger, Gesichtsschutzvorrichtung aus Papier 1604
3 Abbildungen zu Holzknecht, Das neue Zentralröntgeninstitut im
k.k. allgemein. Krankenhause in Wien und einige technische
Neuerungen . - . 1608
1 Abbildung zu Brandes, Die Heilung grösster Tibiadefekte durch
Transplantation . 1627
6 Abbildungen zu Wiegels, Ileus und Appendizitis ...... 1644
4 Abbildungen zu Kirchberg, Druck- und Saugbehandlung in der
ärztlichen Praxis . 1^53
2 Abbildungen zu Wittek, Zur Behandlung granulierender Wunden 1657
2 Abbildungen zu Ewald, Eine typische Verletzung am Condylus
medialis femoris . . . • • 1662
1 Abbildung und 3 Kurventafeln zu Rothmann, Ueber „negativen“
Druck in den langen Röhrenknochen des Huudes ..... 1664
8 Abbildungen zu Bumm und Voigts, Zur Technik der Karzinom¬
bestrahlung . • . . 1697
1 Abbildung zu Kielleuthner, Wandlungen in der Lehre der
Prostatahypertrophie . 1701
5 Abbildungen zu Janeway, Eine neue Gastrostomiemethode . . 1705
3 Abbildungen zu Ansprenger, Einige interessante Missbildungen
der männlichen Generationsorgane . . • 1707
1 Abbildung zu Werther, Beitrag zur Kenntnis der Pyämide . . 1709
2 Abbildungen zu Sehnde, Ein neuer praktischer Vierzellenbade-
schalter ....... 1715
8 Abbildungen zu Dietlen, Orthodiagraphie und Teleröntgeno-
graphie als Methoden der Herzmessung . . . 1763
Seite
1
1
1
19
3
3
8
11
1
5
2 Kurventafeln zu Jüngling, Bedingt die Methode derHautdesinfok-
tion mit Jodtinktur eine Gefahr der Jodintoxikation für
den operierenden Arzt? . . . 1766
1 Kurventafol und 2 Abbildungen zu Benario, Zur Pathologie
und Therapie des Diabetes insipidus . . 1768
7 Abbildungen zu Basaler, Einiges über den Tastsinn . . . . . 1809
2 Abbildungen zu Dioterle, Hirschfeld und Klinger, Studien über
den endemischen Kropf . . . . . 1313
2 Kurventafeln zu Straub, Ueber die Gefährlichkeit der Kom¬
bination von Morphin mit allgemeiner Narkose und mit
Schlafmitteln . 1823
Abbildung zu Beyer, Ueber die intravenöse Anwendung des
Diphtherie-Heilserums . . • 1357
Abbildung zu Meirowsky, Beobachtungen an lebenden Spiro¬
chäten . . . . • 1370
Abbildungen zu Gundermann, Ueber eine häufige Anomalie
der unteren Brustwirbelsäule . 1878
Abbildung zu Aumann, Reiseskizzen aus Mittelbrasilien.. .. . 1888
Abbildungen und 1 Kurventafel zu Sauerbruch, Fortschritte in
der chirurgischen Behandlung der Lungenkrankheiten 1890, 1944
Abbildungen zu Kleinschmidt, Bemerkungen zur Technik der
Radikaloperationen von Leistenhernien . 1929
Abbildungen zu Sehnde, Das elektrische Entfettungsverfahren
mittels des „Degrassator“ nach Dr. Schnee ..... • . 1936
4 Abbildungen zu Kantorowicz, Ein Fall von Kieferaktinomykose
odontogenen Ursprungs . 1938
1 Abbildung zu Bles, Die Köblersche Knochenerkrankung . . . 1941
3 Abbildungen zu Tiegel, Eiterbecken mit Stiel . 1941
2 Abbildungen zu Weber, Extensionstisch zur Einrenkung an¬
geborener Hüftluxationen . 1999
Abbildungen und 1 Tafel zu Benedek, Ueber Hautreaktionen
mit Noguchis Luetin bei Paralytikern . 2033
Abbildungen zu Jakob und Weygandt, Mitteilungen über
experimentelle Syphilis des Nervensystems . 2037
Abbildung zu Eisler und Lenk, Radiologische Studien über
Beziehungen des Nervensystems zur motorischen Funktion
des Magens ... . . 2048
Abbildung zu Hübschmann, Spätperforation eines Meckelschen
Divertikels nach Trauma . 2051
Abbildungen zu Baer, Vesikovaginalfistel auf intravesikalem
Wege geschlossen . 2053
Abbildung zu Herzog, Ueber kongenitalen Herzfehler . . • . 2090
Abbildungen zu Wacker und Hueck, Ueber experimentelle
Atherosklerose und Cholesterinämie . 209 <
Abbildungen zu Baer, Litbotripsie eines walnussgrossen Steines
(Inkrustation) und nachfolgende Extraktion einer Haar¬
nadel aus der Blase eines siebenjährigen Mädchens . . . 2118
Abbildung zu Herzberg, Eine neue Abortuszange . 2120
Kurventafeln zu Thannhauser und Pfitzer, Ueber experimentelle
Hyperglykämie beim Menschen durch intravenöse Zucker¬
injektion . . 2155
Abbildungen zu Schwarz, Der Wachstumsreiz der Röntgen¬
strahlen auf pflanzliches und tierisches Gewebe . 2165
6 Abbildungen zu Schmerz, Improvisierte Heisslufiapparate . . 2169
7 Abbildungen zu Küttner, Der angeborene Turmschädel . . . 2209
4 Kurventafeln zuVeraguthund Seyderhelm, Ueber rasch wirkende
Beeinflussung abnormer Leukozytenbilder durch ein neues
Verfahren . . 2211,
Kurventafeln und 1 Abbildung zu Rosenow, Klinische Beiträge
zur Therapie der Leukämie mit Thorium X . . . .
Abbildungen zu Kienböck, Ueber Beschwerden bei rudimentärer
Eventratio diaphragmatica . . 2219
Abbildungen zu Hirz, Vergleichende Untersuchungen über die
Wirkung von Uzara und Opium . . . . 2220
Abbildungen zu Trautmann, Die Technik der extrakapsulären
Totalexstirpation der Tonsille . 2223
Kurventafeln zu Weber, Ueber den Wert der Serumtherapie
bei Tetanus . 2232
Abbildungen zu Ingebrigtsen, Regeneration von Achsen-
Zylindern in vitro . ■ • • • • • ^“55
Abbildung und 1 Kurventafel zu Dessauer, Fortschritte in der
Erzeugung harter Röntgen strahlen .
Abbildung zu Bäumel, Ueber einen Quellstiftträger . * .
Kurventafeln und 1 Abbildung zu Brommer, Ueber die Behand¬
lung der Bauchdecken und des muskulären Beckenbodens
bei Wöchnerinnen mittels des Bergonidschen "Verfahrens
Abbildungen zu Schöne, Zur Behandlung von Vordorarm-
frakturen mit Bolzung . 23l/
Abbildung zu Dreyfus, Die Injektion konzentrierter Altsalvarsan-
lösungen mit der Spitze .... . . .
Kurventafeln zu Fuchs, Ueberleitungsstörung im Verlauf der
Salvarsanbehandlung bei einem Patienten mit später
Sekundärlues . - ■ •
Abbildungen und 1 Kurventafel zu David, Akute primäre
diphtherische Lungenentzündung . 2341
Abbildung zu Müller, Eine neue Fasszange . 2345
Abbildung zu J olles, Azotometer zur quantitativen Bestimmung
des Harnstoffes, der Harnsäure und der Purinbasen im Harne 2345
3
2284
6
2214
11
1
1
2268
2283
2325 -
2333
2339
1913.
CXVII
INHALTS-VERZEICHNIS.
Seite
4 Abbildungen zu Leva, Uebor einige körperliche Begleit¬
erscheinungen psychischer Vorgänge, mit besonderer
Berücksichtigung des psychogalvanischen Reflexphänomens 238(i
1 Abbildung und 1 Kurventafel zu Gildemeister, Ueber die physi¬
kalisch chemischen und physiologischen Vorgänge im
menschlichen Körper, auf denen der psychogalvanischc
Reflex beruht . ' . 2389
3 Kurventafeln und 3 Abbildungen zu Huismans, Der Telekar-
diograph, ein Ersatz des Orthodiagraphen . 2400
1 Abbildung zu Reusch, Ein einfaches und billiges Gährungs-
saceharometer . 2400
1 Abbildung zu Versd, Ueber das Vorkommen der Spirochaete
pallida bei früh- und spätsyphilitischen Erkrankungen des
Zentralnervensystems . 2446
1 Abbildung und 13 Kurventafeln zu Keil, Die Bewegung des
Brustkorbes bei der Atmung . . . . 2457
8 Kurventafeln zu Weiss. Ueber klinische Erfahrungen mitDigipan 2499
3 Abbildungen zu Weisser, Ein neuer Apparat zur Diathermie¬
behandlung von Ohrenkrankheiten [Otothermie] . 2521
2 Abbildungen zu Gerlach, Eine sicher fixierbare Otodiatherm-
Elektrode und Messungen über den Grad der Durchwärmung
des Ohres bei der Otodiathermie . . . 2523
4 Abbildungen zu Weber, Ueber die Registrierung des Druckes
im rechten Vorhof und über den Wert des oesophagealen
Kardiogramms für die Erklärung des Jugularvenenpulses 2553
3 Abbildungen zu Magnus und de Kleijn, Ein weiterer Fall von
tonischen „Halsreflexen“ beim Menschen . 2566
2 Abbildungen zu v. Gulat-Wellenburg, Ein ausserordentlicher
Fall von menschlichem Wiederkäuen . 2568
1 Abbildung zu Döllner, Eine neue Tafel zur Bestimmung von
Sehschärfe und Refraktion von Analphabeten . 2569
1 Abbildung zu Payr, Zur Prophylaxe und Therapie peritonealer
Adhäsionen. [Eisenfüllung des Magendarmkanals und Elek¬
tromagnet.] ... . . . . , 2601
1 Kurventafel und 1 Abbildung zu Openchowski, Zur Diagnostik
der Lokalisation des Magengeschwüres . 2606
5 Kurventafeln zu Koch, Ueber Scharlachrekonvaleszentenserum 2611
1 Abbildung zu Baeyer, Mechanische Behandlung der tabischen
Ataxie . 2621
1 Abbildung zu Orlovius, Eine neue Flasche zur sterilen Auf¬
bewahrung von Blut für bakteriologische Zwecke . 2627
1 Abbildung zu Leschke, Ein Troikart mit seitlichen Oeffnungen 2627
Seite
14 Abbildungen zu Singer und Holzknecht, Radiologische Anhalts¬
punkte zur Diagnose der chronischen Appendizitis .... 2659
7 Abbildungen zu Veraguth und Soyderhelm, Ueber raschwirkende
Beeinflussung abnormer Leukozytenbilder durch ein neues
Verfahren . 2664
1 Abbildung zu Henrich, Beitrag zur Klinik der direkten Unter¬
suchungsmethoden ... 2666
1 Abbildung zu Fellenberg, Eine Pinzette zur Erleichterung der
Peritonealnaht in der Tiefe des Beckens . 2680
1 Abbildung zu Hengge, Scheidenpulverbläser „Antileukon“ . 2680
3 Abbildungen zu Alwens, Neuere Fortschritte in der Röntgen¬
technik und -diagnostik . . 2682
5 Kurventafeln zu Eicke, Die Goldreaktion im Liquor cerebro¬
spinalis . 2713
6 Kurventafeln zu Rübsamen, Klinisch experimentelle Unter¬
suchungen über die Wirksamkeit synthetischer Wehenmittel 2724
1 Kurventafel zu Siogrist, Nervöses Fieber bei Tabes dorsalis . 2726
4 Abbildungen zu Holzknecht, Durchleuchtungs-Kompressorium
mit Bucky-Effekt . 2727
■> Abbildungen zu Stern, Ueber Entfernung von Tätowierungen 2731
2 Abbildungen zu Jessen, Eine neue Rippenschere und ein neuer
stumpfer Muskelhaken . 2733
6 Abbildungen zu Zinsser, Ein einfacher Nasenersatz . 2734
2 Abbildungen zu Luxembourg, Ein Fall von völligem Abriss der
behaarten Kopfhaut samt dem linken Ohr . . . . 2759
1 Kurventafel zu Sudhoff, Des Märchens Ende von der „grossen
Syphilisepidemie“inEuropanachderEntdeckungder Antillen 2760
5 Kurventafeln zu Baetge, Behandlung der Malaria tertiana mit
Neosalvarsan . . ... 2776
2 Abbildungen und 6 Kurventafeln zu Lindemann und Aschner,
Ueber Natur und Verbreitung vasokonstriktorischer und
wehenerregender Substanzen im Körper . 2779
11 Abbildungen zu Schneider, Ueber eine neue Geburtszange und
ihre Anwendung . 2790
1 Abbildung zu Ebrenreich, Ein Momentverschluss an der v. Reck-
linghausenschen Armmanschette . 2792
1 Abbildung zu Dunbar, Dr. Heino Trautmann f ..... . 2793
6 Kurventafeln zu Heimann, Thymus, Ovarien und Blutbild.
Experimentelle Untersuchungen . 2829
1 Abbildung zu Weiss, Ein einfacher Apparat zur Bestimmung
der Chloride im Harn (Chlorometer) . 2842
• •
MÜNCHENER
ORGAN FOR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ARZTE
HERAU SGEGEBEIS
VON
O. v. Angerer, Ch. Bäumler, A. Bier, M. v. Gruber, H. Helferich, M. Hofmeier, L. v. Krehl,
München. Freiburg i. B. Berlin. München. Eisenach. Würzburg. Heidelberg.
Fr. Lange, W. v. Leube, G. v. Merkel, Fr. Moritz, Fr. v. Müller, F. Penzoldt, B. Spatz, R. Stintzing,
München. Stuttgart. Nürnberg. Köln München. Erlangen. München. Jena.
REDIGIERT
HOFRAT DR* BERNHARD SPATZ
PRAKT. ARZT.
LX. JAHRGANG.
I. Hälfte (Januar— Juni).
MÜNCHEN
VERLAG VON J. E. LEHMANN
1913.
Die Münchener Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich •• Zusendungen sind zu adressieren i
im Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen l\/l T 1 NT TT T? M I? O Fürdie Redaktion Arnulfstr.26. Biirozeit der Redaktion 81/*— 1 t/hr.
Nummer 80^. * Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich I V I I I I I . r~| p IN T |\ Für Abonnement an j. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
JC 6. — . * Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag. Li X w 1 1 VI X J— i 1 i i-J 1- \ Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatinerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE
No. 1. 7. Januar 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
Originalien.
Aus der I. Medizinischen Klinik in München.
Ueber Digitalis ).
Von Ernst Romberg.
Die ungleiche Wirkung der Digitalis auf insuffiziente
Herzen ist allgemein bekannt. In einer Reihe von Fällen sehen
wir die klassische Digitaliswirkung. Die Pulsspannung nimmt
in einer mir stets sehr deutlich scheinenden Weise zu. Die
Druckschwankung, die Amplitude des einzelnen Pulses wird
grösser. Die Dyspnoe und die sonstigen Beschw.erden lassen
nach und als besonders wertvollen zahlenmässigen Ausdruck
der Wirkung sehen wir die früher hinter der Flüssigkeitsauf¬
nahme zurückbleibende Diurese die Aufnahme erreichen und
besonders bei hydropischen Kranken überschreiten, die
Oedeme schwinden. Als eine unerwünschte Digitaliswirkung
erscheint mir dagegen eine stärkere, unter die Norm hinunter¬
gehende Pulsverlangsamung. Sie bildet bereits die Grenze der
rein arzneilichen Wirkung, die sehr schnell nach den aus¬
gesprochen toxischen Erscheinungen hin überschritten wird.
Darüber bestehen ja sehr verschiedene Anschauungen.
Mackenzie1) digitalisiert scheinbar meist bis zum Ein¬
treten einer Magenstörung. Mir schien wenigstens an den
Orten meiner bisherigen Tätigkeit die Intensität der Wirkung
ausreichend, wenn die anderen günstigen Folgen deutlich sind.
Beispiele für eine so gute Beeinflussung der Herzinsuffi¬
zienz liefern vor allem die subakut in wenigen Wochen ent¬
stehenden Schwächezustände des Herzens bei Mitralfehlern,
bei Arteriosklerose usw. mit Dyspnoe, Leberschwellung, event.
Ocdetnen, wie der ausgezeichnete Kenner der Digitalis
A. F r a e n k e 1 2) in Badenweiler kürzlich mit Recht her¬
vorhob.
In anderen Fällen versagt Digitalis ganz oder fast ganz.
Sehen wir von hoffnungslosen Endstadien ab, so sind es einmal
Fälle, bei denen vor allem eine Herzkammer insuffizient, wenn
man will, überlastet ist, so die mit extremer Stauung in den
Körpervenen verlaufenden chronischen Schwächezustände der
rechten Kammer bei hochgradigen Mitralstenosen, Trikuspidal-
fehlern, bei Emphysem, Kyphoskoliose u. dgl. Wirkungslos
bleibt die Digitalis auch bei dem gewöhnlich rasch entstehen¬
den Versagen der linken Kammer der isolierten oder fast
reinen Aorteninsuffizienzen mit starker Dyspnoe, aber ohne
nennenswerte venöse Stauung. Und ebenso pflegen sich re¬
fraktär gegen Digitalis die schweren Ueberanstrengungen des
Herzens, die akuten Herzerkrankungen bei und nach In¬
fektionskrankheiten und manche Herzinsuffizienz Fettleibiger
zu verhalten.
Drittens sehen wir, wie kürzlich von Arthur W. Meyer3)
wieder betont wurde, ab und an nach einer zunächst recht
befriedigenden Digitaliswirkung die Diurese plötzlich nach-
lassen, die Ausscheidung der Oedeme stocken, während die
Pulsbeschaffenheit die Fortdauer der Digitaliswirkung deutlich
anzeigt und auch die vom Wasserwechsel unabhängigen Be¬
schwerden befriedigend zurückgehen. Erst nach einer Reihe
von Tagen kommt eventuell die Harnausscheidung von neuem
in Gang. Oefters bedürfen wir aber weiterer Nachhilfe durch
die Mittel der Purinreihe, speziell durch Diuretin oder Theocin.
Vermögen wir uns auf Grund der heutigen Kenntnisse eine
’") Nach einem Vortrage im Münchener ärztlichen Verein am
6. November 1912.
D Mackenzie: Heart II, 276.
2) A. Fraenkel: Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 7, S. 373.
3) Arthur W. Meyer: Die Digitalistherapie. Jena 1912. S. 118.
No. 1.
Vorstellung über die Bedingungen dieses wech¬
selnden Verhaltens zu bilden ?
Entsprechend der seit den Untersuchungen von
Wenckebach, Mackenzie und Hering so erfreu¬
lich geförderten Kenntnis von den Rhythmusstörungen des
Herzens hat man sich mit Recht gefragt, ob das Verhalten
des Herzrhythmus den wechselnden Effekt der Digitalis zu
erklären vermag.
Wie Mackenzie4 5 *) zutreffend hervorhob, sieht man
besonders glänzende Digitaliserfolge bei der Arhythmia Per¬
petua, der Form von Unregelmässigkeit, bei der die Vorhöfe
ihre regelmässige Aktion eingestellt haben, nur noch kleinste
Bewegungen ihrer Wand erkennen lassen, flimmern und die
Kammern unabhängig von der Führung durch die sonst den
Rhythmus regelnden Stellen völlig unregelmässig schlagen.
Vor allem bei Mitralfehlern mit der hier besonders häufigen
perpetuierlichen Arhythmie sind allen Aerzten diese Erfolge
geläufig. Schon die hier meist deutliche Verlangsamung der
Herzaktion muss wesentlich zur Verbesserung der Herzarbeit
beitragen, weil die Diastolen ausgiebiger werden, die Systole
erst nach voller Erschlaffung des Herzens einsetzt und der¬
selbe Grad systolischer Herzverkleinerung grössere Blut¬
volumina austreibt. Sehr deutlich geht das aus dem von
0. Frank R) entworfenen Schema hervor.
Aber es ist offenbar nicht die Rhythmusstörung als solche,
welche das Herz für die Digitalis besonders angreifbar macht.
Schon Mackenzie0) hob hervor, dass wir bei der so
häufigen Arhythmie der Arterioskleroseherzen nicht annähernd
so regelmässig derartige Erfolge sehen. Und bei der gelegent¬
lichen paroxysmalen Arhythmie der Koronarsklerosen, deren
Anfälle ganz wie paroxysmale Tachykardie, aber mit der hier
ihren Namen mit Unrecht tragenden perpetuierlichen Arhythmie
verlaufen, habe ich mit den üblichen Dosen nie eine Digitalis¬
wirkung gesehen. Allerdings habe ich die von Arthur W.
Meyer7) kürzlich aus der K r e h 1 sehen Klinik für das so
ähnliche anfallsweise Herzjagen empfohlenen sehr grossen
Dosen bisher nicht angewendet.
Ganz dasselbe gilt für die Extrasystolen. Bei beginnender
Herzinsuffizienz schwinden sie nicht selten unter Digitalis.
Scheinbar rein nervös verursachte Extrasystolen, z. B. die
oft so quälenden, nach jedem zweiten oder dritten Schlage auf¬
tretenden vorzeitigen Herzkontraktionen werden gar nicht
oder hur vorübergehend beeinflusst, und auch organisch be¬
dingte Extrasystolen lassen sich nicht immer beseitigen.
Die Form der Arhythmie erklärt also nicht
den Erfolg der Digitalis.
Entschieden fördernder ist die Beachtung des Herzrhyth¬
mus für die Vermeidung einer unerwünschten, die Herztätig¬
keit verschlechternden Digitaliswirkung. Vor allem haben
wir durch Wenckebach, Mackenzie, Ri hl, Hew¬
lett8) und zahlreiche entsprechende weitere Mitteilungen ge¬
lernt, dass Ueberleitungsstörungen, die während des Digi¬
talisgebrauchs auftreten, eine dringende Mahnung zum Aus¬
setzen des Mittels bilden. Die Digitalis verschlechtert den
Uebergang der die Kontraktion auslösenden Erregung von den
Vorhöfen zu den Kammern durch das A s c h o f f - T a w a r a -
sehe Reizleitungssystem. So kann die Ueberleitung von Sy-
4) Mackenzie: Heart II, 284.
5) O. Frank: Zeitschr. f. Biol., 41, 4.
G) Mackenzie: Heart II, 287.
7) Arthur W. Meyer: Die Digitalistherapie. Jena 1912, S. 93.
8) Wenckebach: Zeitschr. f. klin. Med., 37, 487. Macken¬
zie: Diseases of the heart 1908, pag. 275. Rihl: Zeitschr. für
experim. Pathol. und Ther. II, 74. Hewlett: The Journ. of the
Americ. Medic. Association, 5. Jan. 1907, Vol. 48, 47.
1
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
stole zu Systole langsamer werden, bis nach 2 oder mehr
Schlägen die vom Vorhof kommende Erregung noch in die
refraktäre Phase der Ventrikel fällt und ein Ventrikelschlag
aussetzt [sogen. Wenckebach sehe Perioden 9)]. Seltener
kommt es zu weitergehenden Dissoziationen, so dass die Vor¬
höfe doppelt oder dreimal so häufig schlagen wie die Kammern
und nur ganz vereinzelt zu völligem Herzblock, bei dem Vor¬
hof- und Kammerrhythmus ganz auseinanderfallen, und die
Ventrikelfrequenz gewöhnlich sehr tief, auf 32 und weniger
sinkt. ,
Ebenso wird der Fortgebrauch der Digitalis durch das
Auftreten echter Bigeminie kontraindiziert. Sie erscheint be¬
sonders häufig bei Mitralfehlern mit perpetuierlicher Arhyth¬
mie. Das charakteristische Bild der zwei rasch aufeinander¬
folgenden Herzkontraktionen, mit dem in der Radialis beim
zweiten Schlage meist unfühlbaren Pulse, der dadurch leicht
vorgetäuschten Bradykardie ist allgemein bekannt.
Aber auch die Ueberleitungsstörungen dürften entgegen
meiner früheren Anschauung entsprechend den Feststellungen
von V o 1 h a r d 10), Edens11) und Arthur W.Meyer12) nur
bei ihrem Auftreten während des Digitalisgebrauches das Aus¬
setzen des Mittels notwendig machen. Vor der Anwendung
des Mittels bestehende Ueberleitungsstörungen können sich so¬
gar unter Digitalis vielleicht infolge der durch die reich¬
lichere Herzdurchblutung gehobenen Funktion des Reiz¬
leitungssystems bessern oder verschwinden. Immerhin bleiben
Ueberleitungsstörungen für die Anwendung des Mittels ein
etwas gefährliches Gebiet. Das gleiche gilt vom Galopp¬
rhythmus, bei dem Fr. Müller 13) die Ueberleitungszeit ver¬
längert fand, wenngleich auch diese Anomalie die Digitalis
nicht ausschliesst. Es ist ja klar, dass jede Zunahme dei
Störung in der unmittelbaren Aufeinanderfolge der Vorhof-
und der Ventrikelkontraktion sehr unerwünscht ist.
Zur Vermeidung unliebsamer Nebenwirkungen auf das
Herz ist also der Herzrhythmus sicher sorglich zu beachten.
Aber zur Erklärung des Erfolges in einer Reihe von Fällen,
des Misserfolges in anderen kommen wir durch das Studium
des Herzrhythmus nicht.
Entsprechend der überwiegenden ärztlichen Anschauung
halte ich die dynamischen Verhältnisse der
Herzaktion für wichtiger.
Der Grad der Herzschwäche ist es offenbar nicht, der den
Erfolg bestimmt, wenn wir von den jeder Behandlung unzu¬
gänglichen Endstadien absehen.
Die eklatantesten Wirkungen sieht man ja im Stadium
der schweren Kreislaufstörung. Aber vortreffliche Erfolge
erzielt man,' wie ich recht nachdrücklich hervorheben möchte,
auch in den Anfängen der Herzinsuffizienz. Sicher kommt
man hier bisweilen auch durch einfache Schonung des Herzens
oder durch entsprechende physikalische Massnahmen weiter.
Aber recht oft erreicht man durch Digitalis eine raschere
Herstellung. Vielfach gelingt erst durch sie die Beseitigung
hinziehender Beschwerden. Die lästige Dyspnoe bei körper¬
licher Bewegung, allabendliche Oedeme, unangenehme Be¬
engungsgefühle schwinden in erfreulicher Weise. Vorzüglich
sind speziell die Erfolge bei den hinschleppenden Bronchial¬
katarrhen, die so oft eine beginnende Herzschwäche begleiten.
Den üblichen Expektorantien, Trinkkuren, Inhalationen
trotzen sie hartnäckig. Erst bei Anregung des Blutumlaufes
in den Lungen durch Verbesserung der Herztätigkeit gehen
sie vielfach erfreulich rasch zurück. Auch viele Atem¬
beschwerden bei Emphysen, Kyphoskoliose, Pleuraverwach¬
sungen, Lungenschrumpfung können durch Hebung der Herz¬
aktion gemildert werden. Freilich bleibt hier der auf Rechnung
der Lungenveränderung kommende Teil bestehen. Er ist aber
oft überraschend gering.
Aber ebenso wie Erfolge sieht man bei schwerer und
\eichter Kreislaufstörung auch Misserfolge der Digitalis.
Selbstverständlich schliesse ich hier die Misserfolge infolge
falscher Indikationsstellung aus. Wenn ein unterernährter
Mensch, ein Patient mit zerebraler Arteriosklerose, mit leichter
8) Wenckebach: 1. c. 474.
10) Volhard: Deutsch. Arch. f. klin. Med. 97, 348.
**) Edens: Ebenda 104, 528 ff.
12) Arthur W. Meyer: Die Digitalistherapie. Jena 1912. S. 79.
13) Fr. Müller: Münch, med. Wochenschr. 1906, No. 17.
thyreotoxischer Schädigung, mit einer funktionellen Neurose
über Herzbeschwerden klagt, so kann Digitalis nicht nützen.
Auch bei einem völligen kompensierten Klappenfehler ist es
zwecklos. Die Herzkraft kann es nur heben, wenn das Herz
ungenügend aus den Venen schöpft und unzureichend in die
Arterien austreibt, wenn also wirklich eine Herzinsuffizienz
vorliegt. Bei der heute herrschenden Neigung, das Mittel bei
jeder Art von Herzbeschwerden anzuwenden, möchte ich das
nebenbei bemerken.
Die Berücksichtigung der Herzarbeit gibt uns also wohl
zuverlässige Indikationen für die Anwendung der Digitalis.
Aber die rein klinische Beobachtung liefert keine befriedigende
Aufklärung in der uns interessierenden Frage. Wir kommen
weiter, wenn wir die pharmakologischen experimentellen
Erfahrungen zu Hilfe nehmen.
Das völlige Versagen der Digitalis in einer Reihe von
Fällen habe ich 14) schon früher an der Hand der Williams-
schen Feststellung15) erklärt, dass die Digitalis zwar die
Arbeitsleistung des Herzens steigert, den Kraftvorrat des
Herzens aber nicht vermehrt. Das Mittel setzt das Herz nicht
in den Stand, einen höheren Maximaldruck als vorher zu
überwinden. Das Versagen der Digitalis bei isolierter
Schwäche einer Kammer, z. B. der rechten bei ihrer Ueber-
dehnung durch die Drucksteigerung in der Lungenarterie in¬
folge einer Mitralstenose würde so verständlich werden. Ich
habe weiter die Frage aufgeworfen, ob die Digitalis in ana¬
loger Weise zwar die Diastolen vergrössert, aber nicht die
Grenzen der diastolischen Erweiterungsfähigkeit hinausrückt.
Auch ein solches über einen gewissen Grad nicht zu steigern¬
des Fassungsvermögen des Herzens würde zu der Unaus-
gleichbarkeit mancher Störungen, z. B. bei Aorteninsuffizienz
mit stark erhöhter Füllung der linken Kammer beitragen
können. Darf man aber diese nur hinsichtlich der Systole
experimentell begründete Vorstellung auch auf die übrigen
Fälle mit ausbleibender oder befriedigender Digitaliswirkung
übertragen?
Es gibt auch andere Möglichkeiten, die Dinge anzusehen.
Wir würdigen heute im allgemeinen am Herzmuskel nur sein
Kontraktionsvermögen. Wahrscheinlich ist es notwendig,
auch die physikalische Beschaffenheit des Herzmuskels, seine
Dehnbarkeit, seine Elastizität, die Eigenschaften, die man kurz
als Tonus bezeichnet, zu erforschen. Das Studium der Digi¬
taliswirkung ist in dieser Richtung besonders wertvoll. Schon
Schmiedeberg18) lehrte, dass die Elastizität des Herzens
— heute würden wir lieber allgemeiner sein Tonus sagen —
durch Digitalis gesteigert werde. Hinweise in dieser Be¬
ziehung sehen wir in der Vergrösserung der Diastole, die als
primäre Digitaliswirkung am isolierten Herzen bei Verwen¬
dung kleiner Dosen nach Werschinin17) unter G o 1 1 1 i e t
auftritt, ohne dass Druck und Schlagfrequenz sich ändern
Sogar zum diastolischen Stillstände kann es kommen. Ent¬
sprechend sah auch O 1 1 e n 18) in meiner Tübinger Klinik be
Plethysmographie der Herzkammern in situ an Katzen bis¬
weilen zuerst die Diastole unter Digitalis grösser werden. Füi
eine Beeinflussung des Herztonus spricht auch der be
grösseren Dosen auftretende systolische Stillstand. Dass e:
sich dabei nicht um eine Aenderung des Kontraktionsver
mögens handelt, zeigt der Wiederbeginn der Pulsation be
Erhöhung des Innendruckes. Zu denken gibt auch, dass nacl
der Feststellung von Nikolai und Simons19) am Men
sehen und des Assistenten meiner Klinik H. Straub °) in
Freiburger Pharmakologischen Institut auch am isolierte)
Herzen unter dem Einfluss von Digitaliskörpern zuerst die Fjl
oder T-Zacke des Elektrokardiogramms, also ein die zweit«
Hälfte, vielleicht das Ende der Kammersystole begleitende
elektrischer Vorgang zunimmt, während die Initialzacke kein
Veränderung aufweist. Aus diesen Gründen ist kürzlicl
M) Romberg: Lehrb. d. Krankheiten des Herzens, 2. Aufl. 1901
S. 267. „ _
15) Williams: Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm. 13, 1.
16) Schmiedeberg: Grundriss der Arzneimittellehre, 2. Autl
Leipzig, S. 125. „ „
17) Werschinin: Arch. f. exper. Path. u. Pharm, bo, 3S<
18) Otten: Noch nicht veröffentlicht.
19) Nikolai und Simons: Med. Klinik 1909, No. 5, S. 16i
20) H. Straub: Zeitschr. f. Biologie 53, 109.
Januar 1913. _ MUENcHENEft MEDIZINISCHE WOCHENSCHROT.
W. He'ubne r 21) mit grosser Wärme für die wichtige Rolle
Jes Herztonus neben der Kontraktilität bei der Digitalis-
Wirkung eingetreten. Auch Mackenzie und Wencke-
>ach rechnen mit der Möglichkeit eines Tonus am Herzen
md bedeutsamer Aenderung desselben. Vielleicht gelingt es
iurcli nähere Erforschung dieses bisher kaum bebauten Ge¬
betes, zu einem eindringenderen Verständnis der wechselnden
)igitaliswirkung zu kommen.
Sehr eingehend müssen wir dabei wie bei allen Kreislauf¬
ragen das Verhalten der Gefässe beachten. Die so
leidlich fühlbare vermehrte Spannung der Arterienwand in
ler Peripherie ist, wie N a e g e 1 e 22) unter O. Müller ge¬
zeigt hat, mit Hilfe des Frank sehen Sphygmographen an
/ermehrten sekundären Fällen der Pulskurve auch graphisch
erkennbar. E. V e i e 1 23) deutet diese Erscheinung auf Grund
angehender Pulsstudien nicht als Aenderung des Kontraktions-
nistandes, sondern der physikalischen Beschaffenheit, des
Tonus der Arterienwand. Die Weite der peripheren Arterien
wird durch Digitalis nicht erkennbar beeinflusst (Vagt und
tychmüller24) unter 0. Müller).
Praktisch wichtiger ist das Verhalten der inneren Ge-
ässgebiete. Durch die grundlegenden Untersuchungen von
lottlieb und Magnus25) wissen .wir, dass die Bauch-
refässe schon bei mittleren Dosen, resp. schwächeren Prä¬
laten sich verengern. Bei therapeutischen Dosen konnte
:war Eychmüller am gesunden Menschen eine Aenderung
ler Gefässweite im Abdomen nicht nachweisen. Aber, wie
lottlieb26) mit Recht betont hat, beeinträchtigt diese
Feststellung die Wichtigkeit der weiteren Ermittelung über
iie Gefässe der Bauchorgane nicht. O. L o e w i und
1 o n e s c u - ' ) fanden zuerst, dass Digitalis unter Erweiterung
ler Nierengefässe diuretisch wirkt, bevor der allgemeine Kreisl¬
auf beeinflusst wird. Unter G o 1 1 1 i e b s Leitung zeigte dann
vasztan-8) eine gleichzeitige Erweiterung der Nieren-
cefässe und Verengerung der Darmgefässe durch Digitalis-
losen, welche das Herz eben beeinflussen. Besonders inter¬
essant scheint mir aber die Feststellung Hedingers29)-
Jaden-Baden in meiner Tübinger Klinik, dass die Erweiterung
ler Nierengefässe und der diuretische Effekt der Digitalis in
hrer Stärke massgebend durch den Zustand der Nieren selbst
^stimmt werden. Bei normalen Nieren ist diese Digitalis-
virkung minimal. Bei manchen experimentell erzeugten
Nephritiden mit Ueberempfindlichkeit der Nierengefässe gegen
tiannigfache Reize fällt die Digitaliswirkung ausserordentlich
tark aus. In der Tübinger Klinik konnten wir 30) dann ganz
inaloge Erfahrungen an manchen menschlichen Nephritiden
nachen, bei denen wir nach den S c h 1 a y e r sehen Feststel¬
ungen eine erhöhte Reizbarkeit der Nierengefässe annehmen
lurften.
Diese wichtige Feststellung macht auch das vorher be¬
ugte plötzliche Versagen der Diurese bei Fortdauer der son¬
nen Digitaliswirkung verständlich. Bei manchen Nephri¬
ten kann eine Diurese nicht nur ausbleiben, weil ein Diureti-
■um zu schwach, sondern auch, weil es zu stark wirkt, weil
s die Nieren ermüdet. Kleinere Dosen erzeugen in der-
irtigen Fällen eine bessere Wirkung als grössere. Arthur
■V. Meyer31) wirft die Frage auf, ob nicht bisweilen die
Nieren von Herzkranken sich ähnlich verhalten, ob ihre Ge-
ässe bei grösseren Digitalismengen sich verengern und die
larnabscheidung dadurch sinkt. Nach manchen Beob-
ichtungen scheint mir das möglich. Man wird an derartige
Vorgänge um so eher denken, seitdem wir durch die Unter-
;‘) W. Heubner: Ther. Monatshefte, März 1912, S. 157.
) Naegele: Zentralbl. f. Herz- und Gefässkrankh. 1911, No. 8.
) V e i e 1 : Deutsches Archiv für klinische Medizin 105, 309.
*4) Vagt: Med. Klinik 1909, Eychmüller: Berl. klin. Wo-
henschrift 1909, No. 37.
*5) G o 1 1 1 i e b und Magnus: Arch. f. exper. Pathol. u. Pharm.
9 135.
*6) Gottlieb: Meyer und G o 1 1 1 i e b :, Experim. Pharma-
ologie, 2. Auflage, S. 271.
Jonescu: Arch. f. exper. Path. u. Pharm. 59, 71.
;* *) Kasztan: Ebenda 63, 406.
) He di n ge r: Deutsches Arch. f. klin. Med. 100, 305.
) Hedinger: Münchener med. Wochenschr. 1912. No. 20.
an omberg: Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 23.
) Arthur W. Meyer: Die Digitalistherapie. Jena 1912, S. 119.
3
suchungen 1 hachers3-) aus meiner Tübinger Klinik wissen,
dass wenigstens bei akuter Stauung die Nierenarterien sich
verengern, in den extremen Bedingungen des Experiments
sogar so stark, dass ihre Verengerung die Erweiterung der
gestauten Venen überwiegt. Auch der bekannte Nutzen der
Kombination der Digitalis mit den die Nierengefässe er¬
weiternden Purinkörpern, besonders mit Diuretin in manchen
Fällen, die Möglichkeit, eine auf Digitalis allein nicht
reagierende Diurese so bisweilen in Gang zu bringen, er¬
scheint an der Hand derartiger Vorstellungen in einem neuen
Lichte.
Die Hedinger sehen Untersuchungen legen die Frage
nach ähnlichem Verhalten des Herzens selbst nahe, wie
Hedinger0'') schon hervorhob. Auch am kranken Herzen
wird man nicht mehr ohne weiteres ein einheitliches Re¬
aktionsvermögen annehmen dürfen, vielleicht haben wir auch
hier je nach der Stärke der Funktionsschädigung Zustände der
Ueber- und Unterempfindlichkeit zu unterscheiden. Für eine
gewisse Ueberempfindlichkeit vieler kranker Herzen SDricht
ja ihre viel stärkere Reaktion auf Digitalis als die gesunder
Herzen. Aber es fehlt uns noch jede weitere, über diese rein
empirische Feststellung hinausgehende Grundlage.
Damit kommen wir zu dem Mittel selbst, dessen Art und
Einverleibung selbstverständlich von grösster Bedeutung für
den Erfolg ist. Die Stärke der Digitaliswirkung hängt be¬
kanntlich vor allem von der Konzentration der wirksamen
Stoffe, speziell des Digitoxins im Blute ab. Vom Verdauungs¬
kanal aus erfolgt die Aufnahme, wie G o 1 1 1 i e b und
O g a w a 34) neuerdings feststellten, erst nach Passage des
Magens. Je mehr ein Digitalispräparat den Magen irritiert,
je verzögerter es infolgedessen den Magen verlässt, um so
langsamer erfolgt seine Resorption. So zeigt es sich im
Experiment, dass das Infus direkt in den Dann gebracht
rascher wirkt, als das Blätterpulver. Vom Magen wird es aber
wegen der stärkeren Reizung, die es macht, so viel länger
zurückgehalten, dass vom Magen aus das Pulver entschieden
besser wirkt. Dem entspricht die jetzt wohl hinreichend fest¬
stehende Tatsache, dass man im Infus aus gepulverten Blättern
ein Fünftel Digitalis mehr 35), in dein aus bloss zerschnittenen
Blättern mindestens die anderthalbfache Menge geben muss
als von Blätterpulver in Substanz, um die gleiche Wirkung zu
erzielen. Es war deshalb ein glücklicher Gedanke von
Gottlieb, durch besondere Behandlung der Digitalisblätter
ein Extrakt, das Digipurat herzustellen, aus dem die den
Magen reizenden saponinartigen Substanzen der Droge
grösstenteils entfernt sind. Im Experiment hat sich die theo¬
retische Voraussetzung vortrefflich bewährt. Das Mittel tritt
sehr rasch in den Darm über und wirkt ausserordentlich
schnell. Bei Menschen verfügen wir nur über eine Unter¬
suchung V e i e 1 s 3fi), bei der die am isolierten Herzen gleich
wirksamen Mengen Digitalispulver und Digipurat bei einer
grösseren Anzahl möglichst ähnlicher Fälle vergleichsweise
einverleibt wurden. Die Diurese fällt bei Digipurat ent¬
sprechend der G o 1 1 1 i e b sehen Voraussetzung wesentlich
stärker aus. Die übrigen Wirkungen schienen uns allerdings
nicht verschieden. Magenstörungen traten annähernd gleich
häufig auf, allerdings beim Digipurat durchschnittlich etwas
später als bei dem Pulver, und G o 1 1 1 i e b wirft deshalb die
Frage auf, ob es sich bei den Blättern um eine direkte reizende
Wirkung auf den Magen, beim Digipurat mehr um eine all¬
gemein toxische Wirkung nach Uebergang in den Gesamt¬
körper handelte. Das muss noch weiter untersucht werden.
A. F r a e n k e 1 3‘) ist geneigt, der hochgradigen Ver¬
zögerung des Pfortaderkreislaufes bei schwerer venöser
Stauung unter Umständen die Schuld an dem Versagen
der per os gegebenen Digitalis zuzuschreiben. In der
32) Th ach er: Deutsches Arch. f. klin. Med. 97, 104.
") Hedinger: Deutscher Kongress für innere Medizin 1910,
S. 754.
34) Gottlieb und Ogawa: Münch, med. Wochenschr. 1912,
No. 42.
3B) Focke: Therapie der Gegenwart Mai 1912. 204. Rom¬
berg: Lehrbuch der Krankheiten des Herzens. 2. Aufl. 1909, 208.
3ß) V e i e 1 : Münch, med. Wochenschr. 1910, No. 39. G o 1 1 1 i e b
und Ogawa: Münch, med. Wochenschr., 192, No. 42. S. 2267.
37) A. Fraenkel: Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 6, S. 291.
r
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Tat vermag ja, wie ich betonte, die Digitalis bei
Mitralstenosen. Emphysemherzen und dergleichen, bei denen
diese Voraussetzung zutrifft, vielfach keine Besserung zu
bringen, und wissen wir durch Göttlich und O g a w a iS),
dass auch experimentell hochgradige Erschwerung des Pfort¬
aderkreislaufs die Digitaliswirkung schädigt. Gegen eine aus- I
schliessliche Bedeutung der erschwerten Resorption und für
das Mitwirken der früher genannten Einflüsse scheint zu
sprechen, dass auch massige Grade venöser Stauung bei dei-
artigen Kranken sich öfters als refraktär gegen Digitalis er¬
weisen und dass man auch bei schwerster venöser Stauung,
z. B. bei der Kombination einer Mitralinsuffizienz mit Tri- .
kuspidalinsutfizienz, nicht selten deutliche Digitaliswirkung er¬
hält. Es dürfte.» hier ganz auf den Grad der Stauung, vielleicht
auch auf den der damit verbundenen Darmalteration, auf den
Zustand der Leber ankommen, ob die Fr aenke Ische An¬
nahme verwirklicht wird. Nach der Mitteilung Er aenke ls
ist für manche Fälle nicht zu bezweifeln, dass der ungenügende
Digitaliserfolg ganz überwiegend auf mangelhafte Resorption
zu beziehen ist. Die vortreffliche von F r a c n k c 1 beobachtete
Wirkung des intravenös eingespritzten Strophanthins nach
vergeblicher Digitalisbehandlung per os beweist das schlagend.
Auch hier möchte ich nachdrücklich auf die F r a c n k c I sehe
Forderung hinweisen. dass man das Strophanthin nicht als
Notmittel in Fällen extremer Herzschwäche chronischer Art
ansehen darf. Bei chronischer Hcrzinsuffzienz soll man es nur
anwenden, wenn man glaubt, dass die Ursache des mangel¬
haften Digitaliserfolges in der schlechten Resorption des
Mittels liegt. Ebenso notwendig ist es, mindestens 10 bis
14 Tage zwischen der letzten Anwendung irgend eines zur
Digitalisgruppe zu rechnenden Mittels und des Strophanthins
Vergehen zu lassen, zunächst nur % mg einzuspritzen und falls
mehrfache Injektionen, wie wohl meist in solchen Fällen not¬
wendig werden, erst nach Abklingen der ersten Wirkung,
frühestens also nach 48 Stunden, dieselbe oder bei ungenügen¬
dem Erfolg eine grössere Dosis bis '% mg einzuspritzen.
Neben der Aufnahme ist die Ausscheidung für die Kon- j
zentration des Mittels im Blute wichtig. Alle Digitalis¬
präparate werden rascher resorbiert als ausgeschieden,
sammeln sich je nach der Grösse und der Auteinandei folge
der Einzeldosen im Blute an und erzeugen bei zu starker An¬
häufung die so unerwünschten kumulierenden Effekte mit ihren
fatalen Vergiftungssymptomen. Es gibt kein wirksames Digi¬
talispräparat ohne diese Eigenschaft. Bei schwach wirksamen
tritt sie natürlich weniger hervor, als bei stärkeren Präparaten.
Für die Stärke eines Präparates ist also das Betonen seiner
nichtkumulierenden Eigenschaften das Gegenteil einer Emp¬
fehlung.
Schliesslich noch einige Worte über die W a h 1 des
Präparates. Ich habe bisher nur ganz allgemein . von
Digitalis gesprochen. Die gleiche Herzwirkung kommt be¬
kanntlich auch dem Strophanthus, der Scilla und anderen
Drogen und den daraus hergestellten Mitteln zu. Ob sie auch
dieselbe Gefässwirkung besitzen, ist noch zu untersuchen.
Auf das Nachdrücklichste ist von allen Präparaten zu ver¬
langen, dass das einzelne Mittel auf eine annähernd gleiche
Wirkungsstärke durch den Versuch am Tierherzen eingestellt,
titriert ist und dass es diese Wirksamkeit auch während seiner
Verwendungszeit bewahrt. Gerade weil die einzelnen Herz¬
störungen so verschieden auf Digitalis reagieren, weil wir die
Ursachen der verschiedenen Wirkung noch nicht ausreichend
übersehen, müssen wir der Wirkung des Mittels selbst sicher
sein. Die natürlichen Schwankungen sind aber sehr bedeutend.
Deshalb sind die titrierten Digitalispräparate auf eine in jedem
Jahre erreichbare gleichmässige Wirkungsstärke eingestellt.
Die titrierten Digitalisblätter haben ferner den Vorteil, sofort
nach dem Eingänge rasch getrocknet zu sein und durch Zer¬
störung der Fermente, welche eine merkliche Abschwächung
im Laufe der Zeit herbeiführen, lange gleichmässig wirksam
zu bleiben 3fl). Ich finde es deshalb richtig, nur titrierte Präpa¬
rate zu verwenden. Es ist dringend zu wünschen, dass die
Fabrikanten von Digitalismitteln sich durchweg entschlossen
würden, die Wirksamkeit ihrer Präparate in der für titrierte
- de1) Ogawa: Deutsches Archiv für klinische Medizin, 108, 571.
3fe): Siehe hierzu Fo.cke: Therapie der Gegenwart, Mai 1912,
S.,203. ' •
Blätter üblichen Weise zuverlässig zu bestimmen und das
Resultat anzugeben.
Als Mittel der Wahl betrachte ich die titrierten pulveri¬
sierten Digitalisblätter, wie die Firmen Schallmeyer (früher
Sichert 6c Ziegenbein) in Marburg, Caesar 6c Loretz in
Halle u. a. sie in vortrefflicher* hinreichend gleichmässiger
( lualität liefern. Zur Charakterisierung ihrer Wirksamkeit sei
erwähnt, dass wir erwachsenen Menschen in jugendlichem
und mittlerem Alter dreimal täglich 0,1 in Pillen oder Pulvern
geben. Die • mannigfachen per os zuzuführenden Präparate
unterscheiden sich von den Digitalisblättern nicht grundsätz¬
lich. Ihre Resorbierbarkeit und die Stärke der Wirkung sine
aber ziemlich verschieden. Sie ermöglichen die erwünschte :
Modifikation der Digitalisbehandlung im einzelnen Falle
Darauf will ich heute nicht eingehen.
Fasse ich zusammen, so lassen wir uns bei der Verord¬
nung der Digitalis, vor allem vom Zustande der Herzarbeil
leiten. Ich betrachte es als einen Gewinn, dass wir der
Nutzen des Mittels auch bei beginnender Herzschwächt
kennen gelernt haben. Unangenehme Nebenwirkungen könnet
wir speziell auch durch Kontrolle des Herzrhythmus sichereii
als früher vermeiden. Wir beherrschen durch Verwendung
titrierter Präparate unser Handwerkzeug zuverlässiger.
Die wissenschaftliche Ergriindung der Ursache der Digi
taliswirkung auf kranke Herzen hat viel ausgedehntere Frage
Stellungen gewonnen. Sie haben zum Teil wie z. B. die Er
kenntnis der Nierenwirkung des Mittels erfreuliche praktisch1!
Ergebnisse gezeitigt. Auf weitere Fortschritte ist siche
zu hoffen.
Aus der inneren Abteilung des Krankenhauses Charlottenburgl
Westend (dirig. Arzt Prof. Dr. Umber).
Technik und Ergebnisse meiner Blutgerinnungsmethode
Von Dr. med. Werner Schultz, Oberarzt.
Im Jahre 1910 veröffentlichte ich [l] eine neue Method
zur Bestimmung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Se
dieser Publikation ist die Hohlperlenkapillar method
bei einer grossen Anzahl von wissenschaftlichen Arbeitsstätte
eingeführt worden. Während ich nun anfangs unter dem Eir
druck stand, dass die Methode für jedermann leicht und bc
quem zu handhaben sei, habe ich mich teils durch mir zt
gegangene Mitteilungen, teils durch die bisher vorliegende
Publikationen davon überzeugen müssen, dass es notwendi
ist, über die Methodik, so einfach sie auch scheint, weiters]
Details zu veröffentlichen und das früher Gesagte gewisse!
müssen zu kommentieren.
Ich führte in meiner früheren Veröffentlichung aus: die Me
thode besteht darin, dass Blut in einer Hohlperlenkapillare aufgt
fangen wird, deren einzelne Glieder in bestimmten Zeitabschnitte
abgebrochen und in abgemessenen Quanten physiologischer Kochsal:
lösung (je 1 ccm) ausgeschüttelt werden.
Zunächst die Blutentnahme. Von. fast allen massgebende
Untersuchern, welche sich mit der Gerinnungsfähigkeit des Blutes b«
schäftigt haben, ist stets betont worden, dass lediglich direkt de
Kreislauf, am besten der Vene entnommenes Blut für die Bluts
rinnungsuntersuchungen als einwandfrei angesehen werden kan
während jede andere Blutentnahme, bei welcher durch Hautschni
kleine Gefässe geöffnet werden, deren Inhalt sich mit Gewebssa
vermischt, zu Resultaten führen muss, die eine vollkommen gesonder
Betrachtung verlangen. Gerade meine Methode hat mich zu d«
Ueberzeugung geführt, dass es als ausgeschlossen zu b
trachten ist. durch Fingereinstich eine Blutprobe zu gewinne
welche hinreichende Schlüsse auf die G e r i n n u n g s f ä h i g k e
des kreisenden Blutes erlaubt. Während ich bei wiede
holten Untersuchungen von Venenblut, z. B. aus der freigelegti
Halsvene des Kaninchens, gut übereinstimmende Resultate erhielt, g
lingt dies nicht bei Blut, welches aus dem Ohrläppchen des Mensch«»
gewonnen wurde. Hingegen ist es mir an einzelnen Fällen kl.
geworden, dass man je nach dem Druck, den man ausübt, je na«
der Tiefe des Stiches, willkürlich beliebige Resultate erzielen kar
Ich habe mich daher zunächst entschlossen, klinisch nt
solches Blut zur Untersuchung he r-anzu- ziehe
welches ich durch perkutanen Einstich in die Ver
mediana cubiti oder eine andere Armvene bei
Menschen gewann. Legt man nun einen strengen Massstab 3
so ist zu sagen, dass auch beim perkutanen Einstich in die Ve
eine Berührung des Instrumentes mit der dazwischen liegenden G
websschicht nicht, ganz vermieden wird, indessen habe ich doch a
zahlreichen, Untersuchungen den Eindruck gewonnen, dass man nicht
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
i desto weniger ein fast crar nicht unter dem Einfluss zuströmenden Ge-
.vebssaftes stehendes Blut erhält, und zwar dann, wenn die Punktion
rut gelingt. Dass eine neue glatte und absolut trockene Kanüle für
;inen derartigen Zweck verwendet werden muss, ist selbstverständ-
ich. ebenso, dass die gebrauchte Kanüle in der Eigenwärme den
ibrigen Bedingungen des Versuches entspricht, d. h. Zimmer-
eniperatur hat.
Bei der Blutentnahme pflege ich darauf zu achten, dass, wenn
ranz kurz, um zum Einstich die Vene hervortreten zu lassen, ge¬
staut wurde, diese Stauung unmittelbar beim Beginn des Hervor-
luellens des Blutes unterbrochen wird. Das Blut pflegt dann rasch
:ropfend abzufliessen und die Kapillare soll, nachdem man die ersten
Tropfen hat fortfliessen lassen, in schräger Haltung mit dem Stiel
lach unten an die Oeffnung der Kanüle gehalten werden; das Blut füllt
Jann die Hohlperlcnkapillare sehr rasch (s. Abbildung). Jetzt wird
die Kapillare mit einem trockenen Wattebausch ganz kurz von
lussen abgetrocknet und auf eine geeignete glatte, staubfreie Unter-
age mit dem Stiel etwas erhöht — Blockschälchen, Bleistift oder
lergl. — hingelegt, weil bei horizontaler Lage leicht Blut aus den
lohlperlen in den Stiel zuriickfliesst.
Ueber die von Holmgren [2] vorgeschlagene Form der Blut¬
entnahme kann ich mich noch nicht auf Grund praktischer Erfahrung
iussern.
Nachdem nun dieser erste Akt unter Festlegung der Zeit nach
Minuten, eventuell Bruchteilen einer solchen, beendet ist, hat man
rollkommen Zeit, die kleine Punktionsöffnung zu versorgen und das
Protokoll anzulegen. Der Beginn der Blutgerinnung liegt
oeim Menschen in der Regel bei 9 Minuten, unter 5 Minuten
uir in den seltensten Fällen, so dass es in der Regel zeitig genug ist,
lach 5 Minuten mit dem Abbrechen der ersten Hohlperle zu beginnen.
Ts ist nun zu berücksichtigen, dass gerade die erste Hohlperle unter
Jmständen zum Versuch weniger geeignet ist, weil dieses Hohlperlen-
mde der Berührung mit der Aussenluft am längsten ausgesetzt ist
nid am ehesten auch durch die Abtrocknung der Kapillare von aussen
geschädigt werden kann. In Ausnahmefällen kann sich dann
ner zu einer Zeit schon ein kleines punktförmiges Gerinnselchcn ent-
.vickeln, welches in der Ausschüttung in 1 ccm physiologischer Koch¬
salzlösung sichtbar wird, während die folgenden Röhrchen nach je
üner Minute eine vollkommen gleichmässige Aufschwemmung nicht
geronnenen Blutes zeigen.
Daraus ergibt sich, dass man entweder in solchem Fall das Re¬
sultat der ersten Perle vernachlässigen soll oder dass man, um diesen
’ehler zu vermeiden, die erste Hohlperle kurz vor Beginn der Aus¬
schüttung abbricht, ohne sie zu benutzen.
Es erhebt sich nun die Frage, wie soll geschüttelt wer-
len? Darauf ist zu antworten: Es soll während des ganzen Anfangs¬
ind Mittelstadiurns des Versuches kräftig geschüttelt werden, um
'asch und energisch den Inhalt der Hohlperle zu entleeren. Dabei
st nicht zu befürchten, dass ein schon vorhandenes Gerinnselchen
lurch Schütteln zur Auflösung gebracht wird.
Das erste, eben sichtbare, oft nur punktförmige rote Gerinnsel-
:hen bezeichne ich im Protokoll mit Sp. (Spur). Es kann nun, eben-
alls extrem selten, Vorkommen, dass unter Umständen bei weniger
:utem Kapillarmaterial schon vor Beginn der kontinuierlichen Ge-
innuugsreihe eine Hohlperle zwischen den negativen Resultaten ein
ninimales Gerinnselchen aufweist. Dieser Umstand, den ich, wie ge-
•agt, sehr selten zu beobachten Gelegenheit hatte, braucht das Urteil
•her den Ablauf nicht zu beeinflussen, da man erst die kon-
inuier liehe Reihe als Ausdruck des Koagulationsverlaufs an-
•ehen kann.
Der Fortgang der Gerinnung dokumentiert sich nun so,
lass in den folgenden Gläschen ein kleines Gerinnselchen auftritt, das
Ulf weniger als die Hälfte des Rauminhaltes der Kapillare geschätzt
>vird (+). Schätze ich das Koagulum auf mehr als die Hälfte, so be-
'.eichnc ich 4— h Das .Ende des .Gerinnungsprozesses nehme ich dann
an, wenn ich beim Schütteln den Eindruck gewinne, dass die Hohl¬
perle vollkommen mit Gerinnsel ausgefüllt ist und dass die eventuell
noch auftretende Rotfärbung der Schüttelflüssigkeit nur dadurch zu¬
stande kommt, dass das vielleicht etwas lockere Gerinnsel Blutkör¬
perchen herausschwemmen lässt, ln diesem Punkte bestehen zweifel¬
los individuelle Differenzen. Bei manchen Untersuchungen markiert
sich der Schluss +++ sehr deutlich. Das Gerinnsel ist ganz fest,
so dass die Schüttelflüssigkeit beinahe vollkommen klar bleibt. Bei
anderen ist die Koagulation zwar da, aber das Gerinnsel ist so locker,
dass es beim Schütteln oft nicht unbeträchtliche Mengen roter Blut¬
körperchen abspülen lässt.
Im letzteren Falle habe ich neuerdings neben das Endzeichen
(+++) ein (Stern) ^-Zeichen gesetzt, welches dieses Verhalten aus-
drücken soll. Somit ergibt sich, dass es keinen Zweck hat, wenn man
das Ende des Koagulationsvorganges nahen sieht, sehr heftig zu
schütteln, da man ja nicht eine Festigkeitsprobe des Gerinnsels an¬
stellen will, sondern ein Urteil darüber anstrebt, ob der Vorgang der
Koagulation den ganzen Binnenraum der Hohlperle ergriffen hat.
Soweit die technische Ausführung der Ausschüttung. Was das
Abbrechen der Hohlperle betrifft, so kann man den Einwand
machen, dass die Berührung der warmen Hand die Koagulation event.
beschleunigt. Zweifellos ist es vorzuziehen, mit zwei anatomischen
Pinzetten zu arbeiten, derart, dass man vorletzte und letzte Perle
anfasst und entsprechend der Markierung mit einem kurzen Ruck
abbricht. Der theoretische Vorzug dieses Vorgehens ist so klar, dass
man ihn nicht weiter zu begründen braucht. Ich muss jedoch sagen,
dass ich praktisch bei grosser Uelumg und raschem Arbeiten durch
das Abbrechen mit der Hand keine schlechteren Resultate habe
herauskommen sehen.
Noch ein Wort über die Beobachtung der Tempera-
t u r. Temperatureinflüsse sind von so ausschlaggebender Bedeutung,
dass Fehler in dieser Richtung hin unbedingt vermieden werden
müssen. Für wissenschaftliche Zwecke ist es angezeigt, dass ein be¬
sonderer Raum zur Verfügung steht, den man mindestens eine Stunde
vorher auf die gewünschte Temperatur (20° C) bringt und in welchem
alle angewandten Instrumente längere Zeit stehen, um ihre Eigentem¬
peratur der Aussenluft anzupassen. Ganz fehlerhafte Resultate würde
man bekommen, wenn man kühl aufbewahrte Kapillaren direkt ver¬
wendet.
Ein sehr wichtiger Punkt ist die Beschaffenheit der
Kapillare selbst; hierüber sind seinerzeit von mir genaue An¬
gaben gemacht worden, eine frühere Abbildung gibt die Kapillare in
natürlicher Grösse wieder. Eine gleichmässige Arbeit der Hohlperlen¬
kapillare ist zum Gelingen der Versuche unbedingtes Erfordernis.
Eine besondere Sorgfalt erfordert die Einritzung der Intervallstücke.
Nur wenn diese sorgfältig durchgeführt ist, gelingt es, die einzelne
Perle bequem abzubrechen, was für ein ruhiges Arbeiten unbedingtes
Erfordernis ist. Da es sich nun herausgestellt hat, dass die Haltbar¬
keit der Kapillare für den Ferntransport angeblich hierunter leidet,
so wird in manchen Fällen nichts anderes übrigbleiben, als die Ein¬
ritzung am Verbrauchsort von geschickter Hand herstellen zu lassen.
Zuweilen zeigen die Blutgerinnsel eine störende Neigung an der
Innenwand der Perlen festzukleben. Anscheinend beruht dies auf
der Verwendung weniger geeigneten Glasmaterials.
Die gewünschte Hohlperlenanzahl der Einzelkapillare - ich
arbeite meist mit 15 — ist dem Versuchsbedarf entsprechend anzu¬
geben.
Im folgenden gebe ich eine Darstellung der bisher ge¬
wonnenen, meist klinischen Resultate und bemerke aus¬
drücklich, dass ich es unterlasse, die Ergebnisse anderer Me¬
thoden in dieser Arbeit zu zitieren, um über den Rahmen der
kurzen Darstellung nicht hinauszugehen.
Eine genauere Nachprüfung meiner Methode
ist von Stromberg [3] vorgenommen, der bei Unter¬
suchungen am Kaninchen stets zwei parallele Hohlperlen¬
kapillaren verwandte. Ich kann daher auf die von ’ diesem
Autor angegebenen Kurven verweisen, welche die gute Ueber-
einstimmung der parallel laufenden Untersuchungen dartun.
Stromberg hatte es sich zur Aufgabe gestellt, den Ein¬
fluss von Blutverlusten auf die Blutgerin-
n u n g festzustellen. Er war zu dem Resultat gelangt, dass
bei Blutverlusten eine Gerinnungsbeschleunigung wohl ein-
treten kann, dass aber die Intensität derselben kein bestimmtes
Verhältnis zur verlorenen Blutmenge zeigt, manchen Schwan¬
kungen durch unbekannte Einflüsse unterworfen ist und nicht
bei jeder Methode der Gerinnungsbestimmung in gleich deut¬
licher Weise manifest zu werden braucht.
Ich führe dieses an, weil ich weiter unten hierauf zurück¬
zukommen habe.
Was die klinischen Resultate meiner Me¬
thode betrifft, so ist zunächst zu konstatieren, dass indi¬
viduelle Differenzen bestehen. Nichtsdestoweniger lässt sich
aber aus einer grossen Anzahl von Beobachtungen ein Mittel¬
wert gewinnen, der den durchschnittlichen A b 1 a u f
6
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
der Gerinnung beim Menschen veranschaulicht.
Haslinger [4] untersuchte 33 Kranke, bei welchen bekannte
Ursachen für eine Veränderung der Gerinnungsfähigkeit
des Blutes nicht Vorlagen und fand bei ihnen einen Beginn
der Gerinnung bei 9,1 Minuten, das Ende bei
13,8 Minuten im Durchschnitt. Untersuchungstemperatur
20 — 22° C. Der Beginn schwankte bei den Untersuchten zwi¬
schen 7 und 12 Minuten, das Ende zwischen 10 und 18 Minuten.
Der Beginn
war:
Das Ende war:
bei
7
Min. . .
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bei
10
Min .
3 mal
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5 ,
12
. 3 „
n
15
?f • . . . •
2 „
16
* . .
4 „
17
ff .
2 ,
fl
18
u. bei 18,5 Min.
ff
Andere Reihen stimmen mit diesen Resultaten ziemlich
überein.
Das „NormalprotokoU“ würde also lauten:
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
0 0 0 0 Sp. -f- -f- ++ 4 — b 4 — 1 — b
Um nun die Ergebnisse der Methode weiter zu prüfen,
wurden in einer Reihe von Fällen durch Herrn Dr. W. J. R e i d
Patienten kurz nacheinander 2mal venenpunk¬
tiert und die Resultate miteinander ver¬
glichen. Um einen praktischen Zweck mit diesen Unter¬
suchungen zu verbinden, Hess ich in der Zwischenpause, die
10 — 30 Minuten betrug, eine leichte Massage der
Extremitäten vornehmen. Nach früheren Unter¬
suchungen soll Massage die Leukozytenzahl des Blutes er¬
höhen. Die Leukozytenzählung wurde auch in diesen Fällen
vorgenommen. Die Zahlen der weissen Blutkörperchen sind
zwar im Durchschnitt um ein Minimum erhöht, jedoch liegen
sich die Ergebnisse so nahe, dass ein nennenswerter Einfluss
auf die Koagulationsfähigkeit des Blutes auf diesem Wege
nicht zu erwarten war. Das gewonnene Ergebnis entspricht
dieser Erwartung. Wenn man die Durchschnittswerte ansieht,
so scheint tatsächlich eine geringe, weniger als eine
Minute im Durchschnitt betragende Verkür¬
zung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes ein¬
getreten zu sein, praktisch ist jedoch diese Differenz so gering,
dass ich sie als ziemlich i n n e
liegend ansehe.
rhalb der Feh
lergrenz
Die Differenz beträgt unter
Bezüglich des
Endes betrifft
19 Versuchen:
die Differenz:
2 mal ... 0 Min.
3 mal . .
. 0 Min.
11 .... 1 ,,
8 „
- V* ,
1 „ . . . VI* „
5 „
. 1 „
4 „ ... 2 „
1 - - •
. VI* „
1 „ ... 3
2 „
• 3 „
Die näheren Einzelheiten gehen aus der Tabelle 1 hervor.
Philips N e 1 [5] hat eine grosse Anzahl von Kranken dei
Bier sehen Poliklinik Untersuchungen bezüglich der Ge¬
rinnungsfähigkeit des Blutes unterzogen und für den ersten
Ueberblick ein schätzenswertes Material geschaffen. Seine
„normalen“ Fälle bringen Gerinnungszeiten, deren Anfang
zwischen 7 und 14 Minuten und deren Ende zwischen 10 und
17 Minuten liegt, die also etwa mit dem früher Gesagten in
Uebereinstimmung stehen.
Eine T a b e 1 1 e ii b e r 10 I k t e r u s f ä 1 1 e, welche häma-
tologisch keine Besonderheiten boten, zeigte im allgemeinen
keine Abweichung von der Norm.
Eine Tabelle von 24 Fällen beschäftigt sich mit
Fieberzuständen der verschiedenen Art,
Erysipel, Phlegmone, Gangrän usw. Auch hier weichen die
Resultate von der normalen Tabelle in 22 Fällen nicht wesent¬
lich ab, nur bei zwei Schwerkranken, komatösen Fällen, wurde
eine Beschleunigung konstatiert. Dasselbe, nämlich das Fehlen
wesentlicher Abweichung von der Norm, gilt von „ent¬
zündlichen Krankheitsprozessen ohne hohes
Fieber“ (12 Fälle).
Die Gerinnungsresultate vor und nach Entbin¬
dungen liegen ebenfalls im Bereich der Norm, wobei in
der angeführten Tabelle allerdings zu bemerken ist, dass post
partum der Beginn der Gerinnung meist 1—2 Minuten gegen¬
über der voraufgehenden Beobachtung beschleunigt war.
Keine wesentlichen Abweichungen von
der Norm boten weiterhin Fälle nicht mit
Fieber verknüpfter chronischer tuberku¬
löser Erkrankungen, Strumafälle, Diabetes¬
fälle mit und ohne Furunkulose rheumaj
tische Erkrankungen.
Auch die Daten über einige Fälle von hämorrhagi¬
scher Diathese und angeblicher Hämophilie
fallen nicht aus dem gleichmässigen Gesamtbilde heraus, wem
auch in einzelnen der angeführten Fälle da;
Resultat etwas im Sinne einer Verzögerung
innerhalb der Schwankungen anscheinend
Normaler verschoben liegt, wie ich dies ebenfalls:
bei einigen Fällen von hämorrhagischer Diathese konstatierte
Die Sonderstellung der echten Hämophilie wird an einem be
sonderen Beispiel erörtert werden.
Unter fast allen längeren Tabellen nun, am auffallendste!
war dies, vielleicht zufällig, in einigen Fällen von Varizen
finden sich einzelne Patienten, bei denen die Blutgerinnun;
etwas verzögert war, ohne dass aus dem Blutbefund ode
in den sonstigen Angaben der Leute irgend etwas von hämor
rhagischer Diathese oder Hämophilie zu ermitteln war. N e
führt z. B. den Fall eines 59 jährigen Mannes an mit Varize
der Unterschenkel, dessen Blutgerinnung zwischen 16 um
18 Minuten lag bei 20° C. Allerdings wird angegeben: Weni
Plättchen.
Auf weitere Einzelheiten dieser Materialsammlung, die ai
das klarste zeigt, wie wenig praktische Bedeutung der Beein
Tabelle 1.
6
Z
Datum
Patient
Diagnose
Tem¬
peratur
Blutgerinnung
Leuko¬
zyten
Massage
Tem¬
peratur
Blutgerinnung
Leuko¬
zyten
Beginn
Ende
Beginn
Ende
i
19. IV.
Frl. L ...
Chlorose .
20°
10
13 Vt
3 650
30 Min.
20°
9
121/«
3 700
2
20. IV.
Frl. B. ...
Chronische Nephritis .
21°
10
13
6 050
30 Min.
21°
9
12l!a
6 500
3
21. IV.
Bertha Sch. .
Asthma .
20,75 0
8
12
14 000
30 Min.
20,75°
5
9 (?)
13 300
4
22. IV.
Martha H. .
Struma .
20°
10
1462
6 200
30 Min.
20,25°
8
14
6 400
5
25. IV.
Bertha M. . .
Pneumonie (Rekonvaleszenz) . .
19,5°
10
13 V«
8 400
30 Min.
19,5°
9
13
8 700
6
26. IV.
Bertha R.
Defatigatio .
20 °
10
141/a
7 500
30 Min.
20,5°
10
1 3A/a
8 000
7
28. IV.
Ella E. . .
Angina (Rekonvaleszenz) .
19,5°
9
16
9 500
30 Min.
19,75°
10
16
10 800
8
29. IV.
Henrietta R. .
Angina .
19°
10
131/«
13 500
30 Min.
19°
8
12H/2
12 500
9
2. V.
Martha S. . .
Stomatitis .
18,5°
12
I6H2
6 800
30 Min.
18,5°
11
16
7 400
10
8. V.
Frl. . . .
Bronchitis .
19°
10
I3llt
17 300
30 Min.
19,5°
81/*
13
18 000
11
9. V.
Helene R. . .
Neurasthenie .
21°
8
121/a
9 500
30 Min.
21°
7
121/*
9 500
12
16. V.
Auguste Sch.
Angina .
22°
8
121/«
8 800
20 Min.
22°
8
11
10 000
13
19. V.
Regina S. . .
Rheumatische Beschwerden ....
20°
9
1492
8 000
10 Min.
20°
7
13lA
9 550
14
19 V.
Martha R. . .
Magenleiden .
19,5°
8
15
8 300
10 Min.
19,5°
7
12
8 300'
15
21. V.
Martha K- . .
Angina .
20°
9
14l/2
10 800
15 Min.
20°
8
14
10 700
16
24. V.
Martha .
Traumatische Neurasthenie ....
20°
8
]21k
9 700
15 Min.
20°
6
iz1/2
9 800
17
26. V.
Stanislawa Q.
—
21°
6
121/*
6 400
15 Min.
21°
7
12
6 9UÜ
18
31. V.
Frau U. . . .
Gelenkrheumatismus (Rekonvaleszenz)
22°
8
131/*
10 700
15 Min.
22°
7
13
11 500
19
8. VI.
Louise H. . .
Chlorose . ....
19°
9
1 14
| 8 000
15 Min.
19°
10
15
8 300
Durchschnitt :
| 9,05
| 13,7
| 9110
1 1 1 8,13
| 13,03
| 9 465
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
7
flussung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes durch die aller¬
verschiedensten Krankheitszustände beizumessen ist, soll nicht
eingegangen werden. Zu ergänzen wären diese Unter¬
suchungen durch fortgesetzte Untersuchungen an ein und dem¬
selben Individuum.
Es sei noch ein Punkt hervorgehoben, über welchen ich
mir nach dem vorliegenden Material bisher kein definitives
Urteil bilden konnte. Das ist die Beeinflussung der Blut¬
gerinnungsfähigkeit durch die Menstruation.
N e 1 kommt an einem kleinen Material zu einem vollkommen
negativen Resultat, d. h. während der Menstruation und in der Men¬
struationspause werden bei den untersuchten Patientinnen dieselben
Werte erhoben, während Haslinger, der eine grössere Anzahl
von Fällen zu untersuchen Gelegenheit hatte, wiederholt eine auf¬
fällige Verzögerung während der Menstruation feststellte. Immerhin
war dieses Phänomen in einer Reihe von Fällen nicht zu konstatieren,
so dass Haslinger den Schluss hieraus zog, dass der Einfluss
der Menstruation auf die Koagulation des Blutes nicht regel¬
mässig zu konstatieren ist. Ein wirklich klares Bild wird sich
voraussichtlich hierüber nur an der Hand einer sehr grossen, über
Hunderte sich erstreckenden Versuchsreihe gewinnen lassen.
Während nun nach diesen Ausführungen zugegeben wer¬
den muss, dass die allermeisten pathologischen Zustände für
den Ablauf der Koagulation des Blutes praktisch bedeutungslos
sind, so können doch andererseits einige Beobachtungen vor¬
gebracht werden, welche einmal bei der Hämophilie und
zweitens bei der Leukämie eine anscheinend gesetz-
mässige Veränderung bewiesen.
Als Beispiel der Hämophilie führe ich Angaben
über einen 7 jährigen Schüler an, dessen Erkrankung an Hämo¬
philie ich kurz zu beobachten Gelegenheit hatte.
Ueber den Fall an sich sei nur kurz angegeben, dass hereditär
keine besonderen Anhaltspunkte Vorlagen, jedenfalls kein Fall von
Hämophilie in der Familie vorgekommen ist. Bei dem Kinde bestand
eine Neigung zu Blutungen seit frühester Jugend; im Alter von
11 Monaten trat im Anschluss an einen Fall auf das Gesäss zum
erstenmal eine ausgedehnte Blutung in die Haut auf. Es folgten
nun weiterhin im Laufe der Jahre Blutungen aus den Zähnen, in das
Periost, aus dem Mittelohr nach Otitis. Zur Zeit der Aufnahme zeigte
der kleine schmächtige Knabe von blassem Aussehen ein Hämarthros
des rechten Knies, am linken Unterschenkel unterhalb des Knies
eine Hautblutung, ein solche neben dem linken Ellenbogengelenk sowie
an der Innenseite des rechten Oberarmes, an der Streckseite des
rechten Vorderarmes und in der Gegend des Metakarpus des rechten
Daumens. Blutbefund: Hämoglobin 73/80, rote Blutkörperchen 5,8 Mil¬
lionen, weisse 5200. Das aus der Vena mediana cubiti
gewonnene Blut zeigte bei 22° C einen Beginn der
Gerinnung nach 30 Minuten, Ende nach 55 Minuten,
also eine ausserhalb aller Fehlergrenzen liegende
beträchtliche Verzögerung.
' Was die Leukämie betrifft, so hatte ich Gelegenheit,
eine Anzahl von Fällen zu untersuchen, von denen ich drei
längere Zeit beobachtete und wiederholt untersuchte und die
in der Dissertation von Anna Bennecke [6] beschrieben sind.
Im ersten Fall handelte es sich um eine lymphatische
Leukäfnie bei einer 50jährigen Frau. Auf der Höhe der Er¬
krankung. die einen subakuten Verlauf nahm, lief nach meiner Me¬
thode die Blutkoagulation aus der Vene bei 22° C in
4 — 6 Minuten ab. Die Anzahl der weissen Blutkörperchen betrug
162 000, Erythrozyten 1,228 Millionen, wenig Plättchen, Hämo¬
globin 14 Proz.
Im zweiten Fall eines 29 jährigen Mannes mit gemischt¬
zeiliger Leukämie lag der Beginn der Blutgerinnung
bei 7, das Ende bei 10 Minuten (21,5 0 C Venenblut). Weisse
Blutkörperchen 166 400, Erythrozyten 3,72 Millionen, Plättchen mässig
zahlreich, Hämoglobin 50 Proz.
Im dritten Fall, ebenfalls einer gemischtzeiligen Leuk¬
ämie bei einer 48 jährigen Frau, lief die Blutgerinnung auf der
Höhe der Erkrankung i n 5 — 8 Minuten ab. Die Zahl der weissen
Blutkörperchen betrug 235 600, die Plättchen waren vermehrt. Die
vorausgegangene Erythrozytenbestimmung hatte 1,79 Millionen er¬
geben, Hämoglobin 27 Proz.
Es ist zu bemerken, dass in allen diesen Fällen die Blut¬
gerinnung ausserhalb eigentlicher Blutungsperioden festgestellt
wurde, um dem Einwand zu begegnen, dass eine solche die
Verzögerung der Blutgerinnung herbeiführte. Dieser Befund
ist um so bemerkenswerter, als er die Tatsache feststellt,
dass bei dieser Erkrankung mit ausgesprochenster hämor¬
rhagischer Diathese die Gerinnungstendenz des Blutes auf der
Höhe der Erkrankung beschleunigt sein kann. Ich stehe
nicht an, diese Beschleunigung der Blut-
gerinnungaisein wichtiges und eigenartiges
Symptom der Leukämie anzusehen. Es hat sich
gezeigt, dass bei Besserung des Blutbefundes und Rückkehr
desselben zur Norm auch die Blutgerinnungsfähigkeit einer
Verschiebung in diesem Sinne unterliegt, d. h. normal wird.
Aus diesem ist für die Therapie der leukämischen Blu¬
tungen zu entnehmen, dass nach allen Erfahrungen eine wirk¬
same Behandlung nur die ätiologische sein kann, weil das die
Blutung verursachende Agens in der pathologischen Be¬
schaffenheit (Bend a) oder Funktion des blutenden Gefässes
selbst gesucht werden muss.
Schliesslich habe ich Gelegenheit genommen, Unter¬
suchungen anzustellen, ' welche darauf hinzielten, fest-
z u s t e 1 1 e n, ob unsere heute noch geübte Methode, d i e
Blutgerinnung willkürlich zu beeinflussen,
haltbar ist oder nicht.
Eine erste Versuchsreihe erstreckte sich auf die Wir¬
kung der Kalksalze. Das Resultat derselben ist bereits
in einem Vortrag aus dem Fortbildungszyklus des Sommer¬
semesters 1912 von Professor Umber [7] mitgeteilt. Ich
bringe jedoch die Tabelle auch an dieser Stelle, weil sie mir
von allgemeiner praktischer Bedeutung zu sein scheint. Das
Resultat ist ein völlig negatives. Die bei gleichen
Temperaturen gewonnenen Resultate vor und nach der Kalk¬
behandlung liegen sich so nahe, dass keinerlei beschleunigende
Wirkung zu erkennen ist. Gegeben wurde täglich 3 mal 1 g
Kalziumlaktat.
Tabelle 2.
No.
Krankheit
Kalkbehandlung
Wieviel Tage
lang?
Blutgerinnungszeit in Minuten
vorher
nachher
1
Nephritis chron.
4
8—13
11—14
2
do.
4
9—12
10-13
3
do.
4
10—14
11—16
4
do.
4
9—14
11—14
5
do.
4
9—14
9—13
6
Purpura
3
10-14
10—14
7
Skarlatina
3
10—14
10-14
8
do.
3
8-13
9-13
9
do.
3
9—15
10—16
Weitere Versuche, die Blutgerinnungsfähigkeit des Men¬
schen durch Injektion eines leukozytoseerzeugenden Mittels
(Natrium n u c 1 e i n i c u m) zu beschleunigen, miss¬
langen [8].
Die den Versuchen mit Kalksalzen analogen habe ich be¬
züglich Zitronensäuretherapie vorgenommen, und
zwar wurden 3 mal täglich 2 g Zitronensäure in Form von
Fruchtsaft gereicht. Auch hier ist das Resultat ein voll¬
kommen negatives.
Tabelle 3.
Blutgerinnung und Zitronensäureeinfluss.
©
Name
Krankheit
Zitronensäure¬
behandlung
Wieviel Tage
lang?
Blutgerir
in M
vorher
inungszeit
inuten
nachher
1
Kurt L.
Typhus¬
rekonvaleszenz
4
9— 140* (20° C)
10-16 (18,5° C)
2
Alfred Sch.
do.
4
9-15 (19,5° C)
8—1202 (19,5 »O
3
Wilhelmine R
do.
4
9—15 (20° C)
10—1302 (20° C)
4
Anna S.
Erysipel
4
9—1402 (20,5 °C)
9—1602 (20,5 0 C)
5
Luise K.
Tbc. pulmon.
3
9-14 (20.5» C)
8—12 (21,5° C)
6
Luise J.
do.
3
70*-1002 (21,5° C)
7-9 (21,5° C)
Die Wirkung der Gelatineinjektionen auf die
Blutgerinnung bei Lungenblutungen habe ich auf Veranlassung
von Prof. Umber mit meiner Methode gleichfalls geprüft.
Die Ergebnisse sind in der oben erwähnten Mitteilung zu
finden. In einem Teil der Fälle war eine ausgesprochene Ge¬
rinnungsbeschleunigung zu demonstrieren. Freilich dürfte dies
wohl nur einer von mehreren Faktoren der blutstillenden Wir¬
kung der Gelatine sein, zu denen die Agglutination der
Erythrozyten, die Vermehrung des Fibrinogens und die Er¬
höhung der Viskosität im Blut gehört.
Literatur.
1. W. Schultz: Berl. klin. Wöchenschr. 1910, No. 12. — - 2.
J. Holmgren: Münch, med. Wöchenschr. 1912, No. 42. — 3. 11.
8
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Stromberg: Biochem. Zeitschr., Bd. 37, H. 3/4, 1911. — 4. E. H a s -
linger: Inaug.-Diss. Borna-Leipzig 1910. — 5. P. Nel: Inaug.-
Diss. Berlin 1912. — 6. Ben necke: Inaug.-Diss. Leipzig 1912. —
7. Umber: Zeitschr. f. ärztl. Fortbildung. Jahrgg. 9, 1912, No. 20.
— S. W. Schultz: Zentralbl. f. innere Med. 1912, No. 10.
Aus der medizinischen Universitätsklinik in Jena.
Ueber Selbstheilung von Basedowscher Krankheit*).
Von Prof. Dr. Grober.
Im allgemeinen gilt die Voraussage der Basedow sehen
Krankheit quoad restitutionem ad integrum als nicht be¬
sonders günstig; wenn es auch durch eine Reihe von
neuen Behandlungsmethoden gelungen ist, den tödlichen
Ausgang des Leidens in schweren Fällen zu verhindern,
so pflegt doch fast regelmässig die Krankheit zu einer
Erwerbsbeschränkung und zu einem dauernden Siechtum zu
führen. Selbstverständlich sind die einzelnen Krankheitsfälle
wie in ihrer Schwere, so auch bezüglich ihres Verlaufes recht
verschieden. Die Voraussage hat sich danach soweit als mög¬
lich zu richten. Gerade weil wir in den letzten Jahren
über die leichten und leichtesten Fälle der Basedow sehen
Krankheit zahlreiche Untersuchungen aus Gegenden, in denen
die Krankheit häufig vorkommt, von neurologischer, wie von
chirurgischer Seite unterrichtet worden sind, ist es natürlich,
dass die Zahl der Basedowfälle sich vermehrt und die Statistik
derselben vergrössert hat und dass die schwereren Fälle einen
kleineren Teil der Gesamtzahl auszumachen scheinen. In
Wirklichkeit folgt hier die Statistik den Aenderungen in
unserer Befähigung zur Diagnose.
Dass schwere Fälle von Basedow scher Krankheit aus¬
heilen können, ist wiederholt beschrieben worden. Als Ver¬
anlassung hierzu wurde naturgemäss die angewendete The¬
rapie angesehen, mochte sie nun in medikamentösen oder
physikalischen und diätetischen Behandlungsmethoden be¬
stehen, oder mochte die teilweise Entfernung des Kropfes auf
chirurgischem Wege vorgenommen worden sein. Immerhin
gehören aber diejenigen Fälle, bei denen es wirklich gelungen
ist, die Krankheit zum dauernden Stillstand und namentlich
zum subjektiven Verschwinden für die Kranken selbst zu
bringen, zu den Seltenheiten. Gewiss ist anzuerkennen, dass
die Krankheit in ihrem Verlauf sehr wechselnde Perioden der
Stärke der einzelnen Erscheinungen des Gesamtbildes auf¬
weist. Von Ren aut sind solche Perioden der Steigerung
und, wie er es nennt, der „Toleranz“ beschrieben und bezeichnet
worden. Möbius, zweifellos einer der besten Kenner der
Krankheit, hat sich ihm angeschlossen. Wir sind deshalb nur
dann berechtigt, von einer wirklichen Besserung der Krank¬
heit oder Heilung zu sprechen, wenn die Erscheinungen, die
sich im klinischen Bild ändern, dies dauernd in gleichem Sinne
tun, oder vielleicht sogar ganz verschwinden, sich jedenfalls
eine grössere Anzahl von Jahren — und man wird als untere
Grenze ungefähr 2—3 Jahre zu rechnen haben — so erhalten.
Wir haben in Jena verhältnismässig reichliche Gelegenheit,
Basedowfälle zu sehen. Ueber die Herkunft derselben ist im
einzelnen noch nichts Sicheres festgestellt worden. Die geo¬
graphische Verbreitung der Krankheit bedarf in Thüringen
noch einer näheren Erforschung und Bearbeitung. Die als
wirklich geheilt zu bezeichnenden Fälle unter dem Material der
Kliniken sind jedenfalls selten. Wir hatten vor kurzer Zeit
Gelegenheit, einen Fall der Krankheit, bei dem eine an¬
scheinend sehr wesentliche Besserung, um nicht zu sagen
Heilung, von selbst eingetreten war, genauer zu beobachten.
Wegen der Seltenheit derartiger Vorkommnisse und wegen
der besonderen Verhältnisse, die in diesem Falle vorliegen,
möge er im nachfolgenden kurz geschildert werden.
Im Jahre 1906 wurde die damals 28 jährige Frau C. B. an aus¬
gesprochener Basedow scher Krankheit in der medizinischen Klinik
behandelt. Ihr Geburtsort ist bei Regensburg. Seit mehreren Jahren
lebt sie in Ostthüringen. In der Aszendenz und in der weiteren
Familie findet sich nach ihrer Angabe weder Basedow sehe Krank¬
heit noch Kropf. Sie war bis zum Herbst 1905 völlig gesund. Da¬
mals bemerkte sie, dass der Hals anfing, auf der rechten Seite dicker
zu werden. Bis zum Juni 1906, im Laufe von ungefähr 7 — 8 Monaten,
*) Vortrag in der Gesellschaft Mitteldeutscher Neurologen und
Psychiater, 27. Oktober 1912. Halle.
wuchs die Schilddrüse sehr erheblich, so, dass die Kranke über
Schluckbesclnverden klagte: ausserdem traten nach ihrer Angabe im
Laufe dieser Zeit folgende Symptome rasch und stark auf: Neigung
zu Anfällen von Herzklopfen, leichtere Reizbarkeit, stärkerer Hunger,
viel Durst, trotzdem Abnahme des Körpergewichts. Ausserdem be¬
obachtete sie, dass die Augäpfel aus den Augenhöhlen hervortraten,
dass sie glänzend wurden und dass ihre Haut, die früher trocken
war, viel schwitzte und dauernd feucht war.
1906 war sie im Juni und Juli 1 K> Monate in der Behandlung der
Klinik. Der Befund war damals folgender: Das Gewicht betrug 53 kg.
Die Statur war mittelgross, sehr mager, die Schilddrüse weich,
auf ihr waren deutlich blasende Geräusche zu hören. Der grösste
Halsumfang betrug 36 cm. Das Schlucken war objektiv ohne Be¬
schwerden, subjektiv mit Schmerzen beim Schluckakt verbunden. Bei
körperlicher Leistung trat Atemnot ein. Die ausgestreckten Finger
zitterten. Die Haut war feucht. Die Kniesehnenreflexe waren lebhaft.
Die Augäpfel traten vor, mit dem Exophthalmometer gemessen: rechts
17,25, links 15,05 (Augenklinik [Prof. H e r t e 1]), das obere Lid blieb
bei Augenschluss zurück, die Konvergenzbewegung war links mangel¬
haft, der Lidschlag selten. Häufig traten Palpitationen auf. Das
Herz zeigte den breiten Spitzenstoss im 5. Zwischenrippenraum, bis
in die vorderen Axillarlinie hinausgehend, die rechte relative Herz¬
grenze ging über den rechten Brustbeinrand hinaus. Der Puls be¬
trug für gewöhnlich 90 — 100 in der Minute, der Blutdruck 95 mm Hg.
Die Untersuchung der Lungen ergab verdächtige Stellen der
beiden Lungenspitzen; der bei wenigem Husten zutage geförderte
Auswurf enthielt keine Tuberkelbazillen.
Die Kranke wurde in verschiedener Weise intern behandelt.
Die Bettruhe schien die subjektiven Beschwerden etwas zu ver¬
ringern, der objektive Zustand blieb der gleiche.
Wir verloren die Kranke danach aus den Augen. ^ Erst 1910
stellte sie sich bei Gelegenheit einer Untersuchung zur Feststellung
der Invalidität wieder vor. Damals waren die Erscheinungen der
Basedowschen Krankheit so gut wie vollständig verschwunden.
Der Hergang und Befund war der folgende: Seit einem Jahre (1909)
waren stärkerer Husten mit vermehrtem Auswurf, Stechen auf den
beiden Brustseiten, und lebhafte Nachtschweisse aufgetreten, mehr¬
mals sollte Blut ausgehustet worden sein, doch war es nicht auszu-
schliessen, dass die blutdurchsetzte Kruste eines chronischen Rachen¬
katarrhs, die damals und auch jetzt noch vorhanden ist, das vor¬
getäuscht hatte. Beim Treppensteigen und bei körperlicher Arbeit
trat sehr starke Kurzatmigkeit ein. Auf den Lungen fanden sich durch;
Perkussion, Auskultation und Röntgenstrahlen nachgewiesen, um-,
schriebene kleine Entzündungsherde mit Dämpfungen und bron¬
chialem Atmen, rasselnden Geräuschen und Giemen; insbesondere)
war die linke Spitze verdächtig. Es ist damals keine Röntgenphoto¬
graphie aufgenommen worden.
Die Schilddrüse war klein, hart und fühlte sich etwas knollig an,j
der Halsumfang betrug 32 cm, das Zittern der ausgestreckten Finger
war kaum zu beobachten, der Exophthalmus wurde als verringert,
bezeichnet, aber nicht gemessen. Am Herzen befand sich der
Spitzenstoss im 5. Zwischenrippenraum, 1 cm ausserhalb der Brust¬
warzenlinie, der systolische Ton an der Spitze war unrein, der zweite
Pulmonalklappenton war deutlich verstärkt. Die Pulszahl betrug
durchschnittlich 80—90, der Blutdruck betrug 108-112 mm Hg (systo¬
lischer und diastolischer Blutdruck). Die Blutuntersuchung ergab
normale Verhältnisse, das Gewicht hatte abgenommen: 51 kg.
Im Jahre 1912 sahen wir die Kranke wieder. Die Erscheinungen
auf der Lunge hatten sich wesentlich verstärkt. Die Abbildung 1
zeigt die Röntgenplatte. Auf
derselben ist die linke wie
die rechte Spitze verdunkelt.
Auf der linken, aber auch auf
der rechten Seite finden sich,
im ganzen Gebiet der Lunge
zerstreut, einzelne Infiltra¬
tionsherde; der Herzschatten
ist durch eine im unteren lin¬
ken Teil der Lunge befind¬
liche Schattenbildung nicht
deutlich zu erkennen, ausser¬
dem ist die Wirbelsäule
etwas verbogen. Es ist deut¬
lich sichtbar, dass rechts die
Rippen, namentlich unten,
viel weiter auseiuander-
stehen, als links. Das ist
zum Teil Folge der Wirbel¬
säulenverbiegung, zum ande¬
ren des schrumpfenden Vor¬
gangs im unteren linken
Lungenlappen. Der rechte
untere Lungenlappen ist da¬
gegen auffallend durchsichtig.
Endlich sind in der Nähe der
Lungenwurzel umfangreiche
Schattenbildungen rechts erkennbar, die wahrscheinlich auch
links ihr Spiegelbild haben, aber durch die Herzdämpfung ver¬
deckt werden. Es handelt sich wohl um starke Vergrösserung der'
hier gelegenen Drüsen. Mit diesem Röntgenbild stimmte der sonstige
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
9
klinische Befund durchaus überein. Vorn links oben und links
unten waren stärkere Dämpfungen nachweisbar, wogegen rechts
vorn unten ein sehr heller Klopfschall vorhanden war. Auf den
Dämpfungen waren überall deutliche rasselnde Geräusche zu hören.
Rechts vorn unten waren gleichfalls Rasselgeräusche wahrzunehmen,
und zwar dauernd von dem gleichen feuchten und grossblasigen Cha¬
rakter. Der Auswurf wurde in grossen Mengen auf einmal „m a u 1 -
v t) 1 1" entleert, hatte einen bei der Tuberkulose selten vorkommen¬
den eigenartigen faden, etwas fauligen Geruch und enthielt niemals
bei wiederholter Untersuchung, auch mit der Antiforminmethode,
Tuberkelbazillen. Auffallend war eine gewisse bläuliche Verfärbung
der spitzen Teile des Körpers, sowie deutliche Ausprägung von
Trommelschlegelfingern, die bei dem letzten Aufenthalt
vor 2 Jahren nur angedeutet waren.
Die Klagen über die Erscheinungen der B a s e d o w sehen Krank¬
heit waren vollständig verschwunden; die Aufmerksamkeit der Kran¬
ken war im wesentlichen auf ihr Lungenleiden gerichtet. Da sie nun
noch weiter abgenommen hatte (jetzt 48 kg), so ist die bestrittene In¬
validität bejaht worden.
Genauere Untersuchung der Symptome der Basedowschen
Krankheit ergab jetzt folgendes:
Die Kranke klagt gelegentlich auch jetzt noch über Schling¬
beschwerden, über anfallsweise auftretendes Herzklopfen und Auf¬
geregtheit, die aber nicht immer mehr vorhanden ist. Sie führt diese
Erscheinungen auf ihre Lungenkrankheit zurück.
Die Finger zittern erst bei länger ausgestreckter Haltung, die
Kniesehnenreflexe sind noch, aber nicht mehr so deutlich gesteigert
wie früher. Die Haut ist völlig trocken und nur nachts tritt Schweiss
auf. Der grösste Halsumfang beträgt 32 cm. Die Schilddrüse ist
überhaupt nicht mehr fühlbar. Auch auf der Abbildung 1 ist eine,
einer vergrösserten Schilddrüse entsprechende Lichtabschwächung
nicht wahrzunehmen. Der Exophthalmus ist, wie die Figur 2 zeigt,
noch vorhanden. Das Exophthalmometer zeigt heute noch genau die
gleichen Masse wie im Jahre 1906; dagegen ist der Glanz der Augen,
der damals vorhanden war, zweifellos sehr viel geringer geworden.
Vielleicht liegt es daran, dass wir die Erscheinung des Exophthal¬
mus nicht mehr so deutlich wahrzunehmen glauben, wie ehemals. Die
Figur 2 zeigt ferner die perkutierte Herzdämpfung. Der Spitzenstoss
befindet sich auch jetzt noch
im 5. Zwischenrippenraum
und ist in einer Breite von
2 cm nach aussen bis in die
Brustwarzenlinie eben noch
wahrzunehmen. Nach rechts
geht die Herzgrenze bis an
den linken Brustbeinrand; die
relative Herzdämpfung reicht
bis etwa über die Mitte des
Brustbeins hinaus. An der
Spitze und auf der Pulmonalis
ist ein systolisches Geräusch
zu hören, wenn die Kranke
einige körperliche Bewe¬
gungen (6 mal Aufrichten, im
Bett liegend) ausführt, sonst
ist der Ton nur unrein. Der
zweite Pulmonalton ist dau¬
ernd deutlich verstärkt. Die
Pulszahl schwankt zwischen
80 und 108, letztere Zahl nach
der angegebenen Körper¬
bewegung; der systolische
Blutdruck beträgt jetzt 110,
der diastolische 95 mm Hg.
Ausserordentlich deutlich ist die Abhängigkeit der Radialis von der
Atmung ausgeprägt. Jede Atmungsbewegung nimmt auch bei ruhiger
Lage etwa 3 Sekunden in Anspruch.
Niemals während dieser Beobachtung ist bei der Kranken Fieber,
noch Eiweiss und Zucker nachgewiesen worden.
Die Kranke selbst ist der Meinung, dass ihre Basedowsche
Krankheit verschwunden ist. Sie erklärt sich subjektiv also für ge¬
heilt. Wir können diese Anschauung nicht ganz bestätigen, denn
wie gezeigt, sind auch jetzt noch nach Verlauf von 6 Jahren einige
Symptome der Krankheit (Möbius, Graefe) angedeutet. Auch fiat
sie angegeben, dass ab und zu flüchtige Schwellungen der verschieden¬
sten Stellen der Haut aufträten. Die Hauptsymptome der Base¬
dowschen Krankheit aber sind verschwunden. Wir würden, wenn
die Frau nicht mit ihrem Lungenleiden behaftet wäre, sie als gesund
bezeichnen können und vermutlich auch bezeichnen, denn Exophthal¬
mus allein, sowie die Andeutungen der beiden genannten Symptome
reichen nicht aus, die Diagnose der Basedow sehen Krankheit mit
Sicherheit zu stellen.
Es fragt sich nun, wie diese Veränderung zustande ge¬
kommen ist. Die Kranke ist wegen ihrer Basedow sehen
Krankheit während der Zeit vom Sommer 1906 bis heute nicht
behandelt worden. Die Verhältnisse, unter denen sie lebte
(Umgebung, Wasseraufnahme, Art des Trinkwassers, Er¬
nährung), sind durchaus die gleichen geblieben. Das einzige
No. l.
was sich verändert hat, ist die fortschreitende Erkrankung der
Lunge, das dauernde Abnehmen des Körpergewichtes und
eine Beschränkung der körperlichen Kräfte. Es ist wahr¬
scheinlich, wenn auch nicht sicher nachgewiesen, dass es sich
um eine langsam fortschreitende Tuberkulose der Lungen
handelt, bei der sich Hohlräume grösseren Umfanges, vielleicht
auch solche rein bronchiektatischen Charakters gebildet haben.
Die ausgesprochene Trommelschlegelfingerbildung ist bei der
Tuberkulose verhältnismässig selten. Wir kennen Einwir¬
kungen der Tuberkulose auf das Nervensystem in grosser
Zahl. Sie wirken aber im allgemeinen nicht etwa in gegen¬
sätzlicher Richtung wie die Basedow sehe Krankheit, son¬
dern in der gleichen. Trotzdem sind die nervösen Erschei¬
nungen der ersteren Krankheit hier so gut wie vollständig
geschwunden und es liegt daher nahe, als Ursache des
Abklingens derselben an die Bildung von chemisch wirksamen
Körpern zu denken, die die Sekrete der Basedow-Schilddrüse
in ihrer Wirkung kompensieren. Es braucht sich dabei nicht
um das Tuberkulin zu handeln, wie es den Anschauungen
einiger französischer Forscher entsprechen würde, die den
Basedow für eine Abart der Tuberkulose halten, sondern es
können auch Stoffwechselprodukte des eigenen Körpers der
Kranken sein. Wir wissen, dass bei reichlicher Bildung von
Auswurf auch in den nichttuberkulösen Hohlräumen der Lunge
aus dem angesammelten Inhalt derselben Stoffe in den Körper
aufgenommen werden. Diese können zum Teil auch für das
Fieber bei Tuberkulose und den Bronchiektasien verantwort¬
lich gemacht werden. Es ist hier vor allem an die Albuinosen
zu denken. Doch handelt es sich bei dem Gedanken an eine
chemische Kompensation nur um eine Vermutung. Auch
organische regressive Veränderungen in der Struma kommen
in Betracht.
Zusammenfassung:
Die Erscheinungen der Basedow sehen Krankheit sind
bei unserer Kranken verhältnismässig rasch entstanden, was
die Prognose für den weiteren Verlauf nicht günstig erscheinen
Hess, waren bis zu einem erheblichen Grade fortgeschritten und
sind nun im Verlauf von 4—6 Jahren eigentlich so gut wie ver¬
schwunden. Die wenigen Reste, die jetzt noch vorhanden
sind, berechtigen nicht, die Diagnose Basedowsche Krank¬
heit auch heute noch zu stellen. Die inzwischen fortge¬
schrittene Erkrankung der Lungen kann als Ursache dieser
Besserung wenigstens vermutet werden. Einen sicheren
Nachweis, dass hier eine ursächliche Beeinflussung einer
Krankheit durch die andere stattgefunden hat, gewährt dieser
rein kasuistische, aber immerhin seltene Beitrag zur Klinik der
Basedow sehen Krankheit naturgemäss nicht.
Aus dem Samariterhaus zu Heidelberg
(Direktor: Exzellenz Geheimrat Prof. Dr. V. Czerny).
Zur Behandlung maligner Tumoren mit radioaktiven
Substanzen*).
Von Dr. Albert Caan in Frankfurt a. M.
M. H.! Wenn ich Ihrem Wunsche, einiges über die Be¬
handlung maligner Tumoren mit radioaktiven Substanzen zu
hören, heute nachkomme, so geschieht dies insofern mit einer
gewissen Genugtuung, als ich in der Lage bin, über Fort¬
schritte auf diesem Gebiete zu berichten. Meine Mitteilungen
stützen sich weniger auf die Angaben namhafter Radium¬
therapeuten, von denen vor allem Wickham und D e g r a i s,
D o m i n i c i, Exner, F i n z i u. a. zu erwähnen sind, als viel¬
mehr auf eigene Erfahrungen, welche ich während meiner
Tätigkeit am Heidelberger Samariterhaus unter Exzellenz
Czernys Leitung sammeln durfte und konnte.
Ich darf wohl als bekannt vorausschicken, dass von den
genannten Radiumforschern und auch am Samariterhaus mit
Radiumbromid bei malignen Tumoren an Heilung grenzende
Erfolge, bei oberflächlichen Krebsen (Hautkankroiden, Lippen¬
epitheliomen etc.) sogar wirkliche Heilungen erzielt wurden,
Tatsachen, welche übrigens auch von massgebender Seite an-
*) Nach einem auf der 14. deutschen ärztlichen Studienreise
an Bord des Dampfers „Victoria Luise“ am 16. Oktober 1912 ge¬
haltenen Vortrage.
Abbildung 2.
2
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
erkannt worden sind. Zur Erreichung dieses Zieles waren das
Vorhandensein einer genügend grossen Menge Radiums so¬
wie der Ausbau einer speziellen Technik und die damit ver¬
bundene eigene Empirie nötig, Voraussetzungen, denen be¬
sonders die französischen Radiumtherapeuten gerecht wurden.
Hiervon soll heute nicht die Rede sein, ebensowenig von dem
von Czerny und mir1) in die Tumortherapie eingeführten, von
I) e b i c r n e im Jahre 1899 in den Rückständen des Uranpech¬
erzes gefundenen A k t i n i u m, welches bisher ausschliesslich
zu vorübergehenden Erfolgen geführt hat und nur einen Ersatz
für die auf intratumoralem Wege einzuverleibenden Radium¬
injektionen bildet.
In jüngster Zeit haben nun zwei radioaktive Substanzen
viel von sich reden gemacht, das Mesothorium und das
T h o r i u m X, welch beide auf grund ihrer relativ einfachen
Herstellungsart, ihrer geringen Anschaffungskosten und last
not least auf Grund der mit ihnen bisher erzielten Erfolge
berufen zu sein scheinen, das kostspielige Radiumbromid aus
seiner dominierenden Stellung zu verdrängen.
Das von Otto Hahn entdeckte Mesothorium hat
ähnliche chemische Eigenschaften wie das Radium. Die
Strahlen des Mesothoriums und des Radiums sind jedoch ver¬
schieden, so ist z. B. die Durchdringlichkeit der ^-Strahlen des
Mesothoriums im Durchschnitt etwas geringer als die der
^-Strahlen des Radiums bezw. seiner Zerfallsprodukte; sodann
findet sich im Mesothorium neben den eigentlichen schnellen
ß-Strahlen noch eine Gruppe sehr leicht absorbierbarer
/^-Strahlen, die beim Radium fehlt. Der relativ grosse Gehalt
an weichen /^-Strahlen des Mesothoriums im Vergleich zum
Radium führt begreiflicherweise zu Differenzen in biologischer
und auch therapeutischer Beziehung zwischen beiden Präpa¬
raten. Im grossen und ganzen aber verhalten sich die Strahlen
der technisch hergestellten Mesothorpräparate in thera¬
peutischer Hinsicht und zwar bei der lokalen äusseren Appli¬
kation ähnlich wie die reiner Radiumsalze. Uebrigens enthält
das technisch hergestellte Mesothorium, dessen Ausgangs¬
punkt der in Brasilien vorkommende Monazitsand ist, fast
immer Radium in einem bestimmten Prozentsatz, der sich
nach dem Urangehalt des Ausgangsmaterials richtet und zwar
in einem Verhältnis von Mesothorium zum Radium wie 3:1.
Die beim Mesothorium vorzugsweise in Frage kommende
lokale äussere Applikation geschieht in der Regel mittels
Firnisplatten, Kapseln, Glas- oder Metallröhrchen, welche das
Mesothorium nicht in reinem Zustand, sondern in Verbindung
mit einem Salz enthalten: das Mesothoriumbromid. Die heute
tonangebende Methode der lokalen äusseren Applikation
basiert auf der Strahlenmessung, und damit ist das Verfahren
des abgestuften Filtrierens verbunden, das es ermöglicht, aus
der Gesamtstrahlung des Mesothoriums diejenigen Strahlen
auszuwählen, die man anwenden will. Die Umhüllungen der
Kapseln, Röhrchen usw. halten einen Teil der «- und ^-Strahlen
zurück und wirken schon als Filter. Je nachdem man Ober¬
flächen- oder Tiefenwirkung zu erzielen beabsichtigt, kann man
durch Anwendung absorbierender Filter die stärker pene¬
trierenden von den schwächer penetrierenden Strahlen
trennen. Die durch die Anwendung der Filter resultierende
Abschwächung der Strahlen kann wieder ausgeglichen werden
durch Verlängerung der Bestrahlungszeit, durch Verwendung
sehr starker radioaktiver Präparate oder durch die Be¬
strahlung von verschiedenen Angriffspunkten aus (Methode
des „Kreuzfeuers“).
Die meist gebräuchlichen Filter sind A mm dünne Gummi¬
platten, ’Vio, Vs, XA und 1 mm dicke Aluminiumplatten, Vio mm
dicke Silberplatten, i/n>, 2/io, 5/io, 1 mm und 2 mm dicke Blei¬
platten, Watte und Mattpapier. Der Gummi ist schon aus anti¬
septischen Gründen gut, er lässt die harten ß- und die y-Strahlen
und einen Bruchteil «- und weicher ^-Strahlen durch. Die Alu¬
miniumplatten haben den Nachteil, dass sie eine grosse Menge
von Sekundärstrahlen bilden, die leicht eine Pigmentierung der
Haut hervorrufen. Um sie zu absorbieren, bringt man zweck¬
mässig 20 Blatt Papier bezw. 1 cm Watte zwischen Organ
und untersten Teil des Filters an. Gleichzeitig werden da¬
durch die a-Strahlen ausgeschaltet. Die Bleifilter gestatten
die ausschliessliche Benutzung der ultrapenetrierendcn
V Münch. med. Wochenschr. 1911, No. 34.
Strahlen (harte ß- und y-Strahlen), da die ot- und weichen
ß-Strahlen gänzlich absorbiert werden. Je nach der Art der
in Anwendung kommenden Filter unterscheidet man eine
leichte, mittlere und starke Filtration. Je tiefer das zu be¬
handelnde Gewebe unter der Haut liegt, desto stärkere Ni¬
trationen müssen angewandt werden, und je stärker die Ni¬
tration ist, je länger muss die Anwendung sein, d. h. bei ober¬
flächlichen Epitheliomen, die eine Tiefe von weniger als 1 cm
haben, werden wir mit Mesothoriumbestrahlung ohne Filter
oder mit dünnerem Filter (während mehrerer Stunden) eine ,
starke, zerstörende Wirkung ausüben, während bei der Tiefen¬
bestrahlung nur harte ß- und y-Strahlen zur Verwendung
kommen sollen, die nicht so zahlreich sind wie die «-Strahlen
und eine Anwendungsdauer bis zu 200 Stunden gestatten. Das
Wichmann sehe Instrumentarium mit einer runden grös¬
seren und einer ovalen kleineren Kapsel sowie mit Filtern ver¬
schiedener Art scheint mir im grossen und ganzen für die lo¬
kale äussere Applikation ausreichend zu sein. Es ist unter
Umständen vorteilhaft, Apparate zu verwenden, mit denen
es möglich ist, an sonst unzugänglichen Stellen die Strahlen
einwirken zu lassen. So ist von Czerny und mir ein Instru¬
ment 2) angegeben worden, welches zur lokalen Bestrahlung
von Oesophaguskrebsen dient. Es besteht aus einer mit einer
Skala versehenen Magensonde, durch welche ein ebenfalls
graduierter, 2 mm Durchmesser besitzender Mandrin hin¬
durchgezogen werden kann. An der Spitze des Mandrins,
welcher doppelt so lang wie die Hohlsonde ist, findet sich eine
abschraubbare, etwa 4 cm lange und 6—9 mm breite, nach
unten sich verjüngende Zelluloidkapsel, welche zur Aufnahme
des Mesothoriumbromids bestimmt ist. Der Vorgang bei der;
Bougierung ist folgender: Magensonde mit Mandrin und
Zelluloidtube werden eingeführt. Nachdem das Hindernis er¬
reicht ist, wird die Tube vorsichtig (!) durch Tast- und Dreh¬
bewegungen möglichst tief in die Stenose hineingeführt. Die
Hohlsonde wird über den Mandrin zurückgezogen, der zum
Fixieren und später zum Zurückziehen des Mesothorium¬
apparates dient. Das Instrument kann bis zu 2 Stunden liegen
bleiben, ohne dass es stärkere Reizerscheinungen macht. Die
Einführung wird in Intervallen von 3—4 Tagen (zur Verhütung
einer Mediastinitis) vorgenommen.
Was die histologischen Veränderungen nach der Meso¬
thoriumbestrahlung betrifft, so kommt es in der Regel bereits
nach einigen Tagen (ca. 6—8) zur Neubildung von Binde¬
gewebe, während zu dieser Zeit an den lumorzellen (bei
Karzinomen und auch bei Sarkomen) noch keine merklichen
Veränderungen zu sehen sind. Diese Bindegewebsneubildung
wird im weiteren Verlauf immer auffallender, sie ist überhaupt
das hervortretendste Merkmal die Wirkung der Bestrahlung,
ln dem neugebildeten Bindegewebe finden sich auch zahl¬
reiche neugebildete Kapillaren. Die Veränderungen an den
Karzinomzellen, die sogen. Vakuolenbildungen, sind erst später
ca. 10—20 Tage nach der Bestrahlung, sichtbar. Das raset
wachsende Bindegewebe scheint die Karzinomknoten in zahl¬
reiche kleine Zellgruppen zu zersprengen, die immer weitet
durch dazwischen wachsendes Bindegewebe geteilt werden)
und schliesslich zugrunde gehen. In einigen Fällen konnte icj
den Bestrahlungsstellen entsprechende Nekrosen, in anderer
Fällen eine der Bindegewebsbildung vorausgehende auffallend
starke Leukozyteninfiltration beobachten.
Es handelt sich bei der therapeutischen Beeinflussung dei
Tumoren im wesentlichen darum, dass jede Reizwirkung ver
mieden v/ird. Die Misserfolge bei der Mesothoriumbehandlum
maligner Tumoren sind zum Teil auf Ueberdosierung, zun
grösseren Teil aber auf ungenügende Bestrahlung zurück!
zuführen.
Es standen dem Samariterhaus im ganzen ca. 250 mg (da;
Milligramm zu 150 M.) Mesothoriumbromid zur Verfügung
welche der Anstalt durch das liebenswürdige Entgegenkommen
der Kaiser-Wilhelms-Akademie der Wissenschaften, ^ de
deutschen Gasglühlicht-Aktiengesellschaft (Auergesellschaft
sowie der Firma Dr. O. Knöfler & Co. Plötzensee überlasse;
worden waren. Seit etwa 1 Jahr sind diese Präparate ir
Gebrauch. Ich hatte während dieser Zeit Gelegenheit, ein
■) Das Instfument ist bei der Firma Friedrich D r ö 1 1 in Heide
berg erhältlich.
7. Januar 191 3.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
II
?anze Reihe von Fällen zu beobachten, bei denen das Meso-
:horium in überaus günstiger Weise auf die malignen Tumoren
iinwirkte. Immerhin ist die Beobachtungsdauer eine zu kurze,
ds dass man heute schon von Dauererfolgen reden dürfte. Im
ganzen kamen 250 Patienten mit malignen Tumoren zur Be-
landlung, von denen in weitaus der Mehrzahl der Fälle ein
einstiger Einfluss erzielt werden konnte.
So gelang es. in 5 Fällen von Oesophagusstenose auf karzinoma-
öser Basis die Permeabilität der Speiseröhre nach Bougierung mit
ler Mesothoriumsonde soweit herzustellen, dass selbst die Zufuhr
ester Speisen möglich wurde, mit der eine Gewichtszunahme und
Besserung des Allgemeinbefindens verbunden war. Bei 78 Fällen von
dammakarzinomrezidiv verschwanden nicht nur oberflächlich ge-
egene Hautknötchen, sondern auch bis walnussgrosse, subkutan
iegende karzinomatöse Knoten. 4 mal war Gelegenheit geboten,
>ei Mammakarzinom-Rezidivoperationen prophylaktisch Meso-
horiumbromid nach der Operation in die Wunde einzulegen. F.s
landelte sich um Fälle, welche wiederholt rezidiviert waren und
»ei denen von vornherein eine radikale Entfernung der Geschwulst
weifelhaft erschien. Die Wunde wurde soweit geschlossen, dass
las Röhrchen nach 12 Stunden (in einem Fall nach 24 Stunden) ohne
Aiihe entfernt werden konnte. Es trat gewöhnlich eine vermehrte
Vundsekretion ein, welche die Wundheilung wesentlich verzögerte.
:in Rezidiv wurde bisher (es handelt sich um 6 — 8 Monate Be-
bachtungszeit) nicht beobachtet. Von Gesichtskarzinomen kamen 30,
on Lippenepitheliomen 12 zur Behandlung. Hier zeigte sich fast
tets eine günstige Beeinflussung von seiten des Mesothoriums, in-
em bestehende karzinomatöse Ulzerationen nach relativ kurzer Zeit
hier konnte das Mesothoriumbromid ohne jegliches Filter appliziert
/erden) nekrotisch zerfielen und sich gesunde Granulationen bilde-
en. Von 12 Zungenkarzinomen konnten 3 erheblich gebessert ent-
issen werden. Leider war es hier in 2 Fällen nicht möglich ge-
/esen, die klinische Diagnose durch den histologischen Befund zu
ichern.
Selbst die schwer zugänglichen inoperablen Pharynxtumoren
eigten nach dieser Behandlungsmethode bisweilen eine auffallende
iesserung, während die für die Radiotherapie an und für sich schon
/enig geeigneten Wangenschleimhauttumoren und überhaupt die
lalignen Tumoren der Mund- und Rachenschleimhäute sich in der
legel refraktär zeigten, ja bisweilen unter dem Einfluss der Meso-
loriumbehandlung wild zu werden und eine vorher nicht dagewesene
usserst maligne Form anzunehmen schienen. Leider ist es mir
icht möglich, an dieser Stelle die überaus interessanten Details der
asuistik vorzutragen, die übrigens in einer Abhandlung von
;zerny und mir vor kurzer Zeit3) in der Münch, med. Wochenschr.
rschienen sind bzw. demnächst ganz ausführlich erscheinen werden.
Das Thorium X, welches dem Samariterhaus von der
)eutschen Gasgliihlichtgesellschaft (Auergesellschaft) in reich-
chen Mengen gütigst zur Verfügung gestellt wurde, ist nichts
nderes als ein Umwandlungsprodukt des Mesothoriums und
/ird in gelöstem Zustand (in physiologischer Kochsalzlösung)
ngewandt. 1 ccm dieser Lösung enthält nach Angabe der
uiergesellschaft eine minimale Menge des Elementes Tho-
ium X, schätzungsweise Viooooo mg, und besitzt eine Aktivität
on etwa 1 Million Macheeinheiten (1 Macheeinheit entspricht
ngefähr 80 Volt Abfall pro Stunde im Engler-Sieve-
i n g sehen Fontaktoskop bei einer Kapazität des Instrumentes
= 12,4 cm). Die Aktivität des Thoriums X steigt während des
rsten Tages nach seiner Herstellung um etwa 10 — 20 Proz.
n und zwar infolge Bildung von Thorium A, B, C, D. Dann
inkt die Aktivität täglich um etwa 17,5 Proz., so dass nach
twa 3—4 Tagen die Hälfte verschwunden ist. Die Strahlung
esteht im wesentlichen aus a- und langsamen ß-Strahlen, nur
as Endprodukt — Thorium D — hat y-Strahlen. Die starke
Virkung des Präparates gründet sich offenbar darauf, dass
nmittelbar aus dem Thorium die Thoriumemanation entsteht,
/eiche sich etwas von dem Orte des Depots entfernt und
elbst bei ihrem Zerfall sehr kräftig strahlt sowie kräftig
trahlende Produkte schafft.
Die Applikation geschieht entweder intratumoral, intra-
enös oder gleichzeitig auf beide Arten. Es ist mir nicht be-
annt, ob bisher bei Tumoren auf intravenösem Wege eine
adioaktive Substanz einverleibt worden ist, soviel ist jedoch
icher, dass die intravenösen Thorium X-Einspritzungen im
rossen und ganzen bei richtiger Dosierung gut vertragen
/erden, dass sie vor allem in einer Reihe von Fällen (und
uch bei sonst nicht erreichbaren Tumoren) einen nicht zu
erkennenden günstigen Einfluss gezeigt haben. Während
her die Technik der intratumoralen Thorium X-Injektionen
nr so viel zu sagen ist, dass die Lösungen unverdünnt mög-
") Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 14.
liehst verteilt in das maligne üewebe gebracht werden sollen
(wegen der gewöhnlich auftretenden Reaktionen = Schmerz,
Rötung, Schwellung in Intervallen von 6 — 8 Tagen), sind bei
der intravenösen Applikation einige Winke unerlässlich. Vor
allem soll hier das Thorium X nur in verdünnter Lösung in¬
jiziert werden, am besten 1,0 ccm Thorium X (Aktivität in
der Regel gleich 1 000 000 ME) auf 10,0 ccm physiologische
Kochsalzlösung. Am Tage der Injektion soll der Patient sich
möglichst ruhig verhalten und in den nächsten 3—4 Tagen
dafür Sorge tragen, dass der Dickdarm möglichst entleert ist
(durch milde Laxantia bzw. Klystiere). Das intravenös ein-
verleibte, aber auch das intratumoral injizierte (dieses weniger)
'Thorium X greift nämlich auffallenderweise die Schleimhaut
des Darmes, vor allem aber des Dickdarmes an, und die be¬
ständige gründliche Entleerung soll verhindern, dass das im
Kot ausgeschiedene Thorium X bei der Passage durch den
Darm an einer Stelle längere Zeit liegen bleibt und hier reizend
wirken könnte. In keinem Fall soll die zweite intravenöse In¬
jektion vor Ablauf von 8 Tagen gemacht werden. Erst nach
dieser Zeit darf man wohl annehmen, dass der Organismus
sich von den Folgen der bisweilen stark wirkenden (manche
Patienten klagen in den ersten Tagen post injectionem über
Brechreiz, Appetitlosigkeit, Mattigkeit usw.) intravenösen
Thorium X-Injektion erholt hat. Bei Krebsen der Speiseröhre
und überhaupt des Magen- und Darmtraktus wird nach
Werner von pulverisierter Kieselsäure absorbierte ThoriumX-
Lösung mit Zucker als Brei angerührt und dargereicht bzw.
nach Hessel in Pillenform gegeben. Auch Pasten und
Plomben für Zerfallshöhlen in Tumoren, Wunden und Ulze¬
rationen lassen sich aus mit Thorium X radioaktiviertem
Kieselsäurepulver darstellen. Ich habe davon mehrmals die
Umwandlung von Krebsgeschwüren in gut granulierende
Wunden beobachtet.
Die histologischen Veränderungen nach Thorium X-In¬
jektionen weisen keine bemerkenswerten Differenzen gegen¬
über den Mesothoriumwirkungen auf. Es kommt auch hier
unter dem Einfluss der Bestrahlung zu einer Schädigung des
spezifischen Parenchyms, welche sich in Form der Nekrose,
der Erweichung, Zytolyse geltend macht. Die schädigende
Wirkung des Thorium X auf feine Kapillaren führt übrigens
zu Hämorrhagien. Gleichzeitig, wahrscheinlich aber erst
später, kommt es zu einer Reaktion des Stromas (spärlich im
Sarkom, mehr oder minder reichlich im Karzinom). Das erste
ist dabei in der Regel eine leukozytäre bzw. lymphozytäre
Infiltration, die dann abgelöst und schliesslich ersetzt wird
durch eine Proliferation der Bindegewebszellen und die ihren
Abschluss findet durch die Umwandlung dieser zellreichen,
mehr oder minder auch schon chronisch entzündlich in¬
filtrierten jungen Bindegewebes in ein ausgewachsenes derbes
fibrilläres Bindegewebe. Das Endstadium des völligen Ver¬
schwindens des Parenchyms und Alleinherrschens des Binde¬
gewebes wird nicht immer erreicht, sondern die regressiven
Veränderungen am Parenchym und die vikariierende Pro¬
liferation des Bindegewebes können früher oder später zur
Ruhe kommen, ja cs kann bisweilen nur zu einer gering¬
gradigen lymphoiden Reaktion im Zwischengewebe kommen.
Im Samariterhaus wurden bisher 4) 206 Tumorkranke mit Tho¬
rium X behandelt, darunter 53 Fälle von Mammakarzinomrezidiv,
9 Fälle von Krebs der Speiseröhre, 14 Rektumkarzinomrezidive,
10 maligne Lymphome, 6 Fälle von branchiogenem Karzinom usw.
Die Kasuistik ergab in ca. 40 Proz. der Fälle eine günstige Beeinflus¬
sung der Tumoren durch das Thorium X, welche zwar manchmal
recht gering, aber immer erwähnenswert war, in ca. 20 Proz. der
Fälle jedoch Erfolge, die über das gewöhnliche Mass der Radium¬
wirkung hinausgingen. Dabei ist nicht zu vergessen, dass es fast
ohne Ausnahme weit vorgeschrittene Fälle waren, bei denen von
vornherein höchstens eine geringe Besserung erwartet werden
konnte. Es ist auch hier nicht angebracht, auf Einzelheiten der
Kasuistik einzugehen, ich möchte jedoch nur ganz kurz auf einige be¬
merkenswerte Fälle hinweisen. Eine 57 jährige Frau, bei welcher am
10. Dezember 1907 die rechte Mamma amputiert und im Oktober 1909
und im Juni 1911 je ein lokales Rezidiv operativ entfernt worden war,
kam im Januar dieses Jahres mit 3 subkutan gelegenen (je 1 in der
oberen und unteren Schlüsselbeingrube sowie in der Achselhöhle),
etwa taubeneigrossen, derben Knoten in unsere Behandlung, welche
aus intratumoralen und intravenösen Thorium-X-Injektionen bestand
(i. g. 3 000 000 Mache-Einheiten). Gleichzeitig wurden Röntgen-
'•) Eis Ende August d. J.
2*
12
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
bestrahlungen vorgenommen. Die Knoten sind heute fast vollständig
verschwunden, ebenso die heftigen Schmerzen, über welche die
Patientin bei Einleitung der Behandlung klagte. Bei einer anderen
Kranken mit Mammakarzinomrezidiv, welches aus in der Narbe
gelegenen Knötchen sowie aus einem karzinomatösen Pleuraexsudat
bestand, wurde Rückgang der Knötchen sowie des Exsudates nach
Mesothoriumbestrahlung und intravenöser Thorium-X-Einverleibung
(i. g. 4 000 000 Mache-Einheiten) beobachtet. Die Patientin, welche
über grosse Schmerzen und besonders über grosse Atemnot klagte,
fühlt sich heute subjektiv ausserordentlich wohl. Gerade das Pleura¬
exsudat auf karzinomatöser Basis, das Schmerzenskind bei der Be¬
handlung des Mammakarzinomrezidivs, konnte mehrfach nach intra¬
venöser bzw. intrapleuraler Einverleibung von Thorium X zum Still¬
stand bzw. zum Verschwinden gebracht werden. Ein Fall von in¬
operablem Tonsillarsarkom mit einem hühnereigrossen metastatischen
Drüsenpaket an der Karotisteilungsstelle wurde nach lokaler Meso¬
thoriumbestrahlung und intravenösen Thorium-X-lnjektionen (i. g.
10 000 000 Mache-Einheiten) soweit gebessert, dass der Tumor zum
grössten Teil zurückgegangen ist, während das Halsdrüsenpaket gänz¬
lich verschwand. Auch bei den malignen Lymphomen konnte eine
günstige Beeinflussung beobachtet werden. Bezüglich weiterer Ein¬
zelheiten verweise ich auch an dieser Stelle auf die demnächst er¬
scheinende ausführliche Publikation.
Ich habe das Wort „Heilung“ bei der Erwähnung der Er¬
folge nach Mesothorium- und Thorium X-Behandlung ver¬
mieden und zwar mit Absicht. Denn bei Betrachtung des
Schicksals vieler in der Radiumliteratur genannten Tumor¬
kranken habe ich gefunden, dass die meisten schon nach
kurzer Zeit an Rezidiven wieder erkrankten, ja überhaupt
nicht mehr am Leben waren. Ich kann und darf bei der
Kürze der Beobachtungszeit der oben genannten Fälle
schlechterdings nur von „vorübergehenden Erfolgen“ reden,
wie denn überhaupt von „Heilung“ erst nach einem rezidiv¬
freien Stadium von 5 — 7 Jahren und mehr zu reden ist. Und
ein „vorübergehender Erfolg“ ist bei der Behandlung bös¬
artiger Geschwülste immerhin als ein bemerkenswerter Fort¬
schritt zu betrachten. Es darf nicht vergessen bleiben, dass
bei weitaus der grössten Zahl der genannten Fälle eine kom¬
binierte Behandlung (Mesothorium-, Röntgenbestrahlung, Sal-
varsan-, Thorium X- und Cholininjektionen) angewandt wurde.
An der Hand unserer Erfahrungen mit alleinigen Röntgen¬
bestrahlungen sowie mit alleinigen Cholin- und Salvarsan-
injektionen usw. kann und darf ich jedoch annehmen, dass zur
Erzielung der geschilderten Erfolge in dem Mesothorium, be¬
sonders aber in dem Thorium X, der entscheidende Faktor zu
erblicken war.
Das eine möchte ich hier noch besonders betonen. D i e
Mesothorium- bzw. Thorium X-Behandlung
soll bei operablen Tumoren das Messer des
Chirurgen nicht verdrängen, sie soll hier nur eine er¬
gänzende Methode der Radikaloperation bilden, während sie
bei inoperablen Erkrankungen als selbstän-
dige Behandlungsmethode dienen soll. Ver¬
vollkommnung der Apparatur und Technik werden auch hier
voraussichtlich eine günstige Weiterentwicklung dieser erfolg¬
versprechenden neuen Behandlungsmethode herbeiführen.
Jedenfalls fordern die bisherigen Erfolge dazu auf, die Ver¬
suche energisch fortzusetzen.
Die Prostitution jugendlicher Mädchen in München.
Von Jugendstaatsanwalt Rupprecht in München.
Ueber das schlimme Grossstadtlaster, genannt Prosti¬
tution, über seine die Volksgesundheit und Volkskraft zer¬
störenden Begleiterscheinungen wie über die Art seiner Be¬
kämpfung im allgemeinen zu sprechen, ist nicht Absicht und
Zweck dieser Abhandlung. Es soll nur eine der für den
Menschenfreund wie für den Soziologen gleich betrübenden
Erscheinungsarten dieser unausrottbaren Seuche betrachtet
werden, da sie besonders verheerend am Mark der Volks¬
gesundheit zehrt, das ist die Prostitution minder¬
jähriger Mädchen. Die eingehenden, auf das ganze
Vorleben dieser unglücklichen Geschöpfe sich erstreckenden
Erhebungen des hauptsächlich Fürsorgezwecke anstrebenden
modernen Jugendgerichts ermöglichen es, eingehend den
Quellen dieses frühzeitigen sittlichen Verfalls nachzuforschen,
die Ursachen dieses Niedergangs und moralischen Zusammen¬
bruchs aufzuspüren, um aus der Erkenntnis der veranlassenden
Gründe so gut als möglich mit Besserungs- und Rettungsmass-
regeln einzugreifen. Denn mag auch die erwachsene Dirne
fast immer unverbesserlich und allen Fürsorgemassnahmen
unzugänglich sein, bei jungen Mädchen darf die Hoffnung, sie
dauernd diesem Lasterleben zu entziehen und sie aus eigener
Willenskraft auf dem Wege der Sittlichkeit zu erhalten, nicht
von vornherein aufgegeben werden. Zugrunde gelegt sind
der Abhandlung die Beobachtungen und Feststellungen, welche
in den drei ersten Jahren der Tätigkeit des Münchener
Jugendgerichts (1909—1911) im Strafverfahren gegen
8S wegen Gewerbsunzucht zu Strafe verurteilten Mädchen
im Alter von weniger als 18 Lebensjahren gemacht
wurden.
Für die vergleichende Orientierung wird es zweckmässig
sein, zunächst aus den Veröffentlichungen der Münchenei
Polizeidirektion einiges über die Prostitution in München
überhaupt zu erfahren.
Ende des Jahres 1911 (die Ziffern für 1910 folgen in Klammern)
standen durchschnittlich 173 (175) Frauenspersonen unter Sitten¬
kontrolle („Kartendamen"). Minderjährige Mädchen werdet
nicht unter Kontrolle gestellt. Von diesen 173 (175) Prostituierten in
eigentlichen Wortsinne waren 123 (132) ehelich, 50 (43) unehelicl
geboren; aus München selbst stammten 80 (84), aus Bayern 72 (69
und aus den übrigen Bundesstaaten 21 (20); aus Städten 103 (113)1
vom Lande 70 (62). Dem früheren Berufe nach waren 29 (30) Dienst¬
mädchen, 52 (50) Kellnerinnen, 29 (32) Fabrikarbeiterinnen, 15 (16
Näherinnen usw. Die Eltern von 17 (19) Prostituierten gehörten dett
Bauernstand, von 46 (43) dem Handels- und Gewerbestand, von 10 (12
dem Beamtenstand, 5 (6) anderen Ständen an. Keine der Prostituierten
war unter 21 Jahre alt, 90 (95) zwischen 21 und 30 Jahren, 66 (59
zwischen 31 und 40 Jahren; 17 (21) über 40 (!) Jahre alt. Ge
schlechtskrank waren 80 (44) Proz. Die „Kartendamen“ spielen somi
auf dem Gebiete der Gewerbsunzucht eine recht unbedeutende Rolle
um so grösser ist die Zahl der Frauenspersonen, die heimlich Ge
werbsunzucht treiben; dass von ihnen wegen der fehlenden ärztliche
Ueberwachung und Untersuchung der öffentlichen Gesundheit be
sondere Gefahren drohen, ist hinlänglich bekannt. Der Bericht de
Polizeidirektion München schätzt die Zahl dieser heimliche
Dirnen auf 2574 (im Jahre 1909; 2076); diese wider Erwarte
gegenüber anderen Grossstädten niedrige Ziffer erachtet die Polizei;
direktion deshalb für annähernd richtig, da die meisten heimliche
Prostituierten, wenn sie nicht von der Polizei selbst abgefasst werdei
durch anonyme Anzeigen der Behörde bekannt werden, und da ii
allgemeinen immer wieder die gleichen Frauenspersonen in diese
Kategorie auftauchen, besonders während der Fremdensaison. Vo'
diesen 2574 geheimen Unzuchtsdirnen waren 32 unter 16 Jahrei
342 zwischen 16 und IS Jahren, 660 zwischen 18 und 21 Jahrei
982 zwischen 21 und 30 Jahren, die übrigen älter; 2059 sind ehelic
515 unehelich geboren; aus Städten stammten 1209, vom Lande 13(
Prostituierte. Bei ihnen überwiegt der Beruf der Dienstmädche:
deren es 721 waren; Kellnerinnen waren 608, Fabrikarbeiterinne
255, Näherinnen 246, Ladnerinnen, Buchhalterinnen 117 usw. Vc
2686 ärztlich untersuchten Dirnen waren 711 = 26,5 Proz. ge
schlechtskrank; hiervon waren 19 unter 16 Jahren alt, 1(
zwischen 16 und 18 Jahren, 239 zwischen 18 und 21 Jahren, 281 zw
sehen 21 und 30 Jahren; dann sinkt die Ziffer ganz erheblich; es i
also ein viel höherer Prozentsatz jugendlicher Prostituiert»
geschlechtlich erkrankt als älterer. Gegenüber den Vorjahren ist d
Zahl der erkrankten Prostituierten gestiegen.
Nach dieser allgemeinen Uebersicht treten wir in d
Einzelbetrachtung der Verhältnisse der jugendlichen, das heis-
im Sinne des Reichsstrafgesetzbuchs mehr als 12 Jahr
und weniger als 18 Jahre alten Mädchen ein, n
denen sich das Jugendgericht wegen Uebertretung der G
werbsunzucht zu beschäftigen hatte. Nicht in allen Fällen ein
polizeilichen Beanstandung einer solchen Dirne erfolgt Seite;
der Polizei auch eine Anzeige an die Amtsanwaltschaft; dei
auch wenn ein solches Mädchen als gewerbsmässige Unzucht
dirne der Polizei bekannt ist, kann Anzeige wegen Gewerb
unzucht nur erstattet werden, wenn der strafbare Tatbestai
im einzelnen Fall erweisbar ist; auch wird ganz jung;
Mädchen gegenüber nicht selten im ersten Betretungsfalle z
nächst von Fürsorgemassnahmen Gebrauch gemacht, die fr»
lieh der Jugendrichter meist durchgreifender gestalten könn .
da ihm einschneidendere Massnahmen zu Gebote steht.
Hieraus erklärt sich der Unterschied zwischen der Zahl d
von der Polizeidirektion München in ihrem Jahresbericht a
gegebenen Zahl jugendlicher Prostituierter und der Zahl d
im jugendgerichtlichen Strafverfahren abgewandelten jugen-
liehen Dirnen.
Für das Jahr 1909 ergibt sich folgendes Bild der gegi
jugendliche Mädchen wegen Gewerbsunzucht e -
statteten Anzeigen.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
13
Tabelle 1. Im Jah
r e
1909 wegen G
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e j
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Ui
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Alter
Geburt
Stand
der
Eltern
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14
J
15
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16
e al
17
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ehelich
unehelich
Beamte
Bedienstete
Angestellte
selbständige
Unternehm.
Arbeiter
o. bestimmt.
Beruf
E
E
C/5
3
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Dienstmädchen ....
8
9
26
41
57
27
2
12
12
51
7
84
(ellnerinnen .
1
1
6
11
13
6
_
_
3
14
2
19
ndustrie (ohne Beklei-
dungsindustrie) . . .
—
2
8
17
23
4
_
3
3
21
27
iekleidungsindustrie . .
—
—
2
5
5
2
_
1
1
4
1
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Jandel .
—
1
7
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11
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3
3
Q
16
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1
1
1
—
3
—
1
2
—
3
lusammen .
10
14
50
82
112
44
3
19
23
101
10
156
In dieser Tabelle fällt zunächst die grosse Zahl der jugend¬
lichen Dienstmädchen auf, die bei Ausübung der Ge¬
werbsunzucht betroffen wurden, und unter ihnen wieder die
erhebliche Zahl von Mädchen des überhaupt für diese Ver¬
fehlung möglichen jüngsten Alters: des vollendeten 14. und
15. Lebensjahres; von 24 noch nicht 16 Jahre alten Dirnen
vvaren 17 Dienstmädchen; bei den anderen Berufsgruppen
indet sich eine grössere Beteiligung erst gegen das 18. Lebens¬
ahr hin. Auch die grosse Zahl der unehelich geborenen
Mädchen, die der Prostitution verfallen, verdient Beachtung;
las Anteilsverhältnis ist bedeutend stärker, als es dem natür-
ichen Verhältnis zwischen ehelich und unehelich geborenen
^ersonen weiblichen Geschlechts angemessen wäre.
Dass die Prostitution ihre Opfer hauptsächlich im A r -
leiterstande sucht, ist eine auch durch diese Tabelle
bestätigte, überwiegend in ungünstigen wirtschaftlichen Ver-
lältnissen beruhende, recht beklagenswerte Tatsache.
Zur Strafe verurteilt wurden in den Jahren 1909
nit 1911 vom Jugendgericht München wegen Gewerbsunzucht
;8 jugendliche Mädchen. Ueber ihre persön-
ichen Verhältnisse und die Umstände ihrer Verfehlung
;eben die nachfolgenden Tabellen Auskunft.
ab eile 2. Persönliche Verhältnisse der jugend¬
lichen Prostituierten.
Alter
Anzahl
Geburtsort
Geburt
Stand d. Verurt.
Stand der Eltern
Land
Kleinstadt
Mittelstadt
Grosstadt
ehelich
unehelich
Dienstmäd.
Kellnerin
Arbeiterin
Verkäuferin
Taglöhner
Arbeiter
Landwirt
selbst.Unter-
nehmer usw.
Bedienstete
Angestellte
5 Jahre
11
3
4
2
2
6
5
6
2
2
1
4
4
_
3
5 Jahre
26
7
10
4
5
21
5
16
6
1
3
8
11
_
3
4
7 Jahre
51
20
16
1
15
32
19
22
9
14
6
14
19
2
8
8
lsgesamt
88
30
30
7
22
59
29
44
17
17
10
26
34
2
14
12
ab eile 3. Vorbestrafungen und geschlechtliche
, Erkrankung.
Alter
Anzahl
1 i
überhaupt
Vorbestr
we
OO I -P
-P | ci
Sh 2
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53 1 3
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unzucht
u. anderer
Straftat.
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7 Jahre
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10
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9
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jsammen
88
36
22
16
2
12
56
63,6
abelle 4. Familien- und Erziehungsverhältnisse.
Iabelle 5. Wirkliche oder angebliche Veran¬
lassung zur Gewerbsunzucht. — Fürsorgemass-
nahmen des Jugendgerichts.
Alter
Verfü
du
#P
P
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hrung
rch
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in Heim j n>
od. Anstalt a
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von Arbeit =r
Zwangs¬
erziehung
bis 16 Jahre .
5
2
2
2
1
2
8
bis 17 Jahre .
6
5
7
8
2
2
6
3
6
bis 18 Jahre .
6
11
17
17
5
4
9
5
6
insgesamt . .
17
18
26
27
8
6
17
8
20
Die Tabellen 2 und 3 bieten ein recht trübes Bild. Es muss
schlimm um die Moralanschauung weiter Volkskreise stehen,
wenn es möglich ist, dass schon fünfzehnjährige Mäd¬
chen, die knapp dem strafrechtlichen Schutze des Staats¬
anwalts entwachsen sind, der Gewerbsunzucht verfallen
können; wenn es möglich ist, dass sich erwachsene Männer
nicht scheuen, mit Kindern solchen Alters — denn anders kann
man eigentlich diese Mädchen nicht bezeichnen — gegen Ent-
geld geschlechtlich zu verkehren, sie also erwachsenen
Strassendirnen gleich zu achten. — Aber auch die Zahl der
16 jährigen Dirnen ist noch gross genug, wenn man erwägt,
dass meist nur ein Bruchteil der tatsächlich Gewerbsunzucht
treibenden Mädchen zur gerichtlichen Feststellung gelangt.
Das Land und die Kleinstadt liefert die meisten Opfer, der
allgemeine Zug in die Grossstadt wird vielen Mädchen, die, in
engen Verhältnissen aufgewachsen, sich nach freierer Be¬
wegung, nach Lebensfreude und Lebensgenuss sehnen, zum
Verderben. Auffällig stark ist die Anteilsziffer der unehe¬
lich geborenen Mädchen, die der Prostitution anheim¬
fallen; ein Drittel der verurteilten jugendlichen Dirnen entbehrt
des Haltes, den die elterliche Familienerziehung gewährt; in¬
wieweit bei unehelich geborenen Prostituierten eine gewisse
erbliche Belastung von der Mutter her, wenigstens in
der Richtung einer verminderten moralischen Widerstands¬
kraft, mit wirksam ist, könnte wohl nur eine psychiatrische
Untersuchung feststellen.
Am meisten gefährdet erscheinen die jugendlichen
Dienstmädchen oder die Mädchen, welche diesen Beruf
als ihre Tätigkeit ausgeben; Biermädchen (Kellnerinnen) und
jugendliche Arbeiterinnen treten ihnen gegenüber, trotz ihrer
grösseren Bewegungsfreiheit und Selbständigkeit, zurück;
vielleicht liegt der Grund darin, dass diese Kategorien er¬
werbstätiger Mädchen meist ein sogen, „festes Verhältnis“
haben, das sie vor der Anwendung der gesetzlichen Straf¬
bestimmungen schützt, ohne ihnen doch die „Freuden und
Genüsse des Liebeslebens“ vorzuenthalten.
Wie schon bei der Tabelle der Anzeigen sich feststellen
Hess, stammen die meisten jugendlichen Dirnen aus der
arbeitenden Bevölkerung, Taglöhner und Arbeiter
liefern in ihrer weiblichen Nachkommenschaft überwiegend
das Material zur Befriedigung der Grossstadtunsittlichkeit und
Geschlechtsgier. Zugleich zeigt Tabelle 2, dass die Mehrzahl
der aus Arbeiterfamilien stammenden Mädchen vom Lande
oder aus Kleinstädten in die Grossstadt gekommen sind, sei
es allein, um in den Dienst zu gehen, sei es mit den Eltern,
welche in der Stadt Erwerb suchten.
Der schlimme Einfluss ungünstiger wirtschaftlicher
Verhältnisse tritt recht deutlich auch in Tabelle 4 zutage. In
25 Fällen liess sich feststellen, dass das junge Mädchen schon
sehr frühzeitig, oft unmittelbar nach Erledigung der Werktags¬
schulpflicht, aus dem meist mit Kindern reich gesegneten
väterlichen Haus fort musste, um bei fremden Leuten sich
selbst sein Brot zu verdienen; mit dieser Entfernung vom
elterlichen Heim hört in der Regel auch die Ueberwachung
durch die Eltern auf; sich selbst überlassen, von der Dienst¬
herrschaft nicht betreut, häufig auch ohne Dienststelle gerät
das junge Ding auf Abwege.
Auch dann, wenn Vater oder Mutter oder auch beide
tagsüber zum Erwerb von zu Hause fort sind, ist bei der
dann mangelnden Aufsicht dem Streunen und der Liederlich¬
keit Tür und Tor geöffnet; besonders ältere Mädchen nützen
diese Gelegenheit, ihren verhängnisvollen eigenen Weg zu
gehen, aus (Tab. 4). Wohnungselend, Schlafgänger-
14
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
wesen, Dirnenbeherbergung tragen ebenfalls viel Schuld am
frühzeitigen sittlichen Verfall, da schlechtes Beispiel und leichte
Gelegenheit zur Unzucht reizen.
Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass trotz ge¬
ordneter häuslicher Verhältnisse und guter Erziehung
ein Abirren vom Wege der Sitte und Scham nicht allzuselten
zu beobachten ist; Tabelle 4 weist in 24 Fällen solche Er¬
scheinungen auf. Bei dem Einfluss, den die wirtschaftlichen
Verhältnisse auf die Ueberhandnahme der Prostitution jugend¬
licher üben, ist es nicht auffällig, dass es von geringer Be¬
deutung ist, ob beide Eltern noch leben oder eines oder das
andere von ihnen gestorben ist; immerhin ist beachtens¬
wert, dass in den Fällen, in denen ein oder der andere Eltern¬
teil gestorben ist, das Fehlen der Mutter für das Mädchen vei-
hängnisvoller ist als das des Vaters; der verwitwete Vatei
kann meist das heranwachsende Mädchen im Haushalte nicht
brauchen, er schickt es darum fort zum selbständigen Erweib
ausser Haus; die neue Stiefmutter gar empfindet das Vor¬
handensein einer erstehelichen Tochter im ehelichen Haushalt
als besonders unbequem und kümmert sich so gut wie nichts
um deren Erziehung und Fortkommen. Vom elterlichen Heim
ausgestossen und jeden Haltes in der Familie beraubt, fällt
dann das willensschwache Mädchen.
Die Frage nach der ersten V e r a n 1 a s s u n g, die zui
Gewerbsunzucht führte, ist in vielen Fällen nicht leicht zu
beantworten; häufig suchen auch die Mädchen auf dies¬
bezügliche Forschungen ihren Lebenswandel zu beschönigen;
immerhin geben die eigenen Auskünfte der Mädchen und die
Ergebnisse der angestellten Erhebungen ziemlich wahrheits¬
getreue Bilder vom Werdegang des Lasterlebens.
Eine grosse Rolle spielt für die erste Verursachung die
Verführung. Freundinnen, die den leichten Gelderwerb
und die unbeschränkte Wohustbefriedigung schon kennen und
schätzen gelernt haben, Schwestern, die auf der Bahn des
Lasters vorangegangen sind, führen häufig das noch uner¬
fahrene Kind quf diesen Weg; in recht jungen Jahren geschieht
dies schon, wie Tabelle 5 ersichtlich macht. Auch Verkuppe¬
lung durch die Mütter kommt, wenn auch selten, vor. Ver¬
führung durch den Geliebten bringt das Mädchen zu¬
nächst zu Fall; von der elterlichen Familie verstossen, sinkt
das haltlose Mädchen dann in den Schlamm der Prostitution.
Gemeiner noch handelt der Geliebte, der, wie es in der Gross¬
stadt häufig vorkommt, das von ihm verführte Mädchen dann
zur Gewerbsunzucht anleitet und anhält, um als dessen Zu¬
hälter ein arbeitsscheues, aber annehmliches Leben zu führen.
Solche Mädchen, zur Strassendirne herabgesunken, sind meist
nicht mehr zu retten.
Dass Arbeitslosigkeit und in ihrem Gefolge N o t
häufig den Anstoss gibt zur Ergreifung dieser bequemen, wenn
auch ekelhaften Erwerbsart. ist hinlänglich bekannt, Tabelle 5
bestätigt diese Tatsache; bemerkenswert ist hiebei die ver¬
hältnismässig geringe Zahl 15- und 16 jähriger und die ver¬
hältnismässig grosse Zahl 17 jähriger Mädchen, die aus
diesem Grund zur geldverschaffenden Preisgabe ihres Körpers
kommen. Liederlichkeit und Neigung zu diesem ungebundenen
Leben erhält besonders die älteren unter den jugendlichen
Mädchen aut dieser Bahn; es sind dies dann völlig verdorbene,
einer Rettung unzugängliche Strassendirnen frechster Art.
Es ist nicht ohne Interesse, festzustehen, worin in der
Hauptsache der Hurenlohn besteht, um den sich jugend¬
liche Mädchen preisgeben. Es ist bezeichnend für die geringe
Wertung ihrer menschlichen Würde, aber auch für die Ge¬
schäftsunerfahrenheit, wenn man so sagen darf, und die oft
unsagbar drückende Verlassenheit und Notlage der Dirnen
dieses Alters, dass sie überwiegend um geradezu unglaublich
niedrige Gegenleistungen ihren Körper prostituieren. Oft war
es nur die Zeche in einem minderen Gasthause, die als Entgelt
diente; um 25 Pfg. und 50 Pfg. schon gewährten andere ihre
Gunst; in 45 Fällen konnte erhoben werden, dass die Ent¬
schädigung zwischen 1 M. und 3 M. schwankte; nur 34 Mäd¬
chen verlangten höhere Bezahlung.
Und für solche Bagatellbeträge setzen sich diese häufig
unerfahrenen Mädchen der Gefahr schlimmster geschlecht¬
licher Ansteckung mit ihren körperzerrüttenden Folgen und
der gerichtlichen Bestrafung aus. Denn wie Tabelle 3 aus¬
weist, sind 55,5 Proz. der 15 jährigen, 61,5 Proz. der 16 jährigen
und 66,6 Proz. der 17 jährigen Dirnen bei der polizeilichen
Untersuchung als geschlechtskrank befunden worden.
Das sind äusserst bedrohliche Zahlen, wenn man erwägt, dass
nicht bloss Tripper, sondern recht häufig Syphilis vorliegt, und
dass diese Mädchen ihre Kundschaften hauptsächlich in Stu¬
denten- und jungen Kaufmannskreisen haben. Diese Ver¬
hältniszahlen sind auch viel höher als bei den älteren Pro-,
stituierten, vielleicht weil die jugendlichen, in die Geheimnisse
der Gewerbsunzucht noch nicht genügend eingeweihten Dirnen
leichter der Ansteckung ausgesetzt sind, oder weil sie aus Un¬
kenntnis rechtzeitig Heilungsmassnahmen unterlassen oder
weil vielleicht der jugendliche, noch nicht vom Gift selbst
immunisierte Körper eine besonders geeignete Brut- und
Pflanzstätte für die Krankheitserreger abgibt.
Aus den Vorbestrafungen jugendlicher Dirnen lässt
sich irgend ein bestimmter Schluss in kriminalpolitischer Be¬
ziehung nicht ableiten. Wenn von 88 abgeurteilten Dirnen
36 vorbestraft waren, 52 noch keine Vorstrafen erhalten hatten
(Tabelle 3), so leitet sich diese an sich hohe Straffälligkeit
in erster Linie aus der starken Riickfälligkeit wegen Gewerbs¬
unzucht ab. Denn 22 Vorbestrafungen betrafen Gewerbs- (
unzucht. Es ist eine unerfreuliche Tatsache, dass gerade bei
der Gewerbsunzucht weder Bestrafung noch Fürsorgemass¬
nahmen allzuviel nützen. Wohl aber sind zu beachten die
zahlreichen Vorbestrafungen wegen Diebstahls, weil hier ein
Zusammenhang zwischen diesem Eigentumsdelikt und dem
Unzuchtserwerb auf der Grundlage wirtschaftlicher Notlage
unverkennbar ist.
Es ist von Interesse, den „strafrechtlichen Le¬
bensgang“ wenigstens einiger der jugendlichen Dirnen zu
verfolgen.
Ein vom Lande stammendes Dienstmädchen, dessen Mutter früh¬
zeitig gestorben und dessen Stiefvater ausgewandert ist, wird mit
13 Jahren wegen Diebstahls mit Verweis bestraft; gleich darauf wird
sie, noch nicht 14 Jahre alt, wegen Brandstiftung und Mordveisuchs
zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach Verbüssung der Strafe treibt
sie Gewerbsunzucht. .
Ein Mädchen aus einer Taglöhnersfamilie des bayerischen Über¬
landes, geboren im Dezember 1893, wird im Oktober 1906 (also vor
Vollendung des 13. Lebensjahres) wegen Diebstahls mit Verweis be¬
straft; dann folgen Verurteilungen wegen Diebstahls im März, Juni,
August, Oktober, November 1907; von da ab setzt Zwangserziehung
ein, gleich nach Entlassung aus der Anstalt (Ende 1910) beginnt sie
das Leben einer Strassendirne.
Eine Taglöhnerstochter vom Lande, deren Mutter gestorben und ;
deren Vater unbekannten Aufenthaltes ist, beginnt mit 14 Jahren mit
Dienstentlaufen und Streunen; mit 15)4 Jahren erhält sie wegen ■
Diebstahls vom Gericht einer Provinzstadt 4 Wochen Gefängnis. ;
2 Jahre später wird sie in München wegen Gewerbsunzucht und
Arbeitsscheue das erstemal, kurze Zeit darauf das zweitemal be¬
straft; bei ihrer neuerlichen Aufgreifung zeigt sie das Bild der
gänzlich verwahrlosten Strassendirne. _ -
Ein von rechtschaffenen Arbeitersleuten eines bayerischen Ge- j
birgsstädtchens abstammendes Mädchen wird als Dienstmädchen in
München mit 15)4 Jahren wegen Diebstahls und Betrugs mit Ver¬
weis bestraft; in Bogen wird sie kurz darauf wegen Besuchs einer I
Tanzmusik mit Haft bestraft und fängt nun zu streunen an. Ihr
Weg führt nach Moosburg, wo sie wegen Landstreicherei verurteilt i
wird, dann begeht sie mit 16)4 Jahren schwere Diebstähle, die sie
nach Vollendung des 17. Jahres fortsetzt, so dass sie mehrere Monate
Gefängnisstrafe zu verbiissen hat. Mit 16 Jahren wird sie zum Ge¬
schlechtsverkehr verführt, dann trifft sie auf ihren Wanderungen mit
gleichgesinnten Kameradinnen zusammen, die sie zur Gewerbsunzucht.^
abrichten; seitdem ist sie Dirne.
Typisch ist auch die Strafenfolge einer Kellnerin, die zuletzt,
noch nicht 18 Jahre alt, zur unverbesserlichen Strassendirne ge¬
worden ist; geboren im Dezember 1892, erhält sie ihre erste Ver¬
weisstrafe wegen Diebstahls im November 1908; noch im gleichen
Monat folgt eine Bestrafung wegen Arbeitsscheue, der sich Be¬
strafungen wegen der gleichen Uebertretung anschliessen im Monat t
Januar, März, April, Mai 1909; dann sinkt sie immer tiefer; es folgen
Bestrafungen wegen Unterschlagung im August 1909, wegen wieder¬
holten Diebstahls im Oktober und November 1909 und März 1910;
im Monat Juni 1910 erhält sie die erste Strafe wegen Gewerbs¬
unzucht, die so wenig fruchtet, dass sie knapp nach Monatsfrist
seit Strafverbiissung wieder wegen der gleichen Uebertretung voi,
Gericht steht. Rettung erscheint als ausgeschlossen.
Wiederholt wurde bei den bisherigen Darstellungen vor
Rettung und Fürsorge gesprochen; das Jugend
g e r i c h t, vor dem alle diese jugendlichen Prostituierten zw
strafrechtlichen Aburteilung gelangten, ist ja nicht sowoh
Strafgericht, als Fürsorgebehörde; sein Grundsatz ist, nebei
der gesetzlich nicht zu umgehenden Strafe Fürsorge- un(
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
15
Erziehungsmassnahmen vorzukehren, um gefährdete junge
Menschenkinder noch rechtzeitig wieder einem geordneten
ehrlichen Leben zuzuführen. Ein besonders günstiges An¬
wendungsgebiet findet diese Rettungstätigkeit bei Mädchen,
die in jungen Jahren der Prostitution anheimfallen. Denn es
ist ganz zweifellos verfehlt, ein 15- oder 16 jähriges Mädchen
durch die gerichtliche Bestrafung eines einzigen unbedachten,
häufig durch Verführung oder Not veranlassten Fehltritts
halber zeitlebens zur Unzuchtsdirne zu stempeln und ihm hie¬
durch die Rückkehr in anständige Verhältnisse unmöglich zu
machen. Das geltende Gesetz erlaubt nicht, von Strafe ab¬
zusehen; aber durch die Einrichtung der bedingten Begnadi¬
gung ist wenigstens dafür gesorgt, dass das besserungsfähige
Mädchen nicht mitten unter älteren, grundverdorbenen Dirnen
die Strafe verbüssen muss, und durch die Fürsorgemass-
nahinen des Jugendgerichts soll ihm der Weg zur Recht¬
schaffenheit geebnet werden. Tabelle 5 führt die Massregeln
auf, die das Jugendgericht in 59 von 88 Fällen zur Rettung der
von ihm verurteilten jugendlichen Prostituierten getroffen hat.
Bei Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren überwiegt die staat¬
liche Zwangserziehung meist in einer klösterlich ge¬
leiteten Erziehungs- oder Rettungsanstalt, wie sie besonders
trefflich vom Orden der Frauen vom guten Hirten verwaltet
werden. Die meist dringend notwendige sofortige Wegnahme
des Mädchens von der Strasse und aus der Umgebung ihres
Zuhälters wird durch die vorläufige Unterbringung in
einem Zufluchtsheim, wie solche in München für katholische
und protestantische Mädchen bestehen, betätigt; von diesen
Heimen aus wird nach entsprechender Besserungs- und Reini¬
gungsfrist das Mädchen in eine geeignete Dienst- oder Arbeits¬
stelle gebracht und dauernd überwacht; die sofortige Be¬
schaffung von Arbeit ist nur in seltenen Fällen möglich,
denn meist sind die Mädchen infolge ihres liederlichen Lebens
körperlich und sittlich so sehr heruntergekommen, dass sie erst
einige Zeit der äusseren und inneren Festigung bedürfen, be¬
vor man sie wieder sich selbst überlassen kann.
Wenn Fürsorgemassnahmen ganz aussichtslos erscheinen,
aber auch nur dann, kommt es zum Strafvollzug; leider sind
die Fälle völliger Besserungsunfähigkeit bei Dirnen, die das
17. Lebensjahr überschritten haben, nicht allzu selten. Das
längere Verharren in diesem Gewerbe, der Umgang mit älteren
Prostituierten und mit den Zuhältern setzt jedem Besserungs¬
oder Beeinflussungsversuch einen unüberwindlichen Damm
negierender Passivität entgegen.
Andere Mittel der Bekämpfung der Prostitution als er¬
zieherische Fürsorge stehen dem Jugendgericht nicht zu Ge¬
bote; die Münchener Polizeidirektion sagt in ihrem wiederholt
erwähnten Bericht mit Recht, dass Polizei und Gericht allein
nicht imstande sind,, die Prostitution zu bewältigen; hier
müssen alle Behörden und die vielen wohltätigen Vereini¬
gungen zusammenhelfen; mit besseren Lebensbedingungen,
mit der Schaffung gesunder und ausreichender Wohnungs¬
verhältnisse, mit dem Bestreben, den jungen Männern aus ge¬
bildeten Kreisen die Möglichkeit zu geben, frühzeitiger heiraten
zu können als jetzt, wird man der Prostitution am ehesten
beikommen können.
Eine Konsequenz dieser Bekämpfungsart im Sinne vor¬
beugender Fürsorge ist auch die Erscheinung, dass die mo¬
dernen, erst in jüngster Zeit erlassenen Jugendschutz¬
gesetze von Dänemark, Frankreich, Belgien minderjährige
Mädchen, die Gewerbsunzucht treiben, nicht mehr bestrafen,
sondern in staatlich überwachten Anstalten streng erziehen
lassen.
Ueber den Farbensinn der Bienen und die Blumenfarben“).
Von K. v. Frisch.
Im Jahre 1793 erschien ein geistreiches Werk, betitelt: „Das
entdeckte Geheimnis der Natur im Bau und in der Befruchtung der
Blumen“. Der Autor, Christian Konrad Sprengel, war, wie
er in der Einleitung erzählt, bei der Betrachtung der Blüte eines
•Storchschnabels auf die feinen Haare an dessen Blumenblättern auf¬
merksam geworden und er dachte nach, wozu sie dienen könnten;
er fand sie geeignet, die süssen Safttröpfchen der Blumen vor der
*) Vortrag, gehalten in der Gesellschaft für Morphologie und
Physiologie in München am 26. November 1912.
Verwässerung durch Regen zu schützen, ohne doch den Insekten den
Zutritt zu ihnen zu verhindern. Und je mehr er die Untersuchung
auf andere Blumen ausdehnte, desto mehr sah er ein, dass ihr Saft
„um der Insekten willen abgesondert werde, und, damit sie denselben
rein^ und unverdorben gemessen können, gegen den Regen gesichert
sey". Ein Vergissmeinnicht brachte ihn auf den Gedanken, dass hier
der gelbe Ring, welcher die Oeffnung der Kronenröhre umgibt und
gegen die himmelblaue Farbe des Kronensaumes so schön absticht,
den Insekten beim Auffinden des süssen Saftes als Wegweiser diene.
Er fand auch bei anderen Blumen solche „Saftmale“ und schloss nun:
„Wenn die Krone der Insekten wegen an einer besonderen Stelle
besonders gefärbt ist, so ist sie überhaupt der Insekten wegen ge¬
färbt; und wenn jene besondere Farbe eines Teils der Krone dazu
dient, dass ein Insekt, welches sich auf die Blume gesetzt hat, den
rechten Weg zum Saft leicht finden könne, so dienet die Farbe der
Krone dazu, dass die mit einer solchen Krone versehenen Blumen
den ihrer Nahrung wegen in der Luft umherschwärmenden Insekten,
als Saftbehältnisse, schon von weitem in die Augen fallen.“ Und
ferner entdeckte er, dass die Blumen mit ihrem Zuckersaft den
Insekten keinen einseitigen Dienst erweisen, sondern durch die sie
besuchenden Tiere bestäubt werden.
Diese Beziehungen zwischen Blumen und InseKten sind seither
der Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen ge¬
worden — ich erinnere Sie nur an Hermann Müller und
Darwin — , sie sind in unzähligen populären Vorträgen abgehandelt
und in alle einschlägigen Lehrbücher aufgenommen worden. Es ist
zu bekannt, als dass ich darüber hier viel Worte zu machen brauchte:
dass die Blüten, die durch den Wind bestäubt werden, unscheinbar
sind, während die Blüten, die auf Insektenbestäubung angewiesen
sind, die „Blumen“, durch Grösse und Farbe der Blumenblätter und
durch ihren Duft auffallen — eine Regel, die man durch das Kon¬
statieren gewisser Ausnahmen nicht umstossen kann; und es ist die
herrschende Ansicht, dass ihr Duft und ihre Farbe die Blumen nicht
nur uns, sondern auch den Insekten auffallend macht, und dass diesen
so das Auffinden der Blüten erleichtert wird. Blumenduft und Blumen¬
farbe ergänzen sich, indem sich manche Insekten beim Aufsuchen
ihrer Nahrung hauptsächlich vom Geruchssinn, andere hauptsächlich
vom Gesichtssinn leiten lassen.
Allerdings sind auch Stimmen gegen die genannte Ansicht laut
geworden; zwar hat, soviel ich weiss, nie jemand an der Bedeutung
des Duftes für das Anlocken von Insekten gezweifelt; dagegen
spricht z. B. Plateau auf Grund zahlreicher Versuche den Blüten-
färben eine wesentliche Bedeutung für das Anlocken der Insekten
ab. Seine Experimente haben von seiten F o r e 1 s und mancher
anderer Forscher scharfe Kritik erfahren, doch fehlt dem ganzen
Streit bisher die solide Grundlage: der Nachweis, dass die Insekten
Farbensinn besitzen.
Es ist das Verdienst des Ophthalmologen Hess, darauf hin¬
gewiesen zu haben, dass all die Angaben, die bisher als Argumente
für einen Farbensinn der Tiere angeführt wurden, nicht beweiskräftig
sind, da sie nur zeigen, dass die Tiere Farben zu unterscheiden
vermögen; auch der total farbenblinde Mensch kann die Farben (nach
ihrem Helligkeitswert) unterscheiden. Hess hat nun aus¬
gedehnte Versuche über den Helligkeits- und Farbensinn der Tiere
angestellt, über die ich Ihnen im Juni ausführlicher berichtet habe.
Jetzt möchte ich Sie nur kurz daran erinnern, dass Hess durch
neue Methoden bei Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren das
Vorhandensein von Farbensinn nachgewiesen hat, dass er aber bei
Fischen und wirbellosen Tieren zu anderen Resultaten kam; ich
erinnere Sie daran, dass unseren Augen die verschiedenen Bezirke
eines Spektrums nicht gleich hell erscheinen; für das helladaptierte,
farbentüchtige Menschenauge liegt die hellste Stelle des Spektrums
im Gelb; von da nimmt die Helligkeit sowohl nach dem roten wie
nach dem violetten Ende des Spektrums hin ab, man kann eine für
das farbentüchtige Auge charakteristische Helligkeitskurve kon¬
struieren. Für das Auge des total farbenblinden Menschen sind die
Helligkeitswerte im Spektrum anders verteilt: die hellste Stelle ist
nach dem Grün zu verschoben und das Spektrum erscheint ihm am
loten Ende verkürzt. Man findet wieder eine charakteristische
Kurve, die auch für die Helligkeitsempfindung des normalen
Menschenauges bei Dunkeladaptation und Betrachtung eines
lichtschwachen Spektrums gilt, unter welchen Umständen
bekanntlich auch der normale Mensch das Spektrum farblos sieht.
Hess hat nachgewiesen, dass für die Fische und wirbellosen
Tiere bei jedem Adaptationszustand die Helligkeitskurve des
total farbenblinden Menschenauges gilt. Sie verhielten sich
in den Versuchen „so, wie es der Fall sein muss, wenn ihre Seh¬
qualitäten ähnliche oder die gleichen sind, wie jene des total farben¬
blinden Menschen“1). Ich habe Ihnen in dem erwähnten Vortrag
auseinandergesetzt, dass die Fisch e, trotz dieses Verhaltens,
nicht farbenblind sind. Und ich möchte Ihnen heute über Versuche
berichten, die ich inzwischen im Laufe des Sommers an Biene n
angestellt habe.
Hess hat seine Experimente auch auf diese ausgedehnt und
nimmt zu unserem Thema in folgender Weise Stellung2):
*) C. Hess: Gesichtssinn in Wintersteins Handbuch der ver¬
gleichenden Physiologie, Bd. IV, 1912, S. 705.
2) C. Hess: 1. c„ S. 670.
16
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
„Es ist wohl verständlich, dass jener geistvolle Versuch
S p r e n g e 1 s, die Farben der Blumen mit dem Besuche der In¬
sekten in Zusammenhang zu bringen, starken Anklang finden konnte,
um so mehr, als er bis jetzt den einzigen Anhaltspunkt für das Ver¬
ständnis der Entwicklung der Blumenfarben zu bieten scheint. Diese
Hypothese setzt aber voraus, dass die Farben von den besuchenden
Insekten, wenn nicht genau gleich, doch wenigstens bis zu einem ge¬
wissen Grade ähnlich gesehen werden, wie von uns; denn wenn die
Farbenwahrnehmungen der Insekten von den unserigen wesentlich
verschieden und von solcher Art sind, dass wir uns gar keine Vor¬
stellung von ihnen machen können, dann dürfen wir, meine ich,
auch nicht schliessen, dass Farben, die für unser Auge auffallend
oder anziehend sind, es auch für die Bienen sein müssten. Das Vor¬
handensein eines dem unserigen auch nur entfernt ähnlichen Farben¬
sinnes bei den Bienen ist aber durch meine Untersuchungen endgültig
ausgeschlossen
Die Untersuchungen, aus denen er diese Konsequenz zieht,
waren folgende; Er brachte Bienen aus dem Stocke in ein Parallel-
wandgefäss, in welchem sie sich als positiv phototaktisch erwiesen.
Wurde das Gefäss in ein Spektrum gebracht, so eilten die Bienen
nach dem Gelbgrün bis Grün. Wurde nur blaues und rotes Licht
verwendet, so liefen die Tiere ins Blau, auch wenn für das
menschliche Auge das Rot deutlich heller war. Erst wenn das Rot
so lichtstark gemacht wurde, dass es für das dunkeladaptierte
Menschenauge bei herabgesetzter Lichtstärke den gleichen farblosen
Helligkeitswert hatte wie das Blau, verteilten sich die Bienen gleich-
mässig im Rot und Blau. Also auch hier wieder, wie bei den übrigen
Wirbellosen und den Fischen, eine Verteilung der Helligkeitswerte
im Spektrum, die mit dem Helligkeitssinn des total farbenblinden
Menschen übereinstimmt.
Ich suchte durch eine andere Methode über den Farbensinn
der Bienen Aufschluss zu bekommen.
Mein Versuchstisch stand vor unserem Landhaus im Freien, an
einer vor Regen und direktem Sonnenlicht geschützten Stelle. In
einer Entfernung von etwa 200 Schritten befand sich ein Bienenhaus.
Ich hatte mir (durch verschieden lange Exposition von Kopierpapier)
eine Serie mattgrauer Papiere hergestellt, die in 30 Abstufungen von
Weiss bis zu Schwarz führte. Diese Papiere befestigte ich — nicht
nach ihrer Helligkeit geordnet, sondern in buntem Durcheinander —
mit Reissnägeln in mehreren Reihen nebeneinander auf dem Ver¬
suchstisch, so dass sie zusammen eine rechteckige Fläche bedeckten.
An zwei beliebig gewählten Stellen wurden zwischen ihnen zwei
matt gelbe Papiere* 3) von gleicher Grösse (ca. 10X15 cm) ein¬
geschaltet. Auf die Mitte jeden Papieres wurde ein Uhrschälchen
gestellt, insgesamt also 32 Uhrschälchen von gleicher Grösse (4 cm
Durchmesser). Die beiden Schälchen auf den gelben Papieren wurden
mit Honig (später mit Zuckerwasser) gefüllt, die anderen Schälchen
blieben leer. Nachdem die Bienen durch ein paar grosse, mit Honig
bestrichene Papierbogen herbeigelockt worden waren, fanden sie
bald auch die kleinen Honigschälchen auf den gelben Papieren
und wurden nun ausschliesslich auf diesen gefüttert. Bald ent¬
wickelte sich ein lebhafter Bienenverkehr, und die Schälchen
mussten oft nachgefüllt werden, wobei auch häufig die Plätze der
gelben Papiere zwischen den grauen gewechselt wurden, um eine
Dressur auf einen bestimmten O r t zu vermeiden und eine reine
Dressur auf die Farbe zu erhalten. Auch wenn der Ort der
gelben Papiere soeben gewechselt worden war, flogen die Tiere,
ohne zu suchen, direkt auf die Futterstellen los, wobei natürlich zu¬
nächst nicht zu entscheiden war, ob sie durch den Geruchs- oder
Gesichtssinn hingeleitet wurden.
Nachdem die Bienen so 2 Tage lang auf Gelb dressiert worden
waren, machte ich folgenden Versuch; Ich nahm zwei neue gelbe
Papiere, denen also noch kein Bienengeruch anhaftete, ebenso zwei
neue Schälchen für dieselben, entfernte die zwei alten gelben Pa¬
piere und fügte die neuen an zwei anderen Stellen zwischen
die grauen Papiere ein. Dann füllte ich sämtliche Uhrschälchen,
auch die auf den grauen Papieren, mit Zuckerwasser. Wenn sich
die Bienen in ihren Sehqualitäten wie total Farbenblinde verhalten,
wenn also für sie das Gelb keinen Farbwert, sondern nur Hellig¬
keitswert besitzt, dann ist unter den genannten Bedingungen zu er¬
warten, dass sie das Gelb mit bestimmten grauen Papieren ver¬
wechseln, mit jenen nämlich, welche für sie den gleichen farblosen
Helligkeitswert haben wie das gelbe Papier. Das ist nicht der Fall.
Vielmehr flogen die Bienen auch jetzt noch den Schälchen auf den
zwei gelben Papieren zu und drängten sich auf diesen um das Zucker¬
wasser, während die vielen mit Zuckerwasser gefüllten Schälchen
auf den grauen Papieren — wo sie nichts zu finden gewohnt waren —
unbeachtet blieben.
Ich zählte mit einer Anzahl von Hilfsarbeitern 4) die Bienen, die
sich während der ersten 10 Minuten auf den Papieren niederliessen.
3) Ich bezog eine Serie von 16 farbigen Papieren von der Firma
Richard Nendel in Leipzig, Kreuzstr. 12.
4) Bei diesen und namentlich bei anderen, später zu beschrei¬
benden Versuchen waren, um ein exaktes Zählen der Bienen, die sich
auf den verschiedenen Papieren niederliessen, zu ermöglichen, oft
4—6 geübte Beobachter nötig. Ich bin einer Anzahl von Freunden
und Verwandten für ihre Hilfe zu Dank verpflichtet, besonders aber
Es waren dies 29 auf einem. 45 auf dem anderen gelben Papier, da¬
gegen nur 3 insgesamt auf allen 30 grauen Papieren, und zwar eine
auf Grau No. 13 5 6), eine auf No. 17, eine auf No. 21 (diese letztere
wurde durch einen Windstoss in das Zuckerwaser der betreffenden
Schale hineingeblasen.)
Nun wurde das Zuckerwasser aus den Grauschalchen wieder
entfernt und die Bienen bekamen, wie vorher, nur auf Gelb Futter.
Am gleichen Tage machten wir noch einen anderen Versuch:
Es wurden wieder zwei neue gelbe Papiere mit sauberen Uhr¬
schälchen an zwei neuen Plätzen befestigt, und diesmal blieben alle
Uhrschälchen, auch die auf den gelben Papieren, leer. Der Bienen-
besuch war sehr rege und es Hessen sich während der folgenden
5 Minuten 220 Bienen“) auf den beiden gelben Papieren nieder, wo
sie dichte Klumpen bildeten, die sich in und neben den leeren Uhr,
schälchen herumwälzten. Keine einzige Biene Hess sich auf einem
der 30 grauen Papiere nieder. .
Da somit die Tiere die gelben Papiere unter den in 30 Hellig¬
keiten abgestuften grauen Papieren mit Sicherheit herausfinden, er¬
kennen sie das Gelb nicht an seinem Helligkeitswert, sondern an
seinem Farbwert. Mit anderen Worten : Die Bienen haben
Farbensinn.
Die gleichen Versuche habe ich, statt mit gelbem, auch mit
blauem Papier ausgeführt, mit den gleichen Resultaten. Ich will
Sie hier nicht mit dem Aufführen von Zahlen langweilen und nur
noch das Resultat einer Zählung wiedergeben, die vorgenommen
wurde, nachdem die Bienen einen Tag lang auf blauem Papier ge¬
füttert worden waren; es war bei diesem Versuch nur e i n blaues
Papier unter den grauen Papieren angebracht und natürlich durch
häufiges Wechseln seines Platzes wieder strenge vermieden worden, .
die Bienen an einen bestimmten O r t zu gewöhnen. Als nun ein
frisches blaues Papier an einem neuen Ort befestigt und ein sauberes '
Uhrschälchen daraufgestellt wurde, setzten sich binnen 4 Minuten j
282 Bienen auf das blaue Papier, dagegen nur 3 insgesamt auf die i
grauen Papiere (eine auf No. 17, eine auf No. 20, eine auf No. 2 7 ). ;
Waren die Bienen einmal gewohnt, auf einem bestimmt gefärbten
Papier Futter zu finden, so war für ihr Verhalten die Wahrnehmung
dieser Farbe ausschlaggebend und der Geruchsinn trat in den
Hintergrund. Dies liess sich sehr hübsch durch folgenden Versuch
demonstrieren: Die Bienen waren auf Blau dressiert. Nun wurden
sämtliche Uhr schälchen mit Zuckerwasser ge¬
füllt, nur auf das blaue Papier wurde ein sau ber e s,
leeres Schälchens gesetzt7). Auch jetzt flogen die Bienen i
scharenweise auf das blaue Papier und suchten das leere Schälchen
von allen Seiten ab, während die gefüllten Schälchen meist lange
Zeit unbeachtet blieben8).
Auch aus anderen, gelegentlich gemachten Beobachtungen geht
hervor, dass die dressierten Bienen der Farbe nachgingen, unab¬
hängig von den Geruchsqualitäten und auch von der Form der
Gegenstände: So wurde, als die Bienen auf Gelb dressiert waren,
ein gelber Bleistift, mit dem ich meine Notizen machte, eifrig von
ihnen untersucht; während ich ihn zwischen den Fingern hielt und
schrieb, flogen sie an ihm auf und ab, wobei sie ihn mit dem Kopfe y
fast berührten, und Hessen sich auch häufig auf ihm nieder. Und als
sie auf Blau dressiert waren, wurde eines Tages mein Bruder, der i
eine blaue Jacke trug und in einiger Entfernung von dem Versuchs¬
tisch, an einer anderen Seite des Hauses, Briefe schrieb, zum Mittel¬
punkt der suchenden Bienen, so dass er schleunigst seine Jacke
auszog und abseits über einen Stuhl hängte, der nun von den Tieren
umschwärmt wurde.
Dies sei nur nebenbei erwähnt; es zeigt uns nur wieder von
neuem das, was schon der erste Versuch gelehrt hat: dass die Bienen
die Farben an ihrem Farbwert erkennen.
Doch könnte man vielleicht gegen alle bisher erwähnten Ver¬
suche einen Einwand konstruieren. Man könnte sagen: Die Serie
von 30 grauen Papieren ist zwar für das menschliche Auge
genügend fein abgestuft, so dass ein farbenblindes Menschenauge das
blaue Papier mit einem oder mehreren grauen Papieren verwechseln
wird; aber wer sagt uns, dass das Bienenauge nicht eine sehr viel
feinere Helligkeitsempfindung hat, als das unsrige? Und dass so die
Bienen ein farbiges Papier, das für das farbenblinde Menschenauge
Herrn Hofrat Sigmund Exner, der mich bei unserem gemeinsamen
Ferienaufenthalt während der ganzen Dauer der Versuche mit Rat
und Tat unterstützt hat.
5) Ich habe die grauen Papiere ihrer Helligkeit nach numeriert,
das hellste mit No. 1, das dunkelste mit No. 30.
6) Auf die Höhe der Zahlen lege ich kein grosses Gewicht, da.
sobald sich an einer Stelle eine grössere Bienenansammlung gebildet
hat, schon diese an sich auf die neu ankommenden Bienen an- -
ziehend wirkt.
7) Bei Versuchen, für die eine längere Vorbereitung nötig war,
wenn z. B„ wie hier, zahlreiche Schälchen mit Zuckerwasser gefüllt
werden mussten, bevor der Versuch beginnen sollte, wurden die Vor¬
bereitungen an einem anderen Ort getroffen, indem auf einem zweiten
Tisch ebenfalls eine Serie der grauen Papiere befestigt wurde etc.
Wenn der Versuch beginnen sollte, wurde der Dressurtisch rasch
entfernt und der vorbereitete andere Tisch an seine Stelle gesetzt.
8) Die bisher geschilderten Versuche wurden auch photographisch
aufgenommen und die Photographien in der Sitzung vorgelegt.
7. _ Januar 1913, _ MUENCH'ENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT:
unter eien grauen Parieren Verschwindet, nicht trotzdem noch an
seinem Helligkeitswert herausfinden?
Soll dieser Ein wand zu Recht bestehen, dann
muss es gelingen, die Bienen mit derselben Exakt¬
heit, mit der sie sich auf eine Farbe dressieren
lassen, auf ein Grau von bestimmter Helligkeit zu
dressieren. Dies gelingt aber nicht.
Ich habe versucht, die Bienen auf ein mittleres Grau (No. 15)
zu dressieren, indem ich sie 9 Tage lang ausschliesslich von diesem
grauen Papier fütterte. Aber ebensowenig in den letzten wie in den
ersten dieser 9 läge war, wenn das Zuckerwasser von dem grauen
Papier entfernt und durch ein sauberes Schälchen ersetzt wurde,
eine Bevorzugung des Grau No. 15 zu erkennen. Die Bienen bevor¬
zugten nicht einmal die mittelgrauen Papiere vor den ganz hellen
und ganz dunklen, wie ich erwartet hatte, sondern Hessen sich
wahllos suchend auf allen grauen Papieren nieder.
Es ist schliesslich noch an eine Möglichkeit zu denken : Es
waren zwar sowohl die farbigen wie die grauen Papiere matt.
Doch war am Ende des Sommers, als die grauen Kopierpapiere
bereits wiederholt feucht geworden waren, eine geringe Differenz
zwischen ihnen und den farbigen Papieren insofern zu erkennen, als
die farbigen Papiere etwas matter erschienen als die grauen; wer
weiss, ob nicht ein solcher Unterschied für das Bienenauge viel
auffallender ist als für das unsrige, und ob nicht die Bienen von vorn¬
herein die farbigen Papiere weder an ihrer Farbe noch an ihrer
Helligkeit, sondern an ihrer Mattigkeit erkannt haben?
Um dies zu entscheiden, wurde ein gelbes Papier durch Ueber-
ziehen mit Firnis glänzend gemacht und nun dies glänzend gelbe
Papier zwischen den grauen Papieren befestigt und ein sauberes
Uhrschälchen daraufgesetzt. Die auf Gelb dressierten Bienen gingen
auf das glänzende gelbe Papier ebenso wie vorher auf das matt¬
gelbe. Will man noch einwenden, dass sie nun, unabhängig von allem
Früheren, durch den starken Glanz des gelben Papleres angezogen
worden seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass sie graues Papier,
das auf die gleiche Weise glänzend gemacht worden war, in keiner
Weise beachteten.
Aus den bisher erwähnten Tatsachen folgt nur, dass die Bienen
Farbensinn besitzen, ohne dass wir noch über die Art dieses Farben¬
sinnes etwas aussagen können. Ich habe versucht, einen Schritt
weiter zu kommen. Es war zu erwarten, dass die auf eine bestimmte
Farbe dressierten Bienen, wenn man ihnen eine ganze Serie farbiger
Papiere vorlegt, nicht ausschliesslich auf die Dressurfarbe gehen,
sondern in geringerem Grade auch andere, ihnen ähnlich er¬
scheinende Farben aufsuchen würden; waren diese anderen
Farben jene, welche auch unserem Auge mit der Dressurfarne ähnlich
erschienen, so konnte man daraus auf einen dem unsrigen ähnlichem
Farbensinn der Bienen schliessen.
Es wurden also, nachdem die Bienen genügend lange auf eine
bestimmte Farbe dressiert worden waren, auf einem Tische alle
30 grauen Papiere und zwischen diesen meine ganze Serie farbiger
Papiere (16 verschiedene Farben) befestigt und auf jedes Papier
ein sauberes Uhrschälchen gesetzt. Dann wurde dieser Tisch rasch
mit dem Dressurtisch ausgewechselt und nun wurden auf sämtlichen
Papieren die Bienen gezählt, die sich niederliessen.
Zuerst stellte ich diesen Versuch mit Bienen an, die auf Gelb
dressiert waren. Weitaus die meisten Hessen sich auf dem Dressur¬
gelb nieder. Aber auch auf die vier farbigen Papiere, welche für
unser Auge dem Dressurgelb am nächsten stehen, setzten sich eine
beträchtliche Anzahl der Tiere, und zwar auf ein orangefarbenes,
auf ein heller gelbes und auf zwei gelbgrüne Papiere, während die
roten, grünen, blauen und violetten Papiere ganz gemieden wurden.
Anders fiel der Versuch mit Bienen aus, die auf Blau dressiert
waren. Sie ignorierten nun zwar die roten, gelben und grünen
Papiere und besuchten reichlich das Dressurblau, sie bevorzugten
aber auch in auffallender Weise violette und purpurfarbene Papiere,
die für unser Auge mit dem Dressurblau keine Aehnlichkeit mehr
hatten.
Und dementsprechend zeigte sich, dass auf Purpurrot
dressierte Bienen auch stark auf Violett und Blau gehen, Rot, Gelb
und Grün hingegen meiden. Man kann sagen, dass sie Purpur¬
rot mit Violett und Blau „verwechseln“.
Den Schlüssel zum Verständnis dieses Verhaltens gibt uns der
Versuch, die Bienen auf ein reines Rot zu dressieren. Dieser
Versuch misslingt. Ich habe die Bienen 6 Tage lang auf rotem
Papier gefüttert und immer kam es, wenn die Tiere in der
gewohnten Weise (ein reines rotes Papier in der Grauserie)
geprüft wurden, zu Ansammlungen der Bienen nicht nur auf dem
roten, sondern auch auf den dunkelgrauen und schwarzen Papieren.
Rot und Schwarz wird von den Bienen ver¬
wechselt9).
Es steht dies in guter Uebereinstimmung mit dem Befund von
Hess, dass den Bienen das Spektrum am roten Ende verkürzt
erscheint.
Vielleicht erscheint es Ihnen als ein Widerspruch, dass die
Bienen, von denen ich früher sagte, sie Hessen sich auf ein Grau von
9) Auch dies wird mit Photographien belegt. Die Wiedergabe
der Photographien und der ausführlichen Zahlenangaben zu den
Versuchen wird später erfolgen.
. No. 1.
bestimmter Helligkeit nicht dressieren, nun bei der Rotdressur die
schwarzen Papiere so auffallend bevorzugen. Ich möchte dazu
bemerken, dass ich für die Helligkeitsdressur ein mittleres Grau
gewählt hatte, welches sich von den hellgrauen und dunkelgrauen
Papieren weniger unterscheidet als ein schwarzes Papier von hell-
gi auen. Und tatsächlich verwechselten ja die Bienen das rote Papier
nicht nur mit tiefschwarzen, sondern allgemein mit dunkelgrauen
1 apieren und besuchten manchmal auch sehr hellgraue Papiere in
beträchtlicher Zahl.
Wie ist nun die oben erwähnte Verwechselung von Blau mit
Purpurrot zu verstehen? Ich glaube, sehr einfach. Das Purpur¬
papier sendet wesentlich rote und blaue Strahlen aus. Wenn die
rote Komponente von den Bienen nicht gesehen wird, bleibt für
sie nur die blaue Komponente übrig, und so ist ein Purpur-
10t und Blau, das für uns so verschieden aussieht,
für die Bienen ähnlich oder identisch.
Es ist interessant, nach dieser Erkenntnis einen Blick auf die
Blumenwelt zu werfen, deren Farben nach den Anschauungen
von Hess mit den Sehqualitäten der Insekten in keinem Zusammen¬
hang stehen sollten.
Da fällt an unserer Flora sogleich der Mangel an roten Blumen
auf. Das Rot der „rotblühenden“ Pflanzen ist meist ein Purpurrot,
das reichlich Blau enthält; ich erinnere Sie nur an Erica und Calluna,
an Cyclamen, an die Alpenrose (Rhododendron), an die rotblühenden
Klee- und Orchideenarten, alles Pflanzen, die von Honigbienen und
anderen Apiden reichlich besucht werden. Mir ist in unserer Flora
(von Kulturpflanzen natürlich abgesehen) kein Gewächs mit rein
roten Blüten bekannt ausser dem Klatschmohn (Papaver Rhoeas),
der allerdings von Bienen besucht wird; doch dieser hat so grosse
Blumenblätter, dass er für uns auch dann noch auffallend genug wäre,
wenn seine Blüten schwarz statt rot wären: so mag es sein, dass
hier die Farbe keine Bedeutung hat und dass die Mohnblüte den
Bienen nur als grosse, dunkle Blume erscheint. Man könnte daran
zweifeln, dass diese Armut unserer Flora an roten Blumen mit dem
Farbensinn der Insekten in Zusammenhang stehe. Man will viel¬
leicht die Ursachen dafür Heber in der Pflanzenwelt selbst suchen;
doch fällt es schwer, solches zu glauben, wenn wir sehen, wie häufig
bei uns rein rote Früchte sind — die nicht den Insekten, wohl
aber, im Interesse der Verbreitung der Samen, den Vögeln auf¬
fallen sollen — und wenn wir hören, dass in anderen Ländern rote
Blumen häufig sind, und zwar gerade bei solchen Pflanzen, welche
nicht von Insekten, sondern von Vögeln, von Kolibris, bestäubt
werden. Ich will Heber einen anderen sprechen lassen, A. Kerner
von M a r i 1 a u n, der bei seinen Auseinandersetzungen gewiss nicht
durch eine bestimmte Ansicht über den Farbensinn aer Insekten vor¬
eingenommen war. Er sagt in seinem „Pflanzenleben“10);
„Die Zoologen behaupten, dass die Tiere, insonderheit jene,
welche zu den Blüten anfliegen, um dort Honig und Pollen zu holen,
ein hochentwickeltes Farbengefühl besitzen, dass die Besuche, welche
den Blumen von seiten der Bienen, Hummeln, Falter, Fliegen und
Käfer zu teil werden, von den Farben der Blüte wesentlich beeinflusst
werden, dass verschiedene Tiere verschiedene Farben vorziehen,
und dass es für bestimmte Insekten geradezu „Lustfarben“ und „Un¬
lustfarben“ gebe. Die Lieblingsfarbe der Honigbiene z. B. ist ultra¬
violetthaltiges Blau - Rot wird dagegen von ihnen verabscheut
und gemieden und ist die Unlustfarbe der Bienen. Die Botaniker
sind bei ihren Untersuchungen über die Beziehungen zwischen
Blumen und Tieren im grossen und ganzen zu ähnlichen Ergebnissen
gelangt - Was Rot betrifft, so können wir das von den Zoologen
gewonnene Resultat nur mit einer gewissen Einschränkung be¬
stätigen. Blüten mit Purpurrot und Karminrot sowie mit allen
weiteren Abstufungen zu Violett werden von der Honigbiene sehr
gern aufgesucht, und es können daher nur Scharlachrot.
Zinnoberrot und die weiteren Abstufungen zu
Orange als Unlustfarben der Bienen angesehen werden.
. . Im Wiener botanischen Garten stehen dicht neben¬
einander der blaublühende Jsop (Hyssopus officinalis), die blass
violett blühende Monarda fistulosa und die scharlachrot blühende
Monarda didyma. Alle drei blühen zu gleicher Zeit um die Mitte
des Monats Juli. Die Honigbienen kommen reichlich angeflogen, aber"
sie besuchen nur den Jsop und die violett blühende Monarda, die
scharlachroten Blüten der Monarda didyma werden von ihnen ge¬
mieden. Ich sage hier ausdrücklich gemieden und nicht verabscheut,
weil es fraglich ist, ob das Ausfallen des Bienenbesuchs bei scharlach¬
roten Blüten wirklich durch eine förmliche Scheu vor der Scharlach¬
farbe veranlasst wird, und ob nicht vielmehr Farbenblindheit hierbei
ins Spiel kommt, welche bekanntlich die Ursache ist, dass auch
manche Menschen das Rot nicht sehen _ Das schliesst nicht aus,
dass wieder andere Tiere diese Farbe gut sehen, ja dass für sie die
scharlachrote Farbe sogar ein wichtiges, weithin wirkendes An¬
lockungsmittel ist. . . . Insbesondere wirken solche Blüten auf die
Kolibris,' ja es scheint sogar, dass diese nach Honig lüsternen kleinen
Vögel ganz besonders gern den Scharlachblüten zufliegen. Vielleicht
hängt es hiermit auch zusammen, dass die Pflanzen mit scharlach¬
roten Blumen vorwaltend in jenen Gegenden verbreitet sind, wo die
Kolibris ihre Heimat haben. Gewiss ist es auffallend, dass die
scharlachrote Farbe in Asien und Europa .... nur spärlich vertreten
10) 2. Bd., S. 190 u. 191. Leipzig und Wien 1891.
i
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
IS
ist, dass dagegen in Amerika .... eine ausnehmend grosse Zahl solcher
Blüten vorkommt. In den zentralamerikanischen Urwäldern fällt
jedem Besucher sofort die grosse Zahl der Schlinggewächse und
Ueberpflanzen .... auf, welche scharlachrote Blüten tragen - In
dem oben umgrenzten amerikanischen Gebiete ist ja auch die Heimat
der Lobelien, Fuchsien und Begonien mit brennendroten Blumen¬
kelchen _ _ der von den Kolibris umschwärmten, in Scharlach ge¬
kleideten Salbeiarten (Salvia coccinea, cardinalis), der verschiedenen
zu den Skrofularineen gehörigen Arten der Gattung Alonsoa und
Russelia, der merkwürdigen Erythrinen (Erythrina crista galli,
herbacea, speciosa) und der Caesalpineen aus der Gattung Amherstia
und Brownea (Amherstia nobilis, Brownea coccinea und grandiceps).
deren Blüten durchweg so gebaut sind, dass ihr Honig kaum anders
als von schwebenden Kolibris gewonnen werden kann.“
Nun bleibt noch manche Lücke auszufüllen. So werden Sie es
tadeln, dass ich keine Dressurversuche mit grünem Papier aus¬
geführt habe, auf deren Ausgang man aus verschiedenen Gründen
gespannt sein muss. Schuld an dieser Unterlassung ist lediglich der
kalte und regnerische Herbst, der die Bienen vorzeitig in einen Zu¬
stand phlegmatischer Ruhe versetzt hat, so dass ich gezwungen war,
die Fortsetzung der Versuche auf den nächsten Sommer zu ver¬
schieben.
Was ich Ihnen vortragen konnte, ist also kein abgeschlossenes
Ganzes. Doch davon hoffe ich Sie schon jetzt überzeugt zu haben:
Dass die Blumenfarben „um der Insekten willen“ da sind, und nicht
als Laune der Natur.
Aus der Kgl. Universitäts-Ohrenklinik München
(Direktor: Professor Dr. B. Heine).
Kritisches zur Verkürzung der Knochenleitung bei
normalem Gehör).
Von Privatdozent Dr. Herzog, I. Assistenten der Klinik.
Zum Zwecke funktioneller Prüfung können wir dem
Akustikus oder besser gesagt seiner Endausbreitung (Sinnes¬
epithel) innerhalb der Schnecke Schallwellen auf 2 Wegen
zuführen: einmal durch Vorhalten tönender Körper (in der
Regel Stimmgabeln) vor den äusseren Qehörgang, das andere
Mal durch Aufsetzen der schwingenden Stimmgabel auf den
Schädel oder eine entferntere Stelle des Skelettes der Ver¬
suchsperson (in der Regel auf den Scheitel oder auf den
Warzenfortsatz). Da bei der ersten Versuchsanordnung die
Schwingungen von den Zinken weg in die Luft und von ihr
durch den äusseren Qehörgang auf das Trommelfell über¬
gehen, so bezeichnen wir diese Art der Schallübertragung als
Luftleitung; im Gegensatz hiezu sprechen wir bei
direkter Zuleitung von Schallschwingungen auf den Schädel
von Knochenleitung.
Ueber die physiologischen Vorgänge bei der Schallüber¬
leitung überhaupt, im besonderen aber bei der Knochenleitung
sind unsere Kenntnisse noch recht lückenhaft. Wohl wissen
wir, dass die Schwingungen, in die der ganze Schädel durch
die aufgesetzte Stimmgabel gebracht wird, auch die Schall¬
leitungskette — Trommelfell, Hammer, Amboss, Steigbügel —
in rhythmische Bewegung versetzen und wir sind berechtigt
anzunehmen, dass die Labyrinthkapsel selbst an den Schwin¬
gungen teilnimmt. In welcher Weise aber diese Bewegungen
auf das nervöse Endorgan übertragen werden, also zur Aus¬
lösung der Sinnesempfindlichkeit führen, ob der Weg über die
Schalleitungskette der wirksamere ist (= osteotympanale
Leitung), oder der durch den Knochen (= ossale Leitung), ob
beide miteinander in Konkurrenz treten und in welche, das
sind bis heute ungelöste Fragen.
Trotzdem ist dem Kliniker die Prüfung der Knochen¬
leitung für die Analyse der Qehörfunktion unentbehrlich ge¬
worden, seit ihre differentialdiagnostische Bedeutung erkannt
worden ist (S c h w a b a c h 1885). Hundertfältige Erfahrungen
haben gelehrt, dass bei allen Mittelohrprozessen (== Erkran¬
kung des schalleitenden Apparates) die auf den Knochen auf¬
gesetzte schwingende Qabel von dem Kranken wesentlich
länger als vom normalen Ohre gehört wird — Verlänge¬
rung der Knochenleitung — , und dass umgekehrt bei
Erkrankung des Nerven oder seiner Endausbreitung (= Er-
*) Erweiterte Diskussionsbemerkung zu einem Vortrage
Wanne rs: Die Verkürzung der Knochenleitung für die Diagnose
intrakranieller Erkrankungen. Sitzungsberichte der Laryngo-otolog.
Gesellschaft München 1912.
krankung des schallperzipierenden Apparates) der Ton der
auf dem Schädel ruhenden Stimmgabel wesentlich rascher ver¬
klingt als beim Normalhörenden — Verkürzung der
Knochenleitung.
Es wird also jeweils die Knochenleitungsdauer des Pati¬
enten verglichen mit der des Normalen; die Aenderun-g
der Leitungsdauer — Verlängerung oder Ver¬
kürzung — ist bedingt durch Krankheitspro¬
zesse im Ohre.
Von ganz anderen Voraussetzungen gehen Versuche aus,
die Knochenleitung differentialdiagnostisch zu verwerten für
Erkrankungen des Schädels selbst (knöcherne Kapsel, Menin¬
gen, Zerebrum). Die Tatsache, dass durch die auf den Scheitel
aufgesetzte, schwingende Stimmgabel der ganze Schädel in
Schwingungen gerät und diese Schwingungen weiterleitet,
legte den Gedanken nahe, dass bei Erkrankung der Schädel¬
hüllen oder seines Inhaltes die physikalischen Bedingungen
für die Fortleitung der mitgeteilten Bewegung sich ändern
würden.
Die Methoden, welche zwecks Nachweises einer solchen
pathologischen Knochenleitung angewandt werden, lassen sich
in 2 Gruppen teilen, die sich prinzipiell voneinander unter¬
scheiden.
Bei der ersten Versuchsanordnung wird der Stimmgabel¬
ton am Schädel des Patienten auskultiert an möglichst sym¬
metrischen Stellen. Je nach dem Sitz und der Art der Er¬
krankung soll der Ton über dem erkrankten Bezirk schwächer
oder stärker sein, als auf der korrespondierenden Gegend der
anderen Kopfhälfte, bezw. der unmittelbaren Umgebung des
Krankheitsherdes. Diese Art der Prüfung lässt die Hörfunk¬
tion des Untersuchten vollständig ausser Betracht und macht
den Untersucher unabhängig vom Patienten.
Neben Gabritschewsky1), Okunew2), Mura-
wiew3), Bechterew4) hat vor allem P h 1 e p s 5) eine
Reihe höchst interessanter Befunde mitgeteilt, die an der Ver¬
wertbarkeit der Methode wohl nicht mehr zweifeln lassen.
Wir werden auf die Resultate noch kurz zu sprechen kommen.
Bei der zweiten Versuchsanordnung wird die Knochen¬
leitungsdauer vom Scheitel des Untersuchten verglichen mit
der normalen Knochenleitungsdauer (Untersucher). Sie stellt
also nichts anderes dar als die Ausführung des Schwa-
b ach sehen Versuches. Während aber die Prüfung der
Knochenleitung im Sinne Schwabachs und nach der all¬
gemeinen Uebung dazu dient, eine festgestellte Schwerhörig¬
keit ursächlich zu lokalisieren, zu ermitteln, ob eine Erkran¬
kung des mittleren oder inneren Ohres vorliegt, soll eine
Verkürzung der Knochenleitungsdauer bei
beiderseitig normalem Gehörorgan Charakteristisch
sein für pathologische Veränderungen der Schädelkapsel oder
ihres Inhaltes.
Die Methode basiert hauptsächlich auf den Angaben des
Patienten. Sie setzt ausserdem eine eingehende Untersuchung
des Gehörorganes voraus. Entsprechend dieser Forderung
wurde die Prüfung ausschliesslich von Otologen geübt. Ver¬
öffentlichungen über ihre Resultate liegen nach dem Vorgänge
von Wanner“) nur von Hegetschweiler7) und
Hasslauer8) vor.
Mit besonderer Wärme tritt Hasslauer für die dia¬
gnostische Bedeutung der Methode ein, in der er ein „sicheres
Hilfsmittel und ein Rechtfertigungsmittel insbesondere für die
Aerzte der Versicherungsgesellschaften in der grossen Reihe
der traumatischen Neurosen“ sieht. Tatsächlich scheint die
1) Gabritschewsky: Berliner klin. Wochenschr. 1890,
S. 260.
2) Okunew: Archiv f. Ohrenheilkunde, Bd. 31, S. 161 und
Bd. 43, S. 207.
3) Murawiew: Neurolog. Zentralbl., Bd. 12, S. 671.
4) Bechterew: Neurolog. Zentralbl., Bd. 14.
5) Phleps: Archiv f. Psych. u. Nervenkrankh., Bd. 43, H. 2 u. 3.
°) Wanner und Gudden: Die Schalleitung der Schädel¬
knochen bei Erkrankungen des Gehirns und seiner Häute. Neurolog.
Zentralbl. No. 19, S. 883.
7) Hegetsch weiler: Ueber das sogen. Wanner sehe
Symptom. Zeitschr. f. Ohrenheilkunde, Bd. 60, S. 257.
8) Hasslauer: Die Verwertung des S c h w a b a c h sehen
Versuches bei der Diagnose intrakranieller Veränderungen. Münch,
med. Wochenschr. 1910, S. 470.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
19
Feststellung der Knochenleitungsdauer eine gewisse praktische
Bedeutung in der Unfallsbegutachtung erlangt zu haben. Seit
über 3 Jahren mussten wir in einer ganz respektablen Zahl
von Fällen in unserer Eigenschaft als Nachuntersucher oder
Obergutachter Stellung nehmen zu der bereits von anderer
Seite vorgenommenen Prüfung, sowie zu den daraus ge¬
zogenen Schlussfolgerungen. Dadurch sind wir in der Lage,
einmal unsere eigenen Resultate mit denen anderer Beob¬
achter vergleichen zu können und weiterhin einen gewissen
Einblick in den Verlauf und die Entwicklung der früher an¬
genommenen krankhaften Veränderungen zu gewinnen.
Auf Grund dieser Erfahrungen halten wir uns für be¬
rechtigt, nunmehr ein zusammenfassendes Urteil über die Me¬
thode abzugeben.
Hiefiir wird es unerlässlich sein, einerseits die Bedin¬
gungen zu prüfen, unter denen eine Verkürzung der Knochen¬
leitung diagnostisch für eine Erkrankung des Schädels ver¬
wertbar sein soll und andererseits das aufgebrachte Material
auf seine Beweiskraft zu untersuchen.
Die in der ersten Publikation von Wanner9) aufgestellte
I liese lautet: „Lässt sich bei diesen — gemeint sind zweifelhafte
Krankheitszustände des Zentralnervensystems, namentlich solche mit
mangelnden objektiven Symptomen — eine wesentliche Verkürzung
der Knochenleitung ohne die sonstigen für eine Affektion des inneren
Ohres charakteristischen Begleiterscheinungen oder neben sonstig
normalem Hörvermögen konstatieren, so ist man berechtigt, eine
organische Veränderung im Schädelinnern bezw. in den Schädel¬
decken anzunehmen.“
Diese These unterscheidet 2 Formen von Befunden, in denen der
Knochenleitungsverkürzung eine diagnostische Rolle zugesprochen
wird. Einmal muss, um dies zuerst zu besprechen, neben der ver¬
kürzten Knochenleitung ein sonstig normales Hörvermögen zu kon¬
statieren sein.“
Ein normales Gehör glaubt Wanner annehmen zu dürfen,
wenn :
T Flüstersprache (Residualluft!) in einer Entfernung von 9 m
verstanden wird, Prüfung mittels Zahlworten einschliesslich der
Zahl „100“.
2. Das Subkontra C (16 Doppelschwingungen, bezeichnet mit
0-2) in der Bezold-Edelmann sehen Tonreihe gehört wird
— normale untere Tongrenze.
3. Das Gal ton pfeif chen bei etwa 50U00 Doppel¬
schwingungen (Eichungstabelle!) noch eine Tonempfindung auslöst
=: normale obere Tongrenze.
■4. Der R i n n e sehe Versuch mit der Stimmgabel al +30 Se-
Kunden beträgt, d. h. wenn die schwingende Stimmgabel al nach
ihrem Abklingen auf dem Warzenfortsatz des Untersuchten noch
10 Sekunden in Luftleitung von diesem gehört wird.
Kommt zu diesen Kriterien eine Verkürzung der Knochen-
eitung vom Scheitel, so soll sie im Sinne des Autors pathognomisch
sein.
Da aber, wie eingangs erwähnt, die Verkürzung der Knochen-
eitung im allgemeinen charakteristisch ist für eine Erkrankung des
lörnerven (labyrinthäre Schwerhörigkeit) so erhebt sich ohne
weiteres die Frage, ob der angeführte Symptomenkomplex bezw.
he Art seiner Feststellung genügt, um eine Erkrankung des inneren
Ihres mit Sicherheit auszuschliessen. Nur dann darf die Verkürzung
ter Knochenleitung anderweitig diagnostisch verwertet werden.
Die Diagnose „Erkrankung des inneren Ohres“ setzt voraus
nie normale untere Tongrenze (C-2); der R i n n e sehe Versuch mit
11 kann in leichten Fällen — und nur diese kommen differential-
hagnostisch überhaupt in Betracht — normale Werte (d. h. + 30)
wägen. Damit scheiden also 2 von den oben angeführten 4 Sym¬
ptomen aus, um das funktionelle Bild der „Erkrankung des inneren
ihres abzugrenzen von dem fraglichen Symptomenkomplex „Ver-
;ürzung der Knochenleitung bei normalem Gehör“; die untere Ton-
;renze und der Rinne sehe Versuch besitzen in beiden Fällen
rleiche Qualitäten.
Verwertbar bleiben nur noch die obere Tongrenze sowie die
rufung mit Flüstersprache.
Die obere Tongr'enze wurde von Wanner mit Hilfe des Gal-
onpfeif chens bestimmt und die Reaktion auf Tongehör für eine
teifenlänge von 0,26 — 0,29 mm bei einer Maulweite von 0,5 mm als
lormale obere Hörgrenze angenommen. Die Tonhöhe schwankt
uerbei zwischen fisa und g8, d. h. zwischen 46 000—50 000 Doppel-
chwingungen. Da bei der Erkrankung des inneren Ohres die obere
ongrenze herabgesetzt und das Gehör für hohe Töne verschlechtert
■ ezw. aufgehoben ist, so erhellt hieraus ohne weiteres die differential-
hagnostische Bedeutung dieser Prüfung.
Es ist hier nicht der Platz, auf die in den letzten Jahren ziem-
ich reichliche Literatur über die Bestimmung der oberen Tongrenze
inzugehen. Soviel steht sicherlich fest, dass wir in dem Galton-
»lenchen kein zuverlässiges Instrument zur Bestimmung dieser
irenze besitzen. Davon überzeugt man sich übrigens täglich, sobald
") Wanner und Gudden: 1. c. S. 1007.
man neben dem Galtonpfeifchen die Hördauer von hohen Stimm¬
gabeln, beispw. der 4 oder 5 gestrichenen Oktave prüft. Immer und
nnmer kehrt die Erfahrung wieder, dass die Grenze Im Galton-
pfeifchen im Einzelfalle sogenannte normale Werte liefern kann,
während die Perzeptionsdauer für hohe Töne mehr oder weniger
stark herabgesetzt ist. Diese Erkenntnis lehrt uns, dass Grenz-
werte, mit dem Galton bestimmt, eine zu unsicere Basis für
Schlussfolgerungen bilden. Wir müssen deshalb für jeden
einzelnen Fall die Bestimmung von Hörweiten für hohe Töne
fordern. Nur wenn diese normale Dauer aufweisen, sind wir
berechtigt ein normales oberes Tonbereich und damit eine normale
obere Tongrenze anzunehmen, d. h. eine Erkrankung des inneren
Ohres auszuschliessen.
Endlich die Prüfung des Sprachgehörs, unser wichtigstes dia¬
gnostisches Hilfsmittel, das bei jeder Funktionsprüfung an erster
Stelle steht! Die Würdigung des hiezu gewöhnlich angelegten Mass-
stabes setzt die Kenntnis der Perzeptionsfähigkeit des normalen Or¬
gans für geflüsterte Sprache voraus. Hierüber herrschen meist un¬
genaue Vorstellungen.
Ueber das ganz erstaunliche Empfindungsvermögen des Ohres
für Schalleindrücke geben uns verschiedene von Mathematikern an-
gestellte Berechnungen Aufschluss. So wird, um nur ein Beispiel
anzufühien, noch eine Hörempfindung ausgelöst, wenn die Amplitude
der vor dem Ohre schwingenden Luftteilchen nur 0,0000001 mm be¬
trägt 10).
Diesen Zahlen entsprechend liess sich feststellen, dass vom
jugendlichen, normal hörenden Individuum in ruhig gelegenem Raum
geflüsterte Zahlworte auf 89 m Entfernung noch gehört wurden.
Diese Distanz stellt noch nicht das Maximum des normalen Hörver¬
mögens dar; lediglich für die Zahl „100“, die erfahrungsgemäss am
schwersten gehört wird, wurde über 81 m hinaus nicht mehr ge¬
hört u).
Räume von derartigen Dimensionen stehen uns naturgemäss bei
unseren Prüfungen nicht zur Verfügung; auch die erforderliche Ruhe
der Aussenwelt lässt in unserem Prüfungszimmer recht häufig zu
wünschen übrig, namentlich für den Untersucher in der Grossstadt;
und schliesslich stehen unsere Prüflinge nicht insgesamt im jugend¬
lichen Alter, für das allein diese Masse Geltung haben.
Wenn wir mit Rücksicht auf diese, zum Teil rein äusseren
Gründe in der Regel uns mit einer Distanz von 9 oder 10 m be¬
gnügen müssen und ein Ohr, das auf diese Entfernung sämtliche
Zahlen einschliesslich der Zahl „100“ in Flüstersprache perzipiert,
als normal zu bezeichnen pflegen, dürfen wir nicht vergessen, dass
wir hiermit sozusagen ein Kompromiss unter dem Zwange der Ver¬
hältnisse eingegangen sind und dass dieser Hörweite nur
dann das Prädikat normal gegeben werden darf,
wenn auch alle übrigen Prüfungsmethoden nor¬
male Wo. rte aufwe/isen. Hieraus die Konsequenz für die
vorliegende Frage: Ist bei einem Hörvermögen von 9 oder 10m
Flüstersprache und normaler unterer Tongrenze die Knochenleitung
vom Scheitel verkürzt, so haben wir als Grund für die Verkürzung
der Knochenleitung eine Erkrankung des inneren Ohres (leichteren
Grades) solange anzunehmen, bis durch einwandfreie Methoden diese
ausgeschlossen werden kann. Ein differentialdiagnostisches Mittel
hiefür besitzen wir in der Bestimmung von Hördauern für hohe Töne
c\ g* 4, c5; die Feststellung des Grenzwertes für Tongehör mit dem
üaltonpfeifchen genügt den Anforderungen nicht.
Ueber den zweiten Teil der' These Wanners — „Fälle mit
einer wesentlichen Verkürzung der Knochenleitung ohne die sonstigen
für eine Affektion des inneren Ohres charakteristischen Begleiter¬
scheinungen“ — kann ich mich kurz fassen. Gemeint sind damit
offenbar die bekannten Labyrinthsymptome: subjektive Geräusche,
Schwindelgefühl, Nystagmus, Erbrechen. Alle diese Erscheinungen
werden in einer grossen Anzahl von Erkrankungen des inneren Ohres
vollkommen vermisst, so dass aus ihrem Fehlen nicht der geringste
Schluss auf eine Intaktheit des Labyrinthes bezw. der Schnecke zu
ziehen ist.
Mit unseren bisherigen Ausführungen glauben wir klargelegt zu
haben, dass das von Wanner geübte Vorgehen zur Diagnose „Ver¬
kürzung der Knochenleitung bei normalem Gehör“ einer strengen
Kritik nicht standhält. Der Grund hiefür liegt, um dies nochmal
hervorzuheben, in der Vernachlässigung der Prüfung von Hördauern
hoher Töne, die uns allein zuverlässigen Aufschluss über das Hör¬
vermögen am oberen Ende der Tonskala gibt und damit andererseits
das Recht, einen Hörwert für Flüstersprache von 9 m als normal zu
bezeichnen.
Die Notwendigkeit dieser Forderung wird am besten beleuchtet
durch die Untersuchungen Hasslauers12). Sein Vorgehen deckt
sich mit dem von Wanner. Flüstersprache wurde nur auf 7 m
Entfernung geprüft. Die Untersuchten (Rekruten. Unteroffiziere,
Fähnriche, 1 Offizier, 2 Invalide) standen fast ausschliesslich in
10) Rayleigh: Poggendorfs Annal. Bd. I, S. 503 und
Topp ler und Beltzmann: Poggendorfs Annal. Bd. 141,
S. 321 (zitiert nach B e z o 1 d) : Ueber die funktionelle Prüfung usw.
Bd. 3, S. 35.
41) Morsak: Hörprüfungen mittels der Sprache am gesunden
und kranken Ohr. Archiv f. Ohrenheilk. Bd. 68.
12) Hasslauer: 1. c.
3
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
20
Ho. 1.
jugendlichem Alter. „Während alle Untersuchten iibci Zimnierlänge
nachsprachen, d. h. es wurde abgewendet vom Untersuchten gegen
die Wand gesprochen, fand sich in 4 Fällen eine kaum nennenswerte
Herabsetzung der Hörschärie; die Hörweite bei diesen betrug 7 m,
also gerade Zimmerlänge.“ Eine Hörweite v o n 7 m iüi
Flüstersprache beim jugendlichen Individuum
als kaum nennenswerte Herabsetzung des Gehörs
zu bezeichnen, heisst den Verhältnissen me h r als
Gewalt antun. Dass man bei dieser Sachlage den Resultaten
Hasslau ers jede Beweiskraft absprechen muss, braucht keine
weitere Erörterung.
Mit diesem Hinweis haben wir bereits den zweiten 1 eil unserei
eingangs gestellten Aufgabe angeschnitten, die kritische Würdigung
des von den Autoren gegebenen Materials. . , .
Wann er bringt an der Spitze seiner Kasuistik 2 Falle, bei
denen die Obduktion Veränderungen innerhalb des Schädels auf¬
deckte; bei dem ersten: Sklerose des Schädeldaches, starke Ver¬
wachsung der Dura mater mit dem Schädeldach, mässige Verdickung
und Trübung der Dura mater, leichte Verdickung und Trübung dei
weichen Hirnhäute; bei dem zweiten: chronische fibröse Pachi-
meningitis, starke Abplattung der Hirnwindungen, in dem basalen
Teile des Stirnhirns beiderseits ein walnussgrosser Tumor, der sich
bei mikroskopischer Untersuchung als sarkomatös entartetes Chole¬
steatom erweist. Für den ersten Fall — 49 jähriger Mann — lautete
die klinische Diagnose: Alkoholismus chronicus, Neuritis alkohohca,
K o r s a k o f f sehe Psychose; für den zweiten : Alkoholismus chro¬
nicus, Tumor cerebri (53 jährige Frau). In beiden Fällen hatte
Wanner Verkürzung der Knochenleitung bei normalem Gehör fest-
£CCSt6llt.
Im Anschluss daran werden 15 Fälle (Lues; Alkoholismus;
Epilepsie; Idiotie; zerebrale Kinderlähmung; progressive Paralyse;
traumatische Neurose) mit- mehr oder weniger starker Verkürzung
der Knochenleitung mitgeteilt. Da es sich bei diesen lediglich um
klinische Untersuchungen handelt, so erübrigt sich, darauf einzugehen
mit dem Hinweis auf unsere oben begründeten Einwendungen. Dass
diese Untersuchungen tatsächlich einer kritischen Sichtung be¬
dürfen, zeigen beispielsweise die Fälle 11, 15, 16, 17, bei denen das
Resultat gewaltig von den Forderungen des Autors selbst abweicht;
die Verkürzung der Knochenleitung findet ihre
Erklärung in der sichtlich schweren Erkrankung
desinnerenOhres.
Die Schlussfolgerungen Wanners gründen sich also aut
2 Fälle, bei denen die Obduktion pathologische Veränderungen inner¬
halb der Schädelkapsel nachweisen konnte. Wenn wir ganz absehen
von der Frage, ob hier Knochenleitungsverkürzung und zerebrale
Erkrankung ohne weiteres in gegenseitige Beziehung von Ursache
und Wirkung gebracht werden dürfen, so erscheint es wohl min¬
destens sehr gewagt, auf zwei vereinzelte Beobachtungen weit¬
gehende Folgerungen zu bauen, aus ihnen die Berechtigung abzu¬
leiten, in jedem Falle „von Verkürzung der Knochenleitung trotz
völligen Mangels objektiver Symptome eine organische Veränderung
im Schädelinnern bzw. in den Schädeldecken anzunehmen.“ Einer
Bevorzugung erfreut sich hierbei die Diagnose: „Verwachsung der
harten Hirnhaut mit dem Knochen“, die wir in den zahlreichen Gut¬
achten ausschliesslich angetroffen haben; sie ist offenbar der patho¬
logisch-anatomischen Diagnose des einen der beiden Obduktionsfälle
nachgebildet. , , , ,
Stellen wir uns aber einmal auf den Standpunkt des Autors
bezüglich der Gültigkeit seiner Beobachtungen. Als „organische
Veränderung im Schädelinnern“ nehmen wir mit ihm an „patho¬
logische Verwachsung der Dura mit dem Knochen“. Da die Ver¬
kürzung der Knochenleitung auf rein physikalischen Bedingungen
beruhen soll, so scheinen uns zwei Forderungen unabweisbar:
1. die Verkürzung der Knochenleitung muss in jedem Falle nach¬
gewiesener Verwachsung der Dura mater mit dem Knochen vor¬
handen sein; , _ ,
2. die Verkürzung muss entsprechend der Annahme von Ver¬
wachsungen, d. i. Narbenbildung, ebenso dauernd wie diese be¬
stehen bleiben.
Die Dura mater ist mit die Ernährerin der knöchernen Schädel¬
kapsel. Dies bedingt schon normalerweise innige Beziehungen der
beiden Gebilde zueinander. Immerhin aber lässt sich die Dura ohne
besondere Schwierigkeit vom Knochen trennen (operative Eingriffe,
Obduktion) beim jugendlichen Individuum. Im Alter ändern sich
diese Verhältnisse: Jenseits des 50. Lebensjahres, bei Einwirkung
von gewissen Schädlichkeiten (Alkoholismus), häufig früher, ist die
Dura so stark dem Knochen adhärent — mit ihm verwachsen ,
dass eine Trennung nur durch Gewalt möglich ist. Diese im Alter
bestehende, offenbar durch die physiologische Involution bedingte
Verwachsung kann für uns nicht in Betracht kommen. Ebensowenig
kann die mit zunehmenden Jahren eintretende Verkürzung der
Knochenleitung darauf bezogen werden, da gleichzeitig eine Abnahme
des Hörvermögens auf der Basis degenerativer Prozesse im Sinnes¬
epithel nachweisbar wird. Pathologische Verwachsungen der Dura
mit dem Knochen werden aber wohl in erster Linie entstehen durch
entzündliche Prozesse. Einwandfrei sind die Verwachsungen nur
durch die Obduktion oder nach operativer Eröffnung der Schadel-
kapsel nachweisbar. Derartige Fälle, klinisch untersucht und durch
Augenschein bestätigt, stehen uns nicht zur Verfügung.
• Verwachsungen zwischen Dura und Knochen müssen ange¬
nommen werden bei Patienten, die durch I raumen Defekte im
Schädeldache erworben und bei denen der Defekt osteoplastisch ge¬
deckt wurde. Denn hier wird auf die blossgelegte granulierende und
angefrischte Dura der Hauptperiostknochenlappen gelegt, dessen
Wundfläche mit der Dura verwächst. Die folgende Untersuchung
ist gewonnen an einem Patienten vor und nach der Knochenplastik.
' O., 27 Jahre alt, Knecht. -fl
Ueber dem rechten Scheitelbein ein rautenförmiger, etwa mark¬
stückgrosser Defekt des Knochens. Ueber dem Defekt Gehirnpul¬
sation fühlbar. (Hufschlagverletzung.) Trommelfell normal; funk¬
tioneile Prüfung (Kochlearis und Vestibularis) liefert normale Werte.
Die schwingende Stimmgabel vom Scheitel sowohl wie über
dem Defekt wird ebenso lange gehört wie vom Untersuchenden
(Normalhörender); auch beim Aufsetzen der schwingenden Stimm¬
gabel auf die Ränder des Defektes und die unmittelbare Umgebung
ist keine Verkürzung gegenüber der Norm zu konstatieren.
Die Untersuchung nach der osteoplastischen Deckung ) des
Defektes lieferte die gleichen Resultate: Keine \ erkiirzung
der L e i t u n g beim Vergleich zwischen Scheitel¬
höhe und Knochenlappenmitte gegenüber der
Knochenleitung eines Normalhörenden.
Ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit für Ver¬
wachsungen der Dura mit ihrer Nachbarschaft (Knochen oder 1 ia)
besteht in jenen Fällen, bei denen nach schwererer Gewalteinwirkung
grössere Stücke des knöchernen Daches zertrümmert wurden, wobei
aber die Tabula interna noch erhalten blieb, so dass Dura selbst
nicht freiliegt. Hierbei sind Blutungen innerhalb des getroffenen
Bezirkes und dessen Nachbarschaft unausbleiblich; die Organisation
solcher extraduraler oder subduraler Hämatome führt zur Narben¬
bildung zwischen den Hüllen des Schädels.
Der Zufall führte uns zwei annähernd gleichartige Verletzte zu;
die beiden Männer standen im 5. Dezennium; bei beiden Patienten
waren Defekte von gut Fünfmarkstückgrösse über dem linken
Scheitelbein; die Haut mit der knöchernen Unterlage verwachsen.
Die funktionelle Prüfung ergab bei dem einen normale Gehörorgane
bei dem anderen eine ziemlich hochgradige typische Erkrankung des
inneren Ohres. Die Knochenleitung über dem Def e k t
war bei beiden Patienten verlängert. Bei dem Pa¬
tienten mit normalem Gehör um 5 — 6 Sekunden gegenüber der Norm,
bei dem zweiten — Erkrankung des inneren Ohres — um 6—8 Se¬
kunden gegenüber der Leitung vom Scheitel.
Epikrise: Naturgemäss sind verwertbare Fälle spärlich, weil
schwerere Schädelverletzungen nicht selten labyrinthäre Schädi¬
gungen (Verkürzung der Knochenleitung!) zur Folge haben. Um so
bemerkenswerter erscheinen die 3 angeführten Beobachtungen; sie
zeigen, dass trotz Verwachsung von Dura und Kno¬
chen die Knochenleitung über dem befallenen Be-
zirk unverändert sein und dass ein andermal nach
schweren Traumen eine Verlängerung der Leitung
resultieren kann. (Schluss folgt.)
Chronische diphtherische Infektion der Lungen.
Von Geh. Rat Prof. Dr. Ad. Schmidt in Halle.
In No. 44, 1912 dieser Wochenschrift berichtet Reye aus
dem pathologischen Institut des Eppendorfer Krankenhauses
über das Vorkommen von Diphtheriebazillen in den Lungen
während und nach Ablauf der Racheninfektion. Unter
67 Fällen fand er sie 58 mal (85 Proz.); darunter 27 mal in
bronchopneumonischen Herden und 12 mal in vollständig un¬
veränderten Lungen nach abgelaufener Krankheit. Der
späteste Zeitpunkt, in dem sie angetroffen wurden, war dei
20. Krankheitstag. Sind schon diese Befunde, welche die 1894
von Kutscher erhobenen (Zeitschr. f. Hyg., 18. Bd.) be¬
stätigen und erweitern, hinsichtlich der Frage der Bazillen¬
träger von grosser Bedeutung, so verdienen sie auch Beach¬
tung von seiten des Klinikers, insofern sie auf die Möglichkeit
hinweisen, dass sich auf der Basis der Diphtherie chronische
Veränderungen der Lungen entwickeln können. Dafüi
sprechen auch die Erfahrungen von Petruschky („Gesund¬
heit“ 1912, No. 1 u. 2), der im Auswurf von Patienten, welche
Diphtherie überstanden hatten, einmal noch nach Monaten, eir
anderes Mal sogar nach 3 Jahren Diphtheriebazillen nach¬
weisen konnte, allerdings bei völlig negativem Lungenbefunde
Bei dem im folgenden mitzuteilenden Falle chronische
diphtherischer Lungenaffektion liegt die Ausgangsinfektioi
wahrscheinlich 10 Jahre zurück. Seit der Zeit besteht dauernc
Husten und eitrig-schleimiger Auswurf mit periodischen Fieber-
12*) Osteoplastische Deckung nach König - Müller nach An
frischurig der alten Knochenränder. Dura mit dem Zerebrum ver
wachsen; Lösung dieser Verwachsung.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
21
bewegungen. Im Auswurf findet sich konstant eine Reinkultur
von Diphtheriebazillen, während der Tonsillenabstrich frei
davon ist. Tuberkelbazillen fehlen. Der Lungenbefund ent¬
spricht dem einer chronischen interstitiellen Pneumonie, er
hat sich allmählich zu der gegenwärtigen Deutlichkeit ent¬
wickelt. Ich verdanke die Zuweisung der Patientin Herrn
Sanitätsrat Dr. Z ü h 1 k e in Dessau, der mir auch seine Jour¬
nalnotizen freundlichst zur Verfügung gestellt hat.
Besonders hervorheben möchte ich, dass, soweit sich
feststellen lässt, niemals eine Uebertragung der Diphtherie
von der Patientin auf ihre Umgebung stattgefunden hat. Herr
Dr. Z ü h 1 k e hat darauf besonders geachtet. Das wird ver¬
ständlich aus dem Ergebnis der hier vorgenommenen Rein¬
züchtung der fraglichen Bazillen. Diese sind nämlich gegen¬
wärtig und wahrscheinlich schon lange avirulent. Man muss
demgemäss die periodischen Fieberattacken auf Sekundär¬
infektionen („Erkältungen“) oder Sekretretentionen zurück¬
führen. Es ist kaum anzunehmen, dass die im Jahre 1903 und
1904 vorgenommenen Seruminjektionen auf die Virulenz der
Bazillen von Einfluss gewesen sind, jedenfalls haben sie das
Krankheitsbild in keiner Weise beeinflusst. Ob es möglich ist,
auf dem von Petruschky eingeschlagenen Weg der aktiven
Immunisierung mit abgetöteten Kulturen eine „Entkeimung“
der Patientin zu erreichen, wäre interessant zu wissen; bisher
hat sich leider die Patientin zu dieser Therapie noch nicht ent¬
schlossen können.
Frau Oberförster R. aus D., 62 Jahre alt, in Beobachtung vom
10. X. bis 22. X. 12.
Anamnese: Keine erbliche Belastung mit Lungenleiden.
Früher stets gesund. 1897, März bis Mai, schwere Influenza mit
Lungenentzündung, die aber vollständig überwunden wurde.
Im November 1902, angeblich nach Erkältung, starker
Schnupfen mit langdauerndem Husten, der seitdem nur vorübergehend
sich wieder gebessert hat, vielmehr allmählich zunahm und mit
eitrigem Auswurf verbunden war. Zeitweise, zuerst im Dezember
1902, gesellte sich Luftmangel hinzu, namentlich bei Bewegungen
und Anstrengungen, zeitweise auch mehr oder minder erhebliche
Fieberbewegungen.
Im Januar 1903 traten ziehende Schmerzen in den Beinen
auf, zugleich mit einer ödematösen Schwellung der Füsse. Die Beine
waren so schwach, dass sie nur kurze Zeit stehen konnte. Gleich¬
zeitig „Herzschwäche“ und „Blutarmut“. Diese Erscheinungen
besserten sich im Laufe der nächsten Monate, während der Auswurf
anhielt (diphtherische Paresen?). Im Mai 1903 wurde zu¬
erst konstatiert, dass der Klopfschall über der rechten Lungenspitze
ein wenig kürzer war als links. Auf der linken Seite stand die untere
Lungengrenze tiefer als rechts. Nach einer Erkältung, welche mit
Fieber verbunden war, fand sich einmal auch ein kleines, erbsen¬
grosses Stückchen Blut im Auswurf. Ein Aufenthalt in Ems brachte
keine Besserung des Hustens, vielmehr verschlimmerte er sich im
Laufe des Sommers so, dass täglich etwa 13 — 15 mal ein eitriger
Ballen ausgeworfen wurde.
Am 26. Oktober 1903, nach einer Konsultation in
Balle, wurde zuerst der Auswurf bakteriologisch
untersucht, wobei eine Reinkultur von Diphtherie¬
bazillen, aber keine Tuberkelbazillen gefunden
wurden. Im Abstrich vom Rachen fehlten dagegen Diphtherie¬
bazillen. Infolgedessen wurde eine Injektionsbehandlung mit Diph¬
therieserum vorgenommen, welche bis zum Mai 1904 ausgedehnt
wurde. Die Einspritzungen lösten niemals Fieber aus, hatten aber
gar keinen Einfluss auf den Lungen- und Sputumbefund:
Erneute bakteriologische Untersuchung des Sputums im hygie¬
nischen Institut zu Halle am 17. November 1903 und am 23. Januar,
September und November 1904 hatten dasselbe Ergebnis wie das
erstemal : Reinkultur von Diphtheriebazillen, keine
l'uberkelbazillen. Wiederholte Abstriche der
Mandeln Hessen dagegen Diphtheriebazillen stets
vermissen. Im ganzen verschlechterte sich im Laufe des Jahres
Jas Lungenleiden, indem die Menge des täglichen Auswurfes zeit¬
weise bis auf 43 Ballen pro Tag und die Temperatur gelegentlich bis
auf 39,2 stieg. Von Zeit zu Zeit liessen sich katarrhalische Geräusche
(trockene und feuchte) über beiden Lungen nach weisen. Das Körper¬
gewicht nahm aber etwas zu, von 132 bis auf 144 Pfd.
Im Sommer 1905 längerer Aufenthalt in S. Remo und Nervi,
welcher das Allgemeinbefinden besserte, aber keinen Einfluss auf den
Husten hatte. Die Dämpfung über der rechten Spitze war inzwischen
deutlicher geworden und hat sich seitdem wenig verändert. No¬
vember 1906 musste die Patientin nach Verschlucken ungewöhnlich
stark husten, worauf am nächsten Tage etwa 8 mal hintereinander
etwas Blut ausgeworfen wurde. Erneute Untersuchung
des Auswurfes in Halle mit dem gleichen Befunde
wie früher. Diese Untersuchungen sind seitdem
i ä h r 1 i c h wiederholt worden und haben stets (.las¬
se 1 b e Ergebnis gehabt.
Seit 1910 hat die Kranke langsam an Gewicht verloren. Sie
wog zuletzt 105 Pfd. Der Husten verteilt sich über den ganzen Tag
und fördert etwa 25 — 35 Ballen eitrigen Auswurfes zutage. Uebel-
riechend soll derselbe niemals gewesen sein. Fieberbewegungen hat
sie von Zeit zu Zeit gehabt, aber eigentlich keine Atemnot mehr. Im
Frühjahr dieses Jahres lag sie wochenlang an „Influenza“.
Status: Mittelgrosse, grazil gebaute magere Frau. Keine
Oedeme, keine Drüsenschwellungen. Während der Beobachtungszeit
trotz Bettruhe dauernd Fieberbewegungen (vgl. Fig. 1).
Der Thorax ist flach, wird bei der Atmung wenig ausgiebig be¬
wegt, rechts noch etwas weniger als links. Die Atmung ist in der
Ruhe nicht beschleunigt. Bei der Perkussion findet sich über der
rechten Spitze, am deutlichsten oberhalb der Spina scap., eine Ab¬
schwächung des Perkussionsschalles. Rechts vorn unten ist die
Lungengrenze mangelhaft bei der Atmung verschieblich, rechts hinten
unten steht sie im 10., links im 11. IKR. Ueber der gedämpften rech¬
ten Spitze ist das Atmungsgeräusch verschärft, sowohl im Inspirium
wie im Exspirium. Rechts hinten oben vereinzelte Rasselgeräusche.
Das Röntgenbild der Lungen zeigt einen Hochstand und mangelhafte
Bewegungsfähigkeit der rechten Zwerchfellhälfte. Im übrigen er¬
kennt man in der ganzen rechten Lunge, namentlich im Unter¬
lappen und in der Spitze Schattenbildungen. Auch die linke Spitze
ist nicht völlig durchsichtig: abgesehen von einer Verdunklung der
Kuppe findet sich ein umschriebener pflaumenkerngrosser Schatten¬
punkt inmitten einer helleren Zone, ein ähnlicher, nicht so deutlicher,
etwas tiefer (verkalkte Infiltrate?).
Hinten unten beiderseits hin und wieder etwas Giemen, aber
nicht konstant. Beständig Husten, mit dem von Zeit zu Zeit ein
Ballen eitrig-schleimigen, leicht rötlich getönten Auswurfes entleert
wird.
Der Herzbefund ist normal, der Puls nicht beschleunigt, regel¬
mässig. Abdominalorgane ohne Besonderheiten. Urin frei von Ei-
weiss und Zucker. Reflexe normal.
Mundschleimhaut ohne Besonderheiten, ebenso die Rachen¬
organe. Insbesondere keine Rötung oder Schwellung der sehr kleinen
Tonsillen. Keine Drüsenschwellungen im Hals. Im Auswurf, dessen
Menge pro Tag ca. 50 ccm betrug, fanden sich trotz sorgfältigster
Untersuchung niemals elastische Fasern, ferner niemals Tuberkel¬
bazillen, dagegen bei wiederholter Untersuchung (mit einer Aus¬
nahme) regelmässig Diphtheriebazillen in Reinkultur, daneben nur
ganz vereinzelte Kokken. Der Abstrich von den Rachenorganen fiel
einmal negativ aus, ein anderes Mal (als die Patientin gerade vorher
gehustet hatte) enthielt er Diphtheriebazillen.
Die aus dem Sputum gezüchteten Kulturen des Diphtherie¬
bazillus verhielten sich bei subkutaner Injektion avirulent gegen¬
über Meerschweinchen. Die 36stündige Kultur war toxinfrei.
Im übrigen zeigten die Kulturen folgende morphologische Eigen¬
schaften (nach Mitteilung des Hygienischen Instituts) : Lange,
schlanke Stäbchen mit regelmässigen kolbigen Verdickungen an
beiden Enden; Körnchen reichlich, typisch gefärbt. Das Wachs¬
tum auf Serum, Glyzerinagar und in Bouillon liess keine Unter¬
schiede gegenüber dem verschiedener anderer, frisch gezüchteter
Kulturen erkennen. In 5 ccm zuckerfreier Bouillon wurden bei
40 stündigem Wachstum 1,6 ccm V*» N.-Natronlauge zur Neutralisation
verbraucht gegenüber 1,9 ccm einer frischen Diphtheriekultur (untere
Grenzen bei Diphtherie = 0,7 ccm). Danach kann kein Zweifel daran
sein, dass es sich um echte avirulente Diphtherie¬
bazillen und nicht um Pseudodiphtheriebazillen handelte.
Die Therapie, welche in Bettruhe, Umschlägen, periodischer
Tieflagerung des Kopfes, Einatmungen von Terpentin etc. bestand,
hatte keinen Einfluss auf den Zustand.
Eine der vorstehenden in vieler Hinsicht ähnliche Beob¬
achtung hat Beyer vor kurzem in der Berliner klinischen
Wochenschrift (No. 44, 1912) mitgeteilt. Auch hier handelte es
sich um avirulente Diphtheriebazillen, welche anscheinend schon
Jahre lang in den Luftwegen vorhanden waren, aber keine
Erkrankung der Lunge selbst, sondern nur eine (fieberlose)
fibrinöse Entzündung der Luftröhre hervorgerufen hatten. Die
22
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Bazillen waren nicht in Reinkultur, sondern gemischt mit ver¬
schiedenen Kokken und Bazillen vorhanden. Es gelang nicht,
durch Behandlung mit abgeschwächten Diphtheriebazillen Hei¬
lung zu erzielen.
Aus der medizinischen Klinik zu Leipzig (Direktor: Geh. Rat
Prof. Dr. v. Strümpell).
Kasuistischer Beitrag zur Diagnose perforierender
Aneurysmen der Hirnarterien.
Von Dr. R. Langbein, Oberarzt im Kgl. Sachs. Fussartillerie-
Regiment 12, vorher kommandiert zur Klinik.
In No. 51, 1911 dieser Wochenschrift hat Wiehern
mehrere Fälle von perforierenden Aneurysmen der Hirn¬
arterien beschrieben, und im Anschlüsse daran hat er aus
Fällen in der Literatur und seinen eigenen die Symptome ge¬
schildert, die die klinische Diagnose derartiger Erkrankungs¬
fälle in vivo wahrscheinlich machen.
Im September 1911 hatten wir Gelegenheit, einen Fall zu
beobachten, dessen Erscheinungen wir auf ein perforiertes
Hirnaneurysma beziehen zu können glauben. Wenn auch die
Diagnose nur nach dem klinischen Bild gestellt werden konnte,
war doch an der sicheren Diagnose wohl kein Zweifel.
Ein 40 jähriger Maler, dessen Eltern in hohem Alter, dessen
mehrere Geschwister klein an unbekannter Ursache gestorben
waren, gab an, dass sein Bruder mit 16 Jahren angeblich an „Gehirn¬
schlag“ gestorben war, nachdem er 8 Tage besinnungslos gelegen
hatte. Er selbst war nie ernstlich krank gewesen, angeblich auch
nie geschlechtskrank, wohl aber hatte er vor 2 Jahren einmal einen
„heiseren Hals“ gehabt. Er erkrankte in der Nacht vom 23. zum
24. VIII. 1911 mit Leibschmerzen, Erbrechen, Kopfschmerzen. Am
25. trat Nacken- und Rückensteifigkeit auf, in den nächsten Tagen
stärkerer Opisthotonus, Druckempfindlichkeit der Wirbel, positiver
Kernig. Eine am 4. IX. 1911 vorgenommene Lumbalpunktion ergab
blutig-serösen Liquor. Da der Blutgehalt des Liquor als artifiziell
gedeutet wurde, schenkte man ihm keine Bedeutung. TB. negativ.
In den nächsten Tagen trat rasche Besserung ein, so dass Pat.
am 14. IX. 11 auf Wunsch aus der ärztlichen Behandlung entlassen
werden und die Arbeit wieder aufnehmen konnte .
Doch schon am 18. IX. stellten sich wieder stärkere Kopf- und
Kreuzschmerzen und Mattigkeit ein, und am 19. IX. wurde Pat. nach
vorherigem mehrmaligem Erbrechen plötzlich ohnmächtig während
der Arbeit und wurde deswegen ins Krankenhaus eingeliefert.
Befund: Pat. ist wieder vollständig klar, antwortet prompt,
wenn auch langsam. Bei der Lage im Bett fällt nichts Besonderes
auf. Die rechte Pupille ist etwas weiter als die linke; beide Pupillen
reagieren träge auf Lichteinfall. Wirbelsäule nicht druck-, klopf-
und stossempfindlich. Die seitlichen Kopfbewegungen sind frei, Be¬
wegungen des Kopfes nach vorn und hinten eingeschränkt, dabei
angeblich Spannen in der Gegend der oberen Brustwirbel.
Reflexe o. B. Kernig positiv.
Blutbild o. B„ insbesondere keine basophil gekörnten Erythro¬
zyten nachweisbar.
21. IX. Lumbalpunktion: Druck über 28cm. Der Liquor ist
gleichmässig von Blut durchsetzt, von fast fleischwasserfarbigem Aus¬
sehen, gerinnt nicht, ist nach dem Zentrifugieren stark gelb gefärbt.
Erythrozyten im Kubikmillimeter ca. 100 000, weisse Zellen ca. 460;
Eiweissgehalt ca. 2 Prom. 1).
Wassermann im Liquor und Blut stark positiv.
Augenhintergrund (Prof. Dr. Bielschowsky) normal.
24. IX. Lumbalpunktion; Druck 18cm, rasch abfallend. Liquor
stark blutig, nach dem Zentrifugieren stark gelb (stärker als am
21. IX.). Erythrozyten im Kubikmillimeter ca. 20 000, Eiweissgehalt
ca. \XA Prom.
25. IX. Status idem. Dauernd geringes Fieber. Beginn einer
Inunktionskur von 3 g Hg pro die; ausserdem täglich 4 g Gelatine
intramuskulär.
27. IX. Seit gestern fieberfrei. Allgemeinbefinden besser. Be¬
wegungen des Kopfes freier.
29. IX. Mittags 2 und 3 Uhr; kurzer, 1—2 Minuten dauernder
Krampfanfall: Bewusstlosigkeit, Brechreiz, Blässe des Gesichtes,
Hände zur Faust geballt, nach innen rotiert und an die Brust gedrückt.
Kopf nach hinten ins Kissen gebohrt. Pupillenreaktion während des
Anfalls nicht geprüft, nach dem Anfall träge. Beine bleiben ruhig.
Nach beiden Anfällen Erbrechen, Klagen über stärkere Kopfschmerzen.
Abends geringe Besserung.
30. IX. In letzter Nacht grosse Unruhe, Phantasieren. Morgens
träge Reaktion auf Fragen. Pat. schläft viel. Augenhintergrund
(Prof. Dr. Bielschowsky) normal.
1. X. Geringe Besserung.
2. X. Wieder stärker Opisthotonus.
U Die Untersuchung der Lumbalflüssigkeit wurde zum Teil
von Herrn Dr. Zaloziecki ausgeführt.
4. X. In letzter Nacht grosse Unruhe. Blutdruck 118 mm nach
Riva-Rocci. . , ... ...
5. X. Vormittags Besserung; nachmittags plötzlich Klagen über
Leibschmerzen. Patient dreht sich nach der* Seite und auf den Leib,
ballt die Hände fest zur Faust. Starker Opisthotonus. Pupillen
reagieren sehr träge. Dauer des Anfalls 1 — 2 Minuten.
8. X. Grosse Unruhe wechselt mit Schlaf. Noch starker Opistho¬
tonus. , .
Status idem. Lumbalpunktion: Druck 13cm. Liquor
Erythrozyten im Kubikmillimeter ca. 2160, weisse Zellen
12. X.
stark gelb,
ca. 420.
16. X.
20. X.
ctaIVi pntViält nnrh wpnio- r
Langsame Besserung. _
Lumbalpunktion: Druck 16cm. Liquor noch schwach
rnlo iinrl MtPlCCP Wöf nPl'fllP.ll
23. X. Zunehmende Besserung des Allgemeinbefindens, Kopfbe¬
wegungen frei. Pat. steht langsam auf.
24. X. Lumbalpunktion: Druck 20cm. Liquor klar. Pandy und
Nonne negativ. Im Kubikmillimeter noch 45 Zellen. Wassermann
negativ.
27. X. Pat. wird auf Wunsch nach Hause entlassen.
Ich habe vor wenigen Wochen den Patienten in seiner Wohnung
aufgesucht. Er war vollkommen beschwerdefrei, konnte seiner Ar¬
beit regelmässig nachgehen.
Seit der Veröffentlichung von Wiehern ist meines
Wissens kein weiterer klinisch diagnostizierter Fall von
perforiertem Hirnaneurysma bekannt geworden. Da Wiehern
in obiger Abhandlung alles Wissenwerte bereits genau ge¬
schildert hat, erübrigt es sich, auf alle Einzelheiten einzugehen.
Ich möchte daher nur das Notwendige nochmals hervorheben.
Das Aneurysma einer Hirnarterie ist in gewissem Sinne
eine Neubildung im Schädelraum. Dementsprechend werden
wir von den Erscheinungen finden einmal allgemein zerebrale,
als Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Bewusstseins¬
störungen, dann eventuell Herdsymptome und Hirndruck¬
symptome. Als Prädilektionsstelle kommt in Frage die Gehirn¬
basis und die Gegend der Fossa Sylvii, weniger finden sich
Aneurysmen innerhalb des Gehirns. Eine weitere Eigentüm¬
lichkeit liegt in dem meist ganz plötzlichen Einsetzen der
Symptome. Der Grund hierfür ist vielleicht vereinzelt schon
in der plötzlichen Ausdehnung der elastischen Wände der
Aneurysmen infolge einer Blutdrucksteigerung bedingt, häu¬
figer jedoch durch schubweise einsetzende Blutungen. Eine
vierte Eigentümlichkeit liegt in dem durch den Inhalt hervor¬
gerufenen Sausen im Kopf und dem häufigen hörbaren systo¬
lischen Geräusch am Kopf. Von ausschlaggebender Bedeutung
ist die Lumbalpunktion, die einen blutigen, nicht gerinnenden
Liquor ergibt.
Berücksichtigen wir diese Symptome für unsern Fall, so
finden wir allgemeine meningitische Erscheinungen wie Kopf¬
schmerzen, Erbrechen, Bewusstlosigkeit, anfangs Nacken¬
steifigkeit, später Opisthotonus, Auftreten des Kernig scheu
Symptoms.
Als ätiologisches Moment kommt in unserem Falle sicher
nur Syphilis in Frage — Wassermann ist sowohl im Blut als
auch im Liquor stark positiv — , wenn auch eine kongenitale
Anlage einer Gefässgeschwulst bei dem immerhin noch jugend¬
lichen Alter des Patienten nicht von der Hand zu weisen ist.
Bemerkenswert ist, dass ein Bruder mit 16 Jahren angeblich
einen Gehirnschlag erlitten hat, was die Annahme einer kon¬
genitalen Anlage zu Gefässmissbildungen innerhalb des
Schädels vielleicht zu stützen vermag, da sich in der Anam¬
nese mehrerer Fälle von Hirnaneurysmen ähnliche Angaben
finden. Andererseits ist auch der Beruf des Mannes als Maiei
zu beachten, d. h. also der Einfluss des Bleies auf den Or¬
ganismus.
Auffällig ist auch in unserem Falle wieder das schubweise
Auftreten der Erscheinungen; aus der Krankengeschichte gehl
hervor, dass wir es mit 4 Insulten zu tun haben. Wenn wii
uns erinnern, dass fast jeder einzelne Insult mit Leibschmerzer
einsetzte, ist es sehr wohl möglich, dass es sich dabei uir
Bleikoliken gehandelt hat, die ihrerseits eine Blutdruck¬
steigerung hervorgerufen und dadurch die Blutung des Aneu
rysmas verursacht haben.
Für die Diagnose entscheidend war die Lumbalpunktion
die einen gleichmässig mit Blut durchsetzten, bei der erstet
Punktion fast fleischwasserfarbenen Liquor ergab.
Die klinische Diagnose ist in diesem Falle nicht durch du
Sektion bestätigt worden, aber ich glaube, dass nach de
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
23
Aetiologie und dem Verlauf mit Bestimmtheit die Diagnose auf
ein perforiertes Hirnaneurysma gestellt werden kann.
Was den Ort anlangt, käme vielleicht eine der kleinen
Zerebralarterien in Frage.
Fiir nicht ganz so sicher, wenn auch höchst wahrschein¬
lich, möchten wir die Diagnose in einem anderen Falle halten,
der erst in letzter Zeit in unserer Klinik zur Beobachtung kam.
Ein bis zur jetzigen Erkrankung gesunder Mann von 36 Jahren
erkrankte am 7. VII. 12 plötzlich mit Schmerzen im Kopf und Nacken
und Erbrechen. In den nächsten Tagen Zunahme der Beschwerden,
Minzutreten von Kreuzschmerzen. Am 13. VII. 12 Aufnahme ins
Krankenhaus.
Befund: Deutliche Nackensteifigkeit. Pupillen reagieren
prompt. Linker Abduzens anscheinend leicht, rechter vielleicht auch
paretisch.
Augenhintergrund (Prof. Dr. B i e 1 s c h o w s k y) : rechts an
einer nasalen Vene eine kleine Blutung. Deutliche Arteriosklerose.
Papille nicht geschwellt.
2. Aortenton stark akzentuiert und klingend.
Puls stark gespannt (300 mm nach Recklinghausen).
Reflexe: Patellarreflexe schwach. Kernig stark positiv, rechts
Babinski schwach positiv.
Im Urinsediment granulierte und hyaline Zylinder, Leukozyten,
Epithelien. keine roten Blutkörperchen.
15. VII. Lumbalpunktion: Druck 9cm. Liquor leicht blutig ge¬
färbt, zeigt eine deutliche gelbe Farbe, besonders aber nach dem
Zentrifugieren. Nonne leicht positiv. Im Kubikmillimeter 609 Zellen,
meist weisse Zellen, wenig gut erhaltene Erythrozyten, mehr Schatten
derselben. 17. VII. Allgemeine Besserung.
23. VII. Keine Beschwerden mehr. Normaler Befund.
31. VII. Patient wird beschwerdefrei auf Wunsch entlassen.
Was die Diagnose in diesem Falle bis zu einem gewissen
Grade wahrscheinlich macht, sind verschiedene Tatsachen.
Aetiologisch kommt nur Arteriosklerose in Frage.
Aus der Krankengeschichte ist folgendes hervorzuheben:
Die Erkrankung setzte ein mit Kopfschmerzen und Erbrechen,
bald trat Nackensteifigkeit auf, und es bestand geringe Ab-
duzensparese beiderseits. Die Lumbalpunktion ergab einen
unter erhöhtem Druck stehenden, leicht blutig gefärbten Liquor.
Wir haben also hierbei drei charakteristische Erschei¬
nungen, die fiir eine Blutung in den Schädelraum und Wirbel¬
kanal sprechen:
1. das plötzliche Einsetzen,
2. die allgemeinen zerebralen Symptome (Kopfschmerzen,
Erbrechen etc.),
3. der Blutgehalt des Liquor.
Die Frage, ob es sich bei dieser Blutung um eine solche
aus einem geplatzten (nicht erweiterten) Gefäss oder aus
einem Aneurysma handelt, lässt sich nicht mit Sicherheit ent¬
scheiden. Wiehern glaubt, dass Blutungen aus einem ge¬
platzten Gefäss fast immer zum Tode führen, weil um die
blutende Stelle herum noch keine Thromben liegen, während
beim Aneurysma dieses selbst meist immer mit Thromben ge¬
füllt ist, die eine geringere Blutung wahrscheinlich machen.
Trotzdem glaube ich, wenn man die Aetiologie mit berück¬
sichtigt, die Möglichkeit einer Blutung aus einem Hirn¬
aneurysma nicht ausschliessen zu können. Dass die Blutung
anscheinend nur einmal aufgetreten ist, spricht jedenfalls nicht
dagegen.
Der Sitz des Aneurysma ist in diesem Falle ziemlich
genau zu bestimmen; da beide Nn. abducentes paretisch
waren, wird wohl die so oft betroffene A. basilaris etwa an
der Vereinigungsstelle der A. vertebrales befallen sein.
Aus der Privat-Frauenklinik San. -Rat Dr. Steffeck und
Dr. Crede-Hörder zu Berlin.
Ueber die „Spätinfektion“ der Ophthalmoblennorrhoe.
Von Dr. C. Crede-Hörder.
20 Proz. aller Ophthalmoblennorrhöen sind sogen. Spät¬
infektionen. Unter diesem Schlagwort sammelt man alle die
eitrigen Augenentzündungen der Neugeborenen, die vom
5. Tage an nach der Geburt ausbrechen.
Bisher hat man stets angenommen, dass diese Spät¬
infektionen durch Uebertragung der Krankheitserreger auf
indirektem Wege, nämlich von den erkrankten Genitalien der
Mutter durch die Hände der Mutter, durch die Hände der
Pflegerin oder sonstwie durch infizierte Wäsche auf das
Kind, erregt würden.
Für viele Fälle der Spätinfektion mag dies gelten, aber
nicht für alle Fälle. Schon Carl Crede hat die Tatsache
konstatiert, dass Kinder an Spätinfektion der Blennorrhoe
erkrankten, die völlig von der Mutter — direkt nach der Ge¬
burt — isoliert worden waren. Er konnte keine plausible Er¬
klärung dafür finden. Meine Erfahrungen haben mich eben¬
falls gelehrt, dass wiederholt Neugeborene, obwohl sie gleich
post partum von der Mutter entfernt wurden und gesondert
verpflegt wurden, doch an Ophthalmoblennorrhoe in der Spät¬
form erkrankten. Eine indirekte Uebertragung konnte ich
völlig ausschliessen.
Wenn wir die Hypothese der indirekten Uebertragung der
Krankheitserreger von den Genitalien der Mutter auf das Kind
betrachten, so müssen wir zunächst berücksichtigen, dass oft
nicht die Gonokokken die Erreger sind, vielmehr sind es oft
andere Bakterien, die an der Infektion Schuld haben. Diese
Tatsache ist von grösster Wichtigkeit; denn die Infektions¬
möglichkeit steht in direktem Zusammenhang mit der Lebens¬
dauer und Lebensfähigkeit der Bakterien.
So wissen wir von den Gonokokken, dass sie ausser¬
ordentlich empfindlich sind, dass sie das Austrocknen nicht
vertragen, dass sie eine ganz bestimmte Wärme nötig haben
und bei einer Temperatur unter 30° C zugrunde gehen. Das
drängt ohne weiteres den Schluss auf, dass, wenn schon die
Möglichkeit der Uebertragung von Gonokokken direkt von den
Genitalien der Mutter auf das Auge der Kinder in der Geburt
gering ist, dann noch weitaus geringer die Uebertragungs-
möglichkeit durch die Hände der Mutter oder des Warte¬
personals ist. Ich will mit dieser Bemerkung die Möglichkeit
nicht ausschliessen, dass solche indirekte Uebertragungen
stattfinden, nur die Wahrscheinlichkeit und die Häufigkeit ins
richtige Licht rücken.
Aber abgesehen vom eben Erwähnten, wo finden wir die
Erklärung für die Spätinfektion oder den späten Ausbruch
einer Ophthalmoblennorrhoe bei Kinde rn, die gleich nach
der Geburt von der Mutter getrennt wurden?
Um eine Erklärung zu finden, habe ich Versuche an¬
gestellt. Es waren drei Möglichkeiten vorhanden;
1. Die Gonokokken könnten eine sehr lange Inkubations¬
zeit haben.
Diese Möglichkeit können wir gleich ausschalten; denn
es ist bereits festgestellt, dass die Inkubationszeit der Gono¬
kokken nie über 5 Tage beträgt. Wenn daher eine Ophthalmo¬
blennorrhoe am 12. Tage ausbricht, so kann sie schwerlich
durch Gonokokken akquiriert sein, die in der Geburt das Auge
befielen. Wenn man noch bedenkt, welch günstigen Boden
die Augenschleimhaut für die Entwicklung der Gonokokken
darstellt!
2. Die Gonokokken sind erst ganz kurz vor Ausbruch der
Ophthalmoblennorrhoe auf das kindliche Auge übertragen
worden.
Diese Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen;
im Gegenteil, diese Art der Uebertragung ist sicher mit die
häufigste. Aber es ist nicht die einzige Ursache der Krank¬
heit. Unbedingt aber müssen wir noch eine dritte Erkran¬
kungsmöglichkeit berücksichtigen — ehe wir, wenn es sich um
Spätinfektionen handelt, oft ungerecht, die Mutter oder das
Pflegepersonal beschuldigen.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass oft
3. Gonokokken in der Geburt ins Auge gelangen und sich
eine, ihre sonstige Inkubationszeit gehörig übersteigende Zeit
dann dort aufhalten, ohne sichtbare Krankheitserscheinungen
zu verursachen.
Die Beschaffenheit der äusseren Teile des Auges und der
Augenlider ist sehr geeignet, in gewissen Regionen zahlreiche
Gonokokken aufzunehmen und unter günstigen Bedingungen
lebensfähig zu erhalten. Die Konjunktiva kommt hier nicht
in Betracht. Denn wenn die Gonokokken dorthin gelangen,
so vermehren sie sich rapid und erzeugen bald eine typische
Gonoblennorrhoe. Dagegen sind die zahlreichen grossen
Drüsen der Lidränder sehr geeignet, um Schlupfwinkel für die
Gonokokken abzugeben. Hier können sie sich einnisten und
vermehren. Speziell die Meibom sehen Drüsen kommen
hier in Betracht. Diese Drüsen können trotz der Art ihres
Sekretes sich leicht entzünden (Chalazion).
24
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Bei diesen Entzündungen kann es zu reichlicher Eiter¬
sekretion und Abszedierung kommen. Diese Meibom sehen
Drüsen haben grosse klaffende Ausführungsgänge, die sicher
oft frei von Sekret sind, und — ähnlich den L i 1 1 r e sehen
Drüsen in der Urethra — können sie gute Schlupfwinkel für
die Gonokokken darstellen; in ihnen kann es auch zu einer
Vermehrung dieser Bakterien kommen. Hier bleiben >he
Gonokokken so lange, bis es zu einer eitrigen Sekretion
kommt, durch die sie ans Tageslicht gelangen. Mit dem
heraustropfenden Eiter gelangen sie in die Lidspalte und auf
die Konjunktiva, und dann kommt es dort zu einer akuten
Blennorrhoe.
Diese einfache Erklärung für viele Fälle von Spät¬
infektionen wird durch mehrere von mir beobachtete Fälle
gestützt.
1. Fall. Ein grosses kräftiges männliches Kind. II. Schädellage,
Geburtsdauer 3 Stunden, Austreibungsperiode 15 Minuten. Kunst¬
gerechte Einträufelung durch die vorzügliche Hebamme. Nacli
6 Tagen Kind und Mutter völlig gesund, Augen des Kindes völlig nor¬
mal. Am 11. Tage post partum leicht eitrige Sekretion am linken
Auge, starke Rötung der Konjunktiva. Die obere Palpebra imponieit
durch besondere Dicke. ..
Nochmalige Einträufelung mit 2proz. Arg.-nitr. -Losung, Reini¬
gung der Augen mit Borsäurelösung. Bei dieser Reinigung wird altes
eingetrocknetes Sekret vom Lidrand entfernt, und zwar mittels eines
Tupfers. Bei dem dabei angewandten gelinden Druck erscheint plötz¬
lich ein ziemlicher Tropfen Eiter. Neue Erhebung und Massage dei
Palpebra ergibt einen zweiten Tropfen. Die mikroskopische Unter¬
suchung ergab sowohl im Konjunktivalsekret als in dem ausgedrück¬
ten Eitertropfen massenhaft typische Gonokokken.
Die Mutter dieses Kindes hatte lange vorher an eitrigem Ausfluss
gelitten, deshalb wurde das Kind sofort nach der Geburt streng
entfernt von der Mutter gehalten, ausser wenn sie es stillte.
Der gebildeten und sauberen Mutter wurde aber eine gründliche
Desinfektion der Hände und der Mamma vor und nach dem Stillen
beigebracht und auch gewissenhaft ausgeführt.
Dieser eben berichtete Fall von Spätinfektion erscheint
mir ausserordentlich geeignet, als Beweis für meine 1909 zu¬
erst auf dem internationalen Kongress für Gynäkologie zu
Petersburg aufgestellte Theorie ins Gewicht zu fallen, für
meine Theorie von der sekundären Spätinfektion via Mei¬
bom sehe Drüsen.
Zur Verstärkung meiner Beweisführung möchte ich aber
noch einen zweiten Fall berichten:
Ein neugeborenes Kind einer geistesschwachen Mutter wurde
wegen der Gefahr des Kindsmordes sofort nach der Geburt von der
Mutter entfernt und von der Grossmutter künstlich ernährt.
Am 12. Tage post partum Ausbruch einer typischen Gonokokken-
blennorrhöe, die nach 6 Wochen ausheilt.
Diese beiden Fälle von Ophthalmoblennorrhoe kann man
sich nur als durch meine neue Erklärung der Spätinfektion ent¬
standen denken.
Aus dem Diakonissenhaus Paulinenstiftung zu Wiesbaden.
Gastropexie vermittelst des Ligamentum teres.
Von Dr. E. Pagenstecher.
ln den Fällen, in welchen man bei Gastroptose ein
Heraufnähen des Magens für indiziert hält, ist mir als die
rationellste und physiologischen Verhältnissen am entspre¬
chendste der bisher angegebenen Methoden immer die von
Bier erschienen, welche das Lig. gastrohepaticum
rafft. Aber da, wo ich sie anwenden wollte, war bisher das
Ligament stets so zart und zerreisslich, auch sein oberer An¬
satz nicht so zu erreichen, dass ich mir getraute, mit Erfolg
Fäden darin anzulegen. So viel ich sehe, haben auch andere
die Erfahrung gemacht.
Wir haben nun an der Unterseite der Leber ein anderes
Band zur Verfügung, das Lig. teres, stets derb genug ent¬
wickelt, um ein gutes Haftband abzugeben. Es nimmt seinen
Verlauf in einer Längsfurche der Leber, welche die Fort¬
setzung derjenigen ist, in welcher das kleine Netz entspringt
und beginnt da, wo letzteres aufhört in der Leberpforte. Man
trennt es direkt am Nabel, (wobei wegen der in ihm verlaufen¬
den Arterie doppelte Unterbindung nicht vergessen werden
darf!) und löst dann den unteren Teil des Lig. Suspensorium
hepatis, dessen freien Rand es ja bildet, ein Stück längs der
vorderen Bauchwand, sodann bis an den vorderen Leberrand
ab. Dadurch entsteht ein Lappen, vorne breiter als hinten,
welcher sich bequem nach hinten und links herüberlegen und
am Magen befestigen lässt. Man wird dies passend so
machen, dass er möglichst breit der Magenvorderwand auf¬
liegt. Es wird dadurch die Pars pylorica — nach Gr oe de II
ist die Gastroptose ja vorwiegend nur Pyloroptose — gehoben..
Die Zugrichtung geht nach der Leber und dem Hilus hin. Wie
bei der Bier sehen Methode bleibt Rotation des Magens um
seine Längsachse, die Bewegung der grossen Kurvatur nach
vorne, überhaupt die physiologische Form und Beweg¬
lichkeit des Magens unbehindert.
Das Lig. Suspensorium hepatis in seinem oberen 1 eil muss
sorgfältig geschont werden, da wir ja eine Lebersenkung ver¬
meiden müssen, eventuell eine gleichzeitig vorhandene durch
Raffung des Ligamentes bekämpfen können.
Das Lig. teres ist an sich so schlaff gespannt, dass man
es oft als Schlinge ziemlich weit nach hinten und links bringen
und ohne Ablösung an den Magen befestigen könnte. Doch ist
es rationeller, in obiger Weise vorzugehen. Ich habe auch
versucht, durch Anheften eines ungestielten Aponeurose-
lappens (aus der Fascia lata) mehr Material zu gewinnen. Wie
ich nachträglich sehe, hat W i 1 m s gelegentlich seiner Methode
der Pylorusokklusion geraten, zur Pexie beweglicher Organe
im Abdomen freie Faszienstreifen zu verwenden, doch rate ich
vorläufig für unseren Fall davon ab. Den so operierten Fall
habe ich kürzlich % Jahr nach der Operation röntgeno¬
graphisch untersucht und den Magen wieder unterhalb des
Nabels stehend gefunden. Also hat entweder der Lappen
sich resorbiert oder die Befestigung sich wieder gelöst.
Dagegen zeigt der Mann, an welchem ich zuerst die An¬
heftung vermittelst des Lig. teres ausführte, jetzt nach
\V> Jahren völlig normale Form und Lage des Magens bei
Bismutbreifüllung. Die peristaltischen Bewegungen ge¬
schehen wie bei einem normalen Magen.
Retention ist nicht vorhanden. Die grosse Kurvatur steht
oberhalb der Nabellinie. Ein kaudaler Magensack ist nicht
vorhanden.
Weiteres zur Behandlung der Sklerodermie mit Coeliacin.
Von Dr. William Kölle.*)
In meiner Arbeit „Kasuistisches und Therapeutisches zur
Sklerodermie“ in No. 16, 1912 dieser Wochenschrift habe ich
über die Anwendung von Mesenterialdrüsenextrakt bei einem
schweren Fall von diffuser Sklerodermie berichtet. Ich
möchte heute kurz den damals in Aussicht gestellten Bericht
über weitere Beobachtungen an diesem Falle bringen.
Die im Herbst vorigen Jahres festgestellte erstaunliche
Besserung hat nicht nur standgehalten, sondern hat unsere
kühnsten Erwartungen übertreffende Fortschritte gemacht.
Die Patientin hat die von Merck in Darmstadt in Handel ge-
brachten Coeiiacintabletten, enthaltend 0,3 getrockneter Mesenterial¬
drüsensubstanz, mit einer Unterbrechung von ca. 5 Wochen im Früh- j
jahr fortgenommen, und zwar täglich 3 mal je eine Tablette nach dem
zweiten Frühstück, Mittag- und Abendessen. Die übrige Kur, be¬
stehend in Anwendung von Dampf, feuchter Wärme und Massage,
wurde zu Hause nicht fortgesetzt. In der Diät dagegen wurde Ver- ;
meidung jeden Gewürzes und Reduzierung von Fleischaufnahme auf
einmal täglich beobachtet. Der Patientin ging es über Erwarten gut. •
Eine Influenzaattacke im Winter wurde anstandslos überstanden, ohne
die früheren heftigen Schmerzen wieder hervorzui ufen. Letztere f
haben sich nach Angabe der Patientin bis auf gelegentliche leise
Mahnungen ganz verloren. Eine andere Störung aber, und zwar ge¬
legentlich, ohne ersichtlichen Grund in der Speiseröhre auftretende
krampfartige Zustände beim Essen, haben mich veranlasst, das !
Coeliacin für einige Wochen auszusetzen, zumal die Patientin einen
Zusammenhang mit dem Einnehmer, des Coeliacin befürchtete. Doch
blieb das ohne jeden Einfluss auf die ganz unregelmässigen, manchmal
tage- und wochenlang aussetzenden Oesophagusspasmen. Für die
nervöse Natur dieses Oesophagismus spricht das ganz unregelmässige
Auftreten und das meist gelingende Lösen des Krampfes mit einem
Schluck warmen Getränkes. Wir glauben, diese Erscheinung als eine ,
reine Motilitätsneurose ansprechen zu dürfen, zumal eine in Wien
vorgenommene Röntgenuntersuchung (Bismutbissen) eine narbige
Stenose oder einen Divertikel ausschliessen liess.
Vom 12. VI. bis 24. VII. dieses Jahres stand die Patientin wieder
in unserer Sanatoriumsbehandlung. Die im vorigen Jahre jeder Be-
*) Vom 15. II. 1913 Leiter der Kuranstalt von Sanitätsrat Dr.
Müller und Sanitätsrat Dr. R e h m in Blankenburg am Harz.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
25
handlung äusserst pessimistisch gegenüberstehende Patientin ist ihrem
ganzen Wesen, besonders aber ihrem Aussehen nach kaum wieder¬
zuerkennen. Sie ist ungemein frisch und lebensfroh geworden. Das
(jesicht weist heute absolut normale Verhältnisse auf, wenn man von
einer gewissen Starre der Mundparti’e absieht, deren Ursache man jetzt
in ganz feinen narbigen Strähnen in der Lippenschleimhaut erkennt,
welche sich gegen früher weit deutlicher gegen die jetzt normal
durchblutete und gefärbte Schleimhaut abheben. Das Gleiche finden
wir an der übrigen Mund- und Rachenschleirnhaut.
Die übrige Körperhaut erscheint ganz normal, selbst die atrophi¬
schen Spangen in den Inguinalfurchen sind heute kaum nachzuweisen.
Absolut schlecht dagegen finden wir immer noch die Hände
bzw. die Finger, was aber bei den vorgeschrittenen narbigen Ver¬
änderungen nicht anders zu erwarten war. Immerhin lässt sich auch
dort insofern eine Veränderung konstatieren, als die unangenehme
wachsartige Hautfärbung einer mehr normalen gewichen ist. Auf¬
fallend ist es auch, zu welch erstaunlicher Fertigkeit es die Patientin
inzwischen im Gebrauch dieser Hände gebracht hat. Sie ist heute in
der Lage, ihre ganze Toilette eigenhändig zu besorgen, sich eigen¬
händig zu frisieren usw. Wieweit das lediglich durch Uebung er¬
langte Fertigkeit ist, möchte ich vorläufig dahingestellt sein lassen.
Es ist jedenfalls weiterhin auffallend, dass die grossen Gelenke, wie
Schulter-, Ellenbogen- und Hüftgelenke, an denen früher starke
elastische Behinderungen bestanden, heute nahezu frei sind.
Etwas besser als an den Händen sind die Verhältnisse an den
Füssen und Zehen, wo fraglos eine vermehrte Beweglichkeit ein¬
getreten ist. Ganz überraschend ist die Besserung des Ganges. Das
Gehen ist heute nahezu normal, selbst einem geübten Auge könnte ein
noch leicht bestehendes Schonen entgehen. Beim Treppensteigen
gebraucht die Patientin beide Beine wie jeder normal Gehende.
Das Körpergewicht war in der Zwischenzeit von 78,1 kg auf
80,0 gestiegen und erfuhr hier abermals eine Steigerung auf 83,2.
Vom 26. VIII. bis 11. IX. benutzte die Patientin die Abwesenheit
ihres Mannes nochmals zu einer Kur hier im Sanatorium, nachdem sie
die Coeliacintabletten in der Zwischenzeit wieder wie früher fort¬
genommen hatte. Das einzige, worüber die Patientin bei ihrer
Wiederkehr zu klagen hatte, waren die noch immer in unregelmässi¬
gen Zwischenräumen auftretenden Oesophagusspasmen, die ihr oft
das Essen verleideten. Darauf ist wohl auch die geringe Gewichts¬
reduktion von 83,2 auf 82,5 kg zurückzuführen. Diese Spasmen
konnten wir auch hier mehrfach beobachten und ihren Zusammenhang
mit dem übrigen Krankheitsbilde oder mit der Coeliacintherapie mit
Sicherheit ausschliessen.
Das Gewicht stieg hier nochmals auf 84,3 kg.
Demnach hat also die Patientin während unserer Be¬
obachtungszeit, die sich auf \lA Jahre erstreckt, nahezu 12 Kilo
an Gewicht zugenommen (von 72,5 auf 84,3 Kilo), ohne dass
heute von einem übermässigen Fettansatz zu reden wäre. Der
ganze Zustand der Patientin hat derartig normale Formen an¬
genommen, dass es heute auch einem erfahrenen Kollegen
schwer sein dürfte, die Sklerodermie zu diagnostizieren. Der
Erfolg ist derartig, dass er unsere kühnsten Erwartungen über¬
troffen hat, und darum möchte ich nicht versäumen, nochmals
unter den Kollegen anzuregen, die von Schwerdt1) ein-
gefiihrte Coeliacintherapie bei Sklerodermie zu erproben.
Aus der chirurgischen Abteilung des Landkrankenhauses zu
Hanau (Dr. Fertig).
Ein Fall von spontaner Uterusruptur in der Schwanger¬
schaft.
Von Dr. Beyer, Assistent.
Während jährlich zahlreiche Rupturen des Uterus be¬
schrieben werden, die spontan am Ende der Gravidität intra
partum erfolgt sind, lassen sich in der Literatur nur ganz ver¬
einzelte Mitteilungen von Zerreissungen der Gebärmutter im
Verlauf der Schwangerschaft finden. Aeusserst selten scheinen
die Spontanrupturen in den ersten Monaten der Gravidität zu
sein. Wir möchten deshalb nicht unterlassen, eine diesbezüg¬
liche, von uns gemachte Beobachtung ausführlich hierunter
zu veröffentlichen.
Am 9. Januar 1912 wurde die 20 Jahre alte Ehefrau J. H. in das
Krankenhaus eingeliefert. Sie gab an, früher bleichsüchtig, aber
regelmässig menstruiert gewesen zu sein. Am 30. Juni 1910 hatte
sie ein nicht lebensfähiges Kind, 6 Wochen vor dem normalen Ende
der Schwangerschaft, spontan geboren. Da die Nachgeburt sich nicht
vollständig von selber ausstiess, musste vom Arzte ihre manuelle
Lösung vorgenommen werden. Bereits am selben Abend trat Fieber,
doch ohne Schüttelfrost, auf, das bis auf 40“ stieg und etwa 4 Wochen
anhielt. Das Lochialsekret war dabei nie besonders stark, es roch aber
') Schwerdt: Münch, med. Wochenschr. No. 11, 1905 und
No. 25, 1907.
No. 1.
auffallend übel und hatte einen deutlich eitrigen Charakter. Beim
erstmaligen Verlassen des Bettes 4 Wochen post partum ging aus
der Vagina ein Klumpen einer schwärzlichen, stinkenden Masse ab,
die wie ein Stück Nachgeburt aussah. Patientin hatte nachher noch
eine Zeitlang über etwas eitrigen Ausfluss und zeitweise auftretende
leichte Unterleibsschmerzen zu klagen, fühlte sich im ganzen aber
leidlich wohl und konnte ihre Arbeit im Haushalt bequem wieder ver¬
richten. Nach dem Partus waren die Menses ungefähr 4 Monate aus¬
geblieben. Der dieserhalb zu Rate gezogene Arzt stellte eine Unter¬
leibsentzündung fest, die auf Spülungen sich besserte, wonach dann
auch die Menstruation — unter gewöhnlich 3 tägiger Dauer — regel¬
mässig sich wieder einstellte.
Im Herbst 1911 war Patientin von neuem schwanger ge¬
worden. Die letzte Menstruation wurde zwischen dem 25. und
28. Oktober 1911 angegeben. Beschwerden irgendwelcher Art waren
aus der Gravidität bisher nicht aufgetreten.
Am 7. Januar 1912 erkrankte die Frau plötzlich nachmittags
beim Kaffeetrinken unter Erbrechen und heftigen krampfartigen
Schmerzen in der Nabelgegend, so dass sie sich ins Bett legen
musste. Auf heisse Leibaufschläge Hessen die Schmerzen nach
einigen Stunden wieder nach, traten aber gegen Abend von neuem
auf, wobei sie mehr vom Unterleib zu beiden Seiten nach oben zogen.
Der Arzt nahm eine Perityphlitis an und verordnete Opiumpulver,
die zunächst ohne ersichtliche Wirkung waren. Erst auf Genuss von
Kamillenthee verspürte Patientin eine wesentliche Erleichterung
und kam dann in einen leidlich guten Schlaf. Am nächsten Morgen
waren die zuweilen mit Kollern verbundenen, krampfartigen
Schmerzen im Leib zwar nicht verschwunden, stellten sich aber
seltener und in ihrer Intensität wesentlich geringer ein, so dass Bett¬
ruhe nicht mehr eingehalten zu werden brauchte. Trotzdem konnte
vom Arzte eine leichte Auftreibung des Abdomens mit Druck¬
empfindlichkeit an verschiedenen Stellen, sowie ein seit Beginn der
Erkrankung vorhandenes Sistieren von Stuhl und Blähungen fest¬
gestellt werden; auch stellte sich gegen Abend auf genossenen Thee
ein einmaliges Erbrechen ein. Da auch am 9. I. trotz entsprechender
Massnahmen weder Stuhl noch Flatus erfolgten, auch der Meteorismus
eher zu- als abgenommen hatte und die Leibkrämpfe immer wieder
zeitweise sich bemerkbar machten, wurde ein Darmverschluss ver¬
mutet und die Ueberfiihrung der Patientin ins Krankenhaus an¬
geordnet.
Der Aufnahmebefund ergab eine kleine, grazil gebaute, leidlich
genährte, ziemlich blass aussehende Frau ohne eigentlich krank¬
haften Gesichtsausdruck. Die Zunge war etwas belegt, aber feucht.
Die Temperatur betrug 37, 5'"; der Puls war regelmässig, genügend
kräftig und beschleunigt (106). Herz und Lungen zeigten sich gesund.
Der Leib war deutlich gleichmässig meteoristisch aufgetrieben und
Hess bei der Betastung eine leichte reflektorische Bauchdecken¬
spannung wahrnehmen. Bei längerer Beobachtung des Abdomens
konnten mehrmals in Abständen auftretende, kollernde und
glucksende Darmgeräusche, derart, als ob eine Flasche ausgegossen
würde, gehört werden, die stets von ziehenden, krampfartigen
Schmerzen, sowie einigemale von sichtbaren Darmsteifungen be¬
gleitet waren. Die Leber stand in normalen Grenzen. Der nicht
geblähte Magen reichte nach unten knapp bis zum Nabel und Hess
sich ohne Schmerzen palpieren. Für eine Appendizitis konnte nichts
gedeutet werden. Eine Dämpfung der seitlichen Bauchpartien Hess
sich nicht nachweisen. Ueber der Symphyse erhob sich der
schwangere Uterus, der auffallenderweise fast bis zum Nabel reichte
und in seinem oberen Bezirk auf Druck ein leichtes Schmerzgefühl
auslöste. In der Vagina fand sich kein Blut. Die Portio war etwas
livid und aufgelockert, der äussere Muttermund geschlossen, der
hintere Douglassche Raum leer, die Adnexe vollkommen frei;
der Uterus bot — abgesehen von seiner, mit der angeblichen Dauer
der Gravidität in Widerspruch stehenden Grösse — • keinerlei Be¬
sonderheiten. Der Urin war frei von Eiweiss, Zucker und Indikan.
In Erwägung der vorhandenen Symptome seitens des Intestinal-
traktus, sowie in Anbetracht des angeblichen völligen Sistierens von
Stuhl und Flatus lag die Annahme eines Darmverschlusses nahe.
Demgegenüber fiel aber das eigentümlich gute Allgemeinbefinden auf;
die Patientin lag ganz vergnügt im Bett, lachte, hatte weder Auf-
stossen noch Uebelkeit und nur dann mässige ziehende Schmerzen
im Leib, wenn die kollernden Darmgeräusche sich wiederholten. Es
wurde deshalb von einem zunächst beabsichtigten operativen Eingriff
Abstand genommen und nur mehr ein Seifenwassereinlauf, sowie für
die Nacht neben Eserin ein Thermophor auf den Leib und ein Gummi¬
rohr ins Rektum verordnet.
Am nächsten Morgen stellte sich auf einen nochmaligen Darm¬
einlauf reichlicher Stuhlgang mit genügenden Blähungen ein, wonach
der Leib flacher und weicher wurde und die Patientin sich erheblich
leichter fühlte. Die Besserung machte dann weiter rasche Fort¬
schritte, derart, dass nach 3 Tagen alle abdominalen Krankheits¬
erscheinungen völlig verschwunden waren und das Allgemein¬
befinden nicht das Geringste mehr zu wünschen übrig Hess. Auf¬
fällig blieb nur der gravide Uterus, dessen Grösse dem 5. bis
6. Schwangerschaftsmonate entsprach, während die letzten Menses
mit aller Bestimmtheit auf Finde Oktober 1911 angegeben wurden.
Wiederholte gynäkologische Untersuchungen klärten das Miss¬
verhältnis in keiner Weise auf, das noch unverständlicher wurde, als
der den Uterus darstellende Tumor in den wenigen Tagen der Beob-
i
26
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT,
No. 1.
achtung an Grösse noch zuzunehmen und die Nabelhöhe zu erreichen
schien.
Wie an den vorhergehenden Tagen, so wurde auch am Morgen
des 16. I. die Patientin bei vollkommenem Wohlbefinden angetroffen.
Gegen 1 Ws Uhr vormittags verspürte sie ganz plötzlich intensive,
krampfartige und mehr periodisch auftretende Schmerzen im Leib,
besonders in der Nabelgegend, so dass sie nichts zu Mittag essen
konnte, ohne aber davon Mitteilung zu machen. Erst als gegen 3 Uhr
nachmittags die Leibkrämpfe unerträglich wurden und Erbrechen
eintrat, wurde die Stationsschwester auf den veränderten Zustand
aufmerksam. Bei der daraufhin vorgenommenen Untersuchung bot
sich folgendes Krankheitsbild:
Die Patientin sah enorm blass und verfallen aus und machte
einen schwerkranken Eindruck. Sie zeigte ein gewisses Angst¬
gefühl, war unruhig und klagte über Trockenheit im Munde und
grossen Durst, sowie über beim Schliessen der Augen auftretenden
Schwindel und einen erheblichen Lufthunger. Fast alle Minuten liess
sie Aeusserungen von spontan einsetzenden, stechenden, kolikartigen
Schmerzen im Leib vernehmen, die zeitweise so stark waren, dass
sie laut dabei jammerte und aufschrie. Einmal hatte sie währenddem
die Empiindung, als ob sich etwas nach unten drängte und Flüssigkeit
aus der Scheide abginge. Ein anderer Schmerzanfall war mit
heftigem Erbrechen verbunden. Die Temperatur betrug 37,4“ C:
der äusserst kleine und stark beschleunigte (134) Puls konnte an der
Radialis eben noch gefühlt werden. Die Zunge zeigte sich belegt
und etwas trocken. Der Leib war mässig aufgetrieben, stark ge¬
spannt und vornehmlich in der Nabel- und linken Unterbauchgegend
auffallend druckempfindlich. Der grosse, bis zum Nabel reichende
Uterus konnte nicht mehr gefühlt werden; dagegen liess sich eine,
vom Nabel entsprechend abwärts gehende, ausgesprochene Dämpfung
des Abdomens mit leichter Undulation nachweisen; Leber-, Magen-
und Appendixgegend boten keine Anhaltspunkte einer ernsten Er¬
krankung; ebensowenig waren pathologische Erscheinungen von
seiten des Darmtraktus, insbesondere Stenosengeräusche oder Darm¬
steifungen zu beobachten, vielmehr schien nach der Auskultation der
Darm im Zustande fast absoluter Ruhe sich zu befinden.
Aus der plötzlich aufgetretenen, bedrohlichen Verschlimmerung
des vorher absolut guten Allgemeinzustandes; dem kollabierten,
enorm blassen Aussehen, dem äusserst kleinen, frequenten Puls, den
peritonitischen Erscheinungen und ganz besonders aus dem augen¬
scheinlichen Verschwundensein des graviden Uterus und der dafür
vorhandenen, mit Undulation verbundenen Dämpfung der unteren
Bauchgegend wurde auf eine Ruptur des Uterus und starker
Blutung ins Abdomen geschlossen und sofort zur Laparotomie
geschritten.
Operation (Dr. Fertig); Ausgiebiger Medianschnitt in Becken¬
hochlagerung von der Symphyse bis zum Nabel. Aus der geöffneten
Bauchhöhle quoll massenhaft teils flüssiges, teils bereits zu schwärz¬
lichen Klumpen geronnenes Blut hervor. Die ins Abdomen ein¬
geführte Hand förderte einen frei in der linken Bauchseite liegenden,
an der Nabelschnur hängenden, etwa 15 cm langen Fötus zutage.
Der vor die Bauchwunde gezogene Uterus war im Fundus in. fast
ganzer Ausdehnung lappenförrnig rupturiert. Aus dem weitklaffenden
Riss ging die Nabelschnur zu dem bereits extrahierten Fötus. Der
Uterus war gut kontrahiert; an seiner Hinterwand sass die nirgends
gelöste Plazenta. — Die Ruptur durch Naht zu schliessen, erschien
infolge der schweren Veränderung des Uterusgewebes an dieser
Stelle nicht angängig. Es wurde deshalb die totale Uterus¬
exstirpation mit Zurücklassung von Tuben und Ovarien gemacht.
Der gehörigen Versorgung und Peritonisierung des dadurch ent¬
standenen Defektes folgte zwecks Entfernung der Blutmassen und
des Fruchtwassers eine gründliche Spülung der Bauchhöhle mit
Kochsalzlösung. Das kleine Becken wurde mittels Jodoformgaze
nach der Scheide zu drainiert und die Bauchwunde in drei Etagen
vollständig geschlossen.
Die Operation fand unter leichter Aether-Sauerstoffnarkose statt
und dauerte eine Stunde. Währenddem war der Puls noch elender
geworden. Durch reichliche subkutane Gaben von Kampfer und
intravenöse Injektion von 3 Litern Kochsalzlösung noch während der
Bauchnaht hob sich aber die Herztätigkeit bald wieder in be¬
friedigender Weise.
Der postoperative Verlauf war ein durchaus günstiger, ln den
ersten Tagen bestand zwar etwas Fieber und fühlte die Patientin
infolge des grossen Blutverlustes sich matt und schwach, doch traten
keinerlei peritonitische Erscheinungen auf und erreichte der Puls auf
weitere reichliche subkutane und rektale Einverleibung von Koch¬
salzlösung verhältnismässig bald wieder seine gehörige Fülle und
Frequenz. Die Bauchwunde heilte vollkommen per primam. Nach
6 Tagen wurde der Tampon aus der Scheide entfernt, wonach sich
kurze Zeit noch etwas Eiter entleerte. Im übrigen machte der All¬
gemeinzustand solche Fortschritte zur Besserung, dass die Patientin
4 Wochen nach der Operation vollständig geheilt, beschwerdefrei und
auch hinreichend wieder gekräftigt entlassen werden konnte.
Der exstirpierte Uterus hatte eine im Grunde normale Bildung
und Form und entsprach in seiner Grösse dem 3. bis 4. Schwanger¬
schaftsmonate. Der Fundus war in fast ganzer Ausdehnung quer
rupturiert; der Riss setzte sich, schräg von oben rechts nach unten
und der Mitte zu verlaufend, auf die Vorderwand des Uterus fort,
so dass ein dreieckiger, mit der freien Spitze nach der rechten
Fundusecke zu gerichteter Lappen aus der vorderen Uteruswand
ausgesprengt war, der durch breites Klaffen seiner unregelmässigen
und stark zerfetzt aussehenden Ränder
einen Einblick in das Cavum uteri er¬
möglichte. Dieses ausgesprengte Stück
war vollkommen blutig suffundiert, von
etwas derber Konsistenz, leicht unebener
Aussenfläche und in seiner Wand ausser¬
ordentlich, an den Rissrändern bis auf
einige Millimeter verdünnt. Die Plazenta
sass der hinteren oberen Uteruswand fest
an und reichte eben bis an die blutig suf-
fundierte Partie heran.
Den rupturierten Uterus in gehärtetem
Zustande zeigt die beigegebene Abbildung.
Die Tubenmündungen sind leider nicht da¬
rauf zu sehen; sie liegen — nebenbei be¬
merkt — jederseits 3 cm von dem 7 cm
langen Fundusriss entfernt.
Die mikroskopische Untersuchung der
geborstenen Uteruswand ergab neben
enormer Verdünnung straffes Bindege¬
webe mit durchschnittlich nur wenig
glatten Muskelfasern. In der nächsten
Umgebung des Risses fand sich nur Binde¬
gewebe, das stark durchblutet war.
Hyaline Degeneration von Muskelfasern
war nirgends zu sehen.
Von grösster Wichtigkeit muss im Anschluss hieran die
Beantwortung der Frage sein, welches Moment die Veran¬
lassung für die Ruptur abgegeben hat. Eine mehr weniger
augenfällige pathologische Veränderung wird in jedem der¬
artigen Falle angenommen werden müssen, da es kaum wahr¬
scheinlich ist, dass ein normal entwickelter und vollkommen
intakter Uterus bei regelentsprechender Eiinsertion in der
Gravidität, besonders aber in den ersten Monaten spontan
rupturieren kann. Zu den mannigfachen Ursachen, unter denen
die Narben nach früheren Kaiserschnitten und nach Uterus¬
perforationen bei artefiziellem Abort eine besondere Rolle
spielen, wird auch die voraufgegangene künstliche — instru-
mentelle oder manuelle — Plazentalösung gezählt. Ein der¬
artiger Kausalkonnex könnte in Anbetracht der ausserordent¬
lichen Häufigkeit dieses Eingriffes und der — wie wir unten
sehen werden — grossen Seltenheit der auf dieser Basis be¬
ruhenden Spontanrupturen vielleicht zu einigen Zweifeln An¬
lass geben. Die vorliegenden diesbezüglichen Mitteilungen
lassen aber, zum Teil wenigstens, diese Annahme durchaus be¬
rechtigt erscheinen. Wird die Nachgeburt, oder ein zurück¬
gebliebener Teil derselben, exakt unter aseptischen Kautelen
und ohne gröbere Verletzung der Uteruswand entfernt, so
dürften gewiss schwerwiegende Folgen daraus so gut wie nie¬
mals entstehen. Es müssen sicherlich im konkreten Falle
schon ganz besondere Umstände dazutreten, die später zu
einer Ruptur zu führen imstande sind. Als solche werden nach
den gemachten Beobachtungen angesehen schwerere Läsion
der Uterussubstanz bei Ablösung der mehr weniger fest ver¬
wachsenen Plazenta, septische Infektion der Plazentarstelle,
Ansiedlung der Plazenta in einer durch frühere artefizielle
Lösung hervorgerufenen Narbe mit eventueller Durch¬
wucherung derselben durch Plazentargewebe, sowie vielleicht
eine mehr oder weniger pathologische Beschaffenheit des
Uterusgewebes. Die eigentliche und letzte Ursache freilich
wird, wie in jedem Falle von Spontanruptur in der Schwanger¬
schaft, nach B a i s c h immer die Elastizitätsdifferenz sein,
d. h. die Unfähigkeit einer umschriebenen Stelle des Uterus,
durch aktive Hypertrophie dem wachsenden Inhalte sich an¬
zupassen.
Dass in unserem Falle die voraufgegangene manuelle Plazenta¬
lösung das ätiologische Moment für die Ruptur gebildet hat, dürfte
einem Zweifel kaum unterliegen. Bei der ersten Schwangerschaft
hatte die Plazenta jedenfalls an der vorderen Wand des Uterus ihren
Sitz gehabt. Da sie sich nicht von selber vollkommen ausstiess, war
ihre Insertion möglicherweise schon pathologisch. Durch die
manuelle Lösung des Restes wurde vielleicht eine tiefere Verletzung
der Uteruswand, sicher aber eine schwere septische Infektion hervor¬
gerufen, wodurch an der Plazentarstelle ein beträchtlicher Teil der
Muskulatur durch eitrige Einschmelzung zugrunde ging und — sofern
die angeblich beim erstmaligen Verlassen des Bettes aus der Vagina
abgegangene schwärzliche, stinkende Masse eine Deutung gestattet —
als Sequester sich ausstiess, um schliesslich eine starke Wand¬
verdünnung mit Aenderung der Struktur zu hinterlassen.
L. i
Der rupturierte Uterus in ge
härtetem Zustande von vorn
gesehen.
a = der ausgesprengte Lappen,
b = Grenze der Ruptur in der
Vorderwand des Uterus.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
27
Bei der zweiten Gravidität fand nun die Plazenta ihre Insertion
an der Hinterwand des Uterus. Mit dem Wachstum der Frucht
wurde dann die abnorm verdünnte und am wenigsten ausdehnungs-
fähige Stelle einem beständig steigenden, erhöhten Drucke aus¬
gesetzt und, da sie infolge mangels genügender Muskelelemente eine
aktive Hypertrophie nicht entgegensetzen konnte, zu einer Aus¬
dehnung lediglich auf Kosten ihrer Wandstärke gezwungen, bis sie
schliesslich so dünn und widerstandslos wurde, dass sie dem zu¬
nehmenden Drucke sich nicht mehr gewachsen zeigte und zur Ruptur
führte.
Bei der Umschau nach analogen Fällen konnten wir in der uns
zugänglichen Literatur nur äusserst wenige finden. In der von
B a i s c h herausgegebenen Statistik über 72 Beobachtungen von
Spontanruptur des Uterus in der Schwangerschaft werden nur zwei
Fälle auf die voraufgegangene manuelle Plazentarlösung zurück¬
geführt. Der eine ist der von Jellinghaus ausführlich publi¬
zierte. Es hatte hier bei einer 38 jährigen IX. Gravida mit Spontan¬
ruptur im Anfang des 6. Monats 7 mal vorher die Plazenta manuell
gelöst werden müssen, zumeist unter erheblichen Schwierigkeiten,
darunter 2 mal unter Durchreissung zahlreicher dünner Adhäsions¬
stränge und einmal unter Durchkneifung der Plazenta und vor¬
sichtiger Abgrabung der einzelnen Reste. Am exstirpierten Uterus
zeigte sich die vordere obere (Fundus-) Wand breit klaffend in Form
eines 9 cm langen, queren, etwas von links oben nach rechts unten
nur wenig schräg verlaufenden Risses. Die teils zerfetzten Ränder
hatten ein frisches blutigsuffundiertes Aussehen. Die muskulöse
Wand des Uterus besass im allgemeinen nur 0,8 — 0,9 cm Dicke, die
Verdünnung nahm nach der Umgebung der Rissränder zu und er¬
reichte an denselben nur ca. 0,3 — 0,4 cm. Die miskroskopische Unter¬
suchung an verschiedenen Stellen ergab durchaus nur die histo¬
logische Struktur der normalen Uteruswand, auch der an frischen
Schnitten ausgeführte Versuch, eine fettige Degeneration nach¬
zuweisen, war völlig negativ.
Der zweite, von B a i s c h verwertete Fall ist ein von F r e d e t
beobachteter, in dem der Ruptur zweimal die manuelle Plazentar¬
lösung vorausgegangen war. Dazu können wir dann nur noch den
kürzlich von S i e b e r t veröffentlichten anführen. Es handelte sich
hier um eine 23 jährige III. Gravida, die im 5. Schwangerschaftsmonat
moribund ins Krankenhaus eingeliefert wurde und bei der die Sektion
einen kompletten queren Fundusriss ergab. Da nachträglich anam¬
nestisch noch festgestellt werden konnte, dass bei einem oder beiden
früheren Partus die Nachgeburt manuell entfernt worden war, so
wurde mangels eines anderen greifbaren ätiologischen Momentes
dieser Umstand mit hoher Wahrscheinlichkeit als Ursache für die
Ruptur angesehen. Im übrigen war bei der histologischen Unter¬
suchung an der Rissstelle weder Narbengewebe, noch sonst welche
Veränderung der Uteruswand zu erkennen.
Daneben mögen vielleicht noch einzelne weitere dies¬
bezügliche kasuistische Mitteilungen in der Literatur verstreut
sich finden. Es dürfte jedoch auch ohne diese sowohl aus den
zitierten, als auch ganz besonders aus unserer Beobachtung
der Schluss zu ziehen sein, dass die manuelle Plazentalösung
sicherlich den Anlass zu einer spontanen Uterusruptur ge¬
legentlich einer späteren Gravidität geben kann, sofern mit
dem Eingriff besondere Umstände und Komplikationen ver¬
bunden waren.
Schliesslich könnte noch die Frage erhoben werden, wo¬
durch in unserem Falle die vor der Ruptur aufgetretenen
ileusartigen Erscheinungen hervorgerufen wurden. Eine
sichere Erklärung lässt sich dafür nicht geben. Vielleicht
handelte es sich um einen Adhäsionsileus, bedingt durch Ver¬
klebung einer Darmschlinge mit der immerhin etwas entzünd¬
lich veränderten verdünnten Stelle, wiewohl bei der Operation
diese Annahme durch nichts bestätigt wurde. Andererseits
konnte die scheinbare Darmokklusion aber auch nur mehr
eine reflektorische Begleiterscheinung einer drohenden Ruptur
des Uterus sein, die dann wieder verschwand, sobald die
Katastrophe, wahrscheinlich durch spontane Veränderung der
intrauterinen Druckverhältnisse, abgewendet war.
Betrachten wir nach dem Gesagten unseren Fall im
ganzen, so wird ohne weiteres ersichtlich sein, dass derselbe
in mehrfacher Hinsicht von Interesse ist, und zwar nicht allein
wegen der Seltenheit an sich, seines Verlaufes und seiner wohl
einwandfreien Aetiologie, sondern nicht zum wenigsten auch
wegen des histologischen Befundes der geborstenen Uterus¬
wand, wofür ein Analogon in der Literatur auch nicht an¬
nähernd zu finden war.
Literatur.
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R u e g g: Hegars Beitr. z. Gynäkol. u. Geb., Bd. 9, H. 1. — 14. P r ii s -
mann: Festschr. f. Ohlshausen 1905. Ref. Zentralbl. f. Gyn.
1905. — 15. H. Pusch: Pathol.-anatom. Beiträge zur Uterusruptur.
Vierteljahresschr. f. ger. Med. u.' Sanitätswesen III. F., Bd. 30, H. 2. —
16. R o u f f a r t et D e 1 p o r t e : Journ. de Chir. et annales de la soc.
Beige 1906, No. 4. Ref. Zentralbl. f. Gynäkol. 1907, S. 59. —
17. Siebert: Deutsche med. Wochenschr. 1911.
Fürst Alexander von Hohenlohe, ein Vorläufer der
Christian Science.
Von Dr. Julian Marcuse.
Die religiösen Vorstellungen innewohnende suggestive Kraft hat
zu allen Zeiten und bei allen Völkern Individuen erstehen lassen, die
eine faszinierende Anziehungskraft auf die Menge ausgeübt und da¬
durch hingerissen zur Ueberschreitung der ihrem Wissen und
Können Vorgesetzten Grenzen getrieben wurden. Schamanen, Pro¬
pheten, Heilige, Visionäre aller Art bildeten stets die Typen, von
denen aus die grossen und kleinen suggestiven Wogen auf religiösem
Gebiete ausgegangen sind. Im Mittelpunkt dieser Konzentration
schadenbringender Einflüsse steht vor allem die Heilkunde mit
ihrem in sich bedingten Zusammentreffen der verschiedenartigsten
suggestiven Vorstellungen, deren psychologisches Raummass heute
fast ebenso unübersehbar ist wie vor Jahrtausenden! So mussten
naturnotwendig sich in ihr vor allem Einzelekstasen in jeder Form
wie ganze Massenpsychosen abspielen und Erscheinungen erstehen,
die ausgerüstet mit den für die Suggestibilität erforderlichen inneren
und äusseren Eigenschaften jene hemmungslose Rolle zu spielen ver¬
mochten, die so ausserordentlich zahlreich in der Völkerpsychologie
und insbesondere in der Geschichte der Medizin uns gegenübertritt.
Einer der interessantesten Köpfe dieser religiösen Suggestivthera¬
peuten ist der aus fürstlichem Geblüt stammende Priester Alexander
Hohenlohe aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts.
Am 17. August 1794 wurde in dem württembergischen Land¬
städtchen Kupferzell dem Fürsten Karl Albrecht von Hohenlohe-
Waldenburg-Schillingsfürst aus dessen Ehe mit der ungarischen Freiin
Judith Reviczky ein Knabe geboren als das 18. und letzte Kind,
welches auf den Namen Alexander Leopold Franz Emmerich ge¬
tauft wurde. Der Vater, der schon bei der Geburt geisteskrank war,
starb- bereits im folgenden Jahre, die Erziehung des Jüngstgeborenen
leitete die Mutter mit starker Hand. Als fromme Frau weihte sie
dieses ihr letztes Kind bei seiner Geburt dem Dienste der Kirche.
Der junge Alexander erhielt zuerst in den Jahren 1804 — 8 im Wiener
Theresianum eine sorgfältige Vorbildung, dann 1808 — 10 an der
Akademie zu Bern; 1811 trat er in das Klerikerseminar in Wien ein
und erhielt 1815 nach Vollendung seiner theologischen Studien die
Priesterweihe durch seinen Oheim, den Weihbischof Fürst Franz
Karl von Hohenlohe-Schillingsftirst. Schon vorher war er von dem
Domkapitel zu Olmiitz dank seiner Abstammung und seinen bis in
die höchsten Kreise hinein sich erstreckenden Verbindungen zum
Domizellar erwählt worden und hatte damit die Anwartschaft auf die
höchsten geistlichen Aemter erlangt. Er galt trotz seiner Jugend als
ein Geist von ungewöhnlichem Scharfsinn, als ein Kanzelredner von
seltener Sprachgewalt, der über alle Tonarten seelischer Beeinflussung
verfügte. In diese Zeit seiner Entwicklung fällt der Verkehr und
die nahe Berührung mit den Mystikern jener Zeit, mit den Theologen
Joh. Michael Sailer, dem späteren Bischof von Regensburg, Georg
Michael Wittmann, dessen Nachfolger auf dem bischöflichen Stuhle,
mit Josef Anton Franz Marie Sambugo, dem Religionslehrer Königs
Ludwig I. von Bayern und mit Justinus Kerner, die einen so weit¬
gehenden Einfluss auf ihn ausübten, dass er bei der päpstlichen Kurie
in den Verdacht einer gewissen Abtrünnigkeit geriet und zu seiner
Rechtfertigung eine Romfahrt unternehmen musste. Im Jahre 1817
nach 8 monatlichem Aufenthalt in Rom nach Bayern zurückgekehrt,
gewann er das Vertrauen Königs Max Joseph I. und wurde zum
Domherrn in Bamberg ernannt. Hier war es, wo er den Boden be¬
trat, der für sein ganzes ferneres Wirken entscheidend werden und
ihn zu einer Persönlichkeit stempeln sollte, die seiner Zeit an¬
gebetet und vergöttert der Nachwelt erhalten blieb und in der Ge¬
schichte der Wunderheilungen und ihrer Akteure von mehr wie
chronologischem Interesse ist.
Zwei Momente sind es, die psychologisch für das Zu¬
standekommen der Gedankenrichtung und der hieraus er-
spriessenden Gebetsheilungen des Fürsten Hohenlohe heranzu¬
ziehen sind, das ist einmal die um jene Zeit die deutsche Philo¬
sophie und Naturwissenschaft durchsetzende Lehre der Pneumato-
logie, die in Jung-Stilling und der von Justinus Kerner glorifizierten
Seherin von Prevorst ihre markantesten- Vertreter fand — Hohen¬
lohe verkehrte mit Kerner, war also mit den mystischen Kuren seines
Mediums, der Bauerstochter aus Prevorst, aufs genaueste bekannt —
4*
28
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
und das war fernerhin der Einfluss, den ein im ähnlichen Fahrwasser
schwimmender „Wunderarzt“ des 19. Jahrhunderts, der Bauer
Martin Michel, auf ihn ausübte. Seine Methode bestand lediglich
in verbalsuggestiver Einwirkung, mit erhobenen und gefalteten
Händen stand er leise betend vor dem Kranken, den er nach dem
Gebete eindringlichst zum Vertrauen, dass Gott geholfen habe oder
helfen werde, aufforderte. Damit verrichtete er seine Wunderkuren,
die zu Tausenden zählten und seinen Namen in alle Winde trugen.
Behördliche Verfolgungen führten ihn später zu dem Ausweg, mit den¬
jenigen kranken Personen, die sein Gebet wünschten, die briefliche
Verabredung zu treffen, an einem von ihm bezeichneten Tage und
zu einer bestimmten Stunde dieses Tages im Glauben und Vertrauen
auf Christi Hilfe gemeinsam zu beten und in diesem vertrauens¬
vollen Glauben zu verharren. Aus dieser Fernbehandlung erstand
das Michelsche Mirakelbüchlein, eine Anweisung für den Text
des zu sprechenden Gebetes. In mehrfachen Begegnungen zwischen
dem Fürsten Hohenlohe und dem Bauer Michel traten die gemein¬
samen Berührungspunkte dieser beiden Männer schärfer und schärfer
hervor, und die mystische Wirkung des Gebetsmannes auf den
jugendlich begeisterten Priester war eine so tiefe, dass von nun an
die Wege beider die gleichen waren. Ein Ereignis, das dieser Ver¬
bindung unmittelbar folgte, sollte die Verbindung der beiden Mystikei
noch fester kitten. In Wiirzburg, wo Fürst Hohenlohe unter der
begeisterten Andacht eines vieltausendköpfigen Publikums gepredigt
hatte, befand sich damals die 17 jährige Prinzessin Mathilde
von Schwarzenberg, die Tochter des regierenden Fürsten gleichen
Namens, in Behandlung des berühmten Orthopäden Heine. Seit
12 Jahren gelähmt und ohne Erfolg von allen Autoritäten der Welt
behandelt, war es dem letzteren innerhalb zweier Jahre gelungen,
eine leichte Besserung zu erzielen, die sich aber nur auf ihre Lage,
nicht aber auf ein etwaiges Gehvermögen erstreckte. Zu ihr kam
Hohenlohe in Begleitung des Bauers Michel — es scheint, als ob er
bei diesem so bedeutsamen Versuch seiner eigenen Kraft noch nicht
ganz vertraute — und nun begab es sich nach einem Bericht von
Augenzeugen folgendermassen: Der Fürst forderte die Kranke auf
zu beten und auf sein eigenes Gebet, das er alsbald inbrünstig ver¬
richten wolle, zu vertrauen. Darauf segnete er sie und rief aus:
„Wohlan, Fürstin, stehen Sie auf, Sie sind nun gesund, Sie können
gehen, ohne Schmerzen gehen. Jesus und ihr Vertrauen zu Jesu hat
Ihnen geholfen. Ich befehle Ihnen nun im Namen Jesu, aus dem
Bett zu steigen und zu gehen“. Es geschah, wie er anbefohlen hatte,
die Kranke hatte nach 12 jährigem Krankenlager sich erhoben, die
gelähmten Beine gehorchten, das Wunder war vollbracht. Die Kunde
von diesem Ereignis durcheilte die Welt, die soziale Stellung der
geheilten Kranken trug das ihrige dazu bei, das vollzogene Wunder
noch gewaltiger und eindrucksvoller zu gestalten, zumal die
Patientin sich in den nächsten Tagen bereits in der Öffentlichkeit
zeigte und die Kunde hiervon durch mündliche Mitteilungen wie
durch Druckerzeugnisse in alle Weiten drang.
Nach der Heilung der Prinzessin Schwarzenberg hat die
Würzburger Polizeibehörde die „Tatumstände der Kur festgestellt"
und den Fürsten wie den Bauern Michel zu einer Erklärung auf¬
gefordert. Die Antwort des Fürsten lautete: „Die momentane
Heilung der Princes ist ein Faktum, das nicht kann in Zweifel ge¬
zogen werden, wie solches geschah. Es war Folge eines lebendigen
Glaubens an die Kraft und Göttlichkeit des Namen Jesu, welcher mit
festem Vertrauen angerufen, eingedenk der Schriftworte: Was ihr
den Vater in meinem Namen bitten werdet, das wird er euch geben,
und durch sein göttliches unmittelbares Eingreifen dem Hilfsbedürf¬
tigen Befreiung von seiner Krankheit gnädigst zukommen lassen, in
der reinen und einzigen Absicht, damit dadurch Gott der Allmächtige
gelobt und gepriesen, und sein Eingeborener Sohn, dem der Vater
allen Gewalt im Himmel und auf Erden einreumte, verherrlicht werde.
Wir können diese Heilung von Gott fordern, damit wir den uns
auferlegten Berufspflichten zu seiner Ehre und zu unserem Seelenheile
fernerer nachkommen, und unsere Mutter, die hl. katholische Kirche,
verherrlicht werde, welche ihren Gläubigen einen solchen Gewalt
einreumet, um es dadurch zu bestätigen, dass sie die einzig wahre
Kirche Gottes sey.
Ist bey einem Hilfsbedürftigen dieser lebendige Glaube und die
fromme Absicht vorhanden, so kann man von der Hilfe des Himmels
die schnelle Mitwirkung erwarten.
Diess ist das Wahre in der Sache, und das Unternehmen der
Princes von Schwarzenberg, es geschah ihr, wie sie geglaubt hatte.
Wiirzburg an 22 Juny 1821.
Fürst Alexander von Hohenlohe.
Die Popularität des Wunderarztes wie seiner Schutzbefohlenen
stiegen ins Ungeheure, wo sie sich sehen Hessen, bei den Predigten
des Fürsten, bei seinen Krankenbesuchen, die nun in weitestem
Masse aufgenommen wurden, waren sie der Gegenstand der Hul¬
digung, man könnte fast sagen der Anbetung. Die Zeitungen der
damaligen Zeit brachten Tag für Tag spaltenlange Berichte über
diese und jene Heilung, die Prosa wie Poesie bemächtigte sich des
Stoffes, der solch Echo in der gesamten Welt fand, dass selbst
Heinrich Heine an ihm nicht achtlos vorüberging. In einem Sonett,
„Bamberg und Wiirzburg“ betitelt, hat er mit folgenden Versen über
die Begebnisse gespöttelt: *)
In beider Weichbild fliesst der Gnaden Quelle,
Und tausend Wunder täglich dort geschehen.
Umlagert sieht man dort von Kranken stehen
Den Fürsten, der da heilet auf der Stelle.
Er spricht: „Steht auf und geht“ und flink und schnelle
Sieht man den Lahmen selbst von hinnen gehn-,
Er spricht: „Schaut auf und seht“ und es sehen
Sogar die Blindgeborenen klar und helle.
Ein Jüngling naht, von Wassersucht getrieben
Und fleht: „Hilf, Wundertäter, meinem Leibe!“
Und segnend spricht der Fürst: „Geh hin und schreibe“!1)
In Bamberg und in Wiirzburg machts Spektakel,
Die Handlung Gebhardts2) rufet laut: „Mirakel“ —
Neun Dramen hat der Jüngling schon geschrieben.
Nun folgten Heilungen von Gichtkranken, Lahmen, von 1 aub-
heit, Blindheit, von Lähmungen nach Schl ’.gflüssen und vielem
anderen mehr; auch taubstumme, an Krücken laufende Kinder wurden
zu ihm gebracht und verliessen geheilt das Haus. Ueber alle diese
Einzelfälle berichtet am ausführlichsten in seinen 1821 erschienenen
„Briefen aus Wiirzburg iiber die dortigen wichtigen Ereignisse im
Monat Junius 1821“ der bayrische Legationsrat Dr. Karl Gottfried
Scharold, dem wir folgende etwas überschwengliche, jedoch im
grossen und ganzen wohl aus dem Leben gegriffene Schilderung ent¬
nehmen: „Von allen Strassen her eilen Krankenfuhren aus der Nach¬
barschaft unserer Stadt zu. Darauf in Betten eingehüllt, sieht man
bald Kinder ihre gebrechlichen Eltern, bald Eltern unglückliche
Kinder bringen. Es ist die Scene nach der Schlacht, wo die Ge¬
fallenen gesammelt und in Spitäler gebracht werden. Vor bestimmten
Häusern, worin Menschenfreundlichkeit haust, und der Fürst ab¬
wechselnd den Tag hindurch einkehrt, um dort die kranken An¬
kömmlinge zu heilen, erblickt man fast unaufhörlich Krankentrans¬
porte ab- und aufladen und durch neue ersetzen. Wenn Du, o Freund,
in einem Augenblick hier aufgedunsene oder abgemagerte Gicht¬
brüchige, in Doppeltücher gehüllt, mit sorgsam zarter Behandlung
und unter Wehmutgeschrei vom Wagen nehmen und auf totb’.assen j
Gesichtern das Gemisch von Leiden und Hoffnungen siehst, wenn Du
sähest, wie dort abgezehrte Lahme, denen nur die Sense in der
Hand fehlt, um dem Bilde des Todes zu ähneln, ihre letzten Kräfte j
anstrengen, um mit verdoppelten Krückenschritten anderen Hilfe¬
suchenden den Weg zum Helfer abzulaufen, wenn Du dann in wenigen
Minuten weiter sähest, wie die meisten freien Fusses und die ent¬
behrlichen Krücken wie Siegeszeichen unter dem Arm tragend,
thränend und frohlockend vom Helfer zurückkommen — , so müsstest
Du wahrlich der hartherzigsten Menschen einer sein, wenn nicht in
Deiner Brust der Pulsschlag bald von Wehmut, bald wieder von
Freudenmitgefühl getrieben würde und keine Thräne aus Deinem
Auge quölle. Hier ist Elend und Erbarmen, Leid und Freud mit j
starken Zügen ausgedrückt und auf einem Sammelpunkt zusammen- •
gedrängt zu finden.“ —
Die Erfolge steigerten sein Selbstbewusstsein, am 28. Juni fand f
er Eingang in die Räume des Würzburger Juliusspitales und an ;
18 daselbst stationierten Kranken versuchte er die Gebetsheilung; i
sie versagte in sämtlichen Fällen ebenso wie in dem Institut von \
Prof. Heine. Aber sein Ruhm wurde nicht im mindesten dadurch
geschmälert, als er nach etwa 14 tägigem Aufenthalt Würzburg ver-
liess, Hess er in der alten Universitätsstadt nur wenige Zweifler an
seiner Wunderkraft zurück.
Den Höhepunkt seines Wirkens erreichte er, als Kronprinz
Ludwig von Bayern, der nachmalige König Ludwig I.. in seine Be- 1
handlung trat und anscheinend Besserung davontrug. Folgendes \
urkundliche Schreiben desselben liegt darüber vor:
Brückenau den 3. Juli 1821.
Lieber Graf Seinsheim!
Es geschehen noch Wunder! Den letzten Monat in den letzten ■!
10 Tagen glaubte man sich in Würzburg in die Apostelzeit versetzt;
Taube hörten, Blinde sahen, Lahme gingen, nicht durch Berührung,
sondern vermittelst kurzen Gebetes, auf Befehl und im Namen Jesu, j
Glaube an Jesus, Glaube dass geholfen werde, verlangt Fürst Hohen- !
lohe: Glaube als notwendiges Bedingnis.
Bereits am 28. Abends betrug die Zahl der Geheilten mehr als 70.
von jedem Geschlecht, von jedem Alter, von jedem Stande, von der
geringsten Volksklasse bis zum Kronprinzen, der sein in der Kindheit
ohne äusserliche Veranlassung verlorenes Gehör am 27. Junius um
Mittag wieder bekam, nach wenig Minuten des vollbrachten Gebetes -
des noch nicht 27 Jahr alten Priesters Fürsten Alexander von Hohen-
lohe-Schillingsfiirst, bei welchem, nicht durch dasselbe (denn er hörte
*) Das Poem findet sich in der 1885 bei Hoffmann & Campe
in Hamburg erschienenen sog. Bibliotheksausgabe in Bd. 1. S. 205
(in dem Anhang älterer Gedichte aus den Jahren 1816 — 1824).
Q Unter dem an Wassersucht leidenden Dichterjüngling ist der
Freiherr Joseph von Auffenberg, ein sehr produktiver Dramatiker,
gemeint.
*’) War der Drucker der Hohenloheschen Mirakelbüchlein.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
29
7. Januar 1913.
es nicht) des Kronprinzen heilig ergriffene Seele, bei Gottes früherer
Offenbarung der Gegenwart entschwunden verweilte.
So gut wie ein anderer höre ich zwar nicht, aber kein Vergleich
zwischen dem, wie es vorhin war; und seitdem verbessert sich mein
Gehör noch auffallender. Bescheiden ist der junge Fürst und wundert
sich auf eine vorzügliche Weise über die ihm von Gott gewordene
Gnade. In meinem Vorzimmer, im Beisein der Hofdame Graven-
reuth, wurde nach zweimal vergeblichem Gebete, als der Fürst auf
einer Frau dringende Bitte zum dritten Mal betete, diese 25 Jahre
lang Blinde sehend. Eine andere im Beisein meines Hofbibliothekars
Lichtenthaler. Dieses sind nur ein paar Beispiele aus der Menge.
Meine Ohren sind nun sehr empfindlich. So stark schallte mir
am letzten Freitag die Musik, dass ich das gegen sie gerichtete Glas¬
fenster meiner Tribüne darum zum ersten Mal zumachte.
Am Tage nach meiner Heilung empfing ich das heilige Abend¬
mahl. Laut und innig war die von den Würzburgern gewordene
Teilnahme, deren ich bei dem lieben Karl auch gewiss bin.
Meinen Brief können Sie jedem zeigen und auch abschreiben
lassen. Wir leben in mehrfacher Hinsicht in einer grossen Zeit. Mit
allem Gefühl
Ludwig, Kronprinz.
Kronprinz Ludwig lud im Anschluss daran den Fürsten zu sich
nach Bad Brückenau ein, und aus dieser Zeit stammen eine Reihe
interessanter Urkunden und im Zusammenhang mit ihnen stehender
Ereignisse. In einem Brief vom 15. Mai 1821 spricht sich Hohenlohe
einem Amtsbruder gegenüber über seine Mission unter anderem
folgendermassen aus: „Den Gläubigen werden die gegenwärtigen
Geschehnisse nicht seltsam Vorkommen. Denn wunderbare Heilungen
durch Gottes Kraft haben nicht nur zur Zeit der Apostel, sondern
auch in späteren Zeiten stattgehabt und kein Unbefangener kann
diese Tatsachen leugnen. Zum Beweise der Wahrheit und Göttlich¬
keit des Christentums geschahen solche Wunderkuren häufig in den
ersten Zeiten, als dasselbe in die Welt eingeführt werden sollte.
Die Menschen mussten auf den Finger Gottes aufmerksam gemacht
werden, der sich da zeigte. Späterhin als die Lehre des Evangeliums
überall eingeführt wurde und die Menschen an dasselbe in Demut
und Einfalt glaubten, da wurden solche Erscheinungen seltener, doch
aber hörten sie niemals ganz auf.“ Von Brückenau aus unterbreitete
auch Hohenlohe in Unterwürfigkeit dem heiligen Vater sein Tun und
Handeln und erheischte die Probation hierzu, unterwarf sich aber
im übrigen vollständig dem Urteil des päpstlichen Stuhles, und hier
schliesslich begannen trotz seines mächtigen Schutzherrn, des Kron¬
prinzen, die staatlichen Behörden gegen ihn vorzugehen. Ein Erlass
der Kreisregierung befahl, dass von jetzt an alle Heilungsversuche
auf öffentlichen Plätzen wegen zu besorgender Unordnungen und
leicht entstehender üblen Folgen für die herbeiströmenden Kranken
selbst ein für alle Mal zu unterbleiben hätten, und dass dieselben
nur in Gegenwart einer Magistratsperson, eines Geistlichen und eines
Arztes vorgenommen werden dürften. Ueber jeden Heilungsversuch
sollte von dieser Kommission ein besonderes Protokoll nieder¬
geschrieben werden, und jeder Kranke, der die Heilung beim Fürsten
sucht, sollte sowohl von seiner Obrigkeit wie auch von einem Arzt
ein Zeugnis beibringen, in welchem der bisherige Krankheits- und
Gebrechenzustand bezeichnet und beglaubigt wäre. **)
Allein alle diese Entschliessungen blieben auf dem Papier, weder
die Kranken noch der Fürst kümmerten sich darum. Erstere eilten
zu I ausenden nach Brückenau und letzterer machte nach wie vor
seine Heilversuche, die auch hier nach den Berichten der Chronisten
in zahlreichen Fällen von wunderbarer Wirkung gewesen sein sollen.
Dem regierungsamtlichen Einspruch gegenüber suchte er sich -in einer
sehr eingehenden Rechtfertigungsschrift zu verteidigen, in welcher
cr sich mit den im Interesse des öffentlichen Verkehrs eingeleiteten
Massnahmen einverstanden erklärte und im übrigen eine Art
Glaubensbekenntnisses über die ihn leitenden Motive abzulegen
suchte. Aus dem sehr interessanten Schriftstück seien als wesent¬
lichste Darlegungen die folgenden an dieser Stelle rekapituliert:
3. „Dass ich mich zum Behufe der Heilungen schlechterdings
keiner geheimen, selbsterfundenen oder von anderen erlernten
Künste, sondern nur jener Mittel bediene, welche Jesus Christus, der
wahre Sohn Gottes, seinen Gläubigen und besonders den Lehrern,
Priestern und Vorstehern in seiner wahren Kirche empfohlen hat,
nämlich des reu- und demütigen Gebets zu Gott und aes festen Ver¬
trauens auf die Verdienste und Verheissungen Jesu, des wahren Sohn
Gottes, von welchem gläubigen Vertrauen auch der Kranke befreit
sein muss, der dann Erleichterung oder völlige Genesung erwarten
darf, insofern dies seinem Seelenheil nützlich und den unerforsch-
lichen Ratschlüssen der göttlichen Weisheit und Gerechtigkeit nicht
zuwider ist. Wer eine andere Ansicht von der Sache hat, und wohl
gar den Gebetsformeln an sich eine geheime Kraft beilegt, der irret
sehr und kennet nicht die Kraft des reinen innigen christlichen
Glaubens und des Vertrauens auf den Urheber und Vollender des¬
selben, Jesus Christus.
4. Dass mir insonderheit der fromme, wohlbegüterte Bauers-
mann Martin Michel, wie man fälschlich vorgibt, eine sogenannte
religiös-ärztliche geheime Wissenschaft weder entdeckt noch mit¬
geteilt, sondern aus reinem Eifer für Gottes Ehre und Menschenwohl
bei gelegentlicher Rede von der unheilbaren Lähmung der Fürstin
von Schwarzenberg mich auf die wohl nicht ohne Hoffnung von
Hilfe für sie von mir als Priester der katholischen Kirche anzu¬
wendenden Gebete und Segnungen mit aller Demut aufmerksam
gemacht habe, und ich ihn, den biederen Diener Gottes, dazumal nur
und in der Folge nicht weiter als Mithelfenden herbeigezogen
habe.“
1 rotz aller dieser Versuche, vor der weltlichen wie geistlichen
Behörde sein Auftreten zu rechtfertigen, wurden jedenfalls auf Be¬
treiben der Medizinalpolizei die Zügel straffer und straffer gezogen
und nach etlichen Verwarnungen und ähnlichem schliesslich sogar
dem Fürsten eine Geldbusse im Uebertretungsfall für jede einzelne
Handlung gegen die getroffenen Verfügungen auferlegt. Der dahin¬
gehende Erlass des Magistrats Bamberg vom 30. August 1821, der
sich auf eine allerhöchste Genehmigung beruft, schliesst in seinem
letzten Absatz mit den Worten: „Dem fügen wir noch bei, dass
alle Fürst Hohenlohische, hier im Beisein der Kommission, im Beisein
eines oder mehrerer Aerzte früher gemachten Versuche erfolglos ge¬
blieben und nur solche Tatsachen für angebliche Wunder aus¬
geschrieen worden seien, welche ohne Aufsicht und Prüfung, ohne
Kenntnis der Kranken und Krankheiten im Geheimen oder im An¬
drange einer grossen Volksmenge (in den ersten Tagen der hier
stattgehabten Umtriebe) vor sich gegangen sind.“ Von diesen Ver¬
fügungen wurde auch das bischöfliche Generalvikariat in Bamberg,
die Regierung in Bayreuth und das Staatsministerium in Kenntnis
gesetzt. Die Folge hiervon war, dass ihm von der Vorgesetzten
geistlichen Behörde das Predigen und Beichtsitzen verboten und ihm
die geistliche Zensur angedroht wurde, wenn er sich gegen die Vor¬
schriften der Regierung unbotmässig verhalten sollte. Ein kultur¬
historisch ausserordentlich interessantes Einvernehmen zwischen
Staatsbehörde und geistlicher Hierarchie, zumal wenn man die in¬
zwischen vom Papst auf das Schreiben von Fürst Hohenlohe ein¬
gelaufene Antwort berücksichtigt, in welcher es u. a. hiess: Der
Papst hat mit Wohlgefallen Kenntnis von den
zahlreichen Krankenheilungen genommen, er
fordere zur Fortsetzung derselben auf, aber mit
Vermeidung aller geräuschvollen Oeffentlichkeit.
Allein der Fürst zog es in Anbetracht der scharfen Offensive,
die die Staatsregierung gegen ihn unternommen hatte und auch bis
zu ihren äussersten Konsequenzen durchzuführen den Anschein er¬
weckte, vor, den Kampf aufzugeben. Er erliess Ende 1821 an alle
Pfarrer eine Publikation, in der er sie bat „ihren Untergebenen be¬
kannt zu machen, dass seine Berufspflichten und seine angegriffene
Gesundheit erheischten, Hilfesuchende in Zukunft nicht mehr an¬
zunehmen, weshalb dieselben kostspielige Reisen zu ihm als fruchtlos
unterlassen möchten.“
Kurze Zeit darauf verliess er die Diözese Bamberg und siedelte
nach Grosswardein in Ungarn über; hier wurde er 1825 Domherr.
1829 Grossprobst und 1844 Titularbischof von Sardica. In die Zeit
seines dortigen Aufenthaltes fällt eine ungemein grosse Anzahl von
Kuren; die Erinnerung an ihn und seine Heilungen ist noch heute
in der Theissniederung lebendig und seine Person hat der mythen¬
bildenden Phantasie des Volkes einen dankbaren Stoff zu den breit-
ausgesponnensten Legenden geliefert, ln den .dreissiger Jahren des
19. Jahrhunderts strahlte sein Ruhm am hellsten; aus aller Herren
Länder strömten Hilfesuchende nach Grosswardein und vor allem
waren es die Briten, die scharenweise ihn konsultierten. Unbehelligt
von der Einmischung der Behörden gab er sich auf ungarischem
Boden ganz seiner Mission hin und soll nach allgemeinen Berichten,
die natürlich der exakten Kontrolle entbehren, in dieser Zeit auch
die grössten Heilerfolge aufzuweisen gehabt haben. In welchem
europäischen Weltruf er stand, dafür zeugt unter anderem, dass kein
Geringerer als Macaulay in seinem Essay über das Papsttum ihn
erwähnt und als Verkünder des Heilglaubens in Parallele zu den
anderen Sendboten der Lehre Christi stellt.
Die Stätte seiner früheren Erfolge betrat Fürst Hohenlohe nicht
mehr, doch verbanden ihn mit Kranken und der dortigen Bevölkerung
noch viele gemeinsame Interessen. So richtete er von Grosswardein
aus im August 1831 ein Schreiben nach Witrzburg, welches im
gleichen Jahr unter dem Titel „Was wollen denn eigentlich die
Schieier und Schreiber unserer Zeit? Herzlich wohlgemeinte Worte,
dem ehrsamen Bürger- und Bauernstände Frankens an das Herz
gelegt von ihrem Landsmann Alexander Fürsten von Hohenlohe“
erschien und weiteste Verbreitung fand. Das Jahr 1848 bereitete
der Tätigkeit des Fürsten Hohenlohe ein jähes Ende: Die Stürme der
Revolution fegten mit elementarer Gewalt die verhassten Diener
der katholischen Kirche in Ungarn weg, ihr Opfer ward auch Hohen¬
lohe. Er ging flüchtig und starb im Jahre 1849 in Vöslau. In un¬
mittelbarer Nähe von Innsbruck liegt er begraben in der Stiftskirche
von Wilten, nicht weit von jenem Manne, der in der Geschichte der
Medizin eine so seltsame Bedeutung erlangt hat, und dem er in
manchem ähnelte, von Theophrastus Paracelsus von Hohenheim.
(Schluss folgt.)
**) Confer, die im Anhang mitgeteilten amtlichen Erlasse.
30
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Fortschritte der Hirnrindenforschung.*)
Von W. Spielmeyer in München.
ln seinem Werke über die Neuroglia führt W e i g e r t darüber
Klage, dass Goethe sich gar zu sehr über die lustig mache, die
sich gerne in den Geist der Zeiten versetzten, um sich zu freuen, wie
sie’s „zuletzt so herrlich weit gebracht“. Dem Unendlichen gegen¬
über, was wir wissen müssten, bleibe das Endliche, was wir
wissen können, ja doch unter allen Umstanden gleich null. Und
deshalb dürfe sich der Naturforscher wohl die Freude gönnen, auch
einmal das, was wir jetzt wissen, mit dem zu vergleichen, was
man früher gewusst hat. Er wird so auch den Mut zur Weiterarbeit
nicht verlieren. . ,
Wer sich mit der Erforschung der Hirnrinde, mit der Anatomie
der Geisteskrankheiten beschäftigt, dem bringt die tagtägliche A i beit
gewiss nicht oft einen greifbaren Erfolg, und er wird gut daran tun,
von Zeit zu Zeit zurückzublicken, um zu sehen, was denn überhaupt
erreicht ist; gerade ihn wird sonst leicht das lähmende Gefühl des
Stillstandes beschleichen. Ein solches Gefühl, nicht vorwärts zu
kommen, wurde früher auch dadurch noch verstärkt, dass viele dei
Hirnrindenforschung einen geradezu absoluten Skeptizismus entgegen¬
brachten und ihr jeden Wert für die Psychiatrie, vor allem auch
für die Abgrenzung der Psychosen absprachen. Ein Skeptizismus,
der in gewisser Weise wenigstens seine Begründung in den Er¬
fahrungen hatte, welche man mit den faseranatomischen Studien
am Gehirne gemacht hatte, und weiter in der 1 atsache, dass dem
Enthusiasmus, mit welchem die Ganglienzellforschung aufgenommen
worden war, eine klägliche Ernüchterung folgte.
Wenn diese energische Ablehnung so Vieler heute über¬
wunden ist und man geradezu von einem Siege der Anatomie
sprechen darf, so ist das einer der grossen Erfolge des anatomischen
Laboratoriums der K r a e p e 1 i n sehen Klinik; er ist natürlich auf
das engste mit den Namen Nissl und Alzheimer vei knüpft.
Und wenn ich hier versuche, in den allergröbsten Zügen die Fort¬
schritte der Rindenforschung zu skizzieren, so erfülle ich damit nur
eine Pflicht gegenüber den Traditionen des Laboratoriums, dessen
Leitung ich übernehmen durfte. Denn ich habe in raschem Ueber-
blicke zu zeigen, was aus dem Werke geworden ist, das von Nissl
begründet und von ihm und Alzheimer als eine neue Wissen¬
schaft erschaffen wurde und das sie beide weitergeführt haben unter
Mithilfe anderer, die sich wohl alle mehr oder weniger direkt als
Schüler der Gründer jener Lehre fühlen müssen.
Jede derartige Betrachtung hat zurückzugehen auf die beiden
ersten zusammenfassenden Arbeiten von Nissl und von Alz¬
heimer, da in ihnen eben das erstemal der Beweis erbracht wor¬
den war, dass die Hirnanatomie tatsächlich dazu berufen ist, an
der Klärung des Wesens der Geisteskrankheiten und ihrer Ab¬
grenzung voneinander mitzuwirken. Es wurde das hier an dem
Beispiele der progressiven Paralyse mit überzeugender
Deutlichkeit dargetan. Wir lernten von Nissl und von Alz¬
heim e r, dass diese Krankheit eine wohl bestimmbare „Anatomie
besitzt, dass wir sie differentialdiagnostisch von anderen ihr klinisch
gleichenden Krankheiten histologisch abgrenzen können, so dass wir
hier das erstemal in der Lage waren, die klinische Diagnose auf
Grund des histologischen Befundes zu kontrollieren — wie es die
pathologische Anatomie in der somatischen Medizin zu tun vermag.
ln der darauffolgenden Zeit — d. h. in den letzten 8 Jahren - —
hat gerade die Paralyseforschung die Rindenpathologen wieder und
wieder angezogen. Zunächst beschränkten sich wohl ihre Resultate
auf eine Bestätigung der Lehren N i s s 1 s und Alzheimers. Es
wurde über allem Zweifel sichergestellt, dass die Paralyse histo¬
logisch gekennzeichnet ist durch das Nebeneinandergehen von de-
generativen Veränderungen an der funktiontragenden Nervensubstanz
und von diffusen entzündlichen (infiltrativen) Prozessen in den Menin¬
gen und den zentralen Gefässen, besonders denen der Rinde. Es
wurde der Beweis für die Richtigkeit einer früher von Alzheimer
gemachten Annahme erbracht, wonach diese beiden Reihen von Ver¬
änderungen mit einer gewissen Unabhängigkeit voneinander
bestehen. Die Untergangserscheinungen am funk¬
tiontragenden Nervengewebe lassen sich nicht etwa
lediglich aus den entzündlichen Veränderungen am Mesoderm ab¬
leiten, wie das früher von manchen behauptet wurde, sondern sie sind
ihrerseits selbständig; das Studium der besonders frühen Sta¬
dien der Paralyse und der sehr langsam verlaufenden, sogen, statio¬
nären Formen hat das ergeben. — Die Begründung der Eitizelsym-
ptome im histologischen Gesamtbilde beanspruchte natürlich viel
Arbeit; es wurden die Art und Verteilung der Infiltrate, die Patho¬
genese der Stäbchenzellen, die proliferativen Vorgänge an den Ge¬
fässen u. a. m. studiert.
Zweierlei erscheint mir aus diesen Untersuchungen von all¬
gemeinerem Interesse. Nämlich erstens die Tatsache, dass auch der
paralytische Prozess — ähnlich wie die multiple Sklerose — die
*) Nach einer bei meiner Uebersiedelung an die Universität
München gehaltenen Vorlesung.
Neigung hat, bei der Destruktion der Markiaser zunächst die Mark-
scheide anzugreifen, und dass das in Fleckenfoim geschieht, so
dass die paralytische Rinde oft von zahlreichen marklosen Pla¬
ques durchsetzt ist und der Rinde einer multiplen Sklerose gleichen i
kann. Diese Aehnlichkeit wird auch dadurch verstärkt, dass mit¬
unter die marklosen Flecken in der paralytischen Rinde auf das
Markweiss übergreifen und dass — wennschon sehr selten — auch
der Hirnstamm und das Rückenmark vereinzelte marklose Flecke auf¬
weisen. Selbstverständlich handelt es sich dabei nicht um Kombina¬
tionen beider Krankheiten.
Das zweite, was aus der Histopathologie der Paralyse von
grundsätzlicher Bedeutung sein dürfte, ist ebenfalls erst in den letz- i
teil Jahren gefunden worden; Alzheimer hat uns nämlich gelehrt,
die frischen Z e r f a 1 1 s v o r g ä n g e sicherer nachzuweisen, als
das bis dahin möglich war. An den akuten Reaktionen der Neuroglia-
zellen und an den beim Abbau der nervösen Gewebe auftretenden
Zerfallsprodukten erkennen wir, wo der Prozess weiter fortschreitet,
wo er — etwa nach paralytischen Anfällen — eine Steigerung er¬
fahren hat; und wir können andererseits konstatieren, wo er zum
Stillstände gekommen ist. Der paralytische Prozess kann hier und
da „a u s h e i 1 c nkt — mit Defekt natürlich \ man sieht das gai
nicht so selten, zumal bei den langsam verlaufenden Fällen. Aber
es handelt sich dabei immer nur um ein lokalisiertes Phänomen;
während er hier zur Ruhe gekommen ist, schreitet der Prozess an
anderen Stellen fort. Und das ist auch bei den sogen, stationären
Paralysen der Fall, obschon sie klinisch oft viele Jahre hindurch
keine erkennbare Progression zeigten. Ein anatomisch be¬
glaubigter Fall von geheilter Paralyse ist bisher nicht be¬
kannt. . , , . , i-, .
In der anatomischen Differentialdiagnose der l aia-
lyse spielen heute die Krankheiten keine Rolle mehr, die fiiiher
Schwierigkeiten in der Abgrenzung boten, ehe man das anatomische
Substrat der Paralyse schärfer bestimmen konnte; ich meine die
senilen, die arteriosklerotischen Psychosen, die Verblödungszustände
auf der Basis des chronischen Alkoholismus u. a. Bedeutung haben
vielmehr die „p a r a 1 y s e ä h n 1 i c h e n“ Prozesse: sie haben
zur Paralyse vor allem deshalb Beziehungen, weil auch sie durch
eine mehr oder weniger diffuse Ausbreitung von Infiltrationen aus¬
gezeichnet sind. Dahin gehören also die verschiedenen nichteitrigeu
Meningoenzephalitiden, nicht zum wenigsten auch einige
bei Tieren vorkommende Formen, wie die Bornasche Krankheit
der Pferde und die Staupeenzephalitis der Hunde. Hierher
gehören weiter die Lyssa und die Trypanosomenkrank¬
heiten; unter diesen ist es die Schlafkrankheit, welche vor
allem in ihren Frühstadien der Abgrenzung von der Paralyse sehr
grosse Schwierigkeiten bereiten kann. Schliesslich kommen hier die
sogen, spezifisch syphilitischen Erkrankungen in Be¬
tracht, nicht sowohl die lokalisierten gummösen wie die ausgebreite¬
ten Formen, in denen die Infiltrationen grosse Gebiete des Hirn¬
mantels durchsetzen oder in denen proliferative Erscheinungen an
den kleinen Rindengefässen in vielen Bezirken des Grosshirns vor¬
handen sind. Gerade bei solchen Fällen mit einer Endarteriitis der
kleinen Hirngefässe finden sich nicht selten schwere Veränderungen
am nervösen Gewebe, die sich nicht wohl aus den mesodermalen
Vorgängen ableiten lassen, sondern selbständiger Natur sein dürften,
ebenso wie die hier und da beobachteten Systemerkrankungen bei
Fällen zentraler Lues. Es zeigt sich daran wieder deutlich, dass man
vom pathologischen Anatomen eine Beantwortung der Frage füglich
nicht verlangen kann, ob die Paralyse lediglich eine Nach krankheit
1 der Lues ist — oder anders gesagt; wo man die Grenze setzen will
zwischen den noch als spezifisch geltenden syphilitischen Erkran¬
kungen und der „Metalues“. ,
Was man bei der Paralyse gelernt hatte, musste natürlich auch
für die Abgrenzung anderer Psychosen massgebend werden;
es kam darauf an, unter strenger Anlehnung an die
Klinik anatomisch Zusammengehöriges in eine
Krankheitsform zu ordnen und wieder nur äusserlich einheitlich
scheinende Gruppen zu sprengen und in natürliche Krank¬
heitseinheiten aufzulösen. Mit besonderem Erfolg ist
das gerade in den letzten Jahren für die Psychosen des Rück-
bildungs - und Greisen alters durchgeführt worden. Schon
länger hatte Alzheimer die Forderung aufgestellt, die gewöhn¬
liche senile Hirnatrophie grundsätzlich zu trennen von den arterio¬
sklerotischen Hirnerkrankungen. Die Untersuchungen der Folgezeit
haben ihm Recht gegeben. Wir kennen jetzt den der „senilen
Demenz“ (im engeren Sinne) zukommenden Hirnbefund genauer
und sehen, dass es reine Fälle seniler Hirnveränderung und reine
Fälle von Atherosklerose des Gehirns gibt. Die senile Demenz ist
in ihrem anatomischen Substrat jedenfalls nicht die Folge einer pri¬
mären Atherosklerose; sie beruht vielmehr auf selbständigen Alters-
Umwandlungen des nervösen Gewebes und stellt eine pathologische
Verstärkung des physiologischen senilen Aufbrauches des Zentral-
Organes dar. Trotz aller Kombinationen des einen und anderen Pro¬
zesses (die ihre sehr plausiblen Ursachen haben) handelt es sich doch
um prinzipiell verschiedenartige Prozesse, was sich übrigens auch
darin äussert, dass die Hirnveränderungen bei der Atherosklerose
sich an bestimmte Gefässgebiete binden, während die senile Atrophie
ihre Prädilektionsstellen im Hirnmantel hat.
Bei dem Versuche, die senile Demenz histopathologisch von
' anderen, ihr ähnlichen Erkrankungen abzugrenzen, stiess man auf
7. Januar 1913.
MUKNCHKNKR MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
31
eigenartige Frille, die sich auch klinisch von der gewöhnlichen
senilen Demenz unterscheiden, vor allem durch das frühe Auftreten
der Erkrankung — im 6. und 5. Dezennium — und durch die Kompli¬
kation der Demenz mit paraphasischen, parapraktischen, asym-
bolischen Erscheinungen. Anatomisch aber trägt das Gesamtbild
doch gerade die wichtigsten Züge, die sonst der senilen Demenz
eigen sind: es finden sich hier in enormen Mengen die für die
Altersatrophie so charakteristischen senilen Plaques — Einlagerungen
einer bald mehr kristallisierten, bald mehr amorphen Substanz —
und auch die bei den senilen Demenzen so häufige Alzheimer-
sche F'ibrillenerkrankung ist hier zumeist von geradezu überraschen¬
der Intensität. Man wird diese Fälle, welche wir die „A 1 z h e i m e r -
scheKrankheit“ nennen, als atypische Formen der senilen
Demenz angliedern dürfen, gerade mit Rücksicht auf diese engen
Beziehungen der anatomischen Kardinalsymptome hier und dort.
Der Umstand, dass diese Erkrankungen oft schon in dem eigentlichen
Senium beginnen, wird einen wesentlichen Gegengrund dafür nicht ab¬
geben können. Wir wissen ja auch von anderen Organen, dass
sie unter Umständen besonders früh und intensiv altern können;
ich erinnere an die überstürzten Formen der Atherosklerose, denen
man diese Alzheimer sehe Hirnveränderung an die Seite stellen
könnte. Es ist nicht einzusehen, warum nicht auch das zentrale
Gewebe unter besonderen Bedingungen einem frühen Aufbrauch er¬
liegen soll.
Ausser den eben genannten Erkrankungen gibt es nun aber im
Senium und Präsenium noch andere Prozesse, die histologisch weder
mit der senilen Hirnentartung noch mit der Arteriosklerose etwas zu
tim haben. Wir kennen bereits einige solche Erkrankungen, die zum
Ieil ein wohlcharakterisiertes anatomisches Gesamtbild besitzen;
andere bieten der histologischen Analyse noch viele Schwierigkeiten
Wir dürfen aber hoffen, in nicht zu ferner Zeit die senilen und
klimakterischen Schwächezustände in anatomische und klinische
Krankheitsformen zerlegen zu können.
Das Gegenstück zu diesen Verblödungsprozessen des höheren
Lebensalters bilden die angeborenen oder in frühester
Kindheit erworbenen Schwächezustände. Für dieses Gebiet
der Idiotie und Imbezillität hatte K r a e p e 1 i n schon lange
der Hirnanatomie die führende Rolle bei deren Aufteilung zuerkannt.
Wir verfügen denn auch heute tatsächlich schon über die Kenntnis
einer grossen Zahl anatomisch scharf gekennzeichneter Prozesse,
welche Idiotie oder Imbezillität bedingen können. Ich sehe ganz ab
von den lange bekannten gröberen herdförmigen Defekten, die eine
frühe Unterbrechung in der Entwicklung des Seelenlebens veran¬
lassen.
Man begegnet bei der anatomischen Durchsuchung der Idiotie
allerhand Veränderungen, die sich auch im Gehirn von Erwachsenen
finden können, wie z. B. syphilogenen Affektionen. Aber es
gibt eine Reihe von Krankheiten, die offenbar lediglich der Idiotie
angehören und keine Analoga in Erkrankungen späterer Lebensalter
besitzen. Die Entwicklungshemmungen stellen solche
Idiotieformen dar. Sie werden gerade in den letzten Jahren eifrig
studiert in ihren Beziehungen zur Hirnentwicklung und zu den phylo¬
genetischen Tatsachen und weiter mit Rücksicht auf die Momente,
welche eine solche Hemmung veranlassen können. Es gehören zu
den der Idiotie eigenen Prozessen weiter dietuberöseSklerose
und die familiäre amaurotische Idiotie. Das Studium
der amaurotischen Idiotien in ihren beiden Formen — der infantilen
und juvenilen Abart — hat uns mit der sehr interessanten Tatsache
bekannt gemacht, dass es Krankheiten gibt, deren histologisches Ge-
samtbild durch die ubiquitäre Verbreitung einer eigenartigen Nerven-
zel erkrankung bestimmt wird, an welcher das Wesentlichste die
Ablagerung eines besonderen Stoffwechselproduktes ist. Diese Er-
iahrungen und einige bei seltenen anderen Prozessen gemachte Be-
obachtungen lehren, dass es die Eigentümlichkeit mancher Prozesse
ist, beim Abbau des Nervengewebes die Bildung eigenartiger Sub¬
stanzen zu veranlassen, die für die Erkennung dieser Krankheiten
wesentlich sein dürften.
Die Rindenforschung hat jedoch trotz heissen Bemühens an
anderen Stellen nicht entfernt mit dem gleichen Glücke gearbeitet
W‘e bei den bisher genannten Krankheiten und KrankheitsgruDpen.
Bei dem Versuche, z. B. die anatomische Grundlage der Epilepsie
aulzudecken, begegnete sie grossen Schwierigkeiten. Gewiss liess
sich auch hier anatomisch wie klinisch eine Reihe von Prozessen
aus der ganzen Epilepsiegruppe absondern; es liess sich auch ein
leidlich charakteristischer Befund bei dem Gros der Epilepsien er-
neben (Alzheimer); aber es bleiben hier doch wohl recht viele
falle übrig, die anatomisch schwer bestimmbar sind. Noch weit
grossere Schwierigkeiten stellten sich dem Suchen nach einer Ana¬
tomie der Dementia praecox entgegen. Es gehörte geradezu
zu den betrüblichsten Aufgaben, das Gehirn eines verblödeten Kata¬
tonischen histologisch zu verarbeiten, weil man von vornherein
wusste, dass dabei nichts Erfreuliches herauskommen würde. Es
schien, dass die Methoden, mit denen man bis dahin erfolgreich
gearbeitet hatte — die Technik von Weigert und Nissl _ hier
AKu ,9ienzen hätten und erschöpft seien. Hier hat uns A 1 z h e i m e r
Abhilfe geschaffen, indem er uns neue Methoden an die Hand gab.
Schon lange hatte Weigert betont, dass es bei der ausser-
?, 1 entliehen Kompliziertheit der nervösen Strukturen schwer sei,
eränderungen und Ausfälle am Nerven zell - oder Faserpräparat
zu erkennen, dass man besser das Gliapräparat zu Rate ziehen solle,
da es den Defekt in positivem Sinne anzeigt. Nissl hat dann mit
grosser Energie die Forderung vertreten, bei der Analyse der Rinden-
veränderungen vornehmlich auch das Verhalten der Gliazellen zu
würdigen. Und die mit seiner Methode gewonnenen Bilder haben
uns hier die allerwichtigsten Aufschlüsse gebracht. Nun hat Alz¬
heimer gelehrt, wie wir uns mit einfachen Methoden auch die
feineren und akutesten Reaktionen der Gliazellen anschaulich machen
können und wie sich die beim Untergang nervösen Gewebes auf¬
tretenden Abbaustoffe darstellen lassen.
Wenn nicht alles täuscht, bringt uns dieser neuerdings einge¬
schlagene Weg der Hirnrindenforschung auch dem Ziele einer Ana¬
tomie der jugendlichen Verblödungsprozesse wesent¬
lich näher. Das was wir heute davon wissen, ist zwar nicht
geeignet, diese Krankheiten daraufhin post mortem zu diagnostizieren
und sie von einander abzugrenzen. Aber es ist doch schliesslich
schon die Tatsache bedeutungsvoll, dass wir hier Veränderungen
finden, die auf die Psychose selber bezogen werden dürfen; und
solche Befunde beanspruchen Berücksichtigung bei der prinzipiellen
Frage nach der Abgrenzung der Psychosen überhaupt.
Bei allen Untersuchungen, die das Wesen eines Krankheits¬
prozesses ergründen wollen, kommt es natürlich auch auf die Be¬
stimmung seiner Lokalisation an. Man wird wohl sagen dürfen,
dass sich die Rindenforschung dabei von einer einseitigen, grad¬
linigen Lokalisierung psychischer Krankheitserscheinungen fernge¬
halten und sich nicht der eitlen Spekulation hingegeben hat, eine
topographische Erklärung für die Symptomenbilder zu versuchen.
Es kommt ganz unabhängig zunächst von der klinischen Gestaltung
des Falles darauf an, die Verbreitung der Veränderungen
über das Zentralorgan, speziell über die verschiedenen Gebiete des
Grosshirns, zu ermitteln.
Hier haben sich nun eine Reihe von interessanten Tatsachen
hei ausgestellt. Es gibt Krankheiten, die nicht gleichmässig über den
Grosshirnmantel verteilt sind, sondern bei im übrigen diffuser Ver¬
breitung doch ihre P r ä d i 1 e k t i o n s s t e 1 1 e n besitzen; dazu ge-
h öi en die progressive Paralyse, die senile Demenz, manche Prozesse
aus der Epilepsiegruppe und einige seltenere Erkrankungen; und alle
die eben genannten Prozesse haben auffälligerweise ihren Hauptsiiz
im Frontalhirn und im Ammonshorn, also in zwei stammes¬
geschichtlich durchaus differenten Bezirken. Andere Krankheiten
wieder binden sich an das Ausbreitungsgebiet bestimmter G e f ä s s e,
\\ ie die athei osklerotische Hirnerkrankung. Und bei wieder
anderen scheinen in ihrer Verteilung keine Gesetzmässigkeiten zu
bestehen.
Auch der R i n de n q u.e-r s ch n i 1 1 ist in der Regel nicht
gleichmässig betroffen. Die Veränderungen sind bald mehr in der
tiefen Rinde etabliert, bald greifen sie diese oder jene Schichten
,.er .[!?*^jeren Rinde heraus. Die Zellen des einen Typus werden zur
Verflüssigung und Auflösung gebracht, die eines' anderen erleiden
sklerotische Umwandlungen. Es weisen diese Eigentümlichkeiten
darauf hin, dass es sich hier wohl um Erkrankungen verschie¬
dener Rindensysteme handelt; auch hier spielt die Prä-
chlektion oder Affinität des jeweiligen Prozesses zu bestimmten
Schichten der Rinde eine Rolle. Dass wir es da tatsächlich mit
verschiedenen übereinander gelagerten Rindenorganen zu tun
haben, hat N i s s sl jüngst in einer glänzenden Untersuchung gezeigt:
Die Schichten der tiefen Rinde haben engste Beziehungen zu den
übrigen Abschnitten des Zentralorgans, die anderen sind gewisser-
massen „innerkortikale“ Organe.
Um es noch einmal zu betonen: es kommt bei diesen topo¬
graphischen Bestimmungen eines Krankheitsprozesses zunächst ledig¬
lich darauf an, seine Ausbreitung im Zentralorgan genauer zu er¬
mitteln, gleichviel wie das klinische Bild gestaltet sein mag. Und
niemanden wird es einfallen nach dem Sitze einer Wahnidee oder
einer krankhaften Verstimmung zu suchen. Aber man wird wohl die
Möglichkeit nicht von der Hand weisen können, dass wir bei diesen
lokalisatorischen Bemühungen später doch für die Erklärung wenig¬
stens mancher psychischer Krankheitserscheinungen einen Anhalt
finden. Hoche hat vor kurzem Erwägungen über dieses Problem
angestellt und er meint dabei, lokalisierbar — im Sinne der Störung
durch Leitungsunterbrechung — mögen vielleicht Sinneswahrneh¬
mungen sein, ferner sprachliche Funktionen, psychomotorische Vor¬
gänge dei verschiedensten Art, Einzelleistungen der Gedächtnis-
funktion u. dgl. Vielleicht dass man hier weiter kommt, wenn man
Krankheitsprozesse mit einander vergleicht, die dem Wesen nach
verschieden, im klinischen Bilde aber recht ähnlich
sind, resp. bei denen ein besonders hervorstechendes Symptom das
Ki ankheitsbild behenscht, wie etwa die enorme Beeinträchtigung der
Merkfähigkeit bei der K o r s a k o w sehen Psychose der Trinker und
bei den presbyophrenen Formen der senilen Demenz. Es liegt nahe
anzunehmen, dass die klinische Aehnlichkeit zweier grundsätzlich so
verschiedener Prozesse darin ihren tieferen Grund hat, dass sie den
gl eichen Angriffspunkt in der Rinde haben. Ein anderer
nicht aussichtsloser Weg wäre es wohl, die typischen und die
a t y p i s c h e n Formen ein und derselben Krankheit miteinander zu
vergleichen, weil sich die atypischen Fälle oft von dem gewöhnlichen
Ki ankheitsbilde durch die „herdförmige“ Schädigung gewisser Ein¬
zelleistungen auszeichnen.
Ein Ziel der Hirnrindenforschung ist es schliesslich, an der Klä-
rung der Aetiologie der Psychosen mitzuwirken und die Basis
für eine systematische Behandlung schaffen zu helfen. Die Me-
32
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
thode vergleichender Krankheitsforschung scheint
hier Erfolge zu versprechen. So hat z. B. die Vergleichung der 1 ry-
panosomenkrankheiten mit den syphilogenen Prozessen mancherlei
Beziehungen aufgedeckt, die mit den pathologisch-anatomischen
Aehnlichkciten nicht erschöpft sind. Und es ist wohl keine Utopie,
zu hoffen, dass hier experimentell die Ursachen geklärt werden moch¬
ten die in beiden Fällen zur Infektion hinzukommen müssen, dass
das Zentralorgan erkrankt. Dass damit auch die Grundlage für die
Versuche einer Behandlung der Paralyse — wie man sie gerade jetzt
energischer als früher anstrebt — geschaffen werden soll, ist selbst¬
verständlich. Auch die grosse Unklarheit, die bislang über die Patho¬
genese und das Wesen der multiplen Sklerose heu seht und
die nun allmählich zu welchen beginnt, könnte vielleicht gerade auch
auf diesem Wege vergleichender Krankheitsforschung beseitigt wer¬
den; ihre Gegenüberstellung mit der Paralyse, von der vorhin die
Rede war, macht uns schon heute manches verständlich, was m
alten Theorien erstarrt schien und unerklärbar war.
Bücheranzeigen und Referate.
Robert Kochs gesammelte Werke. Unter Mitwirkung von
p,of Dr. G a ff k y und Prof. Dr. Pfuhl herausgegeben von Prof.
Dr. J. Schwalbe. Zwei Bände. Leipzig 1912. Verlag von
Kochs Lebenswerk in vornehmem Gewände dem deutschen
Volke und der Wissenschaft der Welt gesammelt darzubieten, war
eine edle Pflicht. Herausgeber und Verlag haben sie in würdigstci
Weise gelöst. Auf 1200 Quartseiten, geschmückt mit sämtlichen
Originalbildern, reihen sich die inhaltschweren und vielfach bahn¬
brechenden Arbeiten des genialen Forschers aneinander, eingeleitet
von Kochs Bild und der Gedenkrede Gaffkys vom 11. De¬
zember 1910 in der Berliner Aula. „
Der erste Band ist der wertvollste, bringt er doch die klassischen
Arbeiten über Milzbrand, die Verfahren zur Untersuchung, zum Kon¬
servieren und Photographieren der Bakterien, mit ihren vielen heute
noch mustergültigen Photographien, die wichtigen Untersuchungen
über Mikroorganismen bei infektiösen Wundkrankheiten, die be¬
rühmte Untersuchung von pathogenen Mikroorganismen, die Studien
über Milzbrandimpfung und Milzbrandabschwächung, die grund¬
legenden Arbeiten über Desinfektion, die unsterbliche Tuberkulose-
arbeit und die weltbewegenden Arbeiten über Tuberkulin. Unter all
diesen Arbeiten ist nicht eine, die nicht heute noch ihren vollen
Wert besitzt und in ihrer schmucklosen, knappen und überzeugenden
Darstellungsweise vorbildlich wirkt.
Der zweite Band enthält zunächst die Cholerastudien, die K o c h-
schen Ausführungen auf der ersten und zweiten Cholerakonferenz
und den Streit mit Pettenkofer, die Arbeit über Typhusbe-
kämpfung, die Anlass gegeben hat zu der Einrichtung der lyphus-
bekämpfungsstationen im Deutschen Reiche. Es finden sich dann die
grossen tropenhygienischen Arbeiten, in erster Linie über Malaria,
Schwarzwasserfieber, dann über 1 rypanosomenkrankheiten, den
Schluss machen die Arbeiten über Pest und Lepra.
Mit Bewunderung wird uns bewusst, wie viele Jahre seines
späteren Mannesalters Koch in den gefährlichsten und klimatisch
vielfach äusserst unangenehmen Tropengegenden seine Kräfte der
Seuchenerforschung und Seuchenbekämpfung widmete, in einem Alter,
wo andere die gewohnten Laboratoriumsräume nicht gerne mehr ver¬
lassen. Die zweite Hälfte des zweiten Bandes bringt die Arbeiten
über die Bekämpfung der Tierkrankheiten, speziell Texasfieber,
Küstenfieber und Pferdesterbe, als Anhang sind einige kleinere
Jugendarbeiten beigegeben, so die inhaltreiche Preisschi ift über das
Vorkommen von Ganglienzellen in den Nerven des Uterus und die
wenig bekannte Studie über die Entstehung der Bernsteinsäure im
menschlichen Organismus. Es folgt nun eine reiche Sammlung un¬
veröffentlichter Berichte und Gutachten an Reichs-, Staats- und
Kommunalbehörden. Nicht weniger als 92 zum Teil seht interessante
Gutachten sind abgedruckt. Die meisten beziehen sich auf lyphus
und Cholera, eine Anzahl auf Trypanosomenkrankheiten, Impfung,
Tuberkulose, nicht weniger als 13 auf Abwasserbeseitigung und
Wasserversorgung und schliesslich noch 11 auf rein hygienische Ihe-
mata, Alkohol-Denaturierung, Heizung, Rauchbelästigung und dergl.
So lernen wir Koch nicht nur als genialen Forschei, sondern auch
als vielseitigen einflussreichen Ratgeber der preussischen und Reichs¬
behörden kennen. Da es Koch Bedürfnis war, das theoretisch Li-
kannte praktisch zu verwerten, so enthält jedes seinei Gutachten
ganz bestimmte Vorschläge und häufig werden neue und eigenaitige
Wege zur Erreichung des Zweckes empfohlen.
Noch manche Generation wird lernen aus den Schriften dieses
grossen Arztes und Naturforschers, dieses klaren, jeder Phrase abge¬
neigten Geistes. Bis in die spätesten Zeiten — wenn zahllose gleich¬
zeitige Forscher und Forschungen vergessen sein werden — wird
leuchten sein Lebenswerk als Monumentum a e r e peren-
n i u s K. B. Lehmann - Wiirzburg.
gange eines unserer grössten Chemiker, Jacobus Henricus v a n
t ’ H o f f, vergönnt uns diese treffliche Biographie. W ir begleiten den
seltenen Geistesgrossen von der Kinderstube und der, ersten Schul¬
jahren durch die Jünglingsjahre, in denen August Comte und die
Dichtungen Lord Byrons einen nachhaltigen Eindruck auf das
Gemüt und die Denkweise van t’Hoffs gewannen, zu den Platzen
seines Wirkens, nach Bonn, Paris, Utrecht, Amsterdam und schliess¬
lich nach Berlin und erkennen mit Genugtuung, wie, im ganzen ge¬
nommen. die Gunst des Schicksals seinem gewaltigen Können und
einer fruchtbringenden Entfaltung kaum wesentliche Hemmungen m
den Weg legte. Und neben den äusseren Erfolgen, die im Jahre 1901
mit der Verleihung des Nobelpreises einen Höhepunkt erreichten,
bleibt der grosse Gelehrte stets der schlichte, einfache, gemütvolle
Mensch, an dem seine Freunde — O s t w a 1 d, S v a n t e A i i he-
nius, W i slice n us, Gunning in erster Linie — mit innigster
Liebe und Verehrung hängen. Davon zeugen zahlreiche Briete,
welche das treffliche Buch wiedergibt; und wie dann dem alternden
Manne sich der Leidenskelch nähert, als ihn eine Lungentubeikulose
auf das Krankenlager warf, da erscheint das Schicksal wie ein ge¬
fühlloser Gast in dem sonnigen Lebensgange, und wir scheiden von
dem erhabenen Bilde mit Wehmut im Herzen, aber mit dem Be¬
wusstsein, dass hier ein selten grosser Geist der Menschheit be¬
schert ward! , iL . , . D.
Dem Eindruck, den die Lebenden von ihm hatten, ist sein Bio¬
graph nach allen Seiten hin vollauf gerecht geworden, er hat dem
Gewaltigen ein unvergängliches Denkmal gesetzt. Mögen alle, denen
Menschengrösse etwas zu sagen hat, zur eigenen Erbauung zu ihm
hinpilgern! F. K ö h 1 e r - Holsterhausen-Werden Ruhr.
Erich Lex er: Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie. 6. Auflage.
1912. Verlag von Ferd. Enke. M. 23.60.
Lexers Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie, erstmals er¬
schienen 1904, liegt nun in 6. Auflage vor. Die Notwendigkeit, in
rascher Aufeinanderfolge neue Auflagen erscheinen zu lassen, spricht
schon für die grosse Beliebtheit, die sich Lexers Lehrbuch
bei Aerzten und Studierenden erworben hat und das mit vollem
Recht. Auch in der neuen Auflage hat Lex er alle Fortschritte und
Aenderungen in den Anschauungen und in der Therapie, die in dem
vielumfassenden Gebiete der allgemeinen Chirurgie so manche Be¬
reicherung und Klärung gebracht haben, verwertet und die Ergeb¬
nisse eigener Arbeit und Erfahrung beigefügt. Ich halte Le xers
Lehrbuch für den Praktiker wie für den Studierenden fiit äusserst
anregend und nutzbringend und kann es wiederholt auf das ein¬
dringlichste empfehlen. v. Angerer.
Ernst Cohen: Jacobus Henricus van t’Hoff. Sein Leben
und Wirken. Mit 2 Gravüren und 90 Abbildungen. Leipzig 1912.
Akademische Verlagsgesellschaft. 638 Seiten. Broschiert M. 14.75.
An der Hand eines seiner besten Freunde, des Utrechter Che¬
mikers Ernst Cohe n, teilzunehmen an dem wechselvollen Lebens-
Otto Holbeck: Die Schuss Verletzungen des Schädels im
Kriege Heft 53 der Veröff. a. d. Gebiete des Militär-Sanitätswesens.
Berlin, Aug. H i r s c h w a 1 d, 1912. Mit 12 Tafeln, Figuren und
Kurven im Text. 480 S. 12 M. . ... ,
Das Gebiet, das H. behandelt, ist eines der wichtigsten für den
Kriegschirurgen, aber nicht bloss für diesen, sondern auch fiii deii
Chirurgen und praktischen Arzt; denn Schädelschüsse sind heutzu¬
tage keine Seltenheit. Die Arbeit fusst auf den Untersuchungs-
ergebnissen von 443 Schädelverletzungen, die im i ussisch-japanischen
Kriege in verschiedenen Lazaretten behandelt wurden im Gegen¬
sätze zu den auf den Verbandplätzen zugegangenen. Wenn man
berücksichtigt, dass in dem genannten Feldzuge über 50 Proz. der
Gefallenen Kopfverletzungen aufwiesen, so erscheint die Zahl 443
allerdings etwas klein. Dies wird aber durch eingehende Bearbeitung
der Fälle reichlich aufgewogen. Das Werk bespricht nach einer
Einleitung die Schädelverletzungen im allgemeinen, dann jene der ein¬
zelnen Kopfregionen, die Symptome, Diagnose, 1 herapie und 1 ro-
gnose und bringt am Schlüsse auf 41 Seiten eine sehr willkommene
Uebersicht über die einschlägige Literatur.
Bezüglich der Therapie der Kopfschüsse muss Verf. zugeben,
dass leider hier noch keine Einigung erzielt ist. Verf. beschränkt
sich deshalb auf eine geschichtliche Zusammenstellung dessen, was
in den letzten 2 Dezennien veröffentlicht wurde, eine Zusammen¬
stellung, die des Belehrenden sehr viel enthält, was auch von dem
Abschnitte über die Indikationen zum Eingriff gesagt werden muss.
Wenn auch Verf. nicht in der Lage ist, bestimmte umschriebene Vor¬
schriften bezüglich der Therapie zu geben, so ist doch sicher, dass
jeder, der das Buch mit Bedacht durchgelesen hat, dasselbe nicht
unbefriedigt aus der Hand legt. Es ist zweifellos eine wertvolle Be¬
reicherung unserer Literatur über Kriegschirurgie. Die Ausstattung
ist gut. Reh'
Erfahrungen über Neurosen nach Unfällen. Von Prof. Dr. Fried¬
rich Schultze, Direktor der medizinischen Klinik in Bonn und
Privatdozenten Dr. Hugo Stursberg in Bonn. Wiesbaden 191-
Verlag von J. F. Bergmann. 57 Seiten.
Für den Praktiker auf dem Gebiete des Unfallwesens bietet die
vorliegende kleine Schrift sehr viel Interessantes. Unzweifelhaft
besteht in ärztlichen Kreisen über die Häufigkeit der Unfallneurosen
manche unrichtige Vorstellung. Aus den von Schultze, dem Ver¬
fasser des allgemeinen Teiles, beigebrachten Ziffern ist zu entnehmen,
dass das letzte Jahrzehnt zwar eine bedeutende Vermehrung der Neu¬
rosen gebracht hat (soweit die relativ kleinen Ziffern bindende
Schlüsse in diesem Punkte erlauben), dass aber im Verhältnis zur
Gesamtzahl der Unfälle die Zahl der Neurosen durchaus nicht so
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
33
gross ist, als man meist annimmt, sondern „ausserordentlich gering“.
In dem Abschnitt zur „Untersuchung und Diagnose der Unfall¬
neurosen erörtert Schultze an der Hand seiner grossen persön-
liehen Erfahrung: die VV ertigkeit der verschiedenen Symptome von
Neurosen und räumt mit manchen vulgären Anschauungen in dieser
Hinsicht scharf auf. Hinsichtlich der Prognose ist Schultze auf
(irund seiner Erfahrungen erfreulicherweise optimistischer als manche
andere Autoren, indem er darauf hinweisen kann, dass nach den
Feststellungen von Stursberg, welche dieser im speziellen Teil
an der Hand von Tabellen eingehender darlegt, nur bei etwa 12 Proz
sich eine Verschlimmerung entwickelte, während bei 27 Proz. Heilung
oder Besserung eintrat. Die klinische Beobachtung hat die Verfasser
andererseits zu der Ueberzeugung geführt, dass in einer grossen Zahl
von r rillen von den Verletzten in bewusster Weise aggraviert wird.
Trotz der günstigen Erfahrungen, welche in Schweden und ander¬
wärts mit dem System der Kapitalabfindung gemacht worden sind,
steht Schultze auf dem Standpunkt, von diesem Systeme keinen
Gebrauch zu machen. Referent hält jedoch die gegen das System der
Kapitalsabfindung vorgebrachten Gründe für nicht sehr ins Gewicht
fallend. Die Erfahrungen an der Bonner Klinik zeigten endlich dass
die Gewährung hoher Renten schlecht auf die Prognose der Unfall¬
neurosen einwirkt, und dass der Zwang zur Arbeit tatsächlich ein
Heiifaktor ist. Aus dem speziellen Teile ist hervorzuheben, dass von
172 Kranken mit nervösen Störungen mehr als 50 Proz. bewusst
übertreiben, gewiss ein sehr wertvoller Nachweis und eiii Ausrufe¬
zeichen für die Begutachter. Den Schluss der Arbeit bilden neben
der statistischen Verarbeitung von 212 Fällen mit funktionellen ner¬
vösen Störungen eine Anzahl kasuistischer Beiträge, welche manches
Interesse hervorrufen. Dr. C. Grassmann- München.
V'1 «S1
A. Dührssen: Gynäkologisches Vademekum. Für Studierende
und Aerzte. X. vermehrte und verbesserte Auflage mit 138 Ab¬
bildungen im Text und 11 Tafeln. Berlin, S. Karger, 1913
306 Seiten. Preis 6.80 M.
Das bekannte Vademekum hat dank seiner vorzüglichen Ab¬
fassung die 10. Auflage erfahren und ist inzwischen auch noch ins
Griechische übersetzt worden, nachdem Uebersetzungen ins Englische
Französische, Italienische, Polnische, Russische und Türkische vorher¬
gegangen sind. Die Neuauflage zeigt keine wesentliche Aenderung-
nach wie vor muss häufig erst der Text die — auch dem Fachmann —
schwer verständlichen Abbildungen erklären, manche Bilder dürfen
ohne Schaden wegbleiben (z. B. No. 128).
Anton H e n g g e - München.
Albert H e r r e n s c h n e i d e r - Kolmar: Lehrbuch der Heb¬
ammenkunst. Strassburger Druckerei und Verlagsanstalt Filiale
Kolmar. 308 S.
Das vorliegende Lehrbuch, welches dem Direktor der Strass¬
burger Hebammenschule, Prof. Dr. Hermann Freund, zum Einzug
in die neuerbaute Lehranstalt gewidmet ist, besitzt ungefähr den
gleichen Umfang wie das preussische Hebammenlehrbuch; es unter¬
scheidet sich von demselben einmal durch eine ausserordentlich
übersichtliche Anordnung des Stoffes, so dass sich die Hebamme,
welche über irgend einen Punkt etwas nachlesen will, schnell orien¬
tieren kann, zweitens enthält es, dem eigentlichen Lehrstoff voran¬
gehend, eine ausführlichere und sehr verständliche Darstellung der
Anatomie des menschlichen Körpers. Abbildungen sind in dem
Lehrbuch fortgelassen, dieselben finden sich in einem Atlas, heraus¬
gegeben vom Verfasser, welcher in No. 46, 1912 dieser Wochenschr.
besprochen wurde. Das Lehrbuch ist die Frucht einer 15 jährigen
Lehrtätigkeit des Verfassers als Hebammenlehrer.
A. Rieländer - Marburg.
Finkeistein; Lehrbuch der Säuglingskrankheiten. Zweite
Haltte. Verlag von Fischers med. Buchhandlung H. Kornfeld,
Berlin 1912. 653 Seiten. Preis 17.50 M.
H. ,^ach längerer Pause ist der im Jahre 1905 erschienenen ersten
Hälfte der stattliche zweite Band in zwei Etappen — Juli 1911 und
rebruar 1912 — gefolgt. Die Verzögerung der mit Spannung er¬
warteten zweiten Hälfte war für die Eingeweihten um so verständ-
hcher, als man aus den Publikationen Finkeisteins im Jahrbuch
tur Kinderheilkunde wusste, dass der Autor das grösste und schwie¬
rigste Gebiet aus der gesamten Kinderheilkunde — die Ernährungs¬
störungen — einer durchgreifenden Bearbeitung unterzogen hatte.
Ehe die experimentellen Grundlagen nicht abgeschlossen waren, ehe
das klinische Gebäude in seinem fein beobachteten Symptomen-
komplex nicht am Krankenbett wieder und wieder einer exakten
Prüfung standgehalten hatte — wollte und konnte Heinrich F i n k e 1 -
stein sein Lehrbuch nicht zur Veröffentlichung bringen. Dass das
Werk als wohlgelungen zu bezeichnen ist, sei jeder Kritik im Ein¬
zelnen vorweggenommen. Finkeistein bringt in diesem Lehr¬
buch der Säuglingskrankheiten seinen Lesern seine eigenen Ansich¬
ten, teilweise recht abweichend von der bisherigen Lehrmeinung.
ru*11* o ^er wahrlich nicht not, dass er sich deswegen in persön-
hcher Bescheidenheit entschuldigt — - denn auf fast allen Gebieten
der Säuglingsheilkunde hat sich der Verfasser selbst bearbeitend,
kritisch und reformierend betätigt. Ganz besonders gilt dies für das
Gebiet der Ernährungsstörungen. Hier wandte der Verf. eine völlig
neue Betrachtungsweise an, die davon ausgeht, den Effekt der Nah¬
rung als solchen auf den Organismus zu studieren und zwar nicht mit
dem Rustzeug umständlicher Stoffwechseluntersuchungen und anderer
exakter physiologischer Methoden, sondern an der Hand einfacher
klinischer Beobachtung augenfälliger Symptome — wie Puls, Atmung,
Koi pertemperatur, Beschaffenheit des Urins und anderer mehr. Bei
diesen^ klinischen Experiment kommt es einmal zur „normalen Re¬
aktion odei aber zur „paradoxen Reaktion“; ist die „Ernährungs-
tunktion , d. h. die spezifische der Ableistung des Ernährungs¬
vorganges gewidmete Energie herabgesetzt, so sinkt nach F i n k e 1 -
stein die „Toleranz“ — womit der normale Ablauf des Ernährungs-
vorganges Gefahr läuft in die paradoxe Reaktion umzuschlagen. Wie
fruchtbringend diese neue Betrachtungsweise nicht nur klinisch und
praktisch, sondern auch didaktisch ist, mag daraus hervorgehen, dass
Kiiize ihres Bestehens bereits in verschiedenen anderen
pädiatrischen Lehrbüchern Eingang gefunden hat. Ref. möchte auch
ii-f!-' d^ss d,ie interne Medizin, aus der ja die Kinderheilkunde
allmahhg als selbstberechtigtes Spezialfach hervorgegangen ist, aus
dieser von Finkeistein inaugurierten Betrachtungsweise des Er-
nahrungsvorganges Nutzen ziehen könnte.
Was die einzelnen Kapitel anbetrifft, so sei nur folgendes hervor¬
gehoben. Bei den Erkrankungen der Atmungsorgane findet die Säug-
hngsgrippe und besonders die in Aerztekreisen noch viel zu wenig
gekannte Angina retronasalis eine eingehende und ihrer Bedeutung
entspi echend breite Behandlung; überall sind eigene Beobachtungen
eingeflochten, welche die Schilderung lebendig illustrieren. Ob es
nicht zweckmässiger gewesen wäre, der Säuglingsdiphtherie auch ein
eigenes Kapitel zu widmen, als sie so nebenher bei den Erkrankungen
der Nase und des Kehlkopfes abzuhandeln, möchte Ref. dahingestellt
sein lassen. In der Frage des Kokkenkrupps sehen wir Finkei¬
stein auf der Seite der Bejaher dieser Frage. Die „Dentitio difficilis“
wird bei den Erkrankungen des Mundes in negativem Sinne ent¬
schieden — mir will scheinen, als ob diese Frage trotz F i n k e 1 -
s * ® ‘ 11 und Kassowitz und anderer robuster Autoren bisher mit
mehr Eifer als Sachlichkeit in der Kritik behandelt wurde und trotz
Diathesenlehre einer exakten Bearbeitung wert wäre. Den Schwer¬
punkt des Buches bilden berechtigterweise die Ernährungsstörungen,
welche fast ein Drittel der gesamten Seitenzahl erfüllen — hier ist
und bleibt Finkeist ein Meister. Auch die örtlichen Krankheiten
des Magendarmkanals finden daneben eine liebevolle und erschöpfende
Darstellung, wobei erfreulicherweise im Gegensatz zu einigen anderen
modernen Lehibüchern der Pädiatrie auch die Therapie gebührende
Berücksichtigung findet.
Merkwürdigerweise findet sich in dem ganzen Lehrbuch keine
zusammenhängende Schilderung der Rachitis — während die Möl-
1 e r - B a r 1 o w sehe Krankheit eingehend besprochen ist und
manches recht seltsame Krankheitsbild in diesem Lehrbuche erst
durch Finkeistein unserer Beachtung näher gebracht wurde.
Auch ein kurzes Kapitel über die wichtigsten Erkrankungen der
Augen sollte bei einer gewiss bald notwendigen zweiten Auflage
Aufnahme finden. Diese kleinen Bemängelungen bezw. Wünsche
sollen aber keineswegs den Gesamteindruck des Buches herabsetzen,
auf welches die deutsche Pädiatrie mit Recht stolz sein darf und
das in der Bücherei keines Arztes fehlen sollte, wenn anders er Kin¬
der im Säuglingsalter nach modernen Grundsätzen erfolgreich be¬
handeln will. Otto Rommel- München.
Dr. med. Jean Demoor, Professor an der med. Fakultät und
(Jberarzt an der Hilfsschule in Brüssel: Die anormalen Kinder und
ihre erziehliche Behandlung in Haus und Schule. II. Auflage. Band III
der Internat. Pädagogischen Bibliothek, herausgegeben von Chr.
Ufer. Altenburg 1912. Oskar B o n d e.
In einer Zeit, in welcher die pädagogische Pathologie auf dem
Büchermarkt noch keinen grossen Raum beanspruchte, vor 1 1 Jahren,
erschien die erste Auflage dieses Buches. Sie ist Vielen ein Führer
geworden in das Gebiet der Heilerziehung. Der Demoor war auch
eines der ersten Bücher, das der Unterzeichnete zur Einarbeitung in
die Schul- und Erziehungsfragen vor Jahren in die Hand nahm und
als grundlegende Anleitung dabei recht schätzen lernte. Inzwischen
ist manches gute Buch über den gleichen Gegenstand erschienen.
Noch im letzten Jahre konnten Scholzens „Anomale Kinder“ hier
warm empfohlen werden. Aber ich glaube nicht, dass irgend eines
der inzwischen entstandenen Werke der jetzt vorliegenden zweiten
Auflage eine wirksame Konkurrenz entgegensetzen kann. Denn das
durchaus persönliche Buch ist als Einführung in das Gebiet der
medizinischen Pädagogik gedacht und durchgeführt, geht nie in zu
weit führende Details der Schilderung ein, belehrt von Grund auf
und gibt gleichzeitig Anregung zur Weiterarbeit. Wie fast alle
Werke gleicher Tendenz wendet es sich naturgemäss in erster Linie
an den medizinisch nicht Vorgebildeten. So kann der Arzt über
manches Kapitel rasch hinweggehen, manchmal auch wohl anderer
Meinung sein als der Autor (z. B. S. 152: einfache Idiotie [mongolische
FormJ als Teilerscheinung des Myxödems beschrieben. — S. 177:
Besonderes Kapitel: Kinder, die mit psychischer Passivität adenoiden
Ursprungs behaftet sind). Um so interessanter sind für uns die v o r-
wi egend pädagogischen Teile des Werkes, ganz besonders
das 4. Buch: Methodik. Hier wird eindringlich der Wert des Turnens
und der Handarbeit im Hilfsunterricht dargelegt, die Behandlung der
sprachlichen Fehler recht anschaulich vorgeführt. Die Arbeit der
Hilfsschulen nimmt einen breiten Raum ein; beachtenswert
scheint mir vor Allem auch der Hinweis, dass deren Tätigkeit nicht
mit dem Augenblick, wo der Schüler ihre letzte Klasse verlässt, zu
MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ende sein darf. In Brüssel existiert ein Schutzverein für ehemalige
Hilfsschüler, der die entlassenen Zöglinge dieser Anstalten unter seine
Leitung nimmt und sie weiterhin stützt wie früher die Schule. Eine
solche Institution, ebenso wichtig wie die entsprechenden Einrich¬
tungen für körperlich Verkrüppelte (Blinde, Taubstumme, Krüppel im
eigentlichen Sinne) und aus den entsprechenden Anstalten Entlassene
wäre auch bei uns in Deutschland recht wünschenswert. Das buch
hat noch einen besonders interessanten Anhang über das eurhyth-
mische Turnen (mit Musterstücken für gymnastische Uebungen mit
Klavierbegleitung), dargestellt von dem Ehepaar van Weyen-
b e r g h von der Brüsseler Hilfsschule. Bei der Notwendigkeit, Be¬
wegung der Kinder und musikalischen Rhythmus möglichst innig zu
verbinden, ist es dankenswert, dass neben den in Noten dargestellten
Musikstückchen sehr genau die zugehörigen Uebungen vorgemerKt
sind. (Derartige Uebungen spielen nach meiner Erfahrung übrigens
nicht nur bei der Behandlung geistesschwacher Kinder, sondern auch
bei der Beeinflussung schwerer nervöser Erkrankung wie z. B.
der Tics eine grosse Rolle). So ist dieser Teil besonders geeignet,
in der Praxis der Heilerziehung Nutzen zu stiften. Ein zweiter An¬
hang beschreibt einige pathologische Kindertypen in (manchmal doch
zu) kurzen Krankengeschichten. Die zweite Auflage wird wie die
erste ihren Weg finden. Albert U f f e n h e 1 m e r - München.
Th. Heryng: Traite de Laryngoscopie et de Laryngologie
operatoire et clinique. Traduction francaise par le Dr. Charles
Siems. Revue et considerablement augmentee par 1 auteur. Avec
une preface du Dr. Henry Luc. Paris, Masson & Cie., 191^.
523 Seiten. Preis brosch. Fr. 14.—.
Das durch eine Vorrede von Henry L u c - Paris eingeleitete und
von Charles Siems übersetzte Buch des Warschauer Laryngologen
ist bereits früher in russischer und deutscher Sprache (Untersuchungs¬
und Behandlungsmethoden der Kehlkopfkrankheiten. Berlin 19UD,
Julius Springer) erschienen. Auf Qrund der seitherigen wissen¬
schaftlichen Fortschritte ist die jetzige Ausgabe keine einfache lext-
iibersetzung der vorhergehenden, sondern vielmehr eine umge¬
arbeitete und bedeutend erweiterte Auflage in französischer Sprache.
Dies beweisen die teils revidierten, teils neu aufgenommenen Kapitel:
Endopharvngoskopie, Laryngoskopie, Epiglottis, Galvanokaustische
Behandlung der Larynxtuberkulose, Serodiagnostik der Syphilis, Sy¬
philisbehandlung mit Salvarsan, Glandulae parathyreoideae, An¬
ästhesie nach Hoff mann. Nach einer einführenden Betrachtung
der Anatomie und Physiologie des Kehlkopfes bespricht Verfasser
in Hauptabschnitten die speziellen Untersuchungsarten, die nicht¬
operative Therapie (chemische, physikalische, interne, hygienische,
diätetische), die intra- und extralaryngealen Operationsmethoden und
schliesslich die Behandlung der Larynxerkrankungen im Verlaufe all¬
gemeiner und infektiöser Prozesse (Syphilis, Halsphlegmonen, Keuch¬
husten, Influenza, Typhus, Aktinomykose, Rheumatismus, Dicht,
Herpes zoster, Pemphigus, Lichen ruber). Eine grosse Anzahl von
Illustrationen erläutern den Text. Der Verfasser will mit seinem
Buche weniger seine wissenschaftlichen Leistungen in den einzelnen
Domänen der Laryngologie wiedergeben, als vielmehr ein Resümee
seiner 40 jährigen täglichen Arbeit in der Form eines didaktischen
Expose. Auf diese Weise erhält das Werk ein persönliches
Gepräge, wobei wir uns erst wieder bewusst werden, wie viele
uns in Fleisch und Blut übergegangene Untersuchungs- und Behand¬
lungsmethoden wir dem Autor verdanken. H e r y n g s Werk ist ein
ausführliches, klares und ausgezeichnetes Lehrbuch der laryngo-
logischen Diagnostik und Therapie, aus dem jeder in diesem Fache
Arbeitende Anregung und Belehrung schöpfen wird.
Gottfried Trautmann - München.
Rohleder: Die Zeugung unter Blutsverwandten. Band II der
Monographien über die Zeugung beim Menschen. Leipzig 1912. Ver¬
lag T h i e m e. 174 Seiten. Preis M. 4.20 bzw. M. 5.—.
Der durch seine Veröffentlichungen auf dem Gebiete des Ge¬
schlechtslebens und sein positives Bekenntnis zum Neomalthusiams-
mus auch in weiteren Kreisen bekannte Forscher und Praktiker bringt
in diesem in seiner Art einzig dastehenden Buche eine Behandlung
des Stoffes vom geschichtlichen, ethnologischen, physiologisch-bio¬
logischen, rassehygienischen und zuletzt juristisch-volkswirtschaft¬
lichen Standpunkt aus, wie sie in solch umfassender Gründlichkeit in
der Literatur nicht bloss Deutschlands, sondern der Welt bisher nicht
durchgeführt war, da ja die ganze Frage der Zeugung ärztlicherseits
bis in die jüngste Zeit vernachlässigt war. Der für die Eheschliessung
bis zu gewissem Grade freieste Standpunkt der deutschen Gesetz¬
gebung ist nach R o h 1 e d e r vollkommen berechtigt, ja im Interesse
einer Höherzüchtung, besonders einer geistigen, sogar von Vorteil.
Von der Gründlichkeit, mit der R o h 1 e d e r gearbeitet, gibt ausser
der ganzen Arbeit auch sein Literaturverzeichnis Kunde, das ungefähr
250 einschlägige Veröffentlichungen aus aller Herren Länder über¬
sehen lässt. Das Buch ist das Produkt 20 jähriger Forschung auf
diesem Gebiete, angeregt durch einen Fall aus der Praxis. Aus
seinen Ausführungen über pflanzliche, tierische und menschliche Be¬
fruchtung geht als ein im ganzen Naturreich waltendes Gesetz hervor,
dass Inzucht ein Kulturfortschritt für alles Lebende ist. in den ersten
Generationen zu neuer Verfeinerung und Hebung führt, zu einer Re¬
generation und damit zu einer gedeihlichen Weiterentwicklung, bei
längerem Bestehen jedoch, wenn keine Vermischung, keine Kreuzung
stattfindet, zu einer Verzärtelung, Ueberfeinerung und Schwächung,
damit zur Degeneration, zur Sterilität und Aussterben der Art. Die
Natur vermeidet in der Pflanzen- und Tierwelt durch spezielle Ein¬
richtungen ständige Inzucht, eben weil sie die Degeneration, die Un¬
fruchtbarkeit im Gefolge hat. Die Degeneration steht in direktem
Verhältnis zum Verwandtschaftsgrad der gepaarten liere, dann aber
auch bis zu gewissem Grade zu äusseren Bedingungen, wie Er¬
nährung, Klima, beim Menschen auch dem Milieu. Auf den Menschen
übertragen und durch praktische Erfahrungen bewiesen lasst sich
der Schluss ziehen, dass gesetzlich erlaubte Verwandtenehen, z. B.
zwischen Geschwisterkindern, in den allerersten Generationen zum
mindesten nur einen veredelnden, regenerativen Einfluss ausuben
können. Eine darauffolgende Vermischung, d. h. Ehe der Kindei aus
solchen Verwandtenehen mit Fremden, muss, im Analogieschluss an
das Tiermaterial, zur Höherzüchtung auch bei Menschen fuhren, ln
entwicklungsgeschichtlicher Beziehung ist anzunehmen, dass der aus
einer besonderen Affenart der Quartenärperiode hervorgegangene Ur¬
mensch in strengster Inzucht lebte, der er auch seine Kulturstufe vei-
dankte. Die engste Inzucht, der Inzest, führte zur Züchtung bestimm-
ter Familiencharaktere, die weitere, die Hordeninzucht, zui Fildung
von Rassecharakteren, und die weiteste Inzucht in einem ganzen
Volke, die Endogamie, zur Bildung ganz bestimmter Nationalcharak¬
tere. Ein Volk erstarkt, regeneriert durch Inzucht, eine Familie, eine
Rasse degeneriert durch sie im Laufe der Zeit. Die alten Kultur¬
völker, die abgeschlossen lebten, degenerierten erst, als sie nach
langer Inzucht mit fremden, kulturell tiefer stehenden Volkei schat¬
ten sich vermischten. Aber auch die Volksinzucht bedarf einei Untei-
brechung, weil sie, wenn viele Jahrhunderte wirkend, dem eigenen
Volke zum Verderben gereicht — siehe China — , da durch Hinderung
der freien Auslese der Volkscharakter erstarrt, dadurch jeder Fort¬
schritt gehemmt wird und die Degeneration, der Untergang eintntt.
Aus Rohleders Ausführungen geht mit Sicherheit hervor, dass
der Arzt vor einer Ehe zwischen Blutverwandten nicht zu warnen
braucht, wenn nur beide Teile gesund und nach keiner Seite hin be¬
lastet sind; es besteht die Möglichkeit, dass durch Konsanguimtat,
Inzest und abwechselnde Vermischung sogar das Genie bis zu einem
gewissen Grade Züchtungsprodukt sein könnte, wenn schädigende
Einflüsse auf das Gehirn abgehalten werden können, andernfalls
führen diese zur pathologischen Flexion des Gehirns.
Das ganze Buch ist eine hochinteressante und spannende
wissenschaftliche Lektüre. Richard B 1 u m m - Bayreuth.
Wie studiert man Medizin? Von Friedrich Müller, Professor
der Medizin in München. Verlag von E. Reinhard in München.
49 Seiten. Preis 60 Pf.
Der in vorliegender Broschüre veröffentlichte Vortrag wurde vor
der „Freien Studentenschaft“ in München am 8. Mai 1912 gehalten.
Der Verfasser steht auf dem Standpunkte, dass das Studium der
Medizin wie jedes andere Universitätsstudium unter den Zeichen
grösster Freiheit stehen müsse und dass möglichst wenig Beschrän¬
kung durch Studienordnung und dergleichen auf die Entwicklung der
Individualitäten einwirken dürfe. Den Wunsch des Verfassers, dass
der Arzt sein Studium so einrichten solle, dass er sich zum allgemein
gebildeten Menschen entwickeln und seinen Platz in der Gesellschaft
der Hochgebildeten des Volkes behaupten könne, unterschreiben wir
gerade heutigen Tages doppelt gerne. M. erörtert in seinem Vortrage
von allgemeinen Gesichtspunkten aus die Bedeutung der einzelnen
naturwissenschaftlichen und medizinischen Fächer, besonders auch
einer besseren Vorbildung in Physik und Chemie das Wort redend,
er tritt für möglichsten Wechsel der Universitäten durch die Stu¬
dierenden ein, weil dadurch die Kritik des jungen Arztes in hohem
Masse geweckt wird. Das auf Anregung der deutschen Aerzteschaft
selbst eingeführte praktische Jahr findet am Verfasser einen warmen
Verteidiger, der sich energisch dagegen ausspricht, dasselbe zu
Gunsten reiner Universitätsstudien zu verkürzen. So bietet der
hiemit veröffentlichte Vortrag für den jungen Mediziner und werden¬
den Arzt aus dem Munde eines Berufenen wichtige orientierende
Gesichtspunkte und weitschauende Anregung.
Dr. C. Grassmann - München.
Neueste Forschungen über Syphilisparasiten.
Die Nummer 2711 vom 14. XII. 12 des British Medical Journal
bringt 4 knappe Arbeiten von Edward Haiford Ross, von E. Jen-
n i n g s, von S. R. Moolgavkar, von Herbert Henry, die so
interessant sind, dass sie verdienen, etwas eingehender referiert zu
werden.
I Ueber die Entwicklung eines intrazellulären Parasiten zu
Spirochäten in syphilitischen Affektionen und im Blut von Syphi¬
litikern während des Sekundärstadiums; gefunden mit Hilfe der
„Agarfärbungsmethode in vitro“ von Edward Haiford Ross
(L i s t e r - Institut).
1. Durch die Agarfärbungsmethode gelingt es, bei sehr vielen
Meerschweinchen in den mononukleären Leukozyten Einschlüsse zu
finden, die als Kurloffsche Körper bekannt sind und die durch
diese Färbungsmethode als Parasiten angesprochen werden müssen.
Diese Parasiten, Lymphozytozoon cobayae, erzeugen spirochäten¬
artige Gebilde, welche nach dem Platzen der Parasiten frei im
I Blut schwimmen. Sie sind leicht im Dunkelfeld zu finden. Ausserdem
I lassen sich noch amöbenartige freie Körper entdecken.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
35
2. Die so infizierten Tiere leiden an weissen Flecken oder Ge¬
schwülsten der Leber und Milz. Die Tumoren sind vollgepfropft mit
mononukleären Leukozyten, deren Mehrzahl Kurloffsche Körper
enthält.
3. Geschichte dieser Parasiten.
4. Analoge Parasiten fand J. W. C r o p p e r in den Samenblasen
der Regenwürmer. Auch sie bilden Spirochäten, die im Dunkelfeld
in der Samenflüssigkeit nachgewiesen werden können.
5. Das Bekanntsein mit dieser Tatsache — gleichzeitiges Auf¬
treten von Spirochäten und bestimmter Parasiten bei Meerschwein¬
chen und Regenwürmern — liess Ross nach Parasiten bei den
menschlichen Spirochätenträgern, den Syphilitikern, suchen. Und er
fand sie auf Anhieb. In 143 Fällen von Syphilis, in Schankern, ver¬
härteten Drüsen, in Roseolen, ulzerierten Mandeln, auch im Finger¬
blut. Im Plasma der mononukleären Leukozyten waren Einschlüsse
nachweisbar, umgeben von einem „Zellwall“, die deutliches Chro-
matin enthielten. Ausserdem waren runde oder bimförmige Körper¬
chen gleicher Art frei zwischen Blutkörpern.
Diese letzten sind die primären. Sie wandern in die Leukozyten
ein und sind in ihrem Gefängnis leicht in der Tiefe von Schankern usw.
auffindbar. Wachsen sie, so drücken sie den Kern ihrer Wirtzelle
zur Seite und zerquetschen ihn. Ihr eigenes Chromatin hat einen
deutlichen Tüpfel. Es gibt Leukozyten mit 1—12 solchen Ein¬
schlüssen. Man kann sie durch Druck auf das Deckglas zum Platzen
bringen und dann treten die Einschlüsse frei heraus.
Es gibt aber noch einen anderen Entwicklungszustand. Das
Chromatin nimmt völlig spirochätenartige Form an, tritt
durch Druck auch aus der Gastzelle heraus und zeitigt dann das Bild
der Spirochäten wie bei den Meerschweinchen und Regenwürmern.
Bisher ist diese Beobachtung ausschliesslich bei Syphilitikern
gewonnen worden.
6. Bisher waren also gefunden im Blut bei Meerschweinchen,
Regenwürmern und Syphilitikern erstens Spirochäten, zweitens Zell¬
einschlüsse, aus denen sich Spirochäten entwickeln: bei Syphilitikern
aber ausserdem freie, nicht eingeschlossene Körperchen, rund,
bimförmig, gleicher Art wie in den Leukozyten. Diese fehlten noch
bei den Meerschweinchen. Diese hat aber jetzt J. W. Cropper
auch entdeckt, und zwar innerhalb grosser einkerniger Zellen im
Peritoneum infizierter Tiere. Ross spricht die Spirochäten als
Mikrogameten oder männliches Element an und vermutet, dass die
runden Körper Makrogameten oder weibliches Element seien. Die
Konjugation beider, wenn beobachtet, würde den Schlussstein seiner
Vermutung geben. Vielleicht sind jene grossen mastzellenartigen Ge¬
bilde, die sich von den Mastzellen durch ihre Kernlosigkeit unter¬
scheiden, und die vollgepfropft sind mit Chromatingranula, die be¬
fruchteten Parasiten.
7. Geschichte der Syphilisparasiten : Klebs, Losdorfe r,
Döhle, Stassano, Siegel haben die Parasiten gesehen,
Schaudinn hat die Spirochäten entdeckt. Der Zusammenhang
beider Formen war noch nicht bisher festgestellt.
8. Technik der Agarmethode: Man stelle 2 proz. Agarlösung in
Wasser her; filtriere 3 ccm ab. Mische hierzu 1 ccm Unnas poly¬
chromes Methylenblau (Grüble r), welches man vorher mit 2 ccm
Wasser vermischt hat. Füge ferner zu: 2 ccm nachstehender Lösung:
Natr. citricum 4,5 g, Natr. chlor. 1,5 g, Atropin sulf. 0,225 g, Aq. dest.
100 g. Alles zusammen, d. h. Agar, Methylenblau, Lösung, aufkochen
in Reagenzglas und Va ccm einer 5 proz. Natr.-bicarb.-Lösung zu¬
setzen.
Beim Gebrauch wird ein Tropfen dieser Agarmischung auf den
Objektträger gebracht und dort erstarren gelassen. Der zu unter¬
suchende Schanker wird ziemlich tief mit einer Nadel angestochen,
das austretende Blut in einem Tropfen 3 proz. Natr.-citrat.- und
I proz. Natr.-chlorid-Lösung auf einem Deckglas aufgefangen und
so auf die Agarplatte gelegt. In 5 Minuten kann mikroskopiert
werden. Atropinzusatz hat den Zweck, amöboide Bewegungen aus¬
zulösen und so lebende von toten Zellen zu unterscheiden.
Färbung: Leukozytengranula: Scharlach; Kern erst blassblau,
dann tiefrot; schliesslich Zellen entfärbt, zum Teil platzend.
Die Parasiten sind kupferfarbig, frei oder eingeschlossen. Ihre
Granula sind tiefer gefärbt. In der Mitte des Parasiten sieht man
zuerst einen ungefärbten Nukleus mit einem dunklen Tüpfel im
Zentrum. Stirbt der Parasit ab, so verschwindet bisweilen dieser
dunkle Punkt. Zufällig kann man auch in syphilitischen Wunden
freie Parasiten entdecken, die von polynukleären Leukozyten eben
aufgenommen werden.
Nach Behandlung mit Salvarsan werden die freie n Parasiten
selten, die eingeschlossenen sind unvermindert.
9. Der Regenwurmparasit entwickelt Spirochäten, der Meer¬
schweinchenparasit entwickelt Spirochäten, der Menschenparasit ent¬
wickelt Spirochäten, in den Tumoren des infizierten Meerschweinchens
sind massenhaft Parasiten. Ist deshalb die Vermutung nicht nahe¬
liegend, dass die Menschenparasiten auch die eigentlichen Krank¬
heitserreger der menschlichen Syphilis sind?
10. Und wären sie es — ist dann die Hoffnung so gänzlich un¬
begründet, dass die Impfung des Menschen mit Meerschweinchen¬
parasiten den Menschen gegen echte Syphilis ebenso immunisiert,
wie seine Impfung mit Kuhpocken ihn schützt gegen echte Pocken?!
II- Die neuesten Parasitenbefunde bei Syphilis von E. Jen-
II i n g s. Bestätigung der Befunde von Ross.
III. Gewisse Körperchen bei syphilitischen Affektionen und ihr
Nachweis durch die Agarmethode von S. R. M o o 1 g a v k a r.
Autor fand die Ross sehen Körper in 45 Fällen, und zwar nur
bei Syphilis.
Die Beobachtungen obiger englischer Forscher, wenn endgültig
bestätigt, wären von gleichem Interesse wie seinerzeit die Ent¬
deckung der Entwicklung der Malariaplasmodien.
Die Forschungsmethode ist so einfach, dass schon die nächsten
Wochen eine Entscheidung über ihren Wert bringen können.
Karl T a e g e - Freiburg i. B.
Neueste Journalliteratur.
Deutsches Archiv für klinische Medizin. 108. Band, 5. und
6. Heft.
H. Schlecht und G. Schwenker: Ueber die Beziehungen
der Eosinophilie zur Anaphylaxie. (Aus der med. Klinik zu Kiel.)
(Mit Tafel IV, V.)
Durch fortlaufende parenterale Zufuhr artfremden Eiweisses
kann man eins periphere Bluteosinophilie beim Meerschweinchen
und bei sehr hohen Dosen auch beim Hunde hervorrufen. Im An¬
schluss an den überstandenen anaphylaktischen Schock tritt eben¬
falls eine intensive Bluteosinophilie auf. Jedenfalls kommt der
eosinophilen Zelle bei der parenteralen Eiweissverdauung und der
Anaphylaxie eine gewisse Rolle zu. Vermutlich entstehen beim
parenteralen Eiweissabbau Abbauprodukte, die auf die eosinophilen
Zellen chemotaktisch wirken; diese werden aus dem Blut und
Knochenmark angelockt. Die Natur der die Eosinophilie veran¬
lassenden Abbauprodukte ist unbekannt.
Fh. Hausmann: Die topographische Gleit- und Tiefenpal¬
pation des Verdauungsschlauchs und ihre Ergebnisse. (Mit 8 Ab¬
bildungen.)
Die Prinzipien der topographischen Gleit- und Tiefenpalpation
beruhen zunächst darauf, die einzelnen Abschnitte des Gastro¬
intestinalkanals mit Hilfe quer zur Achse des betreffenden Abschnittes
gerichteter Gleitbewegungen in plastischer Weise zu tasterischer
Wahrnehmung zu bringen. Der Moment des aneinander Vorbei-
bewegens der Finger und des zu tastenden Teiles spielt eine wesent¬
liche Rolle beim Tastbarwerden des letzteren. Die Tiefenpalpation
will auch tiefer gelegene und der hinteren Bauchwand aufruhende
Teile tastbar machen, wozu insbesondere die beim Exspirium er¬
folgende Bauchwanderschlaffung dient. Gerade dieses Verfahren
hat Bedeutung für die Psoaspalpation, d. h. das Aufsuchen der Teile
auf dem durch aktives Heben des gestreckten Beins gespannten
Psoasbauche, wodurch oft allein das Tasten des Wurmfortsatzes,
zuweilen selbst in normalem Zustande, ermöglicht wird. Mit Hilfe
der topographischen Palpation werden die Tastbefunde bei normaler
Lagerung der Bauchorgane, sowie bei Lageabnormitäten richtig ge¬
deutet, z. B. Coecum mobile, Tumoren verschiedener Provenienz,
chronische oder larvierte Appendizitis, so dass der oft irreführende
MacBurney sehe Punkt ausgeschaltet wird. In vielen Fällen
lassen sich Curvatura major, Antrum pylori, Colon transversuni.
Zoekum, S rornanum tasten und Schmerzpunkte und Schmerzzonen
in anderen Gebieten des Abdomens genauer erkennen.
Th. Hausmann und J. M e i n e r t z : Radiologische Kontroll-
untersuchungen, betr. die Lagebestimmung des Magens und Dick¬
darms mittels der topographischen Gleit- und Tiefenpalpation. (Aus
der mediz. Klinik und Poliklinik in Rostock.) (Mit 25 Abbildungen
im Text und Tafel VI— XI.)
Die radiologische Kontrolle ergab in einwandfreier Weise, dass
die Gebilde, die bei der topographischen Gleit- und Tiefenpalpation
als Curvatura major, Pylorus, Colon transversum. Zoekum, S ro-
manum getastet und gedeutet wurden, tatsächlich diese Teile sind.
Verwechslungen sind auch bei erheblicher Viszeralptose und son¬
stigen Verlagerungen durchaus vermeidbar. Ebenso hat sich die
spontane Verschieblichkeit dieser Teile infolge aktiver Muskelkräfte,
insbesondere aber auch infolge wechselnder Inhaltsfüllung als zu¬
treffend erwiesen.
O. Bruns: Ueber die Blutzirkulation in der atelektatischen
Lunge. (Aus der mediz. Klinik und dem pharmakologischen Institut
zu Marburg.) (Mit 3 Abbildungen.)
In der ausgedehnten atmenden Lunge befindet sich in einem
gegebenen Augenblick mehr Blut als in der kollabierten, atelek¬
tatischen Lunge. Die physiologisch gedehnte Lunge wird in der Zeit¬
einheit ausgiebiger durchblutet als die atelektatische Lunge. Selbst
bei Ueberdehnung des Brustkorbes und der Lungen durch extra¬
thorakalen Unterdrück von 30 cm Wasser tritt keine Verengerung
der Alveolarkapillaren ein; die Durchblutungsgrösse nimmt auch hier
noch zu. Bei intrapulmonaler Luftdruckerniedrigung nimmt die
Durchblutungsgrösse der Lunge deutlich zu. Eine energische Ein¬
engung des kleinen Kreislaufes bei der heute üblichen Art der
Pneumothoraxtherapie kann leicht zu Hypertrophie des rechten Her¬
zens führen. Der Nachweis, dass während der „Unterdruckatmung"
die Durchblutungsgrösse der Lunge zunimmt, legt es nahe, diese Me¬
thode anzuwenden, um den venösen Rückfluss nach dem linken
Herzen hin zu fördern und die Tätigkeit des rechten Herzens zu
erleichtern.
36
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
R. Kaufmann und H. Popper: Beiträge zum Studium der I
Pulsarrhythmien. I. Mitteilung: Analyse des Mechanismus der Herz¬
aktion in einem Falle von atrioventrikulärer paroxysmaler Tachy- j
kardie. (Aus dem Spitale der allgemeinen Poliklinik in Wien.) (Mit i
9 Kurven im Text.)
Zu kurzem Referate nicht geeignet.
F. Fi sch ler und E. Grafe: Der Einfluss der Leberausschal¬
tung auf den respiratorischen Stoffwechsel. (Aus der mediz. Klinik
Heidelberg.) ......
Eine sichere, der Leberarterienunterbindung folgende Verände¬
rung des Organs konnte nicht konstatiert werden. Der respiratorische
Quotient (RQ) stieg in den ersten Stunden nach der Operation in
allen Fällen deutlich an, dann sind die Verhältnisse wie vor der Ope¬
ration, um einem finalen Anstieg des RO Platz zu machen. Die
Oxydationsfähigkeit für Eiweiss und Fett leidet nach der Leberaus¬
schaltung nicht in erheblicher Weise, dagegen sinkt die Wärmepro¬
duktion in sehr starkem Masse, möglichweise durch Fortfall der ent¬
giftenden Wirkung der Leber.
E. Schott: Die Erhöhung des Druckes im venösen System
bei Anstrengung als Mass für die Funktionstüchtigkeit des mensch¬
lichen Herzens. (Aus der II. medizin. Klinik der Kölner Akademie
für praktische Medizin.)
Herzgesunde Individuen erfahren bei Anstrengung keine oder
nur eine sehr geringe Drucksteigerung im venösen System. Je
stärker klinisch eine Insuffizienz des Herzens ausgeprägt ist, um so
stärker steigt der venöse Druck bei Anstrengung an. Wodurch diese
Erhöhung des venösen Druckes zustande kommt, ist schwer zu sagen,
vielleicht durch relative Verminderung des Stromvolumens bei An¬
strengung.
S. Ogawa: Ueber die Resorption wirksamer Bestandtede aus
Digitalisblättern und Digitalispräparaten. (Aus dem pharmak. Institut
der Universität Heidelberg.)
Die Glykoside der Digitoxinfraktion bleiben während der Dauer
einiger Stunden den Verdauungssäften gegenüber resistent. Sie
werden im Magen überhaupt nicht, im Darm nur relativ langsam
resorbiert. Auf der langsamen Resorption beruht
jedenfalls ein grosser Teil der Verzögerung der
Digitaliswirkung bei interner Einführung. Experi¬
mentelle Erschwerung des Pfortaderkreislaufes hebt die Resorption
fast vollständig auf. Es ist möglich, dass manche Miss¬
erfolge der internen Digitalismedikation bei ab¬
dominaler Stauuung auf diese abnorme Verlang¬
samung in der Resorption der wirksamen Bestand¬
teile und auf ihre allmähliche Zerstörung bei allzu
langdauerndem Kontakt mit den Darmfermenten
zurückzuführen sind. Die Resorbierbarkeit spielt also eine
bedeutungsvolle Rolle bei den Digitalispräparaten. Aus dem
gereinigten Digitalisextrakt Digipuratum werden
die wirksamen Bestandteile wesentlich rascher
resorbiert als aus den Digitalis blättern. Insbesondere
ist die Verweildauer des Digitoxins im Magen nach Einführung des
Digipuratum kürzer als nach Einführung des Blätterpulvers oder des
Infuses. (Vergl. Gottlieb u. Ogawa: d. W. 1912, S. 2265.)
Fr. S c h u 1 1 z e: Ueber heilbare akute Hepatitis. (Mit Tafel XII.)
Die Probelaparotomie ergab in einem unklaren Falle eine starke
Schwellung des linken Leberlappens ohne Steine und ohne Abszess¬
bildung, histologisch fanden sich interstitielle Entzündungsherde
der Leber.
H. L ü d k e und L. Schüller: Untersuchungen über die
Nephrolysine. (Aus der med. Klinik in Würzburg.) (Mit 2 Ab¬
bildungen.)
Nach Injektion nephrolytischen Serums findet sich Albuminurie,
Zylindrurie und Abmagerung der Versuchstiere. Neben dieser
spezifischen Wirkung auf die Nieren fanden sich Hämolyse, Blutdruck¬
änderungen und eine Giftwirkung auf das Nervensystem. Die
Existenz des Nephrolysins ist jedenfalls sichergestellt, wenn ihm auch
eine absolut spezifische Wirkung nicht zuzusprechen ist. Möglicher¬
weise sind die Nephrolysine im Verein mit anderen Störungen für
die Entstehung urämischer Zustände verantwortlich zu machen, da
sie eben nicht nur die Nieren schädigen, sondern auch den Kreislauf
und das Nervensystem.
P. Schaefer: Malaria tertiana und deren Heilung durch Neo-
salvarsan. Kleinere Mitteilung. (Aus dem städtischen Siechenhaus
zu Frankfurt a. M.) (Mit 2 Kurven.)
Dsa Wesentliche enthält die Ueberschrift.
Besprechungen. Bamberger - Kronach.
Zeitschrift für experimentelle Pathologie und Therapie.
1 1. Band, III. Heft.
24) K. Ko tt mann: Beiträge zur Chlorose und Eisentherapie.
II. Mitteilung. L. Schapiro: Ueber die Eisen-Arsenikautolyse des
Eiweisses und ihre pharmakologische Bedeutung. (Aus dem phar¬
makologischen Institut in Bern.)
Die Versuche ergaben, dass durch Eisenzusatz die Autolyse der
Leber, gemessen an dem Rest-N, erhöht wird, sowohl wenn post¬
mortal zu normaler Kaninchenleber Eisen zugesetzt wird, als auch
wenn es subkutan oder intravenös intra vitam injiziert wird. Auch
die Leber von 2 Fällen von perniziöser Anämie liess deutlich eine ge¬
steigerte Autolyse im Vergleich zu normaler Leber erkennen. Kom¬
binierte intravenöse Injektion von Eisen und Arsenik erzielte eine
deutliche Abschwächung des Autolyseneffektes gegenüber alleiniger
Eisenwirkung. Bei Verwendung grosser, letal toxisch wirkender
Arsenikdosen allein wurde eine Zunahme der Autolyse erzielt.
25) H Schade: Untersuchungen zur Organfunktion des Binde¬
gewebes. I. Mitteilung. Die Elastizitätsfunktion des Bindegewebes
und die intravitale Messung ihrer Störungen. (Aus der med. Klinik
in Kiel.) . . , ......
Die Elastizität der Gele hängt mit den übrigen charakteristischen
kolloidchemischen Eigenschaften innig zusammen. Der Verfasser
zeichnete mit seinem Apparat die Bewegungen auf, welche ein auf die
Haut aufgestellter Stab erfährt, wenn er durch eine Belastung in das
Körpergewebe hineingedrückt und sodann nach Wegnahme der Last
wieder durch die elastischen Kräfte des Gewebes gehoben wird. Als
Masse wurden benutzt die Relaxationszeiten und die aus den re¬
gistrierten Elastizitätskurven direkt zu entnehmende Grösse des
Elastizitätsverlustes in Prozenten. Als Normalwert für das Binde¬
gewebe des Gesunden wurde eine Belastung von 50 g auf einen
Querschnitt von 50 qmm 1 — 2 Minuten an der Handgelenksgrube
ermittelt, welche eben rasch ohne Elastizitätsverlust ertragen wird.
Bei Kranken konnten häufig und zum Teil in hohem Grade Ab¬
weichungen von der elastometrischen Norm konstatiert werden, selbst
in Fällen, in welchen die Palpation kerne Spur einer Störung erkennen
liess. Besonders wertvoll ist die Elastometrie zur Erkennung der
Präödeme bei Herz- und Nierenkranken; aber auch bei sonstigen
Erkrankungen und unter speziellen Bedingungen auch bei Gesunden
wurden elastometrisch Abweichungen gefunden. Elastizitätsstörungen
kommen im lebenden Körper wahrscheinlich auch ohne eine Ver¬
änderung des normalen Wassergehaltes vor. Bei den Elastizitäts¬
kurven Hessen sich zwei Typen unterscheiden, die e-Kurve (reine
Elastizitätskurve) und die s-Kurve (Strömungskurve). Die Elasto¬
metrie vermag auch sonst wertvolle Aufschlüsse für die Klinik zu
bringen, so in der Frage nach der Ursache der arteriellen Blutdruck¬
steigerung der Nierenkranken. Die Elastizitätsschädigung stellt ein
klinisch pathologisches Symptom da>-, welches besonders für die
Erkennung nur gering uusgebildeter Krankheitsveründerungen der
Gewebe von Wert ist.
26) G. Fromholdt und N. Nersesoff: Beiträge zur Uro¬
bilinfrage. (III. Mitteilung.) (Aus der therap. Fakultätskhmk in
Moskau.) , . J ..
Die Verfasser gaben Patienten mit Choledochusverschluss teils
mehrere Tage lang 0,2 Bilirubin, teils Pillen, die aus dem sauren
Chloroformextrakt von Schweinegalle nach Verdunstung des Chloro¬
forms hergestellt waren, teils frische Schweinegalle, nach vorheri¬
ger Extraktion derselben mit Aether. Bei keinem dieser Versuche
war Urobilin oder Urobilinogen im Harn nachweisbar, während nicht
vorbehandelte Galle zur Urobilinurie führte. Es genügt also die
Anwesenheit von Bilirubin im Darm allein noch nicht, um Urobilin¬
ausscheidung durch den Harn herbeizuführen.
• 27) G. Fromholdt und N. Nersesoff: Beiträge zur Uro¬
bilinfrage. IV. Mitteilung. (Aus der therapeutischen Fakultätsklinik
in Moskau.) ....
Die Untersuchungen des Verfassers ergaben, dass sich in keinem
Falle Urobilin im Blut nachweisen liess, wenn es im Harn fehlte.
In vielen, aber nicht in allen Fällen von starker Urobilinurie ist im
Blute Urobilin nachzuweisen. In allen Fällen von positiver Urobilin¬
reaktion im Blute kann dieselbe durch Jodzusatz bei alkalischer Re¬
aktion sehr verstärkt werden.
28) E. C. van Leersum: Alimentäre Blutdruckerhöhung.
(Aus dem pharmako-therapeutischen Laboratorium der Universität
Leiden.)
Die Fütterung von Kaninchen mit getrockneter Leber erzeugte
bei diesen, auch wenn sie sehr lange fortgesetzt wurde, keine Athero-
matose; auch die Bestimmung des Kalkgehaltes der verschiedenen
Organe der gefütterten Kaninchen ergab keine Vermehrung; die
Messung des Blutdruckes ergab jedoch bei allen mit Leber gefütterten
Kaninchen erhebliche Steigerung. Welcher Bestandteil der Leber
diese Blutdrucksteigerung bewirkt, ist noch nicht bekannt. Die gallen¬
sauren Salze spielen dabei, wie Fütterungsversuche mit taurochol-
saurem und glykocholsaurem Natrium ergaben, keine Rolle.
29) P. Rohmer: Elektrokardiographische und anatomische Un¬
tersuchungen über den Diphtherieherztod und dessen Beziehungen
zum Reizleitungssystem. (Aus der Kinderklinik und dem physiologi¬
schen Institut der Kölner Akademie für praktische Medizin.)
Während die leichtere Form der diphtheritischen Myokarditis im
Elektrokardiogramm keine Erscheinungen machte, traten beim diph¬
theritischen Herztod Veränderungen der Ventrikelschwankung auf,
welche wahrscheinlich als Ausdruck der schweren Herzschädigung
aufzufassen sind. Diese Fälle der ersten Kategorie zeigten keine
Ueberleitungsstörungen, dagegen 2 von den 5 Fällen von Herztod
vollständige, bis zum Tode andauernde atrioventrikuläre Dissoziation.
Diese Tatsache, sowie das Ergebnis der Tierversuche beweisen, dass
keine besondere Verwandtschaft des Diphtheriegiftes zum Reiz¬
leitungssystem besteht, sondern dass bei der bekannten relativen
Unabhängigkeit dieses Systems vom übrigen Myokard dasselbe bei
der diphtheritischen Herzschädigung befallen werden kann, aber nicht
muss. In Anbetracht des in jedem Falle bereits schwer geschädigten
Herzmuskels ist diese Komplikation prognostisch ungünstig und kann
unter Umständen den tödlichen Ausgang verschulden. In den beiden
Fällen von Herzblock wies das H i s sehe Bündel nur unbedeutende
?. .tamiar 1913.
MUENCHeRER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
3?
anatomische Veränderungen auf; cs können also hier klinische Schä¬
digungen bis zur völligen Aufhebung der Funktion Vorkommen; ohne
dass dies anatomisch zum Ausdruck kommt.
30) M. B i s c h o f f : Neue Beiträge zur experimentellen Alkohol¬
forschung mit besonderer Berücksichtigung der Herz- und Leber¬
veränderungen. (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Die Untersuchungen ergaben, dass an den Herzen bei Ka¬
ninchen, welche längere Zeit mit Schnaps gefüttert worden waren,
die fettigdegenerativen Veränderungen der Muskelfasern im Vorder¬
gründe stehen. Die Prädilektionsstellen finden sich dicht unter dem
Epikard des linken Ventrikels mehr gegen die Herzspitze zu, sowie
an der Basis und Spitze des Papillarmuskels dicht unter dem Endo¬
kard; am rechten Ventrikel werden vorzugsweise die äusseren
Muskellammellen von fettiger Degeneration befallen. Das Fett liegt
intrazellulär, die gefundenen Veränderungen sind sicher nicht erst
postmortal entstanden. Vor der primären Fettdegeneration des
Herzens zeigen sich in der Regel die Anfänge einer Fettleber; das
Fett erscheint zunächst immer um die Zentralvenen gruppiert und
nimmt gegen die Peripherie der Azini ab. Die Nieren werden erst
in einem viel späteren Stadium betroffen. Bei -den Versuchen des
Verfassers zeigten sie noch keine Veränderungen. Die hauptsäch¬
lichsten Parenchymveränderungen finden sich somit an jenen Or¬
ganen, welche nach Pringsheim als die Hauptverbrennungs¬
stätten des Alkohols bei an Alkohol gewöhnten Tieren anzusehen
sind. Der Qesamtfettgehalt des Herzens von Alkoholkaninchen ist
von durchschnittlich 11 Proz. bei den Normaltieren auf 12 Proz. er¬
höht, dabei findet sich eine absolute und relative Verminderung des
Lezithingehaltes von 6,53 Proz. auf 3,5 Proz. bezw. auf das Trocken¬
gewicht des Herzens. An dem Qesamtfettgehalt partizipiert das
Lezithin mit 58,8 Proz. beim Normalkaninchen, mit 32,2 Proz. beim
Alkoholkaninchen, also mit 26,6 Proz. weniger. Daneben liess sich
eine geringgradige Verminderung des Cholesteringehaltes feststellen.
Die 1100 — 1250 g schweren Tiere zeigten meistens während der ersten
8 Tage eine Gewichtsabnahme von 60 — 70, nach 16 Tagen von 150,
nach 23 Tagen von 200 und nach 28 Tagen von 240 g.
31) A. Klopfer: Experimentelle Untersuchungen über die
W. H. Schultze sehe Oxydasereaktion. (Aus dem Institut für
Pharmakologie und physiologische Chemie in Rostock.)
Der mikroskopisch sichtbar zu machende Oxydasegehalt von
Niere, Herz, Leber und Milz normaler Tiere ist bei den verschiedenen
Tierarten und Individuen sehr gleichmässig. Die Schnitte werden
im Schälchen in einer Mischung von gleichen Teilen 1 proz. Lösung
von a-Naphthol Merck und 1 proz. Lösung von Dimethylparaphenylen-
diamin Merck 2 — 3 Minuten gefärbt, dann kurz in Leitungswasser ab¬
gespült und in Qlyzeringelatine aufbewahrt. Die Oxydasen färben
sich blau. Rinde und Mark der Niere sind sehr scharf von einander
zu trennen, die Epithelien der Rinde enthalten sehr reichlich feine
blaue Granula, während die Epithelien im Mark der Niere völlig
frei davon sind.
Fett nimmt die Indophenolfärbung ebenfalls an, ist aber an dem
rotvioletten Farbenton von dem hellblauen der Oxydasen leicht zu
unterscheiden. Gleichzeitige Färbung von oxydativen Granulis und
Fett in derselben Zelle wurde nicht beobachtet. Die Indophenol¬
reaktion nicht verfetteter Zellen in fetthaltigen Organen geht sehr
rasch zurück unter gleichzeitig stärkerem Hervortreten der Fett¬
färbung, so dass man an eine Abgabe des von den Granulis syn¬
thetisch gebildeten Farbstoffes an das Fett denken könnte. Hiegegen
spricht jedoch, dass die Fettfärbung auch nach Fixierung der Schnitte
durch Formol, wodurch die Oxydasereaktion zerstört wird, zustande
kommt. Die Zerstörung der Oxydasereaktion durch Kochen oder
Fixieren in Formol oder Alkohol findet nur in den drüsigen Zellen
und in der Muskulatur statt, nicht aber in den Leukozyten, selbst ein
halbstündiges Aufbewahren der Schnitte in 96 proz. Alkohol, Chloro¬
form oder Azeton verhindert die Reaktion in den Leukozyten nicht,
nur sind die staubfreien Granula dann zu grösseren, intensiv ge¬
färbten Körnern zusammengeflossen. Eine kurze vorhergehende
Alkoholfixierung lässt sogar die oxydativen Granula der Leukozyten
noch schärfer hervortreten. Es ist also die von v. G i e r k e aufge¬
stellte Scheidung in resistente und labile Granula sehr scharf ausge¬
sprochen. Versuche, die Oxydasen der drüsigen Organe und der
Muskulatur durch Einwirkungen, welche die innere Oxydation schä¬
digen, zu beeinflussen, ergaben eine deutliche Verminderung nur bei
länger dauernder Absperrung der Blutzufuhr durch fünfstündiges
Unterbinden der zuführenden Arterie und durch langsame Erstickung
durch Leuchtgas. Dagegen liess sich durch länger dauernde venöse
Stase, durch Vergiftung mit Blausäure, Phosphor, Chloralhydrat,
Arsen und Saponin keine Verringerung der Oxydasen der drüsigen
Organe und der Herzmuskulatur erreichen. Auffallend ist, dass die
Blausäurevergiftung, welche sonst in vitro alle fermentativen Lebens¬
prozesse hemmt, auf die Indophenolreaktion der Organe keinen Ein¬
fluss hat; es erscheint daher geboten, die Theorie der Blausäure¬
wirkung von neuem zu prüfen.
32) E. Morelli: Ueber ein neues Sphygmograph. (Aus der
med. Klinik in Pavia.) Zu einem kurzen Referate nicht geeignet.
33) E. S t o e r k : Zur Frage des Adams-Stokes sehen Syni-
ptomenkomplexes. (Aus der III. med. Klinik in Wien.)
Zu einem kurzen Referate nicht geeignet.
34) W. Skörczewski: Warum vergrössert Atophan die Aus¬
scheidung der Harnsäure? (Aus dem Institut für med. Chemie und
aus der med. Klinik in Lemberg.)
Das Atophan erfährt im Organismus eine Oxydation, dement¬
sprechend führt es zu einer Störung der Oxydationsarbeit des Or¬
ganismus, welche sich, wie die Versuche des Verfassers ergeben,
auch in der Vermehrung des Neutralschwefels zeigt. Diese Ver¬
mehrung des Neutralschwefels beruht auf einer Vermehrung der Oxy-
proteinsäuren, besonders des an Schwefel reichen Urochroms infolge
vermindeiter Oxydation Die Vermehrung der Harnsäureausschei¬
dung nach Atophan lässt sich nicht durch eine vermehrte Zersetzung
der Muttersubstanzen der Nukleoproteide erklären, da die Ver¬
mehrung der Phosphorsäure im Harn fehlt, ebenso nicht durch ver¬
mehrte Elimination von angehäufter Harnsäure, da die Nierenfunktion
durch Atophan nicht gebessert, sondern eher verschlechtert wird.
Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass infolge der Oxydationsstörung
durch das Atophan mehr Harnsäure der weiteren Zersetzung entgeht,
diese Oxydationsstörung ist an dem ersten Tage der Atophandar-
reichung am grössten.
35) Ph. Brugsch und K. R e t z 1 a f f : Blutzerfall, Galle und
Urobilin. Zur Frage der GallenJarbstofSbildung aus Blut. (III. Mit¬
teilung.) (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Die Verfasser fanden bei ihren Untersuchungen ein Chromogen
im Harn, das sich vom Urobilinogen unterscheidet. Es lässt sich
durch Ligroin vollständig extrahieren, aus alkalischem Urin dadurch
von Urobilinogen trennen, das aus alkalischem Urin nicht in das
Ligroin übergeht. Dieses Chromogen tritt auch in urobilin- und uro-
bilinogenfreiem Urin nach Fäulnis auf. Der Aldehydfarbstoff des¬
selben hat eine bläulichrote Farbe. Es kann dem Ligroin durch
säurehaltiges Wasser nicht entzogen werden, tritt aber mit Ver¬
dunstung des Ligroins allmählich in das Wasser über und nimmt
eine gelbbräunliche Farbe an. Mit konzentrierter Salzsäure nimmt
es eine violette Farbe an. Die bräunliche Farbe ist nicht durch
Urobilin bedingt, dieses ist nicht nachweisbar. Es hat den typischen
penetranten Skatolgeruch; die Fichtenspahnreaktion ist positiv. Was
als Urobilin im klinischen Sinne bezeichnet wird, ist kein einheit¬
licher Körper, sondern eine Reihe von Substanzen, welche zum Blut¬
farbstoff wie zum Gallenfarbstoff in Beziehung stehen. Hämatogene
extrahepatische Urobilinurie ist äusserst selten, nur bei grossen Blut¬
ergüssen gelegentlich zu beobachten, gegenüber der gewöhnlichen
hepatogenen Urobilinurie, für deren Entstehung Hereingelangen von
Galle in den Darm, Reduktion zu Urobilinogen, Resorption desselben
nötig ist. Befördernd wirkt stärkere Darmfäulnis wie sie bei Leber¬
erkrankungen besonders häufig vorkommt. Die hepatische Insuffizienz
äussert sich in der Unfähigkeit, das zugeführte Urobilin zu Gallen¬
farbstoff umzuwandeln, welche bei Erkrankungen der Leberzelle als
absolute Insuffizienz besteht, bei allzu starker Gallenfarbstoffbildung
nur eine relative ist. Von dem ins Blut gelangenden Urobilin wird
nur ein Teil durch die Nieren ausgeschieden. Die Urobilinurie ist
ein sehr komplexer Vorgang, dessen Deutung bezüglich einer In¬
suffizienz der Leber mit Vorsicht meist gegeben werden kann. Quan¬
titative Schlüsse auf den Blutumsatz können für die Klinik aus diesem
Symptom aber nicht gezogen werden.
36) R. Ohm; Der Venenpuls im Lichte neuer photographischer
Methodik. (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Der Verfasser kommt bei seinen Untersuchungen mit der von
ihm selbst konstruierten Apparatur zu folgenden Ergebnissen; Die
pulsierende Jugularvene besitzt die Eigenschaften eines hochempfind¬
lichen elastischen Manometers, welches die Stauungszustände im
rechten Herzen getreu anzuzeigen vermag. Bei Stauungen massigen
Grades ändert sich die normale Gestalt des Venenpulses in charak¬
teristischer Weise, wobei unter Fortbestehen der '3 typischen Wellen
der atrioventrikuläre Charakter des normalen Venenpulses erhalten
bleibt. Die Aenderungen bestehen in einer mehr-mindergradigen Vor¬
biegung der Kollapslinie des systolischen Venenkollapses, als Aus¬
druck einer Erschwerung des Abflusses und in dem Auftreten einer
systolischen Rückstauungswelle (sr.). Hochgradige Stauungen im
rechten Herzen führen zu hochgradigen Veränderungen des normalen
Venenpulsbildes. Die normale atrioventrikuläre Form macht dabei
der ventrikulären Form Platz. Anstelle des normalen systolischen
Venenkollapses tritt die systolische Druckstauungswelle (sd.) auf
(sog. positiver Venenpuls). Die Kollabierung der Vene erfolgt herz-
diastolisch oft unter Bildung einer diastolischen Rückstauungswelle.
Die kombinierte Registriermethode besitzt grossen klinischen Wert
für die Funktionsbestimmung des Herzens, indem seine mechanische
Arbeitsleistung als Pumpwerk beurteilt und der Grad der mechani¬
schen Funktionsstörung kurvenmässig dargestellt werden kann.
37) C. Moewes; Quantitative Skatol-Indolbestimmung iii den
Fäzes. (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Die Fäzes werden im Verhältnis 30:200 mit Wasser fein ver¬
rieben; dann im Dampfstrom mit 1 Liter Wasser abdestilliert. Vom
Destillat 200 ccm mit 50 ccm Ligroin ausgeschüttelt, 10 ccm des Ex¬
traktes mit dem Ehrlich sehen Aldehydreagens (1 ccm einer 2 proz.
Lösung desselben in 20 proz. Salzsäure) versetzt, der sich absetzende
Farbstoff in 4 ccm Aq. dest. gelöst und im P 1 e s c h sehen Kolben-
keilchromophotometer mit der Farbenreaktion einer frisch bereiteten
Testlösung aus einer Mischung gleicher Teile von Indol 1:50 000 und
Skatol 1 : 50 000 bestehend, verglichen.
38) Mohr- Halle: Zur Frage des Herzschlagvolumens. Be¬
merkungen zur Arbeit von O. Müller und K. F i n c k h in dieser
Zeitschrift, Bd. 11, H. 2.
Der Verfasser tritt für die Beweiskräftigkeit der Sc'hapals-
schen Untersuchungen ein, wonach beim Menschen im extrem heissen
38
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Bad das Schlagvolumen kleiner, im kalten Bad grösser wird. Es ist
demnach die Uebertragung der von 0. Müller im Tierexperiment
gewonnenen gegenteiligen Ergebnisse auf die Verhältnisse beim Men¬
schen nicht statthaft. Lindemann - München.
Zeitschrift für Immunitätsforschung und experimentelle
Therapie. XV. Band, 2. und 3. Heft. (Auswahl.)
Tetsuda 1 1 o - Berlin : Ueber die Konzentration der Serumquali-
täten durch Gefrieren und über den Einfluss hoher Kältegrade (flüssige
Luft) auf die Antikörper. ...
Die Arbeit enthält eine systematische Untersuchung über das
Verhalten der Antikörper im Serum bei Aufenthalt im Eisschrank,
sowie bei Einfrieren und Auftauen im Gefrierapparat (Frigo). Ei-
gebnis: Komplement sedimentiert im Eisschrank erst nach längerer
Zeit, im Frigc war schon nach 2 Tagen mit dreimaligem Auftauen
kein Komplement mehr in den oberen Schichten nachzuweisen, es
fand sich in seiner Gesamtheit in der unteren Schicht vor. Bei agglu¬
tinierendem Serum zeigte sich nach dreitägigem Aufenthalt im Eis-
schrank eine Anreicherung der Unterschicht mit Agglutinin. Im Frigo
war nach 6 Tagen die obere Schicht, nach 21 Tagen auch die mittlere
Schicht frei von Agglutinin. Entsprechend verhielten sich auch die
hämolytischen Sera, nur verlief hier die Ausfrierung wesentlich lang¬
samer als bei Agglutinin. Bei den präzipitierenden Seren reicherte
ein 8 tägiger Aufenthalt im Frigo die Unterschicht mit Präzipitin
an, während ein längerer Aufenthalt das ganze Serum in seinei Wir-
kung abschwächte. In Bezug auf die Wirkung der Sera bei der
Anaphylaxie ergab sich, dass sowohl der präparierende als der An¬
aphylaxie auslösende Teil des Hammelserums sich beim Gefrieren in
der unteren Schicht ansammelte.
Hans Reiter -Königsberg: Beeinflusst das Salvarsan die In¬
tensität der Antikörperbildung?
Nach einer ausführlichen Uebersicht über die Versuche früherer
Autoren, die Resistenz oder Immunität durch physikalische oder che¬
mische Einwirkungen zu beeinflussen, geht Verf. auf die krage ein,
ob das Salvarsan auf die Bildung von Normal- oder Immunantikörpern
irgend einen Einfluss hat. Die Frage ist um so aktueller, als Uhlen-
huth von dem verwandten Atoxyl behauptet hat, dass es vor¬
wiegend indirext durch Mobilisierung von Antikörpern wirke, wäh¬
rend Ehrlich eine direkte Wirkung auf die Mikroben annimmt.
Als Massstab der Antikörper hat Verf. die Agglutinine und die Bak-
teriotropine gegen B. typhi, Flexner und Vibrio Metschnikoff gewählt.
Die Zeit der Vakzination und der Salvarsaninjektion wurde variiert.
Vom Salvarsan wurde durchweg 0,06 pro Kilo intravenös gegeben.
Resultat: Die Normalantikörper, Agglutinine, Opsonine wurden durch
Salvarsan nicht merklich beeinflusst. W urde während der Immun¬
körperbildung Salvarsan in der ersten Phase gegeben, so wurde in
manchen Fällen eine Beschleunigung der Antikörperbildung beob¬
achtet, in den andern Phasen trat entweder gar keine oder nur eine
minimale befördernde Wirkung ein. Verf. schliesst daraus, dass die
Unterstützung der Antikörperproduktion durch Salvarsan nur unregel¬
mässig und dann auch nur in sehr geringem Massstabe stattfindet.
Die Ergebnisse von Kohl und Y a m i k o f f, dass das Salvarsan
durch eine gleichzeitige Bakterieninjektion in seiner Giftigkeit erheb¬
lich gesteigert wird, konnte Verf. bestätigen.
H. R i t z - Frankfurt: Ueber die Inaktivierung des Komplementes
durch Schütteln.
Verf. hat die von Jakoby und Schütze zuerst nachge¬
wiesene, dann von verschiedenen Autoren bestätigte Inaktivierung
des Komplementes durch Schütteln nachgeprüft. Durch Benützung
des von U h 1 e n h u t h angegebenen Kinotherm konnte er die Inakti¬
vierungszeit auf 25 Minuten herabdrücken. Ebenso konnte er die
Tatsache bestätigen, dass das inaktivierte Schüttelserum sowohl
durch Endstück als durch Mittelstück des Komplementes reaktiviert
werden kann. Die Zeitdauer der Inaktivierung wechselte nach der
Konzentration des Serums. In 10 fach verdünntem Serum wurde das
Komplement am schnellsten zerstört. Ferner fand der Verf. als neue
Tatsache, dass auch der Volumgehalt der Schüttelflasche einen Ein¬
fluss auf den Inaktivierungsprozess hat. Der ganze Prozess verläuft
offenbar in 2 Phasen, da nach längerer Zeit sich das Serum nicht
mehr reaktivieren liess. Eine Erklärung des Phänomens vermag auch
der Verf. nicht zu geben.
Josef H u s 1 e r - Frankfurt: Ueber die Inaktivierung hämolyti¬
scher Komplemente durch Erwärmen.
Verf. hat die Angabe von Ritz nachgeprüft, dass das durch
Kobragift inaktivierte Meerschweinchenserum nicht nur durch jede
der beiden als End- und Mittelstück bezeichneten Fraktionen des
Komplementes, sondern auch durch Zusatz von erwärmtem und in¬
aktiviertem Meerschweinchenserum in seiner komplettierenden Kraft
wieder hergestellt werden kann, eine Eigenschaft, des Komplementes,
die R. als „dritte Komponente“ bezeichnet. Die Versuche führten
zu einer vollen Bestätigung. % ständiges Erhitzen auf 55 0 erwies
sich für den vorliegenden Zweck als am zweckmässigsten. Bei ge¬
ringerer Wärmeeinwirkung konnte noch eine Wirkung des Mittel¬
stücks — nicht mehr des Endstückes — nachgewiesen werden, nach
der eben genannten Einwirkung verschwand aber auch diese und es
blieb nur noch die Wirkung der dritten Komponente erhalten.
H. Dold und K. A o k i - Strassburg: Weitere Studien über das
Bakterienanaphylatoxin.
Bekanntlich kann man durch Einwirkung von frischem Serum
auf Bakterieneiweiss das Anaphylatoxin gewinnen. Ferner ist be¬
kannt, dass man das Gift ebenso aus toten und gekochten Bakterien
erhalten kann, wie aus lebenden. Verf. haben nun die Einwirkung
verschiedener Agentien auf die Bakterien geprüft, bevor sie mit dem
Serum zusammengebracht wurden. Es ergab sich dabei folgendes:
Durch Vorbehandlung von Paratyphusbazillen mit 40 proz. Formal¬
dehydlösung wurde ihre Fähigkeit zur Anaphylatoxinbildung nur in
geringem Grade, durch Vorbehandlung mit 10 proz. Sublimatlösung
nicht beeinflusst. Ebenso nicht durch 15 proz. Salpetersäure. Da¬
gegen sehr stark durch 15 proz. Natronlauge. Aus Bakterien, die
6 Monate in Alkohol gewesen waren, gewannen sie noch ebenso
starkes Gift wie aus frischen. Durch Schütteln der Bazillen mit Oel
kann man die Fähigkeit der Giftbildung bis zum Verschwinden
bringen. „ , , „
Gustav Bayer- Innsbruck: Beitrag zur Frage nach der Be¬
deutung des Komplementes für das Agglutinationsphänomen.
Im Gegensätze zu Ehrlich nimmt Bail an, dass die Agglu-
tinine in ihrer Konstitution vollkommene Analogie mit den Bakterio-
und Hämolysinen aufweisen, mithin Rezeptoren dritter Ordnung sind.
Den spezifischen Immunkörper nennt er Agglutinophor, den kom¬
plettierenden Hemiagglutinin. Dieser Körper würde dem Komple¬
ment entsprechen. Da nun das Komplement ein komplexer Körper
ist, so unternahm Verf., zu untersuchen, ob auch das „Hemiagglu¬
tinin“ einen komplexen Bau zeige. Als Agglutinophor diente ihm
Immuntyphuspferdeserum, als Hemiagglutinin frisches Meerschwem-
chenserum, das in allen Fällen das inaktivierte Immunserum in seiner
agglutinierenden Wirkung bestärkte und beschleunigte. Das Meei-
schweinchenserum wurde durch Dialyse oder durch Kohlensäure-
aurchleitung in bekannter Weise zerlegt und die Teilstücke in ihrer
Wirkung auf die Agglutinationsfähigkeit der Immunseren geprüft.
Das Mittelstück beförderte die Agglutination deutlich, das Endstück
war meistens unwirksam. Durch Erwärmung auf 56° wurde auch
das Mittelstück unwirksam gemacht. Die agglutinationsbefördernde
Wirkung des Komplements geht also lediglich von der Globulinfrak¬
tion, dem Mittelstück aus.
G. Izar- Catania: Wirkung kolloiden Schwefels auf Ratten¬
sarkome. XT
Nach dem Vorgänge von Wassermann, Neuberg und
K a s p a r i, die durch intravenöse Injektionen von kolloiden Metall¬
lösungen Mäusetumoren zur Heilung brachten, hat Verf. bei Ratten¬
sarkomen kolloide Schwefellösungen angewandt. Die Resultate
waren sehr günstig, kleine Tumoren verschwanden schnell, grössere
zeigten zentrale Verflüssigung und Sackbildung. In dem letzten Fall
gingen aber die Tiere meist ein.
Kurt Meyer- Stettin : Ueber Immunisierungsversuche mit
Tuberkelbazillenlipoiden und lipoidfreien Tuberkelbazillen. Ueber
antigene Eigenschaften von Lipoiden.
Nach dem Vorgänge verschiedener Autoren hat Verf. Kaninchen
mit natürlichen und lipoidfrei gemachten Tuberkelbazillen, sowie mit
den Lipoiden der Bazillen allein behandelt und das Serum auf spe¬
zifische komplementbindende Substanzen untersucht. Die Versuche
fielen in allen Fällen positiv aus: die mit den Lipoiden gewonnenen
Antikörper erwiesen sich aber als wesentlich schwächer als die
mit den Eiweisskörpern der Bazillen erzeugten. Weitere Versuche
ergaben, dass die mit den verschiedenen Antigenen erzeugten Anti¬
körper sich auch untereinander verschieden verhalten, eine Tatsache,
die zuerst von Much aufgestellt ist. Durch seine besondere Ver¬
suchsanordnung hat der Verf. den Einwand, dass die antigene Wir¬
kung der Lipoide durch beigemengte Eiweissspuren bedingt sein
könnte, endgültig widerlegt. Die Frage, ob in den durch Immuni¬
sierung mit Vollbazillen gewonnenen Seren die Eiweiss- und Lipoid¬
antikörper nebeneinander Vorkommen, oder ob besondere Lipoid¬
eiweissantikörper darin enthalten sind, bedarf noch weiterer Unter¬
suchung.
Richard G o n d e r - Frankfurt: Experimentelle Studien mit Try¬
panosomen und Spironemen (Spirochäten).
Aus der Arbeit sei hervorgehoben, dass es dem Verf. gelang, eine
Verminderung der chemischen Avidität mit Arsen vorbehandelter
Trypanosomen direkt färberisch sichtbar zu machen. Normale Try¬
panosomen färbten sich mit gewissen orthochinoiden Substanzen be¬
reits vital, arsenfeste färben sich dagegen erst nach dem Tode.
Zeitschrift für physikalische und diätetische Therapie.
Heft 12, 1912.
L. Hirschstein-Hamburg: Ueber die Beziehungen des
Schwefels zum Stickstoff in Nahrungsmitteln mit besonderer Be¬
rücksichtigung der Frauen- und Kuhmilch.
Siehe ausführliches Referat diese Wochenschrift 1912, S. 2251.
Falkenstein - Berlin : Verdauung und Stoffwechsel.
Verf. sucht ein Bild des ganzen Hergangs, der sich vom Moment
der Nahrungsaufnahme bis zur Ausscheidung der Auswurfstoffe voll¬
zieht, zu geben. Zu kurzem Referat nicht geeignet.
F r a n k e n h ä u s e r - Baden-Baden: Ueber die Wirkung der
Zyklonen (barometrischen Minima) auf das Allgemeinbefinden.
Viele Gesunde zeigen bei Herannahen von Zyklonen Krankheits¬
erscheinungen (Zyklonopathie), die man nach ihrer Lokalisation als
kongestiv zerebrale, katarrhalisch gastrointestinale und rheumatoid
periphere bezeichnen kann. Letztere sind die häufigsten. Erstere
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
39
sind vielleicht auf Reizungen des empfindlichen pneumatischen Organs
im Labyrinth zuriickzufiihren. Besonders kommen in Betracht Vibra¬
tionen des Luftdruckes (W. S c h m i d t), Verunreinigung der Luft
durch Hinströmen der Oberflächenatmosphäre an die Stelle des Mini¬
mums, plötzliche Aenderungen der Elektrizität (S c h 1 i e s s). Die
therapeutischen Massnahmen bestehen in richtiger Diät (knappe Kost,
kein Alkohol), Hydrotherapie, ev. Antineuralgika, Venaesektion (bei
Gefahr der Apoplexie). L. J a c o b - Würzburg.
Archiv für klinische Chirurgie. Band 99, Heft 1, 1912.
1) G. A x h a u s e n - Berlin : Ueber den histologischen Vorgang
bei der Transplantation von Gelenkenden, insbesondere über die
Iransplantationsfähigkeit von Gelenkknorpel und Epiphysenknorpel.
Verf. transplantierte homoplastisch bei Ratten und Kaninchen
ganze und halbe Femurepiphysen, epiphysäre Scheiben und Patellen
in die Weichteile. Die Versuche ergaben wiederum, dass Knochen¬
gewebe im histologischen Sinne nicht transplantationsfähig ist. Vom
Markgewebe zeigen in einem Teil der Fälle die oberflächlichen Ab¬
schnitte in geringer Ausdehnung Lebenserhaltung. Die Hauptmasse
geht zugrunde. Die Substitution erfolgt vom umgebenden Binde¬
gewebe und von ossifikationsfähigen Elementen der Oberflächen¬
schichte aus. Gelenkknorpel erwies sich im histologischen Sinne
und auch in einem für die praktische Anwendung ausreichenden
Umfang transplantationsfähig. Von den oberflächlichen leben¬
gebliebenen Knorpelabschnitten aus erfolgt unter lebhafter Proliferation
eine zelluläre Substitution des toten Knorpels unter Persistenz der
Grundsubstanz. Epiphysenknorpel zeigte sich im histologischen
Sinne transplantationsfähig, doch nur in einem für die praktische An¬
wendung unzureichenden Umfang.
2) H. v. Habe rer: Traumatische Ventrikelzyste, Deckung des
eröffneten Ventrikels durch Faszie. (Chirurg. Klinik zu Innsbruck.)
Bei einem 11jährigen Kinde hatte sich im Anschluss an eine
5 Jahre vorher stattgehabte Kopfverletzung eine Hemiparese der
linken Körperhälfte spastischer Natur ausgebildet. Die rechte
Schädelhälfte zeigte eine ausgedehnte Hautnarbe mit einem darunter
liegenden ausgedehnten, aus 2 Teilen bestehenden Knochendefekt. Es
bestanden linksseitige Krampfanfälle und. häufige Kopfschmerzen.
Nach Zurückklappung eines grossen hauptsächlich aus Narben¬
gewebe bestehenden Weichteillappens wölbte sich eine fluktuierende
Narbenschicht vor. Die Punktion ergab eine wasserklare, farblose
Flüssigkeit, so dass die Diagnose auf eine Hirnzyste gestellt wurde.
Nach Wegnahme der Narbendecke zeigte es sich jedoch, dass in
breiter Ausdehnung der 7. Seitenventrikel eröffnet war. Der grosse
Defekt wurde durch einen freien Faszienlappen überbrückt und über
diesen der Hautweichteillappen zurückgeschlagen und fixiert. Ein¬
heilung der Faszie.
3) K. H e n s c h e n - Zürich: Diagnostik und Operation der
traumatischen Subduralblutung.
Verf. gibt zunächst eine eingehende Beschreibung der trau¬
matischen Subduralblutungen beim Neugeborenen. Die gewöhn¬
lichen Verletzungsorte sind die freien pialen Venensstrecken oder die
am Tentorium gelegenen Venen. Der zunächst kleine primäre Er¬
guss kann bei Anwendung der S c h u 1 1 z e sehen Schwingungen viel
grösser werden. Es darf ferner heute als sicher gelten, dass die
traumatische Meningealblutung eine nicht so seltene Initialläsion
sowohl der hemiplegischen wie der diplegischen Form der zerebralen
Kinderlähmung ist. Für den Chirurgen bieten jene Fälle das nächste
nteresse, wo wiederbelebte oder nach ungestörtem Geburtsverlauf
laut schreiend zur Welt gekommene Kinder nach einem freien Inter¬
vall, das mehrere Stunden oder Tage betragen kann, scheinbar
grundlos asphyktisch werden, aber doch deutliche Zeichen gestei-
gerten Hirndruckes zeigen. Verf. unterscheidet Konvexitäts-, peri-
bulbäre und diffuse Hämatome, deren klinische Symptome und Dia¬
gnose besprochen werden. Für die Therapie der Konvexitätshäma-
tome wird in leichten Fällen eine Entlastungspunktion und Aspiration
des Blutergusses vom Seitenwinkel der grossen Fontanelle her
empfohlen. Schwere Fälle und Versagen der Punktionsbehandlung
verlangen die Anlegung einer kleinen Trepanationsöffnung, womög-
hch an der Basis des Scheitelbeins und die Ausräumung der haupt¬
sächlich komprimierenden Gerinnselmassen. Bei den peribulbären,
am Tiefpunkt des Schädelraumes gelegenen Hämatomen sind Lum-
oalpunktionen am Platze. Die traumatischen Subduralblutungen des
späteren Kindesalters und der Erwachsenen stammen aus der Art.
mening. media, bei gleichzeitig zerrissener Dura, aus der Carotis cere-
bralis, von Arterien der Hirnoberfläche oder aus den Venen des
Schädelinnern. Die Blutung aus den Piavenen kann in wenigen
Stunden zum Tode führen. Es kann aber die Blutung auch erst
stehen und dann schubweise wieder auftreten. Für die Klinik der
■ erletzungen ist wichtig, dass die subduralen Blutungen keineswegs
immer diffus auftreten; im Gegenteil sind sehr viel häufiger um¬
schriebene Ergüsse über eine Hemisphäre oder auch nur über be¬
stimmte ihrer Provinzen. Von besonderer Bedeutung ist die Tat¬
sache, dass zuvor umschriebene, ursprünglich über der Konvexität
gelegene Hämatome unter dem Druck langsam und ständig nach-
sickernden Blutes oder akuter Nachblutungen die lose Bresche,
welche die Gerinnsel um sie herum legen, sprengen und sekundär
gegen die Basis abwandern, hier in den 4. Ventrikel eindringen und
damit zu plötzlichem Tode führen können. Bei den primär um¬
schriebenen Hämatomen löst namentlich der geronnene und konsi¬
stentere Anteil des Hämatoms die schweren Erscheinungen der Rin¬
denirritation aus. Ferner führt er zu einer Steigerung der Liquor¬
absonderung und ansehnlicher Exsudation in den Subduralraum.
Zuweilen wird erst hierdurch der bisher latente Hirndruck klinisch
manifest. Nach Ansicht des Verf.s bedeutet die operative Behand¬
lung auch mittelschwerer Fälle meningealer Blutungen ein Stück
Prophylaxe der posttraumatischen Epilepsie. Bei der Operation ist
die Hauptsache die, dass der Schädel am richtigen Orte über dem
Zentrum des Extravasates geöffnet wird, wobei im Auge zu behalten
ist, dass sich der Hauptsitz des umschriebenen Subduralhämatoms in
der Frontoparietalgegend findet.
4) N. Beresnegowsky-Tomsk: Ueber die intravenöse
Aetliernarkose.
Verf. untersuchte die pathologisch-anatomischen Veränderungen
in den Organen von Tieren, die der intravenösen Aethernarkose
unterzogen worden waren. Am Lungengewebe fand er starke Er¬
weiterung der Gefässe, Anschwellung des Gewebes, stellenweise
Ruptur der Kapillaren und infolge von Blutaustritt Hepatisation des
Lungengewebes. Die Veränderungen in den Nieren und in den Gan¬
glienzellen des Herzens waren annähernd dieselben wie bei der In¬
halationsnarkose.
5) Guleke: Ueber Diagnose und Therapie der chronischen
Pankreatitis. (Chir. Klinik zu Strassburg i. E., Prof. Madelung.)
Verf. konnte unter 8 Fällen der Strassburger Klinik 5 mal die
Diagnose auf chronische Pankreatitis vor der Operation richtig
stellen. Für die Erkrankung sprechen spontan auftretende Schmerzen
in der Tiefe des Leibes oberhalb des Nabels, die zuweilen in den
Rücken, besonders nach dem linken Schulterblatt ausstrahlen, ferner
Druckschmerzen in dieser Gegend, wobei besonders wertvoll die
Palpation vor dem Röntgenschirm ist, und der Nachweis einer Re¬
sistenz in der Pankreasgegend. Die Cammidgereaktion ist für die
Diagnose der Pankreaserkrankungen wertlos. Bei den mitgeteilten
8 Fällen wurde in der Regel operativ nur das Grundleiden (Chole-
lithiasis, Ulcus ventriculi oder duodeni) angegriffen. Doch spricht
sich G. dafür aus, dass er in Zukunft bei schweren Fällen an das Pan¬
kreas direkt (Spaltung der Pankreaskapsel) herangehen würde.
6) C. Franke und H. L. Posner: Zur Lokalanästhesie im
kleinen Becken. (Chir. Klinik zu Heidelberg, Prof. W i 1 m s.)
Sensibel auszuschalten sind der Nerv, pudendus, der Nerv,
pelvicus und die Aeste des Nerv, cutaneus fern, dorsalis. Der Nerv,
pudendus wird unter Leitung eines ins Rektum eingeführten Fingers
dorsal von der Spina mit einer langen Hohlnadel vom Damm aus ge¬
troffen: der Nerv, pelvicus wird durch Injektionen zwischen Prostata
und Rektum unterbrochen. Die Aeste des Nerv, cutaneus fern, dor¬
salis lassen sich durch subkutane Injektionen anästhesieren, die man,
beginnend über dem Tuber ischii, beiderseits parallel zur Mittellinie
nach vorn macht. Die Methode eignet sich vor allem für die peri¬
neale Prostatektomie nach W i 1 m s.
7) R. König: Die Chloräthyinarkose. (Pharmakol. Institut der
Universität Jena, Piof. K i o n k a.)
Die experimentellen Untersuchungen des Verf.s ergaben, dass
die kleinste narkotisierende Dosis beim Kaltblüter 2, beim Warm¬
blüter 4 Volumprozent betrug. Der Unterschied beruht darauf, dass
das Kaltblüterblut mehr Narkotikum löst als das der Warmblüter.
Die Narkotisierungszone ist beim Chloräthyl sehr breit; die tödliche
Dosis liegt sehr weit von der kleinsten narkotisierenden Dosis ent¬
fernt. Nachwirkungen sind bei der Chloräthyinarkose nicht vor¬
handen resp. nur in sehr geringem Masse ausgeprägt. Eine Schädi¬
gung der Blütelemente und der Nieren konnte nicht beobachtet wer¬
den. Während sich das Chloräthyl für kurzdauernde Narkosen vor¬
züglich eignet, ist es völlig unbrauchbar für grössere operative Ein¬
griffe. Ein indifferentes, absolut ungefährliches Narkotikum ist das
Chloräthyl nicht. Das beim Kaninchen auftretende tonisch-klonische,
oft sehr intensive Krampfstadium ist andeutungsweise auch beim
Menschen beobachtet worden.
8) G. A x h a u s e n - Berlin: Ueber die Wundgestaltung bei
Operationen an den Rippenknorpeln.
Die für das Knochengewebe so wichtige innere Substitution
durch nacheinander folgende Resorption und Apposition existiert am
Knorpelgewebe nicht. Hierdurch geht der Knorpel eines wichtigen
Faktors für die Beseitigung der nekrotischen Randpartie verlustig.
Zur Vermeidung einer Fistelbildung empfiehlt daher A„ den Knochen¬
knorpel bis in den Knochen hinein zu entfernen oder einen Knorpel¬
stumpf durch einen gut ernährten Muskellappen zu decken. Auch
empfiehlt es sich, freigelegte Rippenknorpel mit Muskellappen oder
mit den Hauträndern zu decken.
9) G. v. Saar: Ueber pleurogene Extremitätenreflexe. (Chir.
Klinik in Innsbruck, Prof. v. H a b e r e r.)
Zusammenstellung von 9 Fällen, wo es im Anschluss an eine
Schussverletzung der tieferen Thoraxpartien zu Lähmungen an der
gleichseitigen oberen Extremität kam. Verletzungen des Plexus
waren mit Sicherheit auszuschliessen. Verf. beobachtete weiter einen
Fall, wo es im Anschluss an eine Brustwandoperation beim Verband¬
wechsel zu eigentümlichen motorischen Reizerscheinungen in den
oberen Extremitäten kam. In einigen Versuchen gelang es ihm auch
an Tieren durch faradische Reizung der parietalen Pleura oder der
Interkostalnerven ähnliche reflektorische Zuckungen der oberen gleich¬
seitigen Extremität hervorzurufen. Die Reizleitung wird wahrschein¬
lich von den in bzw. unter der Pleura verlaufenden Nerven über¬
nommen.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
T
No. 1.
4Ö
10) L. Wie de: Ueber Kalkablagerungen in der Umgebung des
Schultergelenks und ihre Beziehungen zur Periarthritis scapulo-
humeralis. (Chir. Klinik zu Jena, Prof. Lexer.)
Bei den fraglichen Röntgenschatten handelt es sich um Kalk¬
einlagerungen in die Sehnenansätze des Supra- und Infraspinatus.
Sie liegen nicht in der Wand oder im Lumen der Bursa subacromialis
bzw. subdeltoideus. Die Neigung zur Verkalkung erklärt sich viel¬
leicht aus der schlechten Blutversorgung dieser Sehnenansätze.
11) E. Hesse: Ueber Fremdkörper der Lunge und Pleurahöhle
nach Stich- und Piählungsverletzungcn. (Chir. Abteilung des städt.
Obuchow-Krankenhauses für Männer in St. Petersburg, Prot.
Zeidler.)
Mitteilung von 3 Fällen von Fremdkörperextraktion aus der
freigelegten Lunge. Einmal wurde ein 12 cm langer Bleistift, in einem
anderen Falle die abgebrochene Klinge eines 12 cm langen und 4 cm
breiten Dolches extrahiert. Beide Kranke kamen zur Heilung.
12) Th. Kocher-Bern: Das Blutbild bei Cachexia thyreo-
priva (Myxödem — kretinoide Zustände).
K. stellt die Forderung auf, es solle keine Kropfoperation
geschweige denn eine Operation eines Basedowkranken mehr vor¬
genommen werden, es sei denn vorher von kompetenter Seite eine
Blutuntersuchung ausgeführt worden. Weitere Untersuchungen
haben nun ergeben, dass wie beim Basedow auch bei Myxödem
Leukopenie in Form einer Herabsetzung des prozentualen Gehalts
neutrophiler Blutkörperchen und eine relative oder absolute Lympho¬
zytose die Regel ist. Hinsichtlich der Gerinnung zeigt sich zwischen
Basedow und thyreopriver Kachexie ein ausgeprägter Gegensatz.
Bei Basedow ist die Gerinnung verlangsamt, je schwerer der Fall
um so mehr. Bei Kachexie ist die Gerinnung beschleunigt, in schweren
Fällen in ausgesprochener Weise. Die Veränderungen in der Zu¬
sammensetzung der weissen Blutkörperchen und im Gerinnungs-
befund sind so konstant, dass man aus denselben mit Sicherheit auf
Hyper- oder Hypothyreose schliessen kann. Die Diagnose von auch
wenig ausgeprägten Formen dieser beiden Zustände ist aber sehr
wichtig, weil wir in den Schilddrüsenextrakten ein kräftiges und
zuverlässiges Mittel haben, ebensowohl um thyreoprive Erkran¬
kungen (wie das Myxödem) zu bessern und zu heilen, als um thyreo¬
toxische Krankheitszustände (wie den Basedow) zu verschlimmern
oder gar künstlich hervorzurufen. Die praktische Wichtigkeit der
Kontrolle des Blutbildes geht zur Genüge daraus hervor, dass
parallel mit Normalisierung des Blutbildes, wie sie durch Jodothyrin
und Thyreoidin herbeigeführt wird, eine entsprechende Besserung der
subjektiven und objektiven Symptome Hand in Hand geht. Bei
Basedowfällen lässt sich der Einfluss der operativen Therapie (in
Form von Exzisionen) am Blutbild kontrollieren. Die Zusammen¬
setzung der Leukozyten kehrt allmählich zur Norm zurück. Bei diffus
kolloider Veränderung der Schilddrüse prägen sich die Zeichen der
Hypothyreose aus, während bei Knotenstruma das Blutbild normal
bleibt. Es kann aber auch bei knotigem Kolloidkropf Hyperthyreose
entstehen, die sich zu ausgesprochenem Basedowbild steigern kann.
Später kommt es dagegen bei stärker entwickelten Kropfknoten und
malignen Strumen durch Druckschwund zu leichterer oder stärkerer
Hypothyreose. Das Blutbild und damit die Prüfung der Funktions¬
tüchtigkeit des Organs gestattet eine individualisierende Behandlung.
Bei Hyperthyreose sind Exzisionen kranker Drüsenabschnitte unter
Ligatur der Gefässe, bei Hypothyreose Enukleationen und Resektionen
unter Umständen nur Verlagerungen am Platze. Die Ligatur der zu¬
führenden Gefässe im Hauptstamm ist hier nicht gestattet. Bei
Myxödemkranken wird durch Verabfolgung von Schilddrüsen¬
präparaten das Blut normalisiert, bei Basedow kommt es zu einer
Verstärkung des pathologischen Blutbildes und des Befindens der
Kranken. Jodfreie Schilddrüsenpräparate sind auf das Blutbild un¬
wirksam, doch ist das Jodothyrin wirksamer als das reine Jod.
L ä w e n - Leipzig.
Zentralblatt für Chirurgie, 1912, No. 51.
L. A. Diwawin-Bogovodsk - Gluchow : Ueber Pantopon-
Skopolamin-Injektionen bei Operationen mit lokaler Anästhesie.
Verf. macht vor Operationen mit lokaler Anästhesie noch In¬
jektionen von Pantopon-Skopolamin, damit der Kranke nicht bei voller
Besinnung während der Operation ist; bei Männern injiziert er 1 Yi
bis 2 Stunden vor der Operation 0,04 Pantopon + 0,0004 Skopolamin,
bei Frauen 0,02 Pantopon + 0,0002 Skopolamin. Verf. hat damit sehr
gute Erfahrungen gemacht, vor allem fast nie Erbrechen beobachtet;
es ist nur wichtig, streng nach den Kräften und dem Alter des
Kranken die Dosierung einzurichten; kontraindiziert ist die Injektion
von Pantopon-Skopolamin bei Alkoholikern, welche sie schlecht ver¬
tragen, ferner bei schweren Herz- und Lungenerkrankungen.
üunnar N y s t r ö m - Stockholm : Eine Saugspritze zum Betriebe
mit einer Hand.
Verf. empfiehlt eine Spritze, welche durch den gleichen Hand¬
griff, an verschiedener Stelle appliziert, eine Aspiration und eine
Injektion ermöglicht. Die Konstruktion und Handhabung der Spritze
geht aus einer beigegebenen Figur hervor. E. H e i m - Gerolzhofcn.
Zentralblatt für Gynäkologie, 1912, No. 51.
R. L u m p e - Salzburg: Bemerkungen, die Aetiologie der
Placenta praevia betr.
L. glaubt, dass zwischen ektopischer Schwangerschaft und
Placenta praevia gleiche oder ähnliche ätiologische Beziehungen
bestehen. Er hält letztere sogar für eine besondere Abart von
dystopischer Gravidität. Die nähere Begründung, die sich be¬
sonders auf Arbeiten von Ho eh ne, Jolly und Robert Meyer
stützt, muss im Original nachgelcsen werden.
P. C. T. v. d. Ho even- Leiden: Die Möglichkeit einer er¬
neuten Schwangerschaft nach dem klassischen Kaiserschnitt.
Von 24 mit Kaiserschnitt behandelten Frauen waren 2 an
Tuberkulose gestorben, 1 war verschollen. 5 waren unverheiratet.
Von den übrigen 17 hatten 2 später abortiert, 8 lebensfähige
Kinder bekommen. Bei 5 wurde die Sectio caesarea zum zweiten
Male gemacht; von diesen ist nur noch eine später wieder gesund
geworden.
Vom Standpunkte der Fruchtbarkeit sollte nach v. d. II. der
klassische Kaiserschnitt durch eine bessere Methode ersetzt werden.
F. Eber har t-Köln: Ueber Nekrose des Fettgewebes durch
Naht. _ ...
E. erlebte nach der Naht einer grossen Scheiden-Damminzision
eine lokale Fettnekrose, die mit Infektion nichts zu tun hatte. Man
muss bei fettleibigen Personen auf solche Störungen des Wundver-
laufes gefasst sein.
N a c k e - Berlin: Frühgeburt oder ausgetragenes Kind.
N. hat beobachtet, dass die üblichen Masse und Gewichte für
ausgetragene Kinder viel zu gering sind. Schon 4 Wochen ante
terminum haben die Kinder meist schon die Masse und Gewichte
reifer Kinder; die letzten 4 Wochen dienen mehr zum inneren Aus¬
bau des menschlichen Körpers. J a f f e - Hamburg.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 52, 1912.
1) L. v. L i n g e n - Petersburg: Der kriminelle Abort.
Nach den Erfahrungen des Verf. sind Yt — 2U aller Aborte krimi¬
nellen Ursprungs. Ihre Zahl ist überall in starkem Steigen begriffen,
dementsprechend die Menge der dadurch herbeigeführten Todes¬
fälle. Ein Mittel zur Herabsetzung der kriminellen Aborte vermag
Verf. nicht anzugeben.
2) W. Falta und L. Zehn er- Wien: Ueber chemische Ein¬
wirkung des Thorium X auf organische Substanzen, besonders auf
die Harnsäure.
Die von den Verff. mitgeteilten Versuche ergaben eine be¬
deutende chemische Wirkung auf die betr. Substanzen. Die Löslich¬
keit der harnsauren Salze wird dadurch erhöht, die Harnsäure selbst
in weitgehender Weise chemisch verändert, woraus sich die giinsti- '
gen Erfolge bei Gicht erklären dürften.
3) E. Prado - Tagle - Berlin (aus Chile) : Beitrag zur ambula¬
torischen Trinkkurbehandlung mit Thorium X bei perniziöser Anämie.
Der mitget-eilte Fall von perniziöser Anämie (56 jähriger Patient)
reagierte sehr günstig, das Blutbild wurde fast normal; bei einem
Fall von Leukämie zeigte sich kein Erfolg. Verf. nimmt eine spe¬
zifische Wirkung auf Milz und Knochenmark an.
4) R. Friedländer und H. Vogt- Wiesbaden: Therapie der
Psychoneurosen.
Referate.
5) L. Fornaca und G. Q u a r e 1 1 i - Turin: Ueber einen Fall
von Paraldehydvergiftung und seine Behandlung.
Der Kranke, Arzt, hatte rasch über 100 g Paraldehyd genommen,
zeigte akutes Delirium mit motorischer Erregtheit; vom 5. Tage an
Besserung unter Pantoponinjektionen. Heilung binnen 20 Tagen.
6) R. M e y e r - Berlin : Das Problem der Vererbung „erworbener
Eigenschaften“.
Im wesentlichen Referat über eine jüngst erschienene Mono¬
graphie von R. S e m o n.
7) F. K a r e w s k i - Berlin : Ueber die chirurgische Behandlung
schwerer Formen chronischer Obstipation.
Cfr. Referat p. 2704 der Münch, med. Wochenschr. 1912.
8) M. W o 1 f f - Bromberg-Schröttersdorf : Ein automatisch regu¬
lierender Miniaturscheinwerfer (2-Ampere-Fixpunktbogenlampe) für
mikroskopische und makroskopische ärztliche Untersuchungen.
Beschreibung cfr. im Original. Dr. Grassmann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 51 u. 52, 1912.
1) Paul R a n s c h b u r g-Pest : Die Gedächtnisschwäche (Mnem-
asthenie) und ihre Behandlung.
Klinischer Vortrag.
2) Uhlenhuth und Th. Messerschmid t- Strassburg i. E.:
Versuche, Kaninchen zu Typhusbazillenträgern zu machen.
Kaninchen konnten durch Impfung in die Gallenblase zu Typhus¬
bazillenträgern gemacht werden, wobei sich eine der menschlichen
ähnliche Cholezystitis entwickelte; unter Umständen stellten sich
auch typhusartige Erscheinungen ein.
3) Heinrich Bi ekel -Bonn: Ueber die diagnostische Bedeutung
der Knochenreflexe.
Als konstanter Knochenreflex unter normalen Verhältnissen
kommt nur der Radiusperiostreflex in Betracht; alle anderen Knochen¬
reflexe sind mehr oder weniger inkonstant und haben daher nur be¬
schränkten diagnostischen Wert; sie können bilateral oder kontra¬
lateral oder auch paradox im Verhältnis zu den Sehnenreflexen auf-
treten. Der von Bechterew und Mendel beschriebene Fuss-
rückenreflex scheint ähnlich dem B a b i n s k i sehen Phänomen auf
eine organische Erkrankung hinzuweisen.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
41
4) Gustav Singer- Wien: Durstkuren bei chronischen Bron¬
chialerkrankungen.
Bei Bronchicktasie, Bronchoblennorrhöe, putrider Bronchitis,
Bronchialasthma und Lungenabszess wurde durch Einleitung einer
Trockenkur (3 Dursttage, 2 mal wöchentlich ausgiebige Flüssigkeits¬
zufuhr) eine Besserung nicht nur des subjektiven Befindens sondern
auch des objektiven Zustandes erreicht, indem die Menge des Aus¬
wurfes wesentlich vermindert wurde und seine eitrige Beschaffenheit
in schleimige Beschaffenheit überging. Kontraindiziert ist diese Be¬
handlungsmethode bei schwächlichen, heruntergekommenen Kranken,
bei Nierenaffektionen und bei Verdacht auf Tuberkulose.
5) Erich P 1 a t e - Hamburg: Zur Pathologie und Therapie der
Gelenkerkrankungen.
Fortbildungsvortrag.
6) Josef H o 1 1 6 s - Szegedin : Die tuberkulöse Aetiologie der
Menstruationsstörungen.
Vortrag, gehalten auf dem VII. internationalen Tuberkulose¬
kongress in Rom, nimmt die als Dysmenorrhöe oder auch
Amenorrhoe in den Fällen latenter Tuberkulose sich einfindenden
Menstruationsstörungen als die Folgen einer Intoxikation durch das
tuberkulöse Virus in Anspruch. Das Auftreten derartiger Intoxi¬
kationserscheinungen ist als das Zeichen einer gewissen Immunität
gegen die Tuberkulose und darum als prognostisch günstig zu deuten.
7) Karl L ii d e r s - Wiesbaden : Spätempyeme des Warzenfort¬
satzes.
Mit Vorliebe bei jugendlichen Individuen können Monate auch
Jahre nach der Abheilung einer akuten Mittelohrentzündung noch
Empyeme des Warzenfortsatzes auftreten; derartige Patienten sind
daher möglichst lange im Auge zu behalten und entsprechend zu
unterweisen.
8) Alfred C. C r o f t a n - Chicago : Die Salzsäurebehandlung der
perniziösen Anämie.
In nicht ganz der Hälfte der Fälle von echter perniziöser Anämie
und zwar der Form, die mit Achylie oder hochgradiger Hypochlor-
hydrie einhergeht, war mit grossen HCl-Gaben und reichlicher Ei¬
weisszufuhr eine ganz hervorragende Besserung zu erzielen.
9) Ernst L e v i n - Kopenhagen : Untersuchungen über die Re¬
sorption von Natrium salicylicum bei verschiedenen Applikations¬
weisen.
Die nachweisbaren Mengen von Natrium salicylicum im Blut sind
am grössten bei intramuskulärer, am geringsten bei subkutaner In¬
jektion; etwas bedeutender als bei der letztgenannten ist sie bei
der Darreichung per os. Die Ausscheidung erfolgt am schnellsten
auch wieder bei der subkutanen Injektion; nach 10 Stunden ist schon
nichts mehr nachweisbar, während die Ausscheidungskurve für die
intramuskuläre und orale Einverleibung etwa nach 22 Stunden auf
demselben Punkte angelangt ist, und bei der Darreichung vom Magen
aus nach 32 Stunden als letzte auf Null anlangt.
10) E n g e 1 e n - Düsseldorf : Ueber die intramuskuläre Anwen¬
dung von Fulmargin.
Fulmargin ist ein durch elektrische Kathodenzerstäubung direkt
aus Wasser und Silber hergestelltes, in Ampullen zu Injektions¬
zwecken erhältliches kolloidales Präparat, das vor dem Kollargol den
Vorzug der intramuskulären Anwendbarkeit bei völliger Unschädlich¬
keit und prompt entgiftender Wirkung besitzt.
11) Adolf E i s e n h e i m e r - Köln: Uzara, ein neues Antidiar-
rhoikum.
Uzara, 20 — 30 Tropfen zweistündlich von dem 2 proz. Liquor,
oder stündlich 2 Tabletten, oder (bei kleinen Kindern) drei- bis vier¬
stündlich ein Zäpfchen, hat sich auch bei Typhus- und Intoxikations¬
diarrhöen, von einigen Versagern abgesehen, gut bewährt.
12) K r a n e r - Zehlendorf : Ueber Hediosit.
Hediosit ist ein Siebenzucker, der unter Umständen sogar eine
Verminderung der Glykosurie auch in schweren Fällen von Diabetes
herbeizuführen vermag; die Azetonurie wird von ihm nicht beein¬
flusst; bisweilen tritt leichte Diarrhöe auf.
13) Rudolf Mandl-Pest: Zur Behandlung der chirurgisch-
tuberkulotischen Erkrankungen und der trägen, nekrotischen Ge¬
schwüre.
Empfehlung des von der Engelapotheke in Pest nach des Ver¬
fassers Angaben hergestellten „Ulsanin“, das die Wirkung des Jod
und des Sauerstoffes in statu nascendi vereinigen soll.
14) C. Crede-Hörder - Berlin-Friedenau : Löcher im Gummi¬
handschuh.
Wie bakteriologische Untersuchungen erwiesen zu haben
scheinen, sind die kleinsten Löcher in den Gummihandschuhen, wie
sie lediglich durch Nadelstiche entstehen, als für die Sterilität un¬
gefährlich zu erachten.
15) Heinrich L. Baum- München: Die neueren Errungenschaften
luf dein Gebiete der Lokalanästhesie.
Uebersichtsreferat.
No. 52.
1 ) Paul Ranschburg - Pest : Die Gedächtnisschwäche ( Mnem-
isthenie) und ihre Behandlung.
Klinischer Vortrag. Schluss aus No. 51.
2) E. L e v y - Strassburg : Probleme der spezifischen Tuberku-
osebehandlung.
Mit Rücksicht auf die Tatsache, dass es sich bei der spezifischen
uberkulosebehandlung um eine nachträgliche, aktive, relative Im¬
munisierung, eine Resistenzerhöhung handelt, wird man die Injektions
kuren alle 3 — 6 — 12 Monate wiederholen müssen, und zwar solange
noch der Verdacht einer latenten Tuberkulose vorlicgt.
3) A. F a u is e r - Stuttgart : Einige Untersuchungsergebnisse und
klinische Ausblicke auf Grund der Abderhalden sehen Anschau¬
ungen und Methodik.
Verf. hat in einer grossen Reihe von Fällen (800) mit Hilfe des
Dialysierverfahrens das Serum bei Basedow- und anderen Schild¬
drüsenerkrankungen, bei Dementia praecox, bei Lues und meta¬
luetischen Affektionen, sowie bei einigen organischen Gehirnstörungen
auf das Vorhandensein von „Schutzfermenten“ untersucht und dabei,
wie auch regelmässig bei Schwangerschaften, im Sinne Abder¬
haldens positive Ergebnisse erzielt. Besondere Beachtung ver¬
dient vielleicht die Tatsache, dass im Serum einiger Schilddrüsen¬
kranker sich Stoffe vorfanden, die Schilddrüse abbauten, mit anderen
Worten: die Schutzfermente gegen Schilddrüsensubstanz enthielten.
4) Karl Klieneberger - Zittau : Allgemeininfektion durch Ba¬
cillus pyozyaneus.
Ein mit klinischen und bakteriologischen Einzelheiten beschrie¬
bener Fall zeigt, dass der Bazillus des blauen Eiters eine Allgemein¬
infektion (hier von der Haut aus auf dem Wege über die Nieren)
herbeiführen kann, die nicht tödlich zu enden braucht.
5) Karl S t a e u b 1 i - Basel-St. Moritz : Beobachtungen über
Arsenüberempfindlichkeit.
Ein 52 jähriger Malariapatient wies bei der 2. Injektion, eine
36 jährige Basedowpatientin bei der 25. Injektion von 0,05 Natrium
cacodylicum allgemeine und örtliche Erscheinungen von Ueber-
empfindlichkeit auf.
6) Alexander Beläk-Pest: Ueber die diagnostische Bedeutung
der Döhle sehen Leukozyteneinschlüsse.
Den Döhle sehen Leukozyteneinschlüssen kommt, nachdem sie
sich auch bei manchen anderen Erkrankungen vorgefunden haben,
für Scharlach nur eine negative diagnostische Bedeutung zu, da ihre
Abwesenheit mit Sicherheit gegen Scharlach spricht.
7) Saar -Berlin: Erfahrungen mit Melubrin bei akutem Gelenk¬
rheumatismus.
Das phenyldimethylpyrazolonamidomethansulfonsaure Natrium,
Melubrin genannt, hat sich meist als guter Ersatz für Salizylpräparate
bei akutem Gelenkrheumatismus gezeigt, insofern als Gelenkschwel¬
lungen, Schmerzen, Fieber rasch verschwanden und Herz, Nieren,
Magen nicht geschädigt wurden.
8) Walther N e u m a n n - Heidelberg: Zur Operation sehr
grosser, mit kompletter Kieferspalte einhergehender Hasenscharten.
In den Fällen kompletter Hasenscharte, welche mit kompletter
Kieferspalte kombiniert ist, ist es sehr zweckmässig gewesen, die
klaffenden Kieierhälften für etwa 4 Tage nach der Hasenscharten¬
operation durch eine eigens gearbeitete, in verschiedener Weite
feststellbare Knochenklammer vom Munde aus zusammenzuhalten;
auf diese Weise wurde eine völlige Entspannung der Lippenhälften
erzielt und ein Durchreissen der Nähte sicher vermieden. Das not¬
wendige Instrumentarium ist bei Dröll in Heidelberg zu erhalten.
9) L. A s c h o f f - Freiburg i. B. : Zur Thrombusfrage.
Feststellungen zu den Bemerkungen R i b b e r t s in No 48 dieser
Wochenschrift.
10) Fritz Munk-Berlin: Ueber weitere Erfahrungen mit
Azetonextrakten bei der Serumdiagnostik der Syphilis.
Bemerkungen zu dem Aufsatz von Dr. Otto S t i n e r in No. 48
dieser Wochenschrift.
11) Heinrich L. B a u m - München : Die neueren Errungenschaften
auf dem Gebiete der Lokalanästhesie.
Schluss aus No. 51. B a u m - München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1912, No. 35.
Dubois-Bern: Ethik und Psychotherapie.
Verf. bekämpft die Ansicht, die auch Lewandowsky in
seinem neuen Buch vertritt, dass ethisch-moralisierende Tendenzen
in der Psychotherapie unnötig seien. Eine Psychotherapie ohne
„moralische Tendenzen“ bleibt kläglich und stümperhaft. Man kann
freilich in vielen Fällen den Patienten zur richtigen Einsicht und
Umwertung falscher Gefühlswerte bringen ohne den eigentlichen
Boden der Moral zu berühren. Wer aber die „Charakterfehler“
seiner Patienten als Ursache ihrer Leiden findet, kann ohne Moral,
d. h. ohne den Versuch, diese Fehler durch eine philosophische Ver¬
nunftmoral zu bessern oder zu beseitigen, nicht auskommen. Nur so
ist es oft möglich den Egoismus zu bekämpfen und durch ethische
Belehrung eine andere „Denk- und Fühllage“ zu erzielen, die für
dauernde Gesundung nötig ist. Verf. belegt seine Anschauungen mit
einer Anzahl instruktiver Beispiele. L. Jacob- Würzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 51. Jak 1 i n - Pilsen: Zur Keimprophylaxis in der Chirurgie.
Eine grössere Sicherheit zur Vermeidung von ernsten Wund¬
infektionen lässt sich nach Verfassers Ausführungen nur erwarten
von einer streng durchgeführten Trennung der septischen Chirurgie
von der aseptischen, indem für beide Zweige vollkommen getrennte
Anstalten mit eigenem Personal geschaffen werden. Die für die
Wunden gefährlichen Keime sind eigentlich nur diejenigen, welche
aus einer septischen Wunde oder einem septischen Organismus
42
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
stammen; diese müssen ferngehalten werden. Verf. selbst hat eine
durchgreifende Besserung seiner Operationsresultate (0,31 Proz.,
neuerdings überhaupt keine Wundstörungen) erreicht, seit er alle
ausgesprochen septischen Kranken von der Aufnahme in die Anstalt
ausschliesst und sich auch in der Privatpraxis von solchen Fällen
fernhält.
A. J ii r g e n s - Warschau : Zur Sklcromirage in Russland.
Nach J.s Untersuchungen ist während 20 Jahren in den Ostsee¬
provinzen nur ein, von aussen stammender, Fall von Rhinosklerom
beobachtet worden; in dem Gouvernement Grodno kamen in den
letzten 3 Jahren 2 solche Fälle vor; in Warschau kamen 2 Fälle
vor, deren Herkunft nicht sichergestellt ist, es scheinen dort ab und
zu Fälle aufzutreten.
V. K o 1 1 e r t - Wien : Das skaphoide Schulterblatt und seine
klinische Bedeutung fiir die Prognose der Lebensdauer.
Das skaphoide Schulterblatt, bei welchem der mediale Rand
konkav verläuft und der untere Winkel senkrecht unterhalb des
medialen Endpunktes der Spina liegt, ist eine durch eine unbekannte
intrauterine Störung entstandene Missbildung und ein Zeichen an¬
geborener Minderwertigkeit. Da die betreffenden Menschen meist
vorzeitig sterben, ist die Abnormität bei älteren Menschen selten.
Besonders besteht eine grosse Sterblichkeit an Tuberkulose mit vor¬
zugsweise akuten Formen. Uebergangsformen zwischen dem nor¬
malen und skaphoiden Typus erschweren die Beurteilung.
E. K ü h n e 1 1 - Freiwaldau ; Eine neue Methode zur Ein¬
verleibung grösserer Emanationsmengen.
Schlussätze: Eine Anreicherung der Emanation im Körper ist
nicht möglich. Aus dem umgebenden Medium kann durch Inhalation
in je einen Liter Blut nur ein Drittel der in einem Liter Luft ent¬
haltenen Emanation gelangen. Bei Kombination mit Inhalation kann
durch Iontophorese nur die doppelte Menge der in einem Liter Luft
enthaltenen Emanation in je einen Liter Blut gelangen. In die ein¬
zelnen Körpergewebe gelangt eine Menge Emanation je nach dem
Luftgehalt des Gewebes. Nach der Emanationsmenge der den ganzen
Körper umgebenden Luft lässt sich die einem Körper zuzuführende
Emanation bestimmen. Es muss bei Angaben über die 1 herapie
stets die Emanationsmenge im Verhältnis zu dem umgebenden Raum
genannt werden. Durch die Haut gelangt Emanation in den Körper
und zwar verbleibt sie dann länger im Körper als nach Inhalation.
Der Hämoglobingehalt des Blutes nimmt nicht zu, die Leukozyten¬
zahl wird vermindert.
A. Zografi des- Athen-Piräus: Beitrag zur Therapie der
Otitis externa furunculosa.
Die in neuerer Zeit vorgeschlagene feste Tamponade des Gehör¬
ganges nach Einführung einer Opiumgelatinemasse ist wegen grosser
Schmerzhaftigkeit oft nicht durchführbar. Bei Schmerzen, welche
auf die Bildung eines Furunkels schliessen lassen, empfehlen sich am
meisten 3 — 5 möglichst frühzeitig ausgeführte I.ängsschnitte und Ein¬
führung eines in 10 proz. Karbollösung getauchten Gazestreifens in
den gut desinfizierten Gehörgang. Auch wird die Anästhesierung mit
Kokain vorgenommen. Auf diese Weise wird der Verlauf sehr ab¬
gekürzt und gemildert.
J. Donath-Pest: Zur Nukleinsäurebehandlung der pro¬
gressiven Paralyse.
Zu Tsiminakis’ Artikel in No. 49 berichtigt D., dass bei der
Nukleinsäurelösung nicht chlorsaures Natrium, sondern Chlornatrium
verwendet wird, und verweist auf seinen Aufsatz in No. 42 und 43
der Münch, med. Wochenschr. 1912.
Wi 1ms- Heidelberg: Zu den Ausführungen von Zucker¬
kand I über die Prostatektomie nach W i 1 m s.
Entgegnung auf eine Kritik Zuckerkandis über den Aufsatz
von Wilms in No. 47 der Münch, med. Wochenschr.
Wiener medizinische Wochenschrift.
No. 46. W. Li er- Wien: Ueber 2 Fälle hartnäckiger Urtikaria
nach intravenösen Salvarsaninjektionen.
Nach mehrfacher Salvarsaninjektion trat bei diesen Fällen eine
dauernde, therapeutisch nicht zu beeinflussende Urtikaria auf, die
nach sehr kleinen Salvarsaninjektionen (nicht nach Neosalvarsan)
prompte frische Nachschübe zeigt. Bei einem der Fälle bildete sich
auch eine braune, zwischen dem Leukoderma syphiliticum besonders
intensive Hautpigmentierung.
No. 46. J. O d s t r c i 1-Prag: Erfahrungen mit Neosalvarsan.
Vorläufige Mitteilung. Das Neosalvarsan ist sehr leicht löslich,
die Herstellung der Injektionsmenge für jeden leicht. Die neutrale
Reaktion des Präparates lässt die Natronlauge und damit manche
Gefahren entfallen. Die isotonischen intraglutäalen Injektionen zeigen
geringere Lokalreaktion, raschere Resorption, dünnere Infiltrate.
Magen- und Darmstörungen sind geringer und seltener. Die Wirk¬
samkeit des Neosalvarsans ist eine langsamere als bei Salvarsan.
Stets ist eine Quecksilberbehandlung anzuschliessen.
No. 46. M. Hilf e r di ng-Hönigsb erg- Wien: Zur Be¬
handlung der Schwangerschaftsbeschwerden.
Die Verf. hat eine Reihe von Fällen mit Schwanger¬
schaftsbeschwerden mässiger und hoher Grade (meist der ersten
Monate) erfolgreich mit Herzmitteln behandelt, vor allem mit Stro-
phantus und verschiedenen Digitalispräparaten; neuerdings kommt
am meisten ein Digitalisinfus (0,50 — 1,0:200) mit Menthol oder Liq.
ammon. anisat. als Korrigens, täglich 5 Esslöffel zur Verwendung,
Mit wenigen Ausnahmen trat eine volle Heilung, meistens innerhalb
1 — 5 Tagen, ein, einige Fälle wurden nur erheblich gebessert, einzelne
blieben ohne Erfolg. 57 kurze Krankengeschichten.
No. 47. M. Hau dek -Wien: Ueber den radiologischen Nach-
weis der Magen-Kolonfistel.
Krankengeschichte eines Falles, wo nur durch die Röntgenunter-
suchung die Diagnose der Fistel und des Magenkarzinomes ermög¬
licht war. Literatur.
No. 47. A. Per utz- Wien: Ueber Aetzgeschwiire nach
Wasserglas (kieselsaures Natrium).
Aetzgeschwiire an den Händen bei drei mit Wasserglas he-
schäftigten Arbeitern. Das Auftreten ist durch einen abnormen
Ueberschuss freier Natronlauge zu erklären.
B e r g e a t - München.
Rumänische Literatur.
A. Dobrovici und D. M i h a i 1 : Azotämie und albuminurische
Neuroretinitis. (Revista stiintzelor medicale, März 1912.)
Die Untersuchungen von Widal, Morax und Weil haben
gezeigt, dass die Brightiker mit sogenannter albuminurischer Retinitis
in Wirklichkeit Azotäiniker sind, indem es sich bei ihnen haupt¬
sächlich um eine Stickstoffzurückhaltung im Blute handelt. Die
B right sehe Retinitis scheint eher ein azotämisches als ein albu-
minurisches Symptom zu sein, denn man findet sie oft auch dort,
wo keinerlei Eiweiss ausgeschieden wird und es sich trotzdem um
eine chronische Nephritis handelt.
Die Verfasser haben auf der ophthalmologischen Klinik von
Stanculeanu eine Reihe von Untersuchungen angestellt und bei
Brightikern mit Retinitis die Menge des Harnstoffes im Blutserum
nach der Methode von Widal und J a v a 1 festgestellt. Sie sind
zu folgenden Schlüssen gelangt.
Es besteht gar kein Zusammenhang zwischen Eiweissaus¬
scheidung und Augenerkrankung; drei von den untersuchten Kranken
hatten eine typische albuminurische Retinitis und trotzdem kein Ei¬
weiss im Harn. Bei einem anderen Patienten hatte die Behandlung
der Stickstoffretention durch Einführen stickstoffarmer Nahrung
Heilung der Neuroretinitis bewirkt, ohne aber die bedeutende,
zwischen 5 — 6 g täglich sich bewegende Eiweissausscheidung im ge¬
ringsten zu beeinflussen.
Während man bei allen diesen Kranken keinen Zusammenhang
zwischen Augenerkrankung und Eiweissausscheidung finden kann,
so besteht doch ein konstanter zwischen ersterer und Harnstoff¬
retention. Statt der normalen Menge von 0,50 g Harnstoff pro Liter
Blutserum findet man Mengen, welche zwischen 0,71 und 5 g pro
Liter schwanken. Die Zurückhaltung des Harnstoffes wurde hei
einigen Kranken auch durch die Analyse der Zerebrospinalflüssigkeit
festgestellt. Auch der Ambar dsche Koeffizient (K) war bei diesen
Kranken gesteigert und übertraf immer die normale Ziffer (K = 0,04).
Bekanntlich erhält man denselben dadurch, dass man die Menge des
Blutharnstoffes durch die Kubikwurzel des in 24 Stunden ausge¬
schiedenen Harn-Harnstoffes teilt. JK
Die Prognose nicht nur „quoad restitutionem“, sondern aucn
„quoad vitam“ ist eine ernste, und zwar um so ernster, je grösser die
Alenge des zurückgehaltenen Harnstoffes ist.
Die Dauer der Netzhauterkrankung ist ebenfalls ein wichtiger
Faktor in der Prognose dieser Krankheit, denn nur bei ganz frischen
Fällen kann eine restitutio ad integrum erhofft werden. Die Haupt¬
sache ist eine konsequent durchgeführte stickstoffarme Ernährung
in Verbindung mit salzloser Kost, denn oft tritt Stickstoffretention
in Verbindung mit Zurückhaltung von Kochsalz auf.
D. Danielopolu: Herzarrhythmien infolge von Störungen m
der Leitungsfähigkeit des Herzmuskels. (Ibidem, April 1912.)
Störungen in der Leitungsfähigkeit des Myokards bewirken Ver-
längerung der Pause zwischen Vorhof- und Ventrikelzusammen-
ziehung und treten klinisch unter der Form von paroxystischer odei
permanenter Bradykardie auf. Erstere erscheint als vorübergehende
Verlangsamung des Herzrhythmus im Verlaufe der sonst normalen
Kontraktionen und tritt meist in Verbindung mit nervösen Störungen
auf. Bei letzterer ist die Verlangsamung des Pulses eine fortdauernde
und kann dieser Zustand jahre- und jahrzehntelang andauern, ln
den meisten Fällen ist die permanente Bradykardie von der paro-
xystischen abgeleitet. Die meisten derartigen Kranken haben zu
Beginn ihres Leidens nervöse Symptome dargeboten, die auf Gehirn¬
anämie beruhen und welche den von Adams-Stokes beschrie¬
benen Symptomenkomplex darstellen. Die Kranken leiden an
Schwindel und können für kurze Zeit das Bewusstsein verlieren.
Bei längerem Andauern der ventrikulären Intermittenzen kann es zu
epileptiformen Anfällen kommen. Ja, es kann bei längerem Andauerni
der Krisen auch der Tod eintreten. Die Intensität der nervösen Er¬
scheinungen hängt von dem Grade der Hirnanämie, d. h. von der
Länge der ventrikulären Intermittenzen ab.
Falls die paroxystische Bradykardie in eine permanente über¬
geht, verschwinden auch die nervösen Störungen, denn das Gehirn
gewöhnt sich an den langsameren Herzrhythmus, indem bei jeder
Systole eine grössere Menge Blut in den Kreislauf gelangt, als es
für gewöhnlich der Fall ist.
Der Verfasser studierte in eingehender Weise alle Formen der
in Rede stehenden Herzaffektion und bringt zahlreiche einschlägige
graphische Tabellen.
7. Januar 1913.
MUFNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
43
Das einzige Mittel, welches bei diesen Zuständen wirksam er¬
scheint, ist das Atropin, welches namentlich bei den paroxystischen
Bradykardien gute Erfolge gibt. Die Digitalis ist meist kontra-
indiziert, indem durch Reizung des Vagus gerade noch grössere
Störungen in der Leitungsfähigkeit des Myokards hervorgerufen
werden. Nichtsdestoweniger sind Fälle bekannt, wo Digitalis eine
Besserung des Zustandes bewirkt hat, und zwar bei jenen Patienten,
die eine Erweiterung des rechten Herzens hatten. Bei syphilitischer
Natur der Krankheit ist oft durch eine spezifische Behandlung eine
manifeste Besserung der Symptome zu erzielen.
N. Zaharescu: Die vorzeitige Ablösung der normal inse¬
rierten Plazenta im Laufe der Schwangerschaft. (Ibidem.)
Diese ernste Komplikation der Schwangerschaft ist in der
Bukarester Gebäranstalt im Laufe von 25 Jahren 24 mal vorge¬
kommen, was einem Verhältnisse von 1:1706 Geburten (bei einer
Gesamtmenge von 40 951 Geburten) entspricht. Es können mehrfache
Gründe zur vorzeitigen Ablösung der Nachgeburt während der
Schwangerschaft führen, und zwar: solche anatomisch-pathologischer
Natur, bestehend in einer Schwächung der normalen Adhärenzen
zwischen Uteruswand und Nachgeburt, wie dies bei mangelhafter
Ernährung, fettiger Entartung u. a. Vorkommen kann. Syphilis,
1 uberkulose, Abdominaltyphus, Endometritis und namentlich
Albuminurie können hierzu Veranlassung geben. Es kommt zu mehr
oder weniger reichlichen Blutungen zwischen Gebärmutterwand und
Nachgeburt und die Folge ist eine oft ausgedehnte Ablösung der¬
selben.
Klinisch treten der schlechte Allgemeinzustand, das abnorme
Volumen und die lignöse Härte der Gebärmutter, sowie auch akute,
heftige Bauchschmerzen in Erscheinung. Meist treten auch reichliche
Blutungen durch die Scheide auf. Die Prognose ist eine ernste, denn
in der ersten Hälfte der Schwangerschaft tritt meist Abortus auf,
während später durch die starken Blutungen, die verzögerten Ge¬
burten und die oft eintretende Uterusinertie der Tod der Frauen in
beiläufig 30 Proz. der Fälle verursacht wird. Die Sterblichkeit der
Kinder ist ebenfalls eine grosse; drei Viertel der Kinder sterben im
Gebärmutterinneren ab, während die übrigen meist wenige Stunden
nach der Geburt zugrunde gehen. Im allgemeinen kann gesagt
werden, dass kaum 4 — 5 Proz. der Kinder am Leben bleiben.
Was die Behandlung anbetrifft, so hat die Erfahrung folgendes
gelehrt: Das künstliche, vorzeitige Einreissen der Fruchtblase hat
nur in leichten Fällen einen praktischen Erfolg. Auch die digitale
Erweiterung des Gebärmutterhalses mittels der Bonnaire schert
Methode, oder durch den Ballon von Champetier de Ribes,
gefolgt von innerer Wendung oder Zangenanlegung, kann nur für
mittelschwere Fälle empfohlen werden, während für die schweren nur
von dem Kaiserschnitt eine Rettung der Frau erwartet werden kann.
C. Doljan: Die Oedeme der Kachektiker. (Ibidem.)
Es w ird allgemein angenommen, dass es in kachektischen Zu¬
ständen durch mangelhafte Blutzusammensetzung und nachfolgende
Degenerierung der Gefässwände zum Austritt von seröser Flüssig¬
keit in die Gewebe, d. h. zur Bildung von Oedemen kommt. Dieser
Ansicht tritt nun der Verf. entgegen, indem er an der Hand klinischer
und nekroptischer Beobachtungen nachweist, dass in allen Fällen von
Oedemen bei Kachektischen es sich um Veränderungen des Nieren¬
epithels handelt, dass also die betreffenden Oedeme renaler Natur
sind, während, wenn die Nieren intakt sind, auch keine Oedeme auf-
treten, möge der Grad der Kachexie auch noch so gross sein. Es
gibt also keine kachektischen Oedeme, sondern nur solche renaler
Natur und der Ausdruck „kachektisches Oedem“ muss aus der medi¬
zinischen Sprache gestrichen werden.
F. Märtz: Die Behandlung der Purpura mittels subkutaner
Einspritzungen von Pepton Witte. (Spitalul No. 6, 1912.)
Verf. beschreibt Fälle von Purpura haemorrhagica aus der Klinik
B u i c 1 i u, bei welchen, nach Fehlschlagen aller sonst gebräuch¬
lichen Mittel, subkutane Einspritzungen von 5 proz. Peptonlösung
(mit Vz Proz. Kochsalzzusatz) nach der Methode von Noll und
Herry in kurzer Zeit Heilung herbeiführte. Man macht Ein¬
spritzungen von 5—10 ccm alle 3—5 Tage.
A. Babesch und C. C i o c : Neue Betrachtungen zur Aetio-
logie der Perinealrupturen. (Ibidem No. 8, 1912.)
Die Verfasser beschreiben 2 Fälle, in welchen infolge von
narbiger Verwachsung der Scheide, resp. allzu dickem, fibrösem
Hymen, der erste geschlechtliche Kontakt zu einer Perforierung der
Fossa navicularis, Eindringen des erigierten Gliedes zwischen Mast¬
darm und Vagina bis zu einer Tiefe von 8 — 10 cm geführt hatte.
Ja. in dem zweiten Falle war auch das Rektum durchbohrt und es
entleerten sich Fäkalmassen durch den Vorhof. In beiden Fällen
konnte mit zweifelloser Bestimmtheit festgestellt werden, dass die
erwähnten Verletzungen auf dem Wege des Koitus stattgefunden
hatten und dass es sich keineswegs um Verletzungen anderweitiger
Natur gehandelt hat. Es ist dies in forensischer Beziehung von
Wichtigkeit. Es muss auch berücksichtigt werden, dass in beiden
Fällen Veränderungen an den äusseren weiblichen Genitalien im
Spiele waren, die einen normalen Beischlaf unmöglich gemacht
hatten. Es ist also noch fraglich, ob bei normalen Verhältnissen der
betreffenden Teile derartige Verletzungen möglich wären.
N. Zaharescu: Betrachtungen über 2 Fälle von Dystokie,
bewirkt durch solide Ovarialgeschwülste. (Revista stiintzelor medi-
cale, Mai 1912.)
In den betreffenden Fällen handelte es sich um grosse, in-
kompressible Geschwülste der Eierstöcke, die ein Durchgehen der
Frucht vollkommen unmöglich machten. In dem einen Falle wurde
der Kaiserschnitt^ ausgeführt und ein lebendes Kind gewonnen,
welches nach 6 Stunden an Erschöpfung zugrunde ging. In dem
anderen konnte in der Narkose die Geschwulst aus dem kleinen
Becken in den Bauchraum gedrückt werden und das Kind mittels
hoher Zange lebend extrahiert werden. Im allgemeinen sind solide
Geschwülste der Eierstöcke als Geburtshindernis selten, da es sich
in solchen Fällen meist um Ovarialzysten handelt. Bemerkenswert
ist der Umstand, dass alle diese Geschwülste von Beginn der
Schwangerschaft ab in rapider Weise an Umfang zunehmen und
daher ein operativer Eingriff so frühzeitig als möglich vorzu¬
nehmen ist.
Ioan Jianu und O. Meller: Betrachtungen über die hypo¬
genetische Nephritis. (Spitalul No. 9, 1912.)
Unter dem Namen „hypogenetische Nephritis“ ist von Prof.
Babesch im Jahre 1905 eine Krankheitsform beschrieben worden,
bei welcher es sich um junge Leute zwischen 20—30 Jahren handelt,
welche zwar von schwacher, anämischer Konstitution sind, nie
an einer Nierenkrankheit gelitten hatten, bei welchen aber eine un¬
bedeutende Erkrankung, wie z. B. eine Bronchitis, Influenza oder
zirkumskripte Pneumonie genügen, um die Symptome einer schweren
Nierenentzündung mit nachfolgender Urämie zum Vorschein kommen
zu lassen. Ja, es kann unter den Erscheinungen einer supraakuten
Urämie der Tod binnen wenigen Tagen eintreten. Der Harn enthält
grosse Mengen von Eiweiss und Zylinder, ferner Epithelien, ist aber
arm an Harnsalzen. Bei der Nekropsie derartiger Patienten findet
man, dass die Nieren ausserordentlich klein sind und auch sonstige
Merkmale^ mangelhafter Entwicklung darbieten, wie z. B. Lappung,
tieferen Sitz, indem eine gewisse Entfernung zwischen Niere und
Nebenniere besteht. Das Gewicht einer solchen Niere schwankt
zwischen 20 und 30 g. Blutgefässe und Harnleiter sind viel dünner,
als unter normalen Verhältnissen. Gleichzeitig mit einer mangel¬
haften Entwicklung der Nieren wird auch eine mangelhafte Ent¬
wicklung des äusseren Genitales beobachtet; dies ist von Wichtig¬
keit, da man bei allen Personen mit Genitalanomalien eine hypo¬
genetische Entwicklung der Nieren annehmen muss. Da solche
Nieren sehr leicht entzündlich erkranken, so muss rechtzeitig und
namentlich im ( Verlaufe von Krankheiten darauf geachtet werden.
N. Zaharescu: Die Diagnose und Behandlung des vorzeitigen
Einreissens der Eihäute. (Ibidem.)
Das vorzeitige Einreissen der Eihäute ist kein seltenes Ereignis
und kann sowohl irn Bereiche des Muttermundes, als auch höher
oben stattfinden; in letzterem Falle ist eine teilweise Verschliessung
des Risses durch die sich anlegenden Gebärmutterwände möglich.
Der Vorfall ist für den Gang der Schwangerschaft und namentlich,
für die Geburt nicht unwichtig. Das Kind kann absterben, es kann,
namentlich infolge des oftmaligen Untersuchens zu Gebärmutter¬
infektionen kommen. Die Geburt geht viel langsamer von statten,
da die auf den Gebärmutterhals wirkende erweiternde Kraft der
Fruchtblase fehlt. Das Anlegen der Zange wegen Erschöpfung der
Frau ist daher oft nötig. Ein weiteres, nicht seltenes Ereignis ist
der Vorfall der Nabelschnur, welcher ebenfalls die Zange oder innere
Wendung notwendig macht. Die Herztöne des Fötus müssen genau
überwacht werden, um den Zeitpunkt des Einschreitens rechtzeitig
bestimmen zu können.
Gr. Brauer: Die Feststellung versteckter Blutungen im Magen¬
inhalte. (Spitalul No. 10, 1912.)
Es gibt unbedeutende Magenblutungen, die den Mageninhalt
nicht färben und deren Feststellung trotzdem von Bedeutung ist,
namentlich für die Karzinomdiagnose. Man wendet am besten die
Guajakprobe an, wobei berücksichtigt werden muss, dass kleine
Blutmengen, bei Anwesenheit von freier Salzsäure, wie auch sonst
von anorganischen Säuren, schwache Blaufärbung bewirken. Um
dies gegebenenfalls bewirken zu können, muss die vorhandene
Salzsäure neutralisiert werden, was am besten mittels Vioproz.
NaOH-Lösung geschieht. Es wurde behauptet, dass auch organische
Säuren die Guajakharzreaktion verhindern. Dies ist unrichtig, wie
sich der Verf. durch die angestellten Untersuchungen in vitro über¬
zeugen konnte.
N. Zaharescu: Das Vorgehen bei Dystokie infolge von zu
grossem physiologischen Volumen des Fötus. (Ibidem.)
Ein zu grosser Kopf und eine übermässige Schulterbreite des
Kindes können ernstliche Geburtshindernisse werden und sogar zur
Vornahme des Kaiserschnittes Veranlassung geben. Bei Kopflage
und zu grossem Schädel kann durch Zangenextraktion oft ein leben¬
des Kind gewonnen werden. Stemmt sich dasselbe mit den Schultern
an, so muss nach rückwärts mit der Hand tief eingegangen und der
Arm gelöst werden, indem man denselben behutsam streckt dadurch,
dass man die kindliche Hand über das Gesicht streichen lässt. Ist
der hintere Arm extrahiert und macht der vordere Schwierigkeiten,
so verwandelt man denselben in den hinteren Arm durch ent¬
sprechende Drehung und nimmt dann die Entwicklung desselben
vor wie die des anderen. Bei toten Kindern könnte eventuell die
Durchschneidung des Schlüsselbeins mittels Schere ausgeführt
werden.
Gh. Baiatu: Einige Betrachtungen über Azotämie bei Nephritis
und deren prognostischer Wert. (Ibidem.)
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Der Verfasser hat seine Untersuchungen an der Klinik und
unter der Leitung von Nanu-Muscel vorgenommen und ist zu
folgenden Schlüssen gelangt.
Man findet mitunter hei chronischer Nephritis erhöhte Mengen
von Harnstoff im Blutserum, die in den Fällen des Verfassers zwi¬
schen 0,70 und 1,70 Prom. sich bewegt hatten. Ein grosser Teil der
Störungen, welche die betreffenden Patienten darbieten, ist auf die
Zurückhaltung von Harnstoff im Blute zurückzuführen. Ein reine,
azotämische Nephritis ist aber selten und wurde nur in den leichteren
Fällen mit einer Harnstoffretention von 0,50 — 1 g beobachtet, während
in jenen Fällen, die eine grössere Retention aufweisen, auch chlor-
ämische und albuminurische Erscheinungen zu verzeichnen sind. Die
Besserungen, welche zu erzielen sind, müssen in erster Reihe auf eine
unterstickstoffhaltige Ernährung zurückgeführt werden und ist es
von Wichtigkeit, dies recht frühzeitig zu tun, um späteren, schweren
Komplikationen vorzubeugen.
Man muss also bei nierenkranken Patienten, neben der Harn¬
untersuchung, auch eine solche des Blutes vornehmen, um sich über
eine eventuelle Stickstoffretention zu orientieren. Dies ist auch in
prognostischer Beziehune wichtig, denn es hat sich gezeigt, dass
Retentionen von über 2 g pro m. zu einer sehr ernsten Prognose
berechtigen.
1. Bejan: Die Schwierigkeit der Diagnose bei geplatzter
Extrauterinschwangerschaft mit Hämatozele. (Spitalul, No. 12, 1912.)
Extrauterinschwangerschaften kommen recht häufig vor, viele
bleiben aber unerkannt, da das frühzeitige Einreissen des Frucht¬
sackes mit nachfolgender Bildung einer Hämatozele oder auch mit
peritonealer Ueberschwemmung oft unter verschiedenen Namen
behandelt wird, während man an eine Extrauterinschwangerschaft
gar nicht denkt. Man soll daher bei jeder Erkrankung in der weib¬
lichen Geschlechtssphäre zuerst an dieses Vorkommnis denken und
nur dann eine solche Gravidität ausschliessen, wann keines der dafür
charakteristischen Symptome zu finden ist. Ausser den bereits gut
bekannten lenkt der Verf. die Aufmerksamkeit auf den fast immer
vorhandenen Tenesmus und Harndrang, sowie auch auf den Umstand,
dass die Gebärmutter deutlich und meist leicht von dem Tumor im
Douglas und den Adnexen abgrenzbar ist, was bei entzündlichen
Erkrankungen dieser Teile nicht der Fall ist.
Ion Jianu: Adhärente Ueberpflanzung der Art. hypogastrica
zur Wiederherstellung des Harnleiters. (Ibidem.)
Der Verfasser hat in einem Falle von Gebärmutterkrebs mit
krebsiger Infiltration eines Teiles des Ureters, denselben durch ein
in situ belassenes Stück der Arteria iliaca interna ersetzt. Es bietet
dies mehrfache Vorteile, hauptsächlich den, dass das ausgeschnittene
Arterienstück viel besser ernährt wird und daher auch der reizenden
Einwirkung des durchfliessenden Harnes besser wiedersteht, als wenn
es aus den umgebenden Geweben herauspräpariert würde. Die Naht
wird mit dünnen Hanffäden vorgenommen und es ist von Wichtig¬
keit, dass das Kaliber der Arterie dem des Ureters genau entspricht,
ln ähnlicher Weise hat der Verfasser in einem Falle von Gesichts¬
krebs ein Stück des S t e n o n sehen Kanals durch ein adhärentes
Stück der Gesichtsvene ersetzt. Auch in diesem Falle war das
funktionelle Resultat ein sehr gutes.
Jean Nicolai di: Wirkung des organisch-polymineralischen,
radioaktiven Serums auf die kutanen Erscheinungen der Pellagra.
(Revista stiintzelor med., Juni 1912.)
Ein spezifisches, selten fehlendes Symptom der Pellagra ist das
eigentümliche Hauterythem mit seiner charakteristischen Lokalisation
und seinem eigentümlichen Verlaufe. Dasselbe bildet einen wichtigen
Teil der Krankheit und geht parallel mit ihrer Entwicklung.
Der Verfasser hat nach einschlägigen Stoffwechselunter¬
suchungen ein Serum hergestellt, welches Extrakte aus Pferde¬
serum und verschiedene Salze aus dem Blutplasma enthält, und
ausserdem einer Radioaktivierung unterworfen worden war. Die
damit angestellten Versuche haben gezeigt, dass dasselbe sehr gün¬
stige Heilresultate mit Bezug auf die erwähnte Hauterkrankung der
Pellagrösen ergibt, ausserdem aber auch die sonstigen Erscheinungen
dieser Krankheit in günstiger Weise beeinflusst.
A. Perianu: Die chronische Appendizitis. (Inauguraldisser¬
tation, Bukarest, 1912.)
Chronische Appendizitis kann entweder von Anfang an als
solche auftreten und verlaufen, oder akute Exazerbationen darbieten
und dann endgültig chronisch werden, oder endlich zuerst akut
einsetzen und nach einiger Zeit in die chronische Form übergehen.
Fast immer handelt es sich um eine mikrobielle Infektion, sei es, dass
dieselbe sich infolge einer allgemeinen Infektion entwickelt, wie bei
Typhus, Masern, Scharlach, Influenza, Mandelentzündung etc., sei
es, dass lokale Ursachen hierzu Veranlassung geben, wie Fremd¬
körper, Darmwürmer, abnorme Lage des Wurmfortsatzes u. a.
Auch Entzündungen des Darmes, des Eileiters und andere Entzün¬
dungen der Nachbarschaft können hierzu Veranlassung geben.
Fast immer handelt es sich um eine chronische Entzündung der
Appendix, bestehend in einer Follikulitis, die auf sanguinem oder
lymphatischem Wege entstanden sein kann; es kann zu Hyper¬
trophien, Atrophien oder Obiiterierungen des befallenen Teiles
kommen.
Die Symptome der chronischen Entzündung des Wurmfortsatzes
sind: spontane Schmerzen, Verdauungsstörungen, schlechter All¬
gemeinzustand, fixer Schmerz an der M a c B u r n e y sehen Stelle
und, bei Kindern, eine mangelhafte allgemeine Entwicklung.
Man muss an Appendizitis bei konstipierten Dyspeptischen,
Diarrhoikern, Neurasthenikern und bei Kindern, die an Erbrechen
leiden, denken.
Sowie man die Diagnose stellt, ist die Indikation eines ope¬
rativen Eingriffes gegeben.
M. I. C h e 1 a r u : Die Radiotherapie der tuberkulösen Adeni-
tiden. (Inauguraldissertation, Bukarest 1912.)
Die Einwirkung der Röntgenstrahlen besteht in Zerstörung der
entzündlichen Elemente, des neugebildeten Lymphgewebes und spe¬
ziell der Lymphozyten, in Vermehrung der polynukleären Zellen und
indirekten Zerstörung der Bakterien. Am wirksamsten haben sich die
Strahlen No. 6 der B e n o i s t sehen Skala nach Filtrierung durch
Aluminiumplatten von 1 mm Dicke erwiesen. Die Verbindung der
lokalen Behandlung mit der allgemeinen ergibt noch viel bessere
Resultate. E. T o f f - Braila.
Inauguraldissertationen. 0
Ueber die Toxine der Askariden hat Hermann
Dobernecker Untersuchungen angesteljt und zwar an Ascaris
megacol. und Ascaris lumbr. Männliche und weibliche Tiere er¬
wiesen sich als gleich giftig. Die giftigen Substanzen sind in der
Leibesflüssigkeit der Tiere enthalten; A. megacol. ist giftiger als
A. lumbr. Die Askariden beherbergen in ihrem Körper Toxine,
welche beim Menschen vorwiegend auf das Gehirn, bei Tieren vor¬
wiegend auf das Rückenmark einwirken sowie örtliche äussere
Reizungen bedingen. (Bern 1912, 37 S. Leipzig, O. L e i n e r.)
Fritz L o e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Breslau. August— November 1912.
Breslauer Erich: Experimentelle Untersuchungen über die rück¬
läufige Durchströmung parenchymatöser Organe.
Hauke Hugo : Die W i e t i n g sehe Operation.
Jacobson Adalbert: Ueber multiple Neurofibromatose mit sarko-
matöser Entartung.
Janaszek Johann: Risse der Quadrizepssehne und des Ligamentum
patellae proprium.
Jendralski Felix : Salvarsan und Auge.
Kowalski Boleslaw: Sectio caesarea.
Kubiak Leo: Zur Aetiologie, Pathologie und Therapie der Querlage.
Laban d Ludwig: Frequenz, Aetiologie und Pathologie der Fehl¬
geburt.
Neugebauer Karl: Ueber einen Fall der Arteria anonyma.
Reichel Max: Die Geburt bei alten Erstgebärenden.
Rothe r Karl: Ueber postdiphtherische Abduzenslähmungen.
Rüben Albert: Ein Fall von Mediastinitis phlegmonosa antica.
Wächter Hans: Ein Fall von multiplem Auftreten von Epithel¬
zysten.
Universität Leizpig. Oktober 1912.
Frau Ottilie Hoff mann: Ueber das Zustandekommen von Lupus
erythematodes.
Leschcziner Heinrich: Zur Frage der diagnostischen Bewertung
des Scharlachphänomens.
Levy Ernst Nathan: Ein Beitrag zur Salvarsanbehandlung der
Plaut-Vincent sehen Angina.
Pur ucker K. W. E.: Ueber Ursache und Ausgänge des Nicht¬
gedeihens bei Brustkindern.
Wild Ernst: Ein Konsilium Dr. Johann Widmanns aus Mo-
chingen (1440—1524) über Blasengeschwüre und Steinleiden.
Kolszewski Alfred: Ueber das primäre Bronchial- und Lungen¬
karzinom.
Peters Ernst: Ueber die eitrigen Erkrankungen der Harnwege im
Verlaufe von Ernährungsstörungen im Säuglingsalter.
Stolle Ernst: Ueber Saisonrezidive bei Hautkrankheiten.
Ulrichs Gustav: Ueber einen Fall von Echinokokkus im Ober¬
schenkelknochen.
Unglaub Max: Ueber den sog. Indikannachweis im Harn. (Ver¬
gleichende Beobachtungen mittelst der J aff eschen, Ober¬
meyer sehen, B e r b e r i o sehen Reaktion.)
Uter Wilhelm: Die Rolle des Traumas bei Entstehung akuter In¬
fektionskrankheiten.
Bach Fritz: Ueber Pneumonien mit relativer Pulsverlangsamung.
Ben ecke Anna: Leukämie mit besonderer Berücksichtigung der
Blutgerinnung und hämorrhagischen Diathese.
Br au mann Paul: Die Talmasche Operation unter Mitteilung
ihrer erfolgreichen Anwendung bei einem Falle von Zuckerguss-
leber. , ,
Pause Johannes: Ueber subphrenische Abszesse im Gefolge von
Ulcus ventriculi perforatum und Perityphlitis und die Erfolge der
chirurgischen Behandlung.
Sch wer mann Johann: Embolie der Arteria mesenteriea superior.
Wagner Aloysius: Beitrag zur Kasuistik und Therapie der Orbital¬
phlegmone. _
i) Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
45
Auswärtige Briefe.
Hamburger Briefe.
(Eigener Bericht.)
Einigiingskonnnission zwischen
Akademische Ferienkurse.
Aerzten und Krankenkassen.
Hie Hamhurgische Universität, von deren bevorstehender Grün¬
dung in diesem Blatte bereits kurz berichtet wurde, wirft ihre Schat-
ten, oder richtiger gesagt, ihre Lichtstrahlen bereits voraus. Unter
iem Vorsitz des Herrn Dr. Schädel, Professor der romanischen
Sprachen und Kulturen in Hamburg und Dr. med. L. Brauer Pro-
essor der inneren Medizin und ärztlicher Direktor des Allg. Kranken¬
hauses Eppendorf, hat sich hier ein Ausschuss für aka¬
demische Ferienkurse gebildet, die zuerst vom 24. Juli bis
6. August nächsten Jahres stattfinden sollen. Dem Programm dieser
Kurse, das soeben ausgegeben wurde, entnehmen wir das folgende,
das für alle akademischen Kreise allgemeines Interesse haben dürfte.
1 le akademischen Ferienkurse zu Hamburg wollen wissenschaft¬
lich mteressiei ten fiörern, Lehrenden wie Lernenden, in knapper Form
und von sachverständiger Seite her, eine Orientierung bieten über
uen gegenwärtigen Stand ausgewählter Forschungs- und Kulturpro¬
bleme, die das geistige Leben im heutigen Deutschland beschäftigen.
ns ist ihr besonderer Zweck, die inneren methodischen Zu-
sammenhange zwischen der wissenschaftlichen Arbeit, wie sie auf
fördern”26 S6bieten ^ Forschun8: geleistet wird, zu zeigen und zu
Sie wollen insbesondere wissenschaftlichen Persönlichkeiten, die
an den Problemen ihres eigenen Fachs interessiert sind, in Vorträgen
über Probleme verwandter Fächer methodische Anregung geben,
neue und vielversprechende Wege, die einzelne Disziplinen einge-
schlagen haben, klären und den anderen eröffnen.
Fs sind keine Fortbildungskurse zur Auffrischung verloren ge¬
gangener oder zur Uebermittlung noch nicht erworbener akademi¬
scher Berufskenntnisse.
Sie wenden sich aber nicht nur an wissenschaftlich denkende
ueutsche, sondern an die Vertreter des geistigen Lebens aller Län-
av' • Ie r^0! u,dem Aus>dnder die Art und den Inhalt geistiger
Arbeit in Deutschland nahe bringen, ihm die Möglichkeit geben, sich
bei uns selbst, an Ort und Stelle und mit geringem Zeitaufwand, dar-
inei zu orientieren, welches der Stand des wissenschaftlichen Stre-
bens, das Deutschland heute mit seiner Heimat verknüpft, auf den
verschiedenartigsten Geistesgebieten ist, welche Materien und Frage¬
stellungen uns beschäftigen und welche Methoden wir zu ihrer Be¬
arbeitung eingeschlagen haben.
.. . S'a ^odjn. diesen persönlichen Kontakt mit dem wissenschaft¬
lichen Ausland in einem Zentrum des internationalen Lebens, in Ham-
ourg, nerstellen.
Pc- !?'? Kurse zerfallen in fünf Sektionen, deren erste Philosophie,
SS' Ä u||d Pädagogik, deren zweite Rechts- und Staatswissen-
schart, deren dritte Sprach- und Kulturwissenschaft, deren vierte die
Naturwissenschaften und deren fünfte die Medizin umfasst. Die
Sektion für Medizin steht unter den Obmännern Prof. Brauer und
ui0.' y S a 11 d t, denen sechzehn Dozenten, fast lauter Namen
! i£rK / tZUuSei e stehen. Wir nennen nur die Professoren
Fi IlVhnr Chir°“bergi’i Deneke, D u n b a r, E. F r a e n k e 1,
aus Hamhnra r>Ur m,e lk N o c h t, Rumpel, Unna, Dr. Much
pusr™'"bur& °- Cohnheim und v. Düngern aus Heidelberg,
veh?n i,dp^ann 11 ,aUS Ffei,burg u- a- Den akademischen Ferienkursen
Al£mJ nPn hvn bekani*ten medizinischen Fortbildungskurse im
6 Wnst' Krankenhause Eppendorf voraus, die vom 24. Juli bis
I u9}3 dauern werden. Der Preis für alle Vorträge wird
-5 Mark betragen; eine Gastkarte für 6 Vorträge kostet 10 M
Geschäftssfe 1 le 'i n 2H V° 'trüge J Alles Nähere kann durch die
Ueschaftsste le in Hamburg, Martmistrasse 52, erfahren werden.
7a h i rp a ednehmer der Akademischen Ferienkurse können von den
kriT "tW1SSerilc!la t nhen Instituten und Sammlungen, die Ham-
«£!?* ausg‘eb'Sen Gebrauch machen. Für Mediziner kommen
hprf6 h m staatbcben Krankenhäusern, der Irrenanstalt Friedrichs-
aMPh’ n HieniSuhen und Tropenhygienischen Institut neuerdings
h,dLHTa;bUriS1,SChe Forschungsinstitut für
Nrebs und I uberkulose in Betracht, über das noch einige
rte zu sagen sind. Das Institut, das einen E. V. mit einem Vor-
ErfrirsH?1' ^ 7 Mitgliedern darstellt, bezweckt die wissenschaftliche
iforschung von Krebs und Tuberkulose dadurch zu fördern, dass
Mittel hereitcfe1nbeitHge e£enuf n s°wie die erforderlichen laufenden
maVerial HnSt ? V1? versucht/. das für seine Zwecke nötige Kranken-
K™1 durch Anlehnung an die Stationen des Eppendorfer Kranken-
hauses zu gewinnen Eine direkte Behandlung von Kranken gehört
Herhr PrnfSeinnn Aufgaben Zum Direktor der Krebsabteilung ist
wird a.3 Pnngern in Heidelberg berufen worden. Das Institut
II d aaf dem Terrain des Eppendorfer Krankenhauses erbaut werden
und unter dessen direktorialer Leitung (z. Z. Prof. Brauer) stehen
ist e'n Barackenbau für die Krebsabteilung beabsichtigt; die
Tuberkuloseabteilung, für deren Leitung Oberarzt Dr. Much in An¬
sicht genommen ist, wird erst später eröffnet werden,
moa- • • ugensatz zu der Universitätsplanung, die ja vorläufig die
™ d‘limscS.e und, geologische Fakultät ganz ausfallen lässt! ? be-
zuecken diese akademischen Ferienkurse, die z. T. unter Hinzu-
zienung namhafter auswärtiger Gelehrter gehalten werden sollen eine
Vertretung der gesamten akademischen Interessen Hamburgs und
werden sich sicher grossen Zuspruches erfreuen.
Während die Universitätsfrage die Hamburger Aerzteschaft bis¬
her ziemlich kühl gelassen hat, was sich wohl daraus erklärt, dass
eine medizinische Fakultät vorläufig nicht geplant ist, und bis zur
1 undung derselben noch manches Jahr verstreichen dürfte, greiit
eine andere Gründung tief in die Interessen der praktischen Aerzte
ein und durfte noch zu mannigfachen erregten Debatten mit Mund
und Feder fuhren. Bei der Einführung der RVO. am 1. Januar 1914
werden zahlreiche Verträge zwischen Aerzten und Krankenkassen er-
loschen, eine Reihe neuer Kassenarztstellen notwendig werden Da
eine allgemeine Durchführung der freien Arztwahl in Hamburg ebenso-
wenig wie in Berlin, Dresden und anderen Grossstädten Aussicht auf
nrtolg hat, wollte man wenigstens verhindern, dass alle Stellen
fi'n!L^iedpr ‘ü den Händen einiger weniger Kassenkönige zusammen-
fmden. Es hat sich demnach eine Einigungskommission
zwischen h am burgischen Aerzten und Kranken-
kassen gebildet, die zur Hälfte aus Aerzten und zur Hälfte aus
Vorständen der grössten Krankenkassen besteht und unter dem Vor¬
sitz eines Unparteiischen (Physikus Prof. Dr. Pfeiffer) tagen wird.
L m Aerzte setzen sich aus 4 Mitgliedern der Sektion Hamburg des
L. V. und 4 Mitgliedern des Kassenärztlichen Vereins zusammen. Das
folgenden6 Wortlau aUCb weitere Kreise interessieren dürfte, hat
kVnnkpnL/IerSte nlinA8' dauernd friedlicher Beziehungen zwischen
Krankenkassen und Aerzten hat sich in Hamburg auf Anregung und
untei Vorsitz eines Unparteiischen, Verwaltungsphysikus Herrn^Prof.
Namen gebildet6 Kommisslon mit dem in der Ueberschrift genannten
Entsprechend der gegenseitigen Wertschätzung und völligen
Gleichberechtigung der vertragschliessenden Parteien, wie sie in der
Hp'VeirTS1Che*rUngt"0rdVun^ anerkannt ist, besteht die Kommission
^nLd Unparteiischen als Vorsitzenden, vier Kassen-Vorstandsmit-
g ledern und je vier Kassenärzten der beiden Arztsysteme. Die je-
die'vonhfhr'v?6 Krankenkasse resp. die Versicherungsbehörde für
Knmm -h ?r oafteten Kassen ist berechtigt, einen Vertreter in die
Kommission als Referenten zu delegieren.
• u Gifse vollkommen paritätische Zusammensetzung verbürgt am
s!?SeDi,rpnhef"hrfoIgrejChe’ alle Teile befriedigende Tätigkeit, wie
f mo-^ n Durchführung der neuen Verhältnisse der Reichs- Versiche¬
rungs-Ordnung, namentlich des § 368, unbedingt notwendig ist.
lc? beteiligten Krankenkassen und Aerzte unterwerfen sich allen
defhüivh”16” ””d Entscheidungen dieser Kommission freiwillig und
Die Unterzeichnete Krankenkasse verpflichtet sich, ihre sämt¬
lichen vakant werdenden Kassenarztstellen in der Weise zu besetzen
Aufeate ihre w!h|etri«.r V°" der Kommission ad h<>c Präsentierten
,r ,,S'e erplart sich Jcruer damit einverstanden, bei allen wichtigen
a en erheblic.hen Differenzen, die sich aus der
If K Honorierung etc. ergeben, die Vermittlung und, wenn
dPn888d‘l7^/ntS1Cheiduiilg der Kommission anzurufen, wie es ähnlich in
PpiVhe Vn • ,des csten, nicht zum Gesetz erhobenen Entwurfs der
Reichs-Versicherungs-Ordnung vorgesehen war.
nichMApSrtniretndeFnerträ8:e1^eirden von der Kompetenz der Kommission
eLvenbdiphfrP pE5pnS? ge l°,rt eiu6 PrinziPielle Stellungnahme für oder
2" die Feie Aerztewahl nicht zu deren Aufgaben. Es soll viel-
lebr,dem Femn ErmeSsen der Krankenkassen überlassen bleiben,
sich für ein beliebiges Aerztesystem selbst zu entscheiden
ÄPr7Jpemv,gegenUber verpflichten sich die bei der Kommission tätigen
Aerzte, ihren ganzen Einfluss bei den zuständigen Standesvertretungen
kP,dtPnenZ-e°Tfni^tl0nen da,!?in geltend zu machen, dass Schwierig-
keiten beim Abschluss von Kassenärzteverträgen vermieden werden
gewährleistet* ^edfnedllche Lösung der Aerztefrage und -Versorgung
• i Duas, ^echt- Kommission als Schiedsinstanz anzurufen, steht
jeder beteiligten Krankenkasse wie den Aerzten in gleicher Weise zu
i u ede Krankenkasse kann von dieser Vereinbarung alle zwei
zurück”reten ^ orausgegangener vierteljährlicher schriftlicher Kündigung
Das Kommissionsabkommen tritt am 1. Januar 1913 in Kraft und
F kMaCHSlibllvend bis zum 31. Dezember 1914. Nach Ablauf diese
bel-Rhr^staften.“"1"11851011 beteiligten Kreisen einen Tätigkeits-
Von Seite der Kassen ist das Abkommen von der Behörde für
das Versicherungswesen, allen Ortskrankenkassen, den Betriebs-
worden"^ ,nUngS aSSun and freien Hilfskassen anerkannt
u oi den. Das Abkommen wird noch manche Kritik sich gefallen lassen
Hamhurv Id do,ch .vor allsm d'e Einführung der freien Arztwahl für
Hamburg ad calendas graecas vertagt worden. Aber trotzdem muss
J,eder ,.Kenner der hiesigen Verhältnisse das Zustandekommen einer
^?rt’gen paritätischen Kommission nur mit Freuden begrüssen. Sie
Sp? F-ntV°r al e™ einea gissen Schritt vorwärts auf dem Wege
isf mit'rtpn8^^ den perz,ten selbst und sie zeigt- Wie es möglich
ist, mit den Kassen im Frieden zu leben, wobei natürlich jeder Teil
dt EhSe verzichten muss. Es ist sogar möglich, dass
die Hamburger Einigungskommission auch für andere Städte vorbild-
hch werden kann, wobei natürlich die einzelnen Punkte je nach den
lokalen Verhältnissen umgeändert werden müssten. Aber es ist
hier doch zum ersten Male erreicht worden, was seit jeher d°r
46
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Wunsch der organisierten Aerzteschaft gewesen ist und im kleinen
vielleicht schon hier und da bestanden hat, eine für alle Kranken¬
kassen einer Grossstadt gültige paritätische zusammengesetzte Eim-
gungskommission, der sich alle Aerzte und Kassen freiwillig unter¬
werfen Allerdings hat die Aerzteschaft Hamburgs noch nicht ihr
letztes Wort gesprochen, da erst die nächsten Generalversammlungen
der grossen Vereine und Standesorganisationen endgültig über das
Abkommen beschlossen sollen. Aber es besteht die Hoffnung, dass
wir auch unter den Aerzten zu einer Einigung kommen werden.
J a f f e.
Brief aus Konstantinopel.
(Eigener Bericht.)
Die Cholera und ihre Bekämpfung. — Eingreifen des Internatio¬
nalen Gesundheitsrates. — In San Stefano. — Tätigkeit des Roten
Kreuzes und des Roten Halbmondes.
In den letzten Wochen nahmen die sich ausbreitende Cholera,
das Schicksal der von der Seuche ergriffenen Soldaten, Auswanderer
und Einwohner fast mehr das Interesse in Anspruch, als der Gang
der kriegerischen Ereignisse. Ueber die Ausdehnung der Krankheit,
die Zahl der von ihr befallenen Soldaten herrschten unklaie Vor¬
stellungen, denn über die Zustände in Hadem kenj, San Ste¬
fano und in den Moscheen Stambuls gelangten nur wenig
zuverlässige Nachrichten in die Oeffentlichkeit.
Die nach Stambul geleiteten Choleratransporte wurden m sechs
grossen Moscheen untergebracht und unter strenger militänschei
Bewachung gehalten. Im ganzen waren in diesen Moscheen 2UUUU
Mann interniert; unter ihnen waren nur 20 Proz. Cholerakranke neben
zahlreichen Typhus- und Dysenteriekranken. Viele kamen um. ledig¬
lich infolge von Erschöpfung und Hunger. Die Szenen, die sich im
Innern und auf den Höfen dieser Moscheen abgespielt haben, spotten
jeder Beschreibung. Es scheint, dass die Zustände in dei
Aja Sophia, wohin man die Cholerakranken aus allen anderen
Moscheen schleppte, am schrecklichsten waren. An einem läge
lagen in der Aja Sophia 8000 Kranke, ln weitem Umkreis hielten
Bewaffnete vor den vergitterten Höfen die Wacht; ein übler Geruch
stieg in die Luft, kaum unterdrückt durch den überall ausgestreuten
Chlorkalk Von Ferne sah man vor den grossen Portalen die Toten
auf den Steinplatten liegen. Erstaunt war man nur durch die Toten¬
stille, die über dem grossen Gebäude lagerte und die sich der Um-
gebung mitzuteilen schien. Zwei Tage und zwei Nächte blieben die
Eingeschlossenen ohne Nahrung; kein Arzt und kein Pfleget hatte zu
ihnen Zutritt. Später wurde zweimal am Tage durch das Gitter Brot
und Suppe gereicht; mit alten Dachrinnen, Blumentöpfen und andeien
Hilfsmitteln schöpften die Glücklichen die Nahrung; wieviel davon
zu denen gelangte, die nicht mehr sich erheben konnten, ist unbekannt.
Sie lagen im Innern der wunderbaren Moschee ganz still, ohne Em¬
pörung, wohl ohne etwas anderes zu erwarten als den Tod. Es
wurde mir gesagt, dass unter ihnen Viele waren, die bei Kirkkilisse
geflohen seien; sicher ist, dass sie mit Fusstritten und Stocken
zurückgetrieben wurden, als zum ersten Male die Toten herausge¬
schleppt wurden.
In jenen Tagen fühlte sich die Regierung dem Umsichgreifen der
Epidemie nicht mehr gewachsen und es war interessant zu sehen, wie
durch das Eingreifen des Internationalen Gesund¬
heitsrates sofort Organisation in die Bekämpfung der Krankheit
kam und die unglaublichen Zustände wie mit einem Schlage aufhörten.
Es wurden vier Unterkommissionen gebildet, von denen die erste,
unter der Leitung des Delegierten Russlands, Botschaftsarzt Dr. Wal¬
ther, die Bestattung der Leichen und die Desinfektion aller Mo¬
scheen, Bahnhöfe, Geleise sowie der Eisenbahnwagen übernahm.
Durch diese Kommission wurden 1600 Leichen beerdigt, die aus den
Moscheen entfernt wurden. Für jeden I oten wurde ein mit Zink
gefütterter Holzsarg beschafft; alle Toten wurden ausserhalb der
Stadt, vor dem Adrianopler Tor und in Skutari beerdigt. Alle
Cholerakranken wurden nach zwei grossen Hospitälern ausserhalb
der Stadt, 1 1 d i s und M a 1 1 e p e transportiert; die Zurückbleibenden
machten eine Quarantäne durch, wurden dann nach der Quarantäne¬
station Kadak am oberen Bosporus zur Desinfektion gesandt und
zur weiteren Beobachtung in der 10 000 Mann fassenden Selimje-
Kaserne in Skutari interniert. ,
Der Boden der Aja Sophia war mit 6 — 8 Lagen Matten bedeckt.
Seit 40 Jahren hatte man die alten liegen lassen und mit neuen zu¬
gedeckt. Das alles war jetzt verfault und mit Unrat durchtränkt;
10 000 Quadratmeter waren mit diesen Matten bedeckt. Chlorkalk
war nicht mehr zu haben; 10 Tage brauchte man, nur um diese
Matten zu verbrennen. Die grossen Teppiche, die nach Angabe des
Evkaf einen Wert von 4 Millionen Mark besitzen sollen, wurden nach
Jedikule zur Desinfektion geschickt. Der ganze Fussboden und die
Marmorwände wurden mit Sublimat, die vergoldeten Eisengitter mit
Formalin desinfiziert. , .
Alle Bahnhöfe, Eisenbahnwagen und die ganze Bahnlinie wurden
zuerst mechanisch gereinigt, dann mit kochendem Wasser abgespült,
was vermittelst Schläuchen, die zu Lokomotiven leiteten, leicht be¬
werkstelligt werden konnte. Das Gras der Bahndämme wurde, wo
nötig, mit Petroleum übergossen und angezündet.
Von derselben Kommission ist die Desinfektion der städtischen
Quartiere in Angriff genommen worden; das rasche Sinken der Zahl
der Choleraerkrankungen in den desinfizierten Stadtvierteln ist auf¬
fallend. Ueberall stösst man auf den Widerstand der unverständigen
Bevölkerung. Leichen werden im Hause zuriickbehalten, Erkran¬
kungen sorgfältig geheim gehalten; Bäckereien konnten erst 10 läge
nach in ihnen vorgekommenen Cholerafällen desinfiziert werden, aus
Furcht vor Berufsschädigung wird die Anzeige umgangen.
Durch andere Kommissionen wurden an verschiedenen Stellen
der Stadt gut gebaute und modern eingerichtete Baracken mit im
ganzen 400 Betten eingerichtet, in denen erfahrene Aerzte die Be¬
handlung der Cholerakranken übernommen haben.
Die Stadtpräfektur, deren Sitz seit einem Jahre der vorzügliche
Arzt und Chirurg Djemil P a c h a inne hat, besitzt infolge Fehlens
der nötigen Geldmittel zu wenig Bewegungsfreiheit. Ihre Massregeln
müssen sich daher auf Desinfektion der Häuser, Isolierung der
Kranken im Hause oder ihre eventuelle Evakuierung in eines der
Cholerahospitäler beschränken. Gegenüber den guten Erfolgen des
Internationalen Gesundheitsrates — Deutschland ist wie Belgien m
ihm durch einen Juristen vertreten, während alle anderen Staaten
Mediziner als Vertreter besitzen — , die durch ein fast plötzliches
Aufhören der Epidemie gekennzeichnet sind, ganz abzusehen von den
400 000 M., die bis jetzt der Conseil aus eigenen Mitteln gegeben hat,
ist es interessant zu hören, dass die Regierung sorgfältig vermeidet,
das Wort „international“ zu gebrauchen und immer nur von „notre
conseil" spricht. Die vom Minister des Innern einmal mündlich ge¬
brauchte richtige Bezeichnung — es handelte sich um Bereitstellung
einer grösseren Summe, die ihm auch bewilligt ^wurde wurde bei
der späteren Protokollierung als „lapsus linguae bezeichnet!
Man darf diese grosse und erfolgreiche Arbeit des Internationalen
Gesundheitsrates nicht als eine Liebestätigkeit auffassen, denn diese
Institution ist dazu da, die internationale Schiffahrt und Europa vor
dem Eindringen der Cholera zu schützen. Ihre Massnahmen und die
dafür aufgewandten Mittel kommen daher auch allen Ländern zugut,
deren Handelsverkehr mit der Türkei durch diese Epidemie ge¬
schädigt wird. , , .. . , .
In den letzten Tagen zeigt die Choleraepidemie eine starke Ab¬
nahme; in den europäischen Vierteln sind überhaupt nur wenige
Fälle vorgekommen.
Auch in San Stefano ist durch das Eingreifen der von der
Regierung gebildeten Cholerakommission in kurzer Zeit Be¬
deutendes geleistet worden. Man muss sich vergegenwärtigen,
welche Zustände Mitte November in dem freundlichen, seiner Sauber¬
keit und Gesundheit wegen bekannten Städtchen herrschten, dessen
von Gärten umgebene Landhäuser, an breiten Strassen und weiten
Rasenflächen gelegen, sich zwischen der nach Konstantinopel führen¬
den Bahnlinie und dem Marmarameer ausdehnen.
Nachdem durch die von den Botschaftern unternommenen
Schritte die Choleratransporte nicht mehr nach Konstantinopel hinein¬
gelangen konnten, wurden alle Züge mit Cholerakranken in dem etwa
12 Kilometer vor den Mauern gelegenen San Stefano angehalten.
Täglich wurden dort 2000 Soldaten ausgeladen, lote. Sterbende und
Kranke. Die Züge hielten auf dem 8 m hohen Bahndamm, der nach
Norden zu eine grosse Wiese inmitten der Stadt begrenzt. Hunderte
rollten die Böschung herunter, bis sie unten im tiefen Schmutz liegen
blieben; Tote wurden in der Eile mit den Füssen befördert. Wer
noch Kraft hatte, verkroch sich an einem Haufen Steine, unter einem
Baum, in irgend einen Graben. Die ganze Wiese und die angrenzen¬
den Felder waren bedeckt von diesen Unglücklichen, denen niemand
Hilfe noch Nahrung bringen konnte. Von 5000 Mann, die hier im
Freien lagen, starben 2500. Die Leichen lagen tagelang in Haufen
umher, auch weithin auf den Feldern nach Konstantinopel zu. Viele
Häuser, aus denen die Besitzer geflohen waren, wurden mit Kranken
belegt. Raum für grössere Menschenmengen war nirgends vor¬
handen; die wenigen öffentlichen Gebäude waren in Proviantdepots
verwandelt. Nach wenigen Tagen befanden sich in und bei San
Stefano 20 000 Manu cholerakranke und choleraverdächtige Truppen,
unter ihnen, wie sich später erwies, viele, die an Typhus und Dy¬
senterie litten. Ihre Ausscheidungen bedeckten weithin die Felder;
in beschmutzten Kleidern verschleppten die Genesenden überallhin
die Infektionsstoffe. Von der Ferne gesehen, hörte man nur wenig
Stöhnen und Wimmern von denen, die sich in Krämpfen auf der
Erde wälzten. Es weinten aber auch anscheinend Gesunde ob des
furchtbaren Schicksals ihrer Kameraden. Ein dünner Militärkordon
hielt die Massen schliesslich zusammen.
Das alles war urplötzlich gekommen; niemand war darauf vor¬
bereitet. Aehnlichen Lagen gegenüber können sich auch besser
organisierte Heere befinden. Was hier an schrecklichen Einzelheiten
in hundertfacher Wiederholung sich ereignete, wird überall anders
auch nicht mehr zu vermeiden sein, wo die zwei Geissein der
Menschheit, Krieg und Cholera, sich vereinen.
Durch die Arbeiten der Cholerakommission änderte sich all¬
mählich dieses traurige Bild. Alle Toten wurden in grossen Gruben
ausserhalb der Stadt begraben; eine Schicht Leichen, eine Schicht
Kalk. Ihre Kleider verbrannte man tagelang am Meeresstrand. Ge-
bäude wurden geräumt und mit Schwerkranken belegt, Nahrung und
Decken herbeigeschafft. Nach einem Plan, den W i e t i n g - P a c ti a
entworfen hatte, sollten alle Truppentransporte ausserhalb San Ste¬
fano angehalten und in grossen Baracken untergebracht werden,
deren Lage auf einem sanft zum Meere abfallenden Terrain eine
weitere Verseuchung der Stadt verhinderte. Dem Kommandanten
von San Stefano erschien dieser Plan wohl zu umständlich, der
7. .fatiuar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRfF'
Transport der Kranken zu weit. Er Hess unmittelbar neben dem
Bannhof grosse Baracken errichten, auf einem Terrain, das sein Ge¬
falle gegen die Stadt hat. Eine Isolierung war nicht möglich, nirgends
wurden Aborte gebaut, rings um die Baracken, die weder Licht, noch
Heizung, noch Betten besassen, sassen die Kranken auf den Feldern
und veriichteten ihre Notdurft. Das Alles inmitten des regsten Be¬
triebs. Der Kommandant wurde abgesetzt, der ursprüngliche Plan
W i e 1 1 n g s in Ausführung gebracht.
banden sich noch an fünf verschiedenen Punkten um San
Stefano herum Zeltlager und Baracken, letztere z. T. noch im Bau.
n , ,.!e ‘ Stacken am Bahnhof beherbergen Rekonvaleszenten und
Geheilte, die auf ihren Weitertransport warten. Vier grosse gan?
moderne Zeke, von einer Kasseler Firma geliefert, am östlichen Ende
der Stadt, geben Raum für alle nicht ansteckenden Kranken. In der
griechischen Schule und zahlreichen auf dem Felde neben ihr be¬
findlichen Zelten werden durch eine Abteilung des amerikanischen
Roten Kieuzes, das jetzt durch die englische Mission abgelöst wurde
Cholera-, Typhus- und Dysenteriekranke behandelt. Weiter entfernt
stehen 10 grosse Zelte des roten Halbmondes, die z. T. schon in
Tripolis Verwendung fanden.
i • ,Die. ^ebe erscke‘nen für den hiesigen nasskalten Winter zu
leicht, sind schlecht zu heizen und machen vielfach den Eindruck¬
es Improvisierten. Man steht im Begriff an ihrer Stelle 10 Dök-
k e r sehe Baracken zu setzen, die durch den Internationalen Gesund¬
heitsrat beschafft wurden.
Einen geradezu erfreulichen Anblick bietet jene Wiesenland¬
schaft, wo im Westen von San Stefano das Steilufer allmählich gegen
den schonen Strand von Floria absinkt. Hier werden 10 grosse
Baiackenbauten errichtet, von denen 8 für Kranke, eine für Labora-
tonumszwecke und das Hauptdepot bestimmt sind: ein kleinerer
Bau beherbergt die Feldküche und die Wohnung für Aerzte und den
Imam. In den Krankenbaracken befindet sich ein Mittelbau mit
-4 kleineren Raumen, die als Theeküche, Depot, Wäscheraum und Ess-
taum fut Angestellte dienen; zu beiden Seiten befindet sich je ein
grosser Krankensaal, der in vorzüglicher Weise eingerichtet ist. Jede
Baracke enthalt 60 Betten. Licht, Heizung, Desinfektion, Pflege und
mnahiung sind aufs Beste in Ordnung. Alle Baracken stehen senk¬
rech. zum 15 m hohen Steilufer des Meeres, von ihm nur wenige
Meter entfernt. Zwischen Baracke und Steilufer stehen die AborV-
-lage"’ dL!e,.lhrer!. Inkalt m einen tiefen Graben entleeren, der täglich
mit Chlorkalk bedeckt wird. Was durch den Steilabfall durchsickert,
geht im Meere zugrunde. Jede Baracke enthält nur eine Art Kranke]
so dass jetzt Cholera, Typhus und Dysenterie sicher von einander
getrennt werden können. Der tägliche Zug, der von dem grossen
P atH HaQem^efnj alIe Kranken nach Konstantinopel be¬
ordert, wird vor San Stefano unmittelbar zur Seite dieses Baracken¬
agers angehalten und alle infektiösen Kranken werden hier ausge¬
laden. Zurzeit sind nur noch 1200 Kranke in San Stefano vorhanden.
Den ärztlichen Dienst versehen türkische Militärärzte vom Gül-
lane-Lehrk rankenhaus, Mitglieder der Missionen des türki-
nnd agypt‘schen roten Halbmondes, des amerikanischen und
- lglischen roten Kreuzes, sowie eine Abteilung der dritten Mission
Jes deutschen roten Kreuzes (Dr. G e i s s 1 e r - Stettin). Dieser Arzt
iat eine sehr dankbare, aber auch gefährliche Aufgabe zu lösen.
r. Geissler hat eine zweifache Tätigkeit. Er soll erstens bak¬
teriologisch Dysenterie, Typhus und Cholera feststellen, um die
p(?*1®r,UI]g der spezifisch Erkrankten in besonderen, nur für die ein-
^weitPn!ek«nnnlkrankheit-bentimSten Baracken zu ermöglichen sowie
zweitens soll er hygienischer Berater des Leiters der Cholerabe-
ä E UTmfnSnahmen S?'n‘- ..Sein Hauptaugenmerk ist darauf ge-
Ld'e„^ gange tU desinflziere'b Dauerausscheider als ständige
ÄSCTt ♦ 211 erkennen persönliche Prophylaxe durchzuführen,
mische Untersuchungsresultate der verschiedenen Aerzte bakterio-
VWh1’ ,sero'oglsch und durch Tierversuch zu ergänzen. Die vielen
nS' er.kranklJmgen erfordern geradezu eine solche Tätigkeit. Das
p 'a laboratoriuin lst glanzend eingerichtet; man sieht dem Kol-
" °b Sei”r Arteit' ™
Die Zahl der in Konstantinopel befindlichen
ienHnnriPr^P rlv! MC+hmilzt alImahlich etwas zusammen; täglich wer-
uSkt MlPr Pp? heii auf der g[ossen Taximkaserne, dem Sammel-
fe Ä SValeSZenteun’ entlassen- In langen Reihen sieht man
darpk die Strassen ziehen. 90 grosse Gebäude, z. T. mehrere
lausend fassemi, waren mit Verwundeten belegt; Schulen Lvzeen
niversitatsgebaucle und Moscheen werden auf Anordnung des Ünter-
(?nkS'SteriUmS geraumt und so die noch Kranken in allen
ernachlässür/p11 f"u den,.gro,ssen Kasernen konzentriert. Zahlreiche
onnS 1 gt Fa,lle’ r£e keine geeignete ärztliche Hilfe finden
den Chirurgen neue und schwierigere Arbeit als
ersten Tagen des Krieges. Eine ganz streng üurchgefiihrte
;vakuierung der 170 000 Mann starken Tataldscha-Armee von allen
S n6" pf r,rn£t me t läglich 60°-S00 innere Kranke nach Kon-
tantmopel, fur die auch gesorgt werden muss, wenn es sich auch
'esentheh nur um leichtere Erkrankungen handelt.
hipVp " reiCfhei Hande rühren sich noch- um Wäsche- und Kleidungs-
lUe änzufertigen; grosse Mengen wurden aus Aegypten und Iti-
i5iierhurgesandt und auch an Geldmitteln fehlt es keineswegs
Manche neue Missionen des roten Halbmondes und des roten
meuzes sind hier angelangt und in Tätigkeit; ihre Mitglieder ge-
oren fast schon zum Strassenbilde Peras S ge
47
. Die d r i 1 1 e M i s s i o n des deutschen roten Kreuzes
m Konstantmopei hat sich der unter der Leitung von Prof. Reich
stehenden ägyptischen Mission angeschlossen. Die ägyptische Mis¬
sion umfasst allein 20 ägyptische Aerzte, die z. T. in San Stefano,
L; in, den H°spitalern des asiatischen Ufers beschäftigt sind.
Die deutsche Abteilung besteht aus den Aerzten Dr. Dreye r-
Breslau und Dr. G e i s s 1 e r - Stettin, sowie 10 Rote-Kreuz-Schwe-
sln stPfonpmninn nd Dr' Q.e,.issler arbeiten 3 Schwestern in
. - tefano. Dr. Dreyer übernahm die chirurgische Abteilung
e,nes Krankenhauses in Beylerbey dicht neben dem sSen
Palais gelegen, das jetzt Abdul Hamid bewohnt. Arzt und Schwestern
wohnen in einem daneben gelegenen grossen Konak eines vornehmen
I uiken und sind sehr schön versorgt. In San Stefano mussten zuerst
10 cholerakranke Offiziere aus einem Häuschen an der Cholerawiese
entfernt werden, um Platz für Aerzte und Schwestern zu schiffen
Ganz vorzüglich ist die h o 1 1 ä n d i s c h e M i s s i o n organisiert
unter Leitung von Prof L i n g b e c k - Haag. Sie umfasst 5 Aerzte,
in aUleS D-n (Und 5 Pfleger, hat eigene Operationszimmer, grosse
Apotheke, Rontgenapprircit und Küche mitgebracht, ferner 100 kom-
plette Letten mit Nachttischen und Stühlen, Proviant für 100 Kranke
auf 6 Monate und ausserdem 180 000 M. in bar. Alles, was die
türkische Verwaltung diesem Lazarette liefert, wird von der Mission
bezahlt. Da mutet es doch sonderbar an, dass die türkische Zoll¬
verwaltung es sich nicht hat nehmen lassen, für die mitgebrachten
Nahrungsmittel Zoll zu erheben! geo c
, ft Fblu grpsse indische Mission ist Mitte Dezember einge¬
troffen, hat aber mit ihrer Arbeit noch nicht begonnen. Ein Teil des
englischen roten Kreuzes, das ja vorzüglich für den Dienst
mi Felde eingerichtet ist, arbeitet schon seit mehreren Wochen an
der I schataldschalmie. Ein eigenartiges Schicksal traf eine Abteilung
des rumänischen roten Kreuzes. Sie war nach Dedea-
gatsch kommandiert, wurde von den Griechen mit Beschlag belegt
und nach 1 riest befördert, wo sie weitere Erlebnisse erwartet Was
aus ihr geworden ist, ist mir nicht bekannt. Das österreichi¬
sche rote Kreuz, das nur kurze Zeit hier wirken konnte, wurde
heimberufen Die zweite Mission des deutschen roten Kreuzes, über
die ich das letzte Mal berichtete, musste aus den oben erwähnten
Gründen das Lyzeum von Sultamch räumen und wird wahrscheinlich
mit der ersten Mission zusammen in Gümiischssu arbeiten
Viel Opfersinn wurde auch von Schweizer Seite gezeigt :
die kleine Schweizerkolonie Konstantinopels hat in einem grossen
-chulgebaude Stambuls ein Hospital eingerichtet, in dem 150 Ver¬
wundete Aufnahme finden können.
Ein Aufruf zur Gründung eines Invaliden- und
ip/J1 P P cl d11 s *n der am Kusse des bithynischen Olymps ge¬
legenen Stadt Br ussa, die weithin ihrer heissen und heilkräftigen
anffP.rp<IeHen n enUhn- 1itLgeht du!^ch die Zeitungen Konstantinopels,
angeregd durch die Direktion von Gülhane. Noch fliessen die Gaben
dafür nicht reichlich, denn niemand weiss, was die nächsten Tage
mngen werden und ob nicht das Elend eines von neuem ent¬
brennenden Krieges alle Mittel in Anspruch nehmen wird.
Dr. S c h 1 e
i P.
Vereins- und Kongressberichte.
Verein der Aerzte in Halle a. S.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 13. November 1912.
Vorsitzender : Herr v. Hippel.
Schriftführer : Herr S t i e d a.
Herr Emil Schepelmann: Zur Chirurgie der Segelklappen¬
stenose des Herzens.
Seit mehreien Jahren1) beschäftigt sich der Vortragende mit
dem Gedanken, die Herzchirurgie, die sich bis auf die Kardiolyse die
Versorgung blutender Wunden und — in seltenen Fällen — ' auf
^.ie I r e n d e 1 e n b u r g sehe Lungenembolieoperation beschränkt
Gm I lerexperiment wenigstens) auch auf die Erkrankungen des
Klappenapparates auszudehnen. Es kommen hier in erster Linie
die Verengerungen der Atrioventrikularklappen in Frage die
eine weit schlechtere Prognose geben als die Insuffizienzen; 'jenen
wendet er daher in vorwiegndem Masse sein Interesse zu
Im Beginn der experimentellen Arbeiten suchte er iiun eine
d ‘!..e k t e Umwandlung der Stenose in eine Insuffizienz herbei-
zutuhren, und zwar durch Operation am erkrankten Segel selbst Die
1 echnik war folgende ; Mit Hilfe des B r a u e r sehen Apparates ' wird
bei Hunden und Kaninchen durch einen Längs- oder LappenschniP
das Herz vollständig freigelegt, der Herzbeutel eröffnet, die Spitze
angeschlungen und nun mittels eines besonders konstruierten Sichel¬
messers, des sogen. Chordotoms, durch die vordere Ventrikelwand
m die Kammer eingegangen, um die Segelklappen (die z. B. bei
einer Mitra Stenose verwachsen sein würden) unter Leitung des
linken, dei lnnteien Kammerwand aufliegenden Zeigefingers zu inzi-
dieren odj-i die sich straff anspannenden Chordae tendineae zu zer¬
stören. Die Durchbohrung der Muskulatur des Herzens geschieht
) Vgl. Schepelmann; Versuche zur Herzchirurgie. Arch f
klm. Chirurgie, Bd. 97, 1912.
48
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
mit dem spitzen, die Cliordotomie mit dem stumpfen Sichelmesser.
Um Blutaustritt zu verhindern, wird schon vor dem Einstechen des
Messers eine Fadenschlinge gelegt, die nötigenfalls nur geknotet zu
werden braucht. , , ,
So einfach die Technik auch ist, so besteht doch die ausserordent¬
lich hohe Gefahr der ungewollten Verletzung gewisser empiindhcher
Stellen der Atrioventrikulargrenze: sofort bleibt der Ventrikel in
Diastole stehen, und obwohl die Vorhöfe weiter schlagen und die
Respiration keine Störung erleidet, erfolgt binnen kürzester Zeit
unter Krämpfen der Tod.
Um dieser verhängnisvollen Nebenverletzung vorzubeugen, er-
öffnete er in einer Reihe anderer Fälle die Kammer breit mit Skapell
und resezierte die Segelklappen unter Leitung des Auges mit Schere
und Pinzette. Die dazu erforderliche Blutleere erzielte er durch Ab¬
klemmen der grossen Körpervenen nahe dem Herzen mittels be¬
sonderer Instrumente, wobei allerdings die Quetschung der Nerven
peinlichst zu vermeiden war. Da diese Abklemmung ohne Gefahi
nicht länger als ca. 1— VA Minuten ertragen wird, so ist schnellstes
Operieren, oft auf Kosten der Exaktheit, geboten, und hierin liegt
der grosse Nachteil der Methode.
Darnach konnte es für Sch. keinem Zweifel unterliegen, dass
beide Operationsweisen wegen der unberechenbaren üblen Zutalk.
nie klinische Bedeutung gewinnen würden. Nichtsdestoweniger hielt
er am Gedanken der Klappenchirurgie fest und kam dann schliesslich
auf eine Methode, mittels der sich — ohne empfindliche Herzstellen
zu berühren — dennoch die Blutstauung oberhalb der verengten
Stelle beseitigen Hess. Er verband nämlich zunächst die beiden Herz¬
ohren, die er durch entsprechend gearbeitete Klemmen fixierte und
blutleer machte, durch einen Kanal, den er aus der Aorta eines frisch
getöteten Kaninchens herstellte, und leitete dadurch das Blut aus d^i
überfüllten rechten Vorkammer (wenn beispielsweise eine angeborene
Trikuspidalstenose zugrunde gelegt wird) in die wenig gefüllte
linke Vorkommer und von da in die linke Herzkammer. Um
nun aber das überschüssige Blut doch wieder der Pulmonahs zu¬
gute kommen zu lassen, stellte er eine zweite Kommunikation
zwischen rechtem und linkem Ventrikel her, und zwar auf I°Igeu e
Weise- Mit einer Gefässklemme wurde die distale Hälfte beider
Herzkammern blutleer gemacht, dann eröffnete er die linke Kammer
durch einen Frontalschnitt auf ihre Spitze, ging in die Wunde mit
einer Art Polypenzange ein und resezierte aus dem Septum mus-
culare ventriculorum ein genügend grosses Stück.
Alle Nähte am Kaninchenherzen müssen mit Gefässnadeln und
Gefässeide ausgeführt werden, und zwar nähte Schepelrnann
vorwiegend forjlaufend. An den Herzohren genügte meist eine Reihe,
am Ventrikel ist eine dreifache Etagennaht zur Vermeidung Pr'marei
Blutung und besonders sekundärer Dehiszenz und Aneuiysmabildung
unbedingtes Erfordernis.
Legt man sich das Herz unter Anwendung des Druckdifferenz¬
verfahrens genügend weit durch Lappenschnitt frei, vermeidet man
jeden Zug am Vagus, jeden Druck in der Gegend der Basis des rechten
Herzohres, zu starke Quetschung der Ventrikel mit der Klemme,
verfügt man ferner über ein geeignetes Instrumentarium, wie es
Sch. demonstriert (s. Abbildung), so besteht für die Kaninchen keine
vor, die sich jedoch beim Menschen wesentlich einschränken lassen
Zweifellos bedarf diese Operation noch weiteren Ausbaues, aber
sie eröffnet uns doch schon einen Blick auf die Wege, die in Zukunft
von der Herzchirurgie zu beschreiten sein werden.
Herr Denker: Zur Technik der Verwendbarkeit der lnter-
cricothyreotomie. . , , , .. . .
Der Vortragende spricht über die Ausführung des von ihm in der
vorigen Sitzung demonstrierten Eingriffes zur schnellen Eröffnung der
Luftwege bei dringender Lebensgefahr und berichtet
über die Verwendbarkeit des Verfahrens. Er hat schon vor 5 Jahren,
als die erste Publikation Boteys über die Intercricothyreotonne
erfolgte, Versuche an der Leiche angestellt, bei denen sich heraus¬
stellte, dass die von B o t e y zuerst empfohlene Durchstossung des
Ligam. conic. und der darüber liegenden Weichteile mit einem
entsprechend abgebogenen Trokar nicht ungefährlich ist, weil dabei
Verletzungen an der hinteren Kehlkopfwand beobachtet wurden.
Bessere Resultate ergab das Vorgehen, über welches B o t e y im
vorigen Jahr auf dem internationalen Laryngologenkongress in Berlin
berichtete, das folgendermassen ausgeführt wird: Bei Rückenlage des
Patienten wird der Kopf stark nach hinten extendiert, dei Kehl¬
kopf zwischen Daumen und Mittelfinger der linken Hand genommen
und mit dem Zeigefinger die Gegend des Ligamentum conicum pal-
piert. Dann wird ein zweischneidiges Messer quer durch dieses
Band in den Kehlkopf gestossen und darauf schnell eine mit einem
Mandrin versehene Kanüle eingeführt. , ,
Denker hat durch den Assistenten seiner Klinu, Oberstabs¬
arzt a. D. Dr. D o e r i n g, an 50 Leichen verschiedenen Alters da¬
rüber Untersuchungen anstellen lassen, ob bei diesem Eingriff Neben¬
verletzungen eintreten können. Es zeigte sich bei diesen Versuchen,
dass bei der Anwendung von Messern, welche die Grösse und Raum¬
verhältnisse des Larynx berücksichtigen, weder Gefässverletzungen
noch eine Läsion der Hiriterwand zu befürchten sind, wenn man
direkt am oberen Rand des palpierten R i n g k n o i
pels einsticht. Der Vortragende hatte Gelegenheit, auch a m
Lebenden den Eingriff mit vollem Erfolge auzuführen (Der Vor¬
trag wird in extenso an anderer Stelle und mit Angabe der ver¬
schiedenen Indikationen veröffentlicht werden.)
Das von Denker zusammengestellte, für den Eingriff erforder¬
liche Instrumentarium ist bei der Instrumentenfabrik Fr. B aum-
g a r t e 1 in Halle a/S., Gr. Steinstrasse 17, zu beziehen.
Diskussion: Herren v .Bramann, Denker.
Herr C. Fraenken: Ueber die Pocken.
Vortragender gibt einen Ueberblick über die bisher bei dem
Studium der Pocken erzielten mikrobiologischen Befunde. Er er¬
wähnt zuerst die von G u a r n i e r i herrührenden Beobachtungen,
die von einer ganzen Reihe von Nachuntersuchungen eine weit¬
gehende Bestätigung erhalten haben. So betont er vor allen Dingen
die Arbeiten von Wasielewski, der hier im Hygienischen In¬
stitut der Universität Halle vor etwa 12 Jahren ausserordentlich sorg-
fähige und beweiskräftige Ergebnisse erzielt hat. Namentlich hebt
F. hervor, dass von Wasielewski damals die G u a r n i e r i -
sehen Körperchen in der Hornhaut des Kaninchens durch 30 Gene¬
rationen hindurch übertragen und schliesslich mit der letzten bei
einem Kinde einen durchaus zweifellosen Impfausschlag erzielt hat.
Kann man also nicht daran zweifeln, dass auf dem hiei in Rede
stehenden Wege sich eine Züchtung des Variola- oder Vakzineerregers
erzielen lässt, so haben doch die eben erwähnten Befunde von
H ii c k e 1 u a. m. eine eingehende Kritik erfahren, die freilich das
Spezifische der G u a r n i e r i sehen Körperchen für den 1 ocken-
prozess nicht anzweifeln konnten, die aber bestritten, dass hier der
Erreger gefunden sei, vielmehr in den Einschlüssen nur Zellverunde-
rungen erblicken wollten, die unter dem Einfluss der noch unbekannten
Infektion sich ereignet hätten. Im Jahre 1910 hat dann Paschen
in Hamburg einen Mikroorganismus beschrieben, den er in vielen
Fällen von Variola und von Vakzine gefunden haben wollte, und der
durch die Untersuchungen von V o 1 p i n o, von C. Fraenken usw.
auch in der Tat hat bestätigt werden können. Ob es sich hier um
einen Mikroben handelt, der unter allen Umständen von dem durcli
G u a r n i e r i usw. beschriebenen getrennt werden muss, halt der
Vortragende noch für eine offene Frage. Hat man z. B. gesagt, dass
der Guar nierische Cytoryctes wegen seiner Grosse bakterien¬
dichte Filter nicht passieren könne, dass das durch solche Filter ge¬
gangene Pockensekret aber doch infektiös sei, so ist diese Tatsache
ohne weiteres zuzugeben, aber darauf hinzuweisen, dass der
Cvtoryctes auch junge Formen bildet, die nach ihren Grössenver-
hältnissen von vornherein die Filter zu durchwandern imstande sein
primäre Lebensgefahr, sobald man erst die Technik genügend be¬
herrscht. An dem vorgelegten Herzen getöteter Tiere liess sich die
vollständige glatte Einheilung des Kanals erkennen, der allerdings
nach Wochen und Monaten etwas schrumpfte, weil der Blutdruck in
ihm bei den vorher gesunden Kaninchen fehlte; bei vorhandener
Segelklappenstenose würde wahrscheinlich das durchströmende Blut
der Verengerung entgegenwirken.
Sekundär kommen zwar Todesfälle an Pneumonie und Sepsis
müssen. _T „ , >
Im übrigen hebt der Vortragende an der Hand von Karten un
Photogrammen hervor, wie Deutschland trotz der Einschleppungen
von Pocken in jedem Frühjahr durch Sachsengänger und den Aus¬
bruch von gelegentlichen Epidemien in den westlichen Grenzprovinzen
unseres Vaterlandes doch infolge der Impfung im wesentlichen noen
immer als pockenfreies Land angesehen werden müsse und dies auc
hoffentlich trotz der Agitation der Impfgegner bleiben werde.
Diskussion: Herr Beneke.
Herr Igersheimer: Als Herr Geheimrat Fraenken im
vergangenen Sommer grössere Untersuchungsreihen an Kaninchen
anstellte, denen er Pocken- und Vakzinematerial in die Kornea
impfte, überliess er mir auf meine Bitte freundlicherweise den Bulbus
49
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
dieser I ierc, abgesehen von der Kornea. Es schien mir nicht ohne
Intei esse, nachzuselien, ob bei dieser kornealen Impfung und Ent-
Zündung Veränderungen anderer Teile des Augapfels histologisch
nachweisbar seien, Es ist bereits von mehreren Seiten vermutet
worden, dass 1 oxine, die durch die Hornhaut eindringen, pathologische
l rozesse in Retina und Chorioidea gerade am hinteren Pol ver¬
ursachen könnten. Bei diesen mit Pocken- und Vakzinegift infizierten
I icren gelang es mit nun niemals — abgesehen von einer ganz ge¬
ringfügigen gelegentlichen Infiltration der Iris - irgendwelche krank-
laften Erscheinungen im Auge, insbesondere an Netzhaut. Aderhaut
jder Uptikus nachzuweisen.
Herr C. Fraenken: Schlusswort.
Aerztlicher Verein in Hamburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 17. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr K ii m m e 1 1.
Demonstrationen:
. Heu Lackmann: 7 jähriger Junge mit doppelseitiger kon-
genilaler Coxa valga. Ausser der starken Steilstellung des Schenkel-
jalses erkennt man am Röntgenbild eine charakteristische Drehung
les oberen Femurabschnittes um die Längsachse des Oberschenkels
,m Sinne einet Antetorsion. Bei der Coxa vara findet sich eine Retro-
torston. Zur Diagnose dieser Schenkelhalsverbiegungen sind stets
. Röntgenbilder, eins in Mittelstellung, eins in Innen- bzw Aussen-
otation, nötig.
Lauenstein: 17 jähriger Klempner, Quetschung im
ahrstuhl, Blasenruptur, Laparotomie, Naht des Blasenrisses, Baucli-
elltoilette, Heilung.
19 jähriger Kellner, der sich vor 8 Wochen mit einer 7-Mlliimeter-
\ugel in die rechte Schläfe geschossen hatte. Keine Koinmotions-
rscheinungen. Die Kugel sass unter dem Scheitelbein der gegen¬
iberliegenden Seite und wurde von dort entfernt. Trotzdem die
'-ugel also das ganze Gehirn durchbohrt hatte, waren keine Ausfalls-
i scheinungen beobachtet. L. demonstriert an einem Leichenhirn
len Weg, den das. Geschoss genommen haben muss.
Heu Rödel ins: Fall von Rhinophyma, mit Dekortikation be¬
handelt und geheilt.
Herr Siramonds: Mikrophotogramme von syphilitischer Er¬
krankung des Herzmuskels. Es gibt gummöse und interstitielle Mvo-
.arditiden, zu deren Studium besonders die Leichen hereditär syphi-
itischer Neugeborener Veranlassung geben.
Herr Thost: Fall von Myxödem, seit 15 Jahren in Beob-
j.chtung. Dauernd mit Schilddrüse in gutem Zustande! bedeutende
Besserung des allgemeinen Befindens, des psychischen Verhaltens.
1er Haut, des Haarwachstums etc. Pat. ist jetzt 70 Jahre alt.
Herr Nonne: 43 jähriger Potator strenuus, der seit dem
4. Lebensjahr dem Alkohol frönt. In den letzten 8 Jahren 6 mal
lehrium tremens: jedesmal ungewöhnlich durch schwere hallu-
matorische Angstzustände mit Aggressivität. Während der letzten
Deliiien kam es jedesmal zu schweren Selbstverstümmelungen:
rommelfellperforation, Präputium und Penis mit dem Messer insul-
'ci t, Ausieissen von 3 bzw. 4 gesunden Zähnen. Jedesmal gab er
achträglich an, Stimmen hätten ihm befohlen, durch diese Ver¬
ätzungen dem Schnaps Abfluss zu verschaffen; wenn er das nicht
pte, so würde er umgebracht. Auch die Aggressivität gegen Mit-
atienten und Wärter sei ihm befohlen, weil er es sonst durch Tod
'der andere Qualen büssen müsse. Diese pathologische Form des
lköholdelirinms ist sehr selten: unter 3—4000 Fällen von N. nur 3 mal
eobachtet, jedesmal bei psychopathisch schwer belasteten Individuen,
heser Fall zeigt keine psychopathische Anamnese.
Herr Paschen: Mehrere Fälle von Vakzineinfektion an den
ingern. Mutter und Tochter hatten sich beim Melken einer
ockenkranken Kuh infiziert; bei der Mutter fand Uebertragung auch
it Vulva und Nates statt. Aehnliche Uebertragung von Vakzine auf
Skrotum und Nates sieht man bei Impflingen durch Infektion eines
Htertriginösen Ekzems oder durch Uebertragung auf ein pruriginöses
kzem etc.
Diskussion über den Vortrag des Herrn Deneke: Ueber
»’phuitische Aortenerkrankung.
i Herr Schottmüller hat unter 2150 Patienten von 1908 bis
;1- L’4 Herzkranke auf seiner Abteilung behandelt: darunter litten
P — 40 Proz- (!) an Aortitis luica. Eine andere Aufstellung der
■ unnerabteilung ergibt folgende Zahlen: Von 1194 Patienten wurde
£> 10W die Wasser man rische Reaktion geprüft und 189 mal
18,6 Proz. positiv gefunden. Von diesen 189 Patienten mit Wa +
!en auf Aortitis luica 28 Pat. = 14 Proz., Tabes 6 = 3 Proz.,
nralyse 7 = 4 Proz., Lues cerebri 10 — 5 Proz., Lues anderer Or-
ine 18 — 9 Proz. Zur Klinik bemerkt Sch.: Bei der Aorteniusuf-
'icnz ist das Du ro siez sehe Phänomen stets vorhanden gewesen.
J den von Deneke aufgestellten 3 Typen möchte Sch. noch eine
wruppe erwähnen : Fälle mit leichter Erweiterung aer Aorta und
lügendem 2. Ion. Diese sind besonders wichtig, weil sie zwar
nwer zu erkennen, aber als Initialfälle noch therapeutisch zu be-
nnussen sind. Die Therapie der ausgesprochenen Fälle ist höchst
1 vu Die Hilfe liegt vielmehr in der Prophylaxe: und hier ist
e WaR. geradezu ein Indikator für die Notwendigkeit einer anti-
syphilitischen Behandlung. Eine weitaus bessere Behandlung aller
zii^forde yPhl lt*SC1 nfizierter Ullter Kontrolle des Blutes ist daher
Herr Nonne hat die Frage: wie oft sind die syphilogenen
Eikrankungen des Nervensystems kombiniert mit Erkrankungen der
Aorta durch eine Zusammenstellung aus der Krankenhaus- und
r;iVAlP/^1S ,zu beantworten versucht. Vom 1. Januar 1910 bis
31. Oktober 1912 wurden behandelt in der Privatpraxis 114 Fälle
von labes, 79 Falle von Paralyse unter 193 Fällen 32 mal Befund
— 17 Proz., im Krankenhause 125 Fälle von Tabes, 96 Fälle von
m i ysul ^ei Vavalyse kein Fall, bei Tabes 30 mal = 24 Proz. Die
Mehrzahl betraf Leute um 50 Jahre herum, eine nennenswerte Be¬
handlung der Lues hatte nur 2 mal stattgefunden; meist absolut
unbehandelte Fruhsyphihs.
Heir Gerstein bespricht einige klinisch wertvolle Zeichen
und erwähnt das Vorkommen eines abnorm lauten, singenden
Distanzgeräusches.
r Heu Weygandt äussert sich über das Krankenmaterial der
Irrenanstalt Friedrichsberg hinsichtlich der Beziehungen zwischen
oypmlis und Storungen des Gefässsystems, insbesondere Aortitis
An 1 aralyse leiden zurzeit 105 Männer, 29 Frauen. Von ersteren
zeigen 31 periphere Arteriosklerose, 21 Störungen der Herztätigkeit
akzentuierte Töne, unreine Töne, systolische Geräusche, 9 Frauen
haben Herzerscheinungen. Bei 11 Männern und 6 Frauen mit Lues
cerebri rindet sich 6 mal periphere Arteriosklerose, einmal Herzbefund
Von anderweitigen Psychosen sind mit Lues kombiniert 6 Männer
10 Frauen. Insgesamt unter 167 Fällen nur selten klinische Er¬
scheinungen seitens der Aorta: wahrscheinlich wegen der Bettpflege
und der Ruhe in der Anstaltsbehandlung. Ferner gibt W. eine Ueber-
sicht über das Sektionsmaterial: Häufiger Befund von Aortenver-
anderung bei Paralyse, aber nur selten anatomisch sichere syphi¬
litische Mesarteriitis.
Herr Preiset erwähnt den Fall eines 19jährigen Mädchens,
das im letzten Vierteljahr das Hervortreten eines IV2 cm grossen
Buckels im Bereich des 3. und 4. Brustwirbels bemerkt hatte. Es
bestanden leichte Belastungsschmerzen, geringer Stauchungsschmerz,
kern typisches Spondylitisbiicken. Die Röntgenaufnahme ergibt eine
teilweise Zerstörung der 3. und 4. Brustwirbelkörper und in beiden
schrägen Durchmessern ein Aneurysma der Aorta descendens, das
die W ii belsäule arrodiert hat. Hier war also der Qibbus das Sym-
Ptom, das erst auf das Aneurysma aufmerksam machte.
Pahn hat im letzten Jahr 5 Fälle von Aortitis behandelt,
waR 3 mal positiv, 2 mal negativ. Diagnose durch Röntgen bzw.
Obduktion erhärtet. H. bespricht dann die Bedeutung der WaR. in
dem von ihm schon vor einiger Zeit angenommenen Sinne.
Herr Allard bespricht die Differentialdiagnose: Ist die WaR
positiv, so war früher eine Lues vorhanden, darum braucht aber die
vorliegende Erkrankung noch nicht auf Syphilis zu beruhen, kann
z. B. rheumatischer Genese sein. Bei negativer WaR. kann doch
Lues vorliegen. Oft finden sich neben syphilitischer Aortitis noch
Gummen an anderen Organen. Therapeutisch empfiehlt er intra¬
venöse Salvarsaninjektion, anfangs in vorsichtigen kleinen, dann
auch in grossen Dosen.
Heu Jacobsthal: Die Methode der WaR. ist jetzt so ver¬
feinert, dass selbst gutbehandelte Fälle immer positiv reagieren.
Nur mit der alten Reaktion 'gelingt es, vor der Behandlung positive
m nach der Behandlung negative umzuwandeln.
Herr Delbanco erörtert die Konfusion, die heutzutage über
die WaR. herrscht. Was bedeutet WaR. +? Was bedeutet negativ?
Darf man bei positiver Reaktion den Heiratskonsens geben, darf man
Ammen das Stillen erlauben, wie verhält man sich bei der Puellen-
Untersuchung, den Lebensversicherungen gegenüber? usw. D. schlägt
vor, eine Kommission aus Serologen zu beauftragen, die Standard¬
werte der WaR. fcstzulegen und einer zweiten ad hoc zu ernennen¬
den Kommission von Klinikern, Syphilidologen und Serologen die
Frage der Bewertung der Reaktion aufzugeben.
Herr F r ä n k e 1 kommt auf Grund der auch an Leichen sehr
gut ausführbaren WaR. ebenfalls dazu, dass die Lues bei allen
Aortenerkrankungen die häufigste Ursache ist. Von 1909 bis jetzt
kamen im Eppendorfer Sektionsmaterial 166 Todesfälle an Syphilis
zur Beobachtung: 98 mal darunter Tod an Aortensyphilis Das
Durchschnittsalter stellt sich auf 48,6 Jahre. Der Tod erfolgt durch¬
schnittlich 22,9 Jahre nach der Infektion.
Herr Deneke (Schlusswort). Werner.
Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 9. Dezember 1912.
Herr L a a s e r demonstriert einen Fall von Narkolepsie.
Bei der Narkolepsie handelt es sich um eine Neurose, die nicht
mit der Neurasthenie, Hysterie oder Epilepsie verwandt ist; ihr
Charakteristikum ist ein unvermittelter plötzlicher Beginn und eine
Dauer von höchstens einigen Minuten. Die narkoleptischen Anfälle,
welche oft dem „petit mal“ ähneln, treten fast nur bei jugendlichen
Individuen auf und zwar mitunter bis zu 100 mal an einem Tage.
Von der Epilepsie unterscheidet sich die Narkolepsie durch Mangel
von Bewusstlosigkeit, durch eine erhaltene Schmerzempfindung und
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MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
durch die Beeinflussbarkeit; von der Hysterie durch die Gleich¬
artigkeit der Anfälle. — Hervorgerufen wird die Narkolepsie durch
Hemmungen der Stirnrindenfunktion. — Die Prognose ist günstig,
Heilung tritt häufig noch nach jahrelangem Bestehen ein. — Die
Therapie versagt vollständig. — - Bei der Demonstration des
17 jährigen, normal entwickelten, erblich nicht belasteten Patienten
traten mehrere Anfälle auf, indem Patient beim An- und Auskleiden
plötzlich mehrere Sekunden lang mit jeder Bewegung innehielt, die
eben eingenommene Stellung beibehielt oder zwecklos mehrere Male
hintereinander dieselben Bewegungen wiederholte.
Herr Winter demonstriert einen Fall von Pseudohermaphro¬
ditismus masculinus exteriius.
Herr Sokolowsky: Ueber Phonasthenie.
Unter Phonasthenie versteht man eine funktionelle Stimm¬
schwäche. Man kann die Phonasthenie der Sänger, der Redner und
die sogen. „Kommandierschwäche“ unterscheiden. Subjektive Be¬
schwerden sind Trockenheit, Kratzen im Hals usw., mitunter auch
Schmerzen, die so stark werden können, dass sie zu einer Phono-
phobie führen. Objektiv ist die Stimme leicht ermüdbar, ihre
dynamische Leistung ist geringer, die Tonskala ist eingeengt.
Meistens werden äussere Ursachen als veranlassendes Moment an¬
gegeben, doch stellt sich sehr oft heraus, dass schon früher einzelne
Symptome vorhanden waren. — Der objektive Kehlkopfbefund ist
meist negativ; zeigen sich aber im Kehlkopf, im Rachen oder in der
Nase Veränderungen, so sind sie meist nicht charakteristisch. Mit¬
unter hat man aber auch Septumverbiegungen, Muschelhypertrophie
als Ursache angesehen und von hier aus die Phonasthenie erfolg¬
reich behandelt. Die Sängerknötchen, welche häufig ohne jede
Funktionsstörung bestehen, sind mitunter als Folge der Phonasthenie
anzusehen. — Als Ursache der Phonasthenie ist qualitativer und
quantitativer Missbrauch der Stimme anzusehen; vor allem aber
sind die zahllosen falschen Methoden als Ursache anzusehen, die
von einer „festen Stellung des Kehlkopfes“ ausgehen, während die
guten Sänger nur eine Indifferenzlage beobachten. — Die Therapie
muss daher hauptsächlich „eine Bewegungstherapie“ sein, soweit
nicht noch örtliche Veränderungen, wie Polypen, Septumverbiegungen,
Knötchen in Frage kommen. Hübner.
Aerztlicher Verein zu Marburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 31. Juli 1912.
Vorsitzender: Herr Matthes.
Herr Hübner: Ueber eine bisher nicht bekannte Neben¬
wirkung des Yohimbins. .
Längere Verfütterung von Yohimbin an Kaninchen in nicht
toxisch wirkenden Dosen hatte nach einigen Tagen spurweise
Eiweissausscheidung zur Folge, als deren anatomisches Substrat sich
eine, je nach der Dauer der Yohimbineinwirkung mehr oder weniger
ausgedehnte Verfettung der Nierenepithelien ergab. Diese Nieren¬
reizung ist wohl als eine Folge der Ueberlastung des Organes anzu¬
sehen, denn das Yohimbin bewirkt eine Erhöhung des Blutdruckes
und eine Erweiterung der Gefässe der Niere. Die Schädigung des
sezernierenden Nierenepithels ist schon beim Beginne der Eiweiss¬
ausscheidung vorhanden und überdauerte die Yohimbindarreichung
bei einem untersuchten Tier um 14 Tage. Auf Grund dieser Tier¬
versuche sollte daher das Yohimbin, das innerhalb seines
Indikationenkreises ein sehr schätzenswertes Mittel ist, nur bei
dauernder Kontrolle des Urins gegeben werden, zumal es ja nur in
Frage kommt bei Personen, deren Organe durch Alter oder andere
Umstände in ihrer Widerstandskraft geschwächt sind. (Der Vortrag
erscheint in der Dermatologischen Zeitschrift.)
Herr Berblinger: Herzveränderungen bei Diphtherie.
Untersucht wurden die Herzen von 8 Kindern, die an schwerer
Diphtherie in der 1.— 2. Krankheitswoche (1 Fall ausgenommen)
unter den Erscheinungen der Herzlähmung gestorben waren. An
den Herzganglien Hessen sich Veränderungen nicht finden, konstant
waren dagegen solche im Atrioventrikularbündel, vor allem waren
mehr oder minder umfangreiche Blutungen, teils im Knoten teils
subendokardial im linken Schenkelgebiet zu beobachten. Am linken
Schenkel fanden sich ausserdem Verfettung der Muskelfasern,
scholliger Zerfall, einmal eine zellige Wucherung um atrophische,
homogene Fasern (Tod 5 Wochen nach der Infektion). Die von
Mönckeberg betonte selbständige Pathologie des Atrioventri¬
kularbündels konnte am Diphtherieherzen und anderen anatomischen
Veränderungen des Herzens (arterielles Amyloid, produktive End-
arteriitis — Alkoholikerherz — an den Bündelarterien) bestätigt
werden. Nur in einem Fall waren allein die Systemfasern verfettet,
meist war die Verfettung an diesen stärker als an der gewöhnlichen
Kammermuskulatur. Für den Herztod möchte Vortr. die erwähnten
Veränderungen nicht verantwortlich machen, wohl aber für die
Schlagfolgeverlangsamung des Herzens, den zum Teil klinisch fest¬
gestellten Kammersystolenausfall (Ueberleitungsstörung II. Ordnung).
Starke, subendokardiale Blutungen können durch Schädigung der
Bündelfasern ebenso wirken. Vielleicht kommt ihnen aber noch
eine weitere Bedeutung zu. Die Blutungen — zwar nicht allein auf
das System beschränkt — entstehen fast regelmässig bei starker
Vagusreizung (Rothberger, eigene Versuche). Die Hämorrhagien
können meines Erachtens schon bei der Obduktion einen Hinweis auf
eine intra vitam erfolgte Vagusreizung abgeben. Anatomisch waren
die Nn. vagi nicht gröber verändert, was nach den klinischen Er¬
scheinungen auch nicht zu erwarten war.
Durch Hering und R i h 1 ist eine isolierte Vaguswirkung
unterhalb des Vorhofs sicher gestellt, sie kann dieselbe allein auf die
Ventrikel beschränkte Schlagfolgeverlangsamung nach sich ziehen.
Störungen der Herzrhythmik durch diese oft bis ins Endokard
reichenden Blutungen wären denkbar, da man weiss, dass Berührung
des Endokards eine unregelmässige Herztätigkeit herbeifuhrt. Mög¬
licherweise entstehen also die Blutungen infolge reflektorischer
Vaguserregung durch COs-reiches Blut (drohende Erstickung).
Herr Berblinger: 1. Kompressionsmyelitis mit intramedul-
lärem Aufsteigen gequetschten Rückenmarks. 2. Hämatomyelie.
MH' 1 Das vorgelegte Rückenmark stammt von einem 32 jähr.
Arbeiter, der einen Wirbelbruch erlitten hatte, hinterher an den
unteren Extremitäten völlig gelähmt war. Der Kranke staib einige
Wochen nach dem Unfall an einer von Dekubitusgeschwüren aus¬
gehenden Sepsis. Bei der Obduktion fand sich eine Kompressions-
fraktur des 11. Brustwirbels, eine Quetschung des Rückenmarks im
Bereich der Lendenanschwel¬
lung. Hier waren die Me¬
ningen mit der lädierten Me-
dulla zur Verwachsung ge¬
kommen, das Rückenmark
selbst taillenartig eingeschnürt.
10 cm über der Kompressions¬
stelle lässt sich auf dem Quer¬
schnitt eine weiche Gewebs-
masse aus der Gegend der
grauen Zentralsubstanz ab¬
streichen. Der Gehalt dieses
Breies an Fettkörnchenzellen,
geschrumpften Ganglienzellen ... . , ., . P
und Markscheidenresten spricht absolut für einen mtravitalen Lr-
weichungsprozess. Im mittleren Brustmark ist der Zentralkanal offen,
sind die Markscheiden in den Hintersträngen vollständig, in der
Kleinhirnseitenstrangbahn teilweise geschwunden. Die Untersuchung
der Medulla an Serienschnitten bis 11 cm über der Quetschungs¬
stelle ergibt einen sehr eigenartigen Verlauf der Veränderungen.
Zunächst liegen an der medialen Seite beider Hinterhörner an¬
nähernd runde Bezirke abgestorbenen Rückenmarksgewebes in der
grauen Substanz, ein kleiner gleich beschaffener Herd im ventralen
Hinterstrangsfeld, etwas verdichtete Glia begrenzt jene Herde. I eile
grauer Substanz sind bogenförmig in das Hinterstrangsgebiet hinein
umgeschlagen. Die stiftförmigen, erweichten Partien fliessen weiter
nach oben hin zusammen, bis 8 cm über der gedrückten Stelle das
zertrümmerte Gewebe nur in der hinteren grauen Zentralsubstanz
und im ventralen Hinterstrangsfeld liegt. Der Zentralkanal, in einen
quer gestellten Spalt ausgezogen, ist nach vorne gedrängt, an seiner
hinteren Zirkumferenz fehlt das Ependymepithel. Etwas weitei oben
sind die nekrotischen Gewebsbestandteile in den Kanal selbst ein¬
gebrochen, dieser erweitert sich aufsteigend immer mehr, der hinter
ihm gelegene Bezirk veränderter Rückenmarkssubstanz nimmt an
Ausdehnung ab, schliesslich verschwindet er und die zertrümmerten
Massen liegen allein in dem sehr stark erweiterten Zentralkanal.
Die Ganglienzellen der erhalten gebliebenen grauen Substanz sind
zum Teil kernlos, ohne chromophile Körner, mitunter blasig auf¬
getrieben, dabei homogen. •«
Der Befund ist derart aufzufassen, dass bei der Wifbelfraktur
die heftige Gewalteinwirkung das Rückenmark zertrümmert und zu
einer Verschiebung zertrümmerten Rückenmarks nach oben geführt
hat. Diese erfolgte zunächst entsprechend den günstigeren Aus¬
breitungsbedingungen in der grauen Substanz (F 1 a tä u -G o lö¬
se h e i d e r) in dieser und zwar stiftförmig (L e v l e r). Lhe ver¬
einigten hochgeschobenen Massen brechen endlich in den Zentral¬
kanal ein, steigen in diesem noch etwas weiter aufwärts. Der ganze
Vorgang muss einzeitig erfolgt sein. Bei traumatisch bedingtet
Blutung mit sekundärer Erweichung müsste viel Blutpigment zi
finden sein, da ja einigermassen ausgedehnte Hämorrhagien um
langsam resorbiert werden, um so mehr wenn die Resorptions
Verhältnisse ungünstige sind. _ „ .
Die Persistenz des Zentralkanals hat im vorliegenden rall en
Vordringen dislozierten Rückenmarks im Kanal gestattet.
2 Umfangreiche Zerstörungen vom Sakralmark bis ins n«us|
mark reichend weist das weitere Ihnen gezeigte Rückenmark eine
25 jährigen Bergmanns auf. Dieser bemerkte eines Tages beim Ver
lassen der Grube, dass er schlecht gehen könne, bald danach warei-
die unteren Extremitäten völlig gelähmt, die Reflexe nicht men
auslösbar. Die Haut an den Füssen und Unterschenkeln, an de
Innenseite der Oberschenkel war absolut anästhetisch.
Die vom behandelnden Arzt vorgenommene Obduktion erga
keine ganz sichere Todesursache. Verletzung der WirbelsäuU
Quetschung des Rückenmarks waren nicht vorhanden. Wie di
Querschnitte in verschiedenen Höhen und die mikroskopischen Bilde
zeigen, sind im Sakralmark durch Piarisse Teile des Rückenmark
ausgetreten, eine Leukozytenanhäufung an der Rupturstelle de
I Meningen spricht für die intravitale Entstehung. Daneben liegt ein
7. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
51
starke Blutung im ventralen Hinterstrangsteil wie in der hinteren
grauen Zentralsubstanz hinter dem obliterierten Zentralkanal.
Im Lendenmark nimmt die Blutung an Umfang zu, Teile grauer
Substanz sind sequestriert, die Hämorrhagie greift im unteren Dorsal¬
mark auf das eine Vorderhorn über, liegt als kleiner Herd noch im
basalen Teil des Hinterhorns im Halsmark. Die befallenen R-
abschnitte sind durch das Blut hämorrhagisch erweicht (Körnchen¬
kugeln, Eettkörnchenzellen), zahlreiche Erythrozyten liegen in den
Lymphscheiden der sonst intakten Qefässe. Im mittleren Dorsal¬
mark ist es durch Resorption erweichter Partien zur Höhlenbildung
im Bereich der Hinterstränge gekommen ohne Gliawucherung in der
Umgebung. Fortlaufende Strangdegenerationen fehlen, Degene¬
rationsprozesse an diesen wie an den Ganglienzellen finden sich nur
herdförmig.
Als das Primäre ist die Blutung zu betrachten, die sich vor¬
zugsweise röhrenförmig in der grauen Substanz ausdehnt unter Zer¬
trümmerung dieser, sich aber auch in der weissen Substanz findet.
Das Ausbleiben fortlaufender Strangdegeneration spricht sehr für
die Zirkulationsstörung als Ursache des Befundes. Die erwähnte
Höhlenbildung unterscheidet sich durch ihre Lage in der weissen
Substanz von den Höhlen bei der Syringomyelie im engeren Sinne.
Wenn auch ein Trauma in der Anamnese nicht sichergestellt ist, so
sprechen doch die anatomischen Bilder noch am meisten für eine
derartige Genese. Sie sind beobachtet bei Ueberde'nnung der Wirbel¬
säule ohne Fraktur mit Zerrung der Medulla, bei der Commotio
spinalis und bei der sogen. Caissonkrankheit. Druckdifferenzen, wie
sie für das Zustandekommen der Taucherlähmung nötig sind, können
im vorliegenden Fall nicht vorhanden gewesen sein, Zerrungen der
Medulla beschränken sich in ihren Folgen meist auf eine bestimmte
Stelle; so bleibt am wahrscheinlichsten eine langsam zu Symptomen
führende Rückenmarkserschütterung mit begleitender Blutung,
Hämatomyelie.
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Ausserordentliche Sitzung vom 30. März 1912
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Der Vorsitzende, Herr Hirsch, begrüsst Exzellenz Ehrlich
und spricht ihm den Dank der Gesellschaft für sein Erscheinen in
der Sitzung aus.
Vorträge:
Herr E. Schreiber: Ueber Neosalvarsan. (In extenso er¬
schienen; Münch, med. Wochenschr. No. 17 d. Js.)
Herr A. Stühmer: Klinische Erfahrungen mit Neosalvarsan.
(In extenso erschienen: Deutsche med. Wochenschr. No. 21 d. Js.)
Herr Kersten: Ueber vergleichende Tierexperimente mit
Salvarsan und Neosalvarsan. (ln extenso erschienen: Zentralbi f
Bakteriol., Bd. 65, S. 369.)
Diskussion: Exzellenz Ehrlich (a. G.) spricht zunächst
seinen Dank aus für die Mithilfe, die ihm gerade in Uchtspringe und
Magdeburg bei der Erprobung des Salvarsans zuteil wurde, und
verbreitet sich dann über die Bedeutung des Wasserfehlers im all¬
gemeinen, und speziell der Nebenerscheinungen und der Neuro-
^zidive. Er erwähnt die guten Resultate, die bei den österreichischen
Militärärzten durch eine einmalige Injektion saurer Lösung — aller¬
dings unter Wahrung peinlichster Asepsis — erzielt worden sind:
unter 2300 Fällen wurden nur 8 Fälle von eigentlichen Neurorezidiven
beobachtet, von denen 7 auf eine antiluetische Behandlung abheilten.
Ehrlich glaubt, dass die mit unreinem Wasser injizierten Bak¬
terien eine Rolle bei der Entstehung der Neurorezidive spielen.
Nachdem die Fehlerquellen erkannt, ist auch die Zahl der Neuro¬
rezidive zurückgegangen. Notwendig ist natürlich eine intensive
und zweckentsprechende Behandlung.
Ehrlich analysiert dann die Todesfälle und betont, dass ihre
Zahl nur m Relation mit den unzähligen Injektionen bewertet werden
darr und muss; beim Chloroform beträgt die Mortalität 1:2170;
die \ erhältniszahl beim Salvarsan ist demgegenüber verschwindend
klein. Es haben sich eine Reihe von Momenten ergeben, die die
1 odesursache abgeben können, so z. B. der Wasserfehler, die An¬
wendung des Salvarsans bei schwer belasteten Patienten, oder
so chen, die scheinbar gesund waren, bei denen aber bei der Ob¬
duktion schwere Organveränderungen gefunden worden sind. Unter
Rekurrierung auf Beobachtungen beim Arsenophenylglyzin ist
Eh r lieh der Meinung, dass auch öfters Lösungen, die durch langes
Stehen oder durch I ransport oder sonstige Momente oxydiert sind,
die Schuld an unangenehmen Nebenwirkungen abgeben.
I herapeutisch sind die Erscheinungen von seiten des zentralen
Nervensystems, die sich nach Injektion von Salvarsan zeigen, un¬
mittelbar in Angriff zu nehmen und zwar durch Lumbalpunktion,
eventuell wenn diese nicht zum Ziele führt, durch Trepanation. Um
aber diese Erscheinungen zu vermeiden, ist es notwendig, bei
Patienten, bei denen nur der leiseste Verdacht auf eine latente Er¬
krankung des zentralen Nervensystems besteht (und Patienten im
iruhen Sekundärstadium kommen hierbei besonders in Frage), mit
kleinen vorsichtigen Dosen vorzugehen, eventuell mit Hg vor¬
zubehandeln.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung vom 13. Dezember 1912.
Pi ivatdozent Dr. L. Freund berichtet über eine merkwürdige
Wirkung der Radiumstrahlen.
Wenn man bei der Röntgenbehandlung in die Tiefe wirken
will, ohne die Haut zu schädigen, so geht man bekanntlich nach
Reicher und Lenz so vor, dass man die Haut oberhalb des
Krankheitsherdes durch eine endokutane Adrenalininjektion anämi-
siert. Der Vortr. schlug nun denselben Weg auch bei der R a d i u m -
behandlung ein. Drei Hautstellen, welche nicht weit voneinander
lagen, wurden in verschiedener Weise behandelt: auf die erste Stelle
kam ein Radiumträger von bestimmter Stärke ohne weiteres und
blieb 6 Minuten lang liegen; in die zweite Hautstelle wurde eine
kleine Menge einer Mischung von Adrenalin (1:1900) mit der drei¬
fachen Menge 0,5 proz. Novokain und physiologischer Kochsalzlösung
endokutan injiziert, dann derselbe Radiumträger ebensolahge appli¬
ziert; in eine dritte benachbarte Hautstelle wurde destilliertes Wasser
eingespritzt und wurde ebenso vorgegangen, derselbe Radiumträger
6 Minuten lang aufgelegt. Es wurde das Gegenteil dessen be¬
obachtet, was man bei der Röntgenbehandlung sieht. Nach etwa
7 Stunden färbte sich die mit Adrenalin vorbehandelte, etwas später
die mit Wasser injizierte Hautpartie, das Erythem nahm rasch an
Intensität zu, während die nicht vorbehandelte Haut noch blass war.
Erst viel später trat auf der letzteren Hautpartie eine leichte Rötung
auf, welche etwa eine Woche lang in ihrer Intensität hinter der der
beiden anderen Flecken auffallend zurückblieb. Dann schwanden
die Erytheme unter Hinterlassung einer leichten Pigmentation und
Schuppung, schliesslich blieb keine Spur der Bestrahlung zurück.
19 Tage nach der Radiumbestrahlung zeigten sich an den
Stellen, wo früher die Flecken zu sehen waren, neuerdings erythema-
töse Verfärbungen, dieses Mal war aber die Intensität derselben
anders verteilt: während die mit Wasser vorbehandelte und noch
mehr die nicht vorbehandelte Hautstelle lebhaft rot erschienen, war
die mit Adrenalin vorbehandelte Hautstelle viel blässer als die beiden
anderen Flecken. Nach einer Radiumbestrahlung treten demnach
zwei zeitlich von einander getrennte Reaktionen auf. Die
erste Reaktion, welche der Bestrahlung bald folgt, wurde durch eine
vorausgegangene Injektion von Adrenalin (bzw. Wasser) gesteigert,
die zweite Reaktion, nach einer Latenzzeit von 19 Tagen auftretend,
wurde durch die Vorbehandlung mit Adrenalin geschwächt und auch
die Vorbehandlung mit Wasser schwächte diese zweite Reaktion,
wenn auch viel weniger. Diese merkwürdige Erscheinung ist viel¬
leicht darauf zurückzuführen, dass neben der Wirkung der Adrenalin¬
lösung auf die Gefässe auch ihre die Strahlen schwach absorbierende
Fähigkeit, wenn auch in geringem Grade, in Betracht kommt.
In der Diskussion besprach Gottwald Schwarz die
Herabsetzung der Hautempfindlichkeit gegen Röntgen- und Radium¬
strahlen durch die von ihm gefundene D r u c k a n ä m i e, die jetzt
allseits in verschiedenster Art geübt wird. Die Adrenalinmethode
empfehle sich wohl nur für solche Fälle, bei welchen man durch
Druck auf einen weichen Tumor eine Verschleppung von Metastasen
zu befördern fürchtet. — Dr. Schramek hält dafür, dass die Ver¬
stärkung der Radiumwirkung nach Adrenalininjektion mit der che¬
mischen Einwirkung der Strahlen auf diese Substanz Zusammen¬
hänge, während Dr. Martin H a u d e k die Adrenalinanämie bei der
Röntgentherapie sehr hoch einschätzt.
Prof. E. Redlich berichtet eingehend über einen operierten
Rückenmarkstumor (Endotheliom).
Prof. v. Eiseisberg beschreibt den Gang und günstigen Ver¬
lauf des Eingriffs und berichtet über 6 weitere Fälle von ihm ope¬
rierter Rückenmarkstumoren.
Dr. Robert L ö w y demonstriert einen Fall von Knochensarkom
mit gutartigem Verlauf.
Privatdozent Dr. Paul Albrecht stellt aus der Klinik Hochen-
egg zwei Fälle seltener Erkrankungen des Lymphgefässystems vor:
einen Lymphnävus an der Haut des Skrotums und ein Lymphkaver-
nom der Mamma.
Dr. Hans Königstein demonstriert einen syphilitischen
Primäraffekt am oberen Augenlide.
Prof. v. Eiseisberg demonstriert das neue Instrument von
Dr. de Märtel zur temporären Aufklappung des Schädels.
Dr. Martin Handele Zur klinischen Diagnose des tiefgreifen¬
den Magengeschwürs an der kleinen Kurvatur.
Bei ca. 130 Fällen, welche behufs Röntgenuntersuchung in das
Institut des Dozenten Dr.H olzknecht während der letzten 2(4 Jahre
kamen, wurde eine Reihe von Symptomen so häufig beobachtet, dass
man mit ihrer Hilfe schon vor der Röntgenaufnahme vermutungs¬
weise die richtige Diagnose stellen konnte. Mehr als die Hälfte der
Fälle kam zur Operation, welche die Diagnose stets bestätigte. Dies
war auch der Fall bei einem Fallt, welchen der Vortr. vorstellt.
Man findet also 1. genau dort, wo sich die Nische an der kleinen
Kurvatur auf die Bauchhaut projizieit, einen exquisiten, umschrie¬
benen Druckpunkt, entsprechend dem linken Mus¬
en 1 u s r e c t u s. 2. Eine deutlich erhöhte Spannung des
linken Musculus rectus. 3. Sitzt das tiefgreifende Geschwür an der
52
MUENCHLNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Hinterwand des Magens — zumeist mit Uebergreifen auf das Pan-
kreas — so fand Vortr. häufig einen Boasschen Druckpu n k t
am Rücken links, entsprechend der Projektionsstelle des Ulcus; bei
Vorderwandgeschwüren — Uebergreifen auf die Leber — <-ine
Headsche hyperästhetische Zone, entsprechend der Nischen¬
projektion auf die vordere Bauchwand, links oben vom Nabel.
4. Tiefgreifende Geschwüre betrafen zumeist ältere Leute (A der
Patienten waren über 38 Jahre, 6 über 60, nur 10 unter 30 Jahren),
daher häufig Verdacht auf Karzinom vorlag. 5. wurde lange
Krankheitsdauer mit periodischen Besserungen, oft jahre¬
langes Wohlbefinden nach Krankheitsattacken von Wochen und
Monaten beobachtet. 6. Erbrechen von Speisen kommt viel seltene!
vor als Brechreiz, von dem sich die Patienten durch Einführung
des Fingers in den Mund Erleichterung zu verschaffen pflegen. 7. Die
Schmerzen treten V4 — 2 Stunden nach dem Essen auf. 8. Bluterbrechen
wird nur selten angegeben. 9. Während der Krankheitsperioden
besteht gewöhnlich Obstipation. Die folgende Röntgenunter¬
suchung sichert zumeist den klinisch erhobenen Verdacht, z. B.
positiver Nischennachweis bei auf das Pankreas übergreifenden
Magengeschwüren etc. .
Der Vortr. besprach schliesslich noch eingehend die Grossen-
veränderungen der Nischen bei wiederholten Untersuchungen, die
Ursachen des Verschwindens des Nischensymptoms und dessen
Wiedererscheinens. ^ _ ,
Diskussion: Prof. Dr. A. Pick, Dr. 0. Porges und
Dr. Martin Haudek.
Aus den englischen medizinischen Gesellschaften.
Pathological Society London.
Vor der pathologischen Gesellschaft hielt J. E. R. McDonagh-
London am 3. Dezember einen Vortrag über „Die Entwicklungs¬
geschichte des Syphiliserregers“ und demonstrierte viele mikro¬
skopische Pi äparate, Zeichnungen und Photographien.
McDonagh bezeichnete als das ansteckende Agens ein
Sporozoit, welches sich in bindegewebigen Zellen zu unreifen männ¬
lichen, weiblichen und geschlechtslosen Körpern entwickelt. Der
männliche Gametozyt tritt, nachdem er die bindegewebige Zelle ver¬
lassen hat, in einen grossen, einkernigen Lymphozyten ein, wo ei
sich zu drei birnenförmigen Körpern entwickelt, die sich sodann in
eine Spirale verwandeln, aus welcher Spirochäten herauskommen.
Der weibliche Gametozyt bleibt ausserzellular und ist ein durch¬
scheinender Körper, welcher an seinem oberen Pol ein chromatisches
Netzwerk enthält und am unteren Pol 1—2 Blepharoblasten aufweist.
Die letzteren sind bis zur Zeit, wo die Zelle die Grösse eines roten
Blutkörperchens erreicht hat, schon verschwunden. Die Befruchtung
wurde "beobachtet und nimmt folgenden Gang: Der weibliche
Gametozyt stösst zwei polare Körper aus und wird von einer
Spirochäte durchdrungen, welche sich mit dem chromatischen Netz¬
werk des vorhergehenden vermischt. Dann färbt sich das chro¬
matische Netzwerk dunkel und die ganze Zelle, welche früher klar
war, färbt sich gleichmässig. Diese Zelle ist nun eine Zygote. Die
tiefgefärbten Massen teilen sich wiederholt, indem sie Sporoblasten
bilden, welche sich an Ort und Stelle zu einer grossen Sporozyste
ausbilden, oder entkommen und je eine kleine Sporozyste bilden.
Die Sporozyste platzt sodann und lässt die Sporozoiten frei werden.
Die weiblichen Gametozyten künn n sich auch auf parthenogenetische
Art teilen. Der geschlechtslose Körper entwickelt sich mittelst eines
Vorganges von wiederholter Teilung zu einer Sporozyste in der
bindegewebigen Zelle und entschlüpft dieser erst, wenn sie degeneriert
ist. Auch die Wirkung von Salvarsan auf diese Körper wurde er¬
wähnt, sowie auch die Irrtümer, die Beobachter in ihrer Suche nach
parasitischen Körpern begehen können. (Autoref.)
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Aerztlicher Bezirksverein München.
Vollversammlung vom 19. Dezember 1912.
Der Vorsitzende R e h m widmet vor Eröffnung der Sitzung dem
verewigten Landesherrn, Prinzregent Luitpold warme Worte des
Nachrufes. Sichtlich noch unter dem Eindrücke des heutigen Leichen¬
begängnisses hörte die Versammlung stehend die bewegten Worte des
Vorsitzenden an. Rehm betonte insbesondere die Lebensführung
des verstorbenen Regenten, der uns Aerzten ein Beispiel für hygieni¬
sches Leben gegeben hat. Des weiteren hebt er die grossen Ver¬
dienste des Verblichenen um das Volkswohl hervor: seine Förderung
der Jugendspiele, die Stiftungen für Tuberkulose, seine warme An¬
teilnahme an den einzelnen Menschen und auch an Tieren. Die
Aerzteschaft hat, wie das ganze Volk, Anlass zur tiefsten Trauer.
Es wurde sodann — bei etwa 80 Anwesenden — in die Tages¬
ordnung eingetreten. Auch hierbei musste der Vorsitzende einiger
verstorbener Mitglieder gedenken: Die Herren Prof. K o p p,
Dr. Pachmayr, Wertheimer hatten sich um den Verein
in langen Jahren verdient gemacht. Ganz besonders eingreifend
und schmerzlich ist der Tod Hartles, des langjährigen Kassiers
des Vereins und öfteren Delegierten zum Aerztetag und zur Aerztc-
kainmer. Dieser ihrer Toten gedenkt die Versammlung durch Er¬
heben von den Sitzen. Sodann durfte Rehm 5 neu eingetretene
Mitglieder begrüssen, wie auch am Schlüsse der Sitzung die Auf¬
nahme der Herren Prof. Hess, Prof. v.Romberg und Dr. Bich-
1 e r erklären. „
Ferner wird mitgeteilt, dass die Kosten für bakteriologische
Untersuchungen nunmehr vom Kreise übernommen werden, mit Aus¬
nahme der Wassermann sehen Reaktion.
Des weiteren teilt der Vorsitzende mit, dass schon lange ein
Beschluss bei der Staatsregierung bestehe, der die staatliche Prüfung
des Pflegepersonals vorschreibt, dass dieser Beschluss jedoch ver¬
gessen worden sei. Daraus erübrigt sich die ärztliche Petition um
Einführung dieser staatlichen Prüfung.
Die Mitteilung, dass ein ärztliches Anzeigeblatt gegründet werde,
in dem die verschiedenen Sitzungen der medizinischen Gesellschaften
Münchens angezeigt werden, wird begriisst und es wird beschlossen,
die Sitzungen des Bezirksvereins dortselbst kundzugeben.
Es folgt sodann ein sehr anschaulicher Bericht des Herrn H i r t
über Organisation und Tätigkeit des Unfallgutachterkollegiums des
Bezirksvereins. Aus diesem geht hervor, dass der Hauptwert der
Kommission fast mehr darin liegt, dass Leute, die sich benachteiligt
fühlen, auch von dieser Kommission von ihrem Irrtum überzeugt wer¬
den, als darin, dass man ihnen zu grösseren Renten verhelfen könne.
Da ausserdem der Kommission die Einsicht in die Akten von den
Berufsgenossenschaften verweigert wird, ist ihre I ätigkeit sein ein-
geschränkt Prof. Schmitt zeigt in längeren Ausführungen, dass
auf das Urteil der Kommission von den Genossenschaften sehr wenig
Wert gelegt wird. Die ausserordentlich rege Diskussion über dieses
Thema ergibt den einstimmig angenommenen Antrag: die Vorstand¬
schaft des Bezirksvereins wird ersucht, an die Berufsgenossenschatten
heranzutreten mit der Bitte, dem Gutachterkollegium des Bezu ks-
vereins eine Aushändigung der Akten zu ermöglichen. Diesem Gesuch
ist ein motiviertes Gutachten des Referenten Hirt beizufügen.
An der Diskussion beteiligen sich: Epstein, Sacki,
Wohl m ti t h, K r e c k e, 0. Aman n, Prof. Schmitt. Grün-
wald, Rehm, Prof. Kerschenst-einer, Kolb eck.
Herr 0 Amann hat ein Schreiben an den Bezirksveiein ge¬
richtet, dass man als dringend folgende Angelegenheit besprechen
solle- Er hat seine orthopädische Anstalt durch ein detailliertes
Plakat in der hiesigen Trambahn in Empfehlung gebracht. Er legt
dieses Plakat vor und gibt dazu an, dass er vorher Herrn Rehm,
sowie Herrn Medizinalrat Henkel um deren Meinung befragt habe,
die sich nicht ablehnend verhalten hätten.
Es erfolgt eine sehr rege Diskussion, in welcher sich die meisten
Redner scharf gegen diese neue Art der Reklame aussprechen. So
die Herren P e r u t z, S c h w e r t f e 1 n e r, Kustermann, E r e y -
tag, Hoh man, welcher sagt, dass die Vereinigung der Mün¬
chener Fachärzte für Orthopädie sich ebenfalls gegen diesen Usus
ausgesprochen hätte. Nassauer teilt mit, dass sich die von dem
Aerzteverein für freie Arztwahl gewählte Kommission für ärztliche
Etikettenfragen schon mit diesem Falle beschäftigt und mit der
Vorstandschaft des Aerztevereins folgenden prinzipiellen Beschluss
gefasst habe: „Aerztliche Reklamen in öffentlichen Lokalen (I ram-
bahn, Plakatsäulen, Reklamemarken, Lichtbilder etc.) sind unstatt¬
haft“. Er empfiehlt die Annahme dieses Antrages auch duich den Be¬
zirksverein, was geschieht.
A m a n n gibt nun an, dass er glaubte, durch die vorhergehende
Anfrage sein Gewissen beruhigt zu haben, dass es nun nur unter
grossen Opfern möglich sei, den Vertrag mit der Trambahn rück¬
gängig zu machen und fragt, was er tun solle. Es gelangt schliess¬
lich ein zweiter Antrag Nassauers zur Annahme, dass die Vor¬
standschaft des BV. im Verein mit Herrn O. Amann die baldige
Regelung dieses Einzelfalles in die Hand nehme.
Hecht regt die Gründung einer Kommission für all diese neuer¬
dings wieder sehr brennend gewordenen Fragen der ärztlichen Eti¬
kette an, analog der Kommission des Münchener Aerztevereins, wo¬
möglich unter Wahl derselben Mitglieder, mit dem Rechte der Koop¬
tation, so dass die ganze Münchener Aerzteschaft diese frage ge¬
meinsam erledige. Krecke möchte, dass die bestehende Münchener
Einigungskommission damit betraut werde.
Inzwischen haben die verschiedenen notwendig gewordenen
Neuwahlen stattgefunden. Der Vorsitzende Rehm nimmt den Vor¬
sitz nicht mehr an. Er hat schon im vorigen Jahre nur auf dringen¬
des Zureden den Vorsitz beibehalten, ist aber nunmehr so uberhauft,
dass er auf seinem Entschlüsse stehen bleibt. Herr E p s t e l n bittet
noch einmal ausdrücklich, dass Rehm bleiben möge, was dieser je¬
doch ganz bestimmt ablehnen zu müssen angibt. Herr Nassauer
erlaubt sich hierauf, Herrn Rehm aus der Versammlung heraus den
wärmsten Dank des BV. auszusprechen.. Er lasst die Reihe der Vor-
sitzenden von A u b an über Näher, Beckei, Dies de n e r,
Kastl bis zu Rehm Revue passieren, die er alle als vorsitzenue
hat amtieren sehen und rechnet es Herrn Rehm als besonders ver¬
dienstvoll an, dass er das in schlimmen Stürmen befindliche Schiti-
lein des BV. wieder in ruhige, stille Bahnen gelenkt hat. Die Ver¬
sammlung stimmt durch lebhafte Akklamation dem Danke des Red¬
ners an Reh m bei. . ^ u f
Die Vorstandschaft schlägt als Nachfolger Reh in s Herrn I rot.
Kerschensteiner vor, der denn auch zum ersten Vorsitzenden
gewählt wird. Unter nochmaliger Anerkennung der Verdienste
Rehms nimmt Kerschensteiner die Wahl an.
7. Januar 1913.
MUENCHKNKR MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Als neue Mitglieder werden in die Vorstandschaft gewählt: Als
Kassier für den verstorbenen Herrn Hartle Hofrat Freuden-
b e r g e r. Als Beisitzer die Herren Dornberger und Wasser¬
mann. Als Schiedsrichter an Stelle des verstorbenen Herrn Ko pp
Herr Reh m sowie Herr K r e c k e.
Herr U h 1 teilt mit, dass er an Stelle des verstorbenen Herrn
Ko pp Vorsitzender der Ortsgruppe zur Bekämpfung von Ge¬
schlechtskrankheiten geworden ist und bittet die Kollegen um rege
Unterstützung deren Bestrebungen.
Diese letzte Sitzung unter Rellins Führung hielt das Interesse
der Anwesenden bis 1 2XA Uhr nachts wach. Nassauer.
Verschiedenes.
Therapeutische Notizen.
Andronow und Wells haben in je 16 Fällen von T uber-
k u lose günstige Erfolge mit Dioradin erzielt. Ersterer Autor
hat meist eine Serie von 40 Injektionen gemacht. (Rev. internat.
de la tuberculose, Bd. 22, S. 201 resp. 170, 1612.) Fr. L.
Bei der Behandlung der Ischias hat II i r s c h b e r g - Posen
einen günstigen Erfolg vom Atophan gesehen (Ther. Monatshefte
1612, 10). Es waren 3 Kuren notwendig, das erstemal 6 Tage lang
3 Tabletten, das zweitemal 6 Tage 2 Tabletten, das drittemal 3 Tage
je 2 Tabletten. j(r<
Herzberg;- Berlin empfiehlt das P i 1 1 y 1 e n in Form von
Seifen zur Behandlung des Pruritus vulvae. Vor dem Schlafen¬
gehen soll ein warmes Sitzbad genommen werden, dem zwei Ess¬
löffel einer lOproz. Pittylenseife zuzusetzen sind. Darnach seift mau
die affizierten Partien mit 5 proz. Pittylenmentholseife ein, lässt den
Schaum eintrocknen, stäubt Zinkpuder darauf und nimmt erst am
folgenden Morgen eine Reinigung mit lauwarmem Wasser vor. In
der Scheide höher oben sitzende gerötete und juckende Partien
werden durch Applikation einer 5 — 10 proz. Pittylensalbe nach
Spülung behandelt. Schon nach wenigen Tagen sollen die lästigen
und unangenehmen Symptome verschwinden. (Med. Klinik 1912,
No. 46.) Gr.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 4. Januar 1913").
— Ueber die Regelung der Feuerbestattung in
Bayern wird folgende offiziöse Mitteilung verbreitet: Das Gesetz-
und Verordnungsblatt veröffentlicht in der No. 87 die Oberpolizei¬
lichen Vorschriften des Staatsministeriums des Innern über die
Feuerbestattung vom 28. Dezember 1912 und die Vollzugsbekannt¬
machung hiezu vom gleichen Tage. Die Rechtsgrundlage der Vor¬
schriften ist der Artikel 61, Abs. 1, No. 3 des Polizeistrafgesetz¬
buches. Bisher war es bestritten, ob auf Grund dieser Gesetzesvor¬
schrift eine polizeiliche Regelung der Feuerbestattung erfolgen könne.
Im Rechtswege konnte die Frage nicht ausgetragen werden, da eine
Gelegenheit hiezu sich nicht ergab. Die Staatsregierung hatte sich
auf den verneinenden Standpunkt gestellt, weil es zweifelhaft erschien,
ob der Begriff „Beerdigung“ in dieser landesrechtlichen Vorschrift
die Feuerbestattung umfasse. Für die in Reichsgesetzen vorkommen¬
den Ausdrücke „Beerdigen, Beerdigung“ vertrat die Rechtslehre die
Ansicht, dass unter diese Ausdrücke auch die Feuerbestattung falle,
ln neuerer Zeit ist nun die Rechtslage geklärt worden. Der Ver¬
waltungsgerichtshof hat in seinen Entscheidungen vom 20. Dezember
1911 und vom 13. November 1912, betreffend die Erbauung einer
Einäscherungsstätte in Nürnberg, ausgesprochen, in Bayern bestehe
kein gesetzliches Verbot, eine Einäscherungsstättc zu errichten, und
eine gemeindliche Einäscherungsstätte stelle sich nicht als eine Ge¬
meindeanstalt dar, aus der einer Gemeinde eine dauernde Haftungs¬
verbindlichkeit erwachse, ihre Gründung und ihr Betrieb bedürften
hiernach nicht der staatsaufsichtlichen Genehmigung. Angesichts
dieser Entscheidungen erwies sich eine das ganze Land umfassende
schleunige Regelung der Feuerbestattung aus gesundheitspolizeilichen
und kriminellen Rücksichten als unabweisbar. Die Staatsregierung
ist deshalb neuerdings der Prüfung der Frage näher getreten, ob nicht
das Polizeistrafgesetzbuch schon in seiner derzeitigen Fassung die
Handhabe zu einer solchen Regelung biete. Ein auf Veranlassung
der Staatsregierung erstattetes Rechtsgutachten des Strafsenats des
Obersten Landesgerichtes kommt zu dem Schlüsse, dass auf Grund
des Artikels 61, Abs. 1, No. 3 des Polizeistrafgesetzbuches Oberpolizei¬
liche Vorschriften über Zeit, Ort und Art der Leichenverbrennung
erlassen werden können. Damit sind die Bedenken, die früher gegen
die Anwendung dieser Vorschrift auf die Feuerbestattung bestanden,
nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die jetzt erlassenen Vorschriften
lehnen sich an das Preussische Gesetz vom 14. September 1911 über
die Feuerbestattung und an die Ausführungsanweisung zu diesem
Gesetze vom 29. September 1911 an. Soweit sachliche Unterschiede
bestehen, sind sie im wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die
bayerischen Vorschriften auf polizeistrafrechtlicher Grundlage be-
*) Die vorliegende Nummer musste wegen eines katholischen Feier¬
tages in nächster Woche früher fertiggestellt werden.
53
ruhen. An die Vollzugsbekanntmachung schliesst sich eine Anweisung
für das Verfahren an, das bei der amtsärztlichen Leichenbesichtigung
und bei der Ausstellung der amtsärztlichen Bescheinigung für die
Feuerbestattung einzuhalten ist. Die Anweisung entspricht einem
einstimmigen Gutachten des Obermedizinalausschusses.
— Der preuss. Medizinalminister hat den jetzt allenthalben be¬
stehenden oder in Bildung begriffenen ärztl. Vereinen, deren Zweck der
Abschluss von Kollektivverträgen mit Krankenkassen ist, einen Nadel¬
stich dadurch zu versetzen gesucht, dass er der Erlangung der
Rechtsfähigkeit dieser Vereine Schwierigkeiten bereitete. In
einem Erlass an die Regierungsbehörden führte er aus, es erscheine
mit Rücksicht auf die Bedeutung, die solche Vereine unter Umstän¬
den für die gesamte ärztliche Versorgung der Mitglieder von Kran¬
kenkassen und damit für die Durchführung der Krankenversicherung
überhaupt gewinnen können, unerwünscht, dass sie die Rechtsfähigkeit
auf einem anderen als dem nach § 22 BGB.1) allein zulässigen Weg
erlangen. Es seien daher die Landräte und Polizeibehörden der
Stadtkreise anzuweisen, dass sie in allen Fällen, in denen das Amts¬
gericht die Anmeldung eines solchen Vereins mitteilt, zwar von einem
Einspruch absehen, das Amtsgericht aber unter Hinweis auf die er¬
örterte Rechtslage darauf aufmerksam machen, dass ihres Erachtens
der Verein die Rechtsfähigkeit nur durch Verleihung gemäss § 22
BGB. erlangen könne. Dieser Erlass hat scharfe Kritik in der Haupt¬
versammlung des L. V. und in der Fachpresse gefunden. Nicht ohne
Erfolg; denn wie eine neuerliche offiziöse Mitteilung besagt, soll dem¬
nächst der preuss. Aerztekammerausschuss in der Sache gehört wer¬
den; erst dann sollen die Erwägungen abgeschlossen werden, die
die Entscheidung darüber bringen, unter welchen Voraussetzungen
derartigen ärztlichen Vereinen die Rechtsfähigkeit verliehen werden
kann. Da man die Entscheidung von der Stellungnahme des Aerzte-
kammerausschusses abhängig machen will, diese aber nicht zweifel¬
haft sein kann, so dürften die Vereine von dem Erlass nicht allzu
viel zu befürchten haben.
— Die Badische Aerztekammer beschäftigte sich in
ihrer Sitzung vom 12. Dezember v. J. mit einem, dem bekannten Kis-
singer Antrag nachgebildeten Antrag des Aerztlichen Vereins der
Stadt Baden, „die Grossherzogliche Staatsregierung zu veranlassen,
beim Bundesrat den Antrag zu stellen, dass ausländischen, in Deutsch¬
land nicht approbierten Aerzten die Ausübung der Praxis in jeder
Form und unter jeder Bezeichnung verboten werde, unbeschadet der
für die Grenzbezirke bestehenden internationalen Vereinbarungen.“
Da bezüglich der Durchführbarkeit des Antrags Bedenken laut wurden,
wurde er in der modifizierten Form angenommen, dass die Regierung
ersucht wird, „der Angelegenheit ihre Aufmerkmerksamkeit zu wid¬
men und die geeigneten Massnahmen zur Verhütung von Uebel-
ständen in Erwägung zu ziehen.
— In Preussen wurde durch eine Verordnung vom 16. Dezem¬
ber, betr. die Errichtung einer Standesvertretung für Zahnärzte, die
Schaffung einer Zahnärztekammer für das Gebiet des König¬
reichs Preussen mit dem Sitze in Berlin angeordnet. Der Geschäfts¬
kreis der Zahnärztekammer soll die Erörterung aller Fragen und An¬
gelegenheiten umfassen, die den zahnärztlichen Beruf, insbesondere
die zahnärztliche Fortbildung, die zahnärztlichen Standesinteressen
und die Zahngesundheitspflege betreffen. Die Zahnärztekammer soll
befugt sein, innerhalb ihres Geschäftskreises Vorstellungen und An¬
träge an die Staatsbehörden zu richten; die Staatsbehörden sollen ihr
auch Gelegenheit geben, sich über Fragen ihres Geschäftskreises gut¬
achtlich zu äussern. Die Mitglieder der Zahnärztekammer werden
getrennt nach Provinzen gewählt; der Landespolizeibezirk Berlin bil¬
det einen eigenen Wahlbezirk. Jeder Wahlbezirk wählt 2 Mitglieder;
erreicht die Zahl der Wahlberechtigten 200, so sind 3 Mitglieder und
für jede fernere 200 ein weiteres Mitglied zu wählen. Den Vorstand,
der die Kammer nach aussen vertritt, wählen die Mitglieder der
Kammer.
— Man schreibt uns aus Hamburg: Die schon so lange schwe¬
bende Frage der Errichtung einer Ha m bur gischen Uni¬
versität scheint jetzt der Entscheidung näher kommen zu sollen.
Am 23. d. M. hat der Senat der Bürgerschaft einen „Gesetzentwurf
über die Hamburgische Universität und die Wissenschaftlichen An¬
stalten“ zugehen lassen, demzufolge eine Universität zunächst mit
drei Fakultäten, der juristischen, philosophischen und kolonial¬
wissenschaftlichen, errichtet werden soll. Von einer theologischen
und medizinischen Fakultät wird vorläufig noch Abstand genommen.
Die Kosten sollen in der Weise bestritten werden, dass in das Staats¬
schuldbuch eine Schuld von 25 Millionen eingetragen wird, die mit
4 Proz. verzinst werden sollen, worüber die Universität zu verfügen
hat. Ein Freund des Universitätsplanes hat die Mittel zur Erweite¬
rung des vorhandenen Vorlesungsgebäudes für Universitätszwecke
zur Verfügung gestellt. Die Universität soll, wenn auch in freier
Weise, nach dem Muster der anderen deutschen Universitäten organi¬
siert werden. Rektor, Professorenrat und ein Justitiar werden die
Leitung, ein Senatskommissar die Staatsaufsicht haben. Auch die
Kaufmannschaft wird eine Vertretung haben, die ihr die Fühlung mit
dem Kolonialfach sichert. Als treibende Kraft für die ganze Uni-
*) Der § 22 BGB. lautet: „Ein Verein, dessen Zweck auf einen
wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in Ermange¬
lung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch
staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Bundesstaate zu,
in dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hat.“
54
Muenchener medizinische Wochenschrift.
versitätsbewegung muss der Leiter des hamburgischen Schul- und
Bildungswesens, Senator v. Melle, bezeichnet werden, der sich
seit einer Reihe von Jahren zum Träger dieser Kulturbewegung ge¬
macht hat. Die Hamburger Aerzteschaft stand bisher dieser Be-
wegung ziemlich kühl gegenüber. Wenn aber nun doch die Uni-
versität kommen soll, so darf die’ medizinische Fakultät nicht fehlen,
für die mehr als für die anderen Fächer die Vorbedingungen ge¬
schaffen sind. (Vergl. auch den „Hamburger Brief“ in dieser No.)
— Fortbildungskurse für Kandidaten der
Medizin werden wiederum in der Zeit vom 3. — -19. März 1913 im
Allgemeinen Kranken hause Eppendorf zu Ham¬
burg (ärztlicher Direktor Prof. Dr. Braue r) stattfinden. Es
können auch Aerzte und Praktikanten an den Kursen ted¬
nehmen. Die Kurse haben zum Ziele, während der Frühjahrs- und
Herbstferien Kandidaten der Medizin ein grosses Krankenmaterial
übersichtlich zur Darstellung zu bringen, und hierdurch eine E r -
gänzung des bestehenden Universitätsunter¬
richtes zu bieten. Gleichzeitig wird den Teilnehmern Gelegenheit
gegeben, wichtige, durch Hamburgs Eigenart bedingte Einrichtungen
kennen zu lernen. Ausführliche Programme versendet kosten¬
frei das Bureau des ärztlichen Direktors des Allg.
Krankenhauses Eppendorf zu Hamburg 20.
— Die unter der Leitung der Herren Ingenieur Heinz Bauer,
Dozent Dr. Holzknecht und Dozent Dr. Kienböck stehende
Vereinigung vieler bekannter Wiener Röntgenologen hält in \\ len
vom 10. — 19. März 1913 einen theoretischen und praktischen K u r s
über das Gesamtgebiet der Radiologie ab. Auskünfte
durch das „Sekretariat der Wiener Röntgenkurse , Wien Vlll,
Albertgasse 32, Tür 8. . .,
— Cholera. Bulgarien. Im Anschluss an das Auttreten der
Cholera in dem Lager der Türken vor Tschataldscha sind ver¬
einzelte Fälle dieser Seuche auch unter verwundeten bulgarischen
Soldaten, welche aus dem bezeichneten Gebiete zurückkehrten, fest¬
gestellt worden, und zwar vom 21. November bis 10. Dezember
6 Fälle in Sofia, von denen bis zum 16. d. M. 1 tödlich verlaufen
war und am 9. Dezember 2 Fälle in Stara-Zagora. Vom 10. bis
16 Dezember war keine Erkrankung in Bulgarien mehr verzeichnet
worden — Türkei. Nach dem amtlichen Ausweis sind in Kon¬
stantinopel vom 3.-9. Dezember 540 Personen erkrankt (und 229
gestorben), davon 314 (109) seit dem 7. Dezember. Aus 13 anderen
Ortschaften wurden vom 24. November bis 2. Dezember 44 Er¬
krankungen (und 47 Todesfälle) gemeldet. — Straits Settlements,
ln Singapore sind vom 7.— 18. November 3 tödlich verlaufene Cholera¬
fälle gemeldet worden. — China. In der Stadt Futschau sind zufolge
Mitteilung vom 20. November vereinzelte Cholerafälle vorgekommen.
_ Pest. Aegypten. Vom 30. November bis 6. Dezember er¬
krankten 3 Personen, und zwar je 1 in Damanhur, Chebin el Korn
und Dessuk. — Britisch Ostindien. Vom 10. bis 16. November er¬
krankten 2845 und starben 2246 Personen an der Pest. — Philippinen.
In Manila sind vom 27. Oktober bis 5. November 3 neue tödlich ver¬
laufene Pestfälle gemeldet worden; insgesamt waren dort 33 Erkran¬
kungen und 30 Todesfälle vorgekommen. In Iloilo schien die Seuche
am 5. November erloschen zu sein. — Britisch Ostafrika. Zufolge
Mitteilung vom 16. November sind seit dem 21. Oktober in Mom-
bassa 7, in Nairobi 2, in Kiambu (nördlich von Nairobi) 2 und in
Kisumu 6 weitere Pestfälle gemeldet worden, die bis auf 1 tödlich
verlaufen sind. Nachdem in Mombassa die letzten Erkrankungen am
26 Oktober festgestellt worden sind, wurden die Stadt und die Insel
Mombassa am 15. November für pestfrei erklärt. — Porto Rico.
Zufolge Mitteilung vom 17. Dezember ist Porto Rico amtlicn für
pestfrei erklärt worden. — Venezuela. In La Guayra am 23. Oktober
1 Erkrankung und 1 Todesfall. — Chile. In lquique vom 22. bis
28. September 1 Todesfall und vom 13. bis 26. Oktober 3 Erkran¬
kungen und 1 Todesfall. — Peru. In I rujillo vom 15. Oktobei bis
11. November 10 Erkrankungen und 2 Todesfälle.
— In der 50. Jahreswoche, vom 8. bis 14. Dezember 191^,, hatten
von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblich¬
keit Jena mit 26,7, die geringste Mülheim a. d. R. mit 6,3 Todesfällen
pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestor¬
benen starb an Scharlach in Königshütte, Rostock, Zabrze, an Masern
und Röteln in Hagen, Hamborn, Kaiserslautern, Mülheim a. d. R.,
Oberhausen, Rheydt; an Diphtherie und Krupp in Gladbeck, Gleiwitz;
an Unterleibstyphus in Rheydt; an Keuchhusten in Recklinghausen.
(V. d. K. G.-A.)
(Hochschulnachrichten.)
Breslau. Habilitiert für pharmazeutische und Nahrungsmittel¬
chemie: Dr. Peter Danckwortt, Assistent am pharmazeutischen
Institut (Prof. G a d a m e r). Antrittsvorlesung; „Die geschichtliche
Entwicklung der Arzneibücher“. ,
Halle a. S. Prof. W allst ein ist als Nachfolger von Geh.
Med.-Rat Prof. Dr. L o e b k e r zum Chefarzt des Knappschafts-
kran'kenhauses Bergmannsheil in Bochum berufen worden.
München. Der a. o. Professor der Kinderheilkunde Dr. Mein¬
hard v. Pfaundler wurde zum ordentlichen Professor ernannt.
Hiernach bleibt Prof. v. Pfaundler der Münchener Universität er-
Münster i. W. Wie uns aus Münster geschrieben wird, liegt
den von der Tagespresse gebrachten Nachrichten über den geplanten
Ausbau Jer medizinischen Fakultät in Münster die Tatsache zugrunde,
dass Antang November d. J. in Münster eine Konferenz über diese
Angelegenheit zwischen einer Kommission des Kultusministeriums
unter Leitung des Ministerialdirektors Dr. Naumann und Ver¬
tretern der Universität, der Stadt und der Provinzialverwaltung statt¬
gefunden hat. Die Verhandlungen haben ergeben, dass der Kultus¬
minister den Bestrebungen mit grossem Wohlwollen gegenübersteht
und dass auch die genannten Verwaltungen bereit sind, das grösste
Entgegenkommen zu zeigen. , „ .
Bologna. Dr. P. T u 1 1 i o habilitierte sich als Privatdozent
für Physiologie.
Catania. Dr. F. V a 1 e n t i habilitierte sich als Privatdozent
für medizinische Pathologie.
Florenz. Privatdozent Dr. P. P a 1 a g i - Bologna habilitierte
sich als Privatdozent für Orthopädie an der höheren medizinischen
Schule. ..... ^ c
Graz. Dem Privatdozenten für innere Medizin Dr. Eugen
p e t r y wurde der Titel eines a. o. Universitätsprofessors verliehen.
Manchester. Dr. A. E. B o y c o 1 1 wurde zum Professor
der pathologischen Anatomie ernannt.
Neapel. Dr. F. S t i n e 1 1 i habilitierte sich als Privatdozent
für externe Pathologie.
Pisa. Dr. L. F i o r i habilitierte sich als Privatdozent für
externe Pathologie.
Prag. Dr. Viktor Guttmann wurde als Privatdozent tur
Laryngologie an der medizinischen Fakultät der tschechischen Uni¬
versität bestätigt. — Der ausserordentliche Professor für Zahnheil¬
kunde an der tschechischen med. Fakultät, Dr. E. Nessel, wurde
zum ordentlichen Professor ernannt.
Rom. Dr. A. B i a s o 1 1 i habilitierte sich als Privatdozent für
klinische Chemie. — G. Bilancioni habilitierte sich als Privatdozent
für allgemeine Pathologie.
Saratow. Dr. A. M. L e w k o w s k i, Privatdozent an der
med. Fakultät zu Charkow, wurde zum Professor der Neurologie und
Psychiatrie ernannt. , , „ .
Utrecht. Dr. W. E. Ringer habilitierte sich als Privat-
dozent für physiologische Chemie.
Wien. Die mit dem Titel eines a. o. Universitätsprofessors
bekleideten Privatdozenten Dr. Emil Redlich (Psychiatrie und
Neuropathologie) und Dr. Wolfgang Pauli (interne Medizin) wurden
zu ausserordentlichen Professoren ernannt. — Den Privatdozenten
Dr. Wilhelm Roth (Laryngologie), Dr. Emil Schütz (interne
Medizin), Dr. Siegmund Erben (interne Medizin), Dr. Heinrich
Winterberg (allg. und experim. Pathologie), Dr. Gabriel Nobl
(Denn, und Syphilis), Dr. Stefan Weidenfeld (Derm. und
Syphilis), Dr. Karl Ritter v. S t e j s k ä 1 (interne Medizin), Dr. Otto
Marburg (Neurologie), Dr. Wilhelm Falta (interne Medizin),
Dr. Josef Meller (Augenheilkunde), Stabsarzt Dr. Robert Doerr
(allg. und experim. Pathologie), Dr. Alfred E x n e r (Chirurgie) und
Dr. Egon Ranzi (Chirurgie) wurde der Titel eines ausserordent¬
lichen Universitätsprofessors verliehen.
(Todesfälle.)
ln Christiania starb am 27. Dezember 80 Jahre alt Dr. M. S.
Greve, von 1883— 1911 Leiter des Reichshospitals -zu Christiania,
des grössten norwegischen Krankenhauses. Ausser in dieser Stellung
hat er sich um die Gesundheitspflege in Norwegen überhaupt Ver¬
dienste erworben. 11 :
Dr. G. D i r n e r, Privatdozent für Gynäkologie und Direktor
der Gebäranstalt in Pest.
Dr. John E. Brackett, früher Professor der Medizin an Ho¬
ward University School of Medicine in Washington.
(Berichtigung.) In No. 52, S. 2894, Sp. 1 (Ref. Schott¬
in ii 1 1 e r) ist Z. 47 v. o. statt „5 Fällen“ zu lesen „15 Fällen“.
Amtliches.
(Bayern.)
Oberpolizeiliche Vorschriften über die Feuerbestattung.
Kgl. Staatsministerium des Innern.
Das Kgl. Staatsministerium des Innern erlässt auf Grund des
Art. 61, Abs. I, Ziff. 3 des Polizeistrafgesetzbuches für das König¬
reich Bavern folgende Vorschriften:
§ 1. Durch die Einführung der Feuerbestattung in einer Ge¬
meinde darf die Möglichkeit, von der Erdbestattung Gebrauch zu
machen, nicht eingeschränkt werden. Die Feuerbestattung darf nur
auf gemeindlichen Friedhöfen in Anlagen erfolgen, die von Gemeinden
betrieben werden und in der Einrichtung und im Betrieb ausser den
bau- und feuerpolizeilichen auch den gesundheitspolizeilichen Anforde¬
rungen entsprechen. Die Anlagen müssen ausserdem so eingerichtet
und betrieben werden, dass die Asche einer jeden Leiche möglichst
rein und vollständig gewonnen und eine Vermengung mit anderen
Stoffen oder eine Verwechslung tunlichst vermieden wird. Ob eine
Anlage in dieser Richtung genügt und ob sie den gesundheitspolizei¬
lichen Anforderungen entspricht, haben die Regierungen, Kammern
des Innern, festzustellen; erst wenn dies festgestellt ist, darf die
Anlage in Betrieb genommen werden.
§ 2. Eine Leiche darf in einer Anlage nach § 1 erst eingeäschert
werden, wenn die Ortspolizeibehörde des Einäscherungsortes, in
München der Stadtmagistrat, die Feuerbestattung schriftlich ge¬
nehmigt hat.
I Januar \9\S.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
55
Die Genehmigung muss versagt werden, wenn nicht folgende
fachweise beigebracht sind:
1. Die amtliche Sterbeurkunde,
2. eine amtsärztliche Bescheinigung über die Todesursache,
3. der Nachweis, dass der Verstorbene die Feuerbestattung
seiner Leiche angeordnet hat,
4. eine Bescheinigung der Ortspolizeibehörde des Sterbeortes
oder des letzten Wohnortes, iil München der Polizei¬
direktion, darüber, dass ihr Umstände, die den Verdacht der
Herbeiführung des Todes durch eine strafbare Handlung be¬
gründen, nicht bekannt sind; in den Fällen des § 157, Abs I
der Strafprozessordnung ersetzt die nach Abs. II des § 157
erteilte Genehmigung eie Bescheinigung der Ortspolizei¬
behörde.
§ 3. Der Nachweis, dass der Verstorbene die Feuerbestattung
ngeordnet hat (§ 2, Abs. II, Ziff. 3), kann erbracht werden
1. durch eine letztwillige Verfügung des Verstorbenen,
2. durch eine mündliche Erklärung des Verstorbenen, die von
einer zur Führung eines öffentlichen Siegels berechtigten
Person als in ihrer Gegenwart abgegeben beurkundetest.
Die Anordnung ist nur wirksam, wenn der Verstorbene sie
ach vollendetem 16. Lebensjahre getroffen hat; sie kann nicht durch
inen Vertreter getroffen werden; stand jedoch der Verstorbene
nter elterlicher Gewalt und hatte er nicht das 16. Lebensjahr voll-
ndet, so tritt der Antrag des Inhabers der elterlichen Gewalt an die
teile der Anordnung.
§ 4. Die Aschenreste einer eingeäscherten Leiche müssen in
inem besonderen, amtlich zu verschliessenden Behälter entweder auf
inem öffentlichen Friedhof oder in einer sonstigen nach Art. 61, Abs. I,
iff. 2 des Polizeistrafgesetzbuches zugelassenen Bestattungsanlage
eigesetzt werden.
§ 5. Die Vorschriften über die Beförderung von Leichen und
ber die Behandlung von Leichen der an ansteckenden Krankheiten
erstorbenen Personen bleiben unberührt. Die Vorschriften über die
eichenschau und die Zeit der Beerdigung finden auf Leichen die
er Feuerbestattung zugeführt werden, entsprechende Anwendung,
och ersetzt die nach § 2, Abs. II, Ziff. 2 vorzunehmende amtsärztliche
ntersuchung die zweite Leichenschau.
§ 6. Die Vorschriften treten am fünfzehnten Tage nach der
eroffenthehung im Gesetz- und Verordnungsblatte in Kraft.
München, den 28. Dezember 1912.
Dr. Frhr. v. Soden-Fraunhofen.
Bekanntmachung über die Feuerbestattung.
Kgl. Staatsministerium des Innern.
Zum Vollzüge der oberpolizeilichen Vorschriften über die Feuer-
sstattung vom 28. Dezember 1912, GVB1. S. 1297 erlässt das Kgl.
taatsministerium des Innern folgende Bekanntmachung:
I. Der § 1 bezeichnet die Voraussetzungen, unter denen die
euerbestattung in einer Gemeinde eingeführt werden kann, und die
nforderungen,. denen die Anlage entsprechen muss.
1. Die Feuerbestattung ist nur zulässig neben der Erdbestattung,
; muss also dafür gesorgt sein, dass die Beerdigung Verstorbener
niernd stattfinden kann. Mit dieser Vorschrift wäre es nicht ver-
nbar, wenn die Erdbestattung gegenüber der Feuerbestattung er-
mwert würde.
2. Die Feuerbestattung darf nur in Anlagen erfolgen, die auf
mieindhehen Friedhöfen stehen, von Gemeinden betrieben werden
id den technischen und gesundheitspolizeilichen Anforderungen ge-
:en. Der Betrieb einer Feuerbestattungsanlage durch einen Verein
t hienach unzulässig. Die Zuständigkeit zur Prüfung der Anlage
bau- und feuerpolizeilicher Hinsicht bemisst sich nach den allge-
einen Vorschriften. Die Feststellung, ob die Anlage in der Ein¬
em ung und im Betriebe den gesundheitspolizeilichen Anforderungen
“nügt und ob sie geeignet ist eine möglichst reine und vollständige
ewinnung der Aschenreste zu gewährleisten sowie eine Vermengung
it anderen Stoffen und eine Verwechslung zu verhüten, obliegt der
-gierung, Kammei des Innern. Da diese Eignung eine besondere
erstellung der Anlage, namentlich der Feuerräume erfordert und
enach auch für die bau- und feuerpolizeiliche Würdigung in Be¬
acht kommt und da im übrigen die Prüfung in bau-, feuer- und ge-
ndheitspolizeilicher Hinsicht zum Teil von den gleichen Gesichts-
mkten auszugehen hat, so empfiehlt es sich, die Pläne und die
-triebsordnung der Anlage vor der Bescheidung der Verhandlungen
bau- und feuerpolizeilicher Hinsicht der Regierung, Kammer des
nern, zur bezeichneten Feststellung vorzulegen.
3. Die Regierung, Kammer des Innern, wird sich bei der Prüfung
r Pläne und der Betriebsordnung der zuständigen technischen
tarnten, unter Umständen auch noch anderer Sachverständiger, be-
enen. Im allgemeinen hat sie bei der Prüfung nachstehende Ge-
•mtspunkte zu beachten und die etwa erforderlichen Aenderungen
d Ergänzungen der Anlagen und ihrer Betriebsordnungen zu veran¬
kern
Ueber die zur Einäscherung kommenden Leichen ist ein Ver-
:ichnis zu führen. In dieses sind unter fortlaufenden Nummern
,)r* und Zuname, Stand, Geburtstag, Geburtsort, Todestag, Todesort,
I zter Wohnort des Verstorbenen, dann der Tag der Einäscherung
lu der Aufbewahrungsort der Aschenreste einzutragen.
Die Nummei, die die Leiche in diesem Verzeichnisse trägt, ist
auf einem nicht zerstörbaren Schild aus feuerfestem Ton einzu-
schlafen. Dei Schild muss an dem Sarge, in dem Leiche während
der Einäscherung liegt, angebracht werden.
Die Einäscherung darf nicht unmittelbar durch Brennstoffe, son¬
dern nur durch Zuführung heisser Luft in besonderen, von dem Feuer¬
raume getrennten Kammern bewirkt werden.
In jeder Einäscherungskammer darf jeweilig nur eine Leiche
eingeäschert werden; die Einäscherung muss eine vollkommene sein
und muss in ununterbrochener Folge vor sich gehen.
Die Särge, in denen die Leichen eingeäschert werden, müssen
aus dünnem, weichem Holz oder aus Zinkblech bestehen, dürfen
weder ausgepicht, noch angestrichen oder lackiert sein, auch keine
Eisen- oder Bronzeteile, weder zur Verbindung noch zur Verzierung,
enthalten, die Fugen sind mit Schellack, Leim oder ähnlichen Stoffen
oder mit Kitt zu schliessen. Die Leichen in den Särgen dürfen nur
auf Säge- oder Hobelspänen oder auf. Holzwolle gebettet und nur mit
naturfarbenen Leinen- oder Baumwollstoffen bekleidet sein. Etwaige
Kissen müssen mit gleichen Stoffen bezogen sein und dürfen nur mit
Hobelspänen oder Holzwolle gefüllt sein.
Die Aschenreste sind mit besonderen, nur für diesen Zweck
bestimmten und zu verwendenden Geräten aus der Einäscherungs¬
kammer zu entfernen und nach der Abkühlung mit dem Tonschilde
in einen widerstandsfähigen, luft- und wasserdichten Metallbehälter
zu sammeln. Der Deckel des Behälters muss in den unteren Teil
dicht schliessend eingreifen. Die Trennfuge ist nach der Schliessung
des Deckels zu verlöten und mit dem amtlichen Siegel der Gemeinde
zu versehen. Auf dem Behältnisse oder dem Deckel oder einem auf¬
zulötenden Kupferschild ist in haltbarer Weise (durch Einschlagen,
Einätzen u. dgl.) mit deutlicher Schrift anzubringen; die mit dem
Verzeichnis und dem Tonschilde in der Asche übereinstimmende Ein¬
äscherungsnummer, dann Vor- und Zuname, Stand, Ort, Tag und Jahr
der Geburt, Tag und Jahr des Todes des Verstorbenen und Tag der
Einäscherung seiner Leiche.
Bei der Prüfung der gesundheitlichen Seite ist vor allem darauf
zu sehen, dass für die Aufbahrung der einzuäschernden Leichen auf
dem Friedhof, dann für eine etwa notwendig werdende Leichen¬
öffnung und für die Leichen von Personen, die an einer übertragbaren
Krankheit verstorben sind, gesonderte, nach Grösse und Belichtung
geeignete Räume mit entsprechenden Vorrichtungen für Lüftung und
für Abführung von Ausscheidungen bereitgestellt werden. Soweit
solche Räume für die der Erde zu übergebenden Leichen zur Ver¬
fügung stehen und auch für einzuäschernde Leichen benützt werden
können, hat es hiebei sein Bewenden. Bei der gesundheitlichen Wür¬
digung ist auch eine etwaige Einwirkung der Anlage und ihres Be¬
triebes auf die Nachbarschaft in Betracht zu ziehen. Durch Aus¬
schluss von Brennstoffen, die Russ und Rauch entwickeln, und durch
Aufführung eines genügend hohen Schornsteins wird eine belästigende
und unter Umständen gesundheitsgefährliche Einwirkung auf die
Nachbarschaft verhütet werden können.
4. Soweit eine Gemeinde zur Ausführung einer Feuerbestattungs¬
anlage Schulden aufnehmen muss, kann auch eine Genehmigung der
Gemeindeaufsichtsbehörde in Frage kommen.
5. Es wird erwartet, dass die Gemeinden Feuerbestattungs¬
anlagen in einer dem Zweck entsprechenden Würde ausgestalten und
insbesondere auch Räume für die Abhaltung von Trauerfeierlichkeiten
bereitstellen.
II. Der § 2 stellt die Voraussetzungen auf, durch die die Ein¬
äscherung im Einzelfalle bedingt ist. Die Ortspolizeibehörde, in
München der Stadtmagistrat, darf die Genehmigung zur Feuerbestat¬
tung erst dann erteilen, wenn ihm die Nachweise in § 2 Abs. II
Ziff. 1 — 4 vorliegen. Im Falle des § 157 Abs. I der Strafprozessord¬
nung muss ausserdem die schriftliche Genehmigung der Staatsanwalt¬
schaft oder des Amtsrichters erteilt sein. Diese Genehmigung ersetzt
zugleich die Bescheinigung der Ortspolizeibehörde nach § 2 Abs. II
Ziff. 4, die mit dem dort vorgeschriebenen Inhalte in dem Falle, dass
der Tod durch eine strafbare Handlung herbeigeführt worden ist,
nicht ausgestellt werden könnte.
Die Ortspolizeibehörden haben ein fortlaufendes Verzeichnis
über die von ihnen erteilten Genehmigungen zur Einäscherung zu
führen. Das Verzeichnis hat die gleichen Angaben zu enthalten wie
das Verzeichnis über die ausgeführten Einäscherungen. Beide Ver¬
zeichnisse sind zur Prüfung der Richtigkeit von Zeit zu Zeit zu ver¬
gleichen.
Zu den einzelnen Ziffern des § 2 Abs. II und zu § 3 wird bemerkt :
1. Die amtliche Sterbeurkunde besteht für die im Reichsgebiete
verstorbenen Personen in einem beglaubigten Auszuge aus dem
Sterberegister.
2. Zuständig zur Ausstellung der amtsärztlichen Bescheinigung
über die Todesursache ist der Landgerichtsarzt des Sterbeortes, wenn
er in diesem Orte seinen Dienstsitz hat, ausserdem der Bezirksarzt,
in dessen Dienstbezirk der Sterbeort liegt. Doch darf die Bescheini¬
gung auf Ansuchen auch von dem für den Ort der Einäscherungs¬
stätte zuständigen Amtsarzt (dem Landgerichtsarzt oder dem Be¬
zirksarzt, wenn sich am Orte der Einäscherungsstätte nicht der
Dienstsitz eines Landgerichtsarztes befindet) ausgestellt werden.
Die amtsärztliche Bescheinigung ist auf Grund einer Besichtigung
der Leiche auszustellen. Bei der Besichtigung der Leiche und bei der
Ausstellung der Bescheinigung ist nach der in der Anlage abgedruck¬
ten Anweisung zu verfahren. Ist der Verstorbene in einer dem Tode
56
MUENCHENER MEDIZINISCHE W0CHENSCHR1E T.
No. 1.
unmittelbar vorhergegangenen Krankheit ärztlich behandelt worden,
so ist dem behandelnden Arzte Gelegenheit zu geben, der Leichen¬
schau und einer etwaigen Leichenöffnung beizuwohnen, ist der zu¬
ständige Amtsarzt zugleich der behandelnde Arzt, so ist die Be¬
scheinigung auf Ersuchen von einem anderen Amtsärzte auszustellen.
Die Vergütung für die Leichenbesichtigung, für die etwaige
Leichenöffnung und für die Ausstellung der Bescheinigung bemissi
sich nach der Gebührenordnung für amtsärztliche Dienstleistungen
bei Behörden vom 17. November 1902 GVB1. S. 720,
3. Der Nachweis, dass die Feuerbestattung von dem Berechtigten
angeordnet worden ist. kann durch eine letztwillige Verfügung oder
durch eine mündliche Erklärung erbracht werden, die von einer zur
Führung eines öffentlichen Siegels berechtigten Person — z. B. von
dem Bürgermeister — als in ihrer Gegenwart abgegeben beurkundet
worden ist. Die Form der letztwilligen Verfügung bestimmt sich
nach den Vorschriften des BGB. (s. insbes. §§ 2231 ff.), ebenso be-
misst sich die elterliche Gewalt nach den Vorschriften des BGB.
(s. §§ 1626—1704). _ _
4. Die Bescheinigung der Ortspolizeibehörde, dass ihr Um¬
stände, die den Verdacht der Herbeiführung des Todes durch eine
strafbare Handlung begründen, nicht bekannt sind, muss bei Todes¬
fällen auf Reisen von der Ortspolizeibehörde des Sterbeorts und je
nach den Umständen des Falles auch von der Ortspolizeibehörde des
letzten Wohnortes ausgestellt sein. Bei Todesfällen auf hoher See
muss die Bescheinigung vom Schiffsführer oder dessen Vertreter
oder von der Polizeibehörde des Eingangshafens, bei Todesfällen
auf Schiffen und Flössen der Binnenschiffahrt von der Polizeibehörde
der nächsten Anlandestelle ausgestellt sein. In München ist die Be¬
scheinigung von der K. Polizeidirektion auszustellen.
III. Die Vorschriften des § 4 sollen verhindern, dass über die
Aschenreste in einer Weise verfügt wird, die der Pietät widerspricht
oder eine Nachprüfung im Interesse der Strafrechtspflege vereiteln
kann.
1. Die Aschenreste dürfen den Angehörigen nur zum Zwecke der
Beisetzung in einem öffentlichen Friedhofe oder in einer sonstigen
nach § 61 Abs. I Ziff. 2 des PolStGB. zugelassenen Anlage aus¬
gehändigt werden. Vor der Aushändigung muss hierüber ein glaub¬
hafter Nachweis erbracht werden; gegebenenfalls sind die Reste von
der Verwaltung der Feuerbestattungsanlage unmittelbar an die Ver¬
waltung der Bestattungsanlage, wo die Beisetzung erfolgen soll, zu
übersenden.
Ob und an welchem Platze die Beisetzung von Aschenresten auf
einem öffentlichen Friedhofe zulässig ist, bestimmt die Körperschaft,
der das Verfügungsrecht über die Friedhofsanlage zusteht.
2. Die amtliche Verschliessung des Aschenbehälters soll die
Identität der verwahrten Asche auch im Interesse der Strafrechts¬
pflege gewährleisten; sie ist von den Bediensteten der Gemeinde
auszuführen, die als Unternehmerin erscheint.
IV. Die Betriebsordnungen der Gemeinden für Feuerbestattungs¬
anlagen haben mit den oberpolizeilichen Vorschriften und den Vor¬
schriften dieser Bekanntmachung übereinzustimmen. Im übrigen ist
es den Gemeinden unbenommen, die Benützung ihrer Feuerbestat¬
tungsanlagen von weiteren Bedingungen abhängig zu machen.
München, den 28. Dezember 1912.
Dr. Frhr. v. Soden-Fraun holen.
Anweisung
über das Verfahren bei der amtsärztlichen Leichenbesichtigung und
bei der Ausstellung der amtsärztlichen Bescheinigung für die Feuer¬
bestattung.
I. Allgemeine Bestimmungen.
1. Die amtsärztliche Leichenbesichtigung für die Feuerbestattung
hat vornehmlich den Zweck, die Verschleierung einer strafbaren
Handlung zu verhüten, mit der der Tod in Zusammenhang steht; bei
der Leichenbesichtigung und der Leichenöffnung ist so vorzugehen,
wie es dieser Zweck erfordert; dabei finden die Vorschriften für
das Verfahren bei der gerichtlichen Untersuchung von Leichen —
Beilage zu No. 14 des MAB1. 1908 — in Abschnitt 11 entsprechende
Anwendung. Die Leichenbesichtigung soll möglichst bald nach dem
Tode, aber nicht vor der ersten allgemeinen Leichenschau vor¬
genommen werden.
2. Ergeben sich im Verlaufe der Leichenbesichtigung oder der
Leichenöffnung Anhaltspunkte für die Annahme eines nicht natürlichen
Todes — s. § 157 der RStO. — , so ist nach § 9 Abs. 2 der Oberpoli¬
zeilichen Vorschriften über die Leichenschau und die Zeit der Be¬
erdigung vom 20. November 1885 zu verfahren.
3. In allen Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft oder der
Amtsrichter nach § 157 der RStO. mit einem Todesfall befasst worden
ist, also auch in den Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft oder der
Amtsrichter schon auf Grund des Ergebnisses der ersten allgemeinen
Leichenschau tätig geworden ist, darf die Leichenbesichtigung und
die Leichenöffnung sowie die Ausstellung der Bescheinigung für die
Feuerbestattung erst dann erfolgen, wenn die Staatsanwaltschaft
oder der Amtsrichter die schriftliche Genehmigung zur Bestattung
erteilt hat.
II. Verfahren im einzelnen.
1. Für das Verfahren sind, abgesehen von den Fällen No. I, 2,
folgende Fälle zu unterscheiden:
a) Der Tod ist gewaltsam herbeigeführt worden und die Todes¬
ursache kann aus den Begleitumständen, unter denen der
Tod erfolgt ist, oder aus den äusseren Verletzungen der
Leiche ohne weiteres mit Sicherheit festgestellt werden.
In diesen Fällen ist die Bescheinigung auf Grund der
Leichenbesichtigung nach Erteilung der staatsanwaltschaft-
lichen oder gerichtlichen Genehmigung auszustellen.
b) Der Verstorbene ist in einer dem Tode unmittelbar voraus¬
gegangenen Krankheit in ärztlicher Behandlung gestanden
oder er hat sonst bei Gesundheitsstörungen regelmässig den
gleichen Arzt zugezogen. In diesen Fällen ist der behan¬
delnde Arzt zur Abgabe einer Aeusserung über die Todes¬
ursache zu veranlassen. Gelangt der Amtsarzt auf Grund
dieses Gutachtens und der eigenen Besichtigung der Leiche
zu der Auffassung, dass eine natürliche Todesursache vor¬
liegt, so hat er die Bescheinigung auszustellen.
c) Ein behandelnder Arzt ist nicht vorhanden oder er lehnt die
Abgabe eines Gutachtens über die Todesursache ab, oder
der Amtsarzt kann aus dem Gutachten und der eigenen Be¬
sichtigung der Leiche kein hinlänglich klares Bild darüber
gewinnen, ob eine natürliche Todesursache vorliegt, ln
diesen Fällen ist die Ausstellung der Bescheinigung zunächst
zu verweigern und den Bestattungspflichtigen anheim¬
zugeben, eine amtsärztliche Leichenöffnung zu beantragen.
Wird der Antrag gestellt, so hat der Amtsarzt die Leichen¬
öffnung vorzunehmen, die etwa veranlassten wissenschaft¬
lich-technischen Untersuchungen von Leichenteilen herbei¬
zuführen und sodann die Bescheinigung zu erteilen. Hat
bereits eine richterliche Leichenöffnung stattgefunden, so ist
die Bescheinigung auf Grund der hierüber aufgenommenen
Niederschrift nach Besichtigung der Leiche auszustellen.
2. In der Bescheinigung ist die Todesursache soweit möglich fest¬
zustellen. Alle Umstände, die den Schluss auf die angegebene Todes¬
ursache rechtfertigen, also die Begleitumstände, unter denen der Tod
eingetreten ist, die Aeusserung des behandelnden Arztes, das Er¬
gebnis der Leichenbesichtigung und der Leichenöffnung sind, soweit
sie hierfür in Betracht kommen, in die Bescheinigung aufzunehmen.
Ist die Aeusserung des behandelnden Arztes schriftlich abgegeben,
so ist sie der Bescheinigung als Beilage anzufügen. Die Angaben
über die Todesursachen sollen jedenfalls erkennen lassen, ob nach
dem Urteile des Amtsarztes eine natürliche Todesursache vorliegt
oder nicht. In den Fällen des § 157 der RStO. ist in der Bescheini¬
gung ausdrücklich zu bemerken, dass die Staatsanwaltschaft oder
der Amtsrichter die Genehmigung zur Bestattung erteilt hat.
Weihnachtsgabe für arme Arztwitwen in Bayern.
Gabenverzeichnis VI. Uebertrag M. 1050.— . Dr. W e r n er- Burgfarrnbach M. 10.-
Dr. M.-F. M 10.—, Dr. H ec k e 1 -Triesdorf (abgel. Honor. Brüchenau) M. 20.— , Dr. Prey-
Siegsdorf M 10.—. Summa M. 1100.—.
Für die erhaltenen Gaben dankt herzlichst
Der Kassier des Aerztl. Invalidenvereins, Abt. Witwenkasse
Dr. Hollerbusch, Fürth, Mathildenstr. 1.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 51. Jahreswoche vom 15. bis 21. Dezember 1912.
Bevölkerungszahl 615000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildung?
fehler 10 (41), Altersschw. (über 60 Jahre) 3 (4), Kindbettfieber —(2
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft — (1), Scharlach — (—
Masern u. Röteln 4 (2), Diphtherie u. Krupp 3 (4), Keuchhusten — (—
Typhus (ausschl. Paratyphus) — (— ), akut. Gelenkrheumatismus — (—
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand. Rotzkrankh., Hundswu
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) 2 (1), Starrkrampf — (-
Blutvergiftung 2 (3 >, Tuberkul. der Lungen 28(16), Tuberkul. and. Ori
(auch Skrofulöse) 5 (4\ akute allgem. Miliartuberkulose — (— ). Lungei
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 16 (15), Influenza 1 (1), vener
sehe Krankh. — (4), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfiebe
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechse
fieberusw. — (— ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 2 (1), Alkoholi;
mus _ (_), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 8 (9), sonst. Krankl
d. Atmungsorgane 4 (5), organ. Herzleiden 17 (27), Herzschlag, Her;
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 5 (2 1, Arterienverkalkun
6 (11), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 6 (2 , Gehirnschlag 6 (5
Geisteskrankh. 3 (— ), Krämpfe d. Kinder 2 (I), sonst. Krankh. d. Nerve;
Systems 5 (6), Atrophie der Kinder — (2), Brechdurchfall 1 (1), Mage;
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 5 (12), Blinddarn
entzünd. 1 (1), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse
Milz 3 (3), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 8 (4), Nierenentzünd. 10 (1
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. — (2), Krebs 15 (20), son:
Neubildungen 4 (4), Krankh. d. äuss. Bedeckungen — (1), Krankh. d
Bewegungsorgane — (1), Selbstmord 5 (5), Mord, Totschlag, au1
Hinricht. — (4», Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 3 (■
and. benannte Todesursachen 3 (2), Todesursache nicht (genau) a
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — (1).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 196 (201).
D Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorw’ocli
Verlag von J. F. Lehmann in München.
— Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
Die Mßnchener Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich
Im Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen
Nummer ‘ ~ A
M. 6.-
mmer 8(i -1. * Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
6.—. • Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag.
MÜNCHENER
Zusendungen sind zu adressieren :
Fürdie Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 81/,— 1 Uhr.
Für Abonnement an j. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatänerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE
No. 2. 14. Januar 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
Aus der Kgl. dermatologischen Universitätsklinik zu Breslau
(Direktor: Qeheimrat Ne iss er).
Ueber die Wirkung von intravenösen Infusionen mit
Aurum-Kalium cyanatum (Merck) bei äusserer Tuber¬
kulose und Lues.
Von Prof. Dr. Carl Bruck und Dr. A. Glück.
Bei den nicht ganz negativen, aber immerhin doch sehr
begrenzten Aussichten, die nach unseren heutigen Erfahrungen
eine Immunotherapie bei Tuberkulose zu erwarten hat, war
es nicht wunderbar, dass angesichts der glänzenden Erfolge
E h r 1 i c h s bei Lues, auch bei Tuberkulose bald chemo¬
therapeutische Bestrebungen einsetzten.
Zunächst machte man eine Substanz zum Gegenstand
methodischer Untersuchungen, von der eine gewisse Ein¬
wirkung auf tuberkulöse Prozesse seit langem bekannt ist, das
I o d. In Verfolg der E h r 1 i c h sehen und Wasser mann-
schen Experimente wurde versucht, mit Hilfe einer „Leit¬
schiene“, d. h. einem Stoff, der besondere Affinität zum Tu¬
berkelbazillus bzw. tuberkulösen Gewebe hat, das vermutete
Heilmittel an den Krankheitsherd heranzubringen und es lag
nichts näher als hierzu das Tuberkulin zu benutzen. Von
diesen Gesichtspunkten aus stellten J.Bauer und Mursch-
hauser ein Jodtuberkulin, und Kapsenberg eine „jod¬
affine Substanz“ her, Präparate, mit denen teils beim Men¬
schen, teils beim Meerschweinchen therapeutische Resultate
erzielt wurden. Ein ähnlicher Gedanke wurde auf Grund
theoretischer Erwägungen und experimenteller Untersuchungen
auch von Sternberg ausgesprochen, der jedoch über keinerlei
praktische therapeutische Resultate verfügt. Es muss aller¬
dings betont werden, dass der Gedanke, Heilmittel (Kreosot,
Hg, As etc.) durch Tuberkulin an den Krankheitsherd zu kon¬
zentrieren, durchaus nicht neu ist, sondern schon während der
Tuberkulinära z. B. von Neisser (Verh. d. Deutsch, dermat.
Gesellsch. 1891) ausgesprochen worden ist. Man muss je¬
doch zugeben, dass das Verdienst, diesen Gedanken in die
Tat umgesetzt zu haben, den genannten Autoren gebührt.
Ferner gehört hierher die von Herxheimer
und A 1 1 m a n n, zuletzt von Bernhardt gemachte Be¬
obachtung, dass dem Salvarsan, besonders in Verbindung
mit Tuberkulininjektionen, bei Hauttuberkulose ein thera¬
peutischer Effekt zukommt.
Einen weiteren Fortschritt scheinen die von Finkler
begonnenen, von Gräfin Linden, Meissner und Strauss
fortgesetzten chemotherapeutischen Untersuchungen mit Jod-
m ethylenblau und Kupferverbindungen dar¬
zustellen. Man wird abwarten müssen, inwieweit sich die
bisher anscheinend vielversprechenden Resultate bei mensch¬
licher Lungen- und Hauttuberkulose bestätigen. Was die
letztere anbelangt, so können wir leider auch aus der letzten
Mitteilung von Strauss (Münch, med. Wochenschr. No. 50,
1912) noch nicht entnehmen, inwieweit die bei Lupus erzielten
guten Erfolge lediglich durch eine allgemeine, nicht
aber durch eine lokale Behandlung, sei es durch Appli¬
kationen von Salben oder lokale Injektionen der Präparate,
sei es durch Kombinationen mit anderen therapeutischen
Methoden erreicht wurden. Dass durch eine Allgemein¬
behandlung mit Hilfe der genannten Präparate therapeutische
Wirkungen zu erzielen sind, darf in Anbetracht der Tierver¬
suche der Gräfin Linden und, wenn man von den, wie
Meissner selbst betont, recht schwer zu beurteilenden Er¬
folgen bei Lungentuberkulose absieht, auch aus einzelnen An-
No. 2.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
gaben von Strauss (Rückbildung einer Kehlkopfulzeration)
nicht bezweifelt werden. Wenn man aber die Erfolge bei
Lupus zum Massstabe einer chemotherapeutischen
Methode für Tuberkulose machen will, so müssen wir unseres
Erachtens verlangen, dass solche Erfolge auch nur von
innen heraus und nicht durch Kombination
mit einer äusserlichen Therapie nach ge¬
wiesen werden. Tut man das nicht, so ist jede Be¬
wertung der Resultate unmöglich. Denn wir wissen, dass bei
lokaler Applikation eine ganze Reihe von Medikamenten eine
mehr oder weniger günstige Wirkung auf den Lupus ausiiben.
Die Straus sehen Salben scheinen eine nicht unerhebliche
A e t z Wirkung auszuüben und es wird schwer sein zu ent¬
scheiden, was auf Kosten dieser unspezifischen Aetz-
Wirkung und was auf Kosten einer elektiven Wirkung auf
den Tuberkelbazillus, bezw. das tuberkulöse Gewebe zu setzen
ist. Wir möchten nochmals betonen, dass wir die Möglich¬
keit mit der Kupfertherapie Erfolge beim tuberkulösen
Menschen zu erzielen, anerkennen, wir müssen aber
leugnen, dass der Wert dieser neuen therapeutischen Methode
bei Tuberkulose durch die auf den ersten Blick bestechenden
Erfolge von Strauss bei Lupösen, die lokal behandelt
wurden, jetzt schon irgendwie erwiesen ist.
Die chemotherapeutischen Versuche, die der eine von uns
(B r u c k) bei Tuberkulose angestellt hat, reichen bis zum
Jahre 1907 zurück. Es wurde hierbei hauptsächlich das Jodo¬
form allein und in Verbindung mit Fetten und lipoiden Körpern
in seiner Wirkung auf Meerschweinchentuberkulose studiert.
Bemerkenswerte Erfolge wurden hierbei nicht gesehen. Auch
Versuche, die Schultz auf Brucks Veranlassung begonnen
hatte, und die den Zweck hatten, Jodoform in Verbindung mit
Tuberkulin intravenös zu verabfolgen, haben sich als nicht
aussichtsreich erwiesen.
Bruck hat deshalb das Jod und Jodoform bei diesen
Versuchen verlassen, und sich einem Präparat zugewendet,
dessen enorme Wirkung auf den Tuberkelbazillus ihm bisher
zu wenig beachtet schien. Im Jahre 1890 hat R. Koch auf
den Verhandlungen des X. intern, med. Kongresses mitgeteilt,
dass von allen von ihm in vitro untersuchten Präparaten die
Z y a n g o 1 d Verbindungen die stärkste desinfektorische Wir¬
kung auf den Tuberkelbazillus ausiiben. Koch hat eine
hemmende Wirkung dieser Präptrate in wässeriger Lösung
noch bei einer Verdünnung von 1 — 2 Millionen feststellen
können. Tierversuche, die er offenbar in nur geringer Zahl
angestellt hat und die er nicht näher beschreibt, schlugen fehl.
Auf Kochs Veranlassung hat dann Behring (s. ges.
Abhandl. zur Aet. Therapie, T h i e m e, Leipzig 1893) das
Aurum-Kalium cyanatum (Merck) zum Gegenstand
eingehender Desinfektionsstudien gemacht und dabei festge¬
stellt, dass das Präparat in wässeriger Lösung die Entwick¬
lung von Milzbrand noch in fast millionenfacher Ver¬
dünnung zu hemmen vermag, dass aber, sobald die Lösung
in Blutserum erfolgt, die Desinfektionskraft auf 1 : 20 000 bis
1 : 30 000 heruntergeht. Behring hat ferner nachgewiesen,
dass die Globuline es sind, die zur Folge haben, dass in
Blutserum die entwicklungshemmende Wirkung des Goldzyan¬
salzes eine geringere ist als in eiweissfreien Nährsubstraten.
Nach dieser Publikation hat unseres Wissens das Prä¬
parat weder in Desinfektionsfragen noch in therapeutischer
Hinsicht eine wesentliche Beachtung gefunden. Der Grund
mag wohl darin liegen, dass die Goldverbindung zu Desinfek¬
tionszwecken schon ihres Preises wegen nicht in Frage kam.
Es schien mir (Bruck) daher von grosser Wichtigkeit, an
ein Studium dieser Verbindung bei menschlicher Tuberkulose
1
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
heranzugehen, Versuche, bei denen mich Herr Kollege
q ] ii c k in ausgedehntem und dankenswertem Masse unter¬
stützt hat. Unser Gedankengang war dabei der, dass es zwar
voraussichtlich nicht gelingen werde, mit Hilfe des Aurum-
Kalium cyanatum die Tuberkelbazillen im Tierkörper abzu¬
töten, ohne zugleich die toxische oder letale Dose erreichen
zu müssen, aber es liess sich bei der in vitro jedem anderen
Präparat überlegenen Wirkung die Hoffnung nicht aus-
schliessen, dass einer inneren „Desinfektionswirkung“ viel¬
leicht insofern nahezukommen ist, als das Präparat eine in
erträglichen Dosen zu erreichende allmähliche Schädigung
der Tuberkelbazillen und auf diese Weise eine therapeutische
Wirkung erzielen könne. — Es war uns von vornherein klar,
dass dieser eventuelle Erfolg nur auf dem Blutwege ge¬
lingen kann; denn abgesehen davon, dass, wie uns rierver-
suche zeigten, subkutanen und intramuskulären Injektionen in
den notwendigen Konzentrationen starke Aetzwirkungen nacli-
folgen, liess sich erwarten, dass nur bei intravenöser
Zufuhr die unserer Vorstellung gemäss notwendige volle Dose
zur Geltung kommen kann, während durch die subkutane odei
intramuskuläre Injektion und die dadurch bedingte allmähliche
Resorption die event. Wirkung verzettelt werden konnte.
Dass unsere lediglich von den Koch-Behr ing sehen
Versuchen ausgehende Idee, das Aurum-Kaliumzyanat dei
Tuberkulosetherapie nutzbar zu machen, in gewisse Be¬
ziehungen zu älteren, allgemein schon fast vergessenen Ei -
fahrungen zu bringen ist, lehrte uns ein Literaturstudium, das
sich auf therapeutische Anwendungen von Goldpräparaten
bezog. .
Es geht daraus hervor, dass rein empirisch schon vor
ca. 60 Jahren C h r e s t i e n das Aurum cyanatum innerlich in
Dosen von 4—16 mg mehrmals täglich bei Lungentuber¬
kulose und Syphilis empfohlen hat (O e s t e r 1 e n :
Handb. der Arzneimittel). Auch das Aurum tricyanatum ist
benutzt worden. Es galten diese Präparate als Alterantien
ebenso wie die von Ewald aufgeführten Aur. natr.-chlorat.,
Aur chorat., jodat. und oxydatum, die ebenfalls bei Tuber¬
kulose, Skrofulöse und Syphilis benutzt wurden.
Boubila, Hadjas und Cossa gaben das Aur. natr.-
chlorat., von seiner Wirkung als Antiluetikum ausgehend, bei
Paralyse in Form von Injektionen, Blackwell Fenn
empfahl es bei Trunksucht. Ausserdem wurden ja be¬
kanntlich die Goldpräparate wegen ihrer Aetzwirkung häufiger
lokal gebraucht (z. B. in der Augenheilkunde).
Therapeutische Anwendungen des Aurum-
Kalium cyanatum haben wir nirgends ge¬
funden.
Zunächst haben wir die toxische Wirkung des
Präparates an Kaninchen studiert und uns hierbei aus¬
schliesslich der intravenösen Injektion bedient. Wir fanden,
dass die Dos. let. pro Kilo Kaninchen 15 mg beträgt. Der
Tod erfolgt unter den Symptomen der Zyanvergiftung. Die
D o s. t o x., bei der es zu spastischen Krämpfen, Extremitäten-
lähmung und starker Dyspnoe kommt, Symptome, die sämt¬
lich nach 10 Minuten wieder verschwinden, liegt bei 10 mg
pro Kilo Kaninchen. Tiere, die jeden zweiten Tag eine
Injektion von 1 mg pro Kilo, im ganzen 15 Injektionen
erhielten, blieben völlig gesund. Bei der Sektion
Hessen sich makroskopische oder mikroskopische Verän¬
derungen nicht nachweisen. Tiere, bei denen derselbe
Versuch mit 2 mg pro Kilo (ebenfalls 15 Injektionen) vor-
genommen wurde, magerten ab und gingen zum Teil zu¬
grunde. Die pathologische Untersuchung ergab ausser
'einer fettigen Degeneration der Leber und
Niere keinen Befund.
Nach diesen Untersuchungen muss also das Aurum-
Kalium cyanatum als ein nicht so enorm giftiges Präparat an¬
gesehen werden, als man vielleicht annehmen möchte.
Eine hämolytische Wirkung auf Menschenblut
konnte selbst bei starken Konzentrationen nicht festgestellt
werden.
Nach diesen über die Toxizität Aufschluss gebenden I ier-
versuchen standen uns zwei Wege offen, um die vermutete
Wirkung des Präparates auf Tuberkulose zu erproben, der
Meerschweinchenversuch und die vorsichtige Anwendung
beim Menschen. Meerschweinchenversuche mit subkutanen
Injektionen hatte offenbar schon Koch und zwar resultatlos
vorgenommen. Es kam also für uns auch im 1 ierversuch nur
die intravenöse Infusion in Frage. Jeder, der mit Meer¬
schweinchen gearbeitet hat, wird aber die Schwiei igkeiten
einer fortlaufenden intravenösen Behandlung dieser Tiere
kennen. Wir haben versucht, die Behandlung i n t i a -
kardial nach der bekannten Methode zu leiten, mussten uns
aber bald von der Unmöglichkeit einer dauernden Weiter¬
behandlung überzeugen. Eine viermalige Injektion einer
kleinen Dosis hatte jedenfalls, wie ja auch nicht anders er¬
wartet werden konnte, noch keinen Einfluss auf den Verlauf
der Tuberkulose.
Es blieb daher nichts anderes übrig, als das Präparat,
dessen toxische Eigenschaften wir studiert hatten, zur mensch¬
lichen Therapie heranzuziehen. Wir konnten dies um so eher
tun, als, wie beschrieben, schon früher eine Anwendung ähn¬
licher Goldverbindungen stattgefunden hatte.
Wir wählten als Prüfungsmaterial ausschliesslich Lupn $-
Die Benutzung der Hauttuberkulose als Testobjekt
für die Erfolge oder Misserfolge einer Tuberkulosetherapie,
hat ihren Vorteil und ihren Nachteil. Ersteren insofern, als
wir die etwaige therapeutische Wirkung direkt verfolgen und
dauernd kontrollieren können, was bei inneren I ubei kulosen
natürlich nicht der Fall ist: ihren Nachteil darin, dass die
Chancen einer Chemotherapie bei Hauttuberkulose verhältnis¬
mässig ungünstig liegen. Abgesehen von den mangel¬
haften Zirkulationsverhältnissen, die ein Herankommen eines
Heilmittels erschweren, müssen wir uns von vornherein klar
sein, dass wir, selbst wenn chemotherapeutisch eine Ab¬
tötung oder Schwächung der Tuberkelbazillen in Hauptpro¬
zessen erreicht wird, n o ch nicht unter allen Um¬
ständen ein sofortiges Verschwinden der
pathologischen Produkte zu erwarten haben. i
Wissen wir doch, dass die sogen. Tuberkulide auf ab¬
geschwächten Bazillen oder sogar nur Stoffwechselpi odukten
beruhen, dass selbst bei der Anwesenheit virulenter Bazillen
wie beim Lupus der pathologische Prozess viel gewaltiger ist
als nach der Zahl der Erreger zu erwarten sein sollte. Es
besteht also entschieden — um nicht das Wort Ueberempfind-
lichkeit zu gebrauchen — eine im Vergleich zu anderen Or¬
ganen besondere Reaktionsfähigkeit der Haut gegenüber dei
Anwesenheit selbst abgeschwächter Tuberkelbazillen. Auch
Friedmann hat letzthin, — unserer Ansicht nach sehr mit
Recht — auf diese Verhältnisse hingewiesen.
Unter diesen Umständen ist aber, falls
gerade beim Lupus ein Erfolg einer lediglich
auf dem Blutwege wirkenden chemothera¬
peutischen Methode nachweisbar ist — und
um es gleich vornweg zu nehmen: unsere
Untersuchungen haben ein positives Resul¬
tat zu verzeichnen — dieser Erfolg um sc
höher einz uschätzen, und Versuche bei an¬
deren tuberkulösen Affektionen sind dam
unseres Erachtens um so aussichtsreicher.
Nach diesen Gesichtspunkten haben wir es peinlichs
vermieden, bei den intravenös behandelten Lupusfäller
irgend eine lokale Behandlung — auch nicht ii
der Nähe des zu beobachtenden Krankheitsherdes vorzu
nehmen. W ir heben diesen Punkt nochmals her
vor, um den Grad unserer the-rapeutischei
Erfolge erklärlich erscheinen zu lassen unc
um Vergleichen mit den blendenden, aber so
weit wir sehen, meist lokal behandelten
Fällen von Strauss vorzu beugen.
Die Behandlung geschah zuerst mit ganz kleinen, zun
Teil täglich verabfolgten Dosen und wurde dann allmählicl
gesteigert. Im Laufe der Zeit sind wir zu folgenden Dosei
gekommen :
Erwachsene 0,02 — 0,05 pro dosi, jeden 2. — 3. Tag, im Ganze-
12 Injektionen. . „ _ ...
Kinder von 6—14 Jahren 0,005—0,03 pro dosi, jeden 2.-3. lap
im Ganzen 12 Injektionen.
Es empfiehlt sich bei einem sonst gesunden Erwachsene
mit 0,03 zu beginnen und von der dritten oder vierten Infusio
ab auf 0,05 zu steigen. Dosen über 0,05 mögen nie h
4. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
59
/er ab folgt werden. Wir haben zwar mehrmals ohne
bleibenden Nachteil 0,08 gegeben, jedoch hierbei zweimal einen
venn auch sehr rasch zurückgehenden Ikterus gesehen. Man
,vird daher bei chronisch-intermittierenden Goldbehandlungen
ler Leber und dem Blutbilde dauernd Beachtung schenken
missen.
Technik.
Die Applikation geschah stets in Form der intra-
cnösen Infusion, wie sie bei uns zur Salvarsanbehandlung
blich ist.
Aus einer haltbaren 1 proz. Stammlösung in destilliertem Wasser
Aur. Kalium cyanat. ist im Verhältnis 1:4 löslich) werden die ge¬
wünschten Dosen, z. B. 1—3 ccm Flüssigkeit (entsprechend 0,01—0,03
’iaparat) aufpipettiert und in eine 0,6 proz., frisch sterilisierte und
üt frisch bereitetem destilliertem Wasser hergestellte Kochsalz-
isung gegeben und zwar 1 — 3 ccm Stammlösung in 50 ccm, höhere
>osen in 100 ccm Kochsalzlösung.
Das Ganze wird dann am besten nach dem zuerst von W e i n -
1 a u tl beschriebenen, bei uns seit Beginn der Salvarsanzeit üblichen
infachen \ erfahren infundiert, d. h. mit einem Glastrichter bezw
ylinder, Gummischlauch und Strauss scher Kanüle. Es empfiehlt
ich zunächst etwas Kochsalzlösung zu infundieren und erst wenn
:an sich überzeugt hat, dass die Infusion gut erfolgt, die Goldzyan-
isung in den Zylinder giessen zu lassen. Ist dieselbe eingelaufeu,
ebe man noch etwas Kochsalzlösung nach.
Die kleine Hautwunde wird, nachdem die Blutung durch Hoch-
alten des Armes und Kompression gestillt ist, mit Heftpflaster be-
eckt.
Wird die Infusion sachgemäss vorgenommen, so ist sie absolut
ehmerzlos. Schmerzen beweisen, dass Flüssigkeit ins Gewebe ge¬
rungen ist. Es können hierdurch langdauernde, aber schliesslich ver¬
bindende Infiltrate entstehen. Bei guter Ausführung der
nfusion bleibt die Venenwand ungeschädigt und
u r die folgenden Infusionen stets durchgängig,
vir haben bei den bisher gemachten über 400 Gold-
yanminfusionen nur einmal ein schmerzhaftes
nfiltrat des Armes gesehen, das nach einigen
agen spurlos verschwand.
Auf diese Weise haben wir in der Regel 12 Injektionen,
l einem Falle sogar 21 Infusionen vorgenommen und dann
ie Behandlung ausgesetzt. Schädigungen etwa von
eiten der Niere etc. sind nie aufgetreten. Auf die
Fusionen erfolgt häufig gar keine Allgemeinreaktion, zu¬
zeiten eine rasch vorübergehende Temperatursteigerung trotz
einlichster Vermeidung des „Wasserfehlers“, seltener Er-
lechen und Durchfall. Das Allgemeinbefinden der Patienten
■ar dauernd ungestört. Auf einzelne interkurrente Ersetz¬
ungen bei Patienten mit tuberkulösen Lungen Prozessen
ommen wir gleich zurück.
Was nun den Einfluss der Infusionen auf
upöse Infiltrate und Ulzerationen anbelangt, so
ussert er sich zunächst in einer, wenn auch nicht in alten,
P d°ch in zahlreichen Fällen auftretenden Lokalreak-
1 o n, die in ihrem Verlauf der bekannten Tuberkulinreaktion
hnlich ist. In einigen Fällen haben wir diese Reaktion nicht
i 24 Stunden, sondern erst 48 Stunden post infusionem beob-
chtet. W ir möchten diese Reaktionen wohl als den Beweis
iner Wirkung, wenn auch nicht einer spezifischen, ansehen
n Anbetracht der später zu besprechenden von uns beob-
-hteten analogen Reaktionen bei Lues und den Mitteilungen
on Herxheim er und Altmann, die auch nach Sal-
a r s a n infusionen an lupösen Herden Reaktionen auf-
eten sahen).
Ein therapeutischer Effekt auf 1 upöse Pro¬
esse ist in den meisten Fällen unverkennbar. Er äussert
ch manchmal sehr rasch, bereits nach der 2.-3. Infusion, in
ideren allmählicher im Laufe der Behandlung. Zunächst
n d e r t sich die Farbe, indem sie einen matteren, rein
-lblichen, weniger entziindlich-roten Ton annimmt; Infil-
i;ate zeigen Rückgänge, die wallartig erhabenen
ander werden flacher, die Granulationen scheinen in sich zu-
tmmenzusinken, und kreisrunde Herde vom Zentrum nach
zr Peripherie zu abzuheilen. Ulzerative Prozesse reinigen
ch und epithelisieren. Am geringsten ist der Erfolg, wie ja
ich verständlich, bei verrukösen Formen und jenen wachs¬
ten stark verkästen, mitten in narbigen Herden sitzenden
noten und Knötchen.
nr mit Aur. Kalium cyanat. behandelte Lupusfälle.
1. B. P., li Jahre. Lupus des Gesichtes. Dicke, wallartige
inder, in der Mitte des Herdes zahlreiche, mit festen Schuppen
bedeckte Knoten und Knötchen. Lungen o. B. Behandlung:
38 läge, 21 Infusionen, Hd. 0,02, Gd. 0,34. Nie Nebenerscheinungen.
Erfolg: Die den Herd umgrenzenden Wälle sind ge-
sch wunden, die Infiltrate im Zentrum eingesun-
ken. Keine Schuppen bildu ne mehr. (S Phntno-r i _ u t
Fig. la.
Nur mit Aur. Kal. cyanat. behandelter
Lupus vor der Kur.
Fig. lc.
4 Wochen nach der 38täg. Behandlung.
2 H. W., 13 Jahre. Seit dem 4. Lebensjahr bisher unbehandelter
Lup. ulcer. des Fusses. Im Zentrum des Herdes narbige Abheilung,
die Peripherie wird von einem Kranz stark sezernierender Geschwüre
gebildet. 13 Infusionen, Gesamtdose 0,23, Höchstdose 0,02. Oefters
lokale Herdreaktionen, nach der dritten Infusion Allgemeinreaktion;
nach 12 Stunden geschwunden. Dauer der Behandlung: 27 Tage.
Erfolg: Ulcerationen vollkommen geschlossen.
Kann wieder ungehindert gehen.
3. K. W„ 17 Jahre. Lupus hypertroph, und exfol. des Gesichtes
und Halses. 13 Inf. in 26 Tagen, Gd. 0,47, höchste Einzeldose 0,05.
Keine Nebenerscheinungen. Erfolg: Deutliche Abflachung
sämtlicher Herde. Nachlassen der Schuppen-
b i 1 d u n g.
4. M. A., 17 Jahre. Tuberc. cutis verruc. Apfelgrosse Drüse
am Hals. Karies des Stirnbeines mit stark sezernierender Fistel
13 Inf. in 31 Tagen, Gd. 0,51, höchste Ed. 0,05. Die H a u t s t e 1 1 e n
nehmen schon von der dritten Infusion ab einen
bräunlicheren Farbenton an und werden flacher.
Die Abflachung schreitet weiter vorwärts, immer¬
hin sind die Stellen noch verrukös und erhaben.
Die Drüse geht auf Walnussgrösse zurück. Die
Sekretion aus der Fistel hat erheblich nachge¬
lassen.
5. L. H„ 44 Jahre. Seit Jahrzehnten bestehender ausgedehnter
Lupus tumidus und serpigin. des Gesichts, behaarten Kopfes und der
Extremitäten. 13 Inf. in 39 Tagen. Gd. 0,63, Ed. 0,05. Häufige Lokal¬
reaktion. Einmal Temperatur bis 38,8. Sehr deutliche Ab¬
flachung der Infiltrate.
6. W. J., 9 Jahre. Zerstörung des häutigen Septums und des
rechten Nasenflügels. Infiltrat auf der rechten Wange. Tiefes,
schmierig belegtes Ulcus von Markstückgrösse auf der stark ge-
wulsteten Oberlippe. 10 Inf. in 18 Tagen, Gd. 0.16, Hd. 0,02. Keine
P
Fig. 1b.
Nur mit Aur. Kal. cyanat. behandelter
Lupus vor der Kur.
Fig. Id.
4 Wochen nach der 3Stäg. Behandlung.
Nebenerscheinungen, öfters Lokalreaktionen. Klei n er werden
des Infiltrats. Das Ulcus hat sich bis auf Pfennig¬
grösse geschlossen und zeigt gute Granula-
t 1 o n_e 25 jahre Ausgedehnter Lupus des Gesichts. Zahl¬
reiche teils gruppiert stehende linsengrosse Knötchen in teils tele-
angiektatischen teils atrophischen grossen Herden. 10 Inf. in 18 lagen,
Gd 0,25, Hd. 0,04. Steht zurzeit noch in Behandlung. Einmal All¬
gemeinreaktion bis 39,6. Erbrechen, Durchfall. Die Knötchen
am Rande der Narben in das normale Hautniveau
eingesunken, tiefbraune Pigmentierung. Die
innerhalb der Narben befindlichen Infiltrate
noch wenig beeinflusst.
8 H P, 14 Jahre. Lupöser Herd am Auge, oberes Augenlid
ektropioniert. Am linken Ohr eine Ulzeration Grosse. Drusen¬
pakete am Hals, daselbst ebenfalls eine kleine Ulzeration, offenbar
mit einer Drüse im Zusammenhang stehend. 16 Inf. in 30 l agen,
Gd. 0,28, Hd. 0,02. Fast nach jeder Infusion deutliche Lokal¬
reaktion, die besonders durch eine intensive Rötung dei
Konjunktiven des in der Nähe des Lupus liegenden Auges aut-
fällt. Geringe Temperatursteigerung. Der Herd am oberen Augen¬
lid ist ganz flach geworden, die Ulzeration am Ohr hat sich
verkleinert. Die Drüsen und die Ulzeration am Hals wenig
beeinflusst. Da positive Wassermann sehe Reaktion vorliegt,
wird eine Salvarsanbehandlung eingeleitet, die aber ohne Liniluss
bleibt. ^ ^ ^ Jahre. Schwere Lungenphthise. Kalter Abszess
auf dem Sternum und am Fussrücken. Skrophuloderm von fast zwei
Ouerfinger Breite am Halse, verruköser Lupusherd an der Hand.
6 Inf. in 27 Tagen, Gd. 0,25, Hd. 0,08. Nach 0,08 tritt starke Tem-
peratursteigerung ein, Erbrechen, Durchfall und ein in 2 Tagen
wieder verschwindender Ikterus. Die allerdings an sich sehi un¬
regelmässige Temperatur wird eher günstig beeinflusst, das All¬
gemeinbefinden wird im Laufe der Behandlung entschieden besser.
Der Husten und Auswurf geringer. Am Lungenbetund — - grosse
Kavernen — keine nachweisbare Veränderung. Tb. +~r. Das
Skrophuloderm sinkt fast völlig ein, der verruköse Herd ist
deutlich flacher geworden. Der kalte Abszess am Sternum
bricht nach der Infusion auf, sezerniert reichlich, derjenige am Fuss
geht fast um die Hälfte zurück. Die Behandlung muss aus ausseren
Gründen abgebrochen werden.
10. W„ 60 Jahre. Karies des Sternums, Infiltration beider Ober¬
lappen, Kavernen, quälender Husten, reichliches Sputum mit Tb. H r i .
Pat kann aus äusseren Gründen nur mit Unterbrechungen behandelt
werden. Er gibt an, nach der Behandlung eine ganz wesentliche
Erleichterung der starken Schmerzen im Sternum zu empfinden. Der
Husten und Auswurf wird entschieden geringer, Tb. spärlicher. Nach
der zweiten Infusion tritt am nächsten Tage sanguinolentes
Sputum auf, was früher vom Pat. nie beobachtet
worden war. Die Sekretion aus der Sternalfistel ist geringer
geworden. Die Temperaturen nicht wesentlich beeinflusst, Gewicht
gleich. Das Allgemeinbefinden bei der vorzeitigen Entlassung leidlich.
11. W. Anna, 42 Jahre. Haselnussgrosses Lupusinfiltrat auf der
Oberlippe. 8 Inf., in 18 Tagen Gd. 0,24, Hd. 0,03. Das Infiltrat
ist ganz flach geworden, auf Linsengrösse zurückgegangen.
12. M. Klara, 22 Jahre. Lupusulzeration des Gesichtes. Flache,
in atrophischen Partien liegende Geschwüre. 15 Inf. in 28 Tagen,
Gd. 0,53, Hd. 0,04. Keinerlei Nebenerscheinungen während der Be¬
handlung, auch keine Lokalreaktionen. Ulzerationen wesent¬
lich kleiner geworden. Ueberhäutung erfolgt jedoch langsam
und ist bei Beendigung der Kur noch n i c h t v ö 1 1 i g erfolgt.
14. S. Hedwig, 6 Jahre. Verruköser Herd der Ellenbeuge. 14 Inf.
in 25 Tagen, Gd. 0,23, Hd. 0,02. Der Herd ist ganz flach ge¬
worden, die Hyperkeratosen treten ganz zurück. Die histo¬
logische Untersuchung einer exzidierten Partie
ergibt nur Granulationsgewebe, keine lupösen
Elemente.
15. Z. Marie, 30 Jahre. Verdickung der Nasenspitze, daselbst
einige linsengrosse, mit Krusten bedeckte Knötchen. 12 Inf. in
22 Tagen, Gd. 0,46, Hd. 0,04. Die Verdickung ist zurückge¬
gangen, die Knötchen unter Pigmentierung eingesunken, die
Krusten abgefallen.
16. K. Anna, 15 Jahre. An Wangen, Nase und Oberlippe tiefe,
mit braungelben Krusten bedeckte Ulzerationen. 8 Inf. in 17 Tagen,
Gd. 0,165, Hd. 0,03. Keine Nebenerscheinungen, d e u 1 1 i c h e Lo¬
kalreaktionen, gibt an, nach den Infusionen Schmer¬
zen in den Ulzerationen zu empfinden. Die Ulzerationen
reinigen sich schnell und epithelisieren. Noch in Be¬
handlung 2).
17. S. Marie, 53 Jahre. Wie Fall 15. 10 Inf. in 22 Tagen,
Gd. 0,3, Hd. 0,03. Keine Nebenerscheinungen, keine Lokalreaktion.
Erfolg wie bei 15.
18. M. Pauline. Einzelne gruppierte, mit Krusten bedeckte
Knötchen auf der Wange. 5 Inf., Gd. 0,14, Hd. 0,03. Unterlappen¬
infiltration. Noch in Behandlung. Nach der 4. Inf. entsteht eine mit
D Anmerkung bei der Korrektur: Nach weiteren 2 Infusionen
ä 0,02 ist das Ulcus vollkommen verheilt.
2) Anmerkung bei der Korrektur: Nach weiteren 4 Infusionen
ä 0,03 vollkommene Epithelisierung der Ulzerationen.
hohen Temperaturen einhergehende, in wenigen lagen ablaufende,
trockene Pleuritis. Die Lupusherde sinken ganz ein und
die Krusten fallen ab.
19. F. Elfriede, 8 Jahre. Schwerer, schon vielfach von uns ver¬
geblich behandelter Lup. ulc. des Gesichtes. Ektropion des Augen¬
lides. 15 Inf. in 20 Tagen, Gd. 0,3, Hd. 0,02. Die U 1 z e r a 1 1 o n e n
reinigen sich und werden kleiner. Das Ektropion wesent-
lieh geringer. Die Herde haben nach Aussage des sie seit Jahren be¬
obachtenden Arztes noch nie so gut ausgesehen wie jetzt.
20 Sch. Martha, 30 Jahre. Grosser Herd am Halse. Zahllose, in
narbigem Gewebe liegende, braunrote Knoten und Knötchen. 12 Inf.
in 34 Tagen. Häufige Lokalreaktionen, in Sukkulenz und intensiver
Rötung der Knoten bestehend. Sicher Rückgang, aber sehr
langsam, kein deutlicher Erfolg. .
21. W Anna, 45 Jahre. Lupus an beiden Wangen, lief in
narbigen Flerden sitzende, kaum prominente gelbe, auf Sondendruck
nachgebende Flecke. 6 Inf. in 20 1 agen, Gd. 0,24, Hd. 0,04. Flecken
brauner geworden, aber kein wesentlicher Erfolg.
Noch in Behandlung.
F. <? besteht für uns alle kein Zweifel, dass
wir allein mit intravenösen Infusionen von
Aurum-Kalium cyanatum und ohne lokale Be¬
handlung eine wesentliche Beeinflussung
lupöser Herde konstatieren konnten. Wir sind
uns wohl bewusst, vorläufig nur von einem Rückgang der
Erscheinungen sprechen zu können. Ueber eine etwa mög¬
liche definitive Heilung können wir noch nichts aus-
sagen. Bei einer Erkrankung wie der Tuberkulose gehört dazu
selbstredend eine sehr lange Beobachtung, histologische Unter¬
suchungen und biologische Prüfungen (1 uberkulinreaktion).
Wir glaubten jedoch, die nachgewiesene Wirkung eines
auf dem Blutwege beigebrachten Medi¬
kaments, das in wenigen Wochen einen Effekt auf eine
jahre- und jahrzehntelang bestehende Affektion wie den
Lupus, ausübt, schon jetzt veröffentlichen zu sollen, um zu
weiteren Prüfungen der Anwendungsmöglichkeiten der von
uns vorgeschlagenen Methode anzuregen. Wir gehen hierbei
von der Ansicht aus, dass gerade bei der Tuberkulose eine
Zentralisierung eines neuen Präparates an eine oder wenige
Stellen ein baldiges Urteil ungemein erschwert. Bei einem
Präparat jedoch, das jedem Arzt zugängig ist und dessen An-
wendungsmöglichkeit wir bewiesen nnd skizziert haben, dürfte
es durch die von den verschiedensten Seiten zu machenden
Beobachtungen in verhältnismässig kurzer Zeit gelingen, nach¬
zuweisen, was auf diesem Wege bei Hauttuberkulose und was
bei anderen tuberkulösen oder sonstigen infektiösen Prozessen
zu erreichen sein wird. Wir verfügen selbst über eine zi
geringe Erfahrung bei Lungentuberkulose. Dass aber da;
Präparat hierfür zum mindesten nicht gleichgültig ist, diirfer
wir vielleicht daraus schliessen, dass wir bei Lupösen mi
gleichzeitigen Lungenprozessen im Anschluss an eine Infusior
zweimal leichte pleuritische Reizungen, die nach weniger
Tagen wieder verschwanden, gesehen haben; einmal trat be
einem Patienten mit einer Oberlappeninfiltration ein nacl
einem Tage wieder verschwindendes sanguinolentes Sputun
auf, obwohl dieser Patient früher noch nie an einer Hämopto«
gelitten hatte.
Es wird sich daher vielleicht empfehlen, bei Erwachsener
mit schwereren Lungenprozessen mit Dosen von 0,02 zu be
ginnen und erst langsamer bis 0,05 zu steigen. Jedenfall
dürfte es aber, soweit wir dies heute übersehen, nötig seir
10—12 Infusionen innerhalb 4—5 Wochen vorzunehmen, um
dann nach einer mehrwöchigen Pause wieder mit der Kur z
beginnen. Dass die Tuberkulose nicht mit wenigen Ein
Spritzungen zu beeinflussen sein wird, ist klar und es dürft
wohl a priori ein ähnliches Schema zu erwarten sein, wie wi
es bei Lues in Form der chronisch-intermittierenden Behänd
lung gelernt haben.
Von der oben von uns behandelten Vorstellung ausgehem
dass es ein Vorteil sein müsse, das Tuberkulin als Lei1
schiene für ein Tuberkulosemittel zu benützen oder wenigste;
die nach Tuberkulin eintretende, mit starker Durchblutung de
erkrankten Gewebes einhergehende Lokalreaktion zur Hii
lenkung dieses Mittels nach dem Krankheitsherd zu verwerte
haben wir auch einige Fälle kombiniert mit Tuber
kulin und Aurum-Kalium cyanatum behandelt ur
zwar so, dass erst solche Tuberkulindosen, die noch zu eins
eben deutlichen Lokalreaktion führten, gegeben wurden, ur
dass dann auf der Höhe der Lokalreaktion — also mei
4. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
lach 24 Stunden — die intravenöse Goldinfusion folgte. —
)ie Resultate sind auffallende und den bei reinen
1 o 1 d f allen, was Schnelligkeit des Erfolges
inbelangt, entschieden überlegen. Was aber
iei solchen Kombinationsmethoden auf Rechnung des neuen
Präparates zu setzen ist, ist sehr schwer zu entscheiden. Wir
iahen allerdings den Eindruck — und nur von einem solchen
;ann man hierbei reden — , dass dieselben Resultate allein
nit Tuberkulin in der in Frage kommenden Zeit und mit den
venigen Tuberkulininjektionen, nicht erreicht worden wären,
vlan wird also, nachdem die Grenzen der reinen Gold-
lehandlung festgestellt sein werden, an derartige Kombi-
lationen denken müssen, um vielleicht noch schnellere und
ntensivere Resultate zu erzielen.
• i n i g e der kombiniert mit Aur. Kalium cyanat. und
mit Alttuberkulin behandelten Fälle.
L. D. H„ 23 Jahre. Lupus ulceros. des Naseneingangs und der
»chleimhaut. Zahlreiche Herde am Halse. Behandlung 48 Tage,
AI .-Inj., Hd. /4 mg. Die letzten Injektionen verursachen keine
.okalreaktion mehr. 24 und 72 Stunden nach jeder Tuberkulininjek-
ion folgt je eine Aur.-Inf., Gd. 0,384 in 13 Inf. Nach der Hd. von 0,0S
’emperatursteigerung, Erbrechen, schnell vorübergehender Ikterus,
dlgemeinbefinden sonst während der Kur ungestört. Erfolg: Ul¬
erationen sämtlich epithelisiert, Knötchen e in¬
esunken, nur noch leichtePigmentierung zu sehen.
Fig. 2a. Fig. 2 b.
it Aur. Kal. cyanat. und Tuberkulin be- Nach der 48 tägigen Behandlung.
handeiter Lupus vor der Kur.
2. D. A., 51 Jahre. Herd an der Wange aus konfl., linsen¬
rossen Knoten bestehend. Nur 3 AT.-Inj. ä )4 mg, 4 Aur.-Inf.,
d. 0,12, Hd. 0,03. Unterbrechung der Kur erfolgt aus äusseren
runden. Bei der Entlassung des Pat. nach 10 Tagen sind die Knoten
twa um die Hälfte ihrer ursprünglichen Grösse zurück¬
eg a n g e n.
3. Sp. Marie, 35 Jahre. Ausgedehnte Lup. mac. und exfol. des
esichtes. Diffuse Schwellung der Wangen und Oberlippen. 4 AT.-
i.i. ä Vi mg, 4 Aur.-Inf., Gd. 0,18, Hd. 0,05. Jedesmal starke Lokal-
Aktion auf AT„ die durch die darauffolgende Aur.-Inf. noch wesent-
ch gesteigert wird. Dauer der Behandlung 13 Tage. Sehr guter
rfolg. Das Gesicht abgeschwollen, die Knoten und Knöt-
len eingesunken. Nach einem Monat ist der Erfolg noch deut-
cher. Pat. verlangt Fortsetzung der Kur.
Wir haben weiter — immer von den Koch-Behririg-
chen Desinfektionsversuchen ausgehend — die etwaige W i r -
u n g dieses ausgezeichneten Antiseptikums bei Lues erprobt.
Wir bemerken aber, dass wir diese Versuche lediglich
ls o r i e n t i e r e n d e betrachtet haben, wir haben deshalb
bsichtlich, sobald ein Erfolg zu konstatieren war, die Gold-
ehandlung nicht weitergeführt, sondern sind dann zu Hg
nd Salvarsan übergegangen, um den Patienten die erprobte
ur nicht vorzuenthalten.
Fig. 3a. Tertiäre Lues vor der Behandlung
mit Aur. Kal. cyanat.
Fig 3 b.
Nach der 26tägigen Behandlung.
3. Sch. W., 32 Jahre. Plaques
muqu. Papel an der Innenseite des
Präputium, grosse Zervikal- und Ku-
bitaldriisen, Spir. neg., Ser. pos.
4 Inf. in 9 Tagen ä 0,05. Plaques
und Papel heilen von der zwei-
t e n Inf. an ab, deutlicher Rück¬
gang der Drüsen.
4. B. A„ 24 Jahre. Primäraffekt
am Frenulum, grosse Inguinaldrüsen.
Spir. H h 6 Inf. in 12 Tagen.
Nach der 2. Inf. schwinden
die Spir. und sind dauernd
nicht mehr nachweisbar. I n -
duration wird geringer, die
Drüsen schwinden um die
Hälfte ihres Volumens.
5. M. A., 24 Jahre. Primär¬
affekt am Präputium, grosse Drüsen.
Spir. ++. 6 Inf. in 12 Tagen.
Nach dererstenlnf. schwin¬
den die Spir. und bleiben
dauernd weg. Der Primär¬
affekt selbst zeigt nur geringe
Beeinflussung, die Drüsen
sind kleiner geworden.
6. H. Marie. Nässende Papeln an den Labien. Spir. ++. 2 Inf.
in 4 Jagen ä 0,03. Spir. spärlicher geworden; muss wegen
Partus veUegt werden.
7. Gl. Bertha, 20 Jahre. Papel am Lab, Spir. 4 — L, exulzerierte
Plaques auf den J’onsillen, Polyskleradenit. 6 Inf. in 10 Tagen ä 0,03.
Nach der 2. Inf. schwinden die Spir. dauernd, die
Papel nach der 4. Inf. verschwunden, die Plaques
gehen nur langsam zurück.
Die Wirkung des Aurum-Kalium cyanatum bei primärer
und sekundärer Lues entspricht, was Spirochätenverschwinden
und Rückgang der Erscheinungen anbelangt, ungefähr, soweit
derartige Vergleiche möglich sind, der Wirkung eines starken
Hg-Präparates. An die Leistung des Salvarsans kommt es bei
diesen Fällen absolut nicht heran. Dagegen wurden die von
uns bisher behandelten tertiären Fälle durch Goldinfusionen
in einer Weise und mit einer Schnelligkeit be¬
einflusst, die nach unseren Erfahrungen der Salvarsanwirkung
w e n i g n a c h s t e h t. Es ist hiermit der Beweis erbracht,
dass dem Au rum -Kalium cyanatum auch bei
Lues ein Heileffekt zukommt und es würde sich
somit dem Hg und Salvarsan bezw. den Arsenverbindungen
als drittes A n t i s y p h i 1 i t i k u m das Aurum-Ka¬
lium cyanatum bezw. vielleicht die Goldver¬
bindungen zugesellen.
Fig. 3 c.
Nach der 26tägigen Behandlung.
Aur. - Kalium-cyanat. - Infusionen bei luetischen
Prozessen.
1. W. Johanna, 38 Jahre. Tuberoulzeröses Syphilid im Gesicht
id am Arm. Bisher unbehandelt. WNB.-R. positiv. Behandlung:
- Im. in 26 Tagen, Gd. 0,4, Hd. 0,05. Erfolg siehe Abbil-
d nge n 3a — c. Serumreaktion 4 Wochen später noch positiv.
2. S. Kathar., 40 Jahre. Tuberoulzeröses Syphilid der Wange,
"s Gaumens und der Handrücken. 6 Inf. in 13 Tagen, Gd. 0,2,
u. 0,05. Reinigung und Ueberhäutung der Ge-
c h w ü r e, Rückgang der Granulationen.
Wir möchten nochmals betonen, dass, wenn wir die vor¬
liegenden sich über mehrere Monate erstreckenden. Erfah¬
rungen schon jetzt bekannt geben, wir das nicht in der Ab¬
sicht tun und tun können, um unser neues Heilver¬
fahren als ein fertig abgeschlossenes bei
Tuberkulose und Lues zu proklamieren. Wir
glauben aber, dass die bisherigen Resultate entschieden zu
weitgehenden Prüfungen auffordern, die die Arbeitskraft ein¬
zelner übersteigen.
62
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Nicht nur dass Erfahrungen bei den verschiedensten tuber¬
kulösen Prozessen gesammelt werden müssten, scheint es uns
nunmehr, nachdem eine therapeutische Wirkung bei Lupus
feststeht, nötig, neben der klinischen Prüfung durch weiteren
Ausbau der ja allerdings sehr langwierigen Tierexperimente,
die Grenzen und die Art und Weise der Wirkung genau zu
studieren. Allerdings würden in Anbetracht der notwendigen
intravenösen Behandlung nur grössere Tiere (Affen. Rinder)
in Betracht kommen. Wenn wir bedenken, welche Triumphe
die Hg-Therapie bei Lues gefeiert hat, lange, ehe wir über
seine Wirkungsweise und über Tierexperimente etwas
wussten, so wird der vorgeschlagene Weg nicht unverständ¬
lich erscheinen.
Es wird ferner unsere Aufgabe sein, im Tierexperiment die
Wirkung des Aurum auf Spirochäten zu prüfen und zu suchen,
ob sich event. auch eine Wirkung bei anderen Allgemein¬
infektionen nachweisen lässt, mit anderen Worten, ob der Ein¬
fluss des Aurum-Kalium cyanatum tatsächlich auf einer
direkten Desinfektions Wirkung beruht, oder ob nur
ein Einfluss auf krankes Gewebe und dadurch indirekt
auf die Erreger vorliegt.
Eine weitere Frage ist die, ob die Wirkung an das Gold
oder das Zyan gebunden ist, eine Frage, die bereits von uns
in Angriff genommen worden ist. Jedenfalls können wir aber
schon jetzt sagen, dass bei der von uns geübten Technik und
Dosierung Schädigungen nicht zu erwarten sind
und dass daher ein klinisches Studium der Verbindung gerecht¬
fertigt erscheint. Vorbedingung ist allerdings
eine vollkommene Beherrschung der intra¬
venösen Infusionstechnik.
Aus der Deutschen dermatologischen Universitätsklinik in Prag
(Vorstand Prof. C. Kreibich),
Die Behandlung der Syphilis mit Kontraluesin (Richter),
einem molekular zerstäubten Quecksilber.
Von Dr. E. Klausner.
Um die Heilkraft und den Wert des Quecksilbers bei der
Behandlung der Syphilis richtig einzuschätzen, genügt wohl
die Tatsache, dass auch die Salvarsantherapie nicht imstande
war, das Quecksilber aus der Behandlung der Lues zu ver¬
drängen oder wenigstens entbehrlich zu machen. Und man
kann wohl behaupten, dass gerade jetzt das Bedürfnis nach
einem besonders wirksamen Quecksilberpräparat als unerläss¬
liche Stütze der Salvarsanbehandlung vorhanden ist.
Im April 1912 berichtete Dr. E. Richter aus Plauen am
internationalen Dermatologenkongress in Rom über eine be¬
sonders wirksame Methode der Quecksilberbehandlung, indem
es ihm gelang, metallisches Quecksilber in einer wässerigen
Lösung von bestimmter Zusammensetzung so fein zu verteilen,
dass die Grösse der Hg-Teilchen bis unter Kokkengrösse ge¬
bracht werden konnte und in dieser feinen Verteilung trotz
seines grossen spezifischen Gewichtes durch mehrere Stunden
in der Lösung in Suspension blieb. Dadurch, dass der Autor
die Verteilung des Quecksilbers in wässriger Lösung vornahm,
sollte verhindert werden, dass die Resorption, wie bei Be¬
nützung fettiger Vehikel, gehemmt würde. Durch die äusserst
feine Verteilung soll ermöglicht werden, dass das Hg direkt in
die Blutbahn resorbiert wird. Die nähere Darstellungsweise
des Kontraluesins glaube ich an dieser Stelle übergehen zu
dürfen, und will nur erwähnen, dass die wässrige Lösung eine
Mischung von Sozojodol-Chinin-Salizylverbindungen darstellt,
denen Richter ebenfalls eine antibakterielle bzw. anti¬
luetische Wirksamkeit zuschreibt.
In letzter Zeit1) hat Richter über 200 Fälle von Lues
berichtet, die von ihm, zum Teile von S c h o u r p mit Kontra¬
luesin behandelt wurden. Die Erfolge waren sehr günstig.
Ausser Stomatitis wurden von den Autoren keinerlei Neben¬
erscheinungen beobachtet.
Bevor ich auf die Schilderung der auf der Klinik Kreibich
behandelten Fälle eingehe, will ich die Methode der Behand¬
lung mit den Worten des Autors wiedergeben.
Zur Injektion sind nötig:
1. Eine 2 ccm fassende Injektionsspritze aus ülas ohne Metall¬
teile (wegen Amalgamierung).
2. Die Injektionsnadel muss 34 mm lang sein und 0,9 mm in
Nadelstärke sein. .
Spritze, Nadel und Präparatampullen dürfen niemals mit Wasser
in Berührung gebracht werden. Die Ampullen enthalten 0,15 Hg in
1 ccm Suspensionsflüssigkeit und werden die einzelnen Injektionen in
5 tägigen Zwischenpausen intramuskulär appliziert, bei den letzten
2 Injektionen gewöhnlich nur 0,7 ccm der Ampulle injiziert.
Die Ampullen müssen stehend in nicht zu kaltem Zimmer auf¬
bewahrt werden. Der Inhalt der vorher gut durchgeschüttelten
Ampulle wird aus der am besten etwas schräg gelagerten Ampulle
direkt in die Spritze aufgesaugt. Die Injektion in die nach Desinfek¬
tion der Haut mit Jodtinktur bestrichene Natesgegend erfolgt senk¬
recht intramuskulär, indem man den Patienten vornüberbeugt.
Die Aufbewahrung der Nadel und Spritze geschieht am besten ir
Seifenspiritus, dem auf 100 ccm 1 ccm Liquor cresoli zugesetzt ist.
Die Verhaltungsmassregeln bei der Behandlung sind die gleichen
wie bei jeder Hg-Therapie. Zum Gurgeln empfiehlt Richter
HaOa-Lösungen, denen messerspitzenweise folgendes Gurgelpulver
zugesetzt ist:
Natr. bicarb. 55,0
Natr. sulfur. 5,0
Natr. salicyl. 5,0
Mentholi 0,1
Wenn ich nun im folgenden über 50 Fälle kurz berichten
will, die auf unserer Klinik mit Kontraluesin behandelt wurden,
so will ich gleich im vorhinein betonen, dass es uns vorläufig
darauf ankam, die Wirksamkeit dieses Quecksilberpräparates
auf die luetischen Veränderungen der verschiedenen Krank¬
heitsstadien zu erproben und dass wir dementsprechend vor
allem solche Fälle der Behandlung unterzogen, die durch die
Intensität und Ausbreitung der luetischen Krankheitsprozesse
ein Urteil über die Wirksamkeit eines antiluetischen Mittels
zu gewinnen gestatteten.
Von den 10 Fällen mit Primäraffekten seien besonders 3 Fälle
erwähnt, bei denen ausser mehreren harten Geschwüren hochgradige
Oedeme der Labien und Nymphen spezifischer Natur bestanden, ln
allen Fällen heilten die Sklerosen ab und das Oedema scleroticum be¬
gann schon gewöhnlich nach der 3. Injektion abzufallen und war nach
der 5. Injektion geschwunden. An den regionären Lymphdrüsen
konnte ich gleichfalls eine bedeutende Verkleinerung derselben wahr¬
nehmen.
Von den 37 Fällen des Sekundärstadiums ist zu erwähnen, dass
vor allem der Rückbildung der Exantheme und Schleimhautprodukte
die grösste Aufmerksamkeit zugewendet wurde. Alle Formen maku¬
löser, papulöser und pustulöser Ausschläge zeigten gewöhnlich nacl:
2—3 Injektionen deutliche Rückbildung und waren nach 5 Injektioner
abgeheilt. Dasselbe gilt von den Plaques und breiten Kondylomen
die zum Teil ohne jede lokale Behandlung abheilten. Hier erwähne
ich vor allem 3 Fälle von ausgebreiteter Psoriasis palmaris und plan
taris, der eine Fall in Form der „Clavi syphilitici“, der 6 Wochen voi
der Behandlung mit dem Richter sehen Präparate 0,5 Salvarsai
ohne jeden sichtbaren Erfolg erhalten hatte und bei dem schon nacl
3 Injektionen eine auffallende Besserung zu verzeichnen war. Nacl
5 Injektionen zeigten Palmae und Plantae in allen 3 Fällen ein völüs
normales Aussehen, indem die luetischen Infiltrate spurlos ver
schwanden. Bei einem Falle von grossknotigem, über die ganze Kör
perhaut einschliesslich des behaarten Kopfes und Gesichtes sich er
streckenden Syphilids waren nach 5 Injektionen die grossen Knote
bis auf Pigmentationen völlig abgeheilt. Am hartnäckigsten verhiel
ten sich die makulösen Rezidivexantheme, die aber nach 5 Injektionc
stets geschwunden waren.
Mit tertiären Krankheitserscheinungen wurden 3 Fälle behandel
Ein Fall zeigte gummöse Infiltrate der Hohlhände. Auch diese
Patient hatte vor 2 Monaten 0,6 Salvarsan intravenös erhalten, ohn
dass die Infiltrate abgeheilt wären, nach 3 Richterinjektionen wäre
die Gummen bis auf Reste geschwunden. Auch beim zweiten Fall'
der tiefe Gummen am Oberarm und an der linken Tonsille aufwie
waren dieselben schon nach 3 Injektionen fast vollkommen verheil
Im 3. Falle mit luetischen Gehirnerscheinungen, die zu äusserst qu:
lenden, Tag und Nacht andauernden Kephalalgien führten und die Sa
varsan nicht zum Schwinden brachte, trat eine vollständige Heilun
von den lästigen Beschwerden durch die genannte Quecksilbe
behandlung ein.
Erwähnen will ich, dass ich trotz verschiedener Mis
geschicke, welche durch die anfangs noch nicht ausgearbeite
Herstellungstechnik bei der Darstellung des Präparates ve
ursacht wurden, unter 250 Injektionen nur 3 Abszesse in
4 Stomatitiden zu verzeichnen hatte, während andere Nebe
erscheinungen, besonders von seiten der Nieren oder d
Darms, auch nicht bei den obenangeführten 6 Patienten beo
achtet wurden. Jetzt, wo die Technik der Herstellung d
Kontraluesins durch den Autor fertiggestellt ist, habe f
keinerlei Nebenerscheinungen nach den Injektionen beo
*) Richter: Dermatol. Wochenschr., Bd. 55, S. 1218, 1912.
14. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
63
achtet. Dieselben verlaufen so gut wie schmerzlos, hinter¬
lassen keinerlei Infiltrate und auch die Stomatitiden treten
nicht auf, wenn die Patienten die vorgeschriebene Mundpflege
einhalten, so dass ich mit gutem Erfolge die ambulatorische
Behandlung der Patienten aufgenommen habe.
Serologische Kontrollen wurden in allen Fällen vor¬
genommen. Die Kürze der Behandlungszeit und der Zweck
vorliegender Mitteilung lassen es überflüssig erscheinen,
darüber des Näheren zu berichten.
Was sich heute jedoch mit Sicherheit be¬
stätigen lässt, ist die Tatsache, dass das
Richtersche Kontraluesin ein ausgezeich¬
netes Antiluetikum darstellt, welches die
luetischen Krankheitserscheinungen aller
Stadien der Syphilis zur Abheilung bringt
und in Anbetracht seiner bequemen, schmerz-
und gefahrlosen Applikation zur ausgebrei-
teten Anwendung in der Behandlung der
Syphilis empfohlen werden kann.
Aus der I. med. Klinik zu München (Direktor: Professor
v. R o m b e r g).
Lieber die Quellen dauernder Blutdrucksteigerung.
Von Prof. Dr. S c h 1 a y e r.1)
Erst seit relativ kurzer Zeit besitzen wir die Mittel, den
Blutdruck am Krankenbett hinreichend exakt zu messen. Es
fand sich, dass bei einer ganzen Reihe von krankhaften Zu¬
ständen der Blutdruck für kurze Zeit hohe und höchste
Werte erreichen kann. So z. B. bei Neuropathie, im Anfall
von Asthma bronchiale, bei tabischen Krisen etc.
Bei anderen Patienten dagegen stellt die Messung eine
dauernde Erhöhung des Blutdruckes fest. Auch diese Er¬
höhung kann starken Schwankungen unterliegen, aber immer
lleibt der Druck über der normalen Höchstgrenze, die wir
leute für den Erwachsenen mit ca. 130 mm Hg annehmen.
)ie Werte dieser dauernden Drucksteigerung können bis zu
•50, ja 260 mm Hg erreichen. — Sehr bald versuchte man,
mter den Patienten mit dauernder Drucksteigerung eine ge-
visse Sichtung vorzunehmen. Man fand unter ihnen eine be-
rächtliche Anzahl von Nierenkranken. Dass bei solchen,
besonders bei bestimmten Kategorien, der Blutdruck erhöht
<ei, war nach den Beobachtungen der alten Aerzte über den
Juls Nierenkranker zu erwarten. — Dann fanden sich unter
len Menschen mit dauernder Hypertension Fälle mit Aorten-
nsuffizienz; hier erklärt sich die Druckerhöhung aus der ge-
•teigerten Kraft der linken Kammer zusammen mit ihrer ab-
lorm grossen Füllung. Weiter war eine dauernde Druck-
rhöhung in mässigen Grenzen bei einzelnen Fällen von
Basedow scher Krankheit festzustellen. Ausser diesen drei
iruppen aber fanden sich unter den Menschen mit dauernder
'rucksteigerung endlich eine grosse Anzahl von Fällen, welche
ich keiner der drei Gruppen ohne weiteres einordnen liessen.
:s handelt sich hier durchweg um Menschen im höheren
.ebensalter. Die Drucksteigerung ist meist recht hoch. Bei
ler Mehrzahl besteht neben der Drucksteigerung eine aus-
esprochene Hypertrophie, vielleicht auch Dilatation des linken
entrikels. Aber ausser diesem Befund ist bei vielen über¬
haupt kein krankhafter Befund mehr zu erheben, es sei denn
'Puren von Eiweiss und einzelne hyaline Zylinder im Urin.
Jnd selbst diese sind oft nur gelegentlich und zeitweise vor¬
handen. Ausgesprochene Erscheinungen einer Nierenstörung
ehlen allermeist. Sehr bald entstand die Anschauung, dass
ieser Zustand auf Arteriosklerose zurückzuführen sei. Dabei
'aren die Vorstellungen geteilt, ob die Arteriosklerose die
’rsache des hohen Druckes oder seine Folge sei. Diese
Meinung bürgerte sich rasch ein, weil in der Tat eine grosse
mzahl solcher Patienten sowohl klinisch wie autoptisch die
eichen starker Arteriosklerose aufwies. Erst in neuerer Zeit
■ urdc diese sehr verbreitete Annahme in Zweifel gezogen,
erschiedene Untersuchungen zeigten, dass zwischen der
Slutdrucksteigerung mit konsekutiver Herzhypertrophie und
er Arteriosklerose kein fester Zusammenhang zu erkennen
sei. Wie Hirsch und Hasenfeld feststellten, braucht
selbst höchstgradige Sklerose der Arterien, auch der Aorta,
keine Herzhypertrophie zu verursachen. In Uebercinstim-
mung damit steht das Ergebnis S a w a d a s. Er fand unter
Rombergs Leitung, dass bei unkomplizierter Arterio¬
sklerose der Blutdruck in der Mehrzahl der Fälle nicht er¬
höht sei.
So kam es, dass heute die meisten Aerzte sich einer
anderen Auffassung zuneigen, welche Romberg auf Grund
seiner klinischen Erfahrungen 1904 zum erstenmal schärfer
präzisierte. Danach weist eine dauernde Drucksteigerung von
über 160 — 170 mm Hg fast mit Sicherheit auf eine Nieren¬
erkrankung hin. Und dementsprechend muss eine ander¬
weitig nicht zu erklärende Herzhypertrophie auch bei Arterio¬
sklerose stets den Verdacht einer begleitenden Nierenschä¬
digung wachrufen.
Das ist nicht unbestritten geblieben. Besonders in
jüngster Zeit wurde mehrfach betont, dass bei dauernder
Hypertension die Nieren nicht selten autoptisch nur Stauung
aufweisen. Von anderer Seite wurde ein Missverhältnis
zwischen der Hypertension und der Intensität der anatomi¬
schen Nierenveränderung hervorgehoben; dies mache es
schwer, in den geringfügigen Nierenveränderungen die Ur¬
sache der Hypertension zu erblicken. — So war eine erneute
Bearbeitung der Frage an einem grossen Material mit neueren
Methoden geboten. Dazu gehört vor allem die genaue
Verfolgung der Ausscheidung. Diese Neubearbeitung hat
.1. Fischer- Nauheim an dem Material der Tübin’ger Klinik
ausgeführt2). Ich gebe seine wichtigsten Resultate wieder:
Unter 550 Patienten mit einem dauernden Druck über
140 mm Hg hatten 62,5 Proz. klinisch sichere Zeichen von
Nierenschädigung. Bei 14,5 Proz. liess sich eine Nieren¬
schädigung nur mit Wahrscheinlichkeit annehmen. Und bei
23 Proz. fand sich kein Anhalt für eine solche. - — Wesentlich
anders stellt sich der Ausfall, sobald nur d i e Menschen in
Betracht gezogen werden, deren Druck dauernd mehr als
160 mm Hg betrug.
Hier hatten unter 300 Fällen 80 Proz. klinisch eine sichere
Nierenschädigung; bei weiteren 16,3 Proz. war eine Be¬
teiligung der Nieren wahrscheinlich und nur bei 3,6 Proz. fand
sich kein Anhalt für eine Nierenschädigung.
Nicht minder interessant ist das autoptische Ergebnis
bei diesem Material. Im ganzen fanden 46 Autopsien statt.
Bei sämtlichen waren anatomisch die deutlichen Zeichen
einer Nierenschädigung vorhanden. Und zwar nicht nur die
gewöhnlichen Alterserscheinungen. Nach dem Urteil des
Fachmannes, Prof. v. Baumgarten, bestand in allen Fällen
eine fortschreitende Nierenerkrankung. Sie lokalisierte sich
vorzugsweise an dem Nierengefässapparat, den Gefässen
selbst und den Glomerulis. Unter diesen Fällen war auch
eine Anzahl, bei denen anatomisch zuerst die Diagnose idio¬
pathische Herzhypertrophie und Stauungsniere gestellt worden
war. Erst die eingehende mikroskopische Untersuchung liess
auch hier die deutlichen Erscheinungen der Nierenschädigung
erkennen. Sie fehlten auch nicht bei solchen Fällen, welche
klinisch keinen Anhalt für eine Nierenschädigung geboten
hatten. Danach haben wir keinen einzigen Fall
von dauernder Blutdrucksteigerung ohne
eine autoptische Schädigung der Nieren be¬
obachtet. Es muss betont werden, dass dieses Resultat
bei dem schwäbischen Volksstamm erhoben worden ist, der
eine besonders starke Neigung zu Nierenerkrankungen auf¬
weist, wie auch aus sonstigen Erfahrungen hervorgeht.
So haben wir denn gesehen, dass dauernde Blutdruck¬
steigerung ganz auffallend häufig mit einer Schädigung der
Nieren, speziell der Nierengefässe Hand in Hand geht. Das
manifestiert sich sowohl klinisch wie anatomisch. Ja selbst in
den Fällen von Hypertension, welche klinisch keinen Anhalt
für eine Nierenschädigung boten, fand sich anatomisch eine
solche.
Soweit also rein quantitative Verhältnisse in Betracht
kommen, wird durch diese Ergebnisse ein enger Zusammen¬
hang zwischen der Nierenschädigung und der Hypertension
nahegelegt. — Aber hier ist noch ein zweiter Punkt zu berück-
T Habilitationsvortrag in München am 26. XI. 1912.
2) Erscheint demnächst im Deutschen Archiv f. klin. Med.
64
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
sichtigen. Er fällt zusammen mit der Frage nach dem inneren
Wesen der Drucksteigerung bei Nierenkranken. Die heute am
meisten verbreitete Anschauung über ihre Ursache ist die alte
Cohnheim-Traube sehe Theorie.
Nach ihr entsteht die Drucksteigerung durch Erhöhung
der Widerstände im arteriellen Kreislauf der Niere infolge der
Erkrankung des Nierengefässapparates. Geht man von dieser
Voraussetzung aus, so wird eine Drucksteigerung als Folge
einer Nierenschädigung nur dann zu erwarten sein, wenn die
Schädigung geeignet ist, erhebliche Widerstände für die
Durchblutung der Niere zu verursachen. Mit anderen Worten,
nur da, wo ausgedehnte Veränderungen der Niere und be¬
sonders der Nierengefässe vorhanden sind, könnte man nach
dieser Theorie eine vorhandene Hypertension aus den Nieren¬
veränderungen erklären.
Messen wir die Resultate von Fischer damit, so ergibt
sich: unter 46 Autopsien von dauernder Hypertension hatten
35 ausgedehnte Veränderungen der Niere, also 76 Proz. Aber
in 11 Fällen sind die zweifellos vorhandenen anatomischen
Veränderungen nur fleckweise und zwischen ihnen liegt viel
anscheinend normales Nierengewebe. In 24 Proz. wären also
die Forderungen der Theorie nicht erfüllt und wir hätten nach
ihr nicht das Recht, die Drucksteigerung in diesen Fällen mit
den Nierenveränderungen in Beziehung zu bringen. Apei
diesen Forderungen stellt sich eine Erfahrung entgegen. Nicht
selten findet sich auch bei reiner unkomplizierter Nephritis
ein grobes Missverhältnis zwischen der Drucksteigerung und
der anatomischen Ausdehnung der Nierenschädigung. Auch
hier kann die Läsion der Niere histologisch nur fleckweise sein
und doch finden wir die typische nephritische Druckstei¬
gerung! Diese Beobachtung ist auch von einem der erfahren¬
sten Nierenpathologen, Jores, hervorgehoben worden Die
Voraussetzungen der Cohnheim -1 raube sehen Theorie
treffen also nicht einmal auf die Verhältnisse bei reiner
Nephritis zu. Will man sie trotzdem festhalten, so bleibt nur
die Annahme, dass vielleicht das anatomische Bild nicht die
volle Ausdehnung der Nierenschädigung wiedergebe, speziell
die des Nierengefässapparates. Das scheint in der lat
durchaus möglich. Schon mehrfach sah ich bei Nierenkranken
anatomisch nur eine sehr partielle Schädigung neben aus¬
gedehnten normalen Partien. Bei diesen Fällen hatte abei die
Untersuchung mit funktionellen Methoden zu Lebzeiten eine
starke Beeinträchtigung der Durchgängigkeit der ganzen
Niere gezeigt. Hier hat also die Niere wesentlich schlechter
funktioniert, als ihr anatomisches Aussehen verriet. Danach
wäre es möglich, dass in der Tat die Widerstände auch in den
anatomisch wenig veränderten Nieren höher wären, als das
histologische Aussehen anzeigt. Es ist klar, dass diese Deu¬
tung mit demselben Rechte auch auf die Fälle Fischer s
ausgedehnt werden müsste, bei denen er nur fleckweise Ver¬
änderungen gefunden hatte.
So wäre denn eine klare Entscheidung in dieser Frage von
dem Standpunkt der Cohnheim-Traube sehen i heorie
aus nicht zu gewinnen. Aber es darf nicht vergessen werden,
dass die Traube-C o h n h e i m sehe Theorie nur eine Idee
ist. Was ihr an Sicherem zugrunde liegt, ist nur die eine
Tatsache, dass dauernde Drucksteigerung und Schädigung
der Niere, speziell der Nierengefässe, sich auffallend häufig
zusammen finden. Die Theorie versucht, diese Tatsache
durch eine Vorstellung zu erklären. Aber der Beweis der
Richtigkeit für diese Vorstellung steht aus. Alwens hat an
der Tübinger medizinischen Klinik untersucht, wieweit sie
einer experimentellen Kritik standhält. Er schaffte die ver¬
langte Erhöhung der Widerstände im Nierenkreislauf, indem
er im Tierexperiment die beiden Nieren mechanisch kompri¬
mierte. Es Hess sich nachweisen, dass dadurch der Kreislauf
in der Niere stark verlangsamt wird. Das Resultat war selbst
bei stärkster Kompression eine Erhöhung des Drucks von so
geringem Umfange, dass sie gegenüber den Verhältnissen in
der Pathologie des Menschen keine Rolle spielt.
Andere, zugunsten der Theorie verwertete Experimente
sind zu wenig eindeutig in ihrer Anlage, als dass sie sie zu
stützen vermöchten. Das gilt besonders von den Versuchen,
welche nach starker Reduktion der Nierensubstanz eine
Drucksteigerung, resp. Hypertrophie des linken Ventrikels ge¬
funden haben. Einmal sind die erzielten Werte von Druck¬
steigerung und Herzhypertrophie auch bei hochgradigster
Nierenreduktion sehr gering. Dann aber sagt ihr Zustande¬
kommen nichts über den inneren Zusammenhang der Er¬
scheinungen, wie P ä s s 1 e r mit Recht hervorhebt. Es konnte
ebensowohl Retention oder Ausfall einer chemischen Sub¬
stanz sein, die den Vermittler bildet. Immerhin sind diese
Versuche bemerkenswert genug. Denn auch sie weisen auf
die Niere als einen wichtigen Ausgangspunkt hin. f
Unbefriedigt von der eben besprochenen sogen, mechani¬
schen Theorie hat die Klinik schon lange ihre Aulmciksamkeit
der Frage zugewandt, ob vielleicht chemische Stoffe im Blute
die Drucksteigerung hervorrufen könnten. Ich gehe nicht ein
auf die früher angeschuldigten Substanzen. Nur eine Vor¬
stellung aus den jüngsten Jahren sei erwähnt, weil sie rasche
Verbreitung fand. Das ist der Gedanke, dass die Drucksteige¬
rung durch vermehrten Gehalt des Blutes an Adrenalin resn.
vasokonstriktive Substanzen bedingt sei. Dieser Gedanke lag
um so näher, als es in der Tat gelingt, im Tierexperiment
durch kontinuierliche Adrenalinzufuhr den Blutdruck beliebig
lange hoch einzustellen. Ist dieser Gedanke richtig, so muss
sich der vermehrte Gehalt an Adrenalin resp. vasokonsti ik-
torischen Substanzen im Blute nachweisen lassen. Das ist bis
jetzt mit den verschiedensten Methoden nicht gelungen. Aller¬
dings sind alle diese Methoden, am Blute des Menschen an¬
gewandt, nicht hinreichend einwandfrei. So schwebt die Er¬
ledigung der Frage noch. Unsere Methoden reichen noch nicht
aus, sie sicher zu beantworten.
Indessen werden wir gut tun, in dieser Frage auch die
Seite zu berücksichtigen, welche sonst immer die Grundlage
unserer Vorstellungen bildet und bilden muss, die Beob¬
achtung am Krankenbett-Ist es nicht möglich, dass
sie uns Gesichtspunkte liefert, welche für oder gegen diese oder
jene unserer theoretischen Vorstellungen verwertbar sind und
uns in bestimmter Richtung führen? Ich glaube wohl. So er¬
kennen wir sofort, dass die Annahme einer einfachen renalen
Retention als Ursache der Hypertension wenig Stütze durch
die Klinik findet. Wir sehen dauernde Drucksteigerung sehr
oft bei vollkommen suffizienten Nieren. Die retinierte Sub¬
stanz müsste also ganz ungewöhnlich leicht retinierbar sein
und für sie dürfte es keine kompensatorische Elimination
durch erhaltene Nierenteile geben.
Wir sehen ferner Beobachtungen, die gegen die mecha¬
nische Theorie sprechen. Wie schon erwähnt, gibt es vor¬
übergehende Hypertensionen, die binnen wenigen ragen
abklingen. Bei ihnen ist die Niere nur selten beteiligt. Wir
sehen auch bei renaler Hypertension oft starkes Hei unter¬
gehen des- Drucks bis auf Werte, die nur leicht erhöht sind. ■
Aber es gibt auch echte renale Hypertensionen, die ganz all¬
mählich absinken bis auf normale Werte und dann nicht
wieder ansteigen. Ja, es gibt sogar Hypertensionen
von monatelanger Dauer, die bei einer späteren
Beobachtung dauernd verschwunden sind. Und
zwar nicht nur bei akuten Nephritiden, wo diese Beob¬
achtung alltäglich ist, sondern auch bei Schrumpfnierej
Diese letzteren Fälle sind offenbar nicht häufig. Mit aller
Sicherheit haben wir bis jetzt erst einen gesehen. Hiei
war der Blutdruck vier Wochen lang nahe an 200 mm Hg
Ein Jahr später betrug er bei sonst gleichem Befunc
dauernd 130 mm Hg. Hier sind, im Sinne der Cohn-
heim -Traube sehen Theorie, rein mechanisch gedacht
die Widerstände in der kranken Niere dieselben geblieber
und doch ist der Druck zur Norm gesunken. Ich glaube dies»
Beobachtungen weisen uns zusammen mit dem bekanntei
starken Schwanken der nephritischen Hypertension nach
drücklich darauf hin, in der Blutdrucksteigerung auch be
Nephritis nicht etwas Starres, Unveränderliches, gewisser
massen durch anatomische Verhältnisse Festgelegtes zu er
. blicken. Auch hier walten offenbar in bestimmender W eis
funktionelle Einflüsse, die nicht unveränderlich sind. ■:
Sprechen diese Beobachtungen nicht für die mechanisch
Theorie, so scheinen eine Anzahl anderer klinischer ti
fahrungen deutlich in der Richtung einer Adrenalinämie, res]
des Vorhandenseins von vasokonstriktorischen Substanze
im Blute zu weisen. Schon anatomisch findet sich manchm;
bei Hypertension eine auffallende Grösse der Nebenniere
Dass bei Hypernephromen der Blutdruck nicht selten aut
14. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
65
ohne erkennbare Nierenbeteiligung gesteigert ist, ist bekannt.
Wir finden ausserdem bei manchen Nephritikern starkes
Tränen der Augen und Speichelfluss. Beide Erscheinungen
sind experimentell durch Adrenalin hervorzurufen und sind
dann Ausdruck einer Reizung des sympathischen Nerven¬
systems. — Freilich, sie finden sich bei Nierenkranken keines¬
wegs konstant, sondern relativ selten. Ebenso könnte eine
andere Beobachtung für Adrcnalinämie verwertet werden. Wir
können mitunter durch grössere Kochsalzgaben bei Nephriti¬
kern eine weitere Steigerung der Hypertension hervorrufen.
Auch im Tierexperiment treibt eine grössere Dosis Kochsalz,
intravenös in kleiner Flüssigkeitsmenge eingebracht, den
Druck manchmal erheblich in die Höhe, wenn der Blutdruck
des Tiers durch gleichzeitigen kontinuierlichen Adrenalin¬
zufluss schon vorher über die Norm gesteigert ist. Diese Be¬
obachtungen sind beim Nierenkranken jedoch nicht immer ganz
eindeutig. In manchen Fällen scheint das Kochsalz Steigerung
der Hypertension auf dem Umweg über die Niere hervorzurufen,
indem es die Funktion der kranken Niere verschlechtert und den
Kranken suburämisch macht. Wissen wir doch, wie sehr ge¬
rade die Urämie den Druck in die Höhe treibt. Manchmal
sieht man auch bei nephritischen Hypertonikern nach starker
Kompression eines Körperteils eine auffallend geringe reaktive
Hyperämie, so dass man versucht ist, an vasokonstriktorische
Stoffe im Blute zu denken, welche die Reaktion verhindern.
So sind wohl Andeutungen für eine Adrenalinämie vorhanden;
aber sie können gegenüber dem negativen Ausfall der Blut¬
untersuchung auf Adrenalin nicht entscheiden.
Angesichts dieses negativen Ausfalls hat Gott lieb den
Gedanken ausgesprochen, dass es sich vielleicht nicht um ver¬
mehrten Adrenalingehalt handle, sondern um eine vermehrte
Empfindlichkeit des Angriffsorgans, also der Gefässe und des
Herzens, eine Sensibilisierung für Adrenalin, Damit würden
selbstverständlich die eben genannten klinischen Beob¬
achtungen ebensowohl ihre Deutung finden. Sie würden dann
der Ausdruck einer erhöhten Reizbarkeit des sympathischen
Systems sein.
Diesem Gedanken kommt eine Feststellung sehr entgegen,
die wir nun schon bei einer Reihe von Fällen machen konnten.
Wir wissen, dass die Drucksteigerung sehr rasch entstehen
kann. Sie kann sich aber auch ganz langsam entwickeln. Hat
man Gelegenheit, solche langsame Entwicklung zu verfolgen,
so beobachtet man: Die erste Erscheinung lange vor dem
Auftreten der Drucksteigerung, ist eine auffallende Verdickung
der Gefässwand. Dabei können schon Zeichen einer Herz¬
hypertrophie vorhanden sein. Der Druck schwankt zwischen
120 und 130 mm Hg. Sobald aber nur eine leichte Anspannung
körperlicher oder seelischer Art auftritt, steigt er auf über¬
normale Werte, um dann langsam wieder zu sinken. Es besteht
also eine sehr leichte Erregbarkeit der Gefässe. Das gleiche
zeigt in einwandfreier Weise die Plethysmographie der Gefässe.
Ihre Reaktion auf Kälte und Wärme ist ebenso verstärkt
gegenüber der Norm, wie die auf seelische oder körperliche
Erregung. Allmählich bleibt die Drucksteigerung, die zunächst
nur vorübergehend war, länger bestehen und schliesslich ist
der Druck dauernd über das normale Niveau erhöht. Aber
auch jetzt noch ist die abnorm starke Erregbarkeit dieser Ge¬
fässe vorhanden; sie ist eine ganz generelle Eigenschaft der
Schrumpfnierenarterien und fehlt nur bei Komplikation mit
starker Arteriosklerose. Sie zeigt sich sowohl im Plethys¬
mographen, wie auch gegenüber physikalischen Eingriffen oder
Erregungen. Ist es doch bekannt, wie gewaltige Druck¬
schwankungen beispielsweise ein kaltes Vollbad oder ein
starker Schmerzreiz bei nephritischer Hypertension zur
Folge hat.
Danach kann kein Zweifel bestehen, dass wir eine er¬
höhte Anspruchsbereitschaft des Arterien¬
systems vor uns haben. In ihr müssen wir nach diesen
Beobachtungen eine Hauptquelle der Drucksteigerung sehen.
Aber es kann sich nicht nur um eine Ueberempfindlichkeit
gegen Adrenalin handeln; vielmehr um eine solche gegenüber
a 1 1 e n Reizen, welche den Arterien auf nervösem Wege zu-
fliessen. Das zeigt ja die klinische Beobachtung zur Genüge.
Daraus erklärt sich auch, warum einfache Bettruhe bei solchen
Patienten so oft ebenso drucksenkend wirkt, wie das Aus¬
setzen von Reizmitteln, wie Tabak etc.
No. 2.
Es ist eine weitere Frage, woher diese Reizbarkeit der
Arterien rührt. Der Gedanke liegt nahe, ihre Ursache ent¬
sprechend unseren bisherigen Vorstellungen in der Niere zu
suchen. Wir haben bis jetzt keinerlei sicheren Halt für diese
Annahme. Es ist ebenso möglich, dass die Erkrankung der
Nieren nicht die Ursache darstellt, sondern nur eine Parallel¬
erscheinung. Darauf weist besonders die Feststellung hin,
dass bei nephritischer Hypertension die kranken Nierengefässe
häufig die gleiche. abnorm starke Reaktionsfähigkeit aufweisen,
wie die übrigen einer Prüfung zugänglichen Gefässe.
Sehen wir somit auch in den innersten Zusammenhang
der Dinge noch keineswegs lückenlos hinein, so sind doch
unsere Vorstellungen nun wesentlich präziser geworden und
die Richtung für weitere Arbeit ist gegeben.
Für die Praxis werden wir nach dem Gesagten gut tun,
mit Romberg daran festzuhalten, dass jede dauernde Hyper¬
tension über 160 mm Hg den dringenden Verdacht auf eine
Nierenbeteiligung wachrufen muss.
Aus der Kgl. Universitäts-Ohrenklinik und -Poliklinik in
München (Direktor: Prof. Dr. Heine).
Zur Pathologie und Klinik der otogenen Grosshirnabszesse.
Von Dr. Ludwig Haymann, Assistent der Klinik.
Der nichtoperierte Hirnabszess führt in der Regel zum
1 ode. Spontanheilungen, wie wir sie manchmal, namentlich
in der älteren Literatur verzeichnet finden, gehören jedenfalls
zu den grössten Seltenheiten. Es ist klar, dass unter diesen
Umständen jedem Operationserfolg berechtigte Bedeutung zu¬
kommt. Wenn auch in jedem Jahr eine Anzahl operativ
geheilter otogener Hirnabszesse veröffentlicht wird, so ist man
bei zunehmender Erfahrung und Kritik doch zu der Erkenntnis
gekommen, dass die durch die Operation erzielten Heilungen
nicht so häufig sind, als man gern anzunehmen geneigt ist.
Dies hängt eben damit zusammen, dass günstig verlaufende
Fälle immer eher publiziert werden als ungünstige, eine Tat¬
sache, der man immer wieder begegnet, wenn neue, besonders
operativ therapeutische Wege beschritten werden. Einen viel
besseren Einblick geben natürlich Statistiken, die gleichmässig
alle operierten Fälle, geheilte wie ungeheilte, berücksichtigen
und sich womöglich auf ein Material stützen, das von einem
Beobachter oder wenigstens nach einheitlichen Gesichts¬
punkten gesammelt wurde. Solche Statistiken sind bisher nur
wenig vorhanden und dann naturgemäss meist sehr
klein. [D e n c h 1), Heine2), Körner3), M a c e w e n 4),
Schmiegelow5) und Uchermann B).]
Aber auch dieses statistische Material lässt meist nicht
ganz sichere Schlüsse zu, da die ihm zugrunde liegenden Fälle
nicht immer gleichwertig und auch nicht so zahlreich sind, dass
nicht die zufällige Häufung einzelner Fälle das Gesamtresultat
nach irgend einer Seite hin entscheidend beeinflussen würde.
Sind wir nun schon deshalb über scheinbar ganz einfach
liegende Fragen, wie z. B. über den Erfolg des operativen
Eingriffes im allgemeinen nicht sehr gut unterrichtet, so findet
sich, wenn wir uns über spezielle Punkte in der Pathologie
in Diagnose, Prognose und Therapie unterrichten wollen, noch
manche unausgefüllte Lücke. Deshalb scheint es nicht unan¬
gebracht, noch weiter einschlägige Beobachtungen kurz mit¬
zuteilen.
Fall I. Pat. Therese H. aus L. wird wegen eines linkseitigen
Ohrenleidens in die Ohrenklinik geschickt. Anamnestische Angaben
fehlen fast völlig. Wie wir später erfuhren, litt die Pat. seit Jahren
an einem linksseitigen Ohrenfluss, der angeblich nie besondere Er¬
scheinungen oder Beschwerden machte. F.rst vor ca. 8 Tagen bekam
Pat. starke Schmerzen im linken Ohr und im Kopf.
Befund: 20. XII. 11. Das Mädchen ist in schlechtem Er¬
nährungszustand, widerwillig und setzt jeder Untersuchung einen ge-
*) Dench: Journ. of the Americ. Med. Assoc. 1906. Ref. Arch.
f. Ohrenheilkunde, Bd. 71, S. 156.
2) Heine: Die Prognose des otitischen Hirnabszesses. Passows
Beiträge, Bd. II, S. 153.
3) Körner: Die otitischen Erkrankungen des Hirns usw. Nach¬
träge S. 73.
4) Macewen:
5) Schmiegelow: Archives internat. de Laryng., de Otol. etc.
XIX, 337.
“) Uchermann: cf. Oppenheim.
2
IVUJENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
wissen Widerstand entgegen. Die Aufnahme des Status ist daher
lückenhaft. Innere Organe ohne besonderen pathologischen Befund,
von seiten des. Nervensystems keine erkennbaren krankhaften Ver¬
änderungen. Urin: Eiweiss — , Zucker —. ,
Rechtes Trommelfell normal. Der linke Qehorgang stark ge¬
schwollen. hinten oben randständige Perforation, geringe, etwas
übelriechende Sekretion. Druck auf den Tragus und den Warzentort-
satz schmerzhaft. Die Funktionsprüfung ergibt infolge der Unaui-
merksamkeit der Pat. keine sicheren, verwertbaren Resultate. Es
macht den Eindruck, als ob die Pat. psychisch nicht ganz in Ord¬
nung wäre. Temperatur 37,5, Puls 72.
23 XII 11. Radikaloperation: Der Warzenfortsatz ist ziemlich
sklerotisch. Im Antrum erweichte Cholesteatommassen. Am regmen
antri et tympani erscheint der Knochen stark verändert. Freilegung
der mittleren Schädelgrube in diesem Bereiche. Beim Wegnehmen
des Knochens kommt scheinbar von einem extraduralen Herde Eitel
hervor. Die Dura ist im freigelegten Bezirk matsch und bruchig.
Man erkennt nun, dass aus einer Fistel in der Dura hie und da
etwas dünnflüssiger, stinkender Eiter hervorquillt. Inzision im Be¬
reiche der Fistel. Beim Eingehen mit der Kornzange kommt massen¬
haft stinkender Eiter vermischt mit nekrotischen Hirnmassen aus
einem im Schläfenlappen gelegenen Abszess hervor, dessen Grosse
nach der Menge des entleerten Eiters ungefähr einem Hühnerei ent¬
sprechen mochte. Einlegen eines gefensterten Gummidrains. Jodo¬
formgaze. Verband. Lumbalpunktion: Vermehrter, unter hohem
Druck stehender Liquor. Die im 2. Reagenzglas aufgefangene Poition
ist leicht getrübt. Temperatur 37,8, Puls 75.
24. XII. 11. Beim Verbandwechsel wird massenhaft stinkender
Eiter aus dem Abszess entleert, Gummidrain. Die Untersuchung des
Nervensystems ergibt abgesehen von leichten Steigerungen dei Re¬
flexe keine pathologischen Veränderungen. Doch machen sich jetzt
deutliche aphasische Störungen in Form einer anamnestischen Aphasie
bemerkbar. Untersuchung des Augenhintergrundes ergibt: Linke Pa¬
pille im ganzen etwas trübe und geschwellt, obere und untere nasale
Grenze leicht verwaschen. Geringe Gefässschlängelung. Rechts ein
ähnliches Bild wie links, aber weniger ausgeprägt.
Im Lumbalpunktat geringe Zellvermehrung, namentlich Lympho¬
zyten, keine Bakterien. Die Kulturen blieben steril. Im Hirnabszess¬
eiter fanden sich Gram-positive Kokken und Stäbchen.
3. I. 12. Die Sekretion aus dem Abszess ist sehr reichlich. Täg¬
lich werden ziemlich grosse Mengen stinkenden Eiters entleert. Die
Temperatur schwankte zwischen 36,6 und 37,5, Puls zwischen 68 und
75. Das Befinden der Pat. ist sehr wechselnd. Einmal macht sie
einen ziemlich regen Eindruck, dann ist sie wieder ganz apathisch,
zeigt grosses Schlafbedürfnis. Sie ist meist sehr mün isch und ge¬
braucht unanständige Ausdrücke. Zunahme der amnestischen
Aphasie, starke Paraphasie, rechtseitige Fazialisparese. Seit ca.
2 Tagen zunehmende Schwäche im rechten Arm und Bein.
12. I. 12. Täglicher Verbandwechsel. Zustand der Pat. im all¬
gemeinen ziemlich unverändert. Starke Schwankungen zwischen
Besserungen und Verschlechterungen. Heute befindet sich Pat. sehi
schlecht. Puls unregelmässig. Am Morgen Erbrechen. Bei der
Exploration des Abszesses wird in der Tiefe von 9 cm eine grosse
Menge von dickem, rahmigen, stark stinkendem Eiter entleert, die
etwa dem Volumen eines Hühnereies entsprochen haben mochte.
Im Laufe des Tages besserte sich das Befinden der Pat. zusehends.
Temperatur 36,9.
17. I. 2. Nach vorübergehender Besserung hat sich seit gestern
Abend das Befinden der Pat. wiederum sehr verschlechtert. Sie ist
völlig apathisch und macht bei lautem Anrufen nur unwillige Be¬
wegungen. Abends nochmals Operation. Ausgiebige Erweiterung der
Trepanationsöffnung. An der ursprünglichen Inzisionsstelle ist das
Gehirn stark prolabiert, so dass fast die ganze Radikaloperations¬
höhle dadurch ausgefüllt ist. Die Dura zeigt sehr starke schwartige
Auflagerungen, die abgetragen werden. Bei Entfernung des Drains
kommt wie gewöhnlich Eiter in ziemlicher Menge nach. Die Korn¬
zange wird in den Abszess in der Richtung nach hinten oben einge¬
führt und die darüberliegende Dura und Hirnteile breit gespalten.
Sofort quellen überall z. T. nekrotisch aussehende Hirnmassen hervor
und verengern die Höhle zu einem schlitzförmigen Spalt, Einlegen
von Jodoformgaze. Temperatur 36,5, Puls 70.
19. I. 12. Aphasie, Paraphasie, Paresen der rechten Extremi¬
täten und des Fazialis unverändert. Das Allgemeinbefinden hat sich
nach der Operation gebessert. Beim Verbandwechsel entleeren sich
nach dem Entfernen der Jodoformgaze 3 — 4 Esslöffel stark stinkenden
rahmigen Eiters, vermischt mit nekrotischen Hirnbröckeln.
23. I. 12. Die Abszesshöhle, deren Wände sich nach Entfernung
der Gaze sofort aneinanderlegen, zeigt jetzt zwei gangförmige Aus¬
buchtungen — eine führt nach hinten oben, eine nach hinten unten — ,
aus denen wechselnd Eiteransammlungen entleert werden.
24. 1. 12. Das Befinden hat sich etwas gebessert. Temperatur
und Puls normal. Pat. ist im allgemeinen ruhiger und vernünftiger.
Die anamnestische Aphasie besteht fort, doch werden mitunter ein¬
zelne Gegenstände, besonders Geldstücke, richtig benannt.
25. 1. 12. Die Fazialisparese hat deutlich zugenommen. Tem¬
peratur 36,9.
27. 1. 12. Die Exploration mit der Kornzange entleert nur wenig
Eiter, stärkere Blutung aus dem Hirn. Allgemeinbefinden ziemlich
unverändert.
30. I. 12. Das Allgemeinbefinden der Pat. hat sich gebessert.
Der rechte Arm wird häufiger und intensiver bewegt.
Untersuchung des Augenhintergrundes: Papille beiderseits trübe,
Grenzen verwaschen, Gefälle stark gefüllt und geschlängelt. Von
Hämorrhagien nichts mehr zu sehen. Aus dem Abszess wird von
hinten unten sehr viel Eiter entleert.
3. II. 12. Noch täglicher Verbandwechsel. Die beiden von cer
Abszesshöhle ausgehenden Eitergärige haben sich daduich, dass
ihre Zwischenwand zum Teil eingeschmolzen ist. zu einem bpalt
vereint. Die Eiterung ist mässig. ,
7 II 12 Täglich Verbandwechsel. Uebhche Wundversorgung.
Pat. befindet sich wohl. Sie ist willig und vernünftig und zeigt jetzt
ein ganz gesittetes Benehmen. Die aphasischen Störungen bestehen
f°rt‘ io II. 12. Täglich Verbandwechsel. Es stossen sich viele
nekrotische Hirnpartikelchen ab, gleichzeitig bilden sich sowohl an
den Durarändern, als auch an den freiliegenden Hirnpartien gut aus¬
sehende Granulationen. Temperatur 36,9.
15. II. 12. Die Granulationsbildung ist sehr lebhaft. Sekretion
gering. Pat. ist geistig sehr rege, benimmt sich sehr gesittet und
macht überhaupt den Eindruck eines sehr aufgeweckten, intelligenten
Mädchens. Aphasie und Paresen unverändert. Die öfters vorge-
nommene funktionelle Prüfung des Gehörs ergibt: rechts wird rlu-
stersprache (sämtliche Zahlen) ca. in 2 m Entfernung geholt. Links .
wird sie nicht gehört: dagegen Konservationssprache 30 cm weit,
wenn das andere Ohr mit dem Rasselapparat von B a r a n y ausge¬
schaltet wird. Rinne al recht ~E 15, links dal vom Scheitel
nach links lateralisiert. A . , ,T ,
Nach 10 maliger Umdrehung tritt beiderseits typischer Nach¬
nystagmus von ungefähr 30 Sekunden Dauer auf. \on der kalori¬
schen Prüfung des Vestibularis wird in Rücksicht auf die Operations¬
höhle abgesehen.
22. II. 12. Jeden anderen Tag Verbandwechsel. An der Hirn-
wunde hat sich ein dickes Polster gesund aussehender Granulationen
gebildet. Die anamnestische Aphasie ziemlich unverändert. Die
rechten Extremitäten werden immer mehr gebraucht. In den letzten
4 Tagen bedeutende Gewichtszunahme.
9. III. 12. Allgemeinbefinden ausgezeichnet. Die Hirnwunde ist
völlig’ überhäutet. Das Mittelohr resp. die Radikaloperationshöhh
ist grösstenteils durch Granulationen und den Hirnprolaps ver¬
schlossen Wegen des Prolapses war eine regelrechte Nachbe¬
handlung des Mittelohrs nicht möglich. Pat. fängt an, einzelne Gegen¬
stände richtig zu benennen. Die rechte Hand und der rechte russ
werden gut gebraucht. Bei grober Betrachtung kein Unterschied
gegenüber links. Der rechte Fazialis noch leicht paietisch.
15. III. 12. Die Untersuchung durch den Neurologen (Privat¬
dozent Dr. V. Malaise) ergibt keine pathologischen Reflexe, kein
Fussklonus, nur der rechte Patellarreflex etwas stärker wie links,
der rechte Supinatorreflex gleichfalls gering gesteigert. Händedruck
beiderseits gleich gut. Die Gelenkigkeit der Finger der rechten Hand
geringer wie links. Die Zunge weicht beim Herausstrecken etwas
nach rechts. Pat. erkennt vorgelegte Gegenstände, kann sie auch
richtig benennen. Bei anderen Gegenständen misslingt ihr dies; so
sagt sie: statt Pfeife — zum Rauchen, statt Schiff zum b entfahren
auf dem Wasser. Auf die Frage, wodurch das Schiff bewegt wird,
deutet sie auf die Segel. Sobald man der Pat. Wörter vorsagt, kennt
sie deren richtigen Gebrauch. Es fehlen ihr aber in der Konversation
verschiedene Begriffe und Bezeichnungen für die Gegenstände. Z. B.
sagt sie: „Die Kühe werden mit Getreide gefüttert“. Für getrock¬
netes Gras findet sie keine Bennung. Blätter umschreibt sie tolgen-
dermassen: „Von den Bäumen fallen im Herbste Blumen herab usw.
Im Gespräch fehlen ihr öfters Verba und Substantiva. Das Sprach¬
verständnis ist, gut. Pat. kann auch ganz komplizierte Satze nach¬
sprechen. Keine Agraphie, keine Anosmie.
1. IV. 12. Das Befinden der Pat. ist subjektiv und objektiv sehr
gut Bedeutende Gewichtszunahme. Die Pat. macht einen geistig
ganz geweckten Eindruck. Augenhintergrund normal. Die Wunde
hinter dem Ohr ist vernarbt. Bei stärkeren Bewegungen kann man
geringe Hirnpulsationen wahrnehmen. Das Mittelohr ist trocken.
15. IV. 12. Kein Unterschied mehr in der Innervation der rechten
Extremitäten. Parese der Fazialis verschwunden. Pat. bekommt
eine Schutzkompresse und wird entlassen. Zirka 4 Monate nach
der Entlassung geht es der Pat., wie sie schriftlich mitteilt, sehr gut.
Die hauptsächlichsten Daten dieses Krankheitsverlaufes
sind folgende: Aufnahme einer Patientin mit chronischer
Mittelohreiterung und Mastoiditis links. Anamnestische An¬
gaben fehlen. Irgendwelche sichere Symptome einer zere¬
bralen Komplikation nicht erkennbar. Radikaloperation. Ent¬
leerung eines grossen linksseitigen Schläfenlappenabszesses.
Leichte Meningitis. Jetzt erst tritt das Bild der amnestischen
Aphasie in Erscheinung. Die Besserung nach der Operation
war nur vorübergehend. Zunahme der Aphasie, Paraphasie,
Auftreten rechtsseitiger Paresen. Der Zustand der Pat.
schwankte nun 6 Wochen lang unentschieden zwischen
Besserungen und Verschlechterungen hin und her. Es wurden
öfters grosse Eiterretentionen entleert. Der Abszess wurde
nochmals ausgiebig gespalten. Nach 6 Wochen setzte eine
M. Januar 1913. . . . MÜENCHeNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
rasch foi tschreitcnde Besserung ein. ln 4 Wochen war die
Hirnwunde überhäutet. Nacli weiteren 6 Wochen waren fast
alle Krankheitssymptome bis auf geringe Spuren (leichte
Aphasie) verschwunden. Heilung.
In diesem Falle waren beim Eintritt in die Beobachtung
nur Allgemeinsymptome vorhanden, die nichts charakteristi¬
sches für eine zerebrale Erkrankung aufwiesen. Das einzige,
was noch den Verdacht auf eine zerebrale Komplikation lenken
konnte, war das merkwürdige mürrische und widerwillige Be¬
nehmen der Kranken. Solche Beeinflussungen der Psyche
sind gerade bei Hirnabszessen nicht so sehr selten. Es sind
Fälle von Hirnabszessen beobachtet, in denen das Leiden
lange Zeit als Melancholie [0 p p e n h e i m * 7)] imponierte. Un¬
gewöhnliche Schwatzhaftigkeit erwähnen Truckenbrod
bei Qrosshirn-, Oka da bei Kleinhirnabszess, Frey beob¬
achtete gehobene Stimmung, selbst maniakalische Anfälle,
Heine8) Gehörshalluzinationen.
Von allgemeinerem Interesse ist nun in unserem Falle der
Umstand, dass der Symptomenkomplex der amnestischen
Aphasie erst nach der Operation in Erscheinung trat und
■iich dann im weiteren Verlaufe der Behandlung bedeutend
stärker entwickelte. Solche Fälle scheinen selten zu sein.
.Jeher ähnliche Beobachtungen berichten Cheyne9), B a -
tun ski und Gluck10 *), wo nach der Entleerung von
Schläfenlappenabszessen aphasische Störungen auftraten, resp.
sich verstärkten. In unserem Falle ist natürlich wie auch in
iiesen Beobachtungen der Einwand sehr naheliegend, dass die
Sprachstörungen aus- irgend einem Grunde der Beobachtung
mtgangen sind. An diese Möglichkeit wird man immerhin
lenken und sie in den Kreis der kritischen Erwägungen ziehen.
)och muss man wohl auch noch andere Erklärungsversuche
)eriicksichtigen, um so mehr, wenn es in einem Falle, wie dem
insrigen einwandfrei feststeht, dass sich die Sprachstörungen
lach der Abszessentleerung im Laufe der Behandlung allmäh-
lch bedeutend verstärkten. Wie lässt sich nun der Eintritt
ler anamnestischen Aphasie nach der Operation — abgesehen
tlso von der Annahme, dass diese aus irgend einem Grunde
licht zutage trat — und vor allem die Zunahme der Sym¬
ptome im weiteren Verlaufe der Krankheit erklären? Eine
»perative Läsion des entsprechenden Rindenfeldes könnte
■atürlich solche Erscheinungen machen, wie eine Beobachtung
Oppenheims11) beweist, wo nach Hirninzision, die wegen
mes irrtümlich angenommenen Hirnabszesses gemacht wurde,
olche Störungen auftraten. Sie käme aber wohl nur dann in
betracht, wenn der Abszess nach chirurgischer Methode von
ler Aussenseite des Schläfenlappens her entleert worden wäre,
•ei dem von uns geübten Operationsverfahren, das den Ab-
zess an der tiefsten, über dem Tegmen antri und tympani
legenden Stelle eröffnete, ist sie ausgeschlossen. Immerhin
vnrd man bei der Ueberlegung, welchen Weg man bei der Ent¬
erung von Schläfenlappenabszessen einschlagen will, solche
Möglichkeiten berücksichtigen müssen (siehe Nachoperation).
Man wird deshalb auch nicht unnütz weit inzidieren, um
unktionell wichtige Rindenfelder zu schonen. Natürlich wo
s notwendig erscheint, wo man sonst nicht die für die Ab-
zessheilung erforderlichen Vorbedingungen — guter Sekret-
bfluss, Oeffnungen, die der Expulsionstendenz Rechnung
lagen, die den Hirnpulsationen gegenüber dem Abszessinhalt
i hohem Masse zukommt — , hersteilen kann, ist schonungs-
Inzision um so mehr am Platze, als die funktionellen
ehadigungen sich allmählich doch meist ausgleichen.
Direkt traumatische Läsion ist es also in unserem Falle
icht gewesen, welche das Auftreten der Aphasie nach der
Operation und ihre weitere Zunahme bedingte. Dagegen ist
me andere Erklärungsmöglichkeit vielleicht in Erwägung zu
lehen.
Wir wissen, dass sich in der Umgebung auch eröffneter
irnabszesse fortschreitende enzephalitische Prozesse ab-
rnnfP P e n h e i m : Der Hirnabszess. Wien und Leipzig. A. H ö 1-
v r 19U9,
8) Zitiert nach Oppenheim.
, > V h e^,ne Watson: Brit. med. Journ. 1890. siehe auch Zeit¬
ig d Ohrenheilkunde, Bd. 22 (mitgeteilt von P r i t e h a r d).
„ , ’ oaginski und Gluck: Berl. klin. Wochenschr. 1891,
o- v* und Berl. klin. Wochenschr. 1896.
’) Oppenheim: Der Hirnabszess, S. 240.
67
spielen können, als deren Ausdruck in unserem Falle vielleicht
die zunehmenden aphasischen Störungen und weiterhin viel¬
leicht durch Wirkung auf die innere Kapsel die Paresen der
gekieuzten Extremitäten und des Fazialis angesehen werden
konnten. Ferner müssen wir aber auch berücksichtigen, dass
sich nach der Eröffnung von Hirnabszessen nicht so selten
entzündliche Veränderungen in den Meningen abspielen. Man
sicht manchmal nach der Abszessentleerung die Erscheinungen
einer Meningitis auftreten, die unter Umständen — abhängig
offenbar von Art und Virulenz der Erreger — bald abheilen
kann. Die Arachnoidealräume sind in solchen Hirnabszess¬
fällen durch die Produkte plastischer Entzündung im Bereiche
der Abszesse abgedichtet. Die Operation zerstört nun stellen-
weise diese Abdichtungen, die Erreger dringen in den zum Teil
eroffneten, mit dem Operationsgebiet in Kommunikation ge¬
setzten Arachnoidealraum ein und es entsteht ein Krankheits¬
bild, das entweder nur die allgemeinen Grundziige der Menin¬
gitis zeigt, oder diese nur durch Herdsymptome12 * *) vermuten
lässt. Die Annahme, dass in unserem Falle beim Zustande¬
kommen du Aphasie solche Vorgänge im Spiele waren, ist
natürlich nur eine Hypothese, aber immerhin eine plausible
um so mehr, als sich dadurch auch die Zunahme der Sprach¬
störungen im weiteren Krankheitsverlaufe zwanglos erklären
lässt.
Ueber die Beteiligung der Meningen bei der Entstehung
und nach der Operation eines Hirnabszesses wissen wir noch
sehr wenig. Wahrscheinlich begleiten gutartige, bisher noch
mellt genügend gewürdigte Formen der Hirnhautentzündung,
die wesentlich benigner sind als die uns geläufigen der eitrigen
eningitis, die \6ischicdcncn Stcidicn des Hiriicibszesscs.
Diagnostisch kommen hier wahrscheinlich Veränderungen des
Lumbalpunktats in Betracht, auf die bisher noch nicht ge¬
nügend geachtet wurde: sie können bei normalem oder wenig
verändertem zytologischem Befund chemisch durch Zu¬
sammensetzung des Eiweissgehaltes angezeigt sein. Darüber
fehlen abei noch Erfahrungen und bisher auch noch genügende
Unter suchungen, obwohl vielleicht auch die seröse Meningitis
durch solche Befunde ihre Aufklärung als entzündlicher Pro¬
zess, dei sie zweifellos ist, als eine abgeschwächte milde Form
dci Meningitis finden wird. Auf eine solch benigne Form
dei Meningitis Hess die Beschaffenheit des Lumbalpunktats
in unserem Falle schlossen. Vermehrter, unter hohem Druck
stehender, fast klarer Liquor — nur die zweite Portion war
etwas getrübt — zytologisch geringer Gehalt von Lympho¬
zyten. Keine Bakterien weder im Ausstrich, noch kulturell.
Bemerkenswert im vorliegenden Falle ist weiterhin einmal
die lange, zwischen Besserungen und Verschlechterungen hin
und hei schwankende Verlaufsdauer, die bis zum Einsetzen
erkennbarer Besserung über 6 Wochen betrug und dann die
wähl end dei ganzen Dauer enorm reichliche Sekretion aus
dei Abszesshöhle. Anhaltend reichliche Sekretion aus operativ
entleerten Hirnabszessen wird wohl nicht selten beobachtet,
doch enthalten die Krankengeschichten über diesen Punkt
meist nur sehr kurze Angaben. Man entleert bei Eröffnung
eines Hirnabszesses eine mehr oder minder grosse Menge
Eiter, entsprechend der Menge, die man auch sonst bei autop-
tisch gefundenen Hirnabszessen (vgl. Fall II) antrifft, und nun
dauert eine Eiterung von solcher Massenhaftigkeit an, dass
man sich immer wieder die Frage vorlegt, ob diese Eiterungen
nicht aus grösseren, bei der Operation nicht getroffenen Hohl¬
räumen stammen müssen. Mit der Annahme mehrfacher Ab¬
szesse muss man aber bekanntlich sehr vorsichtig sein. In
der Regel sind mehrfache Abszesse nicht otitischen, sondern
metastatischen Ursprungs. Jedenfalls muss diese Möglichkeit
bei der kritischen Beurteilung eines Falles sehr in Erwägung
gezogen weiden, obwohl auch mehrfache Hirnabszesse oto¬
gener Aetiologie nicht so selten sind, wie aus den Statistiken
von Heine11), H e i ni a n n 1 J), Körner 15) hervorgeht
Immerhin ist in manchen Fällen von mehrfachen Hirnabszessen
der Verdacht nicht unberechtigt — namentlich wenn die Auf¬
deckung dei Eitei herde operativ erfolgt und die Patienten
\r i ) Siehe Brieger: Zur Pathologie der otogenen Meningitis.
Verhandlungen der Deutschen otologischen Gesellschaft 1899.
) Heine: Passows Beiträge, Bd. II.
11 ) Hei mann: Arch. für Ohrenheilkunde, Bd.66
) Körner: Arch. für Ohrenheilkunde, Bd. 29.
2*
68
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
geheilt wurden — , dass es sich nicht um zwei Abszesse, son¬
dern um Absackungen und Kammerungen einer Abszesshöhle
gehandelt hat.
Die Angaben über die Gestalt und Grösse der Hirn¬
abszesse sind meist sehr allgemein gehalten. Gewöhnlich
heisst es, dass die sogenannten abgekapselten Abszesse — ein
Ausdruck, der übrigens nur zu leicht zu einer falschen Vor¬
stellung über den Charakter des Abszesses führt — rund oder
ovoid sind, während die freien unregelmässig gestaltet und
begrenzt sind und vielfach Abzweigungen, Ausbuchtungen und
Kammern enthalten. Ueber das Verhalten der Sekretion von
Hirnabzessen, ihre Reichlichkeit, ihr event. Zusammenhang mit
der Art und Gestalt des Abszesses existieren gleichfalls keine
festen Vorstellungen. Soviel aber steht fest, dass die Mög¬
lichkeit reichlicher fortdauernder Eiterung aus einem ent¬
leerten Hirnabszess — wie man sich das auch erklären mag —
vorhanden ist, ohne dass man besondere anatomische Vor¬
bedingungen: mehrfache Abszesse, Kammer ungen usw. zur
Erklärung heranzuziehen braucht.
Wenn nun die Eiterung nach der operativen Entleerung
eines Hirnabszesses nicht bald zum Stillstand kommt, sondern
wie in unserem Falle längere Zeit weiter fortbesteht, so
machen sich die Schwächen unserer I herapie1 ) recht emp¬
findlich bemerkbar. Vor allem haben wir kein Mittel, um eine
dauernde und genügende Sekretentleerung zu ermöglichen.
Jede Drainage, sei es mit Gaze oder mit irgendwelchen Drains,
leistet nur sehr Unvollkommenes, wenn sie nicht gänzlich ver¬
sagt. Es ist dies auch ohne weiteres verständlich, wenn man
sieht, wie sich nach Entleerung des Abszesses, nach Ent¬
fernung der Tamponade oder des explorierenden Instrumentes
rasch die Wände des Hirnabszesses vordrängen, wie die ein¬
zelnen Hirnpartien prolabieren und so überall Gelegenheit zur
Entstehung von Winkeln und somit von Retentionen gegeben
ist. Natürlich ist es ganz unmöglich, in all diese Buchten und
Winkel entsprechende Drains einzuführen oder sie mit Gaze
vollzustopfen. Die Gaze leitet überhaupt schlecht, wie man
sich in solchen Fällen immer wieder überzeugen kann. Bei
ihrer Entfernung quillt meist massenhaft Eiter nach. Dabei ist
sie zwar von Flüssigkeit durchtränkt, doch scheint ihr Auf¬
nahmevermögen recht bald erschöpft und den korpuskulären
Elementen des Eiters gegenüber erklärlicherweise an und für
sich sehr gering zu sein. Relativ am besten haben sich bis
jetzt immer noch Gummidrains bewährt. Dadurch werden
wenigstens die äusseren Partien der Abszesshöhle ausein¬
andergehalten und ein freier Luftzutritt — in vielen Fällen
wohl ein sehr wichtiges therapeutisches Moment — gewähr¬
leistet. Es ist demnach begreiflich, dass, wenn bei einem
operativ eröffneten Hirnabszess die Sekretion nicht bald zum
Stillstand kommt, sondern in reichlicher Menge fortdauert,
sich trotz anscheinend guter Drainage mitunter Eitermassen
entleeren, die den Verdacht an einen weiteren Abszess oder
an bestehende Abkammerungen nahelegen. Hier besteht nun
die Gefahr, dass man in Unkenntnis des Vorkommens solcher
persistierender Sekretionen aus manchen sonst gut getroffenen
Hirnabszessen eben dieser Eiterung wegen, die aus noch nicht
eröffneten Hohlräumen zu kommen scheinen, immer wieder
von neuem eingeht und so operativ unter Umständen erst die
Infektion in die bis dahin freigebliebene Nachbarschaft weiter¬
trägt. An der Möglichkeit einer solchen Propagation der Hirn¬
eiterung ist wohl nicht zu zweifeln. Wir wissen ja, dass auch
bei der Probepunktion des Gehirns unter Umständen durch
ein Instrument, das infiziertes Gebiet passiert hat, infektiöses
Material verschleppt werden kann 17). Eine einschlägige Be¬
obachtung Briegers18) sei hier kurz erwähnt: „In einem
Falle, in dem die Annahme eines Hirnabszesses, gewisser
Herdsymptome wegen, plausibel war, wurde auf den Schläfen¬
lappen punktiert. Bei der Sektion fand sich später neben einer
relativ beschränkten eitrigen Meningitis, die von der Trepa¬
nationsstelle aber weit ablag, ein dem Punktionsstich folgen¬
der artifizieller Hirnabszess, welcher durch direkte Ver¬
impfung der im Arachnoidealsack zirkulierenden Mikroorga¬
nismen in die Hirnsubstanz erzeugt war.“ Wenn man aller-
10) Siehe auch Heine: Passows Beiträge, Bd. II, S. 155.
17) Siehe auch Reinking: Ueber die Gefahren der Hirn¬
punktion. Zeitschr. f. Ohrenheilkunde, Bd. 60.
18) Brieger: Verh. d. Deutsch, otolog. Gesellsch. 1899.
dings, wie in unserem Falle, die Gewissheit bekommt — eine
Erkenntnis, die sich nicht allgemein, sondern nur von Fall zu
Fall erwerben lässt — dass es sich um wirkliche Eiterreten¬
tionen, um richtige Absackungen handelt, da wird man trotz
aller Bedenken immer wieder zur Exploration schreiten
müssen. Dabei haben wir uns mit gutem Erfolg der Korn¬
zange bedient. Selbstverständlich wird man nur mit grösster
Sorgfalt und möglichster Schonung vorgehen und so weitere
Verschleppungen und unnötige Verletzungen möglichst ver¬
meiden und vorhandene Eiterretentionen auffinden können,
ln Fällen, wo bei reichlicher, plötzlich abnehmender Sekretion
schwere Allgemeinsymptome einsetzen, wird man aber mit¬
unter gezwungen sein, ziemlich tief ins Hirn einzudringen,
wobei man natürlich die Richtung auf die Ventrikel möglichst
vermeidet. Dass man hier gelegentlich weit über das übliche
Mass eingehen kann, zeigt die Eiteransammlung von Hiihnerei-
grösse, auf die wir in einer Tiefe von 9 cm stiessen.
Unser Fall zeigt auch, dass man bei Hirnabszessen trotz
zeitweise immer wieder sich verstärkender Symptome und
trotz sehr langer Dauer der Hirneiterung die Prognosenstelluug
sehr vorsichtig handhaben muss. Die Prognose operierter
Hirnabszesse ist immer eine schwierige Sache. Es spielen da
so viel nicht übersehbare Faktoren, die uns offenbar zum
Teil noch ganz unbekannt sind, mit, dass man kaum jemals
nach der Operation des Hirnabszesses ein Urteil darüber hat.
ob Heilung eintreten wird oder nicht. Soviel steht beim
Hirnabszess im Gegensatz zu anderen endokraniellen Kom¬
plikationen wohl fest: Spontanheilung ohne jeden Abfluss des
Eiters gewährleistende Möglichkeit gibt es nicht. Spontan¬
entleerungen von Hirnabszessen sind zwar einigemale beob¬
achtet [Schede-Truckenbrod19), Zeller20), Ran¬
dall, Gribbon21)], aber nur in ganz vereinzelten Fällen
scheinen sie zu einer definitiven Heilung geführt zu haben
[Pollak22), Urban tschitsch23), Sutphen24)]. Vor¬
aussetzung bei solcher Entleerung von Hirnabszessen ist natür¬
lich, dass der ihn füllende Eiter, ohne in den freien Arach-
noidealraum einzudringen, durch entsprechende Fisteln, z. 13.
in eine Radikaloperationshöhle oder sonst irgendwie nach
aussen hin sich entleeren kann. Auch dann ist, da beim Hirn¬
abszess breiter Eröffnung mit der Möglichkeit freien Luft¬
zutrittes eine gewisse Bedeutung entschieden zukommt — weil
anaerobe Bakterien sicher sehr oft im Spiele sind — die Mög¬
lichkeit einer Spontanheilung sicher eminent selten. Es sind
wenigstens, während wir für die spontane Ausheilung der
Sinusthrombose manchen anatomischen Beleg besitzen21') und
auch bei der Meningitis manche Anhaltspunkte für die Mög¬
lichkeit von Spontanheilungen, z. B. das Vorkommen der von
Brieger25) beschriebenen intermittierenden Form der
Meningitis haben, beim Hirnabszess sichere Anhaltspunkte für
das Vorkommen von Spontanheilungen ausserordentlich
spärlich. (Schluss folgt.)
Aus dem Röntgeninstitut im Sanatorium Fürth in Wien.
Ueber das Sigma elongatum mobile (Röntgenbefund)
Von Privatdozent Dr. Robert Kienböck.
Wir lernen heute durch die Röntgenuntersuchung die
La ge und Beweglichkeit (Verschiebbarkeit) d e :
Darmes bei Lebenden fast so gut kennen, wie es bishei
bei Operationen und Sektionen der Fall war. Durch die grosse.
Zahl der mit Röntgenstrahlen untersuchten Fälle werden wir
in unseren Kenntnissen nicht nur weitere Fortschritte machen
sondern es wird vor allem dieses Kapitel unter den Prak
tikern immer mehr berücksichtigt werden.
«) Schede-Truckenbrod: Zeitschr. f. Ohrenheilkunde
Bd. 15, 186.
20) Zeller: Berliner klinische Wochenschrift 1895.
21) Randall, Gribbon: Siehe Körner: Die otitischen Er
krankungen des Hirns usw., S. 146.
22) Pollak: Wiener med. Wochenschr. 1894, No. 47, siehe auc
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1897 (zitiert nach Körner, S. 146).
23) Urban tschitsch: M. f. Ohrenheilk. 1897.
24) Sutphen: Z. f. Ohrenheilk. 17.
24 *) Siehe auch: Haymann: Ueber Spontanheilungsvorgäng
bei Sinusthrombose. Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 46. :
25) Brieger: Zur Pathologie der otogenen Meningitis. Verl
der Deutschen otologischen Gesellschaft 1899.
4. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
69
Vom Coecuin („Coecum mobile“) und Colon transversum
/eiss man durch die Röntgenuntersuchung bereits allgemein,
ass ihre Lage sehr variiert. Vom Sigma ist dies weniger be-
annt. Ein Fall von Lageanomalie des Sigma höch-
t e n Grades zufolge einer bedeutenden Elongation und
bnormen Beweglichkeit dieses Darmteiles sei hier beschrie-
en *)•
Es handelt sich um einen 42 jährigen, hochgewachsenen, massig
räftigen Mann, welcher mir von Herrn Prof. J. Schnitzler
litte Oktober 1912 wegen Verdacht auf Perityphlitis zur Röntgen-
Uersuchung gesandt wurde.
Anamnese: Der Patient litt vor mehreren Jahren durch einige
age an hartnäckiger Obstipation mit Auftreibung des Abdomens,
eit einigen Wochen bestehen Schmerzen mässigen ürades in der
linddarmgegend. Es ist keine abnorme Resistenz zu finden.
1. Wismutmahlzeit.
Es wird dem Patienten zunächst eine Wismutmahlzeit
;geben. Am Magen ist nichts Pathologisches nachweisbar. Im Ver-
ufe von wiederholten Untersuchungen zeigt sich ein abnorm langes
erweilen der Kontenta im Zoekum und Colon ascendens und ein
^fallender Wechsel im Füllungszustande dieser Teile in den unteren
bschnitten. Nach 6 Stunden ist im untersten Ileum ein Wismut-
:pot, dann eine leere Zone und vom Zoekum und der unteren Hälfte
:s Aszendens ist nur der axiale Teil mit Wismutbrei gefüllt, die
:>ere Hälfte aber in ganzer Breite. Nach 24 Stunden ist
lekuin und Aszendenz in toto gefüllt, der Wismutbrei er-
reckt sich nun ein wenig nach hinten ins unterste Ileum.
ach 30 Stunden ist sogar ein 5 cm langer und 3 cm breiter
eil des untersten Ileum bei offener Bauhin scher Klappe
it Wismutbrei gefüllt. Diese Teile sind aber bei der Radioskopie
cht fixiert und nicht druckempfindlich. Der Röntgenbefund stützt
e Annahme eines Entzündungsprozesses nicht.
Aufnahme in Bauchlage
mit Klysma (Vorder¬
ansicht).
Gepauste Konturskizze.
a = Anus, b bis d = Sigm a
(mit dickem Strich gezeich¬
net), Cö = Zoekum, c =
Flexur des Sigma, h = Leber-
flexur, 1 = Milzflexur des
Kolons.
Ausserdem sind gezeichnet:
das Becken, die Wirbelsäule,
der Rippenbogen und die
Nabelmarke.
Sowohl 24 als auch 30 Stunden nach Einnahme der Wismutmahl-
't enthielt also das Colon ascendens noch bedeutende Breimengen;
s Colon transversum enthielt — wie es bei spastischer Obstipation
■r Lall ist — in Zwischenräumen aneinandergereihte kleine Wismut-
llen. Solche Ballen reihen waren aber noch in
.Iier anderen K o 1 o n s c h 1 i ti g e, die sich von unten
D ten nach rechts oben zog, zu finden; es blieb zu-
.dist rätselhaft, welchem Teil des Kolons die Schlinge angehöre.
2. Wismutklysma.
Am 3. läge wurde, nachdem am Morgen der Darm durch ein
wohnliches Klysma gründlich gereinigt worden war, nachmittags
Wismut-Bolus-Klysma gegeben (VA Liter). Das Irri-
)orgefäss musste hoch gehoben werden. Es wurde nur eine Auf-
hme in Bauchlage gemacht. Das Rektum und ganze Kolon
' cheint mit dem Klysma gefüllt, nur das Zoekum ist fast frei (hier
d normale haustrale Konturen, aber nur wolkige Schattenstreifen,
handen). Es ist ein solches Gewirr von gefüllten Kolonschlingen zu
icn, dass man zuerst an Situs viscerum inversus denkt und eine
lentierung nur allmählich gelingt. Schliesslich erkennt man, dass
ein sehr langes Colon sigmoideum ist, welches
“ h auf der rechten Seite des Abdomen als lang-
streckte Schlinge bis unter d.ie Leber und
'he an die rechte Zwerchfellkuppe erstreckt,
s Colon ascendens und transversum, welches nicht verlängert ist
- ke"ie Schlinge bildet, liegen normal; das descendens beginnt
der Milzflexur an der gewöhnlichen Stelle, ist aber weiter-
aus seiner normalen Lage etwas verschoben; es zieht näm-
i von der Milz nach unten medial zum Nabel hinab. Hier be-
nt das Sigma, es ist an der Spärlichkeit und Flachheit der
istralen Anschwellungen als solches zu erkennen.
*) Der Fall wurde mit Demonstration der Röntgenaufnahme in
k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien am 29. November 1912
prochcn.
Auf der Platte beträgt die Länge des Rektum und
Sigma zusammen 96 cm, die Länge des Colon de¬
scendens, transversum und ascendens 84cm. Wie
lang diese Daimteile in Wirklichkeit sind, bleibt natürlich unbekannt.
Dei Konti ast der beträchtlichen Füllung des Colon ascendens und
der geringen Füllung des Sigma entspricht — sowie der Befund nach
Wismutmahlzeit — dem Bilde der spastischen Obstipation.
Man hat es also hier mit einer Elongation und
abnormen Lage des Colon sigmoideum zu tun.
Ich erlaube mir, von einem „Sigma elongatum mo¬
bile“ zu sprechen.
Toldt hat vor vielen Jahren wiederholt solche Fälle,
und zwar zufällige Sektionsbefunde in den
Sitzungsberichten der k. k. Akademie der Wissenschaften in
Wien beschrieben.
Ein solches Sigma ist frei beweglich und kann
nach allen möglichen Punkten der Bauch¬
höhle wandern. In unserem Falle ergibt allerdings der
Vergleich der Lage am 13. und 14. X. nach der Wismutmahl¬
zeit und am 15. X. nach dem Wismutklysma noch keine
Aenderung.
Es handelt sich um eine lokale „Varietät“ des
Darmes und Gekröses, wahrscheinlich entstanden
durch eine Hemmung in der Anwachsung des Mesenteriums,
des Colon descendens. Der Befund kann als I n f a n t i 1 i s -
m u s aufgefasst werden. Es sind damit aber in der Regel am
übrigen Organismus keine weiteren Zeichen von Infantilismus
verbunden. Bei unserem Patienten bestand zur Zeit der
Geburt eine Leistenhernie, diese ging aber bald
spontan zurück.
Diese Anomalie des Darmes kommt übrigens nicht
allzu selten vor; jeder Anatom dürfte sie ab und zu be¬
obachtet haben; sie wird häufiger bei Frauen als
bei Männern angetroffen.
Die Beschwerden des Patienten in der Blinddarm¬
gegend können mit der spastischen Obstipation Zusammen¬
hängen. Sowohl bei der Untersuchung per os als auch per
klysma ist eine spastische Obstipation im Sinne von Singer
und Holzknecht anzunehmen. Patient weiss allerdings
selbst nichts von einer Verstopfung. Zunächst präsentiert sich
der Gedanke, dass die Sigmaanomalie die Obstipation hervor-
rufe oder begünstige; doch ist bei weiterer Ueberlegung kein
genügender Anhaltspunkt für diese Annahme vorhanden; es
könnte sich vielmehr um einen bedeutungslosen
Nebenbefund handeln.
Das Vorkommen solcher Lageanomalien wirft Licht auf
den Wert der topischen Diagnostik am Ab¬
domen überhaupt, soweit sie sich nicht einfach auf
Punkte im Raume des Abdomens (geometrisch), sondern (ana¬
tomisch) auf Organe bezieht. Eine empfindliche Resistenz in der
Blinddarmgegend wird gewöhnlich auf den Blinddarm bezogen;
doch kann es sich in Wirklichkeit um einen ganz anderen
Darmteil handeln. Ferner pflegt man, wenn man bei wieder¬
holter Untersuchung an ganz verschiedenen Punkten des Ab¬
domens Resistenzen fühlt, an multiple Herde zu denken;
es kann aber ein einziger sehr beweglicher, hin
und her wandernder Darm teil vorliegen. Endlich
dürfte die Ausführung einer Massage des Kolon in der
üblichen Richtung zur Behandlung von Obstipation in solchen
Fällen nicht zweckentsprechend sein.
Aus der Medizinischen Staatsanstalt iBakteriol. Abteilung]
(Vorstand: Professor A. P e 1 1 e r s o n).
Experimentelle Untersuchungen über die Möglichkeit
einer Uebertragung der Kinderlähmung durch tote Gegen¬
stände und durch Fliegen.
Von Arnold J o s e f s o n, Privatdozent in Stockholm.
Welches die Infektionswege bei der Heine-Medin-
schen Krankheit (epidemische Kinderlähmung) sind, kann noch
nicht als sicher festgestellt gelten. Zwar liegen verschiedene
schwerwiegende Tatsachen vor, welche uns eine direkte
Uebertragung des Virus annehmen lassen. Man hat ja auch
an Vermittlung eines sog. Virusträgers gedacht und durch die
allerneuesten Untersuchungen von Kling, Wernstedt und
70
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Petterson1 2) wurde ja auch bewiesen, dass es Leute gibt,
die das Virus der Poliomyelitis *’) in sich tragen, klinisch aber
vollständig gesund sind. Trotzdem aber etliches, sagen wir
das meiste, auf eine direkte Ansteckung hinweist, wie es auch
von W i c k m a n 3 *) mit Schärfe betont wurde, führt man
immer gegen diese Auffassung an, dass erstaunlicherweise
keine nosokomialen oder Krankenpflegerinfektionen bekannt
sind. Während des Jahres 1911, wo hier in Schweden die
Po. -Epidemie mehr als 3000 Personen heimsuchte, kam es, so¬
viel jetzt bekannt ist, nur einmal vor, dass jemand von dem
Wartepersonal an Po. erkrankte. Da es von Gewicht ist, dass
alle solche Ansteckungen veröffentlicht werden, führe ich hier
den Fall kurz an *).
E. F., Krankenwärterin, pflegte während des Sommers einen
Po. -Patienten in Upsala. Am 1. September kam sie nach \ stad. Am
19. September meldete sie sich erst krank, nachdem sie sich eine
Woche unwohl gefühlt hatte. Sie starb schon am 20. an typischer
Po. In der Stadt Ystad waren bis dahin nur zwei Fälle von Po.
bekannt. Die Wärterin war mit diesen beiden oder mit ihren Fa¬
milien nicht in Verbindung gekommen.
In Christiania (Norwegen) kamen 1911 sogar zwei Fälle voj,
wo Wärterinnen an Po. erkrankten und starben. Wie es sich mit
diesen Fällen verhält, geht aus einem Briefe des Oberarztes Aaser
hervor. Er schreibt mir: „Wahrscheinlich sind sie beide im epidemi¬
schen Krankenhause angesbeckt worden. Als die eine nach ihrem
Urlaub aus einem Orte, wo keine Po. vorkam, zurückkehrte, wurde
sie zur Pflegerin eines sehr kranken Po-Patienten bestimmt. Nach
einer Woche erkrankte sie an Po. und nach 3 — 4 Tagen war sie
schon tot. Die andere erkrankte an Po etwa 4 Wochen nachdem sie
mehrere Po.-Kranke gepflegt hatte. In der Zwischenzeit war sie
nie ausserhalb des Krankenhauses gewesen; sie pflegte in dieser
Zeit Scharlachkranke.
Es schien mir vom Anfänge an sehr wahrscheinlich, dass
die Ansteckung bei Po. ebenso wie bei anderen Infektions¬
krankheiten auch durch tote Gegenstände vor sich gehen
könnte. Da meines Wissens bis jetzt keine experimentellen
Untersuchungen in dieser Richtung vorgenommen wurden,
entschloss ich mich, solche sobald wie möglich vorzunehmen.
Im Epidemiekrankenhause zu Stockholm bekam ich durch die
Güte des Chefarztes Dr. Hellström bald Gelegenheit, das
nötige Material zu sammeln. Um zu sehen, ob das Virus viel¬
leicht an toten Gegenständen haften blieb, gab ich je einem
schwer kranken Mädchen und einem auch schwer kranken
Knaben eine Kompresse, die während einer Woche von ihnen
als Taschentuch benützt wurde. Ich liess weiter ein schwer
krankes Mädchen eine Tapisseriearbeit mit einem Stückchen
Papier ausführen und liess ein Bilderbuch unter den kranken
Kindern zirkulieren. Ausserdem liess ich die Kranken in den
Krankensälen Fliegen hier einfangen. Herr Professor A.
Petterson stellte mir die nötigen Affen zur Verfügung und
ich begann sofort das so erhaltene Material experimentell zu
prüfen. Professor Petterson folgte seitdem meiner Arbeit
nicht nur mit Interesse, sondern stellte mir auch besonders
bei der Mikroskopierung der Schnitte seine grosse Erfahrung
in freundlicher Weise immer zur Verfügung. Ich spreche ihm
hier meinen Dank aus.
Im Monat September 1911 fing ich mit den Versuchen
an und schon am 27. November zeigte ich im Verein für innere
Medizin einen Affen mit deutlichen Symptomen von Po.,
(Fall 1), welchen ich mit Taschentuchextrakt infiziert hatte.
Bei dieser Sitzung5) erzählte ich auch von meinen übrigen
Versuchen.
Ich bemühte mich in meinen Versuchen, soweit wie mög¬
lich, die Natur nachzuahmen 6). Die Gegenstände waren in
längeren Kontakt mit den Po.-Kranken gekommen. Nachher
liess ich sie in leeren sterilen Gefässen während einiger Tage
liegen (natürliche Eintrocknung), ehe ich sie in physiologischer
NaCl-Lösung aufbewahrte. Die so bereitete Kochsalzauf-
1) Report from the state medical institute of Sweden to the
congress Washington 1912.
2) Der Kürze wegen schreibe ich nur Po.
3) H e i n e - M e d i n sehe Krankheit. Berlin 1907. S. Karger.
’) Nach einem Briefe von dem Chefarzt Dr. v. Wachenfeldt
in Ystad.
5) Allm. Svensk. Läkartidn, Dezember 1911.
°) Das bekannte Experiment von F 1 e x n e r und C 1 a r k (Journ.
of amer. med. assoc. Vol. LVI, 10. VI. 1911), welche mit Fliegen, die
auf dem Rückenmarke von Po.-Patienten herumgewandert waren,
experimentelle Po hervorriefen, ist keine Imitation der Verhältnisse,
mit welchen man praktisch rechnen kann.
schwemmung wurde nach verschiedener Zeit in Arbeit ge¬
nommen. (Die Fliegen wurden in einem Falle zerrieben, im
anderen Falle nicht.) Unmittelbar vor jeder Injektion filtrierte
ich die Aufschwemmung durch ein Helms Asbestfilter, ein
Verfahren, das durch die Untersuchungen von Kling,
W e r n s t e d t und P e 1 1 e r s o n 7) als das beste erwiesen ist.
Das Filtrat wurde in der Mehrzahl meiner Versuche so¬
wohl intraperitoneal wie intraneural (Nerv, ischiadicus) Affen
injiziert. Die Operation wurde in Aethernarkose vor¬
genommen.
Das Rückenmark der erkrankten Affen wurde stets weiter
Kontrolltieren injiziert.
Um Fehlerquellen zu vermeiden, isolierte ich die infizierten
Affen in kleineren Käfigen.
Sämtliche Rückenmarke wurden mikroskopisch untersucht.
Versuche mit Taschentüchern:
I. Macacus cynomolgus. .
16. X. 1911. 45 ccm intraperitoneal und 1 ccm intraneural von
einer 2Tage alten Aufschwemmung des Taschentuches von H. (Knabe).
19. X. Scheint im linken Hinterbeine schwach zu sein. (NB.
Die Injektion geschah in das linke Bein.)
24. X. Fortwährend schwach im linken Hinterbeine.
27. X. Bewegt sich normal.
12. XI. Etwas langsam in seinen Bewegungen.
15. XI. Der Affe ist unbedingt schwach im linken Vorder- und
Hinterbeine und unsicher im rechten Hinterbeine. Scheint ataktisch
zu sein.
17. XI. Die Paresen deutlicher.
20. XI. Unverändert.
24. XI. Schwach in beiden Hinterbeinen.
25. XI Beinahe vollständige Paralyse des rechten Vorderbeines.
27. XI. Das Tier ist jetzt auch schwach im linken Vorderbeine.
Ataktische Bewegungen Der Affe wird im hiesigen \erein für interne
Medizin demonstriert.
28. XI. Unbeweglich im Käfig.
29. XI. Gestorben.
Bei der Obduktion wurden am Rückenmark und Gehirn keine
makroskopischen Veränderungen angetroffen. Die inneren Organe
ohne Befund. ,
Die mikroskopische Untersuchung des Rückenmarkes zeigt
nrässige Hyperämie, Blutungen in der grauen Substanz, keine Infil¬
tration, weder in den Meningen, noch im Rückenmark. Die Zellen
des Stützgewebes vergrössert, mit durchsichtigem, klaren, unge¬
färbten Zellkörper und ohne sichtbare Ausläufer. Der Kern ist hier
im allgemeinen scharf gefärbt und chromatinreich.
Die Ganglienzellen sind im allgemeinen mehr oder weniger stark
entartet. Sie sind geschrumpft, homogen und die meisten sehr stau
gefärbt; einige sind vakuolisiert. Der Kern ist gewöhnlich stark
und gleichförmig gefärbt. Andere Ganglienzellen sind sehr bleich,
feinkörnig und scheinen ohne Ausläufer zu sein. Auch diese Zellen
zeigen einen pyknotischen Kern.
In den Vorderhörnern findet man, dass die Stützgewebszellen.
welche die Ganglienzellen zunächst, umgeben, sich in grosser Anzahl
in die letzteren eingefressen haben, wodurch mehr oder weniger
grosse Einbuchtungen des stark gefärbten Zelleibes entstanden sind —
Einbuchtungen, die also von den helleren Fresszellen eingenommen
sind. Zuweilen bleibt hier von der ganzen Ganglienzelle nur eine
sternförmige, amorphe, gleichmässig gefärbte Masse zurück. Hie und
da werden die veränderten Ganglienzellen von pallisadenähnlichen
Reihen der grossen Stützgewebszellen umgeben.
Diese Veränderungen sind am stärksten im Zervikalmarke. j
Eine Aufschwemmung des Rückenmarkes wird einem Kontroll-
affen am 1. XII. 1911 injiziert. Keine motorischen Symptome. Der
Affe starb am 28. XII. an Lungentuberkulose (chronica + acuta).
Rückenmark stark hyperämisch.
II. Macacus rhesus.
7. XI. 1911. Intraperitoneal 60 ccm und intraneural 1 ccm von
einer VA Woche alten Aufschwemmung von einem Taschentuche des
Mädchens S. R. 8).
19. XI. Ohne Po.-Symptome gezeigt zu haben gestorben.
Rückenmark, Gehirn nebst ihren Häuten stark hyperämisch. Die
Substanz des Rückenmarkes geschwellt. Doppelseitige Pleuro¬
pneumonie. , ...
Mikroskopisch zeigt das Rückenmark sehr starke Hyperämie;
die Ganglienzellen unverändert.
Versuch mit dem Bilderbuche.
Cercopithecus Brunethi.
19. X. 1911. Intraperitoneal 80 ccm und intraneural 1 ccm einer
5 Tage alten Aufschwemmung. Starke Wirkung der Narkose (kiins.-
liche Atmung).
7) Zeitschr. f. Immunitätsforschung und exper. Therapie, 1912.
pag. 317. . i,
8) Von dieser Patientin wurden auch die Sekrete einer Unter¬
suchung von Kling, Petterson und Wernstedt (1. c.) unter- j
zogen (Fall 17, S. 57).
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
71
20. X. Apathisch; krankes Aussehen.
24. X. Etwas lebhafter, aber fortwährend stumpf.
27. X. Bewegt sich wenig, läuft schlecht.
28. X. Scheint schwach in den Hinterbeinen zu sein.
30. X. Gestorben.
Die Sektion zeigt lebhafte Hyperämie des Rückenmarkes; die
raue Substanz scheint hyperämisch. Die inneren Organe ohne Ver-
nderungen.
Mikroskopisch kleine Blutungen und Hyperämie im Rückenmark;
onst zeigt es keine Veränderungen.
Kontrollier A. Macacus rhesus. Rückenmarkextrakt nur intra-
eural I ccm. Keine Symptome; überlebt
Kontrollier B. Cercopithecus. Intraperitoneal 10 ccm und
ccm intraneural. Nach 2 Tagen gestorben. Von dem Riicken-
laike dieses Affen wurde ein Macacus rhesus infiziert. Dieser starb
chon nach 4 Tagen an doppelseitiger Pneumonie. Das Rückenmark
eigte keine Veränderungen.
Versuch mit Handarbeit.
Macacus cynotnolgus.
19. X. 1911. Von einer 5 tägigen Aufschwemmung der anfangs
rwähnten Arbeit wurden 75 ccm intraperitoneal und 1 ccm intra-
eural injiziert. Heftige Wirkung der Narkose.
20. X. Abgestumpft.
22. X. Noch mehr abgestumpft. Schwach im linken Vorder-
nd rechten Hinterbeine.
24. X. Sitzt unbeweglich; frisst nicht.
27. X. Das rechte Hinterbein beinahe paralytisch, das linke
chwach.
28. X. Starke Parese im linken Vorder- und beiden Hinter¬
einen.
30. X. Gestorben.
Die Sektion zeigt keine makroskopische Veränderungen. Die
tikroskopische Untersuchung des Rückenmarkes zeigt geringe
yperämie, geringe Zelleninfiltration in der Nähe von Canalis cen-
alis, Neuronolysis und Zerstörung der Ganglienzellen in derselben
/eise, wie es oben im Falle 1 geschildert wurde.
Kontrollaffe A. Macacus rhesus. Intraneurale Injektion der
iickenmarksemulsion. Keine Symptome. Ueberlebte.
Im Monat Juni 1912 wurde dieser und einige andere vollständig
esunde Affen mit Passagevirus in den Nerv, ischiadicus geimpft,
/ährend die übrigen Affen an experimenteller Po. starben, über¬
bte dieser Affe auch diesen Versuch. Es scheint hierdurch wahr-
peinlich zu sein, dass der Affe durch die vorausgehende Infektion
it dem Rückenmarke von dem mit der Emulsion der Handarbeit iri¬
sierten Affen eine gewisse Immunität erworben hat. Dieser Um-
and macht es noch wahrscheinlicher, dass der letztgenannte Affe
o gehabt hat.
Kontrollaffe B. Macacus cynomolgus.
11. XI. 1911. Intraperitoneal 7 ccm und intraneural 1 ccm der
ligen Rückenmarksemulsion. Nach 15 Tagen starb er an Lobulär-
leumonien und Intestinalkatarrh. Das Rückenmark hyperämisch;
ikroskopisch keine Veränderungen der Ganglienzellen.
Versuche mit Fliegen.
I. Macacus cynomolgus.
40 — 50 Fliegen wurden jetzt mittels Sand zerrieben und in Koch-
lz geschüttelt. Unmittelbar darauf wird die ganze Aufschwemmung
triert und das Filtrat intraperitoneal (30 ccm) und intraneural
ccm) injiziert 5. X. 1911.
Der Affe starb, ohne Symptome von Po. gezeigt zu haben.
Die Sektion zeigte doppelseitige Pleuritis adhaesiva und Milz-
■rgrösserung. Leichte Rötung des Rückenmarkes.
Kontrollaffe. Macacus cynomolgus. Aufschwemmung des
ickenmarkes. 20 ccm intraperitoneal und 1 ccm intraneural
XII. 1911.
7. XII. Scheint krank zu sein.
8. XII. Klettert schlecht; das linke Vorderbein schwach.
9. XII. Beinahe paralytisch im linken Vorderbeine.
10. XII. Gestorben.
In der Leber und im Diaphragma kleine grauweisseTuberkel (?);
Lungen ohne Veränderungen. Das Rückenmark vielleicht etwas
tlich. Mikroskopisch zeigt es ausser Hyperämie keine Verände-
ngen.
II. Macacus cynomolgus.
20 — 30 Fliegen in Kochsalz während VA Wochen. Filtration und
ektion resp. 25 und 1 ccm 7. XI. 1911.
Schwere Narkose; künstliche Atmung.
13. XI. Das Tier klettert ungern.
16. XI. Schwach in den Hinterbeinen, besonders links. Fällt
rum und hat schwer, sich wieder zu erheben.
17. XI. Sehr schwach in den Hinterbeinen; abgemagert.
20. XI. Noch schlimmer.
23. XI. Fortwährend sehr schwach in den Hinterbeinen.
24. XI. Tot.
Starke Hyperämie in den Rückenmarkshäuten und leichte Rötung
s Rückenmarkes. Das Rückenmark etwas feucht, schwillt nicht,
kroskopisch ausser Hyperämie und Blutungen keine Verände¬
ren.
Ein Kontrollaffe starb nach 27 Tagen an chronischer und akuter
Lungentuberkulose.
Durch die hier wiedergegebenen Versuche habe ich also
experimentell gezeigt, dass das poliomyelitische Virus an toten
Gegenständen (Taschentuch, Handarbeit) haftet und einge¬
trocknet noch virulent sein kann — wie es ja von anderen
Forschern auch angenommen ist. Zwar zeigen die Ver¬
änderungen des Rückenmarkes nicht das gewöhnliche Aus¬
sehen; besonders bemerken wir ja keine Zelleninfiltration.
Die Untersuchungen von Kling, Petterson und W ern¬
st e d t 9) haben aber in dieser Hinsicht Licht gebracht, und
an einem grösseren Materiale haben sie gezeigt, dass auch
nur degenerative Veränderungen wie die oben beschriebenen
bei Po-kranken Affen Vorkommen können.
Ueber die Resistenz des Virus bei Po. gegen Austrocknung
gehen bis jetzt die Meinungen etwas auseinander. Während
Römer10), Fl ex n er, Lewis10), Landsteiner und
Levaditi10) es noch mehrere Tage resistent finden, meinen
L e i n e r und v. W i e s n e r 11), dass dies nicht der Fall ist.
Sie fanden, wenn sie das virulente Material in d ü n n e r
Schicht langsam eintrocknen Hessen, dass es binnen 4 bis
24 Stunden avirulent wurde. Das Sekret in meinen beiden
positiven Fällen war höchstwahrscheinlich am Taschentuche
und an der Handarbeit dünngeschichtet gewesen.
Zappe r t, v. Wiesner und L e i n e r lä) sagen : „Eine
Uebertragung der Infektion durch leblose Materien ist nicht
sehr wahrscheinlich, da ja das Virus der Po. nach unseren
Versuchen durch Austrocknung bald vernichtet wird.“
E. Müller13) schreibt: Dass tote Materiale insbesondere
Milch oder Trinkwasser die Krankheit weiter verbreiten, ist
sehr wahrscheinlich .... Erneute Prüfung wird jedoch die
Frage bedürfen, ob die Uebertragung des Virus von Person
zu Person nicht durch Vermittlung irgendwelcher tierischer
Organismen erfolgen konnte.“ (Meine „Fliegenaffen“ gaben
beide negatives Resultat.) Er sagt weiter: „Das Virus könnte
indirekt dadurch übertragen werden, dass das in solchen
Ausscheidungen (Magendarmentleerungen, Speichel, Auswurf)
haftende Virus auf Nahrungsmittel und Gebrauchsgegenstände
(Kleidungsstücke, Schuhe u. dgl.) übergeht und verbreitet wird.
Dies sind alles noch Rätsel, die nur durch die spätere ex¬
perimentelle Forschung zu lösen sind.“
Landsteiner, Levaditi, P a s t i a “) haben die
Haltbarkeit des Virus in steriler Milch oder Wasser geprüft.
Die Virulenz hält sich (bei Zimmertemperatur und Licht)
„wenigstens 31 Tage“.
Dass ich mit Taschentuch und Handarbeit experimentelle
Poliomyelitis hervorrufen konnte, ist jetzt, seitdem Kling,
Petterson, W e r n s t e d t (1. c.) ihre Untersuchungen ver¬
öffentlicht haben, recht natürlich. Seitdem ich meine Experi¬
mente angefangen und vorläufig hier mitgeteilt (Verein der
intern. Medizin) habe ich eine experimentelle Untersuchung
gefunden, die meine Resultate deutlich bestätigten. N e u -
Städter und T h r o 15) haben aus Zimmern, wo Po. -Kranke
lagen, Staub gesammelt und damit Affen infiziert. Sie konnten
in dieser Weise Poliomyelitis und dies sogar in weiterer
Passage hervorrufen.
In meinen beiden positiven Fällen (Taschentuch, Hand¬
arbeit) suchte ich auch das Virus weiterzuimpfen. Die Tiere
starben aber leider infolge anderer Ursachen.
Meine Experimente haben also gezeigt,
dass das Virus an toten Gegenständen haften
und virulent bleiben kann. An Fliegen konnte
ich dies nicht nachweisen. Meine Absicht, nach
dem Virus an Nahrungsmitteln, die mit den Kranken in Be¬
rührung gekommen waren, zu suchen, konnte ich infolge
äusserer Umstände nicht verfolgen.
°) 1. c. S. 211.
10) Römer: Die epidemische Kinderlähmung, 1911, S. 89.
“) Studien über die H e i n e - M e d i n sehe Krankheit, 1911.
12) Studien über die H e i n e - M e d i n sehe Krankheit, 1911,
S. 184.
13) Handbuch der inneren Medizin 1911, S. 804.
14j Annal. de l’inst. Pasteur 1911, S. 805.
15) D. med. Wochenschr. 1912, S. 693.
72
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Aus der Kgl. Universitäts-Augenklinik München (Vorstand:
Geheimrat Professor Dr. C. v. H e s s).
Zur Kenntnis der Neosalvarsanwirkung bei Keratitis
parenchymatosa.
Von Dr. H. H o e h 1, Assistent der Klinik.
Nachdem durch eine grössere Anzahl Autoren (W e s -
s e 1 y, Igersheimer, L ö h 1 e i n, B e n d a, E 1 s c h n i g,
Schnaudigl, S t e i n d o r f f u. a.) gezeigt worden ist,
dass das Salvarsan auf den Verlauf der Keratitis parenchyma¬
tosa e lue congenita ohne nachweislichen Einfluss ist, war die
Aussicht nur gering, mit Neosalvarsan bessere Erfolge zu er¬
zielen.
Aus der biologischen Abteilung des Georg-Speyer-Hauses
in Frankfurt a. M. erschien in No. 32 der Deutsch, med.
Wochenschr. eine experimentelle Arbeit über Neosalvarsan
von G. Castelli über „Lokalbehandlung der generalisierten
Syphilis und generalisierten Framboesia bei Kaninchen“.
Castelli führt als Resultat seiner Arbeit drei Punkte an:
1. Das häufige Einträufeln von Neosalvarsan in 2)4 proz. Lö¬
sung in den Konjunktivalsack des Kaninchens ruft keine Reiz¬
erscheinungen hervor. 2. In dieser Weise angewandt wirkt
Neosalvarsan heilend auf Keratitis specifica, die hervor¬
gerufen ist durch Injektion von syphilitischem Material in den
Blutkreislauf. 3. Die Wirkung des Salvarsans beschränkt sich
nicht nur auf das Gewebe, mit dem es in Berührung kommt,
sondern wirkt bei Keratitis specifica auch auf die andere Seite
günstig ein.
Castelli hält es nach diesem Resultate für berechtigt,
die lokale Wirkung des Neosalvarsans bei Keratitis specifica
auch beim Menschen zu erproben.
In No. 45 der Münch, med. Wochenschr. berichtet
Rosenmeyer in Frankfurt über einen Fall von Keratitis
parenchymatosa, der durch Lokalbehandlung mit Neosalvarsan
günstig beeinflusst wurde. Es wurde in diesem Falle zuerst
Neosalvarsan in Substanz, dann in 2 proz. Lösung und schliess¬
lich in einer Lösung von 0,1 Neosalvarsan in v. P f 1 u g k s
öliger Atropinlösung angewandt.
In hiesiger Klinik wurden 7 Fälle von Keratitis parenchyma¬
tosa 4 Wochen lang mit Einträufelung von Neosalvarsan-
lösung behandelt; wir benutzten eine stets frisch bereitete
2% proz. Lösung, von der zweimal am Tage 1 — 2 Tropfen ein¬
geträufelt wurden, ln 3 Fällen handelte es sich um frische
Keratitis parenchymatosa, in den anderen 4 Fällen war der
Prozess schon im Rückgang begriffen.
1. J. J., 14 Jahre alt. Eltern und Geschwister gesund. Pat.
selbst nie krank gewesen. Wassermann positiv. Beiderseits
dichte parenchymatöse Trübungen, links stärker wie rechts. Visus
R 0,5, L ‘/go. Zunächst 4 Wochen lang Behandlung mit Atropin und
Wärme. Am 12. XI. Beginn der Neosalvarsaneinträufelung; es wurde
nur links eingeträufelt. Visus R 0,1 L Fingerzählen in 20 cm.
27. XI. Status idem. Visus R 0,2, L 3/go.
In der letzten Woche trat eine merkliche Besserung links ein,
während rechts derselbe Zustand bestehen blieb. Links hellten sich
die peripheren Partien auf, die zentralen zeigten noch dichte
Trübungen.
Visus am Ende der Behandlung beiderseits 0,2.
In diesem Falle war (wegen der starken Beteiligung der Iris)
fast täglich Atropin gegeben worden.
2. A. St., 15 Jahre alt. Anamnestisch keine Anhaltspunkte; Pat.
ist selbst nie krank gewesen. Wassermann positiv. Die Er-
krankung begann rechts und ergriff dann erst das linke Auge.
Rechts ist bei Beginn der Behandlung mit Neosalvarsan die
Kornea schon fast völlig aufgehellt.
L. A. Die ganze Kornea bis auf einen schmalen nasalen Bezirk
diffus getrübt mit gesättigten tiefen Infiltrationen. S Fingerzählen
in 20 cm.
Nach 4 wöchentlicher Behandlung mit Neosalvarsaneinträufelung
am linken Auge ist der Befund fast unverändert. S Finger¬
zählen in 1 — \Vi m.
3. F. J., 8 Jahre alt. Hatte im Juni eine Entzündung des linken
Auges. Kommt jetzt mit Reizzustand des rechten Auges. Wasser¬
mannpositiv.
R. A. Diffuse Trübung der gesamten Kornea; zentral schärfer
umschriebene intensivere Trübung. S Fingerzählen in 1 m.
Nach 7 tägiger Behandlung ist die Trübung intensiver geworden;
Einsprossung zahlreicher tiefer üefässe. S Fingerzählen in 1 m.
Nach 4 wöchentlicher Behandlung ist die Trübung der Kornea,
besonders zentral, fast ganz unverändert. S 0,1 (p).
Bei den 4 anderen Fällen (bei denen gleichfalls Wasser¬
mann positiv war) war nach 4 wöchentlicher Behandlung mit
2 54 proz. Neosalvarsaneinträufelung weder in Bezug auf den
lokalen Prozess noch auf den Visus eine nennenswerte Besse¬
rung eingetreten.
Diese Fälle sollen hier nicht ausführlicher besprochen
werden, weil sie schon längere Zeit in anderer Weise behandelt
worden waren und beim Einsetzen der Neosalvarsanbehand-
lung schon auf dem Wege der Besserung waren.
Als Resultat unserer Beobachtungen ergibt sich, dass in
keinem der Fälle eine günstige Beeinflussung der Keratitis
parenchymatosa bzw. eine Beschleunigung des Heilungspro¬
zesses durch die lokale Behandlung mit Neosalvarsaneinträufe-
lung nachweisbar war.
Es ist dieses wenig befriedigende Resultat wohl verständ¬
lich und entspricht auch den bei experimentell erzeugten Horn¬
hauterkrankungen beim Kaninchen erhaltenen Ergebnissen, da
nach den neueren Untersuchungen die Keratitis parenchyma¬
tosa nicht als eine Spirochätenerkrankung aufgefasst werden
kann und, wie auch Clausen (Archiv für Ophthalmologie
1912, LXXXIII, Heft 3) zeigt, die durch Einbringung von
Syphilismaterial in die Blutbahn experimentell erzeugte Horn¬
hauterkrankung nichts mit der menschlichen Keratitis paren¬
chymatosa zu tun hat.
Aus der Universitäts-Frauenklinik in Giessen (Prof. Opitz).
Ueber die Verwendung des Narkophins in der Geburtshilfe.
Von Privatdozent Dr. R u d. Th. Jaschke.
Aus Gründen, deren Erörterung nicht hierher gehört, habe
ich mich für die volle Schmerzlosigkeit und namentlich für die
mit dem Morphin-Skopolamin-Dämmerschlaf verbundene Am¬
nesie bei Geburten nie recht begeistern können. Es soll damit
nichts gegen den Dämmerschlaf als solchen gesagt werden,
ich halte es nur — von Ausnahmefällen abgesehen — im all¬
gemeinen nicht für richtig, die normale Geburt ganz schmerz¬
los zu gestalten und besonders ist es die Amnesie, die meiner
Meinung nach der Frau etwas entzieht, was ihrer Erinnerung
nicht geraubt sein sollte. Andererseits aber suchte ich seit
langem nach einem Mittel, welches ohne Schaden für den
Geburtsvorgang und ohne sonstige unangenehme oder ge¬
fährliche Nebenerscheinungen geeignet wäre, den Wehen¬
schmerz zu mildern und besonders in Fällen sehr schmerz¬
hafter Wehen oder sehr starker Reaktion der Frauen auf den
Wehenschmerz Linderung zu schaffen.
Nach den im Sommer ds. Jrs. publizierten Erfahrungen
mit Narkophin in der Gynäkologie und inneren Medizin, sowie
nach der pharmakologischen Prüfung dieses Mittels durch
Straub schien mir dasselbe für derartige Versuche geeignet,
und ich kann es gleich vorwegnehmen, dass die bisherigen
Erfahrungen so befriedigende sind, dass ich dieses neue Opium¬
ersatzpräparat für den angegebenen Zweck empfehlen kann.
Dass das Narkophin auch in Kombination mit Skopolamin sich
zum Dämmerschlaf sowohl als Vorbereitung für Narkosen
(S c h 1 i m p e r t), wie auch bei Geburten eignet, geht ja be¬
reits aus den Erfahrungen der Münchener Klinik hervor
(cf. E. Zweifel, Monatsschrift, Ergänzungsheft zu Bd. 36).
Das Narkophin ist bekanntlich ein von Straub ein¬
geführtes neues Opiumpräparat, welches von den im Opium
enthaltenen Alkaloiden nur das an sich wenig wirksame
Narkotin und das Morphin im Verhältnis 1:1 in der Form
des mekonsauren Salzes enthält (Morphin-Narkotin-Mekonat).
Es handelt sich bei dieser Kombination um eine Wirkung!- '
Potenzierung. Gegenüber dem ungleich zusammen¬
gesetzten Pantopon hat das Narkophin den Vorzug der Rejn- ,
heit und Konstanz der Zusammensetzung und daher auch der
Wirkung. I
Verwendet wurde von mir die von der Firma C. F.,
Böhringer & Söhne (Mannheim-Waldhof) liebenswürdig zur
Verfügung gestellte Lösung in Ampullen zu 1 ccm = 0,03 Nar¬
kophin. Ich habe bisher niemals eine grössere Dosis verab¬
folgt, auch nie irgend welche unangenehme Nebenerschei¬
nungen beobachtet. Die Wirkung trat gewöhnlich schon nach
10 Minuten hervor, um allerdings erst viel später, nach 2 bis
3 Stunden, ihren Höhepunkt zu erreichen. Dieser Augenblick
. Januar 1912. MtJENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
freilich gerade bei meinen Fällen schwer zu bestimmen,
eil durch den Fortschritt der Geburt, die an sich ver-
hiedene Wehentätigkeit, das Eintreten von Presswehen die
»raussetzungen sich ständig änderten. Eine schlafmachende
irkung trat gegenüber der analgetischen gewöhnlich stark
den Hintergrund, wenn auch in manchen Fällen die nie zu
müssende „angenehme Schlaffheit“ in richtigen Schlaf über-
lg, aus dem die Frauen oft kaum während der Wehen etwas
wachten.
Die Erfahrungen an 45 Fällen sind so übereinstimmend
tc und gleichmässige, dass ich die Fälle nicht einzeln hier
fzufiihren brauche, sondern aus den stets genau gebuchten
mbachtungen nur das Gesetzmässige hervorhebe.
Zunächst konnten wir feststellen, dass manchmal schon
ch % Stunde eine deutliche Wirkung, hauptsächlich in Form
ychischer Beruhigung nachweisbar war und die Wehen,
ntzdem sie noch als schmerzhaft empfunden wurden, die
lauen nicht so quälten.
Puls und Atmung der Frauen blieben unverändert, ab-
sehen von den vorübergehenden Schwankungen, die durch
b Wehentätigkeit selbst ausgelöst werden.
Die kindlichen Herztöne zeigten keine Veränderung unter
m Einfluss des Narkophins. In dem einzigen Falle, in dem
gen Ende der Austreibungsperiode eine konstant fort-
hreitende Verlangsamung der kindlichen Herzaktion die
dikation zur Beendigung der Geburt durch typischen Forceps
geben hat, scheint mir keinerlei Zusammenhang mit der
irkophininjektion zu bestehen.
Der Eintritt der Wirkung wechselt übrigens je nach dem
ande der Geburt und natürlich auch je nach der Empfindlich-
it der Frau. In der Eröffnungsperiode ist die Wirkung ge-
ihnlich sehr rasch deutlich und es genügt oft schon % ccm
trkophin, um die Schmerzhaftigkeit der Wehen genügend
rabzusetzen. Wenn die Wehentätigkeit in der Eröffnungs-
riode objektiv eine schwache ist und nur die Reaktion der
treffenden Frau ungewöhnlich stark ist, empfiehlt es sich
erhaupt, keine grössere Dosis zu geben, da andernfalls in
esem Stadium der Geburt eine zu starke Herabsetzung der
ehentätigkeit auftreten kann. Eine Verlängerung der Er-
nungsperiode unter dem Einfluss des Narkophins ist im all¬
meinen nicht zu beobachten. Fällt die Injektion in das Ende
r Eröffnungs- bezw. den Beginn der Austreibungsperiode,
nn beobachtet man wohl öfters eine geringfügige Ver-
igerung der Geburtsdauer, weil auf der Höhe der Narko-
inwirkung manche Frauen die Presswehen weniger aus-
tzen. Sie sind zu schlaff dazu. Andererseits war in manchen
Heu — bei Frauen, die infolge übergrosser Empfindlichkeit
:ht ordentlich mitpressten — geradezu ein geburtsbeschleu-
iender Einfluss des Narkophins zu konstatieren, insofern
; diese Frauen erst durch die durch das Narkophin erzeugte
ychische Beruhigung und Herabsetzung des Wehenschmerzes
zu gebracht werden konnten, ordentlich mitzupressen.
In 6 Fällen kam es auf der Höhe der Narkophinwirkung,
s ist gewöhnlich ziemlich genau nach 3 Stunden, zu einem
ichlassen der Wehen (grössere Pausen, kurze Dauer, geringe
aft derselben). Das wäre natürlich eine unerwünschte
benwirkung, die aber dadurch bedeutungslos wird, dass es
lsnahmslos gelang, sie durch Pituitrin oder Pituglandol
eder aufzuheben, ohne dass sonst die Narkophinwirkung
durch gestört worden wäre.
Verschiedentlich notierten wir, dass die Frauen in der Er-
nungszeit während der Wehenpausen zu schlafen schienen
d nur auf Anruf und während der Wehen erwachten, um
■bald ohne jeden Schmerzlaut weiter zu schlafen. Anderer¬
es musste in manchen Fällen konstatiert werden, dass nach
-4 Stunden die Wehen wieder fast unverändert schmerzhaft
iren; doch handelte es sich in diesen Fällen stets um das
de der Austreibungsperiode und es erfolgte innerhalb einer
Stunde die Geburt.
In 2 Fällen kamen Versager vor; allerdings gewannen
r den Eindruck, als ob trotzdem die Reaktion der Frauen
i die Wehen geringer geworden wäre. Beide Male handelte
sich um Fälle, die bei so weit vorgeschrittener Geburt auf
n Kreisssaal kamen, dass die Austreibung des Kindes er-
gte, noch ehe die Narkophinwirkung ihre Höhe erreicht hatte.
In der weitaus grössten Zahl der Fälle, bei denen ich von
No. 2.
73
idealer Narkophinwirkung sprechen möchte, war der Verlauf
folgender : bereits nach einer Viertelstunde
überkommt die Frauen eine a n g e n c h m e
Schlaffheit, manchmal Schläfrigkeit; schon nach eine r
h a 1 b e n Stunde werden die Wehen deutlich
weniger schmerzhaft und die Frauen ä u s s e r n
keine r 1 ei Schmerzlaute. Die Wehen bleiben
unverändert kräftig, sind aber deutlich weniger
schmerzhaft, höchstens vorübergehend tritt manchmal eine
geringe Abschwächung der Wehentätigkeit ein, wie das ja
auch ohne Narkophin oft zu beobachten ist.
Nachblutungen oder Störungen im Wo¬
chenbett von seiten des Darmes und der Blase, Störungen
der Milchsekretion kamen nicht zur Beobachtung.
Auf Grund der hier geschilderten Wirkung muss ich
erklären, dass das Narkophin dem von mir er¬
strebten Zwecke vollständig entspricht.
Ohne irgendwelche unangenehme momen¬
tane Nebenwirkungen oder Folgeerschei¬
nungen, ohne Schädigung des Kindes gelingt
es, den Wehen schmerz mindestens soweit herab-
zusetzen, dass selbst empfindliche und ängstliche Frauen
erklären, es gut aushalten zu können. Da es mir nicht zweck¬
mässig erscheint, eine Amnesie über den Geburtsvorgang zu
erzeugen wie im Dämmerschlaf, und eine Geburt in Narkose
nicht so harmlos ist, um als Allgemeinverfahren gelten zu
können, erblicke ich in dem Narkophin eine wertvolle Be¬
reicherung unseres Arzneischatzes und kann wegen der Ge¬
fahrlosigkeit diese Art der Schmerzlinderung bei Geburten zu
allgemeiner Nachprüfung empfehlen.
Ueber Verletzungen der Ligamenta cruciata des
Kniegelenks.
Von Dr. R u d. Pürckhauer,
Spezialarzt für orthopädische Chirurgie in München.
Die Zerreissung der Ligamenta cruciata gehört
zu den allerseltensten Verletzungen des Kniegelenkes. Es hat
dies seinen Grund einmal in der anatomischen Anordnung und
im Verlauf, dann aber auch in der abnormen Festigkeit dieser
beiden äusserst massigen und relativ kurzen Bänder, die
eher ein Abreissen von ihrem Ansatz und damit zugleich eine
Knochenverletzung bewirken, als ein blosses Zerreissen der
Bänder in der Substanz zulassen.
Wenn die Verletzung auch schon früher beschrieben
wurde, vor allem einzelnen Autoren, darunter besonders
Hönigschmied, D i 1 1 e 1 und Pagenstecher, Ver¬
anlassung zu ausgedehnten und grundlegenden Leichenexperi¬
menten gegeben hat, so ist das Vorkommen der Verletzung
doch noch so selten, dass z. B. W i 1 in s im Lehrbuch der
Chirurgie von Wullstein und Wilms meint „über die Zer¬
reissung der im Kniegelenk verlaufenden Bänder wissen wir
nur sehr wenig“. Leser hält in seinem Lehrbuch der Chi¬
rurgie die isolierte Bänderzerreissung des Kniegelenkes eben¬
falls für sehr selten. In anderen, auch neuen Lehrbüchern
der Chirurgie und Orthopädie ist über die Zerreissung der
Ligamenta cruciata überhaupt nichts zu finden.
Seitdem die Röntgenuntersuchung nahezu zum allgemeinen
Rüstzeug der Chirurgie geworden ist, hat sich auch in der
Anschauung über die oben beschriebene Verletzung eine
kleine Wandlung vollzogen und schon König glaubt, gestützt
auf drei von ihm beobachtete Fälle, dass die Seltenheit der
isolierten Kreuzbänderzerreissung doch etwas zu sehr über¬
schätzt wird. Dieser Ansicht schliesst sich auch Köhler
auf Grund eines von ihm beobachteten Falles an dem Leben¬
den und zweier zufälliger Leichenbefunde an. Fast überein¬
stimmend berichten sämtliche Autoren, dass bei allen Ver¬
letzungen der Ligamenta cruciata zugleich Kuorpelabreis-
sungeti oder auch Knochenabsprengungen zu beobachten ge¬
wesen sind, worauf vielleicht die Entstehung der gar nicht
selten beobachteten Gelenkmäuse zurückzuführen ist.
Es mag demnach der Vorschlag Köhlers nicht mehr
im allgemeinen von einer Zerreissung, sondern von einer Ab-
reissung resp. Ablösung der Lig. cruc. zu sprechen, berech¬
tigt sein.
3
74
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Seit der Veröffentlichung Köhlers in der Deutsch. Zeit-
schr. f. Chirurgie, 106. Bd., 1.— 3. Heft, ist meines Wissens in
der neuesten Literatur kein Fall mehr von Abreissung der
Lig. cruc. beschrieben worden.
Da ich nun in verhältnismässig kurzer Zeit zwei Fälle
dieser immer noch sehr seltenen Verletzung zu untersuchen
Gelegenheit hatte, möchte ich nicht versäumen, dieselben der
Veröffentlichung in einer Zeitschrift zu übergeben, die vor
allem von Praktikern gelesen und für sie bestimmt ist. Einen
dritten Fall, dessen Beschreibung ich der Liebenswürdigkeit
eines hiesigen Kollegen verdanke, habe ich selbst nicht unter¬
sucht, doch möchte ich ihn auch hier, da er ein geradezu
typisches Beispiel derVerletzungsweise darstellt, den meinigen
zurechnen.
Auf Grund dieser Fälle glaube ich mit Köhler und
König, dass die Verletzung der Lig. cruc. tatsächlich nicht
so überaus selten, wie man früher angenommen hat, vor¬
kommt.
Der erste Fall trug sich folgendermassen zu : Ein Kollege
erhielt im Jahre 1905 bei halbgebeugtem Knie gelegentlich eines russ-
ballspieles einen Schlag von seinem Partner von vorne aussen auf den
Tibiakopf. Durch diesen Schlag wird das Kniegelenk in plötzliche
Streckung versetzt, der Verletzte stürzt unter intensivem Schmerz
zusammen. Der mächtige Bluterguss, der sich im Anschluss an die
Verletzung sofort gebildet hat, verbietet eine weitere genauere Unter¬
suchung. Nach dreiwöchentlicher Bettruhe soll Patient wieder soweit
gewesen sein, dass er habe aufstehen können, er habe hierbei noch
starke Schmerzen und ein Gefühl grosser Unsicherheit gehabt. Erst
nach Monaten wäre er soweit gewesen, dass er notdürftig habe gehen
können. Eine intensive Heissluft- und Massagekur durch Monate
hindurch habe ihn dann wieder leistungsfähig gemacht.
Bei der von mir vorgenommenen Untersuchung gibt der Kollege
an, dass er auf unebenem Boden nur sehr unsicher gehen könne
und häufig das Gefühl habe, dass er Zusammenstürze. Sonst aber
könne er weite Touren machen und sogar Sport in ausgiebiger Weise
betreiben, nur müsse er sich noch vor Schleuderbewegungen sehr in
acht nehmen. Bei schnellem Gehen über holperigen Boden sei es
ihm schon öfters passiert, dass der Unterschenkel mit einem plötz¬
lichen Ruck nach vorne gerutscht sei. Er habe hierbei intensive
Schmerzen im Knie gespürt.
Befund: Aeusserlich ist an dem verletzten Knie gar nichts
Abnormes zu sehen. Die Konfiguration des Kniegelenkes ist links und
rechts die gleiche, während die Oberschenkelmuskulatur links etwas
atrophisch erscheint. Auch bei gebeugtem Knie ist keine augen¬
fällige Veränderung wahrzunehmen. Der Umfang um das Knie ist
beiderseits gleich. Der Tastbefund ergibt ebenfalls nichts Abnormes.
Beugung und Streckung beiderseits normal. Seitliche Wackel¬
bewegungen sind bei vollständig gestrecktem
Knie nicht vorhanden. Beugt Patient beim Stehen das Knie
in einem Winkel von 20° und kontrahiert er den Gastrocnemius
stark, so vermag er unter lautem Geräusch den Ober¬
schenkel nach vorne zu subluxieren. In diesem Zu¬
stand fühlt man den vorderen Rand des Schienbeinkopfes unter der
stark gespannten Haut hervortreten. Oberhalb des Kopfes befindet
sich eine Vertiefung, in die man bequem einen Mittelfinger hinein¬
legen kann und welche durch das Zurückweichen des Oberschenkels
bedingt ist. ln der Kniekehle befindet sich dementsprechend ein Vor¬
sprung. den die beiden Condyli femoris verursachen. Der Kollege
vermag durch Anspannung des Quadrizeps die Subluxation selbst
unter dem nämlichen starken Geräusch wieder einzurenken. Dieses
Symptom der spontanen Luxation vermag Patient auch im Liegen
hervorzubringen, wenn er dabei gegen einen Gegensrand zu treten
Gelegenheit hat.
Das aufgenommene Röntgenbild von vorne ( Abb. 1 )
fern, ausgehendes und mit diesem
zusammenhängendes Kno¬
chenstückchen, das in die
Fossa intercondylica femoris hi¬
neinragt. Der Gelenkspalt ist am
lateralen Teil etwas verschmälert.
Mit Ausnahme einer auf beginnende
Arthritis deformans hinweisenden
Osteophytenbildung ist nichts Ab¬
normes sonst zu sehen. Das
Röntgenbild von der Seite
(Abb. 2) zeigt ein loses Knochen¬
stückchen, das direkt neben und in
der Höhe des Tibiakopfes in der
Kniekehle liegt.
Der zweite Fall betrifft
ein kräftiges, etwa 20 jähriges
1U116W _ „ . _ Jahren beim Heruntersteigen einer
Leiter mit dem Stiefelabsatz an einer Sprosse hängen geblieben ist.
Der Unterschenkel habe sich gegen den Längsbaum der Leiter ge¬
drückt, während der Oberkörper kopfüber und seitlich neben die
Leiter gefallen sei. Sie wäre nach dem Sturz einige Zeit bewusstlos
gewesen. Das Knie wäre stark geschwollen und äusserst empfindlich
gewesen. Eine Behandlung sei nicht erfolgt. Sie wäre trotz des
geschwollenen Knies schon nach 8 Tagen wieder aufgestanden und
hätte zu arbeiten begonnen. Die Schmerzen, die sie anfänglich gehabt
habe, seien mit der Zeit geringer geworden, doch bestünden auch
beim Stehen Schmerzen oberhalb des Knies an dessen Aussenseite.
Beim Gehen — vor allem auf unebenem Boden — schnappe das
Knie sehr häufig unter lautem Geräusch nach
hinten aus, sie könne dann nicht mehr weitergehen und nabe
danach erhöhte Schmerzen. Länger wie eine halbe Stunde vermag
sie nie ohne Schmerzen im Kniegelenk zu gehen.
Befund: Bei der Untersuchung ergibt sich mit Ausnahme eines
inässigen Genu recurvatum äusserlich gar nichts Abnormes. Die
Beweglichkeit im Sinne der Beugung und Streckung ist vollkommen
normal. Seitliche Wackelbewegungen sind bei
Streckung des Kniegelenkes nicht möglich. Ober¬
halb des Condyl. lat. fern, entsprechend dem Kapselansatz gibt Pa¬
tientin bei der Untersuchung mässige Schmerzen an. Lässt man sich
den Oberschenkel fest fixieren und versucht den Unterschenkel gegen
den Oberschenkel bei Streckung nach vor- und rückwärts zu schieben,
so vermag man den Unterschenkel mit einem Ruck nach hinten zu
subluxieren, so dass man die Condyli femoris stark nach vorne vor¬
springend fühlt und auch schon sieht, während man in der Kniekehle
den Tibiakopf als Vorsprung bemerkt. Wenn Patientin steht, so
vermag sie bei geringer Ueberstreckung des Kniege¬
lenkes die Tibia unter lautem Geräusch und sicht-,
barem Ruck nach hinten zu subluxieren. Bei dieser .
Bewegung ist hauptsächlich der Quadrizeps stark gespannt, aber 1
auch die Beuger des Knies befinden sich im Zustande der Spannung,
wohl mehr durch den nach hinten vorspringenden Tibiakopf. Durch
Uebergehen in die normale Streckung schnappt das Knie unter dem¬
selben lauten Geräusch wieder ein.
Das Röntgenbild ergibt mit Ausnahme einer kleinen, in der
Fossa condylica des Condylus femoris lateralis bestehenden Rauhig¬
keit nichts Abnormes.
Der dritte Fall soll sich folgenderweise zugetragen haben:
Ein junges, kräftiges Mädchen will vom Randstein des I rottoirs die
Strasse erreichen, kommt aber noch bevor sie den Fuss herabsetzt so
zu Fall, dass sie mit dem Oberkörper nach hinten überstürzt. Hierbei
kommt das andere Bein quer in die Kniekehle des gebeugten ersten
Beines. Ein intensiver Schmerz und sofortige starke Schwellung des
Knies machen weiteres Gehen unmöglich. Der hinzugezogene Kollege
konstatiert eine Subluxation der Tibia nach hinten. Es ist bei
fixiertem Oberschenkel die Tibia gegen den Oberschenkel nach vor-
und rückwärts zu schieben. Ein Röntgenbild wurde nicht aufge-
nommen. Unter Bettruhe, Umschlägen, später Massage und Bandage,
kann Patientin nach wenigen Wochen wieder aufstehen, doch rutscht
der Unterschenkel häufig nach hinten, so dass sie im Gehen stark
behindert ist und das Gefühl der Unsicherheit hat. Patientin hat
sich nie mehr richtig erholt und geht später an Phthise zugrunde.
Die drei angeführten Fälle stellen geradezu klassische
Typen des Verletzungsmechanismus der Lig. cruc. dar. Nach
den ausgedehnten Leichenexperimenten Hönigschmieds
und Pagen Stechers müssen wir vier Arten des Ent¬
stehungsmechanismus der Kreuzbandzerreissungen unter¬
scheiden. Kommt ein Knie durch irgend eine Ursache in starke
Hyperextension, so kommt es zur Lostrennung der Lig.
cruc. und zwar reisst in den meisten Fällen zuerst das vordere
Kreuzband und erst bei fortwirkender Gewalt das hintere los.
Die Stellen, an welchen die Abreissung erfolgt, sind nahezu
immer konstant. So war in 18 Versuchen Hönig¬
schmieds das hintere Kreuzband stets vom Femur und das
vordere 17 mal von der Tibia losgetrennt.
In meinem ersten Fall, den ich als durch Hyper
e x t e n s i o n entstanden erkläre, scheint das Lig. cruc. nichi
wie Hönigschmied annimmt von der Tibia, sondern von
Femur abgerissen zu sein. Jedenfalls spricht hierfür dei
Knochenvorsprung an der Fossa intercondyl. des Condyl. med
Durch einen Abriss des Lig. cruc. post, kommt es zu den
Abrutschen des femur nach vorne, resp. der Tibia nach hinten
Durch einen Abriss des Lig. cruc. anter. ist der Tibia ein Ab
rutschen nach vorne ermöglicht. Hüter erklärt den Mecha
nismus der Luxation nach vorne infolge Ueberstreckung in fol
gender Weise: Durch den Schluss der Ueberstreckung bilde
sich am vorderen Rand der Tibia ein Hypomochlion; nachden
beide Ligamenta lateralia und beide Ligamenta cruciata durch dh
überstreckende Gewalt zerrissen sind, heben sich die hinterer
Abschnitte der Gelenkflächen in der Kniekehle voneinande
ab und durch die sekundäre Bewegung, welche im Sinne de
Beugung stattfinden muss, tritt die Tibia nach vorne und de
Femur nach hinten. — Wenn man nach Hönigschmie«
an der Leiche diese Bewegungen ausführt, „so gelingt es nu
selten, eine Verrenkung hervorzurufen. Dies erklärt sich da
ergibt ein von dem Condyl. lat.
innffpc MäHehen rla« vnr etwa 5
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
75
raus, weil hei der Ueberstreckung an der Leiche sich nur
schwer der Mechanismus nachahmen lässt, wie er stattfindet,
wenn bei fixiertem Unterschenkel der Körper vorwärts fällt“.
— Durch extreme Streckung werden zwar die Ligamenta zer¬
rissen, aber es fehlt der Einfluss der Körperschwere als dis¬
lozierendes Moment.
In unserem Falle vermag der Patient bei fixiertem und be¬
lasteten Unterschenkel in einer gewissen Stellung die Tibia
nach vorne zu luxieren. Er kann dies Phänomen nicht hervor¬
bringen, wenn er den Unterschenkel nicht belastet. Ver¬
schiebung der Tibia nach hinten ist ihm unmöglich hervor¬
zurufen.
Ich nehme an, dass gleichzeitig neben dem Lig. cruc.
anter. auch das Lig. cruc. post, gerissen ist und dass, wie in
solchen Fällen überhaupt, eine Zerreissung der Lig. lat. erfolgt
ist, neben der Lostrennung der hinteren Kapselwand.
Den zweiten Typus des Verletzungsmechanismus stellt
der 3. Fall vor, der durch Hyperflexion entstanden ist.
Eine Verletzung der Lig. cruc. und der übrigen Bänder des
Kniegelenkes durch eine in normalen Grenzen sich bewegende
Flexion ist am Lebenden sowohl wie an der Leiche durch die
massigen Weichteile des Ober- und Unterschenkels ausge¬
schlossen, auch wenn man die Flexion soweit treibt, dass die
Ferse das Gesäss berührt. Erst, wenn man nach Honig-
schmied am Kadaver durch einen in die Kniekehle ge¬
schobenen Keil die Ueberflexion zu übertreiben sucht, wird
das vordere Kreuzband sich von seiner Femuralinsertion ab-
lösen und der Meniscus lateralis vom Kondylus der Tibia sich
abheben. Dieser Zustand tritt erst dann ein, wenn der hintere
Rand des Tibiakopfes sich gegen das Femur stemmt. D i 1 1 e 1
beschreibt einen Fall, der auf oben beschriebene Weise ent¬
standen ist:
„Ein junger Mann wird zum Wirtshaus hinausgeworfen, er
kommt dabei in kniende Stellung, bevor er aber das Knie voll¬
ständig beugt, bekommt er noch einen Tritt in die Kniekehle. Die
Folge ist ein Abriss des Lig. cruc. ant. und Luxation des Unter¬
schenkels nach vorne.“
Auch Pagen Stecher beschrieb einen ähnlichen Fall.
Diesen beiden Fällen reiht sich mein 3. Fall an, der auf die
oben beschriebene Weise dadurch entstanden ist, dass im
Moment der Beugung das andere Bein quer in die Kniekehle
zu liegen kam, während die Schwerkraft des Körpers nach
unten vorne weiterwirkte. Es muss in diesem Falle das Lig.
cruc. anter. vom Condyl. fern. lat. abgerissen und die Tibia
nach hinten luxiert sein.
Als dritter Typus des Entstehungsmechanismus ist unser
2. Fall charakteristisch. Er ist enstanden durch Ueber¬
streckung und gleichzeitige hochgradige
seitliche Abduktion nach aussen. Nach Leichen¬
versuchen reisst zunächst das Lig. lat. intern, ab, dann das
Lig. cruc. post., hierauf aber erst das Lig. cruc. ant. Das Lig,
lat. extern, bleibt bei dieser Form immer erhalten. Häufig
wird bei dieser Form der Verletzung auch der Zwischen¬
knorpel — besonders der innere — losgetrennt. Dass es sich
bei dem angeführten Fall um eine Kreuzbandverletzung han¬
delt, schliesse ich vor allem aus der abnormen Ver¬
schieblichkeit des Unterschenkels gegen
den Oberschenkel, die Patientin spontan bei geringer
Hyperextension unter lautem Geräusch vollziehen kann.
Das gleichzeitige Zerreissen des Lig. lat. int. ist offen¬
bar wieder geheilt, da seitliche Wackelbewegungen des Knies
nicht vorhanden sind, während die bestehenden Schmerzen
noch auf die Zerreissung des Bandes an seinem Ansatz
nindeuten. — Wird die seitliche Bewegung im Knie¬
gelenk nach der anderen Seite, also im Sinne der Hyper¬
adduktion ausgeführt, so reissen die Bänder in umgekehrter
Weise, nämlich das Lig. lat. ext., das Lig. cruc. ant. und das
Lig. cruc. post.
Der Vollständigkeit halber erwähne ich noch den 4. Ver-
letzungstypus der Lig. cruc., der durch starke Rotation
des Unterschenkels nach innen oder aussen verursacht wird.
Nur sehr starke Gewalten vermögen gleichzeitig mit schweren
Nebenverletzungen der inneren oder äusseren Gelenkbänder
und der Gelenkkapsel die Lig. cruc. zu beschädigen.
Was die von mir beschriebenen Fälle besonders inter¬
essant macht, ist die Tatsache, dass es sich — wenigstens bei
Fall 1 und 2 — um eine Beobachtung über längere Zeit be¬
stehende Verletzungen des Lig. cruc. handelt, also um wirk¬
liche Spätformen dieser seltenen Verletzung. Bisher wurden
in der ganzen Literatur 8 Fälle von Zerreissungen der Lig.
int. beobachtet und beschrieben. Diese 8 Fälle kamen zumeist
schon nach kurzer Zeit in Behandlung; Fälle aber, die derartig
lange Zeit zurückliegen, wie die oben beschriebenen, sind
meines Wissens noch nicht beschrieben worden und doch
glaube ich, dass isolierte Kreuzbandzerreissungen häufiger
Vorkommen. Wenn auch — wie ich schon oben erwähnte —
die Diagnose einer Zerreissung resp. Abreissung der Lig. cruc.
gleich oder unmittelbar nach der Verletzung schon wegen der
starken Empfindlichkeit und des bestehenden hochgradigen
intraartikulären Ergusses oft auch recht schwierig ist, so sollte
man mindestens nach Abklingen der ersten akuten Erschei¬
nungen auf Symptome einer etwa bestehenden Zerreissung
der Lig. cruc. utersuchen.
Liegt eine Zerreissung der Lig. cruc., jener mächtigen
Bänder des Kniegelenkes, welche den Oberschenkel und Unter¬
schenkel in jeder Stellung fest aufeinander fixieren, vor, so ist
fast ausnahmslos eine Verschiebung des Unter¬
schenkels gegen den Oberschenkel vor-
oder rückwärts auszuführen. Ich glaube, dass
gerade diese Subluxationsmöglichkeit der Tibia gegen
den Femur in veralteten Fällen als einziges Symptom
der Zerreissung der Lig. cruc. zurückbleibt, während die
gleichzeitigen Nebenverletzungen, wie die Zerreissung der Lig.
lat. oder der Kapsel bekanntlich rasch heilen. Die kurzen
massigen und straffen Lig. cruc. werden, wenn sie einmal in
ihrer Substanz vollständig auseinanderreissen, von selbst
meines Erachtens nicht so leicht mehr zusammenheilen, jeden¬
falls nicht mehr ihre frühere elastische Spannung erreichen.
Es wäre deshalb im Interesse des Patienten, eine möglichsi
frühzeitige Naht des zerrissenen resp. abgerissenen Liga¬
mentums sehr wünschenswert. Die Eröffnung des Gelenkes
zu diesem Zweck bietet aseptisch ausgeführt keine Schwierig¬
keit und gestattet ausserdem noch eine Inspizierung der üb¬
rigen Gebilde desselben. — Bei veralteten Fällen möchte ich,
ausgenommen wenn die Beschwerden und die Behinderung
der Leistungsfähigkeit sehr stark sind, der Naht des Liga¬
mentums nicht das Wort reden; auch Pagenstecher hatte
damit nicht den gewünschten Erfolg. — Ich habe in meinem
2. Fall durch eine kurze mit Gelenk versehene Kniehülse,
welche eine Ueberstreckung im Knie und dadurch die Sub¬
luxationsmöglichkeit der Tibia verhindert, die Patientin
beschwerdefrei gebracht, während der 1. Fall wegen der
geringen Erscheinungen eine weitere Behandlung nicht nötig
machte.
Aus der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der
Barmherzigkeit in Königsberg i. Pr.
Zur Kasuistik der subkutanen Leberruptur.
Von Stabsarzt Dr. Flath, dirigierendem Arzt der Abteilung.
Die Fälle subkutaner Leberrupturen sind wohl im all¬
gemeinen nicht allzu selten. Aber sie bieten doch schon in¬
sofern einiges Interesse, als die Diagnose ante operationem
mit Sicherheit kaum zu stellen ist, und jeder einzelne Fall
unsere Kenntnis der Therapie der Bauchverletzungen er¬
weitert. So möchte ich im nachstehenden über 2 Fälle von
subkutanen Leberrupturen berichten, die immerhin einiges
Interesse bieten.
In dem ersten Falle handelte es sich um einen 35 jährigen land¬
wirtschaftlichen Arbeiter, der gelegentlich einer Builenschau von
einem Builen von hinten her gegen die Krippe des Stalles gedrückt
worden war. Er kam 5 Stunden nach dem Unfall mit den Anzeichen
einer inneren Bauchverletzung ins Krankenhaus. Es bestand am rech¬
ten Rippenbogenrand eine ganz oberflächliche Hautverletzung mit
einzelnen kleinen Sugillationen. Die Bauchdecken waren deutlich
gespannt und druckempfindlich; ein Unterschied in der Spannung
des rechten und linken Rektus bestand nicht. Erbrechen war mehrere
Male aufgetreten. Das blasse Aussehen, der kleine frequente Puls
machten eine stärkere innere Blutung wahrscheinlich. Bei der sofort
in Aethernarkose vorgenommenen Laparotomie mit Schnittführung
durch den rechten Rektus wegen der Wahrscheinlichkeitsdiagnose
einer Leberruptur fand sich eine grosse Menge teils flüssigen teils
geronnenen dunklen Blutes in der Bauchhöhle. Das Blut fand sich
sowohl im oberen wie im unteren Teile des Bauches. Die Revision
3*
'6
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
der Leber ergab eine ganz glatte Oberfläche, nirgends die bpur einer
Verletzung. Nach sorgfäftigem Austupfen sah man, dass immer neues
Blut von oben herabrieselte, dass somit die Ursache der Blutung im
oberen Teile des Abdomens sitzen musste. Beim erneuten Aus¬
wischen des Blutes fand sich ein Gewebsstückchen, das unschwer
als Lebergewebe zu erkennen war. Nun war die Ursache der ßiu-
tung klar, aber erst nach genauer Untersuchung der hinteren Leber-
fläche gelang es mir, mit dem Finger in eine etwa 2 qcm grosse
Höhle zu kommen, in der das Lebergewebe zertrümmert war. Die
beschädigte Partie gehörte offenbar dem Lobus Spigeln an und
entsprach der Stelle, die vor der Wirbelsäule gelegen war. Nach
fester Tamponade der Rupturstelle mit Vioformgaze und Drainage
der mit Kochsalz ausgespülten Bauchhöhle, wobei ich zur Sicherheit
ein zweites Drain im unteren Wundwinkel nach dem Douglas zu
einlegte, wurde die Bauchhöhle durch durchgreifende Seidenknopi-
nähte bis auf die Tamponade- und Drainstellen geschlossen. Das
Drain im unteren Wundwinkel wurde am 3. Tage entfernt, die lam-
ponade und Drainage nach der Leberwunde blieb bis zu 14 lagen
liegen, nachdem vom 8. Tage ab die Tampons gelockert woiden
waren. Die Sekretion war blutig-serös, niemals gallig. Der Verlaut
war völlig fieberfrei. Die Heilung selbst wurde dadurch etwas ver-
zögert, dass der Wundtrichter an der Tamponade- und Drainstelle
sich nur langsam schloss. Bei der am 12. Juni erfolgten Entlassung
war die Bauchwunde vollkommen fest und reizlos, dei Mann selbst
völlig beschwerdefrei. ...
Ein zweiter Fall kam 4 Tage später zur Aufnahme. Hier han-
delte es sich um einen 19 jährigen Kutscher, der infolge Scneuens dei
Pferde vor einem Automobil beim heftigen Anprall des Wagens an
einem Chausseestein mit grosser Wucht gegen die vordere bcnutz-
wand des Kutscherbocks geschleudert worden und über die bchutz-
wand heruntergefallen war. Er kam 4 Stunden nach der Verletzung
ins Krankenhaus und bot das gleiche Bild der inneren Bauchverletzung
wie der zuerst beschriebene Fall. Bei der gleich nach der Aufnahme
vorgenommenen Laparotomie ergab sich ein wesentlich einfacheit-i
Befund insofern, als gleich ein an der Vorderfläche quer durch die
Leber verlaufender Riss als die Ursache der inneren Blutung fest-
zustellen war. Er verlief etwa 2 Finger breit oberhalb des Leber¬
randes in einer Ausdehnung von etw^a 8 cm Länge. In dei rechten
Mammillarlinie war die Leberkapsel in Form eines Rechtecks von
1:1 cm abgerissen, das Lebergewebe lag hier frei zutage, im Uebri-
gen fand sich nur ein glatter Spalt von etwa 2 cm Tiefe. Zog man
die Spaltränder etwas auseinander, so setzte eine stärkere Blutung
ein die beim Andrücken der Ränder aufhörte. Bei der günstigen
Lage des Risses wurde die Naht versucht, die sich leicht als Kapsel¬
naht mit Einstich in das Lebergewebe ausfiihren liess. An der Stelle,
wo die Kapsel abgerissen war, gelang es, durch kräftiger angezogene
Nähte doch, die Kapselränder einander zu nähern und die Leberwunde
zu überdecken. Die Blutung stand sicher, jedoch wurde die Naht¬
stelle der Sicherheit wegen tamponiert und die Bauchhöhle drainiert,
während die Bauchwunde sonst durch durchgreifende Seidenknopf-
nähte geschlossen wurde. Auch in diesem Falle verlief die Heilung
fieberfrei; die Bauchwunde schloss sich bis auf die Tamponstelle
rasch. Der Wundtrichter an der Tamponstelle heilte per granula¬
tionein doch war auch an dieser Stelle die Narbe vollkommen fest,
so dass auch dieser Patient am 22. Juni beschwerdefrei entlassen
werden konnte. Dass beide Fälle tatsächlich beschwerdefrei gewesen
und geblieben sind, mag die Tatsache beweisen, dass keiner auch nur
den Versuch eines Rentenanspruchs gemacht hat.
Diese beiden Fälle mögen ein Beweis dafür sein, dass bei
dem blossen Verdacht einer inneren Bauchverletzimg die ein¬
zige Therapie nur die sofortige Laparotomie sein kann. Beide
Fälle kamen frisch zur chirurgischen Behandlung und konnten
beide in verhältnismässig kurzer Zeit völlig geheilt werden.
Es kommt bei der Stellung der Diagnose einer inneren Bauch¬
verletzung gar nicht zuerst darauf an, dass man den Sitz
genau diagnostiziert, als vielmehr darauf, dass man
überhaupt die innere Verletzung diagnostiziert.
Mir will scheinen, dass heutzutage noch vielfach mit der Mög¬
lichkeit der Schockwirkung bei der Bauchkontusion gerechnet
wird, und dass man aus diesem Grunde die Fälle, die im An¬
fang kein klares Bild geben, vielfach hinhält, bis eben das Bild
geklärt, und damit der Zeitpunkt zur Operation versäumt ist.
Glücklicherweise haben wir in der Spannung der Bauchdecken
ein untrügliches Zeichen für eine innere Bauchverletzung, und
es muss darum als erster Grundsatz gelten, jeden Fall von
Bauchkontusion, bei dem Bauchdeckenspannung besteht, so
rasch wie möglich zu laparotomieren.
In unseren beiden Fällen war aus der Bauchdecken-
spannung die Diagnose auf eine innere Bauchverletzung ge¬
stellt worden; aus der Stelle, wohin das Trauma getroffen
hatte, konnte mit Wahrscheinlichkeit eine Leberverletzung
angenommen werden. Dass aber trotzdem das Auffinden dei
verletzten Stelle bei der Operation Schwierigkeiten machen
kann, beweist der erste Fall. Aber diese Schwierigkeiten
lassen sich eher überwinden in frischen Fällen, wo man dem
Patienten noch etwas zumuten kann, als in solchen, wo der
völlig ausgeblutete Fall zur äussersten Beschleunigung der
Operation drängt.
Bezüglich der Ausführung der Operation konnten in
unseren Fällen keine Zweifel bestehen. Im Fall 1 war eine
Naht nicht möglich, und auch das in letzter Zeit mehrfach
empfohlene Einnähen von Netz war nicht durchführbar. Hier
kam einzig und allein eine sichere feste 1 amponade in Be¬
tracht. In dem 2. Falle, der zur Naht günstig lag, konnte die¬
selbe mit gutem Erfolg gemacht werden; doch möchte ich
auch in einem solchen Fall die gleichzeitige Tamponade nicht
unterlassen, denn die Naht allein scheint mir doch zu unsichci.
Allerdings hat ja die Tamponade den Nachteil, dass sic einen
völligen Schluss der Bauchwunde nicht zulässt, und dass da¬
durch die Heilung etwas verzögert wird. Aber immerhin hat
mir die Tamponade, die ich stets mit einer Drainage dei
Bauchhöhle verbinde, stets als ein Sicherheitsventil gegolten,
das ich in solchen Fällen nicht entbehren möchte.
Aus der Kinderklinik des städtischen Krankenhauses in Fiank-
furt a. M. (Direktor: Dr. v. Mettenheime r).
Zur Pathologie des Morbus Banti*).
Von Dr. Paul Grosser und Dr. Georg Schaub.
Am 4 XII. 11 wurde die lü Jahre alte Luise W. in die Kinder¬
klinik gebracht. Sie ist das 3. Kind von 3 Geschwistern. Die Geburt
verlief normal; das Kind wurde 8 Monate lang gestillt und ent¬
wickelte sich im allgemeinen normal, bekam mit etwa 5 Monaten die
ersten Zähne, lief mit 19 Monaten. Es war bis auf Masern und Keuch¬
husten stets gesund. Die Eltern und die zwei Geschwister sind voll¬
kommen gesund, ein Bruder des Vaters ist an Lungentuberkulose ge¬
storben. Für Lues der Eltern bestehen keine Anhalts-
P " n Vor6 etwa 1 Jahr begann die jetzige Erkrankung mit unbe-
stimmten Erscheinungen. Das Kind sah blass aus, klagte über Magen¬
druck nach dem Essen. Im November 1911 wurden die Magenbe-
schwerden nach dem Essen stärker, es traten angeblich schwarze
Stühle auf, einmal wurde blutiges Erbrechen beobachtet, so dass der
behandelnde Arzt das Bestehen eines Magengeschwürs für möglich
hielt Wegen eines grossen Tumors im Hypogastrium wurde das
Kind mit dem Verdacht auf eine Bluterkrankung der hiesigen Kinder¬
klinik zugewiesen. Angeblich hat das Kind in den letzten V ochen
abgenommen. Stuhlgang, Appetit, Schlaf war normal, das Kind hatte
kein Kopfweh und bis auf das eine Mal kein Erbrechen.
Status: Für sein Alter gut entwickeltes Kind in mittlerem Er¬
nährungszustand. Körperlänge 1,25 cm, Körpergewicht 26,8 kg. Die
Haut ist blass, subikterisch verfärbt. Konjunktiven hochgradig an¬
ämisch, erscheinen fast blutleer. Es bestehen keine Oedeme oder
Exantheme, die Muskulatur ist kräftig entwickelt. Das Skelettsystcni
zeigt keine Besonderheiten. Der Thorax ist gut gewölbt und wird
bei der Atmung gleichnuissig gehoben. Wirbelsäule und Extremitäten
sind weder druck- noch klopfempfindlich. Von Drüsen s in d
nur einige Inguinaldrüsen rechts etwas vergrös-
sert nachweisbar. Die Lungen zeigen normale, nicht sehr
ausgiebig verschiebliche Grenzen, normalen Klopfschall und übeiall
reines pueriles Atemgeräusch. Der Spitzenstoss findet sich knapp
1 Querfinger ausserhalb der Mammillarlinie, Herzgrenze nach oben
4. Rippe, nach rechts rechter Sternalrand. Auskultatorisch ergibt sich
an der Spitze ein leises, blasendes systolisches Geräusch. Ueber dei
Herzbasis und über der Pulmonalis ist das systolische Geräuch lauter
und von schabendem Charakter. Es wird im Stehen und Sitzen
schwächer. Der Puls ist ziemlich klein, regelmässig, 126 in der
Minute Der Leib erscheint etwas aufgetrieben, gleichmässig ge¬
wölbt, ist leicht eindriiekbar und nirgends besonders druckempfind¬
lich Die Leber ist bei tiefer Inspiration scharfrandig unter dem
Rippenbogen palpabel. Im linken Hypogastrium ist ein harter, glatter
Tumor fühlbar, der sich seiner Gestalt nach (Einkerbung am medialen
Rand) als Milz zu erkennen gibt. Seine Grenzen sind links in der
Axillarlinie 1 Querfinger unterhalb des Rippenbogens, rechts 3 Quer¬
finger von der Mittellinie und unten 1 Querfinger oberhalb des Nabels.
Die Nieren sind nicht palpabel oder druckschmerzhaft. Schleimhaut
der Mundhöhle, besonders am Gaumen, hochgradig blass. Einige
Molarzähne sind kariös. Zunge, Ionsillen, Rachen o. B., ebenso
Nase und Ohren. An den Augen fällt ausser der hochgradigen Blasse
der Konjunktiven bei Augenschluss ein starkes Lidflimmei n auf. Die
Augenbew^egungen sind frei, es besteht kein Nystagmus. Die Pupillen
reagieren prompt auf Lichteinfall, der Kornealreflex ist beiderseits
schwach vorhanden. Der Augenhintergrund erscheint beiderseits
normal. Das Nervensystem zeigt keine Besonderheiten ausser einem
beiderseits ziemlich leicht auszulösenden Fussklonus. Die Psyche
der Pat. bietet nichts Auffallendes. Im Urin sind pathologische Be¬
standteile, auch Urobilin nicht nachweisbar.
*) Vorgetragen auf dem I. Internat. Kongress fiir Pädiatrie in
Paris 1912.
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
77
Die Temperatur bei der Aufnahme beträgt 38,1. Sie schwankte
in der Folgezeit zwischen 37 und 38", nur einigemale bewegte sie sich
etwas höher. Die Pi r quetsche Kutanreaktion ist deutlich positiv,
die Wassermannsche Reaktion in dem Blut der Pa¬
tientin dagegen negativ.
Die Blutuntersuchung am 5. XII. ergab folgendes Bild:
Rote Blutkörperchen 1 860 000, Zahl der weissen 2200. Hämo¬
globin nach Sahli 30 Proz. Die weissen Blutkörperchen setzten sich
zu 29 Proz. aus Lymphozyten, zu 71 Proz. aus polynukleären Leuko¬
zyten zusammen. Eine, mit Rücksicht auf das in der Anamnese an¬
gegebene Blutbrechen, vorgenommene Magensaftuntersuchung nach
Probefriihstiick ergab eine Gesamtazidität von 18, freie Salzsäure
war nicht nachweisbar, der Pepsingehalt (Rizinprobe) betrug 0,008.
Mehrmalige Milzpunktionen lieferten einen Saft, in dem
rote Blutzellen und Lymphozyten sowie polymorphkernige Leuko¬
zyten zu erkennen waren, jedoch niemals pathologische Blutzellen.
Kurz zusammengefasst handelt es sich um ein 10 jähriges
Mädchen, welches seit ungefähr einem Jahre kränkelt, an
Appetitlosigkeit leidet und dessen Hautfarbe wachsbleich ist.
Objektiv ist nur ein abnorm grosser Milztumor festzustellen,
sowie eine Verminderung des Blutfarbstoffes und der Blut¬
körperchen. Um welche Erkrankung kann es sich hier han¬
deln? Tuberkulose können wir ausschliessen, denn eine iso¬
lierte Milzvergrösserung ohne gleichzeitigen Aszites bei Fehlen
aller sonstigen Symptome ist bisher noch nicht beschrieben
worden. Der positive Ausfall der Pirquet sehen Reaktion
ist ohne Bedeutung, da nach unseren Erfahrungen und denen
der meisten Autoren im späteren Kindesalter in der Mehrzahl
der Fälle die Haut auf Tuberkulin reagiert. Ein Magen¬
geschwür anzunehmen ist deshalb nicht angängig, weil diese
Erkrankung im Kindesalter zu den allergrössten Seltenheiten
gehört und verwertbare Symptome fehlen. Gegen perniziöse
Anämie spricht das Alter der Patientin und das Blutbild. Die
roten Blutkörperchen zeigen mehr den chlorotischen Typus:
verschieden grosse, in ihrer Form sehr wenig veränderte
Zellen, die den Farbstoff nur schwach annehmen. Es fehlen
hochgradig destruierte Formen, ebenso polychrome und auch
basophil gekörnte sind nicht vorhanden. Kernhaltige Rote
wurden ganz vereinzelt beobachtet. Auch das Verhalten der
Weissen spricht nicht für Perniziosa, bei der in den meisten
Fällen eine relative Lymphomatöse besteht, während in
unserem Falle das Verhältnis der beiden Zellgruppen nor¬
mal ist.
Da nach dem ganzen Verlaufe eine Neubildung oder etwa
eine der tropischen Infektionen auszuschliessen ist, so stehen
nur noch 3 Krankheiten zur Diskussion: Lues oder Leber¬
zirrhose oder die B a n t i sehe Erkrankung. Wir wollen gleich
an dieser Stelle betonen, dass Lues und Banti sich aus¬
schliessen, d. h„ dasswir nur dann von einer Banti¬
schen Erkrankung sprechen dürfen, wenn
Lues ätiologisch nicht in Betracht kommt.
W ir befinden uns hier in Uebereinstimmung mit den meisten
Autoren JU mber 1)]. Durch die Ausführungen Cursch-
m a n n s 2) wird eine unheilvolle Verwirrung in die Klinik
dieser Erkrankung gebracht, die noch in vieler Beziehung
durch weitere Forschung der Aufklärung bedarf. In unserem
Falle vermissen wir in der Anamnese jeden Hinweis auf
luetische Erkrankung. Auch objektive Zeichen konnten wir
nicht wahrnehmen. Dazu kommt der negative Ausfall der
Wassermann sehen Reaktion, die bei hereditärer Lues
selten fehlt. Trotz alledem versuchten wir die Einwirkung
einer intravenösen Injektion von 0,1 g Salvarsan, da einige
Autoren Erfolge auch bei nicht luetischen Milztumor gesehen
haben wollen. Wir konnten keinen Einfluss auf irgend ein
Symptom beobachten, aber auch keine Schädigung, so dass
der Vorschlag von Curschmann, bei Milztumor mit Anämie
eine Salvarsaninjektion zu versuchen, wohl keinen Schaden
bringt, hin und wieder sogar vorteilhaft sein kann.
Es bleibt also nur die Banti sehe Erkrankung, da wir
eine Leberzirrhose beim Fehlen einer irgendwie in Betracht
kommenden Lebervergrösserung auschliessen können. Auch
sind keine der sonst in Betracht kommenden ätiologischen
Faktoren vorhanden; der Einwand, dass es sich um eine
atrophische Form handelt, ist beim Fehlen von Aszites hin¬
fällig. Nach alledem entspricht das Bild vollständig dem von
Banti beschriebenen Symptomenkomplex und auch die von
]) Umber: Münch, med. Wochenschr. 1912, S. 1478.
2) Curschmann: Ibidem S. 1613.
Senator angegebene Leukopenie vermissen wir nicht.
Banti unterscheidet 3 Perioden: 1. die anämische mit Milz¬
tumor, deren Dauer er auf mehr als 3 Jahre bestimmt. In
dieser Periode fehlt die Lebervergrösserung und die Pfort¬
aderstauung, der Harn ist völlig normal und weist kein Uro¬
bilin auf, 2. die Periode der Lebervergrösserung mit Urobilin-
urie, etwa 1 — 1% Jahr, 3. die Periode der Leberschrumpfung
mit Aszites.
In unserem Falle handelt es sich wohl um die erste
Periode. Wir konnten im Laufe einer sechswöchigen Beob¬
achtung auf unserer Diagnose bestehen bleiben, da wir ausser
einer Verschlechterung des Blutbildes und Zunahme der Haut¬
blässe keinerlei Veränderung (Tabelle 1) beobachteten. Nur
am 4., 5. und 6. Januar zeigten sich im Harn Spuren
Tabelle 1.
Datum
Gewicht
Hämoglobin
Rote
Ge¬
samt
Polymorph¬
kernige
We
Ö
~ C
05
3^
NI
isse
05
o
.2
CG
O
w
Uebergangs-
formen
1 1
Mastzellen
Proz.
Proz.
Proz.
Proz.
Proz.
Proz.
4.
XII. 11
27
1 680 000
2600
5.
XII. 11
26 800
30
1 860 000
2200
71
29
11
XII. 11
30
2 080 000
2300
65
35
18.
XII. 11
20
2 240 000
3400
55
45
20.
XII. 11
27 400
22
4700
64
32
21.
I. 12
28 700
20
2 400 000
2700
64
32
3,0
7,0
1,0
22.
I. 12
Opera
t i o n
23.
I. 12
30
4 000 000
1.
11. 12
30
3 800 000
9.
11. 12
30
4 900 000
20.
II. 12
26 800
40
4 640 000
9100
65
28
2,5
4,5
22.
II. 12
26 800
45
4 000 000
6800
53
40
1,5
5,5
24.
II. 12
27 100
43
4 800 000
6300
47
38
3,0
10,0
2,0
27.
II. 12
40
4 000 000
9200
54
27
3,5
14,0
1,5
2.
III. 12
28 300
44
4 000 000
6400
50
45
2,0
3,0
1.
IV. 12
58
6 000 000
6700
56
34
3,0
6,0
1,0
22.
V. 12
75
4 800 000
4900
49
40
4,0
7,0
20.
VIII. 12
31000
78
4 140 000
7600
50
38
8,0
3,0
1,0
V c
n U i
o b i 1 i n
und
U r o b i
1 i n o
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h t e n. Am 1
1. Januar
verlegten wir
das
Kind nach der chirurgischen Klinik des Krankenhauses, wo
Herr Geheimrat R e h n in Bestätigung unserer Diagnose die
Milz exstirpierte.
Operationsbericht: Schrägschnitt unterhalb des 1 . Rip¬
penbogens. Nach Eröffnung des Peritoneum wird der Milztumor
sichtbar und lässt sich leicht luxieren, zumal abnorme Verwach¬
sungen nicht bestehen. Abbindung des Stiels nahe dem Hilus wie
des Ligamentums gastro-lienale. Nach Entfernung der Milz wird
die Bauchhöhle primär geschlossen. Fester Wundverband. Gewicht
der Milz 450 g exkl. des unmittelbar post exstirpationem ausgeflos¬
senen Blutes. Länge 19 cm, Breite 12 cm.
Das Kind erholte sich nach der Operation sehr sclmell, zugleich
stieg der Hämoglobingehalt und die Zahl der roten Blutkörperchen
rapide (s. Tabelle). Am 16. II. wurde es zum Stoffwechselversuch
auf unsere Klinik zurückverlegt, am 2. März mit 1,5 kg Gewichts¬
zunahme entlassen. Bei den weiteren Vorstellungen am 1. IV., 22. V.
und 20. VIII. zeigte es sich als frisches blühendes Kind, dessen Ge¬
wicht schliesslich um 4,2 kg und dessen Hämoglobingehalt auf
78 Proz. gestiegen war.
Die Wirkung der Milzexstirpation beweist allein schon die
Richtigkeit der Diagnose und nicht nur die Berechtigung, son¬
dern sogar die Notwendigkeit der Operation. Aber auch der
mikroskopische Befund (Prosektor Dr. R e i n h a r t) zeigt die
Eigentümlichkeiten der Bantimilz.
Mikroskopischer Bef und desSenckenberg-
ischen Pathologischen Institutes (Direktor:
Prof. B. Fischer).
In mikroskopischen Schnitten der Milz ist auffallend eine sich
diffus ausbreitende Vermehrung des retikulären Gewebes der Milz¬
pulpa, die stellenweise so stark ist, dass das Milzgewebe bei
schwacher Vergrösserung sehr zellarm erscheint. Das Bindegewebe
ist angeordnet in Form eines engmaschigen Netzwerks. Die Binde¬
gewebsfasern sind teils fein, teils gröber, liegen dicht zusammen und
lassen zwischen sich kleine Spalten und Lücken. Zwischen den Binde¬
gewebsfasern finden sich längliche und ovale Kerne von wenig Proto¬
plasma umgeben. In den teilweise etwas verdickten Trabekeln sind
die Bindegewebskertie länger und etwas chromatinreicher wie in
dem Pulpanetzwerk. Die Pulpasinus sind meist eng, nur einzelne
WOCHENSCHRIFT.
sind etwas weiter und mit reichlich Zellen gefüllt. Die einzelnen
Milzpulpasinus sind durch die sich dicht verflechtenden Bindegewebs¬
faserzüge getrennt und innen ausgekleidet mit teils länglichen, teils
rundlichen oder kubischen Zellen, deren Protoplasma in verschiedener
Menge entwickelt ist und deren chromatinarme, helle Kerne meist
gross, rundlich, oval oder leicht gebogen sind, ln manchem binus fin¬
det man diese Zellen als reihenförmigen Belag der bindegewebigen
Umkleidung des Sinus aufsitzen. Einzelne Sinus sind vollständig aus¬
gefüllt mit diesen Zellen. Vielfach liegen diese Zellen mit ihren
grossen hellen Kernen einzeln oder zu zweien und dreien zwischen
Bindegewebsfasern eingeschlossen. In den Pulpasinus finden sich
neben roten Blutkörperchen einkernige und gelapptkernige Leuko¬
zyten in massiger Zahl. Die letzteren finden sich auch hier und
da zwischen den Fasern des retikulären Bindegewebes. Die ro liKei
sind durchschnittlich etwas klein; einzelne derselben sind normal ge¬
baut, haben deutliches Keimzentrum, in welchem ziemlich grosse
helle Lymphoblasten erkennbar sind. Im Keimzentrum und zwischen
Lymphoblasten hier und da Mitosen in verschiedenen Stadien bei
Färbung mit Heidenhains Eisenhämatoxylin nachweisbar, ln
manchen Follikeln ist eine deutliche Verdickung der Follikelarterie
vorhanden und um dieselbe eine Vermehrung des Bindegewebs. Die
Trabekel der Milz sind meist etwas verdickt, einige sogar sehr er¬
heblich. Die im Ausstrichpräparat des Milzsaftes sehr zahlreich ge¬
fundenen Körperchen lassen sich auch im Schnitt bei Färbung nach
Q i e m s a und Heidenhain in spärlicher Zahl färben. Fs handelt
sich offenbar um Kernfragmente. .
Durch die mikroskopische Untersuchung wird
die von Banti beschriebene Fibroadenie fest¬
gestellt und dürfte dieser Befund im Zusammen¬
hang mit den klinischen Symptomen für die Dia¬
gnose einer echten Bantimilz verwendbar sein.
Der Stoffwechsel bei der Ban tischen Krankheit
wurde zuerst von Umber untersucht. Umber fand in
seinem Falle eine Stickstoffunterbilanz und er glaubte, dass der
Eiweisszerfall, für den die N-Unterbilanz der Ausdruck ist, für
die Krankheit pathognomonisch sei. Stickstoffuntersuchungen
wurden sodann von Müller3) und von Luce4) angestellt,
die beide keinen toxischen Eiweisszerfall beobachteten. In
jüngster Zeit hat Umber5) wiederum einen Versuch ver¬
öffentlicht. Die Kritik, die er an die Untersuchung der beiden
Autoren legt, ist berechtigt, denn ihre Versuchsanordnung ist
nicht exakt. Umber selber veröffentlicht gleichzeitig einen
eigenen Versuch, bei dem er wiederum Eiweisszerfall fest¬
stellte, der nach der Milzexstirpation verschwunden war. Er
fordert für einen solchen Stoffwechselversuch, dass die Ver¬
suchsperioden nicht zu kurz sind und dass keine Eiweissüber¬
fütterung statthat, durch die der Eiweisszerfall verdeckt
werden kann. — Wir haben in unserem Fall — bereits
vor der letzten Umber sehen Publikation — vor und nach
der Operation den Stoffwechsel untersucht, und zwar gingen
wir so vor, dass wir dem Kinde etwa eine Woche lang eine
leicht zu analysierende Kost verabreichten, indem wir ihm
von den einzelnen Nahrungsmitteln so viel gaben, als es mit
gutem Appetit zu sich nahm. Nur so, und nicht theoretisch,
können wir die dem Kind zukommende Nahrungsmenge be¬
stimmen. Nach dieser Zeit wurde in einer 3 tägigen Periode
Nahrung, Urin und Kot analysiert, nach den in unserem Labo¬
ratorium üblichen Methoden. Wir sind uns bewusst, dass die
3 tägige Periode kurz ist. Wir haben aber diese Anordnung
aus dem Grunde getroffen, weil es sehr schwer gelingt, einem
lOiährigen Kinde eine gleichartige Kost längere Zeit zu ver¬
abfolgen, ohne dass das Kind den Appetit verliert, und damit
ein unübersehbarer Faktor sich in den Versuch einschleicht.
Die Kost während des Versuches abzuwechseln, ist auch
misslich, da dann die Nahrungsanalysen speziell beim Fleisch
kompliziert werden und an Genauigkeit verlieren und es wohl
kaum möglich ist, in zeitlich so weit getrennten Perioden (vor
und nach der Milzexstirpation) genau dieselbe Nahrung zu
geben. Gerade dieses haben wir erreicht, wie die Tabelle
zeigt. Fleisch resp. Wurst mussten wir geben, da das Kind
danach verlangte. Dass die Verdauung in beiden Perioden
gleichmässig war, geht aus den Kotzahlen hervor: Irocken-
kot Periode I 91,1 g, Periode II 90,55 g (Tabelle 2). Wie die
Tabelle zeigt, ist von einem Eiweisszerfall nicht die Rede, es
ist nur im ganzen der Stickstoff-, Phosphorsäure- und Kalk¬
ansatz in der ersten Periode geringer als in der zweiten, d. h.
durch die Operation hat sich nicht nur das Allgemeinbefinden
Tabelle 2.
Ausgaben :
Einnahmen:
Versuch No. I: 7. — 9- I- 12
N.
p205 ;
CaO
N.
P2O5
CaO
4500 ccm Milch
180 g Zucker
150 g Reis
60 g Griess
90 g Kakao
180 g Wurst
4'20 g Weissbrot
30 g Butter
30 g Mondamin
30 g Fleischextrakt (Liebig)
2200 ccm Leitungswasser
9 g Zimmt
>4,8400
1,5540
1,0920
2,7720
5,7960
6,1152
0,0252
2,7888
9.39601
0,4770
0,2438
1,6443
0,8784
1,2264
0,9504
8,2530
0.1080
0,0954
0,0216
0,1723
Gesamtnahrung:
44,9832 14,8163
8,6503
Ausgaben : a) Urin
b) Kot
30,8035
5,3060
6,4738 0,1960
5,9370; 7,3510
36,1095|12,41< 8
7,5470
Kaloriengehalt der Nahrung:
2364 pro die
Bilanz
+
8,8737
2,4055
1,1033
Versuch No. II.: 20.— 22.11.12
4500 ccm Milch
180 g Zucker
150 g Reis
60 g Griess
90 g Kakao
180 g Wurst
420 g Weissbrot
30 g Butter
30 g Mondamin
30 g Fleischextrakt
9 g Zimmt
1600 g Leitungswasser
1
26,0550
1,5540
1,0920
2,7720
4,6872
6,1152
0,0252
2,7888
10,7550
0,4770
0,2438
1,6443
0,6400
1,2264
0,9504
^ 8,8580
0,1080
0,0954
0,0216
0,1253
Gesamtnahrung :
45,0891
.|l5,936f
>| 9,2083
Ausgaben: a) Urin
b) Kot
26,4997
4.767C
6,976(
4.707(
) 0,227t
) 6,528(
)
t
31,266r
|ll.6830| 6,755(
)
Kaloriengehalt der Nahrung:
2364 pro die
B
1 a n.z
+
13,822t
> 4,253t
1 2,4533
3) Müller: Münch, mecl. Wochenschr.
’•) Luce: Med. Klinik 1910, No. 14.
5) Umber: 1. c.
1909, No. 45.
und das Hämoglobin gehoben, sondern auch der Umsatz und
Anwuchs der genannten wichtigen Körperbestandteile. Der
Quotient der angesetzten P2O5 : N beträgt in Periode I 1 : 3,62,
in Periode II 1 : 3,28; demnach ist der Phosphorsäureansatz
vor der Operation in demselben Grade verringert wie der
Stickstoffansatz, d. h. es sind wahrscheinlich nicht bestimmte
Eiweisskörper (z. B. Nukleine) weniger als andere durch die
Exstirpation in ihrem Ansatz gefördert worden, sondern der
Gesamteiweissumsatz hat sich gehoben.
Wie erklärt sich nun das Verhalten des Eiweissstoff¬
wechsels bei unserer Patientin- gegenüber den Beobachtungen
Umbers? Wir glauben, dass Umbers Fall wesentlich
vorgeschrittener war (starke Urobilinurie) als unserer mit
fehlender Urobilinurie, und dass der toxische Eiweisszerfall
eine Eigentümlichkeit erst des zweiten Stadiums der Krank¬
heit ist und bedingt wird durch die Leberschädigung (vergl.
Phosphorvergiftung). Es ist also auch dieser Befund, dass irn
ersten Stadium des Milztumors der toxische Eiweisszerfall
fehlt, während er im zweiten Stadium der Lebei Schädigung
auftritt, ein weiterer Beweis dafür, dass die Erkran¬
kung der Milz das primäre und essentielle,
die Lebererkrankung aber ein sekundäres
Symptom der Bantischen Erkrankung ist.
Radfahren unter aktiver Beteiligung eines Beines mit
steifem Kniegelenk.
Von Oberstabsarzt a. D. Dr. Harmsen.
Vor einer Reihe von Jahren las ich, dass ein Patient
der Ciiessener chirurgischen Klinik, mit ankylotischem Knie¬
gelenk entlassen, später das Radfahren wieder ausgeübt hätte,
das kranke Bein ruhte dabei völlig und die Fortbewegung
geschah nur durch das Treten des gesunden Beines.
4. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
79
Diese Mitteilung wurde für mich, der ich seit 14 Jahren ein
nkylotisches linkes Kniegelenk habe, unter anderem mit zur Ver¬
fassung, vor nunmehr 7 Jahren das Radfahren zu versuchen und zu
rlernen. Ich liess mir für den linken Fuss eine feste „Rast“ an¬
ringen, nachdem die linke Kurbel mit dem Pedal von dem Rade
bgenommen war. Des leichteren Ansteigens wegen fuhr ich ein
lamcnrad. — In etwa 8 Tagen war ich soweit, dass ich mich ohne
iefahr auf die Strasse wagen konnte. 4 Jahre benützte ich so das
ad ohne Freilauf und Rücktrittbremse. Da ich nach meinem
cheiden aus dem aktiven Dienst vor 3 Jahren bei Ausübung meiner
raxis täglich stundenlang das Rad benützen musste und hierbei das
ehlen von Freilauf und Rücktrittbremse sehr entbehrte, so liess ich
lir, um den Freilauf anwenden zu können, am rechten Pedal einen
•ügel anbringen, mittelst dessen ich die heruntergetretene Kurbel
Jeder anheben konnte, die ja nicht, wie sonst, durch Niedertreten
er anderen Kurbel gehoben wurde. Ferner liess ich mir doppelte
ebersetzung einrichten, so dass ich bei schlechtem Pflaster, bei
arkem Gegenwinde und beim Bergauffahren die schwächere, bei
uten ebenen Wegen nach Belieben die stärkere Uebersetzung be-
itzen konnte. Es blieb aber immer mein Wunsch, die mir gebliebene,
n etwa 2/s verminderte Beweglichkeit im linken Fussgelenk noch
ir die Fortbewegung des Rades mit ausnützen zu können. Mehr-
xhe Unterredungen mit Technikern darüber waren schon ergeb-
slos verlaufen. Jetzt endlich bin ich zum Ziele gelangt. Ich erfuhr,
iss hier schon seit einigen Jahren ein anderer Radfahrer mit steifem
nie eine Vorrichtung benützt, die auf Anregung der hiesigen Firma
tork von der Fahrradfabrik Goedecke zuerst angefertigt ist.
ieine, nach meiner Angabe etwas veränderte und mit Kugellager
ersehene Kurbel ist von den W a n d e r e r - Fahrradwerken ge¬
ifert. Die Vorrichtung ist. soviel ich weiss, noch nicht beschrieben,
id ich möchte sie der Aerztewelt bekannt geben; denn es ist viel-
icht noch mancher Patient in der Lage, dass er durch ihre Be¬
nützung sich das Radfahren mit
einem steifen Beine ermöglichen
oder erleichtern kann.
Die Vorrichtung ist im
Prinzip ganz einfach. Es ist
nur die linke Kurbel in 2 Glie¬
der geteilt. Während die rechte
Kurbel 18 cm lang ist, sind die
Glieder der linken Kurbel, das
zentrale 6,5 cm, das periphere
10 cm lang. Das zentrale Glied
ist dabei so eingerichtet, dass
das periphere in ihm verstellt
werden kann, wodurch das zen¬
trale Glied bis zu 2 cm ver¬
längert werden kann. Fig. 1 gibt
eine Skizze dieser linken Kurbel.
Während sich beim Treten das zentrale Glied um die Kurbel¬
te 0 dreht, hängt das periphere Glied stets senkrecht herab. An
m ist das Pedal befestigt. Aus der Fig. 2 wird ersichtlich, dass
hierdurch folgen¬
Fig. 1. Skizze der linken Kurbel.
des erreicht wird:
0a, Ob, 0c sind ver¬
schiedene Stel¬
lungen des zen¬
tralen Gliedes der
Kurbel bei seiner
Drehung um die
Achse 0. aai, bbi,
cci bezeichnen das
herabhängende
periphere Kurbel¬
glied. Die Be¬
wegung des Pedals
geschieht also so,
als ob sich eine
Kurbel Oiai um den
10 cm vertikal un¬
ter 0 befindlichen
Punkt 0t drehte.
Der Fuss des stei¬
fen Beines be¬
schreibt also die
durch den Kreis 0i
dargestellte Bewe¬
gung, während der
gesunde Fuss den
;°ssen Kreis 0 beschreibt. Dieser kleine Kreis 0i hat einen Durch-
.'sser von 13 cm. Es bedarf ausser der Auf- und Niederbewegung
r Fussspitze und geringer Vor- und Rückwärtsbewegung des
nzen Beines nur geringer Hebung und Senkung des Beckens, um
t dem Fuss diese Kreisbewegung auszuführen. Die Hauptwirkung
im Niedertreten entsteht, während der Fuss sich von ai nach ci
Uu/t. Trotz des verhältnismässig kurzen Hebels 0a, Ob, 0c ist
Wirkung auf die Fortbewegung doch recht erheblich, weil beim
-derdrücken mit dem steifen Bein das Körpergewicht zum grossen
Oie mitdrückt. So ist es mir mit dieser Vorrichtung möglich, ohne
erhebliche Anstrengung bedeutende Steigungen zu überwinden, die
ich ohne ihre Hilfe früher mit dem besten Willen nicht hätte nehmen
können. — Bessert sich durch die Uebung die Beweglichkeit des
Fussgelenkes, so kann das zentrale Kurbelglied allmählich verlängert
werden. Dadurch wird die Hebelwirkung beim Niederdrücken ent¬
sprechend vergrössert.
Zur Vermeidung unnötiger Reibung und zu rascher Abnützung
ist das Gelenk zwischen den beiden Kurbelgliedern mit einem Kugel¬
lager versehen.
Kritisches zur Verkürzung der Knochenleitung bei
normalem Gehör.
Von Privatdozent Dr. Herzog, I. Assistenten der Klinik.
(Schluss.)
Etwas reicher sind unsere Erfahrungen über die zweite von uns
gestellte Forderung. Sie beruhen auf den Nachuntersuchungen Un¬
fallsverletzter in den letzten 3 Jahren und bilden den eigentlichen An-
stoss zur Erörterung der ganzen Frage.
Auf eine ausführliche Wiedergabe der uns vorgelegten
Krankengeschichten können wir verzichten, da die Einzelbefunde
eine, man kann wohl sagen schematische, Gleichheit aufweisen.
Die Sachlage ist etwa folgende; Mehr oder weniger schwerer
Unfall (häufig Kopftraumen); im Anschluss daran Ent¬
wicklung des Bildes einer traumatischen Neurose; der Unfalls¬
patient wird in der Regel wiederholt begutachtet von Ver¬
trauensärzten der Gesellschaften, Oberärzten in Krankenhäusern
und Universitätsinstituten. In der Beurteilung der Unfallsfolgen
— Mangel objektiv nachweisbarer Symptome — stimmen die
sämtlichen Untersucher überein. Schliesslich erfolgt die Einholung
eines ohrenärztlichen Gutachtens. Die Diagnose „traumatische Neu¬
rose“ fällt; aus der Verkürzung der Knochenleitung wird auf eine
Verwachsung der Hirnhaut mit dem Knochen geschlossen und damit
fiir die Beschwerden des Untersuchten eine reelle, organische Basis
geschaffen.
Die Resultate unserer Nachuntersuchungen von derartigen Pa¬
tienten lassen sich in 2 Gruppen teilen.
In einer ganzen Reihe von Fällen war der funktionelle Befund
einschliesslich der Knochenleitung vollkommen normal. (Dabei
möchten wir betonen, dass die Untersuchungen insbesondere die
Prüfung der Knochenleitungsdauer in jedem Falle wiederholt und
von verschiedenen Untersuchern im Laufe mehrerer Tage vor¬
genommen werden; die Patienten wurden zum Zwecke der Begut¬
achtung in die klinische Abteilung aufgenommen.)
Die früher f e s t g e s t e 1 1 1 e Verkürzung der
Knochenleitung war also verschwunden. Wenn wir
vorerst nach einer Erklärung dieser Tatsache suchen, so könnten
vielleicht folgende Ueberlegungen massgebend sein: Das Kopftrauma
setzt ein extradurales oder subdurales Hämatom. Das dicke unter
der Dura oder dem Knochen liegende Blutpolster ändert plausibler
Weise die normalen Leitungsbedingungen. Im Laufe der Zeit wird
das Hämatom organisiert, an Stelle der dicken Auflagerung tritt eine
dünne, straffe Narbe, welche die normale Schwingungsfähigkeit des
Knochens nicht oder unwesentlich beeinflusst.
Bei dieser Annahme wäre es wohl verständlich, dass zu ver¬
schiedenen Zeiten ausgeführte Untersuchungen verschiedene Resul¬
tate ergeben. Allerdings ist hierbei vorausgesetzt, dass die erste
Untersuchung unmittelbar oder wenigstens kurze Zeit nach dem
Unfall erfolgt ist.
In praxi und vor allem in den uns hier beschäftigenden Fällen
liegen aber die Verhältnisse wesentlich anders. Nur ganz aus¬
nahmsweise kommen Unfallspatienten, wenn sie nicht eine Beein¬
trächtigung ihres Hörvermögens als Unfallfolge bezeichnen, zur so¬
fortigen spezialärztlichen Untersuchung. Erst nach Jahr und Tag.
wenn die Klagen über Kopfschmerzen, Schwindel usw. nicht ver¬
stummen, wird gelegentlich ein Otiater zur Begutachtung beigezogen.
Hiefür 2 Beispiele:
1. K r„ 26 Jahre, Förderer. Unfall am 13. X. 08. Stein¬
platte auf den Kopf gefallen.
I. Untersuchung, 2. XI. 09: Keine objektiven Symptome.
II. Untersuchung, 19. I. 10: Keine objektiven Symptome (Glaub¬
würdigkeit bezweifelt!).
III. Untersuchung, 19. II. 10: Keine objektiven Symptome
(nervöser Kopfschmerz nach Schädeltrauma: neuropathische Natur;
Unfall rein anatomisch betrachtet völlig belanglos).
IV. Untersuchung, 13. IV. 10: Keine objektiven Symptome;
ophthalmoskopisch nichts Positives für den Unfall.
V. Untersuchung, 11. VIII. 10: Steigerung der Reflexe; Augen¬
hintergrund stärkere Füllung der Venen, Hyperämie der Papille.
a) Ohrenärztliches Gutachten: Die Untersuchung
mit dem Ohrenspiegel ergab beiderseits normalen Trommelfell¬
befund. Die Hörweite für Flüstersprache beträgt beiderseits 10 m
und mehr, ist sonach normal. Die funktionelle Prüfung mit der kon¬
tinuierlichen Tonreihe zeigt völlig normalen Ohrbefund, nur die
Knochenleitung des Schädels ist
80
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
f ii r die a1 - S t i m m g a b e 1 um 7 S e künden,
für die A-Stimmgabel um 32 Sekunden
verkürzt gegen die normale.
Diagnose: Normaler Ohrbefund mit Verkür¬
zung der Knochenleitung — Verwachsung der
harten Hirnhaut mit dem Knochen.
VI. Untersuchung. 25. II. 11: Keine objektiven Symptome.
b) Ohren ärztlich es Gutachten (anderwärts unter¬
sucht): Trommelfell beiderseits normal.
Hörweite für Flüstersprache beiderseits 9 m und mehr. Untere
Tongrenze normal; obere Tongrenze unwesentlich eingeengt.
Stimmgabel a 1 vom Scheitel um 3 Sekunden,
,, C ,, „ >i 4 »
gegenüber dem Normalen verkürzt.
Diagnose: Es lässt sich also heute bei wieder¬
holt vorgenommener Prüfung nur eine ganz un¬
wesentliche13) Verkürzung der Knochenleitung
konstatieren
VII. Untersuchung, 29. IV. 11: Keine objektiven Symptome.
c) Ohrenärztliches Gutachten (Universitäts-Ohrenklinik): Nor¬
maler Ohrbefund (Hör- und Gleichgewichtsorgan).
Zusammenfassung: Die einzelnen Prüfungen
wurden wiederholt und von verschiedenen Unter-
Suchern ausgeführt, insbesondere die Kopf¬
knochenleitung für a1 und A von den verschieden¬
sten Stellen des Kopfes aus (Scheitelhöhe, Mitte
des Scheitelbeins, Hinterhauptbein) geprüft.
Diese wiederholten Prüfungen er gaben imm er
dasselbe Resultat, nämlich unwesentliche (3—5 S e -
künden) oder keine Verkürzung der Knochen¬
leitung.
Diagnose: Normaler Befund.
2. St., 27 Jahre, Schlepper. Unfall 12. VII. 1907; durch
ein Steinstück auf den Kopf getroffen.
I. Untersuchung, 12. XI. 07: Kein objektiver Befund.
II. Untersuchung, 10. VIII. 08: Kein objektiver Befund.
III. Untersuchung, 20. VII. 09: Kein objektiver Befund; Unfalls¬
hypochonder.
IV. Untersuchung, 19. IV. 10: Keine objektiven Symptome.
V. Untersuchung, 11. VIII. 10: Stärkere Füllung der Venen im
Augenhintergrund; Hyperämie der Papille.
a) Ohrenärztliches Gutachten: Die funktionelle
Prüfung mit Hilfe der kontinuierlichen Tonreihe ergab neben völlig
normalem Befunde eine Verkürzung der Knochen-
1 e i t u n g des Schädels
für die a1 - S t i m m g a b e 1 um 5 Sekunden,
für die A-Stimmgabel um 45 Sekunden.
Diagnose: Normaler Ohrbefund mit Verkür¬
zung der Knochenleitung — - Verwachsung der
harten Hirnhaut mit dem Knochen.
VI. Untersuchung, 14. I. 12: Kein objektiver Befund.
b) Ohrenärztliches Gutachten (anderwärts untersucht) :
Normaler Ohrbefund.
Die Stimmgabel a1 vom Scheitel um 6 Sekunden, die
Stimmgabel A vom Scheitel nicht verkürzt (bei wieder¬
hol t e r P r ü f u n gl).
VII. Untersuchung, 4. VI. 12: Keine objektiven Symptome.
c) Ohrenärztliches Gutachten (Universitäts-Ohrenklinik):
Normaler Ohrbefund (Hör- und Gleichgewichts¬
organ). , . ,
K n o c li e n 1 e i t u n g vom Scheitel i u r a und A n o 1 -
mal (wiederholte Prüfung!).
Epikrise: Zwei jugendliche Männer erleiden je ein Kopf¬
trauma. Wiederholte eingehende Untersuchungen ergeben keine
anatomisch nachweisbaren Veränderungen, bis diese aus einer Ver¬
kürzung der Knochenleitung vom Scheitel angenommen werden; bei
dem einen Patienten 2 Jahre, bei dem anderen 3 Jahre nach
dem Unfall. In beiden Fällen finden Nachuntersuchungen von
ohrenärztlicher Seite statt und zwar erstmals 6 Monate bzw.
16 Monate nach Feststellung der Knochenleitungsverkürzung und
zum zweiten Male nach Ablauf weiterer 4 bzw. 6 Monate. Bei den
Nachuntersuchungen konnte keinerlei (oder keine
wesentliche) Verkürzung festgestellt werden.
Wir haben diese beiden Beispiele gewählt, weil hier bereits
vor uns von dritter Seite ein negatives Resultat
festgestellt wurde, das sich mit unserem eigenen Be¬
funde deckt.
Lässt es sich erklären, dass eine auf traumatischer Basis ent¬
standene Verwachsung der Dura mater mit dem Knochen noch
2 Jahre nach dem Trauma eine ganz enorme Aenderung der Schädel¬
knochenleitung bedingt (32 Sekunden), um nach weiteren 6 Monaten
auf dieselben Schwingungen völlig normal zu reagieren? Wir
wissen keine Antwort auf diese Frage. Die beiden Unfallspatienten
sind heute vollwertig in ihrem Berufe tätig, wie uns auf Erkundigung
versichert wird.
13) Noch in den Grenzen der unvermeidlichen Fehlerquellen
liegende (Der Referent).
Von einem Verschwinden der Knochenleitungs Verkürzung nach
Schädeltrauma berichtet auch Hegetsch weiler (1. c.). Fs
handelte sich um eine schwere Verletzung des knöchernen Schädels
mit blossliegender Dura und osteoplastische Deckung des Defektes.
Der Fall lässt sich also nicht ohne weiteres mit den hier angeführten
Beispielen in Parallele setzen; ausserdem wurde lediglich mit der
Stimmgabel a1 geprüft.
Wichtiger als die erste Gruppe unserer Resultate scheint uns
die zweite zu sein. Bei diesen Patienten konnten wir wohl die Dia¬
gnose Verkürzung der Knochenleitung bestätigen, daneben aber war
eine mehr oder weniger schwere Labyrinthläsion zu konstatieren,
deren gegenseitige Beziehung eingangs erörtert wurde.
Auch hiefiir einige Proben:
I.L., 60 Jahre, Taglöhner aus München. Unfall: 16. III. 1910.
Fallen eines Brettes auf das Genick, den Hinterkopf streifend; Unter -
brechung der Arbeit am 22. III.
I. Begutachtung am 13. V.: Pat. macht den Eindruck eines
schweren traumatischen Neurasthenikers.
II. Begutachtung am 15. V.: Pat. macht den Eindruck eines
typischen Unfallneurasthenikers.
b) Ohrenärztliches Gutachten am 8. Juli 1910: Trommelfell beider¬
seits diffus getrübt, rechts reflexlos, links dreieckiger Reflex, punkt¬
förmig.
Hörweite für Flüstersprache beiderseits 10 m und mehr. Die
funktionelle Prüfung mit der kontinuierlichen Tonreihe ergibt völlig
normalen Ohrbefund, nur die Knochenleitung des Schädels ist für
die a1 - Stimmgabel um 6 Sekunden, für die A-Stimm-
g a b e 1 um 55 Sekunden gegenüber der normalen verkürzt.
Diagnose: Normaler Ohrbefund mit Verkür¬
zung der Knochenleitung — Verwachsung der
harten Hirnhaut mit dem Knochen.
b) Nachuntersuchung in der
20. II. 12: Trommelfell rechts
hinterer Falte.
Rhinitis chronica beiderseits, Crista septi links.
Hörweite für Fliistersprache rechts 1 m „7", links 2 — 3 m ..
Untere Tongrenze rechts E — 1, links G — 2 (normal C — 2).
Obere Tongrenze im Galtonpfeifchen rechts 1,5, links 1,5 (nor¬
mal 0,5). .1
R i n n e scher Versuch mit a1 rechts +7, links +10 (normal +30)
Die schwingende Stimmgabel a1 auf den Scheitel des Unter¬
suchten gesetzt, wird in beiden Ohren gleich stark und um 5—6 Sc
künden kürzer gehört als vom Untersuchenden.
Die schwingende Stimmgabel A auf den Scheitel des Unter
suchten gesetzt, wird in beiden Ohren gleich stark und um 10 — 12 S e
künden kürzer gehört als vom Untersuchenden.
c in Luftleitung rechts 10 Sek., links 20 Sek. (normal 65 Sek.
c vom Warzenfortsatz (Knochenleitung) rechts 8 Sek., link
8 Sek. (normal 20 Sek.).
c4 in Luftleitung rechts 20 Sek., links 20 Sek. (normal 70 Sek.
Die Prüfung des Drehnystagmus, kalorischen und galvanische
Nystagmus zeigt keine Abweichung von der Norm.
Diagnose: Erkrankung des inneren Ohre
(labyrinthäre Schwerhörigkeit) beiderseits.
Kgl. Universitäts-Ohrenklinik am
reflexlos, beiderseits Andeutung
,6“
2. D., 32 J ah r e, Schmied aus Lechhausen. Unfall: 26. IV. 191 ;
Verletzung durch einen herabfallenden Federhammer; Schade
Verletzung; Gehirnerschütterung.
a) Ohrenärztliches Gutachten am 30. Juli 1911: Trommeln
beiderseits normal.
Hörweite für Fliistersprache beiderseits 8 m und mehr, auch d
Zahl „100“ wird gehört, ist somit normal.
Die funktionelle Prüfung mit der kontinuierlichen Tonreil
ergibt beiderseits normalen Ohrbefund, nur die Leitung de
Schädelknochens ist
für die a1 - S t i m m g a b c 1 um 4 Sekunden,
für die A-Stimmgabel um 10 Sekunden
gegen die normale verkürzt. i
Diagnose: Verkürzung der Knochenleitu +
bei normalem Ohrbefund — Verwachsungen dt;
harten Hirnhaut mit dem Schädeldache.
b) Nachuntersuchung in der Kgl. Universitäts-Ohrenklinik af
5. IX. 12: Trommelfell beiderseits normal. I
Hörweite für Flüstersprache rechts 15 cm (die Zahl „100
links 7 — 8 m (die Zahl „7“). ^ I
Untere Tongrenze rechts C — 2, links C — 2 (normal C — 2). I
Obere Tongrenze im Galtonpfeifchen rechts 0,4, links 0,4 (nt
mal 0,3). 1. 1
Rinne scher Versuch mit a1 rechts +30, links +21, (n»
mal +30).
Die schwingende Stimmgabel a1 auf den Scheitel des Um
suchten gesetzt, wird in beiden Ohren gleich gut und um 5 S
künden kürzer gehört als vom Untersuchenden.
Die schwingende Stimmgabel A auf den Scheitel des Unt
suchten gesetzt, wird in beiden Ohren gleich gut und um 6—7 Sjj
künden kürzer gehört als vom Untersuchenden.
c in Luftleitung rechts 75 Sek., links 75 Sek. (normal 75 Se-
14. Januar 1912. . . MÜENCHEMR MMDtZINfSC^m WOCHENSCHRIFT'.
c vom Warzenfortsatz (Knoelicnleituiig) rechts 20 Sek., links
20 Sek. (normal 20 Sek.).
c* in Luftleitung rechts 40 Sek., links 35 Sek. (normal 50 Sek.).
nci I r ii f u n g des kalorischen Nystagmus er-
weist sich der linke Vestibularapparat absolut
i e u k t i o n s I o s. (Per Drehnystagmus und der galvanische
Nystagmus zeigen keine wesentlichen Unterschiede zwischen rechts
und links.)
Diagnose : Erkrankung des inneren Ohres
(Iabyrinthäre Schwerhörigkeit) linkerseits; völ¬
lige Unerregbarkeit des Vestibularapparates
linkerseits.
Epikiise. Während in dem ersten Falle die Erkrankung des
Gehörorganes durch die starke Herabsetzung des Gehörs für Flüster-
sprache unverkennbar ist, liegen im zweiten Falle die Verhältnisse
etwas komplizierter. Das Sprachgehör ist noch sehr gut die
Zani .,7 wird auf 7 8 m verstanden, die Zahl „100“ sogar noch
1—- m weiter gehört; die Tongrenzen zeigen normale Werte Be¬
gnügt man sich mit diesen Prüfungen, so steht der Diagnose „nor¬
males Gehör nichts im Wege. Diese Beurteilung ändert sich sofort
mit dei Prüfung der Hördauer für hohe Töne; c4 ist entsprechend
der Schädigung des Sprachgehörs für hoch liegende Zahlworte („7“)
herabgesetzt. In besonderer Weise wird die Labyrinthschädigung
aber weiterhin beleuchtet durch die Prüfung des Vestibularapparates:
die kalorische Reaktion — ein rein physikalisches Experiment, das
unbeeinflussbar vom Willen des Untersuchten verläuft — fehlt linker-
seits, d. h. der Vorhof-Bogengangapparat ist praktisch ausser
runktion gesetzt. Die Labyrintherkrankung erstreckte sich also hier
auf die beiden im inneren Ohre vereinigten Sinnesfunktionen; er¬
heblich schwerer als der Hörsinn (Nervus cochlearis) war der Gleich¬
gewichtssinn (Nervus vestibularis) erkrankt, ein im allgemeinen
seltener Befund.
Die hier vorliegende Kombination ist so recht geeignet, einer¬
seits die Berechtigung unserer Einwände zu illustrieren, dann aber
auch die Notwendigkeit einer umfassenden Labyrinthprüfung klar
zu legen. So selbstverständlich es erscheint, über den Zustand eines
Gehörorganes erst dann ein Urteil zu fällen, wenn die beiden
Sinnesfunktionen geprüft sind, so regelmässig vermissten wir in den
spezialärztlichen Gutachten die Exploration des gleichgewichts-
regulierenden Apparates und dies noch dazu bei Patienten von denen
die überwiegende Anzahl über Schwindelgefühl klagt!
Für das Einsetzen erheblicher labyrinthärer Schwer¬
hörigkeit kürzere oder längere Zeit nach einem Unfall, wie in
dem ersten der beiden eben angeführten Beispiele, könnten wir
weitere Belege bringen. Um so auffallender muss die Tat¬
sache erscheinen, dass vorher normales Gehör oder, richtiger
atisged rückt, sehr gutes Gehör mit Verkürzung, der Knochen-
leitung gefunden wurde. Bringt man Trauma und labyrin-
thäre Schwerhörigkeit in ursächlichen Zusammenhang (Laby¬
rintherschütterung mit sekundärer Degeneration des Sinnes¬
epithels) — und nicht selten erscheint nach der ganzen Sach¬
lage diese Möglichkeit unbestreitbar — , so bleibt konse¬
quenterweise nur die Folgerung: Die Verkürzung der
Knochenleitung nach Schädeltraumen ist ein
Früh Symptom der Erkrankung des inneren
Ohres; sie kann ausgesprochen sein, bevor
loch die Hörweite unter das gewöhnliche
Prüfungsmass sinkt (8—9 m).
Die Beobachtung, dass Wochen und Monate nach dem
ingeschuldeten Trauma plötzlich eine rasch zunehmende
^abyrinthschwerhörigkeit sich entwickelt, verdient unser
vollstes Interesse. Ihrer praktischen Bedeutung halber kann
ler Wert möglichst frühzeitiger spezialärztlicher Untersuchung
• on Unfallspatienten den Versicherungsgesellschaften und
Jeren Vertrauensärzten nicht eindringlichst genug betont
verden.
Wir sind fest überzeugt, dass gewissenhafte Unter¬
suchungen von reichem Material noch manches Rätsel in der
Tage der Knochenleitung lösen werden. Wie weit wir davon
ntfernt sind, hierin heute Normen aufstellen zu dürfen, lehren
iie wiederholten, mit dem ganzen Rüstzeug moderner Technik
ingestellten Versuche, Einblick in die komplizierten Leitungs-
’orgänge zu bekommen14); das lehren auch unsere Er-
ahrungen, dass eine vorhandene Verkürzung der Leitung ein-
nal nach kurzer Zeit verschwinden, das andere Mal der Aus-
Iruck einer beginnenden Labyrintherkrankung sein kann. Im
ihrigen erscheint es überhaupt im höchsten Masse unwahr-
cheinlich, dass Erkrankungen des Schädels, gleichgültig, ob sie
14) Siehe Frey: Zeitschr. f. Psychologie und Physiologie der
innesorgane, Bd. 28 u. Bd. 33.
No. 2.
8 f
an der knöchernen Kapsel oder in den Häuten des Gehirns
oder tief im Zerebrum selbst sitzen, immer und allezeit die
bchalleitung verkürzen sollten.
Ist es nicht viel natürlicher, dass je nach dem Sitz und
, !. ües Krankheitsherdes eine Aenderung der physi¬
kalischen Bedingungen einmal mit Verschiebung nach der
positiven, einmal nach der negativen Seite eintritt, mit anderen
V orten, dass da eine Schwächung des Schall-
abflusses und dort eine Verstärkung resul¬
tiert?
Einen Beleg fiii diese Voraussetzung sehen wir in den an¬
geführten Fällen, wo der Stimmgabelton über dem Defekt
stärker und^ länger gehört wurde im Vergleich zur Prüfung
über dem Scheitel des Patienten und eines Normalhörenden.
Diese Beobachtungen stehen keineswegs vereinzelt da. In
der P h 1 e p s sehen Untersuchungsreihe war unter 20 Fällen
9 mal die Schallintensität herabgesetzt, 10 mal verstärkt bei
Auskultation über dem sichtbaren (Narben, Defekte) oder ver¬
muteten Herde; in einem Fall schlug nach der Operation (Ent¬
fernung einer Knochenimpression) der Befund um: vorher Ab¬
schwächung, nachher Verstärkung.
Die Feststellungen Phleps verdienen eine besondere
Beachtung, da sie grösstenteils durch operative Eröffnung des
Schädels oder durch die Autopsie kontrolliert sind. Seine Er¬
gebnisse fasst Phleps folgendermassen zusammen: „Ein
Lauterwerden des fortgepflanzten Stimmgabeltones findet sich
überall da, wo das Kranium den Ton weniger dämpft. Sowohl
die experimentellen Versuche als die pathologischen Fälle
zeigen, dass der Ton um so lauter gehört wird, je näher an
dci Dura resp. am Gehirn auskultiert wird. In pathologischen
Fällen kommt dies zum Ausdruck bei inniger Verlötung oder
Verwachsung der Dura mit dem Kranium, bei Auflockerung
dci normalen Dichte des knöchernen Schädeldaches durch
Tumoren und bei Verdünnung desselben. Eine Herabsetzung
dei Schallintensität wurde bewirkt durch gegenteilige Ver¬
hältnisse, also Verdickung des Kraniums ohne gleichzeitige
Vei wachsung mit der Dura, gleichgültig, ob die Verdickung
duich periostale Schwellung oder durch Verdickung des
Knochens selbst zustande kam. Dasselbe gilt für die gleich¬
bleibende Dicke des Knochens unter blosser erheblicher Ver¬
dichtung desselben. Weiter bei Tumoren an der Hirnober¬
fläche ohne Usur oder Verdünnung des Knochens, sowie bei
Verwachsung von Dura und Schädel. Dann noch bei Ver¬
engung des Ventrikellumens, sowie bei Tumoren in der Tiefe
des Marklagers.“
Wir führen dieses Resume an, nicht um unserer Einzel¬
beobachtung ein besonderes Gewand zu geben, sondern ledig¬
lich um zu zeigen, dass bereits ein ganz ansehnliches und mit
vorbildlicher Sorgfalt untersuchtes Material vorliegt, das zu
wesentlich anderen Schlüssen kommt, als das zur Diskussion
stehende, zu Folgerungen, die vor allem theoretischer Voraus¬
setzung und klinischer Beurteilung gerechter werden.
Wenn Hasslauer15) und neuerdings auch Wan -
11 e r )") die Resultate von Phleps, Murawiew und
Bechterew als Beispiele für die Brauchbarkeit der von
ihnen geübten Methode anführen, so scheint diesen beiden
Autoren die Differenz der Untersuchungsergebnisse gar nicht
zum Bewusstsein gekommen zu sein.
Nach seinen neueren Ausführungen hat Wanner offen¬
bar die bisherige Methode verlassen und ist zur Auskultation,
also zur objektiven Untersuchung übergegangen. Auch diese
stellt noch kein festes Gebäude dar, wie wir uns in letzter Zeit
wiederholt überzeugen konnten; eine Reihe von Fehlerquellen
lässt Irrtümer und Täuschungen zu; Aufgabe sorgfältiger Be¬
obachtung und nüchterner Kritik wird es sein, diese zu über¬
winden. —
In Zusammenfassung unserer Betrachtungen ergibt sich:
Der Symptomenkomplex „V erkürzung der
Knochenleitung bei normalem Gehör“ ist we¬
der pathologisch-anatomisch noch klinisch
g e n ti g e n d begründet.
15) Hasslauer: 1. c.
') Wanner: Sitzungsberichte der Laryngo-otologisclien Ge¬
sellschaft München 1912.
4
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
82
Verkürzung der Knochen leitungsdauer
vo in Scheitel (für tiefe Stimmgabeln: A) mag
nach Schädeltrau m e n v orko in men. Bei ihre r
diagnostischen Verwertung für intrakrani¬
elle Erkrankungen, insbesondere in Fällen
mit mangelnden objektiven Symptomen des
Zentralnervensystems, ist äusserste Vor¬
sicht geboten,
da derartige Verkürzungen der Leitungs¬
dauer nach kürzerer oder längerer Zeit voll¬
kommen verschwinden können, so dass nor-
male Knochenleitung nachweisbar ist;
da die Verkürzung der Knochenleitung ein
Früh Symptom einer Erkrankung des inneren
Ohres (labyrinthäre Schwerhörigkeit) dar¬
stellen kann.
Fürst Alexander von Hohenlohe, ein Vorläufer der
Christian Science.
Von Dr. Julian M a r c u s e.
(Schluss.)
Die Heilungen Hohenlohes riefen, wie leicht begreiflich, eine
Sturmflut von literarischen Erzeugnissen, von Streitschriften pro
und contra hervor; abgesehen von zahllosen Artikeln in politischen
Zeitungen und Zeitschriften die sich mit ihm und seinen Heilversuchen
beschäftigten, erschienen nahezu 50 Druckschriften von grösserem
oder geringerem Umfang, von denen ein Teil unter „Anerkennung
seiner Kraft von oben“ oder unter Annahme eines natürlichen
„magneto-sympathischen Heilverfahrens“ für die Tatsächlichkeit der
Heilungen eintrat, während der andere Teil gegen Hohenlohe Stel¬
lung nahm. Bevor wir dieselben in kurzer Wiedergabe zu würdigen
versuchen werden, sei noch auf das eingangs erwähnte, von seiner
Hand verfasste „Mirakelbüchlein“ aufmerksam gemacht, welches
die Gebete enthielt, in denen bei der Fernbehandlung Patient und
Gesundbeter sich vereinigen sollten. Es hatte den Titel „Andacht,
welche in allerlei Leiden, Drangsalen, Krankheiten und Nöten der
Seele und des Leibes nach abgelegter würdiger Beichte und emp¬
fangener hl. Kommunion in dem festen Vertrauen auf die Kraft des
Namens Jesu, in dessen Namen einzig und allein unser Heil zu finden
ist, heilsamst geübt werden kann“. Das Gebet selbst, das er bei
seinen Heilversuchen sprach, das noch handschriftlich erhalten ist,
hatte folgenden Wortlaut: „0 Gott, der Du die Herzen der Gläubigen
regierst, wirke in dieser heiligen Stunde und zeige an diesem
Deinem Diener Deine Macht und Heiligkeit. Wie Du in der hl. Messe
unmittelbar mitwirkest nach der Konsekration des Priesters, so
dass nicht nur Brot und Wein, sondern der Leib und das Blut Jesu
gegenwärtig ist, wie Du unmittelbar mitwirkest bei der priester-
lichen Lossprechung, so erwarte ich auch jetzt, o Gott, Dein un¬
mittelbares Mitwirken, erwarte es im Namen Jesu, dem Du alle Ge¬
walt im Himmel und auf Erden gegeben wegen seines Gehorsams
bis in den Tod des Kreuzes; ich erwarte es wegen Dir, damit Dein
Name, o Gott, verherrlichet werde — Jesus Christus, Dein Sohn,
gelobt und gebenedeiet und die Göttlichkeit der Lehre Jesu dadurch
sich befördere. In diesem festen Glauben und Vertrauen, dass Du
unmittelbar mitwirken werdest, befehle ich im Namen Jesu vermöge
der Gewalt, die mir in der heiligen Taufe eingeräumt worden ist;
dass diese Schmerzen und Gebrechen weichen
sollen. Bekräftige dieses mein Verlangen, o Gott Vater, Sohn und
heiliger Geist.“
Unter den oben erwähnten Publikationen ist von seiten der
Anhänger Hohenlohes die erwähnenswerteste die Broschüre des
Professors der Theologie Adam Onymus in Würzburg. Ausser
einem eifervollen Versuch, die Heilungen Hohenlones mit dem Wir¬
ken Christi und seiner Jünger in gewisse Parallele zu bringen, führt
er eine grosse Reihe von vollzogenen Heilungen an, die er teilweise
selbst beobachtet haben will, teilweise mit Zeugen und Gewährs¬
männern zu belegen sucht. In den angeführten Fällen handelte es
sich um hysterische Krämpfe und Lähmungen (Fall Sauer und
Broilli), um eine Anzahl von Bewegungsstörungen auf der Basis
gichtischer Erkrankungen (Rüthlein, Fegelein etc.), von Lähmungen
nach Schlaganfällen und dergl mehr. Die Beobachtungsdauer der
behandelten Fälle erstreckt sich auf nicht länger als auf 4 Wochen
hinaus, mithin ein völlig ungenügender Zeitraum, um ein reales
Urteil darauf zu gründen. Auch diese mit aller Glaubensinnigkeit
für Hohenlohe eintretende Verteidigungsschrift bringt über die Me¬
thodik seines Vorgehens bei den Heilversuchen die gleiche Inter¬
pretation, wie sie von Hohenlohe selbst und allen seinen Partisanen
gegeben wird. Onymus schreibt hierüber: „Manche Leser kommen
mir vielleicht mit der Frage entgegen: Werden keine Künste mit der
Sache getrieben? Ich antworte: keine. Da ist überall nicht die
Rede von sympathischen Kuren, nicht von Magnetismus, von Zauber¬
formeln etwa gar oder von Teufelsaustreibungen. Es hat Leute ge¬
geben, die den Satz aufstellten: alle oder doch die meisten Krank¬
heiten kämen vom Teufel; allein das wird hier nicht gelehrt auch
werden keine Manipulationen gemacht, etwa die verrenkten Glieder
wieder einzurichten. Der Fürst Hohenlohe berührt die Kranken
nicht. Was ist denn nun sein Geheimnis? Antwort: Er betet über
die Kranken. Soll etwa sein Gebet wie eine Zauberformel wirken?
Keineswegs: der Fürst bindet sich an keine Formel, er betet, sowie
es das Bedürfnis des Kranken mit sich bringt; er betet laut, wenn er
vom Beten nicht zu sehr ermüdet ist, und es ist niemandem hehl, was
er betet. Mit dem Gebet erweckt er einen lebhaften Glauben in dem
Kranken: Glaubst Du, sagt er, dass Dir Gott helfen kann und helfen
will im Namen Jesu? Hast Du ein festes Vertrauen, dass er das tun
wird, glaubt Du, dass Dir wirklich schon geholfen ist. — Glaubt Du
das, so lege Deine Krücken hinweg, Du kannst gehen, Du hörst, Du
siehst, da, lies nun in dem Buche usw. — Und der Kranke richtet
sich auf, er geht hinweg ohne Krücken, er hört, er sieht usw. So
betet der Fürst, und dies ist vielmals der Erfolg von seinem Gebet".
Viel weniger eindrucksvoll auf die öffentliche Meinung der damaligen
Zeit waren die gegnerischen Schriften, deren Autoren merkwürdiger
Weise nicht zu den Aerzten zählten. Es ist erstaunlich, dass weder
die Universitätslehrer der medizinischen Fakultät in Würzburg noch
die Aerztewelt überhaupt Stellung zu Hohenlohe und seinen Wunder-
'kuren nahm, ja selbst der Orthopäde Heine, der durch ein Pamphlet
eines Domvikars Bauer aufs empfindlichste angegriffen wurde, und
der ja in dem Falle der Prinzessin Schwarzenberg direkt in Mitleiden¬
schaft gezogen war, schwieg beharrlich, und auf öffentliche An¬
zapfungen im „Frankfurter Journal“ antwortete er mit einigen, die
Sache selbst in nichts klärenden Denksprüchen Salomos.
Die schärfsten Gegner erwuchsen Hohenlohe vor allem in dem
Staatsrat und Appellationsgerichtspräsident Anselm Ritter von Feuer¬
bach, der in einer Reihe von Briefen in der absprechendsten Weise
sich über Hohenlohe und sein Gebahren äussert. Er nennt ihn einen
„Buben“ und „sittlich defekten Menschen“, seine Handlungen
„Schandtaten“ und „Gaukeleien“, sein Gesamturteil ist ein ver¬
nichtendes. Aus den Briefen ist manches interessante Faktum zu
entnehmen, so, dass ausser dem Kronprinzen vor allem der gesamte
Adel zu den anbetenden Verehrern des Fürsten Hohenlohe gehöre,
dass der König empört sei über die Verirrung seines Sohnes und
geäussert haben solle: „Mehr als 20 Jahre habe ich gearbeitet, mein
Volk von den Pfaffen loszumachen und nun am Rande des Grabes
muss ich sehen, wie mein eigener Sohn das zu zerstören sucht, was
ich gebaut habe“, dass auf Veranlassung des Königs ein Memo¬
randum von zwei Aerzten ausgearbeitet worden sei, die zu folgen¬
den Schlüssen gelangten: Die allermeisten Kranken, die von Fürst
Hohenlohe behandelt wurden, seien krank geblieben, mehrere
schlimmer geworden, einige aus Verzweiflung, dass sie nicht den
rechten Glauben hätten, gestorben oder wahnsinnig geworden, einige
angeblich Geheilte entweder schon wieder genesen, oder durch die
Macht der Einbildungskraft in den Zustand der Besserung versetzt
worden. Neben anderen mehr von theologisch-philosophischen Unter¬
suchungen ausgehenden und für die Betrachtung des Tatbestandes
unwesentlichen Veröffentlichungen ist noch eine von einem Ano¬
nymus aus dem Jahre 1873 herrührende Publikation zu erwähnen, die
in ihrem Untertitel die Bemerkung „Nach erst jetzt zugänglichen
Akten“ führt. Sie enthält ausser einer Reihe von Details über Hohen¬
lohes Erscheinung, Wesen und Auftreten und über die geradezu ab¬
göttische Verehrung, die er im Frankenlande genoss, keine neuen Ge¬
sichtspunkte, die über das strittige Bild dieser kulturgeschichtlich so
interessanten Persönlichkeit Aufschluss geben würden, nur entnimmt
man ihr erstmalig in der gesamten Literatur über den Fürsten Hohen¬
lohe ein wenigstens in groben Umrissen gezeichnetes Krankheitsbild
der Prinzessin Mathilde von Schwarzenberg, die den Heilglauben an
den Fürsten begründete. Die Prinzessin hatte schon im dritten
Jahre ihre Gehfähigkeit infolge einer Entzündung mit folgender Eiter¬
senkung — allem Anschein nach hat es sich also bei ihr um eine
eitrige Entzündung des Beckens gehandelt — verloren und wurde
nach vergeblichen Versuchen der berühmtesten Chirurgen Frank¬
reichs, Italiens, Belgiens etc. durch den Orthopäden Heine in einen
Streckverband gelegt, der den Zweck haben sollte, die verkürzte
und wohl teilweise auch geschrumpfte Muskulatur wieder zu dehnen.
Der Erfolg dieser Behandlung soll nach kurzer Zeit nun der gewesen
sein, dass die Prinzessin bereits die Stellung einer Gesunden an¬
nehmen konnte, indem sie sich an einen Pfeiler lehnte und ein wenig
auf die Füsse stützte, und nach anderthalbjähriger Kur soll sie bereits
einige Schritte mit dem Verband haben gehen können. Der ereignis¬
volle Vorfall, bei dem Fürst Hohenlohe und der Bauer Michel als
Gesundbeter auftraten, spielte sich gerade um diese Zeit ab, in der
Heine angeblich an das Ende seiner Kur angelangt war. Sie be¬
nutzten eine zufällige Abwesenheit von ihm, um zur Prinzessin zu
gelangen, und der schon eingangs erwähnte Effekt war der, dass
die Patientin unmittelbar nach den Gebetssprüchen 4 — 5 mal im
Zimmer auf- und abgehen, am gleichen Tage eine Treppe von 24 Stufen
in den Garten hinuntersteigen und am folgenden Tage — dem Fron¬
leichnamsfeste — der Prozession beiwohnen konnte. Sie hat dann
später die Rückreise nach Oesterreich ohne Zwischenfälle zurück¬
gelegt und scheint — das Gegenteil davon ist nicht bekannt — in
dem wesentlichen gebesserten Zustand verharrt geblieben zu sein.
Die zeitgenössische Chronik hat den Fürsten Hohenlohe teilweise
zu den Epigonen Mesmers gezählt, teilweise zum gewöhnlichen
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
83
Schwindler gestempelt. Beide Auffassungen sind nach allem, was
man von ihm weiss, als unrichtig abzulehnen. Mit dem Mesmerismus
verband ihn nichts, ausser dass seine Hinneigung zu den okkulten
Wissenschaften ihre ursächlichen Momente aus den jene Zeiten be¬
herrschenden Vorstellungen vom tierischen Magnetismus schöpfte.
Ihn zum Scharlatan zu degradieren, liegt ebensowenig Veranlassung
vor, war und ist man doch nur zu sehr geneigt, Erscheinungen der
Weltgeschichte, statt ihre persönliche Entwicklung und die Zeitum¬
stände, unter denen sie lebten, von psychologischen Gesichtspunkten
ius zu analysieren, mit einem traditionellen Urteil abzutun. In beide
Kategorien passt Hohenlohe nicht hinein, er ist den Gestalten im
Völkerleben zuzuzählen, die in ekstatischer ülaubensinnigkeit Berge
versetzen zu können wähnten. Der Priester als Verkünder auch des
körperlichen Heiles ist eine stereotype Erscheinung in der Welt¬
geschichte, von den Wunderheilungen von Franz von Assisi bis zu
denen von Lourdes hat man es immer mit der gleichen Art von
Phänomen zu tun, nämlich mit Versuchen, auf suggestiv-thera¬
peutischem Wege körperliche Leiden zu beeinflussen. Dieselben gelingen
dort, wo im Vordergründe der durch die Krankheit verursachten Ver¬
änderungen Störungen der nervösen Funktionen stehen, oder wo mit
anatomischen Organerkrankungen und in deren unmittelbarer Folge
auch die nervösen Apparate in Mitleidenschaft gezogen sind, sie ver¬
sagen, wo organische Leiden zu krankhaften Prozessen geführt
haben. So gelingt es, „Lahme“ und „Gichtbrüchige“ zu heilen und
„Blinde“ sehend zu machen, und die Mittel hierzu sind Gebet und
Händeauflegen, die unter dem Zeichen des Kreuzes erst ihre Weihe
erhalten. Nicht höher und nicht niedriger ist die Figur des Fürsten
Hohenlohe einzuschätzen, der, soweit sich dies retrospektiv beurteilen
lässt, bona fide sein priesterliches Gewand und die ihm damit ver¬
liehene Macht zur Inaugurierung von Gebetswundern benützt hat.
Würzburg, den 2. July 1821.
Der Magistrat der Königl. Bairischen Kreishauptstadt Würzburg
ah das Königl. Landgericht Karlstadt.
Durch das Gerücht wird der oben belobten Behörde bekannt
geworden sein, welche Ereignisse sich in bezug auf die Heilung
presshafter Personen, als nemlich lahmer, gichtkranker, blinder und
tauber Individuen durch den Herrn Fürsten von Hohenlohe sich zu¬
getragen haben.
Die Königliche Regierung hat durch Reskript vom 27. v. M.
befohlen, dass alle Personen, bei welchen Heilversuche mit oder ohne
Erfolg gemacht worden sein sollen, in ein Verzeichnis aufgenommen
und die näheren Verhältnisse ausgemittelt und dabei die Aerzte,
welche die Patienten behandelt haben, mit ihrem Gutachten über den
Zustand derselben vor und nach dem Heilungsversuche vernommen
werden sollen.
Wir ersuchen demnach oben belobte Behörde dienstfreundlichst,
die in anliegendem Verzeichnisse benannten Personen über die Art
und Weise ihrer Herstellung dahin zu vernehmen, den Zustand der¬
selben vor ihrer Heilung durch Zeugen zu konstatieren und von
jenem nach der Heilung sich womöglich selbst zu überzeugen, die
desfallsigen Verhandlungen mit dem Gutachten des behandelnden
Arztes zu versehen und solche alsdann zur weiteren Beförderung an
Königliche Regierungs anher zu übermachen.
Der I. Bürgermeister.
Der gleiche Erlass erging an das Kgl. Landgericht Volkach und
beide stellten nun — die Protokolle hierüber finden sich in dem
Faszikel Akten des Königlich Bayrischen Land¬
gerichts Karlstadt bezw. Volkach, betreff Schwär¬
merei, religiöser Aberglaube, Heilungen durch
F ii r s t Hohenlohe — eine Reihe von Erhebungen an, bei denen
die betreffenden von Hohenlohe behandelten Personen amtlich ver¬
nommen und einer Art Inaugenscheinnahme seitens der damit be¬
trauten Beamten unterzogen wurden. Es handelte sich hierbei um
Fälle von Gichtbrüchigen, von Taubheit und Kinderlähmung, Epilepsie
tu a. m. Der von den einschlägigen Behörden erstattete Bericht vom
25. Juli 1821 stellt folgende Ergebnisse zusammen:
a) Marg. Kiefer, Häfnerin, gichtlahm, sie ist noch jetzt lahm,
Wie vorher, geht an Krücken und ihre Gelenke sind von Gicht¬
geschwülsten unbrauchbar.
b) Georg Völker, Nagelschmied, gichtlahm, er nennt sich geheilt,
dass er das nicht ist, springt jedem in die Augen, der ihn sieht, dass
- r schon vor der Heilung etwas gehen konnte, beweist seine eigene
Erzählung.
c) Franz Brendel, Metzger von hier, durch Ausschweifung im
Trünke äusserst geschwächt und nicht geheilt, soviel er vor der
Heilung gehen und überhaupt seine Glieder brauchen konnte, kann
-r auch jetzt.
d) Franz Martin, auszehrend, nicht geheilt, sondern ganz in dem
vorigen Zustande.
e) Michael Müllerklein, angeblich vorher auf einem Ohre taub,
hält sich für gebessert.
f) Georg Röttinger, vorher harthörig und noch.
g) Margarethe Küttinn von Laudenbach, an einem akuten Rheu¬
matismus krank, hält sich für geheilt.
h) Michael Werthmann von Himmelstadt, von Kindergefraisen
gelähmt und noch lahm wie vorher.
i) Michael Hilpert von Himmelstadt, fallsüchtig und blind, und
durch die Kur um nichts gebessert.
k) Theresia Sevginn von Karlstadt, gichtlahm, nicht nur nicht
geheilt, sondern über die misslungene Heilung nun gär verrückt,
indem sie sich für verdammt und verworfen von Gott hält.
Unter dem gleichen Datum, an dem diese Berichte einliefen,
erliess der Magistrat der Stadt Bamberg an die Landgerichte Karl¬
stadt und Volkach ein Reskript folgenden Inhalts: In Ansehung der
Heilungsversuche des geistlichen Rats Herrn Fürsten von Hohenlohe
ist uns allerhöchst königliche Ministerialbestimmung in der Art zu¬
gekommen, dass
a) die Heilungsversuche (wenn erwähnter Fürst von deren Fort¬
setzung nicht selbst absteht) auf öffentlichen Plätzen niemals ge¬
schehen dürfen, dass
b) wenn sie in nicht öffentlichen Plätzen vor sich gehen, nur
im Beisein einer obrigkeitlichen Person, dann
c) im Beisein eines Arztes vorzunehmen wären, dass
d) die Vorfälle, die Versuche in allen Beziehungen genau beob¬
achtet, die Tatsachen mit aller Umsicht erhoben werden müssen;
es ist ferner unerlässlich, dass
e) keinem angeblichen Kranken, der sich einem solchen Heil¬
versuche zu unterwerfen gedenkt, hier der Aufenthalt gestattet
werde, wenn er sich nicht über geeignetes Unterkommen und hin¬
länglich Subsistenzmittel ausweisen kann, es ist ferner unerlässlich,
f) dass ein solcher Hilfesuchender mit einer Legitimation seiner
Vorgesetzten Obrigkeit, sowie mit einem beglaubigten ärztlichen
Zeugnisse über seine bisherigen Krankheitsumstände versehen
sein muss.
Die Stellungnahme der Aerzteschaft ist aus den vorhandenen
Urkunden kaum ersichtlich. Nur ein Memorandum des Gerichts¬
arztes Gessler zu Volkach, datiert den 17. Juli 1821, liegt vor und
zwar folgenden Wortlauts:
Unterthänigster Bericht mit Anfrage des Gerichtsarztes Gessler.
An die Königliche Regierung des Untermainkreises.
Auf den 12. August, wo in Volkach das Fest des heiligen
Crescentius hoch gefeiert wird, ist Fürst Alexander von Hohenlohe
zur Ehrung diesses hierher eingeladen worden, nimmt derselbe diese
Einladung an, so ist mit voller Gewissheit zu erwarten, dass auch
hier dieselben Begebenheiten erscheinen werden, welche nach Ruf
und Druckschriften in der Kreishauptstadt Würzburg vorgefallen
sind, umsomehr da es bekannt ist, dass schon mehrere Menschen
des hiesigen Bezirkes desselben religiöse Krankheitsheilung in Würz¬
burg nachgesucht haben, da die Kirche, in der das Fest gefeiert wird,
als die älteste Wallfahrtskirche und das darin befindliche Mutter¬
gottesbild schon von längster Zeit als Mirakelbild im Rufe stehen.
Da nun nach bestehender Physikatsinstruktion mir die Pflicht
auferlegt ist, über Medizinalpolizey zu wachen, und keinem ärztliche
oder chirurgische Praxis zu gestatten, der von der königlichen Re¬
gierung hierzu nicht besonders privilegirt ist, da es mir keineswegs
zukömmt, von Gesetzen und Verordnungen mich oder andere zu
dispensiren, die indessen oben berührte Begebenheiten einerseits
selbst am Sitze der königlichen Regierung vorgefallen sind, anderer¬
seits aber auch, wie ich aus einem mir gerichtlich abgeforderten
Gutachten schliessen muss, die vorgefallenen Ereignisse an der
königlichen Polizey untersucht werden, so wolle mir die unter-
thänigste Anfrage gnädigst erlaubt seyn, wie ich mich zu verhalten
habe und besonders dann, wenn Martin Michel miterscheinen sollte,
um weder gegen das Gesetz noch gegen die scheinbare Konnivenz
der königlichen Regierung zu fehlen, noch dem Strome mich un¬
nötiger Weise und vielleicht mit Lebensgefahr zu widersetzen.
Unterthänigst gehorsamster
J. Gessler, Gerichtsarzt.
Fortbildungsvorträge und
LJebersichtsreferate.
Die Bedeutung des Rhodans im Speichel.
Von Dr. A. Lohmann, Hofzahnarzt in Kassel.
Von grösster Bedeutung ist die Bewertung der im Organismus
vorkommenden physiologischen Salze, werden doch durch ihren
Mangel oder Ueberschuss erhebliche Störungen, namentlich auf dem
Gebiete des Stoffwechsels angezeigt oder auch hervorgerufen.
Mit derselben Sorgfalt und Gründlichkeit, mit der man bisher
Harnanalysen machte, untersucht man jetzt auch den Speichel; nicht
nur um seine Reaktion, seine Fermentwirkung, sein chemisches Ver¬
halten, seine Bakterienflora, seine physikalischen Eigenschaften fest¬
zustellen, sondern auch die physiologischen, in ihm enthaltenen Salze
gebührend zu bewerten. Nach den neuesten Untersuchungen spielen
hierbei die Rhodansalze eine Hauptrolle. Dass Rhodan normaler¬
weise nicht nur im Speichel, sondern auch im Magensaite, Blut,
in der Lymphe, Galle, Milz, im Harn vorhanden, ist ja bekannt. Die
Menge des Rhodans im Speichel ist bei den einzelnen Menschen so
verschieden, dass man eine genaue prozentuale Angabe nicht gut
machen kann. Durchschnittlich enthält der menschliche Speichel
0,014 Proz., der menschliche Harn pro Liter 0,11 g.
(Beim Hunde z. B. findet sich Rhodan nur im Harn.)
4*
84
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.. 2.
Vor nahezu 100 Jahren wurde Rhodan durch T r e v i r a n u s
zuerst im Speichel nachgewiesen. Als feststehend dürfte durch die
neueren Forschungen anzunehmen sein, dass Rhodan durch Spaltung
der Eiweissprodukte entsteht. Man nimmt auch die Bildung aus
Nitrilen an. Letztere bilden sich aus Aminosäuren durch Abspaltung
von Kohlensäure und Oxydation. Wenn man ein Nitril in Gegen¬
wart von Alkali auf Eiweiss einwirken lässt, so entsteht Rhodan.
Durch die Versuche von S. Lang1) ist durch Eingabe von Nitrilen
im Darmkanal der Hunde Rhodan nachgewiesen. Ein Hund, dem
Zyankalium gegeben und zu gleicher Zeit unterschwefligsaures
Natrium in die Blutbahn gespritzt wird, verträgt das Vierfache der
tödlichen Dosis, in seinem Harn findet sich Rhodankalium. Die häufig
beobachtete Tatsache, dass der Speichel der Raucher rhodanhaltig
ist, erhält seine Erklärung dadurch, dass der Tabak sehr viel
Rhodan enthält. Der Tabakrauch enthält Zyanverbindungen, die vom
Organismus aufgenommen und im Speichel als Rhodänkalium aus¬
geschieden werden. Von Low ist der Nachweis geliefert, dass bei
Verwendung von Zyankaliumlösung zum Händewaschen zwecks Ent¬
fernung von Höllensteinflecken, sich sofort eine stärkere Reaktion
auf Rhodankalium im Speichel zeigt, als vor dem Waschen. Dass
Eisenpräparate den Zähnen schaden, erklärt man dadurch, dass Eisen
sich mit dem Speichelrhodan verbindet und der Speichel seinen
Schutzstoff einbüsst.
Durch ungemein zahlreiche Untersuchungen des menschlichen
Speichels, wobei ich die einwandfreie Statistik von Prof. Michel-
Wiirzburg in erster Linie erwähnen möchte, ist der Nachweis er¬
bracht, dass zwischen Verminderung oder Fehlen der Rhodansalze
und Zahnkaries ein Zusammenhang besteht. Auf die interessanten
Arbeiten von Low, Beach, Müntz und Hecht möchte ich hier
besonders hinweisen, durch meine bereits veröffentlichten Arbeiten
und Untersuchungen dürfte wohl mancher bisher strittige Punkt in
der Rhodanfrage aufgeklärt und sachlich bewiesen sein. Gröber
hat festgestellt, dass der Rhodangehalt des Speichels vom Gesund¬
heitszustand abhängig und bei Konstitutionsanomalien wesentlich ver¬
ringert ist, meistens völlig fehlt. Metzner führt in seiner Disser¬
tation (Leipzig) aus, dass bei Erkrankungen deshalb das Rhodan im
Speichel sich verringert oder fehlt, weil es im Kampfe gegen die
pathologischen Elemente durch Umwandlung im Organismus ver¬
braucht, und dass bei grossen Gewebszerstörungen (eitrigen
Einschmelzungen oder nekrotischen Auflösungen), wo der normale
Stoffwechsel stets gestört, das Rhodan im Körper zum Schwinden
gebracht werde.
Das Komitee zur wissenschaftlichen Forschung und Nachprüfung,
mit J. W. L o w - Buffalo als Präsidenten hatte seinerzeit amtlich
die Zusammensetzung des Speichels im Verhältnis zur Karies und
der Erosion untersucht (Dental Cosmos, Februar 1906, S. 190, Oktober
1906, S. 1029/1040). In dem Bericht heisst es (S. 1029): „ln demselben
Verhältnis wie das Sulfozyanat im Speichel im Uebermass anwesend
ist, sind die Zähne relativ immun gegen Karies, während wir im
Gegensatz hierzu bei den Personen, in deren Speichel wir kein Sulfo¬
zyanat entdeckt haben, ebenso unveränderlich weiche, schlecht ver¬
kalkte und kariöse Zähne vorgefunden haben.“
In seiner Prorektoratsrede führte E. Z i e g 1 e r - Freiburg schon
im Jahre 1892 den Beweis, dass das Rhodan im Speichel als Schutz¬
stoff zu betrachten sei, welcher die Bakterien in ihrem Wachstum
behindert, sie ihrer Giftigkeit beraubt und in vielen Fällen abzutöten
vermag.
Joseph sagt (siehe Archiv für Dermatologie 1904), dass das
Rhodan nicht nur eine desinfizierende Wirkung ausiibe, sondern auch
eine erhebliche Beeinflussung des Stoffwechsels herbeizuführen
vermöge.
Edinger, Treupel, Munk und Gröber haben fest¬
gestellt, dass das Fehlen von Rhodan stets eine Störung des Gesamt¬
stoffwechsels anzeige und bei einem normal arbeitenden Organismus
Rhodan vorhanden sein müsse.
W. B e n 1 1 e y und 1 e R o y entdeckten, dass selbst stark ver¬
dünnte Lösungen von Natriumrhodanid die sonst so schwer löslichen
Kalzium- und Magnesiumsalze in vitro und im Organismus zu lösen
vermögen und haben mit Rhodan bei Arteriosklerose und harn¬
saurer Diathese ungeahnt gute Resultate erzielt 2).
Dalmady Z o 1 1 ä n 3) fand, dass dem Rhodan eine jodähnliche
Wirkung zukommt, was mit den Ergebnissen der vorgenannten
Autoren in Einklang zu bringen wäre.
Nerking (Med. Klinik No. 6, 1912) hat mit der Rhodan¬
medikation bei Arteriosklerose ausgezeichnete Erfolge erzielt. Er
wandte zum ersten Male hierbei eine völlig ungiftige Rhodan¬
verbindung an, das „Rhodalzid“. Mit diesem Mittel, das ich eben¬
falls seit Jahren mit grossem Erfolg verordne und auf das ich in
meinen Ausführungen noch zurückkommen werde, hat auch Dr. med.
G. L u d a - Berlin-Schöneberg sehr gute Erfolge bei Arteriosklerose
erzielt.
Rhodan ist ein physiologisch blutdruckherabsetzendes Mittel
und mit dem Sinken des Blutdruckes wurde nach der Rhodalzid-
*) Archiv für experimentelle Pathologie 34, 247 (1894).
-’) Bentley: New York, Medical Journal 1908, II, p. 210. —
le Roy: Therapeutische Monatshefte 1909, p. 502.
3) Dalmady Zoltän: Budapests Orvosi Ujsag 1909, No. 30.
behandlung in ganz kurzer Zeit ein Weicherwerden der verhärtetem
Wand des Gefässrohres und wesentliche Besserung des Gesamt¬
befindens gefunden. Auch die symptomatischen Beschwerden wurden
durch Rhodalzid in kurzer Zeit beseitigt. Der Blutdruck geht nach
der Rhodalzidbehandlung schon in einigen Tagen auffallend schnell
(20 — 25 mm) zurück.
Dass die Rhodansalze die zähschleimige Schutzhülle der Bak¬
terien in den Plaques vernichten und viele gefährliche Toxine un¬
schädlich machen, ist ja bekannt; deshalb schaltet die Anwesenheit
von Rhodan im Speichel auch diejenigen Fälle von akutem Gelenk¬
rheumatismus aus, welche infolge Infektion durch Saprophyten ent¬
stehen.
Durch die interessanten Versuche von Picke rill ist die
hemmende Wirkung des Rhodans auf die Gährung der Kohlehydrate
nachgewiesen.
Wir sehen ferner, dass bei mangelhaftem Speichelfluss oder beim
völligen Versiegen der Sekretion kein Rhodan nachweisbar ist. Eine¬
verminderte oder aufgehobene Speichelsekretion bringt aber all die
vielen Krankheitserscheinungen hervor, die der Verlust der im
Speichel vorhandenen Oxydasen, d. h. Fermente, welche die Oxy¬
dation im Organismus bewirken, folgert.
Bei dem völligen Sekretionsmangel der Schleimhäute, der Mund-
und Rachenhöhle (selbstverständlich einschliesslich der Speichel¬
drüsen), der sogen. Xerostomie mit all den mannigfachen Begleit¬
erscheinungen: Unmöglichkeit zu schlucken, zu kauen, zu sprechen,
zu verdauen, hat sich die Darreichung von Rhodan glänzend be¬
währt. Ebenso ist es bemerkenswert, dass bei Ptyalismus, Atropin¬
vergiftung, Erkrankungen des Mittelohres. Lungen- und Darmtuber¬
kulose, bei malignen Geschwülsten (Karzinom), bei Krankheiten der
blutbildenden Organe (Milz, L.ymphdriisen, Knochenmark) kein
Rhodan im Speichel nachweisbar ist. Eine Aufhebung bzw. Herab¬
setzung der Rhodanausscheidung ist namentlich bei harnsaurer Dia¬
these, bei Lues in gewissen Fällen und bei Erkrankungen der Schild¬
drüse zu konstatieren. Es ist auffallend, wie rasch- sich die Anzahl
der roten Blutkörperchen nach Rhodanmedikation vermehrt. Dass
auch der Speichel in seiner Zusammensetzung wiederum vom Blut
abhängig, ist bekannt. Nach Kochsalzeinspritzungen z. B. zeigt sich
sofort im Speichel der grosse Ueberschuss an Chlornatrium. Dieser
Uebersehuss an Salzen wird von den Speichelzellen angezogen und
in die Speicheldrüse geführt. Wenn Infektionserreger im Blute
kreisen, z. B. bei Scharlach, so kann ein unnormaler Speichel (mit
ungenügendem Schutzstoff versehen) das Ausbrechen des Scharlach¬
exanthems in der Mundhöhle nicht verhindern. Rhodansalze im
Speichel sind, wie erwiesen, auch hier von grösster Bedeutung. Man
lächelt heute vielfach über die Aerzte älterer Schule, die sich vom
Patienten erst die Zunge zeigen Hessen. Sehr mit Unrecht, denn die
belegte Zunge zeigt uns nicht nur den Schleimhautkatarrh, sondern
des öfteren eine allgemeine Erkrankung. Wir finden hier Auf¬
lagerung von Epithelmassen, Speisereste und Bakterien. Bei den
die Speichelabsonderung beeinflussenden Erkrankungen zeigt sich
dieser Belag in erhöhtem Masse, ferner bei Lungenentzündung,
Typhus, Cholera und verschiedenen Ausschlagsformen der Haut.
Bei Masern, Scharlach, Pocken, Skorbut, bei bedeutender Ver¬
mehrung der weissen Blutzellen (Leukämie), Syphilis, Erkrankungen
der Gallengänge konstatieren wir gar häufig, dass Mundschleimhaut
und Speichelabsonderung in Mitleidenschaft gezogen ist. Bei den
verschiedenartigen Entzündungen der Mundschleimhaut sucht die
Natur durch vermehrten Speichelfluss heilend einzugreifen und
vermag dies auch solange die Schleimhaut unverletzt ist, tritt aber
Geschwürseiterung ein, so ist dies unmöglich. Der vermehrte
Speichelfluss, heilungsbestrebend, ist mit der Blutüberfüllung, die
wir bei Entzündungen finden, zu vergleichen.
Bei all diesen Krankheitsbildern stellen wir eine negative
Rhodanreaktion fest und wie die mannigfachen Formen der Stomatitis
(auch als Begleiterscheinung bei Stoffwechselerkrankungen) schon
jetzt so erfolgreich mit Rhodalzid, dem erwähnten Rhodanpräparat
behandelt werden, so dürfte die Rhodanmedikation zur Mitbekämpfung
der angeführten Krankheiten mit der Zeit eine grosse Rolle spielen.
Nerking hat meine Beobachtung, dass nach kurzer An¬
wendung eines geeigneten Rhodanpräparates (Rhodalzid) Tuberkel¬
bazillen aus dem Auswurf verschwinden, bestätigt. Er führt in seiner
Abhandlung folgendes aus: „Ist dies wirklich eine Folge der Rhodalzid-
medikation, so sind zwei Möglichkeiten vorhanden: entweder ist eine
Allgemeinwirkung auf den Gesamtorganismus vorhanden, in diesem
Falle wäre die Suche nach einem einfach zu nehmenden wirksamen
Tuberkulosemittel von Erfolg gekrönt oder aber das Sputum ist bei
der Passage der mit Rhodalzid beschickten Schleimhäute frei von
Bakterien geworden: in diesem Falle wäre die Medikation von
Rhodalzid bei allen Erkrankungszuständen, bei denen eine Passage,
eine Vermehrung oder ein Haften von Bakterien in den Schleimhäuten
stattfinden kann, jedenfalls am Platze, d. h. bei Diphtherie, Angina,
Meningitis, Larynxtuberkulose und Darmtuberkulose.“
Koch, der berühmte Forscher auf dem Gebiete der Tuber¬
kulose, erblickt in der Speichelabsonderung einen ganz besonderen
Hemmungsfaktor für die Entwicklung der Tuberkelbazillen.
Aus all dem angeführten ist ersichtlich, von welch hoher Be¬
deutung die normale Speichelbildung und Absonderung ist. Hier
möchte ich noch den Soorpilz erwähnen, welcher doch nur bei
trockenem Munde gedeihen kann.
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
85
Gehen wir nun zu dem für die Zahnärzte wichtigsten Punkte,
zur Karies der Zähne über und legen uns die Frage vor, welchen
Einfluss üben die Rhodansalze hierbei aus?
Wenn Miller der Ansicht ist, dass die Karies vom Mund¬
speichel nie beeinflusst wird, da der Speichel weder bakterizid noch
chemisch wirksam sei, so ist das in keiner Weise zutreffend und auch
itn Widerspruch, da er an anderer Stelle sagt, dass die Heiltendenz
der Mundwunden eine ausserordentlich grosse sei und in keinem
Verhältnisse stehe zur allgemeinen Heilkraft des übrigen Körpers.
Wir sehen bei den grössten Verwundungen im Munde, ich erinnere
nur an die komplizierten Kieferbrüche, wo das Zahnfleisch mitunter
abgerissen und zerfetzt ist, wo wir Streptokokken und Staphylo¬
kokken und andere gefährliche Infektionserreger nachweisen können,
selten eine Infektion. Wenn weiter Miller die Heilwirkung des
Speichels bestreitet und behauptet, dass ja gerade bei den schlimmsten
Infektionskrankheiten des Mundes ein starker Speichelfluss vor¬
handen sei, so muss dem entgegengehalten werden, dass bei all den
Krankheitserscheinungen die mit starker Salivation begleitet sind,
ich erinnere hier an Wasserkrebs (Noma), Stomatitis mercurialis,
Skorbut usw. die Speichelzusammensetzung nicht normal ist, dass
namentlich das Rhodan fehlt.
Alle Beweise Millers, dass der Speichel keine keimhemmenden,
Gärung verhütenden Eigenschaften oder Schutzkörper habe, sind als
völlig verfehlt zu betrachten, da die Versuche ausserhalb des Mundes
also mit totem Speichel gemacht wurden, der wie bekannt, leicht in
Fäulnis und Gärung übergeht. Dass der stetig fiiessende, fortwährend
erneute, sogenannte lebendige Speichel eine andere auch bakterizide
Wirkung hat, ist ja jetzt als feststehende Tatsache zu betrachten.
Miller sagt jedoch wieder auf Seite 27 seines Werkes, dass
der Speichel von Karies Immuner wenig Gärungserscheinungen zeigt.
Dann gibt er selbst zu : „dass der normale menschliche Speichel im¬
stande ist, gewisse Gifte und darunter wahrscheinlich auch solche
bakteriziden Ursprungs unschädlich zu machen“. Dass das Ferment
des menschlichen normalen, rhodanhaltigen Speichels, eine sonst
tödlich wirkende Dosis von Schlangengift unschädlich zu machen
imstande ist, hat Wehrmann gefunden. Und so hat die volks¬
tümliche Sitte, Schlangenbisse und Insektenstiche zu bespeicheln,
eine gewisse Begründung.
Eine kalziumsalzreiche Diät vermehrt die alkalische Beschaffen¬
heit und Quantität des Speichels und wie auch St ein kämm in
seiner kürzlich erschienenen Arbeit erwähnte, ist es interessant zu
beobachten, dass der Kalkreichtum des Bodens und Trinkwassers
nicht ohne Bedeutung ist auf die Bildung des Rhodans im Organismus
und dass die Vollkornschwarzbrotesser mehr Rhodan haben wie die
Weissbrotesser.
Ob sich tatsächlich in der Kleberschicht des Roggens und ge¬
wisser Zerealien, Hülsenfrüchte, Reis etc., Rhodannatrium befindet
wie behauptet wird, ist noch ganz unbewiesen.
Wenn die Fleischesser im allgemeinen mehr Rhodan im Speichel
haben als die Vegetarier, so dürfte das dadurch zu erklären sein,
dass bei Zersetzung des Fleischeiweisses mehr Rhodan abgespalten
wird, als aus Pflanzeneiweiss. Durch eine Anzahl von Versuchen
konnte ich feststellen, dass nach längerem Genuss von Süssigkeiten
der Rhodangehalt im Speichel wesentlich abnahm. Diese auffallende
Verminderung des Rhodans dürfte dadurch zu erklären sein, dass
bei Einspeichelung und Invertierung des Zuckers Säuren entstehen
(Zuckersäure, Schleimsäure, Weinsäure etc.), die mit den Rhodan¬
salzen Zersetzung erleiden, es entsteht flüchtige, freie (HCNS) Sulfo-
zyanwasserstoffsäure.
Die Wirkung des normalen, also Rhodansalze enthaltenden
Speichels als Spülflüssigkeit ist nicht nur mechanisch, sondern auch
chemisch, denn jede sich etwa bildende saure Reaktion wird durch
den immer nachfliessenden alkalischen Speichel neutralisiert.
Höchst interessant und auch wohl von grosser Wichtigkeit ist
die elektrische oder radioaktive Eigenschaft des menschlichen
Speichels insofern, als dieselbe nur dann eintreten soll, resp. in ver¬
mehrtem Masse, je nach dem Vorhandensein von Rhodan.
M i c h e 1 weist (No. 10 der „Deutschen Zahnheilkunde in Vor¬
trägen S. 39) auf das elektrische Verhalten des Speichels hin.
Nagy nimmt an, dass die mit dem Speichel in den Magen ge¬
brachte Elektrizitätsladung dort zur Auslösung von motorischen und
sekretorischen Effekten führt.
Die Speicheluntersuchungen von Dr. F. S c h o e n b e c k -Leipzig
(s. Deutsche Zahnärztliche Wochenschrift, Jahrgang XV, No. 25)
scheinen die These, dass der Speichel einen radioaktiven Stoff ent¬
hält, zu bestätigen. Es würde hier zu weit führen, die interessanten
Ergebnisse dieser Arbeit zu diskutieren und muss ich deshalb in
dieser Hinsicht auf die Orginalarbeit verweisen.
Es ist von grösster Bedeutung zu erfahren, dass die Radio¬
aktivität des Speichels stets relativ zum Rhodangehalt ist.
Wir finden in all den Gegenden, wo Luft und Wasser stark
radioaktiv ist, dass die ärmere Bevölkerung zum Teil doch schlechte
Zähne hat und sehr anämisch ist, wenn dem Speichel die Rhodan¬
salze fehlen. Herr Bezirksarzt Dr. G o 1 1 1 i e b in Joachimstha!
hatte die Freundlichkeit, mir die gewünschte Auskunft über die
dortigen Zahnverhältnisse zu geben. Sie stimmen mit den bisher
gemachten Beobachtungen völlig überein.
Ich nehme an. dass die Methoden zur Prüfung des Speichels auf
Rhodan, qualitativ, mit Eisenchlorid nach Ansäuerung des Speichels I
mit Salpetersäure, quantitativ mit Michels Rhodankolorimeter,
bekannt sind und weise nur kurz darauf hin, dass neuerdings die
chemische Fabrik R e i s h o 1 z ein Rhodanometer, auf eine Farben¬
skala eingestelltes Jodsäurestärkepapier, zur sofortigen annähernden
Bestimmung von Rhodan im Speichel, speziell für ärztlichen Ge¬
brauch, herstellt.
Sind w*r llllrl jetzt auf Grund einer vorliegenden, ziemlich um¬
fangreichen, zuverlässigen Statistik und einwandfreien sorgfältigen
Beobachtung zu der Ueberzeugung gelangt, welche eminente Be-
de u tu ng die Rhodansalze im Organismus haben, so müssen wir uns
zunächst fragen, in welcher Form wir die Rhodanmedikation am
erfolgreichsten einleiten sollen. Seit Jahren hatte mich diese Frage
intensiv beschäftigt. Das im Handel befindliche „Cariesan“ liess
mich im Stich, da es sehr schlecht vertragen wurde, Uebelkeit und
Erbrechen verursachte. Ich verordnete dann, Michels Anregung
zufolge Rhodannatrium, ein Präparat, das sehr hygroskopisch und
ungemein schnell zerfliessend ist, so dass Patienten schon nach
einigen Stunden mit der Wachs- oder Pergamentumhüllung ankamen
und bemerkten, es sei alles zerflossen und nicht mehr zu gebrauchen.
Später zur Vermeidung dieses Uebelstandes gab ich Natriumrhodanid
in Lösung: Rp. Sol. Natr. rhodan. 2,6: 10,0. D.S. morgens und abends
10 Tropfen zu nehmen, bei Kindern unter 14 Jahren die Hälfte. Auch
in dieser Form wurde das Rhodan schlecht vertragen und hatte
zum Teil recht üble Nachwirkungen.
Nach vielen Versuchen gelang es, dank der Mithilfe N e r k i n g s,
eine Rhodan-Eiweissverbindung herzustellen, deren gänzliche Un-
giftigkeit und Harmlosigkeit unter Beibehaltung der therapeutischen
Eigenschaften des Rhodans durch den Versuch am Tiere und ge¬
sunden Menschen sich erprobte. Diese Verbindung, die unter der
Bezeichnung „Rhodalzid“ in den Handel kam, hat sich wohl nunmehr,
dank der grossen Erfolge, einen ersten Platz im Arzneischatz ge¬
sichert.
Rhodalzid ist ein sehr haltbares, wenig hygroskopisches Rhodan-
eiweiss von bestimmtem, selbst gleichem Rhodangehalt, welches mit
schwachen Säuren keine giftige Sulfozyanwasserstoffsäure abspaltet
und selbst in grösseren Dosen ungiftig ist. Es unterscheidet sich
also, wie bereits ausgeführt, infolge seiner Ungiftigkeit vorteilhaft
von den bisher bekannten Rhodanverbindungen. Rhodalzid kommt
in Jabletten ä 0,25 g mit je 0,048 g gebundener Rhodanwasserstoff-
säure (HCNS) in den Handel und zerfällt mit Wasser ausserordentlich
leicht und schnell.
Während der Behandlung mit Rhodalzid sind starke Mineral-
suuien, z. B. Salzsäure, zu vermeiden. Die gleichzeitige Behandlung
mit Eisenmitteln hat keinen nachteiligen Einfluss auf die Rhodalzid-
behandlung.
Das Rhodan des Rhodalzid geht schnell und zum grössten Teil in
den Harn über. Harn, welcher vor der Behandlung keine oder kaum
eine merkliche Reaktion auf Rhodan gab, zeigte schon nach Einnehmen
von 2 Tabletten eine deutliche Reaktion auf Rhodan. Der Rhodan¬
gehalt des Harns steigt mit der Anzahl der genommenen Tabletten
und mit der Dauer der Behandlung; er schwindet mit der Einschrän¬
kung oder mit dem Aufhören derselben allmählich bis zum normalen
Rhodangehalt. Eine forcierte Behandlung scheint nicht so nachhaltig
zu sein, wie eine auf längere Zeit erstreckte. Die Behandlung mit
Rhodalzid äusserst sich auch durch den in wenigen Stunden nach¬
weisbaren höheren Rhodangehalt im Speichel, in welchem es nach
etwa eingestellter Rhodalzidbehandlung länger nachweisbar ist, als
im Harn. Eiweiss ist während und infolge der Behandlung im Harn
nicht vorhanden.
Ich habe Rhodalzid in nahezu tausend Fällen, mit durchweg
befriedigendem Erfolg angewandt und nicht eine unangenehme Neben¬
erscheinung zu verzeichnen gehabt.
Die Indikationen für Rhodanbehandlung sind ja schon erwähnt.
Es würde weit über den Rahmen meiner Aufzeichnung hinausgehen,
wollte ich die zahlreichen Krankengeschichten und Erfolge hier
nochmals anfiihren. Für die zahnärztliche Praxis hat sich das Rho¬
dalzid bei Karies so sehr bewährt, dass es sich als eine der wert¬
vollsten Waffen gegen diese so rapid um sich greifende „Volkskrank¬
heit“ bezeichnet werden kann, nicht nur, dass die Karies aufhörte,
nein es ist viefach ein Verheilungsprozess, oder besser gesagt, die'
Bildung von Schutzdentin, konstatiert worden.
Es ist unmöglich, im Rahmen einer kurzen Arbeit alle Erkran¬
kungen, bei denen Rhodalzid mit Erfolg angewandt wurde, auf¬
zuzählen. Auf Grund reichen Patientenmaterials haben eine Anzahl
praktischer Aerzte und Spezialisten ihre Heilerfolge mit Rhodalzid in
wissenschaftlicher Abhandlung und durch Zuschrift niedergelegt.
Es kommen dauernd hauptsächlich in Betracht: Caries dentium,
Stomatitis, alle Formen der Mandelentzündung, Kräfteverfall, Anämie,
Entzündungen und Vereiterungen der Nebenhöhlen, Glossitis, Schleim¬
hauterkrankung des Mundes und Affektion der oberen Luftwege,
Heuschnupfen, harnsaure Diathese, Arterienverkalkung, Driisen-
vereiterung, Nieren- und Blasenleiden, verschiedene Formen der
Tuberkulose, Erkrankungen der Schilddrüse, gewisse Hauterkran¬
kungen usw. Auch bei Hämophilie hat es sich, in notorischen Fällen,
als zuverlässiges Mittel bewährt. Bei notwendiger Operation gibt
man das Mittel 8 läge vor und nach dem Eingriff.
Betreffs der Dosierung möchte ich auf Grund mehrjähriger Er¬
fahrung empfehlen: während der ersten S Tage täglich 2 'Tabletten,
86
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
während weiterer 8 Tage täglich 3 Tabletten, dann 3 Tage aussetzen
und darauf noch 14 Tage bis 3 Wochen täglich 2 Tabletten. Event,
muss diese Behandlung nach einiger Zeit wiederholt werden. Bei
Kindern fängt man ebenfalls mit kleiner Dosis an, sehr schwächlichen
Kindern, unter 8 Jahren z. B. gibt man 8 Tage lang zuerst einmal
täglich % Tablette, nach 8 Tagen verdoppelt man die Gabe. Nach
16 Tagen pausiert man 2 — 3 Tage. Es empfiehlt sich bei Kindern die
Behandlung auf 2 — 3 Monate bei kleiner Dosis, vielleicht 1 Tablette
täglich, mit kurzen Intervallen fortzusetzen. Die Tabletten sind
möglichst kurz nach dem Essen zu nehmen und mit Wasser hinunter
zu spülen. Zerbeissen resp. Zerkauen ist zu vermeiden. Als Ge-
schmackskorrigens kann bei empfindlichen Patienten Zuckerwasser,
Kakao, Milch etc. genommen werden. Zitronenwasser ist nicht emp¬
fehlenswert. Bei Uebersäuerung des Magens empfiehlt es sich, die
Tabletten mit verdünntem Kalkwasser (1 Esslöffel auf 14 Glas Wasser)
hinunter zu spülen. Von manchen Praktikern wird bei starker
Magenübersäuerung gleichzeitig die Gabe einer halben Tablette
Magnesium Perhydrol empfohlen. Starke Säuren (Mineralsäuren)
sind während der Rhodankur zu vermeiden.
Ich habe Fälle verzeichnet, wo die Patienten längere Zeit hin¬
durch die mehrfache Dosis aus Missverständnis genommen haben,
ohne dass Beschwerden oder irgend welche Störungen eintraten.
In einem Falle handelte es sich um die Gattin eines Stabsarztes, die
an Oberkieferhöhleneiterung behandelt wurde, und die irrtümlich
täglich 6 Tabletten genommen hatte. Hierbei konnte man die inter¬
essante Tatsache feststellen, dass im Sekret der Oberkieferhöhle das
Rhodan deutlich nachweisbar war.
Im Juliheft 1912 der „Therapie der Gegenwart“ finden
wir interessante Erfolge mit Rhodalzid seitens Dr. med.
Schubert, Spezialarzt für Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten,
verzeichnet, von denen ich die Fälle von Kehlkopftuberkulose mit
starkem Schluckschmerz hervorheben möchte, wo nach kurzem Ge¬
brauch von Rhodalzid Beschwerden und Allgemeinbefinden wesent¬
lich gehoben wurden, ebenso nach Tonsillartumoroperafion.
Vigo Andresen, Zahnarzt am Reichskrankenhaus in Kopen¬
hagen, veröffentlicht in Heft 10 (Oktober 1910, 28. Jahrgang) der
Deutschen Monatsschrift für Zahnheilkunde einen Artikel: „Unter¬
suchungen über den Rhodangehalt des Speichels“ und claubt, dass
es empfehlenswert sei, das Rhodan als Beimischung zum Mundwasser
zu verordnen und meint durch Resorption minimaler Mengen oder
durch Geschmackseinwirkung, durch Reflexwirkung, eine reichlichere
Rhodanausscheidung zu bewirken. — Alle meinerseits gemachten
Versuche, Rhodan als Mundwasser zu benutzen, hatten gar keinen
Erfolg, und ich muss mich den Ausführungen Michels verbo tetius
anschliessen, wenn er schreibt: „Den Versuch, mit rhodanhaltigen
Mundwässern zu arbeiten, halte ich für vollkommen aussichtslos, da
auf diese Weise nicht das Rhodan in natürlicher Art dem Speichel
beigegeben werden kann.“
Nachdem wir nun erkannt, welch ungeahnten Wert das Rhodan¬
salz im Speichel hat und in dem Rhodalzid ein hervorragendes Mittel
in der Rhodantherapie gefunden haben, schliesse ich meine Aus¬
führungen mit der Hoffnung, und dem Wunsche, dass Aerzte und
Zahnärzte mehr als bisher dieser eminent wichtigen Medikation ihr
Interesse zuwenden möchten.
Bücheranzeigen und Referate.
A. J olles: Chemie der Fette vom physiologisch-chemischen
Standpunkte. 2., vermehrte und verbesserte Auflage. Strassburg,
Karl J. Triibner, 1912. 148 Seiten. Preis 4 M.
Es ist bekannt, wie sehr in den letzten Jahren, seitdem das
Interesse der Biologen und Physikochemiker sich in stark erhöhtem
Masse dem bislang zurückstehenden Gebiet der Chemie der Fette zu¬
gewandt hat, eine reiche Ernte an neuen und wichtigen Ergebnissen
gezeitigt wurde. Dies zeigt sich aufs deutlichste in der Art und dem
Umfang der Neubearbeitung dieser nunmehr in 2. Auflage vorliegen¬
den kurzgefassten Monographie. Auf eine Wiedergabe der einzelnen
noch umstrittenen Detailforschungen wurde verzichtet. Dafür aber
wird auf engem Raum eine vorzügliche Uebersicht des bislang zu¬
sammengetragenen gesicherten Tatsachenmaterials dieses Gebiets ge¬
geben, wobei in geschickter Weise wertvolle tabellarische Zusammen¬
stellungen eingefügt sind. Für die Auswahl des Stoffes waren in
erster Linie die Gesichtspunkte der physiologischen Wichtigkeit
massgebend, so dass hier ein Buch vorliegt, welches jedem Mediziner,
welcher der Entwicklung dieses interessanten Gebiets zu folgen
wünscht, dringend empfohlen sei. H. Schade - Kiel.
C. Oppenheimer: Grundriss der anorganischen Chemie.
VII. Aufl. Leipzig, Georg Thieme, 1912. 196 S. Preis M. 3.50.
Gegen die vorige Auflage ist dieser kleine Grundriss nament¬
lich in seinem ersten allgemeinen Teil erweitert, so dass jetzt die
ausgezeichnet geschriebene orientierende Einführung in die wichtig¬
sten allgemeinen Fragen der Chemie 57 Seiten umfasst. Auch im spe-
zillen Teil sind einige neuere Forschungsergebnisse, z. B. bezüglich
des Radiums und seiner Verwandten, eingefügt. Der kleine Grund¬
riss, welcher in schneller Folge seine 7. Auflage erlebt hat, kann
demjenigen, der auf engstem Raum eine erste Orientierung auf dem
Gebiet der anorganischen Chemie wünscht, auch in seiner neuen Ge¬
stalt wiederum sehr empfohlen werden. Schade- Kiel.
E. Abderhalden: Fortschritte der naturwissenschaftlichen
Forschung. VI. Band. Mit 20 Textabbildungen. Berlin-Wien,
Urban & Schwarzenberg, 1912. 300 Seiten.
Dieser 6. Band der an dieser Stelle schon wiederholt riihmlichst
hervorgehobenen „Fortschritte“ bringt Uebersichtsreferate über die
folgenden Themen:
1. Der gegenwärtige Stand der Seenforschung von Prof. Dr,
W. H a’l b f a s s - Jena.
2. Eine neue Methode auf dem Gebiete der Geomorphologie von
Doz. Dr. Alfred R ü h 1 - Berlin.
3. Zur Frage der funktionellen Psychosen von Prof. Dr. Oswald
B u m k e - Freiburg i. B.
4. Regeneration und Verwandtes von Geh. Rat Prof. Dr. Diet¬
rich B a r f u r t h - Rostock. _ j
5. Ueber optische Sensibilisatoren im Tier- und Pflanzenreiche
von Doz. Dr. Walther Hausmann - Wien.
6. Grundlagen und Ergebnisse der radiaktiven Forschung von
Prof. Dr. Otto Hahn und Dr. Lise Meitner- Berlin.
Auch dieser Band reiht sich seinen Vorgängern würdig an und
wird sicher dazu beitragen, dem Unternehmen neue Freunde zu
werben. H. Schade - Kiel.
Die Klinik der syphilitischen Aortenerkrankung von Dr. Ed.
S t a d 1 e r, Privatdozent an der Universität. Mit einer Tafel. Jena,
Verlag von Gustav Fischer, 1912. 93 S. Preis 3 M.
Das Heft 1 der Arbeiten aus der medizinischen Klinik zu Leipzig
bringt eine wertvolle Monographie über das im Titel bezeichnete
Thema. Wenn man die Angabe des Autors, dass aus dem Leipziger
Sektionsmaterial von 1906 — 1911 unter 256 Fällen erworbener kon¬
stitutioneller Syphilis in 82 Proz. sich schwielige Aortensklerose ge¬
funden hat, zusammenhält mit den Erfahrungen, welche Obern¬
dorfer jüngst hier über die Häufigkeit syphilitischer Aorten¬
erkrankungen bekannt gegeben hat, so ersieht man schlagend die
enorme Bedeutung der Spirochäteninfektion gerade auch für die
Kreislauforgane. Dieser ätiologische Zusammenhang wird nun all¬
mählich in seinem vollen Umfange aufgedeckt und die zusammen¬
fassende, auf ein reiches Literaturverzeichnis gebaute Studie von
Stadler wirft klareres Licht auf diese Verhältnisse. Nach einer
historischen Einführung über das frühere Wissen betreff syphilitischer
Herz- und Gefässkrankheiten, welches bescheiden genug war, er¬
örtert Verfasser ausführlich die pathologische Anatomie, Aetiologie
und Pathogenese der in Frage stehenden, offenbar sehr häufigen und
auch sehr bedeutungsvollen Affektionen und bespricht, gestützt auf
über 200 Fälle, die Häufigkeit und die Zeit des Auftretens, ferner die
Beziehungen der genannten Krankheit zu den spätsyphilitischen und
parasyphilitischen Erkrankungen. Ebenso wie pathologisch-ana¬
tomisch die Diagnose aus dem Befallensein der Adventitia und
Media meist unschwer gestellt werden kann,' ist auch das klinische
Bild in einer grossen Reihe von Fällen charakteristisch genug, um
am Lebenden rechtzeitig die Diagnose der syphilitischen Aortener¬
krankung zu erlauben, wie Stadler im einzelnen auseinandersetzt.
Besonders erörtert er auch die Beziehungen der Aortenklappen¬
insuffizienz zur vorausgegangenen syphilitischen Infektion. Hinsicht¬
lich der Behandlung stellt Verfasser den Satz auf, dass die syphi¬
litische Aortenerkrankung im Gegensatz zur Atherosklerose ein dank¬
bares Objekt für die Behandlung sei, selbst noch in vorgeschrittenen
Fällen. Referent kann diesem etwas optimistischen Urteile nur mit
grosser Reserve beipflichten, denn es sind gerade auch aus letzter
Zeit Fälle bekannt, wo trotz einer anscheinend durchaus regelrecht
durchgeführten antiluetischen Behandlung die schwerste Aorten¬
erkrankung mit tödlichem Ausgang sich entwickelte. Auch hinsicht¬
lich der Fälle von syphilitischer Angina pectoris lauten die Er¬
fahrungen durchaus nicht allseitig so günstig, wie z. B. jene von
Weintrau d. Dr. K. Grassmann - München.
Dr. Paul Cohn heim, Spezialarzt für Magen- und Darmkrank¬
heiten in Berlin: Die Krankheiten des Verdauungskanals (Oesophagus,
Magen, Darm). Ein Leitfaden für praktische Aerzte. Mit 17 Ab¬
bildungen im Text. Dritte, vermehrte und neubearbeitete Auflage.
Berlin 1913. Verlag von S. Karger. 275 S. 8°. M. 8.60.
Ueber die inhaltliche Gediegenheit vorliegenden Werkes (von
dem auch in Amerika 2 Auflagen verbreitet sind und das auch ins
Englische übersetzt wurde) braucht wohl den Lesern dieser Wochen¬
schrift nichts Neues gesagt zu werden. Das Buch ist heute in bestem
Sinne schon so bekannt, dass man von ihm kurzweg als von dem
„Cohnheim“ spricht. Vorliegende Auflage hat eine wertvolle Er¬
weiterung gefunden durch Neuaufnahme von Abschnitten über die
dem Magenspezialisten unentbehrlich gewordene Röntgenunter¬
suchung, über Endoskopie, über Bedeutung okkulten Blutes, Trypsin¬
bestimmung etc. Auch die Therapie ist etwas umfangreicher berück¬
sichtigt als früher. Fritz L o e b.
Th. Christen: Unsere grossen Ernährungstorheiten. Dres¬
den bei H o 1 z e & P a h 1. Ohne Jahreszahl. Klein 8 °. 70 Seiten. 1 M.
Unsere beiden grossen Ernährungstorheiten sind der Glaube an
den Wert reichlicher Eiweisszufuhr, speziell die Unentbehrlichkeit
14. ianuar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
8?
des Fleisches, und an den Alkohol. Als bestes diätetisches System
wird das von Horace Fletcher empfohlen, das damit meines Wis¬
sens zum erstenmal von einem dcutschschreibenden Universitäts¬
dozenten anerkannt wird. Der populäre Ton ist in dem Schriftchen
mit selten zu findender Geschicklichkeit getroffen, es ist zu populärer
Propaganda ungemein geeignet und wird von vielen, auch wenn sie
nicht gai\z auf dem Standpunkt des Verfassers stehen, sehr begriisst
werden. Freilich wird manchem Arzt das Beweismaterial, z. B.
die beigegebenen Kurven, die den Einfluss der Eiweisszufuhr und
des Alkohols auf die „Leistungsfähigkeit“ beweisen sollen, weniger
imponieren als dem Laien. Kerschensteine r.
Therapeutische Technik für die ärztliche Praxis. Ein Handbuch
für Aerzte und Studierende. Herausgegeben von Prof. Dr. Julius
Schwalbe, Geh. Sanitätsrat. 586 Abbildungen. III. verbesserte und
vermehrte Auflage. Leipzig 1912. Verlag von Georg T h i e m e.
Seitenzahl 1044. Preis geb. M. 26.50.
Im Zeitraum von nicht ganz 5 Jahren hat dieses mit einem Stabe
erlesener Mitarbeiter vom Herausgeber geschaffene Werk bereits die
III. Auflage zu verzeichnen, ein Beweis, wie sehr es einem Bedürfnis
in ärztlichen Kreisen entgegenkommt. Trotz der grossen thera¬
peutischen Handbücher allgemeiner Art ist das vorliegende Werk
für den Praktiker etwas sehr willkommenes, da es tatsächlich über
alle Gebiete der praktischen Medizin so eingehende, zuverlässige
und instruktive Angaben aus der therapeutischen Technik darbietet,
dass es den Arzt, welcher es konsultiert, nicht leicht bei irgend einer
Frage im Stiche lassen wird. Die Abbildungen sind sehr reichlich
und jetzt zum allergrössten Teil technisch ausgezeichnet. Neu hin¬
zugekommen ist das Kapitel über die Technik der Immunotherapie,
das hinsichtlich einzelner Heilsera, z. B. des Antistreptokokkenserums
vielleicht noch etwas erweitert werden könnte. Andere Kapitel sind
bedeutend erweitert worden, der Text ist verbessert und ergänzt,
theoretische Auseinandersetzungen sind noch mehr wie früher ver¬
mieden. So ist die vorliegende 3. Auflage wohl mindestens innerhalb
der deutschen Literatur das beste, was wir über therapeutische
Technik gegenwärtig an grossen Werken besitzen.
Dr. K. Grassmann - München.
Hofrat Dr. S. F I a t a u - Nürnberg: Hundert Totalexstirpationen
bei Myoma uteri ohne Todesfall. Berlin 1913. Verlag S. Karger.
92 S. Preis M. 2.40.
Bei Betrachtung des Titels drängt sich einem unwillkürlich der
Gedanke auf: „Zufallsresultate“. Wenn man die Arbeit aber genauer
liest, so bekommt man die Ueberzeugung, dass Fl. seine glänzenden
Resultate seiner ausgezeichneten Vor- und Nachbehandlung der Kran¬
ken, sowie seiner guten Technik verdankt. Abweichend vom Ge¬
wöhnlichen ist, dass Fl. das Abdomen mit einer langen Binde ab¬
stopft, die Gefässe einzeln ligiert, lind nach der Versorgung der Ge-
fässe, um Platz zu bekommen, den Tumor rücksichtslos am inneren
Muttermund abträgt. Der verbleibende Stumpf wird mit einem
scharfen Messer ausgeschnitten, so dass nur ein kleiner Portiorest
zurückbleibt, der dann mit Katgut vernäht wird. Eine statistische
Zusammenstellung der Fälle schliesst die sehr interessante Arbeit,
die Fachkollegen wegen der zahlreichen, beherzigenswerten An¬
regungen, die in ihr enthalten sind, bestens empfohlen werden kann.
G. Wiener- München.
L’annee psychologique, dixhuitieme annee. Publiee par Lar-
guier des Bancels et le Dr. Th. Simon. Paris, M a s s o n,
1912. 525 S. Preis 12 Fr.
Die von B i n e t gegründete Zeitschrift sucht sich auch nach
seinem Tode auf ihrer Höhe zu halten. Sie enthält Artikel über theo¬
retische Psychologie und experimentelle Untersuchungen. Von den
letzteren sind zu erwähnen: Unterschiede in der Schnelligkeit der
willkürlichen und der durch Reizung hervorgebrachten Muskelkon¬
traktion (Imbert); auf welchen psychologischen Elementareigen¬
schaften beruhen die Unterschiede zwischen den guten und den zu¬
rückgebliebenen Schülern (Lapie); drei Abhandlungen befassen sich
mit der Verwertung und dem Aufbau der B i n e t sehen Intelligenz¬
prüfung (Bobertag, Goddart, Saffiotti); über den intel¬
lektuellen Stand (nach B i n e t) einer Anzahl weiblicher Verbrecher
(Sullivan); interessant, aber vielleicht doch etwas zu kurz ist ein
gedrängter Artikel über die neuesten Fortschritte der vergleichenden
Psychologie (B o h n). Bleuler- Burghölzli.
Physiotherapie du Lupus par le Docteur Leon Dekeyser,
ancien assistant du Service de l’höpital Saint-Pierre ä Bruxelles.
Paris. A. M a 1 o v i n e, editeur. 123 Seiten.
Verfasser bespricht in ausführlicher Weise die physikalische Be¬
handlung des Lupus vulgaris und Lupus erythematodes: die An¬
wendung von hohen und tiefen Temperaturen; die Strahlentherapie
und zwar ultraviolette Strahlen im Sonnenlicht, im elektrischen
Bogenlicht, Quarzlampe; die Röntgenstrahlen, das Radium. Alsdann
wendet er sich zur Elektrolyse und der Ionisation, einer schon mehr
medikamentösen Beeinflussung; den Hochfrequenzströmen und der
Wasseranwendung.
Im zweiten Teil setzt er die gemischten Behandlungsarten aus¬
einander — Kombination von physikalischen und nicht physikalischen
Methoden und Verbindung verschiedener physikalischen Methoden
miteinander.
Verfasser gibt seinem Buch eine grössere Anzahl von Ab¬
bildungen bei, die uns zum Teil aus Preislisten bekannt sind.
Für den Fachmann bietet es nichts Neues; es ist aber übersicht¬
lich und logisch zusammengestellt und empfiehlt sich hiermit dem
Anfänger in der Dermatologie und demjenigen Arzte, der mit Lupus-
behandlung nur ab und zu sich zu beschäftigen hat.
Karl T a e g e - Freiburg i. B.
Die Prostitution, ihre hygienische, sanitäre, sittenpolizeiliche
und gesetzliche Bekämpfung. Von Dr. med. Stephan Leonhard,
z. Z. Prosektor an der Universität Münster i. W. Verlag von Ernst
Reinhardt, S. 307, Preis 4 Mark.
Kongresse der Vereine zur Bekämpfung des Mädchenhandels, zur
Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, zur Hebuhg der Sittlich¬
keit usw. zeigen, welch ein Interesse die Gegenwart der Prostitutions¬
frage entgegenbringt. Wie sie zu lösen ist, ob sie überhaupt gelöst
werden kann — - darüber sind sich die Parteien nicht einig. Die
eine hofft, die Prostitution überhaupt auszurotten. Hierzu bedarf es,
wie Iwan Bloch in seinem Werke, die Prostitution — siehe Münch,
med. Wochenschr. No. 41, S. 2239, 1912 — nachzuweisen sich bemüht,
einer ganz neuen Ethik im Sinne der Anerkennung der Sexualität.
Aber der Weg zum Ziele ist lang. Die andere, unseren Tagen näher¬
stehende, müht sich um das schneller Erreichbare: die Eindämmung
der Prostitution und die Verminderung ihrer die Gesamtheit schä¬
digenden Folgen. Im Sinne dieser zweiten Partei ist das Buch von
Leonhard geschrieben. Demzufolge wendet es sich auch mehr an
den Sexualpathologen als das B 1 o c h sehe Werk es tut. Der Ver¬
fasser sagt im Vorwort, es sei ihm nicht darum zu tun, unausführbare
Ideen zu Papier zu bringen oder sich in uferlosen Utopien zu ergehen,
sondern Vorschläge zu konstruieren, die sich auf bereits gemachten
Ratschlägen und Versuchen aufbauen und sich unter allen Umständen
erfolgreich zur Ausführung bringen lassen. Ref. stimmt mit Verf.
überein, dass der Stoff erschöpfend, aber dennoch kurz und verständ¬
lich geordnet den Lesern vorgeführt werde. Aus allen Zeilen spricht
die Erfahrung, welche Verf. auf dem Gebiete durch die Praxis ge¬
sammelt hat. Seine Erwartungen für gänzliche Ausrottung des Uebels
sind offensichtlich nicht hoch gespannt.
Der erste Teil ist ein theoretischer. Er beschäftigt sich mit der
Geschichte der Prostitution, ihrem Wesen und ihren Ursachen, ihrem
Umfang, den Hauptrichtungen ihrer Bekämpfung und der Notwendig¬
keit der Bekämpfung. Offen bekennt sich Leonhard als An¬
hänger der Reglementierung und als Gegner des Abolitionismus.
Auch er will durch Aenderung gewisser sozialer Verhältnisse die
Quelle der Prostitution zum Versiegen bringen, aber die Verwirk¬
lichung dieser Evolution nicht abwarten, sondern sich mit der tat¬
sächlich vorhandenen Prostitution als der hauptsächlich fassbaren
und sichtbaren Quelle der Geschlechtskrankheiten befassen. Und
das kostet Geld. Deshalb fort mit dem bisherigen kleinlich knause¬
rigen und bureaukratischen System.
Der zweite Teil, Prophylaxe, wendet sich den Vorbeugemitteln
der Prostitution zu. Er setzt auseinander die Erziehung und Auf¬
klärung, Besserung der Wohnungsverhältnisse, die Fürsorge für un¬
eheliche Kinder, die Besserung der sozialen Verhältnisse, frühzeitige
Eheschliessung, Kampf gegen den Alkoholismus, Schutz unehelicher
Mütter, Bekämpfung der Pornographie, Kampf gegen den Mädchen¬
handel. Er behandelt also die Mittel, welche schliesslich mal ein
günstiges Ergebnis haben können, deren Einfluss aber von den jetzt
Lebenden schwerlich gespürt werden kann.
Der dritte Abschnitt, der Ausdehnung nach auch der längste,
erörtert sozusagen die Technik, mit der den Folgen der nun einmal
vorhandenen Prostitution zu Leibe gegangen werden soll. Ich möchte
ihn als Therapie der Prostitution bezeichnen. In ihm behandelt
Leonhard die sanitätspolizeilichen Massnahmen, die Unter¬
suchungslokale, die Kontrollärzte, die Untersuchungsart, Ueber-
wachung der heimlichen Prostitution; die Animierkneipen, die männ¬
liche Prostitution, das Gesundheitsamt, die Sittenpolizei, Schweige¬
pflicht und Berufsgeheimnis, Kostenpunkt und Heranziehung der
Krankenkasse — ganz besonders interessant sind die Gedanken über
Prostituiertenkrankenkassen — die Prostitutiertenfüisorge und die
Reform der Sittenpolizei.
Der vierte Teil beleuchtet die vielfachen Widersprüche in der
Gesetzgebung bez. der Prostitution — Kuppelei und ihre Duldung —
und fordert einheitliche logische Bestimmungen für das ganze Reich.
Auch die Rassenhygiene kommt zu ihrem Recht.
„Und könnte trotzalledem eine Ausrottung der Prostitution auch
in ferner Zukunft nie erreicht werden, so kann doch manches ge¬
bessert, und besonders können die sittlichen und gesundheitlichen
Schäden, an deren Folgen die ganze Nation zu tragen hat, herabge¬
mindert werden.“
Am Schluss 180 Literaturnachweise.
Gleichgültig ob der Leser den Standpunkt des Verfassers teilt
oder nicht: jedenfalls wird die Lektüre des Buches sein Wissen be¬
reichern, und er wird seine Freude haben an der klaren, offenen,
männlichen Behandlung des grossen Stoffes.
Karl T a e g e - Freiburg i. B.
Die Geschlechtskrankheiten und ihre Verhütung im k. u. k. Heere,
in der k. u. k. Landwehr und in der k. u. k. Marine mit vergleichen¬
der Berücksichtigung fremder Staaten. Von Dr. Josef Urbach.
Wien, Josef Safar. Preis 5 M. 95 Seiten.
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Die eingehende Arbeit bringt im ersten Teile die Ergebnisse
der Statistik, verbunden mit der notwendigen Kritik. Wie notwendig
eine solche ist, zeigt die angeführte Acusserung eines' finnischen
Militärarztes, welcher zugibt: „Wir haben, um zu einer geringen
Krankenzahl zu gelangen, nur die allerschwersten Tripperfälle im
Krankenhause behandelt und in die Statistik aufgenommen, die übrigen
waren ambulante Kranke.“
Der zweite Teil befasst sich mit der Verhütung der Geschlechts¬
krankheiten und bespricht die verschiedenen Vorschläge, die in dieser
Beziehung gemacht wurden. Angenehm fällt bei der Arbeit auf, dass
der Verfasser sich gleich weit von übertriebenen Erwartungen, wie
von einer lähmenden Mutlosigkeit entfernt hält. Die Vorschläge, die
Urbach bringt, haben den Vorteil, dass sie aufs Ganze gehen und
der Vielgestaltigkeit der Personen und Umstände gerecht werden.
S i e b e r t.
Dr. med. M. Fiebig: Die Gesundheitsverhältnisse der Rheini¬
schen Missionsarbeiter. Protokoll der VI. Jahresversammlung des
Deutschen Instituts für ärztliche Mission, Stuttgart 1912.
Fiebig hat die Krankenstatistik von 775 Missions¬
arbeitern der Rheinischen Mission, nämlich 385 männlichen und
390 weiblichen bearbeitet. Eine Berechnung lehrte unter anderem,
dass 85 Proz. der erwähnten Missionsarbeiter in die Ehe treten. Die
Kinderzahl in Ehen von genügender Dauer betrug im Durchschnitt 5,
die Säuglings- und Kleinkindersterblichkeit abgerechnet, während auf
7 fruchtbare Ehen eine kinderlose kommt. In bezug auf die Sterili¬
tät der Ehen bei den Missionaren zeigen sich also auch in den tro¬
pischen Gebieten dieselben Verhältnisse, wie sie auf Grund von
Tausenden von Fällen für England und Amerika berechnet worden
sind. Hierdurch wird die Ansicht, dass Europäerehen in den Tropen
weniger fruchtbar sind als in der Heimat, widerlegt.
"Hervorzuheben sind die Todesfälle im Mutterberuf bei den
Missionarsfrauen. Die Zahl derselben ist ebenso gross, wie die
Sterblichkeitsziffern der Frauen bei sämtlichen akuten Infektions¬
krankheiten, inklusive die Lungentuberkulose. Es starben über
5 Proz. der Missionarsfrauen während und infolge des Gebäraktes. I
Da diese Zahl in Deutschland noch nicht ganz 1 auf 1000 beträgt,
so war die Lebensgefahr bei diesem physiologischen Akt für die
Missionarsfrauen 50 mal grösser, als sie bei den Frauen im Vater¬
land ist.
Was die Dienstperioden betrifft, so zeigte es sich, dass
die Missionare in Deutsch-Südwestafrika in der ersten Periode
10—17 Jahre dienen konnten. Fiebig macht den sehr berechtigten
und beachtenswerten Vorschlag, die erste Dienstperiode der Be¬
amten und Soldaten in Siidwest, die im letzten Sommer vom Reichs¬
tag von 3 auf 4 Jahre verlängert wurde, womöglich noch um einige
Jahre zu verlängern. Die auf diese Weise gesparten Gelder könnten
den betreffenden Beamten und Soldaten dadurch wieder zugute
kommen, dass ihnen die Möglichkeit zur Verheiratung mit deutschen
Frauen erleichtert wird. Auf diese Weise wäre beiden Teilen ge¬
holfen, dem genannten Personal und der Kolonie.
O 1 p p - Tübingen.
Leonardo da Vinci: Quaderni d’Anatomia II. Ventiquattro
fogli della Royal Library di Windsor. — Cuore: Anatomia e Fisio-
logia. — Publicati da Ove C. L. Vangensten, A. Fonahn,
H. Hopstock. Con traduzione inglese e tedesca. Christiania,
Jacob Dybwad M. C. M. XII. 12 Bl. + 2 X 47 pag. SS. X 3 Bl.
+ 30 Tafeln. Hochfolio. 90 M.
Sicher schreitet die grosse Arbeit weiter: nach Jahresfrist der
zweite Band; und der dritte Band, die Geschlechtsorgane enthaltend,
ist so weit gefördert, dass auf sein Erscheinen im Jahre 1913 ge¬
rechnet werden kann. Der vorliegende zweite Band ist in seinen
Reproduktionen von mindestens der gleichen Vollkommenheit; einige
Aeusserlichkeiten sind praktischer gestaltet. Dieser Band besteht
aus 23 Blättern und einem Blattfragmente, die schon dadurch als
zusammengehörig sich erweisen, dass sie sämtlich auf dem gleichen
blaugrauen Zeichenpapier gezeichnet bzw. geschrieben sind. Als
Entstehungszeit kann man das letzte Jahrzehnt in Leonardos
Leben annehmen; denn auf einem der Blätter findet sich oben am
Rande die Datierung von Leonardos Hand „addj 9 dj giennaro
1513“, das wäre also nach unserer heutigen Rechnung der 9. Ja¬
nuar 1514, und am 2. Mai 1519 ist er gestorben. Wir haben somit hier,
wo wir sein Ringen um die volle Erfassung der Blutbewegung, der
Herzaktion, der Lungenaktion und der Thoraxfunktionen vor uns
sehen, wohl sein letztes Vermächtnis vor uns auf diesem Gebiete,
wenn auch noch andere noch unveröffentlichte Studien über die
Anatomie und Physiologie des Herzens von seiner Hand vorhanden
sind, die in anderem Zusammenhänge später veröffentlicht werden
sollen. Doch mit der Behandlung dieses wichtigen anatomisch¬
physiologischen Problemes, das er in eifrigster Untersuchung mächtig
gefördert hat, wenn es ihm auch seine letzten Rätsel nicht erschloss,
ist der Inhalt dieses Bandes lange nicht erschöpft. Leonardo
erforscht hier die Muskulatur des Halses, die longitudinale Rumpf¬
muskulatur, die Muskeln des Zwerchfells und der Bauchwand und
den Mechanismus der Darmentleerung wie den der Atmung, der m
der Ausdehnung der Lungen durch die gemeinsame Aktion der
Thoraxmuskulatur und des Zwerchfells beruht; einen Eintritt von
Luft von den Bronchialverzweigungen aus in die Blutbahn und von
da ins Herz weist er experimentell durch Aufblasen der Lunge als
unmöglich nach. Im Herzen macht er in einem Falle die Beobachtung
eines offenen Foramen ovale und notiert dies für weitere Prüfung,
ohne es zu generalisieren. An Diskursen zur allgemeinen Anatomie
ist kein Mangel, über Nerven, Muskeln, Sehnen, Faszien, Ligamente
und Knochen, über das spezielle Verhältnis der Muskeln zu ihren
Sehnen; ferner wird über die Ausscheidung und Zirkulation beim
Embryo, über Vogelflug, über den Einfluss der Sonne und des Mondes
auf Ebbe und Flut usw. gehandelt und die Frage erörtert, ob durch
Zeichnungen oder durch Beschreibungen die anatomischen Verhält¬
nisse des Körpers sich besser wiedergeben lassen. Er preist die
Mathematik, die allein das wahre Wissen von den Dingen vermittele
und spottet über die, die an der Oberfläche bleiben, und über die
Unbelehrbarkeit der Gelehrten, während fortschreitende Sicherheit
der Erkenntnis Liebe und Begeisterung wecken, die zur Gewinnung
neuer Erkenntnis aneifern. Darum mahnt er auch zur Verehrung der
grossen Geister der Menschheit. Karl Sudhoff.
J. Lionel Tay ler: The Nature of Woman. (Die Natur des
Weibes.) London 1912 bei A. C. Fifield. Preis M. 3.50. 186 S.
Das vorliegende BiichleLn befasst sich mit der modernen Frauen¬
bewegung und erörtert die nur zu häufig übersehene biologische Seite
der Frage. Die extremen Frauenrechtler betrachten die Frau als
Mann mit weiblichen Geschlechtsorganen, und for¬
dern daher absolute Gleichstellung der beiden Geschlechter bei der
Erziehung und im späteren Leben. Nach Ansicht des Verfassers ist
dieser Standpunkt biologisch verfehlt. Das Geschlecht gibt sich nicht
nur in seinen äusserlichen Formen kund, sondern drückt auch dem
Charakter und der Psyche einen individuellen Stempel auf. Mann und
Weib ergänzen einander in dieser Hinsicht, man kann daher weder
von einer Gleichheit noch Superiorität des einen oder anderen Ge¬
schlechtes reden. Die modernen Frauenrechtler werfen ihre In¬
dividualität, diesen kostbarsten Schatz der Natur, weg und gefährden
dadurch sich selbst und die Zukunft der menschlichen Rasse. Gegen
die Bestrebungen, die Erziehung und Stellung der Frau zu ver¬
bessern und modernen ökonomischen Verhältnissen anzupassen, ist
nichts einzuwenden, solange sich dieselben innerhalb der biologischen
Grenzen bewegen. Nach wie vor bleibt aber das Heim und die
Familie die geeignetste Wirkungsstätte der Frau. — F>as Buch ist in
allgemein verständlicher und anregender Weise für Laien geschrie¬
ben, trotzdem gibt sich auf jeder Seite die tiefe Gedankenarbeit und
der wissenschaftliche Ernst des Verfassers kund. Er verspricht sich
im Vorworte nur einen kleinen Leserkreis. Nach meiner Meinung
reicht jedoch dieses Buch über das alltägliche Niveau weit hinaus
und sollte daher von vielen gelesen und beherzigt werden.
P. Daser- London.
Hans Much: Denken und Schauen. Wiirzbu'rg, Verlag Kurt
Kabitzsch, 1913. 135 S. Preis geb. M. 4.50.
Aus der Reihe tiefempfundener Gedichte, die den Band füllen,
sei als Probe des dichtenden Kollegen das folgende hieher gesetzt:
Mikroskop.
Hat dein Auge wissensdurstig
Schönheitsfroh die Welt genossen,
Blieb dir doch die grösste Freude
Und die schönste Welt verschlossen.
Alle Lust wird hier vertiefter,
Alle Farben leuchten klarer.
Alle Form wird gross und einfach,
Alle Weisheit scheint dir wahrer.
Doch aus all der reinen Fülle:
Farben, Formen, Tod und Keimnis —
Gleich unnahbar winkt und lächelt
Hoheitsmächtig das Geheimnis.
Max Nassauer - München.
Neueste JournaHiteratur.
Zeitschrift für klinische Medizin. 76. Band, 3. u. 4. Heft.
11) H. T ach au: Der diagnostische Wert der Harnpepsinbestim-
tuung. (Aus der I. inneren Abteilung des Rudolf Virchow-Kranken-
hauses in Berlin.)
Bei 27 Patienten mit normalem Mageninhaltsbefund fanden sich
23 mal normale, 2 mal verminderte Werte, 2 mal maximale Herab¬
setzung des Harnpepsins, bei 15 Patienten mit Subazidität und nor¬
malem Pepsinbefund im Magen waren 13 mal normale, 2 mal ver¬
minderte Harnpepsinwerte, bei 20 Patienten mit Anazidität und stark
herabgesetzter Pepsinsekretion 6 mal normale, 4 mal herabgesetzte
Werte, 10 mal maximale Herabsetzung des Harnpepsins, bei 12 Pa¬
tienten mit Magenkarzinom 2 mal normale, 3 mal verminderte Werte,
1 mal maximale Herabsetzung des Harnpepsins zu konstatieren. Das
Verhalten des Harnpepsins gibt also keine sicheren diagnostisch ver¬
wertbaren Aufschlüsse. Es ist weder bei einer Herabsetzung der
Fermentmenge im Harn mit Sicherheit eine krankhafte Veränderung
der Magensekretion anzunehmen, noch bei normaler Harnpepsinmenge
eine Magenaffektion auszuschliessen. Auch für die Differentialdia¬
gnose des Magenkarzinoms gibt die Harnpepsinuntersuchung keine
verwertbaren Anhaltspunkte.
14. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
89
12) Marie Kaufmann -Wolf: Weiterer Beitrag zur Kennt¬
nis lies Schicksals Syphiliskranker und ihrer Familien.
Die Verfasserin stellte im Anschluss an eine frühere Arbeit, in
welcher die Resultate der Krankengeschichten und Katamnesen von
19 Patienten aus der E r b sehen Klinik verwertet waren, Nachfor¬
schungen über das Schicksal von 9 Patientinnen der psychiatrischen
Klinik an, bei denen zumeist progressive Paralyse diagnostiziert wor¬
den war. Die Untersuchung ergab: von den 20 Ehegatten, welche
der Familie der 9 Patienten angehörten, ist mehr als die Hälfte (11)
gestorben, hauptsächlich an nervösen Erkrankungen. Konjugale ner¬
vöse Erkrankungen sind darunter 4 (darunter nur 2 metasyphilitische,
1 ’l'abes und 1 Paralyse). Schwere Erkrankungen der Zirkulations¬
organe treten gegenüber den Resultaten der ersten Studie als Todes¬
ursache bedeutend zurück, Mitbeteiligung des Zirkulationsapparates
findet sich jedoch bei beiden Kategorien in ziemlich gleicher Weise
etwa in der Hälfte der Fälle. Die grosse Zahl und die Schwere der
nervösen Erkrankungen spricht dafür, dass es eine für das Nerven¬
system besonders verhängnisvolle Art der syphilitischen Erkrankung
im Sinne Nonnes, eine Lues nervosa gibt. Sehr auffallend ist fer¬
ner die überaus traurige Beschaffenheit der Nachkommenschaft dieser
Familien. Es konnten 33 Aborte, Früh- oder Todgeburten und nur
33 lebend geborene Kinder eruiert werden. Von diesen 33 lebend
Geborenen lebten zur Zeit der Nachforschung noch 13, von diesen
schienen aber nur mehr 2 körperlich, geistig und moralisch intakt zu
sein. 16 waren in frühester Jugend, 3 an Suizid. 2 an Epilepsie, 1 an
einer Darmoperation gestorben, von den 13 lebenden sind 11 entweder
mit Gehör- und Augenkrankheit, oder mit Schwachsinn, oder mit Epi¬
lepsie, Hysterie, nervöser Aufregung, moralischen Defekten, oder
sonstiger psychopathischer Anlage behaftet. Im Gegensatz zu dieser
schweren Form der Lues nervosa stellt die Syphilis occulta, welche
das Material für die erste Studie geliefert hatte, ein verhältnismässig
leichtes Krankheitsbild dar.
13) E. Gressot: Zur Lehre von der Hämophilie. (Aus der
ined. Klinik des Bürgerspitals in Basel.)
Der vom Verf. beobachtete Fall betraf einen 27 jährigen Arbeiter,
der an einer Blutung aus einem Magengeschwür zugrunde ging. Die
Nachforschungen ergaben die bekannten Hereditätsverhältnisse mit
der Eigentümlichkeit, dass der Patient der Generation angehörte, in
welcher die Krankheit erstmals zum Ausbruch kam: in der ersten
Generation sind alle männlichen Mitglieder getroffen, in der zweiten
Generation fast mathematisch genau nur die Hälfte, entsprechend dem
Mendel sehen Gesetz. Die Regenerationskraft des Blutes war eine
bedeutende. Es fand sich normale Zahl der weissen Blutkörperchen
mit relativer Lymphozytose und leichter Vermehrung der Eosino¬
philen. Die Resistenz der Erythrozyten gegen Hämolyse war deut¬
lich vermindert. Die Gerinnungszeit des Blutes war sehr erheblich
verlängert, bis zu 6 Stunden 15 Min. Die bei den diesbezüglichen
Untersuchungen beobachteten grossen Schwankungen fanden ihre Er¬
klärung in der nicht immer genügend vermiedenen Beimischung von
Gewebssaft zum Blut. Die Verzögerung der Gerinnung war auch
während der Blutungen sehr erheblich. Physiologische Kochsalz¬
lösung, KCl- und NasCOa-Lösung bewirkten eine leichte Verzögerung
der Blutgerinnung, CaCL> eine bescheidene, aber deutliche Erhöhung
der Gerinnungsfähigkeit. Defibriniertes normales Blut erhöhte die
Gerinnungsfähigkeit mehr als Serum, frisches Serum mehr als altes
oder auf 60“ erhitztes Serum, klar durch Tonfilter filtriertes normales
Menschenserum beschleunigte die Gerinnung in keiner Weise. Organ¬
extrakte, vom Kaninchen gewonnen, waren sehr wirksam, durch Fil¬
tration durch ein Tonfilter biissten sie sehr an Wirksamkeit ein. Auf¬
schwemmung von Lehm, also feinste suspendierte Teilchen beschleu¬
nigten die Gerinnung, aber nicht in dem Masse, dass die Gesamt¬
wirkung der Organextrakte nur auf ihre Eigenschaft als Suspension
feinster Bestandteile zurückgeführt werden könnte. Eigenes Kan-
tharidenblasenserum des Hämophilen hatte eine gerinnungsbeför¬
dernde Wirkung. Der Gehalt des hämophilen Serums an Antithrom¬
bin war geringer als normal, ebenso der Gehalt an Fibrinferment und
Thrornbokinase. Die Untersuchung mit Extrakten aus den Organen
des Patienten ergab, dass in denselben kein Mangel an Thrombo-
kinase vorhanden war, sondern eher das Gegenteil. Es kann sich da¬
her bei der Hämophilie nicht um einen allgemeinen Mangel an
Thrornbokinase, sondern nur um einen Mangel desselben im Blut
selbst und in den Gefässendothelien handeln. Therapeutische Ver¬
suche mit Men^chenserum sowie defibriniertem Menschenblut waren
erfolglos. Ebenso Versuche mit „skeptophylaktischem“ Kaninchen¬
serum — Kaninchen waren durch intravenöse Einverleibung von
Organextrakten immun gegen neue Injektionen derselben, „skepto-
phylaktisch“, gemacht worden, d. h. es hatte sich wahrscheinlich ein
gegen die Thrornbokinase gerichteter Antikörper gebildet. Die Hoff¬
nung, durch Einspritzung dieses skeptophylaktischen Serums auf re¬
aktivem Wege beim Hämophilen eine stärkere Produktion von
1 hrombokinase auszulösen, erfüllte sich also nicht. Auch Autotrans¬
fusion sowie Injektion von Pepton Witte waren erfolglos. Auch durch
Einflössen von rohem Fleischsaft während der Magenblutung Hess sich
keine Beeinflussung der Blutung erzielen.
14) O. Hansen: Ueber einige Wirkungen grosser Dosen Natr.
bicarb. bei Diabetes mellitus. (Aus der ined. Abteilung A des Rigs-
hospitals in Christiania.)
Die Beobachtungen ergaben häufig Zunahme des Körpergewichts
bei Diabetikern bei täglicher Zufuhr von 20 — 30 g Natr. bicarb.; bei
längerem Gebrauch trat Gewichtskonstanz oder wieder Abnahme ein.
Die Gewichtszunahme ist auf Wasserretention zu beziehen. Albumin¬
urie, die bei Diabetes häufig nur durch die Azidose verursacht wird,
schwand in vielen Fällen oder wurde doch wesentlich geringer. In
einem Falle, bei welchem grosse Atmung, träges Sensorium, kolla¬
biertes Aussehen und frequenter Puls als Komasymptome anzu¬
sprechen waren, wurde durch intravenöse Infusion von 5 Liter 4 proz.
Auflösung von Natr. bicarb. in 0,9 proz. physiolog. Kochsalzlösung
in 4 Absätzen Heilung erzielt, welche aber nach 2 Monaten von einem
neuen tödlichen Koma gefolgt war. Bei 5 weiteren Patienten mit
Coma diabeticum konnte die Injektion von Natr. bicarb. den Tod nicht
aufhalten; bei 3 der Fälle traten im Anschluss an die Injektionen
tonisch-klonische Krämpfe auf.
15) G. Gjestland: Ein Fall von Paralysis agitans mit be¬
deutender Vergrösserung der Glandulae parathyreoideae. (Aus der
med. Abteilung A des Rigshospitals zu Christiania.)
Bei einem 75 jährigen, an Paralysis agitans leidenden, an einem
Erweichungsherd im Grosshirn und Bronchopneumonie zugrunde ge¬
gangenen Tischler ergab die Sektion eine beträchtliche Vergrösserung
der Epithelkörperchen, von denen das grösste 40 mm lang und 10 mm
breit war. Ob die Paralysis agitans zu den Epithelkörperchen in Be¬
ziehung zu bringen ist, bzw. als durch eine Hyper- oder eine Hypo¬
funktion derselben hervorgerufen anzusehen ist, ist noch völlig un¬
klar.
16) H. Curschmann: Ueber intermittierende Basedowsym-
ptome (bei Tabes dorsalis und Bronchialasthma). (Aus der inneren
Abteilung des städt. Krankenhauses in Mainz.)
Zu einem kurzen Referate nicht geeignet.
17) M. Georgopulos: Ueber die entgiftende Tätigkeit der
Parathyreoidea bei der Nephritis. (Aus dem Laboratorium des städt.
Krankenhauses Elpis in Athen.)
Die Mehrzahl von Kaninchen, welchen die Thyreoidea ohne die
Epithelkörperchen exstirpiert und Urannitrat injiziert wurde, lebten
2 Tage länger als die Kontrolltiere, welchen bloss Urannitrat injiziert
wurde, bei welchen also die antagonistische Wirkung der Schilddrüse
erhalten geblieben war. Wurden die Thyreoidea mit den Epithel¬
körperchen oder die Epithelkörperchen allein zu einer Zeit heraus¬
genommen, wo infolge der Uranwirkung schon Anurie sich eingestellt
hatte oder unmittelbar bevorstand, so liess sich keine Verlängerung
des Lebens erzielen gegenüber nicht operierten Tieren. Wurden die
Schilddrüsen entfernt und gleichzeitig doppelseitige Nephrektomie
vorgenommen, so starben die Tiere ebenso früh, wie wenn nur die
Nieren entfernt worden waren. Es kann sich also nicht um eine Hem¬
mung der Giftwirkung der gewöhnlichen Stoffwechselprodukte durch
die Epithelkörperchen handeln, sondern es muss eine Hemmung spe¬
zifischer Giftstoffe, die sich' bei der Urannephritis der Kaninchen bil¬
den, vorliegen.
18) Th. Bär sony und E. Egan: Ueber die diagnostische Ver¬
wertung der Echinokokken-Komplcmentbindimg. (Aus der III. med.
Klinik in Pest.)
Die Verff. stellten sich Antigen mit konstantem Titer dadurch
her, dass sie die Flüssigkeit von aus dem Schlachthaus bezogenen
Echinokokkenzysten steril auffingen, im Vakuum einengten, bis der
Titer ca. 2 ccm betrug und mit Phenol bis zu Ai Proz. versetzten;
im Eisschrank aufbewahrt hielt sich das Antigen monatelang. Bei
8 Echinokokkuskranken erhielten sie damit vor resp. kurze Zeit nach
der Operation positive Komplementbindungsreaktion, in 5 Fällen voll¬
ständige, in 3 Fällen unvollständige Hemmung. In 3 Fällen, bei denen
die Reaktion längere Zeit nach der Operation ausgeführt wurde, war
die Reaktion negativ. Vollständige Hemmung war ausser bei Echino¬
kokkus in keinem Fall zu finden. Unvollständige Hemmung war in
8 Fällen vorhanden, bei welchen kein Echinokokkus bestand. Bei
6 davon war die Wassermann sehe Reaktion positiv, einer hatte
eine Taenia mediocanellata, einer chronische Cholelithiasis mit schwe¬
rem Ikterus und Pankreatitis. Es ist daher nur eine stark positive
Reaktion für die Diagnose Echinokokkus zu verwerten. Bei nega¬
tivem Ausfall der Reaktion ist Echinokokkus nur mit Wahrscheinlich¬
keit auszuschliessen. Die auf Lokalanaphylaxie beruhenden Re¬
aktionen fielen negativ aus. Perkutane und intrakutane Impfungen
mit stark eingeengter Zystenflüssigkeit blieben erfolglos.
19) G. Goerdeler: Die Kriterien der abgelaufenen Tuberku¬
lose der Lungen und ihrer regionären Lymphdrüsen. Eine ana¬
tomische Studie. (Aus der pathol.-anat. Anstalt der Stadt Magde¬
burg.)
Der Verfasser verwendete zu seinen Untersuchungen eine Kom¬
bination der Weigert sehen Elastinfärbung mit der Haemalaun-
v a n G i.e s o n sehen Lösung und kommt zu folgenden Resultaten.
Es gibt verschiedenartige indurative Lungenveränderungen, teilweise
als typisch zu bezeichnende und häufig vorkommende und ebenso
Hilusdrüsenindurationen, welche nicht tuberkulöser Genese sind. Als
sicher tuberkulös können nur solche Lungenindurate angesehen wer¬
den — das gleiche gilt von den indurierten Bronchial- und Hilus-
drüsen — , die tuberkulöse Gewebsproliferationen oder tuberkulös¬
käsiges Material aufweisen. Zahlreiche Indurationen sind als zwei¬
felhaften Ursprungs zu bezeichnen. Diffuse Verkalkung und Knochen¬
bildung sind keine Kriterien auf Tuberkulose; scharfe Abgrenzung
einer Schwiele der Pleura oder der Lunge bietet keinen Anhalts¬
punkt für ihre Genese. Das gleiche gilt von Pleuraverwachsungen
und von tuberkulösen Affektionen der regionären Lymphdrüsen be¬
züglich ihrer Verwertung zur Beurteilung von Lungenindurationen.
Krankheitsprozesse nichttubeikulösen Ursprunges können in Lungen
90
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
und Hilusdrüsen zu der Tuberkulose ausserordentlich ähnlichen Ver¬
änderungen führen. Es können auch tuberkulöse und nichttuberkulöse
Indurate nebeneinander Vorkommen. Wie häufig die Tuberkulose
beim erwachsenen Menschen vorkommt, ist einwandfrei zu ermitteln
unmöglich. Lindemann - München.
Zentralblatt für innere Medizin. No. 36 — 50, 1912.
No. 36. W. S c h o e t z - Magdeburg: Sammelreferat aus dem
Gebiete der Otiatrie. (Januar bis Juni 1912.)
No. 37. G. B ö s c h : Ein Fall von primärem Melanosarkom
des Zentralnervensystems bei multipler Sklerose. (Path. Institut
Prag.)
Primäres pigmentiertes Spindelzellensarkom des Kleinhirns als
zufälliger Sektionsbefund bei einem Fall von multipler Sklerose.
Der Tumor ging von den als Chromatophoren bezeichneten Elementen
der Leptomeninx aus. Die klinischen Erscheinungen wurden als
Tabes mit progressiver Bulbärparalyse gedeutet.
No. 38. H. R ö d e r - Elberfeld: Das Wesen und die Behandlung
rheumatischer Erkrankungen. Betrachtung über Lymphzirkulations-
störung.
Betonung der Bedeutung des lymphatischen Rachenrings und
seiner Behandlung bei Rheumatikern durch Anwendung des Prym-
schen Saugers für die Gaumentonsillen. Die dadurch erzielte Besse¬
rung des Lymphstromes, Hebung der Retention hat günstige Wir¬
kungen auf Gelenkschwellungen, Neuralgien sofort zur Folge.
No. 39. C. Bachem -Bonn: Sammelreferat aus dem Gebiete
der Pharmakologie. (April bis Juni 1912.)
No. 40. L. Merian: Positiver Leprabazillenbefund im In¬
halte einer Kuhpockenpustel bei einem an Lepra tuberosa leidenden
Patienten. (Med. Klinik Zürich.)
20 jähriger Teppichweber, aus einer Lepragegend, mit Lepra,
Nachweis der Bazillen in Ausstrichpräparaten von Kohlensäureschnee.
Verbrennungsblasen über einem Erythemfleck des linken Unterarmes.
In Vakzinationspusteln nach Impfung mit tierischer Lymphe ebenfalls
Leprabazillen.
No. 4L No. 42 ohne Originalartikel.
No. 43. 1) Mitteilung der Arzneimittelkommission des deutschen
Kongresses für Innere Medizin.
2) 0. David: Typhus mit fünfmaligem Rezidiv. (Med. Klinik
Halle.)
Krankengeschichte und Temperaturkurve des 11jährigen Knaben
werden mitgeteilt.
No. 44 ohne Originalartikel.
No. 45. H. Sowade: Sammelreferat aus dem Gebiete der
Dermatologie und Syphilidologie. (I. Vierteljahr 1912.)
No. 46. Igersheimer: Sammelreferat aus dem Gebiete der
Augenheilkunde (1. Vierteljahr 1912).
No. 47. 1) A. Oszacki: Ueber Enteiweissung und Reststick-
stoffbestimmung des Blutes und seröser Flüssigkeiten mittels Uranil-
azetat. (III. Med. Klinik Wien.)
Die zu untersuchende Flüssigkeit (Blut oder andere seröse
Flüssigkeiten, geronnenes Serum) entsprechend verdünnt, wird mit
gleicher Menge der l,5proz. wässrigen Uranilazetatlösung ausgefällt.
Das Filtrat wird im grossen Verbrennungskolben mit konzentrierter
Schwefelsäure eingedampft, in Gegenwart von Uranilazetat verbrannt
und nach Kjeldal destilliert. Von der in der Vorlage gewonnenen
NHs-Menge ausgerechneter und auf 100 ccm Serum umgerechneter
Stickstoffwert gibt den gesuchten Rest-N. Die kleinste Serummenge,
mit der man noch zuverlässig arbeiten kann, ist 15 ccm, am besten
sind 50 ccm. Die Resultate sind zuverlässig, die Methode ist sehr
einfach und zu klinischen Zwecken brauchbar.
2) W. Gross: Sammelreferat aus dem Gebiete der allgemeinen
Pathologie und pathologischen Anatomie.
No. 48. C. Bachem: Sammelreferat aus dem Gebiete der
Pharmakologie. (Juli bis September 1912.)
No. 49 ohne Originalaufsatz.
No. 50. Fr. Lehnerdt: Vierteljährliches Uebersichtsreferat
aus dem Gebiete der Kinderheilkunde. (III. Quartal 1912.)
W. Zinn- Berlin.
i
Archiv für klinische Chirurgie. Bd. 99, Heft 2, 1912.
13) R. Hinz: Ueber den primären Dünndarmkrebs. (Chir. Abt.
des Kreiskrankenhauses Gross-Lichterfelde, Prof. v. Ries e.)
Bisher sind 52 Fälle von primärem Dünndarmkrebs bekannt, der
etwas über 3 Proz. aller Darmkarzinome ausmacht. Männer werden
etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Am häufigsten wird er
im 5. Lebensjahrzehnt beobachtet. Zu scheiden sind die nicht steno-
sierenden und immer mit Proliferation der Geschwulst verbundenen
Formen von den stenosierenden. Die ersteren machen vielfach nur
allgemeine Symptome, wie Abmagerung, Appetitlosigkeit und all¬
gemeine Schwäche. In einem Viertel der Fälle werden fixe und
auch kolikartige Schmerzen beobachtet. Ikterus und Blut im Stuhl
kommen wahrscheinlich nicht vor, Erbrechen und Auftreibung des
Leibes äusserst selten, Darmsteifungen mehrfach. Die richtige Lo¬
kalisation des meist fühlbaren Tumors ist bis jetzt nie richtig ge¬
lungen. Die hochsitzenden stenosierenden Dünndarmkrebse machen
anfallsweise auftretende kolikartige Magenbeschwerden und Er¬
brechen mit galligen Beimengungen. Der Leib ist stark eingesunken.
jVx-“-
Bei Einführung einer Magensonde kommt zuweilen erst bei der Spü¬
lung der gestaute Darminhalt heraus. Die Ansammlung stark galliger
Flüssigkeit genügt, um bei der Röntgendurchleuchtung Konturen zu
erzeugen. Bei tiefsitzenden Dünndarmkarzinomen, die lange latent
bleiben können, ist der Leib nicht aufgetrieben. Erbrechen von
Mageninhalt, galliges und kotiges Erbrechen wechseln miteinander ab.
Die Prognose für die operierten Kranken ist bei den stenosierenden
Karzinomen besser, weil diese eher Symptome machen. Bei dem
nicht stenosierenden Dünndarmkarzinom ist bisher nur eine Dauer¬
heilung unter 16 Fällen zu verzeichnen, während von 26 stenosieren¬
den 5 dauernd geheilt sind.
14) S. G. L e u e n b e r g e r : Ein weiterer Beitrag zur Frage der
Mutation von Harnblasenpapillomen in Sarkom. (Chir. Privatklinik
von Privatdozent Dr. Suter in Basel.)
Einige Jahre nach der Exstirpation eines gutartigen Papilloms
aus der Harnblase entwickelten sich multiple Harnblasenpapillome
und nach weiteren 4)4 Jahren ein nicht papillomatöses Spindelzellen¬
sarkom. Verf. nimmt für beide Geschwulstformen eine gemeinsame
Grundursache — vielleicht die durch eine traumatische Harnröhren-
striktur bewirkte Urinstauung — an.
15) F. K r a u s e - Berlin: Breite Freilegung der Hirnventrikel,
namentlich des vierten.
Bei 2 Kindern entwickelte sich nach einer schweren Geburt eine
schwere zerebrale spastische Parese und eine Jackson sehe Epi¬
lepsie. Die Operation ergab ein Fehlen der motorischen Rinden¬
region und an ihrer Stelle eine Zyste mit frei flottierendem Plexus
chorioideus. Die Zystenwand wurde exstirpiert, in den Defekt
3 Duralapen eingelegt und darüber der Hautknochenlappen fixiert.
Heilung der Wunde und wesentliche Besserung der Paresen, obwohl
die Zentralregion fehlte. Auch bei einem wegen einer Kleinhirnzyste,
die den Wurm mit durchsetzte, operierten Kinde wurde der Defekt
durch Duralappen ausgefüllt und das Kind kam zur Heilung. Bei
einer 4. Kranken fand sich zwischen den beiden Kleinhirnhemisphären
ein Tumor, nach dessen Wegnahme der Boden des 4. Ventrikels frei¬
lag. Die beiden Kleinhirnhälften wurden über der Rautengrube zu¬
sammengezogen und in einen übrigbleibenden freien Spalt ein Dura¬
lappen gelegt. Auch hier erfolgte schliesslich Heilung.
16) L. Stuckey: Ueber Verwendung der freien Netzverpflan¬
zung als blutstillendes Mittel bei der Gallenblasenexstirpation. (Aus
dem Krankenhause der Schwesterngemeinschaft des Roten Kreuzes
zum Andenken an den Generaladjutanten M. P. v. Kaufmann in
St. Petersburg, Prof. Dr. Zeidler.)
In 3 Fällen konnte eine Blutung aus dem Bett der Gallenblase in
der Leber durch Andrückung eines isolierten Netzstückes gestillt
werden. Bei einem 3. Falle, der 3 Tage nach der Operation starb,
fand sich das Netz lückenlos dem nackten Lebergewebe anliegend.
Seine Kapillaren waren strotzend mit Blut gefüllt.
17) H. Lindenberg: Zur operativen Behandlung der Colitis
ulcerosa. (Chir. Klinik zu Rostock, Prof. Dr. Müller.)
Mitteilung von 2 einschlägigen Fällen, von denen einer nach
Anlegung eines künstlichen Afters und Darmspülungen zur Ausheilung
gelangt ist.
18) A. Kocher: Ueber Ulcus ventriculi und Gastroenterostomie.
(Chir. Klinik in Bern, Prof. Th. Kocher.)
Nach des Verf.s Ansicht kann bei der Operation die Diagnose
ob Magenulcus oder Karzinom fast in allen Fällen gestellt werden.
Es spricht für Karzinom, wenn man bei einem Magentumor, der
zwar klein sein kann, aber unregelmässig ist, kein deutliches Ulcus
fühlt oder wenn ein Ulcus nur undeutlich zu fühlen ist, wenn das¬
selbe flach und ausgedehnt ist und wenn seine Ränder unregelmässig,
nur teilweise gefühlt werden können. Für die Differentialdiagnose
lässt sich mit Vorteil die G 1 u z i n s k i sehe Reaktion verwenden.
Für reines Ulcus spricht, wenn bei vermehrter Probenahrung die
Quantität der freien Salzsäure ansteigt oder wenn ein vorher vor¬
handenes Salzsäuredefizit erheblich abnimmt. Für karzinomatöse De¬
generation spricht, wenn die Quantität der freien Salzsäure bei ver¬
mehrter Probenahrung abnimmt. Bei 80 Fällen wurde durch die
Gastroenterostomie bei floridem Ulcus in 78,5 Proz. ein voll¬
kommenes, in 15,5 Proz. ein befriedigendes und in 6 Proz. ein un¬
befriedigendes Resultat erzielt. Von den letzteren sind 3 Proz. an
Carcinoma ventriculi gestorben. Die Gastroenterostomie am tiefsten
Teil der grossen Kurvatur hat zur Folge eine zunächst kontinuierliche
Drainage des Mageninhalts und eine Herabsetzung der Azidität durch
Rückfluss von Galle und Pankreassaft. Damit sind die Bedingungen
zur Ausheilung des Ulcus, wo es auch sitzt, gegeben.
19) A. Blad: Das chronische Duodenalgeschwür und seine
chirurgische Behandlung. (Chir. Klinik in Kopenhagen, Prof. Th.
Rovsing.)
Die Arbeit gründet sich auf 32 operierte Fälle. Hungerschmerz
wurde 8 mal, nächtlicher Schmerz 14 mal festgestellt. 19 mal wurden
die Schmerzen rechts gefühlt. Unter 22 Untersuchungen war 9 mal
die Untersuchung auf okkultes Blut positiv. Alle stark blutenden
Geschwüre sassen in der Konkavität des Duodenums. Von weiteren
objektiven Symptomen waren in der Hälfte der Fälle rechtsseitige
Druckempfindlichkeit, knapp in der Hälfte Hypersekretion und gut
in der Hälfte Retention gefunden. Symptome für Leiden der Gallen¬
wege (Ikterus und Cholezystitis) oder für Leiden des Pankreas (spon¬
tane oder alimentäre Glykosurie) können sich beim Ulcus duodeni
finden und können die Aufmerksamkeit auf diese Krankheit lenken.
Die Operation der Wahl ist in der Regel die Gastroenterostomie.
14. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
91
20) N. D. Busch mak in: Lageveränderung der Arteria popii-
ea bei Flexion und Extension des Unterschenkels, mit besonderer
Berücksichtigung der Frage der Aetiologie der Aneurysmen dieser
trterie. (Anatom. Institut in Kasan, Prof. T o n k o \v.)
Die Arterie, die bei gestrecktem Unterschenkel auf der Geienk¬
apsel selbst liegt, entfernt sich bei der Flexion von der Kapsel bis¬
veilen auf bedeutende Entfernung (0,5 — 1,0 cm) nach hinten zu.
ileichzeitig ist die Arterie einer permanenten mechanischen Ein-
virkung von seiten des in der Nähe liegenden Gelenks ausgesetzt
md ist infolgedessen empfindlicher gegen pathologische Verände-
ungen und mechanische Insulte verschiedener Art (Häufigkeit der
vneurysmen).
21) W. Wendel: Ueber Meningitis serosa circumscripta cere-
iralis (Chir. Abteilung der städt. Krankenanstalt Magdeburg-Suden-
iurg.)
Einen Monat nach einer orbitalen Infektion entwickelten sich bei
inem 26 jährigen Mann die Symptome eines Hirntumors. Bei der
)peration fand sich eine zirkumskripte Flüssigkeitsansammlung an
ler Konvexität des linken Stirnhirns dicht vor der Zentralregion.
)ie Entleerung der Flüssigkeit führte zur Heilung.
22) F. v. F i n k - Karlsbad: Erfahrungen über die chirurgische
Behandlung des Magengeschwürs.
Verf. hält bei den akuten und den chronisch verlaufenden Fällen
’on Ulcus die Gastroenterostomie für das Normalverfahren. Bemer¬
kenswert ist ein Fall, der 3 Jahre nach der Gastroenterostomie ge¬
ieilt blieb, bei dem aber die Untersuchung nach dieser Zeit die Ent-
vicklung eines Tumors aufdeckte, der den Charakter eines Karzinoms
latte.
23) M. Z o n d e k - Berlin : Zur Lehre von der intrarenalen Druck-
iteigerung und der chirurgischen Behandlung der Nephritis.
Verf. fasst die Kapselgefässe (die zum Teil durch das Nieren-
>arenchym in die Kapsel tretenden Aeste der Art. renalis sind näh-
ladel- bis stricknadeldicke Gefässe) als ventilartige Schutzvorrich-
ungen zur Erhaltung des physiologischen Gleichmasses der Zirku-
ation der Niere auf. Bei der Luxation einer Niere während der
Operation kommt es zu einer venösen Hyperämie; deshalb muss
nan bei Operationen zur Feststellung der Konsistenz die Niere zu¬
nächst in situ untersuchen. Die unmittelbaren Folgen der Dekapsula-
ion einer im Zustand künstlich erzeugter akuter hochgradiger venö¬
ser Hyperämie befindlichen Niere sind Druckentlastung und Blut-
■ntziehung. Beide Erscheinungen sind um so ausgesprochener, je
licker, fester und weniger elastisch die Tunica fibrosa vor der De-
capsulation war. Je mehr die Tunica fibrosa dagegen aufgelockert
md durchlässig geworden ist, eine desto geringere Entspannung
hirfte die Dekapsulation zur Folge haben. Eine weitere Wirkung der
Jekapsulation ist eine stärkere Ausschwitzung interstitieller Flüssig¬
keit und sekundär stärkere Blutdurchströmung der Nieren. Bei
ikuter Nephritis hält Verf. die Dekapsulation nur dann für angezeigt,
.venn eine lebenbedrohende Oligurie oder Anurie nach Erschöpfung
ler internen Behandlung besteht.
24) G. A x h a u s e n - Berlin: Ueber einfache aseptische
(nochen- und Knorpelnekrose, Chondritis dissecans und Arthritis de-
ormans.
Verf. hat bei Hunden an der Patella oder an den Kondylen kleine
Bezirke mit einigen Stichen der elektrolytischen Nadel umgeben und
iif Folgen der so gesetzten aseptischen Knorpelnekrosen histologisch
mtersucht. Von den Befunden ist besonders bedeutungsvoll die Tat¬
sache, dass sich nekrotische Gelenkknorpelstücke spontan trennten
md abstiessen. In den subchondralen Markräumen bildet sich ein
sklerotisches Bindegewebe, das die deckende nekrotische Knorpel¬
schicht durchbricht, wodurch dieselbe häufig in mehrere Stücke zer-
>palten wird (Dissektion). Dann kommt es zur spontanen Abtrennung
Exfoliation) der dissezierten nekrotischen Knorpelstücke und dadurch
:ur Bildung einer Knorpelusur. Das ganze weitere Verhalten der
listologischen Bilder zeigte eine überraschende Uebereinstimmung
nit denen der Arthritis deformans. Mit diesen Versuchen glaubt A.
len Beweis für die Richtigkeit der Anschauung Königs von der
Entstehung eines Teiles der freien Gelenkkörper durch spontane
<norpeldissektion erbracht zu haben. Ferner hält A. auf Grund
lieser Experimente und der Tatsache, dass bei der Arthritis defor-
nans des Menschen Knorpelnekrosen nachgewiesen worden sind,
len Schluss für erlaubt, dass in solchen Knorpelnekrosen eine wich-
ige Ursache, ja vielleicht die erste und einzige Ursache der histo-
ogischen Veränderungen bei der Arthritis deformans zu erblicken
'ind. Für die Gestaltung der Gelenkenden bleiben dabei statische
Momente und mechanische Einwirkungen massgebend.
25) A. Vecchi: Rezidivierendes, bösartiges Chordom der
iakro-kokzigealen Gegend. (Chirurg. Klinik der Kgl. Universität
Turin, Prof. Carle.)
Bis jetzt sind 5 Fälle der aus Chordagewebe entstehenden Tu¬
moren beschrieben worden, die sämtlich an der Hirnbasis lokalisiert
vvaren. Im Anschluss an ein 2 Jahre vorher exstirpiertes Chordoma
iacrale (beweglicher Tumor vor dem Steissbeiti) war ein Rezidiv
“ntstanden, das ebenfalls operativ entfernt wurde. Charakteristisch
ür die Chordome sind die Cellulae physaliphorae, polygonale Zellen,
Jie durch Vakuolen ausgezeichnet sind, die den ganzen Zellkörper
erfüllen können, so dass die Zellen das Aussehen von Bläschen ge¬
winnen. Die maligne Natur des Tumors ging daraus hervor, dass
Tumorzapfen in das Innere der Gefässe wucherten. Ausserdem
konnte bei einer neuen Untersuchung wiederum ein Rezidiv fest¬
gestellt werden.
26) Kleinere Mitteilungen.
G. A. Waljaschko: Radikaloperation der Hernien des Nabels
und der Linea alba. (Institut für operative Chirurgie und topo¬
graphische Anatomie an der Universität zu Charkow.)
Verf. spaltet in Höhe der Bruchpforte die vordere Rektalscheide
beiderseits und ebenso beide Rekti quer, legt in den beiderseitigen
Muskelspalt ein Stück Fascia lata und fixiert es in den Muskeln
durch durchgreifende, die vordere Scheide und den Muskel fassende
Knopfnähte. Im Bereich der Bruchpforte wird das ganze Faszien¬
stück mit in die die Bruchpforte verschliessende Naht gefasst. Das
so transplantierte Faszienstück funktioniert so als Teil der Aponeurose
der Linea alba und der Inscriptiones tedineae und gibt einen
besseren Halt als wenn es in Form eines Flickens überpflanzt wird.
L ä w e n - Leipzig.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 119. Bd., 3. — 4. Heft.
A. Na r a t h - Heidelberg: Ueber operative Eingriffe bei der
Pneuniatozele der Parotis und des Ductus stenonianus (Glasbläser¬
geschwulst).
Bei einem 42 jährigen Glasbäser entstand beim Aufblasen der
Backen auf der einen Seite eine Geschwulst in der Gegend des
Ductus stenonianus und der Parotis mit tympanitischem Schall:
durch Kompression verschwindet die Geschwulst unter gurrenden
Geräuschen.
Nach vergeblichen Versuchen, diese Pneumatozele des Ductus
Stenonianus und der Parotis durch Verbände zu beeinflussen, ver¬
suchte N a r a t h durch Verlegung und Verengung des Ganges Heilung
herbeizuführen; aber erst die Exstirpation der Pneumatozele mit
Aetzung resistierender Drüsenreste mit Alkohol und Chlorzink
brachte Heilung.
Normalerweise verhütet die feine Einmündung des Ductus und
sein schräger Verlauf durch den Buccinatorius den Eintritt der Luft.
Während sich bei Spielern von Blasinstrumenten die Affektion
nicht fand, zeigte sich (nach S c h e i e r), dass ca. 6 Proz. der
Glasbläser an der Krankheit leiden; in einigen Fällen entwickelte sich
das Leiden plötzlich, zumeist allmählich.
Es scheint sich nur bei besonderer Blastechnik — bei den sog.
Backenbläsern — - zu entwickeln, bei denen Schleimhautveränderungen
zum Entstehen mitbeitragen.
Ein Teil der Glasbläser gewöhnt sich an den Zustand, andere
müssen den Beruf wechseln.
Bei sorgfältiger Naht zwischen Mukosa des Ganges und der
Wange dürfte die Verlegung des Ganges Dauererfolg haben, am
radikalsten ist die Exstirpation.
Vielleicht könnte auch eine Einpflanzung des Ganges in die
äussere Haut mit nachfolgender Einspritzung von Aetzmitteln Erfolg
haben oder die einfache Unterbindung des Ductus Stenonianus.
A. Wagner: Beitrag zur Chirurgie des Herzens. (Aus der
Chirurg. Abteilung des allgemeinen Krankenhauses in Lübeck.)
Die Forderung Bir chers: bei Herzschussverletzungen mehr
konservativ zu verfahren auf Grund der Beobachtung, dass ein
Patient mit perforierender Schussverletzung des rechten Ventrikels
bei konservativer Behandlung heilte, besteht nach der Ansicht
Wagners nicht zu Recht. Die Durchsicht der Literatur zeigt,
dass nur in der Minderzahl der Fälle eine Herzverletzung wenigstens
in den ersten Stunden nach der Verletzung diagnostiziert werden
kann. Gerade aber die ersten 4 Stunden sind für den operativen
Eingriff wichtig. Mitteilung eines Falles von Thoraxschuss, der als
Herzschuss diagnostiziert war; der operative Eingriff ergab ein
Härnoperikard und einen Hämopneumothorax ohne Herzverletzung.
Der Fall wäre wohl ohne Operation zur Heilung gekommen und wäre
dann als spontan geheilter Herzschuss angesehen worden.
J. Sasaki: Zur experimentellen Erzeugung der Struma. (Aus
der chirurgischen Klinik zu Heidelberg.)
Die Tatsache, dass filtriertes Kropfwasser bei Tieren Kröpfe
erzeugt, der Filterrückstand nicht, ferner der Umstand, dass bei
70—80° das Wasser unschädlich wird, sprechen dafür, dass
es sich bei der Entstehung des Kropfes um Toxinwirkung handelt.
Auf dieser Annahme basierend versuchte Sasaki auf Anregung
von Wilms durch Fütterung oder subkutane Einspritzung von ver¬
schiedenen Giften experimentelle Kröpfe zu erzeugen. Als Versuchs¬
tiere dienten Ratteii aus kropffreier Gegend. Es zeigte sich, dass
nach länger dauernder Fütterung mit Kot und Injektion von Kot
(Rattenkot) Vergrösserungen der Schilddrüse auftraten, allerdings
nicht so stark wie bei den Präparaten von B i r c h e r und Wilms
(nach Tränkung mit Kropfwasser). Wurde Jodkali oder Jodthyrin
mit verfüttert, so blieb die Vergrösserung aus. Es handelte sich
meist um diffuse Hyperplasien; nach diffuser Hypertrophie ging der
Lappen allmählich in Degeneration über. Es wird vermutet, dass
die Ursache des Kropfes in giftigen Zersetzungsprodukten organischer
Substanzen zu suchen ist; in der Kotmasse sind vielleicht mehrere
derartige Toxine oder Toxalbumine enthalten.
Hans E. Walther: Zur Kenntnis der Puls- und Blutdruck¬
veränderungen beim Pneumothorax. (Aus der Chirurg. Universitäts¬
klinik und dem pharmakologischen Institut in Zürich.)
Die klinische Beobachtung, dass in vielen Fällen von penetrie¬
renden Thoraxverletzungen ein voller langsamer Puls ähnlich dem
92
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Druckpuls besteht, fand Verfasser in der Literatur ohne ausreichende
experimentelle Stütze.
Experimente an Hunden und Kaninchen:
Hei Anlegung eines offenen Pneumothorax tritt Blutdruck¬
steigerung mit Verlangsamung und Grösserwerden des Pulses aut;
auch nach Vagusausschaltung durch Atropin steigt der arterielle
Druck; bei Sauerstoffzufuhr bleibt der Druck auf fast gleicher Höhe,
während die Pulskurve das Bild des Vagusreizes darbietet. Die
Blutdrucksteigung beim Pneumothorax ist lediglich eine Funktion
des Vasomotorenzentrums, die Pulsverlangsarnung ist Reflexwirkung
des Vagus.
Durch bestimmte Versuchsanwendungen (gleichzeitige Registrie¬
rung des arteriellen Drucks, der Pulskurve, der Druckkurve des
rechten Ventrikels, der Atmungskurve) konnte Verfasser die ver¬
schiedenen Grade des geschlossenen und offenen Thorax am gleichen
Tiere studieren. Es zeigte sich, dass Vaguspulse auftraten sowohl
beim offenen, als auch bei den Formen des geschlossenen Pneumo¬
thorax, bei der der mittlere Druck — 0 war.
Beim Uebergang vom stärkeren zum schwächeren Pleuradruck
ist der Vaguseinfluss deutlicher und anhaltender als beim Uebergang
vom schwächeren zum stärkeren Druck. Es wird also 1. durch An¬
wendung des intrapleuralen Drucks durch Reiz des kohlensäure-
haltigen arteriellen Blutes auf das Vasomotorenzentrum der Blut¬
druck erhöht, 2. die Mechanik der Herzevolutionen durch den im
Thorax herrschenden Druck direkt beeinflusst, 3. wird der im Pleura¬
raum herrschende Druck durch sensible Fasern einem zentralen
registrierendem Apparate mitgeteilt und zwar wahrscheinlich durch
die sensiblen Vagusäste des Bronchialbaums im Hauptstamm des
Vagus.
Die Versuchsresultate erklären befriedigend die Erscheinungen
am Krankenbette. Der grosse kräftige Puls nach Thoraxver¬
letzungen darf nicht zu einer optimistischen Beurteilung des
Krankenbildes verleiten, da eine nur geringe Spannungszunahme den
scheinbar harmlosen Zustand in einen äusserst bedrohlichen ver¬
wandeln kann. (Beispiel.)
Karl Brockmann: Luxationen im Bereich des Mittelfusses.
(Aus der Chirurg. Abteilung des städtischen Krankenhauses Char-
lottenburg- Westend.)
Von Luxationen im L i s f r a n c sehen Gelenk wird zunächst
ein Fall beschrieben mit medialer Luxation des L, einer dorsalen
des 2. — 4. Metakarpus mit Kompressionsfraktur des Würfelbeins.
Die Fraktur entstand durch Fall auf die Fussohle, wobei der Fuss-
ballen auf einen Kopfstein kam, er knickte dann mit dem Knie ein
und kam auf den Malleolus internus zu sitzen. Reposition leicht.
Gipsverband, Heilung. Im 2. Falle handelte es sich um einen Ver¬
renkungsbruch des 2. — 5. Mittelfussknochens mit lateraler Ver¬
schiebung. Im 3. Fall um eine laterale Luxation aller Mittelfuss-
knochen mit Kompressionsbruch des 2. und 3. Keilbeins.
Wie auch die Literatur zeigt, kann die Diagnose schwierig sein,
die Prognose ist auch bei den nichtresponierten bezw. nichtrepo-
niblen Luxationen gut. Eine Operation ist nur indiziert bei Luxa¬
tionen einzelner Mittelf ussknochen spez. des 1.
Des weiteren eine totale laterale Luxation des 1., 2. und 3. Keil¬
beins aus ihren Gelenken mit dem Kahnbein und eine laterale Luxa¬
tion des Würfelbeines aus seinen Gelenken mit dem Fersenbein, eine
Verletzung wie sie Verfasser in der Literatur nicht fand. Eingehen
auf den Mechanismus; die Diagnose war leicht. Die Behandlung be¬
stand in langsam fortschreitender Reposition bei den einzelnen Ver¬
bandwechseln, gelang nicht vollständig. Es blieb ein leichter Grad
von Funktionsstörung zurück.
Ein Fall von isolierter Luxation des Kahnbeins, der 7. Fall in
der Literatur. Entstehung durch direkte Gewalteinwirkung (Fall
eines Eisenträgers auf die Innenseite der rechten Fusswurzel) mit
Uebergang in eine indirekte Reposition unmöglich; spätere Operation
wird abgeschlagen; es entwickelt sich ein Pes planus. Beschreibung
einer Luxation sub talo, 44. Fall der Literatur Entstehung durch .
direkte und indirekte Gewalteinwirkung. Die Reposition gelang
vollkommen.
0. Heinemann - Berlin : Der äussere Milzbrand des Menschen.
Die widersprechenden Ansichten über Milzbrandbehandlung bei
den einzelnen Autoren veranlasste Verfasser auf Grund einer grossen
Statistik (von 1886 bis heute) die beste Milzbraudbehandlung aus¬
findig zu machen. Nach seiner Statistik zeigt sich, dass eine gründ¬
liche operative Therapie 5 Proz. Todesfälle weniger hat, als die
konservative.
Als beste operative Behandlung empfiehlt H. Spaltung des
Karbunkels durch einen Kreuzschnitt bis ins weiche Gewebe; die
4 Wundzipfel werden noch 1- oder 2 mal gespalten; sodann wird mit
Aetzkalistift jede einzelne Schnittfläche kräftig geätzt. Geht das
Oedem nicht zurück, so wird an der Oedemgrenze 3 — 5 proz. Karbol¬
säurelösung oder Jodtinktur injiziert.
Die Lokaltherapie ist mit Salvarsan-Serum-Kollargoltherapie zu
konbinieren, wenn Allgemeininfektion droht oder vorhanden ist. Nur
eine unvollständige Operation kann schaden, eine vollständige kann
nur nützen.
J. Mayesima: Zur Kasuistik der primären zystischen Er¬
weiterung des Ductus choledochus. (Aus der kaiserl. Chirurg. Uni¬
versitätsklinik Kyoto, Japan.)
Die Zyste bei dem 2 Monate alten Kinde hatte sich entwickelt
aus dem oberen und mittleren Teil des Ductus choledochus ohne
Verschluss der Ausmündungsstelle ins Duodenum.
L. Arnsperger und N. Kimura: Experimentelle Versuche
über künstliche Choledochusbildung durch einfaches Drainrohr. (Aus
der Heidelberger chirurgischen Klinik.)
Die Arbeit gibt eine experimentelle Grundlage für das von
W i 1 m s geübte Verfahren, dessen klinische Bearbeitung bereits das
vorige Heft dieser Zeitschrift brachte.
Experimentiert wurde an Hunden und Katzen. Das Wesen des
Versuches ist, dass ein Drainrohr zur Herstellung einer Verbindung
von dem Choledochusstumpf bis zum Duodenum zum Ersatz des ab¬
getrennten oder veränderten Choledochus benutzt wurde in der
Hoffnung, dass sich von diesem Röhrchen ein neuer Gang ausbilde
und das Rohr selbst zur richtigen Zeit in den Darm gleite, und mit
dem Stuhl abgehen werde. 4 mal übernahm der neugebildete Gang
die Rolle des Choledochus, bei 3 Fällen kam es später zur Stenose.
Die Verhältnisse beim Menschen liegen wesentlich günstiger wie hei
Tieren, wo nur ganz enge Röhrchen genommen werden können und
die Gefahr der Peritonitis eine viel grössere ist. Die Berechtigung
zur Operation für Ausnahmefälle glauben Verfasser durch die Ver¬
suche bewiesen zu haben.
E. Schottländer: Beiträge zur Diagnose und Therapie
der „Kinnfistel“. (Aus dem Zahnärztlichen Institut der allgemeinen
Ortskrankenkasse Barmen.)
Die Kinnfistel, die auf äusserlich intakte Zähne als Ursache
zurückgeführt wird, ist nichts anderes als chronische Priodontitis des:
Unterkiefers ausgehend von irgend einem kranken Zahn. Die Patho¬
genese der Pulpanekrose in solchen Fällen ist nicht ganz klar. Der
richtige Weg zur Heilung ist nicht die Behandlung der Fistel von
aussen, sondern die Schleimhautaufklappung und Wurzelspitzen-
resektion. Die Behandlung ist mithin Sache des Zahnarztes; Mit¬
teilung eines einschlägigen Falles. F 1 ö r c k e n - Paderborn.
Zentralblalt für Chirurgie, 1912, No. 52.
Carl Bayer -Prag: Eine einfache Hämorrhoidenoperation.
Verf. schildert seine Methode der Hämorrhoidenoperation, mii
der er sehr gute Erfolge erzielt; Nach stumpfer Dehnung des Anu:
werden die Knoten mit Peans gefasst, gut vorgezogen und so ge
stielt; dann Abbrennen der Venenkonvolute mit dem J hermokaute:
an der Uebergangsstelle von Haut und Schleimhaut; zuletzt wird dei
Stumpf mit einem festen Seidenfaden umstochen, der den oberei
Schleimhautwundrand ansticht, dann in der Mitte hoch am Uebcr
gang zur normalen Schleimhaut eine Falte umsticht und am unterei
Schleimhautwundrand ausgestochen wird. Bei Uebergangsknotei
und solchen, welche hoch ins Rektum hinaufreichen, empfiehlt siel
noch eine Wundverkleinerungsnaht, indem man über und unter den
Stielstumpf Schleimhaut an Haut fixiert. — Die Nachbehandlung is
sehr einfach; die einzige Komplikation ist nur die Notwendigkei
des Katheterismus für 1—2 Tage. 2 Abbildungen erläutern di<
Methode. E. Heim- Gerolzhofen.
Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie. Band 7:
Heft 2, 1912. Stuttgart, F. Enke.
P. S ch äf e r -Berlin: Ueber abdominale Kaiserschnitte.
Bericht über 50 Fälle von transperitonealem Kaiserschnitt i
Tabellenform. 2 Todesfälle der Mutter, alle Kinder leben: 35 ma
Heilung Der primam, 9 mal Störung der Wundheilung durch klemei
oder grössere Bauchdeckenabszesse, meist in Fällen, wo die Opera
tion längere Zeit nach dem Blasensprung ausgeführt wurde. IX
transperitoneale Schnitt hat vor der klassischen Sectio caesarea be
deutende Vorzüge.
W. Hannes- Breslau : Ovarialgravidität.
Kasuistischer Beitrag. 27 jährige lV.-para. Operation untei de
Diagnose Tubenschwangerschaft. Es fand sich eine im rechten Ove
rium etablierte Gravidität. 4 schöne Abbildungen.
W. Rübsamen- Dresden und U. R. Kligermann- Bert
Pharmakologische Untersuchungen an der überlebenden menscl
liehen Uterus- und Tubenmuskulatur.
Studien mit der von E. Kehre r - Bern angegebenen Versuch:
anordnung: Ergotinpräparate und Sekakornin regten die aub
matischen Kontraktionen des Uterus und der I üben stark an. Supn
renin ist ein sehr starkes Erregungsmittel. Hydrastinin und di
Kotarninpräparate Styptol und Styptizin zeigen ausgesprochen e
regende Wirkung. Die Wirkung des Hydrastin ist inkonstant,
der Regel hemmend. Die vollkommene Analogie zwischen der stai
erregenden Wirkung von Hydrastinin, Styptol und Stypticin beil
tierischen und beim menschlichen Uterusgewebe verbieten deren Ai
Wendung bei Blutungen in der Schwangerschaft.
Fritz H e c k n e r - Heidelberg: Beiträge zur Anatomie des 0
fässverschlusses post partum.
Durch histologische Untersuchung hat Verf. festgestellt, da
bei dem von den Blutgefässen selbst ausgehenden Gefässverschlu
zwei Punkte von Bedeutung sind, die bisher nicht bekannt wäre
eine Aufquellung des Endothels in der Gravidität und im Puerpern
und das am Ende der Schwangerschaft erfolgende Auftreten v<
Bindegewebsbuckeln.
E. v. Gr aff und J. v. Z u b r z y c k i - Wien: Ueber den An
trypsingehalt des Blutes bei Schwangerschaft und Karzinom.
4. Januar 1913.
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. >
93
Versuche, aus dein antitryptischen Index eine Frühdiagnose der
:hwangerschaft zu stellen, waren ergebnislos. Dagegen ist der
ltitry psingchalt des Serums bei Karzinom fast regelmässig so stark
rmehrt, dass dieser Befund diagnostische Bedeutung gewinnt.
S. Z a r e t z k y - St. Petersburg : Zur Röntgentherapie in der
gnäkologie.
Auf Grund eigener Erfahrungen und eines sehr genauen Studiums
r internationalen Literatur gibt Verf. in monographischer Form eine
.eressante Zusammenstellung der gegenwärtigen röntgenthera-
utischen Ansichten. Röntgenisation ist indiziert bei klimakterischen
nalen Blutungen, bei hämorrhagischen Metropathien, bei benignen
erusgeschwiilsten mit oder ohne Blutungen. Sie kann vorgeschla-
u werden bei chronischer Oophoritis und sexueller Hysteroneur-
thenie, bei Dysmenorrhöe, bei Osteomalazie, zur Sterilisierung,
s Prophylaxe gegen Karzinomrezidiv, bei Pruritus vulvae, bei
berkulöser Affektion der Genitalien.
E. Schwarzenbach- Zürich : Die Entwicklung des Knorpel-
ckens im zweiten Fötalmonat auf Grund von 7 Beckenmodellen.
Zu kurzem Referat nicht geeignet.
M. V r o m e n - Berlin: Ein Fall von Missbildung der Ge-
lilechtsorgane und kongenitaler Verlagerung der Niere.
Es handelt sich in dem mit Illustrationen beschriebenen Falle
i Dystopia renis dextra congenita, Uterus unicornis sine rudimento
• rnu alterius, Defectus totalis tubae dextrae, bei gut entwickelten,
ch abnorm hochliegenden Ovarien.
Z. G o 1 d f e 1 d - Würzburg: Die Abhängigkeit der körperlichen
itwicklung Neugeborener vom Berufe der Eltern.
Sehr fleissige, interessante, statistische Gruppierung der Kinder
rschiedener Berufsklassen nach Geschlecht, Grösse, Gewicht, Ge¬
rtenzahl. Das Ergebnis ist das erwartete. Kinder von Eltern aus
■Hai bessergestellten Berufsklassen sind meist kräftiger als die in
nnlichem und kümmerlichem Milieu Geborenen.
Fr. W o 1 f f - Giessen : Beiträge zur Entstehung der Melaena neo-
torum durch retrograde Embolie, nebst Mitteilung eines Falles von
»lvulus beim Neugeborenen.
Experimentelle Erzeugung der Melaena durch Injektion in die
hbelvene junger Hunde. Nachweis eines Thrombus in der Nabel-
' ne und von umschriebenen Zirkulationsstörungen, Nekrose und
Trombose als Grundlage der Ulzeration und Blutung im Duodenum
des an Melaena verstorbenen Neugeborenen. Nachweis der Durch-
sngigkeit der für retrograde Embolie von der Nabelvene aus in
Ilgen und Darmwand erforderlichen Blutbahnen. Aus diesen
Punkten wird geschlossen, dass die v. Franquesche Erklärung
tr Entstehung der Melaena neonatorum für die gewöhnlichen, bei
nst gesunden Kindern in den allerersten Tagen post partum auf-
ntendeu Fälle zutreffend ist. Beschreibung eines Volvulus, der
iter den Erscheinungen der Melaena am ersten Lebenstage auftrat.
J. Veit-Halle: Bewertung und Verwertung der Serodiagnostik
ir Schwangerschaft.
Kritik der A b d e r h a 1 d e n sehen optischen und chemischen
: rodiagnostik der Schwangerschaft. Die neue Reaktion geht nicht
;n der Frucht aus, sondern von Veränderungen, die durch die
i ripherie des Eies bedingt werden: von der Plazenta. Sie gibt in
’-len Fällen ein ausgezeichnetes diagnostisches Hilfsmittel. Sie
inn aber auch negativ sein, auch wenn Plazenta im Uterus ent-
Iten ist. Trotzdem ist sie für die gewöhnliche Diagnose einer
nhen Schwangerschaft, ebenso für die Differentialdiagnose zwischen
ibargravidität und Adnextumor von grösstem Wert. Man soll nur
mi der — technisch übrigens nicht ganz einfachen — Methode nicht
viel verlangen und vor allem nicht mehr, als sie anzeigen kann.
Werner- Hamburg.
Zentralblatt für Gynäkologie, No. 52. 1912.
E. V o g t - Dresden: Strangulation der vorderen Muttermurids-
I pe durch ein Schalenpessar.
Eine 37 jährige Frau trug seit 10 Jahren ein Schalenpessar. Nach
Mein Ringwechsel klemmte sich die hypertrophische vordere
■ uttermundslippe ein und es traten heftige Beschwerden ein. Das
ssai konnte nach Vorziehen bis in die Vulva unblutig entfernt
Mrden. Aehnliche Fälle sind von Neugebauer, Calmann.
• euer und Prochownick beschrieben.
M. G u s s o w - Moskau : Das Pituitrin in der Geburtshilfe.
G.s Erfahrungen an 46 Fällen stimmen mit denen anderer Be¬
achten überein. Es wirkt am besten in der Austreibungsperiode,
m es die Wehen wirksam verstärkt. Zur Erzeugung künstlicher
nihgeburt ist es den Vaginalduschen und dem Metreurynter Vor¬
gehen. ln der 3. Periode bewirkt es eine schnellere Ablösung
■r I lazenta, die frühzeitig exprimiert werden soll, damit der Mutter-
mikI sie noch durchlässt. Bei Aborten hat G. das Mittel nicht an-
■ wandt, ln Fällen atonischer Nachblutungen wirkt es sicher und
r J a f f e - Hamburg.
Archiv für Kinderheilkunde. 59. Band, 1. u. 2. Heft.
1) Rosa Berkowitz: Rheumatismus nodosus im Kindesalter,
us der Kgl. Universitätskinderklinik München.)
Mitteilung von 5 Fällen von Rheumatismus mit Knötchenbildung.
Grösse der Knötchen schwankt zwischen Hirsekorn- und
' schengrösse. Ihr Material ist verändertes Bindegewebe in ver¬
miedenen Stadien (Proliferation, hyaline, nekrotische Degeneration).
Diese Knötchenbildung findet sich fast nur bei schweren Formen des
Rheumatismus, der dann in 97 Proz. der Fälle mit anderen Affektionen
kompliziert ist. Schwächliche Kinder sind besonders dazu disponiert.
Die Knötchen bilden sich spontan zurück, bedürfen also keiner Be¬
handlung.
2) H . Risel und F. Schmitz: Ueber Stillprämien und ihre
Erfolge. (Aus der Universitäts-Kinderklinik Leipzig.)
Erfahrungen an der Fürsorgestelle I zu Leipzig während der
Jalire 1907/10. Bei der Verteilung wurde die Bedürftigkeit geprüft
nach der Höhe des Tageseinkommens und des bezahlten Mietzinses.
Bei Ueber^chreitung eines gewissen Maximums wurden die Gesuch¬
steller abgewiesen. Als Prämie wurden wöchentlich 3 Mark gegeben
für die Dauer des ersten Quartals. Nach dem 4., 5. und 6. Monat
wurde die gleiche Summe wieder bezahlt, wenn die Kinder dann
an der Brust vorgestellt wurden. Die Prämien gelten nicht als
Armenunterstützung.
Die Beobachtung der Kinder ergibt, dass 54,5 Proz. der Kinder
ein unternormales Antrittsgewicht haben und dass 70 Proz. in ihrem
Gewichtsansatz während des ersten Vierteljahres hinter der Norm
Zurückbleiben. Dieses Nichtgedeihen ist verursacht weniger durch
schlechte Wohnungsverhältnisse oder durch die Konstitution der
Kinder als durch die fehlerhafte Stilltechnik und dadurch bedingte
Erkrankungen der Kinder. Durch Stillprämien wurde die Dauer der
ärztlichen Ueberwachung und die Stilldauer verlängert. Die weitere
| Beobachtung der versorgten Kinder ergab, dass die langge-
stillten günstiger gestellt waren hinsichtlich des Zahndurch-
; bruches, des Laufenlernens, der Rachitis und überhaupt des gesamten
Zustandes; sie sind verschont von Krämpfen und Ernährungsstörungen.
Keines der über drei Vierteljahre gestillten Kinder starb im ersten
Lebensjahre.
Verf. hält die Verteilung von Stillprämien für die wirksamste
Fürsorgemassnahme, die allen mit künstlicher Ernährung arbeitenden
Massnahmen überlegen ist.
3) E. L e v y - Essen : Die Behandlung der epidemischen Genick¬
starre durch Seruminjektionen in die Seitenventrikel. Bericht über
einen geheilten Fall.
Ein VA monatlicher Säugling mit Meningitis cerebrospinalis, bei
welchem wiederholte Lumbalinjektionen trocken verlaufen waren,
wird zuerst am einen, dann am anderen Seitenventrikel punktiert
und durch Injektion von Meningokokkenserum geheilt. Die Punktion
ist bei nicht ausgebildetem Hydrozephalus schwierig und kommt
andererseits, falls ein solcher schon vorhanden ist, meist zu spät.
Gelingt aber die Operation rechtzeitig, dann verschwinden sofort die
Meningokokken und die Krankheit geht zurück. Das geht auch aus
niitgeteilten Fällen der Literatur hervor.
4) Johannes Becker: Appendizitis an einem linken Leisten¬
bruch eines Säuglings. (Aus der chirurgischen Abteilung des städti¬
schen Krankenhauses zu Dortmund.)
Die Appendizitis am linken Leistenbruch ist viel seltener als
die am rechten. Bei einem 2 Monate alten Säugling wurde die
Diagnose auf inkarzerierte Hernie gestellt. Glatte Heilung nach der
Operation. Verfasser nimmt an, dass ein abnorm bewegliches
Zoekum vorhanden war, welches die Verlagerung des Wurmes in
den Inguinalkanal gestattete und dass nach seiner Einklemmung die
Entzündung zustande kam.
5) S. E i c h e 1 b e r g - München-Gladbach : Einiges zum Thema
von den Ursachen der Sommersterblichkeit mit statistischem Beitrag
über die Wohnung als ätiologischen Faktor.
Aus den Verhältnissen in München-Gladbach scheint zwar her¬
vorzugehen, dass bei gleichen sozialen Verhältnissen die Sommer¬
sterblichkeit der Säuglinge von den Wohnungsverhältnissen, speziell
der Wohnungsdichte sehr abhängig ist, dass es aber nicht nur auf die
Güte der Wohnung, sondern auch darauf ankommt, wie der In¬
wohner mit seiner Wohnung und mit seinem Gelde wirtschaftet. Es
wird der Bau von Arbeiterhäusern empfohlen, nicht nur wegen der
besseren hygienischen Lebensbedingungen, sondern auch wegen der
Erziehung zum hygienischen Wollen.
6) Paul Heim: Die Rolle der Wärmestauung und Exsikkation
bei der Intoxikation der Säuglinge. (Aus der Kinderpoliklinik des
Barmherzigen Spitales in Pest.)
Verfasser ist der Ansicht, dass Sommerhitze ihren Einfluss in
verschiedener Richtung ausübt: das leichtere Verderben der Milch
und häufigere Diätfehler mit stärker gesalzenen Nahrungsmitteln ver¬
ursachen häufigeres Auftreten von Säuglingsdyspepsien im Sommer.
Bei den dyspeptischen Kindern wirkt dann die Wärme einerseits
exzessiv temperatursteigernd, andererseits wasserentziehend, wo¬
durch es zur Exsikkation und Intoxikation kommt. Man muss also
den Säugling vor grosser Hitze schützen und mit salziger Nahrung
(Fleischbrühe!) vorsichtig sein.
7) I h. A. 0 s s i n i n : Zur Frage über den Einfluss von künst¬
licher Ernährung auf biologische Eigenschaften des Organismus in
dessen frühem Alter. (Aus der Kinderklinik an der kaiserlichen
militärmedizinischen Akademie zu St. Petersburg.)
Bei neugeborenen Kaninchen gelingt es nicht, spezifisches Serum
(Laktoserum) zu erhalten. Erst von einem gewissen Alter ab (beim
Kaninchen am 49. I ag) erscheint die Fähigkeit des Organismus, auf
Einführung fremdartiger Eiweissubstanz durch Antikörper-(Prä-
zipitin-)Produktion zu reagieren. Bei vorzeitig künstlich ernährten
Kaninchen tritt diese Fähigkeit wesentlich später auf.
Hecker- München.
94
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Virchows Archiv. Band 210, Heft 3.
18) K. Sugi: Lieber Veränderungen des Wurmfortsatzes bei all¬
gemeiner Peritonitis. (Pathol. Institut in Prag.)
Bei Allgemeininfektionen mit Streptokokken und Staphylokokken
findet man im Wurmfortsätze Kokkenembolien ohne Reaktion, und
zwar in allen Wandschichten. Bei akuter eitriger Peritonitis zeigen
sich entzündliche Veränderungen, die vor allem in der Serosa und
in der äusseren Muskulatur vorhanden sind. Ausnahmsweise kann
der Prozess bis zur Schleimhaut Vordringen.
19) P. Geipel: Lieber metastatische Geschwulstbildung in der
Milz. (Johannstädter Krankenhaus in Dresden.)
In den beschriebenen Fällen fand sich eine ausgedehnte In¬
jektion der B i 1 1 r o t h sehen Kapillaren mit krebsigen Wucherungen.
In zwei Beobachtungen war eine Ausbreitung in den Lymphbahnen
der Trabekel festzustellen.
20) B. Wolff: Ueber ein Blastom bei einem Aal (Anguilla vul¬
garis), nebst Bemerkungen zur vergleichenden Pathologie der Ge¬
schwülste. (Pathol. Institut in Rostock.)
Es handelt sich um Fibrosarkom, das seinen Ausgangspunkt im
Mesenterium genommen hatte. Metastasen waren nicht vorhanden.
21) Hässner: Lieber Chordome unter gleichzeitiger Mitteilung
eines Falles von seltener Grösse. (Pathol. Institut in Rostock.)
51 jähr. Frau. Knolliger Tumor in der Sella turcica, dessen
grösster Durchmesser 9 cm beträgt.
22) P. Geipei: Beitrag zur Kenntnis der Blutgefässerkran¬
kungen der Milz. (Johannstädter Krankenhaus in Dresden.)
In dem einen Falle handelte es sich um einen grossen, durch
Blutungen entstandenen Hohlraum, im zweiten war die ganze Milz
von grossen Bluträumen durchsetzt. Auch hier sind Blutungen an¬
zunehmen, die nur an verschiedenen Stellen sehr reichlich auT-
getreten sind. In beiden Beobachtungen bestand Amyloidose der
Lymphknötchen.
23) R. J a f f e und W. Löwenfeld: Versuch einer Anwendung
der Unna -Pappen heim sehen Färbung an drüsigen Organen.
(Pathol.-histol. Institut in Wien.) Die Methode wird empfohlen.
24) H. C h i a r i : Zur Kenntnis der „senilen“ grubigen Atrophie
an der Aussenseite des Schädels. (Pathol. Institut in Strassburg.)
Die gleiche Grubenbildung, wie sie als senile, symmetrische
Atrophie der Scheitelbeine in der Literatur angeführt wird, kann auch
in weiterer Ausdehnung an der Aussenfläche des Schädels Vor¬
kommen. Sie kann sich nicht nur auf die Stirnbein- und Hinterhaupt¬
schuppe, sondern auch auf die Plana temporalia erstrecken. Ch iar i
legt für die Aetiologie der Muskelwirkung eine Bedeutung bei, die
einerseits als Zug- und Gleitwirkung der Galea aponeurotica und
andererseits als direkte Zug- und Druckwirkung der Musculi fron¬
tales, occipitales und temporales zu denken wäre.
25) H. Kuru: Ueber die Bedeutung des Fibrins im Gallenstein.
K. nimmt auch für den Cholesterinstein eine entzündliche Ge¬
nese an.
26) H. Heidkamp: Beitrag zur Tuberkulose der Hypophyse.
(Pathol. Institut in München-Schwabing.)
13 jähriger Knabe mit Lymphknoten-, Knochen- und Lungen¬
tuberkulose. Klinische Erscheinungen waren nicht hervorgetreten.
27) B. Fischer: Zur Hypophysenfrage. (Pathol. Institut in
Frankfurt.) Schridde - Dortmund.
Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten. 1912.
73. Band, 2. Heft.
1) E. J. Marzinowsky- Moskau : Zur Frage über die bak¬
teriologische Diagnostik der Diphtherie.
Die kurze Notiz über einige isolierte diphtherieähnliche Stäb¬
chen ist ein weiterer Beitrag für die grosse Variabilität in der Diph¬
theriegruppe und zeigt wiederum, wie es unter Umständen schwierig
werden kann, die ähnlichen Vertreter aus der Diphtheriegruppe von
den echten Diphtheriebazillen zu unterscheiden.
2) E. J. Marzinowsky- Moskau : Ueber die biologische Fär¬
bung der Schimmelpilze.
Verf. hatte beobachtet, dass Schimmelpilzmyzel aus gefärbten
Bakterienkulturen das Pigment in sich aufnahm, wenn die Schimmel¬
pilze die Bakterienkulturen überwucherten. Ganz dasselbe gelang
auch, wenn Nährboden mit Methylenblau, Fuchsin oder Gentiana-
violett versetzt wurden. Alsdann wurde ebenfalls der Farbstoff in
das Myzel der Schimmelpilze übergeführt. Ein Gleiches wurde vor
einiger Zeit im Institut des Ref. auch bei Eosinnährboden beobachtet.
3) Th. E n g w e r - Berlin : Beiträge zur Chemo- und Serothera¬
pie der Pneumokokkeninfektion.
Morgenrot hatte mit L e v y und Kaufmann gefunden,
dass das höhere Homologe vom Hydrochinin, das Aethylhydro-
c u p r e i n, die Pneumokokkeninfektion der Maus sehr deutlich be¬
einflusste. Verf. hat nun beim Meerschweinchen experimentelle
Pneumonien erzeugt und sie mit Aethylhydrocupre'in chemothera¬
peutisch behandelt. Die Erfolge waren so. dass je nach der Schwere
des Falles ein kleinerer oder grösserer Prozentsatz der Tiere ge¬
rettet wurden, während die Kontrolliere regelmässig starben. Das
auch sonst mit Vorteil angewendete Pneumokokkenimmunserum und
das Aethylhydrocupre'in verstärken sich in ihren Wirkungen gegen¬
seitig. Die Wirkung des Mittels, für das die Versuchstiere sehr ver¬
schieden empfindlich sind, beruht auf der extrazellulären Abtötung
der Pneumokokken, nicht auf einer Anregung der Phagozytose.
4) E. Küster und R o t h au b - Freiburg i. B.: Verlauf des Ad-
sorptionsprozesses hei der Einwirkung des Phenols auf Bakterien.
Das Ergebnis seiner Untersuchung wird mit folgendem gekenn¬
zeichnet: Das Phenol wird in den ersten Stunden der Einwirkung
sehr rasch aufgenommen, in den folgenden Stunden viel langsamer.
In dem Augenblick, wo die Kapazität der Bakterien erschöpft ist, er¬
reicht die Adsorption ihren Höhepunkt. Stärkere Konzentrationen,
wie gerade eine zum Tode führende Menge Phenol, beeinflussen ledig¬
lich die Geschwindigkeit des Prozesses. Von toten Bakterien wird
eine bestimmte Menge des Phenols adsorbiert und nicht wieder ab¬
gegeben, während sonst die Abgabe des Phenols in dem Masse er¬
folgt, dass der ursprüngliche Konzentrationsgrad der Lösung wieder
erreicht wird. ... .... ,
5) Wilhelm Spät- Prag: Untersuchungen über die Wirkungs¬
weise des Schweinerotlaufimmunserums.
Durch neue Reihen von Erschöpfungsversuchen kommt Spät
zu dem Schluss, dass entgegen Neufeld und K a n d i b a absor¬
bierte Sera trotz ihrer Entblössung von den gewöhnlichen Immun¬
körpern ihr Schutzvermögen ungeschwächt beibehalten. Sie er¬
zeugen sogar in der Regel einen erhöhten Schutz, der auf den Gehalt
der Sera an Extraktivstoffen der Bazillenleiber zurückzuführen ist.
Die Leukozyten der resistenten Tiere üben eine stark keimtötende
Wirkung aus, während die der empfänglichen Tiere sich nur gering
bakterizid verhalten. Nach Spät sind die Phagozytose bzw.
die T r o p i n e für die Schutzkraft des Schweinerotlaufimmunserums •
belanglos, der Schutzwert desselben beruhe vielmehr auf seiner
aggressiven Eigenschaft.
6) N. Mu rata- Port Arthur: Die epidemiologischen Beobach¬
tungen anlässlich der Pestseuche in der Südmandschurei, und zwar
im kaiserlich japanischen Verwaltungsdistrikte.
Im ganzen betrugen die Opfer der Pestepidemie 1910/11
ca. 40 000 Menschen und dehnte sich über einen Flächenraum von
240 000 englischen Quadratmeilen aus. Fast alle Fälle betrafen Lun- .
genpest. Bemerkenswert scheint die Mitteilung, dass auch ein
Schosshund und zwei Esel an einer Krankheit starben, welche ana¬
tomisch-bakteriologisch als Pestpneumonie festgestellt wurde. Die «
Uebertragung durch Targabanen ist nicht ganz sicher wissenschait- I
lieh zu begründen, aber es scheint dafür vieles zu sprechen. Bei der
Bekämpfung der Epidemie waren von japanischer Seite 69 Aerzte,
29 Assistenten, 414 Polizeibeamte und weitere 2000 Personen be- i
teiligt. Sie erstreckte sich auf die Ueberwachung der Eisenbahn- i.
wagen, der Stationen, der Fussreisenden, auf Quarantäne, Enichtung j
von Isolierhäusern, ärztliche Hausdurchsuchungen: Vertilgung der
Ratten und Desinfektion. Von den 169 025 Ratten, welche ein- I
gefangen resp. eingeliefert worden waren, fanden sich nicht bei einer
einzigen Pestbazillen. Die experimentellen Versuche mit Pest- j
bakterien ergaben, dass sie in direktem Sonnenlicht nach 6 Stunden,
in diffusem Sonnenlicht nach 20 Stunden, an Sojabohnen angetrocknet, ■
zugrunde gingen. Am Deckglas angetrocknet starben die Bakterien
in 1 Stunde bei direktem Sonnenlicht, bei dunklem Wetter in 6 Stun¬
den. Die Virulenz der isolierten Keime war vielfach eine ausser¬
ordentlich hohe. Mäuse starben an einer Injektion von Viooo oooooo Oese, >
Meerschweinchen an Vioooooo Oese.
7) F. K. Kleine und W. Fischer: Schlafkrankheit und
T setsefliegen.
Nachdem im Laufe der letzten Jahre durch Experimente der
Beweis geliefert worden war, dass das Trypanosoma brucei in der ;
Glossina palpalis seine Entwicklung durchmachen kann, 4
andererseits aber auch die Glossina morsitans nicht nur das
Trypanosoma brucei zu entwickeln vermöchte, haben weitere um¬
fangreiche Untersuchungen gezeigt, dass die verschiedenen Trypano¬
somen nicht nur immer durch eine bestimmte Stechfliege übertragen
werden muss. Die Verfasser glauben sogar, dass in Afrika unter ge¬
eigneten klimatischen Bedingungen jede der bekannten Trypano¬
somenarten, wie Trypanosoma brucei, gambiense, congolense, cazal-
boui, nanum, sich in jeder Glossinenspezies entwickeln kann.
8) A u m a n n - Hamburg : Ueber ein Berkefeldfilter mit auto¬
matischer Reinigung.
Bekanntlich ist die Verwendung der Berkefeldfilter im Gross¬
betriebe eine beschränkte, weil die Filter selbst nach einer gewissem
Zeit durch die Verschlammung der Poren in ihrer Leistungsfähigkeit !
herabsinken und die nun nötige Reinigung nur mit Schwierigkeiten
zu bewerkstelligen ist. Die Berkefeldfiltergesellschaft hat daher eine s
Verbesserung eingeführt, die in einer automatischen Reini¬
gung der Grossfilter besteht. Sie wird bewirkt durch körnige :
Anthrazitkohle von ca. 6 mm Korngrösse, welche um die Filter herun
eingelagert ist und mittels Wasserzufluss in Bewegung gesetzt wird
so dass dabei die einzelnen Filteröhrchen mechanisch abgeputzt unc
abgerieben werden. Die abgewaschene pulverige Masse wird mit
Wasser aus dem Apparat alsdann herausgespült. Bakteriologische :
Untersuchungen haben nun gezeigt, dass, wenn die Reinigung alle!
24 Stunden bewerkstelligt wird, die Filter einwandfrei filtrieren unc i
auch in ihrer Ergiebigkeit nicht nachlassen. Durch die dauernd aus ,
zuführende bakteriologische Kontrolle wird freilich die praktische
Benutzung immer noch herabgemindert.
9) G. H e d r e n - Stockholm: Pathologische Anatomie und In
fektionsweise der Tuberkulose der Kinder, besonders der Säuglinge
Mitteilung einer grossen Reihe von Fällen von Tuberkulose be
Kindern (199 Sektionen, davon 47 an Kindern unter 1 Jahr). Veri
kommt zu dem Schlüsse, dass die wichtigste Infektionsweise be
14. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
95
Kindern, sowohl im Säuglingsalter wie später, die Aspirationstuber-
kulose darstellt. Die Lungen zeigen dabei die primäre Lokalisation
der tuberkulösen Infektion. Das häufigste Bild ist die Lungen-Bron-
chialdrüsentuberkulose. Von hier kommt wahrscheinlich öfters eine
aufsteigende Infektion der supraklavikulären Lymphdrüsen vor. Die
primäre „Deglutitionstuberkulose“ ist bei Säuglingen viel seltener und
spielt daher eine geringere Rolle. Ausser der einfachen Infektion
kommt auch eine doppelte und dreifache vor. Die häufigste doppelte
Infektion ist die Aspirations- und Deglutitionstuberkulose.
10) Max Steiger und A. D öl 1- Bern: Untersuchungen über
die Desinfektionskraft des Sublimates.
Durch die Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass bei
Sublimatlösungen 1 : 1000 nur ein gewisser Teil der hineingebrachten
Bakterien wirklich abgetötet wird, etwa 2,5 Prom. bleiben entwick¬
lungsfähig selbst nach 30 Minuten langer Einwirkung. Die Virulenz
der in Sublimatlösungen suspendierten Bakterien wird abgeschwächt,
wenn man durch nachträgliches Zugeben von Schwefelwasserstoff das
Sublimat neutralisiert, bei Pneumokokken in geringerem, bei Para¬
typhus B in höherem Grade. Dort, wo es sich um Desinfektionen
von Blut, Eiter, überhaupt von eiweisshaltigen Medien handelt, ist
die Desinfektionskraft jedenfalls nicht allzuhoch einzuschätzen.
11) Fr. Schroen: Berichtigungen zu der Arbeit von Dr. med.
A. Korff-Petersen und Dr. med. H. Brinkmann: „Versuche
und kritische Bemerkungen zur W e i c h a r d t sehen Epiphanin-
reaktion“.
Polemik.
12) A. Korff-Petersen und H. Brinkmann: Schluss¬
wort in der Diskussion über die W e i c h a r d t sehe Epiphanin-
reaktion.
Polemik. R. O. Neumann - Giessen.
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. 41 Bd., 1912.
Denkschrift über die seit dem Jahre 1903 unter Mitwirkung des
Reichs erfolgte systematische Typhusbekämpfung im Südwesten
Deutschlands.
Auf Grund einer Denkschrift wurden im Jahre 1903 zum ersten
Male in den Reichshaushaltetat 150 000 M. eingestellt, welche der
Bekämpfung des Typhus dienen sollten. Bei dieser Summe
ist es jedoch nicht geblieben, sondern es sind von Jahr zu Jahr
weitere Mittel bewilligt worden, die nunmehr bereits die stattliche
Summe von 1 775 000 M. erreicht haben. Ist es schon mit grosser
Genugtuung zu begriissen gewesen, dass sich die massgebenden
Körperschaften bereitgefunden haben, solche erhebliche Mittel zu be¬
willigen, so darf man andererseits nicht mit Anerkennung über die
Konsequenz und Zähigkeit zurückhalten, mit der die Reichsbehörde
das schwierige Werk bisher fortgeführt hat, trotzdem die Früchte
dieser Saat nur langsam heranreiften.
Der Plan, auf dem die ganze Typhusbekämpfung beruht, war
im wesentlichen von R. Koch inauguriert auf Grund der früher bei
der Bekämpfung der Cholera gemachten Erfahrungen, wenn auch
— wie die exakten Forschungen sehr bald bewiesen — manch anderer
Weg beschritten werden musste. Koch wies mit allem Nachdruck
darauf hin, dass bei der Verbreitung des Typhus der wichtigste
Faktor der infizierte Mensch selbst sei und dass man in
erster Linie im Auge haben müsse, diese Keimträger zu ermitteln und
womöglich für die Umgebung durch geeignete Massnahmen unge¬
fährlich zu machen.
In wieweit nun alle jene mit grosser Klarheit durchdachten
Pläne, alle ergriffenen Massnahmen sich haben realisieren lassen,
wieviel überhaupt auf wissenschaftlich-experimentellem Gebiete und
in praktischer Tätigkeit erreicht worden ist, darüber gibt der statt¬
liche Band von mehr als 600 Seiten ausführliche Auskunft.
Die Denkschrift zerfällt in 6 Teile, von denen der erste „Die
wissenschaftlichen Grundlagen für den Versuch
einer Typhusbekämpfung nach Analogie der
Cholerabekämpfung“ von M. Kirchner und „Die Er¬
richtung der ersten T y p h u s s t a t i o n in Trier und
Vor versuch in den Hochwalddörfern des Kreises
T r i e r“ von P. Frosch behandelt. Im 2. Teile bringt Schreiber
„Die Typhusbekämpfung als Verwaltungsmass¬
nahme“. Der 3. Teil zerfällt in 17 Einzelbearbeitungen, welche
alle zusammen die eigentliche Typhusbekämpfung betreffen. Einen
weiteren Abschnitt bildet die Bearbeitung „Der bazillären
Ruhr bei der systematischen Typhusbekämpfung“
und „Der Paratyphus in der organischen Typhus¬
bekämpfung“ von Rimpau. Von Megele sind im 5. Teil
„Anderweitige bakteriologische Untersuchungen“
angegliedert, während im letzten Teil von Fornet eine sum¬
marische Uebersicht über „Die Ergebnisse der Typhus¬
bekämpfung im Südwesten des Reiches“ gegeben wird.
Von grossem Interesse sind im 3. Teile die Einzel¬
schilderungen der von den Typhusstationen
gemachten Beobachtungen und gewonnenen
Erfahrungen, welche meist von den früheren oder der¬
zeitigen Leitern der betreffenden Anstalten gegeben werden; ebenso
wie die Darstellung „der allgemeinen gesundheitlichen
Verhältnisse in den Typhusgebieten Trier, der
Pfalz, dem Fürstentum Birkenfeld und Elsass-
Lothringe n“, bearbeitet von den Medizinalräten Schlecht,
Demuth, Schmidt und Pawollek, besondere Beachtung ver¬
dienen.
Da auf eine ausführliche Wiedergabe der vielfach sehr wert¬
vollen Erfahrungen an dieser Stelle wegen Platzmangels verzichtet
werden muss, so mag an deren Stelle eine kurze Zusammenfassung
treten über die Gesamtleistungen und Erfolge, soweit sie für einen
weiteren medizinischen Leserkreis Interesse haben, wobei wir den
Ausführungen F o r n e t s über die Ergebnisse der Typhusbekämpfung
folgen können. Für das Studium der spezielleren Verhältnisse soll
| auf die Durchsicht der Einzelbearbeitungen hier besonders hin¬
gewiesen werden.
Der Kampf gegen die Ausbreitung des Typhus ist insofern von
Erfolg begleitet gewesen, als die Prozentzahl der Erkrankungen um
56,4 Proz. in den 8 Berichtjahren zurückgegangen ist. Die Zahl der
Erkrankungen betrug auf je 10000 Einwohner gerechnet in den Jahren:
1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911
11,0 8,3 7,8 6,4 5,3 4,0 4,5 4,8
Demnach hat die Erkrankungsziffer mindestens um die Hälfte ab-
genominen. Das Wiederansteigen in den letzten beiden Jahren von 4
auf 4,5 resp. 4,8 auf 10 000 Einwohner wird mit Ausnahmezuständen
erklärt. Die im Jahre 1910 aufgetretenen 192 Mehrerkrankungen
entfallen auf Elsass-Lothringen, wo die sanitären Verhält¬
nisse noch nicht überall, besonders auf dem Lande, auf der Höhe
sind, während gerade dieses Jahr im Bezirk Trier als das günstigste
angesehen werden musste. Der starke Anstieg im Jahre 1911 soll
sich auf die Trockenheit dieses Jahres ungezwungen zurückführen
lassen.
Ein Beweis für die erfolgreiche Bekämpfung ist auch darin zu
erblicken, dass die Zahl der im Anschluss an die Herbstmanöver ein¬
setzenden Typhusfälle beim Militär bedeutend zurückgegangen
ist. 1900 waren bei dem 8., 15. und 16. Armeekorps noch 120,
1901: 53, 1902: 40, 1903: 21, 1904: 14, 1905: 25, 1906: 4, 1907: 5,
1908: 6, 1909: 5, 1910: 12, 1911: 13. Wenn auch damit gezeigt werden
kann, dass der Typhus stark zurückgedrängt worden ist, so ist die
Zahl der im Westen des Reiches auftretenden Fälle immer noch
grösser als in Preussen selbst, wo der Durchschnitt auf 4,3 sich etwa
beläuft, woraus sich die Notwendigkeit ableiten lässt, dass mit den
erprobten Massnahmen weiter fortgefahren werden muss.
Nicht weniger wichtig als die Herabdrückung der Mortalität
sind die Errungenschaften auf wissenschaftlichem Gebiet,
welche von unmittelbarer Einwirkung auf die Typhusbekämpfung
gewesen sind. Es beteiligten sich sowohl die früheren wie
die jetzigen Stationen : Kaiserslautern, Neunkirchen,
Saarlouis, Hagenau, Diedenhofen, Trier, Idar,
Saarbrücken, Landau, Metz und Strassburg mit ins¬
gesamt 81 Aerzten, die kürzere oder längere Zeit in den Aemtern
tätig waren. Einen bedeutenden Einfluss übte die Verbesserung
des Nährboden aus, mit Hilfe deren die Diagnose um vieles
gegenüber früher erleichtert wurde. Und damit stand im engsten
Zusammenhang die Ermittelung von bei weitem mehr Typhuskranken
resp. Typhusträgern, als es sonst wohl möglich gewesen wäre. Auch
die Erkenntnis, dass Typhus bei Kindern recht häufig ist, aber be¬
sonders leicht verläuft, konnte erweitert werden.
Das grösste Interesse knüpft sich an die Erfolge der Fest¬
stellung der Bazillenträger und Dauerausscheider.
Dadurch ist es überhaupt erst möglich geworden, einen richtigen
Einblick in die Verbreitungsart des Typhus und seiner verwickelten
Wege zu bekommen. Sie sind es, die jene gefährliche Rolle bei der
Uebertragung spielen und an deren Unschädlichmachung schon so
mancher Plan gescheitert ist. P r i g g e zeigt uns in seinem Kapitel
„Bazillenträger und Dauerausscheide r“, dass von je
100 Kranken 3 — 6 zu Typhuswirten werden. Bis Ende 1909 waren
nicht weniger als 501 Typhuswirte = 0,016 Proz. der Einwohner
dieser Bezirke festgestellt, worunter sich 71,9 Proz. Frauen befanden.
Als unbefriedigend werden die Versuche angegeben, die
bisher angestellt wurden, um die Typhuswirte von ihren Bazillen
dauernd zu befreien. Alle medikamentösen Massnahmen haben ver¬
sagt. Das ist um so bedauerlicher, als von allen Krankheitsfällen
über 75 Proz. auf Kontaktinfektionen zurückgeführt werden konnten
und man zunächst noch kein sicheres Mittel an der Hand hat, dieser
Kalamität zu steuern. Es darf jedoch auch als weiterer günstiger
Einfluss der Typhusbekämpfung angesehen werden, dass das Publikum
durch Belehrung und Vorträge ein gewisses Verständnis für die
ergriffenen Massnahmen bekommen hat und der Sinn für
Reinlichkeit und hygienische Auffassung geweckt
worden ist. Es lässt sich auf das bestimmteste nachweisen,
dass die allgemein gesundheitlichen Einrichtungen, welche be¬
deutend zugenommen haben, einen überall sichtbaren Einfluss
ausübten. Und so mussten naturgemäss auch Projekte
grösseren Stils, wie Desinfektion, Trinkwasserver¬
sorgungen, Abwasserbeseitigungen, Nahrungs¬
mittelverkehr und das Wohnungswesen vielfach Ver¬
besserungen und Erneuerungen erfahren unter dem Druck der Not¬
wendigkeit und der Gefahr, die früher der Bevölkerung nicht zum
Bewusstsein gekommen war.
Mit der Erkenntnis des Typhus ging Hand in Hand die Er¬
kenntnis des Paratyphus und seiner Verwandten, wie
überhaupt die ganze Gruppe des Typhus und des Koli und ihre Be¬
deutung in das richtige Licht gerückt worden ist. Der Bericht be-
96
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
weist, dass in der ganzen Periode sehr eifrig gearbeitet und viel
geleistet worden ist. Viel bleibt allerdings noch zu tun übrig, aber
da der beschrittene Weg der richtige zu sein scheint, so darf man
hoffen, dass die Beseitigung des alten Uebels nicht mehr zu den
Unmöglichkeiten gehören möge. R. O. N e u m a n n - Giessen.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 53, 1912 u. No. 1,
1913.
1) Alexander Tietze: Zum Gallensteinileus. (Nach einer De¬
monstration in der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische
Kultur.)
Kasuistischer Beitrag.
2) C. A. Koch -Surinam: Ueber Frambösieheilung durch Sal-
varsan. (Vortrag, gehalten in der Berliner med. Gesellschaft am
23. Oktober 1912.)
cf. pag. 2425 der Münch, med. Wochenschr. 1912.
3) S. Schönberg - Basel: Zur Frage der Bedeutung der regio¬
nären Disposition für das Magenulcus.
Auf Grund seiner Statistik kommt der Verfasser zu dem gleichen
Schlüsse wie Oberndorfer und G r u b e r, dass es nicht an¬
gängig ist, bei der Verbreitung des runden Magengeschwürs von
einer regionären Disposition zu reden, sondern dass wir es hier, wie
am besten die Zusammenstellungen unter B o 1 1 i ti g e r und von
Oberndorfer sowie auch ein Vergleich der letzten Jahre in der
Tabelle des Verfassers beweisen, mit zeitlichen Schwankungen zu
tun haben.
4) Richard L e v y - Breslau : Experimentelle Chemotherapie der
bakteriellen Infektion. (Kurz mitgeteilt am 8. November 1912 in der
Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur.)
Es gelang dem Verfasser im Tierexperiment auch die in voller
Entwicklung begriffene Infektion mit Streptococcus mucosus durch
Aethylhydi ocuprein zu hemmen und die Versuchstiere dauernd zu
heilen, während die unbehandelten Kontrollmäuse ausnahmslos in
typischer Weise an einer Bakteriämie zugrunde gingen. Diese Heil¬
erfolge können noch erzielt werden, wenn die Behandlung einsetzt
zu einer Zeit, wo nach Morgenrot und Kaufmann schon mit
einer ausgesprochenen Bakteriämie zu rechnen ist.
5) D. Edzard-Freiburg i. Br.: Ueber die Serodiagnostik des
Karzinoms nach v. Düngern.
ln Anbetracht des hohen Prozentsatzes, in welchem sich ein
positiver Ausfall der Reaktion bei normal und anderweitig Likrankten
findet, muss die praktische Verwendbarkeit der v. Düngern sehen
Karzinomdiagnose sehr eingeschränkt erscheinen.
6) A b e 1 - Berlin: Zur Trockenbehandlung des Vaginal- und
Uteruskatarrhs mittels „Tryen“. (Vortrag, gehalten in der Berliner
med. Gesellschaft am 27. November 1912.)
7) Max ßollnow- Berlin: Diffuse eitrige Peritonitis infolge
gangränöser Entzündung eines Meckel sehen Divertikels.
Kasuistischer Beitrag.
8) Hans L i e s k e - Leipzig : Aerztliche Rechtsfragen.
Juristischer Beitrag.
No. 1, 1913.
1) A. Heffter: Die Grundlagen der Arzneibehandlung.
Jubiläumsartikel.
2) C. A. Ewald: Die Therapie der Darmkrankheiten in den
letzten 50 Jahren.
Eine Jubiläumsbetrachtung.
3) Hermann K ü 1 1 n e r - Breslau : Ueber zirkumskripte 1 uinor-
bildung durch abdominale Fettnekrose und subkutane Fettspaltung.
Zwei Fälle, in denen eine mit dem charakteristischen stürmischen
Krankheitsbilde einsetzende abdominale Fettnekrose nicht zu den be¬
kannten Veränderungen führte, sondern die Bildung ganz umschrie¬
bener solider Tumoren veranlasste, welche in dem einen Falle eine
Gallenblasengeschwulst, im zweiten einen chronisch entzündlichen
oder malignen Tumor des Darmes vortäuschten. Beim diitten Falle
handelt es sich um eine umschriebene, durch Fettspaltung hervorge¬
rufene Tumorbildung in der Mamma.
4) Rudolf Ehrmann-Berlin: Ueber das Coma diabeticum.
Schluss folgt.
5) Kurt Blüh dorn- Göttingen: Die Therapie sog. unstillbarer
Blutungen im Säuglingsalter. (Nach einem Vortrag in der Göttinger
medizinischen Gesellschaft.)
Verfasser konnte in drei Fällen von unstillbarer Blutung im
Säuglingsalter (es handelte sich um Fälle von Melaena neonatorum,
Purpura abdominalis und einen Fall von Nabelblutung bei Sepsis mit
perniziösem Ikterus) durch Injektion von Diphtherieserum und inner¬
liche Darreichung von Kalziumchlorid einen prompten Stillstand der
Blutung erzielen. Eine Nachprüfung dieser Therapie wäre erwünscht.
6) Georg Bernhardt und Otto Orn stein - Berlin : Ueber
Variabilität pathogener Mikroorganismen. (Vortrag, gehalten in der
Berliner mikrobiologischen Gesellschaft am 12. Dezember 1912.)
7) W. Hanauer- Frankfurt a. M.: Neuere Arbeiten über Säug¬
lingssterblichkeit.
Sammelreferat.
8) Marx-Berlin: Zur Lehre von den Erstickungsblutungen.
Gerichtsärztlicher Beitrag. Dr. Grass m a n n - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 1, 1913.
1) 0. Foerster - Breslau : Die analytische Methode der kom¬
pensatorischen Uebungsbehandlung bei der Tabes dorsalis.
Klinischer Vortrag.
2) E. T. B a s h f o r d - London : Das Krebsproblem.
Zweite Leyden-Vorlesung, gehalten am 21. Oktober 1912 im
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde in Berlin, refer. in
No. 44 (1912) der Münch, med. Wochenschr.
3) Hugo R i b b e r t - Bonn : Beitrag zur Rhachitis.
Wenn auch die Aetiologie der Rhachitis in ihrem letzten Grunde
noch nicht klargestellt ist, so sprechen doch eine Reihe von Beobach¬
tungen dafür, dass eine infolge unrichtiger Ernährung eintretende
Stoffwechselanomalie anzuschuldigen ist. Aus dieser leiten sich
toxische Einflüsse auf das Skelett her. die mikroskopisch als regres¬
sive Veränderungen an den Knorpelzellen kenntlich sind. Die unter¬
gehenden oder bereits abgetöteten Knorpelzellen nehmen bei Behand¬
lung der Schnitte mit Hämalaun, van Gieson und Orange eine gelbe
Farbe an.
4) F. Schieck-Königsberg: Die Bedeutung der Stauungs-
PaPI'vörtrag, gehalten im Verein für wissenschaftliche Heilkunde in
Königsberg i. Pr. am 25. November 1912, refer. in No. 50 (1912) dei
Münch, med. Wochenschr.
5) Alfred D e n k e r - Halle a. S.: Zur Technik und Verwendbar¬
keit der Interkrikothyreotomie.
In Fällen akutester Larynxstenose, wo jede Sekunde über Leben
und Tod entscheiden kann, wird mit Hilfe der durch ein zwei¬
schneidiges Messer von verschieden auszuwählender Länge und
Breite direkt am oberen Rande des Ringknorpels in transversaler
1 Richtung ausgeführten Interkrikothyreotomie am schnellsten' und
sichersten die freie Atmung wieder ermöglicht. Die Operation,
welche lediglich die augenblickliche Lebensgefahr beseitigen soll, ist
nicht berufen, etwa die Intubation oder Tracheotomie zu verdrängen;
sie wird aber dem praktischen Arzte gute Dienste leisten.
6) Erich H o f f m a n n - Bonn : Dauer der Kontagiosität der Sy¬
philis und Ehekonsens im Lichte der neuen Forschung.
Die neuesten grossen Entdeckungen auf dem Gebiete der Sy¬
philisforschung, Tiersyphilis, Spirochaeta pallida, Wassermannreaktion
und Salvarsantherapie, haben, was die Erteilung des Ehekonsenses
vom ärztlichen Standpunkte aus anlangt, keine wesentliche Aende-
rung in den bislang geübten Grundsätzen herbeizuführen vermocht.
Danach dürfen ehemalige Syphilitiker, welche 2—3 starke Queck-
silbersalvarsankuren durchgemacht haben und während der letzten
1 — 2 Jahre rezidivfrei geblieben sind, 3 — 5 Jahre nach stattgehabter
Infektion (seit der Einführung des Salvarsans vielleicht auch etwas
früher) heiraten. Nicht richtig wäre es, bei positivem Ausfall der
Wassermannreaktion eo ipso den Ehekonsens zu verweigern.
7) H. Braun- Zwickau : Die Anwendung der Lokalanästhesie
zur Reposition subkutaner Frakturen und Luxationen.
Die Lokalanästhesie hat sich in ihrer modernen Form als Lei¬
tungsanästhesie, an der oberen Extremität auch als Plexusanästhesie
nach Kulenkampff zur Behandlung von Frakturen und Luxa¬
tionen ganz ausgezeichnet bewährt; aber auch die einfache Um¬
spritzung der Fragmentenden oder der luxierten Gelenkkomponenten
kombiniert mit Injektion in die in Mitleidenschaft gezogenen Gelenk¬
höhle hat gute Erfolge aufzuweisen. Nicht nur wird vielfach eine
völlige Schmerzlosigkeit bei der Reposition erzielt, sondern es ergibt
sich auch, und dies gilt in hervorragendster Weise natürlich von der
wohlgelungenen Plexusanästhesie, eine so weitgehende Entspannung
der Muskulatur, wie sie nicht einmal in Narkose beobachtet wird.
Vor dieser hat ausserdem die Zuhilfenahme der Lokalanästhesie den
eminenten Vorteil, dass die Einrichtungen in aller Ruhe hinter dem
Durchleuchtungsschirm vor sich gehen und aufs beste kontrolliert
werden können. Leider sind für Unterschenkelfrakturen die Erfah¬
rungen nicht besonders günstig; für Oberschenkelfrakturen liegen
überhaupt keine vor. Für die Anästhesierung bei der Oberschenkel¬
luxation wird ein besonderes Verfahren angegeben.
8) Max L i s s a u e r - Königsberg Pr.: Experimentelle Leber¬
zirrhose nach chronischer Alkoholvergiftung.
Nach einem im Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königs¬
berg i. Pr. am 28. Oktober 1912 gehaltenen Vortrage, referiert in
No. 47, 1912 der Münch, med. Wochenschrift.
9) K. Langbein-Leipzig: Beitrag zur Behandlung der Ischias
mit epiduralen Injektionen.
12 Fälle von Ischias wurden nach Läwen mit epiduralen In¬
jektionen von 1 proz. Novokain-Bikarbonat-Lösung behandelt, teil¬
weise mit vorzüglichem Erfolge, der bei einem Patienten schon
2 Jahre anhält; wo er mehr oder weniger ausblieb, lag- vielleicht
keine echte Ischias vor; denn nur diese, besonders als Wurzelischias,
erscheint für die Läwen sehe Behandlung geeignet.
10) Ernst Erlen m eye r - Freiburg i. B. : Das Blutbild bei
Pocken und Impfpocken.
Das Kämmer er sehe Blutbild, eine starke Vermehrung der
Mononukleären (die als Lymphozyten anzusehen sind) fand sich bei
zwei Pockenfällen, während bei vier 12 jährigen Impflingen keinerlei
Blutveränderungen zu sehen waren.
11) Ladislaus Benedek und Stefan D e a k - Klausenburg:
Unterschiede zwischen dem Blutserum bei Paralyse und Dementia
I praecox in Bezug auf die Auslösung von Immunhämolysinen.
14. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
97
Ein wesentlicher Unterschied scheint nach zahlreichen Kaninchen¬
versuchen der zu sein, dass Paralytikerserum arm, das Serum von
Kranken mit Dementia praecox dagegen reich an Hämolysinantigenen
ist; ferner, dass die Erythrozyten der mit Paralytikerserum geimpften
Kaninchen eine verminderte, die anderen eine erhöhte Resistenz gegen
Sublimat aufweisen.
12) W. H e r i n g - Klettwitz: Perirenales Hämatom nach Schar¬
lach.
Der Ursprung der drei Wochen nach Auftreten des Scharlach¬
exanthems erfolgenden und sich allmählich retroperitoneal bis ins
Becken erstreckenden tödlichen Blutung konnte weder bei der Opera¬
tion noch bei der übrigens unvollständigen Autopsie aufgedeckt
werden.
13) Johannes Becker-Halle a. S. : Die neuesten Bestrebungen
zur chirurgischen Prophylaxe und Therapie der diffusen Peritonitis.
Sammelreferat.
14) H a 1 1 e - Charlottenburg: Ein praktisches Antiphon.
Es besteht aus einer mit Paraffin vom Schmelzpunkt 52 — 57°
durchtränkten und überkleideten Wattekugel, die in 3 verschiedenen
ürössen hergestellt, sich dem Gehörgang gut anschmiegt und mit
Hilfe des angebrachten Seidenfadens leicht wieder entfernt werden
kann. Baum- München.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 52. R. Barany-Wien; Lokalisation in der Rinde der
Kleinhirnhemisphären des Menschen.
Eingehende Krankengeschichte und Obduktionsbericht eines
Falles, der wider die klinische Erwartung einen grossen Tuberkel im
Marke der rechten Kleinhirnhemisphäre neben einem mächtigen
Hydrocephalus internus aufwies und zeigt, dass Tuberkel in der Sub¬
stanz des Kleinhirns, wie in der motorischen Region, in der inneren
Kapsel und in der Brücke völlig latent verlaufen und keine deut¬
lichen Ausfallserscheinungen bieten können. Dennoch wird beim
Fehlen deutlicher Ausfallserscheinungen mit Wahrscheinlichkeit ein
Tumor in der Substanz verneint werden. Weiter gibt B. einen Ueber-
blick über seine bisherigen Beobachtungen von durch Operation oder
Obduktion sichergestellten Affektionen der Kleinhirnaffektionen
(20 Fälle) und die Resultate des Abkühlungsversuches, der einerseits
nie irgend einen Schaden gestiftet hat, andererseits wesentlich zur
Erkenntnis der Physiologie und Pathologie der Kleinhirnfunktion bei¬
trägt. Schliesslich werden die bisher gewonnenen Erfahrungen über
die Lokalisation in den Kleinhirnhemisphären zusammengefasst.
G. S t i e f 1 e r - Linz a. D. ; Ueber einen Fall von primärer sym¬
metrischer Brachialplexusneuritis als Symptom einer Spätsyphilis.
Ausführliche Erörterung des Falles.
A. Z o g r a f i d e s - Athen-Piraeus: Catarrhus chronicus hyper-
trophicus der Tonsilla lingualis.
Z. beschreibt mit Beifügung von 10 kurzen Krankengeschichten,
die von den umschrieben geschwulstartig oder diffus geschwellten
Zungentonsillen ausgehenden Reizerscheinungen (Ramus intern, nerv,
vagi) und hebt insbesondere den keuchhustenähnlichen Charakter
dieses Reizhustens hervor. Dabei spricht er die Vermutung aus, dass
es sich um eine Ansiedlung der Bordet-Gengou sehen Stäbchen
in diesen Tonsillen oder eine Einwirkung des Giftes der Bazillen
handelt und verweist auch darauf, dass bei Keuchhustenkranken oft
der Zungengrund stark hyperämisch gefunden wird und durch Reizung
und Druck dieser Gegend die Hustenanfälle ausgelöst werden.
J. Hatiegan und B. D ö r i - Klausenburg: Ueber die klinische
Vergleichung des Ewald-Boas- und des M i n t z sehen Probe-
friihstückes.
Die Untersuchungen sprechen dafür, dass das Probefrühstück
nach M i n t z einen stärkeren Reiz für die Magentätigkeit ausübt.
Das Verhältnis zwischen der freien und gesamten Salzsäure stellt
sjch im allgemeinen kleiner dar, die für die freie Salzsäure und die
Gesamtsalzsäure erhaltenen Werte sind durchgehends höher. In
Kürze geht das Urteil des Verf. dahin, dass für die Praxis das
Mintzsche Verfahren keine durchgreifenden Vorteile besitzt. Da¬
gegen bedeutet in der Klinik der damit neu eingeführte Begriff
der Nivellierungsfähigkeic des Magens eine Bereicherung für die
Diagnostik.
No. 1. G. K e 1 1 i ti g - Dresden : Neue Versuche zur Erzeugung
von Geschwülsten mittels arteigener und artfremder Embryonal-
zellen. (Schluss folgt.)
A. Theilhaber - München : Die Prophylaxe der Karzinome.
In Verfolgung früherer Darlegungen (s. Referate Münch, med.
\Vochenschr. 1912, S. 2124 u. 2309) betont Verf. die Wichtigkeit von
Traumen und entzündlichen Vorgängen für die Disposition zum Karzi¬
nom, z. B. beim Karzinom der Brustdrüse oder beim Karzinom des
Uterus (Geburtsverletzungen). Als ein wesentlicher Faktor ist hier¬
bei die Schädigung des Bindegewebes zu betrachten, als wichtiges
Heilmittel vor allem die Hyperämisierung (Heissluft, Stauung, Mas¬
sage, Diathermie usw.). Im einzelnen wendet sich Verf. gegen den
Finwurf, dass diese Behandlungsweise Schaden bringe oder zu um¬
ständlich sei.
L. A r z t und W. Kerl: Zur Kenntnis der parasitotropen Wirkung
des Atoxyls und Neosalvarsans.
Schlussätze: Durch Mischung von Lezithin (im geringeren Grad
auch von Glykogen) mit Atoxyl wird die parasitotrope Wirkung des
Atoxyls erhöht, ähnlich wie das Levaditi für das Trypanotoxyl
(entstanden aus Leberbrei und Atoxyl) nachwies. Die Parasito-
tropie der Lezithin-Atoxyl-Mischung übertrifft die des Trypanotoxyls.
Beim Neosalvarsan dagegen wird durch die genannten Zusätze die
Parasitotropie herabgesetzt. Auch bei intraperitonealer Einverlei¬
bung zeigt sich das Blut vorbehandelter Tiere als parasitotrop, wohl
infolge einer Neosalvarsanwirkung. Nach einstiindiger Untersuchung
des Blutes der vorbehandelten Tiere ist beim Neosalvarsan eine
höhere parasitotrope Wirkung zu finden als beim Atoxyl.
R. S t r i s o w e r - Wien : Beitrag zur Kasuistik hochgradiger
Bluteosinophilie bei einer Karzinomatose und einem Lymphogranulom.
Den beiden Fällen ist gemeinsam eine eosinophile Umwandlung
des Knochenmarks und die Ausbreitung der azidophilen Zellen ins
Blut und in die Gewebe. Eine Erklärung für diese Erscheinungen
lässt sich vielleicht in der Lokalisation der Neubildungen in der Um¬
gebung der beiden Vagi oder deren Endausbreitungen finden. In
einem ähnlichen Fall von Käppis bestand auch eine Neubildung der
Lunge mit peribronchialer VeVbreitung. Es liegen auch sonst Be¬
obachtungen vor, welche für einen Zusammenhang zwischen Blut¬
eosinophilie und einer Erregung des autonomen Nervensystems
sprechen.
A. Z o g r a f i d e s - Athen-Piräus: Bilaterales Ekchondrom der
Ohrmuschel.
Die Seltenheit des hier beschriebenen Falles wird durch das
bilaterale Auftreten des Ekchondroms besonders erhöht. Abbil¬
dungen.
0. K o w a n i t z - Wiener Neustadt: Unsere Erfahrungen mit
Hexal.
Das Hexal vermehrt die Diurese, macht den Harn rasch klar
und stark sauer und wirkt sedativ. Es ist bei allen Formen der
Zystitis verwendbar, ebenso bei Störungen des Katheterismus und
zur Verhütung der aufsteigenden Infektion bei Gonorrhöe. Vor dem
Hexamethylentetramin hat es den Vorzug der raschen und anal¬
getischen Wirkung und des angenehmeren Geschmackes.
Wiener medizinische Wochenschrift.
No. 48. S. Schick -Wien: Die Krebsbehandlungsmethode
Dr. Zellers.
Sch. bespricht die Verwendung, welche schon früher das Queck¬
silber und das Arsen, auch die Kombination von Zinnober und Arsen,
ferner das Silicium (Sch uh -Wien) in der Behandlung des Krebses,
teilweise mit Erfolg gefunden haben. Aus eigenen Beobachtungen
Sch.s an Ort und Stelle ist zu schliessen, dass durch die Behandlungs¬
weise Zellers Fälle von Karzinom, und zwar nicht nur oberfläch¬
liche Hautkarzinome in günstiger Weise beeinflusst event. geheilt
werden können. Für operable Karzinome empfiehlt sich nach wie vor
die Operation, dagegen erscheint für nicht operable ein Versuch mit
Zellers Methode durchaus als angezeigt, ebenso ist letztere in
gleiche Linie mit dem Röntgen-, Radium- oder Fulgurationsverfahren
zu stellen, event. mit der chirurgischen Behandlung zu kombinieren.
Ausserdem Hesse sich namentlich die Siliciumbehandlung zu pro¬
phylaktischen Zwecken rechtfertigen, welche schliesslich auch bei
gutartigen Geschwülsten versuchsweise angewendet werden kann.
No. 47/48. F. Hochwald - Wien : Ueber depressorische Tuber¬
kulintherapie.
Versuche auf der Abteilung Prof. Brauns haben die Be¬
obachtung Geisböcks bestätigt, dass der bei tuberkulösen Erkran¬
kungen vielfach bestehende niedrige Druck im arteriellen Gefäss-
system sich durch Injektion tuberkulöser Toxine künstlich erzeugen
lässt. Weiter ist es auch gelungen, diese Erscheinung therapeutisch
zu verwerten; am aussichtsreichsten scheint dieses Vorgehen bei
Arteriosklerose mit Blutdrucksteigerung und anginösen Beschwerden
zu sein. Zur Verwendung kam das Alttuberkulin Koch in der Ver¬
dünnung mit Y* proz. Lysollösung in steigenden Gaben, z. B. mit
V\ oder 14 mg beginnend bis zu 1 — 2 cg. 5 Krankengeschichten
zeigen die deutliche bis beträchtliche Herabsetzung des Blutdruckes,
das Fehlen unangenehmer Nebenwirkung, die teilweise sehr günstige
Beeinflussung typischer Anfälle von Angina pectoris. Näheres ist im
Original einzusehen.
No. 49/50. R. Barany-Wien: Weitere Untersuchungen und
Erfahrungen über die Beziehungen zwischen Vestibularapparat und
Zentralnervensystem.
Betrifft die Nachbarschafts- und Fernwirkungen auf Kleinhirn und
Vestibularapparat bei Hirntumoren im Anschluss an eine Kranken¬
geschichte. 12 Schlussätze.
No. 49. G e r 1 a c h - Göttingen: Ein Fall von Verletzung des
Schädelknochens durch elektrischen Starkstrom.
Vorliegender Fall ist einzigartig durch die bisher noch nicht
beobachtete Zerstörung des Knochens durch den elektrischen Strom,
wodurch in dem Schläfen- und Scheitelbein ein Loch von etwa
Talergrösse entstanden war, während in noch weiterer Ausdehnung
der Knochen teilweise zerstört war. Die ungewöhnlich starke Ver¬
letzung wird hauptsächlich durch die hohe Spannung des Stromes
erklärt: eines 6000voltigen 3phasigen Wechselstromes mit 100 Wech¬
sel in der Sekunde, bei einer Stromstärke bis zu 200 Amperes.
No. 49. O. Sachs- Wien: Arzneiexanthem nach Gebrauch von
Urotropin (Hexamethylentetramin).
Anscheinend erst der 2. Fall eines Urotropinexanthems in der
Literatur, ein auf den Stamm lokalisierter lichenartiger Ausschlag,
der nach 12 tägigem Gebrauch des Mittels unter Kopfschmerz, Ohren-
98
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
sausen, Jucken, Harndrang und Obstipation auftrat und vermutlich
durch eine verminderte Ausscheidung und Zurückhaltung des Formal¬
dehyds hervorgerufen war.
No. 49. P. v. Szily-Pest: Prophylaxe des luetischen Abortes
und der Säuglingssyphilis.
Verf. hat 10 Schwangere, welche öfters abortiert hatten und
positive Wassermann sehe Reaktion zeigten, einer einmaligen
intravenösen Infusion von 0.6 Salvarsan bzw. 0,9 Neosalvarsan unter¬
zogen. Alle gebaren ein bisher gesund gebliebenes Kind, so dass
diese, wie es scheint wirksame Prophylaxe weiterhin regelmässig ge¬
übt wird.
No. 50. Riehl- Wien : Die Radiumtherapie in der Dermatologie.
An der seit einigen Monaten bestehenden Wiener Radiumstation
wurden bei einer Zahl von etwa 50 behandelten Kranken die besten
Erfolge erzielt bei Epitheliomen, Angiomen und Kavernomen, auch
bei Keloiden und hypertrophischen Narben erfolgte Heilung oder
Besserung. Naevus flammeus wurde unter 14 Fällen nur ein ganz
oberflächlicher Fall, wo auf Fingerdruck vollständige Entfärbung ein¬
trat in befriedigender Weise beeinflusst.
No. 50. W. F a 1 1 a - Wien: Radiumemanation bei inneren Krank¬
heiten.
Kurze Beschreibung einiger Fälle der v. N o o r d e n sehen Klinik,
wo durch Radium gute Erfolge erzielt wurden (primärer chronischer
Gelenkrheumatismus. Ischias, echte Gicht, rheumatische Arthritis).
Betont wird, dass das nur einzelne ausgesuchte Fälle sind, während
andere keinen oder nur vorübergehenden Erfolg haben oder gar sich
verschlimmern. Wichtig ist die individuelle Dosierung. Angewendet
wurden Bäder (bis 100 000 ME), Trinkkuren (3 mal 330 — 10 000 p. d.),
Sitzungen im Emanatorium bei 4. meist 20, aber bis 600 ME pro
Liter Luft. In letzter Zeit wurden auch kleine Mengen von Radium¬
metall (1000—2000 ME) in der Nähe erkrankter Gelenke injiziert.
No. 50. Mar sch ick- Wien: Die Radiumtherapie in der La-
ryngo-Rhinologie.
Gute resp. relativ gute Erfolge bei a) Sklerom der Nase und des
Rachens, b) Karzinom des Oberkiefers, c) Rezidivtumor nach
Pharynx- und Larynxresektion, d) Karzinom des Oesophagus.
No. 50. A. Lieben- Wien: Chronische Appendizitis und Coe-
cum mobile.
L. hat bei 19 wegen Coecum mobile (ohne wesentliche Erkran¬
kung der Appendix) an der Hochenegg sehen Klinik operierten
Fällen (Appendektomie, bei einem Fall auch Zoekopexie) die Dauer¬
resultate festgestellt. Bei 3 ist der Erfolg ein nicht ganz befriedi¬
gender, 6 sind gleich nach der Operation ganz beschwerdefrei ge¬
worden, bei den 10 anderen haben sich die Beschwerden allmählich
verloren, wahrscheinlich war bei diesen eine katarrhalische Reizung
des Zoekums und Kolons vorhanden gewesen, vielleicht werden auch
die leichteren Beschwerden jetzt übergangen. Im allgemeinen scheint
die Appendektomie bei den Erscheinungen der chronischen Appendi¬
zitis und des Coecum mobile völlig zu genügen, um, wenn auch viel¬
leicht erst in längerer Zeit, die Beschwerden zu beseitigen.
Bergeat - München.
Belgische Literatur.
G e e r a e r d - Brüssel : Die Behandlung der Lungentuberkulose
mit künstlichem Pneumothorax. (Journal medical de Bruxelles,
23. Mai 1912.)
Verf. hat die Methode in 19 Fällen angewandt: in 4 Fällen waren
so viele Verwachsungen vorhanden, dass der Pneumothorax nicht zu
stände kam. Die anderen Fälle wurden, mit einer Ausnahme, be¬
deutend gebessert. Verf. betont mit Nachdruck, dass er bloss Kranke
operierte, deren Zustand ihm hoffnungslos schien, und dass diese
Patienten ausserhalb einer Klinik wohnten, und durch äussere Um¬
stände in keine Klinik aufgenommen werden konnten. Die weitere
Behandlung geschah ambulatorisch. Bezüglich der Temperatur und
der toxischen Erscheinungen konnte Verf. die günstigen Erfolge
anderer Forscher nur bestätigen.
C r o c q - Brüssel: Die Neurasthenie. (Journal de Neurologie,
20. März 1912.)
Verf. will sich gegen die jetzt allgemeine Gewohnheit erheben,
das Wort Neurasthenie für viele unvollständig charakterisierte Krank¬
heitsbilder zu gebrauchen, wodurch Irrtiimer in Diagnose, Prognose
und Behandlung entstehen. Er unterscheidet drei Hauptformen:
1. Echte Neurasthenie, eine selbständige, heilbare Krankheit, welche
bei nicht erblich belasteten Patienten nach Ueberarbeitung und
anderen das Nervensystem erschöpfenden Ursachen entstellt; 2. Neur-
astheniforme Zustände bei erblich belasteten Patienten; hier kann
Behandlung nur symptomatisch helfen, die Krankheit ist unheilbar;
3. Neurasthenieartige Symptome, mit schlechter Prognose, welche
den Anfang vieler organischer Krankheiten begleiten, wie Dementia
praecox, allgemeine Paralyse usw.
Delcorde - Brüssel : Untersuchungen über die Fleischver¬
dauung beim Hunde, unter dem Einfluss von Opiumtinktur: 1. von
gewöhnlicher Tinktur, 2. von morphinloser Tinktur. (Journal medical
de Bruxelles, 6. Juni 1912.)
Die gewöhnliche Opiumtinktur verlangsamt die Verdauung des
rohen Fleisches und noch mehr des gekochten Fleisches im Magen.
Die Verlangsamung durch Opiumtinktur ist bedeutender als jene nach
Morphiumgebrauch. Wird das Morphium aus der Opiumtinktur ent¬
fernt, so hat diese Tinktur einen stark verlangsamenden Einfluss auf
die Magenverdauung, welche 3 mal länger dauert als beim normalen
Tier, und viel länger als durch die Wirkung der gewöhnlichen Opium¬
tinktur und sogar des Morphiums. Beide Opiumtinkturen (die
morphiumhaltige und die morphiumfreie) machen die Eiweisszer¬
setzung im Magen vollständiger als beim normalen Tier und
wirken auch in diesem Sinne stärker als das Morphium allein.
Im Dünndarm ist die Eiweisszersetzung weniger vollständig. Die
Nahrung verbleibt nach Opiumzuführung länger im Magen als
nach Morphiumdarreichung. Diese Tatsachen erklären, warum die in
der Klinik beobachtete verstopfende Wirkung des Opiums ausge¬
sprochener ist als diejenige des Morphiums.
H. Coppez - Brüssel : Augenkomplikationen der Paget sehen
Krankheit. (Journal medical de Bruxelles, 13. Juni 1912.)
Die Pag et sehe Krankheit oder Osteitis deformans ist eine
seltene chr.onische Krankheit, welche eine Formveränderung der
Knochen verursacht: sie erscheint bei älteren Leuten, und äussert
sich durch Dickerwerden des Kopfes, Krümmen der Knochen usw.
Die unteren Glieder, das Becken, die Schlüsselbeine, die Rippen,
die Schädelknochen sind gewöhnlich erkrankt. Die Ursache ist un¬
bekannt; nur weiss man, dass die Knochen teilweise hypertrophiert,
teilweise resorbiert werden, und dass der Kalk-, Phosphat- und
Karbonatgehalt bedeutend erhöht ist. Verf. hat 4 Fälle mit Kompli¬
kationen in den Augen beobachtet: an der Makula waren kleine
degenerative Flecken vorhanden; dadurch entstehen Skotome. Der
Sehnerv ist in den 4 Fällen normal geblieben. Es ist wahrscheinlich,
dass der in seinem Wesen noch unbekannte degenerative Prozess
auch auf die so zarte Makula seine Wirkung auszuüben vermag.
L. M a y e r - Brüssel und R. S a n d - Brüssel: Ein Fall von Sar¬
kom als Folge der radiotherapeutischen Behandlung eines Karzinoms
des Gesichts. (Societe beige de Chirurgie, 30. März 1912.)
Bei einem 69 jährigen Mann hatte sich ein haselnussgrosses Kan-
kroid in 15 Monaten entwickelt. Kein Erfolg nach 5 X-Strahlen-
anwendungen und 3 Radiumsitzungen. Der Tumor wurde Mai 1911
exstirpiert; glatte Heilung ohne Rezidiv. Die mikroskopische Unter¬
suchung zeigte in demselben Präparat das Vorhandensein von Sar¬
kom- und von Kankroidwucherungen nebeneinander. Sarkomerkran¬
kungen wurden von mehreren Forschern auch nach radiothera¬
peutischer Behandlung von Lupus beschrieben.
M. van Duyse-Gent: Ein Fall von lebendem Parasiticus
epigastricus. (Belgique medicale, 9. Juni 1912.)
Sehr seltener teratologischer Fall. Der Patient trägt auf der
Bauchwand, am unteren Ende des Sternum den Parasit, dessen Leib,
Arme, Beine, Hoden, Penis sichtbar sind, und welcher täglich un¬
gefähr 50 g Harn entleert. Der Parasit sitzt mit den Schultern fest.
De Wae le- Gent: Die Behandlung der Nikotinamblyopie mit
Lezithin. (Acad. royale de medecine de Belgique, 27. April 1912.)
Verf. hat die schon bekannte Angabe bestätigt, dass es die
Lipoide sind, und speziell das Lezithin, nicht das Wasser, welche
als Lösungsmittel der Alkaloide wirksam sind. Diese werden durch
die Lipoide zu den Nervenzellen getragen, wo sie sich konzentrieren,
da wir wissen, dass diese Zellen sehr lipoidreich sind. Dasselbe
Lösungsmittel dient auch zur Ausscheidung. Wenn nun das Blut
künstlich lezithinreicher gemacht wäre, so müsste die Entfernung der
Alkaloide aus den Nervenzellen erleichtert werden. Dieser Gedanke
hat Verf. veranlasst, Kranken mit Nikotinamblyopie Lezithin zu
geben. Die Besserung trat in den 5 beschriebenen Fällen auffallend
schnell ein; sie erreichte einen gewissen Grad, dann blieb der Zu¬
stand unverändert weiterbestehen. Wahrscheinlich hatten sich un¬
heilbare Gewebsdegenerationen eingestellt.
Lienaux und Huynen - Brüssel : Experimentelle Beiträge
zur Wirkung des Jodkaliums. (Acad. royale de medecine de Bel¬
gique, 27. April 1912.)
Die Verfasser sind von folgenden Sätzen ausgegangen: 1. Das
Jodkalium hat eine gefässerweiternde Wirkung; 2. das Wieder¬
entstehen von Entzündungen der Atmungsschleimhaut geschieht mit
Gaben, welche viel schwächer sind als diejenigen, welche Jodismus
herbeiführen; 3. entzündete Gewebe sind zur Blutstauung stärker ge¬
neigt als gesunde. — Daher sollen entzündete Gewebe unter Einfluss
des Jodkaliums eine starke Neigung zur Gefässerweiterung sowie zur
venösen Stauung aufweisen. Diese Hypothese wurde an tuberkulös
infizierten Meerschweinchen und Rindern und an Hunden mit Haut¬
krankheiten geprüft. Das Jodkalium bringt eine deutliche Gefäss¬
erweiterung an den erkrankten Teilen hervor, während sie in nor¬
malen Teilen noch ganz fehlt. Das Jodkalium wirkt also gewisser-
inassen im Sinne der B i e r sehen Stauung, der feuchten Wärme, in¬
dem es die Quantität des im Gewebe zirkulierenden Blutes ver-
grössert, die Exsudatbildung sowie die Phagozytose begünstigt.
Godardanhieux - Brüssel : Ein leichter Fall (cas fruste) von
Akromegalie. (La Policlinique, 15. Juni 1912.) _ I
Dieser seltene Fall zeigt, dass es leichte Fälle von Akromegalie
gibt, wo bloss eine Andeutung der Symptome zu finden ist, obwohl
die radiographische Aufnahme eine deutliche Formveränderung der
Sella turcica aufweist.
B a y e t - Brüssel: Ueber Neosalvarsan. (Journal medical de
Bruxelles, 12. September 1912.)
Prof. Bayet fasst die Ergebnisse seiner Prüfungen folgender-
massen zusammen: 1. Die Technik der Einspritzung ist mit Neo¬
salvarsan leichter als mit Salvarsan; 2. im Augenblick der Ein¬
spritzung wird das Neosalvarsan besser vertragen, man beobachtet
weniger Fieberanfälle, Uebelkeit, Kopfschmerzen usw.; 3. es wäre
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
99
ein Fehler, diese leichtere Anwendung zu missbrauchen und grössere
Quantitäten einzuspritzen; 4. die Grosse der Gaben soll nach der¬
selben Vorschrift wie für das Salvarsan bestimmt werden; 5. sogar
mit mittleren Gaben wurden gefährliche Komplikationen beobachtet;
6. die Wirksamkeit des neuen Mittels steht derjenigen des Salvarsans
ungefähr gleich; 7. da es besser vertragen wird, wäre es anzuwen¬
den, wenn Salvarsan nicht vertragen wird, und bei allen Patienten,
bei denen eine starke Reaktion gefährlich ist (Herz-, Tabeskranken
usw.); S. es scheint, dass die mit der Quecksilbermethode kom¬
binierte Behandlung auch für das Neosalvarsan die beste ist.
Delchef und J o 1 y - Lüttich : Ambulatorische Behandlung der
Oberschenkelbrüche. (Le scalpel, 22. September 1912.)
Da die Bettruhe mehrere Wochen lang für viele ältere Patien¬
ten nicht ohne Gefahr ist und die Operation auch Gefahren bietet,
haben Verff. den Langeschen Apparat in 3 Fällen von Oberschen¬
kelbrüchen gebraucht und rühmen den Erfolg sehr. In diesem Appa¬
rat wird die Extension des Beines sehr gut gemacht: der Fuss kommt
mit dem Boden nicht in Berührung. R. Wybauw.
Fortschritte auf dem Gebiete des Militärsanitätswesens.
Dass die Schlachtfelder eine stete Gefahr für die Gesunden, die
auf oder in der Umgebung derselben wohnen, sind, ist eine allgemein
anerkannte Tatsache; aber nicht bloss diese, auch die Plätze, wo
biwakiert wurde, wo Feldschlächtereien, Küchen mit ihren Abfällen,
Düngerstätten, Latrinen, Verbandplätze usw. sich befanden, bringen
infolge der in den Boden eingedrungenen Zersetzungsprodukte Ge¬
fahren mit sich, die es verbieten auf derartigen Orten zu kampieren
oder zu wohnen. Wie diese Gefahren zu beseitigen sind, bespricht
Oberstabsarzt Dr. Blau in No. 107 des Milit. Wochenblattes. Ganz
besonders weist er darauf hin, und zwar mit vollem Recht, dass in
Lagerplätzen straffe militärische Disziplin in bezug auf die Benützung
der Gruben- und Latrinenanlagen herrschen muss, um eine Ver¬
seuchung des Bodens hintanzuhalten und dass grössere stehende
Feldlager, zu diesem Zwecke fahrbare Tonnen und mit Blech aus¬
geschlagene Kisten, die aber wasserdicht sein müssen, u. dergl. er¬
halten und dass der Inhalt mit Kresolseifenlösung oder Chlorkalk
zu desinfizieren ist und dass das, was verbrannt werden kann, ver¬
brannt werden soll. Wie dies geschehen soll, darüber herrschen
noch verschiedene Ansichten. Eigene Müllverbrennungsöfen mit¬
zuführen. deren Leistungsfähigkeit noch nicht erprobt ist und die
meist auf besonderes Brennmaterial zugeschnitten sind, ist vorläufig
aus mancherlei Gründen nicht angängig. Ein besonderes Augenmerk
ist auch darauf zu richten, dass abriiekende Truppen ihre Lager¬
plätze möglichst gereinigt verlassen in Rücksicht auf etwa nach-
riiekende Truppenteile. Verfasser bespricht, hieran anschliessend,
die Frage, wie mit den Gefallenen zu verfahren ist. Unter Anführung
von Beispielen, die bis in die neuere Zeit heranreichen, wo Tausende
Gefallener ungenügend beerdigt den Boden durchseuchten, die Luft
verpesteten und die Umgebung unbewohnbar machten, kommt B. zu
der Ansicht, dass eine Beerdigung kombiniert mit lokaler Einäsche¬
rung als das zweckdienlichste Verfahren erscheint. Allerdings be¬
darf die Frage, wie diese lokale Einäscherung vor sich gehen soll,
noch besonderer Versuche. Hieran schliesst sich die Frage, ob nicht
besondere Abteilungen der freiwilligen Sanitätskolonnen hierzu Ver¬
wendung finden könnten.
In Frankreich wird laut einem Rundschreiben des Kriegs¬
ministers vom Juli 1912 der militärische Sanitätsdienst — aus Mangel
von Ersatzmannschaften — nach Möglichkeit Zivilpersonen über¬
tragen werden. Zugleich wurde den Militärärzten, die bisher die
gleiche Anrede wie Offiziere zu beanspruchen hatten, diese entzogen,
worin die französischen Militärärzte eine Zurücksetzung — und mit
Recht — sehen. Es scheint, dass der Sanitätsdienst demilitarisiert
werden soll, worauf auch die Bevorzugung des roten Kreuzes be¬
sonders während des Marokkofeldzuges hinweist. (Bull. med. 1912.)
Einen Einblick in die Zahl der Schwachsinnigen gewährt eine
Arbeit des Generalarztes a. D. H e r t o 1 d in Hannover (D. med.
Wochenschr. No. 32, S. 1505). Derselbe stellte bei einem einzigen
Armeekorps (XII.) für die Zeit von 10 Jahren 500 Krankenblätter
zusammen, die Leute betreffen, die wegen Schwachsinns in lazarett¬
ärztlicher Beobachtung waren. Wenn man berücksichtigt, dass beim
Militär nur leichte Formen, die vorher im Zivilleben keine besonderen
Erscheinungen machten, deshalb auch nicht auffielen, eintreten, dass
die schweren Formen bei der Musterung und Aushebung bereits aus-
scheiden, dass eine grosse Anzahl Schwachsinniger wegen anderer
körperlicher Fehler hierbei ebenfalls ausscheidet, ohne dass hierbei
der Schwachsinn zutage tritt, so lässt dies ahnen, wie häufig
Schwachsinn in der Bevölkerung vertreten ist.
In den Vereinigten Staaten von Nordamerika wird, um die
Marschfähigkeit der Mannschaften zu erhöhen, dem Anmessen und
Anpassen der Fussbekleidung erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt,
indem die Truppenkommandeure angewiesen werden, dies persönlich
zu überwachen. Beim Anmessen müssen die Leute mit blossen Füssen
stehend 20 kg auf dem Rücken tragen. Zur gemessenen Länge bzw.
Breite des Fusses wird ein bestimmter Bruchteil hinzugerechnet, um
dem mit wollenen Socken bekleideten Fuss genügend Raum zu lassen.
Die Kompagniechefs haben sich durch häufige Besichtigungen zu
überzeugen, dass die Füsse ihrer Leute in Bezug auf die Marschfähig¬
keit in Ordnung sind. Es scheint, dass hier bei diesem doch wich¬
tigen Zweige der Militärhygiene — denn Fusskranke bilden einen
hohen Prozentsatz in der Armee — das Sanitätspersonal aus¬
geschaltet ist. Reh.
Inauguraldissertationen. ')
Ein reiches kasuistisches Material macht die Arbeit von
Mathias Th i essen über atrophische (Laennecsche)
Leberzirrhose wertvoll. In den Strassburger medizinischen
Klinik wurden unter etwa 28 000 Kranken aus dem Zeitraum von
1891 — 1911 220 Fälle dieser Krankheit gezählt. (Verf. berücksichtigt
nur ausgesprochene Fälle.) Demnach etwa in 0,8 Proz. 176 Männer
= 1 Proz., 44 Frauen = 0,4 Proz. Im ganzen Männer 80 Proz., Frauen
20 Proz. atrophische Leberzirrhose. Die meisten Erkrankungen
fallen ins 40. — 50. Lebensjahr, dann ins 50.— 60., dann ins 30. — 40.
Gesamtdurchschnittsalter 46 Vs Jahre. Nach der Zusammenstellung
der Berufe der Erkrankten ist es unzweifelhaft, dass Leute, die sich
in ihrem Beruf mit der Herstellung oder dem Verkaufe alkoholischer
Getränke befassen, wie Wirte, Kellner, Bierbrauer und Küfer, häufig
an Leberzirrhose erkranken. Das Durchschnittsalter dieser Leute
mit „beruflichem“ Potus beträgt nur 41% Jahre, wohingegen das
aller anderen Berufe 48 Jahre beträgt. Alkoholismus war im ganzen
in 76 Proz. der Fälle vorhanden, von den 176 Männern waren 84 Proz.
Trinker; von den 44 Frauen 48 Proz. Trinkerinnen. Einige abscheu¬
liche Beispiele von ursächlichem Alkoholismus führt Verf. an: Ein
Tischler gibt an, täglich getrunken zu haben: morgens nüchtern
Schnaps, darauf Wein, dann Frühschoppen 3 — 4 Seidel Bier und
4—5 Schoppen Wein; zum Essen 1 Glas Wein, nachmittags 3 Seidel
Bier, zum Dämmerschoppen 20—25 Seidel Bier und 2—3 Schnäpse.
Diese Menge trank er angeblich regelmässig bis zu seinem 40. Jahr,
dann ging er vom Bier ab und ganz zum Wein über. Ein anderer
53 jähriger Brauereiarbeiter trank täglich 40 — 50 Schoppen (Vs Liter)
Bier und bei jedem Kunden ein Glas Wein, ab und zu auch Schnaps.
Das sind nur die krassesten Beispiele. Lues fand sich ursächlich
teils allein, teils in Komplikation mit anderen Krankheiten 17 mal,
Malaria teils allein, teils kombiniert 12 mal, häufig auch Gelenk¬
rheumatismus als Ursache angegeben. Unter 82 Sektionsprotokollen
von atrophischer Zirrhose fand sich 21 mal = 25,5 Proz. Tuberkulose.
In 15 Fällen hiervon handelte es sich um manifeste Tuberkulose. In
den 220 Fälllen war 169 mal Aszites vorhanden. Kein Ikterus bestand
in 72 Fällen. Milztumor bestand in 196 Fällen, Blutungen waren
häufig. 85 Fälle wurden gebessert entlassen, 53 ungebessert,
82 starben. Bei Aszites taten Digitalis, Theobrominpräparate,
Theobromin in Dosen von 2,0 — 3,0, D i u r e t i n in Dosen von
5,0— 6,0, T h e o c i n 3 mal täglich 0,2— 0,3 gute Dienste. Sehr gut
wirkte auch K a 1 o m e 1 in Dosen von 3 mal täglich 0,2 5—8 Tage
lang. (Strassburg 1912. 39 S. Els.-Lothr. Buchdr. Abt. Müh.)
Fritz L o e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Erlangen. Juli — Dezember 1912.
Fränznick Heinrich: Ueber die Verteilung der Fermente des
Purinstoffwechsels in den Organen des Hundes. Nürnberg 1912.
Reiss Paul: Ueber Luminal und dessen Anwendung bei Geistes¬
kranken.
Fleischmann Otto : Ein Fall von Oligohydramnie.
Höser Ernst: Ueber die Hypophyse in ihren Beziehungen zu den
weiblichen Geschlechtsorganen.
Schneider Bernhard: Soll bei Sinusphlebitis infolge- akuter Otitis
media purulenta die Vena jugularis unterbunden werden oder
nicht?
Schwarz Friedrich: Zur Kasuistik und Entstehung der Aneurysmen
des Sinus Valsalvae Aortae dexter.
Brasch Moritz: Studien zur Verdauungsleukozytose beim Hund
und Kaninchen. (Aus dem Laboratorium der med. Klinik in
Erlangen.)
Dorn Paul: Zum Blutbild bei Lues nach Salvarsaninjektion.
Grisshammer Wilhelm : Ueber den Einfluss parenteral ver¬
abreichter Proteinsubstanzen verschiedenster Herkunft auf das
Blutbild. (Aus dem Laboratorium der med. Klinik und dem
hygienisch-bakteriologischen Institut der Universität Erlangen.)
Hartmann Ferdinand: Ueber die Beeinflussung der Körper¬
temperatur durch parenterale Einverleibung von Proteinsubstanzen
verschiedenster Herkunft. (Aus dem Laboratorium der med. Klinik
und dem hygienisch-bakteriologischen Institut der Univ. Erlangen.)
Lembeck Carl: Ein Teil von primärem Sarkom des Dünndarms.
Pü ltz Otto: Ueber eosinophile Zellen und Mastzellen in vesikulösen
Hauteffloreszenzen.
Wiener Karl: Ueber das Vorkommen proteolytischer Fermente in
Exsudaten und den Nachweis von Aminosäuren in denselben.
Zetzsche Eduard: Ueber Spasmophilie.
Tassius Albert: Pyelitis in graviditate.
D Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
MUENCHENER MEDIZINISCHE; WOCHENSCHRIFT. J_ No. 2.
Brocks Carl: Ein Beitrag zur Frage der postoperativen Zystitis.
Bäcker Max: Das Vulvakarzinom in seiner Aetiologie und Pro¬
gnose beleuchtet an der Hand von 24 in der Erlanger Frauen¬
klinik beobachteten Fällen.
Rotermundt Hans: Ein Fall von primärer Ileozoekaltuberkulose.
Stach ler Hermann Adolf: Ueber einen Fall von multipler Neuro¬
fibromatose (v. Recklinghausenscher Krankheit) mit an¬
geborenen Veränderungen des Knochensystems und Elephantiasis
der linken oberen Extremität.
Kiesselbach Fritz: Ueber Papillome der Vagina. (Aus der
Univ.-Klinik in Erlangen [Direktor: Prof. Dr. Seitz].)
Universität Giessen. November und Dezember 1912.
Engel Friedrich: Klinische Untersuchungen über das Hormonal
'Peristaltikhormon) an Haustieren.*)
Hammer Karl: Beiträge zur Kenntnis der pathologischen Anatomie
der Glandula thyreoidea bei Haussäugetieren. *)
Z e i s s Adam : Zur Kasuistik und Pathogenese der Lymphangiome
am Thorax.
Krevet Berthold: Der Wert der Bindehautdeckung bei perforie¬
renden Bulbusverletzungen und Kornealgeschwiiren nach Literatur
und Material der Giessener Augenklinik.
Sch ad Rudolf: Ueber tabische Arthropathie der Wirbelsäule.
Oe 11er Reinhard: Gastrosan, ein neues Salizylsäurepräparat und
seine Wirkung auf die Nieren. *)
Müller Peter: Ein Fall von muskulärer Pylorusstenose bei einem
Säugling mit melänaartigem Erbrechen und akuter Pneumatosis
cystoides des Magens.
Führer Fritz: Experimentelle Studien über die Einwirkung von
Wasserstoffbädern auf den tierischen Organismus. )
*) Ist veterinär-medizinische Dissertation.
Universität Göttingen. September — Dezember 1912
And ree H.: Klinischer Beitrag zur Frage der schweren Anämien.
Berger W.: Das Maltafieber und seine Bedeutung für Deutschland.
Brill A.: Ueber den Balkenstich.
Erdmenger R. : Zwei Fälle von angeborenem Herzfehler mit
Sektionsbefund.
Eskuchen E.: Ueber funktionelle Albuminurie.
Evers W.: Die Mehrlingsgeburten an der Kgl. Universitäts-Frauen¬
klinik zu Göttingen von 1888 bis 1910 inkl.
Fordemann A.: Ein Beitrag zur Kenntnis der Lan dry sehen
Paralyse“.
Frank E. A.: Die Anwendung der Molketherapie bei ruhrartigen
Dannkatarrhen und ihre Erfolge.
Grethe E. : Beiträge zur Frage der deszendierenden Katarrhe bei
Nasenaffektionen.
Hische F.: Ueber Haarverletzungen durch Ueberfahren.
Höper O.: Die Entstehung der Harnzylinder.
Koennecke W. : Ueber die in den Jahren 1910 und 1911 in der
chirurgischen Klinik zu Göttingen behandelten Perityphlitisfälle.
Krahnstöver E. : Ueber zwei Fälle von Gallensteinileus.
Löns M.: Ueber die Ausscheidung des Jods in der Frauenmilch
nach Verabreichung von Jodkalium und Lipojodin.
Sandaya H.: Untersuchungen über die Resistenz menschlicher
Erythrozyten bei verschiedenen Krankheiten.
Schäfer F. : Ein Fall von angeborener Pylorusstenose beim Säug¬
ling und Entwicklung des Sanduhrmagens.
Schlesinger F. : Ueber das „Friihaufstehen“ der Wöchnerinnen
in der Kgl. Universitäts-Frauenklinik zu Göttingen.
Schröder R. : Ueber das menschliche Skelett in gerichtsärztlicher
Beziehung.
Wiechmann A.: Bericht über die in den Jahren 1893 — 1912 in
der Kgl. Universitäts-Poliklinik für Ohren-, Nasen- und Halskrank¬
heiten in Göttingen beobachteten angeborenen Missbildungen des
äusseren Ohres.
Zimmermann P.: Zwei Fälle von Haematoma vulvae et vaginae
während der Schwangerschaft und nach der Geburt.
Universität Halle a. S. September— Dezember 1912.
Jagielski Joseph: Zwei Fälle von intraokularem Zystizerkus.
Beitrag zur pathologischen Anatomie dieser Erkrankung.
Mai dorn Richard: Zur Chemie der Blutgiftanämien.
Walle Karl: Ueber die sogenannte idiopathische Hypertrophie der
Muskulatur im Bereiche des Verdauungskanals.
Rabino witsch Chazkel Abraham: Ueber Myxom des Ober¬
kiefers.
Sowack H.: Die Kultur der Spirochaete pallida und ihre experi¬
mentelle Verwertung. (Habilitationsschrift.)
Tr och Paul: Ueber den Hungerstoffwechsel des Hundes bei experi¬
mentellen Zustandsänderungen des Gehirns.
Universität Würzburg. Dezember 1912.
Klimkiewicz Johann: Beitrag zur Frage der Entstehung des
hämorrhagischen Lungeninfarktes beim Kaninchen.
Seifert Ernst: Kritische Studie zur Lehre vom Zusammenhang
zwischen Nase und Geschlechtsorganen.
Auswärtige Briefe.
Berliner Briefe.
(Eigener Bericht.)
Experimentelle Eingriffe an Kranken. — Die Honorierung der
Spezialärzte bei den Krankenkassen.
Die Berliner Stadtverordnetenversammlung wird sich demnächst
mit einem Anträge beschäftigen, der den Magistrat ersuchen soll,
dafür zu sorgen, dass experimentelle Eingriffe an Insassen städtischer
Anstalten nur unter Verantwortung der leitenden Aerzte und mit aus¬
drücklicher Genehmigung der Pfleglinge oder ihrer gesetzlichen Ver¬
treter stattfinden kann. Wenn man einen solchen Antrag liest, so
fragt man unwillkürlich: Was liegt denn vor? Was ist geschehen?
Man vermutet irgend ein schwerwiegendes Ereignis, eine sensatio¬
nelle Affäre, aber es ist nichts derartiges bekannt; und darum ist
der Sinn und Zweck des Antrages schwer zu verstehen, denn zu
einem Teil ist er überflüssig, weil selbstverständlich, zu ein^m andern
Teil, weil in seinen letzten Konsequenzen undenkbar. Welcher Assi¬
stent wird es wohl wagen, ohne Genehmigung und Aufsicht des Chefs
experimentelle Eingriffe an Kranken zu machen, und welcher Chef
wird das erlauben? Was also der Antrag nach dieser Richtung will,
das ist schon von jeher nicht nur Brauch, sondern auch durch die
Natur der Sache geboten. Wenn aber die ausdrückliche Genehmi¬
gung der Pfleglinge oder ihrer gesetzlichen Vertreter bei experimen¬
tellen Eingriffen verlangt wird, so wird man sich zunächst darüber
zu verständigen haben, was unter diesen letzteren zu verstehen ist.
Handelt es sich um operative Eingriffe, so wird es keinem Arzte ein¬
fallen, solche experimenti causa an einem Patienten vorzunehmen, es
sei denn, dass eine neue Methode beim Menschen angewandt wer¬
den soll, nachdem sie vorher ausreichend im Tierversuch erprobt und
theoretisch begründet ist. Es kann unmöglich im Sinne des Antrag¬
stellers liegen, Eingriffe wie Nerveniiberpflanzungen oder die Re¬
sektion der hinteren Wurzeln, deren Anwendung beim Menschen doch
einmal zum ersten Male geschehen musste, zu verhindern. Und fragt
man den Patienten, ob er mit der neuen Operation einverstanden sei,
so wird seine Antwort, wenn anders er sich überhaupt operieren
lassen will, lauten: „Das überlasse ich Ihnen“. Soll nun aber unter
die experimentellen Eingriffe auch die Anwendung neuer Arzneimittel,
vielleicht auch grösserer Dosen alter Arzneimittel, gerechnet werden,
so ergeben sich unübersehbare Schwierigkeiten. Ganz abgesehen
davon, dass der wissenschaftlichen Forschung, die ja dem Kranken
zugute kommen soll, ganz unnötige Schwierigkeiten in den Weg ge¬
legt werden, würden wir dahin kommen müssen, über ein Mittel,
nachdem Tierversuche und Selbstversuche seine Unschädlichkeit er¬
wiesen und seine Indikationen festgestellt haben, in eine Beratung mit
dem Kranken einzutreten. Man kann sich sogar vorstellen, dass ein
Kranker, wenn er auf seine verwunderte Frage hört, dass „experi¬
mentelle Eingriffe nur mit seiner Einwilligung stattfinden dürfen“,
ängstlich wird und die Einwilligung verweigert. Wäre der Antrag
in diesem Sinne Gesetz, wir hätten vielleicht keine Organotherapie,
keine Serotherapie, keine Röntgentherapie und auch von den vielen
neueren Arzneimitteln, von denen gewiss ein grosser Teil sehr ent¬
behrlich ist, wären vielleicht gerade von den wertvollen manche un¬
erforscht geblieben. Und wenn ein Mittel bei einem oder selbst
bei mehreren Patienten mit Einwilligung angewandt ist, so ist ja
damit das Gebiet des Experiments noch nicht erschöpft, die Toleranz
der einzelnen Individuen ist verschieden, wo also hört das Experiment
auf, und wo fängt die erprobte Erfahrung an? Vor einigen Jahren
wurde eine ähnliche Frage im Reichstag erörtert, als heftige Angriffe
gegen Prof. N e i s s e r wegen seiner Syphilisforschung geschleudert
wurden. Man weiss, wie unberechtigt und unbegründet diese Angriffe
waren, damals hatte sie der Minister mit der nötigen Schärfe zurück¬
gewiesen. Wenn der Antrag in der Berliner Stadtverordnetenver¬
sammlung zur Beratung kommt, so werden sich hoffentlich nicht nur
unter den ärztlichen, sondern auch unter den nichtärztlichen Mit¬
gliedern Männer finden, die die Sache richtig beleuchten können, damit
nicht ganz unnötigerweise ein Misstrauen gegen die Aerzteschaft
wachgerufen werde, unter dem diese ebenso wie das Publikum zu
leiden hätten.
Angesichts der Umgestaltungen, denen wir in kassenärztlichen
Angelegenheiten entgegengehen, werden alte Schmerzen der Spezial¬
ärzte wieder laut verkündet, und es kann ihnen eine Berechtigung
dazu nicht abgesprochen werden, wenn auch kein Grund vorliegt,
zwischen den Spezialärzten und algemeinen Praktikern einen Unter¬
schied zu machen. So wird über die Ungerechtigkeiten des Bon¬
systems geklagt, das den Arzt zwingt, für ganz geringe Ent¬
schädigung eine vielwöchige Behandlung durchzuführen. Dass diesem
System, das wohl seinerzeit als Gegengift gegen die Polypragmasie
erfunden wurde, schwere Mängel anhaften, kann keinem Zweifel
unterliegen; aber sie treffen den praktischen Arzt, der noch dazu
zeitraubende Besuche zur Tages- und Nachtzeit mit Treppenklettern
machen muss, ebenso wie den Spezialisten, dessen Tätigkeit sich
grösstenteils in der Sprechstunde abwickelt. Es muss allerdings zu¬
gegeben werden, dass der erstere solche Patienten oft dem Kranken¬
hause überweist. Das steht natürlich dem Spezialisten, soweit es sich
um bettlägerige, besonders um operative Fälle, handelt, bei denen
am meisten über umfangreiche unentgeltliche Tätigkeit geklagt wird,
ebenfalls frei, wenn er, wie der Kollege von der inneren Medizin,
den Patienten aus den Händen geben will. Schwerer fällt eine andere
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
101
Beschwerde ins Gewicht, das ist die völlige Unentgeltlichkeit der
Behandlung, wenn der Kranke sich in einer Krankenanstalt befindet.
Hier kommen meist operative Fälle in Betracht, die der Arzt aus
wissenschaftlichem Interesse oder auch aus Humanitätsgefühl, das
den Kranken die Ungerechtigkeit des Gesetzes nicht entgelten lassen
will, nicht dem öffentlichen Krankenhause überweist. Es wird ihm
zugemutet, nicht nur völlig unentgeltlich die Operation zu machen
und die ganze Nachbehandlung zu leiten, sondern auch noch die
nicht unbeträchtlichen Kosten für Assistenz, Verbandmaterial, Des¬
infektion, Wäsche u. a. selbst zu tragen. Leider sind die Aerzte und
auch die ärztlichen Vereinigungen gar nicht in der Lage, hierin
Wandel zu schaffen, denn es handelt sich um eine klare Bestimmung
des Gesetzes, welche den versicherten Kranken ärztliche Behandlung
entweder im Hause oder in einem Krankenhause zusichert, nicht aber
die ärztliche Behandlung neben den Krankenhauskosten vergütet.
Diese Bestimmung ist heute, wo die operative Tätigkeit sich ver¬
zehnfacht hat und die Privatkliniken wegen der ständigen Ueber-
füllung der öffentlichen Krankenhäuser ein Bedürfnis sind, längst
veraltet; aber es ist fraglich, ob sie ohne Aenderung des Gesetzes
wird beseitigt werden können. Vielleicht wird es gelingen, bei einer
Neugestaltung des kassenärztlichen Verhältnisses auf diese Unge¬
rechtigkeit Rücksicht zu nehmen. M. K.
Briefe aus Italien.
(Eigener Bericht.)
Bordighera, 6. Dezember 1912.
Statistisches. — Prof. Murris-Stiftung. — Stiftung für die Klinik
der Gewerbekrankheiten in Mailand etc.
Eine kürzlich erschienene Veröffentlichung der Generaldirektion
des statistischen Amtes gibt interessante Aufschlüsse über die Be¬
wegung der Bevölkerung des Königreiches Italien in den letzten
4Ü Jahren. Im Jahre 1872 betrug die Gesamtbevölkerung 27 Mil¬
lionen; diese Ziffer erhöhte sich im Laufe der 40 Jahre, über die sich
die Statistik erstreckt, um runde 9 Millionen, so dass Italien heute
36 Millionen Einwohner zählt. Diese Zunahme der Bevölkerung ist
fast ausschliesslich auf die verminderte Sterblichkeit zurückzuführen;
denn während die Sterblichkeit im Jahre 1872 30 pro Mille betrug,
ging sie (einen kurzen Stillstand in den Jahren 1900, 1902 und 1903
ausgenommen) stetig zurück und betrug im Jahre 1910 nur noch
19,64 vom Tausend. Die Geburten erfuhren statt dessen der Prozentuale
nach einen leichten Rückgang, denn den ca. 37 Prom. im Jahre 1872
stehen im Jahre 1910 nur ca. 33 Prom. gegenüber; die absolute Ziffer
der Geburten übersteigt jedoch in diesen letzten Jahren jene der
ersten Jahre der Statistik um ca. 100 000 pro Jahr. Die allgemeine
Bilanz der italienischen Bevölkerung bleibt daher immer eine sehr
günstige; so betrug der Geburtenüberschuss im Jahre 1910 beinahe
eine halbe Million, womit die Höchstzahl seit dem Jahre 1862 erreicht
wurde.
Der Prozentsatz der Heiraten bleibt, von kleinen Schwankungen
abgesehen, so ziemlich gleich; die Höchstzahl wurde im Jahre 1908
erreicht mit 8,3 Proz.. Im allgemeinen ist in den grösseren Städten
die Heiratslust geringer als auf dem flachen Land; so trafen
z. B. in Livorno auf 1000 Einwohner 6,92 Heiraten, während in der
ländlichen Umgebung der gleichen Stadt von 1000 Einwohnern 8,03
heirateten. Ungefähr das gleiche Verhältnis zeigt Rom mit 6,70 Proz.
und 7,63 Proz. in der römischen Campagna, usw. Das Maximum der
Eheschliessungen trifft auf die Monate Januar, Februar und April,
das Minimum auf Juli und August, wodurch es sich erklärt, dass die
Wintermonate die höchste Geburtenziffer aufweisen.
Die Zahl der Geburten ist in den grossen Städten ebenfalls nie¬
driger, als auf dem Lande; so treffen z. B. in Bologna auf 1000 Ein¬
wohner nur 21,50 Geburten, in Mailand 23,3, in Florenz 21, in Rom 24,
während in der Emilia (der zu Bologna gehörigen Region) auf 1000 Be¬
wohner 35,7, in der Lombardei 34,3, in Toskana 30, und im Lazio
(Römische Campagna) 29,8 Geburten trafen.
Ueber das Alter der Brautleute in den verschiedenen Regionen
lässt sich keine bestimmte Regel aufstellen, doch kann man sagen,
dass im allgemeinen im Süden des Landes die Neigung besteht, im
jugendlicheren Alter zu heiraten. Die jüngsten Brautleute, d. h. jene,
die das 20. Lebensjahr noch nicht erreicht haben, sind am zahl¬
reichsten in Kalabrien, der Basilicata und der Campagna anzutreffen,
während sie in der Lombardei und in Venetien am seltensten sind.
Interessant ist die Tatsache, dass jene Regionen, welche die relativ
höchste Zahl an jugendlichen Brautleuten aufweisen (wie Sizilien
und Kalabrien), auch jene sind, in welchen noch im vorgeschrittensten
Alter geheiratet wird; d. h. in denen ein Alter von über 60 Jahren
beim Bräutigam und über 50 bei der Braut gerade keine Seltenheit
sind. Es kommt dies daher, dass in jenen Gegenden die Heiratslust
auch bei verwitweten Personen noch eine verhältnismässig grosse ist.
Aber wenn sich der Süden Italiens durch die Jugend bezw. das
Alter seiner Brautleute auszeichnet, so ist der Norden ihm dafür in
der Zahl der Mehrgeburten überlegen, denn diese betragen in
Venetien z. B. 1,51 pro hundert Geburten, gegen 0,84 Mehrgeburten
auf hundert in Kalabrien. In den 40 Jahren, über die sich die Statistik
erstreckt, ist sich übrigens der Prozentsatz der Mehrgeburten fast
gleich geblieben, d. h. er bewegte sich immer um 1,20 Proz. Das
männliche Geschlecht ist bei den Mehrgeburten in der Ueberzahl; so
trafen im Jahre 1910 105 Knaben auf 100 Mädchen und im Jahre 1909
106 Knaben auf hundert Mädchen. Vom Jahre 1872 bis zum Jahre
1910 wurden unter den Mehrgeburten 46 mal Vierlinge gezählt und
einmal Fünflinge; davon waren bei 8 dieser 46 Mehrgeburten alle
4 Knaben, bei den Fünflingen 3 Knaben und 2 Mädchen.
Während in den Städten die Zahl der Geburten geringer ist
als auf dem Lande, wird der Prozentsatz der Sterblichkeit ein
höherer, so dass die Städte schliesslich aussterben müssten, wenn
sich dieser Vorgang nicht in gewissen Grenzen hielte und durch den
Zuzug des ländlichen Elementes reichlich ausgeglichen würde. So
weist z. B. die Provinz Cuneo im Jahre 1909 eine Sterblichkeit von
20 pro Mille auf, gegen 25 pro Mille der Stadt Cuneo; die Provinz
Mantua 22 gegen 38 der Stadt Mantua; die Provinz Palermo 20, die
Stadt 23, die Provinz Rom 19, die Stadt 20. Allerdings muss man
dabei auch in Betracht ziehen, dass sich in den Städten die grossen
Krankenhäuser und Militärlazarette, Privatkliniken etc. befinden, die
dazu beitragen, den Prozentsatz der Sterblichkeit zu ungunsten der
Stadt zu erhöhen. Gewiss fordert aber der Alkoholismus, gewisse
Unglücksfälle, etc. in der Stadt mehr Opfer, als auf dem Lande, wie
auch die Zahl der Selbstmorde dort höher ist.
Die Statistik der Selbstmorde ist übrigens ganz besonders lehr¬
reich. Die auf dem Gebiete der Allgemeinbildung der Industrie und
des allgemeinen Wohlstandes am meisten hervorragenden Regionen
Italiens zeichnen sich leider auch durch die Höchstzahl der Selbst¬
morde aus. An der Spitze aller steht Ligurien mit 121 Selbstmorden
auf eine Million Einwohner im Jahre 1907, 158 im Jahre 1908 und 163
im Jahre 1909. Viel niedrigere Zahlen ergeben sich in Sizilien und
Sardinien, wo auf je eine Million Einwohner 55 Selbstmorde kommen,
während in Kalabrien die Prozentuale noch um mehr als die Hälfte
niedriger ist, denn sie beträgt dort im Mittel nur ca. 24 von einer
Million. Die meisten Selbstmörder gehören dem männlichen Ge¬
schlecht an; im Jahre 1907 und 1908 waren z. B. von 100 Selbst¬
mördern nur 23 weiblichen Geschlechts, und in den vorhergehenden
Jahren war der Prozentsatz der weiblichen Selbstmörder sogar
noch geringer; im Dezennium 1885 — 94 betrug er z. B. nur 19 Proz.
Man ersieht daraus, wie der Kampf ums Dasein mit der Zeit auch für
die Frauen schwerer geworden ist, so dass sie auch in dieser trau¬
rigen Liste in stets wachsender Zahl vertreten sind. Denn die ab¬
solute Ziffer der Selbstmorde ist leider in diesen letzten Jahren auch
ziemlich beträchtlich in die Höhe gegangen. Während im Jahre 1907
die Gesamtsumme der Selbstmörder 2445 betrug, zählte man deren
im Jahre 1908 schon 2693 und 1909 gar 2969; es scheiden also in
Italien ca. 8 Individuen täglich freiwillig aus dem Leben. Die Männer
begehen im Alter von 30— -60 Jahren am häufigsten Selbstmord,
während das weibliche Geschlecht zwischen 15 und 40 Jahren die
meisten Selbstmörderinnen aufweist. Hinsichtlich des Berufes stehen
an erster Stelle jene Personen, die mit Alkohol zu tun haben; von
100 000 Wirten, Weinhändlern, Cafetieren und Liqueurhändlern
haben sich z. B. im Jahre 1909 48 das Leben genommen und ungefähr
den gleichen Prozentsatz weisen die früheren Jahrgänge auf. Es
folgen dann die Kapitalisten, Polizisten etc., kurz Personen, auf denen
eine gewisse Verantwortlichkeit lastet. Ein ziemlich grosses Kon¬
tingent stellen leider auch die Aerzte, von denen 38 Selbstmörder auf
100 000 treffen. Verhältnismässig niedrig ist der Prozentsatz der
Landwirte, Hirten, Taglöhner mit 9 auf 100 000 und am niedrigsten
jener der Geistlichen und Mönche mit 6 auf 100 000. Diese letzt¬
genannte Klasse zählt auch die meisten Langlebigen in ihren Reihen,
was zum Teil auf das verhältnismässig bequeme und geregelte
Leben, zum anderen und nicht geringeren Teil aber gewiss auf den
ruhigen, abgeklärten Zustand der Psyche, auf das Vertrauen, mit
welchem diese Individuen in die Zukunft blicken, zurückzuführen ist.
Um den mit der fortschreitenden Kultur auch stetig iiberhand-
nehmenden sozialen Schädigungen und Lebensschwierigkeiten, die in
vorgenannten Daten ihren betrüblichen Ausdruck finden, einiger-
massen abzuhelfen und entgegenzuwirken, ist neben der Fürsorge
des Staates und der Gemeinden auch die tatkräftige Hilfe der ein¬
zelnen dringend nötig. In dieser letzten Zeit haben sich nun gerade
zwei Aerzte durch grossmiitige Unterstützung solch sozialer Ein¬
richtungen ausgezeichnet. Der bekannte Kliniker von Bologna, Prof.
M u r r i, stiftete jüngst für das Seehospiz der Provinz Bologna die
Summe von 200 000 Liren, damit das genannte Institut .auch während
des Winters und Frühlings im Betrieb bleiben könne. In einem
würdigen Schreiben, das die grossmiitige Schenkung begleitete, hob
Prof. M u r r i die grosse Bedeutung der Thalassotherapie und der
vorbeugenden Behandlung hervor. „Es gibt bei den armen Leuten
eine Menge Kinder“ sagt der hervorragende Kliniker, „die infolge
ungenügender Wohnungsverhältnisse, Mangel an Nahrung, Luft und
Licht und Pflege sich nur langsam und schlecht entwickeln und den
stets aufnahmefähigen, geeigneten Boden zur Entwicklung aller mög¬
lichen Krankheitskeime bilden. Der Aufenthalt am Meer lässt diese
zarten und schwächlichen Geschöpfe zu frohem und nutzbringenden
Leben erblühen und es ist daher eine Pflicht für jeden einzelnen, sein
Möglichstes zu tun, um der menschlichen Gesellschaft die unschätz¬
baren Werte so vieler junger Leben zu erhalten.“
Die andere grossmütige Schenkung wurde dieser Tage von
Prof. Pescarolo zu Turin, einem der bekanntesten und geschätz¬
testen Aerzte Italiens, gemacht. Er gab 100 000 Lire mit der Be¬
stimmung, für die Stadt Turin einen Isolierpavillon für Infektions¬
krankheiten zu erbauen.
MUHNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
102
No. 2.
Und da wir schon bei dem Kapitel der Schenkungen sind, kann
ich nicht unterlassen, auf zwei weitere hinzuweisen, die zugunsten
der Gewerbeklinik in Mailand gemacht wurden. Die eine, von
20 000 Liren übergab der König, unser idealer König, der still und
schweigend alles sieht und sich für alles interessiert, persönlich ab,
als er vor kurzem dieses in seiner Art bisher in der Welt einzig da¬
stehende Institut besuchte. Die zweite Summe, 50 000 Lire, sandte
ein in Argentinien ansässiger Italiener, gelegentlich des National¬
festes, zur Erinnerung an die Befreiung Roms.
Zum Schluss muss noch die, in dieser Beziehung schon oft
genannte „Cassa di Risparmio“ in Mailand genannt werden, die
neuerdings wieder 150 000 Lire für das Volkssanatorium Umberto I
geschenkt hat, an welchem sie schon 12 Betten mit der jährlichen
Spende von 32 000 Liren unterhält.
Es sind das Beispiele von Amerikanismus, dem man in dieser
Weise auch bei uns die weiteste Ausdehnung und Nachahmung
wünschen möchte. Prof. Galli.
Vereins- und Kongressberichte.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
III. Sitzung vom 19. Oktober 1912.
Vorsitzender: Herr Panse.
Tagesordnung:
Herr Weih mann (a. G.): Die TripohsexpediUon des Roten
Kreuzes mit Berücksichtigung medizinischer Fragen. (Mit Licht¬
bildern.)
IV. Sitzung vom 26. Oktober 1912.
Vorsitzender: Herr Schmaltz.
Einer Einladung der Bildungsanstalt Jaques-Dalcroze in
Hellerau folgend, wohnte die Gesellschaft für Natur- und Heilkunde
einer Vorführung von Schülern und Schülerinnen verschiedener
Stufen dieser Anstalt im Hellerauer Uebungssaale bei.
An der Vorführung wirkten mit: eine Gruppe von Kindern, die
noch niemals eine rhythmische Uebungsstunde gehabt hatten, eine
Gruppe Kinder aus Hellerau (Volksschulkinder zumeist) die 1 oder
2 Jahre wöchentlich 2—3 Stunden gehabt hatten, eine Gruppe er¬
wachsener männlicher und weiblicher Schüler, die sich in der Bil¬
dungsanstalt Jaques-Dalcroze als Lehrkräfte der Methode aus¬
bilden. Gezeigt wurden einfachste rhythmische Uebungen, wie im
Takt gehen oder in die Hände schlagen bis zur gleichzeitigen Aus¬
führung verschiedener Rhythmen mit verschiedenen Gliedern, Diri¬
gieren, gleichzeitige Realisierung eines gehörten Rhythmus und
Apperzeption eines neuen Rhythmus uam.
Vor Beginn der Vorführungen weist Herr Dr. Dohm in einem
kurzen einführenden Vortrag auf Wesen und Wirkung der rhyth¬
mischen Uebungen hin. Er betont, dass er sich nur als L a i e zu der
ärztlichen und psychophysiologischen Seite des Problems äussern
könne. Er könne folgende Feststellungen machen: Bei den meisten
Schülern, die sich der gründlichen rhythmischen Schulung in Hellerau
unterziehen, ist eine auffallende Veränderung des Gesichtsausdruckes
zu konstatieren: grössere Lebendigkeit, Konzentration, Straffheit in
der Haltung und Aktivität. Das Gleiche geht aus zahlreichen Briefen
der Schüler hervor und auch aus Berichten der Eltern. Auch ein¬
zelne Fälle führt der Referent an: so von einem Jungen, dessen
Gleichgewichtsempfinden sich wesentlich gestärkt hätte, wie er selbst
beim Eislauf festgestellt und von einer Taubstummen, die, nachdem
sie sprechen gelernt habe, durch rhythmische Uebungen ihr Gleichge¬
wichtsempfinden entwickelt und ihrer Rede grössere Klarheit und
Gliederung gegeben habe. Die Uebungen, die sie nach dem üesichts-
bild mitgemacht habe, hätten ihr auch geholfen, Zustände von Apathie
erfolgreich zu bekämpfen. Die Taubstumme sei Mathematikerin und
an wissenschaftliche Problemstellung gewöhnt. Dalcroze selbst
vermute auch, dass die rhythmischen Uebungen für den Blindenunter¬
richt in Frage käme, um durch geregelte Gehörseindrücke und ent¬
sprechende Gliederbewegung räumliche Orientierung zu schaffen und
so das fehlende Gesichtsbild zu ersetzen. (Vgl. Der Rhythmus. Jahrb.
der Anstalt Dalcrozes, II. Bd. Verlag Eugen D i e d e r i c h s.) Warum
nun die rhythmischen Uebungen diese Wirkungen hätten, das könne
Referent nicht exakt formulieren. Dalcroze und die Mitarbeiter
legten sich die Sache etwa folgendermassen zurecht:
Die rhythmischen Uebungen sind fast durchweg Innerva¬
tionsübungen und zwar sowohl zur 1 n z i t a t i o n (Auslösung)
als Inhibition (Hemmung) einer Bewegung. Ihre Bedeutung
liegt nun darin, dass vermöge des Rhythmus die Innervation nach
Zeit und Dauer in unendlicher Mannigfaltigkeit abgestuft werden
kann, mithin alle Fehlerquellen einer Bewegung (falsche oder unvoll¬
ständige, oder verfrühte oder verspätete, oder im Stärkegrad falsch
abgestimmte Innervation der Kontraktion und Dekontraktion) ge¬
sondert und sehr differenziert behandelt werden könnten. Damit sei
eine Fülle von Korrekturmöglichkeiten gegeben, die ärztlicher Unter¬
suchung harrten. Die Bedeutung der Uebungen trete aber besonders
hervor, wenn man sich folgendes vergegenwärtige:
a) Das Kind lernt seinen eigenen Körper in allen
seinen Bewegungen und in allen Nuancen von
Stärke und Dauer der Bewegung beherrschen.
Mit dem Bewusstsein, den Körper zu beherrschen, entwickelt
sich der Wille, Herr des Körpers zu sein, die Grundlage jeder
höheren Willensschulung. Die Vitalität und Aktivität des Menschen
wird im früheren Kindesalter gehoben. Das Kind lernt früh, sich
zu konzentrieren und da der Körper das erste Feld der Erfahrungen
ist, lernt es leichter und vollständiger sich auf den eigenen Körper
als auf Gegenstände der Umgebung zu konzentrieren.
b) Der Schatz automatischer Bewegungen wird gesteigert
und zwar fast spielend — nicht ohne Anstrengung, aber ohne Er¬
müdung! Man könne als Ziel aller Erziehung hinstellen: ein Maxi¬
mum von Automatismus mit einem Minimum von Mühe und Drill zu
erzielen. Weit entfernt Automaten zu erziehen, tritt 1. eine Ent¬
lastung des Zentralorgans ein, 2. eine Bereicherung der Ausdrucks¬
möglichkeiten der Persönlichkeit. Letzteres sei für den freien Ablauf
psychischen Lebens von höchster Bedeutung (Beseitigung von aller¬
hand Hemmungen, volles restloses Sichausarbeiten nach dem Zeugnis
vieler Schüler). fl
c) Die Exaktheit der Bewegung gewinne durch die Rhythmik
und es werde nicht nur die Fähigkeit zur Konzentration, sondern
auch zur Ruhe sehr gesteigert, ein wichtiges Moment für die
Kräfteökonomie des Individuums, aus beiden aber folge, dass das
Individuum einen geschärften Sinn für das Gleichgewicht seiner Kräfte
bekäme. Ref. weist in diesem Zusammenhang auf die platonische An¬
schauung hin, dass aus der Eurhythmie des Körpers die des Geistes
erwachse und dass die Bedeutung, die das rhythmische Element
der Musik (wohlgemerkt nicht das Melodische!) bei den Griechen
in staatspädagogischer Hinsicht gehabt habe, nur aus ähnlichen Er¬
fahrungen heraus erklärt werden könne; denn zweifellos müsse
hinter diesem griechischen Ideal eine reale Erfahrung gestanden
haben.
d) Die Allgemeinheit und Restlosigkeit rhyth¬
mischen Erlebens sei pädagogisch ein wichtiger
Faktor: der ganze Mensch werde erfasst, nicht nur ein Glied,
Rhythmus mache sich im ganzen Körper belebend und konzentrierend
geltend, diese Verbreiterung der Resonanz psychischer Eindrücke sei
aber besonders in einer Zeit spezialisierender Erziehung von Wich¬
tigkeit. 1
e) Die gegenseitige Ergänzung aus den Erfah¬
rungen verschiedener Sinnesgebiete sei bei den
rhythmischen Uebungen auch von Bedeutung. Gesichtssinn, Gehörs¬
sinn und allgemeines Körpergefühl treten untereinander und mit dem
allgemeinen Raumgefühl in Kontakt, ergänzen und verdeutlichen ihre
Erfahrungen.
f) Alle diese Wirkungen treffen den Uebenden
in dem besonders empfänglichen Zustand einer
durch Körperbewegung erhöhten Blutzirkulation
und in der psychischen Belebung, die jeder Rhythmus im Menschen
erzeuge.
g) Zum Schluss weist der Ref. noch darauf hin, dass auch von
der musikpädagogischen Seite aus betrachtet ein enormer Gewinn in
hygienischer Beziehung daraus erwachse, dass das Kind die Elemente
der Musik nicht am Klavier stillsitzend sozusagen abstrakt, sondern
mit dem ganzen Körper mitlebend und übend in einer Kleidung sich
aneigne, die dem Körper Bewegungsfreiheit und gesteigerte Haut¬
tätigkeit gebe. Der Ref. weist daher auf die Zweckmässigkeit des
vielbesprochenen schwarzen Trikots der Dalcroze-Schule hin und
schliesst mit dem Hinweis, dass die hygienische Seite der rhyth¬
mischen Gymnastik die Verlegung der Schule auf das Land zu einer
Notwendigkeit gemacht habe. Auch so aber glaube der Ref. das
dauernde Interesse der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde er¬
bitten zu können.
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1632. ordentliche Sitzung vom 2. Dezember 1912
im Sitzungssaal des Vereins, abends 7 Uhr.
Vorsitzender : Herr B a e r w i n d.
Schriftführer: Herr Eier mann.
Herren B. Fischer, Flesch, Sippel: Demonstrationen.
Herr Vogt- Wiesbaden : Freud sehe Hysterieanalyse.
Vortr. gibt auf Grund der Klärung, welche durch die Dis¬
kussionen der letzten Jahre herbeigeführt worden sind, einen Ueber-
blick über die theoretische und praktische Seite der Freud sehen
Psychoanalyse. Man kann der Eigenart dieser Forschungsrichtung
nur gerecht werden, wenn man den Versuch macht, auf ihre chrono¬
logische Entwicklung zurückzugehen. Gegen die ausgesprochene
Originalität und die Richtigkeit vieler Gedanken, die namentlich die
ersten Freud sehen Arbeiten über diesen Punkt gebracht haben,
wird sich niemand verschliessen können; die Bedeutung des
Individuellen, die Rolle und der Mechanismus des Abreagierens, die
Wirkung unlustbetonter Ereignisse, der Mechanismus der Ver¬
drängung, die Bedeutung von Reminiszenzen, Geheimnissen und
unterbewussten Residuen für die psychische Konstellation, die eigen¬
artige Definition des Unbewussten als des Bewusstseinsunfähigen
sind Werte, an denen wissenschaftliche Betrachtung und Forschung
nie wieder wird vorübergehen können. Was die ganze Richtung
mit Recht diskreditiert hat, ist die einseitige und ausschliessliche Her-
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Vorkehrung; der sexuellen Komplexe, die Willkür und Qeschmack-
losigkeit, mit der das Seelenleben der Patienten durchwühlt wird
und die auf Ranz unbewiesenen Voraussetzungen begründete Heraus¬
nahme einzelner Geständnisse als Grundlage für die Auffassung und
Behandlung einer Krankheit. Die Symboldeutung, die Lehre von den
Knotenpunkten, sind als unwissenschaftlich und als unexakt abzu¬
lehnen. Es ist dem Vorschlag, der von I s s e r 1 i n g und H. S c h u 1 1 z
gemacht ist, beizupflichten, dass der rein analytische, nicht am
Sexuellen haftende Teil der Freu d sehen Lehre, der ja viele Ver¬
wandtes mit der hypermnestischen Hypnose besitzt, auch praktisch
wertvoll ist; die Sexualanalyse ist hiervon abzutrennen und zu ver¬
werfen. Aber auch unter Einhaltung dieses Gesichtspunktes ist nicht
zu vergessen, dass ein derartiges analytisches Verfahren uns höch¬
stens in den Besitz einer Psychanamnese setzt; in therapeutischer
Beziehung ist damit aber der Grundsatz nicht erfüllt, der in der
Psychotherapie so wichtig ist, dass man nicht nur etwas nehmen,
sondern auch etwas geben soll. Die „Psycho-Katharrsis“ kann daher
immer nur Analyse und Einleitung, anamnestische Erhebung, niemals
aber auch schon Therapie sein; auch darauf beruhen von allem
anderen abgesehen die mangelhaften therapeutischen Erfolge der
Freud sehen Schule.
Diskussion: Herr Fulda: Die psychoanalytische Methode
kann des sexuellen Einschlags durchaus entbehren, wenigstens in
den allermeisten Fällen; neben der Ueberfliissigkeit muss besonders
die Gefahr betont werden, die die Anziehung der Erotik bedeutet.
Indessen stellt der Verzicht auf hypnoide Zustände ein Manko dar,
das selten auszugleichen ist. Die beste therapeutische Methode bei
vielen Psychoneurosen scheint die von Frank -Zürich ausgebaute
Modifikation zu sein: leichte Hypnose in Verbindung mit dem Ab¬
reagieren auftauchender psychischer Traumata.
Herr L. Auerbach: Ermahnt zur äussersten Kritik bei dem
psychoanalytischen Verfahren, da hierbei zweifellos in einzelnen
Fällen Phantasmata auftauchen, die für wahr gehalten werden. So
wusste ein Patient Skotome und Augenmuskellähmungen, die einer
multiplen Sklerose ihren Ursprung verdankten, durch sexuelle Mo¬
mente zu erklären und zwar nicht im hypnotischen Zustande, sondern
bei Stirndruck nach Freud.
Herr Kohn stamm betont den Vorzug der hypnotischen Aus¬
tragung in der Psychoanamnese.
Herr J. Friedländer meint, dass die Nervenheilkunde nicht
arm genug an Mitteln ist, um des Freud sehen Heilverfahrens,
ebenso wie der Hypnose zu bedürfen und ist in seiner Tätigkeit
bisher ohne beide ausgekommen. Eine psychoanalytische Therapie
unter Ausschaltung des Sexuellen, wie sie der Vortragende emp¬
fiehlt, würde vor älteren Behandlungsweisen der Neurosen nichts
voraus haben, denn schon lange vor Freud haben Interne und
Vervenärzte gewusst, dass der „psychische Faktor“, wie vor allem
3. R o s e n b a c h stets betonte, bei jedem therapeutischen Agens,
fas wir anwenden, eine dominierende Rolle spielt. Demgegenüber
ist die echte pansexuelle Freudmethode mit ihren peinlichen Ver¬
lören und ihrem Zwang zur Beichte auf Nervöse öfter von Schäd¬
iger als von günstiger Wirkung, und darum werden alle Kollegen,
lie ihre Patienten in einem Sanatorium anderen Händen anvertrauen,
?ut daran tun, sich vorher zu vergewissern, dass die bedenkliche
Methode dort nicht geübt wird.
Der Vortragende: Schlusswort.
1633. ordentliche Sitzung vom 16. Dezember 1912
im Sitzungssaal des Vereins, abends 7 Uhr.
Vorsitzender: Herr Baerwind.
Schriftführer : Herr E i e r m a n n.
Demonstrationen:
Herr B. Fischer demonstriert u. a. :
L Vergrösserter Thymus eines 2 XA Monate alten Mädchens.
rhymustod.
2. Atelektatische Bronchiektasie des Unterlappens bei 62 jähr.
dann.
3. Eine Reihe von Sepsisfällen nach periproktitischem Abszess,
lämorrhoidenoperation und chronischem strikturierendem Rektum-
:eschwiir.
Herr Franz Groedel: Demonstration seltener Befunde bei
Röntgenuntersuchung des Schädels.
Vortrag:
Herr Rudolf Oppenheimer: Die Pyelitis.
Unter Pyelitis versteht man die Entzündung des Nierenbeckens
hne gleichzeitige Erkrankung des Nierenparenchyms. Ob eine solch
einiiehe Scheidung allerdings anatomisch besteht, muss dahingestellt
'leiben, da die reine Pyelitis keine tödliche Erkrankung darstellt
nd Sektionsbefunde fehlen. Operationsbefunde aber können um
eswillen nicht völlig beweisend sein, weil bei ihnen mikroskopische
Untersuchungen verschiedener Nierenpartien fehlen. Der Begriff der
’yelitis ist daher vorwiegend ein klinischer und bleibt auf diejenigen
üile beschränkt, wo sich neben einer Entzündung des Nierenbeckens
chddigungen des Parenchyms nicht nachweisen lassen. Vortr. be¬
ichtet vorwiegend über die klinischen Erscheinungen der Pyelitis
n der Hand eines Beobachtungsmateriales von 98 Fällen, von denen
4 seinem privaten, 24 dem Material der Frankfurter Frauenklinik
ntstammen.
103
Neben den seltenen Fällen, wo eine Pyelitis auf chemischem
Wege (nach Verabreichung gewisser Arzneimittel) erzeugt wurde,
beruht die Nierenbeckenentzündung auf Infektion. Ausser den schon
bekannten Bakterienarten gelang es Vortr. einen neuen Befund zu
erheben, indem er das Bact. fecalinum alcaligines, einmal in Rein¬
kultur, einmal als Mischinfektion mit Streptokokken in 2 Fällen nach¬
weisen konnte. Damit die verschiedenen Bakterienarten im Nieren¬
becken eine Entzündung hervorrufen können, bedarf es einer Dis¬
position. Diese kann eine lokale sein (in erster Linie Stauung, dann
Hyperämie, Auflockerung oder Schädigung der Gewebe) oder eine
allgemeine. Die Infektionserreger können aszendierend (Uretero-
pyelitis) oder deszendierend (Pyeloureteritis) in das Nierenbecken
gelangen.
Bei Besprechung des Verlaufes kann nur grobklinisch zwischen
akutem und chronischem Verlaufe unterschieden werden. Bei der
chronischen Pyelitis kann, wie es die zahlreichen Fälle von Pyelitis
bei Prostatikern beweisen, jahrelang jedes subjektive Symptom
fehlen. Dagegen setzt die akute Pyelitis oft ausserordentlich
stürmisch ein und erzeugt ein schweres Krankheitsbild: Hohe Tem¬
peraturen z. T. mit Schüttelfrösten, vielfach remittierenden Fieber¬
typus, Erbrechen, Durchfälle, oft starke Blasenbeschwerden z. T.
Inkontinenz; Schmerzen in der Nierengegend der erkrankten Seite
fehlen fast niemals. Das Fieber kann nach 2 — 6 Tagen abfallen,
doch kommen auch dann noch erneute Temperaturanstiege vor. In
anderen Fällen hält das Fieber durch Wochen an und kann durch
Pyelonephritis der Tod des Pat. herbeigeführt werden. Andere Fälle
gehen ohne wesentliche Temperatursteigerung einher. Vortr. erklärt
die einzelnen Krankheitssymptome z. T. auf Grund eigener Experi¬
mente und Untersuchungen.
Die unmittelbare Prognose hängt z. T. ab von der Art der
Krankheitserreger: Bei nicht geschädigter Niere glaubt Vortr., die
Prognose für die Koliinfektion günstiger stellen zu können als für
manche Kokkeninfektionen. Was die fernere Prognose anbetrifft,
so ist darauf hinzuweisen, dass in einem hohen Prozentsatz der Fälle
eine totale Ausheilung nicht erfolgt, indem der Urin mikroskopisch
noch Leukozyten, kulturell die betr. Bakterien enthält. Die Frage,
ob eine grosse Anzahl ungenügend ausgeheilter Pyelitiden später zur
Pyonephrosenbildung führt, kann vorläufig noch nicht exakt beant¬
wortet werden.
Unter Uebergehung der gonorrhoischen Pyelitis bespricht Vortr.
verschiedene Formen der Nierenbeckenentzündung: Die Pyelitis nach
Darmstörungen, die Deflorations-, die Kinder- sowie die Schwanger¬
schaftspyelitis. Gerade bei letzterer lässt sich das Moment der
Stauung am prägnantesten naehweisen als Folge einer Kompression
vorwiegend des rechten Harnleiters durch den schwangeren Uterus.
Die Kompressionsstelle liegt meist 13—15 cm oberhalb der Blasen¬
mündung des Harnleiters. Nun kommen bei Schwangerschaftspyelitis
auch Verengerungen des Harnleiters an anderen Stellen, insbesondere
dicht über der Blase vor, doch hält Vortr. auf Grund seiner Beob¬
achtungen diese für Folgezustände früherer Entzündungen. Die
Schwangerschaftspyelitis klingt nach Entleerung des Uterus meist
schnell ab, doch kommen auch Pyelitiden im Wochenbette vor.
Was die Therapie der Erkrankung betrifft, so empfiehlt
Vortr. für alle Fälle, in denen eine besondere Indikation nicht vor¬
liegt, zunächst die konservative Behandlung: Bettruhe, Verabreichung
von Flüssigkeit und Harnantiseptizis (Salol oder Urotropin 4 — 5 g
täglich), für die wenigen Fälle namentlich von Schwangerschafts¬
pyelitis, wo diese Therapie nicht zum Ziele führt, ist als allerbestes
Mittel die prolongierte Dauerdrainage des Nierenbeckens per vias
naturales anzuraten: Ein Ureterkatheter wird bis zum Nierenbecken
vorgeschoben und zunächst 14 Tage als Dauerkatheter belassen.
Bleibt nach Entfernung des Katheters die Pat. entfiebert, so wird
sie konservativ weiter behandelt, andernfalls wird der Katheter noch
für 14 Tage eingeführt. Vortr. berichtet über 2 schwere Fälle, bei
denen das Fieber wochenlang anhielt und bei welchen sich ausserdem
heftige Nierenkoliken einstellten. Der Dauerkatheter führte prompte
Beseitigung der subjektiven Symptome und Entfieberung herbei,
beide Pat. machten eine normale Schwangerschaft und ein normales
Wochenbett durch. Führt keine Methode zum Ziele, so bleibt als
ultimum refugium der operative Eingriff und zwar kommen nach
des Vortr. Ansicht in erster Linie die Entleerung des Uterus in Be¬
tracht. Die Zahl der zu operierenden Fälle dürfte sich durch eine
zielbewusste Pyelitisbehandlung, insbesondere durch die Verwendung
des Ureteren-Dauerkatheters auf ein Minimum reduzieren lassen.
Diskussion: Herr Sippel: S. schliesst sich im wesent¬
lichen den Ausführungen des Vortr. an. Den Uebertritt von Darm¬
bakterien durch Darmwand und Blasenwand in das Blasenlumen
hält er nur dann für möglich, wenn vorher Verwachsung von Blase
und Darm und entzündliche Schädigung der Wände stattgefunden
hat. Die Schwangerschaftspyelitis hat S. lange vor Opitz be¬
schrieben, jedoch hat er dabei besonders die Kompression des Harn¬
leiters hervorgehoben. Er vermisst unter den therapeutischen Mass¬
nahmen Oppenheimers bei Schwangerschaftspyelitis eine von
ihm selbst schon seit Anfang der 80 er Jahre vielfach mit durch¬
schlagendem Erfolg ausgeführte: die Lagerung der Kranken auf die
gesunde Seite. Dadurch entfernt sich der schwangere Uterus von
dem Ureter, der Urinabfluss wird frei und Fieber und Schmerzen
schwinden sehr oft prompt. Gegen das 14 Tage lange Liegenlassen
eines Dauerkatheters im Ureter hat S. Bedenken, Es könnten doch
104
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
einmal unangenehme Dekubituserscheinungen auttreten und anderes.
Bei schweren Fällen von reiner Pyelitis gravidarum, die einer jeden
konservativen Behandlung trotzen, hält auch S. eine künstliche
Unterbrechung der Schwangerschaft zur Druckentlastung des Ureters
für besser, als die Nephrotomie (entgegen Barth und btoeckel .
Nur wenn das Nierenbecken zu einem grossen Eitersack umgewandelt
ist. zieht er die dann einfache und wenig eingreifende breite Dehnung
des Nierenbeckens vor. (S. hat einen solchen Fall im 7. Monat mit
günstigem Ausgang für Mutter und Kind operiert.) Bei Pyelitis
ausserhalb der Gravidität hat S. einmal die Nephrotomie machen
müssen. Es handelte sich um schwere aufsteigende Infektion (nicht
Kolibakterium!) durch Masturbation veranlasst. Harnleiterkathetei is-
mus gelang nicht wegen Striktur des Ureter. Deshalb Nephrotomie
mit Drainage. Danach fieberfrei, Wohlbefinden, aber Fortbestehen
einer Nierenfistel, weil der Urin keinen Abfluss nach der Blase hatte.
Auch die Sondierung des Ureters von der Fistel und dem Nieren¬
becken aus vermochte die Durchgängigkeit nicht herzustellen. Zu-
sammenziehen der Fistel führte sofort zu hohem Fiebei\ Dahei
sekundäre Nierenexstirpation. Heilung. In allen übrigen r allen is
S. mit konservativem Verfahren ausgekommen.
Die Spülungen des Nierenbeckens vom Harnleiterkathetei aus,
die Oppenheimer ebenfalls nicht erwähnte, sind nicht un¬
gefährlich. Es sind 2 Todesfälle nach Kollargolspülung des Nieren¬
beckens berichtet (R ö s s 1 e). Die Kollargolspülung war in die Harn¬
kanälchen eingedrungen und hatte zu Nekrose der Papillen gefühlt.
Diese Spülungen sind daher nur mit grosser Vorsicht und mit mög¬
lichst indifferenten Lösungen (Bor) auszuführen.
Herr Flesch: Fl. hat eine Reihe von Fällen der Schwanger¬
schaftspyelitis zu beobachten Gelegenheit gehabt. Als ein vielleicht
zufälliges, immerhin aber einer Beachtung wertes Zusammentreftun
hat er zu erwähnen, dass es sich dabei fast immer um Beckenendlagen
gehandelt hat, u. a. bei 2 Fällen um in Steisslage geborene An-
enzephalen. Bezüglich der von dem Vortr. als recht ungünstig be-
zeichneten Prognose hinsichtlich dauernder Heilung kann Redner
entgegenstellen, dass bei mehreren, jetzt bis zu 18 Jahren in seiner
Beobachtung gebliebenen Fällen — u. a. bei einer Frau, die nach dei
Geburt eines Anenzephalus nach durch Pyelitis komplizierter
Schwangerschaft 4 weitere Geburten glatt durchgemacht hat — kein
Rückfall eingetreten ist, speziell auch nicht in einem sehr schweren
Fall, in dem spontane Frühgeburt eines noch heute gesunden Kindes
vor 17 Jahren erfolgt ist, nachdem während der Schwangerschatt
durch Monate sich wiederholende Schüttelfröste bei oft 40,0 ubei -
schreitenden Temperaturen schwere Erschöpfungszustände herbei-
gefiihrt hatten. — Auch F. hat Salol in grossen Dosen — bis zu 6 g —
mit Erfolg angewendet. ln einem Fall hat auch er Intoxikations-
erscheinungcn gesehen: die Erklärung dürfte wohl darin gelegen sein,
dass Salol sich nicht mit zur schnellen Zersetzung im Magen
führenden Arzneimitteln — in dem betr. Fall einer Mischung von
Brustpulver mt Karlsbader Salz — verträgt.
Medizinische Gesellschaft zu Kiel.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 7. November 1912, im hygienischen Institut.
Herr Bering: Demonstration eines Falles von Plaut- Vin¬
cent scher Angina. „„ . , , ,
Herr Behn demonstriert Röntgenbilder von Wirbelverletzungen.
Herr Schade: Ueber die Anomalie der Harnsäurelöslichkeit
(kolloide Harnsäure). , , »
Es ist bekannt, wie gerade in letzter Zeit die Loshchkeits-
verhältnisse der Harnsäure bei der Behandlung der Probleme dei
Gicht im Vordergrund des Interesses gestanden haben, voitr. hat
nun eine Aufklärung der Ursache der so auffallend leicht eintretenden
Uebersättigung der Harnsäurelösungen angestrebt und konnte test-
stellen, dass die Ursache in der Bildung einer kolloiden Zwischen¬
phase der Harnsäure, resp. der Urate besteht. Eine wesentliche Be¬
dingung für das Auftreten dieses intermediären emulsionartigen
Kolloids ist die Innehaltung einer neutralen Reaktion. Auch sonst
sind die Vorbedingungen des Auftretens der Zwischenstufe derart,
dass auch im Serum bei etwaiger Uebersättigung mit Harnsäure das
Vorkommen der kolloiden Form wahrscheinlich wird. In speziell
darauf gerichteten Untersuchungen konnte sodann der Nachweis der¬
selben mit Sicherheit erbracht werden. Diese kolloidchemischen Be¬
sonderheiten im Verhalten der Harnsäurelösung sind geeignet, eine
Klärung der Lösungsverhältnisse des Serums für Harnsäure zu geben.
Als allgemeines Ergebnis ist dabei hervorzuheben, dass sich im Sei um
zwei durchaus verschiedene Zonen der Harnsäurelöslichkeit unter¬
scheiden lassen: erstens die Zone der wahren, d. h. der molekular¬
dispersen Lesung und zweitens darüber hinausgehend und einen noch
wesentlich breiteren Raum einnehmend die Zone der kolloiden
Emulsion. Es erscheint zweifelhaft und bedarf einer erneuten
Prüfung, ob daneben die bisher übliche Unterscheidung in Lacktam
und Lacktimform der Harnsäure zu Recht besteht. Jedenfalls aber
erfährt das therapeutische Problem der Löslichmachung der Harn¬
säure durch diese Untersuchungen eine wesentliche Erweiterung.
(Die Arbeit wird demnächst ausführlich in der Zeitschrift für physio¬
logische Chemie veröffentlicht werden.)
Diskussion: Herren Höher. Hensen, Schade.
Herr Brandes demonstriert ein 13 jähriges Mädchen mit
ossärem, kongenitalem Schiefhals, bei welchem die ursächlichen Ver¬
änderungen in der Verschmelzung mehrerer Flalswirbel erblickt
werden. Auch in der Brustwirbelsäule fanden sich noch Entwick¬
lungsstörungen zwei erWirbel. (Demonstration einiger Röntgenbilder.)
Diskussion: Herr L u b i n u s.
Herr Baue reisen: Ueber die Ausbreitungswege der post¬
operativen Infektion der weiblichen Harnorgane.
Das Material stammt in der Mehrzahl von Frauen, die nach der
Freund - Wertheim sehen Methode operiert worden sind und
zur Autopsie kamen. Es wurden die Blase, die unteren Abschnitte
der Ureteren, die oberen Abschnitte der Ureteren und die Nieren
in 18 Fällen untersucht. . . , . , ,
Die Ergebnisse der Untersuchungen sind folgende, ln allen
Fällen von postoperativer Zystitis gelangten die Fiiegei durch den
Katheterismus in die Blase. Neben der Zystitis, die von den durch
den Katheterismus in die Blase verschleppten oder spontan aszen-
dierten Keimen hervorgerufen wird, besteht häufig auch eine Para-
zystitis in der Form eines kräftig entwickelten Infiltrations- und
Granulationswalles, der von reichlichen pathogenen Keimen durch-
setzt ist Es Hess sich für die meisten Fälle der Nachweis nicht er¬
bringen, dass über den Wall hinaus die Keime durch die Muskularis
nach der Mukosa zu einwandern. Die Ursache besteht darin, dass
einmal der Infiltrationswall ein Hindernis bildet und dann dann, dass
den Keimen wegen des entgegengerichteten Lymphstromes das Ein¬
wandern erschwert ist. Bei ausserordentlich stark entwickelte!
Ausseninfektion vermag das Infiltrationsgewebe schliesslich durch
die Muskularis in die Nähe der Submukosa vorzudringen. L ie Be¬
deutung der Ausseninfektion ist darin zu suchen, dass die Blase in
ihrer Widerstandskraft gegen die Infektion von der Mukosa her
ausserordentlich geschwächt wird. Ferner bildet eine mehr oder
weniger schwere Parazystitis die Ursache, dass derartige Blasen-
entziindungen lange Zeit jeder Behandlung trotzen.
Die Ureteren werden in folgender Weise mnziert. ln dei Kessel
aszendieren die Blasenkeime intrakanalikulär in das Lumen der
isolierten unteren Abschnitte der Ureteren. Die zweite Art der
Infektion erfolgt von der wunden Aussenfläche. In einzelnen r allen
wird der Ureter von einem kräftigen Infiltrationswall umklammert,
der von Keimen durchsetzt ist. Auch hier liess sich ein L uren-
wandern der Keime von dem Wall in die Muskularis mukosawart.s
in der Regel nicht nachweisen. In einem Falle war das lnfiltratious-
gewebe so mächtig, dass es schliesslich die Muskularis durchdrang
und in die Mukosa einbrach.
Die Nieren werden infiziert: . .
1. vom Nierenbecken aus durch intrakanalikulare Aszension der j
Blasenkeime; , . , . .
2. auf hämatogenem Wege, besonders wenn es sich um eme |
Staphylokokkeninfektion der Wundhöhle handelte;
3. auf dem Lymphwege des retroperitonealen Bindegewebes
entlang den Ureteren. In diesem Falle wird zuerst die fibiose Kapsel
der Niere infiziert (Perinephritis). .. ,. „mtl.
Die Prophylaxe besteht darin, dass bei der Operation die wundi
Blase und die wunden Ureteren besonders sorgfältig versorgt und
die oft grossen bindegewebigen Wundhöhlen nach Möglichkeit ver¬
kleinert werden. In der Rekonvaleszenz ist nach Möglichkeit der
Katheterismus zu unterlassen. Ist das nicht möglich, dann müssen
nach jedem Katheterismus Spülungen oder Injektion von Kollargo!
SCmazum Schlüsse werden noch mehrere Abbildungen von Präparaten
demonstriert. Darunter befand sich auch ein Fall von üystitis
emphysematosa. _ _
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 11. April 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Herr M. H i r s c h erwähnt die Vorstellung des Pseudohermaphro¬
diten, über welchen Herr Leo referieren wird. R ,.
Herr Leo demonstriert an einem von Asch in der Berliner
klin. Wochenschr. 1911, No. 52 und. von S c he u r er in den Fort¬
schritten auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen, Bd. 17, Hett 3, S. u»
beschriebenen, sicher erst 9jährigen Kinde folgende Anomalien:
I. Zeichen der Frühreife: Rltr
1. Knochenbau mit Ossifikation, wie bei einem 16 jährigen Bur¬
schen. Epiphysen zum Teil verknöchert, Knorpelstreifen zwischen
Epi- und Diaphysen der Metakarpalia verschwunden.
2. Starke Entwicklung der Muskulatur, besonders Deltoides.
Bizeps, Adduktoren und Halsmuskeln.
3. Kehlkopf und Stimme wie beim erwachsenen Mann.
4. Pubes stark, in weiblichem Typus entwickelt, ausserdem sehr
stark entwickelter Vollbart. .
5. Blutungen aus dem Genitale in ca. /s jährigem Intervall.
II. Hypertrichosis besonders stark am Rumpf, Nacken und
Brt III. Skelettveränderungen: Disproportion zwischen
grossem Kopf, dickem und langem Rumpf einerseits, den kurzen Ober¬
armen und Oberschenkeln andrerseits.
14. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
105
IV. Abnorme Bildung der primären und sekun¬
dären Qeschlechtscharaktere:
1. Labia majora, minora, Vestibulum, Urethra, Introitus vaginae,
Eossa navicularis, Perinäum absolut normal weiblich angelegt.
Männlich die 4 — 5 cm lange Klitoris mit grosser, dorsal normaler,
ventral eine typische Hypospadierinne tragender Qlans, ferner ein
grosses Präputium clitoridis ; das Frenulum fehlt.
Vagina normal, Portio angedeutet, dahinter ein 7 cm Sonden-
änge zeigender, uterusähnlicher Körper. In Narkose von geübten
Jntersuchern keine Spur irgendwelcher Keimdrüsen gefunden.
2. Körper- und Knochenbau, Thorax, Becken, Muskulatur und
Fett, Gesichtszüge, Mammae, Kehlkopf und Stimme, Behaarung bis
auf die Pubes ausgesprochen männlich.
Psyche bisher weiblich-kindlich.
Nicht mit Bestimmtheit, aber mit gewisser Wahrscheinlichkeit
muss man doch wohl irgendwo versteckte Ovarien annehmen, damit
das Kind nicht für einen Homo neutrius generis, sondern wohl für
einen Fall von Pseudohermaphroditismus femi¬
nin us tabularius extern us secundarius erklären, bei
dem gleichzeitig eigenartige Skelettdeformierungen, Früh¬
reif e und Hypertrichosis besteht.
Herr R. Krüger: Demonstration von Röntgenaufnahmen des
Wagendarmkanals mit metallischem Wolfram. (Erschienen in extenso
in der Münch, med. Wochenschr. 1912, S. 1910.)
Sitzung vom 25. April 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Trauerfeier zum Gedächtnisse des am 22. April 1912 ver¬
storbenen Ehrenvorsitzenden der Medizinischen Gesellschaft, des
Geheimen Medizinalrats Prof. A. Heinrich Unverricht.
Nachruf des Vorsitzenden Herrn M. Hirsch.
Herr Wenzel: Gedächtnisrede. (Ist in extenso in der Münch,
med. Wochenschr. 1912, S. 1161 erschienen.)
Sitzung vom 10. Oktober 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Herr Sieber t: Ueber Plexusanästhesie.
S. berichtet kurz über die neueren Fortschritte der Lokal- bzw.
Leitungsanästhesie. Des Näheren geht er auf die Lokalanästhesie
bei Appendizitis ein und bespricht die Paravertebralanästhesie.
Sodann schildert er die Anästhesierungsverfahren am Arm nach
H i r s c h e 1 und nach Kulenkampff. Letztere Methode ist auf
der chirurgischen Abteilung der Krankenanstalt Altstadt (Prof.
Dr. Hab s) in 50 Fällen angewandt. Die Technik ist leicht, der
Erfolg sicher, sobald man sich genau an die Vorschriften hält. Das
Verfahren ist gefahrlos und bedeutet einen willkommenen Ersatz
der Inhalationsnarkose bei frischen schweren Verletzungen, Frak¬
turen, Luxationen und schweren Phlegmonen. Die Methode gewinnt
noch dadurch an Wert, dass sie auch in der allgemeinen Praxis
leicht angewendet werden kann, wo oft dem Arzte mangelhaft
geübtes oder gänzlich ungeschultes Personal bei der Narkose zur
Seite steht.
Naturwissenschaft!.- medizinischer Verein zu Strassburg.
(Medizinische Sektion.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 15. November 1912.
Herr W. Berg: Zur Histologie der Leberfunktionen.
Voti den verschiedenen Funktionen der Leber lassen sich histo¬
logisch am besten diejenigen der Glykogenspeicherung, der Aufnahme
resp. Bildung von Fett und der Gallensekretion nachweisen. Durch
Aufnahme von Glykogen und Fett kann die Grösse der Leberzellen,
namentlich bei Tieren, welche starke periodische Schwankungen des
Stoffwechsels (Winterruhe, Ausbildung der Keimdrüsen) auf¬
weisen, wie z. B. der Frosch, eine ausserordentlich starke Ver¬
mehrung gegenüber derjenigen im Hungerzustand erfahren. Die Ver¬
änderung der Zellen ist grösstenteils dadurch bedingt, dass durch die
Aufnahme von Glykogen und Fetttropfen sowie von Wasser die
Stränge (resp. Lamellen) des Protoplasmas stark gedehnt werden.
Die feinere Struktur des Protoplasmas selbst wird wenig verändert.
Die meisten Autoren finden, dass bei der Glykogenbildung die spe¬
zifischen Körnchen des Protoplasmas (Plasmosomen, Mitochondrien)
keine Verminderung, eher eine Vermehrung erfahren. Bei der Fett¬
aufnahme dagegen scheinen diese Zellbestandteile beteiligt zu sein,
indem sie durch Vermittelung von Lipoiden Fett binden.
Als Anzeichen der Bereitung der Galle kennt man normaler¬
weise nur die Anhäufung eisenhaltiger Granulationen im Zelleib in
der Nähe der Gallenkapillare. In pathologischen Zuständen und ex¬
perimentell (Injektion von Hämoglobin, Toluylendiamin, Azethyl-
phenylhydrazin) kann diese Anhäufung sehr verstärkt werden.
Durch pathologische oder experimentelle Behinderung des Gallen¬
abflusses sowie durch Vergiftung (Chloroform) kann eine Erweite¬
rung der Gallenkapillaren und eine Vakuolenbildung in den Leber¬
zellen hervorgerufen werden. Diese Vakuolen können mit den er¬
weiterten Gallenkapillaren in Verbindung treten. Die früher in nor¬
malen Leberzellen beschriebenen intrazellulären Kapillaren scheinen
epizellulär zu liegen.
Unerklärt bleiben auf diese Weise Bildungen, die von einigen
Autoren (Braus, Koiransky, V e r f.) beschrieben worden sind.
Es handelt sich um homogene (Braus fand sie streifig) Tropfen sehr
variabler Form und Grösse, die durch die Zelle, meist mit Anlehnung
an den Kern, verstreut sein können. Braus beschrieb diese Ge¬
bilde bei niederen Wirbeltieren und hielt sie für Archoplasma,
Koiransky beschrieb sie bei Amphibien und nahm allein auf
Grund des histologischen Befundes einen Zusammenhang mit der
Gallensekretion an; Carlier fand sie bei weissen Ratten und be¬
zog sie, gestützt auf Fütterungsversuche, auf Fermentbindung. Verf.
fand diese homogenen, bei geeigneter Färbung sehr auffälligen Ge¬
bilde bei Amphibien und Säugetieren (Kaninchen, Maus, wahrschein¬
lich auch beim Menschen). Die fraglichen homogenen polymorphen,
offenbar zähflüssigen Gebilde fanden sich in den Leberzellen gut
genährter Tiere und waren nach Fixation mit Alkohol und mit
wässrigen Fixationslösungen, in Gefrierschnitten wie nach Einbettung
in Paraffin, Zelloidin, Zelloidin-Paraffin nachzuweisen; sie waren
gegen das Auswaschen in fliessendem Wasser ebenso unempfindlich,
wie gegen die Entwässerung im Alkohol und die Nachbehandlung
mit Chloroform. Sie färbten sich mit Methylgriin-Pyronin und
B i o n d i scher Lösung wie die Nukleolen, gaben nach Eisenhäma-
toxylin- und nach Safraninfärbung die Farbe beim Differenzieren
etwas früher ab als das Chromatin und nahmen nach Hämalaun¬
färbung einen blassvioletten Ton an. Dass ihr Auftreten durch Auto¬
lyse bedingt sein könnte, ist auszuschliessen, denn die Objekte wurden
sofort fixiert und zeigten bei entsprechender Behandlung neben den
Tropfen die gegen Autolyse so empfindlichen Mitochondrien, beim
Salamander als feine Fädchen. Neben den homogenen Tropfen fanden
sich beim Salamander auch vakuolisierte (Ringgranula, z. B. von
R. Krause in Axolotlleber gefunden). Diese scheinen sich aus den
homogenen Tropfen zu bilden. Die Tropfen in den Leberzellen von
Säugetieren unterscheiden sich von denen bei Kaltblütern durch ihre
der geringeren Grösse der Leberzellen entsprechende geringere
Grösse.
Es handelt sich nach dem Verhalten bei Fixation, Auswaschen,
Nachbehandlung etc., Färbung sowie nach dem Ausfall der M i 1 1 o n -
sehen Reaktion bei Schnitten der Salamanderleber (Färbung der
Tropfen gelblichbraun mit einem Stich ins Rötliche) um Eiweiss¬
strukturen. Um ihre Bedeutung klarzulegen, wurde Salamandra
maculosa seiner grossen Leberzellen wegen als Material gewählt.
Die fraglichen Tropfen fanden sich bei frisch gefangenen, gut ge¬
nährten Tieren, ln der Gefangenschaft schwanden sie allmählich
bei den hungernden Tieren. Die vakuolisierten Tropfen persistierten
länger. Ein Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme war evident.
Es wurden daher im Herbst und Frühjahr eine grosse Anzahl von
Salamandern monatelang hungernd gehalten, bis wiederholte Stich¬
proben die Abwesenheit der homogenen Tropfen erwiesen. Dann
wurde ein Teil der Tiere mit Glykogen oder Traubenzucker gefüttert.
Es traten danach keine homogenen Tropfen auf. Durch Azetylphenyl-
hydrazinvergiftung wurde die Gallensekretion vergrössert; es bil¬
deten sich in den Leberzellen zahlreiche feine Granulationen, aber
keine homogenen Tropfen. Wohl aber geschah dies nach Füt¬
terung mit Kasein, besonders reichlich, wenn daneben die allein
wirkungslosen Kohlehydrate, Glykogen oder Traubenzucker gegeben
wurden, um die im höchsten Hungerzustand befindlichen Tiere am
sofortigen Verbrauche des zugeführten Eiweisses zu bewahren.
Hervorzuheben ist, dass bei den mit Eiweiss gefütterten und bei den
frischgefangen untersuchten Tieren die Kerne eine stärkere Ansamm¬
lung des Chromatins an der Innenfläche der Kernmembran sowie ein
Fehlen kleiner wie Chromatin färbbarer intranukleärer Körnchen
gegenüber den Kernen bei Hungertieren aufwiesen.
Die fraglichen homogenen Tropfen treten demnach spezifisch
nach- Eiweissfütterung in den Leberzellen auf. Sie bestehen wie er¬
örtert, offenbar aus Eiweiss, das sich aber von demjenigen, aus
welchem das Protoplasma zusammengesetzt ist, morphologisch unter¬
scheiden lässt.
Der Versuch einer chemischen Charakterisierung scheint in
folgender Weise möglich: Seit A. Fischer wissen wir, dass die
Eiweisskörper in charakteristischer Form bei Zusatz von Fällungs¬
mitteln (z. B. Fixationslösungen) ausfallen. Serumalbumin, Serum¬
globulin und andere höhere Eiweisskörper fallen als feine Gerinnsel,
d. h. die zuerst auftretenden, an der Grenze mikroskopischer Sicht¬
barkeit stehenden Tröpfchen erstarren sofort und legen sich an¬
einander. Albumosen und Peptone fallen meist in Form von
Granulis, d. h. die entstehenden Tröpfchen verschmelzen vor dem
Erstarren zu mikroskopisch bequem sichtbaren Gebilden. Diese
Granula können sich weiter verändern, zum Schluss zu homogenen
Tropfen zerfliessen, wie G. Wetze 1 und Verf. bei Nukleinsäuren
und nukleinsaurem Protamin zeigten. Wie vom Verf. neu vorgenom¬
mene Untersuchungen zeigten, ist das morphologische Verhalten von
Serumalbumin und Serumglobulin sowie von einer Reihe von Pep¬
tonen und Albumosen bei interkolloider Ausfällung (durch Chon-
droitinschwefelsäure und eine Serie von Nukleinsäuren) dasselbe
wie bei der Ausfällung durch Fixationsmittel, d. h. die Pepton- und
Albumosefällungen bestanden aus Granulis. Diese Granula zerflossen
schnell zu Tropfen, Serumalbumin und -globulin fielen als Ge-
106
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
rinnsei. Danach ist es möglich, sich die Vorstellung zu bilden, dass
die homogenen, in den Leberzellen nach Eiweissfütterung sich bilden¬
den Tropfen nicht aus Serumalbumin oder -globulin, sondern aus
niederen Eiweisskörpern, bis zu den Albumosen herauf bestehen.
Dass diese bei der Fixation oder Nachbehandlung ausgefällt sein
sollten, ist nach dem gleichartigen Verhalten bei verschiedener Be¬
handlung auszusehliessen. Es scheint die Annahme berechtigt, dass
die Tropfen durch interkolloidale Ausfüllung intra vitam entstanden
sind. Eine solche könnte durch Abgabe von Nukleinsäure seitens der
Kerne bewirkt werden, wofür die gefundene Veränderung des
Chromatins sprechen könnte, oder ab r, worauf Prof. Hofmeister
den Verf. aufmerksam machte, durch Anwesenheit von Chondroitin-
schwefelsäure im Protoplasma. Auf jeden Fall scheint eine Be¬
teiligung der Leber bei der Eiweissaufnahme nachgewiesen zu sein.
Würzburger Aerzteabend.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 8. Oktober 1912.
Herr Gerhardt demonstriert:
1. Eine 52 jährige Frau mit etwas unsicher fühlbarem Carcinoma
ventriculi. Die Röntgenuntersuchung ergab zwei bemerkenswerte
Momente: Eine deutliche Schattenaussparung an der kleinen Kur¬
vatur und eine auffallende Beschleunigung der Magenentleerung.
Diese gesteigerte Magenmotilität hängt sehr wahrscheinlich mit dem
Fehlen der Salzsäure und dem dadurch bedingten Fehlen des reflek¬
torischen Pylorusschlusses zusammen.
2. 54 jähriger Mann mit ausgesprochener Leberzirrhose.
(Aszites, Caput medusae, Blutbrechen, Leber nach Punktion deut¬
lich fühlbar). Pat. wurde 4 mal punktiert, jedesmal 11 — 13 Liter ent¬
leert. Tägliche Wägungen ergeben, dass das Körpergewicht ganz
gleichmässig um täglich ca. % kg zunahm; ob das Abdomen gefüllt
oder (nach den Punktionen) leer war, hatte auf die Flüssigkeits¬
retention keinen Einfluss.
Tartarus. Diuretin, Digitalis, Spez. diureticae blieben ohne jeden
Einfluss. Auf Kalomel erfolgte aber vom 4. Tage ab reichliche
Diurese, das Körpergewicht fiel nun in 5 Tagen um 4,2 kg, um dann
allerdings, als wegen beginnender Stomatitis die Medikation unter¬
brochen werden musste, wieder im alten Tempo zu steigen.
3. 53 jähriger Arbeiter mit chronischer Nephritis, wahrscheinlich
breiter weisser Niere, der wegen starken universellen Oedems ins
Spital kam. Da alle anderen Mittel versagten, wurden erst
C u r s c h m a n n sehe Kapillartrokars eingelegt, dann innerhalb von
3 Monaten 5 mal breite Skarifikation vorgenommen. Jedesmal
folgte bedeutende Erleichterung. Trotz der zahlreichen Inzisions¬
wunden und der erschwerenden äusseren Umstände (Korpulenz,
Oedem, Unbeweglichkeit des Patienten) kam es nirgends zur In¬
fektion der Wunden. Die Technik war die an der Klinik übliche:
Die Haut wird nicht abgebürstet oder ausgiebig desinfiziert, sondern
nur einige Stunden vor der Skarifikation mit Ung. argent. colloidale
eingerieben. Dann werden die Inzisionen durch die Salbenschicht
hindurch angelegt und das Ganze steril verbunden und auf grosse
Holzwollekissen gelagert.
4. Eine 26 jährige Patientin mit einer merkwürdigen Form von
Polyneuritis: Parese und Atrophie der Muskeln an den unteren, in
viel geringerem Grade an den oberen Extremitäten, Par- und Hyp-
ästhesieri an Füssen und Händen, starke Schmerzen in der Kniegegend.
Hiezu kamen nach einer Woche Schmerzen und Schwellung beider
Kniegelenke, und 'diese Gelenkerkrankung stand einige Wochen im
Vordergrund des Krankheitsbildes. Die Knie gerieten mehr und mehr
in Beugestellung und wurden in dieser Lage mehr und mehr fixiert,
wohl mehr durch Retraktion der sehnigen und fibrösen als durch
Muskelkontraktion. Um dauernder Stellungsanomalie vorzubeugen
mussten die Knie in Narkose gestreckt werden.
Solche intensive Beteiligung der Gelenke bei Polyneuritis ist
bekannt, aber ziemlich selten.
5. 29 jähriger Landarbeiter mit Pseudotumor cerebri. Pat. fiel
vor % Jahr von einem Baum auf den Kopf, war nur vorübergehend
bewusstlos, blutete aber aus dem rechten Ohr. Nach 8 Tagen konnte
er wieder arbeiten und blieb beschwerdefrei bis vor 14 Tagen. Seit¬
dem starker Stirn- und Hinterhauptschmerz, besonders rechts,
Schwindel, Abnahme der Sehschärfe, zeitweise Doppeltsehen, zeit¬
weise Parästhesien in der rechten Hand. Neben leichter Parese des
rechten Fazialis, Steigerung der Reflexe am rechten Bein, Fehlen
des rechten Bauchdeckenreflexes, Schwanken bei Lidschluss fand
sich beiderseits Stauungspapille (R > L); Wassermann negativ.
Unter Jodkali und grauer Salbe am Nacken leichte Besserung,
deutliche prompte Besserung nach Lumbalpunktion (Liquor klar,
Druck 40). Dann wieder langsame Zunahme der Beschwerden, nach
einer 2. und 3. Lumbalpunktion (Intervall von 8 Tagen) Druck 35
und 30 mm; dieselbe prompte Besserung, dann allmählicher Rück¬
gang aller Symptome inkl. Stauungspapille und Amblyopie.
Solche erst Wochen oder Monate nach Kopftraumen einsetzende
Meningitis serosa ist besonders von Quincke mehrfach beschrieben.
6. 15 jähriger Rekonvaleszent von epidemischer Meningitis.
Der Krankheitsverlauf ist interessant durch das fast völlige Fehlen
des Erbrechens (zuerst 3 Wochen nach Beginn) und durch das lange
septische, an Malaria erinnernde Nachfieber.
7. 28 jährige Patientin mit typischer Adipositas dolorosa.
(Körpergewicht 97,5 kg.) Dieser Zustand entwickelte sich innerhalb
weniger Wochen im 17. Lebensjahr, zu der Zeit als die Patientin
zuerst menstruiert wurde. Menses seither unregelmässig, selten.
Für diese Erklärung dieser Kombination von Adiposita.s und Zurück¬
bleiben der Genitalfunktion kommen Störungen der 1 hyreoidea (sie
ist bei der Patientin nicht zu fühlen) und der Hypophyse in Betracht,
und es ist bemerkenswert, dass sich bei einigen älteren Fällen von
Adipositas dolorosa bei der Sektion ein, damals nicht weiter ge¬
würdigter. Hypophysentumor fand. ^
8. 42 jähriger Patient, der wegen Angina pectoris ins Spital kam
und deutliche Symptome von gut kompensierter Aorteninsuffizienz
hat. Trotzdem die Angabe, dass er vor 20 Jahren einen 3 Monate
dauernden Gelenkrheumatismus überstanden hat, an rheumatische
Natur des Vitiums denken Hess, wies doch die Wassermannreaktion
des Blutes bei ihm, wie bei vielen scheinbar rheumatischen Aorten¬
insuffizienzfällen, auf luetische Aetiologie hin. Deutliche Besserung
unter Jodkali.
9. 44 jähriger Patient mit Steinhauerlunge, die sich auskultatorisch
nur durch spärliches mittelblasiges Rasseln über den unteren 1 eilen
des linken Oberlappens, im Röntgenbild durch typische „schrotkorn¬
artige“ herdförmige Schatten kennzeichnet.
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 8. Januar 1913.
Vor der Tagesordnung:
Herr Michael Cohn: Sporadischer Kretinismus bei Ge¬
schwistern. , . .
Eines der Kinder hatte der Vortr. schon früher einmal der
Gesellschaft vorgestellt. Eines der späteren Kinder war normal, das ■
heute vorgestellte Kind ist wieder partiell Kretin.
Tagesordnung: .. ...
Herr Huber: Ueber Blutveränderungen bei hämolytischem
Ikterus.
Es handelt sich bei dem Krankheitsbild um einen jahrelang be¬
stehenden chronischen Ikterus, der ohne schwerere Störungen ver¬
läuft. Hierbei zeigt das Blut wesentliche Veränderungen, die Erythro¬
zyten zeigen Basophilie und andere Zeichen der Jugendlichkeit, die
oft den bei perniziöser Anämie beobachteten sehr gleichen.
Freies Hämoglobin im Serum kann von Blutkörperchen auf¬
genommen werden. Der Ikterus war intra vitam erworben. Im Urin
war kein Bilirubin, nur Urobilin. Es fanden sich zwei neue (bisher
nicht beschriebene) Einschlüsse in den roten Blutkörperchen bei
May-Giemsa-Färbung. Sie hängen teils mit dem Kern zusammen,
teils handelt es sich um die Vermehrung basoplasmatischer Substanz
in den Erythrozyten. Sie scheinen, wenn auch vereinzelt, bei allen
Fällen von hämolytischem Ikterus vorzukommen. Sie sind als Zeichen
lebhaften Regenerationsvermögens aufzufassen.
Diese kompensatorischen Einrichtungen sind die Ursache, dass
die Patientin so lange Zeit ohne Beschwerden bleibt. Den Milztumor
hielt man lange Zeit für sekundär, dass spodogen (durch Schlacken)
die Milzschwellung eintrete. Doch zeigen Erfolge bei Milzexstir¬
pation, dass eine andere Auffassung möglich ist.
Bilirubin findet sich im Blute, Urobilin im Urin.
Diskussion: Herr Mosse: In 2 Fällen von L o m m e 1
war keine Verminderung der osmotischen Resistenz der Erythrozyten
bei hämolytischem Ikterus vorhanden. Redner stellt einen Fall vor
Es besteht Milztumor. Differentialdiagnostisch kommt die perniziöse
Anämie, ferner die Gilbert sehe Cholämie in Betracht, schliess¬
lich die Ban tische Krankheit und die Polyzythämie.
Herr Axhausen: Ueber das Wesen der Arthritis deformans
Die verschiedenen Theorien haben keine befriedigende Auf¬
klärung gebracht. Das statische Missverhältnis kann nicht alleil
als die Grundlage des Krankheitsbildes angesehen werden. Vortr
betrachtet die Knorpelnekrosen als primäre Ursache, die zu reaktive!
Veränderungen in der Umgebung derselben führt. Die Statik be¬
stimmt nur die äussere Form. Vortr. schildert Versuche mit homo
plastischer Transplantation und weitere Versuche, in denen er durcl
Elektrolyse am gesunden Gelenkknorpel eine partielle Nekrotisierum
erzeugte. Da auf diese Weise der ganze Ablauf des histologischei
Bildes der Arthritis deformans zu erzeugen war, so dürften du
Knorpelnekrosen als die ursprünglich auslösende Ursache der Arthii
tis deformans anzusehen sein. Vortr. demonstriert eine grosse An
zahl von Diapositiven nach mikrophotographischen Aufnahmen voi
Fällen von Arthritis deformans und von Material aus den ober
geschilderten Versuchen, das als beweisend anzusehen ist. Di
Arthritis deformans dürfte dadurch zu erklären sein, dass das au
Diffusionsernährung angewiesene Knorpelgewebe im Alter durch Er
nährungsstörungen nekrotisch wird.
Diskussion: Herr v. Hansemann weist darauf hin, das
unter Arthritis deformans sehr verschiedene Krankheitsbilder zu
sammengefasst werden. Dafür, dass die Knorpelnekrosen ebenso wi
die Statik nicht das ätiologische Moment darstellen können, da di
gleichen Veränderungen an der Innenfläche des Schädels auftrete
und sich schon im Neanderthal- und Höhlenbärscluideln finden.
1-4. Januar 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
107
Herr Wollenberg erwähnt als Bedenken gegen die Ax-
ha usen sehe Auffassung, dass nach Arthritis-deformans-Radikal-
operationen Rezidive auftreten.
Herr Axhausen: Schlusswort. Wolff-Eisner.
Wissenschaftl. Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 6. Dezember 1912.
Herr El sehnig und Herr R. v. Zeynek: Zur Catarakta
nigra.
Herr Elschnig sagt einleitende Worte über Katarakta nigra,
welche unter rund 1500 Fällen extrahierter Katarakten an der
deutschen Augenklinik in den letzten 5 Jahren ein einziges Mal zur
Beobachtung gekommen ist, während Catarakta brunescens in
7 Fällen beobachtet wurde.
Herr Zeynek bespricht einleitend die verschiedenen modernen
Annahmen über die Genese pathologischer Farbstoffe. Die beiden
Linsen der Catarakta nigra waren sehr hart, blätterten sich beim
Zertrümmern in feine Lamellen; die äusseren Lamellen waren farblos,
die inneren waren in ziemlich scharfem Uebergang der Färbung gelb¬
braun aber durchsichtig, worauf auch andere Autoren hinweisen. Sie
waren vollkommen klar nach Behandlung mit Glyzerin. Mikro¬
skopische Präparate Hessen keine Pigmentkörnchen nachweisen;
dadurch ist wahrscheinlich die Annahme von Speciale Cirin-
c i o n e und von d e 1 Monte entstanden, dass die Färbung der
Catarakta nigra nur auf der grösseren Dichte und Sklerose der stark
lichtbrechend gewordenen Linsenfasern beruhe. Es Hess sich aber
ein brauner Farbstoff durch Extraktion mit 3 proz. wässeriger Lauge
gewinnen, während normale Linsen, ebenso die ungefärbten Schichten
der vorliegenden Linsen, bei gleicher Behandlung ein ungefärbtes
Extrakt lieferten. Die optischen Qualitäten des Farbstoffs wurden
spektrophotometrisch bestimmt, es wurden mit Sicherheit Blutfarb¬
stoff und dessen Zersetzungsprodukte als Ursache der Färbung aus¬
geschlossen. Dass das Farbstoffextrakt die diversen Eiweiss¬
reaktionen gibt, ferner dass bei der Fällung des gelösten Eiweisses
der Farbstoff mit herausfiel, lässt natürlich keinen Rückschluss auf
die Natur des Farbstoffes zu, da Eiweiss durch die Lauge für jeden
Fall gelöst wurde und die flockigen Fällungen von Eiweisskörpern
viele Farbstoffe mitreissen. Auf Grund verschiedener Deduktionen
wird hypothetisch die Ansicht ausgesprochen, dass hier eine farbige
Veränderung von Eiweisskörpern der Linse infolge von Ernährungs¬
störungen und „Verhornung“ (M ö r n e r s Verhornungsansicht vom
Jahre 1894) entstanden sei.
Herr R, v. Jaksch: Demonstration eines Falles von Myotonia
congenita.
Herr Bardachzi: Miliare Tuberkulose im Röntgenbild.
Vortr. ist der Nachweis von miliarer Lungentuberkulose mittels
des Röntgenverfahrens bereits dreimal gelungen. Neben schweren
Veränderungen infolge chronischer Tuberkulose zeigten sich auf der
Platte deutlich die miliaren Knötchen, besonders klar in den von
chronischer Tuberkulose wenig ergriffenen Partien, aber auch deut¬
lich durch die infiltrierten Abschnitte. Das Röntgenverfahren ist
in solchen Fällen wertvoll zur sicheren Stellung der Diagnose, be¬
sonders auch bezüglich des Sitzes und der Ausbreitung des miliaren
Prozesses.
Herr Starkenstein: Ueber die Pharmakologie des Atophans
(nach gemeinsamen Versuchen von Starkenstein und Wie-
c h o w s k i).
Es ergab sich, was den Purinstoffwechsel betrifft, dass derselbe
sowohl beim Menschen als auch beim Säugetier unter dem Einfluss
des Atophans eine deutliche Einschränkung erfährt, die sich beim
Säugetier in einer Herabsetzung der Allantoinausscheidung, beim
Menschen in einer Herabsetzung der Harnsäureausscheidung in der
Nachperiode äussert. Diese Stoffwechselwirkung des Atophans ist
nicht konstant. Dies hängt vielleicht zusammen mit dem Schicksal
des Atophans im tierischen Organismus, das nach den Untersuchungen
Dohrns kein einheitliches sein soll. Konstanter und sinnfälliger
als die Stoffwechselwirkung ist eine zweite Wirkung des Atophans,
die auf die Harnsäureausscheidung. Sie beruht auf der Fähigkeit
des Atophans, eliminierend auf die physiologischen Harnsäuredepots
beim Menschen zu wirken. Sind diese erschöpft, dann versagt auch
die Atophanvvirkung beim Gesunden. Beim Gichtiker dagegen hält
sie länger an, da sie für die eliminierende Wirkung des Atophans
reichlich Material enthalten. Ebenso wie Atophan wirkt auch Kalzium
hemmend auf die Bildung der Purinstoffe, was sich in vivo ebenso
nachweisen lässt wie in vitro im überlebenden Organe. Durch
gleichzeitige Verabreichung von Kalzium und Atophan kann man am
Versuchstage das Plus der Atophan Wirkung und das Minus der
Kalziumwirkung derart ausgleichen, dass die Harnsäureausscneidnng
anscheinend unverändert ist. Am folgenden Tage dagegen kom¬
binieren sich beide ' einschränkende Wirkungen und so konnte bei
einem Gesunden die Harnsäureausscheidung auf 6 cg pro die herab¬
gesetzt werden, wohl der niedrigste Harnsäurewert, der bei einem
Gesunden gefunden wurde. Es wurde weiter die Pharmakologie des
Atophans am Frosch, an der Maus, an der Katze, am Hunde und am
Kaninchen studiert. Im allgemeinen kommt es zu leichten Krämpfen
und Paresen. Bei Hunden und Katzen ruft es ein ganz eigenartiges
komatöses Krankheitsbild hervor. Nach intravenöser Injektion
(Kaninchen) ruft Atophan zentrale Reizung des Vagus- und Vaso¬
motorenzentrums hervor, dem dann Herabsetzung der zentralen
Erregbarkeit folgt. Die lähmende Wirkung des Atophans äussert
sich am Atemzentrum, in der Abnahme des Minutenatemvolumens,
ferner in der Aufhebung der Reaktion nach zentraler Vagusreizung,
in der Herabsetzung der Erstickungsreaktionen. Weiterhin tritt nach
Atophaninjektion Miosis auf, die auch am atropinisierten Auge noch
in Erscheinung tritt, aber bald wieder verschwindet. Die zentral¬
lähmende Wirkung des Atophans kommt weiterhin noch zum Aus¬
druck in dessen Fähigkeit, die zentral ausgelösten Glykosurien vom
Typus der Piqure- und Erstickungsglykosurie zu hemmen oder
deren Auftreten vollständig zu verhindern. Atophan wirkt anti¬
pyretisch und antiphlogistisch. Nach subkutaner Injektion sinkt beim
Kaninchen und beim Hunde die normale Körpertemperatur um einige
Grade. Der Eintritt der durch Senfölinstallation ins Auge bedingten
schweren Chymosis kann durch vorherige Atophaninjektion beim
Kaninchen (0,5 g subkutan pro kg Tier eine Stunde vorher) voll¬
kommen verhindert werden. Diese entzündungshemmende Wirkung
des Atophans, die sehr manifest und konstant eintritt, ist unabhängig
von der temperaturherabsetzenden Wirkung des Mittels und ist nicht
bedingt durch periphere anästhetische Wirkungen. Ein aus dem
Harn nach Atophangebrauch dargestelltes Abbauprodukt hat nicht
mehr die Wirkungen auf den Purinhaushalt, wohl aber die anti¬
phlogistische, und ruft auch die beim Atophan nach intravenöser
Injektion beobachteten Erscheinungen hervor. Eine auffallende
Analogie besteht zwischen der Wirkung des Atophans und der des
Kalziums. Beide hemmen den Purinstoffwechsel in vivo und in vitro,
beide setzen die 'Temperatur herab, wirken entzündungshemmend,
rufen nach intravenöser Injektion Miosis hervor und führen bei Hund
und Katze zu ähnlichen Vergiftungsbildern (Erbrechen, zentrale
Lähmungen). Diese Analogie der Wirkung der beiden Stoffe war
Anlass dafür, auch das Kalzium hinsichtlich seiner Hemmungswirkung
auf die zentralen Glykosurien zu prüfen. Ein derartiger Versuch
fiel positiv aus.
Versammlung am 11. Dezember 1912.
Herr H. E. Hering: Ueber die frequenzändernde Wirkung des
Vagus, Muskarin und Nikotin auf die automatisch schlagenden Kam¬
mern des Säugetierherzens.
Die von mir 1905 und R i h 1 1906 angegebene frequenzändernde
W irkung des Vagus auf die automatisch schlagenden Kammern des
Säugetierherzens ist eine zweifellose, wenn auch geringere als auf
die supraventrikulären Herzabschnitte. Durchschneidet man zu ihrem
Nachweise das H i s sehe Bündel, so macht man gleichzeitig viele
Vagusfasern funktionsunfähig. Da Muskarin so wirkt wie Vagus¬
reizung, habe ich beim Hund nach Biindeldurchschneidung Muskarin
injiziert. Resultat: Die Vorhöfe standen still und die automatisch
schlagenden Kammern schlagen noch seltener, z. B. um 7,5 Schläge
pro Minute seltener als vor der Muskarinwirkung. Die Frequenz¬
herabsetzung ist stärker als bei Reizung eines Vagus, aber von der¬
selben Grössenordnung. Wie bekannt bewirkt Nikotin primär
vorübergehend eine Verlangsamung, bzw. einen Stillstand des Her¬
zens durch Reizung jenes Ortes, wo die präganglionären Vagus¬
fasern zu den intrakardialen Ganglienzellen der postganglionären
Vagusfasern in Beziehung treten. Ich legte mir die Frage vor, ob
solche Ganglienzellen auch in den Kammern des Säugetier¬
herzens vorhanden sind. Ich durchschnitt daher das Bündel und in¬
jizierte Nikotin. Resultat: Die Vorhöfe standen still, während die
automatisch schlagenden Kammern beschleunigt schlagen, z. B. um
25 Schläge pro Minute mehr als vor der Injektion; ausserdem schlagen
die Kammern verstärkt.
Schluss: In den Kammern des Säugetierherzens werden die
Vagusfasern nicht von Ganglienzellen unterbrochen. (Autoreferat.)
Herr Hecht: Demonstration eines Falles von Keratoma
hereditarium palmare et plantare.
Herr Fischer und Herr Klausner: Ueber eine Kutan¬
reaktion bei der Lues.
Fischer ist es gelungen, durch Extraktion von Lungen mit
Pneumonia alba einen wässerigen Extrakt herzustellen, der, wie
Klausner nachgewiesen hat, ausschliesslich bei tertiärer Lues
innerhalb 24 — 48 Stunden eine sehr prägnante Kutanreaktion gibt,
während normale und anderweitig kranke Individuen keinerlei Haut¬
erscheinungen an der Impfstelle aufweisen. (Nähere Daten folgen
in der Originalarbeit.)
Herr O. Fischer: Ueber das zytologische Verhalten der
Zerebrospinalflüssigkeit bei der tuberkulösen Meningitis.
Vor längerer Zeit hat F. darauf aufmerksam gemacht, dass der
Liquor bei der Paralyse die darin enthaltenen Zellelemente sehr
stark schädigt und schon nach kürzerer Zeit auflöst; so gibt es Fälle,
in deren Liquor die Zeilenzahl schon nach einer Stunde sich um
50 Proz., ja noch mehr vermindert. F. empfahl deswegen, dem frisch
entleerten Liquor etwas Formol zuzusetzen; dann werden die Zellen
fixiert und nicht mehr aufgelöst; überdies kann man in dem fixierten
Liquor die Zellen viel besser färben als im unfixierten. Auf diese
Weise konnte er als erster die Anwesenheit von Plasmazellen im
paralytischen Liquor feststellen.
Bei der tuberkulösen Meningitis fand F. in allen Fällen sehr
reichliche polynukleäre Leukozyten und zwar schwankt der Gehalt
108
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
an Polynukleären zwischen 25 — 85 Proz., trotzdem in der Literatur
die Angabe sich findet, dass sich hiebei nur Lymphozyten vorfinden.
Diese Angaben der Literatur entspringen einer falschen Technik.
Wenn man nämlich Liquor von einer tuberkulösen Meningitis sofort
zentrifugiert und unfixiert verarbeitet, so findet man bereits weniger
Polynukleäre als beim fixierten. Lässt man den unfixierten Liquor
aber längere Zeit stehen (besonders wenn man mit Methylenblau
färbt), so verschwinden in vielen Fällen die Polynukleären schon
nach 3 Stunden und man bekommt das Bild einer mononukleären
Lymphozytose, wobei die Zellen auch quantitativ vermindert sind.
Die „Lymphozytose“ bei tuberkulöser Meningitis ist ein Kunst¬
produkt, hervorgerufen durch die Zellenschädigung des Liquors
selbst. (Demonstration an Autochrom-Mikrophotogrammen.)
R o t k y - Prag.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde.
Sitzung vom 19. Dezember 1912.
A. v. Decastello demonstriert einen 61 jähr. Mann mit
Karzinomatose des Knochensystems.
Es handelt sich um ein abnorm verspätetes Einsetzen von mul¬
tiplen Knochenmetastasen nach Mammakarzinom. Merkwürdig ist
das attackenweise Auftreten von Schmerzen, welche wahrscheinlich
mit einer Dissemination der Geschwulstkeime Zusammenhängen.
H. Schlesinger stellt einen Fall von akuter syphilitischer
Bulbärparalyse vor. Der 31 jähr. Kranke hat vor 4 Jahren Lues
überstanden und zeigte seither keine Krankheitserscheinungen. Am
Tage vor dem Spitalseinti itt erkrankte er plötzlich unter dem Bilde
einer akuten Bulbärparalyse: Unmöglichkeit zu schlucken, Regurgi¬
tation von Getränken durch die Nase, äusserst erschwertes Sprechen
bulbärer Art, fortwährender Hustenreiz durch Speichel.' welcher in
den Kehlkopf eindrang, Fehlen der Schlundreflexe, Verlust der Mo¬
tilität des Gaumens und der hinteren Rachenwand neben Fazialis¬
parese bildeten die hervorstechendsten Erscheinungen. In den ersten
Tagen war auch ein sehr intensiver Trismus vorhanden. Das Sen-
sorium war frei. Im Gesichte hatte Patient Ulzerationen, welche den
Eindruck von Hautgummen hervorriefen. Trotz negativer Wasser¬
mann scher Reaktion wurde eine energische antiluetische Behand¬
lung eingeleitet, welche auch von Erfolg gekrönt war. Der Kranke
konnte eine Woche später wieder gut schlucken und alle anderen
Lähmungserscheinungen gingen zurück. Auch jetzt ist die Was¬
sermann sehe Reaktion negativ.
H. Schlesinger führt ferner einen 20 jähr. Mann mit Rutni-
natio htimana und Fehlen der meisten Sehnen- und Hautreflexe vor.
Der Patient war wegen hysterischer Beschwerden ins Krankenhaus
eingetreten. Die Untersuchung ergab, dass er seit Vi Jahre ruminiere,
aber nicht nach jeder Mahlzeit, er kaute auch nicht alle Speisen
wieder. Er klagte über ein globusartiges Gefühl im Halse. Die Unter¬
suchung ergab Fehlen der Rachenreflexe und ein starkes Vorspringeu
des 3. Halswirbels nach innen. Vielleicht sass in dieser Gegend eine
Verletzung, welche einen Spasmus des Oesophagus hervorrief. Bei
dem Pat. fehlen alle Sehnen- und Periostreflexe. Die Untersuchung
des Nervensystems ergibt sonst keinen Anhaltspunkt für einen ana¬
tomischen Prozess. Das Fehlen der Reflexe dürfte auf einer degenera-
tiven Veranlagung des Kranken beruhen.
H. Pollitzer demonstriert das anatomische Präparat einer
idiopathischen spindelförmigen Erweiterung des Oesophagus. Das¬
selbe stammt von einer 67 jähr. Frau, welche vor 30 Jahren zum
ersten Male einen Tag hindurch nicht schlucken konnte. Später
wiederhohen sich diese Anfälle. Bei der letzten Attacke wurde eine
Jejunostomie vorgenommen. Pat. starb jedoch bald an Inanition.
Bei der Obduktion fand man eine schon im Leben diagnostizierte
spindelförmige Erweiterung des Oesophagus, in welchem ausserdem
noch zwei Traktionsdivertikel sassen; die Kardia war nicht hyper¬
trophisch, dagegen war dies bei dem nicht erweiterten Oesophagus-
teil der Fall. Der Vagus war von vergösserten Drüsen eingeklemmt.
Es ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Kompression des Vagus
zu den Anfällen geführt hat, während welcher Pat. nicht schlucken
konnte, und dass sich infolge Parese der für den Oesophagus be¬
stimmten Vagusäste eine Atonie der Speiseröhre ausgebildet hat. Bei
Tierversuchen hat es sich gezeigt, dass der Ausfall der ösophagealen
und gastrointestinalen Aeste des Vagus deletär wirkt und dass die
Tiere dabei gegen Infektionen wenig widerstandsfähig sind.
Fr. T e d e s k o demonstriert den Apparat \on Jacobaeus zur
Abdominal- und Thoraxendoskopie.
Er ist dem Prinzipe nach ein gerades Zvstoskop von 16 Charriere
Dicke, welches ein aufrechtes Bild gibt. Es wird durch eine Punk¬
tionsöffnung in den Thorax oder in die Bauchhöhle eingeführt. Der
Troikart ist mit einem Ventil versehen. Vortr. hat einen modifizierten
Apparat anfertigen lassen, welcher zerlegt und leicht gereinigt wer¬
den kann. Die Punktion wird nach lokaler Anästhesierung vorge¬
nommen. Die Endoskopie des Thorax ist nur bei einem Flüssigkeits¬
erguss in die Pleurahöhle oder bei Pneumothorax gestattet, ebenso
wurde die Besichtigung der Bauchhöhle nur bei Aszites vorgenommen.
Jacobaeus ermöglicht die Endoskopie der Bauchhöhle auch durch
Einblasen von Luft. Das Verfahren hat die Bestimmung, die Probe¬
laparotomie zu ersetzen.
In der Diskussion erinnert H. Salomo n an einen von
ihm vor 8 Jahren angegebenen Apparat, welcher die Probelaparo¬
tomie entbehrlich machen sollte. — G. Singer äussert Bedenken,
zu diagnostischen Zwecken Luft in die Bauchhöhle einzublasen, da
mit ihr auch Infektionskeime verschleppt werden könnten. Auch
könne das Zystoskop nicht exakt sterilisiert werden. — - H. Schle¬
singer hält den Eingriff nach seinen Erfahrungen bei der Thorako-
und Laparoskopie für gefahrlos, das Verfahren sei ein wichtiges neues
Untersuchungsmittel. — Auch W. Fromm owicz kann berichten,
dass das Verfahren auf der Abteilung Sternbergs in 5 Fällen,
bei welchen Luft in die Bauchhöhle eingeblasen wurde, ohne In¬
fektion zur Anwendung kam. Das Zystoskop wird in Formol-
dämpfen sterilisiert. — Auch Fr. T e d e s k o spricht in demselben
Sinne.
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzungen vom 13. und 20. Dezember 1912.
Privatdozent Dr. Karl Ullmann: Zur Frage der Parasitotropie
und Toxizität des Salvarsans und Neosalvarsans. (Zwei Vorträge
mit Demonstration von Lichtbildern und histologischen Präparaten.)
Ankniipfend an seinen im Juni 191 1 in der Gesellschaft der Aerzte
gehaltenen "Vortrag über die Ausscheidungs- und Remanenzverhält¬
nisse des Arsens nach Salvarsanapplikationen verschiedener Art im
menschlichen und tierischen Organismus, der eben erst im Archiv für
Dermatologie erschienen ist (Bd. 114, Heft 2) — siehe ferner Wiener
klinische Wochenschrift 1912, No. 4 — erörtert der Vortragende dies¬
mal die Ergebnisse seiner weiteren Untersuchungen des letzten Jahres.
Er berichtet über seine Versuche, die er im Institute für experimentelle
Pathologie Hofrat P a 1 1 a u f durchgeführt, soweit sich dieselben auf
die Frage der Parasitotropie als Lichtseite der organischen
Arsentherapie, sowie auf die Toxizität der beiden gebräuchlichen
Salvarsanpräparate beziehen. Nach Darstellung aller bisher er¬
brachten klinischen, biologischen und tierexperimentellen Tatsachen,
welche die spezifisch spirillozide Wirkung des Dioxydiamidoarseno-
benzols, auch des Neosalvarsans und auch anderer organischer Arsen¬
präparate schon indirekt erwiesen haben, schildert Redner seine
eigenen biologischen Versuche an mit Rekurrensspirochäten und Na-
ganaparasiten infizierten Ratten und Mäusen. Letztere zeigen die
rasch abtötende Wirkung des Neosalvarsans in \'A proz. wässeriger
Solution auf in die Bauchhöhle deponierte, vollvirulente Parasiten j
schon in kürzester Zeit (20—40 Minuten) und zwar ohne Mitwirkung
von Immunkörpern, lediglich durch den Kontakt mit dem Heilmittel, j
Redner schildert weiter den Gang und die Ergebnisse mehrfacher !
Versuchsreihen, aus welchen die direkte Verankerung eines
Arsenrestes mit den Parasitenleibern eindeutig und stets in
gleicher Weise hervorgeht, soweit es sich um Organteile oder
um Blut- und Eiterbestandteile, Entzündungsprodukte handelte,
die nachweislich Spirochäten oder Spirillen verschiedener Art ent¬
hielten. Er weist andererseits auf eine grössere Anzahl analoger
Untersuchungen, aber mit gänzlich negativem Resultate einer Arsen¬
bindung hin, soweit es sich um Blutbestandteile oder Entzündungs¬
produkte nichtspirillogenen Ursprungs handelt. An Licht¬
bildern demonstriert Redner die Apparate, den Untersuchungsgang
und auch die jeweils gefundenen As-Spiegel, welche er hiezu in den
Kapillarröhrchen im durchfallenden Lichte photographisch fixiert hatte.
Somit sei auch, die direkte Parasitotropie im Sinne E h r 1 i c h s für
spirillogene, pathologische Gewebsprodukte als erwiesen anzusehen.
Redner weist darauf hin,» dass es aber doch noch notwendig sei,
auch die Unterschiede, speziell zwischen der Arsenbindung an
spirochätenreiche Produkte, wie Primäraffekte, und der
an spirochätenarme, luetische Gewebsprodukte, wie z. B.
alten Gummen, zu erweisen, um den allfälligen Einwand zu entkräften,
„es seien gar nicht die Parasiten der Lues selbst, sondern das
spezifisch luetische Infiltrat, das Arsen binde und sich
so nur anders verhalte als andere chronisch entzündliche, z. B.
evident tuberkulöse und tuberkuloseparasitenhaltige Infiltrate“, welche
letztere unter Salvarsanbehandlung niemals Arsen binden. Wohl
wäre die von ihm angewendete chemische Methode hiezu gewiss
völlig ausreichend, doch habe es ihm bisher an geeigneten luetischen
Gewebsprodukten zur Exzision gemangelt. Sowohl diese Ergänzung
als auch die Wiederholung solcher Arsenbindungsversuche mit adä¬
quaten Mengen des zur Behandlung verwendeten anorganischen
Arsens, endlich die analogen Versuchsreihen zwischen organischen
und anorganischen Hg-Präparaten, speziell bei Luesprodukten, diese
Versuche alle zusammen würden imstande sein, die Bedeutung der
nun bewiesenen direkten Verankerung zwischen Heilmittel und Parasit
ins richtige Licht zu stellen, das heisst zu erweisen, ob diese zweifel¬
lose Lichtseite der Salvarsanwirkung nur diesem und der Reihe der
organischen Arsenpräparate ausschliesslich oder doch wesentlich
stärker beizumessen ist, als den anderen bisher gebrauchten oder
theoretisch konstruierten Heilpräparaten. # >j
In seinem zweiten Vortrag geht der Redner nunmehr auf die
mannigfachen Schattenseiten der organischen As-Therapie,
speziell der modernen, allgemein geübten, mit Salvarsan und Neo-
salvarsan ein. Ausgehend von seinen Versuchen, durch intensive
wiederholte Behandlung auf intravenösem Wege in tierischen Organen
verschiedener Tierspezies möglichst viel Salvarsan bezw. Arsen zu
speichern, um dieses dort selbst nicht nur chemisch, sondern auch
histologisch nachzuweisen, geht der Redner auf die Ergebnisse
der unter sehr verschiedenen Verhältnissen erfolgten Speicherungs-
14. Januar 1912.
MUF.NCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
109
Krossen ein, die er ebenfalls, an Diapositiven von Arsenspiegeln aus
den verschiedenen Organen ein und desselben Tieres gewonnen, in
Lichtbildern demonstriert. Er kommt dabei zu verschiedenen u. zw.
zum Teile neuen, d. i. bisher nicht erbrachten Tatsachen, insbesondere
was die Arsenbindung bei sehr intensiver und wieder¬
holter venöser Einfuhr bei Tieren betrifft, sowohl bei solchen, die
dabei anscheinend gesund, als auch bei solchen, die darunter schon
deutlich klinisch erkrankt waren. Er fand hiebei auch hier die
weitere Bestätigung zu seinen früheren negativen Arsenbefunden im
Gehirn und Rückenmark (siehe auch Münch, med. Wochenschr. 1911,
No. 25, Seite 1378) von mit medizinellen Dosen venös und' auch
intensiv, aber intramuskulär behandelten Tieren. Hingegen fand er
wiederholt deutliche und grössere Mengen von Arsen im Bulbus in
toto. Weitere Untersuchungen ergaben ihm, dass das Maximum der
Arsenspeicherung innerhalb der Bulbusbestandteile selbst in präg¬
nanter Form im Nervus opticus sowie in der R e t i n a, nicht
aber, wie er erwartete, in den gefässreichen Partien, z. B. Iris und
Uvea, auch nicht im Humor aqueus oder in den muskulären oder
retrobulbären Gebilden stattfinde. Der Vortragende erklärt sich diese
Differenz der Arsenbindung in einer viel grösseren, vielleicht spe¬
zifischen Affinität gewisser hochentwickelter Nervenzellen
und Endausbreitungen zum Arsen gegenüber der der grossen Hirn-
masse, wahrscheinlich auch in den etwas verschiedenen Verhältnissen
der Zirkulation und Saftströmung. Inwieweit die Endausbreitungen
des Akustikus ebenfalls stärker arsenbindend seien, musste Vortr.
wegen Schwierigkeiten der Versuchsbedingungen, Isolierung der
feinen Nervenäste, Kochlearis, Vestibularis etc. durch Präparation,
vorläufig noch offen lassen.
Obwohl die den zuständigen Fachinstituten zum Zwecke der
feineren histologischen Untersuchung überwiesenen Kontrollorgane
der jeweilig anderen Seite, Bulbus und Felsenbein, noch nicht voll¬
ständig untersucht werden konnten und bis heute nur die Ergebnisse
der an acht Tieren systematisch vorgenommenen Hirnuntersuchungen
vorliegen, glaubt der Redner dennoch schon jetzt auf die erwähnte
Differenz der Arsenbindung in verschiedenen Teilen des Nerven¬
systems hinweisen zu müssen, insoferne schon diese Tatsache eine
innige Beziehung zwischen dem Zustandekommen der sog. luetischen
Neurorezidive und Neuritiden peripherer Nerven vermuten lässt.
Freilich könne erst das Ergebnis einer genauen histologischen Unter¬
suchung entscheiden, ob die gefundene Arsenspeicherung auch zu
einer Neurotropie geführt habe. Arsenspeicherung an und für sich
könne ja auch ein gutes Zeichen einer Behandlung darstellen. Bei
geringen oder mittleren Dosen und kurzer Behandlung gelinge es
übrigens nicht, im Bulbus Arsen nachzuweisen. Histologisch
fanden sich verschiedenartige mehr oder weniger ausgeprägte patho¬
logische Veränderungen in der L e b e r, M i 1 z, N i e r e und G e h i r n,
jedoch nur bei sehr intensiv und maximal behandelten Tieren, be¬
sonders kurz nach der Infusion. Dieselben ergaben in Gemeinschaft
mit den gleichzeitig und stetig durchgeführten Arsennachweisen in
den verschiedenen Organen, dass in Leber und Niere pathologische
Veränderungen stets mit h öh e r e n, dortselbst fixierten Arsenwerten
einhergingen.
Von Bedeutung aber sei die Tatsache, dass es bei allen
daraufhin untersuchten, intravenös maximal behandelten Versuchs¬
tieren im Bereiche der verschiedensten Hirnprovinzen
Veränderungen an den zelligen Strukturen sowie Gefässen gab, ohne
dass Arsen jemals mehr als dem Blutgehalte entsprach, nachzuweisen
war. Diese merkwürdige Tatsache zusammengehalten mit einer
ganzen Reihe klinischer und auch am Tierexperiment feststellbarer
latsachen, weise darauf hin, dass unabhängig von der As-Wirkung,
aber speziell nur bei venöser Einfuhr, eine andere Schädigung, wahr¬
scheinlich physikalischer Natur, vielleicht doch auch chemischer
(durch die Benzolkomponente) auf den Gefässapparat wirke. Redner
glaubt dies zur Erklärung der bisher durchaus nicht völlig aufgeklärten
und durch das Vorhandensein latenter Lues allein schon gar nicht
erklärbaren, zum Teile letal verlaufenden Gehirnerscheinungen bei
Menschen verwenden zu können. An den histologischen Präparaten
von Leber und Niere seien ebenfalls nur ausnahmsweise die Ver¬
änderungen einer deutlichen Arsenvergiftung (Verfettung der Paren¬
chymzellen) zu sehen, so dass auch hier zweifellos eine andere, viel-
Richt physikalische Noxe tätig sei. Uebrigens seien Versuche zur
Feststellung der Viskosität des Blutes von mit Salvarsan behandelten
Heren und Menschen im Zuge. Der Vortragende kommt zu dem
Praktisch wichtigen Ergebnis: Das Salvarsan ist bei intensiver Dar¬
reichung auf intravenösem Wege auch für den Tierleib ein organo-
troper Körper. Das Wesen dieser Organotropie ist nicht identisch mit
Arsenwirkung bezw. Schädigung. Auch ohne Syphilis lassen sich am
I lerleib durch intensive Behandlung Gefäss- und Organveränderungen
rzielen, welche mit den, an nach Salvarsanbehandlung Obduzierten,
n deren entsprechenden Organen gefundenen Veränderungen (Ence¬
phalitis haemorrhagica) gewisse auffallende Analogien zeigen. Daher
warnt Redner schon längst und auch jetzt vor jeder intensiven, mit
lohen Dosen und oftmaliger Wiederholung durchgeführten intra¬
venösen Salvarsanbehandlung. Die ausführlichen Mitteilungen dieser
mi verschiedenen Gebieten sich bewegenden Arbeiten erscheinen
Jemnächst in ihrem genetischen Zusammenhänge in der „Wiener
klinischen Wochenschrift“ übersichtlich dargestellt und werden auch
n ihren einzelnen Abschnitten in den bezüglichen Archiven ver¬
öffentlicht.
Verschiedenes.
Die geschäftsmässige Begutachtung von Arzneimitteln durch Aerzte
ist in den letzten Jahren dank der Tätigkeit der Vereinigung der
med. Fachpresse ganz erheblich eingeschränkt worden. Von Zeit zu
Zeit tauchen aber doch wieder Aerzte auf, die diese ziemlich mühe¬
lose Art des Gelderwerbes versuchen. Eine solche neue Erschei¬
nung ist Herr Prof. Dr. med. Ganz vom Eck, Kgl. Hofrat in
Nizza, im Sommer angebl. in Baden-Baden. Dieser Herr erbietet
sich chemisch-pharmazeutischen Fabriken zur Ausarbeitung von Gut¬
achten, medizinischen Abhandlungen, Broschüren etc. Seine in Nizza
aufgenommene Winterpraxis biete ihm Gelegenheit zur Nachprüfung
neuer Produkte und lasse ihm genügend Zeit, sich auch literarisch
zu betätigen. Neu und originell an dem Vorgehen dieses Herrn ist
nun, dass er seinen Offerten eine förmliche Preisliste beifügt, aus
der das für jede einzelne Form seiner Betätigung beanspruchte
Honorar hervorgeht. Wir wollen diesen Tarif unseren Lesern nicht
vorenthalten:
Prof. med. Dr. Ganz vom Eck, Hofrat,
Nizza, 27 rue de la Paix, Baden-Baden.
Gebührenordnung für medizinische Gutachten, Analysen, literarische
Arbeiten.
1. Medizinische Gutachten über neue pharm.,
ehern., hyg., kosm. Präparate, med. Apparate
und Methoden je nach Umfang
2. Med. Gutachten über eingeführte Artikel
3. Chemische Analysen — Gutachten
4. Medizinische Abhandlungen, je nach Schwie¬
rigkeit der Materie etc., für die Fachpresse
oder zur Versendung an Aerzte, je nach Um¬
fang, pro 1Ü00 Worte
5. Propagandabroschüren
Frs. 12.— bis 25.—
„ 8.— „ 15.-
„ 10.— „ 20.—
30.— „ 60.—
20.— „ 40.—
Besondere Preisvereinbarung Vorbehalten. Soweit nicht be¬
sondere Vereinbarungen getroffen, sind die Honorare pränumerando
zahlbar. Erfüllungsort: Winters: Nizza, Sommers: Baden-Baden.
Den nach diesem Tarif angefertigten Arbeiten darf man mit
Interesse entgegensehen.
Vom türkisch-bulgarischen Kriegsschauplatz.
Einem Privatbrief des z. Z. in Sofia weilenden Prof. Colmers-
Coburg entnehmen wir mit gütiger Erlaubnis des Empfängers, Exz.
v. An ge rer, folgende interessante Mitteilungen:
... Heute (13. XII. 12) bin ich von einer achttägigen Infor¬
mationsreise über den Etappensanitätsdienst, die mich bis nach
Mustafapascha führte, zurückgekommen, zu der mich die Königin
eingeladen hatte, die selber wiederholt alle Spitäler besucht und nach
Möglichkeit zu bessern sich bemüht. Die Lazarette der fremden
Missionen arbeiten alle erfreulich gut, und nur die bulgarischen lassen
vielfach zu wünschen übrig. Drei Kardinalfehler sind im Sanitäts¬
wesen hier zu konstatieren: 1. Das Fehlen eines Verbandpäckchens,
infolgedessen überwiegend mangelhafte und leider sehr oft fehler¬
hafte Verbände (massenhaft Tamponaden mit den gleichen deletären
Folgen wie man sie bei den Russen beobachten konnte) und fast
durchwegs zu spät angelegte Verbände, nach Stunden und nach Tagen.
2. Fehlen eines Etappeninspekteurs mit seinen Unterorganen, infolge¬
dessen Anhäufung von Verwundeten unter den elendesten Verhält¬
nissen, während gute Spitäler unterbelegt waren, und Fehlen jeder
Regelung des Verwundetenabflusses von der Front und der ersten
Etappe. 3. Mangel jeglichen Sanitätstransportmaterials, besonders ge¬
eigneter zweiräderiger, gefederter Karren für die schlechten Strassen
abseits der Eisenbahn. Aber auch, dass kein einziger richtiger Sani¬
tätszug und im Anfänge des Krieges auch keinerlei Improvisationen für
Güterwagen vorhanden waren, machte sich an der Art der Infektionen
deutlich fühlbar. Aus vielen Wunden mussten wir das Stroh ent¬
fernen, das während des Transportes unter die schlecht angelegten
Verbände geraten war. Dass die Waggons, ebenfalls in den ersten
Wochen, nicht heizbar und entsetzlich schmutzig waren, braucht
wohl nicht besonders erwähnt zu werden. Zu all dem kommt noch
das gänzliche Versagen des hiesigen „Roten Kreuzes“, das wohl
zu Anfang des Krieges viel Geld, aber weder die geringsten Material¬
vorräte, noch einen einzigen fähigen, seiner Aufgabe gewachsenen.
Mann zur Verfügung hatte. Die Königin, der überhaupt die jetzt
einigermassen erträglich gewordene Abwickelung des Sanitätsdienstes
auf der Etappe zu danken ist, fand leider auch noch nach Beginn
des Krieges bei den etwas senilen Leitern des Roten Kreuzes passiven
Widerstand. Durch diese Fehler, von denen die Mehrzahl durch
vernunftgemässes Eingehen auf seit Jahren gemachte Vorschläge,
die auch von der Königin kräftigst unterstützt wurden, hätte ver¬
mieden werden können, wäre die Zahl der infizierten Schusswunden
vielleicht um die Hälfte verringert worden. Was das heisst, und
welchen Einfluss das auf die Herabsetzung der Mortalität und der
dauernden Invalidisierung gehabt hätte, ist unschwer zu begreifen.
Diese Mängel nehmen umsomehr wunder, als die Armee sonst in
geradezu bewundernswerter Weise ausgerüstet und diszipliniert ist.
Die tieferen Gründe liegen wohl in dem überhaupt tiefen Niveau,
das im allgemeinen die bulgarischen Aerzte nach unseren Begriffen
einnehmen und in ihrer geringen Anzahl. In ganz Bulgarien gibt es
110
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
ca. 650 Aerzte und unter diesen kaum 10, die man als Chirurgen in
unserem Sinne bezeichnen kann. Das kommt wohl auch daher, dass
die hiesige Universität keine medizinische Fakultät hat, die Aerzte im
Ausland studieren müssen und fast nie in die Lage kommen, als
Assistenten eines tüchtigen Chirurgen eine gründliche Schule durch¬
zumachen. Das wird sich ja nun wohl alles in dem neuen Gross¬
bulgarien gründlich ändern. Erfahrungen darüber, was im Sanitäts¬
wesen für Mängel sind, hat man in diesem Feldzuge genug ge¬
sammelt und bei der nüchternen Tüchtigkeit und dem realen Sinne
des Bulgaren, der mir, je länger ich ihn kenne, um so mehr Respekt
abzwingt, zweifle ich nicht, dass diese Schäden bald ausgemerzt
sein werden. Ich habe durchaus den Eindruck, dass dem jungen
bulgarischen Königreiche noch eine grosse Zukunft beschieden sein
wird.
Gerichtliche Entscheidungen.
Reichsgericht.
Ein Arzt Dr. B. war bei der Kölnischen Unfallver¬
sicherungsgesellschaft gegen Unfall versichert, und zvai
sollten bei tödlichem Unfälle an seine Witwe 10 000 M. gezahlt wei¬
den. ln einem Nachtrage war bestimmt, dass auch alle infektiösen
Ansteckungen als Unfälle im Sinne der Versicherung gelten sollten.
Nach den Versicherungsbestimmungen war die Gesellschaft binnen
24 Stunden zu benachrichtigen, wenn eine Ansteckung zum Tode ge¬
führt habe, Ansteckungsverdacht wäre binnen 3 Tagen zu melden.
Wenn der Versicherte selbst an der Anzeige verhindert sei. sollten die
Angehörigen diese Pflicht haben, und aller Ansprüche verlustig gehen,
wenn sie diese Pflicht schuldhaft verletzten. Am 18. August wai nun
der Dr. B. an einer Diphtherieansteckung gestorben. Sein Tod war
binnen 3 Tagen nach der Ansteckung erfolgt. Seine Witwe be¬
hauptete, von der Versicherung überhaupt erst etwa 2 Monate dar¬
nach Kenntnis erhalten zu haben, und zwar erst dadurch, dass eine
neue Prämie eingefordert worden sei. Sie meldete deshalb den Tod
ihres Mannes erst am 28. Oktober 1909 an und sandte das ärztliche
Attest über den Todesfall erst im Januar 1910. Die Gesellschaft be-
zeichnete diese Meldungen für verspätet und lehnte Zahlung ab.
Das Landgericht nahm an, dass die Witwe an dieser Verspä¬
tung nach Lage der Sache keine Schuld trage und gab deshalb ihrer
Klage statt. Das Oberlandesgericht Celle erkannte gleich¬
falls zu ungunsten der Versicherungsgesellschaft. Dem Verstorbenen
selbst könne nicht als Verschulden angerechnet werden, von seiner
Ansteckung nicht sofort binnen 3 Tagen Mitteilung gemacht zu haben.
Von einem so ernsthaft Erkrankten, der zeitweise sogar das Bewusst¬
sein verloren gehabt habe, hiesse dies zuviel verlangt. Nach ^ 5 der
Bedingungen seien nun zwar auch die Angehörigen verpflichtet, der
Gesellschaft entsprechende Mitteilungen zu machen. Von den An¬
gehörigen könne aber billigerweise auch nicht verlangt werden, in
jedem Falle der Gesellschaft sofort Anzeige zu erstatten. Es könnten
sehr wohl wie hier Umstände vorliegen, die nach Treu und Glauben
eine verspätete Anzeige als entschuldigt erscheinen Hessen. Bei einer
Unfallversicherung werde im allgemeinen mit der Möglichkeit ge¬
rechnet, dass der Versicherungsnehmer selbst in der Lage sein werde,
den Unfall anzuzeigen. Wenn aber die Witwe B. nichts von der
Versicherung gewusst habe, dann treffe auch sie keine Schuld, auch
nicht deshalb, weil sie das ärztliche Attest so spät eingereicht ge¬
habt habe. Das Reichsgericht hob aber das Urteil auf und
verwies die Sache an die Vorinstanz. Der Verstorbene trage zwar
keine Schuld an der Nichtanzeige seines Unfalles, wohl aber die
klagende Witwe, die in der Lage habe sein müssen, wenigstens die
Ansteckung, die dann zum Tode geführt habe, zu melden.
Therapeutische Notizen.
Ueber das „A 1 e u d r i n“, ein neues Hypnotikum und Sedativum
(Karbaminsäureester des a-a-Dichlorisopropylalkohols), das als
weisse, geruchlose, schön kristallisierende Substanz bei 82 0 schmilzt,
in Wasser schwer, in Alkohol, Aether und fetten Oelen leicht löslich
ist, berichtet G u t o w i t z - Leipzig in No. 47 der Med. Klinik (1912).
Das Mittel hat nur geringe Wirkung auf die Temperaturregulierung;
seine schlafmachende Wirkungsbreite ist sehr gross; in höheren Dosen
wirkt es anästhetisch. Im Handel ist es in Tablettenform zu 0,5 g,
die bei leichten Erregungszuständen schon genügen. Bei Schlaf¬
losigkeit erzielt 1,0 schon 6 — 8 ständigen Schlaf, der nach 20 — 30 Mi¬
nuten eintritt. Ohne Gefahr kann man bei hochgradiger Schlaflosig¬
keit bis zu Dosen von 2,0 vorschreiten. Neben- und Nachwirkungen
wurden nicht beobachtet. Versager sind auch bei diesem Schlaf¬
mittel nicht ausgeschlossen. Gr.
Das Neosalvarsan kann nach W. H e u c k - Bonn noch
nicht mit Sicherheit als genügender Ersatz des Salvarsans angesehen
werden (Ther. Monatsh. 12, 11). Seine leichte Löslichkeit und seine
neutrale Reaktion vereinfachen die Technik und erleichtern steriles
Arbeiten. Seine Dosis soll 0,8 bei Frauen und 1,0 bei Männern nicht
überschreiten; zwischen den einzelnen Injektionen soll ein Zwischen¬
raum von 5 — 7 Tagen liegen. Die Wirksamkeit des Neosalvarsans
steht auch bei höherer Dosis hinter der des Altsalvarsans zurück.
Auch der Umschlag der Wassermann sehen Reaktion erfolgt
langsamer. Dagegen sind die toxischen Nebenerscheinungen geringer.
Wenn H. eine kräftige Wirkung wünscht, so zieht er das Altsalvarsan
vor. • Kf-
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 13. Januar 1913.
— Zur Prostitutionsfrage schreibt man uns: Die offen¬
baren Missstände auf dem Gebiete des Prostitutionswesens haben
schon seit Jahren den allgemeinen Wunsch nach durchgreifenden Re¬
formen der Prostitutionsüberwachung laut werden lassen. Doch
haben gerade die Bestimmungen des Strafgesetzbuches über das
Prostitutionswesen sich als uniibersteigbares Hemmnis jeglicher Bes¬
serung erwiesen. Jetzt, wo der Erlass eines neuen R.Str.G.B. in
greifbare Nähe gerückt ist, scheint auch der Zeitpunkt gekommen,
dieser ganzen Frage, die in hygienischer, ethischer und sozialer Be¬
ziehung von weittragender Bedeutung ist, erneute Aufmerksamkeit
zu schenken, und wenn irgend möglich, eine auf Jabrzehnte hinaus
geltende, und, soweit überhaupt denkbar, allseitig befi iedigende Grd-
nung der Dinge zu schaffen. Von diesen Erwägungen ausgehend, hat
die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Ge¬
schlechtskrankheiten vor kurzem eine Kommission^ von
sachverständigen Persönlichkeiten einberufen, die das ganze Gebiet
der mit der Prostitution zusammenhängenden Fragen eingehend be¬
raten soll. Die Kommission, deren Mitglieder aus Aerzten, Hygieni¬
kern, Juristen, Verwaltungsbeamten, Geistlichen und Frauen, die im
öffentlichen Leben stehen, zusammengesetzt ist, trat kürzlich zu einer
Sitzung zusammen, um den endgültigen Arbeitsplan aufzustellen. V ic
wir hören, werden sich die Arbeiten der Kommission, denen ein
umfangreiches Material aus ganz Deutschland zugrunde gelegt wer¬
den soll, über ein Jahr erstrecken. Die Ergebnisse der Beratungen
sollen dann den gesetzgebenden Körperschaften als Material für die
bevorstehende Gesetzgebung vorgelegt und, soweit tunlich, der
Oeffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Es steht zu hoffen, dass
die gemeinsame Arbeit aller auf diesem Gebiete tätigen Faktoren zui
endgültigen Sanierung der heute geradezu unhaltbaren Prostitutions¬
verhältnisse beitragen wird.
— Zur Unterstützung der Aufklärungsarbeit
auf dem Gebiete der Volksgesundung hat die Volks-
borngesellschaft (d. W. 1912, S. 2655) eine Rednerliste heraus-
gegeben. Die Liste enthält 36 zum Teil sehr bekannte Redner un i
Rednerinnen verschiedener Geistesrichtungen, die bereit sind, volks¬
tümliche Vorträge und Kurse abzuhalten. Die als Muster an- ;
gegebenen Themen behandeln eine Fülle von Fragen und Lehren
über Bau und Leben des Menschen, Gesundheit, persönliche und so¬
ziale Gesundheitspflege und über andere Gebiete, die zur Volks-
gesundung in Beziehung stehen, und werden durch Vorführungen von
Lichtbildern, Kinofilms, Tafeln etc. veranschaulicht. Die Liste, die
viele Namen sehr bekannter Aerzte enthält, wird an grössere Vor¬
tragsgesellschaften versandt und ist von sonstigen Interessenten
gegen Einsendung von 20 Pfennigen durch die Geschäftsstelle in Dres¬
den, Waisenhausstr. 29, zu beziehen.
_ Das sehr rührige Gesundheitsamt der Stadt New-
York hat für die unentgeltliche Ausführung der Wasserma mi¬
schen Reaktion und der Untersuchung auf Gonokokken Vorsorge ge¬
troffen. Zur wirksamen Bekämpfung des Typhus wird ferner Typhus¬
immunserum (ebenso wie Diphtherieserum) an Aerzte kostenlos abge¬
geben oder die Injektionen werden auf ärztliche Anordnung in den
Sprechstunden des Amtes gleich selbst vorgenommen.
— Man schreibt uns aus Wien: Der Wiener Aerztekammer
sind in letzter Zeit wiederholt Mitteilungen gemacht worden, wonach
Aerzte, die von ausländischen Gerichten als Zeugen zur Aus¬
sage vorgeladen wurden, oder die im Aufträge von ausländi¬
schen Berufsgenossenschaften und ähnlichen
| öffentlich rechtlichen Institutionen Gutachten zu er¬
statten hatten, nicht die von ihnen angesprochene Vergütung er¬
hielten, sondern dass diese eine wesentliche Reduktion erfuhr. Nach¬
dem nachträgliche Vorstellungen der betreffenden Aerzte, selbst
solche, die sich auf eine Aeusserung der Wiener Aerztekammer
stützten, seitens der genannten ausländischen Stellen keine Be¬
achtung fanden, werden die Wiener Aerzte darauf aufmerksam ge¬
macht, sie mögen in Hinkunft Gutachten nicht ohne bindende Garan¬
tien für die Leistung des beanspruchten Honorars ausstellen.
— Zum Hallenser Klinizistenstreik wird uns ge¬
schrieben, dass die Herren Studierenden am 7. Januar die Arbeit
wieder aufgenommen haben.
— Pensionsverein für Witwen und Waisen
b a y e r. Aerzte. Am 14. Dezember fand die satzungsgemässe
Delegiertenversammlung statt. Die Vorstandschaft konnte die ange¬
nehme Mitteilung machen, dass der am 19. Juli verstorbene Kgl. Hol¬
rat Dr. Valentin Rigauer den Verein zu seinem Haupterben ein¬
gesetzt habe und dass die Erbschaft nach Abzug von Legaten
Steuern, Gerichtskosten ungefähr 250 000 M. betrage. Die Versamm¬
lung beschloss in Anbetracht dessen die Dividende von 20 auf 35 Proz
zu erhöhen, so dass eine Witwe 405 M. Pension, eine Witwe tni
5 Kindern 810 M. Pension erhält. Es sollte schon dieser Umstand
die bayerischen Aerzte anregen, dem Vereine beizutreten, ausserden
aber noch der in der Versammlung gefasste Beschluss, die Rück
Zahlung der Beiträge bei früherem Ableben der Frau einzuführen
wobei eine Erhöhung der Beiträge um nur 15—25 Proz. statti'indet
Der mathematische Sachverständige, der Verfasser des jüngst ver
sandten technischen Gutachtens, dessen Darlegungen sehr aufklären:
wirkten, erklärte sich bereit, die notwendige Skala auszurechnen, ein
Kommission wird dann die notwendige Statutenänderung beratei
deren Genehmigung nunmehr dem kaiserlichen Aufsichtsanu fii
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
111
14. Januar 1912.
—
^ivat Versicherungen in Berlin obliegt, dem der Verein seit Jahres-
icginn unterstellt ist. Es kann auch die Versicherung ohne Riick-
ahlung gemacht werden; Rückzahlung (ob halb oder ganz ist noch
u bestimmen) tritt nur bei neuen oder Versicherungen der letzten
ahre ein. Hoffentlich fördern diese Beschlüsse den bisher sehr spär-
ichen Zugang zu dem so wohltätigen Vereine. Aufklärungen gibt
bereitwilligst der Geschäftsführer Med.-Rat Dr. D a 1 1’ A r m i, Miin-
lien, Goethestrasse 50/ II.
— Der nächste Zyklus der Ferienkurse der Berliner
»oze nten Vereinigung beginnt am 3. März 1913 und dauert
is zum 5. April 1913 (mit Ausnahme des Karfreitags und der Oster-
- iei tage). Die unentgeltliche Zusendung des Lektionsverzeichnisses
: folgt durch Herrn Melzer, Ziegelstr. 10/11 (Langenbcckhaus),
welcher auch sonst hierüber jede Auskunft erteilt.
- An der Kölner Akademie für praktische Medizin werden
n Frühjahr dieses Jahres nachstehende Fortbildungskurse
ir auswärtige Aerzte abgehalten : ein Fortbildungskursus für Zalin-
rzte vom 13. bis 16. Februar d. Js. ; eir. Röntgenfortbildungskursus
om 3. bis 13. März d. J.; ein allgemeiner Fortbildungskursus für aus¬
artige praktische Aerzte vom 17. April bis 10. Mai d. Js.
— Die Münchener Gesellschaft für Rassen-
y g i e n e veranstaltet am Dienstag, den 14. Januar, abends 8% Uhr
n grossen Hürsaal des anatomischen Institutes einen Vortragsabend
•ei freiem Eintritt. Herr Obermedizinalrat Prof. M. v. Gr über
pricht über: „Konstitution und Umwelt“ (mit Projektionen).
— Am Donnerstag, den 30. Januar 1913, vormittags 10 Uhr, findet
n Kaiserin Auguste Viktoria-Haus eine Sitzung der „Grossen Kom-
lission zur Festlegung von einheitlichen Grundsätzen für die
usbildung von Säuglingspflegerinnen“ statt. Am
lachmittag desselben I ages findet ebenfalls im Kaiserin Viktoria¬
laus eine Konferenz der Deutschen Ki ippenvereine statt, mit dem
weck der Bildung einer Vereinigung der Deutschen Krippen im An-
-hluss an die Deutsche Vereinigung für Säuglingsschutz.
— In S t r as s b u r g i. E. ist am Sonntag, den 15. Dezember 1912
ine Dermatologische Gesellschaft gegründet worden,
ie den Zweck hat, wissenschaftliche Bestrebungen auf dermato-
igisch-syphilidologischen sowie verwandten Gebieten durch De-
lonstrationen, Mitteilungen und Vorträge zu fördern und kollegiale
eziehungen unter ihren Mitgliedern anzuregen und zu fördern. Die
beschütte der Gesellschaft werden durch einen Vorstand geregelt,
er aus folgenden Herren besteht: Prof. Wolff, Vorsitzender, Prof,
drian, stellvertretender Vorsitzender, Dr. Mulzer, Schrift-
ihrer, Dr. Oppenheimer, Kassenführer, Dr. Hügel und
’r- Gunsett, Beisitzende. Nach Konstituierung der Gesellschaft
ind eine Demonstration von etwa 40 seltenen Hautfällen statt, an die
ch enie rege Diskussion anschloss. Die Veranstaltung schloss mit
nem Diner im Hotel de France, an dem etwa 30 Mitglieder teil¬
ahmen und das einen recht animierten Verlauf nahm.
— Der II. Internationale Kongress für Rettungs-
esen und Unfallverhütung wird in Wien vom 9. — 13. Sep-
inber 1913 abgehalten. Für folgende Gebiete des Rettungswesens
id der Unfallverhütung sind Abteilungen in Aussicht genommen:
Erste ärztliche Hilfe bei Unglücksfällen. 2. Ausbildung von Nicht-
zten in der ersten Hilfe (Samariterunterricht). 3. Rettungswesen
Städten und auf dem flachen Lande. 4. Rettungswesen im Reise-
-rkehr (Eisenbahn-, Automobilverkehr etc.). 5. Rettungswesen auf
ee und an Binnen- und Küstengewässern. 6. Rettungswesen in
eigwerken und verwandten Betrieben. 7. Rettungswesen bei den
juerwehren. 8. Rettungswesen im Gebirge. 9. Rettungswesen und
Port. 10. Unfallverhütung. Die Anmeldungen von Vorträgen haben
s zum 1. März 1913 zu erfolgen. Die Vorträge selbst sind spätestens
n 1. Mai 1913 an das Kongressbureau zu Händen des General-
kretärs einzureichen. Dieselben sollen nicht den Umfang von einem
alben bis einen Druckbogen (8—16 Druckseiten) überschreiten,
.dem Bericht ist zum Zwecke der Uebersetzungen in die deutsche
id französische Sprache ein kurzer Auszug beizufügen, der am
-'steil in Form von Thesen gehalten ist und der nicht mehr als eine
ruckseite betragen soll. Alle Anfragen wollen an das Kongress-
ireau, Wien, III., Radetzkystrasse 1, gerichtet werden.
— Auf der Internationalen Baufach-Ausstellung
c i p z ig 1913 wird auch eine Abteilung Bauarbeiterschutz
id Bauarbeiterhygiene Aufstellung finden. Der 2. Vor-
tzende dieser Abteilung, Herr Dr. Willy K u h n - Leipzig ersucht
n Ueberlassung geeigneten Materiales. In der Hauptsache wird es
cli um anatomisch-pathologische Präparate, Abbildungen, Photo-
aphien, auch Röntgenaufnahmen, Moulagen, Statistiken usw. han-
In, ferner um in das betreffende Gebiet schlagende praktische Vor¬
nrungen und Instrumente aus der Hygiene und Physiologie.
~ Ein internationaler Kongress zur Bekämpfung von
crfälschungen von Nahrungsmitteln wird in Gent
m 1.— 3. August 1913 stattfinden, (hk.)
~ Das Aerztliche Erholungsheim „Aerzteheim“
'Marienbad erstattet Bericht über das zweite Betriebsjahr
912) Im Berichtsjahre sind 114 Anmeldungen und Anfragen, bezw.
.suche um Freiplätze eingelaufen, von welchen 63 iri zustimmendem
nne erledigt werden konnten. In der Zeit der Kursaison vom
Mai an bis 30. September haben 9 Aerzte, mit ihren Ehefrauen
■ sammen 94 Personen, im Aerzteheim Aufnahme gefunden; davon
aren 26 aus Oesterreich-Ungarn, 33 aus dem Deutschen Reiche,
>n diesen letzteren 13 auf den Plätzen des Leipziger Verbandes.
Der Vei ein vergibt nur Freiplätze, Zimmer gegen Entgelt werden
nicht vermietet. Die finanzielle Lage des Vereines hat sich auch
i'i icASei/' Jahre gebessert; die unbedeckte Schuldenlast. beträgt noch
L -50 Kronen, bezw. mit dem Darlehen bei der städtischen Spar¬
kasse 95 250 Kronen. Es ergeht neuerdings an die Kollegen und an
die ärztlichen Vereine und Vertretungskörper die Bitte, durch Spen-
den, Beitritt zum Vereine das Unternehmen zu unterstützen. Das
Marienbader Aerzteheim steht im Jahre 1913 vom 1. Mai bis 30. Sep¬
tember mit je 12 Zimmern pro Monat den Kollegen zur Verfügung
offen, wovon das Vergebungsrecht über 3 Freiplätze in jedem Monate
dem Leipziger Verbände Vorbehalten ist. (Uebereinkommen vom
1. Juni 1911.) Im ganzen also 60 Freiplätze. Anmeldungen werden
vom 1. Januar 1913 an entgegengenommen. Zuschriften und Beitritts¬
anmeldungen sind zu richten an den Vorstand des Aerzteheims in
Marienbad, Dr. Alois Grimm, Obmann.
— Die Berliner klinische Wochenschrift ist mit
diesem Jahie in ihren 50. Jahrgang eingetreten. 1863 gegründet
war sie die erste und viele Jahre hindurch einzige Wochenschrift
grösseren Stils, ein vornehmes Publikationsorgan, den Interessen
des Forschers wie des Arztes in gleicher Weise dienend. Wenn auch
das rapide Anwachsen der literarischen Produktion längst noch
andere Zeitschriften ähnlicher Art notwendig gemacht hat, so hat
die Berliner klinische Wochenschrift doch stets ihre Stellung und
ihren Charakter zu wahren gewusst, vermöge deren sie noch heute
in erster Reihe unter der medizinischen Fachpresse steht. Ihren
1 1 eff 1 ichen Leitern rufen wir die herzlichsten Glückwünsche für
weiteres Wachsen und Gedeihen zu.
Zur Feier von M. Kassowitz’ 70. Geburtstag haben seine
Schüler und Freunde eine Festschrift herausgegeben, die im
Verlag von J. Springer in Berlin erschienen ist. Das von
B. Gompertz, C. Hochsinger und R. Neurath heraus¬
gegebene Werk, enthält das Bild K.s in Heliogravüre, die Widmung,
das Verzeichnis der wissenschaftlichen Arbeiten K.s und 29 wissen¬
schaftliche Abhandlungen namhafter Autoren, darunter aus Deutsch¬
land Beiträge von F i n k e 1 s t e i n, Langstein, L. F. Meyer
Schlossmann - Düsseldorf. Preis 14 M.
Das Korrespondenzblatt für Schweizer
Aerzte erscheint vom 1. ds. Mts. ab wöchentlich.
— Die bekannte Briefmarkenfirma C. F. Lücke in Leipzig
übersendet uns einen Satz der neuen bosnischen Brief¬
marken. Wir machen philatelistische Kollegen gerne auf das
Erscheinen dieser neuen Marken aufmerksam.
— Die Firma Mohrenapotheke in Leipzig ersucht uns mitzuteilen,
dass ihr Expektorans, Syr. spec. expect. cps. Dohne! (Thymo-
b r o n c h i n) auf die positive Liste der Arzneimittelkommission ge¬
setzt wurde.
TT Cholera, lürkei. In Tiberias, einer Ortschaft mit etwa
9000 Einwohnern, ist gegen Ende November v. J. die Cholera ausge¬
brochen; bis zum 8. Dezember sollen 50 Erkrankungen und 21 Todes¬
fälle festgestellt worden sein. In Haiffa ist für die aus Tiberias ein¬
treffenden Personen eine 5 tägige Quarantäne verfügt worden. In
Aiexandrette ist die Cholera zufolge Mitteilung vom 6. Dezember
erloschen. — Japan. Seit dem 30. Oktober v. J. sind in Moji 12 Neu¬
erkrankungen (die letzten am 21. November), in Wakamatsu 2 (bis
zum 8 November) und in Schimonosecki 12 (bis zum 19. November)
festgestellt worden. Die Cholera wird in den genannten 3 Häfen
zufolge Mitteilung vom 30. November als erloschen angesehen. —
Zanzibar. Bis zum 6. Dezember v. J. waren auf der Insel während
des diesmaligen Auftretens der Seuche 763 Eingeborene an der
Cholera erkrankt und davon 732 gestorben.
— Pest. Russland. Zufolge einer Mitteilung vom 17. Dezem¬
ber 1912 sind in einer Meierei des Dongebiets 5 Personen unter pest¬
verdächtigen Erscheinungen erkrankt; seitens der Behörden wurden
aus diesem Anlass besondere Vorsichtsmassregeln getroffen. —
Aegypten. Vom 7. bis 13. Dezember v. J. erkrankten 3 (und star¬
ben 2) Personen. — Britisch Ostindien. Vom 17. bis 23. November
1912 erkrankten 2269 und starben 1828 Personen an der Pest. _
Niederländisch Indien. Vom 20. November bis 3. Dezember v J
wurden auf Java gemeldet 197 Erkrankungen (und 161 Todesfälle)’. —
Philippinen. In Manila wurden vom 6. — 20. November v. J. 5 neue
Pestfälle, davon 4 mit tödlichem Verlaufe, festgestellt. Insgesamt
waren bis zum 20. November dort 38 Fälle gemeldet, von denen 34
tödlich geendet hatten. — Britisch Ostafrika. Zufolge Mitteilung vom
8. Dezember v. J. ist seit dem 16. November nur noch 1 tödlich
verlaufener Pestfall, und zwar in Nairobi, festgestellt worden. In
Nairobi und in dem nördlich daran gelegenen Kiambudistrikte sind
pestverseuchte Ratten gefunden worden. Die Gesamtzahl der bis
zum 8. Dezember bekannt geworden Erkrankungen (und Todesfälle)
in Britisch Ostafrika betrug 104 (93). — Brasilien. In Rio de Janeiro
vom 6. Oktober bis 2. November v. J. 5 Erkrankungen und 2 Todes¬
fälle. — Chile. In Iquique vom 27. Oktober bis 9. November v. .1.
2 Erkrankungen. — Ecuador. In Duran vom 16. Oktober bis 15 No¬
vember v. J. 4 Erkrankungen (und 1 Todesfall), in Guayaquil im
Oktober 77 (26) und vom 1.— 15. November 56 (19).
— Cholera. Bulgarien. Zufolge Mitteilung vom 30. De¬
zember v. J. sind aus dem Kreise Schumla etwa 18 Choleraerkran¬
kungen gemeldet worden. — Türkei. Nach dem amtlichen Ausweis
No. 5 sind in Konstantinopel vom 10.— 16. Dezember v. J. an der
Cholera 451 Personen erkrankt und 244 gestorben. Aus 7 anderen
Ortschaften wurden vom 3.— 11. Dezember 61 Erkrankungen (und
12
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
3055 Todesfälle) gemeldet. — China. Zufolge Mitteilung vom 2. De¬
zember v. J. ist in Futschau die Cholera erloschen.
— Pest. Russland. Zufolge Mitteilung vom 21. Dezember
v. J. sind die pestverdächtigen Erkrankungen in der Meierei Popowski
im 2. Donkreis auf Qrund klinscher Beobachtungen als Beulenpest
erkannt worden. Von den bisher erkrankten 20 Personen sind 11
gestorben, davon 8 in einer Familie. Die Seuche ist vermutlich durch
Kleidungsstücke aus einer anderen Meierei eingeschleppt worden,
woselbst gleichzeitig mit dem Auftreten der Pest in Sawetnoje in
einer Familie 5 Personen in kurzen Zwischenräumen gestorben
waren, ohne dass die Erkrankungen damals besonders beachtet
wurden. — Aegypten. Vom 14. — 20. Dezember v. J. erkrankten 7
(und starben 4) Personen. — Britisch Ostindien. In den beiden
Wochen vom 24. November bis 7. Dezember v. J. erkrankten 2721 i
2976 und starben 2161 + 2278 Personen an der Pest. — Mauritius.
Vom 11. Oktober bis 7. November v. J. 96 Erkrankungen und
60 Todesfälle. — Chile. Der Hafen von Taltal gilt seit dem 18. No¬
vember v. J. als pestfrei.
— In der 51. Jahreswoche, vom 15. — 21. Dezember 1912, hatten
von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblich¬
keit Altenburg mit 25,8, die geringste Worms mit 5,4 Todesfällen pro
Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Oestorbenen
starb an Scharlach in Altenessen, Zabrze, an Masern und Röteln in
Mülheim a. Rh., Oberhausen, an Diphtherie und Krupp in Berlin,
Schöneberg, Erfurt, Heilbronn, Ulm. .
_ ln der 52. Jahreswoche, vom 22.-28. Dezember 1912, hatten
von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Steiblich-
keit Bonn mit 24,9, die geringste Wanne mit 6,3 Todesfällen pro
Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen
starb an Scharlach in Qleiwitz, an Masern und Röteln in Flensburg,
Mülheim a. Rh., Oberhausen, an Diphtherie und Krupp in Berlin,
Lichtenberg, Harburg. V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Marburg. Prof. Dr. Martin Benno Schmidt, Ordinarius
der pathologischen Anatomie und Direktor des pathologischen Insti¬
tuts hat einen Ruf in gleicher Eigenschaft an die Universität Wiirz-
burg als Nachfolger von Prof. Dr. R. Kretz erhalten, (hk.)
Strassburg. Dem prakt. Arzt Dr. med. Edmund Blind ist
der Titel Professor verliehen worden, (hk.)
Wurzburg. Der mit Titel und Rang eines a. o. Professors
bekleidete Privatdozent Dr. Jacob R i e d i n g e r wurde zum a. o.
Professor ernannt und ihm die neugeschaffene Professur für Ortho¬
pädie übertragen. — Der Assistent an der Chirurg. Klinik (Prof.
Enderlen) Dr. Joh. Ernst Schmidt wurde als Privatdozent in die
medizinische Fakultät aufgenommen. — Titel und Rang eines a. o.
Professors für die Dauer ihrer Wirksamkeit im bayerischen Hoch¬
schuldienst erhielten der Prosektor am pathol. Institut (Prof. Kretz)
Privatdozent Dr. Konrad H e 1 1 y und der Assistent an der med.
Klinik (Prof. Gerhardt) Privatdozent Dr. Hermann L ii d k e.
AnnArbor. Dr. U. W i 1 e wurde zum Professor der Derma¬
tologie und Syphiligraphie an der Universität von Michigan ernannt.
C a g 1 i a r i. Der ausserordentliche Professor der Geburtshilfe
und Gynäkologie Dr. P. S f a m e n i wurde zum ordentlichen Pro¬
fessor ernannt. . .
Graz. Dem Privatdozenten für interne Medizin Eugen P e t r y
wurde der Titel eines ausserordentlichen Universitätsprofessors ver¬
liehen. (hk.)
Modena. Dr. G. F e r r e r o habilitierte sich als Privatdozent
für Chirurgie und operative Medizin.
New York. Dr. A. Bassler wurde zum Professor der
Medizin an New York Policlinic Medical School and Hospital ernannt.
Padu a. Dr. A. Austoni habilitierte sich als Privatdozent
für operative Medizin.
Palermo. Dr. E. Engel habilitierte sich als Privatdozent
für Dermatologie und Syphilis.
Wien. Dr. Albert Müller und Dr. Wilhelm Neumann
wurden als Privatdozenten für interne Medizin an der medizinischen
Fakultät zugelassen.
(Todesfälle.)
In Marburg starb am 30. Dezember im Alter von 74 Jahren
Dr. Philipp S t e f f a n, früher einer der angesehensten Aerzte in Frank¬
furt a. M„ w'o er sich 1861 als erster Spezialarzt für Augenheil¬
kunde niedergelassen und in seiner Augenklinik segensreich gewirkt
hatte, bis ihn Differenzen mit der Ortskrankenkasse über die Honorar¬
frage zum Schlüsse der Klinik veranlassten. Steffans Name wurde
viel genannt, als er vor einer Reihe von Jahren den Titel eines
Sanitätsrates erhielt, die damals übliche Taxe von 300 M. bezahlte,
nach einigen Tagen aber das Diplom zurücksandte und Rückzahlung
der 300 M. verlangte, da er den Titel nicht begehrt habe. Er focht
den Streit in allen Instanzen durch und unterlag, jedoch wurde
'daraufhin die Taxe aufgehoben. Sein Vorgehen hatte in ärztlichen
Kreisen allgemeine Zustimmung gefunden.
Dr. Gge. C. C r a n d a 1 1, Professor der Medizin an der University
School of Medicine zu Saint-Louis.
Dr. A. J. K r y c h k a, früher Professor der Pharmakologie an
der med. Fakultät zu Warschau.
Dr. P. J. W i s i n g, früher Professor an der med. Fakultät zu
Stockholm.
Dr. O. V. P e t e r s s o n, früher a. o. Professor der Kinderheil¬
kunde an der med. Fakultät zu Upsala.
Dr. P. R e d f e r n, früher Professor der Anatomie und Physiologie
an Queens University zu Belfast.
(Berichtigung.) Der Unterzeichnete hat in dem am 26._Nn-
vember 1912 in der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheil¬
kunde zu Wien demonstrierten und in dieser Wochenschrift No. 48.
p. 2653, 1912 referierten Leukämiefalle Benzol nur per os und niemals
subkutan verabreicht. Dr. Fritz 1 edesko.
Generalkrankenrapport Qber die K. Bayer. Armee
für den Monat November 1912.
Iststärke des Heeres:
70753 Mann, 209 Kadetten, 174 Unteroffiziersvorschüler.
1. Bestand waren
am 31. Oktober 1912 :
Mann
Kadetten
Unteroffii.-
vorschüler
992
3
3
[ im Lazarett:
1457
23
18
2. Zugang: l im Revier:
1182
—
—
{ in Summa:
2639
23
18
Im ganzen sind behandelt:
3631
26
21
°/oo der Iststärke:
51,3
124,4
120,7
3. Abgang:
’ dienstfähig:
°/oo der Erkrankten:
gestorben:
*/#o der Erkrankten:
dienstunbrauchbar :
mit Versorgung:
ohne „
Auf Qrund vor der
Einstellung in den Militär¬
dienst vorhanden gewese
ner Leiden als dienstun
brauchbar erkannt und
entlassen :
anderweitig:
in Summa:
4. Bestand
bleiben am
30. Nov. 1912:
2011
553,8
7
1,9
26
6
169
84
2303
730,8
1
20
761,9
16
5
28,7
5
in Summa: 1328 6
°/oo der Iststärke: 18,8 28,7
davon im Lazarett: 1022 6
davon im Revier: 306 —
Von den in Ziffer 3 aufgeführten Gestorbenen haben gelitten an
Scharlach 1, Bauchfelltuberkulose 1, epidemischer Genickstarre 1
Blinddarmentzündung 1, Rückenmarksquetschung 1, Blutvergiftung
und Schnittverletzung am Halse (Selbstmord) 1.
Ausserhalb der militärärztlichen Behandlung starben 5 Mann
und zwar infolge von Schädelbruch 1, Selbstmord 4 (Erhängen 2
Ertränken 1, Erschiessen 1). ,
Der Gesamtverlust der Armee durch Tod betrug demnach in
Monat November 12 Mann.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 52. Jahreswoche vom 22. bis 28. Dezember 1912.
Bevölkerungszahl 615000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildung!
fehler 13 (10 1), Altersschw. (über 60 Jahre) 8 (3), Kindbettfieber 1 (—
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 1 (— ), Scharlach — (-
Masern u. Röteln 6 (4), Diphtherie u. Krupp (3), Keuchhusten 2 (—
Typhus (ausschl. Paratyphus) — (— ), akut. Gelenkrheumatismus 1 (-
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundswu
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) 1 (2), Starrkrampf — (-
Blutvergiftung 2 (2), Tuberkul. der Lungen 28(28), Tuberkul. and. ür
(auch Skrofulöse) 3 (5), akute allgem. Miliartuberkulose 2 (— ), Lungei
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 11 (16), Influenza 1 (1), vener
sehe Krankh. — (— ), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfiebe
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, W echse
fieber usw. — (— ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 1 (2), Alkoholi
mus — ( — )( Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 8 (8), sonst. Krank
d. Atmungsorgane 2 (4), organ. Herzleiden 13 (17), Herzschlag, Her
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 7 (5), Arterienverkalkur
12 (6), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 2 (6), Gehirnschlag 2 (<
Geisteskrankh. — (3), Krämpfe d. Kinder 11 (2), sonst. Krankh. d. Nerve
Systems 4 (5), Atrophie der Kinder 3 (— ), Brechdurchfall — (1), Mage
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 10 (5), Bhnddarr
entzünd. 2 (1), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse
Milz 2 (3), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 6 (8), Nierenentzümi. 2 (li
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 1 (— ), Krebs 13 (15), son
Neubildungen 5 (4), Krankh. d. äuss. Bedeckungen 1 (— ), Krankh. ü
Bewegungsorgane — ( — ), Selbstmord 1 (5), Mord, Totschlag, au
Hinricht. 1 (—), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 2 (■
and. benannte Todesursachen 4 (3), Todesursache nicht (genau) a
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — (— ).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 195 (196).
U Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwoch
Verlag von J. F. Lehmann in München. - Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.O., München.
Di* Münchener Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich
Im Umfang; von durchschnittlich 7 Bogen. . Preis der einzelnen
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MÜNCHENER
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Fürdie Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8‘/^ — -1 Uhr.
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Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Tfaeabnerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
No. 3. 21. Januar 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
Originalien.
Seitrag zur Kenntnis und zur Therapie des Asthma.
Von Privatdozent Dr. med. CarlStäubli, Basel-St. Moritz.
Wenn es sich um eine Krankheit handelt, über deren Wesen
und Entstehung so abweichende Meinungen existieren, wie
über das Asthma, so erscheint es ratsam, vorerst die Störung,
die man im Auge hat, genau zu umschreiben. Es soll hier
weder vom Asthma cardiale, noch vom Asthma
psychicum oder hystericum, noch vom Asthma
.iraemicum usw. gesprochen werden. Diese alle haben mit
Jem eigentlichen Asthma nichts zu tun und wir würden
besser von kardialer, hysterischer, anämischer
) y s p n o e sprechen und den Namen Asthma reservieren
tir das eigentliche Asthma bronchiale oder ner-
^osum, wobei wir dann die unserer heutigen Krankheits¬
ruffassung doch nicht mehr voll entsprechenden Neben-
pezeichnungen bronchiale und nervosum weglassen
könnten. Wenn ich also kurzweg von Asthma spreche,
io verstehe ich darunter jenes auf dem Boden einer (meist
ingeborenen) Konstitutionsanomalie stehende, in Anfällen von
Atemnot sich äussernde Leiden, bei welchem wir den Thorax
erweitert, die Lungen gebläht finden, die Lungenlüftung unter
pfeifenden, giemenden Geräuschen sich vollzieht und das
Sputum, wenn vorhanden, charakteristische Eigenschaften
zähschleimig, Gehalt an zahlreichen eosinophilen Zellen,
y h a r c o t-L e y d e n sehen Kristallen, Curschmann sehen
Spiralen) zeigt und wobei wir häufig (wohl als jenem koor-
linierte weitere Aeusserungen der Konstitutionsanomalie) Stö-
ungen von seiten anderer Organe, wie Ekzem (Besnier),
Jrtikaria (v. S t r ü m p e 1 1), Migräne, paroxysmale Gelenk-
;chwellungen (v. Strümpell), Magen-Darmstörungen
v. Strümpell, Neubauer u. Stäubli) auftreten sehen.
:ine eigenartige Blutveränderung, die Eosinophilie (zu-
rst beim Asthma von Fr. v. Müller beobachtet), weist
uif die enge Zusammengehörigkeit aller dieser Erscheinungen
'in (eosinophile Diathese, Verf.). Wir müssen die Möglichkeit
ns Auge fassen, dass es sich dabei um eine (meist wohl an-
teborene) Anomalie im Magen-Darmchemismus handelt, wo-
iurch Stoffe ins Blut gelangen, die (obschon sie sich bisher
mserem Nachweis entzogen haben), sei es direkt oder durch
Beeinflussung der sekretorischen Tätigkeit bestimmter Drüsen,
:u einer Uebererregbarkeit bestimmter Nerven oder Nerven-
:entren und damit zur Disposition zu den verschiedenen,
irisenartigen Organstörungen, dann ferner auch zur Eosino-
>hilie, führen. Auf dem Boden der dadurch geschaffenen
eberempfindlichkeit treten dann durch bestimmte auslösende
Momente (Reflexe von seiten des Respirationstraktus, der
laut; Magen-Darmstörungen, Vorgänge im Genitalsystem,
isychische Erregungen usw.) anfallsweise Störungen auf. Es
st das eine hypothetische Annahme; sie vermag aber gut die
Vt des Auftretens des Asthma, die ihm koordinierten anderen
Erscheinungen, die Eosinophilie, wie auch die weitgehende
Analogie zu bestimmten anaphylaktischen Vorgängen, zu er-
dären.
Was nun die Entstehung des Asthmaanfalles selbst be-
rifft, so haben von den zahlreichen aufgestellten Theorien nur
wei verbreitete Anerkennung finden können, nämlich die An-
iahme von der bronchospastischen und diejenige von
ler vasomotorisch-sekretorischen Verenge-
ung der kleinsten Bronchien. Mir scheint, dass
'eide zu Recht bestehen. Beim einen Asthmatiker tritt mehr
lie eine, beim anderen mehr die andere Störung in den Vorder-
i’und; es kann aber auch bei ein und demselben Patienten
No. 3.
das eine Mal mehr das bronchospastische Moment, das andere
Mal mehr das vasomotorisch-sekretorische (die Schleim¬
absonderung) den Anfall einleiten.
Es bleibe nicht unerwähnt, dass Sahli*) die Annahme eines
Bronchialmuskelkrampfes und einer Sekretionsneurose für hypo¬
thetisch und unwahrscheinlich hält. Er sieht das Wesen des Asthma
in einer stenosierenden Bronchitis und das nervöse Moment in dem
Auftreten der bronchialasthmatischen Anfälle einfach in einer Er¬
regbarkeitssteigerung des Atmiingszentrums. Die Raschheit, mit
der, wie wir sehen werden, Adrenalin, in Uebereinstimmung
mit dessen bronchodilatorischer Wirkung bei Muskarintieren, den
asthmatischen Anfall, die akute Lungenblähung und die pfeifenden und
giemenden Geräusche zu heben vermag, dürfte aber doch als Beweis
für die hier vertretene Anschauung gelten.
In neuerer Zeit wird mit Recht der Rolle, die die Psyche
in der Pathogenese des Asthmaanfalles spielt, grosse Be¬
deutung beigemessen. Ueber das Wie des Kausalzusammen¬
hanges müssen wir uns genau auseinandersetzen, da nur eine
richtige Deutung dieser Beziehung eine sichere Grundlage
für das Verhalten des Arztes den Eltern und den Verwandten
gegenüber sein kann.
Wenn wir uns die Qual vor Augen führen, die ein schwerer
Anfall für den Patienten bedeutet, die Art, wie er ihn momentan zum
schwer kranken Menschen macht, ihn in seiner Handlungsfähigkeit
vollständig lahm legt, ihm die Möglichkeit, das Leben auch nur in
mässigen Grenzen zu geniessen, nimmt und damit mit einem Male durch
alle seine Pläne einen Strich macht, so wird es uns verständlich, dass
der Asthmatiker stets in einen grossen Angst vor seinen Anfällen
lebt, dass er gerade aus dieser Angst heraus auf sich und sein
körperliches Befinden seine ganze Aufmerksamkeit lenkt und peinlich
festzustellen sucht, welche Umstände das Auftreten eines Anfalles
bedingen. Gerade der Umstand, dass der Patient im krisenfreien
Intervall rasch wieder auflebt, sich wie ein Gesunder fühlt und be¬
wegen kann, macht den Zustand im Anfall nur noch peinlicher. Es
gibt eben in der ganzen speziellen Pathologie, mit Ausnahme viel¬
leicht gewisser Neuralgien, keine Störung, die im Vergleich zu der
geringen momentan bleibenden anatomischen Veränderung so quälende
Zustände schafft, wie gerade das Asthma. Man könnte seine Stellung
in der menschlichen Pathologie mit dem Satze charakterisieren: „Das
Asthma ist keine ernste Krankheit, aber ein
schweres Leide n“.
Es ist also durchaus verständlich, dass die Psyche in
der Aetiologie des Anfalles eine Rolle spielt. Es kann beim
Asthmatiker die plötzliche Erkenntnis z. B., dass er das er-
fahrungsgemäss ihm Linderung verschaffende Mittel zu Hause
gelassen hat, und er sich an einem Orte befindet, wo ihm
dessen Beschaffung unmöglich ist, das Auftreten eines An¬
falles befördern, ja sogar veranlassen. Ist das aber ein Be¬
weis, dass das Asthma eine primär oder direkt psychogene
Störung ist?
Es ist ganz selbstverständlich, dass auf das Asthma, einer
beliebten Zeitrichtung gemäss, auch die Freud sehen
Theorien Anwendung finden, d. h. versucht wird, es als
Sexualneurose zu deuten. Sicher spielen gelegentlich bei
Asthmatikern sexuelle Momente in der Auslösung von Krisen
eine Rolle; mit dem eigentlichen Wesen des Asthma haben
sie aber nichts zu tun. Dagegen spricht schon der Um¬
stand, dass wir schon in den ersten Lebensjahren, ja sogar
-Monaten, typische Asthmaanfälle beobachten können. Ja es
ist mir ein Patient bekannt, bei dem solche schon im ersten
warmen Bade aufgetreten sind.
Gerade bei der Behandlung von Asthmatikern kann man aber
sehen, welches Unheil schon dadurch angerichtet wurde, dass
Theorien, ohne vorerst die Klärung der Frage vor dem wissenschaft¬
lichen Forum abzuwarten, kritiklos, ja leichtfertig in das Laien¬
publikum hineingetragen wurden. Da kann man dann erfahren, wie
arme asthmatische Patienten, die ohnehin genug an ihrem Leiden zu
*) Sahli H. : Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden,
VI. Aufl., I. Bd., pag. 90, 1913.
1
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
1 14
No.
tragen haben, von Eltern und Angehörigen mit missverstandenen
Lehren gequält werden.
Es gibt rein psychisch bedingte, hysterische
Dyspnoen. Wenn es auch nicht immer leicht ist, sie vom wirk¬
lichen Asthma zu unterscheiden, so haben sie mit ihm doch nichts
zu tun. Häufig kommen bei ihnen die giemenden, pfeifenden Ge¬
räusche dadurch zustande, dass infolge sehr forcierter Exspirationen
eine Verengerung der kleinsten Bronchien und dadurch eine Er¬
schwerung des Luftdurchtrittes erfolgt: die Schleimabsonderung ist
dabei wohl eine rein sekundäre Reizerscheinung. Wir finden dabei
den Thorax in Exspirationsstellung, die Lunge nicht gebläht.
Schwieriger ist die Unterscheidung, wo es sich um psychisch ver¬
stärkte Inspiration handelt. Da können uns unter Umständen wieder¬
holte Blut- und Sputumuntersuchungen einen wertvollen Fingerzeig
geben.
M. Saenger äusserte die Ansicht, dass es sich bei den
Asthmatikern um eine krankhafte Hinlenkung ihrer Aufmerksamkeit
auf den ihnen bedenklich erscheinenden Zustand ihres Atmungs¬
apparates handelt x). Es soll dann die infolge irgend eines Momentes
„plötzlich lebhaft gewordene Erinnerung an die während eines früher
überstandenen Katarrhs der Luftwege gehabten Empfindungen das
Eintreten von kongestiven und sekretorischen Vorgängen in den
Bronchien zur Folge haben“ Dazu komme noch das lebhafte,
„wenn auch objektiv nicht immer vollkommen begründete Gefühl
einer Atembehinderung“. Die mehr oder weniger deutliche Vor¬
stellung von einer drohenden Erstickungsgefahr führe dann zur Be¬
schleunigung und Verstärkung der Atemtätigkeit, welche ihrerseits
dann die Lungenblähung im Gefolge habe.
Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass solche oder ähn¬
liche psychische Vorgänge beim Asthmatiker im Verlauf seines
Leidens sich sekundär einstellen und bei der Entstehung von Anfällen
eine Rolle spielen können; das innerste Wesen des Asthma vermögen
aber auch sie nicht zu erklären. Eine solche Erklärung versagt z. B.
ganz bei denjenigen Fällen, wo bei Kindern in früher Jugend, ganz
plötzlich „wie aus heiterem Himmel“, ohne dass ein leichterer Anfall
oder auch eine leichte Atemstörung infolge einer Bronchitis usw.
vorausgegangen wäre, zum erstenmal ein heftiger Anfall auftritt.
Ebenso wäre es unverständlich, dass selbst schwere Asthmatiker in
bestimmten Gegenden, wie z. B. im Höhenklima, auch wenn ihnen
vorher dessen günstiger Einfluss auf das Asthma nicht bekannt war,
sich ungestraft denselben Schädlichkeiten aussetzen dürfen, die früher
die heftigsten Anfälle ausgelöst haben. Es müssten sich daselbst doch
dieselben Erinnerungsbilder einstellen. In neuerer Zeit erhielt die
Auffassung von der psychischen Entstehung des Asthma durch ver¬
schiedene Beobachtungen eine Stütze. Eine Reihe von Autoren
konnten zeigen, dass zur Entstehung einer Lungenblähung eine Er¬
schwerung der Exspiration nicht notwendig ist, dass schon (selbst
willkürlich) vertiefte Atmung zu vermehrter Lungenfüllung führen
kann. Damit ist natürlich nicht bewiesen, dass gerade beim Asthma
vermehrte Inspiration und Lungenblähung nicht doch eben Folgen
einer primär erschwerten Exspiration sind. Uebrigens ist eine
Lungenblähung noch kein Asthma. Eine weitere, wichtige Stütze
schien die erwähnte Auffassung durch die exakten Untersuchungen
von Staehelin und Schütze* * 3) zu erhalten. Letztere Autoren fan¬
den, dass bei 2 (bzw. 4) Asthmatikern die pro Minute im Anfall geatmete
Luftmenge der Ventilationsgrösse in der anfallsfreien Zeit nicht nur
nicht gleich ist, sondern sie sogar bedeutend übertreffen kann, mit
anderen Worten, dass die Ventilation der Lungen im Asthmaanfall
nicht nur genügend, sondern sogar überreichlich sei. Staehelin4)
schloss daraus, dass wir uns die vertiefte Atmung nicht nur als Mittel
zur Ueberwindung des Bronchialkrampfes zu denken haben, sondern
es müsse auch eine rein subjektive Komponente der Dyspnoe vor¬
handen sein, die zu einer Vertiefung der Atmung über das Mass
hinaus, das zur Ueberwindung des Widerstandes notwendig ist, führe;
d. h. der Asthmatiker habe den Drang, tiefer zu atmen, als zur Be¬
friedigung des Ventilationsbedürfnisses notwendig sei. Auch die Tat¬
sache, dass wir beim Asthma häufig [aber nicht immer4*)] viel geringere
Zyanose beobachten, als bei der kardialen Dyspnoe, scheint auf den
eisten Blick eine solche Deutung zu rechtfertigen. Hier möchte ich
gleich erwähnen, dass bei der kardialen Dyspnoe die Ver¬
änderung der Atmung eben eine nur ungenügende Kompensation für
die Störung der Blutzirkulation darstellt, während beim Asthma der
Organismus die Atmungsbehinderung durch Inanspruchnahme der
Reserve und auxiliären Kräfte, wenn auch unter grosser Anstrengung,
aufzuwiegen vermag.
Wenn wir uns ein klares Bild über die pathologischen
Vorgänge im Asthmaanfall machen wollen, so mag es doch
3) M. Saenger: Ueber Asthma und seine Behandlung.
Berlin 1910.
-) M. Saenger: Ueber die psychische Komponente unter den
Asthmaursachen. Berliner klin. Wochenschr. 1912, No. 8.
3) Staehelin und Schütze: Spirographische und pneumo-
graphische Untersuchungen. Zeitschr. f. klin. Med., Bd. LXXV, 1912.
4) R. Staehelin: Exspirationskrankheiten: Entstehung und
Behandlung des Asthma bronchiale. Jahreskurse für ärztliche Fort¬
bildung, Februarheft 1912.
4*1 Zwei meiner Patienten zeigen im Anfall ausserordentlich
starke Zyanose.
nicht ganz unnütz sein, sich von einem genau beobachtende
Patienten schildern zu lassen, was er selbst im Anfall eni[
findet.
Er gibt uns vorerst gerne zu, dass er selbst nicht an sei
Leiden erinnert werden will, dass er sucht, möglichst seine Gedanke
davon abzulenken, dass sich bei ihm aber eine gewisse Angst vi
Anfällen einstellt, wenn er sich in zahlreicher Gesellschaft, in eit
geschlossenen Räumen, im raucherfüllten Eisenbahnwagen, in einet
Stall mit Heu- und Pferdegeruch usw. befindet, wenn er an sich di
Anzeichen einer Erkältung beobachtet oder wenn er in psychisch
Aufregung gerät. Es ist auch verständlich, dass er solchen am
lösenden Momenten auszuweichen sucht. Es ist dieses psychisch
Verhalten an sich aber ebensowenig krankhaft, wie wenn ein Ulcus
kranker ängstlich die Speisen zu vermeiden sucht, deren Genuss ihi
erfahrungsgemäss Schmerzen verursacht. Der Asthmaanfall wir
eingeleitet durch ein eigenartiges Unbehagen, Beunruhigung, Gefiit
von Schwüle, manchmal auch mit Kitzelgefühl am Kinn, Ein
schnürungsgefühl am Halse. Dann wird das Atmen schwerer; es leg
sich wie ein Druck auf die Brust. Schon geringere körperliche Be
wegungen führen zu Pulsbeschleunigung, Atemnot. Im eigentliche :
Anfall kann der Patient nur mit Mühe noch seinem Atembedürfni
entsprechen. Dabei hat er das deutliche Empfinden, dass er die Lul
aus den Lungen nicht genügend herausbringt und dass die Inspiratio
ihm nicht etwa durch Verlegung der Luftwege erschwert ist, sonder
dass er deshalb nur mit Mühe einatmet, weil die Lunge schon m<
Luft voll ist. Mit dem besten Willen gelingt ihm eine Entlüftung de
Lungen oder eine absichtliche Aenderung der Atmung im Sinne eine
weniger angestrengten Inspiration auf die Dauer nicht. Für einig
Atemzüge wohl, dann überwiegt aber ein stärkerer Impuls, als sei
Wille, und unter grösster Anstrengung muss er das absichtlic
weniger geatmete Luftvolumen wieder nachholen. Trotz des vo:
seiten der überanstrengten Muskeln sich einstellenden quälenden Er
müdungsgefühls ist der Patient immer weiter zu äussersten Atem
anstrengungen gezwungen. Sagt man dem in einem solchen Zu
stände höchster Ermüdung nach Luft ringenden Patienten: er atm
infolge einer falschen Vorstellung unnötig mehr Luft, als er braucht
so hat er für eine solche Deutung nur ein mitleidiges Lächeli
Schliesslich löst sich bei allgemeiner Erschöpfung der ganze Anfal
Gelingt es, in dem geschilderten Anfall durch richtig vorgenommen
Räucherung, durch Atropin usw. die akute Stenose der kleinste
Atemwege zu heben, so empfindet der Patient die Erleichterung haupt
sächlich darin, dass das Gefühl der Luftüberftillung der Lunge ab
nimmt, dass er wieder durchatmen kann. Der Asthmatiker such!
sobald er kann, den zur Deckung seines Sauerstoffbedürfnisses not
wendigen Luftwechsel innerhalb der Luftkapazität der Lunge nacl
unten zu verschieben, d. h. mit einem geringeren absoluten Luftgelia!
der Lunge zu atmen, weil ihm das bei der quälenden Empfindung de
Uebermüdung der Atmungsmuskulatur eine Erleichterung, ja Er
lösung bedeutet.
Dies die subjektiven Empfindungen des Asthmatikers.
Es stellt sich nun die Frage: Können wir jene aus dei
beim Asthmaanfall vor sich gehenden Veränderungen herau
erklären und sie mit den exakten Beobachtungen über dii
Lungenlüftung in Einklang bringen, oder haben wir tatsächlicl
anzunehmen, dass die verstärkte Atmung und die Lungen
blähung vorwiegend und direkt psychisch bedingt sind?
Bevor ich auf die Verhältnisse beim Asthma eingehe
möchte ich zuerst die beim Normalen in Frage kommende]
Begriffe in ein graphisches Schema bringen:
Rd. Rv. A H.
V.
Die einzelnen Felder geben graphisch ungefähr das Verhältnis
wieder, in welchem die einzelnen Partialvolumina zur gesamten Luft
kapazität der Lungen stehen. Es bedeutet:
Rd. = Residualluft, d. h. dasjenige Luftvolumen, das auch be
extremster Exspiration noch in den Lungen zurückbleibt.
Rv. ~ Reserveluft, d. h. dasjenige Luftvolumen, das nach Be
endigung der gewöhnlichen Ausatmung durch maximale Exspiratioi
noch aus den Lungen getrieben werden kann.
A = Atmungsluft, d. i. das bei der unwillkürlichen Atmuw
pro Atemzug geatmete Luftvolumen.
K = Komplementärluft, d. h. dasjenige Volumen, das bei an
gestrengtester Inspiration noch über die gewöhnliche Atmungsluf
hinaus eingeatmet werden kann.
V (Rv. + A + K) = Vitalkapazität der Lunge = maximale
dem Willen unterworfene Lungenlüftung.
Setzen wir noch S = schädlichen Raum, d. h. dem bei der Atmuiü
nicht erneuten Luftvolumen der gröberen Luftwege, so erhalten wii
A — S = dasjenige Volumen Atemluft, das sich bei der automatische'
Atmung bei jedem Atemzug mit der Alveolarluft mi$cht.
21. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCH ß WOCHENSCHRIFT.
Es ist dann
I A— S _ (erneuerte Luftmenge)
Resid. -f-Reserv. ^ gesamte in den Alveolen — ^ entilationskoeffizient.
enthaltene Luftmenge
Das Produkt A Atemfrequenz stellt die Atmungs- oder
\ entilationsgrösse dar, d. h. das pro Minute geatmete Luft¬
volumen.
Das dem normalen Sauerstoffbedarf genügende, pro
Atemzug geatmete Luftvolumen A kann innerhalb von V für
einige Zeit willkürlich verschoben werden; bei der unwillkür¬
lichen Atmung nimmt es, wie das Schema zeigt, ungefähr
eine Mittellage ein, d. h. es bewegen sich die Atmungs¬
schwankungen um einen mittleren Füllungszustand der
Lungen, bei welchen sich die gesamten in- und exspiratori-
schen (Muskel- und elastischen) Kräfte das Gleichgewicht
halten; der notwendige Sauerstoffbedarf des Organismus wird
unter geringst möglichem Energieaufwand gedeckt. Der
Muskelstoffwechsel ist darauf eingestellt; es kommt zu keinen
Ermüdungserscheinungen von seiten der Atemmuskulatur.
Im Asthmaanfall nun, wo durch die bronchospasti-
sche und vasomotorisch-sekretorische Verengerung der klein¬
sten Bronchien die Entlüftung der Alveolen erschwert ist, kann
die notwendige Lungenlüftung nur durch stärkere Inanspruch¬
nahme der Inspiration vor sich gehen. Es verschiebt sich A
innerhalb von V auf Kosten von K nach oben, bis die Ver¬
mehrung der Spannkraft der Lungen dem Exspirations¬
hindernis das Gleichgewicht hält. In dieser Gleichgewichts¬
lage vollzieht sich dann vorerst die Atmung nach normalem
Typus. Nun stellt sich aber ein Circulus vitiosus ein. Es
scheint, dass eine Vertiefung der Inspiration an sich wieder
einen Reiz auf die der Atmung vorstehenden, übererregbaren
Zentren auszuüben vermag 4**). Ferner tritt, in durchaus ver¬
ständlicher Weise, als weiteres schädliches Moment die Be¬
ängstigung, die psychische Aufregung des Patienten hinzu.
Diese wirkt, wie andere Reize, neuerdings erregend auf die
bronchospastischen und vasomotorisch-sekretorischen Vor¬
gänge ein, ähnlich, wie etwa psychische Erregungen ganz be¬
stimmte sekretorische und motorische Vorgänge am Magen-
Darmtraktus auszulösen vermögen. Ein weiteres Moment im
Circulus vitiosus ist die Verschlechterung der Lungendurch¬
blutung, die ihrerseits zu Atemreizen führen kann. Entgegen¬
gesetzt zu der allgemein akzeptierten Anschauung hat S a u e r-
bruch5) die Ansicht ausgesprochen, dass die kollabierte
Lunge besser durchblutet werde, als die geblähte. Durch zahl¬
reiche genaue, an lebenden Katzen und Hunden mit Hilfe einer
ausserordentlich sorgfältig ausgearbeiteten Methodik aus¬
geführten Untersuchungen konnte M. Cloetta6) bestätigen,
dass die Lunge im inspiratorisch geblähten Zustande geringere
Durchblutung besitzt. In einer neuen Arbeit hat Cloetta6*)
diesen Satz dahin genauer formuliert: Auf der Höhe der In¬
spiration ist die Durchblutung am schlechtesten, viel besser
bei der Exspiration, am vollkommensten beim Beginn der
Inspiration.
Ein weiteres für die Zirkulation ungünstiges Moment hegt
darin, dass, wie D. Gerhardt7 *) und sein Schüler Ro¬
ma n o f f ) gezeigt haben, die Schnelligkeit der Blutströmung
in den Lungen abhängig ist vom intraalveolären Luftdruck.
Bei der Erhöhung des letzteren, wie beim Asthma, muss also
eine Erschwerung der Blutzirkulation eintreten. Neben
weiteren, die Zirkulation ungünstig beeinflussenden Momenten,
wie z. B. der Tiefstand des Zwerchfells, ist noch zu erwähnen
die vom Verfasser 9) beobachtete Erhöhung der Blutviskosität
***) Siehe auch Sahli a. a. 0.
ri vti? aJierbruch: Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir.,
öd. XIII, H. 3, 1904.
') M. Cloetta: lieber die Zirkulation in der Lunge und deren
eeintlussung durch Ueber- und Unterdrück. Archiv f. exper. Pathoi
u. PharmakoL, Bd. LXVI, 1911, p. 409.
" I M. Cloetta: In welcher Respirationsphase ist die Lunge am
’esten durchblutet? Archiv für experimentelle Pathologie und Phar¬
makologie, Bd. LXX, 1912, pag. 407.
') D. Gerhardt: Ueber gegenseitige Beeinflussung von
Atmung- und Kreislaufstörungen. Verhandl. d. Naturforsch.-Gesellsch.
n Basel, Bd. XXI.
)M. Romanoff: Experimente über Beziehungen zwischen
Atmung und Kreislauf. Arch. f. exp. Path. u. Pharm., LXIV, 1910.
: Stäubli: Zur Pathologie und Therapie des Asthma
»ronchiale. Deutsch. Kongr. f. innere Med. XXVIII, 1911.
1 15
beim Asthma. Infolge Fehlens eines ausgiebigeren Vaso¬
motorenspiels nn Lungenkreislauf steht aber das Mass der
Lungendurchblutung in direkter Abhängigkeit zur Blut¬
viskosität. Letzterer direkt proportional ist die vom rechten
rlei zen zu leistende Arbeit. Im weiteren spielen sicher beim
Asthma, abgesehen vom Gasgehalt, bestimmte, dem inter¬
mediären Stoffwechsel entstammende Blutbestandteile als
Reize auf die den Atmungsvorgängen vorstehenden Nerven-
zentren eine Rolle. Ich kann hier nicht näher darauf ein-
gchen, weil die exakte Forschung sich vorerst noch nicht ein¬
gehend mit dieser Frage befasst hat.
Unter Einfluss aller dieser Momente kommt es schliesslich
im schwersten Anfall zu einem Zustand, in welchem der
Patient überhaupt nur noch an der oberen Grenze der Vital¬
kapazität atmet. Wir erhalten für den Asthmatiker folgendes
graphisches Schema:
d. h die Komplementärluft ist fast vollständig verschwunden
die Residualluft hat zugenommen. Wie sich das Verhältnis
von Residual- zu Reserveluft im Asthmaanfall gestaltet ist
noch nicht genauer untersucht. Auf jeden Fall zeigt die Haupt¬
zunahme die Residualluft. Doch dürften die individuellen Ver¬
hältnisse sehr verschieden sein. Die genügende Lungenventi-
latior. kann nur noch unter Aufbietung aller Reserve- und
auxiliären Muskelkräfte erreicht werden; je mehr der Thorax
seine Mittellage verlässt, mit um so grösserem Energieauf¬
wand vollzieht sich jene. Das Ermüdungsgefühl der iiber-
ansti engten Atemmuskeln und das Bewusstsein, an der
Grenze der Leistungsfähigkeit des Atmungsapparates ange-
langt zu sein, zusammen mit der Tatsache, dass sich bei dem
geringsten Nachlassen der Atemanstrengungen sofort die Emp¬
findung von Lufthunger einstellt, bedingen die peinigende
Erstickungsangst im Asthmaanfall.
Die bisherigen Betrachtungen erfolgten unter der Voraus¬
setzung, dass das Sauerstoff- oder, besser gesagt, das Venti¬
lationsbedürfnis im Asthmaanfall der Norm entspreche. Tat¬
sächlich können wir aber den Asthmatiker nicht mit einer
ruhenden Person vergleichen, bei welcher die Atmung unter
dem geringst möglichen Energieaufwand vor sich geht. Der
Asthmatiker befindet sich im Anfall in angestrengtester Muskel¬
tätigkeit, die um so mehr den O-Bedarf steigert, als es sich
um abnormale Betätigung auxiliärer Muskelkräfte handelt.
Ferner verlangt die Erschwerung der Lungendurchblutung eine
vermehrte Herzarbeit, die ihrerseits einen vermehrten Sauer¬
stoffverbrauch (und eine Hypertrophie des rechten Ventrikels)
bedingt. Dazu kommt dann noch, dass eine Vermehrung der
Ventilationsgrösse schon dadurch bedingt ist, dass die Atem¬
luft sich mit einer grösseren in den Lungen schon vorhandenen
Luftmenge mischt, wodurch der Ventilationskoeffizient kleiner
wird (ein Moment, das auch beim Emphysem in Frage kommt).
I atsächlich konnte S i e b e c k 9 ) beim Emphysem zeigen,
dass gleich grosse Atemzüge eine viel geringere Ventilation
der Alveolen bewirken, wie bei der normalen Lunge. Ferner
konnte er nachweisen, dass bei der emphysematosen Lunge
durch eine ungleichmässige Ventilation der Alveolen die
Atmung für die Arterialisierung des Blutes viel ungünstiger,
als beim Gesunden ist. Es erbrachte denn auch Rein¬
hardt 9v*) den Beweis, dass der Emphysematiker im gleichen
Volumen Luft weniger CO? ausatmet, als der Gesunde, d h
dass er, um die gleiche Menge CO* auszuatmen, mehr Luft
atmen muss. Dazu kommt dann noch, dass die absolute
COa-Ausscheidung beim Emphysematiker (wohl infolge der
vermehrten Muskelanstrengung) grösser ist, als beim Ge¬
sunden. Alle diese Verhältnisse dürften auch bei der akuten
) Siebeck R.: Ueber den Gasaustausch zwischen der
Aussenluft und den Alveolen. III. Mitteilung: Die Lungenventilation
beim Emphysem. Deutsches Archiv für klinische Medizin, Heft 3
und 4, Bd. 102, 1911.
9 * Reinhardt R. : Ueber das Verhältns von COa-Ausschei-
dung zur Atemgrösse beim Lungenemphysem. Deutsches Archiv für
klinische Medizin, Heft 1 und 2, Bd 109, 1912
1*
116
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
o,
No.
Lungenblähung im Asthmaanfall eintreten. Ferner erscheint
es mir sehr wahrscheinlich, dass nicht der ganze Bronchial-
traktus gleichmässig vom Spasmus ergriffen wird. Wir hätten
dann relativ freie Lungenpartien, die übermässig ventiliert
werden, in denen aber das Blut nicht mehr O2 als bis zur
Sättigung aufnehmen kann, und Bezirke, wo nur ein unge¬
nügender Gasaustausch stattfindet. Das gesamte gemischte
Blut könnte dann trotz Ueberventilation ungenügend, oder
eben nur durch diese annähernd genügend arterialisiert sein.
Jedenfalls müssen wir uns hüten, aus einzelnen, wenn auch
exakt ausgeführten Versuchen, zu weitgehende, verallge¬
meinernde Schlüsse zu ziehen. Schon der Umstand, dass mit
der Zeit beim Asthma sich schwere, verhängnisvolle ana¬
tomische Veränderungen einstellen können, sollte uns davor
warnen, in ihm allzusehr nur eine psychische Störung zu
sehen. Ich möchte also den Schluss ziehen, dass der Asthmatiker
nicht infolge einer „fehlerhaften“ Atmung „unnötig“ über¬
ventiliert, sondern dass er mehr ventiliert, weil er mehr Luft
atmen muss, d. h. die veränderte Atmung im Asthmaanfall
ist die notwendige physiologische Folge der in den kleinsten
Bronchialverzweigungen bestehenden Atembehinderung und
der dadurch bedingten weiteren Veränderungen.
Kurz zusammenfassend möchte ich sagen: Auf Grund einer
meist ererbten konstitutionellen Krankheitsbereitschaft, die
beim Asthmatiker in einer Uebererregbarkeit bestimmter, die
Bronchialmuskulatur und die Schleimhaut innervierender und
zu den Atmungsvorgängen in naher Beziehung stehender
Nervenzentren 10) besteht, kommt es, ausgelöst durch die ver¬
schiedenartigsten Momente (reflektorische Reize von seiten
des Respirations-, des Magen-Darmtraktus, des Genitalappa¬
rates, der Haut, durch klimatische Faktoren, Angstvorstel-
lungen und andere psychische Aufregungen usw.) zu einer
bronchospastischen und vasomotorisch-sekretorischen Ver¬
engerung der Bronchien, durch welche die Entlüftung der Al¬
veolen erschwert wird. Dieses führt zu einer Verschiebung
der Lungenlüftung nach der oberen Grenze der Vitalkapazität
auf Kosten der Komplementärluft. Die Residualluft nimmt zu
(Lungenblähung); dabei ist das Ventilationsbedürfnis erhöht.
T h e r a p i e.10*)
Es ist nicht beabsichtigt, hier eine Aufzählung aller Mittel
zu geben, die schon mit mehr oder weniger gutem Erfolg gegen
das Asthma angeraten worden sind 10**). Hier möchte ich nur
einige Punkte besonders hervorheben, die mir berufen er¬
scheinen, in der Behandlung des Asthma an erste Stelle ge¬
stellt zu werden. — Dass alle unsere Massnahmen von den
Prinzipien der Hygiene von Körper und Geist getragen sein
sollen, ist nach den Erörterungen über die Entstehung des
Asthmaanfalles selbstverständlich. Wichtig ist in der anfalls¬
freien Zeit ausgiebige körperliche Bewegung in frischer Luft,
wobei eine solche sportliche Betätigung den Vorzug verdient,
die nicht erhitzende, überhastete Bewegungen bedingt, anderer¬
seits aber die Gedanken des Patienten möglichst von sich ab¬
lenkt. An die erste Stelle möchte ich stellen den Berg- und den
Reitsport, beide natürlich in systematischer, gemässigster Art.
Bei Bergtouren achte man darauf, dass die ersten 1 bis
2 Stunden möglichst langsam und ruhig gegangen werde;
nachher kann man den Asthmatiker nach Herzenlust gehen
lassen; er wird es manchmal mit den besten Steigern auf¬
nehmen. Das Reiten geschehe im Freien, nicht in der von
Pferde- und Heugeruch erfüllten Manege. Durchaus zweck¬
mässig in anfallsfreier Zeit oder bei geringen Atembehinde¬
rungen sind Atemübungen im Sinne von Saenger [Zähl¬
methode ”)], deren wesentlichstes Prinzip die gewollte Ab-
10) Ich sage nicht Vagus, da es sich vielleicht nicht direkt
um eine Uebererregbarkeit dieses Nerven oder um eine Tonus¬
steigerung im „autonomen Nervensystem“ (Vagotomie von E p -
p i 11 g e r u. Hess), sondern darum handelt, dass in dem an und für
sich gesunden Vagus pathologisch verstärkte Erregungen, die von
einem höheren Zentrum ausgehen, ablaufen.
10*) Dieser Abschnitt war Gegenstand eines am 7. November
1912 in der Medizinischen Gesellschaft in Basel ge¬
haltenen Vortrages.
10**) gs sej jn (-|jeser Beziehung auf die wertvolle, vor kurzem
erschienene Monographie „Das Asthma“ von Wolfgang Siegel ver¬
wiesen.
“) M. Saenger : Ueber Asthma und seine Behandlung. Berlin 1910.
Schwächung, aber möglichste Verlängerung der Exspiration
ist. Im Asthmaanfalle hat sie mir allerdings gewöhnlich ver¬
sagt. Aber auch Saenger weist auf die Notwendigkeit der
Vorübung in der anfallsfreien Zeit hin. Nach unseren früheren
Betrachtungen muss diese Disziplinierung der Atmung einen
günstigen Einfluss auf die Lungendurchblutung ausiiben, auch
lässt sie die Lungenlüftung bei geringerem Gesamtfüllungs¬
zustand der Lungen vor sich gehen; auf unser Schema be¬
zogen: A verschiebt sich innerhalb von V mehr nach einer
normalen Lage, es wird also der chronischen Lungenblähung
entgegengewirkt.
Eine besonders wichtige Rolle spielt die Berücksichtigung
der Psyche. Man suche den Patienten möglichst von
seinem Leiden abzulenken, ihn von anderweitigen psychischen
Beängstigungen und Aufregungen frei zu halten. Wichtig ist
eine geistige Betätigung, die der Veranlagung, den Talenten
des Asthmatikers möglichst gerecht wird, die ihn demzufolge
ganz erfüllt und seinem Leben einen Daseinsinhalt zu geben
vermag. Schädlichkeiten, die erfahrungsgemäss Anfälle aus-
lösen, sind natürlich so viel wie möglich vom Patienten fern
zu halten; dies aber, wenn immer möglich, ohne dass es der
Patient merkt. Ist solchen nun einmal nicht auszuweichen,
so werde der Patient ja nicht noch von Eltern und Angehörigen
(was in falscher Fürsorge meistens geschieht) durch ängst¬
liches Befragen darauf und auf sein Leiden aufmerksam
gemacht.
Eine wichtige Rolle in der Astmabehandlung kommt dem
H 0 c h g e b i r g e zu. Es ist schon von verschiedener Seite
darauf aufmerksam gemacht worden. Die Wirkung ist eine so
auffallende, ja direkt an einen spezifischen Einfluss erinnernde,
andererseits sind noch weite Kreise so wenig darüber orien¬
tiert, dass es im Interesse der leidenden Asthmatiker
liegt, immer wieder auf diesen wertvollen, therapeutischen
Faktor hinzuweisen. Wir besitzen in der gesamten Asthma¬
therapie kein Mittel, das dem Höhenklima bezüglich der
Wahrscheinlichkeit des Eintritts und der Intensität der
Wirkung auch nur annähernd gleichkäme. Die überwiegende
Mehrzahl der Patienten mit reinem, unkomplizierten Asthma
ist mit der Ankunft im Höhenklima und für die ganze Zeit des
dortigen Aufenthaltes vom Asthma befreit. Patienten, die noch
kurz vorher sich im Tiefland, nach Luft ringend, wie Schwer¬
kranke herumgeschleppt haben, leben im wahren Sinne des
Wortes daselbst auf, und manchen sehen wir bald als Hoch¬
tourist in den Schönheiten der Hochgebirgswelt schwelgen.
Man muss diese auffallende Umwandlung, diesen raschen kör¬
perlichen Umschwung, selbst mit angesehen haben, um daran
zu glauben. Wir stehen hier noch vor einem interessanten,
wissenschaftlichen Problem. Alle die zahlreichen Hypothesen,
die zur Erklärung schon herangezogen wurden, halten einer
Kritik nicht stand. Es lag nahe, das wirksame Moment in der
Verminderung des Luftdrucks oder des O-Partiardrucks im
besonderen zu suchen. Aber dem widerspricht schon die Tat¬
sache, dass die günstige Wirkung nicht langsam und parallel
mit der steigenden Höhe eintritt. Im Gegenteil, wir sehen
sehr häufig Asthmatiker in mittleren Höhen von 800 bis
1100 m noch heftiger von ihren Krisen befallen werden,
um dann von einer bestimmten Höhe an mit einem Male ganz
davon befreit zu bleiben. Man sollte also gleich möglichst hoch,
d. h. in Höhen von 1400 — 1500 m gehen. Daselbst fühlen
sich die meisten Asthmatiker frei von ihrem Leiden. Aber
auch ein Misserfolg in dieser Höhe bedeutet noch nicht ein
Versagen des Hochgebirges überhaupt. Es kommt, wenn auch
seltener Weise, vor, dass ein Asthmatiker in dieser Höhe noch
die heftigsten Anfälle hat, um dann aber in noch grösseren
Höhen (z. B. 1800 m) ganz davon verschont zu bleiben. Mit¬
unter halten die Anfälle in den ersten Tagen, d. h. in der
Akklimatisationsperiode, noch an, um dann erst vollständig zu
verschwinden. Der Umstand, dass manchmal, und besonders
nach kurzdauerndem Aufenthalt, beim Abstieg ins Tiefland die
Krisen oft wie aus blauem Himmel wieder auftreten, zeigt uns,
dass in solchen Fällen das Ausbleiben der Anfälle nicht durch
eine Beeinflussung der konstitutionellen Krankheitsbereitschaft,
sondern nur durch das Fehlen gewisser krisenauslösender Mo¬
mente im Höhenklima bedingt ist. Eine ähnliche, auffallende Wir¬
kung, wie das Höhenklima, scheint das Wiistenklima
zu haben. Beiden gemein ist u. a. die grosse Trockenheit, der
21. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
117
geringe Gehalt an Keimen. Bei der Analogie, die der Asthma¬
anfall in mancher Beziehung zu anaphylaktischen Vorgängen
zeigt, ist man geneigt, mit S c h i 1 1 e n h e 1 in 12) das Auf¬
treten der Anfälle an bestimmten Orten spezifischen, in der
Luft enthaltenen Stoffen, zuzuschreiben. Im Hochgebirge
würden solche nun fehlen. Zu einer solchen Auffassung fehlen
aber noch die exakten Grundlagen. Vielleicht sind die wirk¬
samen Faktoren auch auf anderem Gebiete zu suchen.
Wie schon angedeutet, können wir nur aus einem längeren
Aufenthalt eine bleibende Beeinflussung erwarten. Es haben
aber da, wo die Verhältnisse einen monatelangen Aufenthalt
ermöglichen, schon viele Asthmatiker bleibende Besserung
ja sogar Heilung gefunden. Nicht unversucht sollte das Höhen¬
klima gelassen werden in den Fällen, wo, wie es nicht selten
einti itt, sich während Wochen Anfälle an Anfälle anschliessen,
wo auch die besten Mittel wie Jodkali, Räucherungen, Atropin,
nicht mehr helfen wollen und wo schliesslich der Organismus
infolge der vielen medikamentösen Mittel, der Appetit- und
Schlaflosigkeit, heruntergekommen ist. Da tut dann das
Höhenklima häufig Wunder. Langsamer als die Atemkrisen,
verschwinden allerdings oft die chronisch bronchitischen Zu¬
stände. Jedenfalls hat für den Asthmatiker das Bewusstsein
etwas sehr Beruhigendes, dass es Orte gibt, wo er, mag es
kommen, wie es will, mit der grössten Wahrscheinlichkeit von
seinen Anfällen befreit wird und bleibt. Besonders wertvoll
ist das Höhenklima demnach auch zur Einleitung einer syste¬
matischen Behandlung, wo die Hauptsache vorerst ist, den
Patienten aus seinem Stadium fortgesetzter Anfälle und der
psychischen Beunruhigung herauszubekommen.
Ein letztes wichtiges Mittel in der modernen Asthma¬
therapie, dessen Anwendung ich besprechen möchte, ist das
4 d r e n a 1 i n.
Vielseitige Erfahrungen haben ergeben, dass das Adrenalin
iei subkutaner Injektion von 0,5 — 1 ccm 1 prom. Lösung in oft ge-
adezu wunderbarer Weise die schwersten Anfälle zu coupieren ver-
nag. Ephraim machte dann den Vorschlag, das Adrenalin mit
inem von ihm speziell für diesen Zweck konstruierten Endo-
' r o n c h i a 1 s p r a y direkt auf die Schleimhäute aufzutragen,
vueh üallusser ) sah von der direkten Einstäubung guten Er-
olg. Er. Kraus ') hat in einer kurzen Diskussionsbemerkung zum
ortrag von Ephraim 15) erwähnt, dass er schon mit gewöhnlicher
nhajation von Adrenalinlösung gute Erfolge erzielt hätte
. phraim °) sprach sich dann später über den Wert des Adrenalin
ei den verschiedenen Applikationsarten folgendermassen aus: „Am
eringsten ist sie (d. h. die Wirksamkeit), wenn das Adrenalin mittels
nnaiation, viel grosser, aber nur vorübergehend, wenn es subkutan,
rn grössten und andauernd, wenn es unmittelbar in die erkrankten
»ronchien appliziert wird.“
Was die Art der Wirkung des A d r e n a 1 i n s betrifft, so sahen
anuschke und Pollak17), dass es durch Aufhebung des
.ronchialmuskelkrampfes bei Muskarinkatzen bronchodilatatorisch
irkt Ephraim ) konnte nun auch beim Menschen durch direkte
ronchoskopische Beobachtung feststellen, dass das Adrenalin
eben einer anämisierenden (Minkowski) auch eine spezifisch
bschwellende Wirkung auf die Schleimhaut ausübe. Ferner komme
s im Anschluss an die Behandlung zu einer Verflüssigung und er-
ic itei teil Exspektoration des Sekrets. Wenn also, wie es nun sicher-
estellt scheint, die pathologische Veränderung beim Asthmaanfall
orwiegend in einem Krampf der Bronchialmuskulatur, in einer
cnwellung der Bronchialschleimhaut und der Absonderung eines
men schleimigen Sekrets besteht, so hat sich aus der Beobachtung
er Wn-kung des Adrenalins ergeben, dass dieses Mittel allen drei
unologischen Storungen entgegenzuwirken vermag. Dieser Umstand
i verein damit, dass wir es nicht mit einem körperfremden Gift,
>nue i n einer Substanz zu tun haben, die schon normalerweise im
rgamsmus kreist und auf deren Unschädlichmachung: der Organis-
us schon eingestellt ist, stempelt das Adrenalin zu einem geradezu
ealen Asthmamittel. Nur kann von den bisherigen Anwendungs-
U}. Schittenhelm: Ueber Anaphylaxie usw. Jahresbericht
’eria e trgebnisse der Immunitätsforschung 1910.
1217 ^a^usser: Korresp.-Bl. f. Schweiz. Aerzte 1911, No. 35,
) Fr. Ki aus: Verhandl. des XXVII. Deutschen Kongresses
r Innere Medizin. Wiesbaden 1910.
) Ephraim: Verhandl. des XXVII. Deutschen Kongresses für
nere Medizin. Wiesbaden 1910.
10) Ephraim: Ueber die Wirkung des Adrenalins usw.
futsche med. Wochenschr 1912, No. 31.
‘‘) Zur Pharmakologie der Bronchialmuskulatur. Arch. f
itm u. Pharmakol. Bd. 66, 1911, S. 205.
18) Ephraim: Ueber die Wirkung des Adrenalins
putsche med. Wochenschr. 1912, No. 31, pag. 1453.
exp.
usw.
arten bei dem immer wiederkehrenden Charakter des Leidens weder
clie endobronchiale Einstäubung, noch diejenige der subkutanen In¬
jektionen befriedigen. Erstere ist eine eingreifende und auch nicht
ganz gefahrlose Prozedur; bei den subkutanen Injektionen müssen
wir, soll eine genügende Menge des Mittels zur lokalen Wirkung ge-
angen, zuviel davon auf einmal injizieren. Und wenn auch Gais-
oock ) bei 70 Injektionen innerhalb weniger als 3 Monaten keine
momentanen ständigen Störungen beobachten konnte, so müssen wir
uns bei der Hartnäckigkeit des Leidens an die Schädigungen er-
lnnern, die, wie das Tierexperiment ergab, durch Ueberschwemmung
des Körpers mit Adrenalin am Gefässapparate entstehen.
Ich prüfte nun, ob es, trotz der sich widersprechenden
Berichte über die Wirkung von Adrenalininhalationen, nicht
möglich sei, auf diesem Wege eine genügend starke Wirkung
zu erzielen. Die meisten Inhalationsapparate versagten, weil
bei ihnen der Spray in zu grober Form den Apparat verlässt,
so dass das inhalierte Medikament sich vorwiegend schon an
der Wand der Mund- und Rachenhöhle niederschlägt und nur
zum geringsten Teil an den Ort der beabsichtigten Wirkung
gelangt. Das Verhältnis der gesamten resorbierten zur örtlich
wirkenden Menge des Medikaments ist ein ungünstiges. Die
besten Erfolge erzielte ich mit Hentschels Apparat, bei
welchem sich der Spray schon innerhalb des Glasgefässes an
der Wand niederschlägt und nur ein allerfeinster, kaum sicht¬
barer, die Glaskugel ausfüllender Nebel den Apparat ver¬
lässt. Ein grosser Nachteil des Apparates ist aber, dass er
so unpraktisch in seiner Konstruktion ist. Er beansprucht zur
Inbetriebsetzung eine zu grosse Menge von Inhalationsflüssig¬
keit, was bei dem teuren Preise des Adrenalins und der Not¬
wendigkeit, häufig den Apparat zu reinigen, wohl ins Gewicht
fällt. Dann ist es unmöglich, eine Verstopfung der feinen
Sprayröhrchen, welches leicht eintritt, von aussen zu heben. Vor
allen Dingen macht es aber seine Zerbrechlichkeit und Unhand¬
lichkeit der Form unmöglich, dass ihn der Asthmatiker unauf¬
fällig in der Tasche mit sich führen kann. Das ist jedoch eine
absolute Notwendigkeit, soll ein Mittel dem Asthmatiker eine
Hilfe in der Not sein. Gerade Theater, Konzerte,
Diners, überhaupt gesellschaftliche Anlässe sind es, anläss¬
lich derer der Asthmatiker ■ gerne von seinen Anfällen heim¬
gesucht wird und an denen er deshalb nur mit einer gewissen
Angst teilnimmt. Die Möglichkeit, bei solcher Gelegenheit ein
sicher wirkendes Mittel unauffällig bei sich zu führen und im
Notfälle verwenden zu können, verschafft dem Patienten
psychische Sicherheit und Ruhe und damit am ehesten die
Grundbedingung dafür, dass die Anfälle überhaupt nicht
auftreten.
Von allen mir bekannten Inhalationsapparaten entspricht
der Glaseptic am besten diesem Postulat; er hat aber
wieder den Nachteil, dass er das Medikament viel zu grob
zerstäubt.
Ich habe nun versucht, alle
die erwünschten Eigenschaften
in einem kleinen Apparat zu
vereinigen. Da er sich bereits
bei zahlreichen Patienten gut
bewährt hat und eine Aen-
derung nicht mehr angezeigt
erscheint, will ich ihn einem
weiteren Kreise bekannt geben.
Am Ansatzrohre a wird ein
Gummigebläse angeschlossen.
Beim Funktionieren dieses aspi¬
riert der dem Sprayröhrchen c
entweichende Luftstrom durch ein
Röhrchen d die im Apparate be¬
findliche medikamentöse Flüssig¬
keit und wirft sie im Spray
nach der Ausbuchtung e. Da¬
selbst kondensieren sich die grö¬
beren Tröpfchen und fliessen zur Flüssigkeit an der Basis zurück.
Das Innere des Apparates wird dabei durch einen feinsten Nebel
ausgefullt, der, kaum sichtbar, aus dem Inhalationsröhrchen f ent¬
weicht. Dadurch, dass dem ganzen Gläschen eine ovale, unten zu-
gespitzte und ganz platte Form gegeben wurde, wird die zur Füllung
benötigte rlüssigkeitsmenge auf ein Minimum (1 ccm) reduziert. Eine
Vcistopfung der Sprayröhrchen c und d kann vermittels eines feinen
Druhtchens von der Eingussöffnung g aus leicht gehoben werden.
Fig. I. 2/3 natürliche Grösse.
) F. G a i s b ö c k : Zur Pharmakodynamik und therapeutischen
Vei Wendung der Adrenalinwirkung. Therap. Monatshefte, August 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
1 18
Der austretende Medikamentennebel ist so ausserordenlich fein, dass I
wir nach den neueren Untersuchungen annehmen dürfen, dass er,
der Inhalationsluft beigemengt, bis in die feinsten Bronchien gelangt.
Dass das tatsächlich der Fall ist, beweist die auf eine ganz minimale
Menge hin schon eintretende günstige Wirkung.
Wesentlich abhängig ist der Erfolg von der Art der In¬
halation. Wichtig ist, dass die Exspiration so aus¬
giebig, wie nur immer möglich, geschieht, aber nicht
rasch und forciert, sondern langsam, ausgedehnt. Indem man
nun das Ausfiihrröhrchen f zwischen den Zähnen hält, wird
bei geöffneten Lippen langsam und tief durch den
Mund eingeatmet, wobei das Gummigebläse in Betrieb ge¬
setzt wird. Am wirksamsten hat sich mir folgende Inhalations¬
art ergeben:
Das Ausführröhrchen f des Apparates wird leicht zwischen den
Zähnen gehalten. Die eine Hand umfasst den Gummiballon des
Gebläses, die andere klemmt vorderhand den Gummischlauch ab.
Dann wird langsam exspiriert, wobei in Gedanken ungefähr im Se¬
kundentakt gezählt wird. Bei jeder Zahl wird eine Ballenkompression
ausgeführt, wobei sich vorerst nur der Windbeutel mit Luft füllt.
Ist der Asthmatiker bei dieser langsamen und ausgedehnten Aus¬
atmung an dem Punkt angelangt, wo er nicht mehr weiter ausatmen
kann (sagen wir bei der Zahl 8 oder 10), dann lässt er mit der den
Schlauch komprimierenden Hand los und inspiriert. Die Einatmung
setzt wegen des starken Atmungsimpulses mit einem kräftigen In¬
halationsstrom ein, der den Medikamentennebel, welcher nun durch
die Spannung des Windbeutels ebenfalls kräftig dem Apparat ent¬
strömt, in die feinsten Luftwege trägt.
Die Notwendigkeit einer maximalen Exspiration für den
Erfolg der Inhalation beruht zum Teil vielleicht darauf, dass
beim Asthmaanfall nicht überall der Bronchospasmus gleich
intensiv auftritt und dass das Mittel nur bei verlängerter
Exspiration, d. h. bei Entlüftung auch der vom Spasmus be¬
fallenen Teile, -an den Ort, wo es vorwiegend wirken soll,
gelangt.
In zahlreichen Versuchen mit allen möglichen Inhalations¬
mitteln und Kombinationen von solchen haben sich mir fol¬
gende Lösungen am besten bewährt:
Inhalationsflüssigkeit I. Zur Bekämpfung
schwerer Anfälle, bei starken, bronchospastischen Erschei¬
nungen eine Kombination von Adrenalin, Atropin und
Kokain nach dem Rezept:
Adrenalin (Parke, Davis & Cie.) 1 : 1000 9,0 ccm.
Solut.: Atropin, sulfuric. 0,1 1
Cocain, muriat. 0,25 1 1,0 „
Aq. destill. 10,0 ]
oder wir geben direkt in den Inhalationsapparat
von der Adrenalinlösung 18 Tropfen
von der Atropin-Kokainlösung 2 Tropfen.
Es empfiehlt sich aus Gründen der Haltbarkeit, die beiden
Lösungen getrennt zu halten.
Es sei noch erwähnt, dass das synthetische Suprarenin
scheinbar weniger gut wirkt.
Bei der Zusammensetzung der Inhalationsflüssigkeit
leiteten mich folgende Ueberlegungen:
Adrenalin reizt den bronchodilatatorisch wirkenden
Sympathikus (Januschke und P o 1 1 a k).
Atropin lähmt bronchospastisch wirkende Vagusfasern.
Kokain wirkt sensibilisierend auf die sympathischen
Endapparate für das Adrenalin (Fröhlich und L o e w i).
Versuche ergaben, dass ungefähr 1500 Ballenkompressionen not¬
wendig sind, um mit dem Apparat 1 ccm Flüssigkeit zu vernebeln.
Zum Coupieren eines leichten Asthmaanfalles genügten etwa 60
(zur Hebung der Beklemmungsgefühle usw. noch weniger), d. h.
kaum V25 eines Kubikzentimeters oder derjenigen
Menge Adrenalin, die nach zahlreichen Beobachtern ohne
irgendwelche Schädigung auf einmal subkutan inji¬
ziert werden kann.
Inhalationsflüssigkeit II. Bei schwachen An¬
fällen und vor allen Dingen als Vorbeugungsmittel:
Die gewöhnliche 1 prom. Adrenalinlösung.
Es schien mir wünschenswert, für die Zeit ausserhalb der
eigentlichen Anfälle einen Apparat mit noch feinerer Ver¬
nebelung zu besitzen zur Behebung jeder kleinen Beklemmung,
als Vorbeugungsmittel bei gesellschaftlichen Anlässen usw.,
um sicher zu sein, dass auch bei solcher häufiger und jahre¬
langer Anwendung des Mittels der Patient sich keinen Schaden
zuziehe. Ich erreichte diese feinste Vernebelung dadurch,
dass ich den primären Spray durch einen Zweigluftstrom
noch einmal zerstäubte. Diesem Prinzip entspricht Apparat 11.
Durch ein starkes Gummi¬
doppelgebläse wird ein kräfti¬
ger Luftstrom in das Röhr¬
chen a getrieben, welcher sich
in die beiden Zweigröhrchen b
und e gabelt: der aus b aus¬
tretende Luftstrom aspiriert
durch das Röhrchen c die
medikamentöse Flüssigkeit und
wirft sie im Spray in das
Trichterchen d. In diesem kon¬
densieren sich die gröberen
Tröpfchen und fliessen zur
Flüssigkeit zurück. Ein feiner
Spray verlässt das Trichter¬
chen bei f und wird von dem
aus e austretenden Zweigluft¬
strom vollständig vernebelt.
Aus g tritt ein so feiner Nebel
aus, dass wir bei Vernebelung
einer Farblösung, z. B. Methyl¬
violett, und beim Auffangen des
Nebels auf einem gereinigten
Objektträger oder feinem Pa¬
pier, selbst mit dem starken
Trockensystem mikroskopisch
keine deutlichen Tröpfchen
wahrnehmen können. Feinste Papierfäserchen oder Unreinigkeiten
im Glase finden sich diffus gefärbt.
Die Frage, ob der feine Nebel denn auch wirklich bis in die
feinsten Bronchien gelangt, suchte ich so zu lösen, dass ich an das
Ausführröhrchen g einen 30 cm langen, nur 6 mm Lumen fassenden
Gummischlauch anschloss und ihn posthornartig P/2 um sich selbst
wickelte. Obschon also möglichst ungünstige Versuchsbedingungen
gewählt wurden, war doch im austretenden Luftstrom die Farb¬
lösung nachweisbar.
Bei der minimalen Menge von Adrenalin, die auf diesem
Wege schon die beabsichtigte Wirkung herbeiführt, dürfen wir
ruhig dem Patienten anraten, jede geringste Atembehinderung,
und dies auch während Monaten und Jahren, auf diesem
Wege zu heben. Dadurch können wir am ehesten dem Auf¬
treten hartnäckiger Anfälle und Asthmaperioden Vorbeugen.
Die Wirkung der Inhalation äussert sich:
Objektiv darin, dass eine oft auffallend rasche (d. h.
binnen weniger Minuten) eintretende Verminderung, manchmal
sogar ein vollständiges Verschwinden selbst lauter pfeifender
und giemender Geräusche beobachtet werden kann, dass die
Hautfarbe sich bessert und die Atemfrequenz sinkt, wobei die
Dauer des Inspiriums zu-, diejenige des Exspiriums abnimmt.
3 Beispiele:
1.
2.
3.
Vor der
Nach „
Vor der
Nach „
Vor der
Nach „
Dauer des Inspir. in Sek.
Expir. in Sek.
Atemfrequenz
Inhalat.
1.2
2.6
16
2.0
2.0
15
Inhalat.
1.0
2.6
löba
18
2.4
14';«
Inhalat.
1.1
2.0
1972
1.6
1 7 -
18
Subjektiv: Patient hat die Empfindung, dass er leichter
ausatmen, freier „durchatmen“ kann; das Gefühl der Völle im
Thorax nimmt ab; Pat. fühlt sich wie erlöst. Nachts stellt
sich meist rasch Müdigkeit und ein wohltuender Schlaf ein
(wegen Hebung der ihn störenden Beklemmungsgefühle).
Da die Apparate 20) wegen ihrer äusserst kompendiösen
und platten Form in einem Lederetui unauffällig in der
Rocktasche Platz finden, so ist dem Asthmatiker die
Möglichkeit gegeben, sie jederzeit (in der Eisenbahn, im
Theater, in Konzerten, bei gesellschaftlichen Anlässen usw.)
mit sich zu führen und beim Auftreten der geringsten Be¬
klemmungserscheinungen sofort zu verwenden; damit wird
manchem schweren Anfall von vornherein vorgebeugt. Es
braucht sich aber auch der Asthmatiker nicht mehr so ängst¬
lich von den gesellschaftlichen Verpflichtungen und Ver¬
gnügungen fernzuhalten, was seinerseits nur von günstigem
Einfluss auf die Psyche ist. Schon bei einer grösseren Zahl
von Patienten hat sich die günstige Wirkung dieser In¬
halationen bestätigt. Alle sind darüber einig, dass auch bei
2") Ich hoffe, die Apparate bald einem weiteren Kreise von
Asthmaleidenden durch eine leistungsfähige Firma, wahrscheinlich
durch das Schweizerische Sanitätsgeschäft Hausmann A.O..
St. Gallen, zugänglich machen zu können.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
119
. Januar 1913.
ufigstem Gebrauch nicht die geringsten Nebenwirkungen
rspiirt werden. Eine Angewöhnung, die Notwendigkeit einer
eigerung der Dosis, habe ich nicht beobachtet. Auffallender-
üse ist die Wirkung eine länger dauernde als bei den sub-
tanen Injektionen selbst grosser Mengen; auch konnte ich
.‘lfach eine bleibende günstige Wirkung in der Form bcob-
lten, dass die Anfälle allmählich seltener und leichter auf-
ten, ja schliesslich ganz ausblieben und den Patienten be-
lders auch eine grössere Freiheit und Beweglichkeit in gesell-
laftlicher Beziehung gestatteten. Wenig ausgeprägt war der
folg bei Patienten, bei denen sich ein eigentlicher Status
hmaticus eingenistet hatte. Dagegen haben sich die In-
lationen besonders bei Patienten bewährt, die im Hoch-
öirge von solchen Zuständen befreit und daselbst körperlich
stärkt waren und bei denen es nur darauf ankam, bei der
ckkehr ins Tiefland dem Wiederauftreten der Anfälle von
rnherein vorzubeugen. Bei der ausserordentlich geringen
sis, die schon reicht, dürfen wir nicht nur, sondern sollen
radezu dem Patienten anraten, die geringsten Beklemmungs¬
fühle gleich bei ihrem Auftreten damit zu heben. Ein Bei¬
ei von vielen über die Wirkung der Inhalationen möge hier
ivähnt sein; Ein Patient mit schwerstem Asthma, der
h seit mehr als 20 Jahren im Tiefland nur mit Jodkali und
ucherungen ein leidliches Dasein hatte schaffen können, und
welchem alle anderen Heilmethoden versagt hatten, wendet
t einem Jahre kein anderes Mittel mehr, als diese Adrealin-
alationen, an; dabei sieht er sich in der Wahl seines Auf¬
haltsortes viel weniger eingeschränkt als früher.
s der V. medizinischen Abteilung (Oberarzt: Prof. IJ e y c k e)
J dem Institut für experimentelle Therapie (Oberarzt:
Dr. Much) des Eppendorfer Krankenhauses.
'.iniges über Tuberkulin und Tuberkuloseimmunität.
Von D e y c k e und Much.
I.
Kein Mensch kann behaupten, dass die chemische Zu-
nmensetzung des Tuberkulins irgendwie geklärt ist, nament-
l nicht die des Alttuberkulins. Wir wissen nur, dass alle
glichen Stoffe darin enthalten sind. Es sei hier kurz Wieder¬
sehen, was der eine von uns schon an anderer Stelle aus-
rte ‘). „In erster Linie kommen albumosenartige Körper
i möglicherweise Polypeptide in Betracht. Am besten kann
n natürlich diesen Substanzen nahe kommen, wenn man
ht aus dem von Tuberkelbazillenbouillon gewonnenen, son-
n von dem aus Bazillenleibern extrahierten Tuberkulin aus-
lt. Denn in dem ersteren spielen die unspezifischen Bouillon-
dandteile eine so grosse Rolle, dass wir hier in bio-
ischem Sinne kein chemisch reines Präparat in Händen
)en. Neben diesen niedrigen Eiweisskörpern enthält das
berkulin fettartige Substanzen, die wahrscheinlich Derivate
in den Bazillenleibern vorhandenen Fettsubstanzen sind,
de Bestandteile sind reaktiv. Ferner ist ein Riechstoff vor-
lden, der sich durch gespannte Dämpfe rein überdestillieren
5t. Manche Beobachtungen (Oehlecker, Leschke)
echen dafür, dass auch dieser Stoff reaktiv sein kann, wenn
durch die Atmungsorgane aufgenommen wird. Rein dar-
tellt und subkutan eingespritzt scheint er unwirksam zu
i. — Ob ausser diesen Substanzen noch ein Giftstoff
stiert, ist noch nicht mit Sicherheit erwiesen. Viele Beob-
itungen sprechen dafür (Much und Leschke u. a.). In
n Alttuberkulin kommt neben diesen lediglich vom Tuber¬
bazillus herrührenden Stoffen, wie erwähnt, noch der un-
zifische, in der Bouillon enthaltene Bestandteil vor.
Nun fragt es sich, ob wir mit dem Namen Tuberkulin nicht
tatt dieser Mischung eine bestimmte Substanz bezeichnen
inen. Wir wählen den Namen ja lediglich nach der Wir-
ig der eingespritzten Substanzen. Wenn wir tote
berkelbazillen einspritzen, so bekommen wir eben¬
eine Tuberkulinreaktion, wie wenn wir aus Bouillon ge-
nnenes Alttuberkulin verwenden. Und doch können wir
abgetöteten Tuberkelbazillen als solche nicht als Tuber¬
in bezeichen, ebensowenig wie wir abgetötete Diphtherie¬
illen nicht als Diphtherietoxin bezeichnen können. Eben-
’) Mucli: Handbuch der Tuberkulose.
so ist die nach dem Verfahren von Deycke und Much
aus Säureaufschliessungen gewonnene Substanz in ihrer
chemischen Zusammensetzung sicherlich nicht in jedem
Punkte identisch mit dem Alttuberkulin, obwohl sie bio¬
logisch dieselben Wirkungen ausübt. Es fragt sich des¬
halb, ob nicht eine bestimmte in dem sogen. Tuberkulin ent¬
haltene Substanz allein für die Tuberkulinwirkung verant¬
wortlich zu machen ist, die dann als das Tuberkulin katexochen
bezeichnet werden müsste. Ebenso wie die Diphtheriebazillen
das Diphtherietoxin enthalten, so enthalten eben alle
mit Tuberkulin bezeichneten Substanzen das eigentliche
Tuberkulin, sind aber keineswegs in ihrer Gesamtzusammen¬
setzung mit diesem identisch.
Nach allem, was wir bisher wissen, ist es wahrscheinlich,
dass es sich bei dem Träger der Tuberkulinwirkung um einen
wasserlöslichen Stoff handelt, der möglicherweise ein
Abbauprodukt von Eiweisskörpern darstellt. Trotz der
grossen Literatur und vielfachen Versuche, die Substanz
chemisch und biologisch aufzuklären (R u p p e 1 u. a.) ist ge¬
naueres darüber mit Sicherheit nicht zu sagen.“
Die Schwierigkeit, genaue Einblicke zu gewinnen, lag
demnach an zwei Ursachen. Erstens ist das A 1 1 tuberkulin
keine reine Substanz. Es enthält, wie gesagt, alle möglichen
Bestandteile. Und zweitens konnte man, wenn man von dem
Neu tuberkulin ausgeht, nicht zum Ziele kommen, weil man die
Substanzen des Tuberkelbazillus nicht einzeln trennen konnte.
Aus säurefesten Tuberkelbazillen kann man wohl durch
Wasser einen wasserlöslichen Stoff extrahieren, aber dieser
enthält durchaus nicht alle, ja nur die allerwenigsten
Bestandteile der im unaufgeschlossenen Bazillenleibe
vorhandenen wasserunlöslichen Substanzen. Diese können
erst dann extrahiert werden, wenn man die
Bazillenleiber aufgeschlossen hat. Und somit
ist das Beschreiten dieses Weges erst möglich geworden, als
wir die Aufschliessbarkeit der Tb. durch schwache Säure¬
lösungen entdeckten * 2).
Bei den von Much ausgeführten experimentellen Unter¬
suchungen über die Partialantigene des Tuberkulose¬
virus hat sich ergeben, dass die verschiedensten Partialanti¬
gene reaktiv sind und spezifische Antikörper zu erzeugen
vermögen. Wir wollen auf diese Ergebnisse nachher kurz
zurückkommen, vorerst soll aber etwas anderes erwähnt
werden, was diesen Ergebnissen noch mehr Bedeutung und
Klarheit verleiht.
Bei dem von Deycke und Much entdeckten und schon
des öfteren beschriebenen Aufschliessungsverfahren der Tu¬
berkelbazillen durch schwache Säuren (beispielsweise durch
Milchsäure) ist nach einer bestimmten Zeit alle säurefeste
und gramfärbbare Substanz der Tuberkelbazillen ver¬
schwunden. Wenn man alsdann zentrifugiert, bekommt man
einen klaren, also wasserlöslichen Anteil und
einen wasserunlöslichen Bodensatz.
Aus dem Bodensatz kann man nun wieder die einzelnen
reaktiven Bestandteile des Tuberkulosevirus, die festen
Partialantigene darstellen. Es ist über diese im einzelnen
schon an vielen anderen Stellen gesprochen worden, so dass
sich hier ein Eingehen auf sie erübrigt 3). Ein Schema möge
die Verhältnisse übersichtlicher machen:
Milchsäureaufschliessung von Tb.
Wasserlöslicher Anteil Wasserunlöslicher Anteil
Eiweissgemisch Fettgemisch
Neutralfett Fettsäure
Fettalkohol Lipoid
Wir hätten also folgende Partialantigene:
1. wasserlöslicher Anteil,
2. Eiweissgemisch,
3. Neutralfett — Fettalkohol,
4. Fettsäure — Lipoid.
-) Much: Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 11 und: Neue
immunobiologische etc. Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 13. —
Much und Leschke: Neue Tuberkulosestudien. Brauers Beiträge,
Bd. 20, H. 3.
3) Die genauere Zusammensetzung der Flüssigkeit wird in dem
Tuberkulosehandbuche beschrieben.
120
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Prüft man nun den wasserlöslichen Anteil und den Boden¬
satz (nach vorheriger Neutralisation) im Komplementbindungs¬
versuche gegenüber Seris von Tuberkulösen und tuberkulose¬
immunisierten Individuen, so findet man, dass beide Bestand¬
teile eine Komplementbindung geben können. Benutzt man
Alttuberkulin und Tb. -Emulsionen zum Komplementbindungs¬
versuche, so bekommt man ja, wie aus unseren früheren Ar¬
beiten bekannt ist, mit der ersten Substanz einen geringen
Prozentsatz mehr positive Reaktionen als mit den Emulsionen,
die ja ebenfalls noch den wasserlöslichen Anteil unserer Auf¬
schliessungen enthalten. Woran das liegt, bleibe dahingestellt.
Auch bei unseren beiden isolierten Präparaten scheinen die
Reaktionen nicht immer parallel zu gehen, was aus dem später
zu Erörternden ohne weiteres verständlich erscheint.
Zerlegt man nun den Bodensatz in seine drei Haupt¬
bestandteile, so kann, wie das von Much und seinen Mit¬
arbeitern oft genug geschildert wurde, jeder dieser Stoffe
eine Komplementbindungsreaktion geben. Und zwar bekommt
man mit dem Neutralfette prozentualiter die meisten Re¬
aktionen 4). —
Dies kurz vorausgeschickt, sei nun auf einige Versuche
am Tiere hingewiesen, die mit diesen Substanzen gemacht
wurden. Prüfen wir nämlich tuberkulöse Tiere im
Intrakutanversuche, so zeigt es sich, dass jedes
der vier Partialantigene eine Reaktion hervorzurufen vermag,
nur mit dem Unterschiede, dass die Reaktionen mit dem Neu¬
tralfette und dem Fettsäurelipoid später einsetzen. Die Re¬
aktionen des Eiweisses und der wasserlöslichen Substanz sind
klinisch kaum von einander zu unterscheiden. Sie sind ganz
ähnlich wie die mit Alttuberkulin erhaltenen.
Dieselben Erfahrungen macht man, wenn man die Sub¬
stanzen intrakutan bei solchen Tieren prüft, die mit den Milch¬
säure-Tb. -Aufschliessungen in toto immunisatorisch
beeinflusst sind, wodurch zugleich bewiesen ist, dass man
auch mit nicht lebensfähiger Tuberkel¬
bazillensubstanz den Körper so beeinflussen kann, dass
er im Intrakutanversuche typische Reaktionen mit den Partial¬
antigenen ebenso wie mit Tuberkulin gibt.
In demselben Sinne fallen die Versuche aus, wenn man
die Tiere nicht mit den ganzen Milchsäure-Tb.-Aufschlies-
sungen, sondern nur mit dem von dem wasserlöslichen Teile
befreiten Bodensätze, der also nur drei Partialantigene enthält,
vorbehandelt.
Ganz anders dagegen wird das Bild, wenn die
Tiere mit eine m oder mit je zweien dieser Partialanti¬
gene vorbehandelt werden. Bisher hätte man annehmen
können, dass alle die beschriebenen Reaktionen gleichsinnig
sind, zum mindesten die mit Tuberkulin, Milchsäure-Tb. -Filtrat
und dem Tb.-Eiweiss erhaltenen. Die gleich zu beschreibenden
Untersuchungen müssen aber schon stutzig machen.
Behandelt man nämlich Tiere nur mit dem Tb.-Eiweisse
vor, so bekommt man später nur mit Tb.-Eiweiss eine
Intrakutanreaktion, aber nicht mit Tuberkulin, dem
Milchsäurefiltrate und den anderen Partialantigenen.
Bei Tieren, die nur mit Tb. -Neutralfett und Tb.-Fett-
säurelipoid vorbehandelt sind, bekommt man überhaupt keine
Intrakutanreaktion, weder mit Alttuberkulin, noch mit den
Partialantigenen. Es stimmt das sehr wohl mit den Fest¬
stellungen von Much überein, die dieser in weiterer Ver¬
folgung seiner Entdeckung der Fettantikörper gemacht hat.
Konnte er doch zeigen, dass bazilläres Neutralfett allein
keine Antikörper erzeugen kann. Erst wenn es sich in
glücklicher Mischung mit einem biologisch mit ihm vergesell¬
schafteten oder verwandten Eiweisse befindet, kann es Neu¬
tralfettantikörper hervorrufen 5). Und so geben erst dann
Tiere eine Intrakutanreaktion mit Tb. -Neutralfett, wenn sie
nicht allein mit diesem, sondern mit einer Mischung von
Tb.-Eiweiss und Tb. -Neutralfett in bestimmter, nicht immer
leichter Weise vorbehandelt sind.
Die Erfahrungen, vor allem die bei der Tb. -Eiweissbehand¬
lung gewonnenen, mussten also stutzig machen. Dadurch
4) Much: Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 16. — Much
und Leschke: Brauers Beiträge, XX., H. 3. — Wills: Zentralbl.
f. Bakt. 1911, Bd. 61. — Much: Brauers Beiträge 1912, H. 1.
s) Much: Ueber Fettantikörper. Beitr. z. Klinik d. Infektions¬
krankheiten 1912, Bd. 1.
wurden wir zu der Annahme gedrängt, dass die klinisch gleich¬
artigen Reaktionen durchaus nicht biologisch identisch sind,
dass sie weder auf dieselbe Ursache zurück¬
geführt zu werden brauchen, noch dass dabei
derselbe Immunitätsmechanismus zur An¬
wendung zu kommen braucht.
Was das Zurückführen auf dieselbe Ursache angeht, so
hätte man ja immerhin den Einwurf machen können, dass an
den Partialantigenen Teilchen ein und derselben Substanz
haften bleiben. Dieser Einwand ist bei Berücksichtigung der
chemischen Darstellung und der Erfahrungen bei den Fettanti¬
körpern hinfällig. Wir verweisen hier nur auf die Arbeit
Muchs (Ueber Fettantikörper, Beitr. z. Klinik d. Infektions-
krankh. etc. 1912, Bd. 1). Er wird aber vor allem hinfällig
durch die quantitativen Untersuchungen am Menschen,
auf die wir nachher gleich eingehen werden, da die einzelnen
Substanzen selbst noch in den grössten Verdünnungen wirk¬
sam sind.
Zudem: muss nicht schon allein die Frage stutzig machen:
Wie ist es möglich, dass eine spezifische Wirkung an
vier chemisch grundverschiedene Substanzen ge¬
knüpft sein kann?
Mit einem Schlage klarer wurde die Sache, als wir die
Substanzen mit der klassischen Koch sehen Versuchsanord¬
nung am tuberkulösen Meerschweinchen prüften. Alttuber¬
kulin tötet bekanntlich, subkutan einverleibt, tuberkulöse
Tiere von bestimmter Vorbehandlungsdauer. Prüften wir nun
unsere Substanzen, so zeigte sich folgendes:
1. Das Milchsäure-Tb. - F i 1 1 r a t, so wollen wir die
wasserlösliche Substanz bezeichnen, vermag in demselben
Sinne auf tuberkulöse Meerschweinchen zu wirken wie das
Alttuberkulin. Auch scheinen dieselben quantitativen Verhält¬
nisse vorzuliegen. Man kann das Filtrat etwa auf Alttuber¬
kulin umrechnen.
2. Dagegen ist der gewaschene Rückstand,
der also die im Intrakutanversuche so hochwirksamen EiweiaS-
und Fettsubstanzen enthält, ganz unwirksam. Ebenso
unwirksam ist jeder der einzelnen Bestandteile allein, also
das Eiweiss, das Neutralfett und das Fettsäurelipoid. Es
kommt höchstens zu Fieber, aber niemals zum Tode.
W i r verstehen nun unter Tuberkulinreaktion
die Fähigkeit einer Substanz, in bestimmter Dosis tuber¬
kulöse Meerschweine zu töten. Nach dieser Fähigkeit wird
ja auch bei der staatlichen Kontrolle das sogen. Tuberkulin
geprüft. Dann kommen wir zu folgenden Ergebnissen:
1. Wir können sagen: Jedes der chemisch dif¬
ferenten Partialantigene des Tuberkelbazil¬
lus ist reaktiv; aber die klinisch gleichsinni¬
gen Reaktionen sind durchaus nicht bio¬
logisch identisch. Sie sind spezifisch, aber nicht
auf eine einheitliche Ursache zurückzuführen.
2. Der Tuberkelbazillus enthält neben anderen reaktiven
Substanzen eine wasserlösliche Substanz, die
einzig und allein fähig ist, tuberkulöse Meer¬
schweinchen zu töten. Diese wasserlösliche
Substanz konnte nicht eher gewonnen und
von den anderen Partialantigenen getrennt
werden, ehe wir in den schwachen Säuren ein
Mittel zur T u b e r k e 1 b a z i 1 1 e n a u f s c h 1 i e s s u ng
entdeckten.
3. Wir müssen demnach die einzelnen Reaktionen durchaus
von einander unterscheiden. Nicht jede klinische Re¬
aktion mit Tuberkelbazillensubstanzen ist
eine Tuberkulinreaktion. Diese ist nur an einen
Bestandteil der wasserlöslichen Substanzen geknüpft.
4. Die verschiedene Ursache löst auch wahrscheinlich
einen verschiedenen Mechanismus der Immun¬
körperwirkung aus, worauf im zweiten Teile hinge¬
wiesen wird. Durch Scheidung der verschiedenen Mecha¬
nismen wird man ebenfalls einen Weg für die Scheidung der
Tuberkulinreaktion katexochen von den anderen spezifischen
Reaktionen mit Tuberkelbazillensubstanz finden. — —
Wir verstehen es jetzt, woher der heillose Wirrwar
kommt, dass wir „entgiftete“, „entfettete“ und „eiweissfreie"
Tuberkuline im Handel besitzen. Jede der in Betracht kom¬
menden Substanzen ist da also einzeln entfernt, trotzdem
2t. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
haben wir noch eine Reaktivität. Und wenn diese in einigen
Präparaten verringert ist. so wird jedesmal der Verlust der
Tuberkulinreaktivität dem im einzelnen Präparate entfernten
Stoffe zugeschrieben, also im entfetteten Tuberkulin den Fett¬
substanzen. im eiweissfreien dem Eiweiss, im entgifteten dem
Giftstoffe. Aus dieser Verwirrung können wir erst dann her¬
auskommen, wenn wir die Tuberkulinreaktion
als eine ganz spezielle und scharf zu um-
r e i s s e n d e Reaktion für sich von den durch
Jie anderen Tuberkelbazillensubstanzen
auszulösenden spezifischen Reaktionen a b -
zu sondern vermögen“0).
An dieser Stelle sei hur noch auf zweierlei hingewiesen:
1. Prüften wir Meerschweinchen, die mit den ganzen
Milchsäure-Tb. -Aufschliessungen vorbehandelt sind, und die
sich später als stark immunisiert erwiesen, intrakutan, so rea¬
gierten sie, wie erwähnt, gegen alle 4 Partialantigene ebenso
wie gegen Alttuberkulin. Prüften wir sie dagegen subkutan,
so starben sie weder an Alttuberkulin noch an dem Milch-
säure-Tb.-Filtrat.
Anders scheinen die Verhältnisse zu liegen, wenn die Tiere
nur mit dem wasserunlöslichen Anteile der Tb.-Aufschlies-
sungen, also mit dem Milchsäure-Tb. -F i 1 1 r a t behandelt
werden. Doch wollen wir darüber erst später berichten,
ledenfalls scheint die Vorbehandlung und damit der Immuni¬
tätsgrad gestört zu werden, wenn neben den wasserunlös¬
lichen Partialantigenen auch der das Tuberkulin katexochen
enthaltende wasserlösliche Anteil vorhanden ist.
Wenn tuberkulöse immunisierte Tiere intrakutan auf
41ttuberkulin reagieren, aber nicht subkutan (mit dem Tode),
^o geht neben anderem auch hieraus hervor, dass das
\ 1 1 1 u b e r k u 1 i n nicht nur das Tuberkulin kat-
pxochen enthält, sondern auch andere reak¬
tive Substanzen (cf. Much: Neue immunobiologische
etc., Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 13. Hygiea 1912.
Much und Leschke: Brauers Beitr., Bd. 20, 1911 etc.).
2. Auch von unseren Milchsäure-Tb.-Filtraten müssen wir
mnehmen, dass sie nicht nur das Tuberkulin katexochen ent¬
halten. Geben sie doch beispielsweise bei Tieren, die nur mit
lern wasserlöslichen Rückstände vorbehandelt sind, eine
ntrakutanreaktion. Wir versuchten deshalb durch Fällungen
Jie reine Substanz zu gewinnen. Zuerst wurde mit Alkohol
gefällt, dann Niederschläge und Filtrat geprüft. Beide Teile
waren beim tuberkulösen Meerschweinchen subkutan gleich
wirksam. Dann fällten wir das gewonnene Filtrat noch einmal
nit Aetheralkohol. Wieder waren beide Teile, quantitativ be-
•echnet, gleich wirksam. Eine Tabelle möge das veranschan-
ichen.
Milchsäure-Tb- Auf Schliessung
Wasserlösliches Filtrat Wasserunlöslicher Rückstand
+++ _ 0
Alkoholpräzipitat Filtrat
+++ _ +++ _
Alkohol-Aetherpräzipitat Filtrat
T-+4~ ++T~
T++ = Tuberkulinwirkurig: im Subkutanversuche beim tuber¬
kulösen Meerschweinchen.)
Wir stehen da also vor der auffallenden Beobachtung,
dass der supponierte Träger der reinen Tuberkulinwirkung ein
Stoff sein müsste, der durch Fällungsmittel wie Alkohol,
Alkoholäther sowohl gefällt wie gelöst wird, und zwar, so¬
weit sich das aus der tierexperimentellen Prüfung quantitativ
tbschätzen lässt, zu annähernd gleichen Teilen. Oder aber,
ind das scheint uns nach den bisherigen Erfahrungen fast noch
wahrscheinlicher zu sein, es handelt sich da gar nicht um
■ine Substanz im eigentlich chemischen Sinne, vielmehr um
einen besonderen physikalischen Zustand, der durch
Jie Fällungsmittel nicht beeinflusst wird. Wir werden weiter
inten sehen, dass noch andere Beobachtungen darauf lnn-
Jeutcn, dass vielleicht bei der klassischen Tuberkulinwirkung
weniger chemische als physikalische oder doch physikalisch-
-hemische Vorgänge obwalten. (Schluss folgt.)
6) Much: Handbuch der Tuberkulose.
No. 3,
121
Ueber Blut in der Spinalflüssigkeit.
Von Dr. Walter Ge iss ler, Kreisassistenzarzt und Assi¬
stent am Medizinaluntersuchungsamt in Stettin.
Die Untersuchung des blutig tingierten Liquors bietet
nicht selten grosse Schwierigkeiten bei der Beantwortung der
Frage über die Provenienz des Blutes. Eine Anzahl von
Forschern, unter ihnen W i d a 1, S i c a r d, S t a v a n t, B a r d,
Tuffier, Milien, D u m o u 1 i n u. a., von deutschen Autoren
Quincke, S i m e r 1 i n g, Kafka und andere haben schon
vor einer Reihe von Jahren auf die Anwesenheit von Blut im
Liquor aufmerksam gemacht und ihn mannigfach gedeutet.
Wie Kafka [l] treffend hervorhebt, wird von der Mehrzahl
der Autoren zu geringes Gewicht auf die zufälligen artefiziellen
Blutbeimischnngen durch Anstechen des Venenplexus mit der
Kanüle bei der Lumbalpunktion gelegt. Es muss daher, bevor
man an die Deutung der Herkunft des Blutes geht, mit Sicher¬
heit eine künstliche Blutung ausgeschlossen werden können.
Nur wenn dies zweifelsfrei möglich ist, besitzt die Diagnose
Wert.
Leider begegnet die Differentialdiagonse oft erheblichen
Schwierigkeiten. Artefizielle Beimischungen erkennt man vor
allem meist daran, dass der blutig ausfliessende Liquor schon
nach wenigen Kubikzentimetern seine blutige Tinktion verliert
und klar wird, dass ferner im Auffangröhrchen im Gegensatz
zum pathologisch-sanguiolenten Liquor die Blutkörperchen
nicht sedimentieren, sondern dass meist schnell und völlig eine
Gerinnung des Punktates eintritt.
Die Differentialdiagnose ist für den Neurologen und Psy¬
chiater wichtig, da dem Kliniker nicht selten mit Reiz¬
erscheinungen oder im Koma aufgefundene Personen zu¬
geführt werden mit der Diagnose „Epilepsie“ oder „Psy¬
chose“. Ich habe in meiner früheren Tätigkeit *) in
einigen derartigen Fällen durch das Punktat die Diagnose
einer Basisfraktur bezw. Schädelverletzung mit Bluterguss
und Verletzung der Arachnoidea stützen können. Es ist dieses
diagnostische Hilfsmittel unter Umständen von grossem Wert,
da event. eine Trepanation noch lebensrettend wirken kann.
Auch der Durchbruch ihtrazerebraler Blutherde — soweit
letztere klinische Erscheinungen erregten — in die Ventrikel
oder das Bersten eines Aneurysmas der Hirnarterien kann sich
bei der Kommunikation des intraventrikulären mit dem übrigen
Liquor in diesem manifestieren.
Wenn das Punktat, das man zweckmässig in verschie¬
denen Portionen auffängt, auch nach Abfluss mehrerer Kubik¬
zentimeter blutig bleibt und gerinnt, sich aber trotzdem nach-
weisen lässt, dass Liquor im Punktat enthalten ist — durch
Zellbestimmung aus dem Zentrifugat oder wenn den Liquor,
was nicht selten geschieht, ein Gerinnsel mantelförmig um¬
gibt — so kann man annehmen, dass eine frische pathologische
Blutung vorliegt, zu der sich natürlich noch eine artefizielle,
die aber in diesem Falle ohne Bedeutung ist, hinzugesellt
haben kann. Umsomehr wird dies wahrscheinlich, wenn der
Punktatdruck von wechselnder Stärke ist, kaum wahrnehm¬
bar zur Zeit des Beginnes der Punktion, im Verlauf jedoch
anschwellend synchron mit dem weiteren Austritt von blu¬
tigem Punktat. Es können nun folgende Möglichkeiten vor¬
liegen:
1. ein blutiger Liquor bei sicherem Ausschluss artefizieller
Tinktion;
2. ein blutiger Liquor bei zweifelhaftem oder u n -
möglichem Ausschluss eines Kunstproduktes;
3. eine Xanthochromie.
Fliesst das Punktat von Anfang an unter physiologischem
Druck heraus, nicht träge sickernd, sondern bei geeigneter
Haltung der Punktionsnadel in schwachem Strahl, behält das
Punktat seine ursprüngliche Färbung und Dichtigkeit bis zu¬
letzt bei, erfolgt eine Gerinnung nur langsam und schliesst
diese nicht die ganze Flüssigkeitsmenge ein, finden wir bei
der wiederholten Untersuchung noch einen für den Liquor —
einen der in Frage kommenden pathologischen Prozesse (Para¬
lyse etc.) vorausgesetzt — charakteristischen Befund
Plasmazellen, Lymphozytose, Tumorzellen, Nonne sehe
*) Psychiatrische Klinik der Akademie zu Köln, Prof. A s c h af¬
fe n b u r g.
2
122 , _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ No. 3.
Reaktion (die stärker sein muss als solche im Blutserum des¬
selben Patienten) — so können wir mit Sicherheit eine
künstlich geschaffene Blutung ausschliessen.
Der Blutgehalt kann nun bedingt sein durch entzündliche
oder neoplasmatische Prozesse, die sich an den Meningen, mit
Ausnahme der Dura, abspielen, ferner durch Blutungen, her¬
vorgerufen infolge einer der oben erwähnten Ursachen.
Mit einigen Beobachtern möchte ich jedoch hervorheben,
dass alle destruktiven Veränderungen oder solche trau¬
matischer Genese ohne nekrobiotische Prozesse stets zum Zu¬
standekommen einer Blutung — auch wenn diese makro¬
skopisch erst nach Sedimentieren oder mit Zuhilfenahme des
Mikroskopes diagnostizierbar ist — eine Läsion der Arach-
noiden zur Vorbedingung haben müssen.
Es lässt sich anatomisch wohl erklären, dass der durch
den Liquor ausgefüllte in sich geschlossene Subarachnoidal¬
raum erst einer Läsion seiner Umhüllung an irgend einer Stelle
durch irgend einen Prozess bedarf, um Blut in sich aufzu¬
nehmen. Daher findet man auch bei subduralen Blutungen
sowie bei Pachymeningitis haemorrhagica so lange kein Blut
im Liquor, bis durch irgend eine Komplikation der Prozess
auf die Arachnoidea, diese anatomisch alterierend, über¬
gegangen ist.
Ein derartiger Befund besitzt nach zahlreichen Beob¬
achtungen einen unstrittigen pathognomischen Wert (M o i -
z a r d und Bacalogler, Widal, Rouny, Dutreix,
Devraigne, Sicard, Foix [2] und Kafka [3]).
Ein besonderer ätiologischer Faktor kann vielleicht von
Interesse werden dann, wenn in- oder ausserhalb der Dura ge¬
legene Prozesse durch die Art ihrer Ausbreitung raum¬
beschränkend wirken und dadurch eine Stauung kaudalwärts
der komprimierten Partie hervorrufen. Die Folge davon
könnte sein: Diapedese aus den gestauten Blutbahnen. Immer¬
hin gehört zu einem solchen Vorgang eine gewisse Intensität
des Druckes oder eine längere Zeitdauer; anderseits wird es
sich wohl dann meist nur um eine geringgradige Emigration
von roten Blutzellen handeln. Aus der Farbenskala des Liquor
vom dunklen Rot bis zum Gelb lassen sich Approximativ¬
schlüsse auf das Alter der Blutbeimischung ziehen, insofern
als eine Annäherung an den gelblichen Farbton immer einer
grösseren Anzahl von Tagen bis Wochen entspricht. Auch aus
der Stärke der blutigen Tinktion in frischen Fällen lässt sich
ein gewisser Vermutungsschluss ziehen: intensivere Blutungen
werden meist durch ulzeröse Prozesse (Tuberkulose, Tumor,
Lues) hervorgerufen, durch raumverdrängende ohne Ulzera-
tionscharakter mehr ein schwächerer Blutaustritt.
Viel rotbraunes hämatogenes Pigment spricht für ein
langes Bestehen der Blutung oder für wiederholte Hämor-
rhagien.
Kann eine zufällige Blutbeimischung durch die Punk¬
tion selbst an der Hand der oben angegebenen Merkmale
nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, so sind unsere
Differenzierungskriterien erschöpft, wir vermögen dann eine
pathologische Blutung in dem Liquor von dem Kunstprodukt
nicht zu trennen.
Hier können wieder verschiedene Möglichkeiten vorliegen:
1. eine frische pathologische Liquorblutung mit einer fri¬
schen artefiziellen, oder aber
2. es gesellt sich das frische Kunstprodukt einer älteren
oder alten Blutung in den Liquor bei; ferner kann
3. eine frische Blutung in einen Liquor hinein stattfinden,
der noch von einer voraufgegangenen Punktion künstliche
hämatogene Produkte beherbergt (Xanthochromie, Pigment,
blutige Tinktion jüngeren Datums) oder
4. endlich haben wir die Vereinigung von älterer bzw.
alter pathologischer Liquorblutung mit einer alten artefiziellen
Blutung.
Kombination 1 lässt sich nicht differenzieren, da jede der
beiden Komponenten allein das Phänomen der Gerinnung
bieten kann. Würde man jedoch bei einem vor der Gerin¬
nung gefertigten Präparat unverhältnismässig viel Leukozyten,
Lymphozyten, Plasmazellen oder vielleicht Tumorzellen o. a.
finden, so könnte man wohl vermuten, dass Blutung und
Zellart dieselbe Noxe als Ursache haben, dass man also bei
Tumorzellen an eine neoplastische Ulzeration, bei vorwiegend
Leukozyten an einen akut entzündlichen Prozess, bei Lympho¬
zyten an einen solchen chronischer Art, bei Plasmazellen an
Paralyse usw. denken muss. Ob dann eine künstliche Blutung
der pathologischen voraufgegangen war, ist in diesem Falle,
wo man aus der Zellbestimmung die Diagnose stellen konnte,
völlig belanglos.
Es sei hier bemerkt, dass von Widal und Kafka eine
Polynukleose des Liquors als Folge der durch die Blutung ge¬
setzten „aseptischen Irritation“ der Meningen beobachtet
wurde. Falls sonst entzündliche Vorgänge auszuschliessen
sind, könnte der Befund der Polynukleose auch auf die er¬
wähnte Ursache zurückzuführen sein.
Die anderen drei Kombinationen lassen sich leichter be¬
urteilen und zwar daraus, dass
1. nur eine teilweise Gerinnung des Punktates (für den
Fall, dass man das ganze Punktat in einem Gläschen aui-
fängt) eben des Teiles, der aus der künstlichen Gefässver-
letzung resultiert, eintreten kann,
2. dass bei sofortigem Zentrifugieren eine ältere oder alte
Blutung durch die eigentümliche rötliche bis gelbe Färbung
der über dem Sediment stehenden Flüssigkeitssäule sich zu
dokumentieren pflegt. Unentschieden bleibt nur, ob die alte
Blutung pathologischer Genese oder ein altes, durch eine vor
gewisser Zeit voraufgegangene Punktion geschaffenes Kunst¬
produkt ist.
Kann durch die Anamnese eine stattgehabte Punktion aus¬
geschlossen werden, so liegt eine ältere pathologische Liquor¬
blutung vor.
Dass eine frische artefizielle Blutung für sich schon einen
hämolytischen Farbenton zeigen kann, habe ich nie beobachtet,
vorausgesetzt, dass während der Zeit von der Entnahme bis
zur Beurteilung nicht Hämolyse hervorrufende Faktoren mit¬
wirkten (Zertrümmerung von Erythrozyten, Wärme, Ge¬
frieren und Auftauen).
In Kombination 4, wo 2 alte Blutungen Zusammentreffen;
pathologische und artefizielle, wo man kein Zentrifugat erhält,
kann nur eine event. Zellenbestimmung Klarheit bringen; dem
jede der beiden Blutungen kann an sich gleich viel Pigment
gleicher Art hinterlassen und auch äusserlich dieselbe Fär¬
bung zeigen.
Im allgemeinen kann man sagen, dass in den Fällen, in
denen nicht von vornherein ein blutiges Punktat unter hohem
Druck herausströmt, sondern zuerst drucklos und träge,
schneller gerinnend als eine spätere Portion, eine Verletzung
des Plexus, die natürlich immer mit dem Beginn der Punktion
zusammenfällt, falls die Nadel nicht während der Punktion
verschoben wird, vorliegt. (Siehe Tabelle 1.)
Für die Unterscheidung einer pathologischen von einer
künstlichen Liquorblutung haben verschiedene Forscher (Sa-
brazes und M u r a t e t u. a.) das Erscheinen von volumi¬
nösen Zellen mit ovalem, nicht selten randständigem Kern,
deren Plasma rote Blutzellen in Menge und manchmal auch
Hämatoidinkristalle enthielt, von ausschlaggebender Wichtig¬
keit gehalten. Sie deuteten diese Zellen als Endothelzellen
der Subarachnoidea, bestimmt zum Schutz und zur Verteidi¬
gung gegen fremde Zellen.
Ich habe diese Zellen mehrere Male beobachtet, merk¬
würdigerweise nie bei pathologischen Prozessen im Nerven¬
system, sondern in allen drei Fällen mehrere Tage nach einer
missglückten Punktion, bei der durch Plexusverletzung Blut
in den Subarachnoidalraum gedrungen war.
Dieselbe Beobachtung beschreibt Kafka [4], der diese
Hämatophagen auch bei Tabes und Paralyse fand. Als
Charakteristikum für eine Hirnblutung sind sie nicht anzu-
sehen.
Kafka hält diese Zellen für meningeale Zellen, die die
Fähigkeit der Phagozytose besitzen.
Differentialdiagnostisch lassen sie sich meiner Ansicht
nicht verwerten.
Je älter im allgemeinen eine Blutung ist, um so mehr
nimmt der Liquor einen rötlich-gelben Farbton an; nach
einer gewissen Zeit finden wir auch bei Punktion eines
blutiggefärbten Liquors eine mehr oder weniger gelbe
Färbung, die man jetzt allgemein als Xanthochromie zu be¬
zeichnen pflegt. Ihr Vorkommen hat einen diagnostischen
Wert insofern, als sie mit Sicherheit den Schluss einer vor
längerer Zeit stattgefundenen Liquorblutung erlaubt.
n. Januar 1913. _ MUFNÜHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
123
Tabelle 1.
l
_ 2 1 3 1 4 1 5 1 6
Liquor
Liquor: Wenn blutig
Wenn klar, nicht
blutig
Kein Absetzenlasson, kein
Sediment, gerinnt schnell
Uebers teilende
Flüssigkeitssäule klar
(setzt ab)
Flüssigkeitssäule
blutig gefärbt
(setzt ab)
Gerinnt nicht und
setzt nicht ab,
enthält altes Pigment
(verschiodenerFärbung)
Wenn
Xanthochromie
Venn Punktat von
Anfang an mit
■«wohnlichem oder
erhöhtem Liquor-
ilrnck (im Strahl
ausströmt)
Diagnose:
Alte Blutung
wie 5 b
Liquor
normal
Ganz frischer starker, pathol.
Bluterguss in den Liquor
•
Nicht ganz frische
Blutung
pathol. Charakters
Entweder Kombination
normal Liquor mit tagealter
artifizieller Blutung (ältere
Punktion) oder noch junge
tagealte Liquorblutung, bei
dem Blutkörperchen noch
erhalten sind
Entweder normaler
Liquor mit alter (bis
zu 8 Tagen) artifizieller
Blutung oder alte
pathol. Liquorblutung,
wenn keine Punktion
vorausgegangen oder
Kombination beider
Wenn anfangs
lme Druck, träge
sickernd, später
unter physiolog.
oder ev. sogar
erhöhtem Druck
Diagnose:
Nicht vorkommend
(Wenn kein technischer
Fehler) ventilartiger
Verschluss (periodisch),
voransgegangene zu
ausgiebige Punktion
Starke künstliche Blutung
(Plexusverletzung), es kann
sich ausserdem eine patholog.
Liquorblutung dahinter ver¬
bergen, die man, wenn sie
älter, ev. durch Zentrifugieren
der obenstehenden Flüssigkeit
erkennen kann
Ganz geringe artifizielle
Blutung mit geringer
Gerinnungstendenz.
Beimischung zum
normalen Liquor
Wenn keine künstliche
Hämolyse nach der Punktion
von der Entnahme bis zur
Beurteilung. Frühere patholog.
Liquorblutung jüngeren Datums,
1 — 2 Tage, mit frischei-
geringer Plexusblutung
Nicht vorkommend
Wie lange diese Zeit zu bemessen ist, bildet eine strittige
'rage. Man neigt der Ansicht zu, dass mindestens Wochen
eit der Blutung zum Zustandekommen dieser Xanthochro-
nie gehören. Meines Erachtens darf man diese Spanne nicht
u hoch bemessen.
Ich habe einen Fall gesehen, in dem ein Mann einen
'Chädelbruch erlitt, der in der Klinik durch Lumbalpunktion
estgestellt wurde.
Peter M., 45 Jahre alt, Zollbeamter, wurde von der Feuerwehr
achts eingeliefert. Pat. war am Tage etwas ausgegangen, um ein
das Bier zu trinken, und wurde in der Nacht von einem Haus-
ewohner an der Treppe liegend bewusstlos gefunden. Man brachte
in zu Bett, rief sofort einen Arzt, der Ueberführung in die Klinik
eranlasste. Bei Einlieferung war Pat. völlig desorientiert, verkannte
ie Umgebung, war verwirrt, sehr unruhig, schlug ein Fenster ein,
lachte den Eindruck eines Deliranten.
Befund: Am rechten Scheitelbein mehrere Narben. Beide
ugen sind blau verfärbt. Aus dem rechten Ohr kommt reichlich
lutig-seröse Flüssigkeit. Pat. ist noch immer verwirrt und glaubt
ch zu Hause.
Auf dem rechten Ohr ist die Hörfähigkeit auf ein Minimum be¬
tränkt. Die Zuge wird gerade vorgestreckt und bebt nicht. Der
instige Befund ist ohne Interesse.
Am 5. IV. ist die Verwirrtheit und Desorientiertheit abgeklungen,
at. schläft sehr viel. Pat. hört bei lautem Sprechen etwas
if dem linken Ohr, sonst hört er nichts.
7. IV. wurde die Lumbalpunktion gemacht. Es fand sich inten-
ve Xanthochromie, zeisiggelbe Farbe, am Boden des Röhr-
lens ein Gerinnsel, das lediglich aus Fibrin bestand und keine
eilen enthielt. Nach Entfernung dieses Gerinnsels bildete sich sofort
n neues. Wassermann im Blut und Liquor negativ.
Diagnose: Fractura baseos.
Man kann demnach damit rechnen, dass man schon vom
Tage nach eingetretener Blutung eine derartige Xantho-
hromie erwarten darf.
Ausser bei Blutungen verschiedenster Aetiologie ist das
hänomen der Gelbfärbung des Liquors beobachtet worden
ei der tuberkulösen Meningitis (als inkonstanter Begleiter)
id bei Tumoren der untersten Abschnitte des Rückenmarkes
zw. seiner Häute.
Bei der tuberkulösen Meningitis trifft man die Xantho-
tromie nur gelegentlich an, es mag wohl, da sie entzünd-
:her Aetiologie ist, ein Parallelismus zwischen dem Grade
-r entzündlichen tuberkulösen Gefässinfiltration und dem Er¬
lernen von Blut im Liquor bestehen.
Bei den zwei von mir beobachteten Fällen (6 Proz. sämt-
-her untersuchten Liquores meningit. tbc.) war sie zitronen-
s zeisiggelb, trüb und setzte nach 24 stündigem Stehen am
öden ein Fibrinnetz ab.
In beiden Fällen Hessen sich durch Ausstrich des Fibrin-
Tzes Tuberkelbazillen nachweisen ausserdem bestand
ymphozytose, substanziiertes Blutpigment fand sich nicht,
ie Xanthochromie in ihren Beziehungen zu Tumoren des
Rückenmarkes bzw. seiner Häute ist in letzter Zeit bezüglich
ihres diagnostischen Wertes von Klieneberger an der
Hand einer Reihe von Fällen gewürdigt worden. Literatur
über dieses noch wenig erschlossene Phänomen gibt es nur
spärlich.
Klieneberger zitiert 2 Fälle von T e d e s c h i und
C es tan und R avant; ferner führt er 4 aus der Lichten¬
ste r n sehen Klinik und ausserdem 4 selbst beobachtete
Fälle an.
Ich habe bei Kafka [5] noch weitere ähnliche Beobachtungen
beschrieben und zitiert gefunden.
Schönborn 1 6] sah gelblichen Liquor bei diffuser Sarkoma-
tose der Meningen, Mon droit (1. c.) fand oft Blutmischungen oder
gelbliche Färbung, L e v i und C u t o 1 a [7] in einem Falle von
Ependymendotheliom des Lumbalmarkes (das Mark und Meningen
gleich stark durchwuchert) der Liquor gelblich.
Sämtliche Fälle betrafen Tumoren des unteren Rückenmark¬
abschnittes bzw. der Häute, meist lokal abgrenzbar. Der Liquor war
gelb, klar und durchsichtig, zeigte ausgesprochene Lymphozytose
und vor allem eine intensive Gerinnung. Diese ist im Vergleich mit
dem Liquor bei Meningitis tuberculosa eine viel intensivere. Bei
dieser hSbe ich weniger und seltener grosse Fibringebilde am Boden
des Zentrifugierglases bemerkt, als es Klieneberger bei Tu¬
moren sah, nämlich ein grosses Koagulum, dessen Entfernung so¬
fortige Bildung eines anderen veranlasst.
Klieneberger ist der Ansicht, „dass diese Kategorie
pathologisch veränderter Spinalflüssigkeit charakteristisch, vielleicht
pathognomonisch dafür ist, dass an einem der unteren Abschnitte
1 des Spinalrohres die Liquorzirkulation durch einen raumbeengenden,
tumorösen oder meningitischen Prozess unterbrochen ist.“
Klieneberger glaubt die eigentümliche Umwand¬
lung des durch die Geschwulst gleichsam in zwei Teile ge¬
teilten Liquor durch eine Störung der Lymphzirkulation er¬
klären zu können. Ich möchte es für wahrscheinlicher halten,
dass durch den Druck der Neubildung bzw. Zug der Ver¬
wachsung eine Stauung mit folgendem Blutaustritt per dia-
pedesin aus den unterhalb gelegenen Blutbahnen stattfindet.
Die ausgetretenen Blutkörperchen unterliegen dann bei der
Konzentrationsänderung des abgesperrten Liquors, die viel-
! leicht eine Hilfsursache in der Stauung der Lymphbahnen
haben mag, der Hämolyse. Selbst die Richtigkeit beider
Hypothesen zugegeben, haben wir für die Xanthochromie bei
der tuberkulösen Meningitis keine Erklärung. Da hier ein
raumbeschränkender Prozess bei der diffusen entzündlichen
Erkrankung der Meningen wohl nicht in Frage kommen kann,
so bleibt nichts übrig, als in dem spezifischen Charakter der
tuberkulösen Entzündung die Ursache zu sehen, insofern als
diese gelegentlich einen hämorrhagischen Charakter annehmen
kann, dessen Folge eine Umwandlung bzw. Auflösung aus¬
getretener roter Blutkörperchen ist. Ein Teil der Pathologen
steht noch heute auf dem Standpunkt, dass eines der Haupt¬
kriterien der Entzündung die Alteration der Gefässwände dar¬
stellt.
2
124
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Nun ist gerade bei der tuberkulösen Entzündung eine (
wohl als spezifisch zu deutende entzündliche Exsudation be-
kannt.
Anderseits ist neuerdings durch Lubarsch die alte
Theorie der aktiven vitalen Leukozytenauswanderung bei der
Entzündung in den Hintergrund gedrängt worden und der
Durchtritt der Blutzellen mehr als Auspressungserscheinung
gedeutet worden, da ja auch die nicht mit Bewegungsfähigkeit
ausgestatteten roten Blutkörperchen bei vielen Entzündungs¬
formen durch die Gefässwand in die Gewebe hineingelangen.
Es gewinnt daher die Vermutung an Wahrscheinlichkeit, dass
auch bei der tuberkulösen Entzündung in erhöhtem Masse ein
Durchtritt roter Blutkörperchen, mithin eine Hämorrhagie in
die Spinalflüssigkeit, statthaben kann. Bei einer Zahl von
Tumoren mag wohl auch der spezifischen Neigung, zu ex-
ulzerieren, eine ursächliche Bedeutung zur Hämorrhagie bezw.
der Gelbfärbung zuzusprechen sein. C i m b a 1 fand Gelb¬
färbung des Liquors auch bei epileptiformen Zuständen und
atherornatösen Gehirnerkrankungen L8j. Merzbacher |9J
beobachtete ein häufiges Vorkommen blutig tingierten Liquors
bei Epilektikern.
Verfasser hatte nur einmal Gelegenheit, bei einem Epi¬
leptiker, der unmittelbar nach dem Anfall punktiert wurde,
einen rötlichen Liquor zu finden, der nach 10 1 agen sich bern¬
steingelb färbte (ohne Gerinnung und Lymphozytose), ein bei
der Anzahl der von uns punktierten Epileptiker — über 300 —
gewiss seltener Befund.
Die Beziehungen zwischen Epilepsie und Xanthochromie
dürften wohl am schwierigsten zu erklären sein.
Man kann nur vermuten, dass einige Noxen, die einen
Krampfanfall auszulösen imstande sind, entweder spe¬
zifisch periodisch auf die Meningealgefässe wirken oder
— was wahrscheinlicher ist — dass der Krampfanfall
an sich durch seine Kontraktionszustände auch im Ge-
fässystem, gelegentlich bei starkem Charakter, zu einer Ruptur
der kleinsten, am Rückenmark besonders feinen^ Gefässe,
führt. Interessant ist der experimentelle Versuch d’Ormeas,
der durch Reizung der Hirnrinde und intravenöse Injektionen
von Absynth epileptische Anfälle bei Hunden erzeugt und
deren Liquor dann rötlich gefärbt und rote Blutkörperchen
enthaltend fand.
Die Ansichten über die gelbliche Umwandlung des Blut¬
stoffes gehen ebenfalls vielfach auseinander. Bard (bei
Kafka zitiert) nimmt an, dass es sich um hämolytische Wir¬
kung des pathologischen Liquors handle, von den auTgelösten
roten Zellen bleibe schliesslich nichts übrig als ein das Serum
färbendes Pigment.
T u f f i e r und Milien (1. c.) nahmen als Ursache das
Serochrom oder Lutein an.
A n g 1 a d e (1. c.) glaubt, dass die Hämolyse die Ursache
der Färbung des Liquors sei, derart, dass eine rötlichere
Färbung zustande komme, wenn die roten Blutkörperchen
schnell aufgelöst werden und das Hämoglobin frei wird;
geschehe das langsam, so würden die Derivate des Hämo¬
globins frei und der Liquor gelblich.
Auf welche Weise das Blutpigment umgewandelt wird,
ist eine wissenschaftlich noch umstrittene Frage. Sicher ist,
• dass der gelbliche Farbton an das Vorhandensein und den
Zerfall der roten Blutkörperchen gebunden ist, der im Liquor
genau dieselben chemischen und kolorischen Veränderungen
durchmacht, wie ausserhalb desselben, z. B. bei einer sub¬
kutanen Blutung.
Der hämatogene Nachweis der Xanthochromie ist durch
die übliche chemische Reaktion und durch das Spektroskop
leicht zu erbringen, bei Verwendung des pigmenthaltigen
Zentrifugates sogar durch die Teichmann sehe Probe.
Wie der Austritt der roten Blutkörperchen jedoch zu er¬
klären ist, kann generell nicht erklärt werden.
Er wird bald mechanische (raumbeschränkende Tumoren),
bald nervöse (Epilepsie), bald spezifisch entzündliche Ur¬
sachen (Tuberkulose) haben oder durch grobe, anatomisch
nachweisbare Blutungen hinreichend Erklärung finden.
Dass daneben der Wassermann die Dia¬
gnose in vielen Fällen nach einer bestimmten
Richtung zu lenken vermag, liegt auf der
Hand. An sich ist die Xanthochromie, wie wir gesehen
haben — , auch nicht mit Eibrinbildung und Lymphozytose ver¬
einigt — für einen Tumor der unteren Rückenmarksabschnitte
nicht pathognomisch. Sie deutet nur an, dass hier ein mehr
oder weniger starker Blutaustritt vorausgegangen sein muss.
Sache klinischer Beobachtungen, sowie bakteriologischer
(Tuberkulose) und zytologischer Untersuchung (Tumorzellen,
Lympho- und Leukozythen etc.) wird es sein, sie differential¬
diagnostisch zu verwerten (s. Tabelle 2).
Tabelle 2.
Xanthochromie
-j- Fibrin (viel)
Verdacht auf : Tumor, schwere ältere Blu¬
tung (Trauma, Aneurysmen,
Hirnblutung).
V
-f- Fibrin -f- Leuko¬
zytose
Verdacht auf: Blutung, aseptische Irrita-,
tion oder Polynukleoso bej
Paralysis progressiva.
V
-f- Fibrin -j- Leuko¬
zytose (wenn gleich¬
zeitig Zellen unbe¬
stimmbarer Art)
Verdacht auf: Tumor.
V
-\- Fibrin -f- Leuko¬
zytose (ev. Plasma¬
zellen oder andere un¬
bestimmbare Zellen)
Verdacht auf: Tumor, Paralyse, Tabes.
TI
-f- Fibrin -f- Tumor¬
zellen (Zellart be¬
stimmbar)
histologisch bestimmbarer
Tumor.
V
-j- Fibrin (mittel bis
wenig) [meist trüb]
Blutung? Tbk. d. Meningei
•
-f- Fibrin (wenig) +
Tuberkelbazillen
sichere tuberkul. Meningiti
Der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass man aucl
eine B r a u n färbung des Liquors, hervorgerufen durch ei
braunschwarzes Pigment, beobachtet hat (Kafka, 1. c.).
Da dieser Trübung neben Tumorzellen unter Umstände
eine diagnostische Bedeutung zukommen kann (Melancj
sarkom), so sei der Name der Melanochromie gerechtfertig
Literatur.
1. Zeitsclir. f. d. ges. Psych. u. Neurol., 4. Bd., H. 1, 1910. -
2. Ref., Zeitschr. f. d. ges. Psych. u. Neurol., 1. Bd., H. 10. -
3. Kafka: Zeitschrift für die gesamte Psychiatrie und Neurologie.-
4. Zeitschr. f. d. ges. Psych. u. Neurol., 4. Bd., H. 1, 1910. — 5. Zei
sehr. f. d. ges. Psych. u. Neurol., 4. Bd., H. 1, 1910. — 6. Med. Klinil
23, 24, 593, 1906. — 7. Therapie der Gegenwart, November 1906. -
8. Neurol. Zentralbl. 23, 548, 1904. — 9. Arch. ital. d. biol. 38, 1903.
Eine Gruppe von 6 klassischen Botulismuserkrankungf
in der Eifel und der Nachweis ihres Erregers, d(
Bacillus botulinus.
Von Dr. med. E. Schumacher, Mitglied der bakteri
logischen Anstalt Trier.
Die Aetiologie kaum einer Krankheit ist so lange dunkt
geblieben und so mannigfaltigem Wechsel der Anschauung i
unterworfen gewesen, wie eine Gruppe von Fleisclm-
giftungen, die sich nicht wie die grosse Masse der dun
paratyphusähnliche Bazillen bedingten Erkrankungen dun
gastrointestinale Erscheinungen, Sonden
durch einen nervösen Symptomenkompl«
auszeichnet, der so sehr ausgeprägt ist, dass er das gam
Krankheitsbild beherrscht. Der Erreger dieser Erkrankuni¬
form, der Bacillus botulinus, wurde im Jahre 1897 vH
Ermengem entdeckt bei einer unter den Symptomen er
Bulbärparalyse verlaufenden Massenvergiftung durch roln
Schinken in Ellezelles. Das glücklicherweise seltene A-
treten dieser Krankheit und die schwierige, nur bei Li -
abschluss, also unter anaeroben Bedingungen mögliche Zü<-
tung des Erregers waren die Ursache dafür, dass dieser I -
zillus seit seiner Entdeckung erst einige Male, wie z. B. Mi
R ö m e r und Landma n n, kulturell nachgewiesen wertn
konnte. Da unsere Kenntnisse von der Biologie dieses Mik>-
organismus dementsprechend noch verhältnismässig lücki-
| haft sind, so dürfte es von Interesse sein, wenn ich auf e.e
?]. Januar 1913.
125
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
üriippetierkrankung von 6 Botulismusfällen kurz eingehe, zu¬
mal ich Gelegenheit hatte, nicht nur die klassischen
Symptome und den klinischen Verlauf zu be¬
obachten und den pathologischen Befund bei
einer Sektion festz ulegen, sondern auch vor
,i 1 1 e m d e n E r r e g e r und seine Toxine in dem
Substrat, welches die Krankheiten bedingt
batte, kulturell und experimentell n a c h zu -
weisen, wie ich in einer anderen Arbeit näher ausführen
werde.
Bei dieser Gruppenerkrankung, die sich im Juli und
August 1911 in Rodt im Kreise Trier-Land abspielte, waren
mehrere äusserst schwere Fälle zu beobachten, die über¬
raschend schnell tödlich endeten, während andere dagegen
sehr leicht verliefen. Die klinischen Symptome, die bei der
Seltenheit der Krankheit dem praktischen Arzte wenig bekannt
sind, führen meistens nicht zur Stellung der richtigen Diagnose,
wie auch in diesem Falle, in dem die Erkrankten zwei Aerzte
kurz nacheinander vergebens konsultierten, bis von einem
dritten Kollegen die Diagnose Fleischvergiftung mit mehr oder
geringerer Wahrscheinlichkeit gestellt wurde. Von der
10 Personen umfassenden Familie erkrankten 6, 3 Erwachsene
und 3 Kinder.
Fall I. Der 44 Jahre alte J. C o r d i e ging am 28. VII. morgens
nit seiner Frau zur Arbeit, doch kehrten beide bald wieder zurück.
Ja sie vor Mattigkeit und Schwindel nicht arbeiten
konnten. Bereits in der Nacht vorher haten sie über Leib-
>ch merzen geklagt. Erbrechen und Stuhlgang erfolgte nicht,
Koch an demselben Tage traten Schluckbeschwerden,
'O dass keine festen Speisen mehr genossen werden konnten, und
einer auf beiden Augen ausgeprägte Ptosis auf. Am
’9. VII. sah er alles doppelt und wie vom Nebel verschleiert, auch
\lagte er über Brust- und Luftbeengung sowie Heiserkeit und Schlaf-
osigkeit. Als er am 30. VII. mit seiner Frau den Arzt aufsuchte,
konnten sich Beide bei dem Doppeltsehen und der allgemeinen
Wattigkeit nur wie Betrunkene langsam durch die gebirgige Gegend
schleppen und mussten sich schliesslich fahren lassen. Ein zweiter
un 31. VII. gerufener Arzt konnte ebenso wenig wie der erste eine
lestinunte Diagnose stellen, glaubte aber am ehesten Diphtherie mit
Rücksicht auf die bestehenden Schluckbeschwerden und Heiserkeit
innehmen zu müssen. Am 2. VIII. wurde ein dritter Arzt gerufen,
Jer Mann und Frau, die beide dieselben Symptome zeigten, ins
Krankenhaus nach Trier bringen Hess, zumal er bei ihnen My-
Iriasis, Doppeltsehen. Ptosis, Akkommodations-
ä h m u li g, Aphagie, Obstipation und Retentio
u r i n a e feststellen konnte. Obwohl sich nach einer infolge der
leängstigenden Schluck- und Luftbeschwerden notwendig gewor¬
fenen Pilokarpininjektion wesentliche Besserung einstellte und der
Patient zum erstenmale wieder Wasser trinken konnte, starb er
Joch bereits % Stunden später am 3. VIII. abends, nachdem er noch
einige Minuten vorher bei vollständig klarem Bewusstsein seiner
rreude über die Besserung seines Zustandes Ausdruck gegeben
hatte. Die Krankheit verlief ohne Auftreten von Fieber, der Puls
ivar stets regelmässig, 70 — 80 in der Minute; die Atmung wurde erst
kurz vor dem Tode beschleunigt, desgleichen die Herztätigkeit.
Die von mir reichlich 24 Stunden später vorgenommene
Sektion, deren ausführliches Protokoll ich hier nicht wieder¬
geben kann, ergab an pathologischen Veränderungen: Starke
Blutfülle der inneren Organe, des Gehirns,
Milz, Leber, ferner punktförmige Blutungen
iin Magen, dunkle Färbung und Dünnflüssig¬
keit des Blutes, vermehrte Flüssigkeit in den
brustfellsäcken, Herzbeutel und Gehirn-
höhlen und vor allem ausgesprochenes Oedem
der Lungen. An sekundären Veränderungen waren noch
bemerkenswert diphtheritischer Belag im Rachen, Schwellung
der Halsmuskulatur und Blutungen in deren Gewebe, die wohl
auf die durch Luft- und Schluckbeschwerden hervorgerufenc
erhöhte Inanspruchnahme der äusseren Halsmuskulatur zu¬
rückzuführen sein dürfte.
Der Tod ist durch Lungenödem e i n g e t r e -
i e n, dessen Ursache nicht ohne weiteres durch die Sektion
festgestellt werden kann. Da die gefundenen Veränderungen
aber nicht gegen Botulismus sprechen, die klinischen Sym¬
ptome auf Botulismus hinweisen, ist der Tod mit grösster
Wahrscheinlichkeit auf eine Intoxikation durch den Bacillus
botulismus zurückzuführen, dessen Nachweis die Todesursache
sicher festzustellen vermag.
Fall II. Die 66 Jahre alte Mutter des vorigen Patienten ver¬
spürte als erste Krankheitss’ymptome Doppeltsehen und
Leibschmerzen erst in der Nacht vom 28./29. VII. Bei meinem
Besuch am 5. VIII. zeigte sich auch bei ihr das klassische Bild des
Botulismus . I tosis, Mydriasis, Pupillenstarr c, Dop-
p e 1 1 s e hen, Schlundparese und vollständige Stuhl-
u n d Urinverhaltung. Die G e s i c h t s z ü g e machten
einen maskenartig gespannten Eindruck, die
Sprache war undeutlich lallend, das Bewusstsein
absolut nicht getrübt, sondern sie gab klare und richtige
Antworten. Die Temperatur betrug 36,8, Puls 72, etwas hart, aber
i egelmässig. Atmung ruhig und gleichmüssig, Zunge schwarzbraun
belegt, Gegend der linken Parotis geschwollen. Zu meiner Ueber-
raschung hörte ich, dass sie 1 Stunde später plötzlich ganz ruhig ge¬
storben war, ohne dass die Angehörigen, mit denen sie noch kurz
vorher gesprochen hatte, etwas gemerkt hatten.
Fall III. Die 36 Jahre alte Frau Elisabeth C. erkrankte ziem¬
lich gleichzeitig mit ihrem ad I verstorbenen Manne in der Nacht
vom 27./2S. VII. mit Leibschmerzen und Urindrang.
Am 28. VII. traten Schluckbeschwerden auf, am 29. VII
Ptosis und Doppeltsehen, am 30. VII. wurde sie bettlägerig,
hatte immer Brechreiz, ohne aber sich erbrechen zu können. Am
5. VIII. bestand starke Ptosis, Mydriasis ad m a x i m u m,
Doppeltsehen, Pupillenstarre, Lähmung der
Schlundmuskulatur, Stuhl- und Urinverhaltung,
Sprache lallend und schwer verständlich, Zunge braunschwarz be¬
legt, Rachen stark gerötet, Gesicht maskenartig, Puls 84, Temp. 36,9.
Urin enthielt E. — , Z. — , keine pathologischen Bestandteile. Blut¬
untersuchung: Leukozyten um 1U vermehrt, Erythrozyten fast auf
die Hälfte vermindert. Keine Sensibilitätsstörungen, Romberg
negativ, kein Babinsky, keine spastischen Erscheinungen, keine
Muskelrigidität und keine Reizerscheinungen, auch keine angio-
neurotischen Störungen von seiten der Haut, keine zyanotischen
Verfärbungen. Motorische Reizerscheinungen, Zittern, Krämpfe etc.
nicht vorhanden. Augenspiegelbefund normal. Als sie am 11. VIII.
den Tod ihres Mannes erfährt, nimmt sie diese Nachricht ohne jeg¬
liche Gemütsbewegung auf, sie kann eben keine Tränen vergiessen,
weil die Tränendrüsen keine Tränen sezernieren. An diesem Tage,
nach 15 T a g e n, wird zum ersten Male trotz täglicher Kli¬
stiere eine reichliche Stuhlentleerung erzielt, es
tritt Besserung ein, Schlaf wieder gut. Am 14. VIII. verlässt sie
gegen den Willen des Arztes das Krankenhaus. Pupillenstarre und
Mydriasis sind noch unverändert, Stimme noch klanglos und be¬
hindert, Schlucken etwas besser, so dass sie einzelne weiche Sachen
gemessen kann; Zunge noch immer sehr trocken, rot und schmerzhaft.
Zu Hause bedurfte sie noch längere Zeit der ärztlichen Behandlung.
Klistiere waren noch bis Ende’ August nötig, Sprache war noch bis
Mitte September undeutlich. Am 12. November waren erst sämtliche
Krankheitserscheinungen verschwunden, nur eine leichte, erst
nachträglich aufgetretene Parese der rechten
Hand blieb z u r ii c k, deren Beginn sich nicht mehr feststellen
liess.
Fall IV. Die Erkrankung der 6 Jahre alten Tochter Anna
machte anfangs einen viel bedrohlicheren Eindruck als der vorige
Fall, verlief aber günstiger. Am 1. August wurde das Kind bett¬
lägerig wegen Heiserkeit, Mattigkeit und Schluck-
be sch wer den, die der Arzt für Symptome bestehender Di¬
phtherie hielt. Am 5. August wurde von einem anderen Arzt der
Magen ausgespült, es entleerten sich dunkle, unangenehm riechende
Massen, worauf Milch und Eigelb dem Magen zugeführt wurden.
Das Sehvermögen war an diesem Tage so gering,
dass sie die Lampe nicht sah. Am 5. VIII. konnte ich auch bei ihr
Ptosis, Mydriasis, Akkommodationslähmung, Dop¬
peltsehen, Stuhlverhaltung und starke Schluck-
beschwerden konstatieren; sie konnte nicht einmal Wasser
trinken, das stets durch die Nase zurückkam. Die Zunge war
schwarzbraun belegt, sie konnte nicht sprechen, nur schlecht
hören und machte einen sehr desolaten Eindruck. Die Urinent¬
leerung ging spontan vor sich. Erst am 12. VIII., also nach
16 Tagen, kam zum ersten Male eine Spur Stuhl¬
gang trotz täglicher Einläufe. Abführmittel waren bei ihr wie auch
bei den Fällen I — 111 ohne jegliche Wirkung. Der Körper war eigen¬
artig starr, dabei zum Skelett abgemagert. Am 13. VIII. trat noch
eine schwere hypostatische Pneumonie auf beiden Lungen hinzu, die
aber trotz hohen Fiebers nach 14 Tagen zurückging. Nach einer
Krankheitsdauer von 6 — 8 Wochen trat vollständige Genesung ein.
Fall V. Die 14 Jahre alte Schwester Margaretha erkrankte
nur leicht, klagte am 5. VIII. über Brechreiz, bekam am 6. VIII.
Doppeltsehen, Müdigkeit und Verstopfung, klagte
auch etwas über T r o c k e n h e i t im Halse. Nach Verordnung
von Abführmitteln, die bei ihr von guter Wirkung waren, ver¬
schwanden bereits am 9. VIII. alle Symptome und das Kind blieb
dauernd gesund.
Fall VI. Das 11 Jahre alte Kind Elise hatte in der Zeit vom
29. VII. bis 2. VIII. nur geringe Leibschmerzen und am 4. VIII.
vorübergehend über Doppeltsehen geklagt. Nach flüssiger
Diät und reichlicher Entleerung waren am 8. VIII. keine krankhaften
Symptome mehr zu konstatieren.
Da alle Personen ziemlich gleichzeitig er¬
krankten, wenn auch in verschieden starkem Grade, so
126
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
musste ohne Weiteres an eine gemeinsame Ursa ehe
gedacht werden. Da Lyssa und Pilzvergiftung als Krankheits¬
ursache auszuschliessen waren, auch eine Atropinvergiftung
trotz ähnlicher Symptome nicht möglich war, ferner 1 eter-
silie, die mit Schierling hätte verwechselt werden können,
nicht gegessen war, auch mehr auf die motorischen Zentren
eingewirkt hätte, ferner Spirituosen und Medikamente über¬
haupt nicht genommen, im übrigen nur Brot, Wasser, Mücn,
Kartoffeln und Schinken in den der Krankheit vorhergehenden
Tagen genossen waren, so lenkte sich der Verdacht aut
Erkrankungen an Botulismus, dessen Ur¬
sa c h e i n d e m a m 27. VII. mittags roh genossenen
Schinken vermutet wurde, zumal derselbe r a n z l g ge¬
rochen, sehr weich und bräunlich verfärbt
gewesen war und aus diesem Grunde teilweise dem Hunde
vorgeworfen wurde. Bestärkt wurde ich in diesei Ver¬
mutung durch die Feststellung, dass mittags eben nur die
6 Erkrankten von dem Schinken gegessen
hatten, die 4 gesund gebliebenen Kinder da¬
gegen nicht. Eins von diesen 4 Kindern, der kleine
Nikolaus, hatte nichts von dem Schinken essen wollen, weil er
unangenehm gerochen habe, und der Lehrer ihm gesagt habe,
riechendes Fleisch dürfe man nicht essen. Die übrigen
3 Kinder assen überhaupt nicht gerne Fleisch.
Am Abend desselben Tages wurde von demselben Schin¬
ken ein Stück gegessen, welches indessen gekocht war.
Es assen dieselben Personen wieder davon und ausserdem
noch die Tochter Katharina, die indessen nicht erkrankte, ein
Beweis, dass das Gift durch das Kochen unwiik-
s a m geworden war, ganz analog den Versuchen, die
verschiedene Forscher mit erhitztem Botulismustoxin ange¬
stellt haben und wie ich auch selbst beobachten konnte.
Die Personen, die am schwersten erkrankten, hatten teil¬
weise nur wenig Schinken gegessen, ein Umstand, dei auf
eine ungleichmässige Verteilung des Toxins
im Schinken schliessen lässt, wenn auch vielleicht nicht
alle in gleicher Weise widerstandsfähig gegen das Gift ge¬
wesen sein mögen.
Die Ermittelungen ergaben, dass die Frau am 27.VII. einen
frischen Schinken, der noch nicht angeschnitten war, aus dem
Schornstein geholt hatte, wo noch 5 andere fiiiher gehangen
hatten, indessen ohne die geringste Gesundheitsschädigung
verzehrt worden waren. Alle waren in gleicher Weise mit
Salz und Lorbeerblättern eingepökelt gewesen und im offenen
Schornstein und in geringer Höhe über einem offenen Kamin
geräuchert worden.
Der Hund, der wohl 1—2 Pfund Schinken gefressen hatte,
scheint sehr wenig empfänglich für das Toxin gewesen zu
sein, da er nicht krepierte, wenn er auch einige Tage herum¬
gelegen haben soll.
Inwieweit bei dieser nervösen Form der Fleischvergiftung
das Nervensystem alteriert wird, will ich, soweit es aus den
klinischen Symptomen erhellt, versuchen festzulegen. Nach
anfangs aufgetretenen Anzeichen von Verdauungsstörung,
Uebelkeit, Brechreiz, Leibschmerzen und Schwindel traten
besonders gewisse nervöse Symptome in den Vordergrund
des Krankheitsbildes. Während bei den leichtesten Fällen nur
Doppeltsehen zu konstatieren war, entwickelte sich bei ^len
anderen schwereren Fällen eine ganze Reihe nervöser Stö¬
rungen, die aber alle darauf hindeuten, dass die Toxine vor¬
nehmlich auf die Kerne der in dem Gebiet der Vierhügel,
Brücke und verlängerten Markes entspringenden Nerven ihre
verhängnisvolle Wirkung entfaltet haben. Die charakteristische
Ptosis, die auf eine Lähmung des M. levator palpebr. sup. be¬
ruht, die Mydriasis und Akkommodationslähmung haben ihre
Ursache in einer Lähmung des 3., 4. und 6. Gehirnnerven.
Die Trockenheit in Mund und Hals ist auf eine Verminderung
der Speichelabsonderung und damit auf eine Affektion des
7. und 9. Hirnnerven zurückzuführen. Die Schluckbeschwer¬
den, Dysphagie, die bisweilen sich steigert zur Aphagie, wird
teilweise durch die Verminderung der Speichelabsonderung,
teilweise aber durch Innervationsstörungen der Kau- und
Schlundmuskulatur hervorgerufen und es kommen hierbei der
5., 7. und 12. Plexus pharyngeus in Betracht, zudem der Sym¬
pathikus und 9., 10. Nerv und innere Ast des 11. Fasern liefern.
Der maskenartige Gesichtsausdruck, den oftmals eine unheim¬
liche Starre charakterisiert, beruht auf einer Parese der Ge¬
sichtsmuskelnerven, der Fasern des 7. Nerven. Die auch von
mir in einem Falle beobachtete Schwerhörigkeit, zeitweilige
Taubheit, hat seine Ursache in einer Alteration des Nervus
acusticus.
Die in dem 3. Fall konstatierte Unfähigkeit zu weinen,
zeigt wiederum die Erkrankung des 5. Nerv (lacrimalis). Der
lallende Charakter der Sprache ist auf Störungen im Gebiet
des 12. Hirnnerven zurückzuführen. Die bei den meisten
Fällen beobachtete hartnäckige Obstipation beruht auf einer
Affektion des Nervus vagus.
Dass auch Störungen im Gebiete der spinalen Nerven Vor¬
kommen, beweist die in mehreren Fällen konstatierte Retentio
urinae und die nachträglich aufgetretenen Lähmungserschei¬
nungen der rechten Hand im 3. Fall, die für eine Affektion des
Nervus medianus des Plexus brachialis sprechen wiii de. Die
Respirations- und Herzstörungen wurden in dem doch
schwereren 1. und 2. Fall nicht sofort manifest, sondern traten
erst kurz vor dem Tode auf. Sie geben meistens die eigent¬
liche Todesursache ab und beruhen teilweise auf der bereits
erwähnten Störung im Gebiet des Vagus, teilweise wohl auch
der Pons und Medulla oblongata.
Da der Rest des Schinkens, ca. 3000 g, noch vorhanden
war und sofort mit Beschlag belegt wurde, konnte er noch für
nähere Untersuchungen verwandt werden. Am 5. VIII. wurde
im Nahrungsmitteluntersuchungsamt Trier der Schinken zu¬
nächst chemisch untersucht mit dem Resultat, dass der
Schinken verdorben sei, da die oberflächlichen wie tiefen j
Schichten 1. alkalische Reaktion zeigten, 2. Ammoniak ent¬
wickelten, 3. einen etwas üblen, ranzigen Geruch hatten,
4. Maden enthielten.
Eine Untersuchung auf anorganische Gifte wurde Vorbe¬
halten, erwies sich aber bald als unnötig. Obwohl diese ein¬
fache chemische Untersuchung ergeben hatte, dass der
Schinken zum Genuss absolut untauglich war, so musste, wenn
es sich um B o t u 1 i s m u s handelte, vor allem die t o x l s c h e
Wirkung des Schinkens durch Fütterungs¬
und Impfungsversuche erwiesen werden.
Es wurden daher 1. einige ca. 1 ccm grosse Fleischstücke von
dem im Eisschrank aufbewahrten Schinken abgeschnitten, um zu
Fütterungsversuchen verwandt zu werden und 2. 10 g zerkleinerter
Schinken mit 200 ccm physiologischer Kochsalzlösung im Schuttei¬
apparat 1 Stunde geschüttelt, filtriert und im Eisschrank aufbewahrt.
Das Filtrat enthielt nur vereinzelte harmlose Keime.
Maus I, die am 5. VIII. nur Fleisch als Futter bekam, frass
zwar nur wenig davon, zeigte aber bereits nach 12 Stunden schwere
Krankheitserscheinungen, bewegte sich mit schleppenden
Hinterbeinen, mit vollständig geschlossenen Augen und starb
nach 28 Stunden am 6. VIII. abends.
Maus VI wird geimpft mit 0,5 ccm Schinkenaufschwemmung
am 12. VIII. Am 13. VIII. frisst sie bereits wenig und läuft wenig
umher, Augen fast geschlossen. Am 14. August tot nach
36 Stunden.
Im ganzen werden in ähnlicher Weise zunächst 14 Tier¬
versuche gemacht, die alle mit dem Tode der Versuchstiere
endigten. Durch diese Versuche konnte der Nachweis er¬
bracht werden, dass in dem Schinken stark wirkende Toxine
vorhanden sein mussten, zumal die bakteriologische Unter¬
suchung des Herz- und Milzblutes sterilen resp. nicht patho¬
logischen Befund ergab, die Anwesenheit anderer Infektions¬
erreger also ausschliessen konnte.
Auf weitere Tierversuche und pathologische Veiän-
derungen werde ich an anderer Stelle eingehen.
Es erübrigte jetzt noch, den Nachweis der Ba¬
zillen, die dieses Toxin erzeugt hatten, zu
erbringen. Wir wissen, dass sich der Bacillus botuhnus
im menschlichen Körper nicht vermehren kann, sondern viel¬
mehr in irgend einem toten Substrat Gifte präformiert, dies
dann, sobald sie in den menschlichen Körper gelangen, ihre
deletäre Wirkung auf das Nervensystem entfalten. Daher
mussten die Bazillen vor allem im Schinken!
gesucht werden.
Es wurden daher am 5. VIII. von verschiedenen Stellen des
Schinkens ca. 1 g grosse Stückchen abgeschnitten und in folgender
Weise in 8 mit je ca. 15 ccm alkalischer Bouillon angefüllte ulas-
röhrchen getan.
21. Januar 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
127
Röhrchen 1
II
III
IV
V
V!
VII
VIII
enthielt ca. 1 g mageres Fleisch.
„ »lg fettes Fleisch.
„ »lg Fleisch, welches am Knochen haftete.
» „lg Knocheninhalt.
„ „lg mageres Fleisch.
„ „lg fettes Fleisch.
„ „lg Fleisch, welches am Knochen haftete.
„ „lg Knocheninhalt.
Die Röhrchen I — IV kamen in einen 37° Brutschrank zur Züchtung
aerober Bakterien, die Röhrchen V— VIII kamen in einen 22° Brut¬
schrank zur Züchtung anaerober Bakterien.
Nach 24 stiindigem Aufenthalt wurden die Röhrchen I— IV auf
Endo- und Melachitplatten weiter verarbeitet und untersucht, indessen
konnten keine Bazillen aus der Paratyphusgruppe oder sonstige
pathogene Keime nachgewiesen werden.
Mit Rücksicht auf die klinischen Symptome musste man
auch von vornherein an einen anaeroben Bazillus denken und
es war daher nur in den Röhrchen V— VIII ein positiver Be¬
fund zu erwarten. Diese Röhrchen wurden daher auf sterile
alkalische Traubenzuckeragarröhrchen und Traubenzucker¬
gelatineröhrchen mittels Stiches übergeimpft und diese erneut
einer Bruttemperatur von 22 0 ausgesetzt. Nachdem die Unter¬
suchung bei dem ersten Male noch kein positives Resultat
ergeben hatte, wurden spätere weitere Untersuchungen von
Erfolg gekrönt. In dem Traubenzuckeragarstich Hess sich
eine massenhafte Vermehrung einer Bazillen¬
art konstatieren, die das charakteristische
Aussehen des von Ermengem entdeckten Ba¬
cillus b o t u 1 i n u s zeigte. Ueberimpfungen so¬
wohl von dem Originalröhrchen VII wie auch
von den Traubenzuckeragar röhrchen auf
2proz. Traubenzuckergelatine und Agar¬
platten, die unter an aeroben Bedingungen
einer Bruttemperatur von 22° mehrere Tage
ausgesetzt wurden, führten zur Gewinnung
von Reinkulturen des Bacillus botulinus.
Dieser Bazillus besitzt eine Länge von 4—9 v, eine Dicke von
1 ß, die Ecken sind abgerundet und jeder Bazillus trägt eine
endogene ovale Spore.
Die Sporenfärbung wurde in folgender Weise vorge¬
nommen:
Das an der Luft getrocknete Präparat wurde zunächst 25 mal
durch die Flamme gezogen, damit die Sporen den Farbstoff besser
aufnahmen. Darauf färbte ich mit konzentrierter Karbolfuchsin¬
lösung 10 Minuten unter fortwährendem Erhitzen, um dann 40 Se¬
kunden mit 3 proz. Salzsäurealkohol zu entfärben, 5 Minuten mit
Methylenblaulösung (1:4) nachzufärben und durch Wasserspülung
den überflüssigen Farbstoff von dem Präparat zu entfernen. Diese
Färbemethode ergab gute Bilder. Die endständigen Sporen
waren leuchtend rot, die Stäbchen blau.
Um schnell ein Orientierungspräparat zu erhalten, emp-
fiehlt es sich, einige Sekunden mit konzentrierter Karbolfuch¬
sinlösung zu färben.
Das Stäbchen zeigte nur träge Eigenbewegung, Gelatine
wurde verflüssigt, in traubenzuckerhaltigem Nährboden, so¬
wohl festem wie flüssigem fand Gasbildung statt. Das Stäb¬
chen wächst schon bei 18°, verträgt aber auch höhere Tem¬
peraturen, sogar bis zu 37 °. Die Sporen sind schon nach
- Tagen deutlich ausgeprägt, und kommen bei meinem Stamm
nur endständig vor. Der Bazillus hat grosse Aehnlichkeit mit
einem Tennisschläger. In der Dunkelheit aufbewahrt, behielt
er bisher in Bouillon 1 Jahr lang seine Lebensfähigkeit.
Der von mir gefundene Bacillus botulinus ist nicht streng
Gram-positiv, wie es Leuchs nach neueren Unter¬
suchungen auch von dem Ermengem sehen und Darm¬
städter Stamm behauptet. Ob er auch bezüglich seiner Gift¬
wirkung und in seinem serologischen Verhalten mit einem
von ihnen identisch ist, müssen weitere Untersuchungen
ergeben.
Als flüssiger Nährboden wurde eine Bouillon verwendet, die ich
in folgender Weise herstellte: In einem Liter Wasser, das mit 500 g
Schweinefleisch, magerem wie fettem je zur Hälfte gekocht wurde,
wurden 1 Proz. Pepton, 1 Proz. Dextrose und Vs Proz. NaCl hinzugesetzt.
Die Bouillon zeigte dann zunächst eine etwas saure Reaktion. Mittels
■Vnrnalnatronlauge wurde der Phenolphthaleinneutralpunkt bestimmt,
der bei Zusatz von 4 ccm Normalnätronlauge zu 1 Liter Bouillon
erreicht wurde. Dann wurde, um den Nährboden möglichst alkalisch
zu machen, noch 15 g Normalnatronlauge hinzugesetzt. Nach der
. , impfung wurde nach dem Verfahren von Lentz ein mit alko¬
holischer Pyrogallollösung getränkter Fliesspapierstab, der mit 1 proz.
wässeriger Kalilauge frisch angefeuchtet wurde, in den Hals des
Bouillonkolbens getan und derselbe mit Plastillin verschlossen, so
dass kein Luftzutritt möglich war.
Meerschweinchen, die mit 2 ccm 14 Tage alter Bouillon¬
reinkultur geimpft wurden, starben nach 4—5 Tagen.
Mäuse, die mit filtrierter 4 Tage alter Bouillon geimpft
wurden, starben nach ca. 2 Tagen.
Zur Reinzüchtung auf festen Nährböden bediente ich mich
desselben Verfahrens.
In kleine mit Traubenzuckergelatine versehene Petrischalen
wird ein in gleicher Weise präparierter Fliesspapierring getan. Die
Petrischale wird umgekehrt auf einer Glasplatte oder innerhalb einer
grossen Petrischale auf eine ringförmige Plastillinmasse gepresst, die
dann noch fest von aussen angedrückt wird. Die Kulturen riechen
ausgesprochen nach ranziger Butter. Der Bazillus bildet kreisrunde,
durchsichtige, schwach gelblich gefärbte, die Gelatine verflüssigende
Kolonien, die aus groben, in steter Bewegung befindlichen Granu¬
lationen zusammengesetzt sind.
Auf weitere Versuche mit reinen Toxinen, denen die ver¬
schiedensten Tiere unter charakteristischen Symptomen er¬
liegen, werde ich in einer anderen Arbeit eingehen.
Die Therapie bei den Erkrankten bestand vor allem in
Kochsalzinfusionen, Einläufen, Abführmitteln, Pilokarpininjek¬
tionen und künstlicher Ernährung. Von der Anwendung des
vom Institut für Infektionskrankheiten in Berlin zur Verfügung
gestellten antitoxischen Serums nahm der Arzt, da schon zu
lange Zeit seit der Intoxikation verstrichen war, Abstand, ob¬
wohl ein Versuch sicherlich empfehlenswert gewesen wäre.
Nachträglich gelang es mir auch noch, aus dem bei der
Sektion des verstorbenen Mannes erhaltenen Milzblute, mit
dem ich seinerzeit Traubenzuckergelatineröhrchen beimpft
hatte, denselben Botulinusstamm zu züchten. Ein ähnlicher
Befund ist seit der Entdeckung des Botulinusbazillus durch
Ermengem bisher anderweitig noch nicht gemacht worden.
Aus dem pathologischen Institut des allgemeinen Kranken¬
hauses St. Georg in Hamburg.
Hypophysis und Diabetes insipidus*).
Von Prof. M. S i m m o n d s.
Je mehr unsere Kenntnisse über die innere Sekretion
fortschreiten, umsomehr kommen wir zur Einsicht, dass die
Verhältnisse doch wesentlich komplizierter liegen, als wir
ursprünglich vorausgesetzt hatten. Wir wissen jetzt, dass die
Wirkung der inneren Sekretion desselben Organs nach ganz
verschiedener Richtung sich geltend machen kann, dass
weiterhin den einzelnen Abschnitten innerhalb eines Organs
verschiedenartige Aufgaben zufallen können.
Ein gutes Beispiel dafür liefert uns die Hypophysis. An.
alle drei Abschnitte derselben scheinen verschiedenartige
Funktionen gebunden zu sein. Die Sekretion des vordere n,
drüsenartigen Lappens steht mit Wachstumsvorgängen am
Skelett und am Bindegewebe in Beziehung. Eine Ueber-
funktion dieses Lappens bei Adenombildung desselben führt
bekanntlich beim wachsenden Individuum zu übermässigem
Wachstum des Skeletts, beim Erwachsenen hingegen zu jenen
eigenartigen Bindegewebsverdickungen, die das Bild der
Akromegalie liefern. Der hintere aus nervösen Elementen
sich aufbauende Lappen, die Neurohypophyse, galt früher als
bedeutungslos. Die neueren, freilich nicht unwidersprochen
gebliebenen Untersuchungen Bernhard Fischers weisen
darauf hin, dass auch hier eine für Stoffwechsel und Genital¬
drüsen wichtige Sekretion stattfindet, deren Schädigung den
Symptomenkomplex der Adipositas hypogenitalis (Dystrophia
adiposogenitalis) im Gefolge hat.
Unsere Kenntnisse über die Funktion des zwischen Vorder-
und Hinterlappen liegenden, durch seinen Gehalt an Kolloid
ausgezeichneten mittleren Abschnittes, der Pars inter-
media, verdanken wir dem englischen Physiologen Edward
Schäfer. Auf Grund mannigfaltiger Tierexperimente kam
er zu dem Resultat, dass von der Hypophysis aus eine Ein¬
wirkung auf Nierengefässe und Nierenzellen ausgeübt werde,
dass diese diuretische Wirkung des Organsekrets nicht dem
*) Vorgetragen in der Biologischen Abteilung des Aerztlichen
Vereins zu Hamburg am 10. Dezember 1912.
128
MUENCHENER MEDIZINISCHE W0CHENSCHR1E I .
No. 3.
vorderen Lappen zuzuschreiben sei, sondern an die hinteren
Abschnitte, insbesondere an die Pars intermedia gebunden sei.
Dieser experimentell festgestellte Zusammenhang zwischen
Hypophysis und Urinsekretion war bereits durch manche
klinische Beobachtungen angedeutet worden. Wir wussten,
dass Akromegalie und Dystrophia adiposogenitahs nicht selten
von Diabetes insipidus begleitet wird, dass gummöse Basal¬
meningitis und Geschwulstbildungen an der Basis, kurzum
Prozesse, die eine Einwirkung auf den Hirnanhang ausuben
können, bisweilen zur Polyurie führen. Endlich hat vor
kurzem Frank über einen Kranken berichtet, der im An¬
schluss an eine Schussverletzung an Diabetes insipidus litt
und bei dem das Röntgenbild ein Projektil in der Gegend der
Sella turcica erkennen liess. Indes in allen diesen am
Menschen gemachten Beobachtungen fehlte bisher die genaue
Lokalisation der supponierten Schädigung innerhalb der Hypo¬
physis und damit eine zuverlässige Bestätigung der von
Schäfer beim Tierexperiment gewonnenen Resultate tur me
Pathologie des Menschen. Diese Lücke glaube ich durch die
folgende Beobachtung ausfüllen zu können.
Anfang: Juni wurde bei einer 37 jährigen Frau die Ablatio raam-
mae dextrae wegen eines vorgeschrittenen Karzinoms ausgefuh .
Der Heilungsverlauf war ein glatter. Die Temperatur war andauer d
normal, der Urin frei von Eiweiss und Zucker, sein spezifisches Ge¬
wicht schwankte zwischen 1012 und 1015, seine Menge | "ie
1500 g pro die. 10 Wochen nach der Operation kehrte sie ins Kran
kenhaus zurück, da am Thorax und am Halse GeschwuLtrezidive auf- .
getreten waren. Sie gab an, dass seit 2 Wochen eine auffallende
Polyurie und starkes Durstgefühl sich eingestellt hatten 'Die wieder¬
holt ausgeführte Urinuntersuchung ergab ein spezifisches Gewicht von
1002 und 1003, völliges Fehlen von Zucker und von Eiweiss. Die
Harn menge schwankte zwischen 10 und 19 Litern
pro die und ging erst in den letzten Lebenstagen auf 4 Liter herab.
Etwa 3 Monate nach der Operation starb sie unter den Erschei¬
nungen zunehmender Atemnot und Herzschwäche. Hont
Die Autopsie ergab abgesehen von Krebsmetastasen der Haut,
der linken Mamma, der Leber, der Hals-, Brust- und Bauchlymph-
driisen, der Pleura und sämtlicher Wirbelkörper keine pathologische
Veränderung von Belang. Speziell die Nieren erschienen, auch bei |
der mikroskopischen Prüfung, völlig normal. Grosshirn. Kleinhirn, |
Medulla waren von normalem Aussehen, die Ventrikel nicht erweitert.
Die Hypophysis erschien von oben her betrachtet zunächst unver¬
ändert! Da mir indes bei Betastung des Clivus und derhmte.en
Sattellehne die Weichheit des Knochens auf gefallen war und ich mit
der Möglichkeit eines Uebergreifens der Knochenkrebsmetastase aut
den Hirnanhang rechnen durfte, entfernte ich den ganzen Tur ken-
sattel samt Hypophysis und legte nach Entkalkung des Knochens
Sagittalschnitte durch Sella und Hirnanhang.
Die mikroskopische Untersuchung dieser Schnitte, deien Mikro-
photogramme ich projiziere, ergab die Richtigkeit meiner Voraus¬
setzung. Sie sehen dass der Knochen der hinteren Sattellehne fast
vollkommen durch Krebsmassen ersetzt ist, dass das Karzinom von
hier direkt auf den Hinterlappen der Hypophysis übergreift und diesen
so durchsetzt hat, dass seine ursprüngliche Struktur vollständig zer¬
stört ist. Erst an der Pars intermedia hat die Wucherung Halt ge¬
macht. Diese und der vordere Lappen sind intakt geblieben. Die
beigefügte schematische Abbildung zeigt das Ausbreitungsgebiet der
Neubildung.
Schematische Darstel¬
lung der Hypophysis
mit Sella turcica.
V = Vorderer Abschnitt,
M = Mittlerer Abschnitt
(Parsintermedia),
H = Hinterer Abschnitt
(Neurohypophyse),
I = Infundibulum,
VS = Vordere Sattellehne,
HS = Hintere Sattellehne.
Die schraffierten Teile sind
von Karzinom durch¬
wachsen.
möglich. Der Hinterlappen ist durch die Neubildung völlig
zerstört; eine Sekretion dieses Abschnittes kommt also nicht
mehr in Frage. Es kann sich nur um eine Einwirkung der
Geschwulst im Hinterlappen auf den intakt gebliebenen Rest
des Hirnanhanges, also auf den Vorderlappen und die Pars
intermedia handeln. Da wir nun aber aus Schafe r s Unter¬
suchungen wissen, dass der vordere Lappen sicher keinen Ein¬
fluss auf die Urinsekretion hat, kommen wir zu dem Schlüsse,
dass der Diabetes insipidus in dem vorgetragenen Falle der
Effekt einer Ueberfunktion der Pars intermedia war hervor¬
gerufen durch eine Reizwirkung der Geschwulstbildung im
Hinterlappen. . T_l ..... _ , _
Liefert nun auch meine Beobachtung eine Bestätigung du
Angaben Schäfers über den Zusammenhang zwischen
Hypophysisschädigung und Polyurie, so widerspricht sie
doch in einer anderen Hinsicht seiner Voraussetzung. Er ha e
auf Grund histologischer Untersuchungen Her rings an¬
genommen, dass das wirksame Produkt der Pars intermedia,
das Kolloid bei Reizung der Hypophysis reichlicher sczerniert
werde, direkt in das Infundibulum und von hier aus in die
Hirnventrikel gelange, um dort seine Wirksamkeit zu ent¬
falten. Ein solcher Vorgang ist in einem Falle wie dem
meinigen, in dem der Zugang zum Infundibulum durch die
Geschwulstbildung völlig verlegt ist, ausgeschlossen. Eine
Resorption des Hypophysissekretes war nur auf dem Wege
der Blut- und Lymphgefässbahnen möglich.
Wie dem aber auch sei, die v o r g e t r a g e n e Beob¬
achtung liefert den einwandfreien Beweis
für die Annahme, dass auch beim M c n s c h e n
der Diabetes insipidus durch eine Schädi¬
gung der Hypophysis hervorgerufen werden
kann. Im Verein mit den auf experimentell e in
Wege gewonnenen Resultaten weist sie
darauf hin, dass eine Einwirkung auf die
Pars intermedia des Hirnanhanges dabei der
wesentliche Faktor ist. Jedenfalls muss aber der
vorgetragene Fall dazu auffordern, in jedem Falle von Dia¬
betes insipidus oder Polyurie die Hypophysis einer sorgfältigen
mikroskopischen Prüfung zu unterziehen.
Literatur.
B Fischer: Hypophysis und Adipositas hypogenitalisj
Frankf. Zeitschr., XI, 145, 1912. - Stumpf: Untersuchungen ube>
das Verhalten des Hirnanhangs bei chronischem Hydrozephalus.
Virchows Archiv, 209, 339, 1912. — Schäfer: Die Funktionen des
Gehirnanhangs. Berner Universitätsschriften, H. 3, 1911. ‘
Ueber Beziehungen der Hypophyse zum Diabetes insipidus. Ber
klin. Wochenschr. 1912, No. 9. — Steiger: Ueber einen Fall von
Diabetes insipidus etc. D. med. Wochenschr. 1912, No. 4( .
Wir haben also einen Fall vor uns, in dem etwa 2 Monate
nach Entfernung einer krebsigen Brustdrüse gleichzeitig mit
der Bildung von Karzinommetastasen in verschiedenen Kör¬
perregionen, darunter auch in der Hypophysis, eine hart¬
näckige, hochgradige, vorher sicher fehlende Polyurie auf tritt.
Wie im Experiment wird hierdurch der Zusammenhang
zwischen Diabetes insipidus und Hypophysenerkrankung er¬
wiesen. . ,
Aber auch eine genauere Lokalisation der Schädigung ist
Aus der chirurgischen Abteilung der städt. Krankenanstalteil
zu Elberfeld (Chefarzt: Dr. Ne hr körn).
Erfahrungen mit Mesbe in der Behandlung chirurgischei
Tuberkulosen.
Von Dr. Butzengeiger, Sekundärarzt.
Obwohl die spezifische Behandlung chirurgischer Tuberl
kulosen mit Tuberkulin und besonders die mit so überraschen
den Erfolgen speziell im Hochgebirge durchgeführte Behänd!
lung durch systematische Sonnenbestrahlung zu wertvolle)
Kampfmitteln gegen diese immer noch verheerende Volks!
krankheit geworden sind, so sind wir leider immer noch wel
davon entfernt, ein sicherwirkendes Mittel gegen die lubel
kulose zu besitzen. Es ist deshalb jedes neue, wirksame Mit b
gegen die Tuberkulose sehr zu begriissen. Aus diesem Grüner
versuchten wir auch auf die Veröffentlichung von Hceil
mann1) und Spangenberg2) hin, das von diesen ai
Grund von auffallend günstig beeinflussten Fällen empfohlen
Mesbe, ein aus einer zentralamerikanischen Malvacee hei
gestelltes Präparat. f
Wir wählten dazu nur chronisch-tistu i o s
Knochentuberkulosen und behandelten damit bis '■
7 Fälle, die kurz mitgeteilt seien.
1) Heer mann: Ueber Mesbe, neues Mittel zur Behandlung d*
Tuberkulose. Münch, med. Wochenschr. 1912, No_. 34.
2) Spangenberg: Mesbe. Ein neues Heilmittel gegen 1 ube*
kulose. Reichs-Medizinal-Anzeiger, No. 18, Jahrg. 37.
21. Januar 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
129
F a 1 1 I. P. St., 30 Jahre, Kaufmann. Seit 1893 bestehende
Ellenbogengelenktuberkulose. In den Jahren 1904 und
1907 schon Exkochleationen von Fisteln. 29.1. 12 wieder Auskratzung
einer Fistel an der medialen Seite des in rechtwinkliger Ankylose be¬
findlichen Ellenbogengelenkes. Trotz ziemlich guten Allgemeinbefin¬
dens und ständiger Behandlung mit Jod, Perubalsam etc. war eine
Heilung nicht zu erzielen. Seit Anfang September nun Mesbebehand-
lung durch Einfuhren von öazestreifen mit Mesbe in die Fistel.
Nach wenigen Wochen wurden die Granulationen bedeutend frischer,
es traten zunächst eine reichlichere Sekretion und etwas Schmerzen
auf, dann aber liess die Sekretion nach, man kam nicht mehr auf
rauhen Knochen, die Fistel begann zu heilen und ist nunmehr nahezu
völlig geschlossen.
Fall II. W. v. G., 10 Jahre alt. Seit 2% Jahren bestehende
Kniegelen kstuberk il lose wegen der vor 2 Jahren die
Kniegelenksresektion gemacht wurde. Später allmähliche Entwicklung
einer ziemlich starken Beugekontraktur. Seit % Jahren besteht eine
Fistel, die bisher unter der üblichen Behandlung keine Neigung zur
Heilung zeigte. Ebenfalls seit anfangs September Behandlung mit
Mesbe. Darauf wieder zunächst stärkere Sekretion und etwas ver¬
mehrte Schmerzhaftigkeit, dann Bildung frischerer Granulationen und
Neigung zur Heilung, die schon anfangs November fast ganz vollendet
war. Der Junge wurde dann nach Hause geholt und liess sich seit¬
dem nicht mehr sehen.
Fall III. H. J., 21 Jahre, Rippenkaries. Seit Mai d. J.
Auftreten eines ziemlich starke Beschwerden machenden kalten Ab¬
szesses am Rücken links neben der Wirbelsäule, der sich etwa in der
Gegend der Rippenbuckel von der 8. bis zur 11. Rippe erstreckte.
Im August Exzision des Abszesses und Resektion der rauhen 8. Rippe.
Es zeigte sich aber, dass noch ein Gang nach oben und gegen die
Wirbelsäule zuging und auf rauhen Knochen führte. Von Anfang
September an deshalb Behandlung der zurückbleibenden Fistel mit
Mesbe. Es bildeten sich bald gute Granulationen, die Sekretion liess
nach und seit Anfang November ist die Fistel, die, wie eine Röntgen¬
aufnahme mit Wismutinjektion zeigte, zur 6. Rippe führte, völlig ge¬
schlossen. Die Frau erholte sich sehr gut.
Fall IV. Frl. E. Z., Näherin, 51 Jahre. Vor 20 Jahren Re¬
sektion des linken Ellenbogengelenkes wegen
Tuberkulose. Seit über 4 Jahren fistulöse Tuberku¬
lose des rechten Ellenbogengelenkes, wegen der vor
2% Jahren die Resektion des rechten Ellenbogengelenkes vor¬
genommen wurde. Es blieben jedoch 2 Fisteln zurück, die trotz
beständiger Behandlung nicht heilen wollten. Vom 7. IX. 12 ab mm
Behandlung durch Einführen von Mesbestreifchen. Anfangs etwas
stärkere Eiterung, doch frischere Granulationsbildung. Nach
5 Wochen kam man durch die Fistel nicht mehr auf rauhen Knochen,
die Sekretion liess nach. Anfangs November war die Fistel völlig
geheilt und blieb es auch bis jetzt.
Fall V. Frl. A. S., 18 J. Seit dem 6. Lebensjahr Tuber¬
kulose des rechten Hüftgelenkes und der rechten Darm¬
beinschaufel, wegen der vor etwa 8 Jahren die Hüftresektion gemacht
wurde. Im Laufe der letzten 6 Jahre mussten dann noch wegen
starksezernierender Fisteln und Eiterretentionen mehrere operative
Eingriffe gemacht werden, ohne dass eine Heilung der Fisteln zu er¬
reichen war. Es blieben eine Fistel oberhalb des P o u p a r t sehen
Bandes sowie 2 Fisteln an der Aussenseite des rechten Oberschenkels
bestehen. Von Anfang September an ebenfalls Behandlung mit
Mesbe. Nun traten fast stets am Tage der Einführung von Mesbe-
streifen stärkere Schmerzen an den erkrankten Knochen, etwas reich¬
lichere Sekretion und Temperatursteigerungen, 2 mal sogar über 39°
auf. Am nächsten Tage waren alle diese Erscheinungen meist wieder
verschwunden; Pat. fühlte sich wieder völlig wohl. Während nun ein
eklatanter dauernder Einfluss auf die Sekretion der Fisteln nicht zu
beobachten war, hob sich doch das Allgemeinbefinden und Pat. konnte
auch wieder besser gehen.
Fall VI. W. K., 6 Jahre. Schlechtes Allgemeinbefinden. Seit
2 Jahren Lungentuberkulose der beiden Oberlappen. Vor
1 X> Jahren Operation tuberkulöser Halsdrüsen. Seit
1 Jahr Spinae ventosae mit Fisteln, eine am linken Mittelfuss'
und je eine an einem rechten und linken Mittelhandknochen. Mesbe-
behandlung hier ohne deutlichen Einfluss auf die Knochenherde oder
das Allgemeinbefinden.
Fall VII. H. P., 10 Jahre. Sehr schlechtes Allgemeinbefinden.
Seit IV* Jahren bestehende Tuberkulose des rechten
Kniegelenkes, das sich trotz Behandlung mit Gipsverbänden etc.
so verschlimmerte, dass vor % Jahren die Resektion des Gelenkes
vorgenommen werden musste. Darnach Bildung mehrerer Fisteln,
die auf keine Behandlung hin sich besserten. Verschlechterung des
Allgemeinbefindens. Seit K Jahre Behandlung der Fisteln mit Mesbe,
das jedoch keinen deutlichen Erfolg hatte, wenn sich auch das
Allgemeinbefinden etwas besserte.
Wir wandten in allen Fällen Mesbe nur lokal bei
fistulösen Knochentuberkulosen an, um möglichst einwand¬
frei die Wirkung beobachten zu können. Wir benützten dazu
entweder das reine Mesbe oder eine 50 proz. Salbe. Wir be¬
handelten somit 2 Fälle mit Ellenbogentuberkulose, 2 Knie¬
gelenkstuberkulosen, 1 Rippenkaries, 1 Hüftgelenks- und
No. 3.
Beckentuberkulose und ein Fall mit multiplen Spinae
ventosae.
Wie aus den kurz mitgeteilten Krankengeschichten hervor¬
geht, ist wohl eine eklatante günstige Beeinflussung durch
Mesbe in den Fällen I, II, III und IV nicht zu verkennen; sind
doch die Fälle III und IV durch eine etwa 10 Wochen dauernde
Mesbebehandlung völlig, und die Fälle I und II nahezu völlig
geheilt. Besonders interessant ist die Beobachtung in Fall V,
dass fast regelmässig auf die Mesbebehandlung eine schon
nach 5 — 6 Stunden auftretende und nach 12 — 18 Stunden
wieder abklingende Reaktion mit Schmerzen am Krankheits¬
herd, Temperatursteigerungen meist bis etwa 38°, mitunter
sogar bis 39 0 und vermehrter Sekretion auftrat.
Wir glauben dies doch als eine Art spezifischer Wirkung
des Mittels auf die tuberkulösen Herde auffassen zu müssen,
zumal sie auch in den meisten anderen Fällen wenigstens
durch das Auftreten stärkerer Schmerzen und vermehrter
Sekretion sich kundgab. Auffallend war in fast allen Fällen,
dass die Granulationen bald wesentlich frischer und gesunder
aussahen. Auch das Allgemeinbefinden schien meist günstig
beeinflusst zu werden. Dass in den beiden letzten Fällen ein
Erfolg ausblieb, ist wohl auf das schlechte Allgemeinbefinden
der Patienten zurückzuführen.
Worauf die Wirkung von Mesbe beruht, lässt sich schwer
sagen. Die Droge enthält nach Spangenberg viele Schleim¬
und Gummiarten und ist reich an löslichen Karbonaten und
Phosphaten und anderen Mineralsalzen, doch vermuten wir
auf Grund der beobachteten Reaktionen auch einen direkt spe¬
zifisch auf Tuberkulose wirkenden Körper in dem Mittel.
Wenn auch die Zahl der bisher von uns durch längere
Zeit mit Mesbe behandelten chirurgischen Tuberkulosen noch
ziemlich gering ist, so ist unseres Erachtens die so eklatante,
günstige Wirkung in obigen Fällen wohl nur auf das Mittel
zurückzuführen, so dass wir glauben, es zur Nachprüfung bei der
Behandlung chirurgischer Tuberkulosen empfehlen zu können.
Ob Mesbe auch sonst in der Wundbehandlung zur Bildung
guter Granulationen anregt, dies zu prüfen, haben wir be¬
gonnen, doch sind unsere Erfahrungen zu einem bestimmten
Urteil hierüber noch zu gering.
Aus dem Hospital der Senembah Maatschappy in Deli.
Das Oleum chenopodii gegen Ankylostomiasis und eine
neue Methode der Wertbestimmung von Wurmmitteln.
Von Dr. W. Schüffner und Dr. H. Vervoort.
Solange man Vermifuga nur gegen Askariden oder Tänien
nötig hatte, und die Ankylostomiasis höchstens sporadisch in
Europa zu tun gab, blieb die Frage nach dem besten Wurm¬
mittel von untergeordneter Bedeutung. Ganz anders hat sich
die Sachlage heute gestaltet, wo die Erkenntnis der unge¬
heuren Ausbreitung des Hakenwurms in den warmen Ländern
und des grossen wirtschaftlichen Schadens, den sie verursacht,
in den weitesten Kreisen Platz greift. Als eine der wichtig¬
sten Abwehrmassregeln gegen den gefährlichen Wurm ist
damit die Abtreibekur in den Mittelpunkt des Interesses ge¬
rückt, und der Mangel eines wirksamen Wurmmittels, das
nicht von vornherein durch seine schlechte Einnehmbarkeit
abschreckt, sondern ähnlich den Wurmplätzchen eine gewisse
Popularität besitzt, recht fühlbar geworden.
Diese Lücke auszufüllen, dazu scheint uns nach aus¬
gedehnten vergleichenden Untersuchungen das O 1 e u m
chenopodii, auf das wir durch eine Arbeit von Brüning1)
und mündlich durch Dr. v. Prowazek aufmerksam ge¬
macht wurden, berufen zu sein.
Das Oleum chenopodii anthelminthici ist ein ätherisches
Oel von eigenartigem, nicht unangenehmen Geschmack und
wird aus einer in fast allen Teilen der Vereinigten Staaten
Amerikas wachsenden krautartigen Pflanze, dem Cheno-
podium anthelminthicum gewonnen. Es ist in Amerika offi-
zinell, aber merkwürdigerweise in Deutschland so gut wie
unbekannt geblieben. Nach Brüning ist es für Askariden
ein sicheres, von allen Nebenwirkungen freies Vermifugum,
1) Brüning: Zur Helminthiasistherapie in den Tropen. Arch.
f. Tropenhyg. 1910.
3
130
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
das er vor allen auch den Tropenärzten zu Versuchen gegen
das Ankylostomum empfiehlt.
Wir ordneten das Mittel einer Untersuchungsreihe ein,
die den einen von uns schon seit Monaten beschäftigte, und
die den Zweck hatte, die Wirksamkeit des Thymols gegen¬
über anderen neuerdings aufgekommenen Arzneien festzustellen
und möglichst zahlenmässig zu beweisen, dass es den Vorzug,
den wir ihm in Deli bei einer sehr umfangreichen Bekämpfung
der Ankylostomiasis seit 15 Jahren einräumen, auch wirklich
verdient 2). Es handelte sich dabei um den Vergleich mit
Oleum Eucalypti, einer jetzt in Niederländisch-Indien vielge¬
brauchten Vorschrift, und mit Beta Naphthol, das von Englisch-
Indien empfohlen wurde. Das in Europa beliebteste Mittel,
das Extractum filicis maris, kam für uns auf Grund älterer
Versuche, nach denen es sich in den Tropen wenig verlässlich
zeigte, nicht in Betracht. Als drittes trat nun das Oleum
chenopodii hinzu.
Zur Prüfung, für die uns in Deli ein reiches Kranken¬
material zu Gebote stand, wurden bisher in etwa 8 Monaten
1457 Personen mit doppelt so vielen Kuren herangezogen. Da¬
bei hielten wir eine besondere Versuchsanordnung bei, die
den Zweck hatte, Fehlerquellen, welche bei ähnlichen Arbeiten
das Resultat stark beeinträchtigten, mit Sicherheit auszu¬
schalten.
Wir liessen nämlich unsere Wurmkranken zwei Kuren im
Abstand von wenigen Tagen machen, und zwar regelmässig
alternierend mit Thymol und einem der zu prüfen¬
den Mittel. Auf diese Weise erhielten wir jedesmal zwei
Reihen, die eine, in der sämtliche Leute das Thymol an erster,
die andere, in der sie es an zweiter Stelle genommen hatten.
Beide Mittel hatten so Gelegenheit zu zeigen, welche Kraft sie
auf die zuvor nichtbehandelten Parasiten entfalten konnten,
und dann, was sie noch in der Nachkur vermochten. Die
Kräfte durften wir direkt proportional den Zahlen der Würmer
setzen, die sich in den ausgewaschenen Stühlen vorfanden.
Da es uns hier allein auf das Verhältnis ankam, in welchem
die dem einen oder anderen Mittel zugehörigen Wurmzahlen
stehen, so wurden wir bei dieser Art des Versuches gänzlich
unabhängig von der Menge der Würmer, die der Kranke ur¬
sprünglich beherbergte. Wer sich dagegen nur mit einer Kur
begnügt, erhält absolute Zahlen; diese aber sind ebenso von
dem Mittel wie von dem Infektionsgrad, der stets eine unbe¬
kannte Grösse bleibt, abhängig. Dass das zu grossen Täu¬
schungen Anlass geben muss, ist von vornherein begreiflich.
Zum Ueberfluss hier ein Beispiel3).
Bei 160 Leuten, die sich ohne irgendeine Auswahl, allein
der Reihenfolge nach, in der sie zum Hospital kamen, der
Wurmkur unterzogen, gingen pro 100 Personen mit Thymol
1601 a, bei anderen 122 Leuten pro 100 Personen mit Naph¬
thol 1928 a ab. Darnach würde Naphthol das kräftigere
Vermifugum heissen müssen!
Nun die Korrektur, welche uns die Doppelkur und der
Wechsel der Reihenfolge an die Hand gibt:
I. Bei 100 Personen gehen ab mit Thymol: 1601a; mit Naphthol
noch 270 a
II. Bei 100 Personen gehen ab mit Naphthol: 1928 a: mit Thymol
noch 1059 a.
oder prozentual:
Die Wirksamkeit von Thymol : Naphthol = 86 Proz. : 14 Proz.
Die Wirksamkeit von Naphthol : Thymol — 64 Proz. : 36 Proz.
Noch kürzer ausgedrückt kommt hiernach dem Thymol
ein Wirkungskoeffizient von 86, dem Naphthol ein solcher von
nur 64 zu, wobei 100 die Summe der von je zwei Kuren ab¬
gegangenen Würmer bedeutet. Aus dieser Berechnung geht
eine zweifellose Ueberlegenheit des Thymols hervor.
Ebenso wie den Fehler, der von dem verschiedenen In¬
fektionsgrad der Leute abhängig ist, vermeidet man unter
anderen mit der von uns befolgten Methode auch den, welcher
durch die Infektions a r t, ob Ankylostomum Dubini oder
Necator americanus, bedingt ist. Nach unseren Erfahrungen
verhalten sich diese beiden Arten gegen die einzelnen Wurm¬
mittel keineswegs gleichartig, sie könnten daher gleichfalls das
Resultat beeinflussen.
2) Sch Offner: Der Wert einiger Vermifuga. Archiv für
Tropenhygiene 1912, S. 569.
3) ln den Tabellen bedeutet a Ankylostomum, A Askaris.
Immerhin bleiben bei solchen Versuchen noch eine ganze
Anzahl nebensächlicher Faktoren, die man nicht in der Hand
hat, und die daher immer kleine Schwankungen verursachen.
Das tut aber der Genauigkeit wenig Eintrag. Die Methode
zeichnet auf die leiseste Veränderung. So ergab z. B. eine
zweite Serie von 215 Leuten, denen statt 3 g Naphthol 4 g
gereicht wurden, für dies Mittel auch den höheren Koeffizienten
von 74.
Was die Feststellung des Resultates, das Auswaschen
der Stühle, das Zählen der Würmer etc. anbelangt, so sei auf
die obenzitierte Arbeit verwiesen.
Die Verabreichung der Mittel.
1. Thymol:
A. Grammweise, zweistündlich, 5 mal hintereinander; 2 Stun¬
den nach letzter Dosis 20 g Rizinusöl.
B. 2 mal 2g mit einer zweistündigen Pause; 3 Stunden später
17g Rizinusöl + 3g Chloroform. Das Chloroform soll noch eine
Wirkung auf die vom Thymol nur halb getroffenen Würmer ausüben.
Die Mischung wurde von den Leuten fast leichter genommen als
reines Oel und hatte keinerlei nachteilige Wirkung.
2. Oleum Eucalypti in der von Her man empfohlenen Mischung:
01. Eucal. 2,5 — 3,5
Chloroform 3,5
01. Ricini 40,0
S. In zwei Portionen mit halbstündiger Pause zu nehmen.
3. Beta-Naphthol:
Zweistündlich 3 mal je lg; 1 Stunde nach letzter Dosis 20 g
Rizinusöl.
4. Oleum chenopodii:
Zweistündlich, 3 mal hintereinander, je 16 Tropfen mit Zucker;
2 Stunden nach letzter Dosis 17 g Rizinusöl + 3 g Chloroform.
Wir erhielten nun folgende Serien:
No.
Zahl
der
Leute
Erste
Kur
Zweite Kur
Wurmmittel
Abgegangene
a | A
Wurmmittel
Abgegangene
a A
1
153
Thymol . .
3706
434
Thymol . .
765
127
2
165
Thymol . .
4808
162
Ol. Eucal. .
774
8
3
354
Ol. Eucal. .
4315
39
Thymol . .
7116
321
4
309
Thymol . .
8449
652
Naphthol . .
1147
15
5
188
Naphthol . .
3462
70
Thymol . .
1641
316
6
142
Thymol . .
4154
155
Ol. chenop. .
751
45
7
146
Ol. chenop. .
8022
244
Thymol . .
820
37
Aus diesen Grundzahlen lassen sich die folgenden Ver¬
hältniswerte ziehen:
a) Für die Anky lostomen:
Die Wirksamkeit von Thymol: Thymol = 83: 17
„ „ „ „ Eucal. = 86: 14
„ „ „ „ Naphthol = 88: 12
„ „ „ „ Ol. chen. =85: 15
„ „ „ Eucal.: Thymol = 38: 62
„ „ „ Naphthol: Thymol = 68: 32
„ „ 01. chen.: Thymol = 91: 9
b) F ii r die Askariden:
Die Wirksamkeit von Thymol: Thymol = 78: 22
„ „ „ „ Eucal =95: 5
„ „ „ „ Naphthol =98: 2
„ „ „ „ Ol. chen. = 78: 22
„ „ „ Eucal.: Thymol = 12: 88
„ „ „ Naphthol: Thymol = 18: 82
„ „ „ Ol. chen.: Thymol = 87: 13
oder kurz ausgedrückt ist der Wirkungskoeffizient gegen:
Ankylostomen
Askariden
Für Ol. Eucal. . . 38
12
„ Naphthol . . 68
18
„ Thymol ... 83
78
„ Ol chenop. . . 91
87
Aus den vorstehenden Tabellen sehen wir zunächst, dass
tatsächlich das Thymol dem Ol. Eucalypti und dem Naphthol
den Rang abläuft. Bemerkenswert ist ferner die grosse Regel¬
mässigkeit, die es an erster Stelle gegeben entwickelt. Dies
Verhältnis verschiebt sich auch kaum, wenn Thymol auf
Thymol genommen wurde, Thymol steht dann mit den übrigen
an zweiter Stelle verabreichten Mitteln fast auf einer Stufe.
21. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Man erhält deshalb bei dieser Reihenfolge keine rechte Ein¬
sicht in die jeweiligen Kräfte. Die grossen Unterschiede zeigen
sich erst, wenn die zu prüfenden Mittel dem Thymol vor-
an gestellt werden. Jetzt fällt das Eukalyptusöl mit nur 38,
das Naphthol mit 68 gegen das Thymol mit seinem Koeffi¬
zienten 83 ab, dieses aber wird wieder durch das Oleum
chenopodii mit der Ziffer 91 merklich übertroffen4).
Dem Oleum chenopodii kommt nach diesen
Versuchen die meiste vermifuge Energie zu.
Was uns daran besonders wichtig erscheint, ist, dass es sich
gleich kräftig gegen die Ankylostomen als gegen die Askariden
äussert, und zwar aus zwei Gründen. Einmal haben die
Askariden in den Tropen durch ihre so riesige Verbreitung
längst ihren harmlosen Charakter verloren, so dass Mittel,
die beide Parasiten treffen, unbedingt nötig sind. Und dann
knüpft sich an das Abgehen der Askariden ein erziehliches
Moment. Während nämlich das kleine Ankylostomum meist
übersehen und darum leicht unterschätzt wird, macht der
grosse Askaris, der sich in den Entleerungen findet, immer
Eindruck und trägt dazu bei, den Leuten die Notwendigkeit
der Kur zum Bewusstsein zu bringen. Wir haben auf diese
Nebenwirkung, die ja das Thymol auch besitzt, in Deli von
jeher grosses Gewicht gelegt und halten schon aus diesem
Grunde das 01. Eucalypti und das Naphthol, die gegen den
Askaris nichts Nennenswertes ausrichten, für Mittel, die in den
Tropen nur ganz untergeordnete Bedeutung haben können.
Neben einer prompten Wirksamkeit soll ein Wurmmittel
auch leicht einzunehmen sein. Der Mangel an dieser Eigen¬
schaft hat dem Thymol soviel geschadet und seiner allge¬
meinen Einführung entgegengestanden. Das Oleum cheno¬
podii nun erfüllt die Forderung in mustergültiger Weise. Auf
Zucker gegeben, nahmen es unsere Leute gern, und sie würden
sich geradezu zur Kur gedrängt haben, wenn nicht zum Schluss
das Rizinusöl zu schlucken gewesen wäre. Nun, unbedingt
nötig ist ja das Oel zur Kur nicht, es erleichtert nur die Stuhl¬
kontrolle, die sich sonst über Tage hinzieht. Man könnte es
darum vielleicht weglassen oder nach einem besser
schmeckenden Ersatz suchen. Verbesserungsfähig ist die Kur
jedenfalls noch.
Ein Nachteil haftet dem 01. chenopodii allerdings an,
sein hoher Preis! Jetzt kostet das Kilo noch 55 Mark in
Europa, die einzelne Kur ist daher noch doppelt so teuer als
eine Thymol- oder Eukalyptuskur und 4 mal so teuer wie
eine Naphtholkur, welche unter Berechnung von Engros¬
preisen auf etwa 3 Pfennig zu stehen kommt. Um den Beruf
als Volksmittel im eigentlichsten Sinne des Wortes (in Deli sind
99 Proz. der Bevölkerung infiziert, und ähnlich wird es in den
meisten tropischen Ländern sein) auszufüllen, muss es billiger
werden, eine Aufgabe, die damit an die Industrie herantritt.
Allerdings soll man dabei nicht vergessen, dass ein Teil des
höheren Preises sicherlich durch die vortrefflichen Eigen¬
schaften des Oeles aufgewogen wird, die uns heute schon
dazu veranlassen, esindemKampfegegendieAnky-
lostomen angelegentlichst zu empfehlen.
Ein Beitrag zur Behandlung der Erkrankung an Oxyuris
vermicularis.
Von Dr. B. Hildebrand in Freiburg i. Br.
Die Erkrankung an Oxyuris vermicularis stellt häufig ein
ebenso hartnäckiges wie lästiges Leiden dar. Es sind infolge¬
dessen schon sehr zahlreiche Mittel und Methoden für die Be¬
handlung angegeben worden. Da ich im Verlauf der letzten
- Jahre an einer Reihe von zum Teil sehr veralteten Fällen
recht günstige Erfolge mit einem nur äusserlich anzuwenden¬
den Mittel erzielt habe, so möchte ich dasselbe nunmehr einem
weiteren Kreise zur Kenntnis bringen. Die Methode sucht in
den Entwicklungsgang der Würmer an möglichst geeigneter
Stelle einzugreifen. Bekanntlich erfolgt derselbe in der
weise, dass sich aus den durch den Mund in den Magen und
. ) Nach einem vor kurzem von V e r v o o r t eingetroffenen Be¬
richt stellte sich die Wirksamkeit des 01. chen. ohne Chloroform
auf etwas niedriger, nämlich 84 (gegen 91). Darnach gibt Chloroform
,°ch noch eine kleine Nachhilfe. Bei dieser Serie waren wieder
-50 Leute mit Doppelkuren beteiligt'
rdr
Darm gelangten Eiern in letzterem die Würmer entwickeln.
Die befruchteten Weibchen setzen alsdann ihre Eier entweder
im Darm ab oder sie verlassen denselben häufig durch den
After, um sie in dessen Umgebung abzulagern. Von dort ge¬
langen die Eier wieder durch die Hände des Wurmträgers in
dessen Mundhöhle und so findet ein ständiger Kreislauf statt.
Im Darm selbst entwickeln sich aus den dort abgesetzten
Eiern keine Würmer, sie gehen mit dem Kote ab und können
dann ebenfalls in der Umgebung des Afters haften bleiben.
Wird die Uebertragung der Eier vom After zur Mundhöhle
verhindert, so erlischt die Krankheit mit dem Absterben der
Würmer im Darm auch ohne die Anwendung innerer wurm¬
tötender Mittel oder Klistiere. Dass diese so oft keinen Erfolg
haben, kann daher rühren, dass die Würmer und die abge¬
hetzten Eier in dem buchtigen Bau des Dickdarms und bei der
Masse seines Inhalts nicht immer mit Sicherheit erreicht und
abgetötet werden. Die längere Zeit fortgesetzte Verabfolgung
hoher und reichlicher Dosen wurm- und eiertötender Mittel
dürfte für den Wurmträger auch nicht immer gleichgültig sein.
Aus dem Entwicklungsgang der Würmer erklärt es sich,
dass oft die Beobachtung peinlichster Reinlichkeit durch
fleissiges Baden, Reinigung der Hände und Nägel vor dem
Essen, allein schon zur Beseitigung des Leidens ausreicht. Ich
selbst habe bei Patienten, welche eine Hämorrhoidaloperation
durchmachen mussten, beobachtet, dass nach Ausheilung der
Operationswunde auch ein vorher bestehendes hartnäckiges
Madenwurmleiden verschwunden war. Eine Uebertragung
der Eier aus der Umgebung des Afters in die Mundhöhle war
eben durch die tägliche Wundreinigung und den abschliessen¬
den Verband unmöglich gemacht worden. Eine derartige
peinliche Reinlichkeit ist aber nicht oft durchführbar. Be¬
sonders wenn während der Nachtzeit Würmer dem After
entschlüpfen und ihre Eier absetzen, können letztere durch
unkontrollierte Bewegungen der Hände im Schlaf in den Mund
gebracht werden. Selbst das Anlegen von abschliessenden
Kleidungsstücken, wie Badehosen während der Nachtzeit hilft
nicht sicher. Das Sicherste ist, die Eier und Würmer direkt
beim Austritt aus dem Darm abzutöten. Man hat zu dem
Zweck die Einreibung von Quecksilber- und Argentum nitri-
cum-Salben in die Umgebung des Afters empfohlen. Da die
Anwendung derselben aber von längerer Dauer sein muss, so
können sehr leicht entzündliche Reizungen des Afters und
seiner Umgebung entstehen. Diese Salben haben nach meiner
Erfahrung in der üblichen Zusammensetzung auch keine
sichere eiertötende Wirkung. Sehr gut hat sich mir hingegen
eine Salbe bewährt, welche als wirksame wurm- und eier¬
tötende Bestandteile Kampfer, Chinin und Thymol enthält1).
Ich habe diese Salbe, wie eingangs erwähnt, in einer Reihe
von zum Teil sehr veralteten Fällen, welche schon mit den
verschiedensten Mitteln und Methoden erfolglos behandelt
worden waren, angewendet und dabei nach pünktlicher Ein¬
haltung der Vorschriften stets völlige Heilungen erzielt.
Die Anwendung ist eine sehr einfache. Morgens und
abends, womöglich nach dem Stuhlgang, werden der After
und seine Umgebung gründlich, am besten mit Seife und
Wasser gereinigt. Darauf wird je nach der Grösse des
Patienten ein erbsen- bis kirschgrosses Stück Salbe auf die
gereinigten Stellen aufgestrichen. Nach jedem Stuhlgang ist
die Prozedur zu wiederholen. Vor jeder Mahlzeit sind Hände
und Nägel gründlich zu reinigen. Diese Massnahmen müssen
14 Tage bis 3 Wochen täglich fortgesetzt werden. Zur Heilung
genügt meist der Verbrauch von 1 — 2 Tuben. Irgend welche
Reizerscheinungen am After sind nie aufgetreten.
Da diese Behandlungsmethode sich mir vor allem anderen
als die sicherste und unschädlichste erwiesen hat, so habe ich
sie seither nur noch ausschliesslich angewendet. Ich bin über¬
zeugt, dass meine Erfahrungen auch von anderer Seite ihre
Bestätigung finden werden.
*) Die Salbe wird nach Angabe von Herrn Dr. H i n s b e r g,
Ereiburg, von Herrn Apotheker Ho üben in Etnmendingen her¬
gestellt und unter dem Namen Ung. Chinin, camphorat. comp. (Vermi-
culin) in Tuben in den Handel gebracht. Sie ist durch jede Apotheke
beziehbar.
3*
132
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Aus Dr. Turbans Sanatorium, Davos-Platz.
Das Perkussionsquantimeter.
Von Dr. med. Gustav Baer.
Das hier abgebildete Instrument (Fig. 1), das als Perkussions-
Quantimeter1) bezeichnet werden kann, ist ein modifizier ter
mit Messskala versehener üoldscheider scher Griffel, tr ist der
Fig. 1.
besseren Handlichkeit halber mit einem ^Hartgummigrifl ^ um
das ermüdende Halten und Andrücken des °.n^els^n vd‘^eren Ende
zu erleichtern. Als zweite Aenderung besteht am vorderen Ende
eine rechtwinklige Krümmung des Glasstabes, dessen £irzere Teil
4 cm dessen längerer Teil 15 cm misst. Die Grundfläche, mit der
das Instrument auf den Thorax aufgesetzt wird betrag genau einen
halben Quadratzentimeter, der Durchmesser Qlass abes einen
Zentimeter; die Graduierung auf dem Rucken des Instrumentes ist
in Zentimetern ausgedrückt. . .
Der G o 1 d s c h e i d e r sehe Griffel ist vorn mit einer Gummi¬
kappe versehen, deren Vorteil wohl im wesentlichen dann be¬
stehen dürfte, dass der Gummi das leichtere Anpassen an die zu unter¬
suchende Körperfläche ermöglicht und die oft lästig empfundene Kalte
des Glasstabes vermeidet. An meinem Instrument habe ich d
Gummikappe weggelassen, da mir deren Vorteil nicht wichtig genug
erschien, um die doch zweifellos durch den Gummi bedingte Ab¬
dämpfung dafür in Kauf zu nehmen.
Wir wissen aus den Goldscheider sehen Lnter-
suchungen über Schwellenwertsperkussion, dass der Schall-
strahl auch bei leisestem Perkutieren die ganze Lunge dm ch-
setzt Wenn der Schallstrahl dabei nun durch eingelagerte
Hindernisse wie Infiltrationen, eine Absorption erleidet, so
wird er, je nach der Dichtigkeit des absorbierenden Mediums
abgeschwächt bis aufgehoben.
Der Schall wird nun aber auch mit Hilfe eines schall¬
leitenden Mediums wie des Quantimeters rückläufig fort¬
gepflanzt, und zwar um so weiter, je weniger schallabsor¬
bierende Hindernisse bei seinem Gange durch die Lunge sich
ihm in den Weg stellen. Darauf gründet sich unsere Methode,
die einen Massstab aufzustellen sucht über die Fortpflanzungs¬
länge des Schallstrahles, d. h. über das Quantum lufthaltigen
Lungengewebes, resp. schalldämpfender Medien, die der
Schallstrahl zu passieren hat. Es wird im wesentlichen keinen
Unterschied machen, ob wir feststellen, wieviel normales
Lungengewebe der Schallstrahl auf seinem Wege passier ,
oder wieviel schalldämpfende Medien sich ihm in den Weg
stellen, die modifizierend auf ihn einwirken, oder, wie wir
gewohnt sind, zu sagen, ihn verkürzen.
In der Literatur sehen wir behufs dieser Bestimmung beide
Wege beschritten. Goldscheider erbringt mit seinen Perkus¬
sionsmethoden den Nachweis von Dämpfungen und deren Intensität,
indem er erst mittelstark, dann schwächer perkutiert und allmählich
bis zur ganz leisen Perkussion zurückgeht. „Je starker die Per¬
kussion,“ schreibt er, „desto stärker die Erschütterung und desto
weniger macht sich die Absorption der Schallwellen durch damptende
luftleere Körper geltend. Eine intensive Dämpfung oder, bessei ge¬
sagt, dämpfende Infiltration von grosser Stärke und Tiefe verschwin¬
det erst bei starker Perkussion, während geringe Dampfungen schon
bei leiser Perkussion verschwinden. Damit ist das Prinzip dessen
gegeben, was man als abgestufte Perkussion bezeichnet. Wenn man
die Perkussion an Lungen nach unten hin abstuft, so treten, voraus¬
gesetzt, dass dämpfende Ursachen vorhanden sind, neue Dampfungen
auf, welche man bei starker Perkussion nicht gefunden hat. Ja, man
findet unter Umständen minimale Dämpfungen erst bei Schwellen¬
wertsperkussion, um sie durch steigende Perkussionsstarke wieder
wegzuradieren.“ ..... f„i
Goldscheiders Technik wird in derselben Arbeit in fol¬
gender Weise beschrieben: „Man perkutiert zunächst mit gewöhn¬
licher mittelstarker Perkussion und geht abwärts bis nahe zum
Schwellenwert.“ m
Waller hingegen bestimmt den Grad der Dampfung nach dem
Grad des noch vorhandenen Lungenschalls. Auch er bedient sich
dazu der abgestuften Perkussion. Ich möchte hier einflechten, dass
Turban schon 1899 als erster die abgestufte Perkussion zur Unter¬
suchung der Lungen und „die allerleiseste Perkussion, die eben noch
i) Das Instrument ist zum Musterschutz angemeldet und vom
Medizinischen Warenhaus Berlin, Karlstrasse, zum Preise von 6 M.
zu beziehen.
Schall erzeugt", zur Ermittlung von Lungendämpfungen und zur ' Be¬
stimmung der wahren Herzgrenzen empfahl. Wallers Peikus-
sionsmethode ist die folgende:
1. Schwache Perkussion.
a) Der nicht tympanitische Schall ist während der ganzen Re¬
spirationsphase zu hören, aber etwas oder deutlich zu kurz
= Dämpfung ersten Grades, bezeichnet als D 1.
b) Der nicht tympanitische Schall ist nur während eines
Teiles der Respirationsphase zu hören bei gewöhnlicher
oder forcierter Atmung — Dämpfung zweiten Grades, be¬
zeichnet als D 2.
c) Der nicht tympanitische Schall ist nicht zu hören. Die
Perkussionsstärke wird erhöht auf:
2. Mittelstarke Perkussion. . a ... __ -... _
a) Der nicht tympanitische Schall ist zu hören Damp¬
fung dritten Grades, bezeichnet als D 3.
b) Der nicht tympanitische Schall ist nicht zu hören. Die
Perkussionsstärke wird erhöht auf:
3. Starke Perkussion. , _ .....
a) Der nicht tympanitische Schall ist zu hören — Damp¬
fung vierten Grades, bezeichnet als D 4.
b) Der nicht tympanitische Schall ist nicht zu hören — Damp¬
fung fünften Grades bezeichnet als D 5.
Die Unterscheidung von 5 Dämpfungsstufen ist wohl für die
allgemeine Praxis zu kompliziert, besonders die Berücksichtigung des
Lungenschalls bei den Respirationsphasen. Ich wollte jedoch durch
die Mitteilung von Wallers Dämpfungsstufen ein klar umrissenes
Bild von seiner Perkussionsmethode geben.
Um kurz zu rekapitulieren:
Goldscheider beginnt mit starker Perkussion, um zuerst
Lungenschall zu erzielen und perkutiert leiser und leiser bis der
Lungenschall verschwindet und die Dämpfung heraustritt Waller
beginnt mit leiser Perkussion, bestimmt den Grad des dabei erhal¬
tenen Lungenschalls und geht allmählich über zui stärkeren Peikus-
sion bis zu dem Punkt, wo der Lungenschall verschwindet und nur
die Dämpfung restiert.
Nach diesen theoretischen Erörterungen wird die Technik
des Quantimeters nur noch kurzer Erläuterungen bedürfen.
Um einen möglichst abgegrenzten Schallstrahl zu erhalten,
ist die Perkussionsfläche des Quantimeters sehr verkleinert;
sie beträgt, wie oben erwähnt, nur einen halben Quadrat¬
zentimeter. ... t— , , £ ,.
Man setzt das Instrument mit festem Druck auf die
Thoraxwand auf. Der längere Teil des Glasstabes muss
parallel zur Brustwand stehen, der Handgriff ruhig und fest
gehalten werden. Man klopft nun, beginnend an der Marke U
an der rechtwinkligen Biegung des Glasstabes, mit kurzen
leisen gleichmässigen Schlägen mit dem Mittelfinger
der anderen Hand auf den Glasstab. Selbstverständlich er¬
fordert es eine gewisse Uebung in der Perkussion, um die
durchaus notwendige völlige Gleichmässigkeit der Schläge zu
erzielen. Wenn der Lungenbefund normal ist, so hören wir
dabei den charakteristischen Schall, der sich bisweilen als
Vibrieren noch besser fühlen als hören lässt. Man entfernt
sich nun mit dem klopfendem Mittelfinger mehr und mehr von
der Marke 0 nach hinten, nach dem Handgriff zu. Wir werden
dann bei gesunder Lunge bis zum Ende Lungenschall erzeugen
können, wenn er auch nach hinten zu leiser und leiser wird.
Handelt es sich dagegen um ein leichtes Infiltrat an irgend
einer Stelle der Lunge, so wird das Erlöschen des Lungen¬
schalls schon eher eintreten. Wir lesen nun am Glasstab ab,
an welcher Stelle dies erfolgte. Zur Kontrolle perkutieren wir
nochmals, vom Handgriff ausgehend, und markieren die Stelle,
wo der Lungenschall wieder beginnt. Da beide Werte, Ver¬
schwinden und Wiederauftreten von Lungenschall, nicht zu¬
sammenzuliegen brauchen, so müssen wir das arithmetische
Mittel aus beiden nehmen und diese definitive Zahl notieren.
Erhalten wir bei leiser Perkussion keinen Lungenschall
mehr, so werden wir in derselben Weise wie eben be¬
schrieben mittelstarke resp. starke Perkussion anwenden une
die entsprechenden Werte aufschreiben. In der Waller
sehen Perkussionsmethode ist die Grundidee gegeben, die ict
in der quantimetrischen Bestimmung des Schallstrahles nui
noch weiter ausgebaut habe. Die Goldscheider sch«
Methode hingegen erfährt durch die beschriebene Technik ein«
Vereinfachung in der Weise, dass das Abstufen der Perkussioi
bis zur ganz leisen ersetzt wird durch die Einschaltung eine
längeren Schallstrecke, wobei die Perkussionsstärke jeweil
gleich bleibt. Goldscheider beschreibt dies selbst i
folgender Weise:
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
133
21. Januar 1913.
„Der infolge der Kleinheit der Perkussionsfläche des
Griffels schon abgeschwächte Schall kann dadurch, dass man
sich mit dem anschlagenden Finger noch weiter vom Ende
entfernt, leicht noch weiter vermindert werden.“
Das Quantimeter gestattet uns, beiden Methoden zu ent¬
sprechen, hat aber den Vorteil, dass es innerhalb der einzelnen
Perkussionsstufen noch eine zahlenmässige Bestimmung er¬
möglicht, wodurch der Name Quantimeter gerechtfertigt wird.
Mit einigen Worten muss noch des tympanitischen
Schalles, wie man ihn über Kavernen findet, gedacht werden,
da er eine Sonderstellung bei diesen Schallwertsbestimmungen
einnimmt.
Als charakteristisch hat Turban gefunden, dass Tym- j
panie im allgemeinen bei leiser Perkussion gegenüber einer
an gleicher Stelle vorhandenen Dämpfung zurücktritt, und dass
speziell die Kavernentympanie oft nur bei stärkerer Per¬
kussion sich deutlich abgrenzt und dann am Quantimeter
nur über ganz kurze Strecken, meist nur wenige Zenti¬
meter erstreckt. In vielen Fällen lässt sich so eine Kaverne
sehr genau herausperkutieren, wie wir durch die Kontrolle am
Röntgenbild bestätigen konnten.
Aus dem bisher Mitgeteilten geht hervor, dass die be¬
schriebene Methode uns bis zu einem gewissen Grade von der
„komparativen Methode“, d. h. von der beide Lungen ver¬
gleichenden Perkussion, befreit, indem sie für jede Stelle an
der Lunge ein absolutes Mass von Schallhelligkeit, resp.
Dämpfung aufzustellen vermag. Aber auch für die immerhin
unentbehrliche komparative Methode selbst bietet sie uns in
manchen Fällen eine gewisse Hilfe, indem sie die Feststellung
erleichtert, welche von beiden Lungen stärker gedämpft ist.
Wir beklopfen dabei in einer gewissen Entfernung vom Null¬
punkt, sagen wir bei 7 cm z. B., die korrespondierenden
Stellen der beiden Lungen, in ganz gleich starker Weise. Wir
finden nun, falls es sich beiderseits um leichte Dämpfung han¬
delt. den Unterschied viel deutlicher in einer Zone des In¬
struments, in der wir uns bereits nahe der Grenze befinden,
wo der Lungenschall verschwindet. Würden wir hingegen
nahe am Nullpunkt diese Untersuchungen vornehmen, an dem
beiderseits noch reichlicher Lungenschall vorhanden ist, so
würden sich die feineren Unterschiede in der Intensität der
Dämpfung nur schwer perzipierbar machen.
Ich möchte dies in einer kurzen Skizze (Fig. 2) graphisch
beweisen 2). Nehmen wir die beiden kongruenten Dreiecke als
die graphische Darstellung des über beiden Lungen vor¬
handenen Schallgemisches bei leiser Perkussion an, die Grund¬
fläche der Dreiecke dabei als Schallstrecke gleich 15 cm, die
Höhe der Dreiecke als Schallstärke beiderseits 3 cm. Die
linke Lunge sei stärker gedämpft als die rechte. Wir finden
dann, wenn die schraffierten Partien die Dämpfung bedeuten,
dass beim Beklopfen am Nullpunkt die Unterschiede wenig
markant sind, dass aber in einer Entfernung von 7 cm links
nur noch minimaler Lungenschall vorhanden ist, während
rechts in dieser Entfernung der Lungenschall noch deutlich ist.
Die Verhältniszahlen von Lungenschall zur Dämpfung, die beim
Nullpunkt 1:1 resp. 1:0,66 betragen, erfahren die Aenderung
in 1:15 resp. 1 : 3.
Wenn ich znsammenfassen darf, so möchte ich als Vor¬
teile der Methode hervorheben:
■) Ich bin mir wohl bewusst, dass die Skizze den wahren
akustischen Verhältnissen nicht entspricht: sie soll auch nur das Ver¬
ständnis erleichtern.
1. Sie gestattet uns, absolute Werte der Dämpfung zu
finden, die bei späteren Untersuchungen zur Grundlage
dienen können, ob Aufhellung oder stärkere Dämpfung
eingetreten ist.
2. Sie erleichtert uns die komparative Perkussions¬
methode.
3. Wir können mit ihrer Hilfe Kavernen abgrenzen, die
sich sonst, wie wir wissen, oft nur mit Schwierigkeit
physikalisch nachweisen lassen.
Die v. Pirquetsche Kutanreaktion im Dienste der
Schwindsuchtsprophylaxe.
Von Dr. Büttner-Wobst, Dresden-Davos.
Ich hatte Gelegenheit, einen Fall von Lungentuberkulose genau
zu beobachten, dessen Vorgeschichte mir der Wiedergabe wert er¬
scheint:
Ein 26 jähriger Kollege, von kräftigem Körperbau, ohne erbliche
Belastung, erkrankte im September 1911 an Lungentuberkulose, die
sich zuerst durch eine Blutung manifestierte. Er war schon vor
Jahren vorübergehend in Sanatoriumsbehandlung, da — 1904 — eine
Dämpfung auf der rechten Spitze festgestellt wurde, ohne dass katar¬
rhalische Erscheinungen Vorgelegen hätten. Es handelte sich wohl
um eine schon damals, vielleicht in der Kinderzeit, abgelaufene
Spitzenerkrankung. Seit 1909 nun hatte er, teils im Interesse der
Selbstbeobachtung, teils auch zu demonstrativen Zwecken im
Schwesternunterricht, oft Gelegenheit genommen, bei sich die Kutan¬
reaktion nach v. Pirquet anzustellen, die jedesmal positiv ausfiel.
Im November 1910 nun — eine interkurrente Erkrankung hatte er,
von einer Angina 1908 abgesehen, nicht durchgemacht — wurde sie
plötzlich negativ und blieb es auch bei der 8 Tage darauf angestellten
Kontrolle. Im Februar des Jahres 1911 stellte sich eine trockene
Pleuritis ein, die bald restlos verheilte. Nachuntersuchungen ergaben
nie irgend einen Lungenbefund, ausser der erwähnten alten Schall¬
verkürzung auf der rechten Spitze, so dass der Patient auch ohne
weiteres in eine Lebensversicherung aufgenommen wurde. Im Juni
stellte sich eine rasch vorübergehende Wiederholung der pleu-
ritischen Schmerzen ein. Im Juli wurde wegen eines paraprokti-
tischen Abszesses eine Operation nötig. Die ausgeschnittene Abszess¬
wand wurde von sachverständigster Seite untersucht und ergab
keinerlei Anhaltspunkte für eine tuberkulöse Natur dieser Erkrankung.
Nachdem Pat. die schwere aufreibende Berufstätigkeit wieder
2 Monate durchgeführt hatte, wurde er im Anschluss an einen zwei¬
stündigen Vortrag von einer Blutung überrascht. Jetzt fanden sich
auch Tuberkelbazillen im Auswurf, die vorher im geringen Morgen¬
sputum nie nachweisbar gewesen waren, und schliesslich auch ein
physikalisch diagnostizierbarer Katarrh in der rechten Hilusgegend.
Vom weiteren Verlaufe interessiert uns hier nur, dass die v. Pir¬
quet sehe Reaktion wieder positiv geworden ist.
Diese Krankengeschichte scheint mir beachtlich zu sein wegen
des Verhaltens der T u b e r k u 1 i n r e a k t i o n vor dem
Krankheitsausbruche; sie beweist, dass vor dem klinisch
nachweisbaren Beginn einer tuberkulösen Zweiterkrankung (solche
liegt aber bei der Lungentuberkulose der Erwachsenen wohl immer
vor) die positive Kutanreaktion negativ werden kann. Es bestand
in unserem Falle eine prämonitorische „Anergie“, wie wir sie z. B.
im Verlauf der Masern auch kennen, mindestens 3 Monate vor den
ersten klinischen Symptomen der wiedereinsetzenden Erkrankung.
Es wäre eine Nachprüfung wünschenswert, ob diese mangelnde Re¬
aktionsfähigkeit sich regelmässig oder wenigstens oft vor der mani¬
festen Lungentuberkulose zeigt. Diese Nachprüfung könnte von schul-
oder militärärztlicher Seite bei hereditär Belasteten ohne grosse
Mühe vorgenommen werden. Ergibt sich eine allgemeinere Bestäti¬
gung meiner Beobachtung, so wäre zu empfehlen, tuberkulös Gefähr¬
dete regelmässig, sagen wir alle Monate, zu untersuchen. Dann
hätten wir im Umschlag der Kutanreaktion ein neues Frühsymptom
und mit ihm vielleicht das Mittel, noch vor Ausbruch der Krankheit
dieser den Boden zu entziehen. Ich verspräche mir wenigstens in
einem solchen Falle viel von einer sofort eingeleiteten Kur — hier
wäre eine hygienisch-diätetische Behandlung in Verbindung mit einer
Tuberkulinkur in tuberkelbazillenfreier Umgebung vielleicht das
Rationellste • — , wenn es dadurch gelänge, dem Körper seine Re¬
aktionsfähigkeit gegen das Tuberkulosegift wieder aufzuzwingen. Ich
nehme an, dass die herabgesetzte Antikörperbildung das Primäre bei
dem beobachteten Vorgänge ist und nicht eine Absorption der Anti¬
körper durch den neueinsetzenden Prozess die Kutanreaktion nega¬
tiv werden lässt. Diese Anergie kann vielleicht auftreten als Folge
von Ueberarbeitung, psychischen Traumen und ähnlichen Schädi¬
gungen, wie wir sie so oft in der Anamnese finden, sie schafft eine
zeitweise „Krankheitsbereitschaft“ und der Betroffene wird dann
von aussen oder von seiner eigenen alten Tuberkulose reinfiziert.
1.14
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Ueber negativen Druck in den langen Röhrenknochen
des Hundes.
Bemerkung zu der Arbeit von Schnitze und Bchan:
Von Dr. Richard und Dr. Felicitas Felten-Stoltzenberg
in St. Peter an der Nordsee.
In No. 52 dieser Wochenschrift berichtet Schultze über
interessante Ergebnisse einer Reihe von Versuchen, die er gemeinsam
mit B e h a n über den Druck in den langen Röhrenknochen angestellt
hat. Der kurzen Aufzählung der Konsequenzen aus der neuen Er¬
kenntnis, die der Verfasser am Schlüsse gibt, möchten v ir eu e
e'^ne Bd. 30, Heft 3/4 der Deutschen Zeitschrift für orthopädische
Chirurgie haben wir auf Grund eines sicheren Falles von traumatischer
solitärer Knochenzyste und genauer Prüfung der Vorgeschichte der
uns in der Literatur zugänglichen Knochenzysten die Ueberzeugung
ausgesprochen, dass die sogen, genuinen solitären Knochenzysten
traumatischen Ursprungs seien. Der Vorgang ist dabei nach unserer
Auffassung etwa folgender : Zertrümmerung von Knochensubstanz durcli
Trauma, verbunden mit Zerreissungen des Gefässnetzes, die nun zu
einer dem Knochenhämatom eigentümlichen verhältnismässig star
und häufig rezidivierenden Blutung führen, die ihrerseits die zystische
Rarefizierung und Auftreibung des Knochens verursacht. Der Grund
aber dieser verhältnismässig starken und rezidivierenden Blutung
im Knochen war uns unbekannt. Dass die Knochenlasion rein sub¬
periostal oder wenigstens in beschränktem Bezirke subperiostal sein
müsse, schien uns schon damals Bedingung. ,
Auf Grund der Tatsache eines negativen Druckes innerhalb der
Knochen wird nun dies eigentümliche Verhalten des Knochen¬
hämatoms verständlich: Unter der Wirkung des in der Markhohle
herrschenden Sogs muss die Blutung aus verletzten Getassen ve
hältnismässig stark werden und so lange anhalten blf dl® J3™.? "
diffeienz annähernd ausgeglichen ist. Das kann aber bei d^r stän¬
digen Absaugung aus den starren Stomata der aus der Markhohle
abführenden Venen erst dann der Fall sein, wenn es zu Gerinnungen
gekommen ist. die bei der herrschenden Strömung langsamer als in
extraossalen Hämatomen auftreten müssen. Im Verlauf der lepara-
torischen Vorgänge sind nun bei der Wiederherstellung des venösen
Abflusses und damit des negativen Druckes Rezidive der Blutung
aus dem jungen Organisationsgewebe sehr wohl vorstellbar.
So ist also das Ergebnis der S c h u 1 1 z e sehen Untersuchungen
auch für die Erkenntnis des Wesens der Knochenzysten von Be¬
deutung. _
Aus der Medizinschule der englisch-amerikanischen Mission in
Tsinanfu, Nordchina.
Ueber Erfahrungen mit der Blasennaht beim hohen
Steinschnitt an Kindern.
Von Dr. Frh. v. Werthern in Heide i. H.
Zu der von Herrn Dr. Grussendorf in No. 51, 1912 diese.
Wochenschrift angeregten Frage, ob Naht oder offene Wundbehand¬
lung nach Sectio alta bei Kindern mit Blasensteinen, mochte ich kurz
das Wort ergeifen und meine diesbezüglichen Erfahi ungen mitteilen,
die ich Gelegenheit hatte, in Nord-China zu machen, wo ja auch ^r
Blasenstein bei Knaben bisher einen der häufigsten chirurgischen Ein¬
griffe erfordert. Meine Erfahrungen dort führten mich, ich will es
gleich zu Anfang sagen, zu dem entgegengesetzten Resultat wie Herrn
Dr G., nämlich, dass auch bei Kindern der völlige Nahtvei Schluss
nach Sectio alta die rascheste und angenehmste Heilmethode ist.
Ich hatte Gelegenheit, im Verlauf von 18 Monaten _1 Biasensteine
zu operieren, von denen 18 bei Kindern unter 15 Jahren, die meisten
bei Kindern unter 8 Jahren waren. Alle diese Patienten hatten ihren
Stein schon 1 bis mehrere Jahre und litten teilweise unter den un¬
erträglichsten Schmerzen. Häufig wurden die Kinder gerade wahrend
einer Exazerbation der Krankheit gebracht, die meistens, wie wir
uns durch die Operation überzeugen konnten, durch eine teste Um¬
schnürung des Steins in der Pars prostatica hervorgeruten war, so
dass nur unter den furchtbarsten Tenesmen tropfenweise der Urm
hervorgepresst wurde. Es bestand dabei fast ausnahmslos Prolapsus
ani. Die Qualen der Kinder waren häufig so gross, dass wir meistens
schon nach 1—2 tägiger Vorbereitung operierten. Die 18 Kinder wur¬
den alle geheilt. Im Anfang behandelte ich 2 mal wegen der argen
Zystitis und bei Vorhandensein von Blutgerinnsel in der Blase oiten,
die anderen wurden alle genäht. Ich würde jetzt nur noch die auf s
schwerste gangränös entzündeten Blasen offen behandeln, sonst
immer nähen, da ja die Nachbehandlung und Heilung bei den genahten
Fällen durchweg rascher war, selbst bei Auftreten einer kleinen Urin-
fistel, die bei den genähten Blasen immer von selbst heilte. Aller¬
dings haben wir im Gegensatz zu Herrn Dr. G. bei der Operation
immer bei eröffneter Blase und nach der Blasennaht mit Bor- und
Wasserstoffsuperoxydlösung gespült, einmal um die Blase gründlich
zu reinigen und das andere Mal die Haltbarkeit der Blasennaht, einer
doppelten, fortlaufenden, zu prüfen. Weiter haben wir immer, und
darin sehe ich das Geheimnis unserer guten Erfolge, nach Entfernung
des Steins eine kleine äussere Urethrotomie gemacht, indem von
innen eine gebogene Kornzange gegen den Dam^r3fikithefeVin di»’
um durch diese Oeffnung einen weit dickeren Verwulkathe er ^
Blase einführen zu können, als ihn je die kindliche Urethra hatte
beherbergen können, ein Verfahren, wie es auch im Handbuch der
prakt. Chirurgie empfohlen wird. Nur durch solch grossen Katheter
ist eine ständige Entleerung der Blase auch bei Reizung und Zystitis
gewährleistet. Die kleine Urethrotomiewunde heilt nach Entiernung
des Katheters nach 8-14 Tagen anstandslos, selbst wenn er zur
Beschleunigung der Heilung einer kleinen suprapubischen Urinfistel
noch länger liegen bleiben musste. Der vom Damm aus eingefuhrte,
srerade liegende Katheter gewährleistet nicht nur die ständige Ent¬
leerung der Blase, wodurch allein die Blasennaht in den ersten lagen
nicht in Anspruch genommen wird, sondern auch sofort bei stocken¬
der Drainage durch Verstopfung des Katheters eine gründliche Reini¬
gung der Blase von Gewebsfetzen oder Blutgerinnsel. Ich wage zu
behaupten, dass bei derartigem Vorgehen keine Gefahr einet Urin-
infiltration besteht, auch wenn die Blase primär geschlossen wurde.
Die Schlussfolgerungen, welche ich selbst aus meinen Erfahrungen
zog sind die, dass ich nur in den seltensten Fällen auf eine pri¬
märe Blasennaht verzichten, im besonderen niemals selbst stärkere
Blasenreizung oder die Unmöglichkeit einer Tabaksbeutelnaht, die ich,
w^Te gesagt nie gemacht habe, als Kontraindikation e nes primären
Wundschlusses mit Glasdrain nach Kocher gelten lassen wurde.
Von Prof.
Psychiatrie und Gynäkologie.
B o s s i, Direktor der Universitäts-Frauenklinik in
Genua.
In einem in No. 50 dieser Wochenschrift erschienenen Aufsätze
Psychiatrie in der Gynäkologie“ greift Mathe s-Graz die Aus¬
einandersetzungen Ortenaus (No. 44 d. Wochenschr.) über den Zu¬
sammenhang zwischen Frauenleiden und psychoneu rot ische n S o-
rungen heftig an. Da die von Ortenau mitgeteilten Falle in meiner
Klinik beobachtet und behandelt wurden und die Drtenausche
Arbeit unter meiner Verantwortung veröffentlicht worden ist, so
sehe ich mich gezwungen, wenn auch me'ne Jd®eJ
bereits klar in der Wiener ined. Wochenschr. (1912, No. 47) von mi.
ausgesprochen und durch S c h u ! t z e (Gynäkok Rimdschau 19
H. 1) wiedergegeben worden sind, auf die Einwande M^thes hiei
kürz einzugehen, wenn auch Mathes sich auf den Sta'ldpu,1pJ ;[
stellen scheint, dass eine Diskussion einer so überwundenen rrag.
nicht mehr nötig, ja möglich sei. M t p ,
Auch jetzt wieder wundere ich mich darubei, dass Mathe ,
wie übrigens auch seine psychiatrischen Kollegen es tun, angesichts
eiKes so komplexen Problems, welches nicht bloss ln das physische
und psychische Leben der Patienten, sondern auch in das Fa¬
rn i 1 i e n 1 e b e n, das soziale Leben, das g e s e t z 1 1 che
Lebenso tief eingreift, nicht durch Entgegenstellen von klinischen
Beobachtungen, von positiven Fakta, von kontrollierbar e ii
anatomisch- pathologischen Daten, so wie wir es
immer tun, antwortet, sondern sich darauf beschränkt, eimach zu
protestieren, wie Vertreter einer Religion protestieren, wenn man
diese^r angreiit^ht im Mittelalter, wo die Medizin noch eine
„Ansicht“ darstellte und die Postulate der Medizin eine Art von
wissenschaftlichem Mysterium waren. Alle Zweige der Medizin
haben einen möglichst greifbaren und kontrollierbaren Positivismus
zu erreichen gesucht, und wo dieser noch nicht möglich war. wir
dies von den Vertretern der betreffenden Wissenschaft ruhig zu¬
gegeben. Die Psychiatrie aber, wenn auch sicherlich nicht durch die
Schuld ihrer wohlverdienten Vertreter, bleibt das Gebiet der medi¬
zinischen Wissenschaft, welches bis zum heutigen Tage am wenigsten
Fortschritt auf dem Boden der greifbaren Pathogenese der
Geisteskrankheiten und somit der Therapie gemacht hat. Es scheint
mir dieses, z. T. wenigstens, darauf zu beruhen, dass die Psychiatrie,
die ein Zweig der Neuropathologie überhaupt ist. eine selbständige
Wissenschaft geworden ist, anstatt letzterer untergeordnet zu bleiben.
Es darf die Lehie rein funktioneller Störungen, ohne anatomische
Grundlagen, nicht zu weit getrieben werden. Es darf nicht vergessen
werden, dass eine anatomische Läsion eines Organs eine funktio¬
nelle, individuell verschieden stark empfundene Storung bedingt. \\ ie-
viele Störungen während der Schwangerschaft, der Geburt, dem
Puerperium wurden früher von dem Psychiater als rein psychisch an-,
gesehen, während sie heute für den Geburtshelfer die Zeichen einer
organischen Komplikation eines natürlichen Prozesses sind! Die
reine Psychiatrie, die mehr oder weniger eine, auf dem Studium von
einer anatomischen Basis entbehrenden Symptomen beruhende
Wissenschaft ist, müsste mit Enthusiasmus jeden pathogenetischer
und therapeutischen Beitrag aufnehmen, der ihr durch die andern
Branchen der Medizin gebracht wird. Wenn ich jedoch bedenke
welchen Angriffen von psychiatrischer Seite ich ausgesetzt bm, seit¬
dem ich die häufige Möglichkeit von dem Vorkommen von durc.
Störungen des Urogenitalapparates reflektorisch bedingten Psycho¬
pathien hervorhebe, mich auf zahlreiche klinische Beobachtungei
stützend, so bin ich geneigt anzunehmen, dass die Psychiatrie voi
den Psychiatern wie ein geschlossenes Feld (campo chiuso) bewach
wird in das nur die Psychiater eindringen dürfen und können, wi.
die alten Auguren; dass ferner die Irrenhäuser von Vertretern andere
Zweige der Medizin nicht betreten werden dürfen. Und doch, wen
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
21. Januar 1913.
cs ein Gebiet der Medizin' gibt, welches der Erleuchtung durch
alle bedarf, so ist es dasjenige der psychischen Krankheiten. Es ge¬
nügt nicht, eine rein symptomatische, immer kompliziertere und ver-
wirrendere, nach den einzelnen Schulen ganz verschiedene Termino¬
logie und Nomenklatur aufzustellen, ohne Beachtung kontrollierbarer
klinischer Fakta. Dieselben einfach, ohne sie genau geprüft zu haben,
abzuleugnen, ist nicht erlaubt. Gegen eine auf Fakta beruhende
Wissenschaft protestiert man nicht; man darf höchstens mit ihren
Vertretern diskutieren.
Auf eine Besprechung der komplexen und komplizierten psychia¬
trischen Nomenklatur will ich mich nicht einlassen; eine psychiatische
Diagnose ist immer mehr oder weniger subjektiv, besonders wenn
es sich um die in praxi wichtigsten Grenzfälle handelt. Ich bleibe
auf dem rein praktischen, für den Patienten wichtigsten Boden posi¬
tiver klinischer Tatsachen und kontrollierbarer anatomischer Daten,
und erkläre, dass ich Patientinnen, die bereits im Irrenhaus waren
oder in dasselbe aufgenommen werden sollten, oder die Selbstmord¬
versuch angestellt hatten, oder die an der Grenze des Verbrechens
standen bzw. es schon ausgeübt hatten, welche ihre ganze Um¬
gebung unglücklich machten, lediglich durch Heilung bestehender
Genitalleiden auch von ihren psychischen Störungen befreit habe.
Dabei ist mir gleichgültig, ob die nähere psychiatrische Diagnose,
unter der die Patientin im Irrenhaus aufgenommen worden war,
richtig war oder nicht. In meinen Publikationen habe ich die Dia¬
gnosen angeführt, unter denen die Patientinnen mir gebracht wurden.
Ich hebe nur hervor, dass ich Patientinnen, die von ihrer Umgebung
und ihren Aerzten als geistig gestört angesehen wurden, die für
ihre Umgebung so lästig oder gefährlich geworden waren, deren
Ueberführung in eine Anstalt zugegeben wurde, die von Psychiatern
oft jahrelang ohne jeden Erfolg behandelt worden waren, geheilt habe,
ich, der Gynäkologe. Ich gebe zu, dass in Italien die Ver¬
hältnisse zum Teil anders liegen, wie in Deutschland oder Oester¬
reich; dass sowohl das gynäkologische wie das psychiatrische Ma¬
terial ein verschiedenes sein dürfte. Doch habe ich dieselben Erfah¬
rungen in meiner grossen internationalen, den „oberen Zehntausend“
angehörigen Klientel gemacht, wie in der Armenpraxis meiner Klinik.
Letztere verfügt über ein grosses diesbezügliches Material, welches
von Jahr zu Jahr wächst; ich bitte jeden Kollegen, meine Klinik zu
besuchen; in wenigen Wochen wird er sich von der Richtigkeit
meiner Ansichten überzeugen können. Eine Erklärung für meine Er¬
folge finde ich nur in meiner gynäkologischen Behandlung. Dieselbe
ist eine ausgesprochen konservative. Meine psychopathischen Pa¬
tientinnen leiden meistens an chronischen, schleichend verlaufenden
Prozessen; ich versuche dieselben zu heilen und dieFunktionder
Organe wieder völlig herzustellen; diese Wiederher¬
stellung hebt die psychischen Störungen. So darf ich von der
gynäkologischen Heilung der Psychopathien sprechen, so auch von
der gynäkologischen Prophylaxe der Psychopathien, des Selbst¬
mordes, des Verbrechens sprechen. Dass ich dabei rein suggestiv
wirke, bin ich mir nicht bewusst. Gerade dass meine Behandlung in
einigen Fällen so lange Zeit in Anspruch nimmt, spricht gegen eine
rein suggestive Wirkung derselben. Warum erreiche ich denn mit
meiner Suggestion nichts bei den vielen Psychopathien ungerechter¬
und unerlaubterweise von anderen Gynäkologen kastrierter Frauen?
Lud hier will ich einschalten, dass kein Gynäkologe energischer
als ich gegen das unberechtigte Behandeln des gesunden Genitales
bei nervösen Frauen, gegen das unsinnige Operieren, das Exstirpieren
des Uterus oder der Ovarien ohne absolute Indikation protestiert
hat. Ebensoviel Frauen werden zu Psychopathen, weil man sie un¬
berechtigterweise gynäkologisch behandelt, operiert, kastriert, als
welche durch Vernachlässigung eines chronisch-infektiösen Prozesses
psychisch erkranken. Die gewissenhafte Behandlung anscheinend oft
geringfügiger chronischer Genitalprozesse erfordert viel Zeit, Geduld
und Erfahrung, die viele „moderne“ Gynäkologen nicht besitzen; sie
halten die Behandlung dieser „langweiligen“ Erkrankungen für unter
ihrer Würde. Sie ziehen es vor, die Patientin mit guten Worten
wegzuschicken oder sie einer vagen Behandlung pro forma zu unter¬
werfen, um sie dann später einer, nach unserer Ansicht noch immer
oft unberechtigten Exstirpation der Ovarien und des Uterus zu unter¬
ziehen. Dieselben schweren psychischen Störungen, wie die Ka¬
stration, führen chronisch infektiöse Läsionen des Genitale herbei.
Durch letztere wird einerseits die Funktion der Organe mehr oder
\veniger gestört resp. aufgehoben, und ferner liefert der Infektions¬
herd ständig Toxine an das Blut ab. Es stellt sich eine chronische
loxänne ein, ähnlich wie bei chronisch-infektiösen Läsionen des Ma¬
gens, des Darmes, des Ohres, der Nase, der Prostata, der Urethra beim
Manne, wie beim Typhus, der Influenza, der Malaria, dem Alkoholis-
“«!*• abe( ist der reflektorische Einfluss des Genitale, sowohl
beim Manne, wie auch — und das in noch viel höherem Masse — bei
aer Frau, auf die psychischen Sphären ein weit grösserer als der
anderer Organe. Der Genitalapparat der Frau ist nicht bloss die
Basis ihres physischen und psychischen Lebens, sondern biologisch
streng genommen, eigentlich ihr Daseinszweck. Auch beim Manne
wirken chronische Entzündungen des Genitalapparates viel intensiver
aut die Psyche ein, als Erkrankungen anderer Organe. Denken wir
nur an die schwer melancholischen und hypochondrischen Zustände,
die wir bei Prostatikern beobachten! Deren psychischer Zustand
drückt sich oft in ihren Gesichtszügen so charakteristisch aus, dass die
Diagnose bereits ä distance beim Betreten des Sprechzimmers mög¬
lich ist.
Mat lies meint, die von mir bei meinen psychopathischen Pa¬
tientinnen Vorgefundenen Genitalveränderungen seien meist „ganz
bedeutungslos , wie viele, „Ovula Nabothi“. Es ist mir nie eingefallen,
Ovula Nabothi als pathologisch aufzufassen; sie sind nur oft eine
Begleiterscheinung chronischer metritischer Prozesse. Ich habe
immer geschrieben und gesagt, dass meistens nicht die anscheinend
schwereren Formen von Erkrankungen des Genitale, nicht die
Myome, Karzinome, Ovarialzysten usw. psychische Störungen herbei-
fiihren, sondern gerade diejenigen, die anscheinend geringfügige
und deshalb schwerer diagnostizierbare anatomische Veränderungen
hervorrufen, die deshalb auch am leichtesten der subjektiven Beob¬
achtung der Patientin selbst entgehen. Es sind diese die chronisch¬
infektiösen Endometritiden, mit Deformität und Lageveränderung des
Uterus, mit Retention der Sekrete in der erweiterten Uterushöhle,
die Zervixmetritiden usw. Dass nicht alle Patientinnen mit der¬
artigen- Genitalerkrankungen psychische Störungen zeigen, ist selbst¬
verständlich. Damit diese zustande kommen, muss der günstige
Boden, die neuropathische Veranlagung, vorhanden sein; dann wirken
chronisch-infektiöse Genitalprozesse als ein recht häufiges, auslösen¬
des Moment; solange sie nicht beseitigt sind, stellt sich das psy¬
chische Gleichgewicht nicht wieder ein und der Grundsatz, bei „ner¬
vösen“ und psychisch gestörten Frauen das Genitale, falls es krank
ist, nicht zu behandeln, ja sogar solche Patientinnen nicht einmal,
besonders wenn sie virgo sind, gynäkologisch zu untersuchen, ist
grundfalsch und verderblich. Unsere modernen Kenntnisse über das
Wesen der Psychoneurosen, über das Vorkommen von so vielseitigen
funktionellen Störungen ohne anatomische Grundlage, haben ein neues
Licht auf zahlreiche, bisher dunkle Krankheitsbilder geworfen; die
Haupterrungenschaften auf diesem Gebiete verdanken wir Internisten
(Dubois, Bernheim), Neurologen (Dejerine u. a.), nicht
Psychiatern. Doch darf eine reine Psychoneurose nicht diagnostiziert
werden, so lange der Organismus einen Herd chronisch-infektiöser
Entzündung in sich birgt. Hierin stimme ich vollkommen überein
mit der Auffassung Bernheims über die Aetiologie seiner „Neur¬
asthenie“. Auch erinnere ich an die Ansichten der F r e u d sehen
Schule, die viel Richtiges enthalten. Daher glaube ich nicht, dass die
Verbreitung meiner Lehre auf den Arzt gefährlich, sondern im
Gegenteil höchst segenbringend im Sinne einer sozialen Prophylaxe
wirken dürfte.
Aus der Kgl. Universitäts-Ohrenklinik und -Poliklinik in
München (Direktor: Prof. Dr. Heine).
Zur Pathologie und Klinik der otogenen Grosshirnabszesse.
Von Dr. Ludwig Haymann, Assistent der Klinik.
(Schluss.)
In sehr interessanter Weise zeigt folgender Fall einen
solch deutlichen Gegensatz im Verhalten der Sinusthrombose
und des Hirnabszesses in Bezug auf die Spontanheilungs¬
tendenz.
Fall II. Pat. 0., 41 Jahre alt, soll seit ca. 1 Jahr an recht¬
seitiger Ohreiterung leiden. Früher will er nie ohrenkrank gewiesen
sein. Eine Zeitlang soll eine grössere Anschwellung hinter dem Ohre
bestanden haben.
Die Untersuchung am 9. III. 11 ergab: Eiter im rechten Gehör¬
gang. Am . Boden desselben, an der Grenze zwischen knorpeligem
und knöchernem Abschnitt eine stecknadelkopfgrosse Granulation,
aus deren Kuppe bei Druck auf den Gehörgang tropfenweise Eiter
hervorquillt und neben der die Sonde auf rauhen Knochen kommt.
Trommelfell imperforiert, diffus getrübt, leicht gerötet, Konturen ver¬
strichen. Abziehen der Ohrmuschel, Druck auf den Tragus schmerz¬
los. Ueber dem Antrum geringe Druckempfindlichkeit. Linkes
Trommelfell ohne pathologische Veränderungen.
Die Hörprüfung ergibt: Links Konversationssprache am Ohr,
rechts wird sie überhaupt nicht gehört. Rinne (al) r— 1+8.
a’ vom Scheitel wird angeblich nicht gehört. Spontaner Nystagmus
besteht nicht. Nase, Nasenrachenraum, abgesehen von einer Deviatio
septi ohne pathologischen Befund.
Innere Organe ohne krankhafte Veränderungen. Normale Tem¬
peratur. Urin: E. — , Z. — . Von seiten des Nervensystems keine
pathologischen Erscheinungen, Abtragen der Granulation.
11. III. 11. Die Druckempfindlichkeit über dem Antrum hat
zugenommen, die Granulation ist wieder nachgewuchert. Spuren
von Sekret. Aufmeisselung in Chloroform-Aethernarkose.
Nach Abmeisselung der Kortikalis gelangt man in der Höhe des
Antrum in eine mit Granulationen erfüllte Höhle, die der Wand des
Sin. sig. anliegt. Von dort her entleert sich etwa ein Theelöffel
rahmigen Eiters. Freilegung des Sinus zentral- und peripherwärts,
bis er normal wird. Die in der Grösse eines Zehnpfennigstückes
freigelegte Dura der mittleren Schädelgrube zeigt keine Verände¬
rungen im Antrum. Kein Eiter. Unter dem knöchernen Gehörgang
hineingeschoben eine grosse, mit Eiter und Granulationen gefüllte
Zelle, von der eine Fistel nach dem Gehörgang führt. Abtragung
der Spitze, Tamponade, Verband.
Bei dem 4 Tage später erfolgten Verbandwechsel sieht die
Wunde gut aus. Ueberall lebhafte, gesund aussehende Granulations-
136
MU ENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
bildung. Befinden des Pat. subjektiv und objektiv gut. Temperatur
U Elf Tage nach der Operation musste der Pat. morgens plötzlich
ein paarmal erbrechen. Unter raschem Temperaturanstieg zeigte
er mittags verfallenes Aussehen und war, wahrend er morgens noch
völlig klar auf alle Fragen antwortete, leicht benommen und sehr
unruhig Deutliche Druckempfindlichkeit der Halswirbelsaule, geringe
der Brustwirbelsäule. Nackenstarre angedeutet. Richter KeRj'S-
Kein Schwindel, kein Schwanken beim Gehen. Spontanei Ny
stagmus nicht deutlich; nur beim Blick nach der ohrkranken Seite
einige nystagmusartige Zuckungen. Brechreiz ohne Erbrechen. La¬
byrinth kalorisch nicht erregbar.
' Abends Operation: Die Lumbalpunktion ergab tropfenweises Ab-
fliessen von getrübtem, opaleszierendem Liquor. Das Ausstrich¬
präparat zeigte viele, meist mononukleare Zelle,n'n^'neß; 1^"«!,'
LMe angelegten Kulturen blieben steril. Sinus und Dura der hintereTi
Schädelgrube werden weit freigelegt. Nach En.tf®rne,IJ utlich
wand bedeckenden Granulationen sieht man, dass dieselbe deutlich
eingesunken und verdickt erscheint. Die Punktion des Sinus ei 2'b t
nach einigen negativen Versuchen Blut. Punktion und Inzision des
Kleinhirn medial vom Sinus. Es kommt getrübter Liquor, lam-
ponade^s Be{inden des pat ]iat sjch am nächsten Tage nicht wesent¬
lich verändert. Er ist unruhig, klagt über heftigen Kopfschmerz.
Kernig positiv. Nackensteifigkeit hat zugenommen. Leicht be¬
nommen, zeitweise aber Sensorium ganz frei. Kein Nystagmu .
Gehen Schwanken nach der rechten Seite. Keine LahmUtu^nn’is
Paresen. Kein Babinski. Augenhintergrund ohne pathologischen
Radikal- und Labyrinthoperation. Ausgedehnte Freilegung der
Dura über dem Antrum und der Pauke. Die freigelegte Dura zeigi
starke respiratorische Bewegungen. Das Aussehen und Verhalten
der Dura der mittleren Schädelgrube spricht gegen einen Schlafen¬
lappenabszess, an den vermutungsweise gedacht wird. Das Bild
der Radikaloperationshöhle ist dadurch nicht ganz klai, da.s sich de.
horizontale Bogengang sehr schlecht markiert. Pauke und Antrum
ziemlich klein. Abtragen des Fazialissporns. Abmeisseln des Kno¬
chens an horizontaler Begrenzung und in der Gegend des ovalen
Fensters. Es wird nirgends das Lumen eines Bogenganges oder des
Vestibulums gefunden. Auch bei Abtragung des Knochens an der
hinteren Pyramidenfläche, wodurch der hintere Bogengang entfernt
wird, kommt nirgends ein Hohlraum zu Gesicht
Am nächsten Tag ist Pat. sehr unruhig, will wiederholt aus dem
Bett Die Nackensteifigkeit ist sehr stark ausgeprägt. Incontinentia
alvi et urinae. Babinski links deutlich, rechts nicht. Paresen des
linken Fazialis und des linken Armes. Vorgehaltene Gegenstände
werden erkannt und benannt. Lumbalpunktion fördert keinen Tropfen
Flüssigkeit zutage. Der Befund wird durch den Nervenarzt kon¬
trolliert und bestätigt. Die Möglichkeit des Bestehens eines Hirn¬
abszesses wird von diesem für sehr unwahrscheinlich gehalten.
Trotzdem soll am nächsten Tage eine Explorativpunktion des bchla-
fenlappens gemacht werden. Da die meningitischen Erscheinungen
aber sehr zugenommen haben und der Pat. vollkommen somnolent
ist, wird sie als zwecklos unterlassen. Unter Zunahme der Erschei¬
nungen nach 1 Tage Exitus.
Die Obduktion ergibt eine basale Meningitis, ausgehend von
einem Abszess im rechten Schläfenlappen. Die Dura ist über der
rechten Felsenbeinpyramide, im Bereiche des oberen vertikalen
Bogenganges, verwachsen. An ihr bleibt beim Hei ausnehmen
des Gehirns ein etwa pflaumengrosses, aus dem rechten
Schläfenlappen entstammendes Gebilde hängen. Beim Aufschneiden
erkennt man, dass es sich um einen mit dicken, grünen Liter ge¬
füllten Abszess handelt, der von einer etwa 1 mm dicken Membran
umgeben ist. In den vorderen Partien zeigt sich gegen die ge¬
sunde Hirnmasse nur eine unscharfe Abgrenzung. Hier ist die
Abszessmembran nicht deutlich ausgebildet, sondern die Eitermassen
scheinen sich diffus in die weisse Substanz des Grosshirns hinein
fortzusetzen Die Labyrinthhohlräume sind völlig verödet, anscheinend
mit Knochen ausgefüllt. Der rechte Sinus transversus ist vom oberen
Knie bis zum Bulbus thrombosiert. Histologisch handelt es sich um
einen spontan völlig ausgeheilten rekanalisierten Thiombus, andeie
Sinus frei.
Kurz zusammengefasst haben wir folgenden Krankheits¬
verlauf. Bei der Operation einer im Anschluss an eine an¬
scheinend akute Media entstandenen Mastoiditis fand sich im
Warzenfortsatz eine mit Granulationen erfüllte Höhle, ein
perisinuöser Abszess und eine vereiterte, in den Gehörgang
durchgebrochene Spitzenzelle. Normaler Heilverlauf. 11 Tage
nach der Operation plötzlich meningitische Erscheinungen.
Keine Zeichen eines frischen Labyrintheinbruchs. Exploration
des Sinus transversus und des Kleinhirns. Radikal- und
Labyrinthoperation, zunehmende Meningitis. Exitus. Die
Obduktion ergab einen alten Schläfenlappenabszess, davon
ausgehend eine eitrige Meningitis. Ausgeheilte Thrombose im
Sinus transversus. Ausgeheilte Labyrinthitis.
Dieser Fall ist in mancher Beziehung interessant. Der
klinische Verlauf zeigt wiederum aufs neue, welche Schwierig¬
keiten mitunter die Beurteilung gerade otogener Krankheits¬
erscheinungen und dementsprechend die Wahl des thera¬
peutischen Vorgehens machen kann. Dem ganzen Befunde
nach musste man in diesem Falle an einen akuten oder sub¬
akuten entzündlichen Mittelohrprozess denken. Die rechts¬
seitige Taubheit für Sprache und a 1 2G) war nicht ohne weiteres
einwandfrei für die Annahme entzündlicher Veränderungen im
Labyrinth verwertbar, da ja Patient auf dem anderen Ohre
mit normalem Trommelfell sehr schlecht hörte und hiei deut¬
lich eine Erkrankung des inneren Ohres festzustellen wai.
Die kalorische Prüfung wurde in diesem Falle aus bestimmten
äusseren Gründen im Anfang unterlassen und erst später nac i-
geholt. Wie man sieht, empfiehlt es sich aber wohl, m jedem
Falle auch von akuten Mittelohrprozessen, die. zur Operation
kommen, nicht nur aus wissenschaftlichen, sondern aus piak-
tischen Gründen, prinzipiell die Vestibularisfunktion genau zu
prüfen. Der Operationsbefund entsprach der Auffassung des
Falles. Als dann plötzlich die meningitischen Erscheinungen
einsetzten, legte der Befund in der hinteren Schädelgrube, die
kalorische Unerregbarkeit des Labyrinths, den Gedanken nahe,
dass die Infektion auf einem dieser beiden Wege vor sich
gegangen war, zumal manche Zeichen noch am ehesten fm
einen Prozess in der hinteren Schädelgrube sprachen. Aller¬
dings konnte man dagegen auch manche Bedenken gelten
machen, die durch den Operationsbefund am Sinus und im
Labyrinth noch vermehrt wurden und die es nicht als sehr
wahrscheinlich erscheinen Hessen, dass die Meningitis im
direkten Zusammenhang mit diesen Veränderungen stand. I le
Obduktion und histologische Untersuchung hat ja auch diese
Vermutungen völlig bestätigt. Eine weitere Freilegung der
Dura der mittleren Schädelgrube, die uns wohl die Wegleitung
des Abszesses hätte erkennen lassen, unterblieb leider, da die
in ziemlicher Ausdehnung freigelegten Partien absolut keine
Veränderungen zeigten. Deshalb, und weil auch von neuro¬
logischer Seite die Annahme eines Schläfenlappenabszesses für
ganz unwahrscheinlich gehalten wurde, sahen wir von einer
Probeinzision ab, obwohl verschiedentlich an die Möglichkeit
eines Eiterherdes im Schläfenlappen gedacht worden war. Ls
bestanden eben keine irgendwie verwertbaren Symptome, die
mit einiger Sicherheit auf einen solchen Prozess hingewiesen
hätten. Die meningitischen Erscheinungen waren die ersten
Zeichen der endokraniellen Komplikation. Die Meningitis
breitete sich sehr rasch aus und führte in kurzer Zeit zum
Tode. Der Abszess war gewissermassen aus dem Stadium
der Latenz in das terminale übergetreten, resp. seine Mani¬
festation fiel mit dem Terminalstadium zusammen. Etwa vor¬
handene verwertbare Symptome wurden durch die im Voider-
grund stehenden, meningitischen Erscheinungen völlig ver¬
deckt Die in den beiden letzten Tagen ante exitum auf¬
getretenen Paresen der linken Extremitäten waren die ein¬
zigen Lokalisationssymptome, die aber auch durch die be¬
stehende Meningitis ohne weiteres erklärt werden konnten.
Das Hauptinteresse dieses Falles liegt aber in seinem
pathologisch-anatomischen Verhalten. Er zeigt einwand¬
frei, dass unzweifelhaft otogene Sinusthrombosen spontan völlig
ausheilen können, wie der organisierte und zum grössten 1 eil
rekanalisierte Thrombus im Sinus sigmoideus klar beweist.
Auf die nähere Würdigung dieses Befundes brauche ich hier
nicht weiter einzugehen, da ich27) ihn bereits an anderer
Stelle ausführlich beschrieben habe. Diese auch sonst beob¬
achtete Tendenz otogener Sinusthrombosen zur Spontan¬
heilung, ist in unserem Falle um so beachtenswerter, da der¬
selbe ursächliche Prozess im Schläfenbein gleichzeitig noch
eine andere endokranielle Komplikation, einen Hirnabszess be¬
dingt hatte, der schliesslich zu einer eiterigen Meningitis und
dadurch zum Exitus führte. Dieser Gegensatz, — ausgeheilte
Sinusthrombose, ausgeheilte Labyrinthitis einerseits, langer¬
bestehender, aber schliesslich doch zur Meningitis fühlen er
Hirnabszess andererseits — ist für die Beurteilung der Hei-
lungstendenz der Hirnabszesse von Interesse. Er beweist, wie
schon oben erwähnt, dass man bei Hirnabszessen im Gegen¬
satz zu anderen endokraniellen Erkrankungen otogenen Ur¬
sprungs — auch unter sonst günstigen Allgemeinbedingungen
2e) Siehe Haymann: Kritisches zur Feststellung einseitiger
Taubheit: mit a’. Archiv für Ohrenheilkunde.
27) Haymann: 1. c.
21. .Januar 1913.
MÜ£NCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
137
mit Spoutanheilungsvörgängeu kaum jemals rechnen darf. Die
ältere noch öfters anzutreffende Vorstellung, dass mit der
Bildung einer sogen. Abszesskapsel die Eiterung nun zur
Ruhe gekommen sei und die Einschmelzung nicht weiter fort¬
schreite, wurde durch neuere Untersuchungen nicht be¬
stätigt 28). Miodowski59) hat in seinen histologischen
Untersuchungen über otogene Hirnabszesse ausführlich darauf
hingewiesen, dass sich auch jenseits des bindegewebigen
Walles fortschreitende entzündliche Vorgänge weiterhin ab¬
zuspielen pflegen. Der Vorgang der Balgbildung ist natürlich
als ein Schutzversuch des Organismus anzusehen. Jedoch
ist sie eben nur ein Versuch, der wohl fast nie einen tatsäch¬
lich ausreichenden Schutz darstellt. Die histologische Unter¬
suchung der Abszesskapsel ergab in unserem Falle die be¬
kannten, kürzlich von Miodowski ausführlich erörterten
Verhältnisse, weshalb hier darauf nicht näher eingegangen
werden soll. Es sei nur erwähnt, dass an einer — schon
makroskopisch erkennbaren und oben beschriebenen — Stelle
die bindegewebige Zone der Abszesskapsel von kleinzelliger
Infiltration, die hier diffus in die benachbarten Hirnpartien vor¬
drang, völlig verdeckt resp. durchbrochen war.
Zum Schlüsse möchte ich noch auf einen praktisch wich¬
tigen Punkt kurz zu sprechen kommen, der durch diese beiden
Fälle gut illustriert wird: nämlich auf die oft unterschätzten
Schwierigkeiten in der Diagnose otogener Schläfenlappen¬
abszesse. Im zweiten Falle fehlten — um es kurz zu rekapi¬
tulieren — alle Symptome, die für eine exakte Diagnose ver¬
wendbar gewesen wären. Die allgemeinen Erscheinungen,
die Pat. bei seiner Aufnahme bot, waren zwanglos durch
die bestehende Warzenfortsatzerkrankung zu erklären. Die
ca. 10 Tage nach der Operation einsetzenden meningitischen
Symptome legten bei der bestehenden Labyrinthveränderung
in erster Linie den Gedanken nahe, dass der entzündliche
Prozess auf diesem Weg auf das Schädelinnere übergegriffen
hatte. In der Zwischenzeit wies nicht das geringste auf einen
latenten Hirnabszess hin. Abgesehen von allen anderen Um¬
ständen kam noch dazu, dass es sich um einen rechtsseitigen
Schläfenlappenabszess bei einem Rechtshänder handelte. Im
ersten Falle lagen die Bedingungen von vornherein insofern
günstiger, als es sich um einen linksseitigen Schläfenlappen¬
abszess bei einem Rechtshänder handelte, man also mit ziem¬
licher Sicherheit Sprachstörungen erwarten konnte. Wir
haben aber gesehen, wie selbst dieses prägnante Symptom
fehlen oder nicht in Erscheinung treten und sich erst später
deutlich entwickeln kann. Die sonstigen Krankheitserschei¬
nungen waren alle durch das ursächliche Ohrenleiden zu er¬
klären. Nur das eigentümliche psychische Verhalten der
Patientin lenkte den Verdacht auf die Möglichkeit einer endo-
kraniellen Komplikation. Sichere Schlüsse, insbesondere eine
genauere Lokalisation der Erkrankung, konnte man natürlich
daraus nicht ziehen.
Es liegt nicht im Rahmen dieser kurzen Abhandlung, auf
die Diagnose der otogenen Schläfenlappenabszesse näher ein¬
zugehen. Alle Einzelheiten finden sich in den entsprechenden
Arbeiten von Oppenheim30), Körner31) usw. Hier sei
nur erwähnt, dass die Schwierigkeiten bei der Diagnose oto¬
gener Hirnabszesse nicht nur darin bestehen, dass, wie wir
gesehen haben, unter Umständen alle objektiven Symptome
fehlen, oder völlig verdeckt sein können, sondern dass auch
umgekehrt Erscheinungen eines Hirnabszesses vorgetäuscht
werden können, ohne dass ein solcher wirklich vorhanden ist.
Abgesehen von gleichzeitig bestehenden gleichseitigen Hirn¬
tumoren, ein Zusammentreffen, das bei Erwachsenen wohl sehr
selten ist ■), erinnere ich an die Beobachtungen, wo extra¬
durale oder subdurale Eiteransammlungen die Erscheinungen
Literatur bei Oppenheim.
') Miodowski: Beiträge zur Pathogenese und pathologi-
scnen Histologie des Hirnabszesses. Archiv für Ohrenheilkunde,
Bd. 77, S. 239.
. I0) Oppenheim: Der Hirnabszess. A. Holder. Wien und
Leipzig 1909.
■ V Körner: Die otitischcn Erkrankungen des Hirns usw. 1902
und Anhang 1908.
32> Kindern ist dagegen das nicht seltene Zusammentreffen
on eitriger Schläfenbeinerkrankung und Hirntuberkel immer in Er¬
wägung zu ziehen. Siehe Körner: Eitrige Erkrankungen des
Hirns usw.
No. 3.
von Schläfenlappenabszesseil vorgetäuscht haben [Heine33),
Körne r |, die nach Warzenfortsatzoperation, nach Entleerung
des betreffenden Eiterherdes verschwanden.
Auch bei eitrigen Meningitiden können durch die vor¬
wiegende Lokalisation der entzündlichen Veränderungen im
Bereich einzelner Rindenfelder zerebrale Herdsyptome zu¬
stande kommen, wie Beobachtungen von B r i e g e r M),
Körner 35), K u h n u. a. m. zeigen. Schon auf der Versamm¬
lung der deutschen otologischen Gesellschaft zu Hamburg
1899 hat Brieger darauf hingewiesen, dass die Differen¬
zierung der otogenen Meningitis gegenüber andersartigen
endokraniellen Eiterungen, insbesondere gegen den Hirn¬
abszess dadurch kompliziert werden kann, dass die Meningitis
sich sehr oft sprungweise ausbreitet und durch Beschränkung
auf einzelne Rindenfelder Herdsymptome, z. B. aphasische
Störungen hervorruft. Ebenso hat man bekanntlich in Fällen
von sogenannter Meningitis serosa otitischen Ursprungs zere¬
brale Symptome auftreten sehen, die auf einen Hirn- oder
Kleinhirnabszess hinzuweisen schienen. Bei der Exploration
der vermuteten Eiterherde wurde jedoch kein Eiter gefunden,
sondern nur vermehrter Liquor entleert. Die Erscheinungen
gingen daraufhin zurück, die Patienten gesundeten. Be¬
merkenswert ist hier ferner noch eine kürzlich von Heil-
bronn30) aus der M a n a s s e sehen Klinik mitgeteilte Be¬
obachtung. Bei einem Falle von otogener Sinusthrombose
nach linksseitiger chronischer Ohreiterung trat eine aus¬
geprägte sensorische Aphasie auf, die nach ca. 1 Tage wieder
verschwand. Die Obduktion ergab neben einer ausgedehnten
Thrombose im linken Sinus transversus eine Pialvenenthrom-
bose des linken Schläfenlappens. Der Verschluss der Pialvene
und die daraus resultierende Blutstauung bedingten wahr¬
scheinlich vorübergehende Ernährungsstörungen des betr.
Hirnteiles, als deren Folge die sensorische Aphasie auftrat.
Nun haben wir zur Erkenntnis der Hirnabszesse otogenen
Ursprungs — bei denen wir in den Mittelohrräumen immer,
wenn auch unter Umständen, recht geringe Veränderungen
erwarten dürfen — ein wichtiges, diagnostisches Hilfsmittel:
die Freilegung der Schädelgruben und die Probepunktion des
Hirns. Schon die Freilegung der Schädelgruben ermöglicht
oft einen entscheidenden Einblick, der für unser therapeu¬
tisches Verhalten ausschlaggebend ist. Allein auch die so er¬
langte Erkenntnis ist nicht immer ausreichend und zulässig.
Veränderungen der Dura an sich gestatten noch keine weiteren
Schlüsse. Vorhandene Komplikationen, wie z. B. grosse
Extraduralabszesse, Sinusthrombosen usw. klären die Er¬
scheinungen wohl teilweise auf, schliessen jedoch einen gleich¬
zeitig bestehenden Hirnabszess natürlich nicht aus (Fall 1).
Immerhin berechtigen sie unter Umständen dazu, den Erfolg
des Eingriffes vorderhand abzuwarten. Am einfachsten ist es
natürlich, wenn man an der veränderten Durastelle eine Fistel
findet. Das Fehlen einer solchen beweist aber gar nichts, da
sie auch, wenn sie vorhanden ist, mitunter leicht übersehen
werden kann, wie ein von Miodowski37) histologisch
untersuchter Fall zeigt, bei dem die Fistel die Dura schräg
durchsetzte und durch den Druck des Abszesses ventilartig
verschlossen wurde. Aus den Veränderungen der Duraaussen-
fläche kann man keine bindenden Schlüsse ziehen, weil trotz
eines hohen Granulationspolsters die eigentliche Dura gut er¬
halten sein kann und umgekehrt. Ueberhaupt dürfen wir die
makroskopischen Befunde hier nur sehr vorsichtig verwerten.
Ohne einem zu aggressivem Vorgehen das Wort zu reden,
und bei gewissenhafter Würdigung aller in Betracht kommen¬
der Momente wird man deshalb — das scheint fast allgemein
anerkannt zu sein — öfters zur Exploration des Hirns schreiten
müssen, ohne sich auf einen ganz sicheren Symptomenkomplex
stützen zu können. Ohne die eventuellen Gefahren einer un¬
nötigen Duraeröffnung und Hirnpunktion zu verringern oder
33) Heine: Zur Kenntnis der subduralen Eiterungen. Lucae-
Festschrift. Berlin 1905. Springer.
31) Brieger: Verh. d. Deutsch, otolog. Gesellschaft 1899 in
Hamburg. Zur Pathologie der otogenen Meningitis.
35) Körner: Eitrige Erkrankungen des Hirns usw.
3®) Heilbronn: Arch. f. Ohrenheilk., Bd. 89.
3') Miodowski: Beiträge zur Pathogenese und pathologischen
Histologie des Hirnabszesses (nebst experimentellen Untersuchungen
über die Abdichtung des Arachnoidealraumes). Arch. f. Ohrenheilk..
Bd. 77, S. 239.
4
138
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
zu übertreiben, wird man sieb zu diesem Eingriff oft um so
eher entschlossen, wenn man bedenkt, dass die Heilungs¬
chancen um so bessere sind, je früher der Abszess entleert
wird, dass nicht operierte Hirnabszesse so gut wie immer
zum Exitus führen, und wenn man durch zu langes Zögern
und zu grosse Zurückhaltung gelegentlich Patienten verloren
hat, die bei frühzeitiger Exploration des Hirns vielleicht hätten
gerettet werden können. Wir können deshalb den jüngst von
Hasslauer38) vertretenen Anschauungen nicht zustimmen,
der im Anschluss an die Mitteilung eines operativ geheilten
Kleinhirnabszesses empfiehlt, immer zu warten, bis das bym-
ptomenbild des Hirnabszesses ganz deutlich geworden, weil
man warten dürfe und könne. Denn einmal braucht das Bild,
wie unsere Fälle zeigen, gar nicht deutlich zu werden, und
wenn es deutlich geworden ist, kommt unsere operative Fli e
leicht zu spät. Es ist eben sicher ein beachtenswerter Fort¬
schritt, dass man durch zielbewusstes, operatives Vorgehen
jetzt auch otogene Hirnabszesse finden und heilen kann, die
sich noch nicht ganz deutlich manifestieren in Fällen, wo
wir nach dem gegenwärtigen Stand unserer diagnostischen
Kenntnisse noch nicht in der Lage sind, solche Erkrankung
mit absoluter Sicherheit festzustellen. Wenn man die publi¬
zierten Fälle daraufhin durchsieht, welche Symptome für den
operativen Eingriff massgebend waren, so findet man bei einei
grossen Zahl und oft gerade bei den sehr günstig verlaufenen,
dass nicht sowohl die exakte Diagnose, als vielmehr die —
allerdings oft auf einer grossen persönlichen Erfahrung ge¬
stützte — Vermutung massgebend für die Exploration des
Gehirns und die operative Aufdeckung des Abszesses war. Es
ist ohne weiteres zuzugeben, dass dieser Zustand nicht gerade
ideal ist. Bei dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse
wird man aber eben nicht selten gezwungen sein, das relativ
verlässigste diagnostische Hilfsmittel: die Probepunktion resp.
die Probeinzision des Hirns anzuwenden, ein Standpunkt, für
den erst kürzlich auch H i n s b e r g gelegentlich der Mitteilung
zweier Fälle von Hirnabszessen eingetreten ist.
Marion Sims.
Zur Jahrhundertfeier seines Geburtstages.
In der Geschichte der operativen Gynäkologie nimmt
Amerika einen Ehrenplatz ein. Die Namen McDowell,
Nott, Batte y, Emmet, Bozemann, Edebohls,
Kelly werden in aller Zukunft genannt werden. Keiner abei
leuchtet so hell wie der Name Marion Sims. Sims war
einer jener seltenen Männer, die die altgewohnten Pfade ver¬
lassen, die, erfüllt von unbezwinglichem Schaffensdrang, ilne
eigenen Wege gehen und neue Bahnen eröffnen. Durch seine
epochemachenden Neuerungen wurde er dei Begitindei dei
modernen Gynäkologie und mit Recht nennen^ ihn die Ameri¬
kaner Vater der operativen Gynäkologie. Es geziemt sich
wohl, dass wir dieses edlen und verdienstvollen Mannes bei
der hundertjährigen Wiederkehr seines Geburtstages in Dank¬
barkeit gedenken. .
James Marion Sims wurde am 25. Januar 1813 in
bescheidenen Verhältnissen auf einer Farm in der Nähe des
Städtchens Lancaster im nördlichen Teile von Siidcarolina
geboren. Er stammt aus einer in der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts aus England eingewanderten Familie. Sein
Vater war ein in seiner engeren Heimat hochangesehener
Mann. Nachdem Sims die Schulen seiner Heimat absolviert
hatte, bezog er zur weiteren Ausbildung das Columbia College
in Columbia, woselbst er nach 2 Jahren graduierte. Hierauf
begann er das Studium der Medizin am Medical College zu
Charleston. Ein Jahr später bezog er die J e f f e r s o n - Uni¬
versität zu Philadelphia, wo er im Jahre 1835 zum Doktor
der Medizin promovierte. Er liess sich anfangs in seiner
Heimat Lancaster als Arzt nieder, aber entmutigt durch den
Tod eines Kindes, das unter seiner Behandlung an Cholera
infantum starb, verliess er seine Heimat, zog nach dem Staate
Alabama und begann die Ausübung seines Berufes in Mount
Meigs. Gleich anfangs tat er sich durch eine Anzahl kühner
Operationen hervor und bald war sein Name einer der ersten
38) Hasslauer: Archiv für Ohrenheilkunde, Bd. 86. S. 145.
unter den Aerzten der Umgegend. Schon nach 2 Jahren
siedelte er nach Montgomery, der Hauptstadt des Staates,
über. Hier war es, wo er seine für die Entwickelung der
modernen Gynäkologie so wichtigen Operationen ausführte.
Von grösster Bedeutung für seine späteren Arbeiten war die
Erfindung des nach ihm benannten Scheidenspekulums.
Sims wurde eines Tages zu einer Frau gerufen, die
durch Sturz vom Pferde eine Retroversio uteri erlitten hatte.
Er brachte die Patientin in die Knic-Ellenbogenlage und bei
dem Versuch, die Gebärmutter in ihre ursprüngliche Lage zu
bringen, drang die atmosphärische Luft in die sich aus¬
dehnende Scheide und die verlagerte Gebärmutter glitt leicht
in ihre normale Lage zurück. Sims’ schneller Blick erkannte i
sofort die ganze Bedeutung dieses Vorganges. „Wenn ich in
dieser Lage die Scheide durch Luftdruck ausdehnen kann, rief
er aus, warum sollte ich dieses Prinzip nicht auch bei den
Fällen von Scheidenfisteln anwenden?“ So verfiel er auf die
Idee des Rinnenspekulums, „ohne welches, sagt Olshausen,
alle unseren modernen Vaginaloperationen undenkbar wären \
Schon vorher hatte Sims sich mit den vesiko-vaginalen
Fisteln beschäftigt, sie aber als unheilbar aufgegeben. Jetzt
aber machte er sich mit unvergleichlichem Enthusiasmus an
die Heilung dieses schrecklichen Zustandes, der, wie Sims J
selbst sagt, schlimmer ist als der Tod. Er erbaute in der ;
Nähe seines Hauses ein kleines Hospital, wo er eine Anzahl 1 1
Negermädchen, die mit diesem Leiden behaftet waren, . auf
seine eigenen Kosten unterhielt. Jahrelang arbeitete Sims M
an diesem Werk. Alle Versuche scheiterten an der Infektion. i
Ein Mann mit geringerer Energie und Beharrlichkeit hätte den
Mut verloren. Seine Freunde rieten ihm, die Sache auf¬
zugeben, da sie ihn nur arm mache. „Ich bin überzeugt, dass :
ich diese Sache erfolgreich durchführen werde“, war seine
Antwort, „es ist mir gleichgültig, was es kostet, selbst wenn
es mein Leben kosten sollte.“ Zuletzt verfiel Sims auf die !
Silbernaht. Er wandte dieselbe bei einer Patientin, an der er
mehr als 30 erfolglose Versuche gemacht hatte, an. Die
Heilung gelang. Gross war seine Freude. In kurzer Zeit hatte
er alle die armen Sklavenmädchen von ihren schrecklichen
Leiden befreit. Das war im Jahre 1849. Erst im Jahre 18521
veröffentlichte Sims im American Journal of Medical Sciences
einen Bericht über diese schönen Erfolge.
Bald aber begannen schwere Tage für Sims, die seine
Tatkraft, seinen Mut und sein Selbstvertrauen auf eine harte
Probe stellten. Das damalige ungesunde Klima des alabami-
schen Tieflandes griff seine Gesundheit stark an und bedrohte
mehrmals das Leben des verdienstvollen Mannes. Von einem
mehrere Jahre dauernden chronischen Leiden suchte er Hei¬
lung im Norden und so siedelte er im Jahre 1853 nach New
York über. Arm und unbekannt kam er mit seinei Familie
hier an, und er hatte lange und schwere Kämpfe zu bestehen,
bevor seine Verdienste Anerkennung fanden.
Sims sah bald ein, dass nur ein Hospital, worin aus¬
schliesslich Frauenkrankheiten behandelt würden, ein ge¬
eignetes Feld für seine Tätigkeit bieten könne. Mit seiner ge-g
wohnten Energie ging Sims an diese schwierige Aufgabe.
Es gelang ihm, die Unterstützung einiger hervorragender!
Aerzte und, was viel wichtiger war, das Vertrauen und diel
tatkräftige Hilfe einer Anzahl edler vornehmer Frauen zu ge¬
winnen, so dass in kurzer Zeit das erste grosse Frauenhospital
zustande kam. Sims wurde mit dessen Leitung betiaut
Jetzt war er in seinem Element. Seine Gesundheit kehrte
zurück und bald fanden seine Verdienste die gebührende An
erkennung.
Im Jahre 1861 reiste Sims nach Europa, zunächst nact
Schottland und England, wo er einige glänzende Operationer
an Patientinnen ausführte, die für unheilbar gehalten wurden
Dann ging er nach Paris und operierte in Gegenwart vor
Velpeau, N e 1 a t o n, C i v i a 1 e u. a. eine Anzahl äussers
schwieriger Fälle mit durchschlagendem Erfolg.
Nach seiner Rückkehr in sein Vaterland veröffentlicht1
Sims seine berühmten „Clinical Notes on Uterine Surgery
(1866), die sofort in mehrere Sprachen übersetzt wurden um
seinen Namen in der ganzen medizinischen Welt bekann
machten. , , .
Als der deutsch-französische Krieg ausbrach, befand sic
Sims wieder in Paris. Er organisierte sogleich die englisch
iALERIE HERVORRAGENDER ARZTE UND NATURFORSCHER.
- -
/VIäRION ßlMS.
Beilage zur Münchener medizinischen Wochenschrift. Blatt 316, igrj-
Verlag von J. F. LEHMANN in München
33SS
21. Januar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ 139
amerikanische Ambulanz, deren Leitung er übernahm. Sims
war in der Schlacht bei Sedan gegenwärtig. Während
mehrerer Wochen arbeitete er unermüdlich in dem ihm unter¬
stellten Hospital, in dem mehrere Tausend französischer und
deutscher Verwundeter behandelt wurden.
Nach New York zurückgekehrt, übernahm S i m s wieder
die Leitung des Frauenhospitales, aber unerquickliche Streitig¬
keiten mit der Verwaltungskommission, die ihm engherzige
Vorschriften machen wollte, veranlassten ihn von dieser
Stelle zurückzutreten. Im Jahre 1883 wollte er nach Was¬
hington übersiedeln und hatte alle Vorbereitungen dazu ge¬
troffen, als er am 13. November desselben Jahres plötzlich
einem Herzleiden erlag.
Wie alle Männer, die mit neuen Ideen und neuen Ent¬
deckungen hervortreten, auf Widerstand treffen, so erging es
auch Sims, aber während das Werk manchen grossen
Mannes erst nach seinem Tode Anerkennung gefunden hat,
war es Sims vergönnt, noch bei seinen Lebzeiten seine Ver¬
dienste voll gewürdigt zu sehen. Er wurde mit Ehren über¬
häuft. Der Kaiser Napoleon, der König von Belgien und
andere Fürsten ehrten ihn mit Auszeichnungen.
Sein grosses Verdienst war die Erfindung des Rinnen-
spekulums, welche die Gynäkologie in ganz neue Bahnen
lenkte. Bei der operativen Behandlung der Scheidenfisteln
ist die Sims sehe Lage, die Silbernaht und seine Drainage¬
methode in der modernen Gynäkologie noch massgebend.
Sims war auch der erste, der den krankhaften Zustand des
Vaginismus beschrieb (1861); er war es, der der Cholezysto-
tomie zur Entfernung von Gallensteinen eine praktische Form
gab (1878) und Sims’ Verdienst war es, das erste grosse
Frauenhospital der Welt ins Leben gerufen zu haben.
Sims war ein Mann von gewinnendem Wesen, freund¬
lich gegen jedermann und jederzeit bereit, Notleidenden zu
helfen. Er war von tiefem Mitgefühl für die Leiden seiner Mit¬
menschen erfüllt, das auch gegenüber den armen Negerfrauen
nicht versagte. Er war eine gerade, offene Natur und ver¬
abscheute jede Art von Heuchelei. Wo er Unrecht sah,
zögerte er nicht, seine Meinung frei herauszusagen, was ihm
auch manchen Kummer verursachte.
Im Jahre 1894 errichteten ihm seine Mitbürger im Bryant
Park zu New York eine schöne Statue; sein bestes Denkmal
ist jedoch sein Werk, ein Monumentum aere perennius.
A. A 1 1 e m a n n.
Paul Segond.
Am 27. Oktober v. J. starb zu Paris Paul Segond, einer der
bekanntesten französischen Chirurgen.
Paul Segond, dessen unerwartetes Hinscheiden die medi¬
zinische Fakultät in Trauer versetzte, erklomm nacheinander alle
Stufen ärztlichen Ansehens. 1874 als Volontärarzt und etwas später
als Assistenzarzt zugelassen, rückte er allmählich zum anatomischen
Assistenten und Prosektor der Fakultät vor. Seine Doktorarbeit
(1880) über die heissen Prostataabszesse und die periprostatitischen
Phlegmonen wurde von der Academie des Sciences und der Societe de
Chirurgie preisgekrönt. 1882 zum Chef der Klinik ernannt, sehen wir
ihn im Jahre darauf als Hospitalchirurgen und ausserordentlichen Pro¬
fessor der medizinischen Fakultät auf Grund einer ausgezeichneten
Arbeit über die Radikalbehandlung der Hernien.
Als chirurgischer Chefarzt der Salpetriere und Generalsekretär
der Societe de Chirurgie wurde Segond 1904 Mitglied der Academie
de Medecine. Er gehörte einer grossen Anzahl französischer und
ausländischer gelehrter Gesellschaften an und war seit 1898 Offizier
der Ehrenlegion.
Es gibt fast keine Frage der chirurgischen Pathologie, zu der
dieser ausgezeichnete Chirurg nicht wertvolle Beobachtungen und
neue operative Indikationen beigesteuert hätte. Unter so vielen Ab¬
handlungen, Referaten und kleineren Aufsätzen, von denen die über
die chirurgische Behandlung der Blasenexstrophie, über die Resektion
des N. maxillaris Superior und des Gangl. sphenopalatinum, über die
Chirurgie der Extremitäten, über Darmchirurgie, über die Appendizitis
zu nennen sind, ist vor allem derer zu gedenken, die das Hauptwerk
Segonds darstellen, seiner gynäkologischen Arbeiten.
Ein eifriger Verfechter der konservativen Chirurgie des Uterus,
nahm Segond die alte A m u s s a t sehe Operation wieder auf und
schuf eine Operationstechnik der zervikalen Hysterotomie mit nach¬
folgender Enukleation und Zerstückelung der Korpusfibrome. Er führte
die P c a n sehe Operation, deren Technik bei der Behandlung von
Beckeneiterungen, Adnextumoren und Fibromen und Neubildungen des
Uterus er sorgfältig festlegte, allgemein ein. Die vaginale Hysterek¬
tomie, die von zahlreichen Chirurgen heftig bekämpft wurde, fand
in ihm einen überzeugten und aufrichtigen Verteidiger. Er erörtert
der Reihe nach ihre Vorteile, die er den Gefahren der abdominalen
Hysterektomie gegenüberstellt, aber er erkennt in loyaler Weise an,
dass diese letztere Operation in gewissen, genau umschriebenen
Fällen ausserordentlich wertvoll ist und trägt selbst zum Studium und
zur Verbreitung der amerikanischen Methode bei.
Sein gynäkologisches Werk wird vervollständigt durch Arbeiten
über die Chirurgie der Schwangerschaft und der Entbindung und
durch einen wichtigen Beitrag zur Diagnostik und Behandlung der
Extraunterinschwangerschaft.
Ein so bedeutendes Werk würde für sich allein genügen, das
Andenken an einen Gelehrten zu verewigen. Aber wir verehren in ihm
auch den Menschen, dem alle eine lebendige Erinnerung bewahren
werden, die das Glück hatten, ihn zu kennen und ihm näher zu treten.
Ungemein redegewandt, von hinreissender Lebendigkeit und Heiterkeit,
konnte Segond wie kaum ein anderer, alles sagen, was er sagen
wollte. Er fand überraschende, oft humoristische Wendungen, die
das Lachen entfesselten und zur Ueberzcugung führten. -
Geschätzt und geliebt von seinen Lehrern, so lange er zu lernen
hatte, starb Segond, betrauert von Allen, beweint von seinen
Schülern. P. S e g u i n - Paris.
Allgemeine Eindrücke von Amerika, gelegentlich der
14. deutschen ärztlichen Studienreise.
Von Prof. G a 1 1 i in Bordighera.
Das erste, was dem europäischen Besucher in Amerika auffällt,
ist die ausserordentliche, individuelle Unabhängigkeit des Ameri¬
kaners. Die Behörden kümmern sich nicht viel um das einzelne In¬
dividuum und man sieht fast nichts von jener patriarchalen Bevor¬
mundung der europäischen Behörden, die sich bei uns an allen öffent¬
lichen Orten mit allen möglichen Bekanntmachungen, Warnungen und
..Verboten“ bemerkbar macht. Der Amerikaner ist vor allen Dingen
auf sich selbst angewiesen. „Help yourself“. Wenn dieses System
auch manche Unannehmlichkeiten im Gefolge haben mag, so ist es
doch gewiss sehr dazu angetan, die individuelle Tatkraft und Initiative
im höchsten Masse zu entwickeln. Während man bei uns viel zu
oft zu sehr auf die Regierung rechnet und zuviel von ihr erwartet
und oft ungerechterweise über die Behörden klagt, statt die Schuld
bei den einzelnen Bürgern zu suchen, schafft in Amerika das In¬
dividuum selbst Abhilfe, oder, wenn dies dem Einzelnen unmöglich ist,
tun sich mehrere in Gesellschaften, Trusts etc. zusammen und er¬
zielen auf solche Weise wahrhaft überraschende Erfolge. Eine
weitere gute Wirkung dieser individuellen Richtung ist das starke
Selbstbewusstsein und Vertrauen in sich selbst; ein jeder hält sich
dem andern gleichwert, dekorative Titel sind etwas Unbekanntes,
ebenso wie die oft übermässige Schmeichelei oder gar Kriecherei,
der man manchmal bei uns begegnet. Dieser Charakter des ameri¬
kanischen Lebens hat sich auch im medizinischen Gebiet ausgeprägt.
Der weitaus grösste Teil aller Krankenhäuser, Kliniken und sonstigen
Universitätseinrichtungen ist entweder heute noch privater Natur oder
doch auf private Initiative zurückzuführen. Sobald es gilt eine
Lücke auszufüllen oder einem Bedürfnis abzuhelfen, verbinden sich
z. B. einige Aerzte zu einem „Board of Trustees“ und gründen ein
Krankenhaus, eine Klinik zur Vervollkommnung der Aerzte, manch¬
mal eine vollständige Universität. Wenn dann bei den steigenden
Bedürfnissen ihre Kräfte nicht mehr ausreichen, um allen Verpflich¬
tungen nachzukommen, so wenden sie sich an die Allgemeinheit, mit
der Bitte um Beihilfe, und das Publikum leistet fast immer gern
und reichliche Beiträge. Das Lying-in-Hospital in NewYork, das
Post-graduate HosDital ebenda und die NewYork Policlinic sind
imposante Institute, welche auf diese Weise entstanden sind. Aber
ein wahres Vorbild dessen, was private Initiative zu leisten vermag,
ist die chirurgische Klinik der Gebrüder M a y o. In einer kleinen
Stadt des Staates Minnesota haben diese hervorragenden Chirurgen
die Klinik ins Leben gerufen und diese hat sich in solch gigantischer
Weise entwickelt, dass sie nunmehr nicht nur eine der wichtigsten
Hilfsquellen der Stadt bildet, sondern auch in Bezug auf die Kranken¬
frequenz sowohl, als auf die Riesenzahl der dort tätigen Aerzte in
keinem Teile der Welt, selbst unter den staatlichen Kliniken nicht,
ihresgleichen findet.
Sehr viele medizinische Einrichtungen verdanken ihre Ent¬
stehung auch der Munifizenz eines Privatmannes, welcher oftmals
nicht nur die zur Gründung benötigte Summe hergibt, sondern auch
später immer neue Summen zur Verfügung stellt, damit sich das
betreffende Institut immer besser entwickeln kann. Ein typisches Bei¬
spiel dieser Art sahen wir im Rockefellerinstitut in NewYork. Im
Jahre 1901 wurde es durch den bekannten Millionär ins Leben ge¬
rufen, welcher ein Direktorium von sieben Professoren aus den
besten Universitäten der vereinigten Staaten berief, um eine Körper¬
schaft zu schaffen, die sich „der medizinischen Forschung mit be¬
sonderer Berücksichtigung der Prophylaxe und Behandlung der
Krankheiten“ widmen sollte. Rockefeiler stellte zuerst die
Summe von 300 000 Dollar zur Verfügung, welcher er dann noch
2 620 610 Dollar beifügte. Als sich dann später das Bedürfnis nach
einem dem Institut angegliederten Krankenhause ergab, konnte dieser
4*
140
MUCNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Vorschlag des „Board of Directors“ durch eine neue Spende von
500 000 Dollars im Jahre 1908 ebenfalls verwirklicht werden; ja der
freigebige Mäcenat erhöhte diese Summe sogar um weitere
170 015 Dollar, weil sich der erste Plan bei der Ausführung als zu
beschränkt erwies. Mit den stetig wachsenden Bedürfnissen des In¬
stitutes steigerte sich auch die Freigebigkeit Rockefellers, der
im Jahre 1910 wieder 3 141 000, im Jahre 1911 924 707 und im
Jahre 1912 noch 1 257 000 Dollar folgen liess.
Ausser einer beträchtlichen Anzahl bekannter Professoren, die
heute dem Rockefeller-lnstitut angehören, wirkt dort auch der, be¬
sonders wegen seiner genialen Experimente der Gewebetransplan¬
tation berühmte Prof. Carrel, der erst in diesen Tagen mit dem
Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
Ein weiteres Charakteristikum der Amerikaner ist das Bedürfnis,
Gewaltiges, über das gewöhnliche Mass hinausgehendes, Verblüffen¬
des zu schaffen; und die kolossalsten Bauten, die riesenhaftesten
Unternehmungen findet man bekanntlich in Amerika. Diese Neigung
verlässt den Amerikaner auch nicht auf medizinischem Gebiete und
man kann die Vorliebe für Wolkenkratzer, z. B. auch bei den
Hospitalbauten konstatieren. So hat die NewYorker Polyclinic Me¬
dical School 12 Stockwerke, das Lying-in-Hospital 9 und das Post¬
graduate Hospital einen bescheidenen Unterbau von 7 und darüber
einen Oberbau, in geringerer Breite, aber weiteren 5 Stockwerken
Höhe. Die Amerikaner sind überzeugt, dass unsere Bauart der
Krankenhäuser im Pavillonsystem mit 1 — 2 Stockwerken, veraltet
und viel weniger praktisch sei, als ihre Hochbauten, dass sie für
Grossstädte überhaupt unausführbar sei und dass wir besser täten,
auch ihre Art anzunehmen. Der Betrieb sei billiger; in den oberen
Stockwerken herrsche bessere Luft, der Küchendienst wickelt sich
rascher und leichter ab und die Kranken sind im Aufzug leichter
aus den Operations- etc. Sälen wieder in ihre Betten, zu bringen.
Auch dort, wo die Terrain- und Geldfrage nicht dazu zwingt, folgt
man in Amerika daher dem System der Hochbauten und auch das
dem Rockefeller-lnstitut angegliederte Krankenhaus ist z. B. 8 Stock¬
werke hoch.
Was für unsere Krankenhäuser die Gärten und Innenhöfe sind,
das sind für die amerikanischen die „ruff“. Die Kranken bringen viele
Stunden auf diesen Terrassen zu, sogar die Schwerkranken, Fiebern¬
den, werden in ihren Betten hinauf geschafft und manche bleiben
sogar die Nacht über dort. Zweifelsohne atmen die Kranken da oben
reinere und weniger feuchte Luft ein, sie haben mehr Ruhe und
auch mehr oder weniger Aussicht und das alles rechtfertigt die
amerikanischen hohen Hospitalbauten.
Uebrigens geht man in Amerika auch bei der Privatpraxis ebenso
ins Riesenhafte. Einen guten Begriff davon erhielt ich in Chicago
beim Besuch des Columbus Memorial Building, eines Wolkenkratzers
von 15 Stockwerken und einem Reichtum an Aufzügen und sonstigen
Bequemlichkeiten, die selbst in Amerika ihresgleichen suchen. In
diesem Riesenbau nun sind verschiedene Stockwerke nur mit ärzt¬
lichen Sprechzimmern besetzt. Alle nur erdenklichen Spezialisten
sind hier vertreten und empfangen zu bestimmten Stunden, und
ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich die Zahl der in diesem Bau
vereinigten Aerzte auf ca. 200 schätze.
Auch der innere Betrieb der Krankenhäuser ist nach dem Prinzip
organisiert, ein Höchstnrass von Arbeit mit einem Minimum von Zeit
und Anstrengung zu bewältigen. Alles ist spezialisiert, jeder hat seine
bestimmte, festgesetzte Aufgabe. Es gibt z. B. besondere Kurse für
Anästhesie und Aerzte, die nichts anderes tun. Der Operateur emp¬
fängt den Kranken im Operationssaal schon eingeschläfert und vor¬
bereitet und kümmert sich um nichts anderes als um die Operation.
Alle vorhergehenden chemischen, mikroskopischen etc. Unter¬
suchungen werden von einem eigens dafür spezialisierten Stab von
Aerzten ausgeführt. Bemerkenswert ist auch die Bedeutung, welche
in Amerika die Rektalchirurgie erreicht hat, für welche es ebenfalls
Spezialkurse und Operateure gibt.
Wirklich grossartig sind auch die Abteilungen für die Kinder.
Es hat mir Eindruck gemacht, wie z. B. im Bellevue-Hospital in
NewYork diese kleinen Patienten behandelt werden. Die Zahl der
Nurses, die Weitläufigkeit der Säle, der Ueberfluss an Raum und
Licht, der Reichtum der Einrichtungen und Mittel für Behandlung
und Prophylaxe ist wahrhaft überraschend.
Ebenso grossartig sind die „Heime“ für die Schwestern; ge¬
waltige Bauten, mit Direktions-, Bibliotheks- etc. Sälen und be¬
quemen Einzelschlafzimmern für die Schwestern. Bemerkenswert
ist auch die Genauigkeit und Vorsicht bei der Auswahl der Adspiran-
tinnen; man verlangt von ihnen nicht nur ein Attest über Gesundheit
und gute Führung, Impfzeugnis etc., sondern es ist auch obligatorisch
eine Bescheinigung des Zahnarztes über gute Zähne vorzulegen. Die
Bewerberinnen werden je nach dem Fall angenommen oder abge¬
wiesen, ohne dass für letztere Entscheidung, die immer definitiv ist,
ein Grund angegeben würde. Durch dieses drakonische Vorgehen ist
es möglich einen Stab von Pflegerinnen zusammenzubringen, die
wirklich mustergültig genannt werden können.
Als eine wirklich beachtens- und nachahmenswerte Einrichtung
möchte ich noch das „Social-Service“ erwähnen, wie es z. B. im
Bellevue-Hospital funktioniert. Ein aufs Geratewohl aus den täg¬
lichen Vorkommnissen ausgewählter Fall möge hier den Zweck und
die Art dieses Social-Service illustrieren. Eine Frau kommt in das
Ambulatorium lim sich da behandeln zu lassen. Der untersuchende
Arzt findet den Zustand aber so kritisch, dass er der Frau sagt,
sie müsse sogleich in das Hospital eintreten, um operiert zu werden.
Die Frau antwortet, das sei unmöglich, denn sie habe sechs Kinder
zu Hause, die sie nicht allein lassen könne. Der Doktor steht nun
vor einem Problem, das er nicht allein lösen kann. Hier beginnt
die Tätigkeit des „Social-Service“. Ein Angestellter begibt sich in
die Wohnung der Frau und erfährt hier folgendes: Der Mann, ein
Arbeiter, ist infolge eines Unglücksfalles arbeitsunfähig geworden und
die Patientin hat deshalb bisher, mit Hilfe des ältesten, 15 jährigen
Sohnes die Familie erhalten müssen. In der letzten Zeit ist aber,
der eigenen Krankheit wegen, der Verdienst immer schmäler ge¬
worden. Wenn sie nun in das Krankenhaus eintritt, kann die Familie
nicht mehr leben. Der Hilfsplan des Social-Service wird nun so
festgesetzt; der fünfzehnjährige Junge und das älteste, vierzehn¬
jährige Mädchen, müssen während der Abwesenheit der Mutter die
Geschwister und den Haushalt versorgen; die nötigen Mittel werden
von einer, vom Social-Service benachrichtigten Wohltätigkeitsanstalt
aufgebracht und das Social-Service sendet seinerseits dreimal
wöchentlich für je einen halben Tag eine Frau zur Hilfe, um das
Haus besser in Ordnung zu halten. Ausserdem wird noch eine
Schwester von Zeit zu Zeit Nachschau halten, um sich zu überzeugen,
dass es an nichts gebricht. Ueber das Schicksal der Ihren beruhigt,
tritt die Mutter am nächsten Tag ins Krankenhaus ein, wird dort mit
Erfolg operiert und nach 3 Wochen ins Rekonvaleszentenheim ge¬
schickt, das sie nach etwa einem Monat geheilt und neugekräftigt
verlässt. So wird nicht nur die Mutter, sondern eine ganze Familie
gerettet.
Ein Zweig des Social-Service, der auch bei uns Nachahmung
verdiente, ist die sog. „Psychopatic-Division“. Der Amerikaner
ist in allen Dingen des Lebens ausnehmend praktisch. Er hat bald
herausgefunden, dass die Ratschläge und Vorschriften, die der Arzt
im Krankenhaus oder im Sprechzimmer des Patienten erteilt, in den
nervösen Formen nur eine sehr relative Wirkung haben. Die Ange¬
stellten der Psychopatic-Division suchen deshalb den Kranken in
seiner Wohnung auf, studieren das Milieu, versuchen durch ihr Ein¬
greifen etwa schädigende Einflüsse und Ursachen zu beseitigen; ganz
als ob es sich um die Bekämpfung einer infektiösen Krankheit handeln
würde und die praktischen Resultate scheinen, wie aus den Veröffent¬
lichungen hervorgeht, sehr günstige zu sein.
Der gleiche Zug der Grossartigkeit macht sich auch in den Uni¬
versitäten bemerkbar; deren Gebäude sind pompös, die Museen
. enorm. Die Bibliotheken sind aussergewöhnlich gut dotiert, mit
grossen Lesesälen für die Studenten der verschiedenen Fakultäten
versehen, in denen die Fachzeitschriften und Revuen in ausser-
gewöhnlich grosser Zahl allen Studierenden zur Verfügung stehen.
Uebrigens ist jede amerikanische Stadt stolz auf die eigene Bibliothek.
So selten ein Buchhändlerladen anzutreffen ist, so zahlreich sind da¬
für die öffentlichen Bibliotheken und Lesesäle. Als besonders gross¬
artig, auch vom architektonischen Standpunkt aus, möchte ich die
Bibliotheken von Washington und NewYork anführen.
Aussergewöhnlich entwickelt ist in den amerikanischen Universi¬
täten die Leidenschaft für den Sport. Die Universität von Chicago
z. B. besitzt ein eigenes grosses Gebäude mit geräumigem Schwimm¬
bad, Fechtsaal und allen möglichen Apparaten für Gymnastik etc. und
jeder Student muss auch ein Examen über seine körperlichen Fähig¬
keiten ablegen. Dass der Rudersport und Spiele im Freien, wie
Baseball etc., auf der Tagesordnung stehen, versteht sich von selbst.
Die Leidenschaft für Kraftproben und physische Kultur, die ohnehin
jedem Amerikaner angeboren ist, wird übrigens von den Universitäts¬
behörden noch nach Möglichkeit unterstützt und immer mehr an¬
gespornt. Bei der Eröffnung der Howard Universität in Washington
am 24. September hatte z. B. jeder Student einen Brief des Präsi¬
denten (Rektors) empfangen, der unter anderem folgenden Passus
enthielt; „Wir bewillkommen Euch in diesem neuen Studienjahr.
Ihr sollt nicht nur Euren Geist hier bilden, sondern Euch physisch,
moralisch und sozial üben und betätigen. Jeder Teil der Universität
verdient deshalb Eure Aufmerksamkeit. Der Sport soll Euch rein
erhalten und befähigen, auch Eurem Nächsten zu nützen.“
Die Universität von Chicago verlangt, dass der Student bei der;
Eintragung ein Formular ausfüllt, das eine wahre klinische Ge¬
schichte darstellt und in dem u. a. folgendes gefragt wird: Alter der
Eltern bei der Geburt des betr. Studenten; Krankheiten, die in der
Familie bisher vorgekommen sind; Gesundheitszustand des Vaters;
ob der Student aus der Stadt oder vom Lande stammt; welche Krank¬
heiten er durchgemacht hat und an welchen er vielleicht noch leidet;
ob er Neigung zu Erkrankungen hat oder nicht. Und das ist noch
lange nicht alles; das Formular weist auch noch folgende Fragen auf:'
Schlafen sie gut und wie viele Stunden im Durchschnitt? Atmen
Sie durch die Nase oder den Mund? Welchen Sport treiben Sie und
wie viele Stunden in der Woche?
Diese Aufmerksamkeit, die dem körperlichen Befinden , zu-‘
gewandt wird und die Abstinenz von geistigen Getränken erklärt es,
dass man in den amerikanischen Universitäten fast nur kräftige Stu¬
denten von gesundem Aussehen antrifft, die bedeutende körperliche
Leistungen mit Leichtigkeit bewältigen. Tatsächlich ist so mancher
von ihnen genötigt, sich während der Ferienmonate durch eigene,
oftmals schwere körperliche Arbeit die für die Studien nötigen Mit¬
tel zu erwerben. So erzählte mir ein schwarzer Student von der
Howard-Universität in Washington, einer Universität, die fünf, fast
ausschliesslich von Negern besuchte Fakultäten besitzt, dass er seine
21. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Studien durch die Trinkgelder bestreite, die er als Steward in einem
Schlafwagenzug empfange.
Auch in diesen Fällen, wie überhaupt überall im Leben, sind
eben dem Amerikaner alle Mittel recht, wenn sie nur zum Ziel, d. h.
zum Erfolg führen. Der Erfolg ist dem Amerikaner alles, und das
ganze Leben des Einzelnen wie des Volkes lässt sich in letzter Ana¬
lyse in einer Summe von Dollars zusammenfassen; sie ist der greif¬
bare Ausdruck dessen, was ein Individuum wert ist. Dieser Begriff
vom Wert der menschlichen Tätigkeit erklärt verschiedene öffentliche
Dispositionen, die uns übertrieben dünken, ebenso wie die grosse
Leichtigkeit, mit der man sich in Amerika zu chirurgischen Engriffen
entschliesst. Bei der Wahl der Mittel greift der Amerikaner eben
immer zu jenem, das am sichersten und schnellsten zum Ziel führt.
Es ist z. B. schon oft gesagt worden, dass die Untersuchung der Ein¬
wanderer inhuman sei und viele haben Ellis Island, wo die Ausschif¬
fung der Einwanderer erfolgt, das grösste Gefängnis der Welt ge¬
nannt. In der Tat, niemand, der Ellis Island besucht und die kolos¬
salen Eisengitter sieht und die kurze militärische Art der Beamten
und den ungeheuren, menschlichen Strom, der von einem Inspektions¬
raum zum andern, von einem Bureau zum andern geleitet und Tage
lang hin- und hergeschoben wird, vermag sich eines Schauderns zu
erwehren. Aber bei einigem Nachdenken sagt uns unsere Vernunft,
dass es eben nicht anders sein kann. Bis zu ein und einer halben
Million Menschen sind schon in einem Jahr aus allen Teilen der Welt
im Hafen von New York gelandet; wer will es da dem Staate ver¬
übeln, dass er alle Kranken, Alten und Mittellosen fernzuhalten sucht;
lauter Leute, die früher oder später doch dem Staat zur Last fallen
würden? Im Territorium von Panama erstreckt sich die Quarantäne
und die Untersuchung sogar auf die Kajütenpassagiere, die aus den
Südstaaten kommen, aber diese Strenge, zusammen mit den wirklich
grosszügigen prophylaktischen Massregeln gegen das gelbe Fieber
und die Malaria erklärt es, dass es der amerikanischen Regierung ge¬
lang, das gewaltige Werk der Durchstechung des Isthmus von
Panama zu Ende zu führen, an dem sich vorher eine andere grosse
Nation nutzlos erschöpft hatte.
Auch den Kranken lässt der Gedanke, Erfolg um jeden Preis
haben zu müssen, nicht los; der Drang zur Arbeit bzw. zum Geld-
verdienen ist so stark in jedem Individuum, dass es ihm unmöglich
ist, lange in einem Krankensaal zu liegen und sich ruhig vom Inter¬
nisten behandeln zu lassen; die Operation auch wenn sie nur explora-
tiven Charakter hat, wird deshalb sehr gern gewählt. Die Exstir¬
pation des Wurmfortsatzes ist da drüben die alltäglichste Sache der
Welt und selbst wenn der Chirurg aus anderen Gründen Eingriffe in
die Bauchhöhle zu machen hat, wird der Wurmfortsatz ohne weiteres
entfernt. Die Verwandten und auch die Patienten selbst scheinen
sich gewissermassen auf die Operation zu freuen und wenn man die
Säle durchschreitet, in welchen die zur Operation bestimmten Kran¬
ken liegen, sieht man keine verzweifelten oder traurigen Mienen,
sondern auf allen Gesichtern spiegelt sich eine gewisse Ungeduld
und die sichere Erwartung, dass sie bald geheilt seien und dann
diesen Ort der Untätigkeit wieder verlassen können. Interessant ist
es auch, zu sehen, wie rasch und leicht der Amerikaner zu narkoti¬
sieren ist; Morphium, Skopolamin werden ebensowenig angewandt,
als lokale Anästhesie; man kennt nur die allgemeine Narkose mit
Aether, Chloroform wird auch nur selten verwendet. Die Technik
der Anaesthesie ist bewundernswert, und ich habe verschiedene
hochangesehene Chirurgen, die an unserer Studienreise teilnahmen,
mit Begeisterung davon sprechen hören. Die eigentliche Operation
selbst geht bei den Amerikanern (im Gegensatz zu der bei uns ver¬
breiteten Ansicht) nicht rascher vor sich, als bei den europäischen
Chirurgen; im Gegenteil, die Operateure arbeiten mit grosser Um¬
ständlichkeit und Genauigkeit und halten es z. B. bei Laparotomien
tiir ihre Pflicht, sich gleich zu überzeugen, ob alle Organe in Ordnung
sind. Aus diesem Grund dauert die Operation in der Regel länger,
als in Europa, aber diese lange Dauer bringt dank der vorzüglichen
Narkose keine unangenehmen Zwischenfälle.
Meine besondere Aufmerksamkeit hat auch die schon ziemlich
ausgedehnte Bewegung für Freiluftschlafen und Leben („Living and
Sleeping in the openair“) erregt. Das grösste Verdienst um die Pro¬
paganda hat sich Prof. Knopf in New York erworben, der mit
Wort und Schrift und seinem Beispiel sich dafür einsetzt. Ich emp-
tend aufrichtige Bewunderung für den hochgeschätzten Freund und
Kollegen, als er mir in seinem Heim die sinnreiche Betteinrichtung
ZeM*f’ es er.möglicht, *n e'ner Stadtwohnung in freier Luft zu
schlafen. Wer sich für diese Behandlungsart interessiert, kann alles
nähere aus den vorzüglichen Publikationen Knopfs und aus den
I ropagandaschriften der Metropolitan Life Insurance Company in
New York erfahren.
Einen sehr schlechten Eindruck macht auf den europäischen Arzt
die allgemein verbreitete Gewohnheit der Aerzte, in allen möglichen
politischen und sonstigen Zeitungen zu inserieren, und zwar eine
Art von Reklame zu machen, die für uns etwas ganz Unbekanntes
ist. Da ist z. B. ein Dr. R. „Spezialist“ für folgende Krankheiten,
Nervensystem, Haut, Blut, Herz, Magen, Leber, Nieren, Blattern,
Nase Hals, Lungen, Strikturen, Varikozele, Hydrozele. Ein anderer,
der über 30 Jahre Praxis hinter sich hat („over 30 Years practice“),
behandelt ausser all den obengenannten Krankheiten auch noch als
- pezialist schlechten Appetit, schlechten Geschmack, Magerkeit, ver-
Lebenskraft („Löss of appetite, bad taste, loss of flesh, loss of
V|tahty ) etc., und zu alledem macht er noch die erste Untersuchung
141
umsonst („Consultation free“). Ein anderer will überhaupt keinen
g/ent, bevor der Patient eine Besserung verspürt. Sogar die Dauer
dei Kur wird ganz genau angegeben; eine Blutvergiftung verlangt
eine Kur von 90 Tagen, ein Ausschlag dagegen nur 30, eine Nerven-
sc wache 30, ein Nierenleiden 30, eine variköse Vergrösserung
läge. Hin anderer, Dr. D. W„ behandelt ebenfalls zahlreiche Lei-
cen, besonders geheime, wirklich radikal und zu sehr bescheidenen
Dieisen; auch bei ihm sind die Konsultationen gratis. Sein dring¬
licher Aufruf an alle Leidenden schliesst mit diesen Worten: „Kommt
alle, um das anatomische Museum zu besichtigen und den Menschen
in gesundem und krankem Zustand zu sehen. Eintritt frei.“ Ein
Dr. By . . . endlich bringt sogar sein Bildnis in den Inseraten, und
zwai sieht man ihn am Mikroskop und vor ihm auf dem Tisch steht
eine chemische Retorte. Seine Fähigkeiten scheinen wirklich die
allei speziellsten zu sein, denn er behandelt nur „chronische und ner-
vöS6 Leiden, die von anderen ohne Erfolg behandelt wurden“, und
er ruft dem Publikum zu: „Ihr braucht erst nach der Behandlung zu
bezahlen.
... . ^uch ^'e Universitäten und die Postgraduate Schools inserieren
übrigens in den Tageszeitungen, aber doch in sehr dezenter Weise
Sie weisen höchstens auf das Alter des Institutes und den Reichtum
der Lehrmittel hin, halten sich also streng innerhalb der von Takt
und Standesehre gezogenen Grenzen.
Es haben sich aber gegen die ärztliche Reklame in politischen
Zeitungen auch drüben schon zahlreiche Stimmen erhoben und man
hat eine Abwehrbewegung eingeleitet, so dass man zu Ehren der
amerikanischen Medizin hoffen darf, dass dieser Missstand bald be-
sedigt werde. Gegen einen anderen schweren Uebelstand. gegen
die Geheimmittel und charlatanistischen Spezifikums, kämpft in echt
amerikanischer Grosszügigkeit und mit entsprechendem Erfolg die
„American medical Association“, eine mächtige Vereinigung von
Aerzten, die ihren Sitz in Chicago hat, wo sie ein imponierendes,
siebenstöckiges Gebäude besitzt, in welchem sich ausser ausgedehn¬
ten Räumen für chemische Untersuchungen u. dergl. auch die
Druckerei und Redaktion des offiziellen Organs der Vereinigung, des
„Journal of the American medical Association“ befindet. Diese Zeit¬
schrift nimmt einen hervorragenden Platz in der amerikanischen
medizinischen Literatur ein; sie ist vorzüglich geleitet und erscheint
in der gewaltigen Auflage von 55 000 Exemplaren.
Alles zusammenfassend kann ich von unserer Reise in Amerika
nur sagen, dass sie reich an neuen und eigenartigen Eindrücken war;
wir haben grossartige Einrichtungen gesehen und tüchtige, hervor¬
ragende Kollegen kennen gelernt, und wenn man sich nach diesen
flüchtigen Umblicken ein Urteil gestatten darf, so kann es nur dahin
gehen, dass sich die wissenschaftliche Welt Amerikas auf breiter,
guter Strasse vorwärts bewegt, dass sie unabhängig und von einem
kräftigen Impuls zur Initiative erfüllt ist und in nicht ferner Zeit auch
auf diesem Gebiet die Lehrer der alten Welt nicht nur einholen,
sondern überflügeln ward.
Bücheranzeigen und Referate.
Prof. Dr. Paul Eisler: Die Muskeln des Stammes. Mit 106
meist farbigen Abbildungen nach Zeichnungen des Verfassers. Jena,
Verlag von Gustav Fischer, 1912. 705 S. Preis M. 28. — .
Eislers Buch, welches der zweiten Abteilung des achtbändi¬
gen, von K. v. Bardeleben herausgegebenen Handbuches der
Anatomie angehört, bringt im 1. Teil die allgemeine Myologie. Hier
wird die Histologie der quergestreiften Muskelfaser, ihre physi¬
kalisch-chemischen Eigenschaften (Totenstarre) abgehandelt, die all¬
gemeine Entwicklung und Anordnung der Skelettmuskulatur be¬
sprochen und der Muskel als Organ in seinen Beziehungen zum Binde¬
gewebe, zum Nerven- und Gefässystem betrachtet, wobei u. a. die
vom Verfasser selbst nach v. Bardelebens und F r o h s e s Vor¬
gang präparatorisch erreichte Darstellung der intramuskulären Ner-
venverzweigungen ein Beispiel dafür ist, dass Eislers stolzes
Werk nicht nur eine Bearbeitung der gesamten einschlägigen Litera¬
tur in sich begreift, sondern auch auf zahlreichen und mühevollen
eigenen Untersuchungen fusst. Den Schluss des allgemeinen Teiles
bilden dann Kapitel über das Wachstum des Muskels, über die Varia¬
tionen im Muskelsystem, die Verteilung und Anordnung der Musku¬
latur und die Anzahl und Benennung der Muskeln. Der spezielle
Teil enthält für jeden Muskel des Stammes seine Beschreibung, die
Darstellung seiner Lagebeziehungen, Innervation und Blutversorgung,
ferner die Variationen des betreffenden Muskels und seine ver¬
gleichende Anatomie und Ontogenie. Als besondere Kapitel seien
dann noch die über die Halsfaszien, die Fascia axillaris, die Fasciae
dorsi und das über die bindegewebigen Strukturen der ventralen und
lateralen Bauchwand (Rektusscheide, Abdominalfaszien, Leistenband
und Leistenkanal) erwähnt. Die Darstellung wird durch eine grosse
Anzahl von naturgetreuen und doch sehr klaren Abbildungen illu¬
striert, die sämtlich nach Zeichnungen des Verfassers hergestellt sind.
F. Wassermann - München.
Handbuch der gesamten medizinischen Anwendungen der Elek¬
trizität, einschliesslich der Röntgenlehre. Herausgegeben von
H. Boruttau und L. Man n. 2. Bd„ 2. Hälfte, mit 292 Abbildungen
und einer Tafel. Preis geh. M. 30. — ., geh. M. 32.50. Verlag
Dr. Werner Klink har dt, Leipzig 1911.
142
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Nach langer, langer Zeit folgt die zweite Hälfte des zweiten Ban¬
des nun der ersten Hälfte. Zweifellos schadet es dem Absatz des
vorliegenden Werkes, dass die einzelnen Teile in so sehr grossen
Zeitabschnitten herausgegeben werden. Der neue Band ist vorzüg¬
lich der Elektro t h e r a p i e gewidmet. In einem „allgemeine Elektro-
therapie“ iiberschriebenen Kapitel erörtert Wertheim-balo-
m o n s o n eingehend und verständlich die wissenschaftlichen uruncl-
lagen der Elektrotherapie. So gross die Literatur ist, die hier an¬
geführt und verwendet wurde, der direkte Nachweis, dass die EleK-
trizität als solche heilend wirkt, ist freilich selten erbracht. Maurice
Mendelsohn behandelt die spezielle Elektrotherapie dei
Muskelkrankheiten. Bei Muskellähmungen will ja eine Anzahl nam¬
hafter Forscher durch vergleichende Tierexperimente festges teilt
haben, dass die elektrische Behandlung nicht anzuzwenelnde positive
Erfolge habe. Behauptungen, die auch vom theoretischen und kli¬
nischen Standpunkt aus wohl begründet werden können. Anders
steht es wohl mit der Elektrotherapie der „Gelenkkrankheiten . Es
mag zugegeben werden, dass durch frühzeitiges Elektrisieren ue^
zu den erkrankten Gelenken gehörigen Muskeln prophylaktisch der
drohende Muskelschwund vermieden werden kann. Ob aber che
Gelenkprozesse selbst durch Galvanisation, Faradisation, Aisonvali-
sation wirklich zum Bessern beeinflusst werden können, ist noch zu
wenig erwiesen als dass darüber ein grosses Kapitel gesclu leben wer-
dui ^Darstellung des schwierigen Kapitels der „speziellen Elektro¬
therapie der Nervenkrankheiten“ hat der Mitherausgeber des Werkes,
L. Mann- Breslau, selbst übernommen. Es ist nicht leicht, gute
elektrotherapeutische Vorschläge zu machen, nach denen die ein¬
zelnen Gehirn-, Rückenmarks- und Nervenkrankheiten zu behandeln
sind. Es gehört grosser therapeutischer Enthusiasmus, es gehören
aber auch gute positive Kenntnisse dazu, um dies Kapitel gut ab¬
fassen zu können. Wir haben wohl niemand in Deutschland, dei
über so grosse elektrodiagnostische und elektrotherapeutische er-
fahrung verfügt, wie eben L. Man n. So ist es auch begreiflich,
dass dieses Kapitel besonders gut ist. Wenn freilich genaue elek¬
trische Rezepte gegeben werden, wie z. B. Symptome der sexuellen
Neurasthenie, wie die Spermatorrhöe oder die Impotenz behandelt
werden sollen, so mutet einen dieses etwas altmodisch an. Sehi ge¬
schickt sind die Kapitel über die elektrische Behandlung der Hysterie,
der traumatischen Neurosen und der Beschäftigungsneui osen ab¬
gefasst. Es gibt eben doch keinen Faktor, der die Psychotherapie
so eindruckvoll und so wirksam unterstützt, als eben die Elek¬
trizität. „ ,
Giovanni Galli steht bei der Abfassung der Elektiotheiapie
der inneren, speziell der Herzkrankheiten zu sehr unter dem Ein¬
fluss der Marbacher Richtung von Smith und Horn u n g, als
dass seine Darlegungen allgemeine Anerkennung finden konnten.
Dass die Hochfreouenzströme „ein gutes Hilfsmittel in der Behänd-
lung geeigneter Fälle von Arteriosklerose, sowie bei erhöhtem olut-
druck sind“ ist eben noch nicht erwiesen.
In dem Abschnitt der Anwendung der Elektrizität in der Rhino-
Laryngologie (Arth. Alexander) werden hauptsächlich Apparate
und für diese Spezialwissenschaft besonders geeignete Elektroden ge¬
schildert. Dass in dem Kapitel der Elektrotherapie in der Augen¬
heilkunde (O. Feh r) neben Beschreibung geeigneter feiner elektro-
kaustischer Brenner und Beleuchtungsapparate besonders die Magnet¬
therapie behandelt wird, braucht kaum erwähnt zu werden.
Die Artikel über die Anwendung der Elektrizität in der Ohren¬
heilkunde (G. Brühl), bei den Hautkrankheiten (P. Meissner),
bei den Frauenkrankheiten und den Gelenk- und Knochenverletzungen
(A. Laquerriere) können wesentlich neue Gesichtspunkte nicht
bringen. ..
Ausserordentlich interessant sind die Abschnitte über rranklini-
sation von v. Luzenberger und über die medizinische Anwen¬
dung der Hochfrequenzströme von F. B e r g o n i e. Leider stehen
nur die therapeutischen Erfolge dieser Formen der Elektrizität -
einstweilen wenigstens - — mit den grossen Fortschritten, welche die
Physik in dieser Hinsicht erzielt hat, in schlechtem Verhältnis.
Etwas anderes ist es mit den Hilfsanwendungen der Elektrizi¬
tät in der Medizin (P. Meissner und H. Borutta u). Wer
möchte die verschiedenen Beleuchtungsapparate, die uns einen Ein-
. blick in die Körperhöhlen gestatten, missen; welche Erleichterungen
bedingen dem Chirurgen die elektrisch angetriebenen Instrumente!
Als letzter Abschnitt ist dem Buch ein Kapitel über die Photo¬
therapie angegliedert. Auch in dieser Hinsicht leistet — das ist nicht
zu leugnen — die Elektrizität der kranken Menschheit grosse Dienste.
R. Steiner verstand es sehr gut, die physiologische Wirkung der
verschiedenen Anwendungsformen der Lichttherapie wie der F i n -
senbehandlung, der Metallichtbehandlung, der Glühlichtbäder
darzustellen.
So gibt einem das vorliegende Werk einen trefflichen weiten
Ueberblick über das, was es im Titel verspricht, über die gesamte
Anwendung der Elektrizität in der Medizin.
L. R. Müller- Augsburg.
Wullstein-Wilins: Lehrbuch der Chirurgie. 3. Auflage,
1912. Verlag von Gustav Fischer. 3 Bände. Broschiert M. 29.50,
gebunden M. 32.50. , . ,
Das Lehrbuch der Chirurgie von W u 1 1 s t e i n und \v i 1 in s
liegt bereits in 3. Auflage vor, nachdem die 1. Auflage erst 1908/09
erschienen ist. Nach Form und Inhalt weist die neue Auflage wenig
Änderungen auf, die Zunahme von 83 Bildern ist allerdings be¬
trächtlich; Einzelne Kapitel sind vervollständigt. So werden im
1 Band die Erkrankungen der Halslymphdrüsen ausführlicher be¬
sprochen, bei tuberkulösen Lymphomen empfiehlt de Quervain
womöglich konservative Behandlungmethoden - Jodoforminjektion,
Sonnen- oder Röntgenbestrahlung. Die operative Behandlung müsse
in den Hintergrund treten. Im 2. Band der 3. Auflage referiert
Schloff er bei den Erkrankungen des Magens über radiologische
Magen-, Lanz bei den Darmerkrankungen über röntgenologische
Darmuntersuchungen. Neu behandelt L an z. auch das viel diskutierte
Krankheitsbild des Coecum mobile. Nach L. fuhrt das Coecum
mobile wieder zur alten Lehre der Typhlitis zuruck. Dass von dieser
gar nicht mehr, wohl aber bei analogen, linksseitigen Symptomen von
Sigmoiditis gesprochen werde, sei unbegreiflich und nur als Reaktion
zu erklären auf die früher alles dominierende Theorie der Typnhtis
stercoralis. Therapeutisch zieht La nz der Zoekopexie die >
plikatio vor. Im 3. Band weist Lange bei der kongenitalen Huft-
gelenksluxation darauf hin, dass nach den Erfahrungen der letz en
Jahre die Endresultate der unblutigen Einrenkung nicht selten duich
Deformierungen des Kopfes getrübt werden. Der weiche Kopf werde
bei Bewegungen an dem harten, unebenen Pfannengrund abgeschhffen.
Diese Deformierung würde sich bei alteren Kindern häufiger zeigen
wie bei jüngeren, weshalb man auch aus diesem Grunde die Repo¬
sition möglichst früh vornehmen soll. Ritter empfiehlt zur Nach¬
behandlung Amputierter warm die Hoeftma n n sehen Apparate,
die dem Arbeiter die verschiedensten Beschäftigungsmoglichkeiten
geben. G e b e 1 e - München.
Albert Hoffa: Technik der Massage. 6., verbesserte Auflage.
Herausgegeben von Georg J o a c hi m s t h al. Mit 44 teilweise
farbigen Textabbildungen. Verlag von Ferdinand Enke, btuttgar. :
1912. Preis 3 M.
Eine neue Empfehlung bedarf das Hoffa sehe Buch der Mas¬
sage nicht. Trotz der vielen Neuerscheinungen auf diesem Gebiete
ist es noch nicht überholt, weder in der Klarheit der Darstellung
noch in der instruktiven Eigenart der Abbildungen. Der ursprüng¬
liche Charakter ist durch die pietät- und verständnisvolle Arbeit des
Herausgebers gewahrt geblieben. F. La n ge -München.
Die Praxis der Salvarsanbehandlung. Von Marineoberstabsarzt
Dr Gennerich. Mit 2 Tafeln. 97 Seiten. Verlag von August
Hirschwald, Berlin 1912. Preis M. 3.50.
Wie mir aus persönlichen Mitteilungen bekannt ist, hat Exzellenz
Ehrlich die Erfahrungen Gennerichs auf dem Gebiete der
Salvarsanbehandlung immer ganz besonders hoch eingeschatzt; einer¬
seits der Persönlichkeit des Beobachters wegen, andererseits in Hin¬
sicht auf das Krankenmaterial des Forschers. Gen ne rieh ist
Oberarzt der Krankenabteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten
im Marinelazarett Kiel-Wik; er hat daher Patienten in seiner Pflege,
die sowohl der Art der Untersuchung wie der Lange der Beobachtung
nach kaum irgendwo anders durch ein ähnliches Material ubertronen
werden können. Daher ist es auch für die Allgemeinheit von grösstem
Interesse, Gennerichs Erfahrungen kennen zu lernen, und hierzu
bietet obige Schrift reiche Gelegenheit. n .. ,
In den „Allgemeinen Betrachtungen bespncht G. die Grunde
für das Verlassen der Depotbehandlung, ihren Ersatz, was Dauer und
Intensität angeht, durch die intravenöse Injektion; die „Behandlungs¬
intensität“, die abhängig ist von der Grösse der Dosen und der
Länge der Pausen. ,
In dem Abschnitt über die intravenöse Behandlung setzt er den
„Wasserfehler“ auseinander; die Wirkung des Salvarsans nn Körper,
seine schnelle Ausscheidung; die Heilungsvorgänge, die Dosierung des
Salvarsans und seine Störungen, desgleichen die des Neosalvarsan.
Die bisweilen eintretende Zyanose, ebenso wie begleitende Husten- ;
anfälle als Depressorreflex. Dem Alt-Salvarsan gäbe er den Vor¬
zug vor Neo-Salvarsan. ... .. .
Kontraindikationen sind schwere Herzfehler, Gefassverande-
rungen, fortgeschrittene Metasyphilis, Erkrankungen der parenchyma-
tosen Organe. Hier sei besondere Vorsicht am Platze.^ Die „Be¬
handlungstechnik“ und die „Kombination mit Quecksilber schliessen
den allgemeinen Teil. „ „ . , , . ,
Im nächsten Kapitel, meiner Empfindung nach dem mteressantw-
sten entwickelt G. den Behandlungsplan in den einzelnen Stadien
der Syphilis, nämlich: Abortivbehandlung des Stadium I. Behandlung
der frischen Sekundärlues, der älteren Sekundärlues, der Iertuu-
syphilis und der Metasyphilis. .
Die Auseinandersetzungen über die Wassermannreaktion weisen
auf die Wichtigkeit der dauernden Kontrolle während der Behand-
limS Der folgende Abschnitt bespricht die bisweilen auftretende,
immerhin schon seltene Erscheinung der Beschleunigung des I ertiar-
stadiums nach Salvarsan; der letzte die Untersuchung des Lumbal-
punktates.
Dem Buche hängen drei Tabellen an:
1. Fälle mit syphilitischen Erscheinungen bei negativem Wasser¬
mann, die auf Salvarsan positiv wurden.
2. Provokatorische Salvarsaninjektion bei latenten Fallen nactl
negativer Serumreaktion.
2i. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
143
3. Provokatorische Salvarsaninjektion bei latenten Fällen mit
negativer Serumreaktion, die eine Salvarsankur durehgeinacht hatten.
Einige Tabellen vervollständigen den Text.
Wenn auch wohl hauptsächlich für Spezialisten bestimmt, wird
das besprochene Buch auch jedem Praktiker leicht verständliche Be¬
lehrung über den gegenwärtigen Stand der Salvarsanbehandlung ge¬
währen. Karl T a e g e - Freiburg i. B.
Stargardt und Oloff: Diagnostik der Farbensinnstörungen.
Eine Einführung für Sanitätsoffiziere, beamtete Aerzte, Bahnärzte und
Studierende. Verlag von J. Springer, Berlin 1912. Preis M. 1.80.
Das anregend geschriebene Büchlein verdankt seinen besonderen
Wert der reichen Erfahrung, die Verff. in jahrelangen Untersuchungen
an der Kaiserlichen Marine sammeln konnten. Die Verff. geben einen
trefflichen Ueberblick über die Brauchbarkeit der verschiedenen
Methoden. Besondere Beachtung verdient die auch von anderen
Seiten erfolgte Feststellung, dass die für beamtete Aerzte obliga¬
torisch eingeführten Nage Ischen Tafeln bei alleiniger Verwendung
keine sicheren Resultate ergeben und also bei praktischen Prüfungen
durch Stillings pseudo-isochromatische Tafeln, im Zweifelfalle
und bei wissenschaftlichen Untersuchungen durch das Anomalo-
skop zu ergänzen sind. Gilbert- München.
K. Hoffendahl: Biochemie für Zahnärzte und Studierende.
Berlin-Wien, Urban & Schwarzenberg, 1912. 212 Seiten.
Preis 11 M.
Dieses Buch stellt ein Exzerpt der Biochemie vom Standpunkt
des Zahnarztes dar, so dass sich in ihm alle diejenigen Ergebnisse
zusammengestellt finden, welche geeignet sind, dem Zahnarzt die
Zusammenhänge seines Arbeitsgebiets mit dem der allgemeinen Bio¬
chemie zu vermitteln. Die Darstellung ist klar und zur Einführung
gut geeignet. Möge es dem Buch beschieden sein, einen wesentlichen
Anteil bei der Verbreitung biochemischen Wissens im Kreise der vom
Verfasser gewünschten Leser zu gewinnen. H. Schade - Kiel.
Goethes Leipziger Krankheit und „Don Sassafras“. Von
Dr. Adolf Hansen. Leipzig, Joh. Wörners Verlag. 58 Seiten.
Preis
ln der Münch, med. Wochenschrift 1898, No. 48 hatte W. A.
Freund einen Aufsatz veröffentlicht „Zu Don Sassafras“ und „Ueber
das Pathologische bei G o e t h e“. Ihm antwortete Möbius in
No. 51 in dem Aufsatze „Goethe und W. A. F r e u n d“. Der Kern¬
punkt des Streites ist die Frage, ob einige Andeutungen in Briefen
an Käthchen Schönkopf und an Friedericke Oeser versteckte
Anspielungen an eine Syphilis enthalten oder nicht. Nach der An¬
schauung Freunds würde die Krankheit Goethes nicht wie wohl
meist angenommen wurde, eine Tuberkulose gewesen sein, die er¬
freulicherweise wieder ausheilte, sondern eine Syphilis, die auch
die Lebensdauer nicht beeinträchtigte.
Gegen diese Anschauung geht nun Hansen von botanisch¬
pharmazeutischem Standpunkte aus vor. So sehr der Bericht¬
erstatter der Anschauung Fränkels und Hansens, „dass mit
einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ausgesagt werden
kann, dass es sich um Tuberkulose gehandelt habe“, zuneigt, so
macht es doch den Eindruck, als ob Hansen mit einem zu grossen
Aufwand von Beweismaterial gegen seinen Gegner loszieht. Wenn
das Medikament Sassafras auch noch so wenig gegen Syphilis hilft
und nur gelegentlich dagegen angewandt wurde, so beweist das nicht,
dass der Arzt Goethes nicht vielleicht aus irgend einem Grunde
eine Vorliebe für das Mittel hatte. Mit Recht schreibt Hansen:
„Diese Krankheit (die Syphilis) ist, wie andere Infektionskrankheiten,
ein Unglücksfall, dem auch der moralische Mensch unter Umständen
anheimfallen kann. Daher kann auch ohne Bedenken darüber ver¬
handelt werden, ohne Anstoss zu erregen. . Wie wenig volle Wahr¬
heit über das Pathologische das Urteil über die Persönlichkeit be¬
einflusst, lehrt Ulrich v. Hütte n.“ Warum aber dann „wenn das
Pathologische nur eine ganz unsichere Nachrede ist“ es „gewiss
zum Nachteil der Persönlichkeit benutzt wird“ ist ohne weiteres nicht
einzusehen.
Nun sind freilich die angeführten Stellen aus Goethes Briefen
so, dass wenn sie im Sinne Freunds richtig gedeutet wären, sie
ein frivoles Bekenntnis Goethes zu der Krankheit bedeuten
würden. „Das wäre eine so ungewöhnliche moralische Verkommen¬
heit blutjunger Leute, dass man entsetzt zurückschreckt, das auch
nur anzudeuten.“ „Wäre diese Auffassung richtig, so müsste ein
tiefer Schatten auf den Charakter des jungen Goethe fallen.“
Und deshalb würde es Hansen für blamabel für die Wissen¬
schaft halten, wenn ihr eine bestimmte Entscheidung ja oder nein
gelingen würde, statt sich bei den, von ihm angeführten Worten
Kir steins zu beruhigen: „Wir haben unser diagnostisches Urteil
auf Dinge zu gründen, von denen wir etwas wissen und nicht auf
die, von denen wir nichts wissen, und die stillschweigend voraus¬
zusetzen die reine Willkür wäre“.
Selbst wenn Goethe Syphilis gehabt und vom Wesen seiner
Krankheit gewusst hätte — zwei Dinge, die in dem Streite viel zu
wenig auseinander gehalten werden — so brauchten wir in den
angeführten Briefstellen noch kein frivoles Bekenntnis zu sehen.
Es war beim jungen Goethe schon die Neigung zu Vermummung
und zum Hineingeheimnissen vorhanden. Und es wäre ein ziemlich
unschuldiges Spiel gewesen, den Mädchen einige Zweideutigkeiten zu
schreiben, deren Doppelsinn nur für ihn verständlich war und ihrer
Unschuld entgehen musste. Sichert.
Adam K a r r i 1 1 o n: Im Laude unserer Urenkel. Roman. Berlin
1912, G. G r o t e sehe Verlagsbuchhandlung.’ 352 S. Preis M. 3.50.
Nun ist Adam K a r r i 1 1 o n, Kollege, Grossvater und Dichter
zugleich, aus seinem Odenwaldstädtchen hinaus noch unter die
Schiffsärzte gegangen! „Ein Schneider auf dem Hamburger Rödings-
markt hatte in einer einzigen Nacht einen schon stark angegrauten
Bauerndoktor in einen flotten Schiffsarzt verwandelt. Die Mittel,
mit denen dies Wunderwerk zuwege gebracht wurde, waren freilich
einfach genug: Ein halb Dutzend vergoldeter Knöpfe an den Rock,
rotgelbe Litzen an die Aermel und zwei messingene Blutegel rechts
und links vom Rockkragen und die Transsubstantation war ge¬
schehen.“ So beginnt K a r r i 1 1 o n seinen neuesten Roman und der
Leser segelt mit dem Autor und seinem sonnigen, beschaulichen
Humor hinaus in das Land unserer Urenkel, in unsere afrikanischen
Kolonien. In abgeklärter Betrachtung schildert Karrillon mit
dichterischer Kraft seine grossen und kleinen Erlebnisse und gestaltet
die Schilderung so spannend und so herzerfrischend, dass man die
Reise mit dem grössten Vergnügen mitgeniesst. Dazu kommt noch,
dass die Anschaulichkeit der Schilderung unserer Kolonien aus hell¬
seherischem Geiste uns das Land unserer Urenkel fast heimatlich
nahe bringt. Aus all diesen Gründen heraus wird jeder der alten
Verehrer des Dichterkollegen dies neueste Werk sich gerne an-
schaffen und wer sich diesen neuen Roman als erstes Werk K a r r i 1 -
Ions anschafft, wird die früheren - — hier besprochenen — ■ sicherlich
nachkaufen. Die Federzeichnungen, die den Roman begleiten, würde
man gerne vermissen. Sie können die durch die Erzählungskunst des
Verfassers geweckten Bilder nur ungünstig beeinflussen.
Max Nassauer - München.
Neueste Journalliteratur.
Archiv für klinische Chirurgie. Band 99, Heft 3, 1912.
27) G. K e 1 1 i n g - Dresden : Mitteilungen zur Technik der
Magenresektion beim Karzinom.
Die Hauptgefahr für einen ungünstigen Ausgang der Operation
besteht in der Infektion des Operationsterrains mit dem Inhalt des
krebsigen Magens. Die schon 2 — 3 Tage vor der Operation zu be¬
ginnenden Magenspülungen werden mit Pepsinsalzsäurelösung vor¬
genommen. Die Patienten _ bekommen mit der Kost organische
Säuren. Zur endgültigen völligen Entleerung des Magens wird Luft
in den Magen eingeblasen und wieder abgesaugt. Bei der Exstir¬
pation der Lymphdrtisen ist zu berücksichtigen, dass sie virulente
Bakterien enthalten können. Deshalb sind sie nicht freizupräpa¬
rieren oder zu durchschneiden, sondern mit dem Gewebe im
ganzen zu entfernen. Während der Operation wird der Magen,
wenn er noch nicht ganz leer ist, nochmals mit der Schlundsonde
leergesaugt. Zur meist hinten mit dem Murphyknopf angelegten
Gastroenterostomie fügt K. bei der II. B i 1 1 f o t h sehen Methode
eine Enteroanastomose, die mit Hilfe der Naht ausgeführt wird. Hier¬
durch wird die Funktion des Magens verbessert und eine bessere
Garantie für das Halten der Verschlussnaht am Duodenum gegeben.
Bei sehr entkräfteten Kranken ist nach der Resektion die Gastro-
duodenostomie nach dem II. B i 1 1 r o t h sehen Verfahren aus Grün¬
den der Ernährung vorzuziehen. Die Operationsmortalität des Ver¬
fassers betrug bei 72 Fällen 17 Proz. Nach K.s Ansicht hängt das
Dauerresultat bei der Operation des Magenkrebses in erster Linie
von der Widerstandsfähigkeit der Patienten ab. Der Körper kann
dann unter Umständen Krebszellen ausserhalb des primären Tumors
vernichten.
28) E. W. Hey G r o v e s - Bristol: Ueber operative Behandlung
der Frakturen, mit besonderer Berücksichtigung des Gebrauches
intramedullärer Bolzen.
Verf. empfiehlt im Vergleich zu anderen operativen Methoden
die Anwendung intramedullärer Bolzen, die den Gebrauch äusserer
Schienen nach der Operation unnötig machen und nach Heilung der
Wunden Massage und Bewegung gestatten. Tierversuche ergaben
die Ueberlegenheit der Bolzen vor der Feststellung der Fragmente
durch Platten und Schrauben oder durch Metallhülsen.
29) W. N. R o s a n o w - Moskau : Lymphangioplastik bei Ele¬
phantiasis.
Bei einem Patienten mit Elephantiasis des Ober- und Unter¬
schenkels wurde mit gutem Erfolg folgende Operation ausgeführt.
Aus der Haut wurden rhomboidale Stücke exzidiert und dann aus
dem Unterhautzellgewebe im Zusammenhang mit der Faszie Lappen
gebildet, die in die Tiefe zwischen die Muskeln verlagert werden,
um die Bildung von Anastomosen zwischen den lymphatischen
Systemen der Muskeln und Haut zu ermöglichen. Die Exzision der
Hautstücke und die nachfolgende Naht sollten durch eine Kompression
einen besseren Lymphabfluss herbeiführen.
30) S. König: Ueber Absprengungsfrakturen am vorderen und
hinteren Abschnitt des distalen Endes der Tibia, mit Berücksichtigung
der Rissfrakturen.
Literaturzusammenstellung. Mitteilung von 2 Fällen von Ab¬
sprengung eines Knochenstückes aus dem Vorderrande des distalen
Tibiaendes. Entstehungsursache: Stauchung durch Sturz oder kräf¬
tigen Sprung. Der andrängende Talus stösst eine Knochenlamelle von
144
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
der vorderen Tibiaseite ab. Bei dein klinischen Bilde findet man im
Beginn Anschwellung, besonders der vorderen Qelenksgegend, Be-
wegungs- und Druckschmerz. Charakteristisch für den späteren Ver¬
lauf ist die zunehmende Versteifung. Verf. hält es für angezeigt,
derartige Hindernisse möglichst bald operativ zu beseitigen.
31) E. Payr: lieber die operative Behandlung von Kniegelenks¬
ankylosen. (Chirurg. Klinik zu Leipzig.)
Zum Gelingen des Erfolges müssen exakte Indikationsstellung,
operative Technik und die Nachbehandlung zusammenhelfen. Ge¬
eignet zur Mobilisierung von Kniegelenksankylosen sind jugendliche
Menschen mit sicher ausgeheilter Grundkrankheit mit teilweise er¬
haltener Funktion des muskulären Streckapparates. Bei akut ent¬
zündlichen Prozessen und bei Ankylosen nach schwerer stumpfer
Gelenkfraktur muss besonders darauf geachtet werden, dass nicht zu
früh operiert wird. Kniegelenksankylosen in Streckstellung nach
Resektion gelten im allgemeinen als Gegenindikation. Bei der Unter¬
suchung ist besonders festzustellen, ob die Patella noch verschieblich
ist. Die Operation erfolgt am besten ohne Blutleere, so dass ge¬
naueste Blutstillung durchführbar wird. Bei der fibrösen Ankylose
darf bei der Eröffnung des ehemaligen Gelenkspaltes der für
die spätere Funktion wichtige Streckapparat möglichst nicht ge¬
schädigt werden. Deshalb eignen sich hierzu nur der Koche r sehe
seitliche Bogenschnitt, oder ein auf beiden Seiten liegender Längs¬
schnitt oder die osteoplastische Falzbildung aus der Tuberositas
tibiae nach Kirschner. Nach Eröffnung des Gelenkes wird die
Kapsel mit sämtlichen Bändern exstirpiert. Am Gelenkende des
Femur, das oft stark abgeplattet ist, muss zur Erzielung einer kon¬
vexen Fläche häufig die Säge benützt werden. Bei ossaler Ankylose
wird von 2 bogenförmigen seitlichen Schnitten aus die ankylosierte
Stelle vorn und hinten von den Weichteilen, die abgehoben werden,
isoliert. Durch Resektion eines mindestens 1 cm dicken Knochen¬
stückes mit schmaler Blattsäge wird die künftige Femurgelenkfläche
stark konvex, die der Tibia schwach konkav gestaltet. Bei beiden
Formen der Ankylose wird durch eine Längsinzision dann aus der
Fascia lata ein grosser Lappen gebildet, der um seinen Stiel gedreht
und auf das untere Femurende, wenn lang genug noch auf die Hinter¬
fläche der Patella und auf die Tibiafläche gelegt, und überall durch
feine Katgutnähte am Periost befestigt wird. Dann erfolgt der Schluss
der Weichteile durch sorgfältige Naht. 2 Tage nach der Operation
wird, um den Gelenkspalt klaffend zu erhalten, ein am Unterschenkel
angreifender Extensionsverband angelegt. Die Nachbehandlung be¬
ginnt nach Entfernung der Nähte mit seitlichen Verschiebungen der
Patella, vorsichtigem aktiven und passiven Beugen und Strecken des
Gelenkes. Nach ca. 3 Wochen beginnen Uebungen an einfachen
Pendelapparaten, die täglich durch einige Stunden vorgenommen
werden. Massage, Waschungen, Elektrisierung, aktive Beuge- und
Streckübungen und Pendeln sollen 5 — 6 Stunden des Tages in An¬
spruch nehmen. Wird der Kranke gehfähig (nach 4 — 6 Wochen in
günstigen Fällen), so bekommt er einen das Kniegelenk entlastenden
Schienenhülsenapparat, der mit einer Extensionseinrichtung für Zug
am Unterschenkel versehen ist. Die seitliche Verschieblichkeit ist
speziell bei den knöchernen Ankylosen stets auffallend gering ge¬
wesen. Ist sie erheblich, so muss sie durch sekundäre Gelenkband¬
plastik behoben werden. Ein bleibender Zustand ist am neuge¬
schaffenen Gelenke etwa nach 34 bis 1 Jahre eingetreten. Nicht
selten machen sich verschiedene Nachoperationen (Beseitigung stören¬
der Knochenvorsprünge, Bänderplastiken etc.) nötig. Technische
Fehler, die während des Eingriffes und der Nachbehandlung passieren
können, werden von P. eingehend erörtert. Das schlimmste Ereignis
ist die Wiederkehr der Ankylose, die besonders in der Neigung der
Patella zur Wiederverklebung ihre Ursache findet.
P. hat die blutige Mobilisierung des ankylosierten Kniegelenks
bisher an 12 Fällen (8 ostale, 4 fibröse Versteifungen) ausgeführt,
ln 8 Fällen wurde ein günstiges Resultat erzielt. 4 mal wurde eine
Beweglichkeit von 80 — 90 °, 2 mal eine solche zwischen 45 und 90 0
erzielt. Ausführliche Krankengeschichten.
32) M. Sumita: Experimentelle Beiträge zur operativen Mo¬
bilisierung ankylosierter Gelenke. (Chir. Klinik in Leipzig, Geh.
Med.Rat Prof. Payr.)
Verf. hat an 20 Gelenken bei Hunden Faszie, Muskel, Fett, Sehne
und Sehnenscheide nach Entfernung des Gelenkknorpels in Form ge¬
stielter Lappen interponiert und die operierten Tiere dann klinisch,
anatomisch und histologisch untersucht. Die Versuche ergaben, dass
die Weichteileinlagerung in die Gelenke nach ihrer absichtlichen Ver¬
ödung bei keinem Fall eine knöcherne Versteifung zur Folge gehabt
hat. Selbst am Kniegelenk war bei Erhaltung der Muskulatur eine
befriedigende Beweglichkeit und Festigkeit zu erreichen. Alle zur
Interposition verwendeten Gewebe zeigten relativ frühzeitig eine
fibröse Umwandlung, die auf den bei funktioneller Inanspruchnahme
des Gelenkes dauernd ausgeübten Druck mit Reibung und Zerrung
zurückgeführt werden. Gewebsblutungen, partielle Nekrose, Ver¬
flüssigung des nekrotischen Gewebes und nachfolgende Wanddiffe¬
renzierung des entstanden Hohlraums führen im Lappengewebe zur
Bildung eines schleimig fadenziehende Flüssigkeit enthaltenden ge¬
schlossenen Raumes, der mit den Schleimbeuteln viele Aehnlichkeit
hat. Hinsichtlich der funktionellen Anpassung des verwendeten
Lappenmaterials zeigten sich nur geringe Unterschiede. Doch hat
S. den Eindruck bekommen, dass sich Faszie und Fett besser eignet
als Muskulatur und Sehne. In der Umgebung der Gelenke bildete
sich an Stelle der bei der Operation abgetragenen Kapselteile eine
neue gelenkkapselähnliche Differenzierung des umgebenden Binde¬
gewebes, wodurch das Gelenk eine genügende Festigkeit erhielt.
Eine Knorpelregeneration wurde an den entknorpelten Gelenkenden
nicht beobachtet.
33) E. Pölya-Pest: Die Ursachen der Rezidive nach Radikal¬
operation des Leistenbruches.
Verf. revidiert vom Standpunkt des Chirurgen aus die ver¬
schiedenen einander oft widersprechenden Angaben der Lehr- und
Handbücher über die anatomischen Verhältnisse der Leistengegend.
Von den Gebilden des Leistenkanales bleiben nur das Poupart sehe
Band, die Aponeurose des Obliquus externus und des Obliquus in¬
ternus übrig, die zum Verschluss des Leistenkanals benutzt werden
können. Auch das feste Poupart sehe Band verträgt keine über¬
mässige Spannung. Deshalb rät Verf. bei sehr grossen Diastasen den
Verschluss des Leistenkanals im medialen Teile so vorzunehmen,
dass die Muskulatur an das Periost des Schambeins oder an dieses
selbst genäht wird. Der inguinale Teil des Muse, obliquus ist nur
selten gut ausgebildet. Der brauchbare dicke Rand des Muskels
liegt meist mehr als 2 cm vom Leistenbande entfernt. Den wich¬
tigsten Akt des radikalen Verschlusses der Leistenbruchpforte bildet
die Vereinigung der die Leistenspalte begrenzenden Gebilde: lateraler
Rektusrand, reeller Rand des Obliquus internus und Poupart-
sches Band. Am meisten werden die Schwierigkeiten beim Ver¬
schluss des Leistenkanales charakterisiert durch die Länge des la¬
teralen Rektusrandes, der die Leistenspalte begrenzt. In der Mehr¬
zahl der Fälle betrug diese Länge 2—3 cm. Nur in einem einzigen
Falle war bei 100 Messungen des Verf. der Rektus aus der Bildung
der Leistenspalte ausgeschlossen. Deshalb ist die hintere Verschluss¬
naht ohne Annähung des Rektus an das Poupart sehe Band meist
unvollkommen. Diese Annähung des Rektus ist ohne Spannung
nur nach ausgiebiger Spaltung der Rektusscheide zu erreichen. Noch
mehr verstärkt wird der exakte Verschluss durch Verdoppelung der
Aponeurose des Obliquus externus und laterale Verlagerung und
Knickung des Samenstranges. L ä w e n - Leipzig.
Beiträge zur klinischen Chirurgie, red. von P. v. B r u n s.
82. Band,' 1. Heft. Tübingen, Laupp, 1912.
Aus der chir. Klinik zu Marburg gibt Rieh. Hagemann eine
Arbeit über die Diagnose chirurgischer Tuberkulosen aus den patho¬
logischen Ausscheidungen mit Angabe eines neuen Verfahrens im
Tierversuch. Er bespricht darin die verschiedenen Untersuchungen
der Ausscheidungsprodukte (Fehlen der Leukozyten im tuberkulösen
Eiter etc.); Nachweis der spezifischen Erreger nach Ausschleudern,
Kalkwasserzusatz (N e b e 1), Wasserstoffsuperoxyd-Homogenisierung
(Sorge), Antiformin (Uhlenhuth), Nachweis der Tuberkel¬
bazillen durch ihre Affinität zum Chloroform (Löffler sehe Me¬
thode). H. hat hauptsächlich das Antiformin-Ligroin und Antiformin-
Chloroform sowie das Kalilaugenkalziumchloridverfahren (Zahn)
zur Untersuchung an seinem Material angewandt; konstatiert jedoch
auch, dass der direkte Nachweis der Tuberkelbazillen in den Aus¬
scheidungen chirurgischer Tuberkulosen häufig unmöglich ist, auch
dann, wenn ein nachfolgendes Kulturverfahren oder der Tierversuch
positiv ausfallen. Um das Vorkommen der Much sehen granulierten
Form des Tuberkelbazillus in den Ausscheidungsprodukten der
chirurgischen Tuberkulosen gegenüber der nach Ziehl-Neelson
färbbaren klarzustellen, hat H. weiterhin besondere Untersuchungen
angestellt. Von 44 unter Anwendung der Z i e h 1 - N e e 1 s o n sehen
und G r a m - M u c h sehen Färbung ausgeführten Untersuchungen
fielen 13 nach beiden Methoden negativ aus. Von 31 positiv aus¬
gefallenen gelang die Färbung mit beiden Methoden 28 mal, die
Ziehl-Neelson sehe Färbung versagte in 3 Fällen, während die
Gr am - Much sehe in allen 31 glückte. H. bespricht die Kultur¬
verfahren (die für die rein klinisch-praktischen Zwecke nicht ge¬
eignet), sowie den Tierversuch speziell die intrakutane Tuberkulin¬
impfung, die H. als das bequemste und am schnellsten zum Ziele
führende Mittel für die Feststellung der tuberkulösen Erkrankung des
Versuchstieres erscheint. Die Versuche ergaben H., dass hoch-
empfindliche tuberkulöse Meerschweinchen mit grosser Sicherheit
auf die subkutane Injektion eines von tuberkulösen Erkrankungen
des Menschen herrührenden Materiales mit einer eigenartigen Ent¬
zündung der Haut reagieren, die bei entsprechenden Kontrollieren
nicht auftritt und auch nicht mit pathologischen Ausscheidungen
anderer (nicht tuberkulöser) Krankheiten hervorgerufen werden
kann. Der positive Ausfall dieser für Tuberkulose spezifischen
Reaktion lässt sich schon 24 spätestens 48 Stunden nach der Injektion
erkennen.
Aus der Würzburger Klinik gibt Joh. Ernst Schmidt Beiträge
zur Bewertung der konservativen Hodenchirurgie und gibt die Er¬
gebnisse von an Hunden ausgeführten Versuchen betr. Hoden¬
verlagerung in die Bauchhöhle (an Tieren von 3 Monaten bis zur
völligen Reife), ferner über Versuche von Implantationen des Duct.
def. in den Hoden. Die Frage nach dem Wert des Testierenden
Hodens für den Gesamtorganismus beantwortet Schm, nach seinen
zahlreichen Tierversuchen dahin, dass wenn nur die Ausführungs¬
wege des Samenstrangs verschlossen sind bzw. eine Resektion des
Duct. def. und Nebenhodens vorhanden ist, keinerlei Ausfall für den
Gesamtorganismus zu fürchten, denn es bleiben die beiden spezi¬
fischen Komponenten des Hodens voll erhalten. Auch die Träger
der Bauchhoden oder Individuen, deren Hoden anderweitig verlagert
21. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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wurden, brauchen gröbere Ausfallerscheinungen nicht zu befürchten,
doch geht die Spermatogenese verloren.
W. Gundermann berichtet aus der chirurgischen Klinik zu
Düsseldorf über Ectopia testis perinealis, teilt einen betreffenden Fall
mit Abbildungen mit und kommt zu dem Schluss, dass die Ectopia
testis perinealis eine Unterart der Ect. proc. vaginalis perinealis ist,
die als primäre, innere Anomalie vorkommt und vielleicht eine
atavistische Bildung darstellt. Wahrscheinlich kann auch eine fötale
Peritonitis perineale Richtung des Scheidenfortsatzes zur Folge
haben, nie ist die Ectopia perinealis die Folge einer Retentio testis.
Es steht noch nicht fest, ob die Haltung der Frucht in den letzten
Schwangerschaftsmonaten irgend einen Einfluss auf die Richtung des
Proc. vaginalis hat, ebenso ist nicht völlig geklärt, ob eine primäre
falsche Insertion des Leitbandes vorkommt.
M o 1 i n e u s berichtet aus der gleichen Klinik über die
Amputation bei Gangrän, geht auf die Frage, wo man bei ein¬
getretener Gangrän amputieren soll, ein und kommt zu der An¬
schauung, dass man am besten mit dem Bier sehen Heizkasten die
Prüfung betr. genügender Blutversorgung vornimmt, da das Fehlen
des Pulses nicht massgebend ist. Der einzeitige Zirkelschnitt kommt
bei Amputation wegen Gangrän in erster Linie in Betracht, kom¬
plizierte Schnittführungen sind nicht angebracht. Der Extensions¬
verband nach Amputation verhindert am besten die Retraktion des
Weichteilkegels und schützt am ersten vor Gangrän der den Knochen¬
stumpf deckenden Weichteile.
Linzenmayer und Brandes geben aus der chir. und
gynäkol. Klinik zu Kiel eine Arbeit betr. extrachoriale Frucht-
entwicklung und ihre Bedeutung für die Entstehung kongenitaler
Deformitäten. Sie geben eine Zusammenstellung von 53 Fällen aus
der Literatur und fassen das Ergebnis ihrer Arbeit dahin zusammen,
dass bei extrachorialer Schwangerschaft und vollkommenem Fehlen
des Fruchtwassers zwar normale Kinder geboren werden können,
dass aber auffallend häufig missbildete meist mit multiplen Defor¬
mitäten behaftete Kinder geboren werden; typische Deformitäten
^Klumpfiisse, Klumphände, Haken- und Plattfiisse) sind abgesehen
von Verkrümmungen und Verkürzungen einzelner Körperteile am
häufigsten. Eine genaue Eruierung pathologischer Schwangerschafts¬
zustände nach Geburt missbildeter Früchte und genaue Beschreibung
aller nach extrachorialer Entwicklung geborenen Kinder müsse ge¬
fordert werden, nur bei fortgesetzter exakter Untersuchung aller
dieser Fälle kann man hoffen, tiefere Einblicke in die Beziehungen
des Fruchtwassermangels und des abnormen intrauterinen Druckes
zur Deformitätenentstehung zu erhalten.
Erich Hesse berichtet aus dem Obuchowkrankenhause in
St. Petersburg über den Wert der freien Netztransplantation im
Dienste der Bauchchirurgie nach den Erfahrungen dieses Kranken¬
hauses. Nach seinen Ausführungen besitzen wir darin ein wirksames
blutstillendes Mittel, die Erklärung dieser Wirkung liegt scheinbar
in einem thrombokinetischen Einfluss des Netzes auf das Substrat.
Das Hauptanwendungsgebiet der neuen Methode liegt fraglos in der
Leber- und Milzchirurgie, wo sie beim Verschluss von aller Art
Verletzungen und bei der Gallenblasenexstirpation angewandt wer¬
den kann.
Die Vorteile dieser „lebenden Tamponade“ liegen dort, wo die
Naht nicht möglich oder schwer durchzuführen ist, im Verhältnis zur
Gazetamponade klar auf der Hand. Nach den bisherigen Erfahrungen
scheinen die Gefahren sekundärer Nachblutung bei der Netzver-
pflanzung nicht gross zu sein und ist danach zu streben, in geeigneten
Fällen die Bauchhöhle zu schliessen. — Nach B o 1 j a r s k i s Ver¬
suchen scheint die Methode besonderen Wert bei Leberresektionen
zu haben, wenn auch der Beweis an der menschlichen Leber noch
aussteht.
Der gleiche Autor berichtet aus dem gleichen Krankenhause
über die klinische Anwendung der Gefässnaht auf Grund eines Ma¬
terials von 60 Fällen und zwar der Reihe nach bei Aneurysma, bei
Verletzungen der Gefässe, bei Varizen und bei angiosklerotischer
Gangrän. Betr. Varizen operiert das Obuchowkrankenhaus seit
3 Jahren bei positivem T rendelenburg sehen Symptom nach
der De lb et sehen Methode (saphenofemorale Anastomose) und ist
man mit den Resultaten (auch Dauerresultaten) sehr zufrieden. Die
W i e t i n g sehe Operaton verwirft Hesse.
S. Ponomareff berichtet aus demselben Krankenhause über
die Behandlung infizierter Verletzungen des Kniegelenks mit Bier-
scher Stauungshyperämie, gibt u. a. 54 kurze Krankengeschichten¬
auszüge und kommt zu dem Schluss, dass diese Methode zur Be¬
handlung von Verlezungen des Kniegelenks nicht genügt, jede Ver¬
letzung des Kniegelenks (besonders wenn durch Eiterung kompliziert)
ist mit Immobilisation zu behandeln, auch wenn Stauungshyperämie
zur Anwendung kommt. Bei letzterer darf das Eröffnen des Gelenks,
sowie sich in ihm Eiter ansammelt, und ebenso die Inzision peri-
artikulärer Abszesse nicht unterlassen werden. Erst nach abge¬
klungenen entzündlichen Erscheinungen dürfen passive Bewegungen
gemacht werden.
W. Kauert berichtet aus der Freiburger Klinik zur Therapie
der Pseudarthrosen durch Osteoplastik und teilt einen bez. Fall mit.
G. Luce berichtet aus der Klinik zu Freiburg i. Br. über sogen,
primäre Karzinome (Schleimhautnävi nach A s c h o f f) und primäre
Karzinome des Wurmfortsatzes und teilt je 2 Fälle dieser Affektionen
näher mit, unter Anreihung einer Reihe von Fällen aus der Literatur.
Es empfiehlt sich nach L.s Ausführungen eine scharfe Trennung zwi¬
schen den relativ häufig konstatierten Schleimhautnävi und den
enorm seltenen primären, klinisch malignen Karzinomen des Wurm¬
fortsatzes. Vom klinischen Standpunkt aus kommt für beide Er¬
krankungen nur die chirurgische Exstirpation in Frage. Dass in ein¬
zelnen Fällen Zoekalkrebs von primärem Appendixkrebs entstehen
kann, dafür sprechen die in der Arbeit referierten Fälle.
P. Kranz berichtet aus der chir. Klinik und dem Institut für
experimentelle Chirurgie in Frankfurt über innere Sekretion, Kiefer¬
bildung und Dentition, gibt allgemeine biologische Vorbemerkungen und
geschichtliche literarische Bemerkungen und geht auf die Beziehungen
von Schilddrüse und Zähnen unter Berücksichtigung der Zahn- und
Kieferanomalien bei Kretinen und thyreotomierten Tieren etc. näher
ein, ebenso auf Thymusdrüsen und Dentition, Keimdrüsen, Hypophyse
und Dentition unter Beigabe einer grossen Anzahl diesbezüglicher
Abbildungen. Die Beziehungen der innersekretorischen Drüsen zur
Dentition stehen ausser Frage. Eine in Aussicht gestellte weitere
Arbeit wird die verschiedenartigen Dentitionsstörungen näher
differenzieren und in den Dienst der Klinik stellen.
Fritz Schulze berichtet aus der gleichen Klinik über die
alimentäre Glykosurie und Adrenalinglykosurie bei Morbus Base¬
dow» und ihre operative Beeinflussung. Er konnte u. a. in 4 kurz
mitgeteilten Fällen, bei denen vor der Operation eine Glykosurie
beobachtet war, das Verschwinden derselben infolge der Operation
feststellen. Nach Sch. ist die alimentäre Glykosurie bei Morb. Bas.
keine überaus häufige Erscheinung (etwa in 25 Proz. der Fälle) und
kann durch eine Inkonstanz ihrer Intensität ausgezeichnet sein.
Weitaus häufiger wird das Auftreten einer Glykosurie selbst nach
geringen Gaben Adrenalin bei vorausgegangener Darreichung von
100 g Traubenzucker beobachtet, nach 0,3 mg Adrenalin in etwa
80 Proz. der von Sch. untersuchten Fälle. Die Neigung zu Glykosurie
nach vermehrter Traubenzuckerdarreichung vindiziert Sch. besonders
sympathikotonischen Formen des Basedow, neben einer aus dem Zu¬
stand des Nervensystems abzuleitenden relativen Insuffizienz des
Pankreas muss das Zustandekommen der Glykosurien auf den Ein¬
fluss der Schilddrüse bezogen werden. Die operative Verkleinerung
letzterer führte in allen Fällen zu einer Aufhebung resp. hochgradigen
Verringerung dieser Glykosurie.
Max F 1 e s c h berichtet aus der gleichen Klinik über den Blut¬
zuckergehalt bei Morbus Basedow» und über thyreogene Hyper¬
glykämie im Anschluss an eine grosse Zahl klinischer Untersuchungen;
W. Kaess fernerhin über Untersuchungen über die Viskosität
des Blutes bei Morbus Basedow». Unter 18 Fällen fand er nur 3 mal
normale Viskosität, meist ist sie herabgesetzt, die Herabsetzung ist
in den rein sympathikotonischen Fällen am stärksten. 3 Wochen nach
der Operation zeigte sich bei fast allen Fällen eine deutliche An¬
näherung der Viskosität an die Norm.
Alfr. Schubert berichtet ebenfalls aus der Frankfurter Klinik
über Trachealverdrängung bei Thymus hyperplasticus und teilt u. a.
einen typischen Fall mit Röntgenbild mit, in dem der linke Thymus¬
lappen erfolgreich exstirpiert wurde. Die Trachealverschiebung muss
nach Sch. als ein wichtiges Symptom für die Druckwirkung des
hyperplastischen Thymus angesehen werden und kann als Anhalts¬
punkt für das Zustandekommen plötzlicher Todesfälle im Kindesalter
analog dem Kropftod dienen, die Erkennung ergibt sich am besten
aus dem Röntgenbild; eine ausgesprochene Verbreiterung des Mittel¬
schattens nach der linken Seite hin kann bei Kindern die Diagnose
Thymus hyperplasticus wahrscheinlich machen, die Schatten¬
verbreiterung nach rechts unterliegt zurzeit 'noch verschiedenen
Deutungen. Sehr.
Zentralblatt für Chirurgie, No. 1, 1913.
P e r i m o f f - Kasan : Ueber Versuche mit Dauerdrainage bei
Aszites.
Verf. berichtet über einen Fall von Hepatitis luetica mit starkem
Aszites, bei dem die einfache Eröffnung der Bauchhöhle mit Ablassen
der Flüssigkeit und Anlegung einer Dauerdrainage die Wassersucht
fast ganz zum Verschwinden brachte und den Zustand des Kranken
bedeutend besserte.' Weitere Versuche mit dieser modifizierten
Talma sehen Operation sind zu begrüssen.
C. R a m m s t e d t - Münster: Die Operation der angeborenen
Pylorusstenose.
Verf. erläutert an einem Beispiel, dass die beste und einfachste
Methode, die angeborene Pylorusstenose zu beseitigen, darin besteht,
den Muskelring des Pylorus bis auf die (am Prozess unbeteiligte)
Schleimhaut einzukerben; so wird Verengerung und Spasmus mit
einem Schlage beseitigt. Diese Operation ist auch für den Säugling
nicht so sehr gefahrvoll, wie Kinderärzte und Chirurgen häufig noch
befürchten, sie sollte nur möglichst früh gemacht werden, sobald die
Diagnose Pylorospasmus gestellt ist, damit das Kind nicht immer
elender wird.
v. Hofmeister - Stuttgart : Die methodische Dilatation der
Papilla duodeni und die Choledochoduodenaldrainage.
Um nach Gallensteinoperationen Rezidivkoliken zu verhüten,
empfiehlt Verf. folgende Massnahmen: 1. Er erweitert methodisch die
Papilla duodeni mittels Urethralbougies aus Zinn bis zu Char. No. 22
bis 24. 2. Er drainiert, um etwa in der Leber noch sitzende Kon¬
kremente direkt nach aussen zu leiten, den erweiterten Hepatikus
mit einem das Lumen völlig ausfüllenden Schlauch, der, kurz vor
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MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
der Wunde abgeschnitten, frühzeitig eine Ausspülung der Gallen¬
wege ermöglicht. 3. Er stellt eine Choledochoduodenaldrainage her,
indem durch die erweiterte Papille ein 6 — 8 mm dicker Schlauch
3 — 4 cm weit ins Duodenum eingeführt und mit einer langen Zwirn¬
naht am Rand der Choledochuswunde befestigt wird. Diese letzte
Methode ist genauer beschrieben und das Einführen des Schlauches
an einer Zeichnung erläutert. Sie wirkt als Dauerbougie, entlastet
den Darm, gestattet die Einführung von Medikamenten und Speisen
ohne Belästigung des Magens und verhütet völlig den Gallenverlust.
Verf. empfiehlt besonders die Choledochoduodenaldrainage zur Nach¬
prüfung. E. Heim- Gerolzhofen.
Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie. Bd. XXXVI,
Heft 4.
1) T r a s s 1 - Brünn: Hypophysenextrakt in der Behandlung der
Placenta praevia.
Wenn nur ein kleiner Teil des Fruchtkuchens vorliegt, wenn eine
Längslage, besonders Kopflage besteht, wenn die Geburtstätigkeit so
weit vorgeschritten ist, dass der Halskanal verkürzt und genügend
offen ist, dann wird von Verf. die Blase gesprengt und sofort Pitu-
glandol injiziert. Bei Vorliegen von grösseren Lappen der Plazenta
wird die kombinierte Wendung nach Braxton-Hicks ausgeführt,
der heruntergeholte Fass belastet und auch dann Hypophysenextrakt
injiziert. Bei für eine Wendung zu wenig eröffnetem Halskanal kann
die Metreuryse vorausgeschickt werden.
2) K i u t s i - Halle : Ueber die innere Sekretion des Corpus
luteum.
Das Corpus luteum beschleunigt die Blutgerinnung. Man kann
sich vorstellen, dass die Luteinzellen die Ovarialblutung nach dem
Platzen des G r a a f sehen Follikels zum Stillstand bringen. Für das
Studium der Biologie des Corpus luteum ist eine Isolierung des
Corpus luteum von den übrigen Gewebsssubstanzen notwendig.
3) K i e s e 1 b a c h - Erlangen: Ueber Papillome der Vagina.
Beschreibung zweier Fälle, die in ihrer Art sich sowohl von
den Spitzenkondylomen als auch von der von Neumann geschil¬
derten Colpitis papulosa deutlich unterscheiden.
4) S t e i n - New York: Carcinosarcoma uteri mit Metaplasie
des Zylinderepithelkarzinom in Plattenepithelkarzinom.
In einem adeno-myomatösen Uterus hatten sich zunächst ein¬
fache Schleimhautpolypen entwickelt, die dann sarkomatös degene¬
rierten. Zugleich fing das Drüsenepithel der Polypen und der Mus¬
kularis zu wuchern an und diese adeno-karzinomatösen Drüsen weisen
wieder metaplastische Vorgänge im Plattenepithelkarzinom auf. Das
Sarkom im primären Tumor war das rascher wachsende. In einem
sekundären Tumor, der ein Jahr später zur Beobachtung kam, fand
sich reines gemischtzeiliges Sarkom mit Vorherrschen der Riesen¬
zellen und keine epithelialen Gebilde.
5) S a e n g e r - München: Ueber ein primäres und über ein
metastatisches Ovarialkarzinom mit Milchbildung in den Brustdrüsen.
Verf. berichtet über zwei einschlägige Fälle, bespricht die Ur¬
sachen der Milchbildung unter kritischer Würdigung der in der
Literatur niedergelegten Beobachtungen und ist der Ansicht, dass
nicht das Ovarium als Ausgangspunkt der Geschwulst, sondern die
Unreife des Tumors massgebend ist für die Fähigkeit und den Grad
der Fernwirkung. Ferner muss auch der Wegfall der Ovarien ge¬
nügend gewürdigt werden.
6) Parker D a v i s - Philadelphia : Eine Methode zur Kontrolle
der post-partum-Blutungen vermittels manueller Kompression der
Aorta. Kaiserschnitt bei Placenta praevia.
Im Notfall erwies sich Verf. die unmittelbare Aortenkompression
mit der zur Faust geballten Hand vom Cavum uteri aus als ein sehr
wirksames Mittel zur Stillung von Nachgeburtsblutungen. Der
Kaiserschnitt bei Placenta praevia wurde 7 mal ausgeführt. Diese
Behandlung eignet sich nur für die Klinik. Unter günstigen Um¬
ständen kann dadurch das Leben der Mutter und des Kindes gerettet
werden.
7) v. 0 1 1 - St. Petersburg: Bakteriologische Kontrolle der
Aseptik bei der vaginalen Koliotomie.
Die Bauchhöhle kann nach Ansicht von Verf. bei vaginalen Ein¬
griffen von Anfang bis zu Ende keimfrei gehalten werden. Diese
Ansicht stützt sich auf viele Kontrollversuche während der Operation.
Die bei der T r e n d e 1 e n b u r g sehen Lage in die Bauchhöhb ein¬
dringende Luft kann durch einen vorgelegten Gazebausch filtriert
werden. Sehr gut ist die Desinfektion der Scheide und des Uterus
mittels Jodtinktur. Weinbrenner - Magdeburg.
Gynäkologische Rundschau, Jahrgang VI, Heft 24.
Max Stolz- Graz : Zur Verwertbarkeit der Hypophysenextrakte
in der rechtzeitigen und vorzeitigen Geburt.
Mitteilung einer Anzahl von selbstbeobachteten Fällen. Seine
Ergebnisse fasst Verf. wie folgt zusammen: Den fast übereinstim¬
menden Mitteilungen zufolge besitzen wir in den von H o f b a u e r
eingeführten Hypophysenextrakten ausgezeichnete Mittel, unzuläng¬
liche Wehen zu verstärken. Dadurch sind wir bei den rechtzeitigen
Geburten in den Stand gesetzt, die durch die Erlahmung der Wehen
verursachte Verzögerung hintanzuhalten, geringe Hindernisse rascher
zu überwinden, operative Eingriffe zu erleichtern, die Nachgeburts¬
periode gelegentlich zu unterstützen und abzukürzen.
Die Wirkung der Hypophysenextrakte hilft uns ferner bei der
raschen Durchführung des artifiziellen Abortes, wenn die Wehen¬
tätigkeit durch mechanische Mittel (insbesondere die Metreuryse)
erregt wurde. Ihre Verwendung beim Abortus incompletus erscheint
nicht zweckmässig.
Da mit jeder auf nicht operativem Wege erzielten Verkürzung
der Entbindung die Infektionsgefahr für die Gebärende sinkt, er¬
scheinen die Hypophysenextrakte auch als wertvolle Mittel in der
prophylaktischen Bekämpfung der Wochenbettinfektionen und durch
die Verkürzung der Leiden der Gebärenden in Verbindung mit den
Narkoticis als nicht zu unterschätzende Bundesgenossen im Kampfe
gegen die natürlichen Geburtsschmerzen.
Lucius S t o 1 p e r - Wien : Pankreas und Ovarium in ihren Be¬
ziehungen zum Zuckerstoffwechsel. (Aus dem Institut für allgemeine
und experimentelle Pathologie der Wiener Universität.)
Verfasser experimentierte an Hunden, bei denen eine partielle
Pankreasexstirpation gemacht worden war, so dass die Tiere lange
Zeit am Leben erhalten werden konnten. Mitteilung von 4 Versuchen.
Aus seinen Versuchen folgerte der Verfasser:
1. dass die Herabsetzung der Assimilationsgrenze für Zucker bei
Tieren, denen das Pankreas zum Teil exstirpiert wurde, durch Ver¬
abreichung von Ovarialsubstanz bis zu einem gewissen Grade kom¬
pensiert werden kann;
2. dass nach Kastration bei solchen Tieren die Assimilations¬
grenze für Zucker noch tiefer sinkt.
A. Rieländer - Marburg.
Archiv der Verdauungskrankheiten mit Einschluss der
Stoffwechselpathologie und der Diätetik, red. von Prof. J.
Boas -Berlin. Band XVIII, Heft 5.
32) R ü t i m e y e r - Basel: Ueber die diagnostische Bedeutung
der Fermentuntersuchungen, speziell des Labfermentes des Magen¬
saftes bei Magenkrankheiten, zugleich ein klinischer Beitrag zur Frage
der Wesenseinheit von Lab und Pepsin beim Menschen.
Was zunächst die Beantwortung der Frage über die diagnostische
Bedeutung der Fermentuntersuchungen, speziell des Labfermentes, bei
Magenkrankheiten anlangt, so glaubt Rütimeyer auf Grund ein¬
gehender Untersuchung sagen zu- dürfen, dass uns die Untersuchung
der Labwirkung, weil sie feiner nuanciert ist, differentialdiagnostisch
bei anaziden Magensäften (Achylie, Karzinom und nervöser An¬
azidität) mehr leistet als diejenige der Pepsinwirkung, dazu kommt
noch, dass sie rascher und mit weniger Material durchführbar ist.
Soll aber auch noch die Pepsinwirkung geprüft werden, so ist nach
des Verfassers Ansicht die Probe nach Mett entschieden den übrigen
vorzuziehen. Hinsichtlich der Frage der Wesenseinheit von Lab und
Pepsin beim Menschen ist, soweit aus den vorliegenden, mit roheren
klinischen, nicht mit exakt physiologisch-methodologischen Hilfs¬
mitteln erlangten Befunden eine physiologische Schlussfolgerung auf
das Verhältnis des Lab zum Pepsin im menschlichen Magensaft bezw.
in der Magenschleimhaut statthaft ist, dieselbe angesichts der so oft
beobachteten grossen Divergenzen im qualitativen und quantitativen
Verhalten beider nicht im Sinne einer Wesenseinheit von Lab und
Pepsin zu ziehen.
33) T a u b e r - St. Petersburg: Zur Frage von den Störungen der
Fettverdauung bei den Erkrankungen der Leber und des Pankreas.
(Aus der mediz. Klinik des kaiserl. mediz. Institutes für Aerztinnen.
Direktor: Prof. v. L e w i n.)
Die in vorliegender Arbeit angeführten Beobachtungen berech¬
tigen nach des Verfassers Anschauung zu folgenden Schlüssen:
1. Wenn bei einer atrophischen Leberzirrhose ohne Ikterus die Fett¬
verseifung und Spaltung bedeutend herabgesetzt ist und durch Pan-
kreondarreichung die Fettspaltung deutlich verbessert wird, dann ist
die Mitbeteiligung des Pankreas und pankreatische Hyposekretion
sehr wahrscheinlich. 2. Dass eine solche Mitbeteiligung des Pankreas
bei Leberzirrhose jedenfalls häufig genug vorkommt, um eine dia¬
gnostische und therapeutische Berücksichtigung zu verdienen.
34) Lohrisch - Chemnitz : Ueber den qualitativen Nachweis
von Fett in den Sekreten und Extrakten mit besonderer Berücksichti¬
gung der Fäzes.
Nachdem die bisher gebräuchlichen Untersuchungsmethoden
wohl zur Erkennung der Fettsäurenadeln und Seifen genügten, in der
Differenzierung der Neutralfette und Fettsäuren aber völlig versagten,
musste unser Bestreben dahin gehen, einen Farbstoff zu finden, der
Fettsäuren und Neutraliett in charakteristischer Weise different färbt
und dabei, wegen der durch Alkoholzusatz bedingten Störung, d. h.
Zerreissung des Präparates, in wässeriger Lösung angewendet wer¬
den kann. Diesen Ansprüchen nach einem brauchbaren Fettfarbstoff
scheint nun, sowohl auf Grund der Eisenberg sehen Arbeit über
Fettfärbung (Virchows Archiv Bd. 199) als auch nach des Verfassers
eigenen Erfahrungen, die sich auf zahlreiche Magen- und Darm¬
inhaltsuntersuchungen stützen, vor allem das Nilblausulfat zu ent¬
sprechen, das in wässeriger Lösung die Fettsäuren blau das Neutral¬
fett aber rot färbt und bei seiner äusserst einfachen Anwendung
als klinische Untersuchungsmethode für den Nachweis der ver¬
schiedenen Fettarten von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein
dürfte.
35) F r i c k e r - Bern: Ueber eosinophile Proktitis.
F r i c k e r beschreibt 4 Fälle eosinophiler Proktitis, jenes eigen¬
artigen, erstmals von Neubauer und S t ä u b 1 i näher beschrie-
21. Januar 191.3,
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
147
bcnen Kranklieitsbildes (Münch, med. Woclienschr. Bd. 35: „Ueber
eosinophile Darmerkrankimgen“), das charakterisiert ist nicht so
sehr durch die plötzlichen, ohne ersichtliche Ursachen unter leichten
Abdoniinalschnierzen sowie etwas vermehrten Stuhldrang auftreten¬
den blutig-schleimigen Entleerungen, die bisweilen nur wenige Tage,
zumeist aber selbst Wochen und Monate anhalten können, und die
Entzündung des Mastdarms bezw. S romanum, sondern allein durch
die der Darmmukosa leicht anhaftenden gelblichweissen, zahlreiche
eosinophile Leukozyten und Granulosehaufen, bisweilen auch C’nar-
c o t - L e y d e n sehe Kristalle enthaltende Schleimauflagerungen.
Wenn F. auch nicht wie Neubauer und S t ä u b 1 i augenfällige
Beziehungen zwischen dem Leiden und asthmatischen Zuständen
beobachten konnte, so ähneln die Vorgänge doch zweifellos den¬
jenigen, wie sie bei Bronchialasthma, beim Heuschnupfen und Heu¬
fieber sich abspielen. Fragt man, auf welche Weise der Uebertritt
der eosinophilen Zellen unabhängig von Blutungen aus der Darmwand
in das Darmlumen zustande kommt, so bleibt zur Erklärung dieses
Vorganges nur die Annahme eines Uebertrittes per diapedesin, da
die eosinophilen Zellen im Blut selbst durchaus nicht vermehrt sind
und Komarowskys Anschauung, dass die eosinophilen Zellen
nichts anderes seien als mit Trümmern von Erythrozyten beladene
Leukozyten, nach den Untersuchungen E h r 1 i c h s und seiner Schü¬
ler unbedingt abgelehnt werden muss. A. Jordan- München.
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde. Band 45, 4. bis
6. Heft.
Protokoll der 6. Jahresversammlung der Gesellschaft deutscher
Nervenärzte. Siehe diese Wochenschrift 1912, No. 48, S. 2646.
Band 46, 1. Heft.
M a r g u 1 i s - Moskau : Die pathologisch-anatomischen Verän¬
derungen bei Zystizerken des Grosshirns.
Die dieZystizerkusblase umgebende Kapsel entsteht aufGrund einer
entzündlichen Reaktion des umgebenden Gewebes nach Nekrose der
Hirnsubstanz und ist aus Bindegewebe in verschiedenen Stadien seiner
Entwicklung zusammengesetzt. Im Innern der Blase findet man
lebende oder abgestorbene und verkalkte Parasiten, oder auch nur
Haken. Die Granulationsgewebsschicht ist bei toten Zystizerken be¬
deutend schmäler, als bei lebenden. Die Stärke der Gefässreaktion
ist abhängig vom Alter der Zystizerken. Ependymitis gi anularis hat
Verf. in keinem der 3 untersuchten Fälle gefunden.
D o m i n i k o w - Frankfurt: Zur Histopathologie der Neuritis
mit besonderer Berücksichtigung der Regenerationsvorgänge.
An der Hand eines Falles von doppelseitiger Neuritis des Pero¬
neus hat Verf. die histologischen Veränderungen der betroffenen
Nerven studiert. Bei der Markscheidenförderung zeigten sich in den
Peronei und Ischiadici grosse Lücken zwischen den markhaltigen
Fasern. An Stelle dieser Ausfälle waren bei der Bielschowsky-
Färbung zwischen den dickeren Achsenzylindern der markhaltigen
Fasern dünne, meistens stark variköse, marklose Fasern, in weit
grösserer Anzahl als wie im normalen Bilde, zu sehen. Die Frage
nach der Herkunft dieser Fasern beantwortet der Verf. dahin, dass
sie wohl zum grössten Teil aus Regenerationsvorgängen durch
Sprossungen aus den erhalten gebliebenen Fasern entstanden sind;
zum Teil sind es aber verschont gebliebene marklose Fasern, wie sie
sich in jedem Nerven finden, die erfahrungsgemäss sich gegen Noxen
besonders resistent erweisen. Als atrophische Fasern, die ihre Mark¬
scheide verloren haben, sind sie wohl kaum anzusprechen, wenn
auch, namentlich in leichter erkrankten Nerven, die Existenz solcher
Fasern nicht geleugnet werden kann.
Sarbö-Pest: Klinisch reiner Fall von spastischer Spinal¬
paralyse (E r b) als Unfallfolge.
Ein Kutscher erlitt 3 ganz ähnliche Unfälle (Halten durchgehen¬
der Pferde vom Bock aus), wobei anscheinend die Pyramidenbahn
durch Ueberanstrengung geschädigt wurde; und zwar diese eher als
die Vorderhornzellen, weil die kortikospinale Bahn in ihrer Aufgabe,
die wichtige Koordination der angespannten Muskulatur zu über¬
wachen und die Muskeln in Spannung zu erhalten, am meisten in
Anspruch genommen war. Nach dem 1. Unfall hatte sich Zittern und
Schwäche in den Beinen eingestellt, der 2. verschlimmerte den Zu¬
stand, nach dem 3. trat das klassische Bild der spastischen Spinal-
paralyse zu Tage.
Rönne und W i m m e r - Kopenhagen : Akute disseminierte
Sklerose.
Das klinische Bild des Falles Hess eine Gliosis spinalis oder einen
zentralen Spinaltumor vermuten. Es fehlten die klassischen Symptome
der Sklerose, auch sprachen der akute Beginn und rasche Verlauf der
Krankheit gegen die Annahme einer Sklerose. Trotzdem fanden sich
bei der Sektion zahlreiche sklerotische Herde im Rückenmark und in
der Sehbahn ohne sekundäre Degenerationen. Bei Schwund der Mark¬
scheiden waren die Achsenzylinder relativ gut erhalten. Daneben
bestand eine bedeutende Infiltration des Gewebes mit mono- und
polynukleären Zellen und Proliferation des Gliagewebes. Nach
diesem histologischen Bild scheint dem Verf. die Auffassung der
Sklerose als einen Entzündungsvorgang am plausibelsten, wofür auch
der Befund am Sehnerven spricht.
Behr-Kiel: Die Bedeutung der Pupillenstörungen für die
Herddiagnose der homonymen Hemianopsie und ihre Beziehungen
zur Theorie der Pupillenbewegung.
„Besteht bei eine/ homonymen Hemianopsie eine ausgesprochene
Pupillendifferenz mit der weiteren Pupille auf der dem Herd gegen¬
überliegenden Seite, ist ausserdem auf diesem Auge die direkte
Lichtreaktion weniger ausgiebig und die hemianopische Starre
weniger deutlich bei monokularer Prüfung als auf dem anderen Auge,
und findet sich ausserdem eine gleichsinnige Lidspaltendifferenz,
dann kann mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Traktusläsion als Ur¬
sache der Hemianopsie angenommen werden. Da die hemianopische
Pupillenstarre bezw. Pupillenerweiterung auf dem dem Herd gegen¬
überliegendem Auge regelmässig weniger deutlich ausgesprochen ist
und unter Umständen infolge der mangelhaften pupillomotorischen
Reizvalenz des elektrischen Untersuchungslichtes sogar fehlen kann,
ergibt sich, dass man zunächst binokular untersuchen muss und sich
nicht mit der Untersuchung nur eines Auges begnügen darf.
Durch diese Beobachtungen wird es wahrscheinlich gemacht,
dass die in einem Traktus vereinigten, von 2 homonymen Netzhaut¬
hälften ausgehenden Bündel zentral als geschlossener Faserzug eine
Kreuzung vornehmen und in das Okulomotoriuskerngebiet der gegen¬
überliegenden Seite einstrahlen. Durch diese Annahme lassen sich
alle physiologischen Erscheinungen und pathologischen Störungen im
Bereich des zentripetalen Teils des Reflexbogens einschliesslich der
einseitigen reflektorischen Pupillenstarre ungezwungen erklären.“
0. R e n n e r - Augsburg.
Archiv für Hygiene. 77. Band. 4., 5., 6. Heft.
Erhard Glaser- Wien: Ueber die Desinfektion von Fäkalien
und städtischen Sielwässern, die Behandlung der letzteren mit
Nitraten, nebst Untersuchungen über die Zusammensetzung und Ver¬
änderungen des Kanalinhaltes des Wiener Hauptsammler.
Verf. hatte es sich zur Aufgabe gemacht, an der Hand der
Wiener Kanalwässer die verschiedenen Desinfektions¬
methoden der Fäkalien und der Abwässer zu prüfen und gleichzeitig
auf diese Weise über die Beschaffenheit der Kanalwässer neue
Resultate und Daten zu gewinnen, da seit der Fertigstellung der
zweiten Hochquellenleitung noch keine analytischen Ergebnisse Vor¬
lagen. Wien besitzt z. Z. das System der Schwemmkanalisation
fast vollständig durchgeführt und nur ein kleiner Teil der Stadt hat
noch rI rennsystem. Als sehr günstig muss es für die Stadt bezeichnet
werden, dass ein vorzüglicher Vorfluter mit sehr viel Wasser, der
Donaukanal resp. die Donau vorhanden ist, so dass man in
Wien wohl niemals an andere Abwasserreinigungsmethoden als die
Schwemmkanalisation wird zu denken brauchen. Die Unter¬
suchungen, welche in chemischer und physikalischer Hinsicht mit den
neuesten Methoden durchgeführt sind, sind in bezug auf ihre Ergeb¬
nisse in der grossen Arbeit .ausführlich niedergelegt.
Es hat sich gezeigt, dass die Wiener Sielwässer nur wenig ver¬
schmutzt sind, was aus dem Gesamtrückstand und der reichlichen
Menge freien Sauerstoffs im Abwasser hervorgeht. Die fortlaufende
Kontrolle des Grades der Zersetzung resp. Reinigung der Abwässer
mittels der elektrischen Leitfähigkeit hält Verf. für nicht geeignet.
Aus der Summe der chemischen Untersuchungen lässt sich entnehmen,
dass der Faulprozess in einem Mineralisierungsprozess besteht, bei
dem organischer Stickstoff, organische Substanz mit der Fäulnis¬
fähigkeit abnehmen, während der Ammoniakgehalt zunimmt. Da — wie
sich auch bei den Wiener Versuchen gezeigt hat — alle bisher be¬
kannten Wasserreinigungsverfahren höchstens eine Verminderung,
aber nie eine Vernichtung der pathogenen Keime ermöglichen, so
wäre wenigstens bei solchen Städten, die das Wasser des Vorfluters
zu Trinkzwecken verwenden, eine ständige Desinfektion erforderlich.
Auch bei Schlachthäusern, Abflüssen von Desinfektionsanstalten,
Lederfabriken wäre sie angezeigt. In bezug auf die Desinfektion der
Fäkalmassen zeigt sich, dass alle Mittel bei festgeformten Stühlen
versagen. Nach den Versuchen des Verf. wird Anwendung von
Hitze empfohlen und zwar siedendheisses Wasser, mit denen
die Abgänge zu behandeln wären. Für breiige Stühle wird der Erfolg
mit Schwefelsäure oder Natronlauge plus siedendem Wasser noch
vergrössert, so dass eine halbstündige Einwirkung von einer 5 proz.
Lösung genügen würde. Für eine Grossdesinfektion der Fäkalien
kommen aber nur gelöschter Kalk oder Chlorkalk in Betracht. In
Wiener Abwässern Hess sich das Bact. coli bei einer Chlorkalk¬
konzentration von 1 : 2000 innerhalb zweier Stunden ermöglichen.
Da bei angefaultem Abwasser mehr Chlorkalk verbraucht wird, so
empfiehlt sich stets die Desinfektion möglichst frischer Abwässer.
In den Kanälen der Städte finden Prozesse statt, die der Selbst¬
reinigung der Flüsse an die Seite zu stellen sind, nur verlaufen sie
rascher und intensiver, besonders wenn ein genügendes Gefälle und
Sauerstoffzutritt vorhanden ist. Offene Kanäle sind dafür in vielen
Fällen passend. Bei Behandlung der Abwässer mit Nitraten wird
mehr erreicht, wenn die Menge des zugegebenen Nitrates grösser ist.
Es geht eine Zunahme der Alkalinität, des Ammoniaks mit der Ab¬
nahme der Oxydierbarkeit, des Albuminoidammoniaks, der Fäulnis¬
fähigkeit und des Leitvermögens Hand in Hand. Bei Lichtzutritt
wird der Abbau der fäulnisfähigen Substanz beschleunigt.
R. O. Neumann - Giessen.
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. 1912. Bd. 43.
1. Heft.
1) Zwick und Zeller- Berlin : Ueber den infektiösen Abortus
der Rinder. I. Teil.
Bei der Untersuchung über den infektiösen Abortus oder das
ansteckende Verkalben, welches auch im Deutschen Reiche
MUENCHENlER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
148
erhebliche Opfer bei Kühen fordert, wurden 82 Fälle berücksichtigt
und zwar 52 abortierte Föten, 9 Frühgeburten, 18 Nachgeburten,
2 Uteri und 1 Probe Scheidenausfluss. Es fanden sich in der Hälfte
der Fälle Bakterien, welche mit dem „Bang sehen Abortusbazillus“
übereinstimmten. Die Hauptmerkmale sind: Keine Eigenbewegung,
öram negativ, zuweilen Polfärbung, kurze, ovoide Stäbchenformen
etwa 1 — 2 i-i lang. Wachstum am besten bei 37° fakultativ anaerob,
aber auch aerob, auf gewöhnlichem Agar, Gelatineagar mit oder ohne
Serum. Oberflächenkolonien nach der Beschreibung an Koli er¬
innernd. Wächst auch auf Gelatine, jedoch sind auf den Platten die
Kolonien erst nach 4 Wochen zu bemerken. Es tritt keine Ver¬
flüssigung ein. Auf Kartoffel verschieden zart. Keine Milch¬
koagulation, Lackmusmolke blauviolett. Keine Gasbildung. Auf
Drygalski und Endoagar ohne Farbveränderung. Schwefelwasserstoff
wird gebildet. Indol dagegen nicht. Danach dürfte der Organismus
ein naher Verwandter aus der Gruppe der hämorrhagischen Septi-
kämie (Hühnercholera u. dergl.) sein. Die Wirkung des Abortus¬
bazillus besteht in einer fibrinös eitrigen Entzündung der Placenta
maternalis und foetalis. Bei abortierten Föten finden sich haupt¬
sächlich Veränderungen am Magen und Darmkanal. Leicht gelingt
es, die Bakterien aus dem Labmagen und dem Darm des Föten zu
isolieren. Die Uebertragung auf Ziegen, Schafe und kleine
Laboratoriumstiere gelang auf intravenösem Wege, vaginal, subkutan
und per os mit künstlichem und natürlichem Material. Tiere, welche
abortiert haben, zeigten Agglutinationswerte zwischen 1 : 100 und
1 : 1000. Das nach Art des Tuberkulins hergestellte A b o r t i n hat
sich nicht als diagnostisches Mittel erwiesen. Die Kühe infizieren
sich durch den Bulbus oder auf oralem Wege. Der infektiöse
Scheidenkatarrh ist als Ursache des Verwerfens nicht anzusehen.
2) Zwick und Wedemann - Berlin : Biologische Unter¬
suchungen über den Abortusbazillus.
Der oben besprochene Organismus wächst nicht unter absolut
anaeroben Verhältnissen. Entwickelte Kulturen werden nicht ver¬
ändert unter dem Einfluss von Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff
und Kohlensäureatmosphäre. Bei 60—65° wird das Bakterium in
5 — 15 Minuten abgetötet. In sterilem Kuhharn hält es sich ca. 1 Tag.
In feuchtem sterilem Kuhkot 75 Tage. In 3 proz. Kresolschweiel-
säurelösung stirbt der Organismus in 5 — 10 Minuten.
3) S. Szymanowski - Krakau : Ueber die Anwendung der
Präzipitationsmethode zur Diagnostik des ansteckenden Verkalbens.
Bei dahingehenden experimentellen Versuchen stellte es sich
heraus, dass für praktisch-diagnostische Zwecke eine Präzipitin¬
reaktion mit Karbolkochsalzextrakten aus Abortusbazillen nicht, zu
empfehlen ist, da es an spezifischer Reaktion wie auch an Empfind¬
lichkeit mangelt. Es geben sowohl Rinder, welche natürlich erkrankt
waren, schwankende Ergebnisse, wie auch bei ganz einwandfreien
Rindern Präzipitationen sich mit Karbolkochsalzextrakt einstellten.
R. O. Neumann - Giessen.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 2, 1913.
1) N e i s s e r - Breslau : Die Prinzipien der modernen Syphilis¬
therapie.
Jubiläumsartikel.
2) Karl v. N o o r d e n - Wien: Ueber enterogene Intoxikationen,
besonders über enterotoxische Polyneuritis. (Vortrag, gehalten im
University medical College in Syracuse, N.Y., November 1912.)
Verfasser beschreibt ein wohlabgegrenztes klinisches Bild, das
auf eine intestinale Intoxikation zurückgeführt werden muss, nämlich
die enterogene toxische Polyneuritis.
3) Max W e i c h e r t - Breslau : Lähmungen bei Extensionsbe¬
handlung von Oberschenkelbrüchen.. (Im Auszug vorgetragen in der
chirurgischen Gesellschaft im Allerheiligenhospital am 11. Novem¬
ber 1912.)
Verf. beobachtete eine Reihe von Lähmungen des N. peroneus
und N. cutaneus surae lateralis bei der Extensionsbehandlung von
Oberschenkelbrüchen. Er führt dieselben auf eine Ueberdehnung des
Ischiadikusstammes zurück und macht dafür die hohe Gewichtsbe¬
handlung resp. bei niederen Gewichten die gleichzeitige Extension
und Elevation verantwortlich. Seitdem Verf. zu dem Prinzip der
Zuppinger sehen Hemiflexionsmethode übergegangen ist, wurden
keine Lähmungen mehr beobachtet. Bei dieser wird die Elevations¬
schiene im Knie abgeknickt, der untere Teil zum Bett etwa in 45°
geneigt, während der obere Teil für den Unterschenkel dem Bett
parallel verläuft.
4) Arthur Schlesinger - Berlin : Zur chirurgischen Be¬
handlung des Morbus Basedowii. (Vortrag, gehalten in der Berliner
medizinischen Gesellschaft am 4. Dezember 1912.)
cf. pag. 2763 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
5) Arthur S o m m e r - Breslau : Das E h r m a n n sehe Frosch¬
augenphänomen im Blutserum von Psoriasiskranken.
Verf. machte folgende interessante Beobachtung: wenn man
Froschaugenpupillen in das Serum normaler Menschen bringt, so er¬
weitern sie sich bald, bringt man sie in das Serum an Psoriasis
Leidender, so bleiben sie eng. Verf. führt diese Reaktion auf im Blut¬
serum Psoriasiskranker vorhandene minderwertige adrenalinähnliche
Substanzen zurück, wodurch eine Erweiterung der Froschaugenpupille
ausbleibt.
6) J. C. S c h i p p e r s - Amsterdam : Ein Fall von akuter
aleukämischer Lymphadenose. Kasuistischer Beitrag.
7) Heinrich O f f e r g e 1 d - Frankfurt a. M.: Ueber synthetisches
Hydrastinin und seine Anwendung.
Das Hydrastinin ist nach den Erfahrungen des Verfassers ein
gutes Mittel zur Bekämpfung unkomplizierter, primärer und sekun¬
därer uteriner Blutungen. Die Wirkung ist besonders hervorragend
bei längerem Gebrauche, schon prophylaktisch vor Beginn der Blu¬
tung und beim virginellen Uterus. Wegen seiner Uteruskontraktionen
auslösenden Wirkungen ist es zur Behandlung der im Verlaufe einer
Gravidität auftretenden Blutungen nicht am Platze. Es ist ein un¬
giftigeres, wirksameres und wohlschmeckenderes Präparat als das
Hydrastin, und viel billiger.
8) Dührssen - Berlin: Ueber synthetisches Hydrastinin hydro-
chloricum.
Die günstigen Erfahrungen des Verfassers mit dem Hydrastinin
„Bayer“ decken sich mit denen anderer Verfasser.
9) Rudolf E h r in a n n - Berlin : Ueber das Coma diabeticum.
(Schluss.)
Aus den mitgeteilten Experimenten und Beobachtungen an koma¬
tösen Diabetischen ergibt sich, dass das Coma diabeticum eine spe¬
zifische Buttersäurevergiftung ist. Die Buttersäuren wirken als Hirn¬
gifte auf Atemzentrum, Vasomotorenzentrum und Grosshirn. Bei über¬
wiegender Wirkung der Buttersäuren auf das Gefässystem kann eine
kardiovaskuläre Form des Koma zustande kommen. Der Wirkungs¬
mechanismus des Natriumkarbonats und Natriumbikarbonats beim
Koma beruht einmal auf einer schnelleren und reichlicheren Aus¬
schwemmung der toxischen Buttersäuren, sodann aber auch auf einer
erregenden Wirkung für das Gefässnervensystem.
10) Ernst Jeger: Ein Instrument zur Erleichterung der Gefäss-
naht nach C a r r e I.
Das Instrument besteht aus drei Metallstäben von der Dicke einer
starken Stricknadel, die in einem Griff vereinigt sind. Jeder der
drei Stäbe trägt an der Spitze eine kleine Klemmschraube. In diese
werden drei Haltefäden, zwischen denen das Gefäss straff ausgespannt
ist, eingeklemmt. Durch diese Vorrichtung wird das Anlegen einer
fortlaufenden Gefässnaht ganz ausserordentlich vereinfacht.
Dr. Grassmann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 2, 1913.
1) O. F o e r s t e r - Breslau: Die analytische Methode der kom¬
pensatorischen Uebungsbehandlung bei der Tabes dorsalis.
Klinischer Vortrag; Fortsetzung aus No. 1.
2) E. F. B a s h f o r d - London: Das Krebsproblem.
Zweite Leyden-Vorlesung, gehalten am 21. Oktober 1912 im
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde, referiert in No. -14
(1912) der Münch, med. Wochenschr. Schluss aus No. 1.
3) M. B. S c h m i d t - Marburg: Kalkmetastase und Kalkgicht.
Im Anschluss an einen näher mitgeteilten Sektionsbefund, welcher
eine ausgedehnte Verkalkung der Lunge, der Magenschleimhaut, der
Nieren, sodann der kleinen Gefässe, zumal der Arterien des Pankreas
und des Uterus, des Herzmuskels bei Fehlen einer Knochenerkrankung
und Vorhandensein einer starken chronischen Nephritis erkennen Hess,
wird die Entstehung dieser allgemeinen Verkalkungen einer eingehen¬
den Erörterung unterzogen. Verf. gelangt zu der Anschauung, dass
eine Störung des Kalkstoffwechsels zugrunde liegen muss, die ihrer¬
seits irgendwie mit der Nephritis in Zusammenhang stehen muss.
4) Huntemüller und P a d e r s t e i n - Berlin : Chlamydo-
zoenbefunde bei Schwimmbadkonjunktivitis.
Eine in gehäuften Fällen in ein und demselben Schwimmbad
unter den Erscheinungen des akuten Trachoms auftretende Konjunk¬
tivitis zeigte in Ausstrichpräparaten mit Romanowskyfärbung Zell¬
einschlüsse, wie sie von Halberstädter und Prowazek eben¬
falls beim Trachom beschrieben wurden. Immerhinbleibt es auch
trotz der Uebertragbarkeit auf Affen zweifelhaft, ob nicht eine be¬
sondere, dem Trachom nur verwandte Krankheitsform vorliegt; der
verhältnismässig leichtere Verlauf könnte dafür sprechen.
5) H. C o n r a d i - Dresden: Ueber Typhusbazillenträger.
Für die Personen, welche nach Ueberstehen eines Abdominal¬
typhus noch Typhusbazillen beherbergen, wird der Name Haupt¬
träger, für solche Personen, welche niemals (erkennbar) typhus¬
krank waren und doch Bazillen ausscheiden, der Name Neben¬
träger vorgeschlagen. Erstere bedeuten die Hauptinfektionsgefahr.
Aus der Tatsache, dass der Typhus nicht sowohl ein lokale Darrn-
erkrankung als eine Bakteriämie darstellt, erklärt es sich, dass 5 Proz.
der Typhuskranken chronisch infiziert bleiben infolge Infektion der
Gallenwege, infektiös-embolischer Herde in der Niere. Daraus erhellt
auch die Aussichtslosigkeit einer chirurgischen Therapie. Ob von der
Chemotherapie etwas zu hoffen ist, muss abgewartet werden. Einst¬
weilen ist die dringende Ermahnung zu Sauberkeit und Vorsicht das
einzige Mittel im Kampfe gegen die Verbreitung des Typhus durch
Bazillenträger.
6) Fr. P o r t - Göttingen: Hypertension und Blutzucker.
In Uebereinstimmung mit Weiland liess sich feststellen, dass
nur mit Apoplexie, Eklampsie oder Urämie kombinierte Nephritis zu
einer Vermehrung des Blutzuckers führt; diese löst nicht ohne
weiteres eine Glykosurie aus.
7) Paul E b e r s - Baden-Baden: Fall von operiertem Rücken-
markstumor.
Von den Rückenmarkshäuten in der Höhe des zweiten Brust¬
wirbels ausgehendes, grosszeiliges Sarkom, das bereits in die Glia
des Rückenmarkes hineingewuchert war; die operative Entfernung
21. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
149
konnte den tödlichen Ausgang nicht aufhalten. Die klinischen Er¬
scheinungen waren im wesentlichen zunächst die einer Halbseiten-,
sodann die einer Querschnittsläsion.
8) E. R i m i n i - Triest: Ueber den Einfluss des Salvarsans auf
das Gehörorgan.
Acht allerdings zumeist der ersten Zeit der Salvarsarüira ange¬
hörenden Fälle Hessen nach der Injektion mehr oder weniger schwere
Gehörstörungen erkennen. Diese sind jedenfalls nicht auf eine direkt
toxische Wirkung des Salvarsans zurückzuführen; vielmehr dürfte in
dem latent luetischen Akustikus eine lebhafte reaktive Entzündung
angenommen werden. Es ist daher bei der Salvarsantherapie, wo
schon zuvor auch nur die geringsten Hörstörungen vorliegen, grosse
Vorsicht erforderlich.
9) Erich H a r t u n g - Bernburg: Fall von Dementia paralytica
und Geburt.
Vollkommen normaler Verlauf der Geburt bei ausgebildeter Para¬
lyse.
10) Me der -Köln: Zwei Fälle von verspäteter Abheilung der
Impfpusteln.
In dem einen Falle handelte es sich um eine Vaccina serpiginosa,
in dem anderen um ein lokales Vakzinerezidiv.
11) C. Crede-Hörder- Berlin-Friedenau : Ueber nichtgonor¬
rhoische Ophthalmoblennorrhöen der Neugeborenen und Säuglinge.
An Stelle der Gonokokken, welche wohl nicht so häufig die Er¬
reger einer Ophthalmoblennorrhoe beim Neugeborenen sind, als viel¬
fach angenommen wird, konnten Gram-positive Diplokokken, Pneumo¬
kokken und Koli entdeckt werden. Besonders schwer waren die
durch Pneumokokken hervorgerufenen Entzündungen; doch sind auch
diese wie die anderen vor der gonorrhoischen Ophthalmoblennorrhoe
durch das Fehlen einer Beteiligung der Kornea ausgezeichnet.
12) Thomas Pertik-Pest: Ueber Jodostarin und Jodpräparate
in der Therapie der Lungenschwindsucht.
Auch bei solchen Tuberkulösen, welche vollkommen luesfrei
sind, eignet sich das Jod und seine Präparate gut zur spezifischen
Dauerbehandlung. Als besonders empfehlenswert erwies sich hierbei
eine Verbindung des Jods mit einer ungesättigten Fettsäure, das
Jodostarin, welches geschmacklos und frei von schädlichen Neben¬
wirkungen (Jodismus höchstens bei ganz grossen Dosen) ist, schnell
resorbiert und langsam ausgeschieden wird. Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1912, No. 36.
A. Hegner - Jena: Ueber neue Fortschritte in der Brillen¬
kunde.
Verf. gibt eine Darstellung der Forschungsergebnisse von
Gullstrand, Ost w alt und Tscherning und M. v. Rohr,
die die Herstellung „punktuell abbildender“ Gläser erstrebten. Zum
Referat irn Einzelnen nicht geeignet.
Tieche -Zürich: Notiz über einen Fall von Balanitis gan¬
graenosa.
Ausführliche Beschreibung eines schweren Falles von Bai.
gangr., Erörterung der Differentialdiagnose gegenüber Lues und der
Behandlung.
E. 0 b e r h o 1 z e r - Breitenau : Einige Beobachtungen über das
psychogene Moment beim Keuchhusten.
Beobachtungen einer Krankenpflegerin, die durch energische
und konsequente Erziehung bei 2 Kindern von 7 Jahren und 20 Mo¬
naten eine auffällige Verminderung und Kupierung der Anfälle
erreichte. L. Jacob- Würzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 2. C. K 1 i n g Stockholm: Die Aetiologie der Kinderlähmung.
Untersuchungen von Kling, Petterson und W e r n s t e d t
haben ergeben, dass die mikrobischen Erreger der Kinderlähmung
konstant in dem Mund-, Rachen- und Nasensekret, auch im Tracheal¬
und Bronchialsekret, wie im Darminhalt der Erkrankten vorhanden
sind; dieser Nachweis ist auch bereits bei leichteren, sogen. Abortiv¬
fällen, wo die Lähmungen fehlten, gelungen, desgleichen auch bei dem
Rachen- und Darmsekret von anscheinend gesunden Personen in der
Umgebung der Erkrankten. Bei Rekonvaleszenten wurden teilweise
noch bis in den 7. Monat nach Ablauf des akuten Stadiums die Se¬
krete als virushaltig befunden. Doch scheint die Virulenz ziemlich
rasch abzunehmen, indem Impfungen nicht mehr infiltrative, sondern
degenerative Prozesse am Rückenmark zur Folge haben, wie das
auch bei den Abortivfällen der Fall ist. Im allgemeinen erscheint es
daher nicht möglich, die Kranken so lange zu isolieren, bis sie völlig
mikrobenfrei sind, es muss die Isolierung während des akuten Sta¬
diums genügen.
A. P a p p e n h e i m - Berlin : Zur Benzolbehandlung der Leuk¬
ämie und sonstiger Blutkrankheiten.
Nach P.s Untersuchungen wäre anzunehmen, dass die vom
Menschen ohne Schaden ertragenen Benzolgaben gemäss den Dar¬
legungen Sellings zu klein sind, um eine Unterdrückung der
Knochenmarkszellbildung zu bewirken, sie könnten vielmehr nur als
Reizdosen gelten; bei grösseren Dosen besteht die Gefahr schwerer
Schädigungen der Leber und der Nieren. Das Benzin scheint etwa
die gleiche Wirksamkeit bei geringeren Nebenwirkungen zu besitzen.
Beide Mittel wirken weniger elektiv, weniger eingreifend, besonders
aber weniger konstant und verlässig auf das Knochenmark, wie die
radioaktiven Substanzen, von denen dem Thorium sicher die grösste
und nachhaltigste Wirkung zukommt. Ihre Wirkung auf das Blut ist
wenigstens zum Teil nur eine scheinbare und vorgetäuschte. Auch
die Appetitstörung und die mögliche Schleimhautschädigung durch
das Benzol und Benzin ist nicht gering anzuschlagen.
O. Fischer und E. Klausner - Prag: Ein Beitrag zur Kutan¬
reaktion der Syphilis.
F. und K. haben zur Kutanreaktion Vbo — ‘/m ccm eines Extraktes
aus einer Pneumonia alba verwendet. 20 Fälle von Paralysen re¬
agierten ganz negativ. Dagegen wurde bei weiteren Versuchen bei
sämtlichen Fällen von tertiärer Lues eine nach 24 Stunden auf¬
tretende, nach 48 Stunden am deutlichsten ausgeprägte Reaktion in
Form einer ca. zweihellerstückgrossen bräunlichen Papel erzielt,
deren lebhaft roter Hof die Grösse eines Fünfkronenstückes erreicht.
Dieses Infiltrat bleibt meist wochenlang, während der Entzündungs¬
hof bald zurückgeht. Bei Luetikern des ersten und zweiten Sta¬
diums blieb die Hautreaktion stets aus, bei Lues hereditaria tarda
war sie positiv.
R. L a w a t s c h e k - Prag: Zur Prognose der Säuglingstuber¬
kulose.
Zum Beweise, dass auch bei der Säuglingstuberkulose die Pro¬
gnose nicht absolut ungünstig ist, beschreibt L. einen Fall, wo am
38. Lebenstage positive Kutanreaktion (vorher 2 mal negativ) be¬
stand, dann wegen unbestimmter, aber verdächtiger Lungenerschei¬
nungen eine Tuberkulinbehandlung erfolgte, im Alter von 4 Monaten
eine Handgelenkseiterung (Exkochleation) entstand, aber fortan eine
ungestörte Entwicklung folgte und jetzt das zweite Lebensjahr über¬
schritten ist.
F. Orthner-Ried i. J.: Zur Kasuistik der Pfählungsver¬
letzungen.
Sturz auf einen Heugabelstiel, der in das Rektum eindrang und
dasselbe zerriss. 15 Stunden später Ausspülung des Douglas sehen
Raumes vom Rektum aus, Drainage. Am 15. Tage war das ziemlich
beträchtliche Exsudat fast geschwunden. Heilung. O. verweist auf
die Unsicherheit gewisser peritonitischer Symptome, welche z. B.
durch eine Darmparese infolge Schockwirkung vorgetäuscht werden
können (Pulsbeschleunigung, Erbrechen, Singultus, Meteorismus,
Stuhl- und Gasretention).
No. 1 u. 2. G. K e 1 1 i n g - Dresden: Neue Versuche zur Erzeu¬
gung von Geschwülsten mittels arteigener und artfremder Embryonal¬
zellen.
Vorgetragen in der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu
Dresden am 7. XII. 12. B e r g e a t - München.
Ophthalmologie.
Rönne: Gesichtsfeldstudien über das Verhältnis zwischen der
peripheren Sehschärfe und dem Farbensinn, speziell die Bedeutung
derselben für die Prognose der Sehnervenatrophie. (Klin. Monatsbl.
f. Augenheilkunde, Bd. 49. I, S. 154.)
Wenn man die Gesichtsfelduntersuchung nach Bjerrums
Methode mit verschiedenem Objektsgesichtswinkel, d. h. durch
Variierung des Objektivabstandes, vornimmt, so ergibt sich deutlich,
dass erstere vielmehr eine Untersuchung der Punktsehschärfe als
des Lichtsinnes darstellt. Eine solche methodische Gesichtsfeld¬
prüfung wird diagnostisch wertvoll, wenn man sie mit den Ergeb¬
nissen der Farbengesichtsfeldaufnahme vergleicht. Geht man von
der Voraussetzung aus, dass Sehschärfe und Farbensinn durch die¬
selbe Nervenfaser geleitet werden, so ergeben sich folgende Schlüsse:
Sind eine Anzahl Leitungselemente destruiert, ohne dass eine
Schädigung der noch fungierenden auftritt, so werden sich Seh¬
schärfe und Farbensinn proportional verhalten, was man im wesent¬
lichen bei abgelaufenen und stationären Erkrankungen der Sehleitung
erwarten darf; liegt dagegen ein Leitungshemmnis, ein Widerstand
in der Leitung in der einzelnen Nervenfaser vor, von der die
Funktionen der Sehschärfe und des Farbensinns in ungleicher Weise
betroffen werden, so müssen sich Sehschärfe und Farbensinn dis¬
proportional verhalten, ein Ergebnis, das sich bei frischen Leiden
finden dürfte, vorausgesetzt, dass die Anzahl der leitungsgehemmten
Fasern verhältnismässig gross ist im Vergleich mit den noch normal
fungierenden, wodurch dann zugleich eine ungünstige Prognose ge¬
geben wäre. Dies fand Verf. auch in der Praxis im wesentlichen
bestätigt, da die Fälle stationärer Sehnervenatrophie eine gute Ueber-
einstimmung zeigten zwischen Punktsehschärfe (Perimetrie) und
peripherem Farbensinn. Bei den progressiven Sehnervenatrophien
wird man zwischen diffusen und Partialatrophien unterscheiden
müssen. Bei den letzteren, bei denen das Leiden keinen Sprung im
Sehnervenquerschnitt macht, sondern eine ganze Gruppe von Fasern
destruiert, wird das Grenzgebiet zwischen normalem und zugrunde
gehendem Geu'ebe zu schmal sein, um eine deutliche Disproportio¬
nalität zu ergeben. Anders bei den diffusen progressiven (spinalen)
Atrophien. Hier konnte Rönne unter 11 Fällen 6 mal eine langsame
Progression der Atrophie bei proportionalem Verhalten von Gesichts¬
feld und peripherem Farbensinn beobachten und 5 mal eine schnelle
bei disproportionalem Verhalten.
W o 1 f b e r g - Breslau : Augenspiegelbefund bei Amblyopia ex
anopsia und Schielen. (Wochenschr. f. Therapie und Hygiene des
Auges, XVI. Jahrgang, No. 1 vom 13. Oktober 1912.)
In der Regel findet man bei Amblyopia ex anepsia an dem
amblyopischen Auge keinerlei ophthalmoskopische Veränderungen;
150
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
insbesondere zeichnet sich dieser Zustand aus durch die A b w e s e n -
heit jeder auf akkommodative Tätigkeit zurückzurührende Erschei¬
nungen, wie physiologische Exkavation. Konus- oder Terrassen¬
bildung oder Rarefikation des Pigmentepithels. Dagegen findet man
nach dem Verf. an dem nicht amblyopischen Auge desselben
Individuums solche Veränderungen. So hat W. auch in zahlreichen
Fällen von Strabismus convergens, in welchen das abgelenkte
amblvopische Auge keinerlei akkommodative Veränderungen an der
Pupille aufwies, dieselben am fixierenden Auge stets konstatiert.
Die Erklärung hiefür und zugleich für das Schielen ergibt sich
aus folgendem: Normale Augen stellen beim Blick in die Ferne die
Qesichtslinien parallel, während sie bei einem Hypermetropen mit
angeborenem Mangel der Fusion konvergent stehen. Um nun zu
fixieren, wird von dem hypermetropischen Kind mit einem Auge
akkommodiert und es wird jenes Auge zum Fixieren benützt, welches
der akkommodativen Tätigkeit am wenigsten Widerstand entgegen¬
setzt. Haben wir auf beiden Augen normale Papillen, so wird doch
die Beschaffenheit der physiologischen Exkavation oder es werden
sonst irgendwelche anatomischen Verhältnisse auf oder an der
Papille dem durch die Akkomodation intendierten Dehnungs¬
prozess auf dem einen Auge günstigere Chancen bieten als aut dem
anderen; der immerhin auch auf dem günstiger beschaffenen Auge
anzunehmende Widerstand gegen den Dehnungsprozess führt zu un¬
verhältnismässig starker Akkommodationsanspannung, diese ihrer¬
seits aber reflektorisch zu verstärkter Konvergenz und mangels
normaler Fusionstendenz zum Strabismus convergens. Aus dem
Spiegelbefund allein lässt sich bei Schielenden entnehmen, welches
Auge die bessere Sehschärfe hat: immer dasjenige, welches die deut¬
licheren Spuren akkommodativer Tätigkeit im Augengrunde aufweist.
W o 1 f i b e r g - Breslau : Würfelpunkt-Sehproben zum Gebrauch
für Schulärzte, Militärärzte, beamtete Aerzte usw. (Zweite Auflage.
Verlag von Benno E i k e 1 e s, Breslau. Preis 0.75 M.)
Der XI. internationale Ophthalmologenkongress (Neapel 1909)
ist übereingekommen, dass das Prinzip der Sehschärfenprüfung in
der Ermittelung der Fähigkeit beruhen soll, eine Unterbrechung einer
Kontinuität unter dem Gesichtswinkel von T zu nehmen. Diese Kon¬
tinuitätsunterbrechung wird als Minimum separabile bezeichnet, und
als Typus für eine derartige Prüfung gilt der Landolt sehe Ring
mit seinen Unterbrechungen. Dem Verf. erscheint nun die Lücke im
Ring theoretisch nicht ganz einwandfrei, weshalb er statt des
L a n d o 1 1 sehen Ringes ein schwarzes Kreuz gewählt hat, in
welchem ein weisser Flächenpunkt von L Durchmesser erkannt
werden soll. — Um die Prüfung praktisch noch einfacher zu ge¬
stalten, hat er ausserdem nach Analogie Von Wiirielaugen weisse
Punkte mit schwarzen Würfelflächen gewählt.
Die Würfelpunkt-Sehproben haben von den Lan¬
dolt sehen Ringen und auch von den bisher üblichen S n e 1 1 e n -
Cohn sehen Haken dieses voraus, dass sie ohne vornergehende Er¬
läuterung dessen, was mit dem Prüfungsobjekt gemeint ist, ver¬
wendet werden können, ein für Analphabeten und insbesondere die
Lernanfänger in den Schulen sehr wesentlicher Vorzug.
Die Würfelpunkt-Sehproben bestehen aus 5 schwarzen Qua¬
draten mit weissen Flächenpunkten (eins, zwei, drei, vier Punkte),
dreimal in diagonaler, einmal in vertikaler Anordnung, ein sechstes
schwarzes Quadrat ist ohne Punkt. Die Punkte haben einen Durch¬
messer von 2 mm, sie erscheinen in 6 m Entfernung unter dem Ge¬
sichtswinkel von T, sie müssen also bei normaler Sehschärfe wie
der übliche Cohn sehe Haken auf 6 m Entfernung erkannt werden,
es ist dann S = S; wenn sie aui 5 m erkannt werden = 5/e, auf
3 m = 3/b usw. Die Anordnung der drei Punkte einmal in diagonaler,
einmal in vertikaler Richtung hat nicht nur den Zweck, dem Erraten
vorzubeugen, sondern soll zugleich Gelegenheit geben, etwaigen
Astigmatismus zu erkennen.
v. R o h r - Leipzig: Die Brille als optisches Instrument. Bericht
über die 37. Versammlung der ophthalmologischen Gesellschaft zu
Heidelberg 1912, S. 51.
Verf. beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Einfluss der Augen¬
bewegungen auf das Sehen durch die Brille. — Eine ideale Brille soll
auch dann ein gutes Bild lieiern, wenn die Blickrichtung nicht mit
der Achse des Brillenglases zusammenfällt, d. h. es soll der „Astig¬
matismus schiefer Strahlenbüschel“ behoben und die Brille soll
„verzeichnungsfrei" sein. — Bei gegebener Brechkraft und gegebenem
Abstande vom Augendrehpunkt lässt sich der Astigmatismus schiefer
Büschel durch geeignete Auswahl der Krümmungsradien beheben.
Innerhalb gewisser, allerdings ziemlich weiter Grenzen für die Brech¬
kraft ergibt die Rechnung zwei Lösungen dieser Aufgabe, d. h. einen
stärker und einen schwächer durchgebogenen Meniskus. — Wenn
aber auch der Astigmatismus eines schiefen Büschels aufgehoben
ist, d. h. wenn auch die Oerter beider Brennlinien zusammenfallen,
so ist ein solches Bündel noch lange nicht homozentrisch, denn die
Hauptpunkte der beiden Hauptschnitte (des sagittalen und des
tangentialen Büschels) fallen nicht zusammen. Die Folge davon ist
verschiedene Vergrösserung in den beiden Hauptschnitten oder
„Verzeichnung“. — In Hinsicht auf die Aufhebung des Astigmatismus
leisten beide Formen von Menisken für eine bestimmte Objekts¬
entfernung dasselbe. „Verzeichnungsfrei“ sind sie aber nicht: nur
verzeichnen die Linsen von Wollastonscher Form (mit
stärkerer Durchbiegung) weniger als die von 0 s t w a 1 1 scher
Form (von schwächerer Durchbiegung). Den ersteren gebührt also
in theoretischer Hinsicht der Vorzug. Leider heben sie diesen durch
ihr auffallendes Aussehen und auch durch grössere Verletzbarkeit
wieder auf.
Nur mit asphärischen Flächen lassen sich beide — Astigmatis¬
mus w ie Verzeichnung — beseitigen. Derartige Flächen müssen auch
bei Starbrillen verwendet werden, wenn man die genannten Fehler
vermeiden will, weil sie durch die Meniskenform bei dem gegebenen
Abstande des Glases vom Augendrehpunkt (25—30 mm) punktuell
abbildende Sammellinsen nur bis zu 6,25 (bzw. 7,5) Dioptrien her¬
steilen lassen. Bei den gewöhnlichen sphäro-zylindrischen Linsen
kommt zu den bisher besprochenen Nachteilen noch hinzu, dass mit
der Aenderung der Blickrichtung auch erhebliche Aenderungen des
Astigmatismus eintreten. Dieser Nachteil kann durch Verwendung
Tori scher Flächen mit geeigneter Durchbiegung auf ein Mindest¬
mass herabgedrückt werden.
Die Veränderung der Perspektive durch Brillengläser stellt
Verf. also dar: Konkavgläser vergrössern die Tiefe des Objektes.
Konvexgläser vermindern sie: der Hintergrund escheint also bei den
ersteren zu niedrig, bei den letzteren zu hoch.
Kaz: Ueber die Vollkorrektion der Schulmyopie. (Wochenschr.
i. Therap. u. Hyg. d. Auges, 15. Jahrg., No. 9, S. 69.)
Nach Kaz wäre der unzweifelhafte Zusammenhang zwischen
Vollkorrektion und Stationärbleiben der Myopie nicht so sehr darin
begründet, dass die Vollkorrektion das Fortschreiten der Myopie aui-
hebt, sondern darin, dass die stationären Myopien lieber und leichter
die Vollkorrektion annehmen. Er teilt die Myopien in Hinsicht aui
ihr Verhalten bei Vollkorrektion in 4 Gruppen ein:
1. Der Myope kann mit Vollkorrektion nicht in der Nähe lesen
und lässt sich auch nicht allmählich daran gewöhnen — Myopie
progressiv.
2. Vollkorrektion wird nach und nach angenommen — Myopie
trotzdem progressiv.
3. Vollkorrektion wird sofort angenommen — Myopie stationär.
4. In der Nähe wird mit Vollkorrektion sogar besser gesehen als
mit schwächeren Gläsern — Myopie stationär. .
Ernst Ha itz- Mainz: Gelbe Jagd- und Schiessbrillen. (Wochen¬
schrift f. Therapie u. Hygiene d. Auges, XVI. Jahrg., No. 4, S. 33.)
Im Gegensatz zu der üblichen Meinung, gelbgefärbte Gläser
absorbierten am besten die ultravioletten Strahlen und daher stamme
die Vorliebe der- Jäger und Schützen für solche, ist Verf. der An¬
schauung, dass der Nutzen der gelben Gläser mehr auf der Aus¬
schaltung der blauen Strahlen beruht und begründet dies also:
Es ist eine Tatsache, dass unter freiem Himmel bei gewissen Be¬
leuchtungen die Schatten vielfach eine bläulich grüne, manchmal
sogar eine ausgesprochen blaue Farbe haben. Letzteres besonders
in der sonnenbeschienenen Schneelandschaft und während der
übrigen Jahreszeiten an leicht dunstigen Tagen bei Tiefstand der
Sonne. Es erscheinen dann nicht alle Schatten bläulich, sondern
vorwiegend die weiterentfernten und namentlich auf der der Sonne
gegenüberliegenden Seite. Bei noch grüner Vegetation sehen wir
dann dort vornehmlich zw^ei Farbentöne: ein durch Grau stark ge¬
dämpftes Gelbgrün der belichteten Stellen, sowie ein Graublau der
Schatten. Die letzteren sind relativ hell, sie kontrastieren fast
mehr durch die Farbe als durch die Dunkelheit. Infolge des bläulich-
wreissen Dunstes, der das Ganze überlagert, sind alle- Konturen ver¬
wischt, die beiden Töne gehen an den Grenzen allmählich und un¬
merklich ineinander über. Es versteht sich von selbst, dass eine
derartige Beleuchtung für den Jäger ungünstig ist, da fernere Gegen¬
stände, selbst wenn sie unter genügend grossem Gesichtswinkel er-
erscheinen, sich schlecht vom Hintergründe abheben. Besieht man
sich nun eine solche Landschaft durch ein nicht zu dunkles gelbes
Glas, so erfährt allerdings die Helligkeit des ganzen eine gelinde
Abschwächung, aber an den belichteten Stellen wird die Leucht¬
kraft der gelb grünen Farbe als solche erhöht, die
Schatten hingegen sind durch Absorption des
blauen Tons rein grau und merklich dunkler g e -
w orden. Die Helligkeitsunterschiede zwischen Licht und Schatten
haben sich verstärkt, alle Konturen treten schärfer hervor, die Land¬
schaft hat an Plastik gewannen und scheint näher gerückt. Der
W'aidmann kann das Wild besser erkennen und treffen. Der Nutzen
der gelben Gläser beruht also mehr auf Ausschaltung der blauen als
auf der der ultravioletten Strahlen.
Verf. weist ferner darauf hin, dass den gelben Gläsern unter
Umständen auch ein erheblicher militärischer Wert zukommen
kann und zwrar aus folgenden Gründen: Mit der Vervollkommnung
der Schiesswaffen haben sich die Gefechtsentfernungen bedeutend
vergrössert; die Entscheidung kann heute in Distanzen fallen, in
denen man früher kaum angriff. Dabei verrät kein Pulverdampf,
kein blinkendes Metall mehr kilometerweit den Gegner. Trägt er
noch dazu moderne schutzfarbene Uniform, so wird er auch auf ge¬
ringere Entfernungen, namentlich an dunstigen Tagen nur schwer zu
erkennen sein. Jedes Mittel, das hier imstande ist, das Sehen zu
bessern und die Treffsicherheit zu heben, sollte daher auf seine
Anwendbarkeit geprüft werden. Dazu rechnet Verf. auch die gelbe
Schiessbrille. Diese wäre an solchen Tagen und beim Schiessen
in einer solchen Richtung zu tragen, wo die Schatten bläulich sind.
Die feindlichen Truppen w-erden dann, wenn die Beleuchtung für
die gelben Brillen günstig ist, von vorne belichtet sein und es w-ird
hier der gelbliche Ton der Felduniform besonders hell erscheinen
2l. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
151
lassen und vortrefflich vom Hintergrund abheben. Jedenfalls wäre zu
erwägen, ob man nicht die Offiziere und diejenigen Mannschaften,
an deren Sehvermögen besonders hohe Anforderungen gestellt
werden, wie Richtkanoniere. Maschinengewehrschützen und Jäger
damit ausstatten sollte. Mindestens sollte man solche Leute, die zur
Korrektion von Refraktionsanomalien ohnehin Brillen tragen, eine
zweite mit gelben Gläsern, die zugleich als Reserve zu dienen hätte,
mitführen lassen.
Fritz S c h a n z - Dresden : Geiärbte Gläser als Schiessbrillen.
: Ibidem No. 5, S. 41.)
Auch Schanz ist der Anschauung, dass gefärbte Gläser für die
Jager und :* *oldaten in bestimmten Situationen Nutzen bringen. Yeri.
bevorzugt dabei das Euphosglas und sagt darüber: Im Euphosglas
haben wir jetzt ein Glas, das nur die nicht direkt sichtbaren Strahlen
absorbiert, dabei die direkt sichtbaren möglichst wenig schwächt.
Dieses Glas ist zu Schiessbrillen ganz besonders geeignet. Es
verhindert die störenden Wirkungen der nicht direkt sichtbaren
Strahlen, es erhöht auch die Kontrastwirkung. Das Euphosglas ist in
zwei Abstufungen im Handel. Euphoslicht A dürfte für die Schiess¬
brillen genügen.
H. Schmidt-Rimpler - Halle a. S. : Beobachtungen bei
einseitiger Katarakt und Aphakie. (Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 49.
1. S. 692.)
Die Ausführungen des Verfassers sind von um so höherem
teresse. als er die Beobachtungen an sich selbst hat machen müssen.
Das erste Zeichen der sich entwickelnden Katarakt beobachtete er
beim Mikroskopieren. Hier legte sich in der Nähe des Zentrums
eine durchscheinend zarte, unbewegliche Trübungsplatte auf das Ob-
ekt. die anfänglich eine freie Lücke in der Mitte hatte. Dabei bestand
roch volle Sehschärfe des ergrittenen Auges. Allmählich nahm dann
c:ese ab. aber das binokulare Körperlichsehen (beiderseits E. kein As.
-e r; Insuffizienz der Interni? hielt so lange Stand, bis bei sich immer
. .eh- mindernder Sehschärfe die nxierten Objekte unklar wurden.
Jetc: wich auch zeitweise das Auge ab, aber durchaus nicht immer
in einer Richtung. Nach Operation des linken und bei fortschreiten¬
der Katarakt und Schwachsichtigkeit des rechten Auges zeigte sich
: ei Betrachten einer Flamme ohne linksseitige Korrektion sehr deut¬
en. nass die ungleichen Bilder beständig in kleinen Bewegungen
^rc. hin- und herwandern. V ollkommen dauernd korrekte binokulare
Fixation, sowie Körperlichsehen ist nur bei annähernd gleicher Grösse
- " - Scharfe beider Netzhautbilder möglich. Bei zunehmender Seh-
'Ch wache infolge einseitiger Starentwicklung treten die bekannten
o: -rangen des verloren gegangenen Körperlichsehens auf. aber es
-'s: sich durch langsamere und vorsichtigere Ausführung eine Reihe
°n Verrichtungen erträglich machen, z. B. lässt sich für den Oph-
:r. airnologen die schwierige Beurteilung der Tiefe der vorderen
Kammer bei Operationen dadurch einigermassen ersetzen, dass das
sahmaie Messer langsam vorgeschoben und dicht auf die Iris aufgelegt
• ma. Das volle einäugige Sehen ist weniger unbequem, als wenn
aas an Mare Bild eines Auges das klare des anderen stört. Das
spräche gegen einseitige Extraktionen bei normalsehendem und ge¬
sundem anderen Auge, zumal die Vorteile des erweiterten Gesichts-
■- -Ms mit und ohne Gläserkorrektion nicht gross sind und das
•Ld\.: ..imi.d des aphakischen Auges das des gesunden stört, indem
- - mein ne bei aut’tritt. sei es. wenn beide Bilder zusammenfallen,
je: es. wenn sie als ungleich scharfe Doppelbilder empfunden werden.
M;.: der Staroperation erscheinen dem linsenlosen Auge alle
-.m m viel frischer und heller, während sie das kataraktöse Auge
me u h nachgedunkelten Gemälden sieht, nur das Blau erschien dem
• auf dem Starauge sogar intensiver als auf dem aphakischen.
v on Hess sehen Blaublindheit konnte er also an sich nichts er-
: ahren. Mit Sicherheit konnte er ferner an sich das Fehlen jeder
akkommodativen Veränderung feststellen. Sehr störend gestaltete :
. Extraktion das periphere Sehen: Die prismatische Wir- j
- dm starken Konvex- bzw. zylindrischen Konvexgläser führt zu
ner fehlerhaften Projektion der Objekte. Einen grossen Fortschritt
für das periphere Sehen der Extrahierten die sphärisch-
orischen Gläser Gullstrands gebracht, namentlich bei
-urkem Astigmatismus und ungünstiger Achsenlage sind sie dringend
m empfehlen, während für die gewöhnlichen Fälle ihr Vorzug mit
-- S c::t auf die hohe Preislage nicht so bedeutend ist, als dass sie
■m:s verordnet werden müssten. Nach Anschauung des Yeri. he¬
mmet eine durch Unfall entstandene einseitige Aphakie selbst bei
mste' Sehschärfe eine Verringerung der Erwerbsfähigkeit, die etwa
tut 15 Proz. zu schätzen wäre. Rhein.
Inauguraldissertationen. l)
Studien über die Niere ndekapsulation hei Eklam-
> i (nebst eigenen kasuistischen Beiträgen)*), die
:ml \\ agner an der Heidelberger Universitäts-Frauenklinik (Prof.
'(enge1 anstellte, haben zu folgenden Resultat geführt: Als ober-
ter Grundsatz gilt heute allgemein die sofortige Entbindung nach dem
mme - bzw. den ersten Anfällen, von der Annahme ausgehend, dass
as h: d:e Quelle der Vergiftung für den mütterlichen Organismus sei.
‘) Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
inc.-.e:-. Arnulfstrasse 26. erbeten. Besprechung Vorbehalten.
*) 4 Fäll;, in denen nach der Sippe Ischen Indikationsstellung
Nierenenthülsung vorgenommen wurde.
A erändert sich nach der Entbindung das Krankheitsbild nicht, so ist
zweiiellos ein kräitiger Aderlass von 800—1200 am höchsten zu
werten je nach der Güte des Pulses, und zwar ohne Nachsendung von
0.7 proz^ Kochsalzlösung zur Vermeidung einer Chlorretention im
Blut. Dann kämen feuchtwarme Packungen mit sämtlichen Kardiaca
in wechselnder Folge, damit das Herz bis zur Erholung der Nieren
nach der Entbindung nicht versage. Tritt damit keine wesentliche
Besserung ein, so hat die Nierenaushülsung als ultima spes ihre Be¬
rechtigung, solange ihr nichts Besseres entgegengesetzt werden kann
(Heidelberg 1912. 27 S.) Fritz L 0 e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Bonn. November 1912.
Mork Fritz: Unfall und progressive Paralyse.
Krumbach Joseph: Der heutige Standpunkt der Thrombose nach
gynäkologischen Operationen.
Krüsmann Johannes: Die Tuberkulose der Nasenscheidenwand.
Bergerhoff Paul : Ueber die Einwirkung von Salvarsan auf
Wachstum und Blutbildung bei Tieren.
Becker Emil: Ueber den extraperitonealen Kaiserschnitt unter be¬
sonderer Berücksichtigung von 34 Fällen aus der Frauenklinik.
B r o d i h n Georg: Trauma und Lungentuberkulose.
M°* ly Carl: Ueber säurefeste Stäbchen in hypertrophischen
üaumentonsillen und adenoiden Vegetationen des Nasen¬
rachenraumes.
Flohr Ernst: Ein Beitrag zur Kenntnis der Chloromerkrankung.
rischer Herwart : Zahlreiche Missbildungen an einem Fötus und
ein Fall einer doppelten Ulnabildung.
Levy Tilly : Myom und Schwangerschaft.
Roser Ernst : Zur Behandlung der kruppösen Pneumonie mit hohen
Kampferdosen.
Klein Josef: Ueber die sogenannte Mutation und die Veränderlich¬
keit des Gärvermögens bei Bakterien.
^chönenberg Max: Beitrag zur Arthrodese des Fussgelenks.
Trampedach Georg: Milz und Magenverdauung und der an¬
gebliche Pepsingehalt der Milz.
b-tüsser Franz: Ueber die primären epithelialen Neubildungen des
Nierenbeckens.
Schneider Albert: Ueber multiple primäre Karzinome des Magens.
1 riedrich Waldemar: Die strafrechtliche Bedeutung des manisch-
depressiven Irreseins und der Dementia praecox.
Töpfer Max: Beitrag zu der Geschichte der Kohlenoxydvergiftung.
Jacoby Fritz: Ueber die Folgen elektrischer Entladungen auf den
Menschen, speziell über Telefonunfälle.
Dub E.: Leber Epilepsie, mit besonderer Berücksichtigung ver¬
sicherungsrechtlicher Fragen.
Universität Greifswald. Dezember 1912.
Reh Max : Ueber Bronchialdiphtherie.
Beyer Wilhelm: Ueber einen Fall von Pankreas-Fettnekrose mit
Zystenbildung, letaler Nekrose der Milz und Verschluss der Leber¬
arterie.
Moral Hans: Ueber die ersten Entwicklungsstadien der Glandula
submaxillaris.
Ficker Johannes: V ergleichende Sehschärfenbestimmungen.
Pfoertner Hans: Ueber Pf ählungsverletz ungen des Rektums mit
Eröffnung der Bauchhöhle und ihre Behandlung.
Universität Heidelberg. November und Dezember 1912.
Franke Carl: Ueber die Lymphgefässe der Lunge. Zugleich ein
Beitrag zur Erklärung der Baucherscheinungen bei Pneumonie.
F ö r s t i ge Richard: Ueber die chirurgische Behandlung des Morbus
Basedow ii.
Wagner Emil: Die Xierendekapsulation bei Eklampsie nebst
eigenen kasuistischen Beiträgen.
O bk i roher Günther: W rights Lösung zur Drainage von lokali¬
sierten Eiterungen.
Universität Leipzig. Dezember 1912.
Be n ecke Heinrich: Ueber Varizen und ihre Behandlung, mit be¬
sonderer Berücksichtigung einer Diszissionsmethode.
Frl. Buetow Lucie: Zur Kenntnis der Hypophysenenzyme.
Fiedler Walter: Ueber Blutdruckmessungen an diphtheriekranken
Kindern.
Gill e Wilhelm : Zur Prognose der Keratomalazie.
Grün Ernst: Beitrag zur Plexuslähmung nach Klavikulariraktur.
Lins Erich: Operative Behandlung der Prostataerkrankungen. Kar¬
zinom. Atrophie und Hypertrophie.
Universität Rostock. Dezember 1912.
Sc h a r la u Alwin: Beitrag zur Kenntnis des Vorkommens der Finna
von Taenia solium beim Menschen.
He dinge r Miecystow: Ueber Anenzephalie, insbesondere über die
Muskulatur von Anenzephalen und verwandten Missbildungs¬
formen.
Hammer Rudolf: Ein Fall von Atrophia maculosa cutis idiopathica
(Dermatitis atrophica maculosa).
Steinohrt Johann Albrecht: Zur Kenntnis der epithelialen Ge¬
schwülste der Kornea.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Auswärtige Briefe.
Schweizer Briefe.
(Eigener Bericht.)
Driichfiihriing des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes. —
Organisation der Schweizer Aerzte.
Die Vorarbeiten für die Vollziehung des im vergangenen
Jahre vom Schweizer Volke angenommenen Kranken- und Un¬
fallversicherungsgesetzes beschäftigen zurzeit weite
Kreise des Landes und werden begreiflicherweise auch von der
Aerzteschaft mit Spannung verfolgt. Als wichtigstes Ereignis ist
einstweilen die vom Bundesrat vorgeschlagene und vom Parlament
alsbald genehmigte Schaffung eines Bundesamtes für
soziale Versicherung zu buchen. Ursprünglich hatte zwar
der Bundesrat geplant, dem schon bestehenden, sehr gut organisierten
und geleiteten Aufsichtsamt über das private Versicherungswesen
auch den Vollzug der neuen Versicherungsgesetze zu überbürden.
Allein bei näherer Prüfung erwies sich diese Zusammenkoppelung
besonders mit Rücksicht auf die Krankenversicherung als nicht tun¬
lich und so wird denn, trotz der zurzeit herrschenden Abneigung
gegen die Schaffung neuer Bundesämter, zweckmässigerweise eine
selbständige, dem Industriedepartement angegliederte Amtsstelle ge¬
schaffen. Den neuen Funktionären wird es zumal am Beginn ihrer
Tätigkeit an Arbeit nicht mangeln. Ausser der mehr formellen Ober¬
aufsicht über die neue Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
wird das neue Amt zunächst den aus dem Anerkennungsverfahren *)
erwachsenden Verkehr mit nahezu 2000 Krankenkassen zu besorgen
haben. Sodann fällt ihm zu die Ueberwachung der Bestimmungen
über die Freizügigkeit, die Kontrolle der Versicherungsleistungen
und der Arzt- und Apothekerverhältnisse, die Festsetzung der jähr¬
lichen Subventionen, die Prüfung der Jahresrechnungen und der
finanziellen Sicherheit der Krankenkassen. Das auf diese Weise all-
mählig gewonnene statistische Material soll verarbeitet und zur
Weiterentwicklung der Versicherung verwendet werden; fehlt doch
z. B. in unserem Lande krankenstatistisches Material in grösserem
Umfange noch völlig. Das Amt für soziale Versicherung soll ferner
denjenigen Kantonen und Gemeinden mit den notwendigen Informa¬
tionen und Ratschlägen dienen, welche von der im Gesetze vorge¬
sehenen Möglichkeit, die Krankenversicherung für ihr Gebiet
obligatorisch zu erklären, Gebrauch machen wollen. Es hat sodann
die Versicherungsverhältnisse der zahlreichen Angestellten des Bun¬
des (Post- und Eisenbahnbetrieb) zu ordnen und bei der geplanten
Errichtung einer Hilfs- und Pensionskasse der eidgenössischen Be¬
amten mitzuwirken. Durch das Studium der Alters- und Invaliditäts¬
versicherung in den Nachbarländern soll es endlich die Vorarbeiten
für den allerdings noch in weiter Ferne liegenden Ausbau der Ver¬
sicherung in dieser Richtung liefern. So wird hier ein weites und
dankbares Arbeitsfeld auf einem in der Schweiz von Staats wegen
noch wenig bebauten Gebiete eröffnet und man darf gespannt sein,
wem der Bundesrat diesen ehrenvollen Posten anvertrauen wird.
Das Industriedepartement hat ferner aus eigener Initiative eine
Kommission aus Vertretern der an den Versicherungsgesetzen
interessierten Kreise ernannt. Diese Kommission soll von Zeit zu Zeit
einberufen werden, um an der Beratung der verschiedenen für die
Vollziehung des Gesetzes notwendigen Vorarbeiten mitzuwirken. Es
gehören ihr an: 13 Vertreter der Krankenkassen, der Präsident des
Verwaltungsrates der Unfallversicherungsanstalt, je 2 Vertreter der
Industrie und des Gewerbes, ein Arzt und ein Apotheker. Die ärzt¬
liche Vertretung ist namentlich im Vergleich zur Vertreterzahl der
Krankenkassen quantitativ sehr bescheiden ausgefallen und es hat
diese Tatsache in ärztlichen Kreisen eine gewisse Verstimmung er¬
zeugt. Doch ist erfreulicherweise die Wahl auf den Präsidenten der
Schweizerischen Aerztekommission gefallen, so dass wenigstens quali¬
tativ die ärztliche Vertretung den Bedürfnissen des ärztlichen Standes
entspricht.
Auch für die Organisation der neu zu schaffenden Schweize¬
rischen Unfallversicherungsanstalt sind die ersten
Schritte getan worden. In den Verwaltungsrat wurden gemäss dem
Wunsch und Vorschlag der Aerztekommission 2 Aerzte berufen, wo¬
runter Dr. K o e b e r 1 i n in Zürich, wohl der gründlichste ärztliche
Kenner des Versicherungswesens in der Schweiz. Als Präsident des
Verwaltungsrates konnte Ständerat Dr. Usteri in Zürich gewonnen
werden, bisher Leiter der Schweiz. Lebensversicherungs- und Renten¬
anstalt, der unter Verzicht auf seine bisherige Stellung in patriotischer
Weise sein organisatorisches Talent und seine grosse Erfahrung dem
neuen staatlichen Institut zur Verfügung stellt.
In den Kreisen der Krankenkassen herrscht ebenfalls reges
Leben. Kleinere Kassen verschmelzen miteinander, um lebenskräf¬
tiger zu werden, andere schliessen sich in grösseren Verbänden zu¬
sammen und überall sind die Vorstände an der Arbeit, die Statuten
den Anforderungen des Gesetzes anzupassen, um damit das Prädikat
„anerkannte“ Krankenkasse zu erhalten und so des jährlichen Bundes¬
beitrages teilhaftig zu werden. Auch über das zukünftige Ver¬
hältnis zu den Aerzten wird eifrig disputiert und leider ist
dabei zu konstatieren, dass die ärztefeindliche Gesinnung, die in so
*) Wegen der Einzelheiten des Schweizerischen Bundesgesetzes
über die Kranken- und Unfallversicherung siehe meinen Artikel in
Jahrgang 1912, No. 9 dieser Wochenschrift.
zahlreichen Krankenkassen jenseits des Rheines herrscht, auch auf die
hiesigen Verhältnisse abzufärben beginnt, obwohl bisher unter dem
Regime völliger Freiheit und Freiwilligkeit im Krankenkassenwesen
ernstere Streitigkeiten zwischen den Aerzten und Krankenkassen zu
den Ausnahmen gehörten. Soviel steht jetzt schon fest, dass von den
beiden im Gesetze vorgesehenen Möglichkeiten, der gänzlich freien
und der bedingt freien Aerztewahl mit Vertragsverhältnis, in weitaus
den meisten Fällen der letztere Modus zur Anwendung kommen
wird und dass auch bei uns die Krankenkassen wohl von den Aerzten
mancherlei Opfer verlangen, ihrerseits aber keine Konzessionen ge¬
währen wollen, die über das hinausgehen, was ihnen das Gesetz
strikte vorschreibt. Die Stellung der Aerzteschaft ist insofern eine
heikle und schwierige, als das Gesetz die Krankenkassen anerkennt
und subventioniert, sowohl wenn sie Krankengeld und Kranken¬
pflege, als auch wenn sie nur eines von beiden gewähren. Spannen
nun die Aerzte nach der Meinung der Krankenkassen ihre Forde¬
rungen zu hoch, so steht zu befürchten, dass die Krankenkassen
einfach auf die Krankenpflegeversicherung verzichten und sich mit
der bescheidenen Subvention, aber bequemen Rolle einer blossen
Krankengeldkasse begnügen. Ein Ueberhandnehmen dieser Art
Kassen widerspricht aber allen modernen Bestrebungen auf dem Ge¬
biete des Krankenversicherungswesens und liegt auch nicht im Geiste
des neuen Schweiz. Gesetzes. Ueberdies sind die reinen Kranken¬
geldkassen bei den Aerzten sowieso nicht beliebt, weil ihre Mit¬
glieder wohl den Arzt wegen Kleinigkeiten in Anspruch nehmen und
mit Schreibereien behelligen, die Honorierung aber nur allzu oft ver¬
gessen. Sind aber die Aerzte im Interesse dieser Ausbreitung der
Krankenpflegeversicherung den Krankenkassen gegenüber namentlich
in der Honorarfrage zu sehr entgegenkommend, so müssen sie be¬
fürchten, sich ins eigene Fleisch zu schneiden und da für die Mit¬
gliedschaft bei einer Krankenkasse keine Einkommensgrenze vorge¬
sehen ist, bei zu kleinen Honoraren eine starke ökonomische Einbusse
zu erleiden. Ein weiteres, nicht so leicht zu lösendes Problem bildet
die Frage, wie sich die Aerzte am besten gegen diejenigen Kollegen
schützen sollen, welche durch Polypragmasie die Kassen schädigen
und damit zugleich die freie Arztwahl in Misskredit bringen. Da
das Gesetz die Honorierung nach Einzelleistungen vorsieht und da
die Kollegen in vielen Teilen unseres Landes für den Krankenkassen¬
dienst noch gänzlich undiszipliniert sind, so sind solche Auswüchse
mit Sicherheit zu erwarten. Das vorgesehene gemischte Schiedsge¬
richt wird wohl nur die krassesten Fälle zu beurteilen haben und
sollte im Interesse des ärztlichen Standes möglichst selten in Funktion
treten müssen und so geht die 1 endenz dahin, eine gegenseitige
Selbstkontrolle der Aerzte zu schaffen, wobei die den Durchschnitt
um ein gewisses Mass überschreitenden Rechnungen eine auto¬
matische Reduktion erfahren würden. Leider bestehen bisher für ein
solches Vorgehen nur an ganz wenigen Orten die nötigen Grund¬
lagen. Auch die Vereinbarung eines Pauschale ist in Vorschlag ge-:
bracht worden, sofern dasselbe so hoch gehalten würde, dass bei
Umrechnung auf die Einzelleistungen in Jahren mit normalem Kran¬
kenstand daraus die Ansätze des Minimaltarifes resultieren würden.
Doch ist es fraglich, ob die Honorierung durch ein Pauschale mit
dem Text des Gesetzes überhaupt vereinbar ist und die Mehrzahl
der Kollegen steht diesem System der Honorierung ihrer Leistungen
einstweilen noch ablehnend gegenüber.
Eine erfolgreiche Wahrung ihrer Interessen den Krankenkassen
gegenüber wird den Schweizerischen Aerzten nur gelingen, wenn sie
durch das Band einer Organisation geeint, gemeinsam handeln
Voraussichtlich sollen die Verträge mit den Krankenkassen von dei
kantonalen Verbänden abgeschlossen werden, damit der grosse:
regionären Verschiedenheit der Verhältnisse, unter welchen in un¬
serem Lande die Ausübung der Praxis geschieht, gebührend Rechnung
getragen werden kann. Es bedeutet deshalb für die kantonalen medi¬
zinischen Gesellschaften eine wichtige Aufgabe, noch vor Beginn dei
Vertragsunterhandlungen, möglichst alle in ihrem Gebiete prakti
zierenden, ihr noch fernstehenden Kollegen zum Anschluss zu veran
lassen. Inzwischen ist die Schweiz. Aerztekammer an der Arbei
in Form der sog. Krankenkassen-Normalien die Grund
züge aufzustellen, welche für alle in der ganzen Schweiz abzu
schliessenden Verträge wegleitend sein sollen. Näheres darübe
ein andermal.
Das Bewusstsein, dass der ärztlichen Organisation ernste Kräh
proben bevorstehen können, hat der Aerztekommion und de
Aerztekammer Veranlassung gegeben, ihre Geschäfts
Ordnung neu zu gestalten, um damit einerseits in besserem Kon
takt mit der Aerzteschaft zu bleiben und andererseits um zu er
reichen, dass ihre Beschlüsse auch wirklich bindende Kraft für alb
von ihr vertretenen Organisationen erhalten. Denn es darf nich
mehr Vorkommen, wie dies bei Anlass des auch hier besprochene:
Postamt-Vertrages geschehen ist, dass ein von der Aerztekamme
genehmigter und damit nach der Meinung der Parteien für all
organisierten Aerzte verbindlicher Vertrag, hernach von einer ein
zelnen lokalen Organisation nicht anerkannt wird. So unterbreite
denn die Aeztekammer ihren Auftraggebern eine Neuordnung des Ge
schäfts- und Instanzenganges nach folgenden Grundzügen;
Die Aerztekammer wird nach wie vor von den kantonale
ärztlichen Gesellschaften in der Weise gewählt, dass auf 50 Mitgliede
der kantonalen Organisation ein Delegierter entfällt. Sie hat sic
mit denjenigen Geschäften zu befassen, welche ihr von der Aerzte
I kommission, von den kantonalen Gesellschaften oder von einzelne
21. Januar 1913.
MUENCH ENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
153
Delegierten überwiesen werden. Alle Beschlüsse müssen von der
Aerztekammer den kantonalen Gesellschaften einzeln mitgeteilt wer¬
den. In besonders dringlichen Fällen kann ein Beschluss, falls er
mit einer Mehrheit von mindestens */ s der Stimmenden gefasst wurde,
als endgültig und verbindlich erklärt werden; in allen übrigen Fällen
wird der Beschluss erst dann verbindlich, wenn nicht innert Monats¬
frist nach dessen Publikation von einer kantonalen ärztlichen Ge¬
sellschaft Einsprache angekündigt wird. Wird innerhalb weiteren
3 Monaten von mindestens 3 kantonalen Organisationen definitiv Ein¬
sprache erhoben, so gilt diese als in Kraft getreten und der Be¬
schluss muss von der Aerztekammer einer neuen Beratung unter¬
zogen werden. Falls diese wieder zum gleichen Resultat führt, so
muss auf Antrag der Einsprache erhebenden Geselschaften der Be¬
schluss den Mitgliedern aller kantonalen Verbände zur U r a b s t i m -
m ii n g unterbreitet werden, wobei das absolute Mehr der Stimmen¬
den entscheidet.
Die Aerztekommission bildet den Ausschuss der Aerzte¬
kammer und besteht aus 9 Mitgliedern. Ihr wird neu das Recht ein¬
geräumt, einen Arzt als ständigen Sekretär anzustellen, was sich bei
der zunehmenden Geschäftslast mit Hinsicht auf die Versicherungs¬
gesetze bald als Notwendigkeit erweisen dürfte. Das Bureau der
Aerztekommission besteht aus 3 Mitgliedern, wovon eines der fran¬
zösischen Schweiz angehören soll. Der Geschäftskreis erstreckt sich
1. auf Fragen, die ihr von der Aerztekammer zur Vorbehandlung über¬
wiesen werden, 2. auf Fragen, die in ihrem eigenen Kreise angeregt
werden, 3. auf Fragen, deren Behandlung eidgenössische oder kan¬
tonale Behörden, ärztliche Gesellschaften oder einzelne Aerzte von
ihr wünschen (im letzten Falle nur, wenn sie allgemeine ärztliche
Interessen betreffen) und 4. auf die Ueberwachung der Geschäfts¬
führung der Hilfskasse für Schweizer Aerzte. Alle behandelten wich¬
tigen Geschäfte, welche die berufliche oder materielle Stellung des
Aerztestandes betreffen, sind der Aerztekammer zur Entscheidung
vorzulegen. Aerztekommission und Aerztekammer tagen für ge¬
wöhnlich in dem für den Schweiz. Aerztestand allmählig als Ver-
siinmlungsort historisch gewordenen Olten.
Dieser Entwurf wird nun den kantonalen Organisationen zur
Diskussion und Einreichung allfälliger Abänderungsvorschläge über¬
geben. Im Frühjahr soll er der Aerztekammer vorgelegt werden
und alsdann in der von ihr zum Beschlüsse erhobenen Form der
Urabstimmung der Aerzte unterbreitet werden. Auf den ersten Blick
erweist sich die vorgeschlagene Geschäftsordnung etwas kompliziert
und in der Tat dürfte der Geschäftsgang in vielen Fällen ziemlich
schleppend werden. Allein wenn wir berücksichtigen unter wie
ausserordentlich verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Verhält¬
nissen die Schweizer Aerzte praktizieren, wenn wir daran denken,
dass auch die Kollegen des französischen und italienischen Sprach¬
gebietes ihre speziellen Wünsche haben und sich nicht zurückgesetzt
fühlen dürfen und wenn wir endlich in Rechnung ziehen, dass der
Schweizer Bürger durch Referendum und Volksabstimmung auch auf
anderen Gebieten gewöhnt ist, seine Meinung persönlich und nicht
nur durch die von ihm gewählten Behörden zu äussern, so müssen
wir es als einen glücklichen Gedanken bezeichnen, dass den kan¬
tonalen Gesellschaften durch das Einspracherecht und der Gesamtheit
der Aerzte durch die eventuell vorzunehmende Urabstimmung ein
direkter Einfluss auf die Geschäftsführung ermöglicht wird. Für wirk¬
lich dringliche Fälle ist ja ein selbständiges Handeln der Aerzte¬
kammer vorgesehen, falls der Beschluss mindestens eine 4/s Mehrheit
findet. Kommt die Geschäftsordnung annähernd in der vorgeschla¬
genen Form zustande, so wird der Schweiz. Aerztestand innerlich be¬
deutend gefestigt dastehen und ihm allenfalls angetragene Kämpfe
mit Vertrauen aufnehmen können. So wird es ihm hoffentlich ge¬
lingen, in einer, wenn auch nicht idealen, so doch annehmbaren Lö¬
sung seines Verhältnisses zu den Krankenkassen zu gelangen. Die
gesetzlichen Grundlagen dafür sind ja glücklicherweise geschaffen.
_ _ Dr. N.
Vereins- und Kongressberichte.
Berliner Gesellschaft für Chirurgie.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 13. Januar 1913.
Herr Klapp demonstriert vor der Tagesordnung kurz einen
Studenten, dem bei der Mensur die Nasenspitze abgeschlagen war.
Die Nasenspitze, die der Besitzer 3A Stunden im Munde aufbewahrt
hatte, wurde nur mit physiologischer Kochsalzlösung abgespült, primär
angenäht und zeigt jetzt, 4 Wochen nach der Verletzung, bereits
wieder Sensibilität.
Herr Körte demonstriert das Präparat einer typischen Fraktur
des Gesichtsschädels, bei der durch nach unten wirkenden Druck
der Oberkiefer gewissermassen nach unten herausgesprengt wird.
Herr J o n n e s c o - Bukarest (a. G.): Rachianaesthesie generale.
(Mit Projektionen.)
J. verwendet die Rachianästhesie ausschliesslich und hat durch
sie die Inhalationsnarkose völlig ersetzt. Er hält sie für die An-
üsthesierungsmethode der Zukunft und kennt keine Kontraindika¬
tionen. Das Rückgrat wird an 2 Stellen punktiert:
1. zwischen dem 1. und 2. Dorsalwirbel für die Anästhesie des
Kopfes und der oberen Rumpfhälfte, die bis etwa zum unteren Rippen¬
rande herabreicht;
2. zwischen dem 12. Dorsalwirbel und dem 1. Lendenwirbel für
die Anästhesie der ganzen unteren Rumpfhälfte.
Die Einspritzung wird mit gewöhnlicher, 1 ccm fassender Pra-
vazspritze, mit einer dünnen Nadel für die Lumbalpunktion versehen,
ausgeführt. Die eingespritzte sterilisierte Lösung enthält Stovain
unter Zusatz von neutralem schwefelsaurem Strychnin, das die schäd¬
lichen Nebenwirkungen des Stovains aufheben soll. Die Dosis richtet
sich nach dem Alter und Kräftezustand des Patienten und nach dem
Ort der Einspritzung:
Bei der unteren (Rückenlenden-) Punktion beträgt sie 1 — 6 cg
Stovain: 0,06 g Stovain ist die Maximaldosis.
Bei der oberen, hohen Dorsalpunktion ist die gewöhnliche Dosis
für Erwachsene 2, selten 3 cg Stovain. Bei Kindern schwankt sie
zwischen A — 2 cg Stovain.
Die Dosis des Strychnins für Erwachsene beträgt bei der unteren
Rückenlendenpunktion 2 mg, bei der oberen hohen Dorsalpunktion
1 mg. Für Kinder beträgt sie bei der ersteren 14 mg (bis zum Alter
von 2 Jahren) und 1 mg (bei älteren Kindern); für die obere Dor¬
salpunktion schwankt die Dosis zwischen Vi mg bis Vs mg Strychnin.
Die Einspritzung geschieht in Seitenlage oder auch in sitzender
Stellung des Kranken, der dann sofort gestreckt hingel'egt wird.
Zeichen von Gehirnanämie treten dann nicht auf.
Nach Ansicht des Vortragenden werden die schon an sich sel¬
tenen störenden Nebenerscheinungen (Kopfschmerzen, Erbrechen, Er¬
schlaffung des Schliessmuskels, Harninkontinenz) mit der Vervoll¬
kommnung der Methode immer mehr verschwinden.
Auf Grund seiner Statistik von über 9000 Fällen hält J. seine
Methode für einfach, gutartig und der Inhalationsnarkose in jeder
Weise überlegen.
Herr Harzbecker: Zur Entstehung der Hernia pectinea.
Bei ihr liegt die Bruchpforte nicht im Schenkelringe, sondern
medial von dem medialen Rande des Schenkelringes. M. fand bei der
Präparation dieser Gegend, dass die Fascia pectinea an der Insertions¬
stelle des Musculus pectineus diesem nicht fest aufliegt und nicht
unmittelbar in das Ligamentum Gimbernati übergeht, sondern dass
sich die Faszie hier abhebt, so dass sich zwischen Fascia pectinea.
Os pubis und Ligamentum Gimbernati ein mit Fettgewebe ausgefüllter
Raum findet. Hier treten dann die Herniae pectineae hindurch und
senken sich unter der Fascia pectinea im Verlaufe des Musculus pec¬
tineus nach abwärts. Bei der wegen Inkarzerationserscheinungen
laparotomierten Greisin hatte sich die Hernie 9 cm tief am Musculus
pectineus nach abwärts gesenkt. G r o t h.
Medizinische Gesellschaft zu Chemnitz.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 13. November 1912.
Vorsitzender : Herr N o b i s.
Schriftführer: Herr Ochsenius.
Herr U h I e demonstriert:
L Das Präparat einer reinen follikulären Eierstocksschwanger¬
schaft frühen Stadiums (6 — 8 Wochen). Die Verhältnisse daher sehr
übersichtlich und ein Zweifel an der Diagnose nicht möglich. Die
A. Martin sehen Anforderungen an eine Ovarialgravidität erfüllt
der vorliegende Fall vollkommenerweise: 1. Beide Eileiter und der
linke Eierstock sind völlig unbeteiligt. 2. geht das Lig. ovarii propr.
dextrum in den Fruchtsack über und 3. lassen sich Teile des rechten
Eierstockes in der Fruchtsackwand nachweisen. Es handelt sich
um eine 33 jährige Il.-para, die seit 6 Jahren verheiratet ist und vor
5 Jahren eine Frühgeburt im 5. Monat durchgemacht hat. Letzte
Menses 4. September 12. 11. Oktober bekommt Pat. nach einer
grossen Wäsche Schmerzen in der rechten Unterleibsgegend, ver¬
bunden mit heftigem Drängen nach unten und quälendem Tenesmus.
Sie wendet zunächst Hausmittel an, worauf sich die Beschwerden in
einigen Tagen besserten, so dass sie ihren Hausstand wieder be¬
sorgen konnte. Anfangs November geht Pat. auf Anraten einer Ver¬
wandten zu ihrem Hausarzt, der sie am 4. XI. der Klinik überwies.
Untersuchung in Narkose: Vulva, Vagina ohne Besonderheiten.
Portio konisch; Muttermund geschlossen. Kein Abgang von Blut,
Schleim, noch sonstigen Sekrets. Corpus uteri retrovertiert; nicht
vergrössert, nach links gedrängt durch einen apfelgrossen Tumor
der rechten Beckenhälfte, der auf dem Boden des Douglas fest fixiert
ist und sich derb anfiihlt. An den linken Adnexen nichts auffälliges.
In den Brüsten kein Kolostrum. Wegen Verdachts einer im Wachs¬
tum begriffenen rechten Eileiterschwangerschaft wird am 7. No¬
vember laparotomiert und dabei folgender Befund erhoben: Das Ab¬
damen enthält weder flüssiges noch geronnenes Blut. Hingegen sehen
Därme und Netz gelblich verfärbt aus, was darauf hindeutet, dass
vor Wochen (cf. die Attacke am 11. X.) eine Blutung in die freie
Bauchhöhle stattgefunden hat. Uterus sinistrovertiert. Die rechten
Adnexe auf dem Boden des Douglas fest verbacken, werden stumpf
ausgeschält und abgebunden unter Exzision des interstitiellen Tuben¬
anteils. Sie bestehen: 1. aus einer kurzen, schlanken Tube, die noch
mehrere fötale Windungen aufweist; 2. aus dem zum Tumor um¬
gewandelten und von einem grösseren, bereits in Organisation be¬
griffenen Blutgerinnsel umgebenen rechten Ovar. Revision der linken
Adnexe. Linkes Ovar normal; linke Tube verläuft zwar gestreckt.
154
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
hat aber eine fingerhutdicke, geschlossene Ampulle. Eröffnung der¬
selben, wobei sich zäher, farbloser Schleim entleert. Stomatoplastik.
Nach Revision der Appendix, die in Ordnung, Toilette der Bauchhöhle
und Schluss derselben nach oben und unten. Heilungsverlauf glatt.
Entlassung 16 Tage p. opt. mit per primam verheilter Wunde. — Am
Präparat selbst sieht man die schon beschriebene infantile Tube.
Ihr Pavillon ist durchgängig, aber sonst winzig und kümmerlich ent¬
wickelt Seine Fransen sind spärlich und kurz. Der eigentliche
Tumor, der das exzentrisch vergrösserte rechte Ovar darstellt, be¬
steht fast ausschliesslich aus dem gelben Körper und dem Schwanger¬
schaftsprodukt. Der Eisack birgt eine unverletzte Eihöhle mit dem
Fötus, dessen Alter auf 6 — 8 Wochen geschätzt wird. Längs der
ganzen Peripherie der Eihöhle Chorionbildung, die namentlich in
unmittelbarster Nähe des Corpus luteum am mächtigsten ist. — An
dem vorliegenden Fall ist zweierlei bemerkenswert. Einmal der
Befund an beiden Tuben. Die eine ist kolbig aufgetrieben und ver¬
schlossen. Die andere und zwar die rechte, welche trotz ihrer Win¬
dungen und Engigkeiten von den Spermafäden passiert worden ist,
ist auf kindlicher Entwicklungsstufe stehen geblieben. Ob dieser
Infantilismus, der bekanntlich in der Aetiologie der Tubargravidität
eine anerkannt grosse Rolle spielt, irgendwie beim Zustandekommen
der Eierstocksschwangerschaft mitgewirkt hat, muss dahingestellt
bleiben. Zum zweiten fällt auf, dass es trotz der 5 Wochen nach
der letzten Menstruation stattgehabten Blutung in die freie Bauch¬
höhle ganz im Gegensatz zu den Erfahrungen bei der Tubargravidität
zu keiner Unterbrechung der Schwangerschaft gekommen ist. Die
Blutung, die man sich nur durch Arrosion eines Ovarialgefässes
seitens einer Chorionzotte erklären kann, ist, ohne alarmierende Er¬
scheinungen zu verursachen, spontan zum Stillstand gekommen und
hat weder der Eihöhle noch dem Fötus geschadet. — Besprechung
der verschiedenen Ausgänge der Ovarialgravidität und statistische
Mitteilungen. U. verfügt über ein Material von 39 ektopischen
Schwangerschaften, worunter sich als einziger Fall von reiner
Ovarialgravidität der vorliegende befindet.
2. Ein Präparat von Chorionepitheliom im Anschluss an eine
rechtzeitige, normale Geburt. Dasselbe stammt von einer 41 jährigen,
kräftig gebauten und immer gesund gewesenen VHI.-para, die
8 Wochen nach einem spontanen Partus wegen unregelmässiger,
teilweise sehr starker Blutung von ihrem Hausarzte der Klinik über¬
wiesen wurde. Hämoglobingehalt nach Sahli 58 Proz. Keine
Albuminurie. Zervixdilatation und Austastung in Narkose. Uterus
puerperal vergrössert, fühlt sich auffallend weich an. Endometrium
im allgemeinen glatt. Rechts oben im Fundus ein weiches Gerinnsel
fühlbar, das herausgeholt sich als teerartiges Blutgerinnsel entpuppt.
Sonst sind irgendwelche Knoten oder Resistenzen im Bereiche der
Gebärmutter bet der fettleibigen Pat. nicht zu fühlen. Abrasio mu¬
cosae uteri nicht besonders ergiebig. Am Geschabsel selbst etwas
Auffälliges nicht nachweisbar. Die mikroskopische Untersuchung
ergibt das typische Bild des Chorionepithelioms. Beide Zellarten sind
vertreten. An mehreren Stellen ist das Einbrechen der synzytialen
Geschwulstzellen in die Muskulatur sichtbar. Angesichts der deutlich
destruktiven Wirkung des Neoplasmas auf das umliegende Gewebe
Wird das Chorionepitheliom als wahrscheinlich malign aufgefasst
(was übrigens pathologisch-anatomischerseits bestätigt wurde) und
daraufhin der Uterus samt Adnexen per laparotomiam entfernt. Der
Entschluss, die Gebärmutter mit ihren Anhängen zu opfern, wurde
ausserordentlich dadurch erleichtert, dass es sich um eine ältere,
dem Klimakterium nahestehende Mehrgebärende handelte, die
7 Kinder am Leben hatte. Der abdominale Weg wurde gewählt, weil
das Uterusgewebe sehr weich und brüchig war, die bei der vaginalen
Totalexstirpation häufig vorkommenden Impfmetastasen vermieden
werden sollten und bei event. Metastasen in Drüsen und Parametrien
die Möglichkeit der Radikaloperation nach W e r t h e i m gegeben
war. Rekonvaleszenz ungestört. Entlassung 21 Tage nach der
Operation mit gut verheilten Wunden. — Der Uterus ist in gehärtetem
Zustand 9,5 cm lang und 7,5 cm breit. Die Dicke der Korpuswand
beträgt 2 cm. Aus seiner hinteren Wand wölbt sich rechts oben ein
walnussgrosser Tumor heraus, der sich — aufgeschnitten — mark¬
weich anfühlt und rein weiss aussieht. Die Serosa darüber ist ver¬
schieblich und unverändert. Klappt man den durch einen vorderen
Längsschnitt eröffneten Uterus auseinander, so findet man die Gebär¬
mutterhöhle zunächst leer und ohne Besonderheiten. Erst nach Ver¬
längerung des Schnittes nacli der rechten Tubenecke ist der knoten¬
förmige Tumor zu übersehen. Mit einem ganz kleinen Segment ragt
er ins Cavum uteri hinein, zum grössten Teil liegt er jedoch in der
rechten hinteren Uteruswand, die er fast völlig durchsetzt, so dass
zwischen Serosa und letzten Ausläufern der Geschwulst nur ein ganz
dünner Saum von Muskularis übrig geblieben ist. Die Gefässe des
linken Ligaments sind durchgehends thrombosiert. Bei der weiteren
mikroskopischen Verarbeitung des Präparats wird darauf geachtet
werden, ob die Thromben schon verschleppte Geschwulstelemente
enthalten. Es soll später darüber berichtet werden. — Besprechung
der Pathogenese des Chorionepithelioms an der Hand der ein¬
schlägigen Literatur. Was schliesslich die Prognose des Chorion¬
epithelioms anlangt, so ist dieselbe angesichts des unberechenbaren
Verlaufs immer vorsichtig zu stellen. Ob der besprochene Fall
dauernd geheilt bleibt, muss abgewartet werden. Einen Vorteil hat
die Pat. aber jetzt schon von der Operation. Sie ist von den
schwächenden Blutverlusten befreit und wird im Kampfe gegen all-
No. 3.
fällige Metastasenbildung besser abschneiden als ein durch Blutungen
erschöpfter Organismus.
Herr Richter: Demonstration eines Falles von Xeroderma
pigmentosum mit kurzer Besprechung der Aetiologie, die in einer
angeborenen Schwäche der Haut gegenüber den chemisch wirksamen
Strahlen des Lichtes besteht. Die Haut schützt sich durch Pigment¬
bildung. Aber dieses Pigment entwickelt bald seine deletären Eigen¬
schaften, indem es befördernd wirkt auf die Wucherung und Zer¬
streuung des Epithels. So kommt es zur Karzinose.
Wenn auch die Beseitigung des Pigments (Chemikalien, Kohlen¬
säureschnee) wohl denkbar und zum Teil schon gelungen ist, dürfte
doch dessen Wiederbildung praktisch kaum zu verhüten sein, wenn
sie auch theoretisch durch dauernden Aufenthalt im Zimmer mit roten
Scheiben, Tragen von Schleiern resp. Auftragung von Firnissen mit
entsprechenden Farben denkbar wäre.
Herr Clemens: Ersatzmittel des Natrium salicylicum.
Die Nebenwirkungen des Salizyls und vieler seiner Derivate
betreffen den Geschmack, die Reizerscheinungen von seiten des
Magens und die toxischen Allgemeinsymptome. Fast alle übrigen
Derivate der Salizylsäure — auf diese beschränkte sich der Vor¬
tragende — schmecken besser als das Salizylnatrium. Doch bleibt
dessen Anwendung per klysma für viele Fälle rationell. Die Ester
der Salizylsäure reizen seltener den Magen. Auch die Original¬
präparate sind nicht chemisch rein, enthalten freie Salizylsäure, wie
demonstriert wird. Aus den Salzen —3 Hydropyrin, Aspirin löslich —
wird im vollen und sezernierenden Magen die Säure abgeschieden.
Die Ester werden allmählich gespalten, daher ist die toxische Wirkung
geringer, aber bei grossen Dosen nie mit Sicherheit auszuschliessen.
Herr Schuster: lieber Melubrin.
Die bisherigen therapeutischen Erfolge bei Melubrin werden voll
bestätigt. Bei akuter und subakuter rheumatischer Polyarthritis
zeigt sich ohne störende Begleiterscheinungen fast durchweg eine
sichere antirheumatische und antipyretische Wirkung. Auch andere
fieberhafte Krankheiten werden günstig beeinflusst; mit der Ent¬
fieberung tritt in den meisten Fällen eine Abnahme der Tachykardie,
hie und da auch eine Beruhigung der Kranken ein. Nicht zu ver¬
kennen ist ferner die vorübergehende oder dauernde Beseitigung von
Schmerzen verschiedener Erkrankungen wie Ischias, Neuralgie. Als
Nervinum setzt es die Dauer und die Zahl der Keuchhustenanfälle
bei Kindern nach längerem Gebrauche herab; eine Heilung der
Pertussis ist in 3 Wochen nicht zu erzielen gewesen.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
V. Sitzung vom 2. November 1912.
Vorsitzender: Herr Schmal tz.
Tagesordnung.
Herr Best: Ueber Thermopenetration am Auge. (Erscheint
unter den Originalien dieser Wochenschrift.)
Diskussion: Herren Cahnheim, Ganser, Haenel,
K y a w, W e r t h e r. Best.
Diskussion über die Vorführungen in Hellerau.
Der Vorsitzende bemerkt, dass ähnliche Gedanken wie die
von D a 1 c r o z e schon Goethe vorgeschwebt haben. Dieser lässt
in Wilhelm Meisters Wanderjahren die Erzieher ausführen, dass die
Musik eine grosse erzieherische Rolle spielt. Der Rhythmus ist zwar
dabei nicht erwähnt, aber es ist nach den ganzen Ausführungen klar,
dass Goethe ausser an den ästhetischen Einfluss dabei auch an den
speziellen des Rhythmus gedacht hat.
Herr Ganser: Die Methode Dalcroze steht gegenwärtig so¬
wohl gymnastisch wie musikalisch und dramatisch im Mittelpunkt des
Interesses. Nach der eigenen Anschauung in Hellerau ist G. jetzt
von dem hohen Wert der Methode durchaus überzeugt. Die Methode
Dalcroze ist nicht absolut neu, aber in ihrer Art etwas durchaus !
Neues, und sie ist berufen, in günstigem Sinne reformatorisch zu
wirken.
Bezüglich der Form der Darstellungen ist anzuerkennen, dass I
keine vorbereitete Schaustellung gegeben wurde. Herr Dalcroze ■
führte Kinder vor, die ihre erste Unterrichtsstunde erhielten; so
konnte man sehen, wie das völlig unvorbereitete Gehirn darauf re¬
agierte.
Von dem ästhetischen Genuss soll hier nicht die Rede sein.
Was die physische und psychische Seite betrifft, so wird man unwill¬
kürlich zu Vergleichen mit den Turnübungen der eigenen Jugendzeit
in den Schulen, Spielplätzen und Turnhallen mit ihrer trostlosen Oede
herausgefordert. Gewiss ist in den letzten 30 Jahren darin vieles
besser geworden; die Kinder sind jetzt viel mehr angeregt und mehr
bei der Sache. Aber die Hellerauer Aufführungen sind doch davon
noch himmelweit verschieden! Die Anwendung der Musik, an sich
nichts Neues, spielt bei Dalcroze eine so hervorragende Roile,
wie sonst nirgends, und darin liegt die Bedeutung der Methode.
Ueber den Wert der Methode kann man den Worten des Herrn
Dalcroze nicht viel hinzufügen. Ganz auffallend ist die grosse
Durchgeistigung des Turnens, durch die eine schier unendliche
Mannigfaltigkeit erzielt wird. Der beständige Wechsel regt die Auf¬
merksamkeit immer wieder an; es ist fast mehr geistige als körper¬
liche Gymnastik. Für die Uebung und Konzentrierung der Aufmerk-
21. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
155
samkeit und die Beherrschung der geistigen Kräfte kann keine andere
Methode mehr leisten.
Die Ermüdungsgefahr ist nicht gross. Im Unterrichtswesen, beim
eigentlichen Lernen ist alles intrazentral, hier dagegen fliesst die Er¬
regung sozusagen fortwährend ab, sie entlädt sich, so dass eine
schädliche Abspannung nicht eintreten kann.
Bei den Aufführungen der Erwachsenen erscheinen als grosse
Vorteile die Zerlegung komplizierter Ausdrucksbewegungen in ihre
Elemente und dann wieder ihre synthetische Darstellung. So werden
Automatismen ausgebildet. Die Uebungen erzielen durch ihre Mannig¬
faltigkeit, die Durcharbeitung des zentralen Bewegungsapparates und
des Körpers bei dem Schüler eine solche Beherrschung, des Körpers,
eine solche statische und dynamische Sicherheit, dass er auto¬
matisch seinen Körper in Haltung und Bewegung beherrscht. Die
Erziehung geht darauf aus, den Menschen in Bewegung, Haltung, im
ganzen Benehmen frei zu machen, und das wird durch die Methode
Dalcroze erreicht.
Herr Brückner betrachtet die Dalcroze sehen Uebungen
als ein Erziehungsmittel nicht nur für gesunde, sondern auch für
neuropathische Kinder, weil sie Willensübungen in einer dem Be¬
dürfnis des Kindes angepassten Form darstellen. Das übliche Schul¬
turnen kann dies nicht ersetzen.
Herr Werth er sieht in der Methode Dalcroze eine
musikalische Bildungsmethode, die von rhythmischen Uebungen aus¬
geht, da der Rhythmus ein Element der Musik ist. Die Musik bei
den Uebungen ist nicht Begleitung, sondern wesentlich. Die Per¬
zeptionsorgane der Schüler werden dauernd angespannt und ver¬
feinert, indem sie an einer improvisierten Musik mehr hören lernen
als der Laie hört. Rhythmus, Takt, Melodie, Tonart usw. werden
erkannt und zum Bewusstsein gebracht und in körperliche Be¬
wegungen umgesetzt: es kommt unter Regelung von Impulsen und
Hemmungen zu einer bewussten und durchgeistigten Beherrschung
des Körpers. Nebenbei wird ein Schatz von Vorstellungen und Er¬
innerungen musikalischen Inhaltes gesammelt und bereit gehalten.
Die Methode fasst an einem anderen Ende an als die modernen
Tanzereien. Sie schult den Geist, bildet Persönlichkeiten und
Künstler.
Es frägt sich, ob diese Methode und in welchem Umfang sie in
der Jugenderziehung eingeführt werden kann, da die wissenschaftliche
Ausbildung unserer Kinder schon viel Zeit und Kräfte beansprucht.
Herr Wiebe: Die Schulung der Aufmerksamkeit, die in Hel¬
lerau so sehr gepflegt wird, legt eine Parallele nahe mit einer
anderen Methode; der En ge Ischen Sprechmethode. Beide gehen
darauf aus, das geistige Bereitsein zu üben, und dadurch wird das
geistige Niveau, die Aufnahmefähigkeit, gehoben. Die Engel sehe
Methode ist schon von einer Anzahl Lehrern in die Volksschulen
eingeführt worden, mit dem Erfolge, dass die betreffenden Klassen
im 1. Jahre etwas zurückblieben, da erst die Methode bewältigt
werden musste, im 2. Jahre aber den Parallelklassen vorauskamen,
weil sie durch die Schulung der geistigen Bereitschaft unter günstigere
Bedingungen versetzt waren. Aehnlich wird es auch bei der Dal-
c r o z e - Methode sein.
Herr Bachmann (als Gast) spricht vom' musikalischen Stand¬
punkt. Seit allen Zeiten gehörten Musik und Körper zusammen.
Aber die Art der Kunst- und insbesondere Musikübung von heute ist
ungesund. Unsere Kinder mit den Fingerübungen am Klavier, die
Schüler der Konservatorien mit ihrem vielstiindigen Unterricht zeigen
das Bild des Ungesunden. Das Resultat ist gute Fingertechnik, aber
keine musikalische Bildung. Unsere musikalische Bildung von heute
ist total minderwertig. Hier kann nur die Methode Dalcroze ein¬
treten. Es gilt eine ganz neue Basis des Musiklebens zu finden: Die
Dalcrozemethode ist die natürlichste und gesündeste. Nach 2 Jahren
dieses Unterrichtes hat das Kind eine gewisse musikalische Grund¬
lage, so dass es, wenn es unter einem guten Lehrer weiterarbeitet,
später etwas tüchtiges leisten kann. Ein Mensch, der in dieses
musikalische Leben eingeführt ist, wird in der Tat musikalisch,
unsere Kunst ist nicht gesund; sie muss wieder rhythmisch werden.
Die Kinder müssen ihre Gedanken musikalisch formen können, sie
müssen in den Stand gesetzt werden, selbst musikalisch zu empfinden
und darzustellen. Das Rhythmische ist gewiss ein Hauptpunkt, aber
nur eine Miterscheinung in dem grossen Ganzen.
Herr Brückner verwahrt sich dagegen, gesagt zu haben, die
Dalcrozeübungen seien nur für Willensschwäche Kinder. Er hat ge¬
sagt: Die Uebungen sind wichtig für die Erziehung des gesunden
u ti d des kranken Kindes.
Herr G. Schmorl: Es wäre interessant, nach dem vielen
Outen, das heute zum Lobe der Methode Dalcroze vorgebracht
wurde, zu erfahren, ob etwa auf medizinischem Gebiete irgendwelche
Schädigungen beobachtet worden sind, namentlich im Sinne einer
eventuellen Ueberanstrengung.
Herr Aschen heim (als Gast) berichtet, dass er bei seiner
nicht sehr kräftigen Tochter, die seit 3 Wochen an den Dalcroze-
schen Kursen teilnimmt, keine Spur von Ermüdung bemerkt habe.
Herr Dohm (als Gast): Bei den Kindern von Hellerau, die in
dem ziemlich entfernten Klotzsche die Schule besuchen, sind keine
Erscheinungen von Ueberanstrengung beobachtet worden. Dabei
werden diese Kinder infolge des weiten Schulweges und der häufiger
als sonst erfolgenden Unterrichtsstunden mehr angestrengt als die
anderen Schüler. Damit soll nicht gesagt werden, dass keine un¬
günstigen Erscheinungen Vorkommen könnten, man weiss aber dann
I nicht, ob das an der Methode oder an den Lehrern liegen würde.
Wenn der Lehrer nicht die geeignete Persönlichkeit ist, kann aller¬
dings Ermüdung eintreten. Die Aufmerksamkeit wird an sich in
hohem Masse angespannt, aber diese Anspannung entladet sich
ständig in der Ausführung von Bewegungen und so kommt es nicht
zur Ermüdung. Besonders in den Jahren der Pubertät haben die
Uebungen durch die Konzentration der Aufmerksamkeit und die gleich-
| zeitige körperliche Ausarbeitung besondere Bedeutung. In diesen
Jahren spielen allerlei innere Hemmungen, die nicht genauer auzu-
drücken sind, eine grosse Rolle. Da können die Uebungen eine
natürliche Ausdrucksweise schaffen für mancherlei, was sonst die
Grundlage für spätere Neurasthenie in sich bergen könnte. Die
rhythmischen Uebungen Hessen sich in der Schule gut an Stelle des
in diesen Jahren stockenden Gesangsunterrichtes einführen.
Herr Hans H a e n e 1 teilt hinsichtlich des Psychologischen den
Standpunkt des Herrn Ganser. Die Uebungen sind als „Hirn¬
gymnastik“ mindestens ebenso wertvoll wie als Körpergymnastik.
Wenn aber Herr Bachmann sagt, dass der bisherige Musikunter¬
richt, weil er ungesund sei, nunmehr überholt sei durch die Dal¬
crozeübungen, so muss er dem widersprechen: Wohl kann der
Musikunterricht auf dem Boden des Herrn Dalcroze mit einer
gymnastischen Betätigungsart verbunden werden, auch gewinnen ge¬
wiss die Kinder für ihre weitere musikalische Ausbildung eine neue
und wertvolle Grundlage; aber ausübende Musiker werden sie da¬
durch, dass ihnen der Rhythmus beigebracht wird, nicht. Gewiss
ist das lange Ueben ungesund, aber es wird doch nie entbehrlich
werden. Diese Frage kann nicht vom gesundheitlichen Standpunkt
betrachtet werden. Ebensowenig könnte das Mikroskopieren der
Aerzte oder das Reissbrettzeichnen der Techniker entbehrt werden,
obwohl beides ungesund ist.
Es wird immer gesunde Musiker geben, die nicht durch die
Dalcrozeschule gegangen sind.
Herr Bachmann: Wenn ein Mensch durch diese Methode die
innere Tonvorstellung gewinnt, also in jedem Augenblick mit jedem
Ton innerlich beteiligt ist, so weiss er, welcher Vorteil darin liegt
und wieviel Zeit und Kraft dadurch erspart wird. Innere Tonvor¬
stellungen gibt kein Lehrer im Konservatorium. Das Studium ist zu
anstrengend, der Lehrer muss die Aufmerksamkeit so stark auf das
Technische richten, dass das Innere wenig beteiligt ist. Durch das
Erwecken innerer Tonvorstellungen kann die Arbeit sehr vereinfacht
werden.
Herr Ganser: Durch die Ausführungen des Herrn Bach¬
mann hat die Diskussion eine Verschiebung erlitten. Wir haben
hier nicht über den musikalischen Wert der Dalcroze sehen Rich¬
tung zu reden und massen uns darüber kein Urteil an.
Nach allem, was wir gesehen und gehört haben, können wir
nur den Wunsch haben, dass die Dalcrozemethode, soweit sie eine
Gymnastik des Körpers und des Geistes durchführt, in den Schul¬
unterricht eingeführt wird.
Biologische Abteilung des ärztlichen Vereins in Hamburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 12. November 1912.
Vorsitzender : Herr Brauer.
Schriftführer: Herr Kehl.
Herr Paulsen: Demonstration von Sporozoenpräparaten und
-kulturen, die bei einem Melanosarkom auf Schweineblutplasma ge¬
züchtet wurden.
Paulsen zeigt Präparate von kleinen kugeligen Gebilden, von
denen die kleinsten etwa Y> ß im Durchmesser kernlos sind. Die
grösseren enthalten einen oder mehrere Kerne. Bei den grössten
findet man an 2 Stellen, etwa jeweils den 6. Teil des Umfanges mit
einer doppelten Kontur versehen. Bei genauer Betrachtung sieht man
bereits, dass die innere Kontur aus 2 kleinen wurmartigen Gebilden
besteht. In der weiteren Entwicklung werden diese Gebilde frei.
Das nächste Stadium zeigt uns 2 kleine filariaähnliche Organismen,
die am einen oder an beiden Enden mit einem stachelartigen Fortsatz
versehen sind. Aehnliche Vorgänge sind bei Gregarinen und Trypano-
plasmen beobachtet, man kann diese Organismen aber nicht der einen
oder andern Gruppe zurechnen, wegen sonstiger erheblicher Ver¬
schiedenheit von den letzteren. Derartige Formen sind bereits von
verschiedenen Forschern beschrieben, so von Vedeler, Wer-
nike, Jackson Clarke, Pawlowsky u. a. bei Erforschung
von Sarkomen; wenigstens zeigt hier der erste Teil der Entwicklung
sonst ganz dieselben Verhältnisse. Beschrieben werden die wurm¬
artigen Gebilde nicht, man findet aber in den den Arbeiten bei¬
gegebenen Zeichnungen und Photographien etwas Aehnliches, so bei
Jackson Clarke auf S. 813, No. 4, Zentralbl. f. Bakteriol. u. Para-
sitenk., XVI. Bd„ No. 21. Ferner fand auch Paulsen selber bei
den Sporozoen, die er bei Maul- und Klauenseuche züchtete, wurm¬
artige Organismen, die allerdings in mancher Beziehung Verschieden¬
heiten von den letzteren boten. Die Kulturen selber haben nichts
Charakteristisches; das Plasma bleibt längere Zeit klar, dann be¬
ginnt nach etwa einer Woche der ganze Nährboden sich zu trüben
unter etwas Gasbildung; allmählich tritt eine Sedimentbildung auf
dem Boden des Glases ein, wobei das Plasma wieder vollständig klar
wird. Kontrolluntersuchungen verliefen bis jetzt negativ.
156
MUF.NCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Ob man es nun in diesem Falle mit dem Erreger des Sarkoms
zu tun hat, lässt sich vorderhand nicht entscheiden, ebensogut können
es harmlose Saprophyten sein. Der Erfolg der Untersuchung besteht
im wesentlichen darin, dass man ein Protozoon in seiner Entwicklung
von Anfang bis zu Ende verfolgen kann und dass die Erzielung von
Protozoenkulturen durch Einführung von Plasmanährböden statt des
Serums eine wesentliche Erleichterung erfahren hat.
Herr E. Fraenkel: Demonstrationen zum Gasbazillus. (Wir¬
kungen auf den weiblichen Genitalapparat.)
Herr E. Fraenkel berichtet über die Wirkungen des Bacillus
emphysematosus auf den weiblichen Genitalapparat und erwähnt die
neuen Erfahrungen, die durch H e g 1 e r und Schümm über die Gift¬
wirkung des von ihm 1901 zuerst beschriebenen Krankheitserregers
gemacht wurden. Durch die Untersuchungen von Hegler und
Schümm ist es möglich geworden, eine Erklärung zu geben für
die Veränderung der Hautfarbe der Patienten, die einer Infektion mit
Bacillus emphysematosus erliegen, die bereits von Lenhartz
charakterisiert wurde. Hegler findet bei Frauen im Puerperium,
die eine Infektion mit Bacillus emphysematosus erlitten haben, Met¬
hämoglobinämie und Methämoglobinurie, doch verlaufen diese Fälle
meist gutartig, wenn rechtzeitig noch vorhandene Plazentareste ent¬
fernt werden. Nach den Erfahrungen des Vortragenden kommen
Allgemeininfektionen mit dem Gasbazillus zu tödlichem Ausgang; wo¬
bei nicht festgestellt werden kann, warum die Patienten im einen
Falle ihrer Infektion erliegen und im anderen Falle die Krankheit in
Heilung ausgeht. Bei der Infektion des puerperalen Uterus ergeben
sich zwei verschiedene Krankheitsbilder: 1. die Infektion des Eihüllen¬
inhaltes mit Gasbildung im Fruchtwasser, die zur Tympania uteri
führt; 2. der Einbruch des Gasbazillus in die Uteruswand, der zum
Bilde der Physometra führt. Vortragender demonstriert den Uterus
einer 44 jährigen Patientin, die nach kriminellem Abort ad exitum kam
und neben Schaumorganen bei der Obduktion ferner einen miss¬
farbenen Uterus darbot, dessen Wandung durch Hohlräume zwischen
der Muskulatur ein feinschwammiges Gefüge bekommen hatte. Es
gelangt ferner ein Uterus zur Demonstration, der operativ (Oehl-
ecker) bei einer Frau, die an Peritonitis erkrankte, entfernt wurde
und der dasselbe Bild wie das erste Präparat zeigt. Die Erläuterung
des Infektionsweges und des histologischen Befundes derartiger Uteri
erfolgt darauf an einer Serie von Mikrophotogrammen. Der schnelle
tödliche Verlauf des Krankheitsbildes ist zurückzuführen auf den
Lymph- und Blutreichtum des puerperalen Uterus. Bei der Gasent¬
wicklung kommt es zu Substanzverdrängung, durch die in dem nicht
entzündlichen, nekrotisierenden Gewebe die zahlreichen Lyrnph-
balmen leicht zugängig werden -und bersten. Besondere Erwähnung
findet noch die Einwirkung des Gasbazillus auf den im graviden
Uterus vorhandenen Fötus, bei dem die Lungen befallen werden
können und unter Umständen zum positiven Ausfall der Schwimm¬
probe führen können.
Bei dem Präparat einer Scheidenwand, das von einer 83 jährigen
Frau stammt, kommt Vortragender auf das von v. Winckel be¬
schriebene Bild der Kolpohyperplasia cystica zu sprechen und er¬
wähnt, dass von Lindenthal und Hitschmann in 5 Fällen
der Bacillus emphysematosus gezüchtet wurde. Histologisch ist es
möglich, an der Zysteninnenwand und an den endothelialen Verände¬
rungen der Lymphstränge färberisch den Gasbazillus nachzuweisen.
Die Frage bleibt offen, warum derselbe Erreger einmal harmlos und
dann wieder tödlich wirkt. Jakobsthal macht toxische Produkte
für die Giftigkeit verantwortlich und hat bei Meerschweinen nach
Injektion von bazillenausscheidunghaltiger Flüssigkeit Schockwirkung
beobachtet. Vortr. konnte diese Befunde nicht erheben; die Einver¬
leibung abgestorbener Erreger, samt ihrer Ausscheidungsprodukte,
rief bei Meerschweinen stets nur lokale Hautnekrose hervor. (Aus¬
führlicher Bericht erfolgt an anderer Stelle.)
Diskussion: Herr Oehlecker macht klinische Angaben
zu dem Uterus, den Herr Fraenkel demonstrierte: 28 jährige Frau,
die 4 Geburten hinter sich hatte. Letzte Regel war ausgeblieben.
Fühlte sich mehrere Tage sehr schlecht, erkrankte am Tage vor der
Aufnahme mit heftigen Schmerzen im Leibe. Wird in schwer kran¬
kem Zustande, mit eigenartig blass-grauer Farbe und den Symptomen
der Peritonitis eingeliefert. Bei der Laparotomie findet sich reich¬
lich trübes, blutiges Exsudat in der Bauchhöhle. Am Fundus uteri
zwei orangengrosse, blau-braune Vorbuckelungen. Im prävesikalen
Gewebe usw. Hämorrhagien. Exstirpatio uteri usw. — Im Uterus
faules Ei und kleine Hohlräume mit Gas. Aus dem Uterus wie aus
dem Blute der Pat. wird der B. emphysematosus Fraenkel gezüchtet.
Im Blut wie im Urin reichlich Methämoglobin. Trotz Kochsalz-
infusionen nur äusserst wenig braun-blutiger Urin. Tod 30 Stunden
nach der Operation. (Ureteren intakt.)
Bei einer schweren Cholecystitis acuta beobachtete O. eine auf¬
fällige, blasig-sulzige Beschaffenheit des retroperitonealen Binde¬
gewebes, des kleinen Netzes usw. Aus exstirpierten Gewebsstiicken
wurde der Fraenkel sehe Gasbazillus gezüchtet. Aus der Gallen¬
blase wurden Kulturen vom Gasbazillus und vom Streptococcus ery-
sipel. gewonnen. Pat. wurde nach Cholezystektomie. Drainage der
Gallenwege usw. geheilt.
Herr Schottmüller: M. H.! Im Anschluss an den Vortrag
des Herrn Fraenkel möchte ich noch einmal kurz darauf hin-
weisen, dass ich schon ir: der vorigen Sitzung der Biologischen Ab¬
teilung Mitteilungen über Infektionen durch den Bac. phleg. emphy-
sem. Fraenkel gemacht habe gelegentlich des Vortrags des Herrn
Hegler über M e t h ä m o g 1 o bi n uachweis im Blute (Münch,
med. Wochenschr. 1912, pag. 2924).
Ich hatte darin ausgeführt, dass vielfach bei Infektion durch
B a c. phleg m ones emphysematosae Fraenkel bei
fieberhaftem Abort eine ikterische Verfärbung der Haut auftritt.
Schon im Jahre 1910 hatte ich den ersten derartigen Fall beobachtet,
1911 einen weiteren, bei denen wir im Blutserum bzw. im Harn
Methämoglobin resp. Hämatin nachweisen konnten. Wir
waren der Frage nachgegangen, von der Annahme aus, dass der
Ikterus solcher septischer Erkrankungen nicht ein hepatogener, son¬
dern ein hämatogener ist. Im Blut konnten wir intra vitain den
Bac. phleg. emphysem. züchten. Die zweite Pat. ging an einer Peri¬
tonitis zugrunde, im Peritoneum, Blut und Uterus wurde der Gas¬
bazillus gefunden. Bei einem dritten Fall von Abort und Peritonitis
derselben Aetiologie fanden wir Im Urin Methämoglobin. Der Nach¬
weis im Blute misslang, weil es zu stark mit Wasser verdünnt wer¬
den musste.
Auch bei Infektionen durch andere an aerobe Bakterien
hatten wir die gleiche livide gelbliche Hautfarbe häufiger beobachten
können, und zwar waren diese Fälle hervorgerufen durch Strepto¬
coccus putridus und Staphylococcus aerogenes.
Ich habe auf Fälle, bei denen wir Methämoglobin im Blute bzw. Urin
nachweisen konnten, schon in einer früheren Arbeit (Zentralbl. f.
Bakteriol., erste Abteilung, Originale, Bd. 64) bereits hingewiesen.
Lieber die Entstehung der Methämoglobinämie ist das letzte Wort
noch nicht gesprochen.
Dass die an aeroben Bakterien, indem sie dem Blute
ihre Endotoxine mitteilen (es sind welche, die die in Rede stehenden
Veränderungen hervorrufen), das haben wir auch experimentell nach¬
weisen können. Ich zeigte Ihnen einige Kulturgläser, in denen tejls
anaerobe Streptokokken teils Bac. phleg. emphysematos, in einer
Blutbouillonlösung gezüchtet war. Untersuchte man diese 5 — 6 tägige
Kulturenflüssigkeit mit Hilfe des Spektroskopes, so erkannte man
deutlich, dass sich Methämoglobin entwickelt hatte.
Welcher Art das Toxin ist, welches die Hämolyse bedingt, ist
fraglich. Sicher ist nur, dass sich in allen Kulturgläsern infolge der
Bakterienentwicklung Schwefelwasserstoff gebildet hat, es
wäre immerhin denkbar, dass der Schwefelwasserstoff zur Blut¬
dissolution geführt hat.
Im Gegensatz zu den neulich erwähnten Fällen von septischen
Infektionen durch den Gasbazillus begleitet von Methämoglobinämie
verlief der Fall, dessen Sektionsergebnis Herr Fraenkel Ihnen
eben mitteilte, ohne derartige Erscheinungen. Der Verlauf war fou-
droyant. Am 9. XII. 10 Eintritt eines Abortes, am folgenden Tage
Ausräumung, schon in der Nacht hohes Fieber und Benommenheit,
Erbrechen. Am 11. XII. Aufnahme im Krankenhaus. Hochgradige
Anämie, Zyanose, Dyspnoe, Puls fadenförmig, Abdomen druck¬
empfindlich, Meteorismus. Uterus weich, enthält noch stinkende Pla¬
zentareste. Temp. 39. Urin blutig. Im Uterussekret Bac. em¬
physematosus gezüchtet. Exitus am 3. Krankheitstage.
Worauf in diesem Fall der rapid tödliche Verlauf zurückzuführen
ist, während wir bei den meisten Infektionen durch den Bac. emph.
einen glücklichen Ausgang sehen, ist nicht zu sagen.
Offenbar ist es den Bazillen gelungen, durch die Uteruswand hin¬
durch in die Lymphgefässe des Parametriums und in das Peritoneum
zu gelangen; von den Lymphwegen aus sind sie in grossen Massen
in den Blutstrom eingeschwemmt worden.
In der Mehrzahl der Fälle kommt es aber sicher nicht zu diesem
Fortschreiten der Bakterien in die benachbarten Organe.
Vielleicht ist als Grund des deletären Ausgangs anzunehmen,
dass die septischen Reste zu lange bei geschlossenem Muttermund
im Uterus zurückgehalten wurden.
Ueber das Krankheitsbild und unsere diesbezüglichen Fälle wird
in Kürze ausführlich berichtet werden.
Herr Simmonds: Ich habe ebenfalls mehrfach auf dem Sek¬
tionstische Fälle von Puerperalsepsis mit Gasbazillenbakteriämie ge¬
sehen, die ebenfalls alle Zeichen des von Schottmüller und
Hegler als Methämoglobinämie bezeichneten Krankheitsbildes auf¬
wiesen. Abgesehen von der eigentümlichen Bronzefärbung der Haut
fällt vor allem das makroskopische, wie auch das mikroskopische
Verhalten der Nieren auf. Die histologischen Befunde am Uterus
entsprachen ganz den von Herrn Fraenkel geschilderten. In
Bezug auf die Genese der sog. Colpohyperplasia cystica kann ich
mich indes nicht Herrn Fraenkel anschliessen. Er stellt es auf
Grund der Arbeit von Hitschmann und Lindenthal als be¬
wiesen hin, dass die kleinen Scheidengaszysten durch den Gas¬
bazillus hervorgerufen werden und verschweigt, dass eine Reihe
von zuverlässigen Beobachtern völlig negative Resultate erhielten.
Auch ich habe öfters diese „Pneumatosis cystoides va¬
gin a e“, wie sie am besten bezeichnet wird, gesehen, aber stets
unabhängig von puerperalen Infektionen, unabhängig von irgend¬
welchen Läsionen und entzündlichen Vorgängen am Genitaltraktus,
unabhängig auch von Stauungszuständen. Am häufigsten habe ich
den Befund als harmlosen zufälligen Nebenbefund bei älteren Frauen
gesehen, so vor einigen Tagen bei einer 84 jährigen Frau, kurzum
unter Bedingungen, die gar keinen Anhalt für die Entstehung einer
Gasbazilleninfektion lieferten. Weiter habe ich bei zahlreichen histo¬
logischen Untersuchungen niemals die Bazillen im Innern der Zysten
nachweisen können. Kulturversuche scheiterten an der Kleinheit der
Zysten. Ich kann mich daher nicht der Angabe Fraenkels an-
21. Januar 1912.
MUENCHENEE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIET.
157
schliessen, dass die Genese der Scheidenzysten bereits sicher er¬
wiesen ist.
Ich möchte bei der Gelegenheit an eine andere Lokalisation
der Gaszystenbildung erinnern, an die „Pneumat osis cystoi-
d e s i n t e s t i n i“. Ich zeige Ihnen hier den Querdarm einer 67 jühr.
Frau, der wegen Verdacht eines malignen Tumors reseciert worden
war. Sie sehen Darmwand und Mesenterium dicht besetzt mit
kLinsten bis haselnussgrossen Gaszysten. Die mikroskopische Unter¬
suchung hat auch hier nur die bekannten Befunde, vielfach zarte
Endothelzellen und polymorphe, oft riesenzellenartige Gebilde er¬
geben, wie das ja auch in den Scheidenzysten zu finden ist, aber
nichts von Bakteiien. Weiter ist in unserem Institut die häufig
zu beobachtende korrespondierende Erkrankung des Schweines mehr¬
mals histologisch und kulturell untersucht worden, aber stets mit
negativem Erfolg.
Da auch, andere Untersucher dasselbe Resultat erhielten, kann
man auch hier, ebensowenig wie bei der „Pneumatosis cystoides
vaginae1', die Frage nach der Entstehung der üaszysten als gelüst
bezeichnen.
Herr Bontemps fragt an, ob der Herr Vortragende auch
ausserhalb des Tierkörpers niemals Sporulation beobachtet hat; nach
Literaturangaben soll der Gasbazillus doch auf künstlichen Nährböden,
speziell auf blutserumhaltigen Sporenbildung zeigen, während dieselbe
im Tierkörper niemals beobachtet ist.
Herr Fraenkel (Schlusswort): Sporenbildung habe ich nur
bei einer einzigen Kultur, ganz im Anfang meiner Beschäftigung, mit
dem Gasbazillus, beobachtet. Das Ausbleiben der Sporenbildung
macht es erforderlich, nach spätestens 3 — 4 Tagen auf frische Nähr¬
böden weiter zu impfen, da sonst die Gasbazillen sicher absterben.
Nur in Gelatinekulturen halten sie sich bis zu 4 Wochen.
Der Deutung des Herrn S c h o 1 1 m ü 1 1 e r zur Erklärung der
Verschiedenheit des Verlaufes in Fällen von puerperaler Infektion
mit dem Gasbazillus schliesse ich mich durchaus an, mit der Ein¬
schränkung, dass sich die in die Tiefe dringenden Bazillen, wie ich
Ihnen ja an den verschiedenen Mikrophotogrammen zeigen konnte,
nicht in den Blutgefässen, sondern in Lymphspal-
tcn ansiedeln. Von diesen aus gelangen sie in den Kreislauf und
werden nun in die verschiedenen Organe und Körperabschnitte ver¬
schleppt. Es ist in dieser Beziehung interessant, dass in einem von
amerikanischen Aerzten publizierten, gleichfalls eine Puerpera be¬
treffenden Fall sich schon 4 Stunden a. m. ein weit verbreitetes
Unterhautemphysem einstellte.
Was die Gaszysten der Scheide anlangt, so kann ich
nur sagen, dass ich in den wenigen von mir untersuchten Fällen
histologisch Bakterien nachweisen konnte. Ueber ihre Natur und
ätiologische Bedeutung enthalte ich mich mangels eigener bakterio¬
logischer Untersuchungen eines bestimmten Urteiles. Auf alle Fälle
glaube ich, dass die von Lindenthal und Hitschmann be¬
züglich des Gasbazillus hierbei erhobenen, wenn auch von anderen
Autoren nicht bestätigten, positiven Befunde nicht ohne weiteres
ignoriert werden dürfen.
Dass die Pneumatosis cystoides, über die mir übrigens eigene
Erfahrungen nicht zur Verfügung stehen, wegen der Uebereinstim-
tnung der histologischen Veränderungen mit den bei der
Colpohyperplas. cystica festgestellten auch ätiologisch mit
dieser zu identifizieren ist, ist zwar denkbar, aber
keineswegs notwendig, da doch verschiedene kausale Mo¬
mente zu histologisch analogen Gewebsalterationen Anlass geben
können.
Die von Herrn Oehlecker erwähnte nekrotisierende Gallen¬
blasenentzündung ist für die Frage nach der Beteiligung des Gäs-
bazillus beim Entstehen dieser Erkrankung nur mit Vorsicht zu
verwerten, da er gemeinsam mit Streptokokken aus der Galle ge¬
züchtet wurde, während mir in Schnitten durch das, aus der Um¬
gebung der Gallenblase, exstirpierte Gewebe allerdings nur der Nach¬
weis von Gasbazillen gelang. Für sehr viel wichtiger halte ich die
Frage nach der Art des Hineingelangens des Gasbazillus in die
Gallenblase, d. h. ob die Invasion auf hämatogenem oder entero-
genem Wege, also entgegen der Stromrichtung der Galle, erfolgt
ist. Ich sehe indes von einer Erörterung dieser, für die Lehre von
der Genese der Gallenblasenentzündung überhaupt bedeutungsvollen,
aber doch etwas abseits von dem eigentlichen Thema liegenden Frage
ab und beschränke mich darauf, diesen Gesichtspunkt in die Dis¬
kussion geworfen zu haben.
Ich schliesse mit der Hoffnung, dass aus dem ferneren Zusammen¬
arbeiten der Klinik mit der pathologischen Anatomie und Bakteriologie
noch weitere interessante Tatsachen über das Verhalten des Gas¬
bazillus im menschlichen Körper gewonnen werden mögen.
Herr Brauer: Ein Fall von Myositis ossiticans.
Herr Brauer bespricht unter Vorzeigung der durch Operation
gewonnenen Präparate das eigenartige Krankheitsbild eines 61 jähr.
Mannes, der seit etwa 15 — 20 Jahren an Muskelschmerzen in den
Waden litt. Die Schmerzen wurden im Laufe der letzten Jahre all¬
mählich stärker und traten schliesslich auf beiden Seiten so heftig,
krampfartig auf, dass der Patient seine Tätigkeit, die langes Stehen
im Geschäfte verlangte, aufgeben musste. Es wurde im Laufe der
Jahre eine Reihe der verschiedensten Diagnosen in Erwägung ge¬
zogen, vor allem intermittierendes Hinken auf arteriosklerotischer
Basis; diese Annahme konnte ebenso wie die -einer alten Knochen¬
fraktur, von Plattfussbeschwerden, einer Tabes oder eines anderen
Nervenleidens mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden. Pat. ist
kein Raucher, kein Trinker, Wassermannreaktion negativ. Das von
Herrn H a e n i s c h angefertigte instruktive Röntgenbild zeigte in der
Wadenmuskulatur beiderseits ein flossenartiges Gebilde, das an¬
scheinend von der Tibia ausging und offenkundig die Ursache der
Beschwerden bildete. Bei der Operation (Herr R inge 1) fand sich,
mitten im Muskel eingebettet, dicht dem Knochen anliegend, eine
Knochenspange, die auf leichten Meisselschlag wie ein Glassplitter
absprang. Das Gebilde sass richtig im Muskel drin, der Knochen
selbst und der periostale Ueberzug erwies sich als ganz intakt. Die
bei der Operation gewonnenen Knochensplitter, unter denen einer
von Flossenform besonders gross ist, zeigen eine Faserung, die sehr
an Lagerung und Form von Muskelfasern erinnert. Das würde dafür
sprechen, dass die Affektion vielleicht in die Gruppe der Myositis
o s s i f i c a n s einzureihen wäre — ganz sicher ist diese Deutung
nicht; ein einfacher periostaler Auswuchs liegt wohl bestimmt
nicht vor.
Der Patient ist jetzt von seinen Schmerzen im wesentlichen
befreit; es besteht nur noch leichter Spannungsschmerz in der Haut
der Unterschenkel, abhängig von den nach der Operation aufge-
trenen Oedemen.
Diskussion: Herr Haenisch demonstriert die zu Herrn
Brauers Fall gehörigen Röntgenogramme, die an der Hinterkante
beide Tibien fischflossenförmige, den Knochen mit etwas breiterer
Basis direkt anliegende Knochenschatten aufweisen, auch die Fibula
einer Seite zeigt ähnliche geringere Anlagerungen. Röntgenologisch
ähneln die Aufnahmen noch am meisten den Befunden, die als.
Knochenbildungen, parostaler Kallus etc. nach direkten oder in¬
direkten Traumen bekannt sind. Für Myositis ossiticans sprechen
die Röntgenogramme nicht. H. bespricht eingehender die differential¬
diagnostischen Fragen bei der Deutung ähnlicher Knochenschatten
am Skelett und in der Muskulatur und demonstriert eine Reihe ein¬
schlägiger Diapositive. Die von Herr P r e i s e r erwähnten Ossi¬
fikationen am Ellbogengelenk nach Luxationen und Frakturen des
Capitulum radii etc. gehören nicht hierher.
Herr Oehlecker hält es nicht für ausgeschlossen, dass die
exostosenartigen Bildungen an der Tibia und Fibula durch ein in¬
direktes Trauma, durch teilweises Abreisseu von Wadenmuskulatur
und Perioststückchen (heftiger Sprung auf beide Füsse?) entstanden
sein könnten. 0. konnte röntgenologisch die Entstehung einer Exo¬
stose am Femur beobachten. Nach einer indirekten Gewaltein¬
wirkung, nach Muskelzerrung mit Bildung eines scheinbar subperiostal
gelegenen Hämatoms entstand später eine Exostose. Die ziemlich
grosse, dreieckige Exostose wurde abgemeisselt. Die Form der
Exostose war etwas anders und ihre Basis war breiter als im
Brauer sehen Falle.
Naturwissenschaft!.- medizinische Gesellschaft zu Jena.
Sektion für Heilkunde.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 28. November 1912.
Vorsitzender : Herr Binswanger.
Schriftführer: Herr Bennecke.
Herr Stintzing: Ein Fall von hereditärer Ataxie.
21 jähriger Gymnasiast aus Russland mit belangloser Familien¬
anamnese stürzte im Alter von 14 Jahren 5 m tief auf das Gesäss,
konnte aber alsbald wieder aufstehen und trug keinerlei Beschwerden
davon. Erst im 17. Lebensjahre begann sein jetziges Leiden mit zu¬
nehmender Schwäche der Beine, später auch der Rückenmuskeln und
seit einem Jahre auch der Oberextremitäten. Dabei keinerlei
Schmerzen, keine Störung der Miktion, gutes Allgemeinbefinden,
gute Intelligenz.
Pat. ist nur bei beiderseitiger Unterstützung eben noch imstande,
einige Schritte zu machen, wobei die Füsse stampfend aufgesetzt
werden. Im Liegen ausgesprochene Ataxie der Beine bei erhaltener
grober Kraft. Rechte grosse Zehe in dauernder Beugekontraktur
der Endphalanx, Streckkontraktur der Grundphalanx. Im Sitzen
Schwanken des Rumpfes und Kopfes (statische Ataxie). Starke
Skoliose der Wirbelsäule. Leichte Ataxie der Arme und Hände.
Sensibilität, abgesehen von einem hyperästhetischen Gürtel am
Rumpf und gering hypästhetischen Zonen an den Unterschenkeln und
Füssen, intakt. Patellarreflex fehlt, desgleichen Achillessehnen- und
Kremasterreflex, kein Babinski. Keine reflektorische Pupillenstarre;
auch sonst die Hirnnerven frei. Wassermann negativ.
Der Beginn des Leidens in jugendlichem Alter, die rasch empor¬
steigende, auch statische Ataxie, das Fehlen des Patellarreflexes bei
normalem Verhalten der Pupillen und nur sehr geringfügiger Sen¬
sibilitätsstörung, die charakteristische Kontrakturstellung der grossen
Zehe, sowie die Skoliose lassen keinen Zweifel über die Diagnose
„F r i e d r e i c h sehe Krankheit“.
Das Eigenartige des Falles ist sein singuläres Auftreten
in einer sonst gesunden Familie. Die Eltern sind nicht miteinander
verwandt, eine Schwester im Alter von 24 Jahren an einem Gewächs
im Leib gestorben, ein älterer und ein jüngerer Bruder gesund, auch
sonst in der Verwandtschaft kein ähnliches Leiden.
St. berichtet über die Aetiologie und Anatomie des Leidens,
sowie über Fälle in der Literatur, insbesondere über zwei interessante
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. 3.
Stammbäume von Familien mit hereditärer Ataxie, die K. Frey in
Aarau kürzlich mitgeteilt hat (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheil¬
kunde, Bd. 44), ferner über eine von ihm selbst beobachtete Familie,
in der 4 Geschwister an derselben Krankheit in verschiedenen
Stadien litten (erschien in der Münch. med. Wochenschr. 1887, No. 21).
Diskussion: Herr Binswanger fragt, ob Störungen des
Temperatursinnes bei dem Kranken bestehen; wäre das der Fall,
so könnte man an traumatische Gliose bzw. Syringomyelie denken,
wobei ähnliche Krankheitsbilder, wie das vorgestellte, beobachtet
wurden. _
Herr Stintzing schliesst das für seinen Fall aus, den er
trotz des Traumas und der fehlenden familiären Disposition als
hereditäre Ataxie auffasst. Dissoziierte Sensibilitätsstörungen,
Atrophien, wie bei Syringomyelie seien nicht vorhanden. Das
Trauma komme vielleicht als auslösende Ursache in Betracht.
Herr Reich mann stellt einen Fall von akutem Gelenk¬
rheumatismus vor, bei dem im Verlaufe der Krankheit eine Allgemein¬
infektion mit hämolytischen Staphylokokken aufgetreten war und
der in völlige Heilung ausging. Auf 70 g Salizyl in 12 lagen war
keine Besserung eingetreten; es hatten sogar die Schwellungen in
manchen Gelenken zugenommen. Auf Tct. jodi per os sank sofort
die Temperatur fast zur Norm ab, dagegen war keine dem¬
entsprechende Besserung des Allgemeinbefindens noch ^e.s
lokalen Befundes erfolgt. Schliesslich wurden intravenöse Kollargol-
injektionen (im ganzen 6mal 6 — 10 ccm einer 2proz. und 3 proz. Lösung)
gegeben. Man konnte deutlich verfolgen, wie nach jeder Injektion
die Zahl der Bakterien im Blute abnahm und wie diese schliesslich
ganz verschwanden, damit aber auch die Schwellung und Schmerz¬
haftigkeit der Gelenke. — Auf der Höhe der Erkrankung wurde auch
eine Lumbalpunktion ausgeführt. Der Liquor war klar, zeigte aber
etwas Eiweiss- und Zellvermehrung bei nicht erhöhtem Druck und
es fanden sich in ihm dieselben hämolytischen Staphylokokken wie
im Blute, obwohl sonst keinerlei Zeichen einer Meningitis bestanden.
Der Verf. geht dann noch kurz auf die mögliche Wirkungsweise des
Kollargols ein, welche er einmal in den katalytischen Eigenschaften,
die dem Kollargol als kolloidalem Metall zukommen, sowie in den
zytologischen Veränderungen des Blutes bei intravenöser Injektion
erblickt. , ...
Herr Jancke stellt einen Patienten mit tuberkulösem Pleura¬
empyem vor, der seit 2 Jahren krank ist. Seit IV2 Jahren Behand¬
lung durch anfangs häufigere, später seltenere Punktionen und Aus¬
gleich des Minusdruckes durch Stickstoffeinblasung. Die Empyem¬
flüssigkeit, die anfangs grünlicheitrig war und ausser massenhaften
Zelltrümmern grosse Mengen von Tuberkelbazillen (in Ausstrich ohne
Sedimentierung in jedem Gesichtsfeld 2 — 3 Bazillen!) enthielt, hat
einen mehr serösen Charakter angenommen. Bazillen sind seit
% Jahre nicht mehr nachgewiesen worden. Das Allgemeinbefinden
ist gut, Pat. hat seit lVs Jahren 15 Pfund zugenommen und versieht
seinen Dienst als Eisenbahnbetriebswerkmeister. Jetzt wird alle
8 Wochen ca. 1,5 'Liter Flüssigkeit abgelassen und durch N ersetzt.
Ohne dringenden Grund soll vorläufig keine Aenderung der Behand¬
lung vorgenommen werden.
Kurze Angaben über die Thorakoplastik und die doch recht
dürftigen Heilungsresultate. Redner empfiehlt die hier durchgeführte
Behandlung, durch die bereits Wenckebach 1907 2 Fälle von
chronischem Empyem geheilt hat.
Herr Rössle: Demonstrationen aus dem Gebiete der Patho¬
logie der Blutgefässe.
1. Postoperative Verblutung aus zwei hämorrhagischen Erosionen
des Pylorusmagens binnen 24 Stunden nach Anlegung einer Gastro¬
enterostomie wegen stenosierendem Pyloruskrebs. (S.-No. 442/12,
62 jähr. W.). Bei der Sektion fand sich noch über ein Viertel Liter
Blut im Magen, Blut war ferner durch die Magen-Dünndarmfistel
bereits in das Jejunum gelaufen. Als Quelle der Blutung verrieten
sich die beiden frischen Erosionen schon durch die anhängenden, mit
dem Grunde der Erosionen verfilzten längeren Blutgerinnsel. Der
Krebs war kaum geschwürig; geblutet hatte die Frau aber schon
früher.
2. Zwei Fälle von Oesophagusblutungen durch hämorrhagische
Diathesen; ,
a) bei perniziöser Anämie (S.-No. 350/12, 40 jähr. M.).
Die Schleimhaut der Speiseröhre zeigt von der Kardia bis herauf in
das zweite Drittel ausgedehnte Blutungen mit Erosionierung. Bei
der Obduktion fanden sich auch reichliche Blutgerinnsel in der
Lichtung und als weiterer Beweis für den nicht unerheblichen Blut¬
verlust aus der Speiseröhre brauner Mageninhalt. Gleichzeitig
fanden sich im Lungengewebe multiple Hämorrhagien (als Zentren
für beginnende pneumonische Infiltrationen) und kleine Blutungen im
einen Nierenbecken. Klinisch war beobachtet, dass schon 5 Tage
vor dem Tode Blutgerinnsel dem Auswurfe beigemischt waren.
b) bei frischem Typhus vom Charakter der schwersten
Allgemeininfektion (S.-No. 411/12, 18 jähr. M.). Die blutigen Defekte
der Speiseröhrenschleimhaut sind sehr ähnlich denjenigen des vorigen
Falles, nur viel ausgedehnter, auch nach oben; mikroskopisch ist hier
eine hämorrhagische Oesophagitis. Es fanden sich noch Magen-,
Darm-, Haut- und Meningealblutungen, desgleichen wiederum Blu¬
tungen des Nierenhilus. (Demonstration.) Auffällig ist bei dem
jungen Stadium der Darmveränderung (eben beginnender Ver¬
schorfung) die Schwere der typhösen Kehlkopfveränderung. (Demon¬
stration.) Im Leichenblute und in der Galle bakteriologisch keine
Typhusbazillen. Gruber-Widal stark positiv mit Leichenserum.
3. Zwei Fälle von Thrombosen der Arteria carotis. Der Ver¬
gleich dieser zwei Fälle mit früher beobachteten dürfte ergeben,
dass die thrombotische Verstopfung der Karotis nur dann zu Hirn¬
erweichung führt, wenn die Thrombosierung sehr rasch und bis hoch
in den Canalis caroticus hinein stattfindet. Diese Verhältnisse waren
nur im ersten Falle gegeben, während in anderen Fällen weder
klinisch noch anatomisch am Gehirn krankhafte Erscheinungen beob¬
achtet wurden.
a) Thrombose der ganzen rechten Carotis
interna bis zur Austrittsstelle aus dem Canalis caroticus. Den
Kopfteil des Thrombus an der Teilungsstelle der rechten Carotis
communis bildet ein reitender embolischer Thrombus, der wenig in
die Carotis externa hineinragt; er ist hell und wandständig, alles
übrige ist obturierender roter Thrombus. Akute weisse Erweichiur;
der mittleren Teile der rechten Hirnhemisphäre. Daneben kleinere
ältere, arteriosklerotische Erweichungsherde der Hinterhauptlappcn,
terminale Apoplexie des linken Sehhügels. Subakute verruköse
Endokarditis der Aortaklappen; embolische Blutungen von Myokard.
Darm, Nieren und Nierenhilus. (S.-No. 429/12, 70 jähr. M.).
b) Totale, alte obliterierende Thrombose der
Carotis communis dextra bis zur Teilungsstelle im Zu¬
sammenhang mit einem Parietalthrombus eines syphilitischen Aneu¬
rysmas der Aorta ascendens und der Arteria anonyma (S.-No. 373/12.
42 jähr. M.). ln diesem Falle keine Zeichen von ischämischen Wir¬
kungen am Gehirne.
4. Aneurysma dissecans der Aorta descendens (S.-No. 230/12,
79 jähr. M.) bei ausgedehnter kalkiger Atherosklerose und hoch¬
gradiger Erweiterung der ganzen Aorta. Das Blut hat sich oberhalb
des Zwerchfelles in der Wand der Aorta einen Kanal zwischen
sklerotischer Intima und atrophischer Media gegraben und strömte
aus diesem neuen Bett nach etwa fingerlangem Nebenlauf in die
alte Lichtung zurück. Die Bildung von tiefen Kalkplatten im Zu¬
sammenhänge mit atheromatösen Geschwüren scheint die Entstehung
zu begünstigen.
5. Totale Thrombose der unteren Bauchaorta samt Aesten
(S.-No. 399/12, 52 jähr. M.). Der Fall ist interessant durch die bis weit
in die Beinarterien zu verfolgende ältere völlige Verödung der
Arterienlichtungen. Die Darm- und Nierenarterien sind eben noch
für den Blutstrom zugänglich; aber schon in Höhe der Zoeliaca be¬
ginnt der wandständige Thrombus, der dann schnell in Höhe der
unteren Mesenteria zu einem obturierenden wird. Seine braune
Schichtung und die völlige Verwachsung mit der Gefässwand in deren
ganzen Umkreis geben Aufschluss über sein Alter und seine Ent¬
stehungsweise. Die Gefässwand darunter und sonst ist hochgradig
atherosklerotisch. Auch in den grossen Beckenarterien fehlt eine
Lichtung völlig. Die Arteriae obturatoriae sind noch teilweise ver¬
legt. In den Femorales ist die Verlegung des Lumens bis auf einen
schmalen Spalt vollständig, aber mehr durch Endarteriitis, bzw.
durch kalkige Mesarteriitis, als durch Thrombose bedingt. Noch in
den Tibiales und Peroneae fehlt streckenweise die Lichtung völlig.
Bei dieser fast grotesken Ausschaltung der arteriellen Blutbahn aus
der Ernährungsfunktion der Beckeneingeweide und der unteren
Extremitäten ergab sich schon vornherein, dass die Suche nach den
gewöhnlichen makroskopischen Kollateralen, die nach Wegfall der
Zirkulation in der unteren Bauchaorta in Betracht kommen, nicht
viel Sinn hatte. Wir haben aber zum Ueberfluss die Mammariae
und Epigastricae nachgesehen: ihr Kaliber war nicht vergrössert.
So musste also die ganze untere Körperhälfte auf kapillärem Wege
ernährt werden, und zwar von den Arterien der oberen Rumpfhälfte
und den offen und etwas weit gefundenen obersten Lumbalarterien.
Auch das Ueberfliessen von Blut aus Aesten der Mesentericae, beson¬
ders der unverlegten Mes. superior, in Aeste der Hypogastrica kam in
Betracht. Bei dieser Sachlage erscheint es wunderbar, dass klinisch
keinerlei Gehstörungen und Ernährungsstörungen an den Beinen
wahrzunehmen waren. Bei der Sektion fand sich lediglich über dem
ersten rechten Metatarsale eine schwärzliche, zehnpfennigstückgrosse
Hautstelle (eben beginnende Gangrän). Das Herz war mächtig ver¬
grössert und erweitert, wog 690 g und wies myokarditische Schwielen
auf. Wir müssen annehmen, dass das Herz trotz dieser Verände¬
rung genügend Kraft besass, um das Blut durch die langen engen
Kapillarbahnen durchzutreiben. Bemerkenswert in diesem Zu¬
sammenhänge ist auch, dass Thrombenbildungen im venösen System
fehlten (was sonst häufiger gleichzeitig mit Aortenthrombose ge¬
sehen wird). Der vorliegende Fall ist in klinischer Hinsicht durch
die Symptomlosigkeit bei so ausgedehnter Arterienverlegung ganz
eigenartig, soweit ich die Literatur übersehe und in anatomischer
Beziehung kommen ihm an Mächtigkeit der Arterienverstopfungen
höchstens die Fälle von Barth (Archives gener. de med. 1835,
Vol. III), D u p u y (Bull, d la soc. anat'. de Paris 1872) und B 1 a 1 1 n e r
(Fall I, I.-D., Basel 1910) gleich.
6. Mehrere andere Fälle von besonderem Kollateralkreislauf.
In dem eben geschilderten Falle waren die Arterien des Beckens
und der unteren Extremitäten höchst wahrscheinlich ersetzt durch
die Arteriae mesentericae (besonders die weite obere) und die Ar-
teriae lumbales. Die folgenden Fälle (gelegentliche frühere eigene
Beobachtungen) sind Beispiele für grossartige Kollateralenbildung
I bei Ausschaltung von Hauptvenenstämmen.
21. Januar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
a) Kollateralenbildung bei Leberzirrhose
durch Netzvenen (463/09). Das Pfortaderblut floss durch
Netzverwachsungen in einem Bruchsacke in das Gebiet der unteren
Hohlvene über; ferner fanden sich weite Verbindungen im Gebiet
der 1. Vena spermatica, der Venen des Milz- und Nebetmierenhilus.
(Dieser Fall hat grosse Aehnlichkeit mit einem von Westen-
hoeffer beschriebenen Falle; ref. Berl. klin. Wochenschr. 1907,
No. 48.) Es handelte sich hier also um die spontane Entstehung von
solchen Kollateralen, wie sie durch die Talmasche Operation ver¬
sucht werden.
b) Zweiter Fall von natürlich entstandenem
„Talma“ bei zirrhotischer Schrumpfung der Leber (443/07). Hier
fanden sich Ueberläufe des Blutes des Pfortadersystems an vier
Stellen: erstens in stark vaskularisierten Verbindungen der Leber¬
kapsel mit dem Zwerchfelle („Kapselvenen“ K ö 1 1 i k e r s), zweitens
in Form von Verwachsungen des ganz atrophischen Netzes mit der
vorderen Bauchwand, drittens in Ausbildung grosser Venen in Ver¬
wachsungen des rechten Kolonknies mit der Bauchwand, schliesslich
in geradezu enormer Varizenbildung zwischen unterem Milzpol und
Magenfundus einerseits, linker Bauchwand andererseits. Dieser
Fall hat eine Aehnlichkeit mit dem Saxers (Zentralbl. f. Pathol
13, 1902.)
c) Dritter Fall von natürlich entstandenem
„1 alma" bei starker syphilitischer Schrumpfung des rechten Leber¬
lappens, vikariierender Hypertrophie des linken Lappens und be¬
sonderer Hypertrophie der kleinen hinteren Lappen (vor allem des
Lobus caudatus). (S.N. 359/07.) Hierdurch war eine Verlegung und
Verengung der Vena cava inferior und der Lebenvenen bedingt. Es
fand sich nun eine durch die hochgradige Blutstauung und die Ab¬
magerung des Netzes besonders auffällige und leicht auffindbare
Kollateralenbildung durch Netzverwachsungen mit der vorderen
Bauchwand. Sie sehen an den Abbildungen die fingerdicken Venen¬
stämme von der Vena gastroepiploica zur Bauchwand als ein ana-
stomotisches Netz strahlen. Ein zweites Ueberlaufgebiet des Ein¬
geweideblattes fand sich auch hier im Bereich perihepatitischer
Stränge.
d) Totale Verlegung der unteren Hälfte der
Vena cava inf. infolge krebsiger Durchwachsung. Der Fall sei
aus zwei Gründen kurz erwähnt; erstens weil er zeigte, dass bei all¬
gemeiner schwerer Anämie sich kollaterale Erweiterungen von Ge¬
lassen gar nicht nachweisen lassen, zweitens weil vielleicht aus der
besonderen Grösse der Leber, die sonst durch nichts erklärt wurde,
auf ein wenigstens teilweises Eintreten der Pfortader für die Hohl¬
vene geschlossen werden durfte.
7. Abnormer Ursprung der Art. subclavia dex-
tra und der carotis dextra (368/12). Dass die Art. sub¬
clavia dextra wie hier als letzte aus dem Aortenbogen entspringt,
ist nicht so selten; der hier erhobene Befund, dass dies die rechte
Karotis mitmacht und dass nun beide Gefässe von links nach rechts
neben einander hinter dem Oesophagus verlaufen, dürfte zu den
grossen Seltenheiten gehören. Gleichzeitig sieht man hier eine linke
Art. anonyma. Die unter der klinischen Bezeichnung „Dysphagia
lusoria“ gehende Varietät der rechten Subklavia wird, wie gesagt,
nicht selten angetroffen; obwohl ich schon eine ganze Anzahl Fälle
gesehen habe, ist mir dabei doch nie etwas über die mit dem Namen
gekennzeichneten Schluckbeschwerden bekannt geworden. Es frägt
sich also, ob der Name berechtigt ist. Strümpell hat dies schon
bezweifelt.
Diskussion: Herr W r e d e bemerkt zu dem Fall von post¬
operativer Verblutung aus Erosionen der Magenschleimhaut, dass
die Patientin schon tagelang vor der Operation stets grosse Mengen
von Blut im Magen hatte.
Herr H e g n er : Lidplastik nach B ü d i n g e r.
Das Bestreben, Defekte des Augenlides in kosmetisch und
funktionell befriedigender Weise zu ersetzen, hat eine grosse Anzahl
von Methoden der Lidplastik ins Leben gerufen. Die ältere Methode,
die Plastik mit gestielten Lappen, findet noch immer am meisten
Anwendung und erweist sich auch als das sicherste Verfahren. Es
gibt aber nicht wenig Fälle, wo die Transplantation eines ungestielten
Lappens besonders in kosmetischer Beziehung bessere Resultate ver-
^Pricht. Eine glückliche Bereicherung der Operationstechnik ist die
Methode von B ü d i n g e r, welche darin besteht, dass bei Defekten
des larsus ein entsprechendes Stück Ohrknorpel zur Transplantation
verwendet wird.
Vortragender stellt einen Patienten vor, der ein ausgedehntes
Karzinom des linken Oberlides hatte. Die Neubildung ging fast 1 cm
weit in die äussere Lidhaut hinein und beim Ektropionieren des Lides
j'eigte sich eine Fortsetzung des Prozesses nach hinten bis auf die
Uebergangsfalte in einer Breite von 2 cm. Es war in Betracht zu
ziehen, dass bei einer Exstirpation des krankhaften Gewebes* der
grösste Teil des Lides bis zur Uebergangsfalte entfernt werden
musste. In Narkose wurde rechts und links vom Tumor das Lid
durchtrennt, die 1 cm oberhalb des Lidrandes gesunde Haut nach
oben präpariert und mobilisiert und der ganze mittlere Teil des
larsus in einer Breite von 2 cm bis zur Uebergangsfalte exstirpiert.
Nun wurde von der Ohrmuschel und zwar aus der Partie des Helix
ein 2/2 cm breites Stück exzidiert, das hintere Blatt der Kutis weg-
Präpariert und ein leicht konischer Transplantationslappen gebildet,
von dem rechts und links 2 mm Knorpel abgetragen wurde, so dass
dei Hautrand um so viel Vorstand. Das Stück wurde mit der Kutis
innen in den Defekt eingesetzt, das innere Blatt der Kutis sorg¬
fältig mit der Konjunktiva vernäht, der sehr dehnbare Hautlappen
hei untergezogen und mit dem Rande des Transplantationsstückes
vernäht. Die Heilung erfolgte per primam. Das Operationsresultat
ist sehr befriedigend: der Defekt ist vollständig ersetzt, das Lid
ist nicht deformiert, funktioniert normal und gerade in kosmetischer
Beziehung ist der Erfolg günstig, so dass von einem operativen
Eingriff fast nichts zu sehen ist.
Diskussion: Herr Wrede: Zu derselben Zeit als
öud inger die freie Transplantation eines Stückes aus dem
Ohr zum Ersatz eines Augenlides angegeben hat, empfahl
nutz König das gleiche Material zum Ersatz eines Nasen¬
flügels. Diese Nasenflügelplastik entbehrt leider der nötigen
Sichei heit des Erfolges, zum Teil weil die Ernährung des
überpflanzten Nasenflügels vom angefrischten Defektrande her bei
eimgermassen grösseren Stücken unzureichend ist. D u b r e u i 1 h.
Loecke, Reich (Zentralbl. f. Chirurgie 1912, S. 1537) haben
Abänderungsvorschläge zur Besserung dieser Randernährung an¬
gegeben. Vortragender stellt eine Patientin vor, welche von ihm
wegen Defekts des ganzen rechten Nasenflügels im Jahre 1909 nach
König operiert wurde mit der Abänderung, dass das ' transplan¬
tierte Ohrstück mit einem gestielten Hautlappen nach dem Nasen¬
inneren zu unterfüttert wurde, den er vom Defektrande herunter¬
klappte, wie es Lexer 1910 auf dem Chirurgenkongress beschrieben
hat. Der umgebildete Nasenflügel ist im Laufe der 3 Jahre nicht
geschrumpft und zeigt kosmetisch ein vorzügliches Resultat.
Herr Strohmayer: Zur Inzuchtsfrage.
Der Misskredit, in den die Inzucht geraten ist, stammt aus irr¬
tümlichen Ausdeutungen von Tatsachen. In Wirklichkeit haben Ge¬
schichte und Tierzucht erwiesen, dass wir der Inzucht die besten
Produkte verdanken. Es kommt nur darauf an, dass man die In¬
zucht mit der nötigen Zuchtwahl verbindet. Die Krankheiten, die
man der Inzucht in die Schuhe schiebt (Geisteskrankheiten, Taub¬
stummheit, Retinitis pigmentosa etc.), sind von ihr nicht verursacht,
sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen begünstigt. Die
Inzucht ist nichts Besonderes, sondern nur ein seit den Erkenntnissen
Mendels leicht erklärbarer Spezialfall der Vererbung. Die bei
der Inzucht zumeist erwähnten Krankheiten sind rezessive Merkmale
im Sinne Me n d e 1 s. Bei dieser sind die Heterozygoten (DR-
Individuen) manifest gesund, aber keimkrank. Bei der Paarung
zweier Heterozygoten ist theoretisch nach der Formel DR X DR
— DD. + 2 DR + RR ein homozygot-rezessives krankes Kind zu er¬
warten. Das trifft aber bei Inzucht und bei Fremdzucht zu. Die
Chance der Erkrankung ist bei der ersteren nur deshalb grösser, weil
sich zwei Heterozygoten mit der gleichen rezessiven Krankheits¬
anlage in derselben Familie leichter treffen, als bei der Kreuzung
fremden Blutes. Massgebend für den Züchtungseffekt ist aber immer
nur die gametische Konstitution der Eltern und nicht die Inzucht.
Wichtig ist die Erkennung der Heterozygoten in Familien mit rezessiv
gehender Anomalie. Sie sind mit einiger Wahrscheinlichkeit zu er-
schliessen durch die Anwesenheit kranker Kollateralen (Geschwister).
Medizinische Gesellschaft zu Kiel.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 21. November 1912, in der chirurgischen Klinik.
Herr Anschütz: Demonstration einer frischen Verletzung
der Wirbelsäule (Luxationsfraktur).
Diskussion zum Vortrage Bauereisen: Herren An¬
schütz, Klingmüller, Stoeckel, Bauereisen.
Herr Anschütz: Ueber falsche Dickdarmdivertikel.
Die falschen Divertikel des Dickdarms sind dem Pathologen
lange Zeit bekannt gewesen, ehe die Kliniker ihnen Aufmerksamkeit
schenkten. Erst in den letzten 10 — J5 Jahren hört und liest man mehr
von dieser sehr interessanten und folgenschweren pathologischen
Veränderung. Die falschen Divertikel werden von den meisten als
Schleimhauthernien angesehen, welche den Gefässlücken oder
anderen schwachen Stellen folgen; Stauungszustände im Gefäss-
system, Fettschwund, Obstipation werden als Ursache angeführt.
Für eine Reihe von Fällen trifft jedoch diese Deutung nicht zu; auch
unter den von A. in Kiel beobachteten 5 Fällen sind einige, bei denen
diese Erklärung nicht anwendbar ist. Das Alter, in dem die Diver¬
tikel zur Beobachtung kamen, schwankte zwischen 23 und 72 Jahren.
Häufiger erkranken Männer als Frauen. Die ersten klinischen Er¬
scheinungen bei Dickdarmdivertikeln mögen ganz geringe sein und
werden nicht beachtet. Treten aber in dem Divertikel und seiner
Umgebung Entzündungserscheinungen auf, so müsste man wohl Be¬
schwerden erwarten. Mancher dunkle klinische Fall unklarer
abdominaler Schmerzen und entzündlicher Vorgänge mag wohl auf
solchen pathologischen Veränderungen beruhen. An einer Reihe von
Fällen werden die verschiedenen Krankheitsbilder, welche durch
Divertikel entstehen können, demonstriert: Die schwerste Kom¬
plikation ist wohl die Perforation der Divertikel oder des durch sie
entstehenden eitrigen Exsudats in die freie Bauchhöhle.
Fall 1. Patient 29 Jahre. Vor 4 Wochen Schmerzanfall
links, Erbrechen, seither Fieber, Stuhlverstopfung. Meteorismus.
7. VII. 11 Operation. Eiter in der Bauchhöhle. Um die Flexura
160
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
sigmoidea herum grosse Eiterhöhle. Am Darm ein hartes halb¬
kugeliges Infiltrat, welches eine Perforation zeigt. Wenn die mikro¬
skopische Untersuchung hier auch fehlt, so gleicht dieser Fall doch
so sehr dem gleich zu besprechenden, dass wir ihn zu den Diver¬
tikeln zählen möchten.
Fall 2. Dieser kam unter dem Bilde des chronischen Ileus,
infolge Appendizitis oder Tuberculosis intestini zu uns.
Patient 23 Jahre. März 1909 Blinddarmentzündung, Erbrechen,
Fieber, Schmerzen links. 14 Tage krank. 19. V. 09 Rückfall, Schmerz,
Erbrechen erst gallig. 28. V. fäkulent, Darmverschluss, Meteorismus.
1. VI. Aufnahme; chronischer unvollkommener Ileus, kein Fieber,
keine Darmsteifung. 5. VI. Operation; Dickdarm gebläht, an der
Flexura sigmoidea walnussgrosser, harter 'I umor, wandständig, der
beim Vorziehen perforiert. Vorlagerung, Abtragung, Spornquetsche.
28. VH. Anusverschluss. Mikroskopisch: typisches Divertikel mit
Infiltration und Tumorbildung. .
Es braucht nicht immer zur Perforation in die freie Bauchhöhle
oder zu schwerem Ileus zu kommen, mitunter entstehen nur ab¬
gekapselte Exsudate, welche zurückgehen, und unter typischen Rück-
fällen immer wieder auftreten. Der Verlauf ist dann mehr chronisch.
Fall 3. Patient 42 Jahre. Seit einem Jahre 5 Anfälle mit
Bauchschmerzen links, Exsudatbildung und Fieber, ln der Zwischen¬
zeit alles normal. Weder Palpation noch Rektoskopie ergibt etwas
Pathologisches. Wegen Tumorverdacht 7. Hl. 1912 Laparotomie:
Am Colon sigmoideum auf handbreite Ausdehnung zahlreiche kleine
Divertikel: im Mesenterium alte Narben, mehrfache entzündliche
Verwachsungen. Vorlagerung, Spornquetsche. Am 10 V. Anus¬
verschluss, 11. VI. 1912 geheilt entlassen. Mikroskopisch typische
Divertikel. , , , , , OI
Ein Fall von Perforation des Divertikels in die benachbarte Blase
wurde beobachtet. Es stellte sich das bekannte Symptom des Luft-
schiffens ein. T , , ,, , . „
F a 1 1 4 Patient 22 Jahre. Seit einem Jahre Stuhlbeschwerden,
Tenesmus. Seit 4 Wochen Luft-, später Kotentleerung im Urin,
heftige Schmerzen. Blasenkapazität sehr gering. 2 mal. Zystoskopie
• esultatlos 17. VI. 12 Operation: Flexura sigmoidea ubersat mit
kleinen Divertikeln, zum Teil hart, mit Kot gefüllt. Feste Adhäsionen
mit der Blase. Anus praeternaturalis zweizeitig. Urin sofort klar,
kein Tenesmus mehr. 22. VII. Peritonitis +. Linsengrosse Perforation
in die Blase, alte Narben einer Dysenterie im Kolon. — Offenbar war
bei der Operation ein Divertikel zum Platzen gekommen, wodurch
die Infektion entstand, sonst wäre ein Erfolg wohl zu erwarten ge-
wesen.
Schliesslich können die Infiltrate um die Divertikel herum zu
Schwielenbildung im Darmrohr selbst oder im Mesenterium und der
Umgebung führen, so dass eine harte Stenose entsteht, welche durch¬
aus den Eindruck eines ausgedehnten inoperablen Karzinoms macht.
Manche Fälle von geheiltem oder langlebendem, inoperablem
Dickdarm- oder Rektumkarzinom mögen auf diese Weise ihre Er-
khirung finden.patient 54 Jahre Seit 10 jahren Stuhl unregelmässig,
zeitweise Tenesmus. Seit 8 Wochen Anfälle von Schmerzen und
Erbrechen. Harter Tumor links am Lig. pouparti. 26. X. US
Operation: Tumor im Mesenterium des Colon sigmoideum, hart¬
höckerig, fest verwachsen mit der Umgebung und den grossen je-
fässen. Lösung, Vorlagerung, Abtragung, Spornquetsche, Anus¬
verschluss 12. XII. — Nach 4 Jahren ausgezeichnetes Befinden
Die Aetiologie der Divertikel ist vielleicht nicht eine einheit¬
liche Das Leiden bedarf jedenfalls mehr als bisher unserer Be¬
achtung; die Therapie muss eine chirurgische sein.
Diskussion: Herren Ne über, Hoehne, Stoeckel,
A n s chü t z. .
Her Baum spricht über renale Hämaturie und geht aut die
verschiedenen Theorien der Blutung aus gesunden Nieren ein, deren
Berechtigung er nicht anerkannt wissen mochte. Alle die Falle, in
denen eine anatomische Untersuchung unterblieb oder nur eine Probe¬
exzision gemacht wurde, müssen von vorneherein als be¬
weiskräftig ausscheiden. In den meisten der Testierenden Beob¬
achtungen fanden sich, mit wenigen noch der Klärung harrenden
Ausnahmen, herdreiche oder über die ganze Niere verbreitete lntei -
stitielle Prozesse, die die Blutung erklärten. Gemeinsam ist diesen
Fällen von Nephritis, dass Kolikschmerzen und Hämaturie die einzigen
Symptome darstellen. Veränderungen des Harns und Eihohung des
Blutdruckes dagegen fehlen. B. schildert die hierhergehonge Kranken¬
geschichte eines 58 jährigen Mannes mit vollkommen einseitigen
Symptomen, die auf die Nephrotomie zurückgingen. Bei dem zirka
2 Monate später erfolgten Tode an allgemeiner Sepsis ergab die
Autopsie gleichmässige interstitielle und parenchymatöse Erkrankung
beider Nieren.
Aber nicht in allen Fällen, wo die Probeexzision einen Narben¬
herd oder frischere interstitielle Prozesse aufgedeckt, dürfen diese
mit der Blutung in kausalen Zusammenhang gebracht werden. Die
Untersuchung des Markes und der Papillen, die bei der üblichen
Technik der Probeexzision unterbleibt, soll nicht vernachlässigt
werden B. demonstriert 2 Patienten von 22 und 28 Jahren, bei
denen wegen das Leben bedrohender Hämaturie vor 2 bzw. 1 Jahre
die blutende Niere exstirpiert ward. Auch hier war die Blutung das
einzige Krankheitssymptom, ln beiden Fällen lange Anamnese,
makroskopisch gesunde Niere, mikroskopisch vereinzelte inter¬
stitielle Herde in der Rinde, die Haupterkrankung aber im Markteil.
Im ersten Fall eigentümliche hyaline Veränderungen des Stromes
zwischen den Ausführungsgängen mit Verlegung der Gefässe und
Stauungsblutungen oberhalb der Herde, im zweiten Falle ein Angiom
in einer Papille mit Zerstörung des bedeckenden Nierenbecken-
epithels, ein Befund, wie er in Deutschland noch nicht beschrieben,
in der englischen und französischen Literatur dagegen öfter publiziert
worden ist. Beide Patienten sind jetzt vollkommen gesund und
arbeitsfähig. . .
Wenn auch dank der verfeinerten Diagnostik bei einseitiger
Hämaturie Stein und Tuberkulose sich ausschliessen lassen, bleibt
die Differentialdiagnose zwischen I umor renis und „essentieller
Hämaturie meist offen; erst die Freilegung der Niere klärt die
Situation.
Herr Noess ke: Zur Behandlung der Sehnenscheiden-
phlegmonen.
N o e s s k e empfiehlt zur Besserung der funktionellen Resultate
bei vorgeschrittenen Sehnenscheidenphlegmonen die Extraktion der
nekroseverdächtigen Sehnen. Er unterscheidet zwei prinzipiell ver¬
schiedene Stadien der Sehnenscheidenphlegmone: die durch die
bakterielle Infektion hervorgerufene eitrige Entzündung der Sehnen¬
scheide, und die im Anschluss an die Zerstörung der Sehnenscheide
eintretende demarkierende Eiterung. Die letztere bringt bei längerem
Bestände ernste Gefahren für die befallene Extremität mit sich. Sie
begünstigt hauptsächlich den Einbruch in benachbarte gesunde Ge¬
webe und führt, besonders bei den von Daumen und Kleinfingei aus¬
gehenden Phlegmonen, häufig zur Entwicklung der sogenannten
„V“-Phlegmone.
In der möglichst frühzeitigen Kupierung der demarkierenden
Eiterung sieht N. eine der wichtigsten Aufgaben in der Behandlung
dieser Phlegmonen. Im allgemeinen ist beim Erwachsenen das
Schicksal einer Sehne schon nach 4 — 5 tägigem Bestände einei
schweren Infektion entschieden. Selbst wenn es durch entsprechende
Inzisionen noch gelingt, einen 1 eil der in Sequestrierung begriffenen
Sehnen zu erhalten, ist ein solches Glied, infolge der anhaltenden
Eiterung und entzündlichen Infiltration der Umgebung, funktionell
meistens ungünstiger daran als ein Finger, dem frühzeitig die ganze
Sehne entfernt wird und der dadurch im Besitze normaler Gelenke
und Bänder bleibt.
N. demonstriert das günstige funktionelle Resultat nach früh¬
zeitiger Extraktion der Sehne des Flexor pollicis longus bei einem
52 jährigen Manne, bei dem die Phlegmone bereits in die radiale
Bursa vorgedrungen war und auf den Kleinfinger überzugreifen
drohte. Die Sehne wurde oberhalb des Handgelenks durchschnitten
und über der Grundphalanx extrahiert. Der Daumen hat im Grund-
gelenk seine normale Beweglichkeit behalten und das Endglied ist
passiv gut beweglich geblieben. ... , , ,
Ebenso günstig gestaltete sich der Verlauf einer schweren fort¬
geschrittenen „V“-Phlegmone bei einem älteren Diabetiker Hier
wurden die Flexorensehnen des Kleinfingers und Daumens oberhalb
des Handgelenks durchschnitten und im Handteller extrahiert.
Bei der Inzision bedient sich N. fast ausschliesslich der queren
und schrägen Schnitte, die die besten Narben geben.
Für alle volaren Phlegmonen empfiehlt N. als das technisch
einfachste und zuverlässigste Anästhesierungsverfahren die Injektion
von je 2—3 ccm einer 4 proz. Novokainlösung an den Medianus und
Ulnaris, unmittelbar am oder etwas oberhalb des Handgelenks und
unter gleichzeitiger Anlegung eines im Sinne der Stauung wirkenden
Gummischlauches dicht vor der Injektionsstelle. Die Anästhesie tritt
nach ca. 15 Minuten ein und ist stets komplett. Die Nachschmerzen
sind auffallend gering. . A „ .
In frischen Fällen von Sehnenscheidenphlegmonen ist die Bier-
sche Stauung, besonders bei jüngeren Patienten, ein ausgezeichnetes
Unterstützungsmittel der chirurgischen Behandlung.
Diskussion: Herren Ne über, Noesske, Neu bei,
Noesske.
Herr Z o e p p r i t z: Zur Frage der okkulten Blutung bei Magen¬
erkrankungen. , _ x
Bei gesundem Magen, bei chronischer Gastritis und Adhasions-
beschwerden des Magens, bei Folgen von früherem Ulcus ventricuh
unter der Voraussetzung, dass das Geschwür vernarbt ist, wurde
nach entsprechender Vorbehandlung niemals okkulte Blutung beob¬
achtet. Bei Ulcus ventriculi liess sich in 53 Proz. der Fälle okkulte?
Blut nachweisen — hierbei handelte es sich jedoch ausschliesslicl
um lange bestehende „chirurgische“ Ulzera — , durchschnittliche
Krankheitsdauer 12 Jahre. Bei 190 Fällen von Magenkarzmon
(darunter 140 durch Operation sichergestellt) war in 96 Proz. dei
Blutbefund regelmässig positiv, Abmagerung in 90 Proz., Anazidita
in 89 Proz.. S a 1 o m o n sehe Probe positiv in 83 Proz., Milchsaun
positiv in 67 Pröz., lange Bazillen in 64 Proz., palpabler I umor wai
vorhanden in 64 Proz. der Fälle. Demnach ist der regelmassig
okkulte Blutbefund nicht nur das konstanteste, sondern auch da:
relativ verlässlichste der nicht spezifischen Symptome des Magen
karzinoms. Gerade bei den Erkrankungen, die differentialdiagnostisci
am häufigsten mit dem Karzinom in Konkurrenz treten, bei der chro
nischen Gastritis, Adhäsionsbeschwerden etc. können alle andere:
Begleiterscheinungen des Magenkarzinoms ebenfalls vorhanden sein
nur die okkulte Blutung fehlt. Regelmässiger okkulter Blut
befund im Stuhl und Mageninhalt macht daher bei auf den Magei
21. Januar 1913.
weisenden Beschwerden eine maligne Erkrankung desselben wahr¬
scheinlich, indiziert jedenfalls die Probelaparotomie. Negativer Blut¬
befund spricht mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit gegen Karzinom.
Diskussion: Herren L ii t h j e, A n s c h ü t z, Konjetzny,
Lüthje, Z o e p p r i t z.
Herr Konjetzny bespricht im Anschluss an den voran¬
gehenden Vortrag die für die anatomische Beurteilung der ange¬
schnittenen Frage bezüglich der Blutungen beim Magenkarzinom
wichtigen histologischen Grundlagen. Nicht so sehr die frühzeitige
Ulzeration des Magenkarzinoms an und für sich, als vielmehr ganz
bestimmte, vor allem angioplastische Gewebsreaktionen im Krebs¬
stroma und in den Randpartien des Karzinoms geben Veranlassung
zu oft dauernden kapillaren Blutungen im Bereich des Magen¬
karzinoms. Die hier in Betracht kommenden histologischen Zustände
werden an einschlägigen Präparaten demonstriert.
Herr Baum empfiehlt in schweren Fällen von Unterkiefer-
f raktur sehr warm die Extensionsbehaudlung, die er zuerst vor einem
Jahre bei doppelseitigem Bruch des aufsteigenden Astes, der durch
zahnärztliche Behandlung sich nicht reponieren liess, mit bestem
Ei folg in Anwendung brachte. Seitdem wiederholt in schweren
Fällen verwandt hat die Methode ausgezeichnete Resultate ergeben.
Ein Silberdraht wird um 2 oder 3 Zähne des zur Dislokation neigenden
Fragmentes gelegt und mit 1—2 Pfund belastet. In einem sehr
sehweren Fall von doppeltem Bruch des linken Unterkieferastes
musste der Draht subkutan um den Kiefer herumgelegt werden. Eine
Durchbohrung des Kiefers wurde, weil unnötig, niemals vorgenommen.
Allgemeiner ärztlicher Verein zu Köln.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 18. November 1912
Vorsitzender: Herr Keller.
Schriftführer : Herr Eugen Hopmann.
Herr Dreyer stellt einen Fall von Glättolindermatitis vor.
Derselbe besteht seit etwa 2% Jahren. Ebenso lange gebraucht
Patient Glättolin. Die Schübe kommen mit der Glättolinverwendung.
Am Hals ist Rötung und Schwellung vorhanden. Auch im Gesicht
findet sich eine fleckige Dermatitis, die besonders die Schnurrbart-
gtgend und weniger die Wangen befallen hat. Hinter dem rechten
Ohr ist die Haut entzündet, leicht schuppend, ragadiert, teilweise
nässend. Cohn- Frankfurt lenkte die Aufmerksamkeit auf die durch
Glättolin verursachten Hautentzündung bei disponierten Individuen.
Herr P r e y s i n g stellt einen Patienten vor, der an einem
Hypophysentumor litt und durch Operation geheilt worden ist. Die
Indikationen und die Technik der Operation wurden besprochen.
Herr J o r e s spricht über Lymphosarkoniatose des Verdauungs-
traktus unter Demonstration und Besprechung mehrerer Fälle.
Herr Beltz: Vorstellung eines Falles von Polyzythämie.
Der 52 jährige Mann suchte im Juli ds. Js. das Augustahospital
auf, weil er kurz vorher grössere Mengen hellroten Blutes mit
nustenstössen entleert hatte. Schon seit etwa 2 Jahren war ihm
und seiner Umgebung eine intensive Rötung des Gesichts und der
Hände aufgefallen; gleichzeitig stellten sich geringes Schwindel¬
gefühl im Kopf, Herzklopfen und geringe Atemnot bei körperlicher
Anstrengung und äusserst lästiges Kältegefühl an Händen und Füssen
ein. Der Kranke zeigte bei der Aufnahme wie auch heute noch die
charakteristische tiefdunkelrote (bordeauxrote) Verfärbung der
Gesichtshaut und der sichtbaren Schleimhäute (Konjunktiven, weicher
Gaumen, Rachen, Kehldeckel), starke Zyanose der Hände und
Füsse, die sich kalt anfiihlen.
Ueber den Lungen nur geringe katarrhalische Erscheinungen,
der blutige Auswurf sistierte nach einigen Tagen. Das Herz zeigte
geringe Verbreiterung nach rechts, die Töne sind rein. Der Puls
ist dauernd voll und kräftig, von leicht vermehrter Spannung.
(Blutdruck 17Ü X 120 Wasser.) Das Gefässrohr der Radialis sowie
der tastbaren Schlagadern am Halse erscheinen stark entwickelt.
Die Milz ist nicht palpabel, auch perkutorisch nicht vergrössert.
Leber erscheint leicht vergrössert (16:12:7 cm).
Nervensystem ohne Besonderheiten.
Augenhintergrund lässt auf dunkel-violettgrauem Grunde die
P1 all gefüllten Gefässe und die hellrote Papille scharf hervortreten,
er zeigt keine Blutungen.
Der Urin enthält dauernd eine geringe Spur Eiweiss, keine Form¬
elemente, kein Zucker, Urobilin nicht vermehrt.
Die Temperaturkurve bewegte sich dauernd an der unteren
Grenze des Normalen, überschritt auch nach längerer körperlicher
I ätigkeit abends 37,0 in der Achsel nie.
Die Blutuntersuchung ergab dauernd eine starke Vermehrung
der roten Zellen: zwischen 7,9 und 9,2 Millionen im Kubikzentimeter.
Die Hämoglobinvermehrung entsprach nicht der Zahl der Roten und
schwankte nach Sahli zwischen 135 und 150 Proz.; der Färbe¬
index war daher kleiner wie 1,0, zwischen 0,7 und 0,8 schwankend:
die weissen Zellen waren nicht vermehrt (5300 und 8700). Mikro¬
skopisch zeigten die Roten im frischen Präparat deutliche Geldrollen-
nildung; im Ausstrichpräparat, das nur bei fixem Arbeiten einiger-
massen gelang, lagen die Roten sehr dicht gedrängt, wurden nach
161
G i e m s a meist etwas blass gefärbt, zeigten aber morphologisch
keine besonderen Abweichungen. Die weissen Zellen Hessen ein
deutliches Prävalieren der myeloischen Elemente erkennen, beim
Auszählen ergaben sich : Neutrophile 77 Proz., Lymphozyten 5 Proz.,
Myelozyten 3 Proz., Uebergangsformen 11 Proz., Eosinophile 4 Proz.
Die Viskosität (gemessen nach Hess) schwankte zwischen
8 und 10; das spezifische Gewicht (nach Hammerschlag) be¬
trug 1058. Die Gerinnungszeit wurde nicht bestimmt, doch machte
sich bei der Blutuntersuchung die ausserordentlich schnelle Gerinn¬
barkeit manchmal recht störend bemerkbar.
Therapeutisch brachten Sauerstoffinhalationen Erleichterung be¬
züglich des Schwindelgefühls und der leicht auftretenden Atemnot.
Eine auf den Vorschlag K o r a n y i s bei dem Kranken eingeleitete
Benzolkur — bisher wurden etwa 300 Kapseln ä 0,5 verabreicht - -
lässt bis heute einen ausgesprochenen Effekt im Sinne einer Ve •
minderung der roten Elemente vermissen.
Herr Rohm er: Die kindliche Tuberkulose im Lichte neuerer
Forschung.
Die klinischen Erscheinungsformen der Tuberkulose des Kinder
sind von denjenigen der Erwachsenen im allgemeinen prinzipiell vei-
schieden. Vom „Primäraffekt“ (primärer Lungenherd und Verkäsung
der ihm regionären ,,Bronchial“driisen) ausgehend breitet sie sich
im 1. Lebensjahr in schrankenlosem Wachstum über den ganzen
Körper aus: generalisierte Tuberkulose; vom 2. bis
6. Jahre tritt diese an Häufigkeit rasch zurück gegenüber der
tuberkulösen Meningitis einerseits, der Knochen- und
D r iisentuberkulose andererseits. Ferner sind hier ziemlich
häufig akute Miliartuberkulose, akute käsige
Pneumonie und zahlreiche seltenere Formen. Die chronische
Lungenschwindsucht ist durch das ganze Kindesalter hin¬
durch sehr selten und beginnt erst von der Pubertät ab häufiger zu
werden.
Das schulpflichtige Alter zeichnet sich aus durch eine
auffallend geringe Tuberkulosemortalität und klinische Morbidität,
während seine Durchseuchung mit Tuberkeln von Jahr zu Jahr
fortschreitet und gegen das 14. Jahr die beim Erwachsenen bekannte
Höhe bereits erreicht hat.
Die neueren Anschauungen gehen dahin, die tuberkulösen Er¬
krankungen in 3 Stadien - — analog der Lues — einzuteilen:
I. Primäres Stadium: Bronchialdrüsentuberkulose (+ vorauf¬
gehendem kleinem Lungenherd).
II. Sekundäre Manifestationen: Knochen-, Drüsen-, Hauttuber¬
kulose, tuberkulöse Meningitis, Miliartuberkulose, akute Lungen¬
tuberkulose usw.
III. Tertiäres Stadium: Hauptrepräsentant: chronische Lungen¬
schwindsucht.
Die letztere denkt man sich entstehend entweder durch neue
Aussaat von einem latenten tuberkulösen Herde aus infolge irgend
eines interkurrenten schwächenden Momentes (endogene Super¬
infektion) oder durch Reinfektionen von aussen her (exogene Super¬
infektion).
Als praktisches Resultat ergibt sich, dass neben den bisherigen
Bekämpfungsmassregeln der grösste Nachdruck auf die Ver¬
hütung der Infektion der 4 — 6 ersten Lebensjahre
gelegt werden muss, sei es durch die Entfernung
der Infekt io nsquelle, sei es durch diejenige der
gefährdeten Kinder.
Sitzung vom 2. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr Keller.
Schriftführer: Herr Schickendantz.
Herr Frankenstein spricht über Diagnose und Therapie
der Tubargravidität. (Der Vortrag erscheint in den „Fortschritten
der Medizin“.)
Diskussion: Herren Dietrich, F ii t h, Baus.
Herr Füth: Ueber Wesen und Behandlung der Dysmenorrhöe.
Vortragender verbreitet sich über das Wesen der reinen, d. h.
nicht von krankhaften Veränderungen ausgehenden Dysmenorrhöe
und bespricht die verschiedenen Theorien, die man zu ihrer Er¬
klärung aufgestellt hat und die zu kennen von Interesse ist, weil sie
das Verständnis für die Wirksamkeit einer Reihe von palliativen
Massnahmen eröffnen. Redner wendet sich vor allem dagegen, dass
nach seinen Erfahrungen viel zu sehr die mechanische Auffassung
der Dysmenorrhöe in den Vordergrund gestellt und deshalb bei
virginellen Patientinnen viel zu oft lokal mit Sondierung behandelt
wird. Redner bestreitet nicht etwa die mechanische Auffassung,
glaubt aber, dass es besser ist, eine bestehende Dysmenorrhöe zu¬
erst nicht vom Standpunkte der mechanischen Behinderung des Blut¬
abflusses aus aufzufassen, da man in der Mehrzahl der Fälle mit
palliativen Massnahmen, die im einzelnen besprochen werden, aus¬
kommt und die Beschwerden, wenn auch nicht ganz verschwinden,
so doch erträglich werden.
Diskussion: Herr Zöllner.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
162
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 24. Oktober 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Herr Romeick: Ueber Schädigung des Auges durch Licht
und deren Verhütung.
(Der Vortrag erscheint in extenso in den „Fortschritten der
Medizin“.)
Herr Blencke demonstriert die Röntgenplattte einer Fraktur
des Os naviculare bei einem 20 jährigen Manne, der 9 Wochen vorher
gefallen und wegen Handgelenksverstauchung behandelt war. Man
sieht einen linsengrossen Schatten in der Mitte des Knochens, von
dem aus nach jeder Seite hin eine äusserst feine Bruchlinie zu sehen
ist. Fs handelt sich hier um jenes Krankheitsbild, das vonPreiser-
Hamburg zuerst beschrieben und als eine posttraumatische Ostitis
aufgefasst war, hervorgerufen durch den Abriss des die ernährenden
Gefässe führenden Bandes, wodurch eine zentrale Erweichung des
Knochens bedingt wurde.
Es hat sich nun aber bei einigen operierten Fällen herausgestellt,
dass es sich um eine primäre Fraktur des Knochens handelt und dass
die zentrale Höhlenbildung die Folge einer Nekrose ist, die durch
Zerquetschung der Spongiosa beim Bruch entstanden ist.
Die Bruchlinie ist nicht immer, wie in dem demonstrierten Falle,
sichtbar; sie kann bei gewissen Stellen verborgen bleiben.
Bezüglich der Therapie dieser prognostisch ungünstigen Fälle
steht B. auf dem Standpunkt, dass die Exstirpation des gebrochenen
Knochens das beste Heilverfahren ist, falls die konservativen Mass¬
nahmen versagen. Die Operationen haben gezeigt, dass eine nennens¬
werte Funktionsstörung durch die Entfernung des Knochens nicht
eintritt.
Herr Sandmann: Beobachtungen über Sonnenblendung.
(Erscheint in extenso in der Zeitschrift „Fortschritte der
Medizin“.)
Aerztlicher Verein zu Marburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 9. November 1912.
Vorsitzender: Herr Matthes.
Schriftführer : Herr Sardemann.
Herr Eduard Müller spricht über den heutigen Stand unserer
Kenntnisse über die Epidemiologie der sog. spinalen Kinderlähmung.
(Vergl. sein Referat auf dem ersten internationalen Kongress der
Kinderärzte in Paris, Oktober 1912.)
Herr Matthes trägt vor über Neuere Anschauungen über die
Gicht.
Herr König: Demonstrationen zur Chirurgie der Nieren.
Die Bedeutung des Ureterenkatheterisnuts führt K. zunächst an
einem Fall von Teratom der Niere vor Augen. Bei dem 4 jähr.
zarten Mädchen, welches im Frühjahr eine rasch vorübergehende
Hämaturie gehabt hatte, zeigte sich Ausgangs August ein grosser,
fester Tumor der linken Oberbauchgegend. Im Urin spärliche Leuko¬
zyten. Die Geschwulst entsprach der linken Niere. Bei der Zysto-
skopie gelang es bei dem 4 jährigen Kinde beide Ureteren zu sehen,
und den völlig gesunden Urin der rechten Niere aufzufangen. Es
durfte somit die linke Niere exstirpiert werden, welche den überkinds¬
kopfgrossen Tumor enthielt, der an einzelnen Stellen in Nierenkelche
durchgebrochen war. Die Untersuchung ergab ein Teratom mit
karzinomatösen Einlagerungen (Prof. Dr. M. B. Schmidt). Ver¬
lauf ungestört, völlige Heilung in 3 Wochen.
K. spricht weiter über Beobachtungen an tuberkulösen
Nieren und die Schwierigkeiten, sich bei doppelseitiger Erkran¬
kung therapeutisch zu entschliessen. Die vorgestellte Patientin leidet
an fortschreitender Tuberkulose der Blase und zunehmenden Beschwer¬
den der linken Niere. Ureterenkatheter ergibt links sehr stark, rechts
weniger eiterhaltigen, aber doch getrübten Urin. Tuberkclbazillen
nachgewiesen. Hier soll die Funktionsprüfung entscheiden. D e r
Blutgefrierpunkt S war = 0,73, bei wiederholter Unter¬
suchung. Trotz dieser Insuffizienz der Gesamtleistung machte K.
die Exstirpation der schwer tuberkulösen linken Niere, — mit dem
besten Erfolge. Die Patientin erholt sich andauernd; der Blutgefrier¬
punkt beträgt jetzt 0,68. Wir müssen sicher annehmen, dass die
rechte Niere, aus deren Urin sich keine Bazillen darstellen liessen,
nur toxisch geschädigt war, und dass hier die Exstirpation des
primär und schwer erkrankten Schwesterorgans ihre weitere Schä¬
digung verhütet (vgl. Rovsing u. a.).
Herr Hohmeyer spricht über postappendizitischen Ileus.
Herr Magnus demonstriert zwei Fälle von Madelung scher
Deformität, eine 52 jährige Frau und ihre 15 jährige Tochter. Bei
beiden sind die Veränderungen durchaus typisch: am linken Handge¬
lenk springt das distale Ende der Ulna über den Handrücken vor,
so dass die Artikulation mit dem Karpus verloren geht. Der Radius
dagegen ist in durchaus fester Gelenkverbindung mit der Handwurzel;
seine Epiphyse ist volarwärts abgeknickt, und seine Gelenkfläche
steht nicht senkrecht zur Achse des Vorderarmes, sondern fast in
dessen Verlängerung. Die Extension der Hand ist wesentlich be¬
hindert, die Flexion dagegen über die Norm hinaus möglich. Das
Röntgenbild zeigt die Verschiebung der Gelenkfläche noch deutlicher.
Bei dem jüngeren Individuum sieht man, dass die Epiphysenlinie
am Radius wesentlich höher liegt als an der Ulna, und dass die
Epiphyse eine Keilform angenommen hat, mit der Sitze nach der
Ulna zu. Die proximale Knochenreihe des Karpus beschreibt nicht
einen Bogen, sondern einen Winkel mit dem Scheitel im Os lunatum:
dieses und das Navikulare sind nach proximal verschoben, gleichsam
in die Epiphyse hineingerückt.
Ernstere Beschwerden werden in beiden Fällen nicht geklagt,
so dass auf therapeutische Massnahmen verzichtet wird, zumal die in
der Literatur beschriebenen Erfolge keineswegs ermutigend sind.
Hervorzuheben ist die Heredität und das Fehlen rachitischer Sym¬
ptome bis auf einen geringen Grad von Tete carree und hohem
Gaumen bei der Tochter.
Herr Kirchheim: Raynaud sehe Krankheit.
Gynäkologische Gesellschaft in München.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 12. Dezember 1912.
Herr H e n g g e demonstriert die Patientin mit Ulcuskarzinom,
bei der wegen Drüsenmetastasen die Art. und Vena iliaca externa
reseziert werden mussten. Das rechte Bein weist keinerlei Er¬
nährungsstörung auf.
Herr Le hie: Die Behandlung der Vorderhauptslagen.
(Erscheint in dieser Wochenschrift.)
Herr A. Müller: Kopfform und Geburtsmechanismus.
In der geburtshilflichen Nomenklatur herrscht eine sehr bedauer¬
liche Ungleichheit und Unklarheit, ganz besonders hinsichtlich der
Begriffe: Vorderscheitelstellung, Vorderhauptslage, III. und IV.
Schädellage. Während im Anfang des vorigen Jahrhunderts die
Franzosen alle einzelnen Möglichkeiten des Geburtsmechanismus
genau beschrieben und bezeichneten, war das Bestreben der
deutschen Schule auf möglichste Vereinfachung der Lehre gerichtet,
und unterschied nur zwischen dem leichten Mechanismus der tief¬
stehenden kleinen Fontanelle, und dem schweren bei Tiefstand der
grossen Fontanelle. Nach Ansicht des Vortr. kann aber gerade die
Kenntnis der seltenen Lagen von ausserordentlicher Wichtigkeit für
den Geburtshelfer werden. Er beobachtete selbst einmal einen Fall
von Vorderhauptslage, der ihm durch die Eigenart der Kopfform,
eine Keilform, ganz besonders auffiel, und den er dann nur von den
Franzosen als Positio occipitio-sacralis beschrieben fand, ein Mecha¬
nismus, der nach neueren Untersuchungen unter 10 000 — 20 000 Ge¬
burten einmal vorkommt. Die Nomenklatur der Franzosen mit der
Einteilung in Positio occipitalis anterior, posterior, transversa, pubica
und sacralis geht von der Richtung im Becken aus, welche das
Hinterhaupt einnimmt. Richtet man sich aber nach dem Teile des
kindlichen Schädels, der am tiefsten steht, so kann 1. die kleine
Fontanelle am tiefsten stehen, 2. beide Fontanellen gleich tief, 3. die
grosse Fontanelle am tiefsten, 4. die Stirne, 5. das Gesicht, und dem¬
gemäss variiert auch der Geburtsmechanismus. Man kann auch
unterscheiden zwischen Stirnschädellagen und Gesichtsschädellagen;
bei den ersteren ist die dorso anteriore die günstigere und häufigere,
bei den letzteren die dorso posteriore, weil in allen diesen Fällen
der Geburtsmechanismus keinen Widerstand der Wirbelsäule zu
überwinden hat. Immer aber ist es die Kopfform, welche den Mecha¬
nismus bedingt, und wenn einmal der Kopf eine bestimmte Form
angenommen hat, ist es kaum mehr möglich, die Entwicklung in einem
andern, als dem entsprechenden Mechanismus durchzusetzen. Der
Vortr. beweist dies für die verschiedenen Formen sehr anschaulich
an dem von ihm konstruierten geburtshilflichen Phantom, und demon-
stiiert dazu alle charakteristischen Kopfformen an mazerierten
Schädeln mit von ihm selbst genau beobachtetem Geburtsmecha¬
nismus.
Diskussion die Herren: Ziegen speck, Baisch,
D ö d e r 1 e i n, M ii 1 1 e r. G. Wiener- München.
Würzburger Aerzteabend.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 26. November 1912.
Herr Zieler demonstriert:
1. 10 jähriges Mädchen mit Lichen scrophulosorum
und multiplem, teils ganz, teils fast geheilten Lupus (Nase,
Extremitäten). Jetzt während dauernder Behandlung Auftreten
eines neuen, kaum linsengrossen Lupusherdes am Kinn, der
als hämatogen entstanden aufgefasst werden muss.
2. 4 jähriges Mädchen: beginnender Lupus der rechten
Wange von etwa Pfennigstückgrösse. Da Exzision verweigert,
Behandlung mit Mesothorium.
3. 16 jähriges Mädchen: geheilter Lupus des Nasen¬
rückens (P y r o g a 1 1 u s, F i n s e n).
4. 22 jähriger Mann : geheilter Lupus des rechten Vorder¬
arms oberhalb des Ellenbogens beginnend mit besonders starker
Beteiligung der Hand. Lichtbehandlung ohne besonderen
Erfolg. Heilung der Reste durch P y r o g a 1 1 u s.
5. 12 jähriger Knabe: Lupus der rechten Wange mit dev
O u a r z 1 a m p e behandelt.
21. Januar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
6. 13 jähriger Knabe: Lupus der Nase und Oberlippe,
Behandlung mit Pyrogallussalben und nach Finsen.
7. 25 jähriger Mann: ausgedehnter Lupus des Ge¬
sichtes und des Halses. Wesentliche Besserung durch
Pyrogallussalben und Lichtbehandlung. Für die
Reste Mesothorium.
8. 16 jähriges Mädchen : ausgedehnter Lupus der
rechten Gesichtshälfte. Vor Jahren unzweckmässig be¬
handelt, infolgedessen durch Lichtbehandlung gar nicht beeinflussbar.
Jetzt Behandlung der Reste nach Finsen und mit M e s o t h o r i u m.
9. 23 jähriges Mädchen : ausgedehnter Lupus des Ge¬
sichts mit teilweiser Zerstörung der Nase. Behandlung und Ver¬
lauf wie 7.
10. 43 jährige Frau : stark zerfallener Lupus desganzen
harten Gaumens. Langdauernde örtliche und Röntgenbehand¬
lung. Frst in den letzten Monaten wesentliche Besserung
durch Mesothorium.
11. 28 jähriger Mann: vor einem Jahre frischer Primäraffekt;
WaR. — . Behandlung mit Hg (10,0 5 proz. Asurollösung + 0,85 Hg
als Ol. einer.!) und Joha (2 Injektionen zu je 0,6 Salvarsan). Trotz¬
dem fiel die WaR. % Jahr nach Beginn bzw. 5 Wochen nach Ab¬
schluss der 1. Kur positiv aus! Die Johainjektionen verliefen zu¬
nächst völlig schmerzlos. Erst 14 Tage später wurde die eine
Injektionsstelle bei Druck und bei Bewegungen empfindlich. Die
Schmerzhaftigkeit verschwand im Verlauf von 5 Wochen, während
die andere Stelle dauernd reaktionslos geblieben ist. % Jahre nach
der Einspritzung fiel der Patient auf die linke Glutäalgegend, die
früher Schmerzen gezeigt hatte. Darauf traten etwa 8 Tage später,
ähnlich wie früher, Schmerzen an dieser Stelle auf, die sich unter
feuchten Verbänden in etwa 5 — 6 Tagen zurückbildeten, ebenso wie
die Druckempfindlichkeit. Jetzt nach einem weiteren Monat keine
Spur von Empfindlichkeit.
Hier ist, durch ein Trauma hervorgerufen, eine Reizung
der Nekrose an der Stelle der Salvarsaninjektion entstanden, die
o h ne weitere Folgen zurückgegangen ist. Ob der
günstige Ausgang hier der Johaverwendung zuzuschreiben ist, ist
möglich, aber nicht zu entscheiden. Intramuskuläre Salvarsaninjek-
tionen machen als Joha sicher ebenso Nekrosen wie in anderen
Mischungen. Nur sind sie wohl wesentlich weniger ausgedehnt, denn
die subjektiven Erscheinungen nach den Injektionen sind bei sorg¬
fältiger Technik viel geringer oder fehlen ganz. Vielleicht kommt
es infolgedessen auch weniger leicht zu einer Sequestrierung der
Nekrose infolge traumatischer Einwirkung (vergl. Fall 1 in der
Sitzung vom 21. Mai 1912, diese Wochenschrift 1912, No. 32, S. 1789).
12. 58 jährige Frau mit Narben nach gummösen Geschwüren
im Bereich der stark ausgebildeten Krampfadern des linken
Unterschenkels. Die Frau ist bereits in der Sitzung vom 21. Mai 1912
vorgestellt worden (No. 4). Trotzdem die Patientin als Wäscherin
dauernd tätig ist, ist nach Abschluss der spezifischen Behandlung
bisher kein Rückfall eingetreten. WaR. dauernd +.
13. 25 jähriges Mädchen: ohne spezifische Anamnese. Seit
1 Jahr hat sich in der Mitte der rechten Tibia neben der vorderen
I ibiakante eine sehr feste höckerige Geschwulst entwickelt. Nächt¬
liche Schmerzen in der Geschwulst und geringe Kopfschmerzen sind
erst in letzter Zeit aufgetreten. WaR. +. Jod hatte, wie so oft
m derartigen Fällen, keinen Einfluss gezeigt. Der positive Ausfall
der WaR. ist ja nur als allgemeine, nicht als Organdiagnose zu ver¬
werten. Das Röntgenbild (diffuse Verdichtung des Knochengewebes
ohne irgend welche herdförmige Aufhellung des Schattens) gab keine
völlige Aufklärung, so dass zunächst bei der Grösse des Tumors
mehr an die Möglichkeit eines Knochensarkoms gedacht wurde als
an Knoehensyphilis. 1,4 Salvarsan intravenös in 10 Tagen hat aber
eine deutliche Verkleinerung und Abflachung des Tumors bewirkt.
Pie Behandlung wird kombiniert mit Hg fortgesetzt.
14. Ekzemartige Salvarsandermatitis. ' 27 jähriger Mann: Auf¬
nahme mit frischer sekundärer Syphilis am 31. VII. 1912. Vom
•M. VII. bis 5. IX. 2,4 Salvarsan intravenös, 0,4 Salvarsan (Joha)
intramuskulär, 0,3 Hg (Oleum cinereum). 21. IX. Wiederaufnahme
mit seit wenigen Tagen bestehendem, stark juckendem, hellrotem,
masernartigen Ausschlag des ganzen Körpers (mit Ausnahme des
uesichts), Stomatitis (mangelnde Mundpflege), starker Mattigkeit,
Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden. Allmählich Ueber-
sang zu diffusen erythematösen, teilweise auch vesikulösen und pustu-
lösen Veränderungen. Starke Konjunktivalschmerzen ohne deut¬
liche Konjunktivitis und zunehmende Beteiligung des Gesichts.
Gegen ein Hg-Exanthem sprach der hellrote Farbenton. Das
ausserordentlich quälende, dauernd vorhandene Jucken
ist nach einem Aderlass ( 150 ccm) mit nachfolgen¬
der intravenöser Kochsalzinfusion (350 ccm) nach
Bruck dauernd verschwunden. Die Dermatitis, bei der
kaum die mildesten Medikamente angewendet werden können, hat
sich sehr hartnäckig verhalten und geht erst jetzt allmählich zurück.
Uer Urin war dauernd eiweissfrei, vor 10 Tagen auch arsenfrei.
WaR. — .
Derartige, nach Neosalvarsan häufiger beobachtete Exantheme
sind nach Salvarsan sehr selten.
15. Naevus flammeus des rechten Vorderarms (7 jähriger Knabe).
5 c h a n d 1 u n g m i t COs, Mesothorium u n d d e r O u arz-
lampe. Vergleich der verschiedenen Wirkung.
1. Multiple Pigmentnaevi verschiedenster Grösse des Gesichts.
I euweise Beseitigung durch C02. Sehr gute Wirkung.
17. 33 jähriger Mann mit Lupus erythematosus der Wangen und
der Ohren. Beginn vor 9 Jahren angeblich im Anschluss an eine
Erfrierung. Pirquet negativ in gesunder Haut und im Herd,
Dosen bis 10 mg, Al subkutan ohne örtliche und
Allgemeinreaktion. Mikroskopische Untersuchung auf TB
(Antiformin) steht noch aus. Bisher hier kein Anhalt für die
neuerdings mehrfach behaupteten Beziehungen zur Tuber¬
kulose. Behandlung mit CO2.
18. 64 jährige Frau mit ganz oberflächlichem Karzinom, das
sich vom rechten inneren Augenwinkel über den Nasenrücken er¬
streckt. Entwicklung seit 4 Jahren, klinisch an ein tubero-serpigi-
nöses ulzeröses Syphilid erinnernd, zumal der feine Epitheliomrand¬
saum sehr wenig ausgebildet ist und an einzelnen Stellen vollkommen
fehlt. Behandlung mit Mesothorium.
19. 78jährige Frau mit seit 70 Jahren bestehendem
Lupus des Gesichts, auf dem sich vor 1 Jahr nach einem
Trauma ein Karzinom (auf dem Nasenrücken) entwickelt hat.
Behandlung mit Cosmescher Paste.
20. 20 jähriges Mädchen mit seit 4 Monaten bestehender
Syphilis: Fast universelles Leukoderm, besonders an Hals, Rücken,
Brust und Gelenkbeugen.
21. 26 jähriges Mädchen: Syphilisinfektion vor 4 Jahren, schlecht
behandelt. Jetzt seit mehreren Monaten Auftreten von multiplen
Ulzerationen bis zu höchstens Pfenniggrösse an beiden Unterschen¬
keln, von denen ein Teil bereits abgeheilt ist, ein Teil kraterförmige
Geschwüre von geringer Härte darstellt. Beziehungen zu Venen sind
klinisch nicht feststellbar, aber wahrscheinlich. Es handelt sich um
Erscheinungen der Spätsyphilis, deren frühere (noch nicht zerfallene)
Stadien man als Erythema nodosum syphiliticum bezeichnet hat.
Das Krankheitsbild ähnelt einer tuberkulösen Dermatose, dem
Erythema induratum Bazin. WaR. +. Das 8 wöchige Kind der
Patientin zeigt ein ausgedehntes papulöses (zirzinäres)
Syphilid.
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung v 0 nt 15. Januar 1913.
Vor der Tagesordnung demonstriert Herr Rosenberg eine
Basedowkranke, bei der die Operation erfolglos ausgeführt war und
die Injektion einer Epithelkörperchenemulsion eine wesentliche Besse¬
rung herbeigeführt hat, die auch Herr Fedor Krause in diesem
Falle auf die Therapie bezieht, da seit der Operation 2 Jahre ge¬
wartet war und somit in Rücksicht gezogen war, dass die Besse¬
rungen nach Basedowoperation oft sehr langsam eintreten.
Tagesordnung:
Herren Morgen roth und Ginsberg: Hornhautanästhesie
durch Chinaalkaloide. (Kurze Mitteilung.)
Vortr. hat schon früher über die Wirkung aes Aethylhydro-
kupreins gegen Pneumokokkeninfektionen berichtet. Es sollte jetzt
die Wirkung des Stoffes bei Ulcus serpens geprüft werden. Es stellte
sich dabei eine anästhesierende Wirkung heraus. Es handelt sich
/\/\/OCH3
bei dem Stoff um ein Chininderivat von folgender Formel : ; | |
\/\/
Zur Infiltrationanästhesie ist Chinin schon von anderer Seite ver¬
wendet worden. Die neuen Versuche ergaben eine sehr lange Dauer
der Anästhesie, 20proz. Lösungen bewirkten z. B. eine lOtägige Dauer
der Anästhesie auf der Kornea; eine 0,5 proz. Lösung der homologen
Propylverbindung noch von 2 Tage Dauer. Die in Betracht kommen¬
den Verbindungen sind an Ungiftigkeit dem Kokain überlegen, nicht
jedoch dem Novokain. Die Isopropylverbindung hat ausser der Iso-
amylverbindung die stärkste anästhesierende Wirkung. Anästhe¬
sierende und antiparasitäre Wirkung fallen bei den einzelnen Prä¬
paraten nicht zusammen.
Diskussion: Herr Unger: Bei chirurgischer Anwendung
kann man grosse Dosen anwenden; ohne Adrenalinzusatz stört eine
starke Hyperämie. Die Anästhesie tritt später ein, hält länger an.
Der Nachschmerz scheint geringer zu sein.
Herr H. Oppenheim und Herr Fedor Krause: Partielle Ent¬
fernung des Wurmes wegen Geschwulstbildung unter breiter Eröff¬
nung des vierten Ventrikels.
Herr H. Oppenheim: Nach anfänglichen Magenstörungen trat
Ohrensausen. Schwindel und Abmagerung ein. Es bestand beiderseits
Stauungspapille. Eine Reihe von Symptomen, auf welche die toxische
Diagnose gestellt werden sollte, war inkonstant. Eine Meningitis
serosa wurde durch Misserfolg einer Hg-Kur auszuschliessen versucht.
Nach der Operation stellte sich Singultus, Nystagmus, zerebellare
Ataxie ein, allmählich besserte sich der Zustand. Pat. ist jetzt ohne
objektive Erscheinungen, aber nicht ohne subjektive Beschwerden
(Kopfschmerzen, Aengstlichkeit).
Das Interessante an dem Fall ist das Fehlen von Nystagmus und
cerebellarer Ataxie bei einem Kleinhirntumor. Beide Symptome traten
erst n ach der Operation auf. Die erwarteten Störungen der Re¬
spiration, Zirkulation, Glykosurie sind nach dem Eingriff vollkommen
ausgeblieben. Die chirurgischen Indikationen brauchen also vor
diesem Gebiet nicht Halt zu machen.
164
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
Herr Krause gibt eine Darstellung der Operation. Der maul-
beerartige Tumor sass an der von Herrn Oppenheim angegebenen
Stelle. Sofort nach Wegklappen des Knochenlappens quoll die linke
Kleinhirnhemisphäre vor und riss die Arachnoidea ein; es entleerten
sich 150 ccm Liquor. Bei der Operation wurde der 4. Ventrikel er¬
öffnet. Durch Ueberlagerung • der Kleinhirnhemisphären und Dura
wurde eine erfolgreiche Deckung des Defektes versucht.
Diskussion; Herr R o t h m a n n betont, dass hier nur die
Rinde entfernt wurde und dass man noch grössere Stücke fortnehmen
könne, wenn nur die Kerne erhalten bleiben.
Herr Oppenheim, Herr Krause (Schlusswort).
Wolff-Eisner.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 13. Januar 1913.
Vor der Tagesordnung.
Herr D o r n e r (a. Q.) : Sehr seltene Komplikation eines Aorten¬
aneurysma.
Eine Sondierung des Oesophagus ergab in 28 cm einen pulsieren¬
den Widerstand. Es bestand eine Kommunikation zwischen Oeso¬
phagus und Bronchus, die durch den nekrotisierenden Druck, der von
dem Aneurysma ausging, entstanden war.
Herr Ewald: Ein Fall von Milztumor mit tödlicher Blutung.
Ein 48 jähriger Mann mit irrelevanter Anamnese zeigte eine
grosse Geschwulst im Leibe, die sich als Milztumor erwies. Blut,
Leber und sonstige Organveränderungen waren nicht vorhanden.
14 Tage nach der Aufnahme zeigte er eine sehr starke Magenblutung;
während dieser Blutung nahm die Milz beträchtlich an Volumen ab.
Bei der Obduktion fand sich in der Milzvene ein kanalisierter Throm¬
bus und eine entzündlich verdickte Venenwand. Simmonds be¬
trachtet als Ursache Bakteriengifte in Verbindung mit syphilitischem
Virus. Die Magenblutung sieht er als eine parenchymatöse an.
Diskussion: Herr Fürbringer berichtet über einen Fall
einer plötzlichen tödlichen Blutung, bei der ein verborgenes Magen¬
karzinom in die Milz gewuchert und Gefässe arrodiert hatte.
Herr A. Fraenkel berichtet von einer profusen Magenblutung,
bei der sich kapilläre Erosionen der Magenschleimhaut als Ursache
fanden. Er bezweifelt, ob bei intakter Magenschleimhaut solche
Blutungen zustande kommen können.
Tagesordnung.
Herren C. Posner und W. Scheffer (a. G.): Zur klinischen
Mikroskopie und Mikrophotographie.
Die neuen Methoden erlauben am unbehandelten Präparat im
Dunkelfeld eine detaillierte Analyse und gestatten photographische
Aufnahmen von Harnsedimeriten in einer Naturtreue, wie sie bisher
nicht zu erzielen waren.
Zunächst ergibt sich aus diesen Untersuchungen, dass zwischen
Zylindroiden und Zylindern nahe Beziehungen bestehen; die albu-
minoide Zylindroidsubstanz ist gewissermassen die Muttersubstanz
der Zylinder. Er demonstriert die Nubekula, die sich im Dunkelfeld
darstellt und z. B. zwischen atypischem oxalsaurem Kalk befindet
und die wohl die Ursache zur Steinbildung abgibt. Er zeigt Photo¬
graphien von zytolytischen Vorgängen, die z. T. nicht anders darstell¬
bar, z. T. nicht photographierbar sind.
Vor allem erwartet Vortrag, eine Möglichkeit, Urinsedimente
naturgetreu darzustellen.
Diskussion: Herr Kraus, Herr Fürbringer.
Wolff-Eisner.
13. Französischer Kongress für innere Medizin.
Paris, 13. — 16. Oktober 1912.
I.
Der Kongress wurde in Anwesenheit des Ministers der öffent¬
lichen Arbeiten und zahlreicher französischer und auswärtiger
Aerzte durch eine Ansprache des I. Vorsitzenden Chauffard über
die „Psychologie der Kongresse“ eröffnet.
Das I. Hauptthema des Kongresses lautete: die Oxalämie
und Oxalurie, worüber L o e p e r - Paris referierte. Die Oxalurie
wird mit der Anwesenheit mehr weniger beträchtlicher Mengen
von Oxalsäure im Urin erklärt; die Hauptverbindung ist oxalsaurer
Kalk. Die Oxalurie verrät eine abnorme Anhäufung von Oxalsalzen
im Organismus und ist klinisch und chemisch wohl charakterisiert,
sie ist aber nicht die Folge der Oxalämie, d. i. der Zunahme der
Oxalsäure im Blute. Bei der physiologischen Oxalurie sind
1 '/a — 2 cg Oxalsäure im Urin vorhanden, bei der pathologischen
ist der Gehalt ein sehr wechselnder je nach dem vorliegenden Krank¬
heitszustande. Ständig ist Oxalurie vorhanden bei Diabetes, Adi¬
positas, Oxalsteinen, gewöhnlicher Gicht, bei Darmsteinen, chro¬
nischem Rheumatismus, Hautkrankheiten wie Psoriasis, sie kann
Vorkommen bei gewissen Formen von Neurasthenie, von Dyspepsie,
Enteritis. Die Untersuchung des Urins kann keine genaue Auf¬
klärung geben über die Veränderungen der Oxalsäure unter dem Ein¬
flüsse der Ernährung, Ermüdung usw. und noch weniger über ihre
Retention. Die Blutuntersuchung kann hierauf eher einiges Licht
werfen und es ist die 0 x a 1 ä m i e, welcher Referent seine besondere
Aufmerksamkeit widmet. Gewisse Formen von Asthma, von chro¬
nischem oder subakutem Rheumatismus, von Leberaffektion, von
Diabetes, besonders die schweren Fälle des letzteren im Zustande
des Koma, sind von beträchtlicher Oxalämie begleitet. Die Oxal¬
säure des Organismus kann einen direkt exogenen Ursprung
durch Nahrungsmittel, die in grösserer Menge oxalsaure Salze ent¬
halten, und einen endogenen durch Umwandlung der verschie¬
denen Gewebssubstanzen haben. Vom klinischen Standpunkt aus
muss die Wirkung der Oxalsäure auf den menschlichen Organismus
in dreierlei Weise betrachtet werden: als akute, latente und
chronische Intoxikation. Die akute Intoxikation verrät sich durch
Erbrechen, Diarrhöe, Magendarmverstimmung, Erscheinungen,
welche alle auf direkte Wirkung des Giftes auf die Schleimhäute zu¬
rückzuführen sind. Dann treten die Symptome der Elimination auf:
von Nervenstörungen Bewusstseinsverlust oder Kollaps, manchmal
Lähmungen, seltener Trismus und Tetanus, häufig Mydriasis, Hyper¬
ästhesie, Schmerzen in den Extremitäten; die fast regelmässig vor¬
kommenden Atemstörungen bestehen in Unregelmässigkeit des
Rhythmus. Der Puls ist klein, verlangsamt, Blutdruck verringert.
Die latente (diskrete) Form der Oxalsäurevergiftung kann durch
Genuss gewisser Nahrungsmittel, wie z. B. grosser Mengen Rha¬
barber, Sauerampfer und auch Kakao entstehen. Diarrhöe, Darm¬
krämpfe, nervöse Aufregung bilden hier neben Gelenksschwellungen
die Haupterscheinungen. Die Symptomatologie der chronischen
Oxalämie ist eine noch kompliziertere: verringerter Blutdruck ist
sehr häufig, ferner kommen vor nervöse Erschöpfung, Migräne und
Neuralgien, Darm- und Magenbeschwerden der verschiedensten Art.
Von den Nierenerscheinungen sind die Steine (als solche vereinzelt
und als Sand) am bekanntesten. Der Oxalsand kann Nierenver¬
fettung, welche sich nur durch hartnäckige Kreuzschmerzen kund¬
gibt und mit der Ausscheidung der Konkremente aufhört, bewirken.
Neben den Gelenksschmerzen der Patienten mit Oxalämie gibt es
einen oxalsauren Rheumatismus, welcher durch Verdickungen
der Basis und des Kopfes der Phalangen, Verkrümmungen der
Finger charakterisiert und fast immer von Gelenksknarren an Knie-
und Schultergelenken begleitet ist. Der Beweis, dass die Oxalsäure
eine Hauptrolle bei der Entstehung dieses Rheumatismus spielt, liegt
darin, dass eine an Oxalsäure reiche Ernährung Gelenkslokalisationeu
hervorrufen kann, die mit Aufhören dieser Nahrung zurückgehen und
mit erneuter Gabe wieder auftreten. Zudem verschlimmert sub¬
kutane Injektion von 2 mal 0,1 g Na-Oxalat den Rheumatismus. Bei
den Tuberkulösen sind die Verkrümmungen der Finger, die hyper-
trophierende Knochenentztindung, die Arthritis gewöhnlich von
Oxalämie begleitet und es wäre interessant, darnach zu forschen, ob
bei anderen toxischen oder infektiösen Prozessen die übermässige
Produktion und besonders Retention von Oxalaten nicht das Binde¬
glied zwischen der Krankheit selbst und der Knochen- oder Gelenks¬
lokalisation darstellt. Eines der gewöhnlichsten Symptome der
Oxalämie ist allgemeine Ermüdung, Muskelschwäche und stellt zu¬
sammen mit der nervösen Depression, der Reizbarkeit und anderen
Gefässerscheinungen eine Erscheinung der Demineralisation dar,
welche für den Kliniker eine therapeutische Indikation ersten Ranges
ist. Was die Pathogenese betrifft, so hängt die Oxalämie von
verschiedenen Ursachen ab, wovon die einen in Zirkulations- oder
Atmungs-, die anderen in Magendarm- und Leberstörungen, andere
in der Undurchgängigkeit der Niere liegen. In allen diesen Fällen
verrät die Oxalämie eine vorübergehende oder dauernde Ueber-
füllung des Blutes und der Gewebe durch eine im Uebermass pro¬
duzierte Oxalsäure, die ungenügend zerstört oder nicht eliminiert
wird. Im Gegensatz zu dieser Gruppe der organischen
0 x a 1 ä m i e n gibt es eine andere, mit Diathesen, wie Gicht,
Fettsucht, Diabetes verbundene, wo wieder sekundäre oder idio¬
pathische oder primäre, deren eigentliche Ursache aber nicht zu
ermitteln ist, unterschieden werden. L. zweifelt nicht, dass es als
Schwester der Uratgicht eine 0 x a 1 a t g i c h t gibt, wo in den
Geweben Kakablagernngen und nicht Urate vorhanden sind und die
periartikulären oder knöchernen Missbildungen, welche sie hervor¬
ruft, als Oxalate bleiben oder sich in kohlensaures Kalzium um¬
wandeln.
Die Behandlung muss sich gegen die Pathogenese und die
Symptome richten: 1. in der Nahrung alle Speisen meiden, welche
Oxalsäure enthalten oder produzieren können (Thee, Kakao, Schoko¬
lade, Pfeffer, Sauerampfer, Nukleine, Purine, Gelatine verbieten,
Fleischkost einschränken), 2. innerlich Alkalien geben, um die Resorp¬
tion der Oxalate zu verringern (Kreide, Magnesia, Na-bicarbon.,
Vichywasser), 3. die Oxalsäure durch geeignete Medikamente (Kalk-
und Magnesiumsalze) neutralisieren, 4. deren Ausscheidung be¬
günstigen (salinische und drastische Abführmittel. Theobromin.
Diuretin und Urotropin) und durch geeignete Mittel (Kalksalze,
Phosphorsäure und Na-phosphor., Piperazin) vorher zur Lösung
bringen und schliesslich 5. dem Organismus wieder Mineralsalze,
besonders Kalzium, zuführen (subkutane Injektion von Kalzium-
glyzerophosphat).
L a m b 1 i n g - Lille, Korreferent, bespricht die Biochemie der
Oxalsäure, nachdem er die verschiedenen Methoden angegeben hat.
die zum Nachweis derselben im Urin, in den Fäzes, im Blut, in den
Geweben dienen, aber alle noch absoluter Genauigkeit entbehren.
Biochemisch gibt es im Organismus exogene und endogene
Oxalsäure. Erstere ist die durch Nahrungsmittel zugeführte; die
21. Januar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Resorption der meist als Kalziumoxalat eingenommenen Oxalsäure
hängt besonders von der Azidität des Magensaftes ab, im Darmkanale
ist diese Resorption sehr gering oder gleich Null. Jede Oxalsäure,
welche der Magenresorption entgeht — ungefähr 8—9 Zehntel der
eingeführten Menge — , sollte man also in den Fäzes wieder finden,
ater sicher findet nach sehr überzeugenden Versuchen auch in
manchen Geweben, Blut, Muskeln, Nieren usw. eine Verbrennung der
Oxalsäure statt, wenn dieselbe auch im lebenden Organismus als
schwierig anzusehen ist. Auch bei völliger Unterdrückung aller oxal¬
säurehaltigen Nahrungsmittel wird durch den Urin solche noch aus¬
geschieden und die Frage ist noch nicht gelöst, woher diese Oxal¬
säure stammt. Kohlehydrate und Fette sind sicher ohne Einfluss
auf deren Abscheidung, das Fleisch jedoch liefert Oxalsäure und
zwar muss man die darin enthaltene, an Glykogoll reiche Gelatine
als deren Quelle annehmen, während der genaue Beweis für das
Kreatinin, die Nnkleoproteine und Purine noch aussteht. Nachdem
L. noch die anderen Vorläufer der Oxalsäure und die Bedeutung der
letzteren im intermediären Stoffwechsel besprochen, kommt er zur
Frage der endogenen Oxalsäure. Diese stammt aus den tief¬
liegenden Geweben während des Zustandes der Nüchternheit und
ihr Ursprung kann vorläufig nur auf die Gelatine, die Nukleine und
Purine, das Kreatinin usw. der Gewebe zurückgeführt werden. Was
die toxischen Wirkungen der Oxalsäure betrifft, so hebt L. hervor,
dass die Tiere, welche mit Runkelrübenfütterung viel Oxalsäure
erhalten, auf die Dauer Osteoporose bekommen; es ist daher be¬
greiflich, dass selbst kleine Dosen Oxalsäure, welche in Ueberschuss
im Organismus kreisen, auf die Dauer eine toxische Wirkung bei
den mit Oxalämie behafteten Personen ausüben.
Dyce Duck worth - London, welcher nach seiner persönlichen
Erfahrung von oxalsaurer Hämaturie sprechen kann, stimmt im all¬
gemeinen den Schlussätzen der Referenten bei, lässt aber eine Oxal¬
säure Diathese nicht zu.
Maragliano erinnert daran, dass sich vor mehr als 40 Jahren
Cantani schon mit dieser Frage beschäftigt hat. Er selbst glaubt
an symptomatische Oxalämien und an eine essentielle Form.
T e i s s i e r andererseits findet, dass bei der Pathogenese der
Oxalämie der funktionelle Zusfand der Leber nicht genügend
Würdigung finde. Der oxalsaure Rheumatismus scheine ihm be¬
sonders periartikulär, die Reizbarkeit der Blase eines der wichtigsten
Symptome zur Diagnose der oxalsauren Dyskrasie zu sein. T. spricht
von der Beziehung der Oxalämie zu den Erscheinungen der Urikolyse.
Mit S a r v o n a t und R a b a 1 1 u hat er im Reagenzglase die Um¬
wandlung von harnsaurem Natrium in Oxalsäure unter dem Einflüsse
von Radiumemanation beobachtet.
Sarvonat- Lyon ist es gelungen, experimentell beim Hunde
zu zeigen, dass die lebende Leber die Harnsäure zerstört und daraus
Oxalsäure wird und dieselbe wieder zum Teil von der Leber auf
Kosten ihrer eigenen Substanz zersetzt wird. Die Leber kann also
im pathologischen wie normalen Zustand als ein regulierendes Organ
angesehen werden, das Oxalsäure produziert oder zerstört je nach
der mehr weniger grossen Menge dieser Substanz.
P a r i s o t - Nancy glaubt, dass die Oxalurie im Verlaufe des
Diabetes besonders in den mit Obesitas verbundenen Fällen vorkommt.
Man muss also den Diabetikern eine Diät, die arm an Oxalsäure
produzierenden Substanzen ist, verordnen und gegen die Oxalämie
durch Remineralisation und Rekalzifikation des Organismus an¬
kämpfen.
Finck-Vittel hält Oxalurie für häufig bei Diabetes, ebenso
hei den Kolonialtruppen. Für Gicht scheint die Oxalurie dieselbe
Bedeutung zu haben wie Glykosurie für Diabetes. Eine Menge von
Beuten würden wegen gewöhnlicher Zystitis behandelt, die in Wirk¬
lichkeit nur Oxalurie haben
Blum- Strassburg und R o u b i e r - Lyon berichten über ihre
biochemischen Studien, die sie über die Oxalsäure ausgeführt haben.
Verschiedenes.
Ein Tarifvertrag zwischen dem Reichspostamt und dem Leipziger
Verband.
E>ie auf der Hauptversammlung des Leipziger Verbandes vom
-3. und 24. November 1912 besprochene Vereinbarung mit dem Reichs¬
postamt über den kassenärztlichen Dienst bei den neuerrichteten
Krankenkassen für Unterbeamte der Reichspost- und Telegraphenver¬
waltung, über welche auch in dieser Wochenschrift berichtet wurde,
ist nunmehr, trotz der verfrühten Schadenfreude der Aerztegegner,
zustande gekommen. Damit ist ein vortreffliches Vorbild geschaffen
dir die kommenden Verhandlungen mit den verschiedenen Kassenver-
bänden, das überdies noch den Vorzug hat, von einer Reichsbehörde
sanktioniert zu sein. Damit müssen die Bedenken, denen eine andere
Reichsbehörde, nämlich das Reichsamt des Innern, in der letzten Zeit
adzu willig ihr Ohr geliehen hat, verstummen. Dieses Friedenswerk
ist für die beiden Vertragskontrahenten um so rühmlicher, als es in
eine Zeit fällt, in der die Einigungsverhandlungen im Reichsamt des
nnern zum Stocken gekommen sind. Diese Vereinbarung stellt im
I rinzip einen Tarifvertrag dar, der die Interessen beider Teile
Währt. Durch denselben werden endgültig die Behauptungen unserer
v uler widerles?K dass die grundlegenden Forderungen des Leipziger
Wrbandes von den Krankenkassen nicht erfüllt werden können,
hoffentlich wird auch die bayerische Post- und Telegraphenver¬
165
waltung dem Vorbilde der Reichspost folgen, damit nicht die bayeri¬
schen Aerzte gegenüber ihren nichtbayerischen Kollegen im Nach¬
teil bleiben. Die Vereinbarung umfasst die Grundsätze für den
kassenarztlichen Dienst und Vertragsmuster, welche den „Ver¬
tragsentwurf mit ärztlichen Ortsvereinen“ und den eigentlichen
„Dienstvertrag enthalten, analog dem Tarifvertrag mit den kauf¬
männischen Kassenverbänden. In dem Vertrag sind die Direktiven
des „Deutschen Aerztevereinsbunües“ berücksichtigt, auch bezüglich
der 2000-Mark-Grenze und der Bezahlung nach Einzelleistungen
Selbstverständlich sind auch in dem Vertrage Kontroll- und
Schiedseinrichtungen festgelegt, so dass den kassenärztlichen Vereinen
ihre Aufgaben genau vorgezeichnet sind, die sie im Interesse beider
feile zu erfüllen haben. Da die aufgestellten Grundsätze für den
kassenärztlichen Dienst von ganz besonderer Wichtigkeit und Be¬
deutung sind, ist es nötig, dass dieselben zu Nutz und Frommen
der Kassen und Aerzte die grösstmöglichste Verbreitung finden. Die¬
selben sollen deshalb auch hier im Wortlaut bekannt gegeben werden:
Grundsätze für den kassenärztlichen Dienst bei
den Krankenkassen für Unterbeamte der Reichs-
Post- und Telegraphenverwaltung.
I. Zum kassenärztlichen Dienste bei den Krankenkassen für die
Unterbeamten soll grundsätzlich jeder Arzt zugelassen werden, der
in Deutschland approbiert und im Besitze der bürgerlichen Ehren¬
rechte ist und der sich auf die vereinbarten Bedingungen verpflichtet
hat. Die Verpflichtung erfolgt durch die Anerkennung eines Dienst-
Vertrages, welcher die beiderseitigen Rechte und Pflichten regelt.
II. Die Dienstverträge sind von den Vorständen der einzelnen
Krankenkassen abzuschliessen. Wird der Vertrag mit einem ärzt¬
lichen Ortsvereine geschlossen, so ist jedem in Deutschland appro¬
bierten und im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindlichen
Arzte der Beitritt offen zu halten. Wird der Vertrag mit dem Orts-
vereine nicht geschlossen, so hat der Vorstand der Krankenkasse alle
Aerzte zum kassenärztlichen Dienste zuzulassen, die sich zu den all¬
gemeinen Bedingungen verpflichten. In diesen Fällen hat der Vor¬
stand darauf hinzuwirken, dass ein Prüfungsausschuss gebildet wird,
für den jeder vertraglich verpflichtete Arzt wählbar und wahlbe¬
rechtigt ist. Orte mit weniger als 5 Aerzten werden zur Bildung
eines gemeinschaftlichen Prüfungsausschusses mit einem Nachbarorte
zusammengeschlossen. Dieser Prüfungsausschuss hat die dem
Kassenvereine zustehenden Rechte und Pflichten.
III. Sollten sich die Krankenkasse und der ärztliche Ortsverein
über den Abschluss eines Vertrages nicht verständigen, so wird bei¬
den Teilen anheimgegeben, sich über die Anrufung eines Schieds-
ausschusses mit der aus § 10 der Anlage fügenden Zusammensetzung
zu einigen.
IV. Die Krankenbehandlung erfolgt nur durch Aerzte. Nichtärzte
dürfen zu selbständiger Behandlung auf Kosten der Krankenkassen
nicht zugelassen werden. Bei Zahnkrankheiten mit Ausschluss von
Mund- und Kieferkrankheiten kann die Behandlung an Orten, an denen
kein Zahnarzt vorhanden ist, durch Zahntechniker gewährt werden; an
Orten mit einem Zahnarzt ist hierzu die Zustimmung des Kassenmit¬
gliedes erforderlich.
V. Behufs Festsetzung der Gebühren werden die Kassenmit¬
glieder in zwei Gruppen geteilt; Gruppe I enthält alle Mitglieder bis
zu 2000 Mark, Gruppe II alle mit mehr als 2000 Mark Jahresdienst¬
einkommen.
Die kassenärztliche Behandlung erstreckt sich nur auf die
Mitglieder der Gruppe I und deren anspruchsberechtigte Familien¬
angehörigen. Die Gebührenforderungen für diese werden aufgestellt
nach den Mindestsätzen der preussischen Gebührenordnung für appro¬
bierte Aerzte und Zahnärzte vom 15. Mai 1896 mit der Massgabe, dass
Aerzte in den Städten der Ortsklassen A oder B auf die Gebühr für
Besuche und Konsultationen einen Zuschlag von Vz Mark erheben. Bei
Besuchen ausserhalb des Wohnortes des Arztes wird ausser der
Besuchsgebühr vom Beginn des zweiten Kilometers ab noch eine be¬
sondere Entschädigung für den Weg mit 1 Mark 50 Pfg. für jedes
angefangene Kilometer und ausserdem für Zeitversäumnis mit 40 Pfg.
für angefangene Kilometer gewährt. Die Berechnung der Kilometer¬
gelder hat sowohl für den Weg als auch für die Zeitversäumnis stets
von der Wohnung des nächstwohnenden Kassenarztes zu erfolgen,
und zwar für Hin- und Rückfahrt zusammen nur einmal.
Für die Behandlung der Mitglieder von Gruppe II oder ihrer an¬
spruchsberechtigten Angehörigen stellt der Arzt seine Gebührenforde¬
rung den Mitgliedern selbst zu, ohne an die in Absatz 2 genannten
Mindestsätze gebunden zu sein. Die Rechnungen sind aber nach
Zahl und Datum der einzelnen Leistungen unter Angabe der in Be¬
tracht kommenden Gebührensätze aufzustellen.
VI. In jedem mit einem ärztlichen Ortsvereine geschlossenen
Vertrage sind für die Ueberwachung der kassenärztlichen Tätigkeit
hinsichtlich der Zahl und Art der ärztlichen Leistungen und der spar¬
samen Verordnungsweise ärztliche Prüfungsstellen vorzusehen, ferner
aus einer gleichen Zahl von Kassenvertretern und Aerzten bestehende
Einigungsausschüsse zur Erörterung aller gemeinsamen Angelegen¬
heiten und ein Schiedsgericht zur Erledigung von Streitigkeiten, die
aus dem Vertrage entstehen.
VII. Das Recht der Krankenkassen und der Postbehörden, für
die Begutachtung des Gesundheitszustandes der Unterbeamten und
deren Dienstfähigkeit Vertrauensärzte anzustellen, wird hiervon nicht
berührt. Der Vertrauensarzt hat sich aber jeder Verordnung und Vor¬
schrift hinsichtlich der Krankenbehandlung zu enthalten. S.
muenchener Medizinische Wochenschrift
No. 3.
166
B I a u d sehe Pillen nach L e n h a r t z.
Herr Apotheker Petzet vom Allstem. Krankenhause Hamburg-
Eppendorf ersucht uns um Bekanntgabe der nachstehenden, gegenüber
der Mitteilung in No. 46, S. 2542, 1912 vervollständigten Vorschrift
der Pil. Ferri carbonic. Blaudii Lenhartz.
Ferrum sulfuric. D. A. 5.
120,0
Sacchar. alb. pulv.
40,0
Glycerin.
42,0
Kal. carbonic. pulv.
60,0
Natr. bicarbonic.
60,0
Ferrum sulfuric. cryst., Sacchar. alb pulv. und Glyzerin werden
der Reihe nach zu einer völlig gleich massigen Masse
gemischt, dann erst werden Kal. carbonic. pulv. und zuletzt
Natr. bicarbonic. zugesetzt; die gut durchgearbeitete Mischung wird
jetzt auf das Dampfbad gebracht und mit Aq. dest. 75,0 angerührt.
Nach 2 — 3 tägigem Stehen auf dem Dampfbade wird eine Mischung
von
Magnes. ust. 10,0
Rad. Althaeae pulv. 20,0
zugesetzt. Man dampft noch bis zum Gesamtgewicht von 300,0 ein
und setzt beim Durcharbeiten im grossen eisernen Mörser oder besser
in der Knetmühle event. noch etwas Ung. Glyzerin, zu. Das Gewicht
der Pille soll ca. 0,3 g betragen.
Aus den Parlamenten.
Etat des preussischen Abgeordnetenhauses. —
Medizinalwesen und Universitäten.
, Der Voranschlag der dauernden Ausgaben für das M e -
di zinal wesen im Jahre 1913 beträgt 5 632 000 M.':) und über¬
steigt den vorjährigen um 223 000 M.; die Hälfte dieses Mehrbetrages
ist jedoch keine wirkliche, sondern eine rechnungsmässige Mehr¬
ausgabe, da 110 000 M. Reisekosten der Medizinalbeamten aus dem
Etat des Finanzministeriums in den des Medizinalwesens übernommen
sind. Im einzelnen sind ausgeworfen an Besoldungen für die Mit¬
glieder und Assessoren der Provinzial-Medizinalkollegien, die Re¬
gierungs- und Medizinalräte sowie 7 Kreisärzte als ständige Hilfs¬
arbeiter bei den Regierungen und beim Polizeipräsidium in Berlin
insgesamt 347 000 M.; für 64 vollbesoldete und 455 nicht vollbesoldetc
Kreisärzte (im Vorjahre 59 bzw. 459), den Dirigenten der Hebammen¬
schule der Charitee, 7 Aerzte der französischen Kolonie 1 740000 M.;
für 36 Kreisassistenzärzte, Hilfsarbeiter, Stellenzulagen für nicht voll¬
besoldete Kreisärzte und Gerichtsärzte 291 000 M. Geschäftsbedürf¬
nisse, Dienstaufwandsentschädigungerl, Vertretungen etc. 264 000 M.,
Beihilfen zum Studium medizinal-technisch wichtiger Einrichtungen
3000 M., Remunerierung für die Staatsprüfungen 200 000 M. Insti¬
tut für Infektionskrankheiten „Robert Koch“: Be¬
soldungen für 3 Abteilungsvorsteher und 4 wissenschaftliche Mit¬
glieder (im Vorjahr 4 Abteilungsvorsteher und 3 wissenschaftliche
Mitglieder) 46 000 M., 11 Assistenten und wissenschaftliche Hilfs¬
kräfte 29 000 M., zur Gewährung von freien Verpflegungstagen an
Kranke, die ein besonderes Interesse bieten, 119 000 M. Versuchs¬
und Prüfungsanstalt für Wasserversorgung: für persönliche und säch¬
liche Ausgaben 197 000 M., Bad Bertrich 89 000 M„ Hygienisches In¬
stitut in Posen 75 000 M., in Beuthen 43 000, in Saarbrücken 35 000 M.
Vorsteher und Assistenten an den Medizinaluntersuchungsämtern
63 000 M.; für das Impfwesen an persönlichen und sächlichen Aus¬
gaben 110 000 M.; Unterstützungen für Medizinalbeamte und deren
Hinterbliebenen 67 000 M., für die auf Grund des Gesetzes vom Jahre
1899 in den Ruhestand versetzten Medizinalbeamten und ihre Hinter¬
bliebenen 26 000 M., sanitätspolizeiliche Kontrolle behufs Abwehr der
Choleragefahr 8000 M„ Lepraheim im Kreise Memel 26 000 M.,
sonstige sanitätspolizeiliche Zwecke 220 000 M„ Hafen- und Schiffs¬
überwachung, Unterhaltung und Beaufsichtigung der Quarantäne¬
anstalten 55 000 M., Ausführung des Gesetzes betr. die Bekämpfung
übertragbarer Krankheiten 100 000 M., Unterstützung des Be¬
zirkshebammenwesens 100 000 M„ Zuschüsse an 6 Aerzte in
armen, wenig bevölkerten Gegenden je 500 — 1800 M„ Beihilfen für
die Zwecke der Fortbildung der Aerzte, Zahnärzte und Apotheker
28 000 M. (gegen das Vorjahr um 13 000 M. erhöht).
Einmalige Ausgaben: Fortbildungskurse für Medizinal¬
beamte 45 000 M., Teilnahme der Medizinalbeamten an der Ausbil¬
dung der Desinfektoren 5000 M„ bei dem Institute für Infektionskrank¬
heiten „Robert Koch“ Erweiterungsbauten 45 000 M. und innere Ein¬
richtung des Neubaues für die Wutschutzabteilung 40 000 M„ Be¬
kämpfung der Granulöse 30 000 M„ des Typhus im Regierungsbezirk
Trier 2000 M., Beihilfen zur Veranstaltung von Forschungen über die
Krebskrankheit 3000 M.
Die dauernden Ausgaben für die Universitäten
sind mit rund 17/4 Millionen M. angesetzt, 631 000 mehr als im Vor¬
jahr. Von den medizinischen Fakultäten verlangt an Mehrausgaben
Königsberg: für 3 Ersatzordinariate 20 000 M„ Umwandlung des
Extraordinariats für Psychiatrie in ein Ordinariat 2000 M., an der
Psychiatrischen Klinik Remuneration für einen Oberarzt 2200 M.
Berlin: ein Ersatzordinariat 6000 M„ Umwandlung des Extra¬
ordinariats für Ohrenkrankheiten in ein Ordinariat 3000 M., Abtei¬
lungsvorsteher beim Pharmakologischen Institut 4800 M., für das
Poliklinische Institut für innere Medizin 1 Assistenzarzt 1500 M.,
sächliche Ausgaben 32 000 M., an der chirurgischen Klinik 1 Assistenz¬
arzt 1500 M„ für Instrumente und wissenschaftliche Zwecke 6000 M„
für das zahnärztliche Institut: Remuneration von 2 Oberassistenten
und 3 Assistenten 9900 M„ wirtschaftliche Ausgaben 28 000 M„ Hygie¬
nisches Institut: Remuneration eines Assistenten 1500 M„ Verstär¬
kung des Fonds für wissenschaftliche Zwecke an der I. und II. Medi¬
zinischen Klinik je 1000 M„ Remuneration eines Assistenten an der
Hautklinik 1500 M. Greifswald: für 3 Assistenten an der Kin¬
derklinik je 1500 M. Breslau: ein Ersatzordinariat 7500 M., zur
Verstärkung der sächlichen Fonds an der Medizinischen Klinik
5800 M. Halle: Erhöhung der sächlichen Fonds am Physiologischen
Institut 6000 M. In Kiel ist ein Staatszuschuss von 20 000 M. in¬
folge Steigerung der eigenen Einnahmen der Akademischen Heil¬
anstalten entbehrlich geworden. Göttingen: Remuneration eines
Oberarztes an der Chirurgischen Klinik 2200 M„ Erhöhung der Bei¬
hilfe für die Poliklinik für Ohrenkrankheiten 700 M. Marburg:
für die Medizinische Klinik ein Assistenzarzt 1500 M„ zu wirtschaft¬
lichen Ausgaben 3000 M. Bonn: Lohnerhöhungen bei den Klinischen
Anstalten 4000 M„ Remuneration für einen Oberarzt bei der Haut¬
klinik (statt eines Assistenzarztes mit 1500 M) 2200 M., an der
Frauenklinik für einen Assistenzarzt 1500 M., zu sächlichen Ausgaben
für wissenschaftliche Zwecke 500 M. Der Zuschuss für das Chari-
teekrankenhaus in Berlin beträgt 898 000 M„ das sind
36 000 M. mehr als im Vorjahr, von denen jedoch ein Teil durch
Uebernahme von anderen Positionen des Etats erklärt wird. An
Mehrbeträgen sind zu nennen: zur Verstärkung der Fonds für Ver¬
bandmaterial und Instrumente 5000 M„ zur Vermehrung der Zahl der
Schwestern und Wärterinnen an der I. Medizinischen und an der
Chirurgischen Klinik ca. 14 000 M. Pflege der Leibesübungen an den
Universitäten 40 000 M., d. i. 15 000 M. mehr als im Vorjahr infolge
Steigerung des Bedarfs. Zuschüsse an etatsmässige Professoren mit
geringfügigen Nebenbezügen 535 000 M., das sind 60 000 M. mehr in¬
folge höherer Einnahmen aus staatlichen Honoraranteilen, Besoldungs¬
zuschüsse an Professoren und Heranziehung ausgezeichneter Dozen¬
ten 465 000 JVL, Remunerierung von besonderen Lehraufträgen
104 000 M„ Stipendien für Privatdozenten und andere jüngere Ge¬
lehrte (im einzelnen bis zu höchstens 6000 M.) 60 000 M„ Zuschüsse
an etatsmässig remunerierte Assistenten 23 000 M. Zuschüsse an die
Versorgungsanstalten für die Hinterbliebenen von Professoren
342 000 M„ Stipendien und Unterstützungen für Studierende 75 000 M.
Einmalige Ausgaben. Königsberg: zur Beschaffung
von Apparaten und Instrumenten am Anatomischen Institut 5000 M.,
am Hygienischen Institut 2500 M., für das Pharmakologische Institut
und die medizinische Klinik je 4000 M„ Neubau der Psychiatrischen
und Nervenklinik 280 000 M„ Apparate und Instrumente für diese
Klinik 15000 M. Berlin: Anmietung von Räumen im Kaiserin-Fried-
rich-Hause 15 000 M., für das Poliklinische Institut zu baulichen Ver¬
änderungen 42 000 M., zu Apparaten und Instrumenten 7000 M., iür
die Chirurgische Klinik und Poliklinik: Verstärkung der sächlichen
Fonds 30 000 M., bauliche Veränderungen 10 000 M., für die Klinik
für Augenkrankheiten Instandsetzung und innere Einrichtung
28 000 M„ Apparate und Instrumente 9000 M., für die Frauenklinik
bauliche Veränderungen 10 000 M., Beschaffung eines neuen Röntgen¬
apparates 3000 M., für das Hygienische Institut zu Instrumenten und
Apparaten 5000 M. Greifswald: Instrumente und Apparate für
die Chirurgische Klinik 3600 M., Neubau der Kinderklinik 121 000 M.,
für das Hygienische Institut Instrumente und Apparate 4000 M., zur
Herstellung hochwertiger Sera zur Blutuntersuchung für gerichtliche
Zwecke 3000 M. Breslau: für das Pharmakologische Institut zur
Erweiterung und inneren Einrichtung 16 000 M„ Apparate und In¬
strumente 4000 M.; für die Klinik für Haut- und Geschlechtskrank¬
heiten zu Zwecken der Syphilisforschung 10 000 M., zur Erweiterung
der Klinik und inneren Einrichtung 64 000 M., zu Instrumenten und
Apparaten 4 000 M. Halle: für das Physiologische Institut zur Er-,
Weiterung und inneren Einrichtung 48 000 M., Ergänzung der appara¬
tiven Ausstattung 30 000 M„ Herstellung neuer Krankensäle für die
Chirurgische Klinik 150 000 M., Verbesserung einer Röntgeneinrich¬
tung für die Nervenklinik 3500 M. Kiel: Um- und Erweiterungsbau
des Physiologischen Institutes 100 000 M„ ein Projektionsapparat für
die Kinderpoliklinik 3000 M. G ö 1 1 i n g e n : Instrumente und Apparate
für die Chirurgische Klinik und für das Hygienische Institut je 4000 M
Marburg: Mikroskope für das Anatomische Institut 2200 M., In¬
standsetzung der Sammlung des Pathologischen Institutes 1600 M-
bauliche Veränderungen an der Medizinischen Klinik 115 000 M„ ein
Röntgenapparat für die Frauenklinik 4500 M.; Neubau der Psychiatri¬
schen Aufnahmestation und Poliklinik 150 000 M., Instrumente unu
Apparate für die Poliklinik für Ohren-, Nasen- und Haiskrankheitei
3000 M. Bonn: Apparate und Modelle für das Anatomische Institu
5000 M„ bauliche Herstellungen im Pathologischen Institut 15 000 M.
für die Medizinische Klinik bauliche Instandsetzungen und Verbesse¬
rungen im Laboratorium 7000 M., Instrumente und Apparate ein
schliesslich eines Elektrokardiographen 5000 M.; Instrumente um
Apparate für die Frauenklinik 5000 M. Chariteekranken
haus Berlin: Verstärkung des Instrumentenfonds 10 000 M., zui
Erforschung der Krebskrankheit 40 000 M„ Neubau der 1. und II. Medi
zinischen Klinik und der gemeinsamen Poliklinik (7. Rate) 490 000 M.
für Apparate und Instrumente der 1. Medizinischen Klinik 70 000 M.
der Hals- und Nasenklinik 8000 M., Umbau und innere Einrichtung
dieser Klinik 115 000 M. Einmalige Zuschüsse zur Beschaffung voi
Instrumenten und Apparaten für medizinische Universitätsinstituü
40 000 M„ Zuschüsse für die Untersuchungen mit Röntgenstrahlci
10 000 M. M. K.
•“) Die Zahlen sind abgerundet wiedergegeben.
Januar l$l3. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Therapeutische Notizen.
Den Peritonealschutz bei unreinen Operationen sucht
0. Hoehne-Kiel durch die anteoperative Reizbehand¬
lung des Peritoneums zu erreichen (Ther, Monatsh. 1912, 11).
Zu dieser Behandlung eignen sich alle Mittel, welche eine Hemmung
der Bakterienresorption und eine Vernichtung der im Bauchraume
enthaltenen Keime herbeiführen. H. bevorzugt dafür das 1 proz.
Kampferöl, das in einer Menge von 30 ccm einige Tage vor der
Operation in die Bauchhöhle eingespritzt wird. Unter 234 in dieser
Weise behandelten Fallen (darunter 113 Uteruskarzinomoperationen)
ereigneten sich nur 2 Todesfälle an fibrinös-eitriger Peritonitis
(neben 18 Todesfällen aus anderen Ursachen).
Die Wirkung des bei schon bestehender Peritonitis injizierten
Kampferöles möchte H. mit der Erzeugung frischer bakterizider Kräfte
erklären. j^r
Die subkutane Einverleibung der Kalzi ujn salze
war bis jetzt wegen der stürmischen Abszess- und Nekrosenbildung
an der Injektionsstelle nicht möglich. Albert Müller und Paul
S a x 1 - Wien haben darum eine Chlorkalziumgelatine her¬
gestellt, indem sie auf Grund eines Tappeiner sehen Versuches an-
nahmen, dass die Gelatine eine Schutzwirkung auf die starke Reiz¬
wirkung des CaCL ausüben würde. Vor der Injektion muss die
Chlorkalziumgelatine 10 Minuten lang in siedendem Wasser erwärmt
werden. Von der 5 proz. CaCb-Gelatine werden 5—7 ccm in die
Glutäalgegend injiziert. Die Injektionen werden immer ohne Schaden
vertragen.
Diese Chlorkalziumgelatine wurde angewendet bei hämor¬
rhagischer Diathese, bei Blutungen aus inneren Organen, bei re¬
zidivierender exsudativer Pleuritis, bei Basedowscher Krank¬
heit und bei Asthma bronchiale. Die Erfolge waren, zumal bei den
inneren Blutungen, recht befriedigende. (Ther. Monatsh. 12. 11)
Kr.
Ueber die Erfahrungen an der Witze Ischen Klinik mit der
Gastroenterostomie berichtet Peter Janssen - Düsseldorf
(Ther. Monatsh. 12, 10). Von etwa 100 Fällen wurden die Erfahrungen
in 88 Fällen bekannt.
34 Gastroenterostomien wurden bei Karzinom vorgenommen.
Von 30 Kranken, über die Spätresultate zu erhalten waren, sind 18
gestorben; die durchschnittliche postoperative Lebensdauer derselben
betrug 12,2 Monate. Zählt man dazu die durchschnittliche Lebens¬
dauer der 12 noch Lebenden, so ergeben sich 16,4 Monate. Die
längste seit der Operation verflossene Zeit sind 47 Monate.
Diese gegenüber anderen Statistiken ausserordentlich günstigen
Resultate der Gastroenterostomie erklärt J. aus der Erweiterung der
Indikationsgrenzen: reseziert sollen nur diejenigen Tumoren werden,
welche keinerlei Metastasen oder nur ganz kleine, sicher zu ent-
ternende Drüsenmetastasen zeigen.
Auf 54 wegen gutartiger Magenerkrankungen vorgenommene
Uastroenterostomien kommen 6 Todesfälle. Das Fernresultat der
Gastroenterostomie wurde in 27 wegen Ulcus und Narbe operierten
Fallen ermittelt: 23 mal war das Befinden vorzüglich, 3 mal mässig
gut, 1 mal nicht gebessert. Bei Ptose wurde 8 mal operiert: in 3 von
7 nachuntersuchten Fällen war das Befinden sehr gut, in 3 gebessert
in 1 ungebessert.
Witzei fügt der Gastroenterostomie immer eine Gastrostomie
hinzu und führt den Schlauch durch die Anastomose in den abführen¬
den Darmteil ein. Der Schlauch bleibt 10 Tage lang liegen. Kr.
{• Voss- Leopoldshöhe berichtet in No. 47 der Med. Klinik
(J912)> dass er einen Fall von Schweinerotlauf des
Menschen mit Rotlaufserum erfolgreich behandelt hat.
Nach Günther wurden pro 10 Pfund Gewicht je 2 ccm Rotlauf¬
serum injiziert. Tags darauf waren Schmerzen und Schwellung ver¬
schwunden. Die weitere Ausbreitung hörte auf. Gr.
An Hand einer Reihe von Krankengeschichten tut Kyaw-
Dresdeii dar, dass mittels starker Hitze akute und chro¬
nische Gonorrhöe und Prostatitis in kurzer Zeit
endgültig geheilt werden kann, dass eine Urethritis rasch
heilt und harte Infiltrate weich werden, Abszesse der Urethra I
und Prostata in die Harnröhre zum Durchbruche kommen.
1 ie Hitze kommt zur Anwendung als Thermopenetration, in-
dern man als einen Pol eine Sonde in die Urethra ein-
führt, deren Kaliber dem des Meatus urethrae entspricht. Als der
andere Pol ist eine Elektrode an der Aussenfläche des Penis an¬
zulegen. Bei Prostatitis wird eine Mastdarmbirnenelektrode ein-
gefiihrt. Die Methoden sind schmerzlos, erfordern aber ausser den
Apparaten, die hohe Anschaffungskosten machen, wegen der Ver¬
brennungsgefahr die Aufmerksamkeit des Arztes. Eine andere Me¬
thode der Hitzeerzeugung in den erkrankten Geweben ist die, dass
man durch einen geschlossenen Katheter stundenlang 50—52° heisses
Wasser fhessen lässt. Sie ist gefahrlos und ermöglicht eine Selbst¬
behandlung. (Med. Klinik 1912, No. 45.) Gr.
Galerie hervorragender Aerzte und Naturforscher.
Per heutigen Nummer liegt das 316. Blatt der Galerie bei: Marion
bims. Vergl. den Artikel auf Seite 139 dieser Nummer.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 20. Januar 1913.
. Das Zustandekommen des Tarifvertrags mit dem
Reichsposta in t bedeutet einen schönen Erfolg für den Leipziger
Veiband. Freie Arztwahl bei den Postkrankenkassen, an der alle
deutschen Aerzte (mit Ausnahme der bayerischen, die hoffentlich
bald nachfolgen werden) teilhaben und unter sehr annehmbaren Be¬
dingungen, das ist um so erfreulicher, als dieser Vertragsabschluss
mit einei Reichsbehörde nicht ohne Einfluss auf die Neugestaltung
auch anderer Verträge anlässlich der Einführung der R.V.O. bleiben
kann. Näheres auf Seite 165 dieser Nummer.
Einen Missersolg hat dagegen die Aktion der englischen Aerzte
Siegen das nationale Versicherungsgesetz erlitten. In
einer Rede im Advisory Committee of the Insurance Commissioners
teilte dei Minister Lloyd George mit unverhohlener Genugtuung mit,
dass die Regierung zurzeit über 8000 und bald über 10000 Aerzte, die
sich bereit erklärt hätten, unter dem Gesetz zu arbeiten, verfüge,
d. i. die Zahl, die die British, med. Association zur Durchführung
des Gesetzes für notwendig erklärt habe. Nach dem bisherigen zu¬
versichtlichen Ton der englischen Fachpresse ist dieser Misserfolg
überraschend; er wird aber doch begreiflich, wenn man bedenkt,
dass die englischen Aerzte den Kampf ohne jede finanzielle Vorbe¬
reitung geführt haben. Zum Kriegführen gehört aber Geld, auch für
ärztliche Kämpfe, wo es sich darum handelt, bedrohte Existenzen
eine Zeitlang über Wasser zu halten. Wir hoffen über den Stand der
Dinge in England in Bälde ausführlicher berichten zu können.
Durch Erlass des bayer. Ministeriums des Innern vom
21. Dezember 1912 wurde bestimmt, dass die Gebühren für
mikroskopische Untersuchungen auf Tuberkel¬
bazillen von 2 M. auf 50 Pfg. für jede Untersuchung ermässigt
werden wenn die Untersuchung für eine an den Landesverband zur
Bekämpfung der Tuberkulose in Bayern angeschlossene Fürsorge¬
stelle für Tuberkulose ausgeführt wird.
— Der Regierungspräsident von Düsseldorf hat die Städte¬
krankenkassen und Kassenärzte seines Bezirkes aufgefordert, An¬
gaben dariibei zu machen, auf welche Ursachen die Steigerung
der Fehlgeburten zurückzuführen ist und welche Vorschläge
zur etwaigen Minderung gemacht werden können. Die Angaben sollen
sich auf jedes der Kalenderjahre von 1906 bis einschliesslich 1912 er¬
strecken.
— In Berlin hat am 16. ds. eine Delegiertenversammlung des
Zentralverbandes der Kasse n.ärzte von Berlin
stattgefunden, in der neue Grundsätze für kassenärztliche Verträge
beschlossen wurden. Wir kommen darauf zurück.
— Der Nestor der Berliner Aerzteschaft, Geh.-Rat Friedrich
Körte, feierte seinen 95. Geburtstag unter lebhafter Anteilnahme
aller Kreise der Berliner Bevölkerung.
— Dem Frauenarzt, Sanitätsrat Dr. Theodor Landau in Berlin
und dem Spezialarzt für Krankheiten der Harnorgane Sanitätsrat
Dr. Hans W o s s i d 1 o in Schöneberg, ferner den praktischen Aerzten
Dr. Nikolaus Gierlich in Wiesbaden und Dr. Otto Kalischer
in Berlin ist vom Kultusminister der Professortitel verliehen
worden, (hk.)
— Dem Oberarzt der inneren Abteilung des Herzoglichen
Krankenhauses zu Braunschweig Dr. Adolf Bingel ist der Pro¬
fessortitel verliehen worden, (hk.)
— Unter dem Namen „Vereinigung wissenschaft¬
licher Hilfsarbeiterinnen“ ist ein Zusammenschluss der an
Laboratorien und medizinischen Instituten tätigen Frauen erfolgt, mit
dem Zweck, die Ausbildung der genannten Hilfskräfte zu verbessern
und dadurch den Beruf sozial und wirtschaftlich zu heben. Auch
eine Stellenvermittlung wurde eingerichtet; Anfragen wegen Stellen¬
vermittlung sind zu richten an Frau Beck-Valentin, wissenschaft¬
liche Zeichnerin, Berlin W., Schöneberger-Ufer 4L Ueber alle Vereins¬
angelegenheiten gibt die Vorsitzende, Frl. Elise W o 1 f f, Wilmers¬
dorf-Berlin Nassauischestr. 54/55 oder Frl. Ida Piorkowski,
Berlin W'., Uhlandstr. 42, Auskunft.
— Am Sonntag, den 12. Januar hat im Landesnause zu Düssel¬
dorf die Gründungsversammlung der Rheinisch-
Westfälischen Gesellschaft für Versicherungs¬
medizin stattgefunden. Unter dem unmittelbaren Eindruck des
glänzenden Erfolges des internationalen Kongresses für Unfall¬
medizin in Düsseldorf hatten sich eine Anzahl von Aerzten unter
Führung des Sanitätsrats Dr. L e n z m a n n - Duisburg vereinigt, um
der Versicherungsmedizin durch Gründung einer Gesellschaft eine
dauernde Stätte zweckmässiger Förderung zu sichern. Der von
diesem Kreise ausgegangenen Einladung waren gegen 100 Aerzte aus
allen Teilen Rheinlands und Westfalens gefolgt. Der vorgelegte
Satzungsentwurf wurde genehmigt und damit die Gründung der
Gesellschaft vollzogen. Vorsitzender ist Rumpf- Bonn, Stell¬
vertreter L i n i g e r - Düsseldorf, Schriftführer G a s t e r s - Mülheim
a. d. Ruhr, Kassenführer Blum- München-Gladbach, die mit
7 weiteren aus verschiedenen Bezirken gewählten Aerzten den Vor¬
stand bilden. Gemäss § 1 ihrer Satzungen hat die Rheinisch-West¬
fälische Gesellschaft für Versicherungsmedizin den Zweck, ihre Mit¬
glieder zu Forschungen auf dem Gebiete der gesamten wissenschaft¬
lichen Versicherungsmedizin anzuregen, die gesammelten Erfahrungen
auszutauschen und auf diese Weise möglichst einheitliche, wissen¬
schaftlich begründete Anschauungen zu gewinnen. Dieses Ziel soll
16S
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3.
erreicht werden durch Vorträge und Diskussionen, Vorstellungen von
Patienten, Demonstrationen von Präparaten usw. Mitglieder können
nur Aerzte werden.
— Die XV. Versammlung der Deutschen Gesellschaft
für Gynäkologie findet vom 14. — 17. Mai 1913 in Halle a. S.
statt. Das für die Verhandlungen bestimmte Thema lautet: „Die
Beziehungen der Erkrankungen des Herzens und der Nieren sowie
der Störungen der inneren Sekretion zur Schwangerschaft“.
Referenten sind die Herren Fromme, Zangemeister, Seitz.
Anmeldungen von Vorträgen werden bis spätestens den 20. April 1913
an den I. Vorsitzenden (Geh. Rat Veit) erbeten.
— Die diesjährige Tagung der Deutschen Pathologi¬
schen Gesellschaft findet am 31. März und 1. und 2. April in
Marburg a. L. statt. Zur Verhandlung steht als Referatthema: Ueber
Herkunft und das weitere Schicksal der Lymphozyten bei entzünd¬
lichen Prozessen. Vortragsanmeldungen sind bis zum 1. März an
den Vorsitzenden, Herrn Prof. E. F r a e n k e 1 - Hamburg, Alster¬
glacis 12, zu richten.
— Mit dem diesjährigen Chirurgenkongress wird
wiederum eine Ausstellung verbunden sein, die im Oberlichtsaal der
Philharmonie, Berlin, Bernburgerstr. 22 — 23, wo auch die Sitzungen
der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie abgehalten werden, statt¬
findet. Anmeldungen zur Ausstellung nimmt der Schriftführer der
Gesellschaft für Chirurgiemechanik, Direktor Alfred Hirschmann,
Berlin N. 24, Ziegelstr. 30 entgegen.
— Aus Anlass des 17. Internationalen Medizinischen
Kongresses findet vom 5. — 12. August 1913 in den Räumen der
Londoner Universität (Imperial Institute) eine „Medi¬
zinische Fachausstellung“ statt. Einzelheiten sind an der
Geschäftsstelle der Ständigen Ausstellungskommission (Berlin NW. 40,
Roonstrasse 1) zu erfahren.
— Prof. Dr. Franz Hamburgers vielbeachtete Monographie :
„Pathologie und Diagnostik der Tuberkulose im Kindesafter“ ist nach
kurzer Frist unter dem weitergefassten Titel „Die Tuberkulose des
Kindesalters“ in zweiter Auflage erschienen. Kapitel über
Prognose, Prophylaxe und Therapie sind neu hinzugekommen.
(Verlag von Franz Deuticke in Wien, Preis 6 M.)
— Vom Versicherungsgesetz für Angestellte ist
eine vollständige Textausgabe mit Erläuterungen und Sachregister,
bearbeitet von F. Schmelzer, Generaldirektor des Deutschen
Privatbeamtenvereins, in Hermann Hillgers Verlag, Berlin, er¬
schienen. Preis 50 Pfg. Das Heft bildet den 159. Band der Samm¬
lung „Bücher des Wissens“.
— Cholera. Türkei. Nach den amtlichen Ausweisen No. 6
und No. 7 sind in Konstantinopel vom 17. bis 23. und vom 24. bis
30. Dezember 276 + 158 Personen an der Cholera erkrankt und
141 + 74 gestorben. Die Gesamtzahl der Choleraerkrankungen (und
-Todesfälle) in Konstantinopel vom 5. November bis 30. Dezember
wird amtlich auf 2342 (1146) beziffert. In Haiffa ist am 21. De¬
zember v. J. 1 tödlich verlaufener Cholerafall festgestellt worden;
es soll eine Ansteckung durch Cholerakranke aus Tiberias vor¬
liegen. — Niederländisch Indien. Zufolge Mitteilung vom 4. De¬
zember v. J. sind auf Java folgende Cholerafälle festgestellt worden:
In Batavia vom 3. September bis 13. November 438 Erkrankungen
(und 354 Todesfälle), in Samarang vom 20. September bis 7. No¬
vember 336 (298), in Pasoeroean vom 6. bis 26. September 9 (6), in
Soerabaja vom 12. September bis 8. November 5 (3) und in Tegal
am 2. Oktober 1 (1), ferner auf den Aussenbesitzungen von Anfang
September bis Anfang November in 7 Ortschaften insgesamt 37 (29).
Die Stadt Batavia gilt seit dem 30. November amtlich nicht mehr
als verseucht.
— Pest. Russland. In dem 12 Werft von Merw (Trans-
kapisches Gebiet) gelegenen Dorfe Tschuiruk sind vom 9. bis 21. De¬
zember v. J. 29 tödlich verlaufene Fälle von Lungenpest aufgetreten;
die Seuche ist durch einen Schmuggler aus Persien eingeschleppt
worden. Von den in der Meierei Popowski im 2. Donkreis bis zum
21. Dezember an Beulenpest erkrankten 20 Personen waren bis zum
27. Dezember 12 gestorben. Laut einer am 24. Dezember veröffent¬
lichten Bekanntmachung sind der Kreis Merw und die Meierei
Popowski für pestverseucht, das Chanat Buchara und das Samar¬
kandgebiet sowie das Gebiet des Donischen Heeres für pestbedroht
erklärt worden. — Aegypten. Vom 21. bis 27. Dezember v. J. er¬
krankten 4 (und starben 2) Personen. Zufolge Mitteilung in dem
amtlichen Bulletin quarantenaire No. 1 sind vom 1. Januar bis 31. De¬
zember 1912 in Aegypten 884 Personen an der Pest erkrankt und 441
(im Vorjahr 1041) daran gestorben, während 436 geheilt sind. —
Niederländisch Indien. Vom 4. bis 17. Dezember v. J. wurden auf
Java gemeldet: Aus dem Bezirke Malang 171 Erkrankungen (und
172 Todesfälle), aus Kediri 72 (51), aus Paree 41 (39), aus Soera¬
baja 8 (6), aus Toeloengagoeng 5 (4) und aus Madioen 11 Todesfälle.
Für die Zeit vom 20. November bis 3. Dezember sind nachträglich
2 Fälle aus Paree und 1 aus Toeloengagoeng mitgeteilt worden. Zu¬
folge anderweitiger Mitteilung wurden vom 15. September bis 31. De-
vember v. J. in Malang insgesamt 388 Erkrankungen (und 374 Todes¬
fälle), in Kediri 195 (189), in Madioen 29 (29) und vom 29. September
bis 16. November in der Stadt Soerabaja 19 (19) festgestellt. An¬
geblich wurden nur Eingeborene und Chinesen, einstweilen aber
keine Europäer von der Seuche ergriffen. — Philippinen. In Manila
wurden vom 21. bis 30. November v. J. 5 neue Pestfälle, von welchen
4 tödlich verlaufen sind, gemeldet. — Brasilien, ln Pernambuco im
Oktober v. J. 2 Todesfälle.
— In der 1. Jahreswoche, vom 29. Dezember 1912 bis 4. Januar
1913, hatten von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste
Sterblichkeit Thorn mit 26,3, die geringste Berlfn-Steglitz mit
5,3 Todesfällen pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel
aller Gestorbenen starb an Scharlach in Berlin-Lichterfelde, Bottrop,
Graudenz, an Masern und Röteln in Flensburg, Hagen, Oberhausen,
an Diphtherie und Krupp in Koblenz, Mülheim a. Rh., Ulm, Wanne,
an Keuchhusten in Landsberg a. W. V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Kiel. Privatdozent Dr. B o e h m e, erster Assistent an der
medizinischen Klinik, folgte einem Rufe des deutschen Roten Kreuzes
als Leiter eines Lazaretts zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten
in Nisch.
Leipzig. Geheimrat Prof. Dr. Franz Hof mann, Direktor
des Hygienischen Institutes der Leipziger Universität und Mitglied
des Reichsgesundheitsamtes, tritt am 1. Oktober 1913 nach 40 jähriger
Lehrtätigkeit in den Ruhestand. j
Marburg. Prof. Dr. Martin Benno Schmidt, ordentlicher
Professor der pathologischen Anatomie und Direktor des patho¬
logischen Institutes der Universität Marburg, hat den an ihn er¬
gangenen Ruf als Nachfolger von Prof. Dr. R. Kretz in Würzburg
in die gleiche Stellung angenommen.
Kopenhagen. Prof. Thorkild Rovsing wurde zum De¬
kanus der medizinischen Fakultät für das Jahr 1913 ernannt. Habi¬
litation: Dr. med. Karl Permin, Habilitationsschrift: Tetanus-
studien).
(Todesfälle.)
Am 23. Dezember verschied in Ospedaletti der bekannte Heidel¬
berger Anthropologe O. Schoetensack. Sein Name ist in
weiteren, besonders auch medizinischen Kreisen durch die Ent¬
deckung des ältesten bisher bekannten menschlichen Fossils, des
Unterkiefers aus den Sanden von Mauer bei Heidelberg bekannt
geworden. Sch. taufte dieses ganz ausserordentlich alte (zirka
1 Million Jahre) und äusserst primitive Skelettstück bzw. das
menschenähnliche Wesen, dem es angehört hat, mit dem Namen
„Homo Heidelbergensi s“. Die mustergültige Beschreibung
dieses, seinem Alter und seiner Bedeutung nach bisher einzigen
Fundes (Leipzig 1908) hat seinerzeit berechtigtes Aufsehen in der
ganzen wissenschaftlichen Welt erregt.
Sch. war ursprünglich Chemiker, widmete sich dann aber ganz
seinem Lieblingsgebiete, der Anthropologie, lange Zeit hindurch nur
als Privatgelehrter. Erst im reifen Mannesalter habilitierte sich
der 1850 geborene Forscher in Heidelberg (1904), wo er bald darauf
zum ausserordentlichen Professor für Anthropologie ernannt wurde.
S o b o 1 1 a - Würzburg.
In Bonn starb der Pharmakologe, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Karl
Binz, 81 Jahre alt. Wir brachten eine Würdigung seiner Persön¬
lichkeit anlässlich seines Rücktritts vom Lehramte in No. 14, 1908
dieser Wochenschrift.
In Greifswald ist am 16. ds. Mts. der Privatdozent für Chirurgie
und Assistenzarzt an der chirurgischen Klinik der Universität Kiel
Prof. Dr. Hans Noesske im Alter von 41 Jahren gestorben, (hk.)
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 1. Jahreswoche vom 29. Dez. 1912 bis 4. Jan. 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildungs
fehler 15 (13 1), Altersschw. (über 60 Jahre) 6 (8), Kindbettfieber — (1)
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft — (1), Scharlach — (—)
Masern u. Röteln 1 (6), Diphtherie u. Krupp 2 (— ), Keuchhusten 3 (2)
Typhus (ausschl. Paratyphus) 1 (—), akut. Gelenkrheumatismus 2 (1)
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundswut
Trichinenkrankh. — (— )» Rose (Erysipel) — (1), Starrkrampf — (-)
Blutvergiftung 1 (2), Tuberkul. der Lungen 27 (28), Tuberkul. and. Org
(auch Skrofulöse) 4 (3), akute allgem. Miliartuberkulose 2 (2), Lungen
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 19(11), Influenza 2 (1), veneri
sehe Krankh. 2 ( — ), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfieber
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechsel
fieber usw. — (— ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 2 (1), Alkohohs
mus 2 (— ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 6 (8), sonst. Krankh
d. Atmungsorgane 4 (2), organ. Herzleiden 20 (13), Herzschlag, Herz
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 2 (7), Arterienverkalkun;
3 (12), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 4 (2), Gehirnschlag 11 (2;
Geisteskrankh.— (— ), Krämpfe d. Kinder 1 (11), sonst. Krankh. d. Nerven
Systems 10 (4), Atrophie der Kinder 3 (3), Brechdurchfall — (— ), Magen
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 8 (10), Blinddarm
entzünd. 1 (2), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse u
Milz 4 (2), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 4 (6), Nierenentzünd. 2 (2
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 3 (1), Krebs 20 (13), sons
Neubildungen 3 (5), Krankh. d. äuss. Bedeckungen — (1), Krankh. de
Bewegungsorgane — ( — ), Selbstmord 2 (1), Mord, Totschlag, auc
Hinricht. — (1), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 2 (2
and. benannte Todesursachen 3 (4), Todesursache nicht (genau) an
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — ( — )•
Gesamtzahl der Sterbefälle: 207 (195).
4) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwoche
Verlag von J. F Lehmann in München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
Die Münchener Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich
tm Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einreinen
Nummer 80 *i. • Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
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Zusendungen sind zu adressieren t
PÜrdie Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8’/» — 1 Uhr.
Für Abonnement an J. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 28.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, TheaUnerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE
No. 4. 28. Januar 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
Originalien.
Aus der med. Abteilung des Altonaer Stadt-Krankenhauses.
Das spasmogene Ulcus pepticum.
Von Prof. Q. v. Bergmann.
Aus dem Wunsche, die ganz erhebliche Wissensmehrung,
die durch die Erforschung des vegetativen Nervensystems
seitens der experimentellen Physiologie, Pharmakologie und
Pathologie gewonnen ist, auf die Klinik zu übertragen, ent¬
stand die Lehre von der „Vagotonie“. Jene Prägung von
Eppinger und Hess [l], die schnell sich eingebürgert hat.
Neben den am Krankenbett unmittelbar zu erhebenden
Symptomen einer gesteigerten Erregbarkeit, besser einer
leichteren Ansprechbarkeit des Vagus, waren die mittelbaren
durch Pharmaka auszulösenden Symptome dafür massgebend,
diese grosse Konstitutionsgruppe aufzustellen.
Grundlegend schien auch hier der strenge Antagonismus
zwischen Sympathikus und erweitertem Vagussystem (Hans
Horst Meyer [2] und L. R. Müller [3]). „Befunde, dass
Menschen mit den von uns angewandten Dosen sowohl auf
Atropin und Pilokarpin als auch auf Adrenalin starke Reaktion
gezeigt hätten, fehlen uns vollkommen“. Eppinger und
Hess selbst haben in ihren Publikationen das apodiktische
dieses ihres Satzes nicht aufrecht erhalten. Nachprüfungen
haben Petren und T h o r 1 i n g [4], ebenso Bauer [5]
(Innsbruck) und andere gelehrt, dass die Dinge nicht so ein¬
fach dem Schema sich einfügen. Auch ich konnte auf dem
Hamburger Neurologentag [2] auf Grund unserer Erfahrungen
an einem grossen Material aussagen, dass im Gegenteil weit
häufiger Individuen gefunden werden, die abnorme Reaktionen
im Vagus wie im Sympathikusgebiet aufweisen, so etwa, dass
viele Zeichen erhöhter Vagusansprechbarkeit mit wenigen aus
dem Sympathikusgebiet sich kombinieren oder, gerade um¬
gekehrt, Sympathikuszeichen überwiegen. Zwischen diesen
Formen alle nur denkbaren Modifikationen und Uebergänge.
Ja wir fanden, dass Individuen, die nur in
einem Gebiet Stigmata boten, streng ge¬
nommen, kaum Vorkommen. Eppinger und
Hess selbst schildern z. B. ihren Vagotoniker mit weiter
Pupille, dem Zeichen eines Ueberwiegens des Sympathikus-
tonus. Auch den Begriff der „Tonie“ sollte man, wie ich
meine, fallen lassen, da es nicht leicht ist, die vermehrte
Reaktion, die sowohl durch den Reizer wie den Lähmer des¬
selben Gebietes hervorgebracht wird, mit diesem Worte in
Einklang zu bringen. Mag der strenge Antagonismus zwischen
dem „erweiterten Vagussystem“ (das übrigens nach Lang-
ley gar kein einheitliches System ist) und dem Sympathikus,
den schon die Pharmakologie anscheinend etwas zu schema¬
tisch formuliert hat, für die Klinik sich nicht durchführbar er¬
weisen, der geniale Versuch von Eppinger und Hess
bedeutet uns denn doch einen fundamentalen Fortschritt.
Wir werden auseinanderzusetzen haben 1), wie die Klinik
sich zunächst darauf beschränken sollte, die „Stigmata“ des
vegetativen Nervensystems bei jedem Kranken zu erheben,
sie dann unter dem Gesichtspunkt der Zugehörigkeit zu Vagus
und Sympathikus soweit möglich zu ordnen und so für jeden
Kranken eine gewisse Vorstellung des Verhaltens dieses
Nervensystems zu gewinnen, ganz so wie wir es für das
Zentralnervensystem . und die ihm zugehörigen motorischen
und sensiblen Bahnen im Status zu tun gewohnt sind. Ohne
weiteres ergibt sich uns eine grosse Gruppe von „Nervösen“,
) »Der Status des vegetativen Nervensystems“ von v. B e r g -
IT,ann, Katsch, Westphal erscheint in dieser Wochenschrift.
No. 4.
bei denen wir „Asthenie im vegetativen System“ diagnosti¬
zieren müssen, häufiger mit Dominanz „vagasthenischer“ als
„sympathikasthenischer“ Symptome.
Man vergesse aber nicht, dass nicht nur die Einheit dieser
Systeme zum Teil schon eine Abstraktion ist, die manchen
Tatsachen Gewalt antut, dass vor allem noch komplizierte
Nervensysteme der Organe vorhanden sind. Wie wenig
wüssten wir beispielsweise von der Herzfunktion, wenn wir
nur die extrakardialen Herznerven berücksichtigen wollten;
kaum anders steht es gerade mit dem Intestinaltraktus und
seinen Plexus (Kraus und Friedenthal [6]).
Will man die Klinik nicht für allzu lange an zum Teil noch
hypothetische Auffassungen festlegen, so resigniere man sich
zu dem schon hier skizzierten Vorschläge, nur Symptome zu
verzeichnen. Längst ehe eine einheitliche Auffassung der
Hysterie sich durchzuringen beginnt (Freud) und für viele
scheint das auch heute nicht der Fall, lehrte uns C h a r c o t
durch die „Stigmata der Hysterie“ eine präzise Diagnostik.
Halten wir uns auch für das vom Willen und der subjektiven
Wahrnehmung relativ freie Nervensystem an die objektive
Feststellung der Stigmata. Suchen wir neue, einleuchtende
zu gewinnen, da liegt ein grosses zu bebauendes Feld, dann
wird zugleich mit diesem Ausbau ein tieferes Verständnis für
Konstitution und Krankheitsdisposition möglich werden.
Wie ich das meine, zeige die folgende Behandlung des
Problems der Genese des Ulcus ventriculi und duodeni.
Sehen wir unsere unter diesem Gesichtspunkte aufgenom¬
menen Krankengeschichten durch, so finden wir bei Ulcus
ventriculi und duodeni mit frappanter Häufigkeit die Zeichen
abnormer Reaktion im viszeralen Nervensystem. Die einzigen
Ausnahmen, die wir unter etwa 60 Fällen, auf Grund deren
diese Behauptung aufgestellt wird, finden, betreffen zwei ältere
Individuen, die jahrzehntelang an Ulcusbeschwerden leiden.
Schon Eppinger und Hess betonen, dass das Syndrom
der Vagotonie dem jugendlichen Alter eigentümlich sei. Wir
haben Grund zur Annahme, dass die Störungen in der Har¬
monie der Antagonisten mit vorgerückten Jahren ver¬
schwinden. Die Individuen sind m. E. hinter ihrer Periode
gestörter Harmonien im viszeralen System.
Alle übrigen Untersuchten boten in verschiedenem In¬
tensitätsgrade die Zeichen jener Störung im oben auseinander¬
gesetzten Sinne.
E. und H. ist die häufige Koinzidenz von Ulcus ven¬
triculi und Vagotonie aufgefallen. Es ist ihnen klar, dass
Magenneurosen im engsten Zusammenhang mit dem erreg¬
baren oder erregten Vagus stehen, sowohl die Hyper¬
sekretion wie gewisse spastische Motilitätsstörungen sind ja
als Stigmata zur Vagusgruppe gehörig aufzufassen. Sie sagen
aber u. a.: „kommt es beispielsweise bei vagotonischen
Individuen zur Entwicklung eines Ulcus ventriculi,
dessen Entstehung von einer nervösen Kom¬
ponente zunächst nicht abhängt2) so kann man
sich vorstellen, dass der lokale Reiz, der von dem anatomi¬
schen Krankheitsherd ausgeht, in erster Linie in die Bahn des
leicht erregbaren Vagus ausstrahlen wird“. Daher nach ihnen
die Hyperazidität, der erhöhte Magentonus, die gesteigerte
Peristaltik. Auch der Schmerz sei beim Vagotoniker, der ein
Ulcus akquiriert, besonders ausgeprägt. Sie betonen weiter,
dass gerade Ulcera mit geringen oder fehlenden Beschwerden
meist auch keine Hyperazidität und keine Zeichen der Vago¬
tonie aufweisen. Dieser Widerspruch mit unseren Angaben
mag zum Teil an der besprochenen Einseitigkeit liegen, die in
der Diagnose der „Vagotonie“ steckt. Dass auch die Aus-
-) Im Original nicht gesperrt gedruckt.
1
Müenchener medizinische Wochenschrift.
\%
No. 4.
nahmen, auf die wir eben bei älteren Leuten hinwiesen, mit¬
spielen, glaube ich daraus zu ersehen, dass in diesen Fällen
von der besonderen Schwierigkeit der differentiellen Diagnose
gegen das Karzinom gesprochen wird. Wie dem auch sei, die
Genese des Ulcus, die ich hier zu entwickeln habe, macht sich
nicht anheischig, der einzige Entstehungmodus für das Ulcus
ventriculi und duodeni zu sein. Petren und T h o r 1 i n g
untersuchten bei Ulcus das vegetative System und auch sonst
werden sich einzelne Hinweise in der Literatur finden lassen,
die zu zitieren ich nicht für meine Aufgabe ansehe.
Halten wir zunächst an dem Satze fest, dass in erdrücken¬
der Mehrzahl der Fälle deutliche Abweichungen am vege¬
tativen Nervensystem bei unseren Ulcus ventriculi- und
duodeni-Kranken von uns nachgewiesen wurden.
Unter diesen Symptomen steht das Glanzauge mit mehr
oder weniger deutlichem Exophthalmus in seiner Häufigkeit
obenan; etwa zwei Drittel aller unserer Ulcuskranker haben
es. Auch bei Individuen ohne dieses charakteristische Sym¬
pathikusauge kommt also das Ulcus vor, aber wohl stets sind
dann andere Stigmata nachweisbar. Es steht hier wie bei
fast jeder klinischen Diagnose: nie sind alle Symptome vor¬
handen, nie sind alle gleich stark ausgeprägt und in ihrer Be¬
deutung haben sie verschiedene Wertigkeit.
Nach der Häufigkeit der Erscheinungen folgen die kalten,
nassen Hände und Fiisse, das Zittern, vor allem aber die Nei¬
gung zu spastischer Obstipation, ihre Vergesellschaftung mit
Hyperazidität ist geläufig. Da ich sie nicht kausal von der
vermehrten Säure bedingt auffasse in Uebereinstimmung mit
Egbert Koch [7], sondern als autonomes Reizsymptom (da¬
rüber an anderem Ort), ist dieses Zeichen durchaus wesent¬
lich; es findet sich ebenso oft bei Ulcus mit normalen Aziditäts¬
werten.
Dermautographismus, Blähhals und andere vasomotorische
Zeichen sind häufig notiert, endlich pharmakologisch meist
ein vermehrtes Ansprechen auf die Vagusreizer wie den
Vaguslähmer (Pilokarpin, Physostigminatropinversuch), aber
auch gleichzeitig vermehrte Adrenalinreaktion, seltener
diese allein verstärkt. Schon nach K cg Pilokarpin treten
oft lebhafte Magenschmerzen, „ein krampfhaftes Zusammen¬
schnüren“ des Magens auf, das etwas abnormes bei dieser
Dosis ist. Gerade die Magenzeichen treten bisweilen so vor
den anderen im Status hervor, dass, freilich nicht im strengen
Wortsinn, von einer Magenneurose als Ausdruck einer er¬
höhten Ansprechbarkeit im „Enteriesystem“ des Magens
(und Darms?) gesprochen werden könnte.
Diese Magensymptome, die hier anzureihen wären, seien
zunächst übergangen. Nochmals aber betone ich die Variation
aller Symptome und weise darauf hin, dass durchaus nicht
allein Vagussymptome vorliegen. Ist schon die Abhängigkeit
des Schwitzens, der Vasomotoren überhaupt vom Vagus
strittiges Gebiet, so ist Exophthalmus, Tremor nach unserem
Wissen zum Sympathikus gehörig.
Eines aber, das ist für die klinische Diagnostik wichtig,
erhellt schon jetzt. Bei der differentiellen Dia¬
gnose Ulcus oder Magenneurose ist es
grundverkehrt, Zeichen allgemeiner Neu¬
rosen gegen die Ulcusdiagnose zu verwenden,
wie es noch fast allgemein geschieht. Gerade das Gegenteil
ist richtig. Man verlange zur Ulcusdiagnose allgemein ner¬
vöse Zeichen. Sie mit der besseren Kenntnis vom vegetativen
Nervensystem fast ausnahmslos auch zu finden, ist heute
möglich, das beweisen unsere Resultate. Von sämtlichen
auf die Abteilung gekommenen Fällen, 60 an
Zahl, sind 58, die meisten sehr deutlich, im
obigen Sinne stigmatisiert, sehr viele dar¬
unter auch im älteren diffuseren Wortsinn
als „Neurotike r“.
Line Krankengeschichte als Typus für viele möge hier folgen:
Herr Heinrich S., 39 Jahre, erkrankte am Pfingstsonntag 1912 mit
„Magenkrampf“. Am Abend Wiederholung des „Krampfes“. Die
nächsten Tage Druckgefühl, welches nicht mehr ganz verschwand.
Am 6. Oktober unmotiviert Schwindelgefühl und Mattigkeit, tags
darauf bemerkt er, dass der Stuhl pechschwarz ist. Wieder einen
Tag später Schwindel, Ohnmacht, bricht dabei etwa ein Glas voll
frischen Blutes.
Verstopfung seit Juni, Stuhl kugelig, Schafskot. Früher nie¬
mals Magenschmerzen, speziell kein Hungerschmerz.
Aus dem Status: tiefe Blässe der Haut, hochgradige Schwäche,
Hämoglobin 47, Puls weich, 190, unmittelbar nach der Blutung.
In der Linea alba eine kleine epigastrische Hernie, nirgends
Druckempfindlichkeit.
Im Stuhlgang, der teerartig aussieht, stärkste Blutreaktion.
Während des Verlaufs nach anfänglicher Erholung erneute
Magenblutung, die den Kranken wiederum in grösste Lebensgefahr
bringt, später langsame Erholung, wird geheilt entlassen, nach Zu¬
nahme um 10,3 kg.
Die Funktionsprüfung des Magens ergibt bei der Entlassung
(vorher wegen der Blutung nicht untersucht): Probefrühstück: Ge¬
samtazidität 72, freie Salzsäure 55; Probemahlzeit: Gesamtazidi¬
tät 132, freie Salzsäure 76.
Röntgenbefund: Der Magen ist nach 6 Stunden leer (also kein
Haudeksymptom!). Am Magenfundus zeigt sich eine tiefe spastische
Einziehung (siehe die
beiden Skizzen von
Röntgenplatten, Abb. 1
u. 2), die nach einigen
Minuten vollkommen
verstreicht. Der Be¬
fund wird wiederholt
erhoben.
Der Status des
vegetativen Nerven¬
systems, hier nur skiz¬
ziert, diene als belie¬
biges Beispiel: starker
Exophthalmus, Glanz- Abbild, l. Abbild. 2.
äuge, mittelweite Pu- Vorübergehender Spasmus bei Ulcus ventriculi.
Pille., roter, sehr inten¬
siver Dermographismus. Stets schwitzende Hände, Füsse, Achsel¬
höhlen. Blähhals angedeutet.
Kotform stets Kugeln von Walnussgrösse, Obstipation. Brady¬
kardie von 50 — 60 (trotz der Anämie!). Nervöse Ischurie.
Pharmakologische Prüfungen: Pilokarpin: Sehr starker
Schweissausbruch, Speichel 60 ccm.
Atropin: Pulsfrequenz steigt von 60 auf 72. Trockenheit im
Munde.
.Suprarenin: Schwacher Tremor der Hände, etwas Herzklopfen.
Zucker positiv. (Technik der pharmakologischen Prüfung a. a. O.)
Der spastische Zustand am Magen soll im Zusammen¬
hänge später besprochen werden.
Nur flüchtig sei ferner darauf hingewiesen, dass konsti¬
tutionelle Momente beim Ulcus ventriculi stets betont wurden.
R ö s s 1 e führt diese Gesichtspunkte in der grundlegenden
Arbeit, die uns noch beschäftigen wird, zur Genüge an. Hier
nur die Bemerkung, dass wir beim Habitus Stiller fast
regelmässig die Asthenie im vegetativen Nervensystem finden.
Dies ist dem nicht wunderbar, der im Habitus Stiller nicht
nur eine abweichende Skelettform sieht, sondern weiss, dass
Haut und Haare, dass Muskel und Eingeweide (z. B. das apia¬
stische Herz) andere Zeichen konstitutioneller Schwach¬
heit bieten.
Als erster Satz meiner Deduktion gilt also: Patienten
mit Ulcus ventriculi und duodeni haben mit
verschwindenden Ausnahmen allgemeine
Zeichen gestörter Harmonie zwischen Sym¬
pathikus und autonomem (erweitertem Va¬
gus-) System, oder allgemeiner und richtiger
im vegetativen Nervensystem überhaupt.
Der zweite Satz lautet: Neben diesen allge¬
meinen Zeichen sind am Magen und Duodenum
selbst die vom vegetativen Nervensystem
beherrschten Funktionen gestört.
Ueber die Störung der sekretorischen Funktion wohl im
Sinne vermehrter Vagusimpulse sei hier sehr wenig gesagt.
Bekannt ist ja, dass die Hyperazidität beim Ulcus ursprüng¬
lich in ihrer Häufigkeit sehr überschätzt wurde. Immerhin
zeigt unser Material subazide Werte wenig, normale Aziditäts¬
werte seltener als gesteigerte. Es sei an die Methode
Gluczinskis [8] aus der Kocher sehen Klinik erinnert,
der am selben Tage das gewonnene ausgeheberte Probefrüh¬
stück mit der Probemahlzeit vergleicht, Mehrung nach dem
stärkeren physiologischen Sekretionsreiz spricht für Ulcus,
geringere Säurewerte nach Probemahlzeit mehr für Karzinom.
Prüft man in dieser Weise, wird sich oft eine relativ ge¬
steigerte Reaktionsfähigkeit auch gegen die Norm erweisen
lassen. Ein nach der differentiell diagnostischen Seite Ulcus
oder Karzinom lehrreicher Fall wird später folgen, weil er
als Spasmus der ganzen Antrumregion Bedeutung hat. Auch
auf eine Methode meines Assistenten Katsch nach einem
28. Januar 1013. _ MURNCHEnRR MEDIZINISCHE WocriENSCHRiFl
Kauversuch, bei dem der Speichel nicht verschluckt werden
darf (Scheinfütterung), Sekret aus dem zuvor leeren Magen
zu gewinnen, sei nur als auf eine Prüfungsmethode für ge¬
steigerte Sekretionstendenz hingewiesen.
Gerade beim Ulcus duodeni sind besonders gesteigerte
Sekretionsverhältnisse die Regel. Zwei Fälle von typischem
Morbus R e i c li m a n n, andere klassische „Parasekretionen“
(im Sinne von Fujinami-Holzknecht [9]) haben wir ge¬
rade hier häufig beobachtet. Unsere Erfahrungen an 20 genau
studierten Fällen von Ulcus duodeni werden durch die Herren
W e s t p h a 1 und Katsch in einer eingehenden Publikation s)
niedergelegt.
Nur soviel sei hier vorweggenommen: Es gibt eine
Gruppe von Ulcera duodeni, bei denen der Pylorus vermehrte
Tendenz zur Oeffnung hat (Pylorusinsuffizienz) und die Pars
antri hyperkinetisch ist; der Bulbus duodeni oder ein ganz
gefülltes Duodenum sind zum Teil die Folge dieses Verhaltens.
So etwa verhält sich der Typus, den Holzknecht, Hau-
dek, Kienböck, Kreuzfuchs u. a. [10] für das Duodenal-
ülcus aufgestellt haben. In Verbindung mit hohen Säure¬
werten auch ohne den klassischen Hungerschmerz oder den
.harakteristischen Druckpunkt sind schon diese Zeichen sehr
verdächtig für Ulcus duodeni, wie wir uns durch zahlreiche
Operationsbefunde überzeugt haben. Es gibt auch, das haben
\V e s t p h a 1 und Katsch gefunden, ein entgegengesetztes
verhalten: bei ulcusfreiem Magen und hohen Säurewerten
vermehrte Tendenz des Pylorus zum Schliessen, d. h. ein
trosser Sechsstundenrest (Haudeksyptom), oder ein zwar
vom Wismutbrei bald leerer Magen, bei dem aber nach
ler Entleerung der Pylorus unter heftigen Schmerzen zu-
tekrampft, der Magen mit grossen Sekretmengen gefüllt ist.
“s wird gezeigt werden, wie mit dem Oeffnen des Pylorus
)isweilen der Schmerz verschwindet, wie der Hungerschmerz
nun Teil mit diesem Pylorospasmus seine Erklärung findet,
lier sei das alles nur gestreift, um den Satz zu stützen: beim
Jicus duodeni funktioniert die Magen- (und duodenale) Musku-
atur in abnormer Weise, sowohl die Antrumpartie des
Viagens als der Pylorus selber sind beteiligt.
Ganz das gleiche gilt vom Ulcus ventriculi. Mein Ar¬
chen auf diesem Gebiet ging von der Frage aus: Wovon
längt das Spiel des Pylorus, das durch das Röntgenverfahren
eicht zu beobachten ist, ab? Ich konnte im Frühjahr in
inem Vortrag im Hamburger Biologischen Verein zeigen,
lass der Pylorusreflex nicht allein ein Säurereflex (im Sinne
'on v. M e r i n g - H i r s c h) sein kann. Das ist im Zentral¬
st für Röntgenstrahlen etc. kurz fixiert und wird ausführ-
ich im Archiv für klinische Medizin von uns dargelegt
verden.
Der Pylorusreflex kann aus der Ferne beeinflusst werden,
nechanisch vom Duodenum aus, ebenso auch vom Magen-
undus her: pylorusfernes Karzinom, quere Naht nach Resek-
ion (Stier lin) usw. Es ist aber vor allem abhängig
on der Innervationstendenz des Pylorus. Diese wird durch
vtropin herabgesetzt, durch Physostigmin, besser noch Mor-
'hium (Magnus) vermehrt usw.
Die ungeheuer wichtige Feststellung H a u d e k s, dass ein
>echsstundenrest für Ulcus ventriculi spricht, erklärt dieser
elbst schon als spastische Tendenz des Pylorus. Sie ist aber
- und das ist das wichtigste — auch ohne vermehrte Säure
eim Ulcus vorhanden, umgekehrt kann sie bei Hyperazidität
hne Ulcus fehlen. Also ist sie gerade wie die Hyperkinese
m Magen überhaupt nicht Folge der Säure, sondern ein
agusstigma und die vermehrte sekretorische Tätigkeit ein
arallel gehendes anderes. Jedes kann für sich Vorkommen,
cdes deutet nur hin auf vermehrte Erregungstendenz im vis-
cralen System, sei es nach der sekretorischen oder der
lotorischen Seite. Ganz das gleiche gilt von der peristo-
schen Tätigkeit der Magenmuskulatur und ihren anderen
lotorischen Aufgaben.
So lautet nochmals präziser gefasst der zweite Satz:
m Magen selbst finden sich in der grossen
I e h r z a h 1 der Fälle bei Ulcus ventriculi und
uodeni die Zeichen vom Nervensystem aus
3) Diese Wochenschrift.
\1i
übererregter Drüsen- und Muskelfun ktio n.
Speziell das Pylorusver halten ist d i s har¬
monisiert.
Ich komme auf eine besonders wichtige spezielle motori¬
sche Funktion: die lokalisierten Spasmen. Vor allem die
Spasmen der Muscularis propria, die allein im Röntgenbilde
zu sehen sind. Die Pseudosanduhrformen des Magens, die erst
die Röntgendiagnostik des Magens in Misskredit brachten, er¬
wiesen sich bald als Phänomene, die vom Chirurgen (Narkose)
oder Pathologen freilich oft nicht gefunden werden konnten.
Häufig sich zu einer geringeren narbigen Verengerung
des Magens addierend, häufig auch ohne eine solche auf¬
tretend an der Stelle, wo ein Ulcus der kleinen Kurvatur sitzt
(J onas und sehr viele andere Autoren, so S t i e r 1 i n)
kennen wir jetzt auch Spasmen, bei denen kein — oft wohl
noch kein — Ulcus vorhanden ist. Unter vielen anderen hat ja
S t i e r 1 i n [11] eine sehr gute Darstellung dieser Verhältnisse
gegeben (Spasmen bei tabischen Krisen, Hysterie usw.). Ich
zitiere ferner aus Wien Heyrovsky [12], weil dieser die Be¬
ziehungen von Kardiospasmus zum autonomen System betont
und von der gemeinsamen neurogenen Ursache bei der Kombi¬
nation von Kardiospasmus und Ulcus spricht. Hier Vollständiges
zu bringen, ist nicht möglich. Wir bringen aus unserer eigenen
Erfahrung drei charakteristische Beispiele. Das eine, schon oben
gelegentlich der Gluczinskiprobe herangezogen, ein anderes noch
deshalb wichtig, weil die Schmerzen über dem rechten Rektus
lokalisiert waren, ohne dass ein Ulcus duodeni bestand (Kon¬
trolle durch den Chirurgen, der das Duodenum öffnete), sie
führten augenscheinlich vom Spasmus im Fundus her, da sie
in dem Masse als dieser sich entwickelte, an Intensität Zu¬
nahmen und in den Zeiten währten, während deren der
Spasmus nachweisbar war. Die folgenden Skizzen (3, 4 u. 5)
erläutern den Beginn der zirkulären Einschnürung genau an
der narbigen Stelle, das Weitergreifen distal- und proximal¬
wärts bis zu einer das Lumen ganz aufzehrenden ausgedehnten
Konstriktion. Als dritter Fäll gelte der, den wir als Beispiel
für den Status des viszeralen Nervensystems eingangs ge¬
bracht haben (Abbild. 1 u. 2).
Zur Erklärung der Abildungen nur kurz das Folgende:
Fräulein K. hat in ihrem Leben schwerste sexuell-ethische Kon¬
flikte durchgemacht. Während dieser Zeit Beginn der Magen¬
beschwerden, im Jahre 1896 vom Arzt konstatierte Hämatemese. Die
Schmerzen verschwanden längstens für ein Jahr, dann wieder stän¬
dig vorhanden. Sie setzen bald nach dem Essen langsam ein, stei¬
gen wehenartig an und dauern halbe Stunden und Stunden. Es ge¬
lang uns, nach einer Breimahlzeit den Beginn der Schmerzattacke im
Bilde festzuhalten. Zunächst eine ganz schmale zirkuläre Einziehung,
Beobachtung eines allmählich unter Schmerzen zunehmenden Spasmus bei Ulcusnarbe.
Abbild. 3. Abbild. 4. Adbild. 5.
die für gewöhnlich nicht vorhanden war. Allmählich schnüren sich
zwei Säcke vollkommen ab, ganz ähnlich wie u. a. S t i e r 1 i n es
geschildert hat. Die Operation ergibt eine postulzeröse Narbe mir
Adhäsionen von dieser Stelle aus. Der Magen erscheint in der Nar¬
kose kaum verengt. Im Anschluss an die Operation Ausbruch
schwerer hysterischer Erscheinungen, Abasie, vollkommene An¬
ästhesie und Analgesie beider Oberschenkel. Die Magenschmerzen
seit der Gastroenterostomie mit Magenplastik vollkommen ver¬
schwunden. (Abbild. 3, 4 u. 5.)
Der totale Füllungsdefekt der Regio pylorica, lediglich
durch Spasmen bedingt, ist in folgendem Fall das Wesent¬
liche:
32 jährige Frau mit typischen Ulcusschmerzen, stigmatisiert im
vegetativen Nervensystem, okkulte Blutungen in den Fäzes. Auch
die Oluczinskyprobe spricht für Ulcus und gegen Karzinom. In der
Pylorusgegend deutlich palpabler apfelgrosser Tumor. Im Röntgen-
r
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
172
bilde vollkommener Füllungsdeiekt der Pars antri. (Abbild, b.)
Wegen dieser beiden Momente halten wir das Karzinom für wahr¬
scheinlicher. Während der Narkose lässt der
Tumor in seiner Härte nach, die Pylorus-
region bleibt aber auch noch während der
Magenresektion geschwulstartig. Die Eröffnung
ergibt ein grosses, nicht kallöses, flächenhaftes
Ulcus ventriculi, auch histologisch benigne, um
das herum die Pars antri sich vollkommen bis
zum Verschwinden jeden Lumens kontrahiert
hat. Dieser Spasmus kann nicht ständig vor¬
handen gewesen sein, da kein Erbrechen er¬
folgte und die Kranke sich ausreichend er¬
nährte.
Nur kurz sei betont, dass der
Magenschmerz nachweislich oft
mit einem Krampf der Mus-
cularis propria zeitlich vollkommen zusam¬
men f ä 1 1 1, sei es ein Krampf des Pylorus, der Kardia oder
an beliebiger Stelle des Fundus. Kontraktionen glatter Mus¬
kulatur können aller Orten mit Schmerz einhergehen (Uterus,
Gallenwege, Harnwege, Dickdarm), es geschieht das nicht
regelmässig (z. B. bei den grossen Dickdarmbewegungen)
und umgekehrt soll nicht etwa gesagt werden, dass jeder
Ulcusschmerz einen Zusammenhang mit Spasmen glatter
Muskulatur hat. Andererseits können wir etwa auch mit
Schmerzen verbundene Spasmen in der Muskularis mucosae
nicht sichtbar machen, obwohl diese Spasmen isoliert Vor¬
kommen (Lichtenbeit [13]). Es scheint mir nicht un¬
interessant, dass am „Magenkrampf“ der Laien mehr wahr ist,
als man bisher annahm. Mit Absicht ist die Beziehung der
glatten Muskulatur zur Sensibilität nicht näher disukutiert. An
ihrem Bestehen zweifelt niemand, der vor dem Schirm erlebt,
wie mit dem Einsetzen des Spasmus der Kranke sagt: „jetzt
beginnt der Schmerz“, nicht anders wie etwa eine Frau bei
einer Wehe es präzisiert.
Der dritte Satz lautet: Eine vermehrte Neigung
zu Spasmen der Muskularis ist bei den Indi¬
viduen vorhanden, die am Magen und Duo¬
denum auch andere Zeichen gestörter mo¬
torischer und sekretorischer Funktion bie¬
ten, die ausserdem sonst im vegetativen
Nervensystem stigmatisiert sind.
In diesen Bahnen gingen meine Ueberlegungen als durch
zwei Publikationen die Auffassung von der Genese des Ulcus
ventriculi mir wesentlich gefördert wurde.
Ich beginne mit der späteren von R ö s s 1 e - Jena [14], die
vom Gesichtspunkte des pathologischen Anatomen ausgehend
ganz erstaunlich tiefgreifend in die Verhältnisse auch am
Lebenden eingedrungen ist. Ein Satz wie der: „dass für die
ganze Frage nervöser Fernwirkungen die morphologische Be¬
trachtungsweise gleich am Ende ist“, hat aus dem Munde eines
pathologischen Anatomen nicht nur etwas Befreiendes, sondern
die ganze Gedankenrichtung zeigt, was der Klinik diese Dis¬
ziplin zu leisten vermag, wenn sie die Erscheinungen am
Lebenden in ihr Denken mit einbegreift, anders als es so
oft geschieht.
Wir hatten uns sagen müssen, dass zu den bisher be¬
handelten Fakten noch etwas hinzukommen muss, um die Ge¬
nese des Ulcus wirklich verständlich zu machen. Warum
hatte nicht jeder Kranke mit Hyperazidität oder jeder im vis¬
zeralen Nervensystem überhaupt stigmatisierte, und deren sind
nicht Wenige, ein Ulcus, warum nicht bei jedem Stigmati¬
sierten „Magenkrämpfe“?
R ö s s 1 e bezeichnet das runde Geschwür geradezu als
„zweite Krankheit“. Er geht naturgemäss einen anderen Weg
als wir, die vom Standpunkte unserer Röntgenuntersuchungen
und unseres Interesses für „die Vagotonie“ auf das Problem
der Ulcusgenese hingeführt wurden. Es fällt R ö s s 1 e auf,
dass weit häufiger als es mathematischer Wahrscheinlichkeit
entspricht, andere Vorgänge, wie vor allem Appendizitis, dem
Ulcus voraufgegangen sind. Er zeigt, dass die postoperativen
Ulcusentstehungen nicht durch Embolie im Sinne Payrs
allein erklärbar sind, kurz: die Auffassung dringt bei ihm
durch, das irgendwelche primären „Quellgebiete“ nur auf
dem Nervenwege zu Reflexen am Magen führen. Zum Ent¬
stehen solcher spastischen Reflexe bedarf es aber einer be¬
sonderen Konstitution, denn die Quellaffektionen sind ja unend¬
lich viel häufiger als ihre Folge, die „zweite Krankheit“, näm¬
lich das Ulcus rotundum.
Es kann unmöglich hier die ganze schöne Deduktion
Rössles wiedergegeben werden. Er hat als Erster die Zu¬
sammenhänge, an denen uns hier liegt, dargelegt. Was wir
Nützliches und Neues auf Grund unserer seit dem Frühjahr
betriebenen Studien jetzt nur noch hinzufügen können, ist die
klinische Durcharbeitung der „Disposition zum Ulcus ventri¬
culi“, die in der Disharmonisierung des viszeralen Nerven¬
systems liegt. Es ist zweitens die genauere Kenntnis der mo¬
torischen Störungen einschliesslich der Spasmen, wie sie nur
durch das Röntgenverfahren am selben Material uns möglich
war, und es ist eine experimentelle Seite im Problem der
Ulcusgenese. Ich will nur noch hinweisen auf die einleuchten¬
den Erklärungen, die R ö s s 1 e gibt für die Lokalisation des
spasmodisch entstehenden Ulcus, ferner darauf, dass eine Zu¬
sammenziehung der Muscularis propria mit der der Muscularis
mucusae zusammen geschieht, auf die Geschwindigkeit mit
der nach R ö s s 1 e ein Ulcus ventriculi sich entwickeln kann,
eine Erfahrung, die wir klinisch durchaus bestätigen können.
Ich führe dafür einen Fall an, bei dem ein vorher ganz be¬
schwerdefreier junger Mensch nach einem starken psychischen
Trauma wenige Tage zuvor, beim Heben einer Last plötzlich
Schmerz verspürt, sofort wegen Perforationserscheinungen
laparotomiert werden muss und der Chirurg (Prof. Jenckel)
ein perforiertes Ulcus duodeni findet. Dieses Beispiel wirft uns
noch ein zweites wichtigstes Problem auf: Hat Rössle recht,
wenn er die primäre Krankheit, das Quellgebiet, meist in einer
anatomischen Läsion sucht? Selbst z. B. ein starker Schmerz!
irgendwo in der Peripherie könnte reflektorisch beim Dis¬
ponierten den Spasmus unseres Erachtens erzeugen. So sehr
eine gewisse pseudokritische Richtung in der Medizin skep¬
tisch gegen eine solche Annahme sich verhalten wird, sprechen
wir es aus, dass auch nach unseren Erfahrungen schwere
psychische Traumen Quellgebiete im Sinne Rössles sein
können. Wir haben weiter gesehen, wie auf solche Traumen
hin die Stigmata im vegetativen System qualitativ und ihrer
Zahl nach gewaltig gesteigert wurden. Wir erinnern als Ana¬
logon an die anerkannte Entstehung eines akuten Basedow
nach psychischem Trauma. Wir erinnern an die Publikation
Curschmanns [15] : ein Tabiker zeigt während der Krisen
das echte Basedowsyndrom, das mit den Krisen abklingt.
Während gesteigerter Ulcusbeschwerden sind die nervösen
Zeichen vermehrt, mit der Besserung, z. B. nach Operationen,
ein auffälliges Zurückgehen der Zeichen (wiederholte Beob¬
achtung). Auch physiologische Analoga gibt 'es zu diesem
Auf und Nieder in der Ladung des vegetativen Nervensystems:
Gravidität. Wir meinen also, im disponierten Individuum setzt
ein psychisches Trauma (wir verfügen über mehrere sehr
charakteristische Anamnesen) oder ein Schmerz, oder z. B.
eine Cholelithiasisattacke, ebenso gut die erste Quelle als eine
Operation, eine Appendizitis oder irgend eine andere ana¬
tomisch nachweisbare Primäraffektion wie in unserem Bei¬
spiel die epigastrische Hernie. Ausser der Disposition noch
ein Etwas, was paroxysmusartig sowohl die Disposition
steigert, wie auch direkt reflektorisch den Spasmus auslöst.
In der Forderung dieses „ersten Krank¬
sein s“, die wir Rössle verdanken, ich möchte
sagen eines „prim um moven s“, das wir weiter
fassen möchten, steckt ein vierter Leitsatz:
Die letzte Frage: kann durch den Spasmus denn ein
Ulcus entstehen? ist vor allem durch die Schule Talmas,
zuletzt durch L i c h t e n b e 1 1 geklärt. L i c h t e n b e 1 1 zeigt,
dass nicht so sehr vasomotorische Einflüsse Ischämie der
Schleimhaut bedingen (Schule Beneke: Kobayas hi [16]).
sondern dass dies durch Spasmen in der Muscularis mucosae,
geschieht. Wenn diese sich zusammenzieht, klemmt sie die1
schräg hindurchlaufenden Gefässe ab, so kommt es nach
Lichtenbeit nicht nur zur Bildung der „Stigmata ven¬
triculi“, sondern zu wirklichen kleinen Geschwüren. Diese
Ulcera erhält er nach subdiaphragmatischer Vagusdurch¬
schneidung.
Es ist zur Genüge bekannt, wie wechselvolle Ergebnisse
die Experimente gehabt haben, die früher die neurogene
Theorie der Ulcusentstehung stützen sollten. Der entschei¬
dende Fortschritt in all diesem ist meines Erachtens angebahnt
Abbild. 6.
Grosser Füllungsdefekt
der Regio pylorica bei
ausgedehntem nicht-
kallösen Ulcus dieser
Gegend.
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
173
durch Payrs Experimente [17], der mittelst Einbolisierung
(retrograde venöse Embolie) wirkliche Ulcera erzeugte. Mag
die spasmodische Auffassung zu ihrem Recht kommen, es
bleibt auch dann noch Payrs grosses Verdienst, gezeigt zu
haben, dass die Grundvoraussetzung zu peptischer Ver¬
dauung eine Zirkulationsunterbrechung sein muss. Ich er¬
innere daran, dass nach Reizung des Ganglion coeliacum, dass
nach Vagusdurchschneidung verschiedenen Autoren die Ulcus-
erzeugung glückte oder wenigstens die von kleinen Erosionen.
Lichtenbelts Tierexperimente als die letzten gründ¬
lichen scheinen mir zu zeigen, dass durch nervöse Faktoren
ein Krampf der Muscularis mucosae zustande kommen kann,
der die Gefässe abklemmt und im ischämischen Gebiete zu
peptischer Verdauung führt. Wenn die Muscularis propria
sich kontrahiert, braucht wohl nicht stets die der Mukosa
initzukrampfen — nicht jeder Röntgenspasmus ein Ulcus, und
umgekehrt. — Dass aber häufig beides sich gesellschaftet,
führt R ö s s 1 e aus.
Im 5. Leitsatz ist gewissermassen alles enthalten, was
auf Grund von Tierexperimenten mit früher wechselndem Er¬
folge für die neurogene Theorie des Ulcus herangezogen
werden kann. Spastische Zustände am Magen
führen durch Abklemmung der zuführenden
Gefässe zu lokaler Ischämie. Die so von der
Ernährung ausgeschalteten Schleimhaut¬
partien werden angedaut, Resultat: die Ero¬
sionen und Ulcera.
Diese werden dann nicht ausheilen, wenn
die spastische Disposition des Magens, durch
die kleinen Erosionen veranlasst, häufig
wieder neue Spasmen an gleicher Stelle aus¬
löst. Dieser Circulus vitiosus scheint ge¬
eignet, die Chronizität des Ulcus zu erklären.
Herr Dr. W e s t p h a 1 ist im Zusammenhänge mit den uns
beschäftigenden Fragen auf die Idee gekommen, ob durch
pharmakologische Reizmittel des vegetativen Systems das
Ulcus ventriculi erzeugt werden könne. Die Resultate seiner
>eit dem Frühjahr angestellten Tierexperimente will ich hier
nur kurz zusammenfassen: Durch die pharmakologischen
Vagusreizer konnte er bei geeigneter Versuchsanordnung, ja
)ei kombinierter subkutaner Injektion von Pilokarpin und
Physostigmin sogar in sämtlichen Fällen, bei Kaninchen
hämorrhagische Erosionen der Mukosa des Magens, seltener
des obersten Duodenums herbeiführen. In einem Falle ent¬
band sogar ein perforiertes Ulcus. Die experimentelle Er¬
zeugung chronischer Ulcera misslang bisher, das liegt
lach meiner Auffassung am Fehlen der dispositioneilen Mo-
nente bei den Versuchstieren. Ohne diese Neigung zu lang-
dauernden Spasmen am Magen wird das Produkt eines ein¬
zelnen Magenkrampfes — die Erosion — auch beim Menschen
wohl stets zur Ausheilung kommen. Bei den frisch ge-
öteten Physostigmin-Pilokarpin-Tieren sah man häufig starke
'Pastische Schnürungen am Magen, wie wir es vom Physo-
digmindarm durch das K a t s c h sehe Bauchfenster ja regel-
nässig zu sehen gewohnt sind. Wir glauben, dass die Stig-
nataerzeugung durch chemische Vagusreizer meist auch über
len Weg spastischer Zustände geht. W e s t p h a 1 wird dem-
üichst über seine experimentellen Arbeiten selbst berichten.
Sie ergänzen durch eine andersartige Versuchsmöglich-
:('it das pharmakologische Experiment, die bisher durch
Nerven- und Plexusdurchschneidung und Reizung ge¬
wonnenen Resultate, welche noch so viel Widersprechendes
■nthalten.
Die modernen pharmakologischen Gesichtspunkte, die
ielleicht hier fördern werden, haben aber im Zusammenhang
nit der Lehre von der Vagotonie uns noch eine therapeutische
»'Wiederbelebung gebracht, die nicht hoch genug einzuschätzen
st: die Atropintherapie.
Ich möchte sie für kein Gebiet vegetativer nervöser
'törung so warm empfehlen, wie gerade für die Ulcustherapie.
lie Belladonnabehandlung des Ulcus ist uralt und nie ver¬
gessen. Aber die neue Zeit und auch noch v. T ä b o r a [18], als
r mit Recht grosse Atropindosen subkutan empfahl, hat vor¬
wiegend an die sekretionslähmende Funktion gedacht, dabei
wohl an den Ulcusschmerz, den die Säure auf dem Geschwür
uslösen sollte. Auch ohne Hyperazidität wirkt Atropin genau
ebenso günstig. Atropin mildert nicht nur den Pylorus-
spasmus bei Ulcus (dieser kann ja mit Schmerz verbunden
sein s. o.), die gesamte motorische Reizbarkeit lässt nach.
Nur in wenigen Fällen versagt das Mittel.
Kaum eine frappantere therapeutische Wirkung wie das
Aufhören der Ulcusbeschwerdcn nach Atropin. Ich emp¬
fehle ganz analog wie beim Bronchialasthma
— -und diese Analogie ist keine äusserliche —
eine systematische Atropinkur bei Ulcusbe-
h a n d 1 u n g. Viele Zeichen der Vagusreizbarkeit gehen
zurück, auch im Röntgenbilde andere motorische Verhältnisse.
Ich habe oft Fälle gesehen, die selbst bei Anwendung von viel
Morphium erheblich litten, dreimal [4 bis 1 mg Atropin pro
"l ag als Pille gegeben und meist schon am ersten Tag ein
Aufhören jeder Beschwerde. (Prompter wenn nötig subkutan.)
Auch der Erfolg der Atropinkur, der sich nicht nur auf
die Schmerzbeseitigung, sondern auf die bessere Heilungs¬
tendenz infolge der Beseitigung spasmodischer Neigung be¬
zieht, wäre eine gute Stütze für unsere Hypothese, aber nur
ein grosses statistisches Material kann hier wirklich ent¬
scheiden. Es genüge zunächst, dass die Lehre von der Ulcus-
genese eine alte, bewährte, ungewöhnlich sicher wirkende
1 herapie neu belebt hat und sie als weit über den Rahmen
einer symptomatischen Therapie hinausgehend charakterisiert.
Kein schlechteres Mittel bei Ulcusbeschwerden als das
Morphium, das Sekretion und spastische Tendenz, das
die Verweildauer der Speisen im Magen (Magnus)
steigert, kein besseres als Atropin. Jede diätetische
Ulcuskur werde, diese Forderung stelle ich
mit Bestimmtheit auf, kombiniert mit einer
lange fortgesetzten systematischen Atro-
p i n k u r. Die Dosierung hängt von der Atropinempfindlich¬
keit, besser der Vagusansprechbarkeit des Individuums ab,
eine Kontraindikation wird aus dieser Eigenschaft selten her¬
zuleiten sein, nur die Tagesdosen erleiden Modifikationen
zwischen 1 und 4 mg, man gehe an die höchsten ertragbaren
Dosen hinan, so dass auch andere Atropinwirkungen deutlich
werden, nur so wird der Magen ruhiger gestellt. Die Herab¬
setzung spasmodischer Neigung, aller krankhaft gesteigerten
Magenmotilität überhaupt, zusammen mit der Herabsetzung
sekretorischer Erregbarkeit ist das Ideal einer rationellen
internistischen Ulcusbehandlung. Ueber den Wert einer Kom¬
bination mit einer Alkalikur und rein vegetabilischer kalorien¬
reicher Kostform (Gemüsepulver) werde ich anderen Ortes
berichten 4).
Denkt man an die von R ö s s 1 e betonten ersten Krank¬
heiten, die Gelegenheitsursachen zur Ulcusentstehung, er¬
scheint mir selbst die Frage nicht müssig, ob prophylaktisch
dem reflektorischen Magenspasmus durch Atropin nicht vor¬
gebeugt werden sollte. Ich sähe häufig kein Bedenken, z. B.
nach einer einfachen Appendixoperation Atropin zu reichen,
für den Darm ist das unbedenklicher wie etwa die Hemmung
durch den Sympathikusreizer, das Adrenalin, der so oft bei
Eingriffen am Peritoneum vom Chirurgen gegeben wird.
(R ö s s 1 e glaubt an nervöse Reflexwirkungen beim Zustande¬
kommen der postoperativen Pneumonien, auch bei diesen
Vaguspneumonien müsste prophylaktisch Atropin nützen.)
In ihrer Wirkung neuartig erfasste, ener¬
gische langdauernde Atropinkuren bei Ulcus
ventriculi und du öden i, das ist die praktische
Konsequenz der entwickelten Lehre von der
Ulcusgenese.
Literatur.
1. Eppinger und Hess: Die Vagotonie. Berlin 1910 bei
Hirschwald und Zeitschrift für klinische Medizin 67, 68. —
2. Hans Horst Meyer: Die experimentelle Pharmakologie. (Mit
G o 1 1 1 i e b) und Verhdl. der Ges. deutscher Nervenärzte, 1912.
3. L. R. M ü 1 1 e r : Verhandl. der Ges. deutscher Nervenärzte 1912 und
Arbeiten im Archiv f. klin. Med. — 4. P e t r e n und T h o r 1 i n g : Zeit-
schr. f. klin. Med. 73. — 5. Bauer: Archiv f. klin. Med., Bd. 107.
(2. v. Bergmann: Diskussion zur Lehre vom Sympathikus. Ver¬
handlungen der Ges. deutscher Nervenärzte, s. b. Hans Horst Meyer.)
— 6. Kraus und Friedenthal: Berl. klin. Wochenschr. 1908,
No. 38. — 7. Egbert Koch: St. Petersburger med. Wochenschr. 1903,
No. 48. — 8. Gluczinsky: Zeitschr. f. klin. Chirurgie 1912. Fest¬
band für Kocher. — 9. Fujinani-Holzknecht: Archiv f.
4) Therapeut. Monatshefte.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
17-1
No. 4.
klin. Med., Bd. 105 und Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 7. —
10. Kreuzfuchs: Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 46. -
11. Stierlin: Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 15 und 16. —
12. Hey rovsky: Wiener klin. Wochenschrift 1912, No. 38. —
13. Lichtenbeit: Die Ursachen des chronischen Magengeschwürs.
Jena 1912. — 14. Rössle: Mitteilungen der Grenzgebiete, Bd. 25,
H. 4. — 15. Cur sch mann: Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 76, H. 3
und 4. — 16. Kobayas hi: Frankfurter Zeitschr. f. Pathologie,
Bd. 3, H. 3. — 17. Payr: Deutsche med. Wochenschr. 1909, No. 36,
37 und Kongress für Chirurgie 1907. — 18. v. Tabora: Münch,
med. Wochenschr. 1908, No. 38.
Alis der medizinischen Universitätsklinik zu Bonn (Direktor:
Geheimrat F. Schultze).
Ueber Blutdruckmessung nach Körperarbeit und ihre
Bedeutung für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit.
Von Privatdozenten Dr. H. Stursberg, Oberarzt, und
Medizinalpraktikanten H. Schmidt, Hilfsassistent.
In einer früheren Arbeit1), die sich mit dem Verhalten
des systolischen und diastolischen Blutdruckes nach dosierter
Körperarbeit beschäftigte, hatte der eine von uns (St.) im
Einklang mit den Feststellungen von Bing, Haskovec u.a.
den Nachweis erbracht, dass bei Neurasthenischen, besonders
bei solchen mit Erscheinungen seitens des Zirkulations¬
apparates, nach körperlicher Arbeit zwar qualitativ etwa die
gleichen Veränderungen der Blutdruckwerte gefunden werden
wie bei Gesunden, dass aber die Zunahme der Herzleistung,
wie sie aus dem Verhalten der Blutdruckwerte erschlossen
werden kann, durchschnittlich grösser als in der Norm, in ein¬
zelnen Fällen ganz beträchtlich erhöht ist. Ausserdem hatte
sich nachweisen lassen, dass auch in der Ruhe die Blutdruck¬
werte, im besonderen der Pulsdruck, bei derartigen Kranken
durchschnittlich höher war als bei den gesunden Vergleichs¬
personen.
Weitere Untersuchungen haben uns in der Ueberzeugung
von der Wichtigkeit dieser Befunde für die Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit sowohl neurasthenischer wie auch mancher
anderer Kranker bestärkt, und es ist der Zweck der vor¬
liegenden Mitteilung, an Hand eines grösseren, mit einem ver¬
einfachten Verfahren untersuchten Materials erneut auf sie hin¬
zuweisen.
Die Annahme, dass aus den nach bestimmten Arbeits¬
leistungen beobachteten Blutdruckänderungen Schlüsse auf die
Leistungsfähigkeit der Kreislaufsorgane gezogen werden
können, besteht unseres Erachtens durchaus zu Recht. Im be¬
sonderen haben uns die Einwände, welche von einigen Unter¬
suchern, z. B. von H e r z f e 1 d 2), von F a n t u s und S t a e h e-
1 i n 3), dagegen erhoben worden sind, nicht von unserer An¬
schauung abzubringen vermocht. Denn einerseits ist das von
diesen Untersuchern verarbeitete Material viel zu klein (Fan-
t u s und S t a e h e 1 i n berichten im ganzen über 14 Versuche,
wovon nur 4 Kranke betreffen) und andererseits kann es
unseres Erachtens nicht zu vergleichbaren Ergebnissen
führen, wenn in einem Versuche 150, in anderen bis zu
3S00 mkg Arbeit geleistet werden, wie dies in den Versuchen
von F a n t u s und S t a e h e 1 i n der Fall war. Bei Herz¬
feld schwanken die Arbeitsleistungen zwischen 100 und
2600 mkg. Schlussfolgerungen aus derartigen Versuchen
wären nur dann berechtigt, wenn die Blutdruckzunahme in
ganz bestimmtem, gleichbleibendem Verhältnis zur Höhe der
Arbeitsleistung stände. Da dies aber bekanntlich nicht zu¬
trifft, so ist zur Erlangung brauchbarer Ergebnisse möglichste
Gleichheit der Versuchsbedingungen, vor allem möglichst
gleiche Arbeitsleistung in allen Fällen sowohl bei Gesunden
wie bei Kranken erforderlich.
Auf die Frage, inwieweit auf Grund der Anschauungen
von Strasburger aus dem Verhalten der Blutdruckwerte
') Stursberg: Ueber das Verhalten des systolischen und dia¬
stolischen Blutdruckes nach Körperarbeit usw. Arcli. f. klin. Med.,
Bd. 90, S. 548.
■) Herzfeld: Zur funktionellen Herzdiagnostik. Med. Klinik
1909, S. 539.
:!) Fant us und Staehelin: Das Verhalten des Blutdruckes
beim Menschen bei der Erholung von Muskelarbeit. Zeitschr. f. klin.
Med., Bd. 70, S. 444.
Schlüsse auf Herzarbeit, Gefässspannung usw. gezogen
werden dürfen, soll hier nicht eingegangen werden, da bei den
im folgenden zu besprechenden Untersuchungen nur der systo¬
lische Druck berücksichtigt werden wird.
Das bei den ersterwähnten Untersuchungen des einen von
uns angewendete Verfahren war für praktische Zwecke zu
unbequem. Dies hatte seinen Grund darin, dass in möglichst
genauer Weise sowohl der systolische wie der diastolische
Druck und die Pulszahl vor und nach dosierter Arbeit (He¬
bung eines am Fusse befestigten Gewichtes) gleichzeitig in
demselben Versuch bestimmt werden sollte, und weil dazu
die Anwendung eines graphischen Verfahrens nach (Ma-
sing-Sahli) erforderlich war. Wir haben uns bei den im
nachstehenden zu besprechenden Versuchen auf die Bestim¬
mung des systolischen Druckes und der Pulszahl in getrennten
Versuchen beschränkt und hierdurch weitgehendste Verein¬
fachung des Verfahrens erzielt.
Zur Blutdruckmessung diente der Apparat von Riva-
R o c c i mit breiter Recklinghausen scher Manschette.
Die Untersuchung wurde zunächst vorgenommen, nachdem die
Kranken einige Zeit ruhig gesessen hatten, dann wurden sie
schnell im Zimmer hin- und hergeführt, ohne dass die Man¬
schette abgenommen wurde. Der Untersucher, der mit dem
Kranken ging, trug dabei das Manometer. Die zurückgelegte
Strecke betrug etwa 20 m. Im Augenblick des Hinsetzens
brachte der Untersucher das Manometer wieder in die zur
Untersuchung geeignete Stellung und nahm so schnell wie
möglich die Blutdruckmessung vor. Auf diese Weise war es
möglich, fast unmittelbar nach Aufhören der Bewegung den
Blutdruck zu ermitteln und einen Wert zu erhalten, der dem¬
jenigen während des Umhergehens jedenfalls sehr nahe kommt,
Untersuchung während der Bewegung, die natürlich am
zweckmässigsten wäre, lässt sich aus technischen Gründen
nicht ausführen.
In jedem Falle wurden im allgemeinen mindestens drei
derartige Versuche zu verschiedener Zeit ausgeführt. Ausser-1
dem wurde in weiteren Versuchen die Erregbarkeit des Pulses!
sowohl nach Umhergehen wie nach Ersteigen einer Treppe!
von etwa 30 Stufen ermittelt.
Untersuchung einer grossen Anzahl Herz- und Nervem
gesunder ergab, dass bei der von uns gewählten Versuchs-!
anordnung bei ihnen entweder überhaupt kein Einfluss des
Umhergehens auf den Blutdruck erkennbar war, oder das<
eine etwaige Zunahme sich doch in sehr engen Grenzen hielt
Sie erreichte selten 10 mm und ging nur ausnahmsweise über
diesen Wert hinaus. Von der Wiedergabe der gefundener
Einzelwerte können wir Abstand nehmen.
Regelwidrige Erhöhung der Erregbarkeit haben wir, un
sicher zu gehen, erst dann angenommen, wenn nach dem Um¬
hergehen eine Zunahme des systolischen Druckes um mehr
als 15 mm Quecksilber erkennbar war. Ueber 35 durchweg
männliche Kranke, bei denen dies der Fall war, gibt die
folgende Zusammenstellung Auskunft. Ihre Anordnung bedar
wohl keiner besonderen Erläuterung (siehe Tabelle).
An erster Stelle sind in der Tabelle die Kranken mi
funktionell-nervösen Störungen aufgeführt und zwar untei
1- — 10 Neurastheniker (bzw. Hystero-Neurastheniker), be
denen eine nebenher bestehende organische Erkrankung nich
erkennbar war, unter 11 — 15 Fälle, in denen neben sichere^
neurasthenischen Beschwerden organische Veränderungen be.
standen, ohne aber für das gesamte Krankheitsbild von wesent
licher Bedeutung zu sein. Endlich folgen unter No. 16— 1(
Kranke, bei denen der Verdacht auf Vorliegen einer Neur
asthenie sich nicht mit Bestimmtheit als berechtigt erweisei
liess. Auf den Rest der in der Zusammenstellung aufgeführte)
Fälle, die organische Veränderungen zeigten, kommen wi
später zurück.
Regelrechtes Verhalten fanden wir nur bei 2 Fällei
sicherer Neurasthenie und bei 2 zweifelhaften Fällen, so das
der Prozentsatz der Neurastheniker mit erhöhter Erregbarkei
des Blutdrucks ausserordentlich gross erscheint. Weiter
Untersuchungen werden lehren müssen, ob sich stets ein der
artiges Verhältnis findet, oder ob doch vielleicht Zufälligkeite
in der Zusammensetzung des Krankenmaterials bei seine)
Zustandekommen eine Rolle spielen. Letzteres ist uns nich
ganz unwahrscheinlich.
28. Januar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Nummer 11
Beruf
Alter
Diagnose
Zunahme des
Blutdrucks
nach
Umhergehen
(Die Ausgangs¬
werte sind in
Klammern bei-
gefügt.)
Zunahme d
zahlen i.d.e
Viertelmir
nach Aufh
der Bewe
nach
Umhergehen
Puls-
rsten
lute
ören
?ung
C
<u
Jahre
durch¬
schnittlich
grösste
geringste
durch¬
schnittlich
—
grösste
geringste
nach Trepi
steigen
1
Bergmann
35
Neurasthenie nach Kopf¬
verletzung
16 (123)
1812
14 (19)
16
10
_
2
Weber
37
Neurasthenie
32 (115)
34
3C
13 (21)
-
__
14
3
Bergmann
43
Neurasthenie nachUnfall
29 (133)
3C
27
10 (21)
10
9
11
4
Bergmann
38
Hystero-Neurasthenie
nach Unfall
26 (121)
27
24
15 (19,
15
14
16
5
Bergmann
48
Neurasthenie nachUnfall
22 (121)
25
20
7 (18)
8
6
_
6
Ackerer
31
Neurasthenie
36 (150)
39
34
10 (15
10
9
_
7
Platzarbeiter
•27
Geringe Neurasthenie
nach Unfall
30 (140)
31
28
10 (17;
11
9
—
8
Kommis
16
Neurasthenie
24 (121)
28
19
12 (21)
13
10
12
9
10
Konditor
28
Neurasthenie (angebl.
Herzbeschwerden)
20 (128)
26
16
5 (17)
—
—
5
Schlosser
23
Nervöse Herzbeschwerd.
25 (119)
25
24
9 (20)
11
7
_
11
Schlosser
27
Neurasthenie (geringe
Spitzenveränderungen)
33 (116)
41
21
5 (22)
5
4
8
12
Bergmann
37
Neurasthenie nachUnfall
Leichte Spitzenaffektion
28 (110)
30
26
13 (20)
15
11
14
1^
Polizeisergeant
37
Neurasthenie
(Unbedeut. Bronchitis)
30 (116)
31
29
11 (18)
11
11
—
14
Taglöhner
24
Neurasthenie, Hypazidi-
tät, leichte Enteritis
29 (136)
30
28
10 (17)
11
9
—
15
Anstreicher
20
Neurasthenie, Gastritis
24 (113)
24
23
10 (20)
10
9
10
16
Taglöhner
29
Unbedeutende Affectio
apic. d. Ischiasähnl. Be¬
schwerden. Neurasth. ?
19 (121)
21
18
3(16)
4
2
17
Maschinist
32
Reste von Wirbelbruch,
abgeheilte Affectio apic.
Verdacht auf Neurasth.
29 (128)
31
28
12 (16)
13
11
15
18
Platzarbeiter
35
Neurasthenie ? n. Unfall
18 (138)
20
16
5 (17)
7
3
10
19
Band wirk er
55
Brustschmerzen ohne
objekt. Befund
23 (107)
23
22
10 (17)
11
9
10
20
Polizeisergeant
29
Nervöse Magenbeschw.
Debilitas cordis?
23 (107)
24
23
13 (22)
—
—
17
21
22
Heizer
31
Debilitas cordis?
18 (136)
21
16
5 (21)
6
4
_
Ackerer
46
Leichte Myodegeneratio
Neurasthenie?
28 (162)
30
25
5 (21)
6
3
8
23
Schaffner
44
Potatorium
21 (156)
22
19
5 (20)
5
5
7
24
Zögling
14
Typhus-Rekonvaleszent
36 (118)
36
35
14 (22)
16
12
15
>5
Eisenbali narb.
27
ft
34 (134)
36
3-2
14 (30)
15
12
18
26
27
Weber
52
Myodegeneratio
18 (95)
20
16
6 (19i
6
5
6
Fabrikarbeiter
53
Arteriosklerose
35 (178)
36
34
11 (29)
12
10
13
28
Taglöhner
57
V
30 (158)
34
26
9 (22)
9
8
11
29
Erdarbeiter
32
Aorteninsuffizienz
40 (142)
41
39
4 (20)
5
3
6
50
Schlosser
34
Aorteninsuffizienz
(und -stenose)
Abgelaufene Nephritis?
29 (122)
34
23
16 (18)
17
15
16
51
Taglöhner
50
Aneurysma aortae
Aorteninsuffizienz
31 (170)
38
23
9 (18)
9
8
14
52
Heizer
44
Tabes, Aneurysma aortae
24 (128)
27
22
5 (23)
5
4
_
Io
Schleifer
32
Lungen- und Darm¬
tuberkulose
19 (108)
21
18
11 (18)
12
54
Dreher
32
Multiple Sklerose
20 (130)
22
19
7 (20)
8
6
_
55
Schieferbrecher
37
Verdacht auf beginnende
multiple Sklerose
22 (117)
23
21
8 (18)
10
6
1
11
Die Grösse der Druckzunahme ist bei der Mehrzahl der
Kranken recht beträchtlich. Den höchsten Mittelwert, 36 mm,
inden wir bei dem unter No. 6 geführten 31 jährigen Ackerer,
len Höchstwert bei einem Versuche, 41 mm, in Fall 11. Die
Ergebnisse der wiederholten Messungen bei demselben Kran¬
en sind, wie die beigefügten Höchst- und Mindestwerte
•engen, oft recht gleichmässig, gelegentlich finden sich aber
tuch beträchtliche Unterschiede, über deren Ursache sich
lichts bestimmtes aussagen lässt.
Gleichmässigkeit der Versuchsergebnisse besteht insofern,
üs mit alleiniger Ausnahme des Falles 1 stets sämtliche in
erschiedenen Versuchen bei demselben Kranken erhaltenen
Verte über der als obere Grenze des Regelrechten angenom-
nenen Zahl von 15 mm stehen.
Bestimmte Beziehungen zwischen der Schwere der ner-
ösen Störungen und der Grösse der Blutdruckerhöhung
varen nicht erkennbar.
175
Auf die Fälle 20 — 35 braucht nicht im einzelnen einge¬
gangen zu werden. Bemerkenswert ist die ausserordentlich
starke und gleichmässige Zunahme bei einem Kranken mit
kompensierter Aorteninsuffizienz (Fall 29) und bei zwei Typhus¬
rekonvaleszenten (Fall 24 und 25).
Absinken des Blutdruckes nach dem Umhergehen wurde
nicht beobachtet, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass
wir Fälle mit Zeichen schwerer Störung der Herztätigkeit nicht
in den Kreis unserer Untersuchungen einbezogen haben.
Bevor wir auf die Bedeutung der erhöhten Erregbarkeit
des Blutdruckes für die Beurteilung der Kranken eingehen,
ist noch die Frage zu beantworten, ob sich nicht ohne Blut¬
druckmessung auf einfacherem Wege, im besonderen durch
die Pulszählung, die gleichen Anhaltspunkte für die Beurteilung
des Kreislaufes gewinnen lassen. Dies wäre zu bejahen, wenn
die Pulszahlen in allen Fällen wesentlich deutlichere Schwan¬
kungen zeigen würden wie die Blutdruckwerte. Dass dies
nicht der Fall ist, hat der eine von uns (St.) bereits früher be¬
tont und wir müssen auch auf Grund unserer späteren Unter¬
suchungen entgegen Herzfeld an dieser Anschauung fest-
halten. Denn ein Vergleich der beiden Spalten unserer Zu¬
sammenstellung lehrt, dass in mehreren Fällen die Zunahme
der Pulszahlen durchaus im Bereiche des auch bei Gesunden
Beobachteten bleibt, während der Blutdruck sich als erheb¬
lich erregbarer erweist. Am auffallendsten ist der Gegensatz
in dem bereits erwähnten Falle 29, in dem die Pulszahl nach
Umhergehen nur um 4, nach Treppensteigen um 6 Schläge in
der Minute zunahm, während der systolische Druck um
40 mm in die Höhe schnellte. Auch in anderen Fällen,
z. B. 9, 11, 16, 18 ist der Unterschied in dem Verhalten beider
Werte unverkennbar. Es ist klar, dass die Beur¬
teilung lediglich auf Grund der Pulszählung
in derartigen Fällen kein völlig richtiges
Bild von der Einwirkung körperlicher An¬
strengungen auf den Kreislauf geben würde.
Die Schlüsse, die wir aus unseren Untersuchungen für die
Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Kreislauforgane ziehen
müssen, ergeben sieh von selbst: Ein Kranker, der
unter unbedeutenden körperlichen Anstren¬
gungen eine beträchtliche Blutdrucksteige¬
rung erleidet, wird durch schwere Arbeit
leichter geschädigt werden als ein Kranker,
bei dem die gleiche Leistung keine oder nur
eine unbedeutende Blutdrucksteigerung aus¬
löst. Als besonders schonungsbedürftig sind
K rankezu bet r achte n, bei denen starke Erreg¬
barkeit des Blutdruckes und des Pulses ge¬
funden wird. Bei der Abschätzung der Erwerbsfähigkeit,
besonders bei Neurosen nach Unfall, aber auch bei anderen
Erkrankungen, wird man daher diesen Verhältnissen Rechnung
tragen müssen.
Beiträge zu einer rationellen Nervenchirurgie.
Von Dr. A. Stoffel, Spezialarzt für orthopädische Chirurgie
in Mannheim (früher Heidelberg).
Wenn sich auch im letzten Jahrzehnt viele Forscher des
Inlandes und auch ganz besonders des Auslandes mit dem
Ausbau der Operationen an den peripheren Nerven, speziell
der Nerventransplantation, beschäftigten, so sind wir doch
noch nicht dahin gelangt, dass die meisten dieser Operationen
als Eingriffe gelten können, die in der Mehrzahl der Fälle von
Erfolg begleitet sind. Wir tasten und suchen noch immer,
neben glücklichen Resultaten steht die sicher nur zum kleinen
Teil publizierte Menge der Fehlschläge. Infolgedessen stehen
noch viele Operateure vor allem der Nervenüberpflanzung
skeptisch gegenüber, und nicht mit Unrecht.
Fahnden wir nach den Ursachen, welche die Fehlresultate
bedingen, so möchte ich vor allen Dingen darauf hinweisen,
dass die Technik unserer Nervenoperationen noch verbessert
werden muss. Wir müssen uns vor allen Dingen die Resultate,
die die Forschung auf dem Gebiete der Nervenanatomie
zeitigte, für unser operatives Vorgehen zunutze machen. Ich
1) On the failure of nerve anastomosis in infantile palsy. By
Dr. A. Stoffel. Lancet, September 10, 1910.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
komme auf diesen Punkt später noch zurück. Als weitere Ur¬
sache der Fehlresultate spreche ich die an, dass manche
Operateure ohne besondere Vorstudien sich an Nerven-
operationen heranwagen und infolgedessen die Technik nicht
völlig beherrschen. Bei einer Sehnen- oder Knochenoperation
fällt es für den Erfolg nicht zu sehr in die Wagschale, wenn
die Operation nicht ganz lege artis durchgeführt wird. Die
heilkräftige Natur gleicht manches aus. Anders ist es aber
bei Nervenoperationen. Hier gilt es, den Eingriff von Anfang
bis zu Ende in der korrektesten Weise durchzuführen. Durch
einen falschen Schnitt am Nerven, durch eine falsche Naht,
durch unzureichende Kenntnisse über die Querschnittsverhält¬
nisse des Nerven etc. kann alles zunichte gemacht werden.
Ist dann eine solche Operation von keinem Resultat gefolgt,
oder ist durch sie sogar ein Schaden gesetzt worden, dann
wird bisweilen der Eingriff selbst dafür verantwortlich ge¬
macht und die Leistungsfähigkeit der Nervenoperationen be¬
stritten. Ich selbst hatte einmal Gelegenheit, ausländischen .
Autoren, die über vollkommene Misserfolge der von ihnen aus¬
geführten Nervenoperationen berichteten, nachzuweisen, dass
grosse Fehler ihrer Technik anhafteten ')• Wer über
schlechte Resultate bei Nervenoperationen
berichtet, muss den Nachweis liefern, dass er
die Technik vollkommen beherrscht.
Die Hauptursache der Fehlschläge ist aber durch unsere
noch mangelhaften Kenntnisse über den Bau und die Physio¬
logie der peripheren Nerven bedingt. Ich übersehe nicht,
dass wir in vielen verwickelten Fragen dieser Gebiete durch
die Arbeit der letzten Jahre ein gutes Stück weiter gekommen
sind. Es unterliegt aber auch keinem Zweifel, dass noch viele
Punkte ihrer völligen Klärung harren, und dass die Bearbeitung
anderer Punkte noch aussteht. Nur dann, wenn diese Gebiete
hinreichend ausgebaut sind, können sie als solide Basis für ein
rationelles chirurgisches Vorgehen gelten. Es wird sich also
dringend empfehlen, sich der Bearbeitung dieser Gebiete mehr
hinzugeben als bisher. Ich gebe zu, dass ein Eindringen in
die Anatomie und Physiologie der peripheren Nerven bei der
Schwierigkeit, welche die Materie oft bietet, nicht auf leicht
zu bahnenden und ebnenden Pfaden erfolgen kann, schwer zu
überwindende Hindernisse werden sich oft in die Wege stellen.
Diese Misshelligkeiten dürfen aber kein Abhaltungsgrund sein,
in die Reihen der Pioniere auf diesem schwierigen, aber auch
aussichtsreichen Gebiete einzutreten. Der Anatom und der
Physiologe können die Bearbeitung der einschlägigen Fragen
nicht allein übernehmen, da die Natur des Stoffes es oft ver¬
langt, dass eine Kombination von rein wissenschaftlicher
Arbeit und praktischer Tätigkeit stattfindet. Und dazu ist in
erster Linie der Praktiker berufen, der Laboratoriumsarbeit
einerseits und Studien am gesunden und kranken Menschen
andererseits in einer Hand vereinigen kann.
Ich selbst machte es mir vor 3 Jahren zur Aufgabe, die
Morphologie der peripheren Nerven, über die wir fast nichts
wussten, näher zu ergründen und hatte im Laufe der letzten
Jahre an zahlreichen Leichen und bei vielen Operationen Ge¬
legenheit, meine Studien zu vertiefen und die einzelnen Be¬
funde als sicher zu fixieren. Ich wies damals als erster darauf
hin, dass die grossen Extremitätennerven keine einheitlichen
Gebilde sind, sondern die Summe vieler einzelner
Nervenbahnen darstellen. Weiter konnte ich beweisen,
dass diese Nervenbahnen im Querschnitt des Extremitäten¬
nerven immer eine ganz bestimmte Lage einnehmen; ich
führte den Begriff der Topographie des Nerven¬
in n e r n ein 2).
Betrachten wir von diesem Gesichtspunkte aus kurz die
Verhältnisse, die der Nervus medianus bietet, so konnte ich
folgende Befunde erheben; Verfolgt man die Muskeläste für
die beiden Köpfe des M. pronator teres, für die Mm. flexor
carpi radialis et palmaris longus nach proximal, so sieht man,
dass sie sich auf der volaren Fläche des Nerven zu einer ein¬
zigen Bahn vereinigen. Diese Nervenbahn nimmt die vordere
2) Stoffel: Neue Gesichtspunkte auf dem Gebiete der Nerven-
transplantation. Zeitschr. f. orthop. Chirurgie, Bd. 25.
3) Eine genaue Darstellung der inneren Struktur der Extremi¬
tätennerven und deren Chirurgie habe ich an der Hand eingehender
Abbildungen im 2. Teil der Orthopädischen Operationslehre (Verlag
Ferdinand Enke, Stuttgart) gegeben.
Zone des N. medianus ein und ist dem M. biceps benachbart.
Man kann diese Bahn bis in die Nähe des Plexus brachialis
verfolgen. In allen Querschnitten des mittleren und distalen
Oberarmdrittels verläuft also die Bahn für die drei eben er¬
wähnten Muskeln dicht neben dem M. biceps, im Nervenquer-
schnitt volar und radial.
Für den M. flexor digitorum sublimis kommen im
Medianusstamm zwei Bahnen in Betracht: die eine verläuft
ulnar, die andere ulnodorsal. Mithin verlaufen alle Fasern für
den M. flexor digitorum sublimis auf der ulnaren und ulno¬
dorsalen Seite des N. medianus.
Die vielen Zweige für die Mm. flex. digit. profundus, flex.
pollic. long. et pronat. quadrat. vereinigen sich nach proximal
zu einer stärkeren Nervenbahn, die im N. medianus rein dorsal
verläuft.
Für die gesamte Fingerbeugung kommt also am Oberarm
die ulnare und dorsale Partie des Nerven in Betracht.
Nach Abzug aller dieser eben erwähnten Bahnen ist der
Nerv am Oberarm seiner peripheren Schichten zum grossen
Teil entkleidet, im Rest des Nerven sind alle sensiblen Fasern
und die motorischen für die kurzen Handmuskeln enthalten3).
Ich erkannte die grosse Tragweite dieser Befunde für
unsere Operationen an den peripheren Nerven und stellte die
Forderung auf, bei Operationen den Querschnitts Ver¬
hältnissen der Nerven im weitesten Masse
Rechnung zu tragen. Nur derjenige, der dieser For¬
derung gerecht wird, kann Anspruch darauf erheben, eine
rationelle Nervenchirurgie zu treiben.
In jüngster Zeit setzte ich meine Studien fort, um noch
tiefer in das Wesen der peripheren Nerven einzudringen.
Dazu gesellten sich noch Untersuchungen über den Aufbau
der quergestreiften Muskeln 4). Auf diese Untersuchungen
möchte ich hier nicht näher eingehen; nur kurz sei erwähnt,
dass es mir gelungen ist, auch im mikroskopischen Bilde be¬
stimmte Bahnen im Nervenquerschnitt durch besondere Fär¬
bung herauszuheben. Auf diese Weise konnte ich zeigen, wie
sich einerseits die einzelnen motorischen Bahnen unter sich
und andererseits die motorischen und sensiblen Bahnen gegen¬
seitig in ihrer Grösse verhalten, und vor allem wie die ein¬
zelnen Bahnen im Nervenquerschnitt orientiert sind. Die
mikroskopischen Bilder demonstrieren auf das Eindringlichste,
dass der Nervenquerschnitt in einzelne absolut selbständige
Abschnitte, deren jeder eine besondere Bezeichnung verdient,
zerfällt, und zwar werden die motorischen Areale nach den
Muskeln, denen sie die Nervenfasern zusenden, die sensiblen
nach den Hautbezirken, deren Versorgung ihnen zufällt,
benannt.
Jede dieser Nervenbahnen setzt sich aus vielen Nerven¬
fasern, deren jede der Neurit einer Ganglienzelle des grauen
Vorderhorns des Rückenmarks ist, zusammen. Jeder dieser
Ganglienzellen entspricht ein bestimmter von ihr versorgter
Bezirk im Muskel. Ganglienzelle und ihr Neurit stellen eine
Einheit, die Nerveneinheit, dar. Der Innervationsreiz,
der von einer Ganglienzelle ausgeht, passiert auf seinem Wege
zum Muskel nur die eine zu ihr gehörige Nervenfaser. _ Ist
die Ganglienzelle vernichtet, dann degeneriert die Nervenfaser
und der betreffende Muskelbezirk ist ausser Funktion gesetzt
und entartet. Bei Sehnenüberpflanzungen an Kindern, die
eine Poliomyelitis durchgemacht haben, sieht man nicht
selten, dass einzelne Inseln in einem sonst ganz degenerierten,
blass rosa oder gelblich aussehenden Muskel eine rote,
gesunde Farbe zeigen. Dieser Befund kann nur so erklärt
werden, dass die den roten Inseln zukommenden Nervenein-
heiten intakt sind, während die Hauptmasse der den Muskel
versorgenden Ganglienzellen der Vernichtung anheim¬
gefallen ist.
Ich glaube im allgemeinen behaupten zu können:
soviele Nervenfasern in dem Querschnitte einer Nervenbahn,
soviele Ganglienzellen im Rückenmark, soviele Muskelein¬
heiten im Muskel. Die Zahl der Nervenfasern innerhalb einer
Nervenbahn können wir ziemlich genau bestimmen: wir
können sie im Mikroskop unter Zuhilfenahme eines Zeichen¬
apparates oder in der projizierten Mikrophotographie zählen.
*) Stoffel: Zum Bau und zur Chirurgie der peripheren Nerven.
Verhandl. d. Deutsch. Gesellsch. f. orthop. Chir., XI. Kongress, 191--
28. Januar 1913.
muenchener medizinische Wochenschrift.
m
Ich habe die Zahl der Nervenfasern für einige Muskeln be¬
stimmt. Sie beträgt für einen Muskel bis zu einigen Tausenden.
Derartigen Rechnungen haftet aber ein Fehler an: die
sensiblen Muskelnervenfasern sind nicht berücksichtigt. Doch
darf der Fehler nicht zu hoch bewertet werden, da die sen-
siblen Elemente im Muskel eine untergeordnete Rolle spielen,
ihrer Zahl nach weit hinter den motorischen Zurückbleiben.
Vorderhand können wir motorische und sensible Fasern im
Muskel noch nicht unterscheiden.
Unter einer Muskeleinheit verstehe ich die Summe
der Muskelfasern, die von den Verzweigungen einer Nerven¬
faser versorgt werden (Fig. 1). Hiermit haben wir den
Fig. 1. Schematische Darstellung einer Nerven- und Muskeleinheit.
kleinsten Teil des Muskels bestimmt, der isoliert innerviert
werden kann. Vom physiologischen Standpunkte aus können
wir die Muskeleinheit als den Elementar motor be¬
zeichnen.
Die Möglichkeit einer isolierten Innervation des Elemen¬
tarmotors ist theoretisch anzunehmen, praktisch können wir
ein so kleines Muskelgebilde isoliert nicht innervieren. Da¬
gegen sind wir befähigt, eine Gruppe von Elementarmotoren,
die wir einen Muskelabschnitt nennen, allein für sich zur Kon¬
traktion zu bringen. Diese Fähigkeit, bestimmte Teile des
Muskels einzeln für sich in Tätigkeit zu versetzen, ist bei den
verschiedenen Menschen in verschieden hohem Masse aus¬
gebildet. Es gibt Menschen, die es darin zur höchsten Voll¬
endung gebracht haben. So sah ich einen dieser Muskel¬
künstler, der auf Kommando z. B. am M. rectus abdominis
der einen Seite einen zwischen zwei Inscriptiones tendineae
gelegenen Muskelabschnitt kontrahierte, der die verschiedenen
Zacken des M. serratus anterior einzeln zur Kontraktion
brachte etc. Solche Menschen sind in der Lage, die kompli¬
ziertesten Bewegungen mit Leichtigkeit auszuführen. Sie
nutzen eben die verschiedenen Funktionen, die den ver¬
schiedenen Abschnitten ihrer Muskeln zukommen, nach Mög¬
lichkeit aus. Sie besitzen, wenn ich eine ganz beliebige Zahl
als Basis eines Vergleiches heranziehen darf, nicht 100 sondern
300 „Muskeln“. Durch regelrechte Schulung lässt sich auch
beim Durchschnittsmuskelmenschen die Fähigkeit steigern,
sowohl einzelne Muskeln für sich zu bewegen als auch an be¬
stimmten Muskeln gewisse Abschnitte isoliert in Tätigkeit zu
setzen. Ein solcher Mensch wird mit der Zeit geschickter,
d. h. er lernt es, kompliziertere Bewegungen, die ein exaktes,
maschinenmässiges Ineinandergreifen von verschiedenen Mus¬
keln und Muskelabschnitten zur Grundbedingung haben, aus¬
zuführen. Er erreicht eine physiologische Vervollkommnung
seiner Muskulatur.
Plumpe Bewegungen kommen dann zustande, wenn viele
Muskeln zusammen in Bewegung gesetzt und die verschie¬
denen Funktionen der einzelnen Muskelabschnitte nicht aus¬
genutzt werden. Wer an Leichen schon beobachtet hat, wie
verschieden oft ein und derselbe Muskel bei zwei Menschen
gebaut ist, wie er bei dem einen Menschen eine einzige Masse
darstellt, die schwer zu zergliedern ist, während er bei dem
anderen in mehrere scharf voneinander getrennte Abschnitte
differenziert ist, der kann sich ein Bild davon machen, dass es
dem ersteren Menschen im Leben schwer fiel, einigermassen
verwickelte Bewegungen mit diesem Muskel auszuführen, und
dass der andere sicher sonder Mühe in geschickter und ge¬
wandter Weise seine Gliedmasse durch diesen Muskel in Be¬
wegung setzen konnte.
So erhalten die Begriffe „Geschicklichkeit“ etc. zum Teil
eine Erklärung durch den Bau der Muskeln.
Aber noch auf einer anderen anatomischen Basis könnte
Jie Anlage zur Geschicklichkeit beruhen. Es fiel mir bei
meinen Nervenuntersuchungen oft auf, dass bei einigen Leichen
No. 4.
die Nervenbahnen auf grosse Strecken völlig voneinander iso¬
liert verliefen und nur selten Anastomosen zeigten. Der
„innere Plexus“ des Nerven war nur in geringerem Grade aus¬
gebildet. Der Willensreiz, der eine dieser Bahnen passiert,
wird nur an den bestimmten Muskel gelangen und erfährt
keine Ablenkung in andere Bahnen, deren Muskeln nicht zur
Mitkontraktion gebracht werden sollen. Infolgedessen . fällt
die Bewegung rein, zielbewusst, sicher aus. Der Erfolg der
Bewegung ist der gewollte, die Bewegung ist eine „geschickte“.
Jede Nervenbahn hat Unterabteilungen, die ebenfalls ana-
stomosenartige Verbindungen zeigt. Sind nun diese Ver¬
bindungen in geringer Zahl ausgebildet, so dass also die ein¬
zelnen Unterabteilungen der Nervenbahn selbständig für sich
verlaufen, so wird auf den Reiz einer kleinen Gruppe von
Ganglienzellen hin nur ein bestimmter Muskelkomplex ant¬
worten und die Nachbarkomplexe werden unerregt bleiben.
Auf diese Weise ist der betreffende Mensch in der Lage, eine
Bewegung aufs feinste zu differenzieren.
Wir finden aber auch Leichen, deren Nervenbahnen auf
weite Strecken miteinander verbacken sind und zahlreiche
Anastomosen zeigen. Durch dieses Verhalten der Bahnen
wird der Willensreiz öfters in falsche Bahnen abgelenkt, und
so werden auch andere Muskeln und Muskelabschnitte als
die in Aussicht genommenen zur Kontraktion gebracht. Das
Resultat ist eine ungeschickte, das Ziel nicht völlig treffende,
plumpe Bewegung.
Aus dem eben Gesagten geht schon hervor, dass wir die
Muskelindividuen der anatomischen Nomenklatur weder vom
morphologischen noch vom physiologischen Standpunkte aus
als Einheit betrachten dürfen. Im Gegenteil. Wir haben uns
den Aufbau eines Muskels folgendermassen zu denken:
Aus vielen Muskeleinheiten wird ein kleiner Muskelab¬
schnitt gebildet, mehrere Abschnitte ergeben einen Muskel¬
komplex. Aus mehreren Komplexen setzt sich der Gesamt¬
muskel zusammen. Gesellen sich mehrere Muskeln zuein¬
ander, so haben wir eine Muskelgruppe.
Wie liegen nun die Verhältnisse beim Nerven? Wir
sahen vorhin, dass als Einheit im Nerven die Nervenfaser, der
Neurit der motorischen Ganglienzelle, zu betrachten ist.
Mehrere Nervenfasern sammeln sich zu einem kleinen Nerven¬
zweig. Mehrere Zweige vereinigen sich zu einem Nervenast.
Aus der Summe der Nervenäste entsteht der Muskelnerv.
Dieser Muskelnerv verläuft nicht allein für sich zum Rücken¬
mark, sondern er schliesst sich an andere Muskelnerven und
an sensible Nerven an. Das auf diese Weise entstehende Ge¬
bilde ist der grosse Extremitätennerv.
Wir sehen also, dass Muskel und Nerv ganz
analog gebaut sind, dass sie sich aus ein¬
zelnen kleinen Bausteinen zusammensetzen,
die sich zu immer grösser werdenden Ver¬
bänden vereinigen.
Diese Vorstellungen über den Bau der
Nerven und der Muskeln müssen alle unsere
Operationen an diesen Gebilden beherrschen.
Von den Operationen an den Nerven greife ich nur eine
heraus, nämlich die Nerve ntransplantation. Sie
wurde bis vor kurzem in der Weise geübt, dass man von einem
gesunden Nerven irgend einen „Lappen“ abspaltete und diesen
dem gelähmten Nerven an einer beliebigen Stelle implantierte.
Dieses Verfahren ist unbedingt zu verwerfen, da es den ana¬
tomischen Aufbau des Nerven nicht berücksichtigt. Wenn
Resultate damit erzielt wurden, so waren sie nur dem Glücks¬
zufall zu verdanken, dass der Operateur einen funktions¬
tüchtigen motorischen „Lappen“ erwischte und ihn dem ge¬
lähmten Nerven an der richtigen Stelle implantierte. Sehr oft
kann sich dieser Glückzufall aber nicht ereignet haben.
Durch meine Untersuchungen über den Bau des Nerven
ist der bisherigen Methode der Nervenüberpflanzung voll¬
ständig der Boden entzogen worden, und meine therapeu¬
tischen Vorschläge, die auf diesen Untersuchungen fussen,
wurden akzeptiert. Alle die bisher geübten Verfahren der
Abspaltung, Implantierung etc. müssen verlassen werden, seit¬
dem wir die rationelle Nerventransplantation, die auf der
natürlichen Struktur der Nerven basiert, kennen.
Zwei Forderungen müssen wir jetzt bei einer Nerven-
transplantation von vornherein erfüllen: wir müssen am
2
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
m
kranken Nerven die Lage der gelähmten Bahn kennen, und
wir müssen am gesunden Nerven d i e Bahn mit absoluter
Sicherheit bestimmen können, die wirklich neurotisieren kann,
und die eventuell auch ausfallen darf. Nicht bei allen Nerven
und nicht an jeder Stelle des Nerven können wir diesen
Forderungen gerecht werden. Verschmilzt eine Bahn mit
einer anderen zu einem nicht zerlegbaren Ganzen, oder
splittert sie sich in mehrere Teile auf, dann ist sie für eine
Ueberpflanzung nicht verwertbar. Würden wir sie benutzen,
dann verliessen wir uns lediglich auf unser Glück.
Aus diesen kurzen Andeutungen erhellt zur Genüge, dass
der Operateur, der sich an eine Nerventransplantation heran¬
wagt, mit dem inneren Bau der Nerven absolut vertraut sein
muss. Kennt er die Lage und den Verlauf der einzelnen
Bahnen, so ist es ihm ein leichtes, sowohl die zweckmässige
motorische Bahn abzuspalten und die sensible zu vermeiden,
als auch die richtige Stelle zur Implantierung zu treffen. Die
diesbezüglichen Kenntnisse und die technischen Fertigkeiten
kann man sich in erster Linie durch Studium an der Leiche,
das jedem, der sich mit Nervenoperationen beschäftigt, sehr
empfohlen werden kann, erwerben.
Zur allgemeinen Technik einer rationellen Nerveniiber-
pflanzung möchte ich folgendes bemerken: Als Paradigma sei
eine absteigende Ueberpflanzung gewählt. Den ersten Akt
der Operation bildet das Isolieren der Bahn, die als Neuro-
tiseur benutzt werden soll. Wir fassen mit einer feinen,
spitzen Pinzette das Neurilemm der Bahn, deren Lage im
Stamme des Nerven wir durch unsere anatomischen Studien
kennen, und ziehen damit die Bahn vom übrigen Nerven etwas
ab. Dadurch wird das Interstitium sichtbar, das die Bahn von
den übrigen trennt (Fig. 2). In diesem Interstitium trennen
wir mit einem kleinen Nervenmesser das Bindegewebe vor¬
sichtig durch, unterminieren die Bahn und lösen sie in ihrer
ganzen Zirkumferenz los (Fig. 2). Haben wir das erreicht,
so ist es ein leichtes, die Bahn nach distal und proximal eine
Strecke weit zu isolieren; wir spannen die Bahn leicht an und
trennen schichtweise das zarte Bindegewebe, das die Bahn
mit den Nachbarbahnen verbindet, durch. Wollen wir ganz
sicher sein, dass die isolierte Bahn auch die richtige ist, so
berühren wir die Bahn mit der von mir konstruierten Nadel¬
elektrode, die als Kathode an einen Galvanisationsapparat
mittels eines sterilisierten Kupferdrahtes angeschlossen ist
(Fig. 2). Der betreffende Muskel wird dann zucken.
N.radüdis
lang
Bahn f Cap.
et. med. m- tricip.
N. axillaris
Fig. 2. Meine Methode der Abspaltung eines Teiles eines gesunden
Nerven zwecks Ueberpflanzung auf einen gelähmten Nerven.
Am gesunden N. radialis wird die Bahn für das Caput longum et
mediale m. tricipitis zwecks Ueberpflanzung in den gelähmten
N. axillaris abgespalten. Die Loslösung geht im Bereiche des Binde¬
gewebes, das die Bahn von den übrigen trennt, vor sich; Nerven¬
fasern dürfen nicht verletzt werden. Die Pinzette fasst das Neu¬
rilemm, mit Hilfe der Nadelelektrode kann man die Identität der
abgespaltenen Bahn kontrollieren.
Ist die Bahn genügend weit isoliert, dann trennen wir sie
peripher ab. Den peripheren Stumpf der Nervenbahn können
wir schlecht versorgen. Wir werden daher als Neurotiseure
nur solche Bahnen auswählen, deren Muskelgebiet ausfallen
kann, ohne dass eine bedeutende Funktionsstörung gesetzt
wird. Als Bahnen, die sich gut isolieren lassen und für die
Ueberpflanzung geeignet sind, möchte ich kurz nennen: in der
Achselhöhle die Bahn für die drei Köpfe des M. triceps brachii,
in der distalen Hälfte des Oberarms die Bahn für die Mm.
pronator teres, flexor carpi radialis et palmaris longus, in der
Kniekehle die Bahn für den M. triceps surae, am N. ischiadicus
die Bahn für die Kniebeuger etc.
Der Neurotiseur muss so weit mobilisiert werden, dass
er in einer geschlängelten Linie zur Implantationsstellc, die
jetzt zu bestimmen ist, verläuft. Die Implantationsstelle dürfen
wir nicht nach Belieben wählen, sondern müssen streng darauf
achten, dass wir den Neurotiseur nur mit der Bahn, deren
Funktionsausfall gedeckt werden soll, in Kontakt bringen. Da
Fig. 3a — d: Implantierung eines Nerven nach Stoffel.
die gelähmte Bahn mit Hilfe des elektrischen Stromes nicht
zu bestimmen ist, so sind wir lediglich auf unsere anatomischen
Kenntnisse angewiesen.
Die Implantierung selbst führe ich folgendermassen aus:
Ich frische die gelähmte Bahn mittels eines kleinen Skalpells
oder einer feinen Schere durch einen kleinen Querschnitt
(Okulierquerschnitt) an (Fig. 3 a). Wollte man in diesen
Querschnitt implantieren, so würde man bald innewerden,
dass der zu überpflanzende Nerv schwer mit der Wundfläche
des angefrischten Nerven in Kontakt zu halten ist. Ich lege
deshalb senkrecht zum Querschnitt noch einen Längsschnitt
(Fixierungslängsschnitt) an (Fig. 3 b), der vom Querschnitt
aus nach zentral verläuft. Bei diesem Längsschnitt gebe man
sich Mühe, keine Nervenfasern zu verwunden, man lege ihn
also interstitiell an. In diesen Längsschnitt wird der Neuroti*
28. Januar 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
179
: seur so versenkt, da$s seine Wundfläche mit der durch den
Querschnitt geschaffenen Anfrischungsfläche in innigen Kon¬
takt gerät (Eig. 3 c). Ueber dem Längsschnitt wird das Peri¬
neurium durch einige Quernähte, die das Perineurium des im¬
plantierten Nerven mitfassen, geschlossen. Eine oder zwei
Nähte schliessen das Nervenbindegewebe auch über dem
Okulierquerschnitt (Fig. 3d). Durch diesen exakten Naht¬
verschluss ist die ganze Implantationswunde unter die Peri-
neuralwunde versenkt.
Im folgenden seien 3 Nervcntransplantationen geschildert,
wie ich sie ausführe bezw. auszuführen vorschlage.
1. Bei Lähmung des M. d e 1 1 o i d e s transplantieren
wir vom gesunden N. radialis die Bahn für das Caput longum
et Caput mediale m. tricipitis auf den gelähmten N. axil¬
laris. Meine ersten Axillarisplastiken liegen nun 3 Jahre
zurück.
Nachdem wir den N. radialis freigelegt haben, suchen
wir uns die Bahnen für den M. triceps auf. Sie verlaufen in
der Achselhöhle im ulnaren, ulnovolaren und ulnodorsalen
Gebiete des N. radialis. Von diesen Bahnen spaltet man die
für den- langen und medialen Kopf des M. triceps ab, wobei
man nur in den Interstitien der Nervenbahnen arbeitet (Fig. 2).
Diese abgespaltene Bahn wird zum N. axillaris geleitet, der
daraufhin zu untersuchen ist, ob er ein Ganzes darstellt oder
in 2 Teile zerlegt ist. Es kommt nämlich vor, dass der ulnare
und der humerale Stamm des N. axillaris schon in der Achsel¬
höhle getrennt voneinander verlaufen. Der ulnare Stamm
versorgt nur die Portio spinata m. deltoidei, der humerale die
Portio acromialis et clavicularis. Da letztere die wichtigere
ist, so ist sie bei getrenntem Verlauf der beiden Stämme allein
zu versorgen. Ist der N. axillaris nicht geteilt, dann hüte man
sich beim Anlegen des Anfrischungsschnittes davor, in das
Interstitium zwischen ulnarem und humeralem Stamm zu ge¬
raten. Mit der Anfrischungsfläche wird die abgespaltene
Bahn des N. radialis in Kontakt gebracht und beide Nerven
werden miteinander vernäht.
2. Transplantation der Nn. glutaei bei Läh¬
mung des M. glutaeus maximus, medius et
m i n i m u s.
Da die Nn. glutaei inferior et superior büschelartig gebaut
sind, so kommt nur eine aufsteigende Implantation in Betracht.
Wir schneiden daher z. B. den N. glutaeus inferior möglichst
weit proximal ab und verlagern ihn zum N. ischiadicus, der
gesunde Nervenfasern in- sich führt. Wenn z. B. die Unter¬
schenkelbeuger sehr gut funktionieren, so suchen wir uns am
N. ischiadicus, der in den N. tibialis und den N. peronaeus zer¬
fällt, die Bahn für diese Muskeln auf. Sie verläuft an der
medialen (sakralen) Kante des N. tibialis. Diese Bahn wird
ingefrischt und in ihr der gelähmte Nerv versenkt 5).
3. Transplantation eines Teiles des ge¬
sunden M. tibialis auf den N. peronaeus super¬
ficialis bei Lähmung der Mm. peronaei.
Als Kraftspender wählen wir in der Kniekehle die Bahn
für das Caput laterale m. gastroenemii und die dorsalen Teile
Jes M. soleus, die in den dorsalen Teilen des N. tibialis ver-
äuft, aus. Der N. peronaeus „communis“ wird in seine zwei
Komponenten, den N. peronaeus profundus und den N. pero¬
neus superficialis zerlegt. Nun gilt es, an letzterem die
Region zu bestimmen, in der die Fasern für die Mm. peronaei
cerlaufen. Sie stellen den kleineren Teil, etwa ein Drittel des
V peronaeus superficialis dar und liegen an der medialen
Seite desselben. Der Rest des Nerven enthält nur sensible
nsern. Die motorische Bahn wird angefrischt und in ihr der
Keurotiseur versenkt.
Ich möchte meine Ausführungen mit dem Wunsche
chliessen, dass uns das Wesen des peripheren Nerven, seine
Morphologie, seine Physiologie und seine Biologie noch weiter
rschlossen werden möge. Dann werden wir auch die
Kerventransplantation, das schwierigste Kapitel der Nerven-
-hirurgie, so ausbauen können, dass sie in der Hand von
Spezialisten Tüchtiges leistet.
8) cf. Stoffel: Vorschläge zur Behandlung der Glutaeus-
Jhmungen mittels Nervenplastik. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. 107.
Aus dem Röntgeninstitut Dr. Bruegel und Dr. Kaestle
zu München.
Bewegungsvorgänge am pathologischen Magen auf Grund
röntgenkinematographischer Untersuchungen*).
Von Carl Bruegel.
Die Durchleuchtung des Magendarmkanals mit Röntgen¬
strahlen ist im Laufe der letzten Jahre zu einem so überaus
wichtigen und wertvollen diagnostischen Hilfsmittel geworden,
dass diejenigen, welche die radiologischen Leistungen auf dem
speziellen Gebiete kennen, diese Untersuchungsmethode nicht
mehr missen möchten. Eine Magendarmuntersuchung ohne
Heranziehung der Röntgenstrahlen ist ebenso unvollständig
und lückenhaft wie eine Magendurchleuchtung ohne Berück¬
sichtigung der klinischen Untersuchungsmethoden. Wir müssen
aber noch weiter gehen. Die Untersuchung am Leuchtschirm,
also die Dur chleuchtung, kann wohl gröbere anatomische Ver¬
änderungen aufdecken. Die feinen Details bei der antralen
Formation entgehen aber selbst dem Auge eines geübten
Untersuchers. Ich erinnere an die Einführung der Biorönt-
genographie. Erst die Herren Kaestle, Rieder und
R o s e n t h a 1 haben auf Grund der Serienaufnahmen nach-
weisen können, dass es weder einen Sphincter antri gibt
noch ein strenglokalisiertes Antrum. Die Leuchtschirmbeob¬
achtungen haben diese Tatsachen nicht zu konstatieren ver¬
mocht. Auch die einzelne Photographie ist oft ungenügend; sie
vermag uns eben nur eine einzige Phase der Magentätigkeit
im Bilde zu übermitteln. Eine einzige Kontraktionsphase ge¬
stattet aber nicht in allen Fällen einen unbedingten
Rückschluss auf den Gesamtablauf einer Magenperistole. Zum
Beispiel Bild 1: Die konzentrische Abschnürung
des Antrum ist eine energische und tiefe. Auf¬
fallend ist vielleicht, abgesehen von der Quer¬
dehnung, die geradlinige Begrenzung gegen
den Pylorus zu. Jedenfalls gestattet dieses
Einzelphasenbild nicht, umfangreiche patho¬
logische Veränderungen zu konstatieren. Und Bild 1.
doch bestanden dieselben in eklatanter
Weise. Ich werde auf diesen Fall in seiner Gesamtheit später
noch zurückkommen. Ebenso wie die kinemiatographische
Untersuchung des normalen Magens ganz neue Ergebnisse auf¬
weist, stehen logischerweise auch für den pathologischen
Magen neue und wertvolle Resultate zu erwarten. Die Herren
Kaestle, Rieder und Rosenthal haben am Schlüsse
ihres Originalberichtes über die Röntgenkinematographie be¬
reits dieser Erwartung Ausdruck gegeben.
Es ist mir nun in den letzten Monaten gelungen, bei einer
Reihe von Fällen mittels Serienaufnahmen diagnostische
Untersuchungen vorzunehmen, deren Ergebnisse operativ
kontrolliert werden konnten. Da solche durch
Autopsie in vivo kontrollierte Diagnosen
und deren event. Korrekturen zweifellos um
vieles wertvoller sind als Serien unkontrol¬
lierbarer Röntgenbilder, halte ich es für angezeigt,
über einige gleichgeartete Fälle zu referieren. Die Kenntnis
der Bewegungsvorgänge am Normalmagen ist für die Be¬
urteilung der pathologischen Fälle die unbedingte Voraus¬
setzung; ich verweise auf den Kaestle-Rieder- und Rosen-
thalschen Originalbericht. Der Zweck dieser antralen Be¬
wegungsvorgänge ist die Durchmischung und allmähliche Ent¬
leerung des Inhalts. Die Silhouette des Antrums zeigt sich auf
der Höhe der Ausbildung meist als ein kugelähnliches Ge¬
bilde; gerade Linien fehlen fast oder kommen nur in ein¬
zelnen Phasen vor. Das ist wichtig. Es
ist natürlich klar, dass die normalen Antrumbilder nicht alle
diese soeben erwähnte Form aufweisen werden. Es gibt
zweifellos Varietäten und individuelle Verschiedenheiten der
mannigfachsten Art. Auch ist nach dem mir vorliegenden
Material nicht von der Hand zu weisen, dass die Aziditäts¬
verhältnisse die antrale Konfiguration, mindestens aber das
Tempo des Ablaufes einer Peristole zu beeinflussen vermögen.
Diese Fragen können heute noch nicht exakt beantwortet
werden. Es fehlen hiezu bis jetzt die nötigen systematischen
Untersuchungen grösseren Stiles. Nun zu meinen Fällen.
*) Nach einem Vortrag, gehalten im Aerztlichen Verein München
am 4. Dezember 1912.
2*
180
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Zuerst ein Fall, der zeitlich viel später zur Untersuchung
kam als die anderen. Da er aber diagnostisch besonders
interessant ist, will ich ihn vorweg nehmen.
F a 1 1 1. R. Am 8. Oktober untersuchte ich mit Röntgenstrahlen
einer. Patienten R., der seit 6 Jahren wegen nervösen Magenleidens in
Behandlung gestanden hatte. Die klinischen Untersuchungsmethoden
Hessen mich im Stich, so dass ich eine Röntgenuntersuchung vor¬
nahm. Bei der Durchleuchtung, die während und nach der Ein¬
nahme des trinkbar flüssigen, nicht sedimentierenden Kaestle-
schen Kontrastin-Mondamin-Breies erfolgte, ergab sich folgender Be¬
fund: Der Magen entfaltet sich in durchaus normaler Weise. Ex¬
quisiter Langmagen. Deutliche Antrumperistaltik. Der anfängliche
gute Tonus verschwindet nach wenigen Minuten, es tritt ausge¬
sprochene Querdehnung auf. Die grobe Beweglichkeit ist gut, doch
bereitet die gewaltsame Seitwärts- und Höherdrängung des Magens
etwas Schmerzen. Die Entleerung vollzieht sich in normaler Zeit;
nach 2Vi Stunden hatte der grösste Teil der Kontrastmassen den
Magen bereits verlassen. Bei dieser Kontrolldurchleuchtung fiel
mir auf, dass das Antrum nach dem Pylorus zu durch eine scharfe
horizontale Linie abgegrenzt war. Ich kannte diesen Befund
von früheren Röntgen-Kinematogrammen, hatte aber noch niemals
am Leuchtschirm diese Beobachtung machen können. Ich veranlasst
den Patienten zur kinejnatographischen Aufnahme. 12 Bilder in
24 Sekunden, 10 Minuten nach der Nahrungsaufnahme. Hier die
Pausen der Kinematogramme (Fig. 2).
Bild 2 (Fall R. L).
1
Der an sich lange Magen ist ektatisch, so dass die normale
Kontrastmahlzeit denselben nur teilweise zu füllen vermag. Die
Bildung des Antrum vollzieht sich in fast normaler Weise. Auf¬
fallend ist die scharfe horizontale praepylo rische
Abschlusslinie, die auf allen Phasenbildern vorhanden ist. Während
an der grossen Kurvatur die peristaltischen Wellen bis dicht an den
Pylorus gelangen, verlieren sich dieselben an der kleinen Kurvatur
viel früher. Die Zeit des Ablaufes einer Peristole (22—24 Sekunden)
ist als normal zu bezeichnen.
Meine Diagnose auf Grund dieser Serienaufnahme lautete: Be¬
hinderung des Ablaufes der Kontraktionswellen am präpylorischen
Teil des Magens durch Wandinfiltrat oder Narbe, wahrscheinlich
verbunden mit Verwachsungen. Ich empfahl dem Patienten die
Gastroenterostomie. Herr Wilhelm Pettenkofer nahm die Operation
am 24. Oktober vor. Nach Eröffnung der Bauchhöhle wurde der
Magen mit grösster Gründlichkeit und
Sorgfalt abgesucht. Nirgends fand
sich eine Wandveränderung, nirgends
eine Narbe. Es bestanden lediglich
flächenhafte Verwachsungen zwischen
präpylorischem Magenteil (und zwar
an der Rückwand) und dem Duo¬
denum einerseits und der Gallen¬
blase andererseits. Dieselben wur¬
den bis zum normalen Rande des
Ligam. hepato-duodenale gelöst; es
war somit der präpylorische Magen¬
teil wieder mobilisiert, ln der Gallen¬
blase keine Steine. Von einer Gastro¬
enterostomie wurde abgesehen und
der Leib sofort wieder geschlossen.
Nachdem der Patient aus der Heilanstalt entlassen war, nahm
ich wieder eine kinematographische Aufnahme vor. Wenn
die Verwachsungen allein imstande sind, die
Konfiguration des Antrum so zu verändern, dass
diese breite horizontale Abschlusslinie entsteht,
so muss diese letztere jetzt verschwunden sein,
umsomehr als die übrigen Bedingungen mangels
der Gastroenterostomie die gleichen geblieben
waren. Und in der Tat. diese konstante geradlinige Begrenzung
i s t verschwunden. Ich nahm 10 Tage später eine 3. Serienaufnahme
des Patienten vor und erhielt das gleiche Resultat. Fig. 3 zeigt den
nicht wieder zu erkennenden Magen. Das typische Bild eines Lang¬
magens mit Querdehnung. Langsame Peristaltik, jedoch ohne Ver-
m
Bild 3 (Fall R. II).
Zögerung der Entleerung, wie ich mich überzeugte. Hier sind also
nachgewiesenermassen lediglich flächenhafte Verwachsungen (Pat.
will früher Ikterus gehabt haben) das ätiologische Moment gewesen.
Fall 2. K„ 24 Jahre alt, Braugehilfe, seit 5 Jahren magen¬
krank. Hat erhebliche Rückstände im Magen. Starke Gastrektasie.
Behandlung mit Spülung und Stenosendiät. Am 28. August dieses
Jahres nahm ich die kinematographische Aufnahme vor, 12 Auf¬
nahmen in 24 Sekunden, 10 Minuten nach der Nahrungsaufnahme.
Die Pausen der Serienbilder bringt Fig. 4: Starke Längs- und Quer-
Bild 4 (Fall K.).
dehnung des Magens. Auch hier setzen die konzentrischen Kon-{
traktionsbewegungen kräftig ein und wandern normalerweise pylorus-j
wärts. Während die peristaltische Welle an der grossen Kurvatur]
ungehindert fast den Pylorus zu erreichen vermag, hat an der kleine:;
Kurvatur die sichtbare Welle ihren Weg bereits früher (auf dem
7. Phasenbild) beendet. Besonders schön und charakteristisch prfi4
sentiert sich auf allen Serienbildern die horizontale Abgrenzungs¬
linie gegen den Pylorus zu. Meine Diagnose lautete: Wandinfiltra'
oder kallöses Ulcus im antralen Magenteil. Die am 4. September voi
Herrn Wilhelm Pettenkofer ausgeführte Operation ergab, dass
sich an der Rückwand des antralen Magenteiles eine Narbe von
der Grösse einer Fingerkuppe befand und dass Verwach¬
sungen nach der Gallenblase und dem Duodenum zu bestanden
Ein Tumor war nicht vorhanden. Gastroenterostomie. — Bei dei
neulich vorgenommenen Kontrolluntersuchung des Magens zeigte sich
dass die Magenerweiterung erheblich zurückgegangen war; der kau
dale Pol hat sich deutlich wieder dem Nabel genähert. Hier handeln
es sich also um eine grössere Narbe und um Verwachsungen.
Fall 3. H. Von anderer Seite zur Untersuchung zugewiesen
Deutliche und erhebliche Verzögerung der Magenmotilität. Kine
matographiert im November ds. Js. Von diesem Fall brachte icl
eingangs bereits ein Phasenbild als Beispiel dafür, dass ein ein
zelnes Phasenbild nicht immer zu einer sicheren Diagnose führt:
Hierher gehören die Pausen auf Fig. 5.
Bild 5 (Fall H.).
Es kommt sehr gut zum Ausdruck, wie sich der Magen in seinei
präpylorischen Teil in forcierter Weise bemüht, die Peristaltik b
zum Pylorus fortzusetzen. Die Kontraktionen sind wohl ausgiebij
aber nicht anhaltend, so dass frühzeitig und vorzeitig eine Erschlaffun
eintritt. Die Anlage des neuen Antrum mit der zapfenförmigen Au1
stülpung, die allmählige Vertiefung der Einschnürung an der grosse
und an der kleinen Kurvatur ist ganz normal. Aber in der direl
vor dem Pylorus gelegenen Partie, da, wo die Kontraktionen a;
tiefsten und am kräftigsten einsetzen sollen, da tritt ganz plötzlic
eine Erschlaffung ein. Das Muskelgewebe ist in seiner Quantit;
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
181
offenbar so reduziert, dass das Mass der nötigen Arbeit trotz aller
Anstrengung nicht mehr geleistet werden kann. Die horizontale
Abschlusslinie fehlt auch bei diesem Fall niclu. Die von mir ge¬
stellte Diagnose lautete: Hindernis am Magenausgang, wahrschein¬
lich ein kallöses Ulcus. Reduktion der kontraktionsfähigen Musku¬
latur durch Infiltrat oder Narben. Herr Prof. O e b e 1 e führte die
Operation aus. Es fand sich folgender Befund: Kallöses Ulcus, prä-
pylorisch, mit starker Infiltration der Umgebung. Zahlreiche, ganz
kleine, weisslich verfärbte narbige Stellen, der Sitz früherer Ulzera.
Ausgedehnte Verwachsungen, insbesondere am grossen Netz, ferner
chronische Appendizitis. Gastroenterostomie.
Zu diesem Fall erlaube ich mir zu bemerken, dass der Pat.
4 Wochen früher bereits durchleuchtet war. Ausser Motilitäts¬
störungen und einer Druckempfindlichkeit in der Pylorusgegend fand
ich damals röntgenologisch nichts. Ich schlug die Wiederholung der
Untersuchung nach 4 Wochen vor. Die 2. Durchleuchtung lieferte
den gleichen Befund, so dass ich mich veranlasst sah, die in Fig. 5
demonstrierte Serienaufnahme vorzunehmen.
Zum Schlüsse noch Fall 4. (L.) Zeitlich ist dieser Fall der
erste, bei dem die horizontale präpylorische Abschlusslinie gefunden
wurde. Kollege K a e s 1 1 e und ich untersuchten den Patienten ge¬
meinsam im Februar 1912 und nahmen auch die kinematographische
Aufnahme gemeinsam vor. welche die folgenden Bilder lieferte. (Der
Fall blieb zunächst vereinzelt; erst im August 1912 gesellten sich
dann die von mir untersuchten und soeben aufgeführten weiteren
Fälle dazu.) Diagnose: Kallöses Ulcus im antralen Teil des Magens,
wahrscheinlich auch postpylorisch.
Bild 6 (Fall L.).
Ausser der konstanten horizontalen Begrenzungslinie ist die Ste-
uosenperistaltik vorzüglich zu beobachten. Die Kontrastfüllung des
Kolons erklärt sich aus der Tatsache, dass tags vorher eine Magen¬
durchleuchtung vorgenommen worden war. Herr Prof. v. Stuben-
r a u c h operierte den Pat. Es fand sich ein präpylorisches kallöses
Ulcus, sowie ein ausgedehntes Ulcus im Duodenum. Es wurde die
Gastroenterostomie ausgeführt.
Wenn wir die 4 Fälle vergleichen, so finden wir auf allen
Bildern ein gemeinsames Charakteristikum: Die
horizontale Begrenzungslinie gegen den Pylorus zu. Ich be¬
tonte bereits eingangs meiner Ausführungen, es sei besonderer
Wert darauf zu legen, dass diese Horizontale auf allen
Phasenbildern vorhanden sein muss. Ist dies aber der
Fall, so kommt dieser präpylorische n Ab¬
schlusslinie zweifellos diagnostische Be¬
deutung zu. Das darf jetzt als erwiesen gelten. In der
Literatur findet sich meines Wissens nirgends ein Hinweis
auf diese horizontale Abschlusslinie und deren diagnostische
Verwertbarkeit. Diese Linie ist, vorausgesetzt, dass sie
konstant auftritt, sowie dass eine Sedimentierung ausge¬
schlossen ist, der Ausdruck dafür, dass Teile der an¬
tralen Muskulatur die Fähigkeit verloren
haben, sich in gleichsinniger Weise von allen
Seiten her konzentrisch zu kontrahieren. Wie
wir gesehen haben, kann dieser pathologische Zustand herbei¬
geführt werden durch flächenhafte Verwachsungen, durch
grössere Narben oder durch Wandinfiltrate (kallöse Ulcera).
Entsteht durch die Starrheit einzelner Wandpartien ein Hohl-
raum, so haben wir es mit einem Flüssigkeitsspiegel, einem
Niveau zu tun. Dieses Niveau kann aber — ich betone dies
ausdrücklich — hier nicht durch Sedimentierung entstanden
sein, einmal deshalb nicht, weil der Kaestlesche Kontrastin-
Mondaminbrei nicht sedimentiert und dann schon deshalb
nicht, weil die Aufnahmen 10 Minuten nach der Nahrungs¬
aufnahme vorgenommen wurden.
In vielen Einzelbildern stecken ausserdem noch sehr inter¬
essante Details, wie die „kleinschlägige Peristaltik“, ferner
Abweichungen von der bisher als Norm bezeichneten Zapfen¬
bildung beim neu angelegten Antrum, die Stenosenperistaltik
im Fall 4 (L.) u. a. m. Ich werde an anderer Stelle Ge¬
legenheit nehmen, hierauf zurückzukommen.
Die soeben demonstrierten, operativ kontrollierten Fälle
haben auch insofern Bedeutung, weil durch dieselben
bewiesen wird, dass die Methode der Serienaufnahmen
alle anderen einschlägigen Untersuchungsmethoden iiber-
trifft. Verwachsungen, wie beim Fall R. gehören
nicht mehr zu den grobanatomischen Veränderungen, son¬
dern zu den anatomisch geringfügigen und sind bis¬
her noch nicht in einwandfreier Weise nach¬
gewiesen worden. Eine wirkliche Frühdia¬
gnose kann nur mittels Serienaufnahmen ge¬
stellt werden. Es ist klar, dass nicht alle Fälle mittels
Serienaufnahmen untersucht werden können und untersucht zu
werden brauchen. Bei verdächtigen oder diagnostisch un¬
klaren Fällen muss jedoch von dieser Methode Gebrauch ge¬
macht werden. So werden einerseits viele Probelaparotomien
entbehrlich, andererseits aber können alle diejenigen Fälle dem
Chirurgen zugeführt werden, bei denen die Serienaufnahme
die Aussichtslosigkeit der internen Behandlung von vornherein
ergeben hat. So werden dem Arzte viele Misserfolge erspart,
der Patient hingegen kommt, falls eine Operation sich als
nötig erweist, zu einer Zeit zum Chirurgen, wo er sich noch
in besserem Kräftezustand befindet.
Aus der medizinischen Klinik zu Jena (Direktor: Geh. Med.-Rat
Prof. Dr. S t i n t z i n g).
Kurze Mitteilung über eine akute Schwefelsäure- und
Kupfersulfatvergiftung mit besonderer Berücksichtigung
des Blutbefundes.
Von Privatdozent Dr. V. Reichmann, Assistenzarzt der
Klinik.
Wenn man die bekannten Lehrbücher der Hämatologie
von Gr a witz und Naegeli daraufhin durchsucht, inwie¬
weit Blutveränderungen bei akuten Vergiftungen auftreten, so
findet man höchstens Angaben über das Verhalten der Erythro¬
zyten, über Plasmolyse und deren Folgeerscheinungen und
auch in dem umfänglichen Werke von Jaksch im 1. Band
von Nothnagels spezieller Pathologie und Therapie er¬
fährt man kaum mehr.
Der Grund, weshalb das Blut seither so wenig beachtet
worden ist, liegt offenbar darin, dass die lokalen Erschei¬
nungen eben ganz das klinische Bild beherrschen und meist
fängt man erst dann, wenn es im weiteren Verlauf zur
Hämaturie oder Hämoglobinurie gekommen ist, an, auch dem
Blute seine Aufmerksamkeit zu schenken. Da nun der Verlauf
einer Vergiftung gewöhnlich sehr reich an Komplikationen
aller Art (eitrige Bronchitiden, Pneumonien. Phlegmonen,
Peritonitiden etc.) ist, welche dauernd das Blutbild beein¬
flussen können, so ist es von Wert, möglichst reine Fälle zur
Untersuchung zu bekommen. Denn nur dann kann man er¬
warten, noch eine spezifische Wirkung des eingenommenen
Giftes auf den hämatopoetischen Apparat zu erkennen. Das
Material unserer Klinik von den früheren Jahren war wenig zu
gebrauchen, da in den meisten Fällen aus dem oben erwähnten
Grunde eine Blutuntersuchung nicht stattgefunden hatte, und
wo sie geschehen war, war sie fast stets zu spät erfolgt.
Immerhin möchte ich zusammenfassend erwähnen, dass mir
bei der Durchsicht wiederholt Verminderung der Erythro¬
zytenzahl und des Blutfarbstoffgehalts sowie Anisozytose und
konstant eine Vermehrung der Leukozyten begegnete. Im
Verlaufe des letzten Jahres hatte ich Gelegenheit, 2 Fälle von
Vergiftungen zu untersuchen, welche gerade bezüglich ihres
Blutbefundes der Mitteilung wert sein dürften.
1. Fall. Die 18 jährige Pat. wurde spätestens 3 Stunden, nach¬
dem sie ca. 30 ccm einer 30 — 40 proz. Schwefelsäure getrunken hatte,
zu uns in die Klinik gebracht. Sie will sofort einen grossen Teil der
Säure erbrochen haben.
Der Befund war kurz folgender: Sensorium frei, aber Klagen
über heftiges Kopfweh. Gesicht und übrige Haut des Körpers blass.
Die Schleimhäute der Lippen, der Zunge und insbesondere des weichen
Gaumens sind von weisser, glänzender Farbe und geschwollen. Der
Isthmus faucium daher stark verengt. Es wird jedoch ohne Miihe
und ohne besondere Schmerzen eine weiche Sonde in den Magen
182
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
eingeführt und letzterer mit 7 — 8 Liter Wasser (mit Magn. usta ver¬
setzt) ausgespiilt. Zum Schluss wurden 4 Eier in den Magen nach¬
gegeben. Im Spülwasser liess sich die Schwefelsäure bequem als
Sulfat nachweisen. Die Untersuchung der Brustorgane ergab abge¬
sehen von einigen feuchten Rasselgeräuschen über dem rechten Unter¬
lappen nichts besonderes. Beim Atmen empfand die Kranke heftige
Schmerzen. Der epigastrische Winkel zeigte sich sehr druckempfind¬
lich; Meteorismus bestand nicht. Die Leber und die Milz waren
nicht vergrössert. Der Harn enthielt (mit den gewöhnlichen Proben
untersucht) nie Eiweiss. In seinem Zentrifugat setzte sich eine
braunrötliche Masse ab. Mikroskopisch sah man viel saures harn¬
saures Natrium, vereinzelte hyaline und einige Epithelzylinder,
ausserordentlich spärliche Erythrozyten, Leukozyten überhaupt nicht.
Die Benzidinprobe, mit dem Harn angestellt, fiel negativ, mit dem
nicht schwarz gefärbten, mässig konsistenten Stuhl dagegen stark
positiv aus. — Im weiteren Verlaufe entwickelte sich rasch über
dem rechten Lungenunterlappen eine Bronchopneumonie mit Fieber
(am 3. Tage nach der Aufnahme auf 38,8°), das 8 Tage anhielt.
Dann stellten sich die bekannten Stenosen im Oesophagus ein, so
dass die Kranke durch Klysmata ernährt werden musste. Am 7. Tage
ihres Hierseins bekam sie plötzlich einen Erstickungsanfall; sie zog
sich selbst mit den Fingern eine 22 cm lange Membran aus dem
Halse, welche nichts anderes darstellte, als die abgestossene, nekro¬
tisch gewordene Schleimhaut der Speiseröhre, ein bekanntennassen
bei Schwefelsäurevergiftung nicht so seltenes Ereignis (s. Jak sch;
Vergiftungen, pag. 9).
Bei dieser Kranken wurde nun sofort nach der Aufnahme, also
3 Stunden nach dem Trinken der Schwefelsäure, die Blutuntersuchung
vorgenommen. Die Zahl der roten Blutkörperchen (4 100 000) war
nicht vermindert, der Blutfarbstoffgehalt betrug 68 Proz., die Zahl
der Leukozyten 32 400 pro Kubikmillimeter. Im Ausstrichpräparat
zeigten die Erythrozyten keine Anisozytose, keine Punktierungen
u. dgl. Erythroblasten und ihre Vorstufen waren nicht zu sehen.
Es fiel an ihnen nur die Verminderung der Hämoglobinmenge durch
die stark ausgeprägten Dellen auf. Bezüglich der Leukozyten er¬
kannte man sofort eine beträchtliche Verschiebung des Blutbildes
nach links im A r n e t h sehen Sinne. Man zählte unter den weissen
Blutkörperchen (ausschliesslich der Lymphozyten) nur 18 Proz. mehr¬
kernige Zellen. Unter den übrigen 72 Proz. zählte man 46 Proz.
Zellen mit einem überall gleichmässig starken, bogenförmigen Kern,
alle anderen hatten einen einfachen, runden bis bohnenförmigen Kern.
Bezgl. der Beschaffenheit ihres Protoplasmas ergaben sich
56 Proz. neutrophile,
11 Proz. eosinophile,
12 Proz. Uebergangszellen,
10 Proz. grosse mononukleäre Zellen,
8 Proz. Myelozyten und
3 Proz. Lymphozyten.
Wiederholt stiess man bei der Durchsicht der Präparate auf
grosse Haufen von Blutplättchen, so dass auch diese stark ver¬
mehrt sind. — Die Patientin wurde später auf die chirurgische Klinik
zur Beseitigung der Oesophagusstenosen verlegt. Sie starb dort
mehrere Wochen später an einer Peritonitis. Bei der Sektion fand eine
genauere Untersuchung der blutbildenden Organe nicht statt. Die
Milz war nicht vergrössert.
Da also in diesem Falle sofort im Anschluss an die Ver¬
giftung eine hochgradige Leukozytose eingetreten ist, so muss
man hier mit der Möglichkeit, dass die Schwefelsäure selbst
sie hervorgerufen hat, wohl rechnen. Sie ist um so wahr¬
scheinlicher, als es sich hier nicht um eine Leukozytose ge¬
wöhnlicher Art handelt, wo nur die neutrophilen Zellen ver¬
mehrt zu sein pflegen. Vielmehr erinnert uns dieses Blutbild
durch das zahlreiche Auftreten mononukleärer (Myelozyten
und Uebergangszellen) und eosinophiler Zellen sehr an das
einer myeloischen Leukämie. Natürlich kann ein strikter
Beweis hiefür nicht gebracht werden, da an diesem Blut¬
befunde auch resorbierte Toxine, welche bei der Verätzung
der Gewebe entstanden sind, wenigstens teilweise Schuld
haben können. Ein Versuch, die Schwefelsäure im Blute nach¬
zuweisen, wodurch bei positivem Ausfall unsere Annahme eine
wesentliche Stütze erhalten hätte, wurde nicht ausgeführt.
ln dem folgenden Fall, welcher sowohl bezüglich der Art
der Entstehung als auch seines ganzen Verlaufes recht un¬
gewöhnlicher Natur ist, gelang es nun auch, das betreffende
Gift im Blute festzustellen.
2. Fall. Der 2 XA jährige Patient, welcher vorher stets gesund
gewesen war, kam am 13. Februar d. J. nachmittags 5 Uhr von
der Strasse schreiend zu seiner Mutter gelaufen und erbrach rasch
nacheinander grünlich-blaue Massen. Die Eltern vermochten uns nur
anzugeben, dass das Kind mit anderen auf der Dorfstrasse gespielt
hat. Sie hielten es für ausgeschlossen, dass das Kind etwas getrun¬
ken hatte. In der Nacht vom 13. auf den 14 erbrach es fast unaufhör¬
lich unter heftigen Schmerzen. Das Erbrochene sei allmählich immer
gelber geworden. Am 14. früh entleerte es einen tiefroten Harn und
verschiedene dünnwässrige, schwarz-grün gefärbte Stühle. Gegen
Mittag wurde das Kind ruhiger und schlief öfters ein. In diesem Zu¬
stande wurde es noch am gleichen Abend in die Klinik gebracht.
Der Befund war folgender: Gut ernährter, im Verhältnis zu
seinem Alter kräftig entwickelter Knabe in leicht somnolentem Zu¬
stande. Die Pupillen sind weit; sie reagieren prompt auf Licht und
Konvergenz. Die Schleimhäute des Mundes und des Rachens zeigen
keine Spur von Verätzung, sie sind aber fast marmorweiss.
Die Brustorgane sind völlig gesund; nirgends hört man Neben¬
geräusche über den Lungen. Der Puls ist regelmässig, beschleunigt,
120 pro Minute. Das Abdomen zeigt eine deutliche Auftreibung in
der Magengegend, dieselbe ist sehr druckempfindlich. Die Leber
und Milz erscheinen nicht vergrössert. Die Reflexe der Extremitäten
sind abgeschwächt. Im hochgestellten Harn, welcher bald nach
der Aufnahme entleert wurde, finden sich hyaline Zylinder, wenig
Epithelien und wenig Konkremente, viel Blut mit wohlerhaltenen
Erythrozyten, der fadenziehende grün-schwarze Stuhl enthält viel
Schleim, keine mineralischen Bestandteile. Blut lässt sich_ auch mit
der Benzidinprobe nicht nachweisen Das Kind starb 5 Stunden
nach der Aufnahme.
Bei den fehlenden Verätzungen der zugänglichen Schleim¬
häute des Mundes und des Rachens gewann die Angabe der
Eltern, dass das Kind nichts getrunken haben kann, sehr an
Wahrscheinlichkeit. Die Eltern hatten bei der Einlieferung
ein Fläschchen des Erbrochenen mitgebracht. Es war von
hellblauer Farbe und reagierte neutral. Unser Verdacht, dass
es sich hier um eine Kupfervergiftung handelte, wurde dadurch
sehr bestärkt. Es gelang uns auch leicht, mit dem Erbrochenen
eine sehr schöne blaue Boraxperle herzustellen. Da dasselbe
von den im Handel gebräuchlichen Kupferverbindungen sich
nur bei Vergiftung mit Kupfersulfat blau färben konnte, so lag
es nahe, anzunehmen, dass das Kind eines der schönen blauen
Kristalle auf der Strasse gefunden und verschluckt hatte.
Bevor auf den Blutbefund eingegangen wird, sei ganz kurz der
autoptische Befund des Magens ‘) angegeben. Derselbe zeigte an der
Grenze von Fundus und Antrum pylori sehr starke Verätzung, während
der übrige Teil des Magens nur entzündet und geschwollen war.
Wahrscheinlich wurde hier an dem Orte, wo ja die stärksten peri¬
staltischen Wellen entstehen, das Kupfersalz eingeklemmt und des¬
halb durch das Erbrechen nicht herausgeworfen. Dieses hielt dann
so lange an, bis das Salz sich vollständig gelöst hatte. Dadurch
kam aber eine ungewöhnlich grosse Menge des Kupfersulfates zur
Resorption, die ihrerseits den raschen Tod des Kindes zur Folge
hatte. Ausser dem Fall von M a s c h k a, in dem das letale Ende
aber erst am 7. Krankheitstage erfolgt war, ist in der Literatur kein
tödlicher Fall von Kupfervergiftung mehr beobachtet worden.
Was nun das Blut anbetrifft, so ergab die Untersuchung einen
Hämoglobingehalt von 60 Proz., eine Erythrozytenzahl von 3 324 000.
eine Leukozytenzahl von 34 400. Die roten Blutkörperchen zeigten
im Ausstrichpräparat eine beträchtliche Anisozytose in dem Sinn,
dass man zwar häufig Mikro- aber niemals Makrozyten zu sehen be¬
kam. Die Leukozytose war in diesem Fall fast eine rein neutrophile.
Eosinophile Zellen fehlten gänzlich; dagegen begegnete man ab und
zu Myelozyten und relativ häufig den grossen mononukleären Zellen.
Bei der genauen differentiellen Zählung fanden sich an kernhaltigen
Zellen :
neutrophile Leukozyten 73,5 Proz.
mononukleäre Leukozyten 7,5 „
Myelozyten 2,0 „
Eosinophile 0,0 „
Lymphozyten 16,0 „
kernhaltige Erythrozyten 1,0 „
Die Kerne der Leukozyten färbten sich sowohl mit Giemsa als
mit Jenner sehr intensiv. Sie Hessen keinerlei Struktur, keine Span-,
genbildung erkennen und hatten dadurch vielfach ein pyknotisches
Aussehen. Ca. 14 aller neutrophilen Zellen war ausserdem. ausser-j
ordentlich klein, wie geschrumpft, und ihr Protoplasma enthielt viel-,
fach Vakuolen. Auch hier zeigte sich, wie im vorigen Falle, eine
sehr starke Vermehrung der Blutplättchen, teils in Form von Häut¬
chen, teils waren sie auch diffus über das Präparat zerstreut.
Da in diesem Falle die verätzte Fläche relativ klein war
(in den oberen Luft- und Speisewegen fand sich keine Spur
einer Schleimhautalteration und jenseits des Magens jeden¬
falls kein Geschwür) und da im pharmakologischen Institut in
Blute selbst Kupfersulfat nachgewiesen wurde, so ist kaum;
noch daran zu zweifeln, dass dasselbe direkt auf den härnato-
poetischen Apparat eingewirkt hat, d. h. dass es die Anämie
und die Leukozytose selbst hervorgerufen hat. Bei der Sek¬
tion baten wir Herrn Professor R ö s s 1 e, die Knochen nach-;
Zusehen. Dabei zeigte sich das Mark der langen Röhren¬
knochen in ihrer ganzen Diaphyse stark gerötet und ge¬
schwollen. Ausstriche des Markes Hessen eine sehr lebhafte
*) Der Fall wird in einer Inaug.-Diss. vom hiesigen patho
logischen Institut ausführlich veröffentlicht.
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Erythropoese wie Myelopoese erkennen. Ca. % aller roten
Blutkörperchen hatten Kerne und von den Arten der weissen
Blutkörperchen prävalierten die Myelozyten. Auffallend war
die sicher nicht verminderte Menge von eosinophilen Zellen,
welche ja im freien Blute ganz fehlten. Riesenzellen sah man
nur wenige. Wenn auch dieses Bild des Knochenmarkes für
das Alter des Kindes nicht besonders auffallend ist, wo über¬
haupt das Mark auch makroskopisch noch eine gewisse Rötung
zeigt, so spricht doch das Fehlen der bekannten stern¬
förmigen Bindegewebszellen sowie der aus ihnen hervor¬
gehenden Fettzellen für eine ganz ungewöhnlich starke Blut¬
körperchenneubildung, welche um so erstaunlicher ist, als noch
keine 24 Stunden seit dem Eintritt der Vergiftung verstrichen
waren.
Ich unterlasse es, verallgemeinernde Schlüsse aus diesen
beiden Fällen zu ziehen. Die Entscheidung der Frage, ob in
jedem Fall von Schwefelsäure- oder Kupfersulfatvergiftung
derartige Blutbilder entstehen, muss ich der Zukunft über¬
lassen. Es genügt mir, darauf hingewiesen zu haben, dass
auch das Blut, insbesondere seine zytologische Zusammen¬
setzung, bei Vergiftungen wohl der Beachtung wert ist.
Aus der Hebammenschule in Osnabrück (Direktor: Dr. Riss-
m a n n).
Schwangerschafts -Toxikodermien durch Ring ersehe
Lösung geheilt.
Von Dr. Elise Eichmann.
Im Juni 1912 veröffentlichte mein Chef, Direktor Riss¬
mann, drei Fälle von Toxikodermien bei Schwangeren und
Wöchnerinnen, bei denen Heilung nach intramuskulärer In¬
fusion von Ringer scher Lösung eintrat. Da inzwischen bei
gleichartigen Fällen dieselbe Behandlungsweise fortgesetzt
wurde, so bin ich jetzt in der Lage, über drei weitere Fälle
berichten zu können, von denen besonders der letzte Fall (III)
so prägnant ist, dass er unbedingt Erwähnung verdient.
Die Technik der Applikation der Ringerlösung haben wir
geändert; die Infusion wurde zugunsten der Injektion auf¬
gegeben. Da die intraglutäalen Infusionen mittels Qiastrichter,
Schlauch und Nadel manchmal bis eine halbe Stunde dauerten,
und die Lösung infolgedessen stark abkühlte, auch in dem
Gummischlauch ziemlich viel zurück blieb, so dass eine genaue
Dosierung nicht gut möglich war, so haben wir in diesen Fällen
die R i n g e r sehe Lösung mit einer 100 ccm fassenden Spritze
in die Glutäalmuskulatur injiziert. Die Injektion ist in einigen
Minuten vollendet und verursacht keine grösseren Beschwer¬
den als die Infusion.
Fall I. 22jährige Erstgebärende, am 3. VI. 12 in die An¬
stalt aufgenommen, klagt gegen Ende der Schwangerschaft über star¬
kes Hautjucken an Armen und Beinen. Das Jucken soll seit
1 Wochen bestehen und besonders nachts recht quälend sein, so dass
der Schlaf dadurch gestört wird.
5. VI. An Armen und Beinen frische und ältere Kratzeffekte,
bür Skabies keine Anhaltspunkte. Injektion von 180 ccm Ringer-
scher Lösung (Rp. : Natr. chlorat. 1,8; Calc. chlorat. 0,048; Kal. chlo-
rat. 0,084; Natr. bicarbon. 0,06; Aq. dest. ad 200,0).
ln der Nacht darauf ist der Schlaf besser.
Am folgenden Tage kein Jucken mehr; um die Injektionsstelle
sreringe Schmerzen.
25. VI. Da Pat. seit 2 Tagen wieder über Jucken klagt, wird
-ine zweite Injektion von 180 ccm Ringer scher Lösung gemacht.
26. VI. Jucken vollkommen verschwunden, und nur noch ganz
teringe Kratzeffekte zeugen von dem früheren starken Juckreiz.
In der folgenden Zeit wurde nie mehr über Jucken geklagt; die
dten Kratzeffekte heilten ab, neue traten nicht hinzu.
13. VII. Normaler Partus.
Die Wöchnerin wurde am 12. Wochenbettstage mit Kind ohne
Beschwerden entlassen.
F a 1 1 II. 18 jährige I.-para klagt im 6. und 7. Schwangerschafts-
nonat über starkes Hautjucken, besonders abends und nachts. Bei
*er Aufnahme am 24. VII. 12 bestehen die Beschwerden schon seit
twa 8 Wochen.
27. VII. Gestern wieder viel Jucken. An Armen und Beinen
-eigen sich zahlreiche Kratzeffekte, an der Innenseite des linken
vnies mehrere quaddelartige Erhebungen.
Injektion von 150 ccm Ringer scher Lösung. Abends und
mchts darauf noch viel Jucken.
In der zweiten Nacht ebenfalls noch etwas Jucken, aber nur
;urz andauernd.
183
30. VII. Kein Juckreiz mehr. Kratzeffekte abgeheilt. Keine
neuen Kratzwunden.
19. IX. Normale Geburt.
Mutter und Kind werden am 12. Wochenbettstage gesund ent-
lassen.
Fall III. 24jährige I.-para erzählt, dass sie im 7. Schwanger¬
schaftsmonate geschwollene Fiisse gehabt habe. Als die Schwellung
nach etwa 6 wöchentlichem Bestehen zurückging, sei am ganzen
Vk°rrver,oein stark, juckender Ausschlag aufgetreten, der jetzt, am
46. 1a. !2, seit 2 Wochen bestehe. Das Jucken soll auch in diesem
ralle nachts besonders stark sein. Auf Brust, Bauch, Rücken und
der Uber- und Innenseite der Oberschenkel ausgebreitetes multi¬
tot mes Exanthem, welches aus dicht nebeneinander stehenden lin¬
sen- bis talergrossen, etwas erhabenen Flecken besteht. Die*
grösseren von diesen sind im Zentrum von braunroter Farbe und
schuppen leicht, während ihr Rand hochrot und wallartig erhaben
ist. Die kleineren Flecke, wohl die jüngsten Eruptionen, die am
meisten jucken, sind quaddelartig und von hellroter Farbe. Ueberall
zwischen dem Exanthem frische Kratzeffekte. Keine Zeichen von Lues
Mund o. B.; keine Drüsenschwellungen; Genitalien o. B. Düngern
negativ. Urin: ganz geringe Spur von Albumen, bei der Phenolsulfon¬
phthaleinprobe1) starke Verzögerung in der Ausscheidung des Farb¬
stoffs.
28 IX., lO'A Uhr vormittags. Injektion von 160 ccm Ringer-
scher Lösung.
29. IX. Jucken soll seit gestern Abend etwas geringer geworden
sein. Keine neuen Kratzeffekte. Schuppung im Zentrum der grösse¬
ren Flecke stärker geworden, Rand derselben blasser und flacher.
L X. Exanthem wesentlich abgeblasst.
3. X. Klagt erneut über Jucken. An den Oberschenkeln und am
Halse einige neue quaddelartige Eruptionen.
6A Uhr abends. Injektion von 190 ccm Ringer scher Lösung.
5 X. Kein Jucken mehr; Schlaf letzte Nacht gut. Exanthem am
Rumpfe völlig blass und ziemlich stark schuppend; die letzten Erup¬
tionen am Halse und an den Oberschenkeln zeigen noch leicht rötlich“
Farbe.
7. X. Klagt über Incontinentia urinae, wie sie bei vielen Frauen
in der letzten Zeit der Schwangerschaft auftritt. Die hierdurch fast
ständig durchnässte Wäsche hat in den Oberschenkelfalten ein Ekzem
hervorgerufen. Das Exanthem auf dem Körper ist vollständig ab¬
geblasst und verursacht keine Beschwerden mehr.
15. X. In den Schenkelbeugen noch geringe Rötung.
25. X. Pat. liegt seit 2 Tagen wegen leichter Wehen im Bett.
Vom Exanthem auf dem Körper und dem Ekzem in den Schenkel¬
beugen nichts mehr zu sehen.
6 3A Uhr abends. Normaler Partus.
6. XI. Wöchnerin wird mit Kind beschwerdefrei entlassen.
In den erwähnten drei Fällen haben wir also mit Ringer¬
scher Lösung vollkommen befriedigende Resultate erzielt.
Dass in zwei Fällen nicht gleich nach der ersten Injektion voll¬
ständige Heilung eintrat, ist nicht weiter verwunderlich, wenn
man bedenkt, dass die Toxikodermien schon wochen-, ja
monatelang bestanden. Die subjektiven Beschwerden besserten
sich prompt nach der Injektion, und auch die objektiven Krank¬
heitserscheinungen wichen deutlich, wie dieses besonders gut
bei Fall III zu beobachten war, wo sich von Tag zu Tag eine
merkliche Besserung zeigte. Der therapeutische Eingriff ist
ausserdem ein völlig harmloser und wegen der weniger zu be¬
fürchtenden anaphylaktischen Erscheinungen den Serum¬
injektionen vorzuziehen. Neben den Injektionen von Ringer-
scher Lösung haben wir den betr. Frauen streng vegetarische
Diät gegeben, da wir der Ueberzeugung sind, dass die
Schwangerschaftstoxikosen speziell die Toxikodermien zum
grossen Teil auf alimentäre Intoxikation zurückzuführen sind.
Und zwar sind wir zu dieser Annahme aus folgenden Gründen
gekommen:
1. Es steht fest, dass bei Veget arianer¬
innen weniger häufig Schwangerschafts¬
toxikosen beobachtet sind.
2. Urtikariaausschlag ist in den meisten
Fällen nach einem Diätfehler entstanden;
Schwangere neigen aber leichter zu Haut¬
ausschlägen, die aus diesem Grunde ent¬
standen sind, weil ihr Stoffwechsel ein völlig
veränderter ist.
Der Kohlehydratstoffwechsel versagt
sehr oft (insuffisance hepatique der Fran¬
zosen), infolgedessen tritt die Glykosurie auf,
D Meine Versuche über Nierenfunktionsprüfung: durch die Phe¬
nolsulfonphthaleinprobe mittels des Kolorimeters von Auten-
rieth-Königsberger werde ich in der nächsten Zeit ver¬
öffentlichen.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
1184
und das Eiweissabbauvermögen ist auch
geschwächt.
Bisher hat man bei den Schwangerschaftstoxikosen, zu
denen man die Schwangerschaftsniere, die Dermatosen, die
Hyperemesis und die Eklampsie zählt, von einer plazentaren
Theorie gesprochen und angenommen, dass die Intoxikation
durch parenterale Eiweissabbauprodukte hervorgerufen ist, die
im Blute jeder Schwangeren und Wöchnerin kreisen. Infolge¬
dessen sind die serumtherapeutischen Bestrebungen angebahnt
(Freund, Mayer). Freund benutzte bald ausser dem
„Gravidenserum, auch Serum von Nichtgraviden, Pferden und
Meerschweinchen und hatte dabei denselben Erfolg zu ver¬
zeichnen wie nach Gravidenserum. Ebenso waren die Ver¬
suche von R. Franz mit Nabelschnurblutserum und von
Hofbauer mit Pituitrin von Erfolg begleitet. Wenn nun die
plazentare Theorie richtig ist, dann müssten all die genannten
Heilmittel (die verschiedenen angewandten Sera, Pituitrin und
Ringerlösung) ein und dasselbe Antitoxin gegen das im Blute
kreisende, aus der Plazenta stammende Toxin enthalten.
Gegen die plazentare Theorie sprechen aber ausser den
oft betonten Gründen auch gelegentliche Misserfolge, die bei
Seruminjektionen zu verzeichnen waren. R ii b s a m e n be¬
richtet über einen Fall von hämorrhagischem Exanthem, das
durch Schwangerenserum nicht beeinflusst wurde. Veit er¬
zielte durch Schwangerensera bei Schwangerschaftsnieren
keine Besserung. Lässt man demzufolge die plazentare
Theorie nicht gelten und nimmt eine alimentäre Intoxikation
an, so sind die Erfolge mit Ringer scher Lösung durch die
Verdünnung des Blutes und somit auch des Giftstoffes und
durch die gesteigerte Diurese zu erklären, die die Toxine
schnell aus dem Körper schwemmt. Durch die vegetarische
Diät aber wird die Entstehung von neuen Toxinen ver¬
hindert.
Da aus den mitgeteilten Misserfolgen bei der Serum¬
therapie und unseren Erfolgen mit Ringer scher Lösung im
Verein mit vegetarischer Diät noch keine definitiven Schlüsse
gezogen werden können, weil die Anzahl der beobachteten Fälle
noch zu gering ist, so wäre eine Nachprüfung unserer Behand¬
lungsweise bei Toxikodermien und auch allen anderen
Schwangerschaftsintoxikationen sehr wünschenswert Be¬
achtet werden müsste ausser den im Blute kreisenden Eiweiss-
abbauprodtikten auch die Retention anderer Stoffe im Blute
der Schwangeren wie der Lipoide, wie diese erst kürzlich von
Herr mann und Neu mann mitgeteilt wurde, so dass sie
in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden konnte.
Auch wären in der Gravidität bei anhaltenden Kopfschmerzen,
geringen Oedemen, die durch Nierenläsion und nicht durch
Stauung entstanden sind, Uebelkeit etc. prophylaktisch Ver¬
suche mit vegetarischer Diät, vielleicht kombiniert mit einem
Darmdesinfiziens zu machen. Ueber solche Massnahmen
werden wir demnächst berichten.
Am 24. Dezember habe ich die zuletzt erwähnte Pat.
(Fall III) wieder gesehen. Sie hatte frischere Farben, befand
sich sehr gut; Haut war völlig rein; das Phenolsulfonphthalein
wurde wesentlich schneller durch die Nieren ausgeschieden.
Literatur.
R. Freund: Serumtherapie bei Schwangerschaftstoxikosen.
Verhandl. d. D. Gesellsch. f. Gynäkol., München 1911. — Mayer:
Normales Schwangerenserum als Heilmittel gegen Schwangerschafts¬
dermatosen im besonderen und Schwangerschaftstoxikosen über¬
haupt. Zentralbl. f. Gynäkol. 1911, No. 9 u. 37. — Hetzer: Verhandl.
d. D. Gesellsch. f. Gynäkol., München 1911. — Veit: Ebendaselbst.
Rübsamen: Ein Versuch, Schwangerschaftstoxikosen durch Ein¬
spritzung von Schwangerschaftsserum zu heilen. Zentralbl. f.
Gynäkol. 1911, No. 21. — R. F r an z: Mit Nabelschnurblutserum ge¬
heilte Schwangerschaftsdermatose. Zentralbl. f. Gynäkologie 1912,
No. 28. — H o f b a u e r : Schwangerschaftstoxämie. D. med Wochen¬
schrift 1910, No. 36. — Rissmann: Intramuskuläre Infusionen von
R i n g e r scher Lösung bei Toxikosen, namentlich bei den Toxiko¬
dermien von Schwangeren und Wöchnerinnen. D. med. Wochenschr.
1912, No. 24. — H e r r m a n n und Neumann: Lipoide der Gravidi¬
tät und deren Ausscheidung nach vollendeter Schwangerschaft.
Wiener klin. Wochenschr. 1912, No. 42.
Aus der Provinzial-Frauenklinik und Hebammenschule zu
Breslau (Direktor: Dr. Bau mm).
Salvarsan bei Chorea gravidarum.
Von E. Härtel, Oberarzt.
In No. 43, Jahrg. 1912 dieser Wochenschrift publiziert
Szametz einen durch intravenöse Infusion von Salvarsan
geheilten Fall von Chorea minor und zitiert daselbst einen
Artikel S a 1 i n g e r s, nach dem bis zu jener Zeit 10 Fälle von
Chorea minor mit Salvarsan behandelt worden wären.
Die von den beiden Autoren veröffentlichten günstigen
Resultate der Salvarsaninjektion bei Chorea minor veran¬
lassen mich, meine durch die Einzelheit des Falles bedingte
Reserve in der Beurteilung des Heilerfolges einer Salvarsanin-
fusion bei Chorea gravidarum fallen zu lassen. Die
Seltenheit der Erkrankung hat mich bisher nicht zu einer
Nachprüfung unserer Beobachtung kommen lassen, weswegen
ich mit einer allgemeineren Publizierung bisher gezögert habe.
Nunmehr glaube ich aber, gestützt auf die von den beiden
Autoren bekannt gegebenen günstigen Resultate bei Chorea
minor auch bei den schweren Fällen von Chorea gravidarum
einen Versuch mit einer Salvarsaninfusion empfehlen zu
können. Handelt es sich doch bei dieser Erkrankung um ein
Leiden, das man in schweren Fällen nur durch Einleitung des
Abortes bekämpfen zu können glaubt, und das trotz dieses
heroischen Mittels in einem hohen Prozentsatz zu geistigen
Störungen und zum Tode führt. Es wäre deshalb als ein
grosser Gewinn zu begrüssen, sollte sich das Salvarsan auch
in dieser Richtung bewähren. Der Fall, um den es sich
handelt, ist nach der gekürzten Krankengeschichte folgender:
Am 25. November 1911 wurde die Fabrikarbeiterin Martha H.
vom Arzte wegen Veitstanz in unsere Anstalt geschickt.
Die Familienanamnese war ohne Besonderheiten. Nervöse erb¬
liche Belastung war nicht nachzuweisen. Vor 3 Jahren war sie
wegen desselben Leidens 1 Jahr lang in der medizinischen Universi¬
täts-Poliklinik mit Pillen und Medizin behandelt worden. Dann war
sie angeblich kerngesund. 14 Tage vor der Aufnahme erkrankte sie
mit Zuckungen in Armen und Beinen. Sie war zu dieser Zeit irrt
7. Monate schwanger. Da das Leiden schlimmer wurde und sie
schliesslich arbeitsunfähig machte, suchte sie nach 8 I agen den Arzt
auf, der ihr Arsenwasser verordnete. Trotzdem verschlimmerte sicli
der Zustand dermassen, dass der Arzt Anstaltsbehandlung für not¬
wendig erachtete.
Bei der Aufnahme ergab sich kurz folgender Status:
Massig genährte, mittelkräftig und normal gebaute mittelgros.su
Person. Sichtbare Schleimhäute und Gesichtsfarbe o. B. Starke Un¬
ruhe der gesamten Körpermuskulatur inklus. der mimischen. Be¬
sonders ausgeprägt ist sie an den Extremitäten, die beständig in
choreatisch zuckender Bewegung sind. Ein Glas kann sie nur mit
Mühe mit Hilfe beider Hände zum Munde führen. Beständig macht
sie zwecklose Kau- und Schlingbewegungen. Die Sprache ist in¬
folgedessen undeutlich und gaumig. Sie geht nicht gern, infolge der
sich beim Gehen störend bemerkbar machenden ataktischen Be¬
wegungen der Beine. Sie muss beim Essen unterstützt werden und
verschluckt sich oft dabei. Die Gemütsstimmung ist sehr labil. Trau¬
rigkeit und Angst wegen ihres Zustandes herrschen vor. Organ¬
befunde o. B., speziell ist die Herzdämpfung nicht verbreitert, und
die Töne rein bei regelmässiger Aktion. Der Fundus des schwan¬
geren Uterus steht 3 Querfinger oberhalb des Nabels; Schädellage:
Herztöne und Kindsbewegungen sind nachweisbar. Urin ist frei von
Eiweiss und Zucker.
Die Behandlung bestand zunächst in Bettruhe und Isolation.
Dazu wurde Brom verabreicht. Ein Erfolg war aber nicht zu be¬
merken. Im Gegenteil, die körperliche Unruhe nahm zu, und Sprache
sowie Gemütsstimmung wurden schlechter. Trotz sorgfältige'
Pflege und Fütterung ging die Nahrungsaufnahme zurück. Bei
gleichzeitigen feuchten und trockenen Ganzpackungen, die noch am
besten wirkten, wurde Veronal, Chloral und Skopolamin verabreicht.
Trotzdem nur ganz vorübergehende Beeinflussung der motorischen
Unruhe. Arsen war ihr mit Rücksicht auf die erfolglose Arsen¬
behandlung vor der Aufnahme bei uns noch nicht gegeben worden
gleichzeitig in Erinnerung völliger Wirkungslosigkeit in den sonst
üblichen Dosen bei den 2 vorausgegangenen Fällen von Chorea gra¬
vidarum, die tödlich ausliefen. Wir glaubten es aber doch noch voi
der nunmehr in Frage kommenden Einleitung des Abortes mit dei
Zuführung grösserer Arsendosen versuchen zu müssen, und so kämet
wir zur Anwendung des Salvarsans. Die intravenöse Injektion wai
bei der kolossalen Unruhe nur in Narkose möglich. Es wurdet
0,5 Salvarsan nach Blutentnahme für die Wassermann sehe Re
aktion injiziert. Die W. R. fiel negativ aus. Unmittelbar nach dei
Injektion war keine Besserung zu konstatieren; sie bekam deshall
weiterhin ihre feuchten Ganzpackungen und Schlafmittel. Aller
dings war diese Therapie von besserem Erfolge begleitet als frühe;
insofern, als sie nach diesen einige Stunden ruhig schlief, wahrem
28. Januar IQKl
Mt FNCIIFNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
185
früher die motorische Unruhe Tag und Naclit ungehalten hatte. Vom
4. Tage ab wurde die Besserung im allgemeinen deutlicher. Sie
selbst fühlte sich auch ruhiger. Vom 7. Tage ab w*ar eine. Anwen¬
dung von Narkoticis nicht mehr notwendig. Fat. schlief nachts und
ging bei Tage mit allerdings noch etwas stapfendem Gange umher.
Die Sprache besserte sich langsam. Am 8. Tage konnte sie sich
schon einen Apfel selbst schälen. Am 11. Tage waren die Extremi¬
täten fast völlig ruhig. Nur beim Sprechen machte die Patientin
noch unnötige Bewegungen mit dem Munde. Die Gemütsstimmung
war noch labil. Am 15. Tage nach der Injektion war sie voll¬
kommen ruhig. Nur beim Sprechen merkte man noch ein kleinwenig
den früheren Zustand. Da Pat. heiraten wollte, mussten wir sie als
fast geheilt entlassen. Ich hatte jedoch Gelegenheit, sie später
wiederzusehen und konnte sie fast 2 Monate nach der Injektion in
der gynäkologischen Gesellschaft im letzten Monat ihr.er Gravidität
als völlig gesund und rezidivfrei vorstellen. Da die Pat. sich nicht
wieder vorgestellt hat. glaube ich nach unserer Vereinbarung an¬
nehmen zu können, dass auch weiterhin die Chorea sich nicht
wieder bemerkbar gemacht hat.
Ich würde also mit Rücksicht auf die Erfahrungen der
beiden obengenannten Autoren glauben, annehmen zu dürfen,
dass auch in unserem Falle Salvarsan eine heilende Wirkung
entfaltet hat. Und es dürfte wohl angebracht sein in schwe¬
ren Fällen von Chorea gravidarum, die durch kein anderes
Mittel zu beeinflussen sind, erst einmal einen Versuch mit
Salvarsan zu machen, ehe man zur Unterbrechung der
Schwangerschaft, deren Erfolg überdies auch noch sehr
zweifelhaft ist, schreitet.
Nachtrag zu meiner Mitteilung „Heilung eines Falles
von Hautsarkomatose durch Thorium X“.
Von Karl Herxheim er in Frankfurt a. M.
Am Schlüsse der genannten Arbeit habe ich dem Zweifel, dass
die Heilung des Falles von multiplen Hautsarkomen durch Thorium X
eine dauernde sein werde, deutlich Ausdruck gegeben und gesagt,
dass die Heilung der Hautsarkome bis zum Verschwinden aller vor¬
handen gewesenen Geschwülste gelungen war. Dies war tatsächlich
der Fall, denn die mikroskopische Untersuchung eines klinisch aus¬
geheilten pigmentierten Stückchens vom linken Vorderarm ergab
absolutes Freisein von Sarkomzellen. Es konnten natürlich nicht alle
mit Pigmentbildung abgeheilten Stellen untersucht werden. Schon
etwa 4 Wochen nach der letzten Besichtigung des Patienten kamen
neue Knoten, etwa 4 — 5 an der Zahl, auf dem Rücken wie auch einige
auf den Armen, diese letzteren lokalisiert an den pigmentierten
Stellen. Patient erhielt darauf nochmals eine Injektion von Thorium X
zu 1000 elektrostatischen Einheiten. Wenige Wochen später er¬
krankte — ich verdanke diese Mitteilung Herrn Kreisarzt Dr. Kuli-
mann in Lauterbach (Oberhessen) — der Patient an ausgedehnten
Metastasen in den inneren Organen. Er hatte unerträgliche
Schmerzen im Ischiadikusgebiet und in der linken Nierengegend,
mit blutigem Urin, ferner fötiden, schokoladenbraunen Auswurf, der
manchmal unverändertes Blut enthielt. Gegen Ende Dezember trat
rechtsseitige Ptosis und Taubsein der rechten Gesichtshälfte auf,
Appetitlosigkeit, Durchfälle, zunehmende Prostration. Ende De¬
zember erfolgte unter schweren meningitischen Erscheinungen
(völlige Bewusstlosigkeit. Genickstarre, C h e y n e - S t o k e s sches
Atmungsphänomen etc.), sowie unter einer frischen Eruption von
Sarkomknoten am linken Unterarm der Exitus. Die Autopsie wurde
verweigert.
Dass in vorliegendem Falle die Thorium X-Behandlung die neue
Sarkomeruption auf der Haut und offenbar in den inneren Organen
nicht hintanhalten konnte, würde mich nicht davon abhalten, bis auf
weiteres in Zukunft in ähnlichen Fällen das Thorium X wieder in
der gleichen Weise, wie wir es getan haben, anzuwenden, zumal da
sich jede andere Behandlung bisher als aussichtslos erwiesen hat.
Man könnte daran denken, die Thorium X-Behandlung mit derjenigen
von anorganischen oder organischen Arsenikmitteln zu kombinieren.
Solange wir freilich die Ursache der Sarkome nicht kennen, fehlt uns
die Basis zur systematischen Bekämpfung derselben.
Eine einfache, neue Bestrahlungslampe für Gleich- und
Wechselstrom.
Von Dr. Wolff in Karlsruhe.
In den letzten Jahren ist auf dem Gebiete der Bestrahlungs¬
therapie durch die Fortschritte der Röntgenkunde das allgemeine
Interesse von der Schwesterwissenschaft, der eigentlichen Photo¬
therapie, etwas abgelenkt worden.
Tatsächlich besitzen wir ja auch in der Finsen- resp. Finsen-
Reynlampe, sowie in der Quarzlampe, welche am meisten Anklang
gefunden haben, so ausgezeichnete Apparate, dass es scheinen könnte,
als ob zur Zeit alle Bedürfnisse des Lichtheilverfahrens gedeckt
seien.
No-
Und doch hat es seit der ersten Veröffentlichung der Quarz¬
lampe im Jahre 1906 nicht an Stimmen gefehlt, welche die geringe
1 iefenwirkung, sowie die grosse Oberflächenreizung der im Queck-
silbei licht enthaltenen kurzwelligen chemischen Strahlen gegenüber
dem Kohlenbogenlicht bemängelten. Jedenfalls ist der Streit noch
nicht entschieden, welcher Lichtquelle bei der Lupusbehandlung der
Vorzug gebührt. Je nach dem Fall ist bald die eine, bald die andere
Strahlenart wirksamer. So gibt es z. B. Ekzemiormen, bei denen
gerade die Verbindung von Licht mit Wärmestrahlen besonders
günstig wirkt. Es ist auch experimentell von verschiedenen Autoren
(Bang, I hi eie und Wolf) nachgewiesen, dass die chemischen
Strahlen bedeutend wirksamer sind bei Anwesenheit von Wärme,
als ohne dieselbe.
Eine weitere Schwierigkeit bleibt immer noch der Kostenpunkt.
Denn abgesehen von dem an sich beträchtlichen Preis für die
Lampen selbst wird die
Anlage dort, wo kein
Gleichstrom vorhanden
ist, durch die Aufstellung
eines Umformers recht
kompliziert. Zweifellos
ist gerade aus diesem
Grunde die Lichtbehand¬
lung für viele Dermato¬
logen ein pium desi-
derium geblieben, trotz¬
dem sie wissen, dass eine
ganze Anzahl von Fällen
der täglichen Praxis am
besten und elegantesten
mit Licht behandelt wird.
Es ist auch gar nicht
nötig, deswegen, weil
vielleicht der relativ sel¬
tene Lupus vulgaris am
zweckmässUsten mit
einer schwer zu be¬
schaffenden Lampe be¬
handelt wird, auf die
Lichtbehandlung von viel
häufigeren Affektionen
(Akne!) zu verzichten, wenn wir hier mit einfacheren Lichtquellen
billiger und zuweilen sogar besser zum Ziel kommen.
Ich selbst benütze neben der Finsen- und Quarzlampe eine solche
einfachere Bestrahlungslampe mit Wechselstrom, die aus den Bedürf¬
nissen der täglichen Praxis herausgebildet ist und mir seit mehreren
Jahren gute Dienste leistet.
Ursprünglich ging ich von dem Gedanken aus, eine Lampe zu
konstruieren, die etwas reicher an violetten Strahlen ist, wie die
Finsenlampe, ohne das im Eisen- und Quecksilberlicht enthaltene
irritierende, kurzwellige Ultraviolett. Dabei schwebte mir die bei
der Beleuchtung von Fabrikräumen verwendete Reginalampe, sowie
die Kopierlampen vor. Beide sind besonders reich an violetten
Strahlen, dadurch, dass ihre Kohlen im luftverdünnten Raume und
damit im Zusammenhang mit grossen Lichtbogen und höherer
Spannung brennen. Statt aber die Kohlen in eine Achse zu stellen,
gab ich ihnen eine spitzwinklige Stellung (10°). Dadurch ist erstens das
Licht gezwungen, infolge einer eigenen elektromagnetischen Wirkung
bei hoher Spannung in grossem halbkreisförmigen Bogen überzu¬
springen, und zweitens sind beide Lichtkrater direkt nach vorne
gerichtet und werfen ihre ganze Lichtfülle dem behandelten Objekt
entgegen. Das auf diese Weise gewonnene Licht hat einen deutlich
violetten Charakter und vermag auf 30 cm Abstand vom Licht¬
bogen photographisches Silberpapier ebenso rasch zu bräunen als
die Quarzlampe auf 15 cm.
Das Gehäuse der Lampe besteht aus einem kurzen, dicken, mit
weissem Asbest ausgekleideten Eisenrohr, welches vorne durch eine
gefensterte Tür verschliessbar ist. Als Fenster habe ich früher
Uviolglas oder eine runde Scheibe aus geschmolzenem Bergkristall
verwendet.
Später bin ich davon abgekommen, da sich herausstellte, dass
durch die grosse Hitze im Innern der Lampe die Luftverdünnung
zusammen mit der eigenartigen Kohlenstellung genügt, die Spannung
zu erhöhen. Höchstens wenn die Wärmestrahlung unangenehm
3
186
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
empfunden wird, kann dieselbe durch Zwischenschaltung des Fensters
verringert werden. In vielen Fällen ist aber die gleichzeitige Wärme¬
wirkung und die damit verbundene Austrocknung der Gewebe sehr
zweckmässig. Während bei völliger Oeffnung der Tür z. B. der
ganze Rücken noch wirksam bestrahlt werden kann, lässt sich durch
verschiedene Blenden, die in die Fensteröffnung gelegt werden, die
bestrahlte Fläche entsprechend verkleinern. Seitlich ist zur Beob¬
achtung der Kohlen ein rechteckiges, mit Glimmer abgeschlossenes
Fenster angebracht. Durch die Rückwand treten die Kohlen ein,
welche durch eine mechanische Vorrichtung mittelst Zahnstangen
und Zahnrad vorgeschoben und stets im gleichen Winkel zueinander
erhalten werden. Am besten hat sich ein Abstand der Kohlenspitzen
von 2,5 cm bei einem Lichtbogen von 3 cm Länge bewährt. Die
Zündung erfolgt durch Vorschrauben der Kohlen mittelst eines ge¬
meinsamen Zahnrades bis zur Berührung, oder durch gleichzeitige
Berührung beider Kohlenspitzen mit einer dritten Kohle. Das ganze
Gehäuse ist auf einem verstellbaren Stativ montiert und kann be¬
liebig nach jeder Richtung gedreht werden. Was die elektrische
Energie betrifft, so arbeitet die Lampe bei unserer Netzspannung von
120 Volt Drehstrom durchschnittlich mit 70 Volt bei ca. 12 Ampere,
so dass der Verbrauch an Elektrizität genau so gross ist wie der der
Quarzlampe (inkl. Umformer). Bei grösserer Netzspannung wird
der Effekt bedeutend erhöht, ebenso durch Einschaltung eines Hoch¬
spannungstransformators.
Was nun die spezielle Indikation anlangt, so habe ich bis jetzt
gute Erfolge bei Akne, Ekzema ves., Alop. areata, Ekzema seb.,
Lichen ruber, Psoriasis, Sycosis idiop., Pruritus, sowie bei Ulcus molle,
phagedaen. und luetischen Affektionen. Bei Lupus habe ich diese
Lampe bis jetzt nur angewandt zur raschen Ueberhäutung ander¬
weitig behandelter Stellen mit und ohne Drucklinse. Besonders nach
vorangegangener Pyrogallusbehandlung bei grossen Flächen leistet
sie auch hier gutes. Die betr. Partien werden mit einer grossen
Quarzplatte komprimiert und von Zeit zu Zeit mittelst eines Spray¬
apparates gekühlt, wenn die Wärme unangenehm werden sollte.
Die Dauer der Belichtung richtet sich natürlich, abgesehen von der
individuellen Empfindlichkeit, nach dem einzelnen Fall und dauert
durchschnittlich eine halbe Stunde
Meine Erfahrung über die Wirkung dieser Lampe bezieht sich
vorerst nur auf die genannten dermatologischen Fälle, möglicher¬
weise lassen sich auch noch andere günstig beeinflussen. Ebenso
glaube ich, dass sie in der Chirurgie zur Wundheilung, Ueber¬
häutung von Geschwüren, bei Verbrennungen etc. mit Vorteil be¬
nützt werden kann. Ferner ist zu erwarten, dass sie in der Gynä¬
kologie bei Fluor alb., der jetzt meist mit Pulver behandelt wird,
durch ihre eminent austrocknende Wirkung ebenfalls gute Erfolge
erzielen wird.
Die Lampe wird in der oben beschriebenen Form von der
Berliner Firma Louis und H. Loewenstein geliefert und kann so
mit einem kleinen Vorschaltwiderstand bei Gleich- und Wechselstrom
direkt verwendet werden. Sie kann aber auch nach der einen oder
anderen Richtung von jedem einzelnen durch Zutaten wie z. B.
durch einen die Spannung erhöhenden Transformator oder durch
Druck-, Kühl- und Konzentrationslinsen, Rot- und Blaugläsern, modifi¬
ziert werden. Auch in der Stärke der Kohlen lassen sich Variationen
vornehmen: dicke, etwa 12mm Dochtkohlen geben wohl einen etwas
giösseren Lichteffekt, doch brennen dünnere Kohlen (9:160 mm)
etwas ruhiger, so dass ich diese empfehlen möchte. Unter allen
Umständen sollen des Kontaktes wegen die Enden verkupfert sein,
wie sie speziell für diese Zwecke von Conradhy- Nürnberg ge¬
liefert werden.
Selbstverständlich hat die Bestrahlungslampe eine Anzahl von
Metamorphosen durchgemacht, bis sie die Gestalt angenommen hat,
in der ich sie seit etwa einem Jahr verwende. Ich glaube sie mit
gutem Gewissen sowohl denjenigen Kollegen, welche Röntgen-,
Finsen- und Quarzlampen besitzen, als Ergänzung für Licht- und
Wärmebehandlung grosser Flächen empfehlen zu können, wie auch
ganz besonders denjenigen, die aus äusseren Gründen eine einfache
Lampe für die tägliche Praxis bevorzugen.
Kombinierte Augenelektrode und Augenirrigationsgefäss.
Von Dr. med. Q. Bucky in Berlin.
In der Augenheilkunde hat man sich bisher der Dauerirrigationen
relativ wenig bedient, und zwar vielleicht hauptsächlich deshalb, weil
eine derartige Massnahme mit ziemlichen Umständen verknüpit war.
Es lag das daran, weil es nötig ist, einen absolut wasserdichten Ab¬
schluss des Irrigationsgefässes am Auge herzustellen. Die bisher ge¬
bräuchlichen Gefässe waren so konstruiert, dass man zur Er¬
neuerung der Flüssigkeit dieselben vom Auge wieder entfernen und
nach dem Wechsel der Irrigationsflüssigkeit von neuem dem Auge
adaptieren musste. Abgesehen von der mühseligen Handhabung war
die Erneuerung der Irrigationsflüssigkeit eine beschränkte.
Zur Vermeidung dieser Uebelstände dient ein in folgendem be¬
schriebenes Irrigationsgefäss. Ein über eine Form geblasenes Glas-
getäss a trägt bei b, c und d Ansätze. Ansatz b und Ansatz c
dienen zum Anschluss von Gummischläuchen, durch die die Irriga¬
tionsflüssigkeit zu- resp. abfliesst. Die dem Auge zugekehrte Oeff¬
nung h des Glasgefässes a ist der Form der Augenumgebung völlig
angepasst, so dass beim Anpressen des Gefässes der Rand h völlig
flüssigkeitssicher abschliesst.
Gleichzeitig ist das Gefäss als
Augenelektrode ausgebildet. Zu diesem
Zwecke ist durch den Ansatz d eine
kleine metallische Hilfselektrode durch¬
geführt, die bei f eine Klemme zum An¬
schluss trägt. Bei Verwendung des
Gefässes als Augenelektrode muss das¬
selbe mit einer gut leitenden Flüssig¬
keit, z. B. 5 proz. Salzwasser, gefüllt
werden. Dann ist es möglich, auch bei
geöffnetem Auge, ohne Gefahr, eine be¬
liebige Art von elektrischen Strömen
einwirken zu lassen. Bei der Ver- "
wendung von Diathermieströmen ist es
zweckmässig, nach der Anfüllung des
Gefässes mit Salzwasser den Gummi¬
schlauch vom Ansatz b zu entfernen
und ihn durch ein mit einem Gummi¬
stopfen i armiertes Thermometer g zu
ersetzen, so dass man jederzeit die
Temperatur des Wassers ablesen kann. Es ist zweckmässig, vor
dem Anlegen der Augenelektrode die umgebende Haut etwas ein¬
zufetten, da dann der Abschluss leichter geschieht. Im übrigen ist
die Applikation eine derartig einfache, dass es nicht nötig ist. näher
darauf einzugehen, insbesondere kann das Gefäss in jeder Körper¬
lage des Patienten angelegt werden. Die Fixation des Gefässes ge¬
schieht entweder bei kürzerer Applikation mit der Hand oder bei
Dauerapplikation mit einigen Bindentouren * *).
Aus dem Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in
Hamburg.
Zur Frage der neuen Ross sehen Entwicklung des
Syphiliserregers.
Von Dr. V. Schilling- Torgau, Oberarzt, kommandiert
zum Institut.
Das erste Heft des neuen Jahrganges dieser Zeitschrift enthält
ein interessantes Sammelreferat über einige ganz kürzlich erschienene
englische Arbeiten (Münch, med. Wochenschr. 1913, Heft 1, Ref. :
K. Ta ege: Neueste Forschungen über Syphilisparasiten).
Es handelt sich um Untersuchungen, die sich an eine im vorigen
Jahre erschienene Arbeit von E. H. Ross über die Kurloffkörper
knüpfen und die nunmehr auf Syphilis und andere Spirochätosen aus¬
gedehnt wurden, da Ross seinerzeit zu der Vorstellung kam, dass!
die lange bekannten Kurloffkörper des Meerschweinchens ihre Ent¬
stehung der intrazellulären Entwicklung eines spirochätenartigen
Protozoons verdankten.
E. H. Ross gelangte zu diesen neuen Anschauungen auf Grund
einer Methodik, die angeblich zuerst Befunde lieferte, wie sie zur
Erkennung des parasitären Charakters der in den Kurloffkörpern
nachgewiesenen Einschlüsse notwendig war. Diese Methode, auf
Anwendung einer komplizierten Agarkomposition beruhend, wurde
von H. C. Ross (1909) beschrieben, von E. H. Ross (1911)
modifiziert und auf die Kurloffkörper grösserer Art angewendet: der
erste Vortrag darüber fand am 29. Februar 1912 in der Royal
Society statt. Ross zitiert dabei an zwei Stellen seiner ersten mir
vorliegenden Arbeit (Ann. of trop. med. VI, 1, Mai 1912) die von
mir bezüglich der Kurloffkörper geäusserte Theorie ihrer Aehnlich-
keit mit Chlaniydozoeneinschlüssen, ohne dass ihm anscheinend die
Originalarbeit vorlag, denn die Tafeln zu meiner Arbeit
zeigen die von Ross beschriebenen Einschlüsse
in teilweise bei weitem präziserer Form, aufsteigend
von rundlichen kompakten Gebilden über dickere Stäbchen. Hantel-
und Trommelschlegelformen bis zu diplokokkenartigen Gebilden
(Zentralbl. f. Bakteriol., Bd. 58, p. 318 mit Taf. I u. II, 1911). Tafel I, 1$
gibt einen Kurloffkörper mit spirochätenartigen Ein¬
schlüssen klarster Form, Tafel II, 22 die spirillenartigen Stadien
mit kurzer Geissei und mehrere Teilungsfiguren derselben wieder,
Tafel I, Figur 7 — 14 zeigen in exakter Darstellung die sehr eigen-i
artigen Trommelschlegelformen etc. in ihrer Entwicklung. [Später
habe ich auch farbige Abbildungen gegeben, Zentralbl. f. Bakteriol.,
Bd. 63, p. 393, Tafel II 1912 aus der gleichen Serie von Aquarellen,
die ich vollständig im Hamburger Aerztl. Verein am 14. Nov. 1911
demonstrierte; desgleichen ein Schleifenknäuel, Verhandl. der Anat.
Gesellschaft, April 1912, Anat. Anz., Schwarzdruck.1)]
Ein Vergleich aller dieser früheren Abbildungen mit den Ross-
schen in der erwähnten Arbeit und in der referierten (Brit. med.
Journal, 14. Dez. 1912) zeigt ganz augenscheinlich, dass die von mir
beschriebenen Einschlüsse nicht allein identisch, sondern mit einer
einfacheren Technik präziser zur Darstellung gelangten, was von
Ross noch nicht erwähnt wurde.
*) Das Gefäss wird hergestellt von der Firma Warmbrun n.
Quilitz & Co., Berlin N., Heidestrasse.
*) Die Fadenknäuel etc. wurden im Texte erwähnt.
28. Januar J9I3.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
187
Die Uebertragung dieser Kurloffkörperbefunde seitens Ross
und anderer (J e n n i n g s, Moolgavkar, McDonagh) auf die
Spirochatosen und gerade auf die Lues wird, wie der Referent an¬
deutet, zahlreiche Nachprüfungen hervorrufen, für die ich meine
sehr einfache I echnik statt oder neben der ausführlich wieder¬
gegebenen Ross sehen Methode in Erwähnung bringen möchte:
1. Man löse Azur II in Alkoh. abs., streiche von der fast ge¬
sättigten Lösung ein Tröpfchen deckglasbreit auf einen sauberen
Objektträger und lasse die dünne Farbenschicht ganz trocknen. (Die
Verwendung von Azur II ist das Originale der Methode, da kein
sonst versuchter Vitalfarbstoff bisher die Einschlüsse in der präzisen
Form herausbrachte, wie die Arbeiten von Ledingham,
Pappen heim, Patella u. a. beweisen.)
2. Man bringe mit einem breiten Deckglas ein Tröpfchen peri¬
pheres Blut eines weiblichen, besonders in der Tragezeit stets
reichlich „infizierten“ Meerschweinchens so auf die Farbschicht, dass
sich die Flüssigkeit spontan in dünner Schicht ausbreitet, wobei die
Farbe wieder in Lösung geht. Besonders reichlich findet man alle
Stadien jederzeit auch in dem mit etwas Serum oder NaCl 0,9 ver¬
dünnten Milzbrei.
3. Man beobachte unter Oelimmersion einen grossen Mono¬
nukleären, der einen ovalen, schwach lichtbrechenden exzentrischen
Einschluss aufweist, bis in etwa 10—20 Minuten die Färbung erst
blass, dann intensiver bis zur Vollendung auftritt. Die ausgefärbten
Einschlüsse zeigen sich in den geschilderten Formen äusserst
präzise, intensiv dunkelviolettrot als einzige derartig gefärbte
Gebilde.
4. Will man das Studium verfeinern, so kann man die durch¬
gefärbten Präparate abheben, d. h. das Deckglas mit einer Nadel
aufheben und einfach trocknen, doch leidet die Form etwas (Dauer¬
präparat: trocken aufzuheben). Besser fixiert man kurz in Osmium¬
dampf nach, solange die Schicht noch feucht ist. Beiderlei Präparate
können nun einer Fixierung mit Azeton, Methylalkohol, Alkohol¬
äther oder dergl. unterzogen und z. B. mit Giemsafärbung sehr
wirkungsvoll nach- oder umgefärbt werden, da auch der Zellkern
des grossen Mononukleären nun wie üblich sichtbar wird.
Ueber weiteren Techniken siehe die zitierten Arbeiten, beson¬
ders Zentralbl. f. Bakteriol., Bd. 58 u. 63.
Fast in jeder Methodik ist das Aussehen der Kurloffkörper ein
durchaus verschiedens, trotzdem ich an einer strukturartigen Zu¬
sammensetzung der merkwürdigen Gebilde gerade nach meinen
Untersuchungen kaum zweifeln möchte. Es muss aber betont
werden, dass wir eine derartig eigentümliche
durchaus metaphromatische Totalfärbbark eit
für keinen parasitären Organismus bisher kennen,
soviel mir bekannt ist, diese vielmehr nur an
i\caktionsprodukten von Zellen oder Protozoen
vorfinden. Ich sah mich daher seinerzeit veranlasst, diese Ein- I
Schlüsse auf Grund gerade dieser mit Ross identischen Befunde für
chlamydozoenähnlich +) zu erklären. Es bedeutet das in der Theorie
v. P r o w a z e k s, z. B. für Guarnierikörper etc., dass diese Gebilde
intrazelluläre Reaktionen auf ein sogen, „ultravisibles“ oder noch
unbekanntes infektiöses Virus sein könnten, an sich aber grösstenteils
aus zellulären Erzeugnissen sich zusammensetzten. Diese Aehn-
lichkeit mit Guarnierikörpern ist von Ledingham im Sinne der
alten Auffassung derselben als intrazelluläre flagellatenähnliche
Paiasiten bereits gestreift, doch steht Ledinghams Auffassung
der Patella sehen, der in den Kurloffkörpern seit langem Leuko-
zytozoen oder ähnliche Flagellaten sah, bei weitem näher; die
moderne Chlamydozoentheorie steht in starkem Gegensätze zu
diesen Ansichten. Die Ross sehen Hypothesen würden allerdings
eine Art Parallelismus der Spirochätenentwicklung mit manchen
rlagellatenentwicklungen bedeuten, ohne dass damit die Kurloff¬
körper irgendwie den Leukozytozoen vergleichbar würden. Meine
Erklärung steht so wenig im Gegensatz zu der Ross sehen, dass
dieser selbst am Schlüsse seiner Arbeit in dem Brit. med. Journ.
gerade wie ich auf den Cvtorcytes Guarnieri und Siegel hin¬
wies; das unbekannte Virus wäre nach Ross hier also eine Spiro¬
chäte. Ueber die event. Möglichkeit, derartige stets sehr ähnlich
organisierte Zellerzeugnisse aus der Zellstruktur zu erklären, bitte
ich interessierenden Falles meine erwähnten Arbeiten einzusehen.
Die von Ross angeführte Beobachtung lebender aus den Ein¬
schlüssen hervorgehender Spirochäten ist neu; Patella glaubt
einige Male lebende Flagellaten durch Umwandlung des gesamten
Kutiofrkörpers aus Zellen ausschlüpfen gesehen zu haben. Das
mögliche Freiwerden der Stäbchen etc. mit scheinbaren (mole¬
kularen etc.) Bewegungen ist von mir erwähnt (Zentralbl. f. Bakt.,
Bd. 58.)
Sollten die Ross sehen Hypothesen sich bestätigen, so wäre
das allerdings ein epochaler Fortschritt in der Aufklärung sehr vieler
bisher schwer deutbarer Erscheinungen und es sollte mich freuen,
wenn bei den sehr notwendigen Nachprüfungen meine oben be¬
schriebene einfache Methodik von Wert sein könnte.
, t) Es gelang inzwischen, die bereits Taf. II, Fig. 22 (Zentralbl.
i. Bakt., Bd. 58) abgebildeten feiner. Körnchen präziser als einzelne
und doppelte oder als Ketten zwischen den gröberen Körperchen noch
nachzuweisen, worüber ich nach Abschluss der Versuche berichten
werde.
Aus der Kgl. Universitäts-Frauenklinik zu Marburg (Direktor:
Professor Dr. W. Zangemeister).
Zur Frage des Tuberkulosenachweises durch be¬
schleunigten Tierversuch.
Von Prof. Dr. P. Esch, Oberarzt der Klinik.
ln No. 51, 1912 dieser Wochenschrift veröffentlicht Rudolf
Oppenheimer aus der städtischen Frauenklinik zu Frank¬
furt a. M. eine Kritik meiner experimentellen Untersuchungen, die
„über die Anwendung der intrakutanen Tuberkulinreaktion als Hilfs¬
mittel zum beschleunigten Nachweise von Tuberkelbazillen durch den
Tierversuch“ handeln *).
Wenn ich auf diese Kritik eingehe, so muss ich zunächst einiges
Allgemeine aus dem Gebiete der experimentellen Tuberkulose¬
forschung erörtern, weil in dieser Hinsicht Unstimmigkeiten zwischen
Oppenheimer und mir herrschen. Oppenheimer hält die
Aufschwemmung von Bazillenkulturen, mit denen ich meine Ver¬
suche teilweise angestellt habe, für das „günstigste“ Infek¬
tionsmaterial. Da die Bezeichnung „günstig“ im Zusammen¬
hänge wohl als gleichbedeutend mit „wirksam“ aufgefasst werden
muss — streng genommen ist ja mein Infektionsmaterial nur das
„günstigste“ für die von Oppenheimer zu Unrecht ge¬
zogene Schlussfolgerung — , so bemerke ich dazu, dass diese Ansicht
als allgemeiner Lehrsatz keineswegs den tatsächlichen Verhältnissen
entspricht, und dass sie im besonderen für meine Experimente absolut
nicht zutrifft. Sie wird auch von Oppenheimer in keiner Weise
durch vergleichende Versuche belegt.
Der Kürze halber kann ich hier nicht auf anerkannte Tatsachen
über Tierpathogenität der Bakterien im allgemeinen und des Tuber¬
kelbazillus im speziellen eingehen, sondern ich muss mich darauf be¬
schränken, lediglich auf die Ergebnisse meiner Versuche aufmerksam
zu machen. Aus einem Vergleiche meiner zahlreichen Tierexperi¬
mente 1 2) geht, genau im Gegensätze zu der Behauptung Oppen-
h e i m e r s, hervor, dass die tuberkulöse Erkrankung bei den Meer¬
schweinchen, die mit einer Bazillenkulturaufschwem¬
mung infiziert worden waren, nur in Ausnahmefällen gleich¬
zeitig, meist aber erheblich später nachweisbar war, als
bei den Tieren, die mit Tuberkuloseharn infiziert worden
waren!
Eine zweite allgemein anerkannte Anschauung, der gegenüber
Oppenheimer eine Sonderstellung einnimmt, betrifft die Be¬
griffsbestimmung der „allgemeinen“ tuberkulösen In¬
fektion des Meerschweinchens, da er sagt, dass ich irr¬
tümlich annähme, er baue seine Diagnostik auf eine allgemeine
Infektion des Versuchstieres auf. Der Irrtum liegt auch in diesem
Falle nicht auf meiner Seite; denn Opp.enheimer konstatierte
bei der Autopsie seiner Versuchstiere „regelmässig eine Miliartuber¬
kulose der Leber und Milz“ — eine tuberkulöse Erkrankung also,
die sich nicht nur lokal an der Injektionsstelle (der Leber), sondern
auch an einem entfernt liegenden Organe (der Milz) kennt¬
lich machte. An sich spricht ja schon das Auftreten der Tuberkulose
in miliaren Herden der Milz für die Verbreitung der Krankheit auf
dem Blutwege. Meine Annahme für diesen Infektionsweg wird
ausserdem durch die auch auf die übrigen Organe der Tiere sich er¬
streckende Sektion bestätigt. Ich konnte nämlich bei 6 Meerschwein¬
chen, die in der Zeit vom 11. bis 19. Tage nach der intra¬
hepatischen Impfung seziert wurden, feststellen, dass makro¬
skopisch je 4 mal die bronchialen und postjugularen Drüsen tuberku¬
lös erkrankt waren. Einen solchen sicherlich auf dem Wege der
Blutbahn ausgebreiteten Tuberkuloseprozess des Meerschweinchens
bezeichnet man aber als eine „allgemeine“ und nicht als eine
„lokale“ Infektion.
Als ein Grundprinzip bei der kritischen Beurteilung einer
experimentellen Arbeit muss ferner gelten, dass man nur solche Tiere
untereinander vergleicht, die unter denselben Versuchsbedingungen
gestanden haben. Nur durch Ausserachtlassung dieser Selbstver¬
ständlichkeit ist es möglich geworden, dass Oppenheimer meine
Schlussfolgerungen durch meine eigenen Tabellen zu widerlegen
sucht. Er baut auf die Gegenüberstellung meiner intrakardial in¬
fizierten Tiere (Tabelle la) gegen ein intrahepatisch infiziertes Tier
(Tabelle 3) den Fehlschluss auf, dass die intrakardiale Infektionsart
der intrahepatischen nicht überlegen sei. Das intrakardial ge¬
impfte Meerschweinchen erhielt aber nach den Angaben im Texte
und über der betreffenden Tabelle 1 ccm einer Bazillenkulturauf-
schwemmung (1 mg : 1000 ccm Harn), während dem intra¬
hepatisch infizierten Tiere 2 ccm Tuberkuloseharn in¬
jiziert worden waren — also Infektionen mit ganz verschiedenem In¬
fektionsmaterial und mit ganz verschiedenen Dosen sind es, die
Oppenheimer heranzieht, um aus meinen Versuchen eine angeb¬
liche Ueberlegenheit seiner Methode herauszuretten. Selbstverständ¬
lich dauerte das Inkubationsstadium bei diesen beiden, grundsätz¬
lich verschiedenen Versuchen verschieden lange. Ich gebe
Oppenheimer den Rat, einmal einen vergleichenden Versuch
derart zu machen, dass er z. B. einer Tierreihe 1 mg, einer anderen
1) Diese Wochenschrift No. 39, 1912.
2) Mitteilungen a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir.. Bd. 25, H. 4,
1912, p. 638.
3*
188
MllENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mo. 4.
'I iuuoüuoo in« derselben Bazillenkulturaufschwemmung i n t r a hepa¬
tisch injiziert. Er wird sich dann davon überzeugen, dass es je
nach der Schwere der gesetzten Infektion wechselnd lange dauert, bis
er die Tuberkulose nachweisen kann.
Unter Hintansetzung des oben erwähnten, den einfachsten For¬
derungen der Logik entsprechenden Prinzipes, hat Oppenheimer
auch meine Resultate hinsichtlich der Frühdiagnose der I uber-
kulose den Ergebnissen der mit seiner Methode angestellten 1 ier-
versuche gegenübergestellt, ohne die vollständig ver¬
schiedenen Versuchsbedingungen zu berück¬
sichtigen. Es wäre mir wirklich ein Leichtes, die Inkubationszeit
bei meinen Tieren weiter herabzusetzen, indem ich einfach eine wirk¬
samere Dosis für die Infektion wählte.
Den Satz von Oppenheimer, dass die anatomische Diagnose
die sicherste für die Tuberkulose sei, unterschreibe ich insofern durch¬
aus, als auch ich in meiner Veröffentlichung mehrfach daraui
hingewiesen habe, dass nach der positiven intrakutanen I uberkulin-
prüfung die Autopsie zu erfolgen habe, damit die biologische
Diagnose auch durch die anatomische erhärtet würde; infolge¬
dessen kommt der Vorzug der Sektion auch meiner Methode zu¬
gute, und somit ist der Vorwurf gänzlich verfehlt, dass ich dem
Kliniker zumuten wollte, lediglich auf die schwächste positive Intra¬
kutanreaktion hin eine Niere zu entfernen.
Gleichfalls übersehen hat Oppenheimer, dass ich zur ob¬
jektiven Würdigung der intrahepatischen Infektion „Kontrollversuche
angestellt habe (Tabelle 3). Hätte Oppenheimer mit seiner
Kritik übrigens auf meine ausführliche Bearbeitung, auf die ich aus¬
drücklich hingewiesen habe, gewartet, so hätte er Ein¬
sicht in weitere Versuchsprotokolle mit seiner Methode nehmen
können. Er hätte daselbst auch andere Methoden zum Tuberkulose¬
nachweise und die Literatur, deren Unkenntnis er mir zuschreibt, be¬
rücksichtigt gefunden, soweit sie zu meinen Untersuchungen Be¬
ziehungen haben. Ferner wird Oppenheimer daselbst noch einen
weiteren, experimentell fundierten Einwand gegen die
theoretische Begründung seiner Methode finden (pag. 659b den ich
hier nicht wiederholen will.
Gegen die kritischen Bemerkungen, welche Oppenheimer,
fussend auf den exakten Untersuchungen von Römer und Joseph,
gegen meine Experimente anführt, erwidere ich aus meiner früheren
Arbeit, dass diese Untersuchungen, die anderen Zwecken dienten,
insofern für meine Versuchsanordnung nicht massgebend sein konnten,
als beide Autoren die Frage nicht beantwortet haben, ob die Intra¬
kutaninjektion zu klinischen Zwecken im Sinne des beschleunigten
Nachweises der Tuberkelbazillen dienstbar gemacht werden könne,
was ich mir bei meinen Versuchen als Aufgabe gestellt hatte. Dies
allein ist auch der Grund, weshalb die beiden Autoren seinerzeit die
infizierten Tiere erst am 21. Tage intrakutan prüften, zu welcher Aus¬
sage mich Herr Prof. Römer ermächtigt.
Wenn Oppenheimer gar die Erfahrung von Römer und
Joseph, dass man während des Inkubation sstadi um s
tuberkulös infizierte Tiere völlig unempfindlich
gegen Tuberkulin finden könne, als Beweis für die Un¬
brauchbarkeit der Intrakutanreaktion für die Frühdiagnose heranzieht,
so suche ich für meinen Teil vergebens nach Anhaltspunkten hierfür
in dem von Oppenheimer zitierten Satze; denn tuberkulös
infiziert ist ein Meerschweinchen, sobald ihm das Virus bei¬
gebracht worden ist, es wird aber erst nach dem Ablauf des — j e
nach der Schwere der Infektion wechselnd lange
dauernden — Inkubationsstadiums tuberkulin reagierend
und tuberkulös krank. Ich gebe zu, dass die Unterscheidung dieser
beiden Begriffe nicht immer strikte durchgeführt wird, aber in dem
von Oppenheimer aus dem Zusammenhänge herausgerissenen
Satze lässt sich „tuberkulös infiziertes“ Tier nicht anders deuten.
Die schwächste Form der positiven Intrakutanreaktion be¬
zeichnet Oppenheimer nach dem Vorgänge von Römer mit
Recht als „atypische“ Reaktion. Um jedoch Missverständnissen vor¬
zubeugen, möchte ich hervorheben, dass ich selbst nach dieser
schwächsten Reaktionsform, auch wenn eine sofortige Sektion nach
dem Auftreten der Reaktion vorgenommen wurde, stets ana¬
tomisch eine tuberkulöse Erkrankung der Meerschweinchen kon¬
statieren konnte.
Des weiteren will ich jetzt die Versuche besprechen, die
Oppenheimer zur Widerlegung meiner Methode ausgeführt hat.
Er hat 2 Tiere in und um die Leber mit tuberkuloseverdächtigem
Harn geimpft und am 12. Tage der Intrakutanreaktion unterzogen.
Da diese noch am 14. Tage negativ war, wurde die Sektion vor¬
genommen, wobei sich bei beiden Tieren tuberkulöse Veränderungen
fanden. Dieses negative Resultat der intrakutanen Prüfung wider¬
spricht meinen Erfahrungen vollständig. Niemals blieb die
intrakutane Reaktion aus, wenn anatomisch eine
Tuberkulose nachweisbar war. Nur bei solchen Meer¬
schweinchen, die sich im Endstadium der Tuberkulose, kurz ante
exitum, befanden, versagte die vorgenommene Prüfung. In dieser
Hinsicht finde ich mich in voller Uebereinstimmung mit
Römer und seinen Mitarbeitern. Im Interesse der Methode
möchte ich an dieser Stelle nochmals auf einen Satz aus meiner
früheren Veröffentlichung aufmerksam machen; Es ist empfehlens¬
wert auch bei einem nicht infizierten Tiere nebenbei die intrakutane
Tuberkulininjektion vorzunehmen, bis hinreichende Erfahrungen in der
Beurteilung der Reaktionsformen gesammelt sind!
Meine Ansicht, dass die Oppenhei m e r sehe Methode mit der
mehligen nicht konkurrieren könne, halte ich nach wie vor aufrecht.
Die intrahepatische Methode gibt uns keine Handhabe, die
Entstehung und Weiterentwicklung der Tuberkulose zu verfolgen.
Die Anwendung der intrakutanen Injektion von
0,02 ccm Tuberkulin setzt uns dagegen sowohl nach der intra¬
hepatischen, wie nach jeder anderen Infektionsart in^die Lage, den
Tuberkuloseprozess im frühesten Stadium „im Prinzipe“ bei nur einem
Tiere, das immer wieder intrakutan gespritzt werden kann, zu er¬
kennen. Durch die biologische Beobachtung wird uns daher strikte
der Zeitpunkt angezeigt, wann das Tier getötet und anatomisch unter¬
sucht werden soll, und durch diese fortgesetzte Beobachtung er¬
kennen wir auch das früheste Stadium der Erkrankung.
Setzen wir trotz dieses prinzipiellen Unterschiedes beide Metho¬
den in Konkurrenz, so gestalten sich die Verhältnisse in der Praxis
folgendermassen : Nach meiner Methode erhalten 2 Meerschweinchen
auf verschiedene Art und verschiedene Mengen des tuberkulose¬
verdächtigen Materials (siehe meine frühere Veröffentlichung). Am
6. Tage und 3 Tage später wird das Tier, welches die grösste
Menge des Untersuchungsmaterials oder welches das Material
direkt in die Blutbahn einverleibt bekam, intrakutan geprüft.
Vom 9. Tage nach der Infektion ab wird bei beiden Tieren ab¬
wechselnd in Intervallen von 3 Tagen das Tuberkulin intrakutan
injiziert. Ist die Reaktion positiv ausgefallen, so wird das betreffende
Meerschweinchen getötet etc. Ist die Reaktion bis Ende der 6. Woche
negativ ausgefallen, so wird ebenfalls ein Tier getötet, damit auch
anatomisch eine Tuberkulose ausgeschlossen werden kann.
Nach der i nt rahepatischen Impfung O p p e n -
heimers muss dagegen am 7. Tage mit der Tötung eines lieres
begonnen werden, der jeden dritten Tag eine weitere Tötung zu folgen
hat, wenn wir mit der Oppenheimer sehen Methode hinsichtlich
der Frühdiagnose dasselbe erreichen wollen wie mit der von mir
ausgearbeiteten. Dadurch benötigen wir bei der intrahepatischen Me¬
thode 12 Tiere für einen Versuch und zwar aus folgenden
Gründen: Unter den Klinikern wird bisher für die Dauer des Inku¬
bationsstadiums der Tuberkulose beim Meerschweinchen eine Zeit bis
zu 6 Wochen in Anschlag gebracht. Mit dieser Frist müssen wir
beim Ansetzen jedes Versuches von vornherein rechnen; denn wir
wollen durch den Tierversuch überhaupt erst das Vorhandensein oder
das Nichtvorhandensein von Tuberkelbazillen nachweisen. Wir sind
also vollständig im Unklaren über die eventuelle Menge der Bazillen
und ihre Virulenz — von welchen Faktoren die Zeitdauer der In¬
kubation an erster Stelle abhängig ist — . Wird dann die 1 uberkulose
vor der 6. Woche manifest, so ist allerdings bei der Oppen¬
heimer sehen Methode eine mehr oder weniger grosse Anzahl von
Tieren nutzlos infiziert worden; bleibt dagegen der anatomische Be¬
fund negativ, so muss die Tötung bis zum 42. Tage fortgesetzt wer¬
den, um die Tuberkulose mit Sicherheit auszuschliessen. (Bei dieser
Versuchsanordnung habe ich von den Ausnahmefällen, bei denen die
Tuberkulose schon vor dem 7. Tage nach der Infektion nachweisbar
ist, abgesehen.)
Die Veröffentlichung von Oppenheimer erweckt allerdings
den Eindruck, als ob die Inkubationsfrist bei der intra-
hepatischen Impfung bereits nach 16 Tagen verstrichen sei.
Er sagt nämlich: „enthielt der überimpfte Harn Tuberkelbazillen, so
Hess sich regelmässig nach 16 Tagen eine Miliartuberkulose der Leber
und Milz feststellen“. Beim Lesen dieses Satzes kann man sich der
Frage nicht erwehren, ob denn die Tuberkulose bei negativem Ausfall
der Autopsie vom 17. Tage nach der Impfung ab, mit absoluter Sicher¬
heit ausgeschlossen sei? Die Untersuchungen Oppenheimers
weisen in dieser Hinsicht eine empfindliche Lücke auf, die experi¬
mentell leicht auszufüllen wäre. Unter den jetzigen Umständen ver¬
trete ich aber den Standpunkt, dass die Entwicklung des Tuberkulose¬
prozesses auch bei der intrahepatischen Methode
Wochen währen kann, und wenn ich die Ausführungen
Oppenheimers recht verstehe, so enthalten sie am Schlüsse
seiner Abhandlung auch eine Konzession in dieser Beziehung.
Ich konnte übrigens mit der i n t r a p e r i t o n e a 1 e n Infek¬
tion, soweit ich die Versuche mit Tuberkuloseharn ausführte,
stets (5 Versuche) die Tuberkulose sogar bis spätestens
zum 14. Tage nachweisen. Diese Tatsache an sich beweist nur,
dass ich in diesen Fällen ein sehr wirksames Virus injiziert habe,
sonst aber absolut nichts. Dasselbe Urteil gilt für die
bis jetzt vorliegenden Resultate Oppenheimers, die er bei seiner
Methode mit Tuberkuloseharn erzielte, wenn er nicht den Nachweis
erbringt, dass das Inkubationsstadium bei der intrahepatischen In¬
jektion unter allen Infektionsmöglichkeiten am 16. Tage ver¬
strichen ist.
Hinsichtlich der geschilderten Vorzüge der intrakutanen Tuber-
kulinpriifung kann allenfalls die Bloch sehe Methode mit ihr
konkurrieren, weil sie allein ebenfalls Anhaltspunkte gibt den
Tuberkuloseprozess (an der gequetschten Kniefaltendrüse) beim Meer¬
schweinchen zu verfolgen, ohne dass das T ier getötet wer¬
den muss. Aber sie versagt in einer Anzahl von Fällen, was ich
bei meiner Methode bisher nie erlebt habe.
Aus den dargelegten Gründen halte ich meine
Methode für die bei weitem brauchbarste und zu¬
verlässigste, obwohl die intrakutane Tuberkulinreaktion nicht
eher auftritt, als bis das Tier Tuberkuloseherde hat. Dabei möchte ich
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
189
aber betonen, dass die Reaktion schon im frühestenStadium
des Tuberkuloseprozesses stets positiv ausfällt.
Die experimentellen Beweise für diese Schlussfolge¬
rung enthalten meine früheren Veröffentlichungen, auf die ich hiermit
verweise. Daselbst ist auch der Beweis erbracht, dass der Tier¬
versuch zum Nachweise der Tuberkelbazillen bei Anwendung der
intrakutanen Tuberkulinprüfung nur durch die Infektion direkt in
die B 1 u t b a h n (intrakardiale oder intravenöse Infektion) eine
weitere Beschleunigung erfahren kann.
Erhärtet werden meine experimentellen Beweise durch eine
Nachprüfung von Richard Hagemann!). Auf Grund seiner
Untersuchungen kommt er zu dem Schlüsse, dass die intra¬
kutane Impfung mit Tuberkulin das bequemste und
am schnellsten zum Ziele führende Mittel für die
Feststellung der tuberkulösen Erkrankung des
V ersuch stieres sei. Hinsichtlich der von Hagemann
fernerhin einwandfrei festgestellten U e b e r 1 e gen heit der
intrakardialen Infektionsart muss ich bemerken, dass
der Autor sie nur gegen die Bloch sehe Methode ausgewertet hat.
Mit der intrahepatischen Infektionsart hat er keine Versuche an¬
gestellt.
Anhangsweise möchte ich bei dieser Gelegenheit noch einige
kurze Bemerkungen über die Technik der intrakardialen Injektion an¬
fügen, wozu mir die Erfahrungen von Hagemann Veranlassung
geben. Er verlor zwei Tiere unmittelbar nach der Injektion an Ver¬
blutung in den Herzbeutel. Auch ich habe beim Beginn meiner
Versuche zwei solcher Fälle erlebt, seither habe ich aber bei über
100 Meerschweinchen die intrakardiale Injektion zu den verschieden¬
sten Zwecken vorgenommen ohne einen mit der Technik in Zu¬
sammenhang stehenden Todesfall zu beobachten. Nach meinen Er¬
fahrungen lege ich Wert darauf, dass eine Spritze mit spielend leicht
gleitendem Spritzenstempel und dass eine feine, scharf geschliffene
Kanüle zur Injektion benützt wird, ferner dass das Tier während der
Injektion von einer zweiten Person möglichst fest gehalten wird,
damit es kaum eine willkürliche Bewegung machen kann, und dass
die Kanüle beim Entfernen aus dem Herzen Schnellstens herausge¬
zogen wird.
Ausserdem beobachtete Hagemann zweimal einen schweren
Schock nach der Injektion, den ich an erster Stelle auf die Ausser-
achtlassung der von mir empfohlenen Vorbehandlung der Injektions-
fliissigkeit (Neutralisierung etc.) zurückführen muss. Um die intra¬
kardiale Methode jedoch möglichst zu vereinfachen, möchte ich einst¬
weilen auf Grund der H a g e in a n n sehen und meiner eigenen Erfah¬
rungen versuchshalber von der Neutralisierung absehen; man muss
dann allerdings mit einem mehr oder weniger schweren Schock
des Tieres rechnen; aber bisher ging kein Tier durch dieses ver¬
einfachte Verfahren zugrunde.
Aus der Prosektur der kaiserl.-königl. Krankenanstalt Rudolf¬
stiftung in Wien (Vorstand: Hofrat R. Paltauf).
Ueber den Lipoidgehalt der sogen. Appendixkarzinome.
Von Privatdozenten Dr. Rudolf Maresch, Prosektor.
In No. 46, 1912 dieser Wochenschrift erschien eine Arbeit
Hörrmanns über die Notwendigkeit der prophylaktischen
Appendektomie bei gynäkologischen Operationen, die zugleich auch
einen interessanten Beitrag zur Frage der sog. Appendixkarzinome
enthielt. Der Autor streifte kurz die noch immer strittige Frage
nach der klinischen und pathologisch-anatomischen Bedeutung dieser
Tumoren, verwies besonders auf eine von Oberndorfer in der
Sitzung der Münchener gynäkol. Gesellschaft vom 23. V. 1912 ge¬
machte Mitteilung über den Lipoidgehalt der Appendixtumoren und
bemerkte, dass Oberndorfer damit einen fundamentalen Unter¬
schied zwischen den Kankroiden und echten Karzinomen gefunden
habe.
Dieser Hinweis veranlasst mich, auf die vielbesprochene Frage
über die Natur der Appendixkarzinome nochmals kurz einzugehen
und zwar mit besonderer Berücksichtigung des Lipoidgehaltes dieser
Geschwülste.
In der Sitzung der Wiener gynäkol. Gesellschaft vom 14. Fe¬
bruar 1911, in welcher Mandl ein Appendixkarzinom demonstrierte,
besprach ich in der Diskussion den von mir bereits mehrere Jahre
vorher erhobenen Befund von Lipoiden in den Zellen der sogen.
Appendixkarzinome. Ein sehr kurz gefasstes Referat hierüber, das
leicht übersehen werden kann, enthält der Sitzungsbericht im Zen¬
tralblatt für Gynäkologie 1911, Bd. 35, S. 907.
In der genannten Sitzung konnte ich auf 7 von mir untersuchte
balle hinweisen, zu denen bis heute noch 4 weitere hinzugekommen
sind. Diese 11 Präparate stammen teils von Obduktionen, teils
wurden sie bei Appendektomien gewonnen. Die Grösse der Ge¬
schwülste schwankte zwischen der eines Hirsekorns und einer
Kirsche. Die etwas grösseren Tumoren erreichten fast durchwegs
die Serosa. An der Spitze des Wurmes oder in der Nähe derselben
sassen 5, die übrigen 6 befanden sich in verschiedener Höhe der
Appendix. Sie stammten, wie die meisten bis jetzt beschriebenen,
3) Beiträge zur klinischen Chirurgie, Bd. LXXXII, Heft 1.
zumeist von jüngeren Individuen (ein Tumor von einem 17 jährigen
Mädchen), nur ein Fall von einem alten Individuum, einem 74 jährigen
Mann.
Von einer genaueren Beschreibung derselben sehe ich ab, da
sie alle das bekannte typische Verhalten darboten.
Der 4. Fall meiner Serie (vom Frühjahr 1908) betraf einen
Wurmfortsatz, der gelegentlich einer Adnexexstirpation bei einer
32 jährigen Frau mitentfernt worden war. Es fand sich eine fast
kirschgrosse, derbe Auftreibung an der Spitze des Wurmes und auf
der Schnittfläche sah man einen wohlabgegrenzten Tumor von
10:12 mm im Durchmesser. An dieser Geschwulst fiel mir zum
erstenmal die Gelbfärbung des Gewebes auf, die hier besonders
deutlich ausgesprochen war und die, wie die Folge zeigte, auch an
anderen derartigen Gewächsen in der Regel mehr oder weniger auf¬
fällig zutage trat. Sie veranlasste mich, diese Geschwulst auch an
Gefrierschnitten zu untersuchen, wobei sich zeigte, dass die weiss-
lichgelbe bis ockergelbe Farbe durch fettähnliche Substanzen bedingt
war, die in den Zellen des Tumors in überraschend reichlicher
Menge enthalten waren. Sie färbten sich mit Sudan und Scharlach R.
leicht, wenn auch weniger leuchtend als Neutralfette, mit Nilblau
rötlich, und Hessen deutlich Doppelbrechung erkennen, die beim
Erwärmen schwand. Im Polarisationsmikroskop erinnerten die auf¬
leuchtenden Bezirke der Präparate in ihrer Reichhaltigkeit und Aus¬
dehnung an das Verhalten der Xanthome. Die doppeltbrechenden
Substanzen erfüllten die meisten Tumorzellen und waren in Zellen
des Stützgewebes nicht enthalten. Dieser Lipoidgehalt der Gc-
schwulstzellen erklärte auch die eigenartige wabige Struktur ihres
Protoplasmas, die bei stärkerer Vergrösserung an Paraffinschnitten
in verschiedener Deutlichkeit zu erkennen ist und dadurch bedingt
ist, dass beim Einbettuugsverfahren die lipoiden Substanzen auf¬
gelöst wurden.
Da ich in den folgenden 3 Fällen einen analogen Befund erhoben
hatte, sprach ich in der oben erwähnten Sitzung die Ansicht aus, es
könne kaum ein Zufall genannt werden, dass meine letzten 4 Fälle
sich in gleicher Weise durch einen grossen Gehalt an Lipoiden aus¬
zeichneten. Und trotzdem ich in den bis dahin erschienenen
Publikationen keine derartigen Angaben gefunden hatte, war ich ge¬
neigt anzunehmen, dass dieser Befund für die sogen. Appendix¬
karzinome ein charakteristischer sei. In dieser Annahme bestärkte
mich die in derselben Diskussion von Herrn Prof. H. A 1 b r e c h t
gemachte Mitteilung, dass auch er kurz vorher in 3 Fällen, darunter
auch im Falle Mandls, denselben Befund hatte erheben können.
Seither hatte ich noch Gelegenheit 4 weitere Fälle zu studieren,
von denen einer trotz sorgfältiger wiederholter Untersuchung keine
derartigen lipoiden Substanzen enthielt. Es handelte sich um ein
kleines Geschwülstchen in einem operativ entfernten, fast vollständig
gangränösen, mehrfach perforierten Wurmfortsatz. Histologisch
wich der Tumor, abgesehen von einer geringeren Grösse des Zell¬
leibes der Geschwulstzellen, in seiner Struktur nicht wesentlich vom
sonstigen typischen Bau dieser Geschwülste ab und es ist mir nicht
möglich, eine suffiziente Erklärung für das Fehlen des Lipoids zu
geben. Die bestehenden, tiefgreifenden entzündlichen Veränderungen
in der Nachbarschaft dürften wohl kaum einen Grund hierfür ab¬
geben, eher wäre daran zu denken, dass der Lipoidgehalt möglicher¬
weise vom Alter der Geschwulst abhängig ist und dass in diesem
Falle das Lipoid erst später aufgetreten wäre. Diese Ausnahme
fällt aber den positiven Befunden gegenüber nicht ins Gewicht, deren
Zahl jetzt noch durch die Beobachtungen Oberndorfers ver¬
mehrt wurde. Trotzdem wäre es sehr wünschenswert, in weiteren
Fällen auf den Lipoidgehalt zu achten, damit die Frage nach der
Häufigkeit, resp. Konstanz dieses Befundes erledigt werden könnte,
was leicht gelingen dürfte, da diese Geschwülste durchaus nicht als
selten zu bezeichnen sind.
Selten sind unter den Appendixgeschwülsten jene Tumoren, die
in keiner Weise einen Zweifel aufkommen lassen, dass man es mit
wahren Karzinomen zu tun hat: Sie sind gross, haben ein aus¬
gesprochen destruktives Wachstum und können durch Metastasierung
zum Tode führen.
Ich habe erst einen derartigen Fall beobachten können. Es
handelt sich um einen 72 jährigen Mann. Der Wurmfortsatz war in
einen dicken konischen Zapfen umgewandelt, der in der Nähe der
Basis einen Durchmesser von 6:4 cm besass, seine Hauptmasse
bildete ein grauweisses Geschwulstgewebe, das sich auch gegen das
Zoekum vorwölbte, das Mesenteriolum infiltrierte und die regionären
Lymphdriisen in bis taubeneigrosse Geschwulstknoten umgewandelt
hatte. Histologisch erwies sich das Neoplasma als ein zum Teil
deutlich gelatinöses Adenokarzinom. Lipoidablagerungen fanden sich
hier nicht, wie ich auch in anderen Dickdarmkrebsen keine solchen
habe nachweisen können.
Es ergibt sich aus diesen Beobachtungen der Schluss, dass der
Lipoidgehalt der sogen. Appendixkarzinome eine diesen Geschwülsten
eigene charakteristische Erscheinung darstellt, die sie vor anderen
typischen Dickdarmkarzinomen auszeichnet. Sie kann der Reihe
jener gewichtigen klinischen und anatomischen Momente ange¬
gliedert werden, welche für eine Sonderstellung der sogen. Appen¬
dixkarzinome sprechen, könnte aber für sich allein durchaus nicht
die Annahme begründen, dass diese Geschwülste nicht als Karzi¬
nome aufgefasst werden dürfen. Denn die Zellen der auch weisslich-
gelb gefärbten Prostatakarzinome sind, wie Schlagenhaufer
190
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
gezeigt hat, nicht nur im Primärtumor, sondern auch in den Meta¬
stasen lipoidhältig. Die Fähigkeit der sogen. Appendixkarzinome,
Lipoide zu produzieren, ist vielleicht in der Eigenart der diesen
Tumoren zugrunde liegenden Geschwulstkeime begründet.
Von Interesse wäre es, festzustellen — was mir bisher mangels
eines entsprechenden Materials nicht möglich war — , ob die multipel
vorkommenden Dickdarmkarzinoide (Oberndorfer;, deren Aehn-
lichkeit mit diesen Wurmfortsatzgeschwülsten wiederholt hervor¬
gehoben wurde, einen ähnlichen Lipoidgehalt aufweisen.
Aus der V. medizinischen Abteilung (Oberarzt: Prof. D e y c k e)
und dem Institut für experimentelle Therapie (Oberarzt:
Dr. Much) des Eppendorfer Krankenhauses.
Einiges über Tuberkulin und Tuberkuloseimmunität.
Von Deycke und Much.
(Schluss.)
II.
Wir kämen nun zu den Untersuchungen am Menschen,
die teils Neues bringen, teils als Erläuterung einzelner Punkte
des eben Gesagten dienen können, und so dem Vorhergesagten
ohne bestimmtes logisches Schema ein- und angefügt werden
können.
Auch am Menschen wurden sämtliche 4 Partialantigene
des Tuberkelbazillus auf ihre biologische Aktivität geprüft. Die
Prüfungen geschahen nach dem Prinzip der feinsten bisher be¬
kannten Tuberkulinreaktion, d. h. vermittelst der intrakutanen
Stichmethode, wie sie von Mantoux und Roux zuerst
empfohlen wurde. Wir gingen von einer bestimmten Kon¬
zentration der einzelnen Partialantigene aus und stiegen von
da zu sehr hohen Verdünnungsgraden auf, in der Weise, dass
zwischen zwei aufeinanderfolgenden Stichproben immer ein
zehnfacher Konzentrationsunterschied bestand. Während
beim tuberkulösen Tier sich sofort ein fundamentaler Unter¬
schied zwischen dem wasserlöslichen Filtrat und den unlös¬
lichen Teilsubstanzen der Milchsäure-Tb. -Aufschliessungen
erkennen liess, war das beim Menschen zunächst nicht so
offensichtlich. Im Verlauf der zahlreichen Einzelunter¬
suchungen machten sich aber doch auch hier gewisse quali¬
tative Verschiedenheiten im biologischen Verhalten des Fil¬
trates und des Rückstandes bemerklich. In den höchsten Kon¬
zentrationen bewirken die unlöslichen Partialsubstanzen des
Rückstandes, vor allem das Eiweissgemisch als der bei
weitem aktivste Stoff, starke entzündliche Quaddelbildung, die
sich bei reaktiven Personen bis zu weit ausgedehnten, fast
phlegmonös aussehenden Entzündungshöfen und zu Pustel¬
und Nekrosebildung steigern kann. Immer aber handelt es
sich um rein entzündliche, mit aktiver Hyperämie einher¬
gehende und demgemäss durch hochrote Färbung ausgezeich¬
nete Prozesse. Dagegen sieht man bei den Reaktionen des
Filtrats in dem Rot des entzündlichen Reaktionsgebietes meist
deutlich einen gelben Farbeneinschlag, der, wie man sich bei
genauer Beobachtung des Entwicklungsverlaufes unschwer
überzeugen kann, von gleichzeitigen hämolytischen Vorgängen
herrührt. Man kann wirklich sagen, dass die Stichreaktionen
des Filtrats bei gleicher In- und Extension im allgemeinen
giftiger aussehen als die der unlöslichen Teilsubstanzen. Ein
weiterer qualitativer Unterschied zeigt sich gerade bei den
schwächsten Konzentrationsgraden. Bei technisch richtiger
Ausführung nimmt die Intensität der mit den Rückstands¬
stoffen vorgenommenen Intrakutanreaktionen entsprechend
dem Verdünnungsgrade von Stufe zu Stufe allmählich bis zum
völligen Verschwinden ab, so zwar, dass man häufig bei der
letzten noch positiven Reaktion zweifelhaft sein kann, ob da
wirklich noch ein sicher positiver Ausfall vorliegt oder nicht.
Anders bei den Stichreaktionen des Filtrats und des Alttuber¬
kulins. Da beobachtet man zunächst freilich auch die stufen¬
weise Abnahme der Reaktionswirkung. Ganz plötzlich aber
hört der positive Ausschlag auf. Die letzte positive Reaktion
imponiert noch als stark oder ist jedenfalls sehr deutlich
positiv, die nächstfolgende ebenso deutlich negativ. Von einem
allmählichen Abklingen und Verschwinden ist also bei den
höheren Verdünnungen des Filtrats nicht die Rede. Es macht
durchaus den Eindruck, als ob bei dem wasserlöslichen Filtrat
durch fortschreitende Verdünnung plötzlich, vielleicht auf dem
Wege der Dissoziation, eine Zustandsänderung eintritt, die
jede reaktive Wirkung aufhebt. Ganz analog dürfte die schon
lange gemachte Erfahrung zu bewerten sein, dass 1 uberkulin-
lösungen in höherer Verdünnung nicht haltbar sind und ihre
spezifische Wirksamkeit bald verlieren. Das gleiche gilt von
unserem Filtrat. Auch diese Beobachtungen würden daran
denken lassen, dass bei der Tuberkulinwirkung eher physi¬
kalische als rein chemische Vorgänge in Frage kommen. Denn
es kann nach dem in Teil 1 Gesagten kein Zweifel sein, dass
das Alttuberkulin und das Filtrat unserer Säureaufschliessung
des Tb. bei aller sonstigen Verschiedenheit insofern gleich¬
geartet sind, als sie beide dieselbe Substanz oder vielmehr
dasselbe Agens enthalten, dem die klassische Tuberkulin¬
wirkung, d. h. der Tuberkulintod tuberkulöser Meerschwein¬
chen zuzuschreiben ist.
Auch beim Menschen lässt sich der Parallelismus zwischen
den beiden Präparaten — Alttuberkulin und Filtrat — beob¬
achten. Erstens laufen die Ergebnisse der Komplement¬
bindungsversuche an menschlichen Seren im allgemeinen
parallel, d. h. wenn ein Serum auf Tuberkulin positiv reagiert,
so reagiert es auch auf das Filtrat. Freilich besteht keine
vollständige Kongruenz. Das ist nicht weiter verwunderlich.
Denn einmal ist es bisher nicht möglich gewesen, Tuberkulin
und Filtrat quantitativ auf die gleiche Konzentration an wirk¬
samer Substanz, also an in unserem Sinne klassischem Tuber¬
kulin einzustellen. Andererseits enthält zumal das Alttuber¬
kulin noch eine ganze Reihe anderer, sowohl spezifischer, als
auch unspezifischer Stoffe, die beim Komplementbindungs¬
versuch gewiss nicht gleichgültig sind.
Zweitens beobachtet man bei therapeutischen Versuchen
am Menschen, dass alle Präparate, die das Filtrat enthalten,
z. B. die gesamte Milchsäureaufschliessung der Tb. viel
leichter und häufiger allgemeine fieberhafte Reaktionen auch
schädlichen Charakters auslösen als die unlöslichen Partial-
antigene, also auch in dieser Eigenschaft mit dem Alttuberkulin
übereinstimmen. Wir haben deshalb seit einiger Zeit nach
Möglichkeit die Giftkomponente, die im Alttuberkulin ange¬
reichert und in unserem Filtrat nachweislich vorhanden ist,
bei der Behandlung Tuberkulöser auszuschalten uns bestrebt
und unsere bisherigen Erfahrungen scheinen für die Nützlich¬
keit dieser Massnahme zu sprechen. —
Und nun zu den wasserlöslichen Teilsubstanzen der Tb.,
aus denen der Rückstand unserer Milchsäureaufschliessung
besteht. Als ersten bei der Tuberkulose wahrscheinlich auch
wichtigsten, jedenfalls aktivsten Körper haben wir das E i -
w e i s s zu betrachten. Wenn wir kurzweg vom Eiweiss des
Tb. sprechen, so ist das eigentlich eine Ungenauigkeit. Denn
erstens handelt es sich sicherlich nicht um einen einheitlichen
chemischen Stoff, sondern um ein Gemisch, und zweitens ist
uns die Natur dieser Stoffe noch durchaus unbekannt. Frei¬
lich, dass wir es mit a 1 b u m i n o i d e n Körpern zu tun haben,
das geht abgesehen von dem Stickstoffgehalt schon daraus
hervor, dass das Gemisch gewisse allgemeine Eiweissreak¬
tionen gibt, und dass sich aus ihm durch starke Laugen Alkali-
albuminate gewinnen lassen. Dass aber keineswegs die ge¬
wöhnlichen Eiweissarten vorliegen, wird durch den auf¬
fallend hohen Phosphorgehalt der Substanz ausser
Frage gestellt. Diese Tatsache spricht dafür, dass wir es
mit sehr komplizierten, hochmolekularen Stoffen zu tun haben,
die vielleicht in die Kategorie der Nukleoproteide gehören, ob¬
schon sie sich als völlig unlöslich herausgestellt haben.
Nach diesen kurzen chemischen Bemerkungen wollen wir
die biologische Aktivität dieser Eiweissubstanz auf den
Menschen betrachten und beziehen uns da auf die Ergebnisse
zahlreicher Intrakutanreaktionen, die an Tuberkulosekranken
und gesunden Personen vorgenommen wurden. Im allgemeinen
begannen wir mit einer Verdünnung von 1 : 10 000, bezogen
auf Trockensubstanz. Auf diese stärkste Dosis hin reagierten
die meisten Personen mit der Bildung von mehr oder minder
ausgedehnten Nekrosen. Bei einzelnen besonders reaktiven
Individuen traten geradezu groteske lokale Veränderungen an
der Injektionsstelle auf, phlegmonös anmutende entzündliche
Prozesse mit zentraler grosser Pustel, die zu einem beträcht¬
lichen Substanzverlust führten. Wenn man bedenkt, dass nur
0,1 ccm einer Konzentration von 1 : 10 000, im ganzen also an
wirksamer Substanz nur ein hundertstel Milligramm eingeführt
wurde, so muss, wer derart heftige Reaktionen beobachtet,
2S. Januar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
staunen. Fast noch überraschender und anschaulicher wird
das Bild, wenn man, wie das in jedem Fall geschehen ist,
die obere Verdünnungsgrenze bestimmt, bis zu welcher über¬
haupt noch positive Reaktionen eintreten. Wie bei ver¬
schiedenen Personen die Intensität einer mit der gleichen Kon¬
zentration ausgeführten Stichreaktion je nach der individuellen
Reaktivität sehr verschieden ist, so ist auch diese äusserste
Verdünnungsgrenze starken individuellen Schwankungen
interworfen. Auf Grund eines recht reichlichen Beobachtungs-
materials lässt sich folgendes sagen: Die meisten Menschen,
die mit dem Tuberkulosevirus in Berührung gekommen oder
tuberkuloseinfiziert sind, reagieren normalerweise auf Tb.-Ei-
weiss mindestens bis zu einer Verdünnung von 1 : 10 Millionen
positiv. Man kann diese Grenze nach unseren bisherigen
Erfahrungen als schwache Reaktivität bezeichnen. Wird
die letzte positive Stichreaktion mit einer Konzentration von
i : 100 Millionen erzielt, so kann man von einer mitt¬
leren Reaktivität sprechen. Diese mittlere Linie wird sehr
häufig, vielleicht absolut am häufigsten erreicht. Seltener ist
-ine starke Reaktivität, bei der die untere Konzentrations-
Grenze bei 1:1 Milliarde liegt, doch handelt es sich hier
noch keineswegs um Ausnahmen, und mancher auch klinisch
Gesunde Mensch steht auf dieser a priori schon recht schwer
vorstellbaren Reaktivitätsstufe. Damit wären die gewisser-
nassen normalen Reaktionsbreiten abgegrenzt. Was darüber
linaus liegt, darf als gesteigerte Reaktivität bezeichnet
werden, die bei weitem seltener vorkommt. Immerhin haben
wir bei mehreren Individuen eine obere Verdünnungsgrenze
/on 1 : 10 M i 1 1 i a r d e n, nur in einigen wenigen Fällen sogar
.‘ine solche von 1 : 100 M i 1 1 i a r d en sicher beobachtet. Das
•iind Verdünnnngsgrade, die ans Unfassliche streifen und uns
.■inen äusserst interessanten Einblick in die Möglichkeiten bio-
ogischen Geschehens und Wirkens gewähren. Für skeptisch
veranlagte Naturen bemerken wir ausdrücklich, dass sowohl
iei der Herstellung der Verdünnungen wie auch bei der Tech-
lik der Injektionen mit grösster Vorsicht zu Werke gegangen
vvird. So werden z. B. für jede einzelne Verdünnung — und
las gilt nicht allein für das Eiweiss, sondern auch für die
nideren Partialantigene — - eigene Spritzen und Kanülen ver¬
wandt, die zu nichts anderem benutzt werden. Diese Vor-
vichtsmassregeln sind um so notwendiger, als die sämtlichen
1 Partialantigene der Tb. durch Kochen in ihrer kutanen
Reaktivität nicht im geringsten beeinträchtigt werden.
Wie wir von einer gesteigerten Reaktivität gesprochen
laben, so gibt es auch eine abgeschwächte, die unterhalb der
(onzentrationsgrenze von 1 : 10 Millionen liegt. Ob die ab-
Geschwächte Reaktivität bei gesunden Personen, die mit
Tuberkulose in Berührung gewesen sind und positiv reagieren,
iberhaupt vorkommt, wissen wir nicht. Bis jetzt sind uns der-
irtige Fälle nicht begegnet und wir halten sie einstweilen für
wenig wahrscheinlich. Dagegen trifft man bei Tuberkulose¬
kranken nicht selten wesentliche Abschwächungen der Re-
iktivität und zwar, soweit wir bis jetzt urteilen können, durch¬
weg bei Schwerkranken. Ja, die Reaktivität kann auf den
Rullpunkt sinken, ebenso wie das vom Tuberkulin bekannt ist,
ind wie beim Tuberkulin ist auch hier das Verschwinden der
Reaktionsfähigkeit ein signum mali ominis. Schliesslich be¬
geht noch ein weiterer Parallelismus zwischen dem Tb.-
'iweiss und dem Tuberkulin in der Tatsache, dass Menschen,
lc ren Organismus niemals mit dem Tuberkulosevirus Bekannt¬
schaft gemacht hat, vor allem also Kinder in den ersten
-cbensjahren auch auf die stärksten Konzentrationen — wir
;ind in einigen Fällen selbst auf 1 : 1000 gestiegen — a b -
■olut negativ reagieren, sich in nichts also von der
tets mit Karbol-Kochsalzlösung ausgeführten Kontrolle unter¬
scheiden. —
Wir haben das Tb. -Eiweiss als das Paradigma im Intra¬
kutan versuch hingestellt. Die beiden anderen unlöslichen
artialantigene — das Fettsäurelipoidgemisch und das Neutral-
ett — zeigen im Prinzip dieselben Eigenschaften wie das Ei-
veiss und wir begnügen uns deshalb, auf das Unterscheidende
'inzuweisen.
Zunächst ist da ein wesentlicher quantitativer Unterschied
"-'merkbar. Man kann sagen, dass durchschnittlich das Ei-
'ciss 1000 mal stärker wirkt als das Fettsäurelipoidgemisch,
md dass letzteres wieder 10 mal stärker ist als das Neutral-
fett. Mit anderen Worten: der mittleren Reaktivität, die wir
beim Eiweiss in einer Verdünnung von 1: 100 Millionen kennen
gelernt haben, entspricht beim Fettsäurelipoid eine Konzen¬
tration von 1 : 100000, beim Neutralfette eine solche von
1 : 10000 etc. Wir wollen natürlich nicht sagen, dass da
mathematisch festgelegte Verhältnisse vor liegen, aber unser
Beobachtungsmaterial ist gross genug, diese proportionalen
Zahlen im allgemeinen als gültig und jedenfalls als praktisch
verwertbar erscheinen zu lassen.
Ein weiterer Unterschied zwischen Eiweiss- und Fett¬
körpern besteht in dem zeitlichen Auftreten der Reaktions¬
erscheinungen: Während die Eiweissreaktionen meist schon
wenige Stunden nach der Injektion als deutliche Quaddeln
sichtbar werden und nach 1 — 2 Tagen zur vollen Entwicklung
gelangt sind, gebrauchen die Fettkörper viel längere Zeit, um
deutliche lokale Erscheinungen auszulösen und es vergehen
mehrere Tage, bisweilen selbst 1 — 2 Wochen, um völlig aus¬
zureifen (cf. die früher beschriebenen Tierversuche). Und
zwar spielen sich die Vorgänge bei den Stichproben des Neu¬
tralfettes durchweg noch langsamer ab als bei denen des Fett¬
säurelipoidgemisches. Bei diesen kommt es bei reaktiven Per¬
sonen vor, dass schon nach 24 Stunden wenigstens die stärk¬
sten Konzentrationen positive Ausschläge zu zeigen beginnen,
beim Neutralfett vergehen fast stets 3—4 Tage bis zum Auf¬
treten der ersten sichtbaren Erscheinungen. Aus diesen Grün¬
den ist das Ablesen der oberen Verdünnungsgrenze bei den
beiden Fettantigenen etwas erschwert, und es bedarf jeden¬
falls einer genauen, mindestens auf 14 Tage sich erstreckenden
Beobachtung, um Fehler in der Beurteilung der Reaktivität zu
vermeiden. Schliesslich sei noch kurz bemerkt, dass die Ge¬
samtheit der drei unlöslichen Partialantigene, also der Filter¬
rückstand der Tb.-Säureaufschliessung, im Intrakutanversuch
stärker reagiert als das Filtrat, und dass die Milchsäureauf-
schliessung der Tb. in toto etwa gleich stark wirkt wie das
Alttuberkulin.
m.
In seiner Arbeit über Fettantikörper führt Mnch fol¬
gendes aus:
„Auf Grund anderer Untersuchungen, die in diesem Zusammen¬
hänge nicht geschildert werden können, sind wir zu der Ueber-
zeugung gekommen, dass die Immunität bei Tuberkulose in zwei
verschiedene Arten zerfällt : eine humorale und eine zelluläre.
Zur Abwehr einer Infektion ist die humorale durchaus notwendig;
für die Erhaltung des Immunitätszustandes ist nur die zelluläre
notwendig. Dringt dann in einen zellulär immunen Körper, der nur
teilweise oder gar keine nachweisbaren Partialantikörper im Blute
besitzt, von neuem Virus hinein, so wird dieses dadurch vernichtet,
dass von den immunen Zellen die Partialantikörper in die Blutbahn
abgegeben werden. Wir haben das Auftreten der Summe von Par¬
tialantikörpern bei erneuter Bakterienzufuhr in einen immunisierten
Organismus gradatim am Menschen verfolgen und auch im Tierver¬
such erhärten können. Wird die Bazillenzufuhr von neuem über¬
wunden, dann verschwindet wieder ein Teil oder die Gesamtheit
der Partialantigene aus dem Blute, und nur noch die zelluläre Im¬
munität bleibt übrig.
Mit der Komplementbindung weisen wir nur die humorale Im¬
munität, mit der Ueberempfindlichkeitsreaktion sowohl die humorale
wie die zelluläre nach. Daher gehen auch beide Reaktionen nicht
immer parallel.
Wer kämpft, braucht also die humoralen Immunstoffe; wer
nicht mehr kämpft, aber auf eine Abwehr bereit ist, beschränkt
sich auf die zellulären. Die Grundimmunität ist
z e 1 1 u 1 ä r.“
Diese Ueberzeugung drängt sich uns bei unseren Arbeiten
immer mehr auf. Die Partialantikörper im Blute werden
bekanntlich durch die Komplementbindungsmethode nach¬
gewiesen. Nun sehen wir aber bei wiederholten Unter¬
suchungen des Blutes, dass diese Antikörper ausserordentlich
schnell wechseln. Der Ausfall der Reaktion kann sich
von einem Tage zum andern verschieben, während
der Ausfall der Intrakutanreaktion über lange Zeit hinaus kon¬
stant bleibt. Die Intrakutanreaktion muss demnach durch
einen anderen Modus hervorgerufen werden, als die Kom¬
plementbindungsreaktion. Die Komplementbindungsreaktion
wird sicher durch einen in den gelösten Blutbestand¬
teilen vorhandenen Antikörper hervorgerufen (natürlich!).
Dieser Antikörper ist einheitlich. Es gibt nur einen
Antikörper, der je nach dem benutzten Systeme die ver¬
schiedensten Reaktionen geben kann. Wenn also die Intra-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4
kutanreaktion bei Tuberkulose konstant, die Komplement¬
bindungsreaktion dagegen inkonstant ist, so kann sie nicht auf
diesen einheitlichen im Blute vorhandenen Anti¬
körper zurückgeführt werden. Für ihr Zustandekommen einen
besonderen Antikörper im Blute anzunehmen, erscheint
uns unmöglich und würde in die Zeiten zurückführen, wo man
bei der Aufzählung der Erscheinungen für jede einzelne Er-
scheiung einen eigenen Antikörper annehmen zu müssen
glaubte, weil man die Erscheinungen in ihrer Gesamtheit nicht
überblickte und den hohen vereinheitlichenden Gipfelpunkt
nicht zu erklimmen vermochte bzw. sich dessen nicht getraute.
Wir kommen also zu dem Schlüsse, dass die Intrakutan¬
reaktion bei Tuberkulose nicht immer auf humorale Immun¬
stoffe zurückzuführen ist, sondern ein Ausdruck der zellu¬
lären Immunität ist.
Es fragt sich nur: ist sie in jedem Falle Ausdruck der
zellulären Immunität? Diese Frage ist schwer zu beantworten.
Es müsste da zuerst die Vorfrage erledigt werden: Sind einige
dieser Reaktionen als anaphylaktische aufzufassen?
Dass die Anaphylaxie katexochen, wie sie Fried-
b e r g e r auffasst, durch gelöste Blutstoffe entsteht, ist
wohl ziemlich sicher. Es handelt sich dabei um die Abspaltung
eines unspezifischen giftigen Spaltproduktes. Ein solches
konnte bisher aus jedem geformten Eiweisse auch im Reagenz¬
glase gewonen werden. Und kürzlich hat auch Much über
Versuche berichtet (Ueber Fettantikörper, s. o.), in denen es ihm
und L e s c h k e gelungen war, auch aus dem Neutralfette der
Tuberkelbazillen einen Anaphylaxie machenden Stoff in ähn¬
licher Versuchsanordnung, wie sie bei der Gewinnung des aus
Eiweiss abspaltbaren Anaphylatoxins gebräuchlich ist, dar-
zustellen.
Aus den Partialantigenen kann man also künstlich ein Ana-
phylatoxin darstellen. (Die Darstellung aus dem isolierten
Tuberkelbazillen e i w e i s s e ist von Much an demselben
Orte beschrieben.) Es fragt sich nun, ob nicht auch die Intra¬
kutanreaktionen mit den Partialantigenen rein anaphylak¬
tischer Natur seien. Dann müssten sie durch die gelösten
Blutstoffe hervorgerufen werden. Oder wir müssten an¬
nehmen, dass die Anaphylaxie nicht nur durch den humoralen,
sondern auch durch den zellulären Immunitätszustand aus¬
gelöst werden kann.
Die Frage nach der anaphylaktischen Natur ist vielleicht
durch eine von Bessau7) vorgeschlagene Versuchsanord¬
nung zu entscheiden, indem man von der Antianaphylaxie aus¬
geht. Nun weiss man zwar noch nicht, was das Wesen der
Antianaphylaxie ist. Sollte es sich aber bewahrheiten, dass
die Antianaphylaxie durch das Anaphylatoxin erzeugt wird, so
muss sie notwendigerweise unspezifisch sein, im Gegensätze
zu dem spezifischen Immunitätszustande gegen die Endotoxine.
Denn wenn auch die Anaphylaxie als solche eine Immun¬
körperreaktion ist, so ist das sich dabei bildende Ueber-
empfindlichkeitsgift doch in jedem Falle ein und dasselbe, also
unspezifisch. Sollte es an dem Zustande der Antianaphyläxie
Schuld sein, so kann auch dieser folgerichtigerweise nur un¬
spezifisch sein.
Nun sprechen allerdings die Erfahrungen bei Masern dafür,
dass auch die Reaktion mit Tuberkulin anaphylaktischer Natur
ist. Andererseits ist es uns aber bisher nicht gelungen, im
Reagenzglase aus Tuberkulin oder aus dem Milchsäure-Tb. -
Filtrat mit Serum ein Anaphylatoxin darzustellen, während
solches aus den dieselbe Intrakutanreaktion gebenden Partial¬
antigenen aus dem Rückstände dargestellt werden kann.
Wir neigen deshalb und auf Grund anderer Beobachtungen
und Versuchsergebnisse, die wir erst später veröffentlichen
können, zu der Ansicht, dass die durch das reine Tuber¬
kulin hervorgerufene Intra kutanreaktion zellu¬
lärer Natur sei. Wahrscheinlich ist überhaupt jede wirk¬
liche Tuberkulinreaktion weniger humoraler, als zellulärer
Natur. Oder anders ausgedrückt: Die Tuberkulin¬
reaktion ist meistens eine zelluläre Lokal¬
reaktion. Darauf weist auch schon die nach sub¬
kutaner oder intravenöser Einverleibung eintretende Herd¬
reaktion mit einiger Deutlichkeit hin. Ob nun diese zelluläre
Reaktion als eine durch zelluläre Immunität hervorgerufem
Ueberempfindlichkeit aufzufassen ist, ist eine andere Frage.
Im allgemeinen wird man sich in Zukunft mit de
zellulären Immunität viel nachdrücklicher zu befassei
haben. Im Intrakutanversuche prüfen wir ja nur die Haut
zellen. Es müssten Mittel und Wege gefunden werden, aucl
den vielleicht viel wichtigeren Immunitätszustand andere
Zellen zu prüfen. Vielleicht erklärt sich auf diesem Wege da.
grosse Rätsel, dass man bisher die Ueberwindung und Bei
kämpfung einer durch Endotoxinbakterien verursachten In
fektion mit Hilfe der Bakteriozidielehre nicht zur völligen Zu
friedenheit hat lösen können.
Jedenfalls spielt die zelluläre Immunität nicht bei alleij
Krankheiten die gleiche Rolle. Während sie bei den akuteii
viel weniger in Frage kommen wird, haben wir bei dei|
chronischen gewiss um so mehr auf sie zu achten. Aller
dings kommen auch, worauf schon Much in seiner Arbeil
über Fettantikörper hingewiesen hat, chronische Krankheiten
wie die Lepra vor, wo sie kaum eine Rolle spielt. Beide
Tuberkuloseimmunität dagegen spielt sie höchst!
wahrscheinlich die Hauptrolle, ebenso wie bei der Pocken
immunität. Hier eröffnet sich der Forschung im allgt
meinen und bei der Tuberkulose noch im besonderen ei
grosses Gebiet, zumal wir uns bei der letzten Krankheit bc
wusst sein müssen, dass die Intrakutanmethode keinesweg
eine Idealmethode zum Nachweise einer zellulären Immunit;
sein wird.
Dass bei der Tuberkulose die humorale Immunität d;
neben eine ausserordentlich wichtige Rolle spielt, ist nac
allem was Much und seine Mitarbeiter darüber jüngsthi
veröffentlicht haben, selbstverständlich. Aber diese humoral
Immunität ist, wie dies schon in den eingangs dieses Al
Schnittes zitierten Worten auseinandergesetzt wurde, wähl
scheinlich von der zellulären Immunität bedingt, oder stell
zum mindesten mit ihr in einem engen Wechselverhälti
n i s s e.
Wie wichtig auch die humorale Immunität ist, möge e
Beispiel erläutern, woraus zugleich hervorgeht, dass sie untfj
Umständen genügt, um den Tuberkuloseschutz auf ein ändert
Individuum zu übertragen. Es handelt sich dabei um eine
von Much beobachteten Versuch, den er demnächst m
L e s c h k e genauer beschreiben wird.
Bei einem klinisch tuberkulosefreien Arzte fanden sich
der ersten Zeit, als er frisch einen Tuberkulosepavillon übel
nahm, sämtliche Partialantikörper in grosser Menge i1
Blute, die vorher nicht vorhanden waren. Später ve
schwanden sie, ohne dass er tuberkulös geworden wäre. 1
Gegenteile, seine Immunität bestand fort. Die Erklärung t:
einfach. Er war tuberkuloseimmun, aber wahrscheinlii
schwach, bevor er die Abteilung übernahm (zelluläre Ii
munität). In der ersten Zeit, wo er mit grösseren Mengen vi
Tuberkelbazillen in Berührung kam, erfolgt eine heftige A-
wehrbewegung, es tritt im Blute die Masse von Partialan
körpern auf. Dadurch wird die zelluläre Immunität zuglei i
rückwirkend so verstärkt, dass später die humoralen An-
körper gar nicht mehr nötig sind. — Das Plasma dieses Arzt;
wurde nun in verschiedenen Zeiten mit Tuberkelbazillen g-
mischt und im Meerschweinchenversuche geprüft. Dali
zeigte es sich, dass die Tiere an Tuberkulose starben, wci
im Blute des Arztes nur einige oder gar keine Partialan-
körper vorhanden waren; sie blieben aber tuberkulöse
frei, als das Blut zu der Zeit entnommen wurde (also z
Zeit der Uebernahme des Pavillons), wo sämmtlicl
Partialantikörper im Blute vorhanden waren.
Auch im Tierversuche bei Ziegen zeigte sich uns äl
liches. Diese hatten nach Vorbehandlung mit Milchsäure-T
Aufschliessungen sämtliche Partialantikörper im Blute,
dieser Zeit schützte das Blut andere Tiere vor einer Tub<
kuloseinfektion. Dann verschwanden die Partialantiköri
ganz oder teilweise aus dem Blute der Ziegen. Das B
schützte nicht mehr andere Tiere; die Ziegen selb
aber erwiesen sich als vollkommen tube
k u 1 o s e i m m u n 8). Daraus ist zweierlei zu schliesscn:
8) Aehnliches ist schon vor lins von R ö m c r beobachtet (Mik
biologenkongress 1912).
') Bessau: Münch, med. Wochenschr. 1912, S. 802.
IVLERIE HERVORRAGENDER ARZTE UND NATURFORSCHER.
|(arl ^opp.
Beilage zur Münchener medizinischen Wochenschrift. Blatt 317. tQiZ-
Verlag von J. F. LEHMANN in München.
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
193
1. Soll ein Tuberkuloseschutz übertragen werden, so muss
die Sum m e der humoralen Partialantikörper im Immunblute
vorhanden sein, wie dies von Much zuerst klar formuliert
wurde. Auch zur Abwehr einer Infektion bei nicht be¬
stehender oder schwacher zellulärer Immunität ist die
Summe der humoralen Partialantikörper notwendig (das ist
also eine Modifikation des früheren Standpunktes, nach dem
für j e d e Abwehr die Summe der humoralen Partialantikörper
notwendig sein sollte).
2. Durch die Summe der humoralen Partialantikörper wird
die zelluläre Immunität rückwirkend so verstärkt, dass
sie als starke zelluläre Immunität nachher allein zur Ab¬
wehr genügt. Wenn sie wieder schwach wird, treten von
neuem die humoralen Partialantikörper auf.
Die zelluläre Immunität zeigt also den Dauer¬
zustand, die humorale den vorübergehenden Zu¬
stand an, der mit dem Dauerzustände in engster Beziehung
steht. Und in diesem Sinne ist auch, wie noch einmal betont
werden soll, die eigentliche Tuberkulinreaktion als Ausdruck
der zellulären Immunität aufzufassen. Denn auch die
erwähnten zellulär immunen Ziegen geben vor der In¬
fektion noch eine Tuberkulinreaktion, obwohl sie niemals mit
lebenden Tuberkelbazillen in Berührung gekommen waren,
obwohl sie sich vollkommen immun erwiesen, und obwohl
sie keine humoralen Partialantikörper mehr
im Blute hatten.
Auf das weitere Studium der Partialantigene und Partial¬
antikörper ist sicherlich die Hoffnung für ein gedeihliches,
wenn auch langsames Vorwärtskommen in dem Gebiete der
Tuberkuloseimmunität zu setzen.
- • -
Zum Heimgange Kopps.
Von Dr. H. P 1 o e g e r, I. Assistenten der dermatologischen
Poliklinik in München.
Die schöne neue Münchener Poliklinik hat, kaum eröffnet,
schon den Verlust eines ihrer eifrigen Schöpfer zu beklagen.
Bereits im alten Hause waren von den Begründern
der Spezialabteilungen zwei dahingegangen, der
Laryngologe Scheck und der Otologe H a u g, jetzt schied
als dritter der Dermatologe Ko pp am 24. November 1912.
Wie seine beiden ihm im Tod vorausgegangenen Kollegen
hat K o p p die ganz eigenartige Entwicklung der Spezial¬
disziplinen im alten Reisingerianum miterlebt, mit-
durchgelitten und durchgekämpft. Er durfte aber noch gerade
die Freude geniessen, dass er seine Pläne in der neuen Poli¬
klinik verwirklicht sah, obwohl es ihm nicht vergönnt war,
den verdienten Lohn voll auszukosten, weil er schon zu leidend
war. Er hat nur noch im ersten Semester im neuen Hause
Vorlesungen halten können und nur noch mühsam; in den
letzten 4 dagegen dozierte er nicht, die Stimme versagte
den Dienst.
Carl K o p p war ein Münchener Kind. Er ist auch, ab¬
gesehen von seiner Ausbildungszeit, von ausgedehnten Reisen
zur Erholung oder aus wissenschaftlichen Gründen, seiner
Heimatstadt immer treu geblieben. Einen Ruf nach auswärts,
nach Innsbruck, lehnte er ab.
Er wurde am 1. August 1855 geboren als Sohn des Ober¬
landesgerichtspräsidenten K o p p in München. Auch der
Grossvater, ein Polizeiarzt, war Münchener. Nach Absol¬
vierung des Gymnasiums machte er trotz fröhlicher, lebens¬
lustiger Studentenzeit, trotz 8 aktiven Semestern bei der
Frankonia, deren Ehrenmitglied er später war, rechtzeitig
seine Examina; er wurde 1879 approbiert und promoviert.
Die bedeutendsten Professoren unserer Alma mater hatte er
zu Lehrern : Nussbaum, Rothmund, Gudden,
Pettenkofer, Ziemssen. Er war dann kurze Zeit bei
Merkel in Nürnberg und darauf 2 Jahre Assistent bei
Ziemssen in München (1. I. 1880 bis 1. I. 1882), der ihn
sehr schätzte. K o p p war sogar sein behandelnder Arzt.
Nach chirurgischer Ausbildung bei R i e d i n g e r in Wtirzburg
(1882/83) sah er sich vor die Frage gestellt, ob er Chirurg
bleiben oder Dermatologe werden sollte, da er von 2 Seiten
No. 4.
Zusagen bekommen hatte. Es zog ihn aber, und Ziemssen
war auch hier sein Ratgeber, zu N e i s s e r nach Breslau, wo
er bei dem Meister der Dermatologie, der ihm zeitlebens be¬
freundet blieb, seine grundlegende Ausbildung erhielt (bis
1885). Auch er sollte, wie soviele aus der Breslauer Schule,
einen der dermatologischen Lehrstühle Deutschlands späterhin
einnehmen. Schon früher hatte er wissenschaftliche Studien¬
reisen nach Berlin und Wien, nach London und Paris unter¬
nommen. 1886 sah ihn München definitiv wieder, am 2. April
habilitierte er sich hier. Vorübergehend war er Leiter des
Hautambulatoriums, das Ziemssen in seinem einzigartigen
medizinisch-klinischen Institut einrichtete. Eine stille Hoffnung,
einmal im Krankenhause r. Isar eine Hautabteilung einrichten
zu können, zerschlug sich; es gibt jetzt noch keine derartige
Abteilung dort.
Von grossem Vorteil für Kopps Lehrtätigkeit war es
aber, als H e 1 f e r i c h, der Leiter der chirurgischen Poliklinik
mit vielem dermatologischen Material, ihn 1886 aufforderte,
als Unterabteilung die Haut- und Geschlechtskranken zu über¬
nehmen, obwohl die Ausstattung des abgetrennten Raumes die
primitivste war, die man sich nur denken konnte und leider
auch noch Jahrzehnte lang so bleiben sollte. Wir verwahren
noch heute in unserem Putzraum einen kleinen, schmalen Kasten,
dessen Ausziehplatte Schreibgelegenheit bot, und dessen
kleine Fächer als Aufbewahrungsort diente für die wenigen
Utensilien, Bücher und Instrumente, die der Chef selber an-
schaffen durfte. Hiermit ausgerüstet und mit einem Studenten
als Famulus wurde die dermatologische Poliklinik langsam
und mühsam geboren. Nur allmählich gab es kleine Ver¬
besserungen. An Stelle des Vorhanges, der Kasten, Dozenten,
Famulus und Patienten von den chirurgischen Teilen des
Zimmers abgrenzte, traten nach ca. 10 Jahren 4 kahle Wände
im Parterre des Reisingerianums. Statt einiger 100 Mark aus
chirurgischen Mitteln erschien ein Jahresetat von 500 Mark
für die jetzt selbständige Abteilung, der 1902 sich verdoppelte.
Von 1904 ab wurde auch ein Assistent mit 500 Mark bedacht,
der erst im neuen Hause den anderen Assistenten gleichgestellt
wurde. Der Leiter der Abteilung, der 1899 den Professor¬
titel erhalten, bekam dagegen in 24 Jahren gar nichts, er
musste sich zufrieden geben mit den mühsam erkämpften
kleinen Vorteilen. Erst am 1. September 1910, mit Eröffnung
des neuen Hauses wurde er zum a. o. Professor in etats-
mässiger Eigenschaft mit Gehalt ernannt und ihm Poliklinik
der Haut- und Geschlechtskrankheiten als Lehraufgabe über¬
tragen, nachdem er über 80 000 Kranke behandelt und sehr
oft aus eigenen Mitteln zugesteuert hatte, um überhaupt den
Betrieb aufrecht erhalten zu können. Nur manchmal trug er
sich mit Rücktrittsgedanken, wenn seine nur zu sehr begrün¬
deten Wünsche immer unberücksichtigt geblieben waren.
Endlich hatte diese Not, die nur recht der begreift, der sie
selbst miterlebte, ein Ende. Da hatte für unseren geduldigen
Professor aber schon seine körperliche Not begonnen. Ein
tragisches Geschick!
Der Herrichtung der neuen, durch die Munifizenz aller
Behörden, die sich jetzt bei den Universitätsneubauten zeigte,
so glänzend ausgestatteten Poliklinik, widmete er sich noch
mit unermüdlichem Eifer. Wir hatten plötzlich 15 grosse,
helle Räume, statt zuletzt zweier gänzlich unzulänglicher, wir
hatten eine moderne Einrichtung, statt einer alten, abgelebten,
die den Vergleich mit der irgend eines Spezialisten nicht aus-
halten konnte. Der hartnäckigen Ausdauer des Chefs gebührt
das grosse Verdienst, die Bahn für die poliklinische Dermato¬
logie in München freigemacht zu haben. Sein Nachfolger
wird diesen Druck nicht mehr empfinden, unter dem K o p p
fast ein Leben lang gelitten.
Aus der alten Arbeitsstätte gingen trotzdem zahlreiche
Arbeiten hervor, die meisten vom Leiter selbst, der über einen
glänzenden Stil verfügte. Nach kleineren Arbeiten bei
Ziemssen (die Schrift über Hautdrainagen bei Anasarka
wird auch heute noch zitiert) und N e i s s e r verfasste er
seine ausserordentlich sorgfältig und gross angelegte Habili¬
tationsschrift über „Die Trophoneurosen der Haut“ 1886.
Stintzing machte damals auf das Werk aufmerksam mit
den Worten, „in welchem der Verfasser auf Grund eingehender
literarischer, klinischer und eigener histologischer Studien eine
wertvolle Zusammenstellung der auf dem Gebiet der Dermato-
4
104
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
neurosen bisher bekannten Tatsache geliefert hat“. K o p p
glaubte darin ein trophoneuritisches Zentrum annehmen zu
müssen, ohne trophoneurotische Nerven für erwiesen zu er¬
achten. Die Erage ist ja auch heute noch nicht geklärt. 1889
schrieb er ein Lehrbuch der venerischen Erkrankungen, gab
je einen Atlas über Haut- und Geschlechtskrankheiten heraus
(1894). ln Penzoldt und Stintzings Handbuch der
speziellen Therapie innerer Krankheiten verfasste er die Ab¬
schnitte über die Prophylaxe der venerischen Erkrankungen,
die Behandlung der Gonorrhöe und der Hypertrophien, Atro¬
phien, Neubildungen, Geschwüre und Neurosen der Haut, die
4 Auflagen erlebten (1894—1910) und auch ins Spanische über¬
setzt wurden, ln Drasches Bibliothek der medizinischen
Wissenschaften war er der Autor von 9 Artikeln (1900). Er
war Mitherausgeber des Archivs für Dermatologie und
Syphilis und der Therapie der Gegenwart. Im Handbuch von
Goldscheider und Jacob beschrieb er die physikalische
Therapie der Hautkrankheiten (1902). Die Frage der event.
tuberkulösen Natur des Lupus erythematodes und die syphi¬
litische Natur der Leukoplakia mucosae berührte er in je zwei
Arbeiten. Viele kasuistische Beiträge entstammten seiner
Feder, so über Jodismus, multiple neurotische Hautgangrän,
über Syphilis maligna, Cutis laxa, multiple Angiombildung,
Naevus vasculosus verrucosus faciei (Darier). Viele liess
er in Dissertationen verarbeiten. Unzählig sind die flott ge¬
schriebenen Kritiken und Referate, besonders auch in dieser
Wochenschrift. Naturgemäss probierte er viele Heilmittel
durch und schrieb über verschiedene Quecksilbermittel, über
Ichthyol, Europhen, Dymal, Jod und Salvarsan, dessen aus¬
gezeichnete Wirkung er voll anerkannte. Mehrere zusammen¬
fassende Berichte über die Fortschritte der Therapie in seinem
Fach, besonders öfters über die Gonorrhöe, 2 Nekrologe, über
Lev in und S c h w i m m e r, . sind von ihm.
Mit der Erwähnung dieser Arbeiten ist seine schrift¬
stellerische Tätigkeit noch lange nicht erschöpft, ich zähle
ca. 60 Arbeiten (ohne Kritiken und Referate); ich wollte mit der
kurzen Uebersicht nur die Vielseitigkeit seines Schaffens be¬
leuchten. Ein Gebiet, die sexuelle Frage, hat er öfters in der
verschiedensten Fragestellung bearbeitet, in der Jugend¬
erziehung, der Prostitution, der Gattenwahl, als sexuelle Ver¬
antwortlichkeit und Fürsorge.
Er stand diesen Fragen besonders nahe seit 1903, wo er
als Gründer und Vorstand eines Zweiges der Deutschen
Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten in
München viele Vorträge über dieses ganze Gebiet hielt,
speziell auch alljährlich den Abiturienten hiesiger Schulen, die
immer zahlreich erschienen; er war sich aber der Sisyphus¬
arbeit sehr wohl bewusst. Gemeinsam mit der Polizei nahm
er sich der Prostitutionsfrage an. Auch als gerichtlicher Sach¬
verständiger war er viel begehrt. Die Kollegen schätzten ihn
wegen seines zuvorkommenden Wesens, er war ein beliebter
Konsiliarius.
Das beste leistete er aber als Lehrer. Sein Vortrag war
in jeder Hinsicht anziehend; in seine klaren theoretischen Aus¬
führungen verwob er in fesselnder Weise oft die reichen Er¬
fahrungen seiner ausgedehnten Praxis, wobei ihm sein vor¬
zügliches Gedächtnis sehr zu statten kam. Als Meister der
Diagnose trat er an die spezifisch dermatologischen Schwierig¬
keiten heran, als Meister der Sprache wusste er die Auf¬
klärungen zu geben. Seine Zuhörer, jetzt über 120, nahmen
ständig zu. Fast % der 60 Münchener Hautärzte sind aus
seiner Anstalt hervorgegangen, die bei ihrer Uebersichtlichkeit
gerade für die praktische Ausbildung das denkbar beste Ma¬
terial bot. Auch als Chef blieb er immer der liebenswürdige,
gerechte Mensch, harte Worte hörte man nie.
Seine Mussestunden gehörten der Familie, dort war er
der gütige, besorgte Vater, der jedem einzelnen noch über den
Tod hinaus liebe Worte hinterliess. Aus seiner glücklichen
Ehe mit einer Tochter des Bankdirektors Volz entsprangen
1 Sohn und 3 Töchter. Auch die langen Ferienmonate, meist
am lieben Gardasee oder im heimatlichen Oberstdorf, trennten
ihn nicht von der Familie. Zwischendurch führten ihn aber
doch grosse Reisen in die meisten europäischen Länder, wo¬
bei ihn sehr die Kenntnis 5 lebender Sprachen unterstützte.
Sein ausgesprochenes Sprachtalent vermittelte ihm natürlich
No. 4.
auch eine vorzügliche Kenntnis der Literatur, besonders der
französischen.
Kopp hätte mehr aus sich machen können, er hielt aber
immer zurück. Für Polypragmasie im Schreiben konnte er
sich nicht begeistern, er war dazu zu bescheiden. Aeussere
Ehren sind ihm nicht viel zu teil geworden. Ausser den
schon erwähnten, ehrte ihn die Aerzteschaft München 1905
durch Wahl zum Vorsitzenden im Aerztlichen Verein. Im
Aerztlichen Bezirksverein war er langjähriger Ehrenrichter,
bis zuletzt. Er war korrespondierendes Mitglied der Wiener
dermatologischen Gesellschaft.
Die ruhige Gleichmässigkeit seines festen Charakters
zeigte sich auch besonders in seinem Leiden, das ihn schon
über 5 Jahre quälte. (Hodgkin sehe Krankheit stellte die
Sektion fest.) Er wurde nicht ungeduldig, trotzdem ihm als
Arzt die Schwere seines Leidens nicht verborgen bleiben
konnte. Aber auch dem Mediziner bleibt die Hoffnung noch
treu, zu seinem Glück. Kopp musste K Jahr mit der Kanüle
leben, er starb im 58. Lebensjahre.
Der Tod war ihm, dem Tapferen ein Befreier, uns riss
er eine schmerzliche Lücke. Wir können nur mit weh¬
mütigem Bedauern seine letzten, für liebe Pflege dankenden
Worte wiederholen: „Schon fertig?“
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Aus der medizinischen Poliklinik Tübingen (Vorstand: Prof.
Dr. N a e g e 1 i).
Ueber die diagnostische Bedeutung der Hämatologie
für die Neurologie*).
Von Prof. Dr. N a e g e 1 i.
Als mir Ihr Vorstand den Auftrag übermittelt hat, Ihnen ein
Referat über die diagnostische Bedeutung der Hämatologie für die
Neurologie zu halten, da konnte ich mit gewissen Bedenken nicht
zurückhalten.
ln allererster Linie musste ich mir sagen, dass die Beziehungen
zwischen Neurologie und Hämatologie keine besonders engen sind
und dass ein morphologischer Blutbefund nur in relativ seltenen
Fällen für Sie diagnostisch von Bedeutung sein kann. Die Gründe
dafür sind naheliegende. Das Blut ist zwar ein ausserordentlich
feines Reagens für Krankheiten aller Art, aber die im Blute ein¬
tretenden Veränderungen haben doch nur in einer beschränkten Zahl
der Fälle diagnostische Kraft, und zwar dann, wenn einigermassen
spezifische und in der Regel akute Prozesse vorliegen,
während Veränderungen allgemeiner Art, wie leichte
Anämie, mässige Abweichungen an den roten und weissen Blut¬
körperchen, Eiweissverminderung im Serum, hauptsächlich vom All¬
gemeinbefinden abhängig und daher nicht mit einem diagnostischen
Index behaftet sind.
Im Gebiet der ganzen Medizin sind es nun fast ausnahmslos die
akuten Prozesse mit Entzündung und Eiterung, dann die Affektionen
mit Bakterien und tierischen Parasiten, ferner die stark anämisieren-
den Krankheiten, bei denen im roten und weissen Blutbilde dia¬
gnostisch wichtige Veränderungen entdeckt werden, und dabei sind
es die gebildeten spezifischen Toxine, die eine vielfach charak¬
teristische Blutkurve zeichnen. Dazu kommen ferner die Krankheiten
der blutbildenden Organe selbst (Leukämien, gewisse Anämien) und
die Lokalisation der Krankheiten in diese Organe, die wiederum zu
erheblichen Veränderungen von diagnostischem Werte führen können.
Bei einem schleichenden chronischen Prozesse wird man aber
nur ganz selten bedeutungsvolle Befunde erheben, wenn ich jetzt
von Allgemeinstörungen absehe; denn der für das Blutbild in erster
Linie wichtige leukopoetische Apparat zeigt eine oft auffällig starke
Gewöhnung gegenüber chronischen Reizen. So lebhaft er bei akuten
Störungen reagiert, so sehr schwindet seine Reaktionstätigkeit gegen¬
über einem chronischen und in der Stärke ziemlich gleichbleibenden
Reize. Es ergeben z. B. chronische Tuberkulosen fast nie irgendeine
erhebliche Blutveränderung. Der Reiz stumpft sich mehr und mehr
ab und die Regenerationsbestrebungen sind imstande, alle Defekte
rasch wieder auszugleichen.
Wenn Sie nun die Zahl Ihrer Kranken aus dem Gebiete der
Neurologie durchgehen, so kann Ihnen darüber wohl durchaus kein
Zweifel aufkommen, dass in der grossen Mehrzahl der Fälle chro¬
nische Schädlichkeiten im Spiele sind und dass auch der Verlauf der
Leiden meist ein ungemein langsamer ist. Nur bei den Meningitiden,
bei Enzephalitis und Hirnabszess, bei Polyneuritis und Heine-Me-
d i n scher Krankheit, dann noch bei einigen Vergiftungen, vor allem
*) Referat, gehalten an der VIII. Versammlung der Schweize¬
rischen Neurologischen Gesellschaft in Luzern, 9./10. November 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
195
28. Januar 1913.
bei Bleivergiftung:, kommen Faktoren in Erscheinung, von denen wir
nach den vorausgegangenen Grundsätzen erhebliche Blutverände¬
rungen erwarten dürfen. Das ist dann auch in der Tat der Fall.
Dazu kommen noch einige Erkrankungen der innersekretorischen
Organe, wie besonders das Basedow sehe Leiden, bei denen wir
wichtigere Blutveränderungen in neuester Zeit kennen gelernt
haben.
Alle diese Affektionen liegen nun aber an den Grenzen ihres
Gebietes zwischen Neurologie und innerer Medizin und beschäftigen
wohl, besonders in ihrem Beginn, den inneren Mediziner mehr als
den Neurologen. Auch andere noch zu erwähnende Leiden kommen
nur zur Seltenheit zum Nervenarzt, und daher hatte ich tatsächlich
manche Bedenken, Ihnen ein längeres Referat zu halten. Immerhin
habe ich mir dann gesagt, dass der Arzt den selteneren Fällen min¬
destens das gleiche Interesse entgegenbringt wie den häufigen und
alltäglichen, und dass gerade das Grenzgebiet bei allen Disziplinen
heute ein besonderes Interesse findet. Sodann glaube ich, Ihnen doch
eine Reihe von wichtigeren Einzelfragen zur Beantwortung vorlegen
zu können und zweifle nach meinen persönlichen Erfahrungen keines¬
wegs daran, dass in manchem Spezialfall bei diagnostischen Schwie¬
rigkeiten die Erhebung eines genauen Blutbefundes von erheblichem
diagnostischem Werte sein kann. Es darf daher der für die innere
Medizin geltende Satz, in jedem diagnostisch unklaren Falle sollte
eine genaue Blutuntersuchung vorgenommen werden, auch für die
akuten Erkrankungen aus den neurologischen Gebieten Geltung bean¬
spruchen.
Ich werde den Beweis für diese These aus einer Reihe von
persönlich beobachteten Krankheitsfällen zu erbringen versuchen und
bin dazu umsomehr gezwungen, als in der Literatur Angaben über
diese Verhältnisse sehr spärlich sind und in manchen Fragen voll¬
ständig fehlen.
Meinen Ausführungen lege ich die Einteilung zugrunde, dass ich
zunächst die eigentlichen Blutkrankheiten bespreche und das
hervorhebe, was für Sie von Bedeutung sein kann, namentlich in
Jiagnostischer Beziehung. Nachher will ich dann die Nerven¬
krankheiten erörtern, soweit bei ihnen von diagnostisch wert¬
vollen Blutbefunden gesprochen werden kann.
Wenn ich zunächst die Blutkrankheiten in den Kreis meiner Be¬
sprechung hineinziehe, so gilt auch hier der Satz, dass sie nur aus¬
nahmsweise für den Neurologen eine direkte Bedeutung haben
können.
Die leukämischen Prozesse können immerhin als Selten¬
heit Infiltrate in den Hirnhäuten und in den Nervenbahnen (Fazialis,
Akustikus) verursachen und namentlich auch durch Blutung ins Ge¬
hirn und in die Nervenbahnen, hier besonders in das Gehörsorgan
und in das Auge, starke krankhafte Erscheinungen hervorrufen. Wohl
nur ganz ausnahmsweise wird aber in diesen Fällen der Neurologe
zugezogen und nur selten liegen dabei Früherscheinungen der Krank¬
heit vor. Zudem handelt es sich in der Regel um einen akuten
fieberhaften Prozess.
Einzig das sog. C h 1 o r o m des Schädels zeigt öfters frühzeitig
neben periostealen Infiltraten am Kopfe Fazialislähmung und Gehör-
und Gesichtsschädigung. Wir wissen heute mit Sicherheit, dass dieses
eigenartige und oft höchst charakteristische Krankheitsbild stets leuk¬
ämischen Ursprungs ist und können daher wohl fast immer durch Er¬
hebung des Blutbefundes die Diagnose über jeden Zweifel sicher¬
stellen.
Bei den unter dem Krankheitsbilde der Pseudoleukämie
verlaufenden, ihrem Wesen nach sehr verschiedenartigen Prozessen
kommen Schädigungen peripherischer Nerven durch Druck ab und zu
vor, gewöhnlich aber auch erst in Spätstadien, wenn das Leiden be¬
reits längst erkannt ist. Wiederholt sind hier Beobachtungen über
spinale Drucklähmungen und Paraplegien bekanntgegeben worden
(kernet, Eichhorst, eigene Beobachtungen etc.), wobei es sich
um lymphosarkomatöse oder wohl häufiger lymphogranulomatöse
Wucherungen im Wirbelkanal, besonders in den Rückenmarkshäuten
mit Erweichung des komprimierten Rückenmarks gehandelt hat.
Bei Myelom, einer tumorähnlichen, meist im ganzen Skelett
des Rumpfes verbreiteten seltenen Krankheit, bei der eine bestimmte
Zellart des Knochenmarkparenchyms in Wucherung kommt, finden
sich sehr häufig Nervensymptome schon frühzeitig als „rheumatische
Schmerzen“, Paresen, Sensibilitätsstörungen; auch hier sind Para¬
plegien in mehreren Fällen zur Beobachtung gekommen. Leider ist
der Blutbefund im Anfang wenig charakteristisch; nur eine allmählich
stärker werdende Anämie weist auf die Zerstörung der blutbildenden
Gewebe hin. Mit der Zeit werden die Knochenauftreibungen be¬
deutender und jetzt wird das Leiden in seinem Wesen leichter er¬
kannt. Genauere Blutbefunde liegen bisher nur in wenigen Fällen vor.
Bei der Biermerschen perniziösen Anämie sind
nervöse Erscheinungen, sensible und motorische Störungen durch de-
generative Prozesse im Rückenmark und in den peripherischen
Nerven nicht gerade selten, aber doch fast immer erst in den Spät¬
stadien vorhanden und müssen sogar auch dann meist noch besonders
gesucht werden. Die hämatologische Untersuchung hat aber dann
schon längst die Diagnose des Leidens gesichert, das auf anderem
Wege niemals mit Sicherheit erkannt werden kann.
Es gibt aber in der Literatur einige wenige Fälle, in denen an¬
scheinend die nervösen Störungen der Ausbildung einer schweren
Anämie vorangegangen sind (S c h 1 e i p, B r a m w e 1 1).
Von besonderer Bedeutung ist hier eine Beobachtung von
S i e m e r 1 i n g von perniziöser Anämie mit spinaler Erkrankung
und Geistesstörung.
Es sind auch hier psychische und neurologische Erscheinungen
recht frühzeitig aufgetreten und haben im ganzen Verlauf des Leidens
eine ungewöhnlich starke Rolle gespielt.
Stärkere psychische Störungen kann man bei der Krankheit ab
und zu einmal wahrnehmen.
Ferner sind recht bedeutende Anämien für die von Strüm¬
pell aufgestellte Krankheit der kombinierten Strang¬
sklerose angegeben worden. Es unterliegt nach den neueren
Untersuchungen wohl keinem Zweifel, dass in diesen Fällen die Ver¬
änderungen des Rückenmarks sekundäre sind, bedingt durch Verän¬
derungen, die von den Gefässen ausgehen, entstanden auf dem Boden
der gemeinsamen Grundursache für Anämie und Nervenschädigung,
also wohl zweifellos wie bei der perniziösen Anämie durch toxische
Ursachen.
Eine genaue Untersuchung des Blutes wird daher in diesen Fällen
diagnostisch und namentlich auch prognostisch wertvoll sein, denn
mit der Feststellung einer ihrer Genese nach nicht aufklärbaren
perniziösen Anämie ist die Prognose durchaus infaust, wenn auch
noch für längere Zeit Remissionen eintreten können.
Bei den sekundären Anämien treten mitunter auch ner¬
vöse Störungen organischer oder funktioneller Natur auf. Ich er¬
innere an die Erblindungen, die nach schweren Magenblutungen be¬
obachtet worden sind, dann an die durch Drucklähmung erzeugten
Nervenschädigungen, wenn maligne Tumoren im Innern des Organis¬
mus sich ausbreiten. Ich kenne persönlich mehr als einen Fall, in
dem die in den Nerven auftretenden Schmerzen zuerst als neur-
asthenische gedeutet worden sind, während die Vornahme einer ge¬
nauen Blutuntersuchung eine deutliche Anämie und oft auch Leuko¬
zytose ergeben hat, so dass diese Symptome bereits mit Sicherheit
auf das Bestehen einer organischen Affektion hingewiesen haben.
In der Folgezeit wird dann die Anämie neben der Kachexie gewöhn¬
lich immer hochgradiger und ergibt nun sehr wichtige Anhaltspunkte
für das Grundleiden, indem die Anämie z. B. den Typus der Kar¬
zinomanämie darstellt :
41 jährige Patientin leidet an nervöser Aerophagie, hat Sod¬
brennen und gelegentlich unbestimmte Schmerzen im Leib. Der
Spezialist für Magenkrankheiten erhebt normalen Magenbefund. Nach
plötzlichem Tode des Mannes furchtbare Aufregung für Monate.
Jetzt viel stärkere Beschwerden und Abmagerung um 9lA kg in einem
Jahre. Magenbefund auch jetzt normal. Wegen der grossen Zahl
sicher psychogener Symptome, bei Fehlen einer palpablen Verände¬
rung im Leibe, bei normalem Magenbefund und bei der Gewichts¬
zunahme um 2 kg und sorgfältiger Pflege in der letzten Zeit werden
die Beschwerden von autoritativer neurologischer Seite als nervöse
aufgefasst und eine Kur im Süden verordnet. Diese Kur muss aber
wegen der Verstärkung der Beschwerden, vor allem der Schmerzen
im Leibe rasch unterbrochen werden. Die schon vor dieser Kur
vorgenommene Blutuntersuchung hatte ergeben:
3. XII. 09. Hgl. 49 — 50 Proz. Erythrozyten 2 834 000. Viskosität
3,2. Serumviskosität 1,85. Leukozyten 8020. Starke Abnormitäten
der Erythropoese, vereinzelt Myelozyten. Daraufhin schon mit Ge¬
wissheit Annahme eines organischen Leidens.
Die jetzt wieder durchgeführte Untersuchung:
18. VI. 10. Hgl. 28 Proz. Erythrozyten 2 096 000. Viskosität 2,2.
Serumviskosität 1,55 — 1,60. Leukozyten 7240. Schwerste Verände¬
rung der roten Blutzellen.
In der Folgezeit trat mit immer grösserer Deutlichkeit ein
Gallenblasenkarzinom zur klinischen Wahrnehmbarkeit und nach
einigen Monaten erfolgte der Tod nach schwerster Kachexie.
Bei den Chlorosen sind funktionelle Schädigungen des
Nervensystem etwas Häufiges und die Kombination von Hysterie und
Chlorose ist etwas Gewöhnliches. Es hat sogar nie an Stimmen ge¬
fehlt, die überhaupt die Chlorose als eine Neurose erklären wollen.
So hat namentlich G r a w i t z diese völlig unannehmbare Hypothese
mit Entschiedenheit immer und immer wieder vertreten, freilich mit
meines Erachtens durchaus ungenügenden Gründen. Als solche er¬
wähnt er besonders, das Blut werde nicht spezifisch verändert,
ferner das häufige Vorkommen von Anomalien in der Funktion der
vasomotorischen Nerven (wechselndes Erblassen und Erröten), dann
die Wirkung ätiologischer, zum Teil psychischer Faktoren für die
Entstehung der Krankheit und der günstige Einfluss einer antinervösen
Therapie, endlich das so häufige Zusammentreffen nervöser Störungen
mit Chlorose, und er erklärt die anämische Blutbeschaffenheit „ledig¬
lich für ein Begleitsymptom der Neurose“, die „eine jugendliche eigen¬
artige Form des allgemein hysterischen Symptomenkomplexes“ dar¬
stelle, die Chlorose werde daher „geradezu zu einer eigenartigen
Erscheinungsform einer juvenilen Neurose gestempelt“.
Ich glaube freilich nicht, dass jemand unter Ihnen einer solchen
Auffassung zustimmen wird. Das Blut ist bei Chlorose freilich nicht
in spezifischer Weise verändert, wohl aber in charakteristischer:
immer nimmt der Hämoglobingehalt stärker ab, als nach der Zahl
der roten Zellen zu erwarten wäre; immer entstehen bei der Steige¬
rung der Anämie kleine blasse rote Blutzellen, so dass der Volumen¬
wert der roten Blutkörpeichen relativ stark sinkt und der Viskositäts¬
wert ganz bedeutend erniedrigt wird; immer fehlen alle Zeichen
einer Blutzerstörung, indem das Serum ausserordentlich blass und
nie, wie bei destruktiven Prozessen, gelb oder goldgelb (perniziöse
4*
196
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Anämie) aussieht. Auch die Leukopoese wird nie wesentlich be¬
einflusst.
Das Zusammentreffen nervöser oder hysterischer Zeichen mit
der Chlorose erklärt sich ungezwungen durch das ausschliessliche
Vorkommen der Chlorose beim weiblichen Geschlecht und durch die
Entstehung der Chlorose zur Zeit der Pubertät. Niemals habe ich
trotz spezieller Untersuchungen auf diesem Gebiete jemals einen ein¬
zigen Fall männlicher Chlorose gesehen und in der ganzen Literatur
gibt es keine einzige sichere Beobachtung dieser Art. Die Chlorose
als Form der Hysterie hinstellen, heisst sowohl das Wesen der Chlo¬
rose wie der Hysterie total verkennen.
Ich muss es mir versagen, auf alle Gegengründe hier des ein¬
zelnen einzutreten und möchte nur anführen, dass ausserordentlich
viele klinische Erfahrungen über die Entwicklung der Lehre von den
innersekretorischen Organen doch mehr und mehr darauf hinweisen,
in der Chlorose eine Störung derKeimdrüsenfunktion und zwar des
innersekretorischen Zellgewebes zu sehen. Nach den Erfahrungen
der letzten Jahre (Sahli, Seiler, M o r a w i t z) ist besonders
auch daran zu denken, dass erhebliche Beschwerden mitunter bei
den Chlorosen schon bei noch nicht wesentlich vermindertem Hämo¬
globinbefund vorhanden sein können, besonders bei Rückfällen der
Chlorose (eigene Beobachtungen), und dass eine gegen die Chlorose
gerichtete Therapie in diesen Fällen zu völliger Heilung der Be¬
schwerden in kurzer Zeit führen kann. Die Diagnose, dass es sich
dabei um Chlorose handelt, ergibt sich hier viel weniger aus dem ge¬
ringfügigen Blutbefund als aus einer sorgfältigen Anamnese und einer
richtigen klinischen Würdigung der Symptome. Die Annahme einer
rein neurotischen Störung liegt bei kaum verändertem Blutbefund
recht nahe, sollte aber bei Beschwerden, die stark an Chlorose er¬
innern (grosses Schlafbedürfnis!), nur mit Vorsicht gestellt werden;
eventuell könnte erst eine erfolglose Eisentherapie entscheidend sein!
Die Besprechung der Chlorose führt uns zu den Fragen der
Pseudoanämie. Es gehört wohl zu den häufigsten, ich möchte
sagen alltäglichen Erfahrungen, dass bei gewissen nervösen, vor allem
psychischen Störungen die Ursache in einer Blutarmut erblickt und
hiefür lediglich das blasse Aussehen der Leute als ausreichender Be¬
weis angesehen wird. Sahli war wohl der erste, der mit allem
Nachdruck auf das völlig Irrige dieser Beweisführung hingewiesen
hat. In der Tat ergibt dann auch die in solchen Fällen unerlässliche
Untersuchung des Blutes, dass Hämoglobingehalt und Erythrozyten¬
zahl in der Raumeinheit durchaus nicht vermindert, gar nicht so selten
sogar erhöht sind. Insbesondere sehen Sexualneurastheniker oft
ausserordentlich blass aus, und die eingehende Blutuntersuchung er¬
gibt auch nicht die geringste Abnormität. Hier liegen meistens vaso¬
motorische Ursachen des blassen Aussehens vor, und es ist meines
Erachtens an eine verminderte Gesamtblutmenge bei normalem Ver¬
halten des Blutes in der Raumeinheit nicht zu denken.
Ueber das tatsächliche Vorkommen einer verminderten
Blutmenge bei- nicht organisch Erkrankten fehlen uns heute noch
immer alle sicheren Grundlagen, besonders seitdem auch die CO-
Methode der Blutmengebestimmungen als unrichtig erwiesen ist und
zu völlig falschen Ergebnissen geführt hat. Ihre Resultate waren in
der Tat so, dass schon aus rein klinischen Gründen an der Richtigkeit
der Methode stark gezweifelt werden musste. So ist es mir, wie
ich früher hervorgehoben habe, undenkbar, dass eine perniziöse An¬
ämie mit vermehrter Blutmenge existieren sollte, während doch jede
Leichenöffnung die äusserst geringe Blutmenge vor Augen führt.
Um auf die Bedeutung der Verminderung der Gesamt¬
blut m e n g e zurückzukommen, so kann ich mir nicht recht vor¬
stellen, wie ein solcher Zustand nicht bald zur Korrektur kommen
sollte, wenn man die zahllosen und leichten Regulationsvorrichtungen
sieht, die schon auf mässige Atemnot zu einer Steigerung der Blut¬
körperchenzahlen führen. Und wenn diese Regulationen einmal ver¬
sagen sollten, so müsste man jetzt sicherlich eine morphologische
Schädigung der Blutzellen feststellen können als Insuffizienzerschei¬
nung der Erythropoese. Dass Schwankungen in der Gesamtblut¬
menge Vorkommen, das ist ja wohl zweifellos, dürfte aber in erster
Linie auf die individuelle Einstellung der Blutmenge für die Be¬
dürfnisse des einzelnen zurückzuführen sein.
Ich möchte Sie daher zu sehr grosser Vorsicht mahnen bei der
Annahme, dass nervöse Störungen auf eine Verminderung der Ge¬
samtblutmenge zurückzuführen wären. Eine solche Annahme hängt
heute vorläufig völlig in der Luft.
Gesichert ist dagegen jetzt das Vorkommen einer eigentlichen
Plethora oder Polyglobulie mit für die Raumeinheit stark erhöhten
Werten der roten Blutzellen. Bei den reinen Erkrankungen der
Polyzythämie zeigt auch die Sektion das Vorhandensein einer grossen
Blutmenge und starke regeneratorische Bestrebungen in Milz und
Knochenmark. Bei diesen an sich ätiologisch nicht geklärten Leiden
sind nervöse Störungen, wie Schwindel, mitunter als Meniere,
häufiges Kopfweh und Kopfdruck, Ohrensausen, Erbrechen, Schläfrig¬
keit oder Zeichen von Aufregung nicht selten, und der Nervenarzt
hat daher auch hie und da an diese Krankheit zu denken, besonders
wenn das Aussehen der Kranken für Plethora spricht. Der genaue
Blutbefund wird hier in jedem typischen Falle Klärung bringen.
Es gibt aber auch, wie die Kasuistik aus den letzten Jahren
gezeigt hat, recht hohe Zahlen für die roten Blutzellen und für das
Hämoglobin bei einzelnen Neurasthenikern, so dass man hier an
Grenzfälle gegenüber der eigentlichen Krankheit Polyzythämie ge¬
dacht hat. Auch diese Leute zeigen die obengeschilderten nervösen
Beschwerden meist in ausgesprochener Weise, es fehlt ihnen aber
in der Regel die Milzschwellung, oder diese ist, wenn vorhanden,
sicherlich niemals so erheblich wie bei der eigentlichen wahren Poly¬
zythämie; zudem fehlt gewöhnlich auch eine konstant vorhandene
Blutdrucksteigerung.
Die Beschwerden dieser Leute mit Polyglobulie lauten gewöhn¬
lich auf Kopfschmerzen und Kopfdruck, Hitzegefühl, auffällige Ge¬
sichtsrötung, Schlaflosigkeit, Schwindel, Ohrensausen, Herzklopfen.
Es ist nicht klargestellt, aus welchen Ursachen hier die Poly¬
globulie aufgetreten ist, und ich glaube, dass der wirkliche Zusammen¬
hang mit der eigentlichen Krankheit Polyzythämie durch die An¬
nahme einer schwach ausgebildeten Form doch noch nicht bewiesen
ist, und dass mancherlei andere Momente hier mitspielen könnten.
Es wird aber auch für den Nervenarzt in derartigen Fällen von Be¬
deutung sein, an das Vorliegen solcher erheblicher Polyglobulien zu
denken, da es mindestens für einen Teil dieser Fälle nicht unwahr¬
scheinlich ist, dass die nervösen Beschwerden sekundär durch die
Polyglobulie hervorgerufen worden sind, wie namentlich der oft
auffällig günstige Einfluss von Blutentziehungen nahelegt oder der
Erfolg einer laktovegetabilischen Diät, wobei die hohen Zahlen sich
gewöhnlich reduzieren.
Nachdem wir bis jetzt von den Blutkrankheiten und ihren Be¬
ziehungen zum Nervensystem gesprochen haben, will ich nunmehr
zu den Blutbefunden bei Nervenkrankheiten übergehen
und hier zunächst von den Meningitiden reden. Gleich hier haben
wir diagnostisch recht wichtige Befunde zu erwähnen, die im
Zweifelsfalle für die Deutung eines Untersuchungsbefundes herange¬
zogen werden können.
Die eitrige Meningitis bietet im Blute das Bild einer
akuten schweren Infektionskrankheit. Systematische Blutunter¬
suchungen liegen hier besonders für die Genickstarre von Rusca
aus der S a h 1 i sehen Klinik vor. Wir sehen bedeutende Leuko¬
zytosen, selbst dann, wenn der Prozess nicht ein besonders ausge¬
dehnter ist; denn das Blut bringt aus dem Knochenmark die Zellen
herbei, die das eitrige Exsudat ausmachen. Dabei ist die grosse
Mehrzahl der weissen Zellen von den die Zusammensetzung des
Eiters bedingenden polymorphkernigen neutrophilen Leukozyten ge¬
bildet; die Lymphozyten treten sehr stark zurück und die Eosino¬
philen fehlen gänzlich und in jedem Falle. Ferner treffen wir eine er¬
hebliche Fibrinvermehrung, erkennbar an der starken Ausbildung des
Fibrinnetzes im ungefärbten Präparat unter dem Deckglas bei der
Gerinnung. Entsprechend der hochgradigen Inanspruchnahme des
Knochenmarkes und der gleichzeitigen schweren Schädigung der
Zellbildung durch die Toxine der Krankheit sind oft zahlreiche Leuko¬
zyten in ihren Kernen sehr schlecht ausgebildet und mangelhaft diffe¬
renziert.
16 jähriger Patient. Eitrige Konvexitätsmeningitis nach Angina,
Lumbalflüssigkeit stets steril, ohne Eiterkörperchen, selbst an der
Leiche völlig klar und ungetrübt. Blut steril.
18. VI. Hgl. 90 Proz. Rote Z. 3 976 000. Weisse Z. IS 400.
Neutrophile 87 Proz. Eos. — ! Uebergangsf. 9,4 Proz. Lymph.
2,8 Proz. Reizungsf. 0,6 Proz. Viele patholog. Kernformen.
22. VI. Leukozyten 21 000. Neutrophile 88 Proz. Eos. — !
Lymphoz. 6 Proz. Uebergangsf. 6 Proz.
Die Meningokokkenmeningitis bietet als gleichfalls eitrige Menin¬
gitis ein durchaus ähnliches Blutbild. Sie setzt stets mit hohen Leuko¬
zytenzahlen ein und zeigt die gleiche Verschiebung des Blutbildes
mit starkem Vorherrschen der neutrophilen Zellen. Sobald aber
Besserungen im Verlauf des Leidens eintreten, so pflegt die Leuko¬
zytenzahl erheblich abzunehmen oder treten einige eosinophile Zellen
auf. Letztere deuten stets auf prognostisch günstigere Verhältnisse
hin (Türk, Rusca u. a.).
13X> jähriges Mädchen, seit 3 Tagen mit Kopfweh erkrankt, Ge¬
sichtsschmerzen, Brechreiz, Parese des rechten Abduzens, sehr
mässige Nackenstarre. Kernig. Sensorium stets klar. Kein Schüt¬
telfrost, Temperaturen mässig 38,4, erst zuletzt 39,4. Keine Hyper¬
ästhesie. Herpes erst einige Tage nach der Blutuntersuchung auf¬
getreten.
Leukozyten 29 400, Neutrophile 85 Proz., Eosinophile 0, Lympho¬
zyten 5 FToz., Uebergangsformen 10 Proz., Fibrinvermehrung.
Lumbalflüssigkeit rein eitrig. Meningokokken vorhanden. Nach
8 Tagen alle Symptome verschwunden. Heilung.
In dieser Erkrankung war das klinische Bild ein gar nicht
schweres gewesen, so dass mindestens sehr starke Zweifel an der
klinischen Diagnose Genickstarre vorhanden gewesen waren. Erst
die genauere Blutuntersuchung und nachher die Lumbalpunktion führ¬
ten zu der sicheren Klärung der Sachlage.
Einen starken Gegensatz bietet nun die tuberkulöse Meningitis,
indem bei ihr in der sehr grossen Mehrzahl der Fälle eine nennens¬
werte Leukozytose fehlt oder erst gegen das Ende des Leidens dann
und wann einmal sich einstellen kann. Die Verschiebung des leuko-
zytären Blutbildes ist dabei bei weitem keine so starke; eosinophile
Zellen sind mitunter noch in einzelnen Exemplaren vorhanden, fehlen
aber häufig. Eine Fibrinvermehrung ist bisher nie konstatiert wor¬
den. Der Unterschied im Blutbild ist sehr leicht zu verstehen, wenn
wir berücksichtigen, dass bei der tuberkulösen Form keine Eiterung
und keine sehr starke Fibrinzunahme an den erkrankten Stellen statt¬
findet, dass ferner das sulzige Infiltrat der Meningen aus Lympho¬
zyten und nicht aus Eiterzellen (polymorphkernigen Leukozyten)
zusammengesetzt ist.
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIET.
197
21jährige Tochter, erkrankt am 21. V. mit häufigem Erbrechen
und 38,8 Temperatur, nachdem etwas Kopfdruck und wenig Appetit
schon einige Tage aufgefallen waren. Später nahm das Erbrechen ab,
die Temperaturen schwankten vom 31. V. bis 2. VI. zwischen 37,3 und
40,0. Nackensteifigkeit seit 1. VI. Hyperästhesie, sehr starke Dermo-
graphie. Anfälle von schlaffer Hemiparese rechts. Puls von 60 auf 90
gestiegen. Herpes 0. Okkulomotoriuslähmung rechts. Alle Reflexe
fehlen, ausser Kitzelreflex der rechten Fussohle. Sensoriuin noch
ziemlich klar.
2. VI. Leukozyten 8—9000. Neutrophile 7714 Proz. Eosino¬
phile vereinzelt. Lymphozyten VU Proz. Uebergangsformen
1434 Proz.
6. VI. Gestorben. Typische Meningitis tuberculosa im Kranken¬
haus.
7/4 jähriges Mädchen. Seit 7. V. unpässlich und matt. Leib¬
schmerzen in der Blinddarmgegend. Appetit gering. Temperaturen
zwischen 38,0 und 39,0 bis zum 12. V., seither Abendtemperaturen
meist um 39,5. Pulse meist 120. Nie Kopfweh. Nie mehr Leib¬
schmerzen. Urin normal. Serumreaktion auf Typhus und Para¬
typhus negativ.
18. V. Zuckungen im Gesicht. Keine organische Veränderungen
nachweisbar bei genauester Untersuchung. Leukozyten 7—8000.
Neutrophile 65 Proz. Eosinophile 114 Proz. Lymphozyten 21 Proz.
Uebergangsformen 10 2/3 Proz.
Wegen des morphologisch ganz normalen Blutbildes wird
Typhus, Scarlatina sine exanth., septische Affektion und .Meningitis
ausgeschlossen und mit Wahrscheinlichkeit eine Bronchialdrüsen¬
tuberkulose angenommen.
Am 22. V. konnte plötzlich ein Tumor in der Gegend des Blind¬
darms gefunden werden, sehr oberflächlich, unempfindlich, mit ganz
glatter Oberfläche. Temperaturen und Pulse wie früher.
24. V. Seit 2 Tagen Erbrechen und Kopfschmerzen, sonst keiner¬
lei auf Meningitis hinweisende Erscheinungen. Blutbefund: Leichte
Leukozytose, ca. 10 000. Neutrophile 7414 Proz. Eosinophile
y, Proz. Lymphozyten 1214 Pröz. Uebergangsformen 1214 Proz.
Die grosse Veränderung des Blutbildes wurde sofort dahin ge¬
deutet, dass eine völlige Aenderung des Zustandes durch das Auf¬
treten eines entzündlichen Prozesses hinzugekommen war. Der
Tumor in der Blinddarmgegend blieb nicht geklärt, machte aber kli¬
nisch keine wesentlichen Erscheinungen. In wenigen Tagen ent¬
wickelte sich nun das volle Bild der Meningitis.
Exitus 8. VI. Sektion: Tuberkulöse Meningitis und Ileozoekal-
tuberkulose.
Wir sehen hier ausserordentlich klar, wie ein Umschlag im
Blutbild die Entwicklung der Meningitis verraten hat, wie ferner das
Blutbild in den ersten Tagen der ausgebrochenen Meningitis zwar
deutliche Veränderungen aufweist, aber solche, die durchaus von
denjenigen der eiterigen Meningitis abweichen.
26 jährige Frau. 7. III. Kopfweh. 9. III. heftige Kreuzschmerzen.
10. III. vielfach Erbrechen. 12. III. 38,5, Puls 68, vom Arzt festgestellt.
Dabei kolossale Kopfschmerzen. 15. III. Sensorium völlig frei,
Nackenstarre deutlich und erheblich, sonst bei eingehender Unter¬
suchung kein abnormer Befund. Keine Hirnnervenlähmung. Re¬
flexe normal. Keine Spasmen, keine Dermographie.
Leukozyten 8440. Neutrophile 75 Proz. Eosinophile 0. Lympho¬
zyten 11J4 Proz. Uebergangsformen 1214 Proz. Mastzellen
ln Proz.
Lumbalpunktion: Helle Flüssigkeit, kein Gerinnsel gebildet. Keine
Bazillen nachweisbar. Sehr wenige Lymphozyten. Schon am 16. III.
Tazi disparese und dann immer mehr das typische Bild der tuberku¬
lösen Meningitis. Tod 28. III. Sektion.
, Zahlreiche weitere Fälle zeigen immer und immer wieder die
gleiche Blutveränderung wie die geschilderten Beobachtungen (siehe
besonders auch Türk: Die Leukozyten bei den Infektionskrank¬
heiten).
Es ist daher gerade in den relativ frühen Stadien sehr leicht, die
eitri;:e und die tuberkulöse Form der Meningitis zu unterscheiden,
und öfters liefert das Blutbild sehr gute Anhaltspunkte über die
Natur des Falles.
Nun ist ja selbstverständlich, dass die Lumbalpunktion in der
Kegel direktere und noch sicherere Beweise für die Natur der Er¬
krankung liefern wird; allein sie kann doch ab und zu, selbst bei
wiederholter Vornahme versagen, wie gerade der ersterwähnte Fall
gezeigt hat.
In Differentialdiagnose mit den Meningitiden kommen hie und
ca ätiologisch wenig geklärte Fälle von Meningismus, öfters bei Kin¬
dern, seltener bei Erwachsenen vor.
Hier sind gewöhnlich die Blutveränderungen sehr geringgradig
und zeugen für das viel leichtere Leiden und können dadurch diffe-
rentiaidiagnostisch wertvoll sein.
15 jähriges Mädchen. Seit 22 Tagen Fieber, ohne erkennbare
Ursache, abends meist zwischen 38,0 und 38,7; nur ausnahmsweise
•loher. Puls nie über 96. Seit 4 Tagen Erbrechen und Kopfweh. Hat
einmal einen Schrei ausgestossen in der Nacht, leichte Krämpfe als
Mreckkrämpfe in den Gliedern hie und da. Nie Schweisse. Aus-
seneii sehr schlecht. Vor 2 Jahren Lungenspitzenkatarrh. Wahr¬
scheinliche Annahme des Arztes: Tuberkulöse Meningitis. Objektiv
durchaus kein irgendwie abnormer Befund bei eingehender Unter¬
sucht, ng nachweisbar.
Hämoglobin 100 Proz. Leukozyten 9560. Neutrophile 74 Proz.
Eosinophile l2/s Proz. Lymphozyten 14*73 Proz. Uebergangsformen
8-/3 Proz. Mastzellen 1 Proz. Die normale Zahl der Eosinophilen
lässt Meningitis ausschliessen. Wahrscheinlichkeitsdiagnose: Tuber¬
kulöse Bronchialdrüsen. Ausgang: Heilung unter langsamer Ent¬
fieberung.
6 jähriger Knabe. 3. V. leichte Schwellung am Hals. Ging mit
Fiebern in die Schule. 4. V. Mehrmals Erbrechen, Kopfweh, matt,
nachts sehr unruhig. 5. V. Arzt gerufen. Patient etwas benommen
und unklar. Spricht wenig. Etwas Nackensteifigkeit und Kernig.
Temperatur 39,8. 6. V. Die Mutter wird nicht erkannt, wohl aber
der Arzt. Aufsitzen unmöglich. Temperatur am Morgen 39,0, abends
38,5. Der Knabe ist schon 2 — 3 Wochen nicht wie sonst, sondern
gereizt und hat ab und zu über Kopfweh geklagt.
Befund 6. V. abends: Puls 120. Etwas Nackenspannung. Im
Rachen zäher blutiger Schleim, sonst nichts Besonderes. Leib etwas
aufgetrieben. Kernig ausgesprochen positiv. Steifigkeit im Rücken
deutlich. Babinski rechts zweifelhaft positiv. Sonst bei eingehen¬
der Untersuchung keine weiteren abnormen Befunde.
Leukozyten 6200. Neutrophile 54 Proz. Eosinophile 0. Lympho¬
zyten 2614 Proz. Uebergangsformen 1814 Proz. Mastzellen 1 Proz.
Daraus Meningokokkenmeningitis ganz bestimmt ausgeschlossen.
Tuberkulöse Meningitis als nicht erwiesen angesehen. Blutbefund
dafür zu wenig typisch. Lumbalpunktion verweigert. Rasche Hei¬
lung und in 2 Tagen schon ganz gesund. Im Rachenschleim wurden
Gram-negative intrazelluläre Diplokokken in ziemlicher Zahl gefun¬
den, die sich bei der Kultur als Micrococcus flavus, nicht als Meningo¬
kokkus erwiesen.
40 jähriger Mann. 3. III. Temperaturanstieg auf 38,!. Etwas
Husten, Schwindel, Schwäche. Bis zum 5. III. Temperatur abends
bis 39,3 gestiegen. 4 dünne Durchfälle, ebenso am folgenden Tage.
Es besteht die Möglichkeit, nicht aber die Sicherheit, dass der Mann
vor dem 3. III. schlechte Salami gegessen hat. Kein objektiver Be¬
fund. 10. III. Entfiebert unter langsamem Temperaturabfall. 12. III.
Schütteln und Frösteln und wieder Fieber auf 37,9, die bis zum 15. 111.
auf 39,9 anstiegen. Jetzt Nackensteifigkeit. Delirien und kolossales
Kopfweh. 15. III. Zweimal Erbrechen und viel Brechreiz. Etwas
Bronchitis, doch sehr gering. Zunge stark belegt. Kopfschmerzen
furchtbar. 16. III. Zunge weiss. Nackensteifigkeit vorhanden, aber
gering. Kernig zweifellos. Minimale Bronchitis. Optikus hyper-
ämisch. Puls 90, voll, kräftig. Sonst alle Befunde vollkommen nor¬
mal. Leukozyten ca. 8000. Neutrophile 54aU Proz. Eosinophile
114 Proz. Lymphozyten 2814- Proz. Uebergangsformen ll2/s Proz.
Reizungsformen 3 2/s Proz.!
Eine Meningitis wird darnach ausgeschlossen und Meningismus
bei einer Darmintoxikation angenommen, weil das Leiden mit Durch¬
fall eingesetzt und auch das Rezidiv auf ungeeignete Nahrung wieder
ausgebrochen war. Heilung in wenigen Tagen bei allmählichem
Fieberabfall.
Wenn man die diagnostischen Schwierigkeiten bedenkt, die sehr
oft beim Vorhandensein von meningitisähnlichen Befunden auftauchen,
so wird man über jedes unter Umständen aufschlussgebende Sym¬
ptom ausserordentlich froh sein, auch dann, wenn dadurch nur ein
weiteres Argument in der Diagnosenstellung gewonnen wird.
Bei der Encephalitis non purulenta kommen stärkere Blut¬
veränderungen vor, deren Kenntnis in einzelnen Spezialfällen wert¬
voll sein kann. In der Regel besteht Leukozytose, deren Höhe aber
verschieden ausfällt, je nach der Schwere und Akuität des Falles:
2 jähriger Knabe, seit langer Zeit stark anämisch und etwas
rachitisch. 9. II. bis 23. II. unklare fieberhafte Affektion mit Er¬
brechen, Verstopfung, grosser Mattigkeit, ohne objektiven Befund.
Vom 19. II. Fieber in starkem Abnehmen und folgender Blutbefund:
19. II. Hämoglobin 40 Proz. Leukozyten ca. 12 000. Deutliche
Leukozytose. Neutrophile 37 Proz. Eosinophile 4 Proz. Lympho¬
zyten 50J4 Proz. Uebergangsformen 814 Proz.
23. bis 26. II. fieberfrei, dann bis zum 2. III. wieder leichte Tem¬
peraturerhöhung. 1. III. Erbrechen. Konjug. Blicklähmung nach
links. Parese und Zuckungen im rechten Fazialis und rechten Arm.
Lähmung des rechten Beines. Rechtes Bein alle Reflexe fast völlig
erloschen, linkes Bein ganz normale Reflexe. Rechts Babinski, links
fehlend.
2. III. Starke Leukozytose mit Neutrophilen 73 Proz. Eosino¬
phile — ! Lymphozyten 13 Proz. Uebergangsformen 14 Proz. Mit
der Enzephalitis hat sich das Blutbild vollständig umgewandelt und
sind die eosinophilen Zellen völlig verschwunden und ist starke
Leukozytose aufgetreten.
Nach einigen Tagen Abfall der Temperatur und vollständiges
Zurückgehen der Lähmung, aber nach einigen weiteren Tagen aber¬
mals Fieber, Bewusstseinsstörung, klonische Zuckungen, jetzt rechts,
die etwa 3 Tage andauerten mit Paresen. Sodann aber völlige
Heilung ohne alle Residuen. Der jetzt 9 jährige Knabe Ist vollständig
gesund.
6 jähriger Knabe. 16. III. Beginn eines Masernexanthems.
19. III. Ausschlag sehr stark, sonst durchaus nichts Abnormes.
21. III. Somnolenz und Nackensteifigkeit. Zuckungen. Secessus in-
voluntarii. Verdrehen der Bulbi. Hohe Fieber. 22. III. 38.2. Puls
120. Respiration 36. Völlig somnolent. Alle Glieder in Spasmen und
Kontrakturen, etwas Nackenstarre. Lautes Stöhnen. Patellarreflexe
sehr gesteigert, andere Reflexe ziemlich normal. Konjug. Blick¬
lähmung nach rechts. Keine basale Lähmung. Leichte Otitis media.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCH ENSCH RIET.
Leukozyten 24 000. Starke neutrophile Leukozytose. Neutro¬
phile 85 Proz. Eosinophile 0. Lymphozyten 10 Proz. Ueber-
gangsformen 4,2 Proz. Reizungsformen 0,4 Proz. Myelozyten
0,4 Proz.
Bei der letzteren Beobachtung konnte ich die vom behandeln¬
den, ausserordentlich tüchtigen Arzte sehr bestimmt angenommene
tuberkulöse Meningitis nach den eben auseinandergesetzteri Er¬
fahrungen ausschliessen und für enzephaiitische Affektion mit
sehr grosser Wahrscheinlichkeit eintreten. Die rasche völlige Hei¬
lung ohne Residuen sprach zweifellos für Enzephalitis.
(Schluss folgt.)
Bücheranzeigen und Referate.
Alexis Carrel: Artificial Activation of the growth in vitro of
connective Tissue. (The Journal of experimental Medicine, edited
by Simon Flexner, M. D. and Benjamin T. I erry, M. D.
Volume XVII, No. 1, 1. Januar 1913.)
Die Tageszeitungen brachten vor einigen lagen die aufsehen¬
erregende Mitteilung, dass es Carrel, dem jüngsten Träger des
medizinischen Nobelpreises, gelungen sei, eine Methode zu finden,
Schnittwunden in 24 Stunden, Beinbrüche in 4 — 5 Jagen zur völligen
Heilung zu bringen. Diese sensationellen Mitteilungen eilen dem tat¬
sächlichen Befund Car reis weit voraus und Carrel bezeichnet
in seiner Mitteilung als erstrebenswertes Ziel seiner Versuche, was
die Tagespresse als erreicht urbi et orbi verkündet. Carrel geht
von Versuchen aus, die die Wirkung verschiedener Organextrakte auf
Wunden zeigen. So schien Thyreoideaextrakt, den Wunden auf¬
gelegt, besonders üppige Granulation zu veranlassen, der Knochen¬
haut appliziert besonders starke Verdickungen des Periosts auszu¬
lösen. So interessant nun diese Beobachtungen sind, so schwer lässt
sich der Einfluss der verschiedenen Medien exakt bestimmen. Dia
exakte Bestimmung ist nur möglich, wenn experimentell an isolierten
Zellen die Beeinflussung ihres Wachstums durch Organextrakte stu¬
diert wild; Versuche, die möglich sind durch die Harrison-
C a r r e 1 sehen Gewebskulturen auf dem Deckglas, die verblüffend
einfach herzustellen sind und das Beobachten des Zellwachstums und
der Zellvergrösserung unter dem Mikroskop gestatten. Carrel
hat Extrakte von Hühnerembryonen, von Nieren, Milz, Muskulatur
des erwachsenen Huhnes, von Sarkomen, von Thyreoidea, Muskel,
Milz von Hunden und von der Milz des erwachsenen Kaninchens
hergestellt. Die Ausgangsgewebe wurden zertrümmert, zerrieben,
gefroren, dann im Brutschrank bei 38 0 behandelt, schliesslich der
Gewebsbrei mit R i n g e r scher Lösung verdünnt, abgekühlt und dann
zentrifugiert. Das Kulturmedium erhielt auf 2 Volum hypotonischen
Plasmas (durch Verdünnung des Plasmas in destilliertem Wasser her¬
gestellt) ein Volum Extrakt. Die Gewebskulturen bestanden zumeist
aus Hühnchenherz und Hühnchenhaut oder Periost vom Hunde. Alle
diese Versuche zeigten nun im Vergleich zu den zahlreichen Kon¬
trollen ein stark gesteigertes Wachstum, das das Normale um das
drei- bis vierzigfache iibertraf. Die Resultate waren verschiedene,
je nach der eingeschlagenen Methodik und der Herstellungsart der
Extrakte. Das Wachstum war proportional der Konzentration des
Extraktes. Dann erwies sich embryonaler Gewebsextrakt am wirk¬
samsten, Nieren- und Herzextrakte waren weniger wirksam.
Thyreoideaextrakt beeinflusste besonders das Periostwachstum. Auf¬
fallend ist auch die Spezifität in der Wirkung der Extrakte; Hühn¬
chenmilzextrakt aktivierte das Wachstum des Bindegewebes des
embryonalen Hühnchenherzens, während Hunde- oder Kaninchen¬
extrakte auf das Hühnchengewebe kaum irgendwelchen Einfluss hat¬
ten. Die Aktivierkraft der Extrakte verlor sich zum Teil bei Er¬
hitzung derselben auf 56° für 10 Minuten, bei noch grösserer Er¬
hitzung dagegen völlig. Filtration durch Papier veränderte die Ex¬
trakte wenig; Berkefeldfilter verminderte, Chamberlaindfilter unter¬
drückte die wirkende Kraft des Extraktes völlig.
Carrel betont ausdrücklich am Schlüsse seiner gedrängten
und präzisen Mitteilungen, dass eine praktische Bedeutung seinen
Versuchen noch nicht zukommt, dass sie aber nützlich sein werden,
die das Gewebswachstum bestimmenden Faktoren besser zu ver¬
stehen, einen Einblick in die Dynamik der Zellen zu gewähren und
dann schliesslich auch Licht auf den Mechanismus der Wundheilung
zu werfen.
Es ist ein Genuss, die klaren, einfachen, jedes schmückenden
Beiwerks und jeder überflüssigen Aushölung entbehrenden Befunde
C a r r e 1 s zu lesen und es ist wohl kein Zweifel, dass Carrel wie
mit der Ausarbeitung der Gewebskulturen überhaupt, so auch mit der
Wirkung dieser Extrakte auf die Gewebskulturen eine theoretisch
wichtige und interessante Entdeckung gemacht hat, die vielleicht ein¬
mal die Hoffnungen erfüllen wird, deren Voraussetzung die Ver¬
anlassung der Versuche war. Oberndorfer - München.
R. Tigerstedt: Handbuch der physiologischen Methodik.
Leipzig, S. H i r z e 1. 3. Bd., 5. Abteilung. W. Wirth: Psycho-
physik. Geh. 18 M.
Bei der grossen Bedeutung, welche die psychologischen Me¬
thoden für die Sinnesphysiologie und unter den klinischen Fächern
namentlich für die Psychiatrie besitzen, ist es sehr dankenswert, dass
sie in der vorliegenden Lieferung eine eingehende Darstellung ge¬
funden haben. Nach einer kurzen Erörterung der allgemeinsten
methodischen Voraussetzungen und Vorfragen wird sofort auf die
wichtigsten Definitionen und Sätze der Kollektivmasslehre eingegangen
und ausführlich dargetan, wie die Rohwerte einer Beobachtungsreihe
rechnerisch oder graphisch zu bearbeiten sind, um ihr Verteilungs¬
gesetz und die für die Beurteilung des Ergebnisses wichtigen Haupt¬
werte und Streuungsmasse zu gewinnen. # fl
Die speziellen psychologischen Methoden scheidet der Verf. in
Reproduktions- und Reaktionsmethoden. Bei ersteren wird von der
Versuchsperson die Wiedergabe des Erlebten verlangt, bei den
letzteren dagegen irgend eine registrierbare Aeusserung des Be¬
wusstseins. Unter den Reproduktionsmethoden werden dann die Ver-
gleichsmethoden, die Schwellenbestimmungen, die Aufmerksamkeits-,
Auffassungs- und Gedächtnisleistungen im einzelnen besprochen und
anschliessend die Analyse der Zeitvorstellung, der Gefühls- und
Willensakte. '
Der Abschnitt über die Reaktionsmethoden bringt dann eine Be¬
schreibung der wichtigsten zu psychologischen Versuchen bisher ver¬
werteten Registrierungen teils willkürlicher teils unwillkürlicher
Ausdruckserscheinungen, wie die Ergographie und Dynamographie,
die Aufschreibung der unwillkürlichen mimischen Bewegungen, der
Atmungs- und Kreislaufserscheinungen u. a. Es folgen die für ver¬
abredete willkürliche Reaktionen zu beachtenden Vorsichtsmass-
regeln und Kontrollen, um die Reaktionsweise der Versuchsperson
sicherzustellen bezw. in die richtige Bahn zu lenken. Der sehr
wertvolle Beitrag schliesst mit einer Schilderung der Methoden, die
zu den auf psychologischem Gebiete so wichtigen Zeitmessungen aus¬
gebildet worden sind. v. Frey- Würzburg.
Prof. F. Thöle: Die Verletzungen der Leber und der Gallen¬
wege. Neue deutsche Chirurgie, herausgegeben von P. v. Bruns.
4. Bd. Ferd. Enke. 1912.
Das Sr. Exz. dem Generalstabsarzt der Armee Prof. Dr.
v. Schierning gewidmete Werk gibt nach kurzer Einleitung und
Statistik der exspektativen und operativen Behandlungsresultate zu¬
nächst eine Besprechung der Stich Verletzungen der Leber
(gestützt auf 292 Fälle), von 233 einfachen Leberverletzungen mit
19,74 Proz. Mortalität, nach Art, Häufigkeit des Vorkommens, mit
allgemeinen und klinischen Bemerkungen etc., dann der Schuss-
verletzungen (200 Fälle), darunter 83 einfache Leberver¬
letzungen mit 26,5 Proz. Mortalität und 16 komplizierte Leberver-
letzungen (wovon auf die Fälle mit schwerer Leberverletzung
62.5 Proz. Mortalität, auf die Fälle mit leichter Leberverletzung, abc-
schweren Komplikationen 67 Proz. Mortalität entfallen), ebenfalls
mit entsprechenden anatomischen und klinischen Bemerkungen. So¬
dann behandelt es die subkutanen Rupturen der Leber (unter
Bezug auf 260 Fälle), 188 einfache Leberverletzungen mit 55,85 Proz.
Mortalität und 72 komplizierte Leberverletzungen mit 78,6 resp.
74.6 Proz. Mortalität, unter Eingehen auf die relative Häufigkeit,
den Entstehungsmechanismus, Symptome und diagnostische Momente
(Schock, lokale Abdominalsymptome, lokaler Schmerz, Bauchdecken-
spannung, Erbrechen), die Gefahren der Leberruptur (Blutung, intra¬
abdomineller Gallenerguss, Infektion auf dem Blut-, Lymph-, Gallen¬
weg, Lungenaffektionen etc.). Im 2. Abschnitte geht Th. dann auf die
operative Behandlung der Leberverletzungen näher ein, bespricht die
Indikationen zu operativem Vorgehen bei offenen Leberverletzungen,
für die er die allgemeinen Grundsätze bei Bauchverletzungen gelten
lässt, da die Leberverletzung oft vor der Erweiterung der Wunde
resp. dem Bauchschnitt gar nicht zu erkennen ist und die er auch
für die Kriegsschüsse nicht ganz verwerfen möchte (wenn er auch
überzeugt ist, dass auch bei prinzipieller Frühlaparotomie die Zahl
der zu rettenden Bauchschüsse klein sein wird). Endlich geht Th. atu
die Indikationen zu operativem Vorgehen bei subkutanen Leberver¬
letzungen näher ein, behandelt bezüglich Technik der operativen Be¬
handlung der Leberverletzungen die Narkose und Vorbereitung und
Schnittführung bei subkutanen und offenen Verletzungen, wobei er
die Schnitte von Langenbuch, Mikulicz, Kausch,. Spren¬
gel, die spez. Vorschläge von Wullstein, Michaelis etc. im
einzelnen würdigt und im allgemeinen den epigastrischen Median¬
schnitt befürwortet, dem er nach Bedarf einen Kau sch -
schen Schrägschnitt hinzufügt, von dem aus event. leicht die Re¬
sektion der unteren Rippenknorpel ohne Eröffnung der Pleura vor¬
genommen werden kann, und sodann auch die weiteren Hilfsgriffe,
die Leber zugänglich zu machen, berücksichtigt. — Die präventiven
Massnahmen gegen die Blutung nach dem Bauchschnitt (Aorten¬
kompression, Abklemmen des Lig. hepatoduodenale. temporäre Unter¬
bindung der Art. mesenterica sup.) etc., die definitive Blutstillung und
Versorgung der Leberwunde, die Technik der Tamponade und Naht
werden sodann detailliert besprochen und die Frage, welche Methode
den Vorzug verdient, erörtert. Nach Th. soll man die Naht immer
anwenden, wenn keine Kontraindikation vorliegt, bei allen glatten
Schnittwunden und Rissen, die für die Naht erreichbar sind, wenn
der Zustand des Pat. die mehr Zeit erfordernde Naht erlaubt. Die
Tamponade ist bei allen Schusskanälen, bei allen Rupturen mit stark
zerquetschten und zerrissenen Rändern und wenn der Zustand des
Patienten eine rasche Blutstillung und Beendigung der Operation er¬
heischt, die Wunde für die Naht zu gross und zu unbequem gelegen,
sowie bei besonders brüchigem, pathologisch verändertem Leber¬
gewebe am Platze, auch wenn die Wunde nahe am Hilus liegt, die
grossen Gefässe verletzt, Gefässnaht aber nicht möglich ist. Auch
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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; die thermischen Methoden zur Blutstillung, Paquelin, heisser Wasser-
jampf, Heissluftkauterisation etc., und chemische Styptika werden
| erörtert (aber nicht empfohlen) und schliesslich auf die Verletzungen
ler V. portae, Art. hepatica, die Aneurysmen der Art. hepatica ent¬
sprechend eingegangen und die Verletzungen der Gallenblase und
extrahepatischer Qallengänge besprochen. Rin ausführliches, über¬
sichtliches Literaturverzeichnis ist der Arbeit angeschlossen. In der
\rbeit ist eine eingehende Berücksichtigung der ausgedehnten
Jteratur zu erkennen, eine reiche Kasuistik verwertet, auch die
.■ntsprechenden experimentellen Forschungen (darunter auch zahl-
eiche eigene Tierversuche des Autors etc.) herangezogen, die
Technik der Eingriffe klar und übersichtlich geschildert, so dass das
aetreffende Gebiet in der Arbeit Th Öles eine dem jetzigen Stand¬
punkt entsprechende ausführliche Darstellung erfahren hat.
Schreiber.
R. Cassirer: Die vasomotorisch-trophischen Neurosen. Zweite
umgearbeitete und vermehrte Ausgabe. Mit 24 Abbildungen im Text
und 24 Tafeln. 988 Seiten. Verlag von S. Karger. Berlin 1912.
Preis 30 M.
Für den wissenschaftlichen Geist der medizinischen Forschung
ist es ein gutes Zeichen, dass ein so grosses und so teures Werk
wie das Buch von Cassirer über die vasomotorisch-trophischen
Neurosen nach verhältnismässig kurzer Zeit in zweiter Auflage er¬
scheinen musste. Lieber seltenere Krankheiten, wie über die Erythro-
melalgie, die Raynaud sehe Krankheit oder die Sklerodermie
wächst die Zahl der kasuistischen Beobachtungen in beängstigender
Weise lawinenartig an. Füllt doch das Literaturverzeichnis am
Schlüsse des vorliegenden Buches, in dem Titel an Titel sich eng¬
bedruckt aneinanderreihen, zw'eiundneunzig (!) Seiten*). Dem ein¬
zelnen Arzte ist es unmöglich, sich in diesen Bergen von Papier
zurecht zu finden und er muss demjenigen dankbar sein, der sich die
Mühe gibt, das Wissenswerte daraus zusammenzufassen. Freilich
bedarf es dazu eines Fleisses und einer Ausdauer, wie diese Eigen¬
schaften in so hohem Grade wie bei Cassirer wohl selten zu
rinden sind. Cassirer hat es sich nicht verdriessen lassen, unge¬
zählte Publikationen zu exzerpieren; ja wenn dem Buche ein Vor¬
wurf gemacht werden kann, so ist es der, dass es zu breit und
zu gründlich angelegt ist. Mit dem mächtigen Umfang des vor¬
liegenden Werkes stehen die minimalen positiven Kenntnisse über
die Innervation der Gefässe und über deren Störungen im argen
Missverhältnisse. All die Hypothesen von vasomotorischen Zentren
m Gehirne und im verlängerten Marke und die Hypothesen von
vasomotorischen Reflexzentren in der Peripherie sind nicht über¬
zeugend zu begründen. Durch Sammlung der Kasuistik kommt man
im Verständnis der vasomotorischen Vorgänge wohl kaum viel
weiter. Merkwürdigerweise hat man gerade dort, wo sicher Zen¬
tren für die vasomotorische Innervation gelegen sind, nämlich in
den Ganglien des Grenzstranges, noch nicht die Lokalisation der
Ursache für die schweren Gefässstörungen, welche der Erythro-
melalgie oder der Raynaud sehen Krankheit zugrunde liegen, ge¬
sucht. Und merkwürdigerweise hat man an der einzigen Stelle, wo
man Aussicht hat, die vasomotorischen Nerven getrennt von
den zerebrospinalen zu untersuchen, an den Rami communicantes, bei
diesen Krankheiten noch kaum Nachschau gehalten. Freilich solche
histologische Forschungen sind technisch recht schwierig.
Besonders wertvoll sind in dem vorliegenden Werke die ein¬
leitenden Kapitel über die Vasomotoren, über die sekretorischen
Bahnen und über die trophischen Funktionen des Nervensystems.
Cassirer ist auf dem Gebiete der vasomotorisch-trophischen Neu¬
rosen unsere erste Autorität, der auch das Ausland niemand eben¬
bürtigen zur Seite stellen kann. Es ist seinem Buche, seinem Lebens¬
werke, zu wünschen, dass es noch weitere Auflagen erlebt. Hoffent¬
lich kann Cassirer dann auch über Forschungen berichten, die in
das, trotz der riesigen Kasuistik doch noch dunkle Gebiet der vaso¬
motorischen Neurosen klärendes Licht bringen und die uns ein wirk¬
liches Verständnis dieser Krankheiten ermöglichen.
L. R. Müller- Augsburg.
Der Tuberkulose-Fortbildungskurs des allgemeinen Kranken¬
hauses Hamburg-Eppendorf. Herausgegeben von L. Brauer. Ver¬
lag K. Kabitzsch, Würzburg. M. 9. — .
Die Begründung zur Herausgabe dieser gesammelten Vorträge
des Tuberkulose-Fortbildungskurses in Hamburg dürfte vornehmlich
darin zu erkennen sein, dass Inhalt und Form der dargebotenen Vor¬
träge, die in Form klinischer Demonstrationen zumeist eine aus¬
gezeichnete Ergänzung des medizinischen Universitätsunterrichts
gaben, von den sonst gehandhabten Unterrichtsformen differieren.
Aus den einzelnen Arbeiten und Vorträgen entnehmen wir vor allem,
dass durch die Grösse des gebotenen Materials und die Eigenart des
im Fppendorfer Krankenhause gepflogenen Unterrichts ein abgrenz-
bares Gebiet erschöpfend zur Darstellung gelangen kann. In dem
Vorwort Brauers, des Herausgebers dieser Vorträge, ist in be-
*) Angesichts einer solch unsinnig grossen und doch so un-
■ ruchtbaren Literatur ist man versucht, Vorschläge für die allge¬
meine Einschränkung der Publikationen zu machen. Es ist nur zu
Tiirchten, dass diese ebensowenig Erfolg haben werden wie die Vor¬
schläge für die Abrüstung der Mächte.
soliderem Masse darauf hingewiesen, dass lückenlose, grosse Be¬
obachtungsreihen von Kranken, wie sie an mittleren und kleinen
Universitäten schwerlich ermöglicht werden können, in einer Stadt
wie Hamburg sich mühelos verwirklichen lassen — in Hamburg, wo
Mittel, Lehrkräfte und Material sich kaum wie in einer anderen
Stadt zum Ausbau einer Universitätsplanung eignen.
A. Predöhl gibt eine umfassende Uebersicht über die Mittel
zur sozialen Fürsorge im Kampf gegen die Tuberkulose und be¬
spricht die leitenden Gesichtspunkte bei der Auswahl Tuberkulöser
zur Heilstättenbehandlung; H. S i e v e k i n g beschreibt die Tätig¬
keit der Fürsorgestellen für Lungenleidende in Hamburg; darauf
folgen von H. Much, dem Leiter der Abteilung für experimentelle
Therapie am Eppendorfer Krankenhause, sechs Vorlesungen über
neuere Ergebnisse und Studien über die Tuberkelbazillen, über die
Immunität bei Tuberkulose, Studien, die zum grössten Teil die ver¬
dienstvollen Leistungen Muchs über diese Gegenstände behandeln;
Deycke bespricht auf Grund eigener Forschungen die Beziehungen
zwischen Lepra und Tuberkulose; O. Schümm bringt eine ein¬
gehende Besprechung der Farbstoffe und Reaktionen im Harn bei der
Tuberkulose; über die Differentialdiagnose der tuberkulösen orga¬
nischen Erkrankungen von Gehirn und Rückenmark betitelt sich ein
weiterer, interessanter Aufsatz von M. Nonne; an der Hand eines
überreichen Krankenmaterials behandelt F. Oehlecker die ortho¬
pädischen Massnahmen bei der Knochen- und Gelenktuberkulose.
Endlich folgt ein Aufsatz von A. Thost über die Behandlung der
Larynxtuberkulose, eine Abhandlung von W. Rüder über die
Tuberkulose in der Geburtshilfe und Gynäkologie und eine inter¬
essante Studie von W. Weygandt über den Seelenzustand der
Tuberkulösen. —
Die Hamburger Fortbildungskurse legen beredtes Zeugnis für die
praktischen und wissenschaftlichen Leistungen der Hamburger Kran¬
kenanstalt und wissenschaftlichen Institute, insbesondere des Eppen¬
dorfer Krankenhauses, ab. Sie überzeugen weiter, dass das grosse
Hamburger Krankenhaus und überhaupt die Hamburger akademische
Medizin zur Uebernahme eines vollwertigen klinischen Unter¬
richts im wesentlichen fertig ist. Herrn. L ü d k e.
Engelen: Die wichtigsten Krankheitsbilder der inneren Medi¬
zin in Statusform. München 1912 bei 0. Gmelin, 213 S. 4 M.
Eine wichtige, oft vernachlässigte Aufgabe des Arztes ist es, die
am Krankenbett erhobenen Befunde möglichst kurz und klar zu skiz¬
zieren und für später aufzubewahren. Hiezu soll der Studierende
durch Engelens Buch, das die einzelnen Krankheitsformen mög¬
lichst knapp und präzise in Statusform schildert, angeleitet werden.
Es wäre sehr zu wünschen, dass das Buch diesen Zweck erreicht und
fleissig benützt wird. Nebenbei kann es als sehr zweckmässiges
Repetitorium der inneren Medizin dienen. Es ist sehr sorgfältig und
geschickt gearbeitet, wenn auch einzelne Krankheitsformen sich
gegen die Schilderung in Statusform sträuben, so vor allem die Neu¬
rosen. Die Darstellung der traumatischen Neurose dürfte bei Stu¬
dierenden vielfach das Missverständnis hervorrufen, dass die be¬
rüchtigten „objektiven Symptome“ irgendwas beweisen.
Kerschensteine r.
Ludwig Piskacek: Lehrbuch für Schülerinnen des Hebamme-
kursus und Nachschlagebuch für Hebammen. Fünfte, vermehrte Auf¬
lage. Mit 101 Abbildungen. Wien und Leipzig 1913. 279 Seiten.
Preis 9 K. — 7.50 M.
Das vorliegende Hebammenlehrbuch, bestimmt für die öster¬
reichischen Hebammen, erlebt seit dem Jahre 1895 nunmehr seine
fünfte Auflage, ein Zeichen, dass dasselbe eine gute Aufnahme ge¬
funden hat. Das Buch ist auf Kunstpapier gedruckt, wodurch die
zahlreichen sehr instruktiven Abbildungen besonders schön heraus¬
gekommen sind, allerdings ist dadurch auch der Preis des Buches
ein recht hoher, verglichen mit dem unseres preussischen Hebammen¬
lehrbuches. Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden;
das Buch verdient wegen seiner knapp gefassten und klaren Dar¬
stellung sowie der übersichtlichen Anordnung des Stoffes vollste
Anerkennung, und Empfehlung. A. Rieländer - Marburg a. L.
J. Marcuse: Die Beschränkung der Geburtenzahl, ein Kultur¬
problem. 51 S. München, E. Reinhardt, 1913. Preis M. 2.50.
J. Wolff: Der Geburtenrückgang. Die Rationalisierung des
Sexuallebens in unserer Zeit. VI und 235 S. Jena, G. Fischer,
1912. Preis M. 7.50.
J. Bornträger: Der Geburtenrückgang in Deutschland, seine
Bewertung und Bekämpfung. Veröffentlichungen aus dem Gebiete
der Medizinalverwaltung, I, Heft 13. Berlin, R. Schötz, 1912.
XV u. 168 S. Preis M. 3.75.
Die drei Schriften beschäftigen sich mit derselben Erscheinung,
dem seit Jahrzehnten einsetzenden relativen und nunmehr auch abso¬
luten Rückgang der Geburten und seinen Ursachen, sowie teilweise
auch mit den Mitteln und Möglichkeiten seiner Bekämpfung. Sie
nehmen dabei sehr verschiedene Standpunkte zu der ganzen Frage
ein und spiegeln so in nuce den Kampf wieder, der über dieses Gebiet
wissenschaftlich und publizistisch — was wohl zu unterscheiden ist
teilweise mit grosser Leidenschaft geführt wird und zu dem auch der
Arzt in Anbetracht der vielfachen praktischen Berührungspunkte mit
den Bestrebungen zur Verhinderung der Empfängnis und Geburt und
ihren gesundheitlichen Folgen Stellung zu nehmen gezwungen ist.
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MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 4.
M a r c u s e, der offenbar der Ansicht ist, den fortgeschrittensten
Standpunkt einzunehmen, erwartet die Höherentwicklung der
Menschheit und die Unterordnung niederstehender Rassen weniger
von der Zahl der Hände als von der der Köpfe und betont, dass eine
Art ihre Erhaltung sowohl durch gesteigerte Fruchtbarkeit wie
durch Vervollkommnung der Individuen besorgen kann, wobei aber
gesteigerte Fruchtbarkeit ein Ausweichen vor der Selektion dar¬
stelle. Er sieht daher einen Rassenselbstmord in der Herabsetzung
der Kinderzahl nur dann, wenn nicht soziale Massnahmen zur Ver¬
besserung der organischen Anlagen und des Milieus in weitem Um¬
fang getroffen würden. In den antikonzeptionellen Mitteln sieht er
den einzigen Damm gegen Fruchtabtreibung und Kindsmord —
nebenbei jedenfalls ein unwirksamer. Die letzte Ursache der Gebur¬
tenprävention sieht er ebenso wie die des Alkoholismus und der Zu¬
nahme der Geschlechtskrankheiten ausschliesslich in ungünstigen
sozialen Verhältnissen und erwartet vom Staate keine durchgreifen¬
den Massregeln zur Bekämpfung all dieser Erscheinungen.
Ganz auf dem entgegengesetzten Standpunkt steht Born¬
träger, der ohne besonderes Streben nach wissenschaftlicher Ver¬
tiefung und ohne Achtung vor den Schlagworten der Neomalthusianer
die weitgehenden Wirkungen ihrer praktischen Betätigung und Be¬
lehrung besonders auch auf Grund der ärztlichen Erfahrung schildert
und neben den grossen auch die kleinen Mittel zur Bekämpfung
dieser Richtung nicht verschmäht. Wenn er auch in der Bewertung
der Wohltätigkeitsbestrebungen zu weit geht und mit Unrecht den
herrschenden Materialismus auf die naturwissenschaftliche Bildung
zurückführt — in Wirklichkeit haben die meisten Materialisten
ebensowenig eine Weltanschauung wie ein grosser Teil der Nicht¬
materialisten, sondern sind wie diese Mitläufer — so ist es doch ver¬
dienstlich, dass er dem Einzelnen nicht nur mit Angeboten, sondern
auch mit Forderungen herantritt und dass er die unwürdige Rolle,
die einzelne Aerzte bei der Verbreitung ungesetzlicher Bestrebungen
zur Konzeptionsverhinderung und -Vernichtung spielen, offen brand¬
markt.
Im Gegensatz zu diesen beiden Schriften beschäftigt sich Wolf f
ausgesprochenermassen mit dem Problem mit rein wissenschaftlicher
Gelassenheit, indem er die verschiedenen Ursachen des Geburten¬
rückganges und insbesondere die Tatsache feststellt, dass er eine
Widerlegung des M a 1 1 h u s sehen Gesetzes bedeutet.
Weinberg - Stuttgart.
Handwörterbuch der Naturwissenschaften. Herausgegeben von
E. Korschelt (Zoologie), G. Linck (Mineralogie und Geologie),
F. Oltmanns (Botanik), K. Schaum (Chemie), H. Th. Simon
(Physik), M. Verworn (Physiologie) und E. Teich mann
(Hauptredaktion). Lief. 7 — 34. Jena, Verlag von Gustav Fischer
1912. Preis der Lieferung M. 2.50.
Seit seinem ersten Erscheinen im Frühjahre 1912 hat das Hand¬
wörterbuch, im erfreulichen Gegensatz zu vielen anderen lieferungs¬
weise erscheinenden Werken, rasche Fortschritte gemacht. Es sind
28 Lieferungen erschienen und damit Band I (Abbau — Black), Band II
(Blatt — Ehrenberg), Band IV (Lacaze-Duthiers — Nemathelminthes) und
Band VII (Nagelflue — Pyridingruppe) vollständig. Die vorliegenden
Bände bestätigen den ersten Eindruck, dass es sich hier um ein höchst
bedeutsames Werk handelt, das für jeden naturwissenschaftlichen Ar¬
beiter wertvoll ist, für keinen aber mehr wie für den Mediziner,
dessen Berührungspunkte mit anderen Wissenschaften zahlreicher
sind wie bei irgend einem anderen Gebiet. Auf den Inhalt einzugehen
ist unmöglich. Wir erwähnen ganz willkürlich aus den letzten Liefe¬
rungen die vorzüglichen Artikel über Photochemie, Photographie,
Photographische Messkunst, Photometrie, Photosynthese: die Artikel
Pilze, Plathelminthes, Polymorphismus, Protozoa, den grossen, von
Plate geschriebenen Artikel Deszendenztheorie etc. Zahlreich sind
auch die biographischen Artikel. Jedem Artikel ist eine kurze Inhalts¬
angabe vorausgeschickt, die die Orientierung ausserordentlich er¬
leichtert. Wir führen als Beispiel die Disposition der Abhandlung
über experimentelle Psychologie von Ziehen an: 1. Abgrenzung
gegen die Naturwissenschaften s. str. 2. Aufgaben der Psychologie.
3. Geschichtliche Entwicklung der psychologischen Methoden, a) spe¬
kulative, b) empirische, c) experimentelle oder physiologische Psycho¬
logie. 4. Das psychologische Tierexperiment. 5. Nichtexperimentelle
Einzelbeobachtungen und Sammelbeobachtungen (Statistik). 6. An¬
wendung der Mathematik auf die psychologischen Untersuchungser¬
gebnisse. 7 Verwertung der Hirnphysiolgie und Hirnpathologie. 8. In¬
dividual- und Massenpsychologie', Völkerpsychologie. 9. Tierpsycho¬
logie und Beziehung zur Zoologie. 10. Allgemeine psychologische Ge¬
setze. 11. Hauptrichtungen der heutigen Psychologie. 12. Be¬
ziehungen zur Erkenntnistheorie. Das Beispiel zeigt, wie gründlich
die Artikel auf ihren Stoff eingehen, der, wie nochmals hervorgehoben
sei, in streng wissenschaftlicher Form behandelt wird. Das Werk
verdient das lebhafte Interesse auch der medizinischen Kreise.
Mollier S.: Das histologisch-embryologische Institut der
neuen anatomischen Anstalt München mit einer Darstellung der hier
geübten Unterrichtsmethoden und einem Anhang: Ueber den Bau
eines neuen mikroskopischen Statives. 4°. Leipzig 1912. S. Her¬
zei. 56 Seiten, 18 Taf., 97 Fig. Preis 5 M.
Mollier beschreibt in der vorliegenden, äusserst schön aus¬
gestatteten Schrift die Einrichtungen des im oberen Stockwerk des
neuen Münchener Anatomiegebäudes untergebrachten histologisch¬
embryologischen Instituts, des Mikroskopiersaales mit seiner Ein¬
richtung und der dort geübten Methode des mikroskopischen Kurses,
der Laboratorien, Vorratsräume, Tierställe, Aquarien etc. Im An¬
hang wird das auf M.s Anregung hin von der Firma Winkel kon¬
struierte Kursmikroskopstativ erläutert, dessen schiefe, künstlerisch
schön geformte Säule (Entwurf Riemerschmid) sich der Krüm¬
mung der Wirbelsäule des Beobachtenden anpasst.
S o b o 1 1 a - Würzburg.
Neueste Journaliteratur.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie. Bd. 25, Heft 3 u. 4, Jena 1912, Gustav Fischer.
22) J. Mayesima: Ueber den Wert und das Wesen der
C a m m i d g e sehen Reaktion bei Pankreaserkrankungen. (Aus der
Kais. chir. Universitätsklinik Kyoto, Japan.)
Die Reaktion fiel bei den verschiedensten Erkrankungen und
häufig auch bei Gesunden positiv aus, hat also keine diagnostische Be¬
deutung für Pankreasleiden. Die Untersuchung der erhaltenen Kri¬
stalle zeigte, dass dieselben nicht immer gleiche chemisch-physi¬
kalische Eigenschaften besitzen, und dass die im normalen Harn vor¬
kommenden gepaarten Glukuronsäuren in den meisten Fällen den
positiven Ausfall der Reaktion bewirken.
23) K. I s o b e (Kais. Chir. Klinik Kyoto) : Experimenteller Bei¬
trag zur Bildung venöser Kollateralbahnen in der Niere.
Beim Kaninchen stellt sich nach Ligatur der Nierenvene kein
genügender Kollateralkreislauf her. Die dekapsulierte und mit Netz
umhüllte Niere kann sich von der Venenligatur so weit erholen, dass
die Exstirpation der anderen Niere vertragen wird, meist aber wird
die Marksubstanz nekrotisch. Viel rascher und besser erholt sich
die Niere nach Netzimplantation in die Nephrotomiewunde. Die neuge¬
bildeten Venenanastomosen zwischen Netz und Niere waren nach
7 Monaten noch vorhanden, auch wenn keine Stauung das Offen¬
bleiben dieser Bahnen begünstigte.
24) Sigmund Auerbach und Franz Alexande.r (Marien¬
krankenhaus zu Frankfurt a. M.): Ueber eine praktisch wichtige oto¬
gene Hirnkomplikation.
Bei einem Mann mit verjauchtem Cholesteatom im linken Mittel¬
ohr, doppelseitiger Stauungspapille wurde nach Totalaufmeisselung
die linke Vena jugul. int. unterbunden, Sinus und Bulbus freigelegt,
ihre Wand reseziert, Thrombusmassen ausgeräumt. Das Fieber fiel
ab, das Sehvermögen verschlechterte sich bedeutend, Abduzens und
Mundfazialis rechts wurden paretisch. Punktion des rechten Seiten¬
ventrikels und des Kleinhirns hatte keinen Erfolg, erst nach De-
kompressivtrepanation über der linken Frontotemporalgegend gingen
die Nervensymptome zurück. Der Kranke starb an Erysipel,
Schädelphlegmone, eitriger Meningitis, in der Nähe des Operations¬
gebietes am Ohr fanden sich keine Komplikationen. Da eine auffällige
Differenz oder Varietät der Blutleiter nicht gefunden wurde, so ver¬
muten Verfasser als Ursache der Hirndrucksteigerung und Papillitis
Verlaufsanomalien bezw. Varietäten der Venen im Innern des Ge¬
hirns. Bei Thrombose des linken Sinus transversus soll man daher
mit der Unterbindung der V. jugularis lieber etwas zuwarten, nament¬
lich wenn schon eine ausgesprochene Papillitis vorhanden ist.
25) Erich Ebstein (Med. Klinik Leipzig): Ueber Eunuchoidis¬
mus bei Diabetes insipidus.
Bei dem einen Kranken fand sich ein unzweifelhafter Hypo¬
physentumor mit bitemporaler Hemiachromatopsie, Haarausfall, tro-
phische Hautstörungen, vermehrter Fettansatz in der unteren Bauch¬
gegend, an den Brüsten, Oberarmen und Oberschenkeln, ferner Rück¬
bildung der Genitalien. Bei dem anderen 15jähr. Kranken mit Dia¬
betes insipidus fand sich der charakteristisch lokalisierte Fettansatz,
Hypoplasie des Genitales und Oligotrichosis, die Beteiligung der
Hypophyse war nicht nachzuweisen, doch fiel niedriger Blutdruck und
kleine Thyreoidea auf.
26) Sigmund Auerbach und Emil Grossmann: Ueber einen
Fall von doppelseitigen mit Erfolg operierten Kleinhirnzysten. (Aus
der Poliklinik für Nervenkranke und der Klinik des Roten Kreuzes
zu Frankfurt a. M.)
Bei einem 20 jährigen Manne, welchem vor 4 Jahren eine grosse
Zyste in der linken Kleinhirnhemisphäre osteoplastisch entfernt wor¬
den war, entwickelten sich entsprechende Symptome von seiten der
rechten Kleinhirnhemisphäre. Eine grosse Zyste wurde in einzeitiger
Operation möglichst vollständig entfernt; Heilung. Verfasser wün¬
schen ergänzende katamnestische Erhebungen bei den sonst als ge¬
heilt beschriebenen Kranken mit operierten Kleinhirnzysten.
27) Georg B. G r u b e r (Pathol.-Anat. Inst, des Krankenhauses
München r. d. I.) : Zur Lehre über das peptische Duodenalgeschwür.
Siehe Referat über den im ärztlichen Verein München gehaltenen
Vortrag Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 51, S. 2840.
28) Emmo Schlesinge r- Berlin: Die Behandlung der Gastro-
ptose durch keilförmige Resektion in der Pars media des Magens.
Für die seltenen Fälle von Gastroptosen, welche jeder internen
Therapie getrotzt haben, und deren wesentliche Symptome nicht nur
Teilerscheinungen einer allgemeinen Asthenie sind, schlägt Verfasser
vor, dem Magen seine normale Form durch Resektion des schlaffen
Mittelstückes vgiederzugeben. Die Operation hat sich in einem Fall
bewährt In einem anderen Fall bewährten sich einfache Raffnähte
28. Januar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 201
zwecks Verkleinerung des Magens nicht, es entstand ein Sanduhr-
niagen.
29) Erich Plate und Felix Lewandowsky (Allgem. Kran¬
kenhaus Hamburg-St. Georg) : Ueber einen Fall von symmetrischer
Schwellung der Speichel- und Tränendrüsen, nebst Beteiligung des
lymphatischen Apparates und der Haut.
Der beschriebene Fall (12 jähriger Knabe) gehört nicht zur Mi¬
kulicz sehen Krankheit, denn es waren auch Milz- und Lymph-
driisen geschwellt, das Allgemeinbefinden gestört, ebenso die Herz¬
tätigkeit, es trat ein Exanthem ähnlich einem Erythema nodosum auf;
der Tränendrüsenschwellung ging Konjunktivitis voraus. Es wurde
eine Infektionskrankheit mit unbekanntem Erreger angenommen.
Salizylbehandlung wirkte günstig.
30) Kiilbs: Ueber Lungenabszesse und Bronchiektasen. (Aus
der med. Klinik Kiel.)
Von 41 Fällen mit Lungengangrän bzw. putridem Abszess wur¬
den 24 operiert, von diesen starben 7, 14 wurden geheilt, 3 gebessert;
von den 17 Nichtoperierten starben 8, 5 waren ungeheilt, 4 gebessert.
Aetiologie, Diagnose, Operationstechnik (Lokalanästhesie) werden
besprochen. Was die Indikation zur Operation betrifft, so kann man
bei akut entstandenem Prozess einstweilen zuwarten, solange der
Allgemeinzustand gut ist. Gehen die Symptome nicht zurück, ist der
Abszess lokalisierbar und zugänglich, nimmt das Körpergewicht ab,
die Pulsfrequenz und die nervösen Allgemeinerscheinungen zu, so soll
man operieren, insbesondere wenn man Verwachsungen erwarten
darf. Auch beim chronischen Abszess ist vor allem der Allgemein¬
zustand massgebend.
Auch bei den 7 operierten Bronchiektasien war der Eingriff da¬
durch veranlasst, dass die Kranken durch putride Bronchitis oder
starke Blutungen heruntergekommen waren; 5 starben, 2 wurden ge¬
bessert. Die Operation kann nur Erfolg haben, wenn man ein grosses
Rippenfenster anlegt und den Thorax ausgiebig mobilisiert. Bei den
Sektionen fiel auf, dass die Ektasien oft im Verhältnis zum reichlichen
Sputum klein waren, dass die Bronchitis oft ausgedehnter war als
erwartet wurde, und dass meist ausgedehnte interstitielle Verände¬
rungen mit ziemlich erheblicher Starre des mit Bronchiektasen durch¬
setzten Lappens vorhanden waren.
31) Johannes 0 eh ler (Chir. Klinik Freiburg i. Br.): Beitrag
zur Kenntnis der lokalen Eosinophilie bei chirurgischen Darmaffek¬
tionen (eine histologische Studie).
Es gibt eine Gewebseosinophilie ohne merkliche Vermehrung der
eosinophilen Zellen im kreisenden Blut, und zwar kommt lokale
Eosinophilie auch physiologischer Weise, und zwar regelmässig in
der Darmwand zustande. Sie ist die Folge des durch die Ingesta aus-
geiibten chemischen bzw. bakteriellen Reizes. Im entzündeten Wurm¬
fortsatz und auch in der Umgebung tuberkulöser Herde fand Verf.
die Eosinophilie nicht erheblicher als sonst in der Darmwand. In
Darmpolypen fanden sich Eosinophile besonders reichlich, ebenso an
der Grenze zwischen Karzinom und Submukosa (Schutzwall). Das
Bestehen des Tumors für sich scheint noch keine Eosinophilie zu be¬
dingen, sondern erst die Entzündung und besonders die Ulzeration.
Die „eosinophilen Darmerkrankungen“ sind wohl mit dem Asthma
bronchiale auf eine Stufe zu stellen.
32) D. G e r h a r d t - Würzburg: Ueber günstige Beeinflussungen
chronischer Erkrankungen durch interkurrente Infektionskrankheiten.
Vorübergehende Besserung wurde in folgenden Fällen be¬
obachtet. Alte Trigeminusneuralgie sistierte während kruppöser
Pneumonie; doppelseitige Ichias bei Kreuzbeintumor sistierte
während Pneumonie: tuberkulöser Aszites lieferte reichliche Diurese
während kruppöser Pneumonie; subchronischer Gelenkrheumatismus
verlor seine Symptome während follikulärer Angina; akute Psychose
(Verwirrtheit) sistierte während Erysipel; Drucksymptome bei Hirn¬
tumor sistierten während Masern.
Heft 4. 33) Eugen J a c o b s o h n - Charlottenburg: Arthritis
hypertrophicans. Ein Beitrag zur Klassifikation der chronischen Ge¬
lenkerkrankungen.
Die geläufigen Ausdrücke „chronischer Gelenkrheumatismus“
und „Arthritis deformans“ lehnt Verf. ab, weil mit ihnen kein be¬
stimmter Krankheitsbegriff verknüpft ist. Für zweckmässig hält er
die besonders nach dem Röntgenbild leicht zu treffende Unterschei¬
dung in atrophische und hypertrophische Gelenkerkrankungen. Von
der hypertrophischen Form gibt er eine ausführliche Schilderung.
Hauptmerkmale sind, dass meist ein Gelenk befallen wird (selten
einige), meist ein grösseres, dass das männliche Geschlecht bevor¬
zugt ist, dass palpable Gelenkprominenzen oder freie Gelenkkörper
vorhanden sind, dass trophische Störungen fehlen oder doch wenig
auffallen, auch Muskelatrophie wenig ausgeprägt ist, dass das Leiden
langsam fortschreitet und nicht zur Ankylose führt, und dass das All¬
gemeinbefinden selten erheblich gestört ist. Gelenkkrepitation ist
meist stark, die Bewegungsfreiheit verhältnismässig gut erhalten.
Im Röntgenbild fallen auf: zackige Auswüchse oder plumpe Rand¬
wülste, Bildung freier Körper, breiter Gelenkspalt, Bildung von
Lücken in der Spongiosa, von Defekten in der Kortikalis, verhältnis¬
mässig geringe Knochenatrophie. Pathologisch-anatomisch zeigt sich
vor allem die Knorpelsubstanz ergiffen, die Synovialis weniger be¬
teiligt. Auch das jugendliche Alter wird befallen, namentlich das
Ellbogengelenk. Trauma spielt eine wichtige Rolle. Therapeutisch
wirkt Ruhe schlecht, Bewegung mit Massage und Hyperämie gut.
An zahlreichen Röntgenbildern werden die Veränderungen der ein¬
zelnen Gelenke erläutert.
34) P. Esch (Universitäts-Frauenklinik Marburg): Experimen¬
telle Untersuchungen über den beschleunigten Nachweis von Tuber¬
kelbazillen durch den Meerschweinchenversuch.
Die intrakutane Tuberkulininjektion (0,02 ccm) zeigte sich der
subkutanen bedeutend überlegen, die Reaktion tritt rascher und zu¬
verlässiger ein. Als doppelte Sicherung hat man dann nach der posi¬
tiven intrakutanen Prüfung die Tötung und Autopsie des Versuchs¬
tieres. Das zuverlässigste anatomische Merkmal der generalisierten
Meerschweinchentuberkulose ist die Milzveränderung, in zweiter
Linie ist auf die portalen und bronchialen Drüsen zu achten. Ob die
Injektion des zu untersuchenden Materials intraperitoneal oder sub¬
kutan oder intrahepatisch erfolgt, ist bei Anwendung der intra¬
kutanen Tuberkulinprüfung gleichgültig; intrakardiale oder intra¬
venöse Injektion wirkt besonders rasch und empfiehlt sich für Harn,
Exsudate, Liquor cerebrospinalis. Die genaueren Vorschriften betr.
Zeitabstände, Kontrolltier etc. sind nachzulesen.
35) E. P a g e n s t e c h e r - Wiesbaden: Das Verhalten trauma¬
tischer Blutergüsse speziell in den Gelenken und der Pleura.
Dem bei Punktion eines Hämarthros genu erhaltenen dunklen,
auffallend lang flüssig bleibenden Blut ist von der Synovialiswand
abgeschiedenes Serum und Synovia beigemengt. Die Synovialis
selbst schwillt an. Die von der Natur bewirkte Verdünnung des Er¬
gusses ist zwar „zweckmässig“, hat aber auch ihre Nachteile, es
kommt zu Erschlaffung oder zu Schrumpfung der durch den Erguss
gereizten Gelenkkapsel. Blutige Gelenkergüsse soll man daher lieber
frühzeitig punktieren. Auch beim Hämothorax beugt die Punktion
einer chronischen Entzündung und Schwartenbildung vor.
36) Paul Zander: Zur Histologie der Basedowstruma. (Aus
dem Pathol.-anat. Institut Freiburg i. Br.)
24 Strumen von sicheren Basedowfällen aus verschiedenen
Gegenden Deutschlands wurden histologisch genau untersucht; die
Hälfte hatte schon ältere Knoten, die andere Hälfte war frei von
Adenombildungen. Alle zeigten im Parenchym oder in den Knoten
oder in beiden charakteristische Veränderungen, welche bei etwa
500 zum Vergleich untersuchten gewöhnlichen Flachland- und Ge-
birgskröpfen nicht gefunden wurden. Es waren Veränderungen des
sezernierenden Epithels und seines Verbandes, des Kolloides und des
Gefässlymphsystems, welche auf eine vermehrte Produktion und Re¬
sorption von Sekret hindeuteten. Die Proliferations- und Hyper¬
plasiezustände, ferner die häufige Vermehrung der lymphatischen
Elemente fand sich oft nur herdweise, so dass also eine sorgfältige
Durchforschung solcher Drüsen erforderlich ist. Die Ergebnisse be¬
stätigen die Befunde Kochers, dessen Unterscheidung: Struma
Basedowiana und Struma Basedowficata Z. für zweckmässig hält.
37) J. Bungart: Ein Beitrag zur Frage der Behandlung gastro¬
intestinaler Krisen bei Tabes dorsalis durch Resektion hinterer Dor¬
salwurzeln (Förster sehe Operation). (Aus der Akad. f. prakt.
Med. in Köln, Chir. Klinik der Städt. Krankenanstalt Lindenburg.)
Bei 2 Kranken hatte die Operation den gewünschten Erfolg, beim
3. Kranken schwanden die gastrointestinalen Beschwerden, infolge
des protrahierten Krankenlagers kam es jedoch zu ausgedehntem De¬
kubitus und eitriger Zystitis. Am dankbarsten sind die Fälle, bei
welchen im Anfang der Tabes die gastrointestinalen Beschwerden
vorwiegen und trophoneurotische Störungen, Ataxie und Muskel¬
atrophie zurücktreten. Bei komplizierteren Fällen wird die Opera¬
tion nur durch unerträgliche, jeder internen Behandlung trotzende
Krisen indiziert. Bei B.s Fällen stellte sich Sensibilität auch in an¬
fangs nach der Operation unterbrochenen Bezirken wieder her, trotz¬
dem 1 — 2 cm lange Wurzelstücke reseziert waren; Verf. nimmt an,
dass die von den perzipierenden Organen über das intakte Interverte¬
bralganglion hinausgeleiteten Reize allmählich neuen Anschluss an
Anastomosennetze der Nachbarbezirke fanden.
38) Josef Reich: Ueber Gelbfärbung der Zerebrospinalflüssig¬
keit. (Aus der Neurol, Abt. des Allerheiligenhospitals Breslau.)
Bei 3 Fällen von Hirngeschwülsten (Sarkom, Karzinom, Gliom)
fand sich Gelbfärbung des Liquors, Eiweissvermehrung, starke Ver¬
mehrung der zelligen Elemente, Gehalt an Blutkristallen. Die Ge¬
schwülste, von denen 2 schon makroskopisch durch Blutreichtum und
Hämorrhagien auffielen, hatten sich bis an die innere und äussere
Gehirnoberfläche, in die Ventrikelwand oder bis zu den Meningen
oder nach beiden Seiten ausgebreitet, konnten also leicht Blut in den
Liquor abgeben, und bedingten dessen Gelbfärbung.
39) Georg B. Grube r (Pathol. Institut des Krankenhauses
München r. d. I.) : Zur Kasuistik der Pfortaderthrombose.
Die beschriebene Thrombose ging aus von einem grossen Lobus
posterior (Atavismus) bzw. von seinem abnormen Portalast. Die
ungewöhnliche Leber- und Gefässbildung wirkte wahrscheinlich dis¬
ponierend bei vorhandener Neigung zu variköser Entartung. Klinisch
waren nur „neurasthenische“ Symptome vorhanden gewesen.
40) Schumacher und Roth: Thymektomie bei einem Fall
von Morbus Basedowii mit Myasthenie. (Aus der Chir. und Med.
Klinik Zürich.)
Nach erfolgloser Ligatur einer A. thyr. sup. wurde bei dem
20 jährigen Mädchen der vergrösserte Thymus entfernt, worauf die
Herzbeschwerden und myasthenischen Erscheinungen erheblich zu¬
rückgingen. Die frühere hochgradige Lymphozytose schwand. Die
sich ergebenden Fragen betreffs Wechselwirkung der Symptome und
der Organe mit innerer Sekretion werden erörtert.
51) R. Rössle-Jena: Das runde Geschwür des Magens und
des Zwölffingerdarms als „zweite Krankheit“.
202
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Der Begriff „zweite Krankheit“ will sagen, dass es sich um Lei¬
den handelt, die erst auf der Basis eines anderen und örtlich ganz ver¬
schiedenen pathologischen Geschehens sich entwickeln. Eine der
wichtigsten Primärerkrankungen für das Magengeschwür ist die
Appendizitis. Als weitere Quellaffektionen der Geschwüre wären alle
in Narbenbildungen ausgehenden Entzündungen und Verletzungen am
Peritoneum, an Kopf und Hals und am Endokard zu nennen: auf re¬
flektorischem Wege entstehen entweder Spasmen der Magenschleim-
hautgefässe oder die Gefässe werden durch Spasmen der Muscularis
mucosae abgeklemmt. Zunächst entstehen nur Ekchymosen, aus
welchen Erosionen und weiterhin Geschwüre werden können. Die
These wird durch pathologisch-anatomische, klinische und experi¬
mentelle Beobachtungen gestützt. R. ürashey - München.
Archiv für klinische Chirurgie. Band 99, Heft 4, 1912.
34) E. Schepelmann: Das Oe! in der Bauchchirurgie. (Aus
Prof. W u 1 1 s t e i n s chir. Klinik in Halle a. S.)
Die gleichzeitige Applikation von • Bakterien und Oel in die
Bauchhöhle von Versuchstieren wirkt mit Sicherheit höchst deletär,
die anteoperative Behandlung des Bauchfells mit Oel oder Kampferöl
bei späterer Infektion des Peritoneums wirkt bestimmt nicht günstig,
vielleicht eher schädlich; nur bei Zusatz bakterizider Stoffe zum
Oel (25 proz. Salimenthol) scheint die Entwicklung der Bauchfell¬
entzündung durch die langsam abgegebene und daher genügend nach¬
haltig wirkende Salizylsäure etwas gehemmt zu werden.
35) W. Denk: Klinische Erfahrungen über freie Faszientrans¬
plantation. (I. Chirurg. Klinik in Wien. Prof. Frhr. v. Eiseis¬
berg.)
Die freie Faszientransplantation ist besonders geeignet zur
Deckung von Duradefekten, wobei zur verlässlichen Verhinderung
von Liquorfisteln und Hirnprolapsen die breite Uebereinanderlegung
von Faszien- und Durawand und zweireihige fortlaufende Naht sehr
anzuempfehlen ist. Die implantierte Faszie geht nach Hirntumor¬
exstirpationen mit der lädierten Gehirnoberfläche aller Wahrschein¬
lichkeit nach stets Verwachsungen ein, die aber für das Auftreten von
postoperativer Epilepsie nicht verantwortlich gemacht werden dürfen.
Zur Verstärkung unsicherer Nahtlinien und Ueberbrückung von De¬
fekten erwies sich die frei überpflanzte Faszie in aseptischem Ge¬
biete als äusserst wertvoll. Die Faszie muss in möglichst grosser
Fläche mit gut ernährten Gewebsteilen in Berührung kommen und
jede Tamponade unterbleiben, ln nichtaseptischen Gebieten ist die
Einheilung unsicher, aber nicht absolut aussichtslos. In 2 Fällen be¬
währte sich die freie Faszienplastik bei der Mobilisierung versteifter
Gelenke. Die Gefahr der Muskelhernie am Ort der Faszienentnahme
ist gering, ihr Zustandekommen ein harmloses Ereignis.
36) H. Pichler und E. 0 s e r : Lieber Immediatprothesen nach
Unterkieferresektion. (I. Chirurg. Klinik in Wien. Prof. Freiherr
v. E i s e 1 s b e r g.)
Mitteilung von 7 neuen Fällen von Unterkieferresektion (darunter
5 einseitige Exartikulationen). Ausser der Immediatprothese aus
Zinn nach Fritzsche wurde mit Vorteil der Kieferersatz aus
massivem Vulkanit oder aus einem Abschnitt eines Schröder-
scheu Hartgummikiefers gefertigt. Besonders empfohlen wird die
Scharnierschiene, die den zurückbleibenden Kieferrest umfasst und
verstellbar mit der eigentlichen Immediatprothese verbunden wird.
Bei Verwendung der Scharnierschiene fällt eine hauptsächliche
Ursache für partielle Knochennekrosen und andauernde Eiterungen
fort, wie sie bei Verwendung von angenähten oder angeschraubten
Prothesen sehr häufig zu beobachten waren. Zur Vermeidung von
Fisteln soll die Drainage möglichst frühzeitig (am 2. oder 3. Tage
post op.) entfernt werden.
37) V. Noguchi: Ueber die Verteilung der pathogenen Keime
in der Haut mit Bezug auf die Hautdesinfektion. (Die Grundregel
der Hautdesinfektion.) (Chir. Klinik der Kaiserl. japanischen Uni¬
versität Fukuoka.)
Die Untersuchungen des Verfassers ergaben, dass die in der
Tiefe der gesunden Haut sitzenden Keime saprophytisch sind.
Pathogene Keime finden sich fast nur an der oberflächlichen Schicht.
Die Keimfreiheit der Haut kann durch keine Methode erreicht werden.
Das fällt aber nicht allzusehr ins Gewicht, wenn nur die pathogenen
Keime der äusseren Schicht ausgeschaltet oder vernichtet sind und
wenn die Haut absolut intakt ist.
38) D. Salomon: Ueber Frakturen am oberen Ende der Tibia.
(II. chir. Abt. der Kgl. Charitee zu Berlin — Prof. Dr. Köhler.)
Beschreibung von 7 einschlägigen Fällen, einer Fissur, zwei
Quer-, zwei Schräg- und zweier Längsbrüche.
39) E. Kaerger: Ueber die Anwendung der direkten Venen-
anästhesie bei den kleineren subkutanen Venen zu Operationen an
der Hand und am Fuss. (Chir. Universitätsklinik und Poliklinik zu
Berlin — Prof. Bier.)
K. hat die Venenanästhesie bei über 150 kleineren Operationen
an der Hand und den Fingern, sowie am Fuss und den Zehen benutzt.
An der Hand wird in Form von Spikatouren eine Binde so angelegt,
dass sie die nicht zu Operationen gebrauchten Teile für das An-
ästhetikum ausschaltet. Die Injektionstechnik wird genau beschrieben.
Für die Einspritzung eignen sich die subkutanen Venen an Hand-
und Fussriicken, an ersterem besonders der Ast der Vena cephalica
zwischen 1. und 2. Mittelhandknochen sowie der Ramus dorsalis
communis zwischen 3. und 4. Mittelhandknochen. Injiziert wurden
10—30 ccm einer 14 oder 1 proz. Novokainlösung ohne Adrenalin¬
zusatz. Das Hauptfeld für die Anwendung dieser Form der Venen¬
anästhesie bleibt jede Operation an der Hand und den Fingern, bei
denen eine Leitungs- und Umspritzungsanästhesie aui Schwierig¬
keiten stösst. Kontraindiziert ist das Verfahren bei frischen entzünd¬
lichen Prozessen mit Fieber, Oedem und Neigung zum Fortschreiten
der Entzündung, sowie bei Gangrän infolge von Ernährungsstörungen
durch Arteriosklerose und Diabetes.
40) E. Hay ward: Erfahrungen und Beobachtungen an
375 Fällen von Venenanästhesie. (Chir. Universitätsklinik zu Berlin —
Prof. Bier.)
Die Anästhesie, die in der von Bier angegebenen Form her¬
gestellt wurde, war vollkommen in 93 Proz., ausreichend in 4 Proz.
Nur in 3 Proz. musste Narkose angewandt werden. Als Gegen¬
indikation zur Methode gilt nur diabetische und senile Gangrän. Die
Injektion in die Vene soll immer peripherwärts erfolgen. Bei einer
zentralen Injektion wurde der einzige Fall von leichter Novokain¬
intoxikation beobachtet.
41) D. Eberle: Die praktische Verwendung der Lokal¬
anästhesie im Krankenhaus. (Stadtkrankenhaus zu OffenJbach a. M. —
Dr. Rebentisch.)
Verf. berichtet über eine grosse Reihe von Operationen an allen
Körperteilen, die unter Lokalanästhesie mit bestem Erfolg ausgeführt
worden sind. Bedeutungsvoll ist ein schwerer Erstickungsanfall, den
eine an einer grossen Struma leidende Frau während der Injektion
bekam. Es ist wahrscheinlich, dass durch die subfaszialen Injektionen
ein Druck auf die Struma und auch auf die stark seitlich ver¬
lagerte und komprimierte Trachea ausgeübt wurde und hierdurch der
Erstickungsanfall ausgelöst wurde. Bei Appendixoperationen wird
unter einer Kombination der Lokalanästhesie mit Narkose operiert.
Für grosse Eingriffe an Arm und Bein wurden die grossen Nerven-
stämme unter Lokalanästhesie freigelegt und dann anästhesiert. In
der letzten Zeit wurde mit gutem Erfolg die Plexusanästhesie nach
Kulenkampff ausgeführt.
42) G. Magnus: Zur Nagelextension. (Chir. Klinik zu Mar¬
burg — Prof. König.)
Bei 11 mit Nagelextension behandelten Ober- und Unter¬
schenkelfrakturen ergaben sich, wenn man eine Verkürzung von
1 cm noch dazu rechnen will, nur 3 ideale Resultate. Verf. kommt
zu dem Schluss, dass, da es sich nicht um komplizierte und nicht
einmal durchweg besonders schwere Frakturen handelte, das Resultat
der Methode im Umfang der kleinen Reihe kein sehr gutes zu nennen
sei. Die Nägel wurden an den Femurkondylen bzw. am Kalkaneus
angebracht. 2 leichte Infektionen von den Bohrlöchern aus wurden
beobachtet.
43) E. H a i m - Budweis: Die appendikuläre Peritonitis vom
bakteriologischen Standpunkte.
Verf. verteidigt seinen in früheren Arbeiten erhärteten Stand¬
punkt, nachdem bei bestimmten klinisch abgrenzbaren Fällen stets
bestimmte Bakterien vorhanden sind und das entsprechende Krank¬
heitsbild auslösen. Die durch Strepto- oder Pneumokokken ver¬
ursachten Appendizitiden zeichnen sich durch eine heftig verlaufende
Infektion, durch eine über die ganze Bauchhöhle rasch fortschreitende
Peritonitis, durch schwere Störung des Allgemeinbefindens, durch
schlechte Prognose und dabei sehr geringe Veränderungen in der
Appendix aus. Im Gegensatz hierzu sind die Koliappendizi-
tiden dadurch charakterisiert, dass die Appendix die Tendenz hat,
rasch in Destruktion und Gangrän zu geraten. Der Prozess schreitet
in der Bauchhöhle viel langsamer vor, es kommt leichter zu einer
Lokalisation des Prozesses, zu abgesackten Abszessen; das All¬
gemeinbefinden ist nicht schwer gestört, die Prognose ist viel gün¬
stiger. Zur Erzeugung einer Appendizitis bedürfen die Bakterien erst
einer Virulenzsteigerung, die gewöhnlich durch eine Sekretstauung
im Wurmfortsatz verursacht wird. In der Mehrzahl der Fälle wird
die appendikuläre Peritonitis durch eine Mischinfektion (von aussen
kommende Bakterien: Streptokokken und Pneumokokken mit der
Darmflora) verursacht.
44) E. Glass: Ueber die Dauerresultate von Meniskus¬
exstirpationen bei Meniskusverletzungen. (Chirurg. Klinik der
Kgl. Charitee zu Berlin — Prof. H i 1 d e b r a n d.)
Die Dauerresultate der Meniskusexstirpationen an der Klinik
seit dem Jahre 1903 gestatten auf Grund der durchschnittlich nach
7 — 8 Jahren erfolgten Nachuntersuchung für die Berechtigung dieser
Operation einzutreten, wenn auch durchaus nicht in allen Fällen
Dauerheilung erzielt werden kann. In über % der Fälle wurden bei
den Nachuntersuchungen schon zur Zeit der Operation bestehende
oder spätere Veränderungen des Kniegelenks im Sinne der Arthritis
deformans festgestellt. Unter 11 Fällen ergaben 5 ein in jeder Weise
gutes Dauerresultat. L ä w e n - Leipzig.
Beiträge zur klinischen Chirurgie, red. von P. v. B r u n s.
82. Band, 2. Heft. Tübingen, Laupp, 1912.
Aus der Breslauer Klinik gibt Herrn. K ii 1 1 n e r Beiträge zur
Kenntnis und Operation der Struma suprarenalis haemorrhagica und
schildert den Fall einer 43 jährigen Frau mit mannskopfgrossem, an¬
fangs langsam, dann schneller herangewachsenem, die ganze rechte
Oberbauchgegend füllenden fluktuierenden Tumor, der vom Lumbal-
schnitt aus mit der Nebenniere entfernt wurde, wobei aber wegen aus¬
gedehnter Verwachsungen das Bauchfell eröffnet werden musste; im
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
203
’S. Januar 1913.
inschluss gibt K. eine kurze Zusammenstellung der bisher operativ
chandelten Fälle (10 bei Frauen, 3 bei Männern). Wie für sämtliche
clnvierige Exstirpationen seitlich gelegener retroperitonealer Qe-
chwiilste empfiehlt K. auch für die Struma suprarenal, cyst. haemor-
hagica die kombinierte extra- und intraperitoneale Operation von
er Lumbalgegend aus.
Aus dem Diakonissenhaus zu Wiesbaden berichtet Ernst Pagen-
t e c h e r zur Klinik und Histologie schwerer Röntgenverbremiungen.
'. leugnet eine Idiosynkrasie gegen Röntgenstrahlen, wie man sie
nfangs zur Erklärung dieser Schädigungen annehmen zu müssen
laubte. Im Anschluss an die Erfahrungen Porters u. a. bespricht
’. das Röntgenulcus und dessen histologische Befunde, schildert 2
igene Eälle näher und empfiehlt bezüglich der Therapie die Exzision
lit nachfolgender T h i e r s c h scher Transplantation, deren Erfolge
r an Abbildungen zeigt. Exzision mit direkter Naht kann nur bei
leinen Defekten in Frage kommen, die Exzision muss weit und tief
enug erfolgen, bis gesunde Gewebslagen erreicht. P. fordert mit
’orter gründliche frühe Exzision jeder Röntgenschädigung sogen.
. Grades mit sofortiger Transplantation nach Thier sch als das
iormalverfahren und hat hiervon niemals dauernden Misserfolg ge-
ehen, auch der Schmerz hört mit der Operation auf.
H. L i n d n e r gibt aus dem Krankenhaus Friedrichstadt Dresden
ine Arbeit über Leberresektion und stellt im Anschluss an eine zu-
ächst erfolgreich ausgeführte Leberresektion 15 Fälle von Resektion
ir.es Leberlappens zusammen, von denen nur in einem Falle ein
lauerresultat bekannt. Im L.schen Fall handelte es sich um eine
6 jährige Patientin, bei der der kindskopfgrosse Tumor (ein sekun-
äres Karzinom) den Magen vollständig nach aussen gedrängt
atte und die Druckerscheinungen zum Eingriff nötigten. Im Verlauf
es Zystikus fanden sich mehrere Karzinomknoten, das primäre Kar-
inom sass im Fundus der Gallenblase, die mit Steinen erfüllt war.
’atient starb 2 Monate nach der Operation an rasch wachsenden
Metastasen.
Karl Kolb gibt aus der Heidelberger Klinik einen Beitrag zu
en Knochentumoren thyreogener Natur und beschreibt den Fall eines
5 jährigen Fräuleins, bei dem vor 7 Jahren ein Kropf entfernt wor-
len und bei dem in den Schädelknochen speziell dem Parietale 1.
in Tumor heranwuchs, der für ein Sarkom angenommen und radi¬
al operiert wurde, 9 Fälle von Tumoren thyreogener Natur, speziell
er Schädelknochen, werden im Anschluss näher angeführt, bei denen
tters Fehldiagnosen vorkamen; das Trauma spielt dabei eine wohl
u beachtende Rolle. Bei allen Knochentumoren, die als Sarkome
ngesehen werden, muss an die Möglichkeit eines thyreogenen
inochentumors gedacht werden. Die Schädelknochen und die Wir-
ielsäule sind der häufigste Sitz der .thyreogenen Knochentumoren.
:rst in zweiter Linie kommen die langen Extremitätenknochen. Die
Schilddrüse, der primäre Tumor braucht nicht klinisch vergrössert zu
ein, ist es aber in vielen Fällen. Die Diagnose ist meist nur mit
Vahrscheinlichkeit zu stellen, sie kann durch Probeexzision erhärtet
werden. In Fällen von multiplen Knochentumoren, bei denen auch
ine deutliche Struma vorhanden ist, ist die Diagnose mit Sicherheit
u stellen.
P. Bull berichtet aus der Klinik des Roten Kreuzes zu Chri-
tiania über Thrombosen und Embolien nach Appendizitisoperationesi
ach 188 von ihm operierten Fällen (100 männlichen, 88 weiblichen
ieschlechts), 115 akute, 73 chronische Fälle mit 11,7 Proz. Mortalität.
5. bespricht die Symptome (Schmerz, Pulsfrequenz, Hämoptyse etc.),
Diagnose und Prognose dieser Komplikation; im allgemeinen kommt
'hrombose bei akuter Appendizitis viel seltener vor, wenn sie nicht
iperiert wurden, als wenn sie operiert wurden. B. betont u. a. dass
-der Laparotomierte, der zur Obduktion kommt, genau auf Throm-
iosen untersucht werden sollte.
Ces. L i c i n i bespricht aus der Klinik zu Genua den Einfluss der
Magensäfte auf lebende Organgewebe bei gesundem oder zerstörtem
5eritonealüberzug und teilt diesbezügliche Experimente an Hun-
len mit.
Sophie J o u r d a n gibt aus der Rostocker Klinik Erfahrungen
iber den transperitonealen Weg bei Operationen an der Wirbelsäule
nd schildert im Anschluss an einen schon früher von Müller mit-
eteilten Fall und an die Fälle von F. Fischer und Kausch 8 weitere
‘die der Rostocker Klinik. Das betreffende Vorgehen gibt einen
'esseren und übersichtlicheren Zugang zu den unteren Lumbal- und
’beren Kreuzbeinpartien, besonders bei Wirbeltuberkulose, die dort
iurch Röntgenbild nachgewiesen ist. Wenn beginnende Abszess-
’ildung besteht, Reizsymptome vom Rückenmark fehlen, empfiehlt
. dies Verfahren, wenn die Patienten nicht zu sehr schon herunter-
ekornmen sind.
Rud. Bayer gibt aus der chirurgischen Klinik zu Bonn einen
seitrag zur Histologie des Basedowthymus.
Der gleiche Autor berichtet aus derselben Klinik einiges über das
’arkom der Scheidenhaut des Hodens und des Samenstrangs und
eilt u. a. 2 Fälle aus der Gar re sehen Klinik näher mit (gemischtes
ibro- und Medullarsarkom), die die in Patel und Chaliers Ar¬
chen hervorgehobene relative Gutartigkeit (langsames Wachstum,
Mangel von Beschwerden und von Drüsenmetastasen, Rezidivfreiheit)
iuch erkennen lassen.
A. W e 1 1 e r gibt aus der Leipziger Klinik einen Beitrag zur
venntnis und Kasuistik der Echinokokkuskrankheit und schildert u. a.
1 Fälle von Leberechinokokkus mit Durchbruch in die Pleura näher,
>ei denen ausgedehnte Rippenresektionen im Verlaufe nötig wurden;
er stellt im Anschluss kurz 35 betr. Fälle aus der Literatur zusammen
und gibt eine Uebersicht der betr. Literatur.
Erich Sonntag gibt aus der gleichen Klinik einen Beitrag zur
Serumdiagnostik der Echinokokkusinfektion mittels der Komplement-
bindungsmethode. Aus S.s Untersuchungen ergibt sich 1. (zur Kon¬
stanz) in 2 Fällen von sicherem Echinokokkus mittels der Komple-
mentsbinduilgsreaktion ein verwertbarer Ausschlag, 2. (zur Spezifi¬
tät) 100 andersartige, davon 20 luetische Fälle reagierten negativ.
Eine „Gruppenreaktion“ war in 1 Fall von Taenia solium und in
2 Fällen von Taenia saginata nicht nachweisbar. 3. (zur Unter¬
suchungsmethodik) als brauchbares Antigen erwies sich Zystenflüssig¬
keit von Organen erkrankter Tiere. In schwach reagierenden Fällen
dürfte die Verwendung mehrerer Antigene von Wichtigkeit sein.
Blasenwandalkoholextrakt kann als Echinokokkenantigen nur be¬
dingte Anwendung finden.
G e b e 1 e - München gibt einen kurzen Bericht über die deutsche
ärztliche Studienreise nach Amerika im Jahre 1912, referiert darin
kurz über die während der Seereise von Schneider, Strauss,
Graser, Kirstein, Weber, Vossius, Müllerheim,
Frösche 1, Eckstein, Löffler, Galli gehaltenen Vorträge
und schildert kurz die Einrichtungen der Universitäten und Medizin¬
schulen in New.York, Boston, Baltimore, Chicago, hebt besonders die
Institute für experimentelle Chirurgie hervor und erwähnt speziell den
einzigartigen Betrieb der chirurgischen Klink in Rochester bei den
Brüdern M a y o, die G. „als die denkbar beste und exakteste Chirur¬
gie, die es gibt“ bezeichnet, und von deren Riesenarbeit (3745 Opera¬
tionen im Jahr 1911 — G. sah von 9—11 Uhr 30 Operationen von
4 Herren ausführen) man sich schwer eine richtige Vorstellung
machen kann. Das Entgegenkommen der amerikanischen Kollegen
wird von G. sehr gerühmt. Sehr.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 119. Band, 5.-6. Heft.
Elisabeth Straube: Ueber die Behandlung der Spondylitis
in Leysin und die damit erzielten Resultate. (Aus der Anstalt von
Dr. Ro liier für Behandlung Chirurg. Tuberkulose in Leysin.)
Die Arbeit hat dadurch besonderes Interesse, dass Verfasserin
selbst an Spondylitis litt, die in Leysin behandelt wurde. Das
Material umfasst die Patienten Rolli er s von 1904—1912. Die
Allgemeinbehandlung gibt die Grundlage für die ganze übrige Be¬
handlung ab; sie besteht in kräftiger, -mehr kohlehydrat- und fett¬
reicher Nahrung, Freiluftliegekur und Sonnenvollbad.
Die Angabe, dass das Blut im Höhenklima eine Vermehrung
der roten Blutkörper zeigt, widerspricht den Untersuchungen von
W anner in Chesieres sur Bex, der eine Abnahme fand. (Ref.)
Gewöhnung an Liegekur und Sonnenvollbad findet langsam statt,
wie das schon in früheren Arbeiten R o 1 1 i e r s und seiner Schüler
betont wurde.
Von nebenbei angewandten orthopädischen Massnahmen sei be¬
sonders hervorgehoben die ausgiebige Verwendung der Bauchlage,
bei Kindern findet das Gurtenkorsett nach Menard vielfach Ver¬
wendung. Abszesspunktionen werden nur vorgenommen, wenn nach
intensiver Bestrahlung keine Resorption eintritt; nie kam es zu
Mischinfektionen. Unter den 96 Patienten sind 59 Erwachsene,
37 Kinder, darunter 6 Todesfälle, die ganz desolate Fälle betrafen.
Verfasserin bespricht dann eingehend ihr Krankenmaterial
nach Sitz der Erkrankung, Komplikationen durch Abszesse, Fistel,
Nebenerkrankungen, Paraplegien.
Es zeigt sich, dass trotz der schweren Fälle, die vielfach. Leysin
als ultimum refugium aufsuchten, von den Kindern 84 Proz., von den
Erwachsenen 78 Proz. geheilt wurden; gegenüber den Statistiken
von V u 1 p i u s, L i 1 1 1 e, B i 1 1 r o t h, Mohr ist das Resultat nicht
nur im bezug auf die Heilung, sondern auch auf die Zahl der Todes¬
fälle ein weit besseres. Einige besonders charakteristische Kranken¬
geschichten werden illustriert mit Röntgenbildern und Photographie
ausführlich dargestellt.
Otto Warschauer: Ein Beitrag zur Chirurgie des Ductus
thoracicus. (Aus der Chirurg. Abteilung des St. Vlncenzstifts in
Hannover.)
Um bei der Exzision eines lymphogranulomatösen Drüsen¬
tumors in der linken Fossa supraclav. eine unbeabsichtigte und un¬
bemerkte Verletzung des Ductus thoracicus zu vermeiden, wurde
er freigelegt, doppelt unterbunden und durchschnitten. Wenn auch
die anatomischen Kenntnisse über Kollateralen recht spärlich sind,
so sprechen die experimentellen und klinischen Erfahrungen, wie
auch die vorliegende, für das konstante Vorhandensein genügender
Abflusswege der Lymphe bei Verschluss des Halsteils des Ductus
thoracicus.
S. B. d e G r o o t : Kritische und experimentelle Untersuchungen
über das Entstehen und Verschwinden der Lymphdrüsen. (Aus dem
patholog.-anatomischen Laboratorium der Universität Groningen.)
Verschiedene Tatsachen deuten darauf hin, dass Lymphdrüsen
unter bestimmten Verhältnissen an Zahl zunehmen können und dass
auch eine Vermehrung lymphoiden Gewebes im postembryonalen
Leben stattfinden kann. Zunächst stellte Verf. fest, dass eigentüm¬
liche Formen von Lymphdriisengewebe, wie sie z. B. bei Matnmaka
im axillaren Fett angetroffen werden, den Anfang der Entwicklung
neuer Lymphdrüsen bedeuten. Experimentell wurde dann fest¬
gestellt, dass nach Exstirpation von Lymphdrüsen in dem um¬
gebenden Fettgewebe sich lymphoides Gewebe entwickeln kann.
204
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Ferner fand de Q r o o t, dass das retikuläre Gewebe der Lymph- i
driisen durch Aufnahme von Fett in Fettgewebe übergehen kann und
dass umgekehrt das retikuläre Gewebe von Lymphdrüsen aus Fett¬
gewebe entstehen kann.
Neben dieser Entstehungsmöglichkeit des Drüsengewebes im
Fett gibt es noch eine Entwicklung von Lymphdrüsen aus embryo¬
nalen Keimen oder aus vorhandenen Lymphdrüsen. Weiterhin ist
Verf. der Ansicht, dass Lymphdrüsen im Zustande der Regression
in Fettgewebe übergehen können.
Mithin sind die Lymphdrüsen mehr oder weniger labile Organe,
welche unter dem Einfluss bestimmter Reize sich entwickeln können,
um nachher wieder zu verschwinden.
Ferdinand Baehr: Fractura malleoli interni non sanata.
Einem bereits früher publizierten Fall folgt hier ein zweiter.
% Jahre nach der Verletzung fand sich an der Ansatzstelle des
einen Knöchels eine quere Kante, darunter eine Rille; bei Plantar¬
beugung erweitert sich der Spalt etwas; das Röntgenbild bestätigte
die Diagnose. In der Literatur fand B. keine weiteren Mitteilungen,
glaubt aber, dass die Komplikation gewöhnlich der Beobachtung
entgeht. Die Therapie hätte zu bestehen in operativer Anheftung
des Malleolus.
Rene Leriche: Ueber einige neue Indikationen der Durch¬
schneidung der hinteren Wurzeln. (Aus der chir. Klinik in Lyon.)
Leriche macht den Vorschlag, die F ö r s t e r sehe Operation
auszudehnen
1. auf hartnäckige sehr schmerzhafte Fälle von Herpes inter-
costalis, der nach seiner Ansicht Folge einer Entzündung der Nerven¬
wurzeln ist. In einem Fall kam es nach Durchschneidurig der 4. und
5. Dorsalwurzel zu prompter Heilung;
2. auf das Mal perforant nach vergeblicher Anwendung anderer
Mittel;
3. auf hartnäckige schmerzhafte Hyperchlorhydrien, die nicht
Folge eines Ulcus sind.
Ludolf Suessenguth: Traumatische Ruptur der Urethra
mit vollständiger Ablösung der Blase von der Symphyse. (Aus der
Chirurg. Abteilung des städtischen Krankenhauses in Altona.)
Bei dem 10 jährigen Jungen kam es dadurch, dass er von einem
Lastfuhrwerk überfahren wurde, zu einer zirkulären Ruptur der
Harnblase in der Pars membranacea mit totaler Ablösung der Blase
von der Symphyse. Die ausgesprochenen abdominalen Symptome,
der vergebliche Harndrang, Entleerung von Blut durch den Katheter
Hessen eine intraperitoneale Blasenverletzung vermuten. Sectio
alta, retrograder Katheterismus. Exitus an Fettembolie. Der
Mechanismus der Verletzung wird so erklärt, dass es durch Zug¬
wirkung zu einer Abreissung der Blase von der Harnröhre dicht an
ihrem Blasenansatz kam. In der Literatur nur 3 ähnliche Fälle.
Arthur W. Meyer: Zur Behandlung der Klavikularluxationen.
(Aus der Chirurg. Poliklinik zu Heidelberg.)
Besonders bei veralteten Fällen der akromialen Luxation ist
die blutige Reposition und Fixierung durch Zwirn oder Seidennaht,
Nagelung oder Silberdraht das beste Verfahren. Für ganz frische
Luxation empfiehlt Verf. zu reponieren und nach V o e 1 k e r einen
kleinen mittelelastischen Gummiball auf das betreffende Gelenk und
zwar etwas mehr medial auf die Klavikula mit Heftpflaster zu
fixieren. Die Methode eignet sich auch für die Behandlung der
Subluxation (Diastasenf in diesem Gelenk. Bei der sternalen
Luxation ist die Reposition gewöhnlich leicht, die Fixation schwer,
daher sollte die blutige Reposition und Fixation die Methode der
Wahl sein. Einfacher als die Methode von König (Knochenperiost¬
schällappen), die Methode Gersunys und die Drahtnaht ist die von
Voelker in einem Falle ausgeführte Methode: Reposition des
Köpfchens mit Elevatorium, Annähen der sternalen Partie der
Pektoralis mit Faszie an dem sternalen und klavikularen Ansatz des
Halsnickers; dadurch wird die Klavikula in die Tiefe fixiert.
Fixation des Armes in Mitella mit einigen Stärkebindentouren.
Wieting: Die erfolgreiche Behandlung der angiosklerotischen
Ernährungsstörungen durch die arteriovenöse Anastomose. (Aus
dem Gülhane-Fortbildungskrankenhaus in Stambul.)
Wenn die sogen. Wieting sehe Operation bislang von vielen
Seiten eine ungünstige Beurteilung erfahren hat, so liegt das daran,
dass man entweder bei falscher Indikationsstellung von ihr Unmög¬
liches erwartete, oder Komplikationen Vorlagen, die das Ende der
Patienten herbeiführten, ohne dass die Operation hieran die Schuld
trägt. Die Anastomose ist das einzige Mittel, die angiosklerotische
Gangrän und ähnliche Prozesse konservativ zu behandeln. Sie ver¬
hütet die drohende Gangrän oder verschiebt die Amputationsgrenze
möglichst peripher.
Den Experimenten Coenens hält Verf. entgegen, dass Tier¬
experimente zur Entscheidung der Frage über die Zulässigkeit der
Operation nicht herangezogen werden dürfen, über die Indikations¬
stellung entscheidet einzig und allein die klinische operative Be¬
obachtung.
Gefordert wird leidlicher Ernährungszustand des Kranken, eine
gewisse Anspannungsfähigkeit des Gefässystems, Rückgang der
Oedeme nach kurzer Hochlagerung. Die Gangrän darf nicht zu
vorgeschritten oder zu rapid progredient sein, stärkere Infektionen
müssen fehlen. Die A. fern, muss gut pulsieren bei Fehlen des
Popliteapuises. Die Methode der Wahl ist die seitliche Anastomose
mit zentraler Ligatur der Vene. Abtragung des gangränösen Teiles
nahe der Gangrängrenze ist in der selben Sitzung geboten. Da die
Anastomose nicht imstande ist, den angiosklerotischen Prozess zu
beeinflussen, so liegen Rezidive durchaus im Bereich der Möglichkeit.
Die Mortalität bei richtiger Indikationsstellung ist gleich Null.
Da eine ganze Anzahl einwandfreier klinischer Erfolge vorliegen
(neue Fälle des Verf., Fälle Bernheim etc.), so ist die Operation
klinisch durchaus zulässig.
A. N a r a t h : Zur Technik der Appendektomie.
Wie Haagn und wie sicher viele Kollegen macht Narath
auch bei der Appendektomie zuerst die Tabaksbeutelnaht am Zoekum,
entfernt darauf die Appendix und schnürt die Naht zu, während
der Stumpf versenkt wird. Vor Anlegung der Quetschklemme wird
dicht oberhalb noch eine gewöhnliche Arterienklemme angelegt. Um
ein möglichst gutes kosmetisches Resultat zu erhalten und vor allem
den Patienten vor postoperativer Hernienbildung zu bewahren, be¬
vorzugt N. möglichst kleinen Hautschnitt am McBurney im Fasern¬
verlauf des Obi. ext. (1V4 — 2V4 cm lang), Durchtrennung der Apo-
neurose des Obi. ext. in einer Ausdehnung von 5 — 10 cm unter Ver¬
schiebung des Hautfensters. Durchtrennung des Obi. int. und transv.
in gleicher Ausdehnung, Durchtrennung des Peritoneums, dessen
Ränder mit 2 Klemmen armiert werden. Nach Entfernung des
Wurmfortsatzes wird der Peritonealzipfel abgebunden oder fort¬
laufend genäht; einige Knopfnähte in die Aponeurosen. Naht der
Haut, die bei ganz kleinen Schnitten event. fortfällt. Für diese
Methode eignen sich am besten magere Personen mit dünner Fett¬
schicht und Fälle der Frühoperation oder des freien Intervalls. Eine
Erweiterung des Schnittes kann jederzeit ausgeführt werden.
(Die Schule Enderlen und mit ihr Ref. geht in ähnlicher
Weise vor, so dass Ref., wie auch Narath, es erlebte, dass später
Zweifel aufkamen, ob ein Patient überhaupt operiert sei. Ref.)
A. Wagner: Ein Fall von isolierter Fraktur des Trochanter
minor. (Aus dem Johanniter-Kreiskrankenhaus Neidenburg.)
Die Verletzung kam bei einem 14 jährigen Jungen zustande und;
zwar bei schnellem Lauf (durch Psoaskontraktion). Die Diagnose
wurde erst durch Röntgenbild klar. Therapeutisch wurde das Bein
in Flexion und Aussenrotation gelagert.
Albert Fromme: Soll im Intermediärstadium der akuten
Appendizitis operiert werden? (Aus der Chirurg. Universitätsklinik
zu Göttingen.)
Die Mortalität bei M e r k e n s beträgt 10,4 Proz., an uer
Göttinger Klinik eigentlich 10,9 Proz. Diese Differenz spricht nicht
für oder gegen eine Methode. Unter Stich ist die Klinik bei den¬
selben Grundsätzen geblieben wie unter Braun, sie führt die Früh¬
operation aus in den ersten 4S Stunden, im Interniediärstadium wird
operiert nur aus vitaler Indikation. , .
In den Jahren 1910 und 11 wurden 355 Patienten mit Appendizitis
behandelt mit einer Mortalität von 5,1 Proz. Die Mortalität der
Fälle im Intermediärstadium beträgt 2,8 Proz. gegenüber 10 Proz.
in der Statistik M e r k e n s.
H. J. Lameris: Zur Behandlung der indirekten Leistenhernie.
(Aus der Chirurg. Klinik der Universität Utrecht.) _
Aus der grossen Statistik des Verf. ergab sich, dass die in¬
direkten Leistenhernien nach B a s s i n i operiert 3,9 Proz. Rezidive
aufweisen, während es bei den direkten Hernien zu 28,4 Proz
Rezidiven kam. Weiter ergab sich, dass diejenigen Fälle die besten
Resultate gaben, bei denen die Torsionsligatur nach Bassini am
besten ausgeführt werden konnte, während bei den rezidivierten
Fällen der Bruchsack anders versorgt werden musste. Als wich¬
tigsten Teil der Operation fasst L. die Torsionsligatur = die mög¬
lichst radikale Entfernung des Bruchsacks auf und operierte nunmehr
nur mit Torsionsligatur ohne Radikalnaht mit demselben guter
Resultat. Bei den wenigen Rezidiven handelte es sich um sogen
kombinierte Hernien. Demnach ist jede Radikalnaht oder plastische
Operation des Leistenkanals bei der indirekten Hernie überflüssig
Kurze Mitteilungen:
Uffe norde: Nachtrag zu meiner Mitteilung über die otogene
Meningitis. .
Beschreibung seiner Technik der Freilegung des inneren Ohres.
R. Leriche: Akute Dilatation vom Magen und Duodenuu
bis zur Radix mesenterii entstand im Anschluss an eine sehr reich
liehe Mahlzeit. Gastrostomie und Gastroenterostomie. Exitus
2 Stunden post op.
Theodor Haaen: Zur Technik der Appendektomie.
Anlegung der Tabaksbeutelnaht vor Abtragung des Wurmforh
satzes. (Vergl. die Arbeit von Narath.)
Dr. Flörcken - Paderborn.
Zentralblait für Chirurgie, 1913, No. 2.
Karl Henschen - Zürich : Dauerdrainage stagnierende
Aszitesergiisse in das subkutane oder retroperitoneale Zellgeweb'
mit Hilfe von Gummi- oder Fischblasenkondoms.
Nach Aufzählung der verschiedenen Möglichkeiten, eine in
direkte oder direkte Absaugung und Ableitung des Aszites zu er
zielen, schildert Verfasser 2 von ihm kürzlich versuchte Methoden
Im 1. Fall leitete er einen aus dicker Seide geflochtenen Fadenzop
von der Bauchhöhle aus in eine subkutane Tasche und schlug de:
freigelegten Bruchsack syphonartig nach aussen oben um, eröffnet
dessen blindes Ende und nähte die Mündung ringförmig unter ein
eigene Hauttasche subkutan ein; doch funktionierte das syphon
>8. .tanuar 1 913.
MüencHener medizinische Wochenschrift.
205
r tinc Peritonealrohr nur wenige Tage. Deshalb legte er eine
)rainage mit Hilfe von Gummi- oder Eischblasenkondoms an,
welche den Aszites in das lockere retroperitoneale Zellgewebe ab-
eiten sollen. Dieses Verfahren, das genauer beschrieben ist, hat
ich in einem Fall von Karzinomaszites ziemlich gut bewährt.
Arthur Neudörfer - Hohenems : Zur Verwendbarkeit der
reien Faszientransplantation.
Verf. erläutert an 2 Fällen 2 weitere Möglichkeiten, freie Faszie
nit Erfolg zu transplantieren: im 1. Fall handelte es sich um eine
'Pina bifida, bei welcher der Duradefekt durch einen Faszienlappen
us dem Oberschenkel mit Erfolg gedeckt wurde; im 2. Fall wurde
ei Meningocele occipit. inf. die kreisrunde Knochenlücke durch einen
’aszienlappen geschlossen, ln beiden Fällen war der Erfolg sehr gut.
v. Hacker-Graz: Ersatz von Schädel- und Duradefekten.
Verf. bringt in Erinnerung, dass die von Berndt in No. 48
[■gegebene Methode bereits von ihm selbst 1902 vorgeschlagen
vorden ist. Heute benützt er als Ersatz für die Dura am liebsten
rei transplantierten Bruchsack und empfiehlt womöglich den Defekt
ler Dura und des Knochens in einer Sitzung zu ersetzen.
v. Illyes-Pest: Pyelotomie mit Inzision der vorderen Nieren-
teckenwand.
Verf. empfiehlt zur Entfernung von Steinen aus dem Nieren-
jecken die vordere Pyelotomie zu machen, weil man dann nicht
lie ganze Niere, sondern nur den oberen Teil des Ureters frei-
, ulegen braucht, um bequem bei leichtem Abziehen des Ureters durch
■inen Assistenten die vordere Wand des Nierenbeckens zu erreichen.
T>ie Freilegung der hinteren Wand ist oft sehr schwer bei fetten
Jersonen; ferner kommen dabei nicht selten Blutungen zustande
aus dem Plexus venosus retropyelicus).
F. Steinmann - Bern : Zur Heftpflasterextension in Semi-
lexion des Kniegelenkes.
Verf. empfiehlt, statt eines Heftpflasterzügels, wie Grüne an-
;ab, zwei zu verwenden, welche spiralförmig am Bein herabziehen und
ich zuerst auf der Vorderseite des Oberschenkels, ein zweites Mal
in der Wade kreuzen; diese 2 Streifen schmiegen sich überall gleich-
nässig an und gestatten eine bequeme Bewegung des Kniegelenkes,
>!me eine Einschnürung der Weichteile zu verursachen.
Richard und Felicitas Felten-Stoltzenberg-St. Peter
i. d. Nordsee: Zur Technik der Fremdkörperextraktion.
Verfasser beschreiben an der Hand einer Abbildung genau das
or. ihnen ausgearbeitete Verfahren; sie vermeiden das Operieren
in Röntgenzimmer und benützen 2 feine Drahtnetze, in deren
Quadrate der Fremdkörper im Röntgenbild sich projiziert: die
3rojektion des Fremdkörpers wird dann auf die Haut gezeichnet.
'Jähere Einzelheiten sind in der Arbeit selbst nachzulesen.
E. H e i m - Gerolzhofen.
Zentralblatt für Gynäkologie. 1913. No. 1 und 2.
E. Bumm-Berlin: Zur Frage der Wundversorgung bei der
^adikaloperation des Carcinoma colli Uteri.
Die Hauptsache bei der Radikaloperation ist, nur gesundes Peri-
oneum in der Bauchhöhle zurückzulassen. B. schliesst die freie
lauchhöhle durch die seroseröse Naht ab und verwirft jetzt jegliche
Tamponade und Drainage. Die Mortalität der letzten 100 Fälle betrug
lur 6 Proz., was B. auf die Ausschaltung der Peritonitis durch die
Änderung der Wundversorgung zurückführt. Daneben wurden die
•'Chutzmassregeln verschärft: Keine Operationen bei febriler Tem¬
peratur, sorgfältige Desinfektion der Oberfläche des Karzinoms,
Schutz vor Keimverschleppung während der Operation, gute Blut¬
stillung und Vermeidung von Nebenverletzungen. Von letzteren sah
3. 1 mal eine Harnleiterverletzung, 1 mal eine Blasenverletzung,
mal Durchtrennung einer verwachsenen Ileumschlinge und 3 mal
^ektum-Scheidenfisteln nach Nekrose der Rektalwand.
L. P r o c h o w n i c k - Hamburg: Akute Tuberkulose nach
,'ynäkologischen Eingriffen.
7 Fälle, in denen nach gynäkologischen, mitunter ganz einfachen
Angriffen akute letal verlaufende Tuberkulose aufgetreten war.
■Vegen der Einzelheiten muss auf das Original verwiesen werden.
E. Langes- Kiel: Eine neue Methode der intraperitonealen
erkiirzung der Ligg. rotunda.
L. teilt das Lig. rotund. durch Anlegung von 2 Klemmen in
’ parallel liegende Schenkel. Die eine Schleife wird am inneren
-eistenring fixiert, die andere am Fundus uteri. ln 10 Fällen hat
ich die Methode bisher bewährt.
Rieck-Mainz: Darmverschluss nach Entbindungen bei plattem
>zw. rachitisch plattem Becken.
Der Fall betraf eine 29 jährige I.-para; als Ursache des Darm-
erschlusses ergab sich eine Kompression des Rektum durch den
teriis. Prophylaktisch empfiehlt R. Darmentleerung per os, Sehen¬
der Knieellbogenlage, event. Punktion des Kolon und Einführung
änes Darmrohrs unter Leitung von einem oder 2 Fingern über das
’romontorium hinaus.
Robert Meyer und Carl Rüge II -Berlin: Ueber Corpus
uteum-Bildung und Menstruation in ihrer zeitlichen Zusammen¬
gehörigkeit.
Aus der Untersuchung von 27 Fällen und dem Vergleich der
listologischen Vorgänge bei der Corpus luteum-Bildung mit dem
*atum der letzten Menstruation und mit der Schleimhaut der meist
otalexstirpierten Uteri kommen Verfasser zu dem Ergebnis, dass
sicher ein Zusammenhang zwischen Ovulation und Menstruation
bestellt und dass man aus dem histologischen Bilde des Corp. lut.
ungefähr das Datum der letzten Menses ablesen kann.
H. Rotter-Pest: Verfahren zur Heilung enger Becken.
R. hat sein schon früher (Zentralbl. 1912, No. 13) empfohlenes
Verfahren jetzt an der Lebenden ausgeführt. Es handelte sich um
eine 32 jährige Vlll.-para mit allgemein verengtem, platten Becken,
die bisher nur tote Kinder zur Welt gebracht hatte. Die Operation
besteht in einer Abmeisselung — „Reduktion“ — des Promontoriums.
Verlauf glatt. Wie eine etwaige Gravidität später verlaufen wird,
steht dahin.
E. K e h r e r - Dresden: Vorläufige Mitteilung zur exakten
röntgenologischen Beckenmessung.
K. hat einen Apparat konstruiert, mit der die Conjugata vera
auf den Millimeter genau bestimmt werden soll. Näheres soll später
erfolgen.
M. S p e r 1 i n g - Königsberg: Ein Fall von unstillbarem Er¬
brechen hei Retroversio uteri puerperalis.
Das Besondere an dem Fall (23 jährige I.-para) war, dass das
unstillbare Erbrechen zwar nach dem 3. Monat begann, aber auch
nach dem Abort fortdauerte. Erst nach einer Kürettage des Uterus
ging letzterer wieder in anteflektorische Stellung über und von da
ab verschwand jede Brechneigung.
M. Krüger-Franke: Ueber eine seltene Erkrankung eines
Neugeborenen. (Akute Tetanie.)
Es handelte sich um einen tetanischen Zustand des ganzen
Körpers, Erbrechen und Durchfälle vom 1. Lebenstage ab, Tod am
2. Tage. Die bakteriologische Sektion ergab Streptokokken im
Darm. Die Mutter blieb gesund und machte ein fieberloses Wochen¬
bett durch. Kr. glaubt, dass es sich um Resorption von Zerfalls¬
produkten aus dem Darm handelte, die zu der „akuten Tetanie“
geführt hat. J a f f e - Hamburg.
Archiv für Kinderheilkunde. 59. Band, 3. u. 4. Heft.
1) Dina Rabinowitsch: Die Leukozyten verschiedener
Altersstufen. Untersuchungen über die Leukozyten gesunder Kinder.
(Aus der Medizinischen Universitätspoliklinik in Bern.)
Die Untersuchungen haben folgendes ergeben: Bei gesunden Kin¬
dern im Alter von 1 — 15 Jahren beträgt die Gesamtzahl der Leuko¬
zyten im Kubikzentimeter Blut im Durchschnitt 6000 — 7000 wie beim
Erwachsenen. Das Geschlecht bewirkt keinen Unterschied in der
Leukozytenzahl.
Die neutrophilen mehrkernigen Leukozyten nehmen mit
dem steigenden Alter der Kinder kontinuierlich an Zahl zu. Von
30 Proz. im ersten Lebensjahre bis 70 Proz. im 15. Lebensjahre. Dem¬
entsprechend sinkt die Zahl der Lymphozyten von 60 Proz.
bis 30 Proz. Während also bei kleinen Kindern die Zahl der Lympho¬
zyten grösser ist als diejenige der neutrophilen Granulozyten ist bei
älteren Kindern das Verhältnis umgekehrt. Die Umkehrung dieses
Mengenverhältnisses vollzieht sich durchschnittlich im 6. Lebensjahre.
Die Zahlen der eosinophilen Zellen betragen im Durch¬
schnitt 4 — 6 Proz., schwanken aber bei verschiedenen Kindern glei¬
chen Alters in weiten Grenzen. Die Uebergangsformen
machen bei Kindern im Durchschnitt 2 — 3 Proz. aus. Die
Zahlen der Mastzellen sind bei Kindern im ganzen klein, be¬
tragen ca. 0,3 — 0,6 Proz., sehr oft werden in den Präparaten gar
keine Mastzellen gefunden. Die Zahl der grossen Mono-
nukleären beträgt 1 — 3,3 Proz. und ist für alle Altersstufen der
Kinder nahezu gleich.
2) L. M. Pussep: Operative Behandlung des Hydrocephalus
internus bei Kindern. (Aus der neurochirurgischen Klinik im psycho-
neurologischen Institut zu St. Petersburg.)
Verf. glaubt auf Grund seiner Beobachtungen folgende Thesen
aufstellen zu können: Die vom Verf. modifizierte K r a u s e sehe
Operation bei Hydrozephalus ist, da sie dem bekannten Entstehungs¬
mechanismus des Hydrocephalus internus entspricht, bei verschie¬
denen Formen von Hydrocephalus internus indiziert, wobei sie in
manchen Fällen von kurativer, in anderen von palliativer Bedeu¬
tung ist.
Diese Operation ist in technischer Beziehung die einfachste. Bei
schweren Formen von chronischem Hydrocephalus internus kann sie,
allgemein gute Ernährung des Kindes vorausgesetzt, eine gewisse Er¬
leichterung verschaffen.
Bei durch Meningitis bedingtem akuten Hydrozephalus, wo die
Erscheinungen der Hirnkompression sehr stark ausgeprägt sind, muss
man diese Operation nicht nur zur Erleichterung der Leiden der
Kranken, sondern auch behufs günstiger Beeinflussung des weiteren
Krankheitsverlaufes anwenden. Die Operation kann fast in allen
Fällen von Hydrocephalus angewendet werden, stets aber in Kom¬
bination mit einer energischen internen spezifischen Behandlung.
3) A. M o 1 o d e n k o f f : Das Fleckfieber bei Kindern nach dem
Material des M o r o s o f f sehen Kinderkrankenhauses in Moskau
während der Epidemie des Jahres 1911.
Klinische Darstellung dieser in Russland noch recht häufigen Er¬
krankung, durch zahlreiche Tabellen und Kurven illustriert.
4) Dm. L e b e d e v: Eine seltene Kombination von 3 angeborenen
Anomalien: Urachusfistel, Nabelstrangbruch und Kryptorchismus bei
einem Kinde. (Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Moskau.)
Der 12 Monate alte Knabe wurde durch Operation geheilt.
Hecker- München.
206 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. 4.
Monatsschrift für Kinderheilkunde. Bd. XI, No. 7, 1912
1) Prof. Eduard M ii 1 1 e r - Marburg: Die Frühstadien der
epidemischen Kinderlähmung. (Aus der med. Uni v.-Poliklinik in
Marburg.)
Referat auf dem I. internationalen Kongress für Kinderheilkunde
ir. Paris — Oktober 1912 — . Vergl. Heckers Referat über diesen
Kongress.
2) K. Sugi: Ein Beitrag zur Frage der Gallengangsstenose
beim Neugeborenen. (Aus der Kinderklinik der Landes-Findelanstalt
|Prof. A. Epstein] und dem pathol.-anatomischen Institut [Prof.
A. Qhon] der deutschen Universität in Prag.)
Kasuistik. Neben der Lues sind auch noch andere Ursachen iiir
eine entzündliche Stenose des Gallengangs möglich; vielleicht handelt
es sich bei dieser Veränderung sogar in manchen Fällen gar nicht
um einen kongenitalen, sondern um einen kurz nach der Geburt er¬
worbenen Prozess.
3) F. Lust: Ueber die Ausscheidung von zuckerspaltenden
Fermenten beim Säugling. (Aus der Univ.-Kinderklinik in Heidel¬
berg. Direktor: Prof. E. Moro.)
Fermentuntersuchungen an 56 grösstenteils ernährungsgestörten
Säuglingen. Laktase wurde in jedem untersuchten Falle nach¬
gewiesen, auch bei einer mit Laktosurie verlaufenden alimentären
Intoxikation. M a 1 1 a s e wurde gleichfalls stets gefunden. Während
bei einer lebensschwachen Frühgeburt die Fäzes nur sehr spärlich
Laktase enthielten, war die Maltase auch hier reichlich vertreten.
Auch ein invertierendes Ferment fand sich in der Mehrzahl
der Fälle; immerhin konnte sein Nachweis unter 34 Untersuchungen
10 mal nicht erbracht werden. Für ein Fehlen der Invertinausschei¬
dung bei manchen Säuglingen kann aber der Mangel von Rohrzucker
in der Nahrung mindestens nicht regelmässig verantwortlich gemacht
werden. Rohrzuckerausscheidungen im Urin dürfen keinesfalls mit
einem Fehlen des invertierenden Fermentes in ursächlichen Zu¬
sammenhang gebracht werden. „Wir können mit grösster Wahr¬
scheinlichkeit annehmen, dass für das Auftreten einer Saccharosurie
dieselben Faktoren wie für die Laktosurie zur Verantwortung ge¬
zogen werden müssen.“
4) H. H a h n und F. Lust: Ueber die Ausscheidung von eiweiss-,
stärke- und fettspaltenden Fermenten beim Säugling. (Aus der
Univer.-Kinderklinik in Heidelberg. Direktor: Prof. E. Moro.)
Bei diesen Untersuchungen handelt es sich meist um die gleichen
Säuglinge, deren Stühle Lust (in der vorausgehenden Arbeit) auf
zuckerspaltende Fermente geprüft hat. Es gelang mit Ausnahme
eines einzigen Falles (schwerster Dekomposition) stets tryptisches
Ferment in den Stühlen nachzuweisen, einerlei, ob es sich um durch¬
fällige oder feste Stühle handelte. Auch die Erepsinwirkung war in
der Mehrzahl der Fälle, und zwar auch bei akuten und chronischen
Ernährungsstörungen, sehr ausgiebig. Labferment fand sich in den
Fäzes aller gesunden Kinder, auch bei einer Reihe akuter und chro¬
nischer Ernährungsstörungen, bei anderen blieb aber die Labwirkung
aus, ohne dass sich irgend ein gesetzmässiges Verhalten gezeigt
hätte. Die Diastasewirkung wurde nie völlig vermisst; wo eine
schwächere Wirkung vorhanden war, fand sich auch gleichzeitig
eine Minderung der Trypsinwirkung. Das lipoly tische Vermögen
der Fäzes fand sich selbst bei den schwersten chronischen Er¬
nährungsstörungen ungeschwächt, dagegen war es sehr auffällig,
dass Fäzes aus dem Stadium der alimentären Intoxikation ein auf¬
fallend geringes, vereinzelt sogar ein völlig mangelndes Fettspaltungs¬
vermögen besassen. Auch bei der H e u b n e r sehen Verdauungs¬
insuffizienz älterer Kinder fand sich in 2 untersuchten Fällen keine
mangelhafte Absonderung der Verdauungsfermente.
5) Prof. J e m m a - Palermo: Leishmansche Anämie.
Referat am I. Kongress der internationalen Gesellschaft für
Pädiatrie in Paris (Oktober 1912). Vergl. Heckers Referat über
diesen Kongress. Albert Uffenheimer - München.
Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie.
70. Band, 5. Heft.
K. Schübel: Zur Biochemie der Termiten. (Pharmakol. In¬
stitut Würzburg.)
Chemische Untersuchungen der Kotstalaktiten von Eutermos
monoceros; die Erwartung des Verf., wie bei gewissen Lepidop-
teren Kantharidin oder kantharidinähnliche Stoffe zu finden, hat sich
nicht bestätigt.
A. v. Konschegg: Ueber die Zuckerdichtigkeit der Nieren
nach wiederholten Adrenalininjektionen. (Pharmak. Institut Graz.)
Wenn man durch wiederholte Adrenalininjektionen die Nieren
von Kaninchen zuckerdicht macht, gelingt es auch nicht durch Er¬
zeugung von Salzdiurese Glykosurie hervorzurufen. Das Blut enthält
nicht mehr Zucker als in der Norm, aber die Nieren selbst enthalten
erheblich mehr Zucker als normale Nieren. Es kann also die Hem¬
mung der Glykosurie nicht dadurch bedingt sein, dass die Nieren
keinen Zucker aus dem Blut aufnehmen.
O. Loewi: Untersuchungen zur Physiologie und Pharmakologie
des Herzvagus. I. Mitteilung. Ueber den Einfluss von Chloralhydrat
auf den Erfolg der Vagusreizung. (Pharmakol. Institut Graz.)
Chloralhydrat intravenös hemmt die Wirkung der Vagusreizung,
grosse Dosen heben sie endgültig auf. Kampfer hemmt den Erfolg
der Vagusreizung vorübergehend. Es braucht eine Aenderung in der
Intensität der Reizbildung des Herzens nicht in einer Frequenzände¬
rung zum Ausdruck zu kommen. Die Ursache des Wiederbeginns der
Herztätigkeit während fortdauernder Vagusreizung ist eine wach¬
sende, durch die Hemmung gesetzte Intensitätssteigerung der Funk¬
tion der reizbildenden Apparate.
Derselbe: II. Mitteilung: Ueber die Bedeutung des Kalziums
für die Vaguswirkung.
Geringgradige Kalziumentziehung steigert die Erregbarkeit des
Vagus für lange Zeit, hochgradige oder totale nicht. Die Muskarin-
wirkung kommt beim Frosch trotzdem zustande. Kalziumzufuhr be¬
einflusst auch bei Säuger und Frosch die Pilokarpin- und Muskarin¬
vaguslähmung nicht.
Derselbe: III. Mitteilung: Vaguserregbarkeit und Vagusgiite.
Pilokarpin und Muskarin reizen den Vagus an der myoneuralen
Verbindung. Die Erregbarkeitsänderungen des Vagus, besonders die
Vaguslähmung ist eine Folge dieser Reizwirkung.
C. C e r v e 1 1 o und C. Varvaro: Ueber das Oxydationsver-
mögen einiger Schwermetalle in Verbindung mit Eiweiss und einige
physikalisch-chemische Eigenschaften derselben. (Pharmakol. In¬
stitut Palermo.)
Aus den Chloriden von Kupfer, Eisen, Quecksilber, Zink und>
Mangan wurden Albuminate hergestellt und deren Oxydationsver-'
mögen gegen Guajakharz, Pyrogallol und Indigweiss geprüft. Am
stärksten oxydierten Eisen und Kupferalbuminate, dann folgten Queck¬
silber, Zink und Mangan. Infolge der Anwesenheit des Metallsalzes'
in der Eiweisslösung steigt, ausser beim Zink und Quecksilber, der:
Koagulationspunkt der Eiweisslösung; durch das Eisen wird die
Koagulation völlig aufgehoben. L. J a c o b - Würzburg.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 3, 1913.
1) H. Lewis J o n e s - London: Fortschritte in der Elektro¬
therapie.
Jubiläumsartikel.
2) Alexander T i e t z e - Breslau: Beidseitige Resektion oder
einseitige Exstirpation des Kropfes? (Vortrag, gehalten am
21. Nov. 1911 in der Breslauer chirurgischen Gesellschaft.)
Bei vorwiegender Beteiligung der einen Seite wendet der Ver¬
fasser die Exstirpation an; die Resektion 'dagegen bei Fällen vonj
diffuser doppelseitiger Struma, und zwar als keilförmige Exzisionj
d. h. die Gefässe des oberen Pols werden unterbunden, die Struma
mit einer Kropfzange gefasst und hervorgezogen, luxiert und so weit
freigemacht, dass es gelingt, ein regelmässig begrenztes und erheb-,
liches Stück herauszuschneiden und den Rest sicher mit Katgut zu
vernähen. Die Gefässe des unteren Poles werden nicht angerührt,
der Isthmus bleibt erhalten und wird nur gekürzt, wenn er knoten-
oder streifenförmig am Kehlkopf in die Höhe zieht.
3) Eugen Holländer - Berlin : Ein dritter Weg zur totalen
Rhinoplastik. (Vortrag, gehalten in der Berliner med. Gesellschaft
am 11. Dezember 1912.)
Cf. pag. 2842 der Münch, med. Wochenschr. 1912.
4) Max W e i c h e r t - Breslau ; Ueber Mammaplastik. (Vor¬
trag, gehalten am 8. Nov. 1912 im Allerheiligenhospital am klinischen
Abend der medizinischen Sektion der schlesischen Gesellschaft iiiri
vaterländische Kultur.)
Verfasser beschreibt 4 Fälle von Mammaamputationen, bei dener
zur Deckung des entstehenden Defektes die andersseitige Mamma als
gestielter Lappen eingesetzt wurde. Durch diese Plastiken werden
am besten die Uebelstände vermieden, die bei so grossen Defekten
durch Narbenzug entstehen.
5) Gustav Baer - Davos: Beitrag zur Kavernenchirurgie.
Wie der beschriebene Fall zeigt, kann in geeigneten Fällen vor
grossen Kavernen die extrapleurale Pneumolyse mit sekundärer pla¬
stischer Füllung der entstandenen Höhle Erfolg versprechen. Auel
partielle Ablösung genügt bereits, um Kavernen in günstigem Sinne
zu beeinflussen. Der Erfolg kann in solchen Fällen durch sekundäre
Eröffnung der Kaverne gesteigert werden, und es ist wohl möglich;
dass es zu einem vollständigen Erfolg kommt, wenn der Verschluss
der Bronchialfistel gelingt mit nachfolgender plastischer Füllung dei
Höhle. Die Operation könnte auch für nicht rein kavernöse Fälle ir|
den oberen Partien der Lunge in Frage kommen.
6) Lydia R a b i n o w i t s c h - Berlin: Blutbefunde bei Tuber
kuiose. (Nach einer in der Gesellschaft der Chariteeärzte an
9. Januar 1913 gemachten Mitteilung.)
Die Ausführungen der Verfasserin zeigen, dass die Blutunter-
suchungen bei Tuberkulose noch ein grosses und dankbares Feh
bakteriologischer Forschung darbieten, da, wenn auch manches gej
klärt ist. doch noch vieles der Aufklärung harrt.
7) Ernst v. C z y h 1 a r z - Wien: Ueber Nystagmus bei fieber
haften Krankheiten.
Im allgemeinen stimmen die Erfahrungen des Verfassers mi
denen von Beck und B i a c h vollkommen überein, dass das Auf
treten des Nystagmus in inniger Beziehung zum Fieber steht, nur h
puncto Typhus und Tuberkulose kamen sie zu anderen Resultaten
8) M. Bürger und B e u m e r - Charlottenburg : Zur Lipoid
Chemie des Blutes. I. Ueber die Verteilung von Cholesterin, Cholc
sterinestern und Lezithin im Serum. (Schluss folgt.)
9) Marcus Rabino witsch - Charkow : Schutzimpfung mi
abgeschwächten Tuberkelbazillen.
Die Virulenz der Tuberkelbazillen ist keine konstante Eigenschaf
derselben und kann künstlich abgeschwächt oder ganz zum Ver
28. Januar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
schwinden gebracht werden. Die ganz abgeschwächten Tuberkel¬
bazillen in Mengen von 0,002 g Meerschweinchen subkutan verimpft,
erzeugen bei denselben im Verlauf von zwei Monaten keine wahr¬
nehmbaren tuberkulösen Veränderungen. Mit den abgeschwächten
1 uberkelbazillen vorbehandelte Meerschweinchen werden für eine
zweite Impfung mit sehr virulenten Bazillen unempfänglich.
Dr. Qrassmann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 3, 1913.
1) 0. F o e r s t e r - Breslau : Die analytische Methode der
kompensatorischen Uebungsbehandlung bei Tabes dorsalis.
Klinischer Vortrag. Schluss aus No. 2.
2) Oskar B r u n s - Marburg: Die ßliitzirkulation in atmenden
und atelektatischen Lungen.
In der kollabierten und atelektatischen Lunge ist der Grad der
Durchblutung ebenso wie die Menge des jeweils vorhandenen Blutes
geringer als in der normal ausgedehnten Lunge; dies ist der Grund,
warum bei Kollaps einer Lunge das Körperblut weder sauerstoff¬
armer noch besonders kohlensäurereicher wird. Bei der Pneumo¬
thoraxtherapie der Lungentuberkulose kann somit von einer Hyper-
äniiewirkung nicht die Rede sein.
3) Lydia Rabino witsch - Berlin : Untersuchungen zur
Tuberkulosefrage.
Es hat sich herausgestellt, dass in 45 Proz. von Menschen, die
der Tuberkulose erlegen waren, Tuberkelbazillen auch in der Galle
rmchgewiesen werden konnten; in relativ vielen Fällen fand sich der
Typus bovinus. Gelegentlich ist gleichzeitig im Körper auch der
Typus humanus vorhanden, was zu der Annahme hinleitet, dass die
verschiedenen atypischen Bazillenformen Transmutationsprodukte
dai stellen. So ist auch vielleicht die Tatsache zu erklären, dass im
Kindesalter die bovine Form ziemlich häufig gesehen wird, während
bei der Tuberkulose des Erwachsenen die humane Form weitaus
vorherrscht; es scheint im infizierten Körper also eine Umwandlung
stattzufinden und nicht eine Mischinfektion vorzuliegen. Wie beiin
Menschen so weist auch beim Kind die Ausscheidung von Tuberkel¬
bazillen mit den Fäzes auf das Vorhandensein von Tuberkelbazillen
im Gallenapparat hin; derartige Tiere zeigen in der Mehrzahl der
Fälle ihre tuberkulöse Erkrankung nicht anders als durch einen
positiven Ausfall der Tuberkulinreaktion an; die Milch von solchen
Kühen kann infektiös sein.
4) E. B e h r e n r o t h - Greifswald ; Die sexuelle psychogene
Herzneurose („Phrenokardie“).
Die Phrenokardie (fast regelmässig die Teilerscheinung einer
allgemeinen Nervosität, Neurasthenie oder Hysterie) ist als eine
durch sexuelle Momente bedingte Psychoneurose aufzufassen, deren
Hauptsymptome durch einen intensiven Schmerz in der Gegend der
Herzspitze, durch eine sogen. Atemsperre und zeitweilige, oft aus
dem geringfügigsten Anlasse auftretende Herzpalpationen dargestellt
werden. Diese können mehr oder weniger, da es sich in der weitaus
überwiegenden Mehrzahl der Fälle um Frauen im geschlechtsreifen
Alter handelt, durch hysterische Symptome verschleiert sein. Der
objektive Herzbefund ist meist wenig oder gar nicht abweichend
von der Norm. Eine Art spastischer Obstipation wird gelegentlich
beobachtet. Auffallend pflegt ein gewisser Wechsel im Befinden der
Patienten zu sein: die Krankheitserscheinungen können auch in Form
von Anfällen auftreten.
5) D.iKulenkampff - Zwickau : Zur Frühdiagnose der akuten
Magenperforation.
Als Frühsymptom für beginnende Perforationsperitonitis konnte
in einem Falle von perforiertem Magengeschwür, ohne dass der
Bauch etwa mit Mageninhalt stärker erfüllt, ohne dass die Leber¬
dämpfung aufgehoben, eine Flankendämpfung vorhanden gewesen
wäre, eine ausgesprochene Empfindlichkeit der Douglasschen
Falte bei Druck des ins Rektum eingeführten Fingers gegen die Plica
recto-vesicalis festgestellt werden.
6) Georg W o 1 f s o h n - Berlin : Ueber eine Modifikation des
Staphylokokkenvakzins.
Das Staphylokokkenvivovakzin, eine Kombination von lebenden,
abgeschwächten Kulturfiltraten und von abgetöteten Kokken hat in
30 Fällen von chronischem Ekzem, in 3 Fällen von Sykosis, in
14 Fällen von Furunkulose eine ganz auffallende Besserung herbei¬
geführt. Misserfolge wurden gesehen 2 mal bei Osteomyelitis
femoris mit Sequesterbildung und 2 mal bei chronischem Ekzem der
Mammilla.
7) Philipp E r 1 a c h e r - Graz: Kausale und symptomatische Be¬
handlung gonorrhoischer Prozesse des Mannes mit besonderer Be¬
rücksichtigung der Original-Gonokokkenvakzine Menzer.
Die Menzer sehe Gonokokkenvakzine hat sich — es wurden
Mengen von 5 — 28 Millionen Gonokokken in der Einzeldosis injiziert —
ebensowohl bei Behandlung der akuten und chronischen gonor¬
rhoischen Urethritis als auch bei einer Reihe spezifischer Kom¬
plikationen, 2 mal sogar noch bei akuter gonorrhoischer Sepsis sehr
gut bewährt. Auch als diagnostisches Mittel verdient sie angewendet
zu werden. Trotz offenkundiger lokaler Reaktion konnten niemals
Temperatursteigerungen oder sonstige üble Nebenwirkungen beob¬
achtet werden.
8) Hermann Opitz-Thorn: Feststellung der freien Salzsäure
im Mageninhalt ohne Magenschlauch.
Eine ausgiebig, gelöcherte ovale Hartgummikapsel wird mit
Kongo- und Lackmuspapier beschickt und zum Schutze gegen den
Speichel mit einer Oblate umgeben vom Patienten verschluckt und
nach einiger Zeit mit dem an ihr befestigten Seidenfaden wieder
heraufgezogen.
9) S. L o e b - Stuttgart : Hemicanities bei Hemiplegie.
Kasuistischer Beitrag mit einer photographischen Abbildung.
Die Weissfärbung der Haare an der linken Kopf- und Gesichtsseite
wurde spätestens am 8. Tage nach der Apoplexie bemerkt.
10) Erwin P f i st e r - Kairo: Ueber Prostataelemente bei
Urethrorrhoea ex libidine.
Zumal bei älteren Männern treten Corpora amylacea aus der
Prostata in die hintere Harnröhre über und können dann bei einfacher
Urethrorrhoea libidinosa mit dem Sekret der Harnröhrendrüsen
herausgeschwemmt werden. Eine Atonie der Prostata braucht somit
nicht ohne weiteres angenommen zu werden.
11) H. V i r c h o w - Berlin: Ein Herzklappenebenenpräparat.
Vortrag im Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde in
Berlin am 18. XI. 1912, referiert in No. 48 (1912) der Münch, med.
Wochenschrift.
12) Artur S c h 1 e s i n g e r - Berlin : Ueber latentes Erysipel.
Vorgetragen in der Berliner Gesellschaft für Chirurgie am
25. XI. 1912, referiert in No. 49 (1912) der Münch, med. Wochensc'hr.
13) F. 1 s a e s s e r - Hannover : Heissluftinhalation.
Mittels eines eigens konstruierten elektrischen Apparates aus¬
geführte Heissluftinhalation von etwa 120° erwies sich von günstigem
Einflüsse auf chronische Bronchitiden, Asthmakatarrhe, akute Er¬
krankungen des Kehlkopfes und der Luftröhre, Schwellungszustände
der Nasenschleimhaut und Rachenkatarrhe. Dem Luftstrom können
auch flüchtige ätherische Oele beigemischt werden.
14) Max Henius: Der heutige Stand der funktionellen Nieren¬
diagnostik.
Sammelreferat. Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1913, No. 1.
()• B e u 1 1 n e r - Genf : Zur Technik der Exstirpation ent¬
zündlich erkrankter Adnexe an Hand von 100 einschlägigen
Operationen.
Fortsetzung folgt.
C. Arnd-Bern: Zugverbände mit Trikotschlauchbinde.
Verf. empfiehlt eine Zugvorrichtung, bei der eine Trikot¬
schlauchbinde verwendet wird, die man über die mit Mastix- oder
Harzlösung bestrichene Extremität rollt, so dass man zum Zug die
ganze Haut gleichmässig benutzen kann. Bei sehr empfindlicher
Haut verwendet man .Zinkleim als Klebemittel.
L. J a c o b - Würzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinisch-therapeutische Wochenschrift.
No. 37. K o n r i e d - Edlach : Ueber die Behandlung der In¬
fektionskrankheiten mit organischen Kolloiden (Mykolisine Doyen).
Bei der teils inneren, für leichtere Fälle ausreichenden, teils
subkutanen, teils kombinierten Anwendung des Mykolisins hat Verf.
in 24 Fällen von Angina bei Erwachsenen und Kindern einen auf¬
fallend milden und unkomplizierten Verlauf beobachtet. Aehnliche
günstige Wirkungen sind bei einigen Fällen von Pneumonie, bei
Bronchitis, bei akutem und verschlepptem Schnupfen zu erzielen.
Frühzeitige und energische Anwendung des ganz unschädlichen Ver¬
fahrens ist zu empfehlen.
No. 38. F r a n k - Hamburg : Veronal und Veronainatrium bei
Seekrankheit.
F. bestätigt die Wirksamkeit des Veronals und Veronalnatriums
bei einem grossen Teil der Seekranken. Bei nervösen Erschei¬
nungen und starken Schmerzen verdient das Veronal den Vorzug.
Bei Frauen und zur Vermeidung der Angewöhnung ist das Veronal-
natrium geeigneter, weil die Wirkung rascher abklingt und keine
Kumulierung eintritt.
No. 40. A. v. P f 1 u g k - Dresden : Uebungsbehandlung am Auge.
Die gebräuchlichen Uebungen der Schielenden an einem Stereo¬
skopapparat sind ungenügend wegen der bald auftretenden Lange¬
weile. Es ist vielmehr die — nicht allzu kostspielige — Beschaffung
eines grösseren abwechslungsreichen Instrumentariums zu empfehlen,
an dem in der Wohnung des Arztes in besonderen gemeinsamen
Stunden von den Kranken geübt werden soll. Kurze Ausführungen
über die erfolgreiche Behandlung der beginnenden Kurzsichtigkeit,
der asthenopischen Beschwerden infolge von latenter Divergenz, der
postdiphtherischen Akkommodationslähmungen. Diese Behandlungs¬
methoden sollten von dem praktischen Arzt gebührend gepflegt
werden.
No. 41. E. D a m m a n n - Berlin: „Penetrotherm“, der neueste
Apparat zur Diathermie.
Der hier beschriebene Apparat dient einer Vereinfachung und
Verbesserung der gebräuchlichen Apparate.
No. 42. E. Barth: Zur Technik der Rachenmandeloperation.
Das von dem Verf. angegebene Pharynxtonsillotom hat den
Vorteil, dass die abgetragene Rachenmandel nicht ganz oder teil¬
weise durch Schleimhautbrücken hängen bleiben kann, ferner dass
die Rachenschleimhaut ausserhalb der Rachenmandel nicht verletzt
wird, da die Schneide sich nur im Niveau des der Schleimhaut auf-
Muenchener medizinische Wochenschrift.
No. 4.
2ö8
liegenden Rahmens sieh bewegt; eine Abtragung des submukösen
Gewebes bis auf die Fibrokartilago kann daher nicht cintreten.
No. 43. C. To Ile ns- Kiel; Zur Behandlung der Lungentuber¬
kulose mit dem künstlichen Pneumothorax.
Verf. übt die Einstichmethode nach F o r 1 a n i n i mittels einer
von ihm modifizierten Schmidt sehen Nadel. Als Infusionsapparat
dient der von Feulgen. Zur Einblasung wird Luft verwendet und
zwar das erste Mal bis zu 500 ccm. Wiederholte Nachfüllung bis zu
einer Druckhöhe von 10—16 ccm Wasser, unter Kontrolle des Luft¬
standes am Röntgenbild. Von den Nebenerscheinungen sind künst¬
liche Emphyseme ohne wesentliche Bedeutung, doch können auch
Empyeme entstehen. Mit Vorsicht lassen sich ernstere Zwischen¬
fälle meist vermeiden. Die Indikationen sind nicht zu eng zu fassen.
Man darf den Pneumothorax anlegen bei einseitiger Erkrankung,
wenn diese weiter als bis zur 3. Rippe reicht, da wenigstens eine
floride Phthisis von dieser Ausdehnung nicht selbst ausheilt. Bei
doppelseitiger Phthisis lässt sich ein Erfolg noch erwarten, wenn
eine der beiden Lungen noch nicht bis zur 3. Rippe erkrankt ist.
No. 45. A. G o r d o n - Philadelphia; Die Adipositas cerebralis
in ihrer Beziehung zu den Hypophysistumoren.
Beschreibung eines Falles (Fröhlich scher Symptomen-
komplex) mit Obduktionsbefund. Als auffällig wird u. a. eine
konstante leichte Glykosurie, die vielleicht einer Verletzung der
Hypophyse zuzuschreiben ist, hervorgehoben, ferner das Auftreten
profuser Schweissausbrüche. Bergeat - München.
Neuere Publikationen auf stimmärztlichem Gebiete.
Galens Lehre von der Stimme. Von Karl K a s s e 1 - Posen.
(Zeitschr. f. Laryngol., Rhinol, u. ihre Grenzgebiete, Bd. IV, H. 3.)
Die systematische Stimmforschung beginnt mit Galen tgeb.
131 n Chr.) und endet — bis tief in die neueste Zeit hinein — mit
ihm. Er schuf das physiologische Experiment, studierte auf vivi-
sektorischem Wege Atmung und Stimmgebung, vor allem die Be¬
ziehungen der Nervenzentra zur Stimme und zog daraus bedeutungs¬
volle Schlüsse für die Prophylaxe. Die Beobachtung am Kranken
ergänzte die experimentellen Ergebnisse. Der wichtigste Teil des
Stimminstrumentes ist nach G.s Anschauung der Kehldeckel. Da¬
durch, dass er durch Muskelwirkung geöffnet und geschlossen wird,
soll der Ton entstehen, wobei die scharf austretende Luft den Kehl¬
deckel erschüttert. Durch das Eintreten der Luft aus der Lunge
in die Luftröhre ertönt diese. Im Kehlkopf wird der Ion verstärkt,
der Gaumen dient als Schallapparat. Es finden sich ferner Bemer¬
kungen über die Stimme zur Zeit der Pubertät, nach der Kastration,
im Verlauf von verschiedenen Erkrankungen (Pest) etc. Die hygie¬
nischen Vorschriften betreffen meist die Ernährung. Als besondeis
schädlich wird die Ueberanstrengung der Stimme, lautes Rufen
und Schreien genannt. „Wenn auch in jener alten Zeit die Kennt¬
nis der natürlichen Funktionen von den engen Grenzen umzogen war,
welche ihr die vorhandenen Forschungsmethoden setzten, so ist es
doch Galens unsterbliches Verdienst, als erster Arzt das Studium
der normalen Vorgänge als den einzigen Ausgangspunkt für die Er¬
kenntnis von krankhaften Störungen und für deren Verhütung syste¬
matisch betrieben zu haben.“
Ueber Phonasthenie und Uebungen zu ihrer Heilung. Von Eug.
H o p m a n n - Köln. (Ibid., Bd. V, H. 4.)
Hinweis auf verschiedene wichtige Momente, die bei der Be¬
urteilung des Krankheitsbildes der Phonasthenie, das sich fast aus¬
schliesslich bei neuropathischen Individuen findet, zu berücksichtigen
sind. Bezüglich der Uebungstherapie wird als das Wichtigste bei
jeder Art der phonasthenischen Stimmstörung hervorgehoben die
Wiedergewinnung oder, was meist notwendig ist, die Hervorrufung
des richtigen, freien Vokalklanges, zuerst in Sprechtonhöhe. An
die Uebungen der Vokale schliesst sich die Verbindung derselben mit
den Konsonanten, die in ganz bestimmter Reihenfolge vorgenommen
und bei Sängern, gleich den einfachen Vokalübungen, im gesamten
Stimmumfang mit besonderer Berücksichtigung des Mittelregisters,
durchgeführt wird, an. Bei Berufssprechern folgen Lese- event. Vor¬
tragsübungen, bei Kommandorufern werden die einzelnen Kom¬
mandos unter strengem Festhalten an dem freien Vokalklang, kurz
gestossen, ca. 1 Quint über der Sprechtonhöhe geübt.
Die Registrierung in der Praxis des Rhino-Laryngologen. Von
H. Gutzmann - Berlin, (ibidem.)
In der Einleitung der umfangreichen Arbeit empfiehlt G. die
häufigere Anwendung des Phonographen als eines ebenso guten wie
einfachen und bequemen Registrierungsmittels. Verf. hat, wie er im
folgenden ausführt, um den registrierenden Methoden auch in der
täglichen Praxis des Rhino-Laryngologen möglichst allgemein Ein¬
gang zu verschaffen, das gesamte Instrumentarium wesentlich ver¬
einfacht und damit billiger gemacht. Allen Anforderungen entspricht
ein in seiner Konstruktion und Anwendung ausführlich beschriebener,
sehr kompendiöser Reiseregistrierapparat ohne Trommel
mit fertig berussten Papierstreifen. Von den verschiedenen in der
Arbeit besprochenen Anwendungsmöglichkeiten, die das Instrument
für den Praktiker als besonders geeignet erscheinen lassen, seien hier
nur die Aufnahmen der Stimmvibrationen und die Verwendung des
experimentell-phonetischen Verfahrens zur Kontrolle therapeutischer
Massnahmen genannt. Zahlreiche ausführlich erläuterte Kurven illu¬
strieren die hervorragende Leistungsfähigkeit des Apparates.
Gesangsphysiologie und Gesangspädagogik in ihren Beziehungen
zur Frage der MuskelempHndungen und der beim Singen am Schädel
und am Thorax fühlbaren Vibrationen. Von Dr. Hugo S t e r n - Wien.
iMonatsschr. f. Ohrenheilk. und Laryngo-Rhinologie 1912, H. 3.)
St. weist im ersten Teile der interessanten Arbeit auf einen
Punkt hin, der in stimmpädagogischer wie -physiologischer Beziehung
bisher nicht genügend gewürdigt wurde. Bei aller Bedeutung, die
dem 0 h r für die Stimmbildung zukommt, darf die Rolle nicht
unterschätzt werden, die einem richtigen Muskelgefühl und einem
guten Muskelgedächtnis beizumessen ist. Der Sänger muss nicht nur
„hören“, sondern auch „fühlen lernen“1. Die verschiedenen Muskel¬
empfindungen müssen methodisch entwickelt und geschult werden,
vor allem durch bewusst durchgeführte Atemübungen und eine
richtige Pflege der Lautbildung. Gerade letztere ist wegen der
innigen Beziehungen der Stellung bezw. Bewegungen des Kehlkopfes
zu denen des Artikulationsrohres von grosser Bedeutung. Auch auf
Stimmein- und ansatz ist die Entwickelung des Muskelgefühles von
Einfluss. Was die Frage der bei der Stimmbildung auftretenden und
stets zu konstatierenden Vibrationen (Resonanz) betrifft, so betont
Verf., der sich zu diesen Untersuchungen auch des besonders fein
ausgebildeten Getastes (Gefühles) der Taubstummen bediente, dass
dieselben einen wichtigen Faktor für die Beurteilung der Register¬
frage darstellen. Er fand beim Mittel- und mehr noch beim Kopf¬
register am Schädel eine Vergrösserung des vibrierenden Bezirkes
und vor allem eine Intensitätszunahme der Vibrationen. In dem¬
selben Masse nun, in dem die Vibrationen am Schädel Zunahmen,
nahmen sie am Thorax (Brust und Rücken) ab. Die Divergenz
zwischen diesen Ergebnissen und denen des Ref. hat, wie auch St.
andeutet, zum Teil in der leidigen Registernomenklatur („Kopf¬
stimme“) ihren Grund.
Zur Lokalisation der Kehlkopfinnervation in der Kleinhirnrinde.
Von J Katzenstein und M. Rothmann. (Passows Beiträge,
Bd. V, H. 5 und 6.) e 0 . u 3
Verf. studierten den Einfluss des Kleinhirns auf die Stimmband-
bewegungen beim Hund auf experimentellem Wege, wobei die Kehl¬
kopfuntersuchung mittelst Autoskopie vorgenommen wurde. Es fand
sich, dass in der Rinde des unteren Teiles des Lobus ant. cerebelli
und zwar speziell im Gebiet des Lobulus centralis ein Zentrum für
die Innervation des Kehlkopfes, der Unterkiefermuskulatur und für
die Lautgebung anzunehmen ist. Auch konnte festgestellt werden,
dass, ähnlich wie bei der Grosshirninnervation, ein bilateraler
Einfluss auf die Stimmlippen vorhanden ist mit leichter Bevorzugung
der Innervation der gleichseitigen Stimmlippe. Faradische Reizung
des Lobulus centralis bei Strömen von 70—50 Rollenabstand ergab
eine Hebung des ganzen Kehlkopfes mit Anspannung der Kiefer¬
muskulatur und starke Adduktion der Stimmlippen, der bisweilen eine
Abduktion voranging. Versuche, welche das Verhältnis des zerebel¬
laren Kehlkopf Zentrums zu den Kehlkopf- und Lautgebungszentren
der Grosshirnrinde durch kombinierte zerebellare und zerebrale Aus¬
schaltungen klarlegen sollten, führten zu der Annahme, dass auch
nach Fortfall der laryngealen Zentren der Grosshirn- und Kleinhirn¬
rinde ein subkortikaler Innervationsapparat bestehen bleibt, der die
Kehlkopfbewegung und auch die Lautgebung weitgehend zu regulieren
imstande ist.
Analytisches zur Registerfrage. Von Dr. R. Sokolowsky.
(Aus d. physiol. Inst, der Univers. Königsberg i. Pr.) (Ibidem, Bd. VI,
Auf Grund zahlreicher Untersuchungen kommt S. zu dem Er¬
gebnis, dass bei der Frauenstimme — im Gegensatz zur Männer¬
stimme (?" Ref.) — eine Dreiteilung der Register in Brust-, Mittel¬
und Kopfstimme unmittelbar gegeben ist. Die Mittelstimme der Frau
hat im grossen ganzen den Umfang einer Oktave und stellt das
Hauptgebrauchsregister dar. Von besonderem Interesse ist die Be¬
obachtung, dass die physiologischen Grenzen der Register konstant
zu sein scheinen, d. h. unabhängig von der Stimmlage der betreffenden
Sängerin. Sie liegen in der grössten Mehrzahl der Fälle bei e
(Grenze zwischen Brust- und Mittelstimme) resp. e2 (Grenze zwischen
Mittel- und Kopfstimme). Bezüglich des experimentellen Nachweises
dieser mit dem Ohr wahrgenommenen Klangunterschiede siehe Mün¬
chener medizinische Wochenschrift 1912, No. 27, S. 1517.
Ueber die Klangverhältnisse in der Nase beim Sprechen und
Singen und über das Vorkommen und die Bedeutung des Passa-
vantschen Wulstes. Von Dr. Emil F r ö s c h e 1 s - Wien. (Archiv
für Laryngologie und Rhinologie, Bd. 25, Heft 3.)
Ein gerade gebogener Ohrkatheter, dessen breites Ende mit einem
Otoskop verbunden war, wurde entlang dem unteren Nasengang bis
zur hinteren Rachenwand geführt. Auskultiert man nun, während
die Versuchsperson einen Vokal intoniert und der Katheter langsam
gegen den Naseneingang zu bewegt wird, so wird ein Ton in der
Nase erst wahrgenommen, wenn das Röhrchen ca. % cm von der
hinteren Pharynxwand entfernt ist. Ein kräftiges Schwirren wurde
erst in der Gegend des harten Gaumens gehört. Es besteht also
im Nasopharynx ein „toter Raum“, dessen Entstehung dadurch zu
erklären ist, dass, wie auf dem Röntgenogramm zu sehen war, beim
Phonieren in der Verlängerungsebene des harten Gaumens ein deut¬
licher Wulst an der hinteren Rachenwand auftritt, der den entlang
der letzteren aufsteigenden Luftstrom nach vorne abdrängt. Im
Gegensatz zur bisherigen Annahme zeigte es sich, dass dieser Pa s -
sav ant sehe Wulst auch bei den Nasallauten auftritt. Hinsichtlich
der weiteren Ergebnisse seiner Untersuchungen resümiert Verf.;
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
209
1. Der nasale Beiklang ist abhängig: von dem gesprochenen oder ge¬
sungenen Vokal. 2. Es besteht ein ungerades Verhältnis zwischen
der Stärke des Nasentones und der Länge des Ansatzrohres. 3. Die
Stärke des Nasentones ist der Kraft des Gaumensegelverschlusses
direkt proportional. 4. Mit zunehmender StimmstärKe nimmt der
Nasenton unter physiologischen Verhältnissen ab. 5. Auch die Ton¬
höhe beeinflusst die Stärke des Nasentones.
Zur Frage eines Kehlkopfzentrums in der Kleinhirnrinde. Von
G r a b o w e r - Berlin. (Ibidem, Bd. 26, H. 1.)
Verf. hält es zwar für wahrscheinlich, dass ein Koordinations¬
zentrum für den Larynx an irgend einer Stelle des Kleinhirns
existiert, kommt jedoch auf Grund seiner Untersuchungen (Mit¬
teilung von 10 Protokollen) zu der Ueberzeugung, dass die von
Katzenstein und Rothmann bezeichnete Rindenstelle (siehe
oben) nicht der Ort ist. welcher dieses Zentrum enthält.
Neuere Hilfsmittel der phonetischen Therapie und Diagnostik.
Von San.-Rat Dr. F 1 a t a u - Berlin. (Die Stimme, VI. Jahrg., Heft 2.)
1. Versuche zur gleichzeitigen Darstellung von Atem- und Kehl¬
kopfbewegungen ohne Anlegung registrierender Apparate. Es handelt
sich um Reihenaufnahmen bei Sängern und Sängerinnen, die, unter
bestimmten Kautelen der Stellung, der räumlichen Entfernung und der
Markierung besonders wichtiger Körperpunkte gewonnen, der ge¬
nauen Messung und Kontrolle zugänglich gemacht werden, ohne dass
eine Beeinträchtigung der phonischen Tätigkeit, wie sie das Anlegen
von Registrierapparaten in der Regel mit sich bringt, erfolgt.
2. Oszillographische Klangaufnahmen, gewonnen mit einem neuen
Apparat, dessen Beschreibung eine Abbildung veranschaulicht.
3. Kissenartiger Apparat aus einem feinen, metallartigen, mit Asbest
durchflochtenen Gewebe, der durch elektrischen Strom Wärmegrade
bis zu 65° erzeugt und zur Behandlung der phonasthenischen Dys-
ästhesien und Parästhesien angewendet wird.
4. Kleines Instrument zur Registrierung der Zungen- und Mund¬
bewegungen (Abbildung).
5. Kombination der Halsbandelektrode mit einem gegen den
Zungengrund federnden Hebel, wodurch die Arbeit des Zungengrundes
im Verhältnis zu dem benachbarten Teil, namentlich zum Kehlkopf,
beobachtet werden kann.
Kunstgesang und Wissenschaft. Von Dr. Ernst B a r t h - Berlin.
(Ibidem, Heft 2 und 3.)
Verf. verbreitet sich in ausführlichen Darlegungen über die Tat¬
sache. dass, wenn auch die Nachahmung eines mustergültigen Vor¬
bildes als vorzügliches und in vielen Fällen einziges Unterrichtsmittel
seit jeher Geltung hat. doch zwischen Kunstgesang und Stimmwissen¬
schaft die mannigfachsten Beziehungen bestehen. Für den Unter¬
richt sind die Hilfsmittel, die die Stimmphysiologie an ctte Hand gibt,
in den meisten Fällen nicht zu entbehren. Es gilt dies in dem Sinne,
dass ..die Wissenschaft nicht Meisterin, sondern eine hilfreiche
Dienerin der Kunst sein kann“. Freilich ist dazu vollständige, auf
klaren Vorstellungen beruhende Beherrschung der wichtigsten ana¬
tomisch-physiologischen Dinge von Seiten des Pädagogen erforder¬
lich. Den Schluss der interessanten Ausführungen bildet ein kurzer
Hinweis auf die Beziehungen in pathologischer Hinsicht und die
ärztliche Beratung bei der Wahl des Sängerberufes.
Ueber das Kommandieren. Von Stabsarzt Dr. Zumsteeg-
Ulm. (Ibidem, Heft 4.)
Die Ruf- oder Kommandostimme steht in einem ganz bestimmten
Verhältnis zur Sprechstimme: in dem einer Oktave. Besteht hier ein
Missverhältnis — in der Regel dadurch, dass zu hoch kommandiert
wird — , so treten Störungen auf. die sich naturgemäss umsomehr
geltend machen werden, wenn schon die Sprechstimmlage eine zu
hohe ist. Es muss deshalb erst die Sprech- dann die Kommando¬
stimme systematisch auf die richtige Lage eingeübt werden. Es er¬
geben sich als Forderungen: 1. Man hole tief Atem vor dem Komman¬
dieren. 2. Man gebe das Kommando mit weichem Stimmeinsatz,
nicht so. dass die Stimmlippen mit hörbarem Knall sich öffnen (harter
Stimmeinsatz), sondern kaum hörbar angehaucht. 3. Für die Ver-
nehmbarkeit des Kommandos ist hohes Kommandieren erforderlich.
Man kommandiere so hoch, als es dem Stimmorgan möglich ist,
ohne dass es mit Unlustgefühlen reagiert.
Die Störungen der Singstimme mit besonderer Rücksicht auf
ihre Ursachen. Von Prof. Dr. Holger Mygind - Kopenhagen.
(Ibidem Heft 5 und 6.)
Unter Zugrundelegung seiner an 250 Patienten gesammelten Er¬
fahrungen bespricht M. die Ursachen der Stimmerkrankungen, vor
allem die gross^ Bedeutung der Chlorose (40 Proz. unter sämtlichen
untersuchten Sängerinnen) und des übermässigen und falschen Ge¬
brauches des Stimmorganes, weiterhin die verschiedenen Formen
von Störungen (Unreinheit des Tones, Stimmermüdung, Schleim¬
ansammlung. mangelhafte Resonanz, Gefühl von Trockenheit. Par¬
ästhesien) und die bekannten organischen Veränderungen (Hyper¬
ämie. Knötchenbildung, Paresen, Tracheitis, Pharyngitis, Tonsillitis
chron. Chron. Rhinopharyngitis, für die Singstimme von grosser Be¬
deutung. wurde unter sämtlichen Erkrankungen am häufigsten ge¬
funden (108 Fälle), während die für die Singstimme besonders dele¬
tären atrophischen Zustände des Nasenrachenraumes selten sind
(II Fälle). Kurze Bemerkungen über die Therapie beschliessen die
Arbeit.
Laryngoskopie bei geschlossenem Munde. Von San.-Rat Dr.
E 1 a t a u - Berlin. (Ibidem Heft 6.)
Beschreibung des bekannten Kehlkopfendoskops, seiner Vorzüge
und der Einführungstechnik. In stimmärztlicher Hinsicht kommt, da
keine Dehnung durch Zungenzug stattfindet, dieser Untersuchungs¬
methode besondere Bedeutung zu für das Studium der Funktions¬
bewegungen im Normalen und Pathologischen, ferner für die Be¬
obachtung gewisser artikulatorischer Vorgänge, sowie für strobo¬
skopische Zwecke und photographische Darstellungen.
Ueber die optischen Verhältnisse des Kehlkopfendoskops. Von
Th. S. F 1 a t a u - Berlin. (Iibdem Heft 8 und 9.)
Ausführliche, zu kurzem Referat nicht geeignete Beschreibung
der Theorie des von F 1 a t a u modifizierten H a y s sehen Instrumentes
und der aus der Konstruktion resultierenden Vorzüge.
Der Wert klimatischer Kuren für Berufssänger und -Sprecher.
Von Dr. M. B o c k h o r n - Nordseebad Langeoog. (Ibidem Heft ID
und II.)
Empfehlung des Seeklimas, das neben der wohltuenden Reiz¬
wirkung auf die Haut (Durchblutung) vor allem als Luft- (nicht
Sonnen-) Bad ein wirksames Beruhigungsmittel darstellt, während
das See b a d sich nicht für alle Fälle eignet. Gymnastik und Sport
sind wichtige psychische und damit auch wesentliche Heilfaktoren.
Die reinigende Wirkung des Seeklimas, die die Heilung bezw. Bes¬
serung unterstützt und vorbereitet, zeigt sich oft besonders rasch
bei den trockenen Katarrhen der oberen Luftwege, besonders der
Nase und des Rachens und — durch Ausschaltung des durch das an¬
haltende heftige Räuspern bedingten Reizes — auch des Kehlkopfes.
Im Verein mit der Wirkung auf die Bronchien resultiert weiterhin
eine Verbesserung der Atmung. Das durch seine Reinheit heilkräftige
Seeklima wird auch für die Rekonvaleszenz nach operativen Eingriffen
und weiterhin zur Nach- und Ferienkur bei Phonasthenie, zunächst in
der Wirkung auf die Gesamtkonstitution, sodann zur Fortsetzung
stimmtechnischer Uebungen empfohlen.
Disposition und Indisposition beim Singen. Von Prof. Dr. Fla-
t a u - Berlin. (Ibidem Heft 12.)
Neben verschiedenen, in dem sehr lesenswerten Aufsatz ange¬
führten. mehr äusseren Momenten und gewissen, auf psychischen
und physischen Reaktionen beruhenden Störungen (Lampenfieber.
Menses), die die stimmliche Leistung beeinträchtigen, ohne dass der
Sing- oder Sprechmechanismus direkt beteiligt ist, wird, was die
örtlich ausgelösten Indispositionen betrifft, als grosse Gefahr für die
Stimme, besonders bei Anfängern, die berufliche Verwendung des Or¬
gans bei nicht ganz intaktem Stimmaoparat genannt. Bei entzünd¬
lichen Veränderungen nicht nur des Kehlkopfes, sondern auch der
übrigen Luftwege, ist in jedem Falle strengste Berufsenthaltung zu
üben bis zur völligen Heilung.- Vor der Applikation anästhesierender
und anämisierender Mittel, durch die die Singfähigkeit behufs Er¬
möglichung einer Vorstellung einige Stunden künstlich erhalten wer¬
den soll, warnt Fl., weil dadurch die Gefahr einer stimmlichen
Schädigung nicht nur nicht eliminiert, sondern im Gegenteil ge¬
steigert wird. Auf rein funktioneller Basis beruhende, vorüber¬
gehende Indispositionen sind durch geeignete stimmgymnastischc
Behandlung zu bekämpfen, während beim gehäuften Auftreten der¬
artiger Störungen und Verdacht auf beginnende chronische Phon¬
asthenie jede Berufsausübung in der Regel bis zur völligen Herstellung
zu unterbleiben hat.
Singstimme und Nasenresonanz. Von Prof. Dr. R c t h i - Wien.
(Ibidem, VII. Jahrgang, Heft 2.)
Vergleiche das Referat in No. 45, 1912, S. 2474 der Münchener
medizinischen Wochenschrift.
Kleinste Larynxtumoren und ihre Behandlung. Von Erich
K r fi g e r. Inaug.-Dissertation Berlin 1912.
Kurzen Erörterungen hinsichtlich Aetiologie, Pathologie und
Therapie der als Sängerknötchen bekannten Gebilde folgt die
Beschreibung von 9 Fällen (beobachtet an der Abteilung für Stimm-
und Sprachstörungen der Ohrenklinik der Kgl. Charitee) die bei Ueber-
anstrengung des Stimmapparates Verdickungen an verschiedenen
Stellen der Stimmlippen aufwiesen In 2 Fällen von reinen Sänger¬
knötchen konnten mikroskopisch Hyperplasie und Verhornung der
Schleimhaut, aber keine Drüsen nachgewiesen werden. Es sprechen
diese Befunde, wie die vieler anderer Autoren, gegen die Frankel-
sche Theorie, nach der die Sängerknötchen zu einer an der Grenze
des vorderen und mittleren Drittels der Stimmlippe dicht unterhalb
des Randes gelegenen Drüse in Beziehung stehen. Zur momentanen
Entfernung der Knötchen wurde eine schneidende Kürette nach
Katzen stein verwendet, zur Behandlung durch Aetzung dient
ein ebenfalls von Katzenstein angegebener, mit einer Delle
versehener Aetzmittelträger von der Form einer Kehlkopfsonde, bi
die Vertiefung des Instrumentes wird ein Tropfen einer 20 proz. Arg.-
nitr. -Lösung oder einer 10 — 25 proz. Chromsäurelösung gebracht.
Zimmermann - München.
Inauguraldissertationen. *)
Die Erfolge der Vakzinetherapie bei der
Gonorrhöe hat Karl Reber zum Gegenstand seiner Untersuch¬
ungen an der Berner geburtshilflich-gynäkologischen Klinik gemacht.
Auf Grund seiner Erfahrungen schreibt er den Gonokokkenvakzinen
einen spezifisch diagnostischen Wert zu. Sichere Erfolge sind mit
der Vakzinetherapie bei gonorrhoischen Adnexerkrankungen zu ver-
D Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
210
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
zeichnen, bei Urethral-, Zervix- und Uterusgonorrhöe dagegen keine
Erfolge zu erwarten. (Bern 1912. 16 S. A.-Q. Hallersche Buchdr.)
Fritz L o e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Berlin. Dezember 1912.
Gutzmann Friedrich: Ueber Kaiserschnitte bei Geburtsstörungen
nach antefixierenden Operationen am Uterus.
Dan sei Ernst: Ueber primäre Muskeltuberkulose.
Reinike Elisabeth: Zur Kenntnis des kongenitalen Ulnadefekts.
Britzmann Bernhard: Beitrag zur Myosotis ossificans circum¬
scripta traumatica.
N e u m a n n Eugen Aloysius : Ueber die Beziehungen der Lzmpho-
zytose zu Erkrankungen des menschlichen Auges mit besonderer
Berücksichtigung der Verletzungen.
Sprengler Johannes: Ueber die Folgen des Verlustes des Mittel¬
fingers für die Brauchbarkeit der Hand.
Ornstein Otto: Ein Fall von Botulismus.
Schulz Arthur: Zur Kenntnis der Fermente der Purinreihe.
Schniirpel Eberhard: Ueber Spontanfrakturen bei Tabes dorsalis
unter Beschreibung eines Falles von spontaner Beckenfraktur.
Heinrichsdorff Adele: Ueber die Beziehungen der perniziösen
Anämie zum Karzinom.
Universität Freiburg i. Br. Dezember 1912.
Egle Franz: Zur Differentialdiagnose von multipler Sklerose und
Kleinhirntumoren.
Hirschberg Felix: Ueber Meningitis cerebrospinalis epidemica.
Jaeger Alfred: Die Arthritis bei Tabes und Syringomyelie.
Joseph Hans Ludwig: Zur Geschichte der allgemeinen Pathologie.
Lenel Rudolf Otto: Ueber Rückenmarksdegenerationen bei per¬
niziöser Anämie.
Weiss Berthold: Ueber hohen Gradstand.
Wietfeld Heinrich: Vierzehn Fälle von Sexualvergehen.
Universität Königsberg. September — Dezember 1912.
Mathias Ernst: Die Asepsis in der Gynäkologie.
Döhring Franz: Ueber die Feststellung des ursächlichen Zu¬
sammenhanges zwischen Tod und Betriebsunfall.
Aschkonasi Dagobert: Ueber die Entzündung der Schulter¬
gelenkschleimbeutel mit Verkalkung.
Hur witz Salomon: Ueber das Sarkom der Nase, insbesondere das
Septumsarkom.
Universität Marburg. Dezember 1912.
Baer Max: Ueber die Todesursache beim Aortenaneurysma.
Lippert Ernst: Experimentelle Studien über das Verhalten der
Blutgase bei Erkrankungen der Lunge und der luftführenden Wege.
Universität München. Dezember 1912.
Ossendorff Kurt: Ueber Uterusruptur und ihre Behandlung.
Schwarz Josef: Beiträge zur speziellen Pathologie der Neben¬
nieren.
Stieve Hermann: Transplantationsversuche mit dem experimentell
erzeugten Riesenzellengranulom. (Mit 2 Tafeln.)
Heinz Edmund: Ein Beitrag zur Lehre von der Lymphogranulo-
inatosis.
Pfister Karl: Ein Fall von heterotypem Lungenmischkrebs.
Gruhle Hans W. : Ergographische Studien.
Schmolck Walter: Ueber ein sogen. Rankenangiom des Gehirns.
Frankfurther Walter : Arbeitsversuche an der Schreibmaschine.
Knorr Hans: Beitrag zur Kenntnis der Trichinellenkrankheit des
Menschen.
Mozdzynski Tadeusz: Ein Fall von Luxatio femoris iliaca
traumatica mit Epiphysenlösung und Bildung eines Kallus
luxurians. (Mit 2 Abbildungen.)
v. Dessauer Erwin: Beiträge zur Kasuistik der Neurofibrome.
Herrmann Oskar: Ueber die Phlegmone der Magenwand.
Georgi Walther: Experimentelle Untersuchungen zur Embolie¬
lokalisation in der Lunge.
Grab ich Hans: Fall eines eingekeilten Zervixmyoms unter der
Geburt, Kaiserschnitt und Totalexstirpation.
Beyrer Wilhelm: Klinik der Stirnlagen. 46 Fälle der Kgl. Uni¬
versitäts-Frauenklinik in München aus den Jahren 1885 — 1911.
Heidkamp Hans: Beitrag zur Tuberkulose der Hypophyse.
Riester Heinrich: Milzexstirpation nach Schussverletzung.
Barjaktarovic Boginja : Ovariotomie während Schwanger¬
schaft, Geburt und Wochenbett.
Kaufmann Martin: Pseudomyxoma peritonei ex processu vermi-
formi neben Adenokarzinom der Appendix. (Mit 2 Abbildungen.)
Wayneroff-Winarow E.: Ueber Tuberkulose der Vulva.
Chwilewizky Mnoucha: Ueber die Beschleunigung der Nitrit¬
produktion in Kulturen von Choleravibrionen in Nitratbouillon
durch deren vorhergehendes Wachstum auf verunreinigtem Boden.
Müller Oskar: Ueber seltenere innere Hernien mit besonderer
Berücksichtigung eines Falles von „Psoashernie“.
Universität Tübingen. Dezember 1912.
Haccius Alex: Beiträge zur Salvarsanbehandlung der Syphilis.
Jooss K. E. : Die Augenverletzungen in der Tübinger Klinik im
Jahre 1910.
Katz Tob. Friedr. : Myom-Sterilität? Sterilität-Myom?
Lanz Julius: Bericht über die Wirksamkeit der Universitäts-
Augenklinik zu Tübingen für das Jahr 1911.
Prinzing Fritz: Ueber Meiostagminversuche bei Typhus.
Wieland Otto: Ueber seltene Aneurysmaerkrankungen.
Auswärtige Briefe.
Berliner Briefe.
(Eigener Bericht.)
Delegiertenversainmlung des Zentralverbandes der Kassenärzte
von Berlin. — Grundsätze für kassenärztliche Verträge. — Experi¬
mentelle Eingriffe an Kranken. — Organisation einer Wohnungspflege
und Wohnungsaufsicht.
Um zu den veränderten Verhältnissen, welche mit dem Inkraft¬
treten der Reichsversicherungsordnung für die Krankenkassen und
ihre Aerzte geschaffen werden, Stellung zu nehmen, waren die kassen¬
ärztlichen Vereinigungen Berlins zu einem Zentralverbande zu¬
sammengetreten, der unabhängig von dem Arztsystem und den beson¬
deren Interessen der einzelnen Gruppen, allgemeine Grundsätze für
die künftigen Verträge mit den Kassen aufstellen sollte. Der mit
dieser Aufgabe betraute Ausschuss hat jetzt seine Arbeiten so weit
beendet, dass er einer Delegiertenversammlung des Zentralverbandes
die Grundsätze zur Beratung unterbreiten konnte. Der Vorsitzende,
Herr Moll, wies darauf hin, dass ein fester Zusammenschluss der
Aerzte eine unabweisbare Notwendigkeit sei, denn zurzeit könne kein
Arzt wissen, ob die Kasse, bei der er tätig ist, nach dem 1. Januar
1914 noch bestehen werde, und ob ihm nicht dann der Boden, auf
dem seine Existenz ruht, entzogen werde. Welche Bedeutung die
Frage für die Berliner Kassenärzte hat, geht daraus hervor, dass im
Zentralverbande die Aerzte von weit mehr als einer Million Kassen¬
mitglieder vertreten sind. Der Ausschuss ist sich bei der Aufstellung
der Grundsätze wohl bewusst gewesen, dass die Forderungen keine
zu hohen sein dürfen, weil die Kassen eine gesetzliche Einrichtung
sind und ihre Interessen deshalb ebenso sehr berücksichtigt werden
müssen, wie die der Aerzte; die Grundsätze haben daher die Bedeu¬
tung einer Mindestforderung der Aerzte. Herr Sternberg er¬
läuterte alsdann die Gesichtspunkte, welche bei den Arbeiten des
Ausschusses massgebend gewesen sind. Das ärztliche Honorar bei den
Krankenkassen ist als solches aus den amtlichen Statistiken nicht
ersichtlich, weil es in diesen mit einer Anzahl anderer Ausgaben
für Krankenversorgung zusammengefasst ist; es dürfte im Durch¬
schnitt des Reiches auf ungefähr 5 M. pro Kopf der Kassenmitglieder
zu schätzen sein. In Berlin ist es erheblich geringef, das ist um so
weniger gerechtfertigt, als die Lebensverhältnisse hier teurer sind;
und wenn es diese Höhe in Zukunft erreichen sollte, so wäre damit
die Einengung der Privatpraxis infolge der Erhöhung der Versiche¬
rungsgrenze und der Erweiterung der Versicherungsberechtigung
noch nicht ausgeglichen. Für die künftigen Forderungen sollen daher
massgebend sein die Interessen der Aerzte auf der einen Seite und
die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kassen auf der anderen. Da¬
mit kommt in den kassenärztlichen Verträgen ein Grundsatz zur Gel¬
tung, der in der Privatpraxis stets gegolten hat, nämlich dass der
Bessersituierte ein höheres Honorar zu zahlen hat als der Weniger-
bemittelte; bisher musste auf Grund der Meistbegünstigungsklausel
jeder Vorteil, der irgend einer Kasse gewährt wurde, auch den
anderen zugute kommen. Aber eine solche Differenzierung lässt sich
nicht mechanisch durchführen. Wollte man, wie es in manchen Be¬
zirken Deutschlands geschehen ist. einen bestimmten Bruchteil der
Kasseneinnahmen als Arzthonorar festsetzen, so kämen bei der Ver-
schiedenartigkeit der finanziellen Lage der Kassen sehr erhebliche
Unterschiede heraus, so dass die eine doppelt so viel pro Mitglied
zahlen müsste als eine andere. Um hier einen Mittelweg zu finden,
wird vorgeschlagen, das Honorar nach den Beiträgen abzustufen.
Diese schwanken bei den Berliner Kassen zwischen 27 und 60 M.
pro Jahr. Es soll nun eine Gruppeneinteilung stattfinden und für die
niedrigste Gruppe, d. i. diejenige mit einem Mitgliederbeitrage von
nicht über 30 M., eine Grundgebühr festgelegt werden, zu der dann
in einer Staffelung von 5 zu 5 M. der Beiträge Zuschläge gefordert
werden. Die Höhe der Grundgebühr und der Zuschläge soll einer
späteren Beschlussfassung Vorbehalten bleiben, zumal da jetzt noch
nicht feststeht, welche Leistungen in Zukunft von den Kassen ver¬
langt werden. Zur Frage der Angemessenheit des Honorars ist eine
oberlandesgerichtliche Entscheidung von Interesse, die a’oer noch das
Reichsgericht beschäftigen wird. Danach wird eine Festlegung des
Arzthonorars bis zu 25 Proz. der höchstmöglichen Kasseneinnahmen
als gebührende Berücksichtigung der Kassenfinanzen betrachtet. Das
würde für Berlin 16 M. pro Kopf der Mitglieder bedeuten, eine
Summe, die die kühnsten Forderungen übersteigt. Im Jahre 1910
wurden im Durchschnitt des Reiches 21 % Proz. der Einnahmen für
ärztliche Behandlung verwendet, in Berlin nur 13 % Proz.
Die allgemeinen Grundsätze für kassenärztliche Verträge sind
mit grosser Sorgfalt ausgearbeitet und suchen den mannigfaltigen
Schwierigkeiten, die sich im Laufe der Jahre in der kassenärztlichen
Praxis ergeben haben, gerecht zu werden. Sie sind infolgedessen
sehr eingehend und ausführlich zusammengestellt, und über einige
konnte noch kein Beschluss gefasst werden, diese wurden an den Aus-
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
211
schiiss des Zentralverbandes zur nochmaligen Prüfung zurückver¬
wiesen. Die Grundsätze besagen im wesentlichen folgendes: Dem
kassenärztlichen Honorar wird, unbeschadet der Form, in der es zur
Verteilung kommt, ein Pauschale zugrunde gelegt, das nach der Zahl
der Mitglieder berechnet wird; dadurch wird den Kassen die Möglich¬
keit einer festen Etatsaufstellung gegeben. Von dem Pauschale dür¬
ren keinerlei Abzüge für fremdärztliche Hilfe, Verbandmaterial,
Bureau- und Verwaltungsunkosten gemacht werden. Der Sinn dieser
Bestimmung soll der sein, dass die Kassen auf ihre Mitglieder dahin
wirken, möglichst den Kassenarzt in Anspruch zu nehmen; die Aerzte
aber zu den Verwaltungskosten der Kasse heranzuziehen, liegt kein
Grund vor, dagegen haben sie natürlich die Kosten eines von ihnen
selbst eingerichteten Bureaus zu tragen. Der folgende Paragraph will
für die nach § 176 R.V.O. versicherungsberechtigten und nach § 313
die Versicherung fortsetzenden Mitglieder den Nachweis erbracht
.vehen, dass das Einkommen der Betreffenden 2500 M. bezw. 4000 M.
nicht übersteigt. Dadurch soll verhindert werden, dass mehr Per¬
sonen in die Versicherung einbezogen werden, als dem Sinne des
Gesetzes entspricht; dieser Paragraph soll jedoch erst einer noch¬
maligen Prüfung unterzogen werden. Bei Verträgen mit Kassen¬
verbänden oder Kassenvereinigungen sind Rechtsgarantien zu
schaffen, die den Aerzten für die Dauer des Vertrages den unge¬
schmälerten Bezug des Honorars gewährleisten; dadurch soll ver¬
hindert werden, dass die Kassen durch Austritt aus dem Verbände
sich ihren Verpflichtungen entziehen, während die Aerzte an den
Vertrag gebunden sind. Die Meistbegünstigungsklausel fällt weg,
den Aerzten steht vielmehr das Recht zu, nach der Finanzlage der
Kasse, der Dauer der gewährten Krankenhilfe und anderen Gesichts¬
punkten Differenzierungen zu fordern. Auch die Reservefondsklausel
fällt weg, d. h. vereinbarte Honoraraufbesserungen müssen während
der Vertragsdauer unabhängig von den Jahresabschlüssen der Kasse
eintreten. Das Honorar für Nachuntersuchungen im Interesse der
Kassen fällt diesen. zur Last. Atteste, Gutachten und Bescheinigungen,
welche die Mitglieder nicht für die Kassen brauchen, unterliegen der
Vereinbarung zwischen Mitgliedern und Aerzten. Die Honorare sollen
bei allen Verträgen nach demselben Modus berechnet werden, wobei
den Kassenärzten eine Kontrolle über die gemachten Angaben zu¬
steht; dadurch soll verhindert werden, dass sich aus der Verschieden-
artigkeit in der Berechnung des Mitgliederbestandes Schwierigkeiten
ergeben. Die vereinbarten Grundsätze gelten für eine zu bestim¬
mende Zeitdauer, innerhalb deren Verträge auf beliebig lange Zeit
abgeschlossen werden können; kurzfristige Verträge dürfen nur bis
zum Ablauf der vereinbarten Grundsätze verlängert werden. Die
Kündigungsfrist für alle Verträge wird auf 3 Monate festgesetzt. Für
laufende Verträge werden Uebergangsbestimmungen festgesetzt. Bei
Vertragsverlängerungen mit derselben Gruppe sind alle bisherigen
4erzte wiederanzustellen, ausgenommen solche, die auf Grund der
Entscheidung eines Schiedsgerichtes entlassen werden, und beim
ixierten Arztsystem solche, deren Stellen infolge unzureichender Be¬
schäftigung eingehen. Mit Aerzten, die im Laufe der Vertragsdauer
neu angestellt werden, dürfen nur die vereinbarten Verträge und nur
bis zum Ablaufe der Vertragsdauer abgeschlossen werden. Ein von
Jem Kassenarzt mit seiner Vertretung betrauter Arzt darf nur aus
Gnem wichtigen Grunde abgelehnt werden; darüber, sowie über die
rortdauer der kassenärztlichen Tätigkeit bei einem Wohnungswechsel
des Arztes entscheidet das Schiedsgericht. Instruktionen und Ge¬
schäftsanweisungen bilden einen integrierenden Bestandteil der Ver¬
züge; sie dürfen daher in keinem Punkte zu den getroffenen Verein¬
barungen in Widerspruch stehen und dürfen während der Vertrags¬
dauer mit Zustimmung der Aerzte geändert werden. Die ärztliche
Koalitionsfreiheit darf durch keinerlei Bestimmungen beschränkt wer¬
fen. Der folgende Paragraph verlangt Bestimmungen, die den
Kassenärzten eine ausreichende Ruhe an Sonn- und Feiertagen ge¬
währleisten; darüber sollen aber noch vom Ausschuss des Zentral-
rerbandes Einzelvorschläge gemacht werden.- Sehr wichtig ist der
lächste Grundsatz: Für die begrenzte freie Arztwahl und das fixierte
Mztsystem werden Einrichtungen zur Regelung der Bewerbung und
Anstellung getroffen. Damit sollen Protektionswesen und ähnliche
mliebsame Erscheinungen verhindert und unter Berücksichtigung des
Bedarfes und der Anciennität allen Aerzten die Möglichkeit eröffnet
werden, bei den Kassen auch mit diesen Arztsystemen tätig zu sein,
-sjyjirde gewünscht, dass Familienbehandlung nur gewährt werde,
wenn die Kasse den Familienmitgliedern keine freie Arznei gewährt;
dieser Paragraph wurde aber an den Ausschuss zurückverwiesen,
-ur Schlichtung von Streitigkeiten über die vereinbarten Grund¬
sätze werden paritätische Schiedsgerichte geschaffen. Streitig¬
keiten aus dem Vertrage unterliegen der Entscheidung eines pari¬
atischen Schiedsgerichtes oder einer Beschwerdekommission, deren
irztliche Mitglieder von den Kassenärzten gewählt werden. Wenn
üch das paritätische Schiedsgericht nicht einigen kann, so wählt es
inen unparteiischen stimmberechtigten Obmann; kann es sich über
die Person des Obmannes nicht einigen, so wird das Amtsgericht
Berlin-Mitte ersucht, einen zu stellen. Im ersten Vierteljahr des
Uzten für die Dauer der Grundsätze massgebenden Jahres finden
ieue Verhandlungen über die weitere Geltung der Grundsätze statt.
, Da die vom Zentralverbande aufgestellten Grundsätze die
irundlage für die Verhandlungen mit der Zentralkommission der
berliner Krankenkassen bilden sollen, ist es interessant, wie sie von
lern Organ der Arbeiterpartei, dem „Vorwärts“, aufgenommen
werden, ln diesem Blatte wird anerkannt, dass in der Versammlung
die Referenten sowohl wie die Diskussionsredner sich von jeder
Scharfmacherei gegen die Kassen ferngehalten haben, und dass die
Forderungen keine übermässigen, sondern teilweise bereits erfüllt,
in manchen Orten sogar überholt sind. Mit Befriedigung wird hervor¬
gehoben, dass das Arztsystem in den Grundsätzen keine Rolle spielt;
und schliesslich wird die Erwartung ausgesprochen, die auch der
Referent betont hatte, dass es auf der Basis dieser Vorschläge ge¬
lingen werde, zu einer Einigung zwischen Aerzten und Kranken¬
kassen zu kommen.
Der Antrag betr. experimentelle Eingriffe an Kranken, über den
wir in No. 2. dieser Wochenschrift berichtet hatten, beschäftigte in
der vorigen Woche die Stadtverordnetenversammlung. Anlass dazu
hatte der Vortrag über ein Mittel zur Bekämpfung und Verhütung
der Tuberkulose gegeben, der im November v. J. die „Medizinische
Gesellschaft“ und auch die Oeffentlichkeit beschäftigt hatte, und
über den in No. 46 und 47 dieser Wochenschrift ebenfalls berichtet
wurde. Der Antragsteller wendet sich gegen die Kritik, die sein
Antrag verschiedentlich in der medizinischen Presse gefunden hat,
ohne aber diese Kritik in irgend einem Punkte entkräften zu können,
und wendet sich dann sehr energisch gegen die Versuche, die der
dirigierende Arzt des Waisenhauses zu prophylaktischen Zwecken
an Kindern angestellt hat. Er bezeichnete das als einen unerhörten,
frivolen Vorgang, einen Hohn auf die Barmherzigkeit und soziale
Gesinnung, einen Missbrauch der anvertrauten Kinder, kurz er suchte
in seinen Ausführungen den Mangel an Sachlichkeit durch Heftigkeit
der Ausdrücke zu ersetzen. Das tat er so temperamentvoll, dass
der Vorsitzende ihn ersuchen musste, in seinen Angriffen gegen einen
Abwesenden nicht zu weit zu gehen. Bei der Besprechung über die
Wirkungen jenes Vertrages hatten auch wir die Folgen der voreiligen
Kritik und der noch voreiligeren Berichterstattung bedauert; aber
niemanden kam es in den Sinn, den Aerzten, die nicht nur im besten
Glauben, sondern auch gestützt auf die erwiesene Unschädlichkeit
mit den nötigen Vorsichtsmassregeln das Mittel anwandten, daraus
einen Vorwurf zu machen. Nach den Ausführungen des Antrag¬
stellers wurde es Herrn Landau nicht schwer, dessen Vorwürfe
zu entkräften und den angegriffenen Arzt in Schutz zu nehmen, der
nicht nur nicht leichtfertig gehandelt habe, sondern wie ein vor¬
sichtiger, um das Wohl seiner Pflegebefohlenen besorgter Mann;
denn das in Rede stehende Mittel war bereits bei Hunderten von
Kindern, unter andern auch von einem Arzt an seinem eigenen Kinde
angewandt worden. Der Versuch, es den ihm anvertrauten, meist
sehr elenden, aus tuberkulösen Familien stammenden Kindern zugute
kommen zu lassen, war also • durchaus gerechtfertigt. Der Redner
betonte bei dieser Gelegenheit, dass überhaupt noch niemals ein
Mensch von Medizinern als Versuchskaninchen zu Experimenten
benutzt worden sei; derartige Eingriffe dürfen nicht einmal bei zum
Tode verurteilten Verbrechern vorgenommen werden. Nachdem ein
Magistratsmitglied erklärt hatte, dass das Vorgehen des betreffenden
Arztes vom Magistrat zwar nicht gebilligt werden konnte (weil es
ohne Vorwissen der Waisenverwaltung geschah, also aus formellen
Gründen), dass ihn aber nicht der Schatten eines Vorwurfes treffe,
und dass der Fall der Waisenverwaltung keinen Anlass gebe, neue
Anordnungen zu treffen, wurde der Antrag zurückgezogen.
Damit könnte der Eindruck erweckt werden, als ob die ganze
Angelegenheit verlaufen wäre wie das Hornberger Schiessen, aber
ganz so harmlos ist es doch nicht. Was pro und contra gesagt
wurde, und die schliessliche Abfuhr wird schnell vergessen, und
semper aliquid haeret. Dass eine Beunruhigung in weite Schichten
der Bevölkerung getragen, die bestehende Abneigung gegen die
Krankenhäuser gesteigert wird, hätte vermieden werden können,
wenn der Antrag ungestellt geblieben wäre. Hoffentlich werden
sich bessere positive Resultate aus der nächsten Stadtverordneten¬
sitzung ergeben, in der eine Vorlage über die Organisation einer
Wohnungspflege und Wohnungsaufsicht zur Beratung steht. Als
Grundlage der zu schaffenden Einrichtung soll zunächst eine amtliche
und unparteiische Erforschung der wirklichen Wohnungsverhältnisse
in die Wege geleitet werden; das sei notwendig, weil in der Oeffent¬
lichkeit so viele Behauptungen über die Zustände, die im Gross-
Berliner Wohnungswesen herrschen, aufgestellt seien, dass sie einer
amtlichen Klärung bedürfen. Die zweite Aufgabe soll die sein, im
Rahmen des Erreichbaren die Misstände im Wohnungswesen abzu¬
stellen: Die Wohnungskontrolle soll sich im wesentlichen auf kleine
Wohnungen und auf das Schlafstellenwesen erstrecken. Man wird
versuchen, Vorgefundene Mängel zunächst durch gütliches Zureden
und Erteilung von Ratschlägen zu beseitigen; die Mieter sollen an
zweckmässige Behandlung ihrer Wohnungen gewöhnt, die Vermieter
zur Beseitigung baulicher Missstände angehalten werden. Wo den
Mietern aus pekuniären Gründen die Befolgung der erteilten Rat¬
schläge unmöglich ist, sollen ihnen aus einem Fonds, der freilich vor¬
läufig noch klein ist, Beihilfen gewährt werden. An der Spitze der
Organisation soll eine Deputation stehen, während der Schwerpunkt
der praktischen Tätigkeit in ein „Wohnungsamt“, das aus Berufs-
bearnten gebildet wird, verlegt wird. Der Magistrat hofft, dass durch
Uebertragung der Wohnungspolizei an die Stadt die Wohnungs¬
fürsorge noch wirksamer wird gestaltet werden können, wenn auch
beabsichtigt ist, polizeiliche Massregeln nach Möglichkeit zu ver¬
meiden. M. K.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
212
Vereins- und Kongressberichte.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
VI. Sitzung vom 9. November 1912.
Vorsitzender: Herr Rudolf Panse.
Der Vorsitzende gibt eine Zuschrift der Bildungsanstalt Ja-
ques-Dalcroze bekannt.
Der 1. Schriftführer verliest die eingegangenen Drucksachen.
Tagesordnung:
Herr Weber: Kurze Demonstration zur angeborenen Duodenal-
atresie.
W. berichtet über eine zweite Operation wegen angeborener
Verengerung des Duodenums mit epidiaskopischen Demonstrationen.
Das betreffende Kind erbrach seit der Geburt alles Genossene untei
Beimengung von Gallebestandteilen, zeigte Hungerstühle und starke
peristaltische Wellen im Oberbauch. Ein Milchstuhl am 11. Lebens¬
tage bewies, dass der Verschluss im Dünndarm nicht ganz voll¬
ständig sein konnte. Die Operation unter Novokain deckte eine
starke Ausdehnung des Magens und der ersten ~la des Duodenums
auf, von der Plica duodeno-jejunalis waren die Darmschlingen völlig
zusammengefallen. Keinerlei peritoneale Stränge. Verwachsungen
oder dergleichen. Die hintere Gastroenterostomie war schwierig
wegen der Kleinheit der Verhältnisse, gelang aber technisch; ob
auch funktionell, konnte nicht entschieden werden. Denn das Kind
starb bereits nach 6 Stunden. Die Sektion ergab ausser einer niässi-
gen Menge Blut in der Bauchhöhle einen trommelfellartigen Mem¬
branverschluss am Ende des Duodenums, aber noch hinter dem
Bauchfell, mit einer feinen gangähnlichen Verbindung in den zu¬
sammengefallenen Darmteil unterhalb der Membran. Hierdurch war
der Milchstuhl erklärt. Bis auf einen einzigen Fall vdn Fockens
in Rotterdam sind bisher sämtliche Operationen wegen angeborener
Dünndarmverengerung tödlich ausgegangen. Der hier besprochene
Fall wird ausführlich in der „Med. Klinik“ veröffentlicht werden.
Diskussion: Herr Friedrich Hesse berichtet über einen
Fall von kongenitaler Atresie des Dünndarms ca. 20 cm
oberhalb der B a u h i n sehen Klappe und demonstriert das
Präparat.
Das 2 Tage alte kräftige Kind kam zur Operation, nachdem es
seit der Geburt anhaltend erbrochen und Mekonium nicht per anum
entleert hatte: der Leib war eher hoch als flach. An ' der Stelle
der Atresie verband ein ca. Vi cm langer, drehrunder, kaum strick¬
nadeldicker Strang zu- und abführenden Darmabschnitt; der ab¬
führende hatte kaum die Dicke eines dünnen Bleistiftes, er war so¬
wohl abnorm dünnwandig wie völlig leer, der zuführende war über
daumenstark, in dem untersten Teil kleinkindsfauststark, voll Meko¬
nium und hatte stark hypertrophische Wandung, als Ausdruck der
vermehrten vergeblichen Darmtätigkeit. Zwischen beiden Schenkeln
wurde die Anastomose — Seit an Seit — ca. 5 — 6 cm lang, aus¬
geführt, eminent erschwert, wie schon oft auch von anderen be¬
tont, durch das Missverhältnis der Dicke der Wandung, besonders
der fast papierdünnen des abführenden Ileums und durch die Gering¬
fügigkeit der Zirkumferenz dieses Teiles. Sofort mit der Eröffnung
des Abdomens quoll fast der ganze, bis zum Magen dilatierte Dünn¬
darm hinaus; in diesem Zustande wurde die Operation ausgeführt;
diesem Schock dürfte, nachdem nur mit grösster Mühe das Einbringen
des Darmes in die Bauchhöhle gelang, der Tod des Kindes — 5 Stun¬
den nach der Operation — in erster Linie zuzuschreiben sein. Die
Aetiologie des Falles ist hier wohl eindeutig: es fand sich ein
unregelmässiger membranöser Strang, der von der linken Bauch¬
seite zur Ileozoekalgegend verlief und einen Ausläufer zur Atresie
schickte; demnach erklärt sich die Entstehung der Atresie mit
grösster Wahrscheinlichkeit aus einer üb erstände neu intra¬
uterinen Peritonitis.
Herr Peters gibt einige Erläuterungen zu dem von Herrn
Hesse eben besprochenen Falle. Die Geburt war wegen Schwan¬
gerschaftsnephritis künstlich eingeleitet worden. Bei dem Neu¬
geborenen trat sehr bald Erbrechen ein, das rasch gallig wurde;
man nahm eine Diinndarmatresie an. Hinsichtlich einer eventuellen
fötalen Peritonitis liess sich nichts Bestimmtes feststellen.
Herr Hans Haenel: Die moderne Tierpsychologie und die
Elberfelder Pferde.
ln den Wandlungen der Tierpsychologie der Jahrhunderte
können 3 Richtungen unterschieden werden: 1. Gewohnheit und
Dogma ziehen eine scharfe Grenze zwischen menschlicher und tieri¬
scher Seelenorganisation. 2. Die moderne Biologie, die auf De s-
cartes fusst und von Jacques Loeb in ihrer heutigen Form be¬
gründet wurde, strebt nach einer Verwischung der Grenzen, indem
sie zu den einfachsten Lebensäusserungen bis zu den Einzelligen
herabsteigt, diese als Tropismen, als zwangsläufige Reizverwertungen
nachweist, diesen Vorgang bis zu den höheren Tieren, ja bis zum
Menschen zu verfolgen sucht und damit die Forderung einer objek¬
tiven, d. h. von Seelenäusserungen freien Psychologie erhebt, ln
einer objektiven Nomenklatur (B e t h e, v. U e x k ii 1 1), in der Empfin¬
dungen durch „Rezeption“, Sinnesorgane durch „Rezeptionsorgane“.
Willkürbewegungen durch „Kinesen, Antikinesen, Tangantikinesen“
usf. ersetzt werden, suchen die extremen Vertreter dieser Richtung
den Nachweis der Durchführbarkeit ihrer Anschauung zu bringen,
mit dem Ergebnis, dass sich gerade dabei ihre Undurchführbarkeit für
die höheren Tiere erweist. Immerhin ist die biologisch-experimen¬
telle Methode zurzeit die herrschende und hat vielfach klärend und
illusionszerstörend gewirkt. 3. Eine dritte Richtung, wohl die älteste
und heute am meisten diskutiert, ist die populär-psychologische, die
im Zusammentragen von Einzelberichten und Erzählungen über liere
deren Menschenähnlichkeit zu entdecken sucht und die durch das
Dogma gezogene Schranke von oben, vom Standpunkte des Menschen
her durchbrechen will. Die vollkommenste Vertretung fand sie viel¬
leicht in Brehms „Tierleben“.
Eine Mittelstellung zwischen den dreien nimmt W. Wundt ein.
Er erkennt eine echte Tierpsychologie an, schreibt den Tieren Affekte,
Assoziationen, Erinnerungen, Bewusstsein zu, zieht aber die Grenze
zwischen der Assoziation und der Intelligenz; den Schritt von jener ,
zu dieser werde heute keines der höheren I iere mehr vollziehen
Zu den dem Menschen reservierten Intelligenzleistungen zählt er die
Bildung von Begriffen, Urteilen und die Phantasietätigkeit. Teilen
wir vorerst einmal die Meinung W u n d t s und der Dogmatiker, so
lautet die Frage: Denken die Tiere nicht aus mangelnder Fähigkeit
oder denken sie vielleicht, können es uns aber wegen des Mangels j
einer Sprache nicht mitteilen, oder können sie nicht denken, weil
ihnen die Denkform, eben die Sprache, fehlt? Die beiden letzteren
Möglichkeiten sind praktisch früher nie ernsthaft in Betracht gezogen
worden; hier setzt die Arbeit zweier Männer ein, v. Osten und!
Krall. 1903 begann in Berlin v. Osten seinen „Klugen Hans“ zu;
demonstrieren, der rechnete und buchstabierte, und nach 2 Jahren
durch Pfungst in einem ausführlichen Gutachten „entlarvt“ wurde;
p f u n g s t kam zu dem Schlüsse : der Hengst denkt nicht, sondern ;
reagiert nur auf Zeichen, die allerdings äusserst fein sind, nur in
unwillkürlichen Millimeterbewegungen des Kopfes bestehen und die j
er selbständig herausgefunden hat. Die öffentliche Laufbahn des ,
Hengstes war damit abgeschlossen; v. Osten und Krall machten;
sich aber im Stillen an eine Nachprüfung und Widerlegung des ;
Pfungst sehen Gutachtens, ausserdem erwarb Krall nach
v. Ostens Tode zwei andere junge Araberhengste und unterrichtete :
sie nach der gleichen Weise. Erst nach 3'A jähriger Arbeit gab er
Anfang 1912 sein Buch „Denkende Tiere“ heraus; ich besuchte ihn!
darauf im Sommer.
Krall begann bei seinen beiden Pferden Muhamed und Zarif;
mit Zählübungen; ein Kegel wird vor des Tier hingestellt, sein;
rechter Vorderlauf gehoben und e i n mal wieder niedergesetzt, dazu
mit Betonung gesprochen: Eins! und die Ziffer 1 mit Kreide an die
Wandtafel geschrieben. Dies wird oft wiederholt und somit die
4 fache Assoziation: Kegel und Zifferbild, Lautbild und Bewegung!
eingeübt. Nach einiger Zeit ebenso die 2, die 3, dabei zugleich
Addition und Subtraktion optisch vorgeführt. Eines Tages bedarf es
des Anfassens am Fusse nicht mehr, auf den Zuruf „Drei!“ hebt das
Pferd von selbst 3mal den Fuss und setzt ihn 3 mal wieder nieder:
die Assoziation zwischen Lautbild und Bewegung läuft ab, obwohl
eines der Glieder in der eingeübten Assoziationskette, die Hilfe mit
der Hand, ausgefallen ist. Später genügt auch das Schriftbild allein,
um das richtige Zählen zu veranlassen. Es geht daraus hervor, dass,
das Tier von dem sinnenmässigen Eindruck los und zu dem Und
sinnlichen, dem Zahl begriff gekommen ist. Das wird weiter be¬
wiesen dadurch, dass es mit den Zahlbegriffen, ohne das Gegen¬
ständliche vor sich zu haben, operieren, d. h. rechnen lernt, und dass
es die erworbenen Anfangsgründe richtig weiter verwertet. So war
ihm gelehrt worden, die Zehn nicht durch 10 maliges Klopfen in:t
dem rechten, sondern durch einmaliges mit dem linken Fusse an¬
zugeben; die Elf mit 1 mal rechts, 1 mal links usf. Als dann die
Aufgabe 19+1 gestellt wurde, gab es von selbst, ohne neue
Anleitung, die Lösung durch 2 Hufschläge links; es hatte also nicht
nur die Zehn sondern auch den Begriff des Zehner erfasst. Für die
Begriffsbildung noch ein anderes Beispiel unter vielen; Als die liere
schon lange rechnen konnten, wurden ihnen Ziffern, auf einzelner
Papptäfelchen gedruckt, vorgelegt: sie versagten dabei vollständig,
versagten auch, als die Täfelchenziffern den Kreideziffern auf dei
Wandtafel so ähnlich wie möglich gemacht wurden, und es stellte
sich schliesslich heraus, dass sie die Wandtafel als einen wesent¬
lichen Bestandteil der Ziffer sich mit eingeprägt hatten; sie hattet,
nie eine ohne die andere gesehen und die Begriffsgrenze folgerichtig
erst an der Grenze der Tafel gezogen, erkannten die Ziffer ohne die
Tafel nicht als solche an. Es kostete grosse Mühe, sie von diesen
selbstgebildeten Begriffe wieder loszubringen und ihnen klar
zumachen, dass eine 5 mit Tinte auf weissem Papier oder eine au:
grünem Karton geschnittene 5 dasselbe sei wie die Kreide-5 ai
der Wandtafel. Es war viel schwieriger, ihnen ihren „Fehler“ -j
wenn man ihn so nennen kann! — wieder zu korrigieren, als ihner
das Subtrahieren und Multiplizieren beizubringen. Von der Multi
plikation zur Potenz und Quadratwurzel waren Schritte, die nicht
wesentlich, sondern nur quantitativ Neues brachten; Hindernisse
waren hauptsächlich die Widerwilligkeit. Launenhaftigkeit und Zer
streutheit der Tiere, nicht Unfähigkeit und Verständnislosigkei
Nach oft wochenlangen vergeblichen Bemühungen und unüberwind
liehen Widerständen erfolgten manchmal in einem oder 2 Tagen gc
radezu sprunghafte, überraschende Fortschritte. — Zu „schriftlichen
Mitteilungen wurden die Pferde durch eine Art Morse-Alphabet be
fähigt, das ihnen eingeübt wurde, und in dem jeder Buchstabe durc
eine bestimmte Zahl Klopftritte bezeichnet ist. Als es an die Zu
sammensetzung von Worten ging, merkte Krall, dass die Pferd
28. Januar 1913.
muenchener medizinische Wochenschrift.
218
leine phonetische Orthographie anwandten, d. h. die Konsonanten
nach ihrem Sprechwort gebrauchten: ha, em. te, eff usw. Sie
„schrieben“, d. h. klopften Hafer: hfr, Esel: sl, Pferd: frt usw., und
zwar ohne Anleitung dazu und in immer neuen, nicht vorauszusehen¬
den Abwechslungen: färd, fert, bferd, pärd u. a. m.
Die Erklärung für diese Leistungen kann heute nicht mehr in
der Richtung der P f u n g s t sehen unbewussten Zeichen gesucht
werden. Ich selbst habe mich überzeugt, dass das Pferd richtige Ant¬
worten gab, während Krall, der Pferdewärter und ich draussen auf
dem Hofe standen und von dem Pferde, das allein im Stall geblieben
war, nicht gesehen werden konnten. Die gleichen Massregeln haben
spätere Beobachter angewandt (Prof. Ziegler- Stuttgart, Dr. Sa¬
ra s i n - Basel, Prof. Chaparede - Genf u. a.), noch andere
(Dr. A s s a g 1 i o 1 i - Florenz) Hessen sogar das Tier hinter der ge¬
schlossenen Stalltür allein arbeiten und beobachteten es durch ein
mit Glas geschlossenes Fensterchen in der Tür; sie erhielten auch
unter diesen Bedingungen richtige Antworten. Damit werden auch
akustische, olfaktorische — und telepathische Uebertragungen hin-
iiillig, die man alle schon hat heranziehen wollen. Vorläufig können
die Leistungen nicht anders als durch ein selbständiges Denken der
Pferde erklärt werden. Eine neuerdings gegründete „Gesellschaft für
experimentelle Tierpsychologie“ unter dem Vorsitze von Prof. Zieg¬
ler-Stuttgart wird die Prüfungen fortsetzen und durch neue Ver¬
suche erweitern.
Diskussion: Herr Prüsmann: Bei der Fragestellung
liesse sich suggestive Beeinflussung dadurch vermeiden, dass der
Fragesteller die Lösungen selbst nicht kennt. Dafür, dass die Pferde
tatsächlich rechnen, spricht der Umstand, dass sie beim Lösen einer
Aufgabe, deren Resultat eine dreistellige Zahl ist, die letzte Stelle
derselben mit besonderer Bestimmtheit angeben, ebenso wie auch
wir rechnen.
Herr Mann berichtet über Beobachtungen an einem Hunde,
die ebenso wie bei dem vom Vortragenden erwähnten Pferd die
teste assoziative Verbindung eines Wortes mit einem ganz bestimm¬
ten Gegenstand zeigen.
Herr Hü bl er: Wenn der Vortragende meint, dass die Pferde
beim Rechnen zuweilen raten, so ist das viel schwerer als das
Rechnen selbst. Durch Raten kann das richtige Resultat nicht ge¬
funden werden. Er hat den Eindruck gewonnen, dass die Pferde
wirklich rechnen.
Herr C a h n h e i m teilt im Anschluss an die Mitteilung des
Herrn M ann einige eigene Erfahrungen an Hunden mit, die die asso¬
ziative Verknüpfung einzelner Worte mit bestimmtem Tun oder
Lassen beweisen.
Herr v. Pflugk: Wenn die Pferde lernen, Quadratwurzeln zu
ziehen, so liegt das wohl darin, dass sie sich die einzelnen Quadrat¬
zahlen, wie 25, 36 usw. einprägen, und dass alsdann im Augenblick
des Rechnens das entsprechende Zahlenbild auftaucht.
Die Elberfelder Pferde sind auch zur Feststellung der Sehschärfe
der Pferde verwendet worden, und es zeigte sich dabei, dass das
Pferd eine Sehschärfe von 2 hat, also das doppelte vom Menschen,
während die Sehschärfe des Hundes nur ein Viertel bis ein Fünftel
der menschlichen Sehschärfe besitzt.
Herr Rupprecht 11: Man könnte an diesen Pferden mit den
pseudoisochromatischen Tafeln von Stilling auch Versuche über
den Farbensinn der Pferde anstellen und prüfen, ob sie Farbenunter¬
schiede wahrnehmen.
Herr Braune fragt, ob der Vortragende wirklich jede Täu¬
schung bei der Sache für ausgeschlossen hält. Beim „klugen Hans“
hat die gewählte Kommission sich dahin ausgesprochen, dass zuin
mindesten eine unbewusste Täuschung vorläge. Es wäre interessant
zu wissen, ob die Kommission sich damals getäuscht hat. Die Lei¬
stungen der Pferde gehen teilweise (Kubikwurzeln usw.) weit über
die Fähigkeiten der meisten Menschen hinaus, das ist so überraschend,
dass man zunächst an eine Täuschung denken muss. Aufgefallen ist
Herrn B. auch die Tatsache, dass die Tiere nicht nur einfache Worte,
sondern auch Zahlen verstehen. Ein derartig weitgehendes Sprach¬
verständnis bei Tieren widerspricht allen unseren bisherigen An¬
schauungen.
Herr Scheunert hat gelesen, dass die Tiere auch spontan
Gedanken äussern sollen, und fragt, ob der Vortragende Erfahrungen
darüber gesammelt hat.
Herr Kretzschmar stimmt bezüglich des Ratens der Rechen¬
aufgaben Herrn Hüb ler zu. Wenn die vom Pferde genannten
Zahlen sich so nahe um die richtige Lösung herumgruppieren, wie
das dort der Fall war, so ist es kein blindes Raten, sondern ein über¬
legtes Schätzen.
Herr Panse erwähnt, dass die Pferde sich ohne besondere
Direktion sogar gegenseitig Mitteilungen machen sollen.
Herr H. Haenel (Schlusswort): „Unwissentliche“ Versuche,
d. h. solche, bei denen der Frager die Antwort selbst nicht weiss, sind
schon mit dem „klugen Hans“ mehrfach ausgefühl t worden und ge¬
lungen. Die Telepathie heranziehen zu wollen, empfiehlt sich kaum,
weil das nur eine Unbekannte durch eine andere ersetzen hiesse;
ausserdem geben die Pferde oft genug unerwartet Aeusserungen von
sich an die keiner der Anwesenden denken konnte. Die von Herren
Mann und Cahnheim angeführten Beobachtungen fallen noch in
das Gebiet der Assoziation, lassen noch keine Begriffsbildung er¬
kennen. Das Ziehen von Quadrat- und Kubikwurzeln aus fünf- und
sechsstelligen Zahlen muss wohl eine Art Raten oder Schätzen sein,
aber ein Raten mit mathematischem Verständnis: das Tier sieht die
Zahl daraufhin an, in der Nähe welcher Zahl etwa die Quadratwurzel
liegen könnte und trifft diese mehr oder weniger genau. Uebrigens
hat nur der eine, Muhamed, diese fabelhafte Rechenbegabung, Zarif
kommt über 3 stellige Zahlen bisher nicht hinaus. — Farbensinn und
Sehschärfe ist bei den 3 Tieren recht genau geprüft worden; es
war das nicht schwer, weil sie ja eindeutige Antworten zu geben
imstande sind. — Zum Verständnis der Worte sind die Pferde zum
grossen Teile von selbst, ohne direkte Unterweisung gekommen; wie
das lernende Kind füllten sie allmählich immer mehr die Laute, die
sie anfangs nur als leere Geräusche umgeben, mit Sinn aus. So
wendete z. B. Zarif bei den Farbenprüfungen eines Tages ganz
von selbst das Wort „auch“ an: er klopfte, als ihm nach einer dunkel¬
grünen Tafel eine hellgrüne vorgelegt wurde: „aug grin“. Die Be¬
obachtung, die Herr Scheunert erwähnte, wurde von Dr. Dek-
k e r gemacht und im Kosmos veröffentlicht. — Die übliche Meinung,
die das Pferd den dummen Tieren zurechnet, beruht vielleicht auf
falscher Deutung von Eigenschaften, die teils in der ausgeprägten
Eigenwilligkeit dieser Tiere begründet sind, teils in ihrer Unfähigkeit
zu Bewegungsaufgaben, die ihrer Natur nicht liegen. Das „Scheuen“
der Pferde z. B. ist in seiner Natur noch gänzlich unaufgeklärt, hat
wahrscheinlich vielerlei Ursachen. (Autoreferat.)
Aerztlicher Verein in Hamburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 14. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Kümmell.
Demonstrationen:
Herr H. Werner: Ein Fall von Verruga peruviana.
22 jähr. Kaufmann erkrankte nach einer Reise in Peru im
April 1912 an einem typhusähnlichen Fieber, das auf Chinin nicht
reagierte. Nach 6U tägiger Krankenhausbehandlung in Lima vor¬
läufig geheilt entlassen, bald nachher ähnliches Fieber; deswegen
mehrere Wochen in Callao. In dieser 2. Fieberperiode kam es zu
einem Exanthem: rote, warzige Papillome an den Streckseiten der
Extremitäten, schubweise auftretend, von verschiedener Grösse,
halbkugelig die Umgegend überragend, zum Teil auch subkutan. Die
charakteristischen Symptome des Leidens sind das initiale Oroya-
oder Carrionfieber, die Knotenbildung in und unter der Haut und eine
begleitend^ Anämie. Vortragender ist zur Zeit noch mit ätiologischen
Studien beschäftigt.
Herr Kropeit: 43jährige Frau, der er einen apfelgrossen, um
die linke Uretermündung breitaufsitzenden Blasentumor mit der
Schlinge des Operationszystoskops ambulant entfernt hat.
Herr A 1 b a n u s bespricht einige Plastiken und Prothesen in der
Rhinologie. 1. Fall von doppelseitiger Stirnhöhlenaufmeisselung, in
welchem die tiefen Einziehungen durch Hartparaffininjektionen aus¬
gefüllt wurden. 2. Fall von einseitiger Stirnhöhleneiterung. Es
wurden Periostlappen von oben und unten über den Defekt gezogen
und vernäht, mit sehr gutem kosmetischen Erfolg. 3. Fall von
schwerer Nasentuberkulose, der Septum, Nasensteg und untere
Muscheln zum Opfer fielen. Eine Kautschukprothese deckt den De¬
fekt. Demonstration der Herstellungsmethode. 4. Fälle von ausge¬
dehntem Nasenlupus, in denen künstliche Nasen aus Zelluloid den
entstellenden Defekt decken. Die Phasen der Herstellung sind: An¬
modellierung einer Plastilinnase, Gipsabguss, Giessen eine Bleinase,
die als Stanze in gegossenem Schwefel eine Zelluloidnase presst.
Bemalen mit Oelfarbe der Nase von innen, wodurch die Transparenz
der Haut nachgeahmt wird. Anrauhen der Oberfläche der Nase.
Herr Plate: 63 jähriger Schuhmacher mit syphilissuspekter
Anamnese, aber negativem Wassermann. Reduzierte Ernährung,
2. Aortenton akzentuiert, periphere Arteriosklerose. Am unteren
Sternalende eine Knochenfistel. Adenopathie. Gang mit steifer
Wirbelsäule, zurückgelegtem Oberkörper. Die Proc. spin. der oberen
Lendenwirbel prominieren, sind druckempfindlich. Patellarreflexe
fehlen. Gelegentliche Fieberattacken, in deren Verlauf eine Leber¬
schwellung sich entwickelt. Schüttelfröste. Kein Ikterus. Leber¬
rand nicht höckerig, nicht hart, beweglich. Diagnose: Hepatitis
syph. Energisches Traitement mixte. Temperaturabfall nach
2 Tagen und seit der Behandlung Besserung bis zur fast vollständigen
Genesung.
Herr Ritters ha ns: Puella publica. Taboparalyse, jetzt in
leidlicher Remission, die vier Reaktionen stark positiv. Seit über
3/4 Jahren besteht in schwankender Intensität eine Hemiparese
links im Anschluss an einen apoplektiformen Insult. Die Dauer der
Paresen ist im allgemeinen ein wichtiges differentialdiagnostisches
Kriterium zwischen dem apoplektiformen Insult bei Paralyse — baldige
restitutio — und der rechten Apoplexie. Interessant ist, dass der
Insult im Anschluss an ein Trauma — 4 Tage vorher Schlag auf den
Kopf — auftrat. Kritische Besprechung der diagnostischen Schwierig¬
keiten.
Herr Deseniss zeigt ein Karzinom der Portio, das sehr früh
zur Operation kam (Wertheim). Der sehr günstige Fall hätte
leicht vaginal, ohne Hilfsschnitte operiert werden können. Trotzdem
fand sich ein krebsiges Drüsenpacket an der Teilung der Iliakal-
gefässe, das entfernt wurde. Dies zeigt, wie auch ganz initiale Fälle
schon sehr früh Drüsenmetastasen machen können, die natürlich
214
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
für jede vaginale Methode unangreifbar sind und daher grundsätzlich
die W e r t h e i m sehe Radikaloperation erfordern, um so mehr, als
sich die primäre Heilungsziffer bedeutend gebessert hat.
Vortrag des Herrn Ri eck: Zur Therapie übermässig starker
menstrueller Blutungen.
Die Behandlung der Menstrualblutungen, die die Patientinnen
anämisch machen und schwächen, ist oft sehr schwierig. Die ver-
ordneten Präparate wie Sekale, Hydrastis, Eristyptizin, heisse Du¬
schen, Gelatine, Digitalis, Chlorkalzium, Pituitrin, Eierstocksubstanz
und allgemeine roborierende Vorschriften versagen oft. Dann
kommen die operativen Massnahmen; die Punktion der Portio nach
Eiith zur Verminderung der prämenstruellen Anschoppung, die
Tamponade des Uterus, die aber tagelang liegen bleiben muss, die
Abrasio in Narkose nach vorheriger Dilatation. Aber es bleiben dann
doch noch einzelne Fälle, in denen eine Insufficientia uteri ange¬
nommen wird, die auch so nicht heilen und zu den schwersten
Blutungen führen. Hierfür empfiehlt Vortr. die von ihm angegebene
„Defundatio uteri“, die vaginale, nahezu extraperitoneal vorzu¬
nehmende Wegnahme des Fundus uteri, so dass noch ca. 2 cm Korpus¬
schleimhaut bestehen bleibt. Das Prinzip ist, die Einschränkung der
Blutung durch Einschränkung der blutenden Flächen zu erzielen.
Demonstration der Methode an Lichtbildern. Die Methode soll also
einen Ersatz bilden für die sonst in derartigen Fällen ausgefiihrtc
Totalexstirpation. R. bespricht die Indikationen der Operation.
Diskussion: Herr K ü m m e 1 1 glaubt, dass die Zahl der
Fälle, in welchen die R i e c k sehe Operation angezeigt ist, nur ver¬
schwindend klein sein wird. Ein besonders grosser Nachteil ist doch
der damit verknüpfte Verlust der Zeugungsfähigkeit. Besonders
wünschenswert ist eine gute Diagnose, die Erkennung, ob es sich
nicht doch um Myome, Perimetritiden, Eierstockserkrankungen usw.
handelt. Als Konkurrenzmethode ist die Röntgenbehandlung sehr zu
empfehlen.
Herr Matthaei spricht in ähnlichem Sinne. In den Fällen, in
denen eine Abrasio nicht zum Ziele führt, handelt es sich meist gar
nicht um Erkrankungen des Uterus, sondern um abnorme Verhält¬
nisse in den Adnexen. Für die R i e c k sehe Methode blieben nur
noch die extrem seltenen Fälle übrig, in denen aus vitaler Indikation
sofort operiert werden muss. Solche sind M. in 22 jähriger Praxis
noch nicht begegnet. Dagegen ist bei Frauen, die sich der Menopause
nähern, die Totalexstirpation vorzuziehen, weil das zurückgelasseue
Stück Gebärmutter nur noch die Gefahr eines Karzinoms bringen
kann. Von ausgezeichnetem Erfolge ist die Röntgenbehandlung be¬
gleitet. Durch die exaktere Dosierungsmöglichkeit ist man imstande,
gradatim vorzugehen und eine Verminderung menstrueller Blutungen
durch sie zu erzielen.
Herr Rüder kann die Berechtigung dieser neuen Methode nicht
anerkennen; er fragt nach dem weiteren Schicksal der Patientinnen,
wie lange ist die Operation her? Eine Abrasio soll immer in Narkose
und möglichst exakt vorgenommen werden.
Herr H a e n i s c h ist auch der Ansicht, dass die Röntgenbehand¬
lung schonender sei, als die R i e c k sehe Operation, selbst wenn der
Röntgenologe eine Kürettage zur Sicherung der Diagnose verlangen
muss. Bei Heranziehung von Statistiken und Erfolgen muss die
Röntgenbehandlung der Myome und der einfachen Metropathien
streng auseinander gehalten werden. Bei letzterer genügen kleinere
Dosen, besonders dann, wenn nur Oligomenorrhoe bezweckt wird.
Weitere Fortschritte in der Dosierung werden wohl noch sicherer
ermöglichen, ein bestimmtes Ziel: Amenorrhoe oder Oligomenorrhoe
zu erreichen. Vor der Bestrahlung junger Frauen mit hohen Dosen
warnt H., insbesondere wenn eine spätere Gravidität nicht aus¬
geschlossen werden kann, in Hinblick auf Schädigungen der Keim¬
zellen. Die erschreckend hohen Dosen starkgefilterter Strahlen, wie
sie die Freiburger Technik empfiehlt, hält H. für nicht ungefährlich.
Herr Grube lobt die Riecksche Defundatio als technisch
leicht und schonend. Ihr Indikationsgebiet ist aber nur beschränkt.
Herr Lomer ist im Gegensatz zu den Diskussionsrednern der
einzige, der die Operation aus eigenem Gebrauch kennt. Er hat sie
einige Male ausgeführt und möchte sie empfehlen. Es ist vor allem
eine wesentliche Vereinfachung der üblichen vaginalen Total¬
exstirpation, wenn man Portio, Zervix und unteres Uterinsegment
nicht mit entfernt. Bei der Blutung hat man nur mit der Art.
spermatica, nicht mit der Uterina zu tun. Die Erfolge der Röntgen¬
therapie sind beachtenswert. Das Verfahren ist aber noch nicht
spruchreif; so lange der Eine mit 100, der Andere mit 1400 Einheiten
arbeite, könne man nicht erkennen, wer Recht hat. In den Fällen von
klimakterischen Blutungen, die rasche Hilfe verlangten, sei die
Teilresektion jedenfalls von Vorteil.
Herr R i e c k betont in seinem Schlusswort, dass er selbst das
Indikationsgebiet sehr eng gezogen habe. Er erwähnt 2 Fälle von
Defundation, in denen man mit der Röntgenbehandlung, die er auch
selbst als das einzige Konkurrenzverfahren bezeichnet habe, nicht
dasselbe Ziel hätte erreichen können. Bei jüngeren Frauen ist die
Röntgenbehandlung zurzeit noch nicht ganz sicher in ihren Erfolgen
(nach Runge 16 — 20 Proz. Versager). Seine Methode ist an anderen
Orten mit gutem Erfolge nachgeprüft. Ein besonderer Vorteil ist
auch die im Gegensatz zur Röntgenbehandlung erzielte Beseitigung
der dysmenorrhoischen Schmerzen. Werner.
Aerztlicher Verein zu Marburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 27. November 1912.
Vorsitzender : Herr M a 1 1 h e s.
Schriftführer : Herr Sardemann.
Herr E. Göppert: Ueber die Variabilität des menschlichen
Körpers.
Der Vortrag behandelt in erster Linie die phylogenetisch wich¬
tigen Varietätengruppen, die atavistischen oder retrospektiven und die
prospektiven Varietäten. Von ihnen zeigen die ersteren Vorfahren¬
zustände, während die prospektiven Varietäten die Wege weisen,
die eine fortschreitende Entwicklung des Organismus einschlagen
kann und möglicherweise wirklich einschlägt. Beide Varietäten-
gi uppen werden durch Beispiele belegt und für beide die Frage
ihres ontogenetischen Zustandekommens erörtert. Dabei zeigt sich,
wie durch einen besonderen Fall erläutert wird, dass Atavismen auf
Erhaltung embryonaler Zustände, die sonst überschritten werden, he- 1
ruhen können. Diese Tatsache wird verständlich aus Haeckels:
biogenetischem Grundgesetz, nach welchem die Ontogenese in grossen
Zügen die Phylogenese wiederholt. Das Vorkommen vielfacher Aus¬
nahmen von jenem Gesetze, die sog. Caenogenesen, warnen aber
davor, für alle Atavismen den gleichen Entwicklungsgang anzunehmen.
Für die Entwicklung von prospektiven Varietäten liess sich in einem
Falle wenigstens erweisen, dass hier zunächst der für die betreffende
Art geltende Normalzustand herausgebildet, dieser dann aber zu de*
Varietät umgebaut wird. Auch hier kann aber das Gleiche nicht für
alle Fälle gelten.
Zum Verständnis irgend eines Teiles des Organismus gehört
nicht nur die Kenntnis der Norm, sondern auch eine Uebersicht über
alle pro- und retrospektiven Varianten, über ihre Stellung zu einander
und über ihr zahlenmässiges Vorkommen. Die von Emil Rosen¬
berg- Utrecht ausgearbeitete Methode einer tabellarischen Darstel¬
lung dieser Verhältnisse gestattet die zielbewusste Verwertung der
Varietätenforschung für anthropologische Untersuchungen.
Zu den phylogenetischen Varietäten gesellt sich noch eine um¬
fangreiche Gruppe von Varianten, denen ein bestimmter Gesichtskreis
nicht zukommt, die daher als fluktuierende Variation bezeichnet
werden können. Sie werden durch Störungen des Ablaufes der Ent¬
wicklung bedingt, und nur das Fehlen von Schädigungen für ihren
Träger lässt sie von den Missbildungen trennen.
Die Varietätenforschung darf sich nicht darauf beschränken,
den Charakter der Varietäten zu beurteilen, sie zu klassifizieren und
ihre formale Genese zu untersuchen Wichtige Probleme bilden die
Fragen nach den Erblichkeitsverhältnissen und dem kausalen Zu¬
standekommen der Varietäten. Von der experimentellen Forschung,
die sich diesen Fragen schon mit Erfolg zugewandt hat, sind weitere
Fortschritte in unserer Erkenntnis zu erhoffen.
Herr Bruns: Die Blutzirkulation in atmenden und aus der
Atmung ausgeschalteten Lungengebieten. (Der Vortrag erscheint in
extenso an anderer Stelle.)
Herr Rabe: Ueber die Eisenresorption vom Darm aus. (Die
Arbeit ist in der Münch, med. Wochenschr. 1912, S. 2809 erschienen.);
Sitzung vom 7. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr M a 1 1 h e s.
Schriftführer : Herr Sardemann.
Herr Bielschowsky spricht über okulare Störungen als Ur¬
sachen von allgemeinen und lokalisierten nervösen Beschwerden.
B. referiert die Arbeiten amerikanischer Autoren (Stevens,;
Savageu. a.), die zuerst auf den Zusammenhang zwischen okularen
Störungen (Astigmatismus und Störungen des Muskelgleichgewichtest
und nervösen Erkrankungen der verschiedensten Art hingewiesenj
haben. In Deutschland hat namentlich Schön die nämlichen An¬
sichten vertreten, und nicht bloss Kopfschmerzen und Migräne, son¬
dern auch leichtere und schwerere Neurosen (Chorea, Epilepsie etc.«
auf okulare Störungen, insbesondere auf latentes Höhenschiele ii
bezogen.
B. hat schon im Jahre 1906 durch systematische Untersuchungen,
an einem grossen Material festgestellt, dass Heterophorien bei de;
verschiedenartigsten Formen von den sog. funktionellen Neuroseri
und Psychosen keineswegs häufiger zu finden sind, als bei völlig
gesunden Individuen, was gegen die Annahme von Schön spricht
dass derartige Neurosen durch Störungen im Gleichgewicht de:
Augenmuskeln erzeugt würden. Die Erfahrungen, die B. iri de:
Folgezeit hinsichtlich der besprochenen Verhältnisse gemacht hat
bestätigen durchaus die schon in der zitierten Arbeit ausgesprochene
Ansicht, dass Heterophorien zwar bei Individuen mit intaktem Nerven¬
system Störungen desselben (Neurosen) nicht zu erzeugen vermögen
wohl aber neuropathische Individuen unter den genannter:
okularen Störungen zuweilen schon bei auffallend geringen Gradei
der letzteren erheblich zu leiden haben und durch Korrektur de;
Heterophorien von ihren Beschwerden befreit oder doch günstig be
einflusst werden. Hierfür werden einige Beispiele angeführt. Es is
daher durchaus angezeigt, bei Patienten, für deren unbestimmte all
gemeine oder aber auch lokalisierte nervöse Beschwerden die Ur
Sache nicht klar zutage liegt, auch eine genaue Untersuchung de
Augen zu veranlassen.
28. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE W0CHENSCHRIP1
215
B. demonstriert eine 35 jähriyre Erau mit beiderseitigem hocli-
iradigen Keratokonus und zarten Trübungen der Kegelspitzen. Die
Sehschärfe beträgt rechts Vbo, links 1 5/«o. Mit — 20,0 D bzw.
-16,0 D ist die Sehschärfe nur sehr wenig zu bessern (*/«o bzw. r,/oo).
-ine von Herrn F. Müller, Wiesbaden für das linke Auge geblasene
ilasprothese verbessert die Sehschärfe ohne weiteres auf % der nor-
uaien. Die Prothese ist sehr leicht ohne Kokain einzusetzen und
lerauszunehmen, wird von der Patientin tagsüber ohne Reizerschei-
mngen getragen; sie lernt vor ihrer Entlassung aus der Klinik das
selbständige Einsetzen und Herausnehmen der Prothese.
Herr König demonstriert eine 66jährige Patientin mit Invagi-
latio ileocoecalis durch submuköses Lipom. Seit 5 Wochen vor der
lperation typische Darmkoliken mit langdauernden Darmsteifungen,
'.unehmender Obstruktion, Erbrechen etc. Aeusserste Abmagerung,
verfall, unbestimmte Resistenz in der Zoekumgegend. Annahme:
Jbturationsileus durch Karzinom. Schräge Laparotomie am 15. X.
1. J., es findet sich eine etwa 10 cm lange Invagination vom Dünn-
larm aus ins Zoekum, in der lleozoekalgegend eine harte ringförmige
Verengerung. Resektion der ganzen Partie, Verschluss des lleum und
ies Colon ascendens, Seitenanastomose. Bauchnaht, kleine Tampo-
lade. Guter Verlauf, kleine Darmfistel am lateralen Schnittende,
m Wege der Heilung.
Das der Länge nach halbierte Präparat zeigt, dass ein Teil des
leum ins Zoekum vorgestülpt ist, an der Jnvaginationsgrenze befindet
Och eine Ulzeration, in der von Karzinom nichts nachzuweisen ist.
Ms Ursache der Invagination findet sich an der Spitze des Invagi-
laturn ein kirschgrosses submuköses Lipom.
In der Zusammenstellung von Hille r finden sich 22 Fälle von
Oarmlipom aus der Literatur, 9 mit Invagination. Bei 6 Fällen hat
vpontane AusStossung, eventuell mit geringer operativer Nachhilfe bei
/or den Anus vorfallendem Lipom, zur Heilung geführt. 5 Fälle sind
iperiert, alle gestorben. Der vorgestellte Fall gehört demnach sicher-
ich. nicht nur wegen des guten Heilerfolges, sondern als Beobachtung
tn sich, zu den wichtigeren Befunden bei Darminvagination.
Herr Eduard Müller demonstriert zunächst A. 2 Fälle mit an¬
geborenen Herzfehlern (Pulmonalstenose bei einem 11 ährigen Knaben
md einem 13 jährigen Mädchen), weiterhin einen Patienten nrt „trau-
natischem“ Herzfehler (Klappenriss bzw. Absprengung?). Es han-
lelte sich um einen 59 Jahre alten Landwirt Eduard H., der zuvor
itets gesund war und keine anamnestischen Anhaltspunkte für Gelenk¬
heumatismus oder Lues darbot. Am 10. Juni 1909 schweres
Trauma: Fall 6—7 m hoch auf Steinpflaster; Auf-
;chlagen mit der linken Brustseite, dem linken Oberarm
ind Oberschenkel. Keine nachweisbaren Rippenfrakturen, kein Blut-
lusten usw.; jedoch starke Blau- und Grünfärbung der Herzgegend
ind sofort nach dem Unfall starke Herz- und Atem-
leschwerden und ein subjektiv empfundenes, sich nach dem
lalse fortpflanzendes, störendes Geräusch in der Herzgegend,
letzige Beschwerden: vor allem Schmerzen und Druckgefühl in der
inken Brustseite, sowie das erwähnte Herzgeräusch. Objektiv:
\ortcninsuffizienzstenose; leises systolisches, sowie sehr lautes dia-
äolisches, ausgeprochen musikalisches Aortengeräusch. Noch in
10 cm Entfernung des Ohres vom Brustkorb deutlich zu hören. Blut-
Iruck erhöht (175 R.-R.). Mässige allgemeine Arteriosklerose; keine
eroberen sonstigen Organveränderungen. Trotz vollkommen nega-
iver Luesanamnese W a s s e r m a n n sehe Reaktion bei 3 Unter¬
teilungen jedesmal positiv! Einige Monate nach einer Schmierkur
legativ. Keine sonstigen objektiven Residuen von Lues. In einem
/on der medizinischen Klinik abgegebenen Gutachten wurde ein Zu-
-ammenhang der Herzstörung mit dem schweren Trauma anerkannt.
Vorher nachweisbar gesund und leistungsfähig, schwerer Unfall mit
lochgradiger stumpfer Gewalteinwirkung auf die Herzgegend, sofort
lanach Herz- und Atemstörungen, sowie ein subjektiv empfundenes
Jerzgeräusch. Klappenriss oder Klappenabsprengung bei schon
u v o r vorhandener, vielleicht durch eine alte
-ues bedingter Arteriosklerose? Kein Aneurysma;
(eine abortive Tabes.)
Hinweis auf die Entstehung traumatischer Herzstörungen durch
lie psychischen und körperlichen Folgen eines Traumas. Die letz¬
ten können teils in Gewalteinwirkungen auf die Herzgegend selbst,
eils in brüsken, hochgradigen körperlichen Anstrengungen liegen
vor allem nach Analogie des V a 1 s a 1 v a sehen Versuch mit voran¬
gehender tiefer Einatmung und Glottisverschluss). Besprechung von
"allen mit Kombinationen dieser Ursachen bei traumatischen Herz-
(törungen und Hinweis auf das gelegentliche Vorkommen derselben
>ei zuvor gesunden Soldaten durch heftige Stösse auf die Herz-
tegend beim Bajonnettieren.
B. Gehäufte epileptiforme Konvulsionen bei einem 9 Jahre alten
belasteten Mädchen; Bromkalium wirkungslos; massenhaft Askariden
ind Oxyuren; Wurmkur; sofortiges und bisher andauerndes Ver-
;chwinden der Krämpfe.
Mutter leicht ei regbar; neigt zu anfallsweisem Herzklopfen und
Ohnmächten, sowie zu migräneartigen Kopfschmerzen. Onkel müt-
erlicherseits seit dem 3. Lebensjahr epileptisch. Geburt der Patien-
!n ohne Störungen, ausgetragenes, gut entwickeltes Kind, auch spä-
er ohne körperliche und psychische Anomalien. Kein Trauma; keine
’sychischen Schocks als Ursache. Mitte August des Jahres fiel das
Kind mitten im Spielen ohne erkennbare äussere Veranlassung plötz¬
lich um, während des Anfalls starke Drehung des Kopfes nach links;
seine gröberen sonstigen Spasmen, auch kein Zungenbiss oder Enu¬
resis. Jedoch Bewusstlosigkeit und Amnesie; Dauer nur wenige
Minuten. Am gleichen Tage noch ein zweiter Anfall; 3 Tage später
abermalige Insulte und hierbei auch tonische Streckspasmen im linken
Arm und linken Bein. Stets Amnesie; nur die Empfindung, dass irgend
etwas mit ihm passiert ist. Die Anfälle sich immer mehr häufend, später
fast stündlich auftretend, manchmal sogar 3— 4 mal in der Stunde. Nie¬
mals im Anschluss an psychische Erregungen; Anfälle auch suggestiv
nicht auszulösen. Kein organisch-neurologischer Befund; im Stuhle
jedoch Askariden- und Oxyureneier. Auf Bromkur nur vorüber¬
gehend Besserung; dann trotz steigender Dosen eher noch Häufung
der Anfälle. Auf Wurmkur Abgang von 20 grossen Askariden und
massenhafter Oxyuren (es „wimmelte“ im Stuhl). Seither völliges
Verschwinden der Anfälle. Wassermann, Pirquet negativ. Auch
keine Augenhintergrundsveränderungen usw. Dauerheilung?
C. Hinweis auf die gelegentlichen Schwierigkeiten der Blut¬
gewinnung zu serologischen Zwecken usw. durch Venenpunktion. In
der Landpraxis weigern sich die Patienten oft, sich punktieren zu
lassen. Ein blutiger Schröpfkopf wird jedoch fast immer konzediert.
Demonstration der Technik, die auch bei Kindern und Frauen mit
schwer zugänglichen Venen manchmal ratsam ist.
Herr Matthes stellt einen Fall von rechtsseitiger Zwerchfcll-
lähmung vor. Die Diagnose lässt sich vor dem Röntgenschirm exakt
stellen. Während beim Gesunden und ebenso bei einseitigem Pneumo¬
thorax durch einen tiefen Inspirationsversuch bei geschlossenem Mund
und geschlossener Nase beide Zwerchfellhälften in den Thoraxraum
durch die Ansaugung ansteigen, geht bei diesem Versuch bei be¬
stehender Zwerchfellähmung nur die gelähmte Seite, und zwar sehr
hoch hinauf unter gleichzeitiger starker Verschiebung des Media¬
stinums nach der gesunden Seite, die gesunde Zwerchfellshälfte steigt
dagegen herab, wie wenn mit freigegebener Luftzuführung geatmet
würde. Augenscheinlich ist die Ansaugung der gelähmten Hälfte so
stark, dass die gesunde Hälfte der ansaugenden Wirkung dadurch so¬
weit entzogen wird, dass sie nach unten sich bewegen kann. Bei
freier Inspiration dagegen zeigt sowohl ein Pneumothorax, wie eine
Zwerchfellslähmung das Kienböck sehe Phänomen, dass die
kranke Seite hinauf, die gesunde herunter geht, während beim Ge¬
sunden natürlich beide Zwerchfellshälften sich abwärts bewegen.
Dieses bereits früher aus der M a 1 1 h e s sehen Klinik von Well¬
mann beschriebene Verhalten beweist gleichzeitig, dass es sich beim
Pneumothorax nicht um eine Zwerchfellähmung handelt.
Münchener Gesellschaft für Kinderheilkunde.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 25. Oktober 1912.
Die Gesellschaft beschliesst, für das Escherichdenkmal in Wien
einen Betrag von M. 100. — beizusteuern.
Herr Rommel: Die Versorgung luetischer Pflegegekinder.
R. stellt auf Grund seiner Ausführungen 9 Leitsätze auf. Es
diskutieren hierüber die Herren Spanier, Wohlmut h, Adam,
Ibrahim, J. Meier und Rommel. Schliesslich wird eine Kom¬
mission ernannt, welche die Leitsätze noch zu redigieren hat. Diese
werden dem Bayerischen Landesausschuss für Jugendfürsorge
hinübergegeben. Es wird ferner der Vorschlag dieses Ausschusses
(welcher auch die vorausgehende Aussprache veranlasst hat) an¬
genommen :
„dass ein Fonds begründet wird, aus welchem ganz oder teil¬
weise die Kosten des in grossen Krankenhäusern durchzuführenden
Heilverfahrens solcher geschlechtskranker Mädchen bestritten wer¬
den, welche in kleinen und armen Gemeinden beheimatet sind, bei
denen eine Garantie für gründliche Heilung schwerer geschlecht¬
licher Erkrankungen gemeindeangehöriger Mädchen nicht besteht.“
Herr Isserlin (a. G.) : Ueber Intelligenzprüfungen und Intelli¬
genzdefekte.
Ausgehend von verschiedenen Versuchen, den Begriff der
Intelligenz zu bestimmen, erörtert Vortragender die Untersuchungen
und Prüfungsmethoden, welche neue Grundlagen für solche
Begriffsbestimmung lieferten. Der Stufenbau der Intelli¬
genz wird kurz skizziert und die Prüfungsmethoden des „Inventars“
wie der „intellektuellen Aktivität“ angedeutet. Vortr. geht dann über
zu den Untersuchungsmethoden (Tests, Staffelserien solcher), welche
eine Stufen o r d n u n g der Intelligenzen festzustellen suchen und
endet mit einem Ueberblick über die beginnenden und weiter zu er¬
strebenden Einsichten in die T y p i k der normalen und defekten
Intelligenz.
Diskussion: Herren v. Pfaundler, Goett, Nado-
leczny, Ibrahim, Isserlin (Schlusswort).
Ausserhalb der Tagesordnung macht Herr v. Pfaundler Mit¬
teilung von der bevorstehenden Schliessung des Gisela-Kinderspitals
(infolge der Beschlüsse des Münchener Magistrates), v. Pfaund¬
ler verliest den Entwurf eines Schreibens an den Magistrat. Das¬
selbe soll statutengemäss in der nächsten Sitzung der Gesellschaft zur
Abstimmung vorgelegt werden. Ibrahim gibt anschliessend ge¬
naue Aufklärung über die Genese des ganzen Vorgangs.
Albert Uffenheimer - München.
I
216
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Nürnberger medizinische Gesellschaft und Poliklinik.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 24. Oktober 1912.
Vorsitzender: Herr Kraus.
Schriftführer: Herr Wilhelm V o i t.
Herr K. R e i c h e r - Bad Mergentheim: lieber die Bedeutung
von Blutzuckerbestimmungen für die Diagnose und Therapie des Dia¬
betes mellitus.
Der Vortragende demonstriert eine auf der Motlisch-
v. Udränszky sehen Reaktion beruhende Methode der quanti¬
tativen Blutzuckerbestimmung. Sie hat vor den bisherigen Methoden
den Vorzug, mit wenigen Kubikzentimeter Blut ausführbar und ausser¬
ordentlich einfach zu sein. Ihre genaue Beschreibung befindet sich
in der biochemischen Zeitschrift, Bd. 37, 1911. Diese Methode hat zur
Aufdeckung einer für Diabetes typischen Stoffwechselstörung geführt
und gibt uns auch eine genaue Kontrolle für den Erfolg der jeweiligen
diätetischen und Trinkkur. Längere Versuchsreihen zeigen, dass z. B.
nach einer vorschriftsmässig durchgeführten strengen Kur der Zucker
aus dem Urin vollständig verschwunden sein, und trotzdem im Blute
noch pathologisch erhöhte Werte aufweisen kann, ln diesen Fällen
ist einerseits die Prognose ungünstiger zu stellen und andererseits
auch ein Fingerzeig für die weitere Behandlung in dem Sinne ge¬
geben, dass man entweder mit den Zulagen von Kohlehydraten ausser¬
ordentlich vorsichtig verfahren, oder überhaupt noch solange zu¬
warten muss, bis die Blutzuckerwerte eine deutliche Tendenz zum Ab¬
sinken zeigen. Die neue Blutzuckerbestimmung ermöglicht uns ferner
die Diagnose von jenen seltenen Fällen von latentem Diabetes, in
welchen es überhaupt nie zur Ausscheidung von Zucker im Urin,
sondern nur zur Erhöhung des Blutzuckerspiegels kommt. Es wurden
mehrere solche Fälle beobachtet, so von Furunkulose, Ischias, mit
anderen typischen, diabetischen Beschwerden, ja sogar mit ausge¬
sprochener Gangrän, bei welchem erst nach Aufdeckung der Hyper¬
glykämie und nach Einleitung kohlehydratfreier Diät, Heilung erzielt
wurde. Die mit dieser Blutzuckermethode, wie schon eingangs er¬
wähnt, festgestellte typische Stoffwechselstörung besteht darin, dass
das Blut einen erhöhten Nüchternwert aufweist, dass ferner, nach
Einverleibung von 50 — 100 g Traubenzucker, die Blutzuckerwerte lang¬
samer, aber schliesslich höher ansteigen, als in der Norm und endlich
auch der respiratorische Quotient durch seinen langsameren und ver¬
späteten Anstieg eine Verschlechterung der Zuckerverbrennung an¬
zeigt. Es war daher von Interesse, die Frage zu untersuchen, ob
der Einfluss einer Trinkkur auf den Zustand des Diabetikers, wirklich
nur, wie man bisher annahm, ein suggestiver, und nur auf das Fern¬
bleiben vom Berufe, Ruhe etc. zurückzuführen sei. Es zeigte sich
nun, dass unter der Einwirkung der Mergentheimer Karlsquelle, bei
gleichbleibender Kohlehydratzufuhr, der Blutzucker in den meisten
Fällen um die Hälfte, ja bei manchen sogar bis auf Va des ursprüng¬
lichen Wertes sank, ähnlich wie es schon seinerzeit Umber und
Allard in der G e r h a r d t sehen Klinik für den Urinzucker nach-
weisen konnten. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn unter 30
mit der Mergentheimer Trinkkur behandelten Diabetikern
15 zuckerfrei und 6 bis auf 0,1 Proz. Urinzucker gebracht werden
konnten. All dies zeigt uns, dass wir in der Mergentheimer Karls¬
quelle eine mächtige Unterstützung im Kampfe gegen den Diabetes be¬
sitzen und ist uns ein Fingerzeig, dass wir sie auch reichlich zu
Hauskuren verwenden sollen. Uebertrifft sie doch im Kochsalz¬
gehalte die Kissinger Rakoczyquelle um das Doppelte und den Hom-
burger Elisabethbrunnen um ein Beträchtliches. Auch ihr Gehalt au
purgierenden Salzen ist bedeutender als der des Marienbader Kreuz¬
brunnens und des Karlsbader Mühlbrunnens.
Würzburger Aerzteabend.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 11. Dezember 1912.
Herr Faulhaber: Ueber die Diagnose des Duodenal¬
geschwürs.
Nach einleitenden pathologisch-anatomischen Bemerkungen über
das Duodenalulcus wird die Häufigkeitsfrage gestreift und dabei die
Angaben der amerikanischen und englischen Chirurgen über dieselbe
als zu hoch bezeichnet. Nach unseren neueren pathologisch-ana¬
tomischen Statistiken kann man höchstens ein Verhältnis: Duodenal-
zu Magenujcus =1:4 herausrechnen. Der Vortragende schildert
hierauf den von den Engländern und Amerikanern für typisch ge¬
haltenen Symptomenkomplex und betont demgegenüber, dass die
Diagnose Duodenalulcus aus objektiven Symptomen äusserst
schwierig sei. Die betreffenden diagnostischen Zeichen werden auf¬
geführt und dann die (bisher noch recht spärlichen) röntgenologischen
Befunde geschildert.
Herr Enderlen: Im Anschluss an den Vortrag von Herrn
Faul h aber berichtet Herr Enderlen über mehrere Operationen,
welche im letzten Monat wegen Duodenalulcus vorgenommen wurden.
Es kam zur Ausführung:
a) Die Umschnürung der Pylorusgegend mit Seidenfaden und
Uebernühung nach ausgeführter G. E. posterior (zur Resektion des
Ulcus war Pat. zu schwach).
b) Umschnürung mit Faszienstreifen und Uebernähung, nach
vorausgeschickter G. E.
c) Resektion des Ulcus, Billroth II; letztere wird vorgezogen,
da die Ausschaltung, auch nach Durchtrennung des Magens vor
tödlicher Blutung nicht schützt, wie ein Fall im letzten Jahre bewies
2. W., 14 Jahre alt. Knöcherne Ankylose des linken Kiefer¬
gelenkes nach Trauma. Resektion des Kieferköpfchens, Interpositioi:
eines gestielten Faszienstreifens. Volle Beweglichkeit erzielt.
3. R., 20 Jahre. Aufg. 2. VIII. 12. Entl. 16. VIII. 12. Mikro-
gnathie, Ankylose beider Kiefergelenke. Mit 5 Jahren fiel er im
Treppenhaus senkrecht 2 Stockwerk tief und schlug unterwegs in
der 1. Etage mit dem Kinn auf eine Stange; kurze Zeit bewusstlos.
Ein Kieferbruch wurde nicht konstatiert. 2 Jahre später bemerkte
man, dass er den Mund nicht mehr aufmachen konnte und dass der
Unterkiefer zu weit nach hinten stand.
3. VIII. Operation. Treppenförmige Durchsägung beider hori¬
zontaler Unterkieferäste und plastische Verlängerung. Knochennaht
Drain, Hautnaht.
13. VIII. Heilung.
16. VIII. Unterkieferprofil wesentlich gebessert, geringe Be¬
weglichkeit an der rechten Nahtstelle, rechtes Kiefergelenk anky-
lotisch; linkerseits Nahtstelle fest, Kiefergelenk beweglich.
4. W„ 52 Jahre. Tumor der Glandula carotica beiderseits
Seit 20 Jahren anfangs walnussgrosse, langsam wachsende Ge¬
schwulst der linken Halsseite, zeitweise stechende Schmerzen. Sei
% Jahre auch haselnussgrosse Geschwulst an der rechten Seite.
15. VI. 12. Exstirpation. Unterbindung der Carotis commune
und externa; zirkuläre Naht der Carotis interna an die Carotis
communis.
29. VI. 12. Geheilt entlassen.
3. VIII. 12 wird auf der rechten Seite ein etwa muskatnuss
grosser Tumor, an der Teilungsstelle der Karotis gelegen, exstirpiert
Die Geschwulst wird ohne grosse Schwierigkeit von der extern:
sowie auch von der interna, mit der sie etwas verwachsen ist
gelöst. Heilung p. p.
Entlassen 10. VIII. 12.
5. W., 65 Jahre. Aufg. 3. XII. 12. Retrosternaler linksseitige!
Tumor (Mammakarzinom, Metastasen). 1910 wegen linksseitiger
Mammakarzinoms operiert, seither beschwerdefrei, bis vor zirk;
10 Wochen über Nacht Heiserkeit auftrat. Seither auch zunehmendi
Atembeschwerden und völlige Stimmlosigkeit.
Status: In der Tiefe der Supraklavikulargrube neben und vo
der Wirbelsäule sehr harte unverschiebliche Geschwulst, die siel
nach unten retrosternal fortsetzt. Das Röntgenbild zeigt Schattei
über der linken Lungenspitze, Trachea etwas nach rechts ver
schoben; linkes Stimmband unbeweglich in Kadaverstellung.
Zum Zwecke der Dekompression Durchtrennung des Sternun
von links oben nach rechts unten bis in den 3. Interkostalraun
(5. XII. 12). Darauf bedeutende Besserung der Atmung. Heiluni
ohne Störung.
6. K., 74 Jahre. Aufg. 8. X. 12. Entl. 19. XI. 12. Gallensteinileus
Seit 3 Tagen starke Bauchschmerzen ohne strenge Lokalisation, Er
brechen, das zuletzt etwas kotig roch. Stuhl und Winde nicht meh
abgegangen. Allmählich zunehmende Auftreibung des Bauches. Al
ganz junge Frau Unterleibsentzündung. Sonst stets gesund. Kein
Gallensteinkoliken.
Abdomen aufgetrieben, diffuse Druckempfindlichkeit. Per rectur
und vag. nihil. Im Magen fäkulent riechende Flüssigkeit.
Die Operation ergab in einer Dünndarmschlinge einei
walnussgrossen Gallenstein, der durch quere Inzision entfernt wurdt
Geheilt entlasen 19. XI.
Bericht über einen zweiten Fall von Gallensteinileus. Wege
des schlechten Zustandes Operation abgelehnt. Spontaner Stein
abgang, Heilung.
7. B„ 31 Jahre. Eintr. 8. VIII. 12. Entl. 31. VIII. 12. Blutun
in das Lager der rechten Nebenniere. Vor 3 Wochen bei der Arbei
stechende Schmerzen in der rechten Nierengegend, seit 14 Tage
zeitweise bettlägerig, manchmal Schüttelfrost.
Befund: Abdomen nicht aufgetrieben. Etwas aussen vor
Nabel ein gut abtastbarer, ungefähr 12 cm langer Tumor, welche
sich unter den rechten Rippenbogen in die Nierengegend verfolge
lässt. Tumor hart, glatt, mässig schmerzhaft. Geringe seitliche Vei
schieblichkeit. Ganze rechte Bauchseite etwas voller, rechte Lender
gegend druckempfindlich. Urin o. B.
12. VII. 12 Operation. Schnitt parallel dem rechten Ripper
bogen und der Axillarlinie. Etwa kindskopfgrosse zystische Gt
schwulst, an deren unterem Ende die rechte Niere hängt. Nier
unverändert, Loslösung der Geschwulst von Leber, Peritoneum un
Niere. Geschwulst reisst dabei ein, es entleeren sich grosse Menge
halb geronnenen Blutes. Nach Fixierung der Niere Verschluss de
Wunde. In der Wandung der entfernten Blutzyste Reste der Nebei
niere. Heilung ohne Störung.
8. L., 10 Jahre. Aufg. 24. IX. 12. Starkstromverbrennung un
Tetanus. 21. IX. 12. Pat. kletterte an dem Mast einer elektrische
Leitung empor und erfasste mit beiden Händen den einen Lichtdrah
während das herabhängende Knie den anderen Lichtdraht berührt1
Sofort verspürte er einen starken Schlag und blieb am Draht
hängen. Erst nach A Stunde wurde er vom Mast heruntergenomme:
Der Arzt verband ihn und schickte ihn in die Klinik.
!8. Januar 1913.
217
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ausgedehnte Verbrennung der rechten Hand, starke Verbrennung
ier linken, kleinere Brandstellen am rechten Unterarm und am
)berarm und eine grössere am linken Knie.
Kampferweinverbände. Ausgedehnte Nekrose an den verletzten
'teilen, auch Sehnen ergriffen.
1. X. Abnahme des völlig nekrotischen rechten Ringfingers.
. X. Trismus der Kaumuskulatur, Tetanusantitoxin 100 A.E. intra-
enös. 5. X. Zunahme der Symptome und Schlingbeschwerden.
. X. Injektion von 4 ccm einer 15 proz. Lösung von Magnesium
ulfuricum lumbal. Pat. schläft ziemlich lang, gegen Abend geringe
vtembeschwerden, die sich bald geben. 6. X. deutlicher Risus Sar-
lonicus, deutlicher Opisthotonus, brettharte Spannung der Bauch-
nuskeln. 9. X. weitere Injektion von 4 ccm Magn. sulf. (15 proz.).
(eine Reaktion. Periphere Wunden heilen gut, starke Eiterung aus
[en beiden kleinen Wunden am Unter- und Oberarm. 10. X. wieder-
olte Anfälle klonischer Art. 12. X. Injektion von 100 A.E. intravenös,
etanusantitoxin auf die Wunde. 19. X. zunehmende Besserung aller
'Vinptome des Tetanus. Wunden heilen langsam, Pat. steht auf.
9. W., 41 Jahre. Aufg. 17. V. 12. Entl. 3. XI. 12. Riesenzellen-
arkom des unteren Endes des linken Femur. November 1910 Schlag
;egen das linke Knie ohne äussere Verletzungen. Seit Juni 1911
Ichmerzen im linken Knie, die trotz Jodbehandlung sich ver-
■chlimmerten. Seit April Schwellung der Kniegegend und Be-
vegungsbehinderung.
Befund: Schwellung der Kniegegend und des unteren Teils
les Oberschenkels, kein Erguss im Knie. Starke Druckempfindlich-
;eit des unteren Femurendes, Beugung aktiv und passiv bis zum
echten Winkel möglich, keine Krepitation. Tumor des unteren
■’emurendes.
1. VII. 12 Operation: Exstirpation des unteren Femurendes.
Transplantation des unteren Femurendes mit Periost von einem eben
■erstorbenen Mann. Verbolzung mittelst eines Periostknochenspans
ius der Fibula des Toten.
27. IX. leichte Kallusbildung. Das transplantierte Stück in
eichter Winkelstellung. Auf der Innenseite ganz mässig sezer-
üerende Fistel. 3. XI. 12 mit Hülse entlassen.
Zur Zeit der Demonstration: Pat. geht mit Hilfe eines Hiilsen-
ipparates und Stockes. Transplantat fest mit dem Wirtknochen ver-
lunden. Pat. kann das Bein aktiv leicht heben; im Kniegelenk
nässige Beweglichkeit. Auf dem Röntgenbild deutliche Kallus¬
bildung, die vom körpereigenen Femur auf den fremden Knochen
ierüberzieht. Behufs Erzielung einer besseren Beweglichkeit kommt
später eine Faszientransplantation in Frage.
10. T., 49 Jahre. Aufg. 23. XI. 12. D u p u y t r e n sehe Kon-
raktur. Vor 4 Jahren Fall auf die Hand. % Jahr später beginnende
Jeugestellung des Kleinfingers. November 1911 Operation auswärts.
Seither wieder ständig zunehmende Beugekontraktur.
Befund: rechter 5. Finger im Metakarpophalangealgelenk
Jeugestellung von 150°. 1. Interphalangealgelenk Beugestellung von
110°, 2. Interphalangealgelenk gestreckt. Stärkere Streckung der
:rsten beiden Gelenke unmöglich. Aktive Beugung der beiden ersten
jelenke möglich, des 2. Interphalangealgelenkes unmöglich, passive
nöglich. Beugesehne stark vorspringend, stark gespannt, auch
L, 3., 4. Finger können nicht völlig gestreckt werden.
25. XI. Operation: Plexusanästhesie. Exzision der narbigen
/erdichten Haut und Fascie palmaris. Beugesehne nicht verkürzt.
Streckung des Fingers, Transplantation nach Wolfe-Krause vom
Oberarm. Heilung ohne Störung; gute Beweglichkeit.
11. P., 45 Jahre. Aufg. 14. XI. 11. Sehnenverletzung der rechten
iand. Risswunde in der rechten Hohlhand von der Basis des Klein-
ingers bis zum Handgelenk. Aus der Wunde heraus hängt ca. 15 cm
die Sehne des Flexor sublimis und das ca. 6 cm lange Stück des
"lexor prof.
Operation: Leitungsanästhesie. Ersatz des Flexor prof.
lurch Palmaris longus. Sehnenscheide teilweise erhalten. Naht
Jerselben. ln der Vola Sehnenscheide zerstört. Ersatz derselben
lurch linke Vena saphena. Volle Bewegungsfähigkeit. (Anmerkung:
Oer Fall wurde auf der 2. Tagung bayerischer Chirurgen demon¬
striert. Das Referat gibt ganz unrichtige Daten.)
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 22. Januar 1913.
Vor der Tagesordnung:
Herr F. Kraus: Demonstration eines Falles von Zysten-
Jeschwulst (wahrscheinlich Echinokokkensack) über dem Herzen mit
"rguss in die rechte Pleuraspalte und Kompression des Oesophagus,
;owie der dazugehörigen Röntgenbilder.
Tagesordnung:
Herr C. S. Engel: Demonstration der Wirkung der Venen¬
stauung auf die Pulskurven Herzkranker.
Die von Torney angegebene Methode der Venenstauung an
len Extremitäten durch Anlegung von Binden unter einem Druck von
)0 mm Hg und weniger hat Vortr. bei Herzkranken zwecks Ent¬
astung des Herzens mit günstigem Erfolg angewendet. Er demon¬
striert die mit dem Jack sehen Sphygmohämographer. aufgenom-
nenen Pulskurven von der Radialis, Jugularis. Karotis und vom Her¬
ren. Er demonstriert weiter 3 Kranke.
Herr F r e n k e 1 - Heiden: Behandlung schwerster Formen von
Ataxie bei Tabes.
Für die Behandlung schwerster Formen von Ataxie bei Tabes,
die nach Vortr. auf Veränderungen der Muskelsubstanz selbst be¬
ruhen, bei denen der Kranke die passive Erhebung einer Extremität
nur bei sehr starker Exkursion spürt und nur noch mit Unterstützung
oder überhaupt nicht mehr stehen und gehen kann, kommt nach Vortr.
ausschliesslich die Uebungstherapie in Frage, in Verbindung mit gut
sitzenden, nirgends drückenden Apparaten, deren Bewegungsachsen
mit den Bewegungsachsen der Gelenke zusammenfallen müssen.
Ein Genu recurvatum ist vor Beginn der Uebungstherapie in
normale Stellung zu bringen; Dekubitus, der wegen herabgesetzter
Sensibilität leicht übersehen werden kann, unter Umständen sogar
letalen Ausgang durch Erysipel zur Folge hat, ist zu vermeiden.
Uebermiidung (das Ermüdungsgefühl ist gleichfalls manchmal herab¬
gesetzt) darf nicht Vorkommen. Beim Fehlen des natürlichen Re¬
gulators gegen Uebermiidung, des Uebermüdungsgefiihls, ist beim Do¬
sieren der Uebungstherapie auf die Pulsfrequenz zu achten. Gastrische
Krisen können schwere Rückfälle bewirken.
Diskussion: Herr Eckstein bestätigt die Erfolge bei
dieser Behandlung. H. S.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 20. Januar 1913,
gemeinsam mit der Berliner Gesellschaft für- Chirurgie.
Tagesordnung:
Herr M. Katzenstein: Beitrag zur Entstehung und Behand¬
lung des Ulcus ventriculi.
Vortr. konnte zeigen, dass in den Magen eingenähte Darm¬
schlingen sowie Milz verdaut werden, während bekanntlich Magen
und Duodenalschleimhaut der Verdauung widerstehen. Dies beruht
wohl auf dem Gehalt an Antipepsin. Atropindarreichung, welches die
Saftsekretion hemmt, lässt auch eingenähte Darmschlingen etc. un¬
verdaut bleiben. Antipepsinzerstörung, durch Injektion von Laugen
in die Magenschleimhaut, lässt dagegen Ulcus entstehen. Aus seinen
Versuchen schliesst Vortr., dass zur Entstehung eines Magen¬
geschwürs 1. ein Schleimhautdefekt vorhanden, 2. wirksamer Magen¬
saft abgesondert werden und 3. Antipepsin lokal fehlen muss. Zur
Therapie hat er daher, gemeinsam mit F u 1 d, Antipepsin dargestellt
und per os gereicht. Weder die Diät von Leube, noch die von
Lenhartz ist zweckentsprechend. Man muss in erster Linie durch
die Diät die Sekretion einschränken. Er empfiehlt Gemüse und viel
Fett. Chirurgische Eingriffe sollen erst nach jahrelangem Bestehen
des Ulcus vorgenommen werden. Er wählt meist die Resektion, die
er der Gastroenterostomie vorzieht, wenn nicht Grösse des Ulcus etc.
technische Schwierigkeiten schafft. 72 Operationen verliefen ohne
Todesfall. Dann kamen 4 hintereinander.
Herr Enimo Schlesinger: Ergebnisse der Röntgenunter¬
suchung beim Ulcus ventriculi.
Erst nach allen übrigen Untersuchungsmethoden soll die rönt¬
genologische einsetzen. Die Aufnahmen finden verschiedene Zeit
nach der Wismutmahlzeit statt. (Demonstr. von Röntgenogrammen.)
Diskussion: Herr Boas: Die Aetiologie des Magen¬
geschwürs ist vielgestaltig. Die Diagnose soll möglichst vor dem
Eintritt von Blutungen gestellt werden; deswegen ist seine Unter¬
suchung auf okkultes Blut so bedeutsam. Solange kein okkultes Blut
nachgewiesen wird, ist die Diagnose nicht sicher. Hyperazidität und
Hypersekretion ist schwer zu behandeln.
Herr Bier: Bei Ulcera der kleinen Kurvatur werden an
seiner Klinik unter keinen Umständen Resektionen vorgenommen,
weil die Naht zu starken Deformitäten des Magens führt.
Herr Kraus: Die Aetiologie der Ulcera ist vielgestaltig. Auch
mechanische Momente, wie Traumen, spielen eine grosse Rolle. Die
Lenhartz sehe Diät hat sich sehr bewährt. Die von den Chirur¬
gen operierten Fälle kommen oft in schlechtem Zustand zu dem In¬
ternen zurück.
Herr Sultan: Bei perforiertem Ulcus findet man röntgeno¬
logisch oft eine Luftblase zwischen Leber und Zwerchfell (Früh¬
zeichen).
Herr Federmann unterscheidet ein Ulcus superficiale und ein
Ulcus profundum. Die chirurgische Behandlung der ersten Haupt¬
gruppe ist unnötig, die Resektion hat bei ihm bei der letzteren sehr
gute Resultate geliefert.
Herr F u 1 d lehnt die Frühoperation ab und rät Neutraion- und
Antipepsindarreichung per os an.
Herr Körte: Das Ulcus verläuft oft latent: operativ bevorzugt
er im allgemeinen die Gastroenterostomie. Die Resektion ist gefähr¬
licher und schwieriger und gibt auch keine Dauerheilung.
Herr Schmieden weist darauf hin, dass eine primäre Multi-
plizität der Magengeschwüre oft übersehen wird, wodurch manche Re¬
zidive nach Operation ihre Erklärung finden. Die fortlaufende Säure¬
untersuchung des Magensaftes ist diagnostisch wichtig. Die Resek¬
tion wird oft an der Bier sehen Klinik ausgeführt. Adhäsionen sind
oft bei der Deutung von Röntgenbildern hinderlich.
Herr C o h n h e i m empfiehlt gegen Hyperazidität die Dar¬
reichung von Olivenöl: dreimal täglich einen Teelöffel mit Eigelb an¬
gerührt. W.-E.
218
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4
Deutsche Medizinische Gesellschaft in Chicago.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 6. Juni 1912.
Vorsitzender: Carl Beck.
Schriftführer : Aug. Strauch.
D. Lieberthal stellt eine Frau mit Lichen ruber acuminatus
vor und bespricht die Differentialdiagnose. Die ungünstige Be¬
urteilung der Arsentherapie von seiten der Franzosen rühre daher,
dass dieselben das Arsen per os verabfolgen; denn die Heilungs¬
erfolge bei subkutaner Anwendung sind vorzügliche. Auf eine An¬
frage hin bespricht L. die Blutbilder bei juckenden Hautkrankheiten,
die zu Kratzen Veranlassung geben; es handelt sich vor allem um
Eosinophilie. 23 — 50 Proz. eosinophile Zellen sah L. auch nach
Quecksilbereinreibungen und anderen artifiziellen Hautreizungen, wie
bei Formalindermatitis.
Carl Beck stellt einen Mann vor, der vor 9 Jahren durch eine
elektrische Verbrennung sein rechtes Ohr vollständig verloren hatte.
Nur ein kleines Knorpelklümpchen blieb zurück. Beck zerlegte
diesen Knorpelrest in mehrere Stücke, und durch eine Reihe von
plastischen Operationen mit Zuhilfenahme des Knorpelrestes, der
umgebenden Haut, der Haut des Bauches und eines Armes und mittels
T h i e r s c h. scher Transplantation gelang es, in 15 Operationen iin
Verlauf von 4 Monaten eine neue Ohrmuschel zu bilden. Zur Ver¬
besserung des Resultates will B. noch eine Reihe von Trans¬
plantationen vornehmen. Zweimal wurde eine italienische Plastik
von einem Arme gemacht, der einmal durch 10 Tage über dem Kopfe
gelassen werden musste. Dabei trat eine schlaffe Lähmung desselben
ein, die nach mehrwöchentlicher Behandlung vollständig verschwand.
Cli. S. Williamson berichtet über folgende Fälle:
1. Fall. Junger, starker Mann, früher stets gesund mit Aus¬
nahme von häufigen Bronchitiden. Vor kurzer Zeit' beim Bücken
plötzlich heftige Schmerzen in der linken Nierengegend. Der Pat.
litt an Kurzatmigkeit," wurde blass und fast ohnmächtig. Kein Fieber.
Puls 130. Williamson sah den Pat. nach einigen Tagen, als sich
der Zustand desselben sehr verschlimmert hatte. Puls 140, Tem¬
peratur normal, starke Anämie, Leukozytose 28 000. Pneumothorax
mit Flüssigkeitserguss; die Punktion ergab Blut mit Pleuraexsudat
in grösserer Menge und musste im Verlaufe der nächsten Tage
wiederholt werden; noch nach 8 Tagen wurde z. B. auf einmal
“/ 3 Liter der blutigen Fliissgkeit entfernt. Spez. Gewicht 1039, später
1026, 1052, 1024. Als Ursache dieses Hämopneumothorax hält W.
den Durchbruch einer kleinen oberflächlichen, physikalisch nicht
nachweisbaren tuberkulösen Kaverne mit Eindringen von Luft und
Blut in den Pleuraraum, ein sehr seltenes Ereignis. Tumoren glaubt
W. ausschliessen zu können. Die rezidivierenden Bronchitiden
würden auf Tuberkulose hinweisen.
2. Fall. 29 jährige verheiratete Frau. Mit 21 Jahren begannen
plötzliche Anfälle von Erbrechen ohne Nausea, begleitet von Schmer¬
zen in der rechten Nierengegend, ausstrahlend nach vorne unten. Die
Brechattacken wiederholten sich in Intervallen, dauerten 2 bis
3 Tage und glichen einander. Nichts half. Doch wurden die
Schmerzen später geringer, bis schliesslich die Anfälle nur in Er¬
brechen bestanden. Ein Gynäkologe führte das Erbrechen auf eine
Pyosalpinx zurück und unternahm eine Operation. Zwei Tage post
Operationen! wieder ein Anfall. Ein Jahr nachher Operation wegen
eines Kystoms mit Entfernung des Ovariums und der Tube. Die
Anfälle bestanden weiter, die gesunden Intervalle wurden kürzer.
Später Auftreten von intermittierendem Schielen durch Parese des
Muse, internus, wogegen eine Tenotomie von einem Augenarzt aus¬
geführt wurde. Die Brechanfälle wurden schlimmer; ein Arzt dachte
an perigastrische Adhäsionen und nahm eine Laparotomie vor. Die
Anfälle aber dauerten fort; darum wurde eine abermalige Operation
vorgeschlagen. Die Frau kam nach Chicago, wo von einem bekannten
Chirurgen die eine Niere wegen Stein entfernt wurde. Keine Bes¬
serung der Brechanfälle. Das Sehen der Frau wurde schlecht, es
traten Paresen aller Augenmuskeln rechterseits auf. Quecksilber¬
behandlung durch längere Zeit ohne Erfolg.
Endlich fielen der Frau innerhalb einiger Wocnen alle Zähne
schmerzlos aus. W. fand eine rechtsseitige Lähmung des
Okulomotorius, des M. abducens und Pupillenstarre. Im Gebiete des
Trigeminus auf einer Seite Hypo- und Analgesie, auf der anderen
Seite Hyperästhesie. Lymphozytose der Lumbalflüssigkeit. Untere
Reflexe erhalten. Diagnose: Tabes Superior.
W. sah zweimal spontanen schmerzlosen Zahnaus¬
fall in der Irren- und Nervenanstalt in Dunning. Derselbe ist wohl
ein sehr seltenes Ereignis, denn Moyer mit seiner grossen Er¬
fahrung hat niemals einen solchen gesehen.
3. Fall. 33 jähriger Arzt aus Wisconsin. Seit etwa 1 Jahr
Anfälle folgender Art: Durch 8 Tage Fieber, im Beginn Schüttelfrost
und Erbrechen; Milz- und Leberschwellung. Nach etwa 7 tägigen
normalen Intervallen Wiederkehr der subjektiven und objektiven Er¬
scheinungen mit Temperaturen von 104 — 106 Fahrenheit, auffällig
niedriger, sich um hundert haltender Pulsfrequenz. Leukopenie bis
1800 mit 87 Proz. Lymphozyten. Man dachte zuerst an Rekurrenz
und Maltafieber.
Williamson entdeckte in der rechten Achselhöhle eine ge¬
schwollene Drüse; dieselbe wurde exstirpiert. Aus dieser sowie aus
dem Blute gelang es, einen streng anaeroben Bazillus zu züchten
dessen Identifizierung aber wegen Missgliickens der Subkulturen nich
möglich war.
Der Pat. begab sich nach der Heimat, wo er wieder Anfälle
bekam. Nach seiner Rückkehr in Chicago fand W. wieder dei
Bazillus. Ein Röntgenstrahlenbild zeigte geschwollene Mediastinal
driisen (Patient starb nach einigen Monaten).
4. Fall. Die Tochter eines Arztes zeigt seit 8 Wochen ähn
liehe Erscheinungen wie der 3. Fall: Mehrtägige Fieberanfälle mii
mehrtägigen Intervallen. Die Drüsen in einer Achselhöhle warer
faustgross, verkleinerten sich aber bis zur Grösse einer Walnuss
Das Röntgenbild zeigte beträchtliche Drüsenschwellungen im Media¬
stinum. Wassermann negativ. Im Blute Diplokokken. William
s o n schliesst in beiden Fällen Hodgkin sehe Krankheit oder Sar¬
kom aus; er betrachtet beide Fälle als Bakteriämie mit nicht idenJ
tifizierten Erregern.
5. F a 1 1. W. demonstriert Röntgenbilder von Enteroptose nach
einer Wismutmahlzeit. Patientin macht eine Liege- und Mastkur.
Diskussion: Hultgen spricht zur Differentialdiagnose vor
Tabes superior und Gehirnlues und berichtet über einen Fall vor]
Hämothorax infolge Anthrax; hierauf folgt eine Kritik der Dar¬
legungen W i 1 1 i a m s o n s, betreffend die Fälle 3 und 4. Pseudo-,
leukämie ist nicht ausgeschlossen.
J. Holinger ist nicht von der tuberkulösen Natur des
Hämatopneumothorax ganz überzeugt. Es kann sich um ein Pleura¬
sarkom mit sekundärer Pleuritis handeln. Infolge Brüchigkeit eine;
Pleurasarkoms kann Blut und Luft in die Pleurahöhle eintreten. Einer
solchen Fall sah Holinger 1890 im Jura bei der Sektion.
E. Ries: Der 2. Fall W.s illustriert die unter den hiesigen
Chirurgen allgemein herrschende Polypragmasie. Trotz grossei;
Gründlichkeit werden aber bei diagnostisch schwierigen Fällen Irr
tümer nicht zu vermeiden sein. Die Internisten sind nicht freizu¬
sprechen. So wurde z. B. Ries eine Frau mit einem Tumor des
rechten Femur zur Operation geschickt. Das Radiogramm zeigte
aber eine C h a r c o t sehe Erkrankung des Femur und der Wirbel¬
säule infolge Tabes. In einem anderen Falle wurde von einem Prak
tiker eine Inzision des Fussgelenkes wegen Schwellung ausgeführt!
Ries wies auch hier eine C h a r c o t sehe Schwellung bei Tabes
nach. Aber auch die hiesigen Gynäkologen fallen in denselben Fehlet
des zu häufigen Operierens wie die Chirurgen. Gegen die Ueber
Schätzung der Bedeutung einer Retroflexio uteri oder eines Damm
risses, gegen die übertriebene Auffassung begleitender Nervensym
ptome als Reflexerscheinungen und gegen die auf dieser Auffassung
beruhende kritiklose Operationssucht muss energisch Stellung ge
nominen werden. Wie unabhängig begleitende Nervenerscheinungei
bei einer Retroflexion sein können, zeigt folgender Fall: Frau eine:
Arztes mit Retroflexio uteri, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen um
allgemeiner Schwäche. Ries machte ohne Wissen der Frau da:
Pessarexperiment und brachte den Uterus bald in Ante- bald in Retro
flexion. Vollständiges Schwinden der Rückenschmerzen und der all
gemeinen Schwäche auch während der Retroflexion. Die Kopf
schmerzen verschwanden erst vollständig nach dem Einlegen eine:
kleinen Tampons in die Scheide. Frau war Hysterika.
In zweifelhaften, diagnostisch schwierigen Fällen von Abdominal
erkrankungen wird man natürlich in Anbetracht des gegenwärtige!
Standes der Technik dem Pat. den Vorteil einer explorativen Ope
ration angedeihen lassen. Dass man hier Ueberraschungen erlebt
weiss man in allen Ländern.
Carl Beck: Es gibt Fälle, bei denen man als Komplikatioi
einer Tabes eine chirurgische Erkrankung vorfindet. Ein solcher Fal
steht jetzt in seiner Behandlung. Pat. hatte seit über 10 Jahrei
Blasenbeschwerden infolge Tabes; später auch Darmbeschwerder
schliesslich auch Incontinentia alvi. Seit Kurzem Schmerzen in
Mastdarm und Blutungen. Es fand sich ein fast faustgrosses Kar
zinom der Flexur vor, mit Uebergreifen auf die Blase. Es wird di
Krankengeschichte eines Opfers der hiesigen Operationssucht mit
geteilt: Frau eines Arztes. Nach 6 wöchentlichen Beschwerden Ent
fernung der Ovarien: 2 Tage später Entfernung der Gebärmutter,
Später Exstirpation der übriggebliebenen Teile des inneren Genitale;
mit Erzeugung einer Ureterfistel, welche ihrerseits eine Operatio
erforderte. Nachher Nephrektomie wegen Steinen und Pyelitis. Da
bei Entstehung einer Kotfistel; wieder eine Operation mit Einleitun
des Kotes durch die Scheide.
Bezüglich des 5. Falles W i 1 1 i a m s o n s ist es fraglich, ob di
Beschwerden der Frau nach Wiederaufnahme der gewöhnliche
Lebensweise fern bleiben werden. Die Erfolge der chirurgischen Be
handlung der Enteroptose sind bisher wenig befriedigend geweser
Im Gegensatz zu dieser Erfahrung hat Rovsing am Chirurgen
kongress in Atlantic City die Mitteilung gemacht, dass er unter 26
in Kopenhagen operierten Fällen bis 70 Proz. Heilungen und nur i
11 Fällen Misserfolg gehabt hat. Diese glänzenden Resultate sin
wohl durch seine besondere Operationsmethode zu erklären, dere
Einzelheiten geschildert werden. Rovsing zeigte am Kongres
eine Anzahl von Radiograminen, welche noch nach Monaten de
Magen in richtiger Lage erwiesen.
Williamson (Schlusswort) stützt die Annahme der tubei
kulösen Natur des Hämopneumothorax vor allem auf die Tatsacln
dass 77 Proz. von Pneumothorax auf Tuberkulose, nicht so selte
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
28. Januar 1913.
iuf latenter Tuberkulose beruhen. In Erwiderung der Kritik
lultgens bezüglich des 3. und 4. Falles hält W. an seiner Dia-
jnose fest.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung v o rn 10. Januar 1913.
Privatdozent Dr. B ä r ä n y stellt einen Fall vor, bei welchem
ine ein Jahr lang andauernde Taubheit infolge Liquoransanimlung irn
<leinhirnbrückenwinkel durch Lumbalpunktion resp. beiderseits aus-
reführte Freilegung der Dura in der hinteren Schädelgrube voll-
commen beseitigt wurde.
Dr. Pleschner demonstriert einen Mann mit operativ ge-
icilter traumatischer, intraperitonealer Blasenruptiir.
Privatdozent Dr. L. T e 1 e k y stellt 2 Feilenhauer vor mit ganz
rirkumskripten Atrophien einzelner Muskeln des Daumenballens.
Prof. Dr. Carl Sternberg - Brünn zeigt Ausstrichpräparate
ms der Milz und aus den Lymphdriisen eines an Pemphigus acutus
verstorbenen Kindes, welche — nach Qiemsa gefärbt — die von
. ipsciiütz ebenfalls bei Pemphigus chronica eines Erwachsenen
refundenen eigentümlichen, kleinen, ovalen Gebilde, einzeln und in
jruppen, aufweisen. Sternberg lässt es dabei unentschieden, ob
diese Gebilde der Gruppe der Protozoen angehören, was L i p -
schütz behauptet, und ob diese Gebilde für den Pemphigus eine
itiologische Bedeutung haben.
Dr. Herbert Koch: Entstehungsursache der Meningitis tuber-
mlosa bei Kindern.
Eine statistische Zusammenstellung von 350 Fällen aus der
Klinik Escherich und der Abteilung Moser ergab, dass die tuberkulöse
Meningitis bei Kindern in den einzelnen Jahren gleich häufig be¬
obachtet wird, dagegen zeigt sich, dass sie innerhalb des Jahres zu
Beginn des Winters an Zahl zunimmt, ihren höchsten Stand im Monate
April erreicht, um sodann wieder an Zahl abzunehmen. Die Krank¬
heit, welche in die Gruppe der akuten Miliartuberkulose gehört,
kommt am häufigsten im 2. Lebensjahre des Kindes vor, um in
späteren Jahren an Häufigkeit abzunehmen, was sich daraus erklären
lässt, dass der kindliche Organismus überhaupt bei der Zunahme des
Körperwachstums eine stärkere Resistenz gegen die Tuberkulose-
nfektion besitzt. Von 100 an Tuberkulose verstorbenen Kindern star¬
ben im 1. Lebensjahre ca. 40 an Meningitis tuberculosa, während an
anderen tuberkulösen Prozessen weitere 60 starben; im 2. Lebens-
ahre steigt der Anteil der Todesfälle an Meningitis tub. schon auf
\S Proz. Die hereditäre Belastung solcher Kinder war in 70 Proz.
nachweisbar; die von der Krankheit befallenen Kinder waren zu¬
meist schlecht ernährt.
Der Vortr. besprach weiter die der tuberkulösen Meningitis
vorausgehenden Erkrankungen, er erörterte eingehend den Sitz des
primären tuberkulösen Herdes und die Umstände, welche die miliare
Uissaat der im Organismus vorhandenen Tuberkelbazillen herbei-
tiihren.
In der Diskussion berichtete Privatdozent Dr. Viktor Blum
iber die Resultate seiner in Gemeinschaft mit Dr. E. Müller-
ßasel gemachten statistischen Erhebungen, betreffend das Verhältnis
zwischen Tuberkulose des Harn- und Genitaltraktes zur Meningitis.
Unter den in den Jahren 1901 — 1910 im Wiener allg. Krankenhause
verstorbenen und sezierten tuberkulösen Menschen (5372) befanden
sich 723, welche Tuberkulose des Harntraktes aufwiesen, und bei
diesen 723 Fällen bestand 222 mal = 30,7 Proz. auch Meningitis,
während die 77 Fälle von Tuberkulose des Genitaltraktes allein nur
13 Fälle = 17 Proz. an Meningitis, die Tuberkulosen des Harn- und
Uenitaltraktes (105) 22 Proz., die Fälle von Lungentuberkulose ohne
Urogenitaltuberkulose (4372) gar nur 6 Proz., die Knochentuberku¬
losen (216) auch nur 14 Proz. an Meningitis aufwiesen. Es zeigt sich
also, dass eine offenbare Prädilektion der an Nierentuberkulose Er¬
krankten zur Meningitis besteht, während die Genitaltuberkulose diese
Prädisposition nur in geringerem Ausmasse schafft.
Gesellschaft fiir Innere Medizin und Kinderheilkunde.
Sitzung vom 16. Januar 1913.
Fel. Deutsch demonstriert einen Mann mit myelogener Leu¬
kämie, welcher mit Benzol behandelt wurde. Die Milz und die Leber
waren hochgradig vergrössert, über beiden Lungenspitzen war der
Perkussionsschall gedämpft. Das Fieber blieb fast konstant auf 38°
stehen, im Blute fanden sich 836 000 Leukozyten und etwas über
* Million roter Blutkörperchen. Unter der Benzoltherapie nahm die
Aahl der Leukozyten ab und die der Erythrozyten zu, so dass
schliesslich gegenwärtig nur mehr 7000 Leukozyten gezählt werden.
Per Leber- und Milztumor ist total zurückgegangen. Es wurde nun
Jas Benzol ausgesetzt und statt desselben Arsen gegeben.
S. Plaschkes zeigt einen Fall von Hydrops adiposus der
Pleura. Pat. zeigt Symptome der Tabes. Vor einiger Zeit bekam er
'•'inen linksseitigen Pleuraerguss, die Punktion ergab ein gelbliches,
rahmiges Exsudat, welches sich beim Stehen in ein Sediment aus
zeitigen Elementen und eine fettig aussehende, klare Flüssigkeit schei-
iC|; Das spezifische Gewicht des Exsudates ist 1027, in demselben
befinden sich Eiweiss, Fett und eine Spur von Blut. Der Fettgehalt
219
entsteht durch fettige Degeneration des pleuritischen Exsudates oder
der Pleuraauskleidung. Pat. hat subfebrile Temperaturen. Da
wiederholte Punktionen des Pleuraexsudates und auch die Injektion
von Stickstoff in die Pleurahöhle erfolglos waren, wird eine Rippen¬
resektion vorgenommen werden.
K. Weiser demonstriert Kurven von Pulsus irregularis per-
petuus.
R. Fleckseder führt einen Mann mit chronischer parenchy¬
matöser Nephritis und einem erweichten Gumma am Schädel vor.
Pat. hatte vor 10 Jahren Lues, hat jetzt eine gelappte Leber, einen
leichten Milztumor, im Harn etwas Eiweiss und manchmal hyaline
Zylinder. In der letzten Zeit steigerten sich die Nierenerscheinungen,
der Blutdruck war immer niedrig. Pat. hat über dem Hinterhaupt¬
höcker eine zweikronenstückgrosse fluktuierende Geschwulst, welche
von einem Knochenwall umgeben und etwas schmerzhaft ist (er¬
weichtes Gumma). Es ist nicht entschieden, ob das Nierenleiden lue¬
tischer Natur ist.
W. Türk bespricht die Therapie der Leukämie.
Vortr. hat an seiner Abteilung mehrere Fälle von Leukämie mit
Benzol behandelt, in 4 Fällen wurde die Therapie wegen Magen¬
beschwerden von den Patienten aufgegeben, in einem Falle wurden
99 Kapseln ä 0,5 g ohne Erfolg gegeben, auf Röntgenbestrahlung trat
Besserung ein. In einem Falle stieg nach Verbrauch von 64 Benzoi-
kapseln die Leukozytenzahl noch an, in einem anderen fiel nach
292 Benzolkapseln die Leukozytenzahl binnen 7 Wochen auf 7000
herab.
Vortr. stellt einen 57 jährigen Mann mit lymphatischer Leukämie
vor, dieser hat Schmerzen in den Knochen mit wechselndem Stand¬
ort. Vor 2 Jahren hatte Pat. 5 Millionen rote und 42 000 weisse Blut¬
körperchen, nach Röntgenbestrahlung folgte Besserung. Vor einigen
Monaten stieg die Leukozvtenzahl auf 72 000 an, Atoxylbehandlung
hatte keinen Erfolg, nach Röntgenbestrahlung sank die Leukozyten¬
zahl ab. In einem anderen Falle hatte eine langdauernde Benzol¬
behandlung auf das Blutbild keinen Erfolg, die Milz- und Drüsen-
vergrösserung blieb konstant. In einem Falle mit 1 870 000 roten
und mehr als 1 Million weisser Blutkörperchen, kolossaler Leber¬
schwellung, Lymphdriisentumoren und Brustbeinschmerzen wurde
durch energische Röntgenbestrahlung und nachfolgende Benzol-
theranie der Patient wieder arbeitsfähig. Die Erythrozytenzahl stieg
auf 2/4 Millionen an, die Leukozvtenzahl sank auf 35 000, die Lympho¬
zyten, welche früher 90 Proz. der weissen Blutkörperchen gebildet
hatten, verminderten sich auf 36 Proz. Im Harn fanden sich nach
der Einleitung der Benzoltherapie Nukleoalbumin und ausgelaugte
rote Blutkörperchen. Diese Beobachtung regt dazu an, bei der Ben¬
zoltherapie auf den Harn zu achten, ob nicht eine Nephritis im Ent¬
stehen begriffen ist. Der Zweck der Leukämietherapie ist nicht die
Erreichung einer möglichst niedrigen Leukozytenzahl, sondern die
Erzielung einer möglichst langen Remission mit Besserung des All¬
gemeinbefindens, so dass Pat. wieder arbeitsfähig wird. Vor einer
zu energischen oder fortwährend fortgesetzten Therapie mit irgend
einem Mittel ist zu warnen, auf diese Weise kann es zu einer akuten
Exazerbation kommen. Vortr. hat Remissionen bis zu 2 L> Jahren
beobachtet, xyährend dieser Zeit wurde keine Therapie durchgeführt,
bei Verschlechterung des Befundes wurde entweder eine Röntgen¬
therapie oder eine kombinierte Behandlung angewendet. Es gibt auch
Fälle, welche sich gegen die bisher bekannte Therapie refraktär ver¬
halten. Das Benzol ist imstande, eine gesteigerte Leukopoiese herab¬
zudrücken, es wirkt schwächer als die Röntgenstrahlen, ist jedoch
eine wertvolle Ergänzung derselben. Bezüglich der Therapie der
Leukämie muss man noch weitere Erfahrungen sammeln, da man
über sie bisher kein definitives Urteil abgeben kann. Durch zu
starke Bestrahlung der Knochen wird eine Schädigung des Knochen¬
markes herbeigeführt.
13. Französischer Kongress für innere Medizin.
Paris, 13. — 16. Oktober 1912.
II.
Die akute infektiöse Kolitis war das II. Hauptthema des
Kongresses. Cade-Lyon besprach die Kolitis beim Er¬
wachsenen und zwar die primäre, an eine spezifische Infektion
nicht gebundene. Dieselbe kann diffus, generalisiert oder
partiell, lokalisiert sein. Der Prozess der Grimmdarmentzündung
kann oberflächlich, nur die Schleimhaut betreffend sein, welche Art
eher den generalisierten Formen angehört, oder die tieferen Darm¬
schichten einschliesslich des Peritonealüberzugs betreffen. Auch
pathologisch-anatomisch muss man die zwei grossen
Gruppen der akuten superfiziellen und der akuten tiefreichenden
unterscheiden. Was die Aetiologie und Pathogenese be¬
trifft, so sind als Infektionserreger der Bacillus coli, Streptokokkus,
auch der Pneumo-, Staphylokokkus usw. im Spiele. Die Typhlitis
befällt mit Vorliebe das herainvachsende und erwachsene Alter und
zwar besonders männlichen Geschlechts; eine spezielle Art, die
Diverticulitis sigmoidea trifft man nicht unter einem Alter von
40 Jahren. Diätfehler, Vergiftungen mit Nahrungsmitteln, über¬
mässiger Fleischgenuss scheinen eine wichtige Rolle zu spielen,
ebenso Koprostase. Die Infektion kann autogen oder exogen sein
und für den Dickdarm- wie jede Art Darmkatarrh bieten sich zwei
Infektionswege: der intestinale direkte oder der indirekte auf dem
220
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Wege der Blutbahn, der eine immer grössere Bedeutung zu ge¬
winnen scheint. Klinisch nimmt C. folgende Einteilung vor:
A) akute diffuse Typhlokolitis, welche das Vorstadium
einer chronischen Kolitis sein oder zufällig im Verlaufe einer chro¬
nischen Darmaffektion entstehen kann. Man unterscheidet hier
wieder 1. einfache akute (katarrhalische), welche nur ober¬
flächlichen Schleimhautveränderungen ohne Ulzeration oder mit nur
geringen Erosionen entspricht. Zuweilen leichtes, zuweilen kein
Fieber, heftige, kolikartige Leibschmerzen mit mehr weniger häufigen,
flüssigfesten Stühlen, Dauer 8 — 10 Tage, die aber zu Rückfällen,
welche Typhus Vortäuschen, führen kann; 2. akute ulzeröse
Kolitis (schwere dysenterieähnliche Formen) mit plötzlichem oder
allmählichem Beginn, anfangs seltenen, harten, dann rasch diarrhöisch
werdenden Stühlen, welche viel Schleim, selbst Schleimhautfetzen,
Eiter, Blut enthalten. Heftige, schwer zu lokalisierende Schmerzen,
Blasentenesmus. Puls beschleunigt, Temperatur erhöht (bis 40°).
Die Prognose ist eine schwere, jedoch kann innerhalb 3 — 4 Wochen
Heilung eintreten, Rückfälle sind häufig. Differentialdiagnostisch
kommen Ruhr, Typhus, Intoxikationskolitis in Betracht. Die 3.
(ausserordentlich seltene) Form — C. hat nur 2 Fälle beobachtet — -
ist die diffuse phlegmonöse und gangränöse Kolitis.
Die Hauptgruppe B bilden die lokalisierten Formen der Kolitis,
deren häufigste und bekannteste die Appendizitis ist. Als Unter¬
abteilungen führt C. 4 Formen an: 1. die S i g m o i d i t i s, 2. Typh-
litis, 3. aszendierende Kolitis, 4. Kolitis des rechten Winkels und
Colitis transversa. Bei der Sigmoiditis sind folgende mit gradueller
Zunahme der Erscheinungen verbundene Unterabteilungen zu machen:
a) akute einiache, b) mit plastischer Perisigmoiditis und c) mit eitriger
Perisigmoiditis verbundene. In den beiden letzten Fällen muss die
Prognose eine reservierte sein, da besonders bei der eitrigen Peri¬
sigmoiditis Komplikationen häufig sind. Sigmoiditis mit akuter all¬
gemeiner Peritonitis und Herniensigmoiditis sind selten. Die 2.
Typh litis stellt eine primäre und isolierte Blinddarmentzündung
dar, welche , unabhängig von jeder, irgendwie bedeutenden Ver¬
änderung des Wurmfortsatzes Vorkommen kann. Die Erscheinungen
und Formen sind beinahe die gleichen wie bei der Sigmoiditis und
die Lokalisation nur in die rechte Fossa iliaca zu übertragen. Die
Prognose ist sehr verschieden, je nach dem Falle, die Diagnose oft
schwierig, da die Typhlitis im allgemeinen eine seltene Affektion,
die Differentialdiagnose von Appendizitis nur von theoretischer Be¬
deutung, da bei beiden Arten die Therapie die gleiche ist. Bei
der generalisierten Kolitis oberflächlicher Natur genügen Bettruhe,
heisse Umschläge, entsprechende Diät, ferner warme Kochsalz¬
einläufe, Benzonaphtol, leichte Abführmittel, ebenso bei der ulzerösen
Form, wo aber noch Belladonna, Opium, direkte Einführung anti¬
septischer Mittel in den Mastdarm usw, in Betracht kommen. Für
die Fälle einfacher umschriebener (segmentärer) Kolitis ist ungefähr
die gleiche Therapie angezeigt, bei Perikolitis muss man ebenso wie
bei Appendizitis im Falle von Eiteransammlung chirurgisch ein-
greifen, bei mit allgemeiner Peritonitis komplizierter Kolitis wird die
Laparotomie nur wenige Kranke retten.
Die Korreferenten H u t i n e 1 und Nobeeourt besprechen die
akute Kolitis im Kindesalter. Nach einem erschöpfenden Ueber-
blick über die historische Seite der Frage beschäftigt sich ihr
Bericht hauptsächlich mit der Symptomatologie, die eine ziemlich
komplizierte ist und keine pathognomonische Bedeutung hat. Der
Schmerz kann fehlen, spontan sich kundgeben durch Schreien,
hervorgerufen werden durch den Stuhlgang oder die Untersuchung
(Palpation) des Leibes. Bei der Inspektion kann der Leib normal,
aufgetrieben oder eingefallen — was charakteristischer ist — sein,
die Palpation ergibt nichts Charakteristisches. Die Leber kann ver-
grössert sein, Milz ist normal. Appetit gering, heftiger Durst, Zunge
v'eiss, dick belegt, mit roten Rändern, Erbrechen unregelmässig vor¬
handen. Im allgemeinen zu Beginn Verstopfung, dann spontan oder
artifiziell Entleerung festen oder halbflüssigen, zuweilen übel¬
riechenden und blutigen Stuhles. Die Temperatur kann auf 38 — 40°
steigen und fällt in den leichten oder richtig behandelten Fällen rasch.
Puls rasch, Abmagerung, allgemeine Depression. Bei der akuten
schleimigen Dickdarmentzündung werden unterschieden: a) die
leichte oder gutartige, die häufigste Art, b) die partiellen oder
lokalisierten Formen, welche besonders Zoekum und Colon ascendens,
den im Becken liegenden Teil des Kolon und oberen Teil des Mast¬
darms betreffen, c) die dysenterieähnliche, welche von der schlei¬
migen nur durch das Aussehen der Stühle und die Heftigkeit der
Schmerzen sich unterscheidet. Schliesslich gibt es noch eine Form
akuter Kolitis, wo die geringen Darmstörungen in völligem Miss¬
verhältnis zu der Schwere der Allgemeinerscheinungen stehen und
letztere oft so hochgradig sind, dass sie den Eindruck einer Cholera
sicca machen. Die Stühle sind dabei immer wenig reichlich, schleimig,
grün, der Urin gering. Puls verlangsamt und unregelmässig. All¬
gemeine Prostration mit oft vorherrschenden nervösen Erscheinungen,
wie Krämpfen usw. Der Tod tritt oft unter diesem gesamten Sym-
ptomenbilde ein, während eine richtige Behandlung leicht den kleinen
Patienten retten kann. Komplikationen von seite des Harnsystems,
der Leber, der Atmungsorgane, der Haut und des subkutanen Zell¬
gewebes können zuweilen das ganze Krankheitsbild verändern. Was
die pathologische Anatomie betrifft, so sind im Verlaufe
der akuten Enterokolitis die Veränderungen wechselnde, bald leicht
und oberflächlich, bald tiefgehend und speziell auf die Follikel, welche
ulzerös sein können, übergreifend. Bakteriologisch hat man den
Bacillus coli, den Dysenteriebazillus und Streptokokken gefunden.
Aetiologisch wird die akute Enterokolitis in primäre oder
idiopathische und sekundäre eingeteilt. Im Lebensalter von
1—4 Jahren ist erstere am häufigsten, wird aber auch in den fol¬
genden und späten Kinderjahren beobachtet. Die Dentition spielt eine
Gelegenheitsrolle und die neuroarthritische Vererbung ist von
zweifellosem Einflüsse. Die Hauptschuld trägt die Ernährung:
künstlich und zu reichlich genährte Kinder u. ä. m.; aber man darf
die mitwirkende und oft vorherrschende Rolle der Mund-, Nasen-
und besonders Rachenaffektionen, endlich die der Ansteckung und
Sommerhitze nicht vergessen. Die sekundäre Enterokolitis kommt
bei Missbildungen des Dickdarms, bei Eingeweidewürmern (Oxyuren,
Askariden, besonders Trichozephalus), Infektionskrankheiten (In¬
fluenza, akuten Exanthemen, Typhus), Meningitis als Komplikation
vor. Differentialdiagnostisch könnte man zuweilen an Darm-
invagination, Appendizitis, akute Peritonitis, Typhus, tuberkulöse
Meningitis denken. Die Therapie besteht in erster Linie darin,
den Darm- und zuweilen Mageninhalt zu entleeren, die darin vor¬
handenen schädlichen Keime zu zerstören und die Schleimhaut zu
beeinflussen. Magen- und Darmspülungen (mit Vichywasser, Koch¬
salzlösung, verschiedenen Abkochungen usw.), innerlich Opium, Arg.
nitr., Ipekakuanha, Kalomel, Rizinusöl und besonders Na sulfur.
werden gute Dienste tun. Gleichzeitig muss man ein bis mehrere
Tage an Wasserdiät festhalten, dann allmählich wieder mit Gerste-,
Reisabkochungen usw. zur normalen Kost übergehen. Andererseits!
muss man stimulierend auf den Organismus einwirken und gewisse
Symptome oder Komplikationen behandeln, Bäder ebenso wie Um¬
schläge und ähnliche Mittel werden indiziert sein. Das Kind ist nach
der Heilung sehr sorgfältig zu überwachen und gewisse Mineral¬
wasserkuren könnten dann angezeigt sein.
Marcel Labbe- Paris erklärt die Annahme, es müsse mit einer
Perikolitis immer eine Enterokolitis verbunden sein, für irrig und
führt 2 bezügliche Beobachtungen an.
G u e 1 p a - Paris behandelt die akute, nicht sekundäre Kolitis
mit Abführmittel und absoluter Diät während 24 Stunden.
P i e r y und M a n d o u 1 - Lyon glauben aus 20 Beobachtungen
schliessen zu können, dass es bei den Phthisikern einen durch
Schleimabsonderung bedingten Enterospasmus gibt und dass die,
Enterocolitis membranacea sehr oft nur eine Erscheinung der ent¬
zündlichen Tuberkulose ist, ebenso eine grosse Anzahl von Fällen
plastischer Kolitis und Perikolitis und dass man die Tuberkulose:
zu den Ursachen der Hirschsprung sehen Krankheit rechnen
muss.
Lanel- Chätel-Guyon hebt die Bedeutung der Mineralwässer
und der physikalischen Mittel bei der Behandlung der Dickdarm¬
katarrhe hervor, ebenso der Hochfrequenzströme (Applikation ins
Rektum und Pars sigmoidea mit langen Elektroden) und führt zwe
beweisende Beobachtungen an.
Roubier-Lyon hält daran fest, dass die ulzerierende Tuber¬
kulose des Dickdarms viel seltener ist, wie jene des Dünndarms unc
bringt 4 bezügliche Beobachtungen.
16. Versammlung französischer Urologen
in Paris vom 9. — 12. Oktober 1912.
I.
Das Hauptthema des Kongresses behandelte die Vergleichs-
resultate der verschiedenen Behandlungsmethoden der Nierentuber
kulose. Leon Bernard und Heitz-Boyen unterscheide;
mehrere anatomisch-klinische Formen derselben und besprechen, in
dem sie die follikuläre, epitheliale und interstitielle (tuberkulöse
Nephritis ausser Betracht lassen, hier nur die Therapie der käsig
eitrigen chronischen Infiltrationstuberkulose de;
Niere. Nachdem die Nephrotomie, ebenso wie die partielle Nephrek
tomie recht ungünstige Resultate geliefert haben, erklären Bericht
erstatter die totale Nephrektomie für die Therapie per se und
möchten nur im Hinblick auf die von manchen Autoren angeblich mi
der sog. spezifischen Behandlung erzielten Erfolge auch diese kur.
streifen. Die Nierentuberkulose gibt sich entweder bei Leuten, di1
schon mit anderen, meist geringfügigen, tuberkulösen Affektionen be
haftet sind, oder bei sonst scheinbar gesunden Individuen kund
Jedenfalls ist sie immer primären (deszendierenden, hämatogenen) Ur
Sprunges, ist am Anfang einseitig, was schon dazu auffordert, dieser
ersten primären Herd zu beseitigen, bevor genügend Zeit zur In
fektion der zweiten Niere vorhanden ist. Unter 1022 Fällen ha;
Israel nur 1,6 Proz. sekundäre Nierentuberkulose nach Nephrektonr
gefunden, während man 29 Proz. doppelseitiger Nierentuberkulose bt
den nicht Operierten findet. Der Verlauf der Nierentuberkulose is
ein sehr langsamer, bei einer grossen Zahl von Kranken auf 3 bi
4 Jahre, sehr oft aber noch viel länger sich erstreckend. Dieser lang
same Verlauf ist durch Remissionsstadien, die sich sehr lange am
dehnen können, charakterisiert; diese Pausen dürfen aber nicht al
Heilung angesehen werden, da eine solche in spontaner Weise nich
vorkommt. i
Das Gesamtbild des Leidens fordert zu chirurgischer Behandlun
auf. ebenso wie dieselbe sich auf die genauen diagnostischen Mitte
welche hauptsächlich auf getrennte Untersuchung beider Nieren, voi
’8. Januar 1913,
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
221
natomischen und funktionellen Standpunkte aus, beruhen, stützt.
Ile experimentellen und klinischen Versuche lehren zudem, dass die
ntfernung einer Niere von keinerlei schlimmen physiologischen Fol-
en begleitet ist. Auch die Resultate der Nephrektomie ermuti-
en zu ihrer ausgedehnten Anwendung: die unmittelbare Mortalität
eträgt 1 — 6 Proz., die spätere im Durchschnitte 15 Proz., so dass
lan sagen kann, die Nephrektomie rette 4/s aller Fälle von Nieren-
iberkulose vor dem Tode; ausserdem bleiben von den Ueberleben-
en die Hälfte dauernd geheilt. Die Operation hat einen giin-
igen^ Einfluss auf die anderen Herde und das Allgemeinbefinden.
Ile Erfahrungen lehren, dass die Erfolge um so bessere sind, je
iiher die Operation gemacht wird, und dass dieselbe zuweilen mit
orteil bei doppelseitiger Nierentuberkulose ausgeführt wird. Was
un die sogen, spezifischen inneren Mittel, vor allem Tuberkulin,
etrifft, so lehrt die genaue Kritik der veröffentlichten Fälle, dass
irkliche Heilung nicht in einem einzigen Falle vorkam, sondern es
ch höchstens .um eine solche scheinbarer Art handelte. Der Schluss
■t also berechtigt: ausser in jenen Fällen, wo die Nephrektomie nicht
mglich ist, muss dieselbe bei diagnostisch festgestellter Nierentuber-
ulose in jedem Falle ausgeführt werden.
C a t h e 1 i n - Paris bespricht der Reihe nach die einfache medi-
inische Behandlung, die keinerlei Erfolg verspricht, die Behandlung
n Kindesalter, welche eine bewaffnete exspektative sei, die Behand-
ing mit Tuberkulin, welche noch keinen Beweis wirklicher Heilung
eliefert habe, und schliesslich die chirurgische Behandlung, die mit
er möglichst frühzeitigen Nephrektomie allein befriedigende Erfolge
efert.
Le Fur-Paris bringt eine persönliche Statistik von 102 Nieren-
jberkulosefällen, bei welchen er die Nephrektomie ohne unmittel-
aren oder späteren Todesfall ausgeführt hat und von weiteren
3 Fällen, welche medikamentös behandelt wurden und 4 Todesfälle
eferten = 5 Proz. Mortalität. Die Verhältniszahl der Heilungen ist
ier 30—40 Proz. L e F u r schliesst daher, dass die Behandlung der
ierentuberkulose sowohl eine innere medikamentöse wie chirur-
ische sein kann und dass in jedem Falle, auch nach der Operation,
rstere noch am Platze sei.
R a f i n - Lyon hat 165 Fälle primär mit Nephrektomie behandelt,
onnte sie auch weiterhin beobachten und gibt eine genaue Statistik
er operierten Fälle: 8 Todesfälle = 4,8 Proz. im ersten, 18 Todes¬
ille = 10,9 Proz. in den 3 und 26 = 15,7 Proz. in den 6 der Opera-
on folgenden Monaten. 63 der Fälle = 38 Proz. erwiesen sich als
nvollkommen, 53 = 32 Proz. als vollkommen geheilt.
P o u s s o n - Bordeaux führt seit 1900 in allen Fällen von Nieren-
iberkulose die Nephrektomie aus und hatte unter 70 Fällen, welche
ie Operation überlebt haben, 9 Todesfälle in dem derselben folgen-
en und nur 2 in den späteren Jahren. Von den 59 noch lebenden
Operierten datieren die Heilungen auf 15, 13, 12 und 10 Jahre zurück,
in Beweis der Heilwirkung der Nephrektomie liegt in dem regel¬
echten Schwangerschaftsverlauf der Nephrektomierten und der Tole-
anz derselben gegen die Operationszufälle.
Marion weist auch noch auf den schwerwiegenden Zeitverlust
in, welchen eine medikamentöse Behandlung mit sich bringe, und der
esonders mit Verschlechterung des Allgemeinbefindens gefährlich sei.
De K e e r s m a k e r - Anvers hat im Jahre 1903 mit der Tuber¬
ulinbehandlung begonnen und ca. 450 Fälle von Tuberkulose der
larnwege derselben unterzogen; er schliesst, dass mit einer wohl-
bgewogenen, verständigen Behandlung diese Methode befriedigende
Resultate liefert.
P a s t e a u - Paris erklärt die Nierentuberkulose für eine ausser-
r dentlich häufige Krankheit, die progressiv verläuft und durch Ne-
hrektomie heilbar ist. Deren geringe Mortalität (1 — 6 Proz.) muss
ie Kranken, der Prozentsatz völliger Heilung (50 Proz.) den Arzt
ur Operation drängen. Die medikamentöse Behandlung der Nieren-
Jberkulose ist in jenen Fällen, wo die Nephrektomie möglich ist,
tuschend und gefährlich, da sie die zur Heilung notwendige Opera-
on verzögert oder ganz unterdrückt.
Auch C a r 1 i e r - Lille bleibt Anhänger der Nephrektomie; er hat
ieselbe 133 mal wegen Nierentuberkulose mit 6 Proz., bei seinen
:tzten 50 Fällen mit nur 3J4 Proz. Mortalität ausgeführt.
J. Castaigne stellt seine eigenen Erfahrungen den Schluss-
ügerungen der Berichterstatter, die bezüglich der nichtchirurgischen
iehandlung allzu pessimistisch seien, gegenüber: unter 112 Fällen
aren 10 am Beginn der Erkrankung, davon scheinen 4 völlig geheilt
u sein und die 6 anderen auf gutem Weoe der Heilung sich zu be-
nden. Die anderen 102 Fälle waren nach Ansicht der Chirurgen in-
Perabel, davon zejgen 8 wider Erwarten die Erscheinungen völliger
Lilung, 22 fortschreitende und 30 geringe Besserungen. Wenn man
edenkt, dass bei diesen 102 Patienten die Prognose denkbar un-
ünstig war, so würde diese Statistik doch ein beredtes Zeugnis
ugunsten der medikamentösen Behandlung liefern.
Leon Bernard konstatiert in seiner Replik, dass es sich nicht
aruiri handelt, zu wissen, ob die sogen, spezifischen Mittel eine
ünstige Wirkung auf die Nierentuberkulose ausiiben, sondern ob sie
men heilenden Einfluss, wie ihn zweifellos die Nephrektomie besitzt,
aben und diese Frage sei unbedingt zu verneinen.
Berliner Briefe.
(Eigener Bericht.)
(Nachtrag zu dem Brief auf S. 210 dieser Nummer.)
Die Frage der Ausländer an den deutschen ined. Fakultäten.
Nachdem der Medizinerstreik in Halle die Frage des Ausländer¬
studiums an den deutschen Universitäten ins Rollen gebracht hat,
haben nunmehr, wie nicht anders zu erwarten war, die Kliniker der
hiesigen Universität dazu Stellung genommen. In einer gut besuchten
Versammlung wurde nach einem allgemeinen Referat über den Hal¬
lenser Ausstand, die Ausländerfrage und die Zustände an den Berliner
klinischen Instituten eine Resolution angenommen, die eine Sympathie¬
kundgebung für die Hallenser Kommilitonen enthielt. Sodann sprach
der Vorsitzende über den Platzmangel, der sich besonders in der
chirurgischen und in der Frauenklinik sowie in den Präpariersälen
geltend mache und über die Schwierigkeiten, die sich für die reichs-
deutschen Studenten daraus ergeben. Im letzten Semester sei die
Zahl der ausländischen Mediziner auf 568 gestiegen, darunter sind
383 Russen, und die ersten Bankreihen der Hörsäle sind stets von
Ausländern besetzt; es ist daher kein Zufall, dass die Zahl der reichs-
deutschen Mediziner, obwohl es ein Wintersemester ist, um 200 ge¬
sunken ist. Die Bewegung will nicht die Gastfreundschaft gegen die
Ausländer verletzen, will aber verhindern, dass ihnen Vorteile auf
Kosten der Inländer eingeräumt werden. Es kommt hinzu, dass ein
Ausgleich auf dem Boden der Gegenseitigkeit nicht möglich ist, denn
die slavischen Völker besitzen nicht genug Hochschulen, und ausser¬
dem stellen die russischen Universitäten viel schärfere Bedingungen
für die Zulassung von Ausländern als die deutschen. Hierauf be¬
richtete der Vorsitzende der Hallenser Klinikerschaft als Vertreter
des Gesamtklinikerverbandes Deutschlands über die Forderungen
dieses Verbandes. Auch er betonte, dass die Bewegung sich nicht
gegen das Ausländertum überhaupt richte; gebildete intelligente Aus¬
länder seien uns stets willkommen, sie müssten aber die gleiche Vor¬
bildung und die gleiche Kulturstufe haben wie die anderen Besucher
der Universität. Man habe der Bewegung den Vorwurf gemacht,
dass sie gegen die Internationalität der Wissenschaft verstosse; aber
hier handle es sich nicht um Wissenschaft, sondern um Ausbildung,
und diese sei national. Aerzte, die nach vollendeter Ausbildung in
ihrem Heimatlande zu uns kommen, finden hier stets reichlich Arbeits¬
gelegenheit. Die Forderungen des Klinikerverbandes lauten: 1. Die
Ausländer müssen ein staatliches Reifezeugnis beibringen, das
unserem Abiturientenzeugnis entspricht. 2. Die Ausländer müssen zur
Immatrikulation ein von der Heimatbehörde ausgestelltes Führungs¬
zeugnis vorlegen. 3. Die Erlaubnis des Praktizierens sowie die Zu¬
lassung zur Doktorprüfung ist von der Vorlegung eines deutschen
Zeugnisses über eine Prüfung in der deutschen Sprache abhängig zu
machen. 4. Es dürfen nur solche Ausländer praktizieren, die die
ärztliche Vorprüfung oder eine ihr gleichwertige Prüfung bestanden
haben. 5. Die Zahl der Ausländer ist prozentualiter zu beschränken
(das soll nicht als allgemeiner numerus clausus aufgefasst werden,
sondern als eine Beschränkung nach den Verhältnissen der einzelnen
Universitäten). 6. Die Ausländer haben die doppelten Gebühren zu
entrichten. 7. Die Ausländer erhalten die Kolleggelder nicht ge¬
stundet. 8. Die Ausländer haben sich bei der Inskription in eine
besondere Liste einzutragen, damit die Behörden ihre Berechtigung
zum Praktizieren prüfen können. 9. Die Verwendung der Ausländer
zu Famuli- und Volontärstellen darf erst dann erfolgen, wenn die
reichsdeutschen Studenten berücksichtigt worden sind. Dazu kommt
noch als eine weitere Forderung: Die ersten vier Reihen in den Hör¬
sälen bleiben für die reichsdeutschen Studenten reserviert. Alle Aus¬
länder können erst 14 Tage nach Beginn der Vorlesungen Plätze
belegen.
An die Referate schloss sich eine sehr lebhafte Diskussion an,
die meisten Redner äusserten sich durchaus zustimmend. Eine Er¬
scheinung verdient besonders hervorgehoben und klargestellt zu
werden. Da die russischen Studenten in ihrer überwiegenden Mehr¬
heit jüdischer Religion sind, so war die Vermutung ausgesprochen
worden, dass die Bewegung zugleich einen konfessionellen Charakter
habe, und ein in der Versammlung anwesender Arzt glaubte, darauf
hinweisen zu sollen. Es war vielleicht überflüssig, diesem Gedanken
überhaupt Raum zu geben; jedenfalls wurde vom Vorstandstisch mit
voller Deutlichkeit betont, dass ihnen konfessionelle Tendenzen
irgendwelcher Art völlig fern liegen, und diese Erklärung wirkte auf
die Versammlung durchaus befriedigend. Es liegt also für uns Aerzte
kein Grund vor, unsere Sympathien für die jungen Kollegen wegen
angeblicher Nebenerscheinungen einzuschränken. Eine Vertreterin
des Studentinnenvereins sprach ihre Zustimmung zu den Ansichten
der männlichen Kommilitonen aus; ebenso erklärten sich auch die
Zöglinge der Kaiser-Wilhelms-Akademie mit den Kommilitonen
solidarisch. An der Klinikerschaft, deren Gründung am gleichen
Tage beschlossen wurde, wollten die letzteren sich aber nur für
repräsentative und gesellige Angelegenheiten beteiligen. Dazu
hatten sie einen sehr triftigen Grund; denn sie unterstehen dem
Kriegsministerium und dürfen sich an das Kultusministerium Hin¬
durch Vermittlung des Kriegsministeriums, nicht der Klinikerschaft
wenden; ausserdem dürften sie als staatliche Studenten nicht gegen
staatliche Einrichtungen, z. B. in Form eines Ausstandes, Stellung
nehmen. Die Forderungen des allgemeinen Klinikerverbandes wurden
angenommen und sollen sämtlichen Fakultäten an einem noch zu be¬
stimmenden Termin gleichzeitig überreicht werden. M. K.
MUENCHENER' MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
225
Verschiedenes.
Frequenz der deutschen medizinischen Fakultäten1).
Universität
Sommersemester 1912
Wintersemester 1912/13
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Ausländer
Summa2)
Darunter
Frauen
Zahnärzte
Berlin . .
1009
152
605
1766
156
75
1272
249
718
5)2239
182
74
Bonn . .
594
24
31
649
42
45
577
27
25
629
37
23
Breslau .
441
12
79
532
19
51
501
10
91
602
21
39
Erlangen .
247
102
12
361
11
12
275
107
6
388
10
13
Frei bürg .
122
874
76
1072
65
37
149
754
90
993
77
36
Giessen
143
119
30
292
13
73)
132
139
25
296
11
l4)
Göttingen
266
58
19
343
11
2
282
74
23
379
12
2
Greifswald
289
26
12
327
6
27
251
22
7
280
9
20
Halle . .
208
24
92
324
8
30
224
29
103
356
10
24
Heidelberg
146
511
106
763
63
58
167
412
106
685
58
49
Jena . .
63
303
38
404
17
21
67
299
50
416
16
11
Kiel . . .
524
194
33
751
24
38
383
100
13
496
14
23
Königsberg
278
10
163
451
25
29
296
5
184
485
25
15
Leipzig
339
274
239
852
28
89
358
297
292
947
29
78
Marburg .
345
60
15
420
20
45
328
68
13
409
22
33
München .
720
1056
367
2143
77
83
848
1091
348
2287
106
94
Münster .
208
10
—
218
6
19
224
5
—
229
7
25
Rostock
51
266
19
336
1
37
48
248
16
312
1
14
Strassburg
179
146
97
422
7
33
202
169
130
501
17
25
Tübingen .
169
177
10
356
15
16
206
144
10
I 360
13
23
Würzburg
279
302
17
598
8
94
284
313
18
615
6
76
Summa
6620
3800 |2060 13380-622 848
7074
A562 2278J13904 683 698
>) Nach amtlichen Verzeichnissen. Vergl. diese Wochenschr. 1912, No. 33. 2) Nicht
inbegriffen in dieser Summe sind die Zahnärzte und Tierärzte. 8) Ferner 172 Tierärzte.
*) Ferner 205 Tierärzte. 5) Ohne die Studierenden der Kaiser Wilhelms-Akademie.
Die Energos Co.
München erfreut sich anscheinend der besonderen Gunst derer,
die durch den elektrischen Strom der leidenden Menschheit helfen
wollen. Man denke an das berüchtigte Ares-Institut, das in
der Neuhauserstrasse seinen Sitz hatte und unter der „wissenschaft¬
lichen“ Leitung eines Dr. J. Spier, später unter der eines
Dr. A. Meier stand. Das Institut vertrieb zum Preise von 180 und
250 M. einen nach dem Kriegsgotte genannten Gürtel. Der „Ares“
sollte schwache Männer heilen. Von München wird auch der Aub-
sche Kopfgalvanisator versandt. Der viel angepriesene
Apparat wurde in der Münch, med. Wochenschr. von Dr. Löwen¬
feld gebührend gewürdigt. In Isarathen haust seit geraumer Zeit
die früher in Dresden ansässige Energos Co. Diese Kompagnie
hat sich zum Ziel gesetzt, den Kahlköpfigen zu helfen und den Grau¬
köpfen das Haar wieder in der ursprünglichen Farbe spriessen zu
lassen. Ueber die Wertlosigkeit der Energosapparate sind wohl alle
gewissenhaften Aerzte einig. Ich habe nie einen Erfolg davon ge¬
sehen. Der bekannte Dermatologe Prof. Dr. Joseph warnt in
seinem Handbuch der Kosmetik S. 434 vor jenem Massage¬
apparate. Joseph bezeichnet ihn als wertlos und jeder Spur einer
wissenschaftlichen Unterlage entbehrend. Der Patient schade sich
obendrein noch dadurch, dass er den geeigneten Zeitpunkt versäume,
um sich mit der beginnenden Haarerkrankung an die sachverständige
Stelle zu wenden. Die Energos Co. setzt das „Vorhandensein
wirksamer Papillen“ voraus, wenn der „Lebenswecker für Haar und
Bart“ neue Lebenskraft entfachen solle. Jeder Arzt weiss aber, dass,
wo überhaupt noch mit der Möglichkeit eines Haarwuchses zu
rechnen ist, sich durch geeignete Massnahmen Erfolge erzielen lassen,
auch ohne Reklamemittel.
Um die Vortrefflichkeit ihrer Apparate zu beweisen, zählt die
Kompagnie die Namen erlauchter und hochgeborener Besteller auf.
An den amerikanischen Schwindler G. A. Mann in Rochester, der
sich den Titel Professor der Radiopathie zugelegt hat, wandten sich
hilfesuchend eine preussische Prinzessin und ein hoher Offizier der
Potsdamer Garnison und enthüllten dem Yankee Dinge, die sie kaum
ihrem Hausarzte anvertraut haben würden. Der Ehrenmann liess
die Briefe und andere pikante Zuschriften photochemisch verviel¬
fältigen — seinen Freunden zum Zeitvertreib!
Die Einfuhr der Energos - wie auch der Ortlidapparate
gleicher Herkunft wurde durch Verfügung des österreichischen Mini¬
steriums des Innern verboten, dessenungeachtet zeichnet die Ener¬
gos Co. als Hoflieferantin des Erzherzogs Joseph und der Erz¬
herzogin Auguste von Oesterreich. Die Energos Co. rühmt
sich, vier deutsche Reichspatente zu besitzen. Patentamtlicher
Schutz bietet aber keinerlei Gewähr für die Heilwirkung eines
Apparates, da weder bei der Eintragung als Gebrauchsmuster, noch
als Warenzeichen eine Prüfung des Gegenstandes auf seine Heil¬
wirkung stattfindet.
Um die Wunderwirkung ihrer Apparate darzutun, genügen der
Kompagnie nicht schwärmerisch verzückte Worte, auch Bilder
müssen zeigen, dass Energos die mächtigste Waffe gegen Haarausfall
und greisenhaften Kopf ist. Die Firma liess die hellblonde Charakter¬
tänzerin Fried Ruletti mit überpudertem und nacli hinten ge¬
bürstetem Haar photographieren, dann wurde der Dame falsches Haar
angesteckt, das bis über die Hüften herabfiel, und eine zweite Auf¬
nahme gemacht. Die erste Aufnahme erhielt in der Veröffentlichung
die Unterschrift: „Dame mit mattem, durchsichtigem, grau ge¬
wordenem Haar, Schuppen, Juckreiz der Kopfhaut, fettigem Haar¬
boden, starkem Haarausfall“. An dem zweiten Bilde erkennt man
staunend das Ergebnis der achtundzwanzigfachen Anregung durch
den Wunderkamm: „Dieselbe (Dame) hat alle Erscheinungen des
Haarleidens verloren, das Haar ist in früherer brauner (!) Farbe
voll und kräftig gewachsen“.
Neuerdings führt die Kompagnie ihre „interessanten Köpfe“ vor¬
sichtig und bescheiden als vergleichende — „Studien“ vor. In ihrem
Lieblingsblatt, der Woche, veröffentlichte seinerzeit die Gesellschaft
ein Preisausschreiben für solche Kahlköpfige, die innerhalb einer
bestimmten Frist mit dem famosen Kamm den stärksten Haarwuchs
aufwiesen.
Am lehrreichsten für uns Aerzte ist, wie sich die Energos Co.
ärztliche Gutachten zu verschaffen wusste. Würdige Vorgängerin der
Kompagnie war die Dresdener Firma F o r t a g n e N a c h f., die für
einen elektrischen Kamm Rheophor Stimmung machte und Aerzten
für Berichte mit guten Erfolgen 50 — 100 Mark bot. Die Firma trat
auch als Medizinischer Verlag Goethe an Aerzte heran
und suchte Beiträge für ein Werk „Quell der Lebenskraft“, ln Wirk¬
lichkeit war es ihr um Reklamematerial für den Rheophor zu tun.
(Vgl. Gesundheitslehrer Jahrg. 10, No. 8.) Später setzte sich die
Energos Co. unter dem Namen eines Dr. Meienreis mit dem
Geh. Reg. Petri in Verbindung, den sie zum Direktor des Kaiser¬
lichen Gesundheitsamtes „ernannte“ und ersuchte, eine populär¬
wissenschaftliche Zeitschrift als Herausgeber zu zeichnen. Mit dem
Namen des Dr. Petri ging man krebsen. Es erschienen in medi¬
zinischen Blättern Anzeigen, worin „fortlaufende Beiträge für vor¬
nehme hygienische Zeitung bei standesgemässer Honorierung“ ge¬
sucht wurden. Wer sich zur Mitarbeiterschaft meldete, erhielt einen,
Brief, an dessen Kopf der stolze Titel Archiv für Hygiene
und verwandte Gebiete prangte. Als Herausgeber wurde
genannt : Dr. Petri, prakt. Arzt, Kaiserl. Geh. Reg.-Rat, Direktor
des Kaiserl. Gesundheitsamtes. Als Verleger zeichnete der Geist
des unbekannten Dr. Meienreis. Die Briefe verkündeten auch,
dass die neue vornehme Zeitschrift Abhandlungen aus der „Welt der
Technik“ enthalten solle, die besonders eilig und doppelt honoriert
würden; auch könnte für solche Abhandlungen ein Pseudonym ge¬
wählt werden. Es liege gerade ein elektrischer Doppelkamm mit dem
Prüfungsergebnis des amerikanischen Arztes Dr. Whitegood vor.
Mit dem Kamme sollten Versuche vorgenommen werden, wobei vor
allem auf Neuerzeugung des Haares zu achten, dann auch die Neu¬
färbung zu berücksichtigen sei. Das vornehme „Archiv" ist nie ei-j
schienen, Energos Co. verwandte „geeignete“ elektrotherapeu-
tische Beiträge zu Reklamezwecken. Dr. Petri erklärte, dass die
von ihm für das „Archiv“ geschriebenen Artikel, schon für die;
Energosbroschiire benutzt worden seien, als er den Kamm zur
Prüfung erhalten. „Der Kamm versagte vollständig trotz gewissen¬
hafter Anwendung.“
Weiterhin bot die Kompagnie in einer Reihe von medizinischer
Wochenschriften ihren „Lebenswecker“ kostenlos den Aerzten zu
Versuchen an. Sie gab aber Apparate nur ab, wenn im voraus
„rückhaltlos und offen“ eine günstige Erklärung über die Energos-
konstruktion abgegeben wurde. Solche „rückhaltlosen“ Erklärungei
sind in dem Reklameheft abgedruckt.
Schon seit 5 Jahren unterzieht der bekannte Gesundheits¬
lehrer (Herausgeber Primararzt Dr. Kanto r) den Energosunfug
einer vernichtenden Kritik. Wie verhielt sich dazu die Kompagnie:
Dr. Kantor erhielt einen Artikel des Dr. Brodzki über Haar¬
pflege und druckte ihn ahnungslos im Gesundheitslehrer ab. Die
Abhandlung war, wie sich später herausstellte, ursprünglich für das
famose Archiv bestimmt gewesen. Die „Redaktion“ hatte ihn aber
abgelehnt, weil der Doppelkamm zu wenig herausgestrichen wor¬
den sei. Der abgelehnte Aufsatz, in den Dr. Brodzki gutgläubig
das Prüfungsergebnis des Amerikaners Dr. Whitegood über
nommen haben will, fand also Aufnahme im Gesundheitslehrer. Die
Energos Co. druckte triumphierend die auf den Doppelkamm sic!
beziehende Stelle mit Quellenangabe in ihrem Reklamehef
ab und setzte stolz als eigenes Geistesprodukt in einer Fussnote
folgende Worte hinzu: „Obiger Haar-Doppelkamm ist unter den
Namen Energoskamm allgemein bekannt“. Durch dieses Kunst
Stückchen sollte dem lästigen Volksaufklärer der Mund gestopft und
alle seine späteren Warnungen zuschanden gemacht werden. Abe
die Kompagnie hatte sich getäuscht, ebenso wie sie sich täuschte, al;
sie Kantor einen Geldbetrag für die Aufnahme eines Artikels „übe
Erfahrungen mit dem Energos“ anbieten liess und mehrere ganz
seitige Anzeigen in Aussicht stellte.
Unter den Begutachtern des Energos spielt ein Edler v o n N e u
mann eine ergötzliche Rolle. Dieser Herr schriftstellert auch unte
dem Namen N e a n d e r, Dr. Heilwart u. a. Neu mann sagt de
Energostherapie eine grosse Zukunft voraus und sandte an Aerzi
frankierte Briefumschläge, um die Meinung der Kollegen über di
Therapie der Zukunft zu ergründen. (Vergl. Gesundheitslehrer Jahr
gang 11, No. 4.) Ein Dr. Arndt will nicht Eulen nach Athe
tragen durch Aufzählung all der vorzüglichen Erfolge des Vibro
Energos usw.
223
l Januar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. r
Die Hauptüberraschung aber sparte sich die Energos C o.
; zum Sommer 1912 auf. Ueberall in deutschen Landen, in Krossen
d kleinen Blättern, las man auf Holzpapier die welterschütternde
chricht. Energos Co. in München habe 25 000 M. zur Anlage von
yerischen Flugzeughäfen gestiftet. Die Spende wurde an höchster
eile angenommen.
Die selbstlose, hohe vaterländische Gesinnung der Energos-
mpagnie zu preisen, ist nicht Zweck dieser Zeilen. Ich überlasse
rn dieses Kapitel einer berufeneren Feder.
Dr. Vorberg - Baden-Baden.
Therapeutische Notizen.
Rose 11 hat am Bürgerspital zu Diedenhofen, am Tropen-
ditut zu Hamburg und in der Privatpraxis Versuche mit dem Ei-
•isspräparat „Riba“ angestellt. In allen Fällen allgemeiner Unter-
■kihrung, besonders in solchen, wo diese auf gestörter Verdauung
ruht, zeigten sich bei Gebrauch von Riba in Mengen von 50 bis
3 g täglich überraschende sichtbare Erfolge, welche, da nicht
,'ichzeitig andere Mittel für denselben Zweck gebraucht wurden,
sschliesslich auf die Darreichung von Riba zurückzuführen waren,
rf. hat sich so von dem positiven Wert des Riba als Nähr-
ittel von überraschender Assimilierbarkeit überzeugen können,
ef. kann auf Grund eigener Erfahrung die „überraschende“ Wir-
ng dieses Präparates bei allen Fällen von Unterernährung durchaus
stätigen; seit er das Riba in der verbesserten, sich nicht mehr
sammenballenden Form kennen gelernt hat, in der es jetzt aus-
hliesslich hergestellt wird, verordnet er überhaupt kein anderes
ihrpräparat mehr.) Das Präparat ist leicht in allen Flüssigkeiten
dich, leicht bekömmlich und zeichnet sich ferner durch seine Purin¬
mut aus. Bei Achylie, Hyperchlorhydrie und Pankreasinsuffizienz
heint es sich besonders zu bewähren. (Allg med Zentral-Ztz
i. 43, 1912.) ' Fr. L
0. S i m m o n d s - Frankfurt a. M. sagt in der Med. Klinik 1912,
). 45, dass die Thermopenetration (eine durch tiefgehende Er-
irmung hervorgerufene Hyperämie) in der Behandlung der
rostatitis gonorrhoica einen souveränen Platz verdient,
is er an Hand eines sehr markanten Falles erläutert. Das Ver-
lren erfordert einige Uebung und gut sitzende Elektroden, da sonst
rbrennungen leicht eintreten. Apparate bei Reiniger, G e b -
r t & Schall zu erhalten. Qr
F r a e n k e 1 und Hauptmann - Halle verwendeten das
i n t e r n i t z sehe Chineonal (Chinin + Veronal im Ver-
Itnis 2:1) zur Keuchhustenbehandlung. Unter 30 Fällen sahen sie
mal eine positive Wirkung, insoferne während der Dauer der An-
mdung (im 1. Lebensjahr 3 mal täglich 0,1, vom 2. Jahre ab 3 mal
?lich 0,2) die Anfälle seltener waren und das Erbrechen ausblieb.
:benerscheinungen wurden nicht konstatiert. (Med. Klinik 191?
». 46.) Qr.
Galerie hervorragender Aerzte und Naturforscher,
■r heutigen Nummer liegt das 317. Blatt der Galerie bei: Carl
opp. Vergl. den Nekrolog auf Seite 193 dieser Nummer.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 27. Januar 1913.
— In Berlin haben sich die Medizinstudierenden klinischer Se-
•Ster zu einer „K 1 i n i k e r s c h ai t“ zusammengeschlossen, wie
Iche an anderen Universitäten, z. B. in München, Heidelberg,
He a. S. sich bewährt haben. Das erste Hervortreten dieser Klini-
rschaft betrifft die Stellungnahme zur Frage des Studiums der
Isländer an den deutschen medizinischen Fakultäten. In einem
chtrag zu unserem heutigen Berliner Brief (S. 221) wird darüber
•sführlich berichtet. Man kann der sachlichen Behandlung der Frage
;rch die Klinikerschaft die Anerkennung nicht versagen. Es besteht
hr.e Animosität gegen die Ausländer, es spielen keine konfessionellen
'gensätze mit; einzig und allein das an manchen Universitäten be-
“hende Missverhältnis zwischen Unterrichtsmaterial und Andrang
'r Studierenden zwingt zur Abwehr. Die unter Mitwirkung eines
rtreters der Hallenser Klinikerschaft, der das Verdienst zukommt,
‘iiAnstoss zur endlichen Regelung der brennenden Frage gegeben zu
ben, aufgestellten Sätze, in denen die Forderungen der Studenten-
■iaft niedergelegt sind, sind als massvoll zu bezeichnen; man kann
Sar bezweifeln, ob sie genügend wirksam sein werden. Dass
'^.s geschehen muss, wenn nicht die Ausbildung unseres eigenen
• etlichen Nachwuchses Schaden leiden soll, zeigt ein Blick auf das
;r S. 222 dieser Nummer veröffentlichte Verzeichnis der Frequenz
ir medizinischen Fakultäten. Fast ein Drittel aller Mediziner in
1 in, in Halle, in Leipzig, mehr als ein Drittel in Königsberg, sind
Mander! Im ganzen studieren 2278 Ausländer in Deutschland.
£$e Zahl wäre nicht unerträglich, wenn eine gleichmässigere Ver-
hing auf die einzelnen Städte stattfände. Es gibt aber sehr gute
nversitäten, z. B. Erlangen, Greifswald, Kiel, die von Ausländern
[ in ganz verschwindender Zahl aufgesucht werden. Vielleicht
■sse sich die unerwünschte und nui durch die dira necessitas ge-
i echtfei tigte Härte, die in der Anwendung von Ausnahmemassregeln
gegen die Ausländer immerhin liegt, dadurch mildern, dass seitens
der Universitätsbehörden auf eine gleichmässigere Verteilung der
ausländischen Studierenden hingewirkt würde.
— Das Reichsgericht hat die Klage des Halleschen
Ortskrankenkassen verbandes gegen den Verband Halle¬
scher Kassenärzte in Halle a. S. durch Urteil vom 10. Januar in Ueber-
einstimmung mit den beiden Vorinstanzen abgewiesen. Damit ist der
seit Jahren sich hinziehende Streit zugunsten der Aerzte entschieden.
— Die Repräsentantenversammlung der British medical Asso¬
ciation hat die Aerzte von ihrem ehrenwörtlichen Versprechen, die
Mitarbeit an dem Nationalen Versicherungsgesetze
zu verweigern, entbunden. Damit ist der Kampf vorläufig zu Ende;
man nimmt in englischen ärztlichen Kreisen aber an, dass er baldigst
wieder aufgenommen werden wird. Ausführlicher Bericht folgt in
nächster Nummer.
— Das K. b. Staatsministerium des Innern hat an den Unter¬
suchungsanstalten für Nahrungs- und Genussmittel in München, Er¬
langen und Würzburg und an der Kreisuntersuchungsanstalt in
Speyer Unterrichtskurse für gemeindliche Polizei¬
beamte zur Unterweisung in der Ueberwachung des Ver¬
kehrs mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchs¬
gegenständen eingerichtet. In den Kursen werden die einschlägigen
wichtigeren reichs- und landesrechtlichen Vorschriften erläutert, die
Anforderungen, die an die einzelnen Betriebe in Bezug auf Räume.
Einrichtung, Reinlichkeit, Aufbewahrung der Waren usw. zu stellen
sind, dargelegt, die erforderlichen Kenntnisse in der Warenkunde
vermittelt und die Entnahme, Verpackung und Versendung von
Proben gelehrt werden. Die Kurse dauern 6 Tage; die ersten finden
in München, Erlangen und Würzburg in der Zeit vom 31. März mit
5. April ldf. Jrs. statt. Der erste Kurs in Speyer wird in der Zeit
vom 3. mit 8. März abgehalten.
Das Ministerium des Innern hat ferner durch Erlass vom
24. Dezember (Amtsblatt No. 3 vom 20. Jan. 1913) eine neue An¬
weisung für die Entnahme, Verpackung und Verwendung von Proben
zur Untersuchung durch die Untersuchungsanstalten für Nahrungs¬
und Genussmittel, sowie eine neue Anweisung zur polizeilichen
Ueberwachung des Verkehrs mit Milch herausgegeben.
— Der Magistrat Berlin bewilligte für das Robert Koch-
Denkmal 15 000 M. aus der Stadtkasse. Die Kosten des Denkmals
sind auf 100 000 M. veranschlagt, von denen bisher 60 000 M. auf¬
gebracht sind.
— Dem Hallenser Kliniker Joh. Christ. Reil, dessen 100. Todes¬
tag am 22. November d. J. gefeiert werden kann, soll in Halle a. S.
ein Denkmal gesetzt werden.
— Die Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brü¬
ning feiern in diesem Monat ihr 50 jähriges Bestehen. Eine bei
diesem Anlass herausgegebene Gedenkschrift zeigt, wie dieses Unter¬
nehmen, dank der Tatkraft seiner Begründer, aus kleinen Anfängen
in rascher Entwicklung zu immer grösserem Umfang und zu immer
grösserer Bedeutung heranwuchs bis zu seiner jetzigen Stellung als
einer der grössten und angesehensten chemischen Fabriken der Welt.
Die Schrift zeigt auch, an wie vielen wichtigen Entdeckungen die
Farma beteiligt war; ihre Stellung in der Arzneimittelindustrie be¬
zeichnen am besten die drei Worte; Antipyrin, Diphtherieserum und
Salvarsan. Für das Wohl ihrer Arbeiter und Angestellten hat die
Firma vorbildliche Einrichtungen geschaffen.
— Die Söhne des verstorbenen Zahnarztes Prof. Dr. Boe-
d e c k e r in Berlin haben die Summe von 15 000 M. gestiftet zur Er¬
richtung und ersten Unterhaltung einer neuen Schulzahnklinik.
— In Oldenburg ist ein Landeskomitee für Krebs¬
forschung begründet worden.
— Die Gesellschaft für innere Medizin und -Kinderheilkunde in
Wien hat zu korrespondierenden Mitgliedern gewählt
die Herren : Franz Hofmeister in Strassburg i. E„ Pierre Marie
in Paris, L. R. Müller in Augsburg und Adolf Schmidt in
Halle a .S.
— Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung
des Kurpfuschertums hat laut Beschluss der General¬
versammlung ihren Sitz nach Dresden verlegt und der dortigen Orts¬
gruppe das Präsidium übertragen. Sämtliche Zuschriften an die
Gesellschaft sind daher nicht mehr an den bisherigen Vorsitzenden,
Herrn Dr. S i e f a r t - Berlin, zu richten, sondern um Verzögerungen
zu vermeiden, bis auf weiteres direkt an Herrn Dr. N e u s t ä 1 1 e r,
Dresden- Hellerau, den Mitredakteur des Gesundheitslehrers,
welcher die Organisation des Dresdener Bureaus übernommen hat.
— Das neue Verzeichnis der zur Annahme von
Praktikanten ermächtigten Krankenhäuser und
medizinisch - wissenschaftlichen Institute in
Preussen wird in einer Sonderbeilage zum Ministerialblatt für
Medizinalangelegenheiten, No. 4, vom 22. Januar 1913 veröffentlicht.
- Ein alljährlicher Stiftungsbetrag von 10 000 M. stand im ver¬
gangenen Jahre der Professor Dr. Vulpiusschen Ortho¬
pädisch-Chirurgischen Heilanstalt in Heidelberg
zum 6. Male zur Verfügung. Mit Hilfe dieser Summe wurden 300
orthopädisch kranke Knaben und Mädchen an ca. 15 000 Verpflegungs¬
tagen stationär behandelt. Anfragen und Anmeldungen für das
laufende Jahr sind zu richten an: Die Verwaltung der Professor
Dr. Vulpiusschen Orthopädisch-Chirurgischen Heilanstalt in
Heidelberg, Luisenstrasse.
224
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4
— Der 42. Kongress der Deutschen Gesellschaft für
Chirurgie findet vom 26. bis 29. März in Berlin statt. Haupt¬
themata der Verhandlung sind: Ulcus duodeni, Ref. : Herr Küttner-
Breslau; Hirn- und Rückenmarkschirurgie, Reff.: Herr v. Eiseis¬
berg und Herr Ranzi-Wien; Die Behandlung der Gelenk- und
Knochentuberkulose, Ref.: Herr G a r r e - Bonn. Vorsitzender: Exz.
v. A n g e r e r.
— Der XII. Kongress der Deutschen Gesellschaft
für orthopädische Chirurgie findet in der Osterwoche,
am Dienstag, den 25. März (dem Tage vor der Zusammenkunft der
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie) in Berlin im Langenbeckhause,
Ziegelstr. 10/11, statt. Die Eröffnung des Kongresses erfolgt vor¬
mittags 9 Uhr. Eine Projektionssitzung ist für Montag, den 24. März,
also am Vorabend des Kongresses, ebenfalls im Langenbeckhause,
8 Uhr abends, angesetzt. Als Hauptthema wurde gewählt: „Die
Behandlung der chronischen Arthritis (Arthritis deformans)“. Herr
Geheimrat Dr. Friedrich Kraus- Berlin wird einleitend referieren
über „Symptomatologie, Pathogenese und interne Therapie der chro¬
nischen Arthritis“, im Anschluss daran Herr Prof. Dr. J. Ibrahiin-
München über „die chronische Arthritis im Kindesalter“, sowie Herr
Dr. G. Preiser - Hamburg über „die orthopädische Behandlung der
chronischen Arthritis“. Nach Erledigung des Hauptthemas folgen
Vorträge anderen Inhalts. In der Generalversammlung, am 25. März
nachmittags, sollen Statutenveränderungen beraten werden. Mittwoch,
den 26. März, finden gemeinsame Sitzungen mit der Sektion für
Kinesitherapie (Massage, Heilgymnastik, Orthopädie) des IV. Inter¬
nationalen Kongresses für Physiotherapie statt, zu der die Mitglieder
der Deutschen Gesellschaft für orthopädische Chirurgie ohne weiteres
Zutritt haben. Einführender der Sektion ist Herr Prof. Dr.
G. Joachimsthal - Berlin W., Genthinerstr. 16, bei dem auch
Vorträge anzumelden sind. Als Hauptthemata sind hier in Aussicht
genommen: Die physikalische Behandlung der Gelenkkrankheiten
(Referenten : Wilms- Heidelberg, R o 1 1 i e r - Leysin, Menard-
Berck, E 1 m s 1 i e - London) und die Uebungstherapie bei Nerven¬
krankheiten mit oder ohne voraufgegangene Operationen (Referenten:
Förster- Breslau, H i r s c h b e r g - Paris).
— An der Universitäts-Augenklinik in Pest wird vom 3. bis
8 März lfd. Jrs. von den wissenschaftlichen Mitarbeitern der Zeiss-
werke Dr. M. v. Rohr und Dr. O. Henker ein Kurs der
Brillen künde für Augenärzte abgehalten (Preis 40 Kronen; An¬
meldungen an Dr. L. v. Liebermann, Pest, VIII, Marienstr. 39).
— Die Elektrizitätsgesellschaft „S a n i t a s“ in Berlin hat einen
neuen, reichhaltigen Röntgenkatalog herausgegeben, den sie
Aerzten, die sich dafür interessieren, unentgeltlich zur Verfügung
stellt.
— Erkrankungen an Pocken in Bayern im
Jahre 1912. Nach den beim K. Bayer. Statistischen Landesamt
eingegangenen Meldekarten wurden im Jahre 1912 5 Pockenerkran¬
kungen angezeigt, davon eine in Erlachhof, B.-A. Ingolstadt, und je
zwei in Ludwigsau, B.-A. Germersheim, und in Mittelhammer, B.-A.
Rehau. Sämtliche Fälle gingen innerhalb 3 — 4 Wochen in Genesung
über. Nach den begleitenden Umständen ist anzunehmen, dass der
Krankheitskeim von auswärts eingeschleppt wurde und zwar in
einem Falle aus Russisch-Polen, in den anderen Fällen aus Böhmen
und Baden.
— Cholera. Straits Settlements. In Singapore wurden vom
18. November bis 13. Dezember v. J. 9 Cholerafälle gemeldet. —
Japan. Zufolge Mitteilung vom 27. Dezember v. J. sind seit dem
25. November folgende Erkrankungen (und Todesfälle) festgestellt
worden- In den Städten Osaka 12 (19), Amagasaki 6 (— ), Kobe-
Hiogo 9 (6) und in anderen Teilen der Präfektur Hiogo 9 (5). Die
letzte Erkrankung wurde am 20. Dezember in Osaka beobachtet.
— Pest. Russland. Im Transbaikalgebiete sind in dem Dorfe
Werchneudinsk des Bezirkes Nertschinsko-Sawodsk Ende Oktober
und Anfang November v. .1. 3 Pesttodesfälle bakteriologisch fest¬
gestellt worden. Weitere Erkrankungen wurden dort bis Ende De¬
zember nicht beobachtet. — Aegypten. Vom 28. Dezember v. J.
bis 3. Januar erkrankten 12 (und starben 10) Personen; ferner er¬
krankten (starben) vom 4. bis 10. Januar 2 (2) Personen. — Britiscli
Ostindien. In den beiden Wochen vom 8. bis 21. Dezember v. .1.
erkrankten 3876 + 2795 und starben 2825 + 2237 Personen an der
Pest. — Niederländisch Indien. Vom 18. bis 31. Dezember v. J.
wurden auf Java gemeldet: Aus dem Bezirke Malang 147 Erkran¬
kungen (und 146 Todesfälle), aus Kediri 42 (38), aus Paree 37 (33),
ferner aus Soerabaja 18 und aus Madioen 11 Todesfälle. Für die
Zeit vom 4. bis 17. Dezember sind nachträglich weitere 5 Todesfälle
aus Paree mitgeteilt worden; ausserdem betrug die Zahl der Todes¬
fälle vom 4. bis 17. Dezember im Bezirke Malang nicht 172,
sondern 162. — Brasilien. In Rio de Janeiro vom 3. bis 23. November
v. J. 6 Erkrankungen und 2 Todesfälle. — Peru. In Mollendo vom
17. bis 23. November v. J. 5 Erkrankungen und 2 Todesfälle.
— - In der 2. Jahreswoche, vom 5. — 11. Januar 1913, hatten von
deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblichkeit
Landsberg a. W. mit 28,2, die geringste Pirmasens mit 3,8 Todes¬
fällen pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller
Gestorbenen starb an Masern und Röteln in Gladbeck, Kaiserslautern,
Oberhausen, an Diphtherie und Krupp in Erfurt, Hildesheim.
V. d. K. G.-A.
(H ochse hulnachrichte n.)
Berlin. Geheimrat Prof. Dr. Otto Heubner, Direktor de
Klinik und Poliklinik für Kinderkrankheiten an der Berliner Uni
versität, beging am 21. Januar seinen 70. Geburtstag, (hk.)
Dresden. Dem dirigierenden Arzt der städtischen Heil- un
Pflegeanstalt Geheimrat Dr. Ganser wurde anlässlich seine
60. Geburtstages (24. I. 13) von seinen Mitarbeitern, ehemaligen un
jetzigen Assistenten und Schülern eine Festschrift überreicht.
F r a n k f u r t a. M. Als Nachfolger des an das Krankenhau
St Georg in Leipzig berufenen Herrn Dr. Reinhardt ist Her
Dr. Edgar Goldschmid, I. Assistent am Pathologischen Institu
der Universität Genf, zum Prosektor am Senckenberg ischei
Pathologischen Institut berufen worden.
Giessen. Der ausserordentliche Professor Dr. Bottiche
erhielt einen Ruf als Leiter der chirurgischen Abteilung des städtische
Krankenhauses zu Berlin-Lichtdhberg und hat ihn angenommen.
(Todesfälle.) J
ln Innsbruck verschied der Universitätsprofessor i. R. Dr. Ludwi
L a n t s c h n e r, ein hervorragender Chirurg, im 87. Lebensjahre
In Wien starb Dr. Wilh. M i 1 1 a c h e r, a. o. Professor für Pharma
kognosie und Assistent des pharmakognostischen Institutes.
In Edinburg starb 59 Jahre alt Dr. Georg A. G i b s o n, bekaml
durch Arbeiten auf dem Gebiete der Herzpathologie.
(Berichtigung.) Der im Verein für wissenschaftliche Heil
künde in Königsberg am 9. Dezember vorgestellte Fall von Narkoi
lepsie (diese Wochenschrift No. 1, S. 49) wurde von Dr. Kliene
berger (nicht von Dr. L a a s e r) demonstriert. Ausführliche Publi
kation des Falles demnächst in der Berliner klin. Wochenschr.
Korrespondenz.
Zur Behandlung des äusseren Milzbrandes.
Erwiderung auf die Mitteilung von Herrn Dr. Veit in No. 51, 1911
dieser Wochenschrift von Dr. H e i n e m a n n - Berlin.
Herr Veit tritt für die bekannten Anschauungen der B e r g
mann-Bramann sehen Schule ein und empfiehlt unter Ai
führung eines konservativ behandelten und tödlich verlaufenen Falk
diese Behandlung. 'jl
Ich möchte beiläufig erwähnen, dass im Oktoberheft dt
Deutschen Zeitschrift für Chirurgie eine grössere Arbeit von ni:
über dasselbe Thema erschienen ist. Ich komme hierin zu gan'
entgegengesetzten Resultaten und weise auf Grund der pathe.
logischen Anatomie und einer Statistik von 2000 Fällen nach, da.1
die operative Lokaltherapie die rationellere und bessere ist. D,
Herr Veit sich auf die im Jahre 1894 in der Deutschen med. Wochei
schrift erschienene Theorie Müllers über Milzbrandbehandlur
beruft, bitte ich ihn, meine obige Arbeit durchzulesen. Er wir
finden, dass jeder einzelne Satz der Müll er sehen Theorie su
durch entgegengesetzte Tatsachen glatt widerlegen lässt.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 2. Jahreswoche vom 5. bis 11. Januar 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildung
fehler 9 (15 1), Altersschw. (über 60 Jahre) 3 (6), Kindbettfieber 3 (-
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft — (—), Scharlach— (-
Masern u. Röteln 3 (1), Diphtherie u. Krupp — (2), Keuchhusten 1 (j
Typhus (ausschl. Paratyphus) — (1), akut. Gelenkrheumatismus - (
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundsw
Trichinenkrankh. — (-), Rose (Erysipel) 3 (— ), Starrkrampf -
Blutvergiftung 2 (1), Tuberkul. der Lungen 12 (27), Tuberkul. and. (Ji
(auch Skrofulöse) 1 (4', akute allgem. Miliartuberkulose 1 (2), Lunge
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 15(19), Influenza 2 (2), vene
sehe Krankh. 3 (2), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfiebi
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechs«
fieber usw. — ( — ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.)3 (2), Alkohol-
mus — (2), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 2 (6), sonst. Kran!
d. Atmungsorgane 2 (4), organ. Herzleiden 23 (20), Herzschlag, Hei
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 7 (2), Arterienverkalku!
4 (3), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 4 (4), Gehirnschlag 9 (1.
Geisteskrankh. 1 ( — ), Krämpfe d. Kinder 1 (1), sonst. Krankh. d. Nervo
Systems 3 (10), Atrophie der Kinder 2 -3i, Brechdurchfall — (—), Mage¬
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 9 (8), Blinddar-
entzünd. 1 (1), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse
Milz 6 (4), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 3 (4), Nierenentzunu. 4 (,
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 2 (3), Krebs 29 (20), sor ■
Neubildungen 3 (3), Krankh. d. äuss. Bedeckungen — (—), Krankh. o
Bewegungsorgane 2 ( — ), Selbstmord 1 (2), Mord, Totschlag, at>
Hinricht. —(—), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen — (.
and. benannte Todesursachen 3 (3), Todesursache nicht (genau) o
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — ( )•
Gesamtzahl der Sterbefälle: 186 (207).
1) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwoc-
Verlag von J. F- Lehmann in München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
Die Mflnchtner Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich
Im Umf»ne von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen
Nummer 60 -d. • Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
6. — . • Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag.
tl
MÜNCHENER
Zusendungen sind zu adressiert i
Für die Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8'/* — -1 l/hr.
Für Abonnement an J. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatinerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE
fO 5 4 Febmr 1913 Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
.ns dem Karl-Olga-Krankerihaus und dem Ludwigsspital zu
Stuttgart.
Beiträge zur Chirurgie des Choledochus*).
Von Prof. v. Hofmeister.
Meine Herren! Es ist nicht meine Absicht, heute das
anze Gebiet der Gallensteinchirurgie vor Ihnen aufzurollen;
:h möchte vielmehr nur an der Hand einiger besonders in-
truktiver Fälle von Choledochusverschluss auf die kompli¬
ierten und gefährlichen Eolgezustände hinweisen, zu denen
in veraltetes Gallensteinleiden zu führen vermag. Der Zufall
at es gefügt, dass unter den Gallensteinoperationen, die ich
incrhalb der letzten 8 Wochen ausgeführt habe, nicht weniger
ls 5 Fälle sich finden, die teils durch die Eigenart des pathe¬
tischen Befundes besonderes Interesse erwecken, teils da-
urch, dass sie mir den Anstoss gaben zu technischen
leuerungen, von deren weiterer Verfolgung ich mir einen
ortschritt in der Behandlung schwerer Choledochusver-
ehliisse verspreche.
Das Gallensteinleiden ist, wie Ihnen ja allen bekannt,
erhältnismässig harmlos, solange die Steine ruhig in der nicht
ifizierten Blase liegen. Mit einem Schlag aber ändert sich
ie Situation, sobald die Gallengänge an der Erkrankung sich
eteiligen. Wenn auch nicht zu leugnen ist, dass auf dem
Vege der Austreibung der Steine durch den Choledochus eine
laturheilung möglich ist, und wenn auch tatsächlich dieser
liickliche Ausgang nicht so selten vorkommt, so schafft doch
l der Mehrzahl der Fälle das Uebergreifen der Gallenstein¬
rankheit auf die Gänge und speziell auf den Ductus chole-
ochus Zustände, welche zu den grössten Gefahren für das
.eben des Patienten führen, und deren Beseitigung uns vor
ie schwersten technischen Aufgaben stellen kann. Ich will
fe nicht mit der theoretischen Aufzählung all dieser Even-
ualitäten hinhalten, sondern zur Illustration des Gesagten so-
3rt meine Krankengeschichten reden lassen.
Fall 1. Totale Zerstörung des D. cysticus und
artielle des D. choledochus durch Steine. 45 jährige
rau, die schon 1909 und ebenso im Juli dieses Jahres in ähnlicher
' eise erkrankt war, wird mit schwerem Ikterus, der angeblich seit
Wochen bestehen soll, am 1. X. 12 eingeliefert; dabei in der letzten
eit Temperaturen bis 40, im Urin viel Gallenfarbstoff und spärlich
ranulierte Zylinder. In der rechten Bauchseite unterhalb der Leber
n apfelgrosser, druckempfindlicher, derber Tumor. Stühle acholisch.
Operationsprotokoll: 4. X. 12 Operation: Veronal, Skopomorphin,
ethernarkose.
Schnitt vom Schwertfortsatz bis zum Nabel mit Exstirpation des
abels. Nach Eröffnung des Peritoneums fühlt man sofort die stein¬
sfüllte Gallenblase, welche ziemlich stark geschrumpft erscheint,
ine breite Netzadhäsion am Gallenblasengrund wird abgeklemmt
nd durchtrennt. Nach hinten sind die Adhäsionen zwischen Duo-
enum, Gallenblasenstiel und Gallengängen zu einer gleichförmig
diwieligen Masse zusammengeschmolzen.
Beim Versuch, nach dem Foramen Winslowii hin frei zu machen,
ölt man plötzlich in einen Hohlraum, aus dem sich gallig gefärbter
iter und kleine Gallensteine entleeren. Ein etwa pfirsichgrosser Ab-
«ess erstreckt sich nach hinten. Medial von der Abszessöffnung
ihlt man eine Anzahl verschieden grosser Steine, die offenbar dem
holedochus angehören. Sie werden mit Löffel und Finger in grosser
nzahl bis über Kirschgrösse herausgeholt.
Mit dem kleinen Finger kann man in dem Hohlraum ein Stück
eit nach abwärts Vordringen. Nach oben wird eine Fortsetzung in
en Hepatikus nicht gefunden. Da ein Präparieren in dem schwieli-
en Gewebe gefährlich und aussichtslos erscheint, wird zunächst die
lallenblase in ihrer Mitte längsgespalten, massenhaft Steine heraus-
eholt und dann die Spaltung einerseits bis zum Fundus, anderseits
*) Vorgetragen im Stuttgarter Aerztlichen Verein 7. XI. 12.
No. 5.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
schrittweise nach dem Stiel zu fortgesetzt, bis der Zystikus in der
Abszesswand abbricht. Nach längerem Suchen sieht man an der
Grenze der Abszesswand von oben her den Hepatikus einmünden,
eine glatte Fortsetzung seiner Schleimhaut in den Choledochus findet
sich nur nach links und zum Teil nach hinten. Mit der Kupfersonde
gelingt es nach einigem Suchen die Papille zu passieren und dann
glatt in den Darm weiter zu sondieren. Die Papille wird mit Zinn-
bougie 16 — 22 ohne Schwierigkeit nachbougiert. Weder mit Bougie
noch Löffel werden Steine gefühlt. Auch nicht im Hepatikus, der
sich glatt sondieren lässt. Ein T-Rohr, beiderseits 2 cm lang, wird
in den Gallengang eingeführt und die schwieligen Wandreste mit
langgelassenen Zwirnnähten möglichst dicht um dasselbe zusammen¬
genäht. Mit der Spritze gelingt es, aus dem Hepatikusdrain klare
Galle zu aspirieren, die dann weiter spontan nachfliesst. Von der
gespaltenen Gallenblase werden die freien Lappen abgeklemmt und
abgetragen. Die Klemmflächen sowohl wie der Testierende Wand¬
streifen werden gründlich verschorft, so dass das ohnehin schon
spärliche Epithel sicher vollständig zerstört ist.
Beuteltamponade. Schichtnaht der Bauchdecken nach oben und
unten von der Drainage.
Ungestörter Heilverlauf. Am 22. X. Entfernung der Chole-
dochusdrainage; seit 27. X. ist der Stuhl gefärbt, seit 30. X. ist Pa¬
tientin auf. 12. XI. Geheilt entlassen.
Es hat sich also hier um einen jener Fälle gehandelt,
welche neuerdings von Riedel beschrieben worden sind, wo
der Ductus cysticus durch die Eiterung um die Steine in seinem
unteren Teil vollständig zerstört und der Choledochus seitlich
angefressen war. Die Steine lagen teils in der Gallenblase,
teils in dem Abszess, teils waren sie in den Choledochus über¬
getreten. Ein Abgang der Steine per vias naturales war hier
vollständig ausgeschlossen, auch wenn sie weniger gross ge¬
wesen wären, da infolge der Zerstörung der Wand die vis
a tergo fehlte.
Fall 2. Totale eitrige Zerstörung der Gallen¬
blase, Choledochusstein; abgekapselte gallige
Peritonitis unter der Leber und im kleinen Becken.
Der 2. Fall betrifft eine 41 jährige Frau, aufgenommen 25. IX. 12,
die ihren ersten Gallensteinanfall vor 5 — 6 Jahren durchmachte.
Ende Februar dieses Jahres erkrankte sie wieder und war 14 Jahr
lang ikterisch. Dann war sie wieder gesund, bis vor 10 Tagen die¬
selben Beschwerden wiederkehrten, in den ersten Tagen erträglich;
dann einige Tage später plötzlich nachts ein sehr heftiger Anfall, in
den letzten Tagen Temperaturen bis 40 u. Stühle völlig entfärbt,
starker Ikterus, Urin stark gallehaltig. In der rechten Oberbauch¬
gegend sehr grosser, glatter, druckempfindlicher Tumor, von der Leber
nicht abgrenzbar. Nach unten davon und etwas mehr der Mitte zu,
ein kleinerer, derber Tumor, der für die Gallenblase gehalten wurde.
Operationsprotokoll :
26. X. 12 Operation: Veronal, Skopomorphin-Aethernarkose.
Schnitt vom Schwertfortsatz bis zum Nabel. Nach Eröffnung des
Peritoneums kommt man auf das Netz, den geblähten Magen und die
stark geschwollene Leber. Nach rechts hin bestehen ausgedehnte
Adhäsionen zwischen Leberrand, hinaufgeschlagenem Netz und vor¬
derer Bauchwand. Dieselben werden mit dem Finger gelöst. Plötz¬
lich kommt von rechts her ein grosser Schwall hellbraunen, säuer¬
lich riechenden Eiters. Er wird, so gut es geht, aufgetupft und sobald
der Zustrom etwas aufhört, die Bauchhöhle nach allen Seiten hin ab¬
gestopft, dann werden die Adhäsionen zwischen Netz und Leberrand
gegen die Mitte zu noch weiter getrennt. Die Unterfläche des Leber¬
randes ist ödematös geschwollen, in der Gegend, wo die Gallenblase
zu finden wäre, befindet sich eine derbe, schwielige Masse. Ober¬
halb des stark hinaufgezogenen Duodenums wird vorsichtig mit dem
Messer inzidiert, bis man plötzlich in einen Hohlraum hineinfällt, der
mit schleimig nekrotischen Fetzen gefüllt ist. Dies ist offenbar die
vereiterte Gallenblase. Aus dem Raum führt nach hinten und rechts
eine breite Kommunikation in den Abszess, die Brücke wird durch¬
trennt. Man kann nunmehr deutlich die Reste der zerstörten Gallen¬
blasenschleimhaut erkennen. Steine sind nirgends zu finden, auch in
der nach hinten liegenden infiltrierten Masse, wo der Choledochus ge¬
sucht werden muss, nicht. Da keinerlei Möglichkeit eines stumpfen
Vorgehens sich bietet, wird das schwielige Gewebe oberhalb des
Duodenums mit dem Messer quer inzidiert, und es gelingt nun. die
mächtig narbig verdickte Gallenblasenwand nach oben abzuschieben,
während ein Teil unten am Duodenum sitzen bleibt. Der nun frei-
1
226
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Belegte, als Choledochus anzusprechende, gleichfalls schwielige
Strang wird vorsichtshalber mit feiner Spritze punktiert, wobei sich
etwas schaumige, gallige Flüssigkeit entleert. Zwischen Zügeln wird
durch eine 2 mm dicke Schwiele an der Punktionsstelle eingeschnitten,
diesmal gelangt man in ein Lumen, dessen Schleimhaut stark granu¬
liert erscheint. Nach einigen Sondierungsversuchen kommt aus dei
Tiefe klare Galle, es gelingt aber weder in den Hepatikus, noch
hinab in den Darm zu kommen. Es wird nach abwärts weiter ge¬
schnitten und nunmehr kommt man mit der Sonde und weiterhin
mit Zinnbougie 16—20 glatt in den Darm hinab, während sich nirgends
ein Weg in die Leber findet. Die Galle fiiesst immer dann, wenn
die Bougie aus dem Choledochus gezogen wird. Es muss also an-
genommen werden, dass der inzidierte Kanal überhaupt noch nicht
der Choledochus, sondern der mit ihm verwachsene Zystikus war.
Auf der Bougie wird vorsichtig weiter abwärts gespalten, bis man
durch X cm dicke Schwielenmassen richtig in den Choledochus ge¬
langt. Dann gelingt es mit der Sonde, ebenfalls um eine Ecke herum,
in den Hepatikus zu gelangen, der nun auf liegender Sonde gleich¬
falls gespalten wird. Auch nach oben gegen die Leber zu, sind
keine Steine fühlbar. Es wird ein Rohr mit gespaltenem Querstuck
unschwer eingeführt und darüber der Gallengang mit einigen lang
gelassenen Zwirnnähten dicht geschlossen. Die Fetzen schwieliger
Gallenblase, die noch hängen, werden vollends abgetragen. Die
Duodenalwand grenzt in grosser Ausdehnung an den Abszess und
erscheint in diesem Bezirk stark mitgenommen. Jetzt, wo sich der
Abszess in Ruhe untersuchen lässt, stellt sich heraus, dass er unter
dem rechten Leberlappen, bis nach hinten, sich erstreckt hat. Die
ganze Leberunterfläche ist gelblich verfärbt. Beuteltamponade der
Abszesshöhle. Mit Rücksicht auf die Schädigung des Duodenums
wird eine Gastroenterostomie beabsichtigt; beim Versuch, das Netz
zu diesem Zwecke heraufzuholen, erweist es sich in der Höhe des
Beckeneingangs adhärent und beim Lösen der Adhäsionen kommt
plötzlich ein Schwall des gleichen gallig gefärbten Eiters, wie er
unter der Leber gefunden war. Zahlreiche Adhäsionen im kleinen
Becken werden gelöst, oberhalb der Symphyse wird ein 4 cm langer
Längsschlitz angelegt und ein Glasrohr in den Douglas hinabgeführt,
aus dem sich reichlich Eiter entleert. Es wird mit Kochsalzlösung
durchgespült, bis sie klar abfliesst. Das Glasrohr bleibt liegen. Ueber
und unter der Tamponade Schichtnaht der Bauchdecken. In dem am
2. Tag post Operationen; entleerten Stuhl findet sich ein fast kirsch¬
grosser Stein. Der Verlauf war in Anbetracht der Schwere der
Veränderungen ein überraschend glatter. 2, XII. geheilt entlassen.
liier hat es sich also um eine totale eitrige Einschmelzung
der Gallenblase gehandelt, die zunächst zur Infektion des
Peritoneums führte. Durch Abkapselung des Prozesses ist es
zur Bildung eines grossen Gallenabszesses unterhalb der
Leber gekommen und eines zweiten, der das kleine Becken
vollständig ausfüllte. Da bei der Operation kein Stein ge¬
funden wurde, musste zunächst angenommen werden, dass
es sich um einen sogenannten entzündlichen Choledochus-
verschluss gehandelt habe, wie er gleichfalls von Riedel
mehrfach beschrieben worden ist und wie ich ihn selbst auch
wiederholt gesehen habe. Der Druck des grossen Abszesses
auf den Gallengang, dem durch seine schwielige Umgebung
jede Möglichkeit des Ausweichens genommen war, konnte
sehr wohl zu einer Aufhebung der Gallenpassage führen. Die
Auffindung des Steines im ersten Stuhlgang erwies diese Er¬
klärung als irrig. Wir müssen vielmehr annehmen, dass der
in der Papille steckende Stein durch die Massagewirkung der
langdauernden Manipulationen, welche zur Lösung der Adhä¬
sionen nötig waren, oder auch durch den ersten Sondierungs¬
versuch ins Duodenum hinabgedrückt worden ist.
F a 1 1 3. Entzündlicher Choledochusverschluss;
beginnende biliäre Leberdegeneration.
Die 29 jähr. Frau, die schon vor 2 Jahren einen Gallensteinanfall
mit Gelbsucht durchgemacht hat und in der Zwischenzeit verschiedene
Kuren gebrauchte, ist seit 5 Wochen schwer gelbsüchtig. Stühle ent- j
färbt, Urin stark gallehaltig, etwas Eiweiss. Druckempfindlichkeit
in der Gallengegend, aber kein deutlicher Tumor.
Operationsprotokoll:
24. IX. 1912 Operation. Veronal, Skopomorphin, Aethernarkose.
Schnitt zweifingerbreit unter dem Schwertfortsatz beginnend, mit
Exzision des Nabels. Nach Eröffnung des Peritoneums stösst man
zunächst auf Kolon, Netz und hochliegenden Magen. Die unter der
stark ikterischen Leber versteckte Gallenblase ist zunächst nicht
sichtbar, ln ihr lassen sich bei mässiger Spannung zahlreiche Steine
durchtasten. Bei Abtastung der Gallengänge und des Pankreaskopfes
lassen sich zunächst keine Steine durchfühlen. Die Bauchhöhle wird
nach allen Seiten sorgfältig abgestopft, das Foramen Winslowii tam¬
poniert und dann die breiten Adhäsionen, welche sich über das Duo¬
denum hinweg nach der Gallenblase hinziehen, teils mit dem
Thermokauter durchtrennt, teils mit Stieltupfer abgeschoben. Die
Stielgebilde liegen hoch nach hinten, unter der Leber fixiert,
und lassen sich nicht vorzieheu, daher wird der Schnitt rechts von
dem Schwertfortsatz bis in den Rippenwinkel hinaui verlängert.
Mit Kropfsonde und Stieltupfern wird das narbige Gewebe über
dem Choledochus allmählich entfernt. Der Gallenblasenhals wird
umgangen und auf einen Bindenzügel genommen, wodurch die Zu¬
gänglichkeit noch besser wird. Der freigelegte Choledochus erscheint
ziemlich stark erweitert. Nach rechts und hinten vom Choledochus
sitzt eine mandelgrosse, mit der Wand fest verwachsene Drüse; sie
wird in Ruhe gelassen. Während der Manipulation an Gallenblase
und Choledochus werden beide merklich leerer. Aus dem cröffneten
Choledochus entleert sich wenig klare Galle. Mit der Sonde, späte:
mit dem schlanken Löffel und Zinnbougie No. 16 und 18 gelangt man
ganz glatt ins Duodenum ohne einen Stein zu fühlen. Desgleichen
lässt sich der Hep. frei sondieren nach rechts 15, nach links 12 cm
weit. In den Hep. kommt ein halbiertes T-Rohr, nach oben wird die
Hep -Wunde geschlossen. Der Zystikus wird abgeklemmt, über zwei
doppelten Katgutligaturen durchtrennt und verschorft. Die Gallen¬
blase wird nach aufwärts mit dem Paquelin abgelöst, die Zystika mit
Katgut unterbunden. Drainage mit mehrfachen Jodoformgazestreifen,,
nach oben und unten davon Schichtnaht der Bauchdecken.
Präparat; Die in der Wand wesentlich verdickte Gallenblase ent¬
hält 20, beinahe farblose. Steine mit sehr starker Fazettierung. DeF
Wurmfortsatz, von der Spitze her auf 1 X cm narbig obliteriert, zeigt1
keine frischen Entzündungserscheinungen.
Aus dem Verlauf ist hervorzuheben, dass in den ersten Jager:
nur etwa 70 — 90 ccm einer schwarzbraunen, dicken Galle aus dei
Drainage entleert wurden, trotzdem gar keine Galle in den Dam;
abfloss. Ganz allmählich nur besserte sich die Gallensekretion, so
dass etwa am 10. Tage eine 24 ständige Menge von 250—260 g eine;
klaren, hellbraunen Galle abgesondert wurde. Entsprechend bildete,
sich auch der Ikterus viel langsamer zurück, als wir es sonst he
der Hepatikusdrainage zu sehen gewohnt sind. Itn übrigen erfolgte
die Heilung glatt. Am 16. X. wurde das Gallendrain entfernt, von
20. X. ab sind die Stühle gefärbt und am 31. X. ist die Gallensteinfiste;
glatt verheilt. 15. XI. geheilt entlassen.
Da weder bei der Operation im Ductus choledochus, nocl
später in den lange Zeit sorgfältig untersuchten Stuhlgänger
ein Stein gefunden wurde, müssen wir hier wohl einen ent
zündlichen Kompressionsverschluss annehmen. Die mecha
nischen Bedingungen für einen solchen waren wohl gegeben
von vorne her drückte die prall mit Steinen gefüllte Gallen
blase, welche von der geschwollenen Leber überlagert war, au
den Gang, während hinten die geschwollene, fest adhärent«
Drüse ein Widerlager bildete.
Ausserdem ist der Fall von Interesse, als ein Beispiel fii
eine beginnende biliäre Degeneration der Leber, wi
wir sie als Folgeerscheinung langdauernden Choledochusver
Schlusses kennen. Die schwer ikterische Verfärbung de
Leber, das Darniederliegen der Gallensekretion in den erste
Tagen nach der Operation, und das auffallend langsame Ver
schwinden des Ikterus sind die charakteristischen Zeiche
dieser Leberschädigung. In diesem Falle ist es noch glück
lieh gelungen, durch Entlastung der Leber die Patientin z
retten. Ist der Prozess aber weiter fortgeschritten, so sehe
wir aus dem eröffneten Gallengang überhaupt keine Gail
mehr austreten, sondern es fiiesst gar nichts oder nur klar«.
Schleim und die Patienten gehen nach Tagen oder Woche
unter Fortbestehen bezw. Zunahme des Ikterus oder auc
an cholämischer Nachblutung oder Niereninsuffizienz zugrund«
Da erfahrungsgemäss zuweilen schon wenige Wochen zur Ern
Wicklung dieser traurigsten Folge der Gallenstauung genüge;
und da wir kein Mittel besitzen, das uns mit Sicherheit vc
der Operation über den Grad der Schädigung des Lebe;
parenchyms orientiert, so ergibt sich daraus für uns die ernst
Mahnung, mit der operativen Beseitigung des Choledochu:
Verschlusses nicht zu lange zu warten; denn gegenüber di
vollentwickelten biliären Leberatrophie vermag auch d
glänzendste chirurgische Technik nichts mehr zu nütze
Allerdings hat uns die Physiologie in den letzten Jahren m
einigen Zeichen der Leberinsuffizienz bekannt gemacht, d
sich relativ einfach klinisch nachweisen lassen, und um derc
Verwertung in der chirurgischen Praxis sich A r n s p e r g e
besonders verdient gemacht hat. Es handelt sich dabei u
Veränderungen des Blutes und des Urins; Her
absetz ung der Blutgerinnungsfähigkeit, Poi
k i 1 o z y t o s e, vermehrte Ammoniakausscheidun
im Urin, alimentäre Lävulosurie und Urobilinuri
So sehr ich den wissenschaftlichen Wert dieser Symptome ai
erkenne und ihre Bedeutung als diffentialdiagnostisches Merl
mal zur Unterscheidung zwischen mechanischem und funl
tionellem Ikterus zu würdigen weiss, auf die uns hier inte
essierende praktische Frage, wie lange wir mit der Beseitigte
eines Choledochusverschlusses warten dürfen, vermögen s|
Februar 1913.
muenchener medizinische Wochenschrift.
ns leider keine Antwort zu geben; denn ihr Auftreten im
iefolge eines Choledochusverschlusses sagt uns nur, dass der
eletäre Einfluss der Gallenstauung schon zu einer funktio-
ellen Insuffizienz des Leberparenchyms geführt hat, dass also
itsächlich mit der Operation schon länger gezögert worden
;t, als zulässig. Die Frage, ob die gestörte Leberfunktion
och reparabel ist, bleibt offen; auf sie vermag nur der post-
perative Verlauf zu antworten und, wenn diese Antwort im
inn des unerbittlichen „zu spät“ ausfällt, so ist sie für den
fausarzt, wie für den Chirurgen gleich deprimierend.
Die 4. Patientin, über die ich Ihnen berichten will, ver-
ient, abgesehen von dem wissenschaftlichen Interesse, schon
ein menschlich unsere Teilnahme durch ihre lange und
chwere Leidensgeschichte.
Fall 4. .Choledochussteine, Rezidiv nach drei-
i a I i g e r Choledochotomie, Narbenstenose der P a -
llle; Choledochotomie, Duodenotomie, Dilatation
er Papillenstenose, Hepatikusdrainage, Chole-
ochoduodenaldrainage.
Die 67jährige Frau ist 1898, 1900 und 1904 von Burkhardt
egen Gallensteinen operiert worden. Jedesmal wurden Steine und
röcklige Massen aus dem Choledochus entfernt; die beiden ersten
lale dieser mit Seide genäht, die Gallenblase (trainiert, das dritte
lal die narbig geschrumpfte Gallenblase exstirpiert und der Chole-
ochus drainiert. Schon bald nach der dritten Operation erkrankte
ie Frau wieder an häufigen, meist kurzdauernden Schmerzattacken
on mässiger Intensität, welche, da niemals Ikterus auftrat, auf einen
rossen Bauchbruch, bezogen bezw. als Adhäsionsbeschwerden ge-
eutet wurden. Am Abend des 23. X. wurde ich von Herrn San.-Rat
^ eil zugezogen, da seit einigen Tagen Koliken bestanden, die
ie bisherigen an Schwere weit übertrafen. Im oberen inneren
Kinkel der Bruchpforte fand sich ein druckempfindlicher Bezirk; Tu-
lor nicht zu fühlen; Urin etwas verdächtig auf Gallenfarbstoff, soweit
as bei Nacht erkennbar; Stuhlgang gefärbt. Bis zu der am nächsten
lorgen erfolgten Aufnahme ins Ludwigsspital hat sich die Situation
esentlich geklärt durch einen inzwischen aufgetretenen Ikterus; im
rin Gallenfarbstoff, sonst nichts Abnormes. Demnach musste ein
teinverschluss des Choledochus angenommen werden, und die seit-
erigen vermeintlichen Adhäsionsbeschwerden als rezidivierende
iallensteinkoliken aufgefasst werden, eine Annahme, welche durch die
m 25. X. vorgenommene Operation bestätigt wurde.
Operationsprotokoll :
25. X. 12 Operation. Veronal, Skopomorphin, Aethernarkose.
chnitt in der alten Längsnarbe führt auf enorme Verwachsungen
es Kolon mit der Bauchwand, welche präparierend vorsichtig mit
ein Messer getrennt werden. Schiesslich gelingt es zwischen Leber¬
and und Rippenbogen auf die freie Leberfläche zu kommen und da-
urcli eine Orientierung zu gewinnen. Von hier aus wird zunächst
ach der Mittellinie in die Tiefe gearbeitet unter teils scharfer, teils
tumpfer Lösung der Adhäsionen. Dabei entsteht in den Narben der
.eberunterfläche eine Längsspalte, die offenbar dem alten Gallen¬
lasenbett entspricht. In ihrer Richtung wird weiter in die Tiefe
orgedrungen, bis man auf ein von Narben überzogenes luftkissen-
rtiges Polster kommt, von dem sich zunächst nicht entscheiden lässt,
as es ist; Magen, Duodenum, Choledochus kommen in Frage. Ein
Veiterarbeiten erscheint zu gefährlich, deswegen wird beschlossen,
as Kolon abzulösen und das Duodenum weiter unten aufzusuchen,
hirch vorsichtige Messerpräparation kommt man weiter nach aussen
eben dem Colon ascendens ins freie Peritoneum. Von hier aus
v'ird nun weiter nach rückwärts und gegen die Mitte zu gearbeitet,
nd hier ist das Gewebe so locker, dass das Vordringen mittelst
•tieltupfer möglich ist. Weiter nach hinten stösst man plötzlich auf
allig gefärbtes Oedem. Schliesslich kommt man in dem lockeren
iewebe plötzlich in einen freien Raum, der als Foramen Winslowii
edeutet wird. Der eingeführte Finger befindet sich nunmehr hinter
em vorher beschriebenen, unklaren Polster und fühlt in demselben
eutliche Pulsation der Art. hepat. und mehrere verschieden grosse
deine. Zunächst wird die vordere narbige Wand vorsichtig präpara-
orisch angeschnitten, dann ein grosser Stein von hinten her entgegen-
edrängt und auf diesem die 2 mm dicke, derbe Choledochuswand
ollends gespalten. Es entleert sich sofort ein grosser Stein und
'ckerartige weiche Massen. Nach Aufhebung der bisherigen He-
atikuskompression entleert sich ein Schwall trüber, dunkelgrüner
lalle mit zahlreichen kleinen Steinchen. Mit dem Löffel werden
owohl aus dem Choledochus als aus dem stark erweiterten Hepatikus
'och zahlreiche grosse und kleine Steinchen entleert. Die Gänge
md so erweitert, dass man mit dem Zeigefinger bis hinab ans Duo-
icnum und hinauf in die Hepatikusäste gelangen kann. Eine Sonde
gelangt nicht in die Papille. Der Hepatikus wird provisorisch tam¬
poniert, das Duodenum wird über der Sonde möglichst weit herauf-
rezogen, mit 2 Zügeln gefasst und etwa auf 2 cm quer inzidiert,
loraut sich sofort die für den 3 mm dicken Sondenkopf unpassierbare
apme herausstülpen lässt. Die Sonde wird durchgestossen und
,, apillenrand mit 2 Klammern gesichert. Es wird von der Chole-
locnuswunde aus mit Zinnbougies bis zu Charr. 30 aufbougiert, was
Pielend gelingt. Mit dem Bougie werden noch immer kleine Stein-
-nen heruntergeschoben. Schliesslich wird noch mit einem 4 fachen
Jodoformgazestreifen ausgefegt, der aber nichts mehr mitbringt.
Durch die Choledochuswunde wird ein 8 mm dicker Schlauch einge¬
führt, welcher etwa 3 cm aus der Papille herausragt. Er wird durch
eine lang gelassene Zwirnnaht im unteren Winkel der Choledochus¬
wunde fixiert. Die Duodenalwunde wird mit fortlaufender Katgutnaht
nach vorgängiger Jodierung geschlossen und mit Zwirn und Katgut
fortlaufend übernäht. Losgelassen, zieht sich die Nahtstelle so hinter
das Kolon hinab, dass eine Berührung mit der Tamponade nicht zu
fürchten ist. ln den Hepatikus hinauf kommt ein 15 mm starker
Schlauch. Er wird mit 2 Zwirnnähten im oberen Winkel des Chole¬
dochus fixiert, zwischen den beiden Schläuchen wird der Choledochus
durch Zwirnknopfnähte (Knoten einwärts, Enden lang) geschlossen,
darüber fortlaufende Katgutnaht. Jodoformbeuteltamponade. Nach
abwärts von der Drainage wird die Bauchwunde geschlossen. Auf
die Beseitigung der Bauchhernie muss verzichtet werden. Von den
aus dem Choledochus gesammelten, im ganzen 120 Konkrementen, ist
das grösste gut haselnussgross. Die kleineren und kleinsten Stücke
sind teils schüppchenförmig, teils rauh und bröcklig und von auf¬
fallend weicher Konsistenz, so dass man sich des Eindruckes nicht
erwehren kann, dass sie durch Zertrümmerung eines grösseren Steines
entstanden seien. Der Heilverlauf war ausserordentlich günstig,
reichliche Gallensekretion, rascher Rückgang des Ikterus.
4. XI. Entfernung des Drains. 6. XI. HKL-Spiilung fördert
noch ein hanfkorngrosses Steintriimmerchen zutage. 14. XI. Stühle
gefärbt, Gallensekretion aus der Fistel. Pat. steht auf. 20. XI. Aus
der Fistei fliesst keine Galle mehr. 10. XII. Geheilt.
Meine Herren! Der Fall bietet sehr viel des Interessanten;
zunächst nach der diagnostischen Seite hin die Tatsache, dass
Choledochussteine 8 K Jahre vorhanden sein können, ohne
dass Ikterus auftritt. Das Vorkommnis ist übrigens nicht so
selten als man glauben sollte, berechnet doch Arnsperger
für die Heidelberger Fälle von Choledochussteinen 15 Proz.,
in denen Ikterus vermisst wurde. In unserem Fall ist die
mechanische Deutung für das Ausbleiben der Gelbsucht, wie
ich glaube, aus dem anatomischen Befunde unschwer abzu¬
leiten. Der Choledochus war durch die Steinmassen, die er
früher beherbergt hatte, zu einem grossen Sack ausgeweitet,
so konnte die Galle an den Steinen vorbeifliessen und es fehlte
die vis a tergo, welche notwendig gewesen wäre, einen Stein
in die Papille hinabzudrücken; das ist um so leichter ver¬
ständlich, wenn wir bedenken, dass die narbig verengerte
Mündung nicht, wie es gewöhnlich der Fall ist, eine trichter¬
förmige Fortsetzung des Ganges bildete, sondern einfach ein
kleines seitliches Loch in der Wand des grossen Sackes dar¬
stellte. Erst bei der letzten Attacke, die offenbar, wie das
gallige Oedem der Umgebung beweist, mit stärkeren Ent¬
zündungserscheinungen einherging, kam es auf Grund dieser
letzteren zum Verschluss der Papille. Nicht minder interessant
erscheint die hartnäckige Neigung zu Rezidiven. Bekanntlich
sind die meisten Gallensteinrezidive sogen, falsche Rezidive,
d. h. es bleiben bei der Operation übersehene Steine oder
Steintrümmer zurück, die den Kern für weiteres Wachstum
abgeben. Die gleiche Rolle können auch Fremdkörper spielen,
die bei der Operation in den Choledochus hineingelangen, und
in dieser Richtung ist es vielleicht nicht ohne Bedeutung, dass
bei den ersten beiden Operationen nach der Ausräumung der
Gallengang sofort durch Seidenknopfnähte geschlossen wurde.
Solche unresorbierbare Fadenschlingen stossen sich in das
Lumen ab und können den Kern bilden zu neuen Steinen. Bei
der 3. Operation wurde mit Katgut genäht und der Gang drai¬
niert, trotzdem ist das Rezidiv eingetreten, und doch glaube
ich, dass es sich auch dieses Mal um ein falsches Rezidiv
handelte. Zur Begründung dieser Auffassung sei darauf hin¬
gewiesen, dass in den früheren Operationsprotokollen schon
erwähnt ist, dass weiche, bröcklige Massen im Gallengang
gefunden wurden. Grössere und harte Steine können wir bei
sorgfältigem Absuchen mit Sonde und Löffel relativ sicher
vollzählig entfernen. Ganz anders aber liegen die Verhält¬
nisse, wenn die Gallengänge ausgestopft sind mit bröckligen,
mörtelartigen Massen, die sich infolge ihrer Weichheit dem
palpatorischen Nachweise entziehen, und beim Anstossen mit
dem Instrument keinen Klang geben. Von den Schwierig¬
keiten, die es macht, einen mit derartigem Inhalt vollgestopften
Choledochus gründlich auszureinigen, kann sich nur der einen
Begriff machen, der es mit Erlebt hat. Nur zu leicht bleiben
kleine Partikel in den erweiterten Lebergängen oder in dem
supraduodenalen Teil des Choledochus zurück; manche kom¬
men imVerlauf der Nachbehandlung noch durch das Drain oder
neben demselben heraus, andere werden gewiss auch per vias
naturales noch später nicht selten ausgeschwemmt; ist aber
I*
228
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. £
der Gang mächtig dilatiert, und die Papille narbig verengt, wie
in unserem Fall, so bleiben sie eben wo sie sind, und das
Rezidiv ist fertig.
Damit komme ich auf die dritte interessante Seite unseres
Falles, auf die Technik. Ich sehe dabei vollständig ab von den
kolossalen Schwierigkeiten, die es verursachte, in dem schwie¬
ligen Narbengewebe durch subtile Messerpräparation und
schliesslich nach Sicherung des Duodenums fern vom eigent¬
lichen Krankheitsherd, quasi auf Umwegen, von hinten her
an den Choledochus heranzukommen. Das war eine pikante
Beigabe, aber nicht von prinzipieller Bedeutung. Prinzipiell
wichtig sind die Massnahmen, die wir treffen, um dem
Patienten auch bei derartig ungünstig gelagerten Verhältnissen
eine Dauerheilung zu gewährleisten. Mit der schematischen
Ausführung lehrbuchmässiger Operationen ist hier nichts zu
machen, sie mögen heissen wie sie wollen. Die Aufgabe einer
rationellen Technik ist vielmehr erstens die systematische
Absuchung und Ausreinigung der gesamten zugänglichen
Gallenwege; zweitens die Sorge für freie Passage, nicht nur
für die Galle, sondern auch für etwaige, unserer Suche ent¬
gangene kleine Konkremente. Mit biegsamen Löffeln, event.
unter Zuhilfenahme äusseren Fingerdrucks, werden alle er¬
reichbaren Steine herausgeholt, kleinere Partikel werden aus
den erweiterten Lebergängen durch den kräftigen Strom der
vorher gestauten Galle häufig spontan nachgeschwemmt. Sind
die Konkrementmassen sehr weich und schmierig, so kann
man durch Spülung oder Auswischen mit abgepassten
schmalen Bindenstreifen nachhelfen, was bei den oft finger¬
dick erweiterten Lebergängen unschwer gelingt. Viel mehr
Arheit verursacht bei zahlreichen, namentlich weichen Steinen
in der Regel die Ausräumung des absteigenden' Choledochus-
teiles. Glaubt man mit ihr zu Ende zu sein, so muss die
Durchgängigkeit der Papille mit dicker Sonde geprüft werden.
Ich begnüge mich in schweren Fällen nicht mehr mit der ein¬
fachen Sondierung, sondern füge die methodische Dilata¬
tion der Papille hinzu, welche sich mit den bekannten Ure-
thralbougies aus Zinn überraschend einfach zu gestalten pflegt.
Wie Sie aus dem Operationsprotokoll entnommen haben, fand
zunächst die Sonde an der Papille einen unüberwindlichen
Widerstand. Das Durchstossen riskierte ich nicht, aus Furcht,
einen falschen Weg zu machen. Es wurde vielmehr durch
quere Spaltung des Duodenums die Papille direkt zugänglich
gemacht und dabei eine enge Narbenstenose konstatiert, in
welcher der Sondenknopf steckt. Nunmehr liess sich die Enge
gefahrlos forcieren und die weitere Bougierung gelang leicht.
Dabei konnte ich beobachten, dass die dickeren Bougies noch
mehrfache kleine Steinchen mit in den Darm herunterbrachten.
Schliesslich wurde noch nach dem Vorgang von Kehr der
Choledochus mit vierfach zusammengelegtem Jodoformgaze¬
streifen ausgefegt, dabei aber keine Steintrümmer mehr ge¬
funden. Dieses von Kocher als Choledochoduodenotomia
interna bezeichnete Verfahren ist natürlich auch dann indiziert,
wenn ein Stein in der Papille steckt, welcher sich nicht in den
Darm durchdrücken oder nach oben schieben lässt.
Zur Drainage des Gallenganges sind heute ganz all¬
gemein die Kehr sehen T-Rohre im Gebrauch, welche die
grosse Annehmlichkeit besitzen, dass man nach einigen Tagen
den nach aussen führenden Schenkel abklemmen und so die
Galle wieder dem Duodenum zuleiten, also die Unannehmlich¬
keiten des totalen Gallenverlustes vermeiden kann. Selbst¬
verständlich müssen sie dicht in den Gallengang einge¬
näht werden.
Behufs Vermeidung der Steinbildung um
zurückgelassene Nahtschlingen bediene ich
mich seit 10 Jahren eines Verfahrens, das sich mir aus¬
nahmslos bewährt hat. Der Gallengang wird durch
Zwirnknopfnähte geschlossen, deren Knoten ins Lumen
gelegt werden, und deren eines Ende lang gelassen
und mit dem Drain zusammen zur Wunde herausgeleitet wird,
so dass man die Fäden, wenn sie nach innen durchgeschnitten
haben, was gewöhnlich in 10 — 14 Tagen der Fall ist, ohne
Schwierigkeit herausziehen kann. Die Fäden werden durch
ein besonderes Drain herausgeleitet, da ich es einmal gesehen
habe, dass ein solcher Faden, der sich etwas angespannt hatte,
eine Druckmarke in der Seromuskularis des Magens erzeugt
hatte, die glücklicherweise noch rechtzeitig entdeckt wurde.
In komplizierten Fällen, wie unsere Beobachtung 4, wo ma
mit der Möglichkeit rechnen muss, dass trotz aller Sorgial
noch kleine Steine in den Hepatikuszweigen versteckt gebliebe
sein können, bietet mir die T-Rohrdrainage nicht genügend
Sicherheit, weil die Chance, dass die etwa nachrückende
Steinchen den Weg durch das enge, seitlich abgehende T
Stück wählen, relativ gering ist.. Prinzipiell müssen wir abe
jede unsichere Chance, die sich vermeiden lässt, auch ver
meiden. Unter solchen Umständen ziehe ich es vor, einen ge
wohnlichen Schlauch von solcher Dicke einzulegen, dass e
das Lumen des Choledochus bzw. Hepatikus vollständig aus
füllt. Der in unserem letzten Fall benützte war gut fingerdick
Ein derartig dicker Schlauch leitet kleine Konkremente mi
Sicherheit nach aussen. Schneidet man ihn vor der Wund
kurz ab, so kann man bequem einen dünnen Nelatonkathete
hoch in die Lebergänge hinaufführen und mit Kochsalzlösun
ausspülen. Durch Einfügen eines kurzen Glasrohres wir
nachher die Verbindung mit dem als Heber wirkenden lange
Schlauch wieder hergestellt. Selbstverständlich darf durc
das Vertrauen auf die breite Drainage die Gründlichkeit de
Ausräumung bei der Operation nicht notleiden; aber trotzdei
ich es in dieser Richtung gewiss an nichts fehlen liess, wurd
in unserem letzten Fall am 12. Tage p. op. noch ein hanfkorn
grosses Steintriimmerchen durch H202-Spülung entfern
Schliesslich hat mir unser Fall 4 noch Gelegenheit geböte!
zur Ausführung einer technischen Modifikation, die ich noc
nirgends beschrieben gefunden habe, und die ich mit der
Namen Choledochoduodenaldrainage bezeichne
möchte. j'.
Der durch den Choledochus etwa 3—4 cm weit ins Duc
denum hinabgeführte 7—8 mm starke Schlauch, der im untere
Winkel der Gallengangsinzisionen wasserdicht eingenäl
wurde, hat uns im Verlauf der Nachbehandlung nach den vei
schiedensten Richtungen hin wertvolle Dienste geleistet. Zi
nächst sollte er dazu dienen als elastische Dauer
b o u g i e den bei der Operation erreichten Dilatationseffel
zu erhalten. Dass dieser Zweck erreicht worden is
dürfte daraus hervorgehen, dass nach der Entfernun
der Drainagen, trotz der grossen seitlichen Oeffnung ii
Choledochus, der Gallenabfluss nach dem Darm sich rase
hergestellt hat. Zweitens wirkt der Schlauch im Sinn eine
prophylaktischen Enterostomie zur Ent
lastung desDarms in den ersten beiden Tagen nach de
Operation bis zur Wiederherstellung der normalen Harn
funktion. Es entleerten sich in den ersten beiden Tage
ca. 100—150 ccm klarer, saurer Magendarmsaft in 24 Stunde:
Nach Abgang des ersten Stuhles wurde der Schlauch al
geklemmt.
Drittens erlaubt die Methode die Einführung v o
Medikamenten und Nahrungsmitteln ohn
Belästigung des Magens. Die im Gefolge der Op<
ration und speziell der Tamponade sich entwickelnde entzüni
liehe Reizung der Duodenalwand bedingt sehr leicht duro
lokale Paralyse eine mehr oder weniger ausgesprocher
Passagebehinderung, und wer es gesehen hat, wie enorm nac
schweren Choledochusoperationen zuweilen die Ernährur
durch den Widerwillen der Patienten und durch die stark
Brechneigung erschwert wird, der wird den Wert einer JVk
thode zu schätzen wissen, die ihm erlaubt, diesen meist sei
elenden Patienten die so notwendige Nahrung und etwai;
Arzneimittel unter Umgehung des rebellischen Magens bt
bringen zu können. Wir haben Kaffee, Ihee, Kognak, Milc
Eier und von Medikamenten Bitterwasser, Karlsbader Sal
Rizinusöl eingespritzt und waren an der ungehinderten Zufuh
möglichkeit um so froher, als die heftigen Analschmerzen i
folge einer kleinen Fissur nach wenigen Tagen die Anwender
von Klysmen unmöglich machten und die sehr empfindlicl
Patientin sich vor Infusionen entsetzlich fürchtete. Gleic
zeitig wurde auch noch die günstige Gelegenheit ausgenüb
dem Körper die für die Verdauung wertvolle
Sekrete zu erhalten, indem die jeweils einzufiihrendt
Nahrungsmittel mit der in der Zwischenzeit angesammelt'
Menge von Galle bezw. Duodenalsaft vermischt, eingesprit
wurden. Die Methode ist in ihrer Anwendung so einfach m
in ihren Wirkungen so segensreich, dass ich nicht anstel
schon auf Grund meiner Erfahrungen an diesem einen Fall, s
Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
229
eii Spezialkollegen zur Nachprüfung in geeigneten Fällen zu
mpfehlen ').
Meine Herren! In aller Kürze möchte ich Ihnen noch über
inen Fall berichten, der einen ganz exzeptionellen Operations-
efund darbot.
Fall 5. Chronische Cholezystitis calculosa;
itermittierender Choledochusverschluss, Chole-
ochuspfortaderfistel; Heilung durch Cholezyst-
ktomie, Choledochotomie und Naht der Pfort-
derperforation.
Der Patient, ein 52 jähriger Offizier, litt seit 1905 an häufig
iederkehrenden Gallensteinkoliken teils mit, teils ohne Ikterus, häufig
it Fieber verbunden. Zu der von Herrn Prof. v. Romberg schon
nger vorgeschlagenen Operation hatte er sich seither nicht ent-
Jiliessen können. Im Sommerurlaub erfolgte nun ein ganz be-
inders schwerer Anfall mit hohem Fieber und Ikterus. Nachdem
eser soweit abgeklungen war, dass der behandelnde Arzt Reise-
laubnis erteilte, kehrte Pat. hierher zurück, konnte sich aber nicht
:cht erholen. Mässige Schmerzen, rasch vorübergehende Tem-
,’ratursteigerungen blieben bestehen, bei elendem Allgemeinbefinden
id beängstigend hoher Pulsfrequenz. Ich fand einen sehr elend
issehenden Herrn, mit fahler Gesichtsfarbe, ohne eigentlichen Ikterus,
it einer Pulsfrequenz von 140 — 160, bei Temperaturen von 36,9 bis
1,6°; deutliche Druckempfindlichkeit in der Gallenblasengegend;
.-in Tumor fühlbar, Urin frei von Fiweiss und Gallenfarbstoff; Stühle
efärbt. Der nach der Anamnese offenbar vorhanden gewesene
holedochusverschluss war spontan rückgängig geworden. Anamnese
id derzeitiger Untersuchungsbefund erlaubten die Diagnose einer
holelithiasis mit chronischer Cholezystitis und
ekundärer schwerer Herzschädigung auf toxischer
rundlage, wie sie leider auch heute noch gar nicht selten zur Be-
jachtung kommt in Fällen, wo trotz eklatanter Erfolglosigkeit in-
rner Kuren und trotz immer wiederkehrender Anfälle der Entschluss
ir rettenden Operation nicht gefunden werden kann. Die Operation
jstätigte die Diagnose, aber sie ergab noch einen anderen Befund,
;n wir nicht vermuten konnten.
Operationsprotokoll :
Operation 11. IX. 12. Veronal, Atropin-Morphium-Aethernarkose.
;hnitt vom Schwertfortsatz bis zum Nabel, Exzision' des Nabels,
der stark gefüllten, in der Wandung mässig verdickten Gallenblase,
hlt man kleine Steine. Die Leber ist ziemlich stark geschwollen,
ier nicht ikterisch. Die Adhäsionen des Netzes mit der Gallenblase
erden nach vorheriger Abklemmung durchtrennt. Exstirpation des
urmfortsatzes. Gegen den Gallenblasenstiel zu ist das Gewebe
idzündlich-fettig infiltriert, so dass zunächst Details nicht zu er-
nnen sind. Das Foramen Winslowii wird tamponiert, ebenso die
>rige Bauchhöhle mit Tüchern abgeschlossen. Das Gewebe über
m Gallenblasenstiel wird mit der Kropfsonde getrennt und die
allengänge freigelegt. Der Choledochus erscheint bleistiftdick, der
v’stikus etwa rabenkieldick, beide sind ziemlich prall gespannt,
inter dem Choledochus findet sich eine Drüse von Feuerbohnen-
nsse, deren Exstirpation ziemliche Schwierigkeiten macht. Der
stikus wird dicht unterhalb der Blase sorgfältig isoliert, mit Zwirn
iterbunden und auf einen Bindenzügel genommen. Der Choledochus
ird an 2 Zügel genommen, dazwischen eine 3 mm lange Inzision
macht, aus der sich erst Galle und weiterhin reines dunkles
1 u t entleert. Um die Quelle der Blutung zu finden, wird die
zision noch etwas hinauf in die Hepatikuswand und nach abwärts
rlängert und man konstatiert, dass aus dem Hepatikus reine Galle
esst, während von unten her Blut kommt. Der Hepatikus wird
mponiert, der Choledochus unterhalb der Inzision durch Stieltupfer
)mprimiert. Nunmehr findet man an der Hinterwand eine hanf-
»rngrosse, ovale Oeffnung mit scharfem, narbigem Epithelsaum, aus
■r Blut hervordringt, sobald man mit der Kompression unterhalb
ichlässt. Offenbar handelt es sich um eine vernarbte Per-
'ration zwischen Choledochus und Pfortader.
-i ein Abpräparieren des Choledochus bei der schlechten Wandbe-
haffenheit ausgeschlossen erscheint, wird die Oeffnung durch feine,
rilaufende Katgutnaht verschlossen, worauf die Blutung steht,
mmehr wird der Choledochus sondiert, die Sonde gelangt glatt in
n Darm, ohne einen Stein zu finden. Eine Untersuchung mit dem
iffel kann mit Rücksicht auf die Venennaht nicht riskiert werden,
den Hepatikus wird ein 5 mm starker Gummischlauch eingeführt
'd durch eine langgelassene Zwirnnaht fixiert. Unterhalb desselben
ird der Choledochus mit einem schmalen Jodoformgazestreifen fam¬
uliert und damit auch die Naht bedeckt. Der Zystikus wird etwa
uim von seiner Mündung mit Katgut unterbunden, durchtrennt und
e Gallenblase innerhalb des massigen, narbigen Bindegewebes ihres
-ttes ohne Blutung exstirpiert. Jodoformgazebeuteltamponade;
ich oben davon Schichtnaht der Bauchdecken. Präparat: In der
alienblase findet sich ein kirschkerngrosser Schlussstein und 13
eine schüppchenförmige Konkremente.
Der postoperative Verlauf war trotz des elenden Allgemein-
standes und der schlechten Herztätigkeit ein überraschend glatter.
lC Galle floss von Anfang an klar und reichlich, Allgemeinbefinden
') Anmerkung bei der Korrektur: Einige inzwischen ausgeführte
loledochoduodenaldrainagen ohne vorherige Dnodenotomie haben
eine Erwartungen gerechtfertigt.
und Aussehen hoben sich rasch und auch die Herztätigkeit wurde
langsam besser unter abwechselndem Digitalis- und Strophantusge-
brauch. Die Tamponade liess ich in diesem Falle 3 Wochen und den
Jodoformgazestreifen im Choledochus und die üallendrainage sogar
volle 4 Wochen liegen, um die solide Heilung der genähten Pfortader¬
wunde nicht zu stören. Nach Entfernung des Hepatikusdrains ver¬
siegte die Gallensekretion aus der Wunde in kurzer Zeit und am
6. XI. wurde der Patient mit vollständig vernarbter Wunde aus dem
Krankenhaus entlassen.
Das subjektive Befinden ist sehr gut und auch iin Herum¬
gehen zeigen sich keine Beschwerden von seiten des Herzens,
dagegen ergibt die objektive Kontrolle immer noch stark er¬
höhte Pulsfrequenz, welche aber exakt nur durch Auskultation
des Herzens festgestellt werden kann, da zahlreiche Puls¬
wellen die Peripherie nicht erreichen. Auf Grund der bis¬
herigen Besserung und gestützt auf günstige Erfahrungen in
anderen Fällen glaube ich zu der Hoffnung berechtigt zu sein,
dass jetzt, nach Entfernung der Causa morbi im Laufe der Zeit
auch noch eine weitere Erholung des Herzens stattfinden wird.
Eine Perforation des Ductus choledochus
in die Pfortader ist meines Wissens am Lebenden noch
nie beobachtet worden; auf dem Sektionstisch wurde das
Vorkommnis einige Male konstatiert (Courvoisier er¬
wähnt 4 derartige Sektionsbefunde).
Eine Reihe von interessanten Fragen, die sich an den er¬
hobenen Befund knüpfen, lassen sich leider nur unvollkommen,
bezw. gar nicht beantworten, so vor allem nicht die Haupt¬
frage nach der Rolle, die die gefundene Perforation in dem
klinischen Bilde gespielt hat. Die Erscheinungen,
welche der Patient darbot, finden sich samt und sonders auch
in anderen Fällen von verschleppter Gallensteinkrankheit, bei
denen eine solche Perforation nicht besteht. Der zeitweilig
beobachtete Ikterus trat offenbar nur auf, wenn ein Chole¬
dochusverschluss bestand; in der übrigen Zeit fehlte er und
dies ist auch gar nicht zu verwundern, denn die in das Pfort¬
aderblut direkt übertretende Galle wird ja zunächst wieder in
die Leberzellen geführt und dort aus dem Blute ausgeschieden,
so dass sie nicht in den allgemeinen Kreislauf gelangt. Ob es
nur zu einem ulzerösen Durchbruch nach vorheriger Ver-
lötung der Wand gekommen ist, oder ob auch ein kleiner Stein
in die Pfortader übergetreten ist und sich in irgend einem
kleinen Zweige abgekapselt hat, können wir nicht entscheiden;
die Möglichkeit muss zugegeben werden. Ebenso fehlt uns
jeder Anhaltspunkt dafür, ob zeitweilig Blut aus der
Pfortader in den Gallengang übergetreten
ist, da niemals der Stuhl auf Blut untersucht wurde. Sehr
wahrscheinlich ist es übrigens nicht, da der Druck im Gallen¬
gang erheblich grösser ist, als in der Pfortader, wovon wir uns
auch bei der Operation direkt überzeugen konnten, da zuerst
nur klare Galle unter ziemlichem Druck abfloss, und erst nach
Aufhebung des letzteren das Blut aus der Fistel nachströmte.
Interessant ist auch, dass ein solcher Durchbruch in die Pfort¬
ader stattfinden kann, ohne dass es in letzterer zur Throm¬
bose kommt; ob dabei die gerinnungshemmende Wirkung
der Galle eine Rolle spielt, wage ich nicht zu entscheiden.
Wenn auch viele Fragen unbeantwortet bleiben müssen, so
beweist unser Fall doch jedenfalls das eine, dass eine
Choledochuspfortaderfistel längere Zeit mit
dem Fortbestand des Lebens vereinbar ist,
denn, da die Perforationsöffnung vollständig glatt vernarbte,
entzündungsfreie Ränder besass, muss sie längere Zeit be¬
standen haben. In Bezug auf die Technik, lehrt unser Fall,
dass es mit relativ einfachen Mitteln gelingt,
eine solche Choledochuspfortaderfistel zur
Heilung zu bringen.
Meine Herren! Ich bin am Schluss. Solch komplizierte
und technisch schwierige Fälle, wie ich sie Ihnen heute ge¬
schildert habe, bieten für den Chirurgen, der das Messer mit
Lust und Liebe führt, einen ganz besonderen Reiz, schon rein
als technische Probleme, und wenn es gelingt, solche sonst
sicher verlorene Menschen durch die Operation zu retten, so
ist dies gewiss eine Quelle grosser und berechtigter Be¬
friedigung. Trotzdem schliesse ich meine Ausführung im
Interesse der leidenden Menschheit mit der Bitte: Nehmen Sie
doch ja in ihrer Praxis keine Rücksicht auf solche, ich möchte
sagen, sportliche Neigungen der Männer vom Messer und
lassen Sie es bei ihren Gallensteinpatienten nicht zur Ent-
230
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 5.
Wicklung solch interessanter Krankheitsbilder und Operations¬
befunde kommen!
Im Vergleich zu dem, was ich Ihnen heute
gezeigt habe, ist die operative Radikal¬
heilung des auf die Gallenblase beschränkten
Steinleidens für Arzt und Patienten eine
Kleinigkeit. Ich stehe keineswegs auf dem radikalen
Standpunkt, die Operation prinzipiell nach dem ersten Chole¬
zystitisanfall zu empfehlen, schon weil es oft nicht möglich
sein wird, die gar nicht so seltene Cholecystitis sine concre-
mento sicher auszuschliessen, aber wenn wiederholte oder gar
schwere Attacken von Cholezystitis auftreten, und damit die
Steindiagnose gesichert ist, kann ich es nicht für eine
befriedigende Lösung unserer therapeu¬
tischen Aufgabe a n s e h e n, wenn es uns gelingt,
das Leiden in ein mehr oder weniger langes
Latenzstadium überzuführen und dabei dem
Patienten sein Pulverfass im Leibe zu lassen. Ebenso¬
wenig kann ich den Versuch billigen, unter
solchen Umständen Steine per vias naturales
austreiben zu wollen. Um den Preis einer, in den
allermeisten Fällen versagenden Heilungschance überant¬
worten wir durch ein solches Vorgehen den Patienten ganz
unberechenbaren Leiden und Gefahren, wie ich sie Ihnen in
meinen heutigen Beispielen illustriert habe.
Dass auch schon ein erster oder zweiter cholezystitischer
Anfall schwere anatomische Läsionen setzen kann, weiss jeder
Chirurg; ich persönlich habe es am eigenen Leibe erfahren.
Am 2. Januar bekam ich, im Verlauf einer infektiösen Bronchitis,
einen schweren cholezystitischen Anfall, von dem es zunächst zweifel¬
haft blieb, ob er auf Steinen beruhte. Er ging so vollständig zurück,
dass ich nachher zur Ausübung jeglicher beruflichen und sport¬
lichen Tätigkeit befähigt war, bis ich Ende März abends am Schreib¬
tisch von einem zweiten Anfall überrascht wurde, der mich veran-
lasste, mich alsbald den bewährten Händen meines Oberarztes, Herrn
Dr. Magen au, zu überantworten. Was ich seiner prompten und
ausgezeichneten Hilfe zu verdanken habe, das kam mir so recht zum
Bewusstsein bei der Betrachtung des Präparates der exstirpierteu
Gallenblase. In der verdickten Wand sitzen zwei Ulcera, davon eines
mit papierdünnem Grund, die „drohende Perforation“, nirgends
schützende Adhäsionen.
Die lebendigen Eindrücke, die ich so oft am Operations¬
tische gewonnen, haben mich abgehalten, an mir selbst mit
irgend welchen Austreibungskuren zu experimentieren. Hätte
ich anders gehandelt, wer weiss, ob ich heute in der Lage
wäre, Ihnen mit so behaglichen Gefühlen über Gallensteine
anderer Leute vorzutragen.
Aus der Kuranstalt Dr. S a a t h o f f für innere und Nerven¬
krankheiten in Oberstdorf.
Thyreose und Tuberkulose.
Von L. Saathoff.
Schon in früheren Zeiten ist vereinzelten Beobachtern
das Zusammentreffen von Tuberkulose und Morbus
B a s e d o w i i aufgefallen, aber bei der relativen Seltenheit,
mit der die Diagnose auf Basedow überhaupt gestellt wurde,
ist es kein Wunder, dass man nicht weit über die Rubrizierung
dieser Fälle hinauskam. Seitdem wir in neuerer Zeit den Be¬
griff des Basedow viel weiter fassen, oder seitdem wir viel¬
mehr alle diese Toxikosen, die sich um die Schilddrüse als
Mittelpunkt gruppieren, nach K r e c k e als eine grosse
Krankheitseinheit mit dem zusammenfassenden Namen der
Thyreosen betrachten, von denen der klassische Basedow
nur als ein untergeordneter Symptomenkomplex gilt, seitdem
ist man unablässig bemüht, die. Aetiologie dieser Krankheit zu
erforschen, und seit dieser Zeit mehren sich die Stimmen, die
das auffallend häufige Zusammentreffen von Tuberkulose und
Thyreose betonen und einen ursächlichen Zusammenhang da¬
bei vermuten. Die betreffenden Arbeiten seien gleich zu¬
sammen unten zitiert1); als die ergiebigste von ihnen möchte
1) Hedwig v. Branden stein: Basedowsymptome bei
Lungentuberkulose. Berl. klin. Wochenscbr. 1912, No. 39. — F. Bia-
lokur: Basedowsymptome als Zeichen tuberkulöser Infektion und
ihre Bedeutung für Diagnose und Therapie der Lungenschwindsucht.
Zeitschrift für Tuberkulose, Bd. 16, H. 6. — Josef Hollos: Sympto¬
matologie und Therapie der latenten und larvierten Tuberkulose.
ich die von Brandenstein hervorheben und ihr Studium
empfehlen.
Was den verschiedenen Beobachtern am meisten in die
Augen fällt, ist die geradezu frappierende U e b e r e in¬
st i m m u n g in den Frühsymptomen, die sowohl die
Thyreose als die Tuberkulose aufweisen kann. Hier wie dort
finden wir Herzstörungen, vasomotorische Erscheinungen,
Neigung zu Schweissen, Fiebererscheinungen, Schwindelan¬
fälle, Zittern, leichtes Ermüden, Schlafstörungen, Magendarm¬
erscheinungen und Abmagerung, um nur die hauptsächlichsten
zu nennen. Alle diese Erscheinungen wurden bisher zwanglos
einer der beiden Erkrankungen untergeordnet, je nachdem man
suspekte Erscheinungen auf den Lungen oder eine vergrösserte
Schilddrüse fand. Häufig genug hing die Deutung der Sym¬
ptome in der einen oder anderen Richtung nur von dem be¬
treffenden Untersucher und seinen diagnostischen Richtungs¬
linien ab, und die Frage Thyreose oder Tuberkulose hat schon
manchem gewiegten Lungenspezialisten Pein gemacht.
Nun sind aber die beiden Erkrankungen ihrem ganzen
Wesen nach doch so verschieden, dass sich immer gebiete¬
rischer die Frage aufdrängen musste, ob bei dieser Gleichheit
der Symptome nicht auch ihre unmittelbare Ursache dieselbe
sei. Bei der Thyreose sind die beschriebenen Symptome oder
wenigstens ein Teil derselben immer vorhanden, bei der
Tuberkulose können sie in einzelnen Fällen ganz fehlen, bei
anderen wieder sind sie kaum ausgesprochen, und nur bei
einem gewissen Teil, und da ganz besonders bei Frauen, findet
man sie mehr oder weniger vollzählig beisammen. Es lag
also auf der Hand, in diesen Fällen auf eine Beteiligung der
Schilddrüse zu fahnden, und zwar zuerst auf die am nächsten
liegenden anatomischen Veränderungen.
Diese fanden sich nun auch in der Tat in einem recht
erheblichen Prozentsatz. B randenstei n gibt bei ihrem
untersuchten Material von 100 Lungenkranken der Heilstätte
Edmundstal bei Hamburg (70 Frauen und 30 Männer) an, dass
von den Männern 20 Proz., von den Frauen 33 Proz. eine
vergrösserte Schilddrüse hatten. Deutliche klinische Erschei¬
nungen, wie sie den bei Thyreose beobachteten entsprechen
boten 20 Proz. der Männer, 28,5 Proz. der Frauen. Ausserdem
waren unter den 100 Fällen 6 von ausgesprochenem Basedow
Von diesen 6 war nur ein einziger diagnostiziert, ein Beweis
wie sehr der Blick von den Allgemeinerscheinungen abgelenkt
wird, wenn einmal die Diagnose auf Tuberkulose festliegt.
Ein weiterer Hinweis auf den ätiologischen Zusammen¬
hang zwischen beiden Krankheiten liegt darin, dass von ver
schiedenen Seiten das Entstehen eines ausgesprochene
Basedow im Verlaufe einer Tuberkulose gemeldet wird
Wenn diese Anschauung richtig ist, so müsste sich eint
weitere Eigentümlichkeit der Thyreose, dass sie ungleich inehij
Frauen befällt, auch in diesem Zusammenhang ausprägen, um
so fand denn auch B i a 1 o k u r in seiner Praxis auf 10 lungern
kranke Frauen mit Basedowsymptomen einen Mann. Aller
dings gehen über diesen Punkt, je nach dem verschiedene!
Material des betreffenden Untersuchers die Angaben ziemlicl
weit auseinander. — Stabsarzt Hufnagel (1. c.) berichte
bei jungen Rekruten, die in ihrer ersten Dienstzeit at
Tuberkulose erkrankten, über charakteristische Basedow
Symptome, die sich im Verlaufe jener Krankheit entwickelten
zugleich mit einer rasch auftretenden und zunehmende!
Schilddrüsenschwellung.
Die einzelnen Basedowsymptome, die die verschiedene!
Autoren bei ihren Lungenkranken fanden, glaube ich als bekann
übergehen zu dürfen; nur einen Punkt, den Brandensteii
betont, möchte ich noch hervorheben. M o e b i u s führt nebei
den anderen bekannten Erscheinungen des Basedow als eii
weiteres Symptom das Glanzauge an. Gerade dieses Sym
ptom finden wir aber recht häufig bei der Lungentuberkulose
und zwar besonders bei der als erethisch bezeichneten Form
eine Beobachtung, die auch dem Laien sehr geläufig ist.
Nach allen diesen Feststellungen musste sich auch di
Frage erheben, ob die bei Thyreose so häufig beobachtete
Monographie bei Bergmann, Wiesbaden 1911. — Viktor Hui
nag el: lieber Schilddrüsenerkrankungen auf tuberkulöser Grund
läge bei Einstellungsuntersuchungen. Münch, med. Wochenschr. 191 -
No. 25. — Ant. Poncet et Rene L e r i c h e: Tuberculose inflamm?
toire et corps Thyroide. Gazette des Hopitaux 1909, No. 148.
4. Februar 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
231
Temperatursteigerungen dieser Krankheit als eigenes Symptom
zukommen, oder ob sie nicht ein Ausdruck der begleitenden
tuberkulösen Krankheit sind. Im grossen und ganzen ist bis
heute die erste Anschauung noch massgebend, und so finden
wir in einem Aufsatze von Stern2) die Auffassung vertreten,
dass die Temperatursteigerung eines der frühzeitigen, wenn
nicht das frühzeitigste objektive Symptom von Hyper-
thyreoidismus ist. B i a 1 o k u r ventiliert diese Frage, indem
er sich auf Möbius beruft, der behauptet, dass die reine
Basedowkrankheit ohne Fiebersteigerung verläuft. Eine be¬
stimmte Stellung nimmt B. aber zu der Frage nicht ein.
Schliesslich war noch festzustellen, ob das für Basedow
charakteristische Blutbild, das zuerst Kocher beschrieben
hat, auch bei der Tuberkulose sich findet. Bekannt ist ja das
ausserordentliche Schwanken des Blutbildes bei dieser Krank¬
heit und die weit auseinander gehenden Angaben der ver¬
schiedenen Autoren. Brandenstein hat ihr Material auch
auf diesen Punkt untersucht und berichtet, dass sie bei Kranken
des ersten und zweitens Stadiums 38 mal eine Lymphozytose
gefunden hat. In 20 Fällen stieg die Lymphozytenzahl sogar
über 40 Proz. Jedenfalls werfen diese Befunde ein ganz be¬
merkenswertes Licht auf die strittige Frage des Blutbildes bei
Tuberkulose.
Was ferner den bei Tuberkulose vorkommenden Basedow¬
symptomen noch eine besonders charakteristische Bedeutung
verleiht, ist der Umstand, dass sie ganz vorwiegend bei den
Frühformen auftreten, und im späteren Verlaufe der Tuber¬
kulose verschwinden können. Im grossen und ganzen ist
allen Beobachtern aufgefallen, dass gerade die Formen der
Lungentuberkulose, bei denen thyreotoxische Symptome Vor¬
kommen, nicht zu den bösartigen und progredienten
gehören.
Soweit das tatsächliche Material, das bisher vorliegt. Im
wesentlichen stimmen die Befunde auffallend gut überein und
konvergieren alle nach der Richtung, dass die Tuberkulose in
der Aetiologie der Thyreosen eine erhebliche Rolle spielen
muss. Was die Erkennung dieses Zusammenhanges in der
Praxis anlangt, so liegt sie noch sehr im Argen, und das hat
seinen einfachen Grund darin, dass man bei vorliegender
Tuberkulose, wenn nicht gerade ein ausgesprochener Basedow
das Bild kompliziert, die Symptome der Thyreose einfach mit
den von alters her bekannten toxischen Symptomen der
Tuberkulose zusammenwirft. Hat man aber einmal eine
Thyreose oder gar einen Basedow diagnostiziert, so ist der
Blick leicht so befangen, dass ihm sogar manifeste Zeichen
der bestehenden Tuberkulose entgehen, oder falsch erklärt
werden.
Was nun meine eigenen Erfahrungen anlangt, so habe ich
vor \ Vi Jahren, ehe die erwähnten Arbeiten erschienen waren,
resp. ehe ich von anderer Seite darüber gehört hatte — was
im übrigen nichts zur Sache tut — angefangen, auf den Zu¬
sammenhang von Thyreose und Tuberkulose zu achten und
ihm systematisch nachzugehen. Während die anderen Unter¬
sucher hauptsächlich die Frage verfolgten, wie viele von ihren
Tuberkulösen thyreotische Symptome aufwiesen, war für mich
in erster Linie die umgekehrte Fragestellung durch die Zu¬
sammensetzung meines Materiales gegeben. Im ganzen ver¬
folgte ich einen einheitlichen Plan: Jeder Fall von Basedow,
jede zweifellose Thyreose, aber auch alle Fälle, die nur irgend¬
wie auf thyreotoxische Symptome verdächtig waren, wurden
mit allen Hilfsmitteln auf Tuberkulose untersucht. Umgekehrt
jeder Fall von klinisch feststehender Tuberkulose auf
'Thyreose.
Wie es nun manchmal zu gehen pflegt, wenn man eine
fruchtbringende Fragestellung gewonnen hat, so ging es auch
mir: Je mehr ich suchte, um so mehr fand ich, und meine
Zahlen sind so erstaunlich hoch, dass ich ihnen eine Erklärung
vorausschicken muss. Mein Material ist gerade für die vor¬
liegende Frage ganz einzigartig günstig. Alle Autoren, die in
Lungenheilstätten beobachtet haben, berichten, wie schon her¬
vorgehoben, dass es in erster Linie die Initialfälle sind,
die diesen Symptomenkomplex zeigen, also das was wir ge¬
wöhnlich als geschlossene Tuberkulose, andre als Prätuber¬
2) Heinrich Stern: Temperaturerhöhung bei Hyperthyreoidis-
tnus. Berl. klin. Wochenschr. 1912, No. 12.
kulose bezeichnen. Nun rekrutiert sich mein Material zum
grossen Teil gerade aus diesen Fällen, von denen viele nur
als Blutarme, Bleichsüchtige, Unterernährte und Nervöse
kommen. Dazu gesellen sich dann die ausgesprochenen
'Thyreosen und Basedowfälle, die ja gern ins Gebirge ge¬
schickt werden. Durch diese Zusammensetzung werde ich
also von vornherein einen höheren Prozentsatz zu erwarten
haben, als spezielle Lungen- oder Nervenheilanstalten. Ferner
kommt noch eins in Betracht. Sanatoriumspatienten sind Men¬
schen aus den höheren Schichten der Bevölkerung. Da wir
nun annehmen, dass zum Entstehen einer Thyreose, bei den
meisten wenigstens, unbedingt noch die neuropathische Ver¬
anlagung notwendig ist, so wird ohne weiteres klar, dass wir
diese Veranlagung eher bei unseren Patienten finden als bei¬
spielsweise bei Krankenhausinsassen, die sich zum über¬
wiegenden Teil aus der robusteren arbeitenden Klasse zu¬
sammensetzen.
Trotz dieser Verhältnisse wird wohl mancher skeptisch
mit dem Kopfe schütteln, wenn er meine Zahlen liest, und einen
Einwand höre ich schon jetzt: „Wir wissen doch, dass über
90 Proz. aller Menschen mit Tuberkulose infiziert sind, also
wird man mit genügend feinen Methoden auch wohl bei so
ziemlich jedem Thyreotiker die Tuberkulose nachweisen
können.“ Kommt man solchem Skeptiker dann mit der Tem¬
peraturkurve der Patienten, so wird er erst den Nachweis
fordern, dass die Thyretoxie allein kein Fieber macht. Man
sieht also, der Beweis ist recht schwer zu erbringen.
Wenn ich es trotzdem versuchen will, so habe ich vor
allen Dingen darüber Rechenschaft zu geben, welche Gesichts¬
punkte bestimmend sind für die Diagnose der Tuberkulose so¬
wohl als der Thyreose.
Als massgebend für das Bestehen einer aktivenTube r-
kulose wurden folgende Punkte erachtet: 1. Ein positiver
physikalischer Lungenbefund, der aber in meinen Fällen viel¬
fach zweifelhaft war oder auch ganz negativ ausfiel. 2. Die
Röntgenuntersuchung, die nur dann als positiv gewertet
wurde, wenn die Veränderungen so weit von der allen Rönt¬
genologen bekannten „Norm“ abwichen, dass man sie mit
ziemlicher Sicherheit als pathologisch deuten konnte. 3. Eine
dauernd erhöhte Temperaturkurve, die nur auf rektalen
Messungen beruht. Um eventuelle Einwände von vornherein
abzuschneiden, wurde nur nach mindestens halbstündiger
körperlicher Ruhe gemessen. Unter diesen Bedingungen sind
Temperatursteigerungen über 37,0 sehr wahrscheinlich, über
37,2 unbedingt als pathologisch anzusprechen. Bei Frauen
fiel auch die bekannte typische prämenstruelle Temperatur¬
steigerung ins Gewicht, die ich auch bei leichtester aktiver
Tuberkulose fast nie vermisse. 4. Eine nach 24 — 48 Stunden
stark positive Pirquet sehe Reaktion. Spätreaktionen
wurden nicht gerechnet. Eventuell 5. subkutane Tuberkulin¬
injektion von ein hundertstel bis ein fünfzigstel Milligramm,
positiver Ausfall nach der Stichreaktion bemessen. 6. Aus¬
schluss von anderweitigen Affektionen, die die abnormen
Temperaturen hätten erklären können.
Alle Symptome kann man natürlich bei einem Material,
das sich fast nur aus den ersten Frühstadien zusammensetzt,
nicht erwarten, in jedem Falle verlange ich aber für die
Diagnose einer beginnenden aktiven Tuberkulose neben den
anderen wechselnden Zeichen erhöhte Temperaturen und
einwandfreie positive Tuberkulinreaktionen. Beides kann ja
bei offener Tuberkulose fehlen, bei sicher geschlossener habe
ich sie aber so gut wie nie vermisst.
Die kritischen Momente, die zur Diagnose der Thyreose
dienten, waren folgende: 1. Vergrösserung der Schilddrüse,
die aber bekanntlich in seltenen Fällen fehlen oder sich wenig¬
stens dem Nachweise entziehen kann. 2. Klinische Zeichen,
und zwar entweder die bekannten des Basedow oder wenig¬
stens mehrere der in der Einleitung aufgeführten sonstigen
thyreotoxischen Symptome. 3. Erhöhung des Umsatzes, die
sich in Abnahme oder Nichtzunahme bei überreichlicher
Nahrungsaufnahme äussert, ein Zeichen, das von mancher
Seite als das ausschlaggebende angesehen wird. 4. Das
Ko eher sehe Blutbild. Auch ich habe dies ganz regelmässig
gefunden, und zwar nicht so sehr eine absolute Verminderung
der weissen Blutkörperchen, als eine Lymphozytose und fast
noch regelmässiger eine Mononukleose.
232
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Und nun meine Zahlen: Ich habe 45 Fälle von aus-
gesprochener Thyreose beobachtet. Diese hatten alle
eine mehr oder weniger starke Struma, fast alle das
K o c h e r sehe Blutbild, alle wenigstens einige thyreotoxische
Symptome, 6 darunter waren ausgesprochene Basedowfälle.
Von diesen 45 Fällen war ein einziger frei von
Tuberkulose, und gerade dieser war ein schwerer Base¬
dow, der aber bis auf den übrig gebliebenen Exophthalmus
ohne Operation tadellos ausgeheilt ist. Diese Patientin hatte
als die einzige normale Temperaturen, eine schwache Spät¬
reaktion auf Pirquet, die nach dem oben Gesagten als negativ
bewertet wurde und auch sonst nicht die geringsten Zeichen
von Tuberkulose. Alle 44 anderen hatten subfebrile bis leicht
febrile Temperaturen, ungefähr die Hälfte leichte, viele
auch nur angedeutete Lungensymptome, alle mit Röntgen¬
strahlen untersuchten Fälle (hier sind nur photographische Auf¬
nahmen als massgebend angesehen) hatten einen abnormen
Befund, besonders häufig an den Bronchialdrüsen, und schliess¬
lich reagierten alle mehr oder weniger stark auf Pirquet oder
Tuberkulininjektionen in den angegebenen Dosen. 42 Fälle
waren geschlossen, nur 2 hatten Tuberkelbazillen.
Der Verlauf war bei fast allen so günstig, dass sie ent¬
weder als geheilt entlassen werden oder nach erheblicher
Besserung später einen sehr befriedigenden weiteren Verlauf
melden konnten. Drei Fälle sind nach mehr oder weniger
weitgehender Besserung operiert worden, davon zwei nicht
zum wenigsten aus kosmetischen Rücksichten. Einer von
diesen kam in sehr desolatem Zustande und musste erst für
die Operation reif gemacht werden, was auch nach einer Ge¬
wichtszunahme von 20 Pfund gelang.
In einer ganzen Reihe von Fällen habe ich mit recht
günstigem Erfolge Tuberkulin angewandt, und konnte so auch
ex juvantibus die Diagnose befestigen. Manchmal war es auf¬
fallend, wie mit dem schnellen Heruntergehen der Temperatur
zur Norm auch die Herz- und anderen Störungen schwanden.
Wenn ich nun mein Material an Tuberkulose
ausser den erwähnten 44 sichte, so hatte ich nur ganz ver¬
einzelte schwere Fälle. Von diesen hatte keiner Erscheinungen
von Thyreose. Ausser diesen bleiben noch etwa 15 leichtere
Tuberkulosefälle übrig, die ebenfalls keine thyreotoxischen
Erscheinungen hatten. Auffallenderweise — aber in guter
Uebereinstimmung mit den anderen Autoren — waren diese
vorwiegend Männer, während die mit Thyreose komplizierten
fast nur Frauen betrafen. Den Prozentsatz auszurechnen,
halte ich bei meinem immerhin nur kleinen und, was das
Geschlecht betrifft, etwas einseitig zusammengesetzten Material
für überflüssig.
Nun möchte ich aber nicht missverstanden werden in dem
Sinne, als ob ich annähme, dass alle Thyreosen durch Tuber¬
kulose bedingt sind. Hollos zieht „mit Wahrscheinlichkeit“
diesen Schluss. Dem widersprechen gewichtige klinische Mo¬
mente, z. B. die Entstehung eines Basedow durch akute In¬
fektionskrankheiten, und auch meinen oben erwähnten Fall
von Basedow ohne Tuberkulose kann ich dieser Anschauung
entgegenstellen. Ich möchte nicht einmal den Schluss ziehen,
dass bei allen meinen Fällen beide Krankheiten in ursäch¬
lichem Zusammenhang stehen und lasse die Frage offen, ob
nicht in manchen das Zusammentreffen zufällig war. Im
grossen und ganzen ist aber ein näherer Zusammenhang so
ersichtlich, dass uns nur übrig bleibt, uns mit dem Resultat
auseinanderzusetzen und, soweit es möglich ist, dem ursäch¬
lichen Verhältnis beider Erkrankungen zueinander nachzugehen.
Am einfachsten ist noch die Frage zu beantworten, warum
die Frauen so viel häufiger von der Kombination betroffen
werden als die Männer. Einfach aus demselben Grunde, aus
dem sie an und für sich so viel häufiger an Basedow er¬
kranken: Ihr labileres Nervensystem schafft ihnen die erhöhte
konstitutionelle Disposition, die unbedingt eines der ausschlag¬
gebenden ursächlichen Momente für die Entstehung der
Thyreosen bildet. Aber diese Disposition scheint nicht nur
allgemeine Grundlagen zu haben, sondern auch spezielle orga¬
nische. Es ist seit langem bekannt, dass die Schilddrüse beim
' weiblichen Geschlecht sehr lebhaft durch die Funktionen des
Geschlechtsappartes in Mitleidenschaft gezogen wird. Zur Zeit
der Pubertät, der Menses und der Schwangerschaft ver-
grössert sie sich. In neuerer Zeit hat Engelhorn (Ref. im
Zentralblatt für die gesamte innere Medizin, Band 3, Heft 6)
diesen Erfahrungen eine gesicherte Unterlage gegeben. Bei
brünstigen und graviden Tieren fand er präzise histologische
Zeichen von Hypertrophie und Hyperplasie der Schilddrüse
mit dem Bilde einer lebhaften Sekretion. Auch wird neuer¬
dings die Schwangerschaft mit dem richtigen Funktionieren
der Schilddrüse in Zusammenhang gebracht. Alle diese Mo¬
mente deuten darauf hin, dass bei der Frau in der Korrelation
der inneren Organfunktionen die Schilddrüse eine erheblichere
Rolle spielt als beim Mann, und dass sie deshalb auch wohl
als leichter vulnerabel anzusprechen sein dürfte. Nebenbei sei
in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob die be¬
kannte gesteigerte Libido der Frühtuberkulösen, die in diesem
Falle bei Mann und Frau wohl gleich sein dürfte, nicht hier
einen tieferen Grund ahnen lässt, als man gewöhnlich anzu¬
nehmen geneigt ist. Im ganzen bewegen wir uns in diesem
Gebiet noch auf einem höchst unsicheren Boden, und die
experimentelle Forschung wird hier noch manches Rätsel zu
lösen haben.
Weiter erhebt sich die Frage: Welche Affektion ist die
primäre, die Tuberkulose oder die Thyreose? Dass die Infek¬
tion mit Tuberkelbazillen, wenigstens in den allermeisten
Fällen, in der Zeit früher fällt, ist sicher, seitdem wir wissen,
dass fast jede Infektion in der Kindheit erworben wird. Aber
es könnte doch so sein, dass erst die Schilddrüsenerkrankung
infolge der Schädigungen, die sie im Körper anrichtet, die
ruhende Tuberkulose aktiv macht. Dagegen scheint mir in
Uebereinstimmung mit den anderen Beobachtern eine ganze
Reihe von Momenten zu sprechen. Ich habe einzelne Kranke
beobachtet, bei denen die thyreotoxischen Symptome erst
neueren Datums waren, während der Befund im Vergleich mit
der Temperaturkurve und dem weiteren Verlauf unbedingt
dafür sprach, dass die aktive Tuberkulose schon längere Zeit
bestanden hatte. Ferner werden Fälle gemeldet, in denen bei
jeder Verschlimmerung des Zustandes auch die Basedow¬
symptome wieder aufflackerten. Dagegen möchte ich ganz
der Ansicht B i a 1 o k u r s beipflichten, dass unter Umständen
die durch Tuberkulose zum Ausbruch gekommene Thyreose
ihrerseits wieder ungünstig auf den tuberkulösen Prozess zu¬
rückwirkt, und so ein recht unangenehmer Circulus vitiosus
entsteht.
Wenn man so zur Auffassung kommt, dass in gewissen
und recht häufigen Fällen die Thyreose der Tuberkulose ihre
Entstehung verdankt, so ist noch nichts über den näheren
Modus ausgesagt. Die geläufige Auffassung ist in solchen
Fällen, die Toxine des Tuberkelbazillus anzuschuldigen. Diese
Erklärung ist plausibel, aber ebensogut ist eine andere denkbar
und vielleicht noch befriedigender. Wir wissen, dass bei den
verschiedensten Infektionskrankheiten eine metastatische
Thyreoiditis mit Basedowerscheinungen Vorkommen kann.
Ferner wissen wir durch die neuesten Untersuchungen, vor
allem Liebe rmeisters, dass bei aktiver Tuberkulose so
gut wie immer Tuberkelbazillen im Blute kreisen. Was liegt
also näher als anzunehmen, dass diese auch in die Schild¬
drüse gelangen und dort eine Veränderung hervorrufen, die
sich dann klinisch in den bekannten Erscheinungen äussert.
Weiter haben wir uns die Frage vorzulegen, wie es
kommt, dass die begleitende Thyreose sich ganz vorwiegend
in den ersten Stadien der Tuberkulose und bei den pro¬
gnostisch günstig gelegenen Fällen findet, während sie in den
späteren Stadien häufig wieder abklingt und bei den von vorn¬
herein offenen und progress verlaufenen Fällen überhaupt
selten in die Erscheinung tritt. Die meisten Autoren glauben
an eine allmählich eintretende Immunität, während deren die
toxischen Symptome wieder verschwinden. Damit ist aber
die eben zuletzt erwähnte Erfahrung überhaupt nicht erklärt.
Meines Erachtens liegt eine andere Erklärung näher. Man er-
erinnere sich an den gelegentlich zu beobachtenden Verlauf
der Krankheit beim Uebergang von einer geschlossenen in
eine offene Tuberkulose: Wir finden da z. B. bei einem
Patienten in der Spitze einen geschlossenen Herd. Trotz alles
Suchens sind im Sputum keine Bazillen vorhanden. Dabei
hat der Patient aber sein tägliches regelmässiges Fieber und
auch wohl diese oder jene Intoxikationssymptome. Eines
Tages geht die Temperatur herunter. Wir finden auf der
Lunge eine Aenderung des Befundes und im Sputum reichlich
. Februar 101,1.
MuencHeneN medizinische Wochenschrift,
uberkelbazillen, und gelegentlich können wir auch beob-
chten, dass die toxischen Symptome mit einem Schlage auf-
ehört haben. Was da geschehen ist, dafür gibt es nur eine
)eutung: Die Bazillen, die ja fortwährend neu produziert
/erden und im Körper resorbiert werden mussten, haben nun
inen freien Ausweg gefunden, und damit hört die dauernde
ergiftung auf. Eine nähere Vorstellung dieses wichtigen
Momentes ergibt folgende Erwägung: Die abgebauten Sub-
tanzen der Bazillenleiber, die ja die eigentlichen Träger
ler Giftwirkung sind, gehen zunächst in die Lymphbahnen
her und kommen erst auf Umwegen ins Blut und in die Or-
ane. Solange die Lymphbahnen ein nach aussen allseitig ge¬
flossenes System bilden, müssen die giftigen Substanzen
'iesen Kreislauf zwangläufig einschlagen. Sobald aber der
uberkulöse Prozess in den Bronchialbaum eingebrochen ist,
ind auch die Lymphbahnen nach aussen geöffnet, und jetzt
ann das ganze im tuberkulösen Herde gebildete giftige Ma-
erial nach aussen abfliessen. Je weiter der Zerfall g^ht, um
o mehr Lymphbahnen werden geöffnet, und nur so kann ich
nir erklären, dass selbst bei ausgebreiteten Prozessen die
Temperaturen normal sein und Intoxikationssymptome fehlen
:önnen.
Diese Erklärung befriedigt meines Erachtens als Antwort
uf die vorgelegte Frage am meisten, und dass die ge¬
flossene Tuberkulose den günstigsten Boden für eine
hyreose abgibt, dafür spricht weiter eine Erfahrung, die wohl
iele andere mit mir gemacht haben, dass nämlich die hart¬
näckigsten thyreotoxischen Erscheinungen, die nach der
Vnamnese schon auf Jahre zurückgingen, sich gerade bei den
’atienten fanden, die gar keine Lungenerscheinungen hatten,
ondern bei denen nach dem Röntgenbefund eine reine
fronchialdrüsentuberkulose vorlag. Dass gerade diese Fälle
uch das hartnäckigste und am schwersten zu beeinflussende
heber darbieten können, ist ja eine alte klinische Er-
ahrung.
Nun kommen wir aber zu der sehr schwierigen Deutung
ler einleitend erwähnten und bei beiden Prozessen gleicher-
nassen vorkommenden toxischen Symptome. Sollen wir diese
lach der neu gewonnenen Einsicht alle auf dem Umwege über
lie Schilddrüse erklären? Das wäre entschieden viel zu weit
.egangen, und hiesse den Tatsachen Zwang antun. Jedenfalls
;ibt es Fälle von Tuberkulose — besonders gilt das wieder für
eine Bronchialdrüsentuberkulose — , bei denen man typische
ntoxikationssymptome findet, ohne dass irgend ein weiterer
Jmstand auf die Mitbeteiligung der Schilddrüse hinweist. Und
lass der Tuberkelbazillus an und für sich bei seinem Abbau im
Cörper giftig wirkt, dafür gibt es genügend klinische und. ex-
terimentelle Beweise. Nehmen wir also an, dass manche der
eschilderten Intoxikationssymptome von beiden Prozessen
ius hervorgerufen werden können, so wird uns das auf den
rsten Blick bei der anscheinend so absoluten Verschiedenheit
leider Krankheitsformen befremdend Vorkommen. -Wenn wir
ms aber erinnern, dass es sich in beiden Fällen um den Abbau
'on Eiweisskörpern handelt, die in gewissen Stufen giftig
virken, so ist schon ein Verständnis für die übereinstimmende
■Virkung gewonnen. Von der modernen Ueberempfindlich-
:eitslehre dürfen wir bald einen befriedigenden Aufschluss
iber manche der sich hier erhebenden Fragen erwarten. Für
etzt möchte ich folgende Deutung für die wahrscheinlichste
iahen: Die Tuberkulose kann für sich allein die verschie¬
densten Intoxikationserscheinungen veranlassen. In vielen
allen aber ruft das Tuberkulosegift bei dazu disponierten
ndividuen eine Veränderung der Schilddrüse hervor, auf deren
loden die Thyreose erwächst. Die Symptome sind hier als
virklich thyreotoxische aufzufassen. Gelegentlich mag es
".eh Vorkommen, dass beide Momente, das primäre und das
ekundäre, nebeneinander wirken.
Hier erhebt sich die klinisch recht wichtige Frage: Kann
ian denn nicht vielleicht aus der verschiedenen Zusammen¬
hang der Symptome einen gewissen Schluss auf die Causa
ocens ziehen? Im Prinzip ist die Frage schwer zu beant¬
worten, da beide Gifte ganz vorzugsweise am Sympathikus
ngreifen. In der Praxis scheinen mir aber doch gewisse An¬
haltspunkte dafür gegeben zu sein. Wenn die Herzbeschwer¬
den sehr im Vordergründe der Erscheinungen stehen, wenn
ine dauernde Tachykardie vorhanden ist, und ganz besonders
No. 5.
wenn sich sichere Herzvergrösserungen mit wechselnden ak¬
zidentellen Geräuschen nachweisen lassen, dann hat man in
allererster Linie an die Schilddrüse zu denken.
Was die Rolle des Blutbildes anlangt, so dürfte der auf-
gedeckte Zusammenhang beider Erkrankungen ein bedeut¬
sames Licht auch auf die bisher bei der Tuberkulose er¬
hobenen Blutbefunde werfen. Vor allem ist jetzt die Inkon¬
gruenz der Meinungen gerade in diesem Punkte leicht zu ver¬
stehen. Denn wenn die Thyreose auch nur annähernd so
häufig, wie es nach den jetzt vorliegenden Untersuchungen der
Fall zu sein scheint, die Tuberkulose kompliziert, dann sind
vielfach Blutbilder, die der Thyreose zukamen, auf die Tuber¬
kulose bezogen worden, und unter diesem Gesichtspunkte ist
die ganze Frage einer neuen Bearbeitung zu unterziehen.
Branden stein wirft sogar die Frage auf, ob das Blutbild,
das man bisher als charakteristisch für Basedow ansieht, das
sie aber bei den meisten Tuberkulösen des I. und II. Stadiums
gefunden hat, vielleicht nur der Ausdruck dafür ist, dass der
Körper noch mit der tuberkulösen Infektion im Kampfe liegt.
Auch diese Möglichkeit muss man berücksichtigen; meiner
Ansicht nach sprechen allerdings verschiedene gewichtige
Gründe gegen sie, vor allem der, dass häufig genug die Höhe
der Lymphozytenzahl parallel geht mit der Schwere der
thyreotoxischen Symptome, durchaus aber nicht mit der
Schwere der tuberkulösen Infektion.
Schliesslich sei noch die für die Praxis sehr wichtige
Frage gestreift, ob es ein reines Basedowfieber gibt, ob über¬
haupt von der Schilddrüse aus Temperatursteigerungen aus¬
gelöst werden. Die Entscheidung darüber ist nicht leicht zu
treffen. Man müsste schwere Basedowfälle, bei denen mit der
Möglichkeit des Exitus zu rechnen ist, längere Zeit vorher
genau rektal messen und nach dem Tode in der minutiösesten
Weise auf tuberkulöse Herde untersuchen. Und selbst da¬
gegen kann man einwenden, dass bei schweren Basedow¬
fällen gegen das Ende häufig interkurrente akute Infektionen,
vor allem von der Lunge aus, Vorkommen. Nach meinen Er¬
fahrungen muss ich mich ganz entschieden auf die Seite von
Möbius stellen, der annimmt, dass der unkomplizierte
Basedow ohne Fieber verläuft. Denn ich habe noch nie einen
Basedow, überhaupt noch nie eine Thyreose mit Temperatur¬
steigerung gesehen, bei der sich nicht mit Sicherheit eine
Tuberkulose nachweisen liess, und umgekehrt war der einzige
Fall von Basedow, den ich mit normalen Temperaturen be¬
obachtet habe, frei von Tuberkulose. Es wäre sehr zu be-
griissen, wenn sich diese Ansicht bestätigte, denn dann hätten
wir in der exakten rektalen Temperaturmessung ein sehr be¬
quemes Kriterium, um bei jeder Thyreose, die ohne sonstige
Komplikationen einhergeht, die begleitende oder zugrunde
liegende Tuberkulose zu ermitteln oder wenigstens wahr¬
scheinlich zu machen. Ihre völlige Sicherstellung ist mit den
uns heute zur Verfügung stehenden Mitteln leicht geschehen.
Was die Erkennung des ursächlichen Zusammenhanges
zwischen Tuberkulose und Thyreose so ungemein wichtig
macht, das ist die grosse Häufigkeit des auf ihm sich auf¬
bauenden Krankheitsbildes. Manchem beschäftigten Praktiker
werden die typischen Fälle jeden Tag Vorkommen. Die Dia¬
gnose ist nicht schwer. Es genügt, das vorliegende Bild zu
kennen, um es auch leicht und sicher zu erkennen. Wenn man
bei sehr unbestimmten Beschwerden über das Bestehen einer
Thyreose im Zweifel ist, so wird die Aufdeckung einer auch
noch so geringen aktiven Tuberkulose Klarheit bringen können
und eine Diagnose wird die andere bestätigen und befestigen.
Und ausserdem ist die Erkennung dieses Krankheitsbildes sehr
dankbar. Wie unendlich viele hierhergehörende Kranke sind
nicht zu ihrem Recht gekommen und haben seelisch darunter
gelitten, wenn das letzte Wort der Diagnostik auf Neurose,
Neurasthenie oder gar Hysterie lautete. Sie fühlen sich nicht
gesund und können doch keine greifbare Krankheit vorzeigen,
und das bringt sie in Konflikt mit ihren Angehörigen, mit ihrem
Arzte und nicht zuletzt mit sich selbst.
Und nun noch ein Wort zur Therapie: Die schweren
Basedowfälle, auch wenn sie mit Tuberkulose kompliziert sind,
gehören den Chirurgen. Wenn der oben erwähnte Circulus
vitiosus an einem Punkte unterbrochen wird, dann kann sich
auch im übrigen der Organismus besser erholen. Selbstver¬
ständlich werden auch alle die Fälle, die uns keine ätiologische
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
234
Handhabe bieten und die der internen Therapie trotzen, die
Domäne des Chirurgen bleiben. Erkennen wir aber eine Tu¬
berkulose als Grund der Krankheit, oder können wir auch nur
diesen Zusammenhang wahrscheinlich machen, dann müssen
wir mit allen Mitteln energisch den Kampf gegen die
Tuberkulose aufnehmen. Erzielen wir hier eine Besse¬
rung, so schwinden die Basedowsymptome oft genug von selbst.
Aber mit kleinen Mittelchen ist da nicht viel getan. Wenn es
zu Hause nicht besser wird, dann heraus mit dem Patienten
aus den alten Verhältnissen! Jeder Klimawechsel tut meistens
schon gute Dienste. Ob es aufs Land, an die See oder ins
Gebirge geht, ist eine Frage, die erst in zweiter Linie kommt
und zum grossen Teil von den Verhältnissen abhängt. Gute
Luft, reichliche Ernährung und ein sorgenloses Dasein für
einige Monate wirken manchmal Wunder auf Körper, Nerven
und Seele.
Leitsätze:
1. Die Tuberkulose spielt eine wesentliche ursächliche
Rolle für die Entstehung der Thyreosen einschliesslich
des Basedow.
2. Es handelt sich hier meistens um initiale, prognostisch
günstige Formen der Tuberkulose, progresse Formen
gehen seltener mit thyreotoxischen Symptomen einher.
3. Temperatursteigerungen bei anderweitig nicht kompli¬
zierten Thyreosen sind fast immer auf eine begleitende
oder zu Grunde liegende Tuberkulose zu beziehen. Die
Existenz eines reinen Basedowfiebers wird mit Möbius
nicht anerkannt.
4. Jeder Fall von gesicherter oder auch nur verdächtiger
Thyreotoxie ist auf Tuberkulose zu untersuchen und bei
positivem Ausfall auf Tuberkulose zu behandeln. Für
schwerere oder hartnäckige Fälle bleibt die chirurgische
Behandlung angezeigt.
Aus der II. med. Klinik der Akademie für praktische Medizin
Cöln a/Rh.
Eine klinisch einfache Methode quantitativer Urobilinogen-
bestimmung.
(Vorläufige Mitteilung.)
Von Dr. F 1 a t o w und cand. med. B r ü n e 1 1.
Das Harnurobilinogen und seine Oxydationsprodukte be¬
anspruchen seit einigen Jahren berechtigterweise ein erhöhtes
Interesse. Eine Begründung findet diese Tatsache in der all¬
mählich zunehmenden Erkenntnis ihrer physiologischen Genese
und pathologischen Vermehrung.
J a f f e, der Entdecker des Urobilins, hatte die Beziehung
dieser Substanz zum Bilirubin nur vermutet. Friedrich
Müller konnte durch klinische Beobachtungen und Studien
bei absolutem Choledochusverschluss den klinischen Be¬
weis einer Relation zwischen Gallenfarbstoff und Uro¬
bilin erbringen.
Chemisch konnten Versuche von M a 1 y, welcher Bilirubin
mit Natriumamalgam behandelte und Produkte erhielt, die
dem Urobilin sehr ähnelten, eine Andeutung in d e r Richtung
geben, dass Urobilinogen bzw. Urobilin ein Reduktions¬
produkt des Bilirubins sein könnte. Aber er war nicht zu
wohl definierten, einheitlichen Produkten gelangt, wie die
neueren Arbeiten von C h a r n a s und die von Hans Fischer
übereinstimmend beweisen.
Erst die zwei letzten Jahre brachten durch die exakten
Arbeiten von Hans Fischer und seinen Mitarbeitern einen
sicheren Beweis, dass Urobilinogen das Reduktionsprodukt
des Bilirubins ist; denn es gelang, durch Reduktion des Bili¬
rubins mit Natriumamalgam eine schön kristallisierte Substanz
in reichlicher Ausbeute zu isolieren. Aus chemischen Gründen
nannte er sie Hemibilirubin. Diese Verbindung erwies sich
kristallographisch sowohl wie in ihrem physikalischen und
chemischen Verhalten als identisch mit einer aus dem Harn
isolierten Verbindung, die in allen Punkten die Reaktion des
Urobilinogens aufwies, somit mindestens zum wesentlichen
Teil demjenigen Produkte zukommt, das bisher den Namen
Urobilinogen führt. Wie dieses erleidet es auch leicht eine
Umwandlung in Urobilin.
Mangels hinreichender Kenntnis der chemischen Indivi¬
duen „Urobilinogen“ und „Urobilin“ fehlten bisher die Kriterien
für die Vollkommenheit ihrer quantitativen Bestimmungs¬
methoden. Auf Grund unserer heutigen Erfahrungen kann
keine der älteren Methoden Anspruch auf Genauigkeit mehr
erheben.
Erst in letzter Zeit hat C h a r n a s aus dem v. Fürth-
schen Laboratorium eine Methode zur Bestimmung des Uro¬
bilinogens publiziert, die den Anforderungen der Exaktheit
Genüge leistet und die, im Gegensatz zu Methoden der Vor¬
arbeiter, nicht das Urobilin, sondern direkt sein Chromogen.
nämlich das Urobilinogen, spektrophotometrisch zu bestimmen
sucht. Seine Arbeit muss an dieser Stelle etwas ausführlicher
referiert werden, weil sich unsere Methodik an die seine eng
anschliesst.
Charnas macht von der Eigentümlichkeit des Urobili¬
nogens Gebrauch, mit p-Dimethylamobenzaldehyd einen sehr
schönen Farbstoff zu liefern. Diese Reaktion wurde in patho¬
logischen Harnen zuerst von P. E h r 1 i c h beobachtet und von
Otto Neubauer als auf das Urobilinogen zurückführbar
nachgewiesen. Hans F i s c h er und Friedrich Meyer-Betz
isolierten nud definierten den Farbstoff chemisch.
Das Prinzip der Charnas sehen Methode ist nun, diese
Farbstoffbildung unter geeigneten Bedingungen möglichst
quantitativ und frei von Nebenreaktionen zu gestalten und die
Verdunklung spektrophotometrisch zu bestimmen, die ein
charakteristischer Absorptionsstreifen im Sonnenspektrum be¬
wirkt.
Diese Methode erschien uns für klinische Zwecke bei dem
teuren Preise spektrophotometrischer Apparate und ihrer ver¬
hältnismässigen Kompliziertheit zu wenig verbreitungsfähig
und wir glaubten, sie durch eine einfachere und billigere er¬
setzen zu sollen. Gelang es nämlich, eine Vergleichslösung zu
erhalten, die den gleichen Farbenton wie das Urobilinogen-
rot x) aufwies, so war zweifelsohne mit Hilfe des, den klini¬
schen Bedürfnissen so sehr entgegenkommenden Kolorimeters
nach Autenrieth-Koenigsberger* 2), eine jederzeit
mit einfachen Hilfsmitteln ausführbare quantitative Bestim¬
mung möglich. Nun besitzt nach unseren Versuchen die soda¬
alkalische Lösung des Phenolphthaleins einen Farbenton, der
so angenähert dem Urobilinogenrot entspricht, dass die Dif¬
ferenz in der Nuance nur sehr empfindlichen Augen bei naher
Ablesung auffällt. Hält man den Apparat weit von sich, so
schwindet das Empfinden für diese Differenz völlig und man
kann bequem innerhalb dreier bis vier Teilstriche, bei schwach
gefärbten Lösungen noch erheblich genauer, ablesen. Man
ruht hin und wieder die Augen durch Fortwenden des
Blickes aus.
Methode.
10 ccm filtrierter Urin werden mit einigen Körnchen Weinsäure
im Scheidetrichter angesäuert und 2 mal mit der je 5 fachen Menge
Aethers vorsichtig, unter Vermeidung von Schlierenbildung, durch-
schiittelt 3).
Sofort bringt man den abgegossenen Aether in einen Stöpsel¬
zylinder, fügt 4 ccm einer 1 proz. ätherischen Lösung von Dimethyl-
amidobenzaldehyd 4) hinzu, schüttelt und tropft 6 — 8 Tropfen mit Salz¬
säure gesättigten absoluten Alkohols hinein5). 3 Minuten wird kräftig
geschüttelt und jetzt eine genau bekannte Menge Wassers zugegeben
(3 — 10 ccm für Harne mit normaler, 20 — 100 ccm für solche mit ver¬
mehrtem Urobilinogengehalt). Das Wasser muss die Wandungen des
Qefässes überall von noch vorhandenen Farbstofftröpfchen abspülen.
Möglichst sofort pipettiert man das farbstoffhaltige, unter dem Aether.
stehende Wasser ab und bringt einen Teil in den Trog des Kolori¬
meters. Der Vergleichskeil sei mit einer Phenolphthaleinlösung
1:50 000 angefüllt, der einige Körnchen Soda zugefügt wurden (die
soda-alkalische Lösung hält sich wochenlang leidlich unverändert.
Enthält sie freies kaustisches Alkali, so blasst sie bereits in Bruch¬
teilen einer Minute ab und ist nach Stunden entfärbt).
T So wollen wir diesen Farbstoff künftighin einfachheitshalber
benennen.
2) Zu beziehen durch Heilige- Freiburg i. B.
3) Zylindrische Schütteltrichter sind geeigneter wie die meist
gebräuchlichen birnenförmigen, da in ihnen die Schlierenbildung sel¬
tener auftritt. Ihr Inhalt betrage ca. 75 ccm.
4) Lösung im Dunkeln aufbewahren.
5) Die Phenolphthaleinlösung hält man sich als alkoholische
Lösung 1 : 1000 vorrätig und verdünnt zum Gebrauch mit Wasser im
Verhältnis 1 : 50. Die wässrige Lösung ist anfangs haltbar, schimmelt
aber allmählich.
1 Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
235
Man liest ab, indem man den Apparat in Armlänge fernhält0).
;rst nach einiger Zeit blasst die Urobilinogenrotlösung langsam um
unige Grade ab.
Zur Fixierung eines Standardwertes möchten wir der Ein-
achheit halber vorschlagen, sich der dem Apparate bei-
;efiigten Hämoglobintabelle zu bedienen und mit dem Ko-
jrdinatensystem zu jeder abgelesenen Zahl den entsprechenden
\Vert genau so zu bestimmen, als handle es sich um Hämo¬
globin. Jeder Hämoglobingrad sei eine Phthaleineinheit ge¬
launt 7). Man reduziert den gefundenen Wert auf die ur-
-priinglich verwandte Harnmenge und nennt die Zahl der Ein-
leiten die einem Kubikzentimeter zukommen würde. So ge-
A’innt man ein vergleichbares konventionelles Mass, das bei
Auswertung gegen Hemibilirubin auch leicht ein absolutes
vverden könnte, falls — wie es scheint — Hemibilirubin das
inzige „Urobilinogen“ wäre.
Beispiel: 10 ccm Urin seien ausgeäthert worden. Nach Voll-
äehung der Farbstoffkondensation hätte man das Urobilinogenrot in
(X) ccm Wasser gelöst, hätte als Wert der Farbstofflösung am Keil
lie Zahl 47 gefunden und aus der Tabelle die Zahl (Hämoglobin-
:ahl) 62 abgelesen. Dann besässe der Urin den Urobilinogenwert
>20 in Phthaleineinheiten ausgedrückt, da ja 10 fach soviel Wasser
:ur Aufnahme des Farbstoffes angewendet wurde, als die ursprüng-
iche Urinmenge betrug. Das angeführte Beispiel würde einem sehr
irobilinogenreichen Urin entsprechen.
Nach der oben geschilderten Methode haben wir stark
irobilinogenhaltigen Harn in verschiedenen Verdünnungen be-
Ntimmt und Werte gefunden, deren Fehler bei ununter-
irochener Ausführung der ganzen Versuchsanordnung (zirka
10 Minuten dauernd) 5 Proz. nicht überschritt.
Urin eines Gesunden.
Verwendet . 10 ccm
Extrahiert mit . 2 X 50 ccm Aether
Farbstoff aufgenommen in . 7 ccm Wasser
Abgelesen am Keil .... 76
Abgelesen aus der Tabelle . 22 7
Phthaleineinheiten mithin . . 22 X j q = 15,4
Urin einer Pneumoniekranken.
Verwendet . 10 ccm
Extrahiert mit . 2 X 50 ccm Aether
Farbstoff aufgenommen in . 100 ccm Wasser
Abgelesen am Keil .... 39
Abgelesen aus der Tabelle .63 inr,
Phthaleineinheiten mithin . . 63 X = 630,0
Derselbe Urin zehnfach verdünnt.
Verwendet . 10 ccm
Extrahiert mit . 2 X 50 ccm Aether
Farbstoff aufgenommen in . 10,0 ccm Wasser
Abgelesen am Keil .... 36
Abgelesen aus der Tabelle . 66
Einheiten . 66,0 (Ber. : — )
Stauungsurin.
Verwendet . 10 ccm
Extrahiert mit . 2 X 50 ccm Aether
Farbstoff aufgenommen in , 40 ccm Wasser
Abgelesen am Keil ... 69
Abgelesen aus der Tabelle . 29 4n
Gefunden . 29 X 1(J = 116,0 Einheiten.
Derselbe Urin (Mengenverhältnis absichtlich geändert).
Verwendet . 20 ccm
Extrahiert mit . 2 X 50 ccm Aether
Farbstoff aufgenommen in . 40 ccm Wasser
Abgelesen am Keil .... 42
Abgelesen aus der Tabelle . 59 4n
Folglich . 59 X öt; = 116,0 Einheiten.
«U
“) Für physiologische Harne nimmt man 1 ccm Aldehydlösung
nid 2 Tropfen salzsauren Alkohols, erheblichere Ueberschiisse- dieser
tagenden machen die Farblösung rötlicher, sofern sie nur wenig
arbstoff enthält.
‘) Die Tabellen im A u t e n r i e t h - K ö n i g s b e r g e r sehen
Apparat sind nicht einheitlich, weil die Keile nicht absolut gleichartig
lergestellt werden können. Man muss daher einen tabellarisch noch
licht von der Fabrik geeichten Keil selbst eichen. Man füllt ihn mit
: 51)000 Phenolphthaleinlösung, den Kolorimetertrog mit bekannten
• erdünnungen dieser Lösung und trägt sich die Koinzidenzpunkte, die
nan ermittelt, in die Tabelle ein. Bei richtiger Ablesung liegen sie
iut einer Geraden.
Es genügte hier also zur völligen Extraktion die zwei¬
malige Verwendung der zweieinhalbfachen Menge Aethers.
Die Mengen Aethers, welche wir irn allgemeinen zum Aus¬
schütteln des Urins verwendeten, wurden aber deshalb grösser
gewählt, weil erfahrungsgemäss grössere Mengen Aethers die
Schlierenbildung, die sonst leicht eintritt, verhindern.
Wenn in seltenen Fällen fremdartige Farbstoffe das
Aetherextrakt und die daraus gewonnene Farblösung ver¬
unreinigen sollten, so ist dieser Fehler leicht dadurch zu kom-
sieren, dass man vor das, der Ablesung dienende Fenster des
Kolorimeters ein geeignetes Farbenfilter bringt. Dieses be¬
steht aus einem mit Septum versehenen Troge. Vor das
Urobilinogenprisma wird destilliertes Wasser, vor das Phenol¬
phthaleinprisma eine Flüssigkeit geschaltet, die man aus dem
gleichen Harne genau so gewinnt, als handele es sich um die
kolorimetrische Bestimmung des Urobilinogenrotes, nur lässt
man dann das Aldehydreagens fort. Wir haben starke, ab¬
sichtlich zugesetzte Verunreinigungen auf dieses Weise un¬
schädlich machen können.
Die hier wiedergegebene Methode, die wir auf Ver¬
anlassung unseres Chefs, Herrn Professor Moritz, aus¬
arbeiteten, kann einem genaueren Studium der Urobilinogen-
ausscheidung dienen. Man wird die quantitative Ausscheidung
des Urobilinogens unter physiologischen und pathologischen
Verhältnissen in ihrer Tageskurve und bei verschiedener Kost
studieren, ebenso feststellen, ob gewisse Schädlichkeiten in der
Nahrung, Gewürze, Alkohol usw., das Harnurobilinogen ver¬
mehren, ähnlich wie F i s c h 1 e r dieses für notorische Leber¬
gifte gelegentlich seiner Untersuchungen über experimentelle
Zirrhose erwies. Auch die Urobilinogenurie bei toxischem
Blutzerfall und bei Resorption von Hämorrhagien muss unter¬
sucht werden.
Solche Fragen sind nunmehr experimentell prüfbar,
während bisher eine Vermehrung des physiologischen Urobili¬
nogens um das 2 — 3 fache wohl stets der groben Schätzung
entging, zumal in pathologisch gedeuteten Fällen eine Ver¬
mehrung um das 10— 40 fache die Regel sein dürfte. Bei
dieser Gelegenheit wird man vielleicht das Urobilin mit be¬
rücksichtigen müssen, das, wie C h a r n a s (1. c.) angibt, durch
ammoniakalische Gärung des Urins in Urobilinogen zurück¬
verwandelt werden könnte. Vielleicht entfällt aber die Not¬
wendigkeit einer Berücksichtigung des Urobilins dann voll¬
kommen, wenn man stets frischgelassenen Urin untersucht, der
— wie S a i 1 1 e t angibt — nur Urobilinogen und vorerst noch
kein Urobilin enthalten soll.
Erst nach Fertigstellung und Niederschrift der vorliegenden
Arbeit werden wir auf eine Publikation von Brugsch und Retz-
laff (Zeitschr. f. experiment. Pathol. u. Therap., Bd. 11, 1912) auf¬
merksam, in welcher diese Autoren Urobilinogenbestimmungen mit
dem P 1 e s c h sehen Kolorimeter unter Verwendung einer Lösung
von Bordeaurot als Vergleichslösung ausführen. Wir halten aber
trotzdem die Publikation unserer Arbeit nicht für überflüssig, weil
wir finden, dass das bläulichrote Phenolphthaleinalkali sich ganz er¬
heblich besser für die kolorimetrische Bestimmung eignet wie das
Bordeaurot, welches mehr nach der roten Nuance hin schlägt. Zu
bemerken ist noch, dass in der oben zitierten Arbeit eine nähere
Charakterisierung, um welches Bordeaurot es sich handelt, fehlt.
Wir haben uns von den Farbwerken die Farbstoffe Bordeau R und G
sowie Amarant 0 senden lassen. Für den Vergleich leidlich ge¬
eignet würden nur die Farbstoffe R und G in Betracht kommen.
Literatur.
Jaffc: Virchows Archiv, Bd. 47. — Saillet: Revue de
Medecine, 17 (1897), zit. nach Hammarsten. — D. Charnas:
Bioch. Zeitschr., Bd. 20. — Hans Fischer: Zeitschr. f. physiol.
Chemie, Bd. 73. — Hans Fischer und P. Meyer: ebenda Bd. 75.
— Hans Fischer und Fr. Meyer-Betz: Münch, med. Wochen¬
schrift 1912, Bd. 15. — P. E h r 1 i c h : Med. Woche 1901. -— O. Neu¬
bauer: Sitzungsber. d. Gesellsch. f. Morphol. u. Physiol., München
1903. — F. Müller: Jahresber. d. Gesellsch. f. vaterl. Kultur, Bres¬
lau 1892. — Die zahlreiche sonstige Literatur findet sich in Ham¬
marstens Lehrb. d. physiol. Chemie zusammengestellt.
2*
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Aus der Kgl. Universitäts-Frauenklinik in Halle a. S.
(Direktor: Geh. Medizinalrat Professor Dr. Veit).
Vereinfachung der Anaerobenzüchtung nebst Angabe
eines praktisch verwertbaren neuen Kulturverfahrens*).
Von Dr. Walther Lindemann, Assistenzarzt.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Züchten anaerob
lebender Mikroorganismen aus dem Blut fiebernder Wöch¬
nerinnen heute für jeden gewissenhaften Untersucher zur Not¬
wendigkeit geworden ist. Entgegen der früheren Annahme,
die a priori plausibel erscheint, nämlich dass obligat-anaerobe
Bakterien im Blute wegen des anwesenden Sauerstoffes nicht
existieren könnten, wissen wir jetzt vornehmlich durch die
grundlegenden Arbeiten Schottmüllers, dass sie tatsäch¬
lich lebensfähig im Blute kreisen können, wobei es allerdings
noch nicht sichergestellt erscheint, ob die eigentümlichen
Formen von Bakteriämien, in denen wir mehrfach anaerobe
Keime über eine längere Zeit im Blute finden — Fälle wie sie
von Burckhardt beobachtet worden sind — auf einer
wiederholten Keimeinschwemmung von einem anaeroben Herd
aus (meist wohl Thrombus) beruhen, oder ob sie wirklich im
Blute sich längere Zeit lebensfähig stationär behaupten können.
Von besonderer Bedeutung ist die Untersuchung auf
Anaerobier bei den leichteren Formen des Puerperalfiebers,
bei Fällen, die je nach der Meinung und Auffassung der Autoren
unter dem Namen der Saprämie oder Toxinämie oder Lochio-
metra etc. zusammengefasst werden; denn bekanntlich gehen
ia die Behauptungen der neueren Zeit dahin, dass wir auch hier
öfter als wir es früher glaubten. Bakterien im Blute kreisend
finden, falls wir auch hier anaerobe Kulturen anlegen. Das
ist ferner auch von Wichtigkeit bei den Fiebererscheinungen
des septischen Abortes. Diese meist als Schüttelfröste oder
wenigstens höheres Fieber nach der Ausräumung sich zei¬
genden Temperaturerhöhungen hat man ja im Anfang be¬
kanntlich als Fäulnisfieber (Resorption von Bakterienstoff¬
wechselprodukten) gedeutet, später nahm man eine gelegent¬
liche ausnahmsweise Keimverschleppung an, jetzt hat
E. Sachs gezeigt, dass man eigentlich regelmässig, wenn
man nur im geeigneten Zeitpunkte Blut entnimmt, nämlich
etwa 5—10 Minuten nach der Ausräumung, Bakterien im Blute
antrifft. Er betont dabei ausdrücklich die Wichtigkeit der
Züchtung der anaeroben Blutbakterien.
Ich habe seit längerer Zeit ebenfalls Untersuchungen so¬
wohl über die leichteren Fiebersteigerungen des Wochenbettes,
als auch die Schüttelfröste und Temperaturerhöhungen nach
Abort angestellt. Doch ist hier nicht der Ort, über meine Re¬
sultate zu berichten, auch nicht etwa um Stellung zu der Streit¬
frage der Saprämie und Infektion zu nehmen, das soll einer
späteren Publikation Vorbehalten bleiben. Ich will nur über
eine Methodik der anaeroben Züchtung berichten, wie sie sich
mir als zweckmässig bei meinen Untersuchungen heraus¬
gestellt hat. Vorher möchte ich noch eine Tatsache erwähnen,
die mir bemerkenswert erscheint, und ebenfalls die Wichtig¬
keit des anaeroben Kulturverfahrens demonstriert.
Ich habe oft die Beobachtung gemacht, dass fakultativ
anaerobe Keime nach der Blutentnahme besser anaerob als
aerob wuchsen, so dass die anaerobe Kultur z. B. schon nach
12 Stunden deutlich, die aerobe erst nach 24 Stunden positiv
wurde. Es ist das eigentümliche Verhalten wohl so zu er¬
klären, dass die Keime in ihren Brutherden, z. B. Thromben
der Uterusvenen oder Eiresten etc., mehr die anoxybiotische
Komponente ausbilden — anoxybiophil werden — und nun in
dem ihnen besser zusagenden anaeroben Milieu besser wachsen.
An eine gute Methode muss die Anforderung gestellt
werden, dass sie uns ermöglicht, möglichst schnell
und sicher steril eine grössere Menge Blut zu ver¬
arbeiten und dabei uns zugleich über Zahl und kulturelle Eigen¬
schaften der Keime zu orientieren. Kommt es überhaupt nur
darauf an, nachzusehen, ob Keime im Blut sind oder nicht,
dann ist die Blutbouillonmethode völlig ausreichend und allen
anderen vorzuziehen. Man lässt dann einfach aus einer Arm¬
vene eine beliebige Menge Blut in gewöhnliche oder Trauben¬
zuckerbouillon fliessen und macht die Röhrchen in Wasser¬
*) Vortrag, gehalten in dem Aerztlichen Verein zu Halle a. S.
am 12. Dezember 1912.
stoff (Burckhardt hat dazu besondere Röhrchen empfohlen)
oder Pyrogallus anaerob. Die spärlich vorhandenen Keime
reichern sich dann an und machen sich durch Trübung, Hämo¬
lyse etc. dem Untersucher sichtbar. Das Verfahren lässt aber
im Stich, wenn man auch über die Anzahl der im Blute
kreisenden Keime orientiert sein will, wie es bei schwereren
puerperalen Infektionen zu prognostischen Zwecken immerhin
wünschenswert erscheint. Hier sind wir stets auf die Platten¬
methode angewiesen, d. h. auf die Verwendung eines festen
Nährbodens. Hierzu war bisher die von Lamers empfohlene
und etwas modifizierte L e n t z - H e i m sehe Methode, wobei
jede einzelne Petrischale mit Pyrogallus sauerstofffrei gemacht
wird, am gebräuchlichsten. Es besteht kein Zweifel, dass wir
damit gute Resultate erzielt haben und auch noch erzielen
werden. Aber das Verfahren ist mit seinen Vorbereitungen
ziemlich zeitraubend, und setzen wir den Fall, dass, wie es in
grösseren Betrieben oft vorkommt, mehrere Fälle zu gleicher
Zeit zu untersuchen sind, so hat man, wie jeder Kundige zu¬
geben wird, einen nicht unbedeutenden Aufwand an Zeit und
Mühe zu bewältigen, falls man eben eine genügend grosse
Blutmenge, ich meine jedesmal mindestens 15—20 ccm ver¬
arbeiten will, wobei die Lebensfähigkeit der Bakterien ent¬
schieden schädlich beeinflusst werden kann *).
Ich habe zunächst die gewöhnlichen Petrischalen in der
in Fig. 1 angegebenen Weise modifiziert.
Die untere Kulturschale trägt an zwei gegenüberliegenden Punk¬
ten eine Einkerbung, so tief, dass ihr tiefster Punkt etwa 4 mm
vom Boden entfernt ist. Der
Deckel trägt nur einen kurzen
Ueberhang, so dass beim Auf¬
decken beiderseits von der
Kerbe ein Loch übrig bleibt, mit
dem der Inhalt der Petrischale
nach aussen kommuniziert.
(Siehe Figur.) Der Vorteil dieser
Einrichtung ist einleuchtend.
Man kann die Platten in beliebi¬
ger Anzahl in seinem anaeroben
Medium iibereinandersetzen, wo¬
zu man grössere Gefässe be¬
nutzen kann, die man mit
Wasserstoff oder Pyrogallus
sauerstofffrei macht. Ich ver¬
wandte dazu im Anfang eine
Fig. 1. Fig. 2.
grössere Sorte Glasbüchsen mit eingefalztem Deckel, der durch Plasti¬
lina abgedichtet werden konnte. Jetzt verwende ich Glasgefässe.
wie sie zum Einmachen von Früchten im Haushalt gebräuchlich sind
Diese haben den Vorzug der grösseren Billigkeit.
Auf den Boden des üefässes kommt die entsprechende Mengt
Pyrogallussäure, die man je nach der Grösse berechnen muss, darüber
ein Drahtdreifuss von 3—4 cm Höhe, welcher eine Siebplatte au;
Porzellan trägt. (Siehe Figur 2.) Dann werden die Platten einge
setzt und mit einem langen, kleinen Trichter die entsprechende Mengt
5 proz. Kalilauge auf den Boden des Gefässes eingefüllt. Der Ver¬
schluss geschieht mittelst Gummiring und Drahtbügel.
Dass derartige grössere Gefässe wirklicl
in kurzer Zeit sauerstofffrei gemacht werdet
können, bewiesichfolgendermassenundemp
fehle das Verfahren zur Kontrolle auf Ab
Wesenheit von Sauerstoff.
Es ist bekannt, dass Methylenblau bei alkalische
Reaktion leicht zu seiner farblosen Leukobase reduzier
werden kann. Wenn man z. B. im Reagenzglas eine Traubenzucker
lösung (etwa 5 proz.) mit Soda bis zur alkalischen Reaktion versetz
und nach Hinzufügen einiger Tropfen einer wässerigen Methylenblau
lösung kocht, so tritt bald eine völlige Entfärbung des Gemische
ein. Sobald man nun das Gefäss offen stehen lässt, wird durch de;
Sauerstoff der Luft die Leukobase wieder zu Methylenblau oxydier
und es entsteht ein blauer Ring am oberen Ende der Flüssigkeits
Säule. Die Probe wird nun so angestellt, dass man kurz vor diesen
die noch nicht abgekühlte farblose Flüssigkeit in das anaerobe Ge
1) Sämtliche hier angeführten Glasmaterialien sind durch di
Firma Schoeps, Jaffas Nachfolger, Halle a. S., Geiststrass
zu beziehen.
4. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
237
fiiss hineinstellt. Die ausbleibende Blaufärbung gibt uns den sicheren
Anhalt, dass Sauerstoff im üefäss nicht mehr vorhanden ist.
Einen weiteren Vorteil bietet dieses Ver¬
fahren dadurch, dass man Platten und Bouil¬
lonröhrchen zu gleicher Zeit ansetzen kann.
Selbstverständlich habe ich auch durch das Züchten
obligat anaerober Keime die Brauchbarkeit dieser Methode
bewiesen. Bacillus oedemat. maligni und botulinus, die mir
in liebenswürdiger Weise vom hygienischen Institut zu Halle
zur Verfügung gestellt waren, gingen beide gut an. Da man
aber diese Keime zu Vergleichsversuchen nicht immer zur Ver¬
fügung hat, wird der Methylenblauprobe in praxi wegen der
bequemen und leichten Durchführung der Vorzug zu geben
sein.
Vorstehende vereinfachte Pyrogallusmethode benutze ich
vorwiegend zum Weiterimpfen und Anlegen von Reinkulturen.
Sie hat sich auch als sehr zweckmässig erwiesen, wenn ein
Material, in dem man obligate Anaerobe vermutet, auf deren
Anwesenheit untersucht werden sollte. Man konnte dann ein¬
fach eine grössere Menge von ihnen auf eine beliebige Anzahl
von Bouillonröhrchen verteilen und schnell die anaerobe
Züchtling einleiten. Indessen besitzt das Verfahren den Nach¬
teil, dass man die Kolonien in ihrem Wachstum nicht oder nur
sehr schlecht beobachten kann; um das gut und bequem zu
ermöglichen, möchte ich folgendes neue Kulturverfahren an¬
geben:
Es stellt eine Kombination dar der zuerst
von Schottmüller angewendeten Zylinder-
inethode mit dem Platten verfahren. Ich
möchte deshalb das KulturgefässZylinder-
platte nennen (Fig. 3).
Fig. 3. Fig. 4.
I Anaeroben-Zylinderplatte
im Durchschnitt.
Aeusseres Inneres
Oefäss. Gefäss.
Es besteht aus zwei Reagenzgläsern grösseren Kalibers, die
ineinander geschoben werden können. Zwischen beiden bleibt ein
inantelförmiger Raum frei, der durch auf der Aussenwand des Innen-
gefässes angebrachte Qlasstifte konstant erhalten wird. Der Abstand
kann in beliebiger Weise modifiziert werden. Das Kulturmedium
(Blutagarmischung) wird nun in den Mantel hineingegossen, wozu
am oberen Rande des Innengefässes, um das Vorbeifliessen zu ver¬
hüten, eine Einbiegung angebracht ist (Fig. 4). Der beim Füllen sich
geltend machende Auftrieb wird durch Aufdrücken eines Klumpens
Plastilina auf die Ränder des Qefässes verhindert. Man kann das
auch durch Einzwängen eines entsprechenden Glasstückes zwischen
die Glaswände erreichen, was den Vorteil der gleichzeitigen Sterili¬
sationsmöglichkeit hat. Indessen sind Verunreinigungen durch das
aufgeklebte Plastilina nach meinen Erfahrungen nicht zu fürchten.
Nach Erstarren des Blutagars kann man noch eine Ueberschichtung
mit gewöhnlichem Agar vornehmen.
Die Grosse des Kulturglases ist so gewählt, das ungefähr
20 ccm Flüssigkeit in den Mantel hineingehen. Man hält sich
nun die entsprechende Menge Agar in einer grösseren Art von
Reagensgläsern vorrätig, macht ihn flüssig und mischt ihn auf
45 “ C abgekiihlt mit 3 — 4 ccm Blut. Das Verhältnis von Blut zu
Asar muss hier etwas anders sein als es S c h o 1 1 m ii 1 1 e r
tür seine Platten angegeben hat. Sonst wird das Röhrchen nicht
durchsichtig. Am besten sind 3 — 4 ccm Blut in 20 Agar. Je¬
doch kann je nach dem Färbeindex des Blutes die zuzusetzende
Menge wechseln. Dann wird schnell eingefüllt und das Röhr¬
chen kommt sofort in den Brutofen. Es ist klar, dass 1 54 bis
2 ccm von der Oberfläche entfernt eine strenge Anaerobiose
gesichert ist. Das Ansetzen von 4 bis 5 solchen Röhrchen
erfordert bei nötiger Uebung nicht mehr als 5—6 Minuten.
In dieser Zeit konnten also bereits 20 bis 25 ccm Blut anaerob
in einwandfreier Weise verarbeitet werden. Man kann nun
sehr schön die Eigentümlichkeit der aufgehenden Keime be¬
obachten. Zahlreiche Kontrollversuche zeigen mir, dass diese
sich nicht etwa der Schwere nach zu Boden senken, sondern
gleichmässig in der Blutmischung verteilen. Es lässt sich also
hierdurch ein sicherer Schluss ziehen auf kulturelle Eigenart
und Zahl der im Blute kreisenden Keime. Da es nun aber er-
fahrungsgemäss Kolonien besonders von anhämolytischen
Streptokokken gibt, die manchmal auch nicht mit Lupenver-
grösserung zu erkennen sind, bzw. Keime, welche auch auf
festen Nährböden überhaupt nicht angehen, so kombiniere ich
das Ansetzen der anaeroben Röhrchen stets mit dem der Blut¬
bouillon, indem ich noch je 5 ccm Blut anaerob (nach
Büchner) ansetze, wobei am besten eine 1 — 2 proz.
Traubenzuckerbouillon zu benutzen ist 2).
So hat man wohl die sicherste Gewähr, dass man keinen
Keim so leicht übersieht. In der Tat konnte ich öfter bei
meinen Untersuchungen finden, dass die Blutagarröhren steril
erschienen, während die Blutbouillon positiv wurde. Man um¬
geht mit der Kombination von festen und flüssigen Nährböden
auch die Arbeit des Abimpfens, denn es handelt sich ja bei
derselben Patientin in beiden Nährmedien immer um dieselbe
Art von Keimen. Will man trotzdem aus den anaeroben Röhr¬
chen abimpfen, so verfährt man folgendermassen:
Man erwärmt das ganze Röhrchen, geht mit einem langen aus-
. geglühten Draht bis auf den Boden des Aussengefässes und zieht
unter leicht rotierenden Bewegungen Draht mit innerer Röhre zu¬
sammen heraus. Dieselbe folgt zum Teil mit dem daraufliegenden
Blutagar, indem sie etwas davon in der anderen Röhre zurück¬
lässt. Die herausgebrachte Agarschicht lässt man am besten auf
einem sterilen Porzellanteller 'oder eine grosse K o 1 1 e sehe Schale
fallen und kann dann hier bequem abimpfen.
Ich hätte nicht Gelegenheit genommen, vorstehende Me¬
thodik zu veröffentlichen, wenn sie nicht gegenüber den bisher
gebräuchlichen wesentliche Vorteile böte. Denn es ist mit
keiner der bis jetzt üblichen möglich gewesen, in so kurzer
Zeit (5 Minuten lang) eine so grosse Menge Blutes (20 bis
30 ccm) in so einwandfreier Weise anaerob zu verarbeiten
und dabei zu gleicher Zeit sich über Anzahl und kulturelle
Eigentümlichkeiten der Keime zu orientieren. Dabei ist die
Möglichkeit der Verunreinigung auf ein Minimum reduziert.
Die Methode ist aber nicht nur zur Züchtung der Keime
auf dem Blute, sondern auch zum Feststellen der Keimver¬
hältnisse von Vagina, Zervix und Uterus etc. gut brauchbar.
Man verteilt dazu eine Oese des fraglichen Sekretes in Blut¬
agar, den man sich in bekannter Weise von sterilem Blut her¬
stellt und legt zu gleicher Zeit ein Ausstrichpräparat, das man
nach Gram färbt, und eine Bouillonkultur an. Besonders bei
Reinkulturen ist man dann mit einem Schlage über eine grosse
Anzahl biologischer Eigentümlichkeiten des in Frage kommen¬
den Keimes orientiert, und wenn man den Blutagarmantel nicht
überschichtet, auch über sein Verhalten zu sauerstoffhaltigem,
festen Nährboden, denn die obere Schicht des Anaeroben-
röhrchens ist ja aerob.
Zum Schluss möchte ich noch die Frage aufwerfen, ob es
sich nicht empfiehlt, überhaupt nur anaerobe Kulturen bei
Puerperalfieber anzusetzen. Wir kennen in der Hauptsache
doch nur einen obligaten aeroben Keim, den Influenza¬
bazillus, der für derartige Krankheitsfälle nicht oder höchst
selten in Betracht kommen dürfte. Wenigstens ist bis jetzt
noch kein derartiger Fall bekannt. Da es aber nicht viel Mühe
macht, nebenbei noch eine aerobe Kultur anzulegen, so würde
ein wesentlicher Vorteil sich dadurch nicht erreichen lassen.
Besser aber als mit der Petrischale scheint mir die Be¬
urteilung der Hämolyse mit der Zylinderplatte möglich zu
sein, denn wir haben hier eine konstante Schicht, die sich in
-) Es schadet nach meinen Erfahrungen nichts, wenn das Blut in
der Bouillon gerinnt. Die steril gebliebenen Röhrchen geben einen
guten Nährboden ab.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
238
beliebiger Weise variieren lässt. Ausserdem bietet sich der
Vorteil, die Hämolyse im aeroben und anaeroben Medium zu
gleicher Zeit betrachten zu können.
Nachschrift bei der Korrektur.
Eine ausführliche Mitteilung über die Anwendbarkeit der Zylin¬
derplatte für Untersuchungen ausserhalb der Blutbahn befindlicher
Bakterien wird Gisela v. P o s w i k, M. D., später geben, welche
jetzt eiternde Bauchwunden, Fistelgänge etc. auf die Anwesenheit
anaerober Keime untersucht. Die Methode hat sich hierfür als voll¬
kommen brauchbar erwiesen, nur haben wir es für zweckmässig ge¬
funden, für diese Art der Untersuchungen die unteren ülasvorspriinge
an der Aussenwand des Innengetässes fortzulassen und beim Ab¬
impfen das Röhrchen gar nicht zu erwärmen. Wenn man dann mit
einem Draht die Blutagarschicht bis auf den Boden durchsticht, kann
man das innere Gefäss unter Zurücklassen des ganzen Kulturmantels
herausziehen und mit umgebogener Platinöse oder -draht bequem
abimpfen. Es wird auch bereits in einigen hiesigen Universitäts¬
kliniken mit der Methode gearbeitet, wo sie sich ebenfalls als prak¬
tisch gut brauchbar erwiesen hat.
Zur Wertschätzung der Brendel-Müllerschen Reaktion.
Von Dr. H. C. Plaut in Hamburg.
Jeder, der die Arbeit von Brendel und Müller in
No. 32 dieser Wochenschrift, Jahrgang 1912, kennt und ver¬
gleichsweise mit der Wasser mann sehen Reaktion an einer
Anzahl von Blutseren nachgeprüft hat, wird bedauern, dass
sie die letztere nicht ersetzen kann. Die Verfasser machen aus
dieser Tatsache auch kein Hehl, sondern „werden auch ferner¬
hin die beiden Reaktionen gleichzeitig ausführen“. Die nicht
spezifische Hemmung einzelner Seren, seltener Fehlen des
Komplements oder mangelnder Ambozeptor im frischen Serum
bedingen diese Einschränkung.
Meine Untersuchungen haben mir nun gezeigt, dass sich
in einer Reihe von Fällen die nicht spezifische Hemmung durch
Modifikation der Methode vermeiden lässt, wodurch sie an
Brauchbarkeit gewinnt, da die anderen Einschränkungs¬
faktoren zu verhängnisvollen Irrtümern nicht führen
können.
Das Prinzip der Brendel-Müller sehen Modifikation
besteht, um es kurz für den nicht orientierten Leser zu wieder¬
holen, darin, dass man das aktive Patientenserum mit einer
vorher eigens für dasselbe Patientenserum austitrierten Menge
von Hammelblutkörperchen- Aufschwemmung zusammenbringt,
nachdem 25 Minuten lang Gelegenheit zur Komplementbindung
bei 38° C mit einem erprobten Extrakt gegeben war. Es er¬
folgt keine Lösung der Hammelblutkörperchen, wenn das
Serum Antistoffe enthält im Gegensatz zu den Kontroll-
röhrchen.
Das nachfolgende Brendel-Müller sehe Schema ver¬
anschaulicht die Versuchsanordnung.
Frisches
Serum
Physi¬
ologische
Na CI
Lösung
Antigen
Er¬
wärmung
25 Min. auf
3S° C.
Hammel-
blut-
körper-
chen Auf¬
schwem¬
mung
2 >/2 Proz
Bemerkungen
Vorversuch I
0,1
1,0
_
—
0,8
Hämolyse in 10 Min.
Vorversnch II
0,1
1,0
ja
0,6
ff ft
Reaction . .
0,1
1,0
0,1
j»
0,45
Ablesbar in 20- 25
Min.
Die Titrierung der Blutkörperchen ist notwendig, da in
der Zeit (25 Minuten), in der dem Komplement Gelegenheit
geboten wird, sich bei 38" C mit den Antistoffen des Serums
zu verbinden, eine Abschwächung des thermolabilen Komple¬
mentes statthat und dieses dann nicht mehr imstande ist, so¬
viel Blutkörperchen zu lösen, als 25 Minuten vorher. Aus
einem ähnlichen Grunde wird auch weniger Antigen zugesetzt,
als beim Original-Wassermann, weil auch der Extrakt an und
für sich komplementbindende Eigenschaften auf das Serum
entfaltet. Wärme und Extrakt wirken komplementvermindernd.
Für die komplementvermindernde Kraft der Wärme wenden
die Verfasser Kontrollen an; sie fehlen aber merkwürdiger¬
weise für die komplementhemmende Wirkung des Extrakts
allein und den Einfluss beider Faktoren zusammen. Besonders
die letzte Kontrolle ist als durchaus notwendig zu bezeichnen,
da beide Faktoren zusammen beträchtliche komplementzer¬
störende Eigenschaften entfalten. So kann man gar nicht
selten beobachten, dass die im 2. Vorversuch austitrierte Blut¬
körperchenmenge viel zu gross ist, um volle Lösung im Kon-
trollröhrchen des Hauptversuches eintreten zu lassen, wenn
man vor Einfügen der Blutkörperchen zum Kontrollröhrchen
des Hauptversuchs noch Antigen zusetzt. Dieser Uebelstand
wird vermieden, wenn man gleich im Vorversuch das Antigen
mit einfügt und ebenso im Hauptversuch das Kontrollröhrchen
nachträglich mit Antigen versieht.
Das Brendel-Müller sehe Schema bekommt durch
Einfügen beider Kontrollen folgendes Aussehen:
Frisches
Serum
Physi¬
ologische
Na CI.
Lösung
Antigen
Er¬
wärmung
25 Min. auf
38° C.
Hammel-
blut-
körper-
chen Auf¬
schwem¬
mung
21/. Proz.
Bemerkungen
Vorversuch I
0,1
1,0
—
0,8*)
Hämolyse in 10 Min
Wenn sie nicht er¬
folgt ist d Methode
nicht anzuwenden.
Vorversuch II
0,1
1,0
0,05—0,1 >)
0,8*)
Hämolyse soll in 10
Min. erfolgen, wenn
sie nicht deutlich,
ist die Methode
nicht anzuwenden.
Hauptversuch
0,1
1,0
p
"o
cn
1
p
ja
0,6*)
Ablesen nach 10 u
20 Min.
Kontrollvers.
Jetzt, also nach
25 Min., Zusatz
0,1
1,0
ja
des Antigens
0,05- 0,1 >)
0,6*)
Nach 10 Min. muss
wenigstens partielle
Hämolyse nach¬
weisbar sein, sonst
ist der Hauptver-
such ungültig. '-')
*) Oder entsprechend weniger.
Im übrigen beachte man genau die Vorschriften, welche
Brendel-Müller geben, besonders titriere man die Blut¬
körperchen genau aus und verwende hierzu mehrere Röhrchen
mit 0,1 Patientenserum. Ich habe bisher, also in ungefähr
3 Monaten, 70 Blutsera meiner Patienten mit der Brendel-
Müller sehen Reaktion mit den von mir für nötig erachteten
Kontrollen vergleichsweise mit W.R. untersucht und folgende
Resultate erhalten :
Die Brendel-Müller sehe Reaktion ergab 49 mal die¬
selben Ausschläge wie die Original-Wassermannmethode, in
21 Fällen diametrale.
Das Ergebnis dieses so kleinen Materials kann den¬
jenigen, der die W.R. als alleinigen Wertmesser anlegt, nur
wenig befriedigen. Er muss zu dem Schlüsse kommen, ent¬
weder die W.R. ist technisch nicht einwandfrei ausgeführt
worden, oder die B.M.R. ist so, wie ich sie angestellt habe,
unbrauchbar. Beide Einwürfe sind nicht berechtigt.
Die W.R. ist nicht von mir, sondern von einem hiesigen
Staatsinstitut ausgeführt worden, bei besonders auffälligen
Fällen zur Kontrolle auch noch in anderen Instituten. Ich habe
von den letzteren nur solche Fälle berücksichtigt, wo die Re¬
sultate der Institute gleichlautend waren, was durchaus nicht
immer der Fall ist.
Der zweite Einwand ist vom Standpunkt der Wasser¬
mannfanatiker nicht zu wiederlegen. Aber meines Erachtens
darf zur Bewertung dieser Methode durchaus nicht der Aus¬
fall der W.R als Massstab benutzt werden, sondern ganz allein
die klinische Beobachtung jedes einzelnen Falles. Zeigt sich,
dass die B.M.R. einen positiven Ausschlag bei negativer W.R.
gibt auch bei Wiederholung der Versuche an verschiedenen
Tagen und mit neuer Blutentnahme, und stellt sich bei der
klinischen Beobachtung des Falles heraus, dass wirklich Lues
vorliegt und hat die eingeschlagene spezifische Therapie ge¬
nützt, so hat die Methode in dem betreffenden Fall mehr ge¬
leistet, als die W.R. Und in der Tat gibt die B.M.R. in einer
erheblichen Anzahl von Fällen feinere Ausschläge, die in der
’) Lesse r scher Extrakt + Kochsalzlösung ää.
2) Wenn die Lösung im Hauptröhrchen und den Kontrollr Ähr¬
chen nicht oder unvollständig erfolgt, so versäume man nie, die
beiden Röhrchen zu zentrifugieren. Man erhält dann Nachricht durch
Vergleich der Farbenunterschiede in beiden Röhrchen, ob das Kon-
trollröhrchen allein gleichviel oder mehr Blutkörperchen gelöst hat,
wie das Hauptröhrchen. Beim zweiten Versuch kann man sich da¬
nach richten, oder auch gleich Schlüsse ziehen.
1. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
239
klinischen Beobachtung und durch die Erfolge der Therapie
die vollberechtigte Bestätigung finden. Dies haben B r e n d e 1
ind Müller behauptet, und ich kann es nur bestätigen. Ein
Tick auf die nun folgende Zusammenstellung der Differenz-
alle zwischen W.R. und B.M.R. wird die Richtigkeit dieser Be¬
hauptung, trotz des kleinen Materials und trotz der Ueber-
egenheit der W.R. in einigen Fällen, beweisen.
diesem Fall 20 gegenüber, wo sich bei einfacher Angina der
W. positiv verhielt.
Sehr für den Wert der B r e n d e 1 - M ii 1 1 e r sehen Me¬
thode spricht Fall 14. Leider ist der Liquor nicht untersucht
worden, da cs sich um einen ambulanten Fall handelt, so dass
die Beobachtung unvollständig ist. Aber der positive Aus¬
schlag war hier für mein therapeutisches Handeln ausschlag-
D t-
11
3*
Journal-
Nummer
Name, Stand
und Alter
Reaktion
Brendel- 1 Wasser-
Müller mann
Diagnose
Klinische Bemerkungen
Therapeutischer Erfolg
i
12
Bau., Agent
7. VI
II. 12
40 Jahre
4*
—
Lues 11
Angina spezif. Rezidiv.
Seit Mai in meiner Behandlung: (Bauer 4-4*4*)
•
Salv. kombin. mit Quecksilber. Nach 3 Monaten
2
28
Thor., Schuh-
15. X
:. 12
symptomlos entlassen. Reaktion unverändert.
Sept.
macher
4-
—
Lues II
Angina spezif. Rezidiv.
1911 mit 3 Salvarsanspritzen behandelt. Jetzt
1912
kombinierte Salvarsan-Quecksilberbehandlung.
3
35
Frau Ho., 28 J.
August
Im Mai 1912
Im Nov. 1912 symptomlos mit gleicher Reaktion.
Juni
(schwanger)
4*
4- 4" 4-
Lues II
Breite Kondylome an den
Im Jan. 1912 im Altonaer Krankenhaus 2 intraven.
1911
Am 25. IX.
Am 26.IX. 12
Rezidiv
Labien mit posit. Spir.-
Salvarsanspritzen, dann Salvarsan-Quecksilber-
Nov. 1912
1
Nov. 1912
befund. Rezidiv.
behandlung. Im November symptomlos.
4
56
Frau Ha., 21 J.
5. 1)
C. 12+
4*
—
Lues II
Papul. Exanth. Ulcera am
Vom Mai 1912 bis November 1912 intensiv mit
5
1
Sehr., 50 Jahre
6. 1)
(. 12
Gaumensegel Rezidiv.
Salvarsan, Jod und Quecksilber behandelt.
4*
—
Lues III
Guirlandenartige Erosionen
Im Oktober symptomlos entlassen nach Salvarsan-
6
29
Ad. Kellner
16. D
(. 12
an der Zunge.
Jodkur mit gleicher Reaktion.
30 Jahre
+
—
Lues III
Ozaena, Perforation der
Im Aug. 1910 wegen Akkommodationslähmung u.
Nasenscheidewand.
Nasenlues von mir mit Salv. behänd, Kommt weg.
Ozaena u. Nasenverstopfung. Nach 2 Salvarsan-
7
31
Re .Vermieterin
5. XI. 12
spritzen 0,5 u. Jod wesentl. gebessert entlassen.
50 Jahre
4-
—
Lues III
Nasenlues.
Vor 9 Jahren Infektion. Nach 3 Salvarsanspritzen
8
3
Albert Bu.,
9. IX., 12. IX. 12
und Jod gebessert.
32 Jahre
—
Lues latens
1908 wegen Lues behänd.
Nach Salvarsankur wesentliche Besserung des
9
24
Frau Be.,
5. I>
(. 12
Schwerhörig.
Gehörs.
24 Jahre
+
—
Lues latens
1905 wegen Syphilis be-
Nach spezifischer Kur Verschwinden der Kopf-
10
25
Herr Ha.,
5. IX. 12
handelt. Kopfschmerzen.
schmerzen.
Portier
+
—
Lues latens
1910 angesteckt. Häufige
Kommt am 10. Sept. mit einer Ulzeration des
Kuren, die letzte 1911/12.
Zahnfleisches und Epitheldefekten der Zunge.
11
29b
Gertrud Ah.,
6. IX. 12
Symptomlos.
Nach Salvarsan schnelle Besserung.
7 Jahr
•F
—
Heredit. Lues
Keratitis parenchymatosa.
Nach Salvarsankur schnelle Besserung.
Schwerhörig. Mutter hat
12
55
Alma Kar.,
28. J
(. 12
geschmiert.
10 Jahre
+
—
Heredit. Lues
Eiteriger Nasenkatarrh.
Nach spezifischer Kur leichte Besserung.
13
23
Ferdin. St.,
3. IX. 12
Anfang der Sattelnase.
Kellner, 36 .1 ,
+
—
Tabes
Völlige Amaurose auf beid.
Nach intensiver Quecksilber-Salvarsankur keine
14
30
Gri.,
18. IX. 12
Augen.
Aenderung.
27 Jahre
4-
—
Tabes
17. IX. R nur Lichtschein.
Nach intens. Salvarsankur mit Antipyrinquecksilber
L Amaurose.
(Kolle): 30 X. R Finger in Vk m exzentr. nach
15
58
Toni Me., 35 J ,
9. XI. 12
(Prof. Deutschmann.)
aussen. L Lichtschein. (Prof. D e uts chm ann.)
Schneiderin
4- !
- '
Lues d. Gehirns
Ohrensaus., Schwerhörigk.
Nach kombinierter Kur etwas gebessert. Noch
16
11
Frau Bu.,
22. VIII. 12
Furchtbare Kopfschmerz.
in Behandlung.
40 Jahre
—
nh
Luesverdacht
Starke Ulzerationen im Hals.
Nach kombinierter Kur schnelle Besserung.
od. Tuberkulose
oder beides
17
44
ProstituierteFr.,
6. VIII 12
28 Jahre
—
4-
Luesverdacht
Frühere Lues, jetzt Go-
18
48
Frau Fr.
4. X. 12
norrhoe. Keine 1. Ersch.
-
4-
Luesverdacht
Luesverd., Gaumensegel-
Durch spezifische Kur nach Aussage des behänd.
19
49
Frau Ru.,
7. X. 12
lähmung. Vater anTabesf.
Arztes Dr. Engelmann wenig gebessert.
42 Jahre
”1”
Luesverdacht
Chron. Halsbeschwerden.
20
50
Ti.,
8. X
12.
21 Jahre
—
4-
Keine Lues
Angina.
In wenigen Tagen glatt mit Gurgelungen geheilt.
21
27
Dr„
11. IX. 12
21 Jahre
4-
—
Keine Lues
Stomatitis ulcerosa.
Schnelle Besserung durch H2O2 Gurgelungen.
Sehr wichtig erscheinen die vier ersten Fälle, in denen
das Versagen der W.R. geradezu rätselhaft und mit den bis¬
herigen Erfahrungen schwer in Einklang zu bringen ist. Aber
jeder praktische Arzt weiss, dass solche überraschende Ver¬
sager mitunter von den Instituten gemeldet werden, und für
solche Fälle ist es gerade sehr wertvoll, dass der Praktiker
eine Methode an der Hand hat, die ihm selbst eine Kon¬
trolle ermöglicht. Und das gilt auch für die zahlreichen
ärgerlichen Fälle, in denen aus verschiedenen Instituten beim
selben Serum entgegengesetzte Resultate festgestellt wurden,
Vorkommnisse, über die ich in genügender Anzahl verfüge.
Die Fälle, welche Brendel-Müller sehe Versager
betreffen, bestätigen nur die Behauptung der beiden Ver¬
fasser, dass die W.R. nicht entbehrt werden kann, besonders
ball 21, der am schwerwiegendsten gegen die alleinige An¬
wendung dieser sinnreichen Methode spricht. Freilich steht
gebend und der erstaunliche Erfolg der Therapie zeigt, dass
es der richtige Weg war, den ich einschlug.
Zusammenfassend bemerke ich:
Die Brendel-Müller sehe Reaktion mit der von mir
eingeführten Extraktkontrolle ist für den praktischen Arzt nach
der unbedingt nötigen Einarbeitung leicht ausführbar und gibt
wertvolle therapeutische Fingerzeige. Sie ersetzt die W.R.
keineswegs, ist aber geeignet, diese Reaktion, die fraglos viel
zu kompliziert ist, um stets fehlerfrei von allen Instituten ge-
handhabt zu werden, zu kontrollieren.
Die Brendel-Müller sehe Reaktion ist eine indi¬
viduelle Methode und darf die Fühlung mit der klinischen
Beobachtung nicht verlieren.
240 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ No. 5.
Aus der medizinischen Universitätsklinik in Rostock
(Direktor: Qeheimrat Martius).
Diphtheriebazillen im Harn.
Von Dr. Walter Beyer, Assistent der Klinik.
Die Befunde von C o n r a d i und B i e r a s t (D. med. W.,
22. VIII. 12), welche an der bakteriologischen Untersuchungs¬
anstalt in den ihnen eingesandten Harnproben von Diphtherie¬
kranken und -rekonvaleszenten in etwa einem Drittel der Fälle
Diphtheriebazillen fanden, veranlassten mich, die Frage der
Ausscheidung der Bazillen an einem klinischen Material
während des Verlaufes der Krankheit zu prüfen. Die Di¬
phtherie gilt bekanntlich als Typus einer Infektionskrankheit,
bei welcher die Infektion gegenüber der Intoxikation in den
Hintergrund tritt. Speziell wird der Uebertritt der Keime ins
Blut als eine verschwindende Ausnahme angesehen, die
eigentlich nur in schweren Fällen sub finem vitae hin und
wieder beobachtet wurde. Nun haben neuerdings besonders
pathologische Anatomen Befunde erheben können, welche
ausserordentlich überraschen mussten. So fand Bon hoff1)
an dem grossen Material des Eppendorfer Krankenhauses in
etwa der Hälfte aller Fälle die Bazillen im Liquor cerebro¬
spinalis, und R e y h e 2) ebendaselbst wies sie in 85 Proz. der
daraufhin untersuchten Diphtherieleichen in den Lungen nach.
Angesichts dieser und der von Conrad i-Bierast gefundenen
Tatsachen kann man heute bereits sagen, dass die Diphtherie j
die Sonderstellung, welche sie seit Löffler unter den In¬
fektionskrankheiten einnahm, verloren hat. Der direkte Nach¬
weis der Bazillen im Blut in grösserem Umfange ist nur noch
eine Frage der allernächsten Zeit. Mir selbst gelang er, seit¬
dem ich etwas mehr Mühe darauf verwende, wie bisher, in
allen letzthin darauf untersuchten Fällen von Diphtherie, wo¬
rüber ich a. a. O. berichten werde.
C o n r a d i und B i e r a s t zentrifugierten einige 20 bis
30 ccm des steril entnommenen Urins und strichen das Sedi¬
ment auf Löfflerplatten aus. Von insgesamt 155 Kranken und
Rekonvaleszenten wiesen 54 Bazillen auf. Die meisten dieser
Fälle verteilen sich auf die erste Krankheitswoche, nach der
2. bis 4. Woche zu werden die positiven Befunde spärlicher.
Indes wurden einmal noch 9 Wochen nach der Erkrankung
Keime gefunden. Da die Anzahl derselben im direkten Aus¬
strichpräparat des Urins stets nur eine sehr geringe war,
halten die Autoren die epidemiologische Bedeutung der Bak-
teriurie gegenüber der Weiterverbreitung der Krankheit durch
die Rachenorgane für relativ unerheblich. Ich stellte mir '
die Aufgabe, den Gehalt des Urins an Diphtheriebazillen vom
Beginne der Krankheit an bis möglichst lange in die Rekon¬
valeszenz hinein zu verfolgen. Cand. med. Dr. phil. F r a a t z,
mit welchem zusammen ich die Untersuchungen machte, wird
darüber in seiner Dissertation näher berichten. Wir gingen so
vor, dass wir den Patienten jeden 2. Tag (zu beliebigen Tages¬
zeiten) katheterisierten, und von dem Urin durchschnittlich
ca. 40 ccm, bei spärlichem Bodensatz auch mehr, steril zentri¬
fugierten. Das Sediment wurde darauf in toto auf eine
Löfflerserumplatte ausgegossen. Wir verwandten Rinder-,
Pferde-, Menschenserum oder Aszitesflüssigkeit. Von der an¬
fangs beabsichtigten Anwendung des neuen, von Con.radi
empfohlenen Tellurnährbodens nahm ich Abstand, nachdem
mir in verschiedenen Instituten, welche den Nährboden pro¬
biert hatten, mitgeteilt worden war, dass er keinen Vorteil zu
bieten scheine. Uebrigens hatten wir mit dem Löfflerserum
so gute Resultate, dass ich keine Veranlassung sah, noch einen
anderen Nährboden heranzuziehen.
Wir untersuchten bis jetzt 19 Fälle, wovon die Hälfte
Knaben, die Hälfte Mädchen. Es fanden sich nun in
jedem Falle die Bazillen im Harn, die Tage, an
welchen wir bei einzelnen Rekonvaleszenten
nichts nachweisen konnten, gehören zu den
verschwindenden Ausnahmen. Ich bin davon über¬
zeugt, dass man in den betr. Proben bei noch eingehenderem
Durchsuchen der Platten die Bazillen ganz gewiss hätte auf¬
finden können. Denn die ganze Arbeit erforderte manchmal
sehr viele Zeit und Geduld, da ausser den Diphtheriekeimen
J) Zeitschrift für Hygiene und Inf. 1910.
2) Miinch. med. Wochenschrift 1912, No. 44.
in der Regel noch andere, meist Staphylococcus albus, auch
aureus, zuweilen Diplokokken im Urin vorhanden waren, und die
Diphtheriebazillen angesichts ihrer geringen Tendenz, flächen¬
haft sich auszubreiten, leicht von den anderen Keimen über¬
wuchert werden, besonders, wenn mit dem Sediment noch
eine etwas reichlichere Urinmenge zur Verteilung gelangte,
ln den trockener verarbeiteten Proben ist die Auffindung leicht.
Das Wachstum der Diphtheriebazillen war (während des Be¬
stehens der Membranen) in den ersten Tagen der Krankheit
ein überaus reichliches, einzelne Platten waren nach 24 Stun¬
den von einem dichten Rasen bedeckt, auf anderen waren un¬
zählige isolierte Kolonien gewachsen. Das Wachstum wurde
im allgemeinen spärlicher, je mehr die Fieberperiode zurück¬
lag, war indes in einzelnen Fällen auch noch später ziemlich
reichlich. Wir haben zurzeit 8 Fälle unter Beobachtung; bei
einem sind seit der Erkrankung 2 Wochen verflossen,
bei einem zweiten 3, bei einem dritten 4 Wochen. I n
drei Fällen liegt die Erkrankung 8 Wochen,
in einem weiteren 10 Wochen zurück. Bei
einem anderen, seit 8 Wochen in der Klinik befind¬
lichen Knaben handelt es sich um einen in einer Anstalt
zufällig entdeckten Bazillenträger, bei welchem nicht
festzustellen war, ob und wann überhaupt eine Erkrankung
Vorgelegen hat. In allen diesen Fällen finden sich
konstant in dem, einen um den anderen Tag
entnommenen Urin Diphtheriebazillen, und es
ist zurzeit ein Ende der Ausscheidung gar nicht abzusehen.
Der bis jetzt in einer Reihe von Fällen angestellte Tierver¬
such zeigte, dass es sich zum Teil um energisch Toxin bildende
Stämme handelt.
Der Urin enthielt nur in zwei Fällen vorübergehend Al¬
buinen, dagegen meist weisse Blutkörperchen in vermehrter
Zahl; weniger Epithelien der Harnwege und spärlich Erythro¬
zyten, vereinzelt auch Zylinder und Zylindroide bei fehlendem
Albumen. Im übrigen war er klar und makroskopisch unver¬
dächtig. Ich will noch erwähnen, dass die Mehrzahl der
Fälle von mir im Beginn intravenös mit 1 — 2 ccm des
500 fachen Heilserums gespritzt wurden, und dass der kli¬
nische Verlauf meist normal war.
Vielfach waren im Abstrich von der Oberfläche des
Rachens und der Mandeln kulturell keine Bazillen mehr nach¬
weisbar, und es wurde daraufhin praktisch Keimfreiheit an¬
genommen. Sehr mit Unrecht! Denn seitdem ich mit ganz
schmalem Tupfer tief in die Lakunen einging, ihn darin eine
Weile beliess, bis er sich ordentlich vollgesogen hatte, und dann
auf Löfflerplatten ausstrich, änderten sich die Resultate auf¬
fallend. Wo vorher kaum etwas oder nichts zu finden war.
erfolgte nun meist reichliches Wachstum. Offenbar werden
die oberflächlich sitzenden Keime vom Speichel fortgespült,
oder durch Gurgelwässer abgetötet, während die in den ge¬
schlossenen Krypten sitzenden verschont bleiben.
Ich möchte auch betonen, dass es wichtig ist, besonders in
zweifelhaften Fällen Platten und nicht lediglich Röhrchen zu
verwenden, wie es in Untersuchungsämtern der Materialer¬
sparnis halber vielfach üblich ist. Auf einer Platte lässt sich
der Tupfer viel ausgiebiger ausstreichen, und nachher ist die'
Uebersicht eine ganz andere, als in dem engen, beschlagenen
Röhrchen. Ich fand es zweckmässig, den Wattetupfer vor¬
dem Ausstreichen im Kondenswasser des Petrischalendeckels
erst nass zu saugen, wohl auch dort probeweise auszuquet-1
sehen. Die Doppelfärbung nach Neisser erübrigt sich, da
die Polkörnchen mit Methylenblaulösung allein schon, sei es-
neutrale, angesäuerte oder alkalische, sehr gut hervortreten.
Versuche, die Bazillen durch Urotropin¬
medikation zum Verschwinden zu bringen,
verliefen erfolglos.
Die nosologische und epidemiologische Bedeutung der¬
artiger Befunde liegt auf der Hand. Es ist, wie gesagt, nicht
mehr in Abrede zu stellen, dass die Diphtherie, so gut wie jede
andere Infektionskrankheit, mit einer Bakteriämie einhergeht.
Die von mir beobachtete reichliche Ausscheidung von
Keimen während des Fiebers und so lange die Membranen
bestehen, ist wohl nicht gut und anders zu deuten, als durch
eine reichliche Einwanderung von Bazillen ins Blut. Ob auch
noch in den Perioden der Rekonvaleszenz Bakteriämie vor¬
handen ist, wird sich durch Blutuntersuchungen entscheiden
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT,
4. Februar 1913.
24 i
lassen. Wahrscheinlich beherbergen ausser dem Blute die
verschiedensten Organe die Keime, ausser den Lungen ins¬
besondere auch wahrscheinlich die Nieren und die Blase. Bei
zwei zur Sektion gekommenen Diphtheriefällen fand ich seiner¬
zeit die Keime in den Nieren, schon im blossen Abstrich¬
präparat.
Therapeutisch werden wir es von nun an aufgeben, uns
und die Patienten weiterhin mit allerhand Einpinselungen etc.
auf die Rachenschleimhaut abzuquälen. Denn abgesehen
davon, dass alle kritischen Beobachter über die absolute Er¬
folglosigkeit derartiger Massnahmen übereinstimmen, ist es
nun, nachdem uns die neueren Untersuchungen erst einen rich¬
tigen Begriff von der Verbreitung der Diphtheriebazillen im
Körper gebracht haben, überhaupt schwerlich denkbar, die
Schleimhäute von aussen her dauernd keimfrei zu machen. Die
„innere Desinfektion“ ist aber nicht nur bei der Diphtherie ein
pium desiderium bislang geblieben.
Die Möglichkeit der W e i t e r v e r b r e i t u n g
der Diphtherie durch den Harn möchte ich durch¬
aus nicht, wie C o n r a d i, unterschätzen. Einmal ist die
Keimzahl keineswegs immer spärlich, und ausserdem wäre
derselbe Einwand gegen das Ueberwiegen der Infektiosität
des Rachens zu erheben. Auch hier ist die Keimzahl
oft sehr spärlich, und von einer „Mehrzahl von Ba¬
zillen“ in der späten Rekonvaleszenz ist nicht die Rede.
Andrerseits dürfen wir nicht vergessen, dass es sich bei der
Diphtherie meist um Kinder handelt, denen irgend ein Be¬
griff von der Schädlichkeit ihres Harnes wohl nicht bei¬
zubringen sein wird. Nicht nur die Nachtgeschirre, sowie
Leib- und Bettwäsche, sondern auch die Hände können auf
diese Weise überaus leicht infiziert werden. Und was bei
Kindern erst einmal an den Fingern klebt, das findet seinen
Weg in die Aussenwelt mindestens ebenso sicher, als direkt
von der Mundhöhle aus.
Während wir in Krankenhäusern bisher die Bazillenträger
entlassen konnten, wenn eine, N.B. wie das oben angeführte
Beispiel zeigte, oft recht problematische Keimfreiheit seitens
der Tonsille konstatiert worden war, müssten wir von nun an
eigentlich auch noch die Keimfreiheit des Urins abwarten. Der
Hygieniker tut sich leicht damit, eine Internierung von Keim¬
trägern usque ad infinitum zu fordern. Inwieweit eine solche
aber gesetzlich überhaupt möglich und ob sie praktisch durch¬
führbar sein wird, ist eine andere Frage. Das Publikum hat
bisher schon kein Verständnis dafür, wenn ein von einer
Krankheit, die in 8 Tagen vorüber ist, vollkommen Genesener
noch wochen- und monatelang im Krankenhaus zurückbehalten
wird. Und was ist eigentlich damit geleistet, wenn von einem
Hundert Bazillenträgern vielleicht ganze fünf oder sechs
rigoros vom freien Verkehr abgeschlossen werden, zufällig
deshalb, weil sie das persönliche Missgeschick hatten, zu
Beginn ins Krankenhaus gebracht zu werden, oder einem be¬
sonders korrekten Arzt sich anzuvertrauen, der sie nicht eher
freilässt, als bis die Bazillen geschwunden sind. Oder welchen
Sinn hat es, ein Kind, das die Diphtheriebazillen nicht los
werden kann, monatelang — in einem mir bekannten Fall über
ein halbes Jahr — vom Schulbesuch fernzuhalten, wenn nicht
gleichzeitig die ganze Schule exactissime bakteriologisch
durchuntersucht wird? Soll ein Erwachsener mit Hilfe der
Polizei gezwungen werden, das Hotel, in dem er logiert, bei
Nacht und Nebel zu verlassen und sich im Krankenhaus ein¬
zumieten, wie es in einem mir bekannten Fall passierte? Be¬
sitzen wir denn ein sicheres Mittel, den Menschen zu des¬
infizieren? Ich meine, man wird sich über kurz oder lang
mit diesen Fragen in etwas weniger doktrinärer Weise wie
bisher vielfach, auseinandersetzen müssen. Denn schliesslich
hat der einzelne doch auch ein gewisses Recht, soweit seine
persönliche Freiheit in Frage kommt, gegenüber der Allgemein¬
heit. Man soll nur den Mut haben, einzugestehen, dass es auf
die bisherige Art, diese Dinge ex cathedra zu behandeln, nicht
gut weitergehen kann 3).
3) Vergl. hierzu die Diskussion auf der 36. Versammlung des
Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Dresden 1911
und das Referat von Lentz über die Bekämpfung der Infektions¬
krankheiten. Ausser den die Schwierigkeiten gegenüber den Keim¬
trägern vollkommen würdigenden Ausführungen von Lentz war es
No. 5.
Nachtrag bei der Korrektur. Bei 8 der erwähnten
Ausscheider, welche kürzlich aus dem Krankenhaus entlassen wur¬
den. konnten die Bazillen bis zuletzt ständig, teils reichlicher, teils
spärlich, nachgewiesen werden. Die seit der Krankheit verflossene
Zeit betrug bei vieren je 3 'A bis 3'A Monate, bei den anderen je 8,
6, 5 und 4 Wochen. Der bis jetzt in 8 verschiedenen Fällen an-
gestellte Tierversuch ergab 6 mal virulente und 2 mal anscheinend
avirulente Stämme. Einige Male war es nach der Injektion von je
1 ccm einer 8 — 14 tägigen Bouillonkultur zu einer mächtigen fibrinösen
Perikarditis und Pleuritis gekommen, abgesehen von den Verödungen
an der subkutanen Injektionsstelle. Bei einem Tier wuchsen reich¬
lich Diphtheriebazillen aus der Pleuraflüssigkeit, dem Blut und den
Organen des Tieres, was bekanntlich nur selten gelingt. Diese Tiere
starben in wenigen Tagen. Erwähnen möchte ich auch, dass aus
den Krypten der Tonsillen in all diesen Fällen zuletzt noch Diphtherie¬
bazillen wuchsen, teilweise überraschend viele Kolonien auf den
Platten.
Anderen Autoren scheint der Nachweis der Bazillen im Harn
weniger gut gelungen zu sein. Das liegt jedenfalls im wesentlichen
daran, dass zu wenig Material verarbeitet wurde. Z. B. verimpfte
Koch (D. med. Wochenschr. 1912, No. 50) laut brieflicher Mitteilung
— in der betr. Publikation fehlen diese Angaben — nur 3 Platinösen
aus dem Sediment von 30 ccm Urin. Wenn man von einer Tages¬
menge von, sagen wir einem Liter, nur den dreissigsten Teil benützt,
und davon wiederum vielleicht nur den dreissigsten Teil, dann darf
man sich freilich nicht wundern, wenn man gar nichts oder selten
etwas findet. Auch bei Conradi-Bierast würde der Prozent¬
satz positiver Fälle wohl noch wesentlich höher gewesen sein, wenn
die Autoren das ganze Sediment ausgegossen hätten, was ja eigent¬
lich sehr nahe liegt. Uebrigens ist die Reinkultur von Diphtherie¬
bazillen in einzelnen Fällen gar nicht so einfach. Ich verweise hier
auf einen von mir publizierten Fall (Berl. klin. Wochenschr. 1911,
No. 44), in dem sie unter mehreren geübten Untersuchern nur einem
gelang. Was den Befund von für das Tier nicht virulenten Stäb¬
chen betrifft, die aber sonst alle oder die wesentlichen Merkmale von
Diphtheriebazillen zeigen, so ist die Frage, welche Stellung man den¬
selben zuweisen soll, noch keineswegs geklärt. Eine ganze Anzahl
von Autoren, unter ihnen Roux und v. Behring, sind der Meinung,
dass eine wirkliche Trennung der Gruppen nur mehr oder weniger
künstlich und willkürlich durchzuführen ist.
Aus der Kgl. Universitäts-Frauenklinik zu Breslau (Direktor:
Geheimrat Prof. Dr. O. K ü s t n e r).
Indikationen und Resultate abdominaler Tampondrainage* *).
Von Privatdozent Dr. Hermann Küster, Assistenzarzt
an der Klinik.
M. H.! Ich möchte in der kurzen Zeit, in der ich auf ihre
Aufmerksamkeit rechnen darf, Ihnen einen Bericht geben über
Indikationen und Resultate abdominaler
Tampondrainage an der Hand des Materials der Bres¬
lauer Frauenklinik aus einem Zeitraum von 5 Jahren.
Wir verstehen unter Tampondrainage das Einführen eines
Gazesackes in die Bauchhöhle und zwar verwenden wir die
Art, wie sie von Mikulicz angegeben wurde.
Je nach der Indikation wird das Innere des Sackes noch
mit mehr oder weniger Vioformgaze, die wir neuerdings ver¬
wenden, oder Jodoformgaze — früher — angefüllt; so wirkt
der Sack bald mehr drainierend, bald tamponierend.
Alle meine Angaben beziehen sich auf diese Art der
Tampondrainage.
M. H.! Was wir funktionell und anatomisch durch das
Einführen eines solchen Sackes in den Peritonealraum er¬
reichen können, wissen wir, darüber brauchen wir nicht mehr
zu diskutieren, darüber sind die Akten geschlossen.
Wir wissen ad 1), dass es nicht möglich ist, durch diese
oder irgend eine andere Art der Versorgung des Peritoneal¬
raums eine dauernde Abfuhr von Flüssigkeit — eine Dauer¬
drainage des Peritoneums — zu erzielen.
Wir wissen aber 2), dass jeder Fremdkörper und so auch
der Mikuliczsack in seiner Umgebung eine Verklebung peri¬
tonealer Flächen in kurzer Zeit hervorruft.
Das hat zur Folge einmal das Unerwünschte, das wir
eben schon erwähnten, dass die Ableitung von Flüssigkeit aus
dem Abdomen bald unterbrochen wird — andererseits aber
besonders T j a d e n, der sich auf den realen Boden der tatsächlichen
Verhältnisse stellte und davor warnte, sich über die Durchführbar¬
keit der Isolierung zu Hause und die Grenzen einer Heranziehung der
Krankenhäuser für diesen Zweck, frommen Täuschungen hinzugeben.
*) Etwas gekürzt vorgetragen dem VI. internationalen Kongress
für Gynäkologie in Berlin am 10. IX. 12.
3
242
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 5.
gibt cs uns die Möglichkeit, künstlich an jeder beliebigen Stelle
des Bauchraumes in kurzer Zeit Adhäsionen zu provozieren.
Darüber herrscht wohl Uebereinstimmung. Die Frage ist
nur die, ob — und wenn ja — in welchen Fällen die Er¬
zeugung solcher Adhäsionen zweckmässig und wünschenswert
erscheint.
Darüber dürften die Meinungen auseinandergehen, eine
Einigung wird schwer zu erzielen sein — aber immerhin
werden Beiträge von Material zur Klärung der Leistungs¬
fähigkeit der Tamponade wertvoll und vielleicht auch ver¬
wertbar sein.
Ich kann Ihnen, m. H., nicht im einzelnen sagen, welche
Erwägungen in diesem oder jenem Falle meiner Statistik den
Operateur bewogen haben, das Abdomen nicht zu schliessen,
sondern die Tampondrainage auszuführen — ich muss mich
vielmehr darauf beschränken, die Fälle, so gut es geht, in ein¬
zelne Gruppen unterzubringen.
Mein Material umfasst 55 Fälle aus 7 Jahren — unter
1524 Laparotomien — . Es sind die Fälle, welche seit der
Arbeit von K ii s t n e r in der Festschrift für Olshausen
1905 in der Breslauer Klinik tamponiert oder drainiert worden
sind. Damals sagte K ü s t n e r am Schlüsse der Kritik der
Indikationen der Tampondrainage, dass er es in Zukunft eben¬
so halten werde, wie in den Jahren vorher, vielleicht noch
seltener drainieren werde.
Als massgebende Faktoren für die Indikationsstellung
wurden aufgestellt:
1. die Wahrung strengster Asepsis,
2. das Vermeiden frischer Adnexfälle,
3. die mikroskopische Untersuchung des Eiters.
Nach diesen Grundsätzen ist in den letzten Jahren an
unserer Klinik verfahren worden unter Berücksichtigung der
Besonderheiten jedes einzelnen Falles.
Hannes hat schon darüber berichtet, dass wir bei der
erweiterten abdominalen Radikaloperation in jedem Falle
prinzipiell einen Mikulicztampon einlegen, — die Karzinomfälle
fallen dementsprechend hier aus. Es bleiben dann, wie gesagt
in 7 Jahren 55 Fälle übrig; davon sind 24 Operationen wegen
Eiterungen an den Adnexen, erheblich weniger, als in den
Jahren vorher, entsprechend der Einschränkung, welche die
Adnexoperationen zugunsten der konservativen Methoden ge¬
funden haben; ferner 8 Myomoperationen, 7 Operationen
wegen Tubengravidität, 8 Operationen wegen Ovarialtumoren,
der Rest wegen der verschiedensten Affektionen, peritonealer
Abszess, Uretervaginalfisteln und ähnliche ganz atypische
Operationen.
Aus welchen Indikationen wurde nun in diesen Fällen
tamponiert?
20 mal wegen Blutunsicherheit, wie wir das zu
nennen pflegen. Wenn nach Anwendung aller gebräuchlichen
Mittel zur Blutstillung, eingeschlossen die Anwendung des
Ferrum candens, zeitweise Tamponade mit Gazetupfern,
trocken oder mit 70 proz. Alkohol die wunden Flächen sich
wieder und wieder mit Blutstropfen bedecken, so legen wir
den M. T. ein, stopfen mit Vioformgaze aus.
In allen Fällen hat diese Methode vor Nachblutungen
bewahrt; alle aus dieser Indikation tamponierten Fälle sind
geheilt.
Wegen D.a rmverletzung allein wurde einmal ein
Mikuliczsack eingelegt; — das Rektum musste quer reseziert
und zirkulär vereinigt werden, — Genesung.
Wegen Infektionsverdachtes allein wurde im
ganzen 3 mal drainiert, 2 mal bei verjauchten Zervikalmyomen,
1 mal, weil der bei der Exstirpation von Pyosalpingen
fliessende Eiter lange Ketten von Streptokokken enthielt —
auch diese Fälle sind geheilt. —
Füge ich nun noch hinzu je einen Fall von Uterus¬
ruptur intra partum, von Uterusperforation mit dem
Abortlöffel und einen transperitonealen Kaiser¬
schnitt, bei welchem das Fruchtwasser Verdacht erregte,
so habe ich Ihnen über die Fälle, in denen eine einzige, ein¬
fache Indikation vorlag, bereits berichtet.
In der anderen Hälfte der Fälle war es die Kombination
mehrfacher Indikationen, welche die Tampondrainage ver-
anlasste.
Blutunsicherheit nach Trennung umfänglicher Peritoneal¬
adhäsionen zusammen mit Darmverletzungen, mit Ausfliessen
bakterienhaltigen Eiters in den verschiedensten Zusammen¬
stellungen — ein Beweis dafür, dass langwierige, schwierige
Verhältnisse bei der Operation Vorlagen.
In dieser Kategorie von Operationen finden sich auch
sämtliche Todesfälle, die wir zu beklagen haben — das sind
im ganzen 7.
Davon scheiden für die Bewertung der Leistungsfähigkeit
der Tampondrainage 4 aus, nämlich:
1. ein Fall von sekundärer, infizierter Bauchhöhlen¬
schwangerschaft, deren Trägerin seit 2 Monaten bereits
fieberte und am 3. Tage nach der Operation an schwereji
Degenerationen der Leber, der Niere und des Herzens zu¬
grunde ging,
2. ein Fall, welcher 5 Monate nach einer abdominalen
Ureterimplantation an Pneumonie und Pyonephrose starb.
3. und 4. zwei Fälle von Peritonitis, ausgehend von Darm¬
verletzungen, die nicht dem Tampondrain anlagen.
Es bleiben demnach zu Lasten der Tampondrainage noch
3 Fälle übrig — unter 51 — knapp 6 Proz. — . Sie gestatten,
m. H., dass ich sie Ihnen ganz kurz skizziere.
ln dem 1. Fall ein sehr grosses, allseitig verwachsenes
Papillom des Ovars, bei dessen Entfernung die Flexur breit eröffnet
wird und grössere parenchymatöse Blutung noch am Ende der Opera¬
tion notiert ist; Tod am 3. Tage an Peritonitis, nicht ausgehend von
der Darmnaht, die gehalten hat.
Im 2. Falle ein vereitertes und verjauchtes Riesenmyom mit
zahlreichen Verwachsungen, mit dem Dünndarm kommunizierend,
schon vor der Operation fiebernd. — Tod nach 26 Stunden an dif¬
fuser eiteriger Peritonitis.
Im 3. Falle eine Kombination von Kystoma ovarii mit einem
submukösen, aus dem Muttermunde herausragenden Myom und Pel-
veoperitonitis. — Tod am 13. Tage, klinisch Peritonitis nicht aus-
zuschliessen. Obduktion nicht gestattet.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass in den beiden
ersten Fällen bereits bei der Operation eine Ueberschwem-
mung der ganzen Bauchhöhle mit Keimen sich ereignete —
sie illustrieren die uns bekannte Tatsache, dass eine Ableitung
von Sekret aus der Bauchhöhle mit der Tampondrainage
nicht erreicht werden kann; Fälle, wie diese sind verloren,
man mag sie behandeln, wie man will.
Ueber den dritten Fall — der erst am 13. Tage zum Exitus
kam, ist mangels der Obduktion ein sicheres Urteil nicht zu
formulieren; es scheint aber doch auch hier von vornherein
eine Infektion des ganzen Peritoneums stattgefunden zu haben.
Diesen 3 Misserfolgen, welche die Tampondrainage ihrem
Wesen nach nicht verhüten konnte, stehen 48 günstige Aus¬
gänge gegenüber; in zahlreichen schweren, auch manifest
infizierten Fällen hat der Tampon schützende Verklebungen
zu bilden vermocht, so dass die Wundsekrete, ohne das Peri¬
toneum zu infizieren, abgeleitet wurden.
Abgesehen von der Unbequemlichkeit der öfter not¬
wendigen Verbandwechsel hat die Methode noch zwei weitere
Nachteile, die nicht verschwiegen werden dürfen, das ist ein¬
mal eine nicht unbeträchtliche Verlängerung des Kranken¬
lagers und dann die Möglichkeit der späteren Hernienbildung
an der Stelle des Tamponkanals, über deren Häufigkeit ich
Ihnen allerdings zahlenmässige Angaben nicht machen kann.
Die Möglichkeit der Hernienbildung führt mich zu der
Frage der sekundären Naht.
Es ist in den 7 Jahren, über die ich Ihnen berichte, nur
zweimal sekundär genäht worden, während der Vermerk,
dass die Naht am folgenden Tage beabsichtigt war, sich des
öfteren findet.
Beckers Dissertation führt unter 23 Fällen noch 14 an,
in denen am Tage nach der Operation der Tampon entfernt
und genäht wurde — alle diese, wie auch die beiden späteren
gingen in Heilung aus.
Es besteht also die Möglichkeit, in geeigneten Fällen durch
eine Naht nach 24 Stunden die durch den Tampondrain offen
gehaltene Faszienlücke zu schliessen und so die Zahl der
Hernien noch zu vermindern.
Ich fasse die Resultate in folgende Sätze zusammen:
1. Die Tampondrainage nach Mikulicz ist eine wirk¬
same Methode zur Beherrschung der sogen, parenchymatösen
Blutungen im kleinen Becken, wenn die sonst üblichen Blut¬
stillungsmethoden nicht ausreichen.
243
Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
2. Die Tampondrainage ist ein sicheres Mittel zur Er-
lugung eines gegen das freie Peritoneum geschlossenen
tnals, durch welchen Wundsekrete aus der Beckenhöhle ab-
■leitet werden können, nicht dagegen vermag sie eine
mernd wirksame Ableitung von Flüssigkeit aus dem Peri-
iiealraum zu garantieren.
3. Nachteile der Tampondrainage sind die Verlängerung
s Krankenlagers und die vermehrte Gefahr der Hernien-
ldung. Dagegen wird die Gefahr sekundärer Infektion vom
unponkanal aus durch zweckentsprechende Nachbehandlung
aktisch vollkommen vermieden.
4. Daraus ergeben sich Indikationen und Kontraindi-
itionen:
Angezeigt ist die Tampondrainage 1. bei Blutungen,
dann, wenn voraussichtlich die Bildung reichlichen Wund-
kretes zu erwarten ist, bei grossen Höhlenwunden, vor allem
■i Infektion oder Infektionsverdacht jeglicher Art.
Unzweckmässig und daher nicht angezeigt ist die Tanipon-
ainage bei diffuser Peritonitis und Aszites.
Ob im Rahmen dieser Indikationen die Grenzen enger
ler weiter zu stecken sind, wird hier wie überall Sache des
nzelnen bleiben, der je nach Wagemut und Erfahrung ein
össeres und kleineres Risiko eingehen mag.
Wir glauben, dass unsere klinischen Erfahrungen dafür
rechen, dass die Tampondrainage die Lebenssicherheit nach
implizierten Operationen erhöht und werden uns ihrer auch
rnerhin in den gekennzeichneten Fällen bedienen.
Beitrag zur Frage der Sterilisierung aus rasse¬
hygienischen Gründen.
jii Dr. August H e g a r, Oberarzt an der Heil- und Pflege¬
anstalt bei Wiesloch.
Die Motive zur Sterilisierung, d. h. der Durchtrennung von
unenstrang oder Eileiter unter Erhaltung der Geschlechts-
iisen sind verschieden. An erster Stelle finden sich die
edizinischen: einige rein chirurgische, wie die Durch-
hneidung des Samenstranges bei Prostatektomie, bei Hoden-
uralgie etc. interessieren uns hier nicht; in anderen Fällen
urde die Operation als indiziert angesehen, wenn durch einen
ankhaft gesteigerten Geschlechtstrieb (Onanie) der gesund-
itliche Zustand eines Menschen geschädigt wurde; so wurde
verschiedenen Männergefängnissen in Nordamerika aus
.jsem Grunde die Vasektomie vorgenommen. Auch in
aitschland wurde mehrfach aus dem gleichen Motive bei
isteskranken Frauen sterilisiert und kastriert, jedoch ohne
sondere Erfolge. Ferner wird zur Verhinderung der Fort-
anzung sterilisiert, so, wenn durch eine erneute Schwanger¬
haft Gesundheit und Leben einer Frau bedroht erscheint;
i Teil der Gynäkologen stellt sich sehr schroff dieser Indi-
tion entgegen: die Sterilisierung dürfe nicht vorgenommen
-rden, solange noch eine Heilung der Krankheit in anderer
eise möglich ist; einige bestreiten überhaupt jede Indikation
ihrer Vornahme, nicht einmal bei engem Becken sei sie
lügend begründet. Andere sind in dieser Hinsicht tole-
nter, sie ziehen sogar wirtschaftliche Motive in den medi-
lischen Kreis hinein. Wir kommen hier mit dem Motiv:
nderiiberfluss bei offenbarer Armut, zu dem Gebiet der
»zialen Indikationen, die sich vielfach in einem weiten
ihmen bewegen: Erhaltung des Familienlebens, Interesse
•r vorhandenen Kinder und des Ehemannes, Erwerbsbe-
hränkung der Ehegatten durch weitere Kinder, missliche
eliche Verhältnisse und ähnliches.
Wird die Sterilisierung vorgenommen bei Gefahr eines
anken oder verbrecherischen Nachwuchses, so haben wir
s rassenhygienische Motiv, dasselbe wird ja auch
den sozialen Gründen gerechnet werden müssen und geht
ch unter dieser Bezeichnung in der Literatur, es empfiehlt
:h aber eine Trennung von den ökonomisch-sozialen Motiven
rch einen besonderen Namen. Zu den sozialen Indikationen
ichte ich ferner noch die als kriminalistische zu be-
ichnende nennen: die Sterilisierung (oder Kastration) wird
''genommen um einen gesteigerten oder pervertierten Ge-
tilechtstrieb, der zu Sittlichkeitsverbrechen führt, zu vor¬
igem oder zu beseitigen.
Die Frage nach der Berechtigung der Sterilisation zur
Verhinderung der Fortpflanzung geisteskranker und ver¬
brecherischer Individuen wird in der offiziellen Medizin nicht
gerne diskutiert. Die Bedenken gegen eine derartige Ein¬
schränkung der Zeugungsfähigkeit liegen nun weniger auf dem
moralischen Gebiete als in der Betonung der juristischen
Schwierigkeiten, unserer mangelhaften Kenntnisse der Ver¬
erbungsgesetze und der Befürchtung, dass das Publikum für
dieses Heilmittel noch nicht aufnahmefähig sei. Besonders
betont die psychiatrische Wissenschaft, dass ihr Ansehen
durch die zwangsweise Internierung ihrer Patienten schon
genügend leide und daher einen weiteren Eingriff in die indi¬
viduellen Rechte vermeiden müsse. Die opportunistischen
Warnungen vor der Oeffentlichkeit dürften jedoch schon zu spät
kommen. Auf zahlreichen, auch nicht rein medizinischen Ver¬
sammlungen wird die Frage erörtert, die Literatur wächst
zusehends und wendet sich auch an nicht ärztliche Kreise.
Und gerade diese könnten dem Irrenarzte, der nicht prophy¬
laktisch für die Rassenhygiene wirken wollte, den Vorwurf
machen, dass er nur eine Fülle von minderwertigen Persön¬
lichkeiten zu konservieren bestrebt sei und nicht an die stei¬
genden Lasten der Allgemeinheit denke.
Unter den europäischen Staaten wurden zuerst in der
Schweiz Sterilisationen zum Zwecke der Verhinderung eines
geisteskranken (im weiteren Sinne, wozu auch Idiotie zu
rechnen ist) Nachwuchses in Irrenanstalten vorgenommen.
Die interessanten Schilderungen darüber zeigen die grossen
Schwierigkeiten, die sich jedem derartigen Vorgehen ent¬
gegenstellen und erweisen die Notwendigkeit, demselben eine
gesetzliche Norm zu geben. Es hat nun bereits eine Legali¬
sierung der Sterilisation in einzelnen Bundesstaaten der nord¬
amerikanischen Union stattgefunden. Die Sterilisationsgesetze
in Indiana und Connecticut von 1907 und 1909 erlauben in
Gefängnissen und Irrenanstalten die zwangsweise Sterili-
sierug von Verbrechern, Schwach- und Blödsinnigen und ein¬
zelnen Kategorien von Geisteskranken, die die Nachkommen¬
schaft gefährden. Bisher würden 873 Verbrecher durch die
Vasektomie fortpflanzungsunfähig gemacht. Diese Beschrän¬
kung auf Verbrecher erweckt nun Bedenken, ob das von der
Gesetzgebung gewünschte Ziel, nämlich die Verhinderung
einer defekten Nachkommenschaft auch erreicht wird. Die
Sterilisierung kann — ohne Rücksicht auf die Art des De¬
liktes — an ausgesprochenen Verbrechern vorgenommen
werden. Als solche werden in der Gesetzesvorlage des
Staates Oregon diejenigen bezeichnet, die zum drittenmale zu
einer Gefängnis- oder Zuchthausstrafe verurteilt worden sind.
Es handelt sich also offenbar um Rückfalls- und Gewohnheits¬
verbrecher; und da entsteht die Frage, wie weit kommen diese
Leute für die Fortpflanzung in Betracht? Es sind dies die
Persönlichkeiten, die schon sehr früh mit dem Gerichte in
Konflikt kommen, die ständig durch die Gefängnisse wandern,
immer nur kurze Zeit in der Freiheit verbringen. Ich kann
allerdings keine Zahlen angeben, glaube aber nach meiner
Kenntnis von dem Material, das unsere Gefängnisse füllt,
richtig zu schliessen, dass die Nachkommenschaft dieser
degenerierten Personen eine geringe ist.
Wenn man nach amerikanischem Vorbild handeln will,
wird man folgerichtig sein Augenmerk auf die Persönlichkeiten
richten, bei denen Verbrechen und Geistesstörungen sich
vereinigen und die daher als die gefährlichsten Elemente hin¬
sichtlich eines gesunden Nachwuchses erscheinen müssen.
Man würde besonders die sogenannten Grenzzustände treffen,
die psychopathischen Persönlichkeiten jeder Art, die intellek¬
tuell und moralisch Minderwertigen, die Haltlosen, die
Schwindler, die Epileptoiden, die Hysteriker etc. Eine Prü¬
fung, wie es sich mit deren Fortpflanzung verhält, erscheint
mir daher berechtigt. Ich hatte schon vor einigen Jahren
gelegentlich einer Untersuchung von geisteskranken Rechts¬
brechern in den Irrenanstalten Badens darauf geachtet und bin
damals zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine Sterili¬
sation aus rassehygienischen Gründen kaum verlohnen würde.
Um aber sicher zu gehen, habe ich noch einmal die 150 letzten
Aufnahmen von Männern in der Anstalt Wiesloch, die mit dem
Strafgesetze in Konflikt gekommen waren, durchgesehen.
Von einer Aufstellung von Tabellen habe ich abgesehen und
gebe nur die Resultate meiner Durchzählung. Unter den 150
3*
244
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Kranken waren 33, die eine Ehe eingegangen waren, 11 waren
schon früh geschieden oder lebten getrennt; 10 Ehen blieben
ohne Kinder und zwar wohl sicher durch die Schuld des
Mannes, 10 Ehen hatten ein Kind, 6 je 2 Kinder, dem gegen¬
über standen 7 Ehen mit 40 Kindern. Die Anstaltsaufnahme
erfolgte nicht vor dem 30. Lebensjahre, 22 wurden erst nach
dem 40. Jahr interniert. Fast alle sind mehrfach bestraft.
Aussicht auf Entlassung besteht nur bei wenigen, fast alle
werden dauernde Anstaltsinsassen bleiben; es handelt sich
in der Mehrzahl um Alkohol- und Epilepsiedemenzen und
Dementia praecox-Zustände. Nur bei zweien käme die Frage
nach der Sterilisation jetzt noch in Betracht; beide 31 Jahre
alt, Epileptiker; der eine wurde schon in der Jugend wegen
Raubes bestraft, später zweimal wegen Sittlichkeitsvergehen
an Kindern Strafverfolgung eingeleitet und exkulpiert; er hat
bisher ein Kind. Der andere, ehemaliger Zwangszögling, be¬
ging als junger Mensch Brandstiftung und Diebstahl, war dann
lange Jahre in Anstaltsbehandlung. Er heiratete vor 2 Jahren
und hat 1 Kind. Kriminell ist er seither nicht mehr geworden,
musste jedoch wegen eines Dämmerzustandes in die Anstalt
verbracht werden. Eine dauernde Zurückhaltung des Kranken
ist nicht ausführbar. Wenn man von diesen beiden absieht,
käme man bei dieser Gruppe von Kriminellen schon viel zu
spät, wenn man sie erst in der Anstalt sterilisieren wollte;
aber auch eine Operation nach dreimaliger Bestrafung gemäss
dem amerikanischen Gesetze während ihres Gefängnisaufent¬
haltes hätte bei ihnen keinen Erfolg gebracht, denn gerade die
Kriminellen mit der zahlreichen Nachkommenschaft kommen
erst nach deren Zeugung mit den Strafgesetzen in Konflikt: so
wurde ein Epileptiker mit 5 Kindern, von denen 3 epileptisch
sind, erst 2 Jahre nach der Geburt des letzten Kindes kriminell,
ein anderer Epilektiker mit 3 Kindern, davon eines idiotisch,
beging seine mehrfachen schweren Sittlichkeitsverbrechen an
Kindern 3 Jahre nach der Geburt des letzten Kindes, ein dritter
Epileptiker hatte schon 8 Kinder, als ihn seine Straftat dauernd
in die Anstalt brachte, ein weiterer, ein schwerer Psychopath
erhielt seine erste Strafe mit 17 Jahren, er heiratete, hatte
4 Kinder; er war straffrei bis zu seinem 36. Jahre, in einer
Zeit, Wo sein letztes Kind 6 Jahre alt war. Er brachte es
dann bis zu seiner Anstaltsaufnahme im Jahre 1908 zu
44 Strafen. Ein sehr charakteristisches Bild bietet die folgende
Lebensgeschichte: ein erblich belasteter schwachsinniger
Mensch mit allmählicher Entwicklung zum chronischen Alko-
holisten. Heirat 1880, 7 Kinder, daneben ein uneheliches;
2 Kinder leben noch, eines in einer Idiotenanstalt. Die Frau
starb 1889 an Tuberkulose im Armenhause. Er selbst erhielt
von 1885 — 88 jährlich je eine Gefängnisstrafe wegen Dieb¬
stahls. Er arbeitete von 1884 an, wo er einen Unfall erlitt,
immer weniger. Seit 1889 ist er nur noch wenige Wochen in
Freiheit gewesen, erlitt 97 Strafen, darunter mehrfache wegen
Diebstahls, Körperverletzung, Bedrohung, war siebenmal im
Arbeitshaus; seine Laufbahn endete 1910 in der Irrenanstalt.
Endlich erwähne ich noch einen Psychopathen mit chro¬
nischem Alkoholismus, von seinen 10 Kindern war das jüngste
3 Jahre alt, als er seine erste Strafe erhielt; mit 45 Jahren
kam er dann in die Anstalt. — Erst die fortschreitende geistige
Schwäche bringt die Kriminalität; das Sterilisieren käme
immer zu spät.
Wie verhält es sich nun mit den 117 Ledigen? Wie
geringwertig dieses Material ist, zeigt sich daraus, dass nur
13 beim Militär gedient haben, 51 wurden wegen körperlicher
und geistiger Mängel befreit, 15 wurden vorzeitig wegen
Geisteskrankheit entlassen oder desertierten. Ich kann diese
Kranken in drei Gruppen einteilen: die erste, 60 an der Zahl,
kam schon vor dem 30. Jahre in die Irrenanstalt. Es handelt
sich meistens um Leute, die schon sehr früh mit dem Straf¬
gesetz in Konflikt kamen, bei denen fast ununterbrochen
Strafe auf Strafe folgte; bei der letzten Gefängnis- oder Zucht¬
hausstrafe brach dann die geistige Erkrankung aus, die sie
dauernd in die Irrenanstalt führte; meist handelte es sich um
Dementia praecox. Ein kleinerer Teil, Imbezille und Psycho¬
pathen, wechselt eine Zeitlang zwischen Gefängnis und Irren¬
anstalt, bis er für längere Jahre festgehalten wird. Die zweite
Gruppe, 45 Individuen, kommt erst nach dem 30. Jahre, meist
in späteren Dezennien dauernd in die Irrenanstalt; hier han¬
delt es sich mehr um Vagabunden, die auf der Strasse liegen,
wenn sie nicht im Krankenhaus, Arbeitshaus oder Haft sich
aufhalten. Ihre Psychose bleibt oft jahrelang latent und uner¬
kannt. Die letzte Gruppe enthält 12 Kranke, dieselben sind
nur einmal bestraft, die Strafe liegt zeitlich weit von der An¬
staltsaufnahme entfernt oder das Delikt wurde in krankem
Zustande begangen oder sie erkrankten in Haft; es sind eben¬
falls minderwertige Menschen, aber keine Gewohnheitsver¬
brecher wie die beiden anderen Gruppen. Eine Entlassung
kommt bei ihnen nicht in Betracht. Ich habe sämtliche Kranke
durchgeprüft, welche für die Sterilisation in Betracht kämen,
aber nur 3 gefunden:
Der eine ein 22 jähriger früherer Zwangszögling, eine psycho¬
pathische Persönlichkeit mit Alkoholsucht und Intoleranz, schor
mehrfach wegen Betrügereien bestraft, er hat schon ein uneheliches
Kind und macht gerne Heiratspläne. Der andere ist jetzt 27 Jahre,
leidet an Epilepsie mit Alkoholsucht, er ist libidinös, verlobt sich
öfters. Er wurde schon früh wegen Betrügereien auf seinen Geistes¬
zustand untersucht. Er ist seit 1907 in der Irrenanstalt, wo er durch
seine Neigung durchzugehen der Ueberwachung grosse Schwierig¬
keiten macht. Der dritte ist ein mit Potatorium und Verbrechen
erblich belasteter intellektuell und besonders moralisch schwach¬
sinniger Mensch von 29 Jahren, der seit seinem 16. Jahre zahlreiche
Srtafverfolgungen wegen Diebstahls und Körperverletzung erlitt. Die
Entlassungsversuche misslangen immer. Seine letzte Aufnahme
wurde durch seinen Entschluss beschleunigt eine übelberüchtigte
Person zu heiraten. Eine dauernde Verwahrung wird sehr schwer
sein.
Wenn ich diese 3 Fälle ausnehme, ist die übrige grosse
Masse für die Fortpflanzung bisher nicht in Betracht ge¬
kommen und kommt auch kaum in Zukunft in Frage. Die
Kranken waren in ihrem geschlechtskräftigsten Alter in Ge¬
fängnissen und Irrenanstalten eingesperrt, die kurzen Frei¬
heitszeiten führen sie ein unstätes Leben, verkehrten wohl
nur mit Prostituierten, sind zum Teil sexuell pervers, sind
durch Krankheit und Entbehrung geschwächt. Meiner An¬
sicht nach fallen sie für die Frage der Belastung der Nach¬
kommenschaft und damit der Sterilisation aus.
Eine gesonderte Besprechung möchte ich noch den Sitt¬
lichkeitsverbrechern widmen: es sind unter den 150 Kranken
17, davon einer mit Sodomie im 16. Jahre, 1 Exhibitionist,
2 mit Inzest, bei 7 handelt es sich um wiederholte Vergehen
gegen § 176,3 (unzüchtige Handlungen an Kindern unter
14 Jahren), einmal mit Knaben, 5 hatten Notzuchtsverbrechen
hinter sich. Für die Entlassung kommen im ganzen nur drei
in Betracht, davon ist nur einer in rassehygienischer Hinsicht
bedenklich, es handelt sich um den schon erwähnten ver¬
heirateten Epileptiker. Bei den Notzuchtsverbrechern ist eine
Entlassung nicht vorauszusehen, zwei scheiden aus wegen
frühzeitiger Verblödung, die anderen drei könnte man höch¬
stens prophylaktisch wegen Fluchtgefahr, die ja nie völlig
auszuschliessen ist, sterilisieren. Diesen Kranken möchte ich
noch gesondert die Lebensgeschichte eines Notzuchtsver¬
brechers anschliessen, für den ein eigenes Kastrationsgesetz
berechtigt gewesen wäre:
K. St. ist jetzt 54 Jahre alt. Schon mit 11 Jahren stand er vcr
Gericht. Zwangszögling. Mit 20 Jahren wegen Tobsucht aus dem
Strafvollzug in eine Irrenanstalt. Die nächsten 2 Jahre jeweils
wieder einige Monate in 2 Irrenanstalten. Dazwischen kleinere
Strafen. Mit 25 Jahren Notzuchtsversuch; Beobachtung in einer
Universitätsklinik, nach § 51 exkulpiert: Schwachsinn mit epileptoiden
Zügen. Dann in eine Irrenanstalt übergeführt; er entwich das nächste
Jahr, konnte bald wieder zurückgebracht werden. War dann 13 Jahre
ununterbrochen in der Anstalt, machte anfangs grosse Schwierig¬
keiten durch sein brutales und erregtes Wesen. In seinem 38. Jahre
gebessert entlassen. Er trieb sich vagabundierend >n Süddeutsch¬
land herum, verübte bald unsittliche Handlungen an Kindern; wieder
zur Beobachtung in eine Anstalt, nach § 51 ausser Verfolgung gesetzt.
Die Unterbringung in eine Anstalt wurde erwogen, jedoch nicht aus¬
geführt. Im nächsten Jahre verübte S. vier Sittlichkeitsverbrechen
hintereinander, ein Kind missbrauchte er nach seiner Angabe fünfmal,
ein anderes eine halbe Stunde lang, an zwei weiteren nahm er Cunni-
lingus vor. Nochmalige Begutachtung in einer psychiatrischen Klinik,
w'ieder § 51; er wurde in seine Heimat verbracht; bis über seine
weitere Unterbringung beschlossen war, im Krankenhaus interniert.
Dort entwich er und verübte gleich wieder zwei Delikte: er miss¬
brauchte ein Kind und unter Anwendung brutaler Gewalt ein junges
Mädchen, das dann von einem Kinde entbunden wurde. Seither
wieder dauernd in der Anstalt, ln seinem 50. Jahre gelang es ihm
für kurze Zeit zu entweichen. Nur der Umstand, dass er sich
draussen etwas Geld zu verschaffen wusste und damit eine Pro¬
stituierte bezahlte, ist es wrnhl zu verdanken, dass es nicht noch ein¬
mal zu einem Verbrechen kam.
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
245
4. Februar 1913.
Aehnlich wie bei den männlichen kriminellen Geistes¬
kranken liegen wohl die Verhältnisse bei den weiblichen. Von
20 Frauen, die zurzeit in der Anstalt Wiesloch untergebracht
sind, sind 16 ledig, von diesen sind 10 als steril zu bezeichnen,
haben infolge von früh erworbener Gonorrhöe oder Lues nie
ein Kind gehabt, die anderen 6 haben zusammen 14 uneheliche
Kinder, von diesen starben gleich nach der Geburt 7, davon
2 durch die Hand der Mütter, die anderen scheinen, soweit
meine Ermittlungen reichen, am Leben geblieben zu sein. Von
den 4 verheirateten war eine von vornherein steril, die an¬
deren 3 zeugten 7 Kinder, von denen 5 bald starben. Rein
statistisch betrachtet, ist die lebende Nachkommenschaft dieser
erblich stark belasteten, von Geburt an minderwertigen, meist
imbezillen Personen, nicht sehr gross. Dazu kommt noch, dass
die Kinder mit einer Ausnahme — die Kranke kam zweimal
gravida in den Strafvollzug — zu einer Zeit gezeugt wurden,
als sie noch nicht die kriminelle Laufbahn betreten hatten.
Fast alle bleiben dauernd interniert.
Wenn ich noch einmal zusammenfasse, so ist eine wesent¬
liche Reinigung des Volkes und Verringerung der Zahl der
Insassen von Gefängnissen und Irrenanstalten durch die Steri¬
lisation von geisteskranken Rechtsbrechern nicht zu er¬
warten. Die Kriminalität ist als Anzeige für
die rassen hygienische Sterilisation nicht zu
verwerten. Das bisherige amerikanische Vorgehen er¬
scheint — soweit aus den vorliegenden Berichten ein Urteil
überhaupt möglich ist — rassehygienisch von keinem grossen
Werte. Es ist wohl sicher, dass die Annahme der nordameri¬
kanischen Gesetze, dadurch der Allgemeinheit besonders er¬
leichtert und plausibel gemacht wurde, dass die Kastration und
Sterilisation an Verbrechern ausgeführt wurde. Das kali¬
fornische Kastrationsgesetz von 1907 führt ausdrücklich die
Sexualverbrecher an; man fand wohl eine Art Sühne darin,
dass diese speziell da gestraft wurden, wo sie gesündigt hatten.
Man müsste mit der Sterilisation, um überhaupt etwas zu
erzielen, schon in früheren Lebensjahren beginnen. Die beste
Gelegenheit böte sich bei den Zwangszöglingen, unter denen
sich naturgemäss die schlimmsten Elemente finden, die allen
Frziehungsmassnahmen Trotz bieten. Wir wissen aus über¬
einstimmenden Untersuchungen der letzten Jahre, dass die
erbliche Belastung mit Alkohol und Kriminalität bei ihnen eine
sehr erhebliche ist, dass über 50 Proz. als psychisch abnorm
bezeichnet werden müssen. Bei fast der Hälfte der Mädchen
über 14 Jahre sind Sittlichkeitsdelikte der Einweisungsgrund.
Oie Art der Kriminalität ist bei ihnen allen schon früh erkenn¬
bar. Wenn wir die Sexualtätigkeit rechtzeitig einschränken
könnten, wäre manches Uebel vermeidbar. Die Sterilisation
scheint, im Gegensätze zur Kastration nur geringe Ausfalls¬
erscheinungen zu bewirken, allerdings wären noch sichere
Beobachtungen an jungen Personen nötig. Schliesslich spielen
jedoch derartige Veränderungen keine grosse Rolle gegenüber
den sonstigen schon vorhandenen angeborenen Defekten. Der
Nutzen der Sterilisation für das Individuum und die Allgemein¬
heit wäre sicher ein grösserer als der eventuelle Schaden. Da
in diesen Fällen die Sterilisation mehr kriminalistische Be¬
deutung hat als rassenhygienische, will ich hier nicht weiter
darauf eingehen.
Um einen Nutzen durch die Sterilisation zu bringen, müsste
man schon die Erzeuger solcher defekten und verbrecherischen
Individuen treffen. Bei der nahen Beziehung zwischen Irre¬
sein und Verbrechen werden wir das Verbrechen wirksam be¬
kämpfen, wenn wir überhaupt die Entstehung der Geistes¬
störungen verringern. Dazu müssen wir aber die verschie¬
denen Quellen, aus denen immer wieder neue Insassen unserer
Anstalten entsteigen, kennen lernen. Die nachfolgenden gleich¬
artigen Beobachtungen, alle aus dem letzten Jahre, sollen dazu
einen Beitrag liefern:
1. B. P., geb. 1880, Werkmeistersfrau. Ueber erbliche Belastung
nichts bekannt. Aus dem Lebensgang nichts wesentliches mitzuteilen.
Stets schwächlich. Heirat im Jahre 1903; zwei gesunde Kinder.
1904 und 1905 geboren. Beginn der geistigen Erkrankung fällt schon
ni das Jahr 1909: sie wurde misstrauisch, äusserte Verfolgungs- und
Beobachtungsideen, hatte Sinnestäuschungen, wurde zeitweise sehr
erregt. Ging körperlich zurück. Am 7. VI. 1911 in unsere Anstalt
aufgenommen. Sie litt an Dementia praecox, bot ein ganz einförmiges
Bild: sie war geistig schon sehr geschwächt, brachte in monotoner
Weise eine Reihe von hypochondrischen Klagen vor, fühlte sich
magnetisiert, eingeschnürt etc. Ohne besonderen Affekt lebte sie
stumpf dahin, lag ständig zu Bett, bedurfte der Nachhilfe beim Essen
und der I oilette, zeigte keinerlei Interesse, war nicht imstand, eine
Frage sinngemäss zu beantworten. Am 28. VI. wurde die Kranke mit
Zustimmung des Ehemannes von den Eltern gegen unseren Rat
nach Hause genommen, blieb dort aber nur ein paar Tage und kam
dann zum Manne zurück. Am 9. VII. wurde die Kranke in einem
ängstlichen Erregungszustände ins Krankenhaus und von dort wieder
nach Wiesloch gebracht. Es wurde dann im weiteren Verlaufe ihres
Anstaltsaufenthaltes Gravidität festgestellt. Die Verblödung war
noch weiter vorgeschritten. Die Kranke wurde dann zu ihrer Ent¬
bindung nach Hause entlassen.
2. B. C., geb. 1884, Aufsehersgattin. Der Grossvater mütter¬
licherseits Potator. Körperliche und geistige Entwicklung ohne Stö¬
rung. Heirat 1906. Pat. gebar 1907, 1908, 1909 je ein Kind, das
zweite starb nach einem Monat. Am 24. X. 1910 wieder Entbindung
eines noch lebenden Kindes. Schon in der Schwangerschaft wurde
die Kranke erregt, war misstrauisch, wurde gleichgültig für Familie
und Haushalt. Zu Beginn des Jahres 1911 heftiger Ausbruch der
Psychose; sie glaubte, der Mann mache ihr heimlich Morphiumein¬
spritzungen, im Essen sei Gift, sie fühlte sich beobachtet, glaubte,
sie könne mit künstlichen Apparaten in die Ferne sehen, werde
magnetisiert, elektrisiert. Sie wurde dann am 9. III. 1911 in die
psychiatrische Klinik zu Heidelberg aufgenommen, dort am 1. IV.
ungeheilt und gegen ärztlichen Rat vom Manne abgeholt. Zu Hause
verstärkten sich die psychopathischen Erscheinungen, sie wurde
ängstlich, äusserte immer Wahnideen. Schliesslich setzte ein starker
Erregungszustand ein, sie wollte sich aus dem Fenster stürzen, drohte
ihr Kind umzubringen, so dass ihre Aufnahme in die Klinik am
26. XI. wieder nötig wurde, von dort kam sie dann nach Wiesloch.
Es bestand bei ihr ein sehr vorgeschrittener Grad von Dementia
praecox; sie ist stumpf, bringt ganz ohne Kritik eine Fülle von Ver¬
folgungsideen vor, fühlte sich durch „Pantomime“ nächtlich miss¬
braucht, spürt Gift im Essen, hörte fast ständig Stimmen, ist ganz
sprachverwirrt. Im März 1912 fand ihre Entbindung von einem noch
lebenden Kinde statt. Ihre Angehörigen sind sehr entrüstet, dass
der Ehemann durch die neue Gravidität die Krankheit verschlimmert
habe.
3. B. B., geb. 1875, Arbeiterfrau. Vater war Trinker, später
geisteskrank, ertränkte sich; Mutter starb mit 56 Jahren an Apoplexie.
Der Grossvater mütterlicherseits erhängte sich; bei mehreren Ver¬
wandten der Mutter kamen Apoplexien vor. — Entwicklung und
Lebensgang der Kranken boten nichts besonderes. Heirat 1900.
4 Kinder, geboren 1901, 1904, 1906, 1908. Beginn der geistigen Er¬
krankung nach der letzten Entbindung im Mai 1908; Auftreten eines
heftigen manischen Erregungszustandes mit völliger Verwirrtheit.
Die Kranke wurde im Juni 1908 in die Irrenanstalt verbracht. Die
Erregung dauerte bis Mitte 1910 fort; es blieb dann ein Zustand
vollständiger Desorientiertheit mit hochgradiger Gereiztheit, Neigung
zu Gewalttätigkeiten und Zerstören zurück. Ihre Redewendungen
waren zerfahren, koprolalisch, enthielten stereotype Wiederholungen
und Wortneubildungen. In ihrem Benehmen und Rede trat ein starker
Grössenwahn hervor. Erst Herbst 1910 besserte sich der Zustand in¬
sofern, als die Kranke ruhiger und geordneter wurde, anfing Heim¬
weh zu äussern. Es wurde daher dem dringenden Wunsche des Ehe¬
mannes nach Entlassung nachgegeben; dieselbe erfolgte am 19.1. 1911.
Die Kranke verkannte noch die Personen, hielt z. B. den Arzt für
einen Mann ihres Heimatsortes, kam noch leicht in ein wirres und
erregtes Reden hinein. Die letzte Periode war am 10. — 14. I. ein¬
getreten. Nach einem Briefe ihres Mannes war sie im März 1911
noch nicht gesund, besorgte aber ihren Haushalt. Im Dezember 19 il
erhielten wir die Nachricht, dass sie am 27. X. ein Mädchen geboren
habe. Die Kranke leide noch an Kopfweh und sei aufgeregt ").
4. A. M., geb. 1875, unehelich, Schlossersfrau. Mutterschwester
an Dementia paralytica gestorben. Als Kind lange Zeit an Bettnässen
gelitten. Mit 19 Jahren erster epileptischer Anfall, zusammen mit dem
ersten Auftreten der Periode; zuerst kamen die Anfälle nur prä¬
menstruell, später häufiger, besonders nachts. Seit 1908 häufen sich
die Anfälle, oft drei- bis viermal täglich. Patientin war wochenlang
halb bewusstlos, hatte Sinnestäuschungen, Erregungszustände mit
grosser Reizbarkeit und Gewalttätigkeit. 1910 Rippenfellentzündung.
Heirat 1902. Entbindungen 1903, 1904, 1905, 1906, 1907, 1909, 1910.
Ein Kind starb an Gichtern, ein Kind liess die Mutter im Anfall fallen.
Am 9.1.1911 wurde die Kranke in die Anstalt Wiesloch ge¬
bracht, da sie in fremde Häuser lief, dort Streit anfing, ihre Ange¬
hörigen nicht mehr kannte. Bei uns bot sie das typische Bild der
epileptischen Demenz: geistig stumpf, völlig einsichtslos für ihre
Lage, leicht reizbar, bigott, grosse Selbstüberschätzung. Etwa
wöchentlich ein Krampfanfall, öfters Schwindelanfälle. Am 19. VI.
wurde die Kranke gegen unseren Rat auf ständiges Drängen des Ehe¬
mannes entlassen. Derselbe machte glaubhaft geltend, dass sein Haus¬
stand zugrunde gehe, dass sein Verdienst zum Unterhalt der Kinder nicht
mehr ausreiche. Schon am 26. VI. wird die Kranke wieder gebracht:
sie hatte zu Hause wieder häufiger Anfälle, war öfters sehr erregt,
äusserte verworrene Grössenideen. Sie gab an, dass sie mit ihrem
Mann öfters verkehrt habe. Im März 1912 gebar sie dann ein noch
*) Anmerkung bei der Korrektur: Die Kranke ist jetzt
wieder schwanger.
246
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 5.
lebendes Kind. Dem Ehemann war bei der Entlassung vom Arzt
dringend vom Verkehr abgeraten worden.
Wir haben es also mit vier Frauen zu tun, die alle während
einer versuchsweisen Entlassung aus der Anstalt kurze Zeit
nach derselben geschwängert wurden. Bei dreien bestand
eine schwere Psychose mit bereits deutlichem geistigen Zer¬
fall. bei der vierten eine schwere Epilepsie mit Verblödung.
Alle vier waren auch für den Laien erkennbar
geistesgestört.
Wir sind zwar noch nicht imstande zu sagen, welche Erb¬
lichkeitsgesetze hier gültig sind, das ist aber sicher, dass
Kinder, die von solchen geisteskranken Müttern abstammen,
eine unheilvolle Erbschaft antreten und schon im Keime als
geschädigt angesehen werden müssen. Wenn wir weiter als
richtig annehmen können, dass die Entwicklung eines Kindes
im wesentlichen von dem Zustand der Mutter vor und nach
der Geburt abhängt, so haben wir hier die ungünstigsten Ver¬
hältnisse. Wir wissen allerdings nicht, ob die bei der Dementia
praecox sich abspielenden Stoffwechselstörungen Ursache oder
Begleiterscheinungen der Psychose sind, auf jeden Fall liegt
ein noch fortdauernder Krankheitsprozess der Mutter vor mit
spezieller Wirkung auf das Gehirn; klarer liegt die Schädigung
bei dem Kinde der Epileptischen, das zwischen Krampfanfällen
konzipiert ist und unter Anfällen sich in utero entwickelt.
Auch das Schicksal derartiger Kinder nach der Geburt ist meist
ein bedauerliches, es entbehrt der Ernährung und Fürsorge
der Mutter, wird in Pflege gegeben, kommt unter die Ein¬
wirkungen eines ungünstigen Milieus wie die unehelich Ge¬
borenen.
Wie lassen sich nun solch traurige Vorgänge verhindern?
Laien in psychiatrischen Dingen betonen bei derartigen Fragen,
man dürfe eben solche Kranken erst nach ihrer Heilung ent¬
lassen. Ich möchte mich auf eine Feststellung, wann und ob
diese eintreten kann, hier nicht einlassen, es ist fraglich, ob
bei solchen Psychosen überhaupt je mehr als eine Besserung
möglich ist. Derartige Kranke bleiben immer für ihre weitere
Nachkommenschaft gefährlich. Bei jeder Entlassung aus der
Irrenanstalt machen sich eine Reihe von Faktoren geltend;
das Drängen der Angehörigen, die ökonomische Lage, die Ge¬
fahr der Auflösung der Familie, die Sorge für den Hausstand
und die Kinder. Wir müssen bei der Ueberfüllung der An¬
stalten immer an Entlassungen denken. Endlich sind wir —
wenigstens bei uns in Baden — gesetzlich gar nicht berechtigt,
Kranke, die keine Gefahr für sich und andere bilden, für deren
Aufsicht und Pflege gesorgt ist, noch weiter zurückzuhalten.
Auf eine Heilung können wir also nicht warten. Die Möglich¬
keit einer Schwängerung ist kein Grund, eine verheiratete Frau
in der Anstalt zu behalten. Die Irrenärzte würden auch gar
keine derartige Bestimmung wünschen. Viele Frauen müssten
bis zum Klimakterium bleiben, eine Konsequenz, die auch der
schärfste Rassenhygieniker nicht auf sich nehmen würde.
Es bleibt noch der Ausweg, den Ehemann zu belehren:
eine aussichtslose Arbeit. Wir haben das ja bei unseren
Kranken getan. Man könnte dann noch an den künstlichen
Abort denken; ob derselbe hier gesetzlich zulässig ist, er¬
scheint mir zweifelhaft. Auf jeden Fall wäre es nur ein ein¬
maliger Erfolg, da wir bei der Fruchtbarkeit der Mütter im
nächsten Jahre wohl wieder vor der gleichen Frage ständen.
Derartige Kranke sollten dauernd für die Zeugung aus¬
geschaltet werden; die Indikation für die Sterilisierung scheint
mir hier gegeben zu sein; sie wird noch unterstützt durch eine
Reihe von Nebengründen; erneute Schwangerschaft bringt
auch meist stärkere psychotische Erscheinungen; die minder¬
wertig gewordene Mutter wird nicht vor vermehrte Aufgaben
und Sorgen gestellt; die materielle Lage wird nicht ver¬
schlechtert. Da schon eine Reihe von Kindern vorhanden sind,
ist der Kreis der „Entwicklungsmöglichkeiten *)“ nicht ein-
J) Ich entnehme diesen Ausdruck einem Aufsatz von Karl
J e n t s ch. Wie ich ihn meine, möchte ich durch ein Beispiel zeigen:
Die Grossmutter Beethovens väterlicherseits war starke Trinkerin,
der Vater war leichtsinnig, verschwenderisch, schwerer Potator, die
Mutter eine leichsinnige Person. Der erste Sohn aus dieser Ehe starb
nach wenigen Tagen, der zweite, ein Jahr darauf geboren, ist
Beethoven. Wäre nun der Vater Beethovens bei seiner starken
erblichen Belastung und seiner Trunksucht nach dem ersten miss¬
glückten Versuch, Nachkommenschaft zu bekommen, sterilisiert
worden, so wäre das grösste musikalische Qenie nie geboren worden.
geschränkt, d. h. es war die Möglichkeit gegeben, dass aus
der Ehe brauchbare Kinder hervorgehen. Da unsere Kranken
schon geistig geschwächt waren, so wären auch von der Ope¬
ration keine Gewissenskonflikte oder sonstige psychische
Schädigungen zu erwarten, der Wille zum Kinde war nicht
da; hinsichtlich des körperlichen Gesundheitszustandes be¬
stände keine Kontraindikation.
Trotzdem die Gynäkologen der Ansicht sind, dass die
Tubensterilisierung ohne besondere Gefahr auszuführen sei
und trotzdem die Frau ja mit jeder Schwangerschaft eine ge¬
wisse Gefahr läuft, liegt doch in der Operation ein gewisses
Risiko, während die Vasektomie eine durchaus ungefährliche
Massnahme darstellt. Es liegt daher zweifellos eine Unbillig¬
keit darin, wenn vorzugsweise der Frau das Risiko zugemutet
wird. Ich halte es daher für durchaus verwerflich, eine ge¬
sunde Frau zu sterilisieren, weil der Mann ein Alkoholiker
oder Epileptiker ist; es ist dies schon geschehen. Ob ein ge¬
sunder Mann sich sterilisieren lassen kann, wenn die Frau
die Gefahr für den Nachwuchs bildet, möchte ich vorerst nicht
entscheiden; ich darf wohl folgendes Beispiel aus meiner Er¬
fahrung anführen:
Der Ehemann durchaus gesund und beruflich tüchtig, die Frau
eine schwere Hysterika, die schon zweimal in der Gravidität die
Irrenanstalt aufsuchen musste. Nach der letzten Niederkunft hielt
sich der Mann erst zurück, gab aber dann doch dem eifersüchtigen
Drängen der Frau nach. Es trat eine dritte Gravidität ein; der Mann
schrieb einen verzweifelten Brief und bat um eine Bestätigung,
dass ein künstlicher Abort begründet sei. Er sah einen neuen An¬
staltsaufenthalt seiner Frau, die Zerrüttung seines Haushaltes voraus,
vor allem glaubte er, bei den vorhandenen Kindern bereits die
nervösen Züge seiner Frau zu erkennen und fürchtete die Belastung
des neuen Ankömmlings.
Zwei andere Fälle liegen einfacher; ein direkt belasteter, an
zirkulärem Irresein leidender Kranker macht sich In seinen freien
Intervallen und in der Depression schwere Selbstvorwürfe wegen
der im Beginn der manischen Erregung gezeugten 4 Kinder; er
fürchtet für diese das gleiche Schicksal, wie er und sein Vater es
tragen mussten; besonders nahe geht ihm seine Frau, auf der die
ganze Last der Folgen seiner Krankheit ruht. Derartige Fälle enden
gerne durch Selbstmord. Endlich wäre eine Persönlichkeit zu er¬
wähnen, die man zu den„Haltlosen“ rechnen kann; er ist auch erblich
belastet. Er exzediert in allem, sogar während einer Abstinenzkur
in Limonade. Wegen eines durch chronischen Alkohol- und Nikotin¬
missbrauches herbeigeführten nervösen Zusammenbruchs vorüber¬
gehend in einer Anstalt. Er konsultierte mich aus Anlass der vierten
Gravidität seiner Frau; als Motiv für die Vornahme des gewünschten
künstlichen Aborts gab er die Nervosität seiner Frau an. Eine
Sterilisierung des Kranken, nicht der Frau, wäre hier bei der grossen
Gefahr für die Nachkommenschaft indiziert.
Die Diskussion, ob jemand aus rassehygienischen Motiven
zu sterilisieren sei, dürfte manchen als zwecklos erscheinen,
besonders so lange unsere Gesetzgebung diese Operation als
eine vorsätzliche schwere Körperverletzung ansieht und un¬
angenehme zivilrechtliche Folgen für den Operateur ent¬
stehen können. Die Frage der Sterilisierung ist jedoch schon
lange keine rein theoretische mehr, es wird bei Frauen schon
ziemlich oft sterilisiert, und zwar aus Gründen, die keine
rein medizinischen mehr sind und sicher in ihrer ethischen Be¬
wertung tief unter dem rassehygienischen Motive stehen. Die
Gefahr des Missbrauchs bei den sogen, sozialen Indikationen:
ungünstige eheliche und ökonomische Verhältnisse, ist sehr
gross. Es kommt zur Sterilisierung von Frauen, die noch ge¬
sunde Kinder gebären können. Die Frauen wissen Operateure
mit beweglicher Indikationsstellung rasch zu finden. Sollte
die Sterilisierung in einem künftigen Spezialgesetze wenigstens
fakultativ erlaubt werden, so wäre meiner Ansicht nach eine
strenge Trennung von allen anderen Motiven darin aus¬
zusprechen, die oben erwähnten sozialen Motive wären zu
verbieten. Dadurch würden auch die rein medizinischen
Motive, die zu Heilzwecken, deren Nachweis dem Operateur
obliegt, klar darliegen, Der Staat kann bei der künstlichen
Einschränkung des Nachwuchses nur ganz genau abgrenzbare
Ausnahmen gestatten.
Literatur.
Eine ausführliche Zusammenstellung findet sich In den beiden
Aufsätzen von Maier und Oberholzer: Juristisch-psych. Grenz¬
fragen, Bd. VIII, 1—3.
Ferner führe ich an: Wilhelm: Beseitigung der Zeugungs¬
fähigkeit etc. Juristisch-psych. Grenzfragen, Bd. VII, 6 — 7. — Alfred
He gar: Das Martyrium des Sexualapparates. Münch, med.
4. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 247
Wochenschr. 1911 — Verhandlungen der VII. Tagung der Gesellschaft
für gerichtl. Medizin in Vierteljahresschr. f. gerichtl. Medizin 1912.
Suppl. : Sury: Berechtigung der sozialen Indikation zur Sterilisation
etc. — Bericht über den II. Kongress für Familienforschung 1912,
Vorträge von Rosenfeld und Oberholzer. Müller-
Schürsch: Kastration und Sterilisation aus sozialer Indikation. —
Thoma: Untersuchungen von Zwangszöglingen. Vierteljahresschr.
f. gerichtl. Med. 1911, Suppl. — August He gar: Ueber die Unter¬
bringung geisteskranker Verbrecher. Allgem. Zeitschr. f. Psych.,
Bd. 66.
Lithotripsie oder Lithotomie?
Von I)r. med. F e i b e r, Assistenzarzt bei Qeheimrat
Dr. Marc- Wildungen.
Noch immer verwerfen viele Chirurgen die Lithotripsie
als eine unchirurgische Operation, ein Arbeiten im dunkeln,
das keine Gewähr für Vollständigkeit bietet, oder wollen sie
wenigstens sehr eingeschränkt wissen. Was die Lithotripsie
in der Hand des Geübten leistet, das konnte ich während
meiner nunmehr 9 jährigen Assistentenzeit bei Herrn Geheim¬
rat Dr. Marc- Bad Wildungen sehen. In diesem Zeitraum,
jedoch nur während der Monate Mai bis Oktober, durfte ich
bei 745 Operationen assistieren. Rechnet man die Operationen
hinzu, die in den Wintermonaten teils in Wildungen, teils aus¬
wärts von Geheimrat Marc gemacht wurden, so ergeben sich
leicht 900, also jährlich ungefähr 100 Operationen, ein Material,
wie es wohl weder in Deutschland, noch in Russland und
Frankreich ein anderer Urologe aufzuweisen hat. Auf ein
näheres Eingehen der zunr Teil recht interessanten Fälle
möchte ich vorläufig verzichten und im folgenden nur kurz
einen Gesamtüberblick geben. Trotzdem es sich um teilweise
recht schwierige Fälle, bei denen schon von anderer Seite die
Lithotripsie oder auch nur die Feststellung des vermuteten
Steines versucht war, handelte, war es nur 4 mal unmöglich,
ohne blutige Operation auszukommen.
Einmal handelte es sich um einen grossen Oxalatstein mit Urat-
mantel bei einem 70 jährigen Herrn mit sehr weiter Harnröhre, die das
Einfiihren grösserer Instrumente gestattete. Das Konkrement konnte
jedoch mit dem stärksten Lithotriptor nicht gebrochen werden, so
dass von weiteren Versuchen abgesehen und der Stein durch Sectio
alta entfernt wurde.
Bei zwei Prostatikern mit Balkenblase war es unmöglich, die
Phosphatkonkremente zu fassen. Der Lithotriptor glitt immer über
die aus dem Divertikel hervorragende rauhe Fläche hinweg.
Uebrigens gelang es bei einem Patienten nach % Jahre, das
Konkrement, das inzwischen erheblich gewachsen war, mit vieler
Mühe aus seiner Nische herauszuhebeln und zu zertrümmern.
Bei einem 4. Falle endlich verhinderte die stark in die Blase
vorspringende Prostata ein mit Phosphatsalzen inkrustiertes Stück
eines schwarzen Mercierkatheters zu fassen. Sectio alta beförderte
das Konkrement zutage, der Patient erlag aber einer Pneumonie.
Was das Lebensalter anbelangt, so war die Mehrzahl der
Kranken jenseits der 60 er, der älteste war 85, der jüngste
1 1 Jahre alt. 7 Operierte waren unter 30 Jahren, davon ein
23 jähriger mit Zystinsteinen. Er stammte aus einer Familie,
in der Zystinsteine bei verschiedenen Gliedern vorkamen.
Dem weiblichen Geschlecht gehörten 6 Patienten an,
4 mit Phosphatsteinen nach gynäkologischen Operationen,
2 mit Uratsteinen. Geringfügige Divertikelbildung der Blase
hatten das Ausurinieren der Steine, die von den Nieren her¬
untergekommen waren, verhindert.
Die Mehrzahl der Steine waren Urate. Meistens war nur
eine Sitzung nötig, über 3 niemals. Fast durchweg standen
die Patienten am Tage nach der Operation stundenweise auf
und gingen am folgenden Tage aus. Nur ausnahmsweise, bei
stärkeren Blutungen, die aber durchweg urethraler Natur
waren, falschen Wegen oder schwer passierbarer Harnröhre,
wurde nach der Operation ein Verweilkatheter gelegt. Wegen
falscher Wege und Strikturen musste auch einigemale 1 bis
2 Tage vor der Operation ein Verweilkatheter gelegt werden,
in einem Falle sogar 14 Tage lang. Der 70 jährige Patient
hatte trotz Abmahnens auswärts seine hypertrophierte Pro¬
stata mit Röntgenstrahlen behandeln lassen, zu einer Zeit, in
der man die Dosierung und die Gefahren noch nicht voll
würdigte. Die Folge war eine intensive Verbrennung mit
erheblicher Striktur der Harnröhre und Stenose des Rektums,
welche die Anlegung eines Anus praeternaturalis erforderte.
Durch Verweilkatheter und Bougies wurde die Harnröhre so
erweitert, dass ein starker Lithotripter eingeführt werden
konnte. Das grosse Konkrement wurde gefasst, zertrümmert
und nachher aspiriert. Der Patient ist bis heute, nach
6 Jahren, rezidivfrei.
Allgemeine Narkose wurde 6 mal angewandt. In allen
übrigen Fällen wurden Harnröhre und Blasenhals mit einer
2 proz. Kokainlösung unempfindlich gemacht. Trotzdem jedes¬
mal I g Kokain, allerdings Kokain Merck in Originalpackung,
gebraucht wurde, kamen nur 4 mal leichte Intoxikationen,
geringfügiger Kollaps oder rauschähnliche Zustände, die bald
vorübergingen, zur Beobachtung. Allerdings glaube ich, dass
das günstige Resultat der Schnelligkeit, mit der operiert
wurde, zu verdanken ist, dass in vielen Fällen das Kokain gar
nicht die Zeit hatte, voll und ganz zur Wirkung zu kommen.
Todesfälle kamen im ganzen 8 vor, von denen man aber
nur 4 dem operativen Eingriff zur Last legen kann. Zwei
alte Prostatiker, die schon in früheren Jahren operiert worden
waren, erlagen einer starken Blutung mit Gerinnselbildung,
ehe man durch Sectio alta eingreifen konnte.
In einem 3. Fälle trat nach der Aspiration bei einem 83 jährigen,
durch heftigen Blasenkatarrh sehr geschwächten Herrn eine Peri¬
zystitis ein, der der Patient nach 2 Tagen erlag. Sektion wurde leider
nicht gestattet, doch handelte es sich wahrscheinlich um eine Ruptur
der morschen Blasenwand.
Im 4. Falle handelte es sich um einen 52 jährigen Herrn, bei dem
schon anderweitig die Lithotripsie versucht, wegen schwer passier¬
barer Harnröhre aber aufgegeben war. Tags zuvor wurde ein Ver¬
weilkatheter eingelegt, mit dem Erfolge, dass das Einführen der
starren Instrumente leicht gelang.
Duich die Aspirationssonde entleerten sich 12 erbsengrosse
Urate. Weitere Aspiration war ohne Erfolg, die Spülflüssigkeit lief
klar und scheinbar vollständig ab. Am nächsten Tage Fieber und
Schmerzen in der Gegend zwischen Nabel und Symphyse, besonders
nach der Blinddarmgegend ausstrahlend. Trotz der Lokalisation der
Schmerzen, und weil die Lithotripsie keinen Anlass bot für eine sich
so schnell entwickelnde Perizystitis, wurde Appendizitis angenommen
und abends noch die Operation vorgenommen. Nach Eröffnung des
Peritoneums zeigen sich die vorliegenden Darmschlingen leicht serös
durchtränkt und mit zarten Auflagerungen bedeckt, die ein langes
Suchen nach der Appendix verbieten. Ein wurmfortsatzähnliches,
ziemlich oberflächlich gelagertes Gebilde wurde als Wurmfortsatz
angesprochen, zur besseren Orientierung aber die Blase mit einer
Kollargollösung angefüllt. Dabei zeigte sich, dass die vermeintliche
Appendix ein langer, schmaler Divertikel der Blase war, der nur
eine dünne Oeffnung nach der Blase zu hatte. Im Divertikel selbst war
eine kleine Ruptur. Die Feinheit der Oeffnung und Ruptur erklärte
auch, weshalb der Zwischenfall während des Aspirierens völlig un¬
bemerkt geblieben war. Der Patient erlag 2 Tage später der Peri¬
tonitis.
Was das Zurückbleiben von Trümmern bei der Litho¬
tripsie anbelangt, ein Vorwurf, der besonders oft von den
Gegnern gemacht wird, so kann man bei sorgfältigster Aspi¬
ration und eventuell Kystoskopie eine volle Garantie über¬
nehmen, dass die Blase frei von Trümmern ist. Dass bis¬
weilen eine gründliche, sachgemässe Aspiration sicherer ist
wie das Kystoskop, illustriert folgender Fall.
Ein Russe wurde im Beisein seines Arztes lithotripsiert. 3 Tage
später wurde durch Kystoskopie ein kleines Trümmerstück fest¬
gestellt. Eine geringe Bewegung des Kystoskopes aber genügte, das
Stück in einem Divertikel völlig verschwinden zu machen. Kurze
Aspiration jedoch förderte es bald zutage.
Wie schnell aber oft auch bei Sectio alta Steine sich neu
bilden können, davon 2 Beispiele.
Ein 62 jähriger Herr aus Schweden wurde August 1911 von
einem namhaften Chirurgen durch Sectio alta von einem Uratstein
befreit. Glatte Heilung, sehr strenge Diätvorschriften. 10 Monate
später schon wurde hier durch Lithotripsie ein etwa hühnereigrosser
Urat entfernt.
Ein 72 jähriger Herr durch Sectio alta von einem Stein befreit.
Nach längerer Zeit erst Heilung der Fistel. s/t Jatire nach der Ope¬
ration erneute Steinbeschwerden. Aufbrechen der Fistel unter Fieber.
Trotzdem hier Lithotripsie, bei der die Aspiration besonders
schwierig war, durch die bestehende Fistel. Letztere heilte langsam
wieder zu. 5 Monate später abermals Steinerscheinungen. Da dem
alten Herrn die Reise im Winter zu beschwerlich war, wurde ein
Chirurg in der Nähe aufgesucht. Dieser erklärte die Lithotripsie
für eine unvollständige, unzeitgemässe Operation und entfernte durch
Boutonniere. Glatte Heilung, aber schon nach 3 Monaten abermals
Stein, der durch Lithotripsie entfernt wurde.
Die beiden Fälle, die nur aus der Menge herausgegriffen
sind, zeigen deutlich die Vorteile der Lithotripsie gegenüber
der Sectio alta. Ob der Operierte am 2. Tage schon völlig
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
248
wieder hergestellt aus- und seinen Geschäften nachgehen kann, !
oder tagelang ans Bett und Zimmer gefesselt ist, spielt doch j
sicherlich eine bedeutende Rolle. Sicherlich sind auch die
Gefahren für alte Leute, um die es sich doch in der Mehrzahl
handelt, bei der Lithotripsie entschieden geringer. Wie gering
ist die Mortalität, 4 Todesfälle auf 900 Operationen, also nicht
einmal 34 Proz.l Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vor¬
teil ist auch der, dass den Patienten, die zum Teil recht
messerscheu sind, so dass sie lieber ihren Stein mit seinen
Beschwerden herumtragen, als sich einer „Operation“ unter¬
ziehen, willig sich der Lithotripsie, die nach ihren Begriffen
keine Operation ist, unterwerfen.
Es sollte deshalb keine Frage geben: „Lithotripsie oder
Lithotomie?“, sondern nur Lithotripsie, im äussersten Not¬
fälle aber Lithotomie.
Ueber familiäre Chondrodystrophia foetalis*).
Von H. Chiari in Strassburg i. Eis.
Zu den interessantesten Entwicklungsstörungen im Be¬
reiche des menschlichen Skeletts gehört die von P a r r o t 1886
mit dem Namen der Achondroplasie belegte, von Kaufmann
1892 eingehend anatomisch studierte und als Chondrodys¬
trophia foetalis bezeichnete, im fötalen Leben sich abspielende
Skelettanomalie. Von derselben sind bereits zahlreiche Fälle
beschrieben worden und steht es jetzt sicher, dass die mit
dieser Anomalie geborenen Individuen, wenn sie auch zumeist
tot geboren werden oder bald nach der Geburt absterben,
doch auch fortleben und sogar ein hohes Alter erreichen
können. P a r r o t selbst beschrieb bereits eine lebende
achondroplastische Zwergin von 7 Jahren. In den Arbeiten
von Keyser 1906 und Schrumpf 1908 finden sich 34 resp.
35 Fälle von solchen Zwergen zusammengestellt, deren Fort¬
leben zum Teile bis in das 5. Dezennium reichte. S i e g e r t 1912
zählte 50 chondrodystrophische Zwerginnen bis zu 42 Jahren
und 50 chondrodystrophische Zwerge bis zu 62 Jahren.
Porter 1907 erwähnte sogar einen 80 jährigen achondro-
plastischen Zwerg. Es kann also bei der Chondrodystrophia
foetalis ein Fortleben bis in das hohe Alter stattfinden. Die
betreffenden Individuen können dabei, abgesehen von ihrer
Skelettanomalie vollständig normal sein, gute Intelligenz
zeigen und auch zeugungs- resp. konzeptionsfähig sein, womit
die nicht seltenen Erfahrungen über Vererbung der Chondro¬
dystrophia foetalis in Einklang stehen.
Geht man der einschlägigen Literatur nach, so findet man
einerseits ziemlich viele Fälle von unmittelbarer Vererbung
der Chondrodystrophia foetalis, andererseits Fälle von Vor¬
kommen der Chondrodystrophia foetalis in mehreren Gene¬
rationen einer und derselben Familie mitunter mit Ueber-
springen einer oder der anderen Generation und Fälle von
Chondrodystrophia foetalis bei Geschwistern. Man kann alle
diese Vorkommnisse als familiäre Chondrodystrophia foetalis
zusammenfassen. Ich konnte von solchen Beispielen familiärer
Chondrodystrophia foetalis folgende eruieren:
1. Lauro 1887. Mutter und Kind mit Chondrodystrophie.
2. P o r a k 1890. Eine 27 jährige chondrodystrophische Zwergin
wurde durch Sectio caesarea von einem lebenden Kinde mit Chondro¬
dystrophie entbunden, welches 1 Jahr lang lebte.
3. B a 1 d w i n 1890. Eine 24 jährige chondrodystrophische Zwer¬
gin wurde von einem chondrodystrophischen Knaben entbunden.
4. Romberg 1891. Bruder und Schwester chondrodys¬
trophische Zwillinge.
5. B o e c k h 1893. 4 chondrodystrophische Zwerge in 6 Genera¬
tionen. Ururgrossvater, Vater und eine Schwester einer chondrodys¬
trophischen Zwergin waren selbst chondrodystrophisch.
6. Apert 1902 und Sevestre 1905. Chondrodystrophischer
Zwerg mit einer 7 jährigen chondrodystrophischen Tochter.
7. Christof er 1902. Mutter und Kind mit Chondrodys¬
trophie.
8. Decroly 1902. Der Grossvater ein chondrodystrophischer
Zwerg von 105 cm, der 28 jährige Vater und der 6 jährige Sohn auch
chondrodystrophische Zwerge.
9. Launois 1902. Ein 25 jähriger Mann und seine 26jährige
Schwester chondrodystrophische Zwerge mit normalen Eltern nor¬
malen Grosseltern väterlicher und mütterlicher Seite und normalen
Geschwistern.
*) Besprochen im Unterelsässischen Aerzteverein in Strassburg
am 30. November 1912.
10. Peloquin 1902 und Poncet et Leriche 1903. Ein
30 jähriger Mann und seine 27 jährige Schwester chondrodys-
trophische^ Zwerge.
11. Gueniot-Potocki 1904. Eine chondrodystrophische
Zwergin gebar als erstes Kind ein chondrodystrophisches Mädchen,
als zweites Kind einen ebenso beschaffenen Knaben und als drittes
Kind ein normales Mädchen.
12. Lepage 1904. Mutter und Tochter mit Chondrodystrophie.
13. T r e u b 1904. Bruder und 2 Schwestern mit Chondrodys¬
trophie.
14. N y h o f f (bei T r e u b). In einer Familie 7 Individuen mit
Chondrodystrophie.
15. Launois et Apert 1905 und Apert 1909. Vater und
2 Töchter mit Chondrodystrophie.
16. Keyser 1906. Der Vater und sein 1 lA jähriger Sohn mit
Chondrodystrophie.
17. Porter 1907. 6 chondrodystrophische Zwerge in 3 Genera¬
tionen. Grossvater, Vater, 3 Söhne und der Bruder des Vaters mit
Chondrodystrophie.
18. Ei ch holz 1910. Der Vater, 2 Schwestern im Alter von 40
und 42 Jahren und die Tochter der ersteren Schwester mit Chondro¬
dystrophie.
19. Schemensky 1912. 2 chondrodystrophische Zwillings¬
brüder im Alter von 27 Jahren.
Aus dieser Zusammenstellung, in der freilich nicht alle
Fälle in Bezug auf die chondrodystrophische Natur des
Zwergwuchses absolut sicher genannt werden können, da sich
vielfach nur ganz kurze Angaben finden oder bloss die Dia¬
gnose der Achondroplasie oder Chondrodystrophie vermerkt
ist, geht aber doch zweifellos hervor, dass die Chondrodys¬
trophie sowohl von väterlicher als von mütterlicher Seite und
zwar von ersterer Seite anscheinend häufiger als von letzterer
vererbt werden kann und dass der familiäre Charakter der
Chondrodystrophie mitunter in ausgesprochener Weise zur
Geltung kommt. Es wirft das ein gewisses Licht auf die sonst
ganz unklare Aetiologie dieser Skelettanomalie und fordert
dazu auf, gerade in dieser Richtung alle zur Beobachtung ge¬
langenden Fälle von Chondrodystrophia foetalis soweit ais
möglich in Bezug auf die sonstigen Familienmitglieder und
besonders die Aszendenz zu erforschen, weil sich hiermit viel¬
leicht die Erblichkeit der Chondrodystrophia foetalis als regu¬
lär erweisen könnte. Sehr bestimmt haben das schon
Launois und Apert ausgesprochen, indem sie die Chon¬
drodystrophie geradezu als eine hereditäre und familiäre
Affektion bezeichneten und in ihr sogar einen speziellen Typus,
eine spezielle Varietät der Species Homo sehen wollten. Es
wären solche Nachforschungen aber noch in anderer Hinsicht
von Interesse, weil damit Material für die in neuerer Zeit als
so wichtig erkannten Mendel sehen Vererbungsregeln beim
Menschen gewonnen werden könnten.
Da ich nun Gelegenheit hatte, auf diesem Gebiete durch
das liebenswürdige Bemühen des Herrn Bahnarztes Dr. Otto
Schroeder in Illkirch-Grafenstaden ein neues Beispiel für
familiäre Chondrodystrophie feststellen zu können, möchte ich
mir erlauben, im folgenden darüber Mitteilung zu machen.
Am 20. März 1911 übersandte Herr Dr. Schroeder
an das pathologische Institut in Strassburg die Leiche
eines frischtoten, 32 cm langen, ziemlich gut genährten
männlichen Fötus mit dem ausgesprochenen Bilde einer Chondro-
dystrophia foetalis. Kopf und Rumpf waren relativ sehr gross, die
Extremitäten sehr kurz. Die Arme waren dabei in den Ellenbogen¬
gelenken gebeugt und mit den Händen vor der Brust einander ge¬
nähert. Die Beine waren unter dem Gesässe gekreuzt, die Füsse
in Varusstellung. Der Kopf mass 33 cm im Horizontalumfange, 10 cm
in der grössten Länge und 9,5 cm in der grössten Breite. Er trug ein
ausgebildetes Kapillitium mit bis 2 cm langen, dunklen Haaren. Die
Ohren und die Lider, die Bulbi und die Mundöffnung waren normal
gebildet, die Nase war klein und an ihrer Wurzel eingesunken. Der
Hals erschien dem Kopfe entsprechend lang und dick. Der Thorax
war gut gewölbt. Sein Horizontalumfang in der Höhe der Mam-
millae betrug 24 cm. Der Unterleib war leicht ausgedehnt, mit einem
Horizontalumfange von 27 cm in der Nabelhöhe. Am Nabel fand sich
ein mit gewöhnlicher Menge von Sülze versehener, 2 Arterien und
1 Vene enthaltender Nabelstrang. Die äusseren Geschlechtsorgane
und der After waren normal gebildet. Die Hoden waren im Skrotum
zu tasten. Die Scheitelsteissbeinlänge betrug 23 cm, die Schultei-
breite 11 cm. Die oberen Extremitäten massen vom Oberarmkopf
zu den Fingerspitzen 9 cm, die unteren vom grossen Trochanter bis
zur Mitte der Planta 10 cm. Die Nägel an den Fingern und Zehen
waren bereits ziemlich hart und ragten die Fingernägel über die
Fingerbeeren etwas vor. Dabei waren von der Verkürzung nament¬
lich die Diaphysen betroffen, welche entweder gar keine oder nur
ganz leichte Verbiegungen erkennen Hessen und denen zum Teil die
Epiphysen schief angesetzt waren. Die mitgesandte Plazenta entsprach
4. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
249
in ihrer Grösse einer ca. 9 monatlichen Frucht und besass gewöhn¬
liche Struktur. Der Nabelstrang war zentral inseriert. Die Sektion
des Kopfes und Rumpfes ergab nirgends pathologische Verände¬
rungen, namentlich auch nicht irgend welche Missbildungen. Die
Lungen waren vollkommen atelektatisch. An der vorderen Fläche
des Herzens fanden sich im Epikardium zahlreiche bis linsengrosse,
frische Ekchymosen. Die Grösse der inneren Organe entsprach auch
einem Fötus von dem Ende des 9. Schwangerschaftsmonates. Von
diesem Falle untersuchte Herr Dr. Fuchs gelegentlich seiner Be¬
arbeitung eines Falles von Osteogenesis imperfecta (Virch. Arch.
207. Bd., 1912) an mikroskopischen Durchschnitten die langen Knochen
des linken Armes und linken Beines sowie eine der Mitte der Schädel¬
basis entnommene sagittale Lamelle. An den langen Extremitäten¬
knochen fand sich volles Versagen der Knochenbildung an der Grenze
der Diaphysen gegen die Epiphysen, indem die Reihenbildung in den
Epiphysenknorpeln fast gänzlich fehlte. Die perichondrale resp. peri¬
ostale Knochenbildung in den Diaphysen war hingegen in reichlichem
Grade erfolgt. Eine exzessive Grössenentwicklung der Epiphysen¬
knorpel war nicht zu sehen. An der Schädelbasis war bei gewöhn¬
licher Grössenentwicklung des Tribasilare, die Synchondrosis spheno-
occipitalis vorhanden, die Synchondrosis intersphenoidalis hingegen
ossifiziert.
Darnach war der Fall als eine Chondrodystrophia foetalis
hypoplastica im Sinne Kaufmanns aufzufassen. Das Ein¬
gezogensein der Nasenwurzel war durch geringe Grössenent¬
wicklung des Nasenteiles des Schädels vor der Sphenoid-
gegend bedingt gewesen. (Dieser Fötus ist unter No. 7120 im
Museum aufgestellt.)
Am 22. Juni 1912 übersandte dann Herr Dr. Schroe-
der dem Institute abermals die Leiche eines frischtoten,
26 cm langen, auch ziemlich gut genährten männlichen
Fötus mit der gleichen Skelettanomalie. Wieder waren bei
relativ beträchtlicher Grösse des Kopfes und Rumpfes die Extremi¬
täten sehr kurz, die Arme in den Ellbogengelenken gebeugt und mit
den Händen auf der Brust liegend, die Beine unter dem Gesässe
gekreuzt, mit Klumpfussbildung. Der Kopf mass 30 cm im Horizontal-
umfange, 9,5 cm in der grössten Länge und 8.5 cm in der grössten
Breite. Seine Behaarung bestand aus bis 2 cm lansen dunklen
Haaren. Das Gesicht war wohlgebildet bis auf Kleinheit der Nase und
deutliches Eingesunkensein der Nasenwurzel. Der Hals, der Thorax
und der Unterleib zeigten nichts Abnormes, ebensowenig der Nabel¬
strang, die äusseren Geschlechtsorgane und der After. Die Scheitel-
steisslänge war 22 cm. Die Arme massen 8 cm, die Beine 9 cm in
der Länge und waren namentlich die Diaphysen sehr kurz. Sie zeigten
auch nur ganz geringe Verbiegungen und waren hart. Die Nägel
ragten über die Fingerbeeren nicht vor und waren weicher als im
ersten Falle. Die Hoden waren in das Skrotum herabgetreten. Nach
seiner Entwicklung war der Fötus bis zum Anfang des 9. Schwanger¬
schaftsmonats gediehen. Die Sektion des Kopfes und Rumpfes ergab
normale Verhältnisse bis auf das Fehlen der Fixation des Colon
ascendens an die hintere Bauchwand. Die Lungen waren voll¬
kommen atelektatisch. Ein sagittaler Medianschnitt durch den
Schädel erwies wie in dem früheren Falle Offensein der Spheno-
basilarfuge und Synostose der Intersphenoidfuge. Auch hier war
der vor dem gewöhnlich entwickelten Sphenoid gelegene Nasenteil
der Schädelbasis entsprechend dem Eingezogensein der Nasenwurzel
auffallend kurz. Von diesem Falle untersuchte ich mikroskopisch
das rechte Os femoris und die rechte Tibia. Der mikroskopische
Befund war derselbe wie in dem früheren Falle und darnach der
Fall auch eine Chondrodystrophia foetalis hyooplastica. (Dieser
Fötus erhielt die Mus. -No. 7375.) Die beiden Föten nebeneinander
betrachtet, zeigten zu einander die grösste Aehnlichkeit.
Beim Uebersenden des zweiten Fötus gab nun Herr
Dr. S c h r o e d e r an, dass dieser Fötus der Bruder des ersten
am 20. März 1911 übersandten Fötus sei, dass er von dem¬
selben Vater stamme, und dass seine Mutter die Schwester
der Mutter des ersten Fötus sei. Herr Dr. Schroeder hatte
dann noch die Güte, folgende Erhebungen zu machen:
Der Vater der beiden Föten ist ein 30 jähriger Mann, ein
Alkoholiker, der normalen Körperbau besitzt. Sein noch
lebender Vater, also der Grossvater der beiden Föten, hat auf¬
fallend kurze Beine, so dass er den Eindruck eines Zwerges
macht. Die Mutter des ersten Fötus ist eine normal grosse,
42 jährige Frau, welche im Jahre 1908 ein normales Kind spon¬
tan geboren und im Jahre 1910 abortiert hat. Sie besitzt ein
normal dimensioniertes Becken. Die Mutter des zweiten
Fötus ist die Schwester der Mutter des ersten Fötus, 38 Jahre
alt, von normalem Körperbau, mit normalem Becken. Sie war
zum erstenmal schwanger. Bezüglich der Dauer der
Schwangerschaft wurde betreffs beider Föten angegeben, dass
die Schwangerschaft 7- — 8 Monate gedauert habe. (Nach den
geschilderten Befunden an den beiden Föten möchte ich aber
wie oben bemerkt wurde, die Schwangerschaftsdauer in beiden
Fällen höher einschätzen und zwar im 1. Falle auf das Ende
No. 5.
des 9. und im 2. Falle auf den Beginn des 9. Schwangerschafts¬
monats.) Weiter konnte Herr Dr. Schroeder noch eruieren,
dass der Vater der beiden Föten und die beiden Mütter ge¬
meinsame Urgrosseltern hatten, über die Leibesbeschaffenheit
dieser und der übrigen Aszendenz mit Ausnahme des väter¬
lichen Grossvaters war leider nichts zu erfahren.
Ich habe diese Beobachtung von Chondrodystrophia
foetalis zur Kenntnis gebracht, weil sie ein neues Beispiel von
dem familiären Auftreten derselben gibt. Wie in den Fällen
von Decroly 1902, von Keyser 1906 und von Porter
1907 waren auch hier von der Chondrodystrophie nur männ¬
liche Mitglieder der Familie betroffen worden. Eine Besonder¬
heit meiner Beobachtung liegt darin, dass die Mütter der
beiden Föten Schwestern waren und dass bei beiden nach der
Konzeption durch dasselbe Sperma die chondrodystrophischen
Föten sich entwickelt hatten.
Literatur.
Apert: Quelques remarques sur l’achondroplasie. Nouv.
iconographie de la Salpetriere. T. XIV, 1901 — 2; Une famille d’achon-
droplases. Bull, de la soc. de Pediatrie de Paris 1909. — B a 1 d w i n:
Achondroplasia. Med. News 1890. — Boeckh: Ueber Zwergbecken.
Arch. f. Gynäk., Bd. 43, 1893. — Christofer: American pediatrie
society 1902 (zitiert bei L a u n o i s und Apert 1905). — Decroly:
Policlinique de Bruxelles 1902 (zitiert bei S i e g e r t 1912). — E i c h -
holz: Achondroplasia. Brit. med. Journ. 1910, I. — Oueniot-
Potocky: C. r. de la societe d’obstetrique de gynecologie et de
pediatrie de Paris 1904. — Kaufmann: Untersuchungen über die
sog. fötale Rachitis (Chondrodystrophia foetalis). 1892. — Keyser:
Achondroplasia, its occurence in man and animals. Lancet 1906, I.
— Launois: Deux cas de nanisme achondroplasique chez le frere
et la soeur. Lyon medical 1902. — Launois et Apert: Achondro-
plasie hereditaire. Bull, et mem. de la soc. med. des höpitaux de
Paris 1905. — La uro: Annali di obstetricia e ginecologia 1887
(zitiert bei Launois und Apert 1905). — L e p a g e : Sectio cae¬
sarea chez une femme achondroplasique. C. r. de la Soc. d’obstetr.
de gynecologie et de pediatrie de Paris 1904. — Ny hoff: Zitiert bei
Treu b. 1904. — Par rot: La Syphilis hereditaire et la rachitis.
Paris 1886. — Peloquin:.De l’achondroplasie chez l’homme et
les animaux. These de Lyon 1902. — Poncet et Leriche: Nains
d’aujourd’hui et nains d’autrefois. Nanisme ancestral. Achondro-
plasie ethnique. Bull, de l’acad. de medecine 1903. — Porak: De
l’achondroplasie. Nouv. Archives d’Obstetrique et de gynecologie
1890. — Porter: Achondroplasie : Notes on three cases. — Rom¬
berg: Zitiert bei Launois und Apert 1905. — Schemen sky:
Zur Röntgendiagnostik der „Chondrodystrophia foetalis“. Zeitschr.
f. Röntgenkunde, 14. Bd., 1912 und Inauguraldissertation Jena 1912.
— Schrumpf: Ueber das klinische Bild der Achondroplasie (Chon¬
drodystrophie beim Erwachsenen. Berl. klin. Wochenschr. 1908. —
Sevestre: Academie de Medecine 1905 (zitiert bei Launois und
Apert 1905). — Siegert: Der chondrodystrophische Zwerg¬
wuchs (Mikromelie). Erg. d. inn. Med. u. Kinderheilk., Bd. 8, 1912.
— Treub: Un cas d’achondroplasie. Bull, de la soc. d’obstetr. de
gynecologie et de pediatrie de Paris 1904.
Aus der „Ernst-Ludwig-Heilanstalt“ in Darmstadt.
lieber Neubornyval.
Von Dr. R i g 1 e r in Darmstadt.
Ein auffallend günstiges Resultat, das ich kürzlich mit der
Bornyvaldarreichung bei einem Kranken mit schwerer, ausge¬
sprochener, nervöser Herzstörung erzielen konnte, und zwar in relativ
sehr kurzer Zeit, veranlasst mich zu nachstehenden Zeilen:
Wenn auch schon eine Reihe von Publikationen über die An¬
wendung des Bornyvals bei Herzkrankheiten, speziell auch bei den
Herzneurosen vorliegt, so würde es, wie ich glaube, doch recht
vorteilhaft sein, wenn noch an einem grösseren Krankenmaterial
systematisch dahingehende klinische Versuche einmal angestellt
würden, und vielleicht gibt die Beobachtung aus der Praxis, die ich
bringe, die Anregung dazu.
Die Krankengeschichte ergibt zunächst kurz folgendes:
Patient Z. stammt seiner Angabe nach aus gesunder Familie,
ist auch früher niemals erheblich krank gewesen. Im Anschluss an
eine länger dauernde Einatmung von Arsenikdämpfen traten zunächst
Herzbeschwerden auf. Der den Patienten damals behandelnde Arzt
stellte eine allgemeine Nervosität mit unruhiger Herztätigkeit fest,
Klagen über Herzklopfen und zeitweilig Atembeschwerden. Am
Herzen selbst liess sich zunächst objektiv nichts Besonderes nach-
weisen. Später stellten sich aber Unregelmässigkeiten des Pulses
ein, welche den Patienten sehr änstigten, auch fand sich ein starker
Unterschied der Pulsfrequenz im Liegen und Stehen. Dieser Befund
wurde im Jahre 1910 erhoben. In der Folgezeit ist der Zustand dann
immer ein leidlicher gewesen, so dass Herr Z. seiner Tätigkeit
als Chemiker nachgehen konnte.
4
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
25(1
Patient konnte selber feststellen, dass die Herzunregelmässig¬
keiten hauptsächlich nach psychischen Erregungen auftraten. Sie
wurden dann sehr lästig und waren auch mit Alembeschwerden ver¬
bunden.
Als Patient im Oktober 1911 zum erstenmal in meine Behand¬
lung trat, fanden sich eine grosse Reihe allgemein nervöser Krank¬
heitszeichen, der objektive Befund war fast noch ebenso wie früher.
Die Herzgrenzen erwiesen sich als dem Normalen entsprechend.
Am Orthodiagraphen aufgenommen, ergab sich als Herzmass 16 zu 8.
Die Herztöne waren rein, die zweiten Töne, besonders an der Basis
deutlich paukend, die Herzaktion nicht ganz regelmässig. Der Puls
schlug im Sitzen 88, im Stehen 96 mal, nach mehrmaligem Bücken
stieg er auf 112 Schläge in der Minute an. Der Blutdruck betrug
135 mm Quecksilber, der Puls erwies sich als gut gespannt und
gut gefüllt.
Damals wurden leichte Gymnastik, zweckmässige Diät, mög¬
lichst reichliche körperliche Ruhe und Bäder verordnet. — Dabei
blieb der Zustand ziemlich unverändert, die subjektiven Beschwerden
Hessen aber nach.
Aus unbekannter Ursache trat dann im Juli ds. Js. unerwartet
eine starke Verschlimmerung in dem Befinden ein. Der Puls er¬
reichte dauernd eine Frequenz von 120 — 125 Schlägen in der Minute,
er stieg nach leichten körperlichen Anstrengungen noch erheblich an,
dabei machten sich sehr starke Unregelmässigkeiten bemerkbar, die
nach leichten psychischen Erregungen, wie der Patient angab, noch
mehr hervorgetreten sind.
Objektiv Hess sich nach wie vor eine wesentliche Veränderung
am Herzen nicht nachweisen, auch bestanden keinerlei objektiv nach- |
weisbare Insuffizienzerscheinungen. Da Patient aus äusseren |
Gründen die ihm verordnete Ruhe nicht einhalten konnte, und auch 1
eine Bäderbehandlung nicht durchführbar war, wurde ihm jetzt
Bornyval und zwar das Neubornyval in steigender Dosis, zu¬
nächst 4, später 6, später 8 Kapseln pro die verordnet.
Dabei trat eine ganz wesentliche Besserung schon nach wenigen
Tagen ein, obwohl der Patient, wie erwähnt, sein bisheriges Leben
kaum änderte. Die Pulsfrequenz sank und die Angstzustände machten
sich nicht mehr bemerkbar. Auch Hessen sich die Unregelmässig¬
keiten nicht mehr nachweisen, wenigstens längst nicht mehr in dem
Masse, wie zuvor, und das ganze Aussehen des Patienten war vor
allem ein bedeutend besseres geworden, der ängstlich gespannte
Gesichtsausdruck, den er vorher bot, verschwand.
Es ist dann dem Patienten geraten worden, das Bornyval noch
längere Zeit fortzunehmen und allmählich mit der Dosis wieder
herunterzugehen.
Veranlasst durch diese recht gute Erfahrung habe ich nunmehr
reichlichen Gebrauch von der Anwendung des Bornyvals gemacht,
und zwar wurden besonders verschiedene Formen nervöser Stö¬
rungen, reine Neurasthenien und Hysterien, Herzneurosen, Formes
frustes von Basedow und eine Reihe traumatischer Neurosen
systematisch mit Bornyval behandelt
Mit der Aufzählung der einzelnen Krankengeschichten möchte
ich den Leser nicht ermüden und mich damit begnügen, das Wesent¬
liche hervorzuheben.
Im grossen und ganzen habe ich bei allen behandelten Fällen
den Eindruck gehabt, dass durch das Bornyval eine wesentliche
Beruhigung des Nervensystems herbeigeführt worden ist, und dass
das Bornyval vor allem das leistet, was man bei diesen therapeutisch
so undankbaren Fällen erwarten kann.
Insbesondere ist mir in Erinnerung geblieben ein Fall von trau- |
matischer Neurose. Hier Hess sich objektiv eine Abnahme der
hochgradigen nervösen Reizbarkeit nachweisen und der Kranke gab
selbst, was derartige Patienten ja fast nie zu tun pflegen, zu, dass
sich sein Zustand gebessert habe.
Immerhin sind alle diese Fälle natürlich nicht so beweisend wie
der erste, weil bei ihnen auch selbstverständlich alle anderen Hilfs¬
mittel, besonders physikalisch-diätetischer Natur, in Anwendung ge¬
zogen worden sind.
Jedenfalls habe ich aber doch entschieden den Eindruck ge¬
wonnen, dass das Bornyval ein besseres Unterstützungsmittel der
physikalisch-diätetischen Heilmassnahmen bei nervösen Erschei¬
nungen ist, als wie die einfache Baldriantinktur. Diese Tatsache
findet ja auch in der Zusammensetzung des Präparates ohne weiteres
ihre Erklärung.
Das Neubornyval, mit welchem ich meine Versuche angestellt
habe, unterscheidet sich in einigen Punkten von dem ursprünglich
von Siedler in die Therapie eingeführten gewöhnlichen Bornyval.
Das Neubornyval ist der Isovalerylglykolsäure-Bornylester, es
enthält 53 Proz. Borneol, 34,5 Proz. Baldriansäure, 25,7 Proz.
Glykolsäure. Dargestellt wird es durch Erwärmen äquivalenter
Mengen von Chloressigsäurebornylester mit valeriansauren Salzen
und danach folgende Reinigung durch Destillation im Vakuum.
Das Neubornyval ist eine farblose, fast völlig geruch- und ge¬
schmacklose, ölige Flüssigkeit, welche in Wasser nicht löslich, leicht
löslich dagegen in Weingeist, Aether, Benzol und fetten Oelen ist.
Für die praktische Anwendung ist besonders von Bedeutung,
dass gegen saure Agentien das Neubornyval erheblich widerstands¬
fähiger ist, wie das frühere Präparat. Gegen künstlichen Magensaft
verhält es sich bei 37 u C völlig resistent, passiert dementsprechend
den Magen unzersetzt und wird im wesentlichen erst im Darm unter
Aufnahme von Wasser in Borneol, Baldriansäure und Glykolsäure
gespalten. Infolge des vergrösserten Moleküles ist der Gehalt des
Neubornyvais an Borneol und Baldriansäure zwar etwas geringer,
als der des Bornyvals, doch wirkt dafür die Glykolsäure ausgleichend!
so dass die Gesamtwirkung mit der des Bornyvals identisch ist.
Schon früher hatte ich übrigens, veranlasst durch die Arbeiten
von Loh mann, Isola, Engels u. a., das Bornyval in ziemlich
ausgedehntem Masse zur Anwendung gebracht.
Im grossen und ganzen erinnere ich mich auch damals mit dein
Erfolg wohl zufrieden gewesen zu sein, nur wurde seitens der
behandelten Patienten über ein sehr lästiges Aufstossen nach Ein¬
nehmen des Präparates, häufig geklagt.
Durch Selbstversuche konnte ich mich von der Richtigkeit der
Angabe überzeugen und zwar schien es mir damals, als ob es ganz
gleichgültig sei, ob man das Präparat in den leeren Magen oder zu
den Mahlzeiten nähme.
Auch von anderer Seite sind — wie ich aus der Literatur
ersehe (Ewald) — derartige Klagen laut geworden und dies hat
jedenfalls die darstellende Firma veranlasst, jetzt das oben näher
skizzierte Präparat auf den Markt zu bringen. Wie aus den ange¬
führten Angaben über das Präparat hervorgeht, wird es im Magen
nicht zerlegt und dem entspricht auch der Umstand, dass die
Patienten nach dem Einnehmen fast nie mehr über das früher so
lästige Aufstossen klagen.
Will man ganz sicher gehen und das Aufstossen auf alle Fälle
vermeiden, so empfiehlt es sich, das Präparat während der Mahlzeit
nehmen zu lassen. Bei dieser Verordnung sind mir irgend welche
Klagen nie mehr geäussert worden, selbst von Patienten mit sonst
recht empfindlichem Magen.
Sehr wesentlich für einen dauernden Erfolg scheint es noch zu
sein, dass man das Präparat längere Zeit andauernd fortnehmen
lässt, und dass man, mit kleineren Dosen anfangend, allmählich an¬
steigt, dann aber auch nicht plötzlich aufhört, sondern schliesslich
kleine Dosen, etwa 2 — 3 Gelatineperlen pro Tag noch längere Zeit,
selbst über Monate hinaus, gibt.
Als Maximaldosis, wie ich sie zur Anwendung gebracht habe,
möchte ich 8 Gelatineperlen pro Tag bezeichnen. In verschiedenen
Arbeiten findet sich aber die Angabe, dass auch weit höhere Dosen
ohne Nachteil vertragen wurden. Immerhin dürften aber höhere
Dosen für den praktischen Endeffekt nicht von Bedeutung sein.
Die Abgabe von Radiumpräparaten aus öffentlichen
Stationen zur Behandlung privater Kranker4).
Von Eduard Schiff in Wien.
Seit längerer Zeit besteht in Paris die Einrichtung, dass von
seiten einer Gesellschaft, welche über verhältnismässig grosse
Mengen von Radium verfügt, gegen eine Leihgebühr an Aerzte und
an Laien Radiumträger verliehen werden, und in jüngster Zeit wurde
durch einen offiziellen Schritt der österreichischen Verwaltung im
k. k. allgemeinen Krankenhause in Wien eine Radiumstation errichtet,
um „an praktische Aerzte für Zwecke der Behandlung privater
Kranker Radiumträger zu verleihen“. Diese Radiumstation ist
gegenwärtig der dermatologischen Klinik angegliedert und soll in
späterer Zeit eine selbständige Stellung erhalten.
Die Schädigungen von Patienten, welche durch die Radium¬
behandlung von seiten unerfahrener Aerzte in Paris entstanden sind,
lassen die Frage aufwerfen, ob die österreichische Verwaltung recht
daran getan hat, die Radiumtherapie aus den Krankenhäusern und
aus den Arbeitsräumen spezialistisch arbeitender Aerzte hinaus¬
treten zu lassen und sie den Aerzten zu allgemeiner freier An¬
wendung zu übergeben. Diese Frage ist um so interessanter als
gerade die österreichische Verwaltung bezüglich der freien An¬
wendung der Röntgentherapie einen entgegengesetzten Standpunkt
einnimmt und die Ausnützung der Röntgentherapie von einer be¬
sonderen Bewilligung der Sanitätsbehörde abhängig macht.
Es ist selbstverständlich im Interesse der Heilkunst gelegen,
dass die wirksamen Heilpotenzen nicht im Besitze einzelner Bevor¬
zugter bleiben und von ihnen allein angewendet werden; man muss
darnach trachten, unsere Erkenntnis zum Gemeingute aller Aerzte
zu machen, denn nichts ist für die Fortentwicklung der Medizin ge¬
fährlicher als die Bildung von Monopolen. Aber andererseits muss
man mit Recht im Interesse der Allgemeinheit die Frage stellen, ob
die Radiumtherapie so weit ausgebildet ist, dass sie von den Aerzten
ebenso sicher angewendet werden kann wie ein in seinen Wirkungen
genau gekanntes Medikament?
Diese Frage muss, so bedauerlich es auch ist, mit nein beant¬
wortet werden; freilich sind wir über die ersten tastenden Versuche
schon weit hinaus, und die stattliche Anzahl von Arbeiten aus den
verschiedensten Forschungsstätten hat der Radiumtherapie eine
feste Unterlage und feste Indikationen gegeben. Aber damit ist nicht
alles getan. Man kann nicht genug oft wiederholen, dass es nicht
genügt, auf eine kranke Hautstelle einen Radiumträger aufzulegen:
man muss die Nachteile der Radiumwirkung vermeiden können, denn
*) Vortrag, gehalten auf der Naturforscherversammlung in
Münster, September 1912.
4. Februar 1913.
M 1 1 ENCHENfift : Medizinische wochensch r i fi ■ .
die Arbeit mit einer Heilpotenz, deren Wirkungen nicht genau vor¬
hergesehen werden, gleicht der Fahrt auf einem Schiffe, dem das
Steuer fehlt. Die Radiumbehandlung bedarf grosser Erfahrung, um
zum therapeutischen Erfolge zu gelangen, und mit E. Heuss sehe
ich die Schwierigkeiten, mit welchen die Radiumtherapie heute noch
zu kämpfen hat, in der Unmöglichkeit, in jedem einzelnen Falle die
benötigte Strahlenquantität und Strahlenqualität genau zu berechnen,
und in unserem Unvermögen, die vom einzelnen Apparat in den
Körper geschickte Strahlenmenge auch nur annähernd zu bemessen.
Dazu kommt, dass wir heute wissen, dass nicht nur die
Radiumsalze, sondern auch die Radiumemanation
schädigend einwirken können. Im Wiener Institute für Radium¬
forschung kam der Fall vor, dass ein Gehilfe, der ein längere Zeit
verschlossen gewesenes, Radiumsalz enthaltendes Glasgefäss öffnete,
infolge der Berührung mit der entströmenden Emanation Verbren¬
nungen an seinen Fingern erhielt, die heute noch — nach fast
3 Jahren — nicht vollkommen ausgeglichen sind. Und der Wiener
Botaniker Hans M o I i s c h, der über den Einfluss des Radiums auf
Pflanzen ausgedehnte Versuche anstellte, rät ausdrücklich, nach jeder
Berührung der Hände mit Emanation eine Waschung der Hände vor¬
zunehmen, um etw-a anhaftende Emanation zu entfernen; er fühlt
sich zu der Warnung veranlasst, dass alle Manipulationen mit
Emanation wegen ihrer Schädlichkeit für menschliches Gewebe bei
etwas stärkerer Konzentration mit der grössten Vorsicht durchgeführt
werden müssen.
Die Schädigungen, welche durch Radiumauflegepräparate her¬
vorgerufen werden können, sucht die heutige Radiumtherapie nach
dem Vorgänge von Wich mann, von W i c k h a m, von Bayet
und von D o m i n i c i durch Dazwischenlegen von sog. Strahlen¬
filtern zu verhüten, und es ist wiederum nur nach einer aus¬
gedehnten Erfahrung zu beurteilen, ob man in den Einzelfalle Watte¬
lagen oder Metallblättchen oder Goldschlägerhäutchen oder Kaut-
schuckblättchen verwenden soll. Wie soll nun gar der unerfahrene
Arzt die sekundären Strahlen und ihre Reizwirkung ver¬
meiden? Wann soll er zur Absorption der Sagnacschen Strahlen
die empfohlenen Lagen von schwarzem Papier benützen, und wie
soll er die notwendige Dicke der Strahlenfilter bestimmen?
Woher soll der praktische Arzt die Erfahrung nehmen, welche
ihn über die Zeitdauer der Applikation orientiert? Wie soll er,
wenn er auf tiefliegende Prozesse einwirken will, die intensive
Oberflächenwirkung vermeiden lernen? Wer lehrt
ihn die 'Unterschiede kennen, welche zwischen einer Ekzembehand¬
lung und einer Behandlung des Lupus vulgaris bestehen? Und wie
soll er imstande sein, das Verhältnis zwischen den penetrieren¬
den und den oberflächlich wirkenden Strahlen thera¬
peutisch auszuniitzen?
Es ist natürlich sehr leicht, die Vorschrift zu geben, dass man
bei der Behandlung tieferliegender Affektionen das darüberliegende
gesunde Gewebe schonen muss; es ist aber sehr schwer zu sagen,
ob beim Einlegen eines dicken Bleibleches zwischen den Radium¬
träger und zwischen die Haut nicht die Verminderung der Strahlen¬
intensität so gross geworden ist, dass die Radiumapplikation statt
weniger Minuten mehrere Stunden, ja ganze Tage andauern muss.
Wer lehrt den praktischen Arzt, ob in dem speziellen Falle ein
einzelner Radiumträger genügt, oder ob nicht mehrere Träger in
der von Wickham empfohlenen Methodik des Feucroise ver¬
wendet werden müssen? Und wer weist ihn an, wie bei dieser Be¬
handlungsweise eine zu starke Lokalwirkung vermieden wird?
Und wie soll der unerfahrene Arzt die Umgebung der zu be¬
handelnden Körperpartie vor unerwünschter Radiumwirkung schützen?
Wer lehrt ihn die Anfertigung der notwendigen Schutznahmen, und
wie soll er sich gegenüber von auftretenden Reaktionen der Haut
verhalten?
Es gibt sicherlich Personen, deren Hautörgan gegen die Radium¬
behandlung überempfindlich ist, und Heuss sah, dass eine früher
bei stundenlangem Aufliegen beschwerdelos ertragene Radiumplatte
später unter gleichen Bedingungen schon nach wenigen Minuten
heftige Beschwerden, Brennen, unausstehliches und tagelang an¬
dauerndes Jucken immer und immer wieder auslöste; wie soll sich
der Arzt, dem von der Radiumstation ein physikalisch geprüftes
Präparat übergeben wurde, und der es im Vertrauen auf die Vor-
sichtsmassregeln, die man ihm empfohlen hat, verwendet, bei einem
solchen Falle helfen?
Es ist von allen Seiten zugegeben, dass das Radium, am un¬
richtigen Orte und in unrichtiger Weise angewendet, einen grossen,
Ja einen unberechenbaren Schaden anrichten kann. Dies ist umso-
fnehr festzuhalten, als auch Allgemeinwirkungen des
Radiums von nicht zu unterschätzender Bedeutung beobachtet
werden; so hört man, besonders bei Anwendung des Radiums am
Kopfe und am Halse, Klagen über nachfolgende Schlaflosig¬
keit, über Kopfschmerzen und Müdigkeit. Dazu
kommen die Lokalwirkungen; nach der Einwirkung von
Radium auf die Haut durch eine Viertelminute hat London einen
dauernden Fleck von rostbrauner Farbe entstehen gesehen, und nicht
selten entstehen nach einer Bestrahlung von 4 — 5 Minuten auf der
Baut Blasen. Und wenn die sofortigen Folgen ausbleiben, können
noch Spätfolgen entstehen. So hat Axmann darauf aufmerk¬
sam gemacht, dass manchmal erst monatelang nach der Be¬
strahlung Gefässerweiterungen auftreten.
Durch die Freigabe der Radiumpräparate für die allgemeine
I raxis werden sich zweifellos die Haftpflichtprozesse der
Aerzte in unliebsamer Weise vermehren, und die Methodik der
Radiumbehandlung, welche heute in fortwährender Umbildung be-
gi men ist, wird eine fortschrittsfeindliche Diskreditierung
erleiden.
Dazu kommt, dass die hohen Anschaffungskosten des Radiums
die Leihinstitute zwingen, hohe Leihgebühren zu verlangen das In-
stitut leiht den Radiumträger für einen Vormittag aus und zwingt den
Kranken, der das Präparat nur für wenige Minuten verwendet, den
Leihpreis für mehrere Stunden zu bezahlen; in jenen Fällen, in
denen täglich durch 5 Minuten das Radium appliziert werden soll,
wird bei längerer Dauer der Behandlung das Publikum in unnötiger
Weise mit Kosten belastet. Dies gilt umsomehr für jene Applikations¬
methoden, in welchen gleichzeitig mehrere Radiumträger an einer
einzigen kranken Partie zur Anwendung kommen. Eine Leihanstalt
würde sich nur für solche Fälle eignen, in welchen eine stundenlange
Applikation von Radiumpräparaten nötig ist.
Der Gedanke, die Radiumpräparate gegen eine Leihgebühr an
Aeizte auszugeben, stammt aus der Zeit, da man sich in einem
Radiumträger eine Taschenausgabe eines Röntgenapparates vor¬
stellte; und es hatte etwas Bestechendes an sich, dass man jeden
Arzt in die Lage versetzen wollte, Strahlentherapie zu treiben, ohne
den Patienten in ein röntgentherapeutisches Institut zu senden. Wir
wissen aber heute, dass die Radiumstrahlen ein viel mächtigeres
Agens darstellen als die Röntgenstrahlen, dass sie viel tiefer ein-
dringen und bedeutend destruktiver wirken als die von einem
Röntgenapparate ausgehenden Strahlungen.
Hat Fournier seine Berichterstattung an die Academie de
medecine über die Erfolge der Radiumbehandlung mit den Worten
eingeleitet: „nous allons vous mander la chose la plus etonnante, la
plus surprenante, la plus ejourdissante, la plus singuliere, la plus
extraordinaire, la plus imprevue, la plus incroyable, so können wir
heute — nach mehr als 4 Jahren - — hinzufügen, dass die Radium¬
therapie wohl hielt, was sie versprach, dass sie aber voll von Tücken
und unliebsamen Ueberraschungen ist; sie ist alles weniger als ein¬
fach, sie ist kompliziert und fordert zu fortwährender Ueberwachung
heraus, sie ist in unerfahrenen Händen trügerisch und unzuverlässig,
und sie zwingt ihre Anhänger zur Erkenntnis, dass die Radium¬
präparate Despoten und nicht Allerweltsdiener seien. Die Radium¬
forschung, welche unsere Grundanschauungen in der Chemie und in
der Physik umgestürzt hat, stürzt auch unser Prinzip von der Zu¬
gänglichkeit aller Heilmittel für alle Aerzte; aber besser ist es, dem
einzelnen unrecht tun als der Allgemeinheit schaden.
Gegen die Abgabe von Radiumemanationspräparaten zu Trink-
und Badezwecken aus öffentlichen Stationen ist natürlich nichts ein¬
zuwenden; aber es erscheint notwendig, im Interesse der Aerzte und
im Interesse des Publikums, die Abgabe von Radiumträgern an
Aerzte, welche sich nicht spezialistisch mit der Strahlungstherapie
beschäftigen, vorderhand hintanzuhalten. Es erscheint mir unstatt¬
haft, dass aus einer öffentlichen Station, deren Beamte nicht in der
Lage sind, den Kranken zu sehen und nicht die Möglichkeit einer
Ueberwachung haben, so wirksame und dabei so gefährliche
Agentien, wie es die Radiumträger sind, kontrollos abgegeben
werden. Wir wollen und müssen aber unser Bestreben darauf
richten, die Radiumtherapie der ihr innewohnenden Gefahren zu
entkleiden, und dann, aber erst dann, soll die Radiumtherapie nicht
bloss wissenschaftlich, sondern auch tatsächlich allen Aerzten zu¬
gänglich sein. Wir tragen alle die Ueberzeugung in uns, dass
Heuss Recht hat, wenn er meint, die noch so junge Radiumbehand¬
lung werde sich in der Hand des erfahrenen Arztes als eines der
mächtigsten Therapeutika eine noch nicht absehbare Zukunft er¬
obern, und dass sie bestimmt ist, eine ganze Anzahl bisher als unheil¬
bar geltender Leiden heilbar zu machen, nicht nur der Körperfläche,
sondern auch des Körperinnern. Lassen wir der Radiumtherapie
Zeit, sich zu entwickeln, und sie wird unsere Erwartungen nicht
enttäuschen!
Aerztliche Standesangelegenheiten.
Ein neuer Amerikanismus in der Medizin.
Von Dr. C r ä m e r.
Aus Amerika ist eine Neuerung herübergekommen, die bisher
nur in Industrie- und Handelskreisen Eingang gefunden hat und den
Zweck verfolgt, einem Erfinder die Vorteile und den pekuniären
Nutzen aus seiner Erfindung voll und ganz zu sichern und ihm ein
Monopol für seine Erfindung zu schaffen, das er nach Beheben aus¬
nützen kann.
Das System besteht darin, dass Maschinen, Instrumente, Appa¬
rate etc. nicht mehr verkauft, sondern nur mehr verliehen werden,
dass aber ausserdem auch die Einzelnleistung der erfundenen Ma¬
schine, des Apparates oder Instrumentes etc. dem Erfinder oder
dessen Rechtsnachfolgern extra bezahlt werden muss. Es gilt bei
uns in Deutschland als ganz selbstverständlich, dass eine Erfindung
medizinischer Instrumente, Apparate etc. niemals in dieser Weise
ausgebeutet werden darf, das verstösst gegen den guten Ton
und ein Erfinder, der sich in dieser Weise bereichern würde, müsste
4*
252
M'üfeNchfcNER Medizinische Wochenschrift.
No. $.
darauf gefasst sein, sehr energisch daran erinnert zu werden, dass
er als Arzt, der nur im Dienst des allgemeinen Wohles steht, nie¬
mals solche Geschäfte machen darf, wenn er nicht sehr bedenklich
gegen ungeschriebene Gesetze verstossen will.
In Wien scheint man anderer Meinung zu sein. Die Leser der
Münch, med. Wochenschr. werden sich erinnern, ein Referat über ein
kleines Buch „Das subaquale Innenbad“ gelesen zu haben, die Me¬
thode ist von Dr. Brosch und Dr. v. Aufschneider angegeben;
es sind so günstige Erfolge berichtet, dass ich glaubte, einen Ver¬
such mit dem Apparate machen zu sollen. Die Methode besteht
darin, dass eine Darmspülung im Wannenbad gemacht wird mit einer
Sonde ä double courant, „Enterocleaner“ genannt, bei der es unter
den veränderten Druckverhältnissen gelingen soll, 20 — 30 Liter durch
den Darm zu spülen, ohne besondere Unbequemlichkeit für den
Patienten.
Ich liess bei dem in der Abhandlung angegebenen Fabrikanten
anfragen, was der Apparat kostet, erfuhr aber zu meinem grossen
Erstaunen, dass der Apparat nicht verkäuflich sei, sondern nur leih¬
weise von der Enterocleanergesellschaft abgegeben wird, wobei aber
das Einzelnbad noch extra der Gesellschaft bezahlt werden muss —
Amerikanisches System! Interessant ist die Motivierung dieser Ein¬
richtung. In einer „Wichtige wirtschaftspolitische
Mitteilung“ überschriebenen Zuschrift heisst es: „Die ärztlichen
Erfinder des Enterocleaner haben, nachdem sie sich von der weit-
tragenden Bedeutung der Enterocleanerbehandlung die Ueberzeugung
verschafft hatten, den für die gesamte Aerzteschaft zum
Vorteil gereichenden Entschluss gefasst, ihre Patentrechte in der
Weise auszuüben, dass die Enterocleanerbehandlung zu einem
ärztlichen Monopol ausgestaltet wird.
Würde z. B. die Enterocleanergesellschaft Apparate käuflich aus
der Hand geben, so wäre hiedurch das System des ärztlichen Mono¬
pols durchbrochen, weil über die Verwendung verkaufter Apparate
eine Kontrolle nicht mehr möglich ist. Einer Laienkonkurrenz in der
Enterocleanerbehandlung, die dann in kürzester Zeit auftreten und
mit ganz anderen, weit mächtigeren Mitteln (Reklame) arbeiten
würde, welche den Aerzten aus Standesrücksichten
nicht zu Gebote stehen, wären aber die Aerzte trotz äusserster Be¬
mühungen in keiner Weise mehr gewachsen und hiedurch
wäre diese — in der gegenwärtigen Zeit der wirtschaftlichen Be¬
dingung des Aerztestandes doppelt erwünschte — sehr er¬
giebige neue Einnahmequelle für alle die Enterocleaner¬
behandlung ausübenden Aerzte endgültig verloren. Wir bitten
daher alle Aerzte mit Rücksicht auf den für die Aerzteschaft vorteil¬
haften Entschluss der Erfinder, uns in dem Bestreben zu unterstützen,
dass sie sich mit der Abgabe von Enterocleanerapparaten gegen
Gebrauchslizenz einverstanden erklären.“
Dann wird an alle Aerzte die Bitte gerichtet, sich mit der Abgabe
von Enterocleanerapparaten gegen Gebrauchslizenz einverstanden zu
erklären und folgenden Revers zu unterschreiben:
Revers für Ausleihung des Enterocleaner-
apparates.
. bestätig . . . von der Enterocleanergesellschaft m. b. H.,
IX Spitalgasse No. 1, Telefon No. 17 622, als Inhaberin des öster¬
reichischen Patentes No. 48 374, des ungarischen Patentes No. 52 873,
des deutschen Patentes No. 23 544 und der entsprechenden Auslands¬
patente einen Apparat für subaquale Darmbäder (Enterocleaner)
leihweise zur Benützung unter nachstehenden Bestimmungen erhalten
zu haben:
L Der Apparat trägt die No . und enthält nachstehende
Bestandteile:
a) den eigentlichen Darmspülapparat (Subaqual-Enteroklysor);
b) die elastische Tragbandage;
c) den Heberschlauch mit Hartgummiknie und Druckballen;
d) Kautschukschlauch mit Glasrohrknie in einem Abschluss¬
stück.
2. Der Apparat bleibt während der ganzen Zeit der Ausleihe
ausschliessliches Eigentum der Verleiher.
3. Die Ausleihe findet auf die Dauer von .... Jahre... statt;
falls einen Monat vor Ablauf dieser Frist von keiner Seite eine
Kündigung erfolgt, erscheint die Ausleihe jeweilig auf einen weiteren
Zeitraum von . . . Jahr . . verlängert.
Nach Ablauf der ursprünglichen oder verlängerten Ausleihefrist
ist der Apparat den Verleihern vollständig und unbeschädigt zurück¬
zustellen.
4. Die Zusendung und Rücksendung des Apparates erfolgt auf
Gefahr und Kosten des Eritlehners.
5. Für die Benützung des Apparates ist als Entgelt zu leisten:
a) bei Uebergabe des Apparates ein Betrag von 80 M. ein für
allemal;
b) für jedes Enterocleanerbad eine Gebühr von M. 2.50. Die
Bäder dürfen nur gegen Badekarten verabreicht werden,
welche von den Patentinhabern zur Verfügung gestellt
werden. Die Abrechnung und Bezahlung dieser Gebühren
hat monatlich im Nachhinein zu erfolgen.
6- D . gefertigt... verpflichte., sich, den Apparat an keine
andere Person oder Anstalt weder entgeltlich noch unentgeltlich zu
überlassen, widrigens . . . verpflichtet wär . . ., den Verleihern für
jeden auch nur angefangenen Tag, an welchem der Apparat unter
Verletzung dieser Verpflichtung an eine andere Person oder Anstalt
überlassen wird, eine der richterlichen Mässigung nicht unterliegende
Konventionalstrafe von 50 M. an die Verleiher zu bezahlen. Ueber-
dies sind die Verleiher in diesem Falle berechtigt, die sofortige
Rückstellung des Apparates zu verlangen. Zur sofortigen Rück¬
forderung sind die Verleiher auch dann berechtigt, wenn der Ent-
lehner mit der Zahlung der Leihgebühr (Abs. 5) im Rückstand bleibt.
7. Ansprüche aus dem vorstehenden Rechtsverhältnisse können
bei dem sachlich zuständigen Gerichte in Wien geltend gemacht
werden und sind auch in Wien alle Zahlungen aus diesem Rechts¬
verhältnisse zu leisten.
. am . 191 .. .
Weder die wirtschaftspolitische Mitteilung noch der Revers be¬
darf einer besonderen Kritik, sie sprechen für sich selbst.
Worin die Vorteile für die gesamte Aerzteschaft bestehen sollen,
ist absolut nicht erfindlich; sie bestehen nur für die Enterocleaner¬
gesellschaft, die durch das amerikanische System eine Erfindung
gewerbsmässig ausschlachtet und es durch die hohe Leihgebühr vielen
Aerzten geradezu unmöglich macht, einen solchen Apparat zu be¬
nützen. Eine einfache Rechnung zeigt dies. Hat sich ein Kollege
einen solchen Apparat geliehen und gibt nun in einem Jahre 10 solcher
Bäder, so muss er der Gesellschaft für das einzelne Bad durch¬
schnittlich M. 10.50 bezahlen, ihm bleibt jedenfalls nichts übrig, denn
recht viel mehr kann er einem Patienten kaum für ein solches Bad
aufrechnen; ja selbst wenn er 20 Bäder im Jahre gibt, kann für ihn
von einer sehr ergiebigen Einnahmequelle gar nie die
Rede sein, die nur der Gesellschaft zugute kommt. Wollte man die
Ausbreitung dieses Apparates, über dessen Wert oder Unwert ich
kein Urteil abgeben kann, unterbinden, so gäbe es keinen besseren
Weg dazu als das amerikanische System. Man denke sich, es wird
ein lebensrettender Apparat erfunden und nur gegen hohe Leih¬
gebühr abgegeben. Ist ein solches Vorgehen zu verantworten?
Es ist tief bedauerlich, dass man sich in Wien nicht gescheut
hat, in die Medizin ein System einzuführen, das schwer gegen die
ärztliche Ethik verstösst. Alle Kollegen, mit denen ich darüber ge¬
sprochen, auch eine Reihe von Universitätsprofessoren verurteilen
das Wiener Vorgehen auf das Allerentschiedenste. Sorgen wir dafür,
dass dieses System vereinzelt bleibt und in Deutschland keine Nach¬
ahmung findet.
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Aus der medizinischen Poliklinik Tübingen (Vorstand: Prof.
Dr. N a e g e 1 i).
Ueber die diagnostische Bedeutung der Hämatologie
für die Neurologie.
Von Prof. Dr. N a e g e 1 i.
(Schluss.)
Von Bedeutung kann die Erhebung des Blutbefundes in der
keineswegs leichten Differentialdiagnose zwischen Zere-
brospinalmeningitis und Heine-Medinscher Krank¬
heit werden. Die zahlreichen Untersuchungen namentlich der
deutschen Autoren haben als ein wichtiges Zeichen der Heine-
Medinschen Affektion eine Leukozytenverminderung1) ergeben. Für
eine Leukozytose ist ja hier auch kein genügender Entzündungspro¬
zess und namentlich keine Eiterung vorhanden. Die Infiltrate längs
der Gefässscheiden bestehen ja aus spärlichen Lymphozyten.
Wenn wir nun auf Grund reichlicher Erfahrungen bei der Ge¬
nickstarre daran festhalten können, dass wohl kein einziger akuter
Fall ohne erhebliche Leukozytose einsetzt und wohl immer über
15 000 Leukozyten zeigt, so dürfte doch das Blutbild in schwierigen
Fällen ein recht wertvolles Symptom für Diagnose und Differential¬
diagnose darstellen.
Bei Hirntumoren sind, von vereinzelten Fällen aus¬
genommen, genauere Untersuchungen bisher nicht gemacht wTorden.
In einigen eigenen Beobachtungen habe ich keinerlei Befunde von
Bedeutung erheben können und ist hier wohl von der Blutunter¬
suchung kaum je ein wertvolleres Resultat zu erwarten; die Gründe
dafür sind bereits in der Einleitung klargestellt worden. Eventuell
könnte ein auf starke Entzündung hinweisender Befund gegen Hirn¬
tumor mit grosser Sicherheit sprechen.
Auch bei Hirnabszess sind wohl nur ganz ausnahmsweise
eingehendere morphologische Blutuntersuchungen durchgeführt wor¬
den. Hier könnte entschieden eher ein Resultat erhalten werden; da¬
gegen möchte ich mir nur unter gewissen Umständen irgend etwas
versprechen, z. B. bei dem Rückgang einer Leukozytose nach einer
Operation, wo ähnlich wie bei anderen Eiterungen ein definitives Zu¬
rückgehen der Leukozytenerhöhung für eine vollständige Eröffnung
eines Abszesses sprechen würde.
- 9 -
T Ich konnte in letzter Zeit an 4 Fällen ebenfalls jedesmal
Leukozytenverminderung und Eosinophilie nachweisen. Einmal war
dieser Befund gegenüber der Möglichkeit einer Osteomyelitis be¬
sonders wertvoll.
4. Februar 1913. MUENOiENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 253
Für Epilepsie sind in der Literatur zahlreichere Erfahrungen
niedergelegt, die oft von stärkeren Leukozytenvermehrungen
sprechen. Hiebei dürfte es sich aber in der Regel um eine Zunahme
der weissen Blutzellen handeln, die mit den Konvulsionen des Anfalles
selbst im Zusammenhänge steht. Wir wissen, dass starke Muskel¬
tätigkeit recht oft zu einer erheblichen Leukozytenvermehrung führt;
dabei findet zuerst eine Zunahme der Lymphozyten wohl durch stär¬
keres Zufliessen von Lymphe, und nachher eine sehr bedeutende Ver¬
mehrung der vom Knochenmark aus zuströmenden Zellen statt.
Ausserhalb der Anfallszeit habe ich in einigen eigenen Unter¬
suchungen keinerlei abnorme Blutbilder entdecken können. Da Epi¬
leptiker sich auch leicht verletzen und dadurch zu Infektionen kom¬
men, so dürften auch Leukozytosen, die nicht direkt auf die Kon¬
vulsionen zurückgeführt werden können, gelegentlich durch solche
sekundäre Momente zu erklären sein. Ich glaube nicht, dass daher
bei Epilepsie irgendwie eigenartige Blutbefunde zu erhalten wären.
Das gleiche gilt meines Erachtens auch für die Dementia prae¬
cox. Ein englischer Forscher Bruce hat hier sehr starke Leuko¬
zytenvermehrungen mitgeteilt, die mit der Krankheit im Zusammen¬
hang stehen und ein Glied in seiner Beweiskette für den toxischen
Ursprung der Krankheit bilden sollten.
Wenn ich seine Zahlen durchgehe, so finde ich sogar Werte bis
63 000, also Steigerungen, wie wir sie selbst bei den schwersten
Infektionskrankheiten mit Tendenz zu Leukozytose nur ganz aus¬
nahmsweise finden. Ich selbst, freilich verfüge ich nur über ganz
wenige Beobachtungen, habe überhaupt keinerlei Abweichung von
der Norm entdecken können, und mir sind die Bruce sehen Re¬
sultate völlig unverständlich. Gelegentlich mag auch einmal eine
Sekundärinfektion im Spiele sein. In der Mehrzahl der Fälle von
Bruce aber muss es sich um irgendeinen Irrtum handeln. Von
Bruce sind auch bei akuter Manie im Frühstadium Leukozytosen
von 18—20 000 als konstant oder bis 40 000 als gelegentlich ver¬
zeichnet, bei Hebephrenie bis zu 30 000, im epileptischen Anfall oft
30 — 40 000. Es dürften hier vielfach durch die starke Muskeltätigkeit
gesteigerte Werte vorliegen; dass aber derartig hochgradig ab¬
norme Befunde so lange andauern sollen, vermag ich nicht recht zu
verstehen und sie bedürfen dringend der Nachprüfung.
Bei multiplen Embolien ins Gehirn habe ich einmal
sehr starke Blutveränderungen im Sinne einer neutrophilen Leuko¬
zytose getroffen, so dass anfänglich ein Befund resultierte, der stark
an eine Infektionskrankheit erinnert hat. Immerhin zeigte eine zweite
Untersuchung eine so weitgehende Erholung der eosinophilen Zellen,
dass jede Eiterung, die klinisch in Betracht gezogen wurde, aus¬
geschlossen erscheinen musste.
53 jährige Frau. 13. IV. Apoplexie. 21. IV. Schüttelfrost,
39,1 Temperatur. Zyanose. Puls 160. Kollaps. 23. IV. 38,6 ohne
Frost. 24. IV. Nur noch 37,6. 25. IV. Starke Durchfälle, stets som-
nolent. 26. IV. Leukozyten 16 000. Neutrophile 89 Proz. Eosino¬
phile 0,2 Proz. Lymphozyten 1,8 Proz. Uebergangsformen 9 Proz.;
viel Fibrin.
1. V. Zustand immer gleich. Leukozyten 21 800. Myelozyten
3/? Proz. Neutrophile 88 Proz. Eosinophile eh Proz. Lymphozyten
22h Proz. Uebergangsformen 82/7 Proz.; viel Fibrin.
Sektion: Sehr zahlreiche Embolien im Gehirn.
Bei Hysterie und Neurasthenie findet man in der enorm
grossen Mehrzahl der Fälle keinerlei Abweichung der Blutbefunde
von der Norm und nur in einem Teil der Erkrankungen mit vor¬
wiegend vagotonischen Symptomen eine deutliche und gelegentlich
eine auffällige Zunahme der eosinophilen Zellen.
Hier liegt der Wert einer Blutuntersuchung darin, dass bei
pathologischem Blutbefund das Bestehen einer organischen
Affektion angenommen werden muss und gerade hier, glaube ich,
sollte bei jedem Zweifel in Zukunft eine eingehende Prüfung nicht
unterlassen werden. Ein völlig normales Blutbild wäre ein weiteres
und recht wichtiges Zeichen für das Fehlen jeder ernsteren Organ¬
affektion und eine krankhafte Blutveränderung, besonders eine Leuko¬
zytose oder eine Anämie, wird dann entweder auf den Irrtum in der
Diagnose oder auf das gleichzeitige Bestehen eines zweiten orga¬
nischen Leidens hinweisen.
In diesen Fragen verfüge ich über eine recht erhebliche Zahl
von eigenen Untersuchungen, Fälle, in denen der behandelnde Arzt
sich in der Annahme einer rein nervösen Erkrankung nicht sicher ge¬
fühlt, und in denen jetzt der Status des Blutes doch wichtige An¬
haltspunkte ergeben hat.
Manchmal fällt es auch durchaus nicht leicht, nach einer zu¬
nächst zweifellos organischen Krankheit das Ende der organisch be¬
dingten Beschwerden mit Sicherheit anzunehmen und die noch blei¬
benden Klagen auf rein nervöse Momente zurückzuführen. Auch in
diesem Falle kann eine exakte Blutuntersuchung, besonders bei
wiederholter Vornahme, das stetige Zurückgehen der organischen Er¬
scheinungen klarstellen und die nervöse Ursache der noch bleibenden
Beschwerden sichern.
Sehr nervöse 26 jährige Dame. 26. I. Mit hohem Fieber unter
dem Bilde einer diffusen Bronchitis erkrankt, Fieber in einigen Tagen
zurückgegangen. Hochgradige Erschöpfung. Auch nach Ablauf der
erhöhten Temperatur noch sehr lebhafte Klagen über Schmerzen im
Leibe mit der Befürchtung, dass eine Eiterung im Leibe entstanden
sei. Starke spontane Schmerzen und lebhafte Druckempfindlichkeit.
Auch zwei Aerzte wagen am 7. II. eine eitrige Abdominalaffektion
nicht auszuschliessen.
29. I. Bei Temperatur von 39,3, 105 Pulsen und absolut nega¬
tiven Organbefunden war folgender Befund erhoben worden: Leuko¬
zyten 5860, also normal. Neutrophile 73 Proz. Eosinophile — .
Lymphozyten 17 2/a Proz. Uebergangsformen 8J4 Proz. Mit 6. II.
normale Temperatur erreicht. Husten noch quälend.
Jetzt, 7. II., Leukozyten 6160, also normal. Neutrophile 512/ä
Proz. Eosinophile 2 Proz. Lymphozyten 35 Proz. Uebergangs¬
formen 1014 Proz. Reizungsformen 1 Proz. Sehr heftige Schmer¬
zen in der Blinddarmgegend.
Es war hier also nach der akuten Infektionskrankheit mit
Fiebern die für den Ablauf einer Infektion charakteristische Lympho¬
zytose unter Rückgang der Neutrophilen eingetreten und die zuerst
verschwundenen eosinophilen Zellen waren wieder erschienen, somit
das typisch postinfektiöse Blutbild erreicht. Damit konnte
aber jede weitere stärkere Entzündung oder gar eine Eiterung als
vollkommen ausgeschlossen zurückgewiesen und die Prognose als
durchaus günstig erklärt werden, ln der Tat trat sehr rasche Heilung
ein, auch in bezug auf die nervös bedingten Beschwerden, wobei ge¬
wiss die Sicherheit in der ärztlichen Auffassung des Falles nicht ohne
Einfluss gewesen ist.
In der heutigen Zeit kommt es bei nervösen Patienten gar
nicht selten vor, dass bei nervösen Darmschmerzen nicht nur vom
Hausarzt, sondern auch von chirurgischer Seite die Diagnose Peri¬
typhlitis gestellt wird. Nun könnte man ja freilich vom suggestiven
Einfluss der an sich ja nicht nötigen Entfernung des Wurmfortsatzes
immerhin eine günstige Wirkung versprechen. Dies tritt jedoch
wohl nur recht selten ein; vielmehr kann man es erleben, dass solche
Patienten nachher von einer unnötigen Operation zur anderen drän¬
gen und auch nach Vornahme einer Blinddarmoperation sich keines¬
wegs besser, sondern schlechter fühlen. Dem Arzte muss es aber
widerstreben, eine absolut unnötige Operation zu billigen, und diese
Art Psychotherapie, durch eine auch eventuell nicht gerechtfertigte
Operation ein Resultat zu erhalten, halte ich für eine durchaus un¬
richtige, weil sie gerade den Arzt davon abhält, den Kranken über
das wahre Wesen seiner Leiden aufzuklären und durch den einzig
richtigen Weg einer richtigen Psychotherapie die psychisch bedingten
Krankheitserscheinungen zu verbannen.
Nun ist ja zuzugeben, dass hie und da im Einzelfalle es recht
schwer sein kann, zu unterscheiden zwischen wirklich vorhandener
Perityphlitis und einer Neurose, die eine Blinddarmaffektion vor¬
täuscht. Es kann aber in manchen Zweifelsfällen tatsächlich die
Blutuntersuchung eine sichere. Scheidung vornehmen, wie ich gleich
an einigen Beispielen zeigen möchte, und erst wenn auch diese
Untersuchung nebst allen anderen die Trennung nicht möglich macht,
dann erst halte ich im Zweifelsfalle die Operation für berechtigt.
25 jährige Dame, Aerztin, bekommt von Zeit zu Zeit sehr heftige
Leibschmerzen, gewöhnlich zu Beginn mit Durchfall. Schmerzen zu¬
meist in die Blinddarmgegend lokalisiert. Beginn mit mässiger Tem¬
peratursteigerung. Von einer chirurgischen Autorität Diagnose Peri¬
typhlitis gestellt und Operationstag bestimmt. Auffällig war von
vornherein das ausgesprochen neurasthenische Verhalten der
Kranken.
Blutbefund bei einem Anfall: Leukozyten 8000. Neutrophile
48 Proz. Eosinophile 14 Proz.! Lymphozyten 31 Proz. Die starke
Eosinophilie zeigte hier sofort, dass eine vagotonische Affektion mit
Exsudation in den Darm vorlag, ein vollkommenes Analogon zu den
Anfällen des Asthma bronchiale, und die weitere Untersuchung ergab,
dass die Eosinophilie genau wie bei Asthma in der Zeit zwischen den
Anfällen zurückging. Leukozyten 7800. Neutrophile 6014 Proz.
Eosinophile 4 Proz. Lymphozyten 31 Proz.
Unter diesen Umständen konnte eine Perityphlitis wegen der
ausgesprochenen Eosinophilie völlig ausgeschlossen werden und die
rein psychische Therapie führte mit der Zeit auch zu vollem Erfolg.
Auch hier ist die Erkennung des Leidens die notwendige Voraus¬
setzung für die richtige Therapie und für die gerade in solchen
Fällen absolut nötige Sicherheit im Auftreten des Arztes. Eine
Operation hätte wegen der vollen Erfolglosigkeit zweifellos die
grosse Depression, ja Verzweiflung der Kranken, nur noch gesteigert.
27 jährige Dame. Plötzlich mit leichtem Fieber einsetzender An¬
fall von Schmerzen in der Blinddarmgegend. Vom Arzte Perityphlitis
diagnostiziert.
Leukozyten 3800. Neutrophile 69 Proz. Eosinophile 2'2U Proz.
Lymphozyten 2214 Proz.
Das durchaus normale Blutbild, bei sogar erniedrigter Gesamt¬
leukozytenzahl und einer reichlichen Zahl von eosinophilen Zellen
unterschied sich prinzipiell von den Leukozytenbewegungen selbst
der leichtesten Blinddarmentzündung; daher Diagnose: Colica in-
testini nervosa. Rasche Heilung.
Einige Jahre später erkrankte die Dame plötzlich bei ruhigem
Sitzen im Eisenbahnzug, ohne jede Veranlassung, unter furchtbaren
Schmerzen an einer Ischias, deren rein hysterische Basis allen
Aerzten und den Angehörigen selbst zweifellos gewesen ist.
Sie wissen, dass in den letzten Jahren eine Reihe neurotischer
Krankheitszustände in den von E p p i n g e r und Hess geprägten
Krankheitsbegriff der V a g o t o n i e zusammengefasst worden ist.
Hierher gehören namentlich die Zustände des Asthma bronchiale,
manigfache Magen- und Darmerkrankungen, besonders diejenigen mit
Spasmen und mit Exsudation in den Darm. Die Anfälle zeigen oft
starke vasomotorische Erscheinungen und Schweisse; nicht selten
sind auch chronisch verlaufende Leiden dieser Art.
254
muencHener medizinische Wochenschrift,
No. 5.
Die Berechtigung für eine derartige Auffassung und Sonder¬
stellung mancher Organneurosen im Sinne von Eppinger und
Hess halte ich für erwiesen und sehe ein Hauptargument dafür in
der oft glänzenden Wirkung des Atropins, desjenigen Mittels, das
nach unsern physiologisch-pharmakologischen Erfahrungen den Tonus
im autonomen Nervensystem herabsetzt. Ein weiteres Argument ist
das häufige Vorkommen einer Eosinophilie bei all diesen Zuständen,
und zwar wie bereits oben an Hand eines Beispiels dargelegt worden
ist, zu Beginn der Anfälle.
Diese nur- zeitweise vorhandene, dann aber sehr beweisende
Eosinophilie ist ein ausserordentlich wichtiges Krankheitssyrriptom,
da es ja in der Regel nicht schwer fällt, die anderen Ursachen einer
Eosinophilie (vor allem Anwesenheit tierischer Parasiten) auszu-
schliessen. Wenn ich die recht ansehnliche Zahl meiner Vagotoniker
durchgehe, so habe ich bei der Mehrzahl derselben Eosinophilie ge¬
funden, freilich in recht verschiedenen Oraden, und wie gesagt, oft
nur zeitweise. Ein einmaliger oder selbst mehrfacher negativer
Befund kann natürlich nichts gegen das Bestehen des Leidens be¬
weisen.
Ich halte es daher für den Neurologen angezeigt, dass er wenig¬
stens im Zweifelsfalle bei derartigen Symptomenbildern auch einmal
durch eine morphologische Blutuntersuchung die Diagnose zu stützen
versucht.
In bezug auf die theoretische Seite der Entstehung der Eosino¬
philie in solchen Fällen verweise ich auf die Arbeiten von Ealta
und seinen Mitarbeitern, die an Hand vieler klinischen Beobachtungen
und vieler Tierversuche den Nachweis zu erbringen versucht haben,
dass alle vagotonischen Mittel, besonders Pilokarpin, häufig zu
Eosinophilie und Lymphozytose, alle sympathikotonischen aber zu
Vermehrung der neutrophilen Zellen führen.
Die klinische Forschung hat freilich bei vagotonischen und
sympathikotonischen Zuständen zahlreiche Ausnahmefälle ergeben
(Bauer, Schwenker und Schlecht), was durchaus nicht ver¬
schwiegen werden darf. Dabei wird nach Analogie mit den chemi¬
schen Substanzen in ihrer ungleichen Einwirkung auf die verschie¬
denen Gebiete des Nervus vagus von einer Dissoziation der Ein¬
wirkung gesprochen und auch das Bestehen von antagonistischer
Hemmung angenommen. Diese Annahmen sind zweifellos nicht völlig
unberechtigt; ob sie aber im Einzelfalle tatsächlich die Abweichung
erklären, das ist natürlich ungeheuer schwierig zu sagen, oder viel¬
mehr meist gar nicht mit Sicherheit zu entscheiden.
Festzuhalten ist aber unbedingt, dass eine sehr grosse Zahl vago-
tonischer Zustände beim Menschen (Asthma bronchiale, nervöse
Darmaffektionen) mit einer deutlichen Eosinophilie verbunden und da¬
mit bei positivem Befund mit einem vielfach recht wichtigen dia¬
gnostischen Index versehen sind.
In neuerer Zeit sind auch diagnostisch wichtige Blutverände¬
rungen bei Basedowscher Krankheit und Myxödem fest¬
gestellt worden. Kocher hat auf die Bedeutung derartiger Befunde
zuerst hingewiesen.
Da sie als Neurologen die Basedow sehe Krankheit noch nicht
ausschliesslich dem Chirurgen überlassen wollen, so muss ich auch
auf diese Befunde eingehen. Zahlreiche Nachuntersuchungen haben
die Lymphozytose der Basedow sehen Krankheit als einen recht
häufigen und oft ausserordentlich prägnanten Befund des Leidens er¬
geben. Die gesamte Leukozytenzahl sinkt bei den schweren Fällen;
eine Erhöhung ist nie vorhanden. Die roten Blutkörperchen nehmen
wegen der Krankheit selbst sicherlich niemals ab und der Hämo¬
globingehalt bleibt auch in den schwersten Erkrankungen ein nor¬
maler. Wenn früher in der Literatur auch gelegentlich von An¬
ämien berichtet worden ist, so konnten ausserordentlich umfangreiche
Untersuchungen, vor allem Kochers, eine Anämie nie mit Basedow
allein in Zusammenhang bringen und eigene Fälle (über 50, zumeist
bei Patienten Kochers erhoben) fallen alle durchaus in diesem
Sinne des Fehlens irgendeiner Veränderung an den roten Blut¬
zellen aus.
Unter den weissen Blutkörperchen tritt vor allem die Erhöhung
des Lymphozytenprozentsatzes und die absolute Vermehrung der
Lymphozyten mit einer gleichzeitigen Verminderung (prozentlich und
absolut) bei den Neutrophilen in Erscheinung. Die eosinophilen Zellen
und die Uebergangsformen zeigen keinerlei gesetzmässige Schwan¬
kungen.
Von Bedeutung ist ferner die Verzögerung der Blutgerinnung,
während in den Viskositätswerten keine pathologischen Befunde zu
verzeichnen sind; naturgemäss, denn diese Werte sind bei nor¬
malem Blutplasmabefund und ungefähr normaler Leukozytenzahl fast
ausschliesslich abhängig von der Zahl und dem Volumen der Erythro¬
zyten und dem Hämoglobingehalte.
Die wichtigste Frage ist hier jetzt, ob die morphologischen Blut¬
befunde tatsächlich im Zweifelsfalle für oder gegen Basedow ent¬
scheiden, oder ob ähnliche Befunde auch bei Struma Simplex Vor¬
kommen können. Von einzelnen Autoren ist das letztere, eine
Lymphozytose, in nicht wenigen Fällen gewöhnlicher Kropfbildung,
auch das Fehlen der Lymphozytose bei den Formes frustes von
Basedow behauptet worden, so dass dadurch der diagnostische Wert
eine Einbusse erfahren würde. In neuester Zeit gibt Kocher auch
für einzelne gewöhnliche Strumen Lymphozytose zu, erklärt aber
solche Strumen als hypothyreotische, indem auf Verabreichung von
Schiladrüsensubstanz die Lymphozytose verschwinde.
Es ist aber auch gegen diese Annahme von Ba'uer und H in¬
te regger Opposition erhoben worden, indem die beiden Autoren
beim gleichen Individuum auf Thyreoidea-Tabletten ganz variable
Veränderungen erhalten haben. Es sind also alle diese Fragen ein¬
gehend weiter zu prüfen. Schon jetzt steht aber der hohe Wert
der Blutveränderung bei Basedow unzweifelhaft fest, wenn es sich
auch nicht um ein absolut sicheres und untrügliches Symptom handelt.
Eine nicht ganz kleine Schwierigkeit besteht in diesen Fragen
darin, dass eine Lymphozytose unter zahlreichen Umständen auch
sonst Vorkommen kann und so könnte sie auch ab und zu bei einer
gewöhnlichen Struma als ein von der Schilddrüsenvergrösserung an
sich unabhängiger gleichzeitiger Befund angetroffen werden. Nach
allen schwereren Infektionskrankheiten kann man nämlich monatelang
Lymphozytosen sehen, ebenso nach Intoxikationen. Bei gutartig
verlaufenden leichten Tuberkulosen, z. B. auch Bronchialdrüsentuber¬
kulosen (P h i 1 i p p i, Schulz) sind Lymphozytosen häufig. Kein
Wunder daher, wenn man selbst bei anscheinend Gesunden -viel
mehr, als man früher je gedacht hat, Lymphozytenwerte entdeckt, die
wesentlich über die als normal erklärten relativen und absoluten
Werte hinausgehen (G a 1 a m b o s).
Bei einem klinisch festgestellten Basedow hat die Lymphozytose
eine prognostische Bedeutung, indem die Lymphozytenvermehrung
um so stärker ausfällt und die Reduktion der Neutrophilen um so
bedeutender nachweisbar ist, je schwerer der Fall auftritt. Dabei
wird es sich aber auch wohl nicht um ein absolut gültiges Gesetz
handeln, weil so viele andere Faktoren ausser der Schilddrüse eine
Einwirkung entfalten können. Dass mit der operativen Heilung
des Basedow die Lymphozytose völlig zurückgeht, wie Kocher
angegeben hat, ist von anderer Seite (Klose, Lampe, Liese¬
gang) bestritten worden.
Diagnostisch wichtige hämatologische Befunde sind in den letzten
Jahren auch bei der Bleivergiftung von zahlreichen Autoren
bekanntgegeben worden, und hier sind es Veränderungen an den
roten Blutzellen, vor allem das Auftreten einer basophilen Punk¬
tierung, die bei einigermassen reichlichem Auftreten ein starkes
Argument für Bleiintoxikation darstellt.
Die Ursache dieser Abnormität der Erythrozten wurde früher
zumeist in einer degenerativen Veränderung des Zellprotoplasmas
unter der Gifteinwirkung gesucht und einzelne Autoren stellten die
kühne Behauptung auf, es seien die basophilen Granula geradezu eine
Bleiverbindung. Heute sind derartige Ansichten wohl gänzlich ver¬
lassen, zumal die gleiche Punktierung bei regenerativen Zuständen
oft vorkommt, und wie ich nachweisen konnte, bei Tierembryonen
im Blute mehr als 50 Proz. aller Zellen betreffen kann.
Es steht also heute, nach einer langen und hartnäckig geführten
Diskussion, die regenerative Natur der basophilen Körnelung völlig
sicher fest, und als das wichtigste Moment in dieser Frage sind
jene Fälle anzusehen, bei denen in den allerschwersten Stadien der
Vergiftung kurz vor dem Tode bei Menschen und bei Tieren die
Körnelung wie alle anderen regenerativen Erscheinungen ver¬
schwindet (W o 1 f f, Stadler, experimentelle Studien von S a -
brazes, Naegeli, Lutoslawski).
Die Zuverlässigkeit dieser Blutveränderung für die Annahme
einer Bleivergiftung ist aber vielfach überschätzt worden, und es
kann gar keine Rede davon sein, dass, wie sich G r a w i t z aus¬
drückt, „alle Bleivergifteten in auffälliger Regelmässigkeit und :n
grosser Zahl punktierte rote Blutkörperchen aufweisen“ und dass
„reichliche basophil punktierte Erythrozyten bei jedem Bleikranken
Vorkommen“ und dass gar „ganz konstante Befunde von massen¬
haftem Auftreten basophil punktierter roter Blutkörperchen“ zu er¬
heben wären.
Vielmehr bieten nur jene Fälle ausserordentlich reichliche und
in jedem Gesichtsfeld zuweilen sogar mehrfach vorhandene veränderte
Zellen, bei denen wegen der Bleivergiftung auch eine Anämie ent¬
standen ist, so dass also Grund für eine stärkere Regeneration ge¬
geben ist. Fehlt aber eine Verschlechterung des Hämoglobinbefundes
in der Raumeinheit, wie bei so vielen Bleikranken, so ist das Vor¬
kommen der punktierten Zellen ein mässiges oder spärliches, so dass
man Hunderte von Zellen durchmustern muss, um nur ein einziges
Exemplar zu finden; ja es gibt selbst Bleifälle, bei denen beim Fehlen
jeder Anämie die in Rede stehende Veränderung an den Blutkörper¬
chen völlig oder so gut wie völlig fehlt, und doch lässt sich bei der
chemischen Harnuntersuchung Blei nachweisen.
Im allgemeinen aber ist der Blutbefund ein positiver und daher
zweifellos von grosser Bedeutung für die Diagnose jeder Form von
Bleivergiftung, nur müssen die Darlegungen über den Grund der Blut¬
veränderung auf das richtige Mass zurückgeführt werden (siehe die
unter meiner Leitung verfasste Arbeit von Kuper mann, J. D.
Zürich 1912). Für den Neurologen ist von Wert, zu wissen, dass bei
einer saturninen Bleilähmung, wenn sie nicht erst nach längerem
Verlassen der Arbeit und nach längerer Behandlung der Patienten auf¬
tritt, ausgesprochen positive Befunde zu erwarten sind.
Entscheidend fällt der Befund der Blutuntersuchung dann aus,
wenn die Erkrankten keinerlei ausgesprochene Koliken oder Läh¬
mungen aufweisen und über allgemeine Abmagerung und grossen
Kraftverlust klagen, und dabei zahlreiche nervöse Erscheinungen dar¬
bieten. Ein Bleisaum ist dabei nicht immer vorhanden: denn jedes
wichtige Symptom der Bleivergiftung kann gelegentlich fehlen, und
ein nachweisbarer Bleisaum ist an sich oft nicht genügend beweisend,
da noch monatelang nach Erkrankungen bei völligem Wohlbefinden
4. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
255
der Leute ein Bleisaurn vorhanden sein kann, und leichter Bleisaum
auch bei andauernd arbeitsfähigen Malern sich findet ohne andere
krankhaften Erscheinungen.
Bei Encephalopathia saturnina ist ein positiver Blutbefund nur
in den ersten Stadien zu erwarten, hauptsächlich so lange, als die
im Körper vorhandene Bleimenge gross genug ist, um Anämie zu
erzeugen. In Spätstadien dagegen habe ich jede Spur von ver¬
änderten roten Blutkörperchen vermisst.
Auch bei Bleivergiftungen, die sich im wesentlichen nur im Auf¬
treten von Tremor verraten, ist die Blutuntersuchung von grossem
Wert. Ganz einfach ist die Deutung der Befunde immerhin auch auf
diesem Gebiete nicht, weil eine Anzahl von stets gesunden Arbeitern
doch auch leichte Veränderungen des Blutes zeigt und weil ferner,
wie bei Basedow, auch andere Einflüsse zum Auftreten der baso¬
philen Granulation führen können, so vor allem die Resorption von
Blut, z. B. nach Genuss von Blutwürsten, dann aber auch nach
inneren Blutungen.
Es ist daher eine gewisse Grenze festgestellt worden, bei der
erst von einem für Blei beweisenden Befunde gesprochen werden
kann. Als diese Grenze hat P. S c h m i d t das Vorkommen von mehr
als 100 basophil punktierter Zellen auf 1 000 000 aufgestellt, während
Traut mann für gerichtliche Fälle immerhin 300 auf 1 000 000 ver¬
langt. Ich kann mich aber nicht für die Gültigkeit derartiger so
bestimmt gefasster Angaben aussprechen und halte selbst den Wert
von Trautmann nicht für absolut ausschlaggebend, und zwar aus
folgenden Gründen:
In guten Präparaten kann man bei grosser Uebung in der Mi¬
nute 700 — 1000 Zellen auf basophile Punktierung durchgehen, in 10 Mi¬
nuten also vielleicht 10 000 Zellen. Findet man jetzt aber in dieser
langen Zeit auch nur 2 basophil gekörnte Erythrozyten, so ergibt
das 200 auf die Million, mithin positivem Befund nach P. Schmidt.
Einen derartig minimalen Befund, zwei veränderte Zellen auf 10 000,
in 10 Minuten feststellbar, kann ich aber nicht als beweisend an-
sehen, zumal man ab und zu doch viel stärkere Befunde bei an¬
deren Erkrankungen findet und schon unter physiologischen Verhält¬
nissen antreffen kann. Bei einer ganz leichten Spitzentuberkulose
ohne Blutung habe ich einmal eine ausserordentlich viel grössere
Zahl von punktierten Erythrozyten gefunden.
Ich möchte daher doch zu erheblicher Vorsicht in der Ver¬
wertung des Blutbefundes bei so schwach positiven Ergebnissen
mahnen und nur den wirklich ausgesprochenen Befunden an sich
allein vertrauen.
Ich habe mich bemüht. Ihnen zu zeigen, in welchen Fällen Sie
von der hämatologischen Untersuchung für neurologische Zwecke
sich etwas versprechen können in diagnostischer Hinsicht. Ich glaube
aber kritisch genug gewesen zu sein, um Sie vor Ueberschätzung
zu warnen. Ich habe auch da und dort darauf hingewiesen, dass
selbst positive Befunde in ihrer Deutung noch starker Kritik unter¬
liegen müssen, und dass ab und zu ein negativer Befund kein Gegen¬
argument für eine klinische Annahme sein kann.
Es gilt eben auch hier der Satz, dass jedes Symptom nur im
Rahmen des gesamten klinischen Bildes betrachtet und beurteilt
werden kann, und dass man erst bei grosser Kritik in der Ein¬
schätzung der Beweiskraft eines Argumentes zu zuverlässigen
Schlüssen gelangt und sich vor Täuschungen bewahrt.
Bücheranzeigen und Referate.
H. Winter stein: Handbuch der vergleichenden Physiologie.
Jena, G. Fischer. Lieferung 19 — 28, je 5 M.
Von dem umfassenden Sammelwerk sind in den letzten Monaten
weitere 10 Lieferungen erschienen, die eine Reihe wichtiger und be¬
deutender Beiträge enthalten.
Der von F. B o 1 1 a z z i bearbeitete Abschnitt über die Zell-
und Körpersäfte findet mit der 23. Lieferung seinen Abschluss: er
führt durch ein noch wenig bearbeitetes und dunkles Gebiet der ver¬
gleichenden Physiologie. In den Lieferungen 22 und 25 haben die
physikalisch-chemischen Erscheinungen der Atmung durch den
Herausgeber des Werkes eine interessante und sorgfältige Dar¬
stellung erfahren. Die letztere Lieferung enthält ausserdem die
ersten Bogen des von E. B a b ä k bearbeiteten Abschnittes über
die Mechanik und Innervation der Atmung. In den Lieferungen 19
und 26 erhalten die ausserordentlich mannigfaltigen und merk¬
würdigen Einrichtungen zur Lokomotion der Tiere sowie zur Ge¬
räusch- und Tonerzeugung durch E. du Bois-Reymond und
O. Weiss eine eingehende Beschreibung. Mit Lieferung 27 be¬
ginnt W. Biedermann die Physiologie der Stütz- und Skelett¬
substanzen, die eine grosse Zahl chemisch und mechanisch höchst
interessanter Probleme umfasst und in enger Beziehung steht zur
Membranbildung bei den Pflanzen. Lieferung 24 bildet den 1. Teil
einer vorzüglichen Darstellung der Physiologie der Zeugung durch
E. Godlewsky. In der Einleitung hiezu bespricht dieser Autor
auch die bisher aufgestellten Theorien über den Ursprung des Lebens
überhaupt. Lieferung 20 bringt zunächst den Schluss des von
J. Loeb bearbeiteten Abschnittes über die Tropismen, sodann eine
von S. Baglion i bearbeitete Zusammenstellung des Wenigen, was
über die sog. niederen Sinne der Tiere (Drucksinn, thermische und
chemische Sinne, Schmerzsinn) bekannt ist. Es folgt sodann die Be¬
arbeitung der vergleichenden Physiologie des Gesichtsinns durch
C. Hess, die mit der 21. Lieferung ihren Abschluss findet. Diese,
gleichzeitig als selbständige Schrift erschienene ausgezeichnete Be¬
arbeitung beruht in erster Linie auf den bekannten umfassenden
Untersuchungen des Autors, welche sich sowohl auf den Lichtsinn,
wie auf die dioptrischen Einrichtungen und die Akkomodation bei
einer grossen Zahl verschiedener Tiere erstreckt. In Lieferung 28
gibt E. Mangold eine sorgfältige kritische Uebersicht der Beob¬
achtungen, die über den Gehörsinn und den sog. statischen Sinn der
Tiere bisher gewonnen worden sind.
Die rasche Folge der Lieferungen lässt erwarten, dass das Werk
in Bälde zum Abschluss kommen und dann eines der wertvollsten
Nachschlagebücher darstellen wird für alle Fragen, die mit den
Lebenserscheinungen im Zusammenhang stehen.
v. Frey- Würzburg.
Brouardel et Gilbert: Nouveau traite de Medecine et de
Therapeutique. Sous la direction de M.M. A. G i 1 b e r t et L. T h o i -
not. XVI. G. H a y em et G. Lion: Maladies de l’estomac. Avec
9 Figures intercalees dans le texte. Paris. J. B. B a i 1 1 i e r e
et fils. 1913. 688 Seiten. Preis: 13.50.
Den früher wiederholt in dieser Wochenschrift rühmend erwähn¬
ten Bänden des bekannten französischen Sammelwerks reiht sich
der 16., die Magenkrankheiten, aus der Feder der bekannten Kliniker
Hayem und Lion, würdig an. Welches Kapitel diesem oder
jenem der beiden Autoren zuzuschreiben ist, wird nicht angegeben
und ist ohne genauere Kenntnis der Schreibweise beider auch kaum
festzustellen. Sicher ist, dass wir der Arbeit beider ein Buch von
unzweifelhafter grosser Bedeutung verdanken. Vor allen Dingen
ist der Gegenstand mit grosser Gründlichkeit durchgearbeitet. Der
Leser findet in allen wichtigen Fragen tatsächliche Belehrung und
theoretische Auseinandersetzung, zum grossen Teil auf Grund eigener
Erfahrungen und Forschungen der beiden Autoren. Die Literatur ist
zwar nicht vollständig — das wäre bei der Ausgedehntheit des Ge¬
bietes wohl kaum möglich — , doch sehr reichlich teils zitiert, teils
in den Text verarbeitet, und es muss rühmend hervorgehoben wer¬
den, dass auch die deutsche wissenschaftliche Arbeit vielfach zu
ihrem Recht kommt. An manchen Stellen, so bei den sekretorischen
Störungen und bei den Schilderungen der klinischen Erscheinungen
überhaupt, erscheint die Darstellung vielleicht etwas zu gründlich,
d. h. es werden etwas schematisch zu viele Formen und Varie¬
täten des Krankheitsverlaufs aufgezählt und unterschieden. Sehr in¬
struktiv sind die zahlreichen .Abbildungen mikroskopischer Präparate
von der Gastritis, Ulcus und Karzinom und sie beweisen zugleich, wie
grossen Wert die Verf. mit Recht bei den organischen Magenerkran¬
kungen auf die anatomisch-histologische Basis der Forschung legen.
Dagegen wären vielleicht auch noch einige makroskopische Ab¬
bildungen nicht überflüssig. Zusammenfassend darf wohl behauptet
werden, dass das Werk der französischen Autoren die eingehende
Berücksichtigung aller derer verdient, die sich mit den Krankheiten
des Magens als Spezialärzte oder Forscher beschäftigen.
P e n z o 1 d t.
Ueber die Regenerationsvorgänge in den Nieren des Menschen.
Von Dr. med. A. T i 1 p, Path. Institut Strassburg. Bei Gustav F i -
scher. Jena 1912. 69 Seiten. Preis 3 M.
T i 1 p hat die Regenerationsvcrgänge in 89 Fällen von Nieren¬
krankheit, bei akuten und chronischen, herdförmigen und diffusen
Prozessen, sowie bei Adenomen der Niere histologisch untersucht.
Die Regeneration kennzeichnet sich morphologisch durch Mitosen,
epitheliale Riesenzellen und Neubildung von einzelnen Nierenepithelien,
sowie von ganzen Kanälchen, welche sich an den fötalen Typus
anlehnen. Letztere kommen nur bei herdförmigen Erkrankungen vor.
Bei Adenomen tritt sogar Bildung von glomerulusähnlichen Bildungen
auf. Die Regeneration findet sich in kranken Nieren und zwar selbst
in hochgradig erkrankten sehr häufig. Hauptstätte reparatorischer
Vorgänge ist das Nierenlabyrinth. Das Lebensalter hat geringen
Einfluss auf die Regenerationsfähigkeit. Dagegen wird sie ganz auf¬
fallend stark beeinflusst durch septische Erkrankungen. Bei solchen
fehlte in nahezu der Hälfte der Fälle jede Spur von Regeneration.
Damit steht in bemerkenswertem Einklang die klinische Tatsache,
dass solche Nieren zu kompensatorischer Mehrleistung unfähig sind.
Ebenso fehlte in zwei Diphtherienieren jede reparatorische Tendenz.
Sehr interessant ist die Feststellung, dass bei herdförmigen Erkran¬
kungen reparatorische Vorgänge nicht nur im Erkrankungsherd,
sondern auch an entfernt liegenden gesunden Abschnitten auftreten.
Die Regeneration kommt für die Funktion nur in sehr beschränktem
Umfang in Betracht. Am meisten bei den akuten Nephritiden. Die
neugebildeten Harnkanälchen sind meist schon histologisch als minder¬
wertig zu bezeichnen. Wertvoller für die Funktion erscheinen die
einzelnen neugebildeten Epithelien und die Riesenzellen.
Schlayer - München.
C. Br u hin: Moderne Massage auf anatomisch-physiologischer
Basis. Mit Berücksichtigung der schwedischen Heilgymnastik und
der Selbstmassage im Anhang. Mit 200 Illustrationen. Herrn. Ham¬
brechts Verlag, Olten (Schweiz) 1912. Preis 6 M.
Es vergeht kein Jahr, in dem nicht ein neues Buch über Massage
erscheint. Durch Fortschritte und Neuerungen auf diesem Gebiete
man müsste denn die Konstruktionen von Apparaten zur I herrtio-
massage, Heliomassage, Hydromassage darunter rechnen — ist diese
256
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Massenproduktion nicht bedingt. Inhaltlich müssen deshalb alle diese
Bücher mehr oder weniger dasselbe bieten. Auch das vorliegende
Buch nimmt in dieser Beziehung keine Ausnahmestellung ein. Ein
gut geschriebener Text und ein reicher Bilderschmuck erleichtern das
Studium des Buches. Nicht unwidersprochen darf die auf S. 48 aus¬
gesprochene Empfehlung, tuberkulöse Gelenke zu massieren, bleiben.
Im allgemeinen ist bei tuberkulösen Gelenken dringend vor der
Massage zu warnen, ob überhaupt und für welche Fälle vielleicht eine
Massage in Frage kommen kann, ist zurzeit noch nicht zu be¬
antworten. F. Lange- München.
Dattner, Federn, Ferenczi, Freud, F r i e d 3 u n g,
Hitschmann, Rank, Reitler, Rosenstein, Sachs, Sad-
ger, Steiner, Stekel, Tausk: Die Onanie. 14 Beiträge zu
einer Diskussion der „Wiener psychoanalytischen Vereinigung“.
Wiesbaden 1912. Bergmann. 140 Seiten. Preis 4 M.
Die Onanie ist wohl noch nie in diesem Umfange diskutiert
worden. Wenn naturgemäss auch nicht alle Beiträge gleichwertig
sein können, so sind sie doch alle lesenswert, zum Teil sehr in¬
teressant. Die meisten fussen auf Freuds „Drei Abhandlungen zur
Sexualtheorie“. Auf Einzelheiten kann nicht eingegangen werden.
Die meisten Redner halten die Onanie der Pubertätszeit für einen
physiologischen Ausweg, welcher, vom Normalen, nicht vorher schon
Nervenkranken in mässigen Grenzen betrieben, keinen körperlichen
und seelischen Schaden bringe. Schaden stifte in übertriebener Weise
oder über die Pubertätszeit hinaus fortgesetzte Selbstbefriedigung.
Die Neurasthenie werde zumeist nicht durch den häufigen Akt als
vielmehr durch die Angst, das Schuldgefühl und den vergeblichen
Kampf gegen die Gewohnheit geschaffen. Der Körper könne durch
toxische Einwirkungen geschädigt werden. Auf die Psyche wirkt
schlimmer die geistige Onanie als die manuelle Masturbation. Bei der
Schilderung der Charaktereigenschaften und des Gebahrens der Ona¬
nisten finden wir manche äusserst treffende Züge, doch m. M.
auch manche, welche wir auch bei nicht masturbierenden Heran¬
reifenden finden dürften. Können wir schon nicht ohne Weiteres
zugestehen, dass jede am Säugling beobachtete, mit Lustäusserungen
und -mienen einhergehende Bewegung mit sexuellem Lustgefühl
identisch ist, so können wir auch nicht alle diese Bewegungen, z. B.
Lutschen, Streicheln, zur Onanie zählen oder gar eine Ubiquität der
Säuglingsonanie annehmen. L ö w e n f e 1 d zustimmend, heben
Reitler und Federn hervor, dass Freud mit Unrecht seine an
pathologischem Material gewonnenen Erfahrungen auf das normale
Sexualverhalten der Kindheit überträgt. Wenn Freud in seinen
Werken Waschungen, Reibungen, Verunreinigungen, Reizungen des
Genitales bei Säuglingen als teleologische, natürliche Vorbereitungen
und die nach ihm dadurch hervorgerufene Säuglingsonanie für ein
von der Natur gewolltes künftiges Primat dieser erogenen Zone für
die Geschlechtstätigkeit hielt, so widerspricht ihm darin Reitler,
und er selbst gibt im Schlussworte der vorliegenden Diskussion dieses
teleologische Argument preis. Ganz ungeheuerlich mutet uns der von
verschiedenen Rednern variierte Satz an: „Die letzten Wurzeln jeder
Selbstbefriedigung ruhen in der notwendigen Säuglingspflege!“
Ueber spezielle Formen sexueller Betätigung, wie Urethralerotik,
(Enuresis), Defäkationsmanipulationen, After-, Nasenbohren, egoisti¬
sche, sadistische, kleptomanische und andere Gewohnheiten und Un¬
arten, von Sammelwut etc. und ihren angenommenen Zusammen¬
hängen mit sexuellen Trieben hören wir viel Bemerkenswertes. Das
Verhalten des Onanisten zu seinen Angehörigen, zum Weibe, seine
Minderung an Werbekraft, an heterosexueller Befriedigung finden
eingehende Besprechung. Was die Heilung der Neurasthenie der
Onanisten anlangt, so zweifelt ein Redner an der Dauerhaftigkeit
von S t e k e 1 s psychoanalytisch gewonnenen Erfolgen. Als beste
Behandlung wird die Befreiung vom Angst- und Schuldgefühl be¬
zeichnet. Die Diskussion zeigte, wie Freuds Schlussatz sagt,
dass das Thema der Onanie schier unerschöpflich ist. Mit Federn
stimmen wir überein — und das gleiche haben Löwenfeld und
Uffenheimer schon bei einer Besprechung derselben Frage in
der Münchner Gesellschaft für Kinderheilkunde verlangt — , dass lang¬
dauernde Beobachtungen über die Verbreitung echter Onanie im
ersten Lebensdezennium, über die spätere Entwickelung der gross
gewordenen Kinder und die sexuellen Erscheinungen bei ihnen zur
Klärung nötig sind. Doernberger - München.
Bise hoff: Lehrbuch der gerichtlichen Psychiatrie für Medi¬
ziner und Juristen. Berlin und Wien 1912. Urban & Schwar¬
zenberg. 275 Seiten. Preis brosch. 8 M., geb. 10 M.
Das Buch behandelt zunächst die für die forensische Psychiatrie
in Betracht kommenden deutschen und österreichischen Gesetze,
dann die Bedeutung der verschiedenen psychischen Abnormitäten für
die gerichtliche Medizin und schliesslich die Symptomatologie der
einzelnen Psychosen und ihre Behandlung in foro. Alles ist sehr
kurz, klar und mit grossem Geschick beschrieben. Dass auch ein¬
zelne noch kontroverse Ansichten als sicher hingestellt werden, liess
sich bei der Knappheit der Darstellung nicht vermeiden.
Bleuler- Burghölzli.
Ri eg er: Aerztliehe Gutachten im Strafrecht und Versiche¬
rungswesen. IV. Bericht vom Jahre 191 1 aus der psychiatrischen
Universitätsklinik Würzburg. Verlag Kabitzsch, Wiirzburg 1912.
R i e g e r s sehr feuilletonistisch und subjektiv gehaltener „Be¬
richt“ ist eine fortgesetzte Klage über Menschen, Ansichten und
Verhältnisse. Im Gegensatz zu Lombroso steht er auf dem Stand¬
punkt, dass für ein peccatum criminale nicht der jeweilige Mensch
und dessen Gesinnung zu strafen sei, sondern der kriminelle Begriff,
weil sonst der Willkür Tür und Tor geöffnet werde. Lombrosos
Kriminalanatomie führt er in sarkastischer Weise ad absurdum: neben
jeder Galgenphysiognomie ständen mindestens zwei sehr ehrbar aus¬
sehende Verbrecher. Auch die allenfallsige verbrecherische Hirn¬
beschaffenheit lasse sich nur erkennen aus ihren tatsächlichen
Aeusserungen, da jetzt noch die Mittel fehlen, um über etwaige Ver¬
änderungen der Hirnmaterie etwas direkt behaupten zu können, was
ja auch bei den meisten Geisteskrankheiten der Fall ist, obwohl hier
zweifellos in vielen Fällen abnorme Beschaffenheit der Hirnmaterie
vorliegt. Trotzdem ist die psychiatrische Psychologie eine wissen-
schaftlich-gesetzmässige, während die Kriminalpsychologie zufällige
äussere Umstände berücksichtigen müsse, welche sich jeder Be¬
rechnung entziehen, da es bei der Begehung von Verbrechen über¬
haupt auf die äusseren, zufälligen, sozialen, nicht auf die inneren,
wesentlichen, zerebralen Verhältnisse ankomme. Wenn trotzdem
aus der Kriminalpsychologie zuviel Wesens gemacht werde, so beruhe
dies darauf, dass sie schon lange kultiviert worden sei, andererseits
viel Gelegenheit zur Sensation biete. Neben Lombroso greift er
als ebenfalls „sensationshaschend“ den Dresdner Staatsanwalt W u 1 f -
f e n, sowie den II. Staatsanwalt am Appellationsgerichtshof in Paris,
Dr. med. Maxwell an, wobei er aber zugesteht, dass er
des ersteren beanstandete Buch gar nicht gelesen hat. Er
erteilt ihnen in souveräner Weise den Rat, nicht in die Psychiatrie
zu pfuschen, von der sie nichts verständen: sie sollten lieber
Verbrecher entdecken! Hiezu müsse die Medizin Hilfe leisten,
aber nicht durch psychologische Erörterungen, die nichts Spezifisch-
Medizinisches haben, sondern durch die Ausarbeitung medizinisch-
technischer Hilfsmittel: Photographie, Daktyloskopie, Riegers
Kephalographie. In seinen weiteren Ausführungen verlangt er. dass
der medizinische Sachverständige nicht über das reden solle, was
jedem gebildeten Mann eigen, sondern nur über das, was bloss er
auf Grund seines Berufes wissen könne, wobei jedoch manche
Gerichtsärzte etwas vorsichtiger in ihren Aussagen und Bezeugungen
sein sollten: letztere Rüge belegt er mit einigen tatsächlichen Vor¬
kommnissen. Mit Recht beklagt er auch den Missstand, dass den
Aerzten von Richtern oft Fragen vorgelegt werden, die vernünftiger¬
weise gar nicht beantwortet werden können. Des weiteren lässt er
sich aus über mancher Gutachter Abneigung gegen Einfaches und
Zuneigung zu Unklarem und Verworrenem, sowie die Ansteckung der
Aerzte mit dem berüchtigten Deutsch der Juristen, dem ein grosser
Teil des Buches in markierten Hinweisen gelegentlich der Anführung
von Aktenauszügen gewidmet ist.
Auf Grund von ausführlichen Krankengeschichten. Sektions¬
befunden und Gutachten vertritt auch Ri eg er den in letzter Zeit
wiederholt von verschiedenen Seiten betonten Standpunkt, dass viele
Renten zu Unrecht begutachtet und auch bezahlt werden, durch
falsch angebrachtes Mitleid der Aerzte und weil in der Begutachtung
die „Subjektivität“ zu sehr vorherrsche. Diese letztere gefährde
die Rechtssicherheit in Unfallsbegutachtungen wie im Kriminal- und
Zivilrecht.
Das in Sprache und Ausführungen zum mindesten als originell
zu beurteilende Buch Riegers bringt, von der menschlichen
Schwäche stark betonter „Subjektivität“ abgesehen, viel des
interessanten für ärztliche Sachverständige und Gutachter, da ihm
Erfahrungen aus 33 jähriger Gutachtertätigkeit zugrunde liegen.
Richard B 1 u m m - Bayreuth.
Alphonse de Candolle: Zur Geschichte der Wissenschaften
und der Gelehrten. Deutsch herausgegeben von Wilhelm O s t w a 1 d.
Leipzig 1911. Akademische Verlagsgesellschaft. 466 Seiten. Bro¬
schiert 12 M.
Untersuchungen über die „Aetiologie“ des Genies: des Ge¬
lehrten wie des Künstlers, sind nicht neu und erwecken stets ein
lebhaftes Interesse, wenn sie Momente Zusammentragen, welche uns
den grossen Geist menschlich näher bringen. Ich erinnere nur
an die interessanten Möbius sehen Pathographien : Goethe,
Nietzsche, Schopenhauer, Rousseau, wobei man sich
jedoch stets bewusst bleiben möge, dass solche medizinischen Be¬
leuchtungen naturgemäss einseitig sein müssen und zur vollen Wer¬
tung grosser Geister ein künstlerisches „Einfühlen“ unum¬
gänglich erforderlich ist. De Candolle nun betrachtet in diesem
monumentalen Werk die Geschichte einer grösseren Anzahl von
Naturforschern und Mathematikern unter dem Gesichtspunkte der
Vererbung und Anpassung, also in darwinistischer Methodik,
und fördert auf diese Weise zweifellos recht bemerkenswerte Tat¬
sachen zutage. Freilich restlos wird damit das Rätsel des Genies
nicht gelöst und insbesondere bedeutet es nur Begriffsdialektik, wenn
die Vererbungstheoretiker gegenüber den zum ersten Male erschei¬
nenden aussergewöhnlich begabten Charakteren in einer Familie
erklären, es handle sich um „individuelle Variationen“.
Auch dürfte es etwas Missliches an sich haben, die geo¬
graphische Verteilung der grossen Männer lediglich nach der
Mitgliedschaft einer gelehrten Gesellschaft zu konstruieren. Po¬
litische, kulturelle und geschichtliche Faktoren beeinflussen die
geistige Gesundheit eines Volkes so grundlegend, dass demgegen-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
257
4. Februar 1913.
über der Anhalt an jene mehr oder weniger äussere Ehrung von
Gelehrten notdürftig erscheinen muss. Die Wurzeln der Schöpfung
des Genies erstrecken sich unzweifelhaft auf verschlungenen Wegen
weithinein in ein dunkles Erdreich und ziehen hier ihre Nahrung
heran, ohne dass wir ihrer ansichtig zu werden, in der Lage wären.
So kann eine „Geniologie“ im Sinne de Candolles natur-
gemäss nur fördernde Umstände zutage bringen auf Grund retro¬
spektiver Analyse, aber ebensowenig Züchtungsgrundsätze aufstellen,
wie es Nietzsches Uebermenschenlehre vermag. Die Natur hat
sich eben letzten Endes doch das entscheidende Wort in der Mensch-
und Charaktergestaltung Vorbehalten und die inneren Gründe ihres
Gestaltungswillens dem menschlichen Blick verschleiert.
Geht man mit diesen Voraussetzungen an das Studium des vor¬
liegenden Werkes und bleibt man sich bewusst, dass die Darwin¬
sche Lehre zwar Anpassungserscheinungen und Vererbungsphäno-
mene beschreiben, aber im innersten Wesen niemals erklären
kann, so kann man sich zu einer anerkennenden Wertschätzung der
mühevollen Untersuchungen und des reichen Materials gerne ent-
schliessen. F. Köhler- Holsterhausen-Werden Ruhr.
B o e h m und Oppel: Taschenbuch der mikroskopischen Tech¬
nik. 7. Aufl. von A. O p p e 1. 8°. München und Berlin. R. 0 1 d e n -
bourg. 363 S. 10 Fig. 1912. Preis M. 6. — .
Die siebendte, nach dem Tode von A. Boehm durch A. 0 p p e 1
allein besorgte und dem Andenken C. v. K u p f f e r s und seines
früheren Mitarbeiters gewidmete Auflage des bekannten Taschen¬
buches der mikroskopischen Technik enthält eine Reihe von Neue¬
rungen, so namentlich einen kurzen Abriss der experimentell-entwick¬
lungsmechanischen Technik. Im übrigen ist das vorzügliche kleine,
eben wegen seiner Handlichkeit im mikroskopischen Laboratorium
kaum mehr entbehrliche Buch nur soweit ergänzt, dass es auf dem
Laufenden erhält. Der Anfänger wird es mit ebenso gutem Erfolge
zu Rate ziehen können wie der Geübte, es wird nie versagen.
S o b o 1 1 a - Wiirzburg.
Neueste Journaliteratur.
Zeitschrift für experimentelle Pathologie und Therapie.
12. Band, 1. Heft.
1) J. Pie sch, L. Karczag und B. Ke et mann: Das Tho¬
rium X in der Biologie und Pathologie. (Aus der II. med. Klinik
in Berlin.)
Die Verfasser geben zuerst eine Uebersicht über die physi¬
kalischen Eigenschaften des Thoriums und seiner radioaktiven Um¬
wandlungsprodukte und die auf der Vergrösserung der Leitfähigkeit
der Luft beruhenden Messungsmethoden für das Thorium X und
gehen dann auf die biologisch-klinischen Verhältnisse ein. Das
Thorium X kann subkutan, intravenös, per os oder per klysma ein¬
verleibt werden, oder es kann die Thoriumemanation inhaliert
werden. Die Inhalation der Thoriumemanation hat vor jener der
Radiumemanation den Vorzug, dass die Halbwertszeit der Thorium¬
emanation nur 53 Sekunden gegenüber der 3,8 Tage währenden der
Radiumemanation beträgt; dass sie also während eines Blutumlaufes
zerfällt; ihre Zerfallsprodukte kann dann der Körper binden, während
die Radiumemanation infolge ihres viel langsameren Zerfalls zuin
grossen Teil wieder als Gas ausgeschieden wird: Von intravenös
eingefiihrtem Radiumbromid finden sich nach 24 Stunden 75 Proz.
in den Knochen und im Knochenmark wieder, von den übrigen Or¬
ganen enthält am meisten der Darm mit seinem Inhalt, ca. 8 Proz.:
auffallend grosse Mengen finden sich auch in den Lungen bzw. der
Trachea; Gehirn und Rückenmark, Hoden und Milz enthalten weniger
als die Leber, das Blut nur Spuren, die Muskulatur und das Herz
gar nichts. Beim Thorium verhält es sich im grossen und ganzen
ähnlich. Das Thorium A, ein Umwandlungsprodukt des Thoriums X,
scheint eine grosse Affinität zur Leber zu besitzen, in welcher es
nach einer Stunde am reichlichsten angetroffen wird; nach
24 Stunden finden sich 64 Proz. Thorium X in den Knochen, von
Thorium A 20 Proz. in den Knochen und 9 Proz. in der Leber.
Das Thorium X wird im Harn sofort ausgeschieden, die Aus¬
scheidung ist anfangs am grössten, nimmt allmählich ab und hört
am 2. Tag auf; in den Fäzes dauert die Ausscheidung bis zum 4. Tag;
auch durch den Schweiss werden geringe Mengen ausgeschieden.
Im ganzen werden jedoch nur 12 — 18 Proz. ausgeschieden, die übrigen
80 Proz. werden zurückgehalten und können bei weiteren Injektionen
zu kumuiativen Wirkungen führen. Weder Verdauungsversuche mit
Trypsin noch Gärungsversuche mit Hefe auf Traubenzucker, Rohr¬
zucker und Galaktose Hessen eine sichere Wirkung des Thoriums
erkennen. Bei kardialer Dyspnoe Hess sich eine Verbesserung der
Atmung durch Thorium X erzielen; die Atemtiefe, die Residualluft
und die Totalkapazität nahmen zu. Sowohl durch die Emanation wie
durch intravenöse Injektion von Thorium X Hess sich häufig eine
blutdrucksenkende Wirkung erzielen; in manchen Fällen Vermin¬
derung der Schlagfrequenz mit Zunahme des Schlagvolumens. Bei
Inhalationsversuchen mit Thoriumemanation war eine Zunahme des
respiratorischen Stoffwechsels mit einer Erhöhung des respirato¬
rischen Quotienten bis zu 1,4, bei intravenöser Injektion keine Wir¬
kung auf den Stoffwechsel zu beobachten. Eine Wirkung auf die
Vermehrung von Bakterien war nicht nachzuweisen. Als tödlich
wirkende Dosis berechneten sich aus den Tierversuchen für einen
Menschen von 60 kg Gewicht 10 000 elektrostatische Einheiten, nach
der Erfahrung am Menschen selbst können jedoch schon 5000 elektro¬
statische Einheiten den Tod herbeiführen. Nach der intravenösen
Injektion bildet sich zuweilen ein sehr schmerzhaftes Ulcus mit einer
sehr geringen Heilungstendenz, so dass 6 Monate bis zur völligen
Heilung verstreichen können. Unangenehme allgemeine Symptome
wurden ausser vorübergehendem leichteren Schwächegefühl und
kurzdauernden Magenschmerzen nicht beobachtet. Pigmentierungen
und Hypertrichiasis traten vereinzelt auf. Für die Dosierung ist
das Blutbild von Wichtigkeit. Solange keine Reaktion des Blutbildes
zu bemerken war, wurden keine störenden Nebenwirkungen beob¬
achtet. Eine Abnahme der weissen Blutkörperchen mahnt zur Vor¬
sicht. Dosen über 1000 elektrostatische Einheiten sollen nur in den
seltensten Fällen überschritten werden. Diarrhöen auf enteritischer
Basis bilden eine Kontraindikation. Um die Reizwirkung des durch
den Darm zur Ausscheidung gelangenden Thorium X abzukürzen,
empfiehlt es sich, gleich nach der Verabreichung des Thorium X die
Peristaltik durch Abführmittel anzuregen. Zur Reizwirkung auf das
Knochenmark sind höchstens 30 elektrostatische Einheiten pro in-
jectione in 3 — 4 tägigen Zwischenräumen nötig. Bei Fettsucht wurde
in vielen Fällen durch Steigerung des Stoffwechsels beträchtliche
Gewichtsabnahme erzielt, bei Gicht eine Vermehrung der Harnsäure-
und Purinbasenausscheidung und eine allgemeine Besserung des
Krankheitszustandes erzielt; bei Diabetes mellitus war keine Wirkung
zu erzielen. Sklerodermie wurde gebessert; bei Tuberkulose, Pneu¬
monie und Sepsis wurden keine sicheren günstigen Wirkungen, bei
Nebenhöhleneiterung vorübergehend Aufhören der Eiterung und der
Kopfschmerzen erzielt. Gelenk- und Muskelrheumatismus wurde
günstig beeinflusst. Bei Herzkrankheiten und Arteriosklerose wurden
häufig Besserung der Atembeschwerden und Verminderung des Blut¬
druckes erzielt. Bei normalem Blutbefund wurde fast völliges Ver¬
schwinden der Blutplättchen und Verminderung der Leukozytenzahl
erzielt. Bei einem Fall von sekundärer Anämie wurde Zunahme der
Anisozytose erzielt. Bei perniziöser Anämie wurden geringe Dosen
angewendet, da eine Reizwirkung auf die blutbildenden Apparate
indiziert war. Als maximale Reizdosis wurden 50 elektrostatische
Einheiten ermittelt. Meist reicht man aber mit 20 — 30 aus. In einem
Falle wurde Steigerung der Erythrozytenzahl von 340 000 auf 4 000 000
erreicht, allerdings nur für 5 Monate, nach welcher Zeit ein Rezidiv
eintrat. In dem 2. und 3. Fall konnte nur eine Erythrozytenzahl von
ca. 2 000 000 erreicht werden, bei dem 4. Fall trat nach einer anfäng¬
lichen Steigerung von 900 000 auf 1 760 000 wieder ein ganz steiler
Abfall auf 900 000 ein; bei einer Anaemia megalosplenica infant. wurde
zwar eine Vermehrung der Erythrozyten, aber keine Besserung des
Allgemeinbefindens und des Milzbefundes erzielt. Bei myeloischer
Leukämie wurde durch grosse Dosen eine Abnahme der Leukozyten,
sogar ein völliges Verschwinden der Myelozyten und allgemeine
Besserung mit Steigerung der Nahrungsaufnahme, allerdings nicht
auf die Dauer, erreicht. Ebenso wurden bei lymphatischer Leukämie
und bei nichtleukämischen Lymphdrüsentumoren wesentliche Besse¬
rungen, allerdings auch nicht auf die Dauer, erzielt.
2) Th. A. Maass und Pie sch: Wirkung des Thorium X auf
die Zirkulation, (Aus der II. med. Klinik und dem tierphysiologischen
Institut der landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin.)
Die Untersuchungen am Froschherz mittelst der Jakobi sehen
Durchströmung, der E n g e 1 m a n n sehen Suspensionsmethode und
der direkten Herzplethysmographie ergaben, dass das Thorium X
ebenso wie Radiumemanation einen ausgesprochenen Einfluss auf das
Kaltblüterherz ausübt, wahrscheinlich derart, dass die diastolische
Dehnbarkeit des Herzens eine Zunahme erfährt. Versuche über die
Beeinflussbarkeit des Blutdrucks beim Warmblüter durch Thorium¬
injektionen blieben ergebnislos. Die Erregbarkeit der herzhemmenden
Vagusfasern oder der nervösen Endelemente erfährt unter Thorium X-
Wirkung bei Kaninchen zunächst eine Abnahme, dann bisweilen eine
geringe Zunahme.
3) A. Pappenheim und J. Plesch: Experimentelle und
histologische Untersuchungen zur Erforschung der Wirkung des
Thorium X auf den tierischen Organismus. (Aus der II. med. Klinik
in Berlin.)
Die Wirkung tödlicher und übertödlicher Dosen bei Kaninchen
zeigt sich in sofortigem Leukozytensturz mit daranschliessendem
völligen Verschwinden derselben aus dem Blut. Zuerst schwinden
die Lymphozyten, dann die Monozyten, Eosinophilen und Mastzellen,
am resistentesten sind die polynukleären Spezialleukozyten. Von
pathologischen Formen treten Plasmareizungszellen, aber keine
Jugendformen auf; die Plättchen schwinden und vergrössern sich.
Die roten zeigen starke Anisozytose, keine Degenerationen, keine
Jugendformen, am Anfang des 3. Tages ist gewöhnlich das Blut auch
vom letzten polynukleären Leukozyten frei. Der Tod erfolgt meist
um den 4. Tag herum. Nachträgliche Injektionen von Natrium
nucleinicum können keine Leukozytose mehr auslösen. Makroskopisch
deutliche Blutungen finden sich nicht; das Knochenmark ist makro¬
skopisch dunkelrot und erweicht, die Milz stellenweise schwärzlich
und atrophisch. Mikroskopisch findet sich allgemein äusserst starke
Hyperämie, besonders konstant in Lunge und Leber, und starke
elektive Zellschädigung im Knochenmark, sowie in Leber, Niere und
Nebenniere, verknüpft mit Blutungen. Relativ resistent scheint das
Zentralnervensystem zu sein; an der Milz finden sich atrophische
Veränderungen.
258
MUFNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 5.
4) K. Amerling: Experimentelle Albuminurie und Nephritis
bei Hunden infolge von Immobilisation. (Aus dem pharmakol. In¬
stitut der böhmischen Universität Prag.)
Die Versuche ergaben, dass eine bloss zweistündige Immobili¬
sation bei Hunden hinreicht, um Albuminurie und Nierenentzündung
hervorzurufen.
5) W. Weiland: Kohlehydratkuren und Alkalitherapie bei
Diabetes mellitus; ihre Indikation und Prognose. (Aus der med.
Klinik in Kiel.)
Blutzuckerbestimmungen ergaben, dass eine aussichtsreiche
Therapie nur dann gewährleistet ist, wenn ihr Erfolg durch Herab¬
gehen des Blutzuckerspiegels erkennbar ist. Die Hyperglykämie
steht in keinem Falle zu der Schwere der Erkrankung in absolut
parallelem Verhältnis, ihre wechselnde Höhe ist aber ein Indikator
für die Schwere der Erkrankung. Bei Bewertung der Resultate ist
die Nierendichtigkeit zu berücksichtigen. Arteriosklerose und Hyper¬
tonie allein beeinflussen die Menge des Blutzuckers nicht so stark,
dass daraus diagnostische Schwierigkeiten entständen. Für das
Zustandekommen komplizierender Erkrankungen sind andere kausale
Momente wichtiger; die erfolgreiche Therapie dieser Komplikationen
ist jedoch von der Herabsetzung der Hyperglykämie stark abhängig.
Gelingt es nicht, den Kranken durch strenge Tage oder Gemüsetage
zuckerfrei zu machen, so ist der Versuch mit einer Haferperiode zu
machen, gleichgültig, ob Azidosis vorliegt oder nicht, allenfalls wird
sie nach einigen Gemüsetagen wiederholt. Ferner sind Hafertage
einzuschieben, wenn die Azetonurie hohe Grade erreicht. In den
schwersten Fällen versagt der Hafer vielfach, hat jedoch eine
schonendere Wirkung als Kohlehydratzuiuhr in anderer Form.
Protrahierte Darreichung von Haferkost über Tage und Wochen
hinaus ist zu vermeiden; am besten werden 2 Hafertage mit 2 bis 3
vorhergehenden und nachfolgenden Gemüsetagen angeordnet und
diese Kostform nicht zu bald wiederholt. Intravenöse Infusionen von
Natr. bic. sind beim Koma manchmal wirkungslos, auch wenn der
Harn dadurch alkalisch wird; nach grösseren Infusionen treten leicht
epileptiforme Krämpfe auf. Es ist zweckmässig, jedem Diabetiker
per os Natr. bic. in grossen Dosen zu geben, so dass der Urin stets
alkalisch bleibt. Gelingt es mit mittleren Dosen (40 — 50 g) täglich
den Harn alkalisch zu erhalten, so liegt eine drohende Gefahr des
Komas nicht vor; eine quantitative Bestimmung der Azetonkörper¬
ausscheidung ist jedoch zu Anfang bei jedem schwerer Erkrankten
notwendig und daher Anstaltsbehandlung indiziert, um einen Ueber-
blick über die Schwere der Erkrankung und die Besserungsfähigkeit
zu gewinnen; ist dies gelungen, so kann dann ambulante Behandlung
einsetzen. Von Zeit zu Zeit ist jedoch stets eine klinische Nach¬
untersuchung notwendig, auch wenn es gelingt mit 40 — 50 g Natr. bic.
den Harn zu alkalisieren, da dabei eine Gefahr des Komas nicht ganz
ausgeschlossen ist. Ganz schwere Fälle sollten unter allen Um¬
ständen in klinischer Behandlung verbleiben.
6) J. H. King: Zur Frage der Vermeidbarkeit der Adrenalin-
glykosurie durch Nikotin. (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Die Versuche ergaben, dass auch bei nicht vorbehandelten,
noi mal mit rohem Gemüse ernährten Kaninchen, durch eine ent¬
sprechend hohe Dosis von Nikotin die durch Adrenalin hervor¬
zurufende Glykosurie verhindert wird; in Uebereinstimmung mit den
Resultaen Hirayamas. Die Blutzuckerbestimmungen ergaben,
dass bei der Injektion von Nikotin und Adrenalin ebenso starke
Hyperglykämie besteht wie bei reinen Adrenalininjektionen, dass
also nicht Glykogenmangel Ursache des Ausbleibens der Glykosurie
ist, sondern Dichtung des Nierenfilters.
7) L. P in cu ss oh n: Untersuchungen über die Seekrankheit.
(Aus der II. med. Klinik und der experim.-biolog. Abteilung des pathol.
Institutes in Berlin.)
Die Untersuchung der Magensaftsekretion an 2 Hunden mit
Magenblindsack nach P a w 1 o w mittels der Bestimmung der
Diffusion der Salzsäure in Röhrchen, welche mit Bayrischblau ver¬
setztes geronnenes Eiweiss enthielten, bei welchen durch die fort¬
schreitende Verdauung die blaue Farbe wieder hervortritt, ergaben
während einer Reise von Hamburg ins Mittelmeer eine anscheinend
der Stärke der Schiffsbewegung proportionale Hemmung der Magen¬
saftsekretion. 2 Hunde, welchen das innere Ohr nach Munk und
B a g i n s k i möglichst vollständig zerstört worden war, verhielten
sich ebenso wie nicht operierte Hunde. Die Bogengänge scheinen
demnach keine ausschlaggebende Rolle zu spielen, wenn auch der
Beweis der völligen Zerstörung derselben bei den 2 Hunden mangels
anatomischer Untersuchung nicht sicher erbracht ist.
S) L. Hof bau er: Natur und Entstehung der K r ö n i g sehen
Lungenspitzenatelektase. (Aus der I. med. Klinik in Wien.)
Die Annahme, dass die K r ö n i g sehe Lungenspitzenatelektase
mit Kollapsinduration durch Staubinhalation infolge mangelhafter
Filtration bei behinderter Nasenatmung entstehe, lässt sich nicht
halten; denn Untersuchungen mittels des M a r e y sehen Pneumo¬
graphen ergaben, dass beim Normalen die Lungenspitzen respira¬
torisch keine wesentlichen Aenderungen aufweisen, wenn er statt
durch die Nase durch den Mund atmet. Dagegen zeigt der Mund-
atmer eine deutliche Vergrösserung der Ausschläge des über den
Lungenspitzen angebrachten Pneumographen, wenn er gezwungen
wird durch die Nase zu atmen. Die Atelektase der Lungenspitzen
beim Mundatmer rührt also nur von der ungenügend respiratorischen
Tätigkeit der obersten Thoraxpartien her. Die von Staehlin und
Schütze gegen die pneumographische Methodik des Verfassers
erhobenen Einwände sind nicht stichhaltig.
Lindemann - München.
Zeitschrift für physikalische und diätetische Therapie.
Heft 1, 1913.
Goldscheider: Die Anwendung der physikalischen Heil¬
methoden zur Behandlung von zentralen Erkrankungen.
Fortbildungsvortrag, der mehr gibt als der Titel vermuten Hisst.
Ausser den eigentlichen physikalischen Methoden (Bäder, Arson-
valisation, Uebungstherapie, Gehverbände) werden auch andere, z. T.
ausführlich, besprochen, z. B. Indikation und bisherige Erfolge der
Försterschen Operation, epidurale Injektionen, Lumbal¬
punktionen, sonstige Operationen (z. B. bei Bechterew scher
Krankheit).
L. Brieger: Ueber die Bedeutung der Hydrotherapie iiir die
Hygiene.
Bemerkungen über die Bedeutung der Abhärtung, die beste Form
ihrer Anwendung, ihre Indikationen.
J. A. W a 1 e d i n s k y - Tomsk : Einfluss der Kohlensäurebäder
auf das Elektrokardiogramm. (Pathol. Institut Berlin.)
Versuche an Kaninchen zeigten eine Abnahme der Höhe aller
Zacken des Elektrokardiogramms am stärksten nach dem ersten Bau.
nach den folgenden schwächer. Diese Wirkung hielt auch an det:
folgenden Tagen an.
E. P 1 a t e - Hamburg: Ueber einen neuen Vibrator mit erhöhter
Ersehüttcrungszahl. (Allgeni. Krankenhaus St. Georg.)
Beschreibung und Abbildung eines neuen Vibrators, der von
R e i n i ge r, ü e b b e r t & S c h a 1 1 hergestellt und unter dem Namen
Rapidfibrator vertrieben wird.
W. Krebs: Beitrag zur Technik der Bäder und des Badens.
Verf. wendet sich gegen die neue Mode, Klosett und Bad in
einem Raum zu vereinigen, gegen die unbequeme Form der ge¬
bräuchlichen Badewannen, die das Baden für Kranke zu einer An¬
strengung machen, empfiehlt praktische Badeeinlagen, die das
Rutschen auf dem glatten Wannenboden verhindern, Badekissen und
Kühlapparate für Kopf und Herz und gibt bemerkenswerte Ratschlag':
für Einrichtung von Ruheräumen in Bädern und für die Organisation
des Badens, die die zu lange W'artezeit der Badegäste vermeiden soll.
W. S t e r n b e r g - Berlin : Temperatur der Schmeckstoffe und
Genuss.
Hinweis auf die jeder guten Hausfrau bekannten Tatsachen, dass
Liköre eiskalt am besten sind, Schinken, Speck warm stärker ge¬
salzen erscheinen, Eisspeisen, Kompott sehr reichlich Zucker ent¬
halten können ohne zu süss zu erscheinen etc.
S. Auerbach - Frankfurt a. M. : Eine praktische Unter¬
suchungselektrode.
Rechtwinklig abgebogene Elektrode und in rechtwinklig ange¬
setztem Gelenk bewegliche Elektrode, die bequemeres Untersuchen
gestatten. Hergestellt bei Reiniger, Gebbert & Schall.
L. Jacob- Wiirzburg.
Zentralblatt für Chirurgie, No. 3, 1913.
Felix F r a n k e - Braunschweig: Die osteoplastische epiphysäre
Amputatio tibiae sub genu als Ersatz für die Exartikulation im Knie¬
gelenk.
Verf. erläutert die Vor- und Nachteile der Exartikulation gegen¬
über der Amputation und schildert eingehend sein neues Verfahren
der osteoplastischen epiphysären Amputation der Tibia, das die Ober-
schenkelkondylen erhält, dabei aber nicht mehr Haut als die Ex-
artikulation beansprucht und so die Gefahr der Hautlappengangrän
herabsetzt. Die wesentlichen Punkte der Operation sind, dass Verf.
die Kniegelenkshöhle erhält, von der Tibia aber eine dünne, den
Epiphysenteil enthaltende Knochenscheibe absägt, mit dem Haut-
lappen die Tuberositas tibiae in Verbindung lässt und diesen auf die
dünne Epiphysenscheibe herunterklappt: wichtig ist dabei zur Ver¬
meidung jeder Spannung, dass sämtliche an der Epiphysenplatte
haftende Beugesehnen durchtrennt werden. Ein Röntgenbild ver¬
anschaulicht die schöne Form des Stumpfes. Diese Methode emp¬
fiehlt sich als Ersatz der Exartikulation und der hohen Unterschenkel¬
amputation.
K r ü g e r - Weimar: Operative Mobilisierung des Zoekum bei
der Appendektomie, sowie Bemerkungen zum Artikel Kofmanns
(No. 50, 1912).
Verf. hält die von Kofmann vorgeschlagene Ausschaltung
der Appendix durchaus nicht für unbedenklich. Die Schwierig¬
keiten der Appendektomie bei retrozoekaler Lage der Appendix
lassen sich überwinden, wenn man zur rechten Zeit operiert, die
Richtung und Lage des Hautschnittes der jeweiligen Lage der
Appendix anpasst und immer unter Leitung des Auges arbeitet; sehr
empfiehlt sich dabei der R i e d e 1 sehe Wechselschnitt; ein Kunst¬
griff, die retrozoekal liegenden Appendix leichter zu finden, besteht
in der Inzision der Umschlagsfalte des Peritoneums zwischen Bauch¬
wand und Zoekum, welche den Dickdarm bequem nach der Mitte zu
umdrehen lässt und den versteckten Wurm dann leicht zur An¬
schauung bringt.
Friedrich Neugebauer - Ostrau : Ueber die Ausschaltung des
Wurmfortsatzes.
4. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 259
Verf. warnt gleichfalls, die von K o f ni a n n empfohlene Aus¬
schaltung nachzuahmen und illustriert an einer Krankengeschichte,
dass eine ausgeschaltete Appendix den gleichen Anfall mit Abszess¬
bildung hervorrufen kann wie eine noch unversehrte Appendix.
A. T h i e s - Qiessen: Die Verwendung des Luffaschwammes bei
der Laparotomie.
Verf. empfiehlt zum Zurückhalten der sich vordrängenden Darm-
schlingen den Luffaschwamm, der Auskochen und Sterilisieren gut
verträgt; vor der Einführung in die Bauchhöhle wird er mit einer
Kompresse umwickelt, damit ein mechanischer Reiz der Serosa
vermieden wird. Er ist billiger als der Gummibadeschwamm nach
Perthes. E. H e i m - Qerolzhofen.
Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie. Bd. XXXVI,
Heft 5.
1) O. S c h m i d t - Bremen: 692 Fälle von Fehlgeburten.
Kritischer Bericht aus der Frauenklinik der Stadt Bremen. So¬
wohl die Fehlgeburten wie die Todesfälle nach Abort haben in den
letzten Jahren zugenommen. Die Ursache des Abort lässt sich in
den wenigsten Fällen feststellen. Bei der Behandlung wurde zu¬
meist aktiv vorgegangen, auch mit Kürette und Abortzange.
2) Holst- Stettin : Zur S t r o g a n o f f sehen Eklampsie-
behandlung.
ln Anlehnung an die Stroganoff sehen Grundsätze übt Verf.
die bedingte Beschleunigung der Geburt, nicht aber die Schnellent¬
bindung im Sinne des Kaiserschnittes.
3) Schopp - Heidelberg : lieber Myomenukleation.
Verf. tritt für die abdominale Myomenukleation ein, besonders
bei jungen myomkranken Frauen. Die Resultate waren bei 60 Fällen
nicht schlechter wie bei der Paulysterektomie. Von 45 nachunter¬
suchten Fällen rezidivierten 9 Proz. Diese kleinsten Keime kann
man in Zukunft durch die Röntgentherapie wirksam bekämpfen.
4) W a 1 1 a r t - Basel: Beitrag zur Frage der Schwangerschafts¬
veränderungen der Tube.
Beschreibung der histologischen Veränderungen der Tube
während der Schwangerschaft, die parallel mit der Ausdehnung des
Uterus sich ausbilden. Mitunter fand Verf. ein Bild, das wie ein
Tuberkel aussah: das Zentrum wurde aber von einem Gefäss ge¬
bildet. in dessen Umgebung eine hochgradige Hyperleukozytose sich
befand. Die deziduale Reaktion in der Tubenschleimhaut ist gering.
5) A. H ö r r m a n n - München : Die orthopädische Becken-
bauchbinde (Fascia pelvica nach B r a c c o).
Empfiehlt diese neue Binde, die recht gut zu sein scheint.
6) R i e c k - Altona : Die Extraperitonisierung vaginaler Bauch¬
höhlenoperationen.
Die Bauchhöhle wird nur kurze Zeit auf vaginalem Wege er¬
öffnet, der Uterus vorgezogen, die Blase tief im Douglas angenäht,
so dass sich Operation wie Exstirpation des Uterus ausserhalb der
Bauchhöhle abspielen. Die Stümpfe werden ähnlich wie bei der
W e r t h e i m sehen Operation dauernd zwischen Scheide und Blase
eingelagert. Das Verfahren eignet sich für die schwersten Fälle von
fixierter Retroflexie, bei Resektion des Corpus uteri, für die Radikal¬
operation bei Karzinom sowie für die Exstirpation des septischen
puerperalen Uterus. Weinbrenner - Magdeburg.
Zentralblatt für Gynäkologie, No. 3. 1913.
M. Stolz-Graz: Zur Hyperemesis gravidarum.
Nach St. führt die vom Uterus ausgehende Intoxikation auf dem
Wege des Nervensystems zur Hyperemesis. Für die Bekämpfung
kommt die kausale und symptomatische Behandlung in Betracht.
Erstere wird durch den Abortus oder die künstliche Frühgeburt ein¬
geleitet. Für letztere empfiehlt St. Herabsetzung der Sensibilität
durch subkutane oder rektale Verabfolgung von Narkotizis. In zwei
schweren Fällen brachten Opium- bzw. Pantoponsuppositorien Heilung.
H. Schlimpert- Freiburg: Ein Kippstuhl zur Ausführung
der hohen extraduralen Anästhesie.
Der Kippstuhl ist bestimmt, die Herstellung einer Knie-Ellbogen-
Ugc bei gleichzeitiger Beckenhochlagerung zu ermöglichen. Zu haben
bei F. Fischer in Freiburg i. Br.
M. Z o n d e k - Berlin: Zur Behandlung der Eklampsie.
Durch Torsion oder Kompression des Nierenstiels wird eine
schlaffe Niere venös hyperämisch: bei der Dekapsulation tritt Blut
und Lymphe aus der Oberfläche hervor. Hierdurch kann ein Blut-
und Lymphaderlass herbeigeführt werden, der bei Eklampsie erfolg¬
reich sein dürfte.
Franz L e h m a n n - Berlin : Klimakterische Blutungen und
Karzinomprophylaxe.
L. tritt dem Ausdruck „klimakterische Blutungen“ entgegen, der
gefährlich sei, weil dadurch viele Karzinome im Beginne übersehen
werden. Dem Publikum gegenüber darf nie von unregelmässigen
Blutungen als einem gewöhnlichen oder gar normalen Ereignis des
Klimakteriums gesprochen werden. Eigentliche „klimakterische
Blutungen“ gibt es nicht.
E k s t e i n - Teplitz : Ueber Schutzpessare.
Ein neues Okklusivpessar, das dem Hodgepessar nachgebildet
ist, aus biegsamem, elastischem Material besteht und mit einem
Kondom überzogen wird, der jedesmal erneuert wird. Dies „Reforrn-
pessar“ wird von der Firma Phil. P e n i n in Leipzig hergestellt.
J a f f e - Hamburg.
Gynäkologische Rundschau, Jahrgang VII, Heft 1.
Otto v. Her ff- Basel: Zur Vorbeugung postoperativer Perito¬
nitis bei verschmutzten Laparotomien. (Aus dem Frauenspital Base!
Stadt.)
Verfasser berichtet über die Erfahrungen, welche in seiner Klinik
mit den gegen sekundäre Operationsperitonitis vorgeschlagenen Mass-
regeln erzielt wurden, und zwar im besonderen mit Kampferöl und
Pcrhydrol. Nach Ansicht des Verf. ist eine am Schlüsse einer un¬
reinen Bauchoperation vorgenommene Oelung nicht imstande, eine
sekundäre Peritonitis restlos zum Verschwinden zu bringen. Die
anteoperative Kampferölung, welche fast nur bei Karzinomoperationeu
des Uterus in Anwendung kam, hatte, abgesehen von einigen Miss¬
erfolgen Nutzen. Schädigungen durch Kampferöl wurden nicht be¬
obachtet.
Seit einiger Zeit verwendet Verf. Perhydrol bei Eiterung oder
Jauchung, regelmässig nach abdomineller Hysterektomie wegen
Uteruskarzinom. Näheres über die Anwendung muss im Original
nachgelesen werden. Wenn auch die Zahl der so behandelten Fälle
noch klein ist, so ist doch Verf. mit der Mitteilung an die Oeffcnt-
lichkeit getreten, weil der Verlauf dieser Fälle bezüglich Temperatur
und Puls ein ganz auffallend günstiger gewesen ist.
Alfred D ü h r s s e n - Berlin: Die Ventrifixur der Ligamenta
rotunda unter subperitonealer Durchleitung durch die Ligamenta
lata.
Die Operation, welche die Alexander - Adams sehe Opera¬
tion und in gewissem Sinne auch die Vaginifixur zu ersetzen im¬
stande ist, besteht in der subperitonealen Durchleitung einer jeder-
seits gebildeten Schlinge des Ligamentum rotundum durch das ent¬
sprechende Ligamentum latum und Vernähung der Schlinge mit den
Rektusaponeurosen. Ausführliche Beschreibung der Operations¬
methode, welche vor den anderen den Vorteil hat, dass sie im Ab¬
domen keine künstlichen Bänder setzt, welche zu Ileus führen können.
Die Operation wurde bisher in 33 Fällen doppelseitig und in 31 Fällen
die einseitige S i m p s o n sehe Operation vorgenommen und zwar
mit gutem Erfolge. Zwei Fälle wurden in der Schwangerschaft
bezw. in der Geburt beobachtet, in zwei Fällen wurde die Operation
während der Gravidität vorgenommen.
C. H. S t r a t z - den Haag: Drei Fälle von Vaginaltumoren. (Mit
2 Figuren.)
Es handelte sich in den Fällen um ein Fibroma vagin ae,
eine Vaginalzyste bei Uterus duplex und um eine
Dystopia urethrae infolge eines Tumor artefi-
cialis e Paraffin o. Kunze Beschreibung der Fälle.
Paul Rissmann - Osnabrück : Die Ausbildung von Säuglings¬
pflegerinnen in ihren Beziehungen zu den Hebammenschwestern und
zu den Krankenschwestern.
Der Verf. stellt am Schlüsse seiner Arbeit folgende Thesen auf:
1. Die Ausbildung der Hebammenschwestern muss mindestens in
Bezug auf die Länge der Ausbildungszeit derjenigen der Kranken-
und Säuglingskrankenschwestern gleich sein (zunächst 1 Jahr).
2. Die sog. Wochenbettpflegerinnen haben entsprechend der
Kürze ihrer Ausbildung ihre Pflicht in der Praxis getan, jedoch ist
schon lange die Organisation des Unterrichtes und die staatliche
Beaufsichtigung in der Praxis verbesserungsbedürftig.
3. Die Ausbildung der einfach vorgebildeten Säuglingspflege¬
rinnen für die Familien (nach Langstein) muss die gleiche sein
wie die der sog. Wochenbettpflegerinnen, die in Frauenkliniken,
Hebammenschulen und ähnlichen Anstalten ausgebildet werden.
Hermann Palm -Berlin: Rückblick auf die Gynäkologie und
Geburtshilfe in den Jahren 1911 und 1912.
Zu einem kurzen Referate nicht geeignet!
A. Rieländer - Marburg.
Monatsschrift für Kinderheilkunde. Bd. XI, No. 8, 1912.
1) R o 1 1 i e r - Leysin: Die Sonnenbehandlung der Tuberkulose.
Vortrag auf dem Naturforscher- und Aerztekongress in Münster
(vergl. diese Wochenschr. pag. 2479).
2) B. B e n d i x und J. Bergmann: Ueber das sogenannte
Kochsalzfieber. (Aus der Charlottenburger Säuglingsklinik, diri¬
gierender Arzt: Prof. B. B e n d i x.)
Mit den jüngst referierten Befunden Samelsons überein¬
stimmende Resultate. Eine (zu dem Zwecke) aus frisch destilliertem
Wasser unter allen Vorsichtsmassregeln hergestellte und sofort nach
der Zubereitung injizierte Kochsalzlösung (0,75 proz.) ruft beim
Säugling kein Fieber hervor. Für den „Kochsalzversuch“ beim
Säugling darf deshalb nur reines, von Bakterien und Bakterientoxinen
freies Wasser verwendet werden. Dasselbe gilt auch für die thera¬
peutische Kochsalzinfusion. Es gehört demnach zum Inventar einer
Säuglingsstation ein Destillationsapparat, der nur von einer mit den
Vorsichtsmassregeln für die Gewinnung einwandfreier Lösungen
vertrauten Person bedient werden darf.
3) Martin T h i e m i c h - Magdeburg: Zur Stilltechnik.
Bei gesunden Kindern ist es niemals nötig, die Zahl von 5 bis
6 Mahlzeiten (bei natürlicher Ernährung) zu überschreiten, wenn man
jedesmal beide Brüste ausgiebig entleeren lässt. An einer sehr
grossen Anzahl von stillenden Frauen hat Th. feststellen können,
dass es keiner aus natürlichem Instinkte handelnden Mutter einfällt,
ihr Kind stets nur an einer Brust anzulegen, wenn es darnach nicht
vollbefriedigt und gesättigt erscheint, oder es aus dem Schlafe zu
260
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
wecken. „Nur unter Berücksichtigung dieser beiden, offenbar den
natürlichen Verhältnissen entsprechenden Faktoren wird man noch
einmal an die auch durch Rietschels Erfahrungen (Anstalts¬
erfahrungen) nicht entschiedene Frage herangehen dürfen, ob eine
Minderzahl von Kindern nicht mit 5 oder 6 Mahlzeiten gedeiht,
sondern 7 — 8 Mahlzeiten beansprucht.“
4) F. Lust: Ueber den Nachweis der Verdauungsferinente in
den Organen des Magendarmkanals von Säuglingen. (Aus der Univ.-
Kinderklinik in Heidelberg. Direktor: Prof. E. M o r o.)
Diese Untersuchungen an den Organen von 14 verstorbenen
(ernährungsgestörten) Säuglingen schliessen sich an die beiden (aus
dem vorigen Heft der Monatsschrift referierten) Arbeiten über den
Fermentnachweis in den Fäzes an. Das Endergebnis der sämt¬
lichen Untersuchungen — die sowohl an der Stätte des Ent¬
stehens wie der Ausscheidung der Enzyme gewonnen wurden — ist
die Ueberzeugung, dass den Enzymen in der Pathologie der Er¬
nährungsstörungen bei Säuglingen nur eine verschwindend kleine
Rolle zugeschrieben werden kann. Es liess sich an einem grösseren,
sämtliche Formen von Ernährungsstörungen umfassenden Materiale
der Nachweis erbringen, dass in keinem einzigen Falle, welcher
Form von Ernährungsstörung er auch angehörte, ein tatsächlicher
Mangel einer der beiden eiweissspaltenden Fermente (Trypsin,
Erepsin), ebensowenig ein solcher der Stärke — wie der beiden
disaccharidspaltenden Fermente (Invertin, Maltase) vorlag. Das
relativ häufige Fehlen einer Invertinwirkung der Fäzes beruht nicht
auf einem tatsächlichen, sondern nur auf einem scheinbaren Mangel
eines rohrzuckerspaltenden Fermentes, wie sich aus der kräftigen
Invertinwirkung sämtlicher untersuchter Schleimhautextrakte des
Dünndarms zeigen liess. Daraus lässt sich des weiteren folgern,
dass für die nicht selten bei schweren, besonders akuten Ernährungs¬
störungen angetroffene Saccharosurie ebensowenig ein Mangel des
zuckerspaltenden Fermentes verantwortlich gemacht werden darf,
wie es für die Laktosurie bereits von anderer Seite geschehen ist.
Von den disaccharidspaltenden Fermenten macht nur die Laktase
insofern eine kleine Ausnahme, als sie bei nicht lebensfähigen Früh¬
geburten gewöhnlich nicht vorhanden ist. Die auffälligsten Befunde
ergaben sich bei der Untersuchung des Fettspaltungsvermögens des
Magendarmtraktus. An einer kräftigen lipolytischen Fähigkeit der
Magenschleimhaut ist nach L u s t s an Organextrakten gewonnenen
Erfahrungen nicht zu zweifeln. Andererseits scheint diese Fähigkeit
unter dem Einflüsse von Ernährungsstörungen nicht selten beträcht¬
liche Einbusse zu erfahren. Auch die Lipase des Pankreas dürfte von
sämtlichen Verdauungsfermenten des Darmtraktus am wenigsten
widerstandsfähig sein. Am bemerkenswertesten ist die grosse Regel¬
mässigkeit eines zum Teil recht erheblich herabgesetzten Fett¬
spaltungsvermögens bei alimentär iutoxizierten Kindern, ohne dass
man hierbei von einem direkt spezifischen Befund bei dieser Form
von Ernährungsstörungen sprechen darf.
Albert Uffenheimer - München.
Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. 50. Bd.,
2. Heft, 1912.
H. Vogt: August Cramer +.
Carlo Besta: Ueber die zerebro-zerebellaren Bahnen. Ex¬
perimentelle Untersuchungen. (Aus dem psychiatrischen und neuro-
pathologischen Institut der Kgl. Universität Padua.) Hierzu
Tafeln VI— IX.
Zum Studium der zerebro-zerebellaren Bahnen hat Verf. sehr
zahlreiche experimentelle und daran anschliessend mikroskopische
Untersuchungen angestellt. Es wurden Abtragungen von Grosshirn¬
lappen und Durchschneidungen des Pedunculus cerebri im Zwischen-
und Mittelhirn an erwachsenen und an neugeborenen, bei völliger
Entwicklung getöteten Tieren ausgeführt, desgleichen zerebellare Ab¬
tragungen und Operationen zur Lösung strittiger Punkte und Prä¬
zisierung spezieller topographischer Beziehungen. Die definitiven
Schlüsse, die sich aus den Untersuchungen ziehen lassen, sind kurz
folgende :
I. Von der Grosshirnrinde steigen durch den Pedunculus cerebri
Fasern herab, die sich in der ventralen Brückenetage mit Nerven¬
zellen in Beziehung setzen, welche ihre Achsenzylinder teils zum
Brachium pontis der entgegengesetzten und teils zur homolateralen
Seite schicken; es wird so die kortiko-ponto-zerebellare Bahn ge¬
bildet, die zum Teil gekreuzt ist, zum Teil nicht.
2. Die gekreuzte Bahn kann in zwei Teile unterschieden werden:
der eine, von den vom Lobus fronto-sigmoideus kommenden Fasern
gebildet, welche sich in der ventralen Brückenetage mit den lateralen
Zellen in Beziehung setzen, deren Achsenzylinder, im ventralen Teii
des Stratum complexum der entgegengesetzten Seite verlaufend, zum
medialen Teil der Kleinhirnhemisphäre geht; der andere von den
Fasern des Lobus temporalis und des Lobus parietalis gebildet,
welche sich in der Ventralbrückenetage mit den medialen Zellen in
Beziehung setzen, deren Achsenzylinder, die Pars subpyramidalis des
Stratum superficiale durchziehend, zum Wurme geht.
3. Die homolaterale Bahn wird von Fasern kortikalen, nicht genau
bestimmten Ursprungs des Pedunculus cerebri gebildet, die vor¬
wiegend in Beziehung treten zu den medialen Zellen der para-
lateralen Area, welche den Achsenzylinder zum lateralen Teil der
Hemisphäre schicken.
4. Die lateralen Zellen der paralateralen Area schicken den
Achsenzylinder zum homolateralen Brachium pontis; die Fasern
jedoch, zu denen sie in Beziehung treten, sind nicht genau bestimmt.
5. Im Brachium pontis besteht zweifellos ein beträchtlicher
zerebellofugaler Anteil, der zur Ventralbrückenetage und zum
Tegmentum pontis der entgegengesetzten Seite geht; es ist jedoch
unmöglich, zu bestimmen, ob er einer zerebello-ponto-kortikalen
Bahn angehört.
6. Vom Kleinhirn gehen durch das Brachium conjunctivum
Fasern zum roten Kern und zum Thalamus der entgegengesetzten
Seite; es ist wahrscheinlich, dass eine zerebello-thalamo-kortikale
Bahn besteht, während die zerebello-rubro-kortikale Bahn sehr
zweifelhaft ist.
Die Einzelheiten der umfangreichen Arbeit müssen im Original
nachgelesen werden.
E. Siemerling: Gliosis spinalis und Syringomyelie, Starke
Beteiligung des Halsmarkes mit Zerstörung der Hinterstränge hei
erhaltener Pupillenreaktion. Güastift am Boden des vierten Ven¬
trikels. Hierzu Tafeln X— XIV und 3 Textfiguren.
Der Arbeit liegt ein klinisch und pathologisch-anatomisch sehr
interessanter und lehrreicher Fall zugrunde.
R a e c k e - Frankfurt a. M.: Die Frühsymptome der arterio¬
sklerotischen Gehirnerkrankung. (Aus der Kgl. psychiatrischen und
Nervenklinik in Kiel.)
Nach einleitenden Vorbemerkungen über die Schwierigkeit der
Feststellung von echten Frühsymptomen der Hirnarteriosklerose und
über die einstweilige Unmöglichkeit einer Klassifizierung der Friih-
erscheinungen nach der Art ihrer Entstehung wendet sich Verf. zur
kritischen Betrachtung der hauptsächlichsten klinischen Zeichen des
Initialstadiums. Von den nervösen Allgemeinerscheinungen und den
somatischen Störungen werden im einzelnen besprochen; die initiale
Schlaflosigkeit, Parästhesien, Kopfschmerz, Schwindelanfälle, Sensi¬
bilitätsstörungen, flüchtige Herdsymptome, Mono- und Hemiparesen,
aphasische, apraktische und asymbolische Symptome, Gesichtsfeld¬
defekte, transitorische Augenmuskellähmungen, Pupillenverände¬
rungen, Behinderung der Sprache, Hypoglossus- und Fazialisparesen,
Unsicherheit der Fingerbewegungen, Schriftveränderungen, Zitter¬
bewegungen, Gangstörungen, Störungen der Sehnenreflexe, Erhöhung
des Spinaldruckes.
Auf psychischem Gebiete können sich früh bemerkbar machen
Gedächtnisschwäche, rasches Ermüden sowie zeitweiliges Versagen
der Assoziationstätigkeit und damit des Sicherinnerns, Schwinden der
Gedanken und Fehlen der Worte mitten im Gespräch, Erschwerung
des Wortverständnisses, geistige Sterilität, Verlust an Interesse, Er¬
schwerung der Konzentration, erhöhte Reizbarkeit und Rührseligkeit,
leichtere Charakterveränderungen.
Im Initialstadium der Hirnarteriosklerose werden manchmal ein
neurasthenieartiger Symptomenkomplex, hypochondrische Zustände
und hysteriforme Bilder mit psychogenen Zutaten beobachtet.
Praktisch wichtig ist die Tatsache, dass Geistesstörungen verschie¬
denster Art, die äusserlich zunächst den Eindruck heilbarer, funktio¬
neller Psychosen erwecken, das Initialstadium der Hirnarterio¬
sklerose einzuleiten imstande sind. Ausser Epilepsie kommen
depressive, expansive, paranoische und amentiaähnliche Krankheits¬
bilder vor; bei ihnen allen ist auch hier wieder das Wesentliche:
das Schwankende aller Erscheinungen und die grosse Neigung zu
Intermissionen, die Verschlimmerung durch äussere Schädlichkeiten
und die Zugänglichkeit für alle therapeutischen Massnahmen, welche
auf Ruhe und Schonung abzielen. Für die Sicherung der Diagnose
einer arteriosklerotischen Psychose ist der eventuelle Nachweis
einer gleichzeitigen arteriosklerotischen Affektion eines anderen
Organs oder der peripheren Arterien von grosser Bedeutung. Jedoch
steht die Stärke der sklerotischen Intimaverdickung in keiner festen
Beziehung zur Fühlbarkeit der Arterienwand. Auch eine Blutdruck¬
erhöhung gehört nicht notwendig zum Bilde der Arteriosklerose, in
der Hauptsache stützt sich in den ersten Stadien die Abgrenzung der
nervösen und psychischen Frühsymptome der Gehirnarteriosklerose
gegenüber den Erscheinungen einer Neurasthenie, Hysterie od°r aber
gegenüber funktionellen Psychosen, solange sich noch keine Zeichen
beginnender Verblödung bemerkbar machen, allein auf das Hinzu¬
treten flüchtiger somatischer Herderscheinungen. Auch ob die gut¬
artigere nervöse Form der Hirnarteriosklerose stationär bleibt, oder
ob sie in die schwere progressive Form übergeht, erkennt man
ebenfalls in erster Linie an der eventuellen Häufung von somatischen
Herdsymptomen.
Rudolf 0. Lenel: Ueber Rückenmarksdegenerationen bei
perniziöser Anämie. (Aus der psychiatrischen und Nervenklinik der
Universität Freiburg.) Hierzu Tafel XV und 4 Textfiguren.
Die Arbeit bringt nach eingehender Berücksichtigung der ein¬
schlägigen Literatur die ausführliche Beschreibung des klinischen und
pathologisch-anatomischen Bildes eines Falles von perniziöser
Anämie mit Ataxie der oberen und unteren Extremitäten, Fehlen des
Bauchdeckenreflexes, spastischer Parese und Sensibilitätsstörungen
der Beine. Die Hinterstränge fanden sich in weiter Ausdehnung,
vom untersten Lendenmark bis zu den Goll-Burdach sehen
Kernen mit zirkumskripten Herden durchsetzt, die eine typische An¬
ordnung meist um ein Gefäss herum oder entlang einem Qefäss-
septum aufwiesen. Diese Herde zeigten in ihrem Zentrum die Zeichen
der Sklerose, in ihrer Peripherie die des akuten Zerfalls. Rücken-
markaufwärts bedingten sie eine sekundäre Degeneration der sen-
4. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
261
siblen Fasern. Die Seitenstränge waren im Lendenmark und unteren
Brustmark diffus gelichtet. Diese Aufhellung hielt sich mit ziemlicher
Exaktheit an die Pyramidenseitenstrangbahnen. Die Kleinhirnseiten¬
strangbahn fand sich im Zustand des akutesten Zerfalls, aber erst
vom mittleren Brustmark an aufwärts. Die Clarke sehen Säulen
waren intakt. Besonders auffallend war bei dem Zerfall der Klein¬
hirnseitenstrangbahn und der benachbarten Teile der Pyramiden¬
seitenstrangbahn die stm-ke Beteiligung der Neuroglia. Die Qefässe
zeigten einfache Verdic*ung, Quellung der Adventitia, keine Media¬
oder Intimawucherung, Veränderungen, die sich nur in den degene¬
rierten Gebieten fanden. Die Adventitiaquellung ist nur ein Glied in
der Kette der Abbauvorgänge. Die Rückenmarksdegenerationen
zeigten sich deutlich entstanden aus Herden, in deren Zentrum meist
ein Gefäss liegt. Aetiologisch ist eine Toxinwirkung wahrscheinlich.
W. Stoecker: Ueber Balkenniange! im menschlichen Gehirn.
(Aus der Kgl. psychiatrischen und Nervenklinik in Breslau.) Hierzu
Tafeln XVI— XVIII.
Klinisch ist der vorliegende Fall bereits von 0. L. Kliene-
b e r g e r („Ein Fall von Balkenmangel bei juveniler Paralyse“,
Allg. Zeitschr. f. Psych., Bd. 67) beschrieben worden. Die eingehende
anatomische Darstellung an Serienschnitten ergab folgende Haupt-
abweichungen vom Bau des normalen Gehirns:
1. Das mächtige Kommissurensystem des Balkens fehlt. An
seiner Stelle findet sich ein ausgedehntes Längsfasersystem, das in
sagittaler Richtung vom Stirnhirn bis zum Hinterhaupt zieht. Dieses
Bündel entspricht in seinen Lagebeziehungen und Verlauf einmal der
unter „frontookzipitales Assoziationsbündel“ und „Balkenlängs-
biindel“ von anderen Autoren in balkenlosen Gehirnen beschriebenen
Faserung, dann aber auch dem normalen Balkenanteil innerhalb der
Hemisphären. Es bildet genau wie der Balken die dorsomediale Be¬
grenzung des Seitenventrikels, den gleichen hakenförmigen Fortsatz
lateral vom Seitenventrikel, die sogen, rückläufige Balkenschicht und
im Hinterhauptslappen das Tapetum des Ventrikels. Desgleichen gibt
dieses Bündel während seines ganzen Verlaufes in derselben Weise
wie der Balken Fasern an seine Umgebung ab. Der einzige Unter¬
schied besteht in dem Fehlen des beide Teile verbindenden Zwischen¬
stückes.
2. Die Fornixschenkel und -Säulen vereinigen sich nicht in der
Mittellinie zum Fornixkörper, sondern bleiben dauernd getrennt.
3. Ein Septum pellucidum ist nicht vorhanden.
4. Der Gyrus fornicatus ist eine breite Windungsmasse, welche
beiderseits bis an die grosse Längsspalte reicht.
5. Eine Comtnissura anterior ist deutlich vorhanden, zeigt durch¬
aus der Norm entsprechende Verhältnisse.
6. Ausserdem zeigt der Windungs- und Furchenverlauf an der
medialen Seite, sowie an der Konvexität gewisse Abweichungen von
der Norm.
Max Käst an: Der Adrenalingehalt des Blutes bei einigen
Psychosen. (Aus der psychiatrischen Klinik und dem physiologischen
Institut zu Rostock.) Hierzu Tafel XIX.
Von 17 Imbezillen und Idioten zeigten 11 eine erhebliche Herab¬
setzung des Adrenalingehaltes im Blutplasma, 3 eine mässige Ver¬
ringerung und nur 3 die Normalwerte. Von 4 senilen Psychosen
Hessen 2 Fälle von seniler Demenz, davon einer mit melancholischen
Zügen, keine Abweichung von dem normalen Adrenalingehalt er¬
kennen. Bei Fall 3 (präseniler Beeinträchtigungswahn mit Hallu¬
zinationen) und 4 (Presbyophrenie) erweiterten sich die Gefässe
sogar. Das wichtigste Ergebnis der Untersuchungen erscheint dem
Verf. der mögliche Nachweis, ob eine Idiotie oder stärkere Imbe¬
zillität erworben ist oder schon in der ersten Anlage präformiert ist.
Betreffs der Untersuchungstechnik und der Einzelheiten der Unter¬
suchungsergebnisse wird auf das Original verwiesen.
0. Pförtner: Die weissen Blutkörperchen beim Jugend¬
irresein. (Aus der Universitätsklinik für psychische und Nerven¬
krankheiten in Göttingen.)
Bei 90 an Jugendirresein Erkrankten entnahm Verf. das Blut
einmal oder auch mehrere Male, jedesmal dann in Abständen von
mehreren Wochen und stellte ausserdem bei den verschiedensten
anderen Geisteskranken Kontrolluntersuchungen an. Nur mit ver¬
schwindend wenigen Ausnahmen fand sich beim Jugendirresein eine
Abnahme der polynukleären Zellen und eine Zunahme der Lympho¬
zyten. Ebenso war die Prozentzahl der Mononukleären und Ueber-
gangsformen bei 58,4 Proz. der Gesamtuntersuchungen über die
Norm erhöht. Die Prozentzahl der eosinophilen Zellen fand sich nur
bei 15,3 Proz. aller Untersuchungen erhöht, bei 43,2 Proz. dagegen
sogar unter der Norm. Auch die Mastzellen zeigten in einigen
wenigen Fällen eine ganz geringe Vermehrung. Was die absoiute
Zahl der Leukozyten im Kubikmillimeter anbetrifft, so fanden sich
im allgemeinen ganz normale Zahlenwerte oder nur eine mässige
Vermehrung der weissen Blutkörperchen. Bei mehreren Unter¬
suchungen sank sogar die absolute Zahl der Leukozyten unter 6000
ms zu 3600 herab. Bezüglich des Leukozytenbefundes Hess sich kein
Unterschied zwischen der hebephrenen, paranoiden und katatonen
f orm des Jugendirreseins, zwischen den einzelnen Zustandsbildern
und hinsichtlich des ganzen Verlaufes der einzelnen Fälle heraus¬
konstruieren. Bei der Manie, bei Paralytikern und Epileptikern
tanden sich zuweilen, wenn auch nicht häufig, ganz gleiche Befunde
v ie beim Jugendirresein. Blutkrisen und Hyperleukozytosen konnten
zweimal im Verlaufe des Jugendirreseins festgestellt werden.
Beiden Fällen gemeinsam war die starke Verwirrtheit und Rat¬
losigkeit, das Halluzinieren, die hochgradige Angst mit Versündigungs¬
und Ueberwältigungsideen, die grosse Unruhe und die ausgesprochen
rein psychomotorischen Bewegungsstörungen. Beide Kranken machen
zur Zeit der grösseren Unruhe den Eindruck einer schweren
deliranten Verwirrtheit. Die Hyperleukozytose in diesen Fällen, vor
allem die hochgradige Vermehrung der neutrophilen Leukozyten, ist
wohl als ein Schutzreflex des Organismus anzusehen, der durch
irgend eine Schädigung toxischer Natur ausgelöst ist.
37. Wanderversammlung der Südwestdeutschen Neurologen und
Irrenärzte in Baden-Baden am 8. und 9. Juni 1912.
Offizielles Protokoll.
Referate. — Kleinere Mitteilungen.
Germanus F 1 a t a u - Dresden.
Zieglers Beiträge zur pathologischen Anatomie und
allgemeinen Pathologie. Band 54. Heft 1 u. 2.
1) Fritz Stromeyer: Die Pathogenese des Ulcus ventriculi,
zugleich ein Beitrag zur Frage nach den Beziehungen zwischen Ulcus
und Karzinom. (Aus dem Pathol. Institut zu Freiburg i. Br.)
St. hat 20 Fälle von einfachem Magengeschwür und 7 Fälle
von Geschwür mit bezw. bei Magenkarzinom untersucht und diese
anatomischen und zum Teil auch histologischen Untersuchungen in
der vorliegenden umfangreichen Arbeit niedergelegt.
Die aus den Untersuchungsergebnissen gezogenen Folgerungen
sind zum Teil den herrschenden Anschauungen direkt widersprechend.
Verf. spricht der mechanischen Entstehung der
Ulzera das Wort, indem er besonders auf die Reibung und Schiebung
der Speisemasse auf der Schleimhaut entlang der kleinen Kurvatur
hinweist, wo die Schleimhaut zudem eine geringere Verschieblichkeit
besitze als an anderen Stellen. Die durch die Magenperistaltik be¬
dingte Zug- oder Schiebewirkung soll auch nach Verf. die typische
schräg gestellte Trichterform der Ulzera im wesentlichsten bedingen
im Gegensatz zu den allgemeinen Anschauungen, dass die Trichter¬
form (mit dem terrassenförmigen Abfall der Geschwürsränder) der
Ausbreitung der kleineren Magenwandgefässe entspräche! Die Be¬
deutung der primären Gefässwanderkrankung für die Genese des
Ulcus pepticum wird gewiss mit Recht gering eingeschätzt.
Was endlich die Beziehung des chronischen Ulcus ventriculi zum
Magenkarzinom betrifft, so will zwar Verf. die Möglichkeit der
krebsigen Umwandlung der Geschwürsränder nicht in Abrede stellen
(eine n derartigen Fall beschreibt er selbst), doch glaubt er, dass
sie in ihrer Häufigkeit überschätzt werde und dass die sekundäre
Entstehung eines Geschwürs im primären Karzinom „das weitaus
häufigere“ sei. (?? Ref.)
2) Werner Hu eck: Pigmentstudien. (Aus dem Pathol. Institut
zu München.) (Habilitationsschrift des Autors.)
Es ist ganz unzweifelhaft, dass auf dem Gebiet der normalen
und pathologischen Pigmente des menschlichen Körpers trotz der
grossen Literatur eine ungeheuere Verwirrung herrscht; in der vor¬
liegenden sehr interessanten und ausserordentlich sorgfältigen
Arbeit versucht Verf. auf Grund systematischer mikrochemischer
Untersuchung und vergleichender chemischer Gewebsanalysen diese
verschiedenen Pigmente in ein System zu bringen.
Bei der mikrochemischen Untersuchung und Differenzierung
spielt der Eisennachweis in den Pigmenten eine wichtige Rolle; hier
weist H. auf die bisherigen vielfach widersprechenden Resultate hin,
die sich bei sorgfältiger Anwendung der kombinierten Schwefel¬
ammonium- und Turnbullblaumethode vermeiden lassen
sollen.
H. leitete aus dem menschlichen Blutfarbstoff nur Hämo¬
siderin und Hämatoidin ab, die weder in einander noch aus
einander hervorgehen; das Hämosiderin, aus dem sich übrigens nie¬
mals ein eisenfreies Pigment bildet, wird charakterisiert als ein in
Säuren löslicher, gegen Alkalien, Fettlösungs- und Bleichmittel
resistenter Körper, der die Eisenreaktion ergibt und vielleicht als
ein im chemischen Sinn kolloidales Eisenoxyd aufgefasst werden
kann, das in lockerer Form an Eiweiss- und Fettsubstanzen ge¬
bunden ist. Das Hämosiderin tritt nur im lebenden, das Hämatoidin
nur im absterbenden Gewebe in Erscheinung.
Weiter trennt H. ein eisenfreies „fetthaltiges Abnutzungs¬
pigment“ L i p o f u s c i n (nach Bors t), dessen Entstehung aus
lipoiden Stoffen angenommen wird, in dem vielleicht Fettsäuren durch
Oxydation in braungefärbte Stufen übergehen; das sogen. Hämo-
f u s c i n (in der glatten Musculatur etc.) ist ebenfalls ein solches Lipo-
fuscin. Für das Melanin endlich (Pigment der Epidermis und
Kutis, Retina mit Chorioidea, Ganglienzellen und Pia mater) wird
eine Abkunft von gewissen Eiweissubstanzen angenommen, es wird
von den fetthaltigen Abnutzungspigmenten getrennt.
Ein Vergleich der mikrochemischen und chemisch-analytischen
Untersuchungsresultate zeigt weitgehendste Uebereinstimmung, d. li.
die Intensität der mikrochemischen Reaktion geht parallel dem
steigenden Eisengehalt der durch Auswaschung blutfrei gemachten
Gewebe.
3) Joh. Ipsen: Untersuchungen über die G r a w i t z sehen
Geschwülste. (Aus dem Laboratorium der Chirurg. Abteilung C des
Reichskrankenhauses Dänemarks.)
Auf Grund histologischer und chemischer (Fettgehalt!) Unter¬
suchungen lehnt auch I. die Herkunft der sogen. Grawitzschen
262
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 5.
Tumoren aus überzähligen Nebennieren ab, sondern führt sie, wie
Sabourin, S u d e c k, S t o e r k, Z e h b e u. a. auf das Nieren¬
parenchym als Geschwulstmatrix zurück.
4) Ed. Bundschuh: Ein weiterer Fall von tuberöser Sklerose
des Gehirns mit Tumoren der Dura mater, des Herzens und der
Nieren. (Aus dem Pathol.-hygienischen Institut der Stadt Chemnitz.)
In dem vorliegenden genau histologisch beschriebenen Falle
(2 jähriges Mädchen) werden die gefundenen Veränderungen als
Störungen in der embryonalen Entwicklung, Hemmung in der
Differenzierung, z. T. falsche Differenzierung mit abnormer Wuche¬
rung der falsch differenzierten Zellen, z. T. mit richtiger Tumor¬
bildung (Tumoren der Ventrikel, Gliom der Dura mater und Tumoren
des Herzmuskels) aufgefasst.
5) Henri. Rautmann: Ueber Blutbildung bei fötaler allge¬
meiner Wassersucht. (Aus dem Pathol. Institut der Stadt Chemnitz.)
Im Gegensatz zu anderen Autoren betrachtet Verf. die auch in
diesem Fall von angeborener Wassersucht (9 monatliche Frühgeburt)
festgestellten hochgradigen fötalen Blutbildungsherde in Leber, Milz
und Nieren als primäre Wucherungsvorgänge und nicht als repara-
torische erythroblästische Bildungen (d. h. als Folge der primären
Anämie), noch auch die Erkrankung als fötale Leukämie, da einer¬
seits die degenerativen Veränderungen an dem roten Blutkörperchen
zu gering sind und andererseits die Leukozyten im Blutbild völlig
zurücktreten. Nachdem auch Syphilis völlig auszuschliessen ist,
glaubt R. in der schweren Nephritis der Mutter und den damit ver¬
bundenen Stoffwechselstörungen die Ursache für jene Veränderungen
erblicken zu müssen; die fötalen Nieren erwiesen sich freilich intakt.
6) Ernst Ne über: Die Gitterfasern des Herzens. (Aus dem
Kgl. ungarischen pathol.-anatom. Institut in Pest.)
Das wohl entwickelte Gitterfasergerüst des Herzmuskels er¬
scheint bei pathologischen Degenerationen unverändert, bei atro¬
phischen Zuständen vermehrt und verdickt (erklärlich durch den
Schwund der Muskelfasern), in Schwielen fehlen die Gitterfasern und
werden ersetzt durch elastische Elemente.
7) J. F. Poscharisky: Zur Frage des Fettgehaltes der Milz.
(Aus dem Pathol. Institut der Universität zu Warschau.)
Das in der pathologisch veränderten Milz in Form feinster
Tröpfchen zu findende Fett (Neutralfett) findet sich bei Kindern meist
in den Follikelzellen, bei Erwachsenen in der Pulpa, in dem Gefäss-
und Stützapparat; auch in der Milz enthalten Hyalin und Amyloid
meist viel Fetttröpfchen.
8) Nicol: Ueber genuine eitrige Parotitis. (Aus dem Pathol.
Institut zu Freiburg i. Br.)
N. glaubt nachweisen zu können, dass es sich um eine aszen-
dierende Infektion (von der Mundhöhle aus) handelt, die im Lumen
des Drüsenparenchyms und zwar am Uebergang von den Sekret-
rohren zu den Schallstücken einsetzt und sekundär auf interstitielles
Gewebe und Drüsenzellen übergeht; in einer Funktionsstörung der
Drüse, d. h. im Sistieren der mechanischen Ausspülung der Drüsen¬
ausführungsgänge erblickt N. die Gelegenheitsursache für die aszen-
dierende Infektion von der Mundhöhle aus. N. stellt eine gute Ueber-
sicht über die Einteilung der primären und sekundären Parotitis auf.
9) Walther Georgi: Experimentelle Untersuchungen zur
Einbolielokalisation in der Lunge. (Aus dem Pathol. Institut zu
München.)
Nach den experimentellen Untersuchungen des Verf. ist eine
Gesetzmässigkeit bei der Verschleppung von embolischem Material
in die Pulmonalarterienäste, wie sie Kretz annimmt, nicht fest¬
zustellen.
10) Hermann Stieve: Transplantationsversuche mit dem
experimentell erzeugten Riesenzellengranulom. (Aus dem Pathol.
Institut des Krankenhauses München r. d. Isar.)
Die durch intraperitoneale Injektion von allerfeinsten Kieselgur-
aut'schwemmungen erzeugten Riesenzellengranulome (Podwys-
sotzki, Schirokogoroff), — durch rein formativen Reiz ent¬
standene Granulationsgeschwülste — zeigen manche Aehnlichkeit mit
wirklichen Geschwülsten (Form, exzedierendes Wachstum, Neigung
zur Nekrose etc.), wie dies auch die vorliegende Arbeit beweist.
Durch Ueber impfung solcher Riesenzellengranulome, teils in
Form von Stückchenimpfung, teils als Breiinjektionen, konnte St.
nun aber zeigen, dass dadurch die Proliferationskraft der binde¬
gewebigen Granulomzellen noch wesentlich gesteigert wird, indem
dieselben auf dem neuen (artgleichen) Mutterboden ein überstürztes
infiltratives Wachstum einschlagen, das über ihre ursprüngliche Be¬
stimmung der Abkapselung der Fremdkörper (Kieselgurnadeln) weit
hinausgeht und an die biologischen Eigenschaften der Geschwülste
heranreicht! H. M e r k e 1 - Erlangen.
Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie,
70. Band, 6. Heft.
O. Gros: Ueber den Wirkungsmechanismus kolloidaler Silber¬
halogenide. (Pharmakol. Institut Leipzig.)
Verf. geht aus von Versuchen mit Chlorsilber und Jodsilber, die
er Kaninchen intravenös zuführte, erörtert ausführlich die Wirkungs¬
weise dieser Körper, die Abhängigkeit der toxischen Wirkung von
der Dissoziation etc. und schliesst daran allgemeine Ausführungen
über den „pharmakody Hämischen Grenzwert“ der Substanzen und
über die Bedeutung der wirksamen Menge und der wirksamen Kon¬
zentration eines Arzneimittels. Zum Referat im einzelnen nicht ge¬
eignet.
M. C 1 o e 1 1 a - Zürich : ln welcher Respirationsphase ist die
Lunge am besten durchblutet?
Verf. hat neue Versuche in der von ihm angegebenen Anordnung
(dieses Archiv Bd. 66) gemacht und kommt zu dem Ergebnis, dass
bei Beginn der Inspiration ohne Mehrleistung des rechten Ventrikels
die Blutzufuhr zu den Lungen durch Geradestellen der Kapillaren
und geringe Erweiterung derselben erleichtert wird. Bei weiterem
Luftzutritt in die Alveolen hört diese physikalische Begünstigung auf,
die Lungengefässe werden durch Längsdehnung und Kompression de¬
formiert und die Zirkulation kann nur durch Mehrleistung des rechten
Ventrikels aufrecht erhalten werden. Dagegen ist in diesem Stadium
durch Verlangsamung der Strömung und Vergrösserung der Kontakt¬
fläche der Gasaustausch erleichtert. Die Durchblutung ist also am
besten, wenn die Lunge von der Exspirationsstellung aus ganz kleine
Inspirationsbewegungen ausfiihrt, wie dies z. B. beim einseitigen
Pneumothorax der Fall ist und bei Thorakoplastik. Auf der Höhe der
Inspiration ist die Durchblutung am schlechtesten, bei exspiratorischer
Ruhe besser.
Cushny: Zur Arbeit von E. Hug: „Ueber die Wirkung des
Skopolamins.“
H u g s Methodik ist zu ungenau, als dass seine Resultate die
früheren des Verfassers erschüttern könnten. Klinische Versuche
zeigten, dass die beiden Isomeren des Skopolamins gleiche narkotische
Wirkung haben.
A. Holste: Ueber den Einfluss der Giftmenge und Giftkonzen¬
tration der Stoffe der Digitalingruppe auf die Wirkung am Frosch¬
herzen. (Pharm. Institut Strassburg.)
Bei einem Teil der Versuche war der Eintritt des systolischen
Stillstandes von der absoluten zugeführten Giftmenge unabhängig,
im anderen zeigte sich ein deutlicher Einfluss der Konzentration bei
gleichen Giftmengen.
Derselbe: Systole und Diastole des Herzens unter dem Ein¬
fluss der Digitalinwirkung.
Die kolloidalen Bestandteile des Blutes und Serums hindern den
Flüssigkeitsdurchtritt durch die Herzwandung von aussen, der Durch-
strömungsfliissigkeit zugesetztes Strophanthin wirkt daher nur auf
die inneren Schichten des Herzmuskels und führt systolischen Still¬
stand herbei. Bei Anwendung von Ringerlösung kann bei geringer
Strophanthinkonzentration dieses die äusseren Schichten durchdringen
und diastolischen Stillstand herbeiführen, ehe durch Wirkung auf die
inneren Muskelschichten systolischer Stillstand entsteht.
L. Jacob- Wiirzburg.
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. 43. Bd., 1912.
2. Heft.
1) Friedrich Auerbach und Hans Pick- Berlin : Die Alka¬
lität von Pankreassaft und Darmsaft lebender Hunde.
Die Untersuchungen wurden angestellt mit Hilfe von physi¬
kalischen chemischen Methoden, welche es ermöglichen, die
Reaktion resp. die A 1 k a 1 i n i t ä t oder Säure der menschlichen
Säfte sicherer zu beurteilen, wie es mit den bisherigen Methoden der
Fall war. Bisher wurde fast allgemein dem Pankreassaft und z. T.
auch dem Darmsaft eine starke alkalische Reaktion zugeschrieben,
während man nunmehr das Blut und andere Flüssigkeiten als neutral
erkannt hat. Mit Hilfe der elektrometrischen, der koloriskopischen
und der titrimetrischen Methode gelang es übereinstimmend nach¬
zuweisen, dass die Alkalität dieser Säfte nur etwa diejenige einer
Natriumbikarbonatlösung, aber bei weitem nicht die einer Soda¬
lösung ist. Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist im Pankreassaft, mit
Sicherheit im Darmsaft neben Bikarbonat noch etwas freie Kohlen¬
säure vorhanden, so dass von den freien Säften Phenolphthalein
nicht oder nur etwas gerötet wird. Die Untersuchungen wurden mit
3 Proben von Darmsaft und 19 Proben von Pankreassaft ausgeführt,
welche von lebenden Hunden durch permanente Fisteln gewonnen
waren. Die anorganischen Bestandteile der Säfte sind im wesent¬
lichen NaHCOs und NaCl, wobei im Pankreassaft das Bikarbonat,
im Darmsaft das Chlorid überwiegt. Will man Versuche mit
Pankreas- und Darmfermenten anstellen, so soll man sie, um die
natürlichen Verhältnisse wahrzunehmen, in Bikarbonatlösung oder
noch besser in freie Kohlensäure enthaltender Bikarbonatlösung
anstellen.
2) E. Rost und Fr. F r a n z - Berlin : Vergleichende Unter¬
suchungen der pharmakologischen Wirkungen der organisch ge¬
bundenen schwefligen Säuren und des neutralen schwefligsauren
Natriums.
Im Anschluss an die früheren Untersuchungen des Verfassers
über die Wirkung der schwefligen Säure sind in Ergänzung und
Fortführung der bisherigen Resultate weitere Experimente über die
Wirkung bei wiederholter Zufuhr, über die Wirkung
dauernd zu geführter kleiner Mengen, über die Be¬
einflussung des Stoff Umsatzes, über das Schicksal
der Säure im Organismus und die Einwirkung auf
den Menschen ausgeführt worden. Benützt wurde neutrales und
schwefligsaures Natron, sowie komplexe schweflige Säure. Im allge¬
meinen lassen sich Giftwirkungen nur unter ganz bestimmten
Voraussetzungen erzielen. Bei Hunden wird Erbrechen erzeugt,
wenn per os eine bestimmte Menge und Konzentration überschritten
{!. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
263
v'ird. Geringere Dosen werden auch bei monatelanger Versuchs¬
lauer reaktionslos vertragen. Die Ansichten Kionkas, dass die
chweflige Säure Blutgiftwirkungen und entzündungserregende Eigen-
chaften auf Nieren ausübe, ist nach Rost irrtümlich. Kleine Fische
eigen in Lösungen von schwefliger Säure und ihren Verbindungen
as bekannte Bild der zentralen Lähmung. Beim Menschen
önnen unter Umständen Magendarmreizungen auftreten, die in
Achtem Aufstossen und Magendrücken bestehen, aber auch zu
olgeerscheinungen schwerer Art führen können. Derartige Sym-
itome wurden vom Verf. an sich bei einmaliger Gabe von 1 g
latriumsulfit und an einer anderen Person nach einer 2 maligen
tosis von 5,8 Sulfit beobachtet, ln Stoffwechselversuchen zeigte sich,
ass unter besonderen Verhältnissen eine ganz geringe Verschlechte-
ung der Ausnützung der Eiweiss- und Fettnahrung eintrat, dass aber
er Stickstoffumsatz, die Kohlensäure- und Wasserausscheidung in
einem Falle verändert war. Die schweflige Säure verfällt sehr
asch einer Oxydation im Körper. Wo dieselbe jedoch zustande
ommt, ist noch nicht festgestellt. Die Wirkung ist eine äusserst
richtige. Im ganzen kann die Wirkung der schwefligen Säure als
ialz Wirkung aufgefasst werden; bei Kaninchen ist ein Teil
er örtlichen Wirkung als Säurewirkung aufzufassen.
3) A. W e i t z e 1 - Berlin; Die bei Stoffwechselversuchen am
»lenschen und Tier zur chemischen Untersuchung der verabfolgten
Jahrungsmittel und der Ausscheidungsprodukte angewendeten Ver-
ahren.
Verf. gibt hier eine Uebersicht über die Verfahren der Herstel-
ing und Untersuchung der bei den Stoffwechselversuchen ge¬
rauchten Nahrungsmittel. R. O. Neumann - Giessen.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 4, 1913.
1) J. Veit- Berlin: Die Eklampsie und ihre Behandlung.
Es besteht die ziemlich sichere Aussicht, dass es in absehbarer
'eit gelingen wird, das Gegengift gegen das eklamptische Gift her-
ustellen. Bis dahin aber haben wir in der Schnellentbindung wie
:i dem Aderlass vereint mit Narkotizis gute Verfahren, welche viel¬
sicht in ihrer Kombination besonders gute Erfolge zeigen werden.
2) Karl L e w i n - Berlin: Versuche über die Biologie der Tier¬
eschwülste. (Nach einem Vortrag in der Berliner med. Gesellschaft
m 18. Dezember 1912.)
cf. pag. 2926 edr Münch, med. Wochenschr. 1912.
3) J. Boas -Berlin: Beitrag zur Methodik und Technik der
kkulten Blutuntersuchung des Magendarmkanals.
Die vom Verf. modifizierte Guajakprobe gestaltet sich folgender¬
lassen: Mehrere, etwa bohnengrosse Fäzespartikel werden in einer
'orzellanschale unter allmähligem Zusatz einer Eisessigalkohol-
lischung (1:3) zerrieben und durch ein kleines Filter filtriert. Ist das
iltrat stark braun gefärbt, so kann man noch 2 — 3 ccm Alkohol zu-
etzen. Sodann stellt man sich durch Auflösen von feinpulverisiertem
iuajakharz eine eben schwach gelbe alkoholische Lösung her, fügt
iervon 10 — 15 Tropfen zum Filtrat und ohne Umschütteln 15 bis
•0 1 ropfen 3 proz. HaCL-Lösung hinzu. Bei Blutanwesenheit tritt
ann eine tiefblaue bis stark violette Färbung auf.
4) B e t k e - Frankfurt a. M. : Resektion von tuberkulösen Bi-
irkationslymphdrüsen wegen Trachealstenose.
Kasuistischer Beitrag.
5) H ö r z - Breslau : Transduodenale Hepatikusdrainage. (Aus-
ugsweise vorgetragen in der Breslauer chirurgischen Gesellschaft
m 9. Dezember 1912.)
Drei Fälle von transduodenaler Hepatikusdrainage, von denen
ie beiden ersten genau nach der Völck ersehen Methode operiert
urden, beim dritten wandte der Verfasser eine kleine Modifikation
n, die darin besteht, dass zunächst ohne Eröffnung des Darmlumens
ie hintere Anastomosenwand hergestellt wird, analog der Anlegung
er hinteren Wand bei der Gastroenterostomie mit Naht. Dann erst
_ird das transduodenale Drain eingeführt und das Darmlumen er-
ffnet. Aus dieser Oeffnung wird das Drainende durch die Chole-
ochusinzision einige Zentimeter weit in den Hepatikus eingeführt,
'en Schluss der Operation bildet die Herstellung der vorderen Ana-
tomosenwand mittels einfacher oder doppelter Nahtreihe.
6) Heinrich Harttung - Breslau : Ueber Spontangangrän des
eigefingers und symmetrische Gangrän. (Nach einer Demonstration
i der med. Sektion der vaterländischen Gesellschaft zu Breslau am
Dezember 1912.)
Kasuistischer Beitrag.
7) Franz N a g e 1 s c h m i d t - Berlin: Ueber die elektrische Be-
andlung der Fettleibigkeit. (Demonstrationsvortrag in der Berliner
ied. Gesellschaft am 27. Nov. 1912.)
cf. pag. 2704 der Münch, med. Wochenschrift 1912.
8) J. PI e s c h - Berlin: Zur Frage der chemischen Einwirkungen
es Thorium X auf organische Substanzen, besonders auf die Harn-
iiure.
Verf. äussert Bedenken gegen die Publikation von F a 1 1 a und
eh n er in No. 12 der Berliner klinischen Wochenschrift 1912, und
udert die Autoren auf, ihre Befunde zu revidieren.
9) Edmund S a a 1 f e 1 d - Berlin : Ueber Radium- und Meso-
tioriumbehandlung bei Hautkrankheiten. (Vortrag, gehalten in der
itzung der Berliner medizinischen Gesellschaft am 7. Dezember 1912.)
cf. pag. 2842 der Miinch. med. Wochenschrift 1912.
10) W. Alexander und E. U n g e r - Berlin: Zur Behandlung
| schwerer Gesichtsneuralgien. Alkoholiniektion ins Ganglion Gasseri.
(Nach einer Demonstration in der Berliner medizinischen Gesellschaft
am 13. November 1912.)
cf. pag. 2595 der Münch, med. Wochenschrift 1912.
11) T r eitel: Klinische Erfahrungen mit Adamon bei den Reiz¬
zuständen der akuten Gonorrhöe.
Auf Grund seiner günstigen Erfahrungen kann der Verfasser das
Adamon empfehlen zur Verringerung der Beschwerden bei akuter
Gonorrhöe. Er ordinierte es in Tablettenform, und zwar 2 Tabletten
von je 0,5 g zwischen 5 und 6 Uhr abends und 2 weitere % Stunde
vor dem Schlafengehen in Wasser aufgeschwemmt.
12) Georg S c h m i d t - Berlin: Neuerungen im Bereiche der
preussischen Heeressanitätsverwaltung während des Jahres 1912.
Sammelreferat. Dr. Grassmann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 4, 1913.
1) Victor K 1 i n g m ii 1 1 e r - Kiel : Die Behandlung der Dermato¬
mykosen.
Klinischer Vortrag.
2) B. M ö 1 1 e r s und G. W o 1 f f : Experimentelle Untersuchungen
mit dem Z e u n e r sehen Tuberkulosepräparat „Tebesapin“.
Tebesapin ist ein Präparat, welches von Perlsuchtbazillen ge¬
wonnen wird durch siebentägige Einwirkung von 2 proz. ölsaurem
Natrium und einstiindiges Erhitzen auf 70—72°. Selbst die stärkst-
konzentrierten Präparate vermochten bei intraperitonealer Ein¬
spritzung an tuberkulösen Meerschweinchen nicht den Tuberkulintod
herbeizuführen. Ferner zeigte das Tebesapin keine Heilwirkung bei
i tuberkulös infizierten Kaninchen, auch dann nicht, wenn die Ein¬
spritzung schon 2 Tage nach der Infektion erfolgte, ebensowenig
konnte eine immunisierende Wirkung des Tebesapin bei Kaninchen
beobachtet werden. Neuerdings wird das gleiche Präparat unter
dem Namen „Molliment“ zur Darreichung per os empfohlen. Diese
Art der Einverleibung ist von vornherein als wenig aussichtsvoll zu
bezeichnen.
3) O. R o e p k e - Stadtwald-Melsungen : Erfahrungen mit Meshe
bei Lungen- und Kehlkopftuberkulose,
Mesbe, ein Extrakt aus der amerikanischen Malvacee Sida
rhombifolia Cubilguitziana, wird von mancher Seite zur Behandlung
von Tuberkulose jeder Art, von Skrofulöse, Lupus, tuberkulösen Ge¬
schwüren, akuten und chronischen Katarrhen der oberen Luftwege
und Lungen in Form von Inhalations- und Trinkkuren empfohlen.
Auf Grund von 21 auszugsweise mitgeteilten Krankengeschichten be¬
zeichnet Verfasser das Mittel als völlig wertlos sowohl bei inner¬
licher als lokaler Anwendung; manchmal sogar schien es eine Ver¬
schlechterung des tuberkulösen Prozesses herbeizuführen.
4) Edmund M a 1 i w a - Greifswald: Der kongenitale familiäre
Ikterus.
Untersuchungsbefund bei 16 jährigem mit angeborenem chro¬
nischem Ikterus behafteten Jungen, in dessen mütterlicher Aszendenz
zahlreiche Fälle der nämlichen Erkrankung nachzuweisen waren.
Ausser dem Ikterus fand sich regelmässig (auch bei den in der
Literatur mitgeteilten Fällen) ausgeprägte Anämie mit Resistenz¬
verminderung der Erythrozyten; Auftreten von hematies granuleuses
und metachromatischen Granula, wie sie konstant und ziemlich zahl¬
reich beim Neugeborenen gesehen werden, ferner Urobilin — oder
Urobilinogenurie und Milztumor. Nach einem von Guizetti
Pietro in Parma vorliegenden Obduktionsbefund, bei welchem sich
ein rötliches, himbeergeleeartiges Knochenmark ohne eine Spur von
Fettmark vorfand, dürfte es sich um eine angeborene Bildungs¬
anomalie des Knochenmarkes mit ihren Folgen handeln.
5) Biermann - Heidelberg : Ueber metapneumonische Brachial¬
plexusneuritis und -polyneuritis.
Nach einer Literaturübersicht bringt Verf. die Krankengeschichten
dreier Patienten mit Lungenentzündung, bei denen sich in der Re¬
konvaleszenz neuritische Schmerzen und Lähmungen in beiden
Armen (24 jähriges Mädchen, 22 jähriger Mann) oder in beiden Unter¬
schenkeln und Füssen (47 jährige Frau) einstellten.
6) Takaoki Sasaki und Jchiro O t s u k a - Tokyo : Ex¬
perimenteller Beitrag zur Kenntnis des putriden Sputums.
Für die im putriden Sputum vorhandene Skatolentwickelung
konnte als verantwortlicher Mikroorganismus der Bazillus pyo-
cyaneus entdeckt werden, der jedoch seine skatolbildende Eigen¬
schaft bei längerer Fortzüchtung auf künstlichem Nährboden verliert.
Ausserdem kommt dem Pyozyaneus eine Elastin lösende Wirkung zu.
7) Eduard M e 1 c h i o r - Breslau : Ueber die erhöhten Gefahren
operativer Blutverluste bei angeborener Enge des Aortensystems.
Die Hypoplasie des gesamten arteriellen Systems geht Hand in
Hand mit einer Oligaemia vera und aus dieser erklärt sich, dass, wie
zwei hier mitgeteilte Krankengeschichten beweisen, auch der ver¬
hältnismässig geringe, durch Operation und parenchymatöse Nach¬
blutung bedingte Blutverlust von Y\ Liter den Tod herbeiführen kann.
Ohne eigentliche Bluter zu sein, haben Kranke mit hypoplastischem
Aortensystem — eine Entwicklungshemmung, die klinisch höchstens
vermutet werden kann — zudem eine erhöhte Neigung zu Hämor-
rhagien, vielleicht auf Grund abnormer Zerreisslichkeit der Gefäss-
wände. Es ist daher bei der Vornahme operativer Eingriffe doppelte
Vorsicht geboten.
264 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ No. S.
8) Erich Schlesinger - Berlin : Ueber den Schwellenwert der
Pupillenreaktion und die Ausdehnung des pupilloraotorischen Be¬
zirkes der Retina. Untersuchungen auf Grund einer neuen Methodik.
Mit Hilfe eines neuen, vom Verfasser konstruierten, eingehend
beschriebenen und Peripupillometer genannten Apparates
konnte festgestellt werden, dass der Schwellenwert der Pupillen¬
reaktion bei normalen Personen gleichen Alters annähernd konstant
ist, dass der Pupillarreflex ermüdbar ist, dass auch die Reflexzeit bei
fortgesetzten Versuchen zunimmt. Als Radius des pupillo-motorischen
Bezirkes der Retina wurde 5 mm gefunden im Gegensatz zu Hess,
der 3 mm annimmt.
9) R. F r i e d - Ludwigshafen a. Rh.: Toxische Erscheinungen
nach wiederholten Embarininjektionen.
Eine 36 jährige Frau wies nach der 5. und in steigendem Masse
nach der 6., 7. und 8. Injektion des Quecksilberpräparates Embarin
Erscheinungen auf, wie sie gelegentlich nach Salvarsaneinspritzungen
gesehen und auf die Bildung von Anaphylatoxinen zurückgeführt
werden: Hohes Fieber, Schüttelfröste, Kollapserscheinungen,
Dyspnoe, Zyanose, Kopf- und Gelenkschmerzen, vorübergehende
Somnolenz.
10) H. L u ca s- Trier: Zur Herzchirurgie.
19 jähriges Mädchen, Stichverletzung des linken Ventrikels, Herz¬
tamponade. Naht und Heilung. — 12 jähriger Knabe, 7 inm-Revolver-
schuss durch beide Ventrikel, Herztamponade. Naht und Heilung. —
Als Operationsverfahren kam beide Male Lappenschnitt und Drainage
in Anwendung.
11) Heinrich L o e b - Mannheim: Heilung der Verrucae planae
durch Salvarsan.
Zwei Fälle wurden prompt durch einmalige intravenöse Ein¬
spritzung von Salvarsan bzw. Neosalvarsan geheilt, während sich ein
dritter Fall lange refraktär verhielt.
12) P. M'e y e r - Berlin: Die Syphilis der inneren Genitalien des
Weibes.
Sammelreferat. Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1913, No. 2.
R. Staehelin - Basel : Röntgendiagnostik in der inneren
Medizin.
Verf. gibt eine Uebersicht über die Befunde, die man bei Herz¬
fehlern, Aneurysmen, Tumoren, Tuberkulose erhält.
B e u 1 1 n e r - Genf : Zur Technik der Exstirpation entzündlich
erkrankter Adnexe an Hand von 100 einschlägigen Operationen.
Schluss folgt. L. J a c o b - Würzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 3. L. Kürt- Wien: Zur dorsalen Auskultation des Herzens
und der Gefässe.
Aus den eingehenden Darlegungen ergibt sich, dass im Kindes¬
alter die Herztöne auf dem Rücken in der Regel, bei Erwachsenen
seltener zu hören sind, am besten mit unmittelbar angelegtem Ohr.
Im allgemeinen sind die Töne deutlicher links als rechts von der
Wirbelsäule zu hören. Der Akzent liegt meist auf dem zweiten Ton.
Näheres über die Lokalisation der Herztöne und Klappengeräusche
ist im Original zu finden.
Ferna u, Schrame k, Z a r z y c k i - Wien: Ueber die Wir¬
kung von induzierter Radioaktivität.
Nach den vorliegenden Versuchen bewirken kleinere Dosen
induzierter Aktivität (nach einem näher angegebenen Verfahren in
Form von Injektionen) Leukozytose, grössere Dosen Leukopenie, je
mit relativer Lymphozytose verbunden. Beim Ueberschreiten einer
gewissen Dosis hört der Grad des Abfallens der weissen Blut¬
körperchen auf, der Dosis proportional zu sein. Die gleichen Beob¬
achtungen haben F a 1 1 a und Levy bei Injektionen von Radiumsalz
gemacht. Die Beeinflussung des Blutbildes erhält sich 36 — 48 Stunden,
obwohl die induzierte Aktivität nach 4 Stunden auf Null herabgeht.
Bei direkter Bestrahlung ist die therapeutische Wirnung der indu¬
zierten Aktivität ähnlich der des Radiums selbst; dabei besteht eine
sehr intensive Alphastrahlung.
J. v. Zubrzycki und R. Wolfsgruber - Wien : Beitrag
zur Bekämpfung der Anämien durch intramuskuläre Injektionen von
defibriniertem Menschenblut.
Die von Esch (Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 41) ange¬
gebene Methode hat sich in 6 Fällen bei stark ausgebluteten Frauen
(Injektionen von 20 — 30 ccm in Abständen von 3 — 4 Tagen) als sehr
brauchbar gezeigt. Das Blutbild wurde entschieden günstig beein¬
flusst und damit der Allgemeinzustand gebessert.
Diese Injektionen haben den Vorzug der Einfachheit, Schmerz¬
losigkeit und, bei vollster Asepsis, der Ungefährlichkeit.
H. Finsterer - Wien : Seltene Komplikation nach der Hernio-
toinie einer eingeklemmten Leistenhernie.
Bei einer 70 jährigen Kranken traten, nachdem seit der Hernio-
tomie die Darmpassage frei geworden war, neuerdings Zeichen des
Darmverschlusses auf. Bei der nach 48 Stunden gemachten Laparo¬
tomie fand sich an dem inkarzerierten Darmteil eine 4 cm lange Ver¬
klebung mit der Nachbarschlinge und Abknickung des Darmes.
Resektion. Heilung.
Solche Fälle sind nicht dem eigentlichen doppelten Darm¬
verschluss und „Kombinationsileus“ zuzurechnen. Der Entschluss
zur Laparotomie wird sehr erleichtert durch die Verwendung der
Lokalanästhesie mit Infiltration der Muse, recti und des properi¬
tonealen Gewebes durch 0,5 proz. Novokain-Adrenalinlösung. Zur
schmerzlosen Abbindung des Mesenteriums wurde dasselbe gleich¬
falls mit 10 ccm 0,5 proz. Novokainlösung infiltriert.
E. P f 1 a n z - Marienbad: Zur Balneotherapie von Nierenleiden.
Verf. bestätigt die Angabe Zörkendörfers, dass unter den
Kranken, welche Marienbad aufsuchen, eine auffallend grosse Zahl
an Albuminurie und Zylindrurie leidet, und dass diese Affektionen
während des Kurgebrauches zu einem sehr beträchtlichen Teil ver¬
schwinden oder gebessert werden. Bei 129 Kranken P.s schwand
das Eiweiss 30 mal ganz, 59 zeigten eine Verminderung desselben,
unverändert blieb der Befund nur bei einem Viertel der Fälle.
Mehrfach hielt auch dieser Erfolg längere Zeit unverändert an. Es
scheint diese Wirkung am meisten den Sulfaten zuzuschreiben zu
sein, etwa in der Weise, dass dieselben die vermehrte Eliminierung
gewisser Abfallstoffe, welche sonst durch die Niere ausgeschieden
werden und dieselbe reizen, durch den Darm herbeiführen.
E. B a c h s t e z - Wien: Ueber lokale Behandlung der Keratitis
parenchymatosa mit Neosalvarsan.
Zusammenfassung: Bei 9 Fällen von sicherer Keratitis par¬
enchymatosa liess sich durch Einträufeln einer 2,5 proz. Neosalvarsan-
lösung und Einlegen der Substanz in den Konjunktivalsack kein
günstiger Erfolg erzielen.
H. D e u t s c h - Brünn: Alkohol und Homosexualität.
D. berichtet kurz über einen 39 jährigen Mann von sonst nor¬
malem geschlechtlichem Verhalten, der regelmässig nach einem Ge¬
nuss von Vz — 1 Liter Bier in homosexueller Richtung aufgeregt wird,
obwohl er in nüchternem Zustande direkten Widerwillen gegen
homosexuelle Betätigung empfindet. Verf. schliesst auf eine vor¬
handene latente Homosexualität bzw. Bisexualität.
No. 4. W. B ü 1 1 n e r - Riga: Einige Fragen aus der Physio¬
logie und Pathologie der Verdauung und Resorption im Lichte
moderner serologischer Lehren.
Eignet sich nicht zur kurzen Wiedergabe.
O. Kren- Wien: Schlussbericht über unsere Erfahrungen mit
Salvarsan. (Aus der dermatologischen Klinik Prof. Riehl.)
Erfahrungen an 600 behandelten und 285 dauernd beobachteten
Fällen. Den grössten Wert hat das Salvarsan im Primärstadium.
Mit seltenen Ausnahmen wird bei frischen, serologisch noch negativ
reagierenden Sklerosen der Ausbruch sekundärer Erscheinungen ver¬
hindert und es bleibt nach vorübergehender Komplementablenkung
die Blutuntersuchung negativ. Die Drüsenanschwellungen bleiben
aber unverändert in einem Latenzzustand bestehen. Einige solche
Fälle sind bis jetzt zwei Jahre frei von Sekundärzeichen. Bei
Sklerosen mit positiver Serumreaktion bleiben die Sekundärerschei¬
nungen seltener aus, meist fehlt das erste Exanthem, folgen aber
später Haut- und Schleimhautaffektionen. Weniger durchgreifend
wirkt die Behandlung im Sekundärstadium: hier sind besonders
längere Zeit kleine, steigende Dosen am Platze. Ist das nicht durch¬
führbar, ist die kombinierte Behandlung mit Quecksilber notwendig.
Vor grossen Salvarsangaben ist zu warnen. Besonders günstig ist
die Wirkung bei tertiärer und hereditärer Lues. Die Nebenwirkungen
sind bei vorsichtigem Vorgehen keine lebensgefährlichen.
Die neurotrope Wirkung ist im Vergleich zu anderen Arsen¬
mitteln sehr gering. Das Neurorezidiv tritt kaum in vermehrtem
Masse auf; es ist ein Symptom der Syphilis, das eine energischere
Salvarsanbehandlung erheischt. Als Kontraindikation gelten Er¬
krankungen, die durch Blutdrucksteigerung geschädigt werden, alle
schwereren Nervenaffektionen, gewisse das Ohr in Mitleidenschaft
ziehende Beschäftigungen, nicht luetische Mittel- und Innenohr¬
erkrankungen, die zur Drüsenerweichung neigenden Allgemein¬
erkrankungen, gewisse luetische Affektionen des Respirationsweges
(Larynx, Bronchien) wegen der Gefahr akuter Schwellungen.
R. Bar any- Wien: Ueber einen Fall von vollständiger Wieder¬
herstellung des Gehörs nach kompletter, nahezu ein Jahr dauernder
Taubheit bei dem von B a r a n y beschriebenen Symptomenkomplex.
Die komplizierte Krankengeschichte mit Beschreibung der
wechselnden Erfolge der Lumbalpunktion und der beiderseitigen Frei¬
legung der Dura (mit Massage bzw. mit Inzision derselben), wobei
schliesslich ein Schwinden des Kopfschmerzes, des Ohrensausens und
beiderseits eine volle Wiederherstellung des Gehöres erzielt wurde,
ist nicht in Kürze wiederzugeben.
E. Guzmann - Wien : Ueber hereditäre, familiäre Sehnerven¬
atrophie. .
Kurze Krankengeschichten von 6 Gliedern (Geschwistern) einer
Familie mit einigen Besonderheiten, z. B. das bisher nicht beschrie¬
bene Auftreten der Sehstörung ausschliesslich auf einer Seite bei
einem Falle.
B. B a r d a c h - Wien: Ueber ein Phenolphthaleinspektrum und
dessen Einfluss auf die spektroskopische Harnuntersuchung.
Bei alkalischen Harnen wird selbst durch sehr geringe Mengen
Phenolphthalein eine rötliche Mischfarbe sowie eine Veränderung des
Spektrums erzielt. Letzteres zeigt eine bald schmälere, bald breitere
Auslöschung nahe der Linie E (gegen das Rot hin), die sich je nach
Verdünnung und Alkalität mehr der Lage des Urobilin- oder^ des
reduzierten Hämoglobinspektrums nähert. Dieses Verhalten ist präi
4. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
265
tisch bei der Untersuchung auf Urobilin wie auf Blut zu beachten.
Die spektroskopische Untersuchung auf Urobilin ist daher nur in
sauren Flüssigkeiten vorzunehmen.
A. v. Koranyi: Benzolbehandlung der Leukämie.
Bemerkungen zum Aufsatz Pappenheims in No. 2. Dessen
aus Tierversuchen abgeleitete Bedenken gegen die Benzolbehandlung
sind nicht als stichhaltig anzusehen, da bei Menschen tatsächlich
Schädigungen nicht eingetreten, sondern beträchtliche Besserungen
erzielt worden sind. Gegenüber dem Thorium ist die Benzolbehand¬
lung einfacher und sicher gefahrlos.
F. Tedesko: Zur Behandlung der Leukämie und sonstiger
Blutkrankheiten.
Verf. bemerkt zu demselben Aufsatz, dass bei Benzol in der täg¬
lichen Maximaldosis von 3 g keine Nierenschädigungen oder Beein¬
trächtigung des Allgemeinbefindens zu beobachten, dagegen günstige
Erfolge zu verzeichnen waren. Vor Ueberdosierung muss freilich
gewarnt werden.
Wiener klinische Rundschau.
1912. No. 38/41. A. M a r g o 1 i s - Lodz : Zur Frage vom Einfluss
der vermehrten Wasserzufuhr auf den Stoffwechsel des Säuglings.
Im allgemeinen ergaben die Untersuchungen, auf die hier nicht
näher einzugehen ist, dass auch bei relativ recht hoher Wasserzufuhr,
die längere Zeit ohne Schaden ertragen wurde, weder aus dem Ver¬
halten des Harns noch aus der Gewichtskurve ein Nutzen abgeleitet
werden kann. Das Gedeihen der Kinder wurde nicht nennenswert
beeinflusst.
No. 41/42. J. Le vit-Prag: Die bei der Behandlung der Kar¬
bunkel mittels Exzision erzielten Erfolge.
Besprechung der verschiedenen operativen und nicht operativen
Verfahren. An der Klinik von Kukula wird die Exstirpation des
ganzen Karbunkels bevorzugt und wurde an 104 ambulant und
78 stationären Kranken ausgeführt (tiefe Umschneidung des Infiltrates
und Exstirpation bis auf die Faszie). Die Zahl der Todesfälle unter
letzteren war 8, dabei bestand 5 mal Diabetes, 2 mal Diabetes und
Nephritis, 1 mal Sepsis schon vor der Operation. Die Heilungsdauer
betrug in der Regel 4 — 5 Wochen. Statistisches ist im Original ein¬
zusehen.
No. 44/45. N. M i n u c h i n -Basel: Ueber die Ruptur der
Symphysis ossium pubis unter der Geburt.
Beschreibung eines Falles. M. kommt zu dem Schluss, dass die
Grösse der Frucht oder der Kraftaufwand bei künstlicher Entbindung
allein nicht zur Symphysenruptur führt; abgesehen von schwerer
Entzündung der Beckengelenke oder Destruktion des Knochens in
einzelnen Fällen, liegt die Ursache meistens in einer hochgradigen,
während der Schwangerschaft sich ausbildenden Auflockerung der
Beckengelenke. Ein abnormer Geburtsmechanismus erhöht dann die
Gefahr, ist aber nicht notwendig für die Ruptur.
No. 46. A. G a s b a r r i n i - Turin : Untersuchungen über
lordotlsche Albuminurie.
Bei Erwachsenen sah Verf. durch künstliche — aufrechte oder
horizontale — Lordose keine Albuminurie auftreten; bei gesunden
Kindern trat sie durch aufrechte Lordose ein; bei Nephritikern wurde
sie durch letztere verstärkt.
Durch Expulsivbandagen und durch Kompression der Luft in
metallenen Stiefelschäften entstand keine Albuminurie; dagegen
wurde durch Erzeugung eines Vakuums in diesen Stiefelschäften bei
der gleichzeitig bewirkten renalen Ischämie an Gesunden eine
Albuminurie erzeugt und letztere bei Nephritikern gesteigert. Bei
aufrechter Lumballordose und Bandagierung der Beine trat bei ge¬
sunden Kindern eine stärkere Albuminurie auf als bei forcierter
Lordose. Bei Hunden und Kaninchen bewirkte forcierte Lordose in
gewöhnlicher Körperstellung eine schwache Albuminurie; aus¬
gesprochener wurde diese bei Lordose in der Rückenlage, bedeutend
aber bei aufrechte! Lordose und Bandagierung der Beine.
No. 43/46. H. Grenacher - Halle a. S. : Ein Beitrag zur
Thymusstenose.
Ueberblick über die Pathologie der Thymusstenose und 21 bis
jetzt operativ behandelte Fälle, denen Verf. einen eigenen durch
Operation gebesserten hinzufügt. Bei diesem wird die bestehende
Idiotie näher erörtert. Wenn die Röntgenbehandlung der Thymus¬
hypertrophie möglicherweise auch Erfolg haben wird, werden die
akuten Fälle mit schweren Anfällen von Dyspnoe immer der chirur¬
gischen Behandlung bleiben, welche ungefährlich ist und über¬
gehende dauernde Erfolge hat. Zurzeit ist die partielle Enukleation
der Driise die einzig erlaubte Operation bei Tracheostenosis thymica.
No. 50. J. J i a n u - Bukarest : Gestielte Transplantation der
Arteria hypogastrica zum Ersatz des Harnleiters.
Beschreibung eines Falles.
No. 49/51. L. S z a m e t z - Vilbel: Ueber den Einfluss der
Myome auf die Sterilität und Fertilität.
Mit Verwertung des Materiales der Freiburger Klinik von 1904
bis 1909 und anderweitiger Statistiken kommt Verf. zu dem Resultat,
dass tatsächlich die Myome oft Sterilität bedingen und zwar be¬
hindern submuköse Myome häufig die Konzeption, interstitielle und
subseröse bedingen meist nur sekundäre Sterilität. Auch die
Fertilität erfährt durch Myome eine Minderung.
Bergeat - München.
Laryngo-Rhinologie.
W. Alb recht: Heissluftbehaudlung in der Laryngologie.
(Aus der Klinik für Hals- und Nasenkranke der Kgl. Charitee in
Berlin. Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. G. K i 1 1 i a n.) Archiv
für Laryngologie und Rhinologie. Band 26, Heft 3.
Das Heissluftverfahren, dessen genaue Technik beschrieben
wird, verspricht Erfolg 1. bei akuter Laryngitis, 2. bei subakuter und
chronischer Laryngitis, speziell bei der trockenen Form; Voraus¬
setzung ist dabei, dass die Erkrankung nicht schon zu lange dauert
und zu tiefgreifende Veränderungen gemacht hat. 3. Bei Kehlkopf¬
ödemen akuter und chronischer Form. Nachgewiesen ist dieses
Resultat zunächst nur bei Oedemen tuberkulöser Natur, doch ist die
Uebertragung auf andere Arten ohne weiteres zulässig, wenn wir uns
die Ursache der heilenden Wirkung vergegenwärtigen. Sie ist auf
die resorbierende Eigenschaft der gesteigerten Durchblutung zurück¬
zuführen, die für alle Oedeme jeglicher Aetiologie gleichmässig wirken
muss. 4. Lässt sich als aussichtsreiches Gebiet noch die stenosierende
Narbe im Kehlkopf anführen, welche durch die Hyperämie eine
Lockerung erfährt und sich mithin besser für die Bougierung eignet.
Oswald Levinstein - Berlin : Ueber eine neue „pathologische
Tonsille“ des menschlichen Schlundes, die „Tonsilla linguae lateralis“
und ihre Erkrankung an Angina. (Ebenda.)
Auf der -Schleimhaut des menschlichen Schlundes können mit¬
unter pathologische Reize dazu führen, dass gewissermassen ganz
neue Organe entstehen, die sich weder makroskopisch noch mikro¬
skopisch von der normalen Tonsille unterscheiden. Ebenso wie L.
dies für die Pharyngitis granulosa und lateralis nachgewiesen hat,
tut er es jetzt für die seitlichen Teile des Zungengrundes, während
seine Mitte schon im Normalzustände die Tonsille lingualis „media“
trägt, ln klinischer Hinsicht kann die neu entstandene Tonsille lin¬
guae lateralis an der gleichen akuten Entzündung erkranken, wie die
normale Tonsille — also an Angina — , wie L. das auch schon bei der
normalerweise nicht vorhandenen „Seitenstrangstonsille“ beob¬
achtet hat.
Edmund W e r t h e i m - Breslau : Ueber die Beziehungen der
Neuritis optica retrobulbaris zu den Nebenhöhlenerkrankungen der
Nase. Ebenda, Band 27, Heft 1.
Nachdem W. an' mehreren Fällen das Bestehen obiger Be¬
ziehungen und auch die Tatsache der Dauerheilungen bei recht¬
zeitigem nasalen Eingreifen nachgewiesen hat. spricht er das sehr
beiechtigte Verlangen aus, dass künftig nicht nur die Ophthalmologen
dem Rhinologen alle ätiologisch unklaren Fälle von retrobulbärer
Neuritis zur rhinologischen Untersuchung überweisen, sondern dass
vielmehr auch die Rhinologen bei Nebenhöhlenerkrankungen, be¬
sonders bei Eiterungen in den hinteren Nebenhöhlen weit mehr als
bisher die okularen Verhältnisse beachten, bezw. eine genaue oph-
thalmologische Untersuchung vornehmen lassen, zumal erfahrungs-
gemäss eine einseitige Neuritis optica bei normalem zweiten Auge
keine auffallenden Sehstörungen bei dem Patienten hervorzurufen
braucht.
A u e r b a c h - Baden-Baden : Zur Totalexstirpation der Ton¬
sillen. Monatsschrift für Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie,
Jahrgang 46. Heft 11.
A. ist Anhänger der Totalexstirpation, da es das radikalste
Verfahren ist und das einzige, welches für den angestrebten Zweck
sichere Garantien bietet. Die Befürchtung, dass die totale Aus¬
schälung der Tonsille auf den Gesamtorganismus schädlich einwirken
könne, ist bisher durch die Erfahrung nicht bestätigt worden; ausser¬
dem käme sie nur bei Ausschälung beider Tonsillen in Frage. Auch
die Blutung ist nicht zu fürchten, man kann ungehindert an die
Blutung heran und die eventuelle Blutung beginnt sofort nach Auf¬
hören der Adrenalinwirkung. Bei den konservativen Mandelope¬
rationen ist das blutende Gefäss meist in der Tiefe verborgen und
die Blutung tritt oft erst nach Verlauf von Stunden auf. Mitunter sah
A. direkt nach dem Eingriff totale Lähmung des Gaumensegels der¬
selben Seite: sie schwand aber nach 1 — 2 Tagen jedesmal wieder
spontan. (Ref. ist kein unbedingter Anhänger der Totalexstirpation,
seine Gründe würden hier zu weit führen und sind anderen Orts
mehrfach ausführlich dargelegt.)
Robert D a h m e r - Posen : Einseitige Influenzalaryngitis und
Kelilkopftuberkulose. Zeitschrift für Laryngologie, Rhinologie und
ihre Grenzgebiete. Band 5, Heft 4.
ln neuerer Zeit ist man darauf aufmerksam geworden, was
D. an 14 Fällen bestätigt, dass entgegen der bisherigen Anschauung
auch einseitige Stimmbanderkrankung gutartiger Natur sein kann.
Während früher einseitige Laryngitiden allgemein als tuberkulös an¬
gesehen wurden, erwiesen die beschriebenen Fälle D.s und anderer
sich als katarrhalische, subkutan-entzündliche Erkrankung, auch mit
gelegentlicher Mitbeteiligung des übrigen Larynx und der Trachea:
sie zeichnen sich durch langsam-hartnäckigen Verlauf aus. gehen aber
schliesslich in Heilung über. Gegen Verwechslung mit Tuberkulose
schützt das Freisein der Lungen, der Verlauf und die negative
Tuberkulinreaktion. Auch Lues und Karzinom können nach dem
Aussehen in Frage kommen. Auch hier wieder schützt das Fehlen
der Allgemeinerscheinungen, die negative Wassermann sehe
Reaktion, der Verlauf etc. vor Irrtümern. Die Behandlung besteht
in Adstringenticn, Umschlägen und vor allem Stimmenthaltung bezw.
-Schonung.
266
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
R i c h t e r - Plauen i. V.: Beitrag zur Behandlung der Ozaena.
Ebenda.
Die Behandlung der Ozaena muss operativ sein und nicht wie
bisher meist exspektativ bezw. aus Spülung und Reinigung bestehend,
denn so wird keine genügende Reinigung aller Nischen und Buchten
und nur ungenügender Erfolg erzielt. Die Operation bezweckt die
Freilegung versteckter Teile, um sie mittels Tamponade (nach
Gottsteins Vorgang) zu behandeln. Nach eine Woche dauern¬
der Vorbehandlung zwecks Fötorbeseitigung wird nach Anwendung
von Kokain und Adrenalin das Siebbein mittels Konchotom eröffnet,
alsdann wird die Riechspalte mit einer eigens konstruierten Zange er¬
weitert, so dass die vordere Keilbeinhöhlenwand freiliegt. Ihre
natürliche Oeffnung wird mit stumpfen Haken, wenn nötig auch mit
der Stanze so weit vergrössert, dass aus der punktförmigen Oeffnung
ein ovaler grosser Spalt wird. Alsdann werden Tamponstreifen mit
antiseptischer Lösung evehtuell auch Borvaselin in die Tiefe der
Nase, die Keilbeinhöhle, Riechspalte eingebracht und alle 2 Tage
erneuert. Allmählich lässt der Gestank nach und es tritt eine nor¬
male vollsaftige Sekretion ein. Diese zu erhalten, ist Sache der
weiteren Nachbehandlung. (Wie? Wie lange? Ist überhaupt die
beschriebene Methode einfacher, schneller und aussichtsreicher als
die bisherige? Referent.)
Marius M e n i e r - Figeac (Frankreich): Geschichtliches über
die Schweigekur. Ebenda.
Interessante historische Notiz, aus der hervorgeht, dass auch
schon vor Moritz Schmidt gelegentlich die Scnweigekur zur
Heilung von Kehlkopfleiden angewandt wurde. Besonders ein fran¬
zösischer Landarzt gab im Jahre 1824 genaue noch heute giltig sein
könnende Vorschriften für die Schweigekur bei einem Fall von
Laryngitis tuberculosa. Auch aus einer anderen Literaturstelle von
ungefähr derselben Zeit, ferner einer Romanbeschreibung aus einem
medizinischen Werk von vor 1650 geht hervor, dass die Schweigekur
nicht gänzlich unbekannt war. Trotzdem steht das Verdienst von
Moritz Schmidt ungeschmälert da, weil er diese Behandlungsart
aus der Vergessenheit wieder zu Ansehen brachte und zur wirk¬
lichen wissenschaftlichen Methode erhob.
0. Voss: Fort mit der Schlundsonde bei Fremdkörpern in der
Speiseröhre. (Aus der städtischen Ohrenklinik Frankfurt a. M.)
Zeitschrift für Ohrenheilkunde und für die Krankheiten der Luftwege.
Band 66, Heft 1 — 2.
V. schliesst sich den bereits auch anderweitig ausgesprochenen
Warnungen vor der Schlundsonde bei Speiseröhrenfremdkörpern
an; er sah nach blindem Einführen der Sonde, dass eine Gräte tief
in die Schleimhaut hineingestossen worden war, und dass hierdurch
entzündliche Schwellungen und Schwierigkeiten bei der Extraktion
entstanden waren. Wir können durch die Oesophagoskopie jederzeit
leicht unter Leitung des Auges ohne Schädigungen die Anwesenheit
des Fremdkörpers feststellen und ihn entfernen. Die Entfernung ist
einfach und leicht, wenn nicht unzweckmässige Handgriffe, wie
Sondeneinführung, vorangegangen sind. Die Verhältnisse liegen ähn¬
lich wie beim Uhr, wo unter Leitung des Auges in einwandfreier
Weise gearbeitet werden kann, und jedes blinde Arbeiten nur schadet.
G. Wüst mann: Zur Jod- und Quecksilbertherapie bei Schleim-
liauttuberkulose der oberen Luftwege. (Aus der Ohren- und Kehl¬
kopfklinik der Universität Rostock [Direktor: Prof. Dr. K ö r n e rl.)
Ebenda.
Aus den Fällen von W. und älteren der gleichen Klinik geht mit
Sicherheit hervor, dass die interne lodkalibehandlung viele Schleim¬
hauttuberkulosen in den oberen Luftwegen zur Heilung bringt. Die
Zutaten zur Jodkalibehandlung, z. B. die von Pfannenstiel,
haben nur zweifelhaften Wert. Mitunter werden Fälle durch Jod
nicht deutlich und schnell besser, alsdann ist die Hinzufügung einer
Quecksilberkur erforderlich. Die Frage, wann Jodkali allein und
wann Jodkali und Quecksilber kombiniert anzuwenden ist, kann nicht
schematisch beantwortet werden. Nicht die Schwere des Prozesses
ist ausschlaggebend, sondern das refraktäre Verhalten gegen Jodkali.
Walker D o w n i e - Glasgow : 4 Fälle von Larynxfraktir.
The Laryngoscope 1912, No. 9.
Larynxfrakturen sind ziemlich selten, so dass jeder einzelne
Fall interessant ist. Sie entstehen deswegen selten, weil der Larynx
trotz seiner oberflächlichen Lage, wegen seiner freien Beweglichkeit
und Elastizität seiner Knorpel im allgemeinen durch Traumen wenig
beeinflusst wird. Wenn in der Senilität die Verknöcherung der
Larynxknorpel eintritt, so können Frakturen leichter und öfter ent¬
stehen. Direkte Traumen wie Auffallen des Halses auf einen harten
Gegenstand sind selten, meist wird die Fraktur durch indirektes
Trauma wie starke seitliche Kompression nach Art der Erdrosselung
bewirkt. Die Symptome bestehen in Larynxödem, Schluckbeschwer¬
den, Krepitation und mitunter Abszessbildung, Schwellung der
äusseren Halsteile, und gelegentlich Nekrose der frakturierten
Knorpelstiicke. Heilung kann nicht immer mit Sicherheit erwartet
werden.
J. A. S t u c'ky - Lexington U.S.A.: Einige unliebsame Nach¬
wirkungen der zu radikalen Tonsillektomie. Ebenda, No. 10.
In Amerika (und annähernd auch in Deutschland! Ref.) nimmt
die Radikalexstirpation der Tonsillen seitens der Spezialisten und
Nichtspezialisten überhand. St. hält sich deshalb für verpflichtet,
nach seinen Erfahrungen vor der leichtsinnigen Operation zu
warnen. Sie ist keine einfache Operation, sondern ein grösserer
Eingriff, der sorgfältig erwogen und vorbereitet sein muss. Wenn
auch nicht direkt im Anschluss an die Operation, so treten doch oit
einige Wochen später, wie St. selbst sah, Schädigungen auf, z. B.
Lymphdrüsenentzündungen und -Schwellungen, Fazialislähmung,
Singstimmschädigungen, Schluckbeschwerden durch Narbenkon¬
traktion und Gaumensegellähmungen u. a.
Herausgebernotiz: Das Massacker der Tonsille. The Journal of
Laryngology, Rhinology and Otology. 1912, Dezember.
Die gleichen Gesichtspunkte wie im vorstehenden Artikel, näm¬
lich Warnung vor dem unbesonnenen Tonsillenoperieren und den
notwendigen Schäden werden auch für die englische Aerztewelt von
der Redaktion der Zeitschrift nachdrücklichst betont. Sie knüpft an
die in gleichem Sinne unter sehr scharfen Verurteilungsäusserungen
geschriebene Arbeit eines amerikanischen Arztes an, die sie ein¬
gehendst kommentiert und zwar an John R. Mackenzie: The
Massacre of Tonsill in Maryland Medical Journal. September 1912.
Lannois et Moncharmont - Lyon : Ueber sekundäres
Karzinom des Larynx. Annales des maladies de l’oreille, du larynx,
du nez et du pharynx 1912, No. 10.
An der Hand eines selbstbeobachteten Falles und der in der
Literatur niedergelegten Beobachtungen kommen L. und M. zu dem
Schlüsse, dass die wirklichen neoplastischen Metastasen im Bereich
des Larynx Ausnahmen sind. Sie konnten nur 4 Beobachtungen zu¬
sammenstellen, die zweifelsfrei sind. Ebenso selten sind die Kar¬
zinome, die sekundär auf den Larynx überimpft sind. Mithin scheint
in vielen einschlägigen mitgeteilten Fällen ein Fehler der Beob¬
achtung oder Mangel der anatomischen Kontrolle vorzuliegen.
Combier-Creusot: Die Behandlung der Dysphagie bei der
tuberkulösen Laryngitis. Archives internationales de Laryngologie.
d’otologie et de rhinologie. September-Oktober 1912.
Empfehlung der Alkoholinjektionen in die Gegend des Nervus
laryngeus superior aussen am Halse. Sie ist nach C. selten ohne
Wirkung. Die Technik ist bekanntlich einfach und wird genauer
beschrieben. Max Senator- Berlin.
Inauguraldissertationen. *)
Ueber hohen Gradstand berichtet Bertold W e i s s auf
Grund von 11 Beobachtungen an der Universitäts-
Fra u e n - K 1 i n i k in F r e i b u r g i. B r„ die in der Zeit vom
1. April 1909 bis 1. April 1912 zur Beobachtung gekommen sind.
Diese 11 Fälle wurden unter 3157 Geburten beobachtet. Die Positio
occipitalis pubica kommt häufiger vor als die Pos. occip. sacralis.
Bei den 11 Beobachtungen lag 7 mal die kleine Fontanelle und 4 mal
die grosse Fontanelle vorn. Die Stellung des Rückens ist niemals
ganz vorn oder ganz hinten gewesen, sondern immer etwas rechts
oder links verschoben. Daher ist auch die Drehung des Kopfes von
Vorderhaupts- in Hinterhauptslage etwas leichter. Der Geburtsver¬
lauf war 5 mal spontan. Häufiger wurde beobachtet, dass der Kopf,
nachdem er ins Becken eingetreten war, eine Drehung und Riick-
drehung machte, oder mit totaler Drehung von Vorder- in Hinter¬
hauptslage (nie umgekehrt!) oder gerade ein- und durchtrat. Der
hohe Gradstand ist häufiger als früher angenommen wurde. (Frei¬
burg i. Br. 1912. 20 Seiten. München, R. Müller & S t e i n i c k e.i
Fritz L o e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Jena. Oktober — Dezember 1912.
Hartung Erich: Beiträge zur degenerativen Vererbung.
Schmidt Willy: Untersuchungen über die Statozysten unserer ein¬
heimischen Schnecken.
Grunelius Adolf v. : Ueber die Entwicklung der Haut des
Karpfens.
Willer A.: Beiträge zur Kenntnis der Bandwurmseuche (Ligulosis)
der Brachsen oder Bleie (Abramis brama).
Ishioka S.: Experimenteller Beitrag zur Frage der traumatischen
Pneumonie.
Klett Walther: Ueber Schallschädigung im Gehörorgan bei Tauben.
Hetzer Walter: Ueber Stomatitis bei Scharlach und Scharlach-
rezidive.
Bau mann Willy: Pathologisch-anatomische Untersuchungen bei
einem Fall von Kupfersulfatvergiftung.
Handtmann Erich: Zur Kenntnis der Divertikel des Magens.
Sach Walter: Ein Fall von Hümatometra im rudimentären Neben¬
horn eines Uterus unicornis.
Pape Hans: Ueber einen Fall von akuter Wismutvergiftung von der
Bauchhöhle aus. X
p r e u s s e Wilhelm: Ein Fall von Diabetes mellitus, beobachtet wäh¬
rend Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett.
Brauns Hans: Die Einwirkung abkühlender Temperaturen auf
das Blut.
Gaertner Rudolf: Ein Fall von primärem Sarkom der Portio
vaginalis uteri.
König Rudolf: Die Chloräthylnarkose.
Krüger Wilhelm: Das Tuberkulin in der Therapie des Lupus vul¬
garis.
D Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
4. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
267
>chümer Emil: Beitrag zur Kenntnis der Poliomyelitis anterior
chronica, der Polyneuritis und der Meningitis spinalis chronica,
unter besonderer Berücksichtigung ihrer Differentialdiagnose.
Jndemann Arno: Die Behandlung des Pemphigus durch intra¬
venöse Shlvarsaninfusion.
Rüdiger Otto: Salvarsan bei hereditärer und akquirierter Syphilis
im Säuglings- und Kindesalter.
Auswärtige Briefe.
Londoner Brief.
(Eigener Bericht.)
Die gegenwärtige Lage im Kampfe gegen das nationale Ver-
»icherungsgesetz.
Das erste Stadium des Kampfes zwischen der Regierung und
Jen Aerzten ist zu Ende. Vor wenigen Tagen hat nämlich die letzte
Repräsentantenversammlung der British Medical Association mit
,'rosser Stimmenmehrheit die Aerzte von ihrem ehrenwörtlichen Ver¬
sprechen. die Mitarbeit an dem Gesetze zu verweigern, enthoben.
Seither füllen sich die vorher noch etwas lückenhaften Reihen der
Versicherungsärzte — paneldoctors genannt — auf und das Gesetz
st im vollen Schwünge. Die Situation gleicht gegenwärtig einem
Waffenstillstände nach einer verlorenen Schlacht. Die jetzigen Be¬
dingungen des ärztlichen Dienstes sind anerkanntermassen nur ein
Provisorium und es muss sich bald zeigen, ob die Aerzteschaft in
der zweiten Phase des Feldzuges, der sich nun der ganzen Linie
ntlang entspinnen wird, der Situation gewachsen ist oder nicht. Bis¬
her war die Fehde kaum mehr, als ein Duell zwischen den Ge-
icralen der beiden feindlichen Parteien — der B.M.A. einerseits, der
Regierung andererseits — , mit der Inkrafttretung der Medical Bene-
its aber hat sich der Schwerpunkt nach der Peripherie verschoben,
und das endliche Schicksal des. Streites liegt heute in der Hand
der zahlreichen praktischen Aerzte und der einzelnen Versicherungs-
■romitees des Landes.
Es liegt mir ferne, hier eine Geschichte der Verhandlungen der
etzten Jahre zu bringen, auf die Ursachen des beklagenswerten Aus¬
ganges derselben muss aber etwas näher eingegangen werden, ich
will aber vorher erwähnen, dass der Kampf nicht ganz fruchtlos
läusgegangen ist und dass die vielfachen und weitgehenden, wenn
auch unzulänglichen Zugeständnisse der Regierung an die Aerzte
Jas ausschliessliche und bleibende Verdienst der B.M.A. sind und
ahne diese überhaupt nie gemacht worden wären. Die B.M.A. hat
einer unter den schwierigsten Verhältnissen und in kurzer Zeit be¬
wiesen, dass die Einigkeit unter den Aerzten — diese rarissima avis
— nicht ganz ins Reich der Utopien gehört und, was sich durch
Grammes Zusammenhalten erreichen Hesse. Vorderhand ist die zarte
Treibhauspflanze leider im kalten Norden erstickt, es steht aber zu
loffen, dass das von der B.M.A. gemachte Exnerimentum crucis den
Aerzten ins .Fleisch und Blut übergehen und die kaum gewonnene
and wieder verloren gegangene Einigkeit von neuem auferstehen
wird. Dies sind die Lichtpunkte dieses dunklen Bildes; sie werden
von den Gegnern der B.M.A. nur zu oft übersehen.
Auf Seite der Aerzte hat sich in den letzten 2 Jahren nicht
-.eiten eine überschwängliche Siegesgewissheit, eine unnachgiebig
starre Haltung und eine Unterschätzung der Kräfte des Gegners in
verderblicher Weise kundgegeben, die Hauptschuld an dem Debakle
trägt aber meines Ermessens die ungenügende Orientierung der
B.M.A. über die Stimmung im eigenen Lager. Hochtönende Reso-
utionen, Reden und gewaltige Stimmzettelerfolge erweckten selbst
aei kühl denkenden Leuten die Ueberzeugung, dass die Lockrufe der
Regierung bei allen Kollegen auf taube Ohren fallen würden. Man
[rahm daher die Einigkeit unter den Aerzten ohne weiteres als
ertige Tatsache hin und handelte demgemäss. So wurde denn das
ainigkeitskind, das mit so viel Mühe und Not kaum geboren war,
gleich volljährig erklärt und mit der Last und Arbeit eines aus¬
gewachsenen Mannes bebiirdet, was ihm dann eben das Rückgrat
>rach. Skeptiker blickten schon zu Anfang mit Beunruhigung in die
Zukunft, wurden aber in dem Begeisterungstaumel, der sich da allent-
■alben auf Protestversammlungen und Vertretertagen erhob, kaum
•u Worte gelassen. Diese Schwarzseher bezweifelten den Wert von
Resolutionen und Stimmzettelerfolgen. Auf solchen Versammlungen
'Pich nämlich das psychologische Moment der Massen (psychological
noment oi the crowd) eine grosse Rolle; die Begeisterung ist äusserst
-ontagiös, erreicht sehr rasch hohe Fiebergrade, kühlt aber in der
-insamen Stille der Studierstube ebenso schnell wieder ab. Zu ße-
-’dim war die Zahl der Abgekühlten noch klein, da die Glut von der
'.M.A. immer wieder von neuem angefacht wurde und der Tag der
Entscheidung noch ferne lag; als aber dieser mit Dezember 1912
laherrückte, da lichteten sich die Reihen der heulenden Wölfe und
so mancher, der seine Existenz bedroht sah und hörte, dass sein
'enachbarter Kollege Bussgedanken hegte, gab nach und unterschrieb
len Kontrakt mit den Insurance-commissioners. Force majeure war
-d en doch stärker als die Einigkeit der Aerzte. Dies führte bereits
m Dezember zu zahlreichen Resignationen innerhalb der B.M.A.
iuk1 zur Gründung eines Vereines von Versicherungsärzten. Aehn-
liche Vorgänge spielten sich auch unter der vielköpfigen Aerzte¬
schaft ab, die sich von jeher der B.M.A. ferngehalten hatte. Bereits
im Beginn war hier wohl eine mehr abwartende Haltung und
schwächere Oppositionslust die Regel, man hörte aber wenig von
dieser Partei, da ihr Organisation und Presse fehlen, und auch häufig
— soweit man Gerüchten Glauben schenken dart — Intimidation
geübt wurde. Zum Schluss dürfte wohl die Mehrzahl dieser Kollegen
zur Ansicht gekommen sein, dass es besser ist, einen Kompromiss
abzuschliessen, als durch eine übereilige Luftschlösserpolitik alles
aufs Spiel zu setzen. Man kann es nicht verhehlen, dass in dem
Kampfe der Praktiker, die interessierteste Partei, nicht ge¬
nügend oft und erst spät zu Wort gekommen ist. Die Politik wurde
in London und den grossen Provinzialzentren gewöhnlich von
Spezialisten und Kollegen mit lukrativer Praxis, die sich nie einfallen
lassen werden, in den Versicherungsdienst zu treten, zugeschnitten
und dem Praktiker aufgehängt. Kein Wunder, dass der Rock recht
schlecht sass.
Auch an der Art des Kampfes ist leider sehr viel auszusetzen.
Derselbe war ganz besonders in den letzten Monaten auf Seite der
Aerzte von einem virulenten politischen Animus gegen die Regierung
angekränkelt, was der guten Sache auch beim Publikum viel ge¬
schadet hat. Wenn einer der höchsten Funktionäre der B.M.A.
in öffentlicher Rede sagt, die Regierung täte besser, Dreadnoughts
zu bauen, als derlei Gesetze einzubringen, dann fragen sich viele
Kollegen mit Recht, ob ihre Angelegenheit den geeigneten Köpfen
anvertraut ist. Der Finanzminister andererseits, der häufig wegen
seiner Impulsivität angeklagt wird, hat im ganzen und grossen die
Objektivität der Diskussion gewahrt und sich jedenfalls nie zu solchen
Geschmacklosigkeiten verstiegen. Die konservative Presse hat
natürlich auch diesen Kampf zu selbstsüchtigen Parteizwecken aus-
geniitzt und viel Unheil angerichtet. Es wäre natürlich ungerecht,
die B.M.A. damit zu belasten, das Publikum und viele Aerzte ver¬
muten aber doch einen inneren Zusammenhang.
Noch ein Wort über die Behandlung der Abtrünnigen zur Zeit
des Zusammenbruches, ln der Tagespresse wurden die paneldoctors
als minderwertige Aerzte hingestellt und das Publikum gewarnt, die
medizinische Presse hat aber in äusserst anerkennenswerter Weise
ihre Spalten einer derartigen Kritik nicht geöffnet. Die geplante
Boykottierung der paneldoctors ist natürlich seit Rückgabe des
ehrenwörtlichen Versprechens ins Wasser gefallen. Nichts wäre
schädlicher für die Zukunft, ungerechter und schmachvoller, als wenn
wir ausserhalb des Versicherungsaktes stehende Aerzte diese
Kollegen in ihrer Ehre kränken würden.
Inwieweit die bekannten 6 Kardinalpunkte der B.M.A. ver¬
wirklicht oder nicht verwirklicht sind, wissen die Leser aus einem
früheren Berichte (d. W. 1912, S. 2645). Die Bedingungen, die
gegenwärtig gelten, sind die gleichen, wie im Dezember v. J. und
bedeuten dank den Bemühungen der B. M. A. jedenfalls einen grossen
Fortschritt gegen früher. Die B.M.A. hat mehrfach eigene Projekte
für den ärztlichen Dienst ausgearbeitet, die aber von der Regierung
abgelehnt werden mussten, weil u. a. bei ihnen die staatliche Kontrolle
auf ein Minimum reduziert oder ganz ausgeschaltet wird. Die völlige
Aufhebung dieser liegt aber sicherlich weder im Interesse der
Oeffentlichkeit noch der Aerzte selbst. Andererseits muss jedoch
zugegeben werden, dass die ärztliche Repräsentation auf den Ver-
sieherungskomitees eine ganz ungenügende ist — ein Kampfobjekt für
die Zukunft.
Das Gesetz ist mit 15. Januar in volle Kraft getreten. Ueber die
Art des Arbeitens und die Qualität des ärztlichen Dienstes lässt sich
wegen Kürze der Zeit kein Urteil abgeben, auch fehlen mir eigene
Erfahrungen darüber. Momentan sind die Versicherungsärzte sehr
überarbeitet, da jeder Versicherte seinen Arzt zu wählen und ihm
persönlich eine Karte zur Unterschrift vorzulegen hat. Die Warte¬
zimmer dieser Kollegen sind daher gegenwärtig sehr überfüllt und
manche sogar Tag und Nacht über geöffnet. Daraus auf eine u n -
geh euere Zunahme der Morbiditätsziffer zu schliessen, ist
natürlich falsch, geschieht aber von Seite der Gegner des Gesetzes
recht häufig. Dass die Zahl der Kranken und ganz besonders der
trivialen Fälle, die früher nur selten ärztliche Hilfe suchten, einiger-
massen in die Höhe gehen wird, ist andererseits zu erwarten. Das¬
selbe gilt auch von Simulanten und Marodeuren. Wer das Gesetz
deshalb verdammt, schüttet das Kind mit dem Bade fort. Ein
Fall, der viel Aufsehen erregt hat, ist bereits gegen das Gesetz aus-
geniitzt worden. Ein Kollege fand sein Wartezimmer mit 200 bis
300 Versicherten gefüllt und darunter einen Mann, der über Bauch¬
schmerzen klagte. Da die Zeit zur Untersuchung fehlte, wurde ein
Pulver verabreicht und der Kranke ohne Untersuchung fortgeschickt.
Später Exitus wegen eingeklemmter Schenkelhernie. Wie zu er¬
warten stand, hat die Presse aus dein Falle reichlich Kapital ge¬
schlagen.
Die Aerzte Englands haben in dem langen Kampfe gegen eine
übermächtige Regierung nicht die wünschenswerten Erfolge erzielt,
es ist aber zu hoffen, dass ihnen dies durch strammes Zusammen¬
halten in der Zukunft gelingen werde. Dabei müssen nicht nur die
Interessen der Aerzte. sondern auch diejenigen der Oeffentlichkeit
gewahrt werden. Nur durch eine Versöhnung beider kann ein
dauernder Friede hergestellt werden.
London, Ende Januar 1913. Paul Daser.
268
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Vereins- und Kongressberichte.
Medizinische Gesellschaft zu Chemnitz.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 11. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr N o b i s.
Schriftführer : Herr L o h r i s c h, später Herr Ochsenius.
Herr Velhagen: Die Hauptschwierigkeit bei der Unfallbegut¬
achtung.
Der Vortrag wird in extenso an anderer Stelle veröffentlicht
werden.
Herr Hoehi: Eine systematisierte Muskelerkrankung.
Vortr. versteht darunter die nach Infektionskrankheiten aller Art
auftretende, entzündliche Veränderung der Muskulatur des Thorax
und der proximalen Anteile der Extremitäten, sowie des Kopfes und
Halses, mit Beteiligung der Sehnen, Sehnenansätze, der Faszien und
des Periostes an den Prädilektionsstellen, die benannt werden.
Die bisher unter dem Namen des chronischen Muskelrheumatis¬
mus, des Schwielen- oder Knötchenschmerzes bekannte und von
Norström, Edinger, Auerbach. 0. Rosenbach und be¬
sonders von A. Müller beschriebene Erkrankung wird in ihrer Be¬
deutung für nervöse Leiden noch zu wenig gewürdigt und deshalb
therapeutisch ungenügend beeinflusst, wiewohl die Prognose bei
rechtzeitiger Behandlung günstig ist. Als Heilmittel kommen für das
akute Stadium ausser Antipyreticis und Antineuralgicis Wärme und
Ruhe, für das subchronische Durchwärmung der Haut und der Mus¬
kulatur in der gebräuchlichen Weise (Bestrahlung, Heissluft- und
Dampfdusche, Quarzlampe, Thermopenetration) in Frage und be¬
sonders die Massage, die für das chronische Stadium die Behand¬
lung der Wahl ist.
Die Behandlung stellt an die Geduld des Kranken ebenso hohe
Anforderungen, wie an die Kraft und Ausdauer des Arztes, und zwar
um so mehr, je später die Diagnose gestellt und die notwendige Thera¬
pie zur Anwendung gebracht wird.
Herr Nobis: Ueber das häufige Nasenbluten bei Jugendlichen.
Dieses Leiden ist nicht so selten und übt auf den Betreffenden
meist einen sehr ungünstigen Einfluss aus durch Schwächung der Kon¬
stitution und Empfänglichkeit für allerlei Gesundheitsstörungen.
Das erste Auftreten erfolgt meistens in den Schuliahren, dauert
Jahre bis ein Jahrzehnt und länger, wenn nichts geschieht, und er¬
langt bei seltenerem Auftreten und mässigem Blutverlust nur ge¬
ringen Einfluss auf das Allgemeinbefinden, dagegen einen grösseren
bei häufigerem Auftreten und stärkerem Blutverlust. Von diesen
Kranken dürfte ein Teil der Phthisis oder Tuberkulose zum Opfer
fallen.
Als Hauptursache für die Blutungen hat sich mir die Trockenheit
der Nasenschleimhaut mit Neigung zum Anlegen der Sekrete und Ver¬
stopfung besonders nachts mit nachfolgender Mundatmung im Schlaf
erwiesen.
Die Trockenheit bedingt es auch, dass pathologische Keime zahl¬
reich zur Ablagerung in die Nase und Luftwege gelangen mit den
nicht seltenen, genannten, unheilvollen Folgen.
Sind andere Ursachen zum Mundatmen während der Nacht, z. B.
Vergrösserung der unteren Muscheln, der Luschka sehen Ton¬
sille etc. vorhanden, so sind diese nach einiger Besserung bald zu be¬
seitigen.
Eine weitere nicht seltene Ursache für dieses Nasenbluten ist
angeborene oder sekundäre Syphilis. Wie sonst in der äusseren
Haut entstehen hier in der Schleimhaut unschriebene Exsudate mit
Krusten, deren Abreissen von der Unterlage beim heftigen Schnäuzen
zu Blutungen führt.
Ein fast regelmässiges Vorkommen bei diesen Kranken ist, dass
sie gerade abends am meisten essen und dadurch die Nasenatmung
nachts wesentlich erschweren, dagegen früh wenig oder gar nichts
essen, weil der Mund sich in einem widrigen Zustand befindet.
Die Therapie besteht zunächst in Beseitigung der Krusten durch
Schnupfen von kräftigem (2 — 3 proz.) Salzwasser, kräftige Kost mit
Eisenpräparaten und abends zeitig und wenig essen. Ist einige Kräfti¬
gung erlangt, ist das etwa vorhandene andere Atmungshindernis für
die Nacht zu beseitigen
Endlich haben sich mir die Jodpräparate und insbesondere das
Jodkali als ausserordentlich nützlich und wirksam, und zwar in nur
einmaliger Dosis von 0,5 — 1,5 täglich früh nach dem Kaffee, gelöst
in reichlich Wasser, erwiesen, weil die hauptsächlichste Indikation,
flüssigere Nasensekretion, dadurch am ersten erreicht wird.
Auch diese Tatsache spricht für die Annahme, dass alte Syphilis
häufig den Grund für die häufigen Blutungen abgibt.
Bei dieser Medikation sind Obst und Siissigkeiten streng zu
meiden.
Aerztlicher Bezirksverein Erlangen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 28. Oktober 1912.
Demonstrationen:
Herr Jamin bespricht den Krankheitsverlauf eines Falles von
subakut verlaufender eitriger Zerebrospinalmeningitis unter Hinweis
auf die von Busse beschriebenen Fälle.
Herr Merkel demonstriert das bei der Se'ktion gewonnene
Gehirnpräparat des Kindes, sowie mikroskopische Präparate von
diesem Fall, welche deutlich die von Busse geschilderten und ab¬
gebildeten fettigen Degenerationen der Exsudatzellen zeigen.
Herr H a u c k berichtet über die höchst interessante Kranken¬
geschichte eines mit Hämophilie behafteten Studenten, der scheinbar
ohne äusseren Anlass unter den Erscheinungen einer zerebralen
Blutung starb, und spricht besonders über die Therapie der
Hämophilie.
Herr Merkel zeigt das Gehirnpräparat dieses Falles, an dem
sich ausser älteren meningealen Blutungen ein kolossaler zerebraler
Blutungsherd mit Durchbruch in den linken Seitenventrikel voriindet
(der Fall wird ausführlich in der Münch, med. Wochenschr. ver¬
öffentlicht werden).
Diskussion: Herren Bisch off, Spuler, Penzoldt,
Hauser, Seitz.
Herr Merkel zeigt und erläutert Leichenorgane eines bei einer
Paratyphusepidemie in Erlangen verstorbenen Klinikpatienten, bei
dem sich multiple Leberabszesse und ausgedehnte, grossenteils bereits
gereinigte Dünndarmgeschwüre vorfanden, die hinsichtlich ihrer
Lokalisation und ihrer Gestalt von den gewöhnlichen Typhusge¬
schwüren ganz wesentlich abweichen.
Diskussion: Herr Weichardt.
Geschäftliches.
Wissenschaftliche Vereinigung am städt. Krankenhaus
zu Frankfurt a. M.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 12. November 1912.
Vorsitzender : Herr W a 1 1 h a r d.
Schriftführer : Herr T r a u g o 1 1.
Herr J. Shimazono: Ueber Beriberi.
Dr. Shimazono hat über Aetiologie, pathologische Anatomie,
Symptomatologie der Beriberi zusammenfassend gesprochen.
Ueber die Aetiologie der Krankheit ist man noch nicht zum end¬
gültigen Schluss gelangt. Verschiedene Untersuchungen von Bak¬
teriologen sprechen gegen die parasitäre Ursache dieser Krankheit.
Viele Forscher glauben, dass sie in irgend einer Beziehung zur Reis¬
nahrung steht. Der Grund dafür liegt darin, dass die Krankheit
hauptsächlich in den Gegenden, wo der Reis die Hauptnahrung der
Bewohner bildet, auftritt, und die langbekannte Tatsache, dass die
Hühner durch ausschliessliche Reisfütterung in einen ähnlichen
Krankheitszustand gebracht werden können. Shiga, Kusamau. a.
haben auch mit Säugetieren ähnliche Versuche gemacht. Aber diese
einseitige Fütterung bei Tieren ist nicht ohne weiteres mit der
menschlichen Reisnahrung mit anderem Zusatz zu identifizieren. Man
kann durch einseitige Fütterung mit anderen Getreidearten . auch
Hühner in gleichen Krankheitszustand bringen. Einge Verschieden¬
heiten der Symptome und der anatomischen Befunde zwischen
menschlicher Beriberi und der beriberiähnlichen Krankheit der Vögel
spricht weder gegen, noch für diese Annahme, weil sie durch die
Arten der Organismen verschieden sein können, wenn sie auch von
derselben Ursache herrührt, wie es bei anderen Vergiftungen und
Ernährungsstörungen der Fall ist.
Bei Hiihnerberiberi wirkt Reiskleie prophylaktisch und thera¬
peutisch prompt. Einige Forscher haben davon wirksame Substanz
extrahiert.
Der Vortragende hat an Reis starke hämolytische Wirkung be¬
merkt, und es gelang ihm diese hämolytisch wirkende Substanz rein
darzustellen. Physikalische und chemische Eigenschaften dieser Sub¬
stanz stimmen ganz mit denen der Palmitinsäure überein. Die An¬
gabe von Faust u. a„ das die gesättigte Fettsäure ganz schwach
hämolytisch wirkt, ist nicht richtig. Er hat die ganze Reihe von
gesättigten Fettsäuren geprüft, sie wirken von Caprinsäure bis
Stearinsäure hämolytisch so stark wie Oelsäure. Da aber die Fett¬
säure nach der Resorption vom Darm in Neutralfett umgewandelt
wird, so glaubt er, dass dieser Fettsäuregehalt keine Besondere Be¬
ziehung zu Beriberi hat. ' , j
Nach der Beschreibung der pathologisch-anatomischen Verände¬
rungen des Herzens, der Nieren, der peripherischen Nerven hat er
seinen eigenen Befund im Zentralnervensystem aufgeführt.
Im Rückenmark sieht man selten Strangdegeneration in lang¬
dauernden Fällen. Gewöhnlich sind nur Chromatolyse, Schwellung,
Kernverlageruug, Vakuolisation der Ganglienzellen im Rückenmark,
in den Spinalganglien und in der Medulla oblongata zu beobachten.
Unter der Symptomatologie hat er bemerkt, dass er im Blut¬
serum Vermehrung des Adrenalingehaltes durch Froschpupillen¬
reaktion beobachtete. Auch hat er bestätigt, dass der Widerstand
der roten Blutkörperchen gegen hypotonische Kochsalzlösung manch¬
mal gesteigert ist. Durch seine frühere Untersuchung des Magen¬
saftes in 50 Fällen kam er zu dem folgenden Schluss: Die Sekretion
des Magensaftes kann anfangs sich steigern, dann vermindert sie sich,
in schweren Fällen zeigt sich Anazidität. Bei der Besserung tritt
freie Salzsäure wieder auf. Motilität des Magens ist auch gestört.
Als diagnostisch wichtig hat er die Lokalisation der sensiblen Stö¬
rungen betont. Fusssohle und Dammgegend werden gar nicht odei
nur ganz wenig affiziert. Der Bauch ist gewöhnlich ziemlich stark
MÜFNcHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
269
Februar 1913.
lypästhetisch, dagegen wird der Rücken sehr wenig affiziert. Sen-
;ible Störung des Armes ist leichter als die des Beines, sie ver¬
leitet sich gewöhnlich nicht bis zur Schulter. Gesicht und Hals sind
lusser der Umgebung des Mundes ausnahmslos frei von der sen¬
siblen Störung. Diese Störung bleibt als Hypästhesie, niemals wurde
ranz anästhetisches Gebiet beobachtet.
Ataxie wurde niemals beobachtet, man sieht aber ausnahmslos
Schwankung des Körpers, besonders beim Augenschluss in Fallen,
,vo die sensible Störung stark ist. Vortr. hat einen Apparat zur
Messung der Empfindung der passiven Bewegung und einen anderen
mr Registration der Körperschwankung konstruiert und die Be¬
schaffenheit der Schwankung bei verschiedenen Krankheiten sowie
die Beziehung zwischen Schwankung resp. Ataxie und Störung der
Sensibilität besonders der Tiefen, studiert. Damals hat er bei Beri-
lerikranken nachgewiesen, dass ihre Schwankungskurve von der
deichen Beschaffenheit wie bei Tabes, nur gewöhnlich in geringerem
Jmfang ist, und dass sie der Störung der tiefen Sensibilität parallel ist.
Eine merkwürdige Tatsache ist es, dass die motorische Störung
licht selten plötzlich nach der Körperanstrengung auftritt, z. B. steht
der Beriberikranke morgens von dem Bett auf und geht auf den
Abort ohne besondere Schwierigkeiten. Dort nimmt er nach japani¬
scher Sitte eine kurze Zeit hockende Stellung ein, welche grosse
Anstrengung der Beinmuskeln erfordert. Beim Rückweg kann er
nicht mehr gehen, so dass er von den anderen ins Bett gebracht
werden muss. Dass es nicht einfache Ermüdung ist, beweist die Tat¬
sache, dass diese plötzlich eingetretene Lähmung einen oder mehrere
Monate lang dauert. Diese Erscheinung ist sehr gut mit Prof.
:E d i n g e r s Aufbruchstheorie zu erklären.
Diskussion: Herren Edinger, Shimazono.
Herr P. Schaeier demonstriert einen Patienten, der an Ma¬
laria tertiana litt und durch Neosalvarsan geheilt werden konnte.
Der Kranke, der von anderer Seite schon erfolglos mit Chinin be¬
handelt worden war, bekam eine halbe Stunde vor dem zu er¬
wartenden Anfall 0,6 Neosalvarsan intravenös. Das Medikament
wurde ohne alle Schwierigkeiten vertragen, ein neuer Anfall ist seit¬
dem nicht mehr aufgetreten. Die Malariaplasmodien waren nach
etwa 30 Stunden vollkommen aus dem Blut verschwunden, während
bis dahin noch ziemlich viele, aber anscheinend erheblich veränderte
Formen zu finden waren. Um unter allen Umständen einem Rezidiv
vorzubeugen, wurde am 10. Tage nach der ersten Injektion eine
zweite, diesmal 0,9 Neosalvarsan, vorgenommen. Auch diese enorme
Dosis wurde glänzend vertragen. (Der Fall wurde im 108. Band des
Deutschen Archivs für klinische Medizin publiziert.)
Diskussion: Herren B e n a r i o, R e h n.
Herr Fritz La quer: Höhenklima und Blutneubildung.
Vortr. berichtet über das wissenschaftliche Ergebnis eines
4 wöchentlichen Aufenthaltes in dem Höhenlaboratorium auf dem Col
d’Olen — dem Instituto Internazionale Seien tifico,
Angelo Mosso. Die auf Veranlassung von Prof. O. Cohn¬
heim - Heidelberg angestellten Blutuntersuchungen ergaben zunächst
beim Menschen, dass in 3000 m Höhe während eines längeren Auf¬
enthalts die Zahl der Erythrozyten in dem Kapillarblut der Finger¬
beere und ihr völlig parallel auch die Werte für das Hämoglobin an-
steigen. Diese schon lange bekannte und oft erörterte Blutver¬
mehrung tritt aber nicht plötzlich auf, wie vielfach behauptet wurde,
sondern etwa nach 10 Tagen. Sie nimmt dann langsam zu und
erreicht erst nach 2 — 3 Wochen ihren höchsten Wert. Die Zunahme
beträgt dann rund 15 Proz. Sie ist der Ausdruck einer wirklichen
Blutneubildung im Höhenklima, das offenbar einen spe¬
zifischen Reiz auf den blutbildenden Apparat ausübt. Diese Annahme
wird besonders durch die angestellten Tierexperimente gestützt.
6 Hunde, denen die Hälfte ihres Blutes durch Aderlass entnommen
war, ersetzten den Verlust in der Höhe in durchschnittlich 16 Tagen,
während dieselben Tiere und andere in der Ebene zum Ersatz der
gleichen Blutmenge durchschnittlich 28 Tage brauchten, also rund
75 Proz. länger.
Trotz aller theoretischen Bedenken muss man den verminderten
Luftdruck resp. die geringere Sauerstoffspannung der Höhenluft als
ursächlichen Reiz für die Steigerung der Blutbildung betrachten.
(Die ausführliche Veröffentlichung erscheint an anderer Stelle.)
Diskussion: Herren Friedländer, Schwenken¬
becher, Embden, Altmann, Laquer.
Biologische Abteilung des ärztlichen Vereins in Hamburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 26. November 1912.
Vorsitzender: Herr Haenisch.
Schriftführer: Herr Kehl.
Demonstration:
Herr E. Fraenkel: Anatomische und röntgenologische De¬
monstrationen aus dem Gebiete der Verkalkungen.
F. demonstriert, nachdem er den hohen Wert der röntgeno¬
logischen Untersuchung pathologisch-anatomischer Präparate sowohl
für Unterrichtszwecke als auch zur Förderung der klinischen Dia¬
gnostik betont und an dem Beispiel der sogen. „B e c k e n f 1 e c k e“
erläutert hat, Röntgenbilder.
Vortrag:
Herr Stargardt: Ueber die Ursachen des Sehnerven¬
schwundes bei Tabes und progressiver Paralyse.
St. teilt seine Befunde bei der Untersuchung tabischer und para¬
lytischer Sehnervenatrophien mit, und demonstriert eine Reihe von
Mikrophotographien pathologisch-anatomischer Präparate. Die bis¬
herige Auffassung, dass der Sehnervenschwund bei Tabes und pro¬
gressiver Paralyse ein aszendierender Schwund des Nerven ist, dass
er in der Ganglienzellenschicht der Retina beginnt, und dass es sich
um eine „Systemerkrankung“ handelt, bezeichnet Stargardt als
eine unbewiesene Hypothese. Er hat bei der Untersuchung gut
fixierter Netzhäute niemals Veränderungen gefunden, die als primäre
aufzufassen waren. Auch im peripheren Teile des orbitalen Optikus
fanden sich niemals Veränderungen die als primäre gedeutet werden
konnten. Als Ort der Entstehung der Optikusatrophie kommt nach
Stargardt nur der intrakranielle Teil des Optikus, das Chiasma
und in ganz seltenen Fällen der hintere Abschnitt des orbitalen Teils
des Optikus, die Tractus und die Corpora geniculata m Betracht.
Stargardt schliesst das daraus, dass sich an den eben erwähnten
Stellen neben den degenerativen Prozessen auch exsudative Prozesse
nachweisen lassen. Die exsudativen Prozesse gehen den degene¬
rativen voraus.
Die exsudativen Prozesse sind sowohl was ihre zelligen Ele¬
mente, als auch was die bei ihnen vorkommenden Gefässverände-
rungen anbetrifft, durchaus identisch mit den entzündlichen Ver¬
änderungen in der Hirnrinde bei der Paralyse. Stargardt glaubt,
dass weder der exsudative Prozess von dem degenerativen abhängig
ist, noch umgekehrt. Er glaubt vielmehr, dass beide auf ein und
dieselbe Noxe zurückzuführen sind. Als solche Noxe könnte nur die
Spirochaete pallida in Betracht kommen. Dass sie bisher nicht ge¬
funden worden ist, beweist nichts.
Durch Untersuchung der Umgebung des Chiasma Hess sich fest¬
stellen, dass auch hier degenerative und exsudative Prozesse Vor¬
kommen. Die Olfaktorii, die Okulomotorii, das zentrale Grau, die
umliegenden Hirnteile könnten ergriffen werden und der exsudative
Prozess könnte selbst auf die Hypophyse übergreifen, wie das auch
schon D e r c u m gefunden hat.
Den entzündlichen Prozess fasst Stargardt ebenso wie die
Aortitis luica, die sich in über 40 Proz. der Paralytiker und Tabiker
in Kiel fand, gewisse Spätformen von Aderhautentzündung des Auges,
Erkrankungen der Gelenke (Arthropathien) als „spätsyphilitische
nicht gummöse Erkrankungen“ zusammen. Zu diesen könnten viel¬
leicht auch noch die von Lesser als „quartäre Lues“ bezeichneten
Prozesse, die glatte Zungenatrophie, die interstitielle Hepatitis und
Nephritis und die Orchitis fibrosa gerechnet werden. Bei einem
dieser spätsyphilitischen Prozesse der Döhle-Heller sehen
Aortitis ist es ja auch schon gelungen, die Spirochäte nachzuweisen
(Reuter).
Diskussion: Herr Liebrecht: Herr Stargardt hält
auf Grund seiner Untersuchungen eine grundsätzliche Aenderung
unserer Anschauungen über den Sehnervenschwund bei Tabes für
notwendig. Die bisherige Anschauung ist folgende: Infolge von tabo-
toxischen Stoffen im Blute kommt es zu einem primären Zerfalle der
nervösen Elemente des Sehnerven und zwar an seinem peri¬
pheren Ende, nach Ansicht der meisten Autoren zuerst in den
Ganglienzellen der Netzhaut. Auch die häufigen Augenmuskel¬
lähmungen bei der Tabes, die reflektorische Pupillenstarre beruhen
auf einer Kernerkrankung.
Herr Stargardt kommt auf Grund seiner Untersuchungen
zu wesentlich anderen Resultaten. Nach ihm ist beim Sehnerven¬
schwund der Zerfall der nervösen Substanz ein sekundärer, das
primäre ist eine Entzündung, die von den Hüllen der Nerven auf
diesen selbst übergreift und die hervorgerufen wird wahrscheinlich
durch lebende Spirochäten. Der Angriffspunkt dieser Entzündungen
liegt stets am Chiasma und am intrakraniellen Teile des Sehnerven.
Die Atrophie ist keine aufsteigende, sondern eine absteigende. Auch
die Augenmuskellähmungen sind durch den gleichen entzündlichen
Prozess bedingt.
L. hat lebhafte Bedenken gegen die Richtigkeit der vorge¬
tragenen Theorie. Dieselben liegen einmal in der klinischen Er¬
scheinungsform der Tabes an den Augen.
Mit der absteigenden Atrophie ist schwer zu vereinen die Tat¬
sache, dass die Papille schon regelmässig atrophisch
erscheint, wenn der Patient wegen Sehstörung zur
Untersuchung gelangt. Dieses frühzeitige Sichtbarwerden
der atrophischen Verfärbung der Papille ganz im Frühstadium der
Sehstörung wird von allen unseren massgebenden Forschern betont.
Wenn, wie Herr St. meint, die Atrophie im Chiasma oder im an¬
grenzenden Sehnervenstück zuerst eintritt, dann müssten öfters Fälle
zur Beobacntung kommen mit normaler Papille und starker Funk¬
tionsstörung, wie wir das nicht selten bei der echten syphilitischen
Erkrankung der Sehnerven vorfinden. Die frühzeitige Atrophie der
Papille spricht also mehr für einen peripheren Beginn der Erkrankung.
Das frühzeitige und vorzugsweise Befallensein des Chiasmas
steht in keinem Einklänge mit dem Fehlen hemi-
anopischer Defekte im Gesichtsfeld bei tabischer Sehstörung;
auch die gewöhnlichen für tabische Erkrankung charakteristischen
Gesichtsfelder mit ihren tiefen sektorenförmigen Einschnitten
sprechen wenig für eine zirkuläre entzündliche Erkrankung.
270
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Die Augenmuskellähmungen in ihrer Flüchtigkeit und
Unvollkommenheit beruhen nach unseren jetzigen Kenntnissen in
einer Kernerkrankung, die auch öfters nachgewiesen ist (S i e m e r -
1 i n g), nicht in einer peripherischen Erkrankung der Nerven.
Ferner betont L. als ganz besonders wichtig das Fehlen
jeder papillären Neuritis bei der Tabes. Gerade die ein¬
fache unkomplizierte Atrophie der Papille ist ein wichtiges Symptom
tabischer Erkrankung. Es ist nicht zu verstehen, warum eine vor¬
handene interstitielle Entzündung nicht wenigstens in einer Anzahl
von Fällen peripherwärts bis zur Papille fortschreiten und hier zur
Neuritis führen sollte, wie wir das bei allen interstitiellen Ent¬
zündungen gewohnt sind. Eine Neuritis der Papille spricht aber
stets gegen eine tabische Entstehung.
ln Betreff der anatomischen Bilder, die Herr St. demonstriert
hat, ist L. aufgefaüen die Geringfügigkeit der entzünd¬
lichen Veränderungen, die kaum im Verhältnis stehen
dürften zu einer ausgebreiteten Atrophie. Auch die Septen, die den
Verbreitungsgang der Entzündung im Nerven darstellen, schienen in
einer Anzahl von Fällen ganz frei von entzündlichen Herden zu sein.
Bei wirklich ausgesprochenen Entzündungen ist nicht zu vergessen,
dass nicht so selten Kombination der Tabes mit Syphilis
vorkommt (W ilbrand-Saenger). Eine Beurteilung der vor-
geftihrten Bilder ohne Kenntnis der Fälle und ohne eingehendes
Studium der Präparate ist nicht angängig. Wie weit sich die ana¬
tomischen Befunde des Herrn St. bestätigen werden, muss abgewartet
werden. Die klinischen Tatsachen scheinen L. ent¬
schieden gegen die Richtigkeit der neuen An¬
schauungen zu sprechen.
Herr Saenger: Es ist immer misslich in eine Diskussion über
einen Gegenstand einzutreten, wenn die beiden Untersucher ver¬
schiedene Forschungsmethoden angewendet haben. Der Vortragende
hat sein Material mit Hilfe von anderen Methoden bearbeitet, wie
es bisher geschehen ist. Er hat uns höchst interessante Photogramme
seiner Präparate gezeigt. Der Deutung jedoch, die der Vortragende
seinen Befunden gegeben hat, und den Schlussfolgerungen vermag S.
nicht zuzustimmen; zumal dieselben nicht nur mit den bisher ge¬
fundenen histologischen Ergebnissen, sondern auch mit der klinischen
Beobachtung in Widerspruch stehen.
Beim tabischen Sehnerven handelt es sich um eine reine
Parenchymdegeneration, die meist in den distalen Teilen der
optischen Bahn beginnt.
Saenger hat zusammen mit W i 1 b r a n d die ersten Anfänge
der tabischen Optikuserkrankungen studieren können bei Fällen, die
in vivo keine Sehbeschwerden hatten. Hier fand man meist Rand¬
degenerationen ohne jegliche entzündlichen Erscheinungen.
Saenger stimmt durchaus Liebrecht bei, dass die kli¬
nischen Beobachtungen sowohl des tabischen Gesichtsfeldes, wie der
tabischen Optikusatrophie durchaus gegen die Schlussfolgerungen
des Herrn Stargardt sprechen.
Nach unseren Untersuchungen kann der tabische Degenerations¬
prozess sowohl im vorderen, wie in den hinteren Abschnitten des
Oplikusstammes sich abspielen. Sehr selten im Chiasma und in den
Traktus. Dann würden ja hemianopische Gesichtsfelddefekte häufig
bei der Tabes zu konstatieren sein. Ferner sehen wir nie bei der
Tabes eine neuritische Optikusatrophie.
Der Angabe des Herrn Stargardt, dass die Ganglienzellen¬
schicht der Netzhaut niemals bei der Tabes erkrankt sei, stehen Be¬
funde von kompetenten Untersuchern entgegen. So konstatierte
Michel in einem Fall von tabischer Optikusatrophie einen hoch¬
gradigen Schwund der Ganglienzellenschicht der Retina.
Wenn Herr Stargardt die Behauptung aufstellt, dass der
Prozess im Sehnerven ganz derselbe sei, wie derjenige in den Hinter-
strängen bei der Tabes, d. h. die Folge einer chronischen Ent¬
zündung, so setzt er sich damit in Gegensatz zur Anschauung der
modernen Neurologie, die den tabischen Prozess ais einen rein
degenerativen gegenwärtig auffasst. Auch Spielmeyer huldigt
dieser Ansicht auf Grund seiner Gliauntersuchungen.
S. fragt Herrn Stargardt, ob er die Möglichkeit hatte, seine
Fälle auch klinisch zu untersuchen und ob nicht möglicherweise
Kombinationen eines tabischen mit einem luetischen Prozess manch¬
mal Vorgelegen haben.
Schliesslich weist S. auf die Wirkungslosigkeit der Therapie bei
der progressiven Sehnervenatrophie hin. Dieser Umstand spricht
auch mehr für den degenerativen, nicht reparablen Charakter der
Affektion und gegen das Vorhandensein eines entzündlichen Prozesses.
S. wird die Befunde des Herrn Stargardt nachprüfen. Den
weitgehenden Schlussfolgerungen, die Herr Stargardt aus seinen
Befunden zieht, kann S., wie gesagt, nicht zustimmen.
Herr Fraenkel: An den Befunden des Herrn Stargardt
ist nicht zu zweifeln, er hat sie uns durch photographische Bilder
in objektivster Weise vor Augen geführt. Gegen seine Auffassung,
dass das syphilitische Virus sowohl eine Schädigung der mark¬
haltigen Nervenfasern bis zu deren schliesslichem Zerfall als auch
das Auftreten aus Plasmazellen bestehender Herde veranlasst, ist
meines Erachtens nichts einzuwenden.
Eine andere Frage ist es, ob man in dem Befund von Plasma¬
zellenanhäufungen den Ausdruck einer spezifisch-syphilitischen Er¬
krankung zu erblicken hat. Und hierin weiche ich von Herrn
S t a r g a r d t ab. Es ist bekannt, dass man sie bei den verschieden¬
artigsten, auf ganz differenter Aetiologie beruhenden Prozessen
(ganz frischen, tuberkulösen, aktinomykotischen etc.) antrifft. Sie
sind nur als Ausdruck einer entzündlichen Gewebsreizung anzusehen,
gestatten aber an sich keinen sicheren Schluss über das auslösende
ätiologische Moment..
Eine Parallelisierug der von Herrn Stargardt erhobenen Be¬
funde mit der glatten Atrophie des Zungengrundes, der sogen.
Orchit. fibrosa, der Aortitis syphilit., der Hepatit. interstitial. syphilit.
halte ich nicht für zulässig, da die genannten Organveränderungen
für die Diagnose der Syphilis durchaus verschiedenartig zu be¬
werten und in ihrer Pathogenese als keineswegs einheitlich aufzu¬
fassen sind.
Den Beweis dafür, dass die Arthropath. tabidorum als spezifisch¬
syphilitisch aufzufassen sei, halte ich nicht für erbracht. Die an dem
vorgeführten Photogramm sichtbaren Veränderungen waren recht
minimal und sind ihrem Wesen nach (Endarteriitis, Plasmazellen¬
anhäufung) nicht als für die Diagnose auf Syphilis massgebend zu
betrachten.
Herr Nonne betont, dass das anatomische Bild der Tabes,
soweit das Rückenmark in Betracht kommt, das einer primär-degene-
rativen Erkrankung ist. Dafür spricht sowohl der mikroskopische
Befund, der eigentliche Entzündung vermissen lässt (Gefässe,
Rückenmarkshäute) als auch die typische systematische Verteilung
und Progression des Prozesses. Etwas anderes ist es mit den
Fällen von Pseudotabes syphilitica, d. h. Fällen von Meningomyelitis
syphilitica sowie mit den seltenen Fällen von Kombination dieser
2 Erkrankungen. N. hält es für ein Erfordernis, von jetzt an auch
die Fälle von einfacher Tabes mit den neuen Methoden (Plasma¬
zellen, Abbauvorgänge) zu untersuchen. Auf diese Notwendigkeit
wiesen auch die Untersuchungsergebnisse des Herrn Star¬
gardt hin.
Herr Stargardt (Schlusswort); Herr Stargardt erkennt
die von anderer Seite gemachten Einwände nicht an. Wenn man
mit anderen als den von ihm geschilderten Methoden keine exsu¬
dativen Prozesse gefunden habe, so beweist das nichts. Auch aus
der Tatsache, dass bei Kranken, die zum ersten Male zum Arzt
kommen, schon eine deutliche Atrophie der Papille vorhanden wäre,
ergebe sich kein Gegenbeweis. Denn bei der langsamen Entstehung der
Sehstörungen könnten sie dem Kranken lange Zeit entgehen. Fiii
seine Auffassung sprächen auch vor allem die vergleichend patho¬
logisch-anatomischen Untersuchungen bei Trypanosomenkrankheiten.
Gerade diese Untersuchungen haben bei einer anderen Erkrankung,
die früher auch als parasyphilitische aufgefasst wurde, der hereditär
luischen Keratitis parenchymatosa, zu einer ganz anderen Auf¬
fassung geführt.
Stargardt habe schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass
ganz analoge Prozesse wie diese Keratitis bei Tieren, die mit
Trypanosomen geimpft waren, dadurch zustande kommen, dass
Trypanosomen in die Hornhaut direkt einwandern und dass nicht
wie von anderen Seiten angenommen war, Toxine die Erkrankung
bedingten. Durch Igersheimer ist ja jetzt auch für die hereditär
luische Keratitis parenchymatosa des Menschen nachgewiesen,
dass sie durch direkte Einwanderung von Spirochäten zustande
kommt. Dieser Vergleich zeigt, dass unsere heutige Auffassung von
der Entstehung metasyphilitischer Erkrankungen sehr der Revision
bedarf.
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 19. November 1912.
Vorsitzender: Herr March and.
Schriftführer : Herr R i e c k e.
Herr v, Strümpell stellt folgende Fälle vor;
1. Eine 33 jährige Patientin mit den ausgesprochenen Erschei¬
nungen eines Myxödems. Ein Bruder der Patientin ist an Diabetes
gestorben; Kropferkrankungen in der Familie sind nicht bekannt, da¬
gegen hat Patientin in ihrem 15. Lebensjahre an ziemlich starkei
Anschwellung der Schilddrüse gelitten, die nach Einreibungen ver¬
gangen ist. Seit ihrem 15. Jahre ist sie m_enstruiert, aber stets
unregelmässig, immer in längeren Pausen von- 5 — 6 Wochen. Sie hat
9 Geburten und 2 Fehlgeburten gehabt. Niemals konnte sie eines
ihrer Kinder stillen, es fehlte jede Milchabsonderung der Brustdrüse.
Dabei stellte sich nach jeder Entbindung die Menstruation erst nach
ungefähr 4 Monaten wieder ein. Im Anschluss an die letzte Ent¬
bindung im Januar 1910 trat ohne weitere Ursache eine auffallende
Veränderung in dem Aussehen der Kranken ein. Das Gesicht wurde
eigentümlich dick und geschwollen und auch am Rumpf und an den
Extremitäten schwoll die Haut an. so dass die Patientin das Gefühl
starker Schwere und Spannung in den Gliedern hatte. Das vorbei
nur geringe Körpergewicht der Patientin von ungefähr 118 Pfund
nahm in wenigen Monaten bis 140 Pfund zu. Dabei fühlte sich
Patientin matt und litt zuweilen an Kopfweh. Herzklopfen hatte sie
niemals, ihre Zähne lockerten sich etwas; die auffallendste Erschei¬
nung aber w'ar die, dass die vorher ausgesprochen blonden Haare
ganz dunkel, fast schwarz wurden, was allen Bekannten der Patientin
in hohem Grade auffiel. Die Schweissekretion wurde sehr gering,
so dass Patientin fast nie mehr schwätzte. Sie wurde in der hiesigen
I. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 271
Jniversitätspoliklinik von Herrn Geheimrat Hoff mann mit
'Childdrüsentabletten behandelt, wodurch das Körpergewicht in
venigen Monaten um 14 Pfund abnahm und Patientin sich bedeutend
vohler fühlte. In den letzten Monaten ist sie aber wieder viel
iicker geworden, fühlt sich matter, seit 4 Monaten vollkommene
Unenorrhöe. Als veranlassende Ursache der ganzen Erkrankung
ibt Patientin Aufregungen und Sorgen mancherlei Art an.
Das Gesicht der Kranken, namentlich um die Augen herum
ind an den Wangen, ist eigentümlich prall geschwollen; dieselbe
igentümliche pralle Schwellung der Haut findet sich am Rücken
ind an den Extremitäten. Die Schwellung ist an manchen Tagen
iel erheblicher wie an anderen, sie kann z. B. am Uhr so beträcht-
ich sein, dass vorübergehend eine leichte Gehörstörung eintritt.
nnere Organe ohne Besonderheiten, Harn ohne Eiweiss und Zucker.
)ie Schilddrüse ist sehr klein, nur der mittlere Lappen ist eben ein
\ enig fühlbar. In der Haut des Gesichtes bräunliche Flecken von
ler Art der Chloasmata. Puls nicht verlangsamt, Körper-
einperatur normal, aber stets unter 37°. Keine ausgesprochenen
rsychischen Veränderungen. Der Fall ist unzweifelhaft als thyreo¬
gene Ernährungsstörung aufzufassen und gehört zum Myxödem. Die
(ranke soll von neuem mit Schilddrüsentabletten behandelt werden.
2. einen 20 jährigen Kranken, bei dem sich nach einer verhältnis-
niissig geringfügigen Aufregung schwere hysterische Krampfanfälle
■ingestellt haben, die teils von selbst mehrmals täglich auftreten,
eils jederzeit suggestiv durch leichten Druck aufs Abdomen hervor-
cerufen werden können. (Starker allgemeiner Opisthotonus, Are de
:ercle etc.). Wie der Anfall durch Suggestion hervorgerufen werden
cann, so kann er auch durch suggestiven Druck auf eine andere Stelle
les Abdomens zum Verschwinden gebracht werden. Die suggestive
Auslösbarkeit der hysterischen Anfälle ist nicht selten ein praktisch
.richtiges und brauchbares Mittel zur Unterscheidung der hysteri¬
schen von den epileptischen Anfällen.
Herr Milner stellt eine Patientin vor mit einem objektiv
lörbaren, dem Puls gleichzeitigen Geräusch auf dem rechten Ohr.
Das 16 jährige Mädchen hat vor 9 Jahren Scharlach gehabt,
rekam dabei Schmerzen und Schwerhörigkeit, später eine eitrige
Mittelohrentzündung, an der sie lange behandelt worden ist. Als
las Ohr wieder trocken war, soll vor 4 — 5 Jahren plötzlich das
etzige Geräusch aufgetreten sein, das sich im Laufe der Jahre un-
mterbrochen allmählich verschlimmert hat, fortwährend besteht und
lie Patientin sehr belästigt, so dass sie, wenn nötig, durch Operation
ron ihm befreit zu werden wünscht.
Das Geräusch ist nicht nur mit dem Ohrschlauch im äusseren
iehörgang, sondern auch mit dem Stethoskop auf der äusseren Ge-
löröffnung und vor ihr und auf dem ganzen Warzenfortsatz deutlich
'.u hören. Es fällt mit der Hebung der Karotis genau zusammen
ind ist schon durch ziemlich leichten Druck auf die Karotisgegend
soweit abzuschwächen, dass ein anderer es nicht mehr hört, zu völ-
igem Verschwinden des Geräusches auch für die Patientin gehört
iber ein ziemlich starker Druck nach oben und vorn im Winkel zwi¬
schen Sternokleidomastoideus und Unterkieferwinkel. Drehungen des
(opfes nach recht oder links haben keinen Einfluss auf die objektive
Stärke des Geräusches, dagegen wird es mit der Einatmung objektiv
■twas stärker. Pat. glaubt auch eine Verstärkung durch Drehen des
<opfes nach rechts oder links zu hören. Die Patientin hat be¬
sonders darum den Wunsch nach Beseitigung des Geräusches, weil
.‘s vor einigen Tagen plötzlich sich für sie selbst (nicht aber für den
Jntersucher) verschlimmert hat nach einem Ton im Ohr, „als ob
;t\vas geplatzt sei“.
Es gibt drei Arten objektiv hörbarer Ohrgeräusche: 1. Geräusche,
die durch arrhythmische Zusammenziehungen verschiedener Ohr-
md Rachenmuskeln entstehen, 2. in Venen entstehende sogen. Nonnen-
reräusche und 3. von Arterienerweiterungen ausgehende Geräusche.
Ein Muskelgeräusch kann hier ausgeschlossen werden, nicht
«wohl wegen Zusammenfallens des Geräusches mit dem Puls (denn
las soll auch bei Muskelgeräuschen im Ohr Vorkommen) als wegen
meiner Unterdriickbarkeit durch Kompression der Halsgefässe und
lusserdem wegen seines Charakters, der bei Muskelgeräuschen als
knipsend“ meist beschrieben wird.
Auch um ein Nonnengeräusch kann es sich wohl nicht handeln
ind überhaupt nicht wohl um ein Venengeräusch, weil am Hals ausser
-inern geringen leicht hörbar pulsierenden Kropf rechts keinerlei
Julsation der Venen sicht- oder hörbar ist. Ich nehme darum an,
lass das Geräusch, das einen ziemlich harten rauschenden Charakter
lat, in einer Arterie entsteht, die in der Höhe des Mittelohrs ver-
äuit. Dass das Geräusch in diesem Fall nach Otitis media purulenta
mfgetreten ist, erinnert an einen Fall, in dem sich ein Aneurysma
les Teils der Karotis, der dicht am Mittelohr vorne unten vorbeigeht,
■lurch eine Perforation des Trommelfells vorwölbte und vom be-
landelnden Ohrenarzt zunächst für einen Polypen gehalten wurde.
Jeim Aetzungsversuch fühlte der Kollege die blasenartige Eindriick-
larkeit des „Polypen“ und nahm darum an, dass es ich um eine
Jünne narbige Stelle des Trommelfells handle, die durch ein ab¬
geschlossenes Exsudat des Mittelohrs vorgewölbt werde. Er schnitt
iin und bekam eine schwere Blutung, die sich zunächst durch Tam-
ronade stillen Hess, nach 3 Tagen aber doch noch zur Unterbindung
Jer Karotis nötigte. Auch andere Fälle objektiv hörbarer Ohr¬
teräusche infolge von Aneurysmen sind bekannt.
In diesem Falle ist am Ohr nur eine abgelaufene Otitis media.
keine Störung de§ inneren Ohrs nachzuweisen und in der Umgebung
des äusseren Ohrs keine Pulsation fühlbar. Eine Verletzung als
mögliche Ursache eines Aneurysma wird hier geleugnet, kongenitale
Lues scheint ausschliessbar.
Ich will in Lokalanästhesie das schuldige • Gefäss unterbinden
und später über den Erfolg berichten. Vom otologischen Standpunkt
will Dr. L e v y den Fall genauer mitteilen.
Herr Nebel: Der künstliche Pneumothorax im Röntgenbilde
mit Projektionen.
N. macht nach einer Pause von 1 % resp. 2 Vs Jahren nochmals
auf die Bedeutung der Behandlung schwerer, vorwiegend einseitiger
Phthisen mit künstlichem Pneumothorax aufmerksam und zeigt an
ca. 50 Projektionsbildern, wie verschieden sich in den einzelnen Fällen
— im ganzen 18, die noch in Behandlung stehen — die intrathora¬
kalen Verhältnisse gestalten je nach der Art der Verwachsungen, der
Nachgiebigkeit des Mediastinums, dem Auftreten von Exsudaten usw.
N. glaubt, dass wir im Pneumothoraxverfahren eine Therapie
besitzen, die es ermöglicht, bei richtiger Indikation nicht nur vorüber¬
gehende Besserung, sondern auch dauernd günstige Beeinflussung
zu erreichen bei einer immerhin nicht ganz unbeträchtlichen Zahl
Schwerkranker, die vordem vergeblich von der ärztlichen Kunst
Linderung oder Heilung ihres Leidens erhofften, und tritt der Ansicht
von Koch- Schömberg bei, der aus den in einer schon recht um¬
fangreichen Literatur niedergelegten Erfahrungen und aus den eigenen
Beobachtungen den Schluss zieht, dass der künstliche Pneumothorax
nicht nur seine Berechtigung hat, sondern dass man als Arzt, ebenso
wie bei operablen Krebskranken, so auch bei schwe; kranken Tuber¬
kulösen unter Umständen sogar verpflichtet ist. ihnen die Wohltaten
der neuen Methode zukommen zu lassen. V o 1 h a r d betont seines
Erachtens mit Recht, dass die Kollapstherapie in geeigneten Fällen sich
nicht nur der Tuberkulinbehandlung, sondern auch der Hochgebirgs-
kur überlegen erweist, was schon daraus hervorgeht, dass die Me¬
thode seit ihrer Einführung durch Brauer und Spengler in
Davos so ausgedehnte Anwendung findet, dass auch jeder Praktiker
eines Tages vor die Aufgabe gestellt sein kann, bei einem seiner
früheren Patienten die auswärts begonnene Behandlung weiterzu¬
führen resp. für deren sachgemässe Fortsetzung Sorge zu tragen;
denn darin besteht ja gerade der grosse Vorteil der Methode, dass
der Kranke nicht wie bei der klimatischen Kur monate- oder jahre¬
lang ans Bett oder an den Liegestuhl gefesselt wird, sondern bei
noch bestehendem Pneumothorax früher oder später wieder seiner
Beschäftigung nachgehen kann und zwar ohne Gefahr, weil bei der
Kollapsbehandlung die künstliche Ruhe auf das erkrankte Organ be¬
schränkt und dieses zu einer vollständigeren Ruhigstellung gebracht
wird, als es sich auch bei der strengsten Liegekur erreichen lässt.
Wie diese Ruhigstellung den Krankheitsverlauf oft günstig be¬
einflusst, wird an einer Kurve gezeigt, auf der der Abfall des Fiebers,
die Abnahme des Sputums, die Häufigkeit und die Druckverhältnisse
der einzelnen N-Einfiillungen sowie die Gewichtszahlen übersichtlich
abzulesen sind.
Aus den an der Hand von ca. 50 Projektionsbildern der 1. Gruppe
gegebenen Erläuterungen geht hervor, dass N. zur Lockerung von
Verwachsungen auch Fibrolysin (einmal mit negativem Erfolge — die
Verwachsungen waren hier auch bei Anwendung höherer Druck¬
werte nicht schmerzhaft — , zweimal mit anscheinend gutem Erfolge
— hier waren die Verwachsungen sehr schmerzhaft schon bei An¬
wendung mässigen Druckes) angewandt und bei Beteiligung der
anderen Seite Tuberkulin Rosenbach zur Unterstützung heran¬
gezogen hat.
In einem Falle, wo nach mehrfachen vergeblichen Probeein¬
stichen doch noch eine Stelle mit guten manometrischen Ausschlägen
gefunden wurde, ohne dass jedoch spontan Stickstoff aspiriert wurde,
hat N. nach dem Vorschläge von Holmgren an Stelle des N. oder
des neuerdings von D e n e c k e empfohlenen 0. sterile Kochsalz¬
lösung benützt, die ohne die Gefahr der Gasembolie bei Anwendung
mässigen Druckes entweder Schmerzen erzeugt, wenn sie an richtiger
Stelle die gewünschte Dehnung veranlasst, oder schmerzlos verläuft,
wenn sie an falscher Stelle zu flach extrapleural oder zu tief ins
Lungengewebe infundiert wird, oder auch reflektorisch Husten aus¬
löst, wenn sie in ein Bronchiallumen gelangt und dann als salzig¬
schmeckende Flüssigkeit expektoriert wird.
Die Demonstration der Röntgenbilder der 2. Gruppe — 12 Fälle,
bei denen die Weiterbehandlung aus verschiedenen Gründen nicht
durchgeführt werden konnte — musste wegen Zeitmangels unter¬
bleiben, obwohl gerade diese Fälle bez. der Indikationsstellung be¬
sonders lehrreich sind. N. kann die Angabe F o r 1 a n i n i s, dass
die auf der nichtoperierten Seite auftretende Hyperämie leichte Pro¬
zesse daselbst günstig beeinflusse, nicht bestätigen und rät, in der¬
artigen Fällen gleichzeitig eine vorsichtige Tuberkulinkur einzuleiten
resp. die Pneumothoraxbehandlung mit Sanatoriumsaufenthalt zu ver¬
binden.
Desgleichen musste von der Demonstration der 3. Gruppe ab¬
gesehen werden, im ganzen 14 Fälle, bei denen die technische Durch-
resp. Undurchführbarkeit der Methode durch mehrfache Probeein¬
stiche mit Hilfe des Manometers festgestellt wurde. Wiewohl sich
bei solchem Vorgehen in den Fällen mit ausgedehnten Verwachsungen
Verletzungen der Lunge nicht vermeiden lassen, hat N. doch niemals
Nachteile oder Beschwerden beobachtet, selbst wenn der Einstich in
derselben Sitzung an 10 verschiedenen Stellen vorgenommen wurde.
212
MUENcHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
i
No. 5.
Bei Verwendung der Schmidt sehen Doppelnadel lässt sich übri¬
gens bei einiger Uebung durchs Tastgefühl mit der zweiten Nadel
wie mit einer Sonde mit grosser Wahrscheinlichkeit schon im voraus
bestimmen, ob man einen freien Pleuraspalt oder festere Verwach¬
sungen vor sich hat.
Für diejenigen Fälle, wo flächenhafte Verwachsungen eine intra¬
pleurale Kompression nicht oder nur sehr unvollkommen ermöglichen,
kommt dann noch die totale oder partielle extrapleurale Thorako-
plastik und speziell die von Wilms empfohlene Verkleinerung des
Thoraxinnenraumes in Frage. N. hat darüber keine persönlichen
Erfahrungen.
Sitzungen vom 19. November, 3. und 17. Dezember.
Diskussionen über den Vortrag des Herrn Ri ecke:
Ueber Salvarsan. (Vgl. diese Wochenschrift 1912, S. 2761.)
Herr Dünzelmann teilt Erfahrungen aus dem Leipziger
Kinderkrankenhaus (Geheimrat Prof. Dr. S o 1 1 m a n n) über 40 Fälle
von Lues congenita mit. Subkutan und intramuskulär zu injizieren
wurde nach einigen Versuchen zu gunsten der intravenösen Methode
ganz aufgegeben. Nachdem anfangs in stark verdünnter Lösung das
neue Mittel einverleibt wurde, ging man später zur konzentrierten
Lösung (0,1 Salvarsan in 2 ccm Flüssigkeit) über. Die Dosierung,
anfangs vorsichtig, wurde mit grösserer Erfahrung bis zu 0,15 Sal¬
varsan und 0,2 Neosalvarsan pro Injektion gesteigert. Salvarsan
und Neosalvarsan sind gleich in Bezug auf Wirkung. Neosalvarsan
hat den Vorteil angenehmerer Zubereitung und hat nicht die Gefahr
der Infiltratbildung wie das Salvarsan.
Die alleinige Salvarsanbehandlung wurde verlassen, und jetzt
kombiniert mit Hydr. jod. flav. und Sublimatinjektionen behandelt.
Die Wirkung des Mittels auf die luetischen Symptome war
meist sehr auffallend, sie verschwanden spätestens nach 7—8 Tagen
völlig, lediglich die Rhinitis und der Milztumor hielt sich länger.
Auffallend war die Mattigkeit, Schläfrigkeit, Schreckhaftigkeit und
Ueberempfindlichkeit nach der Injektion.
Fieber trat wechselnd auf, besonders hohe Grade wurden bei
vorher schon Infizierten (Bronchitis) gemessen.
Konstant waren schleimige Stühle, bisweilen Erbrechen.
Herxheim er sehe Reaktion und Arsenexantheme wurden in
seltenen Fällen beobachtet.
Das Auftreten aller Nachwirkungen war äusserst wechselnd,
und nie von längerer Dauer (1 — 2 Tage).
Von 37 intravenös Injizierten starben 12: 3 an Pneumonie, 3 an
Empyem unabhängig von der Injektion, 4 waren schwere Lues¬
formen, bei denen die Behandlung überhaupt nicht viel erhoffen
liess, 2 starben plötzlich am 1. und 8. Tag nach der letzten Injektion.
Ob ein Zusammenhang mit dem Salvarsan besteht, kann nicht
mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ist aber nicht wahrscheinlich.
5 mal wurden Rezidive beobachtet, 2 Kinder waren ungenügend
behandelt worden.
Die W a s s e r m a n n sehe Reaktion wurde bei 12 Salvarsan-
kindern längere Zeit kontrolliert. 5 wurden negativ, einer schwach
positiv.
Die 4 entlassenen Neosalvarsankinder waren negativ.
Ein abschliessendes Urteil ist bei der Kürze der Beobachtungs¬
zeit nicht möglich. Weitere klinische Erfahrungen über Methode,
Dosierung und Wirkung sind nötig.
Die kombinierte Behandlung scheint der alleinigen Salvarsan-
therapie überlegen zu sein.
(Ausführliche Publikation in der Zeitschrift für Kinderheilkunde
demnächst.)
Herr Rösler berichtet über 2 Fälle von Lues cong. tarda, die
erfolgreich mit Salvarsan behandelt wurden und zwar genügten ge¬
ringe Salvarsandosen von 0,2 — -0,3, um günstige Effekte herbei¬
zuführen. Es handelte sich in beiden Fällen um Lebergummata.
Herr Rösler glaubt, dass die Kranken als geheilt zu betrachten
sein dürften.
Herr A. Zaloziecki weist darauf hin, dass die allgemeine
Ansicht über die Entstehung der sog. Salvarsanneurorezidive jetzt
dahin geht, dass es rein luetische Nervenerkrankungen seien, deren
Manifestwerden jedoch irgendwie durch ungenügende Salvarsan¬
dosen begünstigt würde; es sei daher stets die Salvarsantherapie
mit Hg zu kombinieren und in allen jenen Fällen, bei denen
eine intensive Behandlung nicht möglich sei, lieber ganz zu
unterlassen. An der med. Klinik seien diese Nervenstörungen
recht oft beobachtet worden, augenblicklich seien 2 derartige Pat.
in Behandlung der Nervenstation (Dr. R ö p e r t), die im frühen
Sekundärstadium nach je 2 mal 0.4 Neosalvarsan aufgetreten
sind. — Z. möchte ferner auf den hohen praktischen (diagnosti¬
schen) Wert der provokatorischen Salvarsan-
injektion (Gennerich, Milian) hinweisen.
Herr S t r e f f e r frägt, ob das Salvarsan für gewisse Fälle von
Syphilis als eine Bereicherung anzusehen sei, speziell mit Rücksicht
auf Fälle von Kombination der Syphilis mit Tuberkulose, wobei ja
bislang die spezifische Behandlung mehr oder weniger kontra¬
indiziert war.
Herr Knick äussert sich mit Rücksicht auf die Akustikus-
er krank ungen zur Neurorezidivfrage. Unter den an
der Leipziger Universitäts-Ohrenklinik seit Oktober 1909 beob¬
achteten 29 Fällen von Akustikusstörungen bei Frühluetischen waren
18 mit Salvarsan, 2 mit Quecksilber vorbehandelt, 9 waren ganz
unbehandelt. Für die luetische Natur der Salvarsanneurorezidive
sprach folgendes: 1. Die Akustikusstörungen bei Salvarsanbehan-
delten boten klinisch das gleiche Bild wie die übrigen Fälle (ein- oder
doppelseitige reine Kochlearstörung, bzw. Kombination von Kochlear-
störung mit Vestibularsymptomen oder anderen Hirnnervenerschei¬
nungen, zugleich Kopfschmerzen). Auffällig war nur, dass bei den
unbehandelten Fällen im Gegensatz zu den vorbehandelten durchweg
Hauterscheinungen bestanden. 2. Die Wassermann sehe Reaktion
war mit Ausnahme eines noch zu erwähnenden Falles positiv. 3. In
14 von 16 daraufhin untersuchten Fällen konnten gleichzeitig im
Liquor cerebrospinalis ausgesprochene entzünd¬
liche Veränderungen (Lymphozytose, Eiweissvermehrung,
positiver Wassermann) ebenso wie bei den unbehandelten Fällen
nachgewiesen werden. Es bestand also gleichzeitig eine luetische
Meningitis, als deren Teilerscheinung die Akustikuserkrankung (Peri¬
neuritis) aufzufassen ist. 4. Die antiluetische Therapie (Salvarsan
und Hg-Injektionskur mit Kalomel und grauem Oel) führte in den
meisten Fällen zu erheblicher Besserung oder völliger Wiederher¬
stellung der Funktion. Nur bei 3 Fällen blieb einseitige, bei 1 Fall
doppelseitige Taubheit bestehen, offenbar weil sie zu spät zur Be¬
handlung gekommen waren. Diese Fälle sind eine Mahnung, bei
Neurorezidiven sofort antiluetisch (mit Salvarsan) zu behandeln, um
dauernde Schädigungen zu vermeiden. Andererseits hat die Kontrolle
des Liquorbefundes bei unseren Fällen gezeigt, dass die luetischen
Meningitiden bisweilen sehr hartnäckig sind und eine energische
kombinierte Behandlung erfordern.
In allen Fällen von Akustikusstörung nach Salvarsan liess sich
also nachweisen, dass noch eine manifeste oder latente Lues bestand
(Wassermann, Liquorbefund). Es war daher am wahrscheinlichsten,
dass nicht eine toxische Schädigung durch Salvarsan, sondern ein
Neurorezidiv der Lues vorlag. Nur ein Fall bildete anscheinend eine
Ausnahme: 39 jähr. Schmied erkrankte Oktober 1909 12 Wochen
nach Salvarsaninjektion an doppelseitiger Nervenschwerhörigkeit
ohne Meningeal- und Vestibularsymptome. (Siehe Knick: Mon. f.
Ohrenheilk. 1911.) Das klinische Bild glich durchaus einer toxischen
Schwerhörigkeit. Da in keiner Weise (Wassermann und Liquor¬
befund negativ) eine noch bestehende Lues nachzuweisen war und
da der Wassermann bis zur letzten Untersuchung im Januar 1912
negativ blieb, wäre dies der einzige Fall, bei dem eine toxische
Salvarsanwirkung diskutabel wäre. (Nachtrag beim Druck: Eine
erneute Untersuchung am 29. XI. 12 ergab: tertiäre Hauterschei¬
nungen an Unterschenkel und Kreuz, Wassermann positiv. Damit
scheidet der Fall zur Beurteilung der Toxizität des Salvarsans aus.)
Herr Klemm: Bei im ganzen etwa 250 Salvarsaninjektiouen
an ca. 100 Patienten wurde anfänglich so verfahren, dass eine
einzige intravenöse Injektion vorgenommen, daneben ein intra¬
muskuläres Depot angelegt wurde. Von diesem Verfahren wurde
indes sehr bald wieder abgegangen, einmal wegen der grossen
Schmerzen, die mit jeder intramuskulären Injektion verbunden
sind, sodann wegen des ebenfalls regelmässig auftretenden und dann
permanent bleibenden Infiltrats, das die Verwendung der betreffenden
Gefässbacke zu Hydrargyruminjektionen behindert. Hiervon ist auch
das Schindler sehe Joha nicht auszunehmen. Obwohl bei der
Injektion desselben genau nach den detaillierten Vorschriften ge¬
handelt wurde, die Schindler seinem Präparate beigibt, wurde
trotzdem regelmässig eines von diesen persistierenden Infiltraten
erhalten.
Es ist sicher, das man auch in einer ganzen Reihe von Fällen
hiermit auskommen kann, aber genau vornweg wissen kann man das
nicht und deswegen ist es besser, wenn man gleich von vornherein
mehr tut. Diese Erkenntnis führte zunächst zu dem Brauch, die
intravenöse Injektion dreimal zu wiederholen. An dieser Anzahl
wurde sehr lange festgehalten und bei einem grossen Teil der
Patienten wird auch jetzt noch so verfahren.
Es wurde aber auch auf 5 — 6 Injektionen hintereinander ge¬
stiegen und zwar ist das auch immer gut vertragen worden. Zu
empfehlen ist dieses Verfahren besonders bei Fällen, in denen von
vornherein eine gewisse Hartnäckigkeit des Krankheitszustandes zu
erwarten ist, also in veralteten Fällen mit lange bestehender posi¬
tiver Wassermannreaktion, Fällen mit Gehirnsymptomen, Tabes oder
zu befürchtender progressiver Paralyse, ferner in Fällen von Lues
hereditaria tarda. Auch Fälle frischer sekundärer Syphilis, die mit
bereits kräftig entwickeltem Exanthem und stark positiver Wasser¬
mannreaktion in die Behandlung eintreten, gehören hierher. Wenn
man bisweilen hört, dass Patienten dieser Kategorie eine einzige
Salvarsaninjektion bekommen haben und weiter nichts, so muss man
das als vollkommen zwecklos und als vergeudete Mühe und Kosten
bezeichnen. Selbst mit 3 Injektionen sind da in verschiedenen Fällen
Misserfolge erlebt worden, indem bei den frischeren Fällen wieder
Sekundärerscheinungen auftraten, in den älteren die positive
Wassermannreaktion nach vorübergehendem Negativwerden wieder
ins Positive umschlug. 3 intravenöse Injektionen sind nur dann als
genügend zu bezeichnen, wenn wir Fälle mit frischem Primäraffekt
und noch negativer oder schwach positiver Wassermannreaktion
in Behandlung bekommen, es sich also um die Kupierung der Krank¬
heit handelt. Da reichen sie vollkommen aus, die Kupierung ge¬
lingt nach meinen Erfahrungen sehr gut. Die geschwiirige Fläche
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
273
[. Februar 1913.
er Schanker verkleinert sich zusehends, es tritt dann rasch Ueber-
äutung ein und bald verschwindet auch die Infiltration. In allen
derartigen beobachteten Fällen sind dann später auch nie wieder
irscheinungen aufgetreten, und soweit Nachprüfung möglich war,
vurde auch die Wassermannreaktion stets negativ befunden. In
en anderen Fällen muss man die Zahl der intravenösen Injektionen
uf 5—6 steigern, und wenn man sicher gehen will, wie ich das ver-
chiedentlich gehandhabt habe, eine ein- bis zweimalige Wieder-
olung dieser Injektionsserie vornehmen, also, ähnlich wie dies bei
ler Hydrargyrumbehandlung üblich ist, intermittierend behandeln,
is kommt da natürlich darauf an, was die äusseren und pekuniären
erhältnisse des Patienten erlauben.
• Als Intervall zwischen den einzelnen Injektionen bemesse ich
licht 8 Tage, sondern bei den ersten 3 Injektionen häufig nur
• Woche. Voraussetzung ist bei diesem kurzen Intervall natürlich,
ass der Patient die Einspritzung gut vertragen hat und sich nicht
on ihr angegriffen fühlt, was aber bei im übrigen gesunden und
räftigen Leuten gar nicht vorkommt. Von der 3. Injektion an nehme
ch dann die Intervalle auch etwas länger, 5 — 6 Tage bis 1 Woche.
Natürlich darf man bei dieser grösseren Injektionszahl gewisse
/orsichtsmassregeln nicht ausser Acht lassen. Ich wähle die An-
angsdosis nur mässig hoch, Frauen 0,3, Männer 0,4. Ist die Injektion
;ut vertragen worden, so steige ich halbdezigrammweise, über-
chreite aber die Dosis von 0,5 fast nie, nur bei kräftigen Männern
ehe ich ausnahmsweise auch einmal bis 0,6.' Ich glaube, dass man,
la ja doch einmal eine sterilisatio magna mit einem einzigen Iktus
licht zu erreichen ist, mit einer Wiederholung mässig grosser
losen dasselbe erreichen kann, wie mit wenigen grossen,
lie ja doch immer die Gefahr der Intoxikation in sich bergen.
Für die Steigerung der Anzahl der Injektionen spricht auch sehr
lie Tatsache, dass die Fälle von Intoxikationen mit tödlichem Aus-
ang in der Regel schon nach der 1. oder 2. Injektion auftreten. Hat
ler Patient also 2 Injektionen gut vertragen, so ist anzunehmen, dass
r auch die weiteren gut vertragen wird. Wie vielfach, so besteht
uch hier ein gewisser Widerspruch zwischen Theorie und Praxis:
heoretisch finden wir die Anhäufung des Salvarsans im Körper,
iraktisch sehen wir, dass das Mittel gut vertragen wird.
Neurorezidive habe ich auf diese Weise kein einziges erlebt.
Wichtig ist, vor jeder neuen Injektion den Urin zu untersuchen,
vas ich nie unterlasse. Wenn ich mich recht erinnere, ist aus der
.eipziger dermatologischen Klinik zuerst auf das Vorkommen von
iiweissausscheidung nach Salvarsaninjektion aufmerksam gemacht
i orden. Oefter als zweimal habe ich es unter meinen 250 Injek-
ionen allerdings nicht beobachtet. Ich halte das für ein gewisses
Varnungszeichen, dass der Patient das Mittel nicht sonderlich gut
•erträgt, warte natürlich dann, bis das Eiweiss aus dem Urin wieder
erschwunden ist und wiederhole erst dann die Einspritzung, zu-
lächst mit derselben Dosis.
Den vorhergehenden Ausführungen ist noch hinzuzufügen, dass
n allen Fällen ohne Ausnahme neben der Salvarsanbehandlung
loch eine kräftige Hydrargyrumbehandlung nebenhergeht. Das zu
rwähnen ist deshalb wichtig, weil man oft gefragt wird: Salvarsan
ider Quecksilber? Darauf kann man nur antworten: Salvarsan
ind Quecksilber! Die beiden Mittel können sich nicht gegenseitig
rsetzen, sondern nur ergänzen. Das eine entfaltet die blendende
-lomentar.wirkung, und was ihm an Nachhaltigkeit dieser Wirkung
tbgeht, das schafft dann das Quecksilber. Beiläufig bemerkt ver-
vende ich seit längerer Zeit als Hydrargyrumpräparat fast nur noch
)leum cinereum, das bei Anwendung entsprechender Vorsichtsmass-
egeln vorzüglich vertragen wird.
Herr Stadler teilt die Erfahrungen mit, die in der. medi-
inischen Klinik mit der Salvarsanbehandlung der syphilitischen Ge¬
wiss-, speziell der syphilitischen Aortenerkrankung gemacht wurden.
:s wurde stets eine kombinierte Jod-Quecksilber-Salvarsantherapie
lurchgeführt. Nach 8 — 14 tägiger Schmierkur wurde Salvarsan zu-
rst in einer Dosis von 0,1 oder 0,2 g eingespritzt und die gleiche
losis. wenn gut vertragen, nach weiteren 8 und 14 Tagen wieder-
iolt. Dann wurde zu grösseren Dosen, 0,3 oder 0,4 übergegangen
nid im Laufe der folgenden Wochen bei Fortsetzung der Schniier-
;ur bis zu insgesamt 2,5 bis 3 g Salvarsan infundiert. Bei dieser
orsichtig einschleichenden Behandlung kam es niemals zu irgend
velchen Schädigungen der Kranken. Zweimal wurden bei der ersten
ind zweiten Injektion vorübergehende Temperatursteigerungen be¬
obachtet, die das eine Mal wahrscheinlich auf einem Wasserfehler,
las andere Mal vielleicht auf einer damals versuchsweise ein-
icspritzten grossen Anfangsdosis (0,3 g) beruhten. Bei einem Falle
rat nach jeder Salvarsaninjektion für mehrere Tage ein Pulsus
ngeminus ohne Erscheinungen von Herzinsuffizienz auf.
Dagegen war bei fast sämtlichen Fällen eine gegenüber der
'übereil einfachen Quecksilberbehandlung auffallend schnelle Bes-
erung der Herztätigkeit und des Allgemeinbefindens zu verzeichnen.
Ri 2 Fällen von syphilitischer Aorteninsuffizienz mit schweren An¬
al en von Angina pectoris hörten die Anfälle nach Einleitung der
salvarsanbehandlung bald und für die Dauer auf. Symptome der
lerzmuskelinsuffizienz besserten sich unter Auftreten starker Diurese
uiftallend schnell, ohne dass etwa gleichzeitig Herzmittel und Diu-
etika gegeben wurden. Die Salvarsanbehandlung wurde auch bei
'allen von schwerer Herzschwäche mit Aorteninsuffizienz und
Higina pectoris ohne Schaden vertragen. — Ueber Dauererfolge
dieser kombinierten Behandlung lässt sich noch nichts sicheres sagen,
ebenso fehlen noch Erfahrungen über die Behandlung von grösseren
sackförmigen Aneurysmen mit Salvarsan. Eine Schädigung wurde
in 2 Fällen bei der vorsichtigen einschleichenden Methode nicht
gesehen.
Herr V ö r n e r verzichtet auf das Wort.
Herr F rii h wa 1 d weist auf die nach intramuskulärer wie intra¬
venöser Salvarsaninjektion auftretenden Spätexantheme hin. Diese
erscheinen nach 8 — 10 Tagen in Form von hanfkorn- bis linsengrossen
hellioten, später mehr lividen Knötchen, die sich entweder an ein¬
zelnen Prädilektionsstellen, wie Hand- und Fussriicken, Knie etc.
lokalisieren oder sich über den ganzen Körper disseminieren. Gleich¬
zeitig bestehen schwere Allgemeinerscheinungen, Fieber bis 40°,
Kopfschmerzen, Erbrechen, Prostration etc. Unter solchen Um¬
ständen können akute Exantheme vorgetäuscht werden. Fr. be¬
richtet über 2 Fälle, bei welchen Scharlach bezw. Flecktyphus in
differentialdiagnostische Erwägung kamen. Die Kenntnis dieser
Arzneiexantheme ist also sehr wichtig.
Zum Schlüsse berichtet Fr. über einen Patienten, der wegen
primärer Syphilis 0,9 Neosalvarsan erhalten hatte. Etwa 4 Wochen
nach der Infusion brach die Sklerose wieder auf; das dem Patienten
entnommene Blut erzeugte bei Injektion in die Hoden von Kaninchen
eine typische zirkumskripte Orchitis mit Spirochäten.
Herr Schwarz berichtet über Erfahrungen mit Salvarsan bei
syphilitischen Augenerkrankungen. Sie stimmen im all¬
gemeinen mit den Erfahrungen in anderen Gebieten überein: Meist
auffallend rasche Erfolge bei den Erkrankungen der frühen
Stadien, ^ so besonders bei akuter Iritis, langsamere und weniger
sichere Wirkung bei Späterkrankungen. Aber auch bei solchen treten
Erfolge nicht selten rascher ein als bei energischer Hg- und Jod¬
behandlung. So bei den oft recht hartnäckigen Pupillen -
und Akkommodationsstörungen. Eine einseitige Sphinkter¬
lähmung mit Akkommodationsparese ging nach einer intravenösen
Infusion in wenigen Tagen zurück; bei einer doppelseitigen Ophthalmo¬
plegia interior wurde die Akkommodation schon am Tag nach einer
intramuskulären Injektion fast ganz normal, während die Sphinkter¬
lähmung in reflektorische Starre überging; bei einem anderen Fall
doppelseitiger Ophthalmoplegia interior, die einer unter Hg zurück¬
gegangenen teilweisen Okulomotoriusparese folgte, trat nach vier
Isaak sehen Einspritzungen zu 0,1 (subkutan im Rücken) erhebliche
Besserung der Akkommodation und der Pupillenbewegung ein.
Einer nach 2 Salvarsaninfusionen geheilten Iritis folgte 2 Monate
später als „Neurorezidiv“ eine vollständige Abduzensläh m u n g,
die unter weiterer Salvarsan- und Hg-Behandlung rasch zurückging.
Bei einer schweren' glaukomatösen Iritis eines arterio¬
sklerotischen Heim brachte eine Isaak sehe Injektion zu 0,1 binnen
8 Tagen alle entzündlichen Erscheinungen und die Drucksteigerung
zum Schwinden, das Sehen hob sich von blosser Lichtwahrnehmung
auf lh 2. Nach Wiederholung der Injektion weitere Besserung.
Eine als „Neurorezidiv“ aufgetretene hochgradige Seh¬
nerven- und Netzhautentzündung heilte unter weiterer
Salvarsan- und Hg-Behandlung im Laufe von 4 Monaten mit Hinter¬
lassung von Netzhautnarben; die Sehschärfe stieg auf 4/s bis 1. (Der
Fall ist schon von V o 1 1 e r t in dieser Wochenschr. S. 1960 mitgeteilt.)
Eine leichte Sehnervenentzündung mit staub¬
förmiger Glaskörpertrübung, gleichfalls „Neuro¬
rezidiv“, ging unter Salvarsan und Hg zurück; ein Jahr später beider¬
seits leichte Papillitis mit Glaskörpertrübung, Rückgang unter
gleicher Behandlung.
Ausser den angeführten 3 „Neurorezidiven“ sah ich eine voll¬
ständige Okulomotoriuslähmung, die noch behandelt wird, ferner eine
einseitige Ophthalmoplegia interior (nach Salvarsan und Hg), die sich
auf weitere Salvarsan- und Hg-Behandlung nur wenig besserte.
Am unsichersten reagiert die parenchymatöse Kera¬
titis. Bei einem mit 3 Infusionen (in 8 tägigen Pausen) behandelten
Fall besserten sich die Entzündungserscheinungen nach wenigen
Wochen, nach 2 Monaten war die Hornhaut merklich aufgehellt.
(Unter Hg weitere langsame Besserung.) Einige andere, nicht intra¬
venös behandelte Fälle Hessen keine deutliche Wirkung des Salvarsan
erkennen, auch nicht mit der bei schmerzhaften Augenentzündungen
oft beruhigenden Halsstauung, die kürzlich Neumayer (S. 2617)
zur „Anreicherung“ der Salvarsanwirkung bei Kopflues empfahl.
Bei Keratitis parench. versuchte ich auch örtliche Be¬
handlung, zuerst mit der von Ehrlich empfohlenen Amino-
phenylarsinsäu r e, die mir ( 10 proz.) vom Kollegen R i e c k e
zur Verfügung gestellt wurde; selbst reichliche Einträuflung sowie
subkonjunktivale Einspritzung blieben ohne Einfluss. Nach Rosen¬
meyers Mitteilung (S. 2495 dieser Wochenschrift) versuchte ich
kürzlich Neosalvarsan bei 2 Fällen, ging bis zu stündlicher Ein¬
träuflung von je 10 Tropfen einer 5 proz. Lösung (die nach einigen
Stunden braun wird und dann durch frische Lösung zu ersetzen ist).
Die frische Lösung ist reizlos. Sicheren Erfolg konnte ich noch nicht
feststellen. Weitere Versuche empfehlenswert. (Suspension in öliger
Atropinlösung habe ich noch nicht versucht.)
Als wirksamste Anwendung des Salvarsan hat sich, nach
übereinstimmender Beobachtung der Ophthalmologen, auch bei Augen¬
erkrankungen die intravenöse erwiesen. Wo diese nicht an¬
wendbar oder bedenklich erscheint, können auch mit anderen Me¬
thoden, selbst mit schwachen Dosen, gute Erfolge erzielt werden.
27-4
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Die Präparate nach Isaak, und Joha nach Schindler und
N e i s s e r, werden frisch im allgemeinen sehr gut vertragen;
Schmerzen und Infiltrate sind wohl meist auf abgelagerte Präparate
zurückzuführen. Stets habe ich noch mit Hg und Jod (meist
abwechselnd) energisch nachbehandelt, oft auch schon vor¬
behandelt. Die intravenöse Infusion habe ich nicht selbst ausgeführt,
sondern verschiedenen Kollegen überlassen.
Die Wirksamkeit selbst schwacher Salvarsangaben veranlasste
mich, Salvarsan auch rektal zu geben, zunächst in einem Fall von
Ophthalmoplegia int. als Nachbehandlung, wo Hg und Jod immer
nur kurze Zeit vertragen wurden. Ich begann mit 0,1; die neutia-
lisierte Lösung wurde auf 500 — 600 ccm verdünnt. Unter vorsichtiger
Steigerung ging ich bis 0,5, was auch reizlos vertragen wurde.
Stuhlgang erfolgte gewöhnlich erst andern Tags. Bei einem Fall von
Keratitis parench., wo während einer Pause in der Hg-Behandlung
eine Kniegelenksentzündung mit starker Schwellung und
Schmerzhaftigkeit aufgetreten war, gingen diese Erscheinungen
schon am Tag nach einem Salvarsaneinlauf (0,5) bedeutend zurück;
nach dessen Wiederholung (mehrere Tage später) verschwanden
sie rasch ganz. In dem 12 Stunden nach dem Einlauf gelassenen
Urin, noch mehr in dem 24 Stunden darnach gelassenen, war deutlich
Arsen nachweisbar. Leichte Temperatursteigerung (bis 38,5) wurde
gelegentlich nach Einlauf beobachtet, ohne sonstige Störungen. Auch
anderweit wurde schon Salvarsan rektal verabreicht (s. Ref. in
dieser Wochenschrift: B a y r o w, S. 273, del Portillo S. 2475;
ferner Lyon med., 7. Juli 1912: Weil, Morel und Q. Mouri-
quand). Zur Begünstigung der Resorption lasse ich den Tag über
nichts trinken, eine Stunde vor dem Einlauf ein Glyzerinsupposi-
torium geben, das nach etwa 'A Stunde Stuhlgang bewirkt. Der Ein¬
lauf wird abends gemacht, in linker Seitenlage, dann folgt einige
Minuten Knie-Ellenbogenlage, schliesslich rechte Seitenlage, um
die Flüssigkeit gut im Kolon zu verteilen. Kürzlich verabreichte
ich (nach Beobachtung der Reizlosigkeit am Auge) auch Neo-
salvarsan als Einlauf, 0,75. dann auch 0,9 in zirka
200 ccm Wasser gelöst, das ebenfalls keinerlei Störung hervorrief.
(Auch hier Arsennachweis im Urin.) Weitere Versuche damit
möchte ich für Fälle empfehlen, wo intravenöse Infusion aus irgend
einem Grunde nicht angezeigt ist.
Herr H. K 1 i e n weist darauf hin, dass Neurorezidive nach zu
schwacher Salvarsanbehandlung nicht nur häufiger, sondern oft auch
intensiver auftreten als bei unbehandelter Lues. Möglicherweise
beruht dies darauf, dass durch den massenhaften Spirochätenzerfall
infolge der Infusion sich in den folgenden Wochen in grösserer
Menge Antikörper entwickeln, als dies im gewöhnlichen Verlauf der
Infektion der Fall ist. Bei Wiederauskeimen in den Meningen zurück¬
gebliebener Spirochäten können dann die Bedingungen für eine
stärkere allergische Reaktion der Meningen entstehen, so dass die
vorher nur latente Meningitis manifest wird.
Wie durch ungenügende Salvarsanbehandlung das Auftreten von
Neurorezidiven gefördert wird, so kann dadurch auch der Ausbruch
von Tertiärerscheinungen beschleunigt werden. Gewisse Erfahrungen
scheinen schon jetzt dafür zu sprechen, dass auch das Auftreten
metaluetischer Affektionen durch insuffiziente Salvarsantherapie ge¬
fördert werden könne. Das wäre um so weniger überraschend, als
viele Statistiken zu dem Ergebnis geführt haben, dass, wenn es nicht
gelingt, die Tabes zu vermeiden, dieselbe bei mit Hg behandelten
Fällen früher auftritt als bei unbehandelten.
Im Beginn metaluetischer Nervenerkrankungen scheinen ver¬
einzelte Salvarsandosen u. a. verschlimmernd wirken zu können,
während alle Autoren, welche mit wiederholten Infusionsserien von
genügender Gesamtdosis behandelten, über auffallend günstige Erfolge
bei Tabes berichten. Für Paralyse liegen noch keine zu irgend¬
welchen Schlüssen berechtigende Erfahrungen mit derartigen Kuren
vor. Man soll daher Metaluetiker — sofern nicht durch den Zustand
Kontraindikationen gegeben sind — mit wiederholten Infusionsserien
von grosser Gesamtdosis behandeln, wobei mit sehr kleinen Einzel¬
dosen zu beginnen ist. Zur Beurteilung des Erfolges und zur In¬
dikationsstellung für Weiterbehandlung ist ausser den klinischen
Symptomen und der Wassermannreaktion die Untersuchung des
Liquor cerebrospinalis heranzuziehen. Letzteres gilt bei der enormen
Häufigkeit der latenten Meningitis bei Lues II für alle Stadien
der Lues.
Herr Ri ecke (Schlusswort): Wenn man die gesamten Dis¬
kussionsäusserungen an den Hauptpunkten, die ich meinem Vortrage
zugrunde legte, bemisst, so ergibt sich zunächst einmal Ueberein-
stimmung hinsichtlich der Applikationsmethode. Wer auch immer
Salvarsan erst als Gewebsinjektion und dann intravenös angewendet
hat, wird die letztgenannte Einverleibungsart sicherlich als die einzig
richtige betrachten. Es sei aber noch einmal darauf hingewiesen,
intramuskuläre Injektionen von Neosalvarsan werden im allgemeinen
so gut vertragen, dass sie in solchen Fällen, in denen sich die
intravenöse Infusion aus irgendwelchen Gründen verbietet, unbedenk¬
lich angewendet werden können. Ueber die rektalen Infusionen lässt
sich zurzeit nur sagen, dass sie weiterhin zu versuchen wären.
Was die zweite Frage nach der Toxizität des Salvarsans
anbelangt, so ist auch in dieser Diskussion als wichtigste und inter¬
essanteste Erscheinung die der Neurorezidive hervorgetreten.
Es herrscht auch hier, wie ganz allgemein, heute die übereinstim¬
mende Anschauung, in den Neurorezidiven rein luetische Erschei¬
No. 5.
nungen erblicken zu müssen. Interessant sind in dieser Beziehung
namentlich die Ziffern des Herrn Knick, welcher unter 29 Fällen
von Akustikusstörungen bei Syphilis 18 mal dieselben nach Salvarsan
auftreten sah, 11 mal ohne Salvarsananwendung. Dieser auffallend
hohe Prozentsatz von Neurorezidiven ohne Salvarsan gibt ent¬
schieden zu denken, namentlich bei der relativ geringen Gesamtzahl
von Beobachtungen.
Die von Herrn K 1 i e n geäusserte Meinung, dass die Salvarsan-
Neurorezidive besonders foudroyant auftreten, ist wohl für viele
Fälle zutreffend, aber es muss wohl dahingestellt bleiben,
ob dies als Regel betrachtet werden kann. Meine Er¬
fahrungen sprechen dagegen. Auch nach Knicks Beob¬
achtungen unterscheiden sich die Salvarsanneurorezidive klinisch in
nichts von den spontan auftretenden Neurorezidiven. Als inter¬
essanteste Tatsache der ganzen Neurorezidivfrage dürften zweifellos
die Veränderungen im Liquor angesehen werden, wodurch der
meningeale Charakter mindestens vieler Neurorezidive sicher hervor¬
geht. Ueberhaupt sind die Resultate der Lumbalpunktion in allen
Stadien der Syphilis höchst interessant und beachtenswert, da sich
vielleicht sehr weitgehende prognostische Schlüsse später noch
daraus ergeben können. Die Todesfälle, die im Anschluss an Sal-
varsanbehandlung beobachtet sind, sind keineswegs einheitlicher1
Natur, sie mögen hier unerörtert bleiben, da in der Diskussion von:
denselben nicht weiter die Rede gewesen ist. Den Beobach¬
tungen von Herrn F r ii h w a 1 d über Spätexantheme bei Salvar¬
sanbehandlung möchte ich noch die Mitteilung zweier Fälle hin¬
zufügen. Der erste betrifft einen etwa 30 jährigen Mann, welcher
seit bi 4 Jahren an Lues erkrankt war und im Anschluss an eine dritte
intravenöse Salvarsaninjektion von 0,5 keinerlei Nebenerscheinungen
gezeigt hatte. Erst etwa 20 Tage darnach trat ein Exanthem unter
Schüttelfrost und Fieber ein, welches von dem Hausarzt als Masern¬
exanthem angesehen wurde. Da aber doch gewisse Anzeichen,
speziell Konjunktivitis, fehlten, ergab sich, dass es sich um ein Spät¬
exanthem nach Salvarsan handelte. Bemerkenswert ist sodann das:
Auftreten eines akuten disseminierten Ekzems 24 Stunden nach der:
Injektion von Salvarsan, welches 3 mal in gleicher Weise bei einer
Krankenschwester nach der Injektion von 0,3 Salvarsan bzw.
0,6 Neosalvarsan gesehen wurde. Entwicklung des vesikulösen Aus¬
schlages jedesmal 12 — 24 Stunden p. i.
Was die Dosierung von Salvarsan anbelangt, so herrschen hier,:
wie anderwärts die grössten Differenzen. Die sehr intensiven Kuren,
von Herrn Klemm auf der einen Seite und die guten Erfolge,
welche mit sehr geringen Dosen von Herrn R ö s 1 e r und Herrn
Stadler erzielt wurden, beweisen die hier herrschenden Differenzen.
Jedenfalls steht so viel fest, dass mit einmaliger Injektion nichts zu
erreichen ist. Es herrscht auch hier allgemein Uebereinstimmung.
dass nur durch eine systematisch durchgeführte Salvarsaninjektions-
kur bedeutsame Heilerfolge zu erzielen sind.
Was den dritten Hauptpunkt meines Vortrages, den kurativen
Wert des Salvarsans, anbelangt, so herrscht keine Meinungs¬
verschiedenheit darüber, dass das Mittel in symptomatischer Be¬
ziehung von hervorragender Wirkung ist. Was definitive Heilungen
anbelangt, so hängt ja dies mit der Frage nach der Dosierung auf
das innigste zusammen. Wir können in den intensiven Kuren, wit
sie auch von einigen Diskussionsrednern analog den viel ver¬
breiteten Usancen geübt werden, nicht das Wort reden. Gewiss sind
wir in der Indikationsstellung zur Salvarsantherapie im ganzen weit¬
herziger geworden; abgesehen von hochgradigen myokarditischer
Veränderungen, schweren allgemeinen Erkrankungen, auch des:
Zentralnervensystems, von ausgedehnten Nephritiden und andern
schwerwiegenden Organerkrankungen, wenden wir heute auch be
schweren Krankheitszuständen, wie aus den Ausführungen des Hem
Stadler hervorgeht, berechtigterweise das Salvarsan an. Da:
führt zur Beantwortung der Frage des Herrn St reff er, ob uii'
die Salvarsantherapie in Bezug auf solche Fälle weiter gebracht hat
in denen das Vorhandensein von Quecksilberkuren kontraindizieren
den Leiden früher uns die Hände band. Insbesondere kommt hier
in Betracht die Kombination von Syphilis mit Tuberkulose. Wir sim
in der Tat in der Lage, bei Tuberkulösen durch Salvarsan erfreuliche
Resultate bei Syphiliserkrankungen zu erreichen. Allerdings Heget
einige bemerkenswerte Mitteilungen von Wechselmann, Sal
mon, Zieler und Herxheimer vor, bei denen durch Salvarsan
infusionen eine Aktivierung des tuberkulösen Virus hervorgerufen sei
Die Eigenschaft des Salvarsans, hämorrhagische Diathese hervor
zurufen, ist aber wohl vorläufig mit grosser Vorsicht zu beurteilen
Jedenfalls habe ich selbst während und kurz nach der Menstruatio:
zahlreiche Infusionen ohne jede Wirkung auf die Blutung yorge
nommen. Die richtige Dosierung festzustellen, wird der Zukunft nocl
Vorbehalten bleiben. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist e
beklagenswert, dass man so bald und so allgemein zur kombinierte
Behandlung mit Quecksilber übergegangen ist. Es wird sicberlic'
dadurch die Klarstellung der reinen Salvarsanwirkung auf lange Ze:
hinausgeschoben werden, denn wie einerseits die ursprüngliche:
Salvarsanwirkungen bei der Gewebsinjektion nicht als massgeblic
betrachtet werden konnten, so hat man sehr bald nach den intra
venösen Injektionen die Kombination mit Quecksilber aufgenornm-'i
Bestrebungen, wie sie daher jetzt sich geltend machen (Kling
in ii 1 1 e r) und die auch ich vertrete, dahingehend, dass in geeignete
Fällen reine Salvarsanbehandlung ohne Quecksilber stattfinde, sin
[ Februar 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
275
aber durchaus zu begriissen. Dass die kombinierte Behandlung in
irer jetzt beliebten, überaus intensiven Art und Weise Schädigungen
erbeizufiihren vermag, kann bei so differenten Stoffen, wie Queck-
ilber und Salvarsan sind, schliesslich nicht zu sehr verwundern.
Münchener Gesellschaft für Kinderheilkunde.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 8. November 1912.
Herr v. Pfaundler demonstriert :
a) ein 13 jähriges Mädchen mit hysterischen Charakterzügen und
rhweren epileptiformen Krämpfen, die am besten als „psychalep-
sche“ zu bezeichnen sind. Er nimmt hiebei Stellung zur Frage der
ogen. affektepileptischen Anfälle.
b) einen Fall (3 jähriges Kind), dessen Diagnose zwischen früh-
lfantiler, progressiver Muskelatrophie nach Werdnig-Hofmann
nd kongenitaler Myatonie nach Oppenheim schwankt.
c) ein ungewöhnliches reiches pontin-bulbäres Krankheitsbild bei
I e i n e - M e d i n scher Krankheit.
Diskussion ad a : Herr Dornberger.
Herr Ibrahim: Mitteilungen über eine Poliomyelitisepideniie.
Erscheint in dieser Wochenschrift.
Diskussion: Herren Trump p, Hecker, Seitz,
■ c h n e i d e r, Klar, Uffenheimer, v. Pfaundler, Dörn-
erger, Ranke, Ibrahim.
Die meisten Heren berichten gleichfalls über Fälle Heine-
\ e d i n scher Krankheit, die sie in der letzten Zeit in München selbst
i Behandlung bekamen. Es wird beschlossen, dass die Herren
.Pfaundler und Ibrahim sich mit Herrn Ministerialrat D i e u -
onne in Verbindung setzen, um im Namen der Gesellschaft für eine
inzeigepflicht der Erkrankung zu sprechen.
Herr v. Pfaundler verliest den Entwurf eines Schreibens der
iesellschaft an den Magistrat der Stadt München in Sachen der
Schliessung des Gisela-Kinderspitales. Hierzu sprechen eine grössere
inzahl von Mitgliedern. Es wird beschlossen:
a) das Schreiben geht an den Magistrat.
b) eine Deputation der Gesellschaft begibt sich zum Direktor des
»chwabinger Krankenhauses, den magistratlichen Referenten und son-
tigen in dieser Frage massgebenden Persönlichkeiten.
c) event. • — wenn diese Schritte nicht bereits vom gewünschten
irfolg begleitet sind — soll die ganze Affäre in der Presse be-
andelt werden (vergl. diese Wochenschrift 1912, pag. 2790).
Albert Uffenheimer- München.
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 29. Januar 1913.
Vor der Tagesordnung ergreift
Prof. Bier das Wort und verliest etwa folgende Erklärung. Er
rhält fortwährend, vor allem aus Amerika und Spanien Briefe, ob
yirklich das F r i e d m a n n sehe Mittel so ausgezeichnete Resultate
cibt. Er verwahrt sich gegen die Benutzung seiner Diskussions-
lemerkungen, die tatsächlich ungefähr in den Pressenotizen das
iegenteil von dem enthalten, was er wirklich gesagt hat. Er be¬
lauert, dass ein Mittel, das seine Probe noch nicht bestanden hat,
n dieser Weise in der ausländischen Presse empfohlen wird und
iirchtet, dass, wenn das Mittel sich nicht bewährt, eine Schmälerung
ies Ansehens der deutschen Medizin eintritt, wenn unwidersprochen
■olche Nachrichten verbreitet werden. Er hofft, dass diese Erklärung
ebenso schnell ihren Weg in die ausländische Presse nehmen werde.
Herr M. Wolff: Pneumothoraxoperation bei Tuberkulose.
Vortr. berichtet kurz über die Technik der Pneumothorax-
Jperation, die er nach Brauer und F o r 1 a n i n i ausführt. Er hält
lie Röntgenaufnahme zur Kontrolle der Einfüllungen für erforderlich,
deuritische Exsudate traten häufig ein, sind aber bei ihm stets serös
:ewesen. Schliesslich demonstriert er die Röntgenbilder dreier nach
'rauer und eines nach Forlanini mit Punktion behandelten
'alles.
Tagesordnung:
Herr Abel: Die Elektrokoagulation bei der operativen Be-
landlung des Krebses, speziell des Gebärmutterkrebses. (Kurzer
»ortrag.)
Ein Teil der Karzinomrezidive erklärt sich durch Verschleppung
°n Keimen bei der Operation. Eine Verbesserung der Operations¬
nethoden würde herbeigeführt, wenn man vor dem Herausschneiden
dies Tumorgewebe zerstören würde. Das ist möglich durch Anwen-
hmg der Diathermiemethode. Ausser von Czerny in Heidelberg
md Doy en in Paris ist die Methode noch nicht angewandt worden.
A ahlt man kleine, gleichgrosse Elektroden, so kann man zylindrische
'tücke, die zwischen beiden Elektroden liegen, entfernen. Mit einer
ladeiförmigen Elektrode kann man schneller schneiden, wie mit einem
vlesser.
_ .. Vortr. beschreibt einen Fall eines Uteruskarzinoms bei einer
Bjähr. Frau, das er zuerst mit dieser Methode operiert hat (vaginal),
'er Verlauf war ein vollkommen reaktionsloser. Von einer weiteren
»erbesserung der Technik erwartet Vortr. noch weitere Erfolge.
Diskussion: Herr Holländer: Der Pacquelin hat eine
sehr geringe Tiefenwirkung, eine bessere das Ferrum candens, am
besten ist die H o 1 1 ä n d e r sehe Heissluftkauterisation, die einen
Schorf setzt und ausserdem eine Tiefenwirkung hat. Der Diathermie
dürfte bei mykotischen Erkrankungen wegen der Tiefenwirkung eine
grosse Bedeutung zukommen.
Herr Hammerschlag: Impfrezidive stellen nur einen mini¬
malen Bruchteil der Rezidive überhaupt vor; auch Winter hat
seinen früheren abweichenden Standpunkt aufgegeben. Man muss die
Diathermie für eine differente Massregel halten, welche die Operation
aufhält. Das Zundrigwerden der diathermierten Gewebe ist unbedingt
eine Kontraindikation für viele Fälle.
Herr B u c k y hebt hervor, dass die Blutstillung durch Dia¬
thermie die Zeitdauer der Operation doch wieder abkürzt. Die
Stromlinien sind die Ursache, dass man einen grossen Tumor durch
Diathermie niemals ganz zerkochen kann.
Herr Israel hebt hervor, dass die präliminare Verkochung
des Tumors die zahlreichen Rezidive nicht verhindern kann, die ent¬
stehen, weil unsichtbare Keime ausserhalb des eigentlichen Tumors
zurückgeblieben sind, die wir nicht sehen können.
Herr Falk betont, dass Impfrezidive doch nicht so selten Vor¬
kommen und dass alle Bestrebungen zu ihrer Verhütung ihre Be¬
rechtigung haben.
Herr Borchardt hält es ebenfalls für falsch, operable Tu¬
moren mit Diathermie zu behandeln. Auch bei inoperablen Fällen
hat er nie wirklich erfreuliche Resultate gesehen. Erfreulich ist die
blutstillende Wirkung, z. B. bei Kavernomen.
Herr Abel (Schlusswort) : Es ist immer möglich, bei der Opera¬
tion Keime in den Kreislauf zu verschleppen. Und einen Versuch,
der der Nachprüfung wert ist, stellt die vorgeschlagene Methode zur
Verbesserung der Operationsresultate dar. Wolff-Eisner.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung vom 17. Januar 1913.
Piof. D i in m e r stellt einen Mann vor mit horizontal pendelndem
Nystagmus. Die Affektion besteht seit frühester Kindheit. Inter¬
essant ist. dass der Mann kleinere Schrift nur dann fliessend liest,
wenn er das Buch so hält, dass, die Zeichen nicht horizontal, sondern
vertikal stehen und er von oben nach unten lesen kann. D. hat
schon früher einen solchen Fall beobachtet und beschrieben und die
eigentümliche Störung erklärt.
Dr. H o f b a u e r demonstriert 2 Fälle von Pleuraschwarte,
welche er dadurch besserte, dass er sie nicht, wie es bisher allgemein
geübt wurde, auf der gesunden, sondern auf der kranken Seite
lagern liess. Der Vorteil dieser Lagerung wird auch röntgenoskopisch
dargelegt.
Dr. G. Schwarz zeigt Stenosen und andere Veränderungen
des Kolons, welche bei direkter Irrigoradioskopie des Kolons sehr
deutlich gesehen werden.
Prof. Dr. Alfred Exner: Kriegschirurgische Erfahrungen.
Der Vortr. war einige Wochen lang Leiter des Alexander¬
spitals in Sofia, einer grossen, aus 6 Pavillons bestehenden Kranken¬
anstalt, welche als Verwundetenspital eingerichtet wurde. Die
grösste Zahl der Verwundeten langte erst nach 5 — 6 tägigem Trans¬
port in offenen Büffelwagen, zumeist in recht erschöpftem Zustande
und in der Mehrzahl medizinisch nicht gut versorgt an. Es gab darum
auch eine grosse Zahl von infizierten Knochenbrüchen. Leicht infi¬
zierte Fälle heilten dann rasch nach Ruhigstellung der verletzten Ex¬
tremität ab.
Der Vortr. berichtet über die grosse Widerstandsfähigkeit ein¬
zelner Soldaten. Er hat im ganzen ca. 1200 Verwundete gesehen,
davon 300 nur einmal (rascher Abtransport der Leichtverletzten in die
Provinzspitäler), 617 hat er längere Zeit beobachtet; der Rest befand
sich noch in Behandlung, als er abreiste. Er bespricht eingehend die
Wirkung der türkischen Projektile. Von 12 Fällen von Starrkrampf
(alle Fälle von Tetanus in Sofia wurden in sein Spital gebracht) star¬
ben 10 trotz sofortiger Antitoxinbehandlung. Diese Infektion dürfte
beim Transport der Verletzten (Lagerung auf Stroh) bedingt worden
sein. Von den durch Gewehrschüsse Verletzten waren 32 Proz. in¬
fiziert, von den durch Artilleriegeschosse Verletzten 40 Proz. Die
letztere Zahl ist scheinbar eine geringe (O e 1 1 i n g e n gab eine viel
höhere Zahl an), sie erklärt sich aber damit, dass die Schwerverletz¬
ten nicht mehr nach Sofia kamen, da sie früher starben.
Die konservative Behandlung hat sich glänzend bewährt, der
Infektion wurde man meist durch tiefe Einschnitte in den Eiterherd
Herr. Projektile wurden in wenigen Fällen aus dem Körper entfernt,
wohl aber Nervennähte gemacht, Aneurysmen operiert etc. Nicht-
infizierte Lungenschüsse — mehr als 80 — gaben nur selten Anlass
zu einer Operation, allenfalls wurde ein Hämatothorax durch Punk¬
tion entleert. Verletzungen beider Lungen gaben eine schlechte Pro¬
gnose.
Der Vortr. besprach sodann die Resultate seiner Eingriffe bei
Schädelschüssen und erörterte einzelne interessante Beobachtungen.
Spitzgeschosse senkten sich und drehten sich dabei, so dass ihr
stumpfes Ende vorausging, was die Röntgendurchleuchtung schön
276 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. 5,
nachweisen liess. Ausserdem sah der Vortr. mehrere Fälle von Gan-
grän nach Applikation mehrprozentiger Karbollösungen, so am Skro¬
tum, Oberschenkel, Auge etc. Auch das Auflegen von Tabak auf
frische blutende Wunden, welches dort vielfach geübt wurde, führte
zum Absterben von Gewebsteilen. Gute Unterstützung fand er an
den freiwilligen Krankenpflegerinnen, welche sich aus Damen rekru¬
tierten, die früher einen Samariterkurs durchgemacht hatten.
Auf Grund seiner zweimonatlichen Erfahrungen in Sofia gelangt
der Vortr. zu folgenden praktischen Schlüssen: Die grössten
Schwierigkeiten im Sanitätsdienste sind natürlich unmittelbar nach
einer grösseren Schlacht zu überwinden. Was durch unzeitgemässes
Reinigen oder Tamponieren der Wunden gesündigt wird, lässt sich
im späteren Laufe der Behandlung schwer wieder gutmachen. Hier
war im bulgarischen Sanitätsdienste eine Lücke, die bei uns in Oester¬
reich kaum Vorkommen dürfte. Das Vorhandensein genügender Men¬
gen von Fixationsmitteln (Gips, Schusterspänen etc.) in den vorderen
Linien, vor allem in Feldspitälern, ist sehr wichtig. Ferner war ein
grosser Uebelstand, dass das chirurgische, aus Kautschuk be¬
stehende Material sehr oft infolge langen Lagerns unbrauchbar war,
z. B. Drainröhren. Diesem Uebelstande könnte nur dadurch ab¬
geholfen werden, dass alle für den Krieg vorbereiteten Kautschuk¬
vorräte fortwährend neu ergänzt werden, während die längere Zeit
liegenden Vorräte an Krankenanstalten abgegeben werden. Wichtig
ist endlich ein zweckmässiges Zusammenarbeiten einer an ein solches
gewöhnten Aerztegruppe und des Hilfspersonals.
Assistent Dr. H. Heyrovsky berichtet eingehend unter De¬
monstration zahlreicher Röntgenbilder über seine kriegschirurgischen
Erfahrungen in Philippopel. Er hat 360 Verletzte längere Zeit be¬
obachtet und behandelt, viel mehr aber nur einmal, da das von ihm
geleitete Spital als Evakuierungsspital diente. 223 Verletzte hatten
Schusswunden durch Gewehrkugeln, 108 durch Schrapnelle, 22 durch
stumpfe Gewalt. Er sah 22 Brustverletzungen, 4 Schädelschüsse,
85 Knochenbrüche etc. Seine Erfahrungen stimmen im ganzen mit
denen Prof. E x n e r s überein.
13. Französischer Kongress für innere Medizin.
Paris, 13. — 16. Oktober 1912.
III.
Das III. Hauptthema des Kongresses behandelt die Therapie
der hämorrhagischen Symptome. Paul C a r n o t, der erste Referent
legt dar, dass diese Therapie die Natur nachahmen und sich nach
der Pathogenese richten, um die Blutungen zu verhüten, eine
blutstillende, um sie zu hemmen, und eine gegen das Zir-
kulationssystem gerichtete sein muss, um die Folgen der
Blutungen wieder zu reparieren. Was die Pathogenese betrifft, so
kommen äussere — infektiöse oder toxische — und innere
oder beide zusammen in Betracht. Die 1. toxisch-infektiösen
Erscheinungen der Blutungen haben einen ganz speziellen Charakter:
die hämorrhagische Variola z. B. zeigt im Blute ausserordentlich
geringe Menge von Hämatoblasten, mangelnde Retraktion des Blut¬
kuchens und keine Serumtranssudation. Ebenso wie diese, fast
immer tödliche Blatternform, verursachen der maligne hämor¬
rhagische Scharlach, die hämorrhagische Diphtherie, Pneumokokken¬
infektion, die (seltenen) hämorrhagischen syphilitischen und (häufi¬
geren) tuberkulösen Erscheinungen, Störungen des Blutdrucks, der
Vasodilatation, andererseits Veränderungen des Blutes und der Ge¬
fässe,. ebenso wie zuweilen der blutbildenden Organe (Knochenmark,
Leber, Nebennierenkapseln). 2. Die toxischen Erscheinungen
von Blutungen animalischen Ursprungs (durch Schlangenbisse,
Blutegel) haben im allgemeinen einen der Hämophilie ähnlichen Cha¬
rakter. 3. Hümorrhagien rein toxischen Ursprungs entstehen durch
Phosphor, Hg ciraniir, Alkohol, Benzol und bedingen Veränderungen
des Blutes, der Gefässe oder auch innerer Organe. Die zweite
Hauptgruppe der Hümorrhagien, durch innere Ursachen, hängt
zusammen mit Veränderungen von Organen, die eine Rolle bei der
Gleichgewichtserhaltung der Zirkulation spielen, also 1. der Leber
(schwerer Ikterus, alkoholische Zirrhose, Fettleber), 2. Nieren
(Blutungen, Hämaturie, Epistaxis u. a. m. — im Verlaufe der akuten
wie chronischen Nephritis), 3. anderen Organen, wie Neben¬
nieren, Schilddrüse, Lymphdrüsen. Die 4. Art sind Blutungen
h ä matogenen und vaskulären Ursprungs und — noch wenig
geklärt — akute und chronische Leukämie, Purpura, perniziöse
Anämie. Die Hämophilie stellt wahrscheinlich eine klinische
Gruppierung verschiedener Ursachen dar. Neben der grossen fami¬
liären gibt es eine kleine familiäre und auch eine spontane, erworbene
Hämophilie. In letzter Linie beruhen die Erscheinungen der Hämor-
rhagien auf einer Veränderung des Blutes und der Blutgefässe;
letztere bersten leicht und die Veränderung des Blutes erklärt den
Mangel der physiologischen Blutstillung. C. bespricht nun des
näheren den Mechanismus der Gefäss- und der Blutveränderungen,
ebenso wie jenen der Erneuerung oder Wiederherstellung normaler
Gefäss- und Blutzustände, was zur praktischen Therapie der
Hümorrhagien überleitet. Wo es möglich ist, gegen die Ursache
selbst vorzugehen, wird man z. B. bei Fällen von Infektion ein
spezifisches Serum oder kolloidale Metalle, Kochsalzinjektionen, bei
Erkrankung innerer Organe Opotherapie in Anwendung ziehen.
Sehr häufig genügen aber diese Mittel nicht und man muss zu lokal
und allgemein blutstillenden Mitteln greifen : erstere,
wenn die Blutung leicht zugänglich, letztere, wenn dies nicht der
Fall ist. Von letzteren kommen in Betracht: Kochsalz (täglich
per os 1 — 2 g Na. chlorat. oder Na. sulfat., subkutane Lösungen),
Chlorkalzium in der Dosis von 2 — 4 g, Gelatine (lokal 5 bis
10 proz. in physiologischer Kochsalzlösung oder allgemein in 2 bis
5 proz. sorgfältig sterilisierter subkutaner Injektion oder auch per os),
bei Hümorrhagien infolge von Infektionen ist Gelatine kontraindiziert!
Propepton, subkutan oder intramuskulär 10 — 20 ccm einer
5 proz. Lösung und Na. nucleinicum in 2 proz. Kochsalzlösung
0,15 g (alle 5 — 6 Tage) werden neuerdings empfonlen, ebenso wie
neben der Opotherapie die Iso-Hämotherapie, welcher C.
noch eine grosse Zukunft vorhersagt. Bei letzterer wird von
Menschen entnommenes Blut entweder in Form von Serum oder
von frisch defibriniertem Blut hypodermatisch injiziert. Die Methode
von verstärktem, wirksamen Serum besteht darin, Tiere mit be¬
sonders wirksamem Serum noch gegen antikoagulierende Substanzen
(Pepton) zu immunisieren und ausserdem deren Blut durch eine Reihe
von Blutentziehungen speziell hämatopoietisch zu gestalten.
N o 1 f, der Korreferent, bespricht die Physiopathologie der
Blutgerinnung und entwickelt hier einige von der gewöhnlichen Auf¬
fassung abweichende Ansichten: damit sich eine Gerinnung (ein
Blutkuchen) bildet, ist die Gegenwart von Kalksalzen und von
3 Proteinsubstanzen (Fibrinogen, Thrombogen, Thrombozym) not¬
wendig, wovon das Fibrinogen fast in seiner gesamten Menge bei
der Fibrinbildung gebraucht wird. Jedes Plasma, das Thrombozym,
Thrombogen, Fibrinogen und Kalksalze enthält, kommt innerhalb
der Gefässe zur Gerinnung, wenn dieselbe nicht durch antikoagu¬
lierende Substanz, wovon das in der Leber gebildete Antithrombin
eine sehr wichtige ist, verhütet wird. Aber dem antikoagulierenden
Einfluss des letzteren stellen sich wieder Einflüsse im umgekehrten
Sinne entgegen. Es sind das unzählige, lösliche oder unlösliche Sub¬
stanzen, wovon das Jonkalzium wohl bekannt und unter den kolloiden
Substanzen das Lezithin zu erwähnen ist. Im normalen Leben hält
sich zwischen koagulierenden und antikoagulierenden Substanzen
das Gleichgewicht, welches der mehr weniger grossen Stabilität des
Plasmas entspricht und plötzlich aufhört, wenn das Blut aus den Ge-
fässen austritt. N. sieht bei der Gerinnung die Veränderungen des
Plasmas für das Primäre und jene der Zellen für sekundär an und
versucht, eine genauere Erklärung über diese Veränderungen und die
Rolle, welche obengenannte Substanzen und die Blutbestandteile
hiebei spielen, zu geben. In pathologischen Fällen ist nun
die Hauptanomalie die mangelhafte hämostatische Wirkung des Blut¬
kuchens. Ist sie bei einem sonst normalen Individuum vorhanden,
so spricht man von Hämophilie. Dieselbe scheint aber eine Konsti¬
tutionsanomalie zu sein, welche mehrere Glieder der gleichen Familie,
besonders des männlichen Geschlechts befällt. Neben dieser 1. fami¬
liären Hämophilie, welche wahrscheinlich auf ungenügender Throm-
bozymbildung im Blutplasma beruht, gibt es noch 2. eine Intoxi-
kations- (Phosphor- und Chloroform-) und 3. eine Hämophilie der
akuten oder subakuten Purpura. Diese 3 verschiedenen Formen
pathologischer Zustände können auch in verschiedener Kombination
zusammen Vorkommen. Bezüglich der Therapie der Hämophilie
erwähnt N. nur kurz, dass die Kalksalze unkonstante Erfolge geben,
frisches Serum in komplizierter Weise wirkt und übrigens nicht
ganz unschädlich ist; an dessen Stelle wird mit Vorteil Propepton
angewandt, die gute Wirkung der Gelatine ist noch schwer zu
erklären.
Henrot - Reims hat vor 1870 mehrere Male in verzweifelten
Fällen die Transfusion vorgenommen und so Kranke gerettet. Ohne
die Schwierigkeiten und Gefahren dieser Operation zu verkennen,
möchte er doch bei den grossen Fortschritten der Technik ausge¬
dehntere Anwendung derselben empfehlen
P i c - Lyon glaubt, dass Car not bei der Behandlung der
Blutungen das Amylnitrit zu wenig beachtet habe; dasselbe sei
ein sehr wertvolles Mittel bei Lungenblutung und ermögliche rasch
dagegen vorzugehen. Seit 7 Jahren habe es sich in Lyon bewährt,
ohne irgendwie ernste Gefahren zu bieten.
Emile Weil- Paris ist der Ueberzeugung, dass die Pepton¬
injektionen nicht die gleiche Wirksamkeit haben, wie die von Blut¬
serum; letztere haben, wenigstens in Form intravenöser Injektion,
eine ausserordentlich rasch blutstillende Wirkung und brächten, kon¬
sequent fortgeführt, klinische, wenn auch nicht anatomische, Heilung
der Hämophilie.
Nobecourt und Leon T i x i e r halten die Behandlung mit
Wittes Pepton (Injektionen) für besonders angezeigt und wirk¬
sam bei akuten Fällen von Hämophilie.
P a r i s o t - Nancy hat die Wirkung des hämopoietischen Serums
(Pferdeserum, nach C a r n o t s Methode gewonnen) bei 40 Kranken,
die mit verschiedenen Formen von Anämie behaftet waren, studiert
und einen besonders guten Einfluss bei Anämie infolge von Hämor-
rhagien oder irgend einer akuten oder chronischen Infektion (be¬
ginnender Tuberkulose) beobachtet: Anregung des Stoffwechsels,
vermehrte Diurese, gesteigerten Appetit. In subkutaner Injektion
verursacht das Serum zuweilen Zufälle (8 mal auf 30 Fälle); ausser
in dringenden Fällen ist es daher vorzuziehen, das Serum per os
oder völlig getrocknetes Blut in Form komprimierter Tabletten zu
geben.
Von sonstigen Fragen wurde noch die Anaphylaxie in
eingehender Weise besprochen. Armand D e 1 i 1 1 e möchte eine ge-
i. Februar 1 0 1 3.
MUFNCH'ENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
277
lauere Umgrenzung dieses Begriffes und vor allem Unterscheidung
iwischen anaphylaktischen Zuständen und den Erscheinungen medi-
.amentöser Intoleranz wünschen.
Chauffard hält es für wichtig, dem Zusammenhang zwischen
len Erscheinungen der Anaphylaxie und der Menge Gift, welche
lieselbe hervorruft, Aufmerksamkeit zu schenken.
A c h a r d und F 1 a n d i n konnten das in den Nerven-
;entren während des anaphylaktischen Schocks gebildete
i i f t.
Widal, Abrami und B r i s s a u d die durch Serum-
njektionen bewirkte Autoanaphylaxie studieren,
dieselbe kommt nur durch intravenöse Injektion zustande, tritt bei'
ier ersten Injektion (von 20— 60 ccm) auf und ist eine dauernde.
Diese Zustände sind um so häufiger, je mehr Veränderungen hetero¬
gner Natur das Albumin erfahren hat. Genaue Beschreibung der
dlgemeinen und speziellen Symptome dieser Autoanaphylaxie.
Etir Th ao n sind die Folgen der Serumtherapie ziemlich ver¬
mieden bei Erwachsenen und Kindern, sowohl an Häufigkeit und
'c’nwere, wie durch zahlreiche Variationen. Bei erwachsenen
Tuberkulösen sind die Serumzufälle besonders häufig und intensiv.
L e s n e und Dreyfuss zeigen, dass die durch Nähr u n g s-
n i 1 1 e 1, wie Eier, Milch, Krebs- und Muscheltiere hervor¬
gerufene Anaphylaxie zuweilen sehr hochgradig, ausnahms-
veise auch tödlich sein kann. Es handelt sich gewöhnlich um Kinder,
,\ eiche Eier oder Milch schlecht vertragen und schon früher geringe
Erscheinungen von Anaphylaxie (Urtikaria, lokalisierte Oedeme usw.)
jezeigt haben.
Laroche, Ch. R i c h e t und S a i n t - G i r o n s ist es gelungen,
ieim Meerschweinchen einen für Eier anaphylaktischen Zustand
experimentell hervorzurufen.
Martin und Darre studieren die Fälle von Ser um¬
leben Wirkungen, welche am Spital Pasteur vorge-
vommen sind und die Mittel, welche dieselben auf ein Minimum be¬
schränken und weniger heftig gestalten könnten.
Gaussei und G u e i t - Montpellier sprechen über die Mittel,
im die nach Injektionen von Marmorekserum vor-
»ommenden Zufälle von Anaphylaxie zu verhüten.
Landouzy stellt die Behauptung auf, dass das sogenannte
ssentielle Asthma sehr häufig eine Wirkung larvierter
bazillärer (tuberkulöser) Infektion und zwar ohne Zweifel infolge von
\naphylaxie sei; die Alternierung zwischen Urtikaria und Asthma sei
i. a. dafür beweisend. Der Asthmatiker müsse wie ein nervöser
Tuberkulöser und könnte vielleicht auch durch antianaphylaktische
Vlittel behandelt werden.
L e v i betont den Zusammenhang, der zwischen den
Zuständen von Anaphylaxie und Diathese bestünde ;
nangelhafte Hygiene und Ernährung spielten bei beiden Erschei-
lungen eine beträchtliche Rolle.
Schliesslich bildete noch die Typhusschutzimpfung
Jen Gegenstand einer umfangreichen Diskussion. Chantemesse
berichtet über die Erfolge, welche in Marokko bei den Kolonial¬
ruppen, in Rouen, Havre, Fecamp, Tours, Amiens unter der Zivil¬
bevölkerung und in einigen Irrenanstalten mit der Typhusschutz-
mpfung erzielt wurden, indem alle Geimpften von der herrschenden
Epidemie verschont blieben. Im Hotel Dieu werden seit Wz Jahren
die auf Ch.s Abteilung beschäftigten Pfleger von Typhuskranken
jeimpft und keiner derselben hat bis jetzt Typhus akquiriert. Ch.
bespricht dann noch 2 Punkte: die Behandlung des Typhus mit der
Vakzine und die Serumdiagnose desselben (mittelst blossem Auge
Jiid durch Messung), deren er sich seit Mai lfd. Jrs. bedient und
»reiche auf Titrierung der Vakzine beruht.
Vincent stellt fest, dass das Prinzip der Aktiven Immuni¬
sierung durch abgetötete Bakterien oder deren lösliche Produkte
■ on Pasteur und seiner Schule auf zahlreiche Infektionskrankheiten
mgewandt worden ist. Die Typhusschutzimpfung mit abgetöteten
Bazillen hat überall gute Dienste getan und seit einem Jahre in
“rankreich grosse Verbreitung gefunden; speziell das Institut von
»al-de-Grace hat für mehr als 100 000 Personen Impfstoff in Frank¬
reich, nach den Kolonien und ins Ausland versandt. Der von V.
lergestellte Typhusimpfstoff ist polyvalent und geht aus der Mischung
zahlreicher Bazillenstämme, die speziell aus den Ländern, wo die
mpfungen ausgeführt werden, stammen, hervor. Das polyvalente
^erutn besitzt alle immunisierenden Eigenschaften des lebenden
Jazillus, ohne irgendwie gefährlich zu sein. Von 20 000 Personen,
lie geimpft wurden und die man weiter beobachten konnte, hat keine
■mzige den Typhus akquiriert; die Immunität wurde sogar in den
»thr zahlreichen Fällen, wo (in Marokko und Algier) nur 2 und
Injektion polyvalenter Vakzine gemacht wurden, erzielt. Dieselbe
iat also, sogar in schwacher Dosis, eine bemerkenswerte Wirksam¬
keit und man muss die Typhusschutzimpfung nicht nur in Heer
ind Marine, sondern auch bei Kindern und jungen Leuten beiderlei
ieschlechts, die so empfänglich fiir den E b e r t h sehen Bazillus sind,
mpfehlen. Von 1906 — 1910 starben in Frankreich 22 463 Personen
in I yphus; die Ausdehnung der Schutzimpfung ist im Verein mit
anderen allgemein anerkannten Massnahmen, berufen, zahlreiche
Menschenleben zu retten.
J. Louis und Combes heben die Notwendigkeit hervor, alle
nit irgend einer akuten oder chronischen Affektion, speziell mit
I uberkulose behafteten Individuen zu eliminieren. Die alten Typhus¬
kranken können nach Umlauf von 5 Jahren geimpft werden; früher
würde man Allgemeinreaktionen hervorrufen
Crouzon hat an der Salpetriere 80 Krankenpfleger mit der
Vakzine von Chantemesse und jener von Vincent geimpft,
die Lokalreaktion war gleich Null oder leicht, die febrile ging nur
4 mal über 39° auf einige Stunden hinaus.
G r a n j u x möchte mit der Typhusschutzimpfung kein Präjudiz
für die Militärbehörden geschaffen wissen, die übrigen Schutzmass-
regeln zu vernachlässigen oder gar den Geimpften grössere An¬
strengungen zuzumuten.
Courmont und Rochaix geben zu prophylaktischen
Zwecken 3 Vakzineeinläufe in je 5 tägigen Pausen, zu Heilzwecken
empfehlen sie Einläufe von 100 ccm Serum, 2 mal pro Tag, möglichst
frühzeitig gegeben.
Ardin D e 1 1 e i 1, L. Negre und M. Reynaud erklären, die
Vakzinebehandlung sei um so wirksamer, je früher sie eingeleitet
wird. Die beste Lymphe ist nach ihrer Erfahrung die sensibilisierte
von Besredka, welche den günstigsten Einfluss auf den Typhus¬
verlauf habe. st.
16. Versammlung französischer Urologen
in Paris vom 9. — 12. Oktober 1912.
II.
Ein II. Hauptthema waren die Resultate der Prostatektomie.
Castaigne und Lavenant bringen Beobachtungen von
Prostatikern, welche chronische Nephritis mit Hydrurie, Erschei¬
nungen von Hypertension und Herz-Gefässstörungen gehabt haben
und deren Zustand nach der Prostatektomie normal wurde.
Chevassu führt die Prostatektomie unter möglichster Redu¬
zierung der Allgemeinnarkose (auf ca. 3 Minuten mit einer Tube
Chloräthyl), welche nur im Augenblick der Enukleation notwendig sei,
und vorgängiger Lokalanästhesie aus. Die so operierten
Kranken hätten keinerlei Schock aufzuweisen.
Charles V i a n n a y - St. Etienne hat in e i n e r Sitzung bei 6 Pa¬
tienten Zystostomie und Prostatektomie ausgeführt und in allen
6 Fällen Heilung erzielt. Er glaubt, man müsse viel häufiger in dieser
Weise Vorgehen, da sie den grossen Vorteil habe, die Dauer der Be¬
handlung und der Bettruhe abzukürzen und nur eine Narkose zu be¬
nötigen.
Georges Luys-Paris empfiehlt die galvanokaustische Behand¬
lung der chronischen Urethritis, und zeigt die beträchtlichen Vorzüge
dieser Behandlungsart, indem er Indikationen, Kontraindikationen,
Technik und Zufälle der Reihe nach beschreibt.
D e s n o s bespricht die Dauerheilungen nach elektrolytischer
Dilatation. Sein erster, so vor 26 Jahren behandelter Patient hat,
ohne dass 6 Jahre lang eine Dehnung vorgenommen wurde, Kaliber
und besonders Weichheit der Harnröhrenwände bewahrt, von 20 wei¬
teren vor 18 Jahren behandelten Fällen blieben 10 ohne Katheterismus
geheilt. Um die Heilung dauernd zu erhalten, ist es notwendig, die
elektrolytische Behandlung mehrere Wochen hindurch, nachdem der
Grad der beabsichtigten Weite erreicht ist, fortzusetzen.
N i c o I i c h - Triest hat bei der Urogenitalchirurgie, und zwar
in 409 Fällen die Lumbalanästhesie mit Stovain angewandt: 148 mal
wegen Nieren-, 42 mal wegen Prostata-, 83 mal wegen Blasen-,
124 mal wegen Operationen an den äusseren Geschlechtsteilen usf.
Der jüngste seiner Operierten war 9, der älteste 87 Jahre alt. N. ist
überzeugt, dass, die Rachianästhesie bei genannten Fällen dem Chloro¬
form und Aether überlegen ist, weil sie weniger gefährlich ist und
die Eingriffe an Blase und Prostata viel leichter gestaltet.
Paul Hamonic- Paris bespricht seine Behandlungsmethode der
Orchi-Epididymitis mittels Injektionen von Argentum colloidale in
Hoden, Nebenhoden und Prostata. H. hat seine Methode in zahl¬
reichen Fällen von gonorrhoischer Epididymitis angewandt und er
sticht selbst bei den heftigsten Fällen in das volle entzündliche Ge¬
webe, wobei er die am meisten entzündeten, d. i. schmerzhaftesten
Stellen wählt, ein. Eine gewisse Reaktion stellt sich ein, dann folgt
rasch die Resolution; je nach dem Falle wird die Behandlung durch
weitere, alle 2—3 Tage wiederholte Injektionen noch ergänzt. Die
Heilung tritt ein, ohne dass jene Indurationsknoten Vorkommen,
welche nach Anwendung der gewöhnlichen Behandlungsmethoden
noch Jahre lang vorhanden sind.
Ch. G a u t h i e r - Lyon zeigt ein neues Zystoskop für den Kathe¬
terismus der beiden Ureteren,
Jeanbrau - Montpellier einen Zystinstein, der durch hohen
Blasenschnitt aus der Blase eines 3 jährigen Mädchens entfernt
wurde,
L o u m e a -u - Bordeaux berichtet über einen ähnlichen Fall
dieser sehr seltenen Steinbildung bei einem ganz jungen Knaben, wo
ebenfalls auf hohen Blasenschnitt rasche Heilung erfolgte.
J. J a n e t - Paris berichtet über die Uebertragung von Blasen¬
infektionen bei Ehegatten: in 3 Fällen waren die Mikroorganismen
beider Blasen identische, bei der Frau keine Spur von Urethritis,
welche den Uebergang vom Meatus auf die Blase erklären konnte,
vorhanden. J. glaubt, dass die Ansteckung unter dem Einfluss des
direkten Ueberganges des Spermas durch die Harnröhre des Weibes
stattgefunden hat.
N o g u e s - Paris glaubt, dass bei solchen, sehr merkwürdigen
und seltenen Fällen direkter Durchgang der Mikroorganismen durch
278
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. S.
die Harnröhre stattfindet; die Fälle spontaner Zystitis sind beim
Weibe nicht selten und haben die gleiche Aetiologie.
Georges L u y s - Paris betont die absolute Notwendigkeit, die
Litliotripsie durch die Zystoskopie zu kontrollieren, um festzustellen,
ob sämtliche Steinpartikelchen wirklich entfernt sind.
Vincent- Tours liefert einen merkwürdigen Beitrag zu den
Fremdkörpern in der Blase (2 Haarnadeln in der Blase eines 9 jähri¬
gen Mädchens, wo sie 3 Jahre vorher eingeführt wurden), ebenso
Ho gge- Liege, der von einer 48 jährigen Hysterischen berichtet,
welche im Laufe eines Jahres aus pervers-sexuellem Trieb sich 73
der verschiedensten Fremdkörper in die Blase eingeführt hat, wie
alle Arten von Knöpfen, Haarnadeln, Schreibfedern. Schlüsseln, Geld¬
stücke usw. Alle diese Fremdkörper wurden mit Leichtigkeit auf
natürlichem Wege entfernt, da die Harnröhre sehr ausgeweitet war.
St.
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Berlin-Brandenburger Aerztekammer.
Sitzung vom 25. Januar 1913, mittags 1 Uhr im Landeshausc.
Vorsitzender : Herr S t ö t e r.
Schriftführer ; Herr J. A 1 e x a n d e r.
Als Vertreter des Oberpräsidenten anwesend Herr Gell. Re¬
gierungsrat v. Gneist.
Der Vorsitzende gedenkt des verstorbenen Mitgliedes Sanitäts¬
rat Dr. Heidenhain - Steglitz.
Zu Punkt 1, Geschäftliches liegen eine Reihe informa¬
torischer Schriftstücke vor. Besonders wichtig ist das Anschreiben
des Herrn Ministers des Innern, in welchem er den Aerztekammer-
ausschuss um seine Stellungnahme ersucht hinsichtlich der Frage
der Rechtsfähigkeit der ärztlichen wirtschaftlichen Vereine.
Zu diesem Punkt spricht Herr Sternberg, welcher auf die Wich¬
tigkeit der gerichtlichen Eintragung und auf den zweifelhaften Ge¬
winn der staatlichen Verleihung der Rechtsfähigkeit hinweist. Sollte
die gerichtliche Eintragung im Einzelfalle abgelehnt werden, so sei
die Nichtrechtsfähigkeit der staatlichen Verleihung vorzuziehen. Er
beantragt eine Herbeiführung einer oberinstanzlichen Entscheidung.
Herr S t ö t e r teilt mit, dass der Aerztekammerausschuss diese An¬
gelegenheit in 8 Tagen beraten werde.
Ein Antrag des Herrn Kühle r, dass aus hygienischen Gründen
der Waldbestand des Grunewald erhalten bleiben müsse,
wird einstimmig angenommen.
Ein Antrag der Badischen Kammer, Widerspruch zu erheben
gegen die geplante ausschliessliche Uebertragung der ärztlichen Gut¬
achten bei der Angestellten Versicherung auf die be¬
amteten Aerzte wird einstimmig angenommen. Auch die syste¬
matische Uebertragung jeder freiwerdenden Impfarztstelle auf die
beamteten Aerzte wird gerügt. Herr S t ö t e r will dies im Kammer¬
ausschuss ebenfalls zur Sprache bringen.
Punkt 2 der Tagesordnung ; Kommissionsberichte.
Dieselben liegen gedruckt vor:
a) Ehrengerichte (Referent Herr K ä h 1 e r). Zu 63 im Beginn
des Jahres anhängigen Sachen traten 181 hinzu. Ihre Zahl hat sich
gegen das Vorjahr um 20 vermehrt. Glücklicherweise hat sich die
Zahl der Zurückweisungen noch stärker vermehrt, nämlich auf 151
(gegen 113 des Vorjahres). Verurteilungen mussten 9 mal im nicht¬
förmlichen und 12 mal im förmlichen Verfahren erfolgen. 5 mal wurde
von seiten des Angeschuldigten Berufung eingelegt (gegen 11 mal
im Vorjahr), von denen 4 Berufungen vom Ehrengerichtshof zurück¬
verwiesen wurden.
b) Die Unterstützungskasse bietet ein sehr erfreuliches Bild
(Referent Herr Davidsohn). Die Zahl der im Berichtsjahr 1912
unterstützten Einzelpersonen konnte auf 147 erhöht werden. Die
Höchstunterstützung betrug (für einen Arzt) 1600 M., für Arztwitwen
850 M., für Arztwaisen 500 M. Im ganzen konnten 62 047 M. zu
Unterstützungszwecken verwendet werden. Seit den 11 Jahren des
Bestehens sind 489 777 M. für diese Zwecke verausgabt worden. Der
Vermögensstand der Kasse hat sich von 1907 bis 1912 von 371 050 M.
auf 509 824 M. gehoben. An ausserordentlichen Beiträgen sind im
vergangenen Jahr 10 116 M. durch Spenden hinzugekommen.
c) Die Darlehenskasse (Referent Herr S. Alexander).
Die Darlehen können jetzt bis zu einer Höhe von 1000 M. bewilligt
werden. Von den 8 Darlehensgesuchen wurden 5 in Höhe von
1775 M. bewilligt.
d) Die 3 Vertragskommissionen (Gross-Berlin, Reg.-
Bezirk Potsdam und Frankfurt). Aus den 3 zum Teil umfangreichen
Berichten ist besonders der des Herrn Moll über die Berliner Ver¬
tragskommission erwähnenswert. Er beweist, dass auch in Berlin
durch zielbewusstes Vorgehen eine Besserung der Verhältnisse an¬
gebahnt ist. Zur Diskussion sprechen die Herren Henius,
Munter, Moll, B a d t. Ein Antrag S c h ii c k, diesen Vertrags¬
kommissionen das Vertrauen der Kammer auszusprechen, findet
keinen Widerspruch.
e) Die Kurpfuschereikommission. Der Referent,
Herr Siefart, berichtet über 110 Eingänge und 119 Ausgänge im
verflossenen Jahr. Er rügt mit Recht den „ärztlichen Ratgeber“, der
in einer Berliner Tageszeitung auf Anfragen aus dem Publikum ärzt¬
liche Ratschläge erteilt, statt die Antwort zu geben: „Wende dich an
deinen Arzt!“ In den Ausstellungen von Gutachten für industrielle
Unternehmungen sollten die Aerzte noch viel vorsichtiger sein, da
sie vielfach zu Reklamezwecken missbraucht werden! Er teilt ferner
mit, dass der Vorsitz der deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der
Kurpfuscherei jetzt an Dresden übergegangen sei. Die 600 M„ welche
die Berlin-Brandenburger Aerztekammer der deutschen Gesell¬
schaft zur Bekämpfung der Kurpfuscherei bisher bewilligte, werden
— auf Antrag S i e f a r t — künftig nach Dresden gezahlt werden.
Allerdings darf die Berliner Kammer dann Rechnungslegung bean¬
spruchen.
f) Die Bibliothek weist 931 Bücher, 605 verschiedene Werke
und 85 Zeitschriften auf. (Bibliothekar Herr Wiesenthal.)
3. Den Kassenbericht über das Jahr 1912 erstattet Herr
S. Alexander.
Die Einnahmen betrugen, wie man sich aus der veröffent¬
lichten Bilanz mühsam herausrechnen muss, 113 878.96 M. Den
Hauptposten machen natürlich die Beiträge mit 110 744 M. aus. Zu
den Einnahmen kommt ein Kassenbestand aus dem vorletzten Jahre
von 39 949 M. Die Ausgaben betrugen 116 557.60 M., so dass der
für 1913 verbleibende Kassenbestand 37 270 M. beträgt.
Die Ausgaben setzen sich zusammen aus: 1. Verwaltungskosten
15 409 M„ 2. Kosten für das Ehrengericht 7226 M„ 3. Kosten der
Kammer- und Vorstandssitzungen 4522 M„ 4. und 12. Beiträge an die.
Unterstützungskasse 75 000 M., 5. Kosten für die Kurpfuscherei¬
bekämpfung 1000 M„ 6. Bibliothek 2185 M„ 9. für das ärztliche Fort¬
bildungswesen 1500 M., 10. für den Aerztekammerausschuss 1680 M„
11. Dispositionsfond 3263 M., 13. Robert Koch-Denkmal 300 M„
14. Zentrale für Säuglingsschutz 100 M„ 15. für die Versicherungs¬
kasse für die Aerzte Deutschlands 200 M„ 16. für die Zentrale für das
Rettungswesen in Preussen 150 M„ 17. für den Darlehensfond 1936 M.
4. Hieran schliesst sich die Beratung des Voranschlages
für 1913. Derselbe sieht eine Erhöhung der Beiträge auf 115 456 M.
vor. Zur Deckung des Bedarfes wird — wie alljährlich — vor¬
geschlagen, zu erheben: 1. eine Grundgebühr von 10 M. von allen
wahlberechtigten Aerzten des Kammerbezirkes, 2. einen Zuschlag
von 5 Proz. des Betrages der Staatseinkommensteuer vom Steuer¬
jahr 1912/13 von denjenigen wahlberechtigten Aerzten, welche ein
Gesamteinkommen von mehr als 5000 M. zu versteuern hatten.
Dieser Besteuerungsmodus bedarf einer Mehrheit von Zwei¬
drittel der an der Abstimmung teilnehmenden Aerzte.
Unter den Ausgaben des Voranschlages sei erwähnt, dass der
Beitrag an die Unterstützungskasse auf 80 000 M. erhöht wurde. Der
Referent (S. Alexander) weist darauf hin, dass vor 25 Jahren
bei Gründung der Aerztekammer ein freiwilliger Beitrag von je 3 M.
beschlossen wurde, welcher von 1400 Kollegen geleistet wurde und
im ganzen 4200 M. Einnahmen ergab. Er teilt ferner mit, dass im
letzten Jahre 1500 Aerzte des Kammerbezirkes (im ganzen sind
4342 Aerzte zur Steuer herangezogen) unter 4000 M. Gesamteinkommen
versteuerten.
Ein Antrag auf Erhöhung der Gehälter für die Beamten der
Kammer wird zurückgezogen.
Den Voranschlag wird einstimmig genehmigt.
5. Ueber die Regelung der gegenseitigen Beziehungen der
preussi sehen Aerztekammern untereinander be¬
züglich des Unterstützungswesens berichtet Herr
D a v i d s o h n. Er führte aus, dass nach Berlin ungewöhnlich viel
Unterstützungsbedürftige zusammenströmen. Da nun in Berlin die
ärztliche Unterstützungskasse sehr viel höhere Summen als die aller¬
meisten sonstigen Aerztekammern bewilligen, so würde, wenn wir
den Wunsch der anderen Kammern erfüllen, den Wohnsitz für die
Unterstützung als massgebend zu betrachten, das Hineinströmen nach
Berlin von Arztwitwen noch mehr zunehmen und unsere Kasse zu
ungunsten der bei uns Einheimischen schwer belasten.
6. Antrag der Aerztekammer für die Provinz Hannover:
„Der Ausschuss der preussischen Aerztekammern möge dahin vor¬
stellig werden, dass beim Staatsministerium die Aenderung des.
Gesetzes betreffend die Reisekosten der Staatsbeamten
von 26. Juni 1910 dahingehend bewirkt wird, dass eventuell die alten
Sätze des Gesetzes vom 9. März 1872 bestehen bleiben oder aber eine
vollständige Abänderung im Sinne des neuen Gesetzes vom
26. Juni 1910 erfolgt und zwar in der Weise, dass 12 M. Tagegelder
und 60 Pfg. pro Kilometer Landweg bewilligt werden.“
Der Referent, Herr Joachim, schliesst sich den Beschwerden
der hannoverschen Kammer über ungenügende Entschädigung der
Privatärzte bei gerichtlichen Terminen vollständig an; er führt aber
aus, dass die neueste Gesetzgebung wesentliche Punkte in unklarer
Fassung enthalte. Er schlägt daher vor, anstatt des Antrages
Hannover, seinen Antrag anzunehmen, der dahin geht, den Minister
um eine authentische Interpretation zu bitten, welche Sätze als
Reisegelder für frei praktizierende Aerzte bei gerichtlichen Terminen
anzusetzen sind. Es wird so beschlossen.
7. Antrag der Aerztekammer der Provinz Hessen -Nassau
(auf Anregung der Kissinger Badeärzte) : „Der Aerztekammer¬
ausschuss möge die Kgl. Staatsregierung ersuchen, beim Bundesrat
den Antrag zu stellen, dass ausländischen, in Deutschland
nicht approbierten Aerzten die Ausübung der
Praxis in jeder Form und unter jeder Bezeichnung
verboten werde, unbeschadet der für die Grenzbezirke be¬
stehenden internationalen Vereinbarungen.“
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
279
Februar 191,3.
Der Referent Herr Munter weist auf die formale Unmöglich-
it hin, fremden Aerzten die Ausübung; der Praxis zu verbieten, da
r Kurierfreiheit haben und jeder Pfuscher „Heilbehandlung;“ treiben
nn. Die Form des Antrages Hessen sei überaus schroff; zum
ndesten müsse bei Reziprozität anderer Länder, welche anzu-
cben sei, eine Ausnahme zulässig; sein. Auch diese Abschwächung;
s Antrages genügt Herrn S. Alexander nicht. Der Antrag
■ssen-Nassau sei eben wegen der in Deutschland gesetzlich be¬
henden Kurierfreiheit völlig unmöglich. Der Antrag Hessen-Nassau
rd abgelehnt.
Schluss der Sitzung 53A Uhr. R. Sch a eff er.
Verschiedenes.
Aus den Parlamenten.
Deutscher Reichstag.
Bei der Beratung des Etats des Reichsamtes des Innern nahm der
i tschrittliche Abgeordnete Dr. Müller- Meiningen Gelegenheit,
,e gescheiterte Verständigungsaktion zwischen Aerzteorganisation
d Krankenkassenverbänden zur Sprache zu bringen. Er erkannte
e Ablehnung des Leipziger Verbandes als durchaus berechtigt an, da
an ihm nicht zumuten könne, als Vertreter von 25 000 deutschen
,'rzten mit einem Zwergverbande, dessen Mitgliederzahl stets ge¬
hn gehalten werde, in gemeinsame Verhandlungen einzutreten, die
von vornherein als ergebnislos erscheinen müssen. Der Redner
hm keinen Anstand, den „Reichsverband“ als gelbe Aerztegewerk-
haft und als einen Streikbrecherverband zu charakterisieren. Er
achte auch die Klagen der Aerzteschaft darüber zum Ausdruck, dass
den geplanten Verhandlungen gerade die wichtigsten Fragen nicht
r Erörterung gestellt waren, z. B. die des Arztsystems, obwohl der
■ipziger Verband nicht auf dem Standpunkte der unbedingten obli-
ttorischen freien Arztwahl bestehe, die er allerdings als letztes Ziel
istrebe. Jedenfalls aber verlange der Verband das Recht, mit den
-ar.kenkassen von Verband zu Verband als gleichberechtigte Kontra¬
kten zu verhandeln, und dieses Verlangen sei durchaus berechtigt,
er Redner unterzog auch den bekannten Erlass des preussischen
inisters des Innern über die Erlangung der Rechtsfähigkeit der ärzt-
hen Vereine einer recht herben Kritik, er nannte den Erlass einen
igesetzlichen Eingriff in die Unabhängigkeit der preussischen Richter
ld ein tendenziös unfreundliches Vorgehen gegen die deutsche
erzteschaft, die dadurch vom grössten Misstrauen gegen die Re¬
erung erfüllt werden müsste; es wäre dringend zu wünschen, dass
t Erlass möglichst rasch zurückgezogen werde. Einen Widerhall
nden die Worte des Redners im Reichstage nicht, jedenfalls blieben
,e von seiten der Regierung unbeantwortet; aber es wäre wohl zu
itimistisch, darauf den Satz anziiwenden: Qui tacet, consentire
detur.
Im weiteren Verlaufe der Etatsverhandlungen kamen beim Kapi-
1 „Reichsgesundheitsamt“ die Bekämpfung der Säuglingssterblich-
;it, die Förderung des Hebammenwesens kurz zur Sprache und aus-
hrlicher die Ueberanstrengung des Krankenpflegepersonals. Wie
;r Präsident des Reichsgesundheitsamtes mitteilte, hat vor 2 Jahren
ne Umfrage bei 5000 Krankenanstalten mit 430 000 Betten und 64 000
rankenpflegern und -Pflegerinnen stattgefunden, aus der sich das
tsächliche Bestehen einer Arbeitsüberlastung ergibt. Die tägliche
rheitszeit erstreckt sich auf 11, mitunter auf 12 bis 13 Stunden, dabei
nd dienstfreie Zeit und Jahresurlaub zu kurz bemessen. Eine ein-
itliche Regelung dieser Verhältnisse auf reichsgesetzlichem Wege
t mit grossen Schwierigkeiten verbunden; es wird jedoch auf Grund
an Vorschlägen, die im Reichsgesundheitsamt ausgearbeitet sind,
ne Regelung angestrebt. M. K.
Preussisches Abgeordnetenhaus.
Es scheint, dass die Antwort auf die Reichstagsrede des Herrn
r. Müller- Meiningen in der Budgetkommission des Abgeordneten-
uises erteilt wurde, wo bei der Beratung des Medizinaletats eben-
Hs das Verhältnis der Aerzte zu den Krankenkassen zur Sprache
im. Dabei wandte sich der Berichterstatter gegen den Leipziger
erband er sprach sein Bedauern darüber aus, dass dieser der Ein¬
dung des Reichsamtes des Innern nicht gefolgt sei, und erwähnte
ich eine angebliche Aeusserung des Herrn L e n n h o f f, dass der
eipziger Verband die Krankenversicherung zu einer Farce machen
olle. Mit aller Entschiedenheit verwies darauf ein fortschrittliches
utglied diese Aeusserung in das Reich der Fabel und setzte die be¬
amten Gründe des Leipziger Verbandes für seine Ablehnung der
eilnahme an der Konferenz auseinander. Auch der Minister er-
lärte das Gerücht über die Aeusserung Lennhoffs für falsch;
empfahl Tarifverträge, zu denen der Leipziger Verband ja gern
sreit sei, und äusserte sich dann über seinen Erlass betr. die Ver¬
jüng der Rechtsfähigkeit an die kassenärztlichen Vereine. Er
iaubte, dazu verpflichtet zu sein, aber das letzte Wort haben darin
dbstverständlich die Gerichte zu sprechen; jedenfalls fühle er sich
ei von Animosität gegen die ärztlichen Standesbestrebungen. Nach
UI| Berichten der Regierungspräsidenten scheine übrigens an den
leisten Orten der Abschluss von Kassenarztverträgen sich ohne
rosse Schwierigkeiten zu vollziehen. Im weiteren Verlaufe der Er-
rterung wurde der Gedanke angeregt, zum Schutze der Kassen gegen
• häufige ärztliche Besuche und zu zahlreiche Rezepte den Kreisarzt
iit der Revision zu betrauen. Ein fortschrittlicher Redner, der die
Verhältnisse besser zu kennen scheint, wies aber sofort darauf hin,
dass das nur zu Kollisionen zwischen den Kreisärzten und den prakti¬
zierenden Aerzten führen könne, was wiederum von nachteiligem
Einfluss auf die Tätigkeit der Kreisärzte sein würde. Dem stimmte
auch ein Regierungsvertreter zu und wandte sich zugleich sehr
energisch gegen den Wunsch der Betriebskrankenkassen, Kreisärzte
als Kassenärzte heranzuziehen. M. K.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 3. Februar 1913.
— Der preuss. Medizinalminister hat eine neue Dienstan-
weisung für die Hebammen im Königreich Preussen erlassen,
die im Ministerialblatt für Medizinalangelegenheiten No. 5, vom
29. Januar 1913 veröffentlicht wird. Ueber das Verhalten der
Hebammen gegen die Aerzte bestimmt die Dienstanweisung folgen¬
des; Den zugezogenen Aerzten soll die Hebamme mit gebührender
Achtung und Bescheidenheit gegenübertreten sowie über ihre Wahr¬
nehmungen im Berufe gewissenhaft und ausführlich Auskunft erteilen.
Den ärztlichen Anordnungen muss sie, falls dieselben nicht mit den
Bestimmungen dieser Dienstanweisung in Widerspruch stehen, pünkt¬
lich Folge leisten und ihnen auch bei den Pflegebefohlenen und deren
Angehörigen Geltung zu verschaffen suchen. Niemals darf sie für die
Zuziehung eines bestimmten Arztes werben oder von der Zuziehung
eines solchen abraten.
— Am 29. v. M. fanden im Kaiserin-Augusta-Viktoria-Haus in
Berlin Beratungen über die Aufstellung einheitlicher Grundsätze
für die Ausbildung von Säuglingspflegerinnen statt.
Die Referate erstatteten die Herren La n g s t e i n - Berlin und
Ibrahim- München. Es wurden 7 Leitsätze aufgestellt. Für die
Ausbildung einer Säuglings kranken Schwester wird eine Ausbil¬
dungszeit von 2 Jahren verlangt. Diese ist an einem nach modernen
Grundsätzen ärztlich geleiteten Säuglingsheim oder Kinderkranken¬
haus abzulegen. Die geprüfte Säuglingskrankenschwester soll durch
ein staatliches Diplom geschützt werden. Für Pflegerinnen gesunder
Kinder (Säuglingspflegerinnen) wird eine Ausbildungszeit von min¬
destens Vi Jahr für genügend erachtet.
- — Aus Wien schreibt man uns; Die wirtschaftliche Organisation
der Aerzte Wiens, welche in ihrer jüngst abgehaltenen Jahresver¬
sammlung den Minimalbeitrag der Mitglieder von 5 auf 10 Kronen er¬
höht hat, gibt nunmehr ein eigenes offizielles Organ „Mitteilungen der
wirtschaftlichen Organisation de! Aerzte Wiens“ heraus, deren erste
Nummer eben erschienen ist. Wir erfahren aus demselben auch, dass
am 25. Januar 1. J. ein Vortragszyklus beginnt, in welchem seitens er¬
fahrener Praktiker den Studierenden der Medizin und selbstverständ¬
lich auch den jungen Aerzten über ihr Verhalten zum Publikum, zu
dem Behörden und Kassenleitungen praktische Anleitungen
gegeben werden sollen. Einzelne Vorträge sollen sich auch mit dem
Strafgesetz, soweit es den Arzt angeht, mit den Steuervorschriften
u. dgl. mehr beschäftigen. Man hofft, durch diese Vorträge nicht nur
der studierenden Jugend, sondern auch den jungen Aerzten zu dienen,
dabei aber auch der Organisation zu nützen. Den ersten Vortrag wird
Herr Dr. Gruss „über die rechtliche Stellung des Arztes“ halten.
Wir haben schon früher mitgeteilt, dass die wirtschaftliche Organi¬
sation mit zwei Autotaxigesellschaften ein Uebereinkommen getroffen
habe, wonach den Aerzten der Fahrpreis verbilligt wird. Der Arzt
erhält einen zur Zahlung des Fahrpreises bestimmten Markenblock
im Werte von 20 K und zahlt dafür nur 18 K (Ersparnis 10 Proz.).
Die Summe der verfahrenen Blocks wird von den Gesellschaften sepa¬
rat gebucht und je nach der Höhe des Gesamtergebnisses wird seitens
der Gesellschaften ein weiterer Rabatt bis zur Maximalhöhe von
8 Proz. rückvergütet. Auch für Pauschalfahrten innerhalb der 21 Be¬
zirke Wiens wurden den Aerzten besondere Begünstigungen ein¬
geräumt. So zahlen sie a) bei 2 Stunden Fahrt, 25 km Maximal¬
leistung, 15 K, auch in Marken; b) bei 4 Stunden Fahrt, 40 km Maxi¬
malleistung, 22 K; jeder weitere Kilometer kostet 60 h. — Die Sta¬
tuten des vom Wiener mediz. Doktorenkollegium und der wirtschaft¬
lichen Organisation der Aerzte Wiens gemeinsam errichteten „Aerztl.
Zentral-Spar- und Kreditinstitutes“ wurden der Behörde zur Genehmi¬
gung überreicht. Diese dürfte bald erfolgen, sodann könnte, wenn
die Zahl der Genossenschafter 30 — 40 erreicht hat, die Konstituierung
dieser Gesellschaft stattfinden. Ein Anteilschein wird mit 100 K (auf
einmal oder in Monatsraten zu j e 20 K einzuzahlen) ausgegeben. Die
eingezahlten Gelder werden mit mindestens 4 Proz. jährlich verzinst,
während für Darlehen ein Maximalzinsfuss von 6 Proz. eingehoben
werden dürfte, und zwar ohne weitere Spesen. Man hofft, durch
diesen niederen Zinsfuss manchem ärztlichen Darlehensbewerber
wesentliche Ersparnisse verschaffen zu können.
— In der Budgetkommission des preuss. Abgeordnetenhauses
wurde der Staatsbeitrag zur Bekämpfung der Krebskrank¬
heit von 7000 M. auf 10 000 M. erhöht.
— Verleihung der Helmholtz-Prämie. Auf dem
Friedrichstage der Berliner Königl. Akademie der Wissenschaften
erhielt Herr Prof. Dr. Abderhalden, Direktor des Physiologischen
Institutes der Universität Halle, für seine Arbeiten auf dem Gebiete
der Physiologie die Helmholtz-Prämie im Betrage von 1800 M.
— Die Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst
und Literatur in Böhmen hat zur Erinnerung an die 25jährige Wirk¬
samkeit Prof. Dr. Ewald Herings (jetzt in Leipzig) an der deutschen
280
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Universität in Prag eine Gedenktafel gestiftet, welche am 8. Februar
d. J. im neuen Physiologischen Institut der Universität feierlich über¬
geben werden soll. Die Gedenktafel ist ein Werk des Prager Bild¬
hauers Prof. Franz M e t z n e r.
Für das Robert Koch -Denkmal sind — ausser dem
Zuschuss der Stadt Berlin in Höhe von 15 000 M. — von verschiedenen
deutschen Bundesfürsten Beiträge eingegangen. Prinzregent Luit¬
pold von Bayern hat kurz vor seinem Tode 1000 Mark gespendet;
namhafte Summen haben ferner der König von Württemberg sowie
die ürossherzöge von Baden, Hessen. Oldenburg und der Herzog von
Sachsen-Meiningen beigesteuert. Eine Sammlung unter den „Gou¬
vernementsbeamten, Kaufleuten und Privaten“ in Deutsch Ost-Afrika
hat die Summe von 22 68 Mark ergeben. Ferner sind als Spender zu
nennen: von Wülfing (Sanatogenwerke) 1000 Mark, Berliner
chirurgische und otologische Gesellschaft je 200 Mark, die Berliner
laryngologische, ophthalmologische und dermatologische Gesellschaft
je 100 Mark, die orthopädische Gesellschaft 50 Mark u. a. m. Bei¬
träge nimmt das Bankhaus von Mendelssohn & Co., Berlin W„
Jägerstrasse 49/50, entgegen; Auskünfte erteilt der Schriftführer des
Komitees, Dr. Alfred Bruck, Berlin SW., Markgrafenstrasse 87.
— Die Kgl. Medizinische Akademie in Turin hat soeben den
Wettbewerb für die 13. Preisverteilung „Riberi“ über 20 000
Lire eröffnet, für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiete der
medizinischen Disziplinen im Allgemeinen. Interessenten wollen sich
bis zum 31. Dezember 1916 melden. Wegen der Bedingungen wolle
man sich an das „Sekretariat der Akademie der Medizin, 18, via Po,
Turin“, wenden.
- Dem Direktor der Chemischen Fabrik Helfenberg A.-ü., Pri¬
vatdozent Dr. phil. Karl Dieterich in Helfenberg-Dresden, wurde
das Komturkreuz des spanischen Isabellenordens verliehen.
Die Womans Medical Association in NewYork schreibt das
Mary Put n am Jacobi-Stipendium für ärztliche
Fortbildung aus. Der Betrag des Stipendiums ist 800 Dollar.
Die Bewerbung steht allen approbierten Aerztinnen offen. Bewer¬
bungstermin 1. April 1913. Näheres durch die Vorsitzende, Dr. Emilie
Lewi,'35 Mt. Morris Park West, NewYork.
— In der Deutschen Gesellschaft für Rassen¬
hygiene, Ortsgruppe München, hält am Dienstag, den 11. Februar
1913, abends 814 Uhr, im Hörsaal des anatomischen Instituts, Petten-
koferstrasse 11, Herr Privatdozent Dr. Hermann Lundborg einen
Vortrag über „Medizinisch-biologische Familienforschung und ihre
Bedeutung für die Kulturstaaten auf Grund familiengeschichtlicher Er¬
hebungen in Schweden“. Eintritt frei.
— Die Ferienkurse der Berliner Dozenten Ver¬
einigung finden in diesem Jahre in der Zeit vom 3. März bis
5. April statt (mit Ausschluss der Osterfeiertage vom 21. — 24. März).
Im Anschluss hieran, vom 7. — 12.April, wird ein Gruppenkurs über
„Magen-Darmkrankheiten“ stattfinden. Es sind beteiligt an diesem
Kurse die Herren : Bickel, B r u g s c h, L. K u 1 1 n e r, Ehrmann,
S t r a u s s, Ewald, A 1 b u, Umber, Bessel-Hagen, Zinn,
Mühsam, Benda, R o t h m a n n, Rosenheim, Nicolai,
Finkeistein, Klapp und Schmieden. Das Honorar für
diesen Kurs, der volle 6 Tage in Anspruch nimmt, und Vorträge,
Demonstrationen und praktische Uebungen umfasst, beträgt 30 M.
— Die Sprechstunden der T rinkerfürsorgestelle Mün¬
chen finden künftig statt im Schulhaus St. Annastrasse No. 13, Erd¬
geschoss, Dienstags von %5 — 6 Uhr nachmittags und Samstags von
'A7 — 8 Uhr abends. Beratung nach wie vor unentgeltlich.
— Cholera. Bulgarien. Zufolge Mitteilung vom 18. Januar
ist in Schumla die Seuche erloschen, die Absperrungsmassregeln
sind aufgehoben. Von den Erkrankungsfällen soll keiner tödlich ver¬
laufen sein.
— Pest. Die in der Provinz Chorossan im Oktober v. J. aufge¬
tretene Seuche ist, wie nachträglich festgestellt wurde, die Lungen¬
pest gewesen; jedoch ist die Provinz zufolge Mitteilung vom 4. Ja¬
nuar für pestfrei erklärt, da seit dem 23. Oktober kein neuer pest¬
verdächtiger Fall mehr beobachtet wurde. — Philippinen. In Manila
wurden vom 1, — 14. Dezember v. J. 4 neue Pestfälle, davon 2 mit
tödlcihem Ausgange, gemeldet. — Mauritius. Vom 8. November bis
5. Dezember v. J. 179 Erkrankungen und 122 Todesfälle. — Britisch-
Ostafrika. Zufolge Mitteilung vom 26. Dezember v. J. sind seit dem
8. Dezember in Mombassa 4 Pestfälle, in Kisumu, dem Endpunkt der
Ugandabahn am Viktoriasee, und in Nairobi je 1 Pestfall festgestellt
worden. Die Insel Mombassa wurde am 25. Dezember erneut als
pestverseucht erklärt. — In Mollendo vom 1. — 7. Dezember v. J.
2 Erkrankungen und 2 Todesfälle; ferner herrschte, wie nachträglich
gemeldet ist, die Pest Anfang September v. J. in Callao und Lam-
bayeque. — Neu-Kaledonien. Zufolge Mitteilung vom 5. Dezember
v. J. sind in Numea insgesamt 29 Pestfälle festgestellt worden. Bis
zum 18. November waren in dem für Eingeborene bestimmten
Krankenhause 20 Todesfälle vorgekommen; von 7 erkrankten Euro¬
päern waren bis zum 5. Dezember 2 gestorben.
— In der 3. Jahreswoche, vom 12. — 18. Januar 1913, hatten von
deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblichkeit
Landsberg a. W. mit 28,2, die geringste Pirmasens mit 5,1 Todesfällen
pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen
starb an Scharlach in Graudenz, an Masern und Röteln in Fürth,
Solingen, an Diphtherie und Krupp in Braunschweig, Ulm, an Keuch¬
husten in Elbing. V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Berlin. Für das Fach der Kinderheilkunde habilitierte sich
Dr. Ludwig F. Meyer. Der neue Dozent ist seit 1. April 1905 erster
Assistent am Waisenhaus und Kinderasyl der Stadt Berlin. Er ist
1879 zu Wiesbaden geboren, (hk.)
Breslau. Der Direktor der Kgl. chirurgischen Universitäts¬
klinik zu Breslau, Geh. Medizinalrat Prof. Dr. K ü 1 1 n e r, wurde zum
Marine-Generalarzt ä la suite des Marine-Sanitätskorps ernannt. —
Die im verflossenen Jahre an Kaisers Geburtstage seitens der medi¬
zinischen Fakultät gestellte Preisaufgabe lautete: „Im Hinblick auf
Gicht und Harnsäureinfarkt soll auf experimentellem Wege fest¬
gestellt werden, unter welchen Bedingungen eine Zunahme des Ge¬
haltes des Blutes an Harnsäure dazu führt, geformte Ausscheidungen'
der letzteren im Urin erscheinen zu lassen.“ Der von cand. med.
Adolf Eckert eingereichten Bearbeitung wurde der volle Preis und
kostenlose Promotion zuerkannt. Die neue Preisaufgabe lautet:;
„Beziehung zwischen Querschnitt und Wandstärke der Arterien nebst
Schätzung des Anteils der einzelnen Gewebe am Aufbau der Wand.“
Dresden. Den Oberärzten des Krankenhauses Diakonissen-)
anstalt wurde der Diensttitel „Dirigierender Arzt“ verliehen.
Heidelberg. Der Assistent der Universitäts-Kinderklinik I
(Luisenheilanstalt), Dr. med. Franz Lust, hat sich habilitiert mit
einer Vorlesung über „Die Pathogenese der Tetanie im Kindesalter".
Königsberg. Dem dirigierenden Arzt der inneren Abteilung
des Krankenhauses der Barmherzigkeit, Oberstabsarzt Dr. Franz
S i n n h u b e r, ist vom Kultusminister der Titel „Professor“ verliehen
worden, (hk.)
W ii r z b u r g. Als Nachfolger von Prof. Karl v. Hess ist der
mit Titel und Rang eines ausserordentlichen Professors bekleidete
Privatdozent Dr. med. Karl Wessely vom 1. Februar 1. J. zum
ordentlichen Professor der Augenheilkunde und zum Vorstand den
ophthalmologischen Klinik und Poliklinik an der Universität Würzburg
ernannt worden. W. ist geboren 1874 in Berlin als Sohn des Geh.
Sanitätsrates Dr. Wessely, (hk.)
Montpellier. Der Professor der medizinischen Klinik
Dr. Grasset wurde zum Professor der allgemeinen Pathologie
und Therapie, der Professor der allgemeinen Pathologie und Therapie!
Dr. R a n z i e r zum Professor der medizinischen Klinik ernannt.
Wien. Am Sonnabend, den 15. Februar d. J. findet um 1 1 K> Uhr
vormittags die feierliche Enthüllung des Denkmals für den am 15. fe-j
bruar 1911 verstorbenen Professor der Kinderheilkunde an der Wiener
Universität, Hofrat Dr. Theodor Escherich, in der Vorhalle der
Universitäts-Kinderklinik Wien IX, Lazarettgasse 14 statt. Das Denk¬
mal wurde von Prof. v. Hellmer entworfen und ausgeführt. Gleich¬
zeitig mit dieser Feier wird die Ehrentafel, welche die amerikanischem
Schüler Escherich s ihrem verstorbenen Lehrer gewidmet haben,
enthüllt, (hk.)
(Todesfälle.)
In Kiel starb der Professor der pathologischen Anatomie, Geh.
Med. -Rat Dr. Heller. Nekrolog folgt.
Dr. G. Bellisar i, Privatdozent für Neurologie in Neapel.
Dr. A. Panella, Privatdozert für Physiologie in Pisa.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 3. Jahreswoche vom 12. bis 18. Januar 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildungs¬
fehler 14 (91), Altersschw. (über 60 Jahre) 7 (3), Kindbettfieber — (3)
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 2 (— ), Scharlach 1 (— )
Masern u. Röteln 3 (3), Diphtherie u. Krupp 1 (— ), Keuchhusten 1 (1)
Typhus (ausschl. Paratyphus) — ( — ), akut. Gelenkrheumatismus —(—)
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundswut
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) — (3), Starrkrampf — (-)
Blutvergiftung 6(2), Tuberkul. der Lungen 12(12), Tuberkul. and. Org
(auch Skrofulöse) 6 (1), akute allgem. Miliartuberkulose — (1), Lungen-
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 14(15), Influenza 2 (2), veneri¬
sche Krankh. — (3), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfieber
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechsel¬
fieber usw. — ( — ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 1 (3), Alkoholis
mus — (— ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 7 (2), sonst. Krankh
d. Atmungsorgane 3 (2), organ. Herzleiden 26 (23), Herzschlag, Herz¬
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 5 (7), Arterienverkalkung
7 (4), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 6 (4), Gehirnschlag 6 (9)
Geisteskrankh. 2 (1), Krämpfe d. Kinder — (1), sonst. Krankh. d. Nerven
Systems 3 (3), Atrophie der Kinder 1 (2), Brechdurchfall 1 ( — ), Magen¬
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 3 (9), Blinddarm
entzünd. 4 (1), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse u
Milz 2 (6), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 3 (3), Nierenentzünd. 3 (4)
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 2 (2), Krebs 20 (29), sonst
Neubildungen 2 (3), Krankh. d. äuss. Bedeckungen 1 ( — ), Krankh. de
Bewegungsorgane 1 (2), Selbstmord 4 (1), Mord, Totschlag, aucl
Hinricht. — ( — ), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 7 (— )
and. benannte Todesursachen 4 (3), Todesursache nicht (genau) an¬
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) 1 (— ).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 194 (186).
0 Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwoche
Verlag von J. F Lehmann in München. — Druck von E. Mülilthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
1« Mflncfiener Medizinische tf'otfienselirift erschein! wAchenr'iidi
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MÜNCHENER
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ffirdie Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8'<t— 1 Lfiir.
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Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatinerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
3. 6. II. Februr 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
Aus dem Hygienischen Institut der Universität Würzburg.
e wirksamen und wertvollen Bestandteile des Kaffee-
itränks mit besonderer Berücksichtigung des koffein¬
freien Kaffees HAG und des Thumkaffees.
3n Prof. Dr. K. B. Lehmann, Vorstand des hygienischen
Instituts Würzburg.
1. Vorbemerkung.
Durch meine Arbeiten mit Wilhelm [l] und Roh rer
j glaubte ich die Frage entschieden zu haben, dass im Kaffee
ts Koffein der einzige wesentlich wirksame Körper sei, dem
je „Kaffeewirkung“ auf Hirn (Schlafverscheuchung), Muskeln
i kleinen Dosen Steigerung der Leistungsfähigkeit, in grossen
ttern, Steifigkeit) und Nieren (Diurese) zukommt. Ich neigte
ch dazu, die Darmwirkung (Vermehrung der Peristaltik)
rauf zu beziehen x). Die toxische Wirkung grosser Kaffee¬
engen und mindestens zum Teil die chronische Kaffeever-
ftung war für mich identisch mit einer Koffeinvergiftung,
m Röstprodukten schrieb ich hohe Bedeutung für den Ge-
ch und den Geschmack zu; auf Grund eingehender Versuche
Menschen bestritt ich aber irgend welche stärkere physio-
?ische Wirkung insbesondere die Erzeugung toxischer
‘rnptome durch die flüchtigen Röstprodukte „das
iffeon“.
Soviel ich sehe, ist dieser Standpunkt bis in die neueste
it ausser von Binz [3], den ich mit Rohr er widerlegt
haben glaube, nicht weiter angegriffen worden, die Arbeiten
»n Geiser [4] und Boruttau [5] stimmen durchaus zu
i seren Versuchen.
Nun hat Harnack [6] 1911, nachdem sein Schüler
ir d rn ann [7] schon 1902 dem Furfuralkohol einen Anteil an
1 r Kaffeewirkung zugeschrieben hatte, den überraschenden
landpunkt vertreten, dass den „Röstprodukten“ und zwar
i eziell den flüchtigen eine starke Wirkung zukomme,
eiche die speziell nachteilige Wirkung des Kaffees gegenüber
1 deren koffeinhaltigen Genussmitteln durch Reizung des
• agens und reflektorisch des Herzens erkläre. Besonders
; er fielen sehr bestimmte Urteile über den Einfluss der
i e i n i g u n g und des Röstens des Kaffees nach Thum 2)
• Fhumkaffee“) für die Verbesserung der Bekömmlichkeit des
'.‘tränkes auf, die alsbald von der Reklame stark vergröbert
ausgebeutet wurden, dass in weiten Kreisen der Aerzte
^Sicherheit und Verwirrung angerichtet werden mussten.
Ich fühlte sofort ein lebhaftes Bedürfnis mir Sicherheit
1 rüber zu verschaffen, was ich von diesen so auffallenden
igaben halten sollte, die — ohne meine früheren Unter-
chungen auch nur zu erwähnen — ihnen absolut wider¬
rachen und sich dabei zum Teil auf Resultate stützten, deren
rwendbarkeit mir sehr fraglich erschien.
‘) Ich habe diese Frage im folgenden nicht berührt. Ich glaube,
>s auch den Röstprodukten neben dem Koffein eine Darmwirkung
'■ommt. Koffein und Röstprodukte summieren ihre Wirkung,
| nrend im Thee der Gerbstoff der Koffeindarmwirkung entgegen-
' Krü s<rhe!nt- Genaueres vermag ich nicht zu sagen, es scheinen
lebhehe individuelle Unterschiede vorzukommen.
J Rie.-‘ hum sehe Methode besteht im wesentlichen darin, dass
Rohkaffee vor dem Rösten einige Minuten in warmem Wasser
weicht und abgebürstet wird, dann wird er in gewöhnlicher Weise
■ ostet. (Vergl. auch unten.) Es ist auch sonst in der Kaffee-
»terci äiigemchi üblich, gewisse Sorten noch zu belesen, andere
ch Siebe und Wind zu reinigen, vielfach findet auch ein Passieren
ch Wasser statt.
No. 6.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
Ein Besuch von Herrn W i m m e r, Direktor der Kaffec-
Handels-AktiCngesellschaft, Bremen (Kaffce-HAG), der von
mir über verschiedene Genussmittelfragen ein Urteil hören
wollte, führte dazu, dass ich mich entschloss, unter seiner
freundlichen Unterstützung mit sonst kaum zugänglichem
Material eine Reihe einschlägiger Fragen zu bearbeiten und
speziell auch den koffeinfreien Kaffee in den Kreis der Unter¬
suchung einzubeziehen. Bei der ganzen Arbeit bin ich von
Herrn Dr. H. M a c h w i t z in der eifrigsten und erspriess-
lichsten Weise unterstützt worden, namentlich hat er sich um
die Ausführung der vielen chemischen und physiologischen
Versuche verdient gemacht.
2. Kurze Ueber sicht über die Chemie der wirk¬
samen Stoffe des Kaffees.
Ueber die Bestandteile des gerösteten Kaffees ist —
wegen der Schwierigkeit der Untersuchung — relativ wenig
bekannt. Es ist deshalb im folgenden nicht zu umgehen,
öfters vom ungerösteten Kaffee zu sprechen.
Das Koffein, der interessanteste Kaffeebestandteil, als
Trimethyldioxypurin von E. Fischer erkannt, steht der
Harnsäure, dem Trioxypurin chemisch nahe. Beim Rösten
geht nur ein gewisser Koffeinbruchteil (zum Teil durch Subli¬
mation) verloren, der Wassergehalt sinkt aber gleichzeitig, so
dass der Koffeingehalt etwa gleich bleibt.
Von den Methoden der quantitativen Koffeinbestimmung
dürfte zur Zeit die von K. L e n d r i c h und N o 1 1 b o h in [8]
die beste sein. Sie quellen das Kaffeepulver 2 Stunden mit
der halben Menge Wasser und extrahieren dann die feuchte
Masse in einer Papierhülse im Soxhletapparat mit Tetrachlor¬
kohlenstoff. Das Lösungsmittel wird abdestilliert und der
Rückstand zur Trennung von Fett etc. mit heissem Wasser
ausgezogen, der Auszug mit Kaliumpermanganat und Wasser¬
stoffsuperoxyd behandelt und so die verunreinigenden
Stoffe unlöslich in Chloroform gemacht. Man extrahiert den
Trockenrückstand mit Chloroform. Das Koffein kann jetzt
entweder gewogen oder aus dem Stickstoffgehalt ermittelt
werden. Die Methode benützt eine Reihe von Kunstgriffen,
die schon von anderen angewendet worden sind, verbindet
sie aber auf Grund vieler kritischer Prüfungen zu einem aus¬
gezeichnet durchgearbeiteten Verfahren. Auch ich habe nach
dieser Methode gearbeitet. Die älteren Methoden, die zuerst
Wasserextrakte des Kaffees hersteilen, scheinen durch dieses
Verfahren weit übertroffen.
Ein zweites Kaffeealkaloid, das C o f f e a r i n [9 — 15]
scheint mit dem T r i g o n e 1 1 i n (CtHtNCU) des Bocksklees
(Trigonella foenum graecum) identisch zu sein. Es soll Nikotin-
säuremethylbetain sein. Es ist nach Kobert ungiftig und im
gerösteten Kaffee bisher nicht nachgewiesen — es muss bei
den Betrachtungen ausscheiden.
Ueber die „G erbsäure n“ des rohen Kaffees ist nach
langen Mühen, die in die Kinderjahre der organischen Chemie
zurückgehen, jetzt soviel klar, dass wenigstens zwei vor¬
handen sind. Die Chlorogen säure (GaHssOia + Hi-O)
ist nach Gort er [16] als eine Verbindung aus 2 Molekülen
Kaffeesäure (Dioxyphenylakrylsänre) und 2 Molekülen
Chinasäure (Hexahydrotctraoxybenzoesäure) nachge¬
wiesen. Ein glykosidischer Kaffeegerbstoff fehlt daneben, da¬
gegen hat Gort er eine noch wenig studierte Koffal-
säure (C3tH.-,iOi.-,) aufgefunden, die Isovaleriansäure ab-
spalten kann. Pharmakologisch sind diese Säuren ganz un-
untersucht; auch ihr Schicksal beim Rösten des Kaffeös ist
unbekannt. Orientierungsversuche ergaben mir, dass die
Chlorogensäure im gerösteten Kaffee jedenfalls grossenteils
1
MUeNCHENER MEDIZINISCHE WO CHENSCH RIET .
282
zerstört ist. T r 1 1 1 i c h und Gockel [19], welche die älteren
Methoden zur quantitativen Bestimmung der Gerbsäure ver¬
suchten und verbesserten, fanden 11,37 Proz. „Gerbsäure“ im
Rohkaffee und 8,3 Proz. im gerösteten Kaffee, auf gleiche
Mengen Trockenkaffee bezogen. Vergleiche Literatur [16,
17, 18.] , ^
Die älteren Arbeiten, welche mehr Konstanten als Kon¬
stituenten des Kaffeefettes feststellen, sind weit über¬
holt durch die tief eingehenden Arbeiten von H. Mayer und
A. Eckert in Prag [20]. Das K a f f e e ö 1 des Rohkaffees
enthält etwa 21 Proz. unverseifbare Bestandteile und die
Glyzerinester von 6 Fettsäuren und zwar besteht dei verseif¬
bare Anteil aus
10 Proz. Carnaubasäure, 1—2 Proz. Kaprinsäure,
1_1> /, Proz. Daturinsäure, 2 Proz. Oelsäure,
25—28 Proz. Palmitinsäure, 50 Proz. Linolsäure.
Bei der Herstellung des Kaffee HAG (Extraktion des mit
Dampf durchfeuchteten Rohkaffees mit Benzol) wird als
Nebenprodukt in ziemlicher Menge ein braungrünschwarzes
hartes Wachs gewonnen, welches nach H. Mayer und
A. Eckert einen Tannoresinester der Carnauba¬
säure darstellt. Etwas genaueres über die Schicksale des
Fettes und Wachses beim Kaffeerösten ist nicht bekannt.
Die Kaffeebohne hat nach War nie r [21] geröstet
4,65 Proz. Asche, darin viel Kali (63,8 — 79,9 Proz.) und Phos¬
phorsäure (7,87—12,37). Dies gäbe für 100 Kaffee aus 10 _g
Bohnen, wenn alles Kali extrahiert würde, 0,8 Kali 0,55
Kalium. A u b e r t s [22] toxikologische Spekulationen sind
heute überlebt, da vom Magen aus Kalisalze selbst in sehr
grossen Dosen nicht schaden.
lieber die Riechstoffe des gerösteten Kaffees — der
ungeröstete enthält kaum solche — wissen wir zur Zeit etwa
folgendes; In dem Destillat von Kaffee resp. in den konden¬
sierten Röstgasen sind von Bernheime r [23] gefunden:
Fssigsäure, Methylamin, Hydrochinon und
Pyrrol, von Jäckle [24] Azeton, Ammoniak,
Trimethylamin, Ameisensäure und einmal ein
schwefelhaltiger Körper. Von Monari und
S e o c c i a n t i [24 a] ist P y r i d i n nachgewiesen, alles Stoffe,
wie sie bei der trockenen Destillation organischer Stoffe leicht
erhalten werden. Erd mann [7] gewann neuerdings aus
dem Kaffeedestillat Furfuralkohol, Valeriansäure
und P h e n o 1 e, G r a f e hat dies bestätigt. Ueber den Körper,
der den charakteristischen K a f f e e g e r u c h gibt, ist nichts
abschliessendes bekannt. Er ist leicht flüchtig, Bernheim
wollte ihn als Saligeninmethylester deuten, was
nach Bötsch [25], Thiele und Dimroth [26] unrichtig
ist: Die beiden darstellbaren Ester haben andere Eigen¬
schaften. Jäckle vermutet in einem Kondensationsprodukt
des Furfurols das Kaffeearoma, E r d m a n n erklärt es für
stickstoffhaltig — mehr wissen wir nicht^ bisher. Ueberein-
stimmend fanden Er dmann [7] und Q o r t e 1 [-7], dass
man durch Erhitzen von Koffein, Kaffeegerbsäure und Rohr¬
zucker das Kaffeearoma erhalten könne. Da auch der fast
koffeinfrei gemachte Rohkaffee beim Rösten genau das
gleiche Aroma liefert, so ist jedenfalls nur sehr wenig Koffein
zur Aromaerzeugung nötig.
Nach Abschluss der Arbeit wird mir die Untersuchung von
V.Grafe[27a] zugänglich, die nachweist, dass beim Aufschliessen
des koffeinfreien Kaffees eine sehr starke Verminderung dei
Rohfaser (d. h. des in Säure und Alkali unlöslichen Anteils)
und dafür eine starke Zunahme des wasserlöslichen Anteils
auftritt. Damit erklärt sich die grössere Brüchigkeit des zur
Koffeinentziehung mit Wasserdampf aufgeschlossenen Roh¬
kaffees. Beim Rösten wird weniger Kaffeol und namentlich
der Hauptbestandteil desselben Furfuralkohol gebildet wie im
Originalkaffee. Grafe meint, dass der Furfuralkohol aus den
Hcmizellulosen der Bohne entstehe. Ueber den Aromastoff
enthält die Arbeit nichts wesentlich neues.
Ueber die Geschmackstoffe kann ich nur sagen,
dass das Koffein zwar in 1 proz. Lösung kräftig bitter schmeckt
(etwa wie Bitterwasser): in einer 2prom. Lösung aber — wie
im Kaffeegetränk — ist der Geschmack schon so schwach,
dass er von den Röstbittern etc. verdeckt und ohne jeden Ein¬
fluss auf den Kaffeegeschmack ist.
3. Die Wirkung der Kaffeebestandteile.
Der geröstete Kaffee enthält nach Lendrich und
Nottbohm 1,12—3 Proz. Koffein; 16 g Kaffee reichen
nach Au her t [28], 15 g nach eigenen Versuchen aus, um
150 ccm kräftigen Kaffee zu bereiten. Nach Katz [29] wird
das Koffein bis auf einen Rest von 17,5 Proz. ausgezogen, also
sind etwa 150 mg als die kleinste, 400 mg als die grösste beim
Genuss einer Kaffeehaustasse guten Kaffees einwirkende
Menge zu betrachten. 3 Tassen aus zusammen 50 g Kaffee
dürften in der Regel das Maximum darstellen, was ein Kaffee¬
trinker in kürzerer Zeit zu sich zu nehmen pflegt, darin sind
0,45—1,2 g Koffein, eine stattliche Menge!
In den zwei Versuchen mit 0,5 g und dem einen mit 1 g
Coffeinum purum, die ich 1898 von Dr. Wilhelm und
Dr. R. O. Neumann anstellen liess [l], ergaben sich jedes-!
mal Pulsverlangsamung (von 63 auf 53; 72 bis 75 auf 68 bis
70; 75 auf 66). Der Puls war voll, hart, einmal unregel¬
mässig, die Harnsekretion gesteigert, der Harn dünn (spez.
Gewicht 1008 statt 1020). Es bestanden eigenartige Muskel¬
gefühle, besonders in den Knien (als ob man sich setzen
müsste!) und Zittern der Hände, bei 1 g kamen stärkere Un¬
ruhe, Kongestionen, Schwierigkeiten, die Gedanken zu kon¬
zentrieren, später etwas Kopfschmerz und verzögerter Nacht¬
schlaf zur Beobachtung, obwohl das Koffein am Vormittag ge¬
nommen war.
Grosse Kaffeedosen — Extrakt von 50 g — wirkten ir
meinen damaligen Versuchen ganz ebenso. Da der Koffem-
gehalt nicht bestimmt wurde, so bleibt unbekannt, ob 0,5 odei
1 g darin genommen wurden. Die toxische Wirkung grossei
Kaffeedosen imponierte uns als reine Koffeinwirkungl
Irgend welche Magenwirkung wurde von den zwei Personer
weder nach Kaffee noch nach Koffein beobachtet.
Unsere neuen Versuche — diesmal nur mit grossen Dosei
Kaffee von bekanntem Koffeingehalt — ergaben die in dei
folgenden Tabelle zusammengestellten Resultate.
Vorbemerkungen zu meinen Versuchen ai
Menschen.
1. Herstellung der Aufgüsse:
Die angegebene Menge Wasser, meist 250 bzw. 500 ccm, werüei
in einem bedeckten Topf zum Kochen erhitzt, dann der feingemahlen
Kaffee hinzugesetzt und noch 3 Minuten weiter gekocht. Der Aut
guss bleibt 10 Minuten im bedeckten Qefäss stehen, darauf wird durc:
ein Filter filtriert. Das Filtrat wird 37° warm getrunken, meist nu
mit Zucker, in einzelnen Fällen wird auch Milch hinzugegeben, be
sonders bei Personen bei denen nach Genuss von schwarzem Kafte
keine Magensymptome aufgetreten waren, der Geschmack ohn
Milch aber nicht mundete.
2. Versuchsanordnung:
Die Versuchspersonen (junge Aerzte und ältere Medizin
studierende) wussten wohl, dass es sich um den Unterschied vo
koffeinfreiem und koffeinhaltigem Kaffee handelte, aber in keinei
Falle, welchen von beiden sie vorgesetzt erhielten. Ausser mir selb:
und Herrn Dr. B., die wir bei unserer Arbeit blieben, sassen di
Versuchspersonen, besonders D., F. und Dr. V. ruhig am lisch m
einer nicht aufregenden oder anstrengenden Lektüre beschädig
Gewöhnlich musste mit dem Trinken lange gewartet werden, da dt
Puls bei ruhigem Sitzen auch ohne medikamentöse Beeinflussun
allmählich erheblich langsamer wird. So konnten wir allein durc
1 Stunde langes Sitzen z. B. bei F. den Puls von 80 bis aut "
bringen.
3. Der Koffeingehalt ist berechnet aus dem von uns ei
mittelten Koffeingehalt der Kaffeebohnen nach Lendrich un
Nottbohm unter Multiplikation mit 0,825, dem Katz sehe
Koeffizienten für den Uebergang in das Getränk.
(Siehe nebenstehende Tabelle 1.)
In wenigen Worten heisst dies:
Eine Pulsbeschleunigung wurde nie beobachtet, in 8 vc
15 Fällen war Pulsverlangsamung vorhanden. Merkwürdig is
dass in den Versuchen mit den grössten Dosen bei F. keu
Pulsverlangsamung zu beobachten war. Magenwirkunge
fehlten in 12 von 15 Fällen, zweimal wurde etwas Sodbrennc
von Dr. V. bemerkt, vergl. pag. 283, einmal von D. Leu
schmerzen nach 908 mg Koffein. Die Respiration war, sowt
sie aufgeschrieben wurde, um etwa 10 Proz. erhöht. Vie
fach wurde etwas Wärmegefühl bemerkt, etwas Druckgefuf
Schwere und Benommenheit, auffallend wenig I remor ur
Erschwerung der Konzentrationsfähigkeit etc. Eine eigen
L Februar 101.1.
MUENCHENEfe MEhfZiNtscHE WOCHENSCHRIFT.
28.1
eile Anlegung konnte nicht studiert werden, weil während
er Versuche keine aktive geistige Arbeit geleistet wurde.
Der Schlaf war nach den grossen Dosen von 908 mg
tets empfindlich gestört, kleinere Dosen bis 454 mg waren bei
leinen 4 Versuchspersonen ohne deutliche Wirkung auf den
chlaf. Interessant war, dass der durch einen anstrengenden
Spaziel gang erschöpfte Herr F. noch lYi Stunden nach dem
i niken sich noch müde fühlte, dann aber lange wach lag, also
eine verzögerte aber starke Wirkung.
Die Wii kung des Kaffees war diesmal eher schwächer
als die des reinen Koffeins in den Versuchen von Neu mann
und W 1 1 h e 1 in, was nebenbei dagegenspricht, dass der Kaffee
Tabelle 1. Versuche mit normal geröstetem coffein haltigem Kaffee.
Datum
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Puls
Respiration
Erregung
Schlaf
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Proz.
Xi
Magen¬
symptome
Sonstige nervöse
Symptome
Besondere
Bemerkungen
5. III. 12
D. 20 : 250
6. III. 12
D.
20 : 250
165 mg
Vorher 68
10 Min. nachher 68
20 ,, ,, 64
30 „ „ 63
40 Min. nachher 63
55 „
64
65 „
63
80 „
ff
63
Keine
Gut
Keine
Keine
6. III. 12 Dr. V. 20 : 250 1
12. III. 12| D.
2. III. 12
20 : 250
Dr. B. 20 : 250
3. III. 12
D.
3. III. 12 Dr. V.
165 mg
Vorher 72 54 Min. nachher 70
10 Min. nachher 6S
’8 „ „ 72
65
72
ff
ff
64
68
11 »
»
70
80
64
36 „
64
90
64
40 „
>>
' 72
92
68
45 „
ff
67
100
66
50 „
ff
69
107
»»
66
165 my
165 mg
Vorher 69
15 Min. nachher 60
30 „ „ 60
45 „ „ 60
60 „ „ 58
75 Min. nachher 56
00 „ „ 55
Deutlich kräftiger
geworden
Vorher 69—71
10 Min nachher 72
20 „ „ 70
30 „ „ 72
36 „ „ 70
45 ,, „ 66
Von 45 Min. ab
165 mg
25 : 250 1
206 mg
25 : 250 I 1
1. III. 12 L. 50 : 500 1
206 mg
40 Min. vorher
10
51 Min. nachher 66
60 „ „ 70
65 „ „ 64
73 ,, ,, 66
80 „ „ 66
90 „ 66
nachher kräftiger
5
10
25
35
40
73
84
.. 71
nachher 73
„ 84
„ 75
77
ff
50 Min. nachher 85
55 _ „ „ 50
Bei den höheren
Zahlen wurde im
Stehen , bei den
niedrigeren im
Sitzen gezählt
Vorher 72—78 45 Min. nachher 66
5 Min. nachher 72
55
} }
”
68
10 ,1 ,,
72
60
yy
70
20 „ ,,
67
70
yy
66
30 „
72
80
72
40 „
68
Vorher 62
15 Min. nachher 54
30 „ „ 54
« „ „ 54
60 „ „ 54
75 Min. nachher 52
90 „ „ 62
Von 15 Min. nach¬
her ab kräftiger
Schwan¬
kungen,
keine auf¬
fallenden
Frequenz¬
änderungen
Keine
Gut
Keine
Zirka 15 Minuten
nach d. Trinken
Gefühl, als ob er
höher sässe
Gut
Gut
Keine
Vorher Unruhe, begin-
16—18 nend ca. 50 Min,
Nachher nachher, 10 Min.
17j^_20 anhaltend
Gut
Gut
V« Stunden nach
d. Trinken leicht.
Sodbrennen
Keine
lJ^Std. nachher
Gefühl leicht. Be¬
nommenheit im
Kopf, bes. Hinter¬
kopf, u. leichtes
Hitzegefühl
Lebt abstinent
und pflegt nie
Bohnenkaffee
zu trinken.
Aelteier Herr
Keine
Keine
Zirka Stunde
nachher leichtes
Wärmegefühl im
Kopf.
Keine
1. IV. 12
I 1. IV. 12
D.
25 : 250
Dr. V. 25:250
2,2
413 mg
Vorher 82
20 Min. nachher 78
28 „ „ 79
38 „ „ 75
85 ,, ,, 75
60 „ „ 74
65 Min. nachher 73
85 „ „ 73
90 „ „ 72
Trotz lebhafter
geistiger Arbeit
454 mg j Vorher 65—68
10 Min. nachher 63
20 „ „ 68
30 „ „ 70
38 „ „ 72
Keine
Vorübergehende
Kongestion nach
dem Kopf u. Ge¬
fühl der Schwere
im Kopf.
Keine
2,2
454 mg
1 2- IV. 12 D. 50 : 500 [ 2,2
4. IV. 12
15 Min
25 „
40 „
Vorher 59
nachher 54
,, 49
„ 52
45 Min. nachher 70
Vorher
50 „
65
16-17
60 „
72
Nachher
69 „
65
steig, bis 20
7t „
yy
60
Keine
Gut
Keine
Gut
Keine
Siehe Versuch 3
Keine
Etwas verstärkt.
Wärmegefühl,
Schwitzen der
Hände.
Gut
Keine
Vorübergehend.
Hitzegefühl im
Gesicht.
65
75
52
54
F.
6. IV. 12 F.
25 : 250
2,2
Keine
Gut
Vorübergehend
leichtes
Sodbrennen
Keine
908 mg
Vorher 77-80
7 Min. nachher 83
14
24
33
41
53
56
78
75
74
80
69
70
65
yf
yy
74
Nachh. steig.
76
yy
78
bis 20%.
78
ff
ff
72
Vi Stde. lang
86
ff
yf
72
Resp. tief u.
Vorübergehend
hörbar.
klein u. w.
454 mg
Vorher 57-60
5 Min. nachher 56
16 ,, ,, 54
25 „ „ 52
Stark
35 Min. nachher 52
42 „ „ 56
60 „ „ 56
67 „ „ 54
Erst 2'/, Stunden
nach d. Hinlegen
eingeschlafen.
Zirka 2 Std. nach| Vorübergehende
d. Trinken Leib
schmerzen, die
noch am anderen
Tage anhalten
50 : 500 | 2,2 908 mg
4!. IV. 12 F. 50 : 500 2,2
Vorher 60 62
12 Min. nachher 55
22 „ „ 58
32 ,, , 60
42 Min. nachher 58
52 „ „ 58
62 „ „ 56
Keine
Gut
Keine
Schmerzen in der
Herzgegend.
Leichte Benom¬
menheit. Tremor
der Hände und
Schlottern der
Knie bisl J4Stdn.
nachher.
Keine
WlTTr K. | 50 . 400 I 2,2
908 mg
Vorher 62-64 35 Min. nachher 62
Sehr unruhig,
{nervös; kann am
selben Nach¬
mittag nichts
arbeiten.
Trotz Schlaf¬
bedürfnis erst
,2;.j Stunden nach
d. Hinlegen ein¬
geschlafen.
Keine
Fähigkeit sich zul
{ konzentrieren j
erschwert.
5 Min. nachher 62
45 „
yy
58
10 ,, ,, 61
55 „
yy
60
15 ,, 60
65 „
60
25 „ „ 66
908 mg I Vorher 72-76
\ 10 Min. nachher 72
20 „ „ 72
30 „ ., 68
40 M in. nachher 72
55 „ „ 76
70 ,, ,, 72
Während des
Versuches müde
(Spaziergang)’
Unruhe erst
nachh. zu Hause,
abends nicht ar¬
beiten können,
Nervosität hält
am nächst. Tage
noch an
Um )^i2 Uhr zu
Bett gegangen,
eingeschlaf. erst
um VA Uhr.
Keine
{Um 3^11 Uhr zu
Bett gegangen,
erst nach V„\ Uhr
eingeschlafen.
Sehr schwüle
feuchte Luft
Keine
Kein Tremor etc. |
Spaziergang
vorher
Keine
Keine
284
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
noch ein besonderes übersehenes anregendes Gift enthält,
wie es Aubert im Kali, manche Autoren nn Koffeon
^'TuT' Wirkung kleiner Kaffee- resp. Koffeindosen auf
psychische Vorgänge ist von mir nicht selbst studiert
worden. Die Literatur ist reich an solchen Arbeiten, diese1'
grosse Anforderungen an Umsicht, Unparteilichkeit und Kritik
des Beurteilers stellt. Die Geis er sehe [35] Arbeit bringt
über diese Schwierigkeiten Angaben, vcrgl. auch die Aus¬
führungen von mir fl] und von Wilhelm Koch [31]. Ohne
auf die älteren verdienstvollen Arbeiten von Kraepclin und
Hoch [321 und der eben genannten Autoren einzugenen, oe-
schränke ich mich darauf, zwei grosse gründliche ameri¬
kanische ganz neue Arbeiten kurz zu referieren.
Holling worth [30] hat eingehend die Wirkung des
Koffeins auf geistige und körperliche Leistungsfahigkei ,
Horatio Wood [30] die auf Kreislauf und Muskeln studiert.
Hcdde Autoren verfügten über reichste Hilfsmittel, Hollin.^
worth über 6 geschulte Assistenten und 16 Versuchspersonen
für an Tage. Der Versuchspersonen wussten me, ob sie
Koffein oder Milchzucker erhielten. Die Wirkung kleinei
Dosen d. h. von 0,06—0,24 g trat in fast allen Versuchsreihen
erst eine Stunde nach der Aufnahme ein, oft dauerte es noch
länger. Die Wirkung hielt meist eine Reihe von Stunden an,
bei grossen Dosen war sie manchmal am anderen Morgen
noch merklich. Kleine Koffeindosen vermehren das Zittern
des ausgestreckten Armes ein wenig, grosse deutlich. — Die
Zeit in der 400 Bewegungen mit dem Vorderarm ausgefuhrt
werden könen, wird durch kleinere und grössere Koffeindosen
verkürzt Die Leistungen auf der Schreibmaschine werden
durch kleine Dosen bis 0,18 g begünstigt, durch Dosen von
094 _ 0 36 g verlangsamt, die Fehler werden etwas vei mindert.
Die Benennung von Farben wird durch kleine Dosen deut¬
licher als durch grössere erleichtert, resp. beschleunigt.
Additionsarbeiten werden durch Koffein deutlich begünstigt.
Die Wirkung dauert bis zu 6 und 7 Stunden an, ohne dass
später eine Depression darauf folgt, im Gegenteil am anderen
Morgen ist die Leistung regelmässig noch etwas besser als
am vorhergehenden Tag vor dem Koffein. (Da jede Mehr¬
leistung von einer Abspannung gefolgt ist, so ist dieser Befund
auffallend. Ob die Uebung hier mitspielt?) Der Schlaf ist
durch kleine Dosen von 0,06—0,24 g nicht deutlich gestört,
grössere Dosen von 0,36 g an erzeugen bei d e n
meisten Personen ausgesprochene Schlaf-
Verschlechterung, doch gibt es Personen, auf die auch
diese Dosen ohne Einfluss sind. Die Wirkung ist am deut¬
lichsten beim leeren Magen, oder wenn die Einnahmen an auf¬
einanderfolgenden Tagen wiederholt werden Alter, Ge¬
schlecht und frühere Gewöhnung an Kaffee spielen keine deut¬
liche Rolle für die Empfindlichkeit, dagegen ist bei niederem
Körpergewicht die Schlafverschlechterung deutlich starker.
Die Reaktionszeit ist durch grosse Kaffeedosen deutlich
verkürzt, bei kleinen Kaffeedosen oft verlängert.
Das Allgemeinbefinden wurde durch die Ver¬
suchszeit (gute Kost, regelmässiges Leben!) meist günstig be¬
einflusst. Nervöse Symptome wie Kopfweh, Warme-
gefühl, Schwindel etc. wurden von einzelnen
nach den Dosen von 0,24—0,36 g angegeben, d 1 e
zartesten Personen zeigten die stärksten
Svmptome. r, ,
ln der Arbeit von Horatio Wood [30] wurden an 4 Per¬
sonen (von denen 2 an Kaffee gewöhnt waren, 2 nicht) Ver¬
suche ausgeführt. Das Resultat lautet: Therapeutische Dosen
von 2 _ 5 mg Koffein pro 1 kg (d. h. 140 — 350 mg pro 70 kg)
haben einen verhältnismässig kleinen Einfluss auf die Zuku‘
lation, es vermehrt ein wenig die Kraft der Herzkontraktion
und erhöht etwas den allgemeinen Blutdruck °). Die Puls¬
frequenz ist gewöhnlich nicht deutlich verändert, sie ist häu¬
figer verlangsamt als beschleunigt. Die Wirkung auf die
Muskeln fasst Wood dahin zusammen: Koffein wirkt wie ein
Stimulans auf die Reflexzentren des Rückenmarks, es be¬
fähigt die Muskeln, sich kräftiger zusammenzuziehen ohne
eine spätere Depression zu erzeugen, so dass die gesamte
Arbeitssumme eines Menschen bei der Koffeinwirkung grosser
ist als ohne Koffein.
Diese für das Koffein in kleinen und massigen Dosen
(wie wir sahen, kann der Kaffeetrinker in 3 lassen bis zu 1,2 g
Koffein aufnehmen) recht günstigen Resultate beziehen sich
alle, wie nochmals hervorgehoben sein soll, auf eine \ crsuchs-
zeit von mehreren Wochen und soweit ich sehe nur «Uifl
gesunde Personen.
Nicht untersucht ist dabei die hochwichtige ringe ge¬
blieben ob z. B. die oben gefundenen auffallenden Mehr-
leistungen im Laufe des Jahres andauern, oder ob sie — was
bei starkem Kaffeegenuss wahrscheinlich scheint — mit der
Zeit in ihr Gegenteil Umschlägen (s. u.).
Menschen, die gegen K o f f e in e m p f i n d 1 i chea
reagieren als meine und die amerikanischen Versuchsä
Personen, trifft man nicht selten. Dosen von 0,5— 1,0 g erj
zeugen bei ihnen nicht nur langdauernde Schlaflosigkeit, aucl
rauschartige Erregung, Schwindel, heftiges Muskelzittern ust.
hierfür ein Schulbeispiel nach Bar det L35J.
Ein Dyspeptiker, der sehr gut starken koffeinfreien Kaffee ver
trug, erkrankte recht schwer, als er einmal abends in einer lassi
sein- starken koffeinhaltigen Kaffees etwa 0,6 g Koffein aufnahm Au
eine angeregte und leistungsfähige Periode von einigen stunde
folgte eine Nacht ohne jeden Schlaf mit starkem Herz- und Aiterien
klopfen hoher Pulsfrequenz, Durst, schmerzhaften Zusammen
zehumren in Magen, Blase, Darm. Harn wird unter Schmerz
häufig in kleinen Portionen entleert, enthält viel Urobilin und seh
viel Indikan. Trotz eines 19 ständigen Schlafs vom Nachmittag dq
folgenden Tages brachte erst der dritte lag leidliches und erst de
zehnte gutes Befinden, namentlich blieb der Magen lange seit
empfindlich, der Puls erhöht. Da der Patient an koffeinfreien ko
zentrierten Kaffee gewöhnt war, so erscheint hier das Koffein a
einzige Schädlichkeit. Es brauchen offenbar auch die gastrische
Erscheinungen bei akuter oder chronischer Kaffeevergiftung (s. u
nicht von den Röstprodukten zu kommen.
Dass viele empfindliche Menschen sogar schon vc
Kaffeedosen mit 0,1—0,15 g Koffein höchst unangenehm
Schlaflosigkeit 4), Herzklopfen, Kongestionen etc. erfahren i
allbekannt. Interessant ist, dass früher ganz koffeintoleran
Personen sehr empfindlich werden können; bei einem mein!
Freunde besteht die gesteigerte Empfindlichkeit seit ein«
Influenzaerkrankung, jedenfalls besteht nach Anlage, u
wöhnung und wahrscheinlich auch nach dem momentanen Z
stand des Stoffwechsels und der nervösen Zentralorgane eu
sehr verschiedene individuelle Empfindlichkeit gegen Koffej
Die Frage der chronischen Koffeinwirkung
bei regelmässiger Zufuhr grosser Dosen will ich trotz ihr
«rossen Interesses nicht ausführlich behandeln, da mir eigt
Erfahrungen fehlen. Aus den Angaben der Autoren geht u
zweifelhaft hervor, dass Kaffee- und Theemissbrauch in ga
ähnlicher Weise schädlich auf Hirn, Nerven, Herz und vi
dauung wirken. Friedrich Crämer [34] teilt eine Krosse I
zahl derartiger Erfahrungen mit, ohne zwischen Thee il
Kaffee scharf zu unterscheiden.
Aus dem W. B ö 1 1 g e r sehen Werke [35] „Genussmit te
Genussgifte“ das auf die Antworten deutscher Aerzte auW
Rundschreiben aufgebaut ist, kann man leider nicht entnehn ;
ob die anonymen Vota von einem ausschlaggebenden Teil f
deutschen Aerzteschaft stammen. Sie Ernten sehr ungun A
für alle koffeinhaltigen Getränke und zwar erscheint der Kat-
nach dieser Quelle noch stärker belastet wie der Thee.
3) In der experimentellen Pharmakologie II. Aufl. von Meyer
und Q o 1 1 1 i e b wird p. 282 ein Einfluss auf das gesunde Herz ge¬
leugnet. Die Müdigkeitsverscheuchung soll möglicherweise auf einer
Verengerung der Darmgefässe und besseren Durchblutung des Hirt s
beruhen - Die Herzwirkung des Kaffees ist in einer ganz neuen
Arbeit von Busquet und Tiefenau am Hund dem Koffein zu¬
geschrieben, sie fehlt absolut bei koffeinfreiem Kaffee. (Compt. rend.
Acad. des Sciences, Bd. 155, No. 5, 29. VII. 1912.)
*) Eine Sammlung solcher Fälle gibt Dr. Ziem im Arch. in •
de Neurologie, Jahrg. 34, No. 6, Juni 1912. j h j
*) Die Gewöhnung an Koftein hat Gourewitscn
Cloetta studiert und gefunden, dass man I lere gewöhne ■ *
grössere Kaffeemengen zu vertragen und dass dabei eme höhere
nahmefähigkeit des Gehirns für Koffein fuft"«, bei den Kamjce
speichert das Gehirn enorme, die Muskeln bedeutende Me uig •
Fähigkeit einer vermehrten Koffeinzerstorung war bei keiner He
unzweifelhaft. - Ueber die Gewöhnung des Menschen an Kar
getränk bemerkt G., dass es eine Gewöhnung an Koffein m
Sinne zu geben scheint, dass Dosen, die früher erregten, je
depressiv wirken. (Arch. f. exp. Path., Bd. 57, p. -1 ).
. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
285
Deutschland viel mehr Kaffee als Thee getrunken wird,
aucht dies nicht ohne weiteres im Sinne von Harnack
o.) gedeutet zu werden. In England, dem Lande des sehr
: irken Theegenusses sind chronische Theeschädigungen an¬
blich sehr häufig. Vergl. auch Mendel: Berliner klin.
ochenschr., 26. Jahrg. No. 40.
Ueber die Wirkung der anderen Kaffaebestand-
i 1 e, abgesehen vom Koffein, ist noch nicht sehr oft ge¬
beitet: Das „Koffeon“, d. h. die mit Wasserdampf flüchtigen
standteile habe ich mit Wilhelm [l] und später mit
o h r e r [2] eingehend studiert und entgegen den Angaben
der Autoren besonders von J. Lehmann, Binz und
rchangelsky festgestellt: Es gelingt nicht, auf Herz,
rn, Atmung, Muskel und Nieren auch durch die allergrössten
hsen Destillat (aus bis zu 500 g Kaffee) irgend eine sinnfällige
irkung zu erzielen, speziell fehlte jede schlafraubende Wir-
Ing der intensiv nach Kaffee riechenden Destillate.
Seither hat Geiser [36] unter Leitung von C 1 o e 1 1 a
i d Neumann sorgfältige Versuche über koffeinhaltigen
, d bis auf Spuren von Koffein befreiten Kaffee angestellt.
) unterscheidet dabei den letzteren in ölfreien (der von Oel
id Koffein befreite Rohkaffee wurde geröstet) und in öl-
iltigen (dem koffeinfreien Rohkaffee wurde das gleichzeitig
itzogene Oel vor dem Rösten wieder zugesetzt). Während
t r koffeinhaltige Kaffee in einer Dosis von 15 g auf 150 g
1 it ca. 0,12 g Koffein) Farbenwahrnehmungszeit verkürzte,
' ir der koffein- und ölfreie Kaffee ganz wirkungslos. Der
iffeinfreie aber ölhaltige (der etwa dem koffeinfreien Kaffee
;s Handels entspricht) wirkte in der einfachen Konzentration
:ht, dagegen in der doppelten Konzentration — ob daran
L ffeinreste oder die Röstprodukte schuld waren, ist nicht
: .kutiert. In seinen sphymographischen und Blutdruckbe-
1 mmungen fand Geiser für Koffein und Vollkaffee ein
Linerwerden des Pulses, eine kleine Steigerung des arte-
llen Druckes, für koffeinfreien mit und ohne Oel keine Wir-
•ng. Boruttau [36] kommt durch mannigfach modifizierte
1 rsuche zum Schluss, dass die erregende Wirkung des
ffees nur auf das Koffein zurückzuführen ist.
Erdmann [7] hat dem von ihm aus den Aromastoffen
'lierten Furfuralkohol eine grössere Bedeutung zuge-
irieben. Doch wagt auch Erd mann nicht mehr zu sagen
: „Gleichwohl wird durch den hohen Prozentsatz, den das
ffeeöl an Furfuralkohol aufweist und durch den Nachweis
■ ner energischen pharmakologischen Wirkungen, von denen
.izelne ersichtlich mit den Folgen starken Kaffeegenusses
'Sammenfallen, die Annahme nahegerückt, dass ein Teil der
'irkungen des Kaffees in der Tat auf dem Furfuralkohol
ruht“. Ich kann aber nicht einmal soviel zugeben. NachErd-
ann erhält man 0,557 pro Mille Gesamt-„Koffeon“ aus dem
rösteten Kaffee, darin ist rund die Hälfte Furfuralkohol.
■io kommen auf 100 g Kaffee — die Maximalmenge, die auf
unal zum Kaffeegetränk Verwendung finden kann — 28 mg
rfuralkohol. Nehmen wir selbst an, dass nur 14 des wirk-
h vorhandenen Furfuralkohols gefunden sei und dass also
f 100 g Kaffee 50 — 60 mg Furfuralkohol kämen, so wäre
ch dies ohne Wirkung. Erdmanns Originalangaben
den für Dosen von 600 — 1000 mg Furfuralkohol sehr un-
her. 5 Selbstversuche von E r d in a n n ergaben zwar meist
lebliehe Steigerung der Atemgrösse, Atemfrequenz und ein-
d der Kohlensäureproduktion, doch kritisiert er selbst sehr
htig solche Selbstversuche. An 2 Personen, die nichts
■ issten, fand er 0,6 und 1,0 g ohne nennenswerte Wirkung auf
spiration und Atemgrösse. In 3 eigenen Versuchen mit
bsthergestelltem Furfuralkohol mit 1 g an einer, mit 1 und
T an einer anderen Versuchsperson kamen wir im wesent-
hen zu negativen Resultaten. Das Einnehmen der relativ
ossen Mengen in Zucker wasser machte vorübergehende
izempfindungen in Kehle und Magen (Zuschnüren, Brech-
z) aber in kurzer Zeit ging dies vorüber. An der Respi-
'■on, am Puls und im Allgemeinbefinden war keine nennens-
rte Veränderung zu finden. Mehr mitzuteilen lohnt nicht.
(Schluss folgt.)
Aus der akademischen Kinderklinik in Düsseldorf.
Die Oekonomie im Stoff- und Kraftwechsel des Säuglings.
Von Professor Dr. Arthur Schlossmann in Düsseldorf.
Der Säugling an der Mutterbrust ist in Hinsicht auf
seinen Stoff- und Kraftwechsel ein mechanisches Wunder¬
werk. Seine Lebensfunktion vollzieht sich bei geringem Ver-
schleiss des Körperbestandes und bei vorzüglicher Ausnützung
der potentiellen Energie, die ihm in der Nahrung gereicht
wird. Nehmen wir z. B. ein Kind von 3 Wochen und 3500 g
Gewicht. Mit 500 g Frauenmilch, die solch ein Säugling täg¬
lich trinkt, wird nicht nur der Wärmeverlust und der nicht
unerhebliche Kraftaufwand gedeckt, den Bewegungen und
gelegentliches Schreien erfordern, sondern es kann auch ein
beträchtlicher Anwuchs erzielt werden. Zunahmen von 30 g
und darüber sind unter den angenommenen Verhältnissen
nichts seltenes.
In 500 g Frauenmilch haben wir im Durchschnitt 6g N-haltige
Substanz, 20 g Fett und 35 g Milchzucker. Bei einem Ansatz
von 30 g pro Tag hält das Kind 0,594 g N zurück *), von den
0,96 g N, die sich in den verzehrten 6 g Eiweiss finden, werden
also fast 1 2/s zum Ansatz verwandt. Etwa 0,1 g N scheidet ein
natürlich und nicht allzu reichlich genährtes Kind im Stuhl aus,
zum geringsten Teil im unausgeniitzten Eiweiss der Nahrung,
zum weitaus grössten Teile in den Verdauungssäften und ab-
gestossenen Darmzellen, sowie vor allem in Gestalt der
Stuhlbakterien. Für den Urin bleiben somit nur 0,266 g N; in
der Tat kommen so niedrige N-Werte im Urin bei einer
knappen natürlichen Ernährung vor. Wir müssen also an¬
nehmen, dass in 24 Stunden nur 0,266X6,25 = 1,66 g Eiweiss,
sei es der eingeführten Nahrung, sei es aus dem Körper-
bestande verbrannt worden ist. Unser Säugling hat somit
7,1 Kalorien aus der potentiellen Energie seiner Eiweiss¬
nahrung in kinetische umgesetzt. Da dem Kinde in den 500 g
Frauenmilch 350 Nutzkalorien zur Verfügung stehen, werden
also nur 2 Proz.2) der umgesetzten Energie aus Eiweiss frei¬
gemacht. Menscheneiweiss ist ein kostbares Gut, mit dem
der Säugling äusserst ökonomisch umgeht.
Im übrigen werden die Ausgaben unseres Kindes ziemlich
gleichmässig durch Zersetzung von Fett und Zucker gedeckt.
In dem Anwuchs von 30 g finden sich 3,69 g Fett, im Kot
rechnen wir 2 Proz. Fett unausgenützt, von den aufgenom¬
menen 20 g können also nur 16 g verbrannt werden
und geben 149 Kalorien; 20 Proz. sind also für den An¬
satz und Ausscheidung im Kote abzuziehen und 80 Proz.
bleiben für den Kraftwechsel. Die 35 g Milchzucker
können fast restlos — das Glykogen des Ansatzes
kann vernachlässigt werden — verbrannt werden und
geben 143,5 Kalorien. Der natürlich ernährte
Säugling deckt also seinen Stoffwechsel zu
gleichen Teilen aus der Nahrung, aus Zucker
und Fett; die Eiweissverbrennung tritt ganz
in den Hintergrund3). Wir sehen also, dass die Oeko¬
nomie des Säuglingsorganismus bei natürlicher Ernährung
glänzend eingerichtet ist. Obschon die spezifisch-dynamische
Wirkung des arteigenen Eiweisses geringer sein dürfte, als die
des artfremden, wird doch nur ein ganz geringer Teil der
Energie aus Eiweissverbrennung gedeckt; das Kohlehydrat,
das gereicht wird, ist Milchzucker, der auch wieder eine
wesentlich geringere Steigerung der Wärmeproduktion bei
seiner Nutzbarmachung erfordert als die Stärke, und gut die
Hälfte der Energie wird aus dem ökonomischen Fett frei¬
gemacht.
Ich glaube, dass inan sich diesen Gedankengang gar nicht
oft genug ins Gedächtnis zurückrufen kann. Interessant ist
dabei, wie spät man erst angefangen hat, diesen Dingen die
nötige Aufmerksamkeit zu schenken und geradezu unerklär¬
lich ist es, dass ein Mann wie L i e b i g an diesen Tatsachen
1) Camerer jun. in Handbuch der Kinderheilkunde von
Pfaundler und Schlossmann, 2. Aufl., 1. Bd. (Lit. daselbst).
2) Diese Zahl ist noch zu hoch gegriffen, da ja ein Teil des N
aus Extraktivstoffen stammt, deren Brennwert niedriger als der des
Eiweisses ist.
3) Ich habe auf diese Tatsache bereits vor Jahren nachdrücklich
hingewiesen (Ueber .einige bedeutungsvolle Unterschiede zwischen
Kuh- und Frauenmilch, Leipzig 1898. Teubners Verlag).
286
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
vorübergehen konnte. Freilich, als L i e b i g sich mit diesen
Dingen beschäftigte, ist er von einer Regel abgewichen, die
er sonst im Leben streng befolgt hat und der er seine unge¬
heueren Erfolge mit verdankte: nämlich nichts Ueberliefertes
als feststehende Tatsache hinzunehmen und sich immer durch
eigene Analyse von der Richtigkeit der Untersuchungen zu
überzeugen, auf die er sich selbst dann stützte. Als ihn die
Frage der Säuglingsernährung4) zu interessieren begann (186*4)
legte er seinen Berechnungen Analysen von H a i d 1 e n zu
Grunde. Ihnen zufolge enthielt die Milch einer gesunden Fraü
in 100 Teilen 3,1 Kasein, 4,3 Milchzucker und 3,1 Butter.
H a i d 1 e n nimmt also den Eiweissgehalt zu hoch, den
Fett- und Zuckergehalt wesentlich zu niedrig an. Die besten
Untersuchungen über Frauenmilch, die damals Vorlagen,
stammten von Simon 5). Auch Berzelius6) betrachtete
diese Untersuchung als die „vollständigste" und gibt ihren
Inhalt im wesentlichen wieder. Danach sollte die Frauenmilch
im Durchschnitt 3,40 Proz. Kasein, 2,53 Proz. Butter und
4,25 Proz. Milchzucker enthalten 7).
Diese Analysen geben also ein Bild von dem Verhältnis von
stickstoffhaltiger Substanz zu stickstofffreier, das noch wesent¬
lich verzeichneter war, als das auf Grund der H a i d 1 e n sehen
Analysen zustande gekommene. Hätte Liebig selbst einige
Frauenmilchanalysen gemacht und bei dem einen oder anderen
seiner Enkel damals die tägliche Milchmenge festgestellt, die
der Säugling trinkt, so würde er nicht nur andere Zahlen als
Grundlage für seine Säuglingssuppe gewonnen haben, sondern
die geringen Eiweisswerte würden ihn schon viel eher zu einer
Revision seiner Ansichten über die Bedeutung des Eiweisses
für den Stoffwechsel geführt haben. So aber ging Liebig
von falschen Grundlagen aus: der Misserfolg war unausbleiblich,
obschon natürlich in einzelnen Fällen Gutes mit der Suppe er¬
reicht worden sein mag. L i e b i g s Gedanken waren übrigens
sehr stark bei der Suppe, deren Bedeutung er selbst sehr hoch
schätzte 8 *). V o 1 h a r d, der bekannte Chemiker und Bio¬
graph L i e b i g s, ging als dessen Schüler in seiner Verehrung
so weit, dass er drei seiner Kinder mit der Liebig sehen
Suppe aufzog. Liebig kam, wie nun V o 1 h a r d H) berichtet,
fast jeden Tag selbst, um nach dem Befinden der Kinder zu
sehen.
Von Liebig wurde dabei zuerst klar und bewusst das
Prinzip aufgestellt, dass in der Säuglingsnahrung fehlendes
Fett durch Kohlehydrat ersetzt werden könne; auch wurde
von ihm zuerst die Vertretung des einen Nährstoffes
durch den anderen isodynamisch geordnet. Wenn auch
gar kein Zweifel darüber bestehen kann, dass sich
Fett und Kohlehydrate in der menschlichen Ernährung
nach ihrem Brennwerte in weitem Masse ersetzen können,
so habe ich doch immer den Standpunkt vertreten, und
beharre heute mehr als je darauf, dass die ökonomischste
Ernährung des Säuglings bei einer Mischung beider Nährstoffe
in dem Verhältnis, wie wir sie in der Frauenmilch im grossen
Durchschnitt finden, gegeben ist. So konnte ich schon früher
zeigen, dass der Nutzen, den der Körper aus isodynamischen
Nahrungsgemischen ziehen kann, durchaus nicht immer der
gleiche sein muss. Ich habe 10) mich dabei zur Bezeichnung
des Wortes Isokerdie Do xiqöos, der Gewinn, der Nutzen)
4) Liebig: Eine neue Suppe für Kinder. Liebigs Annalen,
Bd. 133, S. 374, 1865.
r’) Franz Simon: Die Frauenmilch nach ihrem chemischen und
physiologischen Verhalten. Berlin 1838.
“) Berzelius: Lehrbuch der Chemie. Von F. Wühler über¬
setzt. 3. Aufl. 1840, IX. Bd.
7) Simon nahm an, dass ein gesundes Kind in 24 Stunden 18 bis
24 Unzen Milch (= 540 — 720 g) trinke und damit
414 — 6 Drachmen Käsestoff = 16,875 — 22,5 g.
614 — 8 „ Zucker = 24,400 — 30.0 g,
314 — 4 „ Butter = 12,200— 15,0 g
aufnähme.
8) Siehe den Brief an Wöhler vom 27. Nov. 1864: „Dass ich
eine neue Suppe für Säuglinge erfunden habe, welche nach ihrer Zu¬
sammensetzung die Frauenmilch ersetzen soll, habe ich Dir, glaube
ich, schon gesagt“ (22. Febr. 1866). Ferner Briefe an Schön lein
vom 23. Jan, 1865, vom 17. Mai 1865 6 kündet voll Freude, dass der
Prinz Viktor Albert — ein älterer Bruder des jetzigen Königs von
England mit der Suppe genährt wurde) und ferner vom 7. März 1866.
®) Volhard: Justus v. Liebig. Job. Ambrosius Barths Ver¬
lag. Leipzig 1909, II, Bd., S, 307.
bedient; anisokerdisch nenne ich im Gegensätze dazu zwei
Nahrungsgemische, die zwar isodynam sind, bei denen aber
doch bei der Verfütterung das eine einen geringeren Rein¬
gewinn für den Körper abwirft, als das andere. Ein Beispiel
macht das Gesagte ohne weiteres klar. Unser Säugling mit
seinen 500 g Frauenmilch erhielt 350 Kalorien. Bei der Ver¬
brennung — wir lassen den Ansatz, der bei diesem Vergleich
keine Rolle spielt, völlig beiseite — ergeben die darin ent¬
haltenen 6 g Eiweiss 9,12 g COa, 20 g Fett 56,12 g CO2 und
35 g Zucker 57,05 g CCD, insgesamt 500 g Frauenmilch 122,29 g
CO2. Nähre ich das Kind statt dessen mit einer Mischung
von Va Milch + 10 Proz. Milchzucker, also mit 250 g Kuh¬
milch, 500 g Wasser und 50 g Milchzucker, so ergibt dieses
Nahrungsmenge wieder 350 Kalorien theoretischen Nutz¬
wert, aber das so genährte Kind muss 250 g Wasser mehr
resorbieren nud ausscheiden und es ergeben sich bei der Ver¬
brennung 140,45 g CO2 (nämlich aus 7.5 g Eiweiss 11,4 g CO?,
aus 7,5 g Fett 21,05 g CO2 und aus 61,25 g Zucker 108,0 g CO2),
das sind etwa 15 Proz. CO2 mehr, die bei dieser Ernährung
gebildet werden. Um 15 Proz. CO2 mehr aus dem Blute zu
entfernen, muss um 15 Proz. öfter, oder um 15 Proz. tiefer
geatmet werden, also eine messbare Mehrleistung an Atmungs¬
arbeit.
Von der gleichen Energiemenge, die dem natürlich und
dem unnatürlich genährten Kinde zugeführt wird, geht also
ein beachtlicher Teil für Mehrarbeit verloren.
Auf diese Dinge, die ich schon früher ausführlich be¬
sprochen habe, gehe ich nicht näher ein. Ich möchte jedoch
noch auf einen anderen Punkt hinweisen, der mir ebenfalls
wichtig erscheint und auf den ich erst in der jüngsten Zeit
aufmerksam geworden bin. Normalerweise muss der Säugling
Energie aufspeichern — jeder Anwuchs bedeutet ja doch eine
Mehrung der im menschlichen Körper gesammelten Spann¬
kraft. Die beste Form, in der die Energiespeicherung erfolgen
kann, ist der Fettansatz. Wird das Fett direkt aus der Nah¬
rung im Körper des Säuglings abgelagert, so ist dieser Vor¬
gang, ganz besonders wenn die Nahrung des Kindes schon
„Menschenfett“ enthält, ein sehr einfacher und ökonomischer.
Anders liegt die Sache, wenn die Fettbildung im Organismus
des Säuglings erfolgen muss. Dass dieser Vorgang möglich
ist, wissen wir, aber er ist unökonomisch. Je 100 g Fett haben
wie 76,5 g C. Um aus Kohlehydraten diese 100 g Fett bilden
zu können, müssen 191,3 g Zucker gefüttert werden, damit
nur die gleiche Menge C, die in 100 g Fett enthalten sind, dem
Körper zugeführt werden (191,3 g Zucker enthalten ebenfalls
76.5 g C). Diese 191,3 g Zucker würden aber trotzdem nicht
reichen, um eine Fettbildung von 100 g zu ermöglichen. Denn
in 100 g Fett mehrt der Körper seinen Energiebestand um
930 Kalorien, in den 191,3 g Zucker, die wir ihm für den nötigen
C-Gehalt darbieten, sind nur 784,3 Kalorien. Es fehlen somit
145,7 Kalorien. Wir müssen also weitere 35,5 g Zucker zu¬
führen, die weder als Wärme noch als Arbeit dem Säugling
momentan zu gute kommen. Der Kohlenstoff aus dieser
35.5 g Zucker wird als CO2 ausgeatmet werden müssen, er-
höht damit wieder die Leistung des Kindes und somit wird eit
Teil des Zuckers gar nicht als Fett abgelagert, sondern füi
diese Leistung verbraucht. Mast durch Kohlehydrat
um Fett zu erzeugen, ist unökonomisch gegen
über der Mast mit Nahrungsfett.
Auf Grund unserer Kenntnisse sind wir in der Lage, um
eine ganz gute Vorstellung von dem Energiewechsel de
natürlich genährten Säuglings zu machen und seine Leistunget
richtig einzuschätzen. Ein Kind von 3500 g Gewicht mit nor
maler Oberfläche — also kein Atrophiker — und in normalei
Temperaturverhältnissen gehalten, hat einen Grundumsatz voi
237 Kalorien, d. h. in völliger Ruhe, bei Ausschaltung der Ver
dauungsarbeit werden 237 u) Kalorien für die Erhaltung de
Lebensfunktionen verbrannt, da wir pro Quadratmeter Ober
fläche des Säuglings mit 859 Kalorien zu rechnen habei
Unserem Säugling haben wir nun rund 350 Kalorien zur Ver
10) Schlossmann: Beiträge zur Physiologie der Er nähruii:
des Säuglings. Verh. d. Gesellsch. f. Kinderheilk. 1909 u. Arch.
Kinderheilkunde.
n) Siehe Schloss mann und Murschhauser: Der (irutu-
Umsatz und Nahrungsbedarf des Säuglings gemäss Untersuchungc
des Oasstoffwechsels. Biochem. Zeitschr. Bd. 26, 1910, p. 14 ff.
1. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
igung gestellt (genau 354,1), davon gehen 50 Kalorien für
en Ansatz und die Verluste im Kot ab, so dass ihm aus zer-
etztem Eiweiss 7,1 Kalorien, aus Fett 149, aus Zucker 143,5
299,0 oder rimd 300 Kalorien für Wärmeabgabe und Arbeit
erbleiben. Da für den Grundumsatz 237 Kalorien nötig sind,
leiben für die Leistungen dieses Kindes 63 Kalorien. Der
eistungszuschlag beträgt somit 26,5 Proz. Ich habe an
nderer Stelle ,2) für ältere Kinder mit mässiger Bewegung
inen Leistungszuschlag von 30 — 40 Proz. als normal be-
eichnet.
26,5 Proz. Kraftzufuhr über den Grundbedarf hinaus
rmöglichen einem Kinde von 3 Wochen jedenfalls schon
'ne ganze Menge von Bewegung. 63 Kalorien ent¬
brechen theoretisch einer mechanischen Arbeitsmenge von
b 775 Meterkilogramm. Wenn der Säugling in praxi
der chemischen Energie wirklich in Arbeitsleistung um-
btzt, so kann er also in 24 Stunden rund 7000 Meterkilo-
ramm leisten. Ich setze dabei absichtlich die wirkliche
rbeit mit % der verbrauchten Energie ein, weil der Säugling,
nd zwar um so jünger er ist, um so mehr, unökonomisch
ch bewegt. An Stelle eines zielbewussten Griffes irrt die
jehende kleine Hand umher und konsumiert dadurch unver-
ältnismässig viel Kraft. Auch das Schreien darf nach dieser
ichtung nicht unterschätzt werden. Gerade diesen Dingen
:iben Murschhauser und ich in unseren Versuchen
esondere Aufmerksamkeit geschenkt und immer genau gra-
liisch in unseren Protokollen die Intensität der Bewegungen
ährend eines Versuches festgelegt. Die Beachtung der ge¬
isteten Arbeit ist bei der Beurteilung von Versuchen im Re-
lirationsapparat von grösster Bedeutung. Neuerdings haben
nerikanische Autoren 13) eine Vorrichtung ersonnen, um die
ewegungen der Kinder während der Versuche mechanisch
i registrieren. Ich glaube aber, dass unsere Individualauf-
.'ichnungen zur Beurteilung der Sachlage geeigneter sind,
Jnn gerade das Schreien des Kindes wird bei der graphischen
ethode recht geringe Ausschläge geben, bedeutet aber einen
itnensen Energieverbrauch. In einem Versuche, in dem das
ind eine Stunde schrie und sich bewegte, ergab sich ein Plus
in 13,27 Kalorien 14) oder praktisch in Arbeit umgerechnet
ne Leistung von 1900 Meterkilogramm in einer Stunde. Ein
deresKind von nur 2% kg Gewicht, das wir beobachteten und
is eine Stunde lang schrie, zersetzte in dieser Stunde 0,62 g
lykogen und 0,138 g Fett mehr, verbrauchte also für das
bhreien 3,899 Kalorien; es entspricht das einem mechanischen
equivalent von 1657 Meterkilogramm oder einer effektiven
rbeit von etwa 550 Meterkilogramm, die der Säugling damit
.‘leistet hat.
Bei unserem Säugling mit seinen 3500 g Gewicht und
10 g Frauenmilch ist freilich nicht anzunehmen, dass
durch solches anhaltendes Gebrüll seiner Umwelt lästig
ird. Ein natürlich genährtes Kind, bei dem die Nahrungs¬
engen sich in so bescheidenen Grenzen halten, wird
>en weniger schreien als ein überfüttertes Kind. Gewiss
lieh bei diesen Dingen die Veranlagung mit, und schon .
der Wiege unterscheidet sich der Phlegmatiker von dem
lolerischen Temperament.
Aber auch der Choleriker lernt sich zu beherrschen,
enn die Energiezufuhr unter das Mass des Notwendigen
rabsinkt. Es ist interessant, zu beobachten, wie der
stinkt der Kinder sich den äusseren Verhältnissen
passt. Eine Frühgeburt liegt fast die ganze Zeit völlig
‘beweglich, meist schlafend im Bette. Schützt man sie
rch eine erhöhte Temperatur der Umgebung und durch
.cken, Watte usw. nach Möglichkeit vor Wärmeverlusten
rch Strahlung, so kann man Zunahmen des Kindes be-
1 achten trotz sehr geringer Nahrungszufuhr. Kalorien¬
lengen, pro Kilo oder pro Quadratmeter Oberfläche be¬
lehnet. die nicht entfernt an die Normalwerte herankommen,
u) Pfaundler und Schlossmann: Handbuch der Kinder-
1 1 künde, Bd. 1; pag. 254, 11. Aufl.
13) Benedikt und Talbot: Some fundamental principles in
- dying infant metabolism. American Journ. of diseases of childreen.
L 4, Heft 3, S. 129.
'*) Schlossmann und Murschhauser: Ueber den Ein-
!ss des Schreiens auf den respiratorischen Stoffwechsel des Säug-
Us. Biochem. Zeitschr., Bd. 37, S. 26.
287
genügen dann für eine gewisse Zeit, um unter solchen Ver¬
hältnissen die Ausgaben zu decken und noch einen Ansatz fcu
erzielen. Ganz ähnlich geht es bei hungernden Kindern, bei
herabgekommenen Atrophikern, die mit unglaublich geringen
Nahrungsmengen ihr Gewicht erhalten können, sofern die
Wärmeabgabe nach Möglichkeit verhindert wird und sobald
die Kinder selbst sich auf eine möglichste Einschränkung jeder
Bewegung, auf völliges Meiden jeden Schreiens eingestellt
haben. Man darf aber natürlich Beobachtungen an solchen
Kindern nicht benutzen wollen, um Normalzahlen für Säug¬
linge im allgemeinen abzuleiten.
Wir beurteilen ja geradezu den Säugling, an dessen
Bett wir erstmalig treten, nach der Intensität seiner
Bewegungen und der Fähigkeit, seine Muskulatur sinn¬
gemäss zu benutzen. Bleibt das Kind, wenn es freigemachf,
unbeweglich liegen, reagiert es nicht auf Hautreiz, so
steigen uns sofort Zweifel an der normalen Entwick¬
lung seiner Psyche auf. Der Idiot ist vielfach an seiner Un¬
beweglichkeit erkenntlich; infolge dieser Unbeweglichkeit sind
idiotische Kinder zumeist fett. Ich erinnere an die Schwierig¬
keit, den myxödematösen Säugling von dem mongoloiden zu
unterscheiden. Wenn der mongoloide Idiot fett wird, so sieht
er dem myxödematösen sprechend ähnlich — und diese Fett¬
sucht finden wir eben bei idiotischen Säuglingen häufig infolge
des zu geringen Stoffverbrauches durch Arbeit. Am Ende des
ersten Lebensjahres ist die Unterscheidung der verschiedenen
Formen des Idioten schon leicht: der myxödematöse bleibt
klein und fett, bei dem Mongolen tritt eine Ueberbeweglich-
keit ein, die im Verein mit dem Wachstum zur Abmagerung
führt und nunmehr kann die Differentialdiagnose schon in visu
führt und nunmehr kann die Differentialdiagnose schon e visu
gestellt werden.
Ich möchte übrigens darauf hinweisen, dass wir ge¬
legentlich Kinder zu sehen bekommen, deren Bewegungs¬
drang auch pathologisch gering zu sein scheint, bei
denen eben das Pathologische nicht im Kind, sondern in der
Umgebung des Kindes zu suchen ist. Ich denke dabei an die
unglücklichen Geschöpfe, welche sofort nach der Geburt „ge¬
wickelt“ werden und die dauernd in solcher Bandage leben
müssen. Leben ist freilich für einen derartigen Zustand kein
richtiger Begriff. „Non vixit, sed in vita moratus est“, sagt der
kluge Philosoph Seneca13) und J. J. Rousseau sagt von
solchem Kinde: „im Mutterschosse war es weniger beengt,
eingeschränkt, zusammengepresst als in seinen Windeln. Ich
sehe den Vorteil nicht ein, den es durch seine Geburt ge¬
wonnen hat.“
Sitten und Unsitten, die so weit verbreitet sind,
wie beispielsweise das Wickeln, haben stets ihren tieferen
Grund, der sich auf irgend eine an und für sich richtige, aber
falsch gedeutete oder falsch gewertete Beobachtung stützt.
Wickele ich einen Säugling in eine meterlange, wollene oder
gestrickten Bandage ein, so mindere ich die Wärmestrahlung
und hemme die Bewegung; ich zwinge also den Organismus
zu einer weitgehenden Oekonomie und ein gewickeltes Kind
wird bei gleicher Energiezufuhr dicker, fetter werden als ein
anderes Kind, das seine Glieder frei bewegen kann. Ganz
ähnlich gehen die Gefliigelmäster vor; sie sperren die Tiere
in einem warmen Stall und binden ihnen die Beine eng zu¬
sammen, um ihnen die Beweglichkeit zu erschweren — genau
wie die Mütter, die ihre Kinder wickeln und die mit dem
Gefliigelmäster meist noch die weitere Aehnlichkeit haben,
dass ihnen das Fettmachen als letztes Ziel ihrer Wünsche vor¬
schwebt. Darauf kommt es aber nicht an, sondern auf die
Ausbildung der Muskulatur, die nur durch Uebung und Ge¬
brauch, nicht aber durch völliges Ausschalten der Bewegung
erzielt wird. Das ist also eine falsche Oekonomie, die beim
normal geborenen Kinde darauf ausgeht, durch Hemmung der
Bewegung Energieverluste zu verhüten.
Die Erfahrung lehrt uns, dass nur ganz ausnahmsweise ein¬
mal ein Kind durch Uebertreibung seiner Bewegungen zuviel
der zugeführten Energie verbraucht, so dass für den Anwuchs
nichts übrig bleibt — immer natürlich ein gesundes Kind und
eine normale Energiemenge vorausgesetzt. Dass unnormale
Kinder, zumal als Folge des anormalen Zustandes, zu beweglich
15) Ep. 93.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
288
sein können, um richtig zuzunehmen, wissen wir aus der Beob¬
achtung bei Säuglingen mit juckenden Ekzemen. Solche Patien¬
ten verwenden zuweilen enorme Kraftleistungen und eine
akrobatische Geschicklichkeit, um trotz aller Vorsichtsmass-
regeln oder Fesselungsversuche den Juckreiz durch Scheuern
zu mildern. Dabei tritt oft ein Kraftverbrauch über das Mass
der Kraftzufuhr, und dadurch Gewichtsstillstand oder Ab¬
magerung ein. Aber unter normalen Verhältnissen ist der
Säugling mit der ihm zugeführten Energie sehr haushälterisch
und zumal das natürlich genährte Kind ein Muster ökonomi¬
schen Kraftverbrauches; von ihm können wir lernen, wie man
mit gegebenen Mitteln ein Maximum von Leistung bestreiten
kann. In diesem Sinne können die Säuglinge als wirkliche
Kulturträger gewertet werden, denn „die Kultur i s t“, wie
L i e b i g 10) sagt, „die Oekonomie d er Kraft; eine
jede unnütze Kraftäusserung, eine jede
Kraftverschwendung in der Agrikultur, in
der Industrie und der Wissenschaft, sowie im
Staate charakterisiert die Rohheit oder den
Mangel an K u 1 1 u r.“
Aus der Universitäts-Frauenklinik Jena (Direktor: Professor
Dr. M. Henkel).
Ueber Serumfermentwirkungen bei Schwangeren und
Tumorkranken.
Von Dr. Paul L i n d i g, Assistent der Klinik.
Ein Untersuchungsmaterial, gewonnen aus weit über
100 Fällen von Schwangerschaft, Tumoren und entzündlichen
Vorgängen der Genitalorgane, dürfte es rechtfertigen, wenn
nicht nur die Ergebnisse dieser Untersuchungen hier mitgeteilt,
sondern auch die daraus gezogenen Schlüsse einer kritischen
Bewertung unterworfen werden. Seit den epochemachenden
Veröffentlichungen Abderhaldens über die biologische
Schwangerschaftsreaktion war es ohne weiteres gegeben und
von ihm selbst auch an den verschiedensten Stellen induziert,
seine Methodik zur Erklärung von pathologischen Zuständen
heranzuziehen, bei denen aus einer Reihe von Symptomen auf
eine qualitative Veränderung des Blutes geschlossen werden
musste. So gingen auch wir, in jeder Weise befriedigt durch
den immer positiven Ausfall der Reaktion während der Gra¬
vidität und dadurch überzeugt von der Brauchbarkeit des Ver¬
fahrens für diagnostische bzw. differentialdiagnostische Zwecke
und für eine aussichtsreiche Bearbeitung der verschiedensten
Fragen auf serologischem Wege, dazu über, Versuche in der
angedeuteten Richtung anzustellen. Aber schon bei der Dar¬
stellung des dem Abbau zu unterwerfenden Materials stellte
es sich heraus, dass die zur eindeutigen Beurteilung der Re¬
sultate erforderlichen Voraussetzungen, soweit es sich um
die Beschaffenheit des koagulierten Eiweisses handelte, sich
entweder sehr schwierig oder nur für kurze Zeit erfüllen
Messen, ein Umstand, der die praktische Verwertung der
Dialysiermethode doch sehr beeinträchtigen, seine Anwendung
bei schwerer zu beschaffendem Abbaumaterial überhaupt in
Frage stellen musste.
Abderhalden schreibt vor, dass das entsprechende
Substrat, z. B. bei der Schwangerschaft Plazenta, gleich nach
der Gewinnung sorgfältig vom anhaftenden Blut gereinigt, in
kleine Stücke zerschnitten und etwa 10 Minuten in fliessendem
Wasser ausgewaschen wird. Darauf kocht man es so lange
mit der je 10 fachen Menge Wasser, bis das Kochwasser die
Biuret- und die Triketohydrindenreaktion nicht mehr gibt; das
jedesmalige Kochen soll ungefähr 5 Minuten dauern, beim
ersten Mal wird zweckmässig eine Spur Eisessig (1 Tropfen
auf 1 Liter Wasser) zugesetzt. Das noch reagierende Koch¬
wasser wird abgeschüttet, das schon koagulierte Eiweiss¬
substrat von neuem ausgewaschen und wieder zum Kochen
angesetzt. Wir fanden, dass nach durchschnittlich 4 maligem
Kochen das Kochwasser einwandfrei war, d. h. in ihm keine
aliphatischen oder aromatischen Aminosäuren, welche die
Aminogruppe in der Seitenkette enthalten, mehr vorhanden
waren. In der Annahme aber, dass dieser Zustand von Dauer
und damit das Material unbegrenzt haltbar wäre, sahen wir
uns getäuscht. Bei vorschriftsmässiger Aufbewahrung (Chloro¬
form-Toluol) war nach mehrtägigem Stehen die Ninhydrin-
reaktion wieder positiv, ein Beweis, dass mittlerweile von
der koagulierten Substanz herstammende, unter Umständen
dialysabele Eiweissstoffe an das Deckwasser abgegeben
waren. Abderhalden ist nun der Ansicht, dass die Ei¬
weissubstanz nach 6 maligem Aufkochen am besten durch ganz
frische ersetzt wird, woraus sich dann ohne weiteres ergibt,
dass für jede dritte Dialyse bei einer Pause zwischen den ein¬
zelnen Dialysen von ein oder mehreren Tagen, neues Material
verwandt werden muss. Da würde man, das ist wohl ein¬
leuchtend, schon bei der Beschaffung der notwendigen Pla¬
zenten hin und wieder auf Schwierigkeiten stossen, wieviel
mehr aber erst, wenn kostbareres Material (Karzinom oder noch
seltenere Tumoren) dem Abbau unterworfen werden soll. Und
selbst, wenn vor dem Ansetzen des Dialysierversuches
das Deckwasser negativ reagieren sollte, liegen darin ja noch
keine Garantien, dass nicht während des Versuches im Brut¬
schrank vom Eiweissubstrat dialysabele Substanzen an die
darüberstehende Flüssigkeit bei vollständigem Fehlen von
Fermenten abgegeben werden könnten. Sollte der Einwand
gemacht werden, dass darüber doch der Kontrollversuch Auf¬
schluss geben müsste (entweder Plazenta + physiologische
Kochsalzlösung oder Plazenta + inaktiviertes Serum), so ist
das deshalb nicht stichhaltig, weil die koagulierte Eiweissub¬
stanz sich ganz verschieden verhält in der Abgabe von niedri-i
geren, dialysierbaren Eiweissstufen. Es könnten sehr wohl die
Kontrolle und das Dialysat Serum + Plazenta ungleiche Re¬
aktion geben nur aus dem Grunde, weil in dem einen Schlauch
dialysable Stoffe ausgelaugt werden, im anderen nicht.
Um diese Fehlerquellen zu vermeiden, suchten wir die
Darstellung des Abbausubstrates zu modifizieren, eingedenk
des Umstandes, dass Eiweiss im trockenen Zustande unver-|
änderlich ist, eine Beeinträchtigung des Versuches durch
Abgabe nicht kolloider Stoffe von einem derartigen einmal
einwandfreien Material also nicht mehr möglich sein dürfte.
Wir gingen so vor: Die in Frage kommende Substanz, sagen
wir Plazenta, wurde genau so vorbereitet wie sonst und dann
auch bis zur Reaktionslosigkeit des Kochwassers gegen Nin-
hydrin gekocht. Nun wurden die einzelnen Stückchen, die vor
dem Kochen sehr fein zerkleinert waren, mit Filtrierpapier
im Wärmeschrank bei 85 0 C gedörrt. Die nunmehr stein-
harten Klümpchen wurden im Mörser zu einem feinen Pulver
zerrieben und lieferten uns damit das dem Abbau zu unter¬
werfende Produkt. Wir überzeugten uns von seiner Brauch¬
barkeit in der Weise, dass wir einen Teil längere Zeit mit
Wasser kochten und dann das Wasser mit Ninhydrin prüften
und die Biuretprobe anstellten; die Reaktion war in beider:
Fällen negativ. Wenn wirklich diese Kontrolle einmal positiv
ausfallen sollte, was aber — das sei ausdrücklich bemerkt -
von uns niemals beobachtet wurde, dann würde ein noch
maliges Aufkochen des pulverisierten Materials sicher genügen
um aus diesen feinsten und überall zugänglichen Körnchen eir
für allemal Produkte zu entfernen, die die Schlauchmembrai
noch passieren könnten. Wir haben jetzt, nach über einen
Monat, das Plazentarpulver wieder gekocht und das Koch
wasser geprüft: es war genau so frei von reagierenden Sub
stanzen wie zu Anfang. Zum Vergleich wurde das Serum voi
über 20 Individuen, die sicher schwanger waren, mit gewöhn
licher koagulierter Plazenta und mit Trockenplazenta zugleicl
angesetzt, und da fand sich, dass das Dialysat bei Trocken
Plazenta im allgemeinen eine stärkere Blaufärbung mit Nin
hydrin lieferte als das der Vergleichsversuche. Damit ist be
wiesen, dass die Fähigkeit, durch Fermente in einfachere Ei
weisskoinponenten zerlegt zu werden, bei dem dargestellte
Präparat in keiner Weise durch die Prozedur des Erhitzen
bis zur Trockne gelitten hat. Der Einfachheit halber sei i
den folgenden Ausführungen das nur durch Kochen koaguliert
und so verwendete Material als „feucht“, das gedörrte un
pulverisierte als „trocken“ bezeichnet. Die Ueberlegenhe
des letzteren geht weiter aus einigen Beobachtungen hervoi
die bei den oben genannten Vergleichsversuchen mit Schwär
gerenserum gemacht wurden. Da zeigte sich, dass da
Dialysat: inaktiviertes Serum + feuchte Plazenta (die selbs:
verständlich vorher den üblichen Prüfungsmethoden unten
zogen war und sich als einwandfrei erwies) beim Koche
,0) 2L Chem. Brief,
1. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
uit Ninhydrin einen violetten Farbenton annahm, während das
)ialysat: inaktivertes Serum + Trockenplazenta bei der
leichen Behandlung farblos blieb oder sich höchstens leicht
elb färbte. Eins sei hier noch besonders betont: Ein Arbeiten
iit ganz genau gleichen Quantitäten von Serum, abzubauen-
em Substrat, Dialysat und Reagens, kann, solange feuchtes
iubstrat (Plazenta etc.) zur Verwendung kommt, doch niemals
u Vergleichswerten führen, da z. B. dieselbe Plazenta an ver¬
miedenen Stellen durchaus ungleich abgebaut wird. Wir
aben, um uns darüber Klarheit zu verschaffen, je 2 ccm Serum
on einer Schwangeren auf gleiche Mengen koaguliertes Ei-
veiss von 1 g aus ein und derselben Plazenta im Brutschrank
inwirken lassen und gegen 20 ccm Aqua dest. dialysiert; es
yaren Schläuche gewählt, die bezüglich ihrer Durchlässigkeit
eine Unterschiede zeigten. Nach löstündiger Versuchsdauer
ochten wir immer 10 ccm der Dialysate mit 0,2 ccm einer
proz. Triketohydrindenhydratlösung und erhielten durchweg
ositive Reaktionen, die aber in ihrer Farbenintensität voll-
tändig differierten. Dass Serum, Dialysat und Reagens von
leicher Qualität und Menge waren, geht aus der Versuchs-
nordnung hervor, ein Unterschied kann also nur durch die
erschiedenartige Beschaffenheit des Substrats bedingt sein.
)as liess sich dann augenscheinlich nachweisen, als derselbe
ersuch wiederholt und nur anstatt feuchter Plazenta Trocken-
lazenta benutzt wurde: die Reaktionen färbten sich gleich¬
lässig violett. Damit ist auch die Homogenität der Trocken-
ubstanz einwandfrei festgestellt. Nun ist behauptet worden,
ass das Abbauvermögen des Schwangerenserums während
er Gravidität und im Wochenbett einem ständigen Wechsel
nterworfen, u. a. um die Mitte der Schwangerschaft am
tärksten sei; man hat z. B. das letztere daraus geschlossen,
ass die Reaktionen um die Zeit immer die tiefste Violett-
trbung zeigten. Ob das wirklich so ist, soll an Hand unserer
igenen Beobachtungen besprochen werden, diese Schluss-
olgerung war jedenfalls verfrüht, so lange die wichtigste
Voraussetzung, ein homogenes Abbaumaterial, nicht gegeben
/ar.
Ueber die Erscheinung, dass hin und wieder klares, ab-
olut hämoglobinfreies Schwangerenserum schon genügte, um
n Dialysat beim Kochen mit Ninhydrin Violettfärbung her-
orzurufen (schwache Violettfärbung war fast immer vor-
anden), ohne dass gegen die Dialysierschläuche etwas ein-
uwenden gewesen wäre, brachten uns Versuche Aufschluss,
ie folgende Ueberlegung zum Ausgangspunkt hatten: Im
Hute Schwangerer kreist blutfremdes Eiweiss, das sich so-
/ohl in noch nicht abgebautem Zustande befinden als auch
urch Fermentwirkung schon in niedere Eiweissstufen zerlegt
ein kann. Ist letzteres der Fall, dann muss dieses abgebaute
iweiss die Schlauchmembran passieren, ganz unabhängig von
twa vorhandenen fermentativen Einflüssen; derartige Ein¬
üsse sind auszuschalten, wenn die Fermente entweder durch
.blauf des Versuchs im Eisschrank vorübergehend oder durch
orhergehendes Erhitzen des Serums dauernd inaktiviert
/erden. Diese Zerstörung des Ferments durch stärkere Er-
/ärmung, wie sie auch Abderhalden in seiner Veröffent-
chung in No. 46 der „Deutschen med. Wochenschr.“ be¬
treibt, nahmen wir in der Weise vor, dass wir das Serum
5 Minuten lang bei einer Temperatur von 65° hielten. Dauert
ie Erhitzung nur kürzere Zeit, so lässt sich nicht mit Sicher-
eit darauf rechnen, dass die Inaktivierung vollständig ist,
bensowenig, wenn geringere Temperaturgrade angewandt
/erden. Bei 70 u würde nach C. Oppenheimer die Ver¬
gütung sehr schnell eintreten, bei der Temperatur fallen
ber auch die Serumglobuline schon aus und machen die
iüssigkeit zur weiteren Verwendung ungeeignet. Wir
ahinen nun das Serum einer Schwangeren, das uns durch
ioletten Farbenton im Kontrollversuch aufgefallen war, und
eschickten damit zwei Dialysierschläuche, jeden mit 2 ccm.
vir behandelten sie in der üblichen Weise und stellten das
ölbchen mit dem einen in den Brutschrank, das andere in
en Eisschrank. Der Rest des Serums wurde inaktiviert;
ann entnahmen wir ebenfalls 2 ccm zur Dialyse bei 37 °. Nach
5 Stunden stellten wir die Ninhydrinprobe an, und da fand
ch nur im ersten Kölbchen die bereits beobachtete leichte
iolettfärbung, während bei den beiden anderen der Farben-
mschlag über einen schwach gelblichen Ton nicht hinauskam.
No. fi.
Es hat also nur im Versuch: „unbehandeltes Schwangeren¬
serum bei 37 u eine Dialyse stattgefunden, ein Beweis dafür,
dass das im Blut von graviden Individuen zirkulierende blut¬
fremde Eiweiss noch nicht abgebaut ist; die unter Ein¬
wirkung von Fermenten aus diesem Eiweiss im Blut ent¬
stehenden niederen Eiweisstoffe werden in irgend einer
Form sofort gebunden und sind daher durch Dialyse nicht
mehr nachweisbar. Ihre Darstellung gelingt erst, wenn dieser
Fermentprozess losgelöst vom Organismus vor sich geht, dann
fehlt der kopulierende Faktor, der sie sonst in statu nascendi
an sich reisst.
Um die in der eben geschilderten Versuchsreihe ge¬
gebenen Verhältnisse in ihren Wirkungsmöglichkeiten rest¬
los zu analysieren, sei noch eines Umstandes gedacht, dem
wohl eine Beeinflussung der Reaktion zugeschrieben werden
könnte. Die Tatsache ist nämlich bekannt, dass den Fer¬
menten eine geringe Diffusibilität eigen ist, die bei den ein¬
zelnen Fermentgruppen verschieden gross ist und auch von
der Art der Membran abhängt. Die Temperaturhöhe ist, so¬
weit bekannt, für diese Eigenschaft belanglos; es wäre darum
in dieser Hinsicht gleichgültig, ob im Brutschrank oder im Eis¬
schrank dialysiert wird. Da nun aber die Reaktion im Eis¬
schrankversuch vollkommen negativ ausfiel, brauchen wir
eine solche Eventualität überhaupt nicht in Rechnung zu setzen.
Soweit wir bisher feststellen konnten, bietet die Körper¬
wärme die Optimaltemperatur für den Abbauprozess, eine ge¬
naue Bestimmung der Temperaturgrenzen und des Optimums
bleibt weiteren Versuchen Vorbehalten. Eigene Erfahrungen,
eigene Erfolge und Misserfolge haben uns die eben be¬
schriebenen Aendcrungen in der Versuchsmethodik zudiktiert;
damit soll an dem aussichtsvollen, in der Idee so mächtig an¬
gelegten Bau Abderhaldens nicht gerüttelt werden, es
ist allein ein Ausdruck dessen, was er selbst in der Einleitung
zu seinen „Schutzfermenten des tierischen Organismus“ sagt:
jeder neue Arbeiter bringt neue Werkzeuge.
Wir wählen in letzter Zeit folgende Versuchsanordnung:
3 Dialysierhülsen — die alle geprüft und in ihrer Durchlässigkeit
möglichst gleichmässig sind — • werden in 3 geeignete Erlenmeyer-
kölbchen gestellt, die je 20 ccm Aqu. dest. enthalten; dann kommt
in Hülse
No. 1 2 ccm Serum,
No. 2 2 ccm Serum und 1 g Trockensubstrat,
No. 3 2 ccm inaktiviertes Serum und 1 g Trockensubstrat.
Alles wird mit Toluol überschichtet und genau 16 Stunden der
Brutschranktempertur ausgesetzt. Diese Zeit kann natürlich auch
überschritten oder abgekürzt werden, die Hauptsache ist nur, dass
die Versuchsdauer bei demselben Untersucher immer die gleiche
ist. Vom Dialysat werden 10 ccm genommen und in bekannter
Weise weiterbehandelt, nur setzen wir statt 0,2 ccm einer 1 proz.
Ninhydrinlösung 1 ccm einer 0,2 proz. Lösung zu und vermeiden so
eine Beeinflussung der Reaktion durch etwaige kleine Ungenauig¬
keiten im Zuträufeln des Reagens. Jetzt gibt uns No. 1 darüber Auf¬
schluss, ob und in welchem Grade ein Abbau schon im Serum ein-
tritt; denn allein die Differenz in der Reaktionsstärke zwischen 1 und
2 lässt die gesuchte Intensität der Fermentwirkung auf das jeweilige
Substrat erkennen. Erst dadurch ist es möglich, Resultate zu er¬
halten, die unter einander vergleichbar sind und aus dem verschieden
starken Auftreten der Reaktion Schlüsse zulassen auf Qualität und
Quantität der Fermente. No. 3 endlich soll dartun, dass im Serum
bei Ausschaltung der Fermentwirkung keine dialysablen Eiweiss¬
stoffe mehr enthalten sind; der Zusatz von Trockensubstrat dient
hier nur zum Nachweis, dass die Fermente tatsächlich inaktiviert
sind. Eine Kontrolle des Trockensubstrates an und für sich ist ja
unnötig, da dessen Unveränderlichkeit ein für allemal festgestellt ist.
Ein Vergleich zwischen 1 und 3 lässt erkennen, ob überhaupt und in
welcher Menge im Blut zirkulierendes, nicht abgebautes Eiweiss
vorhanden ist.
Nicht bei allen Untersuchungen, deren Ergebnisse nun¬
mehr folgen, ist trockenes Abbaumaterial verwandt worden,
diese Modifikation ist ja doch selbst erst ein derartiges Er¬
gebnis; wir haben es deshalb auch im allgemeinen unterlassen,
auf kleinere Differenzen im Ablauf der Reaktion Kombinationen
und Theorien aufzubauen, die wir am Ende wieder hätten
revidieren müssen, wo es aber dennoch geschehen, da waren
wir eben unserer Sache ganz sicher. Die Biuretreaktion ist
nur in zweifelhaften Fällen als unterstützendes und aus¬
schlaggebendes, bei besonders wichtigen Versuchen auch als
erhärtendes Moment herangezogen worden.
Noch ein paar Bemerkungen zu den Veröffentlichungen von
Franz und J arisch in der Wiener klinischen Wochenschrift und
2
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
von Frank und H eimann aus der Breslauer Klinik: Es decken
sich nämlich deren Resultate zum Teil mit den unserigen, der
Weg aber, auf dem sie gewonnen, und damit die Schlüsse, die
aus ihnen gezogen, sind nicht ganz unanfechtbar. So ist auf
der einen Seite allein die Biuretprobe angestellt worden, die
zum Nachweis kleinster Eiweissmengen absolut nicht aus¬
reicht, infolgedessen ist z. B. die nicht unwichtige Tatsache
vollständig entgangen, dass schon das Dialysat vom Serum
Abbauprodukte des Eiweisses enthalten kann. Dass Fisch¬
blasen eine durchaus ungeeignete Dialysiermembran sind,
haben die Untersucher selbst gefunden. Endlich muss es auch
zu ziemlich unsicheren Werten führen, wenn Fermentwir¬
kungen, deren Optimaltemperatur zwischen 35 und 40° liegt,
bei Zimmertemperatur mit ihren nicht belanglosen Schwan¬
kungen vor sich gehen.
Nun zu unseren Resultaten:
Wir fanden, dass im Serum jeder Schwangeren Fermente
sind, die Plazentareiweiss abbauen; uns ist kein einziger Fall
von Schwangerschaft vorgekommen, bei dem wir diese Er¬
scheinung vermisst hätten. Dass die Fermentbildung bis zur
Mitte der Gravidität ansteigt, um dann wieder abzufallen, ist
nicht beobachtet worden, die tatsächlich bestehende Ungleich-
mässigkeit in der Reaktionsstärke Hess sich bisher in kein
Schema einordnen, in letzter Zeit allerdings fiel es auf, dass
in den ersten Monaten der Schwangerschaft die Ninhydrin-
probe einen tieferen Farbenton zeigte als in den späteren
Monaten.
Das Serum von Wöchnerinnen baute noch am 10. Tag
post partum ab, ältere gesunde Wöchnerinnen standen uns
bisher nicht zur Verfügung. Es wird betont „gesunde“,
denn Wöchnerinnen mit puerperalen Affektionen bieten anders
zu bewertende Verhältnisse; in einem Falle nämlich von Kind¬
bettfieber war die Reaktion noch 4 Wochen nach der Geburt
stark positiv, 2 Wochen darnach starb die Patientin. Wir
hatten dadurch Gelegenheit, auch deren Galle auf Plazentar¬
eiweiss einwirken zu lassen, die Ninhydrinreaktion war hier
ebenfalls stark positiv; Galle allein gab keine dialysablen
Produkte ab. Unter Umständen können also auch in der Galle
eiweissspaltende Fermente vorhanden sein.
Die Lumbalflüssigkeit einer Anzahl von Schwangeren ist
gleichfalls der Prüfung unterzogen worden, sowohl das Lum-
balpunktat allein als auch Punktat und Plazenta, mit nega¬
tivem Erfolg bis auf ein einziges Mal, wo bei einer Gravida
wegen Tuberkulose die künstliche Frühgeburt eingeleitet
wurde; da war die Reaktion im „Punktat + Trockenplazenta“
schwach positiv.
Ferner wurden Plazenten von verschiedenem Alter (her¬
stammend von Abort, Frühgeburt) dem Abbau unterworfen;
ein Unterschied liess sich nicht bemerken.
Unsere Erfahrungen über die Anwendung der bio¬
logischen Reaktion bei Tubargravidität erstrecken sich auf
10 Fälle; inwieweit es uns gelang, dadurch und mit Unter¬
stützung der Arthigonreaktion unter Berücksichtigung aller
in Betracht kommenden Momente die Diagnose zu sichern,
soll in einer besonderen Arbeit niedergelegt werden. Dass
der positive Ausfall der Serumreaktion nicht ohne weiteres
genügt zur Feststellung von normaler oder pathologischer
Schwangerschaft (z. B. Extrauteringravidität), davon wird im
Verlauf dieser Mitteilung noch die Rede sein.
Von dieser Basis aus den Vorgängen bei Eklampsie
nachzuforschen, bot sich nur einmal die Möglichkeit: die
Patientin wurde mit den schwersten Erscheinungen ein¬
geliefert, sogleich durch Kaiserschnitt entbunden und starb
12 Stunden nach der Operation. Dass die Seltenheit des Ver¬
suchsmaterials eine ganz besonders peinliche Wahrung aller
Kautelen beim Ansetzen der Versuchsreihe gebot, sei voraus¬
geschickt. Das Ergebnis war folgendes:
Eklampsie-Plazenta wird weder vom Serum noch von
der Galle der Eklamptischen abgebaut, wohl aber normale
Plazenta. Dagegen wird die Eklampsie-Plazenta von nor¬
malem Schwangerenserum und von der Galle einer 6 Wochen
post partum an Puerperalfieber Gestorbenen in niedere Ei¬
weissstufen gespalten.
Die Zerebrospinalflüssigkeit der Eklamptischen hat auf
Eklampsie-Plazenta schwach abbauende Wirkung, etwas ge¬
ringere noch auf normale Plazenta.
Die Reaktion zeigt bei Eklampsieserum allein schwache
Gelb-Violettfärbung, bei Galle und Zerebrospinalflüssigkeit der
Eklamptischen einen hellgelben Farbenton.
Von einem Fehlen der Fermente bei Eklampsie kann also
ebensowenig die Rede sein wie von einer mangelnden Ab¬
baufähigkeit des Plazentareiweisses, man könnte sich höch¬
stens vorstellen, dass die Fermente und das im Blut zirku¬
lierende blutfremde Plazentareiweiss nicht aufeinander ein¬
gestellt sind. Im übrigen bietet dieser von uns beobachtete
Fall mancherlei Analogien zu einem der von Abderhalden,
Freund und Pincussohn in den „Praktischen Ergeb¬
nissen der Geburtshilfe und Gynäkologie“, Jahrgang 1910, rnit-
geteilten 4 Fälle.
Wir sind dann dazu übergegangen, Tumoren als Abbau¬
substrat zu verarbeiten und darauf Serum von Tumorkranken
und Schwangeren einwirken zu lassen; in gleicher Weise
wurden Uterus, Ovar und Muskeleiweiss geprüft. Da stellte
sich nun heraus, dass sowohl Tumor- als auch Schwangeren¬
serum jede dieser Eiweissubstanzen zerlegte, allerdings war
beim Muskeleiweiss der Grad des Abbaues äusserst gering;
es zeigte sich ferner, dass Tumorserum auch Plazenta abbaut.
Von Tumoren haben wir Karzinom, Myom und Dermoid einer
grösseren Reihe von Versuchen unterworfen.
Wir sehen also, dass es ganz nebensächlich ist, jedesmal
das entsprechende Substrat als Spaltungsobjekt zu wählen;
die Annahme von einem spezifischen Charakter der Fermente
ist damit hinfällig geworden, sie haben allgemein proteolytische
Wirkung. Der positive Ausfall der Reaktion sagt deshalb nach
unseren bisherigen Erfahrungen nur, dass das Individuum,
welches das Versuchsserum geliefert hat, schwanger oder
Tumorträger ist; es ist aber wahrscheinlich, dass das Auf¬
treten von Fermenten auch bei anderen Störungen im Organ¬
gleichgewicht vorkommt. So baute — das ist aber nur ein ein¬
zelner Fall — das Serum einer Patientin, bei der klinisch nichts
als Oophoritis nachzuweisen war, ebenfalls ab. Die ver¬
schiedenen Substrate wurden nicht in gleicher Weise ab¬
gebaut, unter anderem war auffallend, dass Karzinomeiweiss
immer sehr viel Abbauprodukte lieferte. Es wäre denkbar,
dass hier durch bakterielle Einflüsse der Abbau schon ein¬
geleitet oder eine Erleichterung des Abbauvermögens ein¬
getreten ist. Es ist zu hoffen, dass in all diese doch noch sehr
dunklen Vorgänge die optische Methode etwas mehr Licht
hineinbringen wird. Wir sind dabei, die hier gestreiften
Fragen von verschiedenen Gesichtspunkten aus zu verfolgen.
Zusammenfassend lässt sich ein Teil unserer Resultate so
formulieren:
Im Serum von Schwangeren, von Tumorträgern mit Ge¬
schwulst im Genitaltraktus und vielleicht auch bei Entzün¬
dungen ist ein proteolytisches Ferment vorhanden, das Ei-
weiss von Plazenta, Uterus und Ovar, von Tumoren des
Genitale und in geringerem Masse auch Muskeleiweiss abbaut.
Literatur.
E. Abderhalden: Schutzfermente des tierischen Organismus.
Berlin 1912, Springer. — E. Abderhalden: Synthese der
Zellbausteine in Pflanze und Tier. Berlin 1912, Springer. —
E. Abderhalden : Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden.
Bd. 5 und 6. — E. Abderhalden und M. Kiutsi: Biologische
Untersuchungen über Schwangerschaft. Zeitschr. f. physiol. Chemie,
Bd. 77, H. 4. — E. Abderhalden, R. Freund und L. Pin¬
cussohn: Serologische Studien mit Hilfe der optischen Methode
während der Schwangerschaft und speziell bei Eklampsie. Prak¬
tische Ergebnisse der Geburtshilfe und Gynäkologie. 2. Jahrgang.
1910, S. 367. — E. Abderhalden: Diagnose der Schwangerschaft
mit Hilfe der optischen Methode und des Dialysierverfahrens.
Münch, med. Wochenschr. No. 24, 36 und 40. Jahrgang 1912. —
R. Franz-Graz: Ueber die Bedeutung der Eiweisszerfallstoxikose,
bei der Geburt und der Eklampsie. Münch, med. Wochenschr. 191-
No. 31. — R. Franz - Graz und A. J a r i s c h : Beiträge zur Kennt¬
nis der serologischen Schwangerschaftsdiagnostik. Wiener klinische
Wochenschr. 1912, No. 39. — Erich Frank und Fritz H eimann
Die biologische Schwangerschaftsdiagnose nach Abderha’dei
und ihre klinische Bedeutung. Berliner klinische Wochenschr. 1912
No. 36. — Carl Oppenheimer: Die Fermente und ihre Wir¬
kungen. Leipzig 1910, F. C. W. Vogel.
. Februar 1913.
MUENcHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
291
ts der Kinder-Poliklinik und der Säuglingsklinik an der Uni¬
versität Halle a/S. (Direktor: Prof. Dr. Stoeltzner).
iber Larosan, einen einfachen Ersatz der Eiweissmilch.
Von Prof. Dr. S t o e 1 1 z n e r.
Der heisse Sommer 1911 brachte wie anderwärts, so
ch in Halle ein verhängnisvolles Anschwellen der Säuglings-
orbidität mit sich. Die Fälle, in denen wir das Bedürfnis
tten, Eiweissmilch anzuwenden, waren sehr zahlreich,
ider war aber die herstellende Fabrik offenbar ausserstande,
r grossen Nachfrage zu genügen. Die paar Flaschen Ei-
eissmilch, die in Halle käuflich zu haben waren, konnten
n Bedarf nicht im entferntesten decken; und ganz gewiss
damals mehr als ein Säugling zugrunde gegangen, den die
weissmilch hätte retten können.
Diese unerträgliche Notlage brachte mich auf den Ge-
nken. ob es nicht möglich sein sollte, für die Eiweissmilch
icn gleichwertigen Ersatz zu finden. Der Gang meiner
.'berlegungen war ungefähr folgender:
Die Reduktion der Molke und des Milchzuckers lässt sich
<ne weiteres durch Verdünnen der Milch erreichen. Wo-
rch unterscheidet sich nun eine mit der gleichen Menge
asser verdünnte Kuhmilch von der Eiweissmilch? Nach
n k e 1 s t e i n und L. F. Meyer* 1) enthält
Eiweiss
Fett
Zucker
P205
CaO
A Liter Kuhmilch
15 g
17,5g
22,5 g
1,22 g
0,86 g
1 Liter Eiweissmilch
30 g
25 g
15g
1,35 g
1,44 g.
Die Eiweissmilch enthält also gegenüber der mit der
Liehen Menge Wasser verdünnten Kuhmilch 100 Proz. mehr
fweiss, 43 Proz. mehr Fett, 33 Proz. weniger Zucker,
1 Proz. mehr P2O5 und 67 Proz. mehr CaO.
Die Unterschiede im Gehalt an Fett, Zucker und Phos¬
porsäure können die ausserordentliche therapeutische Ueber-
I renheit der Eiweissmilch nicht erklären. Im besonderen gilt
is auch für den um Ya geringeren Gehalt der Eiweissmilch
[ Milchzucker; die Bedeutung der Zuckerreduktion ist an-
i igs zweifellos überschätzt worden; auch F i n k e 1 s t e i n
d L. F. Meyer sind mit zunehmender Erfahrung immer
t igebiger im Zusatz von Kohlehydraten zur Eiweissmilch
^worden2), und alle übrigen Autoren stimmen dem bei3),
hs wesentliche Merkmal der Eiweissmilch
it der sehr hohe Gehalt an Eiweiss und an Kalk.
Ich kam nun auf den Gedanken, ob man nicht durch Hin-
'■ ügen von Kasein-Kalzium die mit der gleichen Menge
Gsser verdünnte Kuhmilch in dem erwünschten Masse mit
Fveiss und mit Kalk anreichern könnte. Fügt man einer
•Schling aus gleichen Teilen Milch und Wasser 2 Proz.
Sein-Kalzium hinzu, das einen CaO-Gehalt etwa von
- Proz. hat, so haben wir im Liter
Eiweiss
34,5 g
Fett
17,5 g
Zucker
22,5 g
p2o0
1,22 g
CaO
1,36 g.
Diese Zusammensetzung ist derjenigen der Eiweissmilch
' ähnlich, dass ich beschloss, mit Kasein-Kalzium angerei-
- rte Milchverdünnungen an Stelle der Eiweissmilch zu
• 'suchen.
Kasein-Kalzium gab es nicht zu kaufen; ich ging deshalb
'an es mir selber herzustellen. Ich habe Magermilch mit
! Teilen Wasser verdünnt, mit Essigsäure schwach an¬
kert, das ausfallende Gerinnsel abfiltriert und in Wasser
1 ,Kanz wenig Kalilauge wieder aufgelöst, nunmehr mit
Lüg Essigsäure noch einmal ausgefällt und dieses zweite
Mnnsel dann in Wasser, dem auf das Kasein berechnet
Proz. CaO zugesetzt waren, aufgelöst. Auf diese Weise
ielt ich eine schöne, wie Milch aussehende Kasein-Kalzium-
(ung. Es gelang mir jedoch nicht, aus dieser Lösung das
’) Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 71, 1910.
) Finkeistein und L. F. Meyer: Münch. ined. Woclien-
jnit 1911, S. 340. Benfey: Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 75, H. 3,
l) z. B. Birk: Monatsschr. f. Kinderheilk., Bd. 9, No. 3.
Kasein-Kalzium in einer brauchbaren trockenen Form zu
gewinnen.
Mit diesen Vorbereitungen war die heisse Zeit des Jahres
1911 dahingegangen, ohne dass es zu praktischen Versuchen
an kranken Kindern gekommen wäre. Mit dem Nachlassen
der Hitze konnte der verringerte Bedarf an Eiweissmilch
wieder regelmässig gedeckt werden, und mein Interesse am
Kasein-Kalzium trat vorübergehend hinter andere Arbeiten
zurück. Erst im Februar 1912 habe ich den Gedanken, mit
Kasein-Kalzium angereicherte Milchverdünnungen an Stelle
der Eiweissmilch zu versuchen, wieder aufgenommen. Ich
wandte mich nunmehr an die Firma F. Hoffmann-La Roche
öc. Co. in Grenzach mit der Bitte, mir zu Versuchszwecken
Kasein-Kalzium in Pulverform, mit einem CaO-Gehalt von
2,5 Proz., herzustellen.
Die Firma ging mit dankenswerter Bereitwilligkeit auf
diese Bitte ein. Leider zeigte sich, dass, obwohl alle Hilfs¬
mittel der Technik zur Verfügung standen, die Herstellung
eines feinkörnigen und leichtlöslichen Kasein-Kalzium-Pulvers
zunächst nicht gelingen wollte. Es bedurfte monatelanger
Anstrengungen, um die Schwierigkeiten einigermassen zu
überwinden. Die ersten kleinen Versuchsproben erhielt ich
im April 1912, aber erst von Mitte Juli 1912 ab konnten mir
regelmässig ausreichende Versuchsmengen eines praktisch
brauchbaren Präparates überlassen werden. Immerhin fallen
auf diese Weise die heissen Wochen des Jahres 1912 in die
Versuchszeit. Im ganzen beträgt die Zeit, die ich bisher das
Kasein-Kalzium ohne Unterbrechung in der Behandlung von
ernährungsgestörten Säuglingen verwende, etwas über
6 Monate.
An Feinkörnigkeit und konstant guter Löslichkeit ist das
Kasein-Kalzium inzwischen immer weiter vervollkommnet
worden. Das jetzige, von Hoffmann-La Roche Larosan
genannte Präparat darf als technisch einwandfrei bezeichnet
werden. Es ist ein lockeres, feines, geschmackloses weisses
Pulver, das sich in heisser .Milch gut auflöst, und dessen
wässerige Lösung neutral reagiert.
Die Zubereitung der Larosanmilch geschah stets folgen-
dermassen:
20 g Larosan wurden mit ungefähr dem dritten Teile eines halben
Liters frischer Milch kalt angeriihrt; die beiden anderen Drittel des
halben Liters Milch wurden inzwischen zum Kochen gebracht. Dann
wurde beides zusammengegossen, und das Ganze unter ständigem
Rühren 5 — 10 Minuten lang gekocht. Zum Schluss wurde durch ein
Haarsieb geseiht und mit der gleichen Menge Verdünnungsfliissigkeit
gemischt.
Die Verdünnungsflüssigkeit bestand je nach Lage des Falles ent¬
weder aus abgekochtem Wasser oder aus Schleim oder Mehlab¬
kochungen.
Zucker wurde in den ersten Tagen nicht zugesetzt, bis die Stühle
fester geworden waren; war dies erreicht, so wurde der Verdünnungs¬
flüssigkeit vorsichtig steigend von 1 — 5 Proz. Zucker zugesetzt, in
Ausnahmefällen schliesslich auch noch mehr. Am besten bewährten
sich als Zuckerzusatz maltosehaltige Präparate — ich bevorzugte
S o x h 1 e t s Nährzucker — ; viele, aber nicht alle Kinder vertrugen
jedoch auch einen Zusatz von Rübenzucker bis zu etwa 2A* Proz.
der Verdünnungsflüssigkeit; vollständig abgesehen habe ich von der
Verwendung des Milchzuckers.
Zu Beginn der Behandlung erst einmal 12—24 Stunden Wasser¬
diät einhalten zu lassen, habe ich nur in toxischen Fällen nötig ge¬
funden. Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Mahlzeiten habe
ich immer mindestens 3 Stunden betragen lassen. Die jedesmaligen
Nahrungsmengen wurden ungefähr so gewählt, wie es bei der Eiweiss¬
milch üblich ist; nur bin ich im ganzen etwas freigebiger verfahren,
insbesondere habe ich auf eine Mahlzeit niemals weniger als 20 g
geben lassen und bin meist schnell zu kalorisch ausreichenden
Mengen angestiegen, ohne dass die Erfolge deswegen schlechter ge¬
wesen wären. Bevor ausreichende Mengen vertragen wurden, wurde
selbstverständlich neben der Larosanmilch reichlich abgekochtes
Wasser oder dünner Fenchelthee ohne Zucker verabreicht.
Die Prüfung des Larosans geschah zunächst im St. Elisa¬
beth-Kinderheim zu Halle a. S., das der ärztlichen Leitung
von Frau Dr. Stoeltzner untersteht, an 34 ernährungs¬
gestörten Säuglingen, die in der Mehrzahl monatelang fort¬
laufend klinisch beobachtet werden konnten. Die an diesen
Kindern gewonnenen Erfahrungen wurden weiterhin bestätigt
durch 19 poliklinische Fälle, ferner durch eine Reihe von
Fällen in der Privatpraxis, und schliesslich seit dem 30. No¬
vember 1912 an 23 Säuglingen, die in der neuen Hallenser
Säuglingsklinik mit Larosan behandelt worden sind.
292
MUENcHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. (\
Ein näheres Eingehen auf die einzelnen Fälle würde den
Rahmen dieser Mitteilung überschreiten und mag für eine
andere Gelegenheit Vorbehalten bleiben. Ich kann die
Erfolge kurz dahin zusammenfassen, dass die
Larosanmilch mindestens dasselbe leistet
wie die E i w e i s s in i 1 c h.
Im Grunde handelt es sich auch bei der Eiweissmilch
nicht um eine einheitliche Wirkung, sondern um zwei ver¬
schiedene Wirkungen, die sich allerdings in sehr glücklicher
Weise miteinander verbinden. Das eine ist die antidyspep-
tische Wirkung, die in der Bildung von Seifenstühlen ihren
Ausdruck findet. Das Larosan wirkt in dieser Richtung offen¬
bar dadurch, dass die Kaseinzulage die Darmfäulnis begünstigt
und damit den sauren Gärungen entgegenwirkt, während die
Kalziumzulage nach dem Massenwirkungsgesetze den Umfang
der Kalkseifenbildung im Darm vergrössert. Die in der
Larosanmilch enthaltene Fettmenge ist für die Bildung von
Seifenstühlen offenbar vollständig ausreichend. An sich
dürfte ein geringerer Fettgehalt eher vorteilhaft sein.
Die zweite Wirkung, die wie der Eiweissmilch so in aus¬
gesprochenem Masse auch der Larosanmilch zukommt, ist eine
schnelle Hebung der Toleranz gegen Kuhmilch. Diese Wir¬
kung zeigt sich sehr deutlich bei Kindern mit schwererem
Milchnährschaden, die zur Zeit keine dyspeptischen Stühle
entleeren; hier pflegt fast sofort nach Einleitung der Ernährung
mit Larosanmilch das Körpergewicht anzusteigen, und damit
die Reparation einzusetzen.
Ueber das Zustandekommen dieser toleranzerhöhenden Wirkung
habe ich meine persönliche Ansicht, die ich seinerzeit in meinem
Oxypathiebuche näher ausgeführt habe. Beim Larosan wie bei der
Eiweissmilch können sich wegen relativen Ueberschusses des Kal¬
ziums über die Phosphorsäure im Darm Kalkseifen bilden, ohne dass
es durch Umsetzung der hohen Fettsäuren mit phosphorsaurem Kalk
zur Entbindung freier Phosphorsäure kommt, die nach meiner Auf¬
fassung als unverbrennbare Säure toleranzschädigend wirkt. Im
übrigen wird natürlich die praktische Brauchbarkeit auch von Säug¬
lingsnahrungen durch theoretische Erklärungsversuche weder erhöht
noch vermindert.
Die Larosanmilch kann nicht den Anspruch erheben,
etwas wesentlich neues zu sein. Neu ist nur die äussere
Form, das Larosan ist sozusagen das wirksame Prinzip der
Eiweissmilch. In der praktischen Anwendung hat aber das
Larosan vor der Eiweissmilch viel voraus. Mindestens in
einer Beziehung übertrifft das Larosan die Eiweissmilch so¬
gar an therapeutischer Wirkung, indem nämlich die
bei der Eiweissmilch so häufige vorüber¬
gehende Verschlechterung der Kinder in den
ersten Tagen der Behandlung, bei der Laro¬
sanmilch fortfällt. Es ist das eine sehr merkwürdige
Erfahrung, die ich mir nicht näher zu erklären vermag, die
aber zweifellos zu Recht besteht. Als zweitwichtigsten Vor¬
zug hat das Larosan vor der Eiweissmilch den be¬
deutend billigeren Preis voraus. Ferner ist es in
der Form kompendiöser, und besonders bei älteren
Kindern wird schliesslich auch das bessere Aussehen
und der bessere Geschmack des Larosans angenehm
empfunden werden. Tatsächlich leistet das Larosan auch bei
älteren Kindern in geeigneten Fällen, wie ich mich wiederholt
überzeugen konnte, gute Dienste 4).
Aus der Universitäts-Frauenklinik zu Strassburg.
Ein seltener Fall von Kolipyämie; zugleich ein Beitrag
zur klinischen Bedeutung des Bakterienanaphylatoxins.
Von Privatdozent Dr. A. Hamm, Oberarzt der Klinik.
Die zu Beginn der bakteriologischen Aera allgemein ge¬
hegte Hoffnung, ein ätiologisches Einteilungsprinzip der Wund¬
infektionskrankheiten nach mykotischen Gesichtspunkten auf¬
stellen zu können, hat sich mehr und mehr zerschlagen. Zwar
steht fest, dass einigen wenigen Wundinfektionserregern ein
ganz typisches Krankheitsbild eigen ist — ich denke be¬
sonders an Tetanus, vielleicht auch Diphtherie — , aber diese
4) Das Präparat wird Interessenten von der Firma F. H o f f -
mann-La Roche & Co. in Qrenzach (Baden) zur Verfügung ge¬
stellt und soll in nächster Zeit dem Handel übergeben werden.
Ausnahme bestätigt doch bloss die allgemeine Regel, dass wir
aus dem Symptomenbild des vorliegenden Krankheitsfalles
einen sicheren Rückschluss auf den infektionsauslösenden
Keim meist nicht machen können. Diese Tatsache hat durch
die Entdeckung des Bakterienanaphylatoxins durch Fried-
berger [l] vielleicht eine plausible Erklärung gefunden.
Friedberger und seine Mitarbeiter konnten tier¬
experimentell nachweisen, dass bei dem parenteralen Abbau
des Bakterieneiweisses unspezifische giftige Zwischenpro¬
dukte entstehen, die er analog dem bei der Serumanaphylaxie
seit längerer Zeit bekannten Gift als „Bakterienana-
p h y 1 a t o x i n“ bezeichnet hat.
Mit diesem anaphylaktischen Gift ist es gelungen, beim
Tier genau dieselben Erscheinungen hervorzurufen, wie wir
sie beim infizierten Menschen zu sehen gewohnt sind, ja inan
vermag sogar unter Variierung der Dosis und der Zeit der
Einspritzung die mannigfachen Symptome der verschiedenen
Infektionskrankheiten direkt künstlich zu erzeugen. Fried¬
berger ist daher geneigt, die den einzelnen Infektionskrank¬
heiten gemeinsamen Symptome einheitlich als anaphy¬
laktische Giftwirkung aufzufassen.
Dold [1] schliesst sich dieser Auffassung im allgemeinen
an und spricht neuerdings sogar die Vermutung aus, dass die
Pathogenität und die Virulenz der Infektionserreger
hauptsächlich abhängig ist von der Schnelligkeit, mit der die
Keime sich im Wirtskörper zu vermehren vermögen, mit an¬
deren Worten, dass die Schwere der Vergiftung ceteris
p a r i b u s lediglich durch die Quantität des artfremden Bak¬
terieneiweisses bedingt ist. Dass mit dieser Auffassung
D o 1 d s auch die Wichtigkeit der Phagozytose sowie den
Bakteriolyse in einem neuen Lichte erscheint, soll nui
nebenbei erwähnt werden.
Jedenfalls wird mit dieser Hypothese die alte Lehre
von der ausschliesslichen Bedeutung der Endotoxine
R. Pfeiffers vollständig in den Hintergrund gedrängt, be¬
sonders von denen, die mit Friedberger das relativ un-
giftige Endotoxin direkt als die Muttersubstanz des hoch¬
giftigen Anaphylaxietoxins auffassen und die anaphylaktische
Giftwirkung als die wesentliche und ausschlaggebende ansehen
Ob diese Annahme zurecht besteht, lässt sich heute nocl
nicht überblicken. B e s s a u [2] hat jüngst wichtige Bedenkei
dagegen erhoben und will experimentell den sicheren Bewei:
für die Verschiedenheit von Endotoxin und Anaphylaxietoxii
erbracht haben.
Wie dem auch sei, jedenfalls ist die experimentelle Grund
läge des Bakterienanaphylatoxins heute eine so gefestigt»,
dass wir an der Möglichkeit einer bakteriell-anaphylak
tischen Giftwirkung nicht mehr zweifeln dürfen, sondern un
fragen müssen, ob nicht auch unter den am Krankenbet
schwer Infizierter zu beobachtenden Vergiftungserscheinungei
solche Symptome auftreten, die den Charakter der anaphylak
tischen Giftwirkung an sich tragen?
Vor wenigen Monaten hatten wir Gelegenheit, auf unsere
septischen Abteilung einen Fall zu verfolgen, bei dem sic
einem allerdings der Gedanke an eine anaphylaktische Ver
giftung unwillkürlich aufdrängte. Es handelte sich um ein
28 jährige, früher immer gesunde VI. Gebärende, bei der de
Arzt 3 Tage vor ihrer Einlieferung in die Klinik, bei be
stehender Koliinfektion der Harnwege (lokales Disposition«
moment!) digital und mit der Kürette eine Abortausräumun
vorgenommen hatte.
Bereits eine Stunde nach der Ausräumung bekam di
Patientin einen intensiven Schüttelfrost mit hohem Fiebei
die Fröste wiederholten sich an den beiden folgenden Tage
mit so beängstigenden dyspnoischen Beschwerden, das
der Arzt die Frau der Klinik überwies. Gleich nach ihrei
Eintritt stellten sich im Abstand von zwei Stunden zwei sei
heftige Fröste ein: die Frau schüttelte sich krampfartig in¬
dem ganzen Körper, das Gesicht war blass, die Konjunktive
stark injiziert, die Pupillen klein, reaktionslos, der Puls klei¬
frequent, leicht unterdrückbar, die Atmung stark beschleunig
der Thorax in ausgesprochener Inspirationsstellung, die akze;
sorischen Atemmuskeln in angestrengter Tätigkeit. Dabei b<
stand heftiger Brechreiz, besonders gegen Schluss des Anfall
Die Temperatur betrug am Ende des ersten Frostes 42°, nac
dem zweiten sogar 42,5 °.
1 ■ Februar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCH?! WOCHENSCHRIFT.
Derartige dyspnoische Anfälle mit Schüttelfrost und Er-
rechen machte die Frau während der 45 Tage, die sie bis
u ihrem I ode in der Klinik war, wie aus der beigefiigten
u r v e deutlich zu ersehen, 42 mal durch, nicht selten kamen
wei Anfälle hintereinander im Abstand von 1—3 Stunden,
293
war die ganze Lunge frei, kein grösserer Embolus zu finden,
der die eigenartigen agonalen Symptome erklärte.
Der Seltenheit des Falles wegen führe ich die Tem¬
per a t urkurve sowie das von Herrn Prof. Dr. C h i a r i
mir gütigst zur Verfügung gestellte Sektionsprotokoll an:
_ Temperatur
_ Puff
t Schüttelfrost
jeist dauerten sie 'A — % Stunden an. Im Vordergrund der
'/mptome stand jedesmal das beängstigende Er-
' ickungsgefühl, das zunächst, an grössere oder
leinere Lungenembolien denken liess, allerdings auffällig
;instig durch intravenöse A d r e n a 1 i n i n j e k -
ion beeinflusst wurde. Ganz aussergewöhnlich war
1 mer, wie schnell sich die Patientin von ihren Anfällen er-
1 Ite, und wie sie in der anfallsfreien Zeit sich meist so ge-
nd fühlte, dass sie oft nur mit Mühe im Bett gehalten werden
nnte.
Der letzte Anfall stellte sich mit ganz besonderer Ve-
menz ein: volle vier Stunden bestand schwerste Dyspnoe
ter unausgesetztem, konvulsionsartigem Schütteln des Kör-
rs; anfangs tobte die Frau, man möge ihr doch Luft zu-
iren, sie ersticke, später wurde sie bewusstlos, schliesslich
tzte die Atmung bei noch erhaltenem Puls ganz aus; für eine
abolie konnten wir das nicht recht ansehen.
Um so gespannter waren wir daher auf das Resultat der
n Herrn Prof. Chiari ausgeführten Autopsie. Was fand
h? Im linken unteren Lungenlappen ein haselnussgrosser,
morrhagischer Infarkt, in einzelnen Zweigen der Pulmonal-
terie dieses Lappens wenige kleine, fahle Emboli, sonst
Frau D. Sekant: Prof. Chiari.
Sektionsprotokoll vom 31. Mai 1912.
...... „Die Präparation der Laparotomiewunde erweist auch
ihre peritoneale Seite vollkommen geschlossen. Hingegen findet sich
im Panniculus subcutaneus, der Wunde entsprechend, eine mit zer¬
flossenem Fettgewebe und etwas Blut erfüllte spaltförmige Höhle
von 12 cm Länge, 4 cm Breite und 2 cm Tiefe. An dem Peritoneum
der Laparotomiewunde das grosse Netz mit. seinem unteren Rande
angewachsen; desgleichen zart verklebt das Zoekum und S. romanum.
bei deren Lösung gelblichgrüner Eiter ausfliesst. Das Zwerchfell
rechts an der 2., links an der 3. Rippe. Die rechte Lunge frei,
desgleichen die linke. Beide Lungen von mittlerem Blutgehalte, luft¬
haltig. Auf der Pleura visceralis des hinteren Randes des linken
Unterlappens ein zarter Anflug fibrinösen Exsudates. Im unteren
Rande dieses Unterlappens nach hinten zu ein 1 ccm grosser, z. T.
vereiterter, bräunlicher, hämorrhagischer Infarkt. In einzelnen
Zweigen der Pulmonalarterie in der linken Lunge fahle Emboli.
Im Herzbeutel etwa 10 ccm leicht rötlichen Serums. Das
Herz schlaff, seine Klappen zart, ebenso die Intima der grossen Qefässe.
Bei der Untersuchung des Situs viscerum abdomin. zeigt sich
in der Excavatio ante- et retrouterina, ferner auch um die Adnexa
uteri Eiter. Diese Eiterung gegen die freie Bauchhöhle durch fibrinöse
Verklebungen der Viscera abdominalia und zwar des Zoekums und
S. romanum mit dem Uterus und dem Parietalperitoneum abge¬
schlossen.
Leber blass, sehr weich; in ihrer Blase helle Galle.
Milz gewöhnlich gross, blass, weich.
Die Nieren blass, stark gelockert. Schleimhaut des harn-
leitenden Apparates blass. Die Va gi n a o. B., desgleichen der etwas
weichere Uterus.
294
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 6.
Tuben nud 0 v a r i e n o. B.
In den Vene n der Parametrien reichliche Thromben von fahler
Farbe. Die V. sperm. i. sin. bis hinauf zur V. renalis sin. durch
fahle Thrombenmasse obturiert. Die V. sperm. i. d e x t r a bis
zur V. cava inf. hinauf thrombosiert und in beginnender Obliteration.
Die V. i 1 i a c a externa, interna et communis s i n i s t r a durch
fahle Thrombusmasse obturiert, desgleichen die V. iliaca interna
dextra. In der V. il. com m. dextra entsprechend der Mündung
der V. il. int. dextra parietale Thrombose. Solche auch in der V. cava
inferior an der Mündung der V. il. comm. sin. und an der Mündung
der V. spermatica dextra.
Die V. spermatica i. d. et sin. ca. 2 cm über der Linea terminalis
ligiert. Desgleichen am Peritoneum parietale entsprechend der
Zusammenflussstelle; der V. il. int. et ext. dextra mehrere Ligaturen
(hier war eine Ligatur der V. il. i. d. versucht worden).
Magen und Darm o. B„ ebenso Pankreas und Nebennieren.
Pathol. - anat. Diagnose:
Thrombosis venarum pelvis (post abortum).
Infarctus haemorrhagicus lobi inf. pulm. sin. partim in sup-
puratione.
Degeneratio parenchymatosa. Pyohaemia.
Suppuratio vulneris post ligaturain v. spermat. int. utriusque.“
Epikritisch möchte ich noch besonders hervorheben die Tat¬
sache, dass von der zur Zeit der Abortausräumung nachgewiesenen
Koli zystitis und -pyelitis, die in der 2. Krankheitswoche
mit deutlicher Pneumaturie1) kombiniert war, dann aber in
der 5. Woche spontan abheilte, bei der Autopsie keinerlei Symptome
mehr nachweisbar waren; der primäre Infektionsherd, der für die
puerperale Infektion als „lokaler Dispositionsfaktor“ offenbar aus¬
schlaggebend gewesen war, Hess sich autoptisch nicht mehr fest¬
stellen.
Zum Verständnis dieses schweren Krankheitsbildes,
das mit so aussergewöhnlich geringen pathologisch-ana¬
tomischen Veränderungen einherging, kann daher bloss eine,
speziell das Vasomotorenzentrum lähmende Giftwirkung in
Betracht kommen. Eine solche scheint mir für den vorliegen¬
den Fall am natürlichsten in einem direkt in die Blutbahn ein¬
geschwemmten Bakteriengift bzw. in dessen Abbauprodukten
gegeben.
Es hatte sich nämlich im Anschluss an die Abortaus¬
räumung eine Thrombose der Beckenvenen gebildet, die all¬
mählich so weiterwanderte, dass bei dem Operationsversuch
am 39. Krankheitstage nur noch die Vv. spermaticae, nicht
mehr die Vv. hypogastricae unterbunden werden konnten und
bei der Autopsie annähernd das ganze Venengebiet der unteren
Körperhälfte bis in die Vena cava inferior mit fahlen, z. T.
eitrig-schmierigen, bröckeligen Thrombenmassen obturiert
war. In dem weichen Thrombenmaterial sowie im Herzblut
und in der Milz liess sich sowohl im direkten Deckglas¬
präparat wie durch ausgiebige aerobe und an aerobe
Züchtung nichts we ter als eine Reinkultur hämo¬
lytischer Kolibakterien nachweisen. Dieselben
Keime hatte ich an der Lebenden2) wiederholt in Rein¬
kultur in der Scheide sowie im Urin aufgefunden, es war mir
hingegen nie gelungen, trotz wiederholter Entnahme reich¬
licher Blutmengen direkt im Schüttelfrost und trotz
Verwendung der neueren Anreicherungsverfahren
für Kolibakterien die Keime im Blute selbst nachzuweisen; bei
dem protahierten agonalen Schüttelfrost war das Blut aller¬
dings nicht mehr untersucht worden.
Es ist ja bekannt, dass gerade die Kolibakterien im
strömenden Blute sehr schnell zu Grunde gehen, aber in
unserem Falle muss es sich doch um eine abnorm rasche Ver¬
nichtung der Keime im Blute gehandelt haben. Dafür spricht
einmal die Tatsache, dass trotz der ausgedehnten Thrombosen,
trotz der gehäuften Aussaat des infizierten Thrombenmaterials,
gekennzeichnet durch die Schüttelfröste, ausser dem kleinen
eitrigen Lungeninfarkt keinerlei metastatische Herde im Or¬
ganismus nachweisbar waren; ferner der stets negative Aus¬
fall der bakterioskopischen Blutuntersuchung selbst bei der
Blutentnahme während des Schüttelfrostes, wo man doch an¬
nehmen musste, dass die Keime eben erst in den Kreislauf
hineingeschwemmt worden waren. — Und gerade in dieser
‘) Lieber die Fähigkeit des B. coli, Pneumaturie hervor¬
zurufen cf. Adrian und Hamm; Beitrag zur Kenntnis der Pneu¬
maturie. Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir., Bd. 17, 1907, p. 10.
-) Zur Bestätigung der schönen Untersuchungen Schott-
m ii Ilers [6 1 hebe ich hervor, dass auch bei unserem Falle anfangs
ein ausgedehnter Herpes faciei et linguae bestanden hatte;
ich möchte daher den Herpes als „prognostisch günstiges Zeichen“
(S c h o 1 1 m ii 1 1 e r, p. 47) nur mit grosser Vorsicht verwerten.
aussergewöhnlich rapiden Zerstörung der Infektionserreger ist
vielleicht die Ursache für die besonders heftigen Vergiftungs-
erscheinungen zu suchen, die unseren Fall vor anderen Koli-
pyämien auszeichneten.
Ich möchte nämlich angesichts des ganzen Krankheitsver¬
laufs sowie des die Todesursache nur ungenügend erklärenden
pathologisch-anatomischen Befundes den Grund für das Er¬
liegen des Organismus in einer akuten Giftwirkung
d e r in grosser Menge aus dem infizierten Thrombenmaterial
in den Blutkreislauf hineingeschwemmten Kolibakterien
erblicken.
Die exakte experimentelle Analyse der Giftwir¬
kung ist uns heute leider noch nicht möglich; wir besitzen
weder eine Methode, das im menschlichen Organismus ge¬
bildete Bakterienanaphylatoxin nachzuweisen und i
von anderen ähnlichen Giftwirkungen mit Sicherheit zu unter¬
scheiden, noch vermögen wir über die spezifische Wirkung
der Koliendotoxine beim Menschen irgendwie Ge¬
naueres auszusagen. Dass eine Endotoxinwirkung in unserem
Falle vorlag, wäre ja bei der raschen, offenbar durch Bakterio-
lyse hervorgerufenen Vernichtung der Keime von vornherein
durchaus nicht unwahrscheinlich; bloss entsprechen die vorhin
erwähnten Symptome viel weniger den im Tierexpenment
mit Kolitoxinen hervorgerufenen Erscheinungen — es liegen
darüber ältere Untersuchungen von Gilbert, Roger [4 1
und Gautier [5] vor — als den für die Wirkung des Bak-
terienanaphylatoxins so ausserordentlich charakteristischen
Merkmalen.
Ausserdem scheint mir für die Annahme, dass bei dem
rapiden Keimuntergang im Blut reichlich körper¬
fremdes Eiweiss frei wurde, dessen Abbaupro¬
dukte die schweren Vergiftungserscheinungen auslösten,
besonders auch die Tatsache zu sprechen, dass die Patientin
sich von ihren dyspnoischen Anfällen so ausserordentlich
rasch erholte: sobald das körperfremde Eiweiss zerstört, d. h.
in ungiftige Endprodukte abgebaut war, fühlte sich die Frau
wieder gesund.
Ich bin mir wohl bewusst, dass ich diesen Erklä¬
rungsversuch vorläufig als rein hypothetischen
ansehen muss, da uns für die Analysierung der Bakterien¬
giftwirkungen am Menschen die nötigen objektiven Unter¬
suchungsmethoden noch völlig abgehen, aber immerhin glaube
ich, den mitgeteilten Fall als markantes Beispiel dafür an¬
führen zu können, dass die Frage, ob es Infektionskrankheiten
gibt, bei denen die Allgemeinvergiftung wesentlich auf ana¬
phylaktisches Gift zu beziehen ist, nicht nur theoretisches
Interesse bietet, sondern auch klinisch weitgehende Beachtung
verdient.
Literatur.
1. Dold: Das Bakterienanaphylatoxin, Jena 1912 (mit aus¬
führlichem Literaturverzeichnis). — 2. Bessau: Ueber die Diffe-
| renzierung bakterieller Gifte. Münch, med. Wochenschr. 1912, No. IS.
p. 802. — 3. Hamm; Die puerperale Wundinfektion, Berlin 191-’,
p. 61. — 4. Gilbert, Roger: cf. Baumgartens Jahresber.
1893, p. 293. — 5. Gautier: Les toxines mtcrobiennes et animales.
Paris 1896, p. 580. — 6. S c h o 1 1 m ii 1 1 e r: Ueber Febris hepatica.
Beitr. z. Klinik d. Infektionskrankh. u. z. Immunitätsforschung, Bd. 1.
1912, p. 44.
Ueber Erblichkeit des Atherom.
Von Hans Schneider.
Untersuchungen der letzten Jahre haben bekanntlich du
Erblichkeit einer grossen Zahl krankhafter Erscheinungen und
Anomalien beim Menschen dargetan. Eine recht häufige patho
logische Erscheinung, das Atherom, wurde aber bisher nocl
nicht als vererbbar erkannt 1). Es wird daher von Interess.
sein, wenn ich hier den Stammbaum einer Familie mitteile
in der das Atherom erblich auftritt. Da ich selbst dem vor;
dem jüngeren Gliede der 2. Generation sich ableitenden, be¬
sonders interessierenden Familienzweig angehöre und dk
Personen desselben von der 3. Generation ab sämtlich kenne
mich ferner für die 1. und 2. Generation auf übereinstimmende
Aussagen von Personen der 3. Generation stützen kann, ver
') Nach dankenswerter mündlicher Mitteilung Herrn Geheimrat'
' Ribbelt- Bonn.
11. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
295
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Stammbaum der Elisabeth von der Burg aus Mülheim-Ruhr. (Atherom.)
Fs
nag ich für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufstellung
n Bezug auf diesen Familienzweig voll einzutreten.
Den anderen Zweig, der sich von dem älteren Oliede der
!. Generation ableitet, kenne ich nicht. Nach schriftlicher Mit-
eilung des Herrn Dr. med. Thönes - Essen 2), der seiner
l. Generation angehört, sind alle Personen desselben, mit
■ i n e r Ausnahme, frei von Atherom. Ich habe ihn daher nur
üs zur 3. Generation dargestellt. Die erwähnte Ausnahme
ictrifft eine Person der 4. Generation, die Trägerin einer
Uheromgeschwulst ist. Doch liegt hier höchstwahrscheinlich
Belastung von seiten der in die Familie hineingeheirateten
vlutter dieser Person vor, in deren Familie nach Angabe des
genannten Gewährsmannes ebenfalls Atherom auftritt.
Zu der Wiedergabe des Stammbaumes ist folgendes zu be¬
merken : Kreise bedeuten weibliche, Quadrate männliche Individuen.
Schwärzung dieser Symbole zeigt das Vorhandensein von Atherom-
.eschwulsten an. Die in die Familie hineingeheirateten Personen
ind nicht markiert, da sie nachweislich alle aus Familien mit in-
teziig auf Atherom reinem Stammbaum kamen. Es sind überall
amtliche Nachkommen, die ein Alter von mehr als 12 Jahren er¬
dicht haben, dargestellt. Die Unterklammerung der Zeichen für die
. und 10. Person der 4. Familie in der 4. Generation besagt, dass
ier Zwillinge vorliegen. Beide sind Träger von Atherom-
eschwiilsten.
Ein Blick auf den Stammbaum lehrt nun, dass das pathologische
Merkmal sich von der 1. bis zur 4. Generation ohne Unterbrechung
berträgt. Ein Zufall kann dies kaum sein; es handelt sich also um
Erblichkeit. Beim Uebergang zur 5. Generation — die meisten Nach-
ommen der 4. Generation sind, da das Atherom ja erst spät in
uchtbarkeit tritt, leider noch zu jung, um in Betracht gezogen werden
u können — scheint aber eine Ausnahme vorzuliegen. Das älteste
ndividuum der 4. Familie vierter Generation ist nicht selbst Träger
es Merkmals, überträgt es aber auf einen seiner Nachkommen.
Sein Zeichen ist daher gestrichelt.) Das kann aber nicht gegen die
amilienerblichkeit des Atheroms ins Feld geführt werden, da das
leiche auch bei slrcng mendelnden, dominanten Charakteren aus-
ahmsweise vorkommt. Ausserdem spricht gegen die Spontaneität
es Auftretens von Atherom bei dem fraglichen Individuum der
. Generation deutlich der Umstand, dass es gerade der Familie
ierter Generation entstammt, in der sich die erbliche Belastung am
uffälligsten kundtut.
Der mitgeteilte Stammbaum zeigt also (zum ersten Male),
lass das Atherom unter Umständen ausgesprochen erblich auf¬
ritt. Eine andere Frage, zu deren Inangriffnahme diese kurze
Mitteilung die Anregung geben mag, ist es, ob das Atherom
mmer erblich ist oder ob es, wenn auch nicht immer (wie
nan bisher annahm), so doch oft auch spontan auftritt. Sicher-
ich hat man bis jetzt zu wenig auf die Verteilung des patho¬
logischen Charakters innerhalb der mit Atherom belasteten
Gmilien geachtet.
Ueber den Modus der Vererbung des pathologischen
Merkmals gibt der Stammbaum keine sichere Auskunft, wie
s nicht anders zu erwarten ist. Die Vermutung ist allerdings
icht von der Hand zu weisen, dass das Merkmal mendelt.
Hierfür spricht besonders die Art des Auftretens von
vtherom in der vielköpfigen 4. Familie der 4. Generation, deren
bieder zur Hälfte Träger von Atheromgeschwülsten sind,
rührend die andere Hälfte der Familie davon frei ist. Das
timmt gut zu den Erwartungen, die man nach den sonstigen
rfahrungen an erblichen Anomalien beim Menschen für ein
lendelndes Merkmal hegen darf. Dass in der 2. Generation
ieselbe Verteilung herrscht, kann schon eher dem Zufall zu-
eschrieben werden. (Im Durchschnitt sind 37 K Proz. der
lachkommen Träger des pathologischen Merkmals.) Da der
"’) Dem ich für die freundliche Hilfe meinen Dank ausspreche.
pathologische Charakter abgesehen von dem besprochenen
Vorkommnis in der 5. Generation, nur durch Personen ver¬
erbt wird, die ihn auch äusserlich zur Schau tragen, so sind
wir berechtigt, ihn (falls er tatsächlich mendelt) für domi¬
nierend zu halten.
Die Beantwortung der Frage, welche von den zur Her-
vorrufung des Atheroms erforderlichen Bedingungen es eigent¬
lich sind, die vererbt werden, wird wohl dem Pathologen
überlassen werden müssen.
Aus der Kgl. Universitäts-Poliklinik für Hals- und Nasenkranke
zu Königsberg i. Pr. (Direktor: Prof. Dr. Gerber).
Die elektrolytische Behandlung der Trigeminusneuralgien.
Von Dr. Aurelius R e t h i, Assistent.
Bei der grossen Zahl von Möglichkeiten, die als Ursachen
von Trigeminusneuralgien in Frage kommen, muss die Fest¬
stellung des ätiologischen Moments — hier noch mehr wie
sonst — jedem therapeutischen Versuche vorangehen. Die
symptomatische Therapie ist nur berechtigt, wenn für eine
kausale Behandlung keine Basis gewonnen werden oder keine
Erfolge mit ihr erzielt we'rden konnten. Obwohl wir in
unserer Klinik Trigeminusneuralgien meist bei Patienten mit¬
vermuteten oder auch wirklich vorhandenen Nebenhöhlen¬
affektionen sehen, will ich doch hier noch auf zwei Ur¬
sachen hinweisen, welche oft ausser Acht gelassen werden:
Malaria und Syphilis. Natürlich müssen wir auch der übrigen
möglichen Ursachen gedenken: Stuhlverstopfung, Zahnkrank¬
heiten, Oberkieferknochenerkrankungen, Nasennebenhöhlen¬
empyemen, Anämie, Chlorose, Arteriosklerose, Influenza,
Typhus, Gelenkrheumatismus, Gicht, Diabetes, wie auch In¬
toxikation mit Blei, Quecksilber, Nikotin, Alkohol und die
direkten Schädigungen des Trigeminus. Ich habe die ersteren
zwei akzentuiert, weil ich selbst erlebte, dass solche Patienten,
welche symptomatisch behandelt und nicht geheilt wurden,
nach regelrechter spezifischer Kur rapide Besserung zeigten.
Leider wird auch bei richtiger Erkenntnis des ursächlichen
Zusammenhanges eine kausale Therapie nicht immer mit Er¬
folg gekrönt. Dann tritt unser eigentliches antineuralgisches
Vorgehen in seine Rechte. Abgesehen von der medikamen¬
tösen Therapie stehen uns — wie bekannt — die Galvanisation,
die Nervendehnung, Nervendurchtrennung, die Neurexairesis
(Nervenausreissen) und die Ausrottung des Ganglion Gasseri
zur Verfügung.
Die Galvanisation bringt hie und da ausreichende Resul¬
tate; die Nervendehnung und die einfache Durchschneidung
des Nerven können wir mit Recht als obsolet betrachten.
Karotiskompression oder sogar Unterbindung der Carotis
communis wird heutzutage gewiss niemand mehr einer Neu¬
ralgie wegen ausüben. Bessere Resultate gibt das Ausreissen
des Nerven, da hier das Zusammenwachsen viel weniger, oder
nur nach längerer Zeit auftritt, wie nach der einfachen Durch-
trennung. Die Ausrottung des Ganglion Gasseri ist immer
erfolgreich, ausgenommen, wenn die Neuralgie von zerebralem
Ursprung ist. I) o 1 1 i n g e r, der sich eingehend mit der Frage
beschäftigte, sieht die Kehrseite der Operation darin, dass sie
infolge der schwierigen anatomischen Verhältnisse einer der
grössten Eingriffe sei; der Sinus cavernosus wird meistens
eröffnet, wodurch mächtige Blutung entsteht. D o 1 1 i n g e r
modifizierte deshalb die Operation. Er rottete das Ganglion
Gasseri nicht aus, sondern zog die Trigeminuswurzeln unter
296
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
dem Tentorium hervor, wodurch er eine grössere Blutung
vermeiden konnte. Eine neuere Methode ist die perineurale
Injektion von gewissen chemischen Substanzen. So wurde
1 proz. Perosmiumsäure, 80 proz. Alkohol injiziert. Nach
Schloessers Vorgang nahm hauptsächlich letzteres eine
grosse Verbreitung.
In unserem grossen Krankenmaterial fanden sich — aus
den eingangs angegebenen Gründen — nicht selten Patienten
mit Trigeminusneuralgien. Unsere therapeutischen Mass¬
nahmen — ausser der kausalen Therapie — bestanden neuer¬
dings meistens in den perineuralen Alkoholinjektionen, welche
sehr oft erfolgreich waren, hie und da aber auch uns im
Stiche Hessen.
Bei einer 32 jährigen Patientin M. Q. aus Königsberg, die wegen
Verdacht einer Kieferhöhleneiterung zu uns kam, beträchtlich ab¬
gemagert und schwächlich aussah, an Vitium und rezidivierendem
Gelenkrheumatismus litt, wurde infolge einer rechtsseitigen, äusserst
hartnäckigen Infraorbitalneuralgie auch die Alkoholinjektion gemacht.
Die Injektion selbst war der Patientin sehr schmerzhaft, die Gesichts¬
hälfte schwoll an, die neuralgischen Schmerzen Hessen aber kaum
nach. Nach einigen Tagen traten sie wieder vehement auf. Die
Patientin weigerte sich, eine neue Injektion durchzumachen, eine
Operation war in ihrem Zustande nicht indiziert. Deshalb entschloss
ich mich, zu versuchen, nach genügender Anästhesie des Nerven die
Neuralgie mittels elektrolytischer Behandlung zu beseitigen. Die
Benützung der Elektrolyse wird hier nur dadurch behindert, dass
die gewöhnliche elektrolytische Nadel eine ebenso grosse Wunde
oben in der Haut verursacht wie in der Tiefe, wodurch die Infektion
ein offenes Tor findet, oft
Eiterung auftritt, und später
Vernarbung, so dass der
Eingriff in seinen Folgen
nicht selten komplizierter
ist, wie eine Operation. Das
müssen wir aber vermeiden.
Zu diesem Zwecke Hess ich
durch die Firma Reiniger,
Gebbert & Schall eine ge¬
eignete Nadel fabrizieren,
welche ohne äussere
Wunde, also bei Intakt¬
bleiben der Haut, erst in der Tiefe ihre Wirkung ausübt. Die
Nadel ist gerade und nähnadeldick. Das % bis 1 cm lange Ende ist
frei, der übrige Teil ist mit einer dünnen Schicht Isoliermaterial
umzogen, welche an dieser Partie die elektrische Ausgleichung be¬
hindert (Fig.).
Wie ich erfuhr, benutzt Kromayer ähnliche Nadeln zur
kosmetischen Dauerepilation, aber seine Nadeln sind natür¬
lich diesem Zwecke entsprechend äusserst fein und das freie
Ende ist nur % bis 1 mm lang.
Allerdings fand ich den Kromayer sehen Schalter sehr
praktisch, welcher mittels einer gekrümmten Nadel am Kleide
des Patienten leicht zu befestigen ist und auf diese Weise be¬
queme Arbeit sichert. Diesen habe ich mit meiner Nadel
verknüpft.
Mein Verfahren ist folgendes: Eine halbe Stunde vor der
Elektrolyse gebe ich subkutan 1 emg Morphium. Gewiss ist es
nicht nachteilig, das Morphium mit Skopolamin zu kombinieren.
Eine Viertelstunde später, also 15 Minuten vor dem elektrolytischen
Verfahren, desinfiziere ich die entsprechende Hautpartie (Aether und
Jodtinktur), ziehe in die Pravazspritze 1 ccm Eusemin auf und stecke
an der dem Nervenkanal entsprechenden Stelle ein und zwar in die
Richtung des Kanalverlaufs. Die Nadel führe ich in den Kanal ein,
spritze dort Vs ccm der Lösung ein; die andere Hälfte lasse ich,
während die Nadel zurückgezogen wird, in das subkutane Gewebe
aus. Den Kanal zu treffen, ist sehr leicht. Der supraorbitale Kanal,
resp. die Rinne, wird durch die Vertiefung des Orbitalrandes an¬
gedeutet. Das Forainen infraorbitale und mentale ist gleichfalls
leicht aufzufinden, höchstens müssen wir das Nadelende in der Tiefe
etwas weiter schieben, wenn der Kanal nicht gleich aufgefunden
wird. Jetzt warte ich 15 Minuten und dann führe ich die Nadel,
welche der Kathode entspricht, in den Kanal; die breite, ange¬
feuchtete, indifferente Elektrode gebe ich auf die entsprechende Ge¬
sichtshälfte. Jetzt lasse ich den Strom durch, und zwar bei 0 an¬
gefangen sehr langsam bis 20 — 25 — 30 Milliampere steigend. Die
Dauer der Sitzung beträgt 15 — 16 Minuten. Nach dieser Zeit können
wir den Strom vermindern und schliessen ihn nach langsamem
„Hcrausschleichen“.
Die Anwendung ist zwar etwas langwierig, da aber die
Nadel fix steht und ihre Schnur am Kleide des Patienten be¬
festigt ist, da die breite Elektrode von einem Gehilfen gehalten
werden kann, so ist das Verfahren dem Arzt nicht unbequem.
Wenn die Patienten auch das Verfahren nicht als an¬
genehm bezeichnen können, so haben sie doch keine grösseren
Schmerzen. Ich dachte, dass der Nerv, trotz der guten
Anästhesie die Stromschleifung befördern wird; ich sah aber
kein Zeichen dafür; sogar Kopfschmerzen traten nicht auf.
Bei der eben erwähnten Patientin ist die äussere Haut ganz
unverletzt geblieben. Am folgenden Tage war eine kaum
wahrnehmbare Schwellung aufgetreten, welche bald ver¬
schwand. Die Versorgungsregion des Nervenzweiges ist ganz
unempfindlich geworden. Die Schmerzen sind verschwunden.
Das Verfahren habe ich übrigens jetzt bei drei Patienten an¬
gewendet: ,
Fall II. H. M„ 26jährige Näherin (Königsberg), litt seit
5 Jahren an intensiver Neuralgie des rechten Nervus supraorbitalis.
Eine Stirnhöhlenerkrankung lag nicht vor. Sie wurde dauernd ohne
Erfolg behandelt. Elektrolyse. Unverletzte Haut. Das Verfahren
verursachte keine grösseren Schmerzen. P/2 Monate später meldete
sie, dass sie keine Schmerzen hat und ihr Zustand bessert sich von
Tag zu Tag mehr. 6 Monate später Anästhesie der rechten Stirn-
haI Fall III. A. T„ 34 Jahre alt, Wirtin (Neuendorf). Patientin
leidet seit 8 Jahren an rechtsseitiger Supraorbitalneuralgie, welche
so quälend ist. dass sie in ihrer Arbeit behindert wird. Keine Neben¬
höhlenaffektion, Nach der elektrolytischen Behandlung wurde sie
entlassen. Zwei Monate später schreibt sie: „Ich habe nach der Be¬
handlung keine Schmerzen mehr gehabt; die Fühlung auf der be¬
treffenden Stelle ist weggeblieben, was mir aber jetzt nicht mehr
so unangenehm ist.“
Zusammengefasst sehen wir, dass wir mit dem
beschriebenen elektrolytischen Verfahren bei der Trigeminus¬
neuralgie gute Resultate erzielen können. Kosmetisch ist es
tadellos. Die Wirkung ist sicherer wie bei der Alkoholinjek¬
tion, weil der Nerv in einer Sitzung in der Länge von 1 bis
1 % cm ganz dissolviert wird. Ob wir mit dem Verfahren,
ähnlich wie mit der Alkoholinjektion — und dauernder — die
Dysphagia tuberculosa beseitigen können, werden die weiteren
Versuche und Beobachtungen zeigen.
Zum Schluss erlaube ich mir noch meinem Chef, Herrn
Prof. Gerber, für Ueberlassung des Materials und für sein
Interesse an der Arbeit meinen besten Dank abzustatten.
Ueber Indikationen und Wirkungen des Homburger
Tonschlammes.
Von San.-Rat Dr. v. N 0 0 r d e n in Bad Homburg v. d. Höhe.
Den Homburger Tonschlamm, im Gegensatz zum Moore
ein Sediment von Gewässern, benutzte ich seit dem Jahre 1906.
Zaghaft gingen wir wohl alle an den neuen, hier gegrabenen
Heilfaktor. Die Frage war, ob sich die Tonerde befriedigend
bearbeiten lassen würde, ob die äusseren Verhältnisse die Ton-
schlammbehandlung erlauben würden und ob das Vertrauen
des Publikums zu erreichen war, nachdem Vorversuche die
Aerzte mit solchem erfüllt hatten.
Ein hiesiger Kollege, Herr Geh. Rat Weber, hat sich
ganz besonders Verdienste erworben, alle äusseren Schwierig¬
keiten zu überwinden, so dass der neue Heilfaktor Homburgs
alsbald zur therapeutischen Verfügung gestellt werden konnte.
Das etwas an Naturheilkunde erinnernde Material erfreute
sich bald solcher Nachfrage, dass die Anstalt kaum Genüge
leisten konnte und zwar geschah die Verabreichung nicht nur
auf Verordnung der Aerzte, auch solcher weithinaus über
Deutschlands und Europas Grenzen, sondern auch auf dringen¬
des Verlangen der Patienten; dies ist gewiss ein durch¬
schlagender Erfolg.
Um es vorwegzunehmen, denke ich mir als das wirksame
Prinzip des Tonschlammes die alte Kombination von Feuchtig¬
keit, Wärme, Konsistenz, Druck, alles Faktoren die seit
ältesten Zeiten für menschliche Organe und Gewebe als heil¬
sam befunden wurden. Ob nebenher die aufgespeicherte
starke Radioaktivität — wenn auch wahrscheinlich — eine
Rolle spielt, ist ein neueres Problem. Möglicherweise bietet
die gerade vorliegende chemische Komposition, die Verteilung
gasiger, mineralischer nnd flüchtiger Bestandteile andere
günstige Chancen. Vom Fango wollte man eine Zeitlang
wirksame elektrische Ströme zur Haut und umgekehrt gehen
lassen und vom Tonschlamm orakelt man ebenso über un-
erwiesene Kräfte, z. B. wird von gewichtiger Seite Wert
darauf gelegt, dass der Schlamm dem Quellgebiet entnommen
werden kann.
I. Februar 1913.
Eine nicht unwesentliche Unterstützung bei der Applikation
»ildet die Möglichkeit, ihn dem Körper gewissermassen anzu-
lodellieren, wobei die Eigenwärme des schlechten Wärme¬
eiters direkt auf die beschickte Gegend iiberzutreten vermag.
Die Applikation geschieht nach dem Prinzipe der luft¬
erschlossenen, hydrotherapeutischen Kompressen.
Nach Analyse des Herrn Dr. Rüdiger sind folgende
Wahlen für den Tonschlamm zu vermerken:
Kieselsäure
SiOa
37,400
Proz.
Tonerde
Ab O3
13,776
Eisenoxyd
E e2 Os
3,612
Kalk
CaO
0,566
Magnesia
MgO
0,904
Kali
K2O
0,526
Natron
NaaO
2,820
Schwefelsäure
H2SO4
0,290
Chlorwasserstoffsäure HCl
0,310
Organ, u. flücht. Bestandteile
4,520
Wasser
35.276
*
100, 0U0 Proz.
Stark radioaktiv.
Ich möchte nicht kasuistischen, sondern einen allgemeinen
Sericht an dieser Stelle ablegen über den Eindruck, den ich
ei 300 mit unserem Schlamm behandelten Patienten gewann
nd bei denen ich der Einwirkung nachgehen konnte. Dabei
rgibt sich, wie der eine oder andere physikalische Faktor
lehr zur Geltung gekommen sein mag.
Das Material ordnet sich am besten nach den Organen:
laut, Muskulatur, Skelett, Nerven, Frauen¬
eiden, innere Organe.
Die Zubereitung des Schlammes — trockene Hitze und
•ainpfverfahren — gibt eine gewisse Garantie, dass pathogene
eime ertötet sind. So braucht man kleine Wunden der Haut
icht zu umgehen bzw. ängstlich abzudecken. Offene Tophi,
Vundflächen nach Herpes zoster, ekzematös veränderte Haut-
ächen, Naht- und Stichkanalwunden können unbesorgt auf
’eaktionsgefahr mit Schlamm überzogen werden. Dieser
ms tan d macht es möglich, Gebrauch von diesen Kataplasmen
ei infiltriertem, auch ulzerösem Gewebe nach varikösen Pro-
essen am Unterschenkel zu machen. Die Einwirkung ist
ichtlich. Es kommt zu flotterer Zirkulation, Abschwellung
rfolgt, Oedeme schwinden, Epithelisierung tritt ein.
Man sieht hier nicht allzuselten interphalangeale, chro-
ische Ekzeme bei inveterierter Gicht, deren Hauptcharakter
1 kutaner Verdickung mit starker tiefer Rhagadenbildung und
luftung der Epidermis besteht. Die Träger solch übler Ver-
ältnisse an den Zehen, besonders der Grundphalangen sind
eriodisch vollkommen lahmgelegt. Ich sah diese Gicht-
usbruche übrigens nur bei Engländern und dann wird Here-
ität betont, und verfüge über 3 krasse Fälle, in denen schnell
»eioliation der Epidermis eintrat, tiefe Risse verflachten und
eilung folgte. An dieser Stelle wirken feuchte Umschläge
ngünstig.
Mehrere Fälle mit schmerzhaften Nachempfindungen nach
erpes zoster-Eruptionen wurden von Hyperalgesie befreit
id die tardierte Heilung der Bläschen zum Schlüsse geführt.
Schon diese wenigen Gruppen verschiedener Krankheits-
i der beweisen, dass Nüancierungen in der Applikationsweise
i verlangen sind, wohin Lagerung, Belastung, Wärmegrade,
eddauer gehören.
Eine Gelegenheitsbeobachtung betreffend das Hautgebiet
1 Sie betrifft den Rückgang von Psoriasis vul-
iris diffusa im Gebiete der Glutäalregion, als sich ein Ischias-
ranker lange Zeit den Prozeduren unterzog. Dies gab Ver¬
fassung, die Applikationen bei Pruritus scroti und benach-
mer Gegend bei einem Diabetiker zu empfehlen. Die Be-
rntung peinlichster Reinlichkeit liess Pilzwucherungen als
etiologie ablehnen und die nervöse Form annehmen. — Eine
ame mit lästigem Pruritus vulvae macht temporär mit Erfolg
ebrauch.
In einem Falle von Elephantiasis Arabum, 2 Fällen von
yxodem blieb jede Einwirkung aus.
Wenn in obigen Gruppen Besserung und Heilung erzielt
urae suche ich die schwierige Erklärung teils in tonisieren-
n Wirkungen, teils in Hebung des Stoffwechsels der Kutis,
0 >ei dahingestellt bleibt, ob Hyperämie und Hebung der
Ne. 6.
29?
Emphatischen Zirkulation allein wertvolle Glieder bilden, oder
ob nicht gerade eine Anregung der trophischen Nerven zu
grösserei Vitalität die Hauptrolle spielt. Dass überhaupt eine
Einwirkung, ein Reiz auf das Nervensystem erfolgt, sei es
durch die physikalische Eigenart des Stoffes oder durch die
Form dei Applikation, beweist die bei Uebertreibung nicht
selten auftretende Erregung, welche bis zur Insomnie gehen
kann, vornehmlich wenn die oberen Thoraxge^enden und der
Nacken behandelt wurden (Okzipitalneuralgien).
Das gibt Ursache sich zu überlegen, ob es zweckmässig
ist, die Tour zweimal am I age vollziehen zu lassen. Die
individualisierende Behandlung gebietet sich von selbst, wenn
andeis nicht der Heilfaktor znm Lehm eines Heilkünstlers
degradiert werden soll.
Muskelschmerzen akuter Form (Lumbago, Torticollis
rheumatica) und alteingesessene Muskelrheumatismen bieten
das Eldorado für den Schlamm. Ich notiere begeisterte An¬
hängerinnen in der Damenwelt, die durch dünne Blusen und
Dekolletierung kaum frei von Schulterschmerzen werden.
Desgleichen betrachte ich die tonischen Kontraktionen der
Wadenmuskel (Wadenkrämpfe), welche Trägern von Varizen,
Diabetikern, Arteriosklerotikern die Nächte rauben, als Ge¬
eignet zu Behandlung.
Teils dem Skelett, teils dem Bewegungsapparat zuge¬
hörig, sind die Ueberlastungsschmerzen bei Plattfüsslern.
Wohltätige Einwirkung wird um so mehr versichert, als lästige
Hyperhidrose, oft wenigstens, temporär gemildert wird.
Irgendwelche beruhigende Einflüsse auf die schweissondern¬
den Nerven oder Drüsen müssen wohl vorliegen.
Die Mehrzahl der behandelten Fälle gehörten den Misch¬
formen von Nerven und Muskelsystem an. Als Paradigma gilt
Ischias. Aber man erlebt auch Enttäuschungen, ebenso wie
bei jeder anderen Ischiastherapie; das Leiden wurde vielleicht
höchstens intermittierender. Derartigen Fällen stehen andere
gegenüber, die in kurzer Zeit dauerhaft frei wurden, nament¬
lich jüngere Formen.
Es war mir nicht möglich die Ischiatiker in feste Gruppen
einzuteilen. Man fügt der Diagnose Ischias das Epitheton-
gichtisch, rheumatisch, neuralgisch, traumatisch etc., je nach
der Anamnese hinzu. Da will mir nun scheinen, als versage
der Tonschlamm bei den gleichzeitig mit inveterierter Gicht
behafteten Patienten, während man bei den anderen Formen
reüssiert. In einem Bade mit variablen Heilfaktoren werden
solche Fälle nicht einzig in einer Linie behandelt, so dass der
Einwurf, den Erfolg kombinierter Behandlung zuzuschreiben,
berechtigt ist. Leitet man aber Mitteilungen anderer Fango¬
plätze iibei, so gewinnt die Annahme, dass der Tonschlamm
wirksam ist, an Sicherheit. Besonders trugen fettlose
Ischiatiker mehr Nutzen davon, was auch ein Grund sein mag,
dass im Ernährungszustand reduzierte Diabetiker mit wan¬
dernden Neuralgien leicht Anhänger der Packungen wurden.
Praktisch wichtig ist es, die Temperatur (bis 50 0 C) der indi¬
viduellen Reizbarkeit der Haut anzupassen, ein Wink von Be¬
deutung auch für alle Prädilektionsstellen für Neuralgien, die
bei Frauen durch die Toilette zur Geltung gebracht werden,
wie Schultern und Oberarme (cave Combustiones). Aber
gerade bei Brachial-, Infra- und Supraskapularneuralgien
leisten forcierte Applikationen viel.
Auf dem Gebiete der Neuralgien unter Berücksichtigung
der Hypalgesien und Hypästhesien, sowie der diesen gegen¬
überstehenden Empfindungen, wird dem Praktiker hier am
Orte die Tonschlammverordnung unentbehrlich werden.
Eine wesentliche Verschlimmerung verzeichnete ich in
einem Falle von Neuritis acuta. Die Schmerzhaftigkeit im
beschickten Arme steigerte sich enorm. Ganz ohne Einfluss
blieb die Einwirkung bei Erythromelalgie, doch wiederum
vorteilhaft erwies sich die Prozedur, wenigstens vorüber¬
gehend, bei jenen lokal anämischen Zuständen, die als doigts
morts bezeichnet werden. Versuche, die irradiierenden
Schmerzen im Arm und an den Fingerspitzen im Angina
pectoris-Anfall erträglicher zu machen, scheiterten.
Gichtknoten (H e b e r d e n sehe Knoten), bleibende Ab¬
lagerungen kristallinisch gewordener Harnsäure und ihrer
Salze in abgestorbenen Geweben sind nicht zu verändern;
aber ich kenne kein triumphierenderes Agens beim akuten
3
MUHNCHENER MEi HZlNlSCHE WOCHENSCHRIFT.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
2<) s
Podagraanfall und nachher, sobald überhaupt die Entzündung
eine Hantierung erlaubt. Kalte Umschläge irgendwelcher Art
wende ich nicht mehr an beim gichtbefallenen Metatarso-
phalangealgelenk.
Manche Indikation im präoperativen Zustand liess sich
finden, um mit dem Schlamm vorbeugend zu arbeiten. Auch
bei orthopädisch-mechanischer Nachbehandlung gewann er
Bedeutung, denn die resorbierende Kraft, das Gefügigmachen
infiltrierter Gewebe, die Beschleunigung der Massagemöglich¬
keit ist ihm eigen. Sehnen, Muskel und periartikuläre Gewebe
sind gleicherweise angreifbar, wohin Tendovaginitis, Dis¬
torsionen, Hämatome und Gelenkversteifungen nach T rauma
gehörten.
Ein grosses Kontingent bildeten die Gelenke nach akutem
Gelenkrheumatismus. Alan wird auch hier stets mit Solbädern
kombinieren, und wie für diese die empirisch festgelegte Wir¬
kung schwer erklärbar ist, so desgleichen für den Schlamm.
Was ich vorher mit Lagerung bezeichnete, kommt bei der
Gelenkbeschickung besonders in Frage. Anpassung an die
physiologische Gliedhaltung ist während der Behandlung nötig,
denn eine schlecht gelagerte schmerzhafte Schulter, ein un¬
geschickt flektiertes Ellenbogengelenk, ein herabgedrücktes
Fussgelenk oder überstrecktes Knie wird ruhelos und schmerz-
hafter unter der Behandlung und der Patient geht irritiert aus
den Sitzungen hervor. Die individuelle Toleranz gegen
Schwere und Hitze wächst gradatim.
Mit Misserfolg schnitt die Behandlung einer Klavierspieler¬
lähmung ab, während ein Geiger nach Ueberanstrengung des
Sehnen- und Faszienapparates der Hand wieder Spielkraft
gewann.
Die unterstützende Kraft auf den eben berührten Gebieten
legt den Gedanken nahe, eine weit ausgiebigere Verwertung
in der Unfallpraxis durch Errichtung einer geeigneten Ton-
schlammanstalt (Kassen und Berufsgenossenschaft) am Orte
des Fundes zu ermöglichen.
Den chirurgischen Typen reihe ich gleich an, dass Pro¬
statiker mit Einwirkung von der Perinealgegend aus, die
Umschläge wohltätig empfinden, lässt sich auch am Gewebe
oder an dem Volumverhältnis keine Differenz feststellen. Die
Wärmeleitung dorthin könnte wohl reflektorische Zirkulations¬
veränderungen mit tonisierender Wirkung auf die Nerven¬
geflechte ausüben. Dem gleichen Vorgang mag ein Erfolg bei
Blasenneurose zuzuordnen sein und wenn in einem anderen
Falle das psychosuggestive Moment nachdrücklich genug ein¬
setzte, um eine sexuelle Neurasthenie heben zu können.
Bei Frauenleiden ist die Auswahl der in Frage kommen¬
den Mittel im Badeort, gewöhnlich eine kurz gemessene
Zeit im Verhältnis zur Chronizität, oft recht schwierig. Soll
man abgebrochene Lokalbehandlungen wieder aufnehmen,
solche weiterführen, oder soll der Aufenthalt mehr der all¬
gemeinen Kräftigung und Einwirkung auf das Nervensystem
dienen unter Abstandnahme von lokaler Therapie? Viele
Verhältnisse werden zur Entscheidung mitsprechen; ungern
wird man sich aber eines mildwirkenden, resorbierenden,
analgesierenden Mediums entraten. Die Ergebnisse berech¬
tigen, ausgiebigen Gebrauch zu machen, freilich auch wieder
unter achtsamer Anordnung der Temperaturen, Berück¬
sichtigung der belastenden Schwere und auf exakte Fest¬
legung der Angriffsstelle. Ein kleiner Vorteil des Schlammes
vor differenten Umschlägen besteht darin, dass Ekzeme und
Urtikaria, selbst an zarten Hautstellen, nicht beobachtet
wurden; man macht bei Fango den Diatomengehalt unter
anderen Gründen für solche verantwortlich. Praktisch ergibt
sich als zweckmässig, nach der Applikation den Leib nicht mit
kaltem Wasser zu reinigen, um nicht die gewonnene Hyperämie
abzuschwächen. Bäder (Kohlensäure-, Sol-, Fichtennadeln-
und Moorbäder) gleich nach der Packung zu nehmen, ist
untunlich, weil die lokale Wirkung gekreuzt wird. Ob die
mit Schlamm begrabenen Körperteile stärker transpirieren,
ist schwer feststellbar, jedenfalls geraten die einzelnen Pro¬
vinzen nach der jeweiligen Behandlung, sowohl bei der weissen
als farbigen Rasse in hyperämischen Zustand. Die Bekleidung
ist darnach einzurichten.
Bei nicht korpulenten Frauen ist Tiefenwirkung der
Wärme mittels vaginaler Messung feststellbar; immerhin war
der Unterschied nur gering; bei 50° Materialtemperatur stieg
das Quecksilber von 36,7 auf 37,9° C. Wertet man neben
Thermopenetration die Belastung, die mit Hilfe der Respiration
intraabdominale Selbstmassage nachahmt, so sind Nutzwerte
vorhanden, die berechtigen, bei den chronischen entzündlichen
Prozessen im kleinen Becken in diesem Sinne vorzugehen.
Fälle, die nicht operationsgerecht sind oder postoperative
Pflege bedürfen, haben vielfach diesen Heilfaktor andern vor¬
teilhaft angereiht. Aber les extremes se touchent, denn
manche Frauen versichern, gerade mit kühlen (25 u C) Sitz¬
bädern Besserung verspürt zu haben. Ueber Douglasab¬
szesse fehlen mir Erfahrungen mit Tonschlamm, doch wird
anderseits hervorgehoben, dass hochwarme vaginale Fango¬
tamponaden erfolgreich wirken. In einer Serie von 25 Fällen
metritischer und Adnexerkrankungen kann das Resultat den
objektiven Nachprüfung hinter den subjektiven befriedigenden
Mitteilungen zugunsten der Kompressen zurückstehen. Und
warum soll nicht auch hier wie bei hydropathischen Anwen¬
dungen eine mächtige Leukozytenanziehung erfolgen, die irr
Auf und Nieder der Welle die resobierende Arbeit leistet?
Eines besonderen Studiums bedarf es, ob die rezidivieren¬
den Appendixattacken in die Behandlung gezogen werder
sollen. Ich hatte siebenmal Gelegenheit. Die Beratung in
diesem Sinne hat immer etwas unheimliches, und als An¬
hänger der Frühoperation bei Appendizitis möchte icl
prinzipiell nicht dazu raten. Um so bestimmter kann icl,
versichern, dass Residuen in der Ileozoekalgegend günstige
Felder bilden.
Die Frage nach dem Tonschlamm ist bei operations
scheuen Trägern von Gallensteinen und Gallenblasenprozesset
entzündlicher Art schon typisch geworden. Nicht der Modt
folgend, aber der Tatsache Rechnung tragend, dass dies*
Patienten fanatische Anhänger der Applikation werden können
weil sie eine wohltätige Empfindung mit davon nehmen, ist di*
Behandlung zu konzedieren. Das gleiche gilt von Schmerzei
in der Pylorusgegend, vielleicht nach Ulcus. Sofort nacl
Gallensteinkrisen sollten Fango bzw. Tonschlamm in Er
wägung gezogen werden, und theoretisch wäre es einleuch
tend, dass die Entbindung des Konkrementes nach Lösung de
spastischen Kontraktion hierdurch aus dem Gallenblasengan;
beschleunigt und erleichtert wird und dass irradiierend*
Schmerzen früher ausklingen.
Der Schlamm im Verein mit den Quellen dünkt mir ge
eignet, Kurorten Konkurrenz zu bieten, welche die Gallen
steine gerne für sich pachten. Ob Rückbildungen der Leber
Schwellungen nach chronischen Darmleiden dem Regime, de
Quelle, dem Schlamm zufallen, kann man nicht abwägen. Di
Komponenten ergänzen sich untereinander. Meinen günstige
Eindruck konnte ich von 32 Fällen gewinnen und unter diese
zähle ich eine Anzahl von Leberschwellungen, die in de
Tropen nach chronischen Darmleiden (Dünndarmkatarrhe un
Dysenterien) erworben wurden. Diese Beschickung, di
Quellen in Verbindung mit Diät und das roborierende Klim;
besonders im Frühjahr und Herbst, eignet Homburg sicherlic
zu einer Station von Rekonvaleszenten nach ungünstige
T ropenlandeinfliissen.
Es erübrigt noch eines grossen Gebietes Erwähnung z
tun, das sind die Störungen, die sich im Intestinalapparat al
spielen und hier sind gerade die sogenannten widerspenstige
Fälle, wo das Nervengebiet durch die Zeitdauer oder IntensiU
hineingezogen ist, erfolgreich angreifbar. Ich lege 38 Fäll
zu Grunde, wenn ich dafür eintrete, dass Formen rein nervöse
Flatulenz, Atonien der anämisch-chlorotischen Personen un
Colitis mucosa für die Packung einen guten Boden bilde!
Hier mag Goldscheiders Theorie von der Bahnung un
Hemmung einspringen, welche bei hydriatrischen Prozedurt
nicht bloss auf Blutverteilung und reflektorische Beeinflussur
der glatten und quergestreiften Muskulatur rechnet, sonder
auch auf bahnende und hemmende Nervenreize.
Wo einmal der Nervenwiderstand auf abschüssiger Ebei
gleitet, können glücklich bahnende Kräfte oft unter eigenartig*
Therapie ausgelöst werden, wozu der Tonschlamm immerh
gehört. Aber wenn ich dem suggestiven Momente grosse B
deutung zuschreibe, so möchte ich dennoch gerade hier b
Beschickung solcher grossen Flächen die Wärmetiefenwirkur
I. Februar 1 9 1 .3.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT 1'.
299
nd die Umstimmung int Zirkulationsgebiet nicht unter-
diätzen.
Dass die heissen abdominalen Belastungen Fernwirkungen
rzeugen, beweist Pulserregung während und nach der Appli-
ation. Ob die Blutdruckschwankungen durch Plethora ab-
uninalis, welche man wahrscheinlich hervorruft, vor sich
ehen, suchte ich gelegentlich festzustellen, doch trübt sich
as Resultat leicht, da starke sensible Reize meist druck-
eigernden Effekt haben.
Noch viele Fäden zu den verschiedenen Gebieten der
athologie können gesponnen werden. Die auswärtigen Kol-
gen werden vielleicht diesen neuen natürlichen Heilerfolg
eiter prüfen und diese Mitteilungen sollen auch dazu an-
gen, den bisher im eigenen Vaterlande noch wenig bekannten
onschlamm, als einen dem Fango ebenbürtigen Schlamm
izusehen.
ie Notwendigkeit einer obligatorischen Einführung der
lutuntersuchung nach Wassermann bei der Kontrolle
er Prostituierten und deren Bedeutung für die allgemeine
Prophylaxe der Syphilis*).
Von Dr. Max Müller,
irigierendem Arzt der Abteilung für Hautkrankheiten am
städtischen Krankenhause zu Metz.
Durch die von den hiesigen Garnisonlazaretten bei der
tifnahme venerisch erkrankter Soldaten an die Polizei er-
atteten Anzeigen kam Mitte März des vergangenen Jahres
i meiner Kenntnis, dass ein an einer frischen Syphilis er-
ankter Soldat die Puella publica B. als Infektionsquelle an-
2geben hatte, die seit mehr als einem Jahre bei mir unter
ändiger Kontrolle stand, den vorgeschriebenen Unter-
ichungen vollkommen regelmässig beigewohnt hatte und
ährend dieser ganzen Zeit mit Sicherheit niemals irgend
eiche Erscheinungen einer Syphilis dargeboten hatte,
sichen von Soldaten gemachten Anzeigen bezüglich ihrer
fektionsquelle ist aber ein grosses Gewicht nicht immer bei¬
tlegen, weil es erfahrungsgemass nicht selten vorkommt,
iss die nach ihrer Infektionsquelle befragten Mannschaften
is einer falsch angebrachten Ritterlichkeit oder, weil sie den
asammenhang tatsächlich nicht richtig beurteilen können,
e wirkliche Infektionsquelle nicht angeben wollen oder
innen und dann irgend eine ihnen zufällig dem Namen oder
rer Wohnung nach bekannte Puella publica angeben. Als
ir aber zufällig wenige Tage später in meiner Privatpraxis
m einem absolut zuverlässigen Herrn die nämliche Puella B.
lenfalls als Infektionsquelle für den Primäraffekt angegeben
urde, den der betreffende Herr hatte, da wurde ich stutzig,
h liess die B. nunmehr zur genaueren Feststellung auf meine
rankenhausabteilung verbringen, woselbst Blut zur Unter¬
teilung nach Wassermann entnommen wurde, und diese
ntersuchung ergab in der Tat ein positives Resultat,
mamnestisch war bei der B. von einer Lues überhaupt nichts
;kannt, sie leugnete bei ihrer Aufnahme in das Krankenhaus
it aller Bestimmtheit, irgend etwas von einer früheren Er¬
dung an Syphilis zu wissen, hat aber dann später, kurz
>r ihrer Entlassung aus dem Krankenhause, spontan ein-
standen, dass sie bereits früher einmal, vor etwa VA Jahren,
id&rwärts an Syphilis behandelt worden sei.) Durch die
-‘Ststellung, dass die B. einen „positiven Wassermann“ hatte,
ar die Diagnose Lues bei ihr gesichert; da sie lange Zeit
>rher keinerlei Lueserscheinungen gehabt hatte, konnte es
-h bei ihr zu der in Frage kommenden Zeit nur um eine
t e n t e Lues gehandelt haben, welche die Uebertragung
rmittelt hatte. Genau gleich gelagerte Fälle habe ich im
mfe der letzten Monate viermal zu beobachten Gelegenheit
habt, d. h. es handelt sich um vier regelmässig untersuchte
uellae, die mir, obwohl sie eine sicher latente Lues hatten,
s die Infektionsquellen von im ganzen 6 frischen Syphilis¬
steckungen bekannt geworden sind. In allen vier Fällen
urde der Nachweis, dass eine Syphilis bei den betreffenden
*) Nach einem auf der 84. Versammlung deutscher Natur¬
scher und Aerzte zu Münster i. W. (Sept. 1912) gehaltenen Vor-
ge.
Puellis überhaupt vorlag, durch den positiven Ausfall der
Wasser in a n n sehen Reaktion erbracht.
Wenn es mir nun im Laufe von etwa drei Monaten vier¬
mal möglich gewesen ist, festzustellen, dass eine nach-
gewiesenermassen latente Syphilis zur Ansteckung geführt
hat, so muss die Annahme unbedingt berechtigt erscheinen,
das solche Ansteckungen durch latente Syphilis — ohne
dass es zum Nachweise dieses Zusammenhanges kommt — tat¬
sächlich ganz erheblich öfter Vorkommen, als bisher — fast
allgemein — angenommen worden ist.
Da nun die ärztliche Kontrolle der Prostituierten sich nicht
darauf beschränken darf, Puellae publicae, die bereits eine
Reihe von Infektionen verursacht haben, nachträglich fest-
zustellen, wenn vielleicht zufällig eine Anzeige erfolgt ist oder
irgend welche andere Zufälligkeiten es veranlassen - da wir
vielmehr die wichtigste und auch unerlässliche Aufgabe, eine
„Conditio sine qua non“ der ärztlichen Beaufsichtigung der
Prostitution darin erblicken müssen, dass sie bestrebt sein
muss, prophylaktisch zu wirken, d. h. Ansteckungen, soweit
das nach dem jeweiligen Stande unseres Wissens möglich ist,
zu verhindern, so muss jene — längst bekannte und durch
meine vier Fälle neuerdings erhärtete — Tatsache, dass auch
die latente Lues infizieren kann, unbedingt zu der For¬
derung führen, dass wir den Versuch machen müssen, die
„latenten“, d. h. die durch die blosse klinische Untersuchung
nicht erkennbaren, aber wie oben dargelegt, trotzdem an¬
steckungsfähigen Syphilisfälle unter den Prostituierten, heraus¬
zufinden und, soweit dies notwendig erscheint, einer Behand¬
lung zuzuführen. Die Ermittelung der latentsyphilitischen
Puellae kann aber heute — abgesehen von seltenen Aus¬
nahmen, die praktisch unberücksichtigt bleiben können — in
zuverlässiger Weise erfolgen durch die Blutuntersuchung
nach Wassermann.
Indessen bin ich durchaus nicht der Ansicht, dass es vom
polizeiärztlichen Standpunkte aus, der in erster
Linie immer die allgemeine Prophylaxe im Auge zu behalten
hat, notwendig wäre, jede’ Puella mit „positivem Wasser¬
mann“ einer Behandlung zu unterwerfen.
Nach unseren klinischen Erfahrungen wissen wir, dass die
Lues im allgemeinen nur etwa 3 bis 4 oder 5 Jahre infektiös
bleibt, wenn sie in dieser Zeit einigermassen ausreichend be¬
handelt wird, während der „positive Wassermann“ ja be¬
kanntlich recht oft sehr viel länger bestehen bleibt. Das Ver¬
hältnis des „positiven Wassermann“ zur Infektiosität der Lues
kann man nach dem heutigen Stande unseres Wissens m. E.
etwa folgendermassen präzisieren. Der „positive Wasser¬
mann“ bedeutet aktive Lues; die Aktivität einer Lues
kann sich aber in zweierlei Weise äussern: erstens in ihrer
Uebertragbarkeit auf andere und zweitens in der Möglichkeit
tertiärer oder metaluetischer Erkrankungen (Gummata, Tabes,
Paralyse, Leukoplakie) an dem betreffenden Individuum selbst.
Die letztere Aktivitätsäusserung einer Lues interessiert uns an
den Puellis vom rein polizeiärztlichen Standpunkte
aus in kaum nennenswertem Masse: die metaluetischen Er¬
krankungen sind nicht infektiös, und die tertiären Syphilis¬
symptome können in praktischer Beziehung ebenfalls als nicht¬
infektiös angesehen werden. (Tatsächlich sind allerdings auch
die gummösen Prozesse, wie heute wohl nicht mehr bezweifelt
werden kann, infektiös; praktisch kann dies indessen hier wohl
ausser Betracht bleiben, weil diese Spätformen der Lues schon
vermöge ihrer Lokalisation sowie durch das rein äusserlich
Sichtbare und Abstossende ihrer Erscheinung wohl kaum je
gerade bei Puellis eine Infektion veranlasst haben oder ver¬
anlassen werden.) Für die Kontrolle der Prostituierten, d. h.
für die allgemeine Prophylaxe der Lues sind von Wichtigkeit
vielmehr allein diejenigen Luesfälle, von denen eine Ueber¬
tragung der Krankheit auf andere zu befürchten ist, d. h. die¬
jenigen Fälle, welche sich in den ersten 3—5 Jahren der Er¬
krankung befinden. Es wird meines Erachtens demnach im
allgemeinen genügen, diejenigen unter den latentluetischen
Puellae mit positivem Wassermann einer Behandlung zuzu¬
führen, die sich in den ersten 3 — 5 Jahren ihrer Lues befinden.
Die Einleitung einer antiluetischen Behandlung wird ferner in
erhöhtem Masse notwendig erscheinen müssen, wenn (was
ja nicht selten der Fall ist) ein „positiver Wassermann“ bei
einer Puella konstatiert wird, bei der anamnestisch von einer
3*
ftX)
MUE'NCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Lues überhaupt nichts bekannt ist. Findet sich aber ein
„positiver Wassermann“ bei latentsyphilitischen Puellis, bei
denen der Infektionstermin länger als 3 — 5 Jahre zurückliegt,
so ist vom polizeiärztlichen Standpunkte aus im all¬
gemeinen keine Veranlassung zur Einleitung einer Behandlung
gegeben, — im Gegenteil, es bestünde ein gewisses Interesse
daran, diesen Puellis ihren „positiven Wassermann“, d. h. also
ihre latente Lues möglichst lange zu belassen. Denn solange
sie diese ihre latente Lues haben, sind sie als immun zu be¬
trachten und daher viel ungefährlicher, als eine von ihrer Lues
definitiv geheilte und deshalb, wie wir heute wissen, immer
wieder neuinfizierbare Paella. Indessen wird das allgemeine
ärztliche Gewissen, das auch im Polizeiarzte steckt, den¬
selben stets dazu führen, einer Puella mit einer mehr als
5 Jahre alten Lues, wenn sie einen „positiven Wassermann“
hat, hiervon Mitteilung zu machen. Man wird es aber solchen
Puellis selber überlassen können, ob sie sich behandeln lassen
wollen oder nicht.
Allgemein und für jeden Fall zutreffende und bindende
Regeln darüber aufzustellen, wann beim Fehlen klinischer Er¬
scheinungen und nur positivem Blutbefund eine Behandlung
eingeleitet werden soll, — das dürfte kaum angängig sein; es
muss da jeder einzelne Fall genau abgewogen werden und
dem pflichtmässigen Ermessen des zuständigen Arztes ein ge¬
wisser Spielraum überlassen bleiben. Für die Entscheidung
wird es oft von weittragender Bedeutung sein, zu wissen,
wie der bisherige Verlauf der Krankheit gewesen ist und wann
die letztvorhergegangenen infektiösen Erscheinungen auf¬
getreten sind, — Fragen, die allerdings bei dem bekannten Be¬
streben der Puellae uns zu belügen, recht oft gar nicht zu
beantworten sein werden.
Ebenso wird es selbstverständlich auch dem Ermessen
des zuständigen Arztes überlassen bleiben müssen, über die
Art der im einzelnen Falle einzuleitenden Behandlung Be¬
stimmung zu treffen. Nur eine allgemeine Bemerkung sei in
dieser Beziehung hier gestattet: eine „nur“ auf Grund des
positiven Blutbefundes eingeleitete Behandlung darf, wozu
das Fehlen sichtbarer Erscheinungen leicht verleiten könnte,
unter keinen Umständen milder sein, als eine bei floriden
Symptomen eingeleitete Behandlung; das Gegenteil dürfte
richtig sein, da wir ja wissen, dass ein „positiver Wasser¬
mann“ sehr viel schwerer als klinische Luessymptome zu be¬
seitigen ist. Die energischste Behandlung aber ist angezeigt
in denjenigen Fällen mit positivem Blutbefunde, in denen
anamnestisch von einer Lues überhaupt nichts bekannt ist, die
also, da dementsprechend eine Behandlung noch nie statt¬
gehabt hat, vielleicht länger als andere (behandelte) Fälle
infektiös bleiben dürften.
Als das Ideal einer wegen positiven Blutbefundes ein¬
geleiteten Behandlung muss natürlicherweise die Beseitigung
dieses Befundes angesehen werden; aber Ideale sind eben —
Ideale, und sind, wie bekanntlich auch sonst, so auch hier in
der Wirklichkeit nicht immer zu erreichen. Dass es nicht
immer gelingt, den „positiven Wassermann“ zu einem nega¬
tiven zu machen und ihn negativ zu halten, muss zugegeben
werden, — indessen gilt das von dem, wie oben dargelegt,
gerade den Polizeiarzt in erster Linie interessierenden „posi¬
tiven Wassermann“ in den ersten Jahren der Lues in viel
geringerem Masse als für den positiven Blutbefund in den
späteren Jahren. Und ausserdem dürfen einzelne thera¬
peutische Misserfolge nicht davon abhalten, in jedem Falle,
wo es angezeigt erscheint, mit allen uns heute zu Gebote
stehenden Mitteln wenigstens den Versuch zu machen, den
positiven Blutbefund zum Verschwinden zu bringen. Dabei
muss schliesslich auch noch folgendes erwogen werden: je
häufiger und regelmässiger in den ersten Jahren der Infek¬
tion der „positive Wassermann“ entsprechend behandelt wird,
desto seltener werden sicherlich diejenigen Fälle werden, in
denen dieser positive Blutbefund überhaupt nicht zum Ver¬
schwinden gebracht werden kann. Ist letzteres aber in den
späteren Jahren der Infektion dennoch der Fall, so ist uns das,
wie oben bereits betont, für die allgemeine Prophylaxe gar
nicht unerwünscht wegen der dann weiter fortbestehenden
Immunität der betreffenden Puella.
Diese Erwägungen müssen dazu führen, dass die Blut¬
untersuchung nach Wassermann im Interesse einer plan-
No. 6.
mässigen Prophylaxe der Syphilis als integrierender Bestand¬
teil der polizeiärztlichen Untersuchung der Prostituierten von
amtswegen obligatorisch gemacht wird; es dürfte meines Er¬
achtens genügen, wenn prinzipiell überall jede neu zuziehende
Puella einer solchen Blutuntersuchung unterzogen und diese
dann zwei bis drei Mal im Jahre wiederholt wird.
Um die Bedeutung einer allgemeinen Einführung einer
solchen Massnahme bei der ärztlichen Ueberwachung der Pro¬
stituierten so, wie es ihr zukommt, richtig einzuschätzen, muss
man sich’ nur den Gang der Syphilisinfektionen im allgemeinen
klar machen. Man muss etwa folgende Berechnung anstellen.
Wenn wir von den mir zunächst liegenden Metzer Verhält¬
nissen ausgehen, so haben wir hier auf einer der hier be¬
stehenden Kontrollstrassen eine ganze Anzahl von Dirnen,
deren Besucher meist den Kreisen der Arbeiter und der Mann¬
schaften der grossen Metzer Garnison angehören; diese zahlen
im allgemeinen für die Tätigkeit der Puella eine Mark (nur
nach den Löhnungstagen steigen hier die Preise manches Mal).
Bei diesen niedrigen Preisen müssen die Dirnen, schon um
die etwa 5 Mark pro Tag betragende Wohnungsmiete und
die mindestens 2 Mark pro Tag betragenden Kosten für den
Lebensunterhalt aufzubringen, täglich eine ganz stattliche An¬
zahl von Besuchern bei sich empfangen. Nehmen wir aber
Minimalzahlen an, die für hiesige Verhältnisse sicherlich hinter
der Wirklichkeit weit Zurückbleiben, so können wir die Zahl
der von einer Puella in einem Monat ausgeführten Koha-
bitationen auf etwa 100 veranschlagen. Handelt es sich nun
um eine Puella, die eine latente Lues mit „nur“ positivem
Wassermann hat und die deshalb nach den bisherigen Ge¬
pflogenheiten weiter in ihrer Tätigkeit belassen wurde, die
aber eben wegen ihres positiven Blutbefundes als infektiös zu
betrachten ist, so wird man annehmen können, dass eine solche
Puella im Laufe eines Monats schätzungsweise 10 Männer
infiziert. Von diesen 10 Männern werden vermutlich höchstens
drei einigermassen ausreichend behandelt werden, die übrigen
sieben bleiben durchschnittlich etwa 3 Jahre infektiös. Diese
7 Männer übertragen ihre Krankheit weiter und zwar infizieren
sie schätzungsweise
im 1. Jahre je 15 = 105 Mädchen
* 2. „ „ 10 = 70
„3. , ,5—35 ,
d. h im Laufe von 3 Jahren 210 Mädchen;
unter diesen aber werden sich sicherlich eine ganze Anzahl
solcher Mädchen befinden, die selbst bereits Puellae publicae
sind oder es zu werden im Begriffe stehen, und die nunmehr
ihre Syphilis ins ungemessene weiter verbreiten. Ich weiss
sehr wohl, dass man, wenn man will, an jener Rechnung aus
mancherlei Gründen Abstriche machen kann, — dann möge
man aber nur bedenken, dass jene 210 neue Syphilisinfektionen
auf die Tätigkeit einer einzigen Puella im Laufe eines
einzigen Monats zurückzuführen sind, und man möge dem
gegenüber weiterhin bedenken, dass heute allerorten eine
sicherlich recht erhebliche Anzahl von solchen Puellis mit
latenter, aber trotzdem infektiöser Lues ungehindert ihrer
Tätigkeit nachgehen. Man wird dann ohne weiteres zugeben
müssen, dass es sich bei meinem Vorschläge, den positiven
Blutbefund in den oben angegebenen Grenzen zum Gegen¬
stand einer (wenn nötig zwangsweisen) Behandlung zu
machen, nicht um eins der vielen kleinen Mittel im Kampfe
gegen die Syphilis handelt, sondern dass durch die
Internierung und zwangsweise Heilung einer
jeden einzelnen, an und für sich infektiösen
Puella publica, die dem Verkehr entzogen
wird, im Laufe der Jahre sicherlich Tausende
von neuen Syphilisinfektionen vermieden
werden müssen.
Schmerzlose Entbindungen.
Von Dr. A. Voll, Bahnarzt in Furth i. W.
Die Arbeit von Dr. Rud. Th. Jaschke, S. 72 dieser Wochen¬
schrift veranlasst mich, meine Methode schmerzloser Entbindungen
zu veröffentlichen.
Der Dämmerschlaf eignet sich nach meiner Ansicht nicht für
die Privatpraxis, schon deswegen, weil man nicht auf die Mithilfe der
Frau verzichten kann. Sodann hat Jaschke vollständig recht,
wenn er das Erinnerungsvermögen der Mutter nicht ausschalten will.
. Februar 1913. _ _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ich gab früher zunächst eine ausgiebige Dosis Morphium und er-
ichte dadurch, dass die Schmerzhaftigkeit der Wehen nicht mehr
rn vollen Bewusstsein kam. Infolgedessen wurden die Wehen be¬
utend besser verarbeitet, allerdings wurden dieselben auch sei¬
ner, indem sie in längeren Pausen eintraten. Dies war ein Miss-
uid, aber dadurch wurden die Weichteile besser vorbereitet, so
ss die Gefahr eines Dammrisses sehr vermindert wurde.
So schmerzhaft nun auch die Wehen sind, noch schmerzhafter
der Durchtritt des Kopfes durch den aufs äusserste gedehnten
imm. Dieses aber lässt sich sehr leicht vermeiden durch eine ein-
;he Einspritzung von Kokain mit Adrenalin- oder Suprareninzusatz.
i diesem Zweck desinfiziert man den Damm mit Benzin und in-
iert 1 ccm der Lösung, indem man ungefähr 2 cm vom freien Saum
s Dammes einsticht und die Spritze langsam gegen diesen entleert,
ne Gefährdung des Dammes tritt hiedurch nicht ein. Es kam nur
(teil zu einem Riss und wenn schon, nur zu einem kleinen, der sich
fort schmerzlos nähen Hess. Die Nachgeburt folgte ohne grösseren
utverlust nach ungefähr 1 Stunde.
jrwendung der elektrischen Taschenlaterne als diag¬
nostisches Hilfsmittel bei unsicheren Hydrozelen.
Von Dr. Armin Mayer in Frankenhausen (Kyffh.)
Manchmal bietet die Diagnosenstellung beginnender Hydrozelen
hwierigkeiten, wenn nicht genügend Licht zur Verfügung steht und
j Abgrenzung gegen solide Tumoren nicht gelingen will. Als ein
hr wichtiges Hilfsmittel hat sich mir da die dem Landarzte so un-
tbehrlich gewordene elektrische Taschenlaterne erwiesen; denn
gelingt durch sie, die Durchleuchtung der Hydrozele in einer so
inzenden Weise zu erzielen, wie das bisher nicht möglich gewesen
durch die dem praktischen Arzte sonst zur Verfügung stehenden
chtquellen.
Wesentlich ist dabei, dass die elektrische Glühbirne sehr dicht
das Skrotum herangebracht wird. Dann erreicht man eine ausser-
dentlich scharfe Trennung des Schattens des Hodens, der wohl
was Licht noch durchlässt, von dem durchscheinenden leuchten-
n Hellrot der Hydrozele.
Wer einmal Gelegenheit gehabt hat, in diagnostisch schwieri-
ren Fällen die alte und diese neu angegebene Untersuchungs-
“thode vergleichend anzuwenden, wird, sobald ihm eine elektrische
ehtquelle zur Verfügung steht, diese als diagnostischen Berater
:ht mehr missen wollen. Eine gewöhnliche elektrische Glühbirne
ebenfalls brauchbar, wenn man deren vom Skrotum entlegene
ite mit dunklem Tuch bedeckt.
Bei grösseren Hydrozelen ist das Durchleuchtungsbild ein glän-
ndes.
Das neue russische Arbeiterversicherungsgesetz.
Mit dem Eintritt Russlands wird der Kreis der europäischen
aaten, welche dem Beispiel und den Erfahrungen Deutschlands
gend die soziale Versicherung einführten, geschlossen. Es ergab
h dabei als selbstverständlich, dass der Eigenart und Kulturstufe
r einzelnen Nationalitäten entsprechend auch der Aufbau der
zialen Gesetzgebung sich änderte, wie dies insbesondere das Bei-
iel Russlands erkennen lässt.
Die im Laufe der Jahre 1911/12 zustande gekommenen russi-
hen Arbeiterversicherungsgesetze wurden unter dem 6. VII. 12
erhöchst bestätigt und sollen mit dem 1. I. 14 in Kraft treten. Sie
stehen aus dem Arbeiterunfallversicherungsgesetz
?0 Paragraphen) und dem Arbeiterkranke nversiche-
ngsgesetz (115 Paragraphen).
I. Das Arbeiterunfallversicherungsgesetz.
Nach der Statistik von 1910 kommen von 145,6 Millionen russi-
ler Bewohner etwa 6,5 Millionen Lohnarbeiter für dieses
setz in Betracht. Dasselbe umfasst alle Personen ohne Unter-
ued des Geschlechtes und Alters, die laut Dienstvertrag im Unter¬
timen arbeiten oder im Dienste desselben stehen. Ausgeschlossen
üben, weil besonders versichert, die Unternehmen der Krone und
r dem öffentlichen Verkehre dienenden Eisenbahngesellschaften,
i denjenigen der versicherten Personen, deren Einkommen
X) Rubel (etwa M. 3240) übersteigt, wird nur diese Summe der
rsicherungsberechtigung zugrunde gelegt.
Träger der Unfallversicherung — dies bleibt ein
u dem deutschen Gesetze abweichender wichtiger Punkt — sind
sschliesslich die Unternehmer, d. h. die Arbeitgeber,
lche auch durch ihre Beiträge allein die notwendige Kapitaldeckung
rbeizufiihren haben. Dieselben vereinigen sich zu den sog. Ver-
cherungsgenossenschaften entsprechend unseren Be-
sgenossenschaften, deren für das gesamte Russland auf Verfügung
s Ministers für Handel und Industrie 12 begründet werden sollen,
r deren Hauptverwaltung sind die nachfolgend benannten Städte
Aussicht genommen: St. Petersburg, Moskau, Iwanowozniesiensk.
ja, Bialystok, Warschau, Kijw, Charkoff, Odessa, Baku, der Ural
J der Kaukasus.
Die unmittelbare Ueberwachung der Arbeiterversicherung ist
einer V e r s i o h e r u n g s b e h ö r d e übertragen, die unter dem
Vorsitz des Gouverneurs in jedem Gouvernement und ausserdem
noch in einigen grösseren Fabrikstädten ihren Sitz hat. Die oberste
Aufsichtsbehörde für das gesamte Versicherungswesen ist der in
Petersburg zu begründende Versicherungsrat, der sog. Kon seil
.« 1 A > beiter Versicherung unter dem Vorsitz des Ministers
für Handel und Industrie. Der Versicherungsrat bestimmt die Ab¬
grenzung der einzelnen Versicherungsgenossenschaften und über¬
wacht die Anlage der Kapitalien, auch die Grundlagen, nach denen
die Prämien der Versicherung zu berechnen sind, werden von ihm
festgesetzt und in bestimmten Zeitabständen revidiert. Der Konseil
für Arbeiterversicherung dient somit ausschliesslich verwaltungstech¬
nischen Aufgaben und ist mit den in der deutschen Versicherungs-
gesetzgebund vorgesehenen Berufungsinstanzen daher nicht zu ver¬
gleichen.
Die Leistungen der Versicherung bestehen in
folgendem:
a) F r e i e Kur oder Krankenhauspflege und Krankengeld in
derselben Höhe wie beim Krankheitsfalle in den ersten 13 Wochen
von den Krankenkassen.
b) Krankengeld über die 13. Woche hinaus in Höhe von
-/3 des Verdienstes bei fortdauernder ärztlicher Behandlung oder
Unfallrente von der 14. Woche ab durch die Versicherungsgenossen¬
schaft.
c) Sterbegeld (20 — 30facher Tagelohn und Hinterbliebenen¬
rente bis 662/ 3 des Jahresarbeitsverdienstes).
Alle Unfälle werden entschädigt (ausser bei Vorsatz). Gleich
dem deutschen Gesetz beträgt die Rente für völlige Erwerbsunfähig¬
keit, gleich unserer Vollrente 2U des Jahreseinkommens. Ausserdem
können jedoch auf Wunsch der „Pensionäre", d. h. der Rentenemp¬
fänger, und mit Einwilligung der Versicherungsgenossenschaften an
Stelle der Pensionen einmalige Zahlungen treten, wenn die Jahres¬
rente 36 Rubel und ausserdem 15 Proz. vom Jahreseinkommen des
Verletzten nicht übersteigt. § 35 gibt bestimmte Vorschriften für die
Feststellung der Höhe der jeweiligen Abfindungssumme.
Zum Teil abweichend von der deutschen R.V.O. sind die nach¬
folgenden wichtigen Bestimmungen:
Bei Geisteskrankheit, vollem Verlust des Sehvermögens, Ver¬
lust beider Hände oder beider Beine, wie bei völliger Hilflosigkeit,
die eine Pflege durch eine andere Person erfordert, wird die Pension
im Betrag des vollen Jahreseinkommens des Verletzten
zuerkannt. Es kommt hierin unseres Wissens zum’ ersten Male in der
sozialen Gesetzgebung die Absicht zum Ausdruck, für bestimmte
gut abgegrenzte körperliche Schädigungen eine bestimmte Entschädi¬
gung endgültig festzusetzen, so dass in allen derartigen Fällen der
Gang des Verfahrens damit ungemein vereinfacht wird. Nur bei der
„Hilflosigkeit“ wird sich, gleichwie bei uns, immer wieder die Frage
erheben, ob dieselbe in der Tat eine „völlige“ ist, eine Begriffs¬
bestimmung, die sich in der Praxis leider als recht dehnbar er¬
wiesen hat.
Pensionen, die verletzten Minderjährigen und Halbwüchsigen
zuerkannt sind, werden, sobald Minderjährige das Alter von erwach¬
senen Arbeitern erreichen, in dem Verhältnisse erhöht, in welchem der
durchschnittliche Tagesverdienst eines Arbeiters für die bezeichneten
Altersgruppen stand, und zwar wird das Verhältnis angewandt,
welches zur Zeit der erstmaligen Pensionszuerkennung in Kraft war.
Auch diese Bestimmung muss nun als recht zweckentsprechend be¬
zeichnet werden, da der Jahresarbeitsverdient Minderjähriger, nach
dem die Rente berechnet wird, naturgemäss recht niedrig ist, bei
längerem Rentenbezug bezw. erheblichen Unfallschäden sich daraus
aber in späteren Jahren Härten ergeben, deren Ausgleich das russische
Gesetz in der vorbezeichneten Weise anstrebt.
Die Familie eines Verunglückten hat ein Recht
auf Entschädigung nur dann, wenn der Tod infolge
der Verletzung eintrat. Liegt zwischen dem Tage des Un¬
falles und dem Tode ein Zeitraum von mehr als 2 Jahren, und hatte
der Verletzte die ärztliche Behandlung schon früher eingestellt, so
erhält die Familie nichts, da das Gesetz in diesem Falle den Tod
nicht als Folge des Unfalles anerkennt, sobald der Verletzte indessen
noch während der ärztlichen Behandlung stirbt und der Nachweis
geliefert wird, dass Tod und Unfall in ursächlichem Zusammenhang
stehen, so erhält die Familie die sog. Hinterbliebenenrente, selbst
wenn mehr als 2 Jahre seit dem Unfall verflossen sind.
Das Gesetz verlangt nicht, dass der Verletzte sich durch den
Fabrikarzt kostenfrei behandeln lässt, sondern sieht auch die freie
Arztwahl nach einer besonderen Gebührenfestsetzung vor. Da nun
die Versicherungsgenossenschaft nach dem Gesetz für die Folgen des
Unfalles nur bei sachgemässer Behandlung haftet, so ist sie
in der Lage, dem Verletzten, der sich gar nicht oder unzweckmässig
behandeln lässt, die Unfallrente teilweise oder ganz zu entziehen.
Hierdurch sollen die Arbeiter einmal mehr zum Kassen- oder Fabrik¬
arzt geführt, dann aber vor allem vor dem Kurpfuschertum bewahrt
werden.
Wie auch bei der deutschen Reichsversicherungsordnung erteilt
die Ve>-sicherungsgenossenschaft dem Verletzen nicht später als
innerhalb eines Monats vom Tage des Empfanges seiner Forderung
den Vorbescheid, gegen den dieser dann binnen 2 Monaten Einwen¬
dungen erheben kann. Ist der Verletzte mit dem endgültigen Bescheid
302
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
nicht zufrieden, so kann er binnen sechsmonatiger Frist, gerechnet
vom Tage der Mitteilung dieses Beschlusses, vor dem ordent¬
lichen Gericht nach den Grundsätzen der Zivilprozessordnung
Berufung einlegen.
Es bedeutet dies eine sehr wesentliche Abweichung von der
deutschen R.V.O. insofern, als damit die hier eingeschobene Be¬
rufungsinstanz der früheren Schiedsgerichte für Arbeiterversicherung,
jetzigen Oberversicherungsämter, wie auch die Rekursinstanz, das
Reichsversicherungsamt, in Fortfall gelangen. Das kann aber nur
durch eine zweifellos sehr beträchtliche Belastung der Zivilgerichte
geschehen, bei denen entsprechend die Einrichtung besonderer Senate
für die Unfallversicherten sich ergeben dürfte. Immerhin fehlt bei •
dieser Art von Rechtsprechung dann das Zusammenwirken von
Arbeitgebern und Arbeitnehmern, auf dem gerade in Deutschland ein
guter Teil des Vertrauens beruht, welches der Berufungsinstanz gerade
von seiten der Arbeiter entgegengebracht wird, eine Einrichtung, der
unsere soziale Gesetzgebung, kurz gesagt, wohl zumeist ihre Popu¬
larität in allen Kreisen der Bevölkerung verdankt.
Zum Schlüsse sei noch hinzugefügt, dass in den ersten 3 Jahren
häufiger als einmal im Jahre eine Rentenänderung nicht vorge¬
nommen werden kann. Pfändung oder Beschlagnahme der auf Grund
von Bescheiden zuerkannten Renten darf nicht stattfinden.
Wie die vorstehenden Ausführungen erkennen lassen — es
konnte hier nur das wesentlichste hervorgehoben werden — ist
die russische Unfallversicherungsgesetzgebung erheblich vereinfacht
gegenüber der deutschen. Die Hauptunterscheidungsmerkmale be¬
stehen dabei, um es noch einmal kurz zu wiederholen, in folgendem:
1. Die Arbeiter leisten keinen Beitrag zu der staatlichen Unfall¬
versicherung, die gesamten Kosten der Unfallversicherung trägt der
Arbeitgeber (Unternehmer).
2. Mit dem endgültigen Bescheide erledigt sich die Wirksamkeit
der Unfallversicherungsgesetzgebung, indem Berufungen hiergegen
bereits den ordentlichen Gerichten bezw. dem Zivilprozessverfahren
anheimfallen.
II. Das Arbeiterkrankenversicherungsgesetz.
Die Form dieser Versicherung, welche die gleichen Kategorien
von Arbeitern umfasst, wie die Unfallversicherung, geschieht in ört¬
lichen Krankenkassen (auf Gegenseitigkeit mit Selbstverwaltung).
An Krankenkassen, deren etwa 4000 in Frage kommen, werden ge¬
gründet : Einzelne Kassen für ein Unternehmen allein und ge¬
meinsame für mehrere Unternehmen zusammen. Die Anzahl der
Mitglieder einer Kasse darf nicht unter 200 sein. Die Krankenkasse
wird auf Grund des Normalstatuts oder eines Statuts, welches Ab¬
weichungen vom Normalstatut enthält, gegründet. Aufsichtsbehörde,
der auch die Feststellung des Normalstatuts zufällt, ist die Arbeiter¬
versicherungsbehörde bezw. der Konseil für Arbeiterversicherung.
Die Leistungen der Krankenversicherung be¬
stehen in folgendem:
a) Freie Kur oder Krankenhauspflege auf Kosten des Unter¬
nehmers bis zu 16 Wochen.
b) Krankengeld 04— 2/s des Lohnes für Arbeiter mit Ange¬
hörigen, Yi—Vi für Alleinstehende) vom 4 Tage der Erkrankung ab
bis zu 26 Wochen.
c) Wochengeld bis zu vollem Lohn für 6 Wochen (2 Wochen
vor der Geburt und 4 Wochen darüber hinaus).
d) Sterbegeld, der 20 — 30 fache Tagelohn.
Ausdehnung dieser Leistungen auf die Familienangehörigen der
Mitglieder ist zulässig.
Eine ganz wesentliche Aenderung gegenüber der gleichartigen
Gesetzgebung anderer Staaten bildet hierbei die unter a) festgelegte
Bestimmung, dass die ausschliessliche Verantwortung für Kur und
Krankenhauspflege der Arbeitgeber trägt, für dessen Rechnung sie
gewährt wird.
Es kommen hierfür nach dem Gesetze in Betracht :
1. Erste Hilfe bei plötzlichen Erkrankungen und Unfällen,
2. ambulatorische Behandlung, 3. Geburtshilfe, 4. stationäre Behand¬
lung mit vollem Unterhalt der Kranken. Zur ärztlichen Hilfe gehört
unentgeltliche Verabfolgung von Arzneien, Verbandzeug und anderem
notwendigen medizinischen Zubehör. Diese Bestimmungen werden
aber nicht auf die ärztliche Hilfe bei Unfallverletzten nach der
13. Woche ausgedehnt, sondern sind in diesem Falle von den schon
vorher erwähnten Unfallversicherungsgenossenschaften zu tragen.
Der Besitzer eines Unternehmens kann sich zum Zweck der Er¬
füllung seiner Verpflichtungen mit Besitzern anderer Unternehmungen,
mit Krankenkassen oder privaten Heilanstalten, sowie städtischen und
landschaftlichen Verwaltungen zusammentun, sie können gemeinsame
Krankenhäuser begründen u. ä. m. Immer jedoch bleibt der
Unternehmer verantwortlich für die Kur und Kran¬
kenhauspflege. Kann er sie selbst nicht beschaffen und geht
sie demgemäss in einer öffentlichen Heilanstalt vor sich, so hat er
den Betrag hierfür nachträglich zu entrichten entsprechend den
immer für 2 Jahre im voraus festgesetzten Tagespreisen der Kranken¬
häuser.
Die Mittel der Krankenkassen werden gebildet aus den Bei¬
trägen der Arbeiter (bis zu 3 Proz. des Lohnes) und der Arbeitgeber
(2/ 3 der Beiträge der Kassenmitglieder), aus Einnahmen vom Ver¬
mögen der Kasse, aus Darbringungen und Schenkungen, und aus Geld¬
strafen, welche von der Direktion der Krankenkassen auferlegt
werden.
Die Verwaltung der Kassen angelegheiten wird
der Generalversammlung und dem Kassenvorstande auferlegt. Die
Generalversammlung besteht aus Delegierten der Arbeiter, deren
Anzahl jedoch nicht mehr als 200 betragen und Vertretern der
Unternehmer, welch letztere jedoch nur 2/s der Stimmen der Arbeit¬
nehmer erhalten, so dass diese immer über die Majorität verfügen
werden. . .
Während das russische Unfallversicherungsgesetz sich in seinen
wichtigsten Punkten an das deutsche Vorbild anlehnt, ist die russische
Krankenversicherung nach wesentlich anderen Gesichtspunkten aus¬
gestaltet. Hier gehen 2 Arten von Leistungen nebeneinander her,
die Krankenkassen, welche nichts anderes sind als Zwangs-
kassen und Geldunterstiitzungen gewähren und die ärztliche
Hilfe etc., welche einzig Sache des Arbeitgebers bleibt und iür
deren Erfüllung derselbe allein zu sorgen hat.
Es bedeutet dies aber für die russischen Aerzte die völlige
Unabhängigkeit von den Krankenkassen, dagegen die Notwendigkeit
einer Verständigung mit den Arbeitgebern. Gelingt es den Aerzten
dann nicht, mit diesen letzteren geeignete Vereinbarungen zu treffen,
so können sich hieraus eingreifende Konflikte ergeben, die auch für
die Versicherten um so fühlbarer sein werden, als eine Ablösung
der Verpflichtung des Unternehmers durch bare Leistungen, wie sie
z. B. der § 370 unserer deutschen R.V.O. vorsieht, das russische
Gesetz nicht kennt. Die Konsequenz dieser Bestimmungen wird
auch für Russland die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der
Kassenärzte zwecks Aufstellung gleichmässiger Tarife bilden — also
tout comme chez nous — wenngleich auf Grund wesentlich anderer
Vorbedingungen. Bedeutet es doch zweifellos einen Vorteil, mit dem
Unternehmer allein sich verständigen zu müssen, als auf die Ver¬
ständigung mit einer aus zahlreichen Köpfen bestehenden Kassenver¬
waltung angewiesen zu sein. Wir gehen vielleicht nicht fehl in der
Annahme, dass gerade diese engere Verbindung des Arbeitgebers
als Haupt der Krankenorganisation seiner unterstellten Arbeiter mit
dem Arzt einen Rest jenes patriarchalischen Verhältnisses darstellt,
wie es in Russland noch auf anderen Gebieten, vor allem auf dem
Lande, vorherrscht und in dieser Form durch den damit verbundenen
persönlichen Einfluss vielleicht seine grossen Vorteile gegenüber
andersartigen, mehr unpersönlichen, Systemen besitzt.
Dr. Erwin F r a n c k - Berlin.
Aerztliche Standesangelegenheiten.
Der Arzt in der Rechtsprechung.
Von Regierungsrat Paul Kaestner in Berlin.
T.
Das der Aerztewelt selbstverständlich nächstliegende Sonder-
gebiet der Rechtsprechung in ärztlichen Ehrensachen wird in dieser
Wochenschrift in einem Ueberblick über die Entscheidungen des ver¬
gangenen Jahres erörtert (vergl. zuletzt die Nummern 47 und 48 von
1912). Einer Anregung der Schriftleitung gemäss sollen hier jetzt
auch in gewissen Zeiträumen Artikel erscheinen, die für Aerzte inter¬
essante Fragen aus dem umfangreichen Gebiete des bürgerlichen
Rechts, des Strafrechts und des Verwaltungsrechts betreffen und be¬
sonders eine Uebersicht über solche gerichtliche Entscheidungen
geben, die zu kennen für die Aerzte von Bedeutung ist. Ein
„Deutsches Aerzterecht“ ist erfreulicherweise kürzlich in gemein¬
samer, gründlicher, ärztlich-juristischer Arbeit vom Sanitätsrat Dr.
Heinrich Joachim in Berlin und Justizrat Dr. A. Korn am
Kammergericht in Berlin geschaffen worden. Dieses treffliche, lang
entbehrte Werk (2 Bände, Verlag von Franz V a h 1 e n, Berlin) bietet
jedem Arzt, der sich über Rechtsfragen seines Berufes und über die
Rechtsprechung in ärztlichen Angelegenheiten bis zum Jahre 1911
unterrichten will, bis dahin die sichere Grundlage und den zuver¬
lässigen Wegweiser. Als fortlaufende Ergänzungen zu diesem Werk
können die nachfolgenden Uebersichten gelten, die der Aehreniese
auf den für Aerzte interessanten Parzellen des weiten, fruchtbaren,
aber immer schwerer zu überblickenden Feldes der Rechtswissen¬
schaft und Rechtsprechung dienen sollen. —
Ueber die Frage der Zulässigkeit polizeilicher Beanstandung
der von einem Heilkundigen geführten Bezeichnung „in
Amerika approbierter Arzt“ handelt ein ausführlich be¬
gründetes Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 25. April 191-
(Min.-Blatt f. Med.-Angel. 1912, S. 209 f., 216 f.). Der Angeklagte hat
zwar ausdrücklich zu erkennen gegeben, dass er eine im Inlande ge¬
prüfte Medizinalperson nicht sei. Das Oberverwaltungsgericht be¬
anstandet aber, dass er gerade den Ausdruck gewählt habe, der
nach der Gesetzessprache der Reichsgewerbeordnung (§ 29) an¬
gewendet wird, um die staatliche Zulassung derjenigen Personen zu
bezeichnen, die in Deutschland das Recht zur Führung des ArzttiteiS
erlangt haben. Hierin müsse zum mindesten die Behauptung ge¬
sehen werden, dass er im Auslande auf Grund eines Bildungsganges
und einer Prüfung, die im wesentlichen den deutschen Anforderungen
entspreche, die Zulassung als Arzt erlangt habe. Sei dies aber
nicht der Fall (was eingehend auf Grund der Beweisaufnahme geprüft
und verneint wird), so stelle sich die Bezeichnung als — wenn
auch im Auslande — approbierter Arzt als eine falsche Be¬
hauptung über geschäftliche Verhältnisse dar, die geeignet sei, den
I. Februar 1913,
MUFNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
303
»schein eines besonders günstigen Angebots zu erwecken (§ 1 des
eiclisgesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom
Mai 1896) und die deshalb auch von der Polizei verboten werden
jnne.
In diesem Zusammenhänge sei auf die Entscheidung desselben
erichts vom 22. Januar 1912 (Min.-Blatt f. Med.-Angel. 1912, S. 169)
:tr. Ungültigkeit der von dem German American Dental College in
hicago verliehenen Doktortitel hingewiesen, die als mindestes
'fordernis verlangt, dass die als Doktorwürde betrachtete und so
.“zeichnete Auszeichnung von einem Institut verliehen ist, an wel-
lern ernste Wissenschaft gepflegt und Vorlesungen gehalten wurden,
■wie ferner, dass die Verleihung auf Grund einer ernstlichen Prii-
ng und Feststellung des Besitzes gewisser Kenntnisse und Fähig¬
ster erfolgte. War dies nicht der Fall, so befand Kläger (ein Zahn-
chniker) sich nicht befugter Weise im Besitz der Doktorwürde und
uideite durch deren Führung dem § 360 No. 8 des Reichsstrafgesetz-
iches zuwider. —
Unter die Strafvorschriften des § 147 No. 3 der Reichsgewerbe-
dnung fallen nur Benennungen, welche der Heil¬
ewer betreibende seiner Person beilegt, nicht aber
Iche Worte, durch die er ausschliesslich seine Tätigkeit sach-
ch kennzeichnet (Urteil des Kammergerichts, I. Strafs., 6. Juni
12: im Medizinalarchiv f. d. Deutsche Reich, III, S. 353). Nach
147 No. 3 wird bestraft, wer ohne hierzu approbiert zu sein sich als
•zt bezeichnet oder sich einen ähnlichen Titel beilegt, durch den der
laube erweckt wird, der Inhaber desselben sei eine geprüfte Medi-
nalperson. Das bayerische Oberste Landesgericht hat noch in
ner Entscheidung vom 4. April 1911 (Gew.-Archiv, XI, S. 325) an
■r Ansicht festgehalten, dass auch eine die Tätigkeit einer Person
nnzeichnende objektive Bezeichnung zur Annahme der Beilegung
nes arztähnlichen Titels genügen könne. Auch das Oberlandes-
•richt Celle (Urteil vom 29. Juni 1903, Goltd. Arch., 52, S. 258) hat in
nem Fall, in dem ein Zahntechniker seinem Namen die Bezeichnung
Zahnklinik“ hinzugefügt hatte, entschieden, dass darin die Bei-
jung eines arztähnlichen Titels gefunden werden könne. Dagegen
eht das Reichsgericht (Entsch. i. Strafs., 31, S. 164) auf dem Stand-
nkte, dass derjenige, der seine Leistungen anbiete, ohne sich eine
r Bezeichnung der von ihm ausgeübten Tätigkeit dienende Be-
nnung beizulegen, nicht nach § 147, 3 strafbar sei. Es hat dem-
mäss einen Angeklagten, der sejnem Namen die Bezeichnung
omöopathische Kur“ hinzugefügt hatte, freigesprochen. Das Kam-
ergericht hat sich dem angeschlossen. Es möge sein, dass, wie das
yerische Oberste Landesgericht hervorhebe, die weitergehende
isicht dem Grund und Zweck der Vorschrift mehr Rechnung trage,
ie sie aber gefasst sei, könne sie nur so ausgelegt werden, dass
liglich die persönliche Benennung einer Person durch sie getroffen
;rden sollte. —
Ist einem Arzte ein Vorwurf daraus zu machen, dass er sich
einem Orte zur Ausübung der Praxis niederliess, obwohl dort be-
its vor ihm 2 Aerzte sich niedergelassen hatten? Nach § 29 Abs. 3
r Reichsgewerbeordnung sind die Aerzte innerhalb des Reichs
der Wahl des Ortes, wo sie ihr Gewerbe betreiben wollen, nicht
schränkt. Jeder Arzt hat also das Recht, an jedem Orte des
'utschen Reichs sich niederzulassen und an jedem Orte des
utschen Reichs die Praxis auszuüben. Dieses Recht ist ein sub-
ctives öffentliches Recht, in dem der Arzt gegen seinen Willen nicht
schränkt werden darf. Landesgesetzliche Bestimmungen, welche
ihrer Wirkung darauf hinausliefen, die Aerzte in dem ihnen reichs-
; setzlich gewährleisteten Recht der Freiheit in der Wahl des Ortes
r Ausübung der Heilkunde — in der ärztlichen Freizügig¬
st zu beschränken, wären unwirksam. Damit steht es in Wider-
Tuch, wenn der Angeschuldigte auf Grund der §§ 20, 33, 35 des
ndesgesetzes vom 10. Oktober 1906, die Rechtsverhältnisse des
nitätspersonals betreffend, bestraft ist, weil er die Praxis am
ohnorte zweier anderer Aerzte ausübt. Wer von einem ihm reichs-
■ setzlich gewährleisteten Recht Gebrauch macht, kann dieser Händ¬
ig wegen nicht auf Grund eines Landesgesetzes 'bestraft werden,
is dem Aerzteverein, dessen Mitglieder eine Beschränkung der
chsgesetzlichen Freizügigkeit freiwillig auf sich genommen
Iben, war der Angeschuldigte ausgetreten. Das Urteil des Ehren-
irichtshofes ist daher aufgehoben (Urteil des badischen Verwal-
ugsgerichtshofes vom 2. April 1912, Zeitschr. f. badische Verw., 44,
1 137).
Zur Erläuterung dieser Entscheidung sei bemerkt, dass nach
::’l des genannten badischen Gesetzes dem Arzte und dem Beauf-
'igten des Ministeriums des Innern, der die Anklage vertritt, gegen
1 s Urteil des ärztlichen Ehrengerichtshofes die Berufung an den
Mischen Verwaltungsgerichtshof zusteht, wenn das ehrengericht-
Mie Urteil nach ihrer Meinung auf einer Verletzung des Gesetzes be-
nt. Dem preussischen Ehrengerichtsgesetz ist diese zur Abschnei-
ng nicht unmöglicher Konflikte zweckmässige Bestimmung fremd,
hch hat der preussische Ehrengerichtshof gerade in dieser gleichen
Gge wiederholt die gleiche Entscheidung getroffen und eine Be-
' irän kung der reichsgesetzlich gewährleisteten ärztlichen Freizügig¬
st gegen den Willen des Arztes durch ehrengerichtliche Massnahmen
1 gesperrten Orten) für gesetzwidrig und daher unzulässig erklärt
bitscheidungen vom 9. Januar, 2. Dezember 1905, Entsch. d. EGH.,
D. 126, 131, 135). —
Ueber den Gebührenanspruch für ein en ä r z t -
Rhen Besuch, auch wenn dieser nach einer fest-
bestimmten Frist bewirkt wird, falls er nicht vorher aus¬
drücklich abbestellt ist, hat das Landgericht Hamburg in dem die
Verhältnisse des Arzthauses verständnisvoll würdigenden Urteil vom
29. Januar 1912 entschieden (Medizinal-Archiv, III, S. 357). Will ein
Kranker den Besuch eines Arztes zu einer festgesetzten Stunde oder
zu einer bestimmten Zeit haben, so muss er dies ausdrücklich mit
dem Bemerken erklären, dass er sonst auf die Dienste des Arztes
verzichte und die Hilfe eines anderen in Anspruch nehmen werde.
Anderenfalls muss der zuerst angenommene Arzt der Meinung sein,
dass seine Dienste immer noch willkommen seien und auch noch be¬
ansprucht würden. Die Ehefrau des Beklagten hatte eine derart be¬
stimmte Erklärung, als sie den Besuch des klagenden Arztes bei ihrem
Kinde wünschte, nicht gegeben. Sie hatte den Arzt nicht zu Hause
angetroffen und das Dienstmädchen gefragt, wann er zurückkehren
werde. Das Dienstmädchen hatte erklärt, sie könne den Arzt tele¬
phonisch erreichen und ihm die Bestellung übermitteln und hatte hin¬
zugefügt, er werde spätestens um 8 Uhr, wie dies von der Frau
gewünscht wurde, kommen. Diese Erklärung des Dienstmädchens
enthielt nicht eine feste, den Arzt verpflichtende Zusicherung, dass
Kläger bis 8 Uhr den gewünschten Besuch machen würde. Zu
rechtsgeschäftlichen Erklärungen war das Dienstmädchen nach seiner
Stellung im Haushalt nicht befugt. Es gab nur das unverbindliche
Versprechen ab. den Arzt zu benachrichtigen und ihn zu veranlassen,
bis 8 Uhr zu kommen. Anders konnte ihre Mitteilung nicht auf¬
gefasst werden. Die Eigenart des ärztlichen Berufes verbietet es
auch, dass dritte Personen über die Zeit der Arbeitstätigkeit eines
Arztes disponieren können, da der Arzt, wie jedermann weiss, nicht
bestimmt über seine Zeit verfügen und stets unvermutet festgehalten
werden kann. Wenn dann die Beklagte, als der Arzt später kam.
erklärt hat, sie wolle ihr Kind nicht wecken, so hat sie. da zwingende
Gründe zu solcher Ablehnung nicht Vorlagen, dem Arzte die Lei¬
stung unmöglich gemacht und hat die Inanspruchnahme des Arztes
zu vergüten, obwohl er irgendwelche Tätigkeit nicht entfaltet hat. —
Von erheblichem Interesse ist eine Abhandlung des Wirkl. Geh.
Rats Dr. A. Förster, des früheren Direktors der Medizinalabtei¬
lung im Ministerium des Jnnern und Verfassers der preussischen Ge¬
bührenordnung für Aerzte vom 15. Mai 1896 (13. März 1906), „Zur
Frage des Honorars ärztlicher Spezialisten“ in der Wochen¬
schrift „Preussisches Verwaltungsblatt“ 1912, No. 23, S. 381. Sie geht
aus von einem in der Tagespresse wiedergegebenen Urteil des Amts¬
gerichts Berlin-Mitte, das die Honoraransprüche ärztlicher Autori¬
täten behandelt und ausgesprochen hat. dass die ärztliche Gebühren¬
ordnung mit ihren Honorarsätzen auf diese Autoritäten keine Anwen¬
dung finde. Denn es sei allgemein bekannt, dass ärztliche Autoritäten
regelmässig erheblich über die Höchstsätze der Gebührenordnung
hinausgehende Honorare für ihre Leistungen beanspruchten, und wer
sich an sie wende, müsse sich darüber klar sein, dass er eine ausser¬
ordentliche Honorarforderung zu erwarten habe. Ein derartiger Arzt
könne voraussetzen, dass ein Patient, der sich an ihn wende, ohne
sich zuvor über die Honorarforderung zu unterrichten, in der Ver¬
mögenslage sein müsse, dasjenige Honorar zu zahlen, das andere
Patienten ersten Chirurgen in ähnlichen Fällen zu bewilligen pflegten.
Dies sei so selbstverständlich, dass die ersten Spezialärzte und Autori¬
täten die Honorarfrage regelmässig nicht zu besprechen pflegten. För¬
ster legt eingehend dar, dass derartige Erwägungen den Ausschluss
der Gebührenordnung für spezialärztliche Behandlung nicht begründen
und dass sie dem Gesetz sowohl wie der in der Literatur und in der
Rechtsprechung herrschenden Auffassung widersprechen. Der Arzt
hat gegen den Patienten zunächst zwar und in erster Linie Anspruch
auf Zahlung der vereinbarten Vergütung (§ 611 Abs. 1 BGB.s,
§ 80 Abs. 2, Satz 1 der Reichsgewerbeordnung), die grundsätzlich be¬
liebig hoch oder niedrig bemessen sein kann. Ist eine Vereinbarung
aber nicht getroffen, .so ist bei dem Bestehen einer Taxe die tax-
mässige, in Ermangelung einer Taxe die übliche, erforderlichen
Falles festzustellende ortsübliche Vergütung zu gewähren (§ 612
Abs. 2 BGB.s, § 80 Abs. 2 Satz 2 RGO.). Die Gebührenordnung ist
eine Taxe von allgemein verbindlichem Charakter, deren weit aus¬
einanderliegende Sätze den Beteiligten und dem Richter Anpassung
an die Umstände des Einzelfalles in weitem Masse gestatten. Zu
den approbierten Aerzten, für welche sie nach dem im § 1 gewählten
allgemeinen Ausdruck gilt, gehören auch die Spezialärzte und medi¬
zinischen Universitätsprofessoren, deren höheres Mass von Erfahrung
und technischer Geschicklichkeit als wertsteigernde Momente be¬
rücksichtigt sind. Für sie sind Sonderrechte nicht begründet und
können um so weniger anerkannt werden, als die Berechtigung zur
Bezeichnung als „Spezialarzt“ bisher gesetzlich nicht geregelt ist
und es unter den etwa 20 000 preussischen Aerzten zurzeit gegen 3000
„Spezialärzte“ gibt. Nun sei versucht, das vermeintliche Recht zu
beschränken auf „allererste Autoritäten, welche einen Weltruf ge¬
messen“, wie es in einem Urteil des Landgerichts I Berlin heisse.
Der Beweis einer derartigen Voraussetzung seines Anspruches würde
für den Spezialarzt schon durch „Takt und Erziehung. Rücksicht auf
seine Spezialkollegen und Achtung vor der eigenen Persönlichkeit“
unmöglich gemacht werden. Auch die Beschränkung auf solche Spe¬
zialärzte, die zugleich im Hauptamte Universitätslehrer sind, müsse
als unangebracht und der inneren Berechtigung entbehrend schon mit
Rücksicht auf die wissenschaftlichen und operativen Glanzleistungen
nichtakademischer Aerzte. die eine Monopolstellung der Universitäts¬
lehrer längst gebrochen hätten, zurückgewiesen werden. Glaubt der
Spezialarzt, von dessen freier Entschliessung grundsätzlich die Ge-
364
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Währung der begehrten ärztlichen Hilfeleistung abhängt, diese nur
gegen ein die Höchstsätze der Gebührenordnung überschreitendes
Honorar gewähren zu können, so muss er den Patienten hiervon in
ausreichender Weise in Kenntnis setzen und, falls dieser sich weigert,
die ärztliche Hilfe ablehnen. — Förster befindet sich mit seinen
Ausführungen in Uebereinstimmung mit der herrschenden Meinung,
wie sie auch bei J o a c h i m - K o r n, I, S. 383 erörtert und ge¬
billigt ist. —
Dem an schwerem chronischem Ekzem der Hände leidenden und
in seiner Arbeitsfähigkeit dadurch stark beeinträchtigten N., der
freiwilliges Mitglied der allgemeinen Ortskrankenkasse war, wurde
von dem Spezialarzt für Hautkrankheiten Dr. M. in 0. eine vier- bis
fünfwöchentliche und höchstens 50 M. Kosten verursachende Rönt¬
gen- und Heissluftbehandlung empfohlen und hiernach
Heilung mit fast absoluter Sicherheit in Aussicht gestellt. Die Kran¬
kenkasse lehnte die Uebernahme der Kosten ab, weil die angegebene
Behandlung keine ärztliche Behandlung sei, sondern unter
den Begriff „Heilmittel“ falle, aber nicht zu den „ähnlichen Heil¬
mitteln“ (§ 6 Ziff. 1 KVG., § 11 Ziff. 1 des Kassenstatuts), d. h. solchen
bis zum Betrage von 20 M. gehöre. Das Oberverwaltungsgericht
Oldenburg hat durch Urteil vom 11. Januar 1912 (Zeitschr. f. Verw.
u. Rechtspfl., Bd. 39, S. 74) entschieden, dass in der von Dr. M. selbst
vorgenommenen Behandlung des Kranken mit Röntgenbestrahlung
und Heissluft eine „ärztliche Behandlung“ zu erblicken sei. Eine
derartige, verhältnismässig noch neue Behandlungsmethode dürfe, nur
durch die Hand eines sachverständigen Arztes oder von einer Hilfs¬
person unter seiner unmittelbaren Leitung angewendet werden.
In beiden Fällen sei sie zur ärztlichen Behandlung zu rechnen. Die
Anschauungen könnten sich vielleicht in Zukunft ändern und noch
einmal dahin gehen, dass vom Arzte verordnete Röntgen- oder Heiss¬
luftbehandlung geprüften Heilgehilfen oder derartigen Personen un¬
bedenklich überlassen werden könnten. Gegenwärtig sei das nicht
der Fall. Und selbst wenn man die fragliche Behandlungsart nicht
a b s o lu t unter den Begriff der ärztlichen Behandlung einreihen
wollte, so müsse sie für die Verhältnisse des vorliegenden Falles
doch zweifellos dazu gerechnet werden, da#Dr. M. der einzige Arzt
im Herzogtum Oldenburg sei, der die Bestrahlung anwende und die
Möglichkeit, durch andere Personen ihrer teilhaftig zu werden, dort
nicht bestehe. —
Die Frage, wer dem Arzt die Kosten einesAttestes zahlt,
wird häufig streitig, weil dem Arzte gegenüber oft nicht hinreichend
klar zum Ausdruck kommt, wer das Attest von ihm verlangt und
ob der zu begutachtende Patient nur als der auf Verlangen und Kosten
eines Dritten zu Untersuchende oder als Selbstkontrahent bei dem
Arzte erscheint. Ein Kaufmann verlangte von seiner Verkäuferin,
die als Klägerin vor der ersten Kammer des Berliner Kaufmanns¬
gerichts gegen den Kaufmann auf Zahlung der Kosten eines ärztlichen
Attestes klagte, über ihre Erkrankung ein ärztliches Attest, obwohl
für die Dauer einer Krankheit die Gehaltszahlung vertragsmässig aus¬
geschlossen war, verweigerte dann aber die Zahlung der Attest¬
kosten, weil Klägerin durch ihre Krankheit den Anlass zu dem Attest
gegeben habe und es deshalb auch bezahlen müsse. Ausserdem müsse
Klägerin ihm mindestens den Beweis erbringen, dass sie die Honorar¬
forderung des Arztes beglichen habe. Das Kaufmannsgericht ver¬
urteilte den beklagten Kaufmann zur Zahlung der Kosten des Attestes,
da er, nicht die Verkäuferin, den Anlass zu dessen Ausstellung ge¬
geben habe und der Beklagte selbst durch den Einwand, dass die
Klägerin die Honorarforderung des Arztes noch nicht bezahlt habe,
von seiner Zahlungspflicht nicht befreit werde. (Aus dem „Vorwärts“
vom 13. Dezember 1912.) —
Zur Vornahme einer ärztlichen Operation an
einem noch minderjährigen Patienten, die zum Nutzen
des Patienten, zur Heilung eines Körperschadens dient, soll der Arzt
nach einem Urteil der Strafkammer 1 des Landgerichts II Berlin vom
30. Januar 1912 (Aerztl. Sachverst.-Zeitg., XVIII, 246) nur der Ein¬
willigung des Patienten selbst bedürfen, sofern dieser nach Verstan¬
desreife und körperlicher Entwicklung als selbständig und verfügungs¬
fähig anzusehen sei. Die Strafkammer hat hier im Gegensatz
zum Reichsgericht angenommen, dass eine ärztliche Opera¬
tion, mit Einwilligung des verständigen und bürgerlich erwachsenen,
wenn auch noch minderjährigen Patienten vorgenommen, die zum
Besten des Patienten, zur Heilung eines Körperschadens dient, keine
körperliche Misshandlung, sondern eine rationelle, gebotene Behand¬
lung darstelle, die geschieht, nicht um dem anderen wehe zu tun,
sondern um ihn von seinem Leiden zu befreien. Zu solchem Eingriff
hat die Strafkammer unter den genannten Voraussetzungen nur die
Einwilligung des Patienten selbst für erforderlich gehalten, da auch
zahllose andere Erklärungen (und nur um eine solche, nicht um ein
Rechtsgeschäft handele es sich bei der Einwilligung zu einer ärzt¬
lichen Operation) von Minderjährigen, die schon erwachsen und selb¬
ständig seien, anstandslos im bürgerlichen Verkehr abgegeben
würden. —
Der Kreisarzt Dr. C. untersuchte auf Ersuchen des Re¬
gierungspräsidenten den Regierungssekretär G. auf seinen Gesund¬
heitszustand und erstattete ein Gutachten, nach welchem G. in¬
folge schwerer Arterienverkalkung und chronischer Nierenerkrankung
zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig sei. G. klagte
mit der Behauptung, dass das Gutachten „falsch“ sei. bei dem Amts¬
gericht P. auf Ersatz der Aufwendungen, die er infolge des Gut¬
achtens habe machen müssen und nahm zum Beweise dafür, dass
No. 6.
er körperlich und geistig amtsfähig und gesund sei. auf die Atteste
mehrerer Aerzte Bezug. Die Kgl. Regierung erhob zugunsten des
beklagten Kreisarztes bei dem Oberverwaltungsgerichte Konflikt
mit dem Antrag auf Einstellung des gerichtlichen Verfahrens, da der
Kreisarzt sich bei Ausstellung des Gutachtens der Unterlassung einer
ihm obliegenden Amtshandlung nicht schuldig gemacht habe (§ li,
Abs. 2 des Einf.-Ges. z. Ger.-Verf.-Ges. v. 27. Januar 1877). Der
Kläger bezeichnete den Konflikt als unzulässig, da nach §§ 34, 115 der
Dienstanweisung für die Kreisärzte die Untersuchungs- und Begut¬
achtungstätigkeit des beklagten Kreisarztes eine vertrauensärztliche
Tätigkeit sei und nicht zu den Obliegenheiten gehöre, die mit dem
Amte des Kreisarztes als solchem verbunden wären. Das Oberver¬
waltungsgericht hat im Urteil vom 20. Oktober 1911 (Min.-Bl. f. Med.-
Ang. 1912, S. 20) den Konflikt als zulässig erklärt. Der Kreisarzt
sei zwar vermöge seines Amtes nicht allgemein verpflichtet, eine ver¬
trauensärztliche Tätigkeit zu übernehmen, müsse dies aber tun, mit¬
hin auch den Gesundheitszustand eines unmittelbaren Staatsbeamten
im dienstlichen Interesse untersuchen, wenn der Regierungspräsident
ihn hiermit beauftrage (§§ 34 Abs. 3, 115 Abs. 1, Abs. 2 lit. C der
Dienstanweisung vom 1. September 1909). Der Beklagte habe daher
bei Ausstellung des Gutachtens als Beamter gehandelt und seine Tätig¬
keit verliere ihren amtlichen Charakter nicht aus dem Grunde, dass
sie an sich nicht zu den Aufgaben des staatlichen Gesundheitsbeamten
des Kreises gehöre (§§ 1, 6 d. Ges. betr. die Dienststellung des
Kreisarztes vom 16. September 1899) sondern erst durch den Auftrag
des Regierungspräsidenten dazu werde. Der hienach zulässige Kon¬
flikt ist als begründet erklärt, da nach dem Ergebnis der Beweisauf¬
nahme der Kreisarzt mit der vom ärztlichen Standpunkte aus ge¬
botenen Gewissenhaftigkeit zu Werke gegangen sei. —
Die Schadensersatzpflicht eines Heilgehilfen
wegen falscher Behandlung einer Armverrenkung und
Nicht Überweisung des Verletzten an einen Arzt
behandelte das Reichsgericht in einem Urteil vom 25. Juni 1912 (Recht¬
sprechung und Mediz. Gesetzgeb. 1912, S. 233). Eine vierzehnjährige
Dienstmagd, die sich bei einem Sturz vom Wagen das Ellenbogen¬
gelenk verrenkt hatte, war 4 Wochen lang von einem Heilgehilfen, der
die Verletzung nicht erkannt hatte, mit Einreibungen behandelt. Der
erst dann zugezogene Arzt vermochte die Verrenkung nicht mehr
zu beseitigen. Die Verletzte klagte gegen den Heilgehilfen auf Ersatz
ihrer Auslagen und Zahlung einer Rente und ihr Anspruch wurde
vom Landgericht und vom Oberlandesgericht in München sowohl wie
vom Reichsgericht als aus § 823 d. B.G.B.s begründet anerkannt.
Die Fahrlässigkeit des Heilgehilfen, also sein Verschulden liege nicht
in der falschen Diagnose, denn auch ein wissenschaftlich gebildeter
Arzt könne irrige Diagnosen stellen und ob Bruch oder Verrenkung
vorliege, sei oft wegen der Schwellungen nicht festzustellen. Könne
jedoch eine Verrenkung nicht durch Betasten festgestellt werden, so
biete die Wissenschaft in den Röntgenstrahlen ein sicheres Mittel
dazu. Könne auch dem Beklagten, der nur harmlose, unschädliche,
aber auch nutzlose Mittel angewendet habe, die Röntgenuntersuchung
nicht zugetraut werden, so sei er doch verpflichtet gewesen, die
Klägerin, statt sie wochenlang hinzuhalten, möglichst schleunig einem
Arzte zu überweisen. Indem er dies unterliess, verletzte er die vet-
kehrsübiiche Sorgfalt und machte sich aus § 823 B.G.B.s schaden¬
ersatzpflichtig. —
Wegen Beleidigung der Aerzte der Stadt X. war vom Rechts¬
anwalt N. Strafantrag gestellt „auf Grund einer Vollmacht“,
die von zwei Vorstandsmitgliedern des Aerztevereins zu X.
unterschrieben ist. Der Vorderrichter hat den Strafantrag für rechts-
wirksam gehalten, weil der Vorstand des Aerztevereins der „statuten-
mässig festgesetzte Hüter der ärztlichen Standesehre“ sei. Das
Reichsgericht (Urteil vom 13. Februar 1912, Deutsche Jur.-Ztg. XVII,
812) hat diese Auffassung als rechtsirrig erklärt. Der Verein habe
nach § 1 seiner Satzung lediglich den Zweck, „die Belebung des
kollegialen Verkehrs durch gemeinsame Wahrnehmung der ärztlichen
Interessen und durch Besprechung fachwissenschaftlicher Gegen¬
stände zu fördern“. Aber selbst wenn die Satzungen des Vereins
zum „Hüter der ärztlichen Standesehre“ den Verein bestimmen würden,
wäre dies bedeutungslos, da daraus noch nicht die Berechtigung zur
Stellung des Strafantrages wegen Beleidigung der dem Verein ange¬
hörenden Aerzte folgen würde. Die Frage der Antragsberechtigung
wegen Beleidigung sei im Strafgesetzbuch erschöpfend geregelt und
abgesehen von den dort in den §§ 65, 195, 196 vorgesehenen Fällen
müsse der Strafantrag vom Verletzten selbst (§ 65) ausgehen, wozu
erforderlich sei, dass er die auf Herbeiführung des Strafverfahrens
gerichtete Willenserklärung im eigenen Namen abgibt. —
ln einem Urteil vom 16. April 1912 (Min.-Blatt f. Med.-Ang. 1912.
S. 381) führt das Reichsgericht aus, dass durch Verabreichung
bereits benutzter Moorbäder an Badegäste eines Moor¬
bades alle Tatbestandsmerkmale des strafrecht¬
lichen Betruges erfüllt werden. Die Behauptung der Re¬
visionskläger, das Publikum rechne mit derartig schlecht hergestellten
Bädern und nehme in der Regel keinen Anstoss daran, ob das Moor
bereits benützt oder ganz oder teilweise gebraucht worden sei, sei
vom Vorderrichter aus zutreffenden Gründen bereits zurückgewiesen.
Wenn dieser auf Grund besonderer Beweisergebnisse oder nach der
Auffassung des täglichen Lebens das Gegenteil angenommen habe, so
gebe dies keine Veranlassung zu rechtlichen Bedenken. Ob dem Moor
durch die vor der Wiederverwendung zu Bädern schon erfolgte Be¬
nutzung zum gleichen Zwecke ein Teil der Heilkraft entzogen worden
fl. Februar iQiJ.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
väre, sei Tatfrage. Die völlige oder teilweise Entwertung der Bäder
lurch das Verfahren der Angeklagten könne schon daraus gefolgert
verden, dass eine derartige Bereitung von Moorbädern nicht nur aus
anitären, sondern schon aus Gründen der Reinlichkeit deren Wertung
»eeinträchtige. —
Auch die nur gelegentlichen Gehilfen des Arztes, z. B.
lessen Ehefrau, sind zur Wahrung des Berufsgeheimnisses ver¬
nichtet und demgemäss zur Zeugnisverweigerung b e -
echtigt. Die Ehefrau eines Arztes war dessen Vertreter bei
lern Einpacken der zur Behandlung einer Fehlgeburt erforderlichen
nstrumente behilflich gewesen und hatte dabei von dem Fall, dessen
irztliche Behandlung erbeten war, Kenntnis erhalten. In dem dann
lachfolgenden Ehescheidungsprozesse nahm der klagende Ehemann
uif das Zeugnis der Ehefrau des Arztes Bezug, das diese als Gehilfin
les Vertreters ihres Ehemannes in seiner ärztlichen Praxis ver-
veigerte. Das Oberlandesgericht Dresden hat in der Entscheidung
om 3. Februar 1912 (Rechtsprechung und Mediz.-Gesetzgeb. 1912,
'. 225) die Verweigerung des Zeugnisses durch die Ehefrau des
\rztes als berechtigt anerkannt. Da es sich nur darum handelte, dem
(lüger den Beweis eines Ehescheidungsgrundes zu verschaffen, hätte
edenfalls der Ehemann der Zeugin und sein ärztlicher Vertreter das
<echt der Zeugnisverweigerung gehabt. Dieses Recht müsse aber
luch den Personen zugesprochen werden, die dem Arzte in seinem
Gerufe, wenn auch nicht berufsmässig, sondern nur gelegentlich, be-
nlflich sind und dabei Wahrnehmungen vertraulicher Art machen,
hnen seien zufolge ihres Verhältnisses zum Arzt, also kraft eines
Verhältnisses, das sich je nachdem als Amt oder, wie bei der Ehefrau
les Arztes, als Stand oder als Gewerbe kennzeichne, alle diejenigen
Tatsachen gleichfalls anvertraut, die nach der Natur der Sache und
lach gesetzlicher Vorschrift (§ 300 Straf-Gesetz.-B.) geheim gehalten
.verden sollen. Wenn auf sie die Vorschriften über das Recht zur
(eugnisverweigerung (§ 383, Abs. 1, No. 5 Zivil-Proz.-Ord.) nicht an¬
wendbar wären, so würde kein Kranker davor sicher sein, dass die
Vahrnehmungen. die irgend ein Gehilfe des von ihm zugezogenen
Arztes mache, in einem Prozess wider seinen Willen gegen ihn
erörtert und verwendet würden. Es würde also das für den Verkehr
(ranker mit dem Arzte notwendige Vertrauen, das als das höhere
Gut geschützt werden müsse, untergraben werden. —
Ein von einer öffentlich-rechtlichen, gemeinnützigen Ortskranken-
casse angestellter Kassenarzt hatte sich im Ans teil ungs-
/ertrag verpflichtet, bei vorzeitiger Kündigung seines fünfjährigen
Vertrages, sogar unbeschadet seiner Schadensersatzpflicht für die Zu-
cunft, das ganze empfangene Honorar zurückzubezahlen,
;o dass er nicht nur seine Tätigkeit ohne jede Vergütung ausgeübt,
sondern auch noch die durch das Honorar gleichzeitig entgoltenen,
sehr erheblichen Auslagen selbst zu tragen hatte. Das Oberlandes¬
tericht Hamm hat im Urteil vom 4. April 1912 (Rechtsprechung des
Jberlandesger. XXIV, S. 263) einen derartigen Vertrag als ein gegen
lie guten Sitten verstossendes Rechtsgeschäft für nichtig erklärt
§ 138 B.G.B.s). Der Vertrag verstiess gegen die guten Sitten auf
seiten des Arztes, der seine höhere Vorbildung erfordernde und
lementsprechend in der allgemeinen Meinung bewertete Tätigkeit
grundsätzlich nur gegen Entgelt auszuüben pflegt, der überdies die
seiner wartenden Verhältnisse so gut wie gar nicht kannte und daher
veder wusste, ob die Möglichkeit bestand, seinen Verpflichtungen
mr ärztlichen Versorgung der zahlreichen Kassenmitglieder gerecht
?u werden, noch ob die Praxis ihm unter Berücksichtigung der
k'on ihm nicht zu übersehenden Auslagen eine annehmbare Lebens¬
stellung bringen würde. Der Vertrag verstiess gegen die guten
■sitten nach Anschauung aller ehrbar, billig und gerecht denkenden
(reise aber auch auf Seiten der Ortskrankenkasse, deren Pflicht es
st, ihren Angehörigen für Krankheitsfälle die Hilfe eines Arztes zu
sichern, dessen Berufsfreudigkeit nicht so herabgedrückt ist, wie es
eicht die Folge solcher unwürdigen und finanziell drückenden Be¬
stimmungen sein kann. Dies gilt um so mehrmals die Bestimmung auf
Verlangen der Kasse aufgenommen ist, um den Beklagten auf jeden
“'all von einer Kündigung vor Ablauf von 5 Jahren abzuhalten und
-umal die Ortski ankenkasse eine wirtschaftliche schwache Stellung
les Beklagten ausgeniitzt hat, der als Arzt nicht ohne zwingendste
iriinde auf eine so weitgehende Knebelung seiner wirtschaftlichen
"reiheit und Selbstbestimmung eingegangen sein würde. —
Ueber den Begriff der „Privatentbindungsanstalt“
iat sich das Oberverwaltungsgericht in einem Urteil vom 30. Sep¬
tember 1912 (Min.-Bl. f. Med.-Angel. 1912, S. 388) dahin ausge¬
sprochen, dass es nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen
sei, ob es sich um eine genehmigungspflichtige Privatentbindungs-
instalt handle (Erfordernis der Konzession nach § 30 der Reichs-Ge-
‘':erbe-Ordnung). Das Vorliegen eines Grossbetriebes und das Vor-
landensein besonderer technischer Einrichtungen sei zur Erfüllung des
Jegriffes nicht erforderlich, es genüge vielmehr das Bereithalten eines
besonderen Lokales, in dem Schwangere überhaupt, nicht nur einzelne
bestimmte Personen solcher Art, aufgenommen und verpflegt werden,
n zweifelhaften Fällen sei massgebend, ob nach dem geplanten oder
atsächlichen Betriebe Veranlassung zur Prüfung des Unternehmens
m polizeilichen Interesse zur Beseitigung derjenigen Gefahren, denen
liese Prüfung Vorbeugen solle, gegeben sei. Unerheblich sei es, wie
■ler einzelne Arzt die Sachlage in dieser Beziehung beurteile und ob
>ei Gelegenheit Zimmer auch an Nichtschwangere vermietet würden,
ftenn die Vermietung an Schwangere zum Zwecke der Abwartung
ihrer Entbindung die Regel bilde. —
No. 6.
Der Leiter und Pächter einer zur medikomechanischen Nachbe¬
handlung durch Unfall verletzter Personen bestimmten Privat-
krankenanstalt, Dr. E., hatte gegen den Eigentümer einer be¬
nachbarten Schankwirtschaft wegen Belästigung der Insassen seiner
Krankenanstalt durch Geräusche aus der Schankwirtschaft polizei¬
liche Verfügungen erwirkt, durch welche dem Wirt bauliche Ver¬
änderungen an seinem Tanzsaal auferlegt wurden. Der Wirt hat im
Wege der Klage die Aufhebung dieser polizeilichen Verfügungen er¬
reicht. Die Entscheidung des Öbcrverwaltungsgerichtes vom 7. Juli
1912 (Min.-Bl. f. Med.-Ang. 1912, S. 234) geht davon aus, dass zwar
Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung dem polizeilichen Ein¬
schreiten an sich nicht entgegenstanden. Dass der Betrieb einer
Wirtschaft den Anforderungen der Gewerbeordnung (§§ 33, 10) dau¬
ernd entsprechen muss und dass zur Erhaltung des vorschrifts-
mässigen Zustandes der Eigentümer des Lokales auch wegen bau¬
licher Veränderungen in Anspruch genommen werden kann, ist an¬
erkannten Rechtens. Dabei ist auch nicht unbedingt ausschlaggebend,
ob der eine Gefahr hervorrufende Betrieb schon vor den bedrohten
Einrichtungen bestanden hat. Für die Abwehr nachteiligen Ge¬
räusches von Gebäuden, die auf einem mit unruhigen Betrieben schon
umgebenen Grundstück errichtet sind, ist aber nicht lediglich der
Besitzer des das Geräusch erzeugenden Betriebes in Anspruch zu
nehmen. Vielmehr fordert bei solcher Sachlage, wie sie auch hier
bestand, da auch noch andere Schank- und Tanzlokale sich nahe der
Krankenanstalt befinden, der der Polizei obliegende Ausgleich einander
widerstreitender, ihrer Obhut indessen gleichmässig anvertrauter
Interessen auch die Herbeiführung sorgfältigster Einrichtungen in dem
von fremdem Geräusch vermeintlich beeinträchtigten Betriebe. Dass
dies aber bei Unterbringung von Kranken in sehr leicht gebauten
Baracken (Pavillons) mit Wänden von Gipsdielen und Magnesitplatten
erreicht sei, war nicht anzunehmen. Nachdem der Wirt nach be¬
hördlichen Weisungen schon wiederholt Aenderungen zur Milderung
der Schallwirkungen des Tanzsaales vorgenommen hatte, musste es
dem Besitzer der Krankenanstalt überlassen bleiben, durch geeignete
Vorkehrungen, etwa durch Verstärkung der Aussenwände seiner Ge-
bände, durch Verlegung der gegen Geräusche empfindlichen Kranken
u. dgl. auf seinem Grundstücke befriedigende Zustände zu schaffen. —
In einer Entscheidung vom 3. Mai 1912 (Min.-Bl. f. Med.-Ang.
1912, S. 223, 228) führt das Oberverwaltungsgericht mit eingehender
Begründung aus, unter welchen Voraussetzungen die Beschaf¬
fung einer zur Bekämpfung übertragbarer Krank¬
heiten dienenden Einrichtung (die Errichtung einer Isolier¬
baracke) von der Kommunalaufsichtsbehörde angeordnet werden
könne (§ 30 d. Ges. betr. die Bekämpfung übertragbarer Krankh.
vom 28. August 1905). Im Anschluss an die Begründung des Ge¬
setzentwurfes wird dargelegt, dass die Prüfung nicht ausschliesslich
vom Standpunkte des medizinalpolizeilich Wünschenswertesten er¬
folgen dürfe, dass vielmehr, um die Anwendung der Bestimmung des
§ 29 des Gesetzes zu begründen, d. h. um den Begrifi des Not¬
wendigen in ihrem Sinne zu erfüllen, besondere, nach den Um¬
ständen des Einzelfalles zu beurteilende Verhältnisse obwalten müss¬
ten, welche die Bewohnerschaft der in Anspruch genommenen Ge¬
meinde in gesundheitspolizeilicher Beziehung stärker als die Allge¬
meinheit gefährden. — •
Im Urteil vom 20. September 1912 (Min.-Bl. f. Med.-Ang. 1912,
S. 356) hat das Oberverwaltungsgericht seiner ständigen Recht¬
sprechung gemäss entschieden, dass die Ortspolizeibehörden zur
Durchführung ihrer den Vorschriften des Reichsimpf¬
gesetzes vom 8. April 1874 entsprechenden Anordnungen befugt
sind, die im § 132 des Landesverwaltungsgesetzes bezeichneten
Zwangsmittel und insbesondere auch die zwangsweise Vorführung
von Kindern vor den Impfarzt für den Fall zur Anwendung zu bringen,
dass die Kinder nicht in der gesetzten Frist einem anderen Arzte zur
Untersuchung und Impfung zugeführt sind und durch dessen Zeugnis
der vorgeschriebene Impfnachweis geführt ist. —
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Ueber den Wert der Alquie-Alexanderschen Operation*).
Von Oberarzt Dr. Walther Rüder in Hamburg-Eppendorf.
Wie soll man den aus seiner normalen Lage gebrachten frei¬
beweglichen Uterus therapeutisch behandeln?
Dieses Thema ist in der letzten Zeit wiederholt in verschiedenen
gynäkologischen Gesellschaften besprochen worden.
Es schien mir deshalb von Wert, auch vor dem hier versammel¬
ten Kreise diese Frage zur Diskussion zu stellen, und zwar möchte ich
mich heute darauf beschränken, das pro et contra der Alquie-
Alexanderschen Operation zur Sprache zu bringen.
Um nicht zu ausführlich zu werden, will ich nach ganz kurzer
Darstellung der allmählichen Entwicklung der Operation, besonders
in Deutschland, an der Hand der über dieses Thema erschienenen
Hauptarbeiten die Technik, sowie die Indikationsstellung, besprechen,
*) Nach einem Vortrag, gehalten in der Gynäkologischen Gesell¬
schaft in Hamburg.
4
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
306
um Ihnen dann über meine eigenen Beobachtungen, die sich auf
ca. 80 Fälle erstrecken, kurz zu berichten.
Mit Unrecht hat man nach meiner Ansicht den eigentlichen Ur¬
heber jener Idee, durch Vorziehung und Verkürzung der runden Bän¬
der vom Leistenkanal aus die Lage der Gebärmutter zu beeinflussen,
hei der zurzeit am meisten üblichen Benennung des Operationsver¬
fahrens übergangen.
Die Tatsache, dass A 1 q u i e, wie wir in der Anatomie von
Tillaux (1897, S. 918 und früher) lesen, als Erster im Jahre 1840
den Gedanken aussprach, den nach abwärts gedrängten Uterus durch
Kürzung der Ligamenta rotunda vom Leistenkanal aus zu heben, sollte
meines Erachtens ihm durch Nennung seines Namens gedankt wer¬
den. Und zwar in der Form, dass man seinen Namen mit dem¬
jenigen des Engländers Alexander zusammenstellt, welcher die
Operation zuerst ausführte. Seihst hatte Alquie seinen Vorschlag
niemals verwertet und nie an der Lebenden die Operation erprobt.
Dieser Tatsache haben wir es wohl zuzuschreiben, dass seine
Idee bei seinen Zeitgenossen nur wenig Aufnahme fand.
Erst 42 Jahre später, wenn wir von einzelnen weniger bekannt
gewordenen Versuchen in Deutschland, wie dem von Langen-
beck im Jahre 1856 veröffentlichten, absehen, wurde im Jahre 1882
von dein englischen Gynäkologen Alexander in Liverpool durch
Bekanntgabe von 4 operierten Fällen die Idee in energischer Weise
wieder aufgenommen und besonders bei Korrektur der beweglichen
Rückwärtslagerungen des Uterus zur Nachahmung empfohlen.
Im Jahre vorher hatte Adams, Gynäkologe in Glasgow, er¬
neute Versuche an der Leiche bekanntgegeben.
Aber hauptsächlich nur in Amerika und England fand das Vor¬
gehen von Alexander Nachahmung.
Bei uns in Deutschland vergingen lange Jahre, bis man den
Wert der neuen Methode der Korrektur des falschgelagerten Uterus
richtig erkannte und die abfällige Kritik fallen liess, wie sie be¬
sonders auf dem Gynäkologenkongress in München 1886 hervorge¬
treten war, wo Z e i s s über nur zwei Fälle berichtete.
Die Ursache dieser verzögerten Anerkennung eines Operations¬
verfahrens, welches gerade anatomischen und physiologischen Be¬
dingungen so vorzüglich Rechnung trägt, lag damals und liegt wohl
noch heute stellenweise in der nicht genügend ausgebildeten rein
chirurgischen Technik.
Schon 1887 wurde von K ii m m e 1 1 gelegentlich einer Bekannt¬
gabe von vier Fällen auf diesen Punkt hingewiesen.
Erst 1891 auf der Naturforscherversammlung in Halle trat
Saenger - Leipzig für die Alquie-Al exander sehe Operation
ein, allerdings in Verbindung mit einer von ihm angegebenen Modi¬
fikation, der gleichzeitigen Retrofixatio colli uteri.
Schon seit dem Jahre 1888 hatte nun die Koche r sehe Klinik,
ohne ihre guten Resultate bekannt zu geben, sich mit Erfolg der
A 1 q u i e - A 1 e x a n d e r sehen Methode bedient, aber erst im Jahre
1893 wurden die in Bern gesammelten Erfahrungen, die für die
weitere Entwicklung der Operation in Deutschland von so bahn¬
brechender Bedeutung waren, durch L a n z, einem früheren Assi¬
stenten von Kocher, der damals in Berlin in der Klinik des
Gynäkologen Rumpf hospitierte, auf Veranlassung dieses letzteren
veröffentlicht.
Unter Beihilfe von Lanz nahm dann R u m p f, ein Schüler
von Gussero w, mit Eifer die Operation, nach wiederholten Ver¬
suchen an der Leiche, wieder auf und gab im Archiv für Gynäkologie,
Bd. 57, 1898 auch seinerseits seine Erfahrungen bekannt, an der
Hand von 75 operierten Fällen. Jedem jüngeren Kollegen, der mit
der Alquie -Alexander sehen Operation Versucne machen will,
kann ich nur aufs lebhafteste empfehlen, dieser in ihrer vorbildlichen
Einfachheit und instruktiven Klarheit auf diesem Gebiete einzig da¬
stehenden Arbeit volle Aufmerksamkeit zu widmen.
Ich bin überzeugt, dass die Rumpf sehe Arbeit schon viele
Anhänger des A 1 q u i e - A 1 e x a n d e r sehen Operationsverfahrens
geworben hat und noch weiterhin gewinnen wird.
Als nicht minder bedeutungsvoll und im hohen Grade förderlich
für die Weiterverbreitung der Operation möchte ich noch erwähnen
die schon vor der R u m p f sehen Arbeit erschienenen Schriften von
Werth in der Festschrift für die Gynäkologische Gesellschaft in
Berlin 1894 und ferner die Arbeit von F ü t h aus der Rotier scheu
Klinik in der Festschrift für das St Hedwig-Krankenhaus 1896. Der
letztere bietet auch eine genaue Zusammenstellung der Literatur bis
zum Jahre 1896. Es würde zu weit führen, heute noch weiter auf
die Einzelheiten einzugehen.
Genannt sei nur noch eine grössere Zusammenstellung von
Waldschmidt, der über 151 Fälle berichtet, die von K ii m m e 1 1 -
Eppendorf operiert wurden.
Alle hier genannten Operateure verfügen über äusserst zufrieden¬
stellende Resultate und empfehlen die Operation aufs lebhafteste.
Worin nun das Alquie - Alexander sehe Operationsverfahren im
einzelnen besteht, brauche ich vor Ihnen, meine Herren, nicht aus¬
einanderzusetzen, und ebenso ist es nicht am Platze, mit Schilde¬
rungen der Anatomie der in Frage kommenden Gebiete Sie aufzu¬
halten. Ich will aus dem anatomischen Gebiete für diejenigen, welche
diesem Operationsverfahren noch weniger Beachtung schenkten,
nur einiges, was für die glatte Erledigung des Eingriffes sich anderen
und mir von besonderer Bedeutung erwiesen hat, hervorheben. Am
wichtigsten für die rasche Auffindung der Bänder ist die Kenntnis
No.
der Verhältnisse des Musculus obliquus externus und besonders seiner
Faszie.
Wer mit Ruhe die stets verschieblich über dieser straffen Faser¬
schicht hegenden Weichteile - Haut, Fettgewebe, oberflächliche
Faszie — durch einen 1 cm oberhalb des Ligament Poupartii ver¬
laufenden Schnitt durchtrennt, den Faser verlauf von oben aussen
nach innen unten dieser meist silberglänzenden Obliquusfaszie sich
stets vor Augen hallend, der wird nicht leicht dem so verhängnisvollen
Fehler verfallen, dass er in eine falsche Schicht gerät, binnen kurzem
hilflos dasteht und die Operation nicht lege artis beenden kann.
So lange man Zweifel hegt, nach Durchtrennung von Haut und
Fettgewebe, ob man auf der genannten Faszie angelangt ist, mache
man es sich zum Gesetz, mehr stumpf als scharf arbeitend, vorsichtig
weiter in die 'Liefe vorzudringen.
Es empfiehlt sich ferner das von Rumpf angegebene Hilfsmittel
für Ungeübtere, dass man die Faszie zuerst im äusseren Drittel des
Schnittes zu erreichen sucht und nun, auf dieser mit einem sterilen
Tupfer nach nuten innen gegen das Tuberculum pubicum zu vor¬
dringend, die leicht verschieblichen Weichteile vom Leistenkanal ab¬
drängt, um so seine beiden Schenkel sich vor Augen zu führen.
Alle anderen, als Wegweiser angegebenen Merkmale, wie das
von Imlach gepriesene Fettklümpchen, oder der Verlauf kleiner,
das Ligamentum begleitender Arterien sind weniger verwertbar, wie
diese Methode der stumpfen Verdrängung und Abschiebung der
Weichteile gegen das Tuberculum pubicum zu. Nächst diesem Akt
der Operation möchte ich als ganz besonders wichtig betonen, dass
man das Band des, nebenbei bemerkt schon kurz vor Beginn der
Operation in normale Lage gedrückten, Uterus von allen begleiten¬
den Fasern durch abstreifende Bewegungen mit sterilem Tupfer be¬
freien muss, um es weit genug und leicht ohne Kraftanwendung vor¬
ziehen zu können. Auch sei hier nochmals erwähnt, dass man jede
Blutung nach Möglichkeit vermeiden resp. sofort zur Stillung bringen
muss, da sonst auch hier die Differenzierung der Gewebe und speziell
des blassbläulich erscheinenden Ligament, rotundum sehr erschwert
ist und leicht unmöglich gemacht wird. Ich bin auf diesen Akt der
Operation so ausführlich eingegangen, weil durch die hier sich bieten¬
den Schwierigkeiten die Operation bei manchen Anfängern in Miss¬
kredit gekommen ist, und weil unglückliche Ausgänge der erfolglosen
Bändersuche doch gelegentlich zu schwersten Schädigungen geführt
haben. (Siehe den Fall von Hocheisen, Berlin, klin. Wochenschr.
1905, Ges. d. Chariteeärzte, 17. XI. 04. Unterbindung des Nervus
cruralis.)
Auch finden wir in der Literatur verhältnismässig häufig in den
einzelnen Arbeiten die Angabe, dass das eine oder andere Band, oder
gar beide Bänder, nicht gefunden wurden. Gerade über die Auf¬
findung der Bänder ist man verschiedenster Meinung.
Während Smith- Montreal sagt, man finde das Band auch
„mit verbundenen Augen“, spricht B i e r m e r, damals Magdeburg
(Therapeutische Monatshefte 1900) Zweifel aus betreffs des konstanten
Vorkommens der Ligamenta rotunda. Er stützt sich dabei auf Beob¬
achtungen, die er gelegentlich bei Laparotomien machte. Ich selbst
kann diesen Befund nicht bestätigen, denn bei keiner meiner Laparo¬
tomien habe ich ein Fehlen des Lig. rotimd. konstatieren können.
Schuld an diesen falschen Anschauungen trägt wohl erstens der
Umstand, dass das Ligament sich im äusseren Leistenkanal manchmal
stark auffasert.
Als zweite Erklärung gilt aber wohl auch die Aeusserung von
Fehling: Zentralbl. 1905, der die als ungewöhnlich dünn beschrie¬
benen Bänder als Kunstprodukte bezeichnet, die aus der Faszie
herauspräpariert seien.
Bezüglich des weiteren Verlaufes der Operation möchte ich noch
bemerken, dass ich zur Fixierung der Bänder, die ich entsprechend
ihrem natürlichen Verlauf gegen das Tuberculum pubicum vorlagere,
in letzter Zeit stets Silkworm oder Seide verwendete, denn gerade
meine Misserfolge hatte ich bei den Fällen, wo ich die fixierenden
Nähte mit Katgut ausführte. Die Nähte wurden stets so gelegt, dass
sie das Band nur zur Hälfte umschnürten und ein- und ausstechend
die gelegentlich zur Freilegung des Bandes gespaltene Faszie, oder,
wo dieser Hilfsschnitt nicht notwendig war, nur den Leistenkanal
verschlossen.
Zu den von Kocher vorgeschlagenen Aenderungen bei der
Versorgung der Bänder habe ich mich nicht veranlasst gesehen. Ob
die Abknickung des Bandes nach aussen bei Vorziehung und Fixierung
in dieser Richtung, anstatt gegen das Tuberculum pubicum zu, zu
Gangrän des Bandes führen kann, wie von anderer Seite die Be¬
fürchtung ausgesprochen ist, möchte ich dahingestellt sein lassen,
es scheint mir aber bei den blutreichen Geweben nicht sehr wahr¬
scheinlich. Was nun die Indikation zur Operation angeht, so bin
ich der Meinung, dass einer jeden, auch der nichtfixierten Rückwärts¬
lagerung des Uterus, und nur für diese ist ja das ursprüngliche
A 1 q u i e - A 1 e x a n d e r sehe Verfahren gedacht, eine pathologische
Dignität zukommt.
Ich bin in der Lage, gerade hierfür einen ganz besonders
drastischen Fall als Beispiel anführen zu können, der die Ansicht,
die neuerdings wieder mehr und mehr um sich zu greifen scheint,
dass die bewegliche Rückwärtslagerung des Uterus niemals die Ur¬
sache nennenswerter Störungen werden könne, schlagend widerlegt.
Bei dieser Patientin hatte man zu wiederholten Malen in zwei
Krankenhäusern alle erdenklichen Methoden erprobt, um dieselbe
von äusserst schmerzhaften, seit langer Zeit bestehenden Blasen-
II. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
307
cräinpfcn zu befreien, die sich im Anschluss an eine schwere Zangen¬
geburt allmählich eingestellt hatten.
Mit Bädern, Blasenspülungen, oft wiederholter Zystoskopie,
\etzungen, Tuberkulineinspritzung, mit allen Chemikalien, die gegen
tlasenstörungen empfohlen sind, mit langdauernder Bettruhe und
Therapie des Nervensystems, kurz mit allen erdenklichen Methoden
.var die Brau viele Monate lang behandelt worden, aber ohne jeglichen
■rfolg. Ich fand bei der Aufnahme nichts weiter, wie einen tief hinten
md retrovertiert liegenden, an ganz schlaffen Bändern pendelnden
Jterus. Ein zunächst mit Pessar angestellter Versuch brachte zwar
^cliou eine zufriedenstellende Wirkung hervor, doch hielt leider der
Ring nicht den Uterus auf die Dauer in normaler Lage, weil schon
.las Vorüberdrängen von hartem Stuhl genügte, den Uterus wieder
tach hinten zu verlagern.
So entschloss ich mich zur Operation.
Seit der Operation, die im Jahre 1906 vorgenommen wurde, ist
Jie Patientin mit einem Schlage von allen Beschwerden befreit und
lat seitdem einen normalen Partus durchgemacht, der die normale
Lage des Uterus nicht wieder gestört hat.
Einen ähnlichen drastischen Fall erwähnt Späth in seiner Ar¬
beit. Münch, med. Wochenschr. 1907, No. 13.
Nach dieser kurzen Abschweifung, durch welche vor allem der
neueren Ansicht entgegengetreten werden soll, die die bewegliche
Retroflexio versio als Quantite negligeable betrachtet wissen will
(siehe auch Zentralblatt 1912, No. 32, A. M a y e r - Tübingen),
möchte ich zu der Frage übergehen, welche Fälle von beweglicher
Rückwärtslagerung für Pessarbehandlung und welche zur Operation
geeignet zu. rechnen sind.
Ich glaube Ihnen am kürzesten meine Stellung zu dieser Frage
präzisieren zu können, wenn ich Ihnen anführe, welche Fälle ich
von vornherein von der Behandlung durch Ringe für aus¬
geschlossen erachte. Es sind dies diejenigen Patientinnen, bei
denen es sich handelt:
I. um Virginität,
II. zu kurze Vagina, abgeflachtes Scheidengewölbe und kurze
Portio,
III. entzündliche Prozesse mit schwer zu beseitigendem Fluor.
IV. zu ungewöhnliche Sensibilitäten, selbst kleineren Eingriffen
gegenüber,
V. junge Ehe,
VI. alte Dammrisse, die an sich einer Operation bedürfen.
Als gelegentliche Indikation möchte ich mit VV e r t h - Kiel den
Fall bezeichnen, dass Pat. vom Ausland oder vom Lande zugereist
kommen, und zurückkehren in Verhältnisse, wo eine sachverständige
Pessarbehandlung nicht durchführbar erscheint.
Auf dringenden Wunsch habe ich ferner stets bei Eheleuten,
denen das Pessar ein impedimentuni coeundi war, mich dem Ver¬
langen nach operativem Vorgehen willfährig gezeigt.
Kann man doch von der Alquie-Alexander sehen Opera¬
tion mit Recht sagen, dass man die Patientinnen, die sich derselben
unterziehen, durch einen nicht lebensgefährlichen Eingriff von einer
den Lebensgenuss störenden lästigen Beigabe für immer befreit.
Soweit gehe ich allerdings nicht, wie Kocher- Bern, der in
seiner Operationslehre sagt: „Es ist schwer begreiflich, wie so viele
Frauenärzte noch ihre Patientinnen mit den Mutterringen monate-
und jahrelang herumschleppen mögen, denn nach meiner Ansicht ist
man nicht nur imstande, vielen Patientinnen ihre Beschwerden durch
einen gutsitzenden Ring so zu beseitigen, dass ihnen durch dieses
Hilfsmittel keinerlei Belästigung entsteht, sondern es gibt auch einen
nicht geringen Procentsatz von Fällen, wie Sie alle wissen, wo man
durch längeren Gebrauch des Pessars besonders nach frühzeitig, etwa
Fnde der 3. Woche, im Puerperium eingeleiteter Behandlung die
Rückwärtslagerung zur Heilung bringen kann.
Will man aber von Pessarbehandlung absehen und die Frauen
bestimmen, durch Operation sich ihre Beschwerden beseitigen zu
lassen, so kann man das streng genommen nur dann tun, wenn man
auf jede Eröffnung des Peritoneums bei der A 1 q u i e - Alexander -
sehen Operation verzichtet, die übrigens bei den von mir operierten
Fällen auch zur besseren Auffindung und Freilegung der Bänder sich
niemals als notwendig erwiesen hat. Auch die von Dührssen:
Berl. klin. Wochenschr. 45, 1911 als Ersatz für Alexander-
Ada m sehe Operation angegebene Methode des Flankenschnittes ist
demnach nicht zu empfehlen.
Zur Bekämpfung eines Leidens, das keine Gefahren in sich birgt,
dürfen wir meines Erachtens nur ein Heilverfahren in Anwendung
bringen, das auch seinerseits keine Lebensgefahr in sich schliesst.
Ich habe mich deshalb niemals zu der von Edebohls - New
York und von Goldspohn empfohlenen Lösung innerer Verwach¬
sungen vom eröffneten Peritonealkegel, resp. vom Douglas aus ent-
schliessen können, die besonders von der Klinik K ii s t n e r - Breslau
geübt wird (Zentralbl. 1908, No. 49), um so die Anwendbarkeit der
A Iq u i ö-A 1 e xa n de r sehen Operation auch auf die durch Ver¬
wachsungen fixierten Retroflexionen ausdehnen zu können, zumal
dieses Arbeiten im Dunklen neben der Peritonealeröffnung noch weit
grössere Gefahren in sich birgt. Erwähnt sei hier der Fall von
B u m m, bei welchem, infolge Lösung von Verwachsungen im Dunk¬
len, eine adhärente Darmschlinge eröffnet wurde mit nachfolgender
Sepsis und Exitus letalis. Derartig lockere Verklebungen von Darm¬
schlingen mit den Teilen des Genitaltraktus sind durchaus keine Sel¬
tenheiten. Ich selbst sah gelegentlich einer Laparotomie solche Ver¬
klebung einer frei durch die Bauchhöhle ziehenden Dünndarmschlinge
mit der Tube, bei deren Lösung durch leichten Druck sich auf die
abdeckenden Tücher Darminhalt ergoss.
Etwas anderes ist es, wenn man bei Laparotomien wegen fixier¬
ter Rückwärtslagerung den Pfannenstiel - und K U s t n e r sehen
Querschnitt mit der Alquie-Alexander sehen Versorgung der
runden Mutterbänder vereinigen will. Sei es nach Palm-Rumpf
mit dem Ankerschnitt, den ich wiederholt mit gutem Erfolge aus¬
geführt habe (Referat siehe Zentralbl. 1909, No. 2, S. 63) oder nach
Späth (Zentralbl. 1904) oder Littaucr (Sammlung klin. Vor¬
träge, 544).
Nach dieser kurzen Darstellung einiger aus der Literatur heraus¬
gegriffenen Hauptarbeiten und weiteren Aeusserungen über die Tech¬
nik und Indikationsstellung gestatten Sie mir nun über die von mir
operierten Fälle zu berichten, ohne dass ich Sie mit Wiedergabe von
Krankengeschichten aufhalte.
Ich operierte im ganzen 80 Fälle, von denen die ersten im Jahre
1900 zur Operation kamen.
Alle angeführten Fälle wurden nur wegen frei beweglicher Rück¬
wärtslagerung des Uterus operiert. Bei Prolaps habe ich das Ver¬
fahren nur vereinzelt, und zwar kombiniet mit Kolporrhaph. ant. und
post, angewendet.
Es handelte sich bei meinen Fällen 46 mal um Frauen, die be¬
reits geboren hatten, 22 mal um Frauen, die noch nicht geboren
hatten, und 12 mal um Virgines.
Bei 34 Patientinnen wurde vorher teils kürzere, teils längere
Zeit, manchmal Jahre lang Pessarbehandlung durchgeführt, die dann
aus verschiedenen Gründen, wie Druckgeschwüre, Douglasschmerz
— bevorstehende Ehe, oder sonst dringendes Verlangen, von den
„Widerwärtigkeiten des Ringtragens“ befreit zu sein, aufgegeben
wurde.
Alle 80 operierten Fälle heilten per primam und blieben, soweit
sie mir wieder vor Augen kamen, von Hernienbildung in der Narbe
frei.
Bei einem Fall beobachtete ich eine ganz eigenartige Störung.
FriiheremBrauche folgend, hatte ich in einer allerdings sehr anämischen
Patientin eine sehr reichlich dicke Schicht von Xeroformpulver der
Naht als Deckung gegeben und fand dann am 6. Tage nach fieber¬
losem Verlauf die Haut im ganzen Bereich der Narbe schwarz ver¬
färbt und bretthart trocken gangränesziert. Ob hier eine ungewöhn¬
liche Einwirkung des Xeroforms auf die Weichteile als Ursache mit
in Rechnung zu ziehen ist, wage ich nicht zu entscheiden.
Nach Abtragung der abgestorbenen Teile reinigte sich die Wunde
rasch und die dann ausgeführte Sekundärnaht heilte ungestört, zumal
nur die oberflächlichen Schichten zerstört waren. Ebendiese Pat.
hat nachher auch eine normale Geburt Überstunden und fand sich der
Uterus post partum, wie mir der behandelnde Kollege mitteilte, in
normaler Lage.
Im ganzen haben von den operierten Patientinnen 12 Frauen
später normale Geburten durchgemacht. Darunter 2 wiederholte Ge¬
burten. Von einer Patientin wurde gemeldet, dass im 4. Monat der
Gravidität Abort eingetreten sei.
Bezüglich der Heranziehung nach der Operation eingetretener
Aborte zur Diskreditierung des gewählten Verfahrens glaube ich.
müsste mit mehr Vorsicht und skeptischer geurteilt werden, denn bei
der Bewertung dieser Störungen ist doch vor allem festzustellen, ob
die betreffenden Frauen sich noch weitere Kinder wünschten und ob
nicht vielleicht diese oder jene Hilfe tätig gewesen ist, den Abort
künstlich absichtlich herbeizuführen.
Offenbare Misserfolge beobachtete ich in 4 Fällen, und zwar
unter meinen ersten Operationen. Von diesen hatte eine nach mehre¬
ren Jahren guten Befindens ein Trauma erlitten, während bei der
zweiten infolge Unachtsamkeit des Pflegepersonals durch Ueber-
füllung der Blase bei behinderter Entleerung das Rezidiv zustande ge¬
kommen war. Ein drittes Rezidiv trat ein infolge nicht erkannter be¬
ginnender Tubenaffektion.
Die Gefahr der gestörten Heilung durch die Behinderung der
spontanen Urinentleerung droht leider bei einem grösseren Prozent¬
satz der Fälle, denn die Urinretention ist in der Rekonvaleszenz eine
sehr häufige lästige Zugabe.
Im Zentralbl. f. Gynäkol. 1905, No. 10 erwähnt G u t b r o d - Heil¬
bronn ebenfalls diese Störung nach Alquie-Alexander scher
Operation. Er sagt : ebenso wie im Wochenbett nach S c h r ö d e r die
Urinretention durch die Schwere des puerperalen Uterus entsteht, der
durch Zug die Harnröhre nach hinten abknickt, ebenso entsteht bei
der A 1 q u i c - A 1 e x a n d e r sehen Operation durch Elevation des
Uterus eine Abknickung nach vorne, wie auch G e b h a r d t - Berlin
seinerzeit an der Leiche nachwies.
G u t b r o d legte deshalb 5 Tage lang einen Dauerkatheter ein,
und ich bin diesem Vorgehen gefolgt bei Versagen anderer Mittel,
besonders nachdem ich gesehen, dass in der B u m m sehen Klinik
nach zahlreichen gynäkologischen Operationen der gläserne Pierde-
fusskatheter eingelegt wird, lediglich um Störungen der Heilung
durch die Manipulationen des Heilpersonals dadurch feruzuhalten.
Alle meine Patientinnen habe ich 12 bis 14 Tage liegen lassen und
dann auf Einlegung eines Pessars für die ersten Wochen nach der
Operation, wie es manche Autoren als gute Hilfe empfehlen, ver¬
zichtet.
An Störungen in der Rekonvaleszenz, die nicht direkt mit der
Wunde im Zusammenhänge waren — die Heilung per primam int. be-
4*
308
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
wies dieses — , beobachtete ich einmal eine Pleuritis und einmal eine
Thrombose am Oberschenkel. Eine Patientin hatte auch bei einer Ge-
burt vorher eine Thrombose überstanden.
Bei einem dritten Fall sah ich einen mit hohem Fieber auf¬
tretenden linksseitigen Parotisabszess, für den keine andere Ursache,
wie allenfalls kranke Zähne, gefunden werden konnte.
Der Abszess heilte nach kleiner Inzision und Ansaugen mit
Bier scher Stauungsglocke. Wie schon erwähnt, trat auch in diesem
Falle prima intentio ein.
Todesfälle kamen nicht vor.
Auf Grund meiner hier vorgetragenen Beobachtungen bei der
Ausführung der A 1 q u i e - A 1 e x a n d e r sehen Operation kann ich
dieses operative Verfahren zur Heilung der freibeweglichen Riick-
wärtslagerungen des Uterus in jeder Weise zur Nachahmung emp-
fehlen. Der Geübte wird mit dieser Operation stets die besten Er¬
folge haben. Um aber gute Erfolge zu erlangen sind genaue ana¬
tomische Kenntnisse des in Frage kommenden anatomischen Gebietes
und ein auf Grund gesammelter Erfahrung sich entwickelndes ruhiges,
zielbewusstes Operieren erforderlich.
Statistische Zusammenstellungen an der Hand von Kranken¬
geschichten einer langen Reihe von Jahren, wie wir sie in der Litera¬
tur vielfach finden, besagen nach meiner Ansicht für die Bewertung
der Operation gar nichts.
Erstens kann man gerade bei der A 1 q u i e - A 1 e x a n d e r sehen
Operation die Anfängeroperationen in keiner Weise als vollwertig
mit berechnen und zweitens ist die Auswahl der Fälle von gynäko¬
logisch gut geübter Hand ein absolutes Erfordernis für den gewünsch¬
ten Dauererfolg. Eine Forderung, die auch H. Freund (Münch,
med. Wochenschr. 1909, No. 5) besonders hervorhebt.
Sieht man doch nicht selten Fälle, wo die Operation ausgeführt
wurde, trotzdem der Uterus durch chronische Metritis stark verdickt,
oder durch sonstige entzündliche Prozesse mit den benachbarten
Darmschlingen verklebt war.
Als bestes Kriterium für die Brauchbarkeit des Verfahrens sind
in erster Linie die Befunde nach später eingetretenen normalen Ge¬
burten und besonders nach wiederholten Geburten zu verwerten.
Gerade in dieser Beziehung aber habe ich nur günstige Erfahrungen
gesammelt.
Bücheranzeigen und Referate.
Schmidt Adolf: Klinik der Darmkrankheiten. Erster Teil.
Mit 102 grösstenteils farbigen Textabbildungen. Wiesbaden 1912.
J. F. B e r g m a n n. 380 Seiten. Preis 12 M.
Wenn ein Autor die Berechtigung hatte, mit einem neuen Werk
über die Darmkrankheiten aufzutreten und den guten monographischen
Bearbeitungen auf diesem viel beackerten und doch lange nicht völlig
erschlossenem Gebiete eine weitere hinzuzufiigen, so war es Adolf
Schmidt. Verdanken wir doch seiner energischen Initiative die
Anbahnung einer funktionellen Diagnostik der Darmerkrankungen,
analog der der Magenkrankheiten. Zunächst werden in ebenso prä¬
ziser wie gründlicher Weise die anatomischen, physiologischen, allge¬
mein ätiologischen und pathologisch-anatomischen Grundlagen der
Lehre von den Darmkrankheiten geschildert und durch gute Abbil¬
dungen erläutert. Besonders ausführlich ist das Kapitel „Diagnostik“
behandelt, in dem die Darstellung sowohl der rein klinischen Beob¬
achtung, als auch der komplizierten physikalischen, chemischen und
mikroskopischen Methoden und deren kritische Bewertung als be¬
sonders gelungen bezeichnet werden muss. In dem Abschnitt: The¬
rapie wird der gegenwärtig zu Gebote stehende therapeutische
Apparat vorgeführt und beurteilt. Im speziellen J eile umfasst ein
grosses Kapitel zunächst die „funktionellen Störungen der Darmver¬
dauung (Darmdyspepsien)“, unter denen im einzelnen unterschieden
werden: die akuten Darmdyspepsien und Magendarmdyspepsien,
die Jejunaldiarrhöe, chronische gastrogene Darmdyspepsie, die in¬
testinale Gärungsdyspepsie, die habituelle Obstipation, die Entozoen-
dyspepsie und eine Reihe von sekundären dyspeptischen Störungen
(Basedow, Addison. Amyloid, Neurosen etc.). Dem Referenten will
scheinen, als ob nicht alle diese Störungen, wie die Entozoen, das
Amyloid u. a. unter den Begriff „funktionelle Störungen“ streng ge¬
nommen fallen würden. Doch ist aus praktischen Gründen vielleicht
nichts dagegen einzuwenden. Das zweite grosse Kapitel des speziellen
Teils trägt die Ueberschrift: Entzündliche Erkrankungen des Darmes,
ln diesem werden als Einzelerkrankungen unterschieden: Enterokolitis
und Gastroenterokolitis acuta und chronica, Enteritis acuta und chro¬
nica, Typhlitis, Appendizitis, Colitis acuta und Perikolitis, Colitis
chronica mucosa et membranacea, Colitis chronica suppurativa, Sig-
moiditis und Perisigmoiditis, Proktitis und Periproktitis. — Das ganze
Werk ist nach dem zu beurteilen, was der Verf. in der Vorrede
sagt. Die Entstehung des Buches ist zunächst auf den Wunsch der
Aerzte nach einer Zusammenfassung der Schmidt sehen Unter-
suchungs- und Behandlungsmethoden zurückzuführen, den Verf. durch
eine Neuauflage seiner „Studien über die Funktionsprüfung des Darmes“
nicht erfüllen konnte. Aber es ist weit mehr geworden. Wenn auch
die eigenen Untersuchungen, Beobachtungen und Anschauungen im
Vordergrund stehen, so sind doch die älteren und vor allem auch
die neuesten Forschungen und Darstellungen anderer Autoren mit
wenig Ausnahmen so sorgfältig verwertet, dass wir wirklich eine
wichtige und durchaus moderne Bereicherung der medizinischen Li¬
teratur in dem Buche erblicken dürfen. Damit soll nicht gesagt sein,
dass der Ref. in allen Einzelheiten mit dem Verf. einverstanden wäre.
Das erwartet der Autor nach einer Aeusserung im Vorwort selbst
nicht. Das ändert aber vor allem gar nichts daran, dass der Rei.
das vorzüglich ausgestattete, lehrreich illustrierte und fesselnd ge¬
schriebene Werk den Forschern wie den Aerzten auf das Wärmste
empfiehlt. Es eignet sich ebenso zur anregenden Lektüre wie zum
häufigen Nachschlagen, wie vor allem zum eingehenden Studium.
Wir erwarten den Schluss des Werkes mit lebhafter Spannung.
P e n z o 1 d t.
Zur Morphologie der Nierensekretion unter physiologischen und
pathologischen Bedingungen. Von Dr. Suzuki, Arzt in Japan.
Mit einem Vorwort von L. A sc ho ff in Freiburg i. Br. Mit 6 Ab¬
bildungen im Text und 6 Tafeln. Bei Gustav Fischer, Jena 1912.
244 Seiten. Preis 15 Mark.
Ausgangspunkt der Arbeit ist, wie Asch off im Vorwort sagt,
der Wunsch, morphologische Kontrollprüfungen für die physiologi¬
schen Funktionsprüfungen kranker Nieren zu finden. Als Methode
wurde die Vitalfärbung mit Lithionkarmin gewählt.
Nach eingehenden Vorstudien am normalen Tiere wurde die
Ausscheidung und Speicherung des Farbstoffes unter pathologischen
Bedingungen untersucht. Es ergab sich: Ausscheidung und Speiche¬
rung des Farbstoffes fallen weit auseinander, ein Moment, das an sich
schon Schlüsse aus der Ausscheidung eines Farbstoffes auf die Ge¬
samtfunktion sehr erschwert. Ferner: Zwischen der Intensität de~
Ausscheidung und derjenigen der Vitalfärbung, speziell der Granula,
besteht keine Relation. Die vitale Färbung gibt also für die In¬
tensität der Ausscheidung keinen Massstab, ein sehr bemerkenswertes
Ergebnis, das in starkem Gegensatz zu vielfach gehegten Vorstel¬
lungen steht.
Auf Grund der Speicherungsverhältnisse des Lithionkarmins teilt
S. die Tubuli in verschiedene Abschnitte ein und schliesst daraus
auf Verschiedenheiten der Funktion. Ein Schluss, der für andere
Substanzen als Lithionkarmin und vielleicht andere Farbstoffe nicht
zwingend ist.
Höchst interessant und wertvoll sind die darauf aufgebauten Stu¬
dien über die Topographie der Kanälchenschädigung bei toxischen
Nephritiden. Freilich werden uns die grossen Differenzen im vitalen
Verlauf durch die gefundenen relativ geringen Verschiedenheiten de<-
Schädigung allein nicht verständlich. S. negiert die Existenz von
experimentell zu erzeugenden vaskulären Nephritiden, weil er bei
keiner toxischen Nephritis morphologische Veränderungen in dem
Gefässapparat und den Glomerulis finden konnte. Mit diesem Be¬
funde bestätigt er das, was schon von Heineke und dem Re¬
ferenten für bestimmte toxische Nephritiden festgestellt war. Die
funktionelle Untersuchung solcher Nierengefässe ergab aber trotz des
negativen anatomischen Befundes eine schwere Beeinträchtigung des
Nierengefässystems. Diese Feststellung bleibt bestehen und ist durch
andere Einflüsse als die Schädigung der Nierengefässe nicht zu er¬
klären. Speziell ist der Versuch Suzukis, das Versagen der Ge-
fässe mit der Höhe des Blutdruckes in Zusammenhang zu bringen,
unhaltbar. Die Erscheinungen des Versagens der Gefässe finden sich
in ganz gleicher Weise auch bei hohem Blutdruck. Gibt man grössere
Dosen der Gifte oder verwendet man stärkere Tiere, so finden sich
in Weiterentwicklung der zuerst nur funktionell erkennbaren Gefäss-
schädigung auch anatomisch Zeichen einer solchen an den Glomerulis,
jedoch nur bei bestimmten Vergiftungen, wie Chrom und Kantharidin.
Vielleicht erweitert S. seine Versuche nach dieser Richtung.
Eine grosse Anzahl von wertvollen Details, besonders morpho¬
logischer Art, sind in die Monographie verflochten.
Von wesentlichem Interesse ist endlich die Feststellung, dass es
in der Tat gelingt, durch Uran einen Prozess hervorzurufen, der
anatomisch als Schrumpfniere bezeichnet werden muss. Diese Ver¬
suche bilden eine Bestätigung von D i c k s o n s Mitteilungen.
Asch off betont in seinem Vorwort, dass eine Nierenschädigung,
welche zu einer typischen Schrumpfniere führen kann, wohl kaum
mehr als ein rein degenerativer Zustand betrachtet werden kann.
Wie ihn denn auch die morphologische Untersuchung der toxischen
Nephritiden davon überzeugte, dass es sich bei vielen von ihnen nicht
um eine rein passive Veränderung des Epithels, sondern um einen
Entzündungsprozess handelt. Dieser Standpunkt ist für die Wertung
der toxischen JNephritiden im Vergleich zu den menschlichen von
grosser Bedeutung. Schlayer - München.
J. G. Thomson, S. W. McLellan, Sir Ronald Ross: The
cultivation of one generation of malarial parasites (Plasmodium falci-
parum) in vitro, by Bass’s method. Annals of Tropical Medicine
and Parasitology. 1913. Vol. VI, No. 4, pag. 449.
Thomson und McLellan beschreiben die Reinkulturen
einer Generation von zwei Malaria-Tropika-Fällen nach der Bass-
schen Methode und fügen eine vorzügliche bunte und eine schwarze
Tafel mit zahlreichen Abbildungen von verschiedenen Entwickluugs-
stadien der Parasiten hinzu. Besonders interessant zu beobachten ist
die Tendenz der voll entwickelten Schizonten, im Ausstrichpräparat sich
zusammenzuballen. Erst durch die Reinkultur ist es ermöglicht worden,
zahlreiche Teilungsformen des Plasmodiums immaculatum. die im
peripheren Blut so spärlich aufzutreten pflegen, in einem Gesichts¬
feld nebeneinander zu sehen. Sir Ronald Ross bestätigt die Angabe
der beiden Forscher und betont, dass nun der strikte Beweis der
. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 309
folgreichen Reinkultur des Tropikaparasiten erbracht ist. Er hält
esen Fortschritt für ausserordentlich wichtig, da alle bisherigen
istrengungen, den Malariaerreger zu züchten, seit dem Tage seiner
ltdeckung durch Laveran 1880 erfolglos geblieben waren.
0 1 p p - Tübingen.
Bise ho ff, Hoff mann, Schwiening: Lehrbuch der
ilitärhygiene. B. IV: Infektionskrankheiten und nicht
fektiöse Armeekrankheiten. Berlin 1912. A. Hirsch-
a 1 d. Preis 7 M., geb. 8 M.
Die Verfasser haben in anregender Sprache eine übersichtliche
irstellung des Themas gebracht. Die Abhandlungen über Tuber-
ilose, Staphylokokken- und Streptokokkenerkrankungen, Trachom
ld auch von allgemeinerem Interesse. Ausgezeichnet ist die Schil-
rung über Hitzschlag und über Alkoholismus. Was Einzelheiten be-
ifft, so ist die Gefahr der Leichen Infektionskranker mit Recht etwas
riickgestellt. Die Ausdrücke Sommer und Winter, kältere Jahres-
it dürften im indischen Klima durch trockene und feuchte Jahreszeit
: ersetzen sein. Von Zusammendrängen der Bewohner infolge Kälte
um auch nur in den nördlichsten Teilen Indiens gesprochen werden,
ass dieselben Waschbecken von mehreren Leuten kurz hinter¬
nander benutzt werden, die Ausgabe einer Waschschüssel an jeden
ann bestimmungsgemäss nur in Trachomgegenden geschieht, er-
eckt Bedenken. Die Infektion durch Uniformen, Decken, die ein
iderer Mann hatte, ist durch Desinfektion dieser Objekte zu ver¬
eiden. Den Fliegen wird mit Recht im ganzen Lehrbuch eine
ichtige Rolle bei der Infektion zugeteilt. Dass ausschliesslich
ensch und Tier als Infektionsquelle wirken, stimmt in diesem Sinne
cht für Paratyphus, Proteuserkrankungen und die Eitererreger. Dass
e übliche Bauweise der Kasernen gemeinsame Laterinen auf dem
ofe vorschreibt, ist hygienisch nicht unbedenklich. Für die Kasern-
isinfektion wird mit Recht Ausschluss der Mitwirkung privater und
ädtischer Desinfektionsanstalten verlangt. Wenn Frauen als
artoffelschälerinnen in den Küchen angestellt werden, müssen sie
lenso auf die Infektiosität ihrer Abgänge untersucht werden, wie
es richtig für das Küchen- und Kantinenpersonal verlangt wird. Der
ngabe ist beizustimmen, dass bei ausgedehnten Epidemien soviel
eimträger erscheinen, dass der Keim gewisserinassen ubiquitär ist
ld die Feststellung der Keimträger wirkungslos wird. Auffallend ist
e Angabe über die ungenügenden Vorrichtungen zur Beseitigung
ir Fäkalien in den preussischen Lagern. Ersatzpräparate des
ublimates haben, und zwar auch bei den Armeen, in Form des Hg
^ycyanat. allgemeinere Einführung gefunden, die diesbezügliche
emerkung trifft nicht zu. Für das Feld wird das (vom Referenten
irigens zuerst angegebene) Kalium permanganat-Paraform-Ver-
hren zur Zimmerdesinfektion empfohlen. Die Bücherdesinfektion
ich Gärtner mit Alkohol im Vakuum soll sich nicht bewähren,
ur Desinfektion von Leder und Gummi wird das „sorgfältige und
iederholte“ Abreiben mit Desinfektionsflüssigkeit verworfen. Be-
:htenswert ist die Vorschrift zur Sterilisierung der Gummihand-
:huhe. Zur Wanzenvertilgung gibt es aber jetzt ganz brauchbare
pparate. Alexine und W rights Opsonine sind nicht zweierlei,
h r 1 i c h s Theorie ist am bequemsten, nicht am befriedigendsten,
ie negative Phase wird einmal angenommen, dann einmal abgelehnt,
ass bei Serumverwendung Unglücksfälle trotz grosser Mengen nicht
orkommen, ist statistisch lange widerlegt. Die Tuberkulinprobe in
er jetzt üblichen Form wird für die Beurteilung der Militärdienst-
ihigkeit nicht geeignet bezeichnet. Die grundlegenden Beob-
ehtungen über Typhusbazillenausscheidung in der Inkubation sind
om Referenten, nicht von K o n r a d i gemacht. Die Untersuchung
on Mannschaften, die typhuskrank waren oder aus verseuchter Um-
ebung stammen, bei der Einstellung, ist in Bayern z. B. schon lange
orgeschrieben. Dass beim Paratyphus die Kontaktinfektion im
ordergrund steht, dürfte nach dem derzeitigen Stand der Frage nicht
lehr zutreffen. Ob das plötzliche Erlöschen von Ruhrepidemien
eim Verlassen der Uebungsplätze nicht vor allem mit Nahrungs-
üttelinfektion zu tun hat, dürfte zu erwägen sein. Wie ersichtlich
ibt das Buch auch eine Fülle von Anregungen, das Studium derselben
iirfte nicht nur für Sanitätsoffiziere, auch für Amtsärzte und solche,
ie es werden wollen, von grossem Nutzen sein.
Georg Mayer- München.
Graefe-Saemisch: Handbuch der gesamten Augenheil-
unde. III. Auflage. Verlag von W. Engelmann, Leipzig.
1. I. Teil, VIII. Kap.: M. Nussbaum: Entwicklungsgeschichte des
■enschlichen Auges. Mit 63 Fig. im Text. Subskriptionspreis ge-
eftet M. 3.60, gebunden M. 6.10. Einzelpreis 5.40 resp. 7.90.
Von der III. Auflage des Handbuches lagen bisher nur die
eiden Werke von v. Hess (Refraktionsanomalien und Linse) vor.
un treten die Arbeiten Nussbaums und Pütters dazu. Das
ussbaumsche Werk ist in der (noch unvollendeten) II. Auflage
es Handbuches schon 1899 erschienen; sein Umfang ist von 79 Seiten
uf 104 Seiten gewachsen, eine mässige Vermehrung, wenn man die
ülle der wichtigen Arbeiten überblickt, die auf diesem Gebiete seit
899 erschienen sind — u. a. von Rabl, "Nussbaum, v. S z i 1 i,
. Lenhossek, K öllik er, Froriep, Krückmann und
e e f e 1 d e r. Die Figuren sind von 54 auf 63 vermehrt, sehr zweck¬
lässig ist die Anbringung von Seitenüberschriften an Stelle des
üher durchgehenden Titelaufdruckes. Die Ausstattung ist wie
nmer vorzüglich.
2. I. Teil, X. Kapitel: A. Piitter: Organologie des Auges. Mit
220 Figuren im Text und 25 auf 10 Tafeln. Subskriptionspreis geh.
M. 16, geb. M. 18.50. Einzelpreis 24 resp. 26.50.
Das vorliegende Werk war in der II. Auflage 1908 erschienen,
also 9 Jahre nach dem Nussbaum sehen Werk. Es ist sehr zu be-
grüssen, dass die beiden, verwandte Themata behandelnden und sich
vielfach ergänzenden Arbeiten, nunmehr in III. Auflage gleichzeitig
vorliegen. Die Benützung des Handbuches wird durch möglichste
Durchführung des gleichzeitigen Erscheinens sachlich zusammenge¬
höriger Kapitel jedenfalls wesentlich gefördert werden.
Der Umfang ist von 395 Seiten auf 424 vermehrt; 8 weitere
Textfiguren sind hinzugefügt. Unter den seit 1908 auf diesem Gebiete
hinzugekommenen Arbeiten stehen in erster Linie die zahl¬
reichen vergleichend-physiologischen Experimentaluntersuchungen von
v. Hess über die Akkomodation und ferner über den Lichtsinn in
der Tierreihe, „durch die dieser Forscher die vergleichende Physio¬
logie des Licht- und Farbensinnes der Tiere auf eine exakte Basis
gestellt hat“. Dieselben sind eingehend berücksichtigt.
Salzer- München.
Prof. Dr. Fritz H o h m e i e r - Marburg: Die Anwendungsweise
der Lokalanästhesie in der Chirurgie. Verlag von August Hirsch-
wald, Berlin 1913. 81 Seiten. Preis 4 M.
Das vorliegende Buch will ein Leitfaden zum Operieren in Lokal¬
anästhesie sein und empfiehlt sich als solcher durch eine klare Dar¬
stellung der in Betracht kommenden anatomischen Verhältnisse, nebst
einer reichen Auswahl zum Teil den Werken von S p a 1 1 e h o 1 z und
Corning entlehnter, instruktiver Abbildungen. Für die Ausführung
der schon längere Zeit gebräuchlichen Verfahren sind im allgemeinen
die Braun sehen Vorschriften als Grundlage genommen, stellenweise
mit geringen Modifikationen, wie z. B. bei der Anästhesierung zur Aus¬
führung von Leistenbruchoperationen. Wenn bei der Besprechung
der jüngsten Fortschritte in der Leitungsanästhesie der Verf. es für
nicht gerechtfertigt hält, die Plexusanästhesie nach Kulenkampff
oder H i r s c h e 1 zu Fingeroperationen heranzuziehen, so muss man
ihm unbedingt beipflichten. Es ist ein wesentlicher Vorteil der gegen¬
wärtigen Arbeit, dass sie bei den technischen Ausführungen immer
wieder betont, wie nicht die Novokainisierung der grösseren Nerven-
stämme für sich allein, sondern erst ihre Kombination mit der Weich¬
teilanästhesierung zu idealen Erfolgen zu führen vermag. So wird
diese Anleitung für jeden Freund der modernen Lokalanästhesie eine
wertvolle Ergänzung zu dem bekannten Braun sehen Werke dar¬
stellen. , Baum- München.
Dr. Oskar Langemak: Die Arbeitsstätte des Chirurgen und
Orthopäden. (Mit Winken für Einrichtung von Privatkliniken.) Mit
45 Abbildungen. Verlag von Gustav Fischer, Jena 1912. Preis
5 M.
Das kleine Buch kann dem Arzte, der gezwungen ist, eine Klinik
einzurichten und zu betreiben, viel Zeit, viel Verdruss und viele
Unkosten ersparen. Es bietet mehr, als sein Titel verspricht. Ausser
der Einrichtung der Krankenräume, des Warte- und Sprechzimmers,
der Operationssäle etc. wird auch die Herrichtung und Sterilisation
der Verbandstoffe, die Gipstechnik, die Desinfektion des Operations¬
feldes und der Hände eingehend besprochen.
F. Lange- München.
Aschaffenburg: Die Sicherung der Gesellschaft gegen ge¬
meingefährliche Geisteskranke. Ergebnisse einer im Aufträge der
Holtzendorff-Stiftung gemachten Studienreise. Berlin 1912. Gut-
tentag. 288 Seiten. Preis 6 M.
Nach genauer Prüfung der rechtlichen Verhältnisse und der ver¬
schiedenen Unterbringungsarten geisteskranker Verbrecher in Europa,
zu einem grossen Teil basierend auf eigener Anschauung, kommt
Verf. in den wichtigsten Punkten zu folgenden Schlüssen: Es sind
Massnahmen zu treffen nur gegen diejenigen Geisteskranken, die ge¬
meingefährlich sind. Die grossen Kriminalanstalten in England und
Italien haben sich nicht so bewährt, dass sie zur Nachahmung emp¬
fohlen werden könnten. Adnexe an Strafanstalten könnten für ge¬
wisse Zwecke sehr gute Dienste leisten, aber unter der Bedingung,
dass sie unabhängig von der Strafanstalt unter ärztlicher Leitung
verwaltet werden. Im Allgemeinen empfiehlt sich Verteilung der ge¬
fährlichen Kranken auf alle zur Verfügung stehenden Irrenanstalten,
die sich, wenn nötig, durch besonders gesicherte Abteilungen zu
diesem Zwecke einzurichten haben. Dabei sollte Rücksicht auf die
Möglichkeit genommen werden, die Einrichtung zur Ausbildung von
Juristen und Medizinern zu benützen.
Ein allseitiges Studium, eine grosse Erfahrung, ein volles Ver¬
ständnis für die theoretischen wie die praktischen Seiten des be¬
handelten Gegenstandes und eine klare Darstellung verleihen dem
Buche einen hohen Wert. Nach den vielen Erörterungen der letzten
zwei Dezennien und den tastenden Versuchen der Praxis bedeutet es
einen Abschluss. Man hat nach der Lektüre das Gefühl: Die schwe¬
benden Fragen sind erledigt, die Behörden sollten nun wissen, wie
sie zu handeln haben. Bleuler- Burghölzli.
Aerztliche Rechts- und Gesetzeskunde. Herausgegeben von Geh.
Med.Rat Prof. Dr. O. Rapmund, Regierungs- und Medizinalrat in
Minden i. W. und Geh. Ober-Medizinalrat Prof. Dr. E. Dietrich,
Vortragender Rat im Ministerium des Innern in Berlin. Zweite, gänz-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
310
lieh umgearbeitete Auflage. 2 Bände. 1417 Seiten. Preis geh. 32 M.
Verlag von Georg T h i e rn e, Leipzig 1913.
Bei den vielfachen Beziehungen, welche der Arzt infolge seines
Berufs zu dem öffentlichen Leben hat, ist es für ihn ein unabweis¬
bares Bedürfnis, mit den hier einschlägigen gesetzlichen Bestim¬
mungen sich vertraut zu machen, und zwar besteht ein solches Be¬
dürfnis nicht etwa nur für den beamteten, sondern ebenso auch fin¬
den praktischen Arzt. Für diesen ist, da ihm eine Amtsbibliothek
nicht zur Verfügung steht und in der Regel auch nicht leicht zugäng¬
lich ist, eine geordnete Zusammenstellung der für ihn wichtigen ge¬
setzlichen Bestimmungen von ganz besonderem Wert.
Es ist deshalb ein verdienstvolles Unternehmen, dem sich zum
zweitenmal die oben genannten Verfasser unterzogen haben, ein der¬
artiges Werk zu schaffen, dieses Verdienst kann als ein um so
grösseres bezeichnet werden, als es ihnen gelungen ist, in übersicht¬
licher, präziser und erschöpfender Weise die überreiche Materie zu
behandeln.
Nach der Natur der Sache ist es naheliegend, dass m erster Linie
und am eingehendsten die für Preussen geltenden Bestimmungen vor¬
getragen werden, indes sind auch die wesentlichen Bestimmungen
der einzelnen deutschen Bundesstaaten, soweit diese gesondert für
diese Gebiete erlassen sind, genügend berücksichtigt, um dem Arzte
die erforderliche Orientierung zu vermitteln.
Es ist nicht möglich, hier auf Einzelheiten des umfangreichen
zweibändigen Werkes näher einzugehen, es sei nur darauf hin¬
gewiesen, dass alles, was die öffentlichen und privaten Rechtsverhält¬
nisse des Arztes berührt, und nicht zuletzt die verschiedenen Standes¬
fragen eine eingehende sachgemässe Behandlung erfahren, so z. B.
die jetzt für die ganze deutsche Aerztewelt so aktuelle Frage ihrer
Stellung in der Reichsversicherungsordnung, die gesetzlichen Bestim¬
mungen über die staatliche Organisation des ärztlichen Standes in
den verschiedenen Bundesstaaten, das ärztliche Vereinswesen, das
ärztliche Unterstützungswesen, die für den Arzt wichtigen Bestim¬
mungen aus dem Strafgesetzbuche, der Gewerbeordnung, der
Seuchengesetzgebung, dem Nahrungsmittelgesetz usw.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Werk mit Rücksicht auf
die Bedeutung seines Inhalts sich baldigst Eingang verschaffen wird
nicht nur in der Aerztewelt sondern auch bei allen Behörden, die mit
dem ärztlichen Berufe dienstlich in Berührung zu treten haben.
Schliesslich darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Ausstattung
des Buches eine vorzügliche ist. Dr. S p a e t - Fürth.
Gewerbehygienische Uebersicht.
Von Dr. Fr. K o e 1 s c h, Kgl. Landesgewerbearzt.
Aus der jüngsten gewerbehygienischen Literatur sind zunächst
einige Sammelberichte kurz zu erwähnen, so über die Be¬
obachtungen der Englischen Gewerbeaufsichtsbeam¬
ten im Jahre 1910, erschienen in Concordia 1912, No. 13; der Artikel
enthält interessante Mitteilungen über Lüftung, Luftfeuchtigkeit und
Heizung in gewerblichen Betrieben, über pneumatische Werkzeuge,
Häutedesinfektion, Staubmessung u. dgl. — Der in der Zeitschr. f.
Gewerbehygiene (1912, S. 335) veröffentlichte Auszug aus den Be¬
richten der Hamburger Gewerbeaufsichtsbehörde
1911 bringt Angaben über gewerbliche Vergiftungen durch Benzol und
verwandte Produkte, die als schnelltrocknende Anstrichmittel Ver¬
wendung finden, über Manganismus, Schädigungen durch tropische
Hölzer u. dgl. Bewerkenswerte Mitteilungen aus den Berichten der
Oesterreic bischen Inspektoren 1911 (über Vergiftungen
durch Pb, Hg, P, Anilin, gewerbl. Ekzeme, Milzbrand u. dgl.), sowie
der Holländischen Beamten (über die Anmeldung ver¬
schiedener Gewerbekrankheiten, über die Bekämpfung der Bleigefahr
in der graphischen und keramischen Industrie, über Milzbrand) finden
sich ferner in den Mitteilungen des Instituts f. Gewerbehygiene in
Frankfurt a. M. 1912, No. 12. Weiterhin sei auf das Referat in No. 45
(S. 2482 und 2484) dieser Wochenschrift über den 15. Internatio¬
nalen Hygienekongress in Washington verwiesen, welches
eine Reihe gewerbehygienischer Fragen behandelt.
Einen lesenswerten Aufsatz bringt die Zeitschrift f. Gewerbe¬
hygiene 1912, No. 16 flg. : „U c b e r den Einfluss der Berufs¬
tätigkeit auf d, i e Entstehung von Frauenkrank¬
heiten“. Von Hermann Heng. Die Anregung zu dieser
Arbeit ging vom Referenten aus, der im Vorjahre eine
diesbezügliche Aufforderung in der medizinischen Presse erliess, um
für die Beurteilung dieser wichtigen Beziehungen neues Material zu
gewinnen. Denn zweifellos ist, wie dies auch B o s s i feststellt,
in der Art und dem Charakter sowie in der notwendig gesteigerten
Anstrengung der modernen Frauenarbeit hauptsächlich die Aetiologic
der sich stets mehrenden Krankheiten der weiblichen Genitalorgane
zu suchen. Nach Anführung der anatomischen Details, aus denen sich
die ausserordentlich geschützte Lage der Gebärmutter ergibt, erörtert
Heng zunächst die durch anhaltendes Stehen bedingten Unterleibs¬
schädigungen. Hiebei kann durch Muskelzug, zumal beim noch wach¬
senden Knochen eine Veränderung des knöchernen Beckens erfolgen;
die begleitenden Zirkulationsstörungen führen zu Menstruations¬
anomalien, begünstigt durch abnorme Füllung der Harnblase; beson¬
ders die Lageveränderungen der Gebärmutter können durch Arbeit
im Stehen in Verbindung mit Armbewegungen und Harnretention ver¬
anlasst werden. Die Arbeit im Sitzen, die unzertrennlich mit vorn¬
übergeneigter Haltung, dabei aber auch mit Raumbeengung in Brust
und Unterleib einhergeht, begünstigt einerseits Blutarmut und Tuber¬
kulose, andererseits Blutstauung in den Genitalien mit Menstruations-
störungen und Gebärmutterkatarrhen. Eingehend werden die Ver¬
hältnisse bei den Maschinennäherinnen besprochen und u. a. auch
die Ergebnisse der S t r a s s m an n sehen Enquete angeführt; letz¬
terer Autor fand unter 1500 Kranken der Charitee-Frauenklinik
356 Machinennäheri'nnen; auch Falk und Sarrazin bringen ge¬
häufte Genitalstörungen mit dieser Berufstätigkeit in Zusammenhang.
Dass das Maschinennähen gelegentlich zu onanistischen Reizungen
dient, daran ist allerdings die normale Berufsarbeit unschuldig; be¬
sonders in Frankreich sind Erfahrungen letzterer Art wiederholt
beobachtet worden. Bezüglich der körperlichen Erschütterungen wäre
zu bemerken, dass hiedurch besonders Schwangere und Wöchiieriime:i
geschädigt werden, ebenso Patientinnen mit Adnexerkrankungen oder
unkorrigierten Lageanomalien. Auf die Zeit der Menses wäre eigent¬
lich in jedem weiblichen Berufe grösstmögliche Rücksicht zu nehmen;
plötzliche heftige Bewegungen und Erschütterungen haben hiebei viel¬
fach schädliche Einwirkungen gezeigt, wie Ovarialhämatome,
Metrorrhagien u. dgl. Die schädliche Wirkung der Röntgenstrahlen
auf die weiblichen Keimdrüsen ist ja bekannt. Von den gewerblichen
Giften wirkt besonders das Blei ausserordentlich deletär, indem es
Fehlgeburten und Totgeburten, Bleisiechtum der Säuglinge u. ä. pro¬
voziert; ähnlich gesundheitsschädigend wirkt auch das Quecksilber
Hingegen soll nach neueren Anschauungen die gewerbliche Beschäfti¬
gung mit Phosphor nicht wesentlich schädigen, wenn auch Menstrua¬
tionsstörungen bei Zündholzarbeiterinnen beobachtet wurden.
Schwefelkohlenstoff erzeugt bei den Arbeiterinnen Impotenz. Ueber
die Schädlichkeit des Nikotins in der Tabakindustrie sind die An¬
schauungen nicht völlig geklärt; die beobachteten Menstruations¬
störungen dürften mehr den äusseren Verhältnissen und der Arbeits¬
weise im Sitzen zuzuschreiben sein; in Frankreich wurde hohe Säug¬
lingssterblichkeit bei stillenden Tabakarbeiterinnen festgestelit; an¬
geblich soll in der Muttermilch Nikotin nachweisbar sein. Benzol und
seine Derivate erzeugen neben Haut- und Schleimhautblutungen auch
Metrorrhagien und Anämie; die Disposition zur Vergiftung ist bei
Frauen grösser als bei Männern, zumal zur Zeit der Menstruation.
Abgesehen von Gewerbe und Industrie finden wir Frauen noch
in den verschiedensten Berufsarten, als Lehrerinnen, Erzieherinnen,
Hebammen u. dgl. Dysmenorrhoischc Beschwerden, Amenorrhoe
u. ä. sind bekanntlich bei diesen Berufszugehörigen relativ häufig
und meist durch geistige Anstrengung, sitzende Lebensweise, Ver¬
änderung der sozialen und klimatischen Verhältnisse etc. bedingt.
Eine gynäkologische Beratung bei der Berufswahl wäre daher regel¬
mässig zu fordern.
Stand und Beruf sind ferner von Einfluss auf den Beginn der
Menses; bei industriellen und landwirtschaftlichen Arbeiterinnen tritt
die erste Regel meist später ein als bei Städterinnen bezw. sozial
höher stehenden Frauen; auffallend früh beginnt sie bei Mädchen, die
sich dem Studium oder geistigen Arbeiten widmen, wie Studentinnen,
Lehrerinnen, Schauspielerinnen etc.
Infolge dieser mannigfachen beruflichen Beeinträchtigungen be¬
darf die erwerbstätige Frau zeitweise ganz besonderer Schonung,
besonders in der Pubertät, in den Wechseljahren und in der Schwan¬
gerschaft; meist aber ist diese Schonung unmöglich, besonders dann,
wenn die Frauenarbeit mit der Männerarbeit in Konkurrenz tritt.
Leider fehlt es uns immer noch an eingehender Kenntnis; unser
Wissen ist gerade auf diesem wichtigen Gebiete noch sehr lücken¬
haft. Es sollten daher, wie dies auch Fritsch forderte, wenigstens
die in besonders bedenklichen Berufen arbeitenden Frauen vor der
Einstellung gynäkologisch untersucht werden, die Aufnahme soll von
der Beibringung eines Tauglichkeitsattestes abhängig gemacht wer¬
den; event. könnte dies von Fabrikärztinnen vorgenommen werden.
Zuin Schlüsse führt Verf. alle zum Schutz der Frau dienenden Be¬
stimmungen der GO., der verschiedenen Bundesratsbekaniit-
machungen u. dgl. auszugsweise an.
Einen weiteren Beitrag zur Frauenarbeit bringt E. Giovan¬
ni ni in II Ramazzini, H. 4 u. 5 (1912): „Der Schutz der
schwangeren Arbeiterin in der letzten Schwan¬
ge r s c h a f t s p e r i o d e“. An dem Material der Frauenklinik zu
Pisa 1895—1907 (1348 Geburten) stellte Verf. fest, dass bei günsti¬
gerer sozialer Lage, bei günstigeren Lebens- und Arbeitsbedingungen
der Mutter das Gewicht des Kindes steigt, während umgekehrt mit der
Verschlechterung der Existenzbedingungen die Gewichtswerte der
Neugeborenen ungünstiger werden. Die Folgen der Aufbesserung dei
Lebensbedingungen und körperlichen Schonung machen sich bereib
dann geltend, wenn die Mutter längere Zeit vor der Entbindung u
der Klinik sich erholen konnte. Die Neugeborenen lediger Mütter
zeigten deutlich eine Gewichtsminderung, gleichbedeutend mit kör¬
perlicher Minderwertigkeit, und zwar schien letztere um so grösser
je sozial-tieferstehend die Berufsklasse der Mütter war; die schlecli
testen Zahlen wiesen demnach die Dienstboten, Schneiderinnen
Spinnerinnen etc. auf. Bei der grossen Bedeutung des Schwangeren
Schutzes ist eine staatliche Regelung unerlässlich. In Italien ward,
durch das Gesetz vom 17. VII. 1910 zunächst nur eine Wöchnerinnen
Unterstützung von 4 Wochen eingeführt; eine Ergänzung durch ge
setzliche Schonzeit gegen Ende der Schwangerschaft mit Schwan
gerenunterstützung wäre daher dringend erforderlich.
Ueber die Beschäftigungsneurosen findet sich eim
sehr ausführliche Abhandlung in der Wiener med. Wochenschi
. Februar 1013.
muenchener ; medizinische Wochenschrift.
Mi
i. 43/44 (1912) von L. v. Frankl-Hochwart. Vgl. das Re-
at in No. 51 (S. 2833) dieser Wochenschrift.
Die Frage der gefärbten Gläser als Jagd-, Schnee-
i d Schutzbrillen bespricht Fr. Schanz in der Wochenschr.
Therapie u. Hygiene d. Auges. XV, 1912, No. 45. Verf. erwähnt
nächst die Schädlichkeit der ultravioletten Strahlen, unter deren
.Wirkung die Linse des Auges fluoresziert. Dieses Fluoreszenzlicht
regt indirekt die lichtempfindlichen Elemente und erschöpft die Seh-
iffc der Netzhaut, erzeugt ferner bei intensiver Einwirkung einen
hein, der sich über das Auge legt. Die nicht in Fluoreszenzlicht
igewandelten Strahlen schädigen die Netzhaut, besonders die Kör-
rschicht (Versuche von Birch-Hirschfeld); auch Farben-
instörungen werden beobachtet, z. B. nach Arbeiten vor der Queck-
berdampflampe. Den besten Schutz gegenüber diesen Lichtschädi-
ngen gewähren Schutzbrillen aus Euphos'glas, sowohl bei der Jagd.
. auch bei Gewerbebetrieben (Glasmacher, Elektrotechniker, beim
togenen Sclnveissverfahren, bei Ballonfahrten, zum Schutze gegen
hneeblindheit etc.; der Südpolentdecker Amundsen äusserte
h hierüber ausserordentlich befriedigt). Die obenerwähnte Fluo-
szenzwirkung hat Verf. dadurch zu demonstrieren versucht, dass er
der Rückwand eines Kastens einen Spiegel, an der Seitenwand ein
nkelblaues Glas anbrachte. Hält man diesen Kasten wie ein Stereo-
op dicht an das Gesicht und stellt sich so, dass durch die Biau-
. heibe diffuses Tageslicht auf das Auge fällt, so sieht man im Spiegel
■ Pupille des eigenen Auges grau, sie fluoresziert.
Bezüglich der Caissonkrankheit sei kurz auf eine Arbeit von
Bornstein-Hamburg in der Vierteljahrschr. f. gerichtl. Medi-
i u. ö. Sanitätsw. 1912, 4. H. verwiesen: „Erfahrungen über
iressluftkrankh eiten“, ref. in No. 51, S. 2832 dieser
ochenschrift.
Eine höchst instruktive zusammenfassende Arbeit: „Die ge-
ndheitliche Gefährdung der Arbeiter durch
aubentwicklung in gewerblichen Betrieben
ii d ihre Verhütung“, veröffentlichte E. Mangelsdorf in
<r D. Vierteljahrschr. f. ö. Gesundheitspflege, 42. Bd„ 4. H. (1912).
1> rund 30 Druckseiten einnehmende Arbeit kann natürlich in einem
Irzen Referat auch nicht annähernd gewürdigt werden.
Aus der Mailänder Klinik für A r b e i t e r kränk¬
elten liegt u. a. eine Arbeit von D. Cesa-Bianchi vor ü her
iaubinhalation und Lungentuberkulose; die Ab-
nidlung erschien gleichzeitig mit der italienischen Publikation in der
/itsclir. f. Hygiene, 73. Bd„ 1912, S. 166. Verf. suchte unter Ver-
vndung von Talkum, Gips, Thomasschlacke, Kohle (Anthrazit),
<ment, Perlmutterstaub und Schleifsand den Zusammenhang zwi-
• ien Lungentuberkulose und Einatmung von mechanisch wirkendem
'mb beim Meerschweinchen. Letztere wurden ausgewählt, weil
! einerseits gegen Tuberkulose besonders empfindlich sind, anderer-
; ts neben der Lokalerkrankung meist auch eine Allgemeininfektion
gen, während typische Lungentuberkulose allerdings selten zu be-
■ achten ist. Bei einfachem Aufenthalt im Staubluftkasten verhielten
Gi die liere gegenüber den Konfrontieren normal; sobald jedoch
Nasenatmung irgendwie verlegt wurde, traten häufig alsbald pneu-
nnieartige Erkrankungen auf. Sowie die äusserlich anscheinend
i rmalen Tiere auf irgendeine Weise (subkutan, tracheal etc.) mit
lierkelbazillen infiziert wurden, gingen sie an typischen schweren
iicrkulösen Lungenerkrankungen zugrunde. Durch die Staubinha-
. ion wurde also in der Lunge zweifellos ein locus minoris resisten¬
te geschaffen, welcher der Bazillenansiedlung günstigste Bedin-
• ngen schaffte. Eine spezifisch-verletzende Wirkung der einzelnen
uiharten konnte bisher noch nicht gefunden werden. Die Versuche
'■rden fortgesetzt werden. — Eine weitere Abhandlung Pneu-
1 1 n o k o n i o s e n und Lungenspitzenkatarrh stammt
ii dem Leiter der genannten Klinik, E. D e v o t o, abgedruckt in den
ti della Societä Lombarda di Scienze mediche e biologiche, I, 3.
Auf die Frage: Ist der Lederstaub für die Gesund-
* L ^i? r Arbeiter gefährlich? gibt eine kleine Abhandlung
ii r. H o 1 1 z m a n n in der Zeitschr. f. Gewerbehygiene 1912, No. 17
twort. Lederstaub entsteht bei der Schuhfabrikation beim Ab-
Mleiien der Sohlen und Absätze; derselbe ist weich und zeigt mikro-
^ misch keine scharfen Ecken, mechanische Verletzungen sind kaum
' befürchten. Milzbrandkeime dürften ihm keine mehr anhaften, da
Gerbprozess eine Desinfektion im bakteriologischen Sinne statt-
■ Jet. Ebenso ist auch durch die Gerbstoffe eine chemische Schädi-
- ig nicht zu erwarten, da ein Teil der Gerbstoffe mit dem Binde-
k‘lVebe der Haut eine Tannineiweissverbindung eingeht, während
- anderer. Teil sich auf der Bindegewebsfaser niederschlägt und
| ig an ihr haftet. Nur ausnahmsweise dürfte bei übermässiger Ger-
ig treier Gerbstoff sich vorfinden, der jedoch (Tannin) dem Orga-
mus kaum schaden dürfte. Bei Chromleder ist ein Ueberschuss
■ i freier Chromsäure undenkbar, da letztere aus Gründen der Halt-
keit peinlich ausgewaschen bezw. mit alkalischer Lösung neutrali-
''ft wird. Gleichwohl ist, von dem Grundsätze ausgehend, dass
•er Staub gefährlich ist, eine mechanische Absaugung auch hier zu
dern.
, Uebergehend zu den Vergiftungen sei zunächst auf die
'eit von R. 0 r b ä n in der D. med. Wochenschr. 1912, No. 44 betr.
werbliche Vergiftungen mit Bezug auf die
fj? e F m a ii n s c h e Blutprobe verwiesen ; ref. in No. 46
I-), S. 2526 dieser Wochenschrift.
?ie i? 2 1 v e 1 R 1 t u n g behandelt ein ausgezeichnetes Referat
von L. 1 eleky, welches er anlässlich der Sitzung des Grossen
Kates des Frankfurter Instituts für Gewerbehygiene erstattete (er-
schienen in den Schriften des genannten Instituts, Berlin 1912, bei
A. Seydel): Die ärztliche Ueberwachung und Be¬
gutachtung der in Blei betrieben beschäftigten
A r beite r. Jede Rückhaltung von Blei im Organismus, ja schon
1? • des Bleies durch denselben stellt ein pathologisches
Ereignis dar und führt zu einem von der Norm abweichenden Zustand.
In dei Natur besteht keine scharfe Grenze zwischen „Bleiaufnahme"
und „Bleivergiftung“. Gleichwohl müssen wir uns bemühen, auf
Grund gewisser Anzeichen den drohenden Eintritt von — das körper¬
liche Wohlbefinden oder die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden
Krankheitserscheinungen vorauszusehen und ihn durch Entfernung
des Arbeiters aus der für ihn besondes gefährlichen Umgebung zu
verhüten. Hierzu dient die fortgesetzte ärztliche Ueberwachung der
bleigefährdeten Arbeiter durch unabhängige Aerzte (event.
Amtsärzte). Die Untersuchungen sind je nach Gefährlichkeit des
Betrieben 2— 4 wöchentlich vorzunehmen. Untersuchungen in
mehr als einmonatlichen Intervallen kommt nur der Wert von Stich¬
proben zu; andererseits kann der Arzt in bestimmten (zweifelhaften)
Fällen event. noch kürzere Intervalle als 2—4 Wochen einhalten.
Die Entscheidung über event. Arbeitsausschluss kann natürlich nur
unter Abwägung der drohenden Gesundheitsgefährdung und der wirt¬
schaftlichen Verhältnisse erfolgen; bei alten Bleiarbeitern mit bereits
bestehenden Organschäden kann event. auf einen Arbeitsausschluss
verzichtet werden, da auch durch diese Prophylaxe eine wesent¬
liche Besserung der Organdefekte doch nicht mehr zu erwarten ist.
Ungelernte Arbeiter werden durch den Arbeitsausschluss relativ weni¬
ger geschädigt als gelernte; andererseits sind letztere einer Belehrung
mehr zugänglich. Aufgabe der sozialen Gesetzgebung ist es, durch
Gewährung von Renten die wirtschaftliche Beeinträchtigung als Folge
des Arbeitsausschlusses zu mildern bzw. zu beseitigen. Neben der
periodischen Untersuchung muss eine Aufnahmeuntersuchung statt¬
finden; Frauen und Jugendliche, Tuberkulöse, Herzkranke. Neur¬
astheniker und Epileptiker, Nierenkranke, Alkoholiker etc. sind von
der Bleiarbeit vorweg abzuweisen. Die Untersuchung auf Blei¬
schädigung muss sich auf verschiedene Symptome stützen, die erst
in ihrer Zusammenfassung ein Urteil gestatten. Insbesondere die
sogen. Frühdiagnose, d. h. die Vorhersage des Ausbruches ernsterer
Gesundheitsschädigungen, kann sich nur auf eine Mehrheit von Sym¬
ptomen aufbauen. Solche sind der B 1 e i s a u m (der allerdings auch
fehlen kann), der bei seinem Vorhandensein eine Bleianhäufung im
Körper dokumentiert. Von grösserer Bedeutung ist das B 1 e i k o 1 o -
r i t, jene charakteristische fahle Blässe mit einem Stich ins Ascn-
graue. Die Hornhaut zeigt eine leichte Gelbfärbung, die Lippen und
die übrigen sichtbaren Schleimhäute sind anämisch. Weiter ist auf
den Gesamthabitus (Abmagerung, mangelnde Ernährung etc.)
zu achten, ln zweifelhaften Fällen ist das Vorkommen basophiler
Granulationen im Blutausstrich wichtig. Ferner scheint der
Hämatoporphyrinurie eine grosse Bedeutung für die Dia¬
gnose und besonders Frühdiagnose der Bleivergiftung zuzukommen.
Die Untersuchung des Urins auf Blei ist wenig beweisend, da aus dem
Fehlen von Blei im Urin keinerlei Schlüsse zu ziehen sind. Meist
findet sich eine Hämoglobinverminderung: Blutdrucksteigerung tritt
meist im Spätstadium auf (Nephritis). Bei älteren Arbeitern finden
sich ausserdem noch ausgeprägte Symptome der Bleierkrankung:
Tremor, Lähmungserscheinungen, Steigerung des Patellarreflexes, Er¬
scheinungen seitens der Hirnnerven, Sehstörungen, Albuminurie etc.
Der Arbeitsausschluss hat mindestens so lange zu erfolgen, bis die
Symptome verschwunden sind, eher noch 2—3 Wochen länger; nur
beim Bleisaum ist eine Ausnahme gestattet. 6—8 Wochen bilden
stets das Mindestmass. Bei Erkrankungen des Nervensystems sind
Rezidive sehr häufig; diese Arbeiter sind, wenn irgendwie möglich,
dauernd von der Bleiarbeit fernzuhalten. Natürlich werden auch
exakt durchgeführte periodische Untersuchungen nicht imstande sein,
das Vorkommen von Bleivergiftungen völlig zu verhüten, auch die
sich ganz langsam entwickelnden Gefässveränderungen können wohl
nicht völlig verhindert werden. Gleichwohl ist von einer derartig
organisierten Ueberwachung in Verbindung mit den hygienisch-tech¬
nischen Massnahmen der Gewerbeaufsichtsbeamten eine wirksame
Bekämpfung des Saturnismus zu erwarten.
Ein interessanter Fall von B 1 e i k o 1 i k r e z i d i v, der von
E. D e v o t o vorgestellt wurde, findet sich in den Atti della Societä
Lombarda di Scienze mediche e biologiche, vol. 1. fase. 3 verzeichnet.
Es handelte sich um einen 32 jährigen Bleiweissarbeiter, der nach
etwa 1 monatlicher Arbeit eine heftige Bleikolik bekam und nach
2 monatlicher Krankenhausbehandlung beschwerdefrei entlassen
wurde. Da er in den „Giftbetrieb" nicht mehr zurückwollte und sonst
keine Arbeit fand, kam er im Ernährungszustand ausserordentlich
herunter und erlitt 12 Tage nach der Krankenhausentlassung einen
neuen Kolikanfall, mit Saum, Blutdrucksteigerung, Albuminurie und
ähnlichen typischen Symptomen. Nachdem beim Pat. in der Zwi¬
schenzeit keinerlei neue Bleiaufnahme stattfinden konnte, ist der Fall
als charakteristisches Beispiel dafür anzuführen, dass durch die man¬
gelhafte Lebensführung und durch die hiebei bestehende Konsumption
die Bleielimination seitens des Darmes und der Nieren momentan
gestört und damit eine neue Organanreicherung veranlasst wurde.
Diese 2. Kolik ging auf Pilokarpin subkutan und gute Ernährung bald
wieder zurück; die Gewichtszunahme betrug 12 kg in 40 Tagen.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
312
Ueber die Verteilung des Bleies in verschie¬
denen Organen und Geweben nach subkutaner
Injektion stellten M a u r e 1 und Carcanagua in T oulouse
eingehende Untersuchungen an, deren Resultate in den Comptes
rendus de la soc. de biologie, 72. Bd„ No. 26—28 (1912) veröffent¬
licht sind. Einem Ref. der Zeitschr. f. Medizinalbeamte No. 24 (1912)
folgend, fand sich das meiste subkutan injizierte Blei in der Niere,
dann im Magen und Darm, in den quergestreiften Muskeln und im
Gehirn, erst nachher folgte die Leber. Letztere enthält hingegen
das meiste Blei, wenn die Aufnahme vom Darm her erfolgt. Am
empfindlichsten gegen Blei sind die roten Blutzellen, sodann die glatten
Muskelfasern, die sensiblen und motorischen Nerven, die querge¬
streiften Muskeln, der Herzmuskel, die weissen Blutzellen. Tatsäch¬
lich verlaufen die Organerkrankungen genau in dieser Reihenfolge;
auch die Häufigkeit der klinischen Symptome entspricht der im Tier¬
versuch festgestellten Abstufung. Da die am meisten reagierenden
anatomischen Elemente zugleich auch die grössten Bleimengen zu¬
rückhielten, scheint die Empfindlichkeit der Gewebselemente mit
der Menge von Blei, die jeweilig von ihnen retiniert wird, im Ver¬
hältnis zu stehen.
Betreff der viel diskutierten Frage der Schädigungen durch
Bleidampf liegen 2 Arbeiten von L. Lewin vor, die beide in der
Zeitschr. f. Hygiene No. 73, 1912, S. 155 bezw. 161 erschienen sind.
Vgl. auch die kurzen Referate in No. 50, S. 2749 dieser Wochenschrift:
Die Bedingungen für die Bildung von Bleidampf in
Betrieben — und : Schutzvorrichtungen gegen die
Aufnahme von Blei in Bleischmelzkesseln. Die Ver¬
flüssigung des Bleies erfolgt je nach Betriebsart und Zweck bei recht
verschiedenen Temperaturen, sie schwankt auch mit dem Schmelz¬
punkte, der bei etwa 326° C liegen dürfte (Schwankungen zwischen
262 und 334° technisch angegeben). Es wurden nun über einem,
mit ca. 500 kg Blei beschickten und mit einer Haube versehenem
Schmelzkessel in verschiedenen Abständen vom Bleispiegel kleine
Porzellandeckel angebracht und darauf niedergeschlagene Pb-Dämpfe
mit Schwefelammonium geprüft; auch eine Absaugung der Dämpfe
und Einleitung in 1 proz. Salpetersäure wurde versucht. Bei Tem¬
peraturen von 500—520° C im Bleibad konnten nie irgendwelche
Bleidampfspuren nachgewiesen werden, vielmehr bei reinem Blei erst
bei 850—900° C. Wohl aber können aus Legierungen oder bei Kar¬
bonaten ev. schon bei niedrigeren Temperaturen kleinste Bleiteilchen
mitgerissen werden, bei Bleiglanz war dies z. B. schon zwischen
750 und 800“ C der Fall. Nachdem bei der Bleierzverhüttung Tem¬
peraturen von ca. 1200—1300° C erreicht werden, ist dabei reichliche
Gelegenheit zur Bleiaufnahme in Staubform gegeben. — Im Allge¬
meinen hält es Verf. für angezeigt, über allen Bleibädern Schutz¬
hauben anzubringen, um ein mögliches Verdampfen und Verspritzen
zu vermeiden. Es wird sodann eine derartige Ummantelung mit Ab¬
saugevorrichtung beschrieben, wie sie im Kabelwerk der A.E.G. in
Berlin in Gebrauch ist. Hierdurch wurde (in Verbindung mit per¬
sönlicher Prophylaxe) die Zahl der Bleierkrankungen erheblich ein¬
geschränkt; innerhalb der 3 letzten Jahre kamen nur 5 manifeste (!)
Fälle unter 402 Arbeitern vor. (Allerdings dürften die persön¬
lichen Schutzmassnahmen hiebei das wirksamere Moment gewesen
sein. Derartige Schutzhauben und Abzüge sind übrigens in der In¬
dustrie ziemlich allgemein eingeführt. Die Ergebnisse L e w i n s
decken sich im allgemeinen mit den Beobachtungen des Ref., welche
im Jahresbericht der Kgl. bayer. Gewerbeaufsichtsbeamten 1909.
S. XXIV kurz wiedergegeben sind. Tatsächlich gelang es dem
Ref. innerhalb 4 Jahren noch nicht, beispielsweise bei den Blei-
soldatengiesserinnen, die bekanntlich mit fast reinem Blei arbeiten,
auch nur eine bleiverdächtige Arbeiterin zu entdecken, obwohl
dieselben z. T. jahrzehntelang an den Schmelzkesseln, z. T. auch
ohne Abzug, sassen. Ref.)
Das Bulletin of the Bureau of Labor bringt 2 interessante Re¬
ferate von A. Hamilton und J. B. Andrews betr. Blei¬
farbenindustrie und Bleivergiftungen inden Ver¬
einigten Staaten von Amerika, denen nach einem Auszug
von R a m b o u s e k in Concordia 1912 (S. 497) zu entnehmen ist, dass
die amerikanische Bleifarbenindustrie der englischen oder deutschen
in hygienisch-technischer Beziehung bedeutend nachsteht; insbe¬
sondere ist die Staubgefahr dort noch eine sehr grosse. Eine Blei¬
gesetzgebung fehlt noch in den Vereinigten Staaten (mit Ausnahme
von Illinois). Von 23 bestehenden Bleiweissfabriken sind 10 ganz
veraltet und primitiv; 18 Fabriken arbeiten nach dem alten holländi¬
schen Verfahren, 3 nach dem Carter-Schnellverfahren, je 1 mit dem
Matheson- bezw. Mild-Prozess. Die Arbeiter sind meist Neger,
Slaven und Italiener; der Arbeiterwechsel ist sehr gross, beträgt in
der Mehrzahl der Betriebe 20 Proz. wöchentlich, so dass sich bei
einem durchschnittlichen Arbeiterstand von 55 — 65 Mann ein Wechsel
von 250 — 400 Personen ergibt! Natürlich wird eine stramme Disziplin
und ein rationeller Arbeiterschutz dadurch unmöglich gemacht. Die
Kenntnis der tatsächlich vorkommenden Vergiftungen ist infolge¬
dessen sehr schwierig; nur wo regelmässige ärztliche Untersuchungen
stattfanden, war genaueres Material zu erhalten (bisher nur in 6 Fa¬
briken durchgeführt). Trotzdem konnten vom 1. I. 1910 bis 1. V. 1911
388 Bleivergiftungen nachgewiesen werden. Die Zahl der schweren
und tödlichen Fälle ist nicht gering. Insgesamt wurden im Staate
New York in den Jahren 1909 und 10 nach den Leichenschauscheinen
60 Bleitodesfälle festgestellt, wahrscheinlich allerdings viel zu wenig.
Hievon betrafen 45 Bleifarbenarbeiter (Maler), 3 Bleischmelzer.
4 Drucker, 3 Bleiweissfabrikarbeiter, 2 Akkumulatorenarbeiter u. dgl.
Als häufigste Todesursache war Nephritis in 16 Fällen verzeichnet;
sodann Zirkulationsstörung in 13, Magendarmleiden in 11, Nerven-
und Gehirnaffektionen in 9 Fällen. Je 2 Fälle waren mit 1 uberkulose
und Alkoholismus kompliziert. Demnach scheint die Nephritis eine
der häufigsten letalen Komplikationen der Bleierkrankung zu sein;
nicht selten dürfte auch dem Alkohol hiebei eine aggravierende Rolle
zukommen.
Ueber das Blei weissverbot in Deuts c h 1 and ver¬
fasste R. Fischer einen Bericht an die Internat. Vereinigung f. ge-
setzl. Arbeiterschutz, der in den Mitteilungen d. Instituts f. Gewerbe¬
hygiene in Frankfurt abgedruckt ist. Im Gegensatz zu anderen Staa¬
ten ist Deutschland bisher zu einem reichsgesetzlichen Bleifarben¬
verbot noch nicht gekommen, weil die Meinungen über dessen Not¬
wendigkeit und Wirksamkeit noch auseinandergehen und weil man
vielfach auch den Bleiweissersatzmitteln, besonders Zinkweiss und
Lithopon, die erforderliche Wetterbeständigkeit und Deckkraft noch
nicht zutraut. Man will daher in Deutschland das Bleiweiss bei
Aussenanstrichen noch keineswegs entbehren können. Dagegen is;
die Verwendung der Ersatzfarben bei Innenanstrichen wohl möglich,
auch vielfach bereits eingeführt, wenn sich auch manche Vorurteile
geltend machen. Schwierig ist die Definition „Innenanstrich“. Hier¬
unter würden alle Anstriche zu verstehen sein, die auf Bauten an den
inneren Gebäudeteilen zur Ausführung kommen; die Anstriche von im
Innern befindlichen Gegenständen würden dagegen nicht darunter¬
fallen, ebensowenig wie die inneren Flächen von Baukonstruktionen.
Schwer ist auch bei den ins Freie gehenden Fenstern und Türen zu
entscheiden; eine Trennung in Innen- und Aussenfläche mit ver¬
schiedenem Anstrich ist wohl in praxi undurchführbar und unkon¬
trollierbar. Jedenfalls müssen mit dem Bleiweissverbot noch andere
Kontrollvorschriften gegeben werden, besonders der Deklarations¬
zwang für bleihaltige Farben etc. unter Festsetzung einer Verun-
reinigungsgrenze von etwa 34 — 1 Proz. Die Verpackungen ^und Vor-
ratsgefässe müssen mit der Aufschrift „Bleifarbe, Vorsicht" signiert
werden. Gelegentlich müssen von den Aufsichtsbeamten Proben ent¬
nommen werden zwecks chemischer Untersuchung. Falls der Unter¬
nehmer von dem Fabrikanten getäuscht wurde, ist letzterer allein
strafbar.
Zweckmässig wäre es auch, wenn die Ersatzfarben als „bleifrei“
deklariert werden müssten. Schliesslich sind entsprechende Straf¬
bestimmungen vorzusehen. Zum Schlüsse folgt ein Verzeichnis der¬
jenigen deutschen Staatsbehörden, welche innerhalb ihrer Ressorts
bereits eine Einschränkung des Bleiweisses vorgenommen haben
(Bau-, Post-, Bahnbehörden, Kriegsministerien u. dgl.).
Eine sehr hübsche und zweckmässige Massnahme zur Ver¬
hütung der Bleivergiftung ist von R. Apt in der Sozial¬
technik 1912, No. 23, S. 446 beschrieben; beim Kabelwerk Oberspree
der A.E.G. sind seit einiger Zeit Reinigungsnecessaires für Blei¬
arbeiter eingeführt, bestehend aus einem Zinkkästchen mit Aluminium¬
becher, Zahnpulver. Zahnbürste, Handbürste und Seife. Die Käst¬
chen sind verschliessbar, mit Löchern zur Ventilation versehen und
zu 20 (und mehr) in besonderen Aufbewahrungsregalen untergebracht.
Die Ausgabe erfolgt leihweise. Zahnbürste und -pulver werden selbst¬
verständlich hiebei erneuert. Die Einrichtung hat sich sehr bewährt
und verdient Nachahmung. (Schluss folgt.)
Neueste Journaliteratur.
Archiv für klinische Chirurgie. Band 100, Heft 1, 1912.
W. Körte: Einleitung zum 100. Bande von Langenbecks
Archiv für klinische Chirurgie.
1) Freiherr v. E i s e 1 s b e r g - Wien: Zur Operation der Hypo¬
physisgeschwülste. ,
An der Hand von 16 operierten Fällen (3 Männer und 13 Frauen)
wird das klinische Krankheitsbild kurz erörtert. 8 mal fanden sich
die Symptome des Hypopituitarismus (Typus adiposo-geuitalis),
6 mal die von Hyperpituitarismus (Akromegalie), 2 mal M-ischformeu.
Von allgemeinen Hirndrucksymptomen fanden sich Augenstörungen
in allen bis auf einen Fall, Kopfweh immer. Zum Teil erklärten sich
auch die Augenstörungen durch lokalen Druck des Tumors auf das
Chiasma (z. B. die temporale Hemianopsie). Als sehr charakteristisch
fand sich immer die von Oppenheim beschriebene Exkavation
des Türkensattels, meist mit Zerstörung seiner Umrandung. Die
Operation beseitigte nahezu ausnahmslos die Kopfschmerzen und er¬
zielte oft wesentliche Besserung des Sehvermögens. In den Fällen
von Typus adiposo-genitalis gingen, wenn auch weniger deutlich, die
spezifischen Symptome (Fett, Störung der geschlechtlichen Funk¬
tionen, Aufhören der Menses) zurück; ferner wurde 3 mal deutlich
der Rückgang der Symptome von Akromegalie bemerkt. Die Unter
suchung der bei der Operation entfernten Gewebsteile ergab 1 mal
eine Zyste mit benigner Wand, 1 mal eine solche mit maligner Wand¬
entartung epithelialer Natur, 2 mal ein inoperables Sarkom, je 1 mal
ein Sarcoma alveolare, ein zellreiches Adenom, einen epithelialen
Tumor, ein Angiosarkom und 8 mal Adenoma malignum. Das Adenom
der Hypophyse zeigte auch in v. E.s Fällen einen auffallend benignen
Charakter. 4 Patienten kamen nach der Operation infolge einer
foudroyanten Meningitis ad exitum, die sich in 2 Fällen im Anschluss
an einen vor der Operation vorhanden gewesenen Schnupfen ent¬
wickelt hatte. In leichten Fällen, namentlich wenn Sehstörungen und
Kopfweh fehlen, besteht noch keine Indikation zur Operation. Auel;
11. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
313
bei ganz irreparablen Störungen der Augen und nur geringen Kopf¬
schmerzen ist die Operation abzulehnen. Bei schweren Hirndruck-
symptomen leistet vielleicht ein einfaches Entlastungsventil dasselbe
wie die gefährlichere Hypophysektomie. Die üblichen Operations¬
verfahren, um an die Hypophyse heranzukommen, werden besprochen.
Verf. bevorzugt die temporäre Aufklappung der Nase. Die Einzel¬
heiten seines Verfahrens werden an der Hand von Abbildungen
genau beschrieben.
2) A. Bier: Beobachtungen über Knochenregeneration. (Kgl.
Chirurg. Universitätsklinik in Berlin.)
Die Nachuntersuchung einer Patientin, bei der vor nahezu
15 Jahren in einen grossen Humerusdefekt ein Tibiaspahn trans¬
plantiert worden war, ergab, dass sich der überpflanzte Knochen¬
spahn zu einem vollkommenen Röhrenknochen mit zentraler Mark¬
höhle umgewandelt hat. Der Knochen hat ungefähr die Gestalt eines
normalen Oberarmknochens angenommen. An der Tibia fand sich an
diesem wie an 10 neueren Fällen eine vollständige restitutio ad
integrum, die oft überraschend schnell (in einem Falle 1 Monat nach
der Knochenentnahme) vor sich gehen kann. Nach B.s Ansicht ist
diese vollkommene Restitution die Folge seines Vorgehens. Die Haut
wurde über dem Defekt dicht vernäht. Der Defekt kann sich dann,
wenn ein komprimierender Verband vermieden wird, mit Blut füllen.
In diesen Bluterguss wächst nun die Tibia hinein, wobei die Regene¬
ration hauptsächlich vom Mark ausgeht, und nimmt ihre ursprüng¬
liche Form wieder an. Das in der Tibia an der Knochenentnahme¬
stelle freiliegende Mark führt zu heftigen Entzündungserscheinungen
und häufig zu Fieber. Diese sofort einsetzende Entzündung gibt
einen Schutz gegen die bakterielle Infektion ab. was aus dem gün¬
stigen Verlaufe der von B. operierten 17 Fälle von ausgedehnten
Knochentransplantationen geschlossen wird.
3) V. Schmieden und F. Erkes: Klinische Studien über
die Neubildungsvorgänge am Hüftgelenk im Anschluss an die
Resektion. (Kgl. Chirurg. Universitätsklinik in Berlin — Geh. Med.-
Rat Prof. B i e r.)
Verfasser haben die in den letzten 5 Jahren in der Berliner
Klinik mit Hüftgelenkresektion behandelten Kranken nachuntersucht.
Als günstiger Ausgang fand sich in einem Teile der Fälle ein Zustand
beschränkter schmerzloser Beweglichkeit (anatomische Pseud-
arthrose), als ungünstiger derselbe funktionelle Zustand aber ver¬
bunden mit heftigen Schmerzen bei Bewegungsversuchen. Das
Röntgenbild zeigte in solchen Fällen atypische Wucherungen am
Pfannendach und Oberschenkelstumpf mit Verknöcherungen der
artikulären und paraartikulären Weichteile. Besonders gut war das
Resultat nach der Hüftgelenksresektion von jugendlichen Personen
in Form einer anatomischen und funktionellen Nearthrose mit freier
Beweglichkeit und Hemmung. Ein gutes Resultat bedeutet auch die
einseitige völlige knöcherne Ankylose in Flexion und Abduktion.
Will man Beweglichkeit erzielen, so ist wichtig die Erhaltung von
Periost, Kapsel, Bändern, Sehnen und Muskeln. Im allgemeinen ergab
sich, dass es sich bei den an den resezierten Hüftgelenken gefundenen
Neubildungsvorgängen um zweckmässige, der Wiederherstellung der
Funktion dienende Prozesse handelt. Bei den Regenerations¬
vorgängen spielt das Periost eine grosse Rolle.
4) H. v. Habe rer: Ueber unilaterale Pylorusausschaltung.
(Chirurg. Klinik in Innsbruck.)
Verf. berichtet über 24 von ihm vorgenommene Pvlorus-
ausschaltungen nach v. Eiseisberg (Durchschneidung des Magens
mit blindem Verschluss beider Magenteile, Gastroenterostomie).
Beim Ulcus duodeni ist sie für ihn die Operation der Wahl. Beim
Ulcus pylori und bei Ulzerationen im präpylorischen Teil kommt sie
in Betracht, wenn die an sich wünschenswerte Resektion des Ulcus
aus technischen Gründen nicht gut ausführbar ist. Bei ausgedehnten
perigastritischen Veränderungen in der Pylorusgegend ist die
Pylorusausschaltung der einfachen Gastroenterostomie überlegen.
Die Durchschneidung des Magens stellt einen integrierenden Bestand¬
teil der Pylorusausschaltung dar. Verf. führt immer erst die Gastro¬
enterostomie und dann die Pylorusausschaltung aus.
5) F. H ä r t e 1: Die Leitungsanästhesie und Injektionsbehandlung
des Ganglion Gasseri und der Trigeminusstämme. (Chirurg. Klinik
m Berlin — Geh. Med.-Rat Prof. Bier.)
Eingehende Beschreibung der vom Verf. angegebenen Methode,
örtlich anästhesierende Lösungen an das Ganglion Gasseri heran-
zubiingen. Das Prinzip des Verfahrens ist folgendes: Einstich an
der Wange im Gebiet der oberen Molarzähne, Einführung der Nadel
unter Vermeidung einer Perforation der Mundschleimhaut zwischen
aufsteigendem Unterkieferast und Tuber maxillare zum Planum infra¬
temporale, nach Erreichung des 3. Astes Einführung in den Schädel
zum Ganglion. Die durch ausgedehnte anatomische Untersuchungen
begründete feinere Technik ist im Original einzusehen. Durch
orbitale Injektionen kann man ferner mit Sicherheit sämtliche Aeste
des Nerv, ophthalmicus sowie in der Mehrzahl der Fälle auch den
Nerv, maxillaris leitungsanästhetisch machen. Diese Form der An¬
ästhesierung des Nerv, maxillaris hat Verf. in einer Reihe von
Operationen erprobt und empfiehlt diese Punktion besonders für
solche Fälle, wo aus anatomischen oder pathologischen Gründen die
anderen Wege zum 2. Ast ungangbar sind. Die Anästhesierung des
Ganglion Gasseri wurde bisher bei 16 Operationen, darunter 6 Ober¬
kieferresektionen und 2 Zungenexstirpationen, angewendet. Ferner
wurden zum Zweck der Neuralgiebehandlung bei 14 Patienten 27 In¬
jektionen von Novokain oder Alkohol in das Ganglion Gasseri vor¬
genommen. Die Anästhesie erstreckte sich bei gelungener Injektion
auf das ganze Versorgungsgebiet des Trigeminus, so dass interessante
Studien über die Ausdehnung der Trigeminussensibilität möglich
werden. Nebenerscheinungen (beobachtet vorübergehende Abduzens-
paresen, Schlafzustände. Uebelkeit) sind durch richtige Technik zu
vermeiden, allgemeine Nacherscheinungen (Kopfschmerzen) voraus¬
sichtlich auf ein Minimum zu reduzieren. Die Resultate von Novokain-
und Alkoholinjektionen ins Ganglion Gasseri bei Trigeminusneuralgie
waren folgende: Seit kurzer Zeit bestehende Neuralgien leichteren
Grades wurden schon durch einmalige Novokaininjektion günstig
beeinflusst. Von den schweren Fällen reagierten am besten die noch
nicht mit peripheren Injektionen vorbehandelten. Rezidivierende
Fälle schienen auf Alkoholinjektionen ins Ganglion günstig zu
reagieren. L ä w e n - Leipzig.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 120. Bd., 1. — 2. Heft.
E. Payr: Zum Tode L i s t e r s.
Eine Würdigung seines Lebenswerkes.
Ernst Fritsche: Ueber die Frakturen des Zahnfortsatzes des
Epistropheus. Neue röntgenographische Darstellung des Processus
odontoideus. (Aus der chirurgischen Klinik zu Basel.)
Veranlassung zu der Arbeit bot ein einschlägiger Fall; der Un¬
fall lag 4 Monate zurück, bei der anderweitig ausgeführten 1. Unter¬
suchung war auch röntgenologisch keine Fraktur nachzuweisen, durch
Zug am Kopf war es jedoch zu besserer Ausführbarkeit von Dreh¬
ungen gekommen. Neuralgien, Schlaflosigkeit, Beschränkung der
Drehbewegung quälte den Patienten noch. Durch eine Aufnahme
mittels in den Nasenrachenraum eingeführten Film liess sich sehr
schön und einwandfrei eine Fraktur an der Basis des Proc. odontoi¬
deus des Epistropheus nachweisen. Durch Ruhe, Antineuralgika
wurde Patient wesentlich gebessert.
Verf. glaubt, dass durch die anamestisch geschilderte Bewegung
eine Luxatio atlanto epistr. reponiert wurde, mit dem diese Fraktur
immer kompliziert ist.
In der Literatur finden sich 46 Beschreibungen von Zahnfortsatz¬
frakturen. Das häufige Vorkommen einer gleichzeitigen Luxation
wird durch die anatomischen Verhältnisse verständlich. Die ange¬
gebenen Filmaufnahmen de Quervains vermögen die Diagnose zu
sichern. 23 mal entstand die Fraktur durch Fall auf den Kopf, in ein¬
zelnen Fällen muss an eine Knochenerkrankung oder an Entwicklungs¬
störungen gedacht werden. Heftige Okzipitalneuralgien sind ein sehr
konstantes Symptom der Fraktur; die Zeichen einer Rückenmarks¬
kompression können auch bei schweren Halswirbelverletzungen
fehlen. Vorwiegende Störung der Rotation legt den Verdacht einer
Zahnfortsatzfraktur nahe. In 7 Fällen wurde eine Prominenz an der
hinteren Rachenwand gefühlt, 11 mal hatten die Patienten Schluck¬
beschwerden. Krepitation wurde 10 mal gehört, vielleicht wären
sie mit dem Stethoskop (Ludolff) noch häufiger hörbar gewesen.
Die Mortalität beträgt 57,5 Proz. Sehr wichtig ist, dass 8 mal der
Tod durch Spätluxation in der Articulatio atlanto epistrophica ein¬
trat bei anfänglich ungestörtem Heilungsverlauf. Diese Möglichkeit
der Spätluxation ist die Folge davon, dass die knöcherne Verheilung
zumeist eine mangelhafte war. Die Prognose muss infolgedessen
sehr vorsichtig gestellt werden. Die langsame Reposition durch
monatelange Extension ist der therapeutisch beste Weg, später kann
die Therapie nur eine symptomatische sein. Bei völliger Haltlosigkeit
des Kopfes könnte man ev. eine Osteoplastik aus der Spina scapul.
(nach de Quervain) machen. Bei Lähmungen empfiehlt sich früh¬
zeitige Laminektomie.
R. Sievers: Uebertragung gestielter Hautlappen aus der Haut
des vorderen Brustkorbs auf Fingerdefekte. (Aus der Chirurg. Univer¬
sitätsklinik und Poliklinik Leipzig.)
Um bei Fingerverletzungen möglichst viel von dem Finger ohne
Beschädigung einer Funktion zu erhalten, wandte S. eine der Muff¬
plastik Payrs nachgebildete Methode der Plastik aus der Brusthaut
an, zumeist aus der Höhe der 7. Rippe etwas ausserhalb der Mam-
millarlinie. Gipskapselverband. Die Durchtrennung der Stiele kann
schon am 7. Tage vorgenommen werden. Wie die beigefügten illu¬
strierten Krankengeschichten zeigen, bekommt man zumeist so eine
gute widerstandsfähige Deckung, die zum Tasten besser geeignet ist
als anderes Material.
Erich Lange: Stauungsblutungen infolge traumatischer Rumpf¬
kompression. (Aus der Chirurg. Universitätsklinik zu Leipzig.)
Nach dem Material der Leipziger Klinik kommen unter allen
Rumpfkompressionen nachweisbare Stauungserscheinungen in 7,8 Proz.
der Fälle vor, Stauungsblutungen nur in 3,4 Proz. der Fälle. Neben
6 ausgesprochenen Stauungsblutungen kamen 13 leichtere Fälle mit
Stauungserscheinungen zur Beobachtung. Mit denen in der Leipziger
Klinik behandelten Fällen von Stauungsblutungen umfasst die Literatur
nunmehr 5,5 Fälle. Als Ergebnis der fleissigen Arbeit mit grossem
Literaturverzeichnis führt Verfasser folgendes an:
Durch den erhöhten intrathorakalen und intraabdominalen Druck
beider traumatischer Rumpfkompressionen pflanzt sich eine rück¬
läufige Blutwelle besonders stark nach den oberen Körperpartien
fort, deren Effekt im wesentlichen per rhexin zustandekommende
Stauungsblutungen sind. Wesentlich ist die „passive Kompression'*
der Körperhöhlen „aktive Momente“ (Glottisschluss, Bauchpresse)
können begünstigend wirken. Das Auftreten der Hautekchymosen im
314
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 6.
Wurzelgebiet der V. facial. com. ist die Folge der Klappenlosigkeit
oder Funktionsunfähigkeit etwaiger Intimaduplikaturen in diesen
Venen. Bei sehr hohem Druck können funktionstüchtige Klappen
insuffizient werden. Das Fehlen von Gehirnblutungen und die Selten¬
heit intraokularer Blutaustritte ist bedingt durch Gegendruck des
normalen intrazerebralen und intraokularen Druckes. Für die Ge¬
hirnnerven spielt ausserdem die syphonartige Einmündung des Sinus
s:gm. in der V. jug. eine Rolle.
Molineus: Ueber das Endresultat bei doppelten Knöchel-
brüchen. (Aus der Chirurg. Klinik der Akademie für praktische Me¬
dizin zu Düsseldorf.)
Im Gegensatz zu Eich ler, Löw und Hey mann, deren Ar¬
beiten auf klinisch behandelten Fällen basieren, verfolgte Verfasser
Fälle, die zumeist zu Hause behandelt waren. Es zeigte sich, dass,
wie auch Liniger behauptete, die D u p u y t r e n sehe Fraktur
(Pronationsbrüche der Malleolen) in % der Fälle zu mittelmässiger
schlechter Heilung führt. Verf. fordert daher für die schweren Pro¬
nationsbrüche Krankenhausbehandlung, gute Reposition durch Ueber-
korrektion in gutsitzendem Verbände; man muss stets mit dem Vor¬
handensein einp.s dritten Fragments in der Diastase zwischen Fibia
und Fibula rechnen. Noch nach langer Zeit, bei weichem Kallus,
kann ein Pes abductus pronatus planus entstehen, der unter allen Um¬
ständen vermieden werden muss.
Kurze Mitteilungen.
R. Bayer: Ein peritheliomartig gebauter Tumor der Glutäal-
gegend. (Aus der Chirurg. Universitätsklinik zu Bonn a. Rh.)
Der kleinapfelgrosse Tumor sass bei einem 18 jährigen Patienten
auf der Höhe der Gesässbacke und imponierte äusserlich als Der¬
moid. Die mikroskopische Untersuchung ergab auf Grund der mor¬
phologischen Struktur wie per exclusion die Diagnose; Peritheliom.
Rittershaus: Zur Kasuistik der Herzverietzungen. (Aus dem
dem Herzogi. Landkrankenhaus Koburg.)
Schussverletzung des linken Ventrikel, Naht; sekundäres Em¬
pyem der Pleura, Exitus unter septischen Erscheinungen.
G a e r t n e r : Primäres Lymphosarkom des Dünndarms. (Aus
dem Herzogi. Landkrankenhaus Coburg.)
Der 49 jährige Patient bot klinisch die Erscheinung eines tuber¬
kulösen Ileozoekaltumors mit Stenose und Aszites. Plötzlicher Exitus
am Tage der Aufnahme. Die mikroskopische Untersuchung des ulze-
rierten Tumors ergab ein Lymphosarkom.
E. Fritsche: Nachtrag zu meiner Arbeit: „Ueber die Frak¬
turen des Zahnfortsatzes des Epistropheus. (Aus der Chirurg. Klinik zu
Basel.)
Noch ein Fall von Fraktur des Epistropheus; wieder wurde die
Diagnose durch Röntgen gesichtet, klinisch fanden sich wieder Neur¬
algien des N. occip. major., Haltlosigkeit des Kopfes, Druckempfind¬
lichkeit des Domes, des 2. Wirbels und der hinteren Rachenwand
mit blutiger Suffusion.
Theodor Rousseau: Bemerkungen zu der Arbeit von Dr.
E. Erkes und Zahnarzt F. Ernst: „Die totale Exartikuiation der
Mandibula und ihr prophetischer Ersatz.“
Die in dem Falle erwähnte Claude Martin sehe „Schiene“ so¬
wie der Kieferersatz stammen von Rousseau.
Flörcken - Paderborn.
Zentralblatt für Chirurgie, 1913, No. 4.
Richard L e v y - Breslau: Röntgenbestrahlung der Aktinomykose.
Verf. zeigt an 2 Fällen den auffallend günstigen Einfluss der
Röntgenbestrahlung auf die Aktinomykose, wenngleich er sie nur bei
solchen Fällen angewandt sehen will, bei denen ein operativer Ein¬
griff vergeblich oder technisch unausführbar war.
Arthur H o f m a n n - Offenburg : Zur Frage der freien Trans¬
plantation des Peritoneums.
Verf. schildert ganz kurz einen Fall von Ileus, wo bei der Ab¬
lösung der geknickten Darmschlinge ein Serosadefekt entstand, den
er mit bestem Erfolge durch ein freies, dem Peritoneum parietale
entnommenes Stückchen Serosa, deckte.
B e r t e 1 s m a n n - Kassel : Zur Naht von grossen Nabelbrüchen
und ähnlichen Hernien.
Die Nahtmethode des Verfassers beruht auf dem Prinzip, dass
Zug und Spannung nicht die Muskel selbst treffen, sondern durch die
Aponeurosen auf sie übertragen werden; er sticht an der Unterfläche
der vorderen (linken) Rektusscheide ein, wo er mit dem Ablösen
der Scheide aufgehört hat, führt die Naht durch die Oberfläche des
(linken) M. rectus, sticht an seinem Innenrand aus, sticht wieder am
Rand des (rechten) M. rectus ein und führt von unten her die Naht
durch die vordere (rechte) Rektusscheide. Nun lassen sich die Nähte
nach der Mitte zu leicht knüpfen, wobei man einen starken Zug aus¬
üben darf. Ueber dieser Naht werden dann rechte und linke Rektus¬
scheide miteinander vereinigt.
Hagedorn - Görlitz : Subkutane Pankreasquetschungen.
Verf. schildert an 2 Fällen die Symptome einer traumatischen
Erkrankung des Pankreas; beidemal zeigte sich eine typische Fett¬
nekrose und eine blutig-seröse Flüssigkeit zwischen den Darm¬
schlingen. Während der 1. Fall bis zur Operation am 17. Tage keine
sichere Diagnose stellen liess, standen im 2. Falle die klinischen Er¬
scheinungen eines intraabdominellen Traumas sofort im Vordergründe.
Beide Fälle wurden durch eine Operation glatt geheilt.
E. Heim- Gerolzhofen.
Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie. Band 72,
Heft 3, 1912. Stuttgart, F. Enke.
Isei Obata -Tokyo: Die Knochenkerne des fötalen mensch¬
lichen Beckens.
Vergleichend anatomische Studien an 49 menschlichen Em¬
bryonen von 3% — 90 mm (mikroskopisch) und an fötalen Becken, die
nach der Methode Spalteholz durchsichtig gemacht wurden.
Entwicklungsstudien. 10 Abbildungen.
Miki K i u t s i - Hakodate (Japan) : Das „Syncytiopräzipitin“.
Untersuchungen über das Eklampsiegift.
Zum Nachweis der Zellspezifität der menschlichen Plazenta wurde
das Synzytium isoliert und damit Tiere vorbehandelt. Das Anti¬
serum — „Syncytiumpräzipitin“ — ist ein plazentaspezifisches Prä¬
zipitin. Gegen dieses Antiserum reagierten Amnion stark, Keim¬
drüsen schwach positiv. Das Synzytium ist demnach seiner bio¬
logischen Genese nach als Produkt des Fötalektoderma anzu¬
sprechen. Auf die weiteren Schlussfolgerungen sei im Original hin¬
gewiesen.
F. A h 1 f e 1 d - Marburg : Riesenkinder.
Verf. hat die gesamte Weltliteratur durchgearbeitet und be¬
richtet, dass die bisher angezweifelten Riesenkinder von exzessiver
Körpergrösse und Gewicht tatsächlich geboren werden. Er stellt die
prädisponierenden Momente zusammen.
P. C. T. von der Hoeven - Leiden : Ursache und Therapie
der Steisslage.
Die Ursache der Steisslage besteht darin, dass der Tonus in
der Uteruswand nicht genügend ist, um den Schädel zu zwingen, bei
einer Bewegung des Steisses nach unten zu gehen. Die gewöhnliche
Rotation des Kindes um eine Achse im Zentrum des Uterus unter¬
bleibt, die Wirbelsäule wird gestreckt, der Schädel bleibt anfangs
mehr an seiner Stelle. Therapeutisch steht H. auf dem Standpunkte,
bis zur Geburt des Steisses zu warten, dann aber sofort einzu¬
greifen.
O. B o n d y - Breslau: Die Bedeutung der Pneumokokken für
die puerperale Infektion.
Fieberhafter Abort, an den sich eine Sepsis anschliesst, als deren
Erreger Pneumokokken gefunden werden. In der Epikrise dieses
Falles und ähnlicher Fälle aus der Literatur macht B. auf die Be¬
deutung dieser Keime als Krankheitserreger im Puerperium auf¬
merksam.
K. Lauben heim er - Heidelberg: Bemerkungen zu: Kritik der
Händedesinfektionsmethoden von R. S c h ä f f e r.
Verf. wendet sich gegen die von Schäffer an seiner Arbeit
über die Brauchbarkeit und Nützlichkeit des Chlor-m-Kresol, gelöst in
rizinolsaurem Kali, geübte Kritik. Vor Anwendung des Mittels ist
eine gründliche mechanische Bearbeitung der Hände notwendig.
P. R u p p r e c h t - Dresden : Erfahrungen über das Vulva¬
karzinom.
Das Vulvakarzinom zählt zu den weniger bösartigen Krebsen.
Es macht selten Eingeweidemetastasen und verläuft bisweilen sehr
langsam. Schon durch eine sehr unvollkommene Operationsweise
(partielle Vulvaresektion und gründliche Leistendrüsenausräunmng)
ist es in 41,1 Proz. der Fälle dauernd heilbar. Bei radikalerem Vor¬
gehen ist noch eine weitere Steigerung der Dauerheilungen zu er¬
warten. Eine zukünftige grössere Statistik müsste getrennt betrachten:
1. Die kankroiden Geschwüre, Geschwülste und Papillome. 2. Die
Schamlippen und die Klitoriskrebse. 3. Die kleinen Primäraffekte
mit kleinen und mit grossen, endlich die grossen Primäraffekte mit
kleinen und mit grossen Leistendrüsen.
F. Kermauner- Wien: Die Fehler in der Verschmelzung der
Müller sehen Gänge.
F. Noack - Halle a. S. : Der Uebergang von mütterlichen Schei¬
denkeimen auf das Kind während der Geburt.
Die mütterlichen Scheidenkeime haben einerseits infolge ihrer
erhöhten Virulenz, andererseits infolge weitgehender Infektionsge¬
legenheiten eine grössere Bedeutung für die Pathologie des Neu¬
geborenen als die so oft angeschuldigten Aussenkeime. N. gibt eigene
und aus der Literatur zusammengesuchte Beobachtungen, in denen die
Aetiologie der Erkrankung zum mindesten durch eine kritische Auffas¬
sung wahrscheinlich, oft sicher gestellt wird. Auf der Haut kommen
der Pemphigus Simplex, das Erysipel, gonorrhoische Exantheme in
Betracht. Im Auge spielt die Infektion der Konjunktiva mit Gono¬
kokken und anderen Keimen, die Dacryocystitis neonatorum eine
Rolle. Pneumonien, Otitis media, Meningitis purulenta, Gastroenteritis,
Pseudodiphtherie, Stomatitis simplex und gonorrhoica, Soor. Mastitis,
septische Nabelinfektionen, Vulvovaginitiden, Proktitis und Periprok¬
titis sind in ihrer Genese auf eine intra-partum-Infektion zurückzu¬
führen. Werner- Hamburg.
Zentralblatt für Gynäkologie. 1913. No. 4.
Hans Kunz- Dresden : Herpes zoster im Wochenbett.
Bei einer 18 jährigen I.-para entwickelte sich nach normaler Ge¬
burt am 4. Tage ein Zoster pectoralis, der nach 8 Tagen wieder ver¬
schwand. In der geburtshilflichen Literatur konnte K. nur einen
typischen Fall von Zoster finden, den Neu beschrieben hat.
Joh. R e sch - Innsbruck: Zum Artikel Ahlfelds: „Hand von
der Gebärmutter“.
R. verteidigt seinen Vorschlag über das „Halten“ der Gebär-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
315
II. Februar 1913.
mutter gegenüber den von A h 1 f e 1 d dagegen erhobenen Einwen¬
dungen.
Rolf L u t z - München: Die Reifezentren der Frühgeburt im
9. Monat.
L. unterscheidet ausgetragene und reife Kinder. Erstere kommen
39 -41 Wochen nach dem 1. Tage der letzten Regel zur Welt, letztere
haben den Grad körperlicher Entwicklung erreicht, den man bei
ausgetragenen Kindern zu beobachten pflegt. Diese Begriffe sind
nicht identisch. Ausgetragene Kinder können nicht alle Zeichen der
Reife bieten, und Kinder können von der 32. Schwangerschafts-
woche an mit allen Zeichen der Reife geboren werden. In 24 Fällen
von Frühgeburt fand L. alle Zeichen der Reife. Die körperliche Ent¬
wicklung des Fötus ist im 9. Monat nach Länge und Gewicht ab¬
geschlossen; der 10. Monat dient dem innern Ausbau des Organismus.
R. Roeme r -Erfurt: Ein Fall von Haematoma vaginae et vul¬
vae mit nachfolgendem Verblutungstod.
23 jährige IL-para bekam nach Ausstossung der Plazenta ein
faustgrosses Haematom der Vulva und Vagina. Die ganze hintere
Scheidenwand war von ihrer Unterlage lappenartig abgerissen. Auf
dem Transport platzte die Geschwulst. Pat. starb an Verblutung.
H a s s e - Diedenhofen: Zur Behandlung chronischer Becken¬
erkrankungen.
Erneute Empfehlung des Beckenthermophors.
J a f f e - Hamburg.
Jahrbuch für Kinderheilkunde. Hand 76, Heft 6.
241 Stanislaus Ostrowski: Zur Frage der Urobilinurie und
Urobilinogen wie bei Brustkindern. (Aus dem Kais. Petersburger
Findelhause.)
Verf. konnte feststellen, dass die auf die Anwesenheit dieser Kör¬
per hindeutenden Reaktionen bei gesunden Kindern im Säuglingsalter
iast immer ein negatives Resultat geben. Bei positivem Ausfall deu¬
ten sie fraglos auf einen pathologischen Zustand im Organismus, und
was das wahrscheinlichste ist — auf die funktionelle Insuffizienz der
Leber in bezug auf Urobilin und Urobilinogen hin; letztere deutet
jedenfalls auf eine anatomische Insuffizienz der Leber, und insofern
haben diese Reaktionen auch eine praktische Bedeutung in der Patho¬
logie des frühen Kindesalters. Irgendwelche diagnostische Bedeutung
bei anderen als Infektionskrankheiten bei Säuglingen haben diese Re¬
aktionen nicht.
25) Felix von Szontagh - Pest : Angina und Scharlach. (Mit
einer Abbildung im Text.)
Verf. vertritt in dieser Arbeit den Standpunkt, dass Scarlatina
und Angina fliessende, ineinander übergehende Krankheitsbegriffe
sind; zwischen einfacher und Scharlachangina gebe es keinen prin¬
zipiellen, sondern nur einen graduellen Unterschied. S. sucht nicht
nach einem noch unbekannten Scharlachgift, sondern sieht das Zu¬
standekommen des Scharlachs in einer veränderten bzw. ge¬
steigerten Reaktionsfähigkeit des Körpers. S. verschiebt damit das
Problem, welches wir bisher in der familiären bzw. individuellen Dis¬
position dem Scharlach gegenüber zu lösen trachteten. Wenn man
dem Forscher, wenn auch zögernd auf diesem neuen Gedankengang
folgen wird, so stutzt man doch, wenn Szontagh einem zumutet,
sich von der Kontagiositätslehre für diese Erkrankungen — speziell
für die Angina — loszusagen und an ihre Stelle „die Identität des
Milieus“ setzt.
26) J. T r u m p p - München: Rektaler Schleimepithelpfropf und
Darmstenosen beim Neugeborenen.
Kasuistische Mitteilung. (6 Abbildungen im Text.)
27) Franz Schäfer: Ein Fall von angeborener Pylorusstenose
(Typus Landerer-Maier) beim Säugling und Entwicklung des
Sanduhrmagens. (Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Göttingen
I Direktor : Prof. Dr. F. G ö p p e r t].) (Hierzu 3 Tafeln.)
Kasuistik.
28) H. K o e p p e - Giessen : Ein Fall von „S tili scher Krank¬
heit“. (Hierzu 2 Tafeln.)
Die kasuistische Mitteilung klärt zwar nicht die Aetiologie der
seltenen Erkrankung zeigt aber ihre vollkommene Unabhängigkeit
von der Tuberkulose mit der sie nach ihrem klinischen Bilde leicht
verwechselt wird.
Literaturbericht, zusammengestellt von A. N i e m a n n - Berlin.
— Sach- und Namenregister zu Bd. 76. — Titel und Inhaltsverzeichnis
zu Bd. 76. O. Rommel - München.
Zieglers Beiträge zur pathologischen Anatomie und
allgemeinen Pathologie. Band 54, Heft 3.
11) Friedrich Lehnert: Ueber tödliche Vergiftung mit chlor-
saurem Kalium bei einer Gravida. (Aus dem Pathol. Institut zu
Leipzig.)
Eine 20 jährige Gravida im VI. Monat nahm einen Theelöffel
chlorsaures Kalium, erkrankte unter Durchfall und Erbrechen und
starb am 4. Krankheitstag Nachmittag, nachdem sie früh abortiert
hatte.
Der anatomische Obduktionsbefund war der typische :
bräunliche Verfärbung der Rumpf- und Gesichtshaut; das ganze Blut
und die Blutgerinnsel der Mutter wie auch des Fötus (!) ausge¬
sprochen schokoladefarben, graubraun, die Nieren dunkelbraun, be¬
sonders die Pyramiden braun gestreift.
Starke Veränderungen zeigten intra vitarn und im irisch unter¬
suchten Leichenblut die roten Blutkörperchen, sie erscheinen grossen-
teils als scharfkonturierte Ringe, z. T. glänzende, stark lichtbrechende
Körnchen enthaltend, wobei bemerkenswert ist, dass sich diese so
veränderten Erythrozyten bei Essigsäurezusatz nicht
mehr auf lös teil! Diese schweren Veränderungen der Ery¬
throzyten treten erst im 2. Stadium der Vergiftung am 2. — 5. Tag
auf; zunächst wandelt sich unter dem Einfluss des aufgenommenen
Giftes das Oxyhämoglobin der roten Blutkörperchen in Methämo-
globin um, wobei dieselben lediglich gequollen erscheinen; dann erst
verfallen sie der Hämolyse, das Methämoglobin diffundiert ins Plasma
und es bleiben im Zellleib jene eigenartigen offenbar schwerer
diff usibeln eiweissartigen Substanzen in Körnchenform zurück. —
Bei dieser Methämoglobinämie — sowohl der Harn wie auch das
Blut der betr. Patientin ergaben intra vitarn das typische Methämo-
globinspektrum — werden von den Organen des Körpers am inten¬
sivsten die Nieren geschädigt; während die Glomeruli so gut wie
frei bleiben, finden sich die stärksten Zellveränderungen in den ge¬
wundenen Kanälchen und den dicken Teilen der H e n 1 e sehen
Schleifen, woselbst das Hämoglobin in Form kleiner Tröpfchen zur
Abscheidung ins Lumen gelangt. Indem sich durch Wasserresorption
diese Hämoglobintropfen zu kompakten Massen und Zylindern zu-
samenballen, führen sie zu vollständigem Verschluss des Kanälchen¬
systems, wodurch — wie bei der Sublimatvergiftung — der Tod
unter urämischen Erscheinungen eintreten kann.
12) Fritz Kermauner - Wien: Das Fehlen beider Keimdrüsen.
Kritische Besprechung der Literatur.
13) Johannes Fauth: Ueber die Beziehungen zwischen Trauma
und Syringomyelie. (Aus dem Pathol. Institut in Strassburg i. E.)
In den drei mitgeteilten Fällen von direkter Gewalteinwirkung
auf die Wirbelsäule und dadurch bedingter Kompressionsmyelitis
waren 3 bzw. 9 bzw. 20(4 Monate zwischen Trauma und Tod der
Verletzten vergangen; als Erklärung für die Vorgefundenen Nekrose¬
herde und Höhlen im Rückenmark führt F. erstens die durch indirekte
Gewalteinwirkung bedingte schwere Schädigung einzelner Nerven¬
bündel an, wozu dann die mit der Kompression verbundene Lymph-
stauung (langdauerndes Oedem) als zweites schädigendes Moment
hinzukommt. — Grössere Blutungen als Ursache der Höhlenbildung
schliesst F. in seinen Fällen aus wegen des geringen Pigment¬
befundes.
14) Erik Johannes Kraus: Die Lipoidsubstanzen der mensch¬
lichen Hypophyse und ihre Beziehung zur Sekretion. (Aus dem
Pathol. Institut der deutschen Universität in Prag.)
Verf. hat 185 Hypophysen aller Altersstufen (von einem Fötus
von 25 cm bis zu 85 jähr. Individuen) untersucht: Die in den Hypo-
physenepithelien vorkommenden, mit einer albuminoiden Substanz
kombinierten isotropen Lipoidtropfen, mit dem Alter des Individuums
an Grösse und Zahl zunehmend, sind nicht als spezifische Sekretions¬
produkte, sondern als Ausdruck gesunkener Zellfunktion anzusehen:
daneben kommen noch als Degenerationszeichen doppeltbrechende
Substanzen vor.
Das spezifische Hypophysensekret soll farblos sein und
soll auf dem Weg durch den Hinterlappen und das Infundibulum dem
Gehirn zugeführt werden; das vom Vorderlappen gebildete
Kolloid soll dagegen ein Degenerationsprodukt sein und durch
Uebergang in die Blutbahn zuweilen mit Zelllipoiden zur Ausscheidung
kommen.
*15) S. Saltykow: Ueber die Genese der „karzinoiden
Tumoren“ sowie der „Adenoinyome“ des Darmes. (Aus dem Pathol.
Institut des Kantonsspital zu St. Gallen.)
S. nimmt an, dass sich infolge Entwicklungsstörung überzählige
Pankreasanlagen in verschiedener Weise entwickeln könnten, ent¬
weder als Adenomyome des Magen-Dünndarmkanals mit dem
erhaltenen Typus der Ausführungsgänge, oder als ausgebildete
Nebenpankreasanlage mit Ausdifferenzierung aus dem
Kanalsystem zu fertigen Läppchen, oder aber endlich als sogen,
karzinoide Tumoren des Dünndarms, in welchen die ganze
Keimversprengung zur Bildung von „Pankreasinselgewebe“ ver¬
braucht worden sein sollte (? Ref.). S. entwickelt diese Auffassung
(siehe auch Verhdl. der Deutschen Path. Gesellschaft Strassburg 1912)
auf Grund der histologischen Untersuchung von 5 Adenomyomfällen
und 7 Beobachtungen derartiger karzinoider Tumoren, die in ihrer
onkologischen Stellung noch immer sehr umstritten sind.
16) G. Chosrojeff: Ueber 2 Fälle von seltenen Magen¬
tumoren. (Aus der therapeutischen Fakultätsklinik der Kaiserl.
St. Wladimir-Universität zu Kiew.)
I. Fall von Polyposis ventriculi (36 jähriger Mann, operativ be¬
handelt); die exstirpierten 6 Polypen sind sog. adenomatöse Polypen,
zum Teil mit bereits eingetretener krebsiger Entartung. — II. Ei¬
förmiger Tumor vor dem Pylorus (50 jähriger Mann, Sektionsbefund)
gelegen, nach der Begutachtung durch A s c h o f f als Endotheliom
diagnostiziert.
17) Carl Franke: Ueber die Anthrakose retroperitonealer
Lymphdrüsen und die Möglichkeit direkter Metastasen von den Brust¬
organen. (Aus der Chirurg. Klinik zu Heidelberg.)
Durch Beobachtung an Leichen und Injektionsversuche hat F.
aufs neue die bekannte Tatsache bestätigt gefunden, dass die retro-
peritonealen Lymphdrüsen um die Aorta herum, fast bis zur lliaka-
gabelung, ferner diejenigen am Pankreas, im Hilus der Milz, Leber
und Nieren in Verbindung stehen mit den Lungenlymphgefässen und
316
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
dass auf diesem Wege neben Kohle und Bakterien auch Tumor¬
elemente verschleppt werden können.
Kleinere Mitteilungen:
1) Benelli: Mykose der Magenschleimhaut. (Aus dem Pathol.
Institut zu Freiburg i. Br.)
36jährige Frau; eitrige Peritonitis, ausgehend von einem ulze¬
rösen Magenwandprozess, in dem sich reichlich Fadenpilz¬
myzel nachweisen Hess; die Peritonitis wird durch Sekundär¬
infektion erklärt.
2) Walter Hof mann; lieber die Lokalisation von Embolien
in der Lunge beim Menschen. (Aus dem Pathol. Institut zu Leipzig.)
An der Hand des grossen Leipziger Sektionsmaterials (von
214 Jahren) wird die von Kretz behauptete Gesetzmässigkeit bei
der Einschwemmung von embolischem Material in die einzelnen
Pulmonalarterienäste bzw. Lungenlappen nicht bestätigt.
H. Merkel- Erlangen.
Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie.
71. Band, 1. Heft.
L. Kirchheim: Ueber den Schutz der Darmwand gegen das
Trypsin des Pankreassaftes. (Med. Klinik Marburg.)
Beim Hunde sind Darm, Blase und Oesophagus gegen die Wir¬
kung grosser Mengen von hochkonzentrierten Pankreatinlösungen ge¬
schützt, wenn diese vom Lumen her mit der Schleimhautoberfläche in
Kontakt treten. Reagenzglasversuche zeigten, dass der Darmschleim
dem Trypsin gegenüber eine schützende Rolle spielt. Es war aber
keine antitryptische Wirkung des Schleimes, wie sie das Blutserum
zeigt, nachzuweisen. Da das Pankreatin rasch aus dem Darm ver¬
schwindet, so kann man nicht wie bei Blase und Oesophagus an¬
nehmen, dass der Schutz durch mangelnde Resorption erfolgt; im
Gegenteil, es ist wahrscheinlich, dass der rasche Abtransport des
Fermentes die Darmschleimhaut schützt. Es spielt also die Funktion
des Epithels eine gewisse Rolle. Epithelloses, lebendes Gewebe ist
auch relativ sehr resistent, sofern es das Ferment langsam von der
Oberfläche her aufnimmt. Umgeht man diese physiologischen Ver¬
teidigungsmittel durch direkte Injektion, so tritt Nekrose auf. Eine
organspezifische, antitryptische Immunität des Darmes gegenüber dem
Pankreatin oder Trypsin ist jedenfalls nicht anzunehmen.
A. Fröhlich und E. P. Pick: Die Folgen der Vergiftung
durch Adrenalin, Histamin, Pituitrin, Pepton sowie der anaphylak¬
tischen Vergiftung in Bezug auf das vegetative Nervensystem. (Phar¬
makologisches Institut Wien.)
Intravenöse Applikation der genannten Substanzen bewirkt Ver¬
minderung der Erregbarkeit der vegetativen Nervenendapparate.
Dieser Zustand ist reversibel und kann die in demselben Nerven
enthaltenen, qualitativ verschiedenen, nervösen Elemente ungleich be¬
treffen. Bei Anwendung verschiedener Stoffe spielt die Reihenfolge
der Applikation eine grosse Rolle für den Endeffekt. Die Ab¬
schwächung der Erregbarkeit gilt meist für eine ganze Reihe von
Giften, die sonst verschieden wirken, die also unbekannte gemeinsame
Eigenschaften haben müssen. Für die Praxis wichtig sind die Be¬
funde am puerperalen Uterus der Versuchstiere: Histamin vorher in¬
jiziert, stört die Wirkung von Pituitrin, Adrenalin und Pilokarpin.
Tyramin macht dagegen nicht Pituitrin, Histamin oder Adrenalin
unwirksam, auch Pituitrin nicht das Adrenalin. Kombinierte In¬
jektion zweier Uterustonika schliesst aber eine Verstärkung der
augenblicklichen Wirkung nicht aus.
H. Handrovsky und E. Pick: Ueber die Entstehung vaso-
konstriktorischer Substanzen durch Veränderung der Serumkolloide.
(Pharmakol. Institut Wien.)
Die Verfasser prüften am L ä w e n - T r e n d e 1 e n b u r g sehen
Froschpräparat, wieweit physikalische Aenderungen der Serum¬
kolloide deren biologische Wirkung ändern können. Durch Stehen¬
lassen der Sera, durch Schütteln mit Kaolin, Kieselguhr oder Fibrin
nahm ihre vasokonstriktorische Wirkung zu. Es scheint sich um
eine Entmischung kolloider Komplexe zu handeln. Die vasokonstrik¬
torische Wirkung war in erster Linie an die löslichen kolloiden Be¬
standteile gebunden, nicht an die Globuline und nicht an kristalloide
Substanzen. L. Jacob- Würzburg.
Archiv für Hygiene. 77. Band. 7. und 8. Heft.
1) K. B. Lehmann und Ludwig D i e m - Würzburg : Experi¬
mentelle Studien über die Wirkung technisch und hygienisch wichtiger
Gase und Dämpfe auf den Menschen. (XXX). Die Salpetersäure.
Die tödliche Dosis von Salpetersäure bei Katzen ist etwa
0,5 — 0,73 mg im Liter, der sie in 35 — 120 Minuten erliegen. Eine Katze
nimmt etwa 11 — 12 mg Salpetersäure auf. Erträglich sind Dosen für
Katzen von 0,05 — 0,1 mg bei mehrstündigen Einwirkungen. 0,2 mg
wird 2/4 Stunden ertragen, in 5 Stunden jedoch ist diese Dosis tödlich.
Die von der Katze aufgenommene Menge ist vollkommen unschädlich,
da der Tod sich durch ein entstehendes akutes Lungenödem erklärt.
Von Menschen wurde 0,3 mg 1 Stunde lang ohne Schaden ertragen.
Die Symptome des Niesreizes, Druckgefühls in Kehlkopf und Luft¬
röhre, Husten und Jucken im Gesicht, Bindehautreiz und Speichel¬
sekretion nahmen nach 20 Minuten und in den folgenden 40 Minuten
nicht mehr zu, dagegen stellte sich Stirnkopfweh ein. 0,22 mg wirkten in
2—3 Minuten bedeutend heftiger mit Reizsymptomen, Stirnkopfweh,
starksaurem Geschmack und einem Gefühl der Trockenheit der
Hände. Das ganze Symptomenbild ist wenig charakteristisch und
verhält sich ganz ähnlich wie bei der Einatmung von Salzsäure,
schwefliger Säure u. dergl.
2) K. B. L e h m a n n und H a s e g a w a - Würzburg : Die nitrosen
Gase: Stickoxyd. Stickstoffdioxyd, salpetrige Säure, Salpetersäure.
Nach Ansicht des Verfassers wirken alle nitrosen Gase von der
Lunge aus wie eine äquimolekulare Mischung von Salpetersäure und
salpetriger Säure, zu denen sie durch Sauerstoff und Wasserein¬
wirkung auf die verschiedenen Komponenten der nitrosen Gase
werden. Aehnlich so wie bei der Salpetersäure tritt der Tod ein,
nicht durch eine eigentliche Säurevergiftung, sondern durch Lungen¬
ödem. Die Krankheitssymptome erklären sich durch die lokale An¬
ätzung des Respirationstraktus, welche zu Laryngitis, Bronchitis,
Hyperämie und Blutungen nebst starken Oedemen führen. Eine Nitrit¬
vergiftung kann nicht angenommen werden. Im allgemeinen dürften
0,1 mg salpetriger Säure + Salpetersäure, als Salpetersäure ge¬
nossen, noch einige Stunden ohne Bedenken ertragen werden, da¬
gegen 0,2 nur etwa noch eine halbe Stunde und 0,3 bis 0,4 mg er¬
scheinen bei einer etwas längeren Einwirkung schon direkt gefährlich.
2 mg sind für Tiere rasch tödlich. Beim Menschen ist eigentümlich,
dass bei ihm in der Regel erst 4 — 6 und mehr Stunden nach der
Inhalation eine ernste Erkrankung eintritt. Dies Verhalten findet sich
bei Tieren nur ganz vereinzelt.
3) Vladislaw R u z i c k a - Prag: Ueber die natürliche Schutz¬
kraft in Entwickelung begriffener Hühnereier. (Vorläufige Mitteilung.!
Verfasser machte die Beobachtung, dass Hühnereier, die er in
eine Glasschale blies, sich ca. 14 Tage unversehrt bei 37° hielten,
wiewohl er weder die Glasschalen sterilisiert hatte, noch sterile
Instrumente benutzte. Dagegen gelang es nicht, unbefruchtete Eier
länger als 4 — 7 Tage vor der Zersetzung zu bewahren. Es scheint
ein natürlicher Immunitätsvorgang sich bei den befruchteten Eiern
abzuspielen, der ein Fauligwerden verhindert.
R. O. Neumann - Giessen.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 5, 1913.
1) Lauder B r u n t o n - London: Funktionelle Krankheiten der
Arterien. Sammelreferat.
2) W. R. Hess- Zürich : Der Einfluss des Druckes auf den
Koeffizienten der Blutviskosität.
Die Versuche des Verfassers zeigen, dass entgegen der Ansicht
Glaubermanns bei Viskositätsuntersuchungen des Blutes er¬
hebliche Druckdifferenzen nicht nur zulässig sind, sondern gefordert
werden müssen.
3) Martin Hahn und Rudolf Heim- Freiburg i. B. Die Bestim¬
mung der Kohlensäurespannung in der Alveolarluft mittels des Inter¬
ferometers.
Die bisherigen Untersuchungen haben bewiesen, dass wir in dem
tragbaren Interferometer von Zeiss ein äusserst handliches Instru¬
ment vor uns haben, um ambulant, namentlich für klinische Zwecke,
die Kohlerisäurcspannung in der Alveolarluft bequem, schnell und mit
genügender Genauigkeit zu ermitteln. Die Ablesung bietet schon nach
geringer Uebung keine Schwierigkeiten mehr. Auch für theoretische
Untersuchungen, namentlich pharmakologischer Art, erscheint das
Instrument geeignet.
4) F. G 1 a s e r - Berlin: Das histologische Blutbild in schweren
Fällen von infantilem Skorbut (M ö 1 1 e r - B a r I o w sehe Krankheit)
und das Auftreten dieser Krankheit im schulpflichtigen Alter. (Nach
Krankenvorstellungen auf Demonstrationsabenden im Auguste-Vik-
toria-Krankenhause zu Berlin-Schöneberg.)
2 Fälle von infantilem Skorbut; der zweite bei einem 7 jährigen
Knaben, stellt eine grosse Seltenheit dar. Unter entsprechender Diät
kamen beide Fälle zur Heilung.
5) R. S e e f e 1 d e r - Leipzig: Zur Kenntnis der degenerativen
Hornhauterkrankungen.
Verf. will einem grösseren und nicht ophthalmologischen Leser¬
kreise über 2 degenerative Hornhauterkrankungen berichten, die
durchaus nicht immer leicht und gleichgültig sind, sondern die Funk¬
tion und den Bestand des betreffenden Auges schwer gefährden
können. Es sind das: die Randdegeneration der Hornhaut und die
Dystrophia epithelialis corneae.
6) A. Schischlo - Wladiwostok : Ueber die Heilung des
Juckens mit autogener Vakzine.
Verf. rät, bei entsprechenden Fällen von Hautjucken, das aui
toxischer Basis zu entstehen scheint, einen Versuch mit autogener
Vakzine zu machen.
7) Wilhelm B e c k e r s - Aachen : Ueber Dosierung von Arznei¬
mitteln in Tropfenform.
Nach den Untersuchungen des Verf. sind die Patenttropfgläser
noch so ungenau, dass es sich zur Vermeidung von Vergiftungen
empfiehlt, stark wirkende Arzneien nie in Tropfenform, sondern nur
nach Gewicht zu verordnen wenigstens so lange bis einwandfreie
Tropfvorrichtungen hergestellt werden.
Dr. Grassmann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 5, 1913.
1) Max K a s s o w i t z - Wien : Zur Pathogenese und Aetiologie
der Rachitis.
Bei der Rachitis kommt die Schädigung des Organismus, die
sich als krankhaft vermehrte Gefässneubildung mit mangelhafter Ver¬
kalkung der frisch produzierten Gewebe einerseits und abnormer
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
j. Februar 1913.
Knorpel- und Knocheneinschmelzung andererseits darstellt, nicht auf
lein Wege des Verdauungstraktus zustande, sie liegt vielmehr auf
espiratorischem Gebiet; Schuld trägt eine Verunreinigung der Atem-
uft, wie sie sich in Proletarierkreisen als „Armeleutegeruch“ kenn-
eichnet. Damit in Einklang stehen die Tatsachen, dass die Rachitis
iesonders häufig in den Wintermonaten auftritt, wo die Kinder kaum
n die freie Luft kommen, dass die Schwere und Häufigkeit der
frkrankung mit der Zahl der in den Wohnräumen lebenden Personen
teigt, dass die Zeichen einer angeborenen Rachitis weit mehr bei
enen Kindern gesehen werden, die im Winter und Frühjahr zur
Veit kommen, als bei den Sommer- und Herbstkindern.
2) Max J o s e p h - Berlin : Die Wassermann sehe Histopin-
herapie in der Dermatologie.
Das aus den immunisierenden Substanzen der Staphylokokken
lergestellte Histopin kommt als verdünnte Gelatinelösung oder als
-albe zur Verwendung bei Staphylokokkenerkrankungen der Haut.
Vährend im allgemeinen bei der Furunkulose das Präparat vor-
viegend eine immunisierende Wirkung besitzt, entfaltet es kurative
Kräfte bei oberflächlicher Follikulitis, Impetigo Simplex, Impetigo
ontagiosa, Ekzem, besonders Lippenekzem und perionychialen
Ekzemen; Acne vulgaris wird gelegentlich günstig beeinflusst; bei
ler Behandlung der Acne varioliformis ist Histopin allen anderen
Mitteln überlegen. An sich selber konnte Verf. eine günstige Wirkung
ler Histopintherapie bei Blepharitis ciliaris feststellen.
3) Ludwig Z w e i g - Dortmund: Die Behandlung der Furun-
tulose und der Sycosis coccogenes mit dem Staphylokokkenvakzin
.Opsonogen“.
Opsonogen ist eine von der Chemischen Fabrik Güstrow her-
restellte Emulsion aus abgetöteten Staphylokokken; Bericht über
i Fälle (darunter ein 5 Monate alter Säugling) von Furunkulose und
I Fälle von Sycosis coccogenes, in denen das genannte Präparat bei
>ubkutaner Injektion, am besten zwischen die Schulterblätter, aus-
rezeichnete therapeutische Erfolge lieferte.
4) S. H e r z b e r g - Greifswald: Klinische Versuche mit den
solierten wirksamen Substanzen der Hypophysen.
Unter dem Namen „Hypophysin“ wird von den Höchster Farb-
•verken ein Präparat ausgegeben, das die wirksamen Hypophysen-
jestandteile in Form eines schwefelsauren Salzes enthält; 1 ccm
;einer 1 prom. Lösung entspricht in der Wirkung 1 ccm Pituitrin.
Eur Anwendung gelangte das Mittel, intramuskulär injiziert, mit
jutem Erfolge bei primärer und sekundärer Wehenschwäche, zur
Einleitung der Geburt am normalen Schwangerschaftsende sowie auch
nne Woche früher. Hervorragende Wirkung hatte das Präparat, be¬
sonders wenn es direkt in die Uterusmuskulatur (durch die Bauch¬
lecken hindurch) injiziert wurde, bei schwerer Uterusatonie, wo
sekalepräparate schon im Stich gelassen hatten. Auch die prophylak-
:ische Injektion zur Vermeidung stärkerer Blutung bei Ausführung
les Kaiserschnittes bewährte sich gut. Zur Einleitung der Frühgeburt
)der gar des Aborts scheinen sich die Hypophysininjektionen weniger
m eignen, da wohl Kontraktionen der Korpusmuskulatur, aber keine
Zervixentfaltung erreicht wird.
5) Januarius v. Zubrzycki und Richard Wolfsgruber-
Wien: Normale Hämagglutinine in der Frauenmilch und ihr Ueber-
,rarig auf das Kind.
Normalerweise finden sich in der Frauenmilch Hämagglutinine,
die bei Erstgebärenden länger und in grösserer Menge nachgewiesen
werden, als bei Mehrgebärenden, weder durch das Stillgeschäft,
noch durch die Verdauung beeinflusst werden und auf den Säugling
anscheinend nicht übergehen.
6) P. B a u m m- Breslau : Erfahrungen über den extraperitonealen
Kaiserschnitt.
Der suprasymphysäre Schnitt bleibt nur in der Fälle extra¬
peritoneal; immerhin eignet er sich noch oft dort, wo der gewöhnliche
Kaiserschnitt sicher kontraindiziert ist. Bei 52 Proz. sog. „unreiner“
Fälle beträgt die Gesamtmortalität der Mütter doch nur 4 Proz. Es
ist der extraperitoneale suprasymphysäre Kaiserschnitt dreimal
lebenssicherer als der transperitoneale. Besprechung der Technik
sowie der Indikationen für die Bauchdecken- oder Scheidendrainage
oder beide. Als Komplikationen kommen hauptsächlich Blasenver¬
letzungen und Schenkelvenenthrombosen in Betracht. Eine Wieder¬
holung des suprasymphysären Kaiserschnittes bei derselben Frau hat
an sich nichts Bedenkliches. Bei Gelegenheit der Ausführung der
Operation in Lumbalanästhesie glaubt Verf. von dieser einen schäd¬
lichen, unter Umständen den Tod herbeiführenden Einfluss auf das
kindliche Herz gesehen zu haben.
7) J a r o s c h - Friedrichsheim : „Mesbe“ bei Lungentuberkulose.
Abermals eine Ablehnung des Mesbe als eines spezifischen Heil¬
mittels der Lungentuberkulose.
8) J. H o 1 m g r e n - Stockholm; Ueber den Einfluss der weissen
Blutkörperchen auf die Viskosität des Blutes.
Der Viskositätswert steigt oder fällt mit der wachsenden oder
abnehmenden Grösse des Quotienten Polymorphkernige Leuko¬
zyten : Lymphozyten. Dementsprechend kann eine Erhöhung
der Blutviskosität erzielt werden, wenn man eine prozentuale Ver¬
mehrung der neutrophilen Leukozyten herbeiführt, wie es durch In¬
jektion von Hetol, Rhomnol, Phagozytin, Salvarsan und auch Gela¬
tine geschieht.
9t V. E 1 1 e r m a n n - Kopenhagen ; Quantitative Ausflockungs-
reaktlonen bei Syphilis.
317
Durch verschiedene Modifikationen in der Zusammensetzung des
H c r m a n - P c r u t z sehen Reagens unter Zufügung von NaCl in
physiologischer Lösung ist es gelungen, eine Formel zu finden, welche
an Empfindlichkeit und Spezifizität der Wassermann sehen Re¬
aktion gleichkommt: 3 Vol. einer Cholestearinsuspension 1:25 in
0,9 proz. NaCl-Lösung + 1 Vol. Na. glycocholicum 1,2 Proz. in
Wasser.
10) L. K r e d e 1 - Hannover : Zur Behandlung der Kieferspalten
und Hasenscharten.
Bemerkungen zu der Abhandlung von Dr. W. Neuma n n in
No. 52 v. J. dieser Wochenschrift. Die dort empfohlene Kiefer¬
klammer wird für nicht unbedingt erforderlich und für nicht ganz
unbedenklich gehalten.
1 1) D o b b e r t i n- Berlin-Oberschöneweide : Schnittlänge, Bauch¬
spülung, Bekämpfung der Dannlähmung bei Appendizitis-Peritonitis.
Die Schnittlänge braucht auch in komplizierteren Fällen 6 cm
nicht zu überschreiten; der Wechselschnitt ist überall ausreichend.
Bei freier Peritonitis erfolgt die Spülung mittels 40 cm langen Glas¬
rohres von allen Seiten der Bauchhöhle aus lediglich durch die
eine kleine Operationsöffnung; nur bei abgekapselten Eiterherden
sind mehrere Inzisionen notwendig. Die postoperative und peri-
tonitische Darmlähmung wird durch prinzipiell am Tage nach der
Operation vorzunehmende Magenspülung mit nachfolgender Rizinus-
eingiessung bekämpft. Von überraschend belebender Wirkung auf
die Darmperistaltik, auch noch in verzweifelten Fällen, haben sich
hoch im Darm mittels Rekordspritze ausgeführte Injektionen von
25 — 50 ccm Glyzerin gezeigt.
12) Karl L ü d e r s - Wiesbaden : Die syphilitische Mittelohr¬
entzündung.
Von der Otitis media bei Syphilitikern wohl zu unterscheiden
ist die syphilitische Mittelohrentzündung, die eine gummöse Entzün¬
dung der Paukenhöhle bezw. Labyrinthwand darstellt; auf den ersten
Blick kann sie eine gewöhnliche akute Mittelohrentzündung Vor¬
täuschen. Die Parazentese fällt immer negativ aus. Therapeutisch
kommt nur eine antisyphilitische Kur in Betracht. Das Gehörver¬
mögen bleibt mehr oder weniger vollständig verloren.
13) A. D u t o i t - Montreux: Die Schilddrüsentuberkulose.
Sammelreferat. Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1913, No. 3.
H. Brun-Luzern: Ein epigastrischer Rippenkorbrandschnitt
für Magenoperationen, insbesondere die Resektion bei Karzinom.
Verf. empfiehlt einen Schnitt, der am rechten Rippenbogen ent¬
lang zum Proc. xiphoid. und von da nach abwärts entlang dem
linken Rippenbogen führt. Links kann man, wenn nötig, nach Mar¬
wedel die Rippenknorpel resezieren. Dieser Schnitt ist ein Uni¬
versalschnitt für alle Operationen am Oberbauch und macht beson¬
ders den Magen in allen Teilen gut zugänglich.
0. Beuttner - Genf; Zur Technik der Exstirpation entzündlich
erkrankter Adnexe an Hand von hundert einschlagenden Opera¬
tionen. (Schluss.)
Verf. bringt eine ausführliche Darstellung seiner Erfahrungen bei
100 abdominalen Operationen, die er nach Faures und Kellys
Prinzipien (Operation von der Mittellinie des Beckens nach aussen
und von unten nach oben) ausführte. In 19 Fällen machte er die
Hemisektion des Uterus nach F a u r e, in 2 die vordere Dekollation
nach Kelly-Faure, in einem Falle die hintere Dekollation, 5 mal
die supravaginale Uterusamputation nach Kelly, 19 mal die trans¬
versale fundale Keilexzision des Uterus (nach Beuttner), 1 mal
die totale Uterusexstirpation nach R i c h e 1 o t. 9 Fälle betrafen
atypische Operationen, 44 Fälle einfache Adnexexstirpationen. Die
Technik der Operationen wird sehr ausführlich beschrieben und durch
zahlreiche Abbildungen erklärt. L. Jacob- Würzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 5. K. U 1 1 m a n n - Wien : Zur Frage der Parasitotropie und
Toxizität des Salvarsans (Neosalvarsans).
Referiert in der Münch, med. Wochenschr. 1913, S. 108. (Schluss
folgt.)
C. Breus: Zur Aetiologie und Genese der O 1 1 o sehen Protru¬
sion des Pfannenbodens.
Bei strengem Festhalten an dem wirklichen Otto sehen Befunde
sind zurzeit 13 einschlägige Fälle aufzustellen. Eine eingehende Kritik
zweier Fälle von Kaufmann bzw. von C h i a r i ergibt für ersteren
eine traumatische Pfannenveränderung, welche nicht streng dem
Otto sehen Typus entspricht, für den letzteren auf der einen Seite
das Bestehen einer reinen Otto sehen Pfanne, auf der anderen Seite
eine sekundäre tabische Veränderung an einer Ottoschen Pfanne.
Die Entstehung der Otto sehen Pfanne durch tabische Arthropathie
ist bis jetzt ebensowenig erwiesen, wie eine solche durch Arthritis
deformans.
G. Sch warz-Wien: Ueber direkte Irrigo-Radioskopie des
Kolons.
Die von Haenisch (Münch, med. Wochenschr. 1911. S. 2375)
vorgeschlagene Durchleuchtung auf dem „Trochoskop“-Tisch bei
gleichzeitiger Irrigation des Kolons mit einer Kontrastmischung hat
Sch. unter Einführung einiger technischer Erleichterungen weiter ver-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. fi.
318
folgt. Als Einlaufmasse verwendet er eine Suspension von 150 g
Bariumsulfat in 1 Liter Wasser (38°), in dem 25 g Mondamin (Mais¬
stärke) aufgekocht sind. Besonders für die Feststellung von Steno-
sierungen (u. a. des ventilartigen Verschlusses) des Kolons, dessen
Verhalten im ganzen Verlauf unmittelbar zu beobachten ist, bietet
das Verfahren sehr wertvolle Vorteile, wie an einigen Fällen (Ab¬
bildungen) gezeigt wird.
E. Baumgartner-Graz: Die Zahnkaries — eine Strepto-
mykose.
Durch Einbringen der Zahnkronen in eine Methylalkohol-Zelloi-
dinlösung, welche mit Salpetersäure versetzt ist, hat B. die nach Ent¬
kalkung in ihrer natürlichen Lage erhaltene organische Substanz des
Zahnschmelzes zur Anschauung gebracht. Entgegen den bisherigen
Annahmen zeigte sich nun, dass innerhalb dieser organischen Sub¬
stanz nach Zerstörung des Schmelzoberhäutchens ausgedehnte
Massen von Mikroorganismen, und zwar von Streptokokken zur An¬
siedlung und zur Ausbreitung gelangen, welche weiter auch in die
Zahnbeinkanälchen und das Zahnmark Vordringen; die Hauptrolle
spielen die Streptokokken, ihnen folgen dann andere Bakterien nach,
welche den Zerstörungsprozess fortsetzen.
H. Pa ch -Pest: Eine neue Gefahrenquelle für gewerbliche
Augenverletzungen.
Nach P.s Wahrnehmungen ist in Fabriken für elektrische Glüh¬
lampen, speziell bei der schliesslichen Erhitzungsprobe, häufig Ge¬
legenheit zu Augenverletzungen gegeben, indem bei ungeeigneter
Manipulation zwischen den benachbarten Leitungsdrähten der auf¬
gehängten Lampen beim Abnehmen der letzteren ein Kurzschluss
entsteht. Dabei schmilzt Kupfer und wird in feinsten Partikeln event.
in die Augen des Arbeiters verspritzt. Es ist daher in solchen Fabri¬
ken das Tragen ausreichend grosser Schutzbrillen erforderlich, welche
zur Vermeidung von Lichtschädigungen am besten aus Euphosglas
herzustellen sind.
A. Brosch -Wien: Zur inneren Behandlung von Dickdarm-
stenosen.
B. berichtet über die günstige Beeinflussung, welche sich in
manchen Fällen von Dickdarmstenosen durch die Enterocleaner-
behandlung erzielen lässt. Solche Erfahrungen bilden auch eine
Stütze für Theilhabers Empfehlung der heissen subaqualen
Innenbäder für die Nachbehandlung operierter Darmkarzinome zur
Hyperämisierung der Narben in der Darmwand. Bei sehr empfind¬
licher Schleimhaut eignen sich dafür besonders Kamilleninfuse.
Prager medizinische Wochenschrift.
1912. No. 43. A. P i c h 1 e r - Klagenfurt: Das Gesichtsfeld beim
Flimmerskotom, sowie andere Beiträge zum klinischen Bilde dieser
Krankheit.
Der Aufsatz behandelt (mit Krankengeschichten und Selbst¬
beobachtungen) die Aussengrenzen des Gesichtsfeldes, den Gesichts¬
feldausfall, die bisweilen hochgradige Einschränkung des Gesichts¬
feldes, die Hemianopsie, die zentripetale Form des Flimmerskotoms,
die prodromalen Lichterscheinungen, Adaptionsstörungen, vaso¬
motorische Störungen.
No. 45/47. J. Mendl-Briinn: Zur Frage der Schulanämie und
deren Prophylaxe.
M. hat an je 25 Schulknaben und -mädchen, welche ausser dem
blassen Aussehen keinerlei sonstige Krankheitszeichen hatten, Blut¬
untersuchungen gemacht, die hier ausführlicher wiedergegeben und
erörtert werden. Die „Pseudoanaemia infantum scholaris“ zeigt
eigentlich gesundes, aber doch nicht normales Blut, für dessen Aende-
rung eine Reihe nicht genau präzisierbarer, mit dem dauernden Schul¬
betrieb verbundener Schädlichkeiten verantwortlich zu machen sind.
Unterernährung spielt hierbei nur eine Nebenrolle, eine gewisse Be¬
deutung hat wohl die Helminthiasis. Aus der sehr variablen Leuko¬
zytengruppierung, welche in dem Blutbild dieser Pseudoanämie her¬
vortritt, scheidet Verf. etwa folgende Typen aus: I. Verminde¬
rung der polynukleären neutrophilen Leukozyten,
a) mit Vermehrung der eosinophilen mononukleären Leukozyten und
Lymphozyten, b) mit Vermehrung der eosinophilen Leukozyten und
lymphozytären Elemente. Diese beiden Formen bilden die Regel.
Selten sind: c) mit Vermehrung der mononukleären Leukozyten und
der Lymphozyten, d) mit Vermehrung der Lymphozyten allein.
II. Vermehrung der polynukleären neutrophilen
mit Vermehrung der eosinophilen Zellen neben
Verminderung der Lymphozyten (selten). Diese Blut¬
bilder und vor allem das Fehlen schwerer somatischer Veränderungen
bilden die Grundlage für die Differentialdiagnose gegenüber anderen,
speziell Bluterkrankungen. Für die Prophylaxe ist das ganze Gebiet
der Schulhygiene heranzuziehen.
No. 49. A. M o d e 1 s e e - Prag: Ueber die klinische Verwend¬
barkeit des Präzisionsmikrometers für Körperflüssigkeiten, speziell
Blut, nach Dr. P. Röthlisberger.
Nach Untersuchungen an der v. J a k s c h sehen Klinik erklärt
sich Verf. durch die von Röthlisberger (Münch, med. Wochen¬
schrift 1910, S. 2335) angegebene Methode nicht für befriedigt. Bei
übermässigem Zeitaufwand und grösserer Kompliziertheit, sind auch
die Farbenabstimmungen zu wenig präzis und nach einigen Tagen
wegen Nachdunkeins der aufbewahrten Streifen schon nicht mehr
nachzuprüfen.
No. 50/51. W. P 1 ö n i e s - Hannover : Die Auskultophonation als
Untersuchungsmethode mit besonderer Berücksichtigung der Technik
der Lungenuntersuchung und der aus frühester Kindheit stammenden
tuberkulösen Lungeninfektion.
P. übt die Goldscheider sehe abgestufte Perkussion mit
Vorteil bei gleichzeitiger Auskultation aus. Man setzt den Hör-
schlauch auf das zu untersuchende Organ und perkutiert leise vom
Rande her. Wo der Auskultationston lauter wird, ist die Grenze
des Organs („Auskultoperkussion“). Besonders zuverlässig wird der
Befund, wenn auf dem schräg aufgesetzten Goldscheider sehen
Glasgriffel leise perkutiert wird. Um verschiedene subjektive Momente
auszuschalten, geht Verf. weiter so vor, dass er bei aufgesetztem
Phonendoskop, Hörrohr usw. eine tönende Stimmgabel ausserhalb
des Organes aufsetzt und auf der Haut gegen das Organ hin ver¬
schiebt. An der Grenze des Organes gewännt der Ton beträchtlich
an Stärke. Mit dieser Auskultophonation, welche ganz einfach aus¬
zuführen ist, lassen sich sehr gute Resultate erzielen. Ueber ihre
Verwertung zur feineren Feststellung von Lungenherden, namentlich
der aus der früheren Kindheit stammenden Herde in der Lungenspitze
und in der Fossa supra- und infraspinata werden die eingehendsten
Angaben gemacht.
No. 52. G m e i n e r - Leoben: Ein Fall von erkannter hetero-
toper Zwillingsschwangerschaft.
Beitrag zur Kasuistik, die noch sehr gering ist.
B e r g e a t - München.
Spanische Literatur.
S. Dessy und R. A. Marotta: Die Giftigkeit der Echino¬
kokkenflüssigkeit, (Rev. de la Soc. med. argent. Juli — August 1912.)
Intravenös injiziert bewirkt die Echinokokkenflüssigkeit (10 bis
50 ccm) beim Hunde ein stets gleiches, bisweilen zum Tode führen¬
des Syrnptomenbild, das charakterisiert ist durch Blutdrucksenkung,
Dyspnoe, Ungerinnbarwerden des Blutes, Erbrechen und (bisweilen
rein blutige) Durchfälle. Die vorherige subkutane oder intravenöse
Injektion einer kleinen Menge (2 ccm) der Flüssigkeit oder die gleich¬
zeitige Injektion von Adrenalin verhindert das Entstehen der Ver-
giftungssymptome. Die vergiftende Dosis liegt 5 — 6 mal höher, wenn
die Injektion, statt in die Ohrvene, in die Saphena erfolgt. Die das
Syrnptomenbild hervorrnfende Substanz ist thermostabil, gibt keine
Eiweiss- oder Peptonreaktion; sie findet sich sowohl in der ursprüng¬
lichen wie in der eingeengten Flüssigkeit, ebenso in den verschie¬
denen Mazerationen und Dekokten der Hydatidenmembran. Das
Vergiftungsbild ist sehr ähnlich dem bei Anaphylaxie und bei Kran¬
ken, bei denen eine Echinokokkuszyste platzt oder punktiert wird.
R. Növoa: Einfluss des doppeltkohlensauren Natrons auf die
Azetonurie. (Gaz. med. catal., 15. Oktober 1912.)
In einem Hundeversuch (4,8 kg) wurden bei völligem Hunger
0,9 — 4,29 mg, bei Fleischfettdiät 1,4 mg, also sehr geringe Mengen
Azeton ausgeschieden; Zufuhr von 10 g NaaCOs liess (entgegen den
Angaben von Maignon und Morand: Compt. rend. Soc. biol.
No. 36, 1911) die Werte emporschnellen (auf ca. 22 bezw. 15 mg).
2 Kaninchen (von etwas über 2 kg Gewicht) schieden bei der ge¬
wöhnlichen Riibendiät 3,2 bezw. 1,65 mg Azeton aus, also mehr als
der Hund bei Hunger. Die Hungerwerte lagen noch höher (3,5 — 8,1
bezw. 4,0—5,03); 2 g NasCOs bewirkten im ersten Falle eine Ver¬
minderung, im zweiten eine Mehrausscheidung. Der Unterschied
zwischen Hund und Kaninchen ist vielleicht so zu erklären, dass
ersterer an ein kohlehydratarmes Regime gewöhnt ist und für ge¬
wöhnlich vollständig die Azetonkörper, die aus dem Abbau der
Amidosäuren entstehen, verbrennt; in dieser Beziehung ist er nicht
wesentlich anders daran, wenn er völlig hungert und so sein eigenes
Eiweiss und Fett verbrennt. Das Kaninchen dagegen ist für gewöhn¬
lich an grössere Kohlehydratmengen gewöhnt. Ein Diabetiker mit Azi-
dosis, der 4,3 — 5,6 g Azeton ausschied, schied bei 60 — 80 g NasC03 am
ersten Tag 7,2, dann aber nur 4,9; 3,0; 4,6 g Azeton aus. Es ist nicht
wahrscheinlich, dass es sich bei der Azetonvermehrung nach Natron
lediglich um Ausschwemmung handelt; dagegen spricht, dass auch
die prozentische Menge des Azetons vermehrt ist.
F. Aparicio: Die Albuminoreaktion im Sputum. (Rev. med.
de Rosario, No. 3, 1912.)
Untersuchung der Sputa von 107 Lungenaffektionen nach der
R o g e r sehen Angabe. Alle 31 offenen Tuberkulosen sowie 15 von
18 geschlossenen gaben positive Reaktion, relativ häufig war die
positive Reaktion auch bei den Bronchitiden der Herz- und Nieren¬
kranken (10 von 15). Dagegen gaben von 23 einfachen akuten und
chronischen Bronchitiden nur 5 eine positive Reaktion. Eine negative
Reaktion spricht also mit grosser Wahrscheinlichkeit gegen Tuber¬
kulose; positive Reaktion bei einer Bronchitis ohne Herz- und Nieren¬
affektion spricht eher für Tuberkulose.
C. B. Udaondo: Behandlung der Magendarmatonie mit Hypo-
pliysenextrakt. (Rev. de la soc. med. argent. Juli — August 1912.)
Verf. bringt 5 Krankengeschichten, nach denen durch intra¬
muskuläre Injektionen von Hypophysenextrakt die Symptome der
Magenatonie gebessert, der Stuhl geregelt wurde. Die Dosis des
verwendeten Präparates betrug Yi—W* ccm, alle 4 — 5, später alle
8 Tage.
J. Codina Castellvi: Resultate der Behandlung klinischer
Kranker mit Tuberkulin und antituberkulösem Serum. (Rev. de med.
y cir. präet. 14.— 28. Oktober, 7. — 28. November 1912.)
II. Februar 1913.
MUeNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
319
Verf. berichtet über ein kleines, aber exakt beobachtetes Ma¬
terial (24 Fälle), das teils mit Alttuberkulin, teils mit antituber¬
kulösein Serum („Ferrän“), teils mit antituberkulöser Lymphe
(„Ferran“), teils mit sensibilisierter Lymphe, teils nacheinander mit
verschiedenen Präparaten behandelt wurde. Da die Arbeit für
deutsche Leser kaum etwas Neues bringt, sei hier nur auf sie hinge¬
wiesen.
D. G. Pittaluga: Das kindliche „Kala-Azar“ an der Ostküste
Spaniens. (Med. de los nifios. November 1912.)
Die Untersuchungen wurden in Tortosa im Ebrodelta, einer
sumpfigen und malariaverseuchten Gegend, vorgenommen. Es gibt
dort eine grosse Anzahl Kinder mit Milzschwellung, die sicher nicht
malariakrank sind, und die in den Sterblichkeitsstatistiken als Leuk¬
ämie, Pseudoleukämie etc. geführt wurden. Solcher Fälle kamen in
dem 2000 Einwohner zählenden Orte innerhalb 8 Jahren nicht we¬
niger als 42 bei Kindern unter 3 Jahren zum Exitus. Ein Mitarbeiter
des Verfassers wies nun im Milzsaft eines erkrankten Kindes den
typischen L e i s h m a n sehen Parasiten nach, so dass also Kala-Azar
dort sichergestellt ist.
P. Escudero: Hereditär-syphilitische Aortenveränderungen
beim Kind. (Rev. de la soc. med. argentina. Juli — August 1912.)
Ein sicher hereditär-luetischer Knabe von 6 Jahren zeigte, ohne
deutliche subjektive Symptome aufzuweisen, einen stark hyper¬
trophischen linken Ventrikel, ein lautes systolisches Geräusch, Puls¬
differenz, eine zylindrische Dilatation des Arcus aortae, also das Bild
einer Aortitis und Stenose der Aorta. Die Affektion wurde bei einer
Masernerkrankung zufällig entdeckt, die gleiche, wenn auch nicht so
starke Affektion bei seinem 4 jähr. Bruder durch die darauf gerichtete
Untersuchung. Das dritte PA jähr. Kind war frei. Derartige Fälle
mögen häufiger sein als sie entdeckt werden.
D. C. Alvarez: Neue chirurgische Behandlungsmethode des
Magengeschwürs. (El Siglo med. 2. November 1912.)
Ein Zufall führte den Verf. zu seiner neuen Methode: Ein Ulcus-
patient hatte einen Tumor an der Wirbelsäule (Nähe des 7.-9. Brust¬
wirbels); die Entfernung des Tumors beseitigte definitiv die Ulcus-
beschwerden. In einem 2. Falle von Ulcus wurde obige Operation,
ohne dass ein Tumor vorhanden gewesen wäre, nachgeahmt, mit
gleichem, wenn auch nur temporärem Erfolg. Beide Fälle sind in der
Medecine moderne 1903 publiziert. Verf. glaubt, dass das wirksame
dieser Methode die Beeinflussung des Sympathikus ist, auf den ein
Zug an den Interkostalnerven durch die Rami communicantes über¬
tragen wird. Er veröffentlicht nun 8 weitere Fälle, in denen er
iolgendermassen vorging: Inzision zweifingerbreit von den Dornfort¬
sätzen entfernt von der 6. — 9. Rippe durch Haut, Aponeurose und
Muskularis bis auf die Rippe, Inzision der Muskulatur des 6. — 8. Inter¬
kostalraumes, Ziehen an den blossgelegten Nerven vom Zentrum nach
der Peripherie in verschiedenen Richtungen unter Schonung der
Pleura; in den 6 letzten Fällen wurde die Prozedur vom 5. — 7. Inter¬
kostalnerv vorgenommen und ein Stückchen des 5. reseziert. Als
Nebenerscheinungen traten einige Tage heftige Neuralgien und Taub¬
heitsgefühl an der vorderen Bauchwand ein. Alle Patienten hielten
Milchdiät 14 — 34 Tage lang. Der längst operierte Fall datiert vom
30. März 1912. 4 Fälle sind zunächst geheilt, 2 gebessert, 2 erst ganz
kurz operiert. Genaue Mageninhaltsuntersuchungen wurden vor der
Operation und am Schlüsse der Milchdiät vorgenommen und ergaben
meist ein teilweise beträchtliches Herabgehen der Säurezahlen. (Ob
die guten Ergebnisse nicht eher eine Folge der Ruhe und Milch¬
diät als der Operation sind? D. Ref.)
J. Garcia del Mazo: Das Salvarsan in der Augenheilkunde.
(Rev. de med. y cir. präet., 21. Dezember 1912.)
Verf. glaubt bemerkt zu haben, dass man seit Beginn der Sal-
varsanära auffallend mehr Lueskranke mit Augenmuskellähmungen
und Augenveränderungen sieht als vorher. Eine ernste Komplikation,
die wohl auf eine vor 5 Wochen von anderer Seite vorgenommene
intravenöse Salvarsaninjektion bezogen werden könnte, sah er ein¬
mal, eine Neuritis optica, die weder durch Hg. noch durch Jod beein-
dusst werden konnte und in Atrophie ausging, ein Vorkommnis, das
sonst bei Frühsyphilis kaum beobachtet ist. Fälle von Augensyphilis hat
er im ganzen 8 mit Salvarsan behandelt, nämlich 2 von interstitieller
Keratitis ohne Erfolg, 1 Fall von Iritis, die trotz Salvarsan ausbrach
und durch eine zweite Injektion nicht wesentlich beeinflusst wurde,
1 Fall von Iridochorioiditis mit rascher, aber nicht nachhaltiger Bes¬
serung, 2 von Neuroretinitis mit Besserung, 2 von Optikusatrophie
ohne Erfolg.
F. MasyMagro: Neue Methode der Tuberkelbazillenfärbung.
(Rev. valenc. de cienc. med. 10. Dezember 1912.)
Die Färbung geht folgendermassen vor sich:
L Spontane Trocknung des Objektträgerpräparats.
2. Fixierung in der Flamme oder durch halbstündiges Verweilen
im Thermostaten bei 115— -120°.
3. Färbung in der G o s i o sehen Farblösung (Methylenblau med.
Höchst 3,0, Borax 5,0, Aq. dest. 100,0; die Farbe muss alt sein oder
w enigstens einige Tage offen im Thermostaten bei 37° unter häufigem
Schütteln gestanden haben), 3 Minuten, unter 3 — 4 maligem Er¬
wärmen, bis gerade Dämpfe aufsteigen.
4. 3 — 4 Sekunden Verweilen in 25 proz. H2SO1.
5. 40 Sekunden Entfärbung in absolutem Alkohol.
6. Kurzes (wie lange?) Verweilen in einer Lösung von E sbachs
Reagens und absolutem Alkohol ää.
7. Sorgfältige Waschung in Brunnenwasser und Trocknen mit
Filtrierpapier.
8. Entfärbung in einer Lösung von 50 proz. Alkohol 100,0, Natron¬
lauge 0,5, Jodkali 1,0.
9) Sorgfältige Waschung zuerst mit Brunnenwasser, dann mit
Aq. dest.
10. Trocknung mit Filtrierpapier, dann spontane Trocknung.
Die Methode färbt die Tuberkelbazillen rosarot, ihre intrabazil¬
lären Granula dunkelrot, alle anderen Bazillen und Zellen hellblau,
sie soll alle bisherigen Methoden übertreffen.
F. Muril lo: Experimentelle Studie über Desinfektionsmittel
bei Cholera und ihre praktische Verwertbarkeit. (Bol. del inst. nac.
de higiene, No. 31, 30. September 1912.)
Verf. stellte zunächst fest, dass Seife nicht einmal in 10 proz.
Lösung das Wachstum der Choleravibrionen hindert, während das
Waschwasser der Wäschereien im Durchschnitt nur 0.13 Proz. Seife
enthält. Die Lauge des Handels verhindert (dem Nährboden zu¬
gesetzt) die Entwicklung des Vibrio zu 2,2 Proz., tötet inn zu 3 Proz.,
Karbolsäure verhindert zu 1:700, tötet binnen 5 Minuten zu 0,5:100,
verseifte Karbolsäure (Marke „Sac“) verhindert zu 1 : 800, tötet zu
1:500, Zitronensaft verhindert zu 2,2:100.
M. Kaufmann- Mannheim.
Inauguraldissertationen. *)
Das Versehen der Schwangeren in Volksglaube
und Dichtung behandelt eine ausgezeichnete Studie von Fritz
Kahn (Berlin 1912, 66 Seiten, Frankfurt a. M., J. D. Sauerlän¬
de r s Verlag). Details lassen sich im Rahmen eines kurzen Re¬
ferates nicht bringen, die Arbeit ist aber interessant genug, von den
Kollegen eingehend studiert zu werden. Als Frucht der systemati¬
schen Analyse des von ihm studierten Problems glaubt es der Autor
als erwiesen bezeichnen zu können: „dass entgegen der bisherigen
Ansicht der Glaube an das Versehen trotz seiner Verbreitung einer
einheitlichen altasiatischen Quelle entspringt und durch die ganze Ent¬
wicklung der Kultur hindurch noch heute in fast ungeändertem alt¬
asiatischem Gewände im Volke weiterlebt, ein psychologisch ebenso
interessantes wie medizinisch fesselndes Problem für zukünftige For¬
schungen.“ Fritz L 0 e b.
Neu erschiene ne Dissertationen.
Universität Greifswald. Januar 1913.
Pfoertner Hans: Ueber Pfählungsverletzungen des Rektums mit
Eröffnung der Bauchhöhle und ihre Behandlung.
La qua Julius: Fünf Jahre Säuglingssterblichkeit in Pommern
(1906—1910).
Universität Kiel. November — Dezember 1912.
Bo chat Wilhelm: Ueber Psychosen im Verlaufe von Typhus ab¬
dominalis und Erythema multiforme exsudativum.
Buch holz Karl: Tuberkulose und Gravidität mit besonderer Be¬
rücksichtigung der Tuberkulinreaktion in der Schwangerschaft.
Bunke Felix: Beitrag zur Lehre der progressiven neurotischen
Muskelatrophie.
Conradie Louis: Ein Beitrag zur forensischen Bedeutung der
Paranoia chronica (Politischer Verfolgungswahn).
Kirchberg Hans: Zur Symptomatologie und Pathologie der Hirn¬
tumoren.
Klipstein Curt: Zur speziellen Pathologie des Ureters.
Sommer Otto: Ein Beitrag zu der Lehre von „Dämmerzustände
bei Epilepsie“.
Steinhoff Karl: Beitrag zur Lehre von der postdiphtherischen
Lähmung.
Tietz Friedrich: Zur Lehre von den in der Haft entstehenden
Psychosen.
Universität Tübingen. Januar 1913.
Barth Otto: Ein Beitrag zur Wirkung der Opiumalkaloide unter
besonderer Berücksichtigung des Pantopons.
Bippus Adolf: Ein Beitrag zur sogen. Osteopsathyrosis idiopathica.
Du ss ler Hermann: Zur Kasuistik des Wandertriebs auf psycho¬
pathischer Grundlage.
Franz Wilhelm: Ueber jugendliche hochgradige Myopie.
Hai st Helmut: Anatomische Untersuchungen bei 4 Fällen von hoch¬
gradiger Myopie im Hinblick auf das Vorhandensein von Lakunen-
bildung im Sehnerven.
Klett Bernhard: Ueber die Wirkung toter Tuberkelbazillen.
Vogel Wilhelm: Beiträge zur Kritik der Wasseruntersuchungs¬
methoden.
Wagenhäuser Fritz: Anatomische Untersuchungen bei 8 Fällen
von Linsenluxation mit besonderer Berücksichtigung der Ver¬
änderungen am Sehnerv.
Prinzing: Ueber Meiostagminversuche bei Typhus.
0 Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
320
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 6.
Auswärtige Briefe.
Wiener Briefe.
(Eigener Bericht.)
Internationale Hilfe gegen Kriegsseuchen. — Die Gesundheitsver¬
hältnisse Wiens im Jahre 1912. — Eine neue Reichsanstalt für Miitter-
und Säuglingsfürsorge. — Eine Musteranstalt zur Unterbringung von
Fürsorge- und Erziehungszöglingen. — Die Verträge mit den Unfall¬
versicherungsgesellschaften gekündigt, der Vertrag mit den privaten
Lebensversicherungsgesellschaften abgeschlossen. — Ueber die Be¬
handlung Nicht-Armer seitens einer Gemeinde.
Seit einigen Jahren propagiert Prof. Dr. Rudolf Kraus die Idee,
zur Bekämpfung der Seuchen im Frieden eine internationale Gesell¬
schaft zu gründen, um denjenigen Ländern, deren Selbsthilfe nicht
ausreichend ist, rasche und ausgiebige Hilfe zu leisten. Da es nun
bekannt ist und die Meldungen nach den letzten Schlachten am Balkan
es neuerlich bestätigten, dass im Kriege die durch Infektionskrank¬
heiten bedingten Verluste an Mannschaft diejenigen weit übertreffen,
welche durch Waffen herbeigeführt werden, hält er es für ein Gebot
der Menschlichkeit, dass die Kulturvölker neben den militärischen
Massnahmen auch diejenigen, welche zur Verhütung der Kriegs¬
seuchen führen, mit derselben Energie für den Kriegsfall vorbereiten
sollen. Mit anderen Worten: Es müssten gleich zu Beginn des Krie¬
ges ebenso wie Chirurgen auch Aerzte für infektiöse und andere
Kranke, Pflegepersonal für Infektionsspitäler, Bakteriologen und
Hygieniker durch internationale Hilfe beschafft werden
können.
Mitte November v. J. begab sich Prof. Kraus in Begleitung
mehrerer anderer Wiener Aerzte über Aufforderung des Königs
Ferdinand nach Bulgarien, um daselbst die Organisation der
Massnahmen zur Bekämpfung der Cholera im bulgarischen Heere zu
übernehmen. Die Erfahrungen, welche er daselbst zu sammeln Ge¬
legenheit hatte, bestimmten ihn neuerdings, die von ihm vertretene
Idee öffentlich zu verfolgen. In einem im „Neuen Wiener Tagblatt'1
im Jänner 1. J. erschienenen Artikel weist er darauf hin, dass, wie¬
wohl Bulgarien über Bakteriologen mit Laboratorien verfügte, beim
plötzlichen Auftreten der Cholera bei der Tschataldschalinie diese
Kräfte lange nicht ausreichten, um die Epidemie wirksam zu be¬
kämpfen. In Tschorlu, wo es ca. 2500 kranke Soldaten gab, waren
für diese nur 2 Aerzte bestellt. Die Kranken waren anfangs ohne
genügende Pflege und überhaupt ungenügend versorgt. Das war auch
anderwärts der Fall, es gab keine Isolierspitäler, anfangs zu wenig
Aerzte und zu wenig Pflegepersonal, auch fehlte es noch an bakterio¬
logischen Laboratorien. „Und dennoch sind die Hygieniker und Bak¬
teriologen samt Laboratorien für die Lokalisierung der Epidemie au
der Tschataldschalinie, für die Bekämpfung der Kontaktinfektionen
in Spitälern und im Lande durch Kranke und Bazillenträger von aller¬
grösster Bedeutung gewesen.“
Als er sodann, nach glücklichem Abschluss seiner Tätigkeit, in
Sofia vom Könige und von der Königin in Audienz empfangen wurde
und seinen Bericht über die Vorgefundenen sanitären Mängel und
deren Abhilfe erstattete, als er auch an dieser Stelle dafür eintrat,
dass die internationale Gesellschaft vom Roten Kreuze diese Idee in
ihr Programm aufnehmen und, den Anforderungen der Hygiene ent¬
sprechend, den Rahmen ihrer ursprünglichen Tätigkeit erweitern
solle, fand er den vollen Beifall beider Majestäten. Der König for¬
derte ihn auf, ihm hierüber ein ausführliches Expose vorzulegen, wo¬
bei er gleichzeitig die Absicht äusserte, persönlich an die
Spitze dieser Aktion zu treten. Durch die Enunziation
dieser Absicht — so schliesst Prof. Kraus — und durch die gleich¬
zeitig erteilte Erlaubnis zur Veröffentlichung hat König Ferdinand
neuerdings einen deutlichen Beweis seiner ausserordentlich modernen
und humanen Weltanschauung und seines grossen Verständnisses für
die Fragen des Volkswohles gegeben.
(Man kann nur wünschen, dass diese Anregung jetzt bei allen
Völkern und Nationen auf einen fruchtbaren Boden falle, damit wenig¬
stens, wenn schon Kriege nicht vermieden werden können, die ent¬
setzlichen Folgen der Kriegsseuchen, die weiteren schweren Verluste
an Cholera, Typhus, Ruhr etc. stark herabgesetzt werden.)
Der Oberphysikus der Stadt Wien, Obersanitätsrat Dr. Böhm,
hat jüngst in einer Sitzung der städtischen Amtsärzte eine Uebersicht
über die Gesundheitsverhältnisse unserer Stadt im Jahre 1912 er¬
stattet. Einige Ziffern dieses Berichtes erscheinen uns beachtenswert.
Die Mortalität betrug im Vorjahre (wenn man Ortsfremde und Per¬
sonen unbekannten Wohnortes abrechnet) 14,6 Prom., 1911 noch
15,68 und vor 10 Jahren 17,89 Prom. Wir nähern uns damit zum
erstenmal dem in sanitärer Hinsicht so vorgeschrittenen England, wo¬
selbst auf je 1000 Einwohner 14— — 15 Todesfälle jährlich entfallen. Da¬
bei zeigte sich die wichtige Tatsache, dass bei uns im Laufe der
letzten 2 Dezennien alle Todesursachen, welche das Säuglings¬
und Kindesalter betreffen, wesentlich zurücktreten,
während die Krankheiten des höheren und insbesondere des
Greise nalters in ganz bedeutendem Masse überwogen. Vor
10 Jahren starben 8850 Kinder im 1. Lebensjahre und 7281 Personen
über dem 60. Lebensjahre — dagegen im Berichtjahre 5922
Säuglinge und 9658 Personen über dem 60. Lebensjahre, davon 1434
über lern 80. Lebensjahre (gegen 1180 im Jahre 1903). Es ist also
eine völlige Umkehr eingetreten : früher etwa 9000 Säug¬
linge gegen 7000 Greise, jetzt 6000 Säuglinge gegen fast 10 000
Greise. Dabei haben die akzidentellen, bis zu einem gewissen Grade
vermeidbaren Krankheiten sich vermindert, wogegen die Krankheiten,
welche der Ausdruck für die schliesslich eingetretene Erschöpfung
der Lebenskräfte sind, wie Herzdegeneration, Arteriosklerose etc. in
den Vordergrund traten.
Hat sich also, wie ausgeführt wurde, erfreulicherweise das
Durchschnittsalter der Verstorbenen bedeutend erhöht, so gingen
andererseits die Geburten in Wien an Zahl auffallend zurück,
eine Tatsache, die seit einem Dezennium in ganz Mitteleuropa unter
lokal und sozial ganz verschiedenen Umständen konstatiert wird.
Vor 10 Jahren wurden 46 000, vor 20 Jahren noch mehr als 50000
lebende Kinder jährlich in Wien geboren, im Vorjahre nur mehr 40 503:
im letzten Dezennium, ohne Rücksicht auf den ganz bedeutenden Be¬
völkerungszuwachs, um 100 000 Kinder weniger (lebend) geboren als
im vorletzten. Dieser Geburtenrückgang fordert nicht nur,
sondern ermöglicht auch in ganz unverkennbarer Weise eine inten¬
sivere Fürsorge nicht bloss für das einzelne Kind, sondern auch für
dessen Mutter . „Der Säugling, das Schulkind, die heranwach-
sende Jugend müssen rechtzeitig in ihrer körperlichen Entwick¬
lung nach weitsichtigen ärztlichen Prinzipien gefördert, vor schädi¬
genden Einflüssen in wirksamer Weise geschützt werden“ etc.
So schön diese Worte unseres Oberphysikus sind, so wenig ent¬
sprechen ihnen die Bemühungen unserer Stadtväter auf den Gebieten
des Säuglingsschutzes und der Kinderfürsorge. In den städtischen
Volks- und Bürgerschulen gibt es trotz jahrelanger und oft wieder¬
holter Mahnungen seitens der praktischen Aerzte noch immer keine
fix besoldeten Schulärzte, welche die hunderttausende Schulkinder
„rechtzeitig“ in ihrer körperlichen Entwicklung fördern könnten, es
fehlt vielfach an genug grossen Spielplätzen, überdies kommen tau¬
sende Schulkinder hungrig zur Schule und essen sich kaum einmal im
Tage satt etc. Es ist einfacher und bequemer, überall wo es nottut
an die private Mildtätigkeit zu appellieren, als selbst in den Säckel
zu greifen und grossangelegte soziale Fürsorge für unsere Jugend zu
betreiben. Da werden von unseren Stadtvätern Jahr um Jahr hun¬
derttausende Kronen für Empfänge und Bankette oder für die Dekora¬
tion unserer Strassen bei sog. feierlichen Anlässen ausgegeben, die
Förderung jener Zwecke aber, welche auch der erste Amtsarzt der
Stadt Wien für dringend hält, wird anderen Kreisen, dem Staate, dem
Lande oder den Privaten, zugeschoben.
Wenn dennoch etwas in dieser Richtung geschieht, so ist es
wahrlich nicht das Verdienst unserer Stadtväter. Die grosse Kom¬
mission des Kaiser-Jubiläums-Fonds für Kinderschutz und Jugend¬
fürsorge hat in ihrer am 18. Januar 1. J. unter dem Vorsitze des
Ministerpräsidenten abgehaltenen Sitzung beschlossen, eine Reichs¬
anstalt für Mütter - und Säuglingsfürsorge mit dem
Kostenaufwande von einer Million Kronen ehestens zu erbauen und
den Rest des vorhandenen Fonds von 2 019 500 K der Errichtung
einer Musteranstalt zur Unterbringung von Fürsorge- und Erziehungs¬
zöglingen vorzubehalten. Mit dem Bau der besagten Reichsanstalt
soll sofort begonnen werden. Die Säuglingsabteilung soll Raum für
80 Kinder bieten. Man hat mit Recht viel mehr von der grossen
Aktion erwartet, man ist also enttäuscht, dass die seinerzeitigen
Sammlungen im ganzen Reiche, die über Wunsch unseres Monarchen
unter dem Motto „Für das Kind“ eingeleitet wurden, nur zur Errich¬
tung zweier neuer Anstalten ausgereicht haben.
Der Geschäftsauschuss der österreichischen Aerztekammern hat
die Verträge mit den Unfallversicherungsgesellschaften im Namen
aller Aerztekammern gekündigt und wird demnächst Direktiven für
die Aerzte herausgeben, wie sie sich diesen Gesellschaften gegen¬
über benehmen sollen. Die Gesellschaften blieben bei ihrem Tarife
von 6 K für die Ausstellung von Unfallattesten, Anfangs- und Schluss¬
bericht, während der Aerztekammerausschuss für solche Atteste ein
Mindesthonorar von 10 K verlangte. Die auch in Oesterreich ver¬
tretenen deutschen Unfallversicherungsgesellschaften zahlen im
Deutschen Reiche für ein solches Attest 10 M„ also mehr, als der
Aerztekammerausschuss für die österreichischen Aerzte verlangte.
Auch die von den Aerzten vor 3 Jahren gegründete Versicherungs¬
gesellschaft gegen Unfälle, der „Kosmos“, zahlt den Aerzten für den
Anfangs- und Schlussbericht die verlangten 10 K. Es wird also zum
Kampfe kommen, wobei es nicht zweifelhaft ist, wer obsiegen wird.
Mit den Vertretern der Lebensversicherungsgesellschaften
hingegen ist das Uebereinkommen seitens aller österreichischen
Aerztekammern vor einigen Tagen auf die Dauer von 10 Jahren ge¬
schlossen worden und tritt am 1. März 1913 in Wirksamkeit. Das
Untersuchungshonorar (bisher bei fast allen Gesellschaften nur 10 K
für eine Versicherung auf jeden Betrag) wird in Hinkunft in abgestuf¬
ter Weise von 10 — 20 K betragen. Also für Versicherungen auf Kapi¬
talien bis zu 5000 K inkl. — 10 K, bei Versicherungen über 5000 bis
zu 10 000 K ein Honorar von 15 K und bei Versicherung von Kapi¬
talien über 10 000 K ein Honorar von 20 K. Die Honorierung von
Spezialärzten wird durch dieses Uebereinkommen nicht getroffen,
sie hat auf Grund einer besonderen Vereinbarung zwischen Gesell¬
schaft und Spezialarzt zu erfolgen. Untersucht der Arzt ohne
direkten Auftrag den Aufnahmsbewerber in dessen Wohnung, so ist
er nicht berechtigt, die Besuchsgebühr von 2 K in Anrechnung zu
bringen. Eine Besuchsgebühr von 2 K ist, besonders in Grossstädten
mit ihren weiten Entfernungen, eine lächerlich kleine, wir wollen
hoffen, dass sich die Untersuchungsärzte grössere Zeitverluste mit
1. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
321
'agengeldern in anderer Weise werden honorieren lassen. Der
7 sagt zwar: „Wenn die Wohnung des Versicherungsbewerbers
cht in jenem Orte gelegen ist, in welchem der Vertrauensarzt an-
ssig ist, wird dem Arzt ausserdem der Betrag der effektiven Fahrt-
iesen vergütet“; das passt aber nicht auf Wien, wo der Vertrauens-
zt zuweilen, selbst bei Benützung eines Wagens, bis zu einer
unde brauchen kann, um in die Wohnung des Aufnahmsbewerbers
i gelangen. Das muss also in anderer Weise bezahlt werden.
Zum Schlüsse noch ein merkwürdiger Prozess und ein inter-
santes Urteil. Die Gemeinde St. Peter in Dalmatien hatte eines
iges beschlossen, ihrem Gemeindearzte, der für die Besorgung des
{entliehen Sanitätsdienstes und für die Behandlung der erkrankten
men jährlich 1800 K bezog, weitere 1200 + 400, zusammen weitere
■00 K zu bezahlen, wenn er alle Insassen von St. Peter und Mirce
ine Honorarforderung behandle. Sie gewährte also auch den Nicht-
men freie ärztliche Behandlung. Ein in St. Peter ansässiger zweiter
:zt fühlte sich dadurch in seinem Einkommen intensiv geschädigt
id rekurrierte gegen diesen Beschluss beim Landesausschuss des
iinigreichs Dalmatien. Dieser gab dem Rekurse keine Folge, und
r geschädigte Arzt ging an den Verwaltungsgerichtshof, aber auch
eser wies die Beschwerde als unbegründet ab. Er motivierte sein
rteil damit, dass die Gemeinde hiezu gesetzlich das Recht habe;
t es aber gesetzlich gestattet, dann ist das Honorar, welches dem
rzte für die Behandlung von nicht-armen Gemeindeinsassen gezahlt
ii d, ein Gemeindeaufwand, zu dessen Bedeckung die Steuerträger
:r Gemeinde ohne Rücksicht darauf, ob sie von dieser Einrichtung
ich Gebrauch machen, beitragspflichtig sind. Dieser Beitragsleistung
innen sich auch jene Gemeindemitglieder, welche den hiefür an-
:stellten Arzt nicht in Anspruch nehmen, so wenig entziehen, wie
:r Beitragsleistung für den Betrieb eines Gemeindekrankenhauses,
ich wenn sie auf eine Verpflegung in demselben nicht reflektieren,
'enn der klagende Arzt behauptet, er sei durch diese Einrichtung in
•iner freien Praxis intensiv geschädigt, so sei das eine Schädigung
ines persönlichen Interesses; dieses Interesse aber reicht nicht hin,
n die von der Gemeinde getroffene Einrichtung als eine gesetz-
idrige Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers erscheinen
i lassen.
Der Paragraph mag den Herren vom Verwaltungsgerichtshofe
cht geben; unser Gefühl bäumt sich aber gewaltig gegen dieses
rteil, durch welches einem praktischen Arzte ohne sein Verschulden
it einem Male aller Erwerb unterbunden wird. Die Hauptschuld
ifft natürlich die Herren der Gemeinde. Die möge bei etwaiger Er-
ankung ihres Gemeindearztes zuschauen, wo sie für ihn sofort einen
■itweiligen Ersatz finden werden. Alle weiteren Bedenken gegen
n solches Vorgehen einer Gemeinde wollen wir unterdrücken.
Berliner Briefe.
(Eigener Bericht.)
Die Verstadtlichung des Berliner Rettungswesens. — Städtisches
'ohlfahrtsamt für Kinderfürsorge. — Aerztliche Sonntagsruhe.
Die Verstadtlichung des Berliner Rettungswesens, welche viele
ihre hindurch die ärztlichen Gemüter erregt und nicht selten
hitzt hatte, ist nun endlich zur Tatsache geworden; die betreffende
agistratsvorlage wurde in der letzten Sitzung der Stadtverordneten-
ersammlung ohne Ausschussberatung und fast ohne Debatte ange-
imrnen. Desto mehr muss vorher in den Kommissionssitzungen
ibattiert worden sein, denn die Vorlage trägt in ihrer jetzigen Form
-'ii deutlichen Stempel des Kompromisses. Das trifft besonders für
e Kardinalfrage der ganzen Angelegenheit zu: Wenige festange-
ellte Aerzte oder Beteiligung aller dazu bereiten Aerzte am
ettungsdienst? Es ist an dieser Stelle schon wiederholt gesagt
orden, dass und warum die überwiegende Mehrzahl der Kollegen
is letztere Prinzip für das einzig zweckentsprechende hält, eine
eine, einflussreiche Gruppe aber sich für das erstere einsetzte.
J ist denn beschlossen worden, dass auf jeder Rettungsstelle grund-
itzlich 7 Aerzte Dienst tun sollen, es ist aber je nach Bedürfnis und
ngebot zulässig, bis auf 5 herunter und bis auf 10 hinaufzugehen,
a bei der Besetzung der Stellen die jetzt diensttuenden Aerzte in
ster Reihe berücksichtigt werden sollen, so ist anzunehmen, dass
e Mehrzahl der an der Sache interessierten Kollegen auch künftig
eschäftigt werden. Weniger befriedigend sind andere Bestim¬
mungen, die auch in der Generalversammlung des „Aerztevereins
-'S Berliner Rettungswesens“ starken Widerspruch fanden. So wird
^wünscht, dass nur Aerzte, die im Weichbilde der Stadt Berlin
iicht Gross-Berlin) und möglichst sogar im Bezirk der Rettungs¬
elle wohnen, und nur solche, die allgemeine Praxis treiben, zuge¬
ssen werden. Dabei würden also die besonders geeigneten Chirur-
:n ausgeschlossen sein. Wer die Berliner ärztlichen Verhältnisse
2nnt, weiss, dass in manchen Bezirken, besonders der inneren Stadt,
imöglich eine genügende Zahl allgemeiner Praktiker gefunden wer-
-U kann, um mit ihnen einen regulären Dienst aufrecht zu erhalten,
Jmal da ausserdem verlangt wird, dass jeder Arzt sich zu minde-
ens 3 aufeinanderfolgenden Dienststunden und zu mindestens
? Tages- und 30 Nachtdienststunden für den Kalendermonat ver¬
nichtet. Die Schwierigkeit, dieses Programm durchzuführen, muss
T.on bei den Vorberatungen zum Ausdruck gekommen sein, denn
ach der Art der Formulierung handelt es sich nicht so sehr um
Vorschriften als um Wünsche. Es ist daher anzunehmen, dass diese
Wünsche da unerfüllt bleiben werden, wo sie mit den Erfordernissen
des Dienstes unvereinbar sind. Die Praxis pflegt sich ja mit papie¬
renen Vorschriften unschwer abzufinden; wie das im gegebenen Fall
geschehen wird, können wir der Zukunft überlassen; und unbeschadet
aller künftigen Reformwünsche müssen wir es vom allgemeinen wie
vom ärztlichen Standpunkte mit Befriedigung hinnehmen, dass das
Rettungswesen den Händen privater Organisationen entzogen, damit
aus dem Streit der Parteien herausgehoben und, einheitlich geregelt,
in die Gruppe der städtischen Einrichtungen eingereiht ist.
Es scheint, dass mit dem Wechsel in dem Oberbürgermeister¬
posten zugleich ein lebhafterer und frischerer Zug in die Wohlfahrts¬
bestrebungen der städtischen Verwaltung gekommen ist. Ueber die
Einrichtung eines Wohnungsamtes hatten wir schon berichtet. Ein
weiterer Antrag geht dahin, den Magistrat zu ersuchen, ein städti¬
sches Wohlfahrtsamt für Kinderfürsorge zu errichten. Dieses Amt
soll zugleich als Vermittlungsstelle für sämtliche städtischen und
staatlichen (man kann wohl hinzufügen, auch privaten) Kinderfür¬
sorgebestrebungen dienen. Seitdem wir in das Jahrhundert des Kin¬
des eingetreten sind, hat fast jedes Jahr neue Einrichtungen für Kin¬
derschutz und Kinderwohlfahrt gebracht. Staat und Gemeinde, grosse
und kleine Vereine haben sich in den Dienst der Sache gestellt, aber
meist ohne Fühlung miteinander zu nehmen, und so konnte es nicht
ausbleiben, dass an einer Stelle zu viel, an anderer zu wenig ge¬
tan wurde, dass Geld und Kraft hier vergeudet wurde und dort fehlte.
Es fehlte an einer planmässigen Uebersicht und an einer Zentralstelle,
die den Einzelbestrebungen und den Einzelleistungen die zweckdien¬
liche Richtung anweist. Diesem Mangel soll das Wohlfahrtsamt für
Kinderfürsorge abhelfen, und es wäre wünschenswert, wenn die
städtischen Körperschaften sehr bald der gegebenen Anregung
folgten.
Die ärztliche Sonntagsruhe in Gross-Berlin, zu der vor einigen
Monaten die vorbereitenden Schritte getan waren, hat jetzt feste
Formen angenommen, die in der Gründung eines „Gross-Berliner
Aerztevereins für die Sonntagsvertretung“ zum Ausdruck gekommen
sind. Die Organisation ist so gedacht, dass Berlin nach Stadtteilen
geordnet in grosse Bezirke eingeteilt wird, an deren Spitze je ein
Vertrauensmann steht, und jeder Bezirk wird wieder in kleinere
Bezirke geteilt, so dass deren im ganzen 30 — 36 entstehen, die je
einem Obmann unterstellt sind. Vertrauensmänner und Obmänner
haben ehrenamtlich die lokalen ärztlichen Bedürfnisse zu regeln. Da¬
mit aber Mängel, die sich vielleicht in der praktischen Durchführung
ergeben, nicht sogleich die Gesamtheit belasten, soll die Einrichtung
nicht auf einmal über ganz Berlin ausgedehnt, sondern zunächst in
einem seiner Lage nach gut umgrenzten Bezirk eingeführt werden.
Hier sind die Vorbereitungen so weit vollendet, dass der Vertretungs¬
dienst bereits am 1. März beginnen kann. Die Sonntagsdienstzeit
für den vertretenden Arzt soll von mittags um 12 Uhr bis nachts um
12 Uhr festgelegt werden; in keinem Fall darf der Dienstarzt die ihm
zugewiesenen Patienten über den Sonntag hinaus behandeln. Die
Zahl der Aerzte, die sich an dem Vertretungsdienst beteiligen wollen
ist gross genug, um die Durchführung des Planes für Gross-Berlin zu
gewährleisten. M. K.
Vereins- und Kongressberichte.
I. Kongress der Internationalen Vereinigung für Pädiatrie
in Paris vom 6. bis 10. Oktober 1912.
Berichterstatter: Prof. Hecker- München.
Die Sitzungen fanden statt in der Ecole de Medecine, im Höpital
des Enfants malades und im Höpital Herold. Am 1. Tag ging eine
Sitzung des Internationalen Komitees und ein Empfang beim Prä¬
sidenten des Kongresses, Prof. H u t i n e 1, voraus.
In der ersten Sitzung am 7. Oktober behandelte H u t i n e 1 die
Geschichte der Internationalen Gesellschaft für
Pädiatrie und betonte die Notwendigkeit eines derartigen Zu¬
sammenschlusses der Fachgenossen. Für den erkrankten Prof.
Troitzky - Charkow verlas der Generalsekretär Barbier- Paris
Auszüge aus dem angekündigten Vortrage : Historische Studie
über die Arbeiten der französischen Pädiatrie
während der letzten 4 Jahrhunderte.
Als Referatthemata waren aufgestellt: Die Anämien im Kindes¬
alter und die Poliomyelitis.
I. Die Anämien im Kindesalter.
1. Referat: Leon T i x i e r - Paris : Die Anämie des Säuglings.
T. behandelt hauptsächlich das Blutbild und erwähnt das häufige
Vorkommen der myeloiden Formen, die rasche Abnahme der Zahl der
roten Blutkörperchen und die grosse Rolle, die der Blutzerfall, die
Hämolyse, dabei spielt. Die anatomisch vielfach beobachtete Ver¬
mehrung des Knochenmarks lässt auf vorwiegend medulläre Blut¬
bildung schliessen, doch finden sich auch deutliche Zeichen von ex¬
tramedullärer Blutbildung. Perniziöse Formen sind nicht selten und
entstehen dann sehr rasch. Therapeutisch interessiert das „hämato-
poetische Serum Carnots“, d. h. Serum eines frisch entbluteten
Tieres, das angeblich wirksam sein soll.
3 22
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 6.
2. Referat: R. J e ni m a - Palermo : Die Leishmania-Anämie.
Die Leishmania oder Infantile infektiöse Pseudoleukämie oder
Anaemia splenica infantilis infectiosa ist eine Infektionskrankheit und
befällt vorwiegend Kinder im 1. Lebensjahre. Sie kommt vor an den
Küsten des Mittelmeeres und wurde im Jahre 1905 durch P i a n e s e
auf die Wirkung eines der Kala-azar ähnlichen Parasiten zurück¬
geführt. Die Aehnlichkeit ist so gross, dass J e in m a die beiden
Parasiten fiir identisch hält. Die Krankheit wird, ebenso wie die
Leishmania des Hundes, durch Flöhe übertragen. Anatomisch findet
sich Hypertrophie von Milz, Leber und Lymphdrüsen. Im Blut ein
variables Bild, meist Anämie mit Leukopenie.
Klinisch unterscheidet J. drei Formen, eine akute, subakute und
chronische. Nach einer unbekannten, wahrscheinlich langdauernden
Inkubationszeit folgt eine Initialperiode von einigen Tagen mit Fieber
und Magendarmerscheinungen. Daran schliesst sich die eigentliche
anämische Periode mit ausgesprochener Anämie, mit Blutungen,
Oedemen, Milztumor etc. Die dritte, kachektische Periode beschliesst
die Erkrankung und hält an bis zum Tod. Die Prognose ist ungünstig,
doch kommen jetzt Fälle durch, die mit Arsacetin und Eisenkakodylat
behandelt werden.
Die Diskussion, an der sich Valagussa - Rom, Cres-
p i n - Algier, J e m m a beteiligten, dreht sich hauptsächlich um die
Differentialdiagnose zwischen Leishmania und chronischer Malaria,
die nach J e m m a nur durch Milzpunktion möglich ist.
3. Referat.: A. C z e r n y - Strassburg: Die Anämie alimentären
Ursprungs.
Von der eigentlichen Anämie ist vor allem abzutrennen die
vasomotorische Blässe, die so häufig bei Darmstörungen
aller Art, auch bei Infektionskrankheiten vorkommt. Echte Anämie
findet sich fast ausschliesslich nur in den ersten Kinderjahren. Zieht
man die infektiösen Anämien ab, dann bleibt eine Anzahl von Anämien,
deren Ursprung in der Ernährung zu suchen ist; nicht in. ungenügender
Ernährung, sondern in einer nach besonderer Richtung hin insuffi¬
zienten Nahrung, und zwar ist es die Einförmigkeit der Ernährung
und vor allem ein ausschliessliches und zu lange fort¬
gesetztes MilchregHme. Bei den grossen Schwankungen
im physiologischen Blutbild des Säuglings darf von Anämie nur in
ausgesprochenen Fällen geredet werden, wenn Blutfarbstoff und rote
Blutkörperchen vermindert sind. Leukozytose findet sich nicht.
Bei Kombination der Anämie mit Milztumor tritt der letztere
meist lange vor der Anämie auf. Solche Fälle sind aufzufassen als
Kombination von Anämie mit exsudativer Diathese, von welcher die
Kinder auch andere Symptome aufweisen (welche?). Häufig ist auch
die Kombination mit Rachitis. Dabei ist die Anämie nicht etwa ein
Symptom der Rachitis, sondern eine eigene Krankheit, die ohne Paral¬
lelismus neben der Anämie verläuft: die eine Erkrankung kann geheilt
werden, die andere fortbestehen. Ebenso ist es mit der Kombination
von Anämie und Neuropathie. In solchen Fällen kann die Anämie
zwar schwinden, die Blässe aber, sofern sie neuropathisch-vaso-
motorischen Ursprungs ist, weiter bestehen.
Die Anämie verbindet sich gewöhnlich mit Perioden stärkeren
Fettansatzes, welcher auf dieselbe Ursache wie die Anämie, nämlich
auf die Milchmast zurückzuführen ist. Bei diesem Milchregime iührt
der Mangel an Kohlehydraten auch zu deutlicher Weichheit und
mangelhafter Entwicklung der Muskeln. Ein Einfluss auf das Körper¬
wachstum dagegen ist nicht nachzuweisen.
Bei der Therapie bleibt die Zufuhr von Eisen allein ohne
Erfolg, wenn nicht gleichzeitig eine alimentäre Beeinflussung statthat.
Auch die Zufuhr Fe-reicher Stoffe (Eier, Spinat, Früchte) hat keine
Wirkung. Ausschliesslich die Reduktion der Milch bezw. in
schwereren Fällen das gänzliche Ausschalten derselben bringt Nutzen.
A e t i o 1 o g i e : Die Anämie — in der Hauptsache ein Fe-Mangel
— entsteht wohl weniger durch mangelhafte Fe-Zufuhr als durch eine
Verminderung der dem Säugling innewohnenden Eisenbestände und
Reserven. Es ist unwahrscheinlich, wenn auch ausnahmsweise zu¬
zugeben, dass eine ungenügende (Fe-arme) Ernährung der Schwan¬
geren Einfluss auf den Fe-Bestand des Kindes hat; ebensowenig ist
bisher ein gültiger Beweis für den Zusammenhang des Fe-Qehaltes
der Muttermilch mit der Anämie des Kindes geliefert worden. Es
ist unwahrscheinlich, dass die Milch zu wenig Stoffe enthält, die not¬
wendig sind zur Bildung des Hämoglobins, sondern durch die aus¬
schliessliche Milchernährung findet infolge der Bildung von Kalkseifen
im Darm eine dauernde Alkalientziehung statt und dieser Alkalimangel
schädigt dann die Hämatopoese. Die Anämie bessert sich erst, wenn
der Organismus über die nötige Alkalimenge disponiert, um seinen
saueren Produkten zu begegnen.
Die rege Diskussion, an der sich Barbier- Paris. Halle-
Pai is, Rist- Paris, Feer- Zürich, Brudinsky - Warschau,
d’E s p i ii e - Genf und im Schlusswort T i x i e r und Czerny be¬
teiligen, ergibt teils Zustimmung teils Widerspruch, besonders über
den Nutzen der Eisenbehandlung und über die ausschliessliche Rolle
der Ernährung als Ursache der Anämie (Fälle ohne alimentäre Aetio-
logie, viel unerkannte infektiöse Anämien, Erfolge durch Eisen usw.).
An diese Referate schlossen sich kürzere Vorträge an. Es
sprachen Nobecourt - Paris über Hämatologie und Knochenver¬
änderung bei B a r 1 o w scher Krankheit. Die Krankheit führt zu ver¬
schiedenen Formen von Anämie, leichterer und schwererer Art, auch
zu eigentlicher Chlorose. Die myeloide Reaktion des Blutes, d. h. der
Uebergang von Myelozyten und kernhaltigen Blutkörperchen in die
peripheren Gefässe ist häufig. Die ausgedehnten Veränderungen an
den Knochen (Resorption der Knochenbälkchen, Behinderung der
Knochenbildung, Sklerose des Knochenmarks machen die schwere
Blut Veränderung verständlich.)
Armand-Deliile - Paris : Anaemia splenomegalica durch
Fragilität der Blutkörperchen beim Kind.
Seltene Erkrankung. Charakterisiert durch beträchtliche, an¬
scheinend kongenitale Anämie, Milztumor, starke Verminderung des
Hämoglobingehaltes und der Zahl der roten Blutkörperchen, Poikilo¬
zytose, Anisozytose und Auftreten von granulierten Zellen.
Derselbe: Eisenbehandlung der Anaemia posthaemorrhagica.
Empfehlung der Eisenbehandlung bei Anämie infolge von gastro¬
intestinaler Hämorrhagie beim Neugeborenen.
Derselbe: Städtische Faktoren in der Aetiologie der chloro-
tischen Anämie beim Säugling und ihre Prophylaxe.
Die chronische Kohlensäurevergiftung durch Heizapparate und!
Leuchtgas soll bei der Mutter und von dieser aus sekundär auch beim
Kind Anämie erzeugen, die durch Eisenbehandlung der Mutter
während der Schwangerschaft verhindert werden kann.
Ribadeau-Dumas - Paris : Infektiöse akute Anämien beim
Kinde.
Am nächsten Morgen Besichtigung des Höpital Herold unter Füh¬
rung der beiden Chefärzte Prof. Le Sage und Dr. Barbier. Letz- j
terer demonstrierte Ernährungskurven von Kindern, die bei gemisch¬
ter Kost besser gediehen als bei ausschliesslicher Milchnahrung, und
eine Sammlung von anatomischen Präparaten aus dem Gebiet der
Säuglingstuberkulose.
Le Sage gab einen Ueberblick über sein Isolierungssystem bei
Infektionskrankheiten. Ein grosser Saal ist durch einen Mittelgang
geteilt; zu beiden Seiten sind die Boxen, kleine Zimmer, deren)
4 Wände 2 m hoch sind, in der unteren Hälfte aus Holz in der oberen
aus Glas bestehen; die Türe führt in den Mittelgang. Nach oben konv
munizieren sie frei mit dem Hauptsaal. Die Fenster sind geschlossen:
und enthalten nur in ihrem obersten Teil eine kleine Oeffnung. Die |
Saaltiire bleibt offen. So herrscht eigentlich Windstille in dem Zim¬
mer. Jede Boxe beherbergt ein Kind. Die Kinder kommen wahllos
in die Boxe, wie es die Aufnahme mit sich bringt, einerlei, ob das;
Kind mit Masern, Scharlach, Windpocken oder Diphtherie behaftet,:
oder ob es gar nicht ansteckend erkrankt ist. Die Fälle von Heber-!
tragung sind nach der Mitteilung von Le Sage äusserst selten |
und betragen für jede einzelne Erkrankung nicht mehr als 1 — 2 Proz.,'
berechnet auf die Zahlen der betreffenden Einzelerkrankungen.
Im Anschluss an die Demonstration hielt Le Sage- Paris seinen!
Vortrag: Ueber die Wichtigkeit der Ventilation für die individuelle
Isolierung. Nach einem historischen Ueberblick über die Methoden
der Isolation kommt Le Sage zu dem Schluss, dass sein System das
beste sei und schreibt der individuellen Ventilation bezüglich der
Fernübertragung von Infekten grosse Bedeutung zu. Die Ventilation)
ist verschieden nach der Art der Erkrankung. So wird das Varizellen¬
gift durch leichtesten Luftzug übertragen, während andere Affektionen’
einen stärkeren Zug bedürfen, wie Masern, Scharlach etc. Die Venti¬
lation ist für jeden Pavillon speziell zu studieren (mit Zigaretten-,
rauch), was oft lange Zeit erfordert. Sie erfolgt durch die perforier¬
ten Fenster und die offene Saaltüre.
Am Nachmittag begann die Behandlung des zweiten Hauptrefe-J
rates: Poliomyelitis.
1. Eduard M ü 1 1 e r - Marburg: Die Epidemiologie der sogen,
spinalen Kinderlähmung.
Von den 16 Thesen sind folgende die wichtigsten: Die üblichen
Eingangspforten des Virus sind wohl obere Luftwege und Darmirak-
tus; sie sind gleichzeitig auch die Ausscheidungsstellen des Erregers.
Da das Virus im Sputum (Speichel inbegriffen) und im Stuhl der in¬
fizierten Menschen enthalten ist, müssen diese Ausscheidungen die
wesentlichsten Infektionsquellen sein Der indirekten Uebertragung’
durch Trinkwasser und Nahrungsmittel, vor allem durch Milch, kommt
kaum eine allgemeinere Bedeutung zu, dagegen ist die Möglichkeit
einer solchen durch Staub, erdigen Schmutz, Kleidungsstücke, Schuhe,
durchaus gegeben. Sie mahnt uns zu sorgfältiger Wohnungsdesinfek¬
tion nach Poliomyelitiserkrankungen.
Zwischen epidemischer Poliomyelitis und Lyssa bestehen zahl¬
reiche Analogien, so die Uebertragung durch Tiere. Nicht selten zeigt
sich ein gehäuftes Sterben von Haustieren unter spinalen Lähmungs-
erscheinungen während Poliomyelitisepidemien. Als Ueberträger
kommen von den kleineren Tieren nur die Fliegen, nicht aber Flöhe
und Wanzen in Betracht, und jene auch nur gelegentlich.
Die Häufigkeit einer Einschleppung und Weiterverbreitung des
Leidens durch scheinbar gesunde und erwachsene Zwischenpersoner
kann nicht mehr bezweifelt werden. Besonderes Interesse bean¬
spruchen die abortiven Fälle ohne klinische Rückenmarksbeteiligung.1
da sie häufiger sind als die Lähmungsfälle. Die auffällige Bevor¬
zugung dünnbevölkerter wenig verkehrsreicher Bezirke durch Epi¬
demien spricht gegen das Vorherrschen der Kontagiosität. Neben der
Kontagion ist noch ein unbekanntes örtliches „Etwas“, eine persön¬
liche Prädisposition erforderlich. Die spinale Kinderlähmung hinter¬
lässt Immunität. Vortr. plädiert für eine ständige und allgemeine
gesetzliche Anzeigepflicht der Kinderlähmung in allen, auch durch
sporadische Fälle bedrohten Staaten, sowie eine bessere Schulung der
Aerzte in der Erkennung des Leidens.
1. Februar 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
323
2. Eduard M ü 1 1 e r - Marburg : Die Symptomatologie des Früli-
tadiums der epidemischen Kinderlähmung.
Das akut einsetzende Frühstadium lässt sich in 2 Phasen teilen:
i die präparalytischen fieberhaften Vorläufererscheinungen und in
ic Periode der Lähmungsentwicklung. Die präparalytische Beteili-
ung der Respirationsorgane äussert sich bald in hartnäckigem
chnupfen, bald in Angina, Bronchitis oder Pneumonie, während unter
en Erscheinungen des Digestionsapparates ruhrartige Symptome im
ordergrund stehen; zuweilen auch hartnäckige initiale Verstopfung,
alls das Bild der Meningitis vorliegt, sieht man Nacken- und Wirbel-
teifigkeit, Schläfrigkeit am Tage, Unruhe bei der Nacht, Kopfweh etc.
Im Rahmen des vielgestaltigen Symptomenbildes kehren folgende
iardinalerscheinungen immer wieder : auffallende Hyper-
sthesie der Haut, einhergehend mit grosser Schmerzhaftigkeit bei
iewegungen, namentlich in der Wirbelsäule, wobei besonders typisch
;t die umschriebene Hyperästhesie; weiterhin die Neigung zuni
chwitzen und schliesslich das Ergebnis der Lumbalpunktion und das
erhalten des Blutbildes. Die Lumbalpunktion ergibt Drucksteigerung
nd Mengenzunahme bei Klarheit und Sterilität der Flüssigkeit. Im
llutbild ist wichtig das Fehlen einer Leukozytose oder eine posi-
:ve Leukopenie.
Weitere Frühsymptome sind: das Verschwinden von Reflexen
nd lokalisierte Muskelhypotonien, sowie motorische Insuffizienzen.
>ie Serodiagnose ist im Frühstadium nicht brauchbar. Nicht selten
ind Störungen der Sensibilität und der Blasenmastdarmfunktion.
Wird das Frühstadium glücklich überstanden, dann können selbst
erzweifelte Fälle mit völligen doppelseitigen Lähmungen und Bulbär-
eteiligung restlos abheilen.
3. Julius Z a p p e r t - Wien : Pathologische Anatomie und experi-
lentelle Pathologie der Poliomyelitis. (Das Referat wurde nur ein¬
ereicht, da Referent nicht erschienen war.)
Bezüglich der Eintrittspforten und Ausscheidungsstellen kommt
'. zum selben Ergebnis wie Müller. Das Vorhandensein eines
Antitoxins im Blute von infiziert gewesenen Individuen lässt sich
ehr gut diagnostisch zur Erkennung zweifelhafter Fälle verwerten,
ler erste Angriffspunkt des Giftes sind die Nervenzellen, in denen es
ur ausgesprochenen Degeneration und Zerstörung kommt.
Anschliessend an diese Referate wurden noch eine Reihe klei-
erer Vorträge über Poliomyelitis gehalten:
B okay -Pest: Die Epidemie von H e i n e - M e d i n scher
(rankheit im Jahre 1911.
Die Krankheit breitete sich längs der grossen Verkehrsstrassen
us. Von seiten der Regierung ist seit 1912 die obligatorische An¬
meldung der Poliomyelitisfälle angeordnet worden.
Axel Johannessen - Christiania : Akute Poliomyelitis in Nor-
vegen.
Auch hier Ausbreitung längs der Verkehrswege. Die Ueber-
ragung erfolgt wahrscheinlich durch Insekten, besonders Flöhe. Die
Regierung hat zur Bekämpfung der Seuche eine Reihe von Mass-
iahmen getroffen u. a. : Isolierung der Kranken in der akuten Periode
>is zu 3 Wochen; besondere Vorsicht beziigl. der Nasenschleimhäute
md des Sputums sowie der anderen Entleerungen, eingehende Des-
nfektion, obligatorische Anzeige. Vom Parlament sind besondere
Mittel für das Studium der Erkrankung bewilligt.
G o r t e r - Leyden: Beobachtungen über die Epidemiologie der
leine - Medin sehen Krankheit.
Keine Uebertragung durch gesunde oder kranke Bazillenträger.
Mathilde de B i e h 1 e r - Warschau: Beobachtungen bei der
5oliomyelitisepidemie in Polen im Jahre 1911.
Gute Erfolge mit Elektrargol. Die Notwendigkeit polizeilicher An-
neldung, obligatorischer Desinfektion und Schulüberwachung wird
'etont.
Wernstedt - Stockholm : Die zweite grosse schwedische
5oliomyelitisepidemie.
ln den Jahren 1911 und 1912 wurden mehr als 6000 Fälle gemeldet.
■ on einem der grössten Epidemieherde aus hat sich die Krankheit
veiter verbreitet und zwar so, dass die Ausbreitung in jedem Monat
ich als konzentrische Zone um den früheren Epidemiebezirk herum
agerte. Von den neuen Herden des Jahres 1911 lagen die meisten
n unmittelbarer Nähe früherer Herde aus dem Jahre 1905, wobei
nanche als direkte örtliche Fortsetzung der ersten Herde aufgefasst
'■erden müssen. Besprechung der klinischen Symptome und der von
V. ausgeführten experimentellen Untersuchungen: Nachweis der Er-
eger in den Sekreten von Nase, Mund, Rachen, Luftröhre und Darm,
md zwar nicht nur bei Kranken, sondern auch bei Gesunden und bei
ibortivfällen. Die Tenazität der Erreger in den Sekreten beträgt
v’onat°.
.P ettersonn- Stockholm : Zur Epidemiologie der Poliomyelitis,
»ekämpfung der Fliegentheorie.
Ne 1 1 e r - Paris: Die Poliomyelitis in Frankreich.
Forderung der Anmeldepflicht und Isolierung während eines Mo-
'ates. Gute Erfolge mit Urotropin, 6 — 8 mal 2 g täglich.
George Schreiber - Paris : Die Reflexe bei Poliomyelitis.
' Nicht immer fehlen die Reflexe. Man kann zuweilen das Gegen-
eil konstatieren, nämlich: Steigerung beider Patellarreflexe; Ver-
chwinden des Patellarreflexes gleichzeitig mit Steigerung des
tchillessehnenreflexes ; Verlöschen der Reflexe der oberen Extremi-
aten mit Steigerung der Reflexe der unteren Extremitäten; Steigerung
Kr Reflexe im Stadium der Rückbildung etc.
Der vierte Tag brachte das Korreferat von Gmbredanne-
Paris: Traitement chirurgica! des suites des Poliomyelitis.
Vortragender bespricht zuerst die verschiedenen in Betracht
kommenden Operationsmethoden, Tenotomien, Sehnenverkürzungen,
Sehnenüberpflanzungen, Nervenpfropfungen, Arthrodesen, um dann auf
die Behandlung der nach Lähmungen entstehenden Knochendeformi¬
täten überzugehen. Weiterhin werden die speziellen Behandlungs¬
methoden öfter wiederkehrender Lähmungstypen behandelt und zum
Schluss die Therapie der Wachstumsverkürzung der Gliedmassen
besprochen, die auch ohne gleichzeitige Muskellähmungen durch physi¬
kalische und funktionelle Störungen an den Gelenkknorpeln hervor¬
gerufen werden: Kontinuitätsresektion des gesunden Gliedes, Kauteri¬
sation oder andere Reizung der Gelenkknorpeln, Sohlenerhöhung,
schiefe Osteotomie der Tibia.
Die weiterhin noch gehaltenen Vorträge waren folgende:
Albert D e 1 c o u r t - Brüssel : Kontagiosität der Rhachitis beim
Tiere.
Eine solche sei beim Schwein erwiesen.
Jan R a c z y n s k i - Lemberg: Ueber den Einfluss der Sonnen¬
strahlen auf die Knochenentwicklung bei Rhachitis.
Finster gehaltene Tiere zeigten entschieden weniger Kalk, Phos¬
phor und mehr Chlor.
T h i e m i c h - Magdeburg: Technik der Ernährung.
Vortragender bekämpft das Aufwecken der Kinder aus dem Schlaf
zur Nahrungsaufnahme und das schematische Trinkenlassen an e i n e r
Brust.
Jan R a c z y n s k i - Lemberg: Das Schicksal der nichtpatho¬
genen Mikroben im Magen-Darm-Kanal des Säuglings.
Versuche mit Prodigiosuskultur, die bei Brustkindern im Stuhl
nicht nachgewiesen werden konnte, dagegen häufig bei Flaschen¬
kindern.
Ernö D e u t s c h - Pest : Kinderheilkunde, Hygiene und Kinder-
schutz.
Vortragender plädiert für sozial-hygienische Ausbildung der
Mediziner.
Hans V o g t - Strassburg : Ueber künstlichen Pneumothorax beim
Kinde.
Die Operation kann schon am Ende des ersten Lebensjahres
ausgeführt werden und gibt bei Lungentuberkulose gute Resultate.
G r o s s e r - Frankfurt a. M.: Milzexstirpation bei B a n t i scher
Krankheit.
Auffällige Besserung bei einem zehnjährigen Mädchen durch die
Operation hinsichtlich der Blutzusammensetzung und der Stickstoff-,
Kalk- und Phosphorbilanz.
Leon d ’ A s t r o s und Teissonier - Marseille : Die Wasser¬
mann sehe Reaktion bei Neugeborenen und Säuglingen.
Die Ergebnisse der Untersuchungen an 500 Kindern sprechen für
die praktische Verwendbarkeit der Reaktion auch in diesem Alter,
jedoch nur bei deutlichem Ausschlag.
V. S o 1 o n - V e r a s - Smyrna : Die Malznährmittel in der Be¬
handlung der Enteritis bei kleinen Kindern.
Die Malzpräparate leisten gute Dienste im Anschluss an Wasser¬
diät und Gemüsesuppendiät.
Albert D e 1 c o u r t - Brüssel : Die Behandlung der Pneumonien
durch Sauerstoffinhalationen.
Die Erfolge sind günstig, besonders bei Anwendung grösserer
Dosen und Herstellung einer förmlichen Sauerstoffätmosphäre.
Suarez de M e n d o z a - Paris : Kinderschutz in Spanien.
An allen Universitäten bestehen Lehrstühle für Kinderheilkunde,
ferner allenthalben bedeutende Vereinigungen zur Bekämpfung der
Säuglingssterblichkeit.
Als Sitz des nächsten Kongresses im Jahre 1915 wird Brüssel
bestimmt. Die gewählten Hauptthemata lauten:
1. Die Rolle der Nebennieren in der Kinderheilkunde,
2. Diagnose und Behandlung der Tuberkulose-Driisen-Erkrau-
kungen,
3. Prophylaxe der kontagiösen Erkrankungen in ihrer Beziehung
zum Bau neuer Hospitäler.
Der Besuch des Kongresses war, wenigstens von romanischer
Seite, ein lebhafter. Von deutschen Klinikern waren anwesend:
Brüning, Czerny, Feer, Keller, Schlossmann, S i e -
g e r t, T h i e m i c h. Oestereich fehlte ganz. Der mangelhafte Besuch
war auf die unzureichende Organisation, vor allem bei der Vorbe¬
reitung des Kongresses, zurückzuführen, die auch während der Tagung
mehrfach zu bemerken war. Den nächsten Kongressen wäre eine
regere allseitige Teilnahme lebhaft zu wünschen. Die internationale
Vereinigung ist jedenfalls ein bemerkenswerter Ansatz zu einer guten
Sache; die unvermittelt nebeneinander herlaufenden Anschauungen
und Erfahrungen der deutschen, französischen und englischen Pä¬
diaterschulen bedürfen dringend eines Ausgleiches. Die Verlegung
nach Brüssel und die Wahl der Themen lässt freilich noch nicht allzu¬
viel erwarten.
324
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 5. Februar 1913.
Vor der Tagesordnung:
Herr Schönstadt: Kontinuitätsresektion des Humerus wegen
Sarkoms. (Mit Krankenvorstellung.) — Dazu Vorlegung zweier
anderer Präparate; darunter ein von einem Geisteskranken selbst
herausgerissenes Auge.
Herr Schönstadt hat zur Rettung eines Mädchens, das
10 g Sublimat genommen hat, die Niere eines Java-Affens in die
Arteria brachialis eingenäht. Die Patientin ging 8 Tage nach der
Operation zugrunde, doch hat die Niere einige Tage ein zellreiches
Sekret abgesondert.
Tagesordnung:
Herr Ernst R. W. F r a n k: Ueber seltene Verletzungen der Harn¬
blasenschleimhaut.
Bei den häufigen Verletzungen der Geschlechtsteile bei Abtrei¬
bungsversuchen sind Berichte über Blasenverletzungen auffallend sel¬
ten. Die Verletzungen betreffen den Teil der Harnröhre, welcher der
Achse der Harnröhre entspricht. Es handelt sich um flache Schleim¬
hautdefekte, die zum Teil eitrig belegt sind. In der Nähe finden sich
oft kleine Defekte, von spitzen Gegenständen hervorgerufen, die von
diagnostischer Bedeutung sind.
Vorher hatte Vortr. eine grosse Reihe Bilder von Blasenerkran¬
kungen demonstriert (Cystitis totalis von N o t z e, tuberkulöse Ge¬
schwüre, syphilitische Schleimhautpapeln und Argyrie, papilläre
Zystitis etc.).
Herr v. Hanse mann: Ueber das Schicksal von Gallensteinen.
(Kurzer Vortrag.)
Vortr. hat schon aus früheren Beobachtungen den Eindruck ge¬
wonnen, dass sich Gallensteine in der Gallenblase wieder auflösen
können. F r e r i c h s hatte schon gleiche Befunde mitgeteilt, wenn
auch seine Deutung der Befunde heute nicht mehr zutreffend ist.
An der N a u n y n sehen Klinik sind Versuche angestellt worden, •
menschliche Gallensteine in Hundsgallenblasen einzubringen, die sich
dort auflösten, abgesehen von Kalk- und Pigmentsteinen (Quincke
und Hoppe-Seyler).
Vortr. hat eine Reihe von derartigen Versuchen angestellt, bei
denen täglich 10 — 15 mg Abnahme des Steingewichts festzustellen
war. Die Steine bestanden z. T. aus Cholestearin, z. T. partiell aus
Pigment und Kalk. Es ist so die Mehrzahl aller Gallensteine löslich.
Auch in der Gallenblase selbst finden bei Pigment-Cholestearin-
steinen Lösungsvorgänge statt, wie Vortr. aus der Demonstration
von Lakunen und Hohlgängen zwischen einzelnen Steinen zu er¬
weisen sucht.
Vortr. hat eine Anzahl von Zuckereiern in ein Gefäss mit
Zuckerlösung gebracht und dabei im Prinzip die gleichen Formen
erhalten, wie wir sie an den Gallensteinen sehen. Bei Gallensteinen
in Lösung sieht man auf Schliffen ein Exzentrischliegen der Schich-
tungszentra. Solche Lösungerscheinungen an den Gallensteinen sind
nicht selten, sondern sehr häufig.
Diskussion: Herr Arthur F'ränkel weist darauf hin, dass
man verkalkte von auflösungsfähigen Steinen röntgenologisch diffe¬
renzieren kann.
Herr Kraus weist darauf hin, dass Cholestearin in normaler
Galle sich löst, dass es sich aber bei Fällen von Gallensteinbildung
nicht um normale Galle handelt.
Herr v. Hansemann: Schlusswort. Wolff-Eisner.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 3. Februar 1913.
Vor der Tagesordnung:
Herr Plehn: Ein Fall von Herzblock mit Adams-Stokes-
schem Symptomenkomplex (mit Demonstration).
Es handelt sich um ein 29 jähriges Mädchen, das plötzlich mit
Heizschmerzen und Ohnmächten (noch im Bett) erkrankte. Bei
diesen Ohnmachtsanfällen waren die Pupillen reaktionslos. Anfalls¬
weise wurde der Radialpuls unregelmässig. Die Pulsfrequenz ging
bis 28 herunter, später auf 13 — 14. Venenpuls war konstant vor¬
handen. Das Röntgenogramm ergab eine starke Dilatation des rechten
und linken Vorhofs. An den Herzklappen fand sich eine chronische
Randfibrose, eine gleiche an den Papillarmuskeln, so dass man im
Hirsch sehen Bündel analoge Veränderungen erwarten darf.
An Kurven demonstriert Vortragender die Dissoziation zwischen
Ventrikel- und Vorhofkontraktion.
Diskussion: Herr R e h f i s c h erklärt die zweizackige
Kurve des Spitzenstosses dadurch, dass der Spitzenstoss öfter in
zwei Tempi erfolgt.
Herr Plehn (Schlusswort) : Für eine Aetiologie einer Infektions¬
krankheit fehlt jeder Anhaltspunkt.
Herr Ziemann: Ueber künstliche Weiterentwicklung der Ma¬
lariaparasiten in vitro (mit Demonstrationen).
In Blutegeln war die Vermehrung von Malariaplasmodien vom
Vortr. nie zu erzielen gewesen. Nach Mitteilung amerikanischer
Forscher (Bass) ist die Kultur der Malariaplasmodien jetzt gelungen.
No. 6.
Es werden steril (unter Vermeidung von Luftblasen) 10 ccm Blut
mit 50 Proz. Dextrosezusatz bei 40° bebrütet. Es gelingt in der Kul¬
tur der Nachweis des Perniziosaerregerzyklus, was im kreisenden
Blut bekanntlich nicht möglich ist.
In einem Tertianafall ist es Vortr. gelungen, ein deutliches
Wachstum der Kultur festzustellen, wenn auch keine Reinkultur zu
erzielen. Bei einem zweiten Versuch gelang die Kultur.
Findet ein Merozyt einen Erythrozyten, so kann der Parasit bis
zur Sporulation gelangen, sonst wird er eine Beute der Leukozyten
und des Serums. Durch Chinin verschwanden mikroskopisch die
Parasiten, Hessen sich aber durch Kultur noch nachweisen.
Vortr. demonstriert eine Reihe wundervoller Lumiereaufnahmen,
welche den Entwicklungsgang von Perniziosa- und Tertianakulturen
demonstrieren (Sporulationsformen, Merozyten, absterbende Formen
etc.). Die absterbenden Formen kann man im strömenden Blut nicht
auffinden, weil sie in der Milz abgefangen werden. Der Dextrose¬
zusatz hat nach Bass vielleicht die Wirkung, die Lipoidsubstanzen
gegen die Wirkung des Serums zu schützen event. aber auch nur die
Klebrigkeit der Erythrozyten zu erhöhen.
Diskussion: Herr Plehn: Sein Bruder hat 2 mal 24 Stunden
im heizbaren Objekttisch die Entwicklung der Malariaplasmodien be¬
obachtet.
Herr Ziemann (Schlusswort) : Die Befunde P 1 e h n s haben in
der Literatur keine Bestätigung gefunden. Bei dem Bass sehen
Verfahren handelt es sich nicht nur um Beobachtung von Entwick¬
lungsvorgängen, sondern um eine rapide Vermehrung.
Tagesordnung:
Herr Tachau: Untersuchungen über den Zuckergehalt des
Blutes und deren klinische Bedeutung.
Die eigene Methode des Vortr. ergibt ungefähr die gleichen
Werte, wie die nach Bang oder eine polarimetrische. Das Blut
wurde von noch vollkommen nüchternen Menschen entnommen. Bei
30 normalen Menschen ergab sich als Mittelwert des Zuckergehaltes
0,084 Proz., ein Wert, der nach Einnahme von 100 g Glukose selten
0,1 Proz. überstieg.
Bei Fieber wurde stets Hyperglykämie beobachtet, die auch
nach dem Temperaturabfall noch anhielt. Nach Darreichung von
100 g Glukose stieg hier der Zuckergehalt des Blutes auf 0,18 bis
0,2 Proz., jedoch nicht etwa parallel der Temperaturhöhe. Bei chro¬
nischer Nephritis zeigt sich Hyperglykämie nur beim Hinzutritt von
Fieber, ebenso ist eine solche bei Leberkrankheiten selten (Zirrhose,
Lues, Ikterus). Alimentäre Glykämie, die meist zwei Stunden Dauer
hat, ist häufig, ohne dass eine Glykos u r i e ihr nachfolgt, was wohl
auf eine Zuckerdichtigkeit des Nierenfilters zu beziehen sein dürfte.
Bei Diabetes ist in leichten Fällen der Zuckergehalt des Blutes
in normalen Grenzen, doch kommt auch starke Glykämie bei geringer
Zuckerausscheidung im Urin vor.
Das Plasma enthält im allgemeinen nicht viel mehr Zucker, als
das Gesamtblut; doch steigt der Zuckergehalt des Plasmas nach
alimentärer Zuckerzufuhr relativ stärker an. Wolff-Eisner.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
VII. Sitzung vom 16. November 1912.
Vorsitzender: Herr Rudolf Panse.
Tagesordnung:
Herr W. L. Meyer: Demonstration eines Falles von Symble¬
pharon totale durch Pemphigus.
Die 78 jährige, bisher gesunde Frau kam zuerst im April 1911
in die Poliklinik des Carolahauses mit einer eigenartigen Konjunkti¬
vitis mit Narbenbildung, die aber nicht nach Trachom, sondern wie
durch Aetzwirkung entstanden aussah. Die Behandlung schien auf
das Leiden keinen Einfluss zu haben. Die Frau blieb dann weg und
erst im Februar 1912 kam sie wieder, nachdem ihr im August 1911
im Stadtkrankenhaus Johannstadt anscheinend der linke Tränensack
entfernt worden war, mit einem fast totalen Symblepharon und
Hornhauttrübung auf dem linken und starkem Schwund der Ueber-
gangsfalten auf dem rechten Auge. Im Juli 1912 bestand links totales
Symblepharon mit Xerophthalmus, Kornea total verkrustet, rechts
war die Conjunctiva palpebrar. stark geschrumpft mit weisslichen
Narben durchzogen, die Conjunct. bulbi dünn, eigenartig sukkulent,
leicht zerreisslich und leicht blutend. Im Munde fanden sich aus¬
gedehnte oberflächliche Ulzerationen in der Schleimhaut mit leicht
infiltrierten Rändern, besonders am weichen und harten Gaumen.
Da offenbar dem rechten Auge dasselbe Schicksal drohte wie
dem linken und von spezialärztlicher Seite die Affektion des Mundes
und der Konjunktiva für Kraurosis angesprochen wurde, wurde be¬
schlossen, den Versuch zu machen, den Bindehautsack durch Ein¬
pflanzen von Vaginalschleimhaut wieder herzustellen, da Mund¬
schleimhaut, der Mundaffektion wegen, nicht zur Verfügung stand.
Am 22. VII. 12 wurden in Narkose nach vollständiger Lösung
der Lider bis tief in die ursprünglichen Uebergangsfalten hinein zwei
der Patientin gleichzeitig durch den Assistenten aus der Vagina ent¬
nommene, möglichst verdünnte Schleimhautlappen mit durch die Haut
ausgestochenen, doppelt armierten Zügelnähten, Schleimhautseite
nach oben, tief in den Fornix hineingepflanzt und an Stelle der Con-
junctiva bulbi oben und unten über dein Bulbus ausgebreitet. Die
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
I
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
325
Februar 1913.
Jonjunctiva palpebrarum wurde durch je einen dünnen, aus der Haut
les Oberarms geschnittenen Lappen nach Thier sch gedeckt und
lie Fixierung der Schleimhautlappen gegen den Bulbus, der Haut¬
appen gegen die Lider durch Einlegen einer Glasprothese, über der
lie Lider sorgfältig geschlossen und mit Heftpflaster Zusammen¬
halten wurden, erreicht. Die Prothese wurde am 4. Tag entfernt.
)ie Schleimhaut- und die Hautlappen heilten gut an, die Lidtasche
var unten 1 cm, oben 1,5 cm tief, das Auge wieder beweglich.
Ende August war auch auf dem rechten Auge das Symblepharon
.oweit fortgeschritten, dass die Kornea schon in Mitleidenschaft
rezogen wurde und das Auge fast unbeweglich war. Da der Ersatz
ier Conjunctiva palpebrarum durch Hautläppchen wegen der Trok-
cenheit der Lidtasche links unzweckmässig erschien, wurde be-
.chlossen, auf dem rechten Auge die Conjunctiva palpebrarum durch
/aginalschleimhaut zu ersetzen und die Conjunctiva palpebrarum et
ornicis, soweit sie noch vorhanden war, der Conjunctiva bulbi zuzu-
.chlagen, um dann später die Conjunctiva bulbi entweder auch durch
Vaginalschleimhaut oder andere erhältliche Schleimhaut zu ersetzen.
Am 22. VIII. wurden, wieder in Narkose, rechts die Lider derart
reipräpariert, dass der Rest von Schleimhaut zur Conjunctiva bulbi
linzukam und auf dem Bulbus ausgestrichen wurde. Nun wurde die
Conjunctiva palpebrarum, wie links die Conjunctiva bulbi, durch zwei,
,'iner anderen Patientin gleichzeitig auf der Frauenstation eni-
rommene, breite Lappen von Vaginalschleimhaut ersetzt, indem die
Lappen, Epithel gegen den Bulbus, mit doppelt armierten, in der
Jebergangsfalte durch die Haut ausgestochenen Zügelnähten wie links
n die Uebergangsfalten hineingezogen und mit den Rändern durch
eine Nähte an den Lidrand und an die Conjunctiva bulbi befestigt
wurden. Die ursprüngliche Absicht, die Fixation der Lappen hier
iurch eine Prothese zu bewirken, in der, wie bei einem Hiihner-
iugenring, die Kornea ausgespart war, um die noch vorhandene Kor-
tea nicht zu drücken, musste aufgegeben werden, da die von Herrn
\. M ü 1 1 e r - Wiesbaden für den Fall angefertigten und freundlichst
zur Verfügung gestellten Prothesen zu gross, bzw. die Schleimhaut¬
appen zu dick ausgefallen waren.
Die Schleimhautlappen stiessen sich zum Teil ab, der grösste
Teil heilte aber an, so dass zunächst der Bindehautsack wieder tiefer
var. Dann aber trat eine auffallend rasche Schrumpfung des unteren
Sindehautsackes ein, während der obere erhalten blieb; die Kornea
:rübte sich von unten. Auch links schrumpfte der Bindehautsack
unten vollständig, oben zum grössten Teil, fast auf den Stand vor der
Operation wieder zusammen, so dass von weiteren operativen Ein¬
griffen abgesehen wurde.
Gerade in den letzten Tagen hat das Auftreten einer typischen
Pemphigusblase am Gaumen, die vorher nie beobachtet werden
<onnte, gezeigt, dass die Annahme einer Kraurosis nicht richtig war,
sondern dass die Affektion des Mundes und der Konjunktiva als Pem¬
phigus aufzufassen ist.
Seit Mitte Oktober wurden Versuche mit Injektion von Fibro-
lysin gemacht, die entschieden zur Fortsetzung dieser Behandlung
ärmuntern, indem schon nach der ersten Injektion von 1 ccm. in den
linken Oberarm sich eine ganz deutliche geringe Sukkulenz des nar¬
big geschrumpften unteren Bindehautsackes zeigte. Auch rechts er¬
schien die Lidspalte weiter und die Lider beweglicher.
Diskussion: Herr Geis hat den demonstrierten Fall wegen
Tränensackeiterung operiert. Schon damals bestand teilweises Sym¬
blepharon. Es wurde die Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf Pem¬
phigus gestellt.
Herr Hermann Becker; Soweit ich mich erinnere, haben wir
im Johannstädter Stadtkrankenhause auch die Blasen an der Schleim¬
haut des harten Gaumens wiederholt gesehen und daraufhin die Dia¬
gnose Pemphigus der Bindehaut des Auges gestellt. Weil das rechte
Auge anscheinend noch gesund war, verordneten wir wegen der
Trockenheit und Spannung im linken Auge Salben und Oele. Patien¬
tin hat sich später der Behandlung entzogen und sich anderweitig
behandeln lassen.
Herr Dünger: Zur Klärung des Falles könnte die morpho¬
logische Blutuntersuchung beitragen. Findet sich eine nennenswerte
Vermehrung der eosinophilen Zellen, so würde das sehr zugunsten
der Annahme eines Pemphigus sprechen, da bei dieser Krankheit stets
sine mehr oder weniger erhebliche Eosinophilie vorhanden ist.
Herr W. L. Meyer dankt für die Anregung und bemerkt, dass
in dem betreffenden Falle diese Untersuchung noch nicht ausgeführt
wurde.
Herr Rudolf Panse: Die Schleimhautveränderung des vor¬
gestellten Falles ist keine typische Leukoplakie.
Herr Geis: Möglicherweise könnte auch die Tränensackver¬
änderung auf Pemphigus beruhen. Die Wassermann sehe Re¬
aktion war negativ ausgefallen.
Herr W. L. Meyer: Es soll bei der Kranken noch ein Versuch
mit Arsentherapie gemacht werden.
Herr Rupprecht II: Demonstrationen aus der pathologischen
Anatomie des Auges.
Der Vortragende demonstriert mit dem Projektionsapparat eine
grössere Anzahl mikroskopischer Präparate (Erkrankungen der Binde¬
baut und Hornhaut, Verletzungen, intraokulare Tumoren, Amotio re¬
tinae, sympathische Ophthalmie, Glaukom etc.). Die Präparate stam¬
men mit wenigen Ausnahmen aus dem Laboratorium der Freiburger
Universitäts-Augenklinik des Herrn Prof. A x e n f e 1 d.
Aerztlicher Bezirksverein Erlangen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 22. November 1912.
Herr S t o r a t h demonstriert die Schwebelaryngoskopie nach
Killian an einer Patientin und trägt bei derselben das rechte
tuberkulöse Stimmband ab. Der Demonstration ging eine kurze
Erläuterung der Geschichte und des Prinzipes der
genannten Untersuchungsmethode voraus, sowie ein
kurzes Referat über die an der oto-laryngologischen Klinik bisher
schwebelaryngoskopisch behandelten 5 Fälle. In 4 Fällen bestand
Larynxtuherkulose neben teils manifester, teils latenter Lungentuber¬
kulose. Davon ist ein Fall anscheinend geheilt, zwei bedeutend ge¬
bessert mit Aussicht auf Heilung, ein Fall starb einige Monate nach
der Operation an Hämoptoe. Zur Herbeiführung des Dämmer¬
schlafes gaben wir 2 mal 0,015 Morphium + 2 mal 0,0003 Skopo¬
lamin (frisch bereitet). Obgleich diese Dosen grösser sind als sie
Killian empfohlen hat, waren wir mit dem Dämmerschlaf nicht
ganz zufrieden, da die Patienten z. T. starke Schmerzen äusserten.
Vielleicht wird dieser Uebelstand durch den neuen A lb recht -
sehen Spatel gemildert, der die Epiglottis schont, wenn man nicht
vorzieht in der Klinik die Allgemeinnarkose mehr zu verwenden.
Bei den Operationen in der Schwebe, besonders an
der Rückwand des Larynx wurde es bei manchen Fällen für den
Operateur unangenehm empfunden, dass der Kehlkopf immer auswich
und die Doppelkürette liier nicht gut fasste; besonders fiel es in dem
5. Falle auf, wo wir einen derben pachydermischen Tumor bei einem
Knaben an der hinteren Wand abtrugen. In Zukunft beabsichtigen
wir deshalb, den Kehlkopf durch ein Instrument, welches denselben
vom Hypopharynx her haJbringförmig umgreift und so gleichsam
2 Finger ersetzt, zu fixieren.
Herr v. Kryger bespricht einen Fall von traumatisch ent¬
standener (Sturz) subduraler Blutung, die vom Vortr. mit bestem
Erfolge operativ behandelt worden war.
Herr Kleist demonstriert an dem betr. Patienten die zurzeit
noch bestehenden nervösen Störungen, nämlich Residuen von
motorischer Aphasie und Apraxie der Hände, zumal rechterseits.
Herr Toenniessen: Ueber die Variabilität und Artbeständig¬
keit der Bakterien. (Mit Demonstration.)
Verf. geht von Versuchen aus, welche mit dem Friedlände r-
schen Pneumoniebaziilus angestellt wurden. Dieser Mikroorganismus
ist befähigt, auf dem gewöhnlichen Schrägagar innerhalb einer Kultur¬
generation eine Varietät abzuspalten, welche im Gegensatz zu dem
Ausgangsmaterial keine Kapsel bildet und avirulent ist. Die Ent¬
stehung der Varietät ist eine mutationsartige, denn die Varietät tritt
sprunghaft auf (im Verlauf einer Kulturgeneration vollkommen aus¬
gebildet), ist erblich und schlägt bei Uebertragung alter Kulturen
in den normalen Typus zurück. Damit ist erwiesen, dass ein patho¬
gener Keim durch Mutation in den saprophytischen Zustand über¬
gehen, seine Virulenz jedoch durch einen Rückschlag in den para¬
sitären Zustand auf einem ihm zusagenden Nährboden auch ohne
Tierpassage wiedergewinnen kann. Die Beständigkeit des Normal¬
typus und der Varietät unter gewissen Bedingungen sowie die Ten¬
denz der Varietät zu Rückschlägen in die parasitäre Form auch ohne
Tierpassage ist ein Beweis für die ausserordentliche Artbeständigkeit
der Bakterien trotz ihrer Fähigkeit, in fast allen ihren Eigenschaften
zu variieren. Unter Berücksichtigung der Befunde anderer Autoren
lässt sich folgern, dass auch duch die weitgehenden Veränderungen,
welche an den Bakterien in letzter Zeit als Mutationen be¬
schrieben wurden, noch nicht der Nachweis einer experimentell er¬
zielten Artumbildung erbracht wurde. Wenn auch als logische
Konsequenz der Deszendenztheorie eine weitere Umbildung der Bak¬
terien als möglich, sogar wahrscheinlich, anerkannt werden muss,
sind die Bakterienarten in praktischer Beziehung doch als beständig
anzusehen.
Diskussion: Herren Spuler, Heim, Weichardt,
Hauser, Seitz.
Geschäftliches.
Aerztlicher Verein in Hamburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 28. Januar 1913.
Vorsitzender : Herr K ü m m e 1 1.
Herr Kotzen b erg berichtet über 2 Fälle von Myxoedema
congenitale, in denen er nach Versagen der internen Organotherapie
Schilddrüsengewebe transplantiert hat. Es handelte sich um 2 Ge¬
schwister von 2 bzw. 3 Jahren; die Transplantation der mütterlichen
Schilddrüse führte er in dem einen Falle in die Milz nach P e y e r,
in dem anderen in die Metaphyse der Tibia nach Kocher aus.
K. bespricht die schwierige Technik dieser Operation, für die ein
besonderes Instrumentarium benutzt wird und empfiehlt zwei¬
zeitiges Operieren. Organe mit innerer Sekretion brauchen eine
starke Ernährung, um nicht einer Nekrose anheimzufallen. Die Blu¬
tungsgefahr bei Verwendung von Milz und Knochenmark wird durch
das zweizeitige Vorgehen verringert. Der in den vorgestellten Fällen
bisher erzielte Erfolg ist sehr ermutigend.
Herr K Ummell stellt a) einen Herrn vor, bei dem er vor
5/i Jahren wegen Karzinom die Zuge total exstirpiert hat. Intravenöse
326
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
Narkose. Unterbindung der Art. lingualis. Wangenschnitt, fast blut¬
lose Exstirpation ähnlich wie in dem vor 1 Jahr vorgestellten Fall von
Tonsillarkarzinom. Totalexstirpation. Pat. kann gut sprechen und
schlucken. Der Mundboden hat an Stelle der Zunge einen Wulst ge¬
bildet, durch den die Bewegung der Speisen im Munde erfolgt.
b) Demonstration einer durch ein weitgehendes Karzinom des
Bodens der Mundhöhle völlig sequestrierten Zunge, die durch ein¬
fachen Zug mit einer Pinzette total aus dem Munde gelöst werden
konnte.
Herr S u d e c k bespricht an der Hand von 4 vorgestellten Fällen.
Röntgenbildern und Präparaten die Methoden der Unterkieferresek-
tion wegen grosser maligner Tumoren und der dazu notwendigen
Prothesen. Die Resultate sind kosmetisch und funktionell aus¬
gezeichnet. Die Zusammenarbeit mit einem Zahnarzt, der die Im-
mediatprothese schon vor der Operation vorbereitet, so dass sie so¬
fort eingesetzt wird, hat sich bewährt. Welche der Prothesen man
wählen muss (Sauer sehe schiefe Ebene, Elfenbein, Kautschuk
etc.) hängt von der Ausdehnung des Tumors und der Resektionsaus¬
dehnung ab. Bisweilen muss auch ein Stück der äusseren Haut mit¬
entfernt werden; solche Defekte lassen sich durch Transplantation
(aus der Nackenhaut) decken. Die vorgestellten Fälle sind 3%, 4,
2 und 1 Jahr rezidivfrei.
Herr H e g e n e r demonstriert 2 Fälle von eigentümlicher Haut¬
verfärbung: Fall von Argyrosis, bedingt durch jahrelange Pinselung
eines Zungenulcus mit Höllensteinlösung und ein Fall von Addison-
scher Krankheit, der sich durch eine ganz enorme Mulatten-ähnliche
Hautverfärbung auszeichnet. In diesem Falle steht die Bronzeskin
derart im Vordergründe der Symptome, dass die Diagnose, ob es
sich wirklich um eine Nebennierenerkrankung handelt, zweifelhaft ist.
Alle übrigen typischen Stigmata sind nur gering vorhanden.
Vortrag des Herrn Lomnitz: Ueber die verschiedenen For¬
men der chronischen Obstipation.
Vom normalen, einmal in 24 Stunden erfolgenden Defäkationsakt
kommen Abweichungen nach verschiedenen Richtungen vor, derart,
dass seltener und häufiger der Stuhlgang abgesetzt wird, ohne dass
bei den Betreffenden Beschwerden bestehen. Von Obstipation ist im
allgemeinen erst zu reden, wenn eine Verzögerung des Stuhlganges
über 24 Stunden Unbehagen hervorruft. Vortragender schlägt vor,
primäre und sekundäre Obstipation zu trennen und bespricht zunächst
die letztere, die sich im Anschluss an Störungen der Zwerchfellbewe¬
gungen, der dekompensierten Herzfehler, verschiedener Leber- und
Gallenblasenerkrankungen, einzelner Magenerkrankungen, Ver¬
letzungen des Mesenteriums, Entzündungen in der Nähe des Darmes,
auch ohne dessen direkte Beteiligung, einstellt. Auch die Störung der
Funktion des Defäkationsaktes führt zu einer Erschwerung des Stuhl¬
ganges infolge von Erkrankung des Mastdarms, verschiedenster Art,
durch entzündliche Vorgänge im kleinen Becken und deren Folge¬
zustände, ferner durch Schwäche der austreibenden Kräfte (Bauch¬
decken- und Beckenbodenmuskulatur). In allen den Fällen, in denen
die Obstipation nicht anatomisch-mechanisch bedingt ist, wählt Vor¬
tragender mit Nothnagel und Oscar Simon die treffende Be¬
zeichnung: funktionelle Obstipation. Nothnagel hielt noch die
funktionelle Obstipation für proktogen, doch trifft dies nur für eine
kleine Anzahl von Fällen zu, die von Singer und Hertz besonders
studiert worden sind, von diesem Dyschezie, von jenem Torpor recti
genannt wurden. Adolf Schmidt und seine Mitarbeiter analysierten
zuerst den Kot von Patienten, die mit funktioneller Obstipation be¬
haftet waren und fanden ihn nach allen Richtungen hin besser aus¬
genützt, als den Kot der Normalen, auch wenn diese künstlich durch
Opium verstopft wurden. Auf diesen Tatsachen baute Schmidt
seine Theorie auf, dass die gute Resorption im Dünndarm die primäre
Erscheinung sei, aus dieser zu guten Ausnützung die Obstipation re¬
sultiere. Diese Theorie ist stark erschüttert durch die modernen
Röntgenbefunde bei der funktionellen Obstipation. Vortragender er¬
läutert die von verschiedenen Autoren erhobenen Befunde, die nicht
alle übereinstimmend sind, aber im wesentlichen doch intensive Zer¬
teilbewegungen sowie den namentlich von v. Bergmann und
Lenz gefundenen retrograden Transport aufweisen, also keine Ruhe
jm Dickdarm bei der funktionellen Obstipation, sondern sogar zum
Teil gesteigerte pathologische Tätigkeit zeigen. Da sicher auch der
Dickdarm in der Lage ist, nicht nur Wasser zu resorbieren, sondern
auch Stickstoff-, fett- und kohlehydrathaltige Substanzen aufzusaugen,
so findet auch der Opiumrausch Loh risch’, der ja dae Haupt¬
probe auf die Theorie der vom Dünndarm ausgehenden Verstopfung
bildete, seine besondere Erklärung der Art, dass durch die Opium¬
lähmung des Darmes die Möglichkeit einer einfachen Wasserresorp¬
tion noch vorhanden war, die pathologisch gesteigerten antiperistal¬
tischen und Zerteilungsbewegungen aber unterblieben, wodurch die
weitere Ausnützung des Kotes im Dickdarm sistiert wurde. Für die
Zukunft sind von der Röntgenmethode noch wertvolle Aufschlüsse
über die funktionelle Obstipation zu erwarten.
Diskussion: Herr v. Bergmann: Die alte F 1 e i n e r sehe
Trennung der Obstipation in spastische und atonische soll man
fallen lassen, da beide Formen beim gleichen Individuum Vorkommen.
Die Schmidt sehe Theorie der „Eupepsie“, durch die die eingedick¬
ten Kotmassen liegen bleiben, ist gleichfalls nicht richtig. Die alte
Auffassung von dem verlangsamten Kottransport ist durch die neueren
Röntgenuntersuchungen wieder gefestigt. Durch das Röntgenver¬
fahren kann man lokalisatorisch das Vorkommen der beiden Typen:
Aszendenstypus und proktogenen Typus beweisen und unterscheiden.
Auch die pharmakologischen Experimente bestätigen diese Auffassung.
B. demonstriert Röntgenbilder von Dickdärmen nach Pilokarpin-
Physostigmin, Atropin, Adrenalin und demonstriert an den Darm¬
bildern die Unterschiede der Wirkung. Gegen die Schmidt sehe
Theorie spricht auch die Therapie. Der Darm soll geschont, nicht ge¬
reizt werden. Eine schlackenreiche Kost macht Spasmen, während
eine schlackenarme Kost die Reize herabsetzt. Die habituelle Ob¬
stipation ist keine chemische, sondern eine motorische Erkrankung
des Kolon.
Herr Neumann berichtet über ähnliche Versuchsanordnungen,
aus denen der grosse Wert des Atropins bei den spastischen Formen
der Obstipation hervorgeht. Werner.
Naturwissenschaft!. -medizinische Gesellschaft zu Jena.
Sektion für Heilkunde.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 12. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr L e x e r.
Schriftführer : Herr Bennecke.
Vor der Tagesordnung.
Herr Henkel:
a) Röntgenplatte einer im 9. Monat Schwangeren, bei der kli¬
nisch die Diagnose auf Zwillinge gestellt war. Auf der Platte lassen
sich nun Drillinge nachweisen. Man sieht auf der rechten Darmbein¬
schaufel einen Kopf nach oben und rechts einen zweiten. Dani
sieht man eine kindliche Wirbelsäule ganz deutlich, welche zum
kleinen Becken zieht, die aber in keine Beziehung zu den beiden
Köpfen auf der Platte zu bringen ist, wohl aber mit dem dritten Kopi,
der durch die bimanuelle Untersuchung als im Becken stehend deut¬
lich nachzuweisen ist.
b) 2 Fälle von primärem Scheidenkarzinom mit gutem Erfolge
operiert durch abdominale Totalexstirpation — Entfernung von Uterus
mit seinen Adnexen und der ganzen Scheide im Zusammenhang.
c) 2 Fälle von Uterusruptur. Werden ausführlich in dieser
Wochenschrift publiziert.
Herr Lindig: Ueber Fermentwirkungen bei Schwangeren und
Tumorkranken als Beitrag zur Serodiagnose nach Abderhalden.
(Erscheint ausführlich an anderer Stelle dieser Nummer.)
Tagesordnung.
Herr Henkel: Künstliche Neubildung der Scheide.
Den ersten Versuchen einer künstlichen Neubildung der
Scheide lag die Absicht zugrunde, das Blut einer Hämato¬
me t r a zu entleeren. Es handelt sich hierbei also mehr um die
Bildung eines Kanals, der die dauernde •Sekretableitung aus dem
Uterus gewährleisten sollte. Dupuytren und Villau me (1817
und 1823) operierten in der angegebenen Absicht.
Mit dem ausgesprochenen Plan künstlichen Ersatz für ange¬
borenen Defekt zu schaffen, beschäftigte man sich erst seit dem
Jahre 1872 (Hepper, H-Schnitt!).
Gestielte Lappen, Thier sch sehe Transplantation wurden zur
Auskleidung des Kanals verwendet. Autoplastisch, homoio-
plastisch und heteroplastisch wurde vorgegangen. Die
Lappen resp. das Material stammte aus dem Oberschenkel, der
Scheide anderer Frauen, bei Prolaps gewonnen, etc. Auch Darm¬
schleimhaut vom Kaninchen wurde verwendet.
Die im speziellen angewandte Technik war
folgende:
Es wurde meist stumpf der Kanal zwischen Blase und Mastdarm
gebohrt, mehr oder weniger tief, und dann versuchte man den Kanal
mit Epithel auszukleiden.
Isaak und Brothers Umschnitten die Verschlussmembran
der Vulva und lagerten sie durch kräftigen Druck in die Tiefe. Das
sollte eine Art Ersatz von Portio und Scheidengewölbe sein. Die
Wand des Kanals wurde mit T h i e r s c h sehen Transplantationen
bedeckt.
Bumm spaltete die kleinen Labien und stülpte sie in den Wund¬
kanal ein. Pfannenstiel bohrte von oben her den Kanal
für die Scheide und nähte die Portio des vorhandenen Uterus in den
eröffneten Scheidenblindsack ein; er rechnete bei dieser Operation
damit, dass durch Retraktion ein genügend langer Kanal ent¬
stehen würde.
Das Prinzip aller dieser Operationen bestand immer darin,
dass der künstlich gebildete Kanal durch fortgesetzte Dila¬
tation weit gehalten werden musste; und man bemühte sich, ihn
auf die eine oder andere Weise zu epithelisieren.
Die Resultate waren in der ersten Zeit immer ganz gut, dann
kam aber der hinkende Bote hinterdrein: Durch Schrumpfung und
durch die Bildung druckempfindlicher Narben wurde der anfäng¬
liche Erfolg meist wieder vernichtet. Welchem Arzt oder welcher
Frau könnte man auch die täglich fortzusetzende Dilatation zumuten!
Das war aber die Voraussetzung für den kleinsten bleibenden Erfolg.
Originell war die Idee zur Auskleidung des Wund¬
kanals das Peritoneum zu verwenden, das geschah einmal
durch Herunterdrücken desselben mittels Tamponade und dann in der
Weise, dass der Bruchsack von derselben Frau verpflanzt wurde.
Einen wirklichen Fortschritt erzielte man in der ganzen
Frage der künstlichen Scheidenbildung erst, als man auf den Ge-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
327
. Februar 1913.
nken kam, Darmabschnitte zur Bildung der künstlichen
heide zu verwenden.
Q e r s u n y benutzte einen Längssteifen aus der vorderen Mast-
rmwand, der unten gestielt blieb, umgedreht wurde und zur Bil-
üig der vorderen Scheidenwand diente. Von diesem Lappen aus
Ute ohne weiteres die Epithelisierung der neuen Scheide vor sich
hen. Damit nun nicht Kotstauung die Wundheilung beeinträchtigte,
urde der Sphincter ani gespalten und offen gehalten,
e Gefahr der Operation bestand in der Tendenz zur Fistelbildung
d der Schrumpfung, der durch fortgesetztes Tragen von
ilatatoren entgegengewirkt wurde.
S n e g u i r e f f verwandelte den ganzen unteren Mastdarmschnitt
klusive Sphinkter zur Scheide, resezierte darnach das Steissbein,
ilte den oberen durchtrennten Mastdarmabschnitt herunter und ver-
andte ihn zur Bildung eines Anus praeternaturalis mit der Mündung
nter dem Sphinkter, der selbst als Scheideneingang diente. Mit
esem Verfahren war eine dauernde Inkontinenz für Stuhl und
ähungen verbunden.
Amann benutzte den vorderen Teil der Ampulla recti, welche
igeblich bei Genitalhypoplasie besonders weit sein soll, zur Neu-
Idung der Scheide.
Popo ff amputierte zur künstlichen Herstellung einer Scheide
nen entsprechend langen Abschnitt des Rektums oberhalb des
üiinkters und brachte diesen nach vorn. Danach wurde das obere
ektumende durch den Sphinkter hindurchgezogen und an der
isseren Haut befestigt. Zu dieser Operation, die dann auch weiter-
n von Schubert ausgeführt wurde, war die Resektion des Steiss-
ins nötig. Eine Eröffnung des Peritoneums braucht dabei nicht
^genommen zu werden.
B a 1 d w i n und M o r i verwandten Abschnitte des D ü n n -
arms zur Scheidenbildung. Der erstgenannte operierte
i Jahre 1904 so, dass er nach Bohrung des notwendigen Kanals
ne aus der Kontinuität ausgelöste Ileumschlinge herunterzog und so
nen Doppelkanal bildete, der naturgemäss der ausgesprochenen Ten-
nz zur Schrumpfung am intensivsten entgegenwirkte.
M o r i begnügte sich bei sonst ähnlicher Technik mit dem Her-
iterholen eines einfachen Dünndarmstückes.
H. berichtet im Anschluss daran über zwei eigene Ope-
ationen, die er nach der von Baldwin angegebenen Technik
leriert hat.
Die Technik war im speziellen so, dass der Hymenalsautn um-
Tinitten wurde, dann liess sich mit der Pinzette leicht ein strang-
tiges Gebilde abheben, das weiterhin leicht stumpf und mit wenigen
cherenschlägen auszulösen war. So gelangte man leicht in die
iefe, und der Kanal für die neue Scheide war ohne Nebenverletzung
:hnell gebildet. Das Douglasperitoneum blieb zunächst uneröffnet.
ann Laparotomie, Resektion eines ca. 25 cm langen Ileumstiickes,
:ssen Enden sofort geschlossen wurden. Die Kontinuität des lleums
urde durch Anastomose, Seit zu Seit, wieder hergestellt. Mit einem
indenzügel wurde nunmehr die Ileumschlinge durch den Kanal nach
röffnung des Peritoneums auf dem Beckenboden hindurchgezogen
nd aussen an der Haut der Vulva befestigt. Die ganze Operation
mg beide Male ohne den geringsten Zwischenfall vor sich. Nach
nigen Tagen wurde die Darmschlinge an ihrer Konvexität eröffnet
nd der zwischen den beiden Darmstücken befindliche Sporn ab-
equetscht. -Im 2. Fall operierte H. bei einer 21 jährigen Näherin
-nau so. Beide Operationen wurden am gleichen Tage ausgeführt.
i dem ersten Falle des 18 jährigen Mädchens handelte es sich um
inen Defekt von Scheide, Uterus und Tuben. Die Ovarien waren
achzuweisen. Bei der zweiten Patientin bestand eine Hämatometra,
ie zu sehr schmerzhaften Zuständen bei der Menstruation geführt
atte. Ein sehr ausgedehntes Exsudat im Parametrium verhinderte
i diesem Falle die Absicht, den Uterus mit der neuen Scheide in
erbindung zu bringen. Deshalb wurde exstirpiert. Die Technik
ieser Art der künstlichen Scheidenbildung nach Baldwin wird
on H. als einfach geschildert.
Mit einem kurzen Hinweis auf die Berechtigung derartiger
'perationen schliesst H. seine Ausführungen.
Diskussion: Herr Lexer schlägt gegen die Schrumpfung
es eingenähten Darmstückes die Neubettung mit Fettgewebe vor,
B. mit Hilfe eines Netzzipfels oder mittelst gestielter Fettlappen
us der Glutäalgegend. Bei langem S romanum ist vielleicht der Dick¬
arm besser als der Dünndarm zu verwenden. Bezüglich der
chleimhauthomoplastik (von Scheidenprolapsen anderer Patienten)
agt L., ob tatsächlich gute Erfolge bekannt wären.
Schlusswort Herr Henkel: Die homoplüstische Verwendung
on Scheidenlappen hat auf die Dauer nicht befriedigt.
Herr Lommel demonstriert Puls-, Venen- und elektrokardio-
raphische Kurven eines Falles von paroxysmaler Tachykardie,
enenkurven und Elektrogramm zeigten, dass es sich um eine vom
orhof ausgehende Tachykardie handelte und dass während des An¬
ales Vorhofflimmern bestand. Der anfangs gleichmässige Puls des
ichykardischen Anfalles zeigte nach kurzer Zeit stets die Merkmale
es Pulsus alternans. Vortr. erörtert im Anschluss an diesen Fall
en Mechanismus verschiedenartiger tachykardischer Anfälle. (Der
ortrag erscheint ausführlich an anderer Stelle.)
Herr Noll: Nachweis der Fettsubstanzen des Muskelgewebes.
Vortr. berichtet über eine Methode, durch Lösung des Eiweisses
er Muskelfaser die ohne weiteres nicht sichtbaren Fettsubstanzen
er Sarkoplasmas mikroskopisch darzustellen. Dies gelang durch
künstliche Verdauung mit Pepsin und Salzsäure, ferner durch Neutral¬
salzlösungen und 1 proz. Kalilauge, sowohl an der Skelettmuskulatur
vom Menschen, Säugetier, Vogel, Frosch, als auch am Herzen und
an glatter Muskulatur. Auf diese Weise liess sich das Fett in über¬
raschend grosser Menge innerhalb der Muskelfasern und Muskel¬
zellen sichtbar machen. Es wurden eine Reihe Zeichnungen nach
Osmium- und Sudanpräparaten epidiaskopisch gezeigt, aus denen
hervorging, wie mit zunehmender Lösung des Eiweisses immer
grösser werdende Fetttropfen auftraten. Ferner wurde auf die Aehn-
lichkcit hingewiesen, die diese Bilder mit denen der sogen, fettigen
Degeneration des Muskels haben.
Diskussion: Herr Rössle: Die Mitteilungen des Herrn
Vortragenden sind für den Pathologen besonders interessant, und es
gäbe manche histologische Erfahrung, welche sich mit den vorge¬
tragenen Befunden gut in Uebereinstimmung bringen Hesse, so z. B.
der Uebergang von albuminöser Entartung in die sogenannte fettige
Degeneration. Jedoch scheinen mir andererseits die Befunde in
Bezug auf ihre Beziehungen zur Frage der fettigen Degeneration im
allgemeinen noch zu vieldeutig. So müsste insbesondere die Art
dieser durch proteolytische Verdauung entstandenen Fettphanerose
mikrochemisch genauer definiert werden. Aus den vorgezeigten Fär¬
bungen lässt sich nicht sagen, ob nicht etwa nur eine postmortale
myelinige Dekomposition der Zellen vorliegt. Die Möglichkeit wäre ja
gegeben, dass durch die Verdauung nichts anderes bewirkt wird, als
eine besondere Beschleunigung des autolytischen Prozesses. Es
müsste deshalb vorerst das Verhältnis dieser künstlichen Verdauung
zum Vorgang der Autolyse genauer festgestellt werden. Gleich¬
gültig aber, ob nun Herrn Nolls Befunde nur für die Kenntnis der
Fettphanerose bei Autolyse bemerkenswertes bringen oder nicht, sind
sie als ein neuer experimenteller Weg für die Erforschung der Be¬
ziehungen zwischen Eiweiss und Fett in der Zelle sehr zu begriissen.
Herr Noll: Einen Versuch mit aseptischer Autolyse des Muskels
habe ich gemacht. Die Veränderungen verlaufen hierbei aber viel
langsamer als bei der künstlichen Verdauung.
Das Fett zeigte sich überall einfachbrechend. Ferner wurde
sein Verhalten gegen Nilblausulfat und mit der Benda-Fischler-
schen Methode der Fettsäurefärbung geprüft. Danach muss man das
„Fett“ im wesentlichen als eine Mischung von Neutralfett und Phos-
phatiden betrachten. Im Herzen ist sein Gehalt an Phosphatiden
grösser als im Skelettmuskel.
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 3. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr March and.
Schriftführer : Herr R i e c k e.
Herr Payr demonstriert eine 28jährige Patientin mit glücklich
ausgeführter Reposition einer reinen Beugungsluxation zwischen
4. und 5. Halswirbel.
Aufnahme 3 Wochen nach dem Unfall auf die chirurgische Klinik.
Die Verletzung war am 4. XI. 12 durch Herabstürzen von einem
Stuhle auf das Hinterhaupt entstanden. Kurz andauernde Lähmung
des ganzen Körpers. Nach einer Stunde schwerer Ohnmachtsanfall.
Im rechten Arm Parästhesien und Kontrakturen, die schon nach
Tagen zurückgingen, links unvollständige Plexuslähmung (stärkste
Beteiligung der Muskeln des Schultergürtels sowie des Vorder¬
armes). Sowohl Drehung, als Beugung der Halswirbelsäule sind sehr
eingeschränkt. Das Röntgenbild zeigt die Beugungsluxation
mit Verhakung der Gelenkfortsätze in deutlichster Weise.
Die Reposition wurde am 26. XI. 12 in der Weise aus¬
geführt, dass die Patientin nach vorheriger Skopolamindarreichung
mit Glisson scher Schlinge um den Hals unter den B e e 1 y sehen
Rahmen gesetzt wird; es wird soweit extendiert, dass die Patientin
gerade noch mit den Nates die Sitzfläche des Stuhles erreicht und
sich im halbwachen Zustande durch aktive Muskeltätigkeit in dieser
Lage erhält.
Es wird nun vorsichtig bis zum Nachlassen der Muskelspannnng
narkotisiert, noch etwas stärker extendiert und durch leichte Rück¬
wärtsbeugung bei durch eine Schlinge nach vorn angezogener
unterer Halswirbelsäule die Einrenkung ausgeführt.
Die Röntgenkontrolle erweist eine nahezu vollständige
Rückkehr der Lage der beiden Wirbel zur Norm. Eine ganz gering¬
gradige noch vorhandene Verschiebung ist vielleicht durch Auf¬
lagerung von neu gebildetem Bindegewebe auf die Gelenkfortsätze
zu erklären.
Jedenfalls war aber der Erfolg auch klinisch sofort bemerk¬
bar, indem die Halsbewegungen nach dem Erwachen aus der Narkose
vollkommen frei waren und die Plexuslähmung schon innerhalb
24 Stunden ganz zuriiekging. (Nach 8 Tagen vollkommen.)
Patientin wird noch für kurze Zeit mit Extension in Reklinations¬
stellung nachbehandelt.
Diskussion zum Vortrag des Herrn Nebel über Pneumo¬
thorax.
Herr Stephan (a. G.) demonstriert eine Patientin aus der
v. Strümpell sehen Klinik, bei der vor 3 Monaten ein linksseitiger
Pneumothorax angelegt wurde. Zu Beginn Hessen sich sehr inter¬
essante Beobachtungen in Bezug auf die anzuwendende Technik
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
machen. Es ergab sich nämlich die Unmöglichkeit, mit Hilfe der
üblichen Technik die Pleurablätter in ausgedehnterer Weise von ein¬
ander abzulösen. Die physikalische und radiologische Untersuchung
hatten vorher einen freien Pleuraspalt sehr wahrscheinlich gemacht.
Nach zweimaligem Versuch wurde zunächst das Anlegen eines
Pneumothorax aufgegeben und erst später, auf Drängen der Patientin,
von neuem aufgenommen. Vortr. ging dann in der Weise vor, dass
er an den verschiedensten Stellen, am Rücken, in der axillaren Zone
und an der Brust mit einer feinen Punktionsnadel, an der ohne
Unterbrechung der Stickstoffleitung zur Kontrolle eine Rekordspritze
angebracht war, einging und in zahlreichen Sitzungen kleine Stick¬
stoffmengen (5 — 20 ccm) unter hohem Druck zwischen die Ver¬
wachsungen einpresste. Irgendwelche Zwischenfälle kamen dabei
nicht zur Beobachtung. Nach 6 Wochen war es auf diesem Wege
möglich geworden, eine totale Immobilisierung der Lunge zu er¬
zielen. Dass es sich allenthalben um starke, flächenhafte Ver¬
wachsungen der Pleurablätter gehandelt hatte, war aus der mano¬
metrischen Kontrolle zu ersehen. — Vortr. führte an Hand des Falles
weiter aus, dass es nicht erlaubt ist, die sogen. Punktionsmethode
a priori zu verwerfen. Wenngleich die Behauptung zu Recht besteht,
dass es mit der Brauer sehen Methode gelingt, mehr Patienten der
Pneumothoraxtherapie zuzuführen als mit der reinen Punktions¬
methode, so zeigt der demonstrierte Fall andererseits, dass auch
bisweilen die Forlaninimethode der anderen überlegen ist. Im vor¬
liegenden Falle hätte man mit der reinen Schnittmethode schon nach
dem ersten Eingriffe den Versuch als aussichtslos aufgeben müssen.
Die Zukunft der Pneumothoraxtherapie dürfte im übrigen wohl in
der Kombination beider Methoden liegen. Der erstmalige Eingriff
geschieht dabei am besten durch einfache Punktion unter Manometer¬
kontrolle; sie ist in erfahrener Hand ungefährlich und weit weniger
eingreifend als die Eröffnung des Thorax durch breiten Schnitt und
nachherige Naht. Nur wenn sich auf diese Weise ungünstige Ver¬
hältnisse ergeben, ist — im allgemeinen — ein weiterer Versuch mit
der Brauer sehen Methode zu unternehmen. (Wird ausführlich an
anderer Stelle publiziert.)
Herr Nebel (Schlusswort).
Herr Schüffner demonstriert Mikropliotos von Konjunktiva-
abstrichen, die von malayischen Trachomkranken stammten, mit den
von Prowazek und Halberstädter entdeckten Einschlüssen
(Chlamydozoen). Auf den Bildern ist der dimorphe Charakter des
Trachomerregers gut zu erkennen. Die grösseren, oft mit Kokken
verwechselten Initialkörperchen in ihrer etwas unregelmässigen, an
Pflastersteine erinnernden Form und die kleineren, sich mit Qiemsa
rot färbenden Elementarkörperchen. Beim Wachsen des Einschlusses
verschwinden die Initialkörperchen allmählich und es bleiben nur
verschwommene Reste des an ihrem Aufbau beteiligten Plastins,
blau färbbar, zurück. Die Epithelzelle scheint unter der Ein¬
wanderung und Entwickelung der Parasiten nicht sichtbar zu leiden,
ihr äusserer Habitus, vor allem auch der Kern, bleiben durchaus
erhalten und funktionstüchtig. Die Infektion trägt daher den
Charakter einer Symbiose (Prowazek), die sehr chronisch ver¬
läuft und nur zu einer Epithelvermehrung und Verdickung führt. Die
Infektion verursacht aber wohl eine Resistenzverminderung des
Epithels, das nun durch sekundäre Prozesse leichter geschädigt und
zerstört wird. Die schweren Folgen des Trachoms, Schrumpfung,
Pannus, fasst S. im Sinne Prowazeks als sekundär bedingt auf.
Die Kleinheit der Elementarkörperchen, auf den Photos scharf hervor¬
tretend, macht ihre Filtrierbarkeit verständlich. Diese Eigenschaft
haben sie mit den übrigen Chlamydozoen gemein, die sich dadurch,
sowie durch ihre Fähigkeit, Reaktionsprodukte in der Zelle zu bilden
(Neg rische, Guarnirische, Molluskumkörperchen) und endlich durch
ihr chemisches Verhalten gewissen Stoffen gegenüber von Bakterien
unterscheiden. Dass es ein vermehrungsfähiges Virus ist, wird da¬
durch bewiesen, dass es passagenweise auf anthropoide Affen über¬
impft werden konnte.
An zweiter Stelle gibt Schüffner eine Uebersicht seiner
15 jährigen Tätigkeit als ärztlicher Berater der Senembahgesellschaft
auf Deli-Sumatra (ein grosses Tabaksunternehmen mit 6 Pflanzungen,
mit ca. 7000 farbigen Arbeitern, teils Chinesen, teils Javanen, arbeitend;
im Tropenflachlande gelegen, mit ca. 500 Quadratkilometer be¬
tragendem Landbesitz). Das „Klima“ dort war wegen seiner
mordenden Eigenschaften berüchtigt. S. demonstriert das an Hand
einer Mortalitätsstatistik, wobei er ausser den 14 selbst erlebten
Jahren noch die 7 Jahre vorher mit heranzieht und die ganze Zeit
in drei Perioden zu etwa 7 Jahren einteilt. In der ersten Periode,
während welcher hygienisch fast nichts geschah, hat die Kurve einen
springenden Charakter; je nach dem Fernbleiben oder dem Einfallen
von Epidemien, denen die Leute hilflos preisgegeben waren, bleibt
die Mortalität auf 32 P r o m. oder steigt bis a u f 136 P r o m„ d. h.
also: der Arbeiterbestand wurde mehr als dezimiert. Der Durch¬
schnitt in diesen Jahren war eine Mortalität von 73 Prom.; normaler¬
weise hätte sie in dem Lebensalter von 20 — 50 Jahren etwa 10 Prom.
sein sollen.
In die zweite Periode von 8 Jahren fällt der Kampf gegen die
Krankheiten, den S. nach modernen Prinzipien aufnahm. Die Kurve
zeigt von Anfang an eine fallende Tendenz, nicht mehr die riesigen
Differenzen der früheren Periode, sondern hält sich zwischen 60 Prom.
und 19 Prom.; durchschnittlich starben in diesen Jahren 41 Prom.
der Arbeiter, also 32 Prom. weniger als in der ersten Periode.
No. 6
Die dritte Periode endlich zeigt die Mortalität auf ihr Mindest¬
mass herabgedrückt, hier schwankt sie nur noch z Wischer
15 Prom. und 9,7 Prom., der Durchschnitt für diese Periode be¬
trägt 11,5 Prom., also nur noch wenige Zehntel von dem idealer
Stande entfernt.
Die wichtigste Periode ist die zweite, in welche die Aufklärungs¬
arbeit über die früher vielfach verkannten Krankheiten fällt, ferner
das Tasten nach geeigneten Bekämpfungsmitteln und Methoden, bis
zur vollendeten Assanierung.
Von ausschlaggebender Bedeutung war die Vertreibung der
Beriberi, der alimentären Polyneuritis, durch Kostveränderung; dann
der Cholera durch Quarantäne und durch sehr rigorose Nahrungs¬
überwachung einer jeden Arbeitergruppe, wo plötzlich Cholera
einfiel. Die Leute müssen dann für einige Tage nur heisse
Nahrung zu sich nehmen, aus reinen Schüsseln mit ge¬
waschenen Händen; alle Reste werden entfernt, so dass sie nicht als
Nährböden für Choleravibrionen dienen können, die durch Kontakt
oder Fliegen dort hingebracht werden können. Derartige Mass-,
nahmen sind natürlich nur gegen eine Krankheit, wie die Cholera'
möglich, welche in Deli nur rasche Raubzüge hält. Neuerdings!
wurden auch durch die Schutzimpfung grosse Erfolge erzielt.
Ferner ist dauernd die Bekämpfung der Ankylostomiasis im
grössten Massstabe durchgeführt worden. Am längsten widerstand
die stets im Lande sich befindende Dysenterie, und zwar haupt¬
sächlich die Amöbendysenterie. Obwohl man früher schon gegen
sie durch Versorgung der Arbeiter mit Thee vorging, so wich sie
doch erst, nachdem diese Theeversorgung in solcher Reichlichkeit ge-!
handhabt wurde, dass die Leute schlechterdings nicht mehr in die
Notlage kamen, unreines Wasser zu trinken. Die Leute erhielten
nicht nur Thee, wenn sie auf Arbeit gingen, sondern er wurde ihnen!
in die weit auseinanderliegenden Felder, wo die Leute einzeln, in
Abständen von 2 — 300 Metern arbeiten, mehrmals den Tag über!
nachgetragen. Dieses System gab für die Amöbendysenterie den
Ausschlag, sie ging herunter, und ist es auch seitdem geblieben.
S. weist besonders darauf hin, dass für Cholera und für Typhus diesei
Theeversorgung nicht genügte, und dass darum der Weg, den diese
beiden Infektionen nehmen, nicht vorwiegend der über das Wasser,
der hier ja ausgeschaltet wurde, sein kann.
Die Rolle der Malaria hat man in Deli früher überschätzt, sie
kommt für die Mortalität ebensowenig wie die Pocken, welche durch
die Vakzination ausgeschaltet wurden, oder wie die Pest in Betracht.
Dagegen droht als neue Gefahr das Gelbfieber, wenn nach der Er¬
öffnung des Panamakanales der Weg zur Ostküste Amerikas offen,
gestellt wird.
Die hier erreichte Assanierung, eine der ersten in den Tropen
überhaupt, vor allem aber der jetzt schon 8 Jahre lang dauernde
Bestand des Erfolges gestatten einen hoffnungsvollen Ausblick in die
Zukunft tropischer Kolonien, und zeigen, welches dankbare Gebiet
für hygienische Pionierarbeit in den Tropen offen steht. (Wird als
Originalarbeit erscheinen.)
Diskussion: Herr Löh lein hält Herrn Schüffner
gegenüber auf Grund der vorliegenden epidemiologischen Erfah¬
rungen, speziell auch seiner eigenen in Kamerun, für wahrscheinlich,
dass bei der Amöbiasis Kontakt infektion die wichtigste
Form der Verbreitung ist.
Herr Schüffner bemerkt, dass für die Amöbendysenterie die
Verschleppung durch Fliegen viel weniger oder überhaupt nicht ir
Betracht komme als wie für die viel kleineren und in unendlich
grösseren Massen entleerten Cholera- und Typhusbazillen. Bei diesem
bakteriellen, im Gegensatz zu den Amöben im Freien vermehrungs¬
fähigen Virus versagt daher eine einseitige Trinkwasserversorgung,
die bei der Amöbendysenterie den augenfälligen Erfolg hatte. Bei
Typhus und Cholera muss man in gleicher Weise auf die Infektion
durch Nahrungsmittel achten. I
Herr Abel weist auf die grosse Bedeutung der von Schüff¬
ner durchgeführten Organisation zur Tropenhygiene hin.
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 7. November 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Herr Friedeberg stellt einen Fall von Polymastie vor, der
einen jungen Mann mit zwei überzähligen Brustdrüsen betrifft. Die¬
selben sind symmetrisch an der vorderen Bauchwand angeordnet
Der Warzenhof ist wie bei den beiden normalen dunkel pigmentiert:
sein Durchmesser beträgt 7 mm. Ein Ausführungsgang ist auf der
Mammillen, selbst mit starker Vergrösserung, nicht festzustellen
Störungen haben die überzähligen Brustdrüsen hier niemals ver¬
anlasst.
Diskussion: Herr Kluge: M.H.! Ich erinnere mich be
der Vorstellung des Kollegen Friedeberg, dass wir Militärärzte
im Anfang der 90 er Jahre als Stabsärzte auf Bitten des Anatomer
Prof. Bardeleben angewiesen wurden, bei dem Ersatzgeschäü
auf alle Fälle von „Polymastie“ oder wie damals gesagt wurde
„Hyperthelie“ (von die Brustwarze) zu achten. Ich habt
damals eine ganze Reihe solcher überzähliger Brustwarzen bei der
jungen Leuten gefunden, etwa 5 auf 1000. Es fiel schon damals aut-
![. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
329
iss die Stellung der überzähligen Warzen, wie sie es auch in dem
er vorgestellten Falle sehen, in einer schräg von oben aussen nach
neu unten verlaufenden Linie stehen, man verglich es damals mit
in Sitz der Knöpfe beim Ueberrock der Offiziere. Nach der
■utigen Mode stimmt das allerdings nicht mehr.
Herr Wendel: Demonstration eines Falles von multiplen tuber-
ilösen Strikturen des Dünndarmes.
Fs handelt sich um eine 33 jährige Frau, welche schon seit
Jahren an Darmbeschwerden litt, die sich in den letzten Wochen
i ileusartigen Symptomen steigerten: Schmerzhafte Darmsteifungen,
■brechen, Stuhlverhaltung, Meteorismus. Besonders gut sicht- und
lilbar waren die Darmsteifungen, und zwar sah man stets mehrere
armschlingen sich gleichzeitig steifen. Im Röntgenbilde nach
ismutmahlzeit waren sehr deutlich verschiedene Dünndarm-
Illingen, durch Einschnürungen getrennt, zu erkennen. Bei der
peration fanden sich im Dünndarm, ziemlich regelmässig verteilt,
ehr als 12 Stenosen, welche 20 — 30 cm voneinander entfernt waren,
ie zwischen ihnen gelegenen Darmabschnitte waren stark gefüllt,
ebläht. ihre Wand hypertrophisch. Die Stenosen selbst wurden
rrch harte, plattenartige Infiltrate der Submukosa gebildet. Ihr
ittelpunkt entsprach dem Mesenterialansatze. Sie umfassten 2/s bis
des Darmumfanges. Die Serosa war ganz unverändert und mit
;r Muskularis gegen die Infiltrate verschieblich. Durch narbige
:hrumpfung war, ähnlich wie beim Sanduhrmagen, die Darmwand
i das Infiltrat herangezogen und dadurch eine hochgradige Stenose
erursacht. Die gleichzeitig vorhandenen mesenterialen Lymph-
lotenschwellungen und eine nachweisbare rechtsseitige Lungen-
ithise sprechen für eine tuberkulöse Natur der Stenosen. Es blieb
.veifelhaft, ob in der Mitte der Infiltrate noch Ulcera vorhanden oder
les nur Narbe war. Zweifellos aber waren es keine floriden tuber-
jlösen Ulcera, sondern in der Vernarbung begriffene. Frei von den
eränderungen waren ausser dem ganzen Dickdarm etwa 100 ccm
am obersten Jejunum und 20 cm vom untersten Ileum. Eine Darm-
:sektion erschien bei dem grossen Ausfall von vornherein aus-
;schlossen. Daher wurde einfach oberhalb und unterhalb der Ste¬
ssen zwischen Jejunum und Ileum eine seitliche Anastomose mit
aht angelegt. Diese hatte den besten Erfolg. Völliges Verschwin-
;n der Beschwerden. Gewichtszunahme, keine Durchfälle.
Demonstration der Patientin und der Platten.
Herr R e t z 1 a f f : Ueber Venennaht.
Vortr. stellt einen 33jähr. Mann vor, der mit Kompressions-
erband um den linken Oberarm in der Nacht des 7. X. 12 in die
udenburger Krankenanstalt eingeliefert war. Nach Abnahme des
erbandes trat eine starke Blutung aus der linken Achselhöhle auf,
ie von 2 Messerstichen herrührte. Da man das blutende Gefäss
iclit zu Gesicht bekommen konnte, wird die Operation in Narkose
ngeschlossen. Die kleinen Stiche werden durch Inzision der weit
nterminierten Haut erweitert. Man konnte nun erkennen, dass kurz
or Uebergang der Vena axillaris in die Venae brachiales sich in der
rsteren ein 3 cm langer Schnitt befand. R. nähte die Vene fort-
iufend in der Längsrichtung mit feinem Katgut, darauf Unterbindung
lehrerer kleiner Aeste in der anderen erweiterten Stichöffnung. Die
Vunde heilte primär. In der Blutableitung des linken Armes ist
eine Störung eingetreten.
Herr Kluge: Ueber Sterilität.
M. H.! In diesen Tagen wurde mir von einer jungen Frau
leiner Klientel, welche im verflossenen Sommer zweimal wegen
ehlgeburt behandelt werden musste und die noch jetzt im Anschluss
n den letzten Abort an einer eitrigen Endometritis leidet, das In-
trument, welches ich Ihnen hier zeige, übergeben. Sie hatte selbst
ie Ueberzeugung gewonnen, dass die jetzige Nachkrankheit wohl
ine Folge des Gebrauches dieses Instrumentes sein müsse. Vor
lehreren Jahren sind von ihr zwei gesunde Kinder geboren,
iinschte dann, im Einverständnis mit ihrem Mann, keine Kinder
lehr. Der zuerst Jahre hindurch geübte Coitus interruptus machte
en Mann nervös; es wurde dann der Frau auf ihre Mitteilungen hin
on einer Verwandten das Sterilet übergeben, welches sie sich selbst
ingefiihrt haben will mit dem Effekt, dass sie kurz hintereinander
Mal konzipierte und offenbar infolge des eingeführten Instrumentes
bortierte. Sie versicherte, nie mehr solche Mittel anwenden zu
rollen. Das Instrument führt, wie Sie aus dem aufgedruckten
tempel ersehen, den schönen Namen „Obstavit“ und wird als
Rauhs Uterusschutzpessar“ bezeichnet. Es ist in der Form und
n Aussehen viel gefälliger als das berüchtigte H o 1 1 w e g sehe
terilet, und da es aus Aluminium gefertigt ist, sehr leicht. Dass
s ebenso unsicher auf die Verhütung der Konzeption und beför-
ernd auf die Herbeiführung des Abortes wirkt wie das Ho 11 weg -
ehe. ersehen Sie aus meiner Mitteilung.
Herr Wendel bespricht die von ihm bevorzugte Operation der
ctopia testis nach Katzenstein, besonders unter Hinweis auf
ie von Habs der Gesellschaft empfohlene Operation der Ver-
igerung des ektopischen Testis in die kontralaterale Skrotalhälfte.
he Operation nach Katzenstein benutzt bekanntlich einen
appen aus dem Oberschenkel mit Fascia lata, um einen dauernden
lug am Testikel so lange auszuführen, bis der Samenstrang hin¬
eichend gedehnt ist, dass er den im Grunde des Skrotum liegenden
loden nicht mehr nach oben ziehen kann. Wer den Operationsplan
iest, hält ihn für sehr kompliziert. In Wirklichkeit ist aber die
echnik sehr einfach. Sie gibt auch bei Leisten-, ja selbst noch bei
lauchhoden so gute Resultate, wie keine andere Methode. Der
Vortragende hat nie einen Versager gehabt. Er sieht den grossen
Vorteil der Methode darin, dass der Testikel, welcher selbst bei
starker operativer Dehnung des Samenstranges stets Neigung hat,
wieder sich nach oben zu verlagern, an der Oberschenkelfaszie
unterhalb des Grundes des Skrotums fixiert und da¬
durch wirklich nach unten gezogen wird. Das Skrotum selbst kann,
wie man auch in ihm den Testikel befestigen möge, keinen Wider¬
stand gegen den Zug nach oben leisten, sondern muss diesem Zuge
folgen. Man findet daher nach den anderen Operationsmethoden den
oder die Hoden am Damm an der Peniswurzel sitzen, nicht im Grunde
des Skrotums. Zwar wird von den Verfechtern dieser Fixation im
Skrotum angeführt, dass die Patienten sich manuell später den
Hoden herabziehen. Aber bei jüngeren Knaben, wo man schon der
komplizierenden Hernien wegen oft zu operieren gezwungen ist, kann
eine solche Manipulation am eigenen Testis weder aus erzieherischen
Gründen gutgeheissen, noch auch so konsequent durchgeführt werden,
dass sich der gewünschte Erfolg versprechen lässt. Aber auch bei
älteren Individuen ist eine Operation vorzuziehen, die es ganz dem
Arzte überlässt, wann er die Dehnung des Samenstranges für hin¬
reichend hält. Dann wird in Lokalanästhesie die Basis des Lappens
durchschnitten und die kleinen Wunden an Oberschenkel und Skrotum
durch Naht geschlossen.
Diskussion: Herr Habs: Die von mir angegebene und auf
dem Chir.-Kongress 1910 in der Diskussion (cf. Verhandlungen
Seite 64) mitgeteilte Operationsmethode zeitigt — im Gegensatz zur
Annahme des Kollegen Wendel recht gute Resultate; die Methode
gleicht im ersten Teil (möglichst hohe Befreiuung des Samenstranges)
der des Herrn Katzenstein, weiterhin aber wird der Hoden
fixiert dadurch, dass man in das Septum scroti ein kleines Loch
macht, in der anderen Skrotalhälfte stumpf eine Lage für den Hoden
bohrt, den Testis durch den Septumschlitz in die andere Skrotal¬
hälfte verlagert und den Septumschlitz durch einige Nähte derart
verengert, dass die Testis nicht zurückschlüpfen kann. Es wird
also der Testis tiefer als die Peniswurzel fixiert und er kann nicht
nach oben zurückschlüpfen, da ihn das derbe Septum daran ver¬
hindert. Bei doppelseitigem Kryptorchismus wird durch den gleichen
Septumschlitz der rechte Hoden in die linke, der linke in die rechte
Skrotalhälfte verlagert. — Dasselbe Verfahren hat jetzt (Bull, de l’acad.
medec. 1912, No. 11) der französische Chirurg Ch. Walther ver¬
öffentlicht und empfohlen. — Die Methode ist für die Patienten
bequemer wie die Katzenstein sehe. Das weitere Herabtreten
des Hoden resp. die weitere Dehnung des Samenstrangs wird von
den Patienten manuell durch Abwärtsziehen des Testis erreicht,
anstelle des Zuges durch 'Oberschenkelbewegungen bei der
Katzenstein sehen Methode.
Herr Kluge: Ich möchte den Herrn Vortragenden nur fragen,
ob es sich auch schon in den Kinderjahren empfiehlt, bei Erschei¬
nungen von Inkarzeration des Testikels im Leistenkanal die Ope¬
ration zu empfehlen, auch wenn z. B. im Liegen der im Stehen nach
oben abgewichene Testikel sich wieder in den Hodensack hinein¬
schiebt und dann keinerlei Beschwerden bereitet, während er aller¬
dings im Stehen offenbar lebhafte Schmerzen verursachte. — Ich
habe vor wenigen Tagen einen solchen Fall bei einem 5 jährigen
Knaben gesehen. —
Herr Wendel erwidert Herrn Kluge, dass er die Operation
gern bei Knaben ausführt, ehe sie in die Schule kommen, damit
ihnen die Erkenntnis, dass sie an ihren Sexualorganen nicht normal
sind, erspart bleibt.
Herrn Habs erwidert er, dass nicht theoretische Auseinander¬
setzungen, sondern die praktische Erfahrung entscheiden müsse.
Er demonstriert deshalb einen 14 jährigen Patienten mit doppel¬
seitigem Leistenhoden. Rechts wurde der Hoden erst während der
Operation am inneren Leistenringe gefunden, links lag er dicht
hinter dem äusseren Leistenringe. Links war er schon vor der
Operation palpabel gewesen, rechts nicht. Ein eigentliches Skrotum
war überhaupt nicht vorhanden, sondern der Bulbus urethrae war
von einer runzeligen Hautfalte bedeckt, welche sich zwar dehnen liess,
aber sich sofort wieder an den Damm anlegte. Hier galt es also
erst ein Skrotum zu schaffen. Die Operation verlief folgender-
massen :
1. Freilegung der beiden Testikel durch Inguinalschnitt.
Dehnung des Samenstranges und Herunterziehen desselben aus der
Bauchhöhle unter breiter Spaltung des deckenden hinteren Peri¬
tonealblattes. Radikaloperation der komplizierenden Hernie.
2. Bildung eines Lagers für jeden Hoden in der gleichnamigen
Hälfe des rudimentären Skrotums. Durchstossung der tiefsten Stelle
des Skrotum mit der Kornzange. Beiderseits wird die Albuginea des
Hodens mit mehreren Seidennähten gefasst und dadurch der Hoden
durch den Skrotalschlitz nach dem Oberschenkel zu hervorgezogen.
3. Bildung eines Haut-Faszienlappens mit unterer Basis bei stark
gebeugten Oberschenkeln, welche gleichzeitig etwas abduziert sind.
Die Albugineatestis wird mit Seide fest an die Fascia lata genäht,
die Haut des Lappens an den Schlitzrand des Skrotums. Dadurch
wird zugleich das Skrotum so nach abwärts gezogen, dass es den
Testis wieder umgibt.
Die Nachbehandlung bestand in allmählicher Streckung der
durch Kissen gebeugt gehaltenen Oberschenkel. Wundheilung pri¬
mär. Der jetzt demonstrierte Patient ist 4 Wochen nach der Ope¬
ration, seit 10 Tagen ausser Bett. Er geht umher. Beim Gehen
sieht man, wie der Oberschenkel jedes Mal auf seiner Seite einen
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. (
330
Zug am Testikel .ausübt. Dieser Zug ist absolut nicht schmerzhaft,
er hindert den Patienten nicht am Gehen. Man fühlt den Testikel
am Grunde des Skrotums liegen. Er und das Skrotum sind an dem
kleinen Oberschenkellappen fixiert. Schon jetzt ist der Samenstrang
so gedehnt, dass bei Beugung des Oberschenkels der Testikel nicht
höher steigt. In kurzer Zeit kann die Basis des Lappens mit einem
Scherenschlag durchtrennt werden. Dann bildet das Stückchen
Oberschenkelhaut den Grund des Skrotum.
Vortragender wartet ab, ob man ihm mit anderen Methoden
einen gleichen Erfolg vorweise.
Herr Wendel: Demonstration eines Falles von Prostata¬
hypertrophie, kompliziert durch Blasensteine.
73 jähriger Mann, seit 6 Jahren komplette Ischurie, kathetcrisiert
sich selbst. Vor 1 Jahre wurden im Krankenhause Altstadt die
Blasensteine, welche sich gebildet hatten, durch Sectio alta entfernt,
nicht aber die Prostata. Die Steine haben sich wieder gebildet. Sie
wurden durch Katheter gefühlt und auf der Röntgenplatte dargestellt.
Es handelt sich um 2 kastaniengrosse Steine von der Gestalt eines
Tetraeders, im Gesamtgewicht von 50 g. Daneben war eine flächen¬
hafte Inkrustation der Blasenschleimhaut vorhanden, besonders in
dem tiefen Rezessus hinter der mächtigen Prostata. Diese wird
durch transvesikale Prostatektomie entfernt. Sie wiegt 85 g. Der
Patient, in Lumbalanästhesie operiert, hat die Operation sehr gut
überstanden. Er lässt von der 3. Woche ab seinen Urin ganz spon¬
tan in 3 — 4 ständigen Pausen. Er wird mit Blasenspülungen, Wil-
dunger Wasser, Urotropin solange nachbehandelt, bis der Urin klar
und sauer ist.
Der Vortragende verbreitet sich über die Behandlung der Pro¬
statahypertrophie in grossen Zügen. Er behandelt die akute Ischurie
mit regelmässigem Katheterismus, Blasenspülungen, Lindenblüten-
thee, Urotropin. Bei chronischer macht er die transvesikale Pro¬
statektomie, event. nach Vorbehandlung der Zystitis, meist in Lum¬
balanästhesie.
Herr Wendel: Demonstration von neuropathischen Gelenk¬
erkrankungen bei Tabes und Syringomyelie. Demonstration von
Röntgenplatten, Resektions- und Amputationspräparaten.
Herr Blencke: Mitteilungen über tabische Gelenkentzün¬
dungen und Spontanfrakturen.
An der Hand von zwei durch Amputation gewonnenen Unter¬
schenkeln mit erheblichen tabischen Fussgelenksentziindungen und
zahlreichen Frakturen bespricht B. die verschiedenen Formen der
Arthropathie in grossen Zügen und berichtet kurz über die Resultate
der mikroskopischen pathologisch-anatomischen Untersuchungen so¬
wohl am Knochen wie auch an den Nerven, an denen Veränderungen,
die für das Entstehen der Gelenkerkrankung bezw. der Frakturen
von Bedeutung wären, nicht gefunden werden konnten.
Beide Fälle standen noch nicht im ataktischen Stadium, sondern
es waren bei beiden die Gelenkentzündungen bezw. die Frakturen
die Frühsymptome einer Tabes, deren eigentliche Anzeichen erst
später in die Erscheinung traten.
B. will deshalb bei der Veröffentlichung aller pathologisch¬
anatomischen Untersuchungen einen strengen Unterschied gemacht
wissen zwischen solchen Fällen, die im Frühstadium der Tabes auf-
treten gleichsam als allererstes Symptom dieser und zwischen
solchen im ataktischen, schon weit vorgeschrittenen Stadium. Dass
bei letzteren für eine Anzahl auch gewisse schwerere krankhafte, das
ganze Skelett betreffende osteomalazische . und osteoporotische Vor¬
gänge verantwortlich zu machen sind, ist — darin hat Baum
sicherlich recht — ebenso klar wie dass bei jenen ersteren jedwelche
nachweisbare organische Skelettveränderungen fehlen.
Wenn auch über die eigentliche Entstehungsursache der Ge¬
lenkentzündungen und Spontanfrakturen der Streit noch nicht ganz
beigelegt ist, so wird wohl heutzutage von keiner Seite mehr
bestritten werden, dass diese mit einer Erkrankung bezw. Alteration
des Nervensystems in engste Verbindung zu bringen sind und dass
sie sich deshalb auch ohne das geringste Trauma, ohne die geringste
Gewalteinwirkung von aussen her entwickeln können.
Und diese unumstössliche Wahrheit dürfte vor allen Dingen für
die Berufsgenossenschaften von grösster Wichtigkeit sein, weil es
ihnen so viel eher möglich ist, in zweifelhaften Fällen Entschädigungs¬
ansprüche abzulehnen.
Es genügt nicht, wenn der Kläger sich bei der üblichen Be¬
schäftigung, die das Mass einm- gewöhnlichen Betriebsarbeit nicht
übersteigt, sich eine derarige Erkrankung zuzieht, sondern es muss
immer ein Unfall im gesetzlichen Sinne vorhanden sein, es muss
sich um eine traumatische Fraktur eines Tabetischen handeln, keines¬
wegs aber um eine Spontanfraktur im wirklichen Sinne des Wortes,
bei der jedes, auch noch so geringe Trauma fehlt.
Münchener Gesellschaft für Kinderheilkunde.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 20. Dezember 1912.
Herr Vogel demonstriert:
a) einen Fall von Möller-Barlow scher Krankheit;
b) einen Fall von Periostitis ossificans luetica (mit Röntgen-
Tilde rn>.
Disk u s s i o n : Herr Ibrahim.
Herr v. Pfaundler war in Sachen der Anzeigepflicht de
H e i n e - M e d i n sehen Krankheit bei Herrn Medizinalrat Dieu
d o n n e. Dieser meint, dass man am besten zunächst bei den baye
rischen Aerzten eine Rundfrage in dieser Angelegenheit vor
nehmen solle und stellt der Gesellschaft die materielle Unterstützun
des Ministeriums in Aussicht. Herr v. Pf. liest den mit Ibrahin
ausgearbeiteten Entwurf der Rundfrage vor. Nach längerer Dis
kussion werden Fragebogen und Rundschreiben mit geringen Ab!
änderungen genehmigt.
Der Vorsitzende berichtet über die in Sachen des Gisela
Kinderspitals getanen Schritte (vergl. die letzten Sitzungsprotokolle
und über deren endlichen Erfolg. Hiezu spricht Herr I b r a h i m.
Besprechung des Antrages Spatz-Grünwald: Zusammen
Schluss der Münchener ärztlichen Spezialgesellschaften mit dem ärzt
liehen Verein. Es sprechen hiezu die Herren Dörnbergerl
v. Pfaundler, Ibrahim, Trump p, Regensburger, Bins
wanger, Nadoleczny, Hecker, Uffenheimer, Ranke
Meier.
Prinzipiell wird der Antrag in der Abstimmung angenommen.
Albert Uffenheimer - München.
Wissenschaftl. Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 17. Januar 1913.
Herr Hof mann: lieber Ermüdungsreaktionen.
H. berichtet zunächst über die Verwendung der zuerst voi
W e d e n s k y beim Wechsel der, Reizfrequenz und der Reizstärkt
beschriebenen Phänomene für das Studium der Ermüdung im Tier
experinient. Man benützt zu den Versuchen zwei Induktionsapparate
mit verschiedener Unterbrechungsfrequenz des primären Stromes
Bei dem einen Apparat lässt man den Hammer ganz langsam
schwingen, so dass bloss 20 Unterbrechungen des primären Strome
pro Sekunde zustande kommen: „seltene Reizung“. Bei dem anderer
schaltet man als Unterbrecher eine Stimmgabel mit wenigsten
100 Schwingungen pro Sekunde ein: „frequente Reizung“. Faraj
disiert man nun beim Frosch den freigelegten Nerven abwechsehn
mit den seltenen und frequenten Strömen, so beobachtet man nu
geringe Unterschiede im Reizerfolg. Je weiter aber die Ermüdunij
fortschreitet, desto deutlicher sinkt die Kontraktion des Muskels be
frequenter Reizung sehr rasch ab, während die Kontraktion be
seltenen Strömen während der ganzen Reizdauer ziemlich gleich hocl
und kräftig bleibt. Beim Frosch tritt dieses Ermüdungsstadium nacl
mehreren Reizungen schon am normalen, unvergifteten Tier ein
Kaninchen muss man schwach mit Kurarin vergiften oder sehr tie
mit Aether narkotisieren. Besonders schön war das Phänomen ai
Katzen zu sehen, denen beide Nebennieren in 2 Operationen nach
einander exstirpiert waren.
Sehr merkwürdig ist eine zweite, ebenfalls zuerst von W e
densky beschriebene Erscheinung, welche sich im Ermüdungs
Stadium bei der Reizung mit frequenten Strömen einstellt, wenn mal
dabei während fortdauernder Reizung die Stromstärke ändert. E
nimmt dann die Muskelkontraktion bei Verstärkung der Reizströrm
nicht zu, sondern die Kontraktion wird niedriger: sie wird aber be;
Abschwächung des Reizstromes sogleich wieder höher. Diese.
Phänomen ist weniger gut an Fröschen, sehr gut aber wieder be
Katzen nach Nebennierenexstirpation zu sehen.
Die zuerst erwähnte Verschiedenheit des Reizerfolges bei starker
Strömen verschiedener Frequenz tritt im Laufe der Ermüdung auci
bei der direkten Reizung des kurarisierten Muskels auf. Dagegei
ist am kurarisierten Muskel die zuletzt beschriebene paradoxe Ab
Schwächung der Kontraktionen bei Verstärkung der Reizung nich
zu beobachten.
Die Erklärung des Vortr. für diese Erscheinungen geht von de
Tatsache aus, dass unmittelbar nach jeder Erregung des Muskel:
dessen Erregbarkeit vorübergehend herabgedrückt wird und ers
nachher wieder zur vollen Höhe ansteigt und 'zwar geschieht die:
um so langsamer, je stärker der Muskel ermüdet ist. Treffen als:
den ermüdeten Muskel sehr frequente Reize, etwa 100 in der Se
künde, so hat er nach jeder Erregung bloss xUoo" Zeit zur Er
holung, die Stärke der Kontraktionen wird daher rasch sehr klein
Lässt man seltene Reize, etwa 20 pro Sekunde, einwirken, so kamj
er sich in dem Zeitraum zwischen zwei Reizen (lUo") jedesmal vie
weiter erholen, die Einzelerregungen, aus deren Summation sich du
tetanische Muskelkontraktion zusammensetzt, werden daher vir
höher sein. Nun ermüdet aber nicht bloss der Muskel, sondern auci
der nervöse Zuleitungsapparat zur Muskelfaser in der gleichet
Weise. Bei Reizung des Nerven mit frequenten Strömen werdei
daher dem Muskel vom Nerven her sehr frequente, aber auch ent
sprechend schwache Reize zugeleitet. Schwächt man nun ausserder
noch die Reizströme ab, so können die vom Nerven aus zum Muske
zugeleiteten Ströme so schwach werden, dass nur ein Bruchteil ver
ihnen auf den Muskel überzugehen vermag. Es fällt nämlich dam
der unmittelbar auf eine Muskelerregung folgende Reiz noch in:
Refraktärstadium des Muskels, bleibt daher ganz unwirksam, um
erst der zweite, oder gar erst der dritte vermag den Muskel dam
wieder zu reizen. Der Muskel wird dann nur von der Hälfte ode
von einem Drittel der Nervenreize erregt und er verhält sich dahe
so, wie bei einer seltenen Reizung.
. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
331
Vortr. berichtet nun über die Verwertung dieser beim Tier
adierten Erscheinungen beim Menschen.
1. In einem Falle von Myasthenia gravis pseudoparalytica konnte
nachweisen, dass die Abnahme der Kontraktionshöhe bei wieder-
Iter faradischer Reizung nur bei 75 Unterbrechungen vorhanden
ar. Wurden dagegen nur 15 Unterbrechungen des primären
romes in der Sekunde genommen, so traten auch nach sehr häufiger
iederholung der Reizung immer wieder kräftige, während der
nzen Reizdauer anhaltende Muskelkontraktionen auf. Die Koti-
iktionen waren überdies bei den frequenten Reizströmen von vorne
rein viel schwächer, als bei den Reizungen mit seltenen Strömen,
is paradoxe Phänomen — stärkeres Absinken der Muskel-
intraktion bei stärkeren frequenten Strömen — lässt sich nicht nach¬
eisen. Es ist wahrscheinlich, dass die abnorm leichte Ermüdbarkeit
er die Muskelfaser und nicht die Nervenapparate betraf.
2. Da die Zahl der Einzelerregungen, welche dem Skelettmuskel
i der willkürlichen Innervation von den Ganglien des Rückenmarks
r zugeleitet wird, nach Piper zwischen 50 und 60 in der Sekunde
trägt, so war zu erwarten, dass man mit einer Reizfrequenz, die
;her viel höher ist, ein besonders rasches Auftreten der Ermüdungs¬
scheinungen schon am Gesunden erzielen dürfte. Es zeigte sich
in (höhere Reizfrequenz 256 Unterbrechungen, seltene 20 und 30 in
:r Sekunde), dass bei diesen Reizfrequenzen Ermüdungserschei-
ingen schon nach einer Reizdauer von 1 — 2 Minuten auftreten
innen. Der Ermüdungsgrad ist individuell sehr verschieden und
iriitrt auch bei derselben Versuchsperson zu verschiedenen Zeiten,
’ar der Ermüdungsabfall bei starken frequenten Strömen sehr aus-
isprochen, so konnte man nachweisen, dass die Muskelkontraktion
:i schwächeren Strömen langsamer absank, als bei stärkeren. Es
irfte möglich sein, auf diese Weise schon kleine Unterschiede in
;r Ermüdbarkeit und deren Beeinflussung durch verschiedene
issere und innere Bedingungen in sehr einfacher Weise zu studieren.
5 werden aber derartige Versuche voraussichtlich auch die Mög-
:hkeit bieten, die Ermüdung des nervösen Apparates scharf von
;r eigentlichen myasthenischen Reaktion zu trennen.
3. Bei einem Fall von Morbus Addison ii war die fara-
sche Reizbarkeit der Muskeln ausserordentlich herabgesetzt. Bei
rekter Reizung der Muskeln des Thenar und der Wadenmuskeln
dang es nicht, mit faradischen Strömen, welche Pat. schon schmerz¬
et empfand, eine Kontraktion auszulösen. Bei Reizung des M.
ilmaris longus erhielt man schwache Kontraktionen, und zwar
aren diese deutlich kräftiger bei der seltenen Reizung, als bei der
equenten. Bei wiederholter Reizung mit frequenten Strömen nahm
e Kontraktionsstärke rasch ab.
4. Keinen deutlichen Unterschied bei der Untersuchung mit
trömen verschiedener Frequenz gab ein Fall von Myotonia con-
mita. Bei wiederholter Faradisation des M. flexor digitorum
ofundas stellte sich heraus, dass die erste Kontraktion nach einer
ngeren Ruhepause zunächst hoch war, die nachfolgende war da¬
ngen niedrig und erst die späteren nahmen wieder allmählich an
öhe zu. Diese Erscheinung wurde sowohl bei Reizung mit
56 Unterbrechungen des primären Stromes, als auch bei 13 Unter¬
rechungen in der Sekunde beobachtet. Ein irgendwie deutlicher
nterschied zwischen diesen beiden Reizfrequenzen konnte dabei
icht beobachtet werden. Darnach ist dies also eine Erscheinung
anz besonderer Art.
Schliesslich weist Vortr. noch auf die Verschiedenheit der
eizung der sensiblen Nerven bei verschiedenen Reizfrequenzen hin.
ci den hohen Reizfrequenzen ist die Reizung auch bei starken
trömen nicht besonders schmerzhaft. Dagegen kann die Reizung
lit den seltenen Strömen, besonders wenn sie sehr lange anhält,
echt unangenehm werden.
Angesichts der schon ziemlich weit geführten experimentellen
nalyse der Erscheinungen im Tierexperiment wäre es daher er-
iinscht, wenn auch die darauf fussende Anwendung am Menschen
och an weiteren Fällen erprobt würde.
Herr Hering: Ueber ein Symptom von Herzschwäche: Para¬
taxe Verkleinerung der Kammersystole nach Verlängerung der Pause
m Säugetierherzen.
Während normalerweise mit der Abnahme der Herzschlagzahl
ie Systolengrösse zunimmt, habe ich schon vor längerer Zeit
90ü — 1904) an Säugetierherzen Ausnahmen davon gesehen und zwar
ti kuraresierten, vagotomierten Hunden nach relativ geringgradiger
rstickung oder nach Muskarinvergiftung, im ersten Falle bei einer
chlagzahl von z. B. 150, im zweiten Falle bei einer Schlagzahl von
B. 90. Die Verlängerung der Kammerpause wurde durch Extra-
v'Stölen herbeigeführt. Gleichgültig nun ob es infolge der an der
ava superior durch einen Einzelinduktionsschlag ausgelösten
xtrasystole zu einer Kammersystole kam oder nicht (z. B. bei
rosser Vorzeitigkeit der Vorhofextrasystole), war nach der hiedurch
ewirkten entsprechenden Verlängerung der Kammerpause die
ammersystole z. B. um % verkleinert (statt wie gewöhnlich ver-
rossert), wonach in Form einer Treppe die folgenden Systolen
rösser wurden, bis sie die Grösse erreichten, die vor Auslösung der
xtrasystole bestand. Dass die Erscheinungen von der Länge der
ause abhängen geht daraus hervor, dass sie um so stärker hervor-
aten, je länger die Pause war, und fehlten, wenn die Verlängerung
ur Kering war. Diese Erscheinungen traten nur an den Kammern
uf, nicht an den Vorhöfen, was wieder ein Beispiel ist für die Ver¬
schiedenheit im Verhalten der Kammern und Vorhöfe unter sonst
gleichen Umständen. Eine ähnliche Beobachtung hat kürzlich
(November 1912) auf Grund von Arterien- und Venenpulskurven
Goteling Vinnis bei einem 60 Jahre alten Manne beschrieben;
er erklärt die Erscheinung als bedingt durch einen Vagusreflex; diese
Erklärung trifft für meine Beobachtungen, da die Vagi durchschnitten
waren, nicht zu; da es ferner gleichgültig war, ob der die Extra¬
systole an der Vena cava auslösende Reiz eine Kammersystole
hervorrief oder nicht, und der gleich starke Extrareiz die Erscheinung
nicht zur Folge hatte, wenn die Extraperiode an der Kammer um
wenig länger war als die Normalperiode, hing die Erscheinung weder
vom Extrareiz noch von der Extrasystole ab, sondern wie gesagt,
von der Länge der Pause. (Autoreferat.) R o t k y - Prag.
Verein deutscher Aerzte in Prag.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 30. November 1912.
Herr R. W i n t e r n i t z stellt einen Fall von „Bromoderma“ bei
einem 51/* jährigen Mädchen vor. Dasselbe nahm wegen Epilepsie
durch lange Zeit Brom ein, in der letzten Zeit betrug die tägliche
Dosis 1 Vs g. Seit 3 Wochen besteht die Hautaffektion an den beiden
Unterschenkeln. Rechts teils einzelne, teils gruppierte Blasen und
ein über kronengrosser verruköser Herd, links ein kleinhandteller¬
grosses, einer tiefen Trichophytie gleichendes Infiltrat. Die An¬
häufung des langsam ausscheidenden Broms aus dem Organismus
erklärt das Auftreten des Bromodermas, Stasen und Traumen, seine
Lokalisation an den Unterschenkeln.
Herr Eckstein spricht über die Indikationen, die Ausführung
und die Resultate der Quadrizepsplastik bei spinaler Kinderlähmung,
erörtert deren Vorteile gegenüber der Arthrodese und paraartikulären
Osteotomie des Kniegelenkes und demonstriert an Patienten die guten
Erfolge. Ueberpflanzt wurden auf die Quadrizepssehne die Sehnen
des Sartorius mit oder ohne Grazilis und Bizeps.
Herr Sträussler: Demonstrationen.
Herr Bardachzi: Ulcus penetrans ventriculi mit spastischem
Sanduhrmagen und Pylorusstenose. O. Wiene r.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung vom 24. Januar 1913.
Dr. E. Freund und Gisa Kaminer: Ueber chemische Wir¬
kungen der Röntgen- und Radiumstrahlen in bezug auf Karzinom.
Ausgehend von den Beobachtungen der Röntgenkarzinome haben
die Vortr. Haut- und anderen Organstückchen mit Röntgen- und Ra¬
diumstrahlen behandelt und dann nachgesehen, wie diese zwei Fak¬
toren, welche bekanntlich Karzinomzellen beeinflussen, auf unver¬
änderte Gewebe einwirken. Es zeigte sich hiebei folgendes; Eine
intensive Einwirkung der Röntgenstrahlen (therapeutisches
Bestrahlen war wirkungslos) bewirkte das Verschwinden der
im normalen Serum und in dem normalen Gewebe vorhandenen Fett¬
säure, welche ihrerseits — was frühere Untersuchungen gelehrt
hatten — die Karzinomzellen zerstört. Im Gegensätze hiezu ver¬
mochte die Radiumbestrahlung aus Karzinomserum und Kar¬
zinom-Muttergewebe, die — wie ebenfalls schon früher gezeigt wurde
— • Karzinomzellen unverändert lassen, ja sogar gegen normales Serum
schützen, eine die Karzinomzellen zerstörende Säure frei zu
machen. Die Quelle dieser Säure ist das Nukleoglobulin.
In praktischer Hinsicht ist dies wichtig, indem sich zeigt, dass
eine Haut, welche durch die Röntgenbestrahlung ihr Zerstörungsver¬
mögen verloren hat, es durch eine nachfolgende Radiumbestrahlung
wieder gewinnen kann. Ferner lässt sich aus diesen Versuchen der
Schluss ziehen, dass das Verschwinden der Fettsäure der Karzinom¬
bildung vorausgeht.
Dr. Heinrich H a a s e zeigt ein Kind mit Eventratio diaphrag-
matica.
Dr. R. Strisower stellt aus der Klinik v. N.oor den einen
Fall von Marschhämoglobinurie vor.
Dr. F. Demraer demonstriert ein Lungenpräparat nach Ad¬
renalininhalation.
Dr. Luger macht Mitteilung über seine im Vereine mit
Dr. Köhler erhaltenen Resultate der Meiostagminreaktion bei Kar-
zinomfällen.
Prof. Alex. Fraenkel: Kriegschirurgische Eindrücke und Be¬
obachtungen vom Balkankriege.
Unter Hinweis auf seine früheren kriegschirurgischen Er¬
fahrungen im serbisch-bulgarischen Kriege und Betonung des Um¬
standes, dass an den Grunderfahrungen der feldärztlichen Tätigkeit
sich — wenigstens im wesentlichen — kaum etwas geändert habe,
bespricht der Vortr. eingehend die Wirkungen des Spitzgeschosses,
die Abhängigkeit der Endergebnisse von äusseren Verhältnissen,
speziell im bulgarisch-türkischen Kriege vom unsäglich traurigen
Transport der Verwundeten, die nach Sofia erst nach einer beschwer¬
lichen Reise von 3 — 4 Tagen iti seine Behandlung gelangten. Auch bei
den Leichtverletzten war ein grosser Erschöpfungszustand, ein un-
332
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
iiberwindliches Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf bemerkbar, viele von
ihnen fieberten, litten an Bronchitiden, Diarrhöen oder gar an Typhus.
Erfreulicherweise hatten alle diese ungünstigen Umstände auf den Zu¬
stand der Wunden selbst einen verhältnismässig nur sehr geringen
Einfluss geübt.
Reine Weichteilwunden heilten unter wenigen Schutzverbänden
rasch ab, aber auch nicht wenige Schussfrakturen an den oberen und
unteren Extremitäten zeigten den Verlauf und die Behandlungsdauer
wie bei subkutanen Frakturen. Verwundete, die ohne Verband an¬
kamen, boten recht häufig eine reaktionslose Schorfheilung dar,
schlimm ging ,es nur solchen Verwundeten, die noch deutlich die
Zeichen von an ihnen ausgeführten Eingriffen, speziell eine Tampo¬
nade des Schusskanals aufwiesen. Da gab es oft schwere lokale In¬
fektionen. Brentano hat dasselbe an seinem Materiale in Char-
bin konstatiert. Der Vortr. besprach einschlägige Beobachtungen und
zieht daraus den Schluss, dass man zur Verwundetenfürsorge auf den
Hilfs- und Verbandplätzen möglichst nur Blessiertenträger und Sani¬
tätssoldaten heranziehe — allerdings unter umsichtiger ärztlicher Lei¬
tung und einer Mannschaft, die nach genau reglementierten Vor¬
schriften handelt.
Der Vortr. besprach bei diesem Anlasse und rühmte sehr das im
Jahre 1909 herausgegebene österreichische Dienstbuch: „Anleitung
für die kriegschirurgische Tätigkeit auf dem Schlachtfelde“ und
wünscht, dass dieses kleine vortreffliche Vademekum der Kriegs¬
chirurgie, das nur in wenigen Punkten einer Revision bedürftig wäre,
eine recht weite Verbreitung und über den Kreis der Militärärzte
hinaus die ihm gebührende Beachtung fände.
Recht unliebsam wurde von allen in Sofia tätigen Chirurgen der
Mangel an Okulisten und Otiatern empfunden; im Zentrum der Ver¬
wundetenbehandlung würden diese Spezialisten, auch Neurologen, er-
spriesslichere Dienste leisten als auf den Verbandplätzen, wo sie sich
mit Recht deplaziert fühlen müssen.
Auf spezielle Punkte übergehend, erörterte der Vortr. nochmals
die Projektilwirkung des neuen Spitzgeschosses, würdigte die exakten
Versuche Riedingers über die Wirkung dieser Projektile, zumal
deren Tendenz zur Umkehrung innerhalb des Schusskanals, mit der
Spitze gegen den Einschuss gerichtet, ferner das Entstehen von
Zysten hämorrhagischen Inhalts um das Spitzgeschoss (vor Jahren
von Fritz Salzer beschrieben), dann die hiedurch bedingten ernsten
Komplikationen (Späterscheinungen, Aneurysmen etc.) In dieser
Hinsicht nähert sich das kleine Spitzgeschoss in seiner Wirkung den
alten Projektilen. Anders ist die Wirkung des aus geringer Ent¬
fernung entsandten Spitzgeschosses, was der Vortr. eingehend
würdigt.
Es werden sodann die Erfahrungen bei Schussfrakturen mit¬
geteilt, hiebei ebenfalls zuwartendes Verhalten bei Okklusion und Im¬
mobilisierung, auch wenn schon Infektion vorliegt, warm empfohlen.
Ganz ausnahmsweise wird man die Knochensplitter extrahieren oder
gar Resektionen in der Kontinuität der Knochen ausführen, wenn trotz
ausgiebiger Inzision und Drainage die Infektion auf den Knochen über¬
greift und diesen zur Mortifikation bringt. Ebenso verhielt es sich
meist bei Gelenksschüssen.
Bei Schädelschüssen und speziell bei Tangentialschüssen ist
ebenfalls von primären Eingriffen abzusehen. Der Vortr. sah in seinem
Spitale mehrere solche Schädelstreifschüsse, die mit tiefgreifenden
Mulden glatt abgeheilt waren. Fälle, die zu Spättrepanationen Anlass
gaben, waren selten. Solche Verletzte werden, da sie ja bewusstlos
auf dem Kampfplatze liegen bleiben, selten am 1. Tage verbunden,
das noch vielfach vorgeschlagene frühe Debridement, die Extraktion
der in die Gehirnsubstanz eingedrungenen Knochensplitter, Weg¬
räumung von Blut und Koagulis etc. kommen meist zu spät, man sollte
also auch bei diesen Fällen eventuelle Operationen erst im Sekundär¬
stadium vornehmen, was schon v. Bergmann empfohlen hat.
Als der Vortr. vor ca. 20 Jahren in dieser Gesellschaft im An¬
schlüsse an seine Experimentalarbeit: „Ueber die Bedeutung von
Fremdkörpern in Wunden“ auf die Möglichkeit reaktionsloser Hei¬
lung der Schusswunden, wenn sie in ihrem Innern Fremdkörper ber¬
gen, hinwies, als er damals dafür eintrat, dass man auch den Kriegs¬
wunden ihren von Haus aus gutartigen Charakter durch einfache
Okklusion wahren und sie nur vor einer spezifischen Infektion
schützen solle, da wurde er zur Zeit der Hochflut der Antisepsis und
noch unter dem Einflüsse von der Ubiquität der pathogenen Keime
von Bakteriologen und Chirurgen heftig angegriffen und gegen seine
Ausführungen wurde förmlich Verwahrung eingelegt. Dabei hatte
schon E. v. Bergmann durch Publikation seiner 11 Kniegelenks¬
schüsse, die er durch einfache Okklusion vor spezifischer Infektion
schützte, geradezu vorbildlich gewirkt. Er selbst hatte damals ver¬
gebens seine kriegschirurgischen Erfahrungen in Belgrad ins Treffen
geführt, welche gezeigt hatten, dass für die aus etwaigen Störungen
des Wundverlaufes sich ergebenden Eingriffe in den Reservespitälern
noch immer Zeit genug sei. Jetzt sind die Grundsätze, für die er
damals eingetreten ist, fast allgemein anerkannt und seine jüngsten
Erfahrungen im Balkankriege können ihn nur in seinen Anschauungen
bekräftigen. Wenn nicht alles täuscht, hat auch die seither heran¬
gewachsene neue Chirurgengeneration diese Anschauungen akzeptiert.
In der Diskussion verteidigte Prof. Dr. Colmers - Koburg,
der auch in Sofia tätig gewesen, seinen Standpunkt, dass Schädel-
Tangentialschüsse in einem Spitale sofort operativ angegangen,
während Gehirnschüsse vorerst in Ruhe gelassen werden sollen, so-
No. 6
ferne nicht Blutungen oder Infektion zu einem eingreifenden Verfahrei
zwingen. Der Redner wies ferner darauf hin, dass Bulgarien zu Be
ginn des Krieges im ganzen 658 Aerzte besass, welche einberufei
werden konnten, daher für die grosse Armee absolut ungenügend ai
Zahl vorhanden waren. Die in der Chirurgie nicht gut ausgebildetei
Feldscherer und die Blessiertenträger schadeten auf den Verband¬
plätzen oft mehr als sie nützten, dazu kamen die schlechten Trans¬
portmittel der Verletzten, der Mangel an Nahrung etc., weshalb dem
auch viele Verwundete auf dem Transport an Erschöpfung, Hunger
Verblutung u. dgl. zugrunde gingen.
Deutsche Medizinische Gesellschaft in Chicago.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 29. Juni 1912.
Vorsitzender: Carl Beck.
Schriftführer: Aug. Strauch.
Herr Prof. Thorkild Rovsing aus Kopenhagen wird als Gas*
vom Vorsitzenden begrüsst.
Prof. Rovsing dankt für die Bewillkommnung und hält einetj
Vortrag, in welchem er zu einigen Fragen der Chirurgie Stellung
nimmt.
1. Frage der Antiseptik.
Wenn er durch Europa und Amerika geht, so sieht er mit Be
dauern, dass Grossich durch die routinemässige und infolge de'
Bequemlichkeit verführerische Anwendung des Jodspiritus einen
L i s t e r und Koch in den Hintergrund hat drängen können, und
manche Chirurgen die fundamentalen Arbeiten dieser Männer ver
gessen gemacht hat. Die Anwendung der Jodtinktur als Desinfizien:
vor Operationen beruht nicht auf Erfahrung, nicht auf einer experi »
mentellen Feststellung ihrer Wirkung auf die Bakterien. Trotz de
Mangelhaftigkeit dieser Basis wurde die chirurgische Welt getäuscht
Das ist ein ernstes Zeichen der Zeit. Hat doch Koch schon 187*
gezeigt, dass die Jodtinktur ein schlechtes Antiseptikum ist, in derr
Streptokokken, Staphylokokken und Tetanusbazillen tagelang lebet
können. Rovsing hat den Gebrauch der Tinktur auf seine
Klinik schon lange verboten. Als seine Assistenten gegen diese:
Verbot drei Patienten mit derselben behandelt hatten, erfolgte In:
fektion; in einem Falle Tetanus, in einem anderen eine Gasphlegmonei
Seit dieser Zeit sind seine Assistenten von dem Glauben an die Jod
tinktur geheilt. Man darf eben nicht die Prinzipien der Anti- resri
Aseptik, der gründlichen Reinigung im chirurgischen Sinne über Bon
werfen und sich mit blossem Bestreichen mit der Jodtinktur be;
gnügen.
2. Frage der Narkose.
Ein Amerikaner war es, der das grosse Glück hatte, das best'
Narkosemittel, den Aether, gefunden zu haben. O 1 1 i e r in Lyoi,
hat unter 50 000 Aethernarkosen keinen einzigen Todesfall. Schweize
zeigten dieselben brillanten Erfolge. Leider brachte ein Amerikane
von Paris den Gebrauch des Chloroforms nach Amerika, wo es seit
her trotz der enormen Zahl von Todesfällen noch viel in Ver
Wendung steht. R. ist darum in Amerika sehr enttäuscht. Er sieh:
wie ausgezeichnete Chirurgen hier sich immer noch vor dem Aethe
scheuen. R. gebraucht Aether seit 12 Jahren und hat niemals eine
unangenehmen Zwischenfall erlebt. Bei Chloroform sah er imme:
Unsicherheit, konnte niemals das Gefühl der Besorgnis los werde
und beobachtete zu oft schlechten Puls. Die Zeit der Chloroform
narkose war für ihn immer „a dreadful time“. R. beschreibt sein
eigene Anwendungsmethode des Aethers mittels eines Gaudaphil
sackes, der den Aether enthält und als Maske über Mund und Nas
angelegt wird. Eine halbe Stunde vor der Operation erhält de
Patient eine Morphiumeinspritzung. Bei kleinen Operationen ge
nügen 25 g, bei grösseren 50 g Aether. In 4 Minuten ist Patien
in primärer Narkose, welche für kleine Eingriffe hinreicht, nac
10 Minuten ist der Patient vollständig gefühllos für grössere Opt
rationen. Die Vorteile seiner Methode sind: sie ist ökonomiscl
der Aether verdunstet nicht in die freie Zimmerluft; man kann darur
auch bei Mundoperationen den Paquelin gebrauchen. Der Aether
dampf ist immer warm im Gegensatz zu der gewöhnlichen Tropt
methode, bei der die Luft eiskalt in die Lungen kommt. BronchiU
Pneumonie und das Kindesalter sind keine Kontraindikationen. Wen
man den Aether auf der einen Seite gerade bei schweren Zuständei
bei Anämie, Herzschwäche, Ileus oder bei Sterbenden vorzieht, un
auf der anderen Seite für gefährlich erklärt, so ist dies unlogiscl
Um die Unschädlichkeit des Aethers für die Lungen zu erweisei
tötete Rovsing Tiere mittels Aethereinatmung. Bei der Sektio
fanden sich niemals Veränderungen in Lungen und Bronchien, nie
mals Zeichen einer Reizung derselben, nur Schleimansammlung ii
Rachen.
Rovsing spricht sich sehr scharf auch gegen die übrige
Ersatzmittel des Aethers, einschliesslich Skopolamin, Kokain, Stc
vain für die Lumbalanästhesie aus.
3. Frage der Nierenchirurgie.
Rovsing wendet sich gegen die Ueberschätzung der funktic
neben Prüfungsmethoden der Nieren mittels Indigokarmin, Methylei
blau etc. oder mittels der Kryoskopie. Nicht wenige seiner Fälle m
ungünstigem Ausfall dieser Proben wurden durch die Operation
noch gerettet. Ihm scheint es logischer, die Ureaprobe anzuwende
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
m
1. Februar 1913.
it der er zahlreiche Versuche gemacht hat. Aber auch die ver-
inderte Ureaausscheidung in der Probe ist keine Kontraindikation
;gen die Entfernung der (anderen) kranken Niere. Ebenso unbe-
■chtigt erscheint R. die Ablehnung einer Prostataoperation bei un-
instigem Ausfall der Phenolphthaleinprobe. Viele Prostatiker sind
solchen Fällen noch zu retten. Dieses schlechte Prinzip hilft nur
;n Statistiken der Chirurgen. R. wendet niemals Kollargol zur
iektion in das Nierenbecken an, da dieser Stoff die Niere schädigt
nd in einer Reihe von Fällen Nierengangrän erzeugt hat. Trotz
ieser warnenden Erfahrungen ist die Anwendung desselben leider
) häufig, was besonders in Amerika mit Rücksicht auf die Beliebt¬
et von Schadenersatzklagen gegen Aerzte hervorgehoben werden
uss.
Aus den englischen medizinischen Gesellschaften.
Medical Society of London.
Sitzung vom 28. Oktober 1912.
Hedonalnarkose.
C. M. P a g e schildert die von ihm geübte Methode der Hedonal-
nästhesie folgendermassen: die Vena saphena, welche in der Regel
ir die Infusion benutzt wird, legt man nach Injektion von Novokain
her dem Malleolus internus in der nötigen Ausdehnung frei und be-
•stigt darin die Kanüle. Die zu infundierende Lösung (0,75 Hedonal
uf 100,0 physiologische Kochsalzlösung) hat eine Temperatur von
0 — 43° C und wird langsam in Mengen von etwa 100 ccm in 2 bis
Minuten inijziert. In der Regel kann mit der Operation begonnen
erden, wenn 500 ccm injiziert sind. Eine vollständige Beseitigung
er Hautreflexe ist nicht wünschenswert; vielmehr soll der Patient
ui die erste Hautinzision noch einigermassen reagieren. Das Ver-
ihren ist seit etwa einem Jahr im St. Thomas Hospital in Gebrauch
ewesen und ist bereits von Redner unter Zugrundelegung von
00 Fällen bei früherer Gelegenheit beschrieben worden. Seitdem ist
asselbe noch bei 310 anderen Fällen angewandt worden. Nicht für
iese Narkose geeignet sind sehr alte Patienten, namentlich Arterio-
klerotiker, ferner Patienten mit akuten Lungenaffektionen oder mit
inem Herzleiden. Besonders nützlich erwies es sich dagegen bei
(ropfkranken sowie beim Morbus Basedowii (5 Fälle), ferner bei
'allen von Schock und starkem Blutverlust, zerebralen und spinalen
Erkrankungen und bei Operationen, welche eine längere Schmerz-
ieriode nach der Operation erwarten lassen. Allerdings haften der
Aethode gewisse Gefahren an, wie Redner ausdrücklich hervorhebt.
P. S a r g e n t hat bei 43 intrakraniellen Operationen die Hedonal-
larkose verwendet und ist damit sehr zufrieden gewesen.
B. Ward hat das Mittel in der Kinderpraxis bei 70 Fällen an-
;e wandt; er hat dabei einen Fall verloren, ein lymphatisches Kind,
las für jede Art von Narkose ein schwieriger Fall gewesen wäre.
Royal Society of Medicine, Section of Electro-Therapeutics.
Sitzung vom 15. November 1912.
Die Gefahren der Elektrizität.
J e 1 1 i n e k - Wien besprach an der Hand einer kinemato-
traphischen Demonstration die mit der elektrischen Starkstroml¬
eitung verbundenen Gefahren und Schädlichkeiten. Er betonte zu-
lächst, dass es sehr schwer ist, den Grad der Gefahr richtig zu
leurteilen. Es sind Fälle vorgekommen, bei denen die Berührung
nit einem Strom von 100 Volt Spannung schon den Tod herbei-
iilirte, während andererseits Ströme von 10 000 und sogar 20 000 Volt
celegentlich nicht letal wirkten. Bestimmende Faktoren sind hierbei
Jie Beschaffenheit des Stromes einerseits lind diejenigen des be¬
atmten Individuums andererseits. Es kommen in Betracht die Volt¬
zahl, die Ampereage, die Zahl der berührten Pole und die Dauer
ler Berührung mit dem Strome. Auf der anderen Seite sind mass-
tebende Momente der Körperwiderstand, die Beschaffenheit des be¬
treffenden Individuums, sein psychischer Zustand und der von dem
■'trom eingeschlagene Weg. Man hat als das die Grenze der Gefahr-
osigkeit nicht überschreitende Mass einen Wechselstrom von
100 Volt und einen kontinuierlichen Strom von 500 Volt angenommen.
Hiermit erklärt sich Redner durchaus nicht einverstanden, denn es
st vorgekommen, dass ein Mann durch einen Strom von nur 65 Volt
beim Berühren einer elektrischen Lampe den Tod fand. Auch die
Behauptung, dass der Mensch 1/m Ampere immer ohne Nachteil er¬
trage, ist nicht als absolut richtig anzunehmen. Die Folgen des
elektrischen Schocks äussern sich öfters, wie an Röntgenbildern
demonstriert worden ist, in Form von Knochenschwund. Weichteil-
rerletzungen aber, selbst hohen Grades, heilen gewöhnlich erstaunlich
gut und zeigen eine auffällige Schmerzlosigkeit und Freibleiben von
Eiterbildung. Als die unmittelbare Todesursache bei der letalen
Einwirkung der Elektrizität wird von manchen Autoren Herzstillstand
»ngegeben, von anderen dagegen Respirationslähmung, und wiederum
von anderen, zu denen J. gehört, Gehirnlähmung. Wahrscheinlich
ist die Wirkungsweise nicht in allen Fällen die gleiche. Vor allen
Bingen ist zu betonen, dass durch eine längere Zeit hindurch fort¬
gesetzte künstliche Atmung, wobei die S c h a e f e r sehe Methode
vorzugsweise zu empfehlen ist, oft ein scheinbar erloschenes Leben
erhalten bleiben kann. Es ist von besonderer Wichtigkeit, dass nach
erlittenem Unfall keine Zeit verloren werde, ehe die Behandlung
einsetzt.
S. R a m hat in seiner Eigenschaft als Inspizient bei Elektrizitäts¬
werken im Laufe der letzten 10 Jahre 45 Todesfälle kennen gelernt,
welche durch Ströme von nicht mehr als 250 Volt herbeigetiihrt
worden waren; bei drei Gelegenheiten handelte es sich um einen
kontinuierlichen Strom. Er erwähnt ein Erlebnis, dass ein Arzt
einen vom Strom getroffenen Arbeiter für tot erklärte und seiner
Wege girtg, worauf die Kameraden des Verletzten die Belebungs¬
versuche wieder aufnahmen und völlig erfolgreich zu Ende führten.
H. L. Jones betont, dass man meist erstaunlich wenig nervöse
Nachwirkungen nach solchen Unfällen beobachte. Als Todesursache
führt er noch die bei manchen Fällen ganz enorme Erhitzung des
getroffenen Körperteils an. P h i 1 i p p i - Bad Salzschlirf.
Aus den französischen medizinischen Gesellschaften.
Academie des Sciences.
Sitzung vom 11. November 1912.
Die „Milzdiagnose“ des Typhus.
Vincent- Val-de-Gräce hat, gestützt auf die regelmässige
Milzvergrösserung bei Typhus, untersucht, ob die Inokulation eines
Antigensupplements (2 ccm konzentrierten Autolysats lebender Ba¬
zillen, durch Aetherbeisatz sterilisiert) nicht die Wirkung hätte, eine
für die Diagnose brauchbare Milzreaktion hervorzurufen. Diese seit
mehr als 4 Jahren begonnenen Untersuchungen erstreckten sich auf
57 Kranke, wovon 39 mit Typhus, 3 mit Paratyphus, 15 mit ver¬
schiedenen anderen Infektionskrankheiten, wie Maltafieber, Pneumo-
typhus usw. Die sorgfältige Grenzbestimmung der Milz durch leichte
Perkussion vor und nach der Injektion der Bazillenextrakte ermög¬
licht — im Falle von Typhus — festzustellen, dass dieses Organ um
1 — 2 cm in seinen beiden Durchmessern unter dem Einfluss der In¬
jektion zunimmt. Diese Milzreaktion zeigt sich meist 10 — 18 Stunden
nach der Injektion, selten später; sie wurde in mehr als 94 Proz. der
Fälle beobachtet. Die Leber kann ebenfalls grösser werden (35 Proz.
der Fälle). Die Injektion der Typhusbazillenextrakte verursacht
keine Milzreaktion bei gesunden oder mit anderen Leiden als Typhus
behafteten Personen. Die Typhuspatienten reagieren nicht auf die
Injektion des Paratyphus B-Antigens und umgekehrt. Diese Methode
kann also zur klinischen Diagnose des Typhus una Paratyphus be¬
nützt werden; sie ermöglicht in einigen Stunden die Natur von Ty¬
phus levissimus oder ausgesprochenem Typhus im Verlaufe von Epi¬
demien festzustellen, wo die Blutprobe oder die klinischen Symptome
erst viel später diese genaue Feststellung ermöglicht hätten.
Societe medicales des hopitaux.
Sitzung vom 29. November und 7. Dezember 1912.
Die syphilitische Natur der Sydenham sehen Chorea.
Nachdem M i 1 i a n schon früher über 2 Fälle von Chorea syphi¬
litischer Natur berichtet hatte, bringt er nun eine Statistik über
15 weitere solcher Fälle, ln 73,33 Proz. derselben ist die Syphilis
sicher (positiver Wassermann), in 13,33 Proz. wahrscheinlich (aus¬
gesprochene Stigmata) und in 13,33 Proz. zweifelhaft. Die Syphilis
der Choreapatienten gibt sich gewöhnlich nicht durch Hautgummata,
Schleimhautplaques, Knochenveränderungen usw. kund, sondern sie
ist vor allem eine Dystrophie. Jedenfalls ist die Syphilis ein häufiger
Faktor bei der Chorea; den deutlichen Beweis hierfür konnte M.
damit liefern, dass er 3 Fälle rasch durch Quecksilberbehandlung
zur Heilung brachte. Der Verlauf der Chorea, fast ohne Fieber, sub¬
akuter Art mit Remissionen und Rückfällen, mit Komplikationen wie
Aphasie, Hemiplegie, geistigen Störungen dürfte nur ihre syphilitische
Natur bestätigen. Zudem ist die empirisch als beste geltende Therapie
der Chorea (Arsenik in hohen Dosen) ein spezifisches Mittel der
Syphilis.
Comb y, Guillain, Nobecourt und Claude können diese
Aetiologie durchaus nicht akzeptieren und führen dagegen eine Reihe
von Gründen an: das Vorherrschen der Chorea bei Mädchen, ihr
Ausbruch in den späteren Kinderjahren, häufiges Fehlen heredosyphi-
litischer Stigmata, Häufigkeit von Herzkomplikationen und von Fieber,
mangelnde Erscheinungen der gewöhnlichen syphilitischen Verände¬
rungen im Liquor cerebrospinalis oder an den Nervenzentren oder
Gehirnhäuten, oft negativer Wassermann. Die Wirksamkeit des
Arseniks spricht ebensowenig für die syphilitische Natur, denn oft
bleibt Chorea auch gegen dieses Mittel resistent und Quecksilber ist
ganz ohne Einfluss.
C r o u z o n hatte bei 20 Fällen von Chorea, die er in der Klinik
von Pierre Marie beobachtet hat, achtmal negativen Wassermann.
Babönneix ist der Ansicht, man müsse bei vorhandener
Chorea an Heredosyphilis denken, die zuweilen eine prädisponierende
oder bestimmende Rolle spiele. Unter 145 Fällen von Chorea hat B.
36 mal, d. i. in 25 Proz. Syphilis gefunden, aber er möchte damit noch
nicht auf die syphilitische Natur des Leidens schliessen.
T r i b o u 1 e t, der 400 Fälle von Chorea beobachtet hat, negiert
den Einfluss der Syphilis. Die Chorea heilt spontan, mit und ohne
Arsenik, zudem haben die tödlichen Komplikationen der Chorea
keinen Zusammenhang mit der Syphilis. Schliesslich hat T. in allen
Fällen, die er gesammelt hat, und ohne jede spezifische Behandlung
niemals diese scheinbare Syphilis wieder entstehen sehen.
334
muenchener medizinische Wochenschrift,
M i l i a n erklärt in seiner Replik, die Statistik von Babön-
neix bekräftige gewissennassen die von ihm aufgestellte Hypothese.
Der Ansicht 1 r i b o u 1 e t s stehe jene von Marfan gegenüber,
wonach Arsenik zuweilen die Chorea bessere. M. schliesst mit der
Erklärung, er habe nur die Aufmerksamkeit darauf lenken wollen,
dass die Sy den ha m sehe Chorea möglicherweise syphilitischer
Natur sein könne.
Die Radiotherapie der Struma.
C r o u z o n und Folley stellen einen Fall von Basedow¬
scher Krankheit vor, der durch Röntgenstrahlen bedeutend gebessert
wurde und wo die Besserung bereits länger als 1 Jahr anhält, und
berichten im Anschluss hieran über 10 weitere, ähnlich gebesserte
Fälle. Die Technik der Röntgenologie ist nun eine so vollendete, dass
man heutzutage hohe Dosen anwenden kann, ohne die geringste Der¬
matitis oder Hautpigmentierung befürchten zu müssen.
T r i b o u 1 e t fand, dass die Radiotherapie die gleich guten Re¬
sultate bei einfacher Struma gebe und führt 2 Fälle an, wo, ohne
dass irgend welche Pigmentierung zurückblieb, bestrahlt wurde —
was bei jungen Frauen von grosser Wichtigkeit sei.
H i r t z hat einen Fall von Struma exophthalmus beobachtet,
gegen welchen Radiotherapie überraschend günstig gewirkt hat.
Sitzung vom 20. Dezember 1912.
Die Mumpsphlebitis.
•Edg H i r t z und M. Salomon berichten auf Grund von drei
eigenen Beobachtungen über diese noch nicht beschriebene Kompli¬
kation der Parotitis. Sie tritt mit Vorliebe bei überanstrengten Per¬
sonen und im Verlaufe von schweren Epidemien auf; zuweilen gehen
ihr schwere Parotitis und andere Komplikationen (Mammitis,
Ovaritis, Orchitis) voraus, sie kann aber auch während einer ge¬
wöhnlichen Parotitis oder einer latenten Form derselben Vor¬
kommen. Die Phlebitis kann sich durch allgemeines Unbehagen,
Fieber usw. kundgeben oder in ganz insidiöser WeiSe, ein Gefühl
der Schwere in den Extremitäten hervorrufend, beginnen. Vor allem
sind es die Venen der letzteren, welche befallen werden; sie werden
schmerzhaft, hart, von einem massigen Oedem begleitet. Die Entzün¬
dung befällt allmählich mehrere Venensegmente, verschwindet lang¬
sam und verursacht längere Funktionsbeschränkung (Immobilisation).
Die Phlebitis hat in einem Falle die Nabel- und epigastrischen Venen
befallen und eine tödliche Embolie hervorgerufen. Berichterstatter
betonen daher die Notwendigkeit, im Verlaufe selbst leichter Mumps¬
fälle Vorsichtsmassregeln und zwar speziell bei überanstrengten Er¬
wachsenen, wo man mit Parotitisseptikämie rechnen muss, zu treffen.
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Aerztlicher Bezirksverein Nürnberg.
Sitzung vom 3. Januar 1913.
Im Einlauf befindet sich u. a. ein Gutachten des Universitäts-
pjofessor Heim, erstattet auf Bitte der Vorstandschaft, über die
Zweckmässigkeit eines von den Schulärzten an den Stadtmagistrat zu
richtenden Antrages, nach dem der Schulbesuch diphtheriegeneser
Kinder vom negativen Ausfall der bakteriologischen Untersuchung
eines Tonsillenabstrichpräparates abhängig gemacht werden soll.
Das Gutachten tritt für den Antrag ein. Die Herren Wertheimber
und Mohr haben praktische Bedenken. Die Belastung der Aerzte
steige allmählich zu sehr, die Patienten litten gleichfalls; seit der
Anzeigepflicht der offenen Tuberkulose müssten solche Kranke durch
den Besuch der Fürsorgeschwestern erkannt öfter die Wohnung ver¬
lassen; darum gingen sie weniger zum Arzt. Die Anzeige werde
bei der Diphtherie z. T. unterlassen werden. Herr Alexander
weist darauf hin, wie die Anzeige der Blenorrhoe neonatorum nicht
selten unterbleiben müsse, weil bei dem engen Zusammenwohnen der
Arbeiter oder auch für den Mann nicht übersehbare Verwicklungen
für die Familie oder für die Ehe entstünden. Herr Steinhardt
hat den Antrag bei den Schulärzten nach einem einstimmig zu¬
stimmend begutachteten Referat auf dem Schularztkongress einge¬
bracht die ärztliche Moral und Hygiene gebiete ihn, selbst wenn
damit Schwierigkeiten verknüpft seien; nach den bisherigen Erfah¬
rungen würden sie von den Vorrednern überschätzt; man habe sich
überall daran gewöhnt; bei zu starker Belastung der Aerzte müssten
die Schulärzte einspringen. Die nur informatorische Abstimmung er¬
gab eine beträchtliche Mehrheit der Antraggegner.
Die Jahresberichte werden erstattet; die Tätigkeit der Vor¬
standschaft und der Kommissionen war reichlich; die Beteiligung der
Aerzte an den Plenarsitzungen auffallend gering wie schon in den
letzten Jahren. Aus der Kasse werden 1000 M. dem L. V. über¬
wiesen. Bei dem Bericht der Rezeptrevisoren weisst Herr Stau-
der auf die Verschiedenartigkeit der Handverkaufsartikel in ver¬
schiedenen Apotheken hin; es existiert eine Handelsgesellschaft
deutscher Apotheker, die gleichmässige und gute Ware liefere; Nürn¬
berger gehören ihr nicht an. Es soll nach Beibringung von Material
durch Herrn S t a u d e r darüber beraten werden, da vorerst nicht
klar ist, ob mehr als Uebereinstimmung mit den Vorschriften der
Pharmakopoe verlangt werden kann.
Antrag des Herrn Kronheimer: Es solle für die ärztliche
I atigkeit bei den städtischen Mütterberatungsstellen Honorar ver¬
No. (y
langt werden. Die Begründung liegt darin, dass es sich nicht
mehr um ein Experiment, sondern um eine von der Allgemeinheit
anerkannte soziale Pflicht der Gemeinde handelt; die Stadt ha:
eigentlich die Forderung einer Honorierung schon bei der Einführung
erwartet; die Mittel sind da. Der Antrag schliesse sich Prinzipien
dem berechtigten Antrag Leipzig-Land auf dem Aerztetage an. Herr
M o h r hält die unentgeltliche Tätigkeit für Ehrenpflicht der Aerzte
als Berater und Erzieher; diese Arbeit für die Allgemeinheit be¬
friedige mehr als die Praxis; die Bezahlung vermindere ihre ideale
Seite und damit die Freude daran. Von Standeswegen dürfe man in
so persönliche Verhältnisse nicht eingreifen. Herr Steinhardt
will Honorierung nur für die zukünftigen Mutterberatungsärzte, damit
die bisherigen Aerzte. von denen einer oder der andere nur ehren¬
amtlich tätig sein wolle, sich nicht zurückziehen. Mehrfach wird
von Seiten anderer Kollegen darauf hingewiesen, dass der Antrag
prinzipiell wohl Zustimmung verdiene; eine differente Behandlung
der Aerzte untunlich sei. Es sei aber kaum der Zeitpunkt geeignet
die Angelegenheit zur Durchführung zu bringen. Mit einer Stimme
Mehrheit gelangt der Antrag der Vorstandschaft auf Zurückstellung
bis nach der Beratung Leipzig-Land auf dem Aerztetag zur An¬
nahme.
Eine ausgedehnte Debatte schloss ich an das Referat (Herr
Mainzer) über die Vertragsverhandlungen mit der Maschinenbau¬
aktiengesellschaft. Ein früherer Vorschlag des Referenten, ein Pau¬
schale anzunehmen und die Verteilung in der Hauptsache auf einem
auf der Durchschnittszahl der bei einem Krankheitsfall gemachten
Besuche sich stützenden, aber gestaffelten Tarif (Einschränkungen
bei grösserer Patientenzahl) vorzunehmen, hatte in der Vertrags-
kommission keine Annahme gefunden, weil eine Anzahl von Kollegen
sich zum Abgehen von der bisher üblichen Bezahlung nach Einzel¬
leistungen nicht entschlossen konnten und Einheitlichkeit bei
der prinzipiell wichtigen Angelegenheit erwünscht schien. Referent
empfiehlt einen Kompromissantrag der Vertragskommission; der Kasse
pro Mitglied und Jahr eine Höchstgrenze von 8 M. zu garantieren;
Ueberschreitung wird prozentual vom Gesamthonorar abgezogen;
einer Aenderung des Staffeltarifs soll zugestimmt werden. Die
weitere detaillierte Ausarbeitung bleibt der Vertragskommission über¬
lassen. Herr Mohr ist gegen jede Honorarbegrenzung; man dürfe
sich nichts wegnehmen lassen; nach dieser kämen andere Kassen;
für das Jahr bis zur Einführung der R.V.O. ginge es auch so; durch
bessere Kontrolle werde der Status der Kasse sich bessern; sie kranke
an zu hohem Krankengeldausgaben. Herr Steinheimer hält
eine Aenderung für nötig, da das Honorar tatsächlich zu hoch sei;
es sei aber nur an einigen Kollegen gelegen, die man durch andere
Fassung des Staffeltarifs werde treffen können. Man solle bei der
bewährten Bezahlung nach Einzelleistungen, die anderwärts erstrebt
werde, verhaaren, deshalb habe er dem ursprünglichen Antrag auf
Pauschalbezahlung nicht zugestimmt. Dem Kompromissantrag stimme
er, wenn auch mit schwerem Herzen, zu.
Herr Mainzer: Der Kompromissantrag führt zum Pauschale,
denn keiner könne zweifeln, dass der Grenzbetrag bei dieser Kasse
überschritten werde; einer gründlichen prinzipiellen Regelung hätte
man sich um so weniger entziehen sollen, als damit ein Stück Arbeit
erledigt gewesen wäre, das bei den Verhandlungen zur Einführung
der R.V.O. wieder in Angrif genommen werden müsse. Es bestehe
in der übermässigen Honoraranschwellung ein Missstand; er sei un¬
abhängig von der Krankenkontrolle, wie andere Kassen mit sehr
guter Kontrolle (Polygraph. Ortskrankenkasse) zeigen; er müsse
natürlich auch bei den anderen Kassen beseitigt werden. Schuld
daran treffe die Bezahlung nach Einzelleistung und nach einem
Staffeltarif ohne Höchstgrenze. Bei mittleren Kassen habe sich dieser
Modus entschieden nicht bewährt. Der Staffeltarif gebe die Maximal¬
zahl der erlaubten Besuche an; es ergebe sich im Laufe der Jahre
nicht nur bei einzelnen, sondern in weit grösserem Umfange die
Neigung, das auszunützen. Tatsächlich ist die Zahl der ärztlichen
Leistungen pro Fall hier nicht unwesentlich höher als auswärts. Der
Staffeltarif wirkt bei verschiedenen Kassen verschieden; bei grös¬
seren Kassen kommen mehr Aerzte zu so grosser Patientenzahl, dass
sie nach den höheren Staffeln mit beschränkter Zahl zu honorierender
Besuche bezahlt werden, kleinere Kassen arbeiten teuerer. Zudem
ist die Verteilung der Patienten auf die Aerzte nicht bei allen
Kassen eine ähnliche; sie hänge von dem Zusammenwohnen in be¬
stimmtem Bezirke oder mehr verteiltem Wohnen der Kassenmit-
glieder, von der Zahl und Lage der Betriebe, der Zahl der bei
den Arbeitsstätten und dem eventuell engen Wohnbezirk der Kassen¬
mitglieder ansässigen Aerzte in erster Reihe ab und ändert sich
damit. Damit ändert sich statistisch nachweisbar die Wirkung des
Staffeltarifs. Der Staffeltarif müsse mehr an die Durchschnitts¬
zahl der gemachten Besuche sich anlehnen; die Fixierung eines
Grenzbetrages sei mindestens erforderlich. Natürlich seien nicht nur
die Aerzte an der Erhöhung der Honorare schuld; vor allem auch
die erhöhte Inanspruchnahme der Aerzte durch die Kassenmitglieder.
An der Debatte beteiligen sich noch die Herren Steinheimer,
Mohr, Wertheimer, Schuh, Staude r. Die ersten lehnen
die Ausführungen des Referenten ab, die letzten stimmen ihnen zu.
Der Antrag der Vertragskommission wird gegen eine kleine
Minderheit angenommen. Dr Mainzer.
MUHNcHeNEr Medizinische Wochenschrift.
1 Februar 1913.
Verschiedenes.
In dem vortrefflichen Archiv für Entwicklungsmechanik von
\ Roux bringen Charles R. Stockaril und Dorothy M. C r a i g
dem anatomischen Labor der Cornell Univers. med. College,
' v York eine experimentelle Studie über den Ein-
ss des Alkohols auf die Keimzellen und auf die
ibryoent Wicklung der Säugetiere zur Veröffent-
ung. deren Hauptergebnis in weitesten Kreisen bekannt zu werden
. dient. Aus 42 Paarungen alkoholisierter Meerschweinchen re-
. ierten nur 18 lebendige .hinge und von diesen lebten nur 7 (5 waren
\ kümmert) länger als einige Wochen, während aus 9 Kontroll-
rungen 17 Junge resultierten, die alle gesund und kräftig waren
ji die alle am Leben blieben. Woraus sich einwandfrei ergibt, dass
Alkohol auf die elterlichen Keimzellen und auf die Entwicklung
c Nachkommenschaft einen fatalen Einfluss hat. (Bd. 35, H. 3,
r 569— 584.) Fr. L.
Therapeutische Notizen.
Von der Firma K n o 1 1 & Cie., Ludwigshafen, wird ein Haar-
■. sser: Euresolspiritus in Handel gebracht, welcher gegen-
:r den bisherigen Mitteln mir mehrere Vorzüge zu haben scheint,
i habe es bei Psoriasis capitis gebraucht. Schon nach 1 — 2 Wa-
■ ungen verschwindet das lästige Jucken wie die Schuppenbildung
k lzlich. Die Anwendung ist äusserst einfach. Gleich nach dem
• istehen früh besprengt man die Kopfhaut mit dem Spiritus und ver-
ibt ihn mit den Fingerspitzen. Damit ist alles geschehen. Man
1 tucht den Kopf nicht zu waschen, wie bei anderen sonst guten
iarmitteln, was in der kühlen Jahreszeit leicht zu Erkältungen
: rt. Bis zur Beendigung der Toilette ist die Kopfhaut und das
tar völlig trocken. Ein Einfetten ist, da der Spiritus etwas ölige
Insistenz besitzt, unnötig. Dr. W. Doering, prakt. Arzt.
Die Hypophysenextrakte sind nach Joseph Hirsch -
frlin wertvolle Mittel zur Abkürzung der Geburtsdauer (Ther.
fmatsh. 12, 11). Ihr Hauptanwendungsgebiet liegt in der Austrei-
i igsperiode; die Dosis soll 0,2 g betragen. Direkt nach der Ent-
t düng ist vor dem Abgang der Plazenta die Injektion von Hypo-
[ rsenextrakt zu widerraten. Nach Ausstossung der Plazenta ist
i Injektion von 0,3 — 0,4 g Hypophysenextrakt empfehlenswert zur
Ikämpfung der atonischen Blutungen. Zur Abortbehandlung eignet
sh das Mittel nicht. Bei pathologischen Entbindungen (drohender
;aief läge, fehlerhafter Stellung, Placenta praevia, Missverhältnis
. ischen Kopf und Becken) vermag die Anwendung von Hypo-
[ysenextrakt operative Eingriffe zu verhüten. Bei Entbindungen
irch Sectio caesarea ist prophylaktische Injektion von Hypophysen-
itrakt angezeigt.
Das Hypophysenextrakt hat sich weiter bewährt zur Bekämp-
iig von Blutungen infolge Subinvolutio uteri. Kr.
Lenzmann - Duisburg hat erwachsene Menschen, die an
hrtussis litten, intravenös mit Chi,nin behandelt. Die Anfälle
rschwanden, nachdem er an zwei aufeinanderfolgenden Tagen je
i 5 Chinin verabreicht. Man benützt eine 10 proz. Chininlösung in
i proz. physiologischer Kochsalzlösung. Chininum muriaticum fällt
dieser Lösung teilweise aus, weshalb man die Lösung vor der
ektion erwärmt. Chininum lacticum löst sich besser. Für Kinder
■ .riet sich zum selben Zwecke ausgezeichnet Hydrochininum muria-
um. Man spritzt es intramuskulär ein. Nach einer Woche ver¬
binden bei den Kindern die schweren Anfälle. Kinder bis zu
Jahr erhalten pro dosi 0,02 — 0,05. Am Schluss des 1. Jahres gibt
in 0,1, im 2. Jahre 0,1—0,15; im 3. Jahre 0,2. Grössere Kinder
halten 0,25 — 0,3. Kinder von 10—14 Jahren vertragen bis zu 0,5
ramuskulär, 0,1 — 0,2 intravenös; auch hievon erhalten die Er-
ichsenen 0,25 intravenös. (Med. Klinik 1912, No. 44.) Gr.
Hübner macht in der dermatologischen Zeitschrift, Bd. 19.
863, 1912 darauf aufmerksam, dass beim Kaninchen eine längere
it fortgesetzte Aufnahme von Yohimbin (50 Tage) eine gering-
dge Eiweissausscheidung hervorruft. Auch kürzer dauernde Ver-
reichung (4—7 Tage) war imstande, leichte anatomische Ver¬
derungen hervorzurufen. Es wurde dann allerdings nie Eiweiss im
in gefunden. Immerhin sind die angegebenen Erscheinungen
mptome einer Nierenreizung, welche es geraten erscheinen lässt,
i Yohimbin anwendung in der humanen Medizin stets den Urin
kontrollieren. Fr. L.
R o c k h i 1 1 empfiehlt auf Grund vorzüglicher Resultate bei
Fällen die Behandlung der Variola mit Jodtinktur,
it einer Mischung aus 10 Proz. Jodtinktur und 90 Proz. Glyzerin
;rden die Pusteln 2 — 3 mal täglich bestrichen. (Journ. amer. med.
»oc., Bd. 58, S. 273, 1912.) Fr. L.
Untersuchungen von S i v o r i und C o s t a n t i n i zu pro-
y taktischen Zwecken, auf gastrischem Wege Kaninchen gegen
iphtherie zu immunisieren, eröffnen Ausblicke auf eine solche
rophylaxe beim Menschen. 2 — 6 Wochen täglich mit Diphtherie-
rum (50 — 100 I.-E.) gefütterte Meerschweinchen wurden uti-
ipfindlich gegen eine tödliche Minimaldosis von Diphtherietoxin.
335
Diese Unempfindlichkeit trat noch schneller ein bei der Verbitterung
eines Serums, welches 5 Tage nach der letzten Toxininjektion vom
Pferde entnommen war. Es handelt sich um aktive Immunisierung
durch die Antigenreste des Serums. (Arch. di farmacol. sperim. e sc.
affini, Bd. 11, S. 259, 1912.) Fr. L.
Unter dem Namen „Huste nicht“ sind Hustenbonbons im
Handel, welche Eukalyptusöl enthalten. M. Oppenheim teilt
in der Dermatol. Wochenschr., Bd. 54, S. 224, 1912 einen Fall mit,
wo nach reichlichem Genuss dieser Bonbons Erytheme, Knötchen,
Papeln und an einzelnen Stellen Purpuraflecken an Händen, Hand¬
gelenken und Füssen gleichzeitig mit Uebelkeit und Mattigkeit auf¬
traten. Fr. L.
Galerie hervorragender Aerzte und Naturforscher.
Der heutigen Nummer liegt das 318. Blatt der Galerie bei: Karl
L ö b k e r. Der Nekrolog erschien bereits in No. 44, S. 2406, 1912.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 10. Februar 1913.
— Zu interessanten Debatten ist es im preussischen Ab¬
geordnetenhaus bei der zweiten Lesung des Medizinal¬
etats gekommen. Besonders die Fragen des Geburtenrückgangs
und der Säuglingssterblichkeit wurden eingehend beleuchtet und
gaben den ärztlichen Mitgliedern Dr. Arning und Dr. M u g d a n,
ferner dem Regierungsvertreter üeheimrat Kirchner Gelegenheit
zu längeren Ausführungen. Darüber wird in üblicher Weise berichtet
werden. Auch der Konflikt zwischen den Krankenkassenverbänden
und der ärztlichen Organisation wurde von verschiedenen Seiten des
Hauses berührt. Besonders eingehend tat dies der konservative Ab¬
geordnete v. d. Oste n, der über den Leipziger Verband das un¬
gereimteste Zeug redete, das man wohl je über ihn gehört hat. Seine
Kampfesweise übertreffe alle sozialdemokratischen Hetzereien bei
weitem, er übe einen Koalitionszwang aus nach dem Vorbilde der
Gewerkschaften, er verletze die sozialen Pflichten, die dem Aerzte-
stand obliegen und gefährde wichtige Allgemeininteressen. Diese und
ähnliche Expektorationen trugen dem Redner „lebhaften Beifall
rechts“ ein. Kollege Mugdan unterzog sich der dankenswerten,
wenn auch nicht gerade schwierigen Aufgabe, den Redner, ebenso
wie den gleichgesinnten Abg. V o r s t e r gründlich abzuführen, was
er mit gewohntem Geschick und -nicht ohne Humor besorgte.
— Das bayerische Kultusministerium hat genehmigt, dass ver¬
suchsweise der Kgl. Landesturnanstalt in München ein Labora¬
torium zu Untersuchungen und Messungen bezüg¬
lich der Wirkung der einzelnen Turnarten, T u r n *
spiele und Sportsarten angegliedert werde. Die medizinische
Leitung hat der Privatdozent für Chirurgie an der Universität
München Dr. Hans v. B a e y e r übernommen. Auf wissenschaft¬
licher Grundlage soll mit Hilfe physiologischer Methoden 1. der Ein¬
fluss der Leibesübungen auf den menschlichen Organismus, Atmung,
Herztätigkeit usw. ergründet werden, um ihren vorübergehenden oder
dauernden Nutzen zu erweisen, andererseits auch die möglichen
vorübergehenden oder dauernden Schädigungen nicht zu übersehen.
2. Sollen die Kandidaten des nunmehr eingerichteten zweijährigen
Lehrganges für die Ausbildung von Turnlehrern im Hauptamte an¬
geleitet werden, selbst solche Messungen an Schülern vorzunehmen,
damit im Zusammenarbeiten mit den künftigen Schulärzten einwand¬
freies Material zur tieferen wissenschaftlichen Begründung von
Turnen, Spiel und Sport gewonnen werden kann, (hk.)
— Der praktische Arzt Dr. H. in Arnstorf in Niederbayern, ehe¬
maliges Zentrumsmitglied des bayer. Landtags, ist wegen fortgesetz¬
ter Steuerhinterziehung vom Landgericht Deggendorf zu
einer Geldstrafe von 2536 M., event. 12 Wochen Haft, und zur Tra¬
gung der Kosten verurteilt worden.
— Die Adelheid - Bleichröder-Stiftung hat auch
im laufenden Jahre Unterstützungen in der Gesamthöhe von 5790 M.
für wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiete der Medizin und der
angrenzenden naturwissenschaftlichen Fächer zu vergeben. Gesuche
sind in 5 Abschriften bis spätestens 31. März 1913 an den Vorstand
der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte, z. H. des ge¬
schäftsführenden Sekretärs Prof. Dr. B. R a s s o w, Leipzig, Stephan¬
strasse 8 zu richten. Von dieser Stelle können auch die Satzungen
der Stiftung kostenlos bezogen werden. Die Verleihung der Sub¬
ventionen geschieht auf der 85. Versammlung Deutscher Naturforscher
und Aerzte zu Wien am 25. September 1913.
— Zum Direktor und leitenden Arzt der Chirurg. Abteilung des
neu erbauten St. Norbert-Hospitals-Hauptstrasse in
Berlin-Schöneberg wurde der seitherige Leiter des Elisabeth-Kranken¬
hauses in Kassel, Dr. Franz Kuhn ernannt.
— Die in Gottleuba errichtete grosse Heilstätte der Landes¬
versicherungsanstalt im Königreich Sachsen soll am 1. April d. J. er¬
öffnet werden. Chefarzt ist der Nervenarzt San.-Rat Dr. Bartels.
— In Berlin hat sich eine „Aerztliche Gesellschaft
für Sexualwissenschaft“ konstituiert, als deren Vorstand
die Mediziner Geheimrat Prof. Dr. Eulenburg, Dr. Iwan Bloch,
Dr. Magnus H i r s c h f e 1 d, Sanitätsrat Dr. H. Koerber, Dr. Herrn.
Rohleder, Dr. Otto Adler und Dr. Otto J u 1 i u s b u r ge r
m
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
fungieren. Die erste öffentliche Monatssitzung der neuen Orga¬
nisation findet in dem kleinen Saale des Langenbeckhauses am
Freitag, den 21. Februar d. J.. abends 8 Uhr statt. Auf der Tages¬
ordnung steht ein Vortrag von Dr. Kvan Bloch: „Die Aufgaben der
ärztlichen Gesellschaft für Sexualwissenschaft“ und Demonstrationen
von Dr. M. Hirschfeld: Hermaphroditen-Moulagen. Als Zweck
der Gesellschaft wird angegeben: Erforschung des Geschlechtslebens
nach streng wissenschaftlichen Grundsätzen und Förderung des
Interesses fiir diese Forschung in ärztlichen Kreisen. Ordentliche
Mitglieder der Gesellschaft können ausschliesslich Aerzte und
Aeiztinnen werden, während als ausserordentliche Mitglieder auch
nicht medizinische Akademiker zugelassen werden.
— Am 7. und 8. Mai findet in Stuttgart die 20. Tagung des
Vereins deutscher Laryngologen (Vorsitzender: Sie¬
benmann- Basel) statt. Es wird gebeten, beabsichtigte (noch nicht
anderweits publizierte) Vorträge oder Demonstrationen bis zum
1. April beim Schriftführer (Richard Hoff mann, Dresden 1,
Grunaer Strasse 8, I) anzumelden. An diesen sind auch Meldungen
zur Mitgliedschaft zu richten. Das definitive Programm wird Mitte
April versandt werden.
— Die Anatomische Gesellschaft hält ihre 27. Ver¬
sammlung in Greifswald vom 10. bis 13. Mai ab. Vorsitzender der
Gesellschaft ist Prof. B o n n e t - Bonn. Nähere Auskunft erteilt
Dr. v. Möllendorff - Greifswald.
— Der 4. Internationale Kongress für Physio¬
therapie findet vom 26. — 30. März in Berlin statt. Der Kongress
zerfällt in 4 Sektionen, Balneotherapie und Klimatotherapie, Elektro-
Radio-Röntgentherapie, Kinesiotherapie, Diätetik, in denen Referate,
Vorträge auf Einladung des Vorstandes und angemeldete Vorträge
gehalten werden, eine allgemeine Sitzung (im Reichstagsgebäude)
hat als Thema die physikalische Behandlung der Kreislaufstörungen
(Ref. 0. Müller- Tübingen, V a q u e z - Paris, Wide- Stockholm).
Mit dem Kongress ist eine Ausstellung verbunden. Anfragen und
Mitteilungen sind an den Generalsekretär des Kongresses Dr. 1 m m e 1-
m a n n, Berlin W. 35, Liitzowstr. 72 zu richten, über die Ausstellung
erteilt Stabsarzt Dr. O. S t r a u s s. Berlin N., Kesselstr. 19, Auskunft.
Die Wohnungsbeschaffung hat das Reisebureau der Hamburg-Amerika-
Linie, Berlin W. 8, Unter den Linden 8, übernommen.
— Auf dem 9. Kongress amerikanischer Aerzte
und Chirurgen, der am 6. und 7. Mai d. J. in Washington statt¬
findet, wird Prof. Dr. S c h 1 a y e r in München auf Aufforderung des
Kongresses das Referat über eines der Hauptthemata, das Studium
der Nierenfunktion, erstatten. Das zweite Hauptthema lautet:
„Ueber die Entwicklung der Gewebe in vitro“.
— Der nächste Kongress der Deutschen dermato¬
logischen Gesellschaft findet in Wien am 19. und 20. Sep¬
tember unmittelbar vor der Naturforscherversammlung statt. An¬
gemeldete Vorträge, die auf dem Kongress nicht zur Verhandlung
kommen, können in den Sektionssitzungen der Naturforscher¬
versammlung gehalten werden. Etwaige Anfragen sind zu richten
entweder an Prof. Ehrmann, Wien IX, Kolingasse 9, oder Geheim¬
rat Neisser, Breslau, Fürstenstrasse 112.
— An Stelle des „Zentralblattes für Psychoanalyse“ gibt Prof.
Freud von jetzt ab eine „Internationale Zeitschrift f ii r
ärztliche Psychoanalyse“ heraus. Diese wird redigiert
von Dr. S. F e r e n c z i -Pest und Dr. Otto Rank -Wien und ist
das offizielle Organ der internationalen psychoanalytischen Ver¬
einigung. Sie bezweckt Einführung in das Wesen und die Uebung
der Psychoanalyse und einen fortlaufenden Ueberblick über die Ent¬
wicklung des Wissenschaftszweiges zu geben. Die neue Zeitschrift
erscheint 6 mal im Jahr und kostet 18 M. Verlag von Hugo Heller
& Co. in Wien.
— Der 1. Deutsche Kongress für alkoholfreie
Jugenderziehung findet vom 26. — 28. Mai d. J. in Berlin statt.
Dem Kongress geht am 25. Mai eine Reihe von wissenschaftlichen Vor¬
trägen des Berliner Zentralverbandes zur Bekämpfung des Alkoholis¬
mus voraus, die in den allgemeinen Inhalt und die allgemeine Be¬
deutung der Alkoholfrage einführen. Die Geschäftsstelle des Kon¬
gresses, Berlin W. 15, Uhlandstr. 146, nimmt Anmeldungen entgegen
und verschickt Programme in jeder gewünschten Zahl unentgeltlich.
— Aus unserem Leserkreis werden wir darauf aufmerksam ge¬
macht, dass der Verfasser der in d. W. 1912, S. 2734 erschienenen
Arbeit: „Universalbruchband. Aus dem Ambulatorium der Privat-
Frauenklinik von Privatdozent Dr. Ziegen speck. Von Dr. v. Bo¬
ro s i n i“, nicht als Arzt approbiert ist.
- Cholera. Türkei. Nach den amtlichen Ausweisen No. 9
und 10 sind in Konstantinopel vom 7. bis 13. und 14. bis 20. Januar
46 + 5 Personen erkrankt und 29 + 3 Personen gestorben. —
Zanzibar. Bis Ende 1912 waren auf der Insel seit dem Ausbruch der
Cholera 943 Personen erkrankt und davon 912 gestorben. Die letzte
Erkrankung erfolgte am 23. Dezember.
- Pest. Russland. Zufolge Mitteilung vom 15. Januar hat
sich die Pest im Dongebiete auf weitere Ortschaften ausgebreitet.
Vom 5. bis 12. Januar wurden 9 neue Erkrankungen gemeldet. Ins¬
gesamt sind im 2. Donkreis seit dem Auftreten der Seuche im No¬
vember v. J. aus 6 Ortschaften 38 Erkrankungen mit 22 Todesfällen
bekannt geworden. Laut einer am 16. Januar veröffentlichten Be¬
kanntmachung sind das Transkaspische und das Samarkand-Gebiet
sowie das Chanat Buchara als pestbedroht zu betrachten. — Britisch
Ostindien. Vom 29. Dezember bis 4. Januar erkrankten 5621 und
No. 6.
starben 4561 Personen an der Pest. — Niederländisch Indien. Vom
1. bis 14. Januar wurden auf Java gemeldet: Aus dem Bezirke Malang
134 Erkrankungen (und 133 Todesfälle), aus Paree 42 (41), ans
Kediri 41 (32), aus Madioen 26 (24), aus Soerabaja 8 (8) und aus
Nagawi 1 Fall. Für die Zeit vom 18. bis 31. Dezember v. J. sind
nachträglich aus Kediri 2 Fälle und aus Paree 1 mitgeteilt worden.
China. Auf der Insel Hainan ist im November v. J. die Pest aus¬
gebrochen, ebenso in der Chinesenstadt von Pakhoi zu Anfang De¬
zember; bis zum 27. Dezember waren in Pakhoi etwa 30 Chinesen
der Seuche erlegen. — Brasilien. In Pernambuco vom 16. bis 30. No¬
vember v. J. 2 Todesfälle und in Rio de Janeiro vom 24. bis 30. No,
vember 1 Erkrankung und 1 Todesfall.
In der 4. Jahreswoche, vom 19. — 25. Januar 1913, hatten von
deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblichkeit
Bochum mit 25,7, die geringste Berlin-Friedenau mit 3,6 Todesfällen'
pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenm
starb an Masern und Röteln in Oberhausen, an Diphtherie und Krupp
in Dortmund, Heilbronn. V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Breslau. 148 Frauen sind an der Breslauer Universität imf
laufenden Wintersemester rite immatrikuliert, davon 21 für Medizin,
2 für Zahnheilkunde.
Königsberg. Dr. Friedrich Meyer-Betz, Oberarzt an
der med. Klinik, habilitierte sich für das Fach der inneren Medizin
mit einer Antrittsvorlesung: „Ueber photodynamische Wirkung“.
Rostock. Dr. Albrecht B u r c h a r d. Spezialarzt für Rönt¬
genologie, hat sich für dieses Fach mit einer Arbeit über: „Die rönt¬
genologische Nierendiagnostik“ habilitiert. Seine Antrittsvorlesung
wird das Thema: „Die Entwicklung der Röntgenologie“ behandeln.
Catania. Der Privatdozent an der med. Fakultät zu Neapel
Dr. J. B e 1 f i o r e habilitierte sich als Privatdozent für klinische
Chemie.
Neapel. Dr. U. Masucci habilitierte sich als Privatdozent
für medizinische Semiologie.
Pa via. Der ausserordentliche Professor der externen Patho¬
logie Dr. G. P e r e z wurde zum ordentlichen Professor ernannt.
Pest. Privatdozent Dr. J. L o v r i c h wurde zum Direktor
der Hebammenanstalt in Pest ernannt; die Wahl hat somit einen der
tüchtigsten Fachleute Ungarns getroffen.
Pisa. Dr. A. S e r t o 1 i habilitierte sich als Privatdozent für
externe Pathologie.
Prag. Der ausserordentliche Professor der Anatomie an der
tschechischen med. Fakultät Dr. Karl W e i g n e r wurde zum ordent¬
lichen Professor ernannt.
Rom. Dr. V. Caraff a habilitierte sich als Privatdozent türj
medizinische Pathologie.
Saratow. Der Privatdozent in Kasan Dr. J. N. B y s t r e n i u
wurde zum Professor der Pädiatrie ernannt.
Siena. Der ausserordentliche Professor der Neurologie und
Psychiatrie Dr. O. Fragnito wurde zum ordentlichen Professor
ernannt.
Turin. Dr. F. Lasagna habilitierte sich als Privatdozent
für Oto-Rhino-Laryngologie.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 4. Jahreswoche vom 19. bis 25. Januar 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildungs¬
fehler 11 (14 *), Altersschw. (über 60 Jahre) 7 (7), Kindbettfieber 1 (—)
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 1 (2), Scharlach — (1)
Masern u. Röteln 3 (3), Diphtherie u. Krupp 1 (1), Keuchhusten 1 il)
Typhus (ausschl. Paratyphus) — ( — l, akut. Gelenkrheumatismus —(—)
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundswut
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) — ( — ), Starrkrampf — (-)
Blutvergiftung 3 (6', Tuberkul. der Lungen 22 (12), Tuberkul. and. Org
(auch Skrofulöse) 5 <6 , akute allgem. Miliartuberkulose — (— ). Lungen-
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 15(14), Influenza 4 (2t, veneri
sehe Krankh. 2 (— ), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfieber
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechsel¬
fieber usw. — (— ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.1 2(1), Alkoholis
mus — (— ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 3 (7), sonst. Krankh
d. Atmungsorgane 7 (3-, organ. Herzleiden 18 '26), Herzschlag, Herz¬
lähmung lohne näh. Angabe d. Grundleidens) 2 (5t, Arterienverkalkung
2 (7), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 7 >C\ Gehirnschlag 6 16)
Geisteskrankh. 1 (2), Krämpfe d. Kinder 4 ( — ), sonst. Krankh. d. Nerven
Systems 7 (3), Atrophie der Kinder 2 G\ Brechdurchfall 1 (1), Magen
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 2 (3), Blinddarm
entzünd. 2 (4), Krankh. der Leber, Gallenblase. Bauchspeicheldrüse n
Milz 4 (2), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 4 13), Nierenentzünd. 6 13
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg 3 (2), Krebs 17 (20), sonst
Neubildungen 6 (2 , Krankh. d. äuss. Bedeckungen — '1>, Krankh.de
Bewegungsorgane — -1), Selbstmord 1 (4), Mord, Totschlag, aucl
Hinricht. — (—\ Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 3 (7)
and. benannte Todesursachen 1 (4t, Todesursache nicht ("genau) an¬
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) 2 11t.
Gesamtzahl der Sterbefälle: 189 (194).
*) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwoche
Verlag von J. F Lehmann in München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
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* Münchener Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich
Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen
immer 8(1 M. • Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
6- — • • Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag.
MÜNCHENER
Zusendungen sind zu adressieren i
Fördie Redaktion Arnulfstr.26 Bürozeit der Redaktion 1 l/hr.
Für Abonnement an j. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatinerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE
). 7. 18. Februar 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
Originalien.
is dem pathologisch-anatomischen Institut und der Uni¬
versitäts-Frauenklinik zu Freiburg i. Br.
ir Frage der Beeinflussbarkeit tiefliegender Krebse
durch strahlende Energie.
Anatomische und klinische Mitteilungen von A s c h o f f,
K r ö n i g und Gauss. •
(Mit einer Tafel.)
Ueber die Beeinflussbarkeit bösartiger Geschwülste durch
jntgen- und Radiumstrahlen liegt sowohl klinisch wie auch
ithologisch-histologisch bereits eine umfangreiche Literatur
)r. Es sei hier nur auf das „Handbuch der allgemeinen
athologie“ von Marchand-Krehl, auf die Zusammen-
ellung von Herxheimer und R e i n k e in den Ergeb-
ssen von Lubarsch-Ostertag, insbesondere auch auf die
rbeiten von Werner aus dem Czerny sehen Institut
id auf die Ausführungen von B e r g o n i e in der allgemeinen
athologie von Bouchard und Roger hingewiesen.
Nachdem eine gewisse Zeitlang das Studium der bio¬
gischen Strahlenwirkungen mehr in den Hintergrund ge-
eten war, hat dasselbe neuerdings wieder lebhafter ein-
:setzt und zwar nach 2 Richtungen hin: einmal in Bezug auf
e feinere Analyse der in den betroffenen Zellen vor sich
:henden chemisch oder morphologisch nachweisbaren Stoff-
echselstörungen (Neuberg), unter denen besonder diejenigen
;r Lipoidsubstanzen das Interesse fesseln (Tschacholin),
idererseits in Bezug auf die zuerst von Perthes genauer
udierten Tiefenwirkungen gefilterter Strahlen. Im folgenden
inn ich (A.) nur zu dem letzteren Problem Stellung nehmen,
sofern mir Gelegenheit geboten war, einige Fälle von
arzinom, die in der hiesigen Frauenklinik mit stark gefilterten
öntgenstrahlen in abnorm grossen Dosen behandelt worden
aren, von Anfang bis zu Ende histologisch zu kontrollieren.
Da der Kliniker in dem vorliegenden Falle von der theo-
üischen Voraussetzung ausging, dass zur Erzielung einer
fügenden Tiefwirkung grosse Dosen besonders harter
trahlen dem Körper einverleibt werden mussten, so wurde
as Interesse des pathologischen Anatomen nach zweierlei
ichtung hin in Anspruch genommen, einmal wie weit iiber-
aupt eine Beeinflussbarkeit tieferliegender Krebswucherungen
töglich, und andererseits ob eine solche intensive Durch-
rahlung ohne Schädigung des übrigen Organismus durch-
ihrbar wäre. Sind die Untersuchungen bezüglich der
ineren Gewebsveränderungen noch nicht abgeschlossen, so
ssen sich doch beide Fragen in einem gewissen Umfange
:hon jetzt beantworten. Ich schicke zunächst kurz die patho-
igisch-anatomischen und histologischen Daten der zu be-
arechenden Fälle voraus:
Fall I. Frau E. Klinische Diagnose: Carcinoma ventriculi in-
>erabile.
Am 19. Juli 1912 wurde eine Probeexzision aus einer Magen¬
schwulst dem hiesigen Institut zugesandt. Mikr. handelte es sich
den beiden übersandten Stückchen um ein typisches Adeno-
irzinom, ohne Neigung zur Schleimbildung, wie es Fig. 1 an-
ihaulich darstellt.
Am 5. November wurden von neuem kleinere exzidierte
lückchen aus der Magenwand im Gebiet des Antrum pylori und
is der Pylorusgegend selbst dem pathol. Institut zugesandt,
ikr. fand sich neben deutlichen Bestandteilen der Muskulatur
orwiegend verdickte Serosa vor, in der sich ein zum Teil be-
“its narbig verändertes Granulationsgewebe entwickelt hatte,
is nach der Oberfläche zu mit einer dicken Schicht gewöhn¬
ter Eiterzellen bedeckt war, in der Tiefe neben Leukozyten reich-
-'h lymphozytäre Infiltration aufwies (s. Fig. 2). Diese lympho-
No. 7.
zytären, zum Teil auch leukozytären Infiltrate erstrecken sich auch in
die muskulären Schichten der Magenwand. Innerhalb des Granula¬
tionsgewebes der Serosa fanden sich zum Teil kleinere Haufen grob
vakuolisierter Zellen, die den Eindruck gewucherter und in das Granu¬
lationsgewebe eingeschlossener Endothelzellen machten. Sichere
KrebszelLnstränge, insbesondere solche von adenomatösem Charak¬
ter wurden nirgends gefunden, dagegen wies ein gleichzeitig exstir-
pierter Lymphknoten aus der Netzgegend die typischen Bilder des
Adenokarzinoms auf.
Am 2. November wurde 5 Stunden nach dem Tod der Frau die
Obduktion vorgenommen. Baucheingeweide durch Formolinjektion
direkt nach dem Tode vor postmortalen Veränderungen geschützt.
Die pathologisch-anatomische Diagnose lautete kurz zusammengefasst
folgendermassen:
Alte und frische Laparotomiewunde unterhalb des linken Rippen¬
bogens; postmortale Schnitteröffnung der Bauchhöhle im Gebiet der
älteren Weichteilwunde. Kallöses Ulcus im Antrum pylori; Krebs¬
metastasen in den portalen Lymphknoten, in der Leber und in beiden
Eierstöcken; leichte Atrophie der Milz; leichte Atrophie der Leber;
entzündliche Cholelithiasis. Differenter Fettgehalt der Rindenschicht
zwischen linker und rechter Nebenniere, vereinzelte Schrumpfungs¬
herde (embolischer oder arteriosklerotischer Natur?) in der linken
Niere. Lungenödem. Struma nodosa. Säbelscheidentrachea. Geringe
Atherosklerose der Aorta. Frische Peritonitis bei frischer Gastro¬
enterostomie.
Aus dem Sektionsprotokoli sei kurz folgendes mitgeteilt:
Bei weiterer Eröffnung der Bauchhöhle deutlicher Formolgeruch.
Die genaue lnspektion zeigt, dass eine Dünndarmschlinge dem oberen
Jejunum angehörend, über das grosse Netz und das Kolon hinweg an
die grosse Kurvatur des Magens gezogen und in die Vorderfläche des¬
selben eingenäht ist. Bei Druck auf den Magen wird sehr leicht Gas
und Flüssigkeit aus dem Magen in die zuführende und die abführende
Darmschlinge hinübergetrieben. Die weiter abwärts gelegenen, zum
Teil noch vom Netz bedeckten Dünndarmschlingen zeigen lebhafte In¬
jektion, fühlen sich seifig an und sind mit- eitrig-fibrinösen Belägen be¬
deckt.
Im kleinen Becken liegen 30 ccm einer leicht bltuig gefärbten
eitrigen Flüssigkeit. Der zuerst entfernte Dünndarm ist in seinen
unteren Abschnitten ziemlich stark kontrahiert; in seinen oberen
mässig stark mit Flüssigkeit gefüllt; die Lymphdrüsen des Mesen¬
teriums sind nicht geschwollen, kaum zu fühlen. Der Appendix etwas
nach oben unter den Recessus ileocoecalis geschlagen, ist frei von be¬
sonderen Veränderungen, ln der Bursa omentalis kein besonderer In¬
halt. Nach Emporheben des Magens fühlt man an der kleinen Kur¬
vatur bis vierfingerbreit von der Kardia hinaufreichend eine Ver¬
härtung der Wand, die sich an der kleinen Kurvatur in einzelne,
narbig-weisse, flache Knötchen auflöst.
im Ligamentum hepato-gastricum fühlt und sieht man einen klein¬
bohnengrossen, harten Geschwulstknoten. Die Gallenblase zeigt
flache Strangbildungen nach dem Anfangsteil des Duodenums hinüber.
Man fühlt in ihr 2 grosse walzenförmige Steine.
An den Gefässen nichts besonderes. Aus dem Duodenum ent¬
leert sich reichlich dunkle, erbsenbrühartige Flüssigkeit. Pylorus für
die Kuppe des kleinen Fingers eben durchgängig. Wegen der Gastro¬
enterostomie wird der Magen von vorne geöffnet. Aus dem Magen
entleert sich ebenfalls eine gallig gefärbte, reichliche, dem Duodenal¬
inhalt entsprechende Flüssigkeit. Bei der Eröffnung des Magens
sehr lebhafter Formolgeruch (vom Kliniker post mortem injiziert).
An dem Magen sieht mm im Fundustsil deutlich grobe Falten und
zierliche Felderbildung (wie normal). An der kleinen Kurvatur an
der Schleimhaut, ca. 6 cm von der Kardia entfernt liegend, eine Ein¬
lagerung flacher, derber Knötchen; allmählich nach dem Antrum pylo-
rum zu verhärtet sich der Magen und man sieht dicht vor dem
Pylorus ein flaches, glattrandiges, glattgrundiges Geschwür, an dessen
kardialer Seite man sehr deutlich die Ueberschiebung der gewulsUten
Schleimhaut, an dessen Pylorusseite man eine deutliche Abflachung
beobachtet. Während sich der kardiale Geschwürsrand sehr hart
anfühlt, fühlt sich der pyloruswärts gelegene Rand relativ weich an.
Im Gebiet des Geschwürs weist die Magenwand eine Dicke von 8 mm
auf, von denen 5 auf die hochgradig verdickte Muskulatur gehen. In
der Muskulatur einzelne weisse Streifen. Das Geschwür liegt an der
kleinen Kurvatur und reicht auf Hinter- und Vorderwand hinüber. Im
Bereich der vorderen Wand sieht man dem pyloruswärts gerichteten
Rand zu entsprechend an der unregelmässig rauhen, leicht höckerigen
Serosa mehrere feine Fäden (Probeexzision 2 Tage ante mortem).
Makroskopisch ist an der Schnittfläche durch die vordere
1
No. ?.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Magenwand nichts von Ca. zu sehen. An der Hinterwand des
Magens dagegen sieht man die Fettgewehsträubchen der Serosa
auffallend weiss gefärbt, wie narbig verändert; Geschwulstgewebe
nicht sicher festzustellen.
Der Choledochus lässt auf Druck Galle durchtreten; nicht er¬
weitert, gallig imbibiert. Am Gallenblasenhals sitzt ein linsengrosses,
mehr graues, wie ein geschwollener Lymphknoten aussehendes Ge¬
bilde. Auch der Lymphknoten an der Leberpforte ist vergrössert,
man sieht in ihm 2 kleinste, markig aussehende Knötchen (Meta¬
stase?). Auch in den anderen Lymphknoten des Ligamentum hepato-
duodenale sieht man verkäste, sich hart anfühlende Knötchen. In der
Pfortader ein postmortales Gerinnsel. Der Zystikus durchgängig. Ls
entleert sich eine sehr zähe dunkelgrüne Galle; Gallenblasenwand
o. B. In der Galle liegen 2 leicht tonnenförmige, deutlich facettierte
Steine mit höckeriger Oberfläche. Beide ungefähr kirschgross, der
eine, mehr rundliche, lässt bis in den Kern hinein eine deutliche
Schichtung erkennen, der andere nicht.
Pankreas auf dem Durchschnitt o. B. Ductus pancreaticus nicht
erweitert, keine Fettgewebsnekrose, normale Konsistenz.
Leber, 23K> cm Durchmesser, zeigt die schon erwähnten zahl¬
reichen, besonders rechts, aber auch links lokalisierten Geschwulst¬
knoten. Die Knoten sind von markig-weisser Farbe, scharf gegen
die Umgebung prominierend, zeigen keine zentrale Nekrose, durch¬
schnittlich kirschkern- bis kirschgross. Ihre Zahl ist ziemlich erheb¬
lich.
Die Gastroenterostomiewunde ist in beiden Schenkeln gut durch-
An der eröffneten Jejunalschlinge keine besonderen Verände¬
rungen.
Histologisch interessierte vor allem das kallöse Ulcus des
Magens. Die mikr. Untersuchung eines Längsschnittes durch das
Ulcus, der absichtlich nicht durch den Boden, sondern mehr durch die
Randpartien gelegt wurde, ergab neben ausgedehnten entzündlich¬
schwieligen Verdickungen der Serosa eine im ganzen wohlerhaltene
Muskulatur mit leicht verbreiterten, zum Teil zellig infiltrierten, zum
Teil hyalinisierten Bindegewebssepten (s. Fig. 3). Die Mukosa und
Submukosa fehlen. Die Muskularis liegt frei an dem Geschwürsgrund
zutage, und ist zum Teil in den geschwürigen Zerfall mit einbezogen.
Das Geschwür ist nach innen zu mit einer dicken Schicht neutrophiler
Leukozyten bedeckt, die nach innen zu in eine mehr oder weniger
breite nekrotische, von Bakterienmassen durchsetzte Schicht über¬
gehen. Unter der Leukozytenschicht findet sich ein fibroblasten-,
aber nicht besonders gefässreiches, die oberflächliche Muskelschicht
durchsetzendes Granulationsgewebe, welches sich allmählich in die
intramuskulären Septen verliert, bzw. sich in den zelligen Infiltraten
derselben fortsetzt. Diese zelligen Infiltrate bestehen vorwiegend aus
Plasmazellen, untermischt mit eosinophil gekörnten Leukozyten, die
auch reichlich in den äusseren Schichten der Muskulatur und in der
verdickten Subserosa auftreten. Die bindegewebigen Teile der ner¬
vösen Plexus sind ebenfalls stark verdickt und zellreich. Die grösse¬
ren in der Subserosa verlaufenden Gefässe zeigen hier und da deut¬
liche Zeichen der Endarteriitis productiva bezw. der Arteriosklerose,
doch hält sich diese Veränderung überall in massigen Grenzen und
nirgends finden sich stärkere Verengerungen oder gar Obliteration.
Von den alten karzinomatösen Wucherungen der Magenwand ist
nichts mehr zu finden; nur an einer Stelle im Geschwürsgrund, wie
auch an einer anderen Stelle tiefer in der Muskulatur gegen die Sub¬
serosa zu, lassen sich eigenartige Lückenbildungen im Gewebe er¬
kennen, die aus einem zarten, aus spindligen Zellen bestehenden
Maschenwerk mit unregelmässig grossen Lücken dazwischen be¬
stehen. In diesen Lücken liegt eine im Hämatoxylin-Eosin-Präparat
ungefärbt bleibende Masse von fädiger Struktur, die sich im Kresyl-
violettpräparat als Schleim erweist. In diesen spärlichen Schleim¬
resten finden sich auch vereinzelte grosskugelige, mit grösseren
Kernen versehene als Ca. -Zellen anzusprechende Gebilde. Das
Protoplasma dieser Zellen ist fein und grob vakuolisieft, unscharf
begrenzt, wie in Auflösung begriffen. Auch die Kerne sind vakuoli-
siert und sehen wie zerknittert aus. Neben diesen, eben noch als
Krebszellen erkennbaren Gebilden finden sich innerhalb des Schleims
zerstreut pyknotische Kerntrümmer. Von irgendwelchen frischen
Krebszellenwucherungen ist nichts zu entdecken (s. Fig. 4).
Eine zweite, ebenfalls dem Geschwürsrand entnommene Partie des
Ulcus zeigt die verdickte Subserosa und Muskularis vollständig frei
von Krebswucherungen, nur an den inneren Wandschichten in dem
Granulationsgewebe des Geschwürsgrundes zerstreute, kleine Gruppen
von polymorphen, sich gegenseitig abplattenden, zum Teil sich
schalenförmig umgebenden, mehr wie Pflasterepithel aussehenden
Krebszellen, deren Protoplasma feinkörnige Verfettung aufweist.
Fall II. Frau M„ 57 Jahre. Klinische Diagnose: Inoperables
Zervixkarzinom.
Die erste Probeexzision ging dem Institut am 13. III. 12 zu. Die
Diagnose lautete; Es handelt sich um einen nicht verhornenden
Plattenepithelkrebs der Zervix.
Die nächstfolgenden Exzisionen ergaben folgende Resultate:
1. V. 12. J.-No. 579. 1. Probeexzision während dej
Bestrahlung: Die Probeexzision (gekochtes Präparat), s. Fig. 5,
zeigt das Gewebe von breiten Krebssträngen auf das Dichteste durch¬
setzt. Die Krebsstränge tragen den Charakter von weichem Platten¬
epithelkrebs. Gegenüber der ersten Exzision bestehen Unterschiede,
insofern die Kernteilungsfiguren sehr viel seltener sind, die Basalt¬
zellen gegenüber den auffallend blasig gestalteten Stachelzellen sehr
zurücktreten, wie überhaupt auch an den jugendlichen Krebszellen
Vakuolisierungen des Protoplasmas sehr auffallend sind.
Es besteht Einwanderung eosinophiler Leukozyten ln die Krebs¬
stränge.
10. V. 12. J.-No. 620. 2. Probeexzision während der
Bestrahlung: In dem Präparat sieht man noch immer auf¬
fallend breite, vielfach verästelte, miteinander kommunizierende Krebs-
stränge. Im Gegensatz zu den Präparaten der letzten Exzision fällt
hier die ausgesprochene Neigung zur Bildung von Hornperlen auf.
Allerdings handelt es sich nicht um echte Verhornung, sondern um
parakeratotische Vorgänge. Die schon im letzten Präparat beob¬
achtete Vakuolisierung der Krebszellen ist hier ebenfalls vorhanden.
Fast alle Krebsstränge zeigen eine reichliche Durchsetzung mit eosino¬
phil gekörnten Leukozyten. Auch sieht man eine starke Zersplitterung
der Krebsnester durch eindringende Granulationszellen. Kernteilungs¬
figuren fallen in den untersuchten Präparaten nicht auf.
15. V. 12. J.-No. 662. 3. Probeexzision während der
Bestrahlung: Die Reduktion des krebsigen Gewebes tritt jetzt’
noch stärker hervor, insofern, als nur noch relativ schmale, zu ein¬
zelnen insularen Bezirken zusammengelagerte krebsige Zellstränge in
dem mehr faserreichen jugendlichen Narbengewebe auftauchen. An
den Krebssträngen ist wieder die Vakuolisierung der Zellen, wenig¬
stens in den achsialen Gebieten der Zellstränge, auffällig. Para-
keratoide Perlbildungen treten dagegen zurück. Ungemein reichlich
ist die Anhäufung eosinophil gekörnter Leukozyten, die auch überall in
die Krebsstränge einwandern. Auffallend ist, dass in diesem Präparat
wieder reichlich Kernteilungsfiguren, z. 1 . auch pluripolare, sichtbar
sind.
22. V. 12. J.-No. 607. 4. Probeexzision während der
Bestrahlung: In der 4. Exzision finden sich ganz ähnliche Bildei
wie in der 2., indem die parakeratotischen Formationen in Gestalt
unvollständig verhornter, umfangreicher Perlen stark in die Augen
fallen. Kernteilungsfiguren sind sehr spärlich. Die starke Infiltratior
mit Leukozyten besteht noch weiter.
4. VI. 12. J.-No. 771. 5. Probeexzision: Im übersandtet
Gewebsstückchen sind noch sehr reichlich Krebsstränge vorhanden
doch tritt an denselben die Neigung zu parakeratotischen Formationei
noch stärker als früher hervor. Auch findet sich ziemlich reichlich
Keratohyalinbildung. Kernteilungsfiguren treten ganz zurück. Die
Krebszellen sind auffallend variabel an Form und Grösse und e:
zeigt sich eine Neigung zur Bildung von Riesenzellen mit Riesen
kernen bezw. mehrkernigen Riesenzellen, wie wenn die Teilungs
tendenz des Protoplasmas abgeschwächt wäre. Das Bindegewebs
geriist ist noch immer so zellreich und enthält noch ebenso vie
leukozytäre Elemente wie früher.
12. VI. 12. J.-No. 800. 6. Probeexzision w ährend de
Bestrahlung: Mikroskopisch hat sich das Bild insofern geändert
als das übersandte Gewebsstückchen so gut wie ausschliesslich au:
Narbengewebe beteht. Nur an einer Stelle findet sich noch eu
grösserer Komplex von Karzinomzellen. An dieser Stelle zeigen siel
inmitten der Karzinomzapfen typische Kankroidperlen mit Leuko
zytenpfröpfen. Die Krebszellen sind relativ gross, den Gebildet
der Stachelzellenschicht entsprechend. Kerne im grossen ganzen voi
gleicher Grösse und Gestalt, bläschenförmig, mit senönem Kern
körperchen. Das Ganze ist durchsetzt von reichlichen Leukozyten
Auffallend ist nur der starke Gehalt an Kernteilungsfiguren. Inmittei
des Narbengewebes finden sich zahlreiche Nervenstränge eingebettet
20. VI. 12. J.-No. 843. 7. Probeexzision während de
Bestrahlung: In dem neuen Präparat finden sich wieder seh
reichliche Krebszapfen mit auffallend viel Kernteilungsfiguren in ein
zelnen Abschnitten derselben.
26. VI. 12. J.-No. 878. 8. Exzision während der Be
Strahlung: Es findet sich ziemlich reichliche und regelmässi:
stark entwickelte Zapfenbildung von Karzinom. Die Zellen sin
relativ gleichmässig. gross, Kerne oval bis rund, ebenfalls ziemlic
gleichmässig. An einzelnen Zapfen grössere Unregelmässigkeiten un
Neigung zur Bildung von Hornperlen. Hie und da auch stärker
Vakuolisierung. Kernteilungsfiguren treten nur vereinzelt hervor.
4. VII. 12. J.-No. 935. 9. Probeexzision während de
Bestrahlung: In dem zellenreichen Narbengewebe noch seit
reichliche, lebhaft gefärbt aussehende Krebsstränge und Neste,
Deutliche Neigung zur Hornperlenbildung. Kernteilungsfiguren trete i
ganz zurück, sind aber noch immer vorhanden. Gegenüber de
letzten Exzision ist der Rückgang in den Kernteilungsfiguren unvei|
kennbar.
16. VII. 12. J.-No. 1005. 10. Probeexzision währen
der Bestrahlung: Mikroskopisch finden sich die Bilder eint1
sehr stark verhornenden Plattenepithelkrebses. Es ist hervoi
zuheben, dass neben parakeratotischen Massen auch echte Hort
massen in den Kankroidnarben auftreten. Die Schichtung der Zel
zapfen erinnert jetzt mehr an diejenige des normalen Epithels, wer
auch noch starke Atypien in der Dicke der einzelnen Schichte
in Grösse und Form der Zellen und Kerne genügend bestehe
Kernteilungsfiguren sind bei den gewöhnlichen Durchmusterung*
nicht festzustellen. Es besteht also gegenüber dem letzten Befumj
eine wesentliche Besserung.
26. VII. 12. J.-No. 1106. 11. Probeexzision währen
der Bestrahlung. Mikroskopisch zeigt sich das Bild eint
deutlich verhornenden Platenepithelkrebses. Das Krebsgewebe t
.LER1E HERVORRAGENDER ÄRZTE UND NATURFORSCHER.
ARL
h
OBRER.
Beilage zur Münchener medizinischen Wochenschrift. Blatt 318, 1913.
Verlag von J. F. LEHMANN in München.
E Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
339
>ch sehr reichlich vorhanden. Auch finden sich noch auffallend
ichlich Kernteilungsfiguren, mit mehreren pluripolaren Formen.
Gegenüber der letzten Exzisionen ist vielleicht eine stärkere
ornbildung bezw. Parakeratose zu konstatieren, aber sonst besteht
;jne sichtbare Besserung.
3. VIII. 12. J.-No. 1156. 12. Exzision während der
(.Strahlung. Breite, mit reichlichen, zur Verhornung neigenden
srlbildungen versehene Krebsstränge. Die Zellen z. T. vakuolisiert,
e und da Riesenkernbildungen. Im grossen ganzen ziemlich gleich-
iissige. bläschenförmige Kernstruktur, von gleicher Grosse. Kern-
ilungsfiguren nicht besonders reichlich. Es besteht keine wesent-
;he Besserung.
22. VIII. 12. J.-No. 1239. 13. Exzision während der Behand-
i ng (s. Fig. 6) : In der Exzision finden sich einzelne nekrotische Rar¬
en; dieselben sind stark von Leukozyten durchsetzt. In diesen
.irtien finden sich auch Gruppen von Krebszellnestern, anscheinend
i Untergang begriffen. An anderen Stellen finden sich jedoch sehr
iiitige Züge von Krebsgewebe mit massig reichlichen Kernteihmgs-
'uren. Auch hier parakeratotische Bildungen, jedoch nicht so aus-
esprochen wie im letzten Präparat. Eine deutliche Besserung ist
so nicht wahrzunehmen.
10. IX. 12. J.-No. 1312. 14. Probeexzision während
er Bestrahlung: Das Bild hat sich insofern wieder geändert,
s stärkere Neigung zur Verhornung der immer noch reichlich
orhandenen Krebszellstränge besteht. Die Kernteilungsfiguren sind
■lativ spärlich und wo vorhanden, vielfach verklumpt. Die Neigung
jr Bildung von Riesenkernen ist noch sehr ausgesprochen. Im
-ossen ganzen macht das Krebsgewebe noch immer den Eindruck
ner guterhaltenen Proliferation, da erhebliche Degenerationen des
rotoplasmas oder der Kerne der einzelnen Krebszellen nicht festzu-
ellen sind.
23. IX. 12. J.-No. 1359. 15. Probeexzision: Das Bild ist
n anderes als die letzte Probeexzision bot. Die Krebsstränge sind
i sich noch reichlich vorhanden, zum Teil erscheinen sie zersprengt
jrch stark leukozytenhaltige Gewebe. An einem anderen Teile fällt
ir grosse Reichtum und das absolute Vorherrschen von Plasma-
ellen in und zwischen den Krebssträngen auf. Das Gefüge der
tiänge an sich erscheint etwas lockerer, die Vakuolisierung stärker;
ehrkernige Riesenzellen und Riesenkerne häufig. Kernteilungs-
juren, auch atypische, hie und da zu sehen.
23. X. 12. J.-No. 1481. 16. Probeexzision während
er Bestrahlung: Mikroskopisch ausgedehnte breitzapfige
rebsstränge mit zahlreichen Kernteilungsfiguren und ohne Zeichen
er Zellschädigung.
5. XI. 12. J.-No. 1507. 17. Probeexzision während
er Bestrahlung: Der Charakter des Karzinoms hat
ch sehr wenig geändert. Die Zellen sind auffallend gross, fast
[lanzenzellenähnlich geworden. Das Protoplasma ganz durchsichtig,
n einzelnen Stellen ist ausgesprochen Kankroidperlenbildung vor-
anden. An den Get'ässen enorme Verdickungen mit leukozytären In-
Itrationen der Wand.
Patientin starb am 14. November 1912. Die Sektion fand am
5. November 1912 statt.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Ulzerieren ■
is Karzinom der Scheide und der Zervix mit Perforation in das
ektum. Uebergreifen auf die linksseitigen Parametrien und ober-
ichliche Karies des linken Tuber ischii. Drohende Perforation der
läse am Fundus derselben. Cystitis cystica und polyposa. Karzino-
latöse Striktur beider Ureteren und beiderseitige Hydronephrose.
usgedehnte Thrombose der Beckenvenen. Frische Embolie im
achten Lungenunterlappen mit frischer Gangränbildung. Frische
brinös-eitrige Pleuritis rechts. Atrophie der Nebennierenrinde, An-
mie der Organe, Verfettung des Herzmuskels.
Aus dem Sektionsprotokoll:
Beckenorgane: Vollständige Verlötung des Uterus und der
dnexe mit dem Peritoneum. In der Blase klare, dem Geruch nach
irmolhaltige Flüssigkeit. Links am Blasengrund zahlreiche derb-
Jckerige Vorsprünge, z. T. kleinhöckerig, mehr granulär. Die vor-
2re Blasenwand ist mit der Symphyse fest verlötet. Die Heraus-
ihme der Beckenorgane stösst wegen starker Fixierung und Formol-
btung auf Schwierigkeiten. Nach Entfernung der Beckenorgane
eht man nach links zu eine geschwulstförmige Masse vom Para-
Atrium bis zum Tuber ischii sich herüberstrecken. Der Knochen ist
ruh an einer Stelle. Beckenvenen überall thrombotisch verschlossen,
ei Eröffnung des Rektums sieht man an der Vorderwand eine mark-
ückgrosse, trichterförmige Oeffnung, die in die Scheide hineinführt,
-’Sgleichen auch die geschwulstartigen Wucherungen, die sich gegen
N linken knöchernen Beckenring erstrecken. In der Scheide
leinere und grössere Kotbröckel. Nach Eröffnung der Scheide sieht
?an diese in eine unregelmässige, mit fetzigen höckerigen Wänden
jersehene Höhle verwandelt, in deren hintere Wand das Rektum mit
ngestülptem Rand der Schleimhaut hineinsieht. Ueberall an der
»and eigentümlich weissliche, zierliche Zeichnung zeigende, mehrere
jiillimeter dicke Schicht von Tumorgewebe, das zum grossen Teile
i der Innenfläche verjaucht ist. Nach vorne zu ist die Wand der
jeheide ganz zerstört. Blasenwand an einer Stelle fünfpfennigstiiekgross
ipierdünn, anscheinend fehlt äussere Wandschicht oder Muskulatur,
er ganze Boden der Harnblase ist den erwähnten Querfalten der
läse entsprechend verdickt. Die erwähnten, jetzt z. T. zystisch aus-
-henden Höcker entsprechen dem Bilde der Cystitis cystica. Uterus
zeigt auf dem Durchschnitt keine deutliche Portio mehr, doch ist dci
Rest der Portio nur stellenweise von Karzinom durchwuchert. Isth¬
mus und Korpus makroskopisch frei von Karzinom. Beide Ovarien
innig mit den Tuben zu einer nicht entwirrbaren Masse verlötet, in
allen Venen Ihromben. Rechter Ureter in dem formolgehärteteu
Gewebe schwer zu verfolgen. Einmündung des rechten Ureters in die
Blase frei, von dem Eintritt durch krebsige Wucherungen ummauert.
Oberhalb der Ummauerung starke Erweiterung des Ureters.
Mikroskopischer Befund: Portiokarzinom: An
Wandquerschnitten durch die Herde sieht man ausgedehnte, oberfläch¬
liche Nekrose, darunter befindet sicli eine ausgebreitete karzinomatöse
Wucherung, welche bis in das fibrös verdichtete perivaginale Gewebe
hineinreicht. Von den eigentlichen Wandelementen der Scheide, ins¬
besondere der Muskulatur, sind keine oder nur ganz spärliche Reste
hier und da erhalten. Vielmehr findet sich zwischen den Krebszellen
ein an Spindelzellen reiches, unregelmässig breites, zum Teil mit Rund¬
zelleninfiltration versehenes Bindegewebe. Das Karzinom stellt ein von
zahlreichen Perlkugelbildungen durchsetztes Plattenepithelkarzinom
dar. Während in den tieferen Schichten die Krebsstränge sehr zahl¬
reich sind und mehr aus kleineren, den basalen Elementen gleichenden
Zellen aufgebaut sind, die relativ viele Kernteilungsfiguren aufweisen,
sieht man in den oberen Schichten, und zwar ziemlich plötzlich,
eine Umwandlung in dem Typus der Krebszellen auftreten. Die Krebs¬
stränge bestehen hier vorwiegend aus auffallend grossen, riesigen
Zellen mit entsprechend grossen Riesenkernen. An den unregelmässig
geformten, sehr chromatinreichen Kernen fallen starke Vakuolen¬
bildungen besonders in die Augen. Bemerkenswert ist. dass inner¬
halb der Riesenzellenzonen in den axialen Gebieten der Krebszellen¬
stränge die gleichen Perlbildungen vorhanden sind wie in den klein¬
zeiligen Krebssträngen der Tiefe, ohne dass man Uebergangsbilder
zwischen den geschichteten Zellen der Perlen und den Riesenkern¬
zellen sieht. Es liegt also die Annahme nahe, dass die Umwandlung
der Krebszellen in Riesenzellen erst eingetreten ist, nachdem bereits
die Perlen gebildet waren.
An der Blasenschleimhaut finden sich in dem auffallend
gut erhaltenen und relativ dicken Uebergangsepithel grössere und
kleinere Hohlraumbildungen, die allem Aussehen nach auf partielle
Degeneration der Epithelzellen, mit gleichzeitiger Anhäufung von
Flüssigkeit zwischen den Epithelzellen, ähnlich den Blüschenbildungen
der äusseren Epidermis, zurückzuführen sind. Auch das darunter¬
liegende Schleimhautbindegewebe zeigt die ausgesprochenen Bilder
des chronischen Oedems mit Auseinanderdrängung der Bindegewebs-
maschen und Ausfüllung derselben mit lymphozytären und klasmato-
zytären Elementen. Die ödematöse Schwellung erstreckt sich durch
alle Wandschichten der Blase hindurch.
In der Leber finden sich Zeichen geringer Stauung. Ausser¬
dem zerstreut ganz kleine, wie Nekrosen aussehende Herdbildungen.
Bei stärkerer Vergrösse^ung zeigt sich die Struktur der Läppchen,
insbesondere das Kapillarnetz, ausgezeichnet erhalten, aber die Leber¬
zellen zwischen diesem Netzwerk fehlen gänzlich. An ihrer Stelle
lassen sich nur noch die leicht pigmentierten und geschwollenen
K u p f f e r sehen Sternzellen nachweisen. Es handelt sich also um
eine ganz umschriebene Ausschmelzung der spezifischen Parenchym¬
zellen ohne Strukturschädigung. In der Milz sind die Follikel gut
entwickelt und frei von degenerativen Prozessen. In der Pulpa tritt
die Gerüstsubstanz ziemlich deutlich hervor. In dem Pulpagewebe
zwischen dem venösen Sinus sehr ausgesprochene Pigmentablage¬
rungen. An der durch Gasfüllung stärker geblähten Dickdarmpartie
keine Anomalie, desgl. ist auch am Dünndarm die feinere Struktur
der Schleimhaut sehr gut erhalten. P a n e t h sehe Zellen und gelbe
Zellen sind deutlich nachweisbar. Auch der Magen zeigt im Fundus¬
gebiet die typische Gliederung der allgemeinen Drüsenelemente und
lässt nichts von Schädigung erkennen.
Fall III. Frau Sp„ 55 Jahre. Klinische Diagnose: Inoperabler
Krebs der Brustdrüse.
Die erste Probeexzision wurde am 23. V. untersucht und ergab
folgendes Resultat:
Mikroskopisch in Mamma und Drüsen die typischen Bilder des
tubulären Karzinoms. Die nächstfolgenden Exzisionen sind durch die
folgenden Berichte charakterisiert.
20. VI. 12. J.-No. 841. 1. Probeexzision während der Bestrah¬
lung: Es sind keine Veränderungen bemerkbar. Das ganze Gewebe
sieht nicht sehr kräftig aus.
26. VI. 12. J.-No. 881. 2. Exzision während der Bestrahlung:
Mikroskopisch finden sich noch unregelmässig zerstreute Gruppen von
Krebszellen mit deutlicher Vakuolenbildung in den einzelnen Zellen mit
sehr schönen Leiden sehen Vogelaugen.
4. VII. 12. J.-No. 937. 3. Exzision während der Bestrahlung:
Von den 2 übersandten Stücken zeigt das eine kleinere Narben¬
gewebe mit hochgradig degenerierten vakuolisierten Krebszellen-
resten, während das andere sehr lebhaft gefärbte, nur wenig verändert
aussehende reiche Krebsstrangbildungen aufweist, wie sie für den
Scirrhus mammae charakteristisch sind. In dem letzten Präparat
besteht kein wesentlicher Unterschied gegeniibei der vorletzten Ex¬
zision.
11. VII. 12. J.-No. 997/98. 4. Probeexzision während der Be¬
strahlung: Mikroskopisch findet sich ein mit zahlreichen Leukozyten
durchsetztes, ziemlich gefässreiches Narbengewebe, mit spärlichen
Krebszellenresiduen. Die Krebszellen sind stark vakuolisiert und die
Sudanfärbung fällt an den Vakuolen negativ aus. Hier und da finden
340
MUENCHENKR MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7
sich kleinste koagulationsnekrotische Herde, besonders in der Um¬
gebung von Qefässen, deren Wand oft in die Koagulationsnekrose mit
einbezogen ist. Das „unterhalb“ bezeichnete Stück zeigt noch
weniger Krebsreste, dafür um so ausgedehntere Nekrosen.
Jedenfalls besteht in beiden Stücken ein deutlicher Rückgang
gegenüber der letzten Exzision, besonders dem einen Teilstück der-
sübcru, ^ ^ J.-No. 1108. 5. Exzision während der Bestrahlung:
Oben: ln dem ziemlich faserreichen, von Leukozyten stark durch¬
setzten Narbengewebe finden sich noch immer kleine Nester von
Krebszellen, allerdings mit hochgradiger Vakuolisierung des Epithels.
Kernteilungsfiguren sind bei gewöhnlicher Durchsicht nicht zu linden.
Das Bild hat sich gegenüber der letzten Exzision nicht wesentlich
verändert. , . , , , ,
Unten: Das mikroskopische Bild gleicht genau den Bildern wie
im Stück oben. Auch hier besteht kein wesentlicher Unterschied
gegenüber der letzten Exzision.
Rand säum: Am Randsaum findet man noch reichliche Krebs-
zellenstränge von dem Charakter eines weichen Mammakrebses, ohne
die starke Vakuolisierung wie in den anderen Präparaten, wenn auch
einzelne Epithelnester dieselben schon in relativ hohem Grade auf¬
weisen können. Im Bindegewebe zahlreiche Plasmazellen und eosino¬
philgekörnte Leukozyten. _ , ,
3. VIII. 12. J.-No. 1157. 6. Exzision während der Bestrahlung:
Oberer Pol: Zellreiches, von Leukozyten und Lymphozyten reich¬
lich durchsetztes Gewebe, darin sieht man deutliche Reste von Krebs-
zellnestern, in denen allerdings eine meist hochgradige Vakuolisierung
besteht. Kein wesentlicher Unterschied gegenüber der vorigen Ex-
zision
3'. VIII. 12. J.-No. 1158. Unterer Pol: Hier finden sich nur
noch ganz spärliche Krebsnester. Es besteht hier ein Rückgang.
22. VIII. 12. J.-No. 1237. 7. Exzision während der Bestrahlung:
Unten: In den beiden Stückchen findet sich eine ausgedehnte Ne¬
krose, in der kaum noch Reste von Kerntrümmern zu erkennen sind.
Am Rand derselben rieben traumatischer Kernzertrümmerung reich¬
liche Leukozyten und zerfallende Kernteile. In dem einen Stückchen
auch junges Granulationsgewebe. Krebszellen sind trotz sorgfältigen
Untersuchens mit Sicherheit nicht mehr festzustellen.
Oben: Dasselbe wie unten. Totale Nekrose mit einwucherndem
Granulationsgewebe. Nirgends sichere Reste von Krebszellen.
M a m m i 1 1 a : In der Mammilla finden sich, in junge Granulationen
eingeschlossen, vereinzelte Reste stark vakuolisierter Kiebszellen.
Starke Durchsetzung des Gewebes mit Leukozyten, am Rand eben¬
falls nekrotisches Gewebe. Zum Teil traumatische Kernzertrümme¬
rung. Gegenüber den letzten Exzisionen besteht dementsprechend
eine Besserung.
23. IX. 12. J.-No. 1352. 8. Exzision während der Bestrahlung:
Unten: Im nekrotischen Gewebe ziemlich reichlich kleinste Kom¬
plexe stark vakuolisierter Krebszellen. Am Rande der Exzision im
ulzerösen Gewebe anscheinend Tupferreste.
Im 2. Stückchen dasselbe Bild wie im im ersten.
Mitte: Im Granulationsgewebe finden sich einzelne Stellen,
die vielleicht als Reste von Krebsgewebe angesehen werden dürfen.
26. IX 12. J.-No. 1365. 9. Exzision während der Bestrahlung,
aus Knoten der linken Mamma. In der übersandten Exzision finden
sich zahlreiche Züge von Krebsgewebe zwischen derbem Binde¬
gewebe. Die Haut nirgends ulzeriert. Die Krebszellen selbst zeigen
stellenweise starke Vakuolenblidung. (Da inzwischen in dei linken
Mamma ebenfalls kleine knötchenförmige Tumoren fühlbar geworden
waren, wurde nach Zurückpräparieren der Haut auch dort eine Probe¬
exzision vorgenommen.) ^ .
1. X. 12. J.-No. 1391. Exzision während der Operation, Stück¬
chen aus der linken Mamma: Es handelt sich um karzinomatöses Ge-
^ebt19. X. 12. J.-No. 1461. 10. Probeexzision während der Bestrah¬
lung: Mikroskopisch finden sich in einem fast gar keine Reizung auf¬
weisenden Stückchen Mammagewebe ausgesprochene Krebswuchs¬
rungen, ohne stärker hervortretende regressive Veränderungen an
den Krebszellen selbst. Nur hier und da Vakuolenbildung.
Man gewinnt den Eindruck, als wenn das betr. Gewebe nicht von
der strahlenden Energie erreicht worden wäre.
5. XI. 12. J.-No. 1506. 11. Probeexzision während der Bestrah¬
lung: Mikroskopisch findet sich noch immer ein Krebsgewebe vom
Typus des tubulären Karzinoms. Hier und da sieht man eine Neigung
zur plattenepithelähnlichen Umwandlung. An anderen Stellen stösst
man auf Granulationsgewebe, in dem sich noch Reste mit Hämatoxylin
schmutzig gefärbter Krebszellentrümmer vorfinden.
25. XI. 12. J.-No. 1611. 12. Exzision (an der linken Mamma):
In den exzidierten Massen wird wohl verändertes Drüsengewebe,
aber kein sicheres Karzinom nachgewiesen.
Die Patientin starb am 20. XI. 12, 914 Uhr vormittags.
Am selben Tage, nachmittags 5 Uhr, wurde die Obduktion vor¬
Zwerchfellunterfläche, mit umschriebener Atrophie der Leber. Alte
Spitzen- und Lymphknotentuberkulose rechts. Thrombose der rech¬
ten Vena femoralis. Embolien in der Verzweigung beider Lungen¬
arterien.
genommen.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Röntgenbestrahlte, doppel¬
seitige karzinomatöse Ulzera der Mamma; linksseitige Freilegung der
Mamma durch Zurücklegung von Hautlappen. Krebsinfiltration in
beiderseitigen axillaren Lymphknoten. Rechtsseitige, die Thorax¬
wand durchsetzende Nekrose im Gebiet der Röntgenbestrahlung.
Umschriebene Pleuraverwachsung und beginnende Abszessbildung
der Lunge. Umschriebene Peritonitis an entsprechender Stelle der
Aus dem Sektionsprotokoll. Leiche einer ca. 55 jähri
gen Frau von grazilem Körperbau. I otenstarre nur im Kiefergelenk;
Totenflecke an den abhängigen Partien; ausgedehnte Zahndefekte
In der rechten Ellenbeuge und auf der Radialseite des rechten Unter
armes finden sich mehrere Millimeter lange, frisch aussehendc
Schnitte An Stelle der rechten Mamma findet sich ein 7 cm langer
10 cm breiter Defekt der Haut mit zackigem, schwach ab¬
gebrochenem Rand. Links findet sich ebenfalls ein Hautdefekt, er ha
die Grösse von 11: 15)4 cm. Der Grund dieses Defektes ist ein
getrocknet und von schwarzer Farbe. Auf Druck sickert an einzelnei
Stellen Flüssigkeit hervor. Der Rand des Defektes ist leicht abge-
stumpft und zum Teil mit talkumähnlichem, leicht angetrockneten
Puder bedeckt. Wo der Rand frei ist, zeigt er ganz helle Farbe un«
ist von glatter Beschaffenheit wie bei Epithelneubildungen. Die Hau,
ist leicht abhebbar und frei von grösseren Geschwulstbildungen.
Links ist im Gegensatz zu rechts, wo das Mammagewebe gam
geschwunden ist, die Form der Mamma in Gestalt eines Fettgewebs
Polsters erhalten. Hier und da sieht man schwarze, trockene Massen
nach ihrer Entfernung bemerkt man im Fettgewebe einzelne heilert-
narbig aussehende strangförmige Partien; es lassen sich jedoch nir¬
gends sichere Geschwulstknötchen durchfühlen, nur an einer Stell
findet sich ein hirsekorngrosses, weissliches Knötchen, das aui den
Durchschnitt ein markiges Aussehen aufweist. Am Rande dieses
fekts ist die Haut wallartig eingerollt und zeigt Nahte und Naht
narben. Es gelingt nur mit Mühe, in der Gegend des rechten Defekts di
Brusthaut zu lösen; dabei zeigt sich, dass die erwähnte, den Bode
des Defektes einnehmende Nekrose sich bis auf das I erichondnm
erstreckt; auch die interkostale Muskulatur ist in eine graue - etunier
umgewandelt. Links ist die Brusthaut leicht abziehbar, die MusKula
tur darunter unverändert. „ . . ,. ,
Bei der Durchtrennung der rechten Pleura findet man die Lung
-im Gebiet des 4. und 5. Rippenknorpels ausgedehnt verwachsen; ma
sieht dass sich die schmutzige Färbung bis auf das Lungengeweb
erstreckt. Innerhalb der Pleura costalis findet sich eine erbsengross
Höhle, die mit schmierigem Inhalt gefüllt ist. Die Rippen sind leid
zu schneiden; links sinkt die Lunge bei Eröffnung der Pleura zuruck
sie ist nirgends verwachsen. Auf der Unterseite des rechten Zwei cl
felis, das ebenfalls mit der Lunge verwachsen ist, finden sich frisch
fibrinöse Auflagerungen; in der linken Pleurahöhle kein besondere
Inhalt. Im Herzbeutel etwas blutige Flüssigkeit. Herz von haus
grosse zeigt ausgesprochene Totenstarre des rechten Ventrikels.
Die linke Lunge ist von luftkissenartiger Konsistenz und wen
ziemlich starke Anthrakose auf. In den Bronchien kein besonder!
Inhalt. In dem Hauptast der Lungenarterie ein der Wand fest ac
härenter reitender Embolus. Keine Pneumonie; keine Spitzentube
kulose, auch in den Lymphknoten nichts Besonderes. Rechts d;
gegen sind die Hiluslymphknoten ausgedehnt verkalkt. Die ve
wachsungen der rechten Lunge sind besonders im Unterlappen gege
Brustwand und Zwerchfell zu sehr stark. Im ganzen ist auch die;
Lunge gut lufthaltig, von luftkissenartiger Konsistenz. In den Broi
chien befindet sich etwas zäher schleimiger Inhalt. Im Gebiet di
Unterlappens, welcher zu dem früher erwähnten Eiterherd in d-
Lunge gehört, fühlt man eine leichte Verhärtung. Der Herd selbst e>
weist sich auf dem Durchschnitt als ein tatsächlich auf das Lunge
parenchym übergreifender, sonst oberflächlicher Zerstörungsproze:-
Auch rechts finden sich im Hauptstamm des Unterlappens embohscl
.Pfropfen, die der Wand adhärent sind.
In der linken Achselhöhle fühlen sich die Lymphknoten ai
fallend derb an. Auf dem Durchschnitt zeigt sich ein bohnengross
markiger Herd der Krebsmilch abstreifen lässt. Dagegen zeigen c
supraklavikulären Lymphknoten keinerlei Verhärtung. Rechtsseiti
Achsellymphknoten ebenfalls derb und zeigen markiges Aussehen n
rötlichen Zonen auf dem Durchschnitt. I
Mikroskopischer und bakterieller Befund: Ki
turen aus dem Herzblut negativ. Aus der linken Mamma wurd
zahlreiche, durch das ganze Mammagewebe hindurch reichende btuQ
untersucht. Dabei wird in nur einem Stückchen und zwar in eint
mehr der Oberfläche entsprechende Gebiet, an einer Stelle, die sein
makroskopisch als verdächtig bezeichnet wurde, Krebsgewebe te
gestellt. Es handelt sich um vereinzelte, in kleineren Gruppen z-
sammenhängende, tubulär und alveolär angeordnete Krebszellt
nester. Die Mehrzahl der Zellen macht durchaus den Eindruck wo
erhaltener Lebensfähigkeit, soweit das aus der gleichmassigen L
bung des Protoplasmas und der guten Färbbarkeit der Kerne t
schlossen werden kann. .
An den Randpartien dieses kleinen Krebsknotens finden sich u-
änderungen im Zellcharakter nach der Richtung hin, dass die rela
kleinen Krebszellen der zentralen Gebiete in grössere, zum I eil a-
fallend grosse, mehr plattenepithelähnliche Elemente übergehen, ai
in ihrer gegenseitigen Lagerung und gegenseitigen Gestaltsbec-
flussung, sowie in der mehr azidophilen Färbung des Protoplasn-
an Plattenepithel erinnern. Schon bei der Hämatoxylinfärbung w ‘
den eigenartige, auf Faserbrückenbildung hindeutende Säume an t>
plattenepithelähnlichen Elementen sichtbar. Zwischen und um »
Karzinomreste herum findet sich ein sehr zellreiches Narbengewe
welches gegen die Oberfläche zu in eine nekrotische Form iibergt-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
341
8. Februar 1913.
In allen übrigen Schnitten wird neben mehr oder weniger aus-
ebreiteten entzündlichen Bindegewebswucherungen, die nach der
iberfläche zu in eine breite Granulationsgewebsschicht übergehen,
zw. in der Tiefe sich in umschriebene, mehr narbig aussehende Herd-
ildung auflösen, nur noch Mammadrüsengewebe gefunden. Dieses
eigt sehr charakteristische Veränderungen, die einmal in einer Star¬
en Bindegewebswucherung um die Drüsenkanälchen, das andere
lal in einer Charakterveränderung des Epithels bestehen. Letztere
ffenbart sich in einer Umwandlung des Drüsenepithels in Platten¬
pithel. Diese Umwandlung geschieht unter gleichzeitiger Wucherung:
er Zellen, denn die Lumina der Kanälchen werden durch Zellmassen
erschlossen. Die metaplasierten Zellen zeigen deutliche Stachel¬
ellenformen. Ob der Metaplasie eine stärkere Schädigung mit
pithelverlust vorausgegangen, lässt sich nicht beweisen. In ein¬
einen dilatierten Kanälchen findet sich eine kollostrumähnliche Masse.
Auf der rechten Seite findet sich unter den oberflächlichen
ekrotischen Schichten ein spindelzellenreiches, von atrophischen,
igmentierten Muskelresten durchsetztes Gewebe. Karzinomreste
urden darin, soweit bis jetzt die Untersuchung angestellt wurde,
icht gefunden. In den nekrotischen Massen sehr ausgedehnte Bak-
irienwucherungen. An den grösseren Arterien, sowie den grösseren
ervenstämmen, welche zwischen der atrophischen Muskulatur hin-
urchbrechen, lassen sich keine ausgesprochenen degenerativen oder
^aktiven Erscheinungen nachweisen. Vor allem fehlen weiter aus-
ebildete endarteritische Prozesse.
In den axillaren Lymphknoten lässt sich ausgedehnte
rebswucherung feststellen. Es handelt sich um ein tubulär-alveolär
»geordnetes Karzinom, dessen Zellen keine stärkere regressive Ver-
nderungen, von einzelnen Vakuolisierungen abgesehen, aufweisen,
ber auch nur ganz vereinzelte Kernteilungsfiguren erkennen lassen,
n den Randpartien des Lymphknotens finden sich vereinzelt hyalines
arbengewebe und pigmentreiches Granulationsgewebe. Wie weit
iese Veränderungen auf vorübergehende Beeinflussung der Krebs-
ucherung, wie weit auf traumatische Einflüsse oder Infektions-
rozesse zu beziehen sind, entzieht sich der Beurteilung.
Von den übrigen Organen sind vor allem die Veränderungen der
eher in dem schon makroskopisch erwähnten Bezirk sehr auffällig,
s handelt sich hier um die Bilder einer sehr hochgradigen Stauungs-
trophie, ohne dass es gelingt, eine Ursache für diese Stauung aufzu-
iiden. Von der gewöhnlichen Stauung unterscheidet sich die Struk-
ir der Läppchen weiterhin dadurch, dass die Kapillarerweiterungen,
enn auch vorwiegend zentral, doch sehr unregelmässig sind und
elegentlich an Teleangiektasie erinnern. Die Leberzellen zwischen
en erweiterten Kapillaren sind hochgradig atrophisch und stark pig-
lentiert. In der Peripherie erscheint die normale Struktur durch
ne Wucherung des Lebergewebes, die zu einer Zusammensetzung
er Leberzellbalken aus auffallend kleinen, dicht gedrängten Paren-
ivmzellen geführt hat, sichtlich gestört. An anderen Stellen ausser-
alb des veränderten Bezirkes sind die Stauungserscheinungen sehr
iel geringfügiger und die Leberstruktur ist im ganzen gewahrt; ver-
nzelte verkäste Tuberkel werden gefunden.
In der Niere findet sich eine Schwellung der Epithelien der
auptstücke, aber keine erkennbare sichere Schädigung.
Im Herzmuskel eine dem Alter entsprechende Pigmentierung,
eutliche Kittlinienbildung, keine nennenswerte Fragmentation.
In der Lunge eine der Pleuranekrose entsprechende, nur wenig
die Tiefe reichende Abszessbildung, in deren Umgebung sich die
ilder der chronischen Pneumonie finden. Am Magen fehlt im Fun-
usgebiet die sonst so deutlich hervortretende Differenzierung der
rüsenzellen. Es finden sich eigentümliche synzytiale Bildungen, be-
mders im Halsteil der Drüsen. Das Oberflächenepithel fehlt, ebenso
rs Epithel der Magengrübchen. Auffallend viel Kernteilungsfiguren
i Halsgebiet der Drüsen. Das Stroma sehr zellreich. In den Ge-
ssen starke Füllung mit lymphozytären und leukozytären Elementen,
uscularis mucosae gut erhalten.
Gallenblasenschleimhaut und Nervus vagus o. B.
In der Milz sind die Lymphknötchen relativ klein. Ihre Ab-
'enzung gegen das Pulpagewebe unscharf. Hier eine starke An¬
rufung von Plasmazellen; auch Pigmentablagerung relativ reichlich,
uch sonst die Pulpa auffallend reich an grösseren plasmareichen
'.ementen mit basophiler Tönung (Myeloblasten?), auch blutkörcher-
lenhaltige Zellen. Relativ viel Kernteilungsfiguren.
Epithelkörperchen, Pankreas und Thyreoidea o. B.
(Schluss folgt.)
us dem Laboratorium der städt. Krankenanstalten Mannheim.
Die Mobilisierung des Glykogens*).
Von E. J. L e s s e r.
M. H.! Das Glykogen ist ein Stoff, der die Geschichte
-iner Entdeckung in seinem Namen enthalten trägt. Claude
*) Nach einem im naturhistorisch-medizinischen Verein zu Heidel-
-rg gehaltenen Vortrage.
Die ausführliche Mitteilung der Versuche erfolgt in kurzem in
-r „Zeitschrift für Biologie“; frühere Mitteilungen siehe Zeitschr. f.
■ol- LVI, S. 467. Med. Klinik 1912, No. 11. Zentralbl. f. Phys.
d. XXVI, No. VII, S. 325.
Ber n ard fand, dass, wenn man zuckerfreie Lebern von
Säugetieren bei Zimmertemperatur liegen lässt, nach kurzer
Zeit in ihnen Zucker enthalten ist. Als er den Stoff, aus dem
dieser neugebildete Zucker entstanden war, mit chemischen
Methoden aus der Leber isoliert hatte, und in Substanz im
Reagenzglas vor sich hatte, nannte er ihn den Zuckerbildner,
das Glykogen. Es ist klar, dass bei dieser Lage der Dinge zu¬
nächst die Aufmerksamkeit der Forscher, die sich mit diesem
neuen Stoff beschäftigten, von Schiff bis Langendorf,
auf diesen Prozess der Zuckerbildung aus dem Glykogen ge¬
richtet war; namentlich 2 Fragestellungen waren es, die
hauptsächlich immer wieder untersucht wurden, z. B. von
P a v y und von S e e g e n. Ist die Zuckerbildung aus Glykogen
ein Prozess, der in der lebenden Zelle vorkommt, ein Lebens¬
prozess, oder ist es nur eine sogenannte „postmortale“ Ver¬
änderung in der Leber? Ferner: Handelt es sich bei der
Zuckerbildung aus dem Glykogen in der Leber um einen
Lebensvorgang, den Langendorf z. B. eine Zuckersekre¬
tion nennt und in Analogie mit den Sekretionen anderer Drüsen
stellt oder um einen fermentativen Prozess, bei dem ein dia-
statisches Ferment in der Leber auf das Glykogen wirkt, ähn¬
lich wie das Ptyalin des Speichels im Reagenzglas das
Glykogen verzuckert? Nachdem endgültig festgestellt war,
dass sich mit den üblichen Methoden diastatische Fermente
aus der Leber (und fast allen anderen Organen) extrahieren
lassen, war diese Streitfrage entschieden und damit schien
das Interesse an dem Vorgänge der Zuckerbildung aus dem
Glykogen in der überlebenden Leber zunächst erschöpft. Die
Aufmerksamkeit der Forscher, welche sich mit dem Glykogen
beschäftigten, war nunmehr darauf gerichtet, aus welchen
Stoffen das Glykogen im tierischen Organismus aufgebaut
wird und über welche Stufen der Abbau, die Oxydation des
aus dem Glykogen entstandenen Traubenzuckers geht. Wenn
Sie das grosse Werk Pflügers über das Glykogen in die
Hand nehmen, so finden Sie, dass der Schilderung der Syn¬
these des Glykogens aus anderen Stoffen und der Beschrei¬
bung der intermediären Prozesse bei der Oxydation des
Traubenzuckers ein sehr grosser Raum gewidmet ist, während
sich nur ganz wenige Seiten mit der Umwandlung des
Glykogens in Traubenzucker durch die Diastase beschäftigen.
Ich möchte nun heute wiederum an jene alte Fragestellung
anknüpfen, wie sie z. B. bei S c h i f f sich findet und ich möchte
die Frage so formulieren, wann und wie entsteht aus dem
Glykogen Traubenzucker?
Die Versuche, die im hiesigen Laboratorium zum Teil
unter der Mitwirkung von Herrn J. G r o d e angestellt wurden,
sind fast ausnahmslos am Frosch ausgeführt worden. Wenn
man homologe Organe des Frosches wie den rechten und den
linken Schenkel, den rechten und den linken Gastrocnemius,
den rechten und den linken Seitenlappen der Leber, die Eier
des rechten und des linken Ovariums miteinander in Bezug
auf ihren Glykogengehalt vergleicht, so zeigt sich, dass diese
nahezu vollständig in Bezug auf den Glykogengehalt überein¬
stimmen. Dabei werden die Organe je nach ihrer Grösse und
ihrem Glykogengehalt von etwa 15—40 Einzelindividuen zu¬
sammen untersucht.
Um Beispiele anzugeben: Die rechten Schenkel von 28
Fröschen enthielten nach der Pflüger sehen Methode analy¬
siert 0,554 Proz. Glykogen, die linken zufällig genau die gleiche
Menge. Die rechten Seitenlappen der Leber von 20 Fröschen
im Gewicht von 12,5 g enthielten 17,50 Proz. Glykogen, die
linken Seitenlappen der Leber derselben Frösche enthielten
bei einem Gewicht von 11,43 g 17,75 Proz. Glykogen. Die
Differenz zwischen beiden Werten beträgt also nur 1,4 Proz.
des gesamten Glykogengehaltes. Die Differenz zwischen dem
rechten und linken Gastrocnemius beträgt 1,6 Proz. in zwei
Versuchen, zwischen den Eiern des rechten und linken
Ovariums 2,4 und 2,7 Proz. des gesamten Glykogengehaltes.
Man kann also bereits auf Differenzen von 5 Proz. etwa
zwischen homologenen Organen der rechten und linken Seite,
wenn sie regelmässig Vorkommen, Wert legen.
Wir haben nun an diesen Organen des Frosches den
sogen, postmortalen Glykogenschwund untersucht. Mir
fanden in den Monaten April bis Juni, dass die überlebende
Leber des Frosches in etwa 3 Stunden bei 22° in Ringerlösung
die mit Sauerstoff durcliströmt wurde, 50 Proz. ihres Glyko-
342
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7
Kens verlor, während der Muskel in der gleichen Zeit etwa
15 — 20 Proz. seines Glykogengehaltes einbüsste. Wir haben
damit nichts anderes getan, als den bekannten postmortalen
Olykogenschwund in Leber und Muskel festgestellt, der auch
bei Froschorganen und mittlerer Temperatur längst bekannt
ist. Sehr verwundert aber waren wir, als wir die gleichen
Versuche im Dezember und im Januar anstellten und in einer
grösseren Reihe untereinander völlig übereinstimmender Ver¬
suche fanden, dass um diese Jahreszeit der postmortale
Olykogenschwund in ausgeschnittenen, der Zirkulation ent¬
zogenen Organen des Frosches nahezu vollkommen fehlt.
Man kann Seitenlappen der Leber des Frosches beispielsweise
sicher 534 Stunden lang bei 22—24" halten in Ringerlösung,
ohne dass das Glykogen irgendwie merklich abnimmt. Die
maximale unter diesen Umständen beobachtete Abnahme be¬
trägt 5 Proz., die mittlere Abnahme, die aus einer grösseren
Anzahl von Versuchen gezogen wurde, beträgt 3 Proz., liegt
also den Fehlergrenzen der Bestimmungsmethode so nahe,
dass es erlaubt ist, zu sagen, um diese Jahreszeit fehlt in Leber
und Muskel und wie ich gleich hinzufügen will, im unreifen,
mit dem Ovarium entnommenen Froschei gleichfalls, der post¬
mortale Glykogenschwund. So überraschend dieser Befund
für uns war, er ist dennoch nicht neu. Bereits 1859 hat
Schiff mitgeteilt, dass im Dezember, besonders aber im
Januar der Leber der Frösche das diastatische Ferment fehlt.
So drückte er das Ergebnis seiner Versuche aus, in denen er
fand, dass der Zuckerstich um diese Jahreszeit beim Frosch
nicht gelingt, dass ferner die Leber des eben getöteten Tieres
zuckerfrei ist und auch zuckerfrei bleibt, wenn man sie einige
Zeit bei Zimmertemperatur verweilen lässt. Dabei enthält
sie reichlich Glykogen, welches er nach der Methode von
H e n s e n nachwies, indem er die gekochte Leber zer¬
kleinerte und mit Speichel versetzte. Dann bildete sich in
kurzer Zeit reichlich Zucker. Diese Angaben von Schiff
haben trotz ihrer grossen Merkwürdigkeit in der Literatur
kaum Beachtung gefunden. Schiff hat nun aus seinen Ver¬
suchen geschlossen: im Dezember und im Januar enthält die
Leber der Frösche kein diastatisches Ferment. Diesen Schluss
haben wir nicht gezogen. Ich habe ein Jahr früher beob¬
achtet, dass man den Glykogengehalt von Fröschen, welche
man durch die Fleischmaschine gibt, um 24 Proz. (im Mittel
aus 4 Versuchen) geringer findet, als den von Fröschen, die
man unzerkleinert auf Glykogen analysiert. Ich habe das
seinerzeit so zu verstehen gesucht, dass in der Zelle Glykogen
und Diastase voneinander getrennt seien; nach der mecha¬
nischen Zerkleinerung kommen sie zusammen und es beginnt
eine sehr starke Hydrolyse des Glykogens. Die überlebenden
Froschorgane, welche im Winter keinen postmortalen Gly¬
kogenschwund zeigen, waren ein vortreffliches Material, um
diese Hypothese zu prüfen. Sie hat sich vollkommen bestätigt.
Wenn man Lebern, Muskeln, E'roscheier, die im Winter keinen
postmortalen Glykogenschwund in intaktem Zustande zeigen,
zerkleinert — am besten, indem man sie erst in einer Eis¬
kochsalzmischung frieren lässt und im eisgekühlten Mörser
verreibt — , so weisen sie einen kolossalen Glykogenschwund
auf. Die Leber nimmt um 24 — 60 Proz. in 4 Stunden, der
Muskel um 52 — 56 Proz., die Froscheier um 90 — 97 Proz. ihres
Anfangsglykogengehaltes ab. Am besten gelingt der Ver¬
such an Froscheiern. Diese braucht man nur in fester Kohlen¬
säure frieren und rasch wieder auftauen zu lassen. Dabei
geht in ihnen ein Vorgang vor sich, der offenbar mit der
Hämolyse der roten Blutkörperchen durch Gefrieren und
Wiederauftauen Aehnlichkeit hat. Nach dem Auftauen in
Ringerlösung ist diese durch einen unlöslichen, schmutziggelb
gefärbten Stoff vollkommen trübe geworden. Es findet also
die Tatsache, dass überlebende Organe des Frosches im
Winter keinen Glykogenschwund zeigen, nicht darin ihre Er¬
klärung, dass die Organe um diese Jahreszeit
keine Diastase enthalten, sondern darin, dass
diese innerhalb der intakten Zelle u n w i r k -
s a m i s t. Ich möchte dies zunächst einmal so versinnbild¬
lichen, dass ich sage: In der Zelle sind Glykogen und Diastase
voneinander getrennt. Um aufeinander wirken zu können,
müssen sie durch Diffusion innerhalb der Zelle Zusammen¬
kommen. Die Diffusion ist im Winter durch ein unbekanntes
Hindernis unmöglich gemacht, während dieselbe im Sommer
mit Leichtigkeit vor sich geht. Es ist nicht ausgeschlossen
dass es hiermit zusammenhängt, dass im Sommer der Froscl
durchschnittlich etwa 0,3 Proz. Glykogen nur enthält trot.
sehr reichlicher Ernährung, während er im Winter bei voll
ständigem Hunger noch im Januar (frischgefangene R. fusc,
sofort nach dem Fang untersucht) einen Glykogengehalt voi
1,4 Proz. aufweist.
Ich habe nun früher gezeigt, dass der Prozess de
Diffusion von Diastase zu Glykogen ausserordentlich ge
steigert werden kann, wenn man den Fröschen den Sauerstol
entzieht. Ebenso wie am ganzen intakten lebenden Tiere er
hält man diese Beeinflussung der Hydrolyse des Glykogen
am überlebenden Froschmuskel in den Frühjahrsmonaten so
wie auch im September. Im Frühjahr beträgt die Mehrab
nähme des Glykogens überlebender Froschmuskeln in Stick,
Stoff 30 Proz. von dem Glykogengehalt der mit Sauerst«»
durchströmten Muskeln.
Im September beträgt sie nur mehr 10 Proz. Befruchtet
Froscheier weisen in 4 Stunden bei Zimmertemperatur un
Durchleitung von Stickstoff eine Abnahme von etwa 10 Pro/
gegenüber gleichbehandelten, aber mit Sauerstoff durch
strömten Eiern auf. Diese Beeinflussung überlebender Organ
hinsichtlich des Glykogenschwundes durch Entziehung de
Sauerstoffes ist nun unmöglich in den Zeiten, in welchen di
Froschorgane keinen postmortalen Glykogenschwund am
weisen, in der glykogenfesten Periode, wie ich das nenne
will. Wenn man an die vorher geschilderte Vorstellung ar
knüpfen will, könnte man sagen: in den Zeiten, in denen ii
überlebenden Organ zwischen Glykogen und Diastase ei
Diffusionshindernis besteht, welches ihr Zusammenkomme
vollständig verhindert, ist eine Beeinflussung durch Sauei
Stoffentziehung nicht möglich, wenigstens nicht unter den vo
mir gewählten Versuchsbedingungen, d. h. innerhalb 4 Stunde
bei 22—24". Anders aber verhält sich, wie früher von m
gezeigt worden ist, um die gleiche Jahreszeit das ganz
lebende Tier. Dieses weist innerhalb von 4 Stunden und b<
erheblich niederer Temperatur (12 — 16°) eine Abnahme dt.
Glykogens um 10 — 20 Proz. bei Anoxybiose auf. Das kan
nicht daran liegen, dass hier Einflüsse des Nervensystems eil
Rolle spielen, denn in Froscheiern und in Froschmuskel
(wahrscheinlich auch in ausgeschnittenen Froschlebern) erhä
man ja im Frühjahr die gleiche Beeinflussung durch Anoxj
biose am ausgeschnittenen, der Zirkulation entzogenen Orga
wie am intakten Tier. Ueberlebende Organe weisen, al
gesehen von der Abwesenheit der Einflüsse des Nervei
Systems, noch einen zweiten Unterschied gegenüber dem ii
takten Tiere auf. Sie sind der Zirkulation entzogen. Es flies
an den Zellen nicht mehr der Blutstrom vorüber und es finde
keine Diffusionen mehr aus den Kapillaren in die Zellen ur
aus den Zellen in die Kapillaren zurück, statt. Wenn me
sich vorstellt in Anlehnung an die schönen Untersuchung«
von Warbur g, dass die Diastase an Strukturbestandtei
etwa der Zellwand adsorbiert wäre, so wäre es nicht au
geschlossen, dass durch diese Diffusionsströme, die aus dt
Kapillaren in die Zelle hinein und aus der Zelle heraus in d
Kapillaren gehen, eine Lockerung des Fermentes stattfindi
könnte. Diese vorläufige Vorstellung bedarf natürlich not
sehr des experimentellen Beweises, und es wird vielleic
nicht möglich sein, sie dauernd aufrecht zu erhalten. Eil
experimentelle Prüfung scheint mir indes keineswegs au
geschlossen. Ich resümiere: Wir können am Frosch eii
glykogenstabile Zeit und eine glykogenlabile Zeit unte
scheiden. In der ersteren bleibt innerhalb von 4 Stunden b
22 0 im überlebenden Organ der Glykogengehalt konstai
Ein postmortaler Glykogenschwund findet in den erst
4 Stunden nach dem Tode (wahrscheinlich auch noch längt,
was indes noch experimentell zu prüfen ist) nicht statt,
dieser Jahreszeit ist das überlebende Organ durch Anoxybio
nicht beeinflussbar, wohl aber das ganze lebende Tier. !)■
Fehlen des postmortalen Glykogenschwundes rührt nicht t!
her, dass die Zellen keine Diastase enthalten. Es ist vielme'
durch Strukturverhältnisse innerhalb der intakten Zelle b
dingt. Zerstört man die Struktur, so ist auch in der glykoge-
festen Zeit der postmortale ülykogenschwund vorhanden. 1
der glykogenlabilen Zeit findet man ebenso wie den po
mortalen Glykogenschwund im intakten ausgeschnitten'
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
343
Organ auch seine Beeinflussung durch Anoxybiose, die ihn
am Muskel beispielsweise um 30 Proz. etwa vermehrt. Die
Beeinflussung der Hydrolyse des Glykogens am ganzen
lebenden Tier findet sich zu allen Jahreszeiten in gleicher
Weise. In der glykogenfesten Zeit ist der Glykogengehalt der
Frösche hoch, bis 1,4 Proz. trotz Inanition, in der glykogen¬
labilen Zeit trotz reichlicher Ernährung gering, 0,2 bis
0,4 Proz.
Es fragt sich, ob die hier geschilderten Verhältnisse nur
Interesse haben für die Biologie des Frosches, oder ob ihnen
eine allgemeinere Bedeutung zukornmt. Dies scheint mir be¬
züglich der Pathogenese des Diabetes der Fall zu sein. Nam¬
hafte Kliniker sehen als eine der Hauptursachen des Diabetes
eine vermehrte Umwandlung des Glykogens in Traubenzucker
an. Man hat daran gedacht, dass es sich dabei um eine er¬
höhte Diastaseproduktion handle. Dies erscheint darum wenig
stichhaltig, weil in jeder Leber soviel Diastase enthalten ist,
dass man damit das Glykogen vieler anderer Lebern völlig in
Zucker verwandeln kann. Nicht die Menge der Diastase in
der Zelle ist vermehrt, sondern die Wirksamkeit der bereits
vorhandenen Diastase ist vergrössert, vielleicht infolge ver¬
stärkter Diffusion von Ferment zu Glykogen. Man könnte
folgende Analogie einmal aussprechen: Die überlebende Leber
des Sommerfrosches verhält sich zur überlebenden Leber des
Winterfrosches, wie der Diabetiker zum Normalen.
Ich bin mir wohl bewusst, dass das Aussprechen einer
solchen Analogie eine Ueberschreitung der Experimental¬
ergebnisse ist. Aber nach mehrjähriger Beschäftigung mit
diesen Fragen ist es vielleicht einmal erlaubt, einen solchen
Ausspruch hinauszuwerfen, wie man einen Lasso einem
davongaloppierenden Pferde nachwirft. Ob die Schlinge fasst,
ist freilich eine andere Frage. Das wird man erst entscheiden
können, wenn man die Differenz, welche zwischen dem über¬
lebenden Froschorgan im Sommer und im Winter besteht und
die das völlig verschiedene Verhalten hinsichtlich des post¬
mortalen Glykogenschwundes bedingt, physikalisch-chemisch
wird beschreiben können.
Aus der medizinischen Universitätsklinik Freiburg i. Br.
(Direktor: Professor Dr. de la Camp).
Das Auftreten virulenter Tuberkelbazillen im Blut nach
der diagnostischen Tuberkulininjektion.
Von Privatdozent Dr. Bacmeister.
Das Uebertreten von Tuberkelbazillen in die Blutbahn
ist in letzter Zeit vielfach behandelt worden. Es liegen eine
grössere Anzahl von Arbeiten der letzten Jahre vor, die sich
mit diesem Gegenstand beschäftigen. Seitdem die Methode
von Stäubli3) und Schnitter2) bekannt geworden ist,
haben viele Autoren versucht, die säurefesten Bazillen im
strömenden Blute nachzuweisen. Diese Methode sollte es
ermöglichen, aus wenigen Kubikzentimeter Blut die Bazillen
zu gewinnen und im Ausstrichpräparat zu erkennen. Es
wurden dabei Resultate gewonnen, die mit unserer bisherigen
Auffassung von der Entstehung und Entwicklung der Organ¬
tuberkulose im menschlichen Körper nich-t in Einklang zu
bringen waren. Wenn man den Ergebnissen dieser Arbeiten :i)
folgen wollte, so müsste man annehmen, dass im menschlichen
Körper nicht nur bei einer progredienten tuberkulösen Er¬
krankung, sondern auch bei den initialsten Formen, bei
klinisch noch nicht erkennbarer oder seit Jahren völlig latent
gewordener Organtuberkulose ständig die spezifischen Ba¬
zillen in so grosser Menge im Blute kreisen, dass der Nach¬
weis aus wenigen Kubikzentimeter Blut fast regelmässig ge¬
lingt. In auffallender Weise standen diese Resultate mit dem
Ergebnis des Tierversuches im Widerspruch, der gerade bei
den initialen Fällen, bei der klinisch sonst nicht diagnostizierten
1 uberkulose in der grössten Anzahl der Fälle ein negatives
Resultat ergab. Eine kritische Nachprüfung der Ausstrich¬
methode, wie sie an unserer Klinik von mir und R u e b e n
‘) Münch, med. Wochenschr. 1908.
2) Deutsche med. Wochenschr. 1909, 36.
:l) Literatur siehe F. Kleinperer: Therapie der Gegen warf,
Oktober 1912,
durchgeführt wurde *), hat dann auch ergeben, dass die
Stäubli-Schnitter sehe Methode für den Nachweis der
Tuberkelbazillen im Blute keine einwandfreien Resultate
liefert, dass durch sie im Ausstrichpräparat Gebilde zur Dar¬
stellung kommen, welche keine Tuberkelbazillen sind, wenn
sie ihnen auch morphologisch vollkommen in jeder Beziehung
gleichen und durch die mikroskopische Untersuchung von
ihnen nicht zu trennen sind. Die Antiforminmethode, die sonst
so vorzügliche Resultate liefert, versagt bei dem in 3 proz.
Essigsäure aufgelösten Blut, weil mit ihr auch in solchem
Blute „typische säurefeste Bazillen“ gewonnen werden, das
aus beweisbar tuberkulosefreien menschlichen und tierischen
Organismen stammt. So ist es unmöglich, mit ihr die echten
Tuberkelbazillen von ganz gleich aussehenden Gebilden zu
trennen, mögen es nun anderweitige säurefeste Bazillen im
Blute oder Kunstprodukte sein, und es ist nicht zu verwundern,
dass die Berichte über das Vorkommen von Tuberkelbazillen
im Blut eine erstaunlich hohe Ziffer gebracht haben, da diese
Pseudotuberkelbazillen bei intensivem Suchen fast in jedem
Präparat zu finden sind.
Wenn wir nun auch die zahlreichen positiven Resultate,
die sich nur auf das Ausstrichverfahren gründen, nicht aner¬
kennen können, so haben doch die vielfach mit ihnen ver¬
bundenen Tierversuche den Beweis geliefert, dass wirklich
virulente Tuberkelbazillen viel häufiger in das Blut übertreten
und in der Blutbahn kreisen, als wir früher angenommen
hatten. Es ist besonders das Verdienst von Lieber-
in e i s t e r 5), der in sorgfältig und über lange Zeit fort¬
geführten Untersuchungen gezeigt hat, dass bei bestehender
Organtuberkulose ein Uebertritt und Vorhandensein von
Bazillen in das Blut nicht selten ist. Wenn er auch im Tier¬
versuch in den meisten Fällen nicht den Beweis hat bringen
können, dass bei den zahlreichen Erkrankungen nicht erkenn¬
bar tuberkulösen Charakters, bei denen das Ausstrichpräparat
nach Stäubli-Schnitter säurefeste Bazillen zeigte,
diese mit echten Tuberkelbazillen identisch waren, so geht
doch aus seinen Versuchen hervor, dass, je schwerer der
tuberkulöse Prozess im Körper ist, um so häufiger spezifische
Bazillen im Blut angetroffen werden. So konnte er in einer
früheren Arbeit zeigen, dass bei Uebertragung von Blut
phthisischer Patienten auf Meerschweinchen, 20 Tage vor dem
Tode der Patienten K, 20 — 80 Tage ante exitum die Hälfte,
mehr als 80 Tage 35 Proz. aller Fälle einen posiviten Tier¬
versuch ergaben. In einer späteren Statistik gibt er an, bei
50 Fällen Lungenkranker III. Grades 24 mal, bei 32 Fällen
II. Grades 14 mal, bei 18 Fällen I. Grades 2 mal ein positives
Resultat erhalten zu haben. Bei den vielen Fällen nicht kli¬
nisch nachweisbarer Tuberkulose, die säurefeste Bazillen im
Ausstrich hatten, waren nur 6 Tiere erkrankt. Es geht also
aus den Tierversuchen beweisend hervor, dass bei schweren
Erkrankungen in nicht so seltenen Fällen virulente Bazillen
im Blute kreisen.
Bei der Nachprüfung der Ausstrichmethode, die ich ge¬
meinsam mit Herrn Medizinalpraktikanten R u e b e n durch¬
führte, haben wir bei den meisten untersuchten Fällen natür¬
lich auch den Tierversuch herangezogen. Ueber die Resultate
haben wir an anderer Stelle berichtet 4). Wir haben unter
anderen 15 leichtere Fälle von Lungentuberkulose untersucht,
wir fanden bei allen „säurefeste Bazillen“ im Ausstrich¬
präparat, dagegen war der Tierversuch in allen Fällen ergeb¬
nislos.
Wir haben nun bei allen 15 Patienten, nachdem der erste
Tierversuch angesetzt war, eine diagnostische Tuberkulin¬
injektion vorgenommen und dann 12 bis 24 Stunden später
möglichst auf der Höhe der Reaktion wieder Blut entnommen
und Kaninchen in derselben Menge (10 ccm) in die Bauch¬
höhle eingespritzt.
Während die ersten 15 Versuche (vor der Tuberkulin¬
injektion) bei durchschnittlich dreimonatlicher Dauer des Ver¬
suches sämtlich negativ waren, fanden sich bei der zweiten
Serie der Tiere, die also mit dem Blute derselben Patienten,
das auf der Höhe der Reaktion entnommen wurde, injiziert
wurden, 4 tuberkulös erkrankt.
') Deutsche med. Wochenschr. 1912, 50.
R) Virch. Arch., Bd. 197, H. 3 und Med. Klinik 1912, 25.
344
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
1. Patient K., weiblich, 36 Jahre.
Geringe Dämpfung beider Spitzen, rechts etwas stärker wie
links. Verschärftes Atmen im Dämpfungsbezirk. Rechts oben ein¬
zelne Rasselgeräusche. Im Röntgenbild neben leichter Trübung beider
Spitzen einzelne peribronchiale Verdichtungen im rechten Unterlappen.
Im spärlichen Sputum leine Tuberkelbazillen. Bei rektaler Messung
(Bettruhe) höchste Temperatur abends 37,6. Bei einem Kaninchen,
dem 10 ccm Blut intraperitoneal eingespritzt wurden, konnten nach
3 Monaten keine tuberkulösen Veränderungen gefunden werden. Am
26. VI. 0,001 Alttuberkulin. Am 27. VI. Temperaturanstieg auf 38,2
(rektal). Deutliche lokale Reaktion, deutliches Stärkerwerden der
Lungenerscheinungen. Reichliche Rasselgeräusche in der rechten
Spitze. Entnahme von 10 ccm Blut und Injizierung in die Bauchhöhle
eines Kaninchen. Nach 3 Monaten fanden sich bei dem Kaninchen
einzelne tuberkulöse Knoten in der Leber, im Peritoneum und eine
isolierte tuberkulöse Erkrankung in der Lunge. Die mikroskopischen
Schnitte ergaben typische tuberkulöse Veränderungen der Gewebe
mit positivem Bazillenbefund.
2. Pat. S., 24 Jahre.
Sehr geringer Lungenbefund. Rechte Spitze geringe Schallver¬
kürzung, rechts oben unbestimmtes Atmen, keine Rasselgeräusche.
Röntgenbild: Spitzen nicht deutlich getrübt, am linken Hilus leichte
peribronchiale Verdichtungen. Im Auswurf keine Tuberkelbazillen.
Bei rektaler Messung abends Temperaturen bis 37,8. Ueberimpfung
des Blutes auf ein Kaninchen nach 4 Monaten ergebnislos. Am 27. VI.
Injektion von 0,001 A. T., keine besondere Reaktion (Temperatur 37,8
rektal). Am 4. VII. 0,002 A. T„ abends Temperatur 39,1 (rektal).
Ziemlich starke lokale Reaktion, Auftreten von Rasselgeräuschen in
der linken Spitze. Blutübertragung auf ein Kaninchen, getötet am
15. II. Grosser tuberkulöser Knoten in der Leber. In der Leber
und Mesenterialdrüsen deutlich typische tuberkulöse Veränderungen
mikroskopisch nachweisbar.
3. Pat. Kn., 44 Jahre.
Klopfschall über beiden Spitzen leicht verkürzt, desgleichen rechts
hinten unten. Ueber beiden Spitzen abgeschwächLs Atmen, rechts
über der Spina sc. und der Klavikula feine und mittelgrossblasige
Rasselgeräusche. Röntgenbild: Spitzenfelder beiderseits getrübt, das
ganze rechte Lungenfeld ist etwas trüber wie das linke, rechtes
Zwerchfell minder gut beweglich. Beiderseits vom Hilus gegen die
Spitzen peribronchiale Verdichtungen. Temperatur rektal bis 37,8,
im spärlichen Sputum keine Tuberkelbazillen. Ueberimpfung von Blut
auf ein Kaninchen nach 4 Monaten negativ. Am 16. VII. 12 0,001 A. T„
abends Temperatur 39,7. Lokale Reaktion positiv, rechts obmi wurde
die Dämpfung erheblich stärker, sehr viel reichlichere Rasselge¬
räusche. Entnahme von Blut auf der Höhe des FLbers. Ueber-
tragung auf ein Kaninchen. Nach 3% Monat fand sich bei der Sektion
des Tieres eine spärliche Peritonealtuberkulose, tuberkulöse Knoten
in der Leber und vereinzelte Knötchen in den Lungen. Alle Ver¬
änderungen wurden im mikroskopischen Präparat als tuberkulös er¬
kannt.
4. Pat. B., 26 Jahre.
Sehr geringer Lungenbefund. Keine deutliche Spitzendämpfung.
Ueber beiden Spitzen verschärftes Atmen, über der rechten Klavikula
im Hustenstoss vereinzeltes Knacken. Röntgenbild: Beide Lungen-
und Spitzenfelder hell, p.mibronchiale Verdichtungen am rechten Hilus.
Subfebrile Temperaturen bis 37,8 rektal. Im spärlichen Auswurf keine
Tuberkelbazillen. Uebertragung von Blut auf ein Kaninchen. Nach
3 Monaten ergebnislos. Am 7. VIII. 0,002 A. T„ abends 38,1 rektal,
geringe lokale Reaktion. Auftreten einer Lichten Dämpfung über der
rechten Spitze, jetzt Rasselgeräusche in mässiger Zahl deutlich ver¬
nehmbar. Entnahme von Blut, Uebertragung auf ein Kaninchen. Nach
3 Monaten fand sich bei der Sektion des Tieres eine mikroskopisch
und makroskopisch erkennbare Peritonealtuberkulose mit einzelnen
Knötchen in Leber und Lungen.
Es konnten also unter 30 Tierversuchen viermal virulente
Tuberkelbazillen im Blute lungenkranker Menschen nach¬
gewiesen werden. In allen Fällen war das Blut auf der Höhe
des Fiebers nach einer Tuberkulininjektion entnommen. Die
4 Patienten hatten sowohl an der Injektionsstelle, wie im er¬
krankten Organ mit verstärkten Krankheitserscheinungen
reagiert. Bei allen 4 Patienten fiel der Tieversuch vor der
Injektion negativ aus. Ein Zusammenhang zwischen dem
Auftreten virulenter Bazillen im Blut und der Tuberkulin¬
reaktion scheint zu bestehen. Bei zwei Patienten (1 und 4)
war die Temperatursteigerung nicht bedeutend, 38,2 und 38,1
rektal. Aber auch bei diesen war eine deutliche Reaktion in
den Lungen nachweisbar.
Wir haben oben gesehen, dass ein Uebertritt von viru¬
lenten Bazillen in die Blutbahn bei aktiven progredienten
tuberkulösen Lungenprozessen häufig vorkommt und im Tier¬
versuch bewiesen werden konnte. Wir wissen, dass eine
Tuberkulininjektion, die eine grössere Temperatursteigerung
zur Folge hatte, ein Aufflackern des tuberkulösen Prozesses,
speziell in der Lunge bewirken kann. Ein Uebertreten von
Bazillen in das Blut ist also nicht sehr überraschend.
Immerhin verdient diese Tatsache eine besondere Auf¬
merksamkeit und ist wichtig für die Praxis. Die diagnostische
subkutane Tuberkulininjektion hat ja überhaupt, gerade weil
wir wissen, dass lokale Prozesse eine lokale Reaktion zeigen,
deren Dosierung nicht in unserer Macht steht, sehr an klini¬
scher Wertschätzung verloren. Wenn aber durch sie viru¬
lente Bazillen direkt in die Blutbahn getrieben werden können
— die obigen Befunde lassen kaum eine andere Deutung zu — ,
so müssen wir bei ihrer Anwendung mit grösster Vorsicht
Vorgehen.
Schädliche Folgen sind bei unseren Patienten nicht auf¬
getreten. Die Temperaturen sanken schnell auf die frühere
Höhe dauernd zurück. Vielleicht sind die Bazillen im Körper
zugrunde gegangen, vielleicht sind sie irgendwo deponiert und
führen noch ein latentes Dasein. Auf jeden Fall verdienen
unsere Befunde Beachtung und eine Nachprüfung wäre sehr
erwünscht.
Nicht die Höhe der Temperatur scheint für den Uebertritt
der Bazillen massgebend zu sein, sondern die akute Reaktion
im lokalen Herde, die wir in allen Fällen fanden. Diese Re¬
aktion bedeutet eine Gefahr für den Patienten und muss bei
der diagnostischen und therapeutischen Verwendung des
Tuberkulins vermieden werden.
Nach Abschluss dieser Arbeit, deren Inhalt in kurzer Form in
der medizinischen Geselschaft in Freiburg i. Br. am 19. November
1912 mitgeteilt wurde, ist eine Arbeit von Lydia Rabinowitsch“)
erschienen, welche eine wertvolle Bestätigung obiger Befunde gibt.
L. Rabinowitsch hat bei ihren Untersuchungen im Ausstrich¬
verfahren und einmal auch im Tierversuch bei Versuchstieren ein
Uebertreten von Tuberkelbazillen in das Blut durch Tuberkulin-
injektion erzielt. Auch sie glaubt, das Erscheinen der Bazillen im
Blut auf die erfolgte Herdreaktion zurückführen zu müssen. Sie sieht
mit Recht in ihren Experimenten einen Beweis für die von V i r c h o w
und Orth auf Grund ihres Sektionsmaterials bereits vor 22 Jahren
aufgestellte Behauptung von der künstlichen Mobilisation des Tu¬
berkelbazillus durch Tuberkulininjektionen. Eine weitere Stütze für
die Berechtigung dieser Annahme beim Menschen intra vitam bringen
meine obigen Befunde. Gegen einige Ausführungen von L. Rabino¬
witsch, die sich gegen unsere Anschauung von der Unzuver¬
lässigkeit der Ausstrichmethode richten, muss ich Stellung nehmen.
Wir haben für unsere Tierexperimente aus Gründen, die für and°re
Studien massgeblich waren und über die ich später berichten werde,
einen Kaninchenstamm gewählt, der sich durch zahlreiche Unter¬
suchungen als sehr empfänglich für den Typus humanus erwiesen hat.
Um aber gegen alle Einwendungen gerüstet zu sein, haben wir fast
unser gesamtes Material von ganz initialen Phthisen, bei denen wir
„säurefeste Bazillen“ im Blute fanden, auch auf Meerschweinchen
verimpft, und ich möchte hier ausdrücklich festsLllen, dass auch
durch diese Versuchsreihe, die schon mehrere Monate läuft, bisher
auch nicht die geringste Revidierung unserer Ergebnisse an den Ka¬
ninchen eingetreten ist. Dieser Vorwurf von Rabinowitsch ist
also hinfällig. Weiter möchte ich an dieser Stelle mitteilen, dass ich
ebenfalls bei zwei Meerschweinchen unter drei untersuchten Fällen,
wo jede Tuberkulose durch genaueste Untersuchung auszuschliessen
war, säurefeste Bazillen im Blute gefunden habe. Auch ich glaube
dass es sich hier um einen Eiitterungsbazillus handeln kann, der
vielleicht in einzelnen Ställen häufiger vorkommt wie in anderen. Wir
sind .weit entfernt davon und haben es deutlich zum Ausdruck ge¬
bracht, die Tatsache abzustreiten, dass die neueren Unter¬
suchungen den Beweis gebracht haben, dass die Tuberkelbazillen viel
häufiger im Blute zu finden sind, als früher angenommen wurde. Wir
stehen in keinem Gegensatz zu den Tierversuchen Lieber¬
meisters und Rumpfs, die wir völlig anerkennen. Unsere Er¬
fahrungen haben uns aber gezeigt, dass sowohl beim Tier wie beim
Menschen im Ausstrichverfahren Gebilde zur Darstellung kommen, die
zum Teil sicher keine Tuberkelbazillen sind, dass die Identität
dieser Bazillen immer erst durch den Tierversuch bewiesen werden
muss. Da wir diese „Fütterungsbazillen“ auch bei unseren Meer¬
schweinchen gefunden haben — vielleicht sind sie bei uns häufiger
als in anderen Ställen, sicher vor Verwechslung wird man niemals
sein — , müssen wir unsere Bedenken gegen die Meerschweinchen¬
versuche Sturms (in unserer Arbeit. Deutsche med. Wochenschrift
1912, 50 wurde irrtümlicherweise von Kaninchen gesprochen) aufrecht
erhalten, soweit das Ausstrichverfahren, dessen Wert eigentlich durch
d°n Tierversuch bewiesen werden sollte, einfach auf den Tierversuch
übertragen wmrde.
8) Berliner klinische Wochenschrift 1913, 3.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
345
J 8. Februar 1913.
ins der I lircktorialabtcilung des allgemeinen Krankenhauses
Nürnberg.
um Nachweis der „T uberkelbazillen“ im strömenden Blut.
Von Dr. Eduard Kahn.
(Vorläufige Mitteilung.)
Seitdem, vor allem auf Anregung von Liebermeister,
as Blut Tuberkulöser und Tnberkuloseverdächtiger häufiger
ls früher mikroskopisch auf Tuberkelbazillen unter-
ncht wurde, hat sich die auffallende Tatsache herausgestellt,
ass man viel öfter „säurefeste Stäbchen“ fand, als zu er¬
warten gewesen war. Diese Stäbchen sprach man, da man
Ile Verunreinigungen möglichst ferngehalten hatte, für
uberkelbazillen an. Nun waren die Stäbchen in der Form
licht gerade immer typisch für Tuberkelbazillen, ■ — (so er¬
wähnt vor allem Rumpf, dass man sich unter diesen
uberkelbazillen des Blutes für die meisten Fälle nicht jene
arten und schlanken Gebilde vorstellen dürfe, die wir aus
len Sputumpräparaten kennen) — , man sah auch nur selten
ie charakteristischen Granula, aber sie waren so auffallend
ot gefärbt, dass man sie eben nur für Tuberkelbazillen halten
u können glaubte; das um so mehr, als man bei diesen Unter-
uchungen — meist nach der Methode von Schnitter und
Gäubli (mit Homogenisierung mit 3 proz. Essigsäure und
.ösung mit Antiformin) — alle möglichen Vorsichtsmass-
egeln ergriffen hatte, um Verunreinigungen durch andere
äurefeste Stäbchen fernzuhalten.
Als ich nun auf Veranlassung meines Chefs, des Herrn
Tof. Johannes Müller, der mich bei allen meinen Unter-
uchungen in überaus wohlwollender Weise mit Rat und Tat
literstützte, an einem Teil des Tuberkulosematerials des
iesigen Krankenhauses diese Blutbefunde nachuntersuchte,
iel mir auf, dass es oft schwierig ist, eine Grenze zu ziehen
wischen dem, was man in den nach Schnitter hergestellten
Mutpräparaten noch als „säurefeste“ Stäbchen bezeichnen
will und was nicht, noch mehr aber, dass unter den säure¬
festen Gebilden alle möglichen Uebergänge existieren
wischen solchen, die ohne Zweifel Tuberkelbazillen sind, und
olchen, die sicher als Kunstprodukte oder Verunreinigungen
rgend welcher Art aufzufassen waren. Das brachte mir in
lie Untersuchung eine gewisse Unsicherheit; um so mehr, als
lie anderen Autoren anscheinend solche Schwierigkeiten nicht
eliabt hatten, wenigstens in ihren Publikationen kaum davon
prachen. Da nun aber die Angaben der verschiedenen
uitoren über die Zahl der gefundenen Tuberkelbazillen sehr
’oneinander abweichen, ( — - die meisten deutschen Autoren,
wie Liebermeister, Rumpf, F. Klemperer, fanden
ur vereinzelte Stäbchen und nach langem Suchen, die
apaner, Kurashige vor allen, reichliche in jedem Gesichts¬
eid — , musste ich annehmen, dass offenbar unter den ver-
chiedenen Autoren auch verschiedene Auffassungen darüber
ierrschen, was als Bazillus zu betrachten ist und was nicht.
Schliesslich musste auch das Resultat der Tierunter-
uchungen, das im Gegensatz stand zum Ergebnis der
nikroskopischen Methode, einige Bedenken erregen: denn
iei Verimpfungen des Blutes auf Meerschweinchen lassen sich
iur in einer ganz geringen Zahl virulente Bazillen tatsächlich
achweisen; da lag es denn nahe, Fehlerquellen der
nikroskopischen Untersuchungsart zu suchen.
Es wurden dabei von mir zwei verschiedene
V ege begangen. Ich wandte einmal das Tierexperiment an,
lann aber auch eine chemisch-physikalische Untersuchungsart.
Da die Tierversuche noch nicht ganz abgeschlossen sind,
wollte ich mit der Publikation meiner gesamten Resultate
loch einige Monate warten. Nun sehe ich mich aber veran-
asst, in der Form einer vorläufigen Mitteilung die
Ergebnisse meiner zweiten Untersuchungsreihe
u veröffentlichen, da in einer vor kurzem erschienenen Arbeit
lacmeister und Rueben1), die wohl von ähnlichen
Überlegungen ausgingen, auf einem etwas anderen Wege
Ts ich zum selben Resultat kamen: nämlich, dass die
aikroskopische Methode absolut unzuver-
ässig sei.
B a c m e i s t er und Rueben untersuchten mit der Antiformin
methode Blut von gesunden Menschen und gesunden Kaninchen;
dabei konnten sie bei einigem Suchen immer säurefeste Stäbchen
finden, auch wenn autoptisch nicht das geringste Tuberkuloseverdäch¬
tige sich zeigte; sie halten darum die Stäbchen für eine Art Ver¬
unreinigung oder Niederschlag, die zwar in den angewandten Chemi¬
kalien selber nicht Vorkommen, die aber aus dem Blut durch die
Art der Gewinnung des Präparates entstehen.
Meine Untersuchungen waren schon abgeschlossen, als
diese Arbeit erschien; da mit ihr die ganze Frage aktuell ge¬
worden ist, will ich im folgenden meine Ergebnisse kurz mit-
teilen. (Ausführliche Versuchsprotokolle werde ich in einer
späteren Arbeit, die auch über die Tierversuche berichten soll,
anführen.)
Es ist bekannt, dass die Säurefestigkeit der Tuberkel¬
bazillen vor allem (nicht allein!) durch ihre Wachshülle be¬
dingt ist. Diese Wachshülle besteht nun zum grossen Teil
aus Cholesterin und Lezithin, Stoffen, die auch einen grossen
Teil der Stromata der roten Blutkörperchen ausmachen. Da
liegt doch nahe, daran zu denken, dass die Blutkörperchen¬
hüllen auch eine gewisse Säurefestigkeit haben könnten!
Es wurden nun, um das zu klären, aus mehreren Litern
Pferdeblut nach der Methode von P a s c u c c i (auf die mich
Herr Prof. Spiro in Strassburg in liebenswürdiger Weise
aufmerksam machte), grössere Mengen der Stromata isoliert.
Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die
auf keine Weise vorbehandelten Hüllen der
roten Blutkörperchen in hohem Grade säure¬
fest sind; aber auch wenn man die leeren Blutkörperchen¬
hüllen in derselben Weise wie sonst das genuine Blut (nach
Schnitter und S t ä u b 1 i) auflöst, findet man zwar den
grösseren Teil der nicht gelösten Blutkörperchenschollen in
allen Nuancen blau bis violett gefärbt, es lassen sich aber
noch reichlich sicher säurefeste Elemente nachweisen. Dabei
ist auffallend, dass man bei genauer Durchsicht der Präparate
viele Gebilde trifft, die in Gestalt und Färbung ganz den
Tuberkelbazillen gleichen.
Fs wurden zur Kontrolle richtige Tuberkelbazillen, die mittelst
der Antiformin-Ligroinmethode aus einem reichlich Tuberkelbazillen
enthaltendem Sputum gewonnen waren, auf Objektträger gebracht,
die schon mit der Stromatamasse beschickt waren; dabei konnte ich
feststellen, dass selbst bei langer Entfärbung noch immer Stromata
blieben, die mindestens ebenso deutlich noch gefärbt waren wie die
Tuberkelbazillen.
Es sollten nun auch reines Cholesterin und Lezithin
(von Merck) auf ihre Säurefestigkeit geprüft werden. Dabei er¬
gaben sich allerdings Schwierigkeiten; denn Cholesterin ist in heissem
Alkohol löslich, daher wird es leicht mit dem heissen, alkoholhaltigen
Karbolfuchsin, gern auch bei der Entfärbung durch den Salzsäure¬
alkohol weggespült; es blieben aber manchmal schwach rosagefärbte
Tafeln zurück. Das zähe Lezithin klebte leichter; bei ihm war auch
ganz deutlich ein nicht sehr intensiver Grad von Säurefestigkeit
nachzuweisen.
Es ist also die Möglichkeit vollauf gegeben, dass im nor¬
malen Blut „säurefeste Stäbchen“ mikroskopisch nachge¬
wiesen werden können, auch wenn sicher keine Verunreini¬
gung dazu kam, — dass diese säurefesten Stäbchen aber
noch lange nicht mit Tuberkelbazillen identisch zu sein
brauchen. Mit dieser Feststellung ist die Ar¬
beitsmethode, die nur das mikroskopische Bild
berücksichtigt, wertlos geworden.
Nun kommt aber noch hinzu, dass, auch bei aseptischen
Vorgehen und mancher anderen Vorsicht, sich doch eine
weitere Fehlerquelle einschleichen kann. A u c 1 a i r und
Paris, Fontes u. a. haben gezeigt, dass die Säurefestigkeit
der Tuberkelbazillen eine „komplexe“ Erscheinung ist, die
nicht nur an die Wachskörper gebunden ist, sondern sicher
auch einem Teil der Eiweisskörper der Tuberkelbazillen an¬
haftet; dass diese Eigenschaft nicht ausschliesslich dem Ei¬
weisskörper der Tuberkelbazillen eigen ist, beobachtet man
manchmal, wenn man das Sputum einer kruppösen Pneumonie
auf Tuberkelbazillen untersucht; es gelingt oft nicht, da§ Prä¬
parat zu entfärben. Das veranlasste mich auch, Eiweisskörper
des Blutes auf ihre Säurefestigkeit zu prüfen. Wenn man
Fibrin flocken aus Hammel- oder Pferdeblut direkt, oder
nachdem man sie mit der Antiforminmethode vorbehandelt
hat, untersucht, so zeigt sich, dass auch sie eine Säurefestig¬
keit besitzen, die hinreicht, Tuberkelbazillen vorzutäuschen,
— besonders da bei der Auflösung mit Antiformin sich kleinste
2
*) Deutsche med. Wochenschr. 1912. No. 50.
No. 7.
346
MUENCHENER MEDIZINISCHE W0CHENSCHR1FJ
No. 7.
Splilterchen bilden, die in der Form den 1 uberkelbazillen
zum verwechseln gleichen. Nun soll man ja nach Lieber-
m c i s t e r und anderen Autoren eine Blutgerinnung, also auch
Fibrinbildung möglichst vermeiden, aber kleine Flöckchen
mögen doch wohl hie und da bei aller Vorsicht entstehen.
Nebenbei sei bemerkt, dass auch andere Eiweisskörper eine
gewisse Säurefestigkeit besitzen; so ist z. B. Eiweissglyzerin
so säurefest, dass es am besten als Klebemittel nicht verwendet wird,
wenn man auf spärliche Tuberkelbazillen fahnden will.
Ich komme also zum selben Resultat wie Bac-
m e i s t e r und Rueben; es ist völlig unzureichend und irre¬
führend, lediglich aus der mikroskopischen Untersuchung des
Blutes auf die Anwesenheit von Tuberkelbazillen schliessen
zu wollen; dabei ist freilich nicht, wie Bacmeister und
Rueben annehmen, die Schnitter sehe Methode allein
die Ursache des Fehlers, es sind vielmehr bei keiner Methode
Irrtiimer auszuschliessen, weil sich im Blute genügend Sub¬
stanzen finden, die unter gewöhnlichen Verhältnissen schon
säurefest sind.
Für den Nachweis der Tuberkelbazillen
im Blut ist also lediglich der Tierversuch von
Wert; und er ist, damit die Frage endgültig entschieden
werden kann, im grössten Massstabe auszuführen.
Tuberkelbazillennachweis im Blut.
Von Stabsarzt Dr. Kessler in St. Avold.
Jeder der Phthisikerblut auf die Anwesenheit von
Tuberkelbazillen mittelst direkten Ausstriches auf einen Ob¬
jektträger mikroskopisch untersucht hat, weiss, wie mühselig
dies Verfahren ist.
Eine erhebliche Erleichterung ist nach Stäubli1) da¬
durch zu erzielen, dass das frisch gewonnene Blut sofort mit
3 proz. Essigsäure verdünnt wird, wodurch ohne Schädigung
der Bakterien die roten Blutkörperchen sich auflösen. Durch
Zentrifugieren werden dann die Bakterien sedimentiert, das
Sediment auf Objektträger ausgestrichen und nach den üb¬
lichen Methoden kann die Tuberkelbazillenfärbung vorge¬
nommen werden.
Dies Verführen baute Schnitter2) späterhin speziell
zum Nachweis von Tuberkelbazillen weiter aus, indem er
dem Sediment noch Antiformin zusetzte, wodurch das Auf-
linden der restlos übrigbleibenden Tuberkelbazillen sehr er¬
leichtert ist.
Trotz aller Vorteile haftet aber auch dieser Methode der
Nachteil an, dass nur ungeronnenes Blut untersucht werden
kann.
Das von mir angegebene Verfahren dagegen gestattet
auch die Untersuchung geronnenen Blutes und bietet dabei
keinerlei technische Schwierigkeiten.
Aus einem Ohrläppchen des Kranken werden etwa 0,5 — 1,0 ccm
Blut in eine Kapillare entnommen. Wird dieselbe an beiden Enden
mit Siegellack verschlossen, so kann die Verarbeitung des Blutes nach
beliebig langer Zeit erfolgen, indem dann aus der an beiden Enden
abgeschnittenen Kapillare der Blutfaden herausgeholt und in ein
Reagenzglas gebracht wird, in welchem sich eine Messerspitze voll
Trypsin Grübler und etwa 1 ccm Leitungswasser befinden. Das Ge¬
misch bleibt bei Zimmertemperatur unter mehrmaligem Umschütteln
etwa 1 Stunde stehen, innerhalb welcher Zeit sich der Blutfaden auf¬
löst. Nach dieser Zeit kommen, ähnlich dem von Schulte3) an¬
gegebenen Verfahren zum Nachweis der Tuberkelbazillen im Sputum,
zu dieser Mischung, die ich als 1 Teil bezeichne, doppelt so viel Teile
25 proz. Antiformin und 3 Teile Brennspiritus, also ein Verhältnis der
Bestandteile von 1:2:3, wobei sowohl nach dem Antiforminzusatz,
wie auch nach demjenigen des Brennspiritus gut umgeschüttelt wird.
Die ganze Flüssigkeit wird alsdann in Zentrifugengläschen gebracht,
etwa eine halbe Stunde bei flottem Lauf zentrifugiert, darauf die
Flüssigkeit vom Bodensatz abgegossen und das Sediment ist fertig
zum Ausstrich und zur Färbung.
T Stäubli: Beitrag zum Nachweis von Parasiten im Blut.
Münch, med. Wochenschr. 1908, No. 50.
2) Schnitter: Nachweis und Bedeutung der Tuberkelbazillen
im strömenden Phthisikerblut. D. med. Wochenschr. 1909, S. 1566.
3) Schulte: Methodik und Technik des neuen Verfahrens zum
Nachweis der Tuberkelbazillen im Sputum mit besonderer Berück¬
sichtigung des U h 1 e n h u t h sehen Antiforminverfahrens. Med. Klinik
1910, No. 5.
Der Verarbeitung grösserer Blutungen stellt nichts im
Wege. Es lassen sich mit dieser Methode alle gewünschten
Blutmengen untersuchen, bei entsprechend mehr Zusätzen.
Wenn ich als nötige Blutmenge nur etwa 0,5— 1,0 ccm
verlange, so geschieht es aus dem Grunde, weil eine derartig
kleine Blutprobe viel leichter von den Patienten zu erlangen
ist, wie eine etwa 15—20 ccm durch Venenpunktion zu ent¬
nehmende Blutmenge, und hoffe ich dadurch zu erreichen, dass
auch ausserhalb des Krankenhauses die praktischen Aerzte
sich leichter bei zweifelhaften Fällen zur Blutentnahme ent¬
schlossen werden, zumal die Untersuchung des Blutes aut
Tuberkelbazillen ein wertvolles diagnostisches Hilfsmittel ist.
Vereinfachte Magen-Bioröntgenographie.
Von Dr. Karl K a e s 1 1 e in München.
Seit Veröffentlichung der ersten bioröntgenographischen
Magenuntersuchungen von Rieder, R o s e n t h a 1 und mir
sind Jahre vergangen. Zahlreiche Untersuchungen haben
seitdem gezeigt, dass die in Wort und Bild von uns ge¬
schilderte Art der Magenbewegung als Normalvorgang zu
gelten hat. Tatsachen, die geeignet wären, unsere Angaben:
zu korrigieren, hegen nicht vor, und was an Richtigem über
die normale Magenbewegung seitdem „neu“ entdeckt wurde,
findet man bei genauem Zusehen schon in den Bildern und dem
Text unserer Arbeiten niedergelegt.
Einzelne unserer Bilder haben in Nebensachen andere
Deutung erfahren. F o r s s e 1 1 hat unsere Befunde aus der
Anatomie des Magenmuskelschlauches im ganzen in sehr
glücklicher Weise gedeutet und erklärt.
Die Vorgänge in der Regio pylorica des Magens stellen
sich im wesentlichen dar als eigenartige Peristaltik von
grosser Energie und eigenartiger Ausbildung der Wellentäler.
Die vollkommene Entleerung des pylorusnahen Magenteils
erfolgt bezw. kann erfolgen „durch (ailseitiges)
Zusammenlegen seiner Wandunge n“. („Ueber
Röntgenkinematographie, II. Mitteilung“, von Kaestle,
Rieder und R o s e n t h a 1 in der „Zeitschrift für Röntgen¬
kunde“, Bd. 12, 1910.) Dieser Satz sei manchen unserer
Kritiker „zur Kenntnisnahme empfohlen“.
Unwesentliche Abweichungen, Spielarten finden sich
— wie überall in der Natur — so auch beim Vorgang der
menschlichen Magenbewegung. Die Wellentäler wechseln von
Fall zu Fall an Tiefe, Breite und Dauer ihres Bestehens, be¬
sonders nahe dem Pylorus. Die Wellenberge sind bald mehr
flach und gerundet, bald mehr spitz; sie tragen Kämme.
Tonusschwankungen grösserer Magenteile können beobachtet
werden und dergl. mehr.
Bis jetzt ist das Gebiet noch nicht so scharf umrissen,
dass man sicher angeben könnte, wo die Spielart aufhört und
das Krankhafte beginnt. Wahrscheinlich werden diese Ueber-
gänge — wie auch auf anderen Gebieten der normalen unc
pathologischen Physiologie — vielfach fliessend bleiben. Dass;
wir aber zur Untersuchung von Bewegungsvorgängen unc
Bewegungsstörungen am Magen keine andere der Biorönt
genographie gleichwertige Methode besitzen, ist unbestreit¬
bare Tatsache. Mit ihrer Feststellung soll nichts gegen der
Wert der Schirmdurchleuchtung gesagt sein. Auch wei
Magenbewegungsvorgänge kinographisch untersucht, ver
zichtet nicht auf die Durchleuchtung des Magens. Unser
Ziel ist nicht künstliche Beschränkung sondern Bereicherum.
ärztlichen Könnens. Jede röntgenologische Magenunter
suchung hat mit einer Durchleuchtung zu beginnen, die bak
abschliessende, bald vorläufige Untersuchungsmethode ist
Die Durchleuchtung hat durch die Bioröntgenographie ai
Wert gewonnen: Wir sehen, seitdem wir den Vorgarn
der Magenbewegung wirklich kennen, nicht selten auch an
Leuchtschirm Einzelheiten, die uns früher entgangen sind
Freilich wird das Schirmbild eines Bewegungsablaufes ver
glichen mit seiner bioröntgenographischen Darstellung imnie
skizzenhaft bleiben; das Bioröntgenogramm ist in der Ent
Scheidung über das Tatsächliche von Bewegungserscheinungei
„höhere Instanz“.
Es ist widersinnig, die Untersuchungsergebnisse eine
rein objektiven Methode mit denen einer weniger objektive!
8. Februar 1913.
MUFNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
347
ritisieren zu wollen: Das Röntgenkinogramm z. B. etwa mit
inem Leuchtschirm- oder gar einem Palpationsbefund. Und
och ist beides versucht worden. Man braucht das logisch
Inmögliche dieses Vorgehens nur einmal klar durchzudenken,
m sich selbst und anderen eine Kritik solcher Kritik zu
rsparen.
Dass mit der Feststellung einer Bewegungsstörung nicht
uch ohne weiteres die Frage nach ihrer Ursache beantwortet
;t, gilt für das Kinogramm ebensowohl wie für das Schirm-
ild. Ob die Störung des Bewegungsablaufes durch äussere
infliisse auf den Magen oder durch Veränderungen in der
lagenwand selbst bedingt ist, ob ein Infiltrat von einem Ge-
chwiir oder einem Karzinom herriihrt, bedarf zur Ent¬
kleidung erschöpfender Anwendung aller diagnostischen Hilfs-
littel. Auch hier soll die Bereicherung auf der einen Seite
icht zu einer Verarmung auf der anderen führen.
Die Bioröntgenographie findet die Grenzen ihrer Anwen-
ungsmöglichkeit im Preis der einzelnen Untersuchung und
irer zeitraubenden Technik.
Levy-Dorn suchte die Bioröntgenogramme durch seine
Polygramme“ zu ersetzen; das sind bekanntlich 2 oder mehr
lagenmomentaufnahmen aus einer Peristole auf eine nicht
ewechselte Platte. Die Bilder decken sich weitgehend. Bei
lehr als 2 Bildern wird das Liniengewirr unenträtselbar.
wei, selbst drei und vier Bilder aus einem Magenbewegungs-
blauf vermögen über Normalität oder krankhafte Verän-
erung des Vorganges keinen Aufschluss zu geben. Immer
leiben uns Polygramme die Auskunft über die zeitliche Auf¬
inanderfolge der Bilder schuldig, eine Auskunft, die wir ob-
-ktiv nur mit Hilfe des Plattenwechsels erhalten können.
Die Polygraphie im Sinne Levy-Dorn s, der übrigens
i Albers-Schönberg und Krause Vorgänger hatte,
t kein Ersatz der Kinographie.
Neuerdings ist es mir gelungen, 6—9 bezw. 12—18 Augen-
licksbilder aus einem Bewegungsablauf des ganzen Magens
der seiner wesentlichsten Teile auf einem Film oder einer
latte von der Grösse 40 X 50 festzuhalten. Diese Bilderzahl
einigt zu einem diagnostisch ausreichenden Einblick in den
lagenbewegungsvorgang. Die Methode ist in ihrer Durch-
ihrung einfach und billig, ebenso die dazu nötige maschinelle
inrichtung, die auch anderen röntgenologischen Zwecken
ient.
Das Wesen der Methode besteht in folgendem: Ein
>lm oder eine Platte zwischen Verstärkungsschirmen
inn in geeigneter Vorrichtung in zwei zu einander senk-
-chten Richtungen einer Ebene leicht und rasch ruck-
tig unmittelbar hinter bzw. unter einer den Film all-
itig überragenden Bleiwand bewegt werden, von Hand
Jer maschinell. Die Bleiwand trägt eine viereckige Oeff-
mK von veränderlicher Grösse (Blendenöffnung). Gegen
e Wand lehnt oder legt sich mit seiner Vorderseite
-r zu Untersuchende so, dass seine auf der Bauchwand
.amtlich gemachte Magengegend in bestimmter Einstellung
die Weite der Blende fällt. Die automatisch — in beliebig
i wählenden Zeiträumen — rhythmisch einschaltbare Rönt-
.‘tiröhre befindet sich 60 — 100 cm hinter dem Kranken und
hwirft durch das filmnahe Diaphragma auf einen dahinter
'\v. darunter eingestellten Teil des Films ein Magenmoment-
Id. Dann wird der Film eine bestimmte Strecke ruckartig
eiterbewegt, steht wieder still, und auf einen unbelichteten
imteil neben bzw. unter oder über dem belichteten Feld
hwirft ein neues Strahlenbündel ein neues Magenbild. Bei
lendenweite 20 X 16 kann man auf einen Film 40 X 50 bei dem
nannten Röhrenabstand leicht 6 Bilder auch ptotischer und
:tatischer Mägen aufnehmen; bei einer Blendenweite 16 X 13
Hngen ohne Schwierigkeit 9 Aufnahmen der uns besonders
dressierenden distalen Magenteile. Nimmt man auf jedes je-
eils eingestellte Feld 2 Momentbilder — im Sinne der Poly-
amme — auf, dann erhält man 12 bzw. 18 Magenbilder aus
ner Peristole. Dass gegen derart aufgenommene Poly-
amme alle gegen die gewöhnlichen Polygramme mög-
hen Einwände hinfällig werden, ist ohne weiteres ein-
isehen. Wählt man statt des Films oder der Platte 40 X 50
'Iche von der Grösse 50 X 60, was ich für unnötig halte,
«rauf der Apparat aber einzurichten wäre, dann hat man
e Möglichkeit, bei grösserer Blendenweite grössere Felder
zu bestrahlen. Der Serienaufnahme im Liegen geht — der
Einstellung wegen — - mit Vorteil eine Einzelaufnahme in
Bauchlage voran. Magenaufnahmen in Rückenlage sind aus
verschiedenen Gründen ergebnisarm.
Der Plattenfeldwechsel kann von Hand unschwer zwei¬
mal in der Sekunde vollzogen werden, eine Wechselzahl, die
für Magenuntersuchungen bekanntlich niemals nötig wird, für
Herzuntersuchungen aber nicht ausreicht. Der Apparat ist
zunächst zur Untersuchung von Bewegungsvorgängen be¬
stimmt, bei denen man mit der genannten Wechselzahl aus¬
kommt.
Die Herzkinematographie hat seit unseren ersten Ver¬
öffentlichungen pr a k t i s c h keine Fortschritte gemacht, keine
nennenswerten Ergebnisse gezeitigt. Dass wir auf dem bisher
in der Herzkinematographie begangenen Wege überhaupt
zum Ziel kommen werden, erscheint fraglich.
Die wirtschaftlichen Vorteile der beschriebenen Methode
sind durch folgende Tatsachen gegeben: Man benötigt zur
Aufnahme nur einen Film oder eine Platte 40X50 und einen
oder zwei Verstärkungsschirme gleicher Grösse, die zur Aus¬
rüstung jedes Röntgenologen gehören; Sonderanschaffung
von Verstärkungsschirmen zur Kinographie ist unnötig. Der
Anschaffungspreis des auch für andere röntgenologische
Zwecke als Aufnahmestativ im Stehen und Liegen dienenden
Apparates ist geringer als der eines Bioröntgenographen.
Man spart Zeit: nur ein Film ist einzulegen und zu entwickeln.
Endlich kann man Serienaufnahmen in Bauchlage machen,
was bisher nicht möglich war, unter Umständen aber, auf die
hier nicht eingegangen werden kann, von Wert ist.
Der Aufnahmeapparat stellt zurzeit noch ein Provisorium
dar; er wird für den allgemeinen Gebrauch weiter aus¬
gebaut.
Aus der grossen Zahl der von mir aufgenommenen Bilder¬
folgen seien vier Serien wiedergegeben.
Serie A.
Serie A stellt 6 Aufnahmen aus dem Bewegungsablauf eines
gesunden Männermagens dar. Die Bilder wurden in 22 Sekunden
bei 60 cm Fokusplattenabstand als Momentaufnahmen nach der üb¬
lichen Vorbereitung im Stehen aufgenommen. Die Bilder verstehen
sich an Hand unserer früheren Erklärungen des Vorganges, auf die
hier verwiesen sei, von selbst.
Serie B zeigt 9 Bilder des gleichen Magens in Bauchlage.
Der Magen liegt hoch und schräg im Leibe, der Uebergang des
ab- und aufsteigenden Magenschenkels ineinander erfolgt - - im
Gegensatz zum Magen im Stehen — nicht spitz-, sondern rund-
bogenförmig, besonders auf Seiten der kleinen Kurvatur. Die Wellen¬
berge haben flach gewölbte Rücken. Im übrigen aber verläuft der
Entleerungsvorgang, wie durch diese Bilder zum ersten Male nach¬
gewiesen wird, in Bauchlage wesentlich in der gleichen Weise wie im
Stehen. Man erkennt die Formveränderung des pylorusnahen Magen¬
teils, das peristaltische Weiterwandern der Einschnürung a-b (des alten
„Sphinkter antri“ pyloruswärts (P = Pylorus), hinter der sich in
bekannter Weise eine neue antrale Formation entwickelt. Schlies¬
sung und Oeffnung des Pylorus und Schwankungen seiner Weite sind
auf den Bildern besonders schön zu sehen.
2*
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 7.
348
Serie B.
Serie C.
Serie D.
Serie C gibt 6 Aufnahmen wieder aus dem Bewegungsablauf
eines hochgradig ptotischen weiblichen Magens im Liegen. Die
Aufnahmen wurden bei 60 cm Fokusplattenabstand in 22 Sekunden
hergestellt. Der hochgradige Langmagen behält seine Angelhaken¬
form auch im Liegen bei. Der Bewegungsablauf vollzieht sich in
ganz ähnlicher Weise wie im Stehen. Man erkennt deutlich, wie
die „Sphinkter antri“ genannte Einschnürung (a. b) über die Regio
pylorica des Magens abläuft, diese entleerend. Nächst dem Py
lorus (P) erreicht die tiefe Einschnürung dadurch, dass oral gelegene
Magenteile zusammengezogen bleiben, bei peristaltischem Weiter¬
laufen der Kontraktion pyloruswärts, besondere Breite. Man sieht,
ganz entsprechend unseren früheren Beobachtungen, „wie sich das
alte Antrum im letzten Stadium seines Bestehens durch Zusammen¬
legen seiner Wandung entleert“.
S e r i e D. Die 9 Phasenbildcr stellen Bewegungen des distalen
Teiles eines hochgradigen weiblichen Langmagens im Stehen dar.
Die Serie wurde in 22 Sekunden aufgenommen. Bild 1, 2, 3 und 9
der Folge zeigen eigenartig atypische Kontraktionserscheinungen auf
Seiten der kleinen Kurvatur der Regio praepylorica des Magens bei
offenem Pylorus (P); Bild 4 und 5 in bekannter Weise normale
Peristaltik pylorusnaher Magenteile. Man achte auf das Auftreten'
der Einschnürungen a und b auf Bild 9, nachdem 2 j •> Sekunden
zuvor der Magen die Form eines Beutels gezeigt hatte.
Es würde zu weit führen, auf Einzelheiten der Bilder
näher einzugehen; sie sollten neben dem Interesse, das sie an
sich zu bieten vermögen, in erster Linie den Beweis für die
Brauchbarkeit der neuen Methode erbringen.
Der praktischen Ausführung meiner Entwürfe lieh der
Techniker der Kuranstalt Neu-Wittelsbach, S p i n d 1 e r, seine
Geschicklichkeit.*)
In der Sitzung des Münchener ärztlichen Vereins vom 4. XII. 12:
habe ich das Wesen der neuen Methode und des zu ihrer Durch¬
führung nötigen Apparates besprochen und eine grössere Anzahl von
Diapositiven nach Originalplatten vorgeführt.
Lieber Operationen im Blaseninnern mit Hilfe von
Hochfrequenzströmen.
Von Dr. med. G. Bucky und Dr. Ernst R. W. Frank
in Berlin.
I. Technischer Teil.
Von Dr. med. G. Bucky in Berlin.
Auf Grund der mannigfaltigen Vorteile, die das Operierer
mit Hilfe der Hochfrequenzströme (Fulguration, Thermopene-
tration etc.) bietet, lag es nahe, dasselbe Verfahren in det
Blase anzuwenden, denn gerade die Vorzüge, die diese Me¬
thode hat, nämlich das Operieren ohne Blutverlust, die Ver¬
meidung jeder Infektionsgefahr, sind für Operationen in dei
Blase von allergrösstem Wert. Zwar hat man schon sei
langer Zeit mit der Glühschlinge in der Blase gearbeitet; aucl
stellt das neue Verfahren durchaus nichts wesentlich andere;
dar: der Effekt dabei bleibt hier wie dort eine Zerstörung de;
Gewebe mittelst Hitze. Trotzdem sind aber die Hochfrequenz
ströme dem Paquelin weit überlegen und zwar aus folgender
Gründen:
Zunächst fällt bei den Hochfrequenzströmen jede strah
lende Wärme fort, so dass unangenehme Nebenwirkungei
viel besser vermieden werden können wie bisher. Ferne
kann die Hitzewirkung bedeutend weiter getrieben werdei
als bei der Glühlampe, drittens ist die Lokalisation de
Wirkung bedeutend erleichtert und dadurch ist es möglicl
geworden, an einer beliebigen Stelle des Blaseninnern di
Hochfrequenzströme wirken zu lassen, wo dies bisher ent
weder unmöglich oder mit grossen Schwierigkeiten verknüpf
war. Der Hauptvorzug, der den Hochfrequenzströmen de
grössten Vorsprung vor der bisherigen Methode verleiht, is
die geradezu wunderbar feine Dosierung der Hitzewirkung
Es sind namentlich in der letzten Zeit eine Reihe vo
Publikationen über das in Frage stehende Thema erschiene
die es ratsam erscheinen lassen, die Vorgänge bei der An
Wendung der Hochfrequenzströme hier etwas näher zu be
trachten, da in vielen Köpfen mancherlei Irrtümer und viel
Unklarheiten selbst bei Leuten, die sich mit der Materie nähe)
befasst haben, zu spucken scheinen.
Es ist hier nicht der Ort, von Grund auf die Entstehun
und das Wesen der Hochfrequenzströme auseinanderzusetzei
Es sollen hier nur in aller Kürze die Haupteigenschaften diesU
Ströme gekennzeichnet werden, soweit sie für unser Them
von Wichtigkeit sind.
Bekanntlich stellen die Hochfrequenzströme Wechse
ströme von enorm hoher Schwingungszahl dar, und zwar bc
*) Der Apparat wird von der „Polyphos“, E. Q. m. b. H„ hie
I gebaut werden.
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
349
ragen diese Schwingungen bis zu mehreren Millionen pro
Sekunde. Derartige Ströme verhalten sich in Bezug auf ihre
^egulierbarkeit analog den elektrischen Strömen wie wir sie
,onst in der Medizin und im täglichen Leben anwenden. Wie
die elektrischen Ströme fallen auch die Hochfrequenzströme
mter die allgemein geltenden elektrischen Gesetze. Das heisst,
uieh die Hochfrequenzströme setzen sich mehr oder weniger
u Wärme um je nach dem O h m sehen Widerstand, den sie
iberwinden müssen. Der menschliche Körper bietet, ganz
illgemein gesprochen, dem elektrischen Strom einen hohen
Widerstand, infolgedessen wird sich im Körper ein relativ
grosser Teil des durchfliessenden elektrischen Stromes in
Wärme Umsetzern Dieses ganz allgemein geltende Gesetz
st die Basis für die Zerstörung von Geweben mit Hilfe von
lochfrequenzströmen. Warum ist es nun nötig oder zweck-
nässig. . gerade Hochfrequenzströme und nicht unsere alltäg-
ichen Gleichströme oder Wechselströme zu benutzen? Die
Antwort auf diese Frage ergibt sich von selbst, wenn man
die Eigentümlichkeit der Hochfrequenzströme, ihre Richtung
so eminent oft in der Zeiteinheit zu wechseln, in Betracht
zieht. Durch diesen enormen Wechsel ist nämlich der elek¬
tische Strom nicht mehr imstande, irgendwelche nennens¬
werte chemische Nerven- oder Muskelwirkungen auszulösen.
Man kann sich das so vorstellen, als ob die betreffenden
jhemischen Reaktionen dem elektrischen Strom ein zu grosses
Trägheitsmoment entgegensetzen, so dass bereits vor dem
hintritt der Reaktion, zu dem eine gewisse Zeit notwendig ist,
Jer Strom seine Richtung geändert hat und mithin seine
Wirkung gerade umgekehrt hat.
Ein solcher Strom wird vom Körper infolgedessen aus¬
schliesslich in seiner Wärmewirkung empfunden. Während
wir z. B. bei Gleichstrom imstande sind, nur wenige tausendstel
Ampere durch den Körper zu schicken, da bei höheren Strom¬
stärken unerträgliche Reizerscheinungen auftreten, können
wir Hochfrequenzströme bis zu 2 und 3 Ampere anwenden,
üine dass der Patient eine andere Empfindung hätte als die
ler Wärme. Wie wesentlich die Erhöhung der Stromstärke
iir die entwickelte Wärme ist, geht aus dem Joule sehen Ge¬
setz hervor, welches besagt, dass die während der Zeiteinheit
■ntwickelte Wärmemenge dem Widerstand des Drahtes und
.lern Quadrat der Stromstärke direkt proportional ist.
demnach wird also bei verdoppelter Stromstärke die Wärme¬
entwicklung vervierfacht.
Selbstverständlich ist es möglich, Hochfrequenzströme
von verschiedenen Spannungen zu erzeugen und es fragt sich
um, ob es für den vorliegenden Zweck ratsam ist, eine hohe
)der eine niedrige Spannung zu benutzen. Je höher die
Spannung ist, um so besser wird ein Widerstand überwunden,
tiithin also wird sich eine geringere Menge des Stromes bei
gleichbleibendem Widerstand in Wärme mnsetzen, wenn der
Jurchfliessende Strom eine höhere Spannung erhält. Geht
>chon daraus hervor, dass es zweckmässig ist, Hochfrequenz-
Aröme von niedriger Spannung zur Anwendung zu bringen,
so kommt noch als wesentliches Unterstützungsmoment dafür
linzu, dass der höher gespannte Strom einerseits dazu neigt,
loch noch eine Nervenwirkung auszuüben und andererseits
Jie Funkenbildung begünstigt, wenn die Elektroden nicht ab¬
solut fest dem Körper anliegen. Diese erhöhte Funkenbildung
beeinträchtigt auch bis zum gewissen Grade die Sicherheit
ler Lokalisation der Wirkung.
Nach dem oben angeführten Joule sehen Gesetz ist
erner die Wärmeentwicklung in der Zeiteinheit direkt pro¬
portional dem Widerstand des betreffenden Körpers. Der
W iderstand seinerseits ist direkt proportional der Länge und
imgekehrt proportional dem Querschnitt des betreffenden
eiters. Danach muss also die Wärmeentwicklung dort am
grössten sein, wo der Querschnitt des betreffenden Leiters am
feinsten ist. Tatsächlich ist dieses Gesetz direkt am mensch-
ichon Körper nachweisbar. Schickt man mit Hilfe zweier ge¬
wöhnlicher Handelektroden, wie sie auch bei der Faradisation
gebräuchlich sind, Hochfrequenzströme von einer Hand durch
len Körper zur anderen Hand des Patienten, so tritt nicht
illein die erste Erwärmung in den Handgeleken auf, sondern
Je steigert sich auch an diesen Stellen am meisten.
Tnd zwar nur weil hier der Strom genötigt ist, den kleinsten
.Verschnitt zu passieren.
Je nach der Grösse der gewählten Elektroden und ent¬
sprechend dem Körperquerschnitt wird der Wärmeeffekt ein
anderer werden. Legt man wie in Fig. 1 gleich grosse Elek-
Qi
Fig. 1.
troden (El. El) an einen gleichbleibenden Körperquerschnitt
(Q 1) an, so verlaufen die Stromlinien parallel zueinander in
gleichbleibender Entfernung, d. h. der Körperteil wird in seiner
ganzen Ausdehnung gleichmässig erwärmt. Weist jedoch der
Körperquerschnitt (Fig. 2) an einer Stelle eine Einschnürung
(Q 2) auf, so werden sich die Stromlinien, die von den gleich¬
grossen Elektroden E 2, E 2 ausgehen, bei Q 2 zusammeu-
drängen müssen, wobei an dieser Stelle die grösste Erwär¬
mung resultiert. Anders gestalten sich die Verhältnisse, wenn
man die Elektroden kleiner wählt, als den kleinsten Körper¬
querschnitt. In Fig. 3 erreichen die Elektroden E 3, E 3 nicht
die Grösse des kleinsten Körperquerschnittes Q3; infolge¬
dessen wird die Wärmeentwicklung und auch die Wärme-
empfindung bei a kleiner sein als an den Auflagestellen der
Elektroden. Es ist derselbe Vorgang wie in Fig. 4, wo die
Q4
Elektroden kleiner gewählt sind, als der gesamte Körperquer¬
schnitt. Auch hier muss der grösste Effekt an den Elektroden
entstehen. Analog der Wärmesteigerung bei Verkleinerung des
Querschnittes, tritt eine erhöhte Wirkung bei Verkleinerung
einer Elektrode ein. In Fig. 5 ist an dem Querschnitt
Q 5
Q 5 eine kleine Elektrode einer grösseren gegenüber angelegt.
Die Folge der Grössendifferenz’ ist die Zusammendrängung der
Stromlinien im Bereich der kleinen Elektrode. Je kleiner man
diese wählen wird, um so grösser wird die Hitzeentwicklung
in deren Umgebung. Den höchsten Wärmegrad erreicht man
demgemäss mit einer punktförmig anliegenden Elektrode, z. B.
mit einer Nadel, während an der grossen Gegenelektrode so
gut wie keine Wärme auftritt. Diese enorme Verengerung
350
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHR1F'
des Strombettes hat im Gefolge, dass an der verengten Stelle
eine so gewaltige Wärmesteigernng stattfindet, dass fast
momentan eine Verschorfung der Gewebe an dieser Stelle
resultiert. Allein durch die Wahl der Grösse der Elektroden
hat man es einerseits an der Hand, die Wärmeentwicklung
so zu variieren, dass alle Grade der Einwirkung von der
leichten Hyperämie zur Koagulation des Eiweisses und endlich
bis zur Verschorfung der Gewebe erreicht werden können.
Andererseits kann selbstverständlich die Wärmeentwicklung
durch Variierung der Stromstärke verschieden dosiert werden.
Was nun die praktische Ausführung der Methode anlangt,
so sollen hier nur die Anwendungsnamen, die für Blasen¬
operationen in Betracht kommen, dargestellt werden. Man
geht zweckmässig so vor, dass man an irgend einer Stelle des
Körpers des Patienten eine möglichst grosse Elektrode (die
jedoch nicht grösser als 200 qcm zu sein braucht) anlegt.
Diese Elektrode wird mit der einen Klemme des Hochfrequenz¬
apparates 0 verbunden, mit der zweiten Klemme bringt man
eine kleine Elektrode in leitende Verbindung, die in Form eines
Bougies in das zu benutzende Operationszystoskop eingeführt
wird. Die Blase wird vorher mit einer Salzlösung ge¬
füllt, da so am besten Funkenbildung vermieden wird.
Unter Leitung des Auges wird jetzt die kleine Elektrode in
feste Berührung gebracht mit derjenigen Stelle der Blasen¬
wand, die der Operation unterzogen werden soll, wenn man
nun den schwächsten Strom einschaltet und nach und nach
die Stromstärke erhöht, so gelingt es leicht, die Wirkung der
Wärmeentwicklung zu kontrollieren. Es tritt zunächst eine
weissliche Verfärbung in der Umgegend der Elektrode auf;
es ist dies das Zeichen für die Koagulation der umliegenden
Gewebe. Steigert man den Strom noch weiter, so gerät das
Wasser, welches die weisslichen Stellen berührt, in Wallung,
weil hier die Hitze 100° C erreicht hat. Dabei auftretende
Blasen sind nicht etwa auf die elektrolytische Wirkung des
Stromes zurückzuführen, sondern sind ausschliesslich der Aus¬
druck für das Kochen des Wassers. Ist die Hitze soweit ge¬
steigert, dass an der Berührungsstelle der Elektrode das Ge¬
webe verschorft ist, dann bildet dieser Schorf einen hohen
Widerstand für den Strom. Der Strom wird unterbrochen,
es wird an dieser Stelle ein Funkenüberschlag sichtbar, wobei
nunmehr auch elektrolytische Wirkungen auftreten. Nur im
Falle der Verschorfung beginnt die Elektrode dem Gewebe
adhärent zu werden, während bei der einfachen Koagulation
ein Kleben der Elektrode am Gewebe nicht stattfinden darf.
Je nachdem, ob man eine Oberflächenwirkung oder eine
Tiefenwirkung erreichen will, wird man die Grösse der Elek¬
trode zu wählen haben. Je spitzer die Elektrode, um so
grösser ist die Oberflächenwirkung. Je breiter die Elektrode,
um so grösser ist die Strommenge und also auch die Tiefen¬
wirkung.
Handelt es sich z. B. um einen gestielten Tumor der Blase,
so stellen sich die Verhältnisse ähnlich dar wie in Fig. 2. In
Fig. 6 sei B die Blasenwand, T ein Tumor, der der Blasen¬
wand mit dem Stiel S aufsitzt. Die Elektrode E sitzt dem
Tumor breit auf. Bei dieser Anordnung werden die Strom¬
linien von der indifferenten grossen Elekrode aus durch den
Körper von überall her eintreten. Um nun zur kleinen Elek¬
trode E zu gelangen, sind die Stromlinien genötigt, den Eng¬
pass des Stieles S zu passieren. Es geschieht dasselbe wie
*) Wir haben ständig mit dem Siemens & Halsk eschen
Diathermieapparat gearbeitet, der uns ohne jede Störung recht gute
Dienste geleistet hat.
No. 7.
oben in Fig. 2 gezeigt worden ist. An der Stelle der Ein¬
schnürung entwickelt sich die grösste Hitze. Der Stiel wird
in seinem ganzen Querschnitt koaguliert, die Blutzirkulation
zum Tumor und damit die Ernährung des Tumors wird unter¬
brochen und nach wenigen Tagen stösst sich der Tumor
spontan ab.
Es ist von verschiedenen Autoren bei derartigen Blasen¬
operationen so vorgegangen worden, dass sie die Elektrode
nicht direkt dem Tumor aufsetzten, sondern mit dem über¬
springenden Funken operierten. Diese Methode ist absolut
unzweckmässig, da erstens aus dem Obigen hervorgeht, dass
damit ausschliesslich eine Oberflächenwirkung erzielt werden
kann, ferner tritt sehr schnell eine lokale Erhitzung auf, die
das Wasser zum Aufkochen bringt. Hierdurch wird jedoch das
Bild wesentlich getrübt und nicht allein, dass der lokale
Befund dadurch schwerer zu erheben ist, tritt schnell
durch losgelöste Gewebsteilchen und durch Koagulation von
herumflottierenden Eiweisskörperchen eine Trübung des
Wassers und dadurch eine Störung des Bildes ein. Ein wei¬
terer grosser Nachteil der Methode mit dem überspringenden
Funken ist der, dass man genötigt ist, um den grösseren
Widerstand zu überwinden, eine grössere Spannung zu be¬
nutzen. Diese grössere Spannung führt nicht nur leicht zur
unnötigen Irritation des Patienten, durch auftretende Nerven¬
reizungen etc., sondern sie bedingt auch noch eine grössere
Stromstärke. Funkenbildung erzeugt ausserdem unbedingt
faradisches Gefühl. Alle diese Momente zusammengenommen,
schädigen die feinere Dosierung und das Sicherheitsgefühl,
welches durch die klare Beobachtung resultiert. Arbeitet man
dagegen mit fest aufgesetzter Elektrode und niedriger Span¬
nung, so werden alle diese Uebel von vorneherein bis auf ein
Mindestmass beschränkt.
Es ist von anderer Seite betont worden, dass die Gefahr
der Blasenruptur eine grosse sei, da man ja nicht wisse, ob
man nicht auch eine Koagulation der Blasenwand setze. Diese
Gefahr besteht jedoch nur in sehr geringem Masse, da wir
1. imstande sind, bei langsamem Vorgehen den Vorgang genau
zu verfolgen und da 2. die Blasenwand als solche den Strom¬
linien eine Ausdehnung nach allen Seiten gestattet, womit
natürlich die Verteilung der Wärmeentwicklung auf eine
grosse Fläche resultiert. Ist diese Gefahr bei breitbasig auf¬
sitzenden Tumoren völlig ausser acht zu lassen, so ist sie doch
nicht ganz von der Hand zu weisen bei Tumoren, deren Stiel
gerade in der Blasenwand seinen engsten Querschnitt hat.
Einerseits werden nun derartige Verhältnisse äusserst selten
sein und andererseits kann es bei vorsichtigem Vorgehen
auch in diesem ungünstigen Falle nur in den obersten Schichten
des Blasenepithels zur Koagulation kommen, weil ja in den
unteren Schichten die Stromlinien wieder bereits die Gelegen¬
heit haben, sich nach allen Seiten auszubreiten.
Die Grundsätze für die Anwendung der Hochfrequenz¬
ströme in der Blase sind kurz zusammengefasst folgende:
1. Die Anwendung der Hochfrequenzströme für Ope¬
rationen in der Blase ist der Anwendung der Glühschlingen etc.
überlegen einerseits durch die Möglichkeit der feineren Do¬
sierung der Koagulation und andererseits durch die feinere
Lokalisationsmöglichkeit der Wirkung.
2. Die Hochfrequenzströme sollen eine möglichst niedrige
Spannung haben, da dadurch das Bild ein klareres bleibt und
eine bessere Tiefenwirkung garantiert ist. Ferner wird durch
höhere Spannung der Patient leicht irritiert, weil dabei Nerven-
etc. -Reizungen leichter auftreten können.
3. Für Oberflächenwirkungen sind möglichst spitze, für
Tiefenwirkungen möglichst flächenhafte Elektroden zu ver¬
wenden.
4. Die Gefahr der Blasenverletzungen als Ursache für
Blasenruptur ist eine geringe, vorausgesetzt, dass die Technik
eine richtige ist.
II. Klinischer Teil.
Aus der Urologischen Klinik von Dr. Ernst R. W. Frank
in Berlin.
Die von Edwin Beer -New York im Zentralbl. f. Chir.,
1910, No. 34 veröffentlichte Mitteilung über die Behandlung
von Blasentumoren mittels des Hochfrequenzstromes ver-
anlasste mich, die Methode meinerseits nachzuprüfen. Oe-
18. Februar 1913.
MUENCHENLR MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
351
egenheit dazu bot mir ein Patient, welcher neben einer Pro-
itatahypertrophie mässigen Grades an multiplen Blasen-
Kipillomen litt. Der Fall war besonders dadurch kompliziert,
lass eine Anzahl bis walnussgrosser Papillome ihren Sitz im
llasenhalse hatte und bis in die Pars prostat. hineinragte. Der
Datient hatte lange Zeit an schweren Blasenbildungen gelitten,
dir die Behandlung mit dem Operationskystoskop sind der-
irtig lokalisierte Tumoren völlig unzugänglich. Auch durch
lie Sectio alta sind sie schwer erreichbar, und die zu ihrer
adikalen Entfernung nötige Schleimhautresektion hat überaus
ästige und langwierige Blasenhalsstrikturen im Gefolge. Dazu
lonimt noch die Häufigkeit des Rezidivs nach blutigem Ein¬
griff. Gerade dieser Fall schien mir ein ausserordentlich ge¬
eignetes Probeobjekt für die Leistungsfähigkeit und Nützlich-
<eit der Hochfrequenzströme zu sein. Da ich selbst über
erforderliche Apparatur nicht verfüge, wandte ich mich an
Herrn Dr. B u c k y, welcher mir seinen Apparat zur Er¬
zeugung von Hochfrequenzströmen bereitwilligst zur Ver¬
fügung stellte. Ich verfuhr nach dem Vorschläge B e e r s in
Jer Weise, dass ich eine Hochfrequenzelektrode durch den
Kanal eines Ureterenkystoskops in die Blase einführte, während
die äussere Elektrode auf dem Oberschenkel des Patienten
appliziert wurde. Es wurde dann mittelst des A 1 b a r r a n -
when Hebels das Knöpfchen der biegsamen Elektrodensonde
.m eines der Papillome direkt herangebracht und ein Strom
von 0.3 Ampere eingeleitet.
Die am 14. August 1911 vorgenommene Prozedur war für den
Jatienten in keiner Weise schmerzhaft und nur dadurch von einer
tanz geringen Blutung begleitet, dass vor Einleitung des Stromes
;ich beim Bewegen des Kystoskopes das Sondenknöpfchen unter
druck auf der Oberfläche des Tumors hin und her bewegt hatte.
Während der Wirkung des Stromes konnte man deutlich sehen, wie
las Gewebe an der Berührungsstelle und in deren Umgebung in
;igentümlicher Weise verändert wurde. Es sah genau so aus, wie
venn rote Fleischfasern beim Einbringen in kochendes Wasser eine
ierinnung ihres Eiweissgehaltes erleiden. Man sah deutlich, wie
Schneeflocken gleich kleine weisse Partikel auf den Blasenboden
nnuntersanken.
Am nächstfolgenden Tage besteht an der behandelten Stelle ein
lacher Defekt von der Grösse eines Pfennigstückes, welcher deutlich
lie Koagulationswirkung (weissliche Verfärbung) erkennen lässt.
\usserdem gab der Patient an, etwas leichter urinieren zu können.
Vorher war seine Miktion stets erschwert und zuweilen entstand
.ine komplette Retention, wenn bei dem Miktionsakt ein Teil der
Tumoren in den durch die Prostatahypertrophie eingeengten Blasen-
lals hineingepresst wurde und so einen Verschluss herbeiführte. Vor
ler Hochfrequenzbehandlung hatte ich das Zustandekommen völliger
Jrinverhaltung dadurch beseitigt, dass ich den mittleren Prostata¬
appen im Irrigations-Urethroskope galvanokaustisch durch¬
rennt hatte. Dass trotzdem Schwierigkeiten beim Miktionsakt be-
’tehen blieben, lag eben an der Eigenart des geschilderten Sitzes
ler Geschwülste.
In Abständen von 10 — 12 Tagen nahm ich nun an benachbarten
'teilen die Hochfrequenzbehandlung immer in der geschilderten Weise
ind mit dem gleichen Resultate vor. Am 18. November koagulierte
ch zum ersten Male an einem der rechts belegenen Tumoren eine
üwa markstcükgrosse Stelle mit einem Strom von 0,2 Ampere. Dies-
nal war der Effekt ein erheblich intensiverer. Einigemale klagte der
’atient auch über leichte elektrische Schläge an der Oberschenkel-
lektrode. Nach 3 Tagen gibt der Patient an, das Urinieren sei 2 Tage
ang etwas erschwert und die Blase sei empfindlich gewesen. Nach
veiteren 7 Tagen lässt sich kystoskopisch ein etwa % des Papilloms
ntsprechender Defekt deutlich erkennen mit einer völlig reaktions-
osen Umgebung. Während dieser Zeit stellte sich eine markante
Besserung der Blasenentleerung ein.
Infolge einer Pleuritis, an welcher der Patient erkrankte, erlitt
lie Behandlung eine längere Unterbrechung. Da mit der knopf-
"rmigen Elektrode immer nur relativ kleine Partien koaguliert wer¬
ten konnten, hatte ich mir in der Zwischenzeit von der Firma S i e-
nens & Halske eine flache, messerförmige Elektrode herstellen
assen, welche mittelst des Albarran sehen Hebels so gestellt
•'erden konnte, dass ihre Fläche parallel der Wand des Blasenhalses
ind ihre Schneide gegen die Basis des zu behandelnden Tumors ge-
ichtet war. Ich hatte diese Konstruktion der Klinge gewählt, weil
ch mir von derselben einen erheblich grösseren Effekt versprechen
iurfte.
Mit diesem Instrumentarium nahm ich zuerst am 9. Januar einen
Angriff vor. Bei dieser Gelegenheit bewährte sich auch eine
\enderung im Anschluss, welche die Möglichkeit faradischen
iefiihles an der Oberschenkelelektrode ausschloss. Während
der Operation konnte ich auf das Deutlichste feststellen, dass
-'S mit diesem Instrument gelang, eine erheblich grössere Partie
les Tumors in einer Sitzung zu koagulieren. 3 Tage später gab
ler Patient an, eine erhebliche Erleichterung beim Urinakte zu spüren,
:r brauche fast gar nicht mehr zu pressen. Sein Restharn, der vor¬
her immer noch zwischen 100 und 200 geschwankt hatte, betrug nun¬
mehr 25 ccm. Es waren weder Blutungen noch irgendwelche Be¬
schwerden aufgetreten. Die Abbildung
(Fig. 1) zeigt auf das Deutlichste den
Effekt des Eingriffes. Es besteht ein
rinnenförmiger Defekt in der Tumor¬
masse, dessen Ränder leicht verschont
sind.
Schon nach 6 Tagen nahm ich einen
neuen Eingriff vor. Wiederum gelang I
es, ein anderes Papillom fast voll- »
kommen zu zerstören. Es wurden dann
noch 4 weitere Eingriffe vorgenommen,
welche einigemale von geringen Re¬
aktionen gefolgt waren. Es hatten sich
unter ganz leichten Blutungen in
grösseren Zwischenräumen Gewebs-
fetzen entleert, welche immer den Effekt
der Koagulation deutlich zeigten. Kysto¬
skopisch konnte man die koagulierten
kennen und es liess sich beobachten,
zur Gewebsschrumpfung neigten, so dass kleine, an der früheren
Stelle der Tumoren noch sichtbare Hervorragungen allmählich völlig
verschwanden. Eine im September vorgenommene kystoskopische
Untersuchung liess erkennen, dass alle behandelten Papillome, also
hauptsächlich diejenigen an der oberen Zirkumferenz entweder ver¬
schwunden oder ganz erheblich verkleinert waren. Der Restharn ging
in der ganzen Zeit nicht mehr über 50 ccm hinaus und der Patient
war mit dem erzielten Erfolge so zufrieden, dass es einiger Ueber-
redung bedurfte, um ihm plausibel zu machen, dass zur Beseitigung
der noch nicht behandelten Geschwülste noch mehrere Sitzungen
erforderlich seien.
Fig. 1.
Partien deutlich er-
dass solche Stellen
Bei einem 24 jährigen Mädchen hatte sich im Anschluss an eine
Blinddarmoperation ein Stein um eine nach der Blasenwand durchge¬
wanderte Fadenschlinge gebildet und unter dem Einfluss der Reibung
dieses fixierten Konkrementes war dicht an der rechten Harnleiter¬
mündung ein grosser gestielter Polyp gewachsen. Auch nach Entfernung
desSteines zeigte derPolyp, wie mehrere kystoskopischeUntersuchun-
gen erwiesen, die Tendenz, sich zu vergrössern. Ich koagulierte den¬
selben am 19. Januar mittels Hochfrequenzstromes, welchen ich in der
Stärke von 0,3 Ampere etwa 1 Vs Minuten einwirken liess. Die koagu¬
lierende Wirkung war sofort sichtbar. Eine 4 Wochen später vor¬
genommene Untersuchung zeigte, dass der Polyp vollkommen ver¬
schwunden und an der Stelle seines früheren Sitzes eine ganz ober¬
flächliche, kleine Epithelnarbe sichtbar war.
Ein weiterer Fall, welchen ich in diesem Jahr zu behandeln
Gelegenheit hatte, betrifft einen 50 Jahre alten Herrn, welcher ein
halbes Jahr zuvor blutigen Urin bemerkt und gleichzeitig ziehende
und stechende Schmerzen in der rechten Blasenhälfte empfunden
hatte. Beide Symptome hatten sich des öfteren wiederholt und in
letzter Zeit den Patienten mehrfach genötigt, das Bett zu hüten. Bei
der kystoskopischen Untersuchung fand ich als Ursache der genann¬
ten Beschwerden ein haselnussgrosses Papillom oberhalb der linken
Hai nleitermündung (Fig. 2).
Am 25. September applizierte ich mittels der messerförmigen
Elektrode einen Strom von 0,3 Ampere 3 Minuten lang an der Basis
und an der Oberfläche des Tumors. Der sehr empfindliche Patient
äusserte ab und zu ein ganz leichtes Schmerzgefühl in der Blase, über
das er auch in gleicher Weise bei späteren kystoskosichen Unter¬
suchungen klagte.
Fig. 2. Fig 3.
Die am 1. Oktober vorgenommene Blasenbesichtigung ergab an
Stelle des Papilloms ein völlig koaguliertes rundliches Gebilde, dessen
nächste Umgebung eine etwas dunkle Verfärbung aufwies.
Am 22. X. sieht man, dass das Papillom völlig verschwunden ist.
Man erkennt noch die Basis des Stieles, welche wie gekochtes Ei-
weiss aussieht. Die Umgebung ist in der Grösse eines Zweipfenuig-
stiiekes ganz leicht mit weissern Schorf bedeckt (Fig. 3). Die Be¬
schwerden sind völlig verschwunden.
10 Tage später ist an der behandelten Stelle nur noch eine ganz
oberflächliche Narbe zu erkennen.2)
2) Anm. bei der Korrektur. Ich habe seither 3 weitere Fälle mit
gleich guten Ergebnissen behandelt.
352
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No,
i
Die geschilderte Methode hat vor den übrigen zur Ent¬
fernung von Geschwülsten angegebenen cndovesikalen Me¬
thoden den Vorzug technisch leichterer Ausführbarkeit. Nach¬
blutungen und Infektionen sind bei richtiger Handhabung völlig
ausgeschlossen und die Gefahr einer Perforation der Blase ist
keineswegs grösser, als dies bei galvanokaustischem Arbeiten
der Fall ist. Richtige und sachgemässe Anordnung der
Elektrizitätsquellen vorausgesetzt, ist die Methode für den
Patienten kaum mehr angreifend als eine einfache kysto-
skopische Untersuchung. Einige Male gaben Patienten an,
das Gefühl eines leichten Brennens empfunden zu haben.
Nicht unwesentlich ist auch der Umstand, dass abgesehen von
dem leider noch kostspieligen Anschlussapparat für den Hoch¬
frequenzstrom, besondere Instrumente nicht erforderlich sind,
da sich die in Frage kommenden Elektroden mit Leichtigkeit
durch den genügend weiten Kanal eines Ureterenkystoskops,
wie ihn z. B. das von mir konstruierte Instrument für die
doppelte und einseitige Harnleitersondierung aufweist, durch¬
bringen lässt.
Schliesslich weise ich darauf hin, dass sich operative Ein¬
griffe in der Harnröhre und ganz besonders im prostatischen
Teile derselben unter Kontrolle des Auges mit Hilfe von Hoch¬
frequenzströmen weit einfacher und besser als auf galvano¬
kaustischem Wege ausführen lassen. Ein von mir zu diesem
Zwecke angegebenes Instrumentarium wird zurzeit hergestellt.
Aus der Kgl. chirurgischen Universitätsklinik zu Berlin
(Direktor: Geh. Med. -Rat Prof. Dr. A. Bier).
Lieber Aethertropfnarkosen nach vorheriger Injektion
von Pantopon-Atropinschwefelsäure.
Von Dr. Eugen Kisch, Volontärassistent der Klinik.
Die einfache Aethertropfnarkose hat man nach zwei
Richtungen hin wesentlich verbessert: einmal durch Injektion
von Morphium (0,01) vor Beginn der Narkose, und zweitens
durch Sekretion beschränkende Mittel. Durch Morphium
erreicht man psychische Beruhigung des Patienten, Ver¬
kürzung oder gar Verhinderung des Exzitationsstadiums und
Beschränkung des Aetherverbrauches auf ein Minimum. Um
die Salivation, den hauptsächlichen Nachteil der Aether-
narkose, zu verhindern, hat Becker1) dem Aether das
sekretionsbeschränkende Latschenöl, Ol. Pini Pumilionis, zu¬
gesetzt und zwar 20 Tropfen auf 200 g Aether. Da die Wir¬
kung des Latschenöles nicht hinreichend zuverlässig war, ver¬
suchte man durch subkutane Injektion von Mitteln, welche
energisch die Sekretion beschränken, die lästige Speichel¬
absonderung bei der Narkose zu verhüten. Mit bestem Er¬
folg hat man Atropin, sulf. (0,001) und späterhin auch Scopola-
min. hydrobrom. (0,0005) verwandt. Letzteres wirkt indi¬
viduell recht verschieden und ist ausserdem ein keineswegs
ungefährliches Mittel; daher dürfte das Atropin für diese
Zwecke vorzuziehen sein 2).
Diese Morphium-Atropin-Aethernarkose ist zweifellos
recht empfehlenswert. Eine weitere Verbesserung kann man
nach unserer Erfahrung, über die im Folgenden berichtet
werden soll, durch Ersatz des Morphiums durch Pantopon
und des Atropins durch Atropinschwefelsäure bewirken.
Pantopon
teilt nämlich nicht die Nachteile des Morphiums, die in Er¬
niedrigung der Pulszahl, Verlangsamung der Atmung, Herab¬
setzung der Darmperistaltik und oftmals auftretendem Er¬
brechen bestehen.
Auf Grund von Tierversuchen stellte B e r g i e n 3) fest,
dass im Gegensatz von Morphium, das schon in geringen
Mengen (0,02) ein vorübergehendes Sinken der Pulsfrequenz
verursacht, das Pantopon selbst in höheren Dosen (0,08) keine
sichtliche Beeinflussung der Herztätigkeit hervorruft.
1) W. B. Müller- Berlin : Narkologie.
) Ueber erfolgreiche Versuche, die Herr Privatdozent Dr. D o -
n i t z gemeinsam mit mir ausgeführt hat, um auch bei Kindern, ja
sogar bei Säuglingen die Salivation zu unterdrücken und somit die
sonst so häufig auftretende postoperative fieberhafte Bronchitis zu
verhindern, werden wir bald ausführlich berichten.
a) Bergien: Ueber die Beeinflussung von Atmung und Zirku¬
lation durch Pantopon. Dissertation, Bern 1910.
Diese Beobachtung können auch wir, soweit das Pantopon
in Betracht kommt, für den Menschen bestätigen. Denn un¬
abhängig von der Einwirkungsdauer des Pantopons waren die
Durchschnittszahlen der Pulsfrequenz vor der Einspritzung
und vor Beginn der Narkose in der bei weitem grössten Zahl
der Fälle gleich und zeigten sonst im Durchschnitt eine Diffe¬
renz von 3 — 5 Schlägen in der Minute. Dieser geringe Unter¬
schied ist wohl auf psychische Erregung zurückzuführen.
Durch vergleichende Versuche über die Einwirkung des
Pantopons und Morphiums auf die Atmung fand A. Loewy4),
dass Pantopon das Atemzentrum beim Hund überhaupt nicht,
beim Menschen nur in geringem Masse beeinflusst, während
Morphium die Erregbarkeit des Atemzentrums ganz erheblich
herabsetzt.
Diese deutlich verschiedene Einwirkung des Pantopons
und Morphiums erklärt L o e w y damit, dass im Pantopon
neben dem Morphium noch Papaverin, Kodein, Narkotin.
Thebain und Laudanin enthalten sind, die erregend auf
die Rückenmarkszentren — also auch auf das Atemzentrum -
einwirken und somit zum Teil die lähmende Wirkung des
Morphiums aufheben.
Während Morphium eine Darmperistaltik stark herab¬
setzende Wirkung hat, ist das bei Pantopon in subkutaner
Anwendung nicht der Fall. Diese Beobachtung konnten wir
um so einwandfreier anstellen, als wir auch post Operationen!
zur Schmerzlinderung statt Morphium Pantopon verabreichten.
Bei diesen Patienten gingen im Gegensatz zu solchen, die
Morphium erhalten hatten, die Blähungen durchschnittlich in
den ersten 24 Stunden ab und zwar ohne besondere Be¬
schwerden zu verursachen. Dies gilt nur für die subkutane
Anwendung des Pantopons, während es per os auf nüchternen
Magen gereicht, eine ausgesprochene Darmperistaltik hem¬
mende Wirkung hat.
Das postoperative Erbrechen birgt eine nicht zu unter¬
schätzende Gefahr in sich sowohl für die Nähte wie für die
Lunge. Denn einerseits werden durch die Würgbewegungen
und durch die dadurch bedingte Anspannung der Bauch¬
muskulatur eine oft zu grosse Anforderung an die Haltbarkeit
der eben erst gelegten Nähte gestellt und andererseits liegt
bei den noch bewusstlosen Patienten die Gefahr sehr nahe,
dass der aus dem Magen regurgitierte Inhalt in die Trachea
gelangt. Das postoperative Erbrechen wird aber ausser durch
das Inhalationsnarkotikum sehr oft durch das zur psychischen
Beruhigung des Patienten vor der Operation verabreichte
Morphium bedingt. Seitdem wir aber zu diesem Zwecke statt
Morphium Pantopon injizieren, hat das postoperative Er¬
brechen ganz erheblich abgenommen.
Auf die Pupillen hat das Pantopon nach unseren Er¬
fahrungen einen nur sehr geringen Einfluss und ruft, je länger
es einwirkt, in einem desto grösseren Prozentsatz der Fälle
trotz des gleichzeitig verabfolgten Atropins eine geringe Ver¬
engerung der Pupillen hervor.
Wir benutzten ein fertig sterilisiertes Präparat in Am¬
pullen, von denen jede 0,02 Pantopon + 0,001 Atropinschwefel¬
säure enthielt. Das zu den Versuchen notwendige Material
wurde uns von der Firma Hoffmann-La Roche zur Verfügung
gestellt. Wir führten diese Injektion in 300 Fällen aus.
Um die günstigste Wirkungsdauer des Pantopons zu
finden — d. h. diejenige, die das Exzitationsstadium, das Sta¬
dium des relativ grössten Aetherverbrauches, während der
Narkose verhindert — haben wir zu den verschiedensten
Zeiten nach der Injektion mit der Narkose begonnen. Es
zeigte sich, dass die beste Wirkung des Pantopons für die
Narkose nach einer halben Stunde eintritt. Unsere Versuche
zerfallen demnach in solche, bei denen
1. unmittelbar,
2. früher als A, Stunde,
3. genau A, Stunde,
4. später als Stunde
nach der Injektion die Narkose eingeleitet wurde.
Die Durchschnittsdauer der Narkose war in allen 4 Nar¬
kosenreihen eine fast gleiche, nämlich wenig über 60 Minuten.
*) Loewy: Ueber die Wirkung des Pantopons auf das. Atem¬
zentrum. Münch, med. Wochenschr. No. 46, 1910.
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
353
Zur Beschleunigung des Eintritts der Narkose wurde
gleichzeitig neben dem Aether noch Chloroform ver¬
abreicht in der I. Narkosenserie bei 25,0 Proz., in der II. Nar¬
kosenserie bei 8,3 Proz., in der III. Narkosenserie bei 2 Proz.
und in der IV. Narkosenserie bei 3 Proz. der Fälle.
In der III. Narkosenserie, d. h. wo Pantopon zur günstig¬
sten Zeit — XA Stunde vor Beginn der Narkose — eingespritzt
wurde, war das Erregungstadium nur in einem einzigen Falle
vorhanden. Wurde dagegen die Narkose unmittelbar nach der
Injektion von Pantopon begonnen, so war die Exzitation nur
in 43,7 Proz. der Fälle aufgehoben und in gleichfalls 43,7 Proz.
gering, in 12,6 Proz. sogar stark. Bei der II. Narkosenserie,
bei der weniger als Vz Stunde mit dem Beginn der Narkose
gewartet wurde, war die Exzitation in 67,9 Proz. aufgehoben,
in 29,9 Proz. gering und in 2,2 Proz. stark vorhanden. In den
Fällen, bei denen später als XA Stunde nach der Injektion die
Narkose eingeleitet wurde, war die Exzitation in 80 Proz. auf¬
gehoben, in 20 Proz. gering und in 0 Proz. stark vorhanden.
Wir sehen also, dass der Zweck der vorherigen Ein¬
spritzung eines Narkotikums, den wir hauptsächlich in der
Ausschaltung des Exzitationsstadiums er¬
blicken, fast ausnahmslos erfüllt wird, wenn man das Narkoti¬
kum zur richtigen Zeit injiziert, d. h. bei 0,02 Pantopon
genau Az Stunde vor Beginn der Narkose.
Die * . . , f
Atropinschwefelsaure
reagiert neutral und kristallisiert in Prismen, die bei 238 bis
239° schmelzen, leicht löslich in warmem, schwer löslich in
kaltem Wasser, unlöslich in Alkohol sind. Die Atropin¬
schwefelsäure enthält 10 Proz. weniger Atropin als Atropin-
sulfat. Nach Angabe der Firma ist bei ihr die Wirkung auf
das Herz — Lähmung der Endausbreitung des Nervus vagus
und dadurch bedingte Erhöhung der Pulsfrequenz — sowie die
Wirkung auf die Atmung — Lähmung der Vagusäste der Bron¬
chien — weniger ausgeprägt als bei Atropinsulfat.
Wie aus unserer Statistik 5) hervorgeht, ist bei Atropin¬
schwefelsäure, ebenso wie bei Pantopon, die Wirkung am
sichersten und intensivsten, wenn die Einspritzung Az Stunde
vor Beginn der Narkose erfolgt. In unserer III. Narkosen¬
serie — d. h. Beginn der Narkose genau % Stunde post in-
jectionem — war nämlich während des Beginns der Narkose
die Salivation vollkommen aufgehoben in 88,6 Proz., gering in
11,4 Proz. und stark in 0 Proz. der Fälle; im Verlauf des
Stadiums der tiefen Narkose fehlte die Speichelabsonderung
völlig in 80 Proz. der Fälle und war in 20 Proz. in geringem,
in 0 Proz. in erheblichem Masse vorhanden; während des Er¬
wachens war in 85,7 Proz. der Fälle die Salivation absolut
aufgehoben und in 12,3 Proz. gering, in 2 Proz. stark. Eine
absolut sichere Aufhebung der Salivation durch Atropin —
innerhalb der nicht toxischen Dosen gereicht — kann man
allerdings nicht erreichen, da alle Atropinwirkungen indi¬
viduellen Schwankungen unterworfen sind.
Im Widerspruch zu den Erfahrungen, die man bei der
therapeutischen Anwendung des Atropins gegen pathologische
Schweisse gemacht hat und im Gegensatz zu den Schilde¬
rungen in den pharmakologischen Lehrbüchern auf Grund von
Tierversuchen, nach denen infolge der Atropinwirkung
die in der Haut gelegenen Drüsen ihre Tätigkeit einstellen und
dann die Salviation aufhört, haben wir in allen vier Nar¬
kosenserien des öfteren bei völlig aufgehobener Salivation
Feuchtigkeit, mitunter sogar starken Schweiss der Haut be¬
obachtet.
Den Ersatz des Morphiums durch Pantopon können wir
auf Grund unserer Statistik empfehlen, da abgesehen von
seinen oben angeführten Vorzügen vor dem Morphium das
Pantopon — zur richtigen Zeit verabreicht — mit fast abso¬
luter Sicherheit die Exzitation verhindert.
Von der Atropinschwefelsäure können wir auf Grund
unserer Erfahrungen bestätigen, dass sie ebensogut wie Atro¬
pin. sulf. die Salivation unterdrückt. Der Vorteil besteht in
der von der Firma angegebenen halb so grossen Giftigkeit,
über die wir selbst jedoch keine experimentellen Erfahrungen
gesammelt haben.
5) Wegen Raumbeschränkung wird am Schlüsse der Arbeit nur
eine prozentuale Berechnung der wichtigsten Punkte aus der Statistik
veröffentlicht.
No. 7.
Beginn
I. Zahl
Mädchen 2).
II. I n h a
der Narkose unmittelbar nach der Einspritzung.
der Fälle = 16 (Männer 6, Frauen 7, Knaben 1,
III.
IV.
ationsanästhetikum
a. Aether 12 mal = 75,0 Proz.
b. Aether + Chloroform 4 mal = 25,0 Proz.
Durchschnittsdauer
E x z i t a t i o n:
der Narkose: 63 Minuten.
a. Aufgehoben 7 mal =
43,7 Proz.
b. gering vorhanden 7 mal =
43,7 Proz.
c. stark vorhanden 2 mal =
12,6 Proz.
V.
Salivation:
a.
Während des Beginnes der Narkose:
1. nicht vorhanden 9 mal =
56,3 Proz.
2. gering vorhanden 7 mal =:
43,7 Proz.
3. stark vorhanden 0 mal =
0 Proz.
b.
Während der Exzitation:
1. nicht vorhanden 4 mal =
44,4 Proz.
2. gering vorhanden 4 mal =
3. stark vorhanden 1 mal =
44,4 Proz.
11,2 Proz.
c.
Während der tiefen Narkose:
1. nicht vorhanden 8 mal =
50 Proz.
2. gering vorhanden 4 mal =
25 Proz.
3. stark vorhanden 4 mal =
25 Proz.
d.
Während des Erwachens:
1. nicht vorhanden 7 mal =
46,6 Proz.
2. gering vorhanden 8 mal =
53,4 Proz.
3. stark vorhanden 0 mal —
0 Proz.
Beginn der Narkose früher als Yi Stunde nach der Einspritzung.
I. Zahl der Fälle: 134 (Männer 57, Frauen 58, Knaben 7,
Mädchen 11).
II. Inhalation sanästhetikum:
a. Aether 123 mal = 91,7 Proz.
b. Aether + Chloroform 11 mal = 8,3 Proz.
III. D u r c h s c h n i 1 1 s d a u e r der Narkose: 62 Minuten.
IV. E x z i t a t i o n :
a. aufgehoben 91 mal =
b. gering vorhanden 40 mal +
c. stark vorhanden 3 mal =
V. Salivation:
a. Während des Beginnes der Narkose:
1. nicht vorhanden 101 mal =
2. gering vorhanden 30 mal —
3. stark vorhanden 3 mal =
b. Während der Exzitation:
1. nicht vorhanden 24 mal —
2. gering vorhanden 15 mal =
3. stark vorhanden 4 mal =
c. Während der tiefen Narkose:
1. nicht vorhanden 99 mal =
2. gering vorhanden 31 mal =
3 stark vorhanden 4 mal =
d. Während des Erwachens:
1. nicht vorhanden 98 mal =
2. gering vorhanden 33 mal =
3. stark vorhanden 3 mal =
67.9 Proz.
29.9 Proz.
2,2 Proz.
75.3 Proz.
22.4 Proz.
2.3 Proz.
55,9 Proz.
34.8 Proz.
9.3 Proz.
73.9 Proz.
23,2 Proz.
2,9 Proz.
73,1 Proz.
24,6 Proz.
2.3 Proz.
Beginn der Narkose Y* Stunde nach der Einspritzung.
I. Zahl der Fälle = 50 (Männer 17, Frauen 28, Knaben 1,
Mädchen 4).
II. Inhalationsanästhetikum:
a. Aether 49 mal = 98 Proz.
b. Aether + Chloroform 1 mal = 2 Proz.
III. D u r c.h s c h n i 1 1 s d a u e r der Narkose: 63 Minuten.
IV. E x z i t a t i o n :
a. aufgehoben 49 mal =
98 Proz.
b. gering vorhanden 1 mal =
2 Proz.
c. stark vorhanden 0 mal =
0 Proz.
V.
Salivation:
a.
Während des Beginnes der Narkose:
1. nicht vorhanden 44 mal —
88,57 Proz.
2. gering vorhanden 6 mal =
11,43 Proz.
3. stark vorhanden 0 mal —
0 Proz.
b.
Während der Exzitation:
1. nicht vorhanden 1 mal
100 Proz.
2. gering vorhanden 0 mal =
0 Proz.
3. stark vorhanden 0 mal =
0 Proz.
c.
Während der tiefen Narkose:
1. nicht vorhanden 42 mal =
80 Proz.
2. gering vorhanden 8 mal =
20 Proz.
3. stark vorhanden 0 mal =
0 Proz.
d.
Während des Erwachens:
1. nicht vorhanden 42 mal =
85.7 Proz.
2. gering vorhanden 6 mal =
12,3 Proz.
3. stark vorhanden 1 mal =
2,0 Proz.
MUEBÖBeNeR medizinische w ochenschrie t.
Beginn der Narkose später als L Stunde nach der Einspritzung.
I. Zahl der Fälle 100 (Männer 28. Frauen 57, Knaben 2.
Mädchen 12).
II. Inhalationsanästhetikum:
a. Aether 97 mal = 97 Proz.
b. Aether + Chloroform 3 mal = 3 Proz.
III. Durchschnittsdauer der Narkose: 62 Minuten.
IV. E x z i t a t i o n:
a. aufgehoben 80 mal =
b. gering vorhanden 20 mal
c. stark vorhanden 0 mal ~
V. Salivation:
a. Während des Beginnes der Narkose:
1. nicht vorhanden 77 mal =
2. gering vorhanden 21 mal =
3. stark vorhanden 2 mal =
b. Während der Exzitation:
1. nicht vorhanden 14 mal
2. gering vorhanden 5 mal =
3. stark vorhanden 1 mal =
c. Während der tiefen Narkose:
1. nicht vorhanden 75 mal =
2. gering vorhanden 19 mal =
3. stark vorhanden 6 mal =
d. Während des Erwachens:
1. nicht vorhanden 70 mal =
2. gering vorhanden 27 mal =
3. stark vorhanden 1 mal =
Aus der II. med. Klinik der Akademie für prakt. Medizin
zu Köln a. Rh. (Chef: Prof. Moritz).
Praktische Winke zur Bestimmung der Harnsäure und
Purinkörper im Urin.
Von Dr. L. F 1 a t o w.
In gebührender Kürze seien folgende Vereinfachungen der
bisherigen Methoden zur Harnsäure- und Purinkörperbestim¬
mung wiedergegeben, welche die Laboratoriumspraxis als
brauchbar erwiesen hat.
a) Zur Technik der Harnsäurebestimmung.
1. Es ist nicht nötig, den nach Salkowski-Ludwig
aus dem Harn gewonnenen Silbermagnesia-Niederschlag mit
Schwefelwasserstoff oder Schwefelnatrium zu zersetzen; man
kann ihn vielmehr nach erfolgtem Auswaschen direkt in
10 proz. Schwefelsäure unter gelindem Erwärmen zerlegen.
Die ausgeschiedene Harnsäure lässt sich nach irgend einem
der bekannten Verfahren nach erfolgter Filtration bestimmen.
Nach Kieldahl mittels Permanganattitration oder azidime-
trisch unter Anwendung von V20 N Piperidinlösung. Da nicht
in jedem Laboratorium für gelegentliche Harnsäureunter¬
suchung diese Normallösungen vorhanden sind, erscheint mir
folgendes, von mir erprobte Titrationsverfahren auch recht
brauchbar, weil es nur das Vorhandensein einer V10 Normal¬
kalilauge erforderlich macht.
Löst man Harnsäure in 40 proz. siedendem Formalin1),
das man vorher unter Zusatz von Phenolphthaleinlösung,
gleichfalls unter Siedehitze bis zur eben erkennbaren Rosa¬
färbung mit 1/io Normallauge neutralisiert hat, so lässt sich die
Harnsäure, wenn man bis zu eben dieser schwach Rosafärbung
titriert, mit grosser Schärfe in ihrer Formaldehydlösung be¬
stimmen. Sie erscheint dabei als einwertige Säure.
• Praktisch pflegte ich eine Harnsäurebestimmung in folgen¬
der Weise vorzunehmen:
In einem 50 ccm fassenden Zentrifugenröhrchen wurden 25 ccm
Urin mit 15 ccm einer Silbermagnesiasulfat-Mixtur gefällt ), der
Niederschlag abzentrifugiert, auf einem Filter gesammelt und so lange
mit spurweise Ammoniak haltigem Wasser gewaschen, bis im Filtrat
nach Ansäuren mit Salpetersäure durch Jodkali keine Silberfällung
mehr nachweisbar war. Der Niederschlag wurde vom Filter zurück
1) Auf die leichte Löslichkeit von Harnsäure in Formalin hat
vor kurzem Schittenhelm aufmerksam gemacht.
2) Magnesiasilbersulfatmixtur bestand aus zwei Lösungen, die
vor dem Gebrauch zu gleichen Teilen gemischt wurden. Lösung 1:
2 proz. ammoniakalische Silbernitratlösung, Lösung 2:10 g Magne¬
siumsulfat in wenig Wasser gelöst mit 30 ccm konzentrierter
Ammonsulfatlösung versetzt, mit 10 proz. Ammoniak zu 100 ccm auf-
gefüllt.
in das Zentrifugenglas gespritzt, wiederum zentrifugiert und das
Zentrifugat mit 10 ccm 10 proz. Schwefelsäure im Zentrifugengläscheu
bei Wasserbadtemperatur zerlegt. Die abgeschiedene Harnsäure
wurde nach 12 Stunden auf einem Asbestfilter abgesaugt, mit 5 ccm
Wasser tropfenweise nachgewaschen und die Reste noch darin ent¬
haltener Säure durch Auswaschen mit Alkohol entfernt.
Asbest + Harnsäure wurden in das Zentrifugenglas zurückge¬
bracht, unter Zusatz von neutralisiertem 40 proz. Formaldehyd in
siedendem Wasserbade einige Zeit erhitzt (ca. 8 Minuten) und dann
heiss titriert.
Einfache Filtration anstatt des Zentrifugierens ist genau so
zweckmässig, falls keine Zentrifuge zur Verfügung steht.
b) Bestimmung der Purinkörper.
H a y c r a f t 3 4) hat vorgeschlagen, den nach S a 1 k 0 w k i
erhaltenen. Purinkörper und Harnsäure enthaltenden Nieder¬
schlag in Salpetersäure zu lösen und das Silber titrimetrisch
mit Rhodanammoniumlösung zu bestimmen, gegenüber äl¬
teren Verfahren, welche eine Veraschung des Silbernieder¬
schlages angeben. Die titrimetrische Bestimmung des Silbers
scheint mir mittels meiner nachfolgend angegebenen Methode
eleganter, schärfer und wegen der absoluten Haltbarkeit der
Titerflüssigkeit empfehlenswerter.
Der nach Salkowski-Ludwig, am besten aber mit Silber¬
magnesia -Sulfat- Mixtur (s. oben) erhaltene Niederschlag wird mit
Wasser dem einige Tropfen Ammoniak zugesetzt wurden, bis zur
Silberfreiheit des Filtrates gründlich gewaschen. Der Niederschlag
wird dann vom Filter mit Wasser in einen Erlenmeyerkolben gespritzt.
nachUebersäuerung mit einigen Tropfen reiner konzentrierter Schwefel¬
säure zersetzt, das Ganze abgekiihlt, mit Stärkekleisterindikator ver¬
sehen. Dann wird der Flüssigkeit ein Körnchen Natriumnitrit (Diazo 11
Ehrlich) zugefügt. Man lässt alsdann T20 Normal-Jodkaliumlösung *)
aus einer Bürette hinzufliessen bis zur Blaufärbung der Stärke. Das
durch die salpetrige Säure ireiwerdende Jod wird nämlich erst in dem
Augenblicke mit der Stärke verkettet, wo alles Silber quantitativ
als Jodsilber ausgefällt ist. So erhält man mit Leichtigkeit eine exakte
Silberanalyse des Niederschlages, aus der sich in bekannter Weise
die Purinkörper dadurch berechnen lassen, dass man für je ein
Molekül der zuvor bestimmten Harnsäure ein Atom Silber in Rech¬
nung setzt und den Rest des Silbers auf die übrigen Purinkörper
bezieht, von denen je ein Molekül zwei Atome Silber beansprucht.
Aus der Klinik für Hautkrankheiten der städtischen Kranken¬
anstalt Lindenburg [Kölner Akademie für praktische Medizinl
(dirigierender Arzt: Prof. Dr. Zinsser).
Zwei Fälle von Neosalvarsanvergiftung.
Von Paul Wahle, Assistenzarzt der Klinik.
Auf die ersten günstigen Berichte über Neosalvarsan und
auf Grund unserer eigenen Erfahrung die uns bei ca. 500 intra¬
venösen Neosalvarsaninjektionen nennenswerte schädigende
Nebenwirkungen nicht hatte beobachten lassen, haben wir
längere Zeit an unserer Klinik keine Bedenken gehabt, die
Neosalvarsankur mit anfänglichen Dosen von 0,9 g der Emp¬
fehlung von E. Schreiber entsprechend sofort zu beginnen.
Zwei sehr unangenehme Beobachtungen, die wir inner¬
halb weniger Tage machen mussten, haben uns jedoch dahin
aufgeklärt, dass das Neosalvarsan doch nicht ein so ungefähr¬
liches Mittel ist. wie es zuerst schien.
Es handelte sich im I. Falle um einen Patienten E. H., Student.
21 Jahre alt. Infektion vor 5 Wochen.
Vor etwa 8 Tagen hatte Patient ein kleines Geschwür unter der
Vorhaut bemerkt, das nach einigen Tagen abheilte.
16. IX. Aufnahme in die Klinik.
Status: Linsengrosse Sklerose unter dem Präputium; Sklera-
denitis inguinalis et cubitalis, leicht angedeutete Roseola. Lungen.
Herz und Nervensystem 0. B. Urin frei von Zucker und Erweis?
W a s se r m a n n sehe Reaktion +, Spirochaete pallida +.
Krankheitsverlauf:
16. IX. 4 Uhr nachmittags 0,9 g Neosalvarsan intravenös.
Abends 7 Uhr Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen, Temperatur 38 .
17. IX. Erbrechen hat bis 2 Uhr nachts angedauert. Heute klagt
Pat. über Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Appetitlosigkeit, fühl:
sich elend und hat ein brennendes Gefühl im Halse. Temperatur
morgens 37°, abends 37,2°. Der Urin wurde an diesem Tage nicht
untersucht. , .. ,
Am 18. IX., als der Patient sich noch immer sehr unbehaglich
fühlte, über andauernde Brechneigung klagte, fand sich bei der Kocli-
3) s. Neubauer-Vogel: Analyse des Harns, Auflage 1898,
S. 831.
4) 8,3 g Jodkalium auf 1 Liter Wasser.
80 Proz.
20 Proz.
0 Proz.
77 Proz.
21 Proz.
2 Proz.
70 Proz.
25 Proz.
5 Proz.
75 Proz.
19 Proz.
6 Proz.
71.4 Proz.
27.5 Proz.
1,1 Proz.
8. Februar 1913
MUeNCHener MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIE'
rohe im Urin ein xanz enormer Eiweissgehalt. Der Urin erstarrte
ist beim Kochen. Die E s b a c h sehe Probe ergab 2U Prom. Eiweiss.
s wurden im ganzen in 24 Stunden 500 ccm Urin entleert. Mikro-
kopisch fanden sich im Sediment zahlreiche hyaline und granulierte
vlinder, Epithelien und rote Blutkörperchen, ln den nächsten Tagen
mg der Eiweissgehalt stetig herab, die Formbestandteile wurden
reuiger und die Urinmenge stieg bei gleichzeitiger Besserung des
illgemeinbefindens.
Am 26. IX. konnte Pat. frei von Eiweiss nach Hause entlassen
werden.
Er berichtete später, dass zu Hause noch einmal vorübergehend
ine kleine Eiweissmenge vom Arzt festgestellt worden sei.
Bei einer Nachuntersuchung am 10. X., 18. X. und 26. X. konnte
m vollkommen eiweissfreier Urin nachgewiesen werden. Eine in¬
wischen eingeleitete Schmierkur wurde gut vertragen.
Viel unangenehmer verlief der II. Fall.
B. W.f Friseur, 22 Jahre alt.
17. IX. Aufnahme in die Klinik. Zunächst dreitäige Behand-
ang einer bestehenden Skabies.
Urin war vor und nach der Krätzekur frei von Zucker und Ei-
veiss.
20. IX. Patient wird auf die Abteilung für Syphiliskranke verlegt.
Früher stets gesund. Infektion Ende Juli 1912. Mitte August
leines Geschwür unter der Vorhaut. Seit 5 Tagen Kopfschmerzen,
iaarausfall und rechtseitige Leistendrüsenanschwellung. Geschwür
rar vor der Aufnahme mit Kalomel behandelt worden.
Status: P. A. am Frenulum mit positivem Spirochätenbefund,
•tarker eitriger Ausfluss mit positivem Gonokokkenbefund. Post-
kabiöses Ekzem. Auf Brust und Rücken vereinzelt Roseola. Recht-
eitige harte, walnussgrosse, indolente Leistendrüsenschwellung,
inks geringer.
Innere Organe o. B. Urin frei von Zucker und Eiweiss. Was-
ermann sehe Reaktion H K Der Urin wird 5 Minuten vor der
'alvarsaninjektion noch einmal untersucht und ist frei von Eiweiss.
Krankheitsverlauf:
20. IX. Y12 Uhr 0,9 g Neosalvarsan intravenös. 12 Uhr Scfnittel-
rost, Uebelkeit, Temperatursteigerung, 38°, Puls 116, jedoch regel-
lassig. Yi2 Uhr starkes Erbrechen dünnschleimiger, gelblich-grtin-
cher Massen. Das Erbrechen wiederholt sich bis abends 7 Uhr etwa
ide Viertelstunde. Patient klagt am Nachmittag über Schmerzen im
anzen Körper, geringe Kopfschmerzen und Steifigkeit in der Nacken¬
egend. Gegen 4 Uhr mittags 210 ccm leicht getrübter Urin, der
tarken Eiweissgehalt hatte. E s b a c h sehe Probe 2 Prom. Mikro-
kopisch vereinzelt hyaline und granulierte Zylinder und rote Bhü-
örperchen. Temperatur 5 Uhr 38,8°, Puls 120.
21. IX. Pat. hatte bis 12 Uhr nachts Ruhe, dann wieder jede
■tunde Erbrechen mit kurzen Ruhepausen bis zum Morgen. Morgen-
emperatur 37,3, Puls 94. Bis zum Morgen wurden 220 ccm Urin
ntleert mit 5 Prom. Eiweiss. Mikroskopisch zahlreiche hyaline und
ranulierte Zylinder und rote Blutkörperchen. Jegliche Nahrung,
elbst mit Wasser verdünnte, eisgekühlte Milch wird nach 2 Minuten
•aeder erbrochen. Patient klagt über Magenschmerzen. Erbrechen
auert fort; Magenspülungen bringen für kurze Zeit Erleichterung
ibendtemperatur 38,2°, Puls 104.
22. IX. Seit dem Morgen des 21. IX. Anurie. Patient hatte
rührend der Nacht wenig Ruhe, stündliches Erbrechen. Jegliche
üssige Nahrung wird sofort wieder erbrochen. Morgentemperatur
6,9 , Puls 92. Magenspülungen. Abendtemperatur 38,2", Puls 100.
■ bends 600 ccm physiologischer Kochsalzlösung per rectum, die Pa-
ent ganz bei sich behält.
23. IX. Wenig Nachtruhe, wiederholtes Erbrechen, Magen-
chmerzen, Anurie. Rektale Kochsalzeinläufe von 800 bezw.
60 ccm, die ganz resorbiert werden. Venesectio der Kubitalis.
80 ccm dickflüssigen Blutes werden entnommen, daran anschliessend
-erden intravenös 300 ccm physiologischer Kochsalzlösung injiziert,
lorgentemperatur 37,7, Puls 92, Abendtemperatur 38,2, Puls 96.
24. IX. Keine wesentliche Besserung des Allgemeinbefindens,
■doch 15 ccm Urin, der eiweisshaltig ist. Wiederholtes Erbrechen.
-5. IX. 80 ccm Urin, der Vt Prom. Eiweiss enthält. Patient be-
jüt einige Schlucke Thee bei sich. Rektale Einläufe mit Linden-
mtenthee und Traubenzucker. Erbrechen tritt weniger häufig auf.
-eine Iemperatursteigerung. Puls regelmässig, aber klein.
26. IX. 220 ccm Urin, der eine Spur eiweisshaltig ist und mikro-
Kopiscn keine Formbestandteile enthält. Ausser geringen Mengen
nee keine Nahrungsaufnahme; noch zeitweises Erbrechen. Tem-
eratur und Puls normal.
27- IX. 430 ccm Urin mit schwach positiver Eiweissprobe. An
iesem Morgen stellte sich bei dem Kranken unter Temperatur-
‘eigerung eine linkseitige zentrale Pneumonie ein (rostfarbenes
put um, Temperatur 37,4, Puls 100 und klein), die im Laufe der
uchsten läge den ganzen linken Unterlappen befiel und auch auf die
-chte Lunge Übergriff und weniger wegen ihrer Ausdehnung, als
egen des elenden Allgemeinbefindens den Kranken in ernste Lebens¬
eiahr brachte. Glücklicherweise hatte sich in der Zwischenzeit die
rvru!gUn8: verloren, so dass eine genügende Nahrungsaufnahme
logiich wurde. Erst am 6. Tage war Patient wieder fieberfrei.
Pater entwickelte sich dann noch bei dem Kranken eine rechtseitige
c nntis exsudativa ohne Temperatursteigerung, die sich allmählich
355
resorbierte, so dass Patient sich z. Z. in Rekonvaleszenz befindet. Die
Urinmengen hatten sich von lag zu Tag gesteigert und betrugen
sogar mehiere Tage mehr als 2 Liter. Der Urin ist jetzt dauernd
eiweissfiei, der Appetit gut. Eine inzwischen eingeleitete Schmierkur
wurde bisher gut vertragen.
Selbstverständlich sucht man bei diesen Fällen eine be¬
sondere Ursache für die toxischen Erscheinungen.
Ein organischer Wasserfehler, eine Zersetzung des Neo-
salvarsans durch längeres Stehen sind bei unserer Technik
vollkommen ausgeschlossen, da wir in unserer Klinik nur
frisch von uns selbst destilliertes Wasser verwenden und das
Neosalvarsan erst unmittelbar vor der Injektion auflösen.
Das bei den beiden Injektionen verwandte Neosalvarsan hatte
verschiedene Fabrikationsnummern. Aus den nämlichen Neo-
salvarsanpaketen und mit dem nämlichen destillierten Wasser
wurden andere Patienten ohne Nebenerscheinungen injiziert.
Es muss also doch wohl die Ursache für die Intoxikation in
dem Patienten gesucht werden, sei es, dass eine besondere
Idiosynkrasie gegen das Mittel oder sonstige prädisponierende
Momente Vorlagen. Beide Patienten waren, abgesehen von
der Lues, vor der Injektion vollkommen gesund.
Der Student gab zu, in den letzten Tagen einem etwas
reichlicheren Biergenuss gehuldigt zu haben, ohne dass man
gerade von grösseren Alkoholexzessen sprechen könnte. Bei
dem Friseur, bei dem ein vorheriger Alkoholexzess nicht in
Betracht kommt, könnte man möglicherweise eine vorher¬
gehende Reizung der Nieren durch die Krätzekur annehmen.
Die Krätzekur wird bei uns mit einer Schwefel-Kalium-
karbonikum-Salbe gemacht,
Rp. Sulf. praecipitat. 122,0
Kal. carbon. 138,0
Axungiae porci ad 1000,0
bei deren Verwendung wir noch niemals Nierenreizung beob¬
achtet haben. Es war auch bei diesem Patienten vor und
nach der Krätzekur und unmittelbar vor der Neosalvarsan-
injektion der Urin eiweissfrei gefunden worden. Immerhin
lässt es sich nicht ganz von der Hand weisen, dass durch das
Krätzemittel vielleicht eine Veränderung in dem Chemismus
des Körpers hervorgerufen war, welche die rasche Zersetzung
des eingeführten Neosalvarsans zur Folge gehabt haben
mag.
Herr Geheimrat Ehrlich machte uns darauf aufmerk¬
sam, dass nach E m e r y ein anorganischer Wasserfehler
Reaktionen hervorrufen soll. Das mag möglich sein, aber es
ist doch schwer verständlich, dass eine minimalste Spur von
Blei oder gar von aus dem Glas der Kühler stammenden
Silikaten zu einer toxischen Umsetzung des Neosalvarsans
führen soll. Sollte das doch der Fall sein, so wäre man jedes¬
mal ohne eine eingehendste Analyse des destillierten Wassers,
die ja in praxi ganz undurchführbar ist, in der Gefahr, dem
Patienten eine womöglich tödliche Injektion zu applizieren.
Dann müsste man ein für allemal auf jede Verwendung des
Neosalvarsans verzichten. Wenn das Mittel so labil ist,
dürften im Körper des Patienten selbst noch viel mehr Mög¬
lichkeiten für eine Zersetzung gegeben sein.
Um frei gewordene Endotoxine kann es sich in unseren
Fällen schon deswegen nicht handeln, weil in beiden Fällen
die vorausgehenden syphilitischen Erscheinungen nicht be¬
sonders schwer waren ganz abgesehen davon, dass derartige
Reaktionen mit schwerer Nephritis als Folge von Endotoxin¬
schädigung nicht anzunehmen sind. Es handelt sich zweifellos
um ganz schwere toxische Nebenwirkungen des Neosalvar¬
sans, wie sie beim Salvarsan kaum beobachtet worden sind.
Sie sind um so unheimlicher, als man gar keine Möglichkeit
hat, sie vorauszusehen.
Dass W o 1 f f und M u 1 z e r und neuerdings auch Eich-
hörst ganz analoge toxische Nebenwirkungen schon nach
0,6 g bezw. 0,7 g Neosalvarsan beobachtet haben, bestärkt
uns nur in unserer Auffassung, dass das Neosalvarsan nicht
nur nicht ungefährlicher, sondern im Gegenteil gefährlicher
als das Salvarsan ist und jedenfalls für die ambulante Behand¬
lung nicht verwandt werden sollte.
3
356
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
Aus der Kölner Akademie für praktische Medizin: Chir. Klinik
der K. A. Lindenburg (Geh. Med. -Rat Prof. Dr. T i 1 m a n n).
Ersatz von Finger- und Zehenphalangen’).
Von Dr. W. G o e b e 1.
Die zielbewusste Arbeit gerade der letzten Jahre hat auf
dem Gebiete der freien Organ- und Gewebeverpflanzung er¬
staunliche Möglichkeiten eröffnet. Gewiss handelt^ es sich
hier bei vielem eben nur um Möglichkeiten; mit der Zeit aber
ist manches, zumal auf dem Gebiete der freien Knochenver¬
pflanzung in die Praxis übergegangen und nach und nach zum
selbstverständlichen und sicheren Erfolg versprechenden Ver¬
fahren geworden. Bietet demgemäss auch die Mitteilung ein¬
zelner Erfolge chirurgisch nur selten noch grösseres Interesse,
so lag mir doch daran, an der Hand des im folgenden wieder¬
gegebenen Falles auf ein Verfahren zum autoplastischen Er¬
satz von Fingerphalangen hinzuweisen, das, von W o 1 f f
(Verh. d. deutschen Ges. f. Chirurgie 1910 und Münch, ined.
Wochenschr. 1911) schon vor einigen Jahren empfohlen, ein
radikaleres Vorgehen als die übliche Implantation eines
Knochenspahnes zwischen die zu erhaltenden Gelenkflächen
gestattet und kosmetisch und funktionell gleich gute Resultate
verspricht.
Wolff hatte bei einem 27 jährigen Mädchen wegen
Spina ventosa des Grundgliedes des rechten 4. Fingers die
ganze Phalanx entfernt und durch die ganze periostumkleidete
Grundphalanx der rechten 2. Zehe ersetzt. Den Defekt in der
Zehe deckte er gleichzeitig durch Einpflanzung eines dem
6. Rippenknorpel entnommenen Stückes. Der Erfolg war vor¬
trefflich. — Ich bin im folgenden Falle in gleicher Weise vor¬
gegangen.
Der 16 jährige Arbeitsjunge H. L. litt seit 6 Jahren an langsam
wachsenden Geschwülsten des Grund- und Mittelgliedes des linken
4. Fingers. Die Geschwulst des Grundgliedes hatte bei der Aufnahme
in die Klinik Taubeneigrösse ereicht und hinderte erheblich bei der
Arbeit. Der ganze Finger war stark nach aussen gedrängt und in
der Flexion so behindert, dass die Fingerspitze der Hohlhand nur bis
auf 6 cm genähert werden konnte. Die üebrauchsfähigkeit der Hand
zur Arbeit war dadurch naturgemäss beträchtlich herabgesetzt.
Das Röntgenbild bestätigte die Diagnose Enchondrom der Grund-
lind Mittelphalanx, zeigte aber auch noch eine beginnende Enchon-
Abb. 1. Abb. 2.
drombildung der Endphalanx (Abb. 1). Da die weitgehende Zer¬
störung der Grundphalanx eine Erhaltung des Fingers kaum gestattete,
auf der anderen Seite aber weder der Junge noch der Vater mit
der Exartikulation des Fingers einverstanden war, wurde ihnen der
Vorschlag des Ersatzes der am meisten zerstörten Phalanx durch
ein Zehenglied gemacht.
*) Nach einer Demonstration im Allgemeinen ärztlichen Verein
in Köln.
Am 27. IV. 11 wurde in Narkose die Grundphalanx von dor¬
salem, seitlichem Schnitt aus unter möglichster Schonung der Ge-
fässe und Nerven ohne künstliche Blutleere entfernt. Ihre Kortikalis
war papierdünn; sie selbst brach beim Anfassen mit der Muzeuxzange
zusammen, so dass die Tumormasse überall hervorquoll. Eine Er¬
haltung war ausgeschlossen. In den Defekt wurde sofort die im
Röntgenbilde gleichgross erscheinende Grundphalanx der linken
2. Zehe mit einem verhältnismässig grossen Kapselrest eingepflanzt.
Die Kapselläppchen wurden mit feinsten Katgutnähten vereinigt und
über dem ganzen enganschliessend die Streckaponeurose und die Haut
durch Seidennähte sorgfältig vernäht. Der Defekt in der 2. linken
Zehe wurde in gleicher Sitzung durch Einpflanzung eines der 6. Rippe
entnommenen. 4,5 cm langen Knorpelstückes gedeckt. Auch hier sorg¬
fältige, engschliessende Weichteilnaht über dem Ersatz.
Die Wunden heilten störungslos. Schon am Tage nach
der Operation vorsichtige systematische Bewe¬
gung e n der linken Hand. Etwa 10 Tage nach der Operation konnte
der Finger aktiv in gleichem Umfange wie vor der Operation bewegt
werden. Die seit langem bestehende Beschränkung der Beweglichkeit :
sowohl, wie das noch vorhandene Enchondrom des Mittelgliedes hin¬
derten zunächst die weitere Zunahme der Beweglichkeit. 5 Wochen
nach dem ersten Eingriff wurden die Enchondrome im Mittel- und End¬
glied mit dem scharfen Löffel entfernt. Die Behandlungsdauer wurde
durch diesen 2. Eingriff natürlich verlängert, betrug im ganzen aber
doch nicht mehr als 9 Wochen. Nach dem zweiten Eingriff nahm die
Beweglichkeit weiter zu. Der Junge hat nach Ablauf der 9. Woche
die Arbeit wieder aufgenommen, war seitdem voll arbeitsfähig und
völlig beschwerdefrei. Der Einfluss der Arbeit, der Funktion der
Hand, erwies sich als sehr wohltätig. Sieht man von einer geringen
Verkürzung des Fingers ab, so ist ihm jetzt nach mehr als Jahresfrisi
äusserlich etwas abnormes kaum mehr anzusehen. Der Finger ist
aktiv in allen Gelenken beweglich, ist allerdings immer noch nicht
ganz zur Faust einzuschlagen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hand ist
in keiner Weise beeinträchtigt. Das Röntgenbild der linken Hand
(Abb. 2) zeigt, wie anstandslos sich der Fremdling der neuen Um¬
gebung anpasst und wie vortrefflich im besonderen die Gelenkfliichen
artikulieren. Das Implantat zeigt keinerlei Atrophie und fällt nur
durch eine gewisse Schlankheit unter den übrigen Phalangen auf.
Auch in der linken 2. Zehe ist das Rippenknorpelstück glatt
eingeheilt. Eine Melaplasie in Knochengewebe, die unter der verän¬
derten Funktion vielleicht hätte erwartet werden können, ist nicht
eingetreten, wenigstens gibt das gut abtastbare Implantat heute nach
Jahresfrist keinen Röntgenschatten.
Die Fälle zeigen, dass die autoplastische Verpflanzung der
ganzen periostumkleideten Zehenphalanx im geeigneten Falle
bei mindestens gleich gutem Erfolg keine grösseren tech¬
nischen Schwierigkeiten bietet als die von Tie mann,
(Müller), Schmieden und Pels-Leusden zur Be¬
handlung der Spina ventosa empfohlene und praktisch ja auch
oft geübte Verpflanzung eines Periostknochenspahnes aus
Tibia oder Ulna zwischen die zu erhaltenden Epiphysen,
die deren völlige Integrität zur Erlangung eines brauchbaren
funktionellen Resultates natürlich zur strengen Voraus¬
setzung hat. Wo kein fremdes Material zur Verfügung steht,
gestaltet sich das Verfahren durch den notwendigen sekun¬
dären Ersatz der Zehenphalanx allerdings umständlicher, hat
dafür aber den Vorzug, dass es ohne Rücksicht auf die Er¬
haltung der Gelenkflächen ein gründlicheres Vorgehen bei der
Entfernung des Krankhaften gestattet, also auch bei Mit¬
erkrankung der Gelenke anwendbar bleibt.
So einfach sich die Verpflanzung in technischer Beziehung
auch gestaltet, so möchte ich doch nicht unterlassen, ausser
auf die Notwendigkeit der sorgfältigsten Adaptierung der
Weichteile und der genauen Wiederherstellung des Streck¬
apparates, gerade in diesem Zusammenhang auf den Wert
der frühzeitigen funktionellen Inanspruch¬
nahme hinzu weisen, die sich uns in der Verpflanzungs¬
technik überhaupt in vielfacher Erfahrung als eine der
wichtigsten technischen Bedingungen bewähr
hat. Am Finger hat sie den doppelten Wert, dass sie die ver¬
hängnisvolle Ruhigstellung vermeidet und damit die erste und
selbstverständliche Voraussetzung zur Erzielung der Gelenk¬
funktion bildet und dass sie zugleich für die Einheilung um
Erhaltung des Implantetes neben der Ernährung die wichtigste
biologische Bedingung darstellt.
An sich ist diese Wertauffassung vom trophischen Ree¬
der Funktion nichts neues; wir machen, unbewusst fast, ir
der praktischen Chirurgie einen weitgehenden Gebrauch vo:
ihr. Als wesentlichen, ja ausschlaggebenden Faktor für da
Gelingen der Transplantation aber ist der Funk
tionsreiz erst in neuerer Zeit und zuerst von Roux ge
würdigt worden, der in der Befriedigung dieses funktionelle!
's. Februar 1913.
leizbediirfnisses neben der schnellen Herstellung der Er¬
fahrung die wichtigste, den Transplantationserfolg begiin-
tigende Vorbedingung sieht; denn „nur da, aber auch überall
a. wo dieser doppelte Anschluss gelingt, bevor die Teile
urch temporären Nahrungs- oder Reizmangel zu sehr ge-
chädigt sind, um sich nach dem Anschluss wieder erholen
u können, kann eine erfolgreiche Implantation stattfinden“.
Ileich grosse Bedeutung für die Erhaltung und Ernährung
berpflanzter Gewebe messen auch March and, Salzer,
ores, Borst u. a. zum Teil unter Erbringung interessanter
xperimcnteller Beweise, der schleunigen Wirkung und Er-
iaitung des Funktionsreizes bei.
Für Binde- und Stützsubstanzen, Knochen, Knorpel und
lastisches Gewebe ist der- Funktionsreiz ein mechanischer,
!er sich nach der Verpflanzung aus Zug und Druck, aus Lage
md den sonstigen Bedingungen des Verpflanzungsortes oft
enug von selbst ergibt. Damit erklärt sich zu einem Teile
ielleicht die Anspruchslosigkeit und Eignung gerade der
itiitzgewebe zu Verpflanzungszwecken vor dem in dieser Be¬
gehung weit anspruchsvolleren Drüsen- oder Muskelgewebe.
Jank dieser Genügsamkeit erfreut sich der leicht zu be-
.chaffende und leicht einheilende Knochenspahn einer viel-
;eitigen Verwendung und es unterliegt keinem Zweifel, dass
■r zur Erfüllung einfacher statischer Aufgaben, am Mittel-
uss, in der Diaphyse der Röhrenknochen, am Unterkiefer usw.
las ausreichende und ideale Ersatzmittel bleiben wird. Die
linpflanzung eines Knochenspahnes in ein Gelenk aber gibt
ceine guten Resultate und ist zumal am Finger, wo es sich um
lie Erhaltung hoher funktioneller Leistungen handelt, nach
Möglichkeit zu vermeiden. Hier halte ich mit W o 1 f f die
lutoplastische Auswechslung der ganzen Fingerphalanx durch
lie anatomisch gleichgestaltete und aus annähernd der
deichen Funktion kommenden Zehenphalanx mit ihren vor-
refflich passenden Gelenkflächen für das natürlichere und weit
brauchbarere Verfahren, das zum mindesten in den Fällen den
Vorzug verdient, wo sich die Erhaltung der natürlichen Ge-
enkflächen als unangängig oder im Interesse der Dauerheilung
loch als bedenklich erweist.
Ueber die Wirkung von intravenösen Infusionen mit
Aurum-Kalium cyanatum.
Bemerkungen zu der Arbeit von C. B r u c k und A. Glück1).
Von Wolfgang Heubner in Göttingen.
Bruck und Glück schildern einige Tierexperimente an Kanin-
:hen und eineAnzahl klinisch-therapeutischer Versuche an lupösen und
syphilitischen Patienten mit Aurokaliumzyanid. Sie stellten die Dosis
etalis für Kaninchen bei intravenöser Injektion zu 15 mg pro kg Kör¬
pergewicht fest, während 10 mg noch ertragen wurden, allerdings
inter vorübergehenden Symptomen der Blausäurevergiftung. An
hren Kranken fanden sie nach wiederholten intravenösen Injektionen
illmählichen Rückgang der Herde, Reinigung und Schliessung der
Jlcera usw. Nach der einzelnen Injektion beobachteten sie
zuweilen rasch vorübergehenden Temperaturanstieg, gelegentlich Er¬
brechen und Durchfall, ferner deutliche Lokal reaktion, bestehend
n „intensiver Rötung“ der Herde oder benachbarter Gebiete
besonders Fall 8 und 20 der .rsten Reihe).
Bereits vor Jahren habe ich eine Analyse der Wirkung des
loldes gegeben, dabei auch mit Auronatriumzyanid experimen-
iert2). (Natürlich ist es hier für die Wirkung völlig gleichgültig, ob
nan das Natrium- oder Kaliumsalz der Aurozyanwasserstoffsäure
verwendet.) Ich habe damals festgestellt, dass dieses Salz sowohl
Blausäure- wie Goldwirkung besitzt, die sich schon durch blosse Be-
pbachtung der Symptome scharf nebeneinander beobachten lassen,
vorausgesetzt, dass nicht infolge hoher Dosis die Blausäurevergiftung
rasch zum Tode führt. Dann sieht man — in charakteristischer Weise
edoch nur am Fleischfresser — nach der intravenösen Injektion rasch
vorübergehende Blausäuresymptome (heftige Atmung, Krämpfe), auf
Jie erst die langsamer einsetzenden Symptome der Goldvergif-
tung folgen: Erbrechen, psychische Depression mit zunehmender
Benommenheit, eventuell Durchfälle, die blutig werden, bei rascherem
Vergiftungsablauf aber auch fehlen können; die Sektion erst gibt den
klassischen Befund: tiefdunkelrote, samtartige Färbung und Schwel¬
ung der gesamten Dünndarmschleimhaut bis ins untere Ileum hinein,
sowie allerlei andere Zeichen schwerster kapillärer Hyperämie im
?anzen Körper.
1) Diese Wochenschrift 1913, S. 57.
:) Ueber Vergiftung der Blutkapillaren. Archiv f. exp. Pathol.
u- Pharmakol., 56, 1907, S. 370, 390.
357
Ich habe in der erwähnten Arbeit nachgewiesen, dass die Ver¬
giftung besteht in einer Lähmung der kontraktilen Ele¬
mente der Blutkapillaren. Ich habe ferner die Gleichartig¬
keit des Vergiftungsbildes mit dem der Arsenikvergiftung erörtert, die
Schmiedeberg schon seit langem als eine Kapillarvergiftung auf¬
gefasst hatte 3), und auf die grosse Zahl von Substanzen ausführlich
hingewiesen, die in die gleiche Gruppe der „K a p i 1 1 a r g i f t e“ ge¬
hören: Sepsin, Emetin, Brechweinstein und eine ganze Klasse von
komplexen Metallverbindungen. Es scheint mir an der Zeit, jene
Beobachtungen und Ausführungen einmal wieder der Vergessenheit4)
zu entreissen, weil in den letzten Jahren, besonders in der experi¬
mentellen Krebstherapie, öfters solche komplexen Metallverbindungen
Anwendung fanden, offenbar ohne dass sich die Autoren ihrer Wir¬
kung auf die Kapillaren bewusst waren, auch wenn sie typische Er¬
scheinungen, wie Hyperämie und Blutungen, selbst wahrnahmen5 *).
Auch Bruck und Glück dürften wohl Anlass haben, dieser
sicher festgestellten Wirkung des Goldes die gleiche Be¬
achtung bei der Deutung ihrerResultate zu schenken, wie etwa der von
ihnen vermuteten direkten Wirkung auf die im Gewebe vege¬
tierenden Tuberkelbazillen. Schildern sie doch selbst, dass wenig¬
stens bei einigen ihrer Patienten die nach der Injektion eintretende
Hyperämie direkt im Krankheitsherde zu sehen war. Erbrechen
und Durchfall scheint mir gleichfalls nichts anderes zu sein, als der
Ausdruck der Kapillarenerweiterung im Magendarmkanal, genau wie
das bei der Arsenikvergiftung der Fall ist. Auch die Temperatur¬
steigerung dürfte mit der Kapillarenerweiterung (im Gehirn?) Zu¬
sammenhängen; für das „putride Gift“ (Sepsin) ist es bereits durch
Ernst v. Bergmann0) festgestellt worden, dass kleine Dosen tem¬
peratursteigernd, grosse temperaturherabsetzend wirken; Gleiches
gilt für Arsenik, wie mein Schüler August Bock7) nachwies.
Um nicht missverstanden zu werden, möchte ich hervorheben,
dass ich durchaus nicht behaupten will, Goldsalze und andere kom¬
plexe Metallsalze könnten nicht auch auf andere Zellen als die kon¬
traktilen Elemente der Blutkapillaren wirken (z. B. Tumorzellen,
Parasitenzellen). Habe ich doch selbst in der erwähnten Arbeit an
Protozoen und Hefezellen die schädigenden und abtötenden Konzen¬
trationen für Goldsalz (Aurinatriumchlorid) festgestellt und beträcht¬
liche Unterschiede der Empfindlichkeit gefunden. Aber ich meine, ehe
man von „Tumoraffinität“, „innerer Desinfektionswirkung“ uswr.
spricht, sollte man sich über die Bedeutung des auffallendsten und
sichersten W'irkungsfaktors, nämlich der Funktionsänderung im Zir¬
kulationssystem, möiglichst im klaren sein. Ein Teil der von Bruck
und Glück in Aussicht gestellten weiteren Arbeit, die „Art und
Weise der Wirkung genau studieren“ soll, ist eben schon geleistet.
Aus dem Hygienischen Institut der Universität Würzburg.
Die wirksamen und wertvollen Bestandteile des Kaffee¬
getränks mit besonderer Berücksichtigung des koffein¬
freien Kaffees HAG und des Thumkaffees.
Von Prof. Dr. K. B. Lehmann, Vorstand des hygienischen
Instituts Würzburg.
(Schluss.)
Als Ersatz für die Studien über die Wirkung der einzelnen
Röstprodukte müssen vorläufig Untersuchungen über die Wir¬
kung grosser Dosen koffeinfreien Kaffees ein-
treten, der die gesamten Röstprodukte enthält. Wir arbeiteten
mit einem Kaffee HAG, der aus dem oben bewährten Kaffee I
durch Koffeinentziehung bis auf 0,1 Proz. hergestellt war. E s
handelt sich zunächst darum, festzustellen,
ob demselben in sehr grossen Dosen irgend
welche schädlichen Wirkungen zukommen,
fehlen sie, so sind damit alle Stoffe bis auf das
Koffein vom Verdacht gereinigt, die beob¬
achteten schädlichen Wirkungen grosser
Kaffeedosen zu verschulden (s. Tab. 2).
Aus allen diesen Angaben folgt: An der überwiegenden
Mehrzahl unserer Versuchspersonen war von koffeinfreiem
Kaffee in den grössten Dosen (bis Extrakt aus 100 g) keine
3) Grundriss der Arzneimittellehre, 3. Auflage, 1895, S. 316.
4j Meine wichtigsten Resultate sind übrigens in Schmiede¬
bergs Grundriss der Pharmakologie, 6. Auflage, 1909, S. 543 über¬
gegangen.
5) Vgl. z. B. Neuberg, Caspari und Löhe: Weiteres über
Heilversuche an geschwulstkranken Tieren mittels tumoraffiner Sub¬
stanzen. Berl. klin. Wochenschr., 49, 1912, S. 1405.
°) Das putride Gift und die putride Intoxikation. Dorpat,
W. Gläser, 1868, S. 9.
7) Ueber Fiebererscheinungen nach intravenösen Injektionen,
vornehmlich indifferenter Partikelchen. Archiv f. exp. Pathol. u.
Pharmakol, 6S, 1912, S. 1, 36. — • Siehe auch diese Wochenschrift 1911.
S. 2433.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
358
Tabelle 2. Versuche mit koffeinfreiem Kaffee.
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1/1 N
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Datum
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Puls
Respiration
Erregung
Schlaf
Magen¬
symptome
03 C
C o
03 Q.
bß g
o
CO
Besondere Bemerkungen
1
7. III. 12
D.
20 : 250
0,1
16 mg
Vorher 78 80
10 Min. nachher 78
20 „ „ 76
28 „ „ 79
37 „ „ 73
43 „ „ 74
46 „ „ 78
54 Min. nachher 74
63 „ „ 76
73 „ „ 74
83 „ „ 72
92 „ „ 76
100 ,, „ 73
109 „ „ 74
Keine
Out
Keine
Keine
2
7. III. 12
Dr.B.
20 : 250
0,1
16 mg
Vorher 84-85
15 Min. nachher 86
25 „ „ 86
40 Min. nachher 84
55 „ „ 83
70 „ „ 86
Keine
Out
Keine
*
Keine
3
8.III. 12|
Dr. V.
207 250
0,1
16 mg
Konstant auf 56
-
Keine
Gut
Keine
Keine
—
4
19. III. 12
L.
25 : 250
0,1
21 mg
Scheint verlangsamt von 78 auf 72, bei
lebhafter geistiger Tätigkeit, aber zu
wenig gezählt.
Keine
Gut
Am Tage vorher
Obstipation,
nach 45 Minuten
Stuhlgang.
Keine
5
20. III. 12
Dr. V.
25 : 250
ö/T
21 mg
Vorher 60
15 Min. nachher 60
30 „ „ 62
45 Min. nachher 60
60 „ „ 57
75 „ „ 60
Keine
Gut
Vorübergehend
schwaches
Sodbrennen
Keine
6
21 111 12
L.
25 : 250
0,1
21 mg
Vorher wie nachher konstant
auf 86—88
—
Keine
Gut
Keine
Keine
7
3. IV. 12
F.
25 : 250
0,1
21 mg
Vorher 18
15 Min. nachher 61
22 „ „ 58
31 „ „ 62
40 Min. nachher 60
47 „ „ 60
60 „ „ 54
67 ,, „ 56
Vorher 14 — 15
Mitte 16—17)4
Ende 1554-16)4
Keine
Gut
Keine
Keine
TT
5. IV. 12
F.
1 0 : 700
0,1
83 mg
Vorher 70—72
7 Min. nachher 72
16 „ „ 64
26 „ „ 66
35 „ „ 61
45 „ „ 60
60 Min. nachher 60
Es konnte nicht ge¬
nügend lange mit
dem Beginn des
Versuches gewartet
werden (s. Vers. 7)
Keine
Gut
Vorüber¬
gehender
Brechreiz
Keine
9
10. IV. 12
r.
50 : 250
0,1
42 mg
Vorher 54
5 Min. nachher 54
10 „ „ 59
15 „ ,, 60
20 „ „ 56
25 „ „ 59
30 „ „ 57
35 Min. nachher 56
45 „ „ 58
60 „ „ 58
70 „ „ 56
80 „ ,, 55
90 „ „ 54
Keine,
schwache
Anreg.durch
die Wärme
(draussen
nasskalt)
Gut
Keine
Keine
Vorher zweistündiger
Spaziergang.
10
12. IV. 12
F.
50 : 250
0,1
42 mg
Vorher 62—66
10 Min. nachher 66
20 „ „ 60
30 ,, ,, 66
40 Min. nachher 64
50 „ ,, 66
60 „ ,, 66
Keine,
auch keine
Anregung
Gut
Keine
Keine
Vorher dreistündiger
Spaziergang.
11
18. IV. 12
K.
50 : 400
0,1
42 mg
Vorher 77
5 Min. nachher 71
15 „ „ 71
25 „ „ 71
40 „ „ 69
50 „ „ 77
60 Min. nachher 66
70 „ „ i?) 80
85 „ „ 72
Nicht lange genug
gewartet
(vgl. Versuch 12)
Keine
Gut
Keine
Keine
12
21 IV. 12
K.
1 50 : 400
0,1
1 42 mg
Vorher 68 -72
15 Min. nachher 72
30 „ „ 68
40 Min. nachher 72
41 „ „ 72
60 „ „ 72
Keine
; Gut
Keine
Keine
.13
24 IV. 12
Dr. V
50 : 400
0,1
42 mg
Vorher 56
10 Min nachher 56
20 „ „ 54
30 ,, ,, 55
40 Min. nachher 55
50 „ „ 56
60 „ „ 56
Keine
Gut
Keine!
1
Keine
(?)
toxikologische Wirkung zu sehen: Atmung, Puls, Schlaf
wurden absolut unbeeinflusst gelassen, obwohl Dosen ange¬
wandt wurden, die im praktischen Leben kaum in Betracht
kommen. Der Puls war in einigen Fällen auch etwas ver¬
langsamt, doch ist Versuch 8, bei dem nicht lange genug vor¬
her gewartet wurde, in dieser Beziehung auszuschalten. Bei
Dr. V. blieb die Pulsverlangsamung aus, die bei koffeinhaltigem
Kaffee in grösseren Dosen nie vermisst wurde. In einer
besonderen demnächst im Archiv für Hygiene zu publizieren¬
den Arbeit hat Dr. K a k i s a w a unter meiner Leitung gezeigt,
dass die diuretische, nierenreizende Wirkung des Vollkaffees
dem koffeinfreien Kaffee vollständig fehlt.
Eine Versuchsperson (Dr. V.) erwies sich gegen die Röst¬
produkte des Kaffees nicht ganz unempfindlich, sowohl bei
dem Genuss von koffeinhaltigem Kaffee als von koffeinfreiem;
bei mehr oder weniger leerem Magen zeigte sich mehrmals
etwas Sodbrennen, wenn grosse Mengen ohne Milch und
Zucker rasch genommen wurden. Herr Dr. V. steht «aber
unter meinen Versuchspersonen mit seiner Empfindlichkeit
allein.
Ueber die Wirkung des Kaffees und verwandter Auf¬
güsse gerösteter Pflanzen auf die Magenfunktion ist noch
manches zu erklären, die Angaben gestatten jedenfalls noch
kein einheitliches Bild. Auf die Verdauungsversuche in vitro
kann ich gar keinen Wert legen; sie haben, soweit ich sehe,
allgemein eine Hemmung der Pepsinwirkung ergeben.
L i e b i g behauptet, dass eine Tasse starken Kaffee nach
Tisch die Verdauung plötzlich aufhebt (Chemische Briefe 32)
auch Crämer [34] sagt über das Kaffeetrinken nach den
Mahlzeiten: „Alle Autoren sind darüber einig, dass dadurch
die Verdauung gestört und die Verweildauer der Speisen ver¬
längert wird“. Als Autor zitiert er dafür Rumpf: Deutsche
med. Wochenschr. Bd. 52, 1905, pag. 2091, wo keine weiteren
Belege gegeben sind. Ohne Wirkung fand Ogata [37] den
Kaffee auf die Lösung des Fleisches im Hundemagen, er ver¬
zögerte sie nur ein klein wenig, gerade wie Wasser.
Paechtner [38] konnte am Hunde von 1 proz. Zichorien¬
aufguss keine Wirkung auf Fleisch- und Reisverdauung kon¬
statieren.
In auffallendem Gegensatz zu diesen Angaben hat
Pinkussohn [39] nach der P a w 1 o w sehen Methode
— Studium der Sekrete eines abgetrennten kleinen Magen¬
abschnittes bei Einbringung der Versuchsflüssigkeit in den
Hauptmagen — am Hunde gezeigt, dass Saftsekretion und Säure¬
gehalt durch Kaffee vorübergehend stark gesteigert sind.
Malzkaffee wirkt ganz ähnlich, wenn auch etwas weniger plötz¬
lich; ebenso fettarmer Kakao. Dass koffeinfreier Kaffee ähnlich
wirken wird, ist wohl unbezweifelbar. Boruttau [36] hat
auch durch starke Zichorienaufgüsse ähnliches bewirkt und
Schmiedeberg [40] hat in einer ganz neuen Studie auf
die verstärkende Wirkung der Bitterstoffe der Zichorie auf
die Magensaftsekretion nachdrücklich hingewiesen — kurz:
es wirken alle bitteren Röstprodukte ini
wesentlichen gleich, wenn auch natürlich im einzelnen
quantitativ verschieden, wobei die Menge der eingeführten
Substanz und die Individualität der Versuchsperson eine wich¬
tige Rolle spielen. —
Ich möchte aus all den Angaben nur schliessen, dass
für die Mehrzahl der gesunden Menschen der
übliche Kaffee ohne schädliche Wirkung für
die Verdauung ist, dass aber auch die praktische Be¬
deutung der Sekretionsanregung noch problematisch ist.
18. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 359
Gramer [34], der so viele Magenstörungen in überzeugen¬
der Weise dem Kaffee und Theemissbrauch zuschreibt, spricht
sich p. 72 ausführlich gegen ein generelles Kaffeeverbot bei
Magenkranken aus, nur das Kaffeetrinken nach den Mahl¬
zeiten findet er bedenklich.
Hier ist nun der Ort auf Harnacks Arbeit [6] näher einzu¬
gehen. Es ist dies aus dem Grunde schwierig, weil die Arbeit sehr
weitgehende Ueberlegungen und Behauptungen, aber nur wenige
chemische Tatsachen und gar keine physiologischen Experimente
enthält.
Harnack sagt zunächst: Das Koffein verleiht dem Kaffee „die
wichtigen stimulierenden Eigenschaften, indem es Nerv und Muskel
beeinflusst“. Von den anderen Koffeinwirkungen wird nur gesagt:
„Teilt das Koffein einerseits gewisse Wirkungen mit der Digitalis,
so kann man es nach anderen Richtungen hin dem freilich viel zu
giftigen Strychnin an die Seite stellen. Nach Genuss eines sehr
starken Kaffee-Extraktes lässt sich z. B. unter Umsfänden eine sehr
beträchtliche Steigerung der Sehschärfe beobachten. Charakteristisch
für das Koffein ist ferner eine Kontraktion der Hautgefässe und
Neigung zur Erhöhung der Blutwärme“ 6).
Obwohl also starke Wirkungen auf Herz und Zentralnerven¬
system von Harnack für das Koffein zugegeben werden, spricht
er mit keinem Wort davon, inwieweit etwa die un¬
erwünschten Kaffeewirkungen durch das Koffein
bedingt sein könnten, sondern er widmet mehrere Seiten
der Betrachtung, dass die bei vielen Menschen zu konstatierende
schlechte Bekömmlichkeit des Kaffees auf die R ö s t p r o d u k t e,
und zwar (nach Seite 1872) die flüchtigen Röstprodukte,
zu beziehen sei. Die Röstprodukte reizten den Magen, brächten eine
vermehrte Säureproduktion hervor und beeinflussten dann wieder
reflektorisch das Herz empfindlicher Menschen. Ueberhaupt seien
sehr oft Störungen der Herzaktion Folgen einer Magenreizung, Er¬
brechen des saueren „Herzwassers“ beseitige manche Herz¬
beklemmung.
Da ich selbst 1885 in einer eingehenden Studie am Menschen mit
E. B 1 e u 1 e r [41] die schon früher von Ackermann beschriebene
Pulssteigerung bei Magenreizung als einen sehr häufigen und leicht
darzustellenden Vorgang (z. B. nach Einnehmen grösserer Salz¬
mengen) geschildert habe, so liegt mir nichts ferner als die Möglich¬
keit des von Harnack angenommenen Mechanismus zu bestreiten.
Harnack hat uns aber keinen einzigen solchen Fall mitgeteilt und
ui unseren vielen, oben angeführten, eigenen Kaffeeversuchen ist mit
und ohne Koffein zwar einigemale (bei Dr. V.) deutlich Magen¬
reizung und Sodbrennen konstatiert worden, aber doch ohne jede
reflektorische Herzwirkung. Wo wir überhaupt Herzwirkungen kon¬
statierten, waren es stets nur Pulsverlangsamungen, die
nie nach koffeinfreiem, aber fast stets nach grösseren Dosen koffein¬
haltigen Kaffees hervortraten, genau von gleicher Art wie durch
reines Koffein [1].
Da in unseren Versuchen mit koffeinfreiem Kaffee (Extrakt aus
20—100 g) die Röstprodukte alle enthalten waren, so ergibt sich deut¬
lich, dass jedenfalls die Röstprodukte des Kaffe°s n icht
häufig, leicht oder in der Regel reflektorische Herzstörungen aus-
lösen. Erst in der allerletzten Zeit habe ich einmal von einem
Kollegen gehört, dass ihm nicht nur koffeinhaltiger, sondern auch
koffeinfreier Kaffee Störungen der Herztätigkeit verursache.
Weiter geht aus den vielen mit Wilhelm vorgenommenen
Y ersuchen mit Kaffeedestillaten, d. h. den flüchtigen Röstprodukten
hervor, dass dieselben, obwohl sie sauer und zu kräftig schmeckten,
nie nennenswerte Magenstörungen., Herzempfindungen oder Pulsver¬
änderungen hervorgebracht haben. Wir waren allerdings genötigt,
durch Alkali oder Zucker den Geschmack der stärksten Destillate
(aus 100 — 500 g Kaffee) etwas zu korrigieren.
Da ich prinzipiell Harnacks Lehre von der allgemeinen
grossen Bedeutung der Röstprodukte für die Kaffeewirkung beim
gesunden Durchschnittsmenschen widersprechen muss, so war ich
von vornherein sehr skeptisch gegen seine Versicherung, dass der
Thumkaffee (aus in warmem Wasser geweichten, durch Bürsten
von Häutchen, oberflächlichem Fett und etwas Gerbsäure befreiten
und dann gerösteten Bohnen) so sehr viel bekömmlicher sei als der
gewöhnliche. Physiologische Beweise fehlen leider bei Harnack
für diese Behauptung vollständig; seine chemischen Beweise sind
folgende :
Es soll Vi Proz. des Kaffeefettes beim Reinigen nach T h u m
verschwinden und zwar gerade das Oberflächenfett, „das, wenn es
an der Luft verbrennt, das abscheulich riechende Akrolein liefert“.
Nähere Analysen sind keine mitgeteilt. Der geröstete Kaffee enthält
nach König etwa 11,8 Proz. Fett; ob es hier auf Vs Proz. weniger
ankommt, ist doch fraglich. Dass übrigens gerade auch bei der Ge¬
winnung des koffeinfreien Kaffees fettartige Substanzen und zwar
“) Hier knüpft Harnack an: „Während der Furfuralkohol im
Kaffee durch beträchtliche Verringerung der Wärmeproduktion tem¬
peraturerniedrigend wirkt (E. E r d m a n n).“ Es ist mir unverständ¬
lich, wie jemand aus den E r d m a n n sehen minimalen Zahlen eine
1 emperaturherabsetzung bei kaffeetrinkenden Menschen ernstlich er-
Schliessen kann.
vorwiegend natürlich von der Oberfläche entfernt werden, beweisen
die mir von der Kaffee-HAG zugestellten grossen Proben dieses
Abfallfettes oder Wachses. Harnack sagt selbst über die Her¬
stellung des koffeinfreien Kaffees: „Die Rohbohne verliert ausser dem
Koffein nur ein kleines Quantum einer öligen Substanz und eines
besonderen von der Oberfläche der Bohne stammenden Stoffes, der
auffallend an sogenanntes Baumwachs (vegetabilisches Wachs) er¬
innert und in kompakten Schichten eine schwärzliche Färbung zeigt“
(D. med. Wochenschr. No. 6, 1909). Dass Akrolein gebildet wird,
hat überhaupt niemand bewiesen.
Die Analysen des gleichen Kaffees bei verschiedener Röstung
ergaben Harnack:
Geröstet nach alter Art: Gewaschen und geröstet nach Thum:
Extrakt 23,01 Proz. 22,01 Proz.
Davon Asche 3,45 „ 3,13 „
Es wäre also um eine Kleinigkeit (ca. 5 Proz.) Wasserextrakt
weniger im Thumkaffee, was sich durch die Schwierigkeit, zwei
Proben absolut gleichmässig zu rösten, aufs leichteste erklärt.
Aus diesen Zahlen ist nichts massgebendes weiter zu
schliessen, er hat daher zur J. T r a u b e sehen Methode [42, 43],
der Stalagmometrie gegriffen, um Differenzen festzustellen.
Die Methode gibt an, in welchem Verhältnis die Tropfenzahl steht
von Wasser einerseits, von der zu untersuchenden Flüssigkeit an¬
dererseits, wenn beide aus einer gleichen Glasröhre bei gleicher
Temperatur ausfliessen. Es ist von J. Traube und dann von
Harnack einwandfrei gezeigt, dass ein bestimmtes Volumen
Kaffee eine ca. 25 Proz. grössere Tropfenzahl oder um 25 Proz.
kleinere Tropfen bildet als Wasser. Es ist auch kein Zweifel, dass
dies weder von Koffein noch von den Salzen herkommt7).
Traube und Harnack schreiben der verminderten Ober¬
flächenspannung des Kaffees gegenüber Wasser (und Thee) eine
grosse physiologische Bedeutung zu und Harnack hat es unter¬
nommen, mit dem Stalagmometer die Verschiedenheit und ver¬
schiedene Bekömmlichkeit des gewöhnlichen gerösteten Kaffees und
des Thumkaffees zu beweisen.
Er findet: es wogen 20 Tropfen Aqua destillata 1,44 g, 20 Tropfen
Kaffeeabsud aus gewöhnlichem Kaffee 1,19 g — Abnahme gegen
Wasser 17,4 Proz., 20 Tropfen Kaffeeabsud aus Thumkaffee 1,23 g
— Abnahme gegen Wasser 14.6 Proz., eine andere Vergleichsprobe
ergab 17,1 und 13,6 Proz. Abnahme gegen Wasser bei gewöhnlichem
und Thumkaffee.
Obwohl ich mit H o e b e r. 1 44 1 und verschiedenen anderen von
mir konsultierten Physiologen die ganze Betrachtungsweise Har¬
nacks und insbesondere ihre Anwendung auf solch schwierige
praktische kragen für anfechtbar ansehe, habe ich es doch für
meine Pflicht gehalten, auch meinerseits zunächst einmal das Tat¬
sächliche der Angaben zu prüfen, nachdem wir uns lange in der
Methode geübt (Tabelle 3 siehe nächste Seite).
Mein Thumkaffee war von einem Inhaber der Thumlizenz
aus der gleichen Kaffeesorte 1 hergestellt, mit der ich sonst meist
experimentierte, wofür ich die nötigen Garantien besitze.
Ausserdem wurden von der Firma Georg Josef Meyer, Nürnberg,
2 nach dem Thumverfahren hergestellte Kaffees käuflich bezogen,
der eine zu M. 1.60, der andere zu M. 2.20 pro Vs kg, also eine gute
und eine vorzügliche Qualität.
Aus all den Zahlen der Tabelle 3 folgt für mich, dass die
Basis der Betrachtungen von Harnack, soweit sie
sich auf Stalagmometrie beziehen, nicht genügend
fundiert ist. Die gleiche Kaffeesorte 1 koffeinhaltig und ge¬
wöhnlich geröstet, koffeinfrei und gewöhnlich geröstet und
koffeinhaltig und nach Thum geröstet liefert mir fast absolut iden¬
tische Stalagmometerzahlen, auch vier andere Kaffeesorten ergaben
keine Abweichungen, die in Betracht kommen. Eine relativ recht
hohe — wenn auch deutlich etwas niedrigere Tropfenzahl als die bei
echtem Kaffee — • ergaben auch Malzkaffee und Zichorienkaffee. B e i
dieser Sachlage erübrigt es weiter, über die prin¬
zipielle Bedeutung der Stalagmometer zahl zu
diskutieren.
Ich habe auch vergleichende Säuretitrierungen in gleichmässig
hergestellten Extrakten von verschiedenen Kaffees ausgeführt und für
den gleichen Kaffee, mochte er nach Thum oder gewöhnlich geröstet
sein, die gleichen Säurezahlen erhalten. Eine Reihe vergleichender
Verdauungsversuche von Eiweisswiirfeln mit Pepsin, Salzsäure und
Zusatz von Thumkaffee oder gewöhnlichem Kaffee ergab keine fass¬
baren Unterschiede in der Menge des gelösten Eiweisses, meist
stimmten die beiden Kontrollen sehr gut.
In Tabelle 4 gebe ich nun unsere physiologischen Ver¬
suche, die wir mit Thumkaffee angestellt haben.
7) Da Alkohol einen besonders stark vermehrenden Einfluss auf
die Tropfenzahl hat, so könnte man erwarten, dass die flüchtigen
Stoffe der Röstung an der grossen Tropfenzahl des Kaffees schuld
sind, irgend einen Beweis dafür vermisst man aber bei H a r n a c k.
Wie aus meiner Tabelle 3 folgt, hat jedenfalls der Furfuralkohol nur
einen sehr bescheidenen Einfluss auf die Tropfenzahl selbst in einer
Ipioz. Lösung (eine % proz. Lösung liefert 20,46 Tropfen, eine
1 pioz, Lösung 21,33 Tropfen statt 19,5 Wassertropfen bei 19,5 0,
360
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
Tabelle 3. Vergleichende Untersuchung von gewöhnlich ge¬
röstetem, Thumkaffee und koffeinfreiem Kaffee aus gleichem Aus¬
gangsmaterial auf physikalische Konstanten.
A) T r i 1 1 i c h e x t r a k t e. (10 Kaffee auf 250 Wasser.)
cd
Tropfenzalil
E3
i. 'Ho
— 5 o
Verwendete Kaffeesorte
8«
JS Ss
N <X>
O) rn
CX,
gq
Mittel
aus
Kaffee
pro
1 ccm
Wasser
s
PL,
B
<S>
-M rH
zj cn
SS §
E-!g >►
Kaffee I koffeinhalt. 1 Proz., normal
geröstet . Probe a
1 0055
24,98
19,4
20
0,98
Probe b
1,005
25,50
19,5
22
0,97
Kaffee I von Koffein bis auf 0,10
Proz. befreit, normal geröstet
Probe a
1,004
25,65
19,4
21
0,97
Probe b
1,0045
25,36
19,5
22
0,97
Kaffee I koffeinhaltig (1 Proz.) nach
0,96
Thum geröstet . . Probe a
1,0055
25,5
19,35
18
Probe b
1,006
25,5
19,35
18
0,95
B) Aufgüsse nach Harnack. (20 Kaffee auf 200 Wasser.)
Verwendete Kaffeesorte
Tropfenzahl
pro 1 ccm
Kaffee
Kaffee I koffeinhaltig, 1 Proz. Koffein,
normal geröstet . Probe a
27,61
Probe b
27,77
Kaffee I koffeinfrei, d. h. 0,1 Proz.
Koffein, normal geröstet . . Probe a
27,33
Probe b
27,57
Kaffee I koffeinhaltig, 1 Proz., nach
Thum geröstet . Probe a
27,2
Probe b
27,2
Kaffee II stark koffeinhaltig, 2,2 Proz.
Koffein, normal geröstet . . Probe a
27,64
Probe b
27,55
Kaffee III nach Thum geröstet, 1,27 Proz.
Koffein, von Meyer, Nürnberg
Probe a
27,26
Probe b
27,23
Kaffee IV nach Thum geröstet, 1 ,26 Proz.
Koffein, von Meyer, Nürnberg
Probe a
26,97
Probe b
27,08
Malzkaffee (Kathreiner) . . Probe a
25,14
Probe b
25,36
Zichorien (Frank) . Probe a
24 07
Probe b
24,14
Tropfenzahl
pro 1 ccm
Wasser
19,60
Jeder Kaffee ist zweimal untersucht, Probe a und b; ausserdem sind
alle Zahlen Mittel aus je 10 Bestimmungen bei 24°.
Die Tabelle 4 zeigt, dass sich unsere Versuchsper¬
sonen gegen Thumkaffee nicht merklich anders
verhielten als gegen anderen koffeinhaltigen
Kaffee. Bei D. fehlt, ebenso wie bei gewöhnlichem gerösteten
Kaffee mit 100 — 200 mg Kaffein eine typische Pulsverlangsamung und
jegliche Art Magenwirkung.
Bei Dr. V. traten zweimal die gleichen leichten Magenwirkungen,
viermal die typische Pulsverlangsamung ein, wie bei seinen Ver¬
suchen mit gewöhnlichem Kaffee. Es fehlt nie Pulsverlangsamung,
wenn die Dosis über 0,2 Koffein betragen hatte. Das Sodbrennen
scheint bei ihm dann aufzutreten und zwar bei Thumkaffee wie bei
jeder anderen Art Kaffee wenn er — wie er es zu tun pflegt, —
längere Zeit keinen Bohnenkaffee mehr getrunken hat. In 2 Ver¬
suchen ist aber deutlich Pulsverlangsamung ohne Magenreizung
beobachtet — genau wie bei den Versuchen mit Koffein von Wil¬
helm und N e u m a nn . —
Der Geschmack des Thumkaffees wurde von ca. 40 Per¬
sonen mehrfach .mit dem Geschmack des auf gewöhnliche Weise
hergestellten Vollkaffees verglichen. Das Resultat aller
Versuche war, dass es absolut unmöglich ist, die¬
selben objektiv als „gut“ oder „schlecht“ zu unter¬
scheiden. Wohl schmeckte manchen Personen der eine, anderen
der andere besser, aber dass der eine rein, der andere verbrannt,
„rauchig geschmeckt“, „einen Schwanz gehabt“ habe, war uns un¬
möglich zu finden. — Das Protokoll eines solchen Versuches gebe
ich im Auszug: 13 Personen an Alter, Bildung und Geschlecht ver¬
schieden tranken gleich zubereitete Aufgüsse (20 : 200) der drei
Kaffeesorten normal geröstet.
A. Kaffee I koffeinhaltig 1 Proz. Koffein \ ,
B. Kaffee I koffeinfrei 0,1 Proz. Koffein / normal gerostet.
C. Kaffee I koffeinhaltig 1 Proz. Koffein nach Thum geröstet.
Die Trinkenden konnten die 3 Kaffeesorten, von deren Herkunft
sie natürlich nichts wussten, rein oder mit gleichen Quantitäten Milch
und Zucker probieren, sie wurden aufgefordert zu sagen: Ich stelle
dem Geschmack nach cen 3 Kaffeesorten die Note I (bester), !I
(mittlerer), III (schlechtester) aus. Es ist interessant, dass die Summe
der 13 Urteile für jede Sorte genau 25 oder 26 gibt, also die Durch¬
schnittsnote 2,0 für alle Sorten.
Damit ist mir erwiesen, dass dem Thum¬
kaffee vor anderem ordentlich behandeltem
Kaffee praktisch kein Vorzug zukommt, und
dass die T h u m sehe Reinigung der Kaffeebohnen kein Produkt
von besonderen hygienischen Eigenschaften liefert, wie es die
Reklame behauptet. Nach wie vor bleibt bestehen, dass das
Koffein die einzige kräftig und gelegentlich toxisch wirkende
Substanz im Kaffee ist, und dass die flüchtigen Röstprodukte
zwar für den Geruch und Geschmack sehr wichtig sind, dass
aber weder ihnen noch den unflüchtigen Röstprodukten in den
üblichen Dosen eine wesentliche direkte zentrale Wirkung
zukommt wie dem Koffein.
Tabelle 4.
s-
<u
B
c
5
Z
Datum
Versuchs¬
personen
Konzentration
Coffeingehalt
nach Lendrich
u. Nottbohm |
Coffeingehalt 1
des Aufgusses !
berechnet n.Katz
mit 82,5 Proz. |
Puls
Respiration
Erregung
Schlaf
Magen¬
symptome
Sonstige nervöse
Symptome
Besondere
Bemerkungen
•X
Proz.
i
11. III. 12
D.
20 : 250
1
165 mg
Vorher 72-75
9 Min. nachli. —70
20 „ „ -73
29 „ „ 72
36 „ „ 75
43 „ „ 72
50 Min. nachher 66
55 ,, ,, 68
63 „ ,, 68
72 „ „ 65
78 „ „ 65
88 ,, ,, 68
Vorher
141/, 15V*
Mitte
13 — 1 3'/a
Ende
14-15
Keine
Out
Keine
Keine
2
11. III. 12
Dr. V
20 : 250
1
165 mg
Vorher 62
15 Min nachher 62
30 „ ,, 60
45 Min. nachher 60
60 „ „ 60
Keine
Out
Keine
Keine
3
15. III. 12
D.
25: 250
1
206 mg
Vorher 74 - 78
8 Min. nachher 74
16 „ „ 82
26 „ „ 72
35 „ 5, 70
43 „ ,, 80
52 Min. nachher 74
58 ,, ,, 76
66 „ „ 80
75 „ „ 76
82 „ „ 76
Vorher
18 19
Mitte
16V*-' 17
Ende
18-19
Leichte Unruhe
während des
ganzen
Versuchs
Out
Keine
Keine
4
13. III 12
Dr. V.
25 : 250
1
206 mg
Vorher 65
15 Min. nachher 60
30 „ „ 55
45 „ „ 55
60 Min. nachher 60
75 „ „ 58
90 „ „ 58
Keine
Out
Keine
Keine
5
18. 111. 12
Dr. V.
25 : 250
1
206 mg
Vorher 63 - 66
15 Min. nachher 65
30 „ „ 59
45 ,, ,, 56
60 Min. nachher 53'
75 „ „ 61
90 „ „ 58
1 Puls voller
Keine
*
Out
Keine
Keine
6
13. VI. 12
Dr. V.
50 : 400
1
412 mg
Vorher 59
10 Min. nachher 56
20 „ ,, 52
30 „ „ 49
40 Min. nachher 53
50 „ „ 53
70 „ „ 53
Keine
2}^Stdn.zu Bette
gelegen ohne
einzuschlafen,
'03^*1 Uhr abds.
Leichtes Sod¬
brennen, 3 Stdn.
anhaltend
Keine
Seit deml.IV. hat
Herr V. keinen
Bohnenkaffee
getrunken
7
21. VI. 12
Dr. V.
25 : 250
1,26
256 mg
Vorher 58
5 Min. nachher 58
10 „ „ 57
25 „ „ 56
45 „ „ 50
60 „ „ 50
70 Min. nachher 50
80' „ „ 51
85 „ ,. 52
55 „ „ 50
100 „ „ 51
Keine
Out
Während des
ganzen Versuchs
leichtes nicht
kontinuierliches
Sodbrennen, oft
saures Aufstoss.
Keine
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
361
Zum koffeinfreien Kaffee habe ich vor kurzem: Zur
Psychologie und Hygiene der Genussmittel, (Rektoratsrede,
Wiirzburg 1912), Stellung genommen. Ich habe dort aus-
gefiihrt, dass die Genussmittel, deren Bedeutung in erster
Linie auf der zentralen Wirkung eines Bestandteils zu beruhen
scheint (Wein — Alkohol; Kaffee — Koffein; Tabak — Nikotin) so¬
lange nicht richtig verstanden werden, als wir diese allein
berücksichtigen. Nicht vergessen dürfen wir die begleitenden
Würzen, die zumeist peripher wirkenden aber unser Gesamt¬
befinden durch Vermittlung des Geruchs- und Geschmacks¬
sinnes8) höchst angenehm beeinflussenden Stoffe, die wir nur
sehr unvollständig chemisch kennen, — über deren Anwesen¬
heit uns aber unsere Sinne so klare Auskunft geben. Diese
begleitenden Würzstoffe sind für den Genussmittelwert von
solch fundamentaler Bedeutung, dass Wein, Kaffee, Thee und
Tabak nie nach ihrem Gehalt an Alkohol, Koffein und Nikotin
gehandelt werden, ja dass man vielfach geradezu den leich¬
teren d. h. giftärmeren Sorten den Vorzug gibt, wenn sie
reich an Aromastoffen sind. Eine sehr erhebliche
Anzahl von Menschen geniesst in den gewohnten Genuss¬
mitteln vor allem die peripheren Würzen, den Wohlgeschmak
und Wohgeruch und nimmt — oft nur ungern — die Wirkung
des zentralen Genussmittels in den Kauf. Viele Menschen, vor
allem solche mit zarter Gesundheit lieben den Weingeschmack
und die Zigarre, fürchten aber Alkohol und Nikotin, sie
möchten ihren gewohnten aromatischen Kaffee nicht ent¬
behren und scheuen die Wirkung des Koffeins auf den Schlaf,
auf die Gicht usw. Wer in voller Gesundheit Kaffee trinkt,
um seine geistige und körperliche Leistungsfähigkeit vorüber¬
gehend energisch zu verbessern resp. zu verlängern, wer ein
Nervensystem hat, das nach der vermehrten Leistung unter
der Kaffeewirkung (Koffeinwirkung) leicht immer wieder zum
Zustand der Ruhe zurückkehrt — der wird natürlich koffein¬
haltigen Kaffee wählen. Wer aber aus Erfahrung weiss, dass
ihm koffeinhaltige Getränke Kongestionen machen, Herz¬
klopfen erzeugen, den Schlaf rauben — der kann im koffein¬
freien Kaffee einen wertvollen Ersatz finden, ein Surrogat, das
ihm die ganze Symbolik der gemütlichen Kaffeestunde lässt,
ihm den ganzen Wohlgeschmack des Originalgetränkes über¬
mittelt, ohne irgendwie zu schaden. Vielleicht, dass ausser¬
dem die minimalen Koffeindosen, die zurückblieben, dem
Koffeinempfindlichen gerade genügen, um ihm eine leichte vor¬
übergehende Anregung zu geben, vielleicht dass den empyreu-
matischen Bestandteilen und dem heissen Wasser in Ver¬
bindung mit Ruhen und Plaudern und der ganzen Suggestion
der Kaffeestunde auch noch eine leichte Wirkung zukommt
wie dies aus der Geiser sehen Arbeit geschlossen werden
könnte. Hier sind noch manche schwierige Fragen an „ner¬
vösen“ Personen zu lösen. Tatsache ist, dass sich Tausende
von Menschen bei dem koffeinfreien Kaffee sehr wohl fühlen.
Was viele Menschen freiwillig getan haben, auf die ihnen
schlecht bekommenden koffeinhaltigen Genussmittel ver¬
zichten, das haben andere unter dem Zwang ärztlicher Ver¬
ordnung tun müssen. Alle ärztlichen Autoritäten verbieten
heute Herzkranken, Nierenkranken und sehr vielen Nervösen,
vor allem an schlechtem Schlaf leidenden, den Genuss der
koffeinhaltigen Genussmittel; vergl. z. B. Jürgensen [45],
v. K r e h 1 [46]. Auch Gichtleidende sollen sie meiden, da eine
Entmethylierung des Koffeins nach K o t a k e in der Leber,
nach Schittenhelm auch in der Lunge stattfindet und
Besser bei Umber eine direkte Steigerung der Harnsäure¬
produktion bei Gichtikern und Normalen nachwies (vergl.
Besser: Therapie der Gegenwart, 50. Jahrg., Heft 7 und
Umber: „Lehrbuch der Ernährung und der Stoffwechsel¬
krankheiten“ 1909, S. 324).
All diesen zahlreichen Kranken, Halbgesunden und bloss
zur Erkrankung Disponierten ist in dem koffeinfreien Kaffee ein
wertvoller Ersatz geboten, wie viele ärztliche Stimmen be¬
weisen [47].
Nur in den Ausnahmefällen wird auch er nicht vertragen
werden, wo der Magen gegen alle Getränke aus kaffeeartigen
Röstprodukten abnorm empfindlich reagiert.
8) Beim Rauchen kommt das optische Vergnügen bei der Be¬
trachtung der Spiele der Rauchwolken desgl. der Entwicklung der
weissen Asche als so wichtig hinzu, dass alle Raucher versichern,
das Rauchen im Dunkeln sei ein sehr geringer Genuss.
No. 7.
Literatur.
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Bd. 1, 1896, p. 101. — 20. H. Meyer und A. Eckert: Sitzungs¬
berichte der Wiener Akad. CXIX, 116, Okt. 1910. Vgl. auch Bene¬
dict- Ulz er: Analyse d. Fett- und Wachsarten, 5. Aufl., 1903,
820. — 21. Aubert und Dehn: Pflügers Archiv 1874, Bd. 9, p. 1 17
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Wiener Akademiebericht, Bd. 81, Abt. 2, 1880, p. 1032 und Monats¬
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d. Nähr.- u. Genussmittel 1898, Bd. 1, p. 457. — 24a. Monari und
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25. Bötsch: Monatshefte f. Chemie 1880, Bd. 1, p. 621. — 26.
Thiele und D i m r o t h : Liebigs Annalen, Bd. 305, p. 102, 1899. —»
27. Gorter: Liebigs Annalen, Bd. 358, p. 334. — 27a. V. Grafe:
Sitzungsberichte d. kais. Akad. Wien, mathem.-naturw. Klasse 1,
Bd. 121, Juli 1912. — 29. J. Katz: Arch. d. Pharmacie 1904, Bd. 242,
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p. 30. Vgl. auch P. Wäntig: Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt
1906, Bd. 23, p. 315 — 32, ref. in Zeitschr. f. Unters, d. Nähr.- u. Genuss¬
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Bd. 5, p. 589. — 30. H o 1 1 i n g w o r t h, Horatio Wood: The Thera-
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Archiv, Bd. 105, p. 541 u. 559, 1904, Bd. 132, p. 511, 1910, Bd. 1,
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der Zelle und der Gewebe. 3. Aufl., Leipzig 1911, p. 227 u. 268. —
45. Jürgensen: Erkrankungen der Kreislauforgane, Insuffizienz
(Schwäche) des Herzens. In Nothnagels spez. Pathol. u. Therapie,
Bd. 15, 1. Teil, 1. Abt. Wien, 1899, p. 182. — 46. v. Kr eh 1: Erkran¬
kungen des Herzmuskels und die nervösen Herzkrankheiten. In
Nothnagels spez. Pathol. u. Therapie, Bd. 15, 1. Teil, 5. Abt. Wien,
1901, p. 73 — 74, p. 184, p. 263. — 47. Vgl. z. B. Samuely - Franzens¬
bad: Deutsche med. Presse 1912, No. 1. A. Möller: Therap.
Rundschau 1908, No. 47. Glücksmann und Gorini: Ref. in
Zeitschr. f. Unters, d. Nahrungsmittel, Bd. 20, p. 10.
- • -
Der Arzt als Patient.
Seinen eigenen Herzschlag kann man hören, wenn man das Ohr
aufs Kopfkissen presst, das eigene Blut kann man sehen, wenn man
mit geschlossenen Lidern in die Sonne blickt. Man kann sich auf
viele Arten selber belauschen, spürt Knarren in Sehnen, Knacken in
Gelenken und Knurren im Magen, und manch einer ist schon in Ver¬
legenheit gekommen, weil seine Verdauungsorgane sich zu zanken
anfingen, als ob er sechs Katzen im Bauche trüge. Von diesen natür¬
lichen oder leichtpathologischen Aeusserungen der Organe bis zur
Schmerzempfindung ist es noch ein weiter Weg, und diese selbst ist
an oft unberechenbare, psychische Faktoren geknüpft; man fürchtet
sich vor einem Nadelstich und bemerkt einen tiefen Messerschnitt
erst daran, dass das Blut herunterläuft. Ganz unangenehm ist es aber
4
362 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No^7^
gewiss, einen heftigen Knall, eine Sprengung im eigenen Körper zu
erleben.
Ich ging ruhig bei Tauwetter auf ebener Strasse hin, als ich ein
wenig ausrutschte; um nicht den Boden zu berühren, hielt ich mit
aller Kraft an mich; im selben Augenblick ging mir ein Donnerschlag
durch den Leib, zugleich wusste ich; jetzt ist die Streckersehne ge¬
rissen und die Kniescheibe an den Oberschenkel hinaufgefahren.
Ruhig Blut. Leise sank die Nacht über mich her.
Als ich wieder sehen konnte, ordnete ich unter den Herbei¬
gelaufenen das Notwendige an. Ich liess mir das Knie steif binden,
wurde auf einen Holzschlitten gelegt und nach Hause gebracht; aber
einer in mir sagte unablässig: wenn du nur schon 24 Stunden älter
wärest.
Es war am 5. Januar 1909, nachmittags um 2 Uhr; Automobile
gab es keine, das nächste Dampfschiff fuhr am anderen Morgen um
10 Uhr nach Konstanz.
Noch niemals hat sich ein Mensch so gefreut unters Messer zu
kommen wie ich nach den 21 Stunden, die ich im Notverband gelegen.
Meine einzige Sorge war: werden sie mich im Krankenhaus gleich
vornehmen? Glücklicherweise war alles bereit. Schon im Opera¬
tionssaal wurde mir behaglich zu Mut. Als sich die Maske über mich
senkte, dachte ich: ich will es ihnen erleichtern; ich will sofort ein-
schlafen. Atmete dreimal tief mit offenem Mund, trank in richtigen
Zügen den Aetherdunst und versank leise in einen Abgrund. Es ist
ein seliges Wonnegefühl, so wie ich mir den Opiumrausch denke, ein
Bodenverlieren, ein Hinunterschweben auf sanften Flügeln. Plötz¬
lich hebt ein Klopfen in den Ohren an, als ob mit zehntausend Dampf¬
hämmern drauflos geschlagen würde, schneller, schneller, und da ist
ein Punkt, etwa wie wenn noch auf einen elektrischen Knopf gedrückt
würde und dann: der Gaul geht durch, rasend, der ganze Organis¬
mus saust dahin, die Seele fährt aus dem Leib. Schlaf.
Das ist der Tod. Man existiert nicht mehr. Anders kann der
Tod nicht sein. —
Ich erwachte in einem Krankenbett. Zwei Stunden waren ver¬
gangen. Der erste Gedanke: so, jetzt weiss ich’s; euch bin ich hinter
eure Schliche gekommen; jetzt weiss ich, wie der Tod ist. Ein läp¬
pisches Frohlocken erfüllte mich, und es fiel mir sofort ein, dass ich
mit dem Gedanken an einen Freund eingeschlafen war: hat er es
nicht kürzlich genau so erzählt, diesen Punkt, von dem ab man ge¬
liefert ist, wehrlos, ohne Hilfe? Ein paar Tropfen mehr, und man
wacht nicht mehr auf. Vom Vorhof des Tods in den Tod — ohne
Unterschied, ohne es zu merken. Ein Zorn erfasste mich über diese
Machtlosigkeit.
Uebrigens stellte es sich heraus, dass dieses Gespräch mit dem
Freund nie stattgefunden hatte.
Mühsam holte ich nun ein paar Gedanken in meinem Hirn zu¬
sammen, ich spürte sie beinahe körperlich entstehen, sie lagen da
herum und ich musste sie fassen, eine gewisse närrische, tölpelhafte
Heiterkeit versuchte einen halben Spass zu machen, die Zunge ver¬
sagte den Dienst, lallte schwer im Mund herum, und als sie sprach,
kam nicht das zustand, was das Gehirn wollte. Bald merkte ich, dass
die Zunge verschwollen war, ohne Zweifel, weil sie während der
Operation in den Schlund gerutscht und mit der Zungenklemme fest¬
gehalten worden war.
Ich habe das später mehrfach gehört, dass man beim Erwachen
aus der Narkose noch in der Trunkenheit kindisch zu spassen ver¬
sucht; ich soll der alten Schwester Oliva heilig versprochen haben:
oh, ich werde noch feine Gedichte machen, und ein Kamerad sagte
dem Arzt, er mache so ein katholisches Gesicht; andere plärren und
spinnen an dem schweren Gedankengang weiter, mit dem sie ein¬
geschlafen sind, und das geschah dann im heftigsten Widerstreben,
im natürlichen Kampf des Lebens gegen den Tod. Uebrigens glaube
ich, dass jede Narkose sich rasch und günstig vollzieht, wenn der
Kranke vorher darüber aufgeklärt und bereit ist, dass er mit bestem
Willen mithelfen soll. Ich war in einer halben Minute friedlich ein¬
geschlummert.
Eine tiefe Dankbarkeit erfüllte mich gegen die Narkoseschwester,
für diesen ununterbrochenen, erinnerungslosen Schlaftod.
Naseweise junge Schwestern haben sich schon zum Spass gegen¬
seitig narkotisiert; das ist ein Unfug, und ich kann mir denken, dass
er zum Laster werden kann. Dagegen wünsche ich jedem Arzte, dass
er selber einmal unters Messer kommt, und am eigenen Leibe ver¬
spürt, was im Patienten vorgeht.
Verwundert besah ich nun mein Bein; es war von oben bis unten
in Wasserglasverband gepackt, auf eine Holzschiene gelegt; das Knie
wTar eröffnet worden und das untere Sehnenende, an dem ein Stück¬
chen Knochen hing, mit der Kniescheibe vernäht. Zwar war eine
breite, gutgeflickte Wunde gesetzt, aber ich hatte die erlösende Emp¬
findung: es ist alles wieder in Ordnung und sitzt an der rechten Stelle,
nicht mehr so unnatürlich und peinvoll wie vorher.
Zum erstenmal kam ich aus eigener Erfahrung darauf, zu wel¬
chen Funktionen das Kugelgelenk im Knie bestimmt ist. Der Gesunde
weiss nichts von seinen Gliedern, er nimmt ihre Arbeit selbstverständ¬
lich, danklos und ohne Besinnen hin; erst der Kranke dringt mit
Schmerzen in den Sinn seiner Organe ein. Die geringste Berührung
des Betts empfand ich als Stoss in der Wunde, und ich sah ein, dass
das Kniegelenk des Gesunden jeden Schritt und Schlag in sich auf¬
fängt, seine Erschütterungswirkung abschwächt und für den Körper
neutralisiert; es ist als Dämpfer in die Knochenleitung eingeschaltet;
ohne dieses sanftarbeitende, wohlgeölte Gelenk würde jeder Tritt
wie eine Gewalttat auf den Körper wirken, wir würden das Gleich¬
gewicht verlieren und Umfallen.
Kaum hatten sich die braven Organe Haut, Muskeln, Sehne,
Knochen, Nerven, Gefässe von dem rauhen Eingriff in ihr ruhiges
Leben notdürftig erholt, so begannen sie mit Eifer den Heilungspro¬
zess. In den ersten Tagen, stets um dieselbe Nachmittagsstunde,
setzte eine eigentümliche Schmerzempfindung ein: ein ganzer Klem¬
merhaufen, ein Ameisenheer nagte mit tausend Bissen an der Wunde,
zerrte, rupfte und zupfte daran; gegen Abend versurrte es wohlig.
Die Nächte brachten Schlaf von halben Stunden. Wie anspruchslos
wird der Schwerkranke. Um eine Stunde Schlaf in einer Nacht ist
er beglückt; unbeweglich lernt er die Wochen in steifer Rückenlage
verbringen. Das Zeitmass ist verschoben. Einmal wachte ich nachts
auf und sah auf die Uhr; sie zeigte 5 Minuten vor 3A 2 Uhr; sofort
schlief ich wieder ein, schlief tief und fest, lange, lange, und wachte
wohl nach Stunden wieder auf; es waren noch 2 Minuten bis '14 2;
ich hatte genau 3 Minuten geschlafen. Morphium bewährte sich nicht,
es verursachte beim Einschlafen elektrische Schläge durch den ganzen
Körper durch. Dagegen preise ich ein leichtes Fiebermittel. Ich hatte
anfangs stets Temperaturerhöhung, 38,5, etwas allzulange, weshalb
mein Operateur, der alte, geniale Otto Kappe ler, knurrte; schliess¬
lich bat ich um ein Fiebermittel; ich kenne mich, ich hätte beim
geringsten Schnupfen hohe Temperatur, mein Blut brenne leicht;
ungern bewilligte er ein Pülverchen Phenacetin, und weg war das
Fieber.
Nach 8 Tagen hob um die Mittagszeit ein wohliges Schaffen im
Knie an, irgend ein magnetischer Strom wurde erzeugt, eine elek¬
trische Maschine nähte und stach angenehm prickelnd an den Wund¬
teilen; es war, als ob eine Dynamomaschine drin arbeitete; dabei
spürte ich lebhaft, wie die beiden Knochenstücke sich anzogen, sich
ineinander pressten und ineinander hineinwuchsen; ich hatte jetzt nur
die Pflicht stillzuliegen und dem mächtigen Schaffen im Knie zuzu¬
horchen.
Mit Vorsicht griff ich zu Büchern. Gleich das erste, das ich in
die Hand bekam, Heydenstams Karl XII., war zu schwer für das
junge Leben, das erst wieder die Augen in mir aufschlug; es strengte
mich an, erschien mir blutrünstig und erdrückend. Darnach verfiel
ich aufs Gegenteil, und las eine Sammlung lustiger Gedichte und Ge¬
schichten; sie wurden zu leicht befunden und hinterliessen eine Leere.
Ich glaube, der Kranke ist feinfühliger und bestimmter in seinem Ge¬
schmack als der Gesunde. Erst als ich an die Sprüche von Goethe,
an Mörike und Gottfried Keller geriet, ging mir das liebe Leben wieder
an, das ich nun 10 Wochen nur vom Fenster aus betrachten sollte.
Das waren drei gute Krankenfreunde. Freilich, am besten wirkte
der lebendige Humor aus erster Hand, von einer prächtigen alten
Krankenschwester gespendet. Nichts regt die Lebensgeister so an,
wie ein unvermutetes Lachenkönnen über irgendeine Torheit oder
eine sich eben abspielende Anekdote, die einem unversehens in den
Schoss fällt; sie schüttelte sie aus dem Aermel.
Allmählich gewann ich Sinn für meine Umgebung.
Das Krankenzimmer war mustergültig nach hygienischen Grund¬
sätzen nur mit dem Notwendigsten versehen, die Wände abwaschbar,
mit grauer Oelfarbe gestrichen; kein Bild, keine Unterbrechung der
eintönigen Flächen. Dem Bett gegenüber war eine Tür in die Wand
eingelassen, deren Holz nicht unter einer Oelfarbe verdeckt, sondern
mit dünnem Lack überzogen, als ehrliches Tannenholz hervortrat.
Die Masern dieser Türe waren lange Zeit die einzige FTholung, der
ästhetische Genuss für mein verarmtes Auge. Ihnen danke ich soviel
wie Goethe, Mörike und Keller. Bis ich an der Stubendecke
einige Sprünge im Gips entdeckte, die wie Flüsse auf einer Landkarte
gewunden verliefen. Diese Masern und diese Sprünge werde ich
nie vergessen, und wenn ich 100 Jahr alt werde. Die Hygiene ist
eine herbe Tochter des Verstandes, eine Puritanerin und Bilder¬
stürmerin, eine Erzlangweilerin; ihr gilt alles als Staubfresser, was
nicht abwaschbar ist; derweil darbt das Herz und wird müde und
schliesst Freundschaft mit Rissen und Rosen und allem, was nur nicht
hygienisch ist.
Ich weiss, ich bin ein Ketzer, und hätte in meiner Krankenzeit
auch etwas Gescheiteres tun können als aus der Schule zu schwatzen.
Als ich wieder anfing, gehen zu lernen wie ein kleines Kind, erst im
Trichter, dann an zwei Stöcken, unbehilflich und plump, und als ich
an der Maschine zwangsweise im Knie gebeugt und gestreckt wurde,
da wusste ich, dass an mir ein Meisterstück der ärztlichen Kunst
verrichtet war, das vor 15 Jahren noch keiner kannte, und dass ich
nicht als ein Krüppel im Leben herumhumpeln würde, sondern ein¬
mal noch über die Berge springen könnte.
Aber ich habe meine stillen Beobachtungen angestellt über Arzt
und Leben. Im allgemeinen traut sich der Arzt auf dem platten
Lande und oft auch in der Stadt, zu viel zu; er will alles machen
und da kommen die saumseligen Patienten leicht zu spät vor die
rechte Schmiede, ins Krankenhaus, wo unter viel günstigeren Ver¬
hältnissen, mit geschultem Personal, mit Asepsis, mit Apparaten ge¬
arbeitet wird. Der Einzelarzt kann heute unmöglich in allen Sätteln
gerecht sein; so wird er, wenn er ehrlich ist, in vielen Fällen den
Patienten so schleunig wie möglich ins Krankenhaus oder zum besten
Spezialarzt befördern, der kraft seiner reichen Erfahrung auf seinem
Gebiete in kurzer Zeit bewältigt, woran der einfache Arzt zersplittert
wäre; dann hat er als Berater der Menschheit besser gedient als
wenn er sich erst selber daran versucht hätte.
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIET.
363
Otto K a p p e 1 e r ist kurz nach meiner Entlassung gestorben,
am 11. Mai 1909, er, der Blinddarmspezialist, an Blinddarmentzündung;
ich habe ihn V* Jahr lang als sein Patient wie einen Vater verehren
gelernt; er gehörte zum Schlage der Bismarck und Kiderlen-
W acht er, knorrig, kurz angebunden, gütig und voll Humor.
Vor zwei Jahren suchte mich ein Kollege auf, der zufällig bei
meiner Operation zugegen gewesen wrar. Er kam, um mir zu sagen,
wie froh er sei, dass K a p p e 1 e r mich mit Katgut genäht habe, und
zwar bei der verwickelten Sache wunderbar kombinierend; eine
Patellarfraktur, die er kurz darauf mit Silberdraht genäht gesehen
habe, sei infiziert worden und habe zum Ende geführt.
Heute kann ich tüchtig marschieren und bin schon aufs Rad
gestiegen; nur einen bösen Wettervogel habe ich, und den Föhn
prophezeie ich mit Leichtigkeit und Stöhnen drei Tage vorher.
Ludwig F i n c k h, Gaienhofen.
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Ueberblick über die Entwicklung und die Erfolge der
Lichttherapie in den ersten 15 Jahren.
Von Dr. B r e i g e r in Berlin.
Im Jahre 1895 trat Finsen mit seiner Lichtbehandlung des
Lupus zuerst an die Oeffentlichkeit und fast zu gleicher Zeit der
Amerikaner Dr. Kellogg mit dem von ihm erfundenen Gliihlicht-
bade. Doch konnte das Licht erst dann auf weiteren Gebieten der
Krankenbehandlung erfolgreich angewandt werden, als 1898 der
Kohlenbogenlicht-Scheinwerfer zur Lichttherapie herangezogen wurde,
und einerseits zur örtlichen Behandlung auf dem Gebiete der Der¬
matologie und Chirurgie, sodann aber auch zur Allgemeinbehandlung
in. kombinierten Lichtheilverfahren vielseitige Anwendung fand. Von
diesem Zeitpunkt fängt eigentlich die Lichtbehandlung erst an, Spe¬
zialwissenschaft zu werden.
Da ich mich seit 1900 fast ausschliesslich mit dieser Therapie
beschäftige, so will ich versuchen, im folgenden die Richtlinien fest¬
zulegen, die, nach meinen langjährigen Erfahrungen an ca. 10 000
Patienten, innegehalten werden müssen, wenn man bei der thera¬
peutischen Verwendung des Lichtes wissenschaftlich rationell ver¬
fahren und Erfolge erzielen will.- Ich halte dies um so mehr für ge¬
boten, als man neuerdings dahin neigt, einer einzelnen Strahlengattung,
mit welcher man freilich in vielen Fällen vorzügliche Resultate er¬
zielt, den Vorzug zu geben, obgleich sie absolut nicht imstande ist
die anderen therapeutisch ebenso wertvollen Strahlen zu verdrängen,
da diese auf anderen Krankheitsgebieten, wo jene kaum nennenswerte
Erfolge aufweist, mit grossem Erfolg verwandt werden.
Als natürliche Lichtquelle steht uns die Sonne, als künstliche
das Glühlicht, das Kohlenbogenlicht und das Eisen- resp. Quecksilber¬
dampflicht bei der Therapie zu Gebote. Alle diese Lichtquellen sen¬
den strahlende Energie von mehr oder weniger starker Intensität aus,
die wir mit unserem Auge als Licht und mit unserem Gefühl als
Wärme empfinden, die aber auch je nach ihrer Zusammensetzung
mehr oder weniger starke chemische Reize auf unsere Haut aus¬
zuüben vermag.
Schon die Lichteindrücke auf unser Auge sind nicht ohne Ein¬
fluss auf unser Allgemeinbefinden! Dies braucht nicht besonders be¬
tont zu werden, da jeder weiss, wie heller, klarer und freundlicher
Sonnenschein ganz anders auf unsere Arbeitsfreudigkeit wirkt wie
trübes und dunkles Wetter.
Bei der therapeutischen Verwendung des Lichtes kommen da¬
gegen in erster Linie die beiden anderen Einwirkungen der Licht¬
strahlen auf den Körper in Betracht, die Wärmewirkung und der
chemische Reiz.
Die Lichtstrahlen, welche den Körper treffen, dringen als Aether-
wellen in denselben ein, und zwar je nach ihrer physikalischen Be¬
schaffenheit mehr oder weniger tief. So gehen die kurzwelligen und
raschschwingenden ultravioletten Strahlen schon in den oberfläch¬
lichsten Gewebsschichten zugrunde, während die violetten und blau¬
violetten Strahlen tiefer dringen und so fort; nur rote Strahlen ver¬
mögen, aus reichlich starker Lichtquelle stammend, selbst die Brust
eines erwachsenen Mannes zu durchdringen. (Nach den neuesten
Forschungen von Rollier-Rosellen sollen jedoch nur 2/s der
ultravioletten Strahlen in der äusseren Haut absorbiert werden,
während das andere Drittel in langwellige Strahlen umgewandelt
wird und dann auch tiefer ins Gewebe eindringt.) Wo aber Aether-
schwingungen zugrunde gehen, da entsteht nach dem Joule sehen
Gesetz Wärme. Sie entsteht also auch im Körperinnern allenthalben,
wohin die Lichtstrahlen dringen und absorbiert werden. Freilich
empfinden wir diese Wärme nur auf unserer äusseren Haut; im Innern
des Körpers wird dieser Umwandlungsprozess ebensowenig intensiv
empfunden, wie die durch erhöhten Stoffwechsel bei körperlicher
Arbeit im Körperinnern vor sich gehende Wärmeproduktion, trotzdem
auch sie die Körpertemperatur so weit erhöhen kann, dass es zum
Schweissausbruch kommt. Auch hochfrequente Ströme erzeugen
nach demselben Gesetz beim Passieren des Körpergewebes Wärme;
auch diese Wärme wird von uns für gewöhnlich nicht empfunden;
setzen wir aber an Stelle der für gewöhnlich verwandten gedämpften
Wellen der Hochfrequenzströme ungedämpfte, wie dies bei den Dia¬
thermieapparaten geschieht, so werden wir uns auch sofort der
Wärmeproduktion in unserem Innern als Wärme durch unser Gefühl
bewusst. Die Wärme, welche die Aetherwellen, also auch die Licht¬
strahlen in unserem Körper hervorrufen, ist daher eine ganz spe¬
zifische, wie solche andere Wärmequellen, die nur allein durch
Leitungswärme wirken, nicht zu erregen vermögen. Die Wärme,
welche bei der körperlichen Arbeit durch erhöhten Stoffwechsel im
Körper erzeugt wird, unterscheidet sich jedoch in einem wesent¬
lichen Punkte von der Wärme, welche durch Absorption der Licht¬
strahlen entsteht. Während nämlich bei der körperlichen Arbeit
das Herz in Mitleidenschaft gezogen wird, bleibt dies bei der Ab¬
sorption der Lichtstrahlen unbeteiligt. Hierin liegt ein Hauptgrund,
dass auch Kranke mit schweren Klappenfehlern und Herzkompen¬
sationstörungen richtig verabfolgte Lichtbäder sehr gut vertragen
und sich in denselben sehr wohl fühlen.
Obgleich man früher diese spezifische Wärmewirkung bei der
Allgemeinbehandlung im Lichtbade nicht nachweisen konnte, so
musste man sie doch theoretisch annehmen, zumal man sie bei der
örtlichen Lichtanwendung immer wiedfer beobachten konnte. Wenn
man nämlich irgend einen Körperteil örtlich bestrahlte und hierbei
den Scheinwerfer so einstellte, dass die Temperatur des Lichtes dort,
wo es die Haut traf, niedriger war als die Hauttemperatur, so zeigten
sich trotzdem auf der bestrahlten Stelle nach einiger Zeit Schweiss-
perlen.
Auch gelang es S c h o 1 1 z - Königsberg im Jahre 1904, diesen
Vorgang in einer Reihe interessanter Experimente einwandfrei nach¬
zuweisen [1].
Heute beobachten wir den Vorgang stets, wo wir die Intensiv¬
lichtbäder, z. B. das Lichtbad „Polysol“ anwenden, da bei diesen
Bädern schon bei 30 — 35° C, also weit unter der normalen Körper¬
temperatur, profuser Schweissausbruch stattfindet. Die Theorie der
spezifischen Wärmewirkung stiess in Aerztekreisen auf starken
Widerspruch und wurde immer wieder in Abrede gestellt. Dies war
auch die Veranlassung, dass die Ansicht fast allgemein verbreitet
war, dass im Lichtbad auch nicht mehr zu erreichen sei als in
irgend einem anderen Schwitzbade. Aber gerade diese spezifische
Wärmewirkung begründet insbesondere die grossen Vorzüge des
kombinierten Lichtheilverfahrens; bei diesem wird auf einen be¬
stimmten Körperteil des im Lichtbade sitzenden Patienten von einer
intensiven, ausserhalb des Lichtkastens sich befindenden Lichtquelle
noch konzentriertes Licht geworfen, welches hier zur Absorption
gelangt, eine grössere Menge von Wärme an dieser Stelle ent¬
wickelt und die durch das allgemeine Lichtbad schon hervorge¬
rufene allgemeine arterielle Hyperämie örtlich in dem erkrankten
Körperteile noch steigert und so eine raschere Resorption dort ab¬
gelagerter Krankheitsprodukte herbeiführt.
Diese spezifische Wärmewirkung ist auch einer der Haupt¬
gründe für die rasche Resorption von Blutergüssen, wie wir sie
jedesmal prompt eintreten sehen, wenn wir frische Blutergüsse unter
Lichtbehandlung nehmen, wobei es ganz einerlei ist, ob dieselben
direkt unter der Haut sitzen oder ob sie in die Körperhöhlen und
Gelenke stattgefunden haben. Ist man doch sogar imstande, bei
oberflächlichen Blutergüssen die bekannte Farbenveränderung wäh¬
rend der Belichtung mit blossem Auge zu verfolgen, falls nur der
Bluterguss auch weniger dicke Stellen zeigt, worauf vor 12 Jahren
zuerst v M i n i n - St. Petersburg aufmerksam machte [2].
Die zweite bei der Lichtbehandlung in Betracht kommende Ein¬
wirkung des Lichtes ist der chemische Reiz der Lichtstrahlen. Dass
Pflanzen nicht nur Wärme, sondern auch Licht brauchen, um zu ge¬
deihen, wissen wir; es ist der Lichtreiz, der den Blättern die grüne
Farbe gibt, die im warmen Dunkelzimmer ausbleibt, die aber immer
im Freien erfolgt, ob die Pflanze von der Wärme der Sonnenstrahlen
getroffen wird oder ob sie im Schatten wächst. „Die menschliche
Blume ist diejenige, welche von allen Blumen am meisten der Sonne
bedarf“, sagt Rousseau. Bestimmt gedeiht auch Tier und Mensch
im Dunkeln nicht! Auch hier spielt der chemische Lichtreiz sicher
eine grosse Rolle, trotzdem dieser Reiz für gewöhnlich nur so
schwach ist, dass er sichtbare Spuren nicht hinterlässt. Dass blaue
und ultraviolette Strahlen Entzündungen der Haut hervorrufen, hatte
1889 Widmark entdeckt und hierauf gründete Finsen seine
Lupusbehandlung, die ja auch äussere Zeichen einer starken Ent¬
zündung der behandelten Stelle und ihrer unmittelbaren Umgebung
mit sich bringt. Dagegen konnten bei dem Licht aller anderen in
der Lichtbehandlung gebrauchten Apparate äussere Zeichen der
Lichtwirkung nicht nachgewiesen werden. Erst als im Jahre 1902
das Eisenlicht in die Lichtbehandlung eingeführt wurde und es be¬
sonders der Dermoscheinwerfer ermöglichte, grössere Hautpartien
gleichzeitig mit mässig konzentrierten violetten und ultravioletten
Strahlen zu belichten, trat die entzündliche Wirkung der blauvioletten
Spektrumseite deutlich zutage und wurde zur Behandlung einer Reihe
von Hautkrankheiten (chronischen Ekzemen, Psoriasis etc.) sowie
zur Heilung schlecht granulierender Wunden, veralteter Beinge¬
schwüre, tuberkulöser, fistulöser Wunden erfolgreich benützt. Gleich¬
zeitig entdeckte man dabei die entzündungshemmende Eigenschaft
der roten Lichtstrahlen und konnte hierdurch die Erfolge dieser
Strahlen bei nässenden Ekzemen, Erysipel, Urtikaria, sowie bei der
Wundheilung erklären. Der Hautreiz der verschiedenen Farben, d. h.
4*
364
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
der Aetherwellen von verschiedener Länge und Schwingungsdauer
zeigte sich demnach, soweit wenigstens die uns sichtbaren Aether¬
wellen, die Lichtstrahlen in Frage kommen, wesentlich different.
Während dem roten Licht jeder Reiz fehlt, diesem vielmehr eine
entzündungshemmende Wirkung innewohnt, fängt die Reizwirkung
beim Gelb an, um desto intensiver zu werden, je mehr man sich
dem Ultraviolett nähert. Selbstverständlich muss man. wenn man
diese differenten Wirkungen beobachten resp. therapeutisch ver¬
wenden will, die Lichtstrahlen so applizieren, dass sie an der Stelle,
wo sie die Haut treffen, von niedrigerer Temperatur sind als die
dortige Hauttemperatur, weil sonst unter der in den Vordergrund
tretenden Wärmewirkung die spezifische Wirkung der einzelnen
Strahlengattung nicht zur Geltung kommen kann.
Alle diese Beobachtungen bei der örtlichen Lichtbehandlung der
Wunden und Hautkrankheiten zwangen geradezu dazu, auch bei der
Lichtwirkung im Lichtbade neben der oben beschriebenen Licht¬
wärmewirkung auch noch diesen Lichtreiz auf die Haut als mit¬
wirkendes Moment anzunehmen. Für diese Theorie gab es lange
Jahre hindurch keine Beweise und nur die immer wiederkehrenden
praktischen Erfolge bei der Behandlung der Stoffwechselkrankheiten
(Gicht, Rheumatismus, Fettsucht und Diabetes) sowie bei Chlorose
und Anämie, Syphilis und Tuberkulose bestärkten sie. Es war doch
ganz unerklärlich, dass hier gerade die Bäder, die wie die blauen
Bogenlichtbäder nur Strahlen enthielten, welche schon in den ober¬
flächlichsten Körpergeweben zugrunde gingen, viel wirksamer waren
wie die Glühlichtbäder, die doch reich an roten, viel tiefer ins
Körperinnere dringenden Strahlen waren. Noch viel rätselhafter
war es, dass örtliche Blaulichtbestrahlung tiefgehende, tuberkulöse
Fistelwunden zur Heilung brachten, ja dass sogar Blaulichtbestrah¬
lungen der Brust auf tuberkulöse Prozesse in der Lunge Einfluss
haben konnten, wie solches durch in die Augen fallende Verminderung
der Tuberkelbazillen im Auswurf klar zutage trat, obgleich doch mit
positiver Sicherheit feststeht, dass kein blauer Lichtstrahl bis in diese
Tiefen dringen kann [3],
Es mussten also irgendwelche indirekte Wirkungen, durch Re¬
flexe ausgelöst, Veranlassung zu diesen Heilerfolgen sein. Auch andere
Beobachtungen führten zu demselben Schluss. Die bekannten Heil¬
erfolge, welche B e r n h a r d - Samaden 14] auf seiner chirurgischen
Station hatte, nachdem seit 9 Jahren die Höhensonnenbehandlung dort
eingeführt, sowie R o 1 1 i e r - Leysin f5] bei der Behandlung der
Tuberkulose der Haut, Knochen und Gelenke mit der Höhensonne und
die auch von Widmer [61 und anderen neuerdings bestätigt wer¬
den, deckten sich mit den Erfolgen, welche man b’i demselben
Leiden seit 15 Jahren bei der Behandlung mit dem künstlichen Lichte
des Bogenlichtscheinwerfers hat 1 7 ]. Es musste also bestimmt ein
gemeinsames Agens in beiden Lichtsorten sein, welches u. a. in der
Sonne der Ebene nur in geringen Mengen sein konnte, da diese
bei denselben Leiden keine oder nur geringe Heileffekte und dann
nur in viel, viel längerer Zeit hatte.
Ganz zufällig kam ich bei der Behandlung einer Psoriasis¬
kranken und gleichzeitig B a c h - Oberkaufungen bei Versuchen über
die Beeinflussung des Blutdruckes durch ultraviolette Bestrahlung, ge¬
stützt auf eigenartige Beobachtungen, welche wir hierbei machten,
zu dem Resultat, dass nur die ultravioletten Strahlen dieses gemein¬
same Agens sein könnten. Es würde zu weit führen, hier auf die
Sache näher einzugehen, und muss ich auf unsere Veröffentlichungen,
die wir ohne von einander zu wissen, auch ziemlich gleichzeitig
machten, hinweisen [8 u. 9].
Kurz will ich nur das Resultat resümieren: Die Reizwirkung
des Lichtes auf die Haut steigt mit dem Gehalt an ultravioletten
Strahlen und ist deswegen am grössten im künstlichen Höhensonnen¬
bad (ultravioletten Strahlen der Quecksilberdampflampen), dann in
der Höhensonne, d. h. also bei der Sonne in Höhen von 1500—2000 m,
der Sonne der öden Tropen und der hohen See und im Lichte des
Kohlenbogenlichtscheinwerfers, dann folgt die Sonne des Mittelgebirges
und endlich die Sonne der Tiefebene und das Licht der Glühlampe.
Der Ultraviolettgehalt der Sonne der verschiedenen Höhenlagen wird
bedingt durch die mehr oder weniger starke Dichtigkeit der Atmo¬
sphäre, von der die mehr oder weniger starke Absorption des Ultra¬
violettes abhängig ist. Stellt man einen Patienten in der Entfernung
von je l'A m in die Mitte zwischen 2 grossen Quecksilberdampf¬
lampen, die so montiert sein müssen, dass die Strahlen ungehindert
nach vorn austreten können und lässt nun das Licht 5 Minuten auf
den nackten Körper wirken, so merkt der Patient zunächst nichts;
nach etwa 2 Stunden macht sich ein angenehmes Wärmegefühl
geltend sowie das Gefühl des leichteren Atmens. Letzteres tritt be¬
sonders deutlich bei Patienten zutage, welche wegen Herzinsuffizienz
an Luftmangel leiden, ein Vorgang, der auch bei Blaulichtb 'Strah¬
lungen schon beobachtet wurde [lQl. Nach und nach rötet sich
die Haut; der Höhepunkt dieser arteriellen Hyperämie wird in etwa
6— S Stunden erreicht, um 12—24 Stunden, ja mehrere Tage, auf
gleicher Höhe zu bleiben und dann allmählich wieder abzufallen; der
Stoffwechsel ist während dieser ganzen Zeit gesteigert, der Blutdruck
herabgesetzt, der Hämoglobingehalt vermehrt. Bei wiederholter Be¬
strahlung bräunt sich die Haut und zwar auch an Stellen, die man
aus irgendwelchen Gründen, z. B. bei Damen oft das Gesicht mit
einem Tuch verdeckte; das ganze Aussehen des Patienten wird ge¬
sunder, es ähnelt dem einer Person, die eben aus längerem Auf¬
enthalt im Hochgebirge oder an der See zurückkommt; überflüssiges
Fett schwindet, auch ohne besondere Diät. Vor allem fühlt sich
der Patient selbst gesunder und oft sogar der Arteriosklerotiker rühmt
bald das viel bessere Befinden.
Wenn bei diesen Vorgängen, besonders bei der Blutdruckherab¬
setzung die andauernde Hauthyperämie eine sehr grosse Rolle spielt,
so scheint sie doch nicht die einzige Reaktion des Körpers auf die
ultraviolette Bestrahlung zu sein, letztere scheint vielmehr auch
auf die Epidermiszellen selbst einen Reiz auszuüben. Hierauf machte
zuerst Widmer“) aufmerksam und führt hier näher aus, wie bei
der Höhensonnenwirkung der Einfluss derselben auf die Epidermis,
das alte Ektoderm, der Hauptfaktor ist. Er erinnert, 'dass unsere
Haut nicht als einfaches Schutzmittel anzusehen ist, sondern als ein¬
zigste und höchst wichtige Vermittlungsstelle mit der Aussenwelt; die
Haut mit ihren feinen Nervenendigungen bildet zugleich mit den
Sinnesorganen den Kontakt mit den Aussenfaktoren und vermittelt so
unsere vornehmsten Lebensvorgänge und stellt das ganze vitale
Gleichgewicht her. Auch von anderer Seite wird eine solche direkte
Lichtwirkung auf die Epidermiszellen nicht allein angenommen, ihr
wird auch bei dem Zustandekommen der Erfolge der Lichtwirkung
eine Hauptrolle zugeschrieben. Eine solche direkte Einwirkung auf
die Epidermiszellen würde auch auf die einfachste Weise erklären,
weswegen es gerade den Lichtstrahlen gelingt, selbst bei grossen
Substanzverlusten der Haut durch ihre ganze Dicke hindurch eine
volle restitutio ad integrum wieder herzustellen, wobei alles wieder
so ersetzt und hergestellt wird, wie es im normalen Zustande war.
Diese gewaltigen Reaktionen des menschlichen Körpers auf die Strah¬
len der Höhensonne wie auf die Strahlen aus stark violetthaltigen
künstlichen Lichtquellen, die am stärksten bei dem Licht der Queck¬
silberdampflampe hervortraten, haben nun zu der Ansicht Ver¬
anlassung gegeben, dass diese Lampen allein bei der ferneren Licht¬
behandlung in Frage kommen könnten. Wenn ich mich ja selbst, wie
aus meinen obigen Ausführungen hervorgeht, von der vorzüglichen
Wirkung dieser Strahlen und den therapeutischen Erfolgen bei ihrer
richtigen Anwendung überzeugen konnte und ihren Wert ganz gewiss
nicht herabsetzen will, so muss ich doch jener Ansicht mit aller Ent¬
schiedenheit und Schärfe entgegentreten, da diese Einseitigkeit grosse
Enttäuschungen, besonders auf dem weiten Gebiete der Wundbehand¬
lung nach sich ziehen würde, da hier das Ultraviolett in der Stärke,
wie es von der Quecksilberdampflampe geliefert wird, nur in den
wenigsten Fällen indiziert ist.
Wenn wir die verschiedenen Wirkungen, der verschiedenen
Lichtstrahlen, wie ich sie in kurzen Zügen oben geschildert habe und
wie sie die praktischen Erfahrungen voll und ganz bestätigen, zu¬
grunde legen — und dies ist doch der einzige wissenschaftlich gang¬
bare Weg — , so müssen wir ganz andere Richtlinien für die Licht¬
behandlung aufstellen, die ich hier in groben Zügen andeuten will.
Die örtliche Lichtbehandlung ist von der allgemeinen getrennt
zu behandeln. Die örtliche Bestrahlung findet erstens statt bei Haut¬
krankheiten. Hier ist das Licht des Kohlenbogenscheinwerfers als
rotes Licht dort zu verwenden, wo wir eine entzündungshemmende
Wirkung erzielen wollen, während wir uns des blauen Lichtes be¬
dienen, wenn wir eine leichte Reizung beabsichtigen. Soll letztere in
ausgedehnter Weise erfolgen, so müssen wir das Ultraviolett wählen
und haben hier in der Entfernung des gu behandelnden Objektes von
der Lichtquelle sowie in der Länge der Expositionszeit ein Mittel, die
nachfolgende Reaktion zu verstärken resp. genau zu dosieren. Auch
bei der örtlichen Wundbehandlung steht an erster Stelle das weisse
Licht des Bogenlichtscheinwerfers. Nur in den verhältnismässig
wenigen Fällen, wo schlechte Granulationen, chronische Bein¬
geschwüre, tuberkulöse Fisteln etc. einen stärkeren Reiz verlangen,
bedienen wir uns des Ultraviolettes der Quecksilberlampe, aber auch
stets nur so lange, bis eine Umstimmung erreicht ist; sobald die
Wunde Heilungstendenz zeigt, gute Granulationen auftreten, greifen
wir am vorteilhaftesten wieder zum Kohlenbogenlicht, das wir, je
nach dem Aussehen der Wunde bald als blaues, bald als rotes, am
meisten jedoch wohl als weisses Licht anwenden. Zur schnellen
Resorption von Blutergüssen, zur Heilung von Quetschwunden ist
ganz allein das Kohlenbogenlicht indiziert. Ebenso ziehe ich zur
örtlichen Behandlung von tuberkulösen Gelenkaffektionen das Kohlen¬
bogenlicht vor. Nach den mir mündlich gemachten Mitteilungen,
sowie auch nach seinen Veröffentlichungen fll] scheint auch Vul-
p i u s - Heidelberg, welcher seit bald einem Jahr die Lichtbehandlung
in seinem Sanatorium für Knochen-, Gelenk- und Drüsenleiden im
Solbad Rappenau eingeführt hat, dieselben Erfahrungen zu machen.
Zur örtlichen Behandlung von Neuralgien, sowie überhaupt zur
Schmerzstillung eignet sich am besten blaues Licht.
Dagegen sind zur allgemeinen Lichtbehandlung alle diejenigen
Lichtquellen in den Vordergrund zu stellen, welche entweder bei
möglichst viel strahlender Energie möglichst wenig leitende Wärme
abgeben oder solche, welche einen kräftigen Hautreiz bedingen.
Hier nehmen ohne Zweifel die ultravioletten Strahlen der Qucck-
silberlampe, das künstliche Höhensonnenbad, die erste Stelle ein.
Vor der natürlichen Höhensonne hat die künstliche den grossen Vor¬
teil, dass sie allerorts und zu jeder Zeit zu haben ist, während jene,
selbst in den klimatisch giinstigst gelegenen Höhen doch immer nur
in einer viel beschränkteren Anzahl von Tagen wirklich effektvoll
scheint, als man für gewöhnlich anzunehmen pflegt. Sodann ist die
künstliche Höhensonne stärker an Ultraviolett als ihre natürliche
Schwester und immer stets gleich stark und durch Entfernung und
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
365
Dauer immer ganz genau und präzise zu dosieren, so dass man
in ihr ein allen Anforderungen der Therapie entsprechendes Heilmittel
besitzt. Die absolute Ungefährlichkeit der Applikation, da jede etwa
zu starke Reaktion ganz von selbst und auch, in den schwersten
Formen auftretend, ohne jedwede Narbenbildung heilt sowie der
Umstand, dass sie selbst von dem schwächsten Herzen nicht allein
gut vertragen, sondern auch geradezu wohltuend empfunden wird, ist
ein nicht hoch genug einzuschätzender Faktor dieser Behandlung.
Sodann sind die Stunden, ja Tage lang anhaltenden Einwirkungen
auf Stoffwechsel, Blutbildung und Herzentlastung Erfolge, die wir
in so einfacher, angenehmer, nicht angreifender Weise mit keinem
anderen Mittel zu erreichen imstande sind.
Die natürlichen Höhensonnenbäder sind den künstlichen gleich¬
wertig, wenn sie auch vielleicht etwas längere Zeit in Anspruch
nehmen. Auch die künstlichen Sonnenbäder zwischen 2 Kohlen¬
bogenscheinwerfern haben fast denselben Wert, da sie auch so viel
Ultraviolett führen, wie zu einer kräftigen Reaktion der Haut noch
erforderlich ist: sie bilden eine mildere Form der Höhensonnen¬
bäder zwischen Quecksilberlampen.
Die Lichtbäder im Lichtkasten kommen dann in zweiter Reihe,
und zwar die Glühlichtbäder mit Intensivlampen, „Polysol“ u. a.,
und das kombinierte Lichtheilverfahren, wobei man zu erwägen hat,
dass im ersteren mehr die Lichtwärme, bei dem zweiten mehr der
Hautreiz in den Vordergrund der Wirkung tritt. Das gewöhnliche
Glühlichtbad endlich ist ein angenehmes, hygienisch auf höchster
Stufe stehendes Schwitzbad, das jedoch lichttherapeutisch gegenüber
den obigen Lichtapplikationen ziemlich gering bewertet werden muss.
Literatur.
1. Scholtz: Ueber die Bedeutung der Wärmestrahlung bei der
Behandlung mit künstlichem Licht. Berlin, klin. Wochenschr. 1904,
No. 18. — 2. v. Min in Exz. : Ueber die Anwendung der Licht¬
therapie in der Chirurgie. Die med. Woche 1904. No. 14. — 3. K a i -
ser: Wiener klin. Rundschau 1903, No. 16 u. 17. — 4. Bernhard:
Therapeutische Verwendung des Sonnenlichtes in der Chirurgie.
Zeitschr. f. diätet. u. physik. Therapie 1905/06, No. 2. — 5. R o 1 1 i e r :
La eure d’altitude et la eure de solaire de la tuberculose chirurgicale
Neuchatel 1908. Imp. Delachaux &. Niestle. — 6. Widmen Die
Beeinflussung der Blutkrankheiten durch das Hochgebirge. Zeitschr.
f. Balneologie, Klimatologie und Kurorthygiene 1911, No. 1. Bar-
den heuer: Die Sonnenbehandlung der peripheren Tuberculosis,
besonders der Gelenke. Strahlentherapie 1912, No. 1. — 7. Brei¬
ger: Die Lichtbehandlung in der Chirurgie. Med. Woche 1904,
No. 24 u. 25. Derselbe: Oertliche Lichtbehandlung und Bier-
sche Stauung. Zeitschr. f. diätet. und physik. Therapie 1906/07, No. 2.
Bieling: Kasuistische Beiträge zur Wirkung der Bogenlichtbe¬
handlung bei der Wundheilung. Deutsche med. Wochenschr. 1903.
No. 46.— 8. Bach: Die Einwirkung des Quarzlampenlichtes auf
den Blutdruck mit Bemerkungen über seine therapeutische Ver¬
wendung bei Allgemeinerkrankungen. Deutsche med. Wochenschr.
1911, No. 9. — 9. Breiger: Kann man die Höhensonne künstlich
ersetzen? Med. Klinik 1911, No. 11. — 10. V. Rubrow und Karl
Sonne: Untersuchungen über die Wirkung des universellen Licht¬
erythems auf die Respiration bei Herzkranken. Zeitschr. f. klin. Med.
1912, No. 1 und 2 (Referat Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 26,
з. 1451). — 11. V ulpius: Sanatoriumsbehandlung der chirurgischen
Tuberkulose. Deutsche med. Wochenschr. 1912. No. 28.
(Weitere Literaturangaben finden sich bei Breiger: Die
wissenschaftliche Begründung der Lichttherapie. Zeitschr. f. diätet.
и. physik. Therapie 1911, Bd. 15.)
Bücheranzeigen und Referate.
E. A b d e r h a 1 d e n - Halle a. S.: Physiologisches Praktikum.
Chemische und physikalische Methoden. 283 Seiten mit 271 Figuren
im Text. Verlag von J. Springer, Berlin 1912. Preis 10 M.
Mit jedem Jahre mehrt sich die Zahl der Bücher, welche der
praktischen Physiologie gewidmet sind, das Bedürfnis nach prak¬
tischer Betätigung in der Physiologie hat sich eben in erfreulicher
weise gesteigert. Dankbar wird man es begrüssen, wenn die Ver-
tasser solcher Bücher ihre ausgedehnten Erfahrungen auf speziellen
Gebieten der Physiologie der Allgemeinheit zugängig machen, wie
dies besonders in dem ersten, chemischen Teile des vorliegenden
P raktikums der Fall ist. Der Verfasser dieses Praktikums hat sich
aber nicht nur auf sein spezielles Arbeitsgebiet beschränkt, er hat
auch den physikalischen Teil der Physiologie in gleichem Masse zum
orte kommen lassen und sich bei der Schilderung einer Reihe von
Versuchen auf das im wesentlichen die physikalische Seite der
Physiologie berücksichtigende Praktikum von R. F. F u c h s - Breslau
gestützt.
Die Themata des ersten Teiles lauten: Grundregeln und all¬
gemeine Methoden beim chemischen Arbeiten — Allgemeiner Gang
bei der Untersuchung einer unbekannten Substanz oder Flüssigkeit —
Qualitativer Nachweis von Stickstoff in organischen Verbindungen - — -
Aschenanalyse — Massanalyse — Bestimmung des spezifischen Ge¬
wichtes von Flüssigkeiten — Qualitative Mikroanalyse — Kapillar-
analyse __ Herstellung der angeführten Reagenzien — Atomgewichte —
' erhältniszahlen zur Berechnung von Analysenresultaten — Orga¬
nische Präparate — Kohlenhydrate — Fette, Cholesterin — Eiweiss¬
stoffe, Proteine — Darstellung von Aminosäuren und Polypeptiden —
Nukleinsäuren — Untersuchung von Speichel, Milch, Galle und Harn
auf die wichtigsten Bestandteile — Nachweis von Adrenalin in der
Nebenniere — Nachweis von Fermenten in Geweben — Quantitative
Bestimmung des Stickstoffstoffwechsels beim Tier.
Im zweiten Teile werden die folgenden Themata behandelt:
Untersuchung des Verhaltens gelöster Stoffe — Bestimmung der Ver¬
brennungswärme im Kalorimeter. Tierische Wärme — Funktion
der Verdauungsdrüsen — Blut — Kreislauf des Blutes. Herz — Atmung
— Allgemeine Eigenschaften des Muskel- und Nervengewebes —
Flimmerbewegung. Muskelkraft. Gehen und Stehen — Sinnes¬
organe — Rückenmark und Gehirn.
Schon die Anführung dieser Hauptthemata, welche meist zahl¬
reiche Einzelaufgaben umfassen, ergibt, dass auf relativ engem Raume
viel geboten wird. Die Anleitung im Buche ist eine sehr zweck¬
mässige, der Praktikant soll alles zur Lösung der Aufgaben Erforder¬
liche möglichst selbst oder mit Gruppengenossen zusammen von
Grund aus hersteilen oder aufbauen; der Lehrer ist nicht entbehrlich
gemacht, die Arbeit ist ihm aber doch sehr erleichtert. Ein Schmuck
des auch sonst von der Verlagsbuchhandlung sehr gut ausgestatteten
Buches sind die instruktiven, sehr sauber gezeichneten Abbildungen,
die von Bruno Marx herstammen; fast auf jede Seite des Buches
kommt durchschnittlich eine Abbildung. Nach alledem kann das
Buch nur angelegentlich empfohlen werden.
K. Bürker - Tübingen.
Otto Bütschli: Vorlesungen über vergleichende Anatomie.
2. Lief. Allgemeine Körper- und Bewegungsmuskulatur; elektrische
Organe und Nervensystem. 8°. Leipzig, W. Engelmann. S. 401
bis 644. Fig. 265 — 451. 1912. Preis geh. M. 9. — .
Die vorliegende zweite, des in 3 Lieferungen geplanten Werkes
von Bütschli behandelt im Anschluss an die 1910 erschienene
erste die allgemeine Körper- und Bewegungsmuskulatur, die elek¬
trischen Organe und das Nervensystem (der Metazoen). Bei der auf
breitester Grundlage aufgebauten Darstellung fällt die doch äusserst
knappe und präzise Form der Behandlung des Gegenstandes in jedem
Kapitel sehr angenehm auf. Der Leser wird mit wenig Worten aus¬
reichend unterrichtet, ohne durch Weitschweifigkeit ermüdet zu
werden. Der Kundige muss erstaunt sein, selbst bis zum Menschen
herauf eingehende Angaben zu finden. Sehr einfache, aber über¬
sichtliche Bilder, namentlich vorzügliche Schemata, unterstützen den
Text. S o b o 1 1 a - Wtirzburg.
Handbuch der allgemeinen Pathologie und der pathologischen
Anatomie des Kindesalters. Herausgegeben von H. Brüning und
E. Schwalbe. I. Band. I. Abteilung. Wiesbaden, Verlag von
J. F. Bergmann, 1912.
Die Kinderheilkunde hat sich immer mehr zu einem selbständigen
Spezialfach entwickelt, dessen Berechtigung heute kein einsichtsvoller
Arzt mehr bestreiten wird. Tatsächlich sind daher jetzt auch an
allen deutschen Universitäten besondere Lehrstühle für Kinderheil¬
kunde und besondere Kinderkliniken errichtet.
Es ist dies nicht allein dadurch begründet, dass die klinische
Untersuchung des kindlichen Organismus im frühen Kindesalter an
die Untersuchungstechnik besondere Anforderungen stellt und der
Arzt viel mehr als beim Erwachsenen auf das Resultat einer rein
objektiven Untersuchung sein Urteil bilden muss, sondern vor allem
auch dadurch, dass viele Krankheitsprozesse ausschliesslich oder
wenigstens vorwiegend dem Kindesalter eigen sind und dass ferner
auch Krankheitsprozesse, welche allen Lebensaltern gemeinsam sind,
in dem unentwickelten und verschieden reagierenden kindlichen Orga¬
nismus einen wesentlich abweichenden Verlauf nehmen von dem
beim Erwachsenen.
Was aber fiir die Klinik des Kindesalters gilt, gilt auch in vieler
Hinsicht für dessen allgemeine Pathologie und pathologische Ana¬
tomie. Wenn auch selbstverständlich die Grundprozesse der Krank¬
heit, wie Entzündung usw., im kindlichen Organismus nach den glei¬
chen Gesetzen sich abspielen, wie beim Erwachsenen, und wenn auch
in jedem grösseren Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und patho¬
logischen Anatomie nicht nur die dem Kindesalter besonders eigen¬
tümlichen Krankheiten, wie z. B. die Rachitis, ausführlich geschildert
sind, sondern auch auf die charakteristischen Abweichungen hin-
gewiesen ist, welche dieser oder jener Krankheitsprozess hinsichtlich
seines Verlaufes und der dabei zu beobachtenden pathologisch-ana¬
tomischen Veränderungen im Kindesalter bietet (wie z. B. Pneumonie,
Lungentuberkulose usw.), so geben diese Lehr- und Handbücher doch
keinen geschlossenen Ueberblick über die im Kindesalter besonders
auftretenden Krankheitsprozesse und ihre dem Kindesalter besonders
eigentümlichen Erscheinungen.
Das Fehlen eines besonderen Werkes über die allgemeine Patho¬
logie und pathologische Anatomie des Kindesalters musste daher bis
jetzt als eine Lücke in der medizinischen Literatur empfunden wer¬
den und es ist deshalb dankbar anzuerkennen, dass die Herausgeber
und Mitarbeiter des vorliegenden Werkes diese Lücke ausgefüllt
haben.
Das Werk soll 2 Bände umfassen und ist auf breiteste Grundlage
gestellt; nur auf eine besondere Darstellung der Pathologie der Zelle
und der Kreislaufstörungen wurde verzichtet, da weder für letztere
noch für die Pathologie der Zelle sich wesentliche, dem Kindcsalter
366
MUHNÜHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
eigentümliche Besonderheiten anfiihren lassen, das W erk aber auch
nicht bestimmt sein kann, die vorhandenen Lehr- und Handbücher
über allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie zu ersetzen.
Dagegen sollen eigene Kapitel über vergleichende Pathologie und
über die gerichtsärztliche Untersuchung angefügt werden, was aus
praktischen Gründen sehr zu begrüssen ist.
ln der vorliegenden 1. Hälfte des I. Bandes finden wir zunächst
eine übersichtliche Darstellung der Geschichte der Pathologie des
Kindesalters (B r ü n i n g). Kap. II handelt von den normalen Alters¬
unterschieden und dem Wachstum im Kindesalter, über Ursachen der
Krankheiten im Kindesalter im allgemeinen und über die Analyse der
Altersdisposition (Schwalbe). Im III. Kapitel sind die regressiven
Ernährungsstörungen, die Regeneration, die Hypertrophie und die
Entzündung besprochen (Mönckeberg), in Kapitel IV die tieri¬
schen Parasiten (P e i p e r) und im Kapitel V die Infektionskrank¬
heiten bzw. die pflanzlichen Parasiten. Kapitel VI gibt eine Ueber-
sicht über die allgemeine Missbildungslehre und die fötalen Erkran¬
kungen (Wolff), Kap. VII endlich eine zusammenfassende Dar¬
stellung der im Kindesalter vorkommenden Geschwülste (Merke 1).
Sämtliche Kapitel zeichnen sich durch Klarheit und Anschaulich¬
keit der Darstellung aus, bei welcher überall das gerade für die
Pathologie des Kindesalters Wichtige und Eigentümliche besonders
hervorgehoben ist.
Nicht nur der Kinderarzt wird aber in dem Werk Belehrung fin¬
den, sondern auch der Pathologe selbst. Denn das Vorkommen man¬
cher wichtiger Krankheitsprozesse des späteren Lebens auch im Kin¬
desalter oder im Fötalleben ist oft von Bedeutung für die Auffassung
dieser Krankheitsprozesse überhaupt und es ist daher auch von all¬
gemeinem Interesse, dass in dem vorliegenden Werk solche Pro¬
zesse gerade mit Rücksicht auf das Kindesalter eine eingehende Be¬
handlung erfahren haben. Es sei hier nur auf die von Merkel ge¬
gebene Zusammenstellung aller bis jetzt bei Kindern beobachteten
Fälle von Polyposis adenomatosa hingewiesen. Sie zeigt, wie ver¬
schwindend selten diese eigenartige Form der Geschwulstbildung bei
Kindern tatsächlich beobachtet worden ist, so dass damit ihre von
verschiedenen Autoren behauptete angeborene Anlage völlig unzu¬
länglich begründet erscheint.
So wird das Werk das Interesse des Klinikers und des Patho¬
logen in gleichem Masse erregen und bei allen Aerzten einer warmen
Aufnahme sicher sein. G. Hauser.
P. de Rio Branco: Essai sur l’anatomie et la medecine
operat. du tronc coeliaque et ses branches. Paris 1912. G. Stein-
h e i 1, edit.
Ein umfangreiches Werk - — das Resultat ausgedehnter ana¬
tomischer Studien in den Laboratorien Prof. Hartmanns, Faure,
R i e f f c 1, D u v a 1 — , das von dem Grundsatz ausgeht, dass dem
Chirurgen die Anatomie der viszeralen Arterien ebenso bekannt sein
müsste, wie die der Arterien an den Gliedmassen etc. liegt in dem
828 Seiten starken Bande vor, das eine eingehende Darstellung des
Truncus coeliacus gibt und im einzelnen speziell die Art. coronaria
ventriculi, die Art. splenica, die Mesenterica sup. und ihre Aeste,
die Art. hepatica behandelt und zwar unter jeweiliger Berücksich¬
tigung der Geschichte, Entwicklungsgeschichte, allgemeinen Beschrei¬
bung, Lage, Kaliber, Verzweigungen, Beziehungen zu den benach¬
barten Organen etc. und mit spezieller Darstellung der Aufsuchung zu
operativen Eingriffen, Unterbindung resp. Vermeidung der Verletzung
des betreffenden Gefässes. All die verschiedenen Methoden, die zur
operativen Freilegung der Art. splenica etc. vorgeschlagen, werden
gewürdigt; Rio Branco empfiehlt für die Art. splenica spez. einen
parakostalen Schnitt entlang des linken Rippenbogenrandes mit senk¬
rechter Verlängerung nach abwärts (wenn es sich nicht um enorme
Milzvergrösserung handelt). Ein grosses Gewicht legt er bei all
solchen Eingriffen am oberen Bauchraum auf Lagerung in dorso-
lumbaler Lordose, d. h. Hebung der Gegend der unteren Brustwirbel¬
säule durch einen Stützapparat und Hochlagerung des Thorax, ev.
mit seitlicher Lage (dorsolumbaler Skoliose) und zeigt R. u. a. durch
instruktive Tafeln wie wesentlich dadurch die Gegend unter der
Leber etc. zugänglicher wird. Für die Freilegung der Hepatika,
die ebenfalls in ihrem Stamm, den kollateralen Aesten, Endästen etc.
geschildert wird, empfiehlt R. Br. einen Winkelschnitt vom Proc.
xyphoideus zum Nabel und von da zum rechten Rippenbogen an den
9. — 10. Rippenknorpel. Mit grosser Ausführlichkeit werden auch die
Anomalien in der Gefässverteilung etc. besprochen und führt der
Autor am Schlüsse seines Werkes 29 persönliche Beobachtungen und
237 Fälle aus der Literatur an.
Die zahlreichen und guten anatomischen Abbildungen, vom Autor
selbst entworfen (auch Diagramme und schematische Darstellungen),
geben eine reiche Illustration des Textes. Im Interesse der Ueber-
sichtlichkeit wäre es wohl gewesen, wenn die historischen Bemer¬
kungen, embryologischen Darstellungen in kleinerem Druck vorange¬
stellt und noch etwas kürzer zusammengedrängt wären — in der
heutigen Zeit, in der dem Arzt so viel praktisch Wichtiges zur
Lektüre vorliegt, ist es demselben nicht übel zu nehmen, wenn er
vor allzu umfangreichen Darstellungen eines Spezialthemas etwas
zurückschreckt. Es ist zweifellos, dass in dem Werke R. Br.s eine
grosse Arbeit geleistet und reiche anatomische Detailstudien ge¬
sammelt sind, die unter Umständen grosse praktische Bedeutung
haben. Druck und Ausstattung des Werkes sind tadellos.
Schreiber.
Eduard Martin: Der Haftapparat der weiblichen Genitalien.
II. Teil: Der Prolaps. (Mit 24 Tafeln.) Berlin, Karger, 1912.
Preis 25 M.
Den ersten Teil des Martin sehen Werkes, das den Haftapparat
der weiblichen Genitalien unter normalen Verhältnissen darstellt,
haben wir in No. 23 dieser Wochenschrift vom Jahre 1911 bereits
besprochen. Im zweiten Teil wendet der Verf. die Ergebnisse des
ersten auf die Aetiologie und Therapie der Vorfälle an. Er führt sie
im wesentlichen, entsprechend seinen bekannten Anschauungen, auf
Erschlaffung der bindegewebigen Haft- und Befestigungsmittel zurück,
während er dem muskulären und faszialen Beckenboden nur eine
sekundäre Bedeutung zuweist. Wenn er auch mit dieser Betonung
der Bedeutung des Bindegewebes als Haltapparat der Genitalien
sowie in manchen anderen Punkten, so in der Bewertung der Zysto-
zele als Ursache des Vorfalls der vorderen Scheidenwand, in seiner
Auffassung des Einflusses der Unfälle auf Genitalprolapse etc.
manchen Widerspruch erfahren wird, so muss man doch der kon¬
sequenten Durchführung seines Standpunktes Anerkennung wider¬
fahren lassen. Diese Konsequenz zeigt sich auch weiterhin in der
Empfehlung bestimmter Operationsmethoden des Vorfalls, die in an¬
schaulichen Abbildungen erläutert werden. Sie gipfeln in der Kol-
porrhaphia anterior mit Blasenraffung, in der Kolpoperineoplastik in
Kombination mit der Alexander-Adams sehen Operation und
in der Empfehlung der Levator-Fasziennaht zur Rekonstruktion des
Beckenbodens. Bei der bildlichen Darstellung dieser letzteren Ope¬
ration ist es mir freilich fraglich, ob Martin tatsächlich die Levator¬
schenkel und nicht lediglich die Musculi perinei vereinigt, zumal er
die Muskeln nicht aus ihren Faszien auslöst, sondern die Faszien¬
ränder selbst aneinander näht. Für grosse Vorfälle scheint Martin
der Totalexstirpation den Vorzug vor den Interpositionsmethoden
zu geben.
Das ganze Werk zeichnet sich insbesondere dureh vorzügliche
zeichnerische Wiedergabe der anatomischen Präparate aus.
B a i s c h.
Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis mit besonderer Be¬
rücksichtigung der konträren Sexualempfindung. Eine medizinisch-
gerichtliche Studie für Aerzte und Juristen. Vierzehnte, vermehrte
Auflage. Herausgegeben von Prof. A, Fuchs. Stuttgart 1912. Fer¬
dinand Enke. Preis 11 M.
Das Buch ist nun auf 460 Seiten angeschwollen. Gegenüber
der zuletzt hier besprochenen 10. Auflage sind die Beobachtungen
vermehrt, die Theorien mit den neuesten Kenntnissen über die Funk¬
tionen der Geschlechtsdrüsen und der Hormonlehre in Zusammen¬
hanggebracht worden und namentlich haben die forensische Bedeutung
der sexuellen Anomalien und die einschlägigen Gesetzesbestimmungen
eingehende Behandlung gefunden. Sonst hat das Buch keine Aende-
rungen erfahren. B 1 e u 1 e r - Burghölzli.
Sanitätsrat Dr. J e s s n e r: Lehrbuch der Haut- und Geschlechts¬
leiden, einschliesslich der Kosmetik. Bd. I, geb. 12 M.; bei Abnahme
auch des Bandes II, 10 M. 391 S. 27 Moulagenbilder, 6 farbige
histologische Bilder. Stübers Verlag, Würzburg.
In 10 Jahren hat sich das Jessner sehe Kompendium zu einem
zweibändigen Lehrbuch herausgearbeitet, ein Zeichen für seine
Brauchbarkeit und wachsende Beliebtheit.
Jessner behandelt seinen Stoff
I. in einem allgemeinen Teil: Anatomie der Haut, ihre Physio¬
logie, Diagnostik, Verhältnis der Hautleiden zu inneren Erkrankungen,
allgemeine Therapie der Hauterkrankungen, darin enthalten Strahlen.
Licht, Elektro-, Thermo-, Chemotherapie und dermatologische
Chirurgie.
II. in einem speziellen Teil: Er gruppiert hier nach einem System,
welches er Jessnersches System nennt: Funktionsstörungen,
Anomalien der Blutverteilung (ohne Entzündungserscheinungen), Ent¬
zündungen, Granulome, Hypertrophien, Neubildungen, regressive Er¬
nährungsstörungen.
Der III. Teil: die Kosmetik der Haut und Haare. — Rezeptformeln.
— Register.
Das Werk ist, wie die Jessner sehen Kompendien, sehr glatt
geschrieben und gibt, meiner Beobachtung nach, über alle Anfragen
Auskunft; wenn auch bisweilen überaus kurz. Die Therapie ist durch¬
gängig bis auf die neuesten Veröffentlichungen besprochen. Be¬
sonders anerkennenswert sind die farbigen Abbildungen, welche bis auf
wenige — Favus, Psoriasis des Rückens, Tuberkulid — in Plastik und
Farbwiedergabe nichts zu wünschen lassen.
Zu erhoffen ist, dass die Besprechung der dermatologischen
Pharmakopoe bei nächster Auflage einer Durchsicht unterzogen wird.
Adeps benzoatus existiert nicht mehr in der Pharmakopoe. Fetron
zeichnet sich nicht durch seinen Schmelzpunkt, sondern seine Wasser¬
aufnahmefähigkeit aus, Lanolin und seine Abkömmlinge werden jetzt
nur als Lanolin verordnet, Ungt. Glyzerini wird aus Stärke und Gly¬
zerin und nicht aus Tragacanth und Glyzerin hergestellt.
Und so wären einige kleine Unebenheiten zu beseitigen.
Druck und Ausstattung sind völlig auf der Höhe.
Karl T a e g e - Freiburg i. B.
Prof. Dr. Hermann Gutzmann: Stimmbildung und Stimmpflege.
2., vermehrte Auflage. Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden
1912. 216 Seiten. Preis M. 3.20.
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
367
Das kleine Werk, das schon bei seinem ersten Erscheinen an
dieser Stelle besprochen und empfohlen wurde (vgl. M. in. W. 1907,
No. 5) ist, nachdem es längere Zeit vergriffen war, in neuer Auflage
herausgekommen. Diese verdient eine Empfehlung in erhöhtem
Masse, da Q. in den — nunmehr zwölf — gemeinverständlichen
Vorlesungen, die das Buch bilden, bei aller Knappheit in der Dar¬
stellung des Stoffes doch sämtliche wichtigeren Arbeiten, die bis in
die letzte Zeit hinein auf dem Gebiete der Stimmwissenschaft er¬
schienen sind, berücksichtigt. So interessieren neben vielem anderen,
neu hinzugekommenen insbesondere die Ausführungen über die „Re¬
sonanz“ und die sog. „Deckung“ des Gesangstones, d. i. dasjenige
Hilfsmittel, dessen sich der geschulte Sänger bedient, um den Ueber-
gang von den tiefen zu den höheren Lagen möglichst auszugleichen,
sowie vor allem auch die Berichtigung verbreiteter irrtümlicher
Auffassungen hinsichtlich der Fortpflanzung und „Reflexion“ der im
Kehlkopf entstandenen Schallwellen. Der funktionellen Stimm¬
schwäche (Phonasthenie) ist nunmehr eine eigene Vorlesung ge¬
widmet, die in Kürze über alle Einzelheiten des wichtigen Krankheits¬
bildes orientiert. Ebenfalls in einem eigenen Abschnitte werden die
beim Singen am Schädel, Gesicht und Thorax nachweisbaren Vibra¬
tionen und die verschiedenen Auffassungen des in gesangspädago¬
gischen Werken eine grosse Rolle spielenden „primären Tones“ be¬
handelt. Mit besonderem Interesse wird man auch die diese Vor¬
lesung abschliessenden Ausführungen des Verfassers über das Ver¬
hältnis der verschiedenen Sprachen zum Gesang und vor allem über
die Merkmale der dem Deutschen, Englischen, Französischen und
Italienischen eigentümlichen sog. Artikulationsbasis oder Mundlage
(Bewegungen der Lippen, Zungenlage, Stellung bezw. Bewegungen
des Unterkiefers, Art des Stimmeinsatzes) lesen.
So bringt das vortreffliche Büchlein nicht nur in rein ärztlicher
Hinsicht, sondern auch nach verschiedenen anderen Richtungen hin
eine Menge des Belehrenden und Anregenden.
Zimmermann - München.
Johannes Ohm: Das Augenzittern der Bergleute. Sein Krank¬
heitsbild und seine Entstehung, dargestellt an mehr als 500 selbst
beobachteten Fällen. Leipzig, Wilhelm Engelmann, 1912. 98 S.
Preis 2.40 M.
Die Arbeit stellt eine eingehende Studie des Krankheitsbildes dar.
Nachdem das Thema seit längerer Zeit zur Ruhe gekommen war, ist
das Werk nur zu begrüssen. Leiden doch nach Ohm mindestens
3,3 Proz. der Bergleute daran, im Bereich des Bochumer Knapp¬
schaftsvereins allein mindestens etwa 11 500 Bergleute, und ist doch
das Leiden in nicht wenigen Fällen die Ursache dauernder Invalidität.
Das Auftreten der Krankheit wird auf Grund der Literatur und einer
Erfahrung an grossem Material eingehend geschildert; ferner er¬
fahren die verschiedenen Ansichten über die Entstehung der Krankheit
eine genaue Darlegung. Ohm kommt zu einer eigenen Ansicht,
indem er die Krankheit als eine Störung der Equilibrierung der Augen
iauffasst und zwar der feineren gegensinnigen Innervation, die den
Zweck hat, beide Augen auf gleicher Höhe zu halten, mit dem Sitz
im Okulomotorius-Trochleariskern; die Ursache der Störung ist im
wesentlichen in einer Ermüdung der Heber des Auges zu suchen. —
Jedem, der sich über die komplizierte Erkrankung orientieren will.
" ird das Studium der Arbeit empfohlen. Fleischer- Tübingen.
Friedr. Wiedemann - Neu-Ulm : Nachschlagebuch zur
Krankenversicherung einschliesslich der gemeinsamen Vorschriften
nach der Reichsversicherungsordnung, insbesondere für Aerzte, mit
einem Vorwort von Medizinalrat U t z. Wtirzburg, Verlag von Curt
Kabitzsch, 1913. 153 S. Preis kart. 3 M.
Das Nachschlagebuch zur Krankenversicherung ermöglicht durch
seine alphabetische Anordnung, seine kurze, bündige Fassung und
durch die genaue Bezeichnung der einschlägigen Gesetzesstellen eine
rasche Orientierung auf dem schwierigen Gebiete der Reichs¬
versicherungsordnung, soweit sie die gemeinsamen Vorschriften und
die Krankenversicherung umfasst. Das Buch ist deshalb Aerzteu,
welche nicht genügend Zeit haben, sich mit der schwierigen Materie
zu befassen, als Nachschlagebuch warm zu empfehlen.
Scholl- München.
Gewerbehygienische Uebersicht.
Von Dr. Fr. Koelsch, Kgl. Landesgewerbearzt.
(Schluss.)
Ueber die Bedeutung der Chromate für die Ge¬
sundheit auf Grund eigener experimenteller Studien berichtete
K. B. L e h mann anlässlich einer Sitzung im Frankfurter Institut für
jiewerbehygiene (Berlin 1912, bei A. Seydel). Verf. konnte bei
keinem der untersuchten 64 Arbeiter Albuminurie oder sonstige ernst¬
lichere Erkrankungen nachweisen, hingegen mehrfach harmlose Haut-
geschwiirchen oder kleine Narben und bei ca. 75 Proz. der Arbeiter
eine Perforation oder ein Geschwür der Nasenscheidewand; auch in
einer Chromatgerberei wurden unter 69 Arbeiter nennenswerte Ge-
Mindheitsschädigungen nicht gefunden. Fütterungsversuche bei Tieren
gaben keine bemerkenswerten Resultate beziigl. etwaiger Chromat¬
schädigungen; hingegen gelang es dem Verf. als ersten, Chromat-
perforationen des Nasenseptums experimentell durch Versprayung
von Chromatlösung (entsprechend 3 mg Chrom pro 1 cbm Luft) zu
erzeugen; ausserdem zeigten die hiebei verwendeten Katzen ausser¬
ordentlich schwere, eitrige Bronchitiden. Das Vorkommen von
Chromatkatarrhen beim Menschen dürfte aus der Krankenstatistik er-
wiesen sein. Für die Entstehung der Chromatschädigungen ist die
sog. I röpfchenintoxikation von Bedeutung, indem aus den eindampfen¬
den Chromatlaugen Dampfbläschen aufsteigen, die von einem Chro¬
matmantel umhüllt sind. Diese Bläschen kondensieren sich allmäh¬
lich zu Tröpfchen und gelangen so auf die Haut und Schleimhäute.
Weitere ausführliche Berichte über diese Untersuchungen werden
in Kürze noch erscheinen.
Veranlasst durch die Beobachtung, dass bei Tunnelarbeitern,
die an sog. Minenkrankheit litten, regelmässig Veränderungen in den
Lungen klinisch nachweisbar waren, suchte C. R u b i n o die Be¬
ziehungen zwischen Gasvergiftung und Integrität der Luftwege ex¬
perimentell zu studieren. Die Beobachtungen sind in 11 Ramazzini,
H. 3, 1912, niedergelegt: „Die Wirkungen der Gasvergif¬
tungen in ihrer Abhängigkeit vom Zustand der
Atmungsorgan e“. Verf. erzeugte experimentelle Schädigungen
der Luftwege einerseits durch Einatmung nitroser Gase, andererseits
durch Russinhalation (Anthrakose). Es ergab sich, dass gesunde
Tiere gegen Luftabschluss (Asphyxie mit O-Mangel und COa-An-
reicherung) wesentlich resistenter sind als solche mit Anthrakose,
dass ferner bei letzteren die Resistenz um so geringer ist, je länger
bestehend und je intensiver die Russlunge ist. Aehnliches zeigte
sich auch bei der Leuchtgasvergiftung, wo sich sowohl bei hoher
wie bei niederer Konzentration die lungengesunden Tiere resistenter
erwiesen. Dasselbe ergab sich auch bei Zuführung des Leuchtgases
in die Vena jugularis, indem bei den lungenkrank gemachten Tieren
viel geringere Dosen letal wirkten wie bei den gesunden; die Schä¬
digungen des Alveolarepithels begünstigt eine Ansammlung des CO
im Organismus und beeinträchtigt die sekretorische bzw. disso-
zierende Wirkung der Lunge, welche für CO bereits 1875 von Claude
Be r n a r d, später von Montuori und G i a c o s a festgestellt
wurde. Bei der „Minenkrankheit“ handelt es sich um eine Kom¬
bination von CO-Vergiftung mit Sauerstoffmangel der Atemluft und
COa-Anreicherung; begünstigend wirkt die Arbeit bezw. die Er¬
müdung.
Hieran reiht sich die in No. 50, S. 2750 dieser Wochenschriit
bereits besprochene Arbeit von Weber: Zur Kritik der Gas¬
vergiftungen in Kohlenbunkern. Marine-Rundschau
1912, S. 456.
Zur Kenntnis der psychischen Störungen nach
Kohlenoxydvergiftungen. Von G. G i e s e. Allgemeine
Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. 68, H. 6. Im Zusammenhänge mit
2 selbstbeobachteten Fällen bespricht Verf. die neueren einschlägi¬
gen Arbeiten. Kohlenoxyd ist ein spezifisches Nervengift, seine
psychische Wirkung ist verschieden, je nachdem ein bereits vorher
schon labiles Nervensystem, eine Neurasthenie oder Hysterie etc. be¬
stand, oder ein bisher nervengesutider Mensch vergiftet wurde. Man
unterscheidet nach S i b e 1 i u s eine intervalläre und nichtinter-
valläre Gruppe. Bei ersterer tritt, nachdem anscheinend die Ge¬
nesung bereits erfolgt war, plötzlich die Psychose auf, welche in
schweren Fällen tödlich endet (progressiver Charakter) oder in
Pseudoparalyse, akute Demenz u. dgl. übergeht (regressive Form).
Die nichtintervalläre Gruppe führt zur stabilen Demenz mit Ge¬
dächtnisstörungen, neuropathischen Zuständen, Rausch und Dämmer¬
zuständen u. dgl. Verf. geht sodann eingehend auf die verschiedenen
psychischen und somatischen Symptome ein, erörtert die Differential¬
diagnose und die Therapie, die im allgemeinen symptomatisch sein
muss. Im pathologisch-anatomischen Bilde sind Erweichungsherde,
Gliawucherungen, Degeneration der Gefässwandungen, Hämorrhagien
u. dgl. zu finden. — : Vgl. hiezu auch die Arbeit von Quensel über
Melancholische Depression durch Kohlenoxyd¬
vergiftung in Aerztl. Sachverständigen-Ztg. 1912, No. 15.
In einer Züricher Dissertation veröffentlicht Pedro Llopart
seine Erfahrungen über Vergiftungen durch „n i t r o s e
Gase“ (Zürich 1911). Die Gefahr der nitrosen Gase ist im all¬
gemeinen weit umfangreicher und grösser, als dies gemeiniglich an¬
genommen wird. Bei der akuten Vergiftung findet sich sofort sehr
quälender Krampfhusten mit folgendem Fremdkörpergefühl auf der
Brust; die Kehle ist zusammengeschnürt, weiters treten neben Husten
Angstgefühl und Schweissausbruch auf. Später wird die Sprache
undeutlich, der Gang taumelnd, die Augen quellen vor, der Auswurf
wird sehr reichlich, so dass in einigen Stunden mundvolle Sputa in
der Menge von 1 Liter und mehr sich ansammeln können; der Aus¬
wurf ergibt in frischen Fällen Diphenylaminreaktion. Der Tod erfolgt
unter Lungenödem und Zyanose. Bei der chronischen Vergif¬
tung finden wir u. a. fahles, blasses Aussehen, chronische Bronchitis,
event. mit Stickhusten und Atemnot, Bluthusten, Zyanose, Tachy¬
kardie. Die Zähne zeigen die charakteristische Säurenekrose. An
der Leiche sind charakteristisch gelbe Verfärbung der Nasenlöcher,
der Bart- und vorderen Haupthaare, von der Säure herrührende
gelbliche Flecken an Haut und Schleimhäuten. HNO3 und HNO2 oder
deren Salze sind im Auswurf, im Urin, in serösen Ergüssen und event.
an den Haaren nachweisbar. In fast allen Fällen findet sich typisches
Lungenödem. Nitrose Gase sind in der Leiche nicht mehr nachweis¬
bar, da selbst grosse Mengen vor dem Tode wieder ausgeschieden
werden. Die Fundstelle der Leiche ist für die Entstehungsstelle der
nitrosen Gase nicht von Belang, da die Erkrankten lange Zeit bei Ver¬
stand sind und den gefährlichen Raum meist rasch verlassen, der Tod
368
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
also regelmässig ausserhalb des letzteren erfolgt. — Die Ver¬
abreichung von Chloroformtropfen als Gegengift wird vom Verf. (mit
Recht) abgelehnt; eher ist der Genuss von Milch zu empfehlen. Beim
Umgang mit nitrosen Gasen ist immer Vorsicht erforderlich; insbeson¬
dere müssen die jugendlichen Arbeiter geschützt werden.
Einige in der letzten Journalliteratur veröffentlichte Aufsätze
über gewerbliche Gifte wurden bereits in unserer Wochenschrift kurz
besprochen; der Vollständigkeit halber seien sie an dieser Stelle zu¬
sammenfassend erwähnt : H. Paschkis, Gewerbliche Haut¬
verätzungen, Wiener med. Wochenschr. 1912, No. 44, ref. in
No. 51, S. 2833 — F. Lennmalm, Ueber chronische
Arsenvergiftung etc., Prager med. Wochenschr. 1912,
No. 35/37, ref. in No. 51, S. 2834 — Fr. Tedesko, Die Benzol¬
behandlung der lymphatischen Leukämie, Sitzungs¬
bericht, ref. in No. 48, S. 2653 — M. J. Bernstein, Durch D i -
nitrobenzol verursachte Dermatitis, Lancet v. 8. VI.
1912, ref. in No. 48, S. 2642 — endlich die äusserst interessante
Abhandlung von S. G. Leuenberger, Die unter dem Ein¬
flüsse der synthetischen Farbenindustrie be¬
obachtete Geschwulstentwicklung, Bruns Beiträge z.
klin. Chirurgie, 80. Bd, 2. H., ref. in No. 46, S. 2521.
Einige Studien liegen wiederum über die Phytonosen vor.
So veröffentlichte A. Nestler in den Berichten der Deutschen
Botanischen Gesellschaft, H. 10, 1911. Beobachtungen über die
hautreizende Wirkung des Amberholzes (Liqui-
dambar styraciflua L.). Bei Untersuchung des sogen, ost¬
indischen Satinholzes stellte es sich heraus, dass unter diesem Namen
2 verschiedene Holzarten im Handel sind, nämlich das echte^ ost¬
indische oder asiatische Satinholz (Seidenholz, Chloroxylon Swie-
tania) und das schon äusserlich vollkommen verschiedene Satin-
Nussbaumholz (Amberholz, Liquidatnbar styraciflua L.). Während
es dem Verf. nicht gelang, den die bekannte hautreizende Wirkung
des ersteren Holzes verursachenden Körper zu extrahieren, fand er
in letzterer Holzart eine nur ätherlösliche stearinartige Sub¬
stanz, die, in kleiner Menge auf die Haut des Unterarms gebracht,
dort nach 5 Stunden eine hohe, prallgespannte gelbliche Blase, von
entzündlichem Hof umgeben, hervorrief; das nach Platzen der Blase
sich bildende Geschwürchen heilte im Verlaufe von ca. 4 Wochen
ab. — Derselbe Autor studierte weiters die hautreizende
Wirkung des Cocoboloholzes, ebenda H. 3, 1912. Die
Wirkung ist unschwer nachzuweisen durch Auflegen von feinem
Sägemehl auf die feuchte Haut; sie zeigt sich als heftiges Jucken,
Bildung roter Papeln, entzündliche Rötung und folgende Abschup¬
pung. Die spezifische Substanz ist in Wasser weniger, in Alkohol
und Benzol leicht löslich, wahrscheinlich also ein ätherisches Oel,
das bei Zusatz von Osmiumsäure graugrünlich erscheint. — Heft 6,
1912 der genannten Berichte enthält u. a. eine Mitteilung desselben
Autors über; Cortusa Matthioli L„ eine stark haut¬
reizende Pflanze. Das Berühren der Pflanze ruft eine mit
heftigem Juckreiz und Blasenbildung einhergehende Dermatitis her¬
vor; gleiche Erscheinungen treten auf bei zufälliger Uebertragung des
reizenden Körpers durch die infizierten Hände. Träger der haut¬
reizenden Substanz sind (wie bei der Primel) die Drüsenhaare, wel¬
che ein kristallisierendes Sekret absondern. Die Kristalle sind in
Alkohol, Aether und verdünnten Säuren leicht löslich, in Wasser un¬
löslich.
Aus Anlass einer gegen den Fiskus gestellten Entschädigungs¬
klage beschäftigten sich F.. Rost und E. G i 1 g eingehend mit dem
Giftsumach (Rhus toxicodendron) und seinen Gift¬
wirkungen. Berichte der D. pharmaz. Ges., 22. J., H. 6. Die
Verff. sichten zuerst die Literatur, welche viele Mitteilungen über
Sumach-Hautentzündungen durch Berühren, sogar infolge Aus¬
dünstung des Strauches enthält. Als Ursache dieser Giftigkeit wur¬
den abwechselnd die Exhalationen der Pflanze, ein giftiges Gas, ein
Alkaloid, eine flüchtige Säure angesprochen. Die eigenen Unter¬
suchungen ergaben nun, dass sich Köpfchenhaare oder Drüsenhaare
weder zu Beginn noch zu Ende der Vegetationszeit spontan loslösten;
auch experimentell konnte die Loslösung nur in minimaler Menge ver¬
anlasst werden. Ein Sekret konnte von den unverletzten Blättern
und Stengeln ebenfalls nicht abgestreift werden; demgemäss traten
auch bei Berührung der Blätter oder Zweige Hautreizungen nicht ein.
Eine Uebertragung durch Pollenkörner konnte nicht stattgefunden
haben, weil die betr. Pflanzen des Berliner botanischen Gartens alle
weiblich waren. Dagegen findet sich überall in der Pflanze eine
Harzemulsion, welche, bei Verletzung der Pflanzen-
teile mit der Haut in Berührung gebracht, schon in Spuren Entzün¬
dungserscheinungen hervorruft. Die entstandene Dermatitis kann je¬
doch mit einer gesättigten Bleiazetatlösung in 50 — 70 proz. Alkohol
prompt beseitigt werden; insbesondere wird dadurch der starke Juck¬
reiz beseitigt. Arbeiter, die mit der Pflanze zu tun haben, müssen
sich durch Kopf- und Handschutz vor der Berührung mit dem Harz¬
saft schützen. Vom Beschauen allein ist jedoch eine Schädigung nicht
zu befürchten; die Klage des angeblich hiebei Geschädigten war da¬
her abzuweisen. Die interessante Abhandlung ist mit 35 Abbildungen
ausgestattet.
Eine Originalnotiz über Hautausschlag durch Staub
von mexikanischem Blauholz bringen die Mitteilungen d.
Instituts f. Gewerbehygiene in Frankfurt, No. 12 (1912), S. 191. Ein
mit dem Spalten dieses Farbholzes beschäftigter Arbeiter erkrankte
an einem krätzeartigen Ausschlag der Unterarme, der ihn zur Arbeits¬
einstellung zwang, während die anderen, z. T. schon viele Jahre
tätigen Arbeiter keine Störung beobachteten. Der erkrankte Arbeiter
litt an Lungentuberkulose und starb daran einige Zeit nachher.
Eine eingehende Studie von 0. H e i n e m a n n beschäftigt sich
mit dem äusseren Milzbrand des Menschen. D. Zeitschr.
f. Chirurgie, Bd. 119, 1912. Verfasser unterzieht hierin die ver¬
schiedenen therapeutischen Methoden, konservative und chirurgische
j Therapie, Behandlung mit Serum, Salvarsan und Kollargol, einer kri¬
tischen Besprechung, fasst die einschlägigen Beobachtungen, soweit
sie publiziert sind, statistisch zusammen und kommt hiebei, gestützt
durch eigene Erfahrungen, zu nachstehendem Resultat; Konservative
und operative Milzbrandtherapie sind beide rationell, doch ist nach
Theorie und Praxis die Operation die bessere Methode; letztere muss
in der radikalen Zerstörung des Karbunkels bestehen. Keinesfalls ist
die Operation schädlich, wenn sie nur vollständig ist; hingegen kann
wohl eine unvollständige Operation schaden. Wenn Allgemeininfek¬
tion droht oder bereits vorhanden ist, ist die Lokaltherapie mit Serum,
Salvarsan oder Kollargol zu kombinieren. — Vgl. hiezu auch den
Aufsatz von K. E. V e i t über die M i 1 z b r a n d t h e r a p i e in No. 51
(S. 2810) dieser Wochenschrift.
Ueber Milzbrand und Salvarsan veröffentlichte
G. B e c k e r in der Mediz. Klinik 1912, No. 44 eine kurze Abhandlung
und teilt darin noch 2 weitere durch intravenöse Salvarsaninjektion
(allerdings vergeblich) behandelte Fälle mit. Für die Prognose des
Milzbrands ist es ausschlaggebend, ob bei der Aufnahme des Pat.
bereits Bazillen im Blute sind oder nicht. Im letzteren Falle führt
auch die konservative Behandlung zum Ziele, während im ersteren
mit Salvarsan vielleicht eine Heilung zu erzielen ist; in einem Falle
gelang dies dem Verf. auch. In allen zum Tode gekommenen Fällen
des Hamburg-Eppendorfer Krankenhauses Hessen sich noch intra
vitam Bazillen im Blute nachweisen. Zur Beurteilung einer thera¬
peutischen Methode ist die vorherige bakteriologische Blutunter¬
suchung unbedingt erforderlich.
Die schwierige Frage der Häutedesinfektion behandelt eine
Arbeit von Moegle: Zur Desinfektion milzbrand¬
sporenhaltiger Häute und Felle. Zentralbl. f. Bakterio¬
logie, I, 66, S. 442. Verf. bemüht sich, teils die bereits vorhandenen
Methoden nachzuprüfen, teils eigene Desinfektionsmethoden auszu¬
arbeiten. Zunächst blieben die infizierten Häute etc., mit der Fleisch¬
seite nach aussen, gerollt 8 — 14 Tage liegen und wurden ab und zu
mit Kochsalzlösung befeuchtet, wodurch die Sporenbildung wesent¬
lich beschleunigt wurde; sodann wurden die Häute und Felle ge¬
trocknet (bei 37° im Brutschrank oder bei 30 — 32° im Trocken¬
apparat über Chlorkalzium). Das Vorhandensein von Milzbrand¬
sporen an den so vorbereiteten Häuten war kulturell erwiesen. Zur
Desinfektion wurden die Methoden von Schatten froh ( 1 proz.
Salzsäure in 8 proz. Kochsalzlösung), von Seym our- Jone
(0,01 proz. Sublimat in 1 proz. Ameisensäure) und die Modifikation
des letzteren Verfahrens (0,1 proz. Formalin in 1 proz. Ameisensäure)
verwendet, indem die Hautstücke für 6 Stunden in die genannten Lö¬
sungen bei Temperaturen von 40 — 42° eingelegt, sodann in Soda¬
lösung übertragen wurden. Sämtliche damit beschickten Nährböden
blieben steril. Bei einer 2. Versuchsreihe wurden dieselben Lösungen
in stärkerer Konzentration bei niederer Temperatur (15—16°) und
für längere Zeit angewendet, bei weiteren Versuchsreihen wurden
verschiedene Variationen von Konzentration, Temperatur und Zeit
erprobt. Hiebei ergab die Methode von Seymour-Jones durch¬
weg positive Resultate, während das Verfahren nach Schatten-
froh einige Male versagte, besonders bei Temperaturen unter 20°;
letzteres ist jedoch für die Praxis billiger und einfacher. Gerbver¬
suche ergaben gleich gute Resultate; die Enthaarung erfolgte bei der
Schattenfroh sehen Methode vielleicht etwas leichter. Hin¬
gegen ist die Verwendung von Formalin statt Sublimat bei der modi¬
fizierten Seymour sehen Methode für den Gerbprozess schädlich,
macht daher die Brauchbarkeit in der Praxis illusorisch.
In der D. Vierteljahrschr. f. ö. Gesundheitspflege, 24. Bd., 4. H.
(1912) veröffentlicht Steinhaus Beiträge zur Hygiene
des Bettfedernhandels. Verf. konnte durch mechanische
Reinigung von gröberen Verunreinigungen und folgender Behandlung
im Formalin-Wasserdampfgemisch bei 2,5 Atm. Ueberdruck und 137°
Dampftemperatur eine Desinfektion der Bettfedern ohne deren Schädi¬
gung erzielen. Er fordert daher, dass die Desinfektion von Bett¬
federn allgemein eingeführt bzw. vorgeschrieben werde, einmal zum
Schutze der Allgemeinheit, um Seuchenverschleppungen zu ver¬
meiden, dann im Interesse der in den Bettfedernreinigungsanstalten
tätigen Arbeiter. Bezüglich der hygienischen Einrichtungen der An¬
stalten und zum Schutze des Personals sind generelle Forderungen
zu erlassen. Was speziell diese gewerbehygienischen Massnahmen
betrifft, so ist zunächst durch Absaugung bzw. Tragen von Respira¬
toren die Staubgefahr zu bekämpfen. Der Infektionsgefahr (wieder¬
holt wurden z. B. Ansteckungen an Blattern beobachtet) ist durch
eine den ganzen Körper deckende, waschbare Arbeitskleidung und
besondere Bedeckung der Hände und Unterarme vorzubeugen. Für
ausreichende YVasch- und Badegelegenheit ist Sorge zu tragen; die
Wände sind mit desinfizierenden Flüssigkeiten regelmässig zu reini¬
gen. Besondere Beachtung verdient die Beseitigung der Abwässer,
welche sehr reich an Ammoniak und faulfähigen Substanzen sind.
Kinder dürfen bekanntlich nach §4 des Kinderschutzgesetzes in
Bettfedernreinigungsanstalten nicht beschäftigt werden.
8. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 369
Die Hygiene des Bergbaues und Hüttenwesens,
nsbesondere die Tätigkeit des beamteten Arztes
uf diesem Gebiete, behandelt Kreisarzt Dr. Frey in den
eröffcntlichungen a. d. Gebiete d. Medizinalverwaltung, 1. Bd„ 14. H.
erf. bespricht zunächst die einzelnen Gesundheitsgefährdungen im
ergbau und im Hüttenwesen durch abnorme Temperaturen, Luft-
erschlechterung, Feuchtigkeit, Ueberanstrengung und gezwungene
orperhaltung, Wurmkrankheiten, Infektionskrankheiten, Vergif-
ingen etc. und deren Folgen. Zum Schutze dienen u. a. verschiedene
iundesratsverordnungeti und Bergpolizeibestimmungen, denen es in
erbindung mit technischen Verbesserungen zweifellos gelang, hygie-
ische Erfolge zu erreichen; doch können letztere noch nicht als
ollkommen genügend angesehen werden, es mangelt noch vielfach
ine gründliche ärztliche Erforschung der schädlichen Einflüsse. Eine
ei den hiebei interessierten (162) preussischen Kreisärzten ver-
nstaltete Rundfrage ergab, dass die amtsärztliche Ueberwachung
nd ärztliche Durchforschung der genannten Betriebe noch manche
iicken offen lasse, wenn auch manche Kreisärzte bemüht waren,
ich intensiver mit diesen Fragen abzugeben. Aber von diesen spär-
chen Ausnahmen abgesehen lag bisher eine eingehende gewerbe-
ygienische Betätigung der Kreisärzte nicht vor. Allerdings gäbe
ie Dienstanweisung wohl die Basis ab für eine eingehendere Mit-
rbeit auf diesem Gebiete, andererseits stellen sich dem doch einige
lindernisse in den Weg: Zeitmangel, eingehendes technisches Wissen,
langelnde Bewegungsfreiheit u. dgl. m. So kommt Verf. zu dem
chlusse, dass die gewerbehygienische Ueberwachung zwar für klei-
ere und wenig-industrielle Kreise dem Kreisarzt wohl belassen wer-
en kann, dass hingegen für Industriebezirke besser von der
lanspruchnahme der ohnehin schon stark überlasteten Kreisärzte
bzusehen wäre und eigene Gewerbeärzte nach dem Muster
on Bayern, Baden, Eisass etc. aufzustellen seien; ihre Tätig eit
,önnte wohl einige benachbarte Kreise umfassen. Eingehend erörtert
erf. die Tätigkeit und Kompetenzen des gewerbeärztlichen Dienstes
n Auslande und in Süddeutschland, wo sich dieses Institut zweifel-
)s gut eingebürgert und bewährt hat; denn nur der Arzt dürfte
nstande sein, die Einwirkung der Arbeit auf den Organismus, also
ie eigentliche Gewerbekrankheit, zu erforschen und zu klären und
amit Fingerzeige zur Sanierung zu geben. Die Geschichte der Ge-
.erbehygiene ist hiefiir der beste Zeuge. Dem Gewerbe- und Berg-
ufsichtsbeamten bleibt immer noch ein reiches Arbeitsgebiet über,
as sich hauptsächlich auf den formellen Ueberwachungsdienst, Un-
dlschutz, technische Sanierung u. dgl. erstreckt. Ein eifriges Zu-
ammenarbeiten beider Organe, des ärztlichen und technischen Be-
mten, dürfte die besten Resultate zeitigen. Ein Verzeichnis der
reussischen Berg- und Hüttenbetriebe mit Belegschaftszahlen nebst
iteraturangaben schliesst die sehr beachtenswerte Arbeit des be-
annten Montanhygienikers. — Bekanntlich wurde jüngst (4. XII.
912) die Anstellung eines Landesgewerbearztes auch im Säch si¬
chen Landtage eingehend diskutiert und mit besonderem Hin¬
weis auf die günstigen Erfahrungen in Süddeutschland einstimmig
er Antrag der Deputation zum Beschlüsse erhoben, „die Kammer
/olle beschlossen. den Antrag Castan und Gen.
/egen Anstellung eines Landesgewerbearztes
er Kgl. Staatsregierung zur Berücksichtigung zu
b e r we i s e n“.
Zum Schlüsse noch eine ganz kurze Mitteilung: Die schon viel-
ich erwähnte Klinik für Arbeiterkrankheiten in Mai-
a n d verfügte bis 1. November 1912 über ausserordentliche
chenkungen zur Förderung wissenschaftlicher Untersuchungen
i der Höhe von 92 300 L. U. a. wurden 20 000 L. vom Könige von
alien, 50 000 L. von einem in Südamerika lebenden Italiener, der
lest von Industriellen und Privaten gespendet. In den letzten Tagen
/urde eine neue Spende von 12 000 L. übergeben. Mögen diese Bei-
piele zu ähnlichen Schenkungen auch bei uns Anregung geben. Auch
nsere gewerbehygienischen Institute (Kgl. Arbeitermuseum Miin-
hen, Institut für Gewerbehygiene in Frankfurt u. dgl.) wüssten
twaige Spenden recht gut zu verwerten zum Nutzen der werk-
iitigen Volksgenossen.
Neueste Journaliteratur.
Beiträge zur Klinik der Tuberkulose. Band XXV, Heft I.
912. Herausgegeben von L. B rau e r -Eppendorf.
C.. F ö r s t e r - Heidelberg: Ueber Tuberkulintherapie bei der
hirurgischen Tuberkulose des Kindesalters.
Anfangs war der Verfasser bestrebt, absolut reaktionslos zu in¬
zieren, bei weiteren Erfahrungen aber fand er, dass das thera-
eutische Optimum bei derjenigen Dosis liegt, die mässige Stich- und
okalreaktion verursacht und eben noch vertragen wird, ohne deut¬
sche Allgemeinwirkungen hervorzurufen. Die Anfangsdosen sind
Millionstel von Milligramm Alttuberkulin. Aus seinen Beobachtungen
chliesst Förster, dass diejenigen Fälle die besten Aussichten bei
uberkulinbehandlung bieten, welche ausgesprochene Ueberempfind-
ehkeit erkennen lassen. Dann aber leistet die spezielle Therapie
üinstiges. Bei Fällen mit akuten klinischen Erscheinungen sind auch
Linste Dosen nur mit Vorsicht anzuwenden. Die Skrofulöse ist ein
iinstiges Feld für die reaktionslose Tuberkulintherapie.
F. K u h n - Berlin-Schlachtensee : Bemerkungen zu der Arbeit
Berlins in Heft 3, Bd. XX1H über Erfahrungen mit der Saug-
laske.
Kuhn kann sich, obwohl das Berlin sehe Material weder
was die Auswahl noch die Anwendungsweise betrifft, günstige
Chancen bot, dem im allgemeinen ungünstigen Schlussurteil nicht an-
schliessen.
W o 1 f f - Reiboldsgrün : Die hämatogene Verbreitung der Tuber¬
kulose und die Disposition bei Tuberkulose.
Der Verfasser konstatiert, dass die Anschauungen, die er über
das Wesen der Phthise seit langem vertreten hat, durch die neueren
Forschungen bestätigt wurden. Die letzte Erkenntnis ist die Lehre
von der hämatogenen Verbreitung der Tuberkulose im menschlichen
Körper; hierdurch hat man einen Schlüssel zur Erklärung der Dispo¬
sition, indem die im Blut kreisenden Keime Organe befallen, die ana¬
tomisch oder funktionell, ererbt oder erworben, ein Punctum minoris
resistentiae darstellen.
Mieczyslaw Lichtenstein - Warschau : Sind die Gallengangs¬
tuberkel in der Leber das Resultat einer Ausscheidungstuberkulose?
Im Gegensatz zu früheren Anschauungen sollen nach Sim-
monds die Gallengangstuberkel so entstehen, dass die Bazillen in
die Galle ausgeschieden werden, in die Gallengänge kommen, diese
infizieren und vom Lumen des Gallenganges aus durch die Wand
zu einer Erkrankung der Umgebung führen. Die histologische Unter¬
suchung von 3 Lebern ergab, dass man eher eine sekundäre Be¬
tätigung der Gallengänge annehmen muss, so dass noch kein sicherer
Beweis für die Entstehung der Gallengangstuberkel durch eine Aus¬
scheidungstuberkulose erbracht ist.
J. G w e r d e r - Davos : Die Tuberkulosesterblichkeit unter der
einheimischen Bevölkerung in Davos. Ein Beitrag zur Frage der
Ansteckungsgefahr an Lungenkurorten und der Tuberkulosevererbung.
Statistische Erhebungen zeigen, dass eine anormale Vermehrung
der tuberkulösen Todesursachen unter den Einheimischen von Davos
nicht zu konstatieren ist. Dabei wurden Alter, Beruf und verwandt¬
schaftliche Beziehungen besonders berücksichtigt und es konnte die
wichtige Rolle gezeigt werden, welche die Blutsverwandtschaft bei
der Tuberkulose der Einheimischen in Davos spielt. Die Tuberkulose¬
mortalität ist besser als in der Gemeinde Bergün, und G wer der
begründet dieses unerwartete Ergebnis durch Hinweis auf folg°nde
Punkte: Oekonomische Verhältnisse, Alkohol, Klima, Inzucht, hygieni¬
sche Verhältnisse. — Von einer vermehrten Ansteckungsgefahr kann
in hygienisch geleiteten Lungenkurorten wie Davos keine Rede sein.
J. Holmagren - Stockholm : Die Uebereinstimmimg zwischen
dem Verhalten verdünnter Säuren in Löschpapier und der Tuberkulin-
reaktion in der Haut.
Die Tuberkulinreaktion zeigt viele Analogien mit den Verhält¬
nissen bei der Adsorption verdünnter Säuren im Löschpapier, für die
H o 1 m g r e n eine mathematische Formel aufgestellt hat. Die kon¬
statierte Uebereinstimmung spricht für die Möglichkeit, dass auch bei
der Tuberkulinreaktion eine ähnliche Adsorption verdünnter Säuren
oder von Stoffen mit ähnlichen Eigenschaften stattfindet und auf die
Grösse der Papel Einfluss ausübt.
Ernst Pac'h ne r -Prag: Erfahrungen mit dem Tuberkulomuzin
Weleminsky.
Weleminsky konnte durch eine eigenartige Züchtungs¬
methode einen Tuberkelbazillenstamm in ca. 8 Jahren so weit ver¬
ändern, dass unter seinen Stoffwechselprodukten koagulables Eiweiss
und vor allem Muzin auftrat. Das muzinhaltige, bazillenfreie Bouillon¬
filtrat zeigte bei der experimentellen Kaninchen- und Meerschwein¬
chentuberkulose vermehrte immunisatorische Eigenschaften im Ver¬
gleich mit gewöhnlichen Tuberkelkulturen. Pachner hat das neue
Präparat zunächst an 35 nicht ausgewählten Fällen aller Stadien
menschlicher Tuberkulose studiert und nach den günstigen Resultaten
bis jetzt über 120 Patienten damit behandelt. Besonders instruktiv
für die Beurteilung der Wirkungsweise waren die günstig beeinflussten
Fälle von äusserer Tuberkulose. Das Tuberkulomuzin ist ein spe¬
zifisch wirksames Mittel, dessen toxische Komponente gering ist.
Eine Gewöhnung an das Präparat findet nicht statt, so dass die wirk¬
same Dosis während der ganzen Behandlungsdauer die gleiche blieb.
Bei Erwachsenen wird mit 10, bei Kindern mit 5 mg begonnen und
solange (jeweils um das Doppelte) gestiegen, bis das Optimum er¬
reicht ist, auf welches das betreffende Individuum deutlich reagiert.
Die günstige Wirkung tritt dann sehr rasch ein und soll besonders
überraschend sein bei den schweren und fieberhaften Fällen des II.
und III. Stadiums.
F. A. B a u e r - Inner-Arosa : Heilstättenerfahrungen über Bron-
chiektasien.
Ausführliche Besprechung von 8 eigenen und Skizzierung zweier
fremder Fälle, von denen 9 einer Volksheilstättenbehandlung von
3 bis 12 Wochen ausgesetzt waren. In keinem Falle wurde auch
nur irgend eine Spur einer wirklich objektiv feststellbaren Besserung
des eigentlichen Leidens erzielt, 2 Fälle wurden chirurgischer Be¬
handlung überwiesen, in 2 Fällen wirkte die Liegekur verschlimmernd
auf die Husten- und Auswurfbeschwerden. Hingegen wirkte die
Ouincke sehe Hängelage günstig und die Digitalis-Atropinkur schien
von einem gewissen Vorteil zu sein. Wie bei der Phthisis können
eigentliche Erfolge nur im frühen Entwicklungsstadium der Krankheit
erzielt werden. Die Behandlung hat also im jugendlichen, meist im
Kindesalter, einzusetzen. Zu dem Zweck muss allerdings die Früh¬
diagnose der Bronchiektasien noch ausgebaut werden.
P. Schlippe - Darmstadt.
370
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 7.
Klinisches Jahrbuch. Bd. 26, Heft 4.
Lochte: Die soziale Medizin, ein notwendiger Unterrichts-
gegenständ.
L. untersucht, inwiefern die Aerzte den Aufgaben der Arbeiter¬
versicherung bisher gewachsen gewesen sind und welche Vorschläge
von den Aerzten zum Zwecke ihrer Ausbildung in der sozialen Me¬
dizin gemacht worden sind.
Czerny, P. B o n n t z und K. Bonntz: Die Universitäts¬
kinderklinik zu Strassburg i. E.
P. Kr eh len: Jahresbericht über die Ergebnisse der Tuber-
kuloseforschung 1911.
Zusammenfassende Sammlung der wichtigsten Arbeiten auf dem
weitschichtigen Gebiete der Tuberkulose.
Spiel mann: Die medizinischen Institute der preussischen
Universitäten und die für sie aufgewendeten staatlichen Mittel in den
letzten 30 Jahren.
Statistische Darstellungen. Im Anhang Mitteilung der Kur- und
Pflegekosten mit den sonstigen Gebühren und Entschädigungen an
allen Universitätsinstituten.
Mit diesem Band hört das klinische Jahrbuch auf, zu erscheinen,
wegen des Mangels an Material und an Abonnenten, wie der Heraus¬
geber in seinem Schlusswort bekennt. R. S e g g e 1 - Geestemünde.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 120. Band, 3. — 4. Heft.
Antonio de Cortes: Die angebliche Orchitis par effort vor
der Pathologie, der Klinik und dem Unfallgesetz. (Aus der Chirurg.
Abteilung des Ospedale Maggiore in Bergamo.')
Die Krankheit setzt während einer heftigen Anstrengung mit
einem plötzlichen Schmerz in einem Hoden ein, der in den nächsten
Tagen bis auf das 6 fache des normalen Volumens anschwellen kann.
Der Hoden findet sich meist in situ, seltener fixiert am äusseren
Leistenring. Hoden, zuweilen der Nebenhoden oder, beide ver-
grössert, Palpationsschmerz, häufig ektatische Samenstranggefässe.
Puls, Temperatur normal, Harn-Geschlechtswege o. B., nach 1 bis
2 Wochen Rückkehr zur Norm ohne Komplikationen, seltener Aus¬
gang Atrophie. Die Bezeichung Orchitis besteht nicht zu Recht,
besser spricht man von Kongestion oder endo- oder peritestikulären
Blutungen infolge Anstrengung. Vergleich mit den Stauungsblutungen
bei Rumpfkompression Wichtig, auch für die Frage der Unfall¬
schädigung, ist der Ausschluss anderer Hodenerkrankungen nach
einer Hodenläsion infolge Anstrengung.
Anton Dilger: Ueber Gewebskulturen in vitro unter beson¬
derer Berücksichtigung der Gewebe erwachsener Tiere. (Aus der
chirurgischen Universität in Heidelberg.)
Dilger unternahm eine Nachprüfung der zunächst von
H a r r i s o n, später von Burrows und Carrel publizierten Ver¬
suche über Gewebskulturen in vitro. Dilger verfuhr subtil nach
der von Carrel und Burrows angegebenen Technik, er experi¬
mentierte fast ausschliesslich mit den Geweben erwachsener Tiere.
Nach seinen Erfahrungen und einer Kritik der Präparate Carrel-
Burrows lehnt Verfasser entschieden ab, dass bei den Kulturen
erwachsener Warmblüterorganteilchen ein wirkliches Wachstum
eintritt im Sinne einer organischen Formation. Mit anderen Autoren,
z. B. Prausnitz, wird das Auftreten von spezifischen Zellarten
in der Umgebung der Primärpräparate entschieden bestritten, es
handelt sich um amöboide Bindegewebszellen: mit Prausnitz und
J o 1 1 y konnte D i 1 g e r an den am Rande aufgetretenen Zellen schon
bald degenerative Erscheinungen nachweisen; ton keiner Seite ist
bis jetzt der Nachweis eines echten Wachstums von Gewebskulturen
erwachsener Tiere erbracht. Ebenso fehlt der Beweis eines Wachs¬
tums maligner menschlicher Tumoren in vitro.
W. Keppler und F. Breslauer: Zur Frage der intra¬
venösen Narkose. (Aus der Kgl. Chirurg. Universitätsklinik Berlin.)
Das Ideal einer intravenösen Narkose wäre Injektion von wenigen
Kubikzentimetern die gar keine Ansprüche an die Regelung des
Blutdrucks, an Gefässsystem und Herz stellt: das Mittel müsste
absolut unschädlich für alle lebenswichtigen Organe sein. die. be¬
täubende Wirkung müsste nach Schluss der Operation bald auf¬
hören. Da unseren bisher bekannten Methoden stets der eine oder
andere der erwähnten Mängel anhaftet, suchten Keppler und
Breslauer systematisch der Erfüllung der erwähnten Forderungen
auf dem Wege des Tierexperiments (Hund) näher zu kommen.
Zunächst wurde festgestellt, dass Ritters intravenöse Kokain¬
injektion eine zentrale Kokainvergiftung mit Analgesie macht; eine
praktische Anwendung verbietet sich.
Des weiteren wurden durchprobiert Chloralhydrat, Paraldehyd,
Amylenhydrat, Urethan, Hedonal, Medinal, Trional, Isopral; keines
dieser Mittel erfüllt die für die intravenöse Narkose aufgestellten
Bedingungen.
Endlich wurde aus der Gruppe der narkotischen Alkaloide
Morphin, verdünnte Opiumtinktur und das Pantopon probiert, es
gelang in über 50 Fällen mit intravenöser Pantoponinjektion beim
Hunde eine ideale Narkose zu erzielen; injiziert wurden % — 1 cg
Pantopon auf 1 kg Körpergewicht; die Pupillen sind in tiefer Narkose
eng, Puls und Atmung etwas verlangsamt, eine Schädigung von Herz
und Lunge, Nieren wurde nie, Erbrechen nur 1 mal beobachtet; das
Erwachen folgte schnell und vollkommen; es handelt sich bei der
Pantoponnarkose wie bei der Morphiumgruppe überhaupt um Be¬
täubung des ürosshirns ohne Erloschensein der Reflexe, ohne voll¬
kommene Erschlaffung der Muskulatur, die praktisch vollständig
ausreicht.
Leider zeigte sich, dass sich die Erfahrungen am Hunde nicht
auf den Menschen übertragen lassen. Dosen von 0,05 und 0,1 Pan¬
topon zeigten keine Spur einer analgesierenden Wirkung, dagegen
bei letzter Dosis eine Narkose des Atemzentrums (2 tägiger Schlaf).
Fritz Kr oh: Beiträge zur Anatomie und Pathologie der quer¬
gestreiften Muskelfaser. Experimentelle Studien zur Lehre und von
der ischämischen Muskellähmung und Muskelkontraktur. (Mit¬
teilungen aus der Akademie für praktische Medizin in Köln.) 1. Teil
Beiträge zur Anatomie und Pathologie der quergestreiften Muskel¬
faser. Fortsetzung folgt.
Max Krabbel: Tuberkelbazillen im strömenden Blut bei
chirurgischen Tuberkulosen. (Aus dem St. Johannishospital in Bonn.)
Es wurden untersucht nach der Schnitter sehen Methode
(kombiniertes Essigsäure-Antiformin-Verfahren) 18 klinisch sichere
Knochentuberkulosen mit 12 positiven Befund = 66,6 Proz.; 5 Fälle
von Drüsentuberkulosen mit 1 positiven Ergebnis = 20 Proz.; 4 Fälle
von Haut-, Schleimhaut-, Sehnenscheidentuberkulose mit 1 positiven
Ergebnis = 25 Proz.
Verf. glaubt, dass in Fällen, in denen nicht schon eine kliniscli
nachweisbare Lungentuberkulose Anlass zur Bazillämie gibt, der
positive! Bazillenbefund für die Sicherung der Diagnose von grosser
Bedeutung ist.
Nobe: Ein seltener Fall von Luxation im Talonavikulargelenke.
(Aus der Chirurg. Abteilung des Marinelazaretts Cuxhaven.)
Die Verletzung kam zustande dadurch, dass der Patient vom
Fahrdamm auf den Fusssteig sprang, wobei der Fuss auf einen
kantigen Stein nach innen umknickte. Es handelte sich um eine reine
Verrenkung nach innen. Reposition in Narkose, T-Schiene, Massage;
später Plattfusseinlage. Heilung mit guter Funktion.
Kurze Mitteilungen:
Saal mann: Kasuistischer Beitrag zur Kenntnis der Spinn
bifida. (Aus der Chirurg. Abteilung des städtischen Wenzel-Hanke-
Krankenhauses Breslau.)
Das 3 jährige Kind erkrankte unter dem Bilde einer abszedie-
rer.den Wirbelsäulenkaries. Auf Grund des Röntgenbildes, das einen
scharfen Defekt der Bögen des 4. und 5. Lendenwirbels zeigte, wurde
der Prozess erkannt als Spina bifida mit abgeschnürtem und
infizierten Meningozelensäckchen und Entwicklung eines Abszesses
an dem Kreuzbein. Exitus an Bronchopneumonie nach Abszess¬
spaltung. Die mazerierte Wirbelsäule zeigte deutlich das Bild der
Spina bifida. Flörcken - Paderborn.
Beiträge zur klinischen Chirurgie, red. von P. v. Bruns.
82. Band, 3. Heft. Tübingen, Lau pp, 1913.
Aus der Tübinger Klinik berichten A. Reich und Prof.
Blauei über den Einfluss künstlicher Trachealstenose auf die
Schilddrüse. Bei Studien und Experimenten über die Herzver¬
änderungen bei Struma und die künstliche Erzeugung letzterer haben
sie auch den Einfluss künstlicher Luftröhrenverengerung durch un¬
vollständige Abschnürung an Ratten studiert und bei 5 histologisch
einheitliches Schilddrüsenbild gefunden, nämlich im Gegensatz zu
nahezu 100 histologisch untersuchten Normalratten ausschliesslich
Plattenepithel, erheblich kleinere und dichtere Kerne (ohne Anhalts¬
punkte für Degeneration) relativ grosse Follikel, nie Erscheinungen
von Kolloidverflüssigung oder Abnahme des histologisch darstellbaren
Kolloids vielmehr stets erhöhte Kolloidfällung der Follikel. Die
Veränderungen entsprechen einem Zustand des Hypothyreoidismus
und dieser wurde verursacht und unterhalten durch längerdauernden
Sauerstoffmangel. Die Versuchsergebnisse geben Bausteine für die
B r e i t n e r sehe Theorie, wenn sie auch keine entsprechende
Stellungnahme zu ihrer Gesamtheit ermöglichen.
Aus dem Krankenhaus zu Schwäbisch Gmünd gibt. Erich
Höniger einen Beitrag über die Tracheostenosis thymica im
Anschluss an einen näher mitgeteilten Fall bei 4 monatlichem Kind,
bei dem mehrere Stunden und Tage anhaltende Anfälle von Atemnot
auftraten und mehrfach deshalb intubiert werden musste. Es wurde
die Resektion eines walnussgrossen Stückes der Thymus mit Erfolg
vorgenommen. H. bespricht die mechanische Theorie des Stridor
thymicus, die nicht auf alle Fälle anwendbar ist, die B e n e k e sehe
Anschauung von der intrauterin entstehenden mechanischen Ab¬
plattung der Trachea bei hyperplastischer Thymus und glaubt, dass
in manchen Fällen auch eine chemische und bisher nicht aufgeklärte
Einwirkung bestehen kann. Die Pal tauf sehe Lehre und die von
der Hyperthymisation (S v e h 1 a) sind sicher für manche Fälle zu¬
treffend, der hyperplastischen Thymus scheint nach Hart und
Bi r eher eine deutliche Toxizität zuzukommen. — Für die Chirurgie
kommt nur die partielle Thymusresektion in Betracht bei mecha¬
nischer Tracheakompression; die nicht durch sicher nachweisbare
mechanische Ursachen zu erklärenden Fälle von Tracheostenosis
thymica sind wohl zunächst durch Intubation zu behandeln und wenn
eine Abnahme der Intensität der Stenoseerscheinungen nach mehr¬
fachen Intubationen nicht ersichtlich, erscheint ebenfalls die partielle
Resektion indiziert, die einen Ausgleich in der gestörten inneren
Sekretion zu schaffen scheint. Bei der Intubation ist auf genügend
lange Kanüle zu achten (Röntgenkontrolle). — H. lässt dahingestellt,
inwiefern eine Alkalitherapie etwa zur Neutralisation der Säure¬
intoxikation Platz zu greifen hat.
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
371
F. S m o 1 e r gibt aus der mähr. Landeskrankenanstalt zu
Olmiitz einen Beitrag zur Unterbindung der Carotis communis, be¬
spricht die Geschichte der Operation, die Ursache der Hirnstörungen
nach derselben und die Beobachtungen, dass letztere ausbleiben,
wenn stärkerer Blutverlust vorangegangen, sowie die Methoden der
vorgängigen teilweisen Zuschnürung der Arteria (wozu Sm. ein
eigenes Instrument angegeben hat |s. Abb.]). Sm. teilt aus seiner
Abteilung 10 Fälle von Karotisunterbindung mit; von 7 vorher ge¬
drosselten Fällen hat keiner Hirnerscheinungen gezeigt. Die un¬
mittelbare Unterbindung der Carotis communis ist ohne vorher¬
gehende Drosselung derselben ein Eingriff, der wegen seiner grossen
Gefahr nicht vorgenommen werden darf (es sei denn zu unbedeuten¬
der notwendiger Blutstillung bei Verletzung des Gefässes). — Die
Unterbindung der Carotis ext. kann die der communis nicht in allen
Fällen ersetzen. Die Unterbindung der Carotis communis nach vor¬
hergegangener Drosselung des Gefässes ist, wenn die Zuschniirung
allmählich vorgenommen und bis zu vollkommener Verlegung des
Gefässes fortgesetzt wird, vollkommen gefahrlos, die Operation kann
deshalb auch in Fällen, bei denen die Indikation nur eine relative ist,
angewandt werden. —
Kurt Morgenstern berichtet aus der Klinik zu Frankfurt
und chirurgischen Poliklinik zu Heidelberg über kongenitale heredi¬
täre Ankylosen der Interphalangealgelenke und teilt 2 diesbezügliche
Fälle näher mit, in denen die betr. Deformitäten (Hand und Fuss
betr.) in der Familie weit verbreitet waren (wenn auch mit gewissen
Abweichungen). M. unterscheidet nach Besprechung und Anführung
zahlreicher Fälle kongenitaler Ankylosen der Interphalangealgelenke
2 Gruppen: solche, in denen die Difformitäten durch eine Entwick¬
lungshemmung entstanden und symmetrisch einseitig mit Defekten
an der Muskulatur bzw. dem Thorax in Verbindung mit Missbildung
der oberen Extremität auftreten und die durch eine Raumbeengung
erklärt werden können, während die anderen durch aus¬
gesprochene Symmetrie, exquisite Vererbungstendenz, gleichzeitiger
Affektion der Fiisse in mehreren Fällen (wie in den beiden von M.
mitgeteilten) sich charakterisieren. Diese ist M. geneigt auf Ent¬
wicklungsanomalie zurückzuführen, in den betr. Gelenken ist an¬
scheinend an den distalen Phalangen der lokale Epiphysenkern schein¬
bar fehlend in Wirklichkeit mit dem distalen Ende des Grundglieds
verwachsen, wie aus den Röntgenogrammen ersichtlich.
S. Züllig gibt aus dem Kantonspital Miinsterlingen eine Arbeit:
Munddiphtherie und Munddiphtheroid; er bespricht ausführlich im
Anschluss an die C. B r u n n e r sehen Arbeiten unter Anführung der
betr. bakteriologisch untersuchten Fälle die Frage und stellt neben
den von Brunner, Tavel untersuchten Fällen 24 Fälle von Mund¬
diphtherie aus der Literatur kurz zusammen. Selten handelt es sich
um reine Infektionen, meist Mischinfektionen (Klebs-Löffler-Bazillus
+ Eitererreger oder Bact. coli oder Pseudodiphtheriebazillus), u. a.
teilt Z. bei Besprechung der Frage, dass auch durch andere In¬
fektionen, Wundbelag etc., klinisch charakteristisches Bild entstehen
könne, einen Fall mit, in dem dies durch Bacillus pyo-
cyanaeus der Fall war. Züllig bespricht die Möglichkeiten
der Infektion mit Diphtheriebazillen unter Eingehen auf das
Vorkommen etc. derselben, geht auf die Trennung von Hospital¬
brand ein und stellt als Munddiphtherioide die Fälle auf, in
denen das klinische Aussehen für Diphtherie spricht, die bakterio¬
logische Untersuchung aber den Klebs-Löffler-Bazillus nicht ergibt.
Zum Schluss geht Z. auch auf die D e u t s c h 1 ä n d e r sehe Arbeit
ein, nach der auch endgültige Entscheidung nur der wissenschaftliche
Nachweis des Diphtheriebazillus liefere.
Franz v. Fäykis gibt aus der Klinik zu Pest eine Arbeit über
die akute Entzündung des Pankreas, teilt u. a. 6 Fälle mit, bei deren 4
die Pankreatitis bei der Operation konstatiert wurde (2 Heilungen),
während nur in 2 Fällen die Diagnose vor der Operation gestellt
werden konnte. Bei früher vorausgegangenen Gallensteinkoliken
besonders bei fettleibigen Personen, bei plötzlicher Erkrankung mit
schweren Symptomen, Auftreibung und Resistenz in der epigastrischen
Gegend (durch lokale Blähung des Colon transv. infolge von Lähmung
der Nerven im Gefolge der Imbibition) muss man an akute Pankrea¬
titis denken und ist schnelles Eingreifen geboten. F. ist für Früh¬
operation, da man nicht wissen kann, wann die Nekrose eintreten
'Grd, er bespricht die Anschauungen K ö r t e s, Dreesmanns
und P.olyas etc., plädiert für Eingehen oberhalb des Nabels,
stumpfe Trennung der Schichten des Lig. gastro-col. und Eingehen
auf das Pankreas, event. Einreissen von dessen Kapsel (Payr,
Guleke). Nach der Versorgung des Pankreas wird Gazetampo¬
nade, Drainage auch vom For. epiploic. und Mesocolon transv. aus
angewandt. Die Pankreatitis ist eine gefährliche Krankheit, nicht
nur wegen des zweifelhaften Erfolges der Operation, sondern auch
weil in jedem Stadium während des Heilungsverlaufes plötzlich
Rückfall und Tod Vorkommen kann. Die Erkenntnis, dass es auch
spontan heilende Pankreasentzündungen gibt, soll nach F. uns nicht
beeinflussen da die Pankreatitis eine unberechenbare Krankheit sei.
Wiih. v. Steimker gibt aus der Chirurg. Klinik und dem anat.
Institut zu Göttingen eine Mitteilung: 2 seltenere Hernien (Hernia
supravesicalis ext. und Hernia ventr. lateralis), betr. deren er je einen
bzw. 2 Fälle näher mitteilt und die bisher in der Literatur mit¬
geteilten Fälle sammelt, nach Befund, Symptom etc. bespricht und
in Tabellen zusammenstellt.
Max Brandes bespricht aus der Kieler Klinik: typische Frak¬
turen des atrophischen Femur, teilt u. a. 6 Fälle von Femurfrakturen
am unteren Ende des Femur mit, die bei Lux. coxae cong. am Ende
oder bei Manipulationen gegen Ende der Gipsverbandbehandlung ein¬
traten (eine zweifellos bei den Einrenkungsmanövern) und zieht nach
entsprechenden Tierversuchen den Schluss, dass eine Inaktivitäts¬
atrophie an der Architektur der Spongiosa sich schon in auffallend
kurzer Zeit bemerkbar macht (schon nach 2 Wochen). Nach Frak-
tunerungsversuchen an kindlichen Beinen etc. scheint Br. besonders
in der Behandlung der Lux. cong. coxae die absichtlich und methodisch
hergestellte suprakondyläre Osteoklase sogar Vorteile zu haben, wenn
man die Anteversion des Schenkelhalses korrigieren will. Br. fasst
das Resultat seiner Arbeit dahin zusammen: 1. Knochenatrophie be¬
günstigt am kindlichen Femur das Entstehen subperiostaler supra-
kondylärer Frakturen; 2. die beobachteten, einander in ihrer Form
gleichen, stets an derselben Stelle am atrophischen Knochen ein¬
setzenden Frakturen sind beschrieben im Verlauf oder nach Ablauf
von Coxitis tub. lux. long. cox., Destruktionsluxation und Hiiftoperation
Gonitis tub.; 3. diese Frakturen des atrophischen Femur sind weder
typisch für eine besondere Atrophieform, noch kann die untere
Femurdiaphyse auf Grund der Beobachtung dieser Frakturen als eine
Prädilektionsstelle arthritischer Knochenatrophie bei Koxitis be¬
zeichnet werden; 4. eine einfache durch Krankheit oder Gipsverband
hervorgerufene Inaktivitätsatrophie genügt, um einer geringfügigen
nicht immer genau zu bemerkenden äusseren Gewalteinwirkung die
Frakturierung zu ermöglichen; 5. die Lokalisation dieser Frakturen
an der stets gleichen Stelle des Femur ist bedingt durch besondere
Festigkeitsverhältnisse am atrophischen Oberschenkel und einen be¬
sonderen Entstehungsmechanismus, der mit einer Biegungsbeanspru-
chung des Femur endet; 6. bei diesem durch äussere Gewalteinwir¬
kung hervorgerufenen Mechanismus ist der kontrakte Zustand und
der Ursprung der Kapsel, Bänder und Sehnen am Kniegelenke von
Bedeutung; 7. da es sich um den Einfluss dieser mechanisch ein¬
wirkenden Faktoren auf den atrophischen Femur handelt, so ist es
auch möglich, die Entstehung solcher Frakturen an kindlichen
Leichen experimentell nachzumachen; 8. der Name Spontanfraktur
bezeichnet keineswegs treffend diese Frakturen, ein einheitlicher
Name wird zunächst kaum allgemein Anerkennung finden, „die
typischen Brüche des atrophischen Femur“ erscheint die zweck-
mässigste Bezeichnung.
Aus der Bonner Klinik bespricht Sy ring: Zoekum-Dünndarm-
volvulus in einer eingeklemmten Hernie. Er beschreibt einen Fall
von Kombination eines das untere lleum und Zoekum betr. Volvulus
mit einer Hernie, die das klinische Bild der lnkarzeration bot, bei
58 jähr. Frau, sowie einen weiteren ähnlichen Fall, ebenfalls durch
Herniotomie geheilt. • Sehr.
Zentralblatt für Chirurgie, 1913, No. 5.
Aizner-Lodz: Zur Ptosisoperation mit freier Faszientrans¬
plantation.
Verf. hat kürzlich mit gutem Erfolge eine kongenitale Ptosis
operiert, indem er nach dem Vorschlag von Payr zur Uebertragung
der Kraft des Stirnmuskels auf das Oberlid einen freien Faszien¬
streifen, (aus dem Oberschenkel) benützte. Er beschreibt diese
Methode und demonstriert an 2 Abbildungen den Erfolg der Ope¬
ration, weist aber auch darauf hin, dass die freitransplantierte Faszie
die Neigung zur Schrumpfung hat.
Arthur H o f m a n n - Offenburg: Zur Behandlung der totalen
Harnröhrenzerreissungen.
Verf. benützt bei der Operation einer totalen Harnröhrenruptur
einen halbweichen, zugespitzten und an beiden Enden mit einem
Knöpfchen versehenen Katheter, welcher mit einem Griff an einem
Metallkatheter angebracht wird, dessen Schnabel eine Halbrinne
bildet, die nach der Spitze zu offen ist und sich konisch verjüngt.
Diese Art der Befestigung dieser beiden Katheter, welche abgebildet
sind, vermeidet jede neue Verletzung der Harnröhre.
E. Grunert - Dresden : Ein Prostataringmesser für die supra-
pubische Prostatektomie.
Verf. hat die Erfahrung gemacht, dass die Harnröhre um so
rascher wieder funktionstüchtig ist, je schonender man bei der
Prostatektomie die Pars prostatica urethrae behandelt. Er macht
deshalb mit einem eigens konstruierten Ringmesser eine ringförmige
Inzision um das Orificium int. herum und schält die Drüsenlappen
mit dem Finger aus. (Mit einer Abbildung des Ringmessers.)
R. Burmeister - Concepcion : Bolus alba im Handschuh.
Bevor Verf. die sterilen Handschuhe anzieht, verreibt er Bolus
alba mit etwas sterilem Wasser über beide Hände, welche so einen
Ueberzug von dickflüssiger Boluspaste erhalten. Nun lassen sich
sehr leicht die Handschuhe darüber an- und ausziehen und die Haut
der Hände wird durch den Bolusüberzug nicht so stark mazeriert.
E. Heim- Gerolzhofen.
Monatsschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie. Bd. XXXVI.
Heft 6.
1) R ii h 1 - Dillenburg: Ueber Uterusperforationen bei Aus¬
räumung von Aborten und Vorschläge zu deren Verhütung.
Durch die Mitteilung Pu pp es über 2 Fälle von Perforation
mit tödlichem Ausgang bei der Ausräumung von Aborten angeregt,
bespricht Verf. die Gründe für diese traurigen Vorkommnisse. In
einem grossen Teil der Fälle fand Verf. den Grund in der mangelhaften
Informierung der Aerzte. Nach einer Darstellung über die Yer-
372
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
hiitung der Unglücksfälle, in der für den Praktiker besonders die
expektative Behandlung und bei Ausräumungen möglichste Ver¬
meidung aller Instrumente betont wird, meint Verf., dass die Gut¬
achter sich in Zukunft auf den Standpunkt stellen müssten, „dass
Aerzte für die Folgen von Uterusperforationen zivil- und straf¬
rechtlich haftbar zu machen sind, wenn sie bei dem Eingriffe nicht
die erforderliche Technik und Erfahrung besitzen, wenn sie ferner
nicht in der Lage sind, solche Verletzungen in der heute modernen,
wissenschaftlich anerkannten Weise zu behandeln, wenn sie ohne
genügende Assistenz operieren und ohne, dass die heute üblichen
Vorkehrungen für die Handhabung der Anti- und Aseptik bei den
Operationen treffen und für eine genügende Nachbehandlung sorgen.“
2) B a r c h e t - Hamburg : Gravidität in einem Uterusdivertikel.
Der Fall erinnert an eine interstitielle Schwangerschaft, die
Tube der betreffenden Seite Hess sich indes ohne Zusammenhang
mit dem Fruchtsack bis in den Uterus verfolgen. Der überall mit
Peritoneum überkleidete Fruchtsack macht den Eindruck einer
herniösen Ausstülpung der Gebärmutter, dessen Höhle mit der Uterus¬
höhle in Kommunikation steht. Die Fälle scheinen sehr selten zu sein.
3) Stroganoff-St. Petersburg: Zur Frage über das frühe
Aufstehen nach der Geburt.
Von 11 000 Wöchnerinnen Hess Verf. ca. S00 Erstgebärende am
3. Tag, die übrigen am 5. Tag aufstehen. Er sieht darin für die
Wöchnerin und für das Gedeihen des Kindes einen Vorteil. Gegen¬
indikation bildet erhöhte Temperatur, verschiedene Infektionskrank¬
heiten, Nephritis, schwacher Allgemeinzustand nach Blutungen, Blut¬
armut, Herzfehler und Risse des Geburtskanals. Dabei wird das
Aufstehen hinausgeschoben.
4) Elten-Charlottenburg: Das Plazentarangiom — eine echte
Geschwulst.
Im Gegensatz zu Gräfenberg und Meyer hält Verf. die
Plazentarangiome für echte Geschwülste. Es handelt sich in den
meisten Fällen um wirklich geschwulstmässig proliferierende Gefäss-
bezirke in den Chorionzotten, die aus sich herauswachsen und so
gegenüber dem umgebenden Gewebe in scharfen Gegensatz treten.
2 einschlägige Fälle werden beschrieben, in denen eine thrombotische
Nekrose der Geschwülste keine klinischen Erscheinungen machte.
5) Weill-Bad Elster: Beitrag zur Entwicklungsmechanik des
Geschlechts.
Zwischen den Generationszellen bestehen nach W. fast mathe¬
matische Beziehungen. Die beiden Zellen ringen um das Geschlecht.
Unter Anwendung des in der Physik für in Bewegung befindliche
Körper gültigen Gesetzes ist die kinetische Energie einer Zelle pro¬
portional der Masse (weibliche Zelle) und dem Quadrate der Ge¬
schwindigkeit (männliche Zelle). Alles, was demnach imstande ist,
die kinetische Energie der einen oder anderen Zelle zu schwächen,
sei es durch Beeinflussung der Masse (Stärkung oder Schwächung)
oder der Geschwindigkeit, muss das Resultat des Kampfes ver¬
schieben. Diese Beeinflussung kann die mannigfachsten Gründe
haben (Erregung oder Lähmung, Altersdifferenz, konstitutionelle
Krankheiten etc.), sie kann aber auch durch künstliche Ernährung
erreicht werden, wie Verf. experimentell nachgewiesen haben will.
6) B e 1 o w - Charkow: Glandula lutea und Ovarium in ihrem
Verhalten zu den normalen physiologischen und pathologischen Ver¬
gangen im weiblichen Organismus.
Zu kurzem Referat ungeeignet.
7) P 1 e n z - Charlottenburg: Zur Entstehung von Dermoid¬
kugeln.
Für die Entstehung von Kugeln in Dermoidzysten ist notwendige
Voraussetzung das Eindringen von seröser Flüssigkeit, wie sie durch
Stieltorsion (Stauungsödem), durch Einbruch einer einfachen Zyste,
vielleicht auch noch auf andere Weise erklärt werden kann. Es
muss ein Teil des Fettes verseift worden sein, entweder vorher oder
durch lipolytische Eigenschaften des Transsudates. Wahrscheinlich
kombinieren sich beide Möglichkeiten. Mechanische Einwirkungen
auf die so in der Flüssigkeit suspendierte Fettmasse führen dann zur
Kugelbildung, wie man im analogen Versuch nachahmen kann.
8) J i a n u - Bukarest: Intraabdominale Myorrhaphie des Muse,
levator am hei Uterusvorfällen.
Das Verfahren besteht darin, dass Verf. die Vereinigung der
Levatoren und die Kürzung der Ligamente abdominell vornimmt.
Nach Ablösung der Blase von der Scheide wird vorne zunächst die
Scheide gerafft oder reseziert, wenn eine Zystozele vorhanden ist,
in den übrigen Fällen begnügt er sich nach Ablösung der Scheide
und des Mastdarms damit, dass er beiderseits die Levatoren fasst
und unter gleichzeitiger Raffung der Scheide vereinigt. Bei Peri¬
metritis und Salpingitis ist die Hysterektomie vorzuziehen.
Weinbrenner - Magdeburg.
Gynäkologische Rundschau, Jahrgang VII, Heft 2.
Wilhelm Liepmann - Berlin : Eklampsie und Anaphylaxie.
Verf. kommt am Schlüsse seiner Betrachtungen zu dem Ergeb¬
nisse, dass die Eklampsie und die Anaphylaxie zwei Wege sind, die
einander parallel laufen, die sich niemals kreuzen und nichts mit
einander gemein haben. Die Giftquelle bei der Eklampsie ist die
Plazenta; die Ausschaltung dieser Giftquelle durch die Schnell¬
entbindung ist die beste Eklampsiebehandlung. Der Erfolg, der mit
der Schnellentbindung erzielt wird, und die dauernde Gesundung der
Eklamptischen ist das Grab der Ueberempfindlichkeitslehre, der
Anaphylaxie.
Emil E k s t e i n - Teplitz-Schönau : Geburtshilfliche Kasuistik
aus dem IV. Quinquenuium geburtshilflicher Praxis.
Bericht über 783 Fülle aus der Privatpraxis des Verfassers.
Besonders besprochen sind Fälle von Entbindung mit Forzeps,
Wendung, Steisslage, Perforation, Zwillingen, Retentio placentae post
partum, Dammnaht, Placenta praevia, Sectio caesarea, Psychosis
puerperalis, Ruptura uteri, Abortus und Partus praematurus, Inversio
uteri totalis, Partus praematurus arteficialis, Graviditas extrauterina,
Lageveränderungen des graviden Uterus und Sepsis puerperalis.
Einzelheiten würden den Rahmen eines kurzen Referates über¬
schreiten und müssen im Original nachgelesen werden.
Von den mitgeteilten 783 Fällen verliefen 772 Fälle normal, in
11 Fällen erkrankte und starb die Mutter, in 18 Fällen das Kind.
A. Rieländer - Marburg.
Hegars Beiträge zur Geburtshilfe und Gynäkologie.
Bd. XVIII, Heft 1. Leipzig, Georg Thieme, 1913.
Richard M e e s - Heidelberg: Kleinhirnexstirpation bei einem Fall
von angeborener Hydrencephalocele occipitaüs.
Der Fall ist selten insofern, als das Kind, dem man nach der
Geburt wegen der Encephalocele das Kleinhirn entfernen musste,
jetzt, nach VA Jahren, noch weiterlebt und sich, wenn auch langsam,
doch relativ gut entwickelt.
M. Ogata- Osaka: Die Symptomatologie der Rachitis und
Osteomalazie in Japan.
Es handelt sich um genaue Beschreibung einer merkwürdigen,
in der Provinz Toyama endemisch auftretenden Krankheit, die die
Knochen befällt und zuerst 1906 zufällig entdeckt wurde. 0. unter¬
suchte 240 Fälle aus dem Bezirk besonders vom gynäkologischen und
geburtshilflichen Standpunkt aus, und zwar 190 Kinder von 1 bis
15 Jahren, 25 Nulliparae von 16—25 Jahren und 25 Multiparae von
26—47 Jahren. So wurde es ihm möglich, seine Untersuchungen in
physikalischer, chemischer, physiologischer, bakteriologischer und
klinischer Hinsicht in der Arbeit niederzulegen; die Krankheit ist
nichts anderes als Rachitis und Osteomalazie.
A. H ä b e r 1 e - Würzburg: Ein Fall von Doppelmissbildung.
Es lag Dicephalus tribrachius vor.
A. Mayer-Ttibingen: Ueber einige seltene Formen von engem
ßcckcn«
M.’ beschreibt genau 2 Hebotomiebecken, ein durch traumatischen
Pfannenbruch und zentrale Luxation des Oberschenkels verengte:'
Becken und ein atypisch platt-rachitisches Becken mit luetischen
Knochenveränderungen; letztere bestanden in Rauhigkeiten der
Knochenoberfläche, in abnormer Knochendicke mit starker Reduk¬
tion der Beckeninnenmasse, leichter Vorwölbung der Schossfuge und
vielleicht auch Verengerung des Beckenausgangs.
Kasashima - Dairen : Zur Frage über die aktive Therapie bei
fieberndem und septischem Abort.
Nach K.s Ansicht sind die der aktiven Therapie nachgesagten
Gefahren nicht erwiesen, daher kann der praktische Arzt sie dann
stets einschlagen, wenn der Krankheitsprozess auf den Uterus be¬
schränkt ist.
Y. Kasashima - Dairen : Ueber den Pantopon-Skopolamin-
Dämmerschlaf.
Beim Morphium-Skopolamin-Dämmerschlaf stellten sich doppelt
so viel Narkosenstörungen ein wie bei Pantopon-Skopolamin. Post¬
operativ fand sich bei Pantopon viel weniger Erbrechen.
H. S e 1 1 h e i m - Tübingen ; Aggregatzustand, Elastizität und
Festigkeit des Bauches.
Sehr genaue und interessante Arbeit, die im Original nachgelesen
werden muss.
M. B ossi-Genua: Eierstocks-Uterus-Erkrankungen und
Psychopathien.
Auszug der Mitteilung bei der Sitzung am 3. Juni 1912 der
R. Academia medica mit Diskussion. B. weist jede Anschuldigung
von Uebertreibung empört zurück, weil der (mit Recht! Ref.) von
ihm verteidigte Grundsatz der ist, dass die Heilung eines kranken
Organs, vor allem wenn dieses der weibliche Genitalapparat ist, nie¬
mals schaden, sondern nur nützen kann und dass auch der Irre wegen
seines Zustandes nicht von den elementarsten Gesetzen der Humani¬
tät, im Krankheitsfalle mit den technischen Mitteln der betreffenden
Spezialität behandelt zu werden, ausgeschlossen sein darf.
W. Weinberg- Stuttgart : Zur Frage der Vorausbestimmung
des Geschlechtes beim Menschen. Polemik gegen Schöner.
A. H e g a r - Freiburg : Bericht über die Angelegenheit N i e b e r -
g all. i , ,
Persönliche Bemerkung. Vogel- Aachen.
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. 1913. Bd. 43.
3. Heft.
1) S t r ö s e - Berlin : Das Veterinärwesen einschliesslich einiger
verwandter Gebiete in der Schweiz.
2) Holl-Berlin: Das Veterinärwesen einschliesslich einiger
verwandter Gebiete in Dänemark.
3) Z e 1 1 e r - Berlin: Das Veterinärwesen einschliesslich einiger
verwandter Gebiete in Aegypten.
Die mit Hilfe der Kaiserl. Konsulate resp. Generalkonsulate in
den betreffenden Ländern und anderer Ouellen bearbeiteten Berichte
I enthalten je 5 grosse Abschnitte über die Veterinärbehörden
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
373
’8. Februar 1913.
und das tierärztliche Personal, den Viehbestand, den
Viehverkehr, die Bekämpfung der Viehseuchen, das
Schlachtvieh und die Fleischbeschau und geben damit
eine gute und zuverlässige Uebersicht über alle wichtigen Punkte des
Veterinärwesens. Interessant sind nicht nur in medizinischer Be¬
ziehung die Bedeutung der Viehseuchen und deren Bekämpfung,
sondern auch die Frage des Fleischbedarfs, der Produktion und der
Ausfuhr. In letzter Beziehung berühren sich fast zwei Extreme;
während in Aegypten z. B. alles Schlachtvieh, mit Ausnahme der
wenigen zum Genuss benutzten Kamele, von auswärts eingeführt
werden muss, kann Dänemark sich ausserordentliche Einnahmen mit
seiner Ausfuhr verschaffen und seinen Bedarf selbst leicht decken.
4) F. S c h r ö de r - Berlin; Beitrag zur Kenntnis der ölhaltigen
Samen von Ximenia americana L.
Ximenia americana ist eine baumartige Pflanze, welche zur
Familie der Olacaceen gehört und im tropischen Afrika (Ostafrika)
vielfach vorkommt. Da deren Samen eine beträchtliche Menge an
Oel enthalten, so wurden sie auf die chemische Zusammensetzung
und die Menge desselben untersucht, um über die praktische Ver¬
wertung des Oeles ein Urteil zu gewinnen. Die Samenkerne ent¬
halten 2,99 Proz. Wasser, 66,07 Proz. Fett, 15,25 Proz. Eiweissstoffe,
3,04 Proz. Rohfaser, 2,19 Proz. Mineralstoffe und 10,46 Proz. Extrakt¬
stoffe. Nach der Fruchtschale der Kokospalme, welche 6/ Proz. Oel
aufweist, sind also diese Samen die fettreichsten, die zur Verwertung
herangezogen werden. Der Gehalt an kautschukartigen Substanzen,
welche das Oel sehr zäh machen, lässt es aber vorläufig wohl
noch nicht als zum menschlichen Genüsse geeignet erscheinen. Auch
sind ernährungsphysiologische Versuche und Versuche über die Un¬
schädlichkeit bei längerer Einnahme, noch nicht angestellt worden.
5) Arno Müller- Berlin : Ueber Wassersterilisation mittels
ultravioletter Strahlen.
Der auch schon von anderer Seite geprüfte Wassersterilisator
der Westinghouse Cooper Hewitt Gesellschaft wurde vom Verfasser
ebenfalls einer Prüfung unterzogen, es konnten jedoch die von
Schwarz und Aumann erzielten Erfolge nicht ganz bestätigt
werden, trotz genauer Einhaltung ihrer Versuchsanordnung. Voll¬
kommene Sterilität trat nur bei sehr stark herabgeminderter Durch¬
flussgeschwindigkeit in äusserst keimarmem und klarem Leitungs¬
wasser auf. Bei der maximalen Durchflussgeschwindigkeit von
600 Liter in der Stunde waren schon in 20 cm des belichteten
Wassers Keime nachzuweisen, auch wenn das Rohwasser nur
7 Keime in 1 ccm enthalten hatte. Vielleicht sind die Differenzen
erklärlich unter der Annahme, dass verschiedene Lampen derselben
Art bei gleichem Stromverbrauch nicht immer die gleichen Mengen
bakterizid wirksamer Strahlen erzeugen.
R. O. Neumann - Giessen.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 6, 1913.
1) Sigmund G o 1 1 s c h a 1 k - Berlin: Ueber die Ursachen und
die Behandlung des Ausflusses aus dem weiblichen Genitale.
Klinischer Vortrag.
2) W. K ö r t e - Berlin : Typische Fraktur des Gesichtsschädels.
Vortrag in der Berlin Gesellschaft für Chirurgie am 13. Ja¬
nuar 1913, ref. in No. 3, 1913 der Münch, med. Wochenschr.
3) W. K a u s c h - Schöneberg: Erfahrungen über Tuberkulin
Rosenbach.
Vortrag in der Berliner Gesellschaft für Chirurgie am 9. De¬
zember 1912, ref. in No. 51, 1912 der Münch, med. Wochenschr.
4) W. B r a u n - Berlin : Die Bedeutung und Durchführbarkeit
von Prophylaxe und Frühbehandlung der Diphtherie.
Lediglich der Eintritt der Serumbehandlung innerhalb der ersten
36 Stunden nach dem ersten Beginn der Erkrankung ist von ent¬
scheidendem Wert in der Diphtheriebehandlung. Es ist daher auch
in zweifelhaften Fällen nicht erst auf den Ausfall der bakteriologischen
Untersuchung zu warten. In dieser Richtung ist auch auf das
Publikum durch Merkblätter, Vorträge, die Tagespresse aufklärend
einzuwirken. Alle mit dem Diphtheriekranken in Berührung ge¬
kommenen oder kommenden Personen, insbesondere also die Fa¬
milienmitglieder, sind einer prophylaktischen Serumeinspritzung von
600, in schweren Fällen Fällen auch 1000 I.-E. zu unterziehen, deren
Schutzwirkung sich mit „fast absoluter“ Sicherheit auf etwa
3 Wochen erstreckt und dann allmählich abklingt. Bei der ausserdem
notwendigen Organisation der Diphtheriebekämpfung müssen Aerzte-
schaft und Behörden Zusammenarbeiten.
5) H. Z i e m a n n - Charlottenburg: Ueber die künstliche Weiter¬
entwicklung (in vitro) des Tertian-Malariaparasiten.
Unter Dextrosezusatz (nach den Bass sehen Angaben) ange¬
legte, von einem an Tertianarezidiv erkrankten Patienten stammende
Blutkulturen Hessen eine deutliche Weiterentwicklung erkennen, bei
der sich die geschlechtlichen Formen wesentlich resistenter erwiesen
als die ungeschlechtlichen.
6) H. W e r n e r - Hamburg: Ueber menschliche Trypanosontiasis
mit Schlafkrankheitssymptomen aus Portugiesisch-Ostafrika, ver¬
ursacht durch Trypanosoma rhodesiense, und über Lumbalpunktats¬
befunde, insbesondere die Nonne-Apelt sehe Phase I-Reaktion,
bei Schlafkrankheit.
Klinischer Verlauf, Befund im Blute, im Lumbalpunktat und bei
der Sektion eines an der Infektion mit Trypanosoma rhodesiense zu¬
grunde gegangenen Mannes. Besonders auffallend war das Vor¬
handensein ausgesprochener Schlafkrankheitssymptome, die bei An¬
wesenheit des genannten Trypanosomentypus von Sanderson ver¬
misst wurden, ferner eine gegen das Ende zu starke Zunahme der
Drüsenschwellungen, eine absolute Resistenz gegenüber Atoxyl und
Tartarus stibiatus, endlich ein völliges Verschwinden sämtlicher
Trypanosomen aus dem peripherischen Blute 18 Stunden vor dem
Tode, welche Erscheinung auf die prämortale CCL-Intoxikation des
Blutes zurückgeführt wird. Eosinophilie war nicht vorhanden. Der
positive Ausfall der Phase I-Reaktion des Lumbalpunktates weist auf
bereits bestehende krankhafte Veränderungen im Zentralnerven¬
system hin.
7) Albert S i p p e 1 - Frankfurt a. M : Ueber differentiell-dia¬
gnostische Schwierigkeiten in der Gynäkologie.
Den grossen Schwierigkeiten, die sich unter Umständen einer ge¬
nauen gynäkologischen Diagnose entgegenstellen und die immer noch
viel zu oft die durch versteckte objektive Veränderungen bedingten
Beschwerden ins Reich der Hysterie verweisen lassen, muss mit
allen Mitteln begegnet werden. In Sonderheit sind Narkose und
Bcckenhochlagerung zur Untersuchung heranzuziehen.
8) Otto Jacobson - Berlin : Zur Diagnostik der Broncho-
stenose.
Die langsam sich ausbildende Bronchostenose setzt Verände¬
rungen, die sich im Röntgenbilde in charakteristischer Weise sicht¬
bar machen. Als auffallendstes und regelnrässigstes Symptom wird
die inspiratorische Verschiebung des Herzens samt dem Mediastinum
in die kranke Brustseite bezeichnet; die Exspiration lässt Herz und
Mediastinum in ihre gewöhnliche Lage zuriiekkehren. Zu erklären
ist diese Erscheinung als kompensatorischer Vorgang, bei welchem
sich die dem stenosierten Bronchus zugehörige Lunge in der ge¬
gebenen Zeit nicht genügend aufblähen kann, während sich die Lunge
der gesunden Seite in entsprechend stärkerem Grade mit Luft füllt.
9) Dora Fraenkel - Berlin : Ueber die normale Körpertemperatur
des Kindes und ihr Verhalten bei Bewegung und Ruhe.
Nachmittagstemperaturen von 38° und darüber sind bei sonst
gesunden Kindern nicht ohne weiteres als Zeichen einer latenten
Tuberkulose aufzufassen. Sie sind eine Folge der beim Spielen,
Spazierengehen usw. stattfindenden stärkeren Muskelarbeit und durch
Bettruhe zur Norm zurückzubringen, die bei den meisten Kindern 37,2°
im After betragen dürfte. Neuropathische Kinder pflegen höhere
Bewegungstemperaturen aufzuweisen, als nicht neuropathische.
10) F. Johannessohn - Berlin-Oberschöneweide : Klinischer
Beitrag zur Bewertung von Ureabromin (Bromkalziumharnstoff).
Das Ureabromin zeigte günstige sedative Wirkung bei epilepti-
formen Krampfanfällen, bei nervösen Erregungszuständen sowie bei
Ueberleitungsstörungen des Herzens. Auch bei neurasthenischen und
hysterischen Beschwerden, zumal bei Schlaflosigkeit, wurden gute
Erfolge gesehen.
11) E. K e i b e 1 - Berlin : Erfahrungen mit dem Erystyptikum
„Roche“.
Gebärmutterblutungen der verschiedensten Art, bei Entzün¬
dungen, nach Aborten, im Klimakterium, wurden durch Erystyptikum
„Roche“, eine Kombination von Sekakornin „Roche“ mit Hydrastis-
extrakt und Hydrastininum syntheticum ausserordentlich günstig be¬
einflusst. Da die einzelnen Komponenten verschiedene Angriffspunkte
im Körper haben (Sekale — Uterusmuskulatur, Hydrastis — Vaso¬
motoren) so ergibt sich eine potenzierte Wirkung.
12) Franz M. G r o e d e 1 - Frankfurt a. M. : Die Technik der
Röntgenkinematographie.
Beschreibung eines von Reiniger, Gebbert &. Schall
gebauten Röntgenkinematographen, der auf 26 cm breiten und 6 m
langen Filmbändern 9 — 10 Aufnahmen in der Sekunde, im ganzen
22 Aufnahmen, hintereinander gestattet.
13) S c h u r i g - Berlin-Friedenau: Zur therapeutischen Verwen¬
dung der Hochfrequenzströme.
Hochfrequenzströme werden infolge der ihnen zugeschriebenen
günstigen tonisierenden Wirkung auf das gesamte Nerven- und Ge-
fässsystem angewendet bei Neurasthenie, Ischias, tabischen
Schmerzen, klimakterischen Beschwerden, Arteriosklerose, un-
kompensierten Herzfehlern, Herzneurosen, Hämorrhoiden, ja sogar
bei Hämophilie und Basedow.
14) M o m b u r g - Bielefeld: Zur Frage der Stützpunkte des
Fusses beim Gehen und Stehen.
Hauptstützpunkte des Fusses sind der Kalkaneus und die Köpf¬
chen des II. und III. Metatarsale.
15) Martin K a u f m a n n - Mannheim: Beobachtungen über
Arsenüberempfindlichkeit.
Zu dem Aufsatz von Stäubli in No. 52, 1912 dieser Wochen¬
schrift.
16) A. D u t o i t - Montreux : Die Beziehungen des Morbus Base-
dowii zur Thymushyperplasie.
Sammelreferat. Baum- München.
Oesterreicliisclie Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 6. E. Freund und G. K a m i n e r - Wien:. Ueber
chemische Wirkungen von Röntgen- und Radiumbestrahlung in bezug
auf Karzinom.
Zusammenfassung: Durch toxische (nicht therapeutische)
Röntgenbestrahlung wird die im normalen Gewebe und im normalen
374
muenchsner Medizinische Wochenschrift.
No. 1.
i f
Serum vorhandene ätherlösliehe, Karzinonizellen zerstörende Fett¬
säure zum Verschwinden gebracht. Demgegenüber Hisst exzessive
Radiumbestrahlung diese Fettsäure unverändert und vermag aus dem
pathologischen Nukleoglobulin der Karzinomatösen eine in Aether
lösliche, Karzinomzellen zerstörende Fettsäure freizumachen.
Karzinomzellen werden nur durch Radium-, nicht durch Röntgen¬
bestrahlung ihres pathologischen Selektionsvermögens für Kohle¬
hydrate beraubt.
Weiter hat sich gezeigt, dass bei Hautstückchen, in denen durch
Röntgenbestrahlung das Zellzerstörungsvermögen erloschen war,
dieses durch Radiumbestrahlung wieder hergestellt wurde, also wohl
die durch Röntgenbestrahlung gebundene Fettsäure durch Radium¬
bestrahlung wieder abgespalten wurde.
Vorstehende Ergebnisse geben eine Erklärung für die Tatsache,
dass längere Röntgenbestrahlung eine Disposition zur Entstehung
eines Hautkarzinoms gibt. Sie lassen ferner daran denken, bei Rönt¬
genschädigungen die Radiumbestrahlung therapeutisch zu versuchen.
A. Exner-Wien: Kriegschirurgische Erfahrungen aus Bul¬
garien.
S. Bericht der Münch, med. Wochenschr. 1913, S. 275.
H. Hey ro vsky-Wien: Chirurgische Erfahrungen aus dem
bulgarisch-türkischen Krieg.
S. Bericht der Münch, med. Wochenschr. 1913, S. 276.
O. v. Frisch -Wien: Kriegschirurgische Erfahrungen aus
Sofia.
Vorgetragen in der k. k. Gesellschaft der Aerzte am 31. 1. 13.
A. F r ä n k e 1 - Wien: Kriegschirurgische Eindrücke und Beob¬
achtungen vom Balkankriege.
Vorgetragen in der k. k. Gesellschaft der Aerzte am 24. 1. 13.
K. Ü 1 1 m a n n - Wien: Zur Frage der Parasitotrople und Toxi¬
zität des Salvarsans (Neosalvarsans).
Schluss. Siehe Münch, med. Wochenschr. 1913, S. 108.
Wiener medizinische Wochenschrift.
1912. No. 52. J. G r o s s ma n n - Wien: Beitrag zur Technik
und zur klinischen Verwertung der E h r 1 i c h sehen Aldehydreaktion.
Verf. hat gefunden, dass die Aldehyd-Urobilinogenreaktion des
Harnes durch Dialyse verstärkt wird bezw. erst als positiv erkennbar
wird. Weiter zeigte es sich, dass bei 20 Fällen von sichergestellten
Herzfehlern nach physischer Arbeit Harn nach Dialyse positive
Aldehydreaktion aufwies. Bei 19 sicher nicht Herzkranken fand sich
die positive Reaktion 4 mal (Leberzirrhose, Cholelithiasis, Alkoholis¬
mus); von 10 Fällen mit unsicherem Herzbefund reagierten 7 positiv.
Schliesslich reagierten von 10 Soldaten nach einem angestrengten
Marsch einer positiv, bei welchem Anämie und dumpfe Herztöne zu
finden waren. Es hat bis jetzt den Anschein, dass eine positive Alde¬
hydreaktion des nach körperlichen Anstrengungen erhaltenen und
dialysierten Harns sich in zweifelhaften Fällen für das Bestehen eines
organischen Herzleidens verwerten lässt.
1913. No. 1. F. S c h a u t a - Wien : Ueber moderne Myom¬
behandlung.
Nach einer Uebersicht, bei welcher er sich für eine starke Ein¬
engung der palliativen Therapie und bezüglich der Operationen im
allgemeinen für das radikale Vorgehen ausspricht, geht Sch. näher
auf die Röntgenbehandlung ein. Dieselbe bedeutet eine Bereicherung
der Therapie, kann aber, selbst nicht ohne Gefährlichkeit, die Opera¬
tion nicht ersetzen, welche namentlich mit Hinblick der Degenera¬
tionsgefahr der Geschwülste bei älteren Frauen, sowie infolge der
zunehmenden Vollendung der Technik und geringeren Mortalität, bei
einfacher gelagerten Fällen in erster Linie in Frage kommt. Die
Indikationsstellung für die Röntgenbehandlung soll dem Gynäkologen
Vorbehalten bleiben. Als direkte Kontraindikation haben zu gelten
Kompressionserscheinungen, Adnexerkrankungen, zystische Degene¬
ration, Nekrose und jeder Verdacht auf Malignität. Wegen der
Gefahr von Ausfallserscheinungen soll bei jüngeren Kranken die Be¬
strahlung unterbleiben.
G. v. H a i n i s s : Diagnostischer Wert des P i t r e s sehen „Signe
du sou:!.
Verf. bestätigt das günstige Urteil Slatowerc-hownikows
(Vergl. Miinch. med. Wochenschr. 1912, S. 1624) über die Verwend¬
barkeit des „Signe du sou“ für den Nachweis von Flüssigkeit in der
Brusthöhle. Zwei Krankengeschichten.
L. D e v o t o - Mailand: Aetiologie und Klinik der Pellagra.
D. betont, dass das Erythem nicht das initiale, sondern in vielen
Fällen nur das erste manifeste Symptom der bis dahin latenten
Pellagra ist. Es ist daher nicht zweckmässig, von einer kutanen
Form der Pellagra zu sprechen; am besten unterscheidet man
4 Phasen, die präpellagröse, die leichte, mittelschwere und schwere
Form, je nach der Gesamtschwere des Krankheitsbildes.
In ätiologischer Beziehung hält D. daran fest, dass der Mais¬
genuss zur Entstehung der echten Pellagra notwendig ist, wobei dem
Zein eine besondere Rolle zuzukommen scheint. Hierzu ist zu be¬
merken, dass ein nach Genuss von verdorbenem Mais an Pellagra
Erkrankter und gesund gewordener, auch durch frischen, unver¬
dorbenen Mais neu erkranken kann, und dass eine langanhaltende
vorwiegende Ernährung mit gutem Mais in sehr seltenen Fällen auch
zu Pellagra führen kann. Die Annahme S a m b o n s, dass ein
Sporenpilz der Erreger der Pellagra sei, lehnt D. ab. Zum Schlüsse
wird festgestellt, dass in 8 Provinzen Oberitaliens infolge fort¬
schreitender Aufklärung, Rückgang des Maisgenusses und Hebung
des Wohlstandes die Zahl der Pellagrakranken in 12 Jahren um mehr
als 75 Prozent abgenommen hat. Bergeat - München.
Soziale Medizin und Hygiene.
H e 1 1 e r - Charlottenburg: Die Geschlechtskrankheiten als ge¬
setzlicher Grund zur Lösung der Verlobungen und Trennung der Ehen.
(Med. Ref. 1912, No. 19.)
Hinsichtlich infektiöser Geschlechtskranker sind diese Fragen
seit Einführung des BGB. in einer auch uns Aerzte grössenteils be¬
friedigenden Weise geordnet. Schwierigkeiten ergeben sich aber be¬
züglich der rechtlichen Stellung der früher krank gewesenen und jetzt
relativ geheilten üonorrhoiker und Luetiker. Soll jeder, der früher
an einer Geschlechtskrankheit gelitten hat, dies vor Eintritt in die Ehe
dem anderen Teil offenbaren, um sich vor den Folgen einer Ehe¬
anfechtung zu schützen? Dadurch würden sicher eine Reihe von
Ehen, die ohne Nachteil geschlossen werden, nicht zustande kommen.
Die „Gefährdung" durch relativ Geheilte scheint Verf. mehr eine
juristische Konstruktion als eine Gewissenssache, andererseits die
Rückwirkung eines solchen Vorg.hens auf die Eheschliessung und
schon im Rückgang befindliche Geburtenziffer bedenklich. Deshalb
befürwortet er, die nach sachverständigem Urteil relativ geheilte Ge¬
schlechtskrankheit als eine unerhebliche persönliche Eigenschaft an¬
zusehen, die nicht der Offenbarungspflicht unterliegt.
F. Meyerstein - Berlin : Das ärztliche Berufsgeheimnis. Sind
Reformen zum § 300 StGB, nötig? (Ebenda No. 20.)
M., der vom juristischen Standpunkt die Frage behandelt, ver¬
tritt die Anschauung, dass für den Arzt ausschliesslich der Patient,
nicht aber ein weiterer oder engerer Kreis seiner Umgebung, z. B.
der Auftraggeber oder die honorierende Person, den Geheimnisträger
darstellt. Die Geheimnispflicht dauert, so lange der Patient lebt.
Nicht nur, was der Arzt infolge seiner Fach- und Sachkunde erfahren
hat, sondern auch alle äusserlichen Wahrnehmungen, von denen er
bei Ausübung seines Berufes Kenntnis erhalten hat, sind in die
Schweigepflicht einzuschliessen. Verf. erörtert auch die Frage, was
als „unbefugte“ Offenbarung zu gelten hat und glaubt, dass die herr¬
schende Rechtsprechung den höheren sozialen oder sittlichen Pflich¬
ten, die den Arzt nötigen können die Schweigepflicht zu verletzen,
gebührend Rechnung trägt. Eine Abänderung des § 300 hält er des¬
halb für unnötig. Gegen die Auffassung, dass die Schweigepflicht mi:
dem Tode des Behandelten erlischt, äussert in No. 21 Odebrecht
unter Anziehung eines Beispiels (Tod eines ausserehelich geschwän¬
gerten Mädchens aus angesehener Familie an den Folgen eines
Aborts) gewichtige Bedenken. In seinem Schlusswort verharrt aber
Verf. auf seiner rechtlichen Anschauung von dem Erlöschen der
Schweigepflicht mit dem Tode des Patienten, die Ausnahmen nicht
zulässt. Das Recht, Klage zu erheben, ist nicht auf die Erben über¬
tragbar. (Anm. des Ref.: Neben der gesetzlichen Pflicht bestehen
hier auch moralische Pflichten. Es ist Sache des Taktes, wieweit
der Arzt über das Grab hinaus Verschwiegenheit zu üben sich ver¬
pflichtet fühlen muss.)
Haussen - Kiel : Die Abnahme der Geburtenzahlen in den ver¬
schiedenen Bevölkerungsklassen und ihre Ursachen. Nach Unter¬
suchungen in Schleswig-Holstein. (Arch. f. soz. Hygiene, Bd. VII,
H. 4.)
Die zahlreichen Tabellen lassen in Schleswig-Holstein in glei¬
cher Weise wie in den benachbarten Gebieten einen steten Geburten¬
rückgang in Stadt und Land erkennen. In den grossen Städten haben
die wohlhabendsten Bezirke die niedrigsten Geburtenziffern. Sie
betrug in Hamburg-Harvestehude schon 1900 nur 17,7 Prom. Aber
auch in den Arbeitervierteln zeigte sich eine auffällige Abnahme
(so in Altona von 39 Prom. 1890 auf 28,4 Prom. 1911). In vielen
Orten ist eine Abnahme der ehelichen und eine Zunahme der unehe¬
lichen Geburten zu verzeichnen. Der seit 1906 in Preussen sich voll¬
ziehende Rückgang der Eheschliessungen macht sich mit einigen
Ausnahmen auch in Schleswig-Holstein bemerkbar. Schuld daran
tragen u. a. die steigenden Lebensansprüche. Unter den Ursachen
für die Verminderung der Geburten wird das Eindringen antikonzep¬
tioneller Mittel — darunter auch der gefährlichen Uterindusche — auch
in Arbeiterkreise angeführt; in einigen ländlichen Gegenden wird sogar
coitus per anum geübt. Nach der Zahl der Aborte zu schliessen ist
kriminelle Unterbrechung der Schwangerschaft in Kiel häufig. Heb¬
ammen und Aerzte verbreiten die Handhabung der Okklusivpessare.
Um ein weiteres Sinken der Geburten zu verhindern, empfiehlt Verf.
neben anderem das Verbot der Anpreisung antikonzeptioneller Mitte!
in Zeitungen und Schaufenstern und das Einlegen von Pessaren durch
Hebammen.
H. Fehlmeyer: Die Erwerbsunfähigenversicherung in Gross¬
britannien und Irland. (Ebenda.)
Wiedergabe der wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen und
Schilderung der Organisation des komplizierten Verwaltungsappa¬
rats.
Un,?er- Perleberg: Die Entwicklung der Stadt Perleberg in be¬
völkerungsstatistischer und sanitärer Beziehung. (Ebenda.)
Weitere derartige Arbeiten, die über längere Zeit Bevölkerungs¬
bewegung, Mortalität und Morbidität kleinerer Städte verfolgen, wür¬
den Material zu lehrreichen Vergleichen zwischen den örtlichen und
allgemeinen sanitären Verhältnissen des ganzen Landes oder be¬
stimmter Bezirke liefern.
18. Februar 1913.
MüKNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
375
E. Prinzing: Die grosse Flecktyphusepidemie in Mitteleuropa
m Anschluss an den russischen Feldzug. (Med. Ref., No. 26.)
Anlässlich der Jahrhundertfeier der Befreiungskriege ist diese
ingehende epidemiologische Studie, die zum erstenmal eine urn-
assende Darstellung der schweren Seuche liefert, von besonderem
nteresse. Nach den Untersuchungen des Verfassers sind zwei Epi-
iemien zu unterscheiden. Die erste wurde von den Trümmern der
us Russland heimkehrenden Armee eingeschleppt und richtete vor
Ilern in Ostpreussen grosse Verheerungen an, die zweite breitete sich
si3 vom sächsischen Kriegsschauplatz, besonders nach der Schlacht
iei Leipzig, auch über den Süden Deutschlands in entsetzlicher Weise
us. Leipzig selbst, dann Frankfurt, Mainz litten furchtbar. In
layern sollen 1813/14 über 18 000 Personen am Flecktyphus erkrankt
nid 3000 gestorben sein.
Pr. schätzt die Zahl der Sterbefälle in Deutschland unter der
Zivilbevölkerung auf 2 — 300 000, der ca. 2 Millionen Erkrankungsfälle
.egeniiberstehen, so dass der 10. Teil der Einwohnerschaft
m ansteckenden Typhus erkrankte. Die Verluste der Heere daran
ind nicht festzustellen. Die Verbreitung der sehr kontagiösen Er-
;rankung scheint durch Ungeziefer, besonders durch Kleiderläuse,
icgiinstigt worden zu sein. Lieber 500 Aerzte erlagen der Krankheit.
Jesonders gross war die Sterblichkeit in den belagerten Plätzen,
vo in den Lazareten unbeschreibliche Zustände herrschten. Die Ein-
.chleppung solcher und ähnlicher Kriegsseuchen geschieht meist durch
lie heimkehrenden Truppen und durch Gefangenentransporte. So ge-
angten 1871 die Pocken zu uns, und die Tatsache, dass 1871/72 über
70 000 Pockentodesfälle in Deutschland zu verzeichnen sind, denen
ils Gesamtverlust der Feldarmee einschliesslich Krankheiten, „nur“
:twas über 43 000 Todesfälle gegenüberstehen, verdient immer wieder
rnsteste Beachtung. F. P e r u t z.
Veue Arbeiten aus dem Gebiete der Versicherungsmedizin.
A) Unfallversicherung.
T h i e m - Kottbus : Geschwülste und Unfall mit besonderer Be-
ücksichtigung des Krebsgewächses. (Monatsschr. f. Unfallheilkunde
912, No. 8.)
Der Artikel, der als Vortrag auf dem 3. internationalen med.
Jnfallkongress gehalten wurde, gibt eine gute Darstellung der Richt¬
igen für die Begutachtung. Nach einer kurzen Einleitung über die
verschiedenen Ansichten der Forscher über die Krebsentwicklung
nit dem Resultate, dass wir in dieser Frage noch nicht weiter
gekommen sind als anzunehmen, dass einmal die Epithelzellen durch
chronische Reize verschiedener Art eine wesentliche Veränderung
n ihren Lebensäusserungen erfahren und dass ihnen im Körper des
erkrankten keine genügende Widerstandskraft entgegentritt, wird
luseinandergesetzt, dass und warum die Forschung nach einem
bestimmten Krebserreger für die Unfallbegutachtung nicht von aus¬
schlaggebender Wichtigkeit ist; es müssen alle Umstände berück¬
sichtigt werden, welche zur Geschwulstentwicklung beitragen; mögen
ilso auch noch andere Ursachen für die letztere bestehen, so gilt doch
eine Verletzung, wenn sie wesentlich mit zur Erzeugung der Ge¬
schwulst beiträgt, im Sinne des Gesetzes auch als Ursache. Nun
gestattet das Unfallgesetz aber auch Bindeglieder zwischen
uifall und Geschwulstbildung, als welche beim Krebs Narben und
jeschwüre, die ja ihrerseits Verletzungs-, also auch Unfallfolge im
Gnne des Gesetzes sein können, falls sie nur im Betriebe er¬
worben wurden, in Betracht kommen. Dabei ist der Begriff der
^arbe sehr weit zu fassen; eine Narbe ist nach jeder, auch einer
dumpfen Verletzung ernster Art zu erwarten, wenn auch Haut und
Schleimhaut dabei unverletzt blieben. Aber man darf nicht nach
eder, auch der kleinsten, einmaligen stumpfen Verletzung narbige
iewebsveränderungen von solcher Bedeutung erwarten, dass sie den
Joden zur Entwicklung einer Krebsgeschwulst abgeben könnten,
n dieser Beziehung ist die Ansicht von Löwenstein, die er in
meiner Arbeit „Unfall und Krebskrankheit“ aus dem Heidelberger
Samariterhaus veröffentlicht hat, nämlich, dass es nicht einer einiger¬
nassen erheblichen Verletzung mit entsprechenden Anfangserschei-
ningen (Schwellung, Schmerzen, Zeichen eines Blutergusses u. dgl. m.)
Kdarf, sondern dass auch geringe Einwirkungen, wenn sie nur „mikro¬
skopisch erkennbare Zertrümmerungen und Verletzungen von Zell-
{ruppen und partielle oder totale Losreissung solcher Gruppen durch
'Zusammenhangstrennung aus dem Gewebe“ bewirken, genügen,
Jurchaus zu verwerfen.
Nach T h i e m ist zur Anerkennung des Zusammen¬
langes zwischen der Entwicklung einer bösartigen Geschwulst und
•liner einmaligen Verletzung mehr nötig als eine mikroskopische Ver¬
schiebung der Teile durch die Gewalteinwirkung; es müssen so-
°rtige, unseren unbewaffneten Sinnen erkenn-
1 a r e V e r 1 e t z u n g s f o 1 g e n vorhanden sein, wie : glaubhaft ge¬
wachter örtlicher Schmerz, Störung oder Aufhebung der Verrich¬
tung der getroffenen Stelle (Steifigkeit, lähmungsartige Schwäche,
linken), Erbrechen oder Blutbrechen bei Magenverletzungen, Husten
Ger Bluthusten bei Lungenverletzungen, Hirnerscheinungen bei Kopf¬
verletzungen, Schwellung oder Verfärbung der getroffenen Stelle
durch Bluterguss unter der Haut, Erschwerung der Arbeit oder Un-
uhigkeit zu dieser für kurze Zeit u. dgl. m. Alle diese unmittelbaren
Verletzungsfolgen können bald wieder vergehen, und dann folgt eine
’reie Zeit bis zum Auftreten der Geschwulstbeschwerden. Vor allen
Dingen aber muss daran festgehalten werden, dass der Unfall zur
s o f o r l i g e n A n m e 1 d u n g, Zeugenbenennung etc. führt, weil eine
verspätete Meldung die Eruierung des Hergangs des Unfalles
schwierig oder gänzlich unmöglich machen kann. Weiter muss das
örtliche Zusammentreffen von Geschwulst und
Gewalteinwirkung verlangt werden, wobei es auf die Ein¬
wirkungsstelle, nicht auf die Auftreffsstelle der quetschenden oder
stossenden Gewalt ankommt. — Schliesslich kann auch von der
Forderung von Brücken erschein ungen zwischen Unfall mit
den ersten Verletzungsfolgen einerseits und dem Auftreten von Ge-
schwulsterscheinungen andererseits nicht abgegangen werden; der
Zusammenhang einer Krebsgeschwulst mit einem Unfall ist sehr un¬
wahrscheinlich, wenn ein Bindeglied zwischen dem letzteren und
den Zeichen der Krebsentwicklung länger als zwei Jahre hindurch
vollkommen fehlt; sind Brückenerscheinungen da, dann überbrücken
diese aber eventuell (lü— 15 jährige Dauer von Hirngliomen, Narben¬
krebse) eine viel längere Zeit. Die untere Grenze ist bei Sarkomen
etwa 10 Tage, bei Karzinomen 4 Wochen.
Bei der Frage der Verschlimmerung bösartiger Ge¬
schwülste durch Unfälle handelt es sich entweder um
1. Tochtergeschwulstbildung (Metastase) : bezüglich der¬
selben ist die Ansicht, dass sie nur durch Verletzungen der Geschwulst
selbst entstehen könne, nicht mehr als ausnahmslos geltender Satz zu
halten, wenn der Vorgang auch meistens sich so abspielen mag; doch
sprechen verschiedene Beobachtungen dafür, dass, wenn einmal eine
primäre Geschwulst so weit gediehen ist, dass sie eine Aussaat von
Zellen bewirkt, eine Verletzung den Ort der Ablagerung dieser Zellen
bestimmen kann; oder es handelt sich 2. um Verlaufsbeschleu¬
nigung der Geschwulst durch den Unfall: eine solche ist nur anzu¬
nehmen, wenn Genaues über den zeitlichen Verlauf der Geschwulst
bekannt ist und dieser Verlauf durch den Unfall erheblich beschleu¬
nigt wird.
Es wird eine der vornehmsten Aufgaben der Statistik sein, fest¬
zustellen, wie lange Zeit vom Erkennen einer Geschwulst bis zum
Tode verläuft, wenn der Verlauf nicht durch eine Operation beeinflusst
wird.
Zum Schlüsse werden 14 Fälle aus der neueren Literatur mitge¬
teilt, in denen mit Wahrscheinlichkeit Unfälle erzeugend oder be¬
schleunigend auf bösartige Geschwülste eingewirkt haben.
Lubar sch- Düsseldorf: Geschwülste und Unfall. (Ibidem
No. 9/10.)
Dieser ebenfalls auf dem 3. Internationalen medizinischen Unfall¬
kongress gehaltene Vortrag kommt bezüglich der Begutachtung zu
ungefähr denselben Schlussfolgerungen wie der eben referierte
T hie ms. Vom rein theoretischen resp. experimentellen Standpunkt
aus ist ein sicherer wissenschaftlicher Beweis dafür, dass einmalige
Gewalteinwirkungen die Entstehung von krankhaften Gewachsten
direkt auszulösen vermögen, bisher nicht erbracht; ein wachstumsbe¬
schleunigender Einfluss von Traumen auf bereits bestehende Ge¬
wächse ist theoretisch nicht zu bestreiten, im einzelnen Falle aber
sehr schwer zu erweisen, weil alle Gewächse nicht kontinuierlich
weiterwachsen, sondern Zeiten des Wachstumsstillstandes mit solchen
der Wachstumsbeschleunigung wechseln.
M a r c u s - Berlin: Zur Frage der Linkshändigkeit in der Unfall¬
versicherung. (Ibidem No. 11.)
Für die Verwertung der Erwerbsfähigkeit ist bei den meisten
Menschen (97 Proz.) die rechte Hand die wichtigere; die linke leistet
Mehrarbeit bei Angehörigen bestimmter ßerufsklassen (Glasbläser,
Kellner) und bei den sog. Linkshändern. Linkshändigkeit kann simu¬
liert werden, ohne vorhanden zu sein, von Rechtshändern bei Ver¬
letzung der linken oberen Extremität; was zu einer Benachteiligung
der Versicherungsträger führt; noch grösseren Schaden wird den letz¬
teren zugefügt durch Dissimulation einer wirklich vorhandenen
Linkshändigkeit bei Beschädigung der rechten oberen Extremität.
Deshalb ist es notwendig, mittels sicherer Untersuchungsmethoden die
Unterscheidung zwischen Rechts- und Linkshändigkeit zu ermög¬
lichen. Ansätze hierzu finden sich in den Beobachtungen von Brü¬
ning (bei Kreisbewegungen beider Arme in entgegengesetzter Rich¬
tung, des einen zum Körper zu und des anderen vom Körper weg,
pflegt schliesslich einer von beiden, und zwar der mindergeübte, die
Richtung zu ändern und in die des anderen, führenden zu verfallen),
von Käppel (die linke Hand des Rechtshänders neigt bei Schreib-
versuchen zur sog. Spiegelschrift hin; lässt man den zu Unter¬
suchenden mit beiden flach gehaltenen Händen zugleich auf einer
Tischplatte Kreise in entgegengesetzter Richtung beschreiben, so ge¬
lingt das ohne jede Störung; lässt man ihn aber dann Kreise in
gleicher Richtung, mit beiden Händen nach rechts oder links zu,
gleichzeitig beschreiben, so fängt die mindergeübte Hand schon sehr
bald an, entweder statt der verlangten Kreise eine schränge Linie
von aussen oben nach innen unten und zurück zu beschreiben, oder
sie verfällt wieder in die Kreisbewegung in entgegengesetzter Rich¬
tung), von H. Engel (beim Versuch des Exploranden, einen Bleistift
zu spitzen, sieht man, ob man es mit einem Rechtshändigen oder
Linkser zu tun hat). Diese Methoden müssen noch weiter ausgebaut
und um neue vermehrt werden, letzteres schon deshalb, damit der
Verletzte bei Nachuntersuchungen nicht inzwischen sich auf die früher
bei ihm angestellten Versuche eingeübt haben kann. Im übrigen ist
auch bei ausgesprochenen Rechts- oder Linkshändern, denen die ge¬
schicktere Extremität verletzt wurde, mit der Zeit die Verminderung
ihrer Erwerbsbeschränkung durch die allmählich einsetzende An-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 7.
376
passung und Gewöhnung an die neuen Verhältnisse zu berücksich¬
tigen.
W. Speck: Amyotrophische Lateralsklerose nach Trauma.
(Chir. Abt. d. Diakonissenhauses in Leipzig.) (Ibidem.)
Bis jetzt sind 10 Fälle von amyotrophischer Lateralsklerose nach
Trauma in der Literatur bekannt. Als direkte Folge eines Unfalles
bei vorher klinisch wie anatomisch gesundem Zentralnervensystem
kann die auch als „motorische Tabes“ bezeichnete Krankheit nicht
in Betracht kommen; dagegen kann das Trauma die Krankheit „aus-
lösen“, was ja im Snne des U.V.G. zur Anerkennung des Zusammen¬
hanges genügt. Zur Annahme eines solchen traumatischen Zustande¬
kommens ist es aber nötig, dass Symptome einer Nervenerkrankung
sowie überstandene Lues auszuschliessen sind, dass das Trauma ein
entsprechend erhebliches gewesen sein muss, dass zwischen dem Un¬
fall und dem Auftreten der ersten Symptome der Erkrankung minde¬
stens ein Zeitraum von einigen Wochen vergangen war, anderer¬
seits dieser Zeitraum auch nicht länger als ein halbes Jahr beträgt,
sowie dass die ersten Anzeichen an dem verletzten Körperteil oder
den ihm zunächst liegenden Gliedmassen sich zeigen und hier auch
während des ganzen Verlaufes am stärksten ausgeprägt bleiben.
Diesen Voraussetzungen entsprach ein vom Verf. mitgeteilter Fall,
der darnach den 11. in der Literatur bildet.
J. R u b i n - Essen-Ruhr : Zur Kritik des Traumas bei der Pneu¬
monie durch körperliche Anstrengung. (Ibidem No. 12.)
Ueber die Frage der Pneumonie nach körperlicher Anstrengung,
also ohne direkte Kontusion des Brustkorbes, sind die Ansichten noch
nicht geklärt. Litten, der Vater der Kontusionspneumonie, hat sich
für eine weitgehende Toleranz in den Fällen von Pneumonie nach
Anstrengung ausgesprochen und dabei auf die Bedeutung des Glottis¬
schlusses bei starker Kompression des Lungengewebes für den Me¬
chanismus der Lungenbeschädigung bei fixiertem Thorax hingewiesen,
während R e n v e r s den Einwand erhob, in einer vorher gesunden
Lunge könne eine Zerreissung infolge körperlicher Anstrengung allein
nicht eintreten; Wes teil hoff er hat sich vom pathologisch-ana¬
tomischen Standpunkt ebenfalls zu der R e n v e r s sehen Anschauung
bekannt, nach welcher zur Verletzung der Lungen durch übermässige
Anstrengung eine vorherige Schädigung des Gefässsystems gefordert
werden müsse. Darauf hat Kraus treffend erwidert, dass profuse
Haut- und Lungenblutungen selbst bei ganz jugendlichen und offenbar
gefässgesunden Epileptikern vorkämen, und dass selbst der patho¬
logische Anatom den Nachweis einer traumatischen Läsion innerhalb
des pneumonischen Herdes kaum je werde führen können. P 1 e h n
hat geradezu die Auffassung vertreten, die Mechanik des Zustande¬
kommens der Lungenläsionen nach schweren körperlichen An¬
strengungen unterscheide sich nicht wesentlich von der bei direkter
Druck- und Stosswirkung; bei schwerer körperlicher Arbeit müssten
die Lungen selbst passiv als Widerlager für die wesentlich stärkere
Wirkung der Exspiratoren, vor allem der Bauchmuskeln, eintreten;
damit sie das könnten, werde die Glottis unwillkürlich geschlossen,
und man habe so das gleiche Verhalten vor sich wie beim V a 1 -
sal vaschen Versuch, wo ebenfalls bei geschlossener Glottis die
luftgefüllte Lunge einen Druck durch den Thorax erfahre. Von allen
Seiten ist immer wieder der Wunsch nach der Mitteilung genau
beobachteter und möglichst mit autoptischen Befunden ausgestatteter
Fälle laut geworden, welchem Verlangen der von R. berichtete
autoptische Nachweis einer Blutung in den Bauchmuskeln bei einer
Pneumonie nach starker körperlicher Anstrengung (Aufladen von
eisernen Schienen) entspricht. Die Frage, inwieweit dieser Blutherd
mit der pneumonischen Infiltration einerseits und mit einer in ihr
vorhandenen Gefässverlegung andererseits in Verbindung zu bringen
ist, ob es sich um einen primären Riss in der (rechten) Rektus-
muskulatur und eine sekundäre Veränderung in den Lungen (emboli-
scher Versuchluss zweier Pulmonalästchen der rechten Lunge und
Pneumonie derselben) oder ein direktes Trauma der Lunge oder
angesichts der Pulmonalastverlegung um einen Einriss in der Media
der beiden Pulmonalgefässe oder endlich um eine primäre Pneumonie
und eine erst dann durch sie bedingte Blutung in den rechten (und
zur wachsartigen Degeneration vornehmlich des linken) Muse, rectus
handelte, liess sich nicht mit Sicherheit entscheiden; jedenfalls wird
man in künftigen Fällen von traumatischer Pneumonie auf derartige
Gefäss- und Muskelverletzungen achten müssen.
In dem Gutachten über den Fall wurde der Tod als Folge eines
Betriebsunfalles aufgefasst, welcher Anschauung sich die B.G. ohne
weiteres anschloss.
J. L e v a i - Pest: Ueber die ambulante Behandlung der Knochen¬
brüche der oberen Extremität mit Gipsschieneii. (Aerztl. Sachverst.-
Ztg. 1912, No. 19.)
Empfehlung der Behandlung von Frakturen aller Art an der
oberen Extremität mit abnehmbaren einfachen Verbänden (Gips¬
schienen, die im feuchten Zustand auf die redressierte Extremität an¬
gelegt und sowohl im allgemeinen als besonders an den Stellen,
welche eine Stütze für die Extension abgeben sollen, gut angepasst
werden; damit die Extremität bis zur vollständigen Erhärtung der
Schienen in korrigierter Stellung unverriiekt verbleibt, wird an dem
fertigen Verband eine mit Watte gepolsterte Holzschiene befestigt,
die nach 14 bis 1 Stunde wieder abgenommen wird).
M. Mayer -Simmern: Schädigungen durch Bissverletzungen im
landwirtschaftlichen Betriebe. (Ibidem No. 20.)
Besprechung der Bedeutung der Bissverletzungen, ihrer Diffe¬
rentialdiagnose gegenüber anderen Verletzungen, der Feststellung
der Identität des „schuldigen“ Menschen oder Tieres, wozu eine ge¬
naue Kenntnis des Gebisses der einzelnen Tierarten gehört, und der
Begutachtung der Spätfolgen, sowie Mitteilung mehrerer Fälle aus
der Erfahrung des Verf. nebst solchen aus der Literatur.
K n e p p e r - Düsseldorf : Ein Beitrag zum K'apitel „Gewöhnung
an Unfallfolgen“. (Ibidem No. 22.)
6 Fälle, die dem alten Erfahrungssatz zur Stütze dienen, dass
gerade dann in oft ungeahnt kurzer Zeit und in ganz ausserordentlich
vollkommener Weise eine mehr oder weniger volle Anpassung an
ausgedehnte Defekte eintritt, wenn keine Entschädigung der Ver¬
letzungsfolgen in Frage kommt oder wenn die Verletzten glauben,
ihre Rente könne nicht mehr herabgesetzt werden.
C. Hirsch: Ueber Folgezustände nach Schädeltraumen und
ihren Einfluss auf die Rentenfestsetzung. (Ohrenklinik des sta.lt
Krankenhauses in Frankfurt a. M.) (Ibidem No. 23.)
Schädelverletzte werden vom Chirurgen und eventuell später
auch vom Neurologen begutachtet, ohne dass meistens eine spezia-
listische Ohrenuntersuchung stattfindet, obwohl fast bei jeder nennens
werten Schädelverletzung das so überaus empfindliche Gehörorgan
alteriert wird. Schon der erstbehandelnde Arzt müsste wenigstens
eine Spiegeluntersuchung des Ohres vornehmen, das Gehör mittels
Flüstersprache prüfen und an den Augen etwa vorhandenen Spontan¬
nystagmus feststellen; damit wäre für den später begutachtenden
Otologen schon eine grosse Vereinfachung und Erleichterung seiner
Arbeit gegeben, den Versicherten und Versicherungsträgern aber ein
bedeutender Dienst geleistet. Wie mannigfach und wichtig die oto-
logischen Unfallfolgen, die einer grossen Anzahl von Aerzten noch
fremd zu sein scheinen, sind, wird an mehreren Fällen illustriert.
E. B 1 o c h - Kattowitz : Traumatische Neurose ohne Renten¬
anspruch. (Ibidem No. 24.)
5 Fälle, in denen allen der Gedanke an Unfallrente gar nicht erst
aufgetaucht ist resp. bald zurückgedrängt wurde und die doch Schul¬
fälle der als traumatische Neurose bezeichneten Krankheit darstellen
und die zweitens ganz oder wenigstens teilweise arbeitsunfähig ge¬
worden sind, die also den Vorschlag der Nichtentschädigung der trau¬
matischen Neurose als einer nur durch das Versicherungsgesetz
zustande gekommenen Krankheit unhaltbar erscheinen lassen.
W. Gilbert- München : Die Behandlung der Kalkverletzung
des Auges. (Zeitschr. f. Versicherungsmed. 1912, No. 8.)
Die Gefahren, die einem durch Kalk verätzten Sehorgan drohen,
bestehen vornehmlich in
1. den Folgen einer ausgedehnten Verätzung bzw. Verbrennung
der Bindehaut: Verwachsungen, Symblepharon;
2. primären Verätzungen der Kornea: Kalkinkrustation;
3. sekundären trophischen Erkrankungen der Kornea nach zir¬
kulärer Verätzung der Conjunctiva bulbi: Hornhautgeschwüre und
Perforation.
Die erste Hilfe bei jeder Kalkverätzung hat die Aufgabe zu er¬
füllen, die teils frei im Bindehautsack befindlichen, teils oberflächlich
dem Gewebe anhaftenden Kalkpartikelchen durch Spülung und even¬
tuell vorsichtiges Abschaben mit Fremdkörpernadel oder Daviel-
schem Löffel, an der Hornhaut mit ölgetränktem Spitztupfer zu ent¬
fernen; zur Spülung benützt man, da der Kalk durch Wasserauinahnie
aus dem Bindehautsack schon gelöscht ist, am zweckmässigsten kal¬
tes Wasser; Zuckerlösung ist zu verwerfen. Kleine oberflächliche
Läsionen des Bindehautepithels pflegen binnen weniger Tage unter
feuchten Verbänden zu heilen; bei ausgedehnteren und tiefergreifen¬
den Verätzungen ist restitutio ad integrum kaum zu erwarten.
Die Hauptaufgabe der Therapie bleibt daher nach der ersten
Hilfeleistung die Aufhellung der Kalkinkrustationen der Hornhaut
durch Lösung der Kalktrübungen mit Ammoniumsalzen, ein Verfahren,
das heute, ein Jahrzehnt nach dem Bekanntwerden der ersten dies¬
bezüglichen Versuche G u i 1 1 e r y s, immer noch nicht Gemeingut
aller Aerzte geworden ist. Die Einwirkung der Ammoniumsalze ge¬
schieht in Form von Augenbädern mit Ammon, tartaric. (bis zu
10 Proz.) oder mit Ammoniumchlorid (in gleicher Konzentration und
mit Zusatz von 0,01 — 0,02 Weinsäure), 2 — 3 mal täglich für je X> bis
% Stunde; für die Nacht wird eine 5 — 10 proz. Ammonium-tartarlcum
Salbe in den Bindehautsack eingestrichen und dann ein feuchter Ver¬
band angelegt.
Diese Therapie vermag manchem schwer verätzten Auge, das
vor Einführung der chemischen Lösungsmittel für den Sehakt nahezu
oder ganz verloren gewesen wäre, einen brauchbaren Teil des Seh¬
vermögens zu erhalten.
W. Becker: Ueber traumatische Neurosen. (Ibidem No. H
und 12.)
Die bekannten Tatsachen über Begriffsbestimmung, Prädispo¬
sition, Symptome, Prognose, Therapie, Entschädigungsfrage bilden
die eine Hälfte der Arbeit, woran sich eine statistisch-klinische Ver¬
arbeitung der unter ca. 4000 gemeldeten Unfällen sich befindenden
58 traumatischen Neurosen aus den Akten einer landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaft anschliesst.
A. H o f f m a n n : Herz- und Gefässkrankheiten und Unfall.
(Med. Klinik in Düsseldorf.) (Med. Klinik 1912, No. 39.)
Zusammenfassender Artikel über die Frage, auf welche Weise
ein Unfall die Kreislauforgane schädigen kann (direkte umschriebene
Gewalteinwirkung auf den Thorax, allgemeine Erschütterungen, ein¬
malige heftige Muskelanstrengungen, plötzlicher heftiger Schrecken
377
18. Februar 1913. MUKNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
oder sonstige psychische Aufregung) und über die Berechtigung, bei
vorliegender Herzerkrankung eine Schädigung durch Unfall anzu-
uehmen; auch die Verschlimmerung eines Herzleidens durch Unfall
und die Entstehung der Aneurysmen, bei welchen man stets durch die
Wasser m ann sehe Reaktion Lues nachweisen kann, sowie die
Entstehung von Arteriosklerose durch Unfall wird kurz behandelt;
Jie Symptome bei Kreislaufstörungen nach Unfall werden besprochen
und mehrere Fälle von Herzkrankheiten nach allgemeiner Körper¬
erschütterung, sowie ein autoptisch sichergestellter Fall von Ruptur
des Herzmuskels und des vorderen Aortensegels nach einmaliger
Muskelans_trengung mitgeteilt.
A. Bli m- Wien: Die „funktionelle“ Behandlung von Knochen-
briiehen. (Ibidem.)
Funktionelle Behandlung der Knochenbrüche ist das Bestreben,
anatomische und physiologische Wiederherstellung gleichzeitig her¬
beizuführen. Erstere wird erreicht durch präzise Fragmentadaption
und Retention, zumeist durch zeitweilige Ruhigstellung, letztere durch
frühzeitige Mobilisierung; die Vereinigung dieser Gegensätze gelingt
im Wege geeigneter Verbandmethoden und häufigen Verband¬
wechsels, durch streng individualisierende, stetige und zielbewusste
Beobachtung und Behandlung nicht nur der verletzten Teile, sondern
auch der unverletzten Nachbargebilde. Dies wird im einzelnen weiter
ausgeführt und als Beispiele für die Konsequenzen aus den auf¬
gestellten Prinzipien der funktionellen Therapie betont, dass es ebenso
unrichtig ist, wenn gesunde Finger dadurch versteifen, dass sie in
einen Verband miteinbezogen werden, der für den frakturierten Fin¬
gerteil zu umfangreich war und zu lange liegen blieb, wie wenn, um
eine geringe Dislokation ad longitudinem von Femurfragmenten zu be¬
kämpfen, die Extension so lange und so intensiv betrieben wird, dass
die Kniegelenksbänder elongiert und die Tragfähigkeit des Knie¬
gelenks hierdurch gefährdet wird.
P. Schuster: Welche Vorsichtsmassregeln sind bei der Unter¬
suchung des Nervensystems Unfallverletzter zu beobachten? (Ibi¬
dem No. 42.)
Als allgemeine Grundsätze sind zu beachten: Orientierung über
die Anamnese schon vor der Untersuchung (Aktenstudium), unvor¬
eingenommenes Verhalten dem zu Untersuchenden gegenüber, Ver¬
meidung unvorsichtiger oder falsch aufzufassender Bemerkungen,
Unterlassung schmerzender Untersuchungsmethoden, Ausführung
aller einzelnen Untersuchungen und Prüfungen möglichst in der
Weise, dass der Explorand nicht weiss, worauf es dem Unter¬
sucher ankommt.
Im speziellen werden die Methoden der Untersuchung der motori¬
schen Leistungsfähigkeit, des R o m b e rg sehen Phänomens und der
sensiblen und sensorischen Funktionen nach dem Prinzip der Ab¬
lenkung der Aufmerksamkeit geschildert, wobei manche neuen De¬
tails mitgeteilt werden.
Als dritter Punkt gelangt die epikritische Bewertung des Unter¬
suchungsbefundes zur Sprache, wobei man in der Deutung etwaiger
Widerspiirche in demselben sehr vorsichtig sein muss, da solche ofr
auch bei ganz unverdächtigen Hysterikern sich finden.
K. B i e h 1 - Wien: Ueber Hörprüfung und ihre Verwertung in der
amts- und zivilärztlichen Praxis. (Ibidem.)
Alle Methoden, welche zur Aufdeckung angeblicher ein- oder
doppelseitiger Schwerhörigkeit angegeben sind, sind in der Hand
eines unerfahrenen Arztes wertlos, wenn nicht gar gefährlich; der
Erfahrene Arzt andererseits gebraucht sie kaum.
Bei der Vornahme der Hörprüfung ist vor allem das Hören für
die Sprache einer näheren Prüfung und Feststellung zu unterziehen
(Flüstersprache). Zur Beurteilung des Grades der Hörstörung und
des Sitzes derselben sind noch weitere Hilfsmittel nötig: Unter¬
suchung auf Hören des Tickens der Taschenuhr und Stimmgabel¬
prüfung.
Im Speziellen sind vorzunehmen: der Weber sehe Versuch, der
Rinnesche Versuch, die Prüfung der Wahrnehmung hoher Töne
mittels des Galtonpfeifchens oder besser des Monochords, sowie die
vergleichende Untersuchung der Hörschärfe durch hohe und tiefe
Stimmgabeln.
G r a e s s n e r - Köln : Der röntgenologische Nachweis von Ver¬
letzungen der Wirbelsäule. (Ibidem.)
Bei der Begutachtung von Verletzungen der Wirbelsäule spielt
die Röntgenuntersuchung eine Hauptrolle, nicht so sehr bei schweren
Schädigungen, wo nur der klinische Befund bestätigt zu werden
braucht, als bei solchen Fällen, bei denen nach einer verhältnismässig
geringfügigen Gewalteinwirkung andauernde Beschwerden in der
Wirbelsäule, namentlich Schmerzen im Kreuz, geltend gemacht wer¬
den, für die klinisch keine objektiv nachweisbaren Veränderungen
nachgewiesen werden können. Zu einer einwandfreien Beurteilung
sind aber gut gelungene, d. h. scharfe und womöglich auch kontrast¬
reiche Bilder erforderlich. Die Erzielung solcher ist oft schwierig,
manchmal unmöglich; bei nicht einwandfrei gelungenen Bildern ist
deshajb stets darauf hinzuweisen, dass das vorliegende Bild zwar
Veränderungen nicht erkennen lasse, dass aber trotzdem solche vor¬
liegen können. Nicht selten werden über anderen auffälligen Ver¬
letzungen Wirbelbeschädigungen anfangs übersehen und nicht be¬
handelt, bis erst das Röntgenbild dieselben zeigt.
Besondere Schwierigkeiten bietet die röntgenologische Beur¬
teilung der Verhältnisse am 5. Lendenwirbel, zumal da Abnormitäten
m der Verbindung zwischen ihm und dem Kreuzbein mannigfach sind.
Auch an den übrigen Wirbeln kommen Abnormitäten vor, die zu
Irrtümern Anlass geben können.
Die Mehrzahl der Wirbelverletzungen bilden die Kompressionen
der Wirbelkörper: dann kommen die Verletzungen der Inter vertebral¬
scheiben, die Frakturen der Proc. spinosi, Frakturen der Querfort¬
sätze (isoliert meist nur au den Lendenwirbeln vorkommend), die
(seltenen) isolierten Frakturen der Wirbelbögen (cave: Deutung des
gar nicht so seltenen Offenbleibens des Bogens des ersten Sakral¬
wirbels als Bruches!), die Verletzungen der Gelenkverbindungen,
deren Darstellung und Beurteilung ebenfalls schwierig ist. Zinn
Schlüsse wird der röntgenologische Nachweis der Veränderungen
bei der fortschreitenden Wirbelsäulenversteifung, deren beide Formen,
die Spondylarthritis ankylopoetica und die Spondylitis deformans,
häufig mit einem Trauma in Zusammenhang gebracht werden, be¬
sprochen.
Rumpf-Bonn: Zur Begutachtung und Behandlung der trau¬
matischen Herz- und Gefässerkrankungen. (Ibidem No. 45.)
Bei der Begutachtung ist es, abgesehen von einer genauen Kennt¬
nis der gesamten Pathologie und dem Studium der augenblicklich vor¬
liegenden Erscheinungen auch nötig, dem ganzen Leben des zu Be¬
urteilenden mit allen guten und schädigenden Einwirkungen, soweit
als möglich, zurück bis zu den Erzeugern nachzugehen, die bei dem
Unfallereignis eingetretenen Aenderungen an der Hand eigener und
anderweitiger ärztlicher Beobachtung zu prüfen und dann in ihrem
weiteren Verlaufe bis zu dem augenblicklichen Befunde zu verfolgen.
Nur so ist es möglich, die wichtigen Fragen zu beantworten:
1) Welche Momente haben schon früher einen ungünstigen Ein¬
fluss auf das Herz ausgeübt?
2) Haben ungünstige Momente zu offenkundigen oder mit Wahr¬
scheinlichkeit anzunehmenden Erscheinungen geführt?
3) Welcher Einfluss auf die vorhandene Störung muss dem Unfall
als auslösende Bedingung zugeschrieben werden?
Von diesen Gesichtspunkten aus werden die Herzaffektionen, die
Arteriosklerose, das Aortenaneurysma, die nervösen Störungen nacii
Unfällen behandelt.
Hinsichtlich der Therapie spielt die körperliche und seelische
Ruhe und Beruhigung des Kranken eine grosse Rolle.
L. F e i 1 c h e n f e 1 d - Berlin : Feststellung der Unfalltatsache
durch die Obduktion bei Erkrankungen der Gefässe. (Ibidem No. 46.)
Unter Zugrundelegung des Befundes bei 18 Fällen von Gefäss¬
erkrankungen, die in 3 Gruppen, Erkrankungen der Hirngefässe, der
Herzgefässe und der grossen Schlagader, eingeteilt werden, kommt
Verf. zu folgenden Leitsätzen:
1. Die Obduktion ist bei -jedem gegen Unfall Versicherten er¬
forderlich, sobald ein Zusammenhang des Todes mit einem Unfall
in Frage kommt.
2. Die Obduktion muss stets von einem pathologischen Ana¬
tomen oder pathologisch-anatomisch geschulten Obduzenten ausge-
führt werden.
3. Der Obduzent muss vor der Vornahme der Obduktion ge¬
naue Kenntnis von dem stattgefundenen Unfallereignis und von den
beobachteten oder behaupteten Verletzungen haben.
0. S c h e 1 1 o n g - Königsberg: Einiges über Albuminurie, Puls¬
frequenz, Kniereflex, vasomotorisches Nachröten, Augen-, Zungen-,
Händezittern, MacBurney sehen und Erb sehen Druckpunkt,
Masodynie, Ovarie: nach Untersuchungen an Gesunden. (Ibidem.)
Die Untersuchungen, die an einer grossen Zahl männlicher und
weiblicher Bewerber für den Post- und Telegraphendienst angestellt
wurden, sind sowohl für die Unfall- wie für die Lebensversicherung
von Bedeutung. Das Ergebnis ist, dass Albuminurien bei gesunden
Personen zu den Ausnahmen gehören; ebenso ist dies der Fall bei
dem MacBurney sehen und E r b sehen Druckpunkt, bei Ovarie
und Mastodynie. Dagegen fanden sich erhöhte Kniereflexe, Pulsbe¬
schleunigung und die anderen „nervösen“ Symptome in einem auf¬
fallend hohen Prozentsatz aller untersuchten, also vollkommen ge¬
sunden Personen.
Wenn nun aber Verf. in Bezug auf dieses letztere Faktum sagt,
dass man deshalb in diesen Erscheinungen, wenn sie bei nervösen
Menschen konstatiert werden, keineswegs den objektiven Ausdruck
einer funktionellen Nervenerkrankung erblicken kann, und dass es
bedenklich erscheint, auf diese Symptome hin eine so schwerwiegende
Krankheitsdiagnose zu gründen, so ist dies zu weit gegangen oder
wenigstens zu Missverständnissen Anlass gebend. Denn die Dia¬
gnose: Neurasthenie, traumatische Neurose etc. gründet sich nicht
ausschliesslich auf die obengenannten Symptome, sondern muss auch
den Gesamteindruck in körperlicher und seelischer Hinsicht in Be¬
rücksichtigung ziehen; im Verein damit können aber die erwähnten
Erscheinungen wohl die Diagnose der funktionellen Nervenaffektion
objektiv stützen, resp. begründen helfen. Im übrigen ist bei der
Bewertung der Symptome auch nie das Vorhandensein eines oder des
anderen derselben allein von grosser Bedeutung, sondern das gleich¬
zeitige Bestehen mehrerer oder gar aller. Der Verf. würde sich
deshalb ein Verdienst erwerben, wenn er seine Untersuchungen
dahin ergänzen würde, festzustellen, wieviele der genannten Phäno¬
mene jeweilig gleichzeitig bei den einzelnen Individuen vorhanden
waren.
Bezüglich des vasomotorischen Nachrötens ist die Intensität des¬
selben doch nicht so ganz indifferent, da es wohl , ein Unterschied
ist, ob die Rötung, nach strichförmiger Reizung z. B., sich als Linie
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
378
oder als breite Fläche oder gar als urtikariaähnliche Erhebung über
das Hautniveau dokumentiert.
P. E w a 1 d - Hamburg : Die Ursache der traumatischen Muskel¬
verknöcherung. (Zeitschr. f. ärztliche Fortbildung 1912, No. 20.)
Die beiden Theorien der Myositis ossific. träum., die Bildung
der Knochensubstanz aus dem abgerissenen Periost einerseits, aus
dem Bindegewebe andererseits, haben jede verschiedene Bedenken
gegen sich, weshalb nach E. ein weiterer Faktor, der zum Trauma und
durch dasselbe hinzukommen muss, um die Verknöcherung herbeizu¬
führen, zu suchen ist. Dieser Faktor ist, da alle Fälle von trau¬
matischer Myositis ossif. — abgesehen von denen in den Adduktoren
des Oberschenkels, die mehr durch ein chronisches Trauma ent¬
stehen sollen — mit Gelenkverletzungen in Zusammenhang zu bringen
sind, die Gelenkflüssigkeit. Zur Begründung werden mehrere
Fälle, sowie der Röntgenbefund im Frühstadium (wolkige Schatten
in der Nähe des Gelenkes) angeführt. Mit der Annahme der Gelenk-
fliissigkeit als des mitwirkenden Momentes wäre die vom Skelett
isolierte Lage der Verknöcherung, wären die bizarren Formen und
dsa Aussehen der Oberfläche derselben, sowie die als Produkt eines
abgerissenen Periostfetzens viel zu grossen Längen- und Breiten¬
masse erklärt und wäre die Verlegenheitsannahme einer Disposition
beseitigt; es würden auch die Rezidive nach zu frühzeitigen Opera¬
tionen erklärt: die Synovia wird durch den Eingriff von neuem in die
Umgebung versprengt, weniger von der Gelenkhöhle her als aus den
Zwischenräumen und Höhlen der Geschwulst selber; endlich er¬
führe auch die Tatsache, dass durch frühzeitige Massage und Be¬
wegungen die Ossifikation verschlimmert wird, ihre Erläuterung: die
Gelenkflülligkeit wird durch die Manipulationen in die Umgebung ge¬
bracht.
J a n z - Thorn : Die Ursache der traumatischen Muskelverknöche¬
rung. (Ibidem No. 24.)
J. glaubt, dass die militärärztliche Erfahrung der Ewald sehen
Theorie nicht Recht geben könne, da die zahlreichen Fälle von Myo¬
sitis ossif. des linken Oberarmes durch Stoss mit dem Fechtgewehr
(„Bajonettierknochen“) und von Verknöcherung des Quadrizeps
femoris infolge von Hufschlag beweisen, dass der Austritt von Sy¬
novia nichts damit zu tun habe, da der Ort der Vetletzung weit
genug von den Gelenken entfernt sei, um eine Mitverletzung der
letzteren auszuschliessen.
Ewald- Hamburg : Erwiderung. (Ibidem.)
E. erwidert hierauf, dass er die rein periostale Entstehung von
Knochenbildung nach Trauma keineswegs leuene, seine Theorie be¬
ziehe sich auf die schwierig zu erklärenden Fälle, wo in der Nähe
eines Gelenkes und zunächst ohne Zusammenhang mit dem Knochen
exzessive Ossifikationen in den Weichteilen auftreten, die bezüglich
Lage und Ausdehnung im Breiten- und Dickendurchmesser, Bau und
Rückbildung unmöglich periostalen Ursprunges sein können.
B) Invaliditätsversicherung.
S c h ii 1 e - Freiburg i. B. : Ueber die „unklaren“ Begutachtungs-
fälle. (Aerztliche Sachverständigenzeitung 1912, No. 22.)
Es gibt Fälle, in denen die objektiv nachweisbaren Organver¬
änderungen nicht sehr ausgesprochen sind und die zur Begründung
der Invalidität notwendigen 662/3 Proz. Arbeitsminderung nicht er¬
reichen, trotzdem aber die Angaben des Antragstellers, derartige Be¬
schwerden zu empfinden, dssa es ihm nicht möglich sei, zu arbeiten,
Glauben verdienen; denn bei Krankheiten, wie Migräne, Ischias, Neur¬
algien, chronische Gelenkerkrankungen, Rheumatismus etc., können
sehr grosse, zur völligen Arbeitsunfähigkeit führende Schmerzen be¬
stehen, für die wir keine objektiven Symptome besitzen; man ist dabei
ganz auf die Angaben des Patienten angewiesen. Diese zu kon¬
trollieren, sind die Angaben seiner Umgebung das einzige Mittel.
Ergeben diese die Richtigkeit der vorgebrachten Arbeitsunfähigkeit,
so ist in dem Gutachten zum Ausdruck zu bringen, dass der ob¬
jektive Befund unter gewöhnlichen Umständen eine Arbeitsminderung
von weniger als 662U Proz. bedingen würde; wenn aber gerichts¬
seitig festgestellt werden würde, dass der Antragsteller tatsächlich
nichts arbeitet, weil er angeblich dies vor Schmerzen nicht tun
könne, so sei ärztlicherseits dazu zu bemerken, dass ausnahmsweise
so heftige Schmerzen doch bei der vorliegenden Krankheit auftreten
können und dass der Gegenbeweis nicht erbracht werden könne; es
sei die Rente deshalb zuzubilligen, wenn zuverlässig Zeugen über¬
einstimmend feststellen, dass der Antragsteller trotz aller Versuche
nicht imstande war, dauernd eine annehmbare Arbeit zu leisten.
C) Lebensversicherung.
F I e s c h - Wien : Ein Reformvorschlag. (Zeitschrift für Ver¬
sicherungsmedizin 1912, No. 104.)
F. schlägt vor. weil der erkrankte Versicherte sich selbst über¬
lassen, nicht immer für tunlichste Verlängerung seiner Lebensdauer
sorge, dass die Lebensversicherungsgesellschaft ihm im Falle einer
Erkrankung einen „erstklassigen“ Vertrauensspezialarzt beistelle, der
ihr nach der Konsultation Bericht erstatten und den Patienten u. a.
auch vor einem angeratenen Eingriff wegen dessen hoher Mortalität
zugunsten konservativer Behandlung warnen soll. Diese Einschie¬
bung einer Zwischeninstanz zwischen behandelndem Arzt und Pa¬
tienten, der übrigens heutzutage fast immer, namentlich wenn er so
situiert ist, dass er sein Leben versichert hat, selbst vor gering¬
fügigen Operationen sich erst noch bei zwei und mehr Aerzten Rat
erholt, ist absolut nicht im Interesse des Kranken und wird wohl
auch von den Gesellschaften des Kostenpunktes halber abgelehnt
werden; im übrigen ist nicht anzunehmen, dass der Versicherte sich
in Zweifelsfällen nach dem Votum des Vertrauensspezialarztes, auch
wenn derselbe allererstklassig ist, richten wird, da der Patient,
manchmal vielleicht mit Recht, annehmen wird, dass dessen Gut¬
achten, als zu sehr von dem Interesse der Gesellschaft beeinflusst,
nicht zugleich auch seine, des Patienten, Interessen und Willensab¬
sichten trifft. Oder glaubt Verfasser, dass in seinem Beispiel von
dem an gastrischen Krisen Leidenden, der sich sagt: Lieber die
(übrigens gar nicht so grosse) Mortalitätsgefahr der Förster-
schen Operation (die doch mindestens ebenso, wenn nicht weniger
ungefährlich ist wie die „relative Sicherheit“ der Exstirpation des
Ganglion Gasseri, die anzuraten, in einem anderen Beispiel deshalb
nützlich erscheint, um den Patienten mit schwerer Trigeminusneuralgie
vor Selbstmord zu bewahren) in den Kauf nehmen, als der Ver¬
sicherungsgesellschaft, und nur dieser, zuliebe 10 volle Jahre „kon¬
servativ“ wahnsinnige Schmerzen ertragen! — glaubt Verf., dass
dieser Tabeskranke von seinem einmal festgefassten Entschluss, über
dessen Tragweite ihn der behandelte Arzt doch auch aufgeklärt hat
(gibt es doch Neuralgiker, die um die Operation förmlich betteln!),
durch einen erstklassigen Spezialvertrauensarzt sich zurückhalten
lässt, damit die Gesellschaft weniger Geld verliert? Vielleicht finden
sich zu alledem gar keine Aerzte, die einen solchen erstklassigen
Spezial Vertrauensarztposten übernehmen!
Etwas anderes ist es mit den anderen Vorschlägen (Gewährung
eines die Belehnungsgrenze übersteigenden Darlehens oder einmaligen
Betrages in Krankheitsfällen), deren nähere Durchführung aber auch
nicht präzisiert wird.
L. F e i 1 c h e n f e 1 d - Berlin : Bemerkung zu deni Artikel: „Ein
Reformvorschlag“ von Dr. Jul. Flesch. (Ibidem No. 11.)
Ablehnung aller gemachten Vorschläge aus rein versicherungs¬
technischen Erwägungen.
J. Flesch -Wien: Die Verwertung diagnostischer Fortschritte
in versicherungsärztlicher Hinsicht. (Med. Klinik 1912, No. 40.)
Revue über eine Reihe moderner diagnostischer Methoden
(Rekto-, Romanoskopie, Blutuntersuchung bei Polyzythaemia vera,
Röntgenographie der Bauch- und Brustorgane, Wassermann sehe
Untersuchung, Abderhalden sehe Schwangerschaftsdiagnose, ali¬
mentäre Galaktosurie, alimentäre Aminosäureausscheidung, Bu¬
ten k o sehe Reaktion zur Feststellung der progressiven Paralyse
u. a.), die von der Lebensversicherungsmedizin berücksichtigt wer¬
den sollen, grösstenteils aber für den Vertrauensarzt zu schwierig
oder zu umständlich oder an und für sich überflüssig sein werden.
Von Wert sind diagnostische Winke, wie: bei präklimakterischer
Amenorrhoe an Hypophysiserkrankung zu denken; bei Kürschnern und
Pelzarbeitern auf die bei diesen häufig vorkommenden emphysema¬
tosen Bronchialkatarrhe und Bronchialasthmaerkrankungen infolge In¬
halation feinster Härchen zu achten; Betonung der in vielen Fällen
nicht ins Gewicht fallenden Harmlosigkeit leichter Enophthalmie:
Warnung vor Verwechslung von Pentosurie mit Diabetes mellitus
(Orceinprobe!).
J. F r i e d 1 ä n d e r - Frankfurt a. M.: Wassermannreaktion und
Lebensversicherung. (Blätter für Vertrauensärzte der Lebensver¬
sicherung 1912, H. 5.)
Eine prinzipielle Einführung dieser Methode in die Praxis der
Versicheruugstnedizin erscheint zunächst nicht angezeigt, da weder
positive Reaktion identisch ist mit positiver Lues noch negative Re¬
aktion die letztere mit Sicherheit ausschliesst.
M. S c h w a b - Berlin-Wilmersdorf.
Inauguraldissertationen. *)
An der Universitäts-Hautklinik zu Strassburg hat Alfred
Lubenau Untersuchungen über die therapeutische An¬
wendung des Salvarsans bei nicht syphilitischen
Erkrankungen mit besonderer Berücksichtigung
der Hauterkrankungen angestellt. (Strassburg 1912, 42 S.,
Els.-Lothr. Buchdr.). Es handelte sich um je einen Fall von Pem¬
phigus vegetans, Verrucae planae juveniles, Mycosis fungoides, tor¬
pidem ekthymaähnlichem Geschwür, Pemphigus malignus, Derma¬
titis herpetiformis Du'nring, Leukaemia cutis. Im Nachtrag wird noch
über einen Fall von Lichen circumscriptus bullosus berichtet, bei dem
völlige Heilung unter Salvarsananwendung eintrat. Weiter handelt
es sich noch um je 2 Fälle von Lichen ruber planus, Lichen ruber
simpl. chron. Bei Psoriasis ist von der Salvarsananwendung nichts
zu erhoffen. Grosse Erfolge sind auch bei den meisten Pemphigus-
arten nicht zu erwarten, in Hinsicht auf die trübe Prognose dieser
Affektion ist aber ein Versuch mit Salvarsan gerechtfertigt. Bei
Pemphigus vegetans ist zu einem Versuch dringend zu raten. Er¬
folge bei Leukaemia cutis rechtfertigen die Anwendung des Mittels.
Bei sehr zahlreichen Verrucae planae juveniles, bei hartnäckigem
Lichen ruber planus, bei Lichen chronicus Vidal käme Salvarsan in
Betracht.
Arno Lin de mann teilt in einer Jenenser Dissertation einen
Fall von Pemphigus mit, der durch intravenöse Sal-
J) Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
18. Februar 1913.
MUENCHKNKK MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
379
varsaninfusion Re heilt wurde. Es handelt sich um ein
22 jährisres Mädchen, welches im Laufe von 2 Wochen im Ranzen
1.5 r Salvarsan bekommen hatte. (Jena 1912, 23 S. LeipziR-ßorna
iei Robert N o s k e.) Fritz L o e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Berlin. Januar 1913.
Mole vs Konstantin: Ein Fall von Muskelatrophie nach VerletzunR
der Art. axillaris.
sch wc ring Karl Anton: Ueber funktionelle Prüfung des Herzens
mit besonderer Berücksichtigung der von M. Katzenstein
angegebenen Methode. .
W e s t p h a 1 Karl : Zur Therapie lebensgefährlicher Blutungen beim
Ulcus ventriculi.
Merzberg Erich: Ueber die Mobilisation des Schulter- und Ell¬
bogengelenkes durch Transplantation von Gelenkenden,
lacobi Rudolf: Zur Klinik der Myositis ossificans progressiva.
Schumacher Joseph: Ueber Thymusstenose und den heutigen
Stand ihrer Pathologie.
\\ olostnich Nicolaus: Ueber Trichterbrust.
Wunderlich Gottfried : Zur Kakuistik des primären Magen¬
sarkoms.
Grote Heinrich: Die Technik der Trepanation.
Universität Breslau. November 1912— Januar 1913.
ßukolt Anton: Das Auftreten einer Pupillendifferenz bei einseitigen
Lungenerkrankungen.
~ h r i s t i a n i August: Die W a 1 c h e r sehe Hängelage.
Juliusburger Ernst: Ueber die Beziehungen der multiplen In¬
farzierung der Niere zum klinischen Bild des Morbus Brightii.
Kotzulla Otto Heinrich: Zur Chirurgie der tiefen Beckendrüsen.
Kutznitzky Erich: Experimentelle und klinische Beiträge zur
Frage der Hauftalgsekretion.
Obst Hugo: Die poliklinischen Geburten in Beckenendlage vom
1. IV. 1904 bis 31. III. 1911.
Patzek Paul: Ein Fall von Pseudomyxombildung nach Appendizitis.
Reim Walter : Die Säureagglutination der Bakterien und ihre Ver¬
wertung in der Praxis.
W iewiorowski Paul: Das Verhalten der Venenklappen bei der
experimentellen Umkehr des Blutstroms.
Universität München. Januar 1913.
tlaernmerle Otto: Ueber Gelenkmäuse.
Goldschmitt Otto: Ueber Kombinationen einiger Lokal¬
anästhetika.
Kerkovius Rudolf: Bericht über die Krankenbewegungen der
Kgl. medizinischen Universitäts-Poliklinik in München im Jahre 1911.
Abramowitsch Heinrich : Drei Ponstumoren.
Käsbohrer Max: Die durch die Oberflächenapplikation von
Medikamenten erzeugte örtliche Daueranästhesierung chirur¬
gischer Erkrankungsformen. (Dargestellt an der Hand ihrer
historischen Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung des
neuen Benzoesäureesters Cycloform.)
Voss Gottfried: Ueber einen Fall von doppelseitigem Kolobom am
Sehnerveneintritt mit Mikrophthalmus des einen Auges.
Fesenmeyer Franz : Zur Anwendung des Murphyknopfes bei der
Gastroenterostomia retrocolica posterior.
!' r an k e n t h a 1 Ludwig: Die Tumoren der Niere an der Kgl. chirur¬
gischen Universitätsklinik seit dem Jahre 1902.
Jerchel Walter: Inwieweit wird das Medizinstudium durch
„Rotgrünblindheit“ beeinflusst?
R ii t h Wilhelm: Einige Beiträge zur toxischen Wirkung des Queck-
silberoxyzyanids.
Reiser August: Ueber die Varikozele und deren operative Be¬
handlung.
Gei nie in Friedrich: Vergleichende Versuche mit Antigeneu ver¬
schiedener Herkunft. Ein Beitrag zur Theorie und Praxis der
Wassermann sehen Reaktion.
Risch ne r Leopold: Statistischer Beitrag zur Tuberkulose im
Kindesalter.
Reisland Rudolf: Zur Kasuistik der otitischen Hirnabszesse,
e. Miltner Theodor: Wiederholte Tubenschwangerschaft,
hssig Karl: Die Ursachen der Menorrhagien.
0 o 1 d s t e i n Margareta : Zwei Fälle von angeborener Ptosis. (Mit
zwei Abbildungen.)
Universität Würzburg. Januar 1913.
Gey Clemens: Beitrag zur Frage der Dauerheilung des Kollum-
karzinoms durch die Operation.
Kees Ottmar Karl: Ueber Kehlkopfgeschwülste.
I- u i g Bruno: Beiträge zur Schwefelkohlenstoff- und Benzolver¬
giftung in akuten und chronischen Versuchen.
Kurz Ludwig: Beiträge zur Komplikation von Tuberkulose und
Schwangerschaft.
N e u m a n n Kurt : Parapneumonisches Empyem.
Gertel Fritz: Anämie und Eosinophilie bei Taenien.
W o 1 f Wilhelm: Ueber die Einwirkung des Benzylchlorids und
Benzalchlorids auf den tierischen Organismus.
Vereins- und Kongressberichte.
Gesellschaft- für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
VIII. Sitzung vom 23. November 1912.
Vorsitzender: Herr S c h m a 1 1 z.
Tagesordnung.
Herr Riebold: Erklärung der Vererbungsgesetze der Hämo¬
philie auf Grund der Mendel sehen Regeln.
Die Vererbungsgesetze der Hämophilie folgen durchaus den
Men de Ischen Regeln, mit der Einschränkung, dass die Krankheit
im allgemeinen nur für den Mann dominant, für das Weib aber
rezessiv ist, und mit der weiteren Einschränkung, dass in einigen
Fallen auch für den Mann die Dominanz der Krankheit verloren gehen
kann. Bei dieser letzteren Form des Vererbungsmodus, die sich aus
der typischen Form entwickelt hat, und stets auf diese zurückzuführen
ist, ist die Hämophilie für alle Glieder der Familie eine
l e z e s s i v e Eigenschaft geworden. Die Krankheit wird in diesen
Fällen nur dann in die Erscheinung treten können, wenn beide
Eltern die Krankheitsinl jge latent führen, was am häufigsten bei Ehen
unter Blutsverwandten Vorkommen wird.
Mitteilung zweier Stammbäume eigener Beobachtung, die die
beiden Vererbungsformen der Hämophilie zeigen.
Diskussion: Herr Braune kennt ebenfalls einen Fall von
Hämophilie in scheinbar gesunder Familie. In der Aszendenz ist
nichts nachzuweisen. Ein Bruder des Patienten ist im 2. Lebens¬
jahre an „Gehirnerweichung“ gestorben, und B. vermutet, dass dieser
ebenfalls Bluter war. Man findet in Bluterfamilien eine hohe Sterb¬
lichkeit, auch bei den gesunden Mitgliedern; doch wird dies wieder
aufgewogen durch eine grosse Fruchtbarkeit. So wurden in der
Bluterfamilie Mampel 24 Kinder, in einer ihm bekannten Familie
12 Kinder geboren. Die scheinbar gesunden Vorfahren der Bluter
sind nicht wirklich gesund, sondern haben die Anlage in sich. Da
die Bluter meist zeitig sterben, so kann man mit den Zahlenver¬
hältnissen der Nachkommenschaft nicht viel anfangen.
Was die Auffassung des Vortragenden über die rudimentären
Fälle anlangt, nach der zu der Bluteranlage noch eine zweite, die
erste unterdrückende Anlage hinzukommen soll, so wäre es inter¬
essant, festzustellen, ob gelegentlich in späteren Generationen die
hemmende Anlage sich wieder abspaltet: dann müssten reine Bluter
herauskommen.
In dem B. bekannten Stammbaum Mampel sind auch die ge¬
sunden Familienglieder angegeben. In diesem Stammbaum, der in
5 Generationen 111 Angehörige mit 37 Blutern umfasst, ist kein
einziges Mal der Fall verzeichnet, dass ein männlicher Bluter die
Krankheit vererbt hätte. Es ist möglich, dass die Vererbung in ganz
anderer Weise als der vom Vortragenden angegebenen erfolgt. Es
dürfte sich bei der Vererbung durch männliche Kranke um homo¬
zygote Bluter handeln.
Herr Ernst Schmor 1: Ein Beitrag aus der Praxis: In einer
Bluterfamilie sind Vater und Mutter gesund; zwei verheiratete
Töchter sind scheinbar gesund, haben aber beide blutende Kinder
männlichen Geschlechts. Die 3 Söhne der erstgenannten sind alle
Bluter, zwei sind klein gestorben, der 3. ist jetzt 40 Jahre und hat
keine blutenden Kinder.
Herr Geipel: Es ist nicht angebracht, die Vererbungstheorie
auch auf die Struma zu übertragen, die ja experimentell erzeugt
werden kann; ebenso die Cholelithiasis. Beide Krankheiten sind so
weit verbreitet, dass man sie nicht ohne weiteres auf einfache Ver¬
erbung zurückführen kann.
Herr Hüb ler fragt, ob über die Vererbung von Krankheiten
in Verwandtenehen etwas näheres bekannt ist. Besonders Ohren-
und Geisteskrankheiten sollen dabei leicht vererbt werden.
An die Vererbung der Struma glaubt auch er nicht.
Herr Riebold: Der demonstrierte Stammbaum (Mampel) ist
in der Originalarbeit von Lossen enthalten, allerdings in anderer
Form. Bezüglich der Vererbung der Hämophilie durch männliche
Bluter ist zu bedenken, dass von diesen nur wenige das zeugungs¬
fähige Alter erreichen. In den wenigen Stammbäumen, die derartige
Fälle aufweisen, zeigt sich bei den hämophilen Vätern eine auf¬
fällig geringe Zahl von Kindern. Dass solche männliche Bluter reine
Homozgoten sind, ist nicht sehr wahrscheinlich.
Was die Erblichkeit anderer Krankheiten betrifft, so glaubt er,
dass die Erblichkeit bei vielen Krankheiten eine viel grössere Rolle
spielt, als man sonst annimmt . Ueber Vererbung von Krankheiten in
Verwandtenehen ist schon verschiedenes bekannt: So gibt z. B.
Plate an, das sich die Epilepsie nach demselben rezessiven Typus
vererbt, den Vortragender für die Hämophilie annimmt.
Herr Erich Aschen heim (a. G.) : Ueber das Blutbild bei
Rachitis und über rachitische Megalosplenie.
Der Vortragende erörterte zuerst eingehend an der Hand des
Pappen hei m sehen Atlas der menschlichen Blutzellen die Mor¬
phologie der Leukozyten. Eingehend auf das Säuglingsblut hob er
das Vorwiegen der einkernigen Formen in diesem Alter und die
Häufigkeit jugendlicher z. T. grosszeiliger einkerniger Formen hervor.
Das Blut des Rachitikers ist stets verändert, doch brauchen die
Veränderungen nicht hochgradig zu sein. Meist sind Erythrozyten
und Hämoglobingehalt etwas vermindert, der Färbeindex ist fast stets
380
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. 7.
normal. Am stärksten wird die quantitative Zusammensetzung der
weissen Blutzellen beeinflusst: Die einkernigen Formen sind gegen
die Norm vermehrt, unter ihnen finden sich noch mehr als sonst
jugendliche Formen, eventuell finden sich grosse Lymphozyten
(Lymphoblasten) und Lymphoidozyten.
In einer verhältnismässig kleinen Anzahl sind aber die Ver¬
änderungen bei den Kindern mit rachitischer Diathese bedeutend
hochgradiger. Die Anämie ist schwer, es treten kernhaltige Ery¬
throzyten (manchmal in sehr grosser Anzahl) auf, die jugendlichen
einkernigen Formen sind noch stärker vermehrt, es finden sich
Myelozyten. Es bestehen von der leichtesten bis zu der schwersten
Blutveränderung fliessende Uebergänge. Kinder mit den
schweren Blutveränderungen haben stets eine tastbare Milz. Ist diese
dann sehr gross, sind die Kinder gelblich-blass, zeigen sie Neigung
zu Blutungen, dann sprechen wir von „Anaemia splenica“. Da diese
aber nichts anderes ist als eine Blutveränderung bei Rachitis mit
ihren Folgesymptomen, so haben Benjamin und der Vortragende
dafür den Namen: Rachitische Megalosplenie in Vor¬
schlag gebracht. Vortragender betont, dass die Schwere der Rachitis
durchaus nicht der Schwere der Blutveränderung entsprechen muss,
wenn dies auch häufig der Fall ist. Die letzte Ursache, warum es
zur rachitischen Megalosplenie kommt, ist uns unbekannt. Wir
müssen eine konstitutionelle Schwäche der hämatopoetischen Organe
(gewissermassen eine Diathese derselben) annehmen, die unter Ein¬
wirkung der rachitischen Noxe besonders schwere Veränderungen
entstehen lässt.
Vortragender bespricht dann noch die Differentialdiagnose und
Therapie, (cf. Deutsches Archiv f. klin. Medizin, Bd. 97 und 105,
ref. Münch, med. Wochenschr. 1909, S. 2649 und 1912, S. 1054.)
Diskus sion: Herr Dünger: Den Ausführungen des Vor¬
tragenden kann man inhaltlich voll zustimmen; zu bedauern ist jedoch
die Anwendung der Bezeichnung Anaemia splenica. Dieser Name,
zuerst von Griesinger benutzt, wurde .in die Literatur 1866
durch einen Schüler des genannten eingeführt gelegentlich der Be¬
schreibung eines Falles von aleukämischer Systemerkrankung und
10 Jahre später durch Strümpell in der weiteren Allgemeinheit
bekannt, als dieser unter demeseiben Namen einen Fall von perni¬
ziöser Anämie beschrieb. Nachher haben besonders italienische
Autoren den Ausdruck zur Bezeichnung schwerer Kinderanämien
verwendet. Dergestalt sind unter der Bezeichnung Anaemia splenica
die verschiedenartigsten Erkrankungen beschrieben worden, und man
kann deshalb Naegeli, Türk u. a. nur zustimmen, wenn sie die
genannte Bezeichnung, die nicht als das Syndrom Anämie und Milz¬
tumor in sich schliesst, aus der hämatologischen Nomenklatur ganz
ausgeschlossen wissen wollen. Es empfiehlt sich, die in Rede
stehende Krankheit entweder — nach dem Vorschläge des Vor¬
tragenden — als rhachitische Megalosplenie, oder als Kinderanämie
nach J a k s c h zu bezeichnen. Die bisher meist übliche Be¬
nennung Anaemia infantum pseudoleucaemica ist zu verwerfen und
zwar deshalb, weil sie wieder auf den verschwommenen Begriff der
Pseudoleukämie Bezug nimmt, der in der neueren hämatologischen
Literatur jetzt mit Recht von allen Seiten abgelehnt wird.
Herr R i e t s c h e 1 fragt, ob Blutveränderungen bei der Osteo¬
malazie und der Rhachitis tarda bekannt sind, insbesondere, ob dabei
Lymphozytose beobachtet worden ist.
Herr Aschenheim entgegnet Herrn Dünger, dass er die
Bezeichnung Kinderanämie nach J a k s c h deshalb nicht für emp¬
fehlenswert hält, weil sich zur Zeit das Bestreben geltend mache,
keine Personennamen in die Namenklatur einzuführen; im übrigen
will er sich aber auf die von ihm angegebene Bezeichnung keines¬
wegs versteifen.
Auf die Frage des Herrn Rietschel erwidert er, dass Unter¬
suchungen über Rachitis tarda vorliegen; dabei haben sich die
typischen rachtitischen Veränderungen gefunden, genau wie bei der
kindlichen Rachitis.
Aerztlicher Bezirksverein Erlangen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 16. Dezember 1912.
Herr K ö n i g e r berichtet über einen Fall urämischer Pleuritis
mit sehr grossem Exsudat, welches die ganze rechte Brusthälfte ein¬
nahm und starke Verdrängungs- und Stauungserscheinungen zur Folge
hatte. Nach teilweiser Entleerung (1 Liter) des dünnflüssigen, leicht
hämorrhagischen Pleuraergusses (spez. Gew. 1012) trat ein rascher
Rückgang der Stauungserscheinungen, insbesondere der Oedeme an
den Beinen, eine bedeutende Zunahme der Diurese und ein Sinken
des Eiweissgehaltes des Urins von 16 Prom. auf 0,5 Prom. ein, worauf
freilich einige Tage später ein plötzlicher Herztod folgte. Die
urämische Aetiologie der Pleuritis war bei dem Fehlen typischer
urämischer Symptome (der Blutdruck betrug nur 115 mm Hg) intra
vitam mit einiger Wahrscheinlichkeit nur durch die zytologische
Untersuchung aufzuklären, welche neben Erythrozyten ein Gemisch
von Pleuraepithelien und zahlreichen morphologisch gut erhaltenen
polymorphkernigen neutrophilen Leukozyten und nur spärliche Lym¬
phozyten ergab. Die Obduktion bestätigte diese Annahme und
stellte als Ursache der Nierenstörungen bei dem 53 jährigen Manne
eine (genuine) Schrumpfniere fest.
Diskussion: Herr Spuler.
Herr Lobenhofer: Ueber zirkuläre Geiässnaht.
Nach einer kurzen Uebersicht über die historische Entwicklung
der Gefässnaht werden die 3 wichtigsten Methoden der Nahttechnik
von Murphy, Payr und C a r r e 1 in ihren Einzelheiten be¬
sprochen und die wichtigsten, dabei zu beachtenden Phasen hervor¬
gehoben. Die histologischen Bilder der Nahtstellen werden kurz be¬
schrieben und an Präparaten demonstriert. Die Wertigkeit der drei
Nahtmethoden ist nicht gleich, weil die Chancen für das Durchgängig¬
bleiben der Nahtstelle verschieden sind. Die C a r r e 1 sehe Methode
verdient weitaus den Vorzug.
Sodann wird die Frage erörtert, was die moderne Gefässchirurgic
zu leisten imstande ist und es werden die einzelnen Gebiete ihrer An¬
wendungsmöglichkeit behandelt, sowohl in der Therapie wie in der
experimentellen Chirurgie.
Diese Gebiete sind: die Naht nach direkter Gefässverletzung bei
Unfällen (Kriegschirurgie) oder Operationen, wo unbeabsichtigte Ge-
fässwunden gesetzt werden können oder kleine Stücke aus der Kon¬
tinuität reseziert werden mussten, weil die Wand verändert war
(ideale Operation des Aneurysmas) oder von Tumoren durchwachsen
war.
Dann wird näher auf die arteriovenöse Anastomose bei Extreini-
tätengangrän und die saphenofemorale Anastomose bei Varizen ein¬
gegangen. Erstere ist in ihrem Wert noch sehr umstritten und be¬
darf jedenfalls einer strengen Indikationsstellung, wie Wieting
selbst betont. Ueber letztere Operation liegen noch viel zu spärliche
Berichte vor, als dass man sich ein Urteil bilden könnte.
Die Anpassungsfähigkeit der Venen an einen erhöhten, arteriellen
Binnendruck hat die Anwendungsmöglichkeit der Gefässnaht insofern
erhöht, als auch grössere Stücke aus der Kontinuität einer Arterie
entnommen werden können, ohne dass die Blutversorgung der Peri¬
pherie aufhört; man transplantiert ein geeignetes Venenstück in die
resezierte Arterie.
Damit wird auf die Anwendung der Gefässnaht in der experi¬
mentellen Chirurgie eingegangen und auf die Erfolge und Misserfolge,
die die Organtransplantationen ergeben haben; die einzelnen Ver¬
suche werden geschildert und Präparate und ein nun 3A Jahre leben¬
der Hund mit transplantierter Niere vorgestellt.
Zum Schlüsse werden die Grenzen, die für diese Experimente ge¬
steckt sind, besprochen und auf die biologisch wichtige Tatsache
hingewiesen, dass auch nach allen möglichen Vorbereitungen (Blut¬
austausch, Parabiose) doch nur die Autoplastik mit Aussicht auf
Erfolg angewendet werden kann.
Die einzelnen besprochenen Punkte werden durch Tafeln, Prä¬
parate und Mitteilungen aus der Literatur erläutert.
Diskussion: Herr Spuler.
Herr Kümmell: Zur Netzhautablösung.
Vortr. bespricht zunächst den Verlauf der Netzhautab¬
lösung und geht dann ausführlich an der Hand eines untersuchten
Falles auf die pathologische Anatomie dieser Erkrankung ein. Fl¬
iegt vor allem Wert auf die Veränderungen der Pigmentepithelien,
die teils degenerativer, teils proliferierender Art sind. Auch an den
Ziliarepithelien sind eine Reihe von Störungen nachweisbar, sowohl
in der Art der Pigmentverteilung, als auch in den Veränderungen
der einzelnen Zellen selbst. Dazu kommen noch entzündliche Ver¬
änderungen der Aderhaut und der Iris, so dass hier ein einheitliches
Krankheitsbild vorliegt, dessen sekundäre Veränderungen die Netz¬
hautablösung sowie die sich dabei findende Hypotonie des Bulbus,
die spätere Kataraktbildung und die iritischen Erscheinungen sind.
Diese Störungen sind also als koordinierte Erscheinungen der gleichen
Erkrankung aufzufassen. Bei der Erklärung der Netzhautablösung als
solcher ist festzuhalten, dass der Glaskörper infolge der Erkran¬
kung der Ziliarepithelien und der Aderhaut schwer geschädigt sein
muss, wie es sich auch in der Spannungsverminderung des Auges aus¬
drückt. Während so im Glaskörper verminderter Druck herrscht, ist
in der Aderhaut höherer, weil normaler, Druck. Infolge des so ent¬
stehenden Druckgefälles muss es schliesslich zu Transsudation aus
der Aderhaut kommen, die die Netzhaut vor sich hertreibt. Da gleich¬
zeitig auch noch abnorme Verbindungen des Glaskörpers mit der
Netzhaut bestehen, so kommt die auch dem normalen Glaskörper inne¬
wohnende Spannkraft zur Geltung und wird sich auf die Netzhaut
übertragen, so dass letztere auch aktiv vom Glaskörper aus vorge¬
zogen wird.
Diskussion: Herr Spuler.
Geschäftliches.
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1635. ordentliche Sitzung vom 6. Januar 1913.
im Sitzungssaal des Vereins, abends 7 Uhr.
Vorsitzender: Herr Baer wind; später Herr Flesch.
Schriftführer: Herr Eier mann; später Herr Benario.
Herr B. Fischer: Demonstrationen.
Herr A. Bloch: Totale Nieren-Ureterexstirpation bei Niereti-
und Uretertuherkulose mit Ureterstriktur.
1. Fall. Pat. von 37 Jahren, die seit 4 Jahren an Schmerzen
in der rechten Seite leidet. Schmerzen treten anfallsweise auf,
lassen nach 2 Jahren nach. Vor Vs Jahr Sturz von der Treppe.
Danach Wiederauftreten der Beschwerden, nur sind sie jetzt dauernd.
1 8. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
381
iegen tiefer und nehmen an Intensität allmählich zu. Zu gleicher
'eit wird aber der seit 4 Jahren stets trüb gewesene Urin immer
darer, bis er allmählich ganz klar wird.
Befund ergibt bei völlig klarem Urin einen Tumor der rechten
Jauchseite, der sich ziemlich hart anfühlt und massig druckempfindlich
st. Rechte Uretermündung zystoskopisch nicht sichtbar, man sieht
echts auch keine Blauausscheidung nach Indigkarmininjektion. Dia¬
gnose: Abgeschlossene, wahrscheinlich tuberkulöse Pyonephrose.
Jperation: zeigt eine etwa um das Doppelte vergrösserte Niere, die
.'inen prall gefüllten Sack mit stark verdickten Wänden darstellt.
Jreter hat etwa die Dicke eines prall gefüllten Dünndarmes und ist
nit Flüssigkeit strotzend gefüllt. Anfügung des extraperitonealen
Schnitts zur Freilegung des Ureters an den lumbo-abdominalen
Schrägschnitt, weite Abschiebung des Peritoneums. Ureter zeigt sich
um bis weit hinab enorm verdickt und prall gefüllt. Etwa 2 cm
iberhalb der Einmündungsstelle des Ureters in die Blase verjüngt
üch der Ureter plötzlich zu einer feinen Striktur, unterhalb der er
ibliteriert zu sein scheint. Abklemmung oberhalb und unterhalb der
striktur, Freimachung des Nierenstiels, Abklemmung, Durch-
<chneidung des Nierenstiels in typischer Weise, Durchschneidung
jes Ureters in der Striktur. Pyonephrose und der ganze Ureter
werden so im ganzen herausgenommen. Es werden nur Streifen auf
len Ureterstumpf und Nierenstiel gelegt und zum oberen bzw. unteren
Wundpol herausgeleitet, die ganze übrige Wunde in exakten Etagen-
iäl ten geschlossen.
Primäre Heilung der Wunde. Entlassung der Pat. 13 Tage nach
Operation. B. bespricht noch in einer Epikrise die Krankengeschichte
und die Indikationen bzw. Qegenindikationen der Exstirpation des
tuberkulösen Ureters bei der Nephrektomie einer tuberkulösen Niere.
2. Fall. Pyelotomie und plastische Operation am Ureter bei
infizierter intermittierender Hydronephrose.
22 jähriger junger Mann, der vor 3 Jahren an Gelenkrheumatis¬
mus litt und bei dem sich im Anschluss hieran zum erstenmal Koliken
in der rechten Seite einstellten. Koliken wiederholten sich 3 bis
4 wöchentlich und dauerten ca.. 3 Tage an. Urin während der
Koliken stark vermehrt, während der Koliken ausserdem
klar, nach Aufhören der Koliken mehr oder weniger blutig.
Untersuchung ergibt normalen Urin und kein palpable Niere. Pat.
stellt sich dann auf Anraten während einer Kolik wieder vor. Temp.
38,2. Urin klar, Niere nicht palpabel. Zystokopie ergibt normale
Blase und Uretermündungen, links prompte Blauausscheidung nach
Indigkarmininjektion, rechts nicht. In den nächsten Tagen Ver¬
schlimmerung der Symptome daher Operation: Freigelegte Niere
stark vergrössert, sehr weich und zeigt auf der Oberfläche mehrere
Buckel. Ureterabgangsstelle von 2 Qefässbündeln
abgeschnürt. Durchtrennung der Gefässbündel nach Unter¬
bindung. Sodann Pyelotomie und Dauerdrainage des Nierenbeckens.
Entleerung von 200 ccm dicken eitrigen Urins. Schluss der Wunde.
Heilung und Entlassung nach 3 Wochen. Urin völlig klar. Pat. gänz¬
lich beschwerdefrei.
3. Fall: Perforierte Hydronephrose.
17 jähriger Junge, der schon als Kind immer über Schmerzen in
der linken Seite klagte. Später häufig schwere Kolikanfälle in der
linken Seite. Vor 5 Wochen wieder fieberhafte Koliken, die nicht
nachliessen. 1 Tag lang völlige Amaurose, daher Transport in das
Krankenhaus mittels Landauers (Pat. ist von auswärts). Am näch¬
sten Tag Aufhören der Beschwerden, aber Anschwellung der ganzen
linken Seite.
Untersuchung zeigt stark kollabierten Pat. in schlechtem Er¬
nährungszustand, mit starker respiratorischer Dyspnoe. Herz nach
rechts verdrängt, Puls ca. 140.
Ganze linke Bauchseite von einem äusserlich sichtbaren Tumor
eingenommen, der in ganzer Ausdehnung fluktuiert, stark gespannt ist
und die linke untere Thoraxhälfte stark vorwölbt.
Zystoskopie ergibt normale Blase, normale rechte Uretermün¬
dung. Linke Uretermündung nicht sichtbar, auch nach Indigkarmin¬
injektion links keine Blauausscheidung, rechts prompte.
Diagnose: Hydronephrose.
Operation: Nach Eröffnung der Caps, retrorenalis reisst die
Caps, adiposa ein und entleeren sich ca. 4 Liter einer schwarzgrauen,
mit zahlreichen ebenso gefärbten Bröckeln vermischten, Flüssigkeit.
Nach vollkommener Entleerung liegt eine gewaltige Höhle mit sehr
starren Wänden vor. Ganz in der Tiefe gewahrt man nun die Niere,
die fest verbacken mit der Umgebung in ihrer stark verdickten Caps,
propr. liegt. Auf ihrer Oberfläche gewahrt man eine pfennigstück¬
grosse Perforation, durch die es nun stark blutet.
Da Caps, propr. mit der Umgebung fest verwachsen ist, muss
Niere dekapsuliert werden, wobei sie verschiedentlich einreisst und
stark blutet. Stiel kann nicht freigemacht werden, daher im tiefsten
Punkt des Nierenbeckens Klemme und Abtrennung. Ausstopfung der
sehr grossen Wundhöhle mit Mi k u 1 i c z scher Tamponade, sodann
prunärer Verschluss des grössten Teiles der Wunde.
Pat. erholt sich nach der Operation. Nach 3 Wochen aus der
Klinik entlassen, nach weiteren 3 Wochen völlig geheilt.
Herr Hanauer: Abnahme der Geburten in Frankfurt a. M.
Wie sich aus der Kurve ergibt, lässt sich in Frankfurt a. M. be¬
reits im vorigen Jahrhundert ein ständiges Sinken der Geburten vom
Beginne des 19. Jahrhundert bis zum Ende desselben nachweisen.
Den niedersten Stand erreichte die Geburtenzahl in den Jahren
1855 '56 mit 19,26. Erst um die Mitte der 60 er Jahre beginnt wieder
*% v°/io
eine Zunahme, die bis Ende der 70 er Jahre anhält und im Jahre 1877
mit 35,8 ihren Höhepunkt erreicht. Diese aufsteigende Periode ist
der total veränderten Bevölkerungszusammensetzung zu verdankten,
wie sie Mitte der 60 er „
Jahre nach Einverlei- dZ
bung Frankfurts in den Bevakecr
preussischen Staat her¬
vorgerufen wurde; die
Einführung der Frei¬
zügigkeit, der Ge¬
werbefreiheit und die
durch die Gesetzgebung
und den wirtschaft¬
lichen Aufschwung er¬
leichterte Eheschlies¬
sung veranlassten das
Zuströmen einer grös¬
seren Zahl jüngerer,
meist den arbeitenden
Klassen angehörender
Personen. Die Eheschliessungszahl stieg 1875 auf 13,2.
Mit dem Beginne der 80 er Jahre nimmt die Geburtenziffer in
Frankfurt wieder ab, hält sich aber jahrelang zwischen 27 und 30;
seit 1907 weist sie aber eine ständig sinkende Tendenz auf,
sie fiel von 27,9 in 1907 auf 22,7 in 1911; sie erreichte damit
einen Tiefstand, wie er in Frankfurt seit 1866 nicht mehr erlebt
wurde. Der Abnahme der Geburtenziffer geht die Abnahme der
Fruchtbarkeitsziffer parallel. Auf je 100 gebärfähige Frauen im
Alter von 16 — 50 Jahren entfielen 1880/81 10,13 Geburten, 1905/06
8,81, eheliche Geburten bei verheirateten Frauen 21, 43 und 16,39,
uneheliche Geburten bei unverheirateten Frauen 1,87 und 2,53. Es
sind hier, um den Vergleich nicht zu trüben, die eingemeindeten
Orte ohne Berücksichtigung geblieben, mit Berücksichtigung der¬
selben, da es sich um durchwegs gebäudereiche Orte handelt, wird
der Abfall etwas maskiert. Es haben demnach in demselben Masse
wie die ehelichen Geburten abgenommen, die unehelichen zuge¬
nommen.
Um zu eruieren, wie sich die Geburtenabnahme bei den ver¬
schiedenen Bevölkerungsschichten verhält, betrachten wir die Ge¬
burtsverhältnisse der einzelnen Konfessionen, sowie die Ver¬
teilung der Geburten auf die verschiedenen Stadtteile:
Bei den
Evangelischen Katholiken
1900
1905
1910
25,7
24,0
20,6
auf 1000
79.2
26,6
23.2
Israeliten
17.6
15.7
13,4
Man sieht demnach, dass die Geburtenziffer bei allen Kon¬
fessionen abgenommen hat, auch bei den Katholiken, was deswegen
bemerkenswert ist, weil von manchen Seiten (J. Wolf, Rost) der
Katholizismus als das mächtigste Bollwerk gegen die Geburten¬
abnahme, gerühmt wird.
Da in Frankfurt den verschiedenen Stadtteilen auch sozial ver¬
schieden Bevölkerungsschichten angehören, so gibt die Betrachtung
der Geburtenverhältnisse der einzelnen Stadtteile auch wieder ge¬
wisse Anhaltspunkte für die Geburtenverhältnisse gewisser sozialer
Schichten. Die Tabelle über die Verteilung der Geburten über die
verschiedenen Stadtteile ergibt nicht nur, dass z. B. in der west¬
lichen Aussenstadt, dem feinsten Wohnviertel, die Geburtenziffer
von 1900 auf 1910 von 17,2 auf 9,8 gesunken ist, sondern auch in den
vorwiegend von Arbeitern bewohnten Stadtgegenden, z. B. in der
Altstadt sank sie von 32,5 auf 24,2, in der nordwestlichen Aussen¬
stadt von 32 auf 23, in Bornheim von 40,0 auf 31,8, im inneren Sachsen¬
hausen von 35,6 auf 27,2, in Niederrad von 50,8 auf 35,5, in Ober¬
rad von 40,5 auf 24,6. Damit ist bewiesen, dass die Geburtenabnahme
vorwiegend durch die Geburtenbeschränkung der breiten Massen be¬
wirkt ist.
Ob die Abnahme des Geburtenüberschusses bemerkbar, diese
ist in Frankfurt a. M. infolge der niedrigen Sterblichkeit, namentlich
der Säuglingssterblichkeit besonders hoch, sie fiel jedoch von 48,65
in 1906 auf 42,72 in 1911.
Was die A e t i o 1 o g i e der Geburtenabnahme in Frankfurt a. M.
anbelangt, so konnte diese in einer veränderten Alterszusammen¬
setzung der Bevölkerung zu suchen sein, dadurch, dass die Zahl der
im zeugungsfähigen Alter stehenden Personen abgenommen hat.
Tatsächlich hat von 1900 auf 1905 die Ziffer der im 15.— 50. Lebens¬
jahr stehenden Personen zu Gunsten der Kinder und älteren Per¬
sonen abgenommen, die Ziffern der Volkszählung für 1910 sind noch
nicht bekannt. Wenn die Verschiebung in der Alterszusammen¬
setzung auch für die Jahre 1905—1910 zu konstatieren ist, so werde
die Geburtenabnahme zum Teil auf natürliche Ursachen zurückzu¬
führen sein.
Von Bedeutung ist hier auch die Abnahme der Eheschliessungen
im letzten Jahrfünft, sank diese doch von 11,25 in 1906 auf 9,79 pro
1000 Einwohner in 1911. Naturgemäss geht mit der Abnahme der
Eheschliessungen, die zweifellos in den ungünstigen wirtschaftlichen
Verhältnissen ihre Ursache hat, auch das Sinken der Geburtenziffer
einher, da gerade die jungen Ehen für die Erzeugung der Kinder am
ehesten in Betracht kommen. Ungünstig auf die Eheschliessung.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
382
namentlich auf die frühe Elleschliessung, wirkt auch die auch in
Frankfurt immer mehr zunehmende Frauenerwerbsarbeit, die durch
die nun mehr um sich greifende Frauen e m a n z i p a t i o n gefördert
wird, endlich das Zölibat der zahlreichen Lehrerinnen, Beam¬
tinnen usw.
Dafür, dass die Geburtenabnahme in Frankfurt auf physische
Ursachen zurückzuführen wäre oder auf Abnahme der Zeugungsfähig¬
keit und Fruchtbarkeit, diese wieder hervorgerufen durch gewisse
konstitutionelle Schädlichkeiten, dafür liegt kein Anhaltspunkt vor.
Vielleicht muss man hier aber daran denken, dass das Stillen emp¬
fängnisverhütend wirkt und die auch in Frankfurt in den letzten Jahren
konstatierte Zunahme des Stillens die Fruchtbarkeit der Frauen in
ungünstigem Sinne beeinflusst hat.
Wenn also die Geburtenabnahme in Frankfurt nicht auf phy¬
sische, ungewollte Ursachen, auf Entartung zurückzuführen ist, so
müsse letztere in der freiwilligen Abstinenz von der Kindererzeugung
gesucht werden. Zweifellos trägt hier auch die Abnahme der Kinder¬
sterblichkeit ihren Teil bei, denn es geht nicht nur eine hohe Ge¬
burtenziffer meist mit einer hohen Säuglingssterblichkeit einher, son¬
dern letztere ist auch wieder auf die Zahl der Geburten von Einfluss.
Da, wo viele Kinder wegsterben, besteht das Bedürfnis sie zu er¬
setzen, wenn wenige wegsterben, ist das Bedürfnis dazu ein geringes.
Im übrigen beruht die gewollte Beschränkung der Kinderzahl
auf sozialen Gründen, namentlich gilt dies vom Rückgang der Ge¬
burtenziffer des Arbeiterstandes. Die zunehmende Teuerung der
Lebensmittel macht sich gerade in Frankfurt, das von jeher als teuere
Stadt bekannt ist, besonders fühlbar. Frankfurt ist ferner wiegen
der teueren Wohnungsmieten, welche auch die kleinen Wohnungen
betrifft, längst unvorteilhaft. Daher haben jetzt auch der Arbeiter
und kleine Mann sowie die Angehörigen des Mittelstandes, was früher
ein ausschliessliches Privileg der besitzenden Klassen war, das Be¬
streben, den Wohnungsspielraum für das einzelne Glied der Familie
nicht zu klein werden zu lassen und er greift zur künstlichen Ge¬
burtenbeschränkung. Unter diesen Umständen haben die Ideen des
Neomalthusianismus auch in den unteren Kreisen Eingang gefunden.
1 rotz des Verbotes der Ankündigung der antikonzeptionellen Mittel
haben sich dieselben auch Eingang in die Häuser der Arbeiter ver¬
schafft und namentlich ist hier von Bedeutung, dass neuerdings auch
in Frankfurt durch Hausierer, Bilderhändler usw. derartige Mittel
in den Familien der Arbeiter verkauft werden.
Schliesslich berührt der Vortragende noch kurz die Frage der
öffentlichen Ankündigung der antikonzeptionellen Mittel, sowie die
Frage, wie sich die Aerzte zu dem Problem der Geburtenprävention
verhalten sollen. Im ersten Punkte betont er, dass, wenn neuer¬
dings sogar von ärztlicher Seite das Verlangen erhoben wird, den
Verkauf von Präventivmitteln zu erschweren, u. a. verlangt wird, dass
sie nur in den Apotheken gegen ärztliches Rezept abgegeben werden
dürfen, vielleicht gerade die jetzige gesetzliche Praxis das Richtige
treffe, wenn sie zwar den Verkauf ohne weiteres freigebe, jedoch die
Ankündigung verbiete. Was das Verhalten der Aerzte anlangt, so
wünscht Vortragender, dass sie sich in der Empfehlung und Appli-
zierung von antikonzeptionellen Mitteln eine gewisse Reserve aufer¬
legten und die Indikationen nach der medizinischen und sozialen
.-.eite enger begrenzten, als dies jetzt der Fall ist.
Herr K. E, Boehncke: Kombinationsbehandlung der Pneumo¬
kokkeninfektion (Sero- und Chemotherapie).
(Erscheint in dieser Wochenschrift.)
Naturhistorisch-medizinischer Verein zu Heidelberg.
(Medizinische Sektion.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 10. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr Bettmann.
Schriftführer : Herr F i s c h 1 e r.
Demonstrationsabend der chirurgischen Klinik.
Herr Krall: a) Lungen- und Zwerchfellstich, b) Strumitis
substernalis. Spaltung des Manubrium sterni.
Es ist verhältnismässig selten, dass bei intrathorakalen Ope-
lationen ein Unter- oder Ueberdruckapparat unbedingt nötig ist.
Doch gibt es eine Reihe von Fällen, bei denen die Verwendung des
Druckdifferenzverfahrens für den Patienten von grossem Nutzen ist,
z. B. zur Aufblähung der Lunge nach der eigentlichen Operation
zwecks Vermeidung des Pneumothorax, der eine Infektion be¬
günstigt. Ausserdem werden durch Aufblähen der kollabierten Lunge
nach der Operation die Gefahren der etwaigen Pneumonie der in¬
takten Lunge vermindert. Auch können bei Anwendung des Ueber-
druckapparats erstickende Personen so lange am Leben erhalten
werden, bis das Atemhindernis beseitigt ist, wie es bei einem der
vorgestellten Patienten der Fall war. Vortr. bespricht den Unter¬
druckapparat von Sauerbruch, die Ueberdruckapparate von
E n g e 1 k e n, Brauer und Tiegel und den der Drägerwerke
und beleuchtet die Vor- und Nachteile jedes dieser Apparate. Be¬
sonderen Vorteil scheint ihm der Apparat der Drägerwerke zu bieten,
der zugleich eine Vorrichtung für künstliche Atmung besitzt. Es
wird im Anschluss daran ein Lungen- und Zwerchfellstich demon¬
striert, bei dem die Blähung der Lunge vor Schluss der Brusthöhle
den Vorteil brachte, dass trotz der Infektion nur ein partielles Empyem
zustande kam. Die Lunge hat sich nach Beendigung der Eiterung
gut ausgedehnt. Bei dem zweiten Fall bestand infolge eines von
der Schilddrüse ausgehenden Tumors grosse Erstickungsgefahr, doch,
gelang es die Pat. durch den Sauerstoffüberdruck so lange am Leben
zu erhalten, bis die Atmung durch Sternumspaltung wieder frei ge¬
worden war. Die direkt anschliessende, schwere Eiterung sowie das
klinische Bild lassen eine Strumitis substernalis wahrscheinlich er¬
scheinen als eine Struma maligna substernalis. Die Exstirpation des
Tumors war tatsächlich wegen Verwachsungen und des Zustandes
unmöglich.
Diskussion: Herr Wilrns glaubt, dass die Insufflation
grössere Gefahren bringe als die Anwendung des so bequemen
Dräg er sehen Apparates. Derselbe hat gegenüber den grösseren
Ueberdruckkammern unbedingt den Vorzug, da man die Lage des
Patienten bei etwa eintretender Störung noch ändern kann. Die Be¬
hinderung bei Anwendung der grösseren Kammern ist für den Ope¬
rateur sehr störend.
Herr Wilrns: a) Hyperästhetische Zonen bei Schussverletzung
des Gehirns.
W. führt das Auftreten hyperästhetischer Zonen auf Verletzung
des Symphatikus zurück. Die Ausbreitung der Zonen entspricht nicht
dem Ausbreitungsgebiet einzelner Nervenärzte, sondern hat einen
segmentalen Charakter. (Demonstration.)
b) Pat. mit Stenose des Oesophagus, deren benigne Natur durch
digitale Palpation von einer Gastrotomie aus festgestellt werden
konnte. W. hat diese digitale Untersuchung, bei der der Finger in
die Gastrotomieöffnung eingebunden wird, besonders auch für die
Entfernung von Fremdkörpern am unteren Oesophagus empfohlen.
c) Pat. mit Knochentransplantation: Ersatz des oberen Humerus¬
drittels durch das obere Drittel der Fibula nach Entfernung eines
Riesenzellensarkoms des Humerus.
d) Pat. mit Knochentransplantation: Ersatz des mittleren Drittel
beider Vorderarmknochen wegen Spindelzellensarkoms durch zwei
Stücke der Fibula. In beiden Fällen heilten die transplantierten
Stücke ein. Konsolidation ist in letztem Falle noch nicht eingetretei:.
e) Pat. mit Palliativtrepanation bei Tumor cerebri unbekannten
Sitzes. Besserung der Stauungspapille, Verschwinden aller sub¬
jektiven Beschwerden, Arbeitsfähigkeit (2 Fälle).
f) Kind mit Blasenektopie, bei dem die Einpflanzung der Ureteren
in den Mastdarm gemacht wurde, da die Operation der Blasenektopie
nach T rendelenburg nicht mehr möglich war, wegen Mangels
des Sphincter vesicae (2 Operationen waren vorher auswärts ge¬
macht worden). Für die häufigere Anwendung der Trendelen¬
burg sehen Operation spricht die Tatsache, dass die guten Erfolge
der übrigen Methode keine Dauererfolge sind, denn die Pyelitis hat
doch meist nach wenigen Jahren den Exitus der Kinder bedingt.
Im allgemeinen plädiert Wilrns für die ideale Methode der Blasen¬
ektopie nach Trendelenburg. Die Beckendurchtrennung ist
nicht schwierig; verwendet man zur Kompression des Beckens in
der Nachbehandlung den schon früher von W. angegebenen Kom-
pressionsapparat, so ist ein Dekubitus ausgeschlossen und die Heilung
wesentlich vereinfacht.
g) Pat. mit Ischuria paradoxa bei Prostataatrophie wahrschein¬
lich kongenitalen Ursprungs, wobei das Hauptgewicht der Störung
weniger auf die Atrophie als vielmehr auf den spastischen Zustand
der Prostata gelegt werden muss. Partielle Entfernung der Prostata.
h) Totalexstirpation der Blase wegen Karzinoms bei einem
Anilinarbeiter auf pararektalem Wege nach der V o e 1 c k e r sehen
Methode. Es gelang, die Blase mit Prostata extraperitoneal aur-
zuschälen. Die Ureteren müssen noch in einer zweiten Sitzung in
der Lendengegend herausgeleitet werden. Die erste Operation wurde
sehr gut überstanden.
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 17. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr Marchand.
Schriftführer : Herr R i e c k e.
Herr Harlmann bespricht einen Fall von überzähligem
aberranten Ureter, der in die Vulva ausmündete. Das in der vorderen
Scheidenwand gelegene distale Ende war ampullär erweitert. Dieses
Stück wurde reseziert, der Ureter dann per vaginam in die Blase
implantiert; Heilung, volle Kontinenz.
(Der Vortrag erscheint in erweiterter Form anderen Orts.)
Herr Heineke demonstriert 3 Fälle von M i k u 1 i c z scher
Krankheit. (Der Vortrag erscheint unter den Originalien dieser
Wochenschrift.)
Herr Heineke und Herr R o s e n t h a 1 (a. G.) demonstrieren
die Lilienfeld sehe Röntgenröhre.
Die L i 1 i e n f e 1 d sehe Röhre*) hat sich seit Monaten in der
chirurgischen Universitäts-Poliklinik für Aufnahmen sämtlicher
Körperteile gut bewährt. Das Prinzip der Röhre ist kurz folgendes:
Bei den bisher gebrauchten Röhren lässt sich das Vakuum, von dessen
Höhe die Härte oder Weichheit der Röhre abhängig ist, nur in ge-
*) Siehe Lilienfeld und R o s e n t h a 1 : Fortschritte auf dem
Gebiete der Röntgenstrahlen, Bd. 18, S. 256, 1912.
8. Februar 1913. _ MUENCHENKR MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ingeni Umfang regulieren. Durch die sog. Regeneriervorrichtungen
elingt es zwar, eine hart gewordene Röhre wieder weicher zu
lachen; doch hat diese Regulierung ihre Grenzen, auch ist es nicht
lüglich, eine weiche Röhre sofort wieder hart zu machen. Ferner
ermögen diese Reguliervorrichtungen auch nicht dem Altern der
(Öhre, das — von der Metallzerstäubung abgesehen — hauptsächlich
ureh den allmählichen Verbrauch des Gasgehaltes der Röhre be-
ingt ist, vorzubeugen. Die Röhren werden immer härter und bieten
;er Entladung schliesslich solchen Widerstand, dass der Strom in
orm von Funken aussen um die Röhre herumgeht und sie schliesslich
urchschlägt.
Die Lilienfeld sehe Röhre beruht nun auf einem ganz
nderen Prinzip. Die Röhre ist so weit evakuiert, wie dies nur
berhaupt möglich ist; sie ist so hart, dass sie auf den gewöhnlichen
nduktorstrom überhaupt nicht anspricht. Lilienfeld macht die
(Öhre nun dadurch leitfähig, dass er einen zweiten Strom von ge-
ingerer Spannung und geringerem Energieverbrauch durch die Röhre
iurchschickt, den sog. Leitfähigkeitsstrom. Zur Einleitung
lieses Stromes benutzt Lilienfeld zwei besondere Elektroden,
velcher ausser der gewöhnlichen Kathode, Antikathode und Anode
in Rohre angeordnet sind. Die eine dieser neuen Elektroden, die
Cathode des Leitfähigkeitsstromes, besteht aus einem Stückchen
hatinfolie, welches auf helle Glut erhitzt die Eigenschaft hat, u n -
ibhängig vom Gasgehalte der Röhre einen verhältnis-
niissig niedrig gespannten Strom durchtreten zu lassen. Der Leit-
iihigkeitsstrom macht nun die Röhre für den Röntgenstrom durch¬
gängig, besorgt aber, was die Hauptsache ist, gleichzeitig auch die
idiebige Regulierung des Härtegrades der Röhre. Die Leit-
ähigkeit der Röhre und damit ihre Weichheit ist nämlich der
itärke des Leitfähigkeitsstromes direkt pro-
>ortional. Ist der die Röhre durchlaufende Leitfähigkeitsstrom
chwach, so ist der Widerstand in der Röhre gross; man braucht
ehr hochgespannten Induktorstrom und erhält harte Röntgenstrahlen,
e stärker der Leitfähigkeitsstrom ist, desto geringere Spannung des
nduktorstroms ist nötig und desto weicher sind die Röntgenstrahlen,
furch Regulierung des Leitfähigkeitsstromes,
tlso durch einfaches Verschieben des Kontaktes
m einem Widerstand ist man also imstande, die
Hohrein jedem Momen tau fjeden beliebigen Härte¬
irad zu bringen. Man kann die harte Röhre sofort weich und
lie weiche sofort hart machen, kann die Röhre auch, während sie
rn Gange ist, beliebig weich und hart machen und so von einem
fbjekt eine harte und weiche Aufnahme gleichzeitig auf derselben
3latte machen.
Für die Röhre werden also 3 Ströme und 3 Stromquellen ge-
rraucht. Der eine Strom glüht die Kathode des Leitfähigkeitsstromes
nit einem Verbrauche, wie er z. B. zum Glühen einer kleinen Glüh-
ampe erforderlich ist. Die beiden übrigen Stromquellen entladen
üch durch das Vakuum der Röhre: der Leitfähigkeitsstrom
mtlädt sich von dem glühenden Platinblättchen aus, während die
eigentliche Röntgenentladung genau so, wie bei den be-
<annten Röntgenröhren, zwischen einem Aluminiumhohlspiegel und
einer Aluminiumanode verläuft. Die Bedienung der Röhre ist trotz
Ipr scheinbar komplizierten Konstruktion ebenso einfach, wie bei den
bisher üblichen Röhren, da die 3 Ströme der Röhre mit einem einzigen
landgriff ein- und ausgeschaltet werden.
Die Röhre wird im Gebrauch vorgeführt. Ferner werden Auf¬
nahmen demonstriert, die mit derselben Röhre unmittelbar hinter¬
einander bei gleicher Entfernung und gleicher Expositionszeit, bei
weicher und harter Schaltung gemacht worden sind.
Diskussion: Herr R ö s 1 e r weist darauf hin, dass Versuche
nit der L i 1 i e n f e 1 d sehen Röhre an der medizinischen Universitäts-
aoliklinik nicht besonders günstig ausgefallen sind. Das Instrumen¬
tarium bestand aus einem Kohl sehen Induktorium von 50 cm Fun-
tenlänge, einer Akkumulatorenbatterie zur Erzeugung des Heiz¬
stromes und einer besonderen, ziemlich komplizierten Zuleitung des
Vimärstromes, d. i. des Leitfähigkeitsstromes von 440 Volt Spannung,
Jessen Stromstärke durch einen Kontaktwiderstand zwischen 40 bis
180 MA. reguliert werden konnte. Durch einfaches Verschieben des
Kontaktes konnten keine extremen Härtegrade erreicht werden, der
Härtegrad der extrem evakuierten Röhre schwankte, nachdem die
Heizelektrode zum Glühen gebracht und der Primärstrom eingeleitet
worden war, zwischen 3 — 4 und höchstens 7 — 8 Wehnelteinheiten,
mittels des W e h n e 1 1 sehen Kryptoradiometers geprüft. Durch¬
leuchtungen ergaben, wie auch bei der heutigen Demonstration, keine
einwandfreien Bilder von verschiedenen besonders extremen Härte¬
graden. Gute Aufnahmen des Thorax konnten nicht bei beliebiger
Einstellung des Induktoriums erzielt werden, erst dann, wenn der pri¬
märe Strom des Induktoriums die Stärke erreicht, hatte, die sonst bei
1 horaxaufnahmen in Anwendung kam. Ein Durchgang des Induk-
sionsstroms mit Erzeugung von Röntgenstrahlen konnte auch ohne
Leitfähigkeitsstrom erreicht werden, wenn nur die Heizelektrode eine
Zeitlang geglüht und das Innere der Röhre erwärmt hatte. Das
extreme Vakuum der Röhre war also schon durch Erwärmung herab-
s'emindert worden, anscheinend waren die Röhren nicht genügend
evakuiert. Als Missgeschick muss erwähnt werden, dass uns bei
Gnem Versuche die Heizelektrode durchbrannte und die Röhre un¬
brauchbar machte. Auf Grund dieser praktischen Erfahrungen möchte
K. nur darauf hinweisen, dass die Lilienfeld sehe Röntgen-
383
Dilire, ohne auf das Prinzip und ihren Wert näher einzugehen, doch
ein kompliziertes Instrumentarium erfordet, das nicht immer auf ein¬
faches Verschieben eines Kontaktes anspricht. Im Gegenteil es ist
eine ausserordentlich sachkundige Arbeit nötig, um nicht schon beim
Ausprobieren zu viel Röhren zu zerstören und weiter damit Erfolge
so weitgehender Natur — Aufnahmen, Durchleuchtungen, Ober¬
flächen- und. Tiefenbestrahlungen mit einer Röhre — wie das aus den
Darlegungen des Herrn Prof. Hcineke gefolgert werden kann, zu
erzielen. Ob diese Erfolge in jedem Falle und mit dem von Herrn
Prof. H e i n e k e demonstrierten, vereinfachten Hilfsinstrumentarium
immer möglich sind, werden weitere Untersuchungen ergeben.
Herr H e i n e k e begegnet in seinem Schlusswort dem Bedenken
des Herrn R ö s 1 e r an der Hand von Röntgenphotographien.
Herr Dünkeloh: Entfernung eines Fremdkörpers durch
Tracheotomie.
Herr Heller: Demonstration eines Falles von Mikrognathie.
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 21. November 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirse h.
Herr Wendel demonstriert:
1. 2 Fälle von Magenresektion wegen Carcinoma ventriculi. Bei
dem einen Falle wurde ein per continuitatem ergriffenes Stück des
linken Leberlappens durch Keilresektion mitentfernt. Die Vereinigung
von Magen und Darm nach der Resektion geschah durch Gastro-
Duodenostomie nach Kocher. Glatte Heilung ohne Zwischenfall.
Demonstration der beiden Patientinnen und der resezierten Kar¬
zinome.
2. Eine Exostosis cartilaginea am Vorderarm eines jungen
Mädchens, ausgehend vom Radius, etwas oberhalb der unteren
Epiphyse, und in das Spatium interosseum derart entwickelt, dass
eine bogenförmige Verkrümmung der Ulna dadurch hervorgerufen
worden ist, welche eine starke Verbreiterung und hässliche Defor¬
mierung hervorgerufen hat. Die Exostose hat zwei mit Knorpel be¬
deckte Ausläufer. Sie sitzt sehr breitbasig der Kortikalis auf. Sie
wurde abgetragen, und da das Knochenwachstum noch nicht beendet
ist, von einer Korrektion der Ulnadeformität abgesehen. Heilung
p. p. Demonstration des Präparates und der Röntgenplatten.
Herr Habs bespricht an einer Reihe von Röntgenbildern die
verschiedenen Typen der Handwurzelbrüche, darunter einen Bruch
des Erbsenbeines, bei welchem durch direkte Gewalt das distale
Ende abgesprengt (nicht, wie meist, das proximale abgerissen) war.
Er rät in allen Fällen von Contusio manus eine Röntgenphotographie
anfertigen zu lassen, um keine Fraktur zu übersehen und ebenso bei
allen Fällen von Radiusfraktur auf der Röntgenplatte die Handwurzel¬
knochen genau zu betrachten, da sich recht oft hier weitere Frakturen
finden, die, wenn nicht beachtet, langdauernde Bewegungsstörungen
bedingen können.
Herr Ke ferst ein: Das Feuerbestattungsgesetz.
Das Feuerbestattungsgesetz wurde nach voraufgegangener Kom¬
missionsberatung im Mai 1911 von dem preussischen Abgeordneten¬
hause nur mit einer Stimme Mehrheit angenommen, welche sich bei
nochmaliger Nachzählung auf zwei Stimmen Mehrheit erhöhte. Das
Gesetz ist am 14. IX. 11 veröffentlicht worden und hat seit der Zeit
Gesetzeskraft. In der Begründung des Gesetzes, als es als Gesetzes¬
entwurf bei der gesetzgebenden Körperschaft eingebracht wurde,
war auch der Rechtsstreit erwähnt, welchen der Verein für Feuer¬
bestattung in Hagen i. W. gegen die Polizeiverwaltung zu Hagen
bei dem Oberverwaltungsgericht durchgefiihrt hatte. Dieser Feuer¬
bestattungsverein hatte 1907 ein Krematorium erbaut, doch war ihm
von der Polizei die Verbrennung von Leichen verboten worden. In
diesem Verbot heisst es: Die Königliche Staatsregierung sei bisher
der Verbrennung der Leichen entgegengetreten mit Rücksicht auf die
vorherrschende religiöse Anschauung und Pietät weiter Kreise. Auch
würde die Verbrennung von Leichen, wenn sie gestattet werden
sollte, eine Reihe von Anordnungen erforderlich machen, welche nur
im Wege der Gesetzgebung getroffen werden könnten. Solange diese
gesetzliche Regelung fehle, könne die Leichenverbrennung im
Interesse der öffentlichen Ordnung nicht zugelassen werden.
Der Verein erhob Klage und machte geltend, es sei nicht ein¬
zusehen, inwiefern durch Einäscherung einer Leiche eine Störung
der öffentlichen Ruhe, Sicherheit oder Ordnung entstehe oder eine
Gefahr für das Publikum oder einzelne Personen herbeigeführt
werden könnte. Wenn die Feuerbestattung den vorherrschenden
religiösen Anschauungen zuwiderlaufe, so sei es nicht Aufgabe der
Polizei, das Gefühlsleben des Menschen zu schützen. Verfehlt sei
fei ner die Ansicht der Polizei, dass die Feuerbestattung, solange sie
nicht gesetzlich geregelt sei, gegen die öffentliche Ordnung verstosse.
Der Verein ging in seinem Rechtsstreit bis zum höchsten Gerichtshof,
nämlich bis zum Oberverwaltungsgericht und dieses hat folgendes
Erkenntnis erlassen, welches hier im Auszuge mitgeteilt wird:
„Anzuerkennen ist zunächst, dass eine gesetzliche Bestimmung,
welche die Feuerbestattung für unzulässig erklärt, in Preussen nicht
besteht. Die bisherigen gesetzlichen Bestimmungen haben zwar die
Erdbestattung vorausgesetzt, weil nur diese Art der Bestattung zur
Zeit des Erlasses des allgemeinen Landrechts in Preussen üblich war.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 7.
Hieraus die Folgerung herleiten zu wollen, dass eine andere Art der
Bestattung, insbesondere die Feuerbestattung, verboten wäre, würde
indessen verfehlt sein. Ein derartiges Verbot ist nirgends ausge¬
sprochen. Es ist unbestritten, dass die Feuerbestattung mit den An¬
schauungen der christlichen Kirche in Widerspruch steht. Die katho¬
lische Kirche erlaubt keinem ihrer Angehörigen, einem Leichen-
verbrennungsverein beizutreten oder zu bestimmen, dass seine Leiche
oder die eines andern verbrannt werde. Auch die evangelische
Kirche untersagt überwiegend ihren Geistlichen die amtliche Be¬
teiligung bei einer Feuerbestattung. Jedoch könne man eine Rück¬
wirkung auf religiös-kirchliche Verhältnisse bzw. auf das christliche
Glaubens- und Gefühlsleben durch polizeilichen Zwang nicht ver¬
hindern und zwar um so weniger, als diese Frage keineswegs allein
die Angehörigen der christlichen Kirche berühre. Muss hiernach
der religiös-kirchliche Gesichtspunkt ausscheiden, so stützt sich doch
die polizeiliche Verfügung zutreffend auf die Interessen der staat¬
lichen Rechtsordnung. Es ist nicht möglich auf dem Boden der
Rechtsordnung die dem Staate zustehenden Rechte der Feuer¬
bestattung gegenüber zur Geltung zu bringen. Nach verschiedenen
Richtungen hin bedarf dieselbe infolgedessen der Ergänzung. So
lange solche nicht stattgefunden hat, ist für die Einführung der
Feuerbestattung kein Raum gegeben. Ihre Zulassung ohne die er¬
forderliche vorgängige Regelung würde mit der bestehenden Rechts¬
ordnung in Widerspruch treten und sie unter Verletzung der staat¬
lichen Befugnisse durchbrechen. Dies Interesse der öffentlichen
Ordnung zu wahren ist die Polizei ebenso berechtigt wie verpflichtet.
Die Polizeiverwaltung zu Hagen hat sich daher bei ihrem Verbot in
den Grenzen ihrer Befugnisse gehalten. Hiernach war das Verbot
der Benutzung des Krematoriums zur Leichenverbrennung, welches
die Polizeiverwaltung zu Hagen an den klagenden Verein erlassen
hat, als gerechtfertigt zu erachten und es musste auf Abweisung der
Klage erkannt werden.“
Gegen die Feuerbestattung waren also stets religiöse Bedenken
und andere Bedenken der Rechtspflege, d. h. kriminelle Bedenken,
entstanden und das Gesetz hat versucht, diese Bedenken nach jeder
Richtung zu zerstreuen. Es war die Frage aufgeworfen worden, ob
eine Garantie geschaffen werden müsste, wenn eine Beseitigung des
menschlichen Körpers durch Feuer gestattet wird, dass die Straf¬
rechtspflege nicht dabei leidet, weil etwa durch Beseitigung des ■
Körpers die Beweisführung dafür, dass ein Verbrechen vorliegt,
wesentlich erschwert würde. Es war die Frage, wie sich diese
Gefahr durch das Gesetz vermeiden Hesse, da durch die Beerdigung
derartige Beweisstücke nicht entzogen worden wären. Es musste
daher vor der Bestattung eine Untersuchung der Leiche angeordnet
werden, welche annähernde Sicherheit dafür gewährt, dass hier der
Verdacht eines Verbrechens nicht vorliegt. Es musste festgestellt
werden, ob ein gewaltsamer Tod eingetreten sei, besonders, dass
ein Giftmord nicht vorliege. Während bei der Erdbestattung die
Leiche noch nach Jahren ausgegraben werden konnte, fällt bei der
Feuerbestattung diese Möglichkeit fort. Es war daher vielfach in
der Beratung des Gesetzes erörtert worden, dass bei jeder Leiche,
welche der Feuerbestattung übergeben werden sollte, eine Leichen¬
öffnung vorzunehmen sei. Zuletzt hat man sich aber mit der Leichen¬
besichtigung begnügt, die von dem beamteten Arzt und zwar von
dem Gerichtsarzte bzw. dem Kreisarzt, der als Gerichtsarzt tätig ist,
voi zunehmen sei unter Zuziehung des behandelnden Arztes. Wenn
durch das Gutachten dieser beiden die Todesursache nicht sicher
festgestellt wird, dann soll eine Leichenöffnung vorgenommen werden.
Es wird also in allen zweifelhaften Fällen vor der Einäscherung die
Leichenöffnung erfordert, und der Gerichtsarzt hat die Bescheinigung
auszustellen, es sei zweifelsfrei, dass ein Verdacht, der Tod sei durch
eine strafbare Handlung herbeigeführt worden, sich nicht ergeben
hat. In zweifelhaften Fällen, wo die Leichenöffnung ausgeführt wird,
ist dann auch bei Verdacht auf Vergiftung eine chemische Unter¬
suchung nicht ausgeschlossen. Die Feuerbestattung soll nicht etwa
die Erdbestattung ersetzen, sie ist vielmehr nur fakultativ. Vor¬
läufig wird sie auch immer noch der Ausnahmefall bleiben.
Es ist auch noch an der Asche einer verbrannten Leiche mög¬
lich, gewisse Gifte, nämlich die metallischen Gifte und Arsenik fest¬
zustellen, nur muss der Staat dafür sorgen, dass die Asche nicht mit
anderen Bestandteilen vermischt wird und dass sie derartig auf¬
bewahrt wird, dass noch nach längerer Zeit eine chemische Unter¬
suchung dieser Asche ausgeführt werden kann.
Es ist der Ausdruck Feuerbestattung im Gesetz gewählt worden
und nicht Leichenverbrennung, weil auch die Beisetzung der Asche
an einer bleibenden Ruhestätte in Frage kommt. Die Genehmigung
zu einer Feuerbestattungsanlage kann nicht einer Privatperson oder
den Feuerbestattungsvereinen erteilt werden, sondern nur Gemeinden
und Gemeindeverbänden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts,
denen die Sorge für Beschaffung der öffentlichen Begräbnisplätze
obliegt, so den Kirchengemeinden und auch den Synagogengemeinden.
Will eine Gemeinde eine Feuerbestattungsanlage erbauen, so
muss der Antrag von mindestens Zweidrittelmehrheit beschlossen
werden. In Städten, wo die Mehrheit der Bewohner der katho¬
lischen Kirche angehört, wird voraussichtlich so bald eine Feuer¬
bestattungsanlage nicht möglich sein. Zuerst muss also eine Stadt
bei der Stadtverordnetenversammlung die Probe machen, ob eine
Zweidrittelmehrheit vorhanden ist. Ist eine solche Mehrheit nicht
vorhanden, so ist die Sache vorläufig unmöglich und man kann
weitere Schritte nicht unternehmen. Auch die Gebrauchsordnung
muss von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden mit dem Gebühren¬
tarif. Dieser soll, wie es in den Ausführungsbestimmungen heisst,
nicht zu niedrig bemessen werden, um nicht einen indirekten Anreiz
zu schaffen, die Feuerbestattung der Erdbestattung vorzuziehen.
Weiter sollen die Aschenreste auch nach längerer Zeit noch im
Interesse der Strafrechtspflege behördlich untersucht werden können.
Deshalb sollen die Aschenreste dem Zugriff von Privatpersonen völlig
entzogen sein.
Zur Vornahme der Feuerbestattung ist in jedem Falle mindestens
24 Stunden vorher die Genehmigung der Ortspolizeibehörde des
Verbrennungsorts einzuholen. Antragsberechtigt ist jeder Be¬
stattungspflichtige. Die Genehmigung ist schriftlich zu erteilen, sie
muss versagt werden, wenn nicht beigebracht wird: 1. die amtliche
Sterbeurkunde, 2. die amtsärztliche Bescheinigung über die Todes¬
ursache, 3. der Nachweis, dass der Verstorbene die Feuerbestattung
seiner Leiche angeordnet hat, 4. die Bescheinigung der Ortspolizei¬
behörde des Sterbeorts oder des letzten Wohnorts des Verstorbenen,
dass keine Bedenken gegen die Feuerbestattung bestehen, dass ins¬
besondere ein Verdacht, der Tod sei durch eine strafbare Handlung
herbeigeführt worden, nicht vorliegt.
Die amtsärztliche Bescheinigung über die Todesursache ist auf
Grund der Leichenschau auszustellen unter Zuziehung des behan¬
delnden Arztes. Vor der Bescheinigung ist die Leichenöffnung vor¬
zunehmen, wenn einer der beteiligten Aerzte dies zur Feststellung
der Todesursache für erforderlich hält.
Der Nachweis, dass der Verstorbene die Feuerbestattung ange¬
ordnet hat, kann erbracht werden: 1. durch eine letztwillige Ver¬
fügung des Verstorbenen, 2. durch mündliche Erklärung des Ver¬
storbenen, die von einer zur Führung eines öffentlichen Siegels be¬
rechtigten Person als in ihrer Gegenwart abgegeben bekundet wird.
Die Anordnung ist nur wirksam, wenn der Verstorbene sie nach
vollendetem 16. Lebensjahre getroffen hat, sie kann nicht durch einen
Vertreter getroffen werden. Stand jedoch der Verstorbene unter
elterlicher Gewalt und hatte er nicht das 16. Lebensjahr vollendet,
so tritt der Antrag des Inhabers der elterlichen Gewalt an die Stelle
der Anordnung.
In den Ausführungsbestimmungen heisst es: Dem behandelnden
Arzte ist nur Gelegenheit zu geben, der Leichenschau beizuwohnen
um sich gutachtlich zu äussern. Erscheint er trotz der Aufforderung
nicht, verweigert er auch ein schriftliches Gutachten, so soll der
beamtete Arzt die Leichenschau allein vornehmen und die Be¬
scheinigung auch ohne Mitwirkung des behandelnden Arztes erteilen
dürfen. _ ...
In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass jeder, der
nach seinem Tode die Feuerbestattung haben wollte, durch letzt¬
willige Verfügung dafür sorgen müsse. Traut er seinen Angehörigen
nicht zu, dass sie seine letztwillige Verfügung auch befolgen werden,
so müsste er durch letztwillige Verfügung gewissermassen einen
Testamentsvollstrecker ernennen.
Herr Wendel: Vortrag über „Retrograde Inkarzeration der
Hernien.
(Der Vortrag erscheint in den Ergebnissen der Chirurgie und
Orthopädie von Payr und Küttner.)
Herr P. Schreiber: Mitteilung über Optikerschulen.
M. H.! Die Optikerschule, über welche ich heute zu Ihnen
zu sprechen beabsichtige, interessiert ja in erster Lime die Augen¬
ärzte, indessen möchte ich im Anschluss an meine kurze Mitteilung
einen Appell an die praktischen Aerzte knüpfen, welche uns Augen¬
ärzten in dieser peinlichen Angelegenheit sehr zu Hilfe kommen
könnten. . .
Wie Ihnen wohl nicht entgangen sein wird, geht das Bestreben
der Optiker dahin, dem Augenarzt das Brillenbestimmen immer mehr
und mehr aus der Hand zu nehmen. In zahllosen Annoncen zeigen
sie dem Publikum an, dass sie in besonderen, vom Laden getrennten
Räumen die kompliziertesten Brillenbestimmungen mit allen mög¬
lichen Instrumenten der Neuzeit kostenlos und ohne Kaufzwang aus¬
führten. Sollten Augenkrankheiten oder Star vorhanden sein, wurden
die werten Kunden einem gewissenhaften Augenärzte überwiesen.
Dieser oder ein ähnlicher Tenor wird in allen diesen Annoncen an¬
geschlagen. Einigen mit grösseren Mitteln arbeitenden Optikern ist
es auch gelungen, Augenärzte, welche die Not des Lebens dazu
zwang, in ihren Läden zu beschäftigen. Jedenfalls hat sich aber bei
dem deutschen Optikerverbande die Ansicht durchgerungen, dass sie
ihr Ziel, die Augenärzte nach Möglichkeit auszuschalten, am ein¬
fachsten dadurch erreichen könnten, wenn sie eine Fachschule für
Ladenoptiker einrichteten, in welcher denselben von augenärztlicher
Seite die für funktionelle Prüfungen und objektive Augenunter¬
suchungen notwendigen Kenntnisse beigebracht würden.
Eine derartige Fachschule wurde vor ungefähr 3 Jahren unter
der Aegide des Grossherzoglich Hessischen Ministeriums des Innern
in Mainz ins Leben gerufen und lehrte an derselben der bekannte
Dr. Graf v. W i s e r das Brillenbestimmen. Da die Mainzer Schule
wegen der exzentrischen Lage im Deutschen Reiche nicht prospe¬
rierte, wurde in der Vorstandssitzung des Deutschen Optiker vei-
bandes in Jena im Frühjahr 1912 beschlossen, diese Schule nach Berlin
zu verlegen, und wurde dieselbe am 10. Oktober 1912 daselbst er¬
öffnet. Gegen diese Schule wäre von augenärztlicher Seite nicht viel
einzuwenden, wenn den Zöglingen, die sich nur darüber auszuweisen
haben, dass sie 19 Jahre alt sind und dass sie eine mindestens
zweijährige praktische Tätigkeit als Ladenoptiker hinter sich haben,
■S. Februar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ji übrigen aber eine Volks- oder Bürgerschulbildung besitzen
innen. Mathematik, Physik und Optik, Elektrotechnik, Photographie,
uchführung, Schaufensterdekoration und fremde Sprachen beige¬
acht würden. Dagegen muss man absolut missbilligen, dass die
idenoptiker in dieser Schule von einem Augenarzt namens Sieg-
ied Gur an im Brillenbestimmen, in ophthalmometrischen Ueb-
lgen, in Skiaskopie, im Gebrauch des Augenspiegels und seiner
iwendung im Refraktionsbestimmen, in der Handhabung der Oph-
almometrie und Optometrie, sowie über den Schutz und die Pflege
s Auges unterrichtet werden.
Es ist ganz selbstverständlich, dass in dieser Schule, welche
ich einem halben Jahre ihre Zöglinge eventuell als diplomierte
ptiker entlässt, ein Heer von Kurpfuschern grossgezogen wird,
elches nicht nur den Augenärzten, sondern vor allen Dingen dem
iblikum sehr gefährlich werden wird. Denn, wenn auch die Deutsche
otikerschule bislang unter Polizeiaufsicht steht und sich nicht staat-
h konzessioniert oder privilegiert nennen darf, so ist es ganz klar,
iss es die dieser Schule entspringenden Jünger mit einem Nimbus
nkleiden wird, wenn sie polizeilich bestätigt und befugt sind, nach
Jahre Augenheilkunde mit Volksschulvorbildung zu treiben, wäh-
nd der praktische Arzt erst nach mehrjährigem Spezialstudium sich
Ligenarzt nennen darf.
Leider kann ich nun dem praktischen Arzte und besonders dein
elgeplagten und überbürdeten Kassenarzte den Vorwurf nicht er-
aren, dass er auch ein gut Teil dazu beigetragen hat, den Optiker
i veranlassen, sich zum Kurpfuscher auszubilden, indem er seine
illenbedürftigen IJatienten einfach zum Optiker schickte mit der
eisung, sich von demselben die nötige Brille aussuchen zu lassen,
h möchte nun die Herren Kollegen im Aufträge der in Magdeburg
aktizierenden Augenärzte recht herzlichst gebeten haben, mit
esem Verfahren in Zukunft zu brechen und in den Fällen, wo Sie
cht in der Lage sind, ihre Patienten mit selbst festgestellen Brillen
ersehen zu können, dieselben nicht dem Optiker, sondern dem
agenarzt zu überweisen.
leinisch-westfälische Gesellschaft für innere Medizin
und Nervenheilkunde.
(Offizielles Protokoll.)
. ordentliche Versammlung in Köln, am 3. Nov. 1912.
Vorsitzender: Herr L e n z m a n n - Duisburg.
Schriftführer: Herr L a s p e y r e s - Bonn.
.Herr L e v y - Essen stellt einen Säugling von 10 Monaten vor,
r März ds. Js. an einer sehr schweren Form von Genickstarre
lalbseitenlähmung) erkrankte und durch Seruminjektionen in die
itenventrikel des Grosshirns geheilt wurde, da ausser der ersten
ignostischen alle Lumbalpunktionen misslangen. Residuen: Taub¬
it und leichte Parese der vorderen Halsmuskeln (der Fall ist ver-
tentlicht im Arch. f. Kinderheilkunde, Bd. 59, H. 1/2), ferner den
iter dieses Säuglings, Epileptiker, der 3 Monate später ebenfalls
Genickstarre erkrankte und durch 4 aufeinanderfolgende intra-
;nbale Seruminjektionen (trotz schweren Herzkollaps nach der
iektion am 2. Tage) prompt geheilt wurde.
Herr H o c h h a u s - Köln demonstriert die Präparate eines
ules von syphilitischer Bronchialerkrankung.
Es handelte sich um eine 30 jährige Frau, die unter den Zeichen
hwerer Trachealstenose am 20. III. 12 ins Krankenhaus gebracht
-irde. Sie gab an, dass sie vor 2 Monaten an Husten ohne Auswurf
krankt sei und dass sehr bald heftigste Atemnot dazugetreten sei:
nst sei sie früher gesund gewesen, nur mit 19 Jahren habe sie
ien Hautausschlag gehabt.
Die Kranke war blass, mager, leicht zyanotisch. Die Atmung
ir sehr angestrengt und erfolgt mit starkem inspiratorischen
ridor; starkes Hinuntersteigen des Kehlkopfes bei jeder Inspiration.
Die Untersuchung ergab Narben am Gaumen; im übrigen an
Tlkopf und Trachea nichts Abnormes; auch nicht mittelst der
onchoskopie (durch Herrn Dr. S c h i c k e n d a n t z), Herzbefund
ir normal; die Durchleuchtung ergab keinen Tumor, kein Aneu-
ma- Lungenränderstand sehr tief; sonst Befund normal. Uebrige
gane ohne Störung; nur an den Tibien Verdickungen.
Da Wassermann stark positiv, wurde gleich eine Einspritzung
n Salvarsan vorgenommen; auch erhielt die Kranke Jod. Trotzdem
-irde die Atemnot schlimmer und die Kranke starb plötzlich am
IV. 12.
Die Obduktion ergab ausser luetischen Narben am Gaumen
1 Anfänge beider Hauptbronchien eine umschriebene gummöse
ucherung der Bronchialwände, die das Lumen ganz erheblich
dosierte; die Ausdehnung betrug etwa VA — 2 cm, ausserdem einige
sch wollene Mediastinaldrüsen und zahlreiche Gummen in der Leber.
Derartige umschriebene syphilitische Wucherungen in den
onchien sind selten; in der Regel pflegen dieselben zu ulzerieren
e dann Hämoptoe hervorzurufen, was hier indes nicht der Fall
iir- Neben der hier vorhandenen Form der Bronchiallues kommt
cli eine zweite vor, die entlang den Bronchien weiter zieht und
h bis in die Lunge hinein erstreckt.
Herr Pincus-Köln: Neuritis optica und Neurofibromatose,
rankenvorstellung.)
Pat. mit typischer Neurofibromatose der Haut (R e c kling-
h a u s e n), der seit einigen Monaten an einer bisher gutartig ver¬
laufenden Neuritis optica beider Augen leidet. Erscheinungen irgend¬
welcher Erkrankung anderer Hirnnerven oder einer Hirngeschwulst
fehlen, und es finden sich auch keinerlei Anzeichen sonst einer All¬
gemeinerkrankung.
(Ueber den Fall wird an anderer Stelle ausführlich berichtet
werden.)
Herr Sie ge rt- Köln demonstriert einen Fall von Zuckerguss-
Ieber als 1 eilerscheinung chronischer fibröser Polyserositis beim
9 jährigen Mädchen. Beginn vor 6 Jahren mit Endo-Perikarditis nach
A^ffinä. Typischer Verlauf mit den bekannten Remissionen. Seit
3 Monaten keine Punktion des Aszites nötig. Hochgradiger In¬
fantilismus.
Herr Moritz- Köln : Ueber den künstlichen Pneumothorax.
(Der Vortrag erscheint ausführlich in dieser Wochenschrift.)
Herr H o c h h a u s - Köln; : Erfahrungen über die Behandlung
chronischer Lungenerkrankungen mit dem künstlichen Pneumothorax.
Der Vortragende bespricht zuerst das besonders von fran¬
zösischen und russischen Aerzten empfohlene Verfahren, die ex¬
sudative Pleuritis mit Einblasung von Stickstoff in die Pleurahöhle
zu behandeln; es soll dadurch die Gefahr der starken Druckvermin-
derung bei der Ablassung des Pleuraexsudats vermieden werden;
ferner soll die Entleerung dadurch in weit vollkommenerer Weise
als mit den anderen Methoden erreicht werden und es sollen Ad¬
häsionen der Pleuren seltener Zurückbleiben; in Deutschland hat
Arnsperger neuerdings diese Behandlungsmethode empfohlen
Der Vortragende hat dieselbe in den letzten Jahren häufiger an¬
gewendet und kann bestätigen, dass besonders bei der Entleerung
grosser Exsudate sich dieselbe sehr bewährt hat. Irgendwelche Be¬
schwerden traten nie ein und die Entleerung war stets eine recht
ausgiebige bei Anwendung der einfachen Ausheberung durch
I roikart mit Schlauch und Trichter. Ob Adhäsionen dadurch ver-
mieden werden, vermag er nicht sicher anzugeben; jedenfalls scheint
das Verfahren für geeignete Fälle empfehlenswert.
Den künstlichen Pneumothorax nach F o r 1 a n i n i, der in
Deutschland von Brauer und Schmidt zuerst empfohlen worden,
hat H. in 21 Fällen angewendet, und zwar bei 4 Bronchiektatikern
und bei 17 Phthisikern.
Die Methode war die von Brauer mit der Modifikation, dass
der Schnitt nur 2 cm gross gemacht wurde und dann Fett- und
Muskelgewebe bis zur Pleura zum Teil stumpf durchtrennt wurde.
Dann wurde letztere mit dem S a 1 o m o n sehen Troikart durch-
stossen; kurz vor dem Eingriff erhielt der Kranke eine Morphium¬
injektion; ferner wurde sowohl 'die Haut, wie auch die Weichteile
bis auf die Pleura sorgfältig mit S c h 1 e i c h scher Lösung anästhe¬
siert. Irgendwelche unangenehme Zufälle traten nicht auf; der Stick¬
stoff wurde erst dann hereingelassen, wenn der mit dem Troikart
verbundene Manometer deutlich negativen Druck und die bekannten
respiratorischen Schwankungen zeigte. Die Erreichung eines kom¬
pletten Pneumothorax gelang nur in wenigen Fällen; in den meisten
Fällen war derselbe durch die vorhandenen Adhäsionen nur partiell
und wurde erst nach mehrfachen Insufflationen zu einem fast totalen:
in den letzteren Fällen war der kleine Eingriff auch häufig von
lebhaften Schmerzen in der Brust, leichten Beklemmungen und Ohn¬
machtsanwandlungen begleitet.
Die Menge des injizierten Gases war verschieden; anfangs
wurden häufiger 1000 — 1500 ccm injiziert; in letzter Zeit selten mehr
als 6 — 700 ccm. Die Menge musste nach dem Manometerdruck und
der individuellen Verträglichkeit bemessen werden.
Die Resultate waren folgende: Von den 4 Bronchiektatikern
wurde einer wesentlich gebessert, zwei zeigten keine Veränderungen
und bei einem trat eine Verschlechterung ein.
Von 17 Phthisikern, fast durchweg vorgeschrittenen einseitigen
Erkrankungen mit ganz geringer Beteiligung der anderen Lunge sind
I I aus der Behandlung entlassen, während 6 sich jetzt noch auf der
Klinik befinden.
Von den 11 ersten wurden 5 wesentlich gebessert entlassen;
der Husten liess nach, der Auswurf wurde bedeutend geringer, das
Fieber sank ab, die Nachtschweisse Hessen nach, das ganze Allge¬
meinbefinden wurde besser; eine wesentliche Gewichtszunahme
wurde dagegen nur vereinzelt erzielt.
Wie lange der Effekt bei dem Einzelnen angehalten, kann ich
nicht genau sagen, da dieselben sich der anempfohlenen Nachkontrolle
entzogen; nur einer derselben wurde nach einem halben Jahre in
sehr verschlechtertem Zustand wieder aufgenommen und starb bald
darauf.
Von den 6 übrigen sind 5 meist nach längerer Behandlung ge¬
storben; bei dreien davon trat nach den ersten Nachfüllungen zuerst
eine Besserung auf, die indes nicht standhielt und dann einer zu¬
nehmenden Verschlimmerung Platz machte.
Bei zweien trat gleich nach der ersten Nachfüllung eine starke
Verschlimmerung ein, so dass von der weiteren Fortsetzung Abstand
genommen werden musste.
Bei einer Kranken stellte sich nach mehrmaliger Nachfüllung
ein Seropneumothorax ein; das Befinden wurde danach anfangs
schlechter, besserte sich nachher aber wieder derartig, dass die
Kranke auf ihren Wunsch entlassen werden konnte.
Bei den 6 noch in Behandlung befindlichen Kranken ist in
4 Fällen eine merkliche Besserung eingetreten, während bei zweien
ein Erfolg nicht konstatiert werden kann.
386
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
Die Resultate bei den 17 Behandelten wären also kurz dahin
zusammeniassen, dass bei 9 Fällen eine Besserung, bei 5 Fällen eine
Verschlechterung und in 3 Fällen kein Erfolg erzielt wurde.
In Anbetracht der Schwere der Erkrankung kann das Resultat
immerhin als ein sehr beachtenswertes betrachtet werden und wird
zur weiteren Anwendung in geeigneten Fällen stets wieder auf¬
fordern. Die Zahl der hier in Betracht kommenden Fälle ist aller¬
dings nicht gross, wenn man an der eingangs festgelegten Indikation,
nur schwerere, vorzugsweise einseitige Fälle zu behandeln festhält.
V o 1 h a r d berechnet nach seiner Erfahrung, dass höchstens
4 — 5 Proz. der Tuberkulösen für diese Behandlung in Betracht
kommen.
Ob auch leichtere, wenig vorgeschrittene Kranke mit dem künst¬
lichen Pneumothorax behandelt werden sollen, ist noch strittig. Da
derselbe immerhin nicht ganz ohne Gefahren ist, wird man dies
r.ur in Ausnahmefällen tun dürfen, z. B. bei einer sehr starken
Progressivität des Prozesses, der durch unsere übrigen Methoden
kein Einhalt zu tun ist.
Diskussion: Herr Paul Krause- Bonn weist darauf hin,
dass ein recht beträchtlicher Teil der Tuberkulösen, welchen man
einen künstlichen Pneumothorax gesetzt hat, höchst unangenehmen
Komplikationen ausgesetzt sind. Er habe zurzeit wieder eine
Patientin in Beobachtung, welche 2 Monate nach Anlegung des Pneu¬
mothorax einen Sero-Pneuomothorax bekam, welcher jetzt bereits
5 Monate lang besteht und durchaus keine Neigung zum Zurückgehen
zeige, im Gegenteil, er nehme langsam immer mehr zu. Eine inter¬
kurrente Erkrankung sei in seinem Falle nicht nachweisbar ge-
weisen. Es ist ja ohne weiteres zuzugeben, dass die Ruhigstellung
der Lungen durch den Flüssigkeitserguss eine grössere wird. Immer¬
hin ist doch zweifellos diese Komplikation, welche nach Saug-
mann in 8 Proz., nach Brauer in 5 Proz. vorkomme, eine wenig
angenehme. Man kann nie Voraussagen, ob sie ohne alle Folgen ver¬
schwinden wird. Zweifellos liegt die Gefahr, dass ein Empyem
daraus wird, ausserordentlich nahe. Von weiteren Komplikationen
seien die Todesfälle zu erwähnen, welche unmittelbar an die An¬
legung des Pneumothorax sich einstellen. Brauer hat unter 102
Fällen 4 Todesfälle, wovon 2 sicher auf Luftembolien, zwei andere
iiöchst wahrscheinlich darauf zurückzuführen sind. Von weiteren
Zufällen sei zu erwähnen die zu starke Verschiebung des Media¬
stinum nach der anderen Seite des Zellgewebes, Emphysem, starke
Störungen der Atmung (Dyspnoe, Glottiskrämpfe) mit Abnahme der
Pulsfrequenz, vorübergehender Kollaps und allgemeine Vasomotoren¬
störung und schliesslich ein schnelles Aufflackern des tuberkulösen
Prozesses der anderen Seite. Aus dieser kurzen Aufzählung geht zur
Genüge hervor, dass man unter allen Umständen eine strenge Indi¬
kationsstellung erwünschen muss. Anerkannt sei folgende: schwere
einseitige Erkrankung, Fehlen von Adhäsionen auf der kranken Seite,
während die andere Seite frei oder fast frei von tuberkulösen Herden
ist. Als eventuelle Indikation kommt weiter in Betracht: starke
protrahierte Blutungen bei schwerer einseitiger Erkrankung
ohne Adhäsionen, ferner langsam entstandene einseitige schwere Er¬
krankung mit mehrfachen Verwachsungen, dagegen sei streng abzu¬
lehnen, dass, wie es ihm in der Praxis mehrmals zur Kenntnis ge¬
kommen ist, die Indikation auf ganz frische Lungenspitzenkatarrhe
ausgedehnt wird. Auch die Indikation bei schwerer Erkrankung der
einen Seite, während die andere Seite sehr beträchtlich, z. B. der
ganze Oberlappen erkrankt ist, sei zu verwarfen. Als Kontraindi¬
kationen kommen in Betracht, schwere Erkrankung anderer Organe
irgend welcher Art; sehr schnell vorwärtsgehender tuberkulöser Pro¬
zess, welcher zur Kavernenbildung neigt und schliesslich vollständige
Verwachsungen der zu operierenden Seite.
Der künstliche Pneumothorax ist in geeigneten Fällen geeignet,
eine Besserung zu erzielen. Man müsse sich aber vor allzugrossem
Optimismus fernhalten. Eine grosse Schwierigkeit stelle die Nach¬
behandlung dar. Es sei ja ganz ausgeschlossen, dass man eine
grössere Anzahl von Tuberkulösen 1 — 2 Jahre oder noch länger im
Krankenhause deshalb wird behalten können. Die Anlegung des
Pneumothorax wird dadurch für den grössten Teil der Kranken schon
aus rein wirtschaftlichen Gründen unmöglich.
Herr M e i s s e n - Hohenhonnef berichtet über die Erfahrungen
mit künstlichem Pneumothorax im Sanatorium Hohenhonnef. Der
verwendete Apparat ist nach den Angaben von Ad. Schmidt-
Halle u. a. von Götze in Leipzig hergestellt und zeichnet sich durch
bequeme, übersichtliche Anordnung, leichte Transportierbarkeit*
— sämtliche Teile sind auf einem Standbrett montiert — und andere
Vorzüge aus, namentlich sind Quetschhähne ganz vermieden. Der
Eingriff wurde, nach gemeinsamer Indikationsstellung, von dem
2. Arzte der Anstalt, Herrn Dr. Salzmann, ausgeführt. Als Ope¬
rationsmodus wurde eine Stichmethode gewählt, und zwar wird zu¬
nächst eine kurze stärkere Kanüle an der gewählten Stelle bis zum
Rippenfell eingestossen, und dann durch diese die engere stumpfe
Nadel vorsichtig weitergeführt, bis der Ausschlag am Manometer
zeigt, dass der Pleuraraum erreicht ist. Diese Methode vermeidet
die Nachteile der einfachen scharfen Nadel und ersetzt den Schnitt
bei der Schlitzmethode durch den unter lokaler Anästhesie zunächst
eingeführten Dorn; man hat dadurch den grossen Vorteil, dass man
sofort eine zweite Stelle versuchen kann, wenn man an der ersten
nicht zum Ziele kommt. Es gelang mit dieser Methode leicht bei 21
von 23 Fällen einen mehr oder weniger vollständigen Pneumothorax
herzustellen; das Nichtgelingen in den 2 Fällen beruhte auf zu
starken pleuritischen Verwachsungen. Es wurden bei der ersten
Anlegung des Pneumothorax niemals mehr als einige hundert Kubik¬
zentimeter Stickstoff eingelassen, um den Organen Zeit zu geben,
sich an die veränderten Verhältnisse zu gewöhnen und vorhandene
Adhäsionen nicht zu sehr zu zerren. Die Einblasungen wurden dann
in geeigneten Zwischenräumen, wöchentlich etwa 2 — 3 mal, wieder¬
holt, bis die gewünschte Kollabierung bzw. Stillstellung der Lunge
erreicht war.
Als Indikation haben wir stets schwere Erkrankung genommen,
Fälle, die nur zu gewinnen, nicht zu verlieren hatten, also vor allem
dauerndes Fieber, das durch die gewöhnliche Behandlung, Bett¬
ruhe etc. nicht zum Verschwinden zu bringen war, einigemal auch
starke Blutungen. Wir halten es auch bis auf weiteres nicht iiir
richtig, die Indikationsstellung auf leichte Fälle auszudehnen; man
muss sie aber auch nicht auf hoffnungslose Fälle beschränken.
Möglichst auf eine Seite beschränkte Erkrankung ist natürlich
Voraussetzung für den Eingriff, kann und braucht aber nicht ganz
unbedingt genommen zu werden, da die andere Seite fast nie völlig]
fi ei ist. Bedenkliche Erscheinungen haben wir beim oder im An¬
schluss an den Eingriff niemals beobachtet. Die namentlich beim
ersten Anlegen nicht ganz zu vermeidenden Schmerzen waren nur
selten erheblich und Hessen stets bald nach. Die Oppression ist
meist auffallend gering. Von seiten des Herzens wurden Störungen
überhaupt nicht beobachtet. Einigemal trat ein unbehagliches Gefühl
im Magen auf, anscheinend infolge des Druckes auf dies Organ.
Hautemphyfem kam nur wenigemal vor.
Was nun die Erfolge anlangt, soweit darüber bis jetzt zu
urteilen ist. so können wir sie in etwa zwei Drittel der Fähe als
befriedigend und teilweise als gut bezeichnen. In dem übrigen Drittel
blieb die gewünschte Wirkung aus; doch haben wir Nachteil nicht
beobachtet. Von den günstig beeinflussten Fällen wurde mehr
fach das Verschwinden des langwierigen, auf andere Weise'
nicht zu beseitigenden Fiebers und entsprechende Erholung beob¬
achtet. In einem dieser Fälle bildete sich ein Seropneumothorax;
der Fall ist aber gleichwohl bis jetzt recht gut verlaufen und kann
zu unseren besten Erfolgen gerechnet werden. Alles in allem
genommen sind unsere bisherigen Erfahrungen mit dem künst¬
lichen Pneumothorax (seit etwa einem Jahre) ermutigend, hi An¬
betracht, dass es sich bei der Operation stets um schwere Fälle mit
vorgeschrittener Erkrankung handelt, darf man natürlich nicht zu
viel erwarten. Wir meinen aber, dass durch den Eingriff, wenn er
mit richtiger Indikation vorsichtig und sorgfältig ausgeführt wird,
manchem Schwerkranken wesentlich genützt und die Chancen der
Lebensverlängerung, vielleicht auch allmählicher Heilung erheblich
verbessert werden können.
Herr S t ii r t z - Köln, Herr W a r b u r g - Köln, Herr S i e g e r t -
Köln.
Herr Auerbach I - Köln glaubt, die Warnung, die Prot
S i e g e r t an das von ihm mitgeteilte Erlebnis knüpft, könne folge¬
richtig nur zu dem Entschluss führen, überhaupt jede mechanische
Intervention bei einem Kranken zu unterlassen.
Eine bedeutsame Indikation für den künstlichen Pneumothorax
dürften die schweren nicht stillbaren Hämoptoen besonders !ie
initialen Tuberkulosen abgeben, wo durch den Eingriff ein völlige:
Lungenkollaps erwartet werden kann und dadurch auch zugleich di<
gefährlichen Folgeerscheinungen für die gesunden Lungenteile durcl
Aspiration verhütet werden können. Eine sich stets wiederholend:
freilich nicht starke Lungenblutung bei einer beginnenden I über
kulose eines jungen Mannes hörte nach der N-Einblasung aui
F o r 1 a n i n i hat in mehreren schweren Fällen guten Erfolg gesehen
Auf leichte und bequeme Weise kann der Pneumothorax mittel:
des von Adolf Schmidt angegebenen Doms und der dünnen
stumpfen, vorne mit 2 kleinen Oeffnungen versehenen Hohlnadel an
gelegt werden.
Herr Lenzmann: Ich habe zur Anlegung des Pneumothora:
immer den — von Schmidt angegebenen — Dorn benutzt, de
wohl am besten schützt vor einer Verletzung der Lunge oder eine
Luftröhrenastes. Wenn man den Dorn bis zur Pleura costalis ein
sticht und dann das stumpfe Instrument vorschiebt, bis sich an
Manometer ein negativer Druck zeigt, dann ist man sicher im Pleura
raum. Ich habe bis jetzt immer Luft eingeblasen, die ich duro
sterile Watte und durch Lösung von übermangansaurem Kali leiten
d'er eine geringe Menge Schwefelsäure zugesetzt ist (etwa 2 Pro/.
Ich habe gefunden, dass diese Lufteinblasungen dieselben Resultat
ci geben.
Herr Rindfleisch- Dortmund : a) Tumor des linken Parieta'
lappens — N e i s s e r sehe Hirnpunktion.
Bei einem 24 jähr. Mädchen entwickelt sich neben allgemeine
Tumorsymptomen ziemlich rasch folgender Symptornenkomoltp
rechtsseitige Ataxie mit schwerer Störung der tiefen Sensibilität bi
fast völliger Integrität der Oberflächensensibilität: doppelseitig,
Abduzensparese. . g,J
Daraus wird folgende Herddiagnose abgeleitet: Tumor m de
mittleren Partien des vorderen Abschnitts des linken Parietallappei
etwas unterhalb der Rinde. Hirnpunktion nach N e i s s e r 3 cm hint<
dem Querzentrum: in einer Tiefe von 4(4 — 5 cm derber Widerstand
in dem aus diesem Bezirk ausgestanzten Gewebsstückchen sei
zahlreiche grobgekörnte Zellen. Bei der Operation (Prof. HenU
wird an der bezeichneten Stelle 2 — 3 cm unter der Rinde ei
mandarinengrosser Tumor gefunden, der sich leicht ausschälen las:
18. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
387
jnd sich histologisch als Gliasarkom charakterisiert (Prof.
5 c h r i d d e).
Tod nach 3 Monaten an einem Lokalrezidiv.
b) Status thymolymphaticus und Salvarsan.
1. 50 jähr. Frau, bei der sich unter wochenlangem hohem remit¬
ierendem Fieber ein grosser derber grobhöckriger Lebertumor ent-
vickelt hat, erhält, da die Wassermann sehe Reaktion unzwei-
leutig positiv ausfiel, 0,6 Neosalvarsan intravenös, % Stunde später
erfüllt die bis dahin völlig komponierte Kranke in schweren Kollaps;
ler Puls wird fadenförmig und hebt sich nicht mehr trotz reichl¬
icher Anwendung von Kampfer und Adrenalin. Exitus 7 Stunden
lach der Infusion.
Autopsie (Prof. Schridde): Sekundärer Leberkrebs, aus¬
gehend von der Gallenblase; bei genauester Durchforschung keine
Reichen von Lues (cf. Bittorf und Schidorski: Perl. klin.
\Vochenschr. 1912); Thymus persistens (45 g); Herz und Gefass¬
tstem o. B.
2. 11 jähr. kräftiger Knabe am 2. Tage eines schweren Scharlach
iufgenomtnen, da der Zustand am nächsten Tage aber noch schlimmer
war, venöse Infusion von 0,45 Neosalvarsan. lA Stunde später
Schüttelfrost ; schwerer Kollaps mit Abfall der Temperatur und kaum
ühlbarem sehr frequenten Puls; Exitus 16 Stunden nach der Infusion.
Autopsie (Prof. Schridde): Eitrige Tonsillitis; Milzschwel-
ung; sehr ausgesprochener Status thymolymphaticus mit Hyper-
rophie des linken Ventrikels.
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
S i t zu n g v o m 12. Februar 1913.
Tagesordnung:
Herr Eugen Joseph: Demonstration zystoskopischer Bilder
von Bilharzia der Blase. (Kurze Demonstration.)
Bei einem Aegypter befanden sich Bilharziaeier im Stuhl und
Drin. In der Blase fand sich ein reines Bilharziabild ohne Kompli¬
kation mit Tumor oder Konkrementen. Die Behandlung soll, so lange
veine Blutungen auftreten, konservativ sein.
Diskussion: Herr Ernst R. W. Frank weist auf die Erfah-
ungen englischer Aerzte hin, nach denen derartige Erkrankungen sich
in Europa von selbst oft sehr wesentlich bessern, wenn auch eine
vollkommene Heilung nicht zu beobachten ist.
Herr M. Rothmann: Gegenwart und Zukunft der Rücken¬
markchirurgie.
Es ist erst 25 Jahre her, dass Horsley und Gowers den
ersten Rückenmarkstumor diagnostizierten und operierten. Jetzt
werden 50 Proz. operierter Rückenmarkstumoren erfolgreich be¬
handelt, doch betrifft der Sitz dieser Tumoren meist nur die Riicken-
markshäute. Vortr. hat 1907 auf die Möglichkeit hingewiesen, auch
ntramedulläre Tumoren zu operieren. So sind dann auch im gleichen
Jahre von Krause und Eiseisberg Geschwülste resp. Tuber¬
kulose der Hinter- und Seitenstränge operiert worden.
Vortr. unterscheidet 1. intramedulläre Tumoren, von denen bisher
12 operiert worden sind.
2. Extramedulläre, in das Rückenmark von aussen einge-
ät ungene Tumoren.
3. Fremdkörper im Rückenmark (Pistolenschüsse).
4. Andere Rückenmarksaffektionen (Erweichungen, Zysten etc.).
Unter 21 intramedullären Eingriffen finden sich nur 4 Todesfälle,
\ on den Tumoren geben die Gliome die schlechtesten Resultate. Bei
den Fällen, in denen sich Kugeln im Rückenmark fanden, ist fast voll¬
ständige restitutio eingetreten, in dem einen Falle war schätzungs¬
weise des Rückenmarkquerschnittes lädiert.
Die zentralen Geschwülste, die meist beide Seiten befallen, sind
meist weniger zur Operation geeignet, als dis einseitigen, die
B r o w n - S e q u a r d sehe Symptome machen. Am wenigsten zur
Operation geeignet sind multiple Tumoren.
Nach den experimentellen Erfahrungen an Hunden und Affen tritt
nach Durchschneidung der Hinterstränge keine Unempfindlichkeit,
sondern nur eine leichte Ataxie der oberen Extremitäten ein. Ebenso
können ein oder zwei Segmente grauer Substanz ohne stärkere Aus¬
fallserscheinungen entfernt werden, ausgenommen das 4. Zervikal¬
segment, weil hier der Sitz des Atemzentrums ist. Auch am Affen
natte Vortr. gezeigt, dass die Ausschaltung der Seitenbahnen ebenfalls
ohne schwerere Störungen möglich ist. Wie traumatische Läsionen
oeim Menschen beweisen, kommt es allmählich selbst zur Restitution,
wenn Vorderstrang und Seitenstrang zerstört sind.
Als „physiologische“ Eingriffe bezeichnet Vortr. die gewollte
Ausschaltung von Nervenzentren zu therapeutischen Zwecken (Exstir¬
pation von Hirnzentren bei Epilepsie, die Förster sehe Operation,
d- i. die Durchschneidung hinterer Wurzeln zur Beseitigung der
>pasmen bei L i 1 1 1 e scher Krankheit). Aus unserer Kenntnis der ge¬
kreuzten Vorderseitenstränge zur Leitung der Schmerzempfindung
empfiehlt Vortr. bei einseitigen inoperablen Beckentumoren Durch¬
trennung der gekreuzten Vorderseitenstrangbahn zur Aufhebung der
5chmerzempfindung. In Amerika ist von S p i 1 1 e r und Martin
eine derartige Operation mit gutem Erfolg ausgeführt worden. Bei
schwerer Athetose eines Beines käme partielle Durchschneidung der
Pyramidenbahn im mittleren Brustmark in Frage, da dies ohne
dauernde ^ Ausfallserscheinungen möglich ist. Bei diesen „physio¬
logischen Operationen empfiehlt er den Chirurgen die Mitwirkung
erfahrener Neurologen.
Im Anschluss an diese Ausführungen demonstriert Vortr. eine
Reihe von Präparaten über experimentelle Ausschaltungen von
Seitensträngen, Vordersträngen, Pyramidenbahnen und kombinierte
Durchschneidungen an Hunden und Affen.
Diskussion: Herr Stadelmann moniert, dass in den
Rothmann sehen Versuchen nur Durchschneidungen, nicht Ex¬
zisionen vorgenommen worden sind.
Herr Borchardt dankt namens der Chirurgen für die aus
den Versuchen des Vortr. gewonnene Erkenntnis, dass das Rücken¬
mark weniger empfindlich ist, als man bisher angenommen hat. Mit
der Anerkennung intramedullärer Tumoren muss man sehr vorsichtig
sein, weil extramedulläre Tumoren oft vom Rückenmark so um¬
wachsen sind, dass man sie mit intramedullären verwechseln kann.
Herr Oppenheim hielt anfangs die Rückenmarkstumoren für
operativ nicht angreifbar; allerdings bleibt auch jetzt nur eine kleine
Gruppe dem operativen Eingriff zugänglich. In seinen zwei operierten
„intramedullären“ Fällen trat einmal Exitus infolge Pneumonie ein.
einmal trat die Restitutio der Funktion nicht in der schönen Weise
ein, wie wir sie bei extramedullären zu sehen pflegen. Gegen die
operative Durchschneidung der Pyramidenbahn bei Athetose erhebt
er schwerwiegende prinzipielle Bedenken.
Herr M a s s berichtet über einen Fall multipler Rückenmarks¬
tumoren mit starker Kompression, bei denen infolge der langsamen
Entwicklung der Kompression nur sehr geringe absteigende Degene¬
ration aufgetreten war.
Herr Rothmann (Schlusswort). Wolff-Eisner.
Berliner Gesellschaft für Chirurgie.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 10. Fe b r u a r 1913.
Herr Maass: 1. Kongenitale Vorderarinsynostose, beobachtet
an einem 11 monatlichen Kinde.
Herr Joachimsthal berichtet von 3 derartigen Fällen.
2. Seltene Geschwulst im Kindesalter.
Das an der linken Halsseite sitzende, operativ entfernte Fibro-
myxom war deswegen bemerkenswert, weil es klinisch durchaus
rr.align imponierte, histologisch sich als gutartig erwies.
Herr Max Cohn: Die Appendix im Röntgenbilde.
Die Darstellung der Appendix auf dem Röntgenbilde ist bisher
selten gelungen und war meist ein Zufallsprodukt. C. hat in einer
grossen Reihe von Beobachtungen systematisch eine röntgenologische
Darstellung des Wurmfortsatzes angestellt. Er benützt für die Auf¬
nahmen des Fortsatzes eine möglichst kleine Blende, nachdem vorher
durch grössere Blende die Einmündungsstelle des lleums festgesteilt
ist; die Momentaufnahmen von Yi — 1 Sekunde Dauer werden ohne
Kompression vorgenommen. Die Beobachtungen beginnen 4 Stunden
nach der Mahlzeit des Kontrastmittels. Aus den zahlreichen Bildern
geht hervor, dass die Appendix sich mit dem Zoekum bewegt und
um dasselbe herum. Die Zeit der Füllung mit dem Kontrastmittel ist
eine sehr verschiedene, ist anscheinend zeitlich unabhängig von der
Füllung des Zoekums und beginnt oft erst nach 7 — 8 Stunden. Ebenso
braucht die Entleerung des Wurmfortsatzes recht verschiedene Zeit,
in einem Falle zeigte er sich noch nach 120 Stunden gefüllt. Für
die Frage, welche Kräfte bei der Appendixbewegung eine Rolle
spielen, ist die Kenntnis wichtig, das das Zoekum sich peristaltisch
und antiperistaltisch bewegt. Man muss annehmen, dass die Appendix
durch Eigenbewegung sich entleert; der Ablauf ihrer Antiperistaltik ist
bedeutsam, da ihre Störung zu krankhaften Zuständen Anlass gibt.
Wie aus dem reichen Bildermaterial hervorgeht, zeigt ein und
derselbe Wurm unter Umständen ganz verschiedene Konfiguration.
Konstante Verkrümmung lässt adhäsive Prozesse vermuten.
Durch Momentaufnahmen desselben Wurmfortsatzes erhält man also
Phasen seines Bewegungsablaufes; aus einem einzigen Bilde einen
Schluss über krankhafte Lage oder Gestalt zu ziehen, wäre ein Kunst¬
fehler; ebenso ist die Annahme einer Obliteration verkehrt, wenn der
Wurmfortsatz bei einer Aufnahme nicht zur Darstellung kommt.
Herr F r ä n k e 1 mahnt bei der diagnostischen Verwertung der
Appendixaufnahmen zur Vorsicht: bei schneller Füllung und prompter
Entleerung kann ein gesunder Wurmfortsatz angenommen werden.
Herr U n g e r : Totale Magenresektion.
Eine wirklich totale Resektion des Magens ist einwandfrei nur
einmal beschrieben worden. Bei der operierten Kranken war der
ganze Magen in einen grossen wurstförmigen Tumor verwandelt. Die
Vereinigung durch Naht zwischen Oesophagus und Duodenum liess
sich in seinem Falle ohne Spannung ausführen. Die Durchtrennung
beider Vagi hatte keine bleibende Störung verursacht.
Die Patientin hat die Operation vor 7 Monaten durchgemacht,
die Nahrungsaufnahme erfolgt ohne Störung. Als Beweis für die
totale Entfernung des Magens führt U. an, das keine Spur von Lab
oder Pepsin im Urin nachzuweisen ist, die sich bei Erhaltung eines
Teiles sezernierender Magenschleimhaut vorgefunden hätten.
Herr Zeller hat in einem von ihm operierten Falle nicht total
reseziert sondern an der Kardia ein Stück des Magens erhalten, um
die Spannung bei der Naht zu vermeiden.
388
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
Herr Joseph: Zur Technik der Gastroenterostomie.
Das stark quetschende Instrument besteht im wesentlichen aus
2 Branchen und ist mit einer gedeckten Messervorrichtung versehen.
Nach Anlegung der hinteren Serosanaht werden die Branchen in je
eine kleine Oeffnung im Magen und im Darm eingeschoben und über
dem Instrument wird dann eine zweite vordere Serosanaht an¬
gelegt.
Beim Herausziehen des Instrumentes tritt die Messervorrichtung
in Wirksamkeit, so dass die Anlegung der Gastroenterostomie ge-
wissermassen subserös und aseptisch vor sich geht. G r o t h.
Verein deutscher Aerzte in Prag.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 29. November 1912.
Herr S c h 1 o f f e r : Zur Nierenchirurgie.
Schl, spricht über seine Erfahrungen im letzten Jahre, an Fällen,
die zum Teile seiner Klinik, zum Teile seiner privaten Praxis ent¬
stammten. Alle 6 Fälle wurden durch die Operation geheilt, es
handelte sich durchwegs um Tumoren, doch sind bereits 4 an Meta¬
stasen erkrankt oder gestorben. Es lagen in nahezu allen Fällen
mächtige, von den Kranken selbst getastete Tumoren vor. Schl, be¬
spricht die Wichtigkeit einer frühen Diagnose von Nierentumoren,
insbesondere einer diagnostischen Verwertung jeder aus den oberen
Harnwegen stammenden Blutung und erörtert die differential¬
diagnostischen Anhaltspunkte gegenüber Steinniere, Tuberkulose und
Nephritis. Bei der Operation von Tumoren scheue man vor aus¬
gedehntesten Zugangsoperationen nicht zurück, dafür vermeide man
aber auf das peinlichste jedes Drücken und derbe Anfassen der
Geschwulst.
Herr R u b r i t i u s berichtet über 2 Fälle von Projektilextraktion
aus dem retrobulbären Raume.
1. Projektil röntgenologisch an der Spitze der rechten Orbita
und nahe der medialen Orbitalwand, Aufklappung der Nase nach
Bruns. Vordringen wie zur Hypophvse nach S c h 1 o f f e r, das
Projektil teilweise im Keilbeine, Extraktion. Sehvermögen des
rechten Auges durch den Eingriff nicht gebessert, hingegen ging
die vor der Operation beobachtete Gesichtsfeldeinschränkung am
linken Auge zurück. 2. Projektil in der medialen Hälfte der Orbita
und knapp unter dem Orbitaldach. Temporale Trepanation, Durch -
meisselung des Orbitaldaches, von der Schädelbasis aus, Extraktion.
Starke Stauung im Augenhintergrunde, die nach der Operation
zurückgeht, vollständig normales Sehen. R u b r i t i u s vertritt den
Standpunkt, dass für die Freilegung des retrobulbären Raumes nicht
nach einem bestimmten Schema vorgegangen werden kann, sondern
dass der Operationsplan sich nur nach der Lage des Projektils
richten muss.
Herr E 1 s c h n i g spricht über angeborene Retraktionsbewegungen
bei Adduktion des Bulbus infolge Aplasie des Rectus externus und
bindegewebiger Schwiele an dessen Stelle.
E. hat unter 7 Fällen angeborener Abduzenslähmung 3 Fälle
dieser Art gesehen. Einer der demonstrierten Fälle zeigt die Er-
kiankung an beiden Augen in geringerem Grade, der andere ist so
hochgradig, dass bei Adduktion des betreffenden Auges zufolge
maximalem Exophthalmus mechanisch die Lidspalte sich vollständig
schliesst und dabei dann, je nachdem das linke Auge ein wenig nach
unten oder nach oben links blickt, das retrahierte Auge gleichzeitig
maximal nach unten bzw. nach oben schnellt. 0. Wiener.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde.
Sitzung vom 30. Januar 1913.
R. Bauer stellt eine Frau mit postluetischer Nierenerkrankung
vor. Die Tibiae sind beiderseits infolge Periostitis luetica verdickt,
auch die Unterarme zeigen diese Veränderung, welche seit 26 Jahren
besteht. Pat. weiss von einer luetischen Infektion nichts anzugeben.
Sie zeigt ferner eine geringe Hypertrophie des rechten Herzens und
minimale Oedeme, sonst hat sie keinerlei Beschwerden. Dieses Bild
der postluetischen Nierenerkrankung hat Vortr. bereits in mehreren
Fällen gesehen, in einem Falle verlief sie akut mit 18 — 20 Prom.
Eiweiss im Harne.
In allen Fällen fand sich eine deutliche Seroreaktion, so dass
man annehmen muss, dass die luetische Infektion weiter besteht,
wofür auch der Umstand spricht, dass sehr häufig Spätgumirrn auf-
treten. Es ist wahrscheinlich, dass nicht eine einmalige Infektion
den Anstoss zur Nephritis gibt, sondern dass es sich um eine
dauernde toxische Wirkung auf die Niere handelt. Die Seroreaktion
ist auch im Harn zu finden, in der letzten Zeit sind auch Spirochäten
im Harne nachgewiesen worden. Vielleicht liegt in einem Teile der
Fälle wirklich eine spezifisch-luetische Erkrankung der Niere vor.
Vortr. hat die Fälle von postluetischer Nierenerkrankung antiluetisch
behandelt, einige mit Schmierkuren, einige auch mit Salvarsaninjek-
tionen. Die vorgestellte Patientin fühlt sich nach einer intravenösen
Salvarsaninjektion bezüglich ihres Allgemeinbefindens immer besser,
auf den Harnbefund ist letztere ohne Einfluss, es war aber auch
keine Schädigung von ihr zu sehen. Pat. hatte früher häufig Ulzera
an den Unterschenkeln, diese heilten nach der^ Salvarsaninjektion
binnen wenigen Tagen zu. In einem anderen Falle verschwanden
nach der Salvarsaninjektion die Oedeme, ln dem akut verlaufenen
Falle verloren sich diese jedoch schon auf Diuretin und Schwitzkuren
und der Eiweissgehalt ging zurück, die Zeichen von Nephritis waren
schon verschwunden, als die Salvarsaninjektion gemacht wurde.
Die postluetische Nierenerkrankung zeigt ziemlich gleichartige
Züge: Eiweissausscheidung, das Fehlen stärkerer Veränderungen am
Zirkulationsapparat, das Zurücktreten urämischer Erscheinungen, nor¬
males Verhalten der Gesamtbilanz des Stickstoffes, etwas verzögerte
Ausscheidung des Harnstoffes, deutliche Verlängerung der Milch¬
zuckerausscheidung, was auf eine Störung der Nierengefässe hin¬
deutet, gute Wasserausscheidung, keine Oligurie. Die vorgestellte
Patientin zeigt auch eine Verzögerung der Ausscheidung der Chloride
und des Jods, was dafür spricht, dass zur Veränderung der Nieren¬
gefässe sekundär eine Schädigung des Nierenparenchyms hinzuge¬
treten ist. Die postluetischen Erkrankungen der Niere stehen gewiss
mit der Lues in Zusammenhang, indem eine besonders hartnäckige
Infektion toxisch auf die Niere einwirkt. Sie können jahrelang un¬
bemerkt verlaufen, die Gefässe zeigen eine amyloide Veränderung.
In dem spärlichen Sediment findet man opake und granulierte Zy¬
linder. Die Krankheit hat einen sehr schleppenden Verlauf.
An der Diskussion beteiligten sich die Herren Fleck-
seder, H. Pollitzer und der Vortragende selbst.
Fr. Tedesko stellt einen 52 jährigen Mann vor, bei welchem
er eine gonorrhoische Gelenkserkrankung mit Artigon behandelt hat.
Pat. bekam nach einer Gonorrhöe eine Entzündung des linken Ell¬
bogengelenkes, welches in spitzwinkliger Stellung fixiert wurde.
Er wurde nur mit intraglutäalen Injektionen von Artigon behandelt,
die erste Dosis betrug 0,2, die weiteren drei Dosen, welche inner¬
halb 8 Tagen angewendet wurden, waren etwas höher. Nach der
ersten Injektion sank das Fieber und binnen kurzer Zeit war das
Gelenk geheilt. Vortr. hat noch andere 7 Fälle auf diese Weise be¬
handelt, darunter befand sich auch eine doppelseitige Hiiftgelenks-
affektion. Die Urethralgonorrhöe wird durch das Artigon nicht be¬
einflusst, nach Literaturangaben soll Epididymitis auf Artigon ge¬
bessert werden. Hervorzuheben ist die kurze Behandlungsdauer,
welche bei der bisherigen Therapie sehr lang war.
Rieh. Steiner stellt aus der- Abteilung Schlesinger einen
9 jähr. Knaben mit Hirschsprung scher Affektion vor.
R. Chiari demonstriert eine Frau mit einer kombinierten
zentralen und peripheren Lähmung des linken Beines.
0. Weltmann demonstriert eine Methode zürn Nachweis von
Cholesterin. Diese ist eine Modifikation der Methode von Neu¬
mann und Herrmann. Sie besteht darin, dass die zu prüfende
Flüssigkeit mit Schwefelsäure und Chloroform geschüttelt wird,
worauf das Chloroform bei Anwesenheit von Cholesterin nach
y2 Stunde eine rötliche, nach 24 Stunden eine hochrote Färbung
zeigt. Die Probe fällt nicht immer prompt aus, da sie nach den
Untersuchungen des Vortr. gegen Wärme, Licht und Luft empfindlich
ist. Er lässt daher das Gemisch 24 Stunden im Dunkeln auf Eis
stehen. Den Farbenton des Chloroforms vergleicht dann Vortr. mit
der Färbung des Rubinglaskeils des F 1 e i s c h 1 sehen Hämometers
und ist damit beschäftigt, eine prozentuelle chromometrische Skala
auszuarbeiten.
S t a u n i g demonstriert ein anatomisches Präparat von Aorten¬
ruptur.
E. F e 1 b e r zeigt ein anatomisches Präparat von einer sar-
komatös entarteten dermoidalen Zyste des Thymus.
Es wurde ein Mediastinaltumor angenommen. Pat. starb unter
stetig zunehmender Dyspnoe. Die Obduktion ergab, dass die rechte
Brusthöhle von einem Tumor ausgefiillt war, welcher auch das
Zwerchfell durchwucherte, mit dem Perikard und dem Thymus ver¬
wachsen war und in dessen Innerem sich eine Höhle mit cholesterin-
haltiger Flüssigkeit befand. Die Lunge war hochgradig komprimiert.
Die histologische Untersuchung des Tumors ergab sarkomatöses
Gewebe mit Epithelstreifen, eosinophilen und Mastzellen. Der Tumor
ging vom Thymus aus.
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Neuer Standesverein Münchener Aerzte.
Sitzung vom 30. Januar 1913.
Zu Beginn der Sitzung wies der Vorsitzende B e r g e a t darauf
hin, dass nach dem Beschluss des oberbayerischen Landrates zu
erwarten steht, dass die bakteriologischen Untersuchungen durch die
Kgl. Untersuchungsanstalt künftig unentgeltlich ausgeführt werden.
Sodann berichtete er über eine vor einiger Zeit stattgehabte Be¬
sprechung in Sachen der neuen Reichsversicherungsordnung, zu
welcher mehrere Vertreter der Aerzteschaft in das Ministerium
des Innern eingeladen worden waren, und welche die Aussicht
auf eine friedliche Entwicklung dieser Verhältnisse in Bayern
verspreche.
In dem Einlaufe befand sich auch eine Aufforderung des Bezirks¬
vereins München an den Neuen Standesverein, zu der sich auch ui
München einschleichenden Unsitte der „Dichotomie“ (Teilung des
8. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
389
lonorars bei Operationen zwischen dem Chirurgen und dem zu-
veisenden Arzt) Stellung zu nehmen.
Diesem Wunsche wird durch Erstattung eines Referates Rech-
ung getragen werden.
lieber eine von Herrn Lukas überbrachte Einladung des
ereins für freie Arztwahl zur Beteiligung des Neuen Standesvereins
n der von jenem ins Leben gerufenen „E t i k e 1 1 e k o m m i s s i o n“
ind eine lebhafte Debatte statt, jedoch war die Mehrzahl der An¬
wesenden, da über die Aufgaben und Kompetenzen dieser Kommission
Jnklarheit besteht, nicht für eine sofortige Beschlussfassung.
Allseitige Zustimmung fand die Anregung des Herrn Becker,
lass bei öffentlichen Gelegenheiten auch der Aerztestand durch die
lerztekammern eine entsprechende Vertretung finden solle; er
iezog sich dabei auf die Feierlichkeiten bei der Beisetzung des ver-
torbenen Regenten, und es wurde in der Diskussion auch auf die
estlichkeiten beim 90. Geburtsfest des Regenten hingewiesen, wo
leichfalls die Vertretungen anderer Stände (Anwaltskammer, Han-
lelskammer usw.) zugezogen waren, die Aerztekammern jedoch nicht
iervorgetreten sind.
Hierauf referierte Herr C r ä m e r über die Frage der Hono-
are bei Sektionen. Die Fachpathologen, führte er aus, haben
iir ihre Privatsektionen, wie man hört, einen Satz von 50 bis
00 M. festgesetzt. Reiche Leute könnten wohl solch hohe Sätze be¬
fahlen, für den Mittelstand, welcher ja den weitaus grössten
Teil unserer Klientel ausmache, seien dieselben aber zu hoch. Die
Jolge davon sei, dass es beinahe unmöglich sei, die Bewilligung zur
v'ornahme einer Sektion von den Angehörigen zu erreichen, wenn
licht der Arzt die Kosten derselben ganz oder teilweise übernehmen
volle. Dieser habe aber das Hauptinteresse daran, im einzelnen
-alle eine Sektion vornehmen zu lassen, und leide sehr unter den.
mtgegenstehenden Schwierigkeiten. Es müssten daher Mittel und
vVege gefunden werden, diese zu beseitigen. Nicht angängig sei es,
.len Fachpathologen eine Herabsetzung ihrer Sätze zuzumuten, da¬
gegen könnten recht wohl junge, in der pathologischen Anatomie be¬
wanderte Aerzte, welche sich bereit erklärten, für ein angemessenes
ionorar Sektionen auszuführen, die häufigere Vornahme von Privat-
vektionen ermöglichen und sich dabei eine Nebeneinnahme ver¬
schaffen.
In der sich anschliessenden Diskussion, an welcher sich die
Herr Hoferer, Lukas, Grassmann, Becker, Neger,
3ergeat und Crämer beteiligten, wurde besonders darauf hin¬
gewiesen, dass der frühere Vorstand des pathologischen Institutes
iarauf bedacht war, möglichst viele Privatsektionen zu erlangen, und
solche durch die Assistenten des Institutes ausführen liess, dass
mderseits jetzt in den Friedhöfen beinahe ausschliesslich poliklinische
und gerichtliche Sektionen gemacht würden; ferner wurde zur
Sprache gebracht, dass auch der Satz von 15 Mark für eine
mikroskopische Untersuchung im pathologischen Institut
entschieden zu hoch sei. Die Versammlung beauftragte sodann den
Vorsitzenden, mit dem Vorstande des pathologischen
Institutes die Angelegenheit zu besprechen und
event. eine Erhebung zu veranstalten, welche Kollegen ihre Bereit¬
willigkeit zur Vornahme von Sektionen erklären.
Eine kurze Besprechung fand sodann noch die z. Z. mehrfach
erörterte Ueberlassung von Räumen eines staatlichen medizinischen
Institutes an einen Arzt zur Abhaltung seiner Sprechstunden. Von
einer Beschlussfassung wurde Abstand genommen.
Nachdem Herr Sieb er t seinen in der Sitzung vom 4. VII. 12
(siehe Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 29) gehaltenen Vortrag
über „Die öffentliche Ankündigung der Verhütungs¬
mittel“ nochmals kurz skizziert hatte, trat man nun in die Dis¬
kussion desselben ein. Es beteiligten sich an derselben lebhaft
die Herren v. Notthafft, Becker, Höflmayr und Grass-
mann. Von allen wurde anerkannt, dass die Verringerung der Ge¬
burtenzahl in Deutschland lebhafte Beachtung verdiene, doch wurde
der Nutzen des vollständigen Verbotes der öffentlichen Ankündigung
und der Erschwerung der Beschaffung von Verhütungsmitteln mehr
oder weniger stark in Zweifel gezogen; auch wurde u. a. die Be¬
fürchtung ausgesprochen, dass die Zahl der Abtreibungen dann
zunehmen würde. Der Grund der Beschränkung der Kinderzahl, wie
ferner bemerkt wurde, kann durchaus nicht vorwiegend als ein un¬
moralischer bezeichnet werden; jedenfalls werde oft genug die Ver¬
hütung der Schwangerschaft durch vernünftige Ueber-
I e g ungen veranlasst: schwierige Lebensverhältnisse, Kränklich¬
keit, verhältnismässig hohes Alter der Eltern kämen hier in Betracht;
auch sei es besser kein Kind zu zeugen, als ein aussereheliches,
oder, wie es sicher häufig geschehe, die Unterbrechung der
Schwangerschaft nachher herbeizuführen, letzteres sei ganz besonders
zu bekämpfen. Auch auf die zunehmende Unmöglichkeit, dass Männer
in jungen Jahren sich einen Hausstand gründen, wurde als Ur¬
sache des Sinkens der Geburtenzahl hingewiesen.
In dem nun folgenden Berichte des Kassiers konnte
dieser über einen günstigen Stand der Finanzen Mitteilung machen.
Nach Revision der Rechnung wurde ihm Entlastung erteilt und der
Jahresbeitrag in der bisherigen Höhe festgesetzt. Die Wahl der
Vorstandschaft und des Ehrengerichtes ergab so¬
dann die Wiederwahl der bisherigen Mitglieder. Mit der Aufnahme
eines neuen Mitgliedes schloss die Sitzung um \2'A Uhr.
Dr. K. G o e r t z.
Verschiedenes.
Aus den Parlamenten.
Preussisches Abgeordnetenhaus.
Bei der zweiten Lesung des Medizinaletats wurde über
eine grosse Anzahl von einschlägigen Fragen gesprochen, bei vielen
allerdings nur wiederholt, was schon oft gesagt wurde. So wurde
allgemein die trostlose Lage der Krankenpflegerinnen be¬
dauert, es wurde an mehrfachen Beispielen gezeigt, dass ihre Kräfte
über Gebühr in Anspruch genommen werden, und dass sie anderseits
eine allzu geringe Erholungszeit haben. Eine gesetzliche Regelung
der Dienstverhältnisse erklärte der Minister jedoch für schwierig; er
meinte, nicht ohne Widerspruch zu finden, dass man nur auf die
Innehaltung gewisser Grundlinien würde hinwirken können. In der
Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit sind zwar Erfolge
nicht zu verkennen, die (vielleicht etwas einseitig) der Tätigkeit des
Kaiserin-Auguste-Victoria-Hauses zugeschrieben wurden. Die Sterb¬
lichkeit ist in den letzten Jahren von 20 Proz. auf 16 Proz. herunter¬
gegangen, aber alle Redner waren sich darin einig, dass nach dieser
Richtung noch mehr geschehen müsse. Der sozialdemokratische Red¬
ner verlangte, dass die Krankenkassen von ihren fast 400 Millionen
Mark betragenden Einnahmen mehr als jetzt (nur 6,7 Millionen) für
Mutter- und Säuglingsschutz sowie für Schwangere und Wöch¬
nerinnen ausgeben; und Herr Mugdan forderte die Regierung auf,
bei ihren zahlreichen Betriebskrankenkassen mit gutem Beispiel
voranzugehen, indem sie bei diesen die fakultativen Bestimmungen
der Reichsversicherungsordnung, die dem Mutterschutz dienen, zu
obligatorischen mache. Mehrfach wurde betont, dass ein Mittel zur
Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit die Besserung des Heb¬
amme n w e s e n s ist, das trotz aller Reformversuche noch viel zu
wünschen übrig lässt. Ein Fortschritt ist es, dass an den Hebammen¬
lehranstalten die Lehrkurse von 6 auf 9 Monate ausgedehnt sind,
sonderbarerweise macht hiervon gerade die staatliche Anstalt an der
Charitee wegen räumlicher Schwierigkeiten eine Ausnahme. Einen
breiten Raum in den Verhandlungen nahm die Frage des Ge¬
burtenrückganges ein. Die Erscheinung selbst besteht un¬
zweifelhaft, aber sie ist nicht gerade beunruhigend. Wie aus den
Mitteilungen des Herrn Ministerialdirektors Kirchner zu ent¬
nehmen ist, betrug der Geburtenüberschuss im Jahre 1876 noch 15,3
auf 1000 Lebende, er ist im Jahre 1911 auf 12,2 heruntergegangen;
das ist aber noch immer eine stattliche Zahl. Allerdings spricht sich
in ihr auch der Rückgang der Sterblichkeit aus, während die Ab¬
nahme der Geburtsziffer von Jahr zu Jahr steigt, und nicht nur in
Preussen, sondern mehr noch im übrigen Deutschland und auch in den
anderen Ländern; ganz besonders stark ist sie in Berlin. Ueber die
Ursachen dieser Erscheinungen wurden, wie auch sonst in der öffent¬
lichen Erörterung dieser Frage, die verschiedensten Ansichten ge-
äussert. Allgemeine Unterernährung, Hang zum Luxus, Schwierigkeit
der Lebensführung und Kostspieligkeit der angemessenen Kinder¬
erziehung, Krankheiten, das unfreiwillige Zölibat der Beamtinnen u. a.,
vor allem die Abnahme des Willens zum Kinde, die Konzeptions¬
verhinderung und die kriminellen Aborte. Die Bewertung des
einen oder anderen Momentes war bei den verschiedenen Red¬
nern nicht frei von ihrer politischen Stellung und selbstverständlich
konnte diese Frage durch parlamentarische Reden, von denen be¬
sonders die des Ministerialdirektors Kirchner und unserer Kollegen
A r n i n g und Mugdan wegen ihrer Sachlichkeit hervorzuheben
sind, nicht gelöst werden. Alle Redner waren sich auch darin einig,
dass man mit neuen gesetzgeberischen Massnahmen oder mit einer
Verschärfung der bestehenden nicht viel ausrichten werde, und dass
man sich noch am meisten Erfolg von der Belehrung der Bevölkerung
versprechen könne. Besonderes Augenmerk wird, wie Herr Kirch¬
ner erwähnte, auf das verderbliche Treiben der Kolporteure zu
richten sein, die den Männern und Frauen auf dem Wege von und zu
den Arbeitsstätten Anpreisungen von Abtreibungsmitteln in die Hand
stecken; und es soll erwogen werden, ob Leute, die in öffentlichen
Volksversammlungen den jungen Frauen gefährliche Lehren zuteil
werden lassen, nicht schärfer beaufsichtigt, und Geschäfte, in denen
konzeptionsverhütende und Abtreibungsmittel vertrieben werden,
nicht strenger überwacht werden können. Welchen Umfang dieses
Treiben angenommen hat, zeigt u. a. eine Bemerkung Kirchners,
dass ihm hervorragende Gynäkologen erzählt haben, sie hätten früher
niemals so viele junge Frauen in Behandlung bekommen, welche einen
Abort durchgemacht haben, und noch niemals so viele kräftige junge
Frauen an den Folgen künstlicher Aborte verloren wie gegenwärtig.
Im Laufe der Debatte wurde auch die aus ärztlichen Gründen indi¬
zierte Schwangerschaftsverhütung und die Tätigkeit der Aerzte auf
diesem Gebiete erwähnt. Gegenüber Vorwürfen, die in einer Bro¬
schüre gegen sie erhoben wurden, nahm der Abgeordnete Wagner-
Breslau sie in Schutz, indem er hervorhob, dass es für die Aerzte
als Regel gilt, nur auf Grund strengster wissenschaftlicher Erwägung
und nur nach Beratung mit einem sachverständigen Kollegen sich zur
Einleitung eines künstlichen Abortes zu entschlossen.
Wie alljährlich beim Medizinaletat kam auch die Impffrage
zur Sprache, aber in viel milderer Form als wir das aus früheren
Jahren gewöhnt sind. Es scheint, wie auch der Abgeordnete Dr.
Wagner hervorhob, die Erkrankung des Impfgegners Dr. Spohr
in Frankfurt a. M. abkiihlend auf die Impfgegner gewirkt zu haben.
Herr Dr. Fassbender führte darüber Klage, dass an zwei Orten
die Impfbefreiungsatteste der Hausärzte nicht beachtet worden seien,
390
MlJENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCflRlET. _ No. 1.
und das habe zu einer grossen Menge von Zeitungsartikeln, zu er¬
regten Volksversammlungen und zu Petitionen Anlass gegeben. Der
Fall ist für manche ähnliche charakteristisch. Der Minister konnte
sofort mitteilen, dass Impfbefreiungsatteste an den kleinen Orten in
ungewöhnlich grosser Zahl, nämlich 53, ausgestellt waren und
grösstenteils von notorisch impfgegnerischen Aerzten. Nachdem die
Eltern über die Zweckmässigkeit der Impfung aufgeklärt waren, haben
alle bis auf 4 die Kinder impfen lassen. Im Verlaufe der Debatten
wurde die Bekämpfung der Tuberkulose, des Alkoholismus, der Ge¬
schlechtskrankheiten, die Erforschung und Bekämpfung der Krebs¬
krankheit und der Geisteskrankheiten berührt, ohne dass auf diese
Dinge näher eingegangen oder neue Gesichtspunkte erwähnt wurden.
Beachtung verdient die Warnung des Herrn Dr. A r n i n g vor dem
Studium der Medizin; die Zahl der Medizinstudierenden hat
sich in beängstigender Weise vermehrt, sie ist in den letzten
5 Jahren um 60 Proz. gestiegen und hat für das Reich die Höhe
von 14 000 erreicht. Diese Ueberfiille wird im Laufe der nächsten
Jahre sehr deutlich in der Zahl der Prüfungskandidaten zum Ausdruck
kommen. Bezüglich des praktischen Jahres wurde wiederum
darüber Klage geführt, dass es nicht genügend ausgenutzt, und dass
die jungen Mediziner teils unzureichend, teils zu einseitig beschäftigt
werden, so dass sie nicht die erwartete Vorbereitung für die spätere
selbständige Praxis erhalten. Es wurde die Ueberweisung an kleinere
Krankenhäuser und an erfahrene Praktiker vorgeschlagen, vom Re¬
gierungsvertreter jedoch als unzweckmässig bezeichnet. Dagegen
schweben Verhandlungen mit dem Reichsamt des Innern über die
fruchtbarere Gestaltung des praktischen Jahres und über die Aus¬
bildung der Medizinalpraktikanten in der sozialen Medizin. Herr
Dr. Arning brachte auch noch den Erlass des Ministers betr. die
Rechtsfähigkeit der Vereine zur Sprache und bedauerte,
dass die eigentlichen Gründe nicht zugleich mit dem Erlass bekannt
gegeben wurden; dann hätte die Erregung, die er hervorgerufen hat,
vermieden werden können. Diese Gründe sind, wie der Minister aus¬
führte, von juristischer Natur. Es lagen gleichzeitig Anträge auf
Eintragung in das Vereinsregister und auf Verleihung der Rechts¬
fähigkeit vor. Ehe weitere Eintragungen erfolgten, sollte auf richter¬
lichem Wege entschieden werden, auf welchem Wege die Rechts¬
fähigkeit der Vereine erworben werden kann und auf welchem nicht.
Die Klärung dieser Frage sei dem Minister im Interesse aller Be¬
teiligten als zwingende Notwendigkeit erschienen.
Sehr eingehend wurde das aktuelle Thema des Verhält¬
nisses der Aerzte zu den Krankenkassen behandelt.
Der Redner der konservativen Partei und der Redner der sozial¬
demokratischen Partei, also die beiden sonst so feindlichen Brüder,
fanden sich hier wieder in wunderbarer Eintracht zusammen. Zwar
unterliessen sie nicht, ihre Achtung und ihr Wohlwollen für den
Aerztestand zu versichern, brachten aber doch alle längst wider¬
legten Vorwürfe gegen die Kassenärzte im allgemeinen und den
Leipziger Verband im besonderen wieder vor. Herr v. d. Osten
erwähnte wieder die angebliche Aeusserung Lennhoffs, allerdings
mit dem Zusatz, dass sie bestritten werde, und malte das Gespenst
des vom Leipziger Verband angeblich angedrohten Generalstreiks
an die Wand. Unter Zitierung einzelner Sätze aus dem „Aerztlichen
Vereinsblatt“ versuchte er die Kampfesweise des L.V. als eine allzu
scharfe hinzustellen und wurde darin von Herrn Strobel kräftig
unterstützt. Nur für das von diesem empfohlene Rezept der Ver¬
staatlichung der Aerzte konnte Herr v. der Osten sich nicht er¬
wärmen. Aber er regte sich gewaltig darüber auf, dass, wie er meinte,
Aerzte durch Ehrenwort gegen ihre eigenen Interessen oder gar
gegen die Interessen der Bevölkerung zu handeln gezwungen werden,
das sei ein „Vergessen der sozialen Pflichten, die unsern Aerzten ob¬
liegen". Als ein Beispiel, wie sehr der Bogen überspannt werde,
führte er die Sperrung der Arztstelle in Eberswalde an, wo gar „die
Interessen der Wohltätigkeitsanstalten und weiter Kreise der Be¬
völkerung geschädigt würden“. Auch der freikonservative Abge¬
ordnete Herr V o r s t e r beteiligte sich an der Stimmungsmacherei
gegen die Aerzte und brachte wieder die Verhältnisse in Köln zur
Sprache und die Weigerung der dortigen Aerzte, mit den von den
Kassen herbeigezogeuen Aerzten zusammen die Vorträge der Aka¬
demie zu besuchen. Da Herr M u g d a n über alle vorgebrachten
Fragen sehr gut orientiert ist, wurde es ihm nicht schwer, den Vor¬
würfen zu begegnen. Herrn V o r s t e r erwiderte er, dass die Cölner
Aerzte sehr gegen ihren Willen auf Bestreben des Verbandes, dem
Herr V o r s t e r angehört, aus ihren Stellen verdrängt und durch
eine Anzahl zum Teil sehr minderwertiger Kollegen ersetzt wurden,
mit denen zusammenzusitzen man ihnen nicht zumuten könne. Auf
die Eberswalder Angelegenheit wollte er nicht näher eingehen, weil
Angehörige von Parteigenossen des Herrn v. d e r O s t e n mit diesem
Fall eng verknüpft sind und die Angelegenheit zurzeit noch die Ge¬
richte beschäftigt; er stellte aber fest, dass eine der Personen, die
den früheren Arzt des dortigen Krankenhauses so heftig angegriffen
hatte, wegen Beleidigung dieses Arztes zu 300 M. Geldstrafe ver¬
urteilt ist, und dass der Arzt aus allen bisherigen Verhandlungen
vollständig makellos hervorgegangen ist. Mit feiner Ironie unterstellte
Herr M u g d a n, dass diese Tatsachen Herrn v. der Osten nicht
bekannt seien, da er doch sonst die Angelegenheit nicht zur Sprache
gebracht hätte. Was den vielzitierten Generalstreik betrifft, so
konstatierte Herr Mugdan, dass dieses Wort nicht etwa von den
Aerzten, sondern von ihren Gegnern geprägt ist, und dass die Aerzte
niemals daran gedacht haben. Kranken ihre Hilfe zu versagen. Sie
wollten jeden behandeln, der ihrer Hilfe bedarf; aber wenn alle Be¬
dingungen, die sie im Interesse ihres Standes und der Volkshygiene
zu stellen für richtig finden, von den Kassen verworfen werden, so
wollten sie nicht als Kassenärzte tätig sein, und das ist natürlich ihr
gutes Recht. Schliesslich erntete der Redner allgemeine Heiterkeit,
als er dartat, dass der Leipziger Verband genau dasselbe tut wie
eine Organisation, der auch Herr v. der Osten angehört, nämlich
der Bund der Landwärts, und dass dieser Bund überhaupt das Vor¬
bild und der Lehrmeister des Leipziger Verbandes ist. Von allen
Seiten des Hauses wurde der Wunsch ausgesprochen, dass die schwe¬
benden Differenzen friedlich beigelegt werden: aber wir müssen
Herrn Mugdan auch darin beistimmen, dass die Reden der Herren
v. der Osten und V o r s t e r nicht gerade dazu beitragen, dieses
Ziel zu erreichen. M. K.
Bericht über das Neurologische Institut in Frankfurt a. M. für 1912.
Das Institut hat ein Jahr erfreulicher Arbeit hinter sich.
Für den 25. Mai hatte der Vorsitzende der interakademischen
Hirnkommission deren Mitglieder nach Frankfurt berufen. Nach der.
Versammlungen fand in der Sammlung des Instituts, zum erstenmal
im Anschluss an eine Hirnkommissiorsversammlung, eine Demonstra¬
tionssitzung statt, in welcher viele und interessante Präparate gezeigt
wurden. Ausserdem war eine Anzahl der selteneren Sammlungs¬
gegenstände (Manatusgehirn, Elephantenserie) zur Ausstellung ge¬
bracht.
Anfang November wurde das Institut von den in Frankfurt ver¬
sammelten Direktoren der zoologischen Gärten besucht, bei welcher
Gelegenheit Prof. E ding er eitlen Uebersichtsvortrag über die Ziel.1
der vergleichenden Hirnanatomie hielt.
Herr Dr. D r e y f u s, der Leiter der neurologischen Abteilung
der inneren Klinik, wurde am 29. XI. zum Mitglied des Instituts er¬
nannt, damit ist der Konnex mit der Klinik ein innigerer geworden.
Bei den Verhandlungen zur Gründung der Universität Frankfurt
wurde von allen Seiten eine Erweiterung des Instituts, gerade nach
der klinischen Seite hin, in Aussicht genommen, und zur Bedingung
gemacht, dass dem Institut Betten angegliedert werden, und dass der
Konnex mit der Poliklinik für Nervenkrankheiten, der bisher schon
durch Personalunion bestanden hat, auch in Zukunft gewährt bleibt.
Von Prof. Edinger wurde ein grösserer Demonstrationskn’-s
mit Projektionen gehalten, an dem 66 Aerzte teilnahmen.
Das ganze Personal des Instituts beteiligte sich an den all¬
wöchentlich stattfindenden Demonstrationen interessanter Fälle der
inneren Klinik.
Die psychologischen Abende, welche gemeinsam mit dem psycho¬
logischen Institut, dem Senckenberg ischen Museum, dem zoo¬
logischen Garten und der Irrenanstalt gehalten werden, wurden fort¬
gesetzt.
Zweimal im Jahre fand ein neurologischer Demonstrationsabend
für die Nervenärzte von Frankfurt und Umgebung statt.
Das Institut hat eine Reihe sehr wertvoller Geschenke erhalten,
darunter von Prof. D e x 1 e r - Prag die überaus wertvolle Schnitt¬
serie vom Rückenmark bis zu den Vierhügeln; vom zoologischen Gar¬
ten hier das überaus wertvolle Gehirn eines Dromedars; sehr reiche
Geschenke von der Firma Hagenbeck; von Prof. v. S t i e d a - Königs¬
berg eine grosse Anzahl mit Karmin durchgefärbter, und dadurch
historisch interessanter Gehirne und Rückenmarksstücke, auch kom¬
plette Fische- und Amphibiengehirne; vom S e n c k e n b e r g ischen
Museum die Schädelausgüsse von Bison priscus und Triceratops;
von Herrn Dr. Jakob die wertvollen Schädelausgüsse von Toxo-
don, Mylodon und Scelidotherium.
Gearbeitet haben im Institut 24 Aerzte, darunter 9 Deutsche.
15 Ausländer
Die Sammlung makroskopischer Hirn Präparate
besteht aus 638 Arten ungeschnitten und 232 Arten geschnitten in
641 Serien.
Der pathologischen Abtheilung gingen 92 Präparate
zu, darunter besonders wertvolle aus den Krankenhäusern von Frank¬
furt, aus Worms, aus den Irren- und Pflegeanstalten in Frankfurt,
Weilmiinster, Eberstadt und dem Landeshospital Haina, dem Frank¬
furter hygienischen Institut und dem Georg-Speyer-Haus, von ein¬
zelnen Aerzten, von der Entbindungsanstalt u. a. Der Ausbau der
Demonstrationssammlung wurde fortgesetzt.
In der Abteilung wurden eine Anzahl experimenteller Unter¬
suchungen ausgeführt, welche sich mit dem Verhalten des normalen
und erkrankten Nervensystems gegenüber vital färbenden Stoffen
beschäftigen (Dr. Doini-kow, Dr. Rachmanow). Dr. S h i m a -
z o n o nahm eine grosse Experimentalreihe über Blei- und Pyrodin-
vergiftungen an Vögeln vor.
Dr. Doinikow ist jetzt mit der Untersuchung von 25 Kanin¬
chen beschäftigt, welche, mit hohen Salvarsandosen behandelt, durch
Exz. Ehrlich dem Institut überwiesen worden sind.
Aus dem Institut gingen 33 Arbeiten hervor.
Therapeutische Notizen.
Ueber einen traurigen Fall von Vergiftung mit Extrac-
t u m f i 1 i c i s in a r i s berichtet C o r n e 1 i s in der Geneesk.
Tjidschr. v. Ned.-Indie (Bd. 52, S. 402, 1912). Bei einem jungen,
erwachsenen Arbeiter erfolgte nach 7 g Extr. fil. mar. innerhalb
j Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
»Stunden völlige Erblindung, obwohl kein Rizinusöl ge-
r en worden war. Fr. L.
R. Noethe, Halle a. S„ veröffentlicht im Reichsmed.-Anzeiger
v 3, 1913 eine zusammenfassende Ueb ersieht über den
■ r t des Luminal für den Praktiker. Die Dosierung
. guten Hypnotikums Luminal sowohl bei peroraler Darreichung
des Luminalnatriums bei subkutaner Injektion soll im An-
säj vorsichtig sein, bis die individuelle Reaktion bekannt ist. Bei
perlich heruntergekommenen Kranken, z. B. Tabikern, Phthisikern
inne man mit 0,1. Solche Patienten sind gefährdet, wenn sie an
mchitis mit reichlichem Auswurf leiden. Mit mehrfachen kleinen
Gen von 0,1 — 0,2 erreicht man nicht selten auch bei Erregten
uhigung. Das Auftreten eines Exanthems ist als Zeichen von
>xikation schwerer Art zu betrachten und soll vor weiteren Gaben
. men. Neben der hypnotischen besitzt Luminal eine sedative
\ rkung, welche besonders nützlich ist für die Behandlung von
oholdelirien, arteriosklerotischen Erregungszuständen, epileptischen
- rungen aller Art, motorischer Unruhe bei Chorea und Paralysis
lians, für Behandlung von Angstzuständen. Das Luminal wirkt
merzlindernd bei Arteriosklerose, Tabes, spinalen Schmerzen. Die
'iibination von sedativer und schmerzstillender Wirkung verleiht
n Luminal eine Aehnlichkeit mit den Alkaloiden und erlaubt.
. gelegentlich an Stelle von Morphium zu benutzen. Aus diesem
inde ist es geeignet, die Durchführung von Morphiumentziehungs-
cen zu erleichtern. Fr. L.
Richard B a n d o r f hat Untersuchungen angestellt über den
>.ert des Droserin in der Keuchhusten therapie (Diss.
äugen 1912, 30 Seiten). Das Präparat wird von der Firma Dr. R.
: 1 0. Weil in Frankfurt a. M. in 2 Formen in den Handel ge¬
weht: trocken als Tabletten und flüssig als Liniment eine Suspension
Oel. Von der trockenen Form unterscheiden die Darsteller eine
'rmalstärke (Stärke 1) und eine Stärke 2, die bei besonders
tnäckigen Fällen kräftiger wirken soll. Die Medikation lautet
! 3 Tabletten zweistündlich gelöst in Wasser, je nach der Heftigkeit
Erkrankung Normalstärke oder Stärke 2. Das Liniment dient zur
■ reibung von Brust und Rücken; das soll 2—3 mal täglich geschehen.
■i Untersuchungen des Verfassers liegen 30 Fälle zugrunde. Be-
lich der Anwendung hat sich als vorteilhaft erwiesen zweistündlich
l'ablette, daneben früh und abends Einreibung mit dem Liniment,
-f Grund seiner Beobachtungen bezeichnet Verf. das Droserin
i einen Fortschritt in der Keuchhustentherapie,
-s Präparat verdiene versucht zu werden. Fr. L.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 15. Februar 1913. *)
— Der preussische Aerztekammerausschuss hat
-h in seiner Sitzung vom 1. Februar d. J. mit dem bekannten Erlass
; Ministers des Innern, betr. die Erlangung der Rechtsfähigkeit
kassenärztliche Vereine beschäftigt. Da der Minister anheim-
;tellt hatte, die Frage von der Tagesordnung abzusetzen, da zurzeit
:h Verhandlungen darüber zwischen den beteiligten Ressorts
•iweben, wurde auf die Erstattung eines Gutachtens verzichtet, der
sschuss hielt sich aber doch für verpflichtet, seine Meinung wenig¬
es kurz zu präzisieren. Das geschah durch folgende Erklärung
o Vorsitzenden (S t o e t e r), die von den Delegierten einstimmig
billigt wurde: „Nach den dem Sinne nach übereinstimmenden
■schreiben der Vertreter aller preussischen Aerztekammern hält
Kammerausschuss die Eintragung der kassenärztlichen Vereine
:h § 21 B.ü.B. für wünschenswert, aber nicht für unbedingt nötig,
r wünschenswert, weil sie einer Vereinbarung zwischen Aerzten
J Krankenkasen sehr förderlich sein und die Durchführung der
' Präge besonders von seiten der Aerzte erleichtern würde. Er
erlässt die Eintragung lediglich nach § 21 B.G.B. der Be¬
eilung der zuständigen Gerichte.“
— Der ärztliche Bezirksverein Dresden-Stadt hat einem Kollegen
Bezeichnung als „Spezialarzt für L ungenkran k -
iten" und einem anderen Kollegen die Bezeichnung als
pezialarzt für Magen- und Stoffwechselkrank-
iten“ genehmigt, dagegen einem dritten Kollegen die Bezeichnung
„Spezialarzt für Gallensteinleide n“ abgelehnt.
— Der Preis der Möbiusstiftung kommt Anfang des
■ res 1914 abermals zur Verteilung. Als Aufgabe ist gestellt: Die
’olge der operativen Behandlung des Morbus Basedow. Die Preis-
’eiten sind bis zum 1. Oktober 1913 in Begleitung eines versiegelten
ttels mit dem Namen des Verfassers und einem auf das Kuvert
whriebenen Motto, demjenigen entsprechend, welches die Arbeit
Ist trägt, an Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. v. Strümpell*
ipzig eingeschrieben einzusenden. Der Preis besteht aus ungefähr
1 M. und einer Bronceplaquette nach einem von Bildhauer Professor
ix Lange gefertigten Entwurf. Den ersten Preis, 1912, haben die
! Ten Prof. Alzheimer - Breslau und Dr. E. R e i s s - Frank¬
st a. M. erhalten.
*) Wegen des Buss- und Bettages in Sachsen musste diese
mmer. mit Rücksicht auf die über Leipzig gehende Auflage, früher
1 tiggesteHt werden.
391
I'1 hem von der „Umschau" veranstalteten Preisausschreiben :
„W as kosten die schlechten Rasseelemente den
Staat und die Gesellschaft“ wurde der Preis von M. 1209
Herrn Ludwig Jens, Beamter der allg. Armenanstalt in Hamburg,
zuerkannt. Preisrichter waren die Herren B e c h t h o 1 d - Frank¬
furt a. M., Gottstein - Charlottenburg und v. G ruber- München.
— In Berlin, wo ein Aerzteorchester bereits erfolgreich tätig
ist, hat sich nun auch eine „C hör Vereinigung Berliner
Aerzte“ gebildet, zu der sich bisher 34 Kollegen und 37 Damen
gemeldet haben.
— Dr. Julius üoldschmidt, früher in Madeira, jetzt in Paris
lebend, bekannt durch zahlreiche klimatologischc Arbeiten, feierte am
12. ds. seinen 70. Geburtstag.
— Prof. Dr. Hermann Kümmell, erster Oberarzt der chirur¬
gischen Abteilung des allgemeinen Krankenhauses in Hamburg-Eppen¬
dorf, Prof. Dr. Gustav S p i e s s, Direktor der städtischen Hals- und
Nasenklinik in Frankfurt a. M. und Dr. Friedrich Wilhelm F a b r i -
c i u s, Direktor der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt in Düren sind
zu Geheimen Sanitätsräten ernannt worden, (hk.)
— In der Kg 1. Universität s - Frau enklinikMünchen
werden in der Zeit vom 10. März bis 4. April unter Leitung von Prof.
Dr. B a i s c h und Privatdozent Dr. Weber Kurse über Ge¬
burtshilfe und Gynäkologie abgehalten. Nähere Auskunft
erteilen die Leiter der Kurse.
— An der med. Klinik des Hotel-Dieu in Paris werden vom
17. — 31. März 1. J. Fortbildungskurse über „Les notioiis
recentes sur les maladies du foie, du pancreas et de la rate“ ab¬
gehalten. Den einleitenden Vortrag hält Prof. A. Gilbert.
— Die 38. Wanderversammlung der südwest¬
deutschen Neurologen und Irrenärzte wird in diesem
Jahre am 24. und 25. Mai in Baden-Baden im Konversationshause
abgehalten werden. Vorträge sind bis spätestens 14. Mai anzumelden
bei Geh. Rat Schnitze- Bonn oder Dr. Laquer - Frankfurt a. M.
— Der neunte Kongress der Deutschen Röntgen-
Gesellschaft findet am 30. März 1913 in Berlin im Langenbeck-
hause statt. Demselben wird am 29. März ein Demonstrationsabend
voraufgehen.
— Cholera. Türkei. Nach dem amtlichen Ausweis No. 11
sind in Konstantinopel vom 21. bis 27. Januar 4 Erkrankungen und
2 Todesfälle festgestellt worden. In den Gesundheitspass der Schiffe,
welche Konstantinopel verlassen, wird seit dem 29. Januar folgender
Vermerk eingetragen : Einige sporadische Cholerafälle zeigen sich
fortdauernd in Konstantinopel. Zufolge Mitteilung vom 21. Januar
soll in Tiberias seit dem 25. Dezember v. J. kein neuer Cholerafall
aufgetreten sein. Im ganzen wurden dort während des vierwöchigen
Herrschens der Seuche 129 Erkrankungen und 68 Todesfälle ge¬
meldet. In Haiffa sind ausser dem früher mitgeteilten, angeblich nur
choleraverdächtigen Todesfall Erkrankungen an Cholera nicht be¬
kannt geworden. — Zanzibar. Durch Bekanntmachung vom 7. Januar
ist die Insel wieder für cholerafrei erklärt worden. Die Beschrän¬
kungen des Verkehrs nach der zum Sultanate Zanzibar gehörigen
Nachbarinsel Pemba sind aufgehoben.
— Pest. Russland. Laut einer am 18. Januar veröffentlichten
Bekanntmachung gilt die Meierei Popowski nicht mehr für pest¬
verseucht; dagegen wird das Gebiet des Donischen Heeres auch
noch weiterhin als pestbedroht angesehen. — Aegypten. Vom 11. bis
17. Januar erkrankte nur in Tantah 1 Person; es starben daselbst 2.
Vom 18. bis 24. Januar erkrankten in Aegypten 9 (und starben 5)
Personen. — Britisch Ostindien. In der Woche vom 5. bis 11. Januar
erkrankten 3959 und starben 3218 Personen an der Pest. — China.
Zufolge Mitteilung vom 9. Januar sind in der Gegend von Swatau
zahlreiche, fast stets tödlich verlaufene Pestfälle aufgetreten. -
Britisch Ostafrika. Seit dem 10. Januar gelten Stadt und Insel Mom-
bassa als pestfrei, da seit dem 27. Dezember keine neuen Erkran¬
kungen dort vorgekommen sind; dagegen waren bis zum 13. Januar
aus Nairobi 2 neue Pestfälle gemeldet. — Ecuador. Im November
v. J. insgesamt in Duran 3 Erkrankungen (und 1 Todesfall) und in
Guayaquil 138 (52).
— In der 5. Jahreswoche, vom 26. Januar bis 1. Februar 1913,
hatten von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die. grösste
Sterblichkeit Rostock mit 26,1, die geringste Recklinghausen mit
5,3 Todesfällen pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel
aller Gestorbenen starb an Scharlach in Graudenz, Rostock, an
Masern und Röteln in Gladbeck, an Diphtherie und Krupp in Erfurt,
Hamborn, Mülheim a. Rh., Remscheid. V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Bonn. Der Direktor der Hautklinik, Prof. E. Hoff mann,
wurde von der Dermatologischen Sektion der American Medical
Association als Ehrengast zu der diesjährigen Tagung vom 17. bis
20. Juni in Minneapolis geladen und gebeten, einen Vortrag zu halten.
Berlin. Dem Vorsteher der Abteilung für Tropenhygiene am
Hygienischen Institut der Berliner tierärztlichen Hochschule, Hilfs¬
lehrer für Tropenkrankheiten, Protozoenkunde und Tropenhygiene.
Dr. phil. Paul Knut h, ist der Professortitel verliehen worden, (hk.)
Halle a. d. S. Dank des Kaisers an Prof. v. B r a -
mann. Der Direktor der Hallenser chirurgischen Klinik, Geh. -Rat
v. Bramann, hat vom Kaiser in Erinnerung an die 25 jähr. Wieder¬
kehr des 9. Februars 1S88 folgendes Telegramm erhalten: „Heute vor
25 Jahren haben Sie durch Ihre ärztliche Kunst meinem verewigten
Herrn Vater in schwerer Leidenszeit einen verantwortungsvollen
392
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
und grossen Dienst geleistet. Dankbar gedenke ich dieses Ihres Ver¬
dienstes um mein Königliches Haus. Wilhelm, R.“
Heidelberg. Zum Prorektor der Universität wurde für das
Studienjahr von Ostern 1913 bis 1914 der Qeh. Hofrat Prof. Dr. med.
Rudolf Qottlieb, Direktor des pharmakologischen Institutes, ge¬
wählt. (hk.)
Leipzig. Zu Professoren wurden ernannt der Direktor der
chirurgischen Abteilung des Neuen städt. Krankenhauses Leipzig-
St. Georg. Herr Dr. L ä w e n, und der Direktor der inneren Abteilung
des städt. Krankenhauses zu Plauen i. Vo., Herr Dr. Stadler, beide
bisher Privatdozenten an der Universität Leipzig.
Marburg. Der a. o. Prof. Römer, Abteilungsvorsteher am
hygienischen Institut der hiesigen Universität, wurde vom Kultus¬
ministerium für die Dauer eines Jahres zu einem Studienaufenthalt
an die Hygienischen Institute der Universitäten Bonn und Berlin be¬
urlaubt.
Rostock. Dr. med. Hans Hauser, Oberarzt der Univer¬
sitätsfrauenklinik hat sich für das Fach der Gynäkologie und Geburts¬
hilfe mit einer Antrittsvorlesung über „Die Wechselbeziehung zwi¬
schen Schwangerschaft und Tuberkulose“ habilitiert. Der Titel seiner
Habilitationsschrift lautet: „Die differentialdiagnostische und thera¬
peutische Bedeutung der Gonokokkenvakzine in der Gynäkologie“.
Wiirzburg. Dem Priv.-Doz. für Pharmakologie, Dr. Fer¬
dinand Flury wurde der Arbeitsplatz des Staates Hamburg an der
Zoologischen Station Neapel überlassen.
(Todesfälle.)
In St. Moritz starb der Generaldirektor der Farbwerke vorm.
Meister Lucius & Brüning, Dr. Gustav v. Brüning. Der
Verstorbene gehörte dem Vorstand des grossen chemischen Unter¬
nehmens an und hat sich um dessen Aufblühen die grössten Verdienste
erworben.
ln Petersburg starb der Direktor des Instituts für experimentelle
Medizin, Professor Dr. Wladimir Podwyssotzki.
Korrespondenz.
Ein neuer Amerikanismus in der Medizin
Bemerkungen zu dem Artikel des Herrn Hofrates Crämer:
(Münch med. Wochenschr., 1913, No. 5).
Von Priv.-Doz. Dr. A. Brosch und Dr. O. v. Aufschnaiter,
Direktor und Chefarzt der „Sanatorium und Kuranstalten Baden bei
Wien A.-G.“
Richtig ist, dass wir der Enterocleaner-Ges. gegenüber dem
Wunsche Ausdruck gaben, sie möge die Patente in einer Weise ver¬
werten, welche dem gesamten Aerztestand einen wirtschaft¬
lichen Vorteil sichert und zugleich den Forderungen der Hu¬
manität Rechnung trägt. In einer Zeit, wo die ärztlichen Organi¬
sationen die Wahrnehmung wirtschaftlicher Vorteile auf ihre Fahne
geschrieben haben, ist ein solcher Schritt nur eine logische Wei¬
terentwicklung des Wirtschaftsprinzipes. Auf
unsere Anregung wurde von der Enterocleaner-Ges. der jetzt in Ver¬
wendung stehende Modus vorgeschlagen und eingeführt. Es stellte
sich schon nach kurzer Zeit heraus, dass auf diese Weise tatsächlich
auch das wirtschaftliche Interesse des Aerztestandes in einem
Masse gewahrt wird, wie dies auf eine andere Art kaum möglich
sein dürfte.
Wir betonen nochmals, dass die Einführung des Lizenzsystemes
nur eine Probe ist, weil sich nur auf Grund praktischer
Erfahrungen ein richtiges Urteil über den wirklichen Wert
eines bestimmten Wirtschaftssystemes gewinnen lässt und weil rein
theoretische Deduktionen den praktischen Ergebnissen auf
wirtschaftlichem Gebiete oft genug geradezu diametral gegenüber-
steheu. Wir werden nach Ablauf der Versuchsperiode mit den ge¬
wonnenen Daten nicht zurückhalten, weil wir der Aerztewelt ein
unseres Erachtens für sie sehr nützliches wirtschaftliches
Experiment vordemonstrieren wollen. Das Resultat dieses unter
lebhafter Zustimmung und Beteiligung zahlreicher Kollegen einge¬
leiteten Versuches wird auf Grund der gewonnenen Daten von selbst
für sich sprechen.
Unaufgeklärt hingegen bleibt das Motiv, warum Herr
Hofrat Crämer den sehr wichtigen Umstand : dass Kliniken
und öffentliche Krankenhäuser den Enterocleaner für Zwecke der un¬
entgeltlichen Krankenbehandlung zum einfachen Kostenpreis erhalten,
in einem so vehementen Angriffsartikel einfach — verschwie¬
gen hat.
Wir haben Beweise dafür in Händen, dass diese Konzes¬
sion an die Humanität Herrn Hofrat Crämer bekannt
war. Es ist doch klar, dass die Situation durch diesen Umstand (auch
vom Gesichtspunkt des „allgemeinen Wohles“ aus) ein wesent¬
lich anderes Relief erhält.
Weitere Schritte gegen den von Herrn Hofrat C r ä'm e r ange¬
schlagenen Ton behalten wir uns vor.
Antwort auf obige Erklärung von Hofrat Dr. Friedr. Crämer.
Auf vorstehende Erklärung erwidere ich, dass es mir gar nicht
eingefallen ist, etwas Wichtiges zu verschweigen. Die „Konzession
an die Humanität“ war mir selbstverständlich bekannt, konnte aber
No. 7
an meiner ganzen Auffassung nichts ändern. Der Kern der Sache
nämlich: die Einführung des amerikanischen Leihsystems in die medi
zinische Praxis, wird damit in keiner Weise berührt und gegen diesi
Einführung allein habe ich Stellung genommen.
Das mir zum Vorwurf gemachte Verschweigen von wichtige;
Tatsachen trifft nicht mich, sondern eher meine Gegner, weil sk
nun ganz plötzlich von einer erst probeweisen Einführung
sprechen. Diese Tatsache allein hätte vielleicht meinen Stand
Punkt etwas ändern können.
Generalkrankenrapport Ober die K. Bayer. Armee
für den Monat Dezember 1912.
Iststärke des Heeres:
70 447 Mann, 135 Kadetten, 162 Unteroffiziersvorschüler.
Mann
Kadetten
Unteroffa..|
vorschüler
1. Bestand waren
am 30. November 1912:
1326
6
5
im Lazarett:
1148
15
9
2. Zugang:
im Revier:
963
—
—
in Summa:
2111
15
9
Im ganzen sind behandelt:
3437
21
14
°/oo der Iststärke:
48,8
155,6
86,4
dienstfähig:
231t
14
12
°l oo der Erkrankten:
672,4
666,7
857,1
gestorben :
7
—
•/oo der Erkrankten:
dienstunbrauchbar :
2,0
—
mit Versorgung:
14
—
—
3. Abgang: <
ohne „
Auf Orund vor der
5
—
—
Einstellung in den Militär¬
dienst vorhanden gewese¬
ner Leiden als dienstun¬
brauchbar erkannt und
entlassen :
74
anderweitig:
93
7
—
in Summa:
2504
21
12
4. Bestand
bleiben am
31. Dez. 1912:
in Summa:
°/oo der Iststärke:
davon im Lazarett :
davon im Revier:
933
13,2
778
155
1 1 1 1
2
12,3
2
Von den in Ziffer 3 aufgeführten Gestorbenen haben gelitten an
Blutvergiftung 2, Lungenentzündung 2, Darmtuberkulose 1. ep
demischer Genickstarre 1 und Blinddarmentzündung 1.
Ausserhalb der militärärztlichen Behandlung starb 1 Mann in
folge Schrumpfniere.
Der Gesamtverlust der Armee durch Tod betrug demnach ii
Monat Dezember 8 Mann.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 5. Jahreswoche vom 26. Januar bis 1. Februar 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildung
fehler 13 (11 M, Altersschw. (über 60 Jahre) 4 (7), Kindbettfieber 2 (
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft — (1), Scharlach — (-
Masern u. Röteln 3 (3), Diphtherie u. Krupp 1 (1), Keuchhusten — i
Typhus (ausschl. Paratyphus) — ( — 1, akut. Gelenkrheumatismus — (-'
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundswi
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) 1 (— ), Starrkrampf — (-
Blutvergiftung 3 (3), Tuberkul. der Lungen 21 (22t, Tuberkul. and. 0i
(auch Skroiulose) 3 <.5% akute allgem. Miliartuberkulose — (— ). Lunge
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 14(15), Influenza 2 (4), vene
sehe Krankh. — (2), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfieb«
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, W echst
fieber usw. — ( — ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 1 (2), Alkohol
mus — (— ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 8 (3), sonst. Kran!
d. Atmungsorgane 6 (7), organ. Herzleiden 22 < 18), Herzschlag, Hei
lähmung lohne näh. Angabe d. Grundleidens) 3 (2 », Arterienverkaiku
6 (2), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 1 i7t, Gehirnschlag 9 '
Geisteskrankh. 2 (1), Krämpfe der Kinder 2 (4), sonst. Krankh. d. Nerve
Systems 2 (7), Atrophie der Kinder 5 2., Brechdurchfall — (1), Mage
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 8 (2), Blinddar
entzünd. 1 (2), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse
Milz 6 (4), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 1 (4), Nierenentzünd. 5 (.
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg 4 (3), Krebs 16 (17), sor
Neubildungen 2 (6i, Krankh. d. äuss. Bedeckungen 1 (— ), Krankh. c
Bewegungsorgane — < — ), Selbstmord 7 (1), Mord, Totschlag, au
Hinricht. — ( — >, Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 4 (
and. benannte Todesursachen 2 (1), Todesursache nicht (genau) £
gegeben ^ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) 1 (2).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 192 (189).
1) Die eingfeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwocl
Verlag von J. F Lehmann in München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.O., München.
It Mtinchener Medizinische Wochenschrift erschein! wtfcfiehWärl ** . . ^ . Zusendungen sind zu adr*Wiyf«?d
i Umfang von durchschnittlich ? Bogen. • Preis der einzelnen IV l\ T 1 K 1 l’ O 17 N I Ü7 D für die Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 81/,— 1 ifhr.
ummer 80 J. • Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich I VI I I I \1 I I- 1 p | \ P 1» Für Abonnement an |. F. Lehtnann's Verlag, Paul Heysestrasse 26.
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Medizinische Wochenschrift.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
3. 8. 25. Februar 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
Gegen die Wasserätiologie des Kropfes und des
Kretinismus*).
:ni Dr. Adolf Kutscher a, Ritter von Aichbergen,
k. Statthaltereirat und Landes-Sanitäts-Referent in Inns¬
bruck.
! \
Es gibt kaum eine Störung, welche die Wehrmacht eines
:aates so zu schwächen vermag, als der Kropf und die kreti¬
sche Degeneration.
Wenn B i r c h e r [20] berechnet, dass die Schweiz da-
irch eine Division an wehrfähiger Mannschaft verliert und
e Armee um V« ihres Bestandes geschwächt wird, lässt sich
:r Verlust anderer Staaten mit grösserer Wehrmacht leicht
^schätzen.
Daraus geht aber auch das grosse Interesse hervor,
elches jeder Staat an der Erforschung der Ursachen des
ebels und der Mittel zu seiner Beseitigung haben muss, ein
teresse, welches zu vielseitiger Bearbeitung der Frage ge¬
hrt hat, ohne sie zu lösen.
Seit altersher ist man gewohnt gewesen, das Wasser
s die Ursache von Kropf und Kretinismus zu beschuldigen.
Diese Gewohnheit mag das zähe Festhalten an einer
heorie erklären, für welche ein einwandfreier Beweis bisher
cht erbracht worden ist.
Schon Hippokrates hat behauptet, dass kaltes Wasser
ropf erzeuge; seither haben unzählige Autoren daran fest-
ihalten, dass das Wasser die Ursache des endemischen
ropfes sein müsse. Scholz [18] führt nicht weniger als
H Autoren an, welche die Ursache des Kropfes im Wasser
ichen. In früheren Zeiten beschuldigte man die verschieden¬
en chemischen Bestandteile, die moderne Zeit spricht von
ifektion, hält aber mit einer merkwürdigen Beharrlichkeit
:iran fest, dass nur das Wasser der Träger des Infektions-
■regers sein kann.
Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Studium des
retinismus, mit welchem das Studium des Kropfes unlösbar
erblinden ist, und zwar habe ich auf Anregung Wagner-
. J a u r e g g s zuerst in Steiermark [27] die Schilddrüsen-
ehandlung bei mehr als 1400 kretinischen Kindern im Auf-
age der staatlichen Sanitätsverwaltung durchgefiihrt, seit
em Jahre 1909 habe ich diese Aktion in meinem neuen Wir-
ungskreise in Tirol und Vorarlberg fortgesetzt.
Diese Behandlung war mir ein erwünschtes Mittel zu dem
weck, die Kretinen in ihren Häusern und Wohnungen zu
titersuchen und mich mit der Frage der Ursachen der Störung
i beschäftigen.
Bevor ich aber auf die Aetiologie eingehe, muss ich
e f i n i e r e n, was ich als Kretinismus ansehe.
Ich beurteile die kretinische Degeneration nicht nach dem
linischen Bilde, weil dies keine befriedigenden Resultate er-
eben hat, und weil es mir bei den wechselnden Symptomen-
omplexen des Kretinismus ganz aussichtslos erscheint, auf
iesem Wege unter den Forschern eine Einigung über die
»efinition des Kretinismus zu erzielen.
Ich beurteile den Kretinismus vielmehr nach der Aetiologie.
Für mich ist alles kretinische Degeneration, was im
ndemiegebiete an körperlicher und geistiger Entwicklungs-
emmung durch die kretinogene Schädlichkeit verursacht wird.
Es ist dies ein bunt zusammengewürfeltes Bild der ver-
-hiedensten Störungen, welche zwischen der Norm einer-
*) Vortrag, gehalten im Aerztlicheu Vereine in München.
No. 8.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
seits und den schwersten Zuständen der Hypothyreose, der
Idiotie und Taubstummheit andererseits schwanken.
Dass in Endemiegegenden alle diese Störungen auf die¬
selbe Ursache zurückzuführen sind, ergibt sich aus der Er¬
fahrung, dass sie sehr häufig nebeneinander bei verschiedenen
Geschwistern derselben Familie gefunden werden.
Zu diesen Störungen gehört noch der Kropf, der damit
einen eigentümlichen Zusammenhang hat; jedenfalls ist sein
Verbreitungsbezirk weit grösser als der des Kretinismus,
aber es gibt keinen Kretinismus ohne Kropf, Kretinismus
kommt nur dort vor, wo sich in der Umgebung auch Kropf
findet.
Das ist wohl der einzige Punkt, über welchen heute alle
Forscher einig sind.
Besonders häufig, ja fast konstant ist der Kropf bei den
Müttern kretinischcr Kinder; in den äusserst seltenen Fällen,
in welchen er dort fehlt, ist er sicher in der anderweitigen
Umgebung, beim Vater oder anderen Hausgenossen zu finden.
Der gemeinsame rote Faden, der sich durch alle
von der endemischen Schädlichkeit verursachten Störungen
zieht, ist aber nicht der Kropf, der in vielen Fällen fehlt,
sondern die Schädigung des Nervensystems,
welche sich in allen Fällen findet.
Die endemische Schädlichkeit scheint eben in erster
Linie auf das Nervensystem zu wirken, wo sie bei gleicher
Intensität desto schwerere Störungen erzeugt, je weniger
widerstandsfähig der Nervenapparat ist.
Je jünger das Kind ist, desto leichter kommt es deshalb
zu den schweren Störungen der endemischen Idiotie und
Taubstummheit, bei grösseren Kindern und bei Erwachsenen
dagegen bewirkt die endemische Schädlichkeit nur Symptome
von allgemeiner Neuropathie, wie sie von Bauer [34] als
ständige Begleiterscheinungen des endemischen Kropfes be¬
schrieben worden sind. Wenn auch manche dieser Nerven¬
störungen Folge des Kropfes sein mögen, der den Mittelpunkt
eines Circulus vitiosus bildet, so ist doch ein guter Teil davon
nach meiner Ansicht primär entstanden, als Endeffekt der¬
selben Schädigung, welche bei grösserer Intensität und ge¬
ringerer Widerstandsfähigkeit Idiotie erzeugt.
Da die Schilddrüse nervösem Einflüsse in hohem Grade
unterliegt, — ich brauche nur an den Basedow zu erinnern — ,
kommt es nach meiner Ansicht erst im Wege der Beeinflus¬
sung durch das Nervensystem zur Hypoplasie des Schild¬
drüsengewebes, welche entweder zu vollständiger Atrophie
der Drüse und damit im Kindesalter zum klassischen Bilde
des Kretinismus führt, oder welche eine sekundäre Hyper¬
trophie der Drüse, den Kropf zur Folge hat.
Das strumigene Agens wirkt also auf dem Umwege über
das Nervensystem auf die Schilddrüse; es wird zum kretino-
genen Agens, wenn es Gelegenheit hat, auf die Frucht oder
auf das Kind im frühesten Lebensalter einzuwirken.
Ich habe dies vorausgeschickt, um es verständlich zu
machen, auf welchem Boden ich meine späteren Ausführungen
über die gemeinsame Aetiologie dieser Störungen aufbaue und
komme nun zu meinem eigentlichen Thema zurück.
Dabei bemerke ich, dass ich bei der Fülle des Stoffes un¬
möglich auch nur die wichtigsten Literaturangaben anführen
kann, weshalb ich stets nur einzelne Vertreter der wichtigsten
Richtungen nennen werde.
Die Hauptgesichtspunkte, auf welche von
den Autoren die Wassertheorie gestützt
wird, sind folgende:
1. Kropf und Kretinismus kommen in gewissen
Gegenden in scheinbar gleichbleibender Ausbreitung
l
MUENcHENER MEblZINlSCHE WOCHENSCHRIFT.
394
No. ft.
und Intensität vor, während andere Gegenden davon ver- j
schont sind.
Leute, die aus immunen Gegenden in Kropf- oder Kre-
tinenorte einwandern, bekommen dort Kropf, ihre Kinder
können kretinisch degenerieren. Umgekehrt wurde schon seit
altersher beobachtet, dass Leute, welche aus Kropf- und
Kretinengegenden in kropffreie Orte ausgewandert sind, dort
ihren Kropf ganz oder teilweise verloren haben, und dass die
an den kropffreien Orten geborenen Kinder sich normal ent¬
wickelt haben, wenn auch alle ihre in der Kretinengegend j
geborenen älteren Geschwister Kretinen gewesen sind.
Bei der scheinbaren Zähigkeit' des Festhaltens der Störung i
an einer bestimmten Oertlichkeit vermutete man zuerst einen
Einfluss des Bodens; es entstand eine Legion von Theorien,
von welchen die bekannteste die von H. Bircher [11] ist,
die von E. Bircher [20] neuerdings bearbeitet wurde.
Nach dieser Theorie ist die Meeresmolasse am stärksten
von der Endemie befallen, während die Juraformation und das
Urgebirge frei davon sind.
Die Schädlichkeit wird nach der Ansicht dieser Forscher
durch Auslaugung der schädlichen Gesteinsarten durch das
Wasser hervorgerufen.
Andere Autoren suchten nur im Wasser den Urgrund des
Kropfes, welchen sie schliesslich einer Infektiosität des
Wassers zugeschrieben haben.
Einzelne wie K 1 e b s [10], Carle [12] und Lustig [14]
glaubten schon den Infektionserreger gefunden zu haben.
2, Seit uralten Zeiten wurde schon viel über die sogen.
Kropfbrunnen geredet, Brunnen, deren Wasser beim Ge- |
nusse mit Sicherheit Kropf erzeugen sollte; schon im Mittel- j
alter sind solche Brunnen beschrieben worden.
In neuerer Zeit wurde an mehreren Orten von Quellen
berichtet, von denen Militärpflichtige trinken, um durch den
schnell entstehenden Kropf vom Militärdienste befreit zu
werden, so in Cavacurta (Lombroso), Antignano, in Villard
Clement, St. Chaffrey bei Briancon u. a.
Hierher sind auch die Angaben zu rechnen, dass die Ge¬
meinden Rupperswil und Asp im Kanton Aarau (Bircher) eine
Verminderung ihrer Kropfendemie erfahren haben, nachdem
eine neue Wasserleitung errichtet worden war, welche das
Wasser aus kropffreiem Gestein entnommen hat.
B r e i t n e r [29] hat beobachtet, dass eine Familie in
einem Bahnwächterhause an Kropf erkrankt ist, weil sie das
Wasser eines sogen. Kropfbrunnens getrunken hat.
Die Kröpfe nahmen ab, als das Wasser eines anderen
Brunnens getrunken wurde, ohne aber zu verschwinden.
3. Auch die Kropfepidemien, von welchen nament¬
lich in Frankreich eine grosse Zahl beschrieben worden ist,
werden von den Anhängern der Wassertheorie als Beweis
für die Schädlichkeit des Wassers geführt.
Ewald [21] führt eine Reihe solcher Epidemien an.
Eine Epidemie in Nancy, welche Ende des 18. Jahr¬
hunderts aufgetreten ist, hat 1006 Soldaten eines Regiments
ergriffen; damals wurden nur die Gemeinen befallen, während
die Offiziere, Sergeanten und Korporäle, welche dasselbe
Wasser tranken, verschont geblieben sind.
Augieras sah 1889 in Clermont Ferrand 18 Fälle in
einem Flügel eines Pavillons und einen anderen Herd im
dritten Stockwerke einer Kaserne, die mit einem Bataillon
Infanterie belegt war.
In Deutschland ist am bekanntesten die Epidemie in der
Garnison Silberberg im Jahre 1820, bei welcher im Laufe
eines Jahres von 380 neu eingerückten Mann 310 kropfkrank
wurden. Eine weitere Epidemie wurde von Lebert im
Jahre 1861 eingehend beschrieben. Ein grösseres Auftreten
von Kropf in der Stadt fand nicht statt.
R e u s s berichtet über eine akute Kropfepidemie in einem
Seminar in Stuttgart 1854.
Ewald sagt: die Epidemien traten in der Mehrzahl in
Kasernen, Internaten und Seminarien auf, waren also an ein¬
zelne Lokalitäten gebunden.
Sie wurden meistens an Orten, wo Kropf endemisch ist,
beobachtet und betrafen nur zugezogene Individuen resp.
Truppenverbände.
Epidemien der gesamten Bevölkerung werden nicht be¬
richtet.
4. Experimentelle Erfahrungen.
Die ersten, welche bei Tieren mit angeblichem Kropi-
wasser positive Tränkversuche aufzuweisen hatten, waren
Carle und Lustig [12 u. 14].
In neuerer Zeit sind solche Versuche mit sehr verschie¬
denen Resultaten wiederholt worden.
Die meisten positiven Erfolge weist Eugen Bircher
[30 u. 31] nach.
B r e i t n e r [29] meldet auch einen positiven Tränkver¬
such, welcher dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Kon-
trollversuche negativ ausgefallen sind.
Diese Erwägungen haben bisher die Hauptstützen für die
Wassertheorie des Kretinismus gebildet.
Ewald [21] kommt auf Grund seiner Betrachtungen per
exclusionem zu dem Schlüsse, dass, wenn das Wasser von
Einfluss auf die Entstehung des Kropfes ist — wobei er hinzu¬
fügt: „und das ist zweifellos“ — , der Grund nur in der An
Wesenheit eines Contagium vivum, eines organischen Krank¬
heitserregers, gesucht werden kann.
Der Anschauung, dass das Wasser die alleinige oder auch
nur die wichtigste Ursache des Kropfes bildet, ist vor allem
entgegenzuhalten, dass es dafür in der medizini¬
schen Erfahrung kein Analogon gibt.
Bei allen Erkrankungen, deren Verbreitung eine Zeitlang
ausschliesslich oder vorwiegend dem Wasser zugeschrieben
wurde, hat es sich herausgestellt, dass das Wasser entweder
gar keine oder nur in der Minderzahl der Fälle eine Rolle
bei der Verbreitung spielt.
Dagegen sind die Analogien sehr zahlreich, in welchen sich
bei Erkrankungen, welche früher ausschliesslich dem Wasser
zugeschrieben worden waren, die Uebertragung durch Kon¬
takt, wie bei Typhus, Ruhr und Cholera, als der hauptsäch¬
lichste Weg der Verbreitung hat erweisen lassen.
Auf Grund meiner Erfahrungen glaube ich, dass es beim
Kropfe und Kretinismus ebenso gehen wird, wie bei diesen
Erkrankungen und ich werde versuchen, dies zu begründen.
1. Die Meinung, dass Kropf und Kretinismus an gewisse
Gegenden gebunden sind, hat sich als unrichtig erwiesen.
Diese Annahme wurde dadurch begünstigt, dass es sich
um exquisit chronische Erkrankungen handelt, welche ein
ganzes Menschenalter dauern, deren Schwankungen sich
daher nicht wie bei den akuten Infektionskrankheiten auf
Wochen und Monate, sondern auf Jahrzehnte und Jahr¬
hunderte erstrecken.
Nach Cavatorti (1907) ist der Kropf in Italien aus den
Provinzen Ferrara, Bari und einigen Distrikten Siziliens
vollkommen verschwunden.
In Spanien (Granada) wird von Tälern berichtet, in die
der Kropf erst anfangs des vorigen Jahrhunderts, dann aber
in sehr ausgedehnter Weise, seinen Einzug gehalten hat.
In Württemberg hat man nach Rösch [2] zu Anfang des
vorigen Jahrhunderts noch gegen 5000 Kretinen gezählt; jetzt
ist der Kretinismus dort fast verschwunden.
Verschwunden ist der Kretinismus auch am Rhein, wo
die Insel Niederwörth bei Koblenz ein berüchtigtes Kretinen¬
nest gebildet hat.
Aber noch weit wichtiger als die zweifellosen Schwan¬
kungen der Endemie nach Ort und Zeit ist die Tatsache, dass
Kropf und Kretinismus auch im Endemie¬
gebiete unter der Bevölkerung durchaus nicht
gleichmässig verbreitet sind, wie anzunehmen
wäre, wenn das Wasser die alleinige Ursache der Störung
bilden würde.
Es müsste denn doch eine gewisse Gleichmässigkeit der
Ausbreitung dieser Störungen im Anschluss an gemeinsame
Wasserversorgungen zu finden sein. Wenn man aber ir
Häuserkomplexen, welche eine gemeinsame Wasserver¬
sorgung haben, sämtliche Bewohner auf solche Störunger
untersucht, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass Krop
und Kretinismus niemals an Wassergemein
schäften gebunden sind, dagegen ganz klar und deut
lieh an gewisse Häuser und in grösseren Häusern an be
stimmte Wohnungen.
Es handelt sich da um eine Wohnungskrankheit
welche in dieser Hinsicht manche Aehnlichkeit mit der Tuber
kulose hat.
Februar 1913.
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Eine Beobachtung, welche jedem Forscher zunächst auf-
:1t, der sich viel mit dem Gegenstände beschäftigt, ist die,
ss der Kretinismus eine ausgesprochene F a -
ilienkrankheit ist; ich führe nur Rösch [2], Maf-
i [3], Knapp [5], K ö s 1 1 [7], C e r 1 e 1 1 i und Peru-
ni [19] und I aussig [36] an, welche von zahlreichen
etinenfamilien berichten.
Ich selbst habe in Steiermark [27] unter 1466 kretinischen
ndern, die in Schilddrüsenbehandlung gestanden sind, 611
41,7 Proz. Geschwister gefunden, welche auf 232 Familien
rteilt gewesen sind.
In Tirol und Vorarlberg sind unter 426 Kretinen 232, also
er 50 Proz. Geschwister gewesen.
Natürlich habe ich zuerst an Heredität gedacht, diese lässt
er bei genauer Untersuchung gänzlich im Stiche, weil die
tern der Kretinen gewöhnlich normal sind, nur die Mutter
der Regel einen Kropf hat, von dem man aber auch meist
rt, dass er erst während der Schwangerschaft oder im
ochenbett entstanden ist.
Ganz ausschliessen lässt sich die Heredität aber durch
i3 zahlreichen von mir und Anderen beobachteten Fälle, in
dchen sich die Kinder kretinischer Mütter vollkommen nor-
id entwickelt haben.
Es ist dies sogar die Regel, weil die Kinder solchen Miit-
•n, welche zur Erziehung nicht fähig sind, gewöhnlich nicht
i lassen werden können. Die Kinder kommen in ein anderes
lius zu einer anderen Familie und das genügt, um sie mit
::herheit vor dem Kretinismus zu bewahren. Sie brau¬
nen gar nicht in eine kröpf - oder kretinen-
: e i e Gegend versetzt zu werden, sondern körn¬
en gewöhnlich nur in ein Nachbarhaus, welches aber kropf-
d kretinenfrei ist.
Dieselbe Beobachtung habe ich wiederholt bei Kindern
:s Kretinenfamilien gemacht, welche absichtlich oder unab-
htlich, z. B. nach dem 1 ode der Mutter, in eine andere
milie zur Erziehung gebracht wurden und sich im Gegen-
tze zu ihren älteren kretinischen Geschwistern normal ent-
ckelt haben.
Umgekehrt habe ich, wenn auch sehr selten, Kinder ge-
iden, welche aus normalen Familien stammen, und bald nach
er Geburt zu kretinischen Familien auf die Kost gekommen
d dort kretinisch degeneriert sind.
Damit stehen ältere Beobachtungen im Einklänge,, über
Gehe K ö s 1 1 berichtet [7].
Die Walliser Edelleute haben häufig nur ihre Erst-
borenen im Hause aufgezogen; die später geborenen Kinder
irden den kretinischen Dienstboten überlassen und dadurch
her zu Kretinen gemacht, wodurch verhütet wurde, dass
s Vermögen geteilt werden musste.
Zur direkten Uebertragung des Kretinismus gehört auch
von mir veröffentlichte Beobachtung über kretinische
nde, welche in dem Bett eines Kretins aufgezogen wur-
n [23].
Durch diese Beobachtungen war also die Heredität aus¬
schaltet, es musste daher wie bei der Tuberkulose dem
ntakte, welcher in der Familie und in der Wohnung ein
iz besonders enger ist, eine Beachtung geschenkt werden.
Bei den darauf gerichteten Untersuchungen hat sich er-
">en, dass Kretinismus im Endemiegebiete auf gewisse
user und noch mehr auf bestimmte Wohnungen be-
lränkt ist.
Auch dies ist schon älteren Autoren aufgefallen.
Kocher [13] erzählt folgendes: Dr. Kummer fiel es
. dass ab und zu Kinder aus vereinzelten Häuseren als
’pflos und aus anderen als sehr stark kropfig gefunden
rden, ohne dass der Untersuchende vorher eine Ahnung
•en konnte, dass sie zusammen gehörten.
Meyer-Ahrens [6] zitiert die Bemerkung eines
E b 1 i n in Chur, welcher ganz in der Nähe von Orten,
denen sich Kretinen befanden, in jeder Hinsicht gesunde, oft
entlieh schöne Menschen getroffen hat und deshalb den Ur-
ind des Kretinismus in der engeren Atmosphäre der un-
telbaren Berührungswelt sucht.
Bef meinen Erhebungen, welche sich jetzt schon auf
lezu 200 Ortschaften erstrecken, habe ich überall dasselbe
Bild gefunden, von welchem ich hier ein typisches Beispiel
dargestellt habe.
Vandans in Vorarlberg. Ich habe dort im Vereine mit dem
Amtsärzte für jedes einzelne Haus die Anamnese über die
früheren Bewohner hinsichtlich des Vorkommens von Kropf
und Kretinismus aufgenommen, soweit als dies möglich war;
ausserdem wurden sämtliche gegenwärtigen Bewohner auf
das Vorkommen dieser Gebrechen untersucht.
Die Kretinenhäuser, welche auf der Karte ersichtlich ge¬
macht wurden, liegen fast alle in kleinen Gruppen neben¬
einander, nirgends lässt sich eine Beziehung zu einer gemein¬
samen Wasserversorgung erkennen, im Gegenteil sieht man
überall, dass die einzelnen Wasserleitungen neben Kretinen-
häusern auch eine Reihe kretinenfreier Häuser versorgen,
welche zum grossen Teile auch vollkommen kropffrei gefunden
worden sind.
Dabei ist zu bemerken, dass sich in den meisten Kretinen-
häusern mehrere Kretinen gefunden haben und häufig auch
die Anamnese Anhaltspunkte ergeben hat, dass diese Häuser
schon früher von Kretinen bewohnt gewesen sind.
Dieses Beispiel ist aber nicht etwa vereinzelt, sondern
wiederholt sich an allen Endemieorten in derselben Weise,
weshalb ich ein grosses Gewicht darauf legen möchte, dass
gerade diese Verhältnisse in anderen Kretinengegenden nach
derselben Methode nachgeprüft werden.
Vor fast 100 Jahren hat v. Fradenek [4] die Tosten-
huben in der Gemeinde Sirnitz in Kärnten beschrieben, in
welchen seit Menschengedenken alle Kinder und auch Er¬
wachsene kretinisch degeneriert sind.
Ich habe diese Tostenhuben. welche grösstenteils noch
heute bestehen, vor wenigen Monaten nachuntersucht [37],
konnte aber in keiner mehr Kropf oder Kretinismus nach-
weisen.
Zwei von den Tostenhuben sind abgebrannt und dann
wieder neu aufgebaut worden.
Eine ist durch 40 Jahre leer gestanden und dann neu ein¬
gerichtet worden und seit dieser Zeit sind Kropf und Kre¬
tinismus verschwunden.
In einer der Huben, welche im Jahre 1847 abgebrannt
ist, konnte festgestellt werden, dass ein vor dem Brande ge¬
borenes Kind noch kretinisch war, während alle nach dem
Brande geborenen Kinder derselben Familie, von welchen
eines der gegenwärtige Besitzer des Hauses ist, sich normal
entwickelt haben.
Die Wasserversorgung ist überall dieselbe geblieben.
Da kann doch nicht das Wasser die Ursache von Kropf
und Kretinismus gewesen sein; viel näher liegt die Annahme,
dass es die Hausgeräte, die Betten, Kleider, Wäsche waren,
an welchen die Schädlichkeit gehaftet hat.
Noch wichtiger für die Beurteilung scheinen mir aber die
Erhebungen über das Vorkommen von Kropf und Kretinismus
in endemiefreien Gebieten. Für solche Untersuchungen eignet
sich Tirol vortrefflich, weil in mehreren Bezirken Kropf und
1*
396
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Kretinismus ausserordentlich selten sind. Kürzlich fand ich
im Bezirke Brixen. in welchem Kropf selten, Kretinismus aber
fast gar nicht vorkommt, in einer Ortschaft einen ausser¬
ordentlich typischen 20 jährigen Kretin. Die Untersuchung in
seinem Wohnhause ergab, dass seine sämtlichen Wohnungs¬
genossen, bestehend aus Mutter, Schwester und zwei Kost¬
kindern, von welchen ein 10 jähriges seit 1 XA Jahren, ein
5 jähriges seit Vt Jahre im Hause ist, mit Kropf behaftet sind.
Die Umgebung ist jetzt kröpf- und kretinenfrei, in einem
Nachbarhause ist vor 6 Jahren ein Kretin gestorben.
Ferner habe ich in dem sonst vollkommen klopffreien
Bezirke St. Leonhard in Passeier zwei Kropffamilien gefunden.
In einer Familie haben eine 82 jährige Frau, deren Bruder
und dessen Tochter Kröpfe; die Mutter der beiden ersteren
war von auswärts aus einer Kropfgegend eingewandert und
hatte den Kropf mitgebracht.
In einer anderen Familie waren drei Brüder wegen i
grossen Kropfes frei vom Militär, obwohl sie an einem kropf¬
freien Orte geboren und aufgezogen sind. Aber die Mutter
der Brüder stammte aus dem stark kropfverseuchten Oetztale |
und hatte einen grossen Kropf in die Ehe mitgebracht.
Der Güte des Prof. Grassi in Rom verdanke ich fol¬
gende Beobachtung: Eine mit Kropf behaftete Tochter eines
deutschen Universitätsprofessors heiratete einen Professor in
Rom; sämtliche Kinder dieser Frau sind im kropffreien Rom
geboren und erzogen, aber alle mit Kropf behaftet.
Damit scheint mir das Vorkommen von Kropf und Kre¬
tinismus in bestimmten Familien oder vielmehr Wohnungs- |
gemeinschafteti zur Genüge beleuchtet zu sein und es erübrigt
nur noch darauf hinzuweisen, dass diese Wahrnehmung das j
zähe Festhalten beider Störungen an gewissen Gegenden weit
besser zu erklären vermag als die Wassertheorie. Diese Ge¬
genden sind erfahrungsgemäss zumeist entlegene Gebirgstäler
oder mitunter auch ebene Flussinseln (Insel Niederwörth,
Schütt) und haben eines gemeinsam, dass die Bevölkerung
dort ungemein sesshaft ist, an alten Sitten und Gebräuchen ,
hängt und Neuerungen wenig zugänglich ist. Es handelt sich
meist um Gegenden mit Einfamilienhäusern, daher das auf¬
fallende familiäre Vorkommen der Störung.
Der alte Hausrat wird von Generation zu Generation ver- |
erbt, die Kinder kommen nie ausser Haus, Wohnungswechsel
kommen ausserordentlich selten vor, wodurch die Schädlich- i
keit an Intensität gewinnt.
Das Gebundensein des Kropfes und des Kretinismus an j
Wohnungsgemeinschaften und der Ausschluss jedweder Be¬
ziehungen zu Wassergemeinschaften wird endlich noch durch
die Beobachtung beleuchtet, dass unter Umständen nur be¬
stimmte Teile der Bevölkerung, welche von
den übrigen besonders abgeschlossen leben,
von den Störungen befallen oder aber frei
davon befunden werden.
John M’Clelland [l] hat eine Kropfendemie in Deoba
in Indien beschrieben, von welcher die niederste Kaste der
Bevölkerung fast vollständig befallen war, die mittlere Kaste
zu zwei Drittel, während die Brahminen vollkommen kropf¬
frei geblieben sind.
Der Autor erklärte dies durch den Genuss verschiedenen
Wassers; es liegt aber doch viel näher, die absolute Ab¬
geschlossenheit der verschiedenen Kasten von einander zui
Erklärung heranzuziehen, was auch durch die folgenden Be¬
obachtungen erläutert wird.
Oberstabsarzt T a u s s i g [36] hat in den Endemiegebieten
in Bosnien beobachtet, dass dort Kropf und Kretinismus unter
den Mohammedanern ausserordentlich stark verbreitet sind;
unter den Serben, welche die gleiche Bevölkerungsziffer wie
die Mohammedaner haben, kommen diese Gebrechen in den
Städten auch vor, aber weit weniger als bei den Moham¬
medanern, während die Serben in den Landgemeinden davon
fast frei sind. Die Oesterreicher, welche seit 34 Jahren im
• Lande sind, sind vollkommen verschont geblieben. Alle ge¬
messen dasselbe Wasser, aber die Mohammedaner halten sich
so abgeschlossen von der übrigen Bevölkerung, dass die Ge¬
legenheit zur Uebertragung, welche eine ständige und enge
Berührung voraussetzt, fehlt.
Selbst dort, wo ein Verkehr Andersgläubiger mit den
Mohammedanern besteht, ist er dadurch eingeschränkt, dass
es jedem Andersgläubigen unmöglich ist, das Haus eines
Mohammedaners zu betreten. Dadurch werden die Anders¬
gläubigen am sichersten vor Kropf und Kretinismus bewahrt,
welche so zähe am Hause haften!
T a u s s i g, dessen wertvolle Monographie vor wenigen
Tagen erschienen ist [36], hat als der erste die Behauptungen
über die Koritaktiibertragung hinsichtlich des Kropfes bestätigt.
Ueber die Genese des Kretinismus steht er insoferne aui
einem anderen Standpunkte, als er diese Störung ausschliess¬
lich für angeboren hält.
2. Die Kropfquellen. Wagner v. Jauregg [33
sagt über die Kropfquellen: „Ich habe mich bei meinen Ex¬
peditionen zur Aufsuchung von Kretinen eifrig nach solcher
Kropfbrunnen erkundigt. So oft ich aber danach forschte
wussten nur die entfernt Wohnenden von dem Kropfbrunner,
zu berichten, während die an Ort und Stelle Wohnenden nicht-
davon wussten oder etwa gar selbst kropffrei waren.
Mir ist es ganz ähnlich ergangen. Ich habe nicht einer
einzigen Kropfbrunnen finden können, stets wenn von einen
solchen die Rede war, hat sich die Sache bei näherer Nach
forschung als ein Irrtum erwiesen.
Grassi und Munaron [15] haben den berühmterj
Kropfbrunnen von Lombroso in Cavacurta untersucht, welche
von den Stellungspflichtigen benützt worden sein soll, un
militärfrei zu werden, und haben festgestellt, dass^ im Ort<
selbst niemand etwas davon weiss und dass in Cavacurt;
Kropf nie endemisch gewesen ist.
Von denselben Forschern wurde die Unwahrheit der An
gaben über die Kropfbrunnen von Antignano nachgewiesen
Wichtiger sind schon die Orte, in welchen nach Ein
führung einer neuen Wasserleitung die Kropfendemie starl
abgenommen hat. Ich kann dem ein Beispiel aus meine
eigenen Erfahrung zur Seite stellen.
Die Stadt Leoben in Steiermark, welche früher viel Kroß
und Kretinismus hatte, wird seit einigen Jahrzehnten imipe
freier von diesen Gebrechen. In diese Zeit fallen eine gross
Zahl von grosszügigen Assanierungen, darunter die Einführun
einer neuen Wasserleitung. Man könnte deshalb auch doi
leicht geneigt sein, dieser Wasserleitung dieselbe Wirkun
zuzuschreiben wie in Rupperswil und in Asp. Es waren abe
dort sicher auch die anderen wesentlichen Verbesserungen ai
dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege, die Schxvemn
kanalisation, die Durchführung einer strengen und vei,
nünftigen Bau- und Wohnungspolizei, die Lebensmittelkoi
trolle und nicht zuletzt die Förderung der persönlichen ind
viduellen Hygiene durch Beispiel und Belehrung, welche di
beiden Gebrechen, die durch Schmutz ausserordentlich bt
günstigt werden, vermindert haben.
Aehnlich dürfte es auch in Rupperswil und Asp gewest,
sein, in welchen ein gesundheitlicher Aufschwung in de
letzten Jahrzehnten, seitdem die Abnahme des Kropfes datici
sicher in verschiedenen Beziehungen zu verzeichnen g«
wesen ist.
Die Beobachtungen an diesen beiden Orten sprechen zw;
deutlich dafür, dass neue Wasserleitungen, vielleicht im Ve
1 eine mit anderen Assanierungen Kropf vermindern könne
sie gestatten aber keinen Rückschluss,
der Kropf früher durch das Wasser verui
sacht worden ist. Dazu fehlt es vor allem an ein
sorgfältigen häuserweisen vorherigen Feststellung des Kropt
und des Nachweises der Sanierung der Kropfnester.
Allgemeine Ziffern, besonders aber die Zählung d
Kropfes unter den Schulkindern geben hiefür keine genüge
den Anhaltspunkte, weil solche Kropfzahlen nicht nur von d
subjektiven Genauigkeit bei der Untersuchung, sondern aul
von epidemischen Schwankungen abhängig sind und des na
binnen wenigen Monaten ein anderes Bild geben konm
Endlich ist zu bemerken, dass B i r c h e r s Bodentheorie U
nirgends bestätigt worden ist, nicht einmal in der Schwei
Für Sachsen hat Hesse [25], für Bayern hau
S c h i 1 1 e n h e 1 m und W e i c h a r d t [35] nachgewiesu
dass sie nicht überall stimmt, in Bosnien hat Taussig L
ganz entgegengesetzte Verhältnisse gefunden.
Am wenigsten geht es aber an, das Wasser eines Brunne
als Kropfwasser zu beschuldigen, wenn dieser Brunnen, v;
I in dem Wächterhause B r e i t n e r s [29] nur ein einziges ru>
. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 397
t Wasser versorgt, weil hier die Schädigung durch den
intakt im Hause und durch das Wasser nicht auseinander-
halten sind. Es muss deshalb für einen Kropfbrunnen, wenn ein
lcher überhaupt je ausfindig gemacht wird, vor allem ge-
dert werden, dass dieser Brunnen mehrere Häuser versorgt
d dass der Kropf in. allen diesen Häusern verbreitet ist.
esen Nachweis kann man aber, wie ich schon früher aus-
irlich dargelegt habe, nicht erbringen.
Die Erzählung von den Militärpflichtigen, welche in ein
opftal gekommen sind und das Wasser einer Kropfquelle
trunken haben, lässt sich auch dadurch erklären, dass diese
ute in Kropfhäusern wohnen mussten und dort reichlich
degenheit hatten, den Kropf durch Kontakt zu erwerben.
3. Die Kropfepidemien sind nach meiner Ansicht
■ intlich ohne weiteres als Beweis gegen die Wassertheorie
. führen, denn sie betreffen nie eine Wasser-
meinschaft, sondern immer nur eine Woh-
ingsgemeinschaft.
Sie sind ausschliesslich in Internaten, Gefängnissen, Semi-
rien, Kasernen und Irrenanstalten beobachtet worden und
konnte nie festgestellt werden, dass die ganze Bevölkerung
des Ortes davon befallen wurde.
Am schlagendsten sprechen gegen die Wasserätiologie
iie Kropfepidemien, welche nur in einem Flügel einer
1 sernc oder nur in einem Stockwerke beobachtet wurden,
(er welche nur die Gemeinen betroffen haben, während die
1 fiziere und Unteroffiziere verschont geblieben sind. Be-
!nnt ist, dass der Schulkropf in den höheren Klassen häufiger
' rkommt.
Ich habe in Volksschulen bei der Untersuchung der
Klasse den Kropf bei den Mädchen weit häufiger gefunden
bei den Knaben. Der Lehrer erklärte dies damit, dass die
jidchen viel bei einander stecken, sich häufig küssen, was
ii den Knaben nicht vorkommt.
Die Kropfepidemien treten gerade so wie die Kretinismus-
idemien häuserweise und familiär auf.
Die akuten Epidemien betreffen ausschliesslich Wohnungs-
-ineinschaften, während die chronischen Endemien aus den-
i ben Gründen, welche für den Kretinismus erörtert wurden,
! uptsächlich auf Familien beschränkt sind, was besonders
v t in sonst kropffreien Gegenden beobachtet werden kann.
Das Auftreten akuter Epidemien wird mit Ausnahme von
! ernaten nur selten beobachtet, wenn man nicht gerade
(.mach sucht, weil die Leute kleinen Vergrösserungen der
: hilddrüse gar keine Beachtung schenken und deshalb
isserst selten den Arzt konsultieren.
Es bestehen aber dessenungeachtet eine Reihe von
s heren Beobachtungen über solche Hausepidemien, von
lchen ich nur eine mir sehr bezeichnend erscheinende Er-
nrung hier anführen möchte.
Auf der Höhe des Arlberges in Tirol steht in St. Christof ein ein¬
ies Hospiz, dessen Bewohner schon viele Jahre dort wohnen und
’ ts kropffrei gewesen sind.
Sie haben ein Neufundländerpaar, dessen Junge zu einem ziem-
it hohen Preise (80 Kronen im Alter von 6 Wochen) verkauft wur-
h, daher sicher immer gesund gewesen sind.
Anfang Jänner 1912, als in der Umgebung des Hospizes 3 m
1 ier Schnee lag, hatte das Weibchen abermals Junge geworfen, von
ben mehrere sofort zugrunde gingen und nur 2 überlebten.
Im Alter von 5 Wochen habe ich diese Hunde untersucht, weil
■ -r davon schwere Erstickungsanfälle hatte, und habe gefunden,
'■ s beide einen grossen Kropf hatten. Die beiden alten Hunde
1 ten einen kleinen Kropf, der scheinbar erst kurze Zeit bestand,
1 h die Tochter des Wirtes, welche die Pflege der Hunde besorgte,
1 te einen kleinen Kropf, den sie früher nie bemerkt hatte.
Die Hunde hatten, seit sie auf der Welt waren, nie Wasser ge-
nken.
Ich sprach sofort die Vermutung aus, dass eine kropfige Person
r Hause sein müsse. i
Die Untersuchung aller Anwesenden ergab auch, dass das seit
-le November für die Wintersaison aufgenommene Stubenmädchen
Ulm einen grossen Kropf hatte.
Im Mai wurde das Stubenmädchen entlassen. Ende September
[ e ich neuerdings Gelegenheit gehabt, die beiden alten Hunde und
; ganze Familie zu untersuchen und habe sie vollkommen kropf-
r gefunden. Vor etwa 14 Tagen hat die Hündin wieder Junge ge¬
lten, welche kropffrei sind. Haus und Wasser sind unverändert,
r das kropfige Stubenmädchen fehlt.
Eine sehr wichtige Kropfepidemie unter Salmoniden wird von
* Hanne Plehn [32J zitiert.
G a y 1 o r d hat in Buffalo diese Epidemie in mehreren Teichen
beobachtet, welche hintereinander geschaltet sind, so dass jeder fol¬
gende^ leich vom Wasser des vorhergehenden gespeist wird.
Es wurde dort mehrfach beobachtet, dass die Zahl der kropfi¬
gen Fische vom ersten Teich der Reihe nach bis zum letzten gleich-
massig zunahm.
Es fanden sich z. B. einmal im 1. Teiche 3 Proz., im 2. 8 Proz.,
im 3. 45 Proz. und im 4. 84 Proz. Kropfkranke.
Im Zuflusswasser oberhalb des ersten Teiches eingesetzte Fische
blieben gesund.
Dies scheint mir mit Klarheit zu bestätigen, dass das
krankmachende Agens nicht durch das Wasser zugeführt,
sondern durch Kontakt im Wasser übertragen wird.
4. Experimentelle Erfahrungen.
Eine der bedenklichsten Schwächen der experimentellen
Beweisführung für die Wassertheorie ist der Umstand, dass
positive Tränkungsversuche in immunen Gegenden nicht ge¬
lingen. Die Erklärung, dass das Kropfwasser nicht den Trans¬
port und nicht einmal das längere Stehenlassen vertrage, ist
unbefriedigend und besitzt in der naturwissenschaftlichen Er¬
fahrung keine Analogie. Weit näher liegt die Erklärung, dass
die Versuchstiere in Endemiegegenden dem Kontakte in den
Stallungen ausgesetzt waren und deshalb einen Kropf be¬
kommen haben.
In endemiefreien Gegenden fällt dieses Moment weg und
deshalb wirkt dort das Kropfwasser nicht mehr.
Den positiven Experimenten steht aber eine viel grössere
Reihe von negativen Versuchsergebnissen entgegen.
Ich weise hier nur auf die Versuche von Grassi und
Munaron [15, 16, 17] hin, welche nach meiner Ansicht be¬
sonders bedeutsam sind, weil sie mit den allergrössten
Kautelen angestellt worden sind.
Die beiden Forscher haben Hunde, welche aus kropffreien
Gegenden stammten, in Kropfgegenden und zwar im Val
Aosta und Veltlin untergebracht und sie mit Streu versehen,
mit Nahrungsmitteln gefüttert und mit Wasser getränkt, welche
entweder gekocht waren oder aus kropffreien Gegenden da¬
hin geschickt wurden.
Umgekehrt wurden Kontrollversuche mit Hunden in Rom
mit Materialien aus den Kropfgegenden angestellt; sämtliche
Versuchsreihen sind so ausgefallen, dass die Hunde in den
Kropfgegenden kropfig geworden, in den kropffreien Gegenden
dagegen kropfverschont geblieben sind.
Grassi hat mich aufmerksam gemacht, dass die Tier¬
experimente in gewisser Beziehung unverlässlich sind, weil
man die Tiere mit ziemlicher Sicherheit kropfig machen kann,
wenn man sie nur länger in Gefangenschaft hält, während frei
herumlaufende Tiere nur sehr schwer kropfig werden.
Ich kann nicht schliessen ohne eine Entdeckung zu er¬
wähnen, welche mir für die Aetiologie des Kropfes und des
Kretinismus von allergrösster Tragweite erscheint.
Es ist die Chagaskrankheit, welche in Brasilien
von Carlos Chagas [26] beschrieben worden ist.
Es handelt sich um eine Schilddrüsenkrankheit, welche
besonders bei den chronischen Formen in mancher Beziehung
dem Kretinismus ungemein ähnlich sieht.
Die Erkrankung wird verursacht durch den Stich einer
Baumwanze, welche eine Trypanosomenart überträgt.
Bei der grossen Bedeutung, welche die Analogie in medi¬
zinischen Dingen hat, muss jedenfalls der Möglichkeit Be¬
achtung geschenkt werden, dass auch unser endemischer
Kropf und Kretinismus durch Zwischenwirte übertragen
werden kann, umsomehr, als dies mit verschiedenen beob¬
achteten Erscheinungen übereinstimmen würde.
Vor allem weist der Umstand, dass die Uebertragung von
Kropf und Kretinismus an längeres enges Zusammenleben ge¬
bunden ist und durch Schmutz ausserordentlich begünstigt
wird, direkt auf gewisse Insektenarten hin.
Das Schwanken der Kropfhäufigkeit nach der Jahreszeit
würde damit auch leicht zu erklären sein.
Endlich würde damit auch das schubweise Auftreten der
Erkrankung, welches gelegentlich beim Kretinismus deutlich
zu beobachten ist und welches stark an die Nachschübe der
Malaria erinnert, volle Erklärung finden.
Ich glaube damit alle Gründe angeführt zu haben, welche
mich bewegen, direkt gegen die Wasscrätiologie von Kropf
und Kretinismus aufzutreten.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
398
Es war dies in dem Bestreben begründet, die wissen¬
schaftlichen Untersuchungen, welche sich gegenwärtig aus¬
schliesslich auf die Wasseruntersuchungen gerichtet haben,
auf ein anderes Feld der Tätigkeit zu lenken, welches sich
nach meiner Meinung fruchtbarer erweisen wird.
Ich fasse meine Gegengründe gegen die Wasserätiologie
des Kropfes und des Kretinismus in folgenden Sätzen kurz
zusammen:
1. Die Kropfquellen halten einer Ueber-
prüfung nicht stand.
2. Kropf - und Kretinismusepidemien wer¬
den nur in Wohnungsgemeinschaften, niemals
aber in Wassergemeinschaften beobachtet.
3. Die Tierexperimente beweisen zum
grössten Teile, dass Kropf und Kretinismus
zum mindesten auch ohne Wasser entstehen
können.
4. Die epidemiologischen Erfahrungen über
das Auftreten und Verschwinden von Kropf und Kretinismus
in Familien und Häusern weisen darauf hin, dass die Ur¬
sache beider Störungen im Hause und in der
Wohnung in der nächsten Umgebung der
Kranken oder in diesen selbst zu suchen ist.
Die Uebertragung der Schädlichkeit durch
einen Zwischenwirt hat eine grosse Wahr¬
scheinlichkeit für sich.
L i t e r a t u r.
1. John M’Clelland: Kropfendemien in Deoba. 1837.
2. Rösch: Neue Untersuchungen über den Kretinismus. 1844. —
3. Mal fei: Der Kretinismus in den norischen Alpen. 1844. -
4. Fradenek v. Konstantin: Ueber die Kropfquellen und Tosten-
huben Kärntens. Zeitschrift d. Gesellsch. d. Aerzte, Wien 1844
und 1846. — 5. Knapp: Untersuchungen über Kretinismus in einigen
Tälern Steiermarks. — 6. Meyer-Ahrens: Einige allgemeine Be¬
merkungen über die Aetiologie des Kretinismus. Frag 1854. —
7. Köstl: Der endemische Kretinismus. 1855. — 8. 1. Saint
Lager: Etudes sur les causes du cretinisme. Paris 1867. — 9. En¬
quete sur le goitre et le cretinisme. Rapport par B a i 1 1 a r g e r.
Paris 1873. — 10. Klebs: Studien über die Verbreitung des Kre¬
tinismus in Oesterreich. 1877. — - 11. H. Bircher: Der endemische
Kropf und seine Beziehungen zur Taubstummheit und zum Kretinis¬
mus. Basel 1883. — 12. Carle: La Riforma medica. 1888. -
13. Th. Kocher: Vorkommen und Verbreitung des Kropfes im
Kanton Bern. Bern 1889. — 14. Lustig: Ueber die Aetiologie des
endemischen Kropfes. Verhandl. d. X. internat. Kongr. in Berlin
1890. — 15. Qrassi e M unaron: Ricerche preliminari dirette a
precisare la causa del gozzo e del cretinismo endemici. Rendiconti
delle r. accademia dei lincei 1903. — 16. Ebenda 1904. — 17. Ebenda
1905. — 18. Scholz: Klinische und anatomische Untersuchungen
über den Kretinismus. Berlin 1906. — 19. C e r 1 € 1 1 i e P e r u s i n i :
L’endemia gozzo-cretinica nelle famiglie. Rom 1907. — 20. E. Bir¬
cher: Zur Pathogenese der kretinischen Degeneration. Beiheft zur
Med. Klinik 1908, 6. Heft. — 21. Ewald: Die Erkrankungen der
Schilddrüse, Myxödem und Kretinismus. Wien und Leipzig 1909. —
22. v. Kutsche ra: Zur Epidemiologie des Kretinismus. Natur¬
forscherversammlung Salzburg 1909 und Oesterr. Sanitätswesen
1909, Beilage zu No. 4L — 23. v. Kutschera: Die Uebertragung
des Kretinismus vom Menschen auf das Tier. Wiener klin. Wochen¬
schrift 1910, No. 45. - — 24. Schlagenhaufer und Wagner
v. Jauregg: Beitrag zur Aetiologie und Pathologie des endemi¬
schen Kretinismus. Wien 1910. — 25. E. Hesse: Die Verbreitung
des Kropfes im Königreich Sachsen mit besonderer Berücksichtigung
der geologischen Verhältnisse. Archiv f. klin. Med. 1911. — 26. Car¬
los Chagas: Ein neu entdeckter Krankheitsprozess des Menschen.
Memorias do Instituto Oswaldo Cruz. Rio de Janeiro 1911. —
27. v. Kutschera: Der endemische Kretinismus, seine Ursachen
und seine Behandlung. Oesterr. Sanitätswesen 1911, Beil, zu No. 7.
— 28. v. Kutschera: Die Aetiologie des Kropfes und des Kretinis¬
mus. Der Amtsarzt 1911, No. 12. — 29. B reit ne r: Ueber die Ur¬
sache und das Wesen des Kropfes. Wiener klin. Wochenschr. 1912,
p. 82. — 30. E. Bircher: Zur experimentellen Erzeugung der
Struma. D. Zeitschr. f. Chir., Bd. 103. — 31. Derselbe: Weitere
histologische Befunde bei durch Wasser erzeugten Rattenstrumen
und Kropfherzen. D. Zeitschr. f. Chir., Bd. 112, 1911. — 32. M. Plehn:
Ueber Geschwülste bei Kaltblütern. Wiener klin. Wochenschr. 1912,
No. 19. — 33. Wagner v. Jauregg: Myxödem und Kretinismus.
Handbuch der Psychiatrie von Aschaffen bürg. 1912. —
34. Julius Baue r: Klinische Untersuchungen über endemischen Kropf
in Tirol. D. Kongr. f. innere Med. 1912. — 35. Schittenhelm
und Weichardt: Der endemische Kropf in Bayern. Berlin 1912.
- 36. Sigmund Taussig: Kropf und Kretinismus. Jena 1912. — -
37. v. Kutschera: Die Tostenhuben in der Gemeinde Sirnitz in
Kärnten. Wiener klin. Wochenschi. 1912, No. 48,
Aus dem Kgl. Institut für experimentelle Therapie zu Frank¬
furt a. M. (Direktor: Wirkl. Geh. Rat. Prof. Dr. P. Ehrlich).
Beobachtungen bei der Chemo-Serotherapie der Pneumo¬
kokkeninfektion.
Von Stabsarzt Dr. K. E. Boehnck e, Mitglied des Instituts.
Den Untersuchungen Morgenroths und L e v y s ver¬
danken wir die Kenntnis der spezifischen Wirkung eines
Derivats aus der Chininreihe, des Aethylhydrocupreins gegen¬
über der Pneumokokkeninfektion. Weitere Untersuchungen
Morgenroths in Verbindung mit Halberstädter
bezw. Kaufmann zeigten ferner, dass die Lösung der freien
Base des Alkaloids in Olivenöl weit sicherer wirkt, als die
Lösung der Alkaloidsalze in Wasser. Gutmann ergänzte
diese Untersuchungen dahin, dass das Aethylhydrocuprein
nicht nur gegen den einen Versuchsstamm der vorher ge¬
nannten Autoren seine spezifische Wirkung ausübt, sondern
fand dieselbe auch bei weiteren 12 echten Pneumokokken¬
stämmen bestätigt. Bei zwei angeblichen Pneumokokken¬
stämmen, wo das Mittel versagte, zeigten differentialdiagno¬
stische Untersuchungen, dass dieselben nicht als Pneumo¬
kokken anzusprechen waren.
Nun besassen wir im Pneumokokkenserum zur spezi-
rischen Bekämpfung der Pneumokokkeninfektion im Tierver¬
such bereits vorher ein recht brauchbares Mittel, das sich
nach neueren Untersuchungen [Lindenstein1 2), Winkel-
mann1'), B e 1 1 z 3), W e i t z 4), Gerönne5 *)] anscheinend
auch bei der Behandlung der menschlichen Pneumonie mit
Vorteil verwenden Hess. Es erschien daher von Interesse zu:
untersuchen, ob sich vielleicht bei kombinierter Anwendung
des spezifischen Serums und des spezifischen Chemikale die;
Resultate in therapeutischer Hinsicht noch verbessern Hessen,
besonders nachdem sich B i e r b a u m bei der Therapie der
Milzbra'ndinfektion die Kombination des Milzbrandserums mit
Salvarsan besonders wertvoll gezeigt hatte. Weiter waren
Untersuchungen geboten, ob wir im Aethylhydrocuprein auch
ein wirksames Mittel besitzen, gegen die Infektion mit so¬
genannten atypischen Pneumokokken. Als solche bezeichnen
bekanntlich N e u f e 1 d und H a e n d e 1 Pneumokokken¬
stämme, die sich mit allen differentialdiagnostischen Methoden
als echte Pneumokokken erweisen, sich aber trotzdem dem
Einfluss eines hochwertigen spezifischen Pneumokokken¬
serums gegenüber ganz refraktär verhalten. Da sich aus
der Tatsache des Vorkommens solcher atypischer Stämme
vielleicht das relativ häufige Versagen des Pneumokokken¬
serums auch bei grossen Dosen nach dem Postulat der zu¬
letzt genannten Autoren in Fällen menschlicher Pneumonie1
und der selteneren Pneumokokkensepsis [Ridder"),
Dorendorf 7)], erklären lässt, während andere Autoren
|L i n d e n s t e i n8), Winckelman n9), B e 1 1 z10). Weit z:1),
GGonne 12), Rodenwald 13)] über relativ günstige Er¬
folge berichten konnten, so musste diese Feststellung ein be¬
sonders praktisches Interesse haben, denn günstigenfalls
müsste die Kombination von Sero- und Chemotherapie, wenig¬
stens bei Mischinfektionen mit typischen und atypischen
Pneumokokken, imstande sein, einen therapeutischen Effekt
zu erzielen, wo, wie gesagt, die Serotherapie allein, nicht zun
Ziele führen könnte.
Endlich war es wichtig zu erfahren, ob vielleicht unter
dem Einfluss des gleichzeitig gegebenen Chemikales eine'
Aenderung des Schwellenwertes des Pneumokokkenserums it
der Richtung einer Erhöhung oder Erniedrigung desselber
eintritt, nachdem N e u f e 1 d und H a e n d e 1 auf die praktische
Bedeutung der Erreichung einer solchen Schwellenwertkon
zentration des Serums für die Wirksamkeit des Pneumo
kokkenserums, sowohl im Tierversuch, wie in der Therapie
der menschlichen Pneumonie hingewiesen haben.
U Münch, med. Wochenschr. 1905, No. 39.
2) Ebenda 1906, S. 26.
3) Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 1.
4) Med. Klinik 1912, No. 26.
5) Berliner klin. Wochenschr. 1912, No. 36.
B) Charite-Annalen, XXXVI. Jahrgang.
7) Med. Klinik 1912, No. 39.
sj bis ,2) 1. c.
13) Deutsche med. Wochenschr. 1909, No. 50.
?5. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
399
Die Versuche wurden angestellt an weissen Mäusen. Die
lfektion erfolgte stets intraperitoneal, mit der 10— 100 fach
;. u.) tödlichen Dosis 24 ständiger Pneumokokken-Bouillon-
ulturen, deren gleichmässige Virulenz sich aus Kontrollver-
ichen stets sicher ergab. Die nachstehend angegebenen
lengenverhältnisse des Chemikale bezw. des Serums be-
ehen sich stets auf das Gewicht von 20 g Maus. Vom
ethylhydrocuprein wurde eine 2 proz. Lösung in sterilem
livenöl benutzt, die also 0,02 g der wirksamen Substanz in
ccm enthielt. Zur Serotherapie wurde in allen Versuchen
n von der chemischen Fabrik E. Merck in Darmstadt
eundlichst zur Verfügung gestelltes hochwertiges (20 faches)
ntipneumokokkenserum verwendet.
Abgesehen von einigen Vorversuchen, in denen wir bei
nwendung des Aethylhydrocupreins in wässeriger Lösung
■n grösseren Prozentsatz unserer Versuchstiere infolge
oxizität des Mittels verloren, haben wir durchweg gleich-
ässig gute Resultate erzielt. Von grösster Wichtigkeit
>igte sich hierbei das Einhalten einer bestimmten Temperatur;
s optimale Temperatur zeigte sich 20—22° C. Wie näm-
;h schon Morgen roth betont und auch uns aus anderen
lemotherapeutischen Versuchen bekannt war, sind die
xischen Erscheinungen bei Kälte viel ausgeprägter und die
lerverluste ungleich höher14). Dass aber auch ein Verweilen
■r Versuchstiere bei stärker erhöhter Aussentemperatur für
ese recht schädlich sein kann, zeigten uns Parallelversuche,
;i denen je eine Reihe bei 20—22 0 C, die andere Reihe bei
1—30° C gehalten wurde und deren untenzusammengestellte
esultate für sich sprechen.
Aussentemperatur
20—22° C
28—30° C
Aethylhy-
drocupein 0,7
60 Proz. geheilt
40 „ toxisch f
20 Proz. geheilt
80 „ toxisch t
do. 0,65
60 Proz. geheilt
30 „ toxisch f
10 „ an Infektion +
30 Proz. geheilt
60 „ toxisch f
10 „ an Infektion f
do. 0,6
pro 20 g
80 Proz. geheilt
20 „ toxisch f
50 Proz. geheilt
40 ,. toxisch f
10 „ an Infektion t
Diese enorme Toxizitätserhöhung lässt sich vielleicht du¬
rch erklären, dass bei stark erhöhter Temperatur die
Sorption des Mittels eine sehr beschleunigte ist und infolge-
ssen in unverhältnismässig stärkerem Masse toxische Wir-
ng zeigt.
Bei den therapeutischen Versuchen mit Kombination der
lemo- und Serotherapie legten wir von Anfang an beson-
ren Wert auf die Feststellung, ob sich trotz Anwendung
irkungsloser Einzeldosen des Chemikale bezw. des Pneumo-
i kkenserums bei Kombination der beiden heterogenen Thera-
utika trotzdem eine Besserung oder gar Heilerfolge er-
:den lassen. In Vorversuchen wurde zunächst der thera-
lutische und toxische Effekt des Chemikale bezw. der Heil-
'ekt des Serums festgestellt. Es ergab die einmalige sub-
tane Injektion des Aethylhydrocuprein in Olivenöl 2 proz.
i der Menge von
0.7
0,65
0,6
cc pro 20 g (s. o.)
» » 20 w „
n J> 2 0 „ „
60 Proz. geh., 40 Proz. t tox.
60 bzw. 70 „ „ 30 „ f „
80 „ „ 20 „ t ,
Zur Kombinationstherapie wurde daher eine kleinere
'»sis des Aethylhydrocupreins (0,5 bezw. später stets
! ^cm) gewählt, bei deren Anwendung Verluste infolge
xizität nicht mehr zu befürchten waren, die aber anderer-
' tS auch allein einen Heileffekt nicht mehr auszulösen ver¬
achte. Vom Pneumokokkenserum genügte bei intravenöser
ektion und gleichzeitiger Infektion die geringe Dosis von
01 ccm ziemlich sicher zur Kapierung der Infektion. Es
ordc daher als Kombinationsdosis für die Versuche mit
•ichzeitiger Infektion 0,75 bezw. 0,7 ccm der Serumver-
nming 1 ; 1QQQ (gleich 0,00075 bezw. 0,0007) gewählt. Bei
. "■ j.n e‘ner nach Abschluss dieser Untersuchungen erschienenen
'eit führt Eng wer seine durchaus unbefriedigenden Resultate
’ der Chemotherapie der Pneumokokkeninfektion mit Aethylhydro-
' 'rein an weissen Mäusen zum Teil wohl aucii darauf zurück,
tschr. f. Hyg. und Inf.-Krankh. 1912, Bd. 73.
späterem Einsetzen der Therapie verringerte sich aber die
Heilwirkung des Serums in starker Progression, so dass auch
ei lieblich erhöhte $erumdosen für sich allein nur schwache
Wirkung zeigten (s. u.).
A. Schutz- und Heilversuche gegenüber In¬
fektionen mit typischen Pneumokokken.
1. und 2. Versuch.
Infektion und Therapie gleichzeitig.
Infektion
Versuch 1
Versuch 2
Therapie
1.
Tag
2. 3.
4. 5.
Therapie
Tag
1. |2. 3.
4. 5.
0,5
1/10000
i. p-
von
Stamm
H.
(24stünd.
Boullon-
kultur)
—
ag +
K
+1
—
ag
K
K
t
+
Aethylhydro-
cuar.0,5subkut.
'
?
Ö
0
i
p
ö
0
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K
K
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K
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0
0
Aethylhydro-
eupr. 0,45 s. c
0
0
0
9
k
0
K
t
+
0
0
Serum
0,00075
i. v.
0
0
0
Serum
0,0007
i. v.
0
0
0
4-
0
0
0
0
0
0
0
0
0,5
Aethylhydro-
cupr. subkutan
+
0,00075
Serum i. v.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0,45
Aethylhydro-
cupr. subkutan
+
0,0007
Serum i. v.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
TT
0
0
0
0
0
Anm. : ag = agonal, K = krank.
Aus diesen wohl mehr als Schutzversuche anzusprechen¬
den Reihen ergibt sich als Resultat:
Bei Chemotherapie Heilung in 33 Proz.
Bei Serotherapie Heilung in 66 Proz.
Bei Kombinationstherapie Heilung in 100 Proz.
3. — 5. Versuch.
Therapie: bei A. nach 1 Stunde, bei B. nach 2 Stunden und bei C
nach 3 Stunden.
Infektion
Therapie
Versuch A
Versuch B
Versuch C
1.
I 2.
3.
1 4.
5.
1.
1 2.
3.
4
5.
1
1 2.
3.
1 4.
5.
_
K
+
4-
4-
—
+
4-
K
+
—
+
K
+
K
4-
0,5
Aethylhydro-
0
K
t
0
9
4-
0
+
1/10000
cupr. 0,45
0
0
?
?
0
0
+
?
4-
subkutan
0
+
0
+
Ö
4-
i. p.
Serum
?
K
“I“
0
-1-
von
0,0007
ö
0
?
K
+
0
+
K
+
Stamm
intravenös
0
0
0
0
0
K
4-
K
4-
H.
0,45
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
+
24 stiind
Aethylhydro-
0
0
0
0
0
K
4-
0
0
4-
cupr.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
~r
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0,0007
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Serum
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
o
0
0
In diesen ausgesprochenen Heilversuchen ergibt sich als
Resultat:
Bei Chemotherapie Heilung in 11 Proz.
Bei Serotherapie Heilung in 11 Proz.
Bei Kombinationstherapie Heilung in 83 Proz.
Unter Zurechnung auch der beiden ersten Versuche er¬
gibt sich als Gesamtresultat:
Bei Chemotherapie Heilung in 20 Proz.
Bei Serotherapie Heilung in 33 Proz.
Bei Kombinationstherapie Heilung in 90 Proz.
der Fälle.
Wir möchten noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen,
dass sowohl vom Chemikale, wie vom spezifischen Serum
absichtlich stets nur unterheilende Dosen 15) Anwendung
15) Eng w e r, der mit der Kombination von Chemo- und Sero¬
therapie bei der Pneumokokkeninfektior: am Meerschweinchen eben¬
falls bessere Resultate erzielte, als mit jeder Methode für sicli allein,
verwendete das Aethylhydrocuprein dabei in ganzer Dosis und ver¬
ringerte nur die Serumdosen (1. c, s. o.).
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
-100
No. 8.
fanden, um die event. besseren Erfolge bei der Kombinations¬
therapie, wie sic sich tatsächlich in überraschender Weise
zeigten, deutlicher zur Beobachtung kommen zu lassen.
B.Schutz-und Heilversuchegegenüber Misch¬
in f e k t i o n e n mit typischen und atypischen
Pneumokokken.
Es musste zunächst geprüft werden, ob das Aethylhydro-
kuprein gegenüber den atypischen Pneumokokkenstämmen
dieselbe Wirksamkeit zeigt, wie es nach den bisherigen Ver¬
suchen (s. o.) gegenüber echten Pneumokokken der Fall zu
sein scheint.
Zur Infektion diente ein von Herrn Regierungsrat Prof.
Dr. Haendel uns liebenswürdigst zur Verfügung gestellter
Pneumokokkenstamm, von dem 0,5 ccm einer Verdünnung
1:5000 bzw. 1: 10 000 die Kontrahiere regelmässig in \Ä bis
2% Tagen tötete. Durch verschiedene Pneumokokkensera (aus
dem Sächsischen Serumwerk, aus den Höchster Farbwerken,
von E. Merck) wurde dieser Stamm bei Anwendung grosser
Dosen (bis 0,2 pro Maus) absolut nicht beeinflusst (s. Pro¬
tokoll).
Serum subkutan, Kultur 4 Stunden später i. p. :
1 ccm der
Serum¬
verdünnung
1 : 10 = 0,1
1:20 = 0,05
Infektion
0,5
1/10000
24stünd.
Bouillon¬
kultur
i. p.
Pneumokokken-Serum
Merck
Tag
2.1 3. 4. 5.
0 +
? +
K4-
0
?
K
K 1 +
0 1 ?
? +
+1
+
Dresden
Tag
1.12J3. 4. 5.
0 I 0
?j +
K' +
'+!
Hoechst
1.12.
ag
3.! 4.’ 5.
kJ
0 1 0
K +
01K1 +
0 I K j+
0 K +
K +
+:
Dass dem Aethylhydrocuprein auch auf solche atypische,
durch Pneumokokkenserum nicht beeinflussbare Stämme eine
ausgezeichnet spezifische Wirkung zukommt, zeigt — trotz er¬
schwerter Versuchsbedingungen — der folgende Versuch. Die
Infektionsdosis (0,5 ccm Vsooo i. p.) ist hier doppelt so stark
wie oben, die Therapie erfolgt erst nach der Infektion:
1. 10 weisse Mäuse erhalten 0,65 der Base in Oel.
2. 10 weisse Mäuse erhalten 0,6 der Base in Oel.
Nach 10 Tagen leben von der 1. Reihe 9 Tiere (1 Maus toxisch
nach wenigen Stunden eingegangen).
Nach 10 Tagen leben von der 2. Reihe 9 Tiere (1 Maus +3,
keine Pneumokokken, massenhaft B. subtilis).
Kontrollen + 1 Yi — +2.
Damit erschien die Möglichkeit der wirksamen Kom-
binationsbehandlung einer Mischinfektion aus typischen und
atypischen Pneumokokken gegeben, bei der die Serumtherapie
allein infolge ihrer Wirkungslosigkeit gegenüber dem atypi¬
schen Stamm versagen musste und die Chemotherapie gegen¬
über der Gesamtinfektionsdosis einen Heilerfolg nur bei An¬
wendung heroischer Dosen haben konnte, wobei prozentual
starke Verluste infolge Toxizität wohl unvermeidlich wären.
Behandlung von Mischinfektionen durch
typische und atypische Pneumokokken mit
Serum + Aethylhydrocuprein:
Injektion i. p. mit je 0,5 ccm 1/10000 24 ständiger Bouillon¬
kultur.
Serum i. v.: Bei Versuch a) und b) je 0,7 FlOOO, bei Ver¬
such c) 0,7 1/100.
Aethylhydrocuprein subkutan: je 0,45 ccm der 2proz. Lösung
in Olivenöl.
Bei der Wahrscheinlichkeit, die therapeutischen Erfolge durch
eine Wiederholung der Therapie zu verbessern, wurde in Versuch d)
die nach 2 Stunden post infektionem eingeleitete Therapie (Serum i. v.
0,7 1/500, Aethylhydrocuprein 0,45 ccm subkutan) nach 24 Stunden
noch einmal wiederholt, ln Versuch e) endlich wurde die, 5 Stunden
nach der Infektion, eingeleitete Therapie (Serum 0,7 1/100 i. v..
Aethylhydrocuprein 0,45 ccm subkutan) nach 24 und 48 Stunden mit
der gleichen Serumdosis aber schwächeren Mengen des Chemikale
(je 0,25 ccm) wiederholt.
Bemerkt wird zu obigem Protokoll, dass darin die Re¬
sultate für die 4 ersten Tage und in der 5. Spalte für den 1
10. Versuchstag angegeben sind. Wie die Protokolle zeigen,
sind die Kontrollen meist bereits nach 24 Stunden, die allein
mit Serum oder Aethylhydrocuprein behandelten Tiere — mit
einer Ausnahme in Versuch a — längstens bis zum 4. Tagei
gestorben und nur bei der Kombinationstherapie zeigen sieh
darüber hinaus noch Veränderungen Die Mehrleistung der kom¬
binierten Serum- und Chemotherapie geht aus den Ver¬
suchsergebnissen ohne weiteres hervor. Während die Chemo¬
therapie oder Serumtherapie für sich allein angewendet kein
Tier zu retten vermochte, Heilung also gleich 0 Proz. war,
wurden bei der Kombination beider Mittel Heilungen immer¬
hin in 58 Proz. erzielt. Die Resultate dürften sich bei öfterer)
Wiederholung der Therapie bzw. mit — wenn auch nur ge¬
ringer — Erhöhung der Aethylhydrocupreindosis 1B) unschwer
noch verbessern lassen.
Gerade wegen der therapeutischen Wirksamkeit schon!
kleiner Dosen des Chemikales, die weit entfernt sind von der
toxischen Grenze des Mittels, in Verbindung mit der Serum-
therapie dürfte sich vielleicht die Uebertragung dieser Kom¬
binationstherapie auf die Verhältnisse beim Menschen am
meisten eignen, da hierdurch wohl die sehr störenden Neben¬
wirkungen des Aethylhydrocupreins in grossen Dosen [Am¬
blyopie: Fränkel17), W right18)] am ehesten vermieden
werden dürften.
Ganz besonders aber dürfte sich diese Kombinations¬
therapie auch aus dem weiteren Grunde sehr empfehlen, dass
nämlich das Aethylhydrocuprein — wenigstens im Tierver¬
such — zu einer ganz bedeutenden Erhöhung des Schwellen¬
wertes des Pneumokokkenserums beizutragen scheint, wie es:
diesbezügliche Versuche zeigten.
C. Einwirkung des Aethylhydrocupreins auf
die Schwellenwertkonzentration des Pneumo¬
kokkenserums.
(Versuchsprotokoll siehe nächstfolgende Tabelle.)
Während also, wie das Versuchsprotokoll zeigt, die allen
nige Anwendung von Serum bzw. Aethylhydrocuprein nur
die 10 000 bzw. 2000 fache tödliche Infektionsdosis zu paraly-.
sieren vermag, steigert die kombinierte Anwendung beider
Mittel dieses Vermögen derart, dass noch die 20 bzw. 100 fad
grössere Infektionsdosis vernichtet wird. Es dürfte also auch
unter Berücksichtigung dieses Umstandes der Mitverwendune
geeigneter chemotherapeutischer Präparate bei der Serum¬
behandlung der Pneumonie bzw. Pneumokokkeninfektion de:
Menschen das Wort zu reden sein.
Die bisher vorliegenden Untersuchungen (Morgenrot!
und Levy, Morgenroth und Kaufmann, Gut m a 11 n
einschliesslich der vorberichteten machten es wahrscheinlich
dass wir im Aethylhydrocuprein ein solches spezifisches Prä
parat gegen alle Pneumokokkeninfektionen besitzen,
musste daher die Feststellung von grossem Interesse sein
dass es anscheinend auch Pneumokokkenstämme gibt, welch1
10) Eine weitere Erhöhung der Serumdosen dürfte eben wegei
der Wirkungslosigkeit des Pneumokokkenserums auf die atypische'
Pneumokokken der Mischinfektion für den therapeutischen Schluss
effekt weniger von Belang sein.
17) Berliner klinische Wochenschrift 1912, S. 664.
,8) Lancet 1912, No. 4659 und 4660.
Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
-401
Therapie unmittelbar nach erfolgter Infektion:
.ultur 0,5
Serum
Chemikale
1.
2.
Tag
3. 4.
5.
10.
1:5
0,1
pro 20 g
i. v.
0,45
Aethylhydro-
0
0
0
0
§
0
0
ö
0
0
0
1 : 10
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1 : 100
cuprein
s. c.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1:500
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1 : 5
Se. 0,1
0,45 Aethylc.
0
?
t
1:10
Se. 0,1
0,45 Aethylc.
0
K
4-
+
1:100
Se. 0,1
0,45 Aethylc.
0
K
?
+
0
0
0
0
1:500
Se. 0,1
0,45 Aethylc.
0
?
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
[ : 10000
—
—
+
+
: 1000000
—
—
■?
k
+
+
2 spezifische Wirkling des Aethylhydrocupreins nicht so
utlich in Erscheinung treten lassen. Als solcher erwies sich
i von Herrn Dr. Marks- Frankfurt überlassener, diffe-
ntialdiagnostisch als echter kapselbildender Pneumokokkus
^sprechender Stamm. Bei Infektionen mit diesem Stamm
igte das zur Therapie verwendete Aethylhydrocuprein in
n gebräuchlichen Dosen regelmässig eine erhebliche Steige¬
ng seiner Toxizität, weshalb man zunächst an eine völlige
twirksamkeit des Präparats ihm gegenüber hätte denken
mnen. Während, wie oben gezeigt, bei Injektion von 0,6
s Aethylhydrocuprein pro 20 g Maus durchschnittlich nur
Proz. Verluste infolge Toxizität zu verzeichnen sind, er-
•hte sich die Verlustziffer bei Infektion mit dem Stamm
arks derart, dass bei 0,6 Aethylhydrocuprein noch 70 Proz.,
i 0,5 noch 60 Proz., ja selbst bei 0,45 bzw. 0,4 (beides
3sen, mit denen sonst — allein oder bei gleichzeitiger In-
Ktion gegeben — toxische Erscheinungen überhaupt nicht
ehr ausgelöst wurden), noch 30 bzw. 20 Proz. der Versuchs¬
ire, innerhalb 8 bis 16 Stunden toxisch eingingen. Erst 0,35
s Aethylhydrocuprein erwies sich bei Infektion mit diesem
amm als sicher nicht mehr toxisch wirkende Dosis. Bei
iwendung fraktionierter kleinerer Dosen gelang es dann
ich hier einen immerhin deutlichen therapeutischen Effekt
erzielen.
ektion: Stamm Marks, 24 ständig, 0,5 1/10 000 intraperitoneal,
erapie gleich darauf: Aethylhydrocuprein subkutan 0,35 pro 20g.
g
Therapie
Versuchstiere
Kontrolliere
a
b
c
d
e
f
g
h
.
1
k
I
II
III
IV
0,3 Aethylhydrocupr.
0
0
0
0
0
0
0
K
0
0
+
+
+
K
do.
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
+
—
0
•?
0
0
0
0
?
0
0
0
.
0,3 Aethylhydrocupr.
0
4-
+
+
0
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0
0
0
subkutan
—
0
0
0
T
?
0
0
•
/ -
0
0
0
0
0
0
Verschiedene Pneumokokkensera (Höchster Farbwerke,
Merck, Sächsisches Serum werk) übten auch in grossen
isen keinerlei Wirkung auf den Stamm aus, ebensowenig
i eptokokkensera (Höchst, A r o n s o n), die ebenfalls ver-
cht wurden, da die Diplokokken bisweilen in 2 und 3 Paaren
angeordnet sich fanden, dass ganz kurze Ketten vor¬
täuscht erschienen. Es war danach zu erwarten, dass auch
e Verbindung von Aethylhydrocuprein mit Serum keine Ver-
sserung der Heilerfolge herbeiführen würde, wie es tat-
chlich der Fall war. Bei Anwendung derselben Dosen
thylhydrocuprein + 4 mal 0,01 Pneumokokkenserum erlagen
>n 10 Mäusen 7 der Infektion, 3 wurden dauernd geheilt. Bei
iem weiteren Versuch, wo ausser dem Aethylhydrocuprein
No. 8.
(wie oben) noch Pneumokokkenserum + Streptokokkenserum
(4 mal 0,01 i. v.) injiziert wurde, überlebten von 10 Mäusen 6,
d. h. ebensoviele wie bei der alleinigen Anwendung der Cherni-
kales. Es musste demnach angenommen werden, dass dieser
Pneumokokkenstamm ein Toxin bildet, das die Toxizität des
Aethylhydrocuprein erheblich zu steigern vermochte. Mehr¬
fach angestellte Untersuchungen des aus 48 ständigen Bouillon¬
kulturen hergestellten Toxins schienen tatsächlich diese An¬
nahme zu bestätigen. Es wirkten nämlich je 0,3 ccm des To¬
xins dös Pneumokokkenstammes Marks in Verbindung mit
0,35 Aethylhydrocuprein schon derartig toxisch, dass die
Mäuse fast ausnahmslos nach wenigen Stunden schwer krank,
nach 24 Stunden agonal waren und danach der Intoxikation
erlagen, während bei Verwendung von 0,3 ccm eines Toxins
von dem zu dei) früheren Versuchen benutzten Stamm H mit
der gleichen Dosis Aethylhydrocuprein eine toxische Wirkung
entweder gar nicht oder ganz selten und dann viel weniger
ausgeprägt (Mäuse nach 24 Stunden fraglich bis krank) sich
zeigte. Kontrollen mit 0,3 ccm Toxin Marks oder H.
sowie andere mit 0,35 Aethylhydrocuprein injiziert blieben
gesund. Bei erhöhten Dosen wirkte 0,5 ccm des Toxins
Marks allein schon toxisch (Tod meist bereits nach wenigen
Stunden), das Toxin H. dagegen nicht.
Weitere Untersuchungen würden zu prüfen haben, ob sich
derartige Stämme, was nach den bisherigen Feststellungen
allerdings nicht der Fall zu sein scheint, häufiger finden.
Aus der III. med. Abteilung des allgemeinen Krankenhauses
Hamburg-Eppendorf (Oberarzt: Dr. Reiche).
Ueber Vorkommen von Tuberkelbazillen im strömenden
Blut*).
Von Dr. Erich Q u e r n e r, Assistenzarzt.
Eine der wichtigsten Fragen in der Pathologie der mensch¬
lichen Tuberkulose ist in den letzten Jahren die Frage nach
dem regelmässigen Vorhandensein der Tuberkelbazillen im
strömenden Blute der Tuberkulosekranken geworden. Dass
auch bei chronischer (Lungen-) Tuberkulose gelegentlich ver¬
einzelte virulente Bazillen ins Blut gelangen können und dass
dies bei progressen Fällen sogar die Regel ist, zeigen — ganz
abgesehen davon, dass die Propagation der sogen, chirur¬
gischen Tuberkulose der Knochen und Gelenke auf diese
Weise erklärt werden muss — die bei der Sektion solcher
Fälle fast stets in den übrigen Organen (besonders Leber,
Milz, Nieren) gefundenen vereinzelten Tuberkel.
Weichselbaum [ 1 J weist gelegentlich seiner Bazillen¬
befunde im Blute bei Miliartuberkulose auf diese Tatsache hin, spricht
aber die Ansicht aus, dass in diesen Fällen, im Gegensatz zur
Miliartuberkulose, die Bazillen in so geringer Menge ins Blut ge¬
langen, dass ein Finden derselben als ganz ausserordentlicher Zufall
erklärt werden müsste. Auch Weigert [2] betont, dass, im prin¬
zipiellen Gegensatz zur Miliartuberkulose, die gewöhnliche Tuberku¬
lose nicht als Allgemeininfektion aufzufassen sei, eine Auffassung, die
bis jetzt grundlegend in der Pathologie der Tuberkulose war.
In den letzten Jahren sind nun zahlreiche Autoren auf Grund
ihrer Untersuchungen zu der Ansicht gekommen, dass auch bei der
chronisch verlaufenden Tuberkulose das Vorkommen der Tuberkel¬
bazillen im strömenden Blute in nachweisbarer Menge sehr häufig
sei; einige halten es sogar für die Regel, auch bei ganz leichten
Fällen und sprechen demzufolge der Blutuntersuchung auf Tuberkel¬
bazillen eine grosse diagnostische Bedeutung zu, z. B. Rosen¬
berger [3], Kennerkne c h t [4], Jessen und R a b i n o -
witsch [5], Kurashige [6]; manche berichten ausserdem auch
von Bazillenbefunden im Blute klinisch völlig gesunder Menschen
und kommen somit zu einer wesentlich anderen, als der bisher
gültigen Auffassung von der Pathogenese der menschlichen Tuber¬
kulose.
So nehmen z. B. Kurashige und Kennerknecht das
Bestehen einer primären Bazillämie bei der Tuberkuloseinfektion an,
und Liebermeister [7] stellt, in Parallele mit der Syphilis, den
Begriff der „sekundären Tuberkulose“ auf, wie er das Bestehen einer
Bazillämie ohne Lokalerkrankung im Gegensatz zur „tertiären Tuber¬
kulose“ mit Lokalerkrankung nennt.
Folgende Autoren berichten über positive Resultate der Unter¬
suchung des Blutes auf Tuberkelbazillen:
Lieb mann [8] fand unter 35 mit Tuberkulin behandelten
Tuberkulösen in 30 Fällen Tuberkelbazillen im einfachen Blutaus¬
strich, niemals dagegen bei nicht mit Tuberkulin behandelten Fällen.
*') Der Redaktion eingesandt am 28. November 1912.
2
402
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Seine Befunde wurden von Ewald [9], K o s s e 1 [10], Outtmann
und Ehrlich [11], Prior [12] nicht bestätigt, wurden durch
Kossels Untersuchungen ausserdem mit grosser Wahrscheinlich¬
keit als das Resultat von Verunreinigungen erwiesen.
Alle übrigen Untersuchungen lassen keine Beziehungen zur
Tuberkulinbehandlung erkennen.
Courmont [13] fand unter 30 Fällen von Lungentuberkulose
in 5 Fällen Bazillen im Blut, Berger on 1 1 4 [ unter 36 in 2 Fällen
im Tierversuch; ebenfalls im Tierversuch Gary |15j unter 35 in
5 Fällen. Jousset |16| unter 35 schweren Fällen in 11 Fällen
mittels seiner Methode der Inoskopie (teilweise auch Tierversuch).
Lesieur 1 1 7 1 unter 30 in 6 Fällen. Liidke [18] hatte unter
17 Fällen in 5 Fällen positiven Tierversuch (injizierte 5 — 10 ccm Blut
intraperitoneal, fand in den positiven Fällen ausgedehnte Tuber¬
kulose der Tiere), 2 seiner Fälle waren jedoch Fälle von Miliar¬
tuberkulose.
Hildebrandt [19] hatte bei einem Falle von Lungentuber¬
kulose mit Erythema nodosum positiven Tierversuch. Rosen¬
berger (1. c.y fand bei 125 Tuberkulösen aller Stadien in 100 Proz.
im Sedimente von 5 ccm mit der gleichen Menge Natriumzitratlösung
versetzten Blut Tuberkelbazillen; Bond Stow [20] im einfachen
Blutausstrich unter 18 vorgeschrittenen Fällen in 6, unter 10 beginnen¬
den Fällen in keinem Falle Bazillen. Forsyth [21] hatte positives
Resultat in 10 von 12 Fällen nach Rosenbergers Technik, nach
derselben Methode in 8 von 20 Fällen Mendenhall und
Petty [22]. Lafforgue [23] hatte bei 2 von 4 Fällen positiven
Tierversuch. Schnitter [ 24 1 kombinierte das Stäublische
Essigsäureverfahren mit der Antiforminmethode, untersuchte mikro¬
skopisch das erhaltene Sediment; er hatte bei Lungentuberkulose
unter 17 Fällen 111. Stadiums in 47 Proz., 9 Fällen II. Stadiums in
22 Proz., 8 Fällen 1. Stadiums in 0 Proz., bei 4 Fällen von Tuber¬
kulose anderer Organe in 2 Fällen positives Resultat.
B r o 1 1 1 25] fand nach Schnitters Verfahren bei 2 Kühen
mit offener Tuberkulose im Blut Bazillen.
L i p p m a n n [ 26 1 fand nach demselben Verfahren unter 25 Fällen
bei 1 1 Bazillen.
Sabrazes [27] fand Bazillen im Blute eines Falles, den er
beschreibt als Septicopyohemie tuberculeuse mit verkäsenden „locali-
sations exterieures“.
K o s 1 o w [28] fand nach modifiziertem Schnitter schem Ver¬
fahren bei Tuberkulose stets, bei Tuberkulose verdacht zuweilen, bei
Lupus nicht selten säurefeste, Gram-positive Bazillen im Blute.
Acs-Nagy [29] hatte nach dem Schnitter sehen Verfahren
bei 2 Fällen Stadium II negative, bei 17 Fällen Stadium III 6 positive
Resultate; Jessen und Rabino witsch (1. c.) nach demselben
etwas modifizierten Verfahren (Färbung nach Z i e h 1 und Much)
unter 36 Fällen 9 positive. Sturm 1 30 ] hatte nach derselben Me¬
thode (Färbung nach Z i e h 1 und Much) übereinstimmend mit Tier¬
versuchen (5—6 ccm Blut Meerschweinchen intraperitoneal injiziert)
unter 56 Fällen 21 positive Resultate, und zwar in Stadium I in
50 Proz., in Stadium II in 38 Proz., in Stadium III in 50 Proz.;
Mommen [31] von 15 Fällen, auch ganz leichter Tuberkulose,
11 positive nach der kombinierten Antiformin-Ligroinmethode.
Kurashige (1. c.) fand nach einem kombinierten Essigsäure-
Antiforminverfahren von 155 Fällen aller Stadien der Lungentuber¬
kulose in 100 Proz. und in 59 Proz. von 34 Fällen klinisch Ge¬
sunder bei Färbung des Sedimentes nach Ziehl reichlich Tuberkel¬
bazillen; in 4 Fällen wurde das Sediment ausserdem mit positivem
Resultat auf Meerschweinchen verimpft; später fand er bei 20 wäh¬
rend längerer Zeit wiederholt untersuchten Fällen dauerndes Vor¬
handensein der Bazillen. Krause 1 321 fand bei mikroskopischer
Untersuchung mit Antiforminverfahren unter 132 Fällen 33 positive,
die dem II. und III. Stadium angehörten. Liebermeister (1. c.)
hatte bei 100 Fällen von Lungentuberkulose im Tierversuch (3—6 ccm
Blut Meerschweinchen intraperitoneal oder subkutan injiziert) 40 posi¬
tive Resultate; bei klinisch nicht an Tuberkulose Leidenden 6 positive
Resultate im Tierversuch; bei mikroskopischer Untersuchung nach
dem Schnitter sehen Verfahren bei 15 Fällen offener Lungentuber¬
kulose 15, bei 13 Fällen geschlossener Lungentuberkulose 11 positive
Resultate; auf dieselbe Weise hate er bei 70 Patienten, bei denen
klinisch eine Tuberkulose nicht nachweisbar war (z. B. Fälle von
Streptokokkensepsis. Erysipel, rheumatischen Erkrankungen, Skrofu¬
löse, Anämien u. a.) positive Resultate.
Duchinoff 1 33] fand nach einem modifizierten Schnitter-
schen Verfahren bei mikroskopischer Untersuchung unter 50 Fällen
chirurgischer Tuberkulose in 78 Proz. positive Resultate; davon in
23 Fällen Tierversuch angestellt (Blut oder Antiforminsediment
Meerschweinchen intraperitoneal injiziert) mit positivem Resultat.
Kennerknecht (1. c.) fand bei Kindern mikroskopisch (Fär¬
bung nach Ziehl und Much) nach Kurashiges Verfahren bei
69 an Tuberkulose (besonders der Knochen, Gelenke und Drüsen)
Leidenden in 68 Fällen, bei 20 auf Tuberkulose Verdächtigen in
18 Fällen, bei 31 an anderen Erkrankungen leidenden (Asthma, An¬
ämie, Rachitisfolgen, Hysterie u. a.) in 23 Fällen Tuberkelbazillen;
in 13 Fällen davon Tierversuch angestellt, stets positiv. Rumpf [34]
fand mikroskopisch (Färbung nach Much) nach einer Kurashiges
ähnlichen Methode bei meist ganz leichten Fällen von Lungentuber¬
kulose in 100 Proz., ferner bei klinisch Geheilten und bei Gesunden
in 100 Proz. Tuberkelbazillen (meist Much sehe Form, auch Splitter).
Dagegen konnte unter 35 Meerschweinchen, denen das Blut von
mikroskopisch positiven Fällen intraperitoneal injiziert war, nur in
3 Fällen Tuberkulose bei der Sektion gefunden werden.
Hilgermann und Lossen [35] fanden mikroskopisch nacn
einem modifizierten Schnitter sehen Verfahren unter 64 in
17 Fällen, Ranström [36] nach derselben Methode_ unter 36 in
9 Fällen Tuberkelbazillen. Suzuki und Takaki [37] fanden bei
einer grösseren Untersuchungsreihe fast stets Parallelismus zwischen
positiver P i r q u e t scher Reaktion und Bazillenbefund im Blut:
darunter bei 28 klinisch Gesunden. Fränken l3S| hatte mittels
Tierversuch (5 ccm Blut intraperitoneal Meerschweinchen injiziert)
bei Untersuchung von mehr als 50 Fällen des II. und 111. Stadiums
positive Resultate in 7 Fällen. Bang 1 39] fand bei 68 Tuberkulösen
18 mal Bazillen im Blute (im Meerschweinchenversuch und mikro¬
skopisch).
Die Befunde Rumpfs, der wie oben angeführt, in 100 Proz.
seiner Fälle, darunter klinisch völlig gesunde Menschen,
mikroskopisch Tuberkelbazillen fand, während seine Tierver¬
suche fast sämtlich negativ waren, zeigen die Notwendigkeit.!
die Untersuchungen, welche sich auf die mikroskopische Me¬
thode beschränken, zu trennen von denen, bei welchen der
Tierversuch verwertet ist, denn für die vorliegende Frage ist
es natürlich von grosser Bedeutung, ob sich die im Blute ge-l
fundenen säurefesten Stäbchen durch den Tierversuch als:
virulente Tuberkelbazillen erweisen.
Hinsichtlich der rein mikroskopischen Untersuchungs¬
methoden zum Nachweis der Tuberkelbazillen im Blute liegen!
Veröffentlichungen vor, die zu grösster Vorsicht und Zurück¬
haltung in der Beurteilung und Deutung der Resultate veran¬
lassen müssen.
So untersuchte Holmes [40 1 destilliertes, filtriertes und ge¬
wöhnliches Brunnenwasser verschiedenster Herkunft und fand in fast
allen Proben, die längere Zeit unter Luftzutritt gestanden hatten,
zahlreiche säurefeste Stäbchen; ferner untersuchte Holmes das
Blut von 56 Patienten, fand mikroskopisch in 51 Fällen keine
Tuberkelbazillen, wie auch die in 37 Fällen ausgeführte Meer¬
schweinchenimpf ung negatives Resultat hatte, ln den 5 übrigen
Fällen fand er säurefeste Stäbchen (davon war 1 Fall Miliar¬
tuberkulose, 2 Fälle von epidemischer Genickstarre, 1 Fall von
seniler Pneumonie), in 4 Fällen davon fand er im benützten!
destillierten Wasser säurefeste Stäbchen.
Ebenso wies Brem [41] im destillierten Wasser der Labora-;
torien häufig säurefeste Stäbchen nach. Wenn auch manche:
Autoren, z. B. Liebermeister, mit den zur Verwendung
kommenden Reagentien, Wasser usw., von Zeit zu Zeit Leer¬
versuche gemacht haben, um sich von der Bazillenfreiheit zu
überzeugen, und andere Autoren, z. B. C 1 i f f o r d [42] und
Rosenberger keine solche Stäbchen im Wasser nachweisen,
konnten, so bleibt doch nach den erwähnten Untersuchungen die1
Möglichkeit dieser Fehlerquelle für manche Fälle offen, wobei be¬
sonders betont werden muss, was auch Liebermeister (1, c.)
hervorhebt, dass durch einfache Sterilisation eventuell vorhandene
säurefeste Stäbchen morphologisch nicht zum Verschwinden gebracht
werden können, wie es z. B. Hilgermann und Lossen (1. c.)
anzunehmen scheinen. Besonders naheliegend sind Fehlerquellen
und Täuschungsmöglichkeit aller Art, wenn bei den vorliegenden
Untersuchungen, wie z. B. Rumpf es tat, nicht nur Stäbchen und
in Stäbchenform angeordnete Granula, sondern auch isolierte Granula
und Splitter berücksichtigt werden.
Jedenfalls ergibt sich aus Vorstehendem die Notwendig¬
keit grosser Zurückhaltung in der Deutung der positiven Re¬
sultate der mikroskopischen Untersuchung des Blutes. Wenn
nun auch nicht angenommen werden kann, dass sämtliche
positiven Befunde auf von aussen hineingelangten Verunreini¬
gungen beruhen, so bleibt, wie schon erwähnt, doch die Not¬
wendigkeit bestehen, die gefundenen säurefesten Stäbchen ah
Tuberkelbazillen zu erweisen.
Auch gegen einen Teil der veröffentlichten Tierversuche
lassen sich Bedenken nicht verhehlen.
So berichtet Sturm, dass er in allen den Fällen, in denen er
keine ausgebreitete sichere Tuberkulose bei den mit Blut intraperi
ton'eal geimpften Meerschweinchen fand, die erkrankten Organe zer¬
malmte, mit Antiformin behandelte und so mikroskopisch die Tu-
berkelbazillen nachwies. Dadurch ist aber meines Erachtens ü
diesen Fällen der Wert des Tierversuches beträchtlich herabgesetzt:
denn indem damit die Diagnose auf mikroskopischen Bazillennach¬
weis begründet wird, treten auch die oben erwähnten Fehlerquellen
wieder ins Bereich der Möglichkeit.
Dieselben Bedenken sind geltend zu machen gegen fast aile Tier
versuche Duchinoffs (1. c.). Duchinoff hat bei seinen 23 ah
positiv bezeichneten Tierversuchen, bei denen er meist einige Kubik
Zentimeter reines Blut, einigemale auch das Antiforminsediment dee
Blutes von Fällen chirurgischer Tuberkulose, teils mit, teils ohm
klinisch nachweisbare Lungenaffektion, Meerschweinchen intraperi
toneal injizierte, den Sektionsbefund der Tiere angegeben.
5. Februar 1913, _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
403
Trotzdem nun die Sektion der Tiere 64—169 Tage post injec-
iiiem erfolgte, findet er nur bei einem Falle makroskopisch und
.Kroskopisch sichere tuberkulöse Veränderungen, in einem Falle nur
le verkäste Mesenterialdrüse, einigemale makroskopisch unsichere
nscheinend wenig charakteristische) Befunde, auch ohne histologisch
chv\ eisbare Tuberkulose; bei allen übrigen Fällen bemerkt er stets,
ss keine tuberkulösen Veränderungen makroskopisch nachweisbar
iren; ebensowenig histologisch: seine Diagnose der positiven Tier-
rsuche stützt sich also fast stets allein auf den mikroskopischen
izillennachweis in den Organen, während man doch bei Vorhanden¬
in virulenter Tuberkelbazillen unter den gegebenen Verhältnissen
icrkulöse Gewebsveränderungen mit Sicherheit erwarten müsste
ich zwei unter einigen von Kennerknecht ausführlicher mit¬
teilten Meerschweinchensektionsbefunden sind hier zu erwähnen:
dem einen Falle fanden sich nach intraperitonealer Injektion kleine
eumonische Herde und grosse bläulich gefärbte Bronchialdrüsen,
nst keine histologischen Veränderungen, doch Bazillenbefund an
rschiedenen Stellen; in dem anderen Falle fanden sich ausser
onchialdriisen von mässiger Grösse keine makroskopisch sicht-
! ren Veränderungen, mikroskopisch kleine desquamativpneumonische
, rde; Bazillenbefund in den Bronchialdrüsen.
Zu negativen Resultaten der Blutuntersuchung auf Tuberkel-
i zillen, mikroskopisch oder durch Tierversuch oder nach beiden
I .'thoden, kommen, ausser dem schon erwähnten Holmes) folgende
toren : He wat-Sut herland [43] untersuchten nach einer
;)difikation der Technik Rosenbergers 20 Fälle und fanden
< mal vereinzelte säurefeste Stäbchen, die sie für akzidentell halten,
i seither g [44] untersuchte nach Rosenbergers Technik
G durch Meerschweinchenversuch 20 Fälle von Tuberkulose mit
; rativem Resultat; in einem Falle fand er mikroskopisch Stäbchen
I negativem Tierversuche, in einem anderen Falle akuter Tuber-
■ ose mit Stäbchenbefund wurde kein Tierversuch angestellt. Mikro-
episch und im Tierversuch hatten ebenfalls negative Resultate
i rnstein und Fried [45] in 10 Fällen. Dailey [46] hatte in
! Tuberkulosefällen im Meerschweinchenversuch negative Resultate,
• nso Schroeder und Cotton [47] bei 42 Fällen von Rinder-
erkulose aller Stadien.
Es folgt jetzt die Beschreibung meiner eigenen Unter-
• .'hungen, welche die Frage beantworten sollten, ob virulente
iberkelbazillen im strömenden Blut der Tuber-
' lösen nachweisbar sind; ich bediente mich daher des Tier-
>rsuches, während ich auf mikroskopische Untersuchungen
dieser Fragestellung verzichtete.
Es wurde untersucht das Blut von 37 an chronischer
ngentuberkulose leidenden Patienten (7 Frauen, 30 Männer).
Es gehörten an dem I. Stadium (Gerhardt-Turban)
'lern II. Stadium 4, dem III. Stadium 25. 3 Fälle des III. Sta¬
lins wurden 2 mal untersucht, so dass 28 Untersuchungen
h III. Stadiums vorliegen.
Es waren klinisch sichere Fälle von Lungentuberkulose,
! in einem, hier dem Stadium I zugerechneten Falle fanden
i bei akuter Bronchitis nur röntgenologisch alte Herde im
us, 1 Fall vom Stadium I war mit Lupus, 1 Fall vom Sta-
m II mit Wirbelkaries und Senkungsabszess kompliziert;
hrere Fälle vom Stadium III zeigten Beteiligung vom
ynx und Darm. Am Tage der Blutentnahme waren fieber¬
sämtliche Fälle des Stadiums I, 3 Fälle des Stadiums II,
Fälle des Stadiums III, vom letzteren jedoch mehrere nur
iz vorübergehend; die übrigen hatten Fieber. Von den
len des III. Stadiums kamen 13 zur Sektion, davon findet
II bei 9 Fällen in der pathologisch-anatomischen Diagnose
1 ser schwerer Lungentuberkulose Tuberkulose des Larynx,
Trachea, des Darmes, der Zunge, des Pharynx, der
nphdriisen erwähnt.
In keinem der untersuchten Fälle war im
erversuch das Vorhandensein von T u -
rkelbazillen in der Blutbahn nachweisbar.
Die Methode war folgende: 10 ccm Blut wurden aus der Vena
iana mittels L u e r scher Spritze entnommen; das Blut wurde
1 in sog. Schottmüller sehe Fläschchen, welche 40 ccm
Essigsäurelösung enthielten, gebracht und blieb nach Um-
tteln 20 Minuten stehen; dann wurde es zentrifugiert 30—45 Mi-
n (3000 Umdrehungen pro Minute), dann die überstehende Flüs-
eit abgegossen, Bodensatz mit etwas destilliertem sterilem
ser aufgeschüttelt, dann 40 ccm 15 proz. Antiforminlösung zu-
tzt,o gründlich durchgeschüttelt und 45 Minuten im Brutschrank
37 gehalten. Nachdem so vollständige Auflösung des Boden-
-s Tingetreten war, wurde 45 Minuten (bei 3000 Umdrehungen
Minute) zentrifugiert, das spärliche Sediment dann zweimal mit
ler physiologischer Kochsalzlösung ausgewaschen, wobei jedes-
mindestens 30 Minuten zentrifugiert wurde. Zum Schluss wurde
Verstehende Kochsalzlösung bis auf ca. 3 ccm abgegossen, das
ment dann aufgeschüttelt und einem Meerschweinchen intraperi¬
toneal injiziert. Die Injektion erfolgte sofort, nur in 3 Fällen erst
nach 24 Stunden.
Alle zur Verwendung kommenden Gerätschaften und Lösungen,
die o c li ottmu 11 er sehen Fläschchen, Zentrifugenröhrchen, Spritzen,
das destillierte Wasser, die Kochsalzlösung, die Essigsäure, die Anti-
iorminlosung waren sterilisiert.
ine z.eit zwischen der Injektion und Sektion der Meerschwein-
chen betrug bei je 1 Tier 27, 31, 31, 35, 36, 37 und 39Tage, bei 14 Tieren
40-66 Tage, bei 19 Tieren über 77 Tage (davon über 100 bis zu
143 lagen bei 9 Tieren).
Die Sektion der Meerschweinchen ergab in keinem Falle
Tuberkulose. Teile, die makroskopisch nicht völlig normal aus¬
sahen, wurden jedesmal histologisch untersucht (Herr Prof.
E. F r ä n k e 1 hatte die Güte, die ihm vorgelegten Präparate
durchzusehen). Einige Male fanden sich im Netz 2 _ 3 kleine
zirkumskripte, knötchenartige Verdickungen, oder etwas
gi össei e im Mesenterium in der Gegend des Zoekum; wie
diese Gebilde schon makroskopisch nicht wie Tuberkulose
aussahen, erweisen sie sich auch histologisch als nicht tuber¬
kulös; in einem Falle wurde solcher Gewebsteil mit Antiformin
behandelt und das mit Kochsalz ausgewaschene Sediment
einem anderen Meerschweinchen intraperitoneal injiziert;
nach 46 Tagen ergab die Sektion bei diesem völlig normale
Organe. In einem Falle fanden sich multiple Abszesse in der
Bauchhöhle des Meerschweinchens; anscheinend handelte es
sich um eine akzidentelle Infektion mit Eitererregern, in einem
anderen Falle fanden sich dicke fibrinöse Auflagerungen einer
Lunge, die Lunge selbst war atelektatisch; im übrigen keine
Veränderungen; auch in beiden letzteren Fällen histologisch
keine tuberkulösen Veränderungen; in allen diesen Fällen
wurde auch ein Schnittpräparat auf Tuberkelbazillen durch¬
gesehen mit negativem Resultat.
Um auszuschliessen, dass die Tuberkelbazillen durch die
angewandte Methode der Behandlung des Blutes in ihrer
Virulenz geschädigt werden konnten, wurde nach derselben
Methode 2 ccm bazillenhaltiges Sputum behandelt, nur mit
dem Unterschied, dass das Antiformin anstatt 45 Minuten
mehrere Stunden einwirken musste, bis die Auflösung voll¬
ständig war; die Sedimentaufschwemmung wurde einem
Meerschweinchen intraperitoneal injiziert. Nach 43 Tagen
fand sich ausser einem Abszess an der Injektionsstelle eine
ausgedehnte Tuberkulose besonders des Netzes, der Milz,
der Leber und Inguinaldrüsen. Auch aus den Untersuchungen
Uhlenhuths [48] und Seemanns [49] geht hervor, dass
Tuberkelbazillen durch die angewandte Antiforminkonzen¬
tration in der gegebenen Zeit nicht für den Meerschweinchen¬
versuch avirulent werden.
Meine auf den Tierversuch gestützten Untersuchungen
ergeben somit das Resultat, dass bei meinen Fällen von
chronischer Lungentuberkulose virulente Tuberkelbazillen im
strömenden Blute nicht nachgewiesen werden konnten, was
mich bei der Zahl der Fälle zu dem Schluss berechtigt, dass
jener Befund unmöglich die Regel oder auch nur eine be¬
sonders grosse Häufigkeit darstellen kann.
Wenn nun Rumpf (1. c.) und L i e b e r m e i s t e r (1. c.)
zur Erklärung eines negativen Ausfalles des Tierversuches
trotz Vorhandensein von mikroskopisch nachweisbaren Ba¬
zillen im Blut die Möglichkeit erwägen, dass das injizierte
Blut gleichzeitig immunisierend auf das Meerschweinchen
wirken könnte, so fällt dieser Grund jedenfalls bei der von
mir angewandten Methode fort, wobei ja etwaige Immunstoffe
des Blutes durch das Antiformin vernichtet würden. Lieber¬
meisters Annahme einer Schädigung der Bazillen durch
das angewandte Antifonninverfahren scheint mir nach den
erwähnten diesbezüglichen Untersuchungen ebenfalls nicht
stichhaltig. Wenn ferner Liebermeister die geringe
Anzahl der im Blut kreisenden Bazillen als Grund für negative
Tierversuche anführt, so ist dazu zu bemerken, dass zwar im
Sinne der oben erwähnten Weichselbaum sehen Auf¬
fassung die geringe Zahl im Verein mit dem nur gelegentlichen
Uebertritt der Bazillen in den Kreislauf der Grund für ihre
Nichtnachweisbarkeit ist, dass aber, wenn man die erwähnten
mikroskopischen Befunde der Anschauung von dem Gehalt des
Blutes an virulenten Bazillen zugrunde legt (z. B. findet
Kurashige bei Verarbeitung von 1 ccm Blut im Gesichts¬
feld sehr oft mehrere bis über 30 Stäbchen), die Zahl der Ba¬
zillen gar nicht so gering sein kann und bei Verwendung
2*
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
404
mehrerer Kubikzentimeter Blut eine Infektion des betr.
Meerschweinchens hervorrufen müsste; berechnet doch
R ömer [50], dass ein virulenter Rindertuberkelbazillus für
die Infektion eines Meerschweinchens genügt. Handelt es sich
aber bei den mikroskopisch gefundenen Stäbchen um nicht
lebensfähige, abgetötete Bazillen, so ist zwar noch die Frage
offen, wie dieselben in so reichlicher Zahl in den Kreislauf ge¬
langen können und besonders, wie die Befunde bei klinisch
nicht tuberkulösen Individuen zu erklären sind, aber für die
prinzipielle Auffassung der Tuberkulosepathologie ist der Be-'
fund dann nicht von so einschneidender Bedeutung.
Für alle vorliegenden Untersuchungen der verschiedenen
Autoren in irgend einer Richtung eine einheitliche Erklärung
zu finden und in der vorliegenden Frage zu einem abschliessen¬
den Urteil zu kommen, ist bei dem jetzigen Stand der Dinge
unmöglich, besonders in Anbetracht der Verschiedenartigkeit
der Resultate, und da durch diese Untersuchungen zweifel¬
los manche neue Fragen angeregt sind, die der Klärung
bedürfen.
Jedenfalls aber scheint mir in Anbetracht dessen, dass die
mikroskopischen Untersuchungen nicht eindeutig und auch
vielerlei Fehlerquellen ausgesetzt sind, dass auch ein Teil der
ausführlicher mitgeteilten Tierversuche nicht einwandfrei ge¬
klärt erscheint, dass zum Teil erhebliche Unstimmigkeiten
zwischen mikroskopischem Bazillenbefund und Tierversuchen
vorliegen, dass auch unter den von positiven Resultaten be¬
richtenden Untersuchungen, mikroskopisch oder im Tierver¬
such, grosse, teilweise grundlegende Differenzen sich finden,
und dass andererseits auch Untersuchungen vorliegen, die bei
einwandfreier Methode negative Resultate der Blutunter¬
suchung auf Tuberkelbazillen ergeben, das bislang ver¬
öffentlichte Material nicht ausreichend zu sein, dass es eine
Aenderung in der bisherigen Auffassung der Pathogenese der
menschlichen Tuberkulose begründen könnte.
Nachtrag bei der Korrektur: Nachdem vorstehende
Arbeit der Redaktion schon eingereicht war, veröffentlichen Bac-
meister und Rüben in der Deutschen med. Wochenschr. 1912,
No. 50 eine Arbeit über denselben Gegenstand, in welcher sie in vieler
Beziehung, besonders auch in der kritischen Würdigung gewisser, als
positiv angegebener Tierversuche, zu ganz ähnlichen Ansichten
kommen, wie ich sie oben ausgesprochen habe.
Literatur.
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— 2. W e i g e r t: Deutsche med. Wochenschr. 1883, No. 24. — 3. Ro¬
senberger: Zentralbl. f. Bakteriologie 1909, Bd. 50. — 4. Ken¬
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und Rab in o witsch: Deutsche med. Wochenschr. 1910, No. 24.
— 6 Kurashige: Zeitschr. f. Tuberkulose 1911, Bd. XVII, H. 4
und Zeitschr. f. Tuberkulose, Bd. XVIII, H. 5. — 7. Lieber¬
meister: Med. Klinik 1912, No. 25 und Virchows Archiv, Bd. 197.
— 8. Liebmann: Berl. klin. Wochenschr. 1891, No. 4.
9 Ewald: Berl. klin. Wochenschr. 1891, No. 4. — 10. Kos sei:
Berl. klin. Wochenschr. 1891, No. 12. — 11. Guttmann und
Ehrlich: Deutsche med. Wochenschr. No. 6. — 12. Prior: Mün¬
chener med. Wochenschr. 1891, No. 7. — 13. Courmont: Zit. bei
Liidke s. u. — 14. Bergeron: Zit. bei'L ö w e n s t e i n: Zeitschr
f. Tuberkulose 1905. — 15. Gary: Zit. bei L ö w e n s t e i ri. —
16. Jousset: Zit. bei L i e b e r m e i s t e r. — 17. Lesieur: Zit.
bei Löwenstein .und Krause s. u. — 18. L ii d k e : Wiener klin.
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Wochenschr. 1906. — 20. Bond Stow: Med. Record 1909, Dez. —
21. Forsyth: Brit. med. Journal 1909, April. — 22. Menden¬
hall und Petty: Ref. Deutsche med. Wochenschr. 1909, No. 40. -
23. Lafforgue: Ref., Int. Zentralbl. f. Tub., Bd. IV, No. 2. —
24. Schnitter: Deutsche med. Wochenschr. 1909, No. 36. —
25. Br oll: Ref., Int. Zentralbl. f. Tub., Bd. IV, No. 6. — 26. Lipp-
mann: Münch, med. Wochenschr. 1909, No. 43. — 27. Sabrazes;
Ref., Int. Zentralbl. f. Tub., Bd. IV, No. 1. — 28. K o s 1 o w: Ref., Int.
Zentralbl. f. Tub., Bd. IV, No. 11. — 29. Acs-Nagy: Ref., Int.
Zentralbl. f. Tub., Bd. IV, No. 12. — 30. Sturm: Brauers Beitrüge.
Bd. XXI, H. 2. — 31. Mommen: Ref., Int. Zentralbl. 191 1, No. 8. —
32. Krause: Zeitschr. f. Tub., Bd. XVII, H. 5. — 33. Duchinofi:
Bruns’ Beiträge 1912, XXIX, H. 1. — 34. Rumpf: Münch, med.
Wochenschr. 1912, No. 36. — 35. Hilgermann und Lossen:
Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 19. — 36. Ranström:
Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 33. — 37. Suzuki und
Takaki: Ref., Int. Zentralbl. f. Tub., Bd. VI, No. 12. — 38. F rütt¬
le en: Ref., Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 43. — 39. Bang:
Ref., Int. Zentralbl. f. Tub., Bd. VI, No. 12. — 40. Bon will-
Holmes: Ref., Int. Zentralbl. f. Tub. 1910, April. — 41. Brem: zit.
bei Bond Stow. — 42. Clifford: Ref., Int. Zentralbl. f. Tub.,
Bd 4, No. 1 1. — 43. H e w a t und Sutherland: Brit. med. Journ.
1909, Oktober. — 44. Rosenberg: Medic. Record 1909, Nov. —
45 Bernstein und Fried: zit. bei H e w a t und Sutherland.
— 46. Dailey: Ref., Int. Zentralbl. f. Tub., Bd. IV, No. 5. —
47 Schroeder und Cotton: zit. bei Hewat und Suther¬
land _ 48. U h 1 e n h u t h : Zentralbl. f. Bakteriol. 1909. — 49. S e e -
in ann: Berl. klin. Wochenschr. 1909, No. 14. — 50. Römer: Brauers
Beiträge, Bd. XVII.
Aus der inneren Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses
Hagen i. W. (Oberarzt: Prof. Dr. O. Baumgarten).
Ueber das Vorkommen von Tuberkelbazillen im
strömenden Blut.
Von Erich Rosenberg, Medizinalpraktikant.
Die Literatur über die Frage des Vorkommens von Tuber¬
kelbazillen in den Körpersäften (Blut, Milch etc.) und den 1
Exkreten des tierischen Organismus ist in den letzten Jahren
zu einer ansehnlichen Menge angewachsen. Besonders das
Blut war der Gegenstand der zahlreichsten Untersuchungen.
Ich halte es nicht für nötig, die Literatur noch einmal ein¬
gehender aufzuzählen, da sie auch an dieser Stelle bereits
in mehreren Artikeln genau behandelt worden ist. Hervor¬
heben möchte ich nur, dass die Resultate, die die einzelnen
Untersucher erzielten, die widersprechendsten waren. Wäh¬
rend anfangs überhaupt nur die Miliartuberkulose berück¬
sichtigt wurde, war der Prozentsatz der Fälle, in dem bei der
chronischen Tuberkulose Bazillen im Blut gefunden wurden,
bei den ersten Untersuchern nur ein äusserst geringer. Syste¬
matischer konnten die Untersuchungen erst geführt werden,
als die Homogenisierung des Blutes mit Essigsäure und die
Anreicherung mit Antiformin angewandt wurde. Diese Me¬
thoden kombinierte Schnitter miteinander. Seitdem wurde
die Zahl der positiven Resultate immer grösser, bis die Ba¬
zillen schliesslich von mehreren Untersuchern bei tuberkulös
Infizierten in 100 Proz. der Fälle gefunden wurden. Dann
traten allerdings mehrere skeptische Untersucher auf, die be¬
haupteten, die Gebilde, die für Tuberkelbazillen gehaUen
wären, wären keine Tuberkelbazillen. Sie stützten ihre Ver¬
mutung darauf, dass die mit diesem Blute geimpften Kanin¬
chen nur in einem geringen Prozentsatz der Fälle tuberkulös
erkrankten. Andere Untersucher fanden die Bazillen nicht nur
bei tuberkulös erkrankten Individuen, sondern auch bei völlig
Gesunden.
Ich selbst machte mich an die Nachprüfung der Resultate,
untersuchte jedoch, was bisher nur wenig geschehen ist, ausser
den Lungenphthisen auch eine grössere Anzahl Fälle von
chirurgischer Tuberkulose, um zu sehen, ob die Resultate bei
diesen gleich oder ähnlich denen wie bei der Lungentubei-
kulose seien. Ich wandte bei meinen Untersuchungen die
Stäubli -Schnitt er sehe Methode an, wie sie G. Klem-
per er in der Therapie der Gegenwart 1912, Heft 10 genauei
beschrieben hat.
Untersucht habe ich im ganzen 40 Fälle und zwar 8 Ge¬
sunde, 19 Fälle von Lungentuberkulose, 3 verdächtige Falk
und 10 chirurgische, die zum Teil ebenfalls verdächtig waren
Ich habe es allerdings unterlassen, durch Tierversuche mich zt
überzeugen, ob die Gebilde, die ich fand, wirklich Tuberkel¬
bazillen waren. Morphologisch glichen sie jedoch absolu
Tuberkelbazillen, sowohl was Form und Gestalt als auch wa:
Färbbarkeit betrifft.
Wenn ich die Resultate meiner Untersuchungen zu
sammenfasse, so kann ich mit Sicherheit sagen, dass bei fas
allen Fällen einer tuberkulösen Infektion sich Tuberkelbazillei
in der Blutbahn befinden. Dass bei schwerer Tuberkulös*
Bazillen ins Blut übertreten können, ist nichts Neues. Be
Sektionen von an schwerer Tuberkulose Gestorbenen finde
man sehr häufig auch in anderen Organen Veränderungen, di*
nur auf dem Blutwege entstanden sein können. Ich fand si
dagegen bei sämtlichen sicheren Lungentuberkulösen mit Aus
nähme eines Falles, der allerdings zur Zeit der Blutunter
suchung noch keine sicheren tuberkulösen Erscheinungen ho
bei dem aber später sich eine schwere Phthise entwickelte
Die Ansicht früherer Autoren, die glaubten, dass das Vor
kommen von Tuberkelbazillen im Blut ein ungünstiges Pr®
gnostikum wäre, ist damit also auch widerlegt. Auch di
5. Februar 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
405
ahl der Bazillen, die sich im Sediment befinden, ist für die
’rognose völlig gleichgültig. Die Zahl der Bazillen, die ich
berhaupt im ganzen Sediment fand, überstieg niemals 5 — 6;
ifolgcdessen war, um ein negatives Resultat mit Zuverlässig-
eit aussprechen zu können, stets eine mindestens 4 — 5 stün-
ige Untersuchung des Sediments nötig. Bei einer schweren
hthise, die ich untersuchte, fand ich im ganzen Sediment nur
Bazillen, während ich bei leichten Fällen, z. B. bei einer
ungentubcrkulose, bei der eine tuberkulöse Infektion nur
urch das Röntgenbild wahrscheinlich gemacht wurde, mit
eichtigkeit 5 — 6 Bazillen nachweisen konnte. Da ich die
azillen bei sämtlichen Phthisikern fand, ergibt sich ferner
on selbst, dass ein Zusammenhang von Temperatursteigerung
üt dem Vorkommen von Bazillen im Blut nicht besteht,
llerdings ist mir in einem Falle, in dem häufig fieberfreie
erioden mit Perioden stark erhöhter Temperatur ab-
echselten, und bei dem ich das Blut in beiden Perioden unter-
ichte, aufgefallen, dass die Bazillenzahl während des Fiebers
rösser war. Ob dies nur Zufall oder die Regel ist, müssen
eitere Untersuchungen ergeben.
Was den praktischen Wert der Untersuchungen betrifft,
3 kann ich der Ansicht der meisten Voruntersucher nicht
eistinmien. Besonders Hilgermann und Lossen sind
er Ansicht, dass der Methode wegen der Inkonstanz des Vor-
ommens und der zeitraubenden Technik kein diagnostischer
Vert beizumessen sei. Der erste Grund fällt fort, nachdem
;hon mehrere Untersucher bewiesen haben, dass von einer
ikonstanz des Vorkommens bei sicherem Bestehen einer
iiberkulose nicht die Rede sein kann. Der zweite Grund ist
her ebenfalls, wenigstens für den Krankenhausbetrieb, hin-
illig. Denn wenn streng sterile Instrumente und Reagentien
nd eine gut funktionierende Zentrifuge vorhanden sind, kann
mn selbst einem gut geschulten Laboratoriumsdiener die
anze Untersuchung überlassen. Nur insofern ist die dia-
nostische Bedeutung des Bazillennachweises beschränkt, als
lieh höchstwahrscheinlich bei inaktiver Tuberkulose sich Tu-
erkelbazillen nachweisen lassen. Damit wäre der positive
efuiid von Bazillen also gleichbedeutend mit einer positiven
i r q u e t sehen Reaktion. Es ist aber, wie G. Klemperer
ervorhebt, insofern diagnostisch wichtiger, als sich nicht in
llen Fällen von positiver Pirquet scher Reaktion Bazillen
n Blut finden. Sicherlich genügt aber die Tatsache, dass sich
uch bei inaktiver Tuberkulose Bazillen im Blut nachweisen
issen, um aus dem Vorkommen von Bazillen im Blut allein
icht die Diagnose Lungentuberkulose stellen zu dürfen.
Bei den drei verdächtigen Fällen, die ich untersuchte, fand
h bei zweien Tuberkelbazillen im Blut. Beide Fälle stellten
ch später als sichere Lungentuberkulosen heraus. Der
ritte wurde vor einiger Zeit geheilt aus dem Krankenhause
ntlassen.
Aehnlich wie bei der Lungentuberkulose fielen meine
ntersuchungen bei Fällen von chirurgischer Tuberkulose aus.
amtliche 10 Fälle, die mir zur Untersuchung in liebens-
iirdiger Weise von Herrn Oberarzt Dr. Haver zur Ver-
igung gestellt wurden, waren klinisch frei von irgend welchen
rscheinungen einer Lungenerkrankung. Man konnte also an-
ehmen, dass die Ausschwemmung von Bazillen ins Blut von
ein betreffenden Herde ausging. Auch hier wieder stand die
ahl der Bazillen, die ich fand, nicht im geringsten im Ver-
ältnis zur Schwere des tuberkulösen Prozesses. Mehr als
—6 Bazillen fand ich in keinem Falle mit Ausnahme eines
alles, bei dem ich nach gründlicher Durchmusterung des Sedi-
tentes ca. 10 Bazillen nachweisen konnte. (Der einzige Fall,
d dem ich mehr als 6 Bazillen fand.) Dieser Fall bot keines-
'egs schwere tuberkulöse Erscheinungen dar, sondern eine
cherlich wohl noch im Anfang stehende Erkrankung der
andwurzelknochen, während gerade in diesem Falle auch
arch das Röntgenbild eine Infektion der Lungen aus-
aschlossen werden konnte.
Dass die Ausschwemmung der Tuberkelbazilleu ins Blut von
nein einzelnen Herde ausgeht, konnte ich in idealer Weise bei einem
alle nachweisen, bei dem es sich klinisch und pathologisch-ana-
misch um eine Tuberkulose des Nebenhodens mit Uebergreifen auf
n Hoden handelte. Zugleich war anamnestisch eine syphilitische Fi¬
ktion zu erheben. Die später ausgeführte Wassermann sehe
eaktion war positiv. Ich untersuchte das Blut zunächst bei der Auf¬
ihme des Patienten im Krankenhaus und fand Tuberkelbazillen im
Blut. Um zu sehen, ob mit Entfernung des kranken Herdes die
Bazillen auch aus dem Blute verschwinden, untersuchte ich das Blut
zum zweiten Male ca. 14 Tage nach Exstirpation des Nebenhodens
und Hodens, und trotzdem ich zweimal Blut entnahm und das ganze
Sediment eitrigst durchmusterte, konnte ich diesmal keine Tuberkel¬
bazillen nachweisen.
Daraus lassen sich nun verschiedene Schlüsse ziehen. Zu¬
nächst findet von einem tuberkulösen Herde aus andauernd
eine Ausschwemmung von Bazillen ins Blut statt. Die Ba¬
zillen verschwinden, wenn der tuberkulöse Herd entfernt wird.
Eine bestehende Lues oder vielmehr eine positive Wasser¬
mann sehe Reaktion schliesscn nicht die Existenz von Tu¬
berkelbazillen im Blute aus. Es muss allerdings hervor¬
gehoben werden, dass gleich nach der Exstirpation des Hoden
eine kräftige antiluetische Kur (Schmierkur und Salvarsan-
injektion) eingeleitet wurde und es wäre immerhin möglich,
dass die dadurch zugeführten Gifte die Tuberkelbazillen zum
Absterben und Verschwinden gebracht hätten. Vor 2 Jahren
haben Herxheim er und A 1 1 m a n n (D. med. Wochen-
schr. 1911, No. 10, p. 441) nachgewiesen, dass die theoretische
Möglichkeit der Beeinflussung tuberkulöser Prozesse durch
Salvarsan besteht. Ob auch die Tuberkelbazillen nach einer
Salvarsaninjektion aus dem Blute verschwinden, kann man
leicht nachweisen, indem man bei einem Phthisiker, bei dem
Bazillen im Blute nachgewiesen sind, eine antiluetische Kur
einleitet. Bei einem Fall, wie dem beschriebenen, kann man
mit Leichtigkeit durch systematische Blutuntersuchungen die
Dauer der Lebensfähigkeit der Tuberkelbazillen im Blut fest¬
stellen. Es steht allerdings noch die Frage offen, wie die
Infektion im Hoden stattgefunden hat. Denn wenn man an¬
nehmen wollte, dass das Vorhandensein von Bazillen im
Blut das Primäre wäre, so könnte man sich noch nicht er¬
klären, warum durch die Entfernung des durch die Bazillen
infizierten Herdes die Bazillen aus dem Blute verschwinden
sollten. Vielleicht wäre es möglich, dass irgendwo im Körper,
etwa in der Lunge, ein vielleicht abgeheilter Herd existiert,
der die Bazillen ins Blut geliefert hat und von dem aus die
sekundäre Infektion des Hodbns stattgefunden hat.
Von den 10 chirurgischen Fällen, die ich untersuchte, er¬
zielte ich bei 8 Fällen positive Resultate. Die beiden nega¬
tiven waren keine sicheren, aber immerhin wahrscheinliche
Tuberkulosen. Ob sich bei den beiden Fällen wirklich keine
Bazillen im Blut fanden, oder ob das negative Resultat auf
die Untersuchungstechnik zurückzuführen ist, vermag ich nicht
zu entscheiden. Jedenfalls kann ich aber mit Sicherheit sagen,
dass* gerade bei den Fällen vor chirurgischer Tuberkulose der
Blutbefund von allerhöchster diagnostischer Bedeutung ist.
Wir hatten an unserem Krankenhause schliesslich sogar ein
solches Vertrauen zu der Blutuntersuchung, dass wir uns in
unklaren Fällen völlig darauf stützten.
Alle diese Untersuchungen hätten jedoch nicht die ge¬
ringste praktische Bedeutung, wenn die Behauptung mehrerer
Autoren, dass auch im Blut Gesunder Tuberkelbazillen vor¬
kämen, zuträfe. Um die Frage zu prüfen, untersuchte ich das
Blut solcher, die weder hereditär belastet waren, noch klinisch
irgendwelche Symptome einer tuberkulösen Infektion boten.
Ich legte bei der Auswahl dieser Personen vor allem auch
Wert darauf, dass der Habitis phthisicus fehlte, und dass sie
nicht in Gemeinschaft lebten mit mit Tuberkulose behafteten
Menschen. Am besten wäre es, man nähme nur solche Per¬
sonen, bei denen die Pirquet sehe Reaktion negativ ist. Wie
wichtig es ist, dass man in der Auswahl der Gesunden vor¬
sichtig ist, ersieht man daraus, dass z. B. Kurashige von
seinen 20 anscheinend Gesunden sagt, dass im Laufe von
8 Monaten 3 an tuberkulöser Brustfellentzündung und 2 an
Initialhämoptoe gelitten hätten. Ich habe die Pirquet sebe
Reaktion zwar nicht ausgeführt, habe aber von sämtlichen
Gesunden ein Röntgenbild angefertigt, so dass ich bei ihnen,
soweit es eben möglich ist, die tuberkulöse Infektion aus-
schliessen kann. Ich fand nun bei keinem dieser Gesunden
Bazillen im Blut; damit kann ich also annehmen, dass das
Vorkommen von Bazillen im Blut spezifisch ist für tuberkulös
Erkrankte.
•406
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ No. 8.
Ans der chirurgischen Klinik Marburg (Direktor: Prof.
Dr. Koni g).
Wundbehandlung mit Zucker.
Von Dr. Georg Magnus, Assistent der Klinik.
Die Tatsache, dass der Zucker imstande ist, die Fäulnis
zu verhindern oder aufzuhalten, war schon den Alten bekannt.
Das „Einmachen“ der Leichen zum Zwecke der Konservierung
mit Honig und Zucker zeugt von dieser Kenntnis; auch Galen
erwähnt die fäulniswidrige Eigenschaft des Zuckers
(Fischer) [5]. Im Haushalt wird von dieser Erfahrung sehr
stark Gebrauch gemacht. Die Hausfrau füllt, sofern sie sich
nicht des Weck sehen Apparates bedient, noch heute ihre
eingekochten Früchte in unsterile Gefässe und erklärt ein
späteres Verderben damit, dass sie „nicht süss genug ge¬
wesen seien. Die Möglichkeit, Fleisch in roher Milch zu kon¬
servieren, beruht auf der Anwesenheit des Milchzuckers, der
sauer vergärt und eine alkalische Fäulnis nicht aufkommen
lässt, eine Erklärung, die allerdings auf Widerspruch stösst.
Fischer [5] stellte bereits 1885 fest, dass Hydrozelenflüssig-
keit mit einem Zusatz von 25 Proz. Zucker sich 18 Tage lang
hielt, ohne in Fäulnis überzugehen. Die saure Reaktion des
Gemisches blieb dabei erhalten. H i r s c h 1 e r fand 1886, dass
die Bildung aromatischer Faulkörper bei Anwesenheit von
Zucker ausbleibt. Kuhn [9] beobachtete bei seinen Unter¬
suchungen über die Leichenfäulnis im Jahre 1891, dass Proteus
bei Anwesenheit von Zucker im Nährboden zuerst diesen unter
Säurebildung vergärt, ohne dass aromatische Fäulnisprodukte
entstehen. Auch Milch wird durch Proteus nicht zur Fäulnis
gebracht, wohl aber wird sie unter Milchsäurebildung sauer.
Der Bazillus stirbt schliesslich auf dem sauren Nährboden ab.
Bei Anwesenheit von Kohlehydraten im Nährboden: saure
Vergärung derselben mit Verhinderung alkalischer Eiweiss¬
zersetzung, das ist auch kurz das Resultat späterer Unter¬
suchungen. (Boehncke, Fischer [6], Kuhn [10]).
Diese Erfahrungstatsache führte frühzeitig zu therapeutischen
Versuchen. Fischer[5l zitiert Arbeiten aus dem 17. und ^ 18. Jahi-
hundert. die den Zucker besonders für jauchende und ..faule“ Wunden
empfehlen; später hat ihn besonders Billroth beim Hospitalbrand
verwende. Fischer [4, 5l selbst gebraucht ihn. um nach giünd-
licher Sublimatdesinfektion der Wunde, speziell der Naht, dieselne
„vor Infektion von aussen her zu schützen und die Wundsekrete
unzersetzt zu erhalten“. Er empfiehlt zu d'es°m Zwecke die An¬
fertigung eines ..Zuckersackes“, der 6 — 10 Tage auf der genahten
Wunde liegen bleibt. Bei Substanzdefekten hat er den Zucker auch
unmittelbar auf die Wundfläche gestreut. Fischer widerrät i^doch
s°ine Anwendung bei ausgedehnter Eiterung, ..da sich der Zucker
bei reichlicher Sekretion der Wunde löst und dadurch Unbeouemlich-
keiten bereitet“. Neuerdings empfiehlt Herz die Verwendung des
Rohrzuckers bei grossen Substanzverlusten der Weichteile, „wo es
sich darum handelt, eine starke Sekretion hintan zu halten und
gleichzeitig die Qranulationsbildung anzuregen“. Herz geht dabei
von dpm Gedanken aus, dass der Zucker „bei seiner chemischen
Affinität mit Alkohol“ so wirke, dass er ..dem Gewebe Wasser ent¬
zieht und so den Bakterien ihr Lebenselement nimmt.
Kürzlich hat Kuhn HO, Ul die Znckerbehandlung der Bauchfell¬
entzündung warm empfohl°n. Ptomain- und 1 oxinbildungen werden
bei Anwesenheit von Kohlehydrat verhindert oder verzögert, die Se¬
kretion wird angeregt, die Fibrinausscheidung und damit die Ver¬
klebung der Darmschlingen wird gehemmt. Kuhn sniilt mit 4 proz.,
d. h. physiologischer, Traubenzuckerlösung und will gegen Ende
der Spülung den Versuch machen, eine 10 — 20 proz. Lösung in die
Bauchhöhle einzubringen.
Lennander erwähnt ganz kurz, dass man den ramnon bei
der Nachbehandlung der Peritonitis durch Aufträufebmg von Oberin
oder Traubenzucker hydrophil machen kann. Er selber hat bei Fällen
langwieriger Peritonitis schon bei der Operation sterilen Trauben¬
zucker an die kranken Serosoflächen eingebracht, „um eine reich¬
liche Sekretion durch d°n Verband nach aussen zu erzielen“
Dass Zucker in der inneren Medizin gegen pathologische
Darmfäulnis gegeben wird, dass man ihn als Korrigens und
Vehikel für andere Medikamente gebraucht, dass schliesslich
die Augenärzte Zuckerspülungen bei Kalkverätzungen an
Kornea und Koniunktiva verwenden, mag hier nur erwähnt
sein. An der Marburger chirurgischen Klinik sind in den
letzten 3 Monaten Versuche einer Wundbehandlung mit Zucker
gemacht worden, über die ich kurz berichten möchte.
Es wurde zu therapeutischen Zwecken nur der Zucker in
Substanz angewendet. Nachdem eine grössere Reihe von
Parallelversuchen mit Rohrzucker und Traubenzucker ange¬
stellt worden war, ohne dass sich wesentliche Unterschiede
dabei ergeben, hatten, wurde nur noch ersterei verwendet.
Die Schwierigkeit der Sterilisation führte zu Untersuchungen
über den Keimgehalt des käuflichen Zuckers, die teils hier in
der Klinik, teils im hiesigen Institut für Infektionskrankheiten
angestellt wurden. Die Proben stammten aus drei ver¬
schiedenen Geschäften. Zur Untersuchung wurde ohne jede
Vorbereitung der Zucker in ein Glasgefäss geschüttet, aus
diesem dann kleine Quantitäten mit der Platinöse entnommen
und auf verschiedenen Nährböden ausgesät. Das Resultat war
folgendes:
Zahl
Nährboden
Resultat
- 1 +
Gewachsene Keime
18
Agar .
15
3
( 1 x Heubazillus
\2 x Kartoffelbazillus
11
Bouillon .
9
2
2 X Heubazillus
3
Bouillon mit Luftabschl.
3
—
—
2
Gelatine .
2
—
—
2
Peptonwasser ....
2
—
—
2
Serum-Agar . .
2
—
—
2
Kartoffel .
2
—
—
1
Lackmus-Molken . . .
1
—
—
1
Neutralrot-Agar . . .
1
—
—
1
Traubenzucker-Agar .
1
—
—
1
Milch .
1
—
44
39
5
Es hatten sich also im käuflichen Rübenzucker in keinem
einzigen Falle pathogene Bakterien nachweisen lassen. Von
sämtlichen Kulturen waren 89 Proz. überhaupt steril geblieben;
auf dem Rest waren harmlose Saprophyten gewachsen. Auf
Grund dieses Resultates wurde der käufliche Rübenzucker
ohne jede Vorbereitung zur Wundbehandlung verwendet.
Irgendwelche üblen Folgen dieses Verfahrens wurden nicht
beobachtet.
Die Toleranz des Körpers gegenüber Zuckerlösungen ist
erwiesen (Alter, Berendes, Friedrich, Kausch [7]).
Letzterer infundierte 1000 ccm und mehr einer 5 proz. Trauben¬
zuckerlösung subkutan, einer 10 proz. intravenös, stets mit
gutem Erfolg. Ich habe mir selber 10 proz. Rohrzuckerlösung
subkutan injiziert, zugleich mit physiologischer Kochsalzlösung
am andern Arm. Weder subjektiv noch in der Dauer der
Resorption waren Unterschiede festzustellen. Ein gleicher
Versuch an einem unbefangenen Menschen verlief ebenso. Es
wurden ferner Kaninchen Zuckerlösungen injiziert — sub¬
kutan, intraperitoneal und intraartikulär — in Konzentrationen
bis zu 30 Proz. und in Mengen von 20 ccm. Sämtliche In¬
jektionen wurden gut vertragen und waren am nächsten Tage
resorbiert. In keinem Falle wurden Nekrosen beobachtet.
Schliesslich wurde einem grossen v/eissen Albino ein 5 g
schweres Stück Zucker unter die Bauchhaut versenkt, die
Wunde v/asserdicht darüber geschlossen. Nach 35 Minuten
war das Stück Zucker völlig gelöst, während gleichzeitig in
handtellergrosser Ausdehnung ein schwappendes Oedem auf¬
getreten war. Dieses war nach 60 Minuten fast ganz wieder
resorbiert. Die Wunde wurde am übernächsten Tage geöffnet
und zeigte keinerlei Nekrosen, sondern ein ganz intaktes Ge¬
webe. Eine Schädigung des Körpers hatte sich also trotz der
sicherlich recht stürmischen osmotischen Vorgänge nirgends
gezeigt.
Diese Osmose und die direkt bakterizide Wirkung der
Wasserentziehung steht im Vordergründe — vor der Beein¬
flussung des Gärungs- und Fäulnisprozesses — , sobald man
hochkonzentrierte Lösungen oder sogar Zucker in Substanz
verwendet. Sie ist es wohl auch, welche die Selbstreinigung
des Zuckers besorgt. Wenn Heu- und Kartoffelbazillus resn.
ihre Sporen ständige Bewohner des Zuckers sind, so würde
diese Tatsache damit in Einklang stehen. Dass dann auch
Tetanus- und Anthraxsporen nicht abgetötet werden, ist sehr
wahrscheinlich, und diese Gefahr müsste Berücksichtigung
finden. Auch dürften genauere Untersuchungen über das Ver¬
halten der Anaerobier in dieser Hinsicht am Platze sein.
Fischer [6] teilt die Bakterien ein in solche, die durch
Wasserentziehung geschädigt, und die nicht geschädigt
werden. Zu ersteren gehört von den pathogenen Keimen der
!;. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
407
/ozyaneus, zu letzteren der Staphylokokkus. Bei den Kultur-
rsuchcn wurde ausser den beiden genannten noch der
reptokokkus berücksichtigt. Aus Reinkulturen in Bouillon
urde auf Bouillon geimpft, die mit Zuckerzusatz versehen
ir, um immer 10 Proz. steigend bis auf 70 Proz., schliesslich
ersättigt. Das Resultat der Versuche war bei Pyozyaneus
d Streptokokkus das gleiche: am nächsten Tage war die
proz. Zuckerbouillon trübe, am 2. auch die 20 proz., die
irigen blieben steril. Dass der Pyozyaneus dabei seine
ihigkeit Farbstoff zu bilden eingebiisst hatte, ist nach den
sichen Erfahrungen bei Staphylococcus aureus nichts Auf-
lendes.
Der Staphylokokkus verhielt sich, wie zu erwarten stand,
i diesen Versuchen etwas anders. Er wuchs in drei ver-
hiedenen Reihen noch auf 40 proz. Zuckerbouillon, auf
. proz. nicht mehr. Die Trübung der Kulturen erfolgte dabei
:ht gleichmässig, sondern bei 10 Proz. am 1. oder 2. Tage,
i 20—40 Proz. am 2. oder 3. Tage.
Neben diesen Versuchen über Wachstunisbehinderung bei
ückerzusatz zum Nährboden liess sich feststellen, dass auch
i Abtöten entwickelter Keime durch Uebersättigung mit
cker erfolgen kann. Virulenter Streptokokkeneiter wurde
ils mit Zucker übersättigt, teils ohne irgendwelche Vor-
1 Handlungen in den Brutschrank gebracht. Bei täglicher Ab-
ipfung auf Bouillon blieben die Kulturen aus dem mit Zucker
ersättigten Eiter steril, während die aus dem nicht ver¬
handelten bis zum 4. Tage angingen. Dieser Versuch wurde
ii zweites Mal bei Zimmertemperatur angestellt und verlief
i enfalls einwandfrei.
Diese selben Verhältnisse — bakterienhaltiges Material
i t Zuckerzusatz im Ueberschuss — treten ein, wenn man
i cker in Substanz in eine infizierte Wunde schüttet. Werden
e Bakterien auch nicht durchweg abgetötet, z. B. die
laphylokokken, so werden doch ihre Lebensbedingungen
■ esentlich verschlechtert, solange sich hochkonzentrierte
Äsungen in der Wunde befinden. Allmählich gleicht sich
i rch osmotische Vorgänge diese Konzentration aus, es wird
un Gewebe energisch Wasser entzogen, eine sehr heftige
kretion tritt ein. So wurde eine tiefe Wunde von 3 X 12 cm
isdehnung und 1 cm Tiefe trocken ausgetupft und mit Zucker
: sgefiillt ; ein Verband blieb fort, um die Beobachtung zu
möglichen. Bereits nach 10 Minuten war die ganze Zucker¬
usse durchfeuchtet, nach 15 Minuten begann ein vollkommen
Irres, dickflüssiges Sekret über den Rand der Wunde zu
I ifen.
Sehr wesentlich scheint mir die von Kuhn beobachtete
i rinlösende Wirkung des Zuckers zu sein. Fast immer ver¬
banden die schmierigen Beläge der Wunden ganz auf-
i lend rasch, auch wenn sie bereits lange Zeit jeder anderen
lerapie — Verbände mit essigsaurer Tonerde, mit Arg. nitr.-
lbe etc. — getrotzt hatten. Häufig konnte man eine völlige
Einigung der Wunde bereits nach 2 — 3 maliger Applikation
s Zuckers beobachten, so dass die Patienten, besonders
■ Iche mit einem alten Ulcus cruris, sich verschiedentlich über
is „neue Medikament“ spontan anerkennend äusserten. Ich
ichte bei der Gelegenheit bemerken, dass es sich ratsam
uGes, täglichen Verbandwechsel vorzunehmen. Sehr an¬
nehm macht sich dabei die starke Sekretion bemerkbar,
lern die Verbandstoffe niemals an der Wunde festkleben,
'•m Zucker ist in den meisten Fällen nichts mehr zu sehen,
•le Verbandstoffe sind mit stark zuckerhaltigem Sekret durch-
inkt und absolut geruchlos. Diese Desodorierung war in
mchen Fällen sehr auffallend.
Ferner liess sich feststellen, dass unter Zuckerbehandlung
■ Granulationsbildung eine günstige war: die Wundflächen
hen frisch aus, ohne dass die Neigung zu übermässiger
anulationsbildung vorhanden war. Dass man hier und da
m Lapisstift greifen musste, bedarf wohl kaum der Er-
ihnung; es geschah jedoch verhältnismässig sehr selten.
ie sehr schnelle und glatte Epithelisierung, die sich häufig
Machten liess, besonders bei Ulcus cruris, dürfte wohl als
Ige der allgemeinen günstigen Wundverhältnisse auf-
lassen sein.
Sehr charakteristisch war das Verhalten tuberkulöser
Prozesse: sie blieben vollkommen refraktär. Allerdings trat
auch hier eine gewisse Reinigung der Wundflächen ein, sowohl
bei ulzerösem Lupus als auch auf tuberkulösen Granulationen
nach Knochenoperationen, dann aber blieb der Prozess selber
unbeeinflusst, so dass weitere Versuche nach dieser Richtung
nicht empfohlen werden können.
Im ganzen wurden ungefähr 1(30 Fälle mit Zucker be¬
handelt. Im Vordergründe des Interesses standen die grossen,
septischen Wunden akuter und chronischer Osteomyelitis und
die Unterschenkelgeschwüre, deren 6 auf diese Weise be¬
handelt wurden. Das Wesentliche über den Heilungsverlauf
ist bereits gesagt, so dass ich auf genaue Wiedergabe der
Krankengeschichten verzichte, und mich auf einige besonders
augenfällige Daten beschränken möchte.
Bei einem 18 jährigen Manne mit schwerer Gonitis wurde am
6. VIII. das Gelenk durch breite Inzisionen eröffnet: da der Prozess
nicht zum Stehen kam, wurde am 27. VIII. die quere Durchsägung
der Patella vorgenommen. Am 2. X. begann die Behandlung mit
Zucker. Es bestand eine Wunde über die ganze Breite des Knies, die
60 mm weit klaffte, und in ihrer ganzen Ausdehnung mit schmierigem
Eiter belegt war. Bereits am nächsten Tage sah die Wundfläche er¬
heblich frischer aus, sie war am 6. fast, am 10. X. vollkommen
rein, und blieb es auch. Die Breite betrug am 14. nur noch 52 mm,
am 19. noch 44 mm, am 23. X. 38 mm, am 26. schliesslich 34 mm.
Dann wurde allerdings das Tempo der Epithelisierung langsamer,
wohl durch Gewöhnung an das Mittel, so dass heute, 7 Wochen
später, noch immer ein 8 mm breiter Streifen nicht überhäutet ist.
Ein 46 jähriger Mann mit ausgebreiteten Varizen am linken Unter¬
schenkel hatte sich am 15. IX. gestossen. Es war ein Unterschenkel¬
geschwür entstanden, d^s schnell wuchs, da der Kranke 4 Wochen
lang ohne Behandlung und ohne Verband damit arbeitete. Am 16. X.
kam er zur Behandlung mit einem Ulcus von 50 X 69 mm Aus¬
dehnung, das sehr übel aussah. Die Zuckerbehandlung wurde von
vornherein angewendet. Das Geschwür reinigte sich überraschend
schnell und verkleinerte sich rasch. Am 24. X. betrugen die Masse
60 X 45 mm, am 20. XI. war das Ulcus vollkommen verheilt und
glatt epithelisiert, so dass am 12. XII. die Exstirpation der Varizen
aseptisch vorgenommen werden .konnte.
Weiter wurde ein Ulcus cruris bei einem 52jähr. Manne be¬
handelt, das seit 19 Jahren bestand. Er war bereits 8 Tage in der
Klinik mit Bettruhe und feuchten Verbänden behandelt worden, ohne
dass sich an dem sehr schmierigen Aussehen des Geschwürsgrundes
irgend etwas geändert hätte. Beim Beginn der Zuckerbehandlung
am 29. IX. betrugen die Masse 12 X 25 mm. Drei Tage später war
der Grund sauber, und es schossen kräftige Granulationen auf. Am
6. X. war der Defekt auf % verkleinert, am 14. X. vollkommen
geschlossen und glatt iiberhäutet. Misserfolge wurden beim Ulcus
cruris nicht beobachtet, wenn auch nicht alle Fälle gleich schnell
abheilten.
Sehr angenehm machte sich die Wirkung der Zucker¬
behandlung bemerkbar bei Wunden, die in einem Winkel
drainiert oder tamponiert worden waren. Diese kleinen Sub¬
stanzdefekte, die häufig so sehr hartnäckig jeder Behandlung
Trotz bieten, reinigten und schlossen sich unter Zucker durch¬
weg in erfreulich kurzer Zeit. Besonders eindrucksvoll war
diese Wirkung bei einer Fistel nach Gelenkresektion, die
14 Tage lang ohne jeden Erfolg behandelt worden war, und
die sich unter Zucker in 3 Tagen schloss. Aehnliche günstige
Resultate Hessen sich erzielen bei drainierten Operations¬
wunden nach eitriger Appendizitis, Cholezystitis, auch nach
Strumektomien.
Irgendwelche Nebenerscheinungen bei der Zuckerbehand¬
lung Hessen sich nicht feststellen. Besonders dort, wo grosse
Mengen auf ausgedehnten Wundflächen appliziert wurden, er¬
folgten häufige Untersuchungen des Urins auf pathologische
Bestandteile: stets mit negativem Erfolg.
Ich fasse zusammen:
Die Resultate der Wundbehandlungen mit Zucker er¬
mutigen zu weiteren Versuchen.
Seine desinfizierende und fäulniswidrige Wirkung, die
Fibrinlösung, die Anregung der Sekretion durch heftige osmo¬
tische Vorgänge — gleichsam eine Serumspülung der
Wunde von innen nach aussen — , alle diese Vorgänge schaffen
günstige Heilungsverhältnisse, die sich in schneller Reinigung,
Desodorierung, gesunder Granulationsbildung und rascher
Ueberhäutung manifestieren.
Der Zucker stellt ein ungefährliches, billiges und allem
Anschein nach für praktische Zwecke selbst steriles
Medikament dar.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.
408
Literatur.
l.ßerendes: Zentralbl. f. Chir., 1910, No. 37. — 2. B o e h n c k e :
Arch f. Hvg., 1911, H. 2. — 3. Herz: Med. Zentralztg., 1912, No. 45.
— 4. Fischer: Zentralbl. f. Chir., 1883, No. 34. — 5. D e r s e 1 b e :
Deutsche Zeitschr. f. Chir., 1885, S. 225. — 6. Fischer: Vorl.
über Bakterien. Jena 1903. — 7. Kausch: Deutsche med. Wochen¬
schrift. 191 1, No. 1. — 8. D e r s e 1 b e : Deutsche med. Wochenschrift,
1911, No. 14. — 9. Kuhn: Arch. f. Hyg., 1891. — 10. Derselbe:
Arch. f. klin. Chir., Bd. 96, 1911. — 11. Derselbe: Münch, med.
Wochenschrift 191 1. No. 38. — 12. L e n n a n d e r : Deutsche Zeitschr.
für Chirurgie, 1906.
Aus der medizinischen Klinik zu Jena (Direktor: üeh. Rat
Prof. Dr. S t i n t z i n g).
Ein Beitrag zur Aderlasstherapie bei Polyzythämie.
Von Dr. A Ihr echt Wagner, früherem Medizinalpraktikanten
der Klinik.
Dem Krankheitsbilde der Polyzythämie ist in letzter Zeit
ein erhöhtes Interesse zugewandt worden. Man wusste, dass
es krankhafte Zustände gibt, in denen eine Vermehrung der
roten Blutkörperchen auf 7 — 10000000 zustande kommt, man
bestritt jedoch, dass es eine wahre Plethora gebe. Das Vor¬
kommen eines derartigen Zustandes kann aber heutzutage
nicht mehr geleugnet werden. Im wesentlichen beschäftigen
sich die zahlreichen neuen Arbeiten mit der Klärung der noch
immer dunklen Aetiologie der Polyzythämie. Was darüber
in jüngster Zeit bekannt geworden ist, habe ich auf Ver¬
anlassung von Herrn Prof. Stintzing in meiner Disser¬
tation *) an der Hand von drei selbst beobachteten Fällen zu¬
sammengestellt. Es handelte sich in der Arbeit ausserdem
um einen Beitrag zu der Frage, in welcher Weise eine
systematisch durchgeführte Aderlasstherapie das Krankheits¬
bild beeinflusst. Die Ergebnisse der an den drei beobachteten
Fällen gemachten Beobachtungen waren kurz folgende:
Der Aderlass hat in der Therapie der Polyzythämie,
systematisch angewandt, gute Erfolge, insofern er einen
Teil der sehr lästigen subjektiven Beschwerden vermindert
und bei den Patienten schon nach verhältnismässig ge¬
ringen Mengen ein Gefühl wesentlicher Erleichterung zu¬
stande bringt. Eine regelmässige Aderlasstherapie ist
systematisch indiziert bei sekundärer Hyperglobulie, wenn
das primäre Leiden nicht zu beeinflussen ist. Der Erfolg
liegt vermutlich in der Steigerung der Sauerstoffkapazität
des Blutes, wodurch ein Teil der als Kompensation gegen
verminderte Sauerstoffkapazität dienenden roten Blut¬
körperchen überflüssig wird; da die ohnehin schon hohe
Sauerstoffkapazität des Blutes und der ohnehin schon ge¬
steigerte Gaswechsel bei primärer Polyzythämie
nicht noch gesteigert werden dürfen, so ist in d i e s e n
Fällen von regelmässig wiederholter Blut¬
entziehung kaum ein Erfolg zu erwarten, ja
dieselbe ist hier kontraindiziert.
Es ergibt sich also hieraus die Notwendigkeit, die ver¬
schiedenen Formen der Polyzythämie auseinanderzuhalten,
um in der Indikation der Aderlasstherapie nicht fehlzugehen.
Die Kenntnis dieser verschiedenen Formen ist dadurch er¬
schwert, dass unter dem Namen Polyzythämie klinisch durch¬
aus verschiedene Krankheitsbilder zusammengefasst werden
und zwar auf Grund eines, allerdings des wichtigsten und dia¬
gnostisch bedeutungsvollsten, den verschiedenen Gruppen ge¬
meinsamen Symptoms, nämlich der Vermehrung der roten
Blutkörperchen im Blute.
Da nun die drei in meiner Dissertation beschriebenen
Fälle Repräsentanten der drei wichtigsten Gruppen darstellen,
sei es mir gestattet, dieslben im Auszuge hier kurz mit¬
zuteilen:
1. Fall von Erythrozytose unter dem Bilde der
Polyzythämie, verursacht durch chronische Bron¬
chitis und Emphysem.
Anamnese: 39 jähr. landwirtschaftlicher Arbeiter, Familien-
anamnese gibt keine Anhaltspunkte für hereditäre Krankheiten. Er
ist früher nie krank gewesen.
Die Krankheit begann ziemlich plötzlich mit Magenbeschwerden
drückender Art. Keine Neigung zu Aufstossen und Erbrechen.
*) Ueber pathologische Vermehrung der Erythrozyten. Inaug.-
Dissertation, Jena 1912.
Starke, namentlich auf die Stirn lokalisierte Kopfschmerzen, Ohren¬
sausen, allgemeine Schlaffheit, leicht eintretende Ermüdbarkeit, Kurz¬
atmigkeit während der Arbeit. Stuhl und Urinentleerung o. B.
Status: Kräftiger Mann, Gesicht und Hände stark zyanotisch,
ebenso die sichtbaren Schleimhäute. Starke Füllung der ober¬
flächlichen Venen des Körpers.
Die Lungen sind emphysematisch, die Grenzen stehen tief, sind
schlecht verschieblich. Ausserdem bestehen Zeichen diffuser Bron¬
chitis. Das Herz ist nach rechts und links etwas verbreitert; die
Töne sind rein, stets regelmässig, 90; Blutdruck 128 mm Hg. Bauch
etwas aufgetrieben. Leber nicht, Milz etwas vergrössert (Masse
18:11). Linksseitige, reponible Leistenhernie. Im Urin Spuren von
Albuinen, einzelne hyaline Zylinder. Zahl der Erythrozyten 6 604 000.
Ausserdem besteht die von Behr beschriebene (Klin. Monatsblätter
für Augenheilkunde, Mai — Juni 1911) charakteristische Veränderung
des Fundus bulbi.
Bei dem Kranken wurden im ganzen 4 Blutentnahmen durch
Venaepunktion von 300 — 350 ccm gemacht. Jedesmal trat danach’
eine ganz wesentliche Erleichterung ein; die blaurote Farbe des
Gesichts wurde geringer; die ausserordentlich starken und den Pa¬
tienten sehr belästigenden Schweisse traten wesentlich seltener au:
Die Zahl der roten Blutkörperchen fiel im Laufe der Zeit von fast
7 000 000 auf fast 5 000 000, sie nahm also etwa um 1 700 000 Zellen
ab und der Kranke konnte gebessert und arbeitsfähig entlassen
weiden, obgleich die Bronchitis zeitweise wieder aufflackerte.
2. Fall von Polycythaemia megalosplenica.
übergehend in Polycythaemia hypertonica.
49 jähriger Handarbeiter in einer Maschinenfabrik. Familien¬
anamnese gibt keine Anhaltspunkte für erblich belastende Krank¬
heiten. Als Kind hatte er Scharlach, sonst war er nie ernstlich krank
Die jetzige Erkrankung begann mit Mattigkeit und Uebelkeit; kein,
Erbrechen. Oft Schwindel und Kopfschmerzen. Starke Schweisse:
nie Husten. Im Krankenhause zu A. wurde die stark vergrösserte
Milz mit Röntgenstrahlen behandelt, wodurch der Milztumor zurück-
ging und das Allgemeinbefinden wesentlich gebessert wurde.
Status: Mittelgrosser, in der Ernährung reduzierter Mann
Starke Rötung der Haut und der sichtbaren Schleimhäute.
Lungen o. B., abgesehen von geringer Schallverkürzung übei
der rechten Spitze. Herzdämpfung nach rechts verbreitert. Tom
rein, Puls voll, regelmässig. 84. Blutdruck 150 mm Hg." Leberram
2 Querfinger unterhalb des Rippenbogens. Milz reicht bis zur Line;
alba: Masse 33:14. Im Urin 0,5 Prom. Albumen, einzelne Zylinder
Erythrozyten 7 936 000.
Auch bei diesem Patienten hatten die Aderlässe subjekti'
günstigen Erfolg. Allerdings traten schon 1 — 2 Tage nach den
Aderlass die Beschwerden wieder erneut hervor. Die Zahl der rotei
Blutkörperchen schwankte zwischen fast 8000000 und fast 900009
und ging nach den Aderlässen bis auf fast 6 000 000 zurück, um iedoc!
schon nach wenigen Tagen wieder die alten Werte zu erreichen
Auch dieser Patient empfand es als eine grosse Erleichterung, das
nach den Aderlässen die höchst lästigen Schweisse bis auf gering
Spuren zurückgingen. Bei seiner Entlassung hielt er sich selber fii
gebessert. Die übrigen Symptome wie Milzvergrösserung usv
Blutdrucksteigerung, wurden nicht beeinflusst.
3. Fall von Polycythaemia megalosplenica.
35 jähriger Bahnarbeiter. Ein Kind starb 11 Monate alt an Ent
ziindung der Halsdrüsen. Die ersten Beschwerden waren allnüihlic
an Stärke zunehmende Schmerzen in der linken Oberbauchgegem
Appetit leidlich, zeitweise starke Schweisse.
Status: Gesichtsfarbe und Lippen rot; starke Hyperämie dt
Schleimhäute. Zunge leicht belegt, Zahnfleisch lebhaft gerötet un
gewulstet, blutet leicht.
Die Lungen weisen geringe Bronchitis auf. Herz o. B. Pu!
regelmässig, 64; Blutdruck 110 mm Hg.
Leber überragt den Rippenbogen um 7 cm, die Milz um 4 ci
(Masse 30:11). Im Urin kein Albumen. Erythrozyten 7 942 000.
Bei diesem Kranken wurden 7 Aderlässe zwischen 300—350 cci
vorgenommen; die Zahl der roten Blutkörperchen ging dadurch vo
fast 9 auf etwa 6 000 000 zurück. Die anfänglich vorhandene
Schweisse sistierten vollkommen, und vorübergehend fühlte sich de
Kranke wohler, ohne dass jedoch eine über mehr als 3 — 4 Tag
sich erstreckende Besserung eintrat.
Leber und Milz wurden nicht durch die Aderlässe beeinfluss
Aus alledem ergibt sich, dass bei dem die Kranken sei
belästigenden Leiden die Aderlasstherapie versucht werde
sollte.
Dauererfolge der Salvarsanabortivkuren der Jahre
1910—1911.
Von Dr. Hugo Müller, Hautarzt in Mainz.
Trotz der unvermeidlichen Monotonie jeder Statistik i
es Pflicht eines jeden über grösseres Material vertilgende
Fachmannes seine Dauererfolge bei Salvarsanabortivkuren ;
veröffentlichen. Allein auf diesem Wege lässt sich ja fes
stellen, dass wir unter Anwendung von Salvarsan wirklk
etwas nie geahntes, ja kaum erhofftes erreicht haben.
Februar Mt. _ MUENCffENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Schon früher betonte ich die glückliche Lage des Prak-
i:rs der Mittelstadt, sowie der Militärlazarettabteilungen
i eniiber dem Konsiliarius der Qrossstadt bezw. den Zivil-
. nkenhäusern, deren Material zu schnell zersplittern dürfte,
nach 1—2 Jahren wieder kontrolliert werden zu können.
Hier erfolgt Bericht über die bei primärer Syphilis der
i Jemen Abortivkur unterzogenen Privatpatienten von Be-
n der Salvarsanära bis einschliesslich Dezember 1911.
Nachdem die Gefahr des Wassermann-positiven Früh-
Jiums erkannt war, wurden ausschliesslich die negativ
gierenden Sklerosenfälle abortiv behandelt. Seitdem
ben die früher beobachteten zum Teil schweren Kompli-
: ionen aus (vergl. Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 1).
Bis Mitte 1911 erfolgten in der Regel 2, später 3 intra-
' löse Salvarsaninfusionen (ä 0,4— 0,5). Die zugleich in An-
mdung gebrachte Quecksilberkur wurde in den meisten
Men mit Zielers 40 proz. Kalomelöl (5 mal 0,05—0,07) und
i chliessend mit 40 proz. Mercinol (5 mal 0,1—0.14) durch-
: iihrt.
Sämtliche hier mitgeteilten Fälle sind in zwei- bis sechs-
i natlichen Zwischenräumen bis Ende 1912 im B r e n d el¬
vi II er sehen Laboratorium serologisch geprüft.
Bis Ende Dezember 1911 wurden 39 Wassermann-
ative Primäraffekte behandelt. Hiervon entzogen sich der
Handlung 9, während die übrigen 30 Fälle dauernd kon-
: liert wurden. Die Patienten gehörten vorwiegend gebil-
I en Kreisen an. Daher traten sie zum sehr grossen Teil
.serordentlich früh in Behandlung. Oft bestanden klinisch
Erosionen, ohne schon deutlich gewordene Induration, so
s erst die Spirochätendiagnose im Dunkelfeld den Tat-
tand ergab. Aber auch bei den typischen Sklerosen wurde
$ ' der mikroskopische Pallidabefund erhoben. War die
ersuchung verdächtiger Fälle im Dunkelfeld ergebnislos,
■ rde exzidiert und nach Levaditi im Krankenhaus ge¬
il Trotz der bekanntlich oft erfolglosen Levaditiunter-
ihung gelang es gelegentlich bei einem Dunkelfeldversager
diesem Wege die Pallida zu finden und den Fall für
l irtivkur zu retten. Denn bei zweifelhafter Diagnose,
neuerdings empfohlen wird, sich zu der immerhin ein-
ifenden Therapie zu entschliessen, wird nur in besonderen
Men angängig sein.
Bei der Salvarsanbehandlung wurde selbstverständlich,
in möglich, die übliche Exzision des Primäraffektes im ge-
! den Gewebe beibehalten; andernfalls erfolgte gründliche
’ iterisation.
Das Resultat der Abortivkur konnte unter obengenannten
stigen Bedingungen besser werden, als bei der oft zu spät
Behandlung tretenden Kassenklientel.
Das Ergebnis übersteigt aber die Erwartungen : 30 Fälle
h Proz.) sind bis Ende 1912 klinisch symptom-
:i und serologisch negativ geblieben,
lieber die Serie 1912, welche vornehmlich Neosalvarsan-
h umfasst, wird naturgemäss erst später Bericht erfolgen
nen. Die Resultate scheinen bis jetzt im ganzen ebenfalls
’ stig. Nur bei einem sehr progredienten Primäraffekt, 5 bis
Wochen post infectionem, der auffallenderweise noch
Wsermann-negativ war, trat ohne Aenderung der Blutreak-
1 Keratitis parenchym atosa annularis und
enkaffektion auf. Durch dieses Vorkommnis veranlasst, wie
Mi durch die naheliegende Erwägung der Kombinations-
apie wurden seitdem die Abortivfälle mit mindestens
ier Altsalvarsandosis neben zwei Neosalvarsaninjektionen
n dos. IV bis dos. VI) behandelt.
Eine besondere Besprechung erfordert die intramus-
läre Salvarsanmethode. Sie wurde im letzten
;re 11 mal bei 5 Fällen in Anwendung gebracht, wo aus
sonderen Gründen die Veneninfusion unterbleiben musste,
r ist es Pflicht, immer wieder auf die bei richtiger Technik
ivandfreien Johainjektionen zu verweisen. Es ist
1 der unausbleiblichen Routine vielleicht leichter, eine intra-
öse Injektion zu machen, als eine wirklich schmerzlos
bende Johaeinspritzung vorzunehmen. Aber die beigefügte
irauchsanweisung ist so eingehend, dass jeder Praktiker
-r Anwendung des Schindler sehen Instrumentariums
kt danach arbeiten kann.
No. 8.
Dei Autor verspricht nicht zu viel: Technisch einwandfrei
gemacht, ist die Johainjektion schmerzlos und hinterlässt keine
dauernden Infiltrate. Auch bei Frauen mit dickem Fettpolster
wurde sie leicht ertragen. Während ich jedoch bei Venen-
infusionen nur 20—24 Stunden Bettruhe verlange, blieben die
Patienten mit Johainjektionen mindestens2 Tage in voller
Bettruhe, um jede Senkung des Depots zu vermeiden; und
dieser Faktor ist wohl für den absolut günstigen Verlauf von
besonderer Bedeutung.
In einer Zeit, wo N e i s s e r die Luesbehandlung aus einer
chronisch intermittierenden in eine chronisch „permanente“,
natürlich nicht im strengen Sinne des Wortes, umzuwandeln
bemüht ist, wird die Frage der Abortivkur besonders aktuell.
Wenn N e i s s e r s Massnahmen bei schon Wassermann¬
positiv gewordener Lues prinzipiell sich als notwendig
erweisen sollten, dann muss mit ganz besonderem Eifer die
Abortivbekämpfung im serologisch noch negativ gebliebenen
Frühstadium durchgeführt werden. Unsere bisherigen Erfolge
geben wohl das Recht, zunächst es bei dem hier gestellten
Masse der Therapie bewenden zu lassen. Würden weitere
Kuren auch bei serologisch negativem Primärstadium benötigt,
dann müsste ja die Bezeichnung Abortivbehandlung
aufgegeben werden. Bei schon positiv reagierender Lues
muss naturgemäss die ganze Wucht der modernen Behand¬
lungsmethoden einsetzen. Und das — trotzdem nicht ge¬
leugnet werden kann, dass eine Reihe von Fällen mit weit
weniger Kuren, als neuerdings üblich, geheilt werden. Aber,
da niemand ante mortem beatus, lieber zu viel als zu wenig!
Wer jedoch oft genug gesehen hat, dass bei der 10. Kalomel-
spritze frische Plaques auftreten, die auf weiteres Hg absolut
nicht reagieren, aber auf Salvarsan sofort verschwinden, und
umgekehrt, der wird sein therapeutisches Heil nicht suchen
in übergrossen, zur Gewöhnung führenden Kuren, sondern
durch geschicktes Manövrieren mit unseren verschiedenen
Remedien in den „geeigneten“ Dosen zum Ziel zu gelangen
suchen.
Ueber die Höhe dieser „geeigneten“ Dosen ist ja leider
zurzeit noch keine Einigung erreicht. Darum möge auch hier
jeder ältere Fachmann, wie Jadassohn gelegentlich der
Salvarsantherapie betonte, zunächst seine eigene Er¬
fahrung als Basis benutzen.
Röstweizen als Diätetikum.
Beitrag für den Diätzettel bei Obstipation, Neurasthenie, Herz¬
leiden etc.
Von Dr. Hirschkowitz in Bad Kissingen.
Weizenkörner, hell geröstet und zu einem grobkörnigen Pulver
zermahlen, geben ein in der Diätetik gut brauchbares Nährpräparat,
das sich durch seinen angenehm würzigen Geschmack und die viel¬
seitige Verwendbarkeit auszeichnet.
Die Zubereitung ist folgende:
Man röstet Weizenkörner auf gelindem Feuer (mittels Brat¬
pfanne oder Kaffeerösters) unter fortwährendem Um-
rühren, bis sie ganz trocken und spröde geworden sind und ihre
ursprünglich blassgelbe Farbe hellbraune Tönung angenommen hat.
Zerbeisst man zur Probe ein Paar Körner, so zerspringen sie
bei gutgelungener Röstung wie sprödes hartes Material, ähnlich ge¬
rösteten Kaffeebohnen.
Der Duft ist würzig, angenehm.
Dann werden die Körner in gewöhnlicher Kaffeemühle grob
gemahlen und mit Wasser, Milch, Apfelmost oder verdünntem Kognak
oder Wein gegeben; zu Wasser und Milch Zuckerzusatz nach Be¬
lieben.
Wir haben dann ein wohlschmeckendes Kohle¬
hydrat in wenig aufgeschlossenem Zustande und
mit reichem Zellulosegehalt, das infolgedessen ein
Darm massagemittel par excellence ist.
Diese Eigenschaft kann durch die mehr oder weniger grobe Art
der Zerkleinerung abgestuft werden; gleichzeitig wird hierdurch und
durch die Wahl der Flüssigkeit (Wasser oder Milch z. B.), schliesslich
durch die zugesetzte Zuckermenge der Nähr- und Nutzwert des
Präparates variiert.
Wertvoll ist noch die absolute Reizlosigkeit für das
Nervensystem, da dieser Röstweizen — mit Milch — gut anstatt
Kaffees gegeben werden kann.
Trocken aufbewahrt, ist das Präparat lange haltbar und kann,
wenn es Feuchtigkeit angenommen hat, wieder trocken geröstet
werden.
3
■410
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Auf Reisen bildet es ein immer gebrauchsfertiges
wertvolles Nährmittel.
Zu beachten ist bei der Zubereitung, dass der Weizen nur hell
geröstet werden darf, weil er bei dunkler Röstung leicht anbrennt
(Rühren!) und scharfbitteren Geschmack annimmt, und dass er
nicht zu fein gemahlen werden darf, weil sonst der Ge¬
schmack pappig wird.
Vermeidet man diese kleinen Fehler, so erhält man ein gut
brauchbares Nährpräparat, das sich im Diätzettel von Obsti-
p i e r t e n (namentlich bei A t o n i e), von Neurasthenikern
und Herzkranken vorzüglich verwenden lässt.
Da es sich mir bei den genannten Krankheiten u. a. m. stets gut
bewährt hat, stehe ich nicht an, seine Anwendung als Nährmittel
und Diätetikum zu empfehlen.
Ich habe diesen Röstweizen in Chile kennen gelernt, wo er
unter der Bezeichnung „h a r i n a“ ein volkstümliches Nähr- und
Genussmittel bildet.
Aus dem Lungensanatorium Braunwald.
Erstickungsanfall infolge Durchbruchs einer tuberkulösen
Drüse in den Bronchus.
Von Dr. Felix 0 e r i, Sanatoriumarzt.
Die Publikation des im folgenden beschriebenen Falles
von Durchbruch einer Bronchialdrüse in den Bronchus scheint
mir berechtigt, einmal wegen der relativen Seltenheit des
Ereignisses an und für sich, und dann wegen des noch sel¬
teneren glücklichen Auganges.
Krankengeschichte: Der Knabe I). 0., I6V2 jährig, ist
das 10. von 10 Kindern einer in ärmlichen aber ordentlichen Verhält¬
nissen lebenden Fabrikarbeiterfamilie. Tuberkulöse Belastung ist
nicht nachweisbar, dagegen sind 7 Geschwister in frühen Jahren im
Anschluss an Kinderkrankheiten (besonders Pertussis) gestorben.
Patient hat im 3.-5. Lebensjahre rasch hintereinander Pertussis,
Masern und Scharlach durchgemacht und soll im Anschluss an die
Pertussis lange schwerkrank gewesen sein. Später blieb er immer
etwas schwächlich, konnte aber seine 8 Schuljahre ohne grössere
Unterbrechung erledigen und arbeitete zuletzt 2 Jahre als Handlanger
im Magazin einer Möbelfabrik.
Ende Januar 1912 begann mit einmaligem Schüttelfrost eine
Fieberperiode, bei der die Temperatur innerhalb 6 Wochen von
anfänglich 39—40° auf 37—38° herunterging; Nachtschweisse, kein
Husten. Während dieser Krankheit und auch bei einem anschlies¬
senden kurzen Spitalaufenthalt konnte keine bestimmte Diagnose
gestellt werden, der Patient wurde aber als tuberkuloseverdächtig
unserem Lungensanatorium überwiesen.
Beim Eintritt in unsere Anstalt (April 1912) bewegte sich die
Temperatur (oral) immer unter 37“. Kein Husten, kein Auswurf;
dagegen bestand etwas Kurzatmigkeit und ein Anflug von Zyanose.
Herzdämpfung und -töne 0. B. Puls 100 — 110. Lungenbefund : .Rechts
vorwe oben und rechts hinten oben (besonders in der Höhe des
Hilus) eine leichte Schallverkürzjing. I11 der rechten Hilusgegend
verschärft vesikuläres Inspirium mit verlängertem Exspirium, einzelne
feine Knacken und Giemen. Hinten unten beiderseits einzelne
Knacken. Die Diagnose wurde auf Bronchialdrüsentuberkulose
(Hilustuberkulose?) gestellt; daran änderte auch ein rechtsseitiges
pleuritisches Exsudat nichts, das Mitte Mai unter leichter Temperatur¬
steigerung auftrat und nach ca. einem Monat wieder resorbiert war.
In der Folge schien nun alles gut zu gehen; die Temperaturen waren
normal, das Körpergewicht nahm in 2 Monaten um 6 kg zu. Das
Atemgeräusch wurde rechts in der Hilusgegend leiser als früher und
leiser als links, Knacken war nur noch rechts hinten unten nachweis¬
bar und wurde auf die durchgemachte Kompression bezogen.
Am 5. August stellte sich nun im Anschluss an einen grösseren
Spaziergang (vielleicht auch im Zusammenhang mit einer gründ¬
lichen Lungenuntersuchung) etwas Fieber ein (bis 37,8°) und ein
trockener Husten, der sich durch Bettruhe, Wickel und auch Narkotika
nicht beeinflussen liess, sondern an Stärke zunahm. Am 7. August
abends kam es zu einem so langdauernden quälenden Hustenanfall,
dass ich an das Bett des Knaben gerufen wurde. Ich fand ihn in
bedrohlichem Zustande; ständiger Husten, hochgradige Engigkeit mit
exspiratorischem Stridor, hochgradige Zyanose. Der Puls war
frequent, aber ziemlich kräftig, der Kehlkopf schien frei. Eine kurze
Untersuchung der Lungen ergab links auf der ganzen Seite nur sehr
leises Atemgeräusch, rechts war überhaupt kein Atemgeräusch zu
hören, die rechte Lunge war stark gebläht (Grenze 2 Finger tiefer
als links, Herz nach links verschoben). Ich dachte an einen rechts¬
seitigen Pneumothorax, der durch Ventilmechanismus zu hoch¬
gradiger Blähung des rechten Pleuraraumes und dadurch zu starker
Kompression der linken Lunge geführt habe, und punktierte, aber die
Punktionsnadel traf in (respiratorisch fast unbewegliches) Lungen¬
gewebe. Inzwischen w'ar trotz Exzitantien und Aderlass über ein
kurzes Exzitationsstadium, in dem der Knabe wild fluchte und um
sich schlug (COa-Vergiftung), Bewusstlosigkeit eingetreten. Die
Atmung war (20 Minuten nach Beginn des Anfalles) agonal geworden
und hörte schliesslich vollständig auf, der Puls, der sich lange
No. 8.
ordentlich gehalten hatte, war nicht mehr fühlbar, kurz es schien
ad exitum zu kommen, ln dieser peinlichen Situation versuchte ich
noch, allerdings ohne grosse Hoffnung auf Erfolg, die künstliche
Atmung und hatte die grosse Freude, dass schon bei einem der
ersten ruckweisen Kompressionsstösse unter hörbarem Knall ein
derber Gewebsfetzen von der Grösse und Dicke eines Finger¬
endgliedes expektoriert wurde, dem alsbald 2 kleinere Stücke je von
der Grösse einer halbierten Kirsche nachfolgten. Die Atmung wurde
sofort frei und setzte kräftig ein, die Zyanose verschwand in wenigen
Minuten, das Bewusstsein kehrte zurück und der Knabe war in einer
Viertelstunde wieder wohl und vergnügt.
Die 3 expektorierten Stücke Hessen sich ziemlich lückenlos zu
einem Körper von der Grösse und Form einer Pflaume zusammen¬
setzen, der aussen teihveise noch mit einer Kapsel überzogen w'ar
Sie bestanden aus derben, grauen, nicht leicht zerbröckelnden Massen,
die mit schwärzlichen Adern durchzogen waren. Es handelte sich
also offenbar um eine verkäste tuberkulöse Lymphdrüse. Nach 5
und 12 Tagen wurde je noch ein linsengrosses Stück ausgehustet, ,
so dass die Drüse ziemlich vollständig nach aussen expektoriert'
worden zu sein scheint. Die histologische Untersuchung der Fetzen
(pathologisches Institut in Basel, Herr Prof. Hedinger) ergab;
„Verkästes Gewebe, in der Peripherie stellenweise Lympho- und
Leukozyten und anthrakotisches Pigment. Nirgends Knötchen. Es
handelt sich wahrscheinlich um tuberkulöses, verkästes Gewebe,
doch bestehen dafür keine sicheren histologischen Anhaltspunkte1
Der histologische Befund ist also nicht eindeutig; auch die Färbung
von Tuberkelbazillen misslang. Trotzdem kommt wohl praktisch]
keine andere Deutung in Betracht als die der tuberkulösen Drüse.
Es wäre noch beizufügen, dass die Temperatur 8 Tage nach
dem Anfalle wieder normal war und seither normal geblieben ist. In
den ersten Tagen bestanden leichte stechende Schmerzen in deij
rechten Hilusgegend, sie sind aber schon lange vollständig ver
schwunden. Seit dem Anfall bestehen weder Husten noch Auswur:
(mit Ausnahme der zwei oben beschriebenen nachfolgenden Brockel)
Dagegen ist das Knacken auf beiden Unterlappen, das beim Eintrit
bestanden hatte, wieder zu konstatieren. Die Atmung ist voll
ständig frei; es besteht aber immer noch etwas Zyanose. Patieir
fühlt sich vollständig wohl und hat noch weitere 5 kg zugenomm n;
Die Prognose ist natürlich noch ganz unsicher und hängt iir
wesentlichen davon ab, ob die Käsemassen wirklich vollständig aus
gehustet worden sind, oder ob es zu Aspiration kleinerer Partikel de:
infektiösen Materials gekommen ist. Auch darf man nicht vergessen
dass irt der Nähe der einen Drüse noch andere liegen können, die
wieder zu neuen Komplikationen führen dürften.
Wir haben also einen Fall von Bronchialdrüsentuber
kulose, bei dem eine verkäste Drüse in wenigen grossen Frag
menten in den rechten Bronchus durchbrach. Das Hauptstiid
verlegte zuerst den rechten Bronchus vollständig und der
linken (resp. die Trachea) wenigstens teilweise; durch dii
angestrengte Atmung kam es offenbar ganz in die Trache;
zu liegen und führte durch Verschluss derselben zur Fr
stickung, bis es im Augenblicke der höchsten Not die künst
liehe Atmung tracheaaufwärts und durch die Glottis trieb.
Bei einer kurzen Durchsicht der Literatur, die auf Voll
ständigkeit keinen Anspruch machen kann, fand ich ungefäh
20 ähnliche Erstickungsfälle beschrieben oder referiert. Di:
Diagnose wurde meist erst auf dem Sektionstische gestellt
nur dreimal (Hubert, N a c h 0 d, F r 0 n z) gelang durcl
Tracheotomie und geeignete Manipulationen mit Katheten
und Haken die Rettung des Patienten; künstliche Atmun;
als rettenden Faktor finde ich nirgends beschrieben, sie so!
auch durchaus nicht als Mittel der Wahl empfohlen werde
trotz ihrer guten Dienste in unserem Falle. Weitere, vielleich
gerade günstig abgelaufene Fälle, kommen gewiss nicht S‘
selten vor, gehen aber mit der ganzen, grossen Erfahrun:
der praktischen Aerzte verloren. Es ist dies im Interesse de
Patienten jedenfalls zu bedauern, denn bei den meisten publi
zierten Todesfällen ist eine geeignete Therapie nur deshal
unterblieben, weil man gar nicht an die Möglichkeit eine
solchen Zufalles dachte. Auch ich habe die Diagnose er;
nachträglich gestellt, so merkwürdig es mir jetzt beim Uebei
blicken der doch ziemlich eindeutigen Krankengeschichte er
scheint; ich werde in Zukunft jedenfalls mit der Möglichke
rechnen und gegebenen Falles ohne Zeitverlust die einzi
sichere Therapie, die Tracheotomie etc. anwenden.
Und eine weitere, mehr theoretische Frucht zeitigt uns di
Beschäftigung mit diesen Vorkommnissen. Bei den Fällen, v
Erstickung eintritt, handelt es sich um die relativ selten
Variation, dass sich eine Drüse in toto oder in wenigen grosse
Stücken loslöst; viel häufiger sind aber die Fälle, wo ein
zentrale Erweichung der verkästen Drüse und dann erst de
Durchbruch in einen Bronchus eintritt. Es fehlen dann di
! 25. Februar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
stürmischen Symptome der Erstickung, die kleinen Krümmel
des infektiösen Materials aber werden in die Bronchien der
mteren Lungenabschnitte aspiriert und führen dort zu Lokali¬
sation der Tuberkulose in der Lunge. Dass dies recht häufig
st, zeigen Publikationen über Sektionsmaterial, bei dem be¬
sonders auf diese Verhältnisse geachtet wurde (Horst,
A i c h a e 1). Auch der Umstand, dass einerseits die Bronchial-
Jriisentuberkulose im kindlichen Alter mehr im Vordergründe
'teilt, dass anderseits gerade die kindliche Tuberkulose mit
Vorliebe den Hilus oder die Unterlappen befällt, drängt uns
lie Wichtigkeit der Bronchialdrüsen in der Aetiologie der
Lungentuberkulose direkt auf. Es ist keine Frage, dass
lamentlich bei Kindern die verkästen Bronchialdrüsen sehr oft
ler direkte Anstoss zur Lungentuberkulose werden, sei es,
lass sie direkt in das Lungengewebe durchbrechen, sei es,
lass sie sich in die Bronchien entleeren und auf diesem Um-
vege das Lungengewebe infizieren. Diese Einsicht ist durch-
tus nicht neu, sie kann aber nicht genug unterstrichen werden,
ia meines Erachtens die Theorie von der direkten Inhalations-
nfektion der Lungen noch immer allzusehr im Vorder¬
gründe steht.
Hubert: Ein Fall von Tracheostenose durch eine verkäste,
erkaite und gelöste Bronchialdrüse. Diss., Kiel 1885. — Nachod
ind Fronz referiert in Löh rer: Ein Fall von vollkommener Aus-
topfung der Trachea etc. Münch, med. Wochenschr. 1904, No. 27. —
lorst: Beitrag zur pathol. Anat. der Bronchialdrüsen. Diss.,
viel 1886. — Michael: Ueber die Eigentümlichkeiten der Lungen-
uberkulose im Kindesalter. Jahrb. für Kinderheilk., 1855, Bd. 22.
Aus der chirurgischen Klinik in Beuthen O.Schl.
Allgemeine eiterige Peritonitis durch Bandwurm.
Von Wilhelm Danielsen.
Neuerdings ist wieder von R h e i n d o r f auf die Be¬
deutung der Oxyuren bei der Wurmfortsatzentzündung des
vindes hingewiesen worden. Wenn auch wohl fast jeder
Chirurg Appendices mit Oxyuren exstirpiert hat, so war doch
ie Zusammenstellung der einzelnen Publikationen mit eigenen
Erfahrungen von grossem Interesse. Wurde doch überzeugend
achgewiesen, dass die sekundären Schädigungen durch diese
Parasiten zahlreicher und grösser sind, als man sie sich ge-
aeiniglich vorstellt. Meist sind ja die Schädigungen dieser
’arasiten auf Teile der Darmwand beschränkt, indessen
ommen doch auch, wie bekannt, Perforationen mit Abszess
nd Peritonitis zur Beobachtung und zwar nicht nur bei den
Ixyuren, sondern auch bei den anderen Darmparasiten, dem
richocephalus und dem Ascaris lumbricoides. Dass aber
uch bei dem Bandwurm sekundäre Folgeerscheinungen dieser
irt Vorkommen können, ist ganz unbekannt, so dass die Mit¬
tung einer solchen Beobachtung gerechtfertigt ist:
Frau K. erkrankte 1909 an einer rechtsseitigen Eierstocks-
ntziindung (Pyosalpinx). Die Beschwerden gingen unter kon-
-rvativer Behandlung zurück, verschwanden aber nie ganz. Als
leines Mädel hatte sie einen Bandwurm gehabt, später wieder als
rau. Sie hatte jahrelang Schmerzen beim Wasserlassen und beim
oitus. Verschiedene Untersuchungen hatten weder Aufschluss noch
nfe gebracht.
Am 4. Oktober 1911 nachts 1 Uhr erkrankte sie plötzlich unter
hr starken Leibschmerzen. Am 5. Oktober stellte der behandelnde
rzt eine Bauchfellentzündung fest und verordnete Bettruhe und
tuhlzäpfchen. Als der Zustand sich bis zum 6. Oktober morgens
erschlimmerte, wurde der Transport in meine Klinik angeordnet.
Status: Grosse starke Frau mit verfallenem Gesichts-
Jsdruck. Zunge trocken. Temperatur in der Achsel 37,8. Puls 140,
,ein, regelmässig. Abdomen überall ghichmässig aufgetrieben und
ark druckempfindlich. Leberdämpfung verschwunden. Keinerlei
cristaltik. Bei rektaler Untersuchung wölbt sich der hintere
onglas vor, vaginal besteht rechts eine Druckempfindlichkeit.
■ i-e Diagnose lautete auf: Peritonitis, ausgehend wahr-
heinlich vom Wurmfortsatz (siehe Anamnese und Befund).
Operation: in leichter Aethernarkose.
Während der Operation subkutan iVz Liter Kochsalzlösung +
1 Tropfen Adrenalin.
Längsschnitt am rechten Rand des M. rectus. Nach Eröffnung
-Jr Bauchhöhle entleert sich zwischen den Darmschlingen hervor-
Jcllend massenhafter Eiter. Auffallend ist, dass der typische Geruch
iS appendizitischen Eiters fehlt. Der Wurmfortsatz wird auf-
isucht, er weist keine wesentlichen Veränderungen auf. Beim Aus-
Pien des Eiters im kleinen Becken bleiben am Tupfer einige Band-
urmglieder haften, und als mit der Hohlhand der Eiter aus-
geschopft wird, folgt die Hauptmasse dieses Parasiten. Da es sich
demnach um eine Darmperforation handeln muss, wird der Dünn¬
darm vorgezogen und etwa Vz m oberhalb der Valvula Bauhini eine
I ei forationsstelle gefunden. Um die Perforationsstelle, welche die
Grosse einer 6 mm-Kugel hat, ist die Serosa im Bezirk eines Fünf¬
pfennigstuckes eitrig belegt. Die Fläche blutet nicht. Diese ganze
1 artie vvird exzidiert, dann das Loch durch Schichtennaht zugenäht.
Jetzt wird der Rest des Bandwurmes wieder verfolgt, wobei sich
zeigt, dass das Kopfende zwischen den Fimbrien der rechten Tube
eingedrungen ist. Neben der I ubc ist das Ovarium kl. 'inapfelgross
veigrössert. Es besteht deutliche Fluktuation. An einer zirkum¬
skripten Stelle ist die Oberfläche mit Granulationen und Eiter be¬
deckt. Beim Drücken entleerte sich kein Inhalt. Darauf resezierte
ich Ovarium und Tube und finde, dass der Kopf noch in dem Tuben-
rest steckt. Da der Puls sehr schlecht wird, begnüge ich mich mit
der Reinigung der Bauchhöhle mit grossen Tüchern. Zum Schluss
Gegeninzision auf der linken Bauchseite. Beiderseits Drainage und
TamponacTe. Wenige die ganze Bauchdecke durchgreifende Seiden¬
nähte.
Unter der in solchen Fällen üblichen Nachbehandlung erholte
sich die Kranke ganz allmählich und konnte am 12. November als
geheilt entlassen werden.
Bei einer Nachuntersuchung im Juni 1912 erklärte sie, keinerlei
Beschwerden mehr zu haben.
Das in Kaiserling konservierte Präparat zeigt die dunkel¬
roten stark verdickten und veränderten Fimbrien mit dem in die
Jube eingedrungenen gelben Bandwurmende. Die Ovarialzyste ist
bis auf Walnussgrösse geschrumpft.
Das resezierte Darmstück wies bei mikroskopischer Unter¬
suchung der Innenseite in der Umgebung der Perforationsöffnung
keinerlei Geschwürsbildung oder anderweitige Veränderung auf.
Demnach handelte es sich um eine Peritonitis nach Darm¬
perforation mit einem in der freien Bauchhöhle befindlichen
Bandwurm, dessen Kopf in die rechte Tube, neben welcher
eine Ovarialzyste bestand, eingedrungen war.
Das ist ein höchst auffallender Befund, denn nach unseren
Kenntnissen ist es unmöglich, dass ein Bandwurm die Darm¬
wand durchbohren oder gar durchfressen kann. Die Erklärung
für den Befund gibt uns Anamnese und Befund. Die Frau hat
vor 2 Jahren eine eitrige Oophoritis und Salpingitis gehabt.
Dabei ist es zu einer Verklebung zwischen Fimbrien und
Darm mit Perforation des Eiters in den Darm gekommen.
Durch diese Perforationsstelle ist der Bandwurm in die Tube
hineingekrochen. Da die Salpingitis infolge des guten Ab¬
flusses ausheilte, lockerte sich die Verklebung zwischen
Fimbrie und Darm und löste sich unter der Einwirkung der
Bandwurmbewegung. Der Rest des Bandwurmes trat aus
der Darmperforation in die frei Bauchhöhle und bewirkte
dort zugleich mit dem ausgetretenen Darminhalt eine allge¬
meine eitrige diffuse Peritonitis.
Diese Erklärung scheint mir für diesen Fall richtig zu
sein. Ich kann mir nach dem Bau des Bandwurmkopfes nicht
gut vorstellen, dass der Bandwurm die Darmwand durchbohrt.
Zwar nimmt S t i e d a einen solchen Mechanismus an, als er
von einer „Durchbohrung“ des Duodenums durch Taenia be¬
richtet. Soviel ich weiss, kann aber die Taenia beim Menschen
gar nicht bohren, sie hat ja gar keine Fresswerkzeuge. Auch
der bekannte Helminthologe, Herr Medizinalrat Dr. Huber
in Memmingen, glaubt nicht an diese Fähigkeit des Band¬
wurmes, indessen kann, wie er mir mitteilte, die Taenia des
Huhnes sich bis zur Serosa einsenken.
Ueber Serumfermentwirkung bei Schwangeren und
Tumorkranken.
Bemerkungen zu der Arbeit von Paul L i n d i g in No. 6
dieser Wochenschrift.
Von Emil Abderhalden.
Paul Findig hatte Gelegenheit in meinem Institute während
eines 14 tägigen Aufenthaltes das Dialysierverfahren kennen zu
lernen. Er glaubt sich, trotzdem er an zahlreichen Beispielen in
meinem Institute selbst feststellen konnte, dass die nach meinen An¬
gaben dargestellten Organe sehr lange haltbar sind — ich verwende ein
Plazentapräparat, das 18 Monate alt ist — berufen, Kritik an meiner
Methode zu üben und ein „neues“ Verfahren einzuführen. Ich
schreibe vor, dass die absolut blutfreie Phzenta durch Aus¬
kochen mit Wasser vollständig von in diesem löslichen Sub¬
stanzen zu befreien ist, die mit Ninhydrin reigieren. Das
gelingt, wie eine reiche Erfahrung zeigt, meist schon nach
5 bis lOfachem Auskochen. Bis jetzt haben über 50 Herren
in meinem Institute sich auf diese Weise Organe mit Er-
3*
412
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
foig bereitet. Sind die Organe einmal absolut frei von mit Nin-
hydrin reagierenden Stoffen, dann hält sich das Gewebe sehr lange,
vorausgesetzt, dass man genügend Toluol und Chloroform zufügt und
jede Verunreinigung vermeidet. Nur in Ausnahmefällen beobachtet
man, dass das Gewebe nach längerer Zeit wieder Spuren von Sub¬
stanzen enthält, die mit Ninhydrin reagieren und auskochbar sind.
Ich habe1), um auch diesen Fällen zu genügen, vorgeschlagen,
vor jeder Anstellung von Dialysierversuchen das Organ gründlich aus¬
zukochen. Man nimmt aus dem Aufbewahrungsgefäss soviel von
dem Gewebe, als man zu den Versuchen verwenden will. Dazu gibt
man im Reagenzglas die 5 fache Menge Wasser und kocht 5 Minuten.
Nun filtriert man durch ein gehärtetes Filter und gibt zu 5 ccm des
Filtrates 1 ccm einer 1 proz. wässerigen Ninhydrinlösung und kocht
genau eine Minute. Nur dann, wenn nach einer halben Stunde die
Probe noch farblos ist, d. h. aüch nicht einen Schimmer von Violett¬
blaufärbung zeigt, darf man das Organ verwenden. 1 ritt eine Reaktion
ein, dann kocht man mit Wasser aus, bis die Gru n d bedingung
für das ganze Arbeiten erfüllt ist, nämlich a*b s o 1 u t e
Freiheit des Organes an Stoff en, die sich in Wasser
lösen und mit N i n h 3' drin reagieren.
Ein Zahlenbeispiel möge zeigen, wie scharf man bei dieser Be¬
dingung sein muss. Ninhydrin reagiert mit einer bestimmten Menge
von Stoffen unter Farbstoffbildung, die in a-Stellung zum Karboxyl eine
Aminogruppe tragen. Wir wollen annehmen, dass dazu z. B. O.OUOOl g
Substanzen notwendig seien. Es musste nun jene Menge Serum aus¬
findig gemacht werden, die beim Dialysieren im allgemeinen an
20 ccm Aussenfliissigkeit weniger als die genannte Menge reagie¬
render Stoffe abgibt. Hierüber orientiert der Versuch mit Serum
allein. Fs ist nun möglich, dass das Serum 0,0000099 g der genannten
Stoffe an das Serum abgibt, in einem anderen Falle sind es nur
0,000008 g, oder es werden nur 0,000005 g abgegeben, ln allen Riesen
Fällen ergibt das Dialysat unter den von mir angegebenen Be¬
dingungen keine Farbreaktion beim Kochen mit Ninhydrin. Wenn
nun, nach meiner Vorschrift behandelt, das Organ absolut frei von
Substanzen ist, die dialysieren und mit Ninh3rdrin reagieren, dann
kommt zum Dialysat nur dann etwas, das reagiert, hinzu, wenn ein
Abbau stattfindet. Sobald aber das Organ in bezug auf
Stoffe, die mit Ninhydrin reagieren, nicht absolut
gleich Null zu setzen ist, so ist eine Fehlerquelle
vorhanden, die zu unübersehbaren Irrtümern
führenmuss. Nehmen wir z. B. an, dass das Organ nur 0,000001 g
reagierende Stoffe enthält, dann genügt diese minimale Menge um
mit Serum, das kein Dialysat liefert, das eine positive Reaktion gibt,
eine solche zu erzeugen, ohne dass ein Abbau erfolgt ist.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass an dieser Klippe manche Unter¬
sucher scheitern. Ich habe deshalb die Prüfung der „Reinheit des
Organs in der oben angegebenen Weise noch verschärft, um diese
Fehlerquelle zu beseitigen. Fortwährend erhalte ich Organe, die
sehr gute Resultate ergaben und dann doch ab und zu versagten,
zugesandt. Immer zeigt es sich, dass die Organe nicht genügend
ausgekocht waren.
L i n d i g hat es leider versäumt, mir vor der Veröffentlichung der
erwähnten Arbeit seine Organe und besonders seine Trockenpräparate
zur Prüfung zu übersenden. Ich konnte diese kürzlich in L i n d i g s
Gegenwart prüfen. Das Resultat war das folgende: Alle von
Herrn Lindig zu seinen Versuchen verwendeten
Organe waren ungenügend ausgekocht und mussten
notgedrungen zu ganz falschen Resultaten führen.
Die gepulverte Plazenta, die ohne jede Vorsicht in einer mit
einem Kork verschlossenen Flasche enthalten war, ergab mit der
50 fachen Menge Wasser ausgekocht eine so starke Reaktion mit
Ninhydrin, wie ich sie noch niemals gesehen habe, selbst nicht bei
der Prüfung des ersten Kochwassers einer frischen Plazenta. Das
Kochwasser wurde durch ein gehärtetes Filter filtriert und vom Filtrat
10 ccm mit nur 0,1 ccm Ninhydrinlösung gekocht. Ebenso verhielten
sich Myom und Karzinom und ferner die Plazenta. Diese drei Organe
waren in feuchtem Zustand aufbewahrt worden. Kein einziges
Resultat von Lindig kann Anspruch auf Richtig¬
keit erheben, weil er die elementarste Grundregel
meiner Vorschriften ausser acht gelassen hat. Er
hat seine Organe nicht genügend vorbereitet. Ich
halte es für ganz ausgeschlossen, Organ pulver für
die Zwecke des Dialysierverfahrens einwandfrei
aufzubewahren. Sie müssen ja Bakterien beherbergen und
sind gewiss schwer abbaubar!
Selbstverständlich fallen alle v o n Lindig ge¬
zogenen Schlüsse in sich zusammen. So musste er mit
dem Organpulver eine stärkere Reaktion erhalten, als mit der feuchten
Plazenta, weil sein Organpulver an und für sich schon so ausser¬
ordentlich viele Stoffe enthielt, die dialysierten und mit Ninhydrin
reagierten.
1) Emil Abderhalden: Der Nachweis blutfremder Stoffe
mittels des Dialysierverfahrens und der optischen Methode und die
Verwendung dieser Methoden mit den ihnen zugrunde liegenden An¬
schauungen auf dem Gebiete der Pathologie. Beiträge zur Klinik der
Infektionskrankheiten und zur Immunitätsforschung, Bd. 2, 1913. —
Vergl. die ganze Entwicklungsgeschichte des ganzen Forschungs¬
gebietes in : Emil Abderhalden: Die Schutzfermente des tierischen
Organismus. J. Springer, Berlin 1912.
Ich habe mit den Lindig sehen Organen zahlreiche — über
100 Versuche — angestellt. Ich habe das Organpulver allein, ohne
Serum dialysiert und damit allein schon eine positive Reaktion im
Dialysat erhalten! Ferner prüfte ich Myom und Karzinom mit
Ochsenserum und erhielt positive Reaktionen. Niemals tra'
eine positive Reaktion ein, wenn ich die Lindig sehen Or¬
gane nach meiner Vorschrift von Stoffen frei kochte, die sich
in Wasser lösen und mit Ninhydrinlösung reagieren. Ich habe
Serum von Schwangeren mit Myom, Karzinom und Plazenta
angesetzt. Alle drei Versuche ergaben tiefe Blauviolettfärbung des
Dialvsates beim Kochen mit Ninhydrinlösung, wenn ich die Organe
von Lindig benutzte. Die ausgekochten Organe verhielten sich,
wie folgt: Mvom und Karzinom wurden nicht abgebaut, wohl aber
die Plazenta. Ich hatte erwartet, dass das Myom angegriffen würde,
weil schliesslich Gewebe vorliegt, das dem Uterus angehört.
Es liegt sehr viel Unverstandenes in der
Arbeit von Lindig. So schreibt — um nur ein Beispiel
anzuführen — Lindig, bei einer gegen Frank und He i-
mann und Franz und Jarisch gerichteten Bemerkung: So
ist auf der einen Seite allein die Biuretprobe angestellt wor¬
den, die zum Nachweis kleinster Eiweissmengen absolut nicht
ausreicht, infolgedessen ist z. B. die nicht unwichtige Tatsache
vollständig entgangen, dass schon das Dialysat. vom Serum Abbau¬
produkte des Eiweisses enthalten kann! Lindig übersah, dass
das Serum niemals — oder doch nur unter ganz besonderen
Umständen — Peptone enthält. Um diese handelt es sich und
weder um Eiweiss noch um alte mit Ninhydrin reagierenden Stoffe.
Lindig war bekannt, dass die optische Methode ein
sehr geeignetes Mittel ist, um die Resultate des Dialysierverfahrens
zu kontrollieren. Er hätte unbedingt seine Resultate, die den
bisherigen Erfahrungen und besonders denen von F a u s e r [2] ganz
widersprechen, sorgfältig mittels der optischen Methode prüfen sollen.
Er hätte dann entdeckt, dass diese andere Resultate ergeben hätte,
als das von ihm ganz unrichtig angewandte Dialysierverfahren.
Ich will mit dieser Feststellung der Fehler in Lindigs
Versuchsanordnung nicht zum Ausdruck bringen, dass eine streng
spezifische Wirkung von Fermenten im Blute erwiesen sei1). Ich
kann selbst nur mitteilen, dass in 15 Fällen von Karzinom nur Krebs¬
gewebe nicht aber Plazenta abgebaut wurde. Umgekehrt ist es mir
bis jetzt nie geglückt, einen Abbau von Plazentagewebe mit Serum
von Karzinomträgern zu erhalten. Wie vorsichtig man gerade bei der¬
artigen Untersuchungen vorgehen muss, um Fehlerquellen zu ver¬
meiden, habe ich an anderer Stelle geschildert1). Es ist wünschens¬
wert, dass die mit so viel Mühe und Sorgfalt herausgearbeitete
Methodik zunächst in peinlich exakter Weise innegehalten wird.
Die Methode hat sich bis jetzt durchaus bewährt.
Als Zeugen dafür, dass die von mir angegebene Methode
ausgezeichnete Resultate liefert, führe ich in erster Linie
M. Henkel'2 3) an. Er teilt mit, dass er noch keinen Ver¬
sager hatte! Er schreibt: „Wir haben, wie Abderhalden,
Frank und H e i m a n n und die Grazer Frauenklinik bislang noch
keine Versager mit dieser Methode gehabt, und ich würde auf Grund
unserer eigenen Erfahrungen auch zunächst immer einen technischen
Fehler annehmen, ehe ich einen Zweifel in das biologische Verfahren
der Schwangerschaftserkennung setzen würde.“
Zusammenfassung:
Die von Lindig empfohlene Modifikation meiner Methode
ist zu verwerfen, weil mit ihr eine grosse Fehlerquelle in das
ganze Verfahren eingeführt wird. Aus diesem Grunde sind alle
von Lindig aus seinen Resultaten gezogenen Schlüsse hinfällig.
Es ist dringend erwünscht, dass unter strengster Innehaltung der
von mir gegebenen Vorschriften geprüft wird, ob eine streng
spezifische Wirkung der Abwehrfermente vorliegt oder aber, ob
diese nur für Gruppen von Stoffen spezifisch sind. Diese Frage¬
stellung ist so alt, wie die Untersuchungen über Schutzfermente
überhaupt. Nur der Kliniker kann hier eine Entscheidung bringen.
Ich ging selbst von der Ansicht aus, dass die Schutzfermente nui
auf bestimmte Gruppen von Stoffen eingestellt seien und keine
streng spezifische Wirkung besitzen. Erst die weiteren Untei-
suchungen lehrten, dass doch eine solche — wenigstens in den
bisher untersuchten Fällen — vorliegen kann. Eine klare Ent¬
scheidung des gestellten Problems wird nur durch Kombination
von Dialysierverfahren und optischer Methode möglich sein.
Ferner wird nur ein grosses Material als einwandfrei anzuer-
kennen sein, und endlich wird man beweisen müssen, dass nur
ein bestimmtes Organ und nicht mehrere blutfremdes Material
abgeben, denn versagen mehrere Organe, dann muss a priori ein
„polyvalentes“1 Serum erwartet werden *). Schliesslich sind Ke-
2) A. Fauser: Einige Untersuchungsergebnisse und klinische
Ausblicke auf Grund der Abderhalden sehen Anschauungen und
Methodik. Deutsche med. Wochenschr. No. 52, 1912.
3) M. Henkel: Zur biologischen Diagnose der Schwanger¬
schaft. Archiv f. Gynäkologie, Bd. 99, Heft 1, 1913.
*) Dieser Tage beobachtete ich eine Gravidität kombiniert mn
Nephritis, bei der ein Abbau von Plazenta nur in Spuren nach¬
weisbar war. Ferner fand ich bei Eklampsie — bis jetzt in 3 Fallen
von 6 __ dass ausser Plazenta Lebergewebe abgebaut wurde.
25. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
sultate, die ohne Sicherstellung der vollständigen Befreiung des
verwendeten Organes von Substanzen, die auskochbar sind und
mit Ninhydrin reagieren, erhalten worden sind, als zweifelhafte
zu bewerten.
Die Resultate, die wir mit dem A b d e r h a 1 d e n sehen Dia-
lysierverfahren bezüglich der Diagnose der Schwangerschaft ge¬
wonnen haben, und über die i c h in meinem Aufsatz „Zur biologischen
Diagnose der Schwangerschaft“ (Archiv f. Qynäkol. u. Geburtsh ,
Bd. 99, 1) berichtete, sind bei strikter Befolgung der Original-
vorschriften von Abderhalden erreicht worden. Bei den
weiteren Versuchen, die Herr Lindig angestellt hat, hat er die
Ueberzeugung gewonnen, wie er sie in dieser Wochenschrift No. (5
dargestellt hat. Er hat sich später durch das liebenswürdige Ent¬
gegenkommen von Herrn Abderhalden davon überzeugen lassen,
dass die Resultate seiner Untersuchungen nicht richtig sind, weil die
Versuchsanordnungen selbst falsch waren, speziell die mit Trocken¬
plazenta. Unmittelbar nach dieser Erkenntnis benachrichtigte Herr
Dr. L i n d i g die Redaktion der Münch, med. Wochenschr., doch kam
sein Telegramm dort zu spät an, als dass noch eine Aenderung oder
Aufhebung des Artikels hätte eintreten können. M Henkel
Bewegungsvorgänge am pathologischen Magen auf Grund
röntgenkinematographischer Untersuchung.
Bemerkung zu dem Artikel von Carl Bruegel in No. 4
dieser Wochenschrift.
Von Dozenten Dr. Q. Holzknecht und Dr. M. Haudek.
Bruegel bezeichnet in dem genannten Artikel auf Grund von
vier von ihm beobachteten und von anderer Seite operierten Fällen
miv entzündlichen Veränderungen des präpylorischen Magenteiles
eine von ihm hiebei jedesmal gesehene horizontale Ab¬
schlusslinie des wismutgefüllten Antrum pylori
als den Austdruck einer Behinderung des Ablaufes der
Kontraktionswellen am präpylorischen Anteile
JesMagens durch Wandinfiltrat oder Narbe, wahr¬
scheinlich verbunden mit Verwachsungen.
Wir fühlen uns verpflichtet, um verhängnisvollen Missdeutungen
les von Bruegel erhobenen Befundes vorzubeugen, hier mit-
'uteilen, das wir diesen Befund häufig erheben und wissen, dass die
3ruegelsche Deutung meistens nicht zu Recht besteht. In den
Tieisten Fällen ist dabei der Magen normal und dieser eigenartige
"üllungsdefekt durch Hineindrängen des sichtbaren Mageninhaltes
gänzlich zu beseitigen. Wir haben daher für denselben die Be¬
zeichnung Pseudofüllungsdefekt gewählt und folgende Ur¬
sachen des Zustandekommens desselben ermittelt:
a) mangelhafte Füllung des Magens — in beiden Schenkeln fast
deich hoch — bei herabgesetztem Tonus,
b) Sedimentierung des Kontrastmittels oder der ganzen Sus¬
pension aus dem Sekret oder stagnierenden Mageninhalt — hierher
gehört auch das typische Bild der Stenosendilatation,
c) starker Druck von aussen, z. B. durch die gespannten Bauch¬
lecken, bei genau median (also vor der Wirbelsäule) liegender Pars
Jylorica und geringer Tiefe des Abdomens,
d *) gewisse Lagerungsverhältnisse der Bauchorgane bei Pto-
ikern und hohe Lage des Pylorus.
3 Ausnahmsweise kann dieses typische Bild durch ein vor dem
3ylorus sitzendes Karzinom der kleinen Kurvatur hervorgerufen
verden; gelegentlich mag es immerhin auch durch ein kallöses Ulcus,
'ine Narbe, oder gar durch Adhäsionen entstehen; keinesfalls kann
:s als pathognomonisch für die letztere Gruppe von Veränderungen
>ezeichnet werden. In den meisten Fällen ist es als bedeutungslos zu
^kennen, weil es beim Versuche, das Kontrastmittel gegen den
ylorus zu drängen, auch bei entsprechende Lagerung d°s Patienten,
lamentlich bei rechter Seitenlage, verschwindet. Die Konstanz des
Befundes trotz der genannten Manöver müste aber in erster Linie
m einen raumbeengenden Tumor denken lassen.
Zur Erhebung des Befundes ist die Durchleuchtung nicht nur
öllig ausreichend, sondern vorzuziehen, weil sie erlaubt, auch gleich
einen Charakter durch den Versuch seiner manuellen Beseitigung zu
rkennen. Soll aber schon die Aufnahme herangezogen werden, so
mpfiehlt sich ausser der Aufnahme im Stehen, die den Befund zeigt,
iueh eine solche im Liegen, bei der er meistens verschwindet.
*) Auf die Details der angeführten Punkte kann hier nicht ein¬
egangen werden; sie sind in dem einschlägigen Kapitel des im Er-
cheinen begriffenen Atlas der Magenradiologie von Holzknecht
nd Haudek (Verlag von Lucas, Gräfe & Sille m, Hamburg)
nthalten.
j Aus dem pathologisch-anatomischen Institut und der Uni¬
versitäts-Frauenklinik zu Freiburg i. Br.
Zur Frage der Beeinflussbarkeit tiefliegender Krebse
durch strahlende Energie.
Anatomische und klinische Mitteilungen von A s c h o f f,
K r ö n i g und Q a u s s.
(Mit einer Tafel.)
(Schluss.)
Ausser diesen 3 Sektionsfällen kamen noch weitere
5 Fälle von Karzinom zu einer fortlaufenden histologischen
Untersuchung, deren Trägerinnen sich noch in klinischer Be¬
obachtung befinden. Da auch aus diesen Berichten eine Be¬
einflussung des Krebsgewebes durch die Röntgentherapie
deutlich hervorgeht, so mögen sie im folgenden kurz mit¬
geteilt sein.
1. Frau Me., 61 Jahre alt.
Klinische Diagnose: Inoperables Portiokarzinom.
2. V. 12. J.-No. 587. Exzision vor der Bestrahlung: Es handelt
sich um einen reinen, aus relativ breiten Zapfen bestehenden, nicht
verhornenden, weichen Plattenepithelkrebs.
• 2. VI. 12. J.-No. 842. 2. Probeexzision: Es zeigen sich in un¬
serem Präparate so gut wie gar keine Veränderungen; höchstens eine
Verminderung der Kernteilungsfiguren.
26. VI. 12. J.-No. 877. 3. Exzision: Breite, vielfach anastomo-
sierende Zapfen von weichem Plattenepithelkrebs. In einzelnen Par¬
tien sind die Krebszapfen sehr stark durch Narbengewebe durch-
schnürt, der Charakter des Karzinoms hat sich geändert, die Bildung
von Hornperlen deutlich im Fluss. Die Zellkernformen variieren hier
weit stärker als in dem breitzapfigen Karzinomgewebe. An einer
dritten Stelle ausgedehnte Nekrosen mit Untergang der Krebszapfen
und der dazwischen liegenden Gerüstsubstanz; auch hier eine ge¬
wisse Rückbildung.
16. VII. 12. J.-No. 1006. 5. Probeexzision: Die Krebszapfen sind
breit und kräftig entwickelt; hier und da Neigung zur Perlbildung,
aber ohne ausgesprochene Verhornung. Kernteilungsfiguren spärlich
vorhanden; viel Kernzertrümmerung und Vakuolenbildung an ein¬
zelnen Krebszellen, so dass auch hier eine gewisse Abschwächung
der Wachstumsintensität gegenüber der letzten Exzision anzu¬
nehmen ist.
27. VII. 12. J.-No. 1107. 6. Probeexzision : Mikroskopisch finden
sich in einem mässig zellreichen Bindegewebe sehr breite Zapfen eines
nicht verhornenden PlattenepitheUrebses. Kernteilungsfiguren sind
reichlich. Die Durchwanderung von Leukozyten zum Teil abnorm
stark. Andeutung von Kankroidperlenbildung ist vorhanden.
Gegenüber dem letzten Mal ist keine Besserung, eher eine Ver¬
schlechterung zu konstatieren.
22. VIII. 12. J.-No. 1240. 7. Exzision: In der Exzision finden
sich reichliche Züge von Krebszellen in zellreiches Bindegewebe ein¬
geschlossen. Die Neigung parakeratotischer Bildungen vielleicht
etwas ausgesprochener, das Krebsgewebe selbst von Leukozyten
durchsetzt. Kernteilungsfiguren nicht sehr reichlich, jedoch besteht
dem ganzen Bilde nach kaum eine wesentliche Besserung.
10. IX. 12. J.-No. 1304. 8. Exzision: Im mikroskopischen Bilde
finden sich hochgradige Nekrosen in einem stark leukozytär infil¬
trierten Narbengewebe. Von Krebsbildungen selbst ist nichts zu
finden.
2. Frau Bo., 62 jährig.
Klinische Diagnose: Inoperables Portiokarzinom.
2. V. 12. J.-No. 589. Probeexzision vor der Bestrahlung: Es
handelt sich um einen weichen, nicht verhornenden Plattenepithel¬
krebs.
12. VI. 12. J.-No. 801. 1. Probeexzision während der Bestrah¬
lung: Die Masse der Krebswucherungen tritt gegenüber dem ersten
Präparat deutlich zurück. Auch hat sich der Charakter des Kar¬
zinoms insofern verändert, als die Zellkerne sehr viel grösser ge¬
worden sind und auffallend wechselnde Form aufweisen. Das Proto¬
plasma ist vielfach stark vakuolisiert. Die Kerne neigen zu riesen¬
haftem Wachstum. Die Kernkörperchen zeigen auffallend wechselnde
Grösse. Im ganzen tritt vielfach eine Neigung zur Faserbildung deut¬
lich hervor. Ueberall zwischen den Krebszellen reichlich Leukozyten.
Das umgebende Bindegewebe sehr zellreich und ebenfalls von Leuko¬
zyten, besonders eosinophilen, stark durchsetzt. So gut wie gar keine
Kernteilungsfiguren.
20. VI. 12. J.-No. 840. 2. Probeexzision während der Bestrah¬
lung: Mikroskopisch bietet die neue Exzision ganz ähnliche Bilder
wie die vorige.
26. VI. 12. J.-No. 880. 3. Exzision während der Bestrahlung:
In dem sehr leukozytenreichen, von einer breiten nekrotischen Zone
überdeckten Granulationsgewebe sind keine sicheren Reste von Krebs¬
gewebe zu finden. In dem nekrotischen Gewebe sind Unmengen
von Bakterien eingelagert.
4. VII. 12. J.-No. 936. 4. Exzision während der Bestrahlung: In
dem vorwiegend aus Blutmassen bestehenden Material werden noch
einzelne locker liegende Krebsepithelnester ohne Kernteilungsfiguren
mit starken Leukozyteneinwanderungen bemerkt.
414 MUENCHENER
3. VIII. 12. J.-No. 1155. 5. Exzision während der Bestrahlung:
Zellreiches Narbengewebe ohne deutliche Reste von Krebsgewebe.
3. Frau Ot., 53 Jahre alt. Der Pat. war anfangs 1911 wegen
Portiokarzinoms der Uterus exstirpiert worden. Ein Jahr später kam
sie mit einem 1 Vi faustgrossen Rezidivtumor in der Bauchnarbe, dem
die Exzisionen entnommen worden sind.
Die Probeexzision ergab ein charakteristisches Zervixkarzinom
(siehe Figur 7). Die weiteren Berichte folgen hier:
19. III. 12. J.-No. 423. 1. Probeexzision während der Bestrah¬
lung (Fig. 8): Das jetzige Bild der Probeexzision zeigt einen völlig
anderen Charakter der Karzinomwucherung, indem ein grosszeiliger
Typus mit starker Entwicklung der Fasersubstanz vorliegt, wie er
für langsam wachsende Kankroide charakteristisch ist. Trotz des
vielfachen Kernzerfalles sind andere Zellkerne noch gut erhalten,
auffallend gross und hyperchromatisch. Auch finden sich noch reich¬
lich Kernteilungsfiguren, z. T. pluripolar, z. T. mit allen Zeichen des
Kernzerfalles. Die ganzen Krebsmassen sind in ein jugendliches Nar¬
bengewebe eingebettet, ohne dass man an dem Narbengewebe Re¬
sorptionsvorgänge gegenüber dem Karzinom nachweisen könnte. Ein
Stillstand der Krebswucherung ist demnach noch nicht anzunehmen.
11. IV. 12. J.-No. 507. 2. Probeexzision während der Bestrah¬
lung (Fig. 9) : Beide übersandten Stückchen zeigen das Bild eines
faserreichen Narbengewebes ohne Karzinom. Nur an einer Stelle wird
noch eine kleine Plattenepithelkugel in zellreicheres Narbengewebe
eingehüllt gefunden. An den Qefässen des Narbengewebes ausge¬
dehnte Wanddegeneration, die wohl die Ursache der oberflächlichen,
ziemlich breiten Nekrosen des Narbengewebes sind.
15. V. 12. J.-No. 661. 3. Probeexzision während der Bestrah¬
lung: Auch jetzt findet sich wiederum nur ein faserreiches Narben¬
gewebe mit ausgedehnten oberflächlichen Nekrosen ohne nachweis¬
bare Reste von Krebsgewebe.
26. VI. 12. J.-No. 874. 4. Exzision während der Bestrahlung:
Mikroskopisch findet sich ein ausgesprochenes Rezidiv mit breiten Kar¬
zinomzapfen vom Typus des weichen Plattenepithelkrebses. Ziemlich
reichlich Kernteilungsfiguren.
12. VII. 12. J.-No. 1000. 5. Probeexzision während der Bestrah¬
lung: Mikroskopisch sehr kräftige, breite Krebszellenzapfen mit ziem¬
lich reichlichen Kernteilungsfiguren; gegenüber der letzten Probe¬
exzision hat sich das Bild wieder verschlechtert.
27. VII. 12. J.-No. 1111. 6. Probeexzision während der Be¬
strahlung: Mikroskopisch ergeben sich die Bilder eines in breiten
Zapfen wachsenden, weichen Plattenepithelkarzinoms, ohne Neigung
zur Verhornung, mit zahlreichen Kernteilungsfiguren.
Das Bild hat sich gegenüber der letzten Exzision nicht wesent¬
lich verändert.
22. VIII. 12. J.-No. 1238. 7. Probeexzision während der Be¬
strahlung: Gegenüber der letzten Exzision hat sich das Bild wesent¬
lich verändert. Es finden sich noch isolierte Gruppen von Krebszellen,
ln der Hauptsache jedoch sieht man im zerfallenden Gewebe massen¬
haft Leukozyten, hauptsächlich eosinophile, Plasmazellen und Rund¬
zellen. Nach diesem Präparate wäre also eine deutliche Besserung
zu verzeichnen.
23. IX. 12. J.-No. 1351. 8. Probeexzision während der Be¬
strahlung: I. Auch diesmal in dem jungen, stark von Leukozyten
durchsetzten Granulationsgewebe vereinzelte Reste von Krebszellen.
Dieselben sind jedoch nur spärlich.
II. Dasselbe Bild wie in I, nur tritt hier der Charakter des
Narbengewebes stärker hervor.
5. XII. 12. J.-No. 1713. 9. Exzision aus Bauchdeckenmetastase
während der Bestrahlung: Mikroskopisch finden sich in zapfen¬
förmiger Anordnung, einem unregelmässig geformten Papillarkörper
entsprechend, Bindegewebsziige mit intermittierenden Plattenepithel¬
strängen. Diese sind von nahezu regelmässigem Aufbau und stellen
somit atypische Epithelwucherungen, aber kein Karzinom dar.
4. Frau Gu., 48 Jahre alt.
Klinische Diagnose: Inoperables Mammakarzinom.
8. VI. 12. J.-No. 787. Probeexzision vor der Bestrahlung:
Mikroskopisch handelt es sich um ein medulläres, aus polymorphen,
ziemlich gleich grossen, mit schönen bläschenförmigen Kernen ver¬
sehenen Elementen aufgebautem Karzinom. Kernteilungsfiguren sehr
reichlich, darunter auch viele pluripolare.
26. VI. 12. J.-No. 879. 1. Exzision: 1. Narbengewebe aus der
Muskulatur ohne Zeichen von Karzinom. In dem Narbengewebe
zahlreiche Riesenzellen in der Umgebung von fadenartigen Gebilden,
anscheinend Tupferresten.
2. Natbengewebe auf quergestreifter Muskulatur aufliegend.
Keine Zeichen von Karzinom. Auch hier Fremdkörperriesenzellen
mit Fremdkörpern.
22. VII. 12. J.-No. 1070. 2. Exzision: Während der Bestrahlung
au« 4 verschiedenen Stellen.
1. Haut der Achselhöhle. Mikroskopisch finden sich sehr inten¬
sive Veränderungen, besonders am Papillarkörper. Das Epithel ist
in seiner Schichtung vollständig zerstört. Die Stachelzellen sind
eigentümlich gebläht und vakuolisiert. Die Zylinderepithelien ent¬
weder aufgelöst oder durch eingewanderte Rundzellen ganz aus¬
einandergedrängt, oder endlich in eigentümliche atypische Epithelien
umgewandelt, wie sie bei krebsigen Degenerationen beobachtet wer¬
den. Besonders fällt die Hyperchromatose vieler Kerne, sowie die
eigentümlich dunkle Färbung des Protoplasmas auf. Sehr reichlich
sind die Bilder der Karyorhexis. Daneben finden sich auch abnorme
WOCHENSCHRIFT. No. 8.
Verhornungsprozesse in den tiefergelegenen Epithelzellen. Der Pa¬
pillarkörper selbst ist ungemein reich an Rundzellen. Die Gefässe
sind förmlich eingehüllt von zeitigen Mänteln, die aus grösseren Zellen,
vielleicht Fibroblasten, grossen und kleinen Lymphozyten und eosino¬
phil gekörnten Leukozyten bestehen. Die Zellenreaktionen gehen tief
hinab bis zu den Körpern der Schweissdriisen. An den Ausiührungs-
gängen der Schweissdriisen ebenfalls epitheliale Veränderungen.
2) Lymphknoten aus der Achselhöhle, ln den Lymphknoten
findet sich ausgedehnte Karzinoinatose. Das Bild des weichen alveo¬
lären Mammakarzinoms.
Kernteilungsfiguren vorhanden, aber spärlich.
3. Haut der Brust: An der Haut der Brust fehlt das Epithel völlig.
Der Papillarkörper ist durch ein oberflächlich nekrotisiertes Ganu-
lationsgewebe ersetzt. Die zellreichen Wucherungen erstrecken sich
an den Schweissdrüsen bis tief in die Kutis. Auffallend gut sind noch
die Arrectores pilorum erhalten. Von den Haarbälgen ist in den
Schnitten nichts zu finden. An ihrer Stelle scheint ein Granulations¬
gewebe getreten zu sein.
4. Granulationsgewebe aus der Brust: Im Granulationsgewebe
der Brust finden sich reichlich Fremdkörperriesenzellen und Reste von
Seidenfäden. Das ganze Gewebe ist sehr lebhaft entzündet, zum Teil
etwas narbig verändert.
3. VIII. 12. J.-No. 1152. 3. Exzision während der Bestrahlung:
Es bestehen ausgedehnte Nekrosen und entzündliche Reaktion. Kein
Krebsgewebe mehr.
1153: Oberer Pol: Neben reichlichen Nekrosen ausgedehnte
Granulationsgewebsbildung, das frei ist von Krebsresten.
1154: Unterer Pol: Hochgradige leukozytäre und lympho-
zytäre Infiltration des Fettgewebes mit einzelnen spärlichen, nicht
sicher als Karzinom zu deutenden Plattenepithelresten.
30. VIII. 12. J.-No. 1273. 4. Probeexzision während der Be¬
strahlung:
1. Axilla: Zellreiches, stark von Leukozyten durchsetztes
Granulationsgewebe, zum Teil auch Narbengewebe. An einzelnen
Stellen finden sich noch stark von Leukozyten durchsetzte Zellen, die
wohl als Reste von Krebsgewebe angesehen werden müssen.
2. Oberer Pol: Es handelt sich um ein leukozyten- und
lymphozytenreiches Granulations- und Narbengewebe, stark durch¬
blutet, ohne sichere Reste von Karzinomgewebe. Auch hier finden
sich die schon in der Exzision vom 26. VI. 12 erwähnten Fremd-
körperriesenzellen mit eingeschlossenen Fäden in reichlicher Meng:.
Der Rand der Exzision ist nekrotisch, stark von Leukozyten durch¬
setzt. In einem 2. Stückchen dasselbe Bild.
3. UntererPol: Auch hier Wandnekrosen mit starker Leuko¬
zytendurchsetzung, sonst Granulationsgewebe, ebenfalls sehr reich¬
lich leukozytär infiltriert. Es finden sich auch hier die schon in der
letzten Exzision genannten, vereinzelt liegenden Plattenepithelien,
deren krebsige Natur nicht erwiesen werden kann.
5. Frau Be., 46 Jahre alt.
Klinische Diagnose: Inoperables Mammakarzinom.
28. IX. 12. J.-No. 1377. Probeexzision: Mikroskopisch handelt
es sich um Karzinom.
18. X. 12. J.-No. 1462. 1. Probeexzision nach der Bestrah¬
lung: Es findet sich ein von Karzinomzellen freies, von reichlichen
eosinophilen Zellen durchsetztes, mehr oder weniger zellreiches,
kollagenes Bindegewebe, welches zum Teil dem alten Stroma des
Karzinoms, zum Teil neugebildetem Narbengewebe entspricht.
21. X. 12. J.-No. 1470. 2. Exzision nach der Bestrahlung. Auf
der rechten Hälfte reichlich durchsetztes, aber keine Krebszellen
mehr enthaltendes Narbengeweb.e.
Die Exzision aus der linken Seite lässt ebenfalls keine als solche
sicher zu erkennende Krebszellen auffinden, doch sieht man an einer
Stelle zusammengesinterte Haufen von protoplasmareichen Zellen mit
starker Vakuolisierung, die wohl als Karzinomzellen aufgefasst wer¬
den müssen.
4. XII. 12, J.-No. 1702. 3. Exzision nach der Bestrahlung: ln
den mikroskopischen Schnitten der beiden entfernten Stückchen findet
sich nur ein leukozyten- und plasmazellenreiches Granulationsge¬
webe, mit oberflächlicher Nekrose. Die Fibroplasten sind zum Teil
auffallend gross und kräftig entwickelt, mit dunkel färbbarem Proto¬
plasma und riesenhaften Kernen, so dass fast sarkomatös aussehende
Bilder entstehen, doch macht das Gewebe nicht den Eindruck des
schnellen Wachstums, da Kernteilungsfiguren ganz zurücktreten.
An diese trockene Aufzählung der Befunde möchte ich
noch einige Bemerkungen knüpfen und die oben aufgeworfenen
Fragen zu beantworten versuchen.
Was zunächst die spezifische Beeinflussung
des Krebsgewebes in der Tiefe betrifft, so kommen
hier vor allem der Fall von Magenkrebs und die Fälle von
Portiokarzinom in Betracht. Es unterliegt nach den histo¬
logischen Bildern keinem Zweifel, dass im Bereich der Be¬
strahlung eine ganz ausgesprochene Beeinflussung im Sinne
einer Rückbildung stattgefunden hat. Bei dem Magenkrebs
haben die Operateure bei der Probelaparotomie aus der
serösen Umhüllung ein Stückchen exstirpiert. Hier war
Karzinom festgestellt worden. Nach allen unseren Erfahrungen
müssen wir annehmen, dass dann der Krebs auch alle anderen
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
415
. Februar 1913.
andschichten bis zur Mukosa hin durchsetzt hatte. Bei der
:äteren Probeexzision aus den äusseren Magenwand-
hichten wie auch bei der Untersuchung des durch die Ob-
ktion gewonnenen Objektes fanden sich nur innerhalb der
agenwand und zwar gerade in den innersten Schichten
ch vereinzelte Krebsnester. Aber diese liessen nichts mehr
n dem Bau des lebhaft wuchernden Adenokarzinoms wie
i der I. Probeexzision erkennen, sondern zeigten nur ge-
hiossene Haufen zusammengesinterter Krebszellen, bczw.
jj Bilder hochgradiger schleimiger Entartung. Jedenfalls war
ben der Rückbildung des Krebses in toto auch noch eine
:ränderung des Typus im Sinne einer grösseren Neigung zur
isreifung d. h. zur Schleimbildung eingetreten.
Was die 4 Portiokarzinome anbetrifft, so sind ebenfalls
i allen vieren Rückbildungen zum Teil bis zum völligen
hwund in den der Probeexzision zugänglichen Teilen ein-
treten. Aber in einem Fall hat schliesslich die Röntgen¬
strahlung versagt und der Krebs hat sich in der Scheiden-
and mächtig ausgebreitet. Allerdings zeigte die Obduktion,
ss die gradausliegenden eigentlichen Zervixpartien, auf
eiche allein die Strahlen bei den technischen Anordnungen
t einwirken konnten, in der Rückbildung des Krebses ver-
rrt waren, während an den seitlichen Wandungen die
•ebswucherungen vorwärts gegangen waren. In dem
igenblick des Beginnes der Radiumbestrahlung, die alle diese
ucherungen mittraf, zeigte sich wieder, wie vor allem die
ikroskopische Untersuchung des bei der Obduktion ge-
onnenen Präparates zeigte, eine merkbare Rückbildung
zw. Aenderung des Typus.
Bei einem zweiten Fall, der längere Zeit nicht mehr be-
ralilt wurde, trat ein Rezidiv auf. In den anderen Fällen war
is Resultat der bisherigen Probeexzision positiv im giin-
igen Sinn.
Die Brustdrüsenkrebse scheiden hier eigentlich aus, da es
:h um leicht zugängliche, mehr oberflächliche Krebse handelt,
e auch sonst schon mit Erfolg bestrahlt worden sind. Aber
e an den Krebssträngen wie auch an der bei der Obduktion
■wonnenen Mamma selbst gefundenen Bilder lassen hier kurz
e Frage berühren, wie eigentlich die Röntgen-
Gahlen wirken. Dass es sich dabei um eine direkte
nwirkung auf Protoplasma- und Kernsubstanz der Krebs-
Jlen selbst handelt, ist wiederholt bewiesen, oder doch
ahrscheinlich gemacht worden. Jedenfalls fanden sich auch
unserem Präparate die schon von den meisten Autoren
;nauer beschriebenen Quellungen und Vakuolenbildungen
.'s Protoplasmas, die synzytialen Verschmelzungen, die
ernveränderungen etc. Unleugbar ist die hemmende Wir-
mg auf die Vorbereitungen und den Ablauf der Karyo-
nese. Sehr charakteristisch ist die infolge der mangelnden
srnteilung auftretende Riesenkernbildung. Aber neben
liehen groben Schädigungen finden doch auch feinere
mstimmungen statt, die sich in einer zunehmenden
usreifung der Krebszellen oder richtigen Metaplasien offen-
iren. So sei hier nur auf die Umwandlung der weichen
cht verhornenden Portiokarzinome in typische verhornende
lattenepithelkrebse, auf die Umwandlung der Adenokar-
nome des Magens in einen Schleimkrebs und diejenigen der
Lammakrebse in Plattenepithelkrebs hingewiesen. Kommen
rttirlich solche Variationen auch schon von selbst vor, so
ssen hier doch die fortlaufenden Bilder der Exzisionen keinen
weifel, dass die Umstimmung durch die Röntgenstrahlen er-
■lgt ist, eine Umstimmung, die im Sinne einer verringerten
ösartigkeit gedeutet werden darf. Besonders bemerkenswert
t der Befund an dem normalen Mammagewebe. Auch hier
itte sich unter dem Einfluss der Röntgenstrahlen eine voll-
ändige Metaplasie des Drüsenepithels in teilweise verhornen-
;s Plattenepithel vollzogen, wobei ich die Frage, ob hier eine
rekte oder indirekte Metaplasie im Sinne Schriddes
prliegt, nicht weiter erörtern will, da diese Befunde mit Be-
icksichtigung der Literatur noch genauer publiziert werden
)llen.
Dass in den nicht bestrahlten Gebieten noch ausgiebige
isch aussehende metastatische Wucherungen gefunden
urden, kann nicht überraschen. Allerdings ist damit auch
e Hoffnung, etwa durch Fernwirkung die Krebse beeinflussen
i können, begraben, wenn nicht neue Wege gefunden werden.
Etwas anderes ist es mit der Frage, ob diese Metastasen wohl
erst während der Bestrahlung entstanden sind und ob sie trotz
der Bestrahlung schnell gewachsen sind oder nicht. Darauf
lässt sich leider keine entscheidende Antwort geben. Die
Metastasen in der Leber bei dem Magenkrebs waren schon
zurzeit der Probelaparotomie beobachtet. Ob sie gleich
zahlreich und gleich gross waren, liess sich nicht feststellen.
Man kann nur das eine sagen: nach den mikroskopischen
Bildern war ein intensives Wachstum der Metastasen unwahr¬
scheinlich. Dazu war die Zahl der Kernteilungsfiguren zu ge¬
ring. Auch die ganze histologische Struktur sprach mehr für
langsame Vermehrung. Vielleicht liegt doch nach dieser
Richtung eine hemmende Fernwirkung vor.
Endlich die letzte Frage. Kann der Organismus
und können die einzelnen den Krebs beher¬
bergenden Gewebe, die überaus starke Be¬
strahlung ohne eigene Schädigung ertragen?
Ich muss hier von den oberflächlichen Nekrosen bei ulzerieren-
den oder aufgedeckten Krebsen absehen. Ich kann nur her¬
vorheben, dass die Muskulatur des Magens im Gebiete des
bestrahlt gewesenen und rückgebildeten Krebses keine grö¬
beren Veränderungen aufwies, dass in der bestrahlten Mamma
freilich eine Art Umstimmung des Epithels der Drüsen¬
kanälchen aber keine Zerstörung festzustellen war, dass in der
Milz, in der Niere, in der Leber, am Herzmuskel, in den
N. vagi, am Magendarmkanal, z. B. bei dem Fall 3, trotz inten¬
siver Bauchbestrahlung keine Schädigungen nachzuweisen
waren. Der Tod ist in allen drei zur Obduktion gelangten
Fällen auf besondere Komplikationen (Erschöpfung in direktem
Anschluss an eine Gastroenterostomie, beginnende Lungen¬
gangrän bei septischer Embolie, von Beckenthrombosen beim
Scheidenkrebs, auf Embolien der Lungenarterien etc.) zurück¬
zuführen.
Auf folgende Ausnahmen muss aber die Aufmerksamkeit
gelenkt werden. In dem Fall von Brustdrüsenkrebs fand sich
auf der Seite, wo die Bestrahlung sehr intensiv war, nicht
nur eine Nekrose der Interkostalmuskulatur und der ober¬
flächlichen Lungenschicht, sondern auch eine umschriebene
Atrophie des Lebergewebes im Strahlungsbezirk. Doch unter¬
liegt es keinem Zweifel, dass hier die Grenzen des Nötigen
überschritten waren. Ferner sind ganz kleine nekrotische
Herde in der Leber bei dem Fall von Scheidenkrebs gefunden
worden. Ob sie mit Sicherheit auf die Bestrahlung zurück¬
zuführen sind, wie man sich ihre Entstehung deuten soll, muss
noch unbeantwortet bleiben. Jedenfalls muss man in Zukunft
gerade auf die Leber achten. Ob die sehr kleinen Herd¬
bildungen für einen Ausfall an Leberfunktion ernstlich in Be¬
tracht kommen, muss freilich bezweifelt werden. Doch müsste
man in Analogie zu den Tierversuchen in zukünftigen Fällen
mehr auf etwaige quantitative Störungen des Glykogen¬
gehaltes etc. achten.
Schliesslich die Magenschleimhaut. Sie war in dem Falle
von Magenkrebs im Sinne einer starken Atrophie verändert,
was nach sonstiger Erfahrung beim Magenkrebs kein Wunder
ist. Dagegen fanden sich auch in dem Fall von Brustdrüsen¬
krebs eigenartige Veränderungen im Sinne einer atrophischen
Umbildung (fehlende Differenzierung der Drüsenepithelien,
synzytiale Umwandlung der Drüsenhalszellen etc.). Man
könnte geneigt sein, hier an eine Fernwirkung der Röntgen¬
bestrahlung zu denken, wenn nicht gerade im Falle 3, wo auch
die Bauchgegend stark bestrahlt wurde, die Magenschleimhaut
bis in ihre feinen Drüsenstrukturen gut erhalten war.
So kommt der pathologische Anatom zu dem Schluss:
1. Die spezifische Einwirkung der Röntgenstrahlen ist
auch auf tiefliegendes Krebsgewebe im Sinne einer
Rückbildung oder Umbildung zu weniger bösartigen
Typen nachweisbar.
2. Diese spezifische Wirkung ist nur eine lokale, auf das
Bestrahlungsgebiet beschränkte. Eine Fernwirkung
ist, wenn überhaupt, nur in beschränktem Masse an¬
zunehmen.
3. Die bisherigen Obdüktionsbefunde zeigen, dass der
Organismus eine solche intensive Durchstrahlung ohne
nachweisbare Schädigung lebenswichtiger Organe
■ ertragen kann. Ob das auch für noch länger dauernde
416
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Bestrahlungen gilt, können erst die zukünftigen Beob¬
achtungen zeigen.
4. In den bisher obduzierten Fällen ist keine völlige Ver¬
nichtung des Krebsgewebes erreicht worden.
Diese letzte Konstatierung könnte entmutigen, wenn man
nicht der Frage nach der Ursache dieses vorläufigen Miss-
lingens nähertreten könnte. Da zeigt nun die Ueberlegung auf
Qrund der mikroskopischen Befunde, dass die Röntgenbe¬
strahlung mit bestimmten Strahlen bei der relativen Dicke der
krebsig durchsetzten Schicht nur an einem bestimmten Quer¬
schnitt die für die Abtötung der Krebszellen nötige Intensität
aufweisen wird, im übrigen die Krebszellen nur umstimmt
oder ganz unbeeinflusst lässt. Von nun ab müssen neue
Strahlengemische angewandt werden, die auch den um¬
gestimmten Krebszellen neben den etwa noch vorhandenen
ihren ursprünglichen Charakter aufweisenden angepasst ^ sind.
Die zunehmende „Immunisierung“ oder das „Ausweichen“ des
Krebsgewebes ist es, welche immer neue Arten von strahlen¬
der Energie für ihre Beseitigung fordert. Indem sich nun das
Krebsgewebe unter dem Einfluss der Röntgenstrahlen in
seinem Charakter den normalen Parenchymzellen nähern
kann, erhöht sich wieder die Gefahr, auch diese bei Aenderung
der strahlenden Energie zu schädigen. Hier vorsichtig abzu¬
wägen und die etwaigen Lücken des technischen Könnens
durch Ausnutzung anderer Energiequellen auszufüllen, wird
Aufgabe der Zukunft sein, falls die Behandlung mit strahlender
Energie auf einen wirklichen Sieg gegen die bösartigen
Wucherungen rechnen will.
Wir können den Untersuchungen Aschoffs nur einige
kurze klinische Betrachtungen hinzufügen.
Zunächst möchten wir nicht unterlassen zu erwähnen,
dass in den 3 obduzierten Fällen die Bestrahlung noch nicht
abgeschlossen war, als der Tod erfolgte, der, wie bereits oben
erwähnt, durch besondere Komplikationen bedingt war.
HinsichtlichdesMaterialssei kurz rekapituliert,
dass es sich bei den von uns bestrahlten Fällen um maligne
Tumoren der verschiedensten Organe handelte. Im Speziellen
waren es Karzinome des Uterus, der Ovarien, der Vulva, der
Mamma, des Magens und der Gallenblase. Die Patienten waren
zum Teil bereits erfolglos operiert, zum Teil auch wegen des
vorgeschrittenen Krankheitsprozesses rein palliativ behandelt.
Bei allen Fällen wurde vor Einleitung der Behandlung, event.
durch Probelaparotomie der maligne Charakter der Ge¬
schwulst festgestellt und wenn möglich während der Behand¬
lung der Erfolg durch weitere Exzisionen kontrolliert. Die
Patientinnen wurden von uns fast durchweg klinisch be¬
handelt, so dass wir genaue Beobachtungen über die Ver¬
änderungen des lokalen und des allgemeinen Befundes machen
konnten.
Objektiv wurde in den meisten der Fälle eine schon
relativ früh nachweisbare Verkleinerung des Tumors als Folge
der Bestrahlung festgestellt. Soweit die Tumoren gegen
die Oberfläche exulzeriert waren, liess sich in der Regel
ein von den Seiten her fortschreitende Ueberhäutung des Sub¬
stanzverlustes beobachten.
In wenigen Fällen haben auch wir im Verlaufe der Be¬
handlung Gelegenheit gehabt, eine falsche Reaktion (im Sinne
Werners) zu sehen; anscheinend lag eine für die appli¬
zierte Dosis ungenügende Filterung der Strahlen vor, so dass
eine Exulzeration an die Stelle des Tumors trat.
Das Blutbild wurde nicht regelmässig, sondern im allge¬
meinen nur da kontrolliert, wo wir Grund zu der Annahme zu
haben glaubten, die Grösse der inkorporierten Strahlendosis
könnte die blutbildenden Organe ungünstig beeinflusst haben.
Trotz grösster Dosen haben wir aber nur einmal ein Sinken
der Leukozytenzahl auf 3000 feststellen können; in diesem Fall
bestand gleichzeitig eine allgemeine Abgeschlagenheit mit
schlechtem Aussehen. Das Blutbild regelte sich jedoch nach
einer eingeschalteten Bestrahlungspause binnen kurzem
wieder bis zu 6000 Leukozyten.
Was die T e c h n i k*) der Bestrahlung anbetrifft, so können
*) Wir haben in der letzten Zeit nur noch Wasserkühlröhren von
M ü 1 1 e r - Hamburg benützt, nachdem wir zu der Ueberzeugung ge¬
kommen sind, dass ihre Leistungskraft und Lebensdauer gerade bei
den therapeutischen Dauerbestrahlungen allen anderen von uns be¬
nützten Röhren überlegen ist.
wir hier nur kurz sagen, dass im allgemeinen die Prinzipien
der Röntgentiefentherapie auch bei der Bestrahlung der ma¬
lignen Tumoren befolgt wurden.
Während aber bei den gutartigen Geschwülsten, z. B
den Myomen des Uterus, die Beobachtung gelehrt hat, dass
die Resultate unter Einhaltung eines gewissen Schemas bei
gleichbleibendem Filter so gut wie stets günstige zu nennen
sind, lässt sich für die Behandlung maligner Tumoren eins
derartig einfache Behandlungsmethode nicht durchführen
Es scheint, wie schon oben erwähnt, eine Anpassung des
Karzinoms an die Strahlenqualität im Verlaufe der Behandlung!
einzutreten, und es muss daher zwecks erneuter Wirkung mit
der Strahlenqualität gewechselt werden. Es ist Sache der
Erfahrung, zum Teil gewonnen unter der Kontrolle der Ver¬
änderungen im pathologisch-anatomischen Bilde des be¬
strahlten Krebses, in den verschiedenen Zeiten der Behandlung
die verschiedenen Filter richtig zu wählen. Eventuell müsser
zu den Röntgenstrahlen noch die qualitativ verschiedener1,
Radiumstrahlen mit wechselnder Filterung hinzugefügt werden
Hier eine bestimmte Gesetzmässigkeit aufzustellen, ist uns bis
her unmöglich gewesen.
Für die kritische Bewertung unserer Versuche
die Beeinflussbarkeit tiefliegender Krebse durch Röntgen
strahlen zu studieren, glaubten wir unter allen unseren in
Laufe von 7 Jahren bestrahlten Krebsen gerade nur dii
wenigen, oben erwähnten Fälle heranziehen zu sollen, wei
hier Gelegenheit gegeben war, die therapeutischen Leistungei
des Klinikers durch den pathologischen Anatomen einwandfrei
zu kontrollieren.
Auf Grund der Untersuchungen Aschoffs scheint mv
für den Röntgentherapeuten nun folgendes erwiesen. Die schon
früher bekannte nachhaltige Beeinflussung maligner Tumorei
an der Körperoberfläche lässt sich auch auf die im Innern de:
Körpers liegenden Karzinome übertragen. Durch den Ausbai
der Bestrahlungstechnik zu einer besonderen Röntgentiefen
therapie ist es möglich, ohne Hautschädigungen so gross'
Lichtdosen in das Innere des Organismus zu bringen, das
ganz ähnlich wie an der Körperoberfläche, auch in der Tief
histologische Veränderungen des Karzinoms zu erkennen sine
Auch im Innern des Körpers sehen wir unter Einwirkuii;
der Tiefenbestrahlung die Umwandlung massiger Kar
zinomzapfen in spärliche, stark veränderte Krebszellen, un
den Ersatz der krebsig erkrankten Gewebe durch narbige
Bindegewebe. Ebenso wie an der Oberfläche können wi
auch in der Tiefe eine Umstimmung des Krebsgewebes beob
achten, auch in der Tiefe verändert sich histologisch de
Charakter der Krebszellen in dem Sinne, dass wir aus einer
schnellwachsenden Karzinom ein langsam wachsendes bezw
eine Verringerung der Bösartigkeit herbeiführen können.
Weitere Schlussfolgerungen als die einer energischen Bi
einflussung des malignen Tumors möchten wir zunächst at
lehnen und vielmehr ausdrücklich darauf hinweisen, dass allei
der weitere Verlauf der Fälle zeigen kann, wie weit sich di
Hoffnungen auf eine definitive Heilung des Karzinoms durc.
Tiefenbestrahlung erfüllen werden.
Vor allem trifft das für die Metastasenfrage zu. Den
wenn wir auch in den direkt der Bestrahlung ausgesetzte
Gebieten jene intensive Beeinflussung des Karzinoms in de
Tiefe beobachteten, so bleibt uns natürlich noch die Frage ofiei
wie weit einer Metastasenbildung etwa durch F e r n w i r
k u n g der Röntgenstrahlen vorgebeugt wird. Trotzdei
nach unseren Erfahrungen auch bei fehlender örtlicher Appl
kation der Röntgenstrahlen eine nachhaltige Beeinflussung dt
Ovarialfunktion im Sinne der Fernwirkung zu beobachten is
so erscheint es doch sehr fraglich, ja nach den oben skizzierte
Beobachtungen Aschoffs direkt als unwahrscheinlich, da;
eine solche Fernwirkung sich auch auf das karzinomatöse G<
webe erstreckt. Wollen wir daher einer Metastasenbildul
Vorbeugen, so müssen wir, ähnlich wie bei der chirurgische
Behandlung der Karzinome, nicht nur den primären Herd b
strahlen, sondern gleichzeitig auch möglichst das zugehörig
Drüsengebiet röntgen- oder radiumtherapeutisch in Angr
nehmen.
Die besten Erfolge wird man infolgedessen, ähnlich w
bei den chirurgisch noch angreifbaren Krebsen, dann e
zielen, wenn man nicht, wie bei den obigen zur Obduktk
. Februar 1013.
MUKNcHENKR Mt:l HZINISl'I II: \\ ( )L'I IFNSCI 1RIFT.
■langten Fällen, nur diejenigen Karzinome bestrahlt, die schon
eitgehende Metastasen haben, sondern wenn man auch die
ille einer kombinierten Röntgen-Radiumbehandlung unter-
irft, die noch keine nachweisbaren Metastasen zeigen.
Wenn wir zum Schluss noch ganz kurz über solche, von
s in Angriff genommmene Fälle berichten dürfen, so wäre schon
tzt eine wichtige Tatsache zu erwähnen: Verschiedene dieser
ille sind durch die kombinierte Röntgen-Radiumbestrahlung
> intensiv beeinflusst worden, dass sie, schon seit Monaten
■i völligem Wohlbefinden, in wiederholten Probeexzisionen
:zw. Probekürettagen ein Karzinom nicht mehr aufweisen.
; sind dieses hauptsächlich Fälle von Karzinom des Corpus
ld Collum uteri sowie von Karzinom der Mamma.
Hygienisches aus Nordamerika.
Von Prof. Dr. Reiner Müller in Kiel.
Der Hygienekongress in Washington und die deutsche ärztliche
udienreise durch die Vereinigten Staaten und Kanada haben die
ifmerksamkeit der Hygieniker auf Amerika gerichtet. Manches auf
m Gebiete der Gesundheitspflege ist dort anders als bei uns, denn
nd, Klima, Menschen, Regierung, Geschichte sind auch anders,
ne lückenlose Darstellung der Gesimdheitsverhältnisse Nord-
lerikas würde ein dickes Buch füllen. Leider wurde den Teil-
hmern des Hygienekongresses nicht ein solches Buch geboten, wie
»as Deutsche Reich in gesundheitlicher und demographischer Be-
diung“ zum vorigen Kongress in Berlin 1907.
Gesundheitsbehörden.
Die Verwaltung des Gesundheitswesens der Vereinigten Staaten
: eine gewisse Aehnlichkeit mit der des Deutschen Reiches. Jeder
r 48 Bundesstaaten hat sein State Board of Health als Ge-
ndheitsbehörde. Diese Aemter geben wöchentlich, vierteljährlich
d jährlich Bulletins und Reporte über ihre Tätigkeit heraus. Auch
: Städte haben Departments und Bureaus of Health. Jeder Staat
'lässt Gesetze und Vorschriften und ist darauf bedacht, dass ihm
■;s Recht nicht von Washington aus verkümmert werde. Ausser-
m aber gibt es für alle Staaten Bundesgesetze, z. B. über
ihrungsmittel und Quarantäne, die also den deutschen Reichs¬
setzen über Impfung oder über gemeingefährliche Krankheiten ent-
rechen. Einige der Staats- und der Bundesgesetze werden im fol¬
gen noch berücksichtigt. Wie Berlin für Deutschland der Sitz
s Reichsgesundheitsrates und des Kaiserlichen Gesundheitsamtes
, so ist auch Washington als Bundeshauptstadt Sitz der Zentral¬
hörden. Dort ist das United States Public Health and
arine Hospital Service, welches Bulletins of the U. S.
iblic Health and Marine Hospital Service herausgibt. Ein Bun-
isgesundheitsamt, entsprechend dem kaiserlichen in Berlin,
nt noch; jedoch hat die American Medical Association auf der dies-
lrigen Tagung ein solches gefordert, und Präsident Taft befiir-
’rtete diesen Wunsch in seiner Begriissungsrede beim Hvgienekon-
ess in Washington.
Vereine, Zeitschriften.
.e. genannte American Medical Association ist mit
■ WO Mitgliedern die grösste ärztliche Gemeinschaft der Welt. Sie
blt 1912 in Atlantic City, dem grössten Seebade, ihre 63. Jahres-
r Sammlung ab. Das Journal of the American Medical
ss °uC-ta 0 n *s* e*ne der bedeutendsten der vielen medizinischen
uschriften des Landes, neben der besonders das alte Boston
edical and Surgical Journal und das New York
i f d,\c„a 1 J 0 u r n a 1 zu nennen wären. Die AmericanPublic
th Association, also dem Titel nach etwa dem Deutschen
rein für öffentliche Gesundheitspflege entsprechend, ist ebenso alt
e dieser. Sie besteht nicht nur aus Angehörigen der Vereinigten
aaten, sondern ist panamerikanisch. Ihre 39. Jahresversammlung
Tte 1911 in Habana. Das American Journal of Public
- g i e n e ist ihr Organ. Die Society of American Bac-
nologists hat 1910 in Verbindung mit dem Naturhistorischen
iseum am Zentralpark in New York ein bakteriologisches Museum
|d eine Austauschstelle für Bakterienkulturen eingerichtet. Ferner
steht eine American Association of Pathologists
"u Bacteriologists. Das angesehene Journal of Ex-
| nmental Medicine, seit 1896 erscheinend, ist seit 1905 vom
CKeteller Institut für sich übernommen worden. Das Journal
infectious Diseases erscheint seit 1904 in Chicago. Die
oceedings of the Society for Experimental Bio-
sy and Medicine in New York bringen seit 1903, unter rück-
ntsioser Stremhung alles Nebensächlichen, nur knappe, aber doch
reichende Berichte. Die Public Health Reports bringen
amtlichen Gesundheitsberichte des Staatenbundes; 1912 bildet den
■ anJ‘ i»le s^it 1904 bestehende American Society of
i°a uCa. Medicine gibt jährlich „Papers“ über ihre Sitzungen
Arbeiten heraus. Es gibt natürlich noch manche Gesellschaften
1 schritten mr Sondergebiete der Hygiene, wie Alkoholismus,
No. 8.
Tubei kulose, Geschlechtskrankheiten; auf einige davon kommen wir
noch zurück.
Forschmigs- und Arbeitsstätten.
.?“näch^ d'e Universitäten. Unter hunderten sogen. Uni-
veisitaten sind kaum ein Dutzend, die den deutschen an die Seite
gestellt werden könnten. Von diesen ist die Medical School der H a r-
v a i d - U ri i v e i s i t ä t in Boston au erster Stelle zu nennen. In
ihren, von Milliardären gestifteten Marmorpalästen wird wirklich
gearbeitet. Theobald Smith, der Bakteriologe, ist dort Professor
der vergleichenden Pathologie. Er und K i 1 b o r n e fanden 1893 die
Uebertragung des Texasfiebers durch Zecken, und haben damit zu¬
erst die Rolle eines Arthropoden als Wirt bei einer Protozoen-
krankheit festgestellt. Und auch seine grundlegenden Forschungen
über die Verschiedenheit der Tuberkelbazillentypen und über An¬
aphylaxie stellen den bescheidenen Forscher unter die Grossen un¬
serer Zeit. Nicht, dass es sonst an tüchtigen Männern der Wissen¬
schaft in Boston und an den Universitäten in NewYork, Baltimore,
Philadelphia, Chicago, Ann Arbor, Cleveland, San Francisco und
den kanadischen zu Montreal und Toronto gebräche; aber ihre Auf¬
zählung und Würdigung würde zu weit führen.
Das R o ckefellerinstitut in NewYork ist ein reines For¬
schungsinstitut, wie wir es uns nur wünschen können. Der Petroleum-
könig hat von 1901 — 1912 8/4 Millionen Dollar dafür hergegeben;
also Geldsorgen fallen fort. Nur ein Teil des Institutes beschäftigt
sich mit mikrobiologisch-hygienischen Fragen, wie mit Poliomyelitis,
Syphilis, Scharlach, Pneumonie. Flexner und Noguchi sind
weltbekannte Namen. Das Rockefellerinstitut besorgt auch die
wissenschaftliche Leitung des 1911 von Mrs. Harr im an für
50 000 Dollar in San Francisco gestifteten Pathological
and Bacteriological Labor atory Ein Institute for
Infectious Diseases wird jetzt in Chicago errichtet, vom Ver¬
mächtnis der Mrs. Durand.
Die Gesundheitsbehörden der einzelnen Staaten unterhalten meist
eigene Untersuchungsämter. Als erstes in den Vereinigten
Staaten wurde das Public Health Laboratory des Staates Rhode Island
in Providence 1888 von G. T. Swarts begründet. Grössere Städte
gehen selbständig vor, so Boston. Und die Stadt NewYork rühmt
sich, „the first municipal bacteriological laboratorv in the world“
eingerichtet zu haben. Es war 1892, im Anschluss an die von Ham¬
burg her drohende Choleragefahr. Ausserdem hat der Staat New¬
York in seiner Regierungshauptstadt Albany sein State Hygienic
Laboratory, wo unter anderem' Kurse für Amtsärzte abgehalten
werden. Sehr beachtenswert ist auch das unter W. T. Sedgwick
stehende Sanitary Research Laboratory des Massachussetts Institute
of Technology zu Boston. Wie schon gesagt, ist beabsichtigt, in
Washington für den ganzen Bund ein Amt zu errichten.
Heer und .Flotte haben in Washington die Army Medical
School und die vor 2 Jahren eingerichtete Navy Medical
School, mit Laboratorien, dem schönen Army Medical Museum
und der Library of the Surgeon-General Office, der grössten medizini¬
schen Bibliothek der Welt. An der Navy Medical School wird auch
Schiffs- und Tropenhygiene gelehrt. Eine besondere Schule für
Schiffs- und Tropenhygiene besteht seit 1911 unter Cr.
Well mann an der Tulane-Universität zu NewOrleans. Sein
Assistant-Professor Charles C. Bass ist neuerdings bekannt geworden
durch die gelungene Züchtung der Malariaplasmodien ausserhalb des
menschlichen Körpers in traubenzuckerhaltigem Menschenblut. Zur
Ausarbeitung seiner Methode ging er im April 1912 nach Ancon am
Panamakanal.
Der Gewerbehygieniker findet mancherlei Neues im „Ameri¬
can Museum of S a f e t y“ (Museum für Unfallverhütung, ähnlich
dem Charlottenburger) in NewYork, das in letzter Zeit unter W. H.
T o 1 m a n s Leitung recht vollkommen geworden ist. Es nahm seinen
Ausgang von einer Ausstellung für Unfallverhütung in NewYork 1908
Ein ähnliches Institut besteht in Montreal in Kanada.
Quarantäne.
Die Quarantänevorschriften der Union von 1893 wurden 1910
verbessert. Die „quarantinable diseases“ sind Cholera
Gelbfieber, Pocken, Flecktyphus, Pest und Lepra, ausserdem andere
nach Ermessen des betreffenden Hafenarztes, z. B. in NewYork noch
Genickstarre, Scharlach, Masern, Diphtherie und Erysipel. Die Ver¬
waltung der einzelnen Quarantäneanstalten haben die be¬
treffenden Einzelstaaten. Eine der wichtigsten, vielleicht der ganzen
Welt, ist die des NewYorker Hafens, die unter Leitung des mit
grossen Machtvollkommenheiten ausgestatteten Health Officer of
the Port of NewYork steht. Das ist seit 1905 Dr. A. H. D o t y, gegen
den 1911, mehr aus innerpolitischen Gründen, allerhand Klagen er¬
hoben wurden, wogegen ihn die Aerzteschaft in Schutz nahm Er ist
Verfasser eines Werkes „Prevention of Infectious Diseases“. Seine
Station liegt auf S t a t e n Island, an den Narrows, dem äusseren
Eingang des Hafens, wo alle Schiffe halten müssen und die Reisenden
besichtigt werden. Leute mit einer der genannten Krankheiten wer-
den in das Hospital auf der kleinen Swinburne Insel gebracht.
Verdächtige, also alle die sich angesteckt haben können, kommen in
die Beobachtungsbaracken auf H o f f m a n n Island, z. B. die
Choleraverdächtigen neuerdings 10 Tage lang. Seit Juli 1911 wird bei
allen Choleraverdächtigen der Kot bakteriologisch untersucht, ob
Vibrionenträger dabei sind: im ersten Jahre waren das etwa 1500
m
muenchener medizinische Wochenschrift.
Ho. i.
Untersuchungen. Die Cholera ist im Mai 1832 zum ersten Male in
Amerika eingeschleppt worden.
Für den Land verkehr von Kanada und Mexiko her bestehen
besondere Bestimmungen. Kanada hat neue Canadian Quarantine
Regulations vom 12. VI. 1907. 7 Quarantänestationen bestehen , im
Osten, 3 im Westen, jede unter einem Medical Quarantine Officer.
Die Handhabung geschieht ähnlich wie in den Vereinigten Staaten.
Rassenhygiene.
Die Rassenhygiene hat als Ziel Vollkommenheit der Nach¬
kommenschaft; also möglichst gesunde, verständige, kräftige, schöne
Menschen. Tuberkulose, Syphilis und Alkohol, die Hauptfeinde der
kommenden Geschlechter, will ich nachher besonders besprechen.
Ausser diesen gibt es drüben allerhand anderes, was zum Teil vom
europäischen abweicht:
Geburtenrückgang. Die im Lande geborenen Bleichge¬
sichter, die Yankees, vermehren sich wenig; also gerade
der führende Teil des Volkes, der seine sonstige Tüchtig¬
keit durch Erfolge bewiesen hat. Und darin liegt ja die
hygienische Bedeutung des Geburtenrückganges; denn
Uebervölkerung des Erdballs ist kein Ziel der Hygiene. Wir
wissen, dass nicht die Herabsetzung der Zeugungsfähigkeit die Ur¬
sache ist. Der Neomalthusianismus herrscht fast mehr als in Frank¬
reich. Die Reichen, die Beamten, die Gebildeten sind dort ebenso¬
wenig erpicht aufs Kinderkriegen und Steuernzahlen, wie die Hurrah-
patrioten der alten Welt. Trotzdem wächst ja die Einwohnerzahl
schnell; denn etwa 800 000 Einwanderer, früher noch mehr, kommen
jährlich ins Land und vermehren sich zunächst noch in gewohnter
Weise. Aber diese Einwanderer sind in den letzten Jahren zum
grossen Teil wenig begehrenswerte Menschen; und so entstand die
Einwandereriiberwachung. Sie ist nicht zu verwechseln
mit der Quarantäne, wenn sie auch ähnlich jener sich mit
Krankheiten befasst. Die meisten Einwanderer landen in New-
York. Bis 1890 wurden hier die Zwischendecker an der
Battery ausgeschifft; sie wurden dann sehr oft in der Stadt von
Gaunern ausgebeutet. Jetzt werden sie, und auch verdächtige Ka¬
jütenreisende, auf dem kleinen Ellis Island davor bewahrt, aber
in den letzten Jahren auch immer schärfer gesichtet. Südosteuropäer
und Asiaten, moderne Hunnen, stehen oft auf recht niedriger Kultur¬
stufe; Süditaliener drücken die Löhne, wohnen in geschlossenen Vier¬
teln wie ein Fremdkörper in den amerikanischen Städten und ver¬
lassen später mit dem Geld das Land wieder. Es gelten also hier
nicht nur rassenhygienische Gründe. Von der Landung aus¬
geschlossen werden besonders Geisteskranke, Schwachsinnige,
Epileptiker, Tuberkulöse, Trachomkranke, Krüppel, alle die wahr¬
scheinlich der Oeffentlichkeit zur Last fallen, Verbrecher, Poly-
gamisten, Anarchisten, Dirnen, Zuhälter, Mädchenhändler, Kontrakt¬
arbeiter (besonders chinesische), und Kinder unter 16 Jahren ohne
Begleitung. Und von den „Tyrannen von Ellis Island“ wird streng
gesichtet! Schon die Furcht davor hält viele in Europa zurück; und
die Schiffsgesellschaften müssen für manche Kranke, z. B. Trachom,
hohe Strafen zahlen, wenn sie solche mitbringen. Im Jahre 1910/11
wurden in den etwa 20 Einwandererhäfen von über einer Million
Ankömmlingen 24 270 zurückgewiesen, „deportiert“; davon allein
14 771 auf der NewYorker „Träneninsel“, also täglich 40. Darunter
waren 580 Verbrecher, 316 Prostituierte, 179 Zuhälter. Niemand kann
den Vereinigten Staaten verbieten, unliebsame Gäste abzuweisen;
auch Deutschland schiebt fremdes Zigeunergelichter ab. Aber es
scheint doch, trotz aller Uebertreibung amerikanischer Blätter, sicher,
dass, zum Teil durch engherzige Auslegung des Einwanderergesetzes
von 1907, manche Leute unnötig hart behandelt wurden im Ange¬
sichte der Statue der Freiheit. Stammen nicht fast alle Amerikaner
von Einwanderern ab? Jetzt wirds dort besser sein. Die neuen
Bauten sind schön und geräumig. Ein eigenartiges Gefühl beschleicht
den Besucher der Insel, wo die Menschenscharen voll Hoffen und
Bangen anklopfen an den Toren der neuen Welt.
Die Negerfrage kann nur dann eine rassenhygienische
sein, wenn die Schwarzen minderwertig sind. Und dass
die mehr als 10 Millionen Coloured men der Vereinigten
Staaten Untermenschen sind, das steht für den Yankee um
so fester, je südlicher er wohnt. Gesunde, kräftige Neger und
Mischlinge sieht man zwar allenthalben; als Arbeiter sind sie unent¬
behrlich. Und wahrhaft schöne, ja wundervoll ebenmässige Ge¬
stalten zeigen viele Mulatten; manche Vollblutneger allerdings fast
tierische Gesichtsknochenbildung. Aber das Gehirn scheint nicht
vollwertig zu sein, es soll mehr einer kindlichen und wenig ent¬
wicklungsfähigen Stufe entsprechen. Man vergleiche die schnelle
Kulturaneignung der Gelben in Japan mit dem Zurückbleiben der
Farbigen in Nordamerika inmitten der Weissen, und der Unfähigkeit
der mittelamerikanischen Mischlingsstaaten, wo auch die Hygiene so
tief steht. Nun gäbe es zwei Wege : die möglichste Vermischung
mit den 90 Millionen Weissen, so dass die Schwarzen verschwänden,
wie die venetianischen Mohrensklaven des Mittelalters unter den
Italienern. Aber umgekehrt geht es! Immer schärfere Rassen treu-
n u n g! Die Unzahl der vorhandenen Mulatten aller Farbenab¬
stufungen bis zum „color cafe con leche“ beweist, dass zur Sklaven¬
zeit dieses Bedürfnis nach reinlicher Scheidung weniger vorhanden
war. >n Massachussetts, Michigan und den meisten Südstaaten ist
jetzt die Ehe zwischen Farbigen jeden Grades und
Weissen gesetzlich verboten, und wird auch wirklich
mit Gefängnis bestraft. Die Farbigen haben, wenigstens im Süden,
alles für sich, Kirchen, Gefängnisse. Krankenhäuser, Blindenasyle,
Strassenbahnabteile, Wirtshäuser, Theater, Bordelle, Bedürfnisan¬
stalten. Und manche der führenden Farbigen erstreben auch wirt¬
schaftliche Unabhängigkeit; so der Mulatte' B. T. W a -
shington im Tuskegee-Institute in Alabama. Versucht wird auch
die Hebung der Bildung: In Raleigh in North Carolina haben
die Farbigen ihre Shaw-Universität, in Georgia die Atlanta- und die
Clark-Universität. Die Schwarzen vermehren sich im Ver¬
hältnis schneller als die Weissen, denen aber die Einwanderung nach¬
hilft. So hatten 1910 im Distrikt Columbia die Farbigen die Geburten¬
ziffer 26,7 Prom., die Weissen 20,1 Prom. Bei den Farbigen waren
22,1 Proz. unehelich, bei den Weissen 1,9 Proz. Die Farbigen hatten
28 Prom. Sterb lichkeit, die Weissen 15 Prom. In Mississippi und
South-Carolina ist mehr als die Hälfte farbig. Das Ende der Neger-
irage ist nicht abzusehen. Die Indianer und die Chinesen spielen
in diesen Fragen keine Rolle; denn die 266 000 Indianer der Union
werden in ihren Reservationen sozusagen in Reinkultur gehalten, und
die Chinesen, soweit sie überhaupt ins Land gelassen wurden, halten
sich für sich.
Sterilisationsgesetze und Aehnliches. Wenn man Menschen
wie Haustiere züchten könnte! In den letzten Jahrzehnten
ist in manchen Gegenden Deutschlands das krüppelhaft schlechte
Rindvieh durch vernünftige Zuchtwahl zu einer prächtigen
Rasse geworden, die sich in mehrfacher Hinsicht, uie
durch Gewicht, Schönheit, Farbe, Güte des Fleisches, auszeichnet.
Schon vor 2 X> Tausend Jahren beklagt der Grieche Theognis,
dass man zwar bei Pferden, Eseln, Schafen auf Vervollkommnung
sieht, den Menschen aber durch Geldheiraten verkümmern lässt. Beim
Menschen ist die Vererbungsbiologie an die gleichen Gesetze ge¬
bunden. Und jede Mutter, jeder Vater und gar die Grosseltern be¬
ziehen ja alle guten Eigenschaften des Sprösslings ausgerechnet
jeder auf sich. Der Gedanke ist ja auch schon aufgetaucht. Men¬
schengestüte des Fürsten Pii ekler! Mittgart-Bewegung! Ich
glaube zwar, dass manche Männer im mormonischen Vollgefühl ihrer
Rassetüchtigkeit und aus Mitleid für ihre minderwertigen Erden¬
genossen bereit wären, in Mittgartdörfern die Rolle zu spielen, von
der Wilhelm Busch sagt, dass sie nicht schwer sei. Aber ich be¬
zweifle, dass wirklich edle Zuchtkavaliere ihre Mütter, Schwestern
und Töchter in solcher Siedelung tätig wissen wollten. Vernünftiger
als solches sind die amerikanischen Sterilisationsge¬
setze sicher. Die Ausschaltung der Schlechtesten ist hier die Lo¬
sung. Zuerst war es der Staat Indian a, der durch das Gesetz vom
9. III. 07 die Sterilisation bei bestimmten rückfälligen Verbrechern
auch gegen deren Willen nach den Gutachten einer Gruppe von
Sachverständigen ermöglichte. Dr. Harry O. S h a r p s, Arzt am
Gefängnis für jüngere männliche Sträflinge in Jeffersonville (Ind.)
hat die „Asexualisation“ ausgebildet; bis Juli 1911 wurden im Staate
Indiana 873 Männer und 2 Frauen so für die Nachwelt unschädlich
gemacht. Der Eingriff ist, wenigstens beim Manne, ungefährlich, ein¬
fach, und sogar mit Lokalanästhesie ambulatorisch ausführbar. Das
Vas deferens wird beiderseits durchschnitten und der abführende Teil
abgebunden. Männlicher Habitus und Potentia coeundi bleiben be¬
stehen, nur die Libido wird oft etwas herabgesetzt. Also keine
Kastraten! Bei Weibern wird die Salpingektomie oder auch Oophor¬
ektomie gemacht. Die Röntgenstrahlen wird man vielleicht auch an¬
wenden, wenn sie sich als zuverlässig und ungefährlich erweisen.
Dem Beispiele Indianas sind 1909 die Staaten Washington, California
und Connecticut, 1911 Nevada, Iowa und New Jersey, 1912 NewYork
gefolgt; und andere beabsichtigen es. Die Gesetze sind nicht bei
allen gleich. So gestattet der Staat Connecticut auch
Schwachsinnige zu sterilisieren, und er hat ausserdem schon
seit 1895 die Bestimmung: „Jeder Mann und jede Frau, die heiraten
oder wie Ehegatten leben wollen, sollen, wenn ein Teil epilep¬
tisch oder schwachsinnig ist, mit Gefängnis bis zu 3 Jahren
bestraft werden, wenn die Frau jünger ist als 45 Jahre.“ Michigan
hat das Gesetz, dass Geisteskranke, Idioten und Personen, die an
nicht geheilter Syphilis oder Gonorrhöe leiden, nicht heiraten dürfen.
Sicherlich werden schon durch diese bestehenden Gesetze viele
schlechte Rassenelemente ausgeschaltet, Die wissenschaftliche
Grundlage dafür sind die in den letzten Jahren von den Rassen¬
hygienikern mit aller Sorgfalt ausgearbeiteten Stammbäuine, die deut¬
lich zeigen, wieviel unsagbares Elend ein einziger Entarteter unter
seinen Nachkommen verursachen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass
er es tun wird, genügt zur Rechtfertigung der Gesetze; denn es gibt
genug nicht Entartete zur Vermehrung der Menschheit. Wenn solche
Gesetze in allen Ländern durchgeführt und auch auf nicht ver¬
brecherische Idioten, Verrückte, Säufer und vielleicht auf manche
Luetiker und Tuberkulöse ausgedehnt würden, dann wäre das ohne
Zweifel von Nutzen. Aber man darf es nicht überschätzen. Durch
Sterilisieren allein wird . die Menschheit nicht zur Vollkommenheit
gelangen. Wichtiger wäre es, wenn es gelänge, dem Volke soviel
hygienisches Gefühl beizubringen, dass bei der Gattenwahl die be¬
vorzugt würden, die möglichst w7enig körperliche und geistige Mangel
aufweisen. Was- jetzt die Ausnahme ist, der gesunde und kraftvoll
schöne und kluge Mensch, das muss die Regel werden; das ist das
nächste Ziel der Rassenhygiene. Darnach mag ein zaräthustrischer
Biologe, nicht Philosoph, die verborgenen Wege zum Uebermenschen
weisen. Die Höherzüchtung der Menschheit kann mir langsam
i. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
419
iranschreiten. Aber Jahrtausende und Jahrhunderttausende sind ja
r wie Minuten und Stunden im Leben unserer alten Mutter Erde.
Noch etwas fällt dem Beobachter in Nordamerika auf. Man
:ht dort, wie der deutsche Dichter in Dollarika, E. v. Wolzogen
st: weniger „Speckwampen, Bierbäuche, Kahlköpfe. X- und Säbel¬
ine, verpustelte, ver.pickelte, grämlich graue, brutale oder schwäch-
he Gesichter, die mit den in ihrem schwappenden Fett schwankend
herwatschelnden, geschmacklos aufgedonnerten Madams und den
sbleichen, blassäugig blöden, stumpfnasigen, schiefzähnigen und
;kbeinigen Jungfrauen ihren Nachwuchs bereits erzeugt hatten oder
fürderhin zu tun gedachten“. Aber drüben vermisst man vielfach
»tz allen Sports auch die strammen Kerle, die unsere allgemeine
ehrpflicht hervorbringt.
Alkohol,
In Amerika hat das Feuerwasser zur Ausrottung der Indianer
igetragen. Die Geschichte der Vereinigten Staaten weiss von
’.em Whisky kriege zu erzählen. Jetzt unterscheidet man
üben feuchte und trockene Staaten. In den 9 Prohibitions-
aaten ist jeder Alkoholverbrauch gesetzlich verboten; selbst in
n durchfahrenden Speisewagen wird innerhalb solcher Landesgren-
n keiner abgegeben. Ferner kann in allen Staaten der Union auch
le G e me i n d e durch Abstimmung (Local Option) den Alkohol ver-
;ten. Die Prohibitionisten spielen sogar eine wichtige politische
>lle in und neben den beiden Hauptparteien, den Demokraten und
•publikanern. Trotzdem steigt der Alkoholverbrauch der Ver-
ligten Staaten.
Der Staat Maine z. B. ist ein trockener Staat. Unter der Führung
les Eingeweihten kann man in dessen grösster Stadt Portland dar-
er allerhand eigentümliche Beobachtungen machen. Schleichwege
s Alkoholschmuggels; Bestechung der Polizei; und der Schnaps,
r doch getrunken wird, ist vielfach die schlechteste Sorte. Auch
iren ja die Apotheken ihn als Arznei. Oder man fordert im Gast-
us mit einem Augenzwinkern ein Glas Milch und bekommt in un-
rchsichtigem Gefäss sein Bier, a drink with a wink nennt’s der Kun¬
de. Für den Hausgebrauch kann man die Getränke aus den Nach-
rstaaten beziehen. Der Staat Kentucky hat die bedeutendsten
hiskybrennereien.
Andere Staaten sind weniger streng. So ist in New York, wo
.'ion seit 1855 ein Erlass gegen den Alkohol besteht, der Verkauf
ich Mitternacht verboten, wenn nicht zugleich Speisen verabfolgt
■rden; aber eine Scheibe Weissbrot genügt schon.
Die Bundesregierung erhebt von jedem Wirtshaus der Union eine
: euer. Da nun die Bundesgesetze nicht so leicht durch Be¬
gehung zu umgehen sind, kommt es vor, dass selbst die Besitzer
n Kneipen in trockenen Staaten ihre Steuer nach Washington
■ licken. Natürlich gibt es eine Reihe Alkaholgeg.ner vereine,
iner die American Association for the Study and Cure of Inebriety.
I New York besteht durch ein Gesetz von 1910 ein Board of
lebriety, ein Trunkenheitsrat; wegen Trunkenheit Festgenom-
>:ne kommen dorthin, Gewohnheitssäufer werden Krankenhäusern
■ er Besserungsanstalten überwiesen. In Washington besteht ein
koholheim, das Washingtonian Home, unter der Leitung
!. Ellsworths, der auch der Vertreter Amerikas auf dem Inter¬
zonalen Alkoholkongress im Haag 1911 war. Das Rote Kreuz-
f spital in New York bekam 1907 einen Neubau, zu dem War de 11
■ i Baugrund unter der Bedingung völliger Alkoholfreiheit stiftete.
Einfuhr von Absinth in die U.S.A. ist vom 1. X. 1912 ab ver-
ten, ähnlich wie auch seit 1. IV. 1909 die 0 p i u m einfuhr nur noch
Arzneizwecke gestattet ist. In Kanada verbietet das Gesetz
>m 19. V. 1911 Einfuhr, Herstellung und Verkauf von Rauchopium
t 500 Dollar Strafe oder 1 Jahr Gefängnis oder beidem. Der
iumraucher bekommt 50 Dollar Strafe oder 3 Monate Gefängnis.
Trink- und Abwasser.
Eine der ersten hygienischen Fragen für den Reisenden in die
te Welt ist das Trinkwasser. Denn auf jedem gedeckten Tisch
Jet er die gefüllten Wassergläser mit Eisklumpen darin. Es ist
st immer Fluss- oder sonstiges Oberflächen¬
asser, selten Grundwasser. So trinkt Chicago das un-
einigte Wasser des vor der Stadt liegenden Michigansees; in den
; sind 5 — 10 km vom Lande 6 Wassertürme gebaut, an denen in
hr als 4 m Tiefe die Saugröhren das Wasser aufnehmen, durch-
inittlich 1 650 000 cbm täglich für die 2Yi Millionen Menschen,
erdings geht von den Abwässern nur noch wenig in 'den See hinein,
in seit 1900 besteht ein Drainagekanal von 7,3 m Tiefe, 48 m Breite
152 km Länge, dessen Kosten 66 000 000 Dollar betrugen. Er geht in
i Desplaines River und so in den Illinois und dann in den Missis-
Pi. aus dem weit unterhalb nach vollendeter Selbstreinigung
Louis und andere Städte ihr Trinkwasser entnehmen. In
!eren Städten wird das Flusswasser, ähnlich wie in Hamburg
1 Bremen, der langsamen Sandfiltration oder auch der „amerikani-
ien Schnellfiltration mit Jewellfiltern unterworfen. Die Stadt
wrence (Mass.) war die erste in Amerika, die die langsame Sand¬
ration einführte (1893). Aber schon in weit über 100 Städten
rdamerikas ward die Desinfektion des Trinkwassers
t Chlorkalk oder Hypochloriten angewandt; auch in Kanada,
L das Wasser des St. Lawrence-Stromes für Quebeck. Die ersten
ssenschaftlichen Versuche sind allerdings schon 1893 von
T r a u b e in Deutschland gemacht worden, aber ihre Durchführung
grossen ist rein amerikanisch. Hier war der Anfang etwas eigen- I
tumheh : von den Viehhöfen des Fleischtrustes in Chicago führt ein
Abzugskanal „Bubbly Creek“ entsetzlich schmutziges Wasser, wel¬
ches a — lYi Millionen Bakterien im Kubikzentimeter hat. Dies
Wasser reinigte George A. J o h n s o n, Ingenieur und Mitglied der
Wasserleitungsfirma Hering & Füller in NewYork, für 4,13 Dol¬
lar auf 1000 cbm soweit, dass die Keimzahl nur noch 1—55 betrug,
u,1(l c?as Wasser zum Viehtränken benutzt w'erden konnte.
Natürlich kann man für menschliches Trinkwasser keine solche ge¬
reinigte Kanaljauche nehmen. Aber bald wurde versucht, Fluss¬
wasser mit Chlorkalk zu behandeln, oder mit reinen Hypochloriteu,
wie Ca(C10)2 oder NaClO; letzteres steigert nicht die Härte. Die
Wirkung der Hypochlorite ist ja besonders durch das Autiform n
bekannt geworden. Milzbrandsporen, Tuberkelbazillen u. dergl. wer¬
den nicht dadurch abgetötet. Für die Wasserdesinfektion sind nur
geringe Mengen nötig, die mit dem Gehalt an organischen Stoffen
etwas schwanken. So braucht die private Wasserversorgungsgesell¬
schaft in Jersey-City, gegenüber NewYork, 0,2 bis 1,4 g freien
Chlors auf 1 cbm Wasser des Rockaway-Flusses; was für 1000 cbm
nur einige Cents kostet, da für die elektrolytische Herstellung des
Hypochlorits billige Wasserkraft zur Verfügung steht. Das Wasser
wird bei gewissenhafter Behandlung fast keimfrei und ein Bei¬
geschmack tritt kaum auf, obwohl der Zusatz nicht entfernt wird;
und auch sonstige Nachteile sind, wie es scheint, bis jetzt nicht be¬
obachtet worden. Auch Wasser von Hallenbädern hat man so
desinfiziert. Auch in Deutschland beginnt man jetzt Chlorkalk zum
Desinfizieren von Fluss- und Talsperrenwasser einzuführen.
Der Wasserverbrauch ist in Amerikas Städten auf¬
fallend gross; bei uns etwa 70 bis höchstens 350 Liter tätlich für
jeden Einwohner, dort bis zu 1200 Liter. Die Stadt New York
baut augenblicklich das grösste Wasserwerk der Welt;
denn der jetzige. 1891 fertiggestellte Croton-Aquädukt wird bald nicht
mehr genügen, denn er bringt täglich nur eine Million Kubikmeter.
Die neue Leitung soll 1915 fertig sein. Sie soll täglich 2XA Millionen
Kubikmeter liefern. Sie kommt 180 km weit von den herrlichen
Catskillbergen her und geht in 300 m Tiefe im Felstunnel unter dein
Hudsonflusse durch. Die Kosten werden etwa 800 Millionen Mark
betragen. Die dazu nötige Ashokan-Talsperre wird ungefähr 500 Mil¬
lionen Kubikmeter, also ein halbes Kubikkilometer Wasser fassen,
während die F.dertaisperi e, demnächst die grösste Deutschlands, nur
202 Millionen Kubikmeter fassen wird. Das Wasser soll der Sandfil¬
tration unterworfen werden. Das natürliche Gefälle der Leitung,
ohne Pumpen und Maschinen, genügt bis in die zwanzigsten Stock¬
werke der Wolkenkratzer; während bis jetzt in NewYork auf den
Dächern von 12 000 Häusern eigene, oft schlechte und hässliche
Wasserbehälter stehen. So ist dies Werk kostspieliger und gewalti¬
ger als der Apulische Aquädukt für 125 Millionen Lire, der 3 siicl-
italische Provinzen versorgen soll, dessen Hauptleitung allerdings
212 km messen wird; und grösser, als die mittelenglischen Dervent
Valley Water Works (für 7 Millionen Pfund Sterling), die für 4 grosse
Städte auf einmal bestimmt sind. Boston besitzt seit 1908 das
Wasser der Wachussetts-Talsperre, die 246 Millionen Kubikmeter
fasst.
Die Abwässer gehen meist unmittelbar in die Vorfluter; und
da dies oft gewaltige Ströme oder Seen sind, treten Belästigungen
nicht allzu häufig auf. Doch beginnt in NewYork die Verunreinigung
j des Hudson-Flusses und des Hafens durch die 7 Millionen Menschen
: Bedenken zu erregen. Eine staatliche Versuchsanstalt für
Abwässerbeseitigung mit Kläranlagen sah ich in Lawrence im Staate
Massachussetts. Sie besteht seit 1887 und arbeitet zusammen mit
dem Bostoner Institute of Technology. Biologische Reini¬
gung mit Faulkammern und Sprinklern hat Columbus in Ohio. In
Santa Monika in Kalifornien werden die Abwässer elektro¬
lytisch zwischen 10 Elektroden in Holzbassins gereinigt.
(Schluss folgt.)
Zur Hamburger Universitätsfrage.
Von Prof. Dr. J. Sobotta in Wiirzburg.
Am 20. Dezember 1912 richtete der Hamburger Senat an die
dortige Bürgerschaft einen „Antrag, betreffend den Aus¬
bau des Kolonialinstituts und des allgemeinen
Vorlesungswesens zu einer Universitä t“. Mit Stau¬
nen hat man in medizinischen Kreisen aus diesem Antrag entnommen,
dass ausser der Theologie gerade diejenige Fakultät der geplanten
Universität fehlen solle, für deren Errichtung durch die muster¬
gültigen Hamburger Krankenanstalten, das tropenhygienische In¬
stitut etc. bereits am meisten vorgesorgt war, die medizinische.
Nahm man doch in unseren Kreisen allgemein an, dass der Gedanke
der Universitätsgründung in Hamburg in allererster Linie auf der
Tatsache fusse, dass für eine medizinische Fakultät fast alle not¬
wendigen Einrichtungen bereits vorhanden seien. Und nun soll das
Ungeheuerliche geschehen, wenn die Hamburger Bürgerschaft dem
Senatsantrag entsprechend beschliesst, es soll Hamburg eine Uni¬
versität ohne medizinische Fakultät werden.
In der umfangreichen Denkschrift, die der Hamburger Senats¬
antrag darstellt, wird die erwähnte Absicht des Senats, keine medi¬
zinische Fakultät zu schaffen, sehr kurz (wenige Zeilen) begründet.
Die Kürze wäre an sich kein Fehler, wenn wirklich triftige Gründe
4*
420
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
gegen die Errichtung der genannten Fakultät vorgebracht würden.
Das ist aber keineswegs der Fall. Es wird auf das Beispiel von
Münster verwiesen, wo auch eine medizinische Fakultät fehle. Dem ist
aber nur scheinbar so. Münster besitzt schon heute den Teil der
medizinischen Fakultät, der für diese Hochschule in erster Linie in
Frage kommt, die propädeutischen Fächer. Erfahrungsgemäss spielen
die vorklinischen Semester an den kleineren Universitäten die Haupt¬
rolle. ln der Tat studieren bereits in Münster über zweihundert
Mediziner, die dort auch ihr Physikum machen können. Mit dieser
Einrichtung, wenn sie auch zurzeit den Namen einer medizinischen Fa¬
kultät noch nicht führt, ist Münster überhaupt erst von einer Akademie
zur Universität geworden. Gründet Hamburg also eine
Universität ohne Medizin, so ist diese die einzige
ihrer Art in Deutschland!
Ferner führt der Hamburger Senatsantrag gegenüber der Er¬
richtung einer medizinischen Fakultät die Kostenfrage ins Feld. Diese
Auffassung des Senats, dass gerade für die medizinische Fakultät
besonders hohe Kosten erforderlich wären, muss besonders über¬
raschen, wenn man bedenkt, dass es sich eigentlich bloss um zwei
neue Institute handelt, die zu schaffen sind (Anatomie und Physio¬
logie) und die entsprechenden Lehrstühle. Alles andere ist dort be¬
reits vorhanden, während z. B. die juristische Fakultät bisher so
gut wie vollkommen fehlte. Warum soll bei der beabsichtigten
Universitätsgründung gerade die Fakultät fortbleiben, für die bereits
am meisten an Instituten (Kliniken) und Lehrstühlen vorhanden ist?
Am wenigsten stichhaltig aber ist wohl die dritte Begründung
des Senatsantrages, dass erhöhte Beanspruchung der Räume, Do¬
zenten und Lehrmittel der (vorhandenen) naturwissenschaftlichen
Institute durch die Studierenden der Medizin sehr erhebliche Kosten
verursachen würde. In Münster in doch der gleiche Fall eingetreten,
als die propädeutisch-medizinische Abteilung — denn diese kommt
dabei ja allein in Frage — gegründet wurde, ohne dass man von den
hohen Kosten etwas gehört hätte, die durch Benutzung der natur¬
wissenschaftlichen Institute seitens der Medizinstudierenden entstanden
seien. Uebrigens käme bei den Lehrmitteln fast ausschliesslich die
Chemie in Betracht, wo die Studierenden die Kosten für verbrauchte
Materialien meist selbst zu tragen haben; in den anderen naturwissen¬
schaftlichen Instituten sind die Mediziner doch meist nur als Hörer
tätig. Vor allem aber widerlegt der Hamburger Senatsantrag selbst
an anderer Stelle (p. 132) die oben angeführte Begründung. Es
werden nämlich bei Gelegenheit der Kostenberechnung für die philo¬
sophisch-naturwissenschaftliche Fakultät die Gutachten der Direk¬
toren der naturwissenschaftlichen Institute angeführt, nach denen die
Hamburger Anstalten denen einer Reihe mittelgrosser Städte in keiner
Beziehung nachstehen, obwohl die letzteren auch von den Stu¬
dierenden der Medizin in den vorklinischen Semestern benutzt wer¬
den *)• Wenn also der Hamburger Senat durch die Direktoren der
naturwissenschaftlichen Staatsinstitute feststellen lässt, dass diese
ohne Kostenaufwand als Universitätsinstitute zu verwenden sind,
und dass sie in nichts den von Medizinern benutzten Anstalten anderer
Universitäten nachstehen, woher sollen dann die Mehrkosten kommen,
wenn in Hamburg ebenfalls Mediziner diese Institute frequentieren?
Den Uneingeweihten mögen also die Gründe, die der Antrag
des Hamburger Senats gegen die Errichtung einer medizinischen
Fäkultät vorbringt, täuschen können; tritt man ihnen aber näher, so
bleibt nichts Tatsächliches übrig. Es sind in Wirklichkeit hinter
Scheingründen versteckte rein subjektive Anschauungen.
Von seiten der Hamburger Aerzteschaft sind bereits verschiedene
Male Stimmen zur Vorlage des Senates laut geworden; in den mass¬
gebenden medizinischen Kreisen Hamburgs überwiegt jedenfalls die
Ansicht, dass Hamburg nie eine Universität ohne medi¬
zinische Fakultät erhalten dürfe. Der Ausspruch:
„Lieber gar keine Universität als eine ohne medi¬
zinische Fakultät!“ wird auch in weiten Kreisen ausserhalb
Hamburg Zustimmung finden. Eine Universität ohne medizinische Fa¬
kultät ist eben ein Unikum in Deutschland, denn Münster kann — wie
oben ausgeführt — nicht zum Vergleich herangezogen werden. Grün¬
det Hamburg tatsächlich die im Senatsantrag geplante medizinlose
Hochschule, so wird diese nicht nur in medizinischen sondern auch in
den weitesten wissenschaftlichen Kreisen nie das Ansehen einer Voll¬
universität geniessen. Der Charakter der Halbheit wird und muss ihr
anhaften bleiben.
Aber abgesehen von dieser allgemeinen Auffassung der Sachlage
lassen sich zahlreiche spezielle Gründe anführen, die gegen die Be¬
rechtigung der Auffassung des Senatsantrages in der Universitäts¬
frage sprechen. Unsere medizinischen Fakultäten nehmen schon seit
langer Zeit keine isolierten Stellungen mehr in der Gesamtheit der
Universität ein, wie das früher in vieler Hinsicht der Fall war. In
erster Linie sind die Beziehungen zwischen Naturwissenschaften und
Medizin so enge geworden, dass sie sich gegenseitig unentbehrlich
sind. Es würde zu weit gehen, das im einzelnen auszuführen, man
denke z. B. nur an die Chemie und physiologische Chemie. Letztere
wird aber stets durch den Physiologen vom Fach, der in Hamburg
nach dem Senatsantrag fehlen soll, vertreten werden müssen. Der
organische Chemiker wird den Physiologen oft genug vermissen,
selbst den Anatomen (Histologen). Zwischen Zoologie und ver¬
gleichender Anatomie besteht überhaupt keine scharfe Grenze; bei der
’) Im Senatsantrag ausdrücklich bemerkt.
vergleichenden Anatomie der Wirbeltiere aber braucht der Zoologe den
normalen Anatomen. Wird doch mit Recht von seiten vieler Zoologen
das grösste Gewicht darauf gelegt, dass die Studierenden ihres Faches
zuerst die normale menschliche Anatomie vollständig durcharbeiten,
um die Anatomie dieser gründlich durchforschten Spezies kennen zu
lernen. Verlangen doch viele Zoologen von ihren Praktikanten direki
den Besuch der Präparierübungen. Wo soll das an der zu gründenden
Hamburger Universität geschehen, wenn eine Anatomie fehlt? Was
für die grobe menschliche Anatomie gilt, trifft noch mehr für die
Histologie zu. Dass histologische und auch embryologische Vor¬
lesungen und Laboratorien nicht nur von Medizinstudierenden frequen¬
tiert werden, sondern von den verschiedensten Naturwissenschaftlern,
muss jedem bekannt sein, dem unser heutiges Universitätswesen nicht
vollkommen fremd ist. Viele Studierende der Naturwissenschaften
besuchen auch rein theoretische Vorlesungen über Anatomie und
Physiologie. Und wie will man ihnen in Hamburg die Gelegenheit
geben, wenn die medizinische Fakultät fortfällt? Die Folge wird
sein, dass die Studierenden solche Hochschulen vorziehen, die ihren
Bedürfnissen auch in dieser Hinsicht gerecht werden. Oder mit
anderen Worten, das Fehlen der medizinischen Fakul¬
tät schädigt die Frequenz und Bedeutung der
philosophisch-naturwissenschaftlichen, denn nicht
nur die Naturwissenschaftler brauchen Anatomie, Physiologie, selbst
Pathologie, auch die Psychologie kann ohne den Anatomen, nament¬
lich aber Physiologen und Psychiater gar nicht auskommen. Wer
nicht selbst Universitätslehrer ist, hat gar keine Vorstellung davon,
von welchen und wie vielen Seiten gerade ein medizinischer Theo¬
retiker um Rat gefragt wird. Da kommen Altphilologen mit Doktor¬
arbeiten über medizinische Schriftsteller des Altertums und verlangen
Auskunft, Aegyptologen wollen einen medizinischen Papyrus ent¬
ziffern etc. Man ist eben gewohnt, dass eine Uni¬
versität eine medizinische Fakultät hat!
Es ist hier nicht der Platz, der Frage näher zu treten, ob siel
überhaupt die Gründung neuer Universitäten im Deutschen Reiche
empfiehlt oder ob sich Hamburg besonders für die Errichtung einei
Universität eignet oder nicht. Dass sich aber die Zahl der Universi
täten seit der Gründung des Reiches kaum vermehrt hat, obwoh
die Bevölkerung sich fast verdoppelt hat, ist eine bekannte Tatsache
auch dass die geplanten Universitätsgründungen in Frankfurt um
Hamburg bisher die einzigen Fortschritte in der Vermehrung der Zah
der deutschen Universitäten bedeuten2). Dagegen verdient eint
andere Frage an dieser Stelle Beachtung, nämlich die, dass dit
beiden genannten Grossstädte schon jetzt über hervorragende medi
zinische Fachinstitute verfügen, die ein ausserordentlich günstige
medizinisches Lehrmaterial enthalten, ein Material, wie es eine medi
zinische Fakultät nur selten zur Verfügung hat. Frankfurt zieht aucl
die Konsequenzen und errichtet eine wahrscheinlich schnell aut
blühende medizinische Fakultät, Hamburgs Senat dagegen glaubt mi
dem geplanten Ausbau seines bisherigen Vorlesungswesens zur Halb
Universität eine nationale Tat zu vollbringen, anstatt dass es der Al!
gemeinheit durch Verwendung seiner grossen Krankenanstalten iii
den medizinischen Unterricht eine viel grössere nationale und inter
nationale Wohltat erweisen würde. Es wäre im Interesse de
medizinischen Wissenschaft, vor allem aber im Inter
esse des medizinischen Unterrichts in Deutschland ge
legen, wenn sich Hamburg in letzter Stunde noch zur Er rieh
tung einer medizinischen Fakultät oder zum Ausba
seiner staatlichen Krankenanstalten zu einer solchen entschliess •
würde.
Es kann nicht geleugnet werden, dass die medizinischen Faku
täten vieler deutschen Universitäten, nicht bloss die von Berli
und München z. T. so überfüllt sind, dass der medizinische Unterricl
darunter gewaltig leidet. Vielfach kann von einer geordneten Lehi
tätigkeit kaum mehr gesprochen werden. In verschiedenen Kurse
und Praktiken drohen die betr. Professoren bereits mit der Einführuu
eines Numerus clausus. Wenn auch einige kleinere Fakultäten nicl
gerade über zu grosse Frequenz klagen, so sind diese doch nicht in
stände den grossen Fakultäten den Ueberiluss an Studenten abzi
nehmen, weil bei ihnen namentlich das klinische Kranken- und d;
Sektionsmaterial kaum für ihre kleinen Bedürfnisse ausreicht. Vc
den 20 deutschen Universitäten haben eben nur 6 ihren Sitz in Gros
Städten und nur 3 in solchen mit mehr als 500 000 Einwohner. In dt
klinischen Semestern drängen aber die Studierenden besonders nat
den Grossstädten, und Hamburg wäre in jeder Beziehung geeigrn
die drei anderen grossen Grosstadtfakultäten zu entlasten. Welcl
Unmenge an wertvollem Sektions- und Krankenmaterial liegt
Hamburg zurzeit unbeniitzt! Wieviel könnte davon der mediziniscl
Unterricht für die Ausbildung des deutschen Arztes nutzbringend i
die Allgemeinheit des deutschen Volkes verwenden! Will also Har
bürg in die Reihe der deutschen Bundesstaaten treten, die an d
Pflichten und Opfern zur Ausbildung der gelehrten Berufe aktiv te
nehmen, so hat es in erster Linie die Verpflichtung, seine medizii
sehen Anstalten in den Dienst des Gemeinwohles zu stellen und d
kann nur durch die Errichtung einer medizinischen Fakultät g
2) Münster bestand als Akademie schon früher, Strassburg wur
zwar von Frankreich übernommen, ist aber so gut wie neugegrüni
worden. Es ist aber die Hochschule der gleichzeitig neuerworben
Provinzen.
?5. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
421
ichehen. Der medizinische Unterricht in Deutsch-
and, der wegen Mangel an Material, totem wie lebendem, vielfach
lurchaus nicht auf der Höhe steht, auf der er früher stand und auf
ler er der .allgemeinen Kulturentwicklung unseres Volkes ent¬
sprechend unbedingt stehen sollte, namentlich wenn er seine zurzeit
loch unzweifelhafte Suprematie gegenüber anderen Völkern und Staa-
en aufrecht erhalten will, der verlangt geradezu nach
iner medizinischen Fakultät in Hamburg.
Zum Schlüsse noch einige Bemerkungen über die Vorteile, die
luch die Hamburger Bürgerschaft gerade von einer medizinischen
H'akultät hat. Der Medizinstudierende bleibt länger auf der Universi¬
tät als jeder andere Studierende, meist erheblich länger. Er ver¬
raucht schon der teuereren Lehrmittel (Bücher etc.) wegen viel mehr
jeld als der Studierende jeder anderen Fakultät. Er lässt also auch
ja, wo er studiert, mehr Geld, durchschnittlich viel mehr als der
lurist, Philologe, auch Naturwissenschaftler. Also auch von diesem
Standpunkte aus betrachtet, ist die medizinische Fakultät die vor¬
teilhafteste. Einen weiteren Nutzen würden viele Kreise der Ham¬
burger Bürgerschaft gerade von dieser Fakultät ziehen, der bei allen
anderen gänzlich fortfällt, die hohe Anziehungskraft, welche die kli¬
nischen Fächer der Fakultät auf ausländische (für Hamburg nament-
ich überseeische) Patienten ausüben, die, anstatt binnenländische Uni¬
versitäten und Spezialisten aufzusuchen, solche der Hamburger Fa¬
kultät konsultieren werden. Auf diese Weise bleibt viel Geld in Ham¬
burg und speziell in Hamburger Biirgerkreisen, das jetzt nach anderen
Plätzen, namentlich nach Berlin abwandert. Die medizinische Fakul¬
tät wird also die einzige sein, die in nennenswerter Weise für Ham¬
burg auch etwas einbringt. Die Hamburger Bürgerschaft wird an
ihrer Errichtung ein viel grösseres Interesse haben als an der der
anderen Fakultäten.
Es kann also kaum zweifelhaft sein, dass Hamburg sein
eigenes Universitätsprojekt in der empfindlich¬
sten Weise schädigt, wenn die medizinische Fakul¬
tät fortbleibt. Ganz abgesehen davon, dass die Neugründung
das Ansehen einer Volluniversität weder in den Kreisen der Lehrer
noch auch in denen der Studierenden erlangen wird, der Unterricht in
den philosophisch-naturwissenschaftlichen Fächern wird dem auf
anderen Universitäten nicht ebenbürtig sein können, weil den Stu¬
dierenden, namentlich der Naturwissenschaften, die Möglichkeit ge¬
nommen wird, diejenigen medizinischen Vorlesungen und Praktiken
zu hören, die sie zu ihrem Studium brauchen.
Aus diesem Grunde wird es sich auch empfehlen, dass sich der
Hamburger Staat, wenn er sich doch noch zum Ausbau der medizini¬
schen Fakultät entschliessen sollte, wie es zu hoffen ist, rechtzeitig an
die Errichtung eines anatomischen Instituts macht, etwa
nach Art der zurzeit bestehenden Staatsinstitute. Denn ein Anatomie¬
gebäude lässt sich wohl bauen, das Instrumentarium kaufen, aber eine
anatomische Sammlung ist nicht käuflich. Sie muss in jahrelanger
sorgfältiger Arbeit vom Personal des Instituts geschaffen werden.
Eine Anatomie hat aber auch jetzt schon in Hamburg ihre Berechti¬
gung. Sie kann Lehrmaterial an die höheren Schulen liefern, für die
Krankenpflegekurse, kann die naturwissenschaftlichen Fächer in der
oben ausgeführten Weise ergänzen. Frankfurt a. M. hatte früher
eine selbständige Anatomie, auch Hannover bis 1866 (die Sammlung
ist heute noch dort).
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Aus dem Sanatorium Dr. Graul in Neuenahr.
Ueber neuere Anschauungen in der Ernährungstherapie
des Diabetes mellitus").
Von G. Graul in Bad Neuenahr.
Es ist begreiflich, dass die eingehende experimentelle wie kli¬
nische Forschung im Bereich des Diabetes mellitus Umwälzungen
auf dem Gebiete der Therapie nach sich ziehen musste. Und da
heute immer noch die Diät in ihrem Mittelpunkte steht, so wurde
diese in allererster Linie davon berührt. Alte Prinzipien der Er¬
nährung, an denen wohl im Laufe der Zeit zuweilen gerüttelt worden
war, die aber trotzdem für unanfechtbar galten, werden zum Teile
verlassen und müssen sich Modifikationen gefallen lassen. Scheint es
doch, als ob gerade das Gegenteil des bisherigen Modus als das
Rationelle empfohlen wird, der alten eingebürgten kohlehydratarmen
Diät treten beim Diabetes mellitus „Kohlehydratkuren“ gegenüber,
die von Rollo einst begründete, von Cantani popularisierte
Fleisch-Fettdiät des Zuckerkranken wird heute für einen grossen Teil
der Fälle abgelehnt, für viele Kranke im Gegenteil eine fast aus¬
schliessliche Kohlehydraternährung als rationell verlangt. Es entsteht
so der Schein, als ob die Medizin hier in ihrer Entwicklung einen
Kreis beschrieben habe, indem sie mit der Inaugurierung der mo¬
dernen Kohlehydratkuren auf den alten Vorschlag Piorrys zurück¬
käme. der seinerzeit seinen Diabetikern eine Ernährung mit Zucker
anempfohlen hatte. Aber die wissenschaftlichen Gründe, die uns
*) Nach einem Vortrag.
heute dazu veranlassen, sind erstens ganz andere als diejenigen,
welche Piorrys Handeln leiteten und dann stützen sie sich auf
die Resultate der klinischen Beobachtung. Piorry hoffte durch ein
Plus an Zuckereinfuhr den durch die Glykosurie bedingten Zucker¬
verlust ausgleichen zu können.
Auf alle Fälle hat das Eindringen neuer Anschauungen für die
Therapie des Diabetes mellitus das wertvolle Ergebnis, dass mit
dem Schematismus in der Diätetik gründlich auf¬
geräumt wird und dass die Einsicht feste Wurzel fasst, dass es
ein allgemeines Diätschema für den Zuckerkranken nicht gibt und
überhaupt nicht geben kann. Dieses schon aus dem Grunde,
weil der manigfache Symptomenkomplex, den wir, infolge der ge¬
meinsamem "hronischen Glykosurie „Diabetes mellitus“ benennen,
nicht einer genetisch einheitlichen Krankheit entspricht. Welchen
Ursprunges aber im einzelnen Falle der vorliegende Diabetes ist, lässt
sich nur in den allerwenigsten Fällen richtig erkennen; in den meisten
Fällen ist somit leider eine kausale Therapie überhaupt ausge¬
schlossen und, wo wir ätiologisch die Genese der diabetischen
Glykosurie richtig deuten könnten, versagt sie meist oder ist un¬
möglich. weil uns ein sicheres, spezifisches Heilmittel zur Zeit noch
fehlt. Trotzdem wäre es ein grober Fehler, jede kausale Therapie
beim Diabetes von der Hand zu weisen. Soweit als möglich muss
auch die Ernährung vom Gesichtspunkte der kau¬
salen Therapie eingerichtet werden. Denn es ist sicher, dass
zweckmässige Ernährung manche für die Genese des Diabetes in
Betracht kommende Anomalien günstig beeinflussen kann, ich denke
an Arteriosklerose, Adipositas, Darmkatarrhe etc.
Die Aetiologie des Diabetes soll also nach Möglichkeit auch
unsere Diät regeln und zweckmässig modifizieren. Modifikationen
derselben fordern aber auch manche lebenswichtige Kompli¬
kationen (Nephritis, Gicht, Adipositas, Arteriosklerose, Ab¬
magerung etc.).
Die rationelle Diabetestherapie kann nur im
Sinne prinzipieller Individualisierung ihren
mannigfachen Aufgaben gerecht werden.
Bei aller Individualisierung muss aber Klarheit bestehen, welches
Ziel unsere Therapie in erster Linie anzustreben hat. Hinsichtlich
der neuen Kohlehydratkuren, über deren sichere Indikation, Form und
Dauer der Anwendung, Uebereinstimung noch nicht besteht, muss
der zu erlangende Nutzen mit dem eventuellen Schaden kritisch abge¬
wogen werden. Denn auch heute steht die Erkenntnis zu Recht, dass
ein schrankenloser Genuss von Kohlehydraten den
Diabetiker in fast alle-n Fällen sicher verschlech¬
tert. Prinzipiell ist beim wirklichen Diabetes, gleichgültig welcher
Provenienz er ist, zuerst die Glykämie, die Ueberzuckerung des
Blutes zu bekämpfen. Die Glykämie ist ein Gradmesser für die
Schwere der Erkrankung, sie hat prognostisch vitale Bedeutung. E s
gilt der Satz, dass mit ihrem Sinken die Kohle-
hyratver brenn u-ng steigt, dass ihr Sinken also
eine Besserung des Leidens anzeigt. Sie muss demnach
nach Kräften reduziert werden, wenn nicht ihre gänzliche Beseitigung
gelingt, allerdings unter Beobachtung des Allgemeinzustandes, da Zu¬
stände eintreten können, die eine weitere antiglykämische Ernährung
modifizieren heischen. Freilich ist zu bedenken, dass die Glykosurie
nicht stets einen Gradmesser für die Intensität der Glykämie abgibt.
Bei komplizierender Nephritis kann die Glykosurie bis auf Spuren
verschwinden, ohne dass die Glykämie wesentlich sinkt, indem hier
durch den nephritischen Prozess die Nieren insuffizienter für die
Zuckerausscheidung werden. Aber in der Regel ist uns doch die Gly¬
kosurie ein sicheres Zeichen für das Bestehen einer Zuckeranhäufung
im Blut.
Wie soll nun im Einzelfall die Aglykurie erstrebt werden? Die
Beantwortung dieser Frage ist abhängig vom Intensitätsgrad der
Krankheit. Anders ist das Vorgehen beim sog. schweren, anders
beim leichten Diabetes. In allen Fällen mit grosser Toleranz für
Kohlehydrate besteht grösste Freiheit in der Wahl der Ernährungs¬
form, im ausgiebigen Gebrauch von Kohlehydraten, d. h. im Umfang
der jeweilig geltenden Toleranz. Aber natürlich muss stets ent¬
schieden werden, welche der verschiedenen Diätformen für den Kran¬
ken schon vom ätiologischen Gesichtspunkte, vom Standpunkt
der vorliegenden Komplikationen aus am zweckmässigsten ist.
Liegen keine besonderen vor, etwa Nephritis, stärkere Sklerose,
Obesitas, Gicht, Digestionsanomalicn etc., so handelt es sich um den
Entscheid, ob im wesentlichen in den Bahnen der vorwiegenden
Fleischfettdiät gewandelt werden soll, oder ob eine kohlehydrat¬
reichere oder ausschliesslich vegetabile Ernährungsform gereicht
wird. Diese Frage wird eine aktuellere, wenn die Kohlehydrat¬
toleranz eine geringe ist (etwa unter 50 g Weissbrödchen pro Mahl¬
zeit sinkt oder ganz fehlt), wenn ein sog. paradoxer Diabetes vor¬
liegt oder direkt eine schwere Form. Aus mehrfachen Gründen ist
hier meiner Erfahrung nach vor einer vorwiegenden animalischen
Diät energisch abzuraten und die vegetabilische Ernährung in
zweckmässiger Anpassung an den Einzelfall warm zu befürworten.
In allen schweren Fällen erscheint mir eine fortgesetzte animalische
Ernährung häufig deshalb schädlich, weil durch sie allmählich
die Glykosurie steigen kann, weil die Reizung der Niere unter Um¬
ständen üble Folgen zeigt, das Nervensystem, die Appetenz geschä¬
digt wird und häufig plötzlich eine schnelle Abmagerung einsetzt,
wenn nicht Fett ausgiebig gereicht wird. Ein wesentlicher Einspruch
422
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
ist aber durch die Gefahr der A z i d o s i s begründet, da bei Kohle¬
hydratmangel Eiweiss und Fett zur Anhäufung der Oxybuttersäure,
der Ketonkörper führen.
So empfiehlt sich durchaus eine vorwiegend vegeta¬
bilische Diät, d. h. eine Diät, die die Schädlichkeiten einer über¬
reichen Fleischernährung vermeidet, die aber gleichzeitig keine Gly-
kosurie provoziert, den Eiweissbestand des Körpers nicht gefährdet
und dem nötigen Energieumsatz gerecht wird.
Wie soll die Auswahl unter den Vegetabilien getroffen werden,
die doch in ihrem Kohlehydratgehalt die grössten Unterschiede
zeigen? Während Reis, Gries durchschnittlich 75 Proz. Kohlehydrat
enthalten, Hafer ca. 65 Proz., die Kartoffel 20 Proz., der Winterkohl
11 Proz., weisen Blumenkohl, Spinat, Tomaten rund 4 Proz. auf, und
die Salate halten sich zwischen 2 und 3 Proz. Es galten daher im
bisherigen Schematismus die sog Amylaceen als „verbotene“ Speisen,
wenn auch Stimmen hin und wiQder laut wurden, die d"n G°brauch
befürworteten (Düh rings Reiskur; Mosses Kartoffelkur). Da
ist es der Gewinn der letzten Jahre, dass die Verträglichkeit, ja
der direkte Nutzen bestimmter Mehle und Amylaceen, in erster Linie
des Hafers (v. N o o r d e n). für ge°igmte Fälle einwandfrei fest¬
gestellt wurde. Im vegetabilen Regime stehen jetzt nicht nur die
grünen Blattgemüse, die Salate, die grünen Schnittbohnen etc. etc.
zur Verfügung, sondern in Auswahl, individuell dosiert, die Amyla¬
ceen. Natürlich könn°n die kohlehydratr°ichen Amylaceen nicht in
gleicher Weise wie die grünen Blattgemüse gebraucht werden. Der
grosse Nutzen der letzteren zeigt sich in fast allen den Fällen, wo
es gilt die Glykämie energisch zu bekämpfen. Es ist wohl
allgemein bekannt, dass oft 1 — 2 strenge „G e m ü s e t a g e“ Zuck^r-
freiheit bringen, zumal natürlich in all den Fällen, bei denen eine
besondere Eiweissempfindlichkeit besteht. Bouchardat hatte
seinerzeit nachdrticklichst auf den reichlichen Gebrauch der grünen
Gemüse, der Salate hingewiesen, und ihr vorwiegender Gebrauch bei
Fleischreduktion wird neuerdings unter anderem von Kolisch
warm empfohlen und meiner Erfahrung nach mit grösstem Recht.
Ich möchte mich im wesentlichen seinen Argumenten anschliessen.
Die Vegetabilien üben auf das Protoplasmamolekül nach Kolisch
den geringsten NahrungsrGz aus, ein Reiz der zu einer vermehrten
Zuckerspaltnng aus dem Protoplasma führt. Gerade die leicht zer-
setzlichen Eiweissstoffe fördern die Zuckerabspaltung und können
dadurch zu einer Steigerung der Glykosurie führen. Das Hauptbe¬
denken, das mit gegen die vorwiegende vegetabile Ernährungsform
besteht, ist wohl die Furcht, das Kalorienbedürfnis nur schwer be¬
friedigen zu können, dass unter ihrem Gebrauch eine Abmagerung
eintreten kann. Hier ist aber nachdrücklichst darauf hinzuweisen,
dass gerade der Diabetiker mit einem geringeren Kalorienbedar?
haushält als der Gesunde und dass sogar bei anscheinend unzu¬
reichender Kost Stickstoffgleichgewicht herrschen kann, ja sogar N-Re-
tention. Das ist eine durchaus gesicherte Tatsache, die aus den
Arbeiten von Weintrau d, d’Amato. Falta hervorgeht.
Also das übliche Mass an Eiweiss ist für die Mehrzahl der
Diabetiker in keiner Weise nötig, zumal nicht in den schweren
Fällen. Die Furcht ist durchaus unberechtigt, dass Fleischreduzierung
Schaden bringen muss. Im übrigen bedenke man. dass sich allein
durch Blattgemüse 50 g Eiweiss pro Tag leicht einführen lassen.
Auch ist es ganz unbegründet, jede Muskelerschlaffung, Abmagerung
— abgesehen von dem Defizit durch die Intensität der Glykosurie — ■
auf einen Stickstoffverlust zu schieben. Interessante Untersuchungen
F a 1 1 a s, früher von Weintrau d, zeigen, dass Abmagerung in
unerklärlicher Weise eintreten kann, obwohl die zugeführte Kalorien¬
menge das Bedürfnis zahlenmässig deckt, obwohl N Gleichgewicht
herrscht. Die Praxis zeigt nicht selten, dass, speziell in schweren
Fällen, plötzlich, bei gleichen Ernährungsbedingungen, oft auffallend
starke Gewichtsschwankungen einsetzen. dass plötzlich sowohl Ver¬
schlimmerungen wie auffällige — allerdings nur vorübergehende —
Besserungen im Körperzustand der Diabetiker eintreten können. Ich
beobachte solche plötzliche Verschlechterungen nach gemütlichen Er¬
regungen. Abnorme nervöse Regulation in den den Zuckerstoff-
wechsel regulierenden Zentren, vermögen, wie man experimentell
feststellen konnte (E 1 1 i o t), Hyperglykämie zu erregen. Periodische
Besserungen sind ferner, um dies hier zu erwähnen, sicher abhängig
von regenerativen Vorgängen in dem primär erkrankten, zur chro¬
nischen Glykosurie führenden Organ.
Weichselbaum fand regenerative Vorgänge in den patho¬
logisch veränderen Langerhans sehen Inseln des Pankreas
(Wiener klin. Wochenschr. 1911, 5).
Ob nun im Einzelfall eine rein vegetarische Diät durchgeführt
wird, ob eine Fleisch- (ca. 100 — 150 g pro die),, eine Eierzulage
zweckmässig und geboten ist, darüber lassen sich strenge Allgemein¬
vorschriften nicht geben, zumal gerade bei einer so chronischen Er¬
krankung auf die Appetenz des Kranken weitgehendst Rücksicht
genommen werden muss. Es ist nicht schwer auch bei strenger
vegetarischer Diät die genügende Kalorienmenge unterzubringen
mit genügender Menge von Eiweiss — etwa 60 — 75 g pro die.
Zur vegetarischen Diät gehört auch die schon erwähnte
Haferkur.
Es ist bekannt, dass seit ihrer Einführung zahlreiche Veröffent¬
lichungen darüber erfolgt sind, dass jedoch im wesentlichen das Urteil
über ihre Anwendung ein günstiges ist; nur lauten die von den
verschiedenen Autoren aufgestellten Indikationen noch recht ver¬
schieden.
Erstens finden sich leichte Diabetiker, die von vornherein
eine ganz ausgesprochene Toleranz dafür haben. So konnte ich
einen Fall beobachten, der kaum pro die 100 g Brödchen vertrug,
dagegen anstandslos 160g Hafer; in der Mehrzahl der leichten Fälle
jedoch fand ich keinen Unterschied in der Toleranz von Brot bezw.
Weizenmehl und Hafer im Verhältnis zu ihrem Kohlehydratgehalt.
Einigkeit unter den Autoren herrscht wohl darin, dass ihr Hauptgebiet
in der Behandlung der schwere azidotischen Fälle liegt und dass
ihre Anwendung nur eine periodische sein soll.
In der Regel gibt das Verhalten der Gly^-
kosurie einen prognostischen Wink für den Er¬
folg der Haferkur. Sinkt unter ihrem Gebrauch die Gly¬
kosurie oder bleibt sie in geringer Grösse konstant, so besteht
in der Regel ein Erfolg in Hinblick auf die Bekämpfung der Ketonurie.
Unsicher ist der Erfolg mithin bei all den Fällen, wo sie eine
grössere Zunahme der Glykosurie nach sich zieht, obwohl — wie ich
aus eigener Erfahrung mittGlen kann — Fälle begegnen, bei denen
die Glykosurie mässig steigt, trotzdem die Ketonurie schwindet.
Jede anhaltende intensivere Steigerung der Glykosurie lässt die
Haferkur als ni c h t indiziert erscheinen. Die Zunahme der
Glykosurie muss ja die Azetonkörperbildung schliesslich steigern,
denn es zeigt doch die Zunahme des Blutzuckers an, dass die Glyko-
genie der Leber, bezw. die Verwertung des Dextrosemoleküls an
den Stätten der Verbrennung insuffizienter geworden ist. Wir wissen
aber, dass die Azetonkörperbildung irgendwie abhängig ist von der
Glykogenbildung in der Leber und der Kohlehydratverwertung i'm
Organismus. Das Anwachsen der Glykosurie wird also in der Regel
die K o n t ra indikation für die Fortsetzung der Haferkur abgeben.
Ich möchte dies ganz besonders betonen, weil oft allzu kritiklos
und voreilig Kohlehydrat bei jeder Azetonurie gegeben wird. Denn
steigere ich durch übermässige KohDhydratzufuhr die Glykämie, so
verschlechtere ich nur die Verhältnisse für das Verschwindet
der Ketonkörper. Nur wo Kohlehydrattoleranz be¬
steht, kann Kohlehydrat antiketonisch wirken. Bei
jeder stärkeren Glykosurie muss die Bekämpfung der Ketonurie zu¬
erst durch eine Methode erstrebt werden, die antiglykurisch wirkt.
Die Praxis ergibt, dass in überaus zahlreichen Fällen schon durch
eine kohlehydrntarme antiglykurische Diät ein Nachlass, bezw. ein
vollständiges Verschwinden der Azetonurie erzielt wird. Also es
gilt hier prinzipiell die Kohlehydrate energisch zu entziehen und nicht
aus unberechtigter Furcht vor den Gefahren der Glykosurie die Kohle¬
hydratzufuhr in schädlicher Weise zu steigern. Diesen Standpunkt
habe ich schon früher vertreten (cf. Deutsche med. Wochenschr. 1910,
No. 46) und sehe, dass er jetzt vielseitig geteilt wird. Speziell möchte
ich auf eine sehr instruktive Arbeit aus der Talmaschen Klinik
in Utrecht von Harte lust hinweisen (Therapie der Gegenwart
1912, Heft 3). Es heisst darin: „Die Diabetiker, die während der
zwei letzten Kurse in unserer Klinik behandelt worden sind, haben
alle (18 Personen) auf Kohlehydratentziehung reagiert mit Verminde¬
rung der Glykosurie und der Azidose, und auch früher ist nie hei
Diabetikern beobachtet, dass Kohlehydratentziehung Steigerung de'-
Säurebildung und der Zuckerausscheidung herbeiführt.'“
Die beste Methode, die Glykosurie zu mindern, ist die Verord¬
nung mehrerer strenger Gemüsetage. Gleichzeitig achte man auf
den Einfluss der Fette auf Azetonurie. Häufig ist ihre Persistenz
nur durch allzugrosse Fettzufuhr (speziell Rahm, Butter) bedingt.
Speziell bei Kindern fand ich eine ausgesprochene Empfindlichkeit
dagegen. Leider besteht im Publikum allzu hartnäckig die Ansicht,
dass jeder Diabetiker unverhältnismässig viel Fett geniessen muss.
Und es gibt m. E. Fälle, die unbedingt eine Fetteinschränkung fordern.
Ich teile die Ansicht von Kisch, dass Fettleibigkeit ätiologisch mit
dem Diabetes in Beziehung steht. Eine übermässige Fettansainmlung
kann, wie die Pathologen gefunden haben, zu einer Lipomatosis des
Pankreas führen und somit einen Diabetes erzeugen. Hier scheint
mir eine Fettbeschränkung bei hochgradig Adipösen durchaus not¬
wendig.
In einzelnen schweren Fällen vermag das Fett direkt die Gly¬
kosurie zu steigern, auch dafür bringt Hartelust in der erwähnten
Arbeit einen Fall.
Merkwürdigerweise sind mir Fälle begegnet, bei denen die Gly¬
kosurie verschwand, eine beträchtliche Kohlehydrattoleranz bestand
(1 mal vertrug der Diabetiker über 100 g Brot pro Mahlzeit), die
Azetonurie dagegen hartnäckig bestehen blieb. Dieses befremdliche
Verhalten sah ich bei zwei stark adipösen Menschen und glaube, dass
die durch die Adipositas bedingte Insuffizienz der Fettverbrennung
die Bedingungen zum Weiterbestehen der Azetonurie trotz Kohle¬
hydratzufuhr, abgab.
Gelang es nun durch Gemüsetage die Glykosurie zu mindern,
so werden zur Bekämpfung der Azetonurie 3 — 4 — 5 Hafertage einge¬
schoben. Es sei daran erinnert, dass — wie v. N o o r d e n gleich
angab — gleichzeitiger Fleischgenuss den antiketonischen Effekt des
Hafers herabsetzt. £1
Zu den vegetabilen Kuren zählt auch die Mossesche Kartoffel¬
kur, die in Deutschland anscheinend noch wenig studiert ist und
über die ich keine Erfahrung habe, ferner der Gebrauch des Inu¬
lins, eines Polysaccharides der Lävulose, das nach den neuen Unter¬
suchungen von S t r a u s s gut verwertet wird, und vorzugsweise im
Topinambur, Helianthus, Stachys vorkommt. Die Untersuchungen
von Klotz in Strassburg einerseits, von Rosenfeld in Breslau
& Februar 1913.
MUFNCHENEfc MEDIZINISCHE WOCHENSCI I k> I FT.
ndererseits haben das Verständnis für das Zustandekommen der
og. Kohlehydratkuren, also auch der vegetabilen Kuren eröffnet.
Klotz fand, dass eine kräftige, zuckerspaltende und ver¬
ehrende Bakterienflora des Darmes nötig sei. Das Stärkemolekül
Grd dann über die Dextrose hinaus im Darme vergährt, so dass
:ohlehydratsäuren entstehen, die resorbiert, verbrannt werden. Denn
ie werden oxydiert, ohne vorher in der Leber in Glykogen umge-
armt zu werden, sie gehen — ebenso wie infundierte Dextrose — den
nhepa tischen Weg (Rosenfeld). Die ungünstige Wir-
ung, welche ein Fleischzusatz bei allen vegetabilischen Kuren aus-
bt, ist darin zu suchen, dass das Fleisch die saccharolytische Darm-
lora vermindert und nach Rosenfeld die Kohlehydrate direkt
uf den glykogenen, hepatischen Weg drängt, da es die Glykogenie
urch seine Zerfallsprodukte, speziell durch den kohlensauren Am-
loniak (Röhman n) steigert. Dann aber vermehrt iedes Fleisch-
uantum beträchtlich den in den Stoffwechsel tretenden Zucker, indem
iie Menge des aus Fleischeiweiss sich bildenden Zuckers rund
0 Proz. beträgt. Dieses Plus an Zucker muss natürlich die
Lxydationsverhältnisse verschlechtern.
Zum Schlüsse will ich noch hinweisen auf Veröffentlichungen von
; 1 e m p e r e r (Therapie der Gegenwart 1911), der den Gebrauch von
'raubenzucker in Mengen von 100— 150 g in Lösung in schweren
»iabetesfällen sowohl gegen Azetonurie, wie Glykosurie emp-
ehlt. Es zeigte sich auch da, wie jede grössere Fleischmenge die
ilykosurie steigerte, so dass, wie bei der Haferkur, die Dextrose nur
ach Gemüsetagen und in Verbindung mit Gemüse verabreicht wer-
en soll.
Die Bedingungen für die Verwertung der Dextrose sucht Kle in¬
nrer in den Verhältnissen der bakteriellen Darmgärungen, die dis
nhepatische Verwertung des Zuckers ermöglichen. Eine solche
;t die Ursache, dass Dextrose im Klistier, also per rectum, ge-
eben, wesentlich besser vom Diabetiker vertragen wird als Glykose
er os gegeben.
Rosenfeld berichtet über günstige Ernährungsversuche mit
tnem Körper der Cr-Reihe, dem a-Glykoheptonsäurelakton (CrHi-Ov),
as den Handelsnamen H e d i o s i t führt. Es hat die Glykosurie nie
ermehrt, manchmal deutlich vermindert, es ist für den Diabetiker
xydabel, doch scheint es keinen Einfluss auf die Azetonurie zu haben,
oraus zu schliessen ist, dass es kein Glykogenbildner ist.
Der kurze Ueberblick über die neueren therapeutischen An-
chten hinsichtlich der Diätetik des Diabetes zeigt, wie tatsächlich die
Ite, meist verwandte Diät eine vollständige Umkehrung zum Teil
rfährt. Der alten Fleisch-Fettdiät treten die verschiedenen Kohle-
ydratkuren entgegen. Ein Gewinn darf, wenn auch natürlich ein
ndgiiltiges Urteil über die Neuerungen noch nicht erlaubt ist, als ge-
chert angesehen werden, dass von einem diätetischen Schematismus
eim Diabetes nicht mehr die Rede sein kann und darf, dass in aus-
edehntem Masse, nämlich bei fast allen mittelschweren wie schweren
ormen die Fleischbeschränkung von grösstem Nutzen ist. Die Er-
ährungstherapie der Zuckerkranken hat aufgehört eine einfache
ache zu sein, sondern erfordert eingehendste Forschung nach den
erschiedensten Richtungen hin, so dass eine klinische Behandlung
ets angezeigt erscheint, wenn das Regime genauer bestimmt und
ontrolliert werden soll. Welches Regime nun aber auch stets der
inzelfall erheischen wird, die Herabdriickung bezw. Beseitigung der
lykämie steht im Mittelpunkt der Therapie. Dies muss deshalb
reng. betont werden, weil gerade in unkontrollierten Kohlehydrat-
jren, deren Anwendung ja bald in das Publikum dringt, grosse
efahr durch Verschlechterung der Glykämie liegen wird. Die Dia-
;testherapie steht aber im Zeichen einer Schonungstherapie.
Bücheranzeigen und Referate.
E. H. S t a r 1 i n g - London : Principles of human physiology.
-3 Seiten mit 564 Textfiguren. Verlag von J. und A. Churchill,
mdon 1912. Preis 21 sh.
Der Physiologe des Londoner University College, E. H. S t a r -
f g, der in Deutschland nicht nur durch seine Arbeiten, sondern
,c" Persönlich bekannt ist — hat er doch vor wenigen Jahren auf
r Naturforscher- und Aerzteversammlung in Stuttgart das Referat
er innere Sekretion erstattet — , ist mit einem an Umfang und Inhalt
ichen Lehrbuch der Physiolgie vor die Oeffentlichkeit getreten.
ersten Buche, das der allgemeinen Physiologie gewidmet ist,
j-rden die morphologischen, chemischen und physikalischen Eigen-
haften der lebenden Substanz behandelt. Im zweiten Buche, betitelt
ne mechanisms of movement and Sensation“ geht der Verfasser
die Bewegung, auf die Vorgänge im peripheren und zentralen
:rvensystem und auf die Empfindungen ein. Das dritte Buch, über-
hrieben „The mechanisms of nutrition“, befasst sich mit der in
n Körper eingeführten Nahrung und ihrem Energieinhalt, der Ver¬
eng, dem Blute und seiner Zirkulation, der Lymphe, mit den
'Wehrvorrichtungen des Organismus gegen Infektion, der Exkretion
ren die Niere, der Haut und ihren Drüsen, den Temperaturver-
itmssen im Körper und mit der inneren Sekretion. Themata des
-rten Buches sind die sexuellen Vorgänge und die Entwicklung.
Das Buch, bei dessen Bearbeitung sich der Verfasser, sofern ihm
gene Erfahrungen nicht zu Gebote standen, auf englische und
utsche Lehr- und Handbücher gestützt hat, ist sehr anregend ge-
schrieben. Es berücksichtigt in gleichem Masse die chemische und
Physikalische Seite der Lebensvorgänge und ist mit zahlreichen an-
schau hohen Abbildungen, welche die Histologie der Organe, Chemi-
kalien, Appaiate, mit diesen erhaltene Kurven und Schemata betreffen,
ausgestattet. Der Praktiker, der sich mit dem gegenwärtigen Stande
er hvsiologie m England vertraut machen will, sei ganz besonders
auf dieses Buch hingewiesen. K. B ü r k e r - Tübingen.
Grundriss der spezinschen Diagnostik und Therapie der Tuber¬
kulose für Aerzte und Studierende. Von Prof. Dr. J. Petruschkv
Danzig. 139 Seiten.
Bei dem Erscheinen dieses Grundrisses hat sich vielleicht
mancher die Frage vorgelegt, wozu es nötig war, neben dem um¬
fassenden und alles wesentliche enthaltenden Lehrbuch von Ban¬
delier und Roepke noch einen dasselbe Thema behandelnden
Grundriss herauszugeben und vielen mag ein solches Unternehmen
geradezu als ein Wagnis erschienen sein. Dieses Wagnis, wenn es
übeihaupt so genannt werden darf, wird aber bei eingehender Wür-
digung der neuen Erscheinung glänzend gerechtfertigt. Jeder, der
das sehr anregend geschriebene Buch liest, wird sich mit dem
Referenten zu der Ueberzeugung bekehren, dass das Werk eine sehr
wertvolle Ergänzung zu dem vorhandenen Lehrbuch darstellt.
ln sehr anschaulicher Weise und in anregender Form ist die
lechnik der Anwendung der verschiedenen Tuberkulinpräparate zu
diagnostischen und therapeutischen Zwecken geschildert. Es mag
dies um so mehr hervorgehoben werden, als gerade diese muster¬
hafte Behandlung eines derartigen spröden Stoffes vielen das Ein¬
arbeiten in die Technik der Tuberkulindiagnostik und Therapie sehr
erleichtern wird.
Auch die kritische Verwertung der verschiedenen diagnostischen
Methoden wird dem Leser so klar vor Augen geführt und gleich¬
zeitig durch gute Abbildungen illustriert, dass es selbst dem Un¬
eingeweihten gelingen wird, sich danach ein eigenes Urteil zu bilden.
P. ist ein überzeugter Anhänger der Tuberkulintherapie und
seine Ueberzeugung ist das Resultat einer langjährigen Erfahrung
und, wie dem Ref. scheinen will, vor allen Dingen seiner richtigen
Indikationsstellung für die therapeutische Anwendung des Tuber¬
kulins. Er verlangt eben nichts Unmögliches von dem Tuberkulin,
sondern will es reserviert wissen für an sich heilbare Fälle. Bei
der chronischen Verlaufsweise der Tuberkulose verspricht nur eine
angdauernde Behandlung Erfolg, die P. in Form seiner sog. Etappen¬
kur über Jahre hinaus durchführt.
Einen sehr grossen Wert vindiziert P. dem Tuberkulin als
I rophylaktikum und hält es für ein wichtiges und von ihm in der
Praxis erprobtes Mittel in der Bekämpfung der Kinderskrofulose und
-tuberkulöse. Diese Erfahrung hat er gewonnen auf Grund seiner
Anschauung über die Pathogenese der Tuberkulose, nach der die
Tuberkulose, meist im Kindesalter erworben, nach einem langen
Inkubationsstadium in einem sehr viel späteren Alter zum Ausbruch
kommt. Diese Anschauung, die jetzt als Allgemeingut gelten kann,
ist in dieser Form zuerst von P. ausgesprochen worden. Interessant
ist ferner das Kapitel über die Begleitkrankheiten der Tuberkulose,
ihre Ursachen und ihre Bekämpfung, das manchen praktischen Wink
enthält und vor allen Dingen eine erfolgreiche sog. Entkeimungs¬
therapie der mischinfizierten Fälle zu versprechen scheint. Am
Schluss des Buches sind eine Reihe krankengeschichtlicher Beispiele
angeführt, die die Ausführungen in bester Weise illustrieren.
Carl Hammer- Heidelberg.
Dr. R. B r u n o n und Prof. Rouen: La Tuberculose Pulmonaire
Maladie evitable — tnaladie curable. Paris, S t e i n h e i 1 1913.
549 Seiten. Preis 10 Frs.
Ein umfassendes und manchmal fast in behaglicher Breite ge¬
schriebenes Handbuch der Tuberkulose. Es beginnt mit einer ge¬
schichtlichen Einleitung in der mit berechtigtem Stolze auf den
Landsmann Vi Ile min hingewiesen wird; die Entwicklung von
dessen Vortrag am 5. XII. 1865 bis zu dem Kochs am 24. III. 1882
wird namentlich in Frankreich ausführlich behandelt. Der zweite Ab¬
schnitt umfasst Uebertragung und Vererbung. Nach ebenfalls
historischer Einleitung findet der Bazillus ausführliche Besprechung.
Der Verf. steht auf dem vom Ref. völlig gebilligten Grundsätze, dass
m der überwiegenden Mehrheit der Fälle die' Ansteckung sich in der
frühesten Kindheit vollzieht, dass alle Kinder ihr ausgesetzt sind und
dass sie somit unvermeidbar ist (S. 80 und 81). Die Eintrittsstelle
ist gewöhnlich der Pharynx. In Bezug auf die Erblichkeit, die sich
natürlich vor allem auf das „Terrain“ erstreckt, bestehen noch reich¬
lich Probleme. Unter dem Titel „La tuberculose maladie evitable“
behandelt der 3. Abschnitt die Prophylaxe und stellt den sehr ver¬
nünftigen Satz an die Spitze (den man wohl auch am besten fran¬
zösisch anführt): „si nous voulons opposer une digue ä la tuber¬
culose, il faut faire une revolution dans nos moeurs“. Die Tuberkulose
ist eine Krankheit, durch eingeschlossene, schlechte Luft erzeugt;
dieser Gedanke wird ausführlich behandelt. Die Rolle, die die Woh¬
nung, die Arbeitsstätte und die Arbeitsbedingungen spielen, bilden
den Inhalt des nächsten Kapitels. Die deutsche Arbeiterversicherung,
die englischen Gartenstädte werden erwähnt (die deutschen nicht,
deutsche Verhältnisse finden überhaupt wenig Berücksichtigung; eben¬
so die deutsche Literatur). Eine erfreulich grosse Beachtung wird dem
Alkohol als tuberkuloseförderndes Moment geschenkt. Man hat das
424
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
in Frankreich schon Jahrzehnte vor Deutschland gewusst und ausge- |
sprochen und ist dort trotz unserer ganz hervorragenden Fortschritte I
hierin auch heute klarer und wesentlich besser überzeugt. Der Verf.
spricht naturgeniäss ausführlich über das bekannte Hand-in-Hand-
Gehen von Alkoholverbrauch und Tuberkulose in seinem ^Wohnorte
Rouen. Endlich folgt noch die Besprechung des kindlichen und
jugendlichen Alters mit sehr interessanten Mitteilungen über fran¬
zösisches Schulwesen. Von Verlauf und Prognose lesen wir im
nächsten Abschnitte. Es ist sehr fein geschildert, wie allmählich die
ganze Aerzteschaft von ihrem Skeptizismus befreit und von der Heil¬
barkeit der Tuberkulose überzeugt wurde. Ein Wort wollen wir uns
doch für unsere Heilstätten und Sprechzimmer abschreiben: „Tant
mieux pour le malade, homme de bonne volonte, qui subit 1 action de
presence du medecin. Tant pis pour celui dont le jugement est diminue
par l’ignorance et les prejuges. Le premier a des chances de guerir.
Le second mourra“. Auf weiteren 30 Seiten wird die Diagnose "be¬
handelt; ein letzter kurzer Abschnitt bespricht auch die Tuberkulose
der Tiere, während der grosse vorletzte sich mit der Therapie be¬
schäftigt: Ruhekur, Aufhören mit der Arbeit, Bettliegen, Liegestuhl,
allmähliches Gehen; alles mit guten, brauchbaren Einzelvorschriften
(Hustendisziplin, Schweigekur, Beschäftigungskur); Luftkur (günstiger
Einfluss von Kälte und Licht); Ernährung (an die Spitze gestellt die
Gefahr der Ueberernährung: beaucorp de tuberculeux sont victimes
de l’alimentation carnee, alcoolique et lactee). Eine grosse Zahl
einzelner Nahrungsmittel wird durchgesprochen (auch der Alkohol
findet hier nochmals seine Verurteilung). Sanatorium oder Freikur.
Asepsis d. h. „proprete“, Desinfektion, Reinlichkeit überall, Bäder.
Zuletzt lesen wir noch wertvolle Ausführungen des Praktikers über
Fieber, Blutungen und revulsive Mittel: Hydrotherapie, Jod, Sinapis-
men usw.
Wenn das umfangreiche Buch auch nicht gerade zur Verbreitung
unter den deutschen Aerzten gelangen wird, so ist es doch eine
zweifellos beachtenswerte Erscheinung der französischen Literatur
und lässt in die dortige fleissige Tuberkulosebewegung einen guten
und interessanten Einblick tun. Liebe- Waldhof Elgershausen.
Marcinowski: Der Mut zu sich selbst. Das Seelenleben des
Nervösen und seine Heilung. Berlin 1912. Salle. 400 Seiten. Preis
6 Mark.
In einem zwar recht lebendigen, aber für mein Gefühl doch zu
weitläufigen Stil gibt Verfasser, gestützt auf eigene Erfahrung zu¬
erst in physikalischer, dann in psychoanalytischer Behandlung, seine
Anschauungen über die Psychoneurosen, deren Genese und deren
Heilung und Verhütung, in allem Wesentlichen sich an F r e u d an¬
schliessend. Eigentliche Beweise für seine Ansichten bringt er
wenige, aber eine grosse Anzahl recht guter Beispiele. Meines Er¬
achtens bleibt er dabei etwas einseitig: manche Einzelheiten möchte
ich überhaupt nicht annehmen; das manisch-depressive Irresein und
die Dementia praecox in ihrer Gesamtheit können nicht als funk¬
tionelle Krankheiten neben die Hysterie gestellt werden; aber im
ganzen ist so viel Wahres darin, dass die Lektüre des Buches auch
manchem Arzt gut täte. Ausserdem aber findet sich ein Abschnitt,
wo ich umgekehrt sagen möchte, trotz sehr vielem Richtigen geht
Verf. auf recht gefährlichen Bahnen. Er möchte unsere Sexualmoral
über den Haufen werfen. Gewiss ist es nicht schade darum; aber
Marcinowski hat keine neue in einer für die Allgemeinheit
brauchbaren Form statt ihrer aufzustellen. Für die Gesamtheit aller¬
dings könnte es ja nach einem vollbrachten Umsturz kaum schlechter
werden als jetzt. Aber man darf sich nicht den Anschein geben,
als wenn man den Einzelnen zum praktischen Abfall veranlassen
wollte, so lange diese Zwingburg noch so fest steht. Es ist ja möglich
und in gewissem Masse auch richtig, dass der Mangel der Fähigkeit,
sich den Vorurteilen anzupassen, neurotische Symptome und viel
anderes Unglück hervorbringt. Aber die Hilfe besteht nicht darin,
dass man den Einzelnen, dem der Zwang unerträglich wird, den Rat
gibt, mit dem Schädel dagegen zu rennen, sondern man muss sich
Zeit nehmen, die Mauern nach und nach niederzureissen und in
neuer Form aufzubauen, und in der Zwischenzeit den ein¬
zelnen Kranken zu helfen suchen, so gut es geht. In der Praxis
handelt Marcinowski allerdings, wie aus seinen Beispielen her¬
vorgeht, in diesem Sinne. Seine Theorie und sein gedruckter Rat¬
geber aber dürften vorsichtiger sein. Bleuler- Burghölzli.
Das Inzestmotiv in Dichtung und Sage (Grundzüge einer Psycho¬
logie des dichterischen Schaffens.). Von Otto Rank. Franz Deu-
t i k e, Leipzig und Wien, 1912. 685 S. Preis 15 M.
Zwei Kennzeichen geben dieser Arbeit ihr Gepräge. Der Verf.
widmet sein Buch Prof. Freud, und als Demonstrationsobjekt hat
er sich den Dichter ausersehen; den Dichter als Repräsentanten, als
feinstes Reagens. Rank hielt seine Arbeit, nachdem er sie schon
vor 6 Jahren der „Wiener psycho-analyt. Vereinigung“ zur Kenntnis
gab, bis jetzt zurück. Die inzwischen erschienenen Monographien
und Vorarbeiten waren noch zu leisten und er selbst war sich der
eigenen Verantwortung bewusst.
Die Freud sehe Analyse besagt, dass alle späteren Ab¬
weichungen von der Norm sich auf eine noch nicht differenzierte
ursprüngliche Norm zurückführen lassen. Dieser gewissermassen
noimative Urzustand ist uns in der eigenen Kindheit noch zugänglich.
In der Kindheit sind alle später entfalteten Strebungen im Keim
schon vorgebildet; sämmtliche! Das eigentliche Agens aber, welches
unserer Entwicklung den Ausschlag gibt, ist das sexuelle Erlebnis.
Dies meist unterbewusste Erlebnis lässt sich für eine Zeit vielleicht
ablenken, verdrängen, nie aber völlig unterdrücken. Es gelangt in
irgend einer Form wieder zum Vorschein.
An Hand eines einzelnen Berufes werden nun die Wahr¬
nehmungen der ganzen Menschheit offenbar gemacht. Die spezielle
Wahl des Dichters ist deshalb eine besonders glückliche, weil dieser
uns durch die Art seines Kunstmittels selber eine unzweideutige Aus¬
sprache gewährt und doch die menschliche Passion in ihrer Totalität
umspannt. Der Dichter ist die Menschheit in nuce.
Es gelingt dem Verfasser an mannigfachen literarischen und bio¬
graphischen Nachweisen den Kontakt zu schlagen zwischen Dichter¬
persönlichkeit und dem Kunstwerk. Seine Belesenheit, der Aufwand
der seltensten und kaum zugänglichen Quellen ist bewundernswert.
Gerade an den ersten Entwürfen und Fragmenten des Don Carlos
wird das Thema in einer geraden, strengen Linie zu Ende geführt.
Die Oedipussage, die Weltelternmythe und das_ Tantalidenschema —
völkerpsycholgisch wie biologisch verfolgt — eröffnen mit einem Schlage
eine ungeahnte Perspektive. Kapit.l wie „Zur Psychologie der schau¬
spielerischen Leistung“ und „Zur Psychologie der Jugenddichtungen-'
sind analytisch behandelt, voll delikater Feinheiten; der Nachweis,
wie sich vom „Hippolytos“ des Euripides bis zum Hippolytos ir.
Racines Phädra die Wandlung der äusseren in die inneren Hem¬
mungen vollzieht, kann als Muster für die ganze Methode gelten. Im
ganzen verfolgt der Verfasser unbeirrbar die Fährte vom infantil
Lustvollen des wirklichen Erlebnisses bis zum tragisch Schuldvollen
im Kunstwerk. Es gelingt ihm, die Bahn dieser typisch wieder¬
kehrenden Gestaltung freizulegen.
Soweit der Verfasser rein analytisch vorgeht, kann man seinen
Auflösungen mit Genugtuung folgen. Er vergreift sich jedoch, wenn
er in den zusammenfassenden Teilen stets eine kritische Würdigung
oder Entwürdigung der Spezies; Dichter für nötig hält. Er fühlt
sich berufen, „der allgemein verbreiteten Ansicht von der Erhaben¬
heit der menschlichen Natur und der Göttlichkeit des Künstlers“ mit
medico-psychologischen Argumenten entgegenzutreten, will die dich¬
terische Leistung auf erotische und egoistische Triebkräfte schlecht¬
hin reduzieren, das Kunstwerk als einen Akt der Notwehr ansehen,
als den Befreiungskampf der verdrängten inzestuösen Regungen.
Ihm scheint' die eine Formel für alle Kunstwerke zu genügen, dass
zu ihrem „speziellen Inhalt regelmässig der infantile Oedipus-
komplex gehört“. Er nimmt rückläufig Fühlung mit den extremsten
der französischen Materialisten. Tai ne könnte seine helle Freude
daran haben (Tugend und Laster sind Produkte wie Vitriol und
Zucker). So schwer dies Geschütz auch zu sein scheint, es hält nicht
stand. Das Kunstwerk — ein Notausgang — ist eine Contra-
dictio in adjecto. Es ist dem Verfasser unbekannt, dass eine
künstlerische Zeugung nie aus einem Mangel, einem Nichthaben ent¬
stehen kann, dass sie vielmehr „ein Regenstrom aus Felsenrissen''
einem Uebermass, einer Fülle, einer höchsten Aktivität entspringt.
Vollends seltsam muten die therapeutischen Wegweiser an, die hier
und da zur Weiterzüchtung der Spezies: Dichter aufgeführt sind.
Rank denkt sich, entsprechend der Heilung des Neurotikers und der
kulturellen Weiterentwicklung des Normalen, die er „Bewusstseins¬
erweiterung“ nennt, dass auch beim Künstler diese Bewusstseins¬
erweiterung immer mehr die gefühlsmässige Zone verdränge. Er
verspricht sich — - wie zahlreiche „unter dem Einfluss der psycho¬
analytischen Ergebnisse“ stehende Dichtungen schon bewiesen —
eine ganz neue Kunst, die er harmloserweise mit dem sehr treffenden
Prädikat einer wissenschaftlichen Kunst belegt. W ohin
aber solch ein theoretisches Monstrum einer wissenschaftlichen Kunst
führt, das zeigt uns der Kubismus in der Malerei zur Genüge. Der
Gedanke allein grenzt an Alchemie.
Verfasser wundert sich am Schluss dennoch, dass „unsere heutige
Dichtkunst mit erstaunlichem Konservatismus an den tragischen Kon¬
flikten und Lösungen des sophokleischen Athens festhält“. Ich wun¬
dere mich nicht. Es gibt unveräusserliche Gesetze, und zumal in
der Kunst. Die Verhältnisse des Gefühls- und Verstandesgemässen
im künstlerischen Schaffen gelten heute wie zur Zeit des Sophokles.
Diese Bezirke lassen sich nicht nach medico-psychologischem Gut¬
dünken beschränken. Sie abzuschreiten, sie freizulegen, ist die Ab¬
gabe einer gewissenhaft analytischen Methode; und damit: Halt!
Fr. W o 1 f - Dresden.
K. Singer: Die Ulnarislähmung. Mit einem Vorwort von
Prof. Ziehen. Berlin 1912. S. Karger. 130 S. Preis 4 M.
Der Untertitel klärt darüber auf, was man in dem Büchlein
findet: „Monographische Studie als Beitrag zur Klinik der peri¬
pherischen Nervenerkrankungen“. Dem Verfasser ist es gelungen,
die Klinik der Ulnarislähmung auf Grund eigener Beobachtungen in
der Nervenklinik der Charitee und auf Grund der Literatur voll¬
kommen zu bearbeiten und darzustellen. Rossbach - München.
A. Beythien, C. Hartwich und M. Klimmer: Handbuch
der Nahrungsmitteluntersuchung. In 3 Bänden. Mit mehreren Tatern
und zahlreichen Abbildungen im Text. Verlag von Chr. Herrn.
Tauchnitz. Leipzig 1912. Vollständig in ca. 30 Lieferungen
ä 2.50 M. I. Lieferung.
Mir der vorliegenden 1. Lieferung beginnt ein Werk zu er-
scheinen, welches nach dem Wortlaut des Prospektes und des Titels
eine systematisch-kritische Zusammenstellung bringen wird über die
25. Februar 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Methoden zur Untersuchung der Nahrungsmittel im weitesten Sinne,
so dass neben den^ eigentlichen Nahrungsmitteln auch die Gewürze,
die alkoholischen Getränke und narkotischen Genussmittel behandelt
werden. Ausserdem soll sich die Bearbeitung auch auf die Unter¬
suchung des Wassers und der Luft, der Ess-, Trink- und Koch-
;e$chirre, der Gewebe, kosmetischen Mittel, überhaupt der Ge-
irauchsgegenstände in ausgedehnterem Masse erstrecken. Endlich
wird auch, soweit es sich mit den Zwecken des Buches vereinigen
risst, der Untersuchung des Harns, Sputums, der tierischen und
nenschlichen Sekrete und Exkrete breiter Raum gewährt werden,
den Schluss bildet ein Anhang über die Beurteilung der Nahrungs¬
ind Genussmittel nebst den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen
n Deutschland und dem Auslande.
Aus praktischen Gründen soll das Werk in 3 Teile zerfallen,
lessen ersten, den chemisch-physikalischen Teil A. B e y-
h i e n, dessen zweiten, den botanisch-mikroskopischen
Teil C. Hart wich und dessen dritten Teil, den bakterio-
ogischen und biologischen Teil M. Klimm er über-
lommen hat. Ferner werden bei der Mitwirkung noch eine Reihe
jekannter Namen vertreten sein.
Die erste Lieferung beginnt mit der chemischen Unter¬
suchung des Fleisches (eine Einführung oder Einleitung in
las ganze Werk steht wohl noch zu erwarten), deren Methodik in
sehr übersichtlicher, kritischer und mit grosser Sachkenntnis ge¬
schriebener Weise abgehandelt wird. Die zurzeit anerkannten besten
Verfahren sind ausführlich beschrieben, die anderen jedoch auch
licht vernachlässigt und in allen zweifelhaften und schwierigen Fällen
wird sachkundiger Rat erteilt. In grosser Anzahl haben Literatur-
mgaben Aufnahme gefunden, so dass hierdurch auch der Charakter
hnes Handbuches gewahrt wird. Wenn die Fortsetzung des ersten
Bandes und der weiteren Bände — wie wohl zu erwarten steht —
n so vorzüglicher Weise weitergeführt wird, so darf auf eine sehr
reundliche Aufnahme des ganzen Werkes gerechnet werden, zumal
la ja der Kreis derer, die sich wissenschaftlich oder amtlich mit der
-rage der Nahrungsmittel befassen müssen, bekanntlich ein sehr
grosser ist.
Wir werden, sobald die einzelnen Bände fertig vorliegen, noch
.veiter darauf zurückkommen. R. 0. Neumann - Giessen.
Krankheit und soziale Lage. Herausgegeben von Prof. Dr.
M. M o s s e und Dr. med. G. Tugendreich. 3. Lieferung.
I. F. Lehmanns Verlag, München 1913. Preis M. 4.
Das Erscheinen des verdienstvollen Werkes schreitet rüstig vor¬
wärts. Der ursprüngliche Plan, mit der 3. Lieferung das Werk abzu-
ichliessen, musste fallen gelassen werden. Erst mit der 4. Lieferung,
die im Frühjahr d. J. erscheinen soll, wird das Buch vollständig vor-
iegen. Die soeben ausgegebene dritte Lieferung behandelt den Ein-
luss der sozialen Lage auf die Geschlechtskrankheiten von
V. Blaschko und W. Fischer, auf die Infektionskrankheiten von
'.Reiche, auf die Tuberkulose von M. M o s s e, auf die Entstehung
on Geschwülsten von Ad. Theilhaber und auf die Zahnkrank-
leiten von F. W i 1 1 i n g e r.
Wir stehen nicht an, von den bisher erschienenen Lieferungen
ler vorliegenden die Palme zuzuerkennen. Besonders die beiden Ar-
ikel von Mosse und Blaschko können in ihrer Art als muster¬
gültig bezeichnet werden. Aus den zahlreichen statistischen Ta¬
illen, die Blaschko und Fischer in ihrer Arbeit verwendet
laben, ersehen wir, welchen weitgehenden Einfluss die soziale Lage
mf die Verbreitung der Geschlechtskrankheiten hat. Die verschieden¬
sten Faktoren spielen dabei mit. Die Arbeiterbevölkerung verhält
•ich anders als die besitzenden Klassen, die Grossstädter anders als
lie Landbevölkerung usf. Der Verlauf der Geschlechtskrankheiten
längt neben der Konstitution vor allem von einer genügenden ärzt-
ichen Behandlung ab. Und hier wirken wieder zwei soziale Mo¬
mente besonders hemmend, einmal die Vorliebe, sich von Kur-
ifuschern behandeln zu lassen und zweitens die Indolenz gegenüber
chronischen Krankheiten, die ohne besondere Schmerzen auftreten.
>ie I uberkulosearbeit von Mosse gibt zunächst einen Ueberblick
iber die Häufigkeit der Krankheit, dann über deren Beeinflussung
lurch die soziale Lage. M. bespricht die Beziehungen zwischen
uberkulose und dem Begriffskomplex „soziale Lage“, spez. den Ein-
iuss des Berufes, der Wohnung, der Ernährung. Endlich wird der
Nachweis geführt, dass solche Beziehungen auch durch andere Um-
tände, die z. T. ausserhalb der sozialen Lage liegen, verdeckt werden
onnen. wie klimatische Verhältnisse. Rasseeigentümlichkeiten und
'lkoholmissbrauch. Für M. ist die Tuberkulose eine Magen- und
\ ohnungsfrage, und darin wird ihm jeder zustimmen können.
Die vierte Schlusslieferung soll die soziale Therapie der Kränk¬
elten behandeln. J a f f e - Hamburg.
Pharmazeutische Vierteljahresrundschau.
Von Dr. Max Winckel in München.
Im Herbst des vergangenen Jahres tagte im Haag die Gründungs-
ersammlung des internationalen Apothekerbundes',
ie von fast sämtlichen Nationen beschickt worden war und der
eutscherseits Professor Dr. T h o m s beiwohnte als Vorsitzender
er „Deutschen pharmazeutischen Gesellschaft“ und als Vertreter des
Deutschen Apothervereins“; im wesentlichen wurden die Satzungen
es neuen Bundes beraten. Die pharmazeutische Sektion des Kon¬
gresses für angewandte Chemie, der diesmal in Chicago
tagte, hat in Betreff einer schon lange ersehnten internationalen
pharmazeutischen Nomenklatur folgende Beschlüsse ge¬
fasst:
„In Anbetracht, dass in der von den verschiedenen Arznei¬
büchern der Welt angewandten Nomenklatur ein bemerkenswerter
Mangel an Eindeutigkeit besteht, die Vervielfältigung der Benennung
von Arzneistoffen ausserhalb der Arzneibücher reissende Fortschritte
macht, viele dieser Benennungen in Rechtschreibung oder Klang den
Benennungen ganz unähnlicher Stoffe ähneln, und diese Aehnlichkeit
eine ständige Bedrohung der Sicherheit des Publikums bildet, da sic
Irrtiimer bei der Dispensation zu verursachen geeignet ist,
beschliesst der Internationale Apothekerbund, dass
Schritte getan werden sollen, um die Einsetzung eines internationalen
Ausschusses für pharmazeutische Nomenklatur herbeizuführen, zum
Zwecke, die Annahme einer gleichförmigen Nomenklatur in den
Arzneibüchern der ganzen Welt durchzusetzen und die Benutzung von
Benennungen ähnlichen Klanges oder ähnlicher Rechtschreibung für
Arzneistoffe — seien sie Spezialitäten oder nicht — zu verhindern,
ferner den Vorsitzenden des Internationalen Apothekerbundes
mit der Bildung eines Ausschusses von 5 Mitgliedern zu beauftragen,
dessen Aufgabe es sein soll, diese Bestimmungen den verschiedenen
nationalen pharmazeutischen Organisationen der ganzen Welt vor¬
zulegen und diese Körperschaften zu veranlassen, ihrerseits ähnliche
Ausschüsse einzusetzen, die mit dem Ausschüsse des Bundes sich
zwecks Ausarbeitung eines neuen Planes für die Schaffung eines
ständigen internationalen Ausschusses für pharmazeutische Nomen¬
klatur in Verbindung zu setzen hätten.“
Schon jetzt möchte ich aufmerksam machen auf die ausser¬
ordentlich reichhaltige Tagesordnung des IX. internationalen
Kongresses für Pharmazie (am 17. September 1913 im Haag), die
bereits versendet wird.
Ein deutsches Unternehmen, das Chemische Institut der
Kaiser-Wilhelm-Stiftung, wird in ganz hervorragender
Weise dazu berufen sein, auch auf die wissenschaftliche Pharmazie
und Medizin fruktifizierend einzuwirken. Das Institut wurde im
Beisein des Kaisers im Oktober in Dahlem bei Berlin eröffnet. Die
Professoren Beckmann, Haber, Willst ätter und Hahn
wurden zu Abteilungsvorständen dorthin berufen. Prof. Will¬
st ätter arbeitet auf dem Gebiete der organischen Chemie, Prof.
Hahn auf dem Gebiete der Radiumforschung.
In Nürnberg fand im Oktober des vergangenen Jahres eine
Konferenz der Krankenhausapotheker statt, die im
wesentlichen Standesfragen zur' Aussprache brachte, damit aber auch
wohl manche Anregung für die wissenschaftliche Tätigkeit der Apo¬
theker. Jedenfalls ist in letzter Zeit eine wiederholte Aussprache in
der Fachliteratur über Untersuchungsergebnisse in den Apotheken,
speziell den Krankenhausapotheken erfolgt, so z. B. über Argentum
proteinicum, Extr. Secalis, Salvarsanlösung, Perubalsam, Chinin¬
bestimmung, Wertbestimmung nach dem deutschen Arzneibuch, In¬
sektenpulverprüfung etc.
In der pharmazeutischen Gesellschaft in Berlin wurde eine Reihe
von Vorträgen gehalten, von denen hervorzuheben ist: Prof. Hin-
r i c h s e n: „Ueber den künstlichen Kautschuk.“
Einen Vortrag, der eine kurze Einführung in die P h y s i o 1 o g i e
des Nuklein stoff Wechsels darstellt, hielt Apotheker Dr.
Stephan im Verein der Aerzte Wiesbadens (Apoth.-Ztg. 1912,
No. 83).
J. Abelin (Pharm. Ztg. 1912, No. 79) fasst die Resultate eines
Ueberblicks über die Wirkung von Arzneigemi¬
schen unter Zugrundelegung der Arbeiten von E. Bürgi (Deutsch,
med. Wochenschr. 1910 (No. 14. 2) kurz folgendermassen zusammen:
Eine Addition der Wirkung tritt ein:
1. wenn die beiden Mittel zu zwei pharmakologisch-chemisch
verschiedenen Gruppen gehören;
2. wenn zu der an und für sich unwirksamen Dosis eines Medi¬
kamentes eine ganz kleine Menge eines entsprechenden anderen
Medikamentes zugesetzt wird;
3. wenn die gleiche wirksame Dosis (z. B. 1 g) bestimmter Medi¬
kamente nicht auf einmal, sondern kurz nacheinander in Teildosen
gegeben wird (2 mal 0,5 = 1 g).
Diese Punkte modifiziert Kochmann (D. med. Wochenschr.
1912, No. 34) wie folgt:
Die Bür gische Ansicht, dass Substanzen, die gleichen Reihen
angehören, bei ihrer Kombination eine Addition ihrer Wirkungen
zeigen, und solche, die aus verschiedenen Gruppen stammen, sich
in ihrer Wirkung potenzieren, lässt sich als allgemein gültiges Gesetz
nicht aufrecht erhalten.
2. Die von Bürgi für seine Versuche am wahrscheinlichsten
angenommene Erklärung kann mit unseren experimentellen Versuchs¬
ergebnissen nicht in Einklang gebracht werden.
3. Eine einheitliche Erklärung für potenziertes Zusammenwirken
ist auf Grund unserer heutigen Kenntnisse nicht möglich, wird sich
aber wahrscheinlich überhaupt nicht geben lassen, da die verschieden¬
sten Mechanismen in Frage kommen können.
4. Es muss deshalb von Fall zu Fall untersucht werden, welche
Substanzen sich addieren und welche sich in ihrer Wirkung über
das arithmetische Mittel hinaus verstärken.
5. Eine kombinierte Anwendung von Arzneimitteln am Kranken¬
bett hat nur dann einen Sinn, wenn entweder die zu kombinierenden
426
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Körper bei gleicher Hauptwirkung verschiedene Nebenwirkungen
entfalten; oder wenn die in Betracht kommende therapeutische Haupt¬
wirkung durch die Kombination potenziert wird, ohne dass jedoch
die toxischen Nebenwirkungen ebenfalls eine gleich grosse Ver¬
stärkung erfahren.
Mit der Entwicklungsgeschichte des deutschen
Arzneibestandes befasst sich ein interessanter Vortrag von
L. Taub (Apothekerztg. 1912, No. 88), in dem die Entwicklung der
Materia medica seit den Zeiten des Paracelsus bis zur Gegen¬
wart geschildert wird. Das Resultat der Untersuciiung ist: die Ge¬
samtzahl der Arzneimittel verändert sich nur wenig, es steigt erheb¬
lich die Zahl der käuflichen Chemikalien und insbesondere der syn¬
thetischen Präparate, während die Zahl der galenischen Zubereitungen
sinkt. — Und auch diese wenigen Zubereitungen scheinen noch immer
mehr aus der Arbeitstätigkeit des Apothekers verschwinden zu
sollen, denn trotz wiederholter Warnungen scheinen immer wieder
Surrogate schlimmster Art zur Herstellung einfachster Arzneizuberei¬
tungen ex tempore im Handel aufzutauchen. So machen z. B.
interessante Mitteilungen A. Heiduschka und J. Schmidt (Zen-
tralbl. f. Pharmak. 1912, 364) über Kontrollversuche, die sie ange¬
stellt haben mit frischen Infusen und sogen, konzentrierten (Extractum
digitalis resp. Ipecac. pro infusum bezeichneten und im Handel auf¬
gegriffenen) Infusen. Die Untersuchungsergebnisse zeigen von
neuem, dass es als eine Gewissenlosigkeit bezeichnet werden müsste,
wenn in einer deutschen Apotheke derartige Produkte zur Her¬
stellung ärztlicher Verordnungen verwendet würden. Beiträge
zur Ueberwachung des Verkehrs mit Yoghurt und
Yoghurtpräparaten liefert C. Griebel- Berlin (Zeitschr.
f. Nähr, und Gen. nach Apothekerztg. 1912, No. 89). Mehrfache Klagen
von Aerzten, wie auch von seiten des Publikums über die Un¬
zuverlässigkeit der im Handel befindlichen Yoghurtpräparate ver-
anlassten den Autor, eine Anzahl solcher Produkte eingehend zu
untersuchen. Nach den Ergebnissen, die der Verfasser ausführlich
beschreibt, kann man sich der Erkenntnis nicht verschliessen, dass
die Haltbarkeit der Trockenpräparate im allgemeinen noch viel zu
wünschen übrig lässt und dass Trockenpräparate, solange dieser
Mangel besteht, wegen ihrer Unzuverlässigkeit als vollwertiger Ersatz
für einwandfreien frischen Yoghurt nicht in Frage kommen können,
wenngleich zuzugeben ist, dass sich auch brauchbare Produkte im
deutschen Handel befinden. Trotzdem wird der Arzt vielleicht in
besonderen Fällen die Trockenpräparate dem frischen Yoghurt vor¬
ziehen. Was speziell die Trockenfermente betrifft, so sind sie zur
Herstellung von einwandfreiem Yoghurt weit weniger geeignet, als
die im Handel befindlichen flüssigen Reinkulturen, vorausgesetzt, dass
sie überhaupt lebende Yoghurtbakterien enthalten.
Ueber Ichthyol und seine Ersatzpräparate werden
von H. Beckurts und H. Frerichs bemerkenswerte Mitteilungen
gemacht (Arch. d. Pharm. 1912, H. 6 u. 7). Zuerst hat Unna sich
mit dem Studium des Ichthyols als eines wasserlöslichen organischen
Schwefelpräparates beschäftigt und bei Einführung des Ichthyols in
die Therapie betont, dass dieses Präparat eine ganz besondere
Schwefelwirkung zeige und diese darauf zurückgeführt werden
müsse, dass in dem Ausgangsmaterial des Ichthyols, dem Seefelder
Rohöl, grosse Mengen festgebundenen Schwefels enthalten sind, und
dass dieser Schwefel sulfidisch gebunden sich in dem fertigen Prä¬
parat wieder finde. Ob auch die Fabrikationsmethode einen Einfluss
hat, ist weniger leicht zu beantworten. Die Untersuchungen der
Ichthyolpräprate stossen jedenfalls auf mancherlei Schwierigkeiten,
zeigen aber doch eine wesentliche Abweichung der einzelnen Ersatz¬
präparate voneinander und vom Originalichthyol, so dass jene Ersatz¬
präparate nicht ohne weiteres an Stelle des Originalpräparates gesetzt
werden dürfen.
Neue Arzneimittel*).
Ahmlings Gichtfluid soll Extr. Apii graveolentis comp,
und Extr. Arktostaphyli alpin, comp, enthalten.
A r g a 1 d i n ist ein mit abgebautem Eiweiss hergestelltes
Formaldehyd Silberpräparat, das auf Schleimhäuten gebracht Formal¬
dehyd abspaltet.
Asthmolysin kommt in Ampullen ä 1,1 ccm mit je O.OOOS
Nebennierenextrakt und 0,04 Hypophysenextrakt gegen Asthma in
Handel.
Bomin tabletten werden gegen Seekrankheit angepriesen und
enthalten Enzian, Galium und Herb. Cardui benedicti.
Ceolat, Cersalze von Fettsäuren, die zur Wundbehandlung
dienen sollen. Sie kommen in Lösung, sowohl wie in Form von
Streupulver und Salbe in Handel.
Brophenin ist seiner chemischen Konstitution nach ein
BromisoValerylaminoazetat — p — phenetidin, ein weisses, ge-
schmack- und geruchloses Pulver mit ausgesprochener sedativer und
antineuralgischer Wirkung.
Elarson ist ein neues Arsenpräparat in Tablettenform; es
ist das Strontiumsalz einer Chlor und Arsen in eigenartiger Bindung
am Kohlenstoff enthaltenden Fettsäure, der Behenolsäure.
Fun dal, ein Präparat der Concordia medica, ist nichts anderes
als ein Gemisch aus Wollfett, Vaselin und Wasser!
Hexal ist die Verbindung von Sulfosalizylsäure mit Hexa-
metylentetrarnin, geruchlose Kristalle mit angenehmem Geschmack.
In Dosen ä 0,05 (Tablettenform), von denen 3 — 4 mal täglich ie
2 Stück verabfolgt werden als Blasenantiseptikum.
Maltyl-Mate ist eine Kombination von Maltyl (Malz¬
extrakt) Gehe <3c Co. mit Mate, welch letzteres neben Bitterstoff,
Gerbstoff und äth. Ol. Alkaloid enthält. Maltyl-Mate kommt in
Tabletten, von denen jede 0,02 Alkaloid enthält, in den Handel und
soll als Anregungs- und Kräftigungsmittel, speziell für Sportsleute
dienen.
Maticolysatum ist das Dialysat aüs Maticoblättern.
Ninhydrin, Triketohydrindenhydrat Reagens auf Eiweiss.
Peptone, Polypeptide, Aminosäuren und als Diagnostikum auf Schutz¬
fermente und als Schwangerschaftsdiagnostikum nach Abder¬
halden. Zwecks biologischen Nachweises von Schwangerschaft
(nach E. Abderhalden) wird ca. 1 g koaguliertes Plazenta¬
gewebe, das beim Kochen mit Wasser an dieses keine mit Ninhydrin
reagierenden Verbindungen abgibt, in einer Diffusionshülse mit
2 — 3 ccm Blutserum tibergossen, und das Gemisch gegen destilliertes
Wasser (20 ccm) dialysiert. Hülseninhalt und Aussenfliissigkeit
werden mit Toluol überschichtet. Die Dialyse wird 12 — 16 Stunden
lang bei 37° (im Brutschrank) vorgenommen.
Zu 10 ccm des Dialysates fügt man 0,2 ccm einer 1 proz.
wässerigen Lösung des Ninhydrins. Nun erhitzt man und hält die ;
Lösung genau eine Minute im Sieden. Stammt das Serum von einer
Schwangeren, dann tritt Blaufärbung des Dialysates ein. Diese ,!
Färbung bleibt aus, wenn das Blutserum von einer nicht schwangeren -
Person stammt.
Das Reagens ist bei gleicher Versuchsanordnung ganz allgemein |
zum Nachweis von proteolytischen und peptolytischen Fermenten
verwendbar. Die Ausführung der Probe ist immer dieselbe. Bei
Prüfung auf Karzinom wäre koaguliertes Karzinomgewebe, bei Fest¬
stellung von Tuberkulose Eiweiss aus Tuberkelbazillen zu ver¬
wenden etc.
Das Reagens eignet sich auch zum Nachweis von abiuretenj
Abbaustufen aus Eiweiss, weil es mit allen Verbindungen, die in
a-Stellung zum Karboxyl eine Aminogruppe tragen, eine Blau¬
färbung gibt.
Endlich ist das Reagens zum mikrochemischen Nachweis von
Substanzen der genannten Art und zur Erkennung solcher in mikro-!
skopischen Präparaten verwendbar.
„O r t i z o n“ ist eine chemische Verbindung von 24 Gewichts¬
teilen chemisch reinem Wasserstoffsuperoxyd mit 64 Teilen Kar-I
bamid. Unter der Bezeichnung „Ortizon-Mundwasserkugeln“ werden
aus diesem Präparat gepresste kleine Kügelchen in einer originellen!
Flaschenpackung in den Handel gebracht für Zwecke der Mundpflege.
Die Ortizonkugeln sind hinsichtlich ihres Gewichtes (jede Kugel!
wiegt 0,34 g) so eingestellt, dass 1 — 2 Stück, entsprechend je 0,1 gj
H2O2, in einem kleinen Glase Wasser gelöst, eine für die Mundpflege;
hinreichend starke Wasserstoffsuperoxydlösung abgibt.
P e 1 1 i d o 1, Diacetylamidoazotoluol, sowie dessen Jodeiweiss-j
Verbindungen, das A z o d o 1 e n, werden in 2 — 4 Proz. Salbe von
K a 1 1 e & C o. zur Behandlung von Ekzemen bei exsudativer Diathese
in Handel gebracht.
Pharmozonpräparate enthalten sämtlich Magnesium¬
peroxyd, daneben teils Karlsbadersalz, Bikarbonat, Milchzucker
Saccharin, Vegetabilien etc.
Phylacogene sind Vakzinen, die von Parke, D a v i s
& C o. vertrieben werden.
S e m o r i ist zwar kein neues Präparat, es wurde jedoch
kürzlich erneut von Mann ich untersucht.
Nach dieser Analyse besteht Semori aus Tabletten von 1,05 g
Gewicht, die im Wasser von 40° binnen J/4 Stunde unter Gasentwick¬
lung und Bildung von Schaum zerfallen. Um die Schaumbildung zu
I begünstigen, ist anscheinend ein eiweissartiger Stoff zugesetzt. Dk
weiteren Bestandteile sind eine Aluminiumverbindung in eine:
4,1 Proz. AI2O3 entsprechenden Menge (Argilla oder Aluminium
tartrat?), Weinsäure im gebundenen Zustand, 24,8 Proz. Borsäure
Alkalien in einer 41,3 Proz. Natriumbikarbonat entsprechender
Menge und 13 Proz. Stärke. Ferner enthält Semori Spuren eine:
I Stoffes, der der Farbreaktion mit Eisenchlorid nach Chinosol seit
könnte, das in der Literatur als Bestandteil der Semoritabletten an
gegeben wird.
Sanosklerose, die gegen Arteriosklerose, Lues, Asthma
Bronchitis verwendet wird, hat folgende Zusamm°nsetzung: 3.0 Kal,
jodat., Sal Physiologie, nutr. ää 1,0. Kompr. Tablett, ä 0.5 „Sa
physiolog. nutrit.“ besteht aus: Kal. sulf. 7,5, Magnes. peroxydat
(30 proz.) 250,0, Acid. silicic., Natr. citric., Tart. natronat. all 20,(
Natr. phosphoric. 100,0, Ferr. sulfur. 40,0, Natr. bicarbon., Natr. sulfm
äa 160,0. Jede Tablette enthält somit ca. 0,1 g Kal. jodat.
S i n e c a i n ist eine 3 proz. Lösung von Chinin, muriatic
32 Antipepsin und 0,005 Proz. Adrenalin, die in Veloxampullen al
Lokalanästhetikum in Handel kommt.
Uriozongichtsalz setzt sich zusammen aus Magnes
peroxyd, Piperazin, Rad. Apii und Cortex Aurantii.
Der englische Kurpfuscher Gerald Joseph Macaura, de
seinen „Pulsoconnapparat“ mit marktschreierischer Reklam
anpries, und dessen Helfershelfer sind wegen unlauteren Wettbewerb
und Betrugsversuchs aus dem preussischen Staatsgebiet au'
gewiesen worden. Der Vibrationsmassageapparat, den Macaur
für 50 M. anbot, ist seit langem bekannt und in jedem einschlägige
Geschäft für 12 — 15 M. zu kaufen. Bevor Macaura in Berlin sc
Treiben begann, ist er in Paris wegen Betruges und unbefugter Au:
I Libung der Heilkunde verhaftet gewesen, aber nach Hinterlegung vc
50 000 Fr. vorläufig wieder in Freiheit gesetzt worden, die er daz
*) Vergl. 1912, No. 49, S. 2688.
5. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
427
mützte, in München in einem der angesehensten Hotels einen Pro-
agandavortrag zu halten! — !
Eine en gros-Schwindeliinternehmung ist das Nerven-
a n a t o r i u m Silvana oder S a n i t a s in Genf, die nach Mit-
;ilung der Schweiz. Wochenschrift f. Chem. u. Pharm, einen Jähr¬
chen Umsatz von 500 000 Fr. hat; von hier werden täglich etwa
I Arzneiverordnungen und 100 — 1 20 Briefe auf die leidende Mensch¬
eit losgelassen. Der Vorstand, Dr. Kaplan, ist ein in Frankreich
aturalisierter Russe, der aus dem Aerzteverband — selbstredend —
usgeschieden wurde, der Herr „Apotheker“ ist ein früherer Barbier-
ehilfe.
O ich tosint ist bekanntlich eine Mischung einiger indiffe-
nter Salze. Das „Gichtosintbrunnenkontor“ empfiehlt diese mit
ügendem Brief:
„Gestern besuchte uns eine 63 jährige Frau und zeigte uns
hre Hände; die Finger waren in den Gelenken ganz steif und
icke Geschwülste befanden sich daran, einige Finger waren seitlich
erkrünimt. Trotzdem war die Frau von Dank erfüllt für unser
iichtosint, denn bis vor 3 Wochen lag sie fest und konnte vor
ehmerzen kein Glied rühren, jetzt war sie 3 Treppen hoch zu uns
-,s Privatkontor geklettert. Ohne Krücken, nur mit einem Stock
ersehen.
Wenn Sie diese Frau gehört hätten von ihrem Leiden erzählen,
nnen wären gleich uns die Tränen in die Augen gestiegen etc. etc.!“
Neueste Journaliteratur.
Zeitschrift für Immunitätsforschung und experimentelle
Therapie. XV. Band, 4. und 5. Heft. (Auswahl.)
E. Friedberger und Tetsuda Ito: Beiträge zur Patho-
:enese des Fiebers. 3. Mitteilung. Die Beeinflussung der Körper-
emperatur durch Salze nach Untersuchungen am Meerschweinchen.
Das durch Kochsalzlösung hervorzurufende Fieber hat besonders
lurch die Untersuchungen von Finkeistein grosses Interesse
ewonnen. Die Verf. haben nun bei Meerschweinchen eine Reihe von
balzen in ihrer Wirkung auf die Temperatur geprüft. Die Zufuhr ge-
chah immer auf peritonealem Wege. Zur Kontrolle wurde art-
.leiches Serum und destilliertes Wasser injiziert. Das erste wurde
n der Menge bis zu 3 ccm unbeanstandet vertragen, destilliertes
Vasser erregte in Mengen von 0,5 — 3 ccm Fieber. Ausser dem Koch-
alz bewirkte noch eine Reihe von untersuchten Salzen in grösseren
)osen akuten Tod resp. Temperatursturz, in mittleren Dosen Tem-
leratursturz mit sekundärem Fieber, in kleineren Dosen nur Fieber.
W. B a r i k i n e : Etudes sur la reaction entre la toxine et l’anti-
oxine diphtheriques.
Der Heilwert des Diphtherieserums ist unabhängig von seinem
tntitoxingehalt, bestimmt nach Ehrlich. Wichtiger ist die Avidität
ier Serumantitoxine, durch die mit grösserer oder geringerer Energie
Toxin aus seiner Verbindung mit der vergifteten Zelle herausge-
ogen wird. Die möglichst schnelle Bindung von Diphtherietoxin und
Antitoxin liegt in den Grenzen einer bestimmten Konzentration der
leiden Komponenten. Ein Ueberschuss an Antitoxin kann bisweilen
lie Reaktion hemmen. Die Bindung zwischen Toxin und Antitoxin
st reversibel. Diese Eigenschaft kann die Ursache von postdiphthe-
itischen Lähmungen sein.
D. Cesa-Bianchi und C. Vallar di: Maisernährung und
eberempfindlichkeit gegen Maisextrakte.
Alle Maisextrakte sind bei intravenöser Injektion bis zu einem
,rewissen Grade giftig. Die Giftigkeit wechselt aber nach der Art
icr Behandlung, auch durch Hitze, Filtrieren und Licht beträchtlich,
he Extrakte aus verdorbenem Mais sind im allgemeinen bedeutend
riftiger als die aus gutem. Ausschliessliche Maisernährung führt bei
Meerschweinchen zum Tode, teilweise zu Krankheiten. Nach einer
gewissen Zeit zeigen alle Tiere eine ausgesprochene Ueberempfind-
ichkeit gegen Maisextrakte, die mit dem Bilde der gewöhnlichen
Terumanaphylaxie nahezu identisch ist.
Jakob F e 1 1 ä n d e r und Karl Kling: Untersuchungen über die
Bildungsstätten des anaphylaktischen Reaktionskörpers.
Die Ansichten darüber gehen noch sehr auseinander. Sie werden
on den verschiedenen Autoren teils im Gehirn, teils im Knochenmark,
fiils in den Leukozyten gesucht. Am weitesten gehen Fried-
lerger und Girgolaff, die der Ansicht sind, dass sich der
Antikörper in jedem beliebigen Organ bilden kann. Die Verf. konnten
len anaphylaktischen Reaktionskörper im Blutserum, in den poly-
norphkernigen Exsudatleukozyten und ferner im roten Rückenmark
lachweisen, dagegen nicht in Gehirn, Rückenmark, Milz, Leber. Niere
>der Nebenniere, ln Organen von überempfindlichen Kaninchen und
Meerschweinchen lassen sich Antigenreste noch 7 — 16 Tage nach der
njektion nachweisen, auch wenn das Blut der Tiere abgezapft und
hr Blutgefässsystem mit physiologischer Kochsalzlösung durchge-
'Pült worden ist. L. S a a t h o f f - Oberstdorf.
Zentralblatt für innere Medizin. No. 51/52, 1912 und
ho. 1—4, 1913.
1912, No. 51 und 52 ohne Originalartikel. '
1913, No. 1. 1) J. A r n o 1 d : Ueber den Diastasegehalt der Fäzes
oei Gärungsdyspepsie. (Med. Klinik Halle.)
Den Grund für das Zustandekommen der Gärungsdyspepsie sieht
'chmidt in einer Herabsetzung des Zelluloseverdauungsvermögens
des Darmes. Arnold untersuchte die Fäzes nach dem Wohl¬
gemut h sehen Verfahren auf Diastase. Es ergaben sich normale
Werte. Mit einer Herabsetzung der Diastasesekretion des Darmes
oder Pankreas lässt sich die üärungsdyspepsie demnach nicht in
Verbindung bringen. Das Ergebnis spricht für die genannte An¬
schauung Schmidts, dass der Darm des Gärungsdyspeptikers zum
Teil die Fähigkeit verloren hat, die die Stärke umkleidende Zellulose
zu verdauen, so dass eine Wirkung der tatsächlich vorhandenen
Diastase auf die Stärke nur unvollkommen zustande kommen kann.
2) Ilgersheimer: Sammelreferat aus dem Gebiete der Augen¬
heilkunde. (II. Vierteljahr 1912.)
No. 2 ohne Originalartikel.
No. 3. 1) Käthe: Sammelreierat über die bakteriologische
Literatur. (II. und III. Vierteljahr 1912.)
2) Stenzei: Bemerkung zu Overlachs Artikel „Trivalin“.
Dass Apomorphin oder Chloromorphid in irgend einer Weise bei
der Morphineinwirkung eine Rolle spielen, wie O verlach und
andere annehmen, ist ein Irrtum.
No. 4. 1) Bachem: Nekrolog auf Carl Binz.
2) A. Bittorf: Ueber Elektroangiogramm bei Menschen und
Tieren. (Vorläufige Mitteilung.) (Med. Klinik Breslau.)
Aus den beigegebenen Kurven geht hervor, dass pulsatorisc'n
Aenderungen des Kontraktionszustandes der Arterienmuskeln ein-
treten. Als Ursache für diese Aenderung des Kontraktionszustandes
kommen zwei Möglichkeiten in Frage: 1. die depressorischen(Aorten-A
Nerven, die pulsatorisch erregt werden, erzeugen auf nervösem Wege
eine Erregung der Muskeln der peripheren Arterien bei jedem Pulse,
oder 2. durch die pulsatorische Dehnung und Erweiterung der peri¬
pheren Arterien wird direkt die Wand zur Kontraktion angeregt.
3) II. Arzneimittelliste des Deutschen Kongresses für innere
Medizin. Dezember 1912.
4) H. K a t h e: Sammelreferat über die bakteriologische Literatur.
(II. und III. Vierteljahr 1912.) Fortsetzung. W. Zinn -Berlin.
Zentralblatt für Chirurgie, No. 6, 1913.
Hj. Forssner - Stockholm : Neuer Beitrag zur Pathogenese der
angeborenen Darmatresien.
Verf. begründet in einer eingehenden kritischen Darlegung, dass
die angeborenen Darmatresien nicht Hemmungen im Stadium der
Epithelverschliessungen sind, sondern durch eine hyperplastische
Entwicklung der Mesenchymzapfen, der Vorstadien der Zottenbil¬
dung, entstehen. Diese Epithelverschliessungen kommen nach den
Untersuchungen des Verfassers nur in den kranialsten Teilen des
Darmes vor. 3 Abbildungen sind der Arbeit beigegeben, die sich
für ein kurzes Referat nicht gut eignet. E. Heim- Gerolzhofen.
Zeitschrift für orthopädische Chirurgie. XXXI. 1/2. Heft.
1) R. D o e r r - München: Beitrag zur statischen Skoliosenfrage.
Unter 220 Skoliosen fand D. in 7 Proz. eine statische Ursache.
Die Messung des Beckenschiefstandes erfolgte mit einem besonderen
Instrument.
2) A. M o s e n t h a 1 - Berlin : Fixation von Oberschenkel und
Hüfte im Kniependelapparat.
Patient liegt mit gestreckten Hüftgelenken, Becken und Ober¬
schenkel wurden noch besonders fixiert.
3) M. Schönenberg - Bonn : Beitrag zur Arthrodese des
Fussgelenks.
Sch. empfiehlt, der üblichen Anfrischung des Sprunggelenkes eine
Knochenplastik hinzuzufügen. Ein aus der Tibia entnommener
Periostknochenlappen wird (nach C r a m e r) über das Sprunggelenk
hinübergelegt.
4) B. B a i s c h - Heidelberg: Die kongenitale radio-ulnare
Synostose.
Bericht über einen länger beobachteten Fall. B. erblickt die
Ursache lieber in äusserem Druck als in einem Atavismus, weil der
Muskelbefund normal ist.
5) V. C h 1 u m s k y - Krakau: Therapeutische Mitteilungen.
1. Operation oder Bruchband?
Bis zum 3. Lebensjahr unbedingt Bruchband, bis zum 20. ver¬
suchsweise, von da bis zum 50. aber Operation, später eher wieder
Bandage.
2. Zur Behandlung der Hammerzehe.
Einschiebsohle mit korrigierendem Bändchenzug.
3. Praktische Vorrichtung zur Kopfsuspension.
Besonders zugeschnitterie Kopfschlinge.
4. Extension bei älteren kongenitalen Hüft¬
gelenksluxationen.
Empfehlung derselben als Vorbehandlung der Reposition, einige
Wochen lang.
6) P. Möhring - Kassel : Zur Technik des Klumpfussverbandes.
Das schwierige Halten des redressierten Klumpfusses während
des Eingipsens erleichtert sich M. durch einen über den Fuss ge¬
zogenen Trikotschlauch, dessen die Zehen überragendes Ende als
Leitzügel dient.
7) F. T r i 1 1 m i c h - Kassel : Beitrag zur Madelung scheu De¬
formität.
Die echte Madelung sehe Deformität beruht auf mecha¬
nischen Ursachen. In einem von Tr. beschriebenen Fall war der
ätiologische Zusammenhang mit Cubitus valgus naheliegend. Eine
428
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Osteotomie am distalen Radiusende besserte Stellung und besonders
Supination der Hand. Auf Cubitus valgus ist künftig mehr zu achten.
8) F. Kauffmann - Greifswald: Zur Kasuistik der kongenitalen
Skoliose.
3 neue Beobachtungen mit Halbwirbeln bzw. Halsrippen: Er¬
örterungen über die Aetiologie.
9) W. B e c k e r - Bremen : Der neue Myomotor.
B. berichtet über die neueren Aenderungen an seinem Myo¬
motor, den er neben Massage und Gymnastik bei der Behandlung er¬
krankter Muskeln anwendet, in seiner Wirkung aber wesentlich über
die beiden anderen Methoden stellt.
10) W o h 1 a u e r - Berlin : Zur Frage der Köhl er sehen Er¬
krankung des Os naviculare pedis.
3 Fälle aus der Joachimsthal sehen Poliklinik bei Kindern
von 4 — 5 Jahren. W. glaubt, dass es sich um primäre Störung zu
Beginn der Ossifikation handelt und dass sekundär ein Trauma hinzu¬
kommt.
11) B. K ii n n e - Berlin : Die Kombination der angeborenen Luxa¬
tion des Radiusköpfchens mit der L i 1 1 1 e sehen Krankheit.
Die beiden Fälle wurden als „spastische Luxationen“ aufgefasst,
in Analogie mit der Hüftluxation bei Spastikern.
12) H. R e i n e r - Berlin: Beiträge zur Architektur des Kalkaneus.
Röntgenuntersuchungen der inneren Kalkaneusarchitektur bei
Fussdeformitäten und nach Talusexstirpation führen zu dem Ergebnis,
dass die Aenderung von Grösse und Richtung der Belastung auch eine
Veränderung von Form und Architektur des Fersenbeines zur
Folge hat.
13) S. H a d d a - Breslau : Der totale angeborene Rippendefekt.
3 Fälle von totalem Defekt einzelner Rippen. Derselbe ist als
Teilerscheinung einer ausgedehnten Missbildung zu betrachten.
14) R. G a 1 e a z z i - Mailand: Ueber die unblutige Behandlung
der kongenitalen Hüftgelenksverrenkung.
G. legt bei der Reposition den Hauptwert auf starke, der Ante-
version entsprechend dosierte Innenrotation. Die Fixation erfolgt in
leichter Flexion und geringer Abduktion sowie bei gebeugtem Knie.
Bei gutem oberen Pfannenrand scheinen die Erfolge nach ca. 2 Mo¬
nate dauernder Verbandperiode und weiterer Liegekur in der Tat
sehr günstig auszufallen.
15) R. G a 1 e a z z i - Mailand: Neuer Arthrogoniometer.
Der Winkelmesser besitzt ein unserem Hiiftschenkelscharnier
analoges Gelenk. Nach erfolgter Messung wird der Winkelmesser
auf ein zweites Messinstrument gebracht, an welchem die Winkel¬
masse abzulesen sind.
16) B. B a i s c h - Heidelberg: Bau und Mechanik des normalen
Fusses und des Plattfusses.
Exakte Röntgenuntersuchungen haben gezeigt, dass beim nor¬
malen Fuss die Belastung einen Zusammenschluss des Fusses, also
eine Sicherung der Wölbung erzeugt, dass dagegen beim Pes valgus
ein Auseinanderweichen des Skeletts mit charakteristischen Lage¬
veränderungen auf die Belastung folgt. Pes valgus und Pes planus
sind röntgenologisch genau auseinanderzuhalten.
V u 1 p i u s - Heidelberg.
Zentralblatt für Gynäkologie, No. 5 u. 6. 1913.
Krönig und G a u s s - Freiburg: Die Strahlentherapie in der
Gynäkologie: Röntgen- oder Radiumtherapie.
Verfasser haben die von den Franzosen zuerst geübte Radium¬
tiefentherapie nachgeprüft. Sie verwandten hierzu Mesothorium und
zwar bei gutartigen Uterustumoren und klimakterischen Blutungen.
Eine Erfahrung an 56 Fällen bestätigte die hämostatische Wirkung bei I
Myomen und Metropathien. Bei grösseren Myomen und schwierigen
Fällen ist die Röntgentiefentherapie der Radiumtherapie überlegen.
Sehr günstig wirkte eine kombinierte Anwendung beider Methoden.
Am besten erwies sich die vaginale Applikation.
G. L i n z e n m e i e r - Kiel: Die Bedeutung der Hypophysen¬
präparate für die Hebosteotomie.
Die Gefahren der Hebosteotomie beruhen hauptsächlich auf der
an die Operation sich anschliessenden künstlichen Entbindung. Durch
die Hypophysenpräparate kann man diesen Gefahren entgehen, da
dabei die spontane Geburt abgewartet werden kann, ln 2 Fällen
bewährte sich dieses Verfahren vorzüglich; die Spontangeburt er¬
folgte einmal nach wenigen, einmal nach 35 Minuten. In der Wirkung
stehen sich Pituitrin, Pituglandol und Zerephysin gleich.
L. Stolper- Wien : Hypophysenextrakt und Spätgeburt.
St. empfiehlt nach Hägers Vorgang Pituitrin in Fällen von
Uebertragung. In 2 Fällen erfolgte die Geburt nach 3 resp. 4 In¬
jektionen von 1 ccm Hypophysenextrakt ohne Schaden für Mutter
und Kind.
F. S p a e t h - Hamburg: Hat das Pituitrin einen nachteiligen
Einfluss auf das Kind?
Sp. erlebte bei einer normal und glatt verlaufenen Geburt bei
Steisslage Tod des Kindes Vt Stunde nach der Geburt. Die Herztöne
waren sehr verlangsamt gewesen. Es waren nur 2 Injektionen von
0,5 ccm Pituitrin gemacht worden. Der Fall mahnt jedenfalls zur
Vorsicht.
A. G i s e 1 - Wilchingen: Ueber die Wirkung von Pantopon und
Pituglandol in der Geburtshilfe.
G. empfiehlt die kombinierte Anwendung von Pantopon mit Pitu¬
glandol, aber nur in der Austreibungsperiode. Die Wirkung bei
Wehenschwäche besteht darin, dass die Wehenpausen kürzer wer¬
den. Die beobachteten Nebenwirkungen, als Sturmwehen, Tetanus
uteri und Atonie, lassen sich bei richtiger Anwendung vermeiden.
Gefahren für das Kind fürchtet G. nicht.
M. Stolz- Graz: Eine neue Methode der intraperitonealen
Verkürzung der Ligamenta rotunda. (Zu Dr. Langes Mitteilung
im Zentralbl. f. Gyn. 1913, No. 1.)
St. hat die Langesche Methode schon 1909 in der Monatsschr.
f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. XXIX, H. 4 beschrieben, ausgeiühri
allerdings nur an der Leiche.
J. Schottländer- Wien: Ueber die Bestimmung der
Schwangerschaftsdauer auf Grund histologischer Plazentarbefunde
und über etwaige praktische Verwertbarkeit dieser Befunde.
Sch. unterscheidet 3 Gruppen: die erste umfasst Eier aus dem
1. bis inkl. 3. Monat, die zweite Plazenta aus dem 4. und 5., die
dritte solche aus dem 6.— 10. Monat. Für jede Gruppe lassen sich
histologische Plazentarbefunde feststellen, welche eine Bestimmung
der Schwangerschaftsdauer ermöglichen. Die Einzelheiten müssen,
im Original nachgesehen werden.
R i s s m a n n - Osnabrück: Ist die Eklampsie durch Einspritz¬
ungen in den Rückenmarkskanal heilbar?
Angeregt durch Meitzers Empfehlung, bei Tetanus das Zen¬
tralnervensystem mit Magnesiumsulfat zu behandeln, hat R. in einem1
Falle von Eklampsie 5 ccm einer sterilen 15 proz. Magnesiumsulfat-
lösung intradural injiziert und danach Heilung eintreten sehen. Mit
der Dosierung des Mittels ist Vorsicht zu empfehlen, da nach Ein
spritzung einer 25 proz. Lösung schwere Vergiftungserscheinunger
seitens des Atemzentrums beobachtet worden sind.
E. Eichmann - Osnabrück : Nierenfunktionsprüfung durch die
Phenolsulfonphthaleinprobe.
E. hat bei 24 Schwangeren und Wöchnerinnen die genannt
Probe gemacht. Er empfiehlt nur intravenöse, keine intramuskuläre
Injektionen zu machen. Es gelingt durch die Probe, einfache Zystitis
und Pyelitis von einer Nephritis zu unterscheiden. Die Ausscheidune
des Farbstoffes durch die Nieren erfolgt bei gestörter Nierenfunktior
langsamer als sonst. Doch warnt E. selbst vor allzu optimistischei
Beurteilung der Phenolsulfonphthaleinreaktion.
R. Lutz- Berlin : Zur Eklampsiebehandlung.
L. stellt das Ergebnis von 45 Eklampsiefällen aus dem Wöch¬
nerinnenheim am Urban zusammen. Die mütterliche Mortalität be¬
trug im ganzen 6,7 Proz., die kindliche 32,7 Proz. Die Behandlum.
bestand in baldmöglicher Entbindung.
R. S c h a e f f e r - Berlin: Der Handschuhsaft.
Eine Entgegnung auf die Arbeit von Hellendall und
Fromme in No. 48, 1912 des Zentralbl. f. Gyn.
H. H. Schmid-Prag: Nochmals zum Kampf gegen die krimi
neile Fruchtabtreibung.
Erwiderung auf die Ausführungen von Max Hirsch in No. 50
1912 d. Zentralbl. f. Gyn. J a f f e - Hamburg.
Frankfurter Zeitschrift für Pathologie. Begründet voi
Eugen A 1 b r e c h t. Herausgegeben von Bernhard Fischer
Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden 1913. XII. Bane
1. Heft.
1) Takeyoshi Mori: Ueber das Auftreten thyreotoxische
Symptome bei Geschwulstmetastasen in der Schilddrüse. (Patho
logisches Institut Braunschweig. Dr. W. H. S c h u 1 1 z e.)
Mitteilung von drei in die Schilddrüse metastasierenden Tumoref
(Mammakarzinom, Beckensarkom, Bulbusmelanosarkom), die thyreo
toxische Symptome auslösten. Als Ursache sieht M. die Resorptioi
von Schilddrüsenfollikelinhalt durch Kompression des Schilddrüsen
gewebes von seiten der Geschwulstmetastasen an.
2) S. E 1 p e r i n : Ein Fall von angeborenem Defekt des Ductu
choledochus aus mechanischer Ursache. (Pathologisches lnstitu
Halle a. S. Prof. B e n e k e.)
14 Tage altes Kind mit Hypoplasie der Gallenblase und ias
totalem Defekt des Ductus choledochus, von dem nur ein rudimen
tärer Anfang im Bindegewebe des Duodenum nachzuweisen war. D
die Leber schwere Deformierung ihrer basalen Lappen aufwies (de
Lobus quadratus bildete z. B. einen scharfkantigen Keil mit ce
Basis nach oben) nimmt E. als Ursache der Missbildung passiv
Dehnung des Gallenganges durch Druck der Lappen an, der schliess
lieh zur Atresie führte. I
3) K. Martius: Ein Fall von persistierender wahrer Kloak
mit bandförmigem Ovarium und anderen seltenen Missbildungen ii
Urogenitalsystem. (Senckenberg isches pathologisches Institi
Frankfurt a. M. Prof. B. Fischer.)
Die beschriebene Missbildung stellte ein Geburtshindernis da
da der durch die prall gefüllte, dickwandige Kloake aufgetrieben
Leib der Frucht eine Einkeilung im Uterus bedingte. Die Gebtu
gelang erst nach intrauteriner Oeffnung der Kloake. Genaue Bi
Schreibung der Missbildung. I
4) K. Kris che: Kombination von Krebs und Tuberkulose i
metastatisch erkrankten Drüsen. (Pathologisches Institut Bremei
Prof. Borrmann.) *
Karzinom des Vorderarmes, das sich auf dem Boden eines Lupu
entwickelt hatte; terminal traten enorme Metastasen im ganzen Körpe
auf. In den axillaren Lymphdrüsen fand sich neben dem Karzinoi
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
429
5. Februar 1913.
uch tuberkulöses Granulationsgewebe, das ebenfalls metastatisch
om Lupus her entstanden war.
'5) Toyoo Yatsushiro: Experimentelle Studie für die Emi-
ration von Leukozyten bei der Entzündung. (Pathologisches In-
titut Bonn. Prof. R i b b e r t.)
Die Versuche (Aleuronataufstreuung auf grössere Venenstämme)
eweisen, dass Blutstromverlangsamung, Gefässwandschädigung,
■lutdruckstcigerung für die Emigration und Anhäufung von Leuko-
yten nicht erforderlich sind, dass die Auswanderung der weissen
tlutkörperchen ein ausschliesslich chemotaktischer Prozess ist.
6) H. Hensen: Ueber einen Fall von Aneurysma der Aorta
scendens mit Erzeugung von Puimonalstenose und Perforation in
ie Pulmonalarterie. (Pathologisches Institut Rostock. Professor
chwalbe.) Der Titel gibt das Wesentliche.
7) Oskar Meyer: Thyreoiditis chronica maligna. (Eigen-
rtiges, aus eosinophilen und Plasmazellen zusammengesetztes, vom
echten Schilddrüsenlappen ausgehendes Granulom.) (Sencken-
ergisches pathol. Institut, Frankfurt a. M. Prof. B. Fischer.)
Der Tumor unterscheidet sich vom malignen Granulom durch
as Fehlen der typischen Riesenzellen, das Fehlen antiforminfester
(uch scher Granula, durch das Fehlen von Fieber während des
anzen Verlaufes. Klinisch bot der Fall das Bild der „eisenharten"
•truma.
8) G. K r e g 1 i n g e r : Ueber ein primäres Bronchialkarzinom.
Pathologisches Institut Bonn. Prof. R i b b e r t.)
Die Sektion eines an Bronchiektasien verstorbenen, 32 jährigen
-lannes ergab als Ursache einen, der Wand des linken Bronchus
ahe seiner Teilungsstelle aufsitzenden, polypösen Tumor, der mikro-
kopisch sich als Adenokarzinom mit Uebergang in Zylinderzell-
arzinom erwies. Da das Karzinom von intakter Schleimhaut überall
berzogen war, auch dem histologischen Bilde nach von den bron-
hialen Schleimdrüsen nicht ausgegangen sein konnte, nimmt Verf.
ls Ausgangspunkt embryonal versprengte Epithelkeime an.
9) Martha Plaut: Ueber zwei weitere Fälle von Defekt des
lerzbeutels. (Pathologisches Institut München. Prof. Borst.)
Genaue anatomische Beschreibung: die teratogenetische Ter-
ninationsperiode der Missbildung ist in die Zeit der 5. embryonalen
Voche zu verlegen. Klinische Erscheinungen boten die bisher
leobachteten Fälle nicht.
19) Sigmund Schönhof: Ein Beitrag zur Kenntnis des lokalen
umorförmigen Amyloids. (Pathologisches Institut Brünn. Prof.
Ge r n b e r g.)
An der Zunge eines an chronischer Tuberkulose verstorbenen
ndividuums fanden sich mehrere knotige, derbe Geschwülste von
reisslichgelber Farbe. Eine ähnliche Geschwulst sass dem rechten
faschenbande bezw. der Kehlkopfwand innig auf und verdrängte
las wahre Stimmband nach abwärts. Mikroskopisch bestanden die
fumoren aus amyloiden Massen, denen teilweise zahlreiche viel-
;ernige Riesenzellen auflagen. Es ist fraglich, ob die chronische
.ungentuberkulose Ursache der Tumoren war. Sch. denkt an lokale
Schädigungen, wobei die Tuberkulose vielleicht eine vorbereitende
Rolle gespielt hat.
11) W. Kniaskoff: Ein Fall von endotheliomähnlichein Lym-
ihöm. (Städt. Krankenhaus Jausa, Moskau.)
Beschreibung eines Lymphoma malignum, bei dem ausschliess-
ich die bindegewebigen Zellen in Wucherung geraten sind. Die
teilen waren gross, färbten sich ähnlich wie die Plasmazellen. Der
'all steht an der Grenze von Hodgkin und echter Tumorbildung.
Oberndorfer München.
Archiv für Hygiene. 78. Band. 1., 2. und 3. Heft, 1913.
Victor Gegenbauer und Heinrich R e i c h e 1 - Wien: Die
leslnfektion milzbrandiger Häute und Felle in Salzsäure-Kochsalz-
temischen.
Die ausführlichen Untersuchungen über die Frage der Des-
niektion von Tierhäuten in S a 1 z s ä u r e-K ochsalzgemischen
vurden veranlasst durch zwei Erkrankungen, die sich Arbeiter bei
ler Behandlung von aus Italien beschafften rohen Schaffellen zuge-
:ogen hatten. Die bakteriologische Untersuchung ergab in vielen
Stichproben Milzbrandsporen und es sollte eigentlich die ganze be¬
leihende Sendung vernichtet werden. Nach hinreichendem Experi-
nenheren mit einem Verfahren, welches dem sogen. „Pickel n“
ler Felle nachgeahmt ist und in Frankreich zur Konservierung oder
■ orbehandlung der Felle verwendet wird, gelang es, eine vollständige
Desinfektion zu erzielen. Das „Pickeln“ besteht in einer ein- bis
nehrtägigen Einwirkung von Säure in Gegenwart von grossem
Salzüberschuss. Die Verfasser benutzten Salzsäure
ind Chlornatrium und arbeiteten, nach eingehenden bakterio-
cgischen, chemischen, physikalischen und mechanischen Prüfungen
■in Verfahren aus, mittels dessen eine über Erwarten gute Des-
nfektion erreicht wurde bei verhältnismässig wenig einschneidenden
dassnahmen und ohne Beeinträchtigung der Gerbfähigkeit und der
ürschnermässigen Beiz- und Färbbarkeit Nach der Vorschrift muss
üe Desinfektionsflüssigkeit enthalten: 10 Volumprozente Chlor-
latrium und 0,5 — 2,0 Volumprozente plus 5 Proz. des Trockenfell-
icwichtes an HCl. Die trockenen Felle werden in die Desinfektions-
lüssigkeit eingebracht und durch energisches Rühren damit gründlich
’enetzt. Die Mindestmenge der Flüssigkeit beträgt 10 Liter pro
Clogramm Fell. Die Felle verbleiben in der Flüssigkeit bei einer
Temperatur zwischen 20 und 40° C eine gewisse Zeit, die aus ange¬
gebenen Tabellen zu ersehen ist. Nach dem Herausnehmen kommen
die Felle Va Stunde in eine ca. 2 — 3 proz. Kristallsodalösung, wo sie
bewegt werden, dann werden sie ausgewässert, ausgeschleudert, ent¬
weder direkt weiter verarbeitet oder eingesalzen und getrocknet.
Das Verhältnis von Fell und Neutralisationsflüssigkeit ist so zu
wählen, dass sicher alle imbibierte freie und gebundene HCl neutrali¬
siert werden kann. Höhere Temperaturen sind bei dem Verfahren
vorzuziehen, auch muss dafür gesorgt werden, dass alle Luft mög¬
lichst aus den Fellen entfernt wird. Die Ergebnisse stellen zweifellos
einen bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiete der Desinfektion der
milzbrandigen Felle und Häute dar. R. O. N e u m a n n - Giessen.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 6 u. 7, 1913.
1) L. Rehn: Die Chirurgie des Herzens und des Herzbeutels.
Kurzer Ueberblick über den derzeitigen Stand der Herz- und
Herzbeutelchirurgie. Obwohl die Hoffnungen Mikulicz’ betreffs
der chirurgischen Behandlung der Herzklappenfehler sich nicht ver¬
wirklicht haben, sind doch die Erfolge bei Verletzungen des Herzens,
bei entzündlichen Prozessen des Perikards, bei Lungenarterienembolie
und bei der Herzsynkope sehr ermutigend.
2) Otto K 1 i e n e b e r g e r - Königsberg: Ueber Narkolepsie.
(Nach einem Vortrag im Verein für wissenschaftliche Heilkunde am
9. Dezember 1912.)
Kurzdauernde und unvermittelt einsetzende Hemmung der Herr¬
schaft über die Sprache und die Glieder bei einem 20 jährigen jungen
Manne.
3) B e h r e n d - Stettin: Ein Fall von isolierter traumatischer
Lähmung des Nervus suprascapularis.
Isolierte Lähmung des Nervus suprascapularis, verursacht durch
den Schlag einer umfallenden Eisenstange. Von einem komplizierten
chirurgischen Eingriff wurde in Anbetracht der relativ geringen
Funktionsstörungen abgesehen.
4) Waldemar Löwenthal und Erich S e 1 i g m a n n - Berlin:
Ein Paratyphusbazillus ohne Gasbildung. (Vorgetragen am 12. De¬
zember 1912 in der Berliner mikrobiologischen Gesellschaft.)
Es handelt sich um einen Stamm, der sich durch den Mangel
der Gasbildung kulturell wesentlich vom Paratyphus B unterscheidet,
in seinen agglutininbindenden und -bildenden Eigenschaften aber voll¬
kommen mit ihm übereinstimmt. Berücksichtigt man dazu die Her¬
kunft des Stammes — er wurde im Jahre 1908 als Erreger einer
grösseren Fleischvergiftungsepidemie gefunden — , so wird ein Zweifel
an der Diagnose „Paratyphus -B-Bazillus ohne Gasbildung“ kaum
noch möglich sein. Es ist hier vielleicht, ausgelöst durch häufiges
Ueberimpfen, ein neuer Typus entstanden, der sich bisher konstant
gehalten hat.
5) Marcus Rabinowitsch - Charkow : Leprabazillen im krei¬
senden Blute der Leprakranken und im Herzblute eines Leprafötus.
Die Ergebnisse der Untersuchungen des Verfassers lassen den
Schluss ziehen, dass die Leprabazillen im Krankenblute kreisen und
auf hämatogenem Wege von der Mutter auf das Kind intrauterin
übertragen werden können.
6) Hans A r o n s o n - Berlin : Ueber die Giftwirkung normaler
Organ- und Muskelextrakte. (Nach einem am 12. Dezember 1912 in
der Berliner mikrobiologischen Gesellschaft gehaltenen Vortrage.)
Versuche an Meerschweinchen und Kaninchen über die Gift¬
wirkung normaler Organ- und Muskelextrakte.
7) Mario S e g ä 1 e - Genua : Ueber die biochemische Diiferential-
diagnose bei Toxipeptiden- und Methylalkoholvergiftungen.
Bei akuter Vergiftung mit Toxipeptiden nimmt der osmotische
Druck, die Konzentrationen der Ionen und der Refraktionsindex zu,
die elektrische Leitfähigkeit verändert sich wenig; bei akuter Ver¬
giftung mit Methylalkohol erreicht der osmotische Druck äusserst
hohe Werte, die Konzentration der Ionen verändert sich nicht, der
Refraktionsindex verringert sich und die Leitfähigkeit verändert sich
wenig.
8) Leonard W. E 1 y - Denver (Colorado) : Gelenktuberkulose.
Reine primäre Gelenktuberkulose tritt nur auf in der Synovia
und dem lymphoiden Mark. Das Vorhandensein dieser zwei Gewebe
steht in Wechselbeziehung mit der Funktion des Gelenkes: hört diese
auf, verschwinden beide Gewebe. Damit erstirbt auch die Erkran¬
kung. Daher ist die Hauptsache in der Therapie der Gelenktuberkulose,
die Funktion des Gelenkes aufzuheben. Bei Kindern genügt konser¬
vative Behandlung. Bei Erwachsenen ist die Gelenkfunktion durch
Radikaloperation vollständig aufzuheben. Gesellt sich zur Tuber¬
kulose eine sekundäre Infektion, werden auch die sonst immunen
Gewebe ergriffen, dann tritt an die Stelle einer rein lokalen und
verhältnismässig harmlosen Erkrankung eine sich ausbreitende und
gefährliche. Daher gilt als zweiter Grundsatz: Vermeide sekundäre
Infektion.
9) Traugott P i 1 f - Wiesbaden : Ueber die Ursachen des Ge¬
burtenrückganges in Deutschland. (Vortrag, gehalten im Verein der
Aerzte Wiesbadens am 16. Oktober 1912.)
Sozialwissenschaftlicher Beitrag.
No. 7.
1) Johannes F i b i g e r - Kopenhagen : Ueber eine durch Nema¬
toden (Spiroptera sp. n.) hervorgerufene papillomatöse und karzinoma-
töse Geschwulst im Magen der Ratte. (Vortrag in der Sitzung der
Med. Gesellschaft zu Kopenhagen am 7. Januar 1913.)
430
MUENCHFNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8
Durch eine bisher nicht beschriebene Nematode wird eine en¬
demisch auftretende, bisher unbekannte Krankheit im Vormagen und
in der Speiseröhre der Ratte hervorgerufen. Der Zwischenwirt bei
der Entwicklung der Nematode ist die Schabe. Die Krankheit wurde
sowohl beobachtet als endemische bei wilden Ratten, als auch liess
sie sich experimentell hervorrufen, indem man die Nematoden durch
Fütterung mit dem Zwischenwirt auf Ratten übertrug. Die Krankheit
besteht im Anfangsstadium aus Epithelhyperplasie und Entzündung,
in ausgesprochenen Fallen schliesst sich hieran Papillombildung, die
eine kolossale Entwicklung erlangen kann. Die Papillomatose kann
das Vorstadium maligner Epitheliome mit infiltrativem heterotopen
Wachstum des Epithels sein. Es ist somit zum ersten Male gelungen,
experimentell bei gesunden Tieren metastasierendes Karzinom her¬
vorzurufen. Die von Borrel und Haaland auigestellte Hypo¬
these, dass Nematoden Entwicklung von malignen Geschwülsten bei
Mäusen und Ratten hervorrufen können, muss durch diese Unter¬
suchungen als bewiesen erachtet werden, ln den Metastasen wurden
weder Parasiten noch Parasiteneier gefunden.
2) A x h a u s e n - Berlin : Ueber das Wesen der Arthritis defor-
mans. (Vortrag, gehalten in der Berliner med. Gesellschaft am
8. Januar 1913; cf. pag. 106 der Münch, med. Wochenschr. 1913.)
3) F. W o 1 f f - Gelsenkirchen: Beitrag zur Fäzesuntersuchung auf
Pä rasiteneier
Verf. kann das Verfahren von Y a o i t a, welches Antiformin als
Auflösungsmittel verwendet, besonders für die Klinik und die Praxis
empfehlen, denn es erleichtert die Auffindung der Parasiteneier; die
Präparate sind klar, die Besichtigung ist mühelos und die Anreiche¬
rung recht gut.
4) Arthur Münzer- Berlin-Schlachtensee: Innere Sekretion und
Nervensystem. (Fortsetzung folgt.)
5) E. Aron-Berlin: Zur Pneumothoraxtherapie.
Die Pneumothoraxtherapie soll nur Verwendung finden bei ein¬
seitigen, progredienten Fällen von Lungentuberkulose, welche jeder
anderen Therapie getrotzt haben. Mit den N-lnsufflationen darf nur
begonnen werden, wenn man sicher ist, wirklich in der Pleurahöhle
mit der Nadel zu sein. Man darf die Einblasungen nie forcieren und
soll stets ein Manometer verwenden. Sobald der Pleuradruck sich
der Nullinie nähert, ist besondere Vorsicht erforderlich.
6) E. M a n o i 1 o f f - St. Petersburg: Ueber die Magensaftana-
phylaxie.
Die Angabe von Spiro Levierti, dass die Magenanaphylaxie
bei Magenkarzinomkranken eine streng spezifische ist, ist richtig.
Aus den an 11 Personen, von denen 8 Karzinomkranke waren, an-
gestellten Versuchen geht hervor, dass man mittels Magensaftes der
Karzinomkranken bei den mit Krebssaft vorbehandelten Tieren ana¬
phylaktische Erscheinungen hervorrufen kann, dass aber keine ana¬
phylaktischen Erscheinungen bei Reinjektion mit Magensaft der extra-
stomachalen Krebskranken entstehen.
7) A. Rosenstein - Posen : Ein dritter Weg zur totalen Rhino¬
plastik. (Bemerkungen zu der Arbeit von E. Holländer in No. 3
der Berl. med. Wochenschr. 1913.)
Die vom Verf. und anderen bereits vor 12 Jahren geübte Methode
der Wanderlappenbildung gestattet die Brusthaut zu benutzen ohne
besondere Belästigung des Patienten durch Kopffixierung. Es wird
dabei der umgeklappte Lappen aus der Brustbeingegend in einen
Querschnitt der Submentalgegend eingepflanzt und von dort in einer
2. Sitzung an die Stelle des Defektes geführt.
8) Eduard W e i s z - Bad Pistyan: Beitrag zur Behandlung ver¬
steifter Fussgelenke.
Eine einfache Vorrichtung, bestehend aus einer Schiene mit
2 Bügeln, die in entsprechendem Abstande zueinander den Fuss
zwischen sich aufnehmen und gestatten, auf ihn durch eine Gummi¬
binde einen dorsalwärts oder plantarwärts wirkenden Zug auszuüben.
9) E. Klaussner - Prag: Ueber einen haltbaren Gram-Farbstoff
für Gonokokken-, Pilz- und Spirochätenfärbung.
Nach den Erfahrungen des Verf. kann das von Grübler unter
dem Namen „Haltbarer Gram-Farbstoff“ in den Handel gebrachte Ani-
linwasser-Gentianaviolett als dauerhafter und mannigfach verwend¬
barer Laboratoriumsfarbstoff empfohlen werden.
10) W o 1 f f - E i s n e r - Berlin : Zur Vakzinationstherapie.
Verf. fordert eine erheblich geringere Anfangsdosis als gewöhn¬
lich Brauch ist (A — 14 Millionen Keime, statt 5 Millionen) und eine
Fortsetzung der Vakzinationsbehandlung über 1 14 — 2 Jahre, um die
Entstehung eines Rezidives zu verhindern.
Dr. Grass mann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 7, 1913.
1) Hans 1 s e 1 i n - Basel: Entgiftung des tuberkulösen Herdes
durch Röntgenbestrahlung.
Schluss folgt.
2) M. L a n d a u - Freiburg i. B. : Zur Entwicklung der Neben¬
nierenrinde.
Aehnlich wie das Gehirn zeigt auch die Nebenniere beim Men¬
schen einen ganz erheblich grösseren Windungsreichtum, als er bei
Tieren gefunden wird; es ist dies die Folge eines stärkeren Wachs¬
tums in der ersten Hälfte, einer tieferen Furchung in der
zweiten Hälfte des Fötallebens. Merkwürdig ist, dass bei Hem¬
mungsmissbildungen des Hirns auch eine Hypoplasie der Neben¬
nierenrinde beobachtet wird.
3) A. Fauser - Stuttgart: Weitere Untersuchungen (3. Liste) au
Grund des Abderhalden sehen Dialysierverfahrens.
Die Untersuchungsresultate waren derart, dass für die Mehr
zahl der Fälle von Dementia praecox (besonders hebephrenischci
Form) auf eine Dysfunktion der Geschlechtsdrüsen geschlossen wer
den musste, während bei katatonischen Erregungszuständen ehe;
die Annahme einer Dysfunktion der Thyreoidea vorlag. Endlicl
scheint bei luetischen und inetalnetischen Psychosen ein Eindringei
blutfremden üehirnmateriales in die Blutbahn gegeben zu sein. Unter
suchungen bei manisch-depressivem Irresein Hessen Schutzfermenn.
weder gegen Hirn noch gegen Geschlechts- oder Schilddrüse er
kennen.
4) Walter D r ü g g - Düsseldorf : Untersuchungen mit dei
v. Düngern sehen Vereinfachung der WaR.
Die v. Düngern sehe Modifikation ist bei genauer Einhaltung
der gegebenen Technik zuverlässig, wenn man sich an die sicher posi
tiven und sicher negativen Resultate hält.
5) Sigismund W a c h t e 1 - Krakau: Zur Frage der Benzol
therapie der Leukämie.
Benzol bewirkt in den Fällen, wo es vertragen wird, einen ge¬
waltigen Rückgang der Leukozytenzahl, bei einem hier näher be!
schriebenen Kranken von 182 000 auf 8000; gleichzeitig wird die Mil:
erheblich kleiner, die Temperatur normal, der Allgemeinzustam
besser. Von einer Heilung der Leukämie durch Benzol kann gleich;
wohl nicht die Rede sein.
6) Erich H a r t u n g - Bernburg: Ueber die Wirkung de:
Luminals.
Bei gewöhnlicher Schlaflosigkeit in Dosen von 0,1 — 0,3, bei Er
regungszuständen der Manischen und Schizophrenen in Dosen bis za
0,7 leistet das Luminal gute Dienste. Da es nur in starken Dosen ge
legentlich einmal Somnolenz bewirkt, sonst frei von schädlichen
Nebenwirkungen ist, kann es als vorteilhafter Ersatz des Verona!
Sulfonal und Skopolamin angesehen werden.
7) S c h u s t e r - Chemnitz: Ueber Melubrm.
Vortrag, gehalten in der Medizinischen Gesellschaft zu Chemnit:
"am 13. November 1912, refer. in No. 3 (1913) der Münch, med,
Wochenschr.
8) Ketil M o t z f e 1 d t - Christiania: Ueber Eventratio diaphrag
matica.
Die Eventratio diaphragmatica, d. h. die Verlagerung von Bauch
eingeweiden in den Thoraxraum infolge von Erschlaffung des im übri
gen intakten Zwerchfells, fand sich bei der Autopsie einer 41jährige
Frau, die klinisch einen auffallenden Hochstand der linken Zwerch
fellhälfte gezeigt hatte. Mikroskopisch erwies sich diese als binde
gewebig und fettig degeneriert. Ob die gleichzeitig gefundene voll
kommene Atrophie des linken Nervus phrenicus in ätiologischen Zu
sammenhange mit der Eventration steht, oder diese als angeboren
Missbildung aufzufassen ist, lässt sich kaum entscheiden. Ueber
sicht der in der Literatur bekannt gewordenen Fälle.
9) Hans S c h r i c k e r - Mühlheim a. Rh.: Zwei Beiträge zu de
Schussverletzungen des Bauches.
a) Schussverletzung des oberen Jejunums. Revolverschuss au
1 m Entfernung; Operation 12 Stunden nachher; lediglich Einschuss i
die erste Jejunumschlinge; Projektil bereits im Lumen des Zoekums
Naht; Heilung.
b) Bauchschuss mit Perforation des Zwerchfells, der Speiseröhr
und Verletzung der Brustschlagader. Tod trotz der AortenverLtzun
erst 1814 Sunden nach dem Schuss.
10) Cäsar H i r s c h - Frankfurt a. M.: Sympathischer Nystaginu
bei Erysipel.
Der meist horizontal-rotatorische Spontannystagmus bei seit
licher Blickabduktion oder Blick nach oben oder unten ist ein fa?
regelmässiges Symptom des Gesichts- und Kopferysipels und dahe
differential-diagnostisch zu verwerten.
11) Ernst S e h r w a 1 d - Strassburg i. E. : Verätzungen durc
Benzin.
Die bei der modernen Hautdesinfektion geübte Benzinabwaschun
hatte, wenn das Benzin nicht schnell genug verdunsten konnte, scho;
mehrfach unangenehme Verätzungen zur Folge; solche Verätzung:
wurden auch gesehen, wenn ein benzingetränkter Tupfer mit Heft
Pflaster aufgeklebt wurde, oder wenn Benzin in den äusseren Gehör
gang gelangte. Es wird die Möglichkeit einer therapeutischen Ver
Wertung dieser Aetzwirkung des Benzins, die sich bis zur Nekrot
sierung steigern kann, erwogen.
12) W. Brandenburg - Kassel : Eine exzessive knorpelig
Schiefnase.
Die Entstellung, der eine mehrfache Knickung des Septums zt
gründe lag und die operativ beseitigt werden konnte (4 photd
graphische Abbildungen), war durch Fall auf die Nase im Kindesaltc
entstanden.
13) Eduard W e i s z - Bad Pistyan; Eine einfache Schiene zi
Streckung und Beugung des Kniegelenkes.
Aus zwei rechtwinkelig zusammengesetzten Bügeln bestehende
Schienenapparat, bei dem der Widerstand durch eine entsprechen
angebrachte Gummibinde besorgt wird.
14) E. K i n d b o r g - Bonn: Zur Prophylaxe und Therapie dt
Hämorrhoiden durch Anikure.
Zur bequemen Durchführung der von Lenhossek alle
Hämorrhoidariern empfohlenen Anikure ist von B. B. Cassel i
25. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Frankfurt a. M. ein eigenes, aucli auf der Reise unauffällig mitiühr-
bares Besteck zusammengestellt worden.
15) H e r s i ti g - Kreuznach : Eine Kinnstiitze zur Verhinderung
des Schnarchens.
Die Kinnstiitze ist nach Art eines Stehkragens gebaut, der an
das Nachthemd angeknöpft wird und vermittels eines besonderen
Kinnlagers im Schlaf den Unterkiefer fest an den Oberkiefer andrückt.
Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1913, No. 4.
Kocher: Weitere Beobachtungen über die Heilung des Tetanus
mit Magnesiumsulfat.
Ausführliche Mitteilung von 3 neuen Fällen, von denen 2 geheilt
wurden, der dritte, ein 514 jähriges Kind mit schwerer Quetschwunde
der Hand, nur vorübergehend gebessert, starb. Auch bei diesen
Fällen konnte durch die entsprechende Lagerung der Kranken die
Ausbreitung des Sulfates im Duralsack und damit der Lähmung be¬
herrscht werden. Wenn Kopf und Brustmuskeln mit ergriffen sind,
soll man von vornherein die anästhesierende Wirkung auf das Zere-
brum ausdehnen. Durch die künstliche Atmung kann man den Atem¬
stillstand verhindern. Vielleicht ist es besser, statt Sauerstoff zu in-
sufflieren, nach Meitzers Vorgang kontinuierlich reine Luft unter
Druck in die Lungen zu treiben. Das Magnesium wirkt nur so lange,
als es mit der Marksubstanz und dem Nervengewebe direkt in Be¬
rührung ist. Bei der Autopsie des einen Falles wurde von B ii r g i
im Lumbal- und Halsmark Magnesiumsulfat nachgewiesen.
C. Arnd-Bern: Die Magnesiumbehandlung des Tetanus.
Ausführliche Beschreibung eines geheilten Falles (3 jähriges Kind
mit Kopfverletzung), bei dem ausser 5 Magnesiumsulfatinjektionen
(2—3 ccm 15proz. Lösung) noch Karbol subkutan gegeben wurde
(14 mal 0,015 Phenol); Tetanusserum erhielt es 2 mal (je 10 ccm),
5 mal wurde es chloroformiert. Bemerkenswert ist, dass einmal nach
Mg-Injektion die Atmung bis auf 7 in 1 Minute herabging, dann nach
Auswaschung des Lumbalkanals mit Kochsalzlösung wieder normal
wurde. In der Spülflüssigkeit wurde Mg-Sulfat nachgewiesen.
L. Jacob- Wiirzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 7. R. Kraus: Ueber Massnahmen zur Bekämpfung der
Cholera auf dem bulgarischen Kriegsschauplatz.
Vorgetragen in der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien am
7. Februar 1913.
H. Koch -Wien: Entstehungsbedingungen der Meningitis tuber-
culosa.
Die Bearbeitung von 355 Fällen bestätigt das vorwiegende An¬
steigen der Erkrankungszahlen in der Zeit vom Dezember bis April.
Am meisten belastet sind das erste und zw e i t e Lebensjahr ent¬
sprechend der geringeren Resistenz gegen tuberkulöse Infektion über¬
haupt. Vom 2. Jahre ab wird auch die Meningitis die Haupttodes¬
ursache bei 1 uberkulose. Hereditäre Belastung, meist als Lungen¬
tuberkulose, war nur in 23 Proz. vorhanden; eine spezielle Familien¬
disposition für die Meningitis lässt sich kaum annehmen. Das Ge¬
schlecht bildet anscheinend keine besondere Disposition. Die ganz
überwiegende Zahl der Erkrankten befand sich in einem mangel¬
haften Ernährungszustand, die Brusternährung scheint keinen Schutz
zu bieten. Besonders eingehend wird der Einfluss früherer Erkran¬
kungen erörtert, von denen vor allem die Masern und der Keuch¬
husten in 130 bezw. 67 Fällen ausfindig zu machen waren, auch
unter den unmittelbar (bis 4 Monate) vorausgegangenen Erkran¬
kungen finden sich Masern 29, Keuchhusten 6 mal. Beide Erkran¬
kungen, besonders aber die Masern, wirken wohl in dem Sinne, dass
sie eine miliare Neuaussaat der Tuberkulose begünstigen. Dafür
ergeben auch sorgfältige Obduktionsbefunde wesentliche Anhalts¬
punkte. Ein Trauma ist bei kritischer Beurteilung nur in einzelnen
Fällen als auslösendes Moment einer Meningitis tuberculosa nach¬
weisbar. Eingehend besprochen werden auf Grund genauer (246)
Obduktionsprotokolle von G h o n die Beziehungen zu sonstigen tuber¬
kulösen Prozessen. Meist handelt es sich um mehrfache, oft klinisch
nicht nachweisbare Lokalisationen, unter denen die Baucheingeweide,
das Gehirn, die Pleura, die Lungen vorwiegen. Die zur Meningitis
rührende Aussaat geht mindestens in 45 Proz. der Fälle von den Ver¬
änderungen des Primäraffektes und der zugehörigen Lymphdriisen
aus. Es besteht also ein überwiegender Einfluss der Erstinfektion. Die
alten tuberkulösen Prozesse fanden sich fast ausnahmslos noch im
Radium voller Aktivität. Diese Aktivität bildet eine Hauptbedingung
für die Entstehung der Meningitis.
E. Sluka-Wien: Ein weiterer Beitrag zur Hilustuberkulose
des Kindes im Röntgenbilde.
Verf. hat nunmehr 38 Fälle untersucht, von denen er 2 Kranken¬
geschichten mit instruktiven Röntgenbildern wiedergibt. Im Gegen¬
satz zu Eisler (Münch, tned. Wochenschr. 1912. No. 35) hält er mit
Hinblick auf die typische Lokalisation, aber nicht konstante Aus¬
dehnung des Schattens im Lungenfelde — wenigstens für seine
hülle — daran fest, dass derselbe einem Lungeninfiltrat um die Hilus-
urüsen, aber nicht einem primären Lungenherd und der diesen beglei¬
tenden Schwartenbildung entspreche. Weiter betont er, dass in den
eisten 2 Lebensjahren, wo der primäre Lungenherd am meisten her-
voi tritt, das Röntgenbild der Hilustuberkulose nie zu finden war,
dieses vielmehr erst vom 3. Jahr an erscheint und am häufigsten im
festzustellen ist. Als auslösende Momente für diese
Hilusdi üsentuberkulose, wodurch die latente Tuberkulose wieder
aktiv wild, haben in erster Linie Masern und Keuchhusten zu gelten,
seltener Varizellen und Mumps. Bei G.s Fällen hat sich die Tuber¬
kulose 1 1 mal an Masern, 5 mal an Keuchhusten angeschlossen,
Krankheiten, welche am häufigsten das 2. Lebensjahr betreffen, aber
erst in den späteien Jahren häufig tuberkulös erkrankte Lungen-
drüsen vorfinden. Nähere Angaben über die physikalische Diagnose
der etwa in 2/3 der Fälle rechts beobachteten Hilustuberkulose (es
kommt fast nur die Perkussion auf der Vorderfläche des Thorax in
Betracht) sind im Original einzusehen. Aus den weiteren Mitteilungen
sei nur hervorgehoben, dass von 31 beobachteten Fällen 3 gestorben,
7 (auch röntgenologisch) geheilt sind. Der frühzeitige Nachweis der
Hilustuberkulose ist für eine erfolgreiche Behandlung von grösster
Bedeutung.
K. Die tl- Wien: Zur Pathologie der lordotischen Albuminurie.
Da es, wie D. an Krankengeschichten dartut, gelingt, bei gleicher
Lordose eine quantitativ mitunter beträchtlich verschiedene Albu¬
minurie zu erzielen, ist zu schliessen, dass das mechanische Moment
der Lordose nicht allein ausschlaggebend für die lordotische Albu¬
minurie ist. Es ist anzunehmen, dass ein energisch funktionierendes
Vasomotorensystem in höherem oder geringerem Grade, die durch
die Lordose verursachten Zirkulationsstörungen auszugleichen ver¬
mag, was bei einem labilen Zustand der Vasomotoren nicht gelingt.
Mit einer Besserung des Allgemeinzustandes (z. B. durch Arsen) kann
auch die Albuminurie günstig beeinflusst werden; umgekehrt kann
eine Verschlechterung des Allgemeinbefindens (z. B. Fieber) die lor¬
dotische Albuminurie steigern.
J. Schiff mann und A. V y s t a v e 1 - Wien : Versuche zur
Frage einer inneren Sekretion der Mamma.
Die subkutane Injektion von Mammin Pöhl und von Kochsalz¬
extrakten aus Kuheuter führten bei Meerschweinchen prompt den
Abortus herbei. Die Behandlung nichtschwangerer Tiere mit Mamma¬
extrakt ergab, wie gleichfalls schon anderseits beobachtet wurde,
Vergrösserung der Nebennieren, Kleinheit des Uterus und mikro¬
skopische Veränderungen an den Hypophysen. Ausserdem fand sich
auch Verkleinerung der Ovarien. Dies wurde besonders auch durch
Versuche an in der Entwicklung begriffenen Tieren bestätigt, und
zwar auch an den Hoden, die eine verzögerte Spermatogenese zeig¬
ten. Die Hypophysen der injizierten Tiere hatten Veränderungen
analog den 'bei kastrierten Tieren gefundenen. Die gleichen Resultate
wurden durch die (artgleichen) Extrakte der Brustdrüsen des Meer¬
schweinchens erzielt.
A. Luge r- Wien: Zur Kenntnis der radiologischen Befunde am
Dickdarm bei Tumoren der Nierengegend.
Auf Grund eigener, durch eine Krankengeschichte belegter Be¬
obachtungen hebt Verf gegenüber S t i e r 1 i n (s. Refer. Münch, med.
Wochenschr. 1912, S. 1826) hervor, dass bei Nierentumoren die Rönt¬
genuntersuchung häufig keine wesentliche seitliche Verlagerung des
Kolons zeigt, sondern eine Lagerung auf dem Tumor, und deshalb eine
solche Verschiebung schwerlich von differentialdiagnostischer Bedeu¬
tung ist. Bergeat - München.
Inauguraldissertationen.1)
Aus der 2. inneren Abteilung des Krankenhauses Moabit, Berlin,
Prof. Zinn, liefert Wilhelm Martin Beiträge zur Behand¬
lung der Lungenschwindsucht mittels des künst¬
lichen Pneumothorax. Er teilt ausführlich 1 1 musterhafte
Krankengeschichten mit. Der künstliche Pneumothorax bei vor¬
wiegend einseitiger, schwerer Lungentuberkulose verspricht in einer
bemerkenswerten Anzahl von Fällen Besserung oder Stillstand der
Erkrankung, in manchen Fällen Heilung. Die Methode verdient unter
Wahrung strenger Indikation weiter ausgebaut zu werden. (Berlin
1912. 63 Seiten. Emil Ebering.) Fritz L o e b.
Aus der Univ. -Frauenklinik zu Jena liefert Sergius Kowler
einen praktisch sehr beachtenswerten Beitrag zur Behandlung
von hochgradiger sekundärer Anämie durch intra¬
muskuläre Injektionen von defibriniertem Blut
und Eisenammoniumzitrat, (Jena 1912, 14 S., G. Neuen-
h a h n). Er beschreibt zunächst die sehr einfache Technik der Blut¬
entnahme und der Injektion. Ein brauchbarer Bericht liegt über 4 mit
Blutinjektionen behandelte gynäkologisch kranke, schwer anämische
Frauen vor. Leider entzieht sich das rein Kasuistische einer
referierenden Wiedergabe. Es sei nur gesagt, dass die Verbesserung
des Blutstatus eine überraschende war. Neben diesen Versuchen
mit defibriniertem Blut hat Verf. auch bei einigen Frauen, die sich
im gleichen anämischen Zustand befanden, Injektionen mit Eisenarsen¬
ammoniumzitrat auf Anregung von Prof. Henkel vorgenommen
(Merck sches Präparat). Der Inhalt der Röhre, V* ccm, wurde in
1Ü ccm sterilem Wasser gelöst und zweimal wöchentlich subkutan
in den Oberschenkel injiziert. (Je 1 Spritze.) Auch in diesen Fällen
*) Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
432
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
wurde das Blutbild auf das günstigste beeinflusst. Frauen im gleichen
Zustand, wie die mit Bluteinspritzungen und Eisenarsenammonium¬
zitrat behandelten, deren Anämie nicht besonders behandelt wurde,
zeigten ..keineswegs eine Veränderung hinsichtlich der Erythrozyten¬
zahl und des Hb‘‘. Verfasser schliesst seine kleine, aber sehr schöne
Arbeit mit der Meinung, dass das Ferroarsencitricum
ammoniatum M e r c k s für den praktischen Arzt von nicht zu
unterschätzender Bedeutung sein dürfte. Ref. möchte zur klinischen
Nachprüfung der Injektion mit defibriniertem Blut an einem recht
reichen Material anregen. Es ist schade, dass diese Therapie dem
Privatarzt verschlossen ist. Fritz Loeb.
Willi Chraplewski hat an der Lungenheilstätte Beelitz der
Landesversicherung Berlin Erfahrungen mit der per ku¬
tanen Tuberkulinreaktion Salbenreaktion nach
Moro) bei der Lungentuberkulose Erwachsener ge¬
sammelt, über die er zusammenfassend sagt: Die Salbenreaktion nach
Moro stellt ein absolut harmloses Verfahren dar, das unbedenklich
überall angewendet werden kann. Die Reaktion ist spezifisch; sie
tritt nur bei Tuberkulose auf. Ihr klinischer Wert bei Erwachsenen
wird eingermassen beschränkt dadurch, dass sie auch ausgeheilte
und latente Tuberkulose anzeigt. Bei Patienten, die. schon einmal
eine tuberkulöse Affektion durchgemacht haben, ist der Ausfall der
Reaktion nicht beweisend, wogegen er bei anderen fast stets zuver¬
lässig ist. Die Reaktion kann die physikalische Untersuchung der
Lungen nie ersetzen, sondern stets nur als ein Hilfsmittel bei der
Diagnosestellung gelten. (Berlin 1912. 16 Seiten. Th. B a r u c h.)
Fritz Loeb.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Bonn. Januar 1913.
Fillie Hans: Studien über die Erstickung und Erholung des Nerven
in Flüssigkeiten.
C o e n e n Christian : Ueber Endokardschwielen.
Th oll Karl: Ueber Veronalvergiftung.
Spartz Heinrich: Vergleichende Untersuchungen über Aufnahme
von Radiumemanation ins Blut durch Trinken und Inhalieren.
Berger Vincenz: Zur Mechanik der Aneurysmabildung bei der kon¬
genitalen Isthmusstenose der Aorta.
Reuter Clemens Emil: Ein Beitrag zur Dacryocystorhinostomia von
T o t i.
Ebbert Josef: De suicidio. (Mit kasuistischen Beiträgen.)
Universität Freiburg i. Br. Januar 1913.
Caesar Heinrich: Quantitative Untersuchung der Toxizitäts¬
änderung des Morphins bei Kombination mit anderen Opium¬
alkaloiden.
Hof man n Walther: Beitrag zur Klinik der Knochenzysten.
Merckens Albert: Die geographische Verbreitung des Kropfes in
Baden und die Beziehungen der Struma graviditatis zur Eklampsie.
Reinhart Karl: Ein Beitrag zur Behandlung von Pseudarthrosen
durch plastische Operationen.
Wildberger Emil: Ueber einen Fall von Ponsblutung. Beitrag
zur Lokalisation pontobulbärer Herderkrankungen.
Universität Giessen. Januar 1913.
Le uff en Franz: Ueber Massage und ihre Wirkung auf die Mägen
der Wiederkäuer. *) (S. A. aus Monatshefte f. prakt. Tierheil¬
kunde, Bd. 24.)
Nikols ky Sergius: Ueber den spontanen Pneumothorax.
Hölting Heinrich: Ueber den mikroskopischen Bau der Speichel¬
drüsen einiger Vögel. (Gallus domesticus, Perdix cinerea, Anser
domesticus, Anas, Picus viridis, Garrulus glandularis, Lanius
excubitor, Corvus frugilegus, Fringilla coelebs.) *)
Buchmiller Julius: Untersuchungen über die Hauttemperatur
beim Haushuhn. *)
Bennighof Friedrich: Ueber ein neues Diuretikum „Theoform“.
Adler Walther: Behandlung der Pleuritis exsudativa mit Auto¬
transfusion.
Piskator Otto: Ueber den Erfolg der Haferkur bei Diabetes
mellitus.
Pothmann Josef: Ueber die Tuberkulose des Bauchfells.
Hahn Hans: Ueber ein Chorionepitheliom beim Manne.
Baur Karl: Ueber die Genesis der Mineralquellen in Bad Steben. **)
*) Ist veterinär-medizinische Dissertation.
**) Dissertation der philosophischen Fakultät.
Universität Göttingen. Januar — Februar 1913.
Carstensen Th.: Beitrag zur Klinik der senilen Seelenstörungen.
Eichel F.: Septumdeviationen; Statistik und Operationserfolge.
Heusser E.: Ueber das Vorkommen von Geruchsstörungen bei
Mittelohrentzündungen, ohne dass otitischer Hirnabszess vorliegt.
Lach witz F. : Zur Kasuistik der traumatischen Herzfehler.
Mori T. : Experimentelle Untersuchung über die Genese der
atypischen Epithelwucherungen.
Rumberg P. : Ueber die Kopfblutgeschwulst bei Neugeborenen.
Schwalb H.: Vergleichende Untersuchungen zur Pharmakologie
der Terpenreihe.
No. g.
Universität Heidelberg. Januar 1913.
Ellern Heinrich: Beitrag zum ätiologischen Studium des Diabetes
insipidus.
Schönthaler Friedrich: Bericht über die in den letzten 4 Jahren
an der Heidelberger Med. Klinik beobachteten Hypertonien.
Meyer Friedrich Hermann: Zur Kenntnis der Meningitis serosa
externa.
Heckner Fritz: Beiträge zur Anatomie des Gefässverschlusses
post partum.
Universität Leipzig. Januar 1913.
F r o n z i g Hans : Ueber die Verwendbarkeit der Schmidt sehen
Kernprobe zur Pankreasfunktionsprüfung.
Oppermann Franz: Beitrag zur Kenntnis des physiologischen
Verhaltens des menschlichen Blutzuckers.
Ruppert Bruno: Ueber Perforation der Harnblase in die freie
Bauchhöhle.
Schultze Walter: Die heutige Bewertung der Blutuntersuchungen
bei der Appendizitis bezw. freien fortschreitenden appendizitischeu
Peritonitis.
Thalacker Kurt: Klinische Erscheinungen und Komplikationen
des akuten Gelenkrheumatismus nach den Krankengeschichten der
Leipziger medizinischen Klinik aus den Jahren 1906 — 1908.
U h 1 i g Walther : Ein Beitrag zur Geschichte der Holzkur in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.
Universität Strassburg. Januar 1913.
Marlinger Bernhard: Zur Frage der Hypertrophie.
Löffelmann Heinrich : Ueber Befunde bei Morbus Hodgkin mittels
der Antiforminmethode.
Huber Jakob: Die Erfahrungen der Strassburger Frauenklinik mit
Geburten im sogen. Dämmerschlaf.
Perlmutter Sarah: Ueber eine kleine Puerperalfieberepidemie
der Strassburger Frauenklinik.
Manevitsch Mussa: Ueber die Dauererfolge der operativen Be¬
handlung des Angioma arteriale racemosum.
Bennighaus H. A. G.: Zur Bedeutung der endogenen Infektion in
der Gynäkologie.
Philippi Ferdinand: Blennorrhoea neonatorum.
Weitere bemerkenswerte Universitätsschriften von 1911/12.
Berlin.
Brutzer Gustav: Die Verteuerung der Lebensmittel in Berlin im
Laufe der letzten 30 Jahre und ihre Bedeutung für den Berliner
Arbeiterhaushalt.
Heilig Karl: Zur Kenntnis der Seitenorgane von Fischen und
Amphibien.
Jacobsohn Albert : Die Nesselzellen.
Ihde Kurt: Ueber angebliche Zahnanlagen bei Vögeln.
Lange Edgar: Die Versorgung der grossstädtischen Bevölkerung
mit frischen Nahrungsmitteln unter besonderer Berücksichtigung
des Marktwesens der Stadt Berlin.
Ou Ching-Ko: Synthese von Dipeptiden der *-amino-n-capronsäure
und der di-a-amino-n-capronsäure.
Protze Johannes: Ueber den Einfluss des Lösungsmittels auf die
Reaktionsgeschwindigkeit.
Sonnenberg Georg: Sozialpolitische Ausgaben im Budget des
Reiches dreier Einzelstaaten (Preussen, Bayern, Baden) und
dreier grosser Städte (Berlin, Breslau, Köln).
Stamm Erich: Ueber Cholesterin.
Villaret Oscar: Hippocratis De natura hominis liber ad codicum
fidem recensitus. Accedunt prolegomena et de dialecto huius
libri et Adnotationes.
Zach Karl: Aminoderivate und Anhydrite der Glukoside.
Kraus Friedrich: Ueber Tod und Sterben. (Rede zur Gedächtnis¬
feier Friedrich Wilhelms III.)
Bonn.
Hochgiirtel Hans: Die Krankenhilfe ausserhalb des Kassen¬
bezirks (§§ 219 bis 222 RVG., § 57 aKVG.).
Breslau.
Alberts Max: Der Hausarztvertrag.
Her ding Leo: Die Armengesetzgebung im Deutschen Reich, spe¬
ziell in Preussen.
Aron W. : Goethes Stellung zum Aberglauben.
Pescheck Ernst: Studien über Einwirkung einiger nicht-eiweiss-
artiger Stickstoffverbindungen auf den Stickstoff-Stoffwechsel des
Fleischfressers mit besonderer Berücksichtigung des Ammon-
azetats.
Popp Walther: Studien zur Psychologie des Denkens. I. Kritische
Bemerkungen zur Assoziationstheorie. T. 1. Kritische Entwick¬
lung des Assoziationsproblems. Mit einer Einleitung: Die Psycho¬
logie des Denkens.
Regenstein Hans: Studien über die Anpassung von Bakterien an
Desinfektionsmittel. Ein Beitrag zu den Beziehungen zwischen
chemischer Konstitution und physiologischer Wirkung.
Strufe Karl: Untersuchungen über das Theophyllin.
25. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
433
Heinrichsdorff Paul: Die anatomischen Veränderungen der
Leber in der Schwangerschaft. (Hab.-Schr.)
Prausnitz Carl: Heufiebergift und Heufieberserum. (Hab.-Schr.)
Erlangen.
Aufhauser Georg: Die Leichenverbrennung und das in Bayern
geltende öffentliche staatliche und kirchliche Recht.
ßaeuchle Alfred: Untauglicher Versuch und Wahnverbrechen.
tlder Friedrich: Die Jugendlichen in einem Vorentwurf zu einem
deutschen Strafgesetzbuch.
Fraenkel Siegfried: Die Stellung des Hausarztes im Rechte des
Bürgerlichen Gesetzbuches.
Hegemann Heinrich: Der Leichnam im Rechtssystem unter kurzer
Berücksichtigung der geschichtlichen Entwicklung dieses Rechts¬
gebiets.
Kerst Max: Das Aufsichtsrecht des Staates nach der Reichsver¬
sicherungsordnung.
Opfer mann Rudolf: Beiträge zur Lehre vom Lebensversiche¬
rungsvertrag.
Schilling Albrecht: Ueber die rechtliche Natur der Vereinsgrün¬
dung, des Ein- und Austrittes der Mitglieder.
Schmidt Willy: Die Verjährung im öffentlichen Rechte mit be¬
sonderer Berücksichtigung der bayerischen Verhältnisse.
Schneider Hans: Die Genfer Konvention vom 6. Juli 1906.
Völckers H. H. : Die Haftpflicht des Automobilhalters.
Dietz Ludwig: Statistik des Wärmebedarfes in neueren Kranken¬
anstalten.
Oeorgieff Boris: Beitrag zur Theorie und Kritik der Arbeiter¬
wohlfahrtseinrichtungen.
Kriegbaum Adolf: Studien am Pharynx.
Krug Wilhelm: Ueber die Stellung der Naturwissenschaft zum Leib-
Seele-Problem.
Engelhorn Ernst: Schilddrüse und' weibliche Geschlechtsorgane.
(Hab.-Schr.)
F r e i b u r g i. Br.
Budge Siegfried: Das Malthussche Bevölkerungsgesetz und die
theoretische Nationalökonomie der letzten Jahrzehnte.
Morgenstern Max: Auslese und Anpassung der industriellen
Arbeiterschaft, betrachtet bei den Öffenbacher Lederwaren¬
arbeitern.
Miilhaupt Engelbert: Der Milchring. Ein Beitrag zur Kartell- und
Milchpreisfrage.
Platz Wilhelm: Die reichsgesetzliche Mutterschaftsversicherung.
Wiest Heinrich: Die Fleischsteuer im Grossherzogtum Baden.
Qautier Friedrich: Interdiurne Wärmeänderungen an den badi¬
schen meteorologischen Stationen Karlsruhe, Villingen, Höchen¬
schwand.
Trendelenburg Paul: Physiologische und pharmakologische
Untersuchungen an der isolierten Bronchialmuskulatur. (Hab.-
Schr.)
Giessen.
Walther Adolf Richard: Beiträge zur Kenntnis der Vererbung der
Pferdefarben.
Stepp Wilhelm: Experimentelle Untersuchungen über die Bedeu¬
tung der Lipoide für die Ernährung. (Hab.-Schr.)
Koffka Kurt: Ueber Vorstellungen.
Göttingen.
H e u ii Walther: Impfzwang und Impfgegnerschait. Nach dem gel¬
tenden Strafrecht und preussischen Verwaltungsrecht.
v. Caron Hans: Untersuchungen über die Physiologie denitrifizieren-
der Bakterien.
Dreher Edgar: Methodische Untersuchung der Farbentonänderung
homogener Lichter bei zunehmend indirektem Sehen und veränder¬
ter Intensität.
Fred E. Br: Ueber die Beschleunigung der Lebenstätigkeit höherer
und niederer Pflanzen durch kleine Giftmengen.
Hodgson B. : Selbstevakuation in Geissleröhren.
Mulert Otto: Ueber die Thermochemie der Kieselsäure und der
Silikate.
Kaufmann Eduard: Probleme der Schilddrüsenpathologie. (Kaiser¬
geburtstagrede.)
Greifswald.
Baumbach Philipp: Geisteskrankheit als Ehescheidungsgrund.
Brandts A.: Die Haftpflicht nach dem Gesetz über den Verkehr
mit Kraftfahrzeugen.
Faust Bernhardus: De machinamentis ab antiquis medicis ad re-
positionem articulorum luxatorum adhibitis. Commentarius in
Oribasi librum XLIX.
Friedenberger Afdred: Die Schwermut in Le’naus Leben.
Langerstein Julius: Die Entvölkerung des platten Landes in
Pommern von 1890 bis 1905 und ihre Ursachen.
Schl unke Otto: Die Lehre vom Bewusstsein bei Heinrich
R i c k e r t.
Schuhmann H. : Wundts Lehre vom Willen.
Halle.
Baxmann Alfred: Absorption und Geschwindigkeitsverlust der
^-Strahlen des Radiums.
E v e r 1 i n g Emil : Geschwindigkeit von Elektronen, die durch weiche
Röntgenstrahlen erzeugt werden.
Griepentrog Ewald: Untersuchung über den Einfluss von
Lebensstellung und Beruf auf die Todesursache.
Lindrum Willi: Die Beziehungen zwischen Oberflächen- und
Tiefenwirkung harter Röntgenstrahlen ohne und mit Benutzung
von Filtern.
Thienemann Martin: Untersuchungen über die Kriminalität in
der Provinz Ostpreussen.
Jantzen Hans: Farbenwahl und Farbengebung in der holländischen
Malerei des 17. Jahrhunderts. (Hab.-Schr.)
Heidelberg.
Busse Arthur: Die gewerbs- und gewohnheitsmässigen Verbrecher
und ihre Behandlung. Ein Beitrag zur Frage der sichernden Mass¬
nahmen.
Capelle Franz: Der Verkauf der Praxis.
David Ludwig: Die Ehescheidung bei Geisteskrankheit.
Johnsen Karl : Die Leiche im Privatrecht. Zugleich ein Beitrag zur
Lehre vom Recht am eigenen Körper.
Mannheimer Fritz: Die Einwilligung in eine Körperverletzung.
Müller Franz Arthur: Die sog. widernatürliche Unzucht.
Neuberger Eugen: Die strafrechtliche Haftung des verantwort¬
lichen Redakteurs nach § 20 Abs. 2 des Reichspressgesetzes.
Petters Walter: Der Mädchenhandel und seine Bekämpfung nach
geltendem und künftigem Reichsstrafrecht.
Sauer Alfred: Frauenkriminalität im Amtsbezirk Mannheim.
Schräder Hans W. : Manuskript und Druckschrift und ihre Stel¬
lung im literarischen Urheberrecht.
Schuchart Erich: Die Strafsatzungen des deutschen Nahrungs¬
mittelrechtes.
Tomforde Hans: Das postalische Zeitungsabonnement in seiner
rechtlichen Bedeutung.
Auer Wilhelm: Die Wohlfahrtseinrichtungen der Kgl. wiirttem-
bergischen Verkehrsanstalten unter Einbeziehung der Pension.
Schmitt Fritz: Die Bevölkerungsbewegung der badischen Amts¬
bezirke Adelsheim und Buchen in den Jahren 1895 — 1905 und ihre
Ursachen.
Steuer Philipp: Kosten und Preisstellung der kommunalen Wasser¬
versorgung.
Fellner Maria: Untersuchungen über radioaktive Substanzen.
Gross Walter: Experimentelle Untersuchungen über den Zusammen¬
hang zwischen histologischen Veränderungen und Funktionsstö¬
rungen der Nieren. (Hab.-Schr.)
Jena.
Barthel Waldemar : Die Psychologie in der Religionsphilisophie.
S c h e r t e 1 Ernst : S c h e 1 1 i n g s Metaphysik der Persönlichkeit.
Mense Rudolf: Moral und menschliche Grösse.
Metzner Max: Die soziale Fürsorge im Bergbau unter besonderer
Berücksichtigung Preussens, Sachsens, Bayerns und Oetserreichs.
Tremöhlen Ernst: Wohnungsfrage für Industriearbeiter in der
Provinz Westfalen unter besonderer Berücksichtigung des Klein¬
wohnungsbaues.
Hegner Karl August: Zur Verteilung der überwindbaren Höhen¬
fehler im Blickfelde. (Hab.-Schr.)
Schaxel Julius: Versuch einer zytologischen Analysis der Ent¬
wicklungsvorgänge. T. i. die Geschlechtszellenbildung und die
normale Entwicklung von Aricia foetida Clap. (Hab.-Schr.)
Kiel.
Birk Walter: Untersuchungen über den Stoffwechsel des neuge¬
borenen Kindes. (Hab.-Schr.)
Bitter Ludwig: Ueber das Absterben von Bakterien auf den wich¬
tigeren Metallen und Baumaterialien. (Hab.-Schr.)
Schlecht Heinrich : Ueber experimentelle Eosinophilie nach par¬
enteraler Zufuhr artfremden Eiweisses und über die Beziehungen
der Eosinophilie zur Anaphylaxie. (Hab.-Schr.)
Zoeppritz Heinrich: Der Nachweis von okkultem Blut im Stuhl
und Mageninhalt und seine Beziehungen zur Diagnose chirur¬
gischer Magenkrankheiten, insbesondere zur Frühdiagnose des
Magenkarzinoms. (Hab.-Schr.)
Königsberg.
Abernetty Gualterus: De Plutarchi qui fertur de superstitione
libello.
Grossgerge Gualtharius: De Senecae et Theophrasti libris de
matrimonio.
Küster Bruno: De tribus carminibus papyri Parisinae magicae.
Leipzig.
Echte Karl: Die Fürsorgeerziehung nach sächsischem Rechte und
ihre Einwirkung auf die elterliche Gewalt.
Hahnemann Arno: Die Fürsorgeerziehung nach dem sächsischen
Gesetze vom 1. Februar 1909 unter Ber. der Novelle vom 1. Juni
1912.
Hartwig Alfredo: Die Körperverletzung eines Einwilligenden nach
dem Reichsstrafgesetzbuch. Fritz Loeb.
434
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Vereins- und Kongressberichte.
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 19. Februar 1913.
Vor der Tagesordnung demonstriert Herr Casper einen Patien¬
ten, dem er vor längerer Zeit wegen Tuberkulose eine Niere exstir-
piert hatte. Die Blasentuberkulose heilte erst aus, nachdem er den
Ureter der anderen Niere lumbal eingenäht hatte. Eine Infektion der
anderen Niere trat nicht ein.
Tagesordnung:
Herr E. A r o n: Zur Aetiologie der Gefässerkrankungen beim Dia¬
betes. (Kurzer Vortrag.)
Atheromatose ist beim Diabetes häufig. Die Ursache ist un¬
bekannt, es wird die Erkrankung der Leber, ferner Syphilis ange¬
schuldigt. Eine grosse Rolle spielt die chronische Ueberlastung des
Blutgefässsystems, besonders bei Biertrinkern etc., ebenso durch
grosse Mengen fester Nahrung. Beide Faktoren tragen beim Diabetes
zur Erkrankung des Gefässsystems bei. Der Blutdruck ist bei Dia¬
betes oft erhöht; dies muss zur Hypertrophie des linken Ventrikels
führen, die sich in etwa 13 Proz. bei der Sektion vorfindet. Doch
wurde der Befund meist auf daneben bestehende Nierenaffektionen
bezogen.
Diskussion: Herr Muskat demonstriert ein Röntgenbild
eines Diabetikers mit arteriosklerotischen Veränderungen am Fusse.
Herr Felix Hirschfeld: Grosse Mengen von 5 — 10 Litern
Getränk werden nur von schwersten Fällen, besonders im Kindesalter,
zugeführt. Auch bei Gicht tritt Arteriosklerose auf, ohne dass viel
Flüssigkeit einverleibt wurde. Bei leichten und mittleren Fällen von
Diabetes ist der Blutdruck meist eher erniedrigt.
Herr J. Israel: Viele Fälle der diabetischen Gangrän beruhen
auf Arteriosklerose und für diese Fälle trifft die Erklärung des -Vor¬
tragenden nicht zu.
Herr Aron: Schlusswort.
Herr Orth: Ueber die Bedeutung der Rinderbazillen für den
Menschen.
Ueber wichtige Fragen der Pathologie herrschen noch Unklar¬
heiten: über den Heilwert oder Nichtheilwert des Tuberkulins, und
über die Bedeutung der Rindertuberkelbazillen für den Menschen,
die Kirchner (in der „Woche“) und Klemperer (in der Berl.
med. Gesellsch.) für fast belanglos erklärt haben.
Zur Klärung der Frage versagt die Morphologie. Jedoch erlaubt
die experimentelle Bakteriologie, den Typus humanus und bovinus zu
trennen durch Beobachtung der Wuchsformen auf verschiedenen
Nährböden, durch den Tierversuch am Kaninchen, das nur durch
bovine Bakterien schwer erkrankt.
Zwischen Tuberkulose der Kinder und der Erwachsenen be¬
stehen tiefgreifende Unterschiede. Nach D e 1 e p i n e spielt die Lun¬
gentuberkulose im Kindesalter eine geringe Rolle, umgekehrt bilden
im erwachsenen Alter wieder die nichtphthisischen Veränderungen,
die das Kindesalter beherrschen, eine kleine Ziffer der englischen
Millionenstatistik.
Nach Vortr. werden etwa 10 Proz. aller Kindertuberkulosen durch
den Typus bovinus bedingt, in New York hat man gleiche Zahlen er¬
halten. Kossel kommt zu folgenden Zahlen:
Zahl
der Fälle:
Typus
Knochentuberkulose
69
4,3
Meningitis tuberc.
28
10,7
Generalisierte Tuberkulose
134
23,8
Tuberkulose der Halsdrüsen
106
40,0
Abdominaltuberkulose
47
49,0
Fraser in Edinburgh hat in 67 Fällen von Knochen- und Ge¬
lenktuberkulose 42 mal den Typus bovinus; in den ersten 5 Lebens¬
jahren von 47 Fällen 32 mal den Typus bovinus, im ersten Jahr unter
4 Fällen 4 mal den Typus bovinus, im zweiten Jahr unter 12 Fällen
9 mal den Typus bovinus.
War in der Familie der \ fand er
Kinder Tuberkulose f den Typus humanus den Typus bovinus
in 71 Proz. in 29 Proz.
War keine Tuberkulose \ so fand er
in der Familie / den Typus humanus
in 17 Proz.
den Typus bovinus
in 83 Proz.
Ebenso fand sich bei Brustkindern der Typus bovinus nur in 7
von 26 Tuberkulosefällen, gegenüber 35 von 41 mit Kuhmilch er¬
nährten. Aehnlich sind die Befunde im Babies Hospital in New York.
Neufeld hat über 131 Kinder, die Milch von kranken Kühen
genossen, berichtet, bei keinem konnte Perlsucht als Krankheits¬
erreger nachgewiesen werden, aber in 8,3 Proz. hatten die Kinder
immerhin fragliche Erscheinungen aufgewiesen, die event. auf Rin¬
derbazillen zu beziehen sind.
Dass nicht alle Kinder, die Milch von tuberkulösen Rindern trin¬
ken, erkranken, liegt am Fehlen der Disposition. Darum ist auch der
Selbstversuch von Klemperer nicht beweisend.
Die Rindertuberkelbazillen sind daher für den Menschen nicht
indifferent. Vortr. führt die Verhandlungen des Reichsgesundheits¬
amts, den Internationalen Tuberkulosekongress in Rom u. a. an, die
zu gleichen oder ähnlichen Resultaten gelangt sind.
Mit der Feststellung der Typen ist die Frage nach der Rolle der
Rindertuberkelbazillen nicht erschöpft; es gibt sicher Uebergangs-
formen (Mutationen), in denen sich die Typenfeststellung nicht er¬
möglichen lässt. Zweifelsohne besteht allerdings oft eine Konstanz
der Typen, und Mischinfektionen mit 2 reinen Formen werden oft
festgestellt. Demgegenüber stehen aber die atypischen Formen. Be¬
weisend für die Mutationen sind die Versuche von Eber, der bei
17 Kindern 6 mal Typus bovinus, bei 14 Erwachsenen 1 mal Typus
bovinus fand; 3 mal bei den Kindern und 4 mal bei den Erwachsenen
jedoch Bazillen, welche erst nach mehreren Passagen die Eigen¬
schaften von Rindertuberkelbazillen annehmen.
Die erworbene Immunität verhinderte nicht endogene oder exo¬
gene Reinfektionen, nicht nur bei massigen Infektionen. Bei Meer¬
schweinchen bewirkt eine mitigierte Verimpfung bei Reinfektion das'
Zustandekommen einer Phthise, die sonst bei Meerschweinchen nicht
beobachtet wird. Aehnlich ist es, wenn man ein Kaninchen mit
humaner Tuberkulose verimpft und mit Rindertuberkulose nachimpft.
Es ist so die Möglichkeit gegeben, dass auch beim Menschen die Lun¬
gentuberkulose auf dem Boden einer Rindertuberkulose erwächst.
Im Gegensatz zu Behring-Römer ist er aber der Ansicht, dass
es sich hier um exogene Reinfektion handeln kann (Anführung eines
beweisenden Falles). Doch hat nicht jede Lungentuberkulose diese
Genese. Dass gerade die Lunge erkrankt, erklärt Vortr. durch die
logisch zu fordernde örtliche Disposition.
Der Kampf gegen die Bazillen des Typus bovinus ist daher eben¬
so wie der gegen den Typus humanus aufzunehmen.
Wolff-Eisner.
Berichtigung.
Zu dem in No. 3 (S. 163) dieser Wochenschrift erschienenen Be¬
richt über den in der Berliner medizinischen Gesellschaft (Sitzung
vom 15. I. 13) gehaltenen Vortrag über „Hornhautanästhesie
durch China-Alkaloide“ möchten wir ergänzend und be¬
richtigend noch folgendes hinzufügen.
Die untersuchten, hervorragend anästhetisch wirkenden Verbin¬
dungen sind Derivate des Hydrochinins, und zwar dessen höhere
Homologen (Isopropyl hydro cuprein, Isobutylhydro-
cuprein und Isoamylhy drocuprein).
Die erwähnte mehrtägige Anästhesie der Cornea wird durch rela¬
tiv höhere Konzentrationen hervorgerufen, während geringere Kon¬
zentrationen (0,08 proz. bis 0,125 proz. Lösungen der Chlorhydrate:
der Alkoloide in Wasser) regelmässig eine nur 30 — 90 Minuten
währende vollständige Anästhesie der Cornea erzeugen. Die Ver¬
bindungen erweisen sich in dieser Versuchsanord¬
nung 20 — 25 m a 1 wirksamer als das Kokain. Am stärk¬
sten wirkt das Isoamylhydrocuprein, dessen Lösung
auch bei den in der Diskussion erwähnten Versuchen Dr. U n k e r ,i
zur Infiltrationsanästhesie benutzt wurde.
Die in dem Bericht abgebildete Konstitutionsformel gibt natür¬
lich nur den Teil des kompliziert gebauten Moleküls wieder, der dem
Chinolinanteil des Hydrochinin entspricht. Indem die Metii-
oxygruppe des Hydrochinin durch die höheren Alkoxygruppen er¬
setzt wird, gelangt man zu den von uns geprüften und besonders
wirksam befundenen höheren Homologen.
J. Morgenroth und S. Ginsberg.
- : —
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 17. Februar 1913.
Herr B a g i n s k y widmet dem scheidenden Prof. Heubne
einige Abschiedsworte.
Herr Kraus weist auf die nahe Beziehung der inneren Medi
zin zur Kinderheilkunde hin und dankt Herrn Heubner dafür, das:
er die Verbindung mit dem Verein für innere Medizin hergestellt hat
Er rühmt die klare Sachlichkeit des Scheidenden, der in der Fakultii
nicht der Führer der Fraktion Heubner war, sondern oft die ganz-
Fakultät geführt hat.
Herr Heubner dankt für die ihm übertragene Ehrenmitglied
Schaft des Vereins für innere Medizin.
Herr Bagin sky hält einen Nachruf auf seinen Schüler Na
t h a n, ferner auf den Pädiater von Neapel Francesco F e d e, der sic!
in Italien um die Entwicklung der Medizin grosse Verdienste erworben
hat und als Vater der italienischen Pädiatrie zu gelten hat. Er wa
ein intimer Freund Baccellis.
Tagesordnung:
Herr Biesalski: Die spastischen Lähmungen der Kinder uw
ihre Behandlung.
Vortr. beschränkt sein Gebiet auf die Hemiplegien und Para:
plegien (Diplegien).
Der Sitz der spastischen Lähmungen liegt im Gehirn; sie gehe
meist von den Gefässen aus (Embolien und Hämorrhagien). Aetio
logisch spielen angeborene Veränderungen. Vorgänge intra partim
und Infektionskrankheiten eine Rolle.
5. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
435
Die spastischen Krankheitsbilder setzen sich meist aus 3 Faktoren
usammen :
1. die Lähmung,
2. die Spasmen,
3. die unwillkürlichen Bewegungen (Athetosen, ataktische Be¬
wegungen).
Die Athetose ist operativ nicht zu beseitigen (höchstens durch
enotomien in Fällen, wo die Athetose nur bei intendierten Be-
egungen eintritt), die ataktischen Bewegungen sind durch Uebungs-
lerapie zu beeinflussen.
Nach Förster kommen die Erscheinungen dadurch zustande,
ass die Hemmungsfasern in den Pyramidenbahnen besonders stark
Iteriert sind. Die peripheren Reize werden dann ebenfalls nicht ge-
ämpft und hierdurch wird die Tätigkeit der Vorderhörner des
iickenmarks stark gesteigert.
Die Behandlung der spastischen Lähmungen im Kindesalter steht
nd fällt mit der Uebungstherapie. Alle operativen Eingriffe können
ur die Vorbedingungen bessern.
Fast stets befallen die Kontraktionen die Beuge (phylogene-
sches Moment, Wirkung der Bettdecke). Spastische Luxationen
vVeber) treten oft infolge der dauernden Wirkung der Muskel-
ontraktionen ein (Luxation des Femurkopfes, der Patella, des
adius).
Die einfachste Beseitigung der Kontraktur ist das Redressement,
vent. in Verbindung mit Tenotomie. Die Kinder werden überkorri-
iert eingegipst. Der Verband darf nur kurze Zeit liegen; Sehnen-
erpflanzungen können im allgemeinen nur selten angewandt werden,
esonders am Fuss.
Das Resultat wird durch Schienenhülsenapparate festgehalten,
chwachsinn ist keine Kontraindikation. Die Möglichkeit der freien
ortbewegung ruft oft die Intelligenz hervor.
Die Beseitigung' des nervösen Faktors geschieht durch Ex-
tirpation erkrankter Hirnrindenteile. Förster unterbricht den
eflexbogen, indem er intradural die hintere Wurzel durchschneidet,
'er Eingriff bedingt stets schwere Komplikationen, schafft jedoch in
:h\veren Fällen, die hier allein in Betracht kommen, Besserungs-
löglichkeiten.
Stoffel operiert auch im Reflexbogen, aber im motorischen
nteil, indem die Nerven bis in den Muskel präpariert und z. T.
urchschnitten werden. Durch Einengung der Leitungsbahn werden
le Impulse vermindert und der augenblickliche Erfolg ist ein
hänomenaler, muss jedoch durch sofort einsetzende Uebung fest-
Hialten werden. S p i t z y versuchte durch Nerventransplantationen
men Teil der überschüssigen Impulse auf Antagonisten zu ver-
rlanzen, wobei die neu studierten Verhältnisse der topographischen
erteilung der Nervenstränge berücksichtigt werden müssen.
Die Uebungen an spastischen Muskeln sollten jeden Tag zirka
echs Stunden durchgeführt werden, ohne Unterbrechung am
onntag. Für Qehiibungen ist am zweckmässigsten der preussische
arademarsch.
Die operativen Eingriffe ergänzen sich und können nacheinander
nwendung finden.
Unbekannt ist bisher, ob bei spastischen Lähmungen Selbst¬
eilungen zustande kommen.
Diskussion: Herr Rothmann verweist auf die Befunde,
ach denen man am Tier Hirnzentren oder Pyramidenbahnen weg-
ehmen kann, ohne dass Spasmen auftreten, wenn die Tiere sich
ewegen. Dass beim Menschen so leicht Spasmen Vorkommen, liegt
i der Vernachlässigung vieler Muskelgruppen infolge des aufrechten
anges. Die bevorzugten Muskeln restituieren sich früher und gehen
ann in Kontraktur. Durch baldige Uebung der Antagonisten kann
ian die Selbstheilung der Spasmen sehr befördern, besonders durch
chuttelbewcgungen. Bei der Förster sehen Operation werden
ie Impulse auch für die Antagonisten geschädigt. Die S t o f f e 1 sehe
peration ist daher die physiologisch bessere.
Herr B i e s a 1 s k i (Schlusswort) : Die Förster sehe Operation
at an der oberen Extremität nie zu einem Erfolg geführt, hier kommt
IJr Stoffel sehe Operation in Betracht. Wolff-Eisner
Gesellschaft- für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
IX. Sitzung vom 30. November 1912.
Vorsitzender : Herr Schmaltz.
Tagesordnung.
Herr Prof. Dr. Brandes (als Gast) : Aus der Lebensgeschichte
lenschlicher Parasiten.
Der am weitesten verbreitete menschliche Eingeweidewurm ist
Wuris vermicularis. Er ist nicht so harmlos, wie man meistens
jemt, da ei durch seine nächtlichen Wanderungen in die Vulva
einer Mädchen zu frühen Onanien und damit zu schweren nervösen
torungen Veranlassung gibt. Die gewöhnlichen ärztlichen Ver-
runungen (Klistiere und Wurmmittel) bleiben meist wirkungslos,
eil die kleinen Springschwänze in ihren Schlupfwinkeln den Mitteln
lelfach Irotz bieten, besonders aber weil der Patient sich während
er 'yir fortwährend von neuem infiziert. Die Aufgabe des be-
anaelnden Arztes muss also in erster Linie die Ausschaltung der
euinfektion sein, in zweiter Linie kann damit auch eine direkte
Behandlung Hand in Hand gehen, die zur Beschleunigung der Be¬
freiung von den Peinigern dienen mag, jedenfalls haben die Würmer
nri Darm eine beschränkte Lebensdauer und aus ihren Eiern können
sich nicht an Ort und Stelle neue Würmer entwickeln. Es ergibt
sich also die Notwendigkeit, zu verhindern, dass der Patient Eier
des Wuimes in den Mund bringt. Die Eier enthalten bereits im
Muttertier beim Verlassen des menschlichen Körpers den voll ent¬
wickelten Embryo, und da das Hervorkriechen der Würmer ein
lebhaftes Jucken am After verursacht, kratzt sich der Schlafende,
zerdrückt auf diese Weise die Würmer und bekommt Eier unter die
Nagel oder an die Finger. Unter solchen Umständen ist leicht eine
Neuinfektion möglich. Der Patient muss sich daher nicht nur grösster
Sauberkeit befleissigen, sondern vor allem nachts eine Art Badehose
aus dichtem Stoff tragen, die ihm die Berührung des Afters unmöglich
macht.
Ausserdem behandelt Vortr. den Grubenwurm (Dochmius duo-
denalis), den Spulwurm (Ascaris lumbricoides), die Fadenwürmer
(Filaria immitis, Bankrofti, medinensis, loa) und berücksichtigt
dabei besonders die Verschiedenartigkeit der Entwicklung und der
Infektionsmöglichkeiten, die bei der letzten Gruppe bald durch
Trinken von unreinem Wasser, bald durch Stiche blutsaugender
Insekten geboten werden können. Von den Trematoden werden
besonders die neueren Untersuchungen über Bilharzia haematobia
und von den Cestoden die über den Zwergbandwurm, Taenia nana,
besprochen.
Diskussion: Herr Crede: Vor 2 Jahren hat Schümann
in der Gesellschaft über die Häufigkeit von Fremdkörpern im Wurm¬
fortsatz berichtet. Auf Grund der an sehr umfangreichem Material
angestellten Untersuchungen — sie betrafen grossenteils Kranke der
Crede sehen Abteilung — ergab sich damals, dass in etwa 1 Proz.
der Fälle Fremdkörper nachzuweisen waren. Seit Beginn dieses
Jahres hat nun Crede alle operativ entfernten Wurmfortsätze —
bis jetzt 168 — mit besonderer Sorgfalt untersuchen lassen; dabei
stellte sich heraus, dass in 10 Proz. der Fälle der Oxyuris vermi¬
cularis vorhanden war. ln einer ganzen Reihe von Fällen zeigten
sich an der Stelle, wo die Oxyurennester sich befanden, bereits
deutliche Erosionen. Diese können sich leicht zu Geschwüren ent¬
wickeln und im weiteren Verlaufe zu Gangrän und Perforation des
Wurmfortsatzes führen.
Herr Kyaw bemerkt, dass er sich früher mit Untersuchungen
über die Parasiten des Tick-fever beschäftigt habe; dabei habe er
mehrfach beobachtet, dass die Parasiten zu Zeiten ganz aus dem
Blut verschwanden und später von neuem darin auftraten. Er
fragt den Vortragenden, wie diese Erscheinung zu erklären sei.
Herr Brandes: Beim Tick-fever oder Texasfieber handelt es
sich um eine Pirosomenart. Wie es bei diesen Parasiten mit der
Verteilung im Blute steht, ist nicht bekannt. Bei der Filarienkrank¬
heit sind die Parasiten in den Gefässen der Hautpartien nicht jeder¬
zeit nachzuweisen, sondern nur in der Zeit von etwa 6 Uhr abends
bis 6 Uhr morgens. Das hängt jedenfalls mit einer gewissen Er¬
schlaffung der Kapillaren in der Haut zusammen.
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1636. ordentliche Sitzung vom 20. Januar 1913 im
Sitzungssaal, abends 7 Uhr.
Vorsitzender: Herr Flesch.
Schriftführer : Herr B e n a r i o.
Demonstrationen:
Herr Fischer: Pathologisch-anatomische Präparate.
Diskussion zu dem Vortrag des Herrn Boehncke: Be¬
obachtungen bei der Chemo-Serotheraoie der Pneumokokkeninfek-
tion. Vergl. diese Nummer S. 398.
Herr Weisbecker erwähnt unter Bezugnahme auf seine
früheren Arbeiten über Rekonvaleszentenserum bei Pneumonie und
anderen akuten Infektionskrankheiten, dass er für die Pneumonie den
experimentellen Beiweis erbracht habe, dass das menschliche
Pneumonierekonvaleszentenserum äusserst wirksam
sei; es seien diese Versuche vor 10 Jahren hier am Seruminstitut
ausgeführt worden, und es habe sich gezeigt, dass ein von W. dar¬
gestelltes Pneumonierekonvaleszentenserum schon in Dosen von 0,01
— in einem Falle sogar 0,004 — Tiere gegen die tödliche Pneumo¬
kokkeninfektion zu schützen vermochte. Die Versuche mit Rekon¬
valeszentenserum hätten bessere Resultate ergeben, als gleichzeitig
angestellte Parallelversuche mit Pneumokokkenserum, das von
Tieren gewonnen war. Es hätte also das Rekonvalezentenserum das¬
selbe geleistet, wie die von Herrn Boehnke angewandten beiden
Mittel — Tierpnenmokokkenserum zusammen mit Chemikale — , das
spräche für die Ueberlegenheit des Rekonvaleszentenserums. W.
glaubt, dass durch das Rekonvalezentenserum sofort die Krankheits¬
erreger abgetötet würden, so dass wir es mit einer Therapia
sterilisans im Sinne Ehrlichs zu tun hätten. W. hat darauf be¬
reits in einer Arbeit, die im Jahre 1903 erschien, aufmerksam gemacht.
W. hat seine Versuche mit Rekonvaleszentenserum auch bei anderen
Krankheiten (Masern, Scharlach, Typhus, Diphtherie) angestellt und
auch da gute Erfolge erzielt. Die Versuche seien auch von anderer
Seite mit Erfolg ausgefiihrt worden, neuerdings auch im hiesigen
No. 8.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Stadtkrankenliaus hei Scharlach von R e i s s. W. glaubt, dass nach
diesen experimentellen Untersuchungen und den bereits vorliegenden
klinischen Beobachtungen dem Rekonvaleszentenserum eine bedeut¬
same Heilkraft innewohnt und gibt der Hoffnung Ausdruck, dass die
Versuche mit demselben weiter fortgesetzt werden möchten.
Herr Boehnke: Schlusswort.
Vortrag:
Herr Alt mann und Herr Georges Dreyfus: Salvarsan und
Liquor cerebrospinalis bei Friihsyphilis. (Erscheint ausführlich in
dieser Wochenschrift.)
1638. ausserordentliche Sitzung vom 10. Februar 1913
siehe Seite 443 dieser Nummer.
Aerztlicher Verein in Hamburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 11. Februar 1913.
Vorsitzender: Herr Kümmell.
Herr Max Fraenkel demonstriert Mikrophotogramme eines
Falles von akuter multipler Sklerose, der einen 27 jährigen Maurer
betraf und in 2 Ya Monaten zum Tode führte. Die Diagnose konnte
schon in vivo gestellt werden, indem fast alle Symptome der mul¬
tiplen Sklerose sich in rascher Aufeinanderfolge entwickelten. Bei
der Sektion war makroskopisch nichts zu erkennen. Das gehärtete
und gefärbte Bild liess die sklerotischen Herde, besonders in ihrer An¬
ordnung um die Gefässe herum, gut erkennen.
Herr Plate: 1. 48 jähriger Arbeiter, fiel von 5 m Höhe auf den
Nacken; nach kurzer Bewusstseinsstörung fähig, weiter zu arbeiten.
Nach mehreren Wochen Krankenhausaufnahme wegen Nackenschmer¬
zen; Hals wird steif gehalten, Drehung und Beugung möglich. Ex¬
quisiter Stauchungsschmerz. Im Liegen beschwerdefrei. Diagnose:
Wirbelfraktur, im Röntgenbilde bei einer Aufnahme von vorne nach
hinten bei geöffnetem Munde als Fraktur des Bogens des 4. Hals¬
wirbels festgestellt. Kein Kallus bisher, keine Dislokation.
2. Fall von Hüftgelenkserkrankung auf gonorrhoischer Basis.
3. Verbesserter Vibrator (Reiniger, Q e b b e r t & Schall),
der 18 240 Erschütterungen pro Minute machen kann.
Herr Seeligmann: 24jährige Patientin, August 1911 Exstir¬
pation eines 10 Pfund schweren, intraligamentär entwickelten Ovarial-
sarkoms, das mit dem Uterus verwachsen war. Mai 1912 Rezidiv,
das rapid wächst, so dass Pat. nicht gehen und sitzen konnte. No¬
vember 1912 Probelaparotomie, welche erkennen lässt, dass der
Tumor retroperitoneal von den Lymphdriisen ausgeht. Behand¬
lung mit Arsazetin und Röntgen führte zu völliger
Heilung!
Herr B ö 1 1 i g e r demonstriert einen 29 jährigen Mann, bei dem
eine Quecksilberinjektion eine Lähmung des N. ischiadikus, vornehm¬
lich im Peroneusgebiet, veranlasst hat.
Herr Kotzenberg: a) Blutzyste in der linken Niere einer
34 jähr. Dame. Seit etwa 10 Jahren konstante Schmerzen in der
rechten Nierengegend mit zeitweise heftigen Koliken, Blutungen
und zeitweise hohen Temperaturen, partielle Nierenresektion. Heilung.
b) Pyonephrosis calculosa. Der Stein verschliesst zapfenförmig
den Ureter. Das Gewebe der Niere ist in Fett umgewandelt.
Nephrektomie. Heilung.
Herr H e g 1 e r demonstriert Photographien und Sektionspräpa¬
rate eines Falles von weiblichem Bartwuchs: Die 32jährige Kranke
ging nach mehrwöchentlicher genauer klinischer Beobachtung an einer
Phthise und Amyloid zugrunde. Die exquisite Bartentwicklung war
seit dem Einsetzen der Menses im 18. Lebensjahr derart in die Er¬
scheinung getreten, dass Pat. sich auf Jahrmärkten sehen liess. Bei
der Sektion fand sich ein stark entwickeltes Epoophoron. Die
Bedeutung eines derartigen lokalen Hermaphroditismus gibt Ver¬
anlassung, in ähnlichen Fällen mehr, als bisher geschehen, auf die
rudimentären Organe zu achten.
Herr Eugen Fraenkel zeigt die Knochen dieses Individuums,
die einen ganz besonderen, seltenen Befund darbieten. Sie zeichnen
sich durch eine kastanien- oder schokoladebraune Färbung aus, eine
Färbung, die sich auf die Knochen allein und das Dentin der Zähne
beschränkt, Knorpel und Periost frei lässt. Aehnliche Befunde kennt
man in der Tierpathologie. „Die Ochronose der Tiere“ nennen die
Tierärzte dieses Bild. Mit der Virchow sehen Ochronose hat das
Bild nichts gemein, indem die Ochronose eine schwärzliche Ver-
fäibung der Knorpel macht, während der Knochen gänzlich frei bleibt.
Bedingt ist die Färbung durch ein Blutpigment und zwar handelt es
sich um Hä matoporphyrin. Fraenkel bespricht die bis¬
herigen Ar beiten über diesen Gegenstand (S c h m o r 1, Pick, G ii n -
t h e r). Die Hämatoporphyrie mit Hämatoporphyro-
s i s o s s e u m ist ein in der menschlichen Pathologie völlig neues
Bild. Klinisch war eine Braunfärbung des Gesichtes, der Hände und
der Vorderarme aufgefallen. Diese Pigmentablagerung in den unbe¬
deckten Organen beruht auf photodynamischen Vorgängen (Hydroa
aestivalis) In der letzten Zeit der Beobachtung war der Urin frei
von Hämatoporphyrin. Gleichwohl ist eine Störung in den hämato-
poetischen Organen anzunehmen; Milz, Leber, Knochenmark und
Lymphdriisen zeigten eisenhaltiges und eisenfreies Pigment, was auf
einen ausgiebigen Zerfall von roten Blutkörperchen schliessen lässt.
Herr Schümm bespricht den spektroskopischen Nachweis des
Hämatoporphyrins in den Knochen und in den Eingeweiden. In den
Knochen gelang es, durch direkte Spektroskopie eines
dünnen Knochenschliffes die charakteristischen Absorp
tionsstreifen zu erkennen.
Herr Jacobsthal: Ueber die praktische Bedeutung der W a s-
s e r m a n n sehen Reaktion.
Wird in der nächsten Sitzung beendet. Werner.
Biologische Abteilung des ärztlichen Vereins in Hamburg
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 10. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr Haenisch.
Schriftführer: Herr Kehl.
Demonstrationen:
Herr O. Sc hu mm: Ueber den Nachweis von Alkohol in der
Spinalflüssigkeit.
Vor einiger Zeit hat Herr Dr. Schottmüller hier über Unter¬
suchungen berichtet, die den Nachweis von Alkohol in der Spinal
fliissigkeit von Säufern zum Gegenstand hatten. Es handelte sich uni
eine kleinere Zahl von Analysen, die in der Mehrzahl von mir ausgej
führt worden sind. Ich benutzte hauptsächlich die Liebenschi
Probe, die man, je nachdem es sich um den Nachweis von Azetoi
oder Alkohol handelt, in etwas verschiedener Weise ausführt. Wi!
man auf Azeton prüfen, so ist eine Erwärmung des Reagensge.
misches überflüssig, denn das Azeton reagiert auch in stärksten Ver
diimnmgen mit dem Jod recht schnell. Das Erhitzen kann bei An
Wesenheit geringster Mengen Azeton sogar eher nachteilig
wirken, da die winzigen Mengen des sich bildenden Jodoforms zun
Teil verdampfen können. Wässerige Alkohollosungen mit ge
ringem Alkoholgehalt verhalten sich insofern abweichend, als sin
mit dem Jod bei gewöhnlicher Temperatur sehr langsam reagieret
Will man solche Lösungen auf Alkohol prüfen, so erwärmt man da
Reagensgemisch vorsichtig auf 50 —60°, fügt bei eingetreteuer Ent
färbung noch tropfenweise Jodjodkaliumlösung bis zur Gelbfärbuii:
hinzu, die auch nach mehreren Minuten noch bestehen soll, und lass
das verschlossene Glas eine Reihe von Stunden, eventuell bis zun
nächsten Tage, stehen. — Auf Grund dieses verschiedenen Ver;
haltens kann man mit Hilfe der „kalten“ und „heissen“ Jodoform
probe bei vorsichtiger Handhabung unter Umständen beide Stoff
nebeneinander nachweisen, wobei auf Anwesenheit von Alkohol nu
dann geschlossen werden darf, wenn ein augenfälliger Unterschiej
in der Menge des bei der kalten und bei der heissen Probe gebildete
Jodoforms (und zwar zugunsten der letzteren) besteht, ln dieser
Sinne positive Befunde sind damals mitgeteilt worden. Da meine Ver
suche über das Verhalten sehr dünner Lösungen von Azetaldehv
gegenüber der kalten und heissen Jodoformprobe derzeit noch nid
abgeschlossen waren, habe ich damals die einschränkende Bemerkunl
gemacht, dass für den positiven Ausfall der Reaktion vielleicht auc
der Azetaldehyd verantwortlich gemacht werden könne. Niclij
flüchtige „jodoformbildende“ Substanzen waren ja durch di
Destillation ausgeschaltet worden. — Selbstverständlich bestand dtj
Wunsch, die damaligen Beobachtungen in rein chemischer Hinsict
zu erweitern. Da die an Dr. Schottmüllers Material sehe
früher angestellten Versuche zur Abscheidung des Alkohols in Sul
stanz fehlgeschlagen waren und demnach Mengen ii her 1 Bro
jedenfalls nicht erwartet werden konnten, so stellte ich weitei
Versuche mit der Platin - Oxydationsprobe an, die id
schon in einem der früheren Fälle, freilich mit negativem Erfolge, ai
gewandt hatte. Diese von G a d a m e r in seinem vortrefflichen Werf
über toxikologische Chemie als einzige für Ae thy laikohl
spezifische Reaktion gekennzeichnete Probe, erwies sich
der ursprünglichen Ausführungsform nach Taylor-Buchhei
als zu unempfindlich. Empfindlicher ist die von Gadamer ang'
gebene Ausführungsform. . - ,
Für die Untersuchung der Spinalflüssigkeit fand ich rolgem
Ausführungsform geeignet.
Etwa 10 ccm Spinalflüssigkeit werden aus einem Kolben dest
liert, bis etwa 3— 4 ccm übergegangen sind. Dieses Destillat unte
wirft man in einem besonderen kleinen Apparat, der vom Vorbagc
den demonstriert wird, der Oxydationsprobe. Der Apparat beste
aus einem Fraktionskölbchen von ca. 20 ccm Inhalt, einem mit sor
fähig gereinigten Platinmohr beschickten Oxydationsrohr und ein
eigenartig gestalteten Vorlage. Die 3 Teile lassen sich vermöge u
Schliffstellen luftdicht mit einander verbinden. Eine sehr klei
Menge des Destillats prüft man auf Azetaldehyd. Die Hauptmen
füllt man in das Fraktionierkölbchen, fügt das Oxydationsrohr an. t
hitzt über freier Flamme bis nahe zum Sieden und erhält die Flussi
keit kurze Zeit in ganz gelindem Sieden. Sobald die Flüssigkeit zier
lieh heiss geworden ist, beginnt man darauf zu achten, ob am öfter
Ende des Oxydationsrohrs der sehr charakteristische Geruch na
Azetaldehyd auftritt, der die Anwesenheit von Alkohol beweis-
"iir<Ich konnte so noch 1mg Alkohol in 10 ccm Flüssigkeit deutln
nachweisen. die Empfindlichkeitsgrenze hängt von der Wirksamkeit . in
Platins ab. Freilich tritt der Aldehydgeruch bei den stärksten Vermi¬
nungen nur noch vorübergehend auf. Ist man sich über den Ausfall er
5. Februar 1913
MUFNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
337
eruchprobe im klaren, dann fügt man die Vorlage an, die durch
is gekühlt wird, und erhitzt vorsichtig weiter, bis eine kleine Menge
estiliat (1 — 2 ccm) gewonnen ist. Den Platinschwamm nimmt man
js dem Oxydationsrohre heraus, übergiesst ihn mit dem Inhalt der
orlage, filtriert und prüft das Filtrat auf Aldehyd (mit N e s s 1 e r s
eagens und anderen Proben), eventuell auch auf Essigsäure. In
tier, mir von Herrn Oberarzt Dr. Nonne freundlichst zur Ver¬
gnüg gestellten Spinalflüssigkeit eines im Zustande der Trunken¬
st befindlichen Säufers konnte ich mit dieser Probe die Anwesen-
.it von Alkohol siche^stellen. Demnach unterliegt es keinem Zweifel,
ass ein Uebertritt von Alkohol in die Spinalflüssigkeit erfolgen
an n.
Für klinische Zwecke kombiniere ich diese Probe mit der
hromsäure-Oxydationsprobe, in einer Form, die an anderer Stelle
ngehender beschrieben werden soll.
Unter welchen näheren Umständen ein Uebertritt von Alkohol
. die Spinalflüssigkeit erfolgt, muss durch weitere Untersuchungen
•stgesteilt werden. Bei der Beurteilung der Geruchprobe ist mit der
ißglichkeit zu rechnen, dass bei etwaiger Anwesenheit von Azeton
ieses den Aldehydgeruch beeinträchtigen oder verdecken kan n.
i solchen Fällen ist der Ausfall der anderen chemischen Reaktionen
uf Aldehyd bezw. Essigsäure massgebend. — Beiläufig sei erwähnt,
ass man auch mit der Möglichkeit des Auftretens von Aethylestern
i Spinalflüssigkeit rechnen muss.
Herr Simmonds: Hypophysis und Diabetes insipidus.
(Der Vortrag erscheint in extenso in der Münch, med. Wochen-
;hrift.)
Diskussion: Herr Unna, Herr T r ö m n e r.
Herr Simmonds: Blutdruckuntersuchungen sind in diesem
alle nicht ausgeführt worden Dass erhöhter Blutdruck allein solch
norme Polyurie bewirken könnte, ist wohl ausgeschlossen. Die
eizwirkung des Karzinoms der Neurohypophyse auf die Pars inter-
ledia habe er als eine rein mechanische aufgefasst nach Analogie
er von Schäfer in seinen Tierexperimenten ausgeführten Insulte
es Hirnanhanges.
Herr Brauer: Beobachtungen bei extrapleuraler Thorako-
lastik. (Mit Krankendemonstrationen.)
Herr Brauer demonstriert an fünf von ihm operierten Pa-
enten den guten Erfolg seiner in jedem Falle scharf an die gegebenen
edingungen angepassten extrapleuralen Thorakoplastik. (Ausfiihr-
cher Bericht erscheint an anderer Stelle.)
Diskusion: Herren Ringel, Rotfuchs und Brauer
Schlusswort).
Naturhistorisch-medizinischer Verein zu Heidelberg.
(Medizinische Sektion.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 14. Januar 1913.
Herr Bett mann und Herr Zade: Demonstration eines Falles
on Allgemeinerkrankung nach Urethritis gonorrhoica.
Septisches Fieber, Monarthritis des rechten Handgelenks,
ndogene doppelseitige Konjunktivitis.
Herr Lesser: Zur Mobilisierung des Glykogens.
Herr Fi sc hl er: Zur Funktion der Leber.
Vortr. bespricht im Zusammenhang die Ergebnisse, die sich ihm
ei der Portalausschaltung der Leber (Eck sehe Fistel) ergeben
aben. Er wendet sich zunächst gegen die Auffassung, dass die
'ortalausschaltung einer völligen Ausschaltung der Leber und somit
Her ihrer Funktionen gleichkomme. Weder er selbst noch frühere
■utoren haben das geglaubt oder ausgesprochen, so dass eine der-
rtige Deutung seiner Ergebnisse eine irrtümliche Auffassung ist.
>ie Ausschaltung ist eine partielle, als solche aber nicht zu ver-
achlässigen. Da wie bei anderen Organen anzunehmen ist, dass die
eher funktionell nie völlig in Anspruch genommen wird, so wird
araus verständlich, dass auch nach der völligen Ableitung des
Hutes der Porta noch nicht ein völliges Versagen der Leberfunktionen
intreten muss. Man wird nach diesen Ueberlegungen auch ver¬
teilen. dass es nötig ist an das Organ Ansprüche zu machen, wenn
tan ein Versagen der einen oder anderen Funktion hervorrufen will.
Die älteste bekannte Funktionsstörung, die Fleischintoxikation,
itt ein, wenn die Tiere mit einer grossen Menge Fleisch gefüttert
erden. Es kommt vor, dass die Tiere zu wenig aufnehmen und dann
uch bei Fleischnahrung lange Zeit gesund bleiben. Daraus zu
ehliessen, dass es die Fleischintoxikation nicht gäbe, ist natürlich
in grosser Irrtum. Weiter wendet sich der Vortragende gegen die
Erstellung, dass die Fleischintoxikation eine anaphylaktische Er-
cheinung sei. Es fehlen dabei alle typischen Symptome des
naphylaktischen Schocks. Der Beginn ist meistens ein langsamer,
s fehlt die Inkubationszeit, es fehlt der Temperatursturz, die Leuko-
rnie, die blutigen Durchfälle, oder Enteritis überhaupt. Endlich tritt
vine Antianaphylaxie ein. Bei der Schwere der Erscheinungen
Hisste mit diesen Dingen gerechnet werden. Vor allem ist das
bnische Bild eben anders als bei der Anaphylaxie. Die Ataxie, die
niaurose, die Sensibilitätsstörungen, endlich das Koma weisen dem
Lide eine andere klinische Dignität an als den Erscheinungen der
itiaphylaxie. Es wird auf die grosse Aehnlichkeit mit der Urämie
ingewiesen. Ob der Eckhund überhaupt anaphylaktisch wird, er-
cheint nach bisherigen Untersuchungen des Vortragenden zweifelhaft.
Eine weitere Ansicht, die in der Fleischintoxikation nur eine
Vergiftung durch abnorme Spaltprodukte des Darmes sieht, ist ab¬
zulehnen, weil wirkliche Vergiftungen vom Darme aus bei Eck scher
Fistel ganz anders verlaufen; als Paradigma dient hier die Lysol¬
vergiftung. Es ist auch zu fragen was dies für Gifte sein sollen, sie
sind bis jetzt nicht aus dem Darminhalt Eck scher Tiere ermittelt,
weiter wäre, wenn es sich um normale im Darminhalt befindliche
Gifte handelt, nicht verständlich, warum die Intoxikation nicht regel¬
mässig eintritt. Nach allem bleibt immer noch am nächsten die An¬
sicht, dass es sich um eine durch die Ausschaltung der Leber ver¬
ursachte abnorme Mischung des Portalblutes handelt, im Sinne einer
Gleichgewichtsstörung des Säure-Basenhaushaltes, eine Ansicht, die
mit der der Entdecker der Fleischintoxikation in vieler Hinsicht
harmoniert.
Die Gründe warum die Fleischintoxikation nicht eintritt, liegen
gelegentlich auch an der Ausführung der Fistel. Die Erfahrung hat
gezeigt, dass nur bei grosser Fistel die Intoxikation eintritt, bei
schlechten Fisteln aber nicht. Das stimmt mit der Ansicht, dass
quantitative Verhältnisse in der Zufuhr der Spaltprodukte des Darmes
massgebend sind. Weiterhin tritt die Fleischintoxikation auf bei
Tieren, an deren Lebern schon andere stark in Anspruch nehmende
Anforderungen gestellt wurden (Phlorrhizinversuche).
Die Portalausschaltung der Leber bewirkt eine besondere
Empfindlichkeit des Organismus gegen gewisse Schädlichkeiten, die
auf ihn einwirken. Wird der Eck sehe Hund im Hunger phlorrhizi-
niert, so tritt sehr rasch die von v. M e r i n g zuerst gesehene Ver¬
giftung ein, die er als Säurewirkung auffasste. Dabei leidet aber die
Leber. Sie degeneriert im Zentrum ganz regelmässig unter Auftreten
von Fettsäure in diesen zentralen Bezirken. Die Tiere bekommen
ausgesprochen epileptiforme Krämpfe, dann Koma, blutige Stühle
und sterben bald, wenn man nicht interveniert.
Diese Dinge sind deshalb wichtig, weil nach anderen Schä¬
digungen der Leber, z. B. durch die Fettgewebsnekrose, genau die
gleichen Erscheinungen beobachtet werden. Man hat versucht diese
Schädigungen dem Chloroform allein zur Last zu legen; dies ist nicht
angängig, da auch nach Aethernarkose die zentrale Läppchennekrose
auftreten kann. Im Chloroform ist nur eine Hilfsursache des Eintritts
der zentralen Nekrose zu sehen, da es die Leber tatsächlich schädigt.
Es ist nach diesen Erfahrungen klar, dass eine durch die verschie¬
densten Ursachen geschädigte Leber einem gemeinsamen Mechanis¬
mus der Degeneration unterliegen muss, der den Abbau des Leber¬
gewebes bewirkt, und man muss hier vor allen Dingen an tryptische
Einflüsse denken. Nun lässt sich diese Vorstellung insofern experi¬
mentell prüfen, als mehr oder weniger die Leber allein schädigende
Einflüsse durch die Einverleibung von Trypsin bedeutend vermehrt
werden. Subletale Dosen von Phosphor, welche die Leber nicht
wesentlich zu schädigen imstande sind, werden zu schweren Schä¬
digungen, wenn Trypsin später nachinjiziert wird. In der Peripherie
des Acinus sieht man dann die stärksten Degenerationen mit ganz
akutem Kernzerfall, ein Bild wie es sonst nur nach länger dauernder
Anwendung von Phosphor zustande kommt. Es gelingt auf dieselbe
Weise eine zentral sitzende Nekrose hervorzubringen, wenn man mit
subletalen Dosen von Hydrazinsulfat und nachherigen Trypsin¬
injektionen arbeitet. Hiermit wird zur Genüge dargetan, dass eine
Leberschädigung durch Trypsin jederzeit stark vermehrt werden kann.
Hieraus ergibt sich eine antitryptische Fähigkeit der normalen
Leber, da sie durch Trypsininjektoinen in diesen Dosen allein nicht
geschädigt wird. Falls diese Fähigkeit aber irgendwie versagt oder
gehemmt wird, so tritt ein Zerfall der Lebersubstanz ein und damit
die Krankheitserscheinung der Abbauintoxikation. Es kann nicht
wundernehmen, dass sie Aehnlichkeiten mit der Anaphylaxie hat,
da auch diese eiweissabbautoxischer Art ist. Es erklärt sich so das
Vorkommen hämorrhagischer Enteritiden, die Plötzlichkeit der Krank¬
heitserscheinungen, Kollaps und Temperatursturz, Vorgänge die dabei
die Regel sind. Es sei hier nochmals besonders hervorgehoben, dass
bei der Fleischintoxikation diese Erscheinungen vollkommen fehlen.
Die Verschiedenheit der Prozesse leuchtet unmittelbar daraus her¬
vor. Es scheint nach diesen Erfahrungen die Leber der Zentralort
gewisser fermentativer Umsetzungen zu sein.
Dies geht des weiteren aus dem Verhalten der Harnsäure hervor.
Ihre Ausscheidung ist nach Anlegung der Eck sehen Fistel bei dem¬
selben Tier um 50 und mehr Prozent vermehrt, natürlich bei der¬
selben Ernährung. Geringeren Schwankungen ist die Ausscheidung
des Harnstoffes ausgesetzt.
Wichtig ist das Verhalten der Kohlehydrate. Dextrose und
Lävulose werden auch nach Anlegung der Eck sehen Fistei fast
normal ausgeniitzt. Laktose dagegen erscheint öfter zu einem erheb¬
lichen Teil wieder, bis 20 Proz. Galaktose aber wird sehr schlecht
nach Anlegung der Fistel ausgeniitzt, sie kann bis zu 70 Proz. im
Harn wiedererscheinen. Der Blutzuckergehalt ist beim Eck sehen
Tier häufig vermindert. Es gelingt durch Phlorrhizininjektionen den
Blutzuckergehalt beim Hungerecktier auf 0 Proz. herabzudrücken.
Grosses Interesse beansprucht auch das Verhalten der Gallen¬
sekretion. Zweifellos ist keine wesentliche Veränderung nach An¬
legung der Fistel zu konstatieren und auch das Blut zeigt keine
abnorme Zusammensetzung der Formelemente und des Hämoglobin-
gehaltes. Dass aber gleichsam latent doch eine Störung besteht,
geht aus dem Verhalten der Tiere ikteruserzeugenden Mitteln gegen¬
über hervor. Sie werden viel schwerer ikterisch, als normale, was
sich leicht an Phosphorvergiftungen demonstrieren hisst.
438
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Noch eine interessante Tatsache über die Funktion der Leber
lässt sich bei Verfolgung der Aetherschwefelsäureausscheidung fest¬
stellen, nämlich ihre völlige Unabhängigkeit von der partiellen Leber¬
ausschaltung.
Besonderes Interesse beansprucht die Ausscheidung der Azeton¬
körper beim Hungerecktier unter Phlorrhizinwirkung. Sowohl die
Azeton- wie Azetessigsäure- und /J-Oxybuttersäureausscheidung ist
beim Kcktier beträchtlich vermindert. Die Werte gehen unter 50 Proz.
herunter. Es geht daraus mit Sicherheit hervor, dass die Leber der
Ort der Azetonkörperbildung ist. Um vor individuellen Schwankungen
sicher zu sein wurde auch hier am gleichen Tier der Versuch vor
und nach Anlegung der Fistel gemacht.
Aus den angeführten Tatsachen scheint dem Vortragenden her¬
vorzugehen, dass das Studium der partiell ausgeschalteten Leber
geeignet erscheint, wichtige Vorstellungen über die Physiologie und
Pathologie des Organes abzuleiten.
Medizinische Gesellschaft zu Kiel.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 5. Dezember 1912 im Hygienischen Institut.
Herr Käppis berichtet über seine Methode der Leitungs¬
anästhesie bei Nierenoperationen, die im letzten Jahr in 25 Fällen
der chirurgischen Klinik, d. h. bei allen dort vorgenommenen Nieren¬
operationen mit ganz wenigen Ausnahmen angewandt wurde. Die
Kieler Klinik ist mit der Methode völlig zufrieden, und sie gilt, da
sie alle Anforderungen an Zuverlässigkeit und Ungefährlichkeit erfüllt,
bei Nierenoperationen als das mit geringen Ausnahmen allein in Be¬
tracht kommende Anästhesierungsverfahren. Verwandt wird nur
noch D» — 1Lü proz. Lösung (von Novokain-Adrenalin; eingespritzt
mit je 10 ccm.
Diskussion: Herren Bauereisen. An schütz,
Stoeckel, Käppis.
Herr E. Langes: Eine neue Methode der intraperltonealen Ver¬
kürzung der Ligamenta rotunda.
Dreiteilung des Ligamentum rotundum durch Anlegen von zwei
stumpfen Klemmen. Die dem Uterus näher liegende Klemme wird
in die Gegend des inneren Leistenringes geführt und die Ligament¬
schleife hier zur Vermeidung etwaiger Gefässverletzungen etwas
oben und lateralwärts von dem durch den Leistenring austretenden
Bande an der tiefen Bauchdeckenfaszie durch Seidenknopfnaht fixiert.
Die andere Klemme wird mit ihrer Ligamentschleife auf die Vorder¬
fläche des Uterus gebracht und das Band hier an der Abgangsstelle
des Ligamentum rotundum vom Uterus angenäht. Dadurch werden
aus dem einfachen Bande 3 parallel nebeneinander verlaufende
Schenkel gebildet, die zum Schluss durch einen fortlaufenden Katgut-
faden vereinigt werden.
Die Vorteile der neuen Methode sind die Einfachheit der
Technik, Verstärkung (Verdreifachung) der Bänder in ihrem ganzen
intraabdominalen Verlauf und feste Fixation an der Bauchfaszie und
an physiologischer Stelle.
Bisher sind 7 Fälle wegen fixierter Retroflexio nach dieser Me¬
thode operiert worden und in zwei Fällen mit einseitigen Ovario-
tomien wurde auf der gesunden Seite als Gegengewicht gegen den
Narbenzug des Adnexstumpfes auf diese Weise das Band verkürzt.
Die Resultate sind bisher gut.
Diskussion: Herr Stoeckel.
Herr H. Höher: Der Zustand der Salze im Innern der Zellen.
(Demonstration.)
Mit Hilfe einer Poulsenschen Lampe, Kapazität und Selbst¬
induktion werden elektrische Schwingungen erzeugt und diese auf
einen mit dem Primärkreis gekoppelten Sekundärkreis induktiv über¬
tragen. Der Sekundärkreis wird auf Resonanz abgestimmt und dann
gezeigt, dass Blutkörperchen, welche einen konstanten Strom fast
gar nicht leiten, die Schwingungen des Sekundärkreises ebenso
dämpfen, wie eine Elektrolytlösung. Die Grösse der Dämpfung ist
ein Mass der „inneren Leitfähigkeit“ der Blutkörperchen.
Der Vortragende erörtert, auf welche Weise Bestimmungen der
inneren Leitfähigkeit kleiner Zellmengen ausgeführt werden können,
und zeigt, dass mit dem von ihm ausgearbeiteten Verfahren ver¬
schiedene Probleme der Physiologie und Pathologie der Unter¬
suchung zugänglich werden.
Diskussion: Herren Boehme, Schlecht, Bauer¬
eisen, Höber.
Herr Wagner spricht über Paratyphusbakterien im Lumbal-
punktat von einem Kranken mit meningitischen Erscheinungen.
Sitzung vom 19. Dezember 1912 im Heinrich-Kinderhospital.
Herr v. S t a r c k demonstriert Blutpräparate von akuter lympha¬
tischer Leukämie.
Herr v. S t a r c k spricht über die als Still sehe Krankheit be-
zeichnete Form des chronischen Gelenkrheumatismus im Kindesalter,
berichtet dann über einen zur Heilung gekommenen Fall, der 1903/04
von ihm behandelt wurde, und stellt einen zweiten in der Kinderklinik
in Behandlung stehenden Fall vor (ausführliche Mitteilung an anderer
Stelle).
Diskussion: Herren Hoppe-Seyler, Hanssen, An¬
se h ii t z, Lüthje, Brandes, v. S t a r c k.
Herr Lüthje: Ueber Hyperazidität. (Erscheint in der Therapie
der Gegenwart.)
Herr Birk: Ernährungsstörungen bei Säuglingen infolge par¬
enteraler Infektion.
Bakterielle Infektionen können bei Säuglingen auf verschiedene
Art und Weise zu Ernährungsstörungen führen. Meist geschieht da>
dadurch, dass die Nahrung vor der Verabreichung an das
Kind bakteriellen Zersetzungen anheimfällt, ferner dadurch, dass im
Magen darmkanal selbst unter dem Einfluss verschiedener
Begleitumstände (Ueberfütterung etc.) sich derartige Zersetzungen
bilden. Das bekannteste Beispiel für diese Art Ernährungsstörungen
sind die akuten Brechdurchfälle des Sommers bei Kindern des erstem
Lebensjahres.
Der Einfluss der Bakterien kann sich aber noch in anderer
Weise äussern: Wenn nämlich irgendwo im Körper der Kinder —
fern vom Verdauungstraktus, also parenteral — sich eine Infektioni
schwererer Art etabliert, z. B. eine Pneumonie oder dergl., so kann es
unter dem Einfluss dieser Infektion, wie auch durch eine Art rern-1
Wirkung, auch im Magendarmkanal zu akuten Erscheinungen kommen,
die man nach dem Vorgang von Czerny und Keller als Er¬
nährungsstörungen aus parenteraler Infektion
bezeichnet.
Der Vortragende demonstriert eine Anzahl Kinder mit derartiger
Ernährungsstörungen :
I. ein 11 Monate altes Kind, das aus voller Gesundheit heraus;
mit hohem Fieber, im übrigen aber ganz unsicheren Krankheits¬
symptomen erkrankte. 2 Tage später traten Erbrechen und Durch¬
fälle auf, deren Behandlung erfolglos blieb. Nach weiteren 3 Tagen
erfolgte die Aufnahme in die Kinderklinik, wo eine eitrige;
Nierenbeckenentzündung festgestellt wurde. — Offenbar
war letztere die primäre Erkrankung, die den Gesamtorganismus desj
Kindes so sehr in Mitleidenschaft gezogen hatte, dass er seine
Toleranz gegen normale Nahrung, bei der das Kind bisher gut ge-!
diehen war, verloren hatte, so dass es nun sekundär zur Ernährungs-i
Störung kam.
II. Säugling mit Bronchopneumonie, mit Frauen¬
milch ernährt. Um dieselbe Zeit, wo die Pneumonie in Besserung
überging, kam es zur schweren parenteralen Ernährungsstörung.
III. Säugling mit akuter Enzephalitis. Derselbe;
wurde mit hohem Fieber, Konvulsionen, Erbrechen und Durchfäller!
eingeliefert. Zunächst wurde die Diagnose „akute alimentäre In¬
toxikation“ gestellt, die weitere klinische Beobachtung dagegen er¬
gab, dass es sich um eine parenterale Ernährungstörung handelte, die
im Verlauf einer akuten Enzephalitis entstanden war.
IV. Säugling, der unter dem Einfluss der M a ser n infektior
mit schweren Durchfällen erkrankt war.
Diskussion vertagt.
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 5. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Herr Weinbrenner bespricht 1. die Behandlung der Lage
Veränderungen der Gebärmutter und demonstriert an einer Patientii
die von ihm bevorzugte operative Korrektur der Lage bei fixiertet
Retroflexio, wie sie ähnlich von Edebohls angegeben und vot
Küstner empfohlen wird. Von einem bogenförmigen Schnitt über
der Symphyse von Tuberculum pubicum der einen Seite zur anderer
lässt sich die intraabdominale Operation (Eröffnung nach Pfannen
stiel mit .kurzem Faszienschnitt, Lösung der Verwachsungen, ev,
Adnexoperation) sehr leicht mit der A le x a n d e r - A da m s sehen
Verkürzung der Ligamenta rotunda im Leistenkanal vereinigen
W. hat diese Operation wiederholt mit gutem Resultat ausgeführ
und gibt der Alexander-Adams sehen Verkürzung der Liga
menta rotunda nicht nur beim mobilen retroflektierten Uterus, sondert
auch beim mobil gemachten Uterus den Vorzug gegenüber dei
anderen Fixationsmethoden.
2. demonstriert ein primäres Scheidenkarzinom, das sich diffiu
hinter dem Scheideneingang entwickelt hatte und ringförmig die
Scheide bis zur Harnröhrenmündung umgriff. Die Exstirpation de:
gesamten Genitales wurde vaginal vorgenommen: Querschnitt arr
Damm, Lösung der Scheide vom Darm bis zum Douglas, Umschnei|
düng der Vulva, Ablösung der seitlichen Scheidenverbindungen uni
dann erst Freilegung der Urethra, was durch Einführen eines dickei
Katheters erleichtert wurde. Zuletzt Ablösung der Blase und Ex;
stirpation des Uterus. Die diffuse Wundflächenblutung stand promp;
nach Einführung eines mit Serum getränkten Tampons.
Herr Reichard demonstriert 1. das Röntgenbild eines Falle
von doppelseitiger rhachitischer Coxa vara bei einem 7 jährige;
Mädchen. Wenn man solche Patienten sieht, denkt man zunächs,
an doppelseitige kongenitale Hüftgelenksluxation wegen d^
watschelnden Ganges, auch stehen ja die Trochanteren hoch
Differentialdiagnostisch wichtig ist die bei Coxa vara besonder
hervortretende Abduktionshemmung, die auch hier sehr ausgesproche
war. Die Sicherung der Diagnose gibt dann eben das Röntgenbilc
Das Kind ist längere Zeit mit Streckverbänden bei immer stärkere
Belastung und Abduktionsstellung behandelt worden, ein deutliche
Erfolg hat sich dadurch nicht erreichen lassen. Es kommt deshaH
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
25. Februar 1913.
jperatives Vorgehen (Tenotomien, subtrochantere Osteotomie oder
Osteotomie innerhalb des Schenkelhalses) in Frage.
2. eine jetzt 19 jährige Patientin, bei der durch Muskel-
terpflanzung an beiden Oberschenkeln (Quadrizepsersatz) eine gute
iehfahigkeit erzielt worden ist. Infolge spinaler Kinderlähmung im
1. Lebensjahre war die Muskulatur des Rumpfes und der Beine ge¬
ahmt geblieben. Zur Stütze des Rumpfes trägt sie ein kräftiges
tessingkorsett. Bis vor 4 Jahren bewegte sie sich mühsam fort mit
ülfe von Schienenapparaten an beiden Beinen. Es war der dringende
A misch der Eltern und der Patientin, von den Beinapparaten los-
aikommen. Bei der Untersuchung zeigte sich vollständige Atrophie
ind Degeneration des Ouadrizeps beiderseits, die Oberschenkel waren
iberhaupt sehr atrophisch, nur der Bizeps beiderseits zeigte elek¬
tische Erregbarkeit, Qehen und Stehen ohne Apparate war aus¬
geschlossen. Es wurde beschlossen, zunächst den Versuch der
'Chnenverpflanzung zu machen, bei deren eventuellem Misslingen
vrthrodese vorgenommen werden sollte. Die Operationen, vor 4 bzw.
’ Jahren ausgeführt, verliefen so, dass beiderseits aussen der Bizeps,
nnen Semitendinosus bzw. Semimembranosus und Grazilis frei-
irapariert und subkutan mit ihren Sehnen nach vorn geführt, links
u das Periost der Patella, rechts durch Vermittlung einer künstlichen
>eidensehne in die Tuberositas tibiae eingenäht wurden. Diese
ui ns t liehe Sehne hat sich nach 4 Wochen ausgestossen, im übrigen
tat aber die Muskelübertragung vollen Erfolg gehabt, indem die
^atientin allmählich wieder selbständige Qehfähigkeit erlangte. Die
Iberschenkel haben ganz erheblich an Umfang zugenommen, man
ieht die überpflanzten Muskeln sich deutlich bei der Aufforderung
ur Streckbewegung der Unterschenkel zusammenziehen. Rechts
st eine deutliche aktive Streckmöglichkeit nicht eingetreten, links
st sie dagegen in beträchtlichem Grade vorhanden. Die Patientin
:ann ohne Stütze längere Wege machen und ist durch die freiere
Beweglichkeit in ihrem Allgemeinzustande ausserordentlich günstig
leeinflusst worden. Noch besser würde der Erfolg zweifellos sein,
renn sie nicht die Lähmung der Rumpfmuskulatur hätte.
R. berichtet 3. über einen Fall von Handlähnuing, den er vor
Jahren mit günstigem Erfolge operiert hat. Es handelte sich um
inen 37 jährigen Kaufmann, dessen rechte Hand durch die Folgen
eiebraler Kinderlähmung völlig unbrauchbar war. Die Hand stand
extremster ulnarer Abduktion bis über den rechten Winkel hinaus,
ügleich stark in Beugekontraktur, die Finger eingeschlagen. Durch
usgleichende Sehnenplastik (starke Verlängerung der Sehnen des
:xtensor und Flexor carpi ulnaris, kräftige Verkürzung des Extensor
arpi radialis longus und previs) wurde eine normale Stellung der
fand erzielt und diese durch langes Tragen einer Hülse gesichert. Von
ieser Stellung der Hand aus konnten dann die Finger allmählich
nmer besser bewegt und bei leichten Verrichtungen in bescheidenen
irenzen mit verwendet werden. Besonders angenehm für den
’atienten war auch die kosmetische Verbesserung. Nach 6/i Jahr
ar ein guter Befund noch vorhanden.
Vortrag:
Herr Tourneau: Ueber die Behandlung der Eklampsie.
Diskussion: Herren Weinbrenner, Siedentopf
nd Kluge.
Aerztlicher Verein zu Marburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 18. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr M a 1 1 h e s.
Schriftführer : Herr Sardemann.
Herr Loening (vor der Tagesordnung): Demonstration eines
alles von eiworbener Serratuslähmung mit gleichzeitiger Trapezius-
ihrnung. Hinweis auf die traumatische Entstehungs-
Ulglichkeit derartiger isolierter Muskellähmungen, die Berech¬
nung ihrer Deutung als Unfallfolge.
Diskussion: Herr M a 1 1 h e s.
Herr König: Beobachtungen und experimentelle Studien über
rakturheilung.
Im Verfolg früherer Arbeiten hat K. an der Hand sehr zahl-
-icher, z. T. in aufeinanderfolgender Reihe beim Menschen, z. T.
om Kaninchen gewonnener Röntgenbilder Beobachtungen gemacht,
Ie >msere bisherigen Kenntnisse teils bestätigen teils erweitern oder
ornS'eren- Die Hauptarbeit geschieht durch den periostalen Kallus,
Richer naturgemäss nur da entsteht, wo Periost liegt, und da aus-
leibt, wo das Periost abgestreift, verschoben etc. ist. Es erklären
cn so örtliche Mängel der Kallusbildung (Verzögerung der Kon-
mdation), aber auch anscheinend übermässige Kalluswucherungen,
ie man leicht auf sog. parostalen Kallus zurückzuführen geneigt ist.
v ahrend dieser, d. h. die Kallusbildung aus parostalem Binde-
>:webe etc. seltener, als bisher angenommen, ist, finden sich grosse
alluswucherungen durch Verschiebung des Periostes häufig: man
ann sagen aus der Lokalisation der Kallusentwicklung kann man
uckschlüsse auf die Lage des bei der Fraktur versprengten Periostes
'achen, wie durch Röntgenbilder bewiesen wird.
Der Periostkallus kann Frakturen als fest erscheinen lassen,
ahrend die Bruchlinien noch nicht vereinigt sind. Dieses Fehlen
es inneren Kallus ist für die Begutachtung wichtig.
. Der innere Kallus tritt an Bedeutung und Wachstumsgeschwindig-
-at zurück. Der Knochenrand- (intermediärer) Kallus kittet Sprünge
im Knochen von wenigen Millimetern Diastase erst in Monaten zu¬
sammen.
Der enostale (Mark-) Kallus braucht gar nicht zur Entwicklung
zu kommen, und es bleibt beim Erwachsenen meist die von ihm ge¬
bildete Markhöhlenquerleiste undurchgängig. Bei Kindern dagegen
und auch im Tierexperiment beim wachsenden Kaninchen vereinigt
sich die Markhöhle des einen Bruchstücks mit der des anderen unter
Resoiption der verschobenen Frakturspitzen, eventuell sogar der
alten Kortikalis. Markkallus scheint sich besonders bei stark ver¬
schobenen Bruchenden zu entwickeln, wo er die Markhöhle platten¬
artig abschliesst. Vielleicht reizen hier die Bewegungen der Weich¬
teile zur Kallusbildung, die Reibung, ähnlich wie bei Amputations¬
stümpfen.
Noch im Bereich des normalen Heilungsverlaufs liegen jene
hervorragenden Veränderungen, welche die schwer deformierten
Bruchstellen erfahren bei Individuen innerhalb des Wachstumsalters.
Seine früher auf diesem Gebiete bekanntgegebenen Beobachtungen
ergänzt K. durch Mitteilungen über experimentelle Untersuchungen
an Kaninchen. Durch Röntgenogramme und Abbildungen wird ge¬
zeigt, wde sich schwere Verschiebungen in einer für den Gebrauch
der Extremität zweckmässigen Weise im Laufe eines Jahres am
Kaninchen und mehrerer Jahre beim Kinde in hohem Grade aus-
gleichen.
Herr Eduard Müller: 1. Zur Pathogenese der myeloiden
Leukämie.
Die chronische myeloide Leukämie des Menschen konnte durch
Verimpfung von Blutproben (5—10 ccm) auch unter optimalen Be¬
dingungen nicht auf Affen übertragen werden. Es misslangen so¬
wohl subkutane, intravenöse und intraperitoneale Uebertragungs-
versuche als auch die Verimpfung von menschlichem Leukämieblut
in Milz und Knochenmark des Affen. Nach intraperitonealer Ueber-
tragurig von menschlichem Leukämieblut auf Affen kam es zwar zu
starker, aber nur flüchtiger Leukozytose. Nach intraperitonealer
Injektion von menschlichem Normalblut entstanden viel geringere
Schwankungen der Leukozytenzahlen mit relativer Lymphozytose.
Die geographische Anordnung der während der letzten Jahr¬
zehnte in der Marburger Klinik und Poliklinik beobachteten Leukämie¬
fälle ergab keine sicheren Anhaltspunkte für ein von der Dichtigkeit
der Bevölkerung unabhängiges herdförmiges Auftreten der Erkran¬
kung. Wesentliche äussere Krankheitsursachen fehlten in der Mehr¬
zahl der Leukämiefälle; bei den meisten Patienten entstand das
Leiden ohne besondere Veranlassung aus bestem Wohlbefinden
heraus. Die chronische myeloide Leukämie rechnet wohl zu den
sog. endogenen Krankheiten.
Bei den Tierexperimenten ergab sich als Nebenbefund die Tat¬
sache, dass einfache Aenderungen der Diät, vor allem vermehrte
Zufuhr von Obst und Gemüsen ohne jede Darreichung von Medi¬
kamenten, insbesondere von Eisenpräparaten, imstande sind, bei
anämischen, mageren und einseitig ernährten Affen auch sinnfällige
Besserungen des objektiven Blutbefundes zu bewirken.
Die Blutuntersuchungen wnirden grösstenteils von der früheren
Medizinalpraktikantin der Poliklinik, Fräulein v. Seht, vorgenommen
(vgl. ihre Dissertation: daselbst auch detaillierte Beschreibung des
normalen Blutbildes beim Affen).
2. Ein therapeutischer Vorschlag bei schwerer Migräne.
Die wahren Ursachen der migränösen Veranlagung sind uns
vollkommen unbekannt. Das wichtigste auslösende Moment sind
aber gewisse Vorgänge des sexuellen Lebens, vor allem Menstruation
und Ovulation. Die Beweise hierfür sind: 1. die Prädilektion des
weiblichen Geschlechts für die echte Migräne: sie ist hier sicherlich
2 — 3 mal häufiger als bei Männern; 2. die ganz gewöhnliche Ent¬
wicklung der Migräne zur Pubertätszeit; 3. die fast regelmässige
Bindung von Attacken an die Menses (bald gleichzeitig, bald einige
Tage früher oder später, jedenfalls ein ungefähr 4 wöchentlicher
Rhythmus, von den interkurrenten Anfällen abgesehen); 4. die Ab¬
schwächung, ja völliges Sistieren der Anfälle nach der Menopause:
sie werden jedenfalls auch beim weiteren Persistieren weniger
intensiv und seltener; 5. die bisher nicht gebührend beachtete Tat¬
sache der fast regelmässigen Modifikation der Anfälle während der
Gravidität und Laktation (abgesehen von den ersten 2 — 3 Schwanger¬
schaftsmonaten, meist Verschwinden, mindestens aber sinnfällige
Minderung der Beschwerden bis zum Wiederbeginn der Menses).
Diese eigenartigen Wechselbeziehungen zwischen migränösen
Attacken und sexuellen Vorgängen, vor allem aber die sinnfällige
günstige Beeinflussung durch Gravidität und Laktation legen den
Gedanken nahe, schwere und hartnäckige Fälle von
echter Migräne, die sich gegen die üblichen thera¬
peutischen Massnahmen refraktär verhalten,
namentlich bei Frauen, die schon wiederholt ge¬
boren und während der Gravidität und Laktation
eine auffallend günstige Beeinflussung ihrer An¬
fälle an sich beobachtet haben, durch eine un¬
blutige und möglichst ungefährliche Ausschaltung
der ovariellen Funktion, also durch Röntgen¬
bestrahlungen der Eierstöcke — wenn auch nur
für längere Zeit — zu beseitigen oder wenigstens
erheblich zu mildern. Für diese Röntgentherapie der
Migräne ist also eine scharf umrissene Indikations¬
stellung unerlässlich; sie traf bisher in 3 Fällen meiner
Beobachtung zu, die nach diesem Verfahren — anscheinend mit
440
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. S.
Erfolg behandelt wurden. Ein abschliessendes Urteil lassen die
fälle bei der Kürze der Beobachtungsdauer noch nicht zu. Dass sich
jedoch der Erfolg schon nach wenigen Monaten wiederum ab¬
schwächen kann, lehrt der iolgende Fall (vielleicht lässt sich durch
verbesserte Bestrahlungstechnik eine grössere Nachhaltigkeit der
Wirkung erzielen!):
Es handelt sich zunächst um eine 29 jährige Dame, deren später
lungenkranke Mutter gleichfalls an Migräne litt. Die Anfälle, die zu¬
erst im 12. Lebensjahre einsetzten, traten zuletzt fast alle 8 — 14 Tage
mit grosser Heftigkeit auf, vor allem aber während der Menses
(stets rechtseitige Kephalalgie, etwa 24 — 36 Stunden Dauer; fast alle
üblichen Mittel ohne Erfolg). Die Patientin litt sowohl psychisch
wie körperlich unter den gehäuften schweren Anfällen ausserordent¬
lich. Sie erklärte jedoch auf das bestimmteste, dass sie während
beider früherer Graviditäten (2 gesunde Kinder), abgesehen von den
beiden ersten Schwangerschaftsmonaten, und während der ganzen
Laktation bis zum Wiedereintreten der Menses von Anfällen voll¬
kommen frei gewesen sei. Durch Professor Zangemeister wurde
die Lage der Ovarien bestimmt und möglichst genau auf dem Ab¬
domen aufgezeichnet. Vom 6. — 12. VI. 1912 sowie vom 9. bis
28. VII. 12 wurden beide Ovarien (jedes 16 mal) vorsichtig bestrahlt
(Tubus, harte Röhre, Filter). Nach den Bestrahlungen wurden die
Menses kürzer und der Blutverlust viel geringer. Die Anfälle, die
früher einen 8 — 14 tägigen Typus hatten, traten nur noch während
der Menses, aber mit viel geringerer Heftigkeit auf. Das Körper¬
gewicht nahm erheblich zu, die allgemeine Nervosität besserte sich
sehr. Die letzten Menses jedoch wiederum stärker und im letzten
Monat wiederum 2 Anfälle, wenn auch von geringer Intensität.
Der Zweck dieser Mitteilung liegt nicht in einer erst durch zahl¬
reichere und •langbeobachtete Fälle berechtigten Empfehlung dieser
Behandlungsmethode, sondern nur in dem Hinweis auf eine solche
therapeutische Möglichkeit. Die psychotherapeutische Begleit¬
wirkung solcher Röntgentherapie ist selbstverständlich zu berück¬
sichtigen.
Vortr. skizziert noch kurz folgenden Fall von ophthalmo¬
plegischer Migräne bezw. periodischer Okulo¬
motoriuslähmung.
Es handelt sich um eine von Geheimrat Bach überwiesene,
23 Jahre alte, hinsichtlich Migräne familiär belastete Dame. Typische
Anfälle mit linksseitigen Kopfschmerzen und Magensymptomen schon
vom 3. Lebensjahre ab; fast alle 10 Tage, auch später ohne strengere
Bindung an die Menses. Im Jahre 1908 entwickelte sich im Anschluss
an einen Anfall unter Verschonung der äusseren Okulomotoriusäste,
insbesondere des Levator palpebrae superioris eine linksseitige, also
der Seite der Kopfschmerzen entsprechende Sphinkterlähmung.
2 Jahre später traten im Anschluss an neue migränöse Attacken eine
unvollständige Lähmung des Rectus internus, des Rectus superior
und des Obliquus inferior auf. Nach vorübergehender wesentlicher
Besserung entwickelte sich im März 1911 im Anschluss an einen
weiteren migränösen Anfall eine linksseitige Lähmung sämtlicher
äusseren und inneren Okulomotoriusäste; sie verschwand allmählich
fast ganz und zwar zuerst die Lähmung des Levator palpebrae
superioris. Abgesehen von allgemeiner Nervosität und geringer
Struma keine sonstige Organerkrankung, vor allem keine weiteren
organisch-nervösen Störungen. Beachtenswert in diesem Fall von
ophthalmoplegischer Migräne bezw. periodischer Okulomotorius¬
lähmung das späte Ergriffenwerden und die relativ geringe Lähmungs¬
intensität des Levator palpebrae superioris.
3. Zur Pathologie und Therapie der akuten Vergiftungen, vor
allem über Frühoperationen bei schweren Säuren- und Laugen¬
verätzungen,
Kurzer Bericht über 38 bemerkenswerte Fälle akuter
Vergiftungen, die Vortr. noch während seiner Tätigkeit an der
Breslauer Klinik beobachtet hat (Krankengeschichten mit ausführ¬
lichen Epikrisen in der Dissertation von Uffelmann, früherem
Assistenten der Poliklinik).
1. Sublimatvergiftungen (6 Fälle); relativ häufig bei
weiblichen Angestellten von Kliniken und Krankenhäusern. Alle
Patientinnen nahmen weit mehr Sublimat zu sich, als der sogen,
letalen Dosis entspricht; trotzdem nur 50 Proz. Mortalität. Gewöhn¬
lich gelangt gar nicht die ganze Dosis in den Magen (Zurückbleiben
gröberer, nicht gelöster Partikel in dem Glase usw.). Diejenige
Menge Sublimat, die tatsächlich in den Magen kommt, gelangt keines¬
wegs restlos zur örtlichen Wirkung und Resorption (Selbstspülung
durch stürmisches Erbrechen sofort nach dem Trinken, Sublimat¬
verankerung an schon zuvor vorhandenen Mageninhalt, vor allem an
die Eiweisskörper usw.). Die Veränderungen in Mund- und Rachen¬
höhle stehen im Frühstadium der Vergiftung oft im Missverhältnis
zur Schwere der Intoxikation; sie sind im Frühstadium nur die Folge
der örtlichen Sublimatwirkung. Erst in den nächsten Tagen
kommt es zu sekundärer schwerer Stomatitis infolge der intestinalen
Resorption und der reaktiven Entzündungserscheinungen an Mund-
und Rachenhöhle. Beachtenswert ist die Druckempfindlichkeit des
Kolon und der starke Tenesmus bei beginnender geschwliriger Dick¬
darmerkrankung (in einem Fall, wo 7 g Sublimat genommen wurden,
die ersten Diarrhöen schon 7V2 Stunden nach der Vergiftung!). Für
die Prognose ist bekanntlich das Verhalten der Nieren entscheidend.
Auf die kommende Nephritis können spontane und auch palpa-
torisch nachweisbare Nierenschmerzen hinweisen. Interessant sind
die Rückwirkungen schwerster Nierenaffektionen auf Herz und Ge¬
samtkörper. Eine konstante Erhöhung des Blutdruckes tritt
nicht ein und trotz fast völliger einwöchentlicher Anurie entwickelten
sich keine Oedeme. Sekundäre Herzhypertrophien bestanden
hierbei weder klinisch noch anatomisch und_ trotz akuter, ja völliger
Nierenausschaltung kam es in tödlichen Fällen nicht zu aus¬
gesprochen urämischen Erscheinungen. Hervor¬
zuheben sind noch die toxischen Leukozytosen, ‘sowie das gelegentliche
Versiegen der Tränen- und Speichelsekretion.
2. Salzsäure Vergiftungen sind auch infolge der
leichten Zugänglichkeit des Giftes relativ häufig (9 Fälle; teils
Selbstmord, besonders bei Dienstmädchen, teils Verwechslungen, vor
allem bei Säufern). Schwere Oesophagus- und Pylorusstenosen sollen
nach v. J a k s c h hier relativ selten sein. Diese relative Selten¬
heit trifft jedoch nur für die Oesophagus- nicht für die Pylorusstenosen
zu (letztere in mindestens der nicht tödlichen Fälle). Die relative
Seltenheit schwerer Oesophagusstenosen im Gegensatz zur relativen
Häufigkeit der Pylorusverengerungen hängt wohl damit zusammen,
dass auch konzentrierte Salzsäuren nur bei längerem Kontakt mit
Haut und Schleimhaut tiefere Aetzwirkungen entfalten (viel zu1
rasches Passieren des Oesophagus!).
3. Die selteneren Schwefelsäure Vergiftungen (5 Fälle)
kommen vor allem durch sogen. Vitriolöl zustande. Die Gestaltung
des klinischen Bildes hängt auch hier im wesentlichen von Konzen¬
tration, von Menge und Verweildauer des Giftes am Orte der Aetz
Wirkung ab, nicht zuletzt aber auch vom zuvor vorhandenen!
Fällungszustand des Magens. Das reaktive Erbrechen bedingt eine
günstige Selbstspülung auch der Speiseröhre. Die Aetzstellen ar
Kinn und Wange entstehen nicht immer beim Trinken der Säure
sondern gelegentlich infolge des reaktiven Erbrechens durch die nocl
stark sauren und ätzenden Massen. Trotz schwerer Säureintoxi¬
kation kann das Erbrochene nur noch schwach sauer oder gar alka
lisch und seine Menge auffällig gross sein (starke reaktive, auci
blutig-seröse Exsudation in den Magen, verschluckte alkalische
Sekrete). i
4. Oxalsäurevergiftungen (1 Fall). Patientin wollt*
wegen Magenschmerzen „Natron“ schlucken, nahm aber infolge eine:
Verwechslung einen halben Theelöffel „Kleesalz“. Bemerkenswer
war die ausgesprochene Leukozytose und ein fast zweitägiger Zu
stand delirienfreier Schläfrigkeit.
5. Die grosse praktische Bedeutung der Laugenvergif
t ungen (5 Fälle) liegt in ihrer relativen Häufigkeit und in de
Schwere der Folgeerscheinungen. Sie zeichnen sich durch Inten
sität und Schmerzhaftigkeit ihrer Aetzwirkungen aus (manch.
Patienten sofort nach Giftaufnahme vor Schmerzen ohnmächtig!)
Oft ein ausgesprochenes Missverhältnis (ebenso wie bei Säurever
giftungen) zwischen der Schwere der Aetzwirkung in Mundhöhl
und Rachen und derjenigen in Oesophagus und Magen).
6. Lysolvergiftungen (4 Fälle). Ihre Häufigkeit hat seh
abgenommen. Das klinische Bild ist erschöpfend bekannt und di
Diagnose gewöhnlich leicht (Geruch des Erbrochenen, der Spül
fliissigkeit, der beim Selbstmord getragenen Kleidungsstücke, ins
besondere des Taschentuches, charakteristische Verfärbung un>
Phenolreaktion des Urins). /'f j
7. Ammoniakvergiftungen (3 Fälle durch sog. Salmiak
geist). Charakteristischer Gasgeruch des Erbrochenen und der Spül
flüssigkeit; Entwicklung weisser Dämpfe beim Vorhalten eines mi
Salzsäure befeuchteten Glasstabes!
8. Sog. Kohlendunstvergiftungen (3 Fälle; davo
2 tödlich). Von differentialdiagnostischer Bedeutung sind hier eigen
artige Spontanbewegungen der Bulbi während der Bewusstseins
triibung. Die gewöhnlich nach oben gedrehten Augäpfel mache
fortgesetzt unwillkürliche, sehr langsame aber ausgesprochen rhyth
mische assoziierte Pendelbewegungen nach beiden Endstellunge
hin. Sehr interessant war das Verhalten der Psyche bei dem ge
retteten Patienten (Auftreten einer ausgesprochenen Moria nach Am
hellung des Bewusstseins), sowie die vorübergehende Entwicklun
des Symptnmenkomplexes der akuten zerebralen Ataxie. Uebei
bleibsel der schweren Kohlendunstvergiftung waren u. a. migräne
artige einseitige Kopfschmerzen, sowie eine linksseitige nervös
Schwerhörigkeit. Bei der Autopsie eines letalen Falles fand sich u. ;
die bei Kohlendunstvergiftungen schon früher beschrieben
symmetrische Erweichung im Bereich der beiden Stammganglien.
9. Akute Phosphorvergiftungen (Selbstmord vo
Braut und Bräutigam; von 15 Päckchen Phosphorzündhölzern -- du
Päckchen zu 70 Stück — die Köpfchen abgebrochen, aufgeweicht im
die so hergestellte Emulsion je zur Hälfte getrunken; Bräutigai
gestorben, Braut nach langem Krankenlager genesen).
Bemerkenswert waren u. a. die anfängliche ausgesprochen
Leukopenie, der Pulsus rarus, sowie die hysterieformen psychische
Störungen und späteren, mit reissenden Leibschmerzen verbundene
gelegentlichen Darmsteifungen bei der geretteten Patientin.
Hinsichtlich der Therapie akuter schwerer Säur e n
und Laugen Vergiftungen vertritt Vortr. einen von de
üblichen Vorschriften der Lehr- und Handbücher wesentlich al
weichenden Standpunkt: man muss von vorneherein die Früh
Operation in Gestalt einer Gastrostomie bzw. Jejuno
s t om i e erwägen. Beim eiligen energischen Spülen mit der Mage*
sonde liegt namentlich bei Patienten, die schwere Aetzwirkunge
haben und sich wegen starker Schmerzen oder aus Suizidabsichtc
gegen die Magensonde wehren, die Möglichkeit eine
' 5. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
441
; h w e r e n Schädigung der ver ätzten Oesophagus-
chleimhaut durch die Sonde sehr nahe. Durch Friih-
jerationen in Gestalt der Laparotomie mit nachfolgender Jejuno-
omie oder (iastrostomie gelingt es zunächst durch Freilegung und
.‘Mchtigung des eventuell schwer verätzten Magens etwaigen
pontanperforationen vorzubeugen.
Fs kann sich ausserdem empfehlen, von einer Gastro-
omie wunde a u s nochmals sorgfältig den Magen zu spüle n.
e frühzeitige Jejunostomie hat weiterhin den Vorzug, dass sie die
•i ätzten Zufuhrwege der Nahrungsmittel, vor allem Speise-
hre und Magen ruhig stellt, und gleichzeitig von vorneherein
ne ausreichende Ernährung der Patienten garantiert,
er Patient wird natürlich bei groben Verätzungen in Rachen und
reiseröhre schon durch die sekundären peristaltischen Kontraktionen
i Gefolge der Nahrungsaufnahme erheblich gefährdet. Solche oft
hwer und tiefgreifend veränderten Organe bedürfen möglichst der
ltiestellung. Diese gelingt am besten durch die Jejunostomie event.
i ganz vorherrschender Beteiligung des Oesophagus auch durch die
isirostoinie. Auch die subjektiven Beschwerden in Rachen und
reiseröhre werden im Frühstadium der Vergiftung dadurch ge¬
ädert. Eine Gastrostomie kann auch im Hinblick auf die spätere
latierende Sondierung der Speiseröhre von der Magenwunde aus
ertvoll sein.
Bei Schwefelsäure- und Laugenvergiftungen ist die verätzte
dileimhaut vielfach derart morsch, dass man durch eilige Sonden-
liilungen gelegentlich mehr schaden als nützen kann.
Daher die bekannte Regel; bei allen akuten Vergiftungen sofort
Essig den Magen spülen mit Ausnahme der Schwefelsäure- und
mgenvergiftungen. Ein generelles Verbot von Sondenspülungen bei
aiten Schwefelsäurevergiftungen ist jedoch nicht angängig. Die
Jileimhautnekrosen hängen ja auch hier von der Konzentration, von
:r Menge und Verweildauer der Flüssigkeit am Orte der Aetz-
irkung ab. Werden nachweisbar verdünnte Lösungen getrunken,
i sind rasche und ausgiebige Sondenspülungen unter allen Urn-
änden am Platze. Ein Beispiel: Ein 54 Jahre alter Potator trank
der Klinik und zwar vor den Augen der Wärterin etwa 20 ccm
iizineller Schwefelsäure. Sofort wurde sorgfältigst der Magen
:spiilt, in üblicher Weise Magnesia usta angewandt; Magen- und
esophagusbeschwerden blieben tatsächlich vollkommen aus. Die
sehe Entscheidung, ob verdünnte oder konzentrierte Lösungen von
:hwefelsäuren oder Laugen getrunken wurden, kann im Einzelfall
hr schwierig sein. Auf konzentriertere Lösungen muss man jedoch
Messen, wenn sich an Lippen, Kinn und Wangen, auch in Mund-
jhle und Rachen stärkere Verschorfungen finden und wenn intensive
;hmerzen im Verlauf der Speiseröhre und in der Magengegend mit
osser Druckempfindlichkeit des Abdomens vorhanden sind. Hier
»nn es in der Tat, wenigstens nach unseren Erfahrungen am besten
“in, so rasch als möglich die Frühoperation ausführen zu lassen.
Die Möglichkeit einer raschen Frühoperation ist natürlich sehr
an den örtlichen Verhältnissen abhängig; man muss die letzteren
.i der Therapie unter allen Umständen in Rechnung ziehen. Wo
hirurg und Krankenhaus nicht zur Verfügung stehen, wird man trotz
:r gelegentlichen Möglichkeit der Perforation in der Praxis immer
ieder auf eine vorsichtige Sondenspülung, auch nach dem Trinken
an konzentrierter Schwefelsäure zurückgreifen. Schliesslich lae-
njtet der Vorschlag einer Frühoperation bei akuten Schwefelsäure-
id Laugenvergiftungen noch keinen Verzicht auf sofortige genügende
agenspiilung. Man reicht z. B. dem Kranken schleunigst Milch,
iweiss oder Seifenwasser und verdünnte Sodalösungen, bis man
is am meisten zu empfehlende Arzneimittel, die Magnesia usta zur
and hat.
Auf keinen Fall darf man hierbei auf Sonde und Medikamente
arten! Die einfache mechanische Spülung und Säureverdünnung
ü Flüssigkeiten ist viel wichtiger als die chemische Abstumpfung
id Neutralisation der Säure. Hat man keine Sonde, so lässt man
-ii Patienten diese Flüssigkeiten reichlich trinken; dadurch werden
Endliche Säurereste aus dem Oesophagus in den Magen weiter
.'schwemmt und die Säure selbst im Magen abgeschwächt. Bei der
rechneigung der Patienten wird reichlich getrunkene Flüssigkeit
ald wieder spontan nach aussen befördert und durch die rück-
lömende Flüssigkeit kommt es zu einer günstigen Spülung auch der
peiseröhre. Bei der Sondierung spült man nämlich genau genommen
ir den Magen aus, während man die Säurereste in Speiseröhre und
achen kaum berücksichtigt. Die Frühoperation kann also nach
ergiftungen mit hochprozentigen Säuren und Laugen in Fällen m i t
id ohne vorangehende Sondenspülung und andere therapeutische
lassnahmen am Platze sein.
Ein energisches operatives Eingreifen wurde auch einmal bei
kuter schwerer Sublimatvergiftung versucht
■3 jähriges Mädchen, in selbstmörderischer Absicht 4 Sublimat-
•istillen in einem Viertelliter Wasser gelöst, anscheinend restlos
tftrunken). Im Hinblick auf die voraussichtlich ganz infauste
rognose dieses Falles sollte der Versuch gemacht werden, die
atientin möglichst noch operativ zu retten. Auf unseren Vorschlag
in wurde in der Breslauer chirurgischen Klinik die Gegend der
tozoekalklappe freigelegt und ein Drainrohr in das Ileum eingenäht,
,n den Kot nach aussen fortzuleiten. Ein zweites Drainrohr kam
! das Kolon, um von hier aus eine Dauerspülung vorzunehmen und
omöglich die zu erwartende schwere dysenterische Ausscheidungs-
alitis zu mildern. Gleichzeitig wurde der Magen freigelegt, eröffnet
und sorgfältig von der Magenwunde aus nochmal gespült. Trotz
alledem ging die Patientin an den Folgen schwerster Nierenverände¬
rungen zugrunde (vielleicht könnte man hier noch die Entkapselung
in Erwägung ziehen?). Es war jedoch anscheinend gelungen, eine
schwere frühzeitige Dickdarmerkrankung zu verhindern.
Diskussion: Herr Bielschowsky hat die von Herrn
Müller erwähnte „Migraine ophthalmoplegique“ (Charcot) in
8 Fällen gesehen, so dass etwa auf je 100 Augenmuskellähmungen
seines Materials ein Fall von „rezidivierender Okulomotorius¬
lähmung“ käme. Trotzdem dieses Leiden stets von migräneähnlichen
Symptomen begleitet bzw. eingeleitet ist, stehen doch heute wohl die
meisten Autoren auf dem Standpunkte, dass es sich in solchen Fällen
für gewöhnlich nicht um echte Migräne handle. Denn die Lähmung
bildet sich zwar nach den ersten Anfällen in der Regel wieder zurück,
nach häufiger Wiederkehr derselben wird jedoch eine mehr oder
minder erhebliche Parese des N. oculomot. stationär. Man hat auch
in den wenigen Fällen, die bisher zur Autopsie gelangt sind, ver¬
schiedenartige basale Affektionen des Okulomotoriusstammes ge¬
funden (Exsudat, Tumoren etc.), was im Widerspruch zu dem Wesen
der echten Migräne steht.
Herr Zangemeister, Herr Hildebrand, Herr König.
Herr M a 1 1 h e s weist kurz auf einige weniger bekannte
Aequivalente für den Migräneanfall hin. Er beobachtete z. B. das
anfallsweise Auftreten von Urina spastica als typisches Migräne¬
äquivalent und in einem anderen Fall das Auftreten von Gastroxynsis.
Herr Eduard Müller: Die bei periodischer Okulomotorius¬
lähmung bisher erhobenen Sektionsbefunde ergeben kein einheitliches
Bild. Die Abgrenzung der ophthalmoplegischen Migräne von der
üblichen Form .macht grosse Schwierigkeiten, zumal bei der letzteren
auch andersartige Lähmungen Vorkommen. Die nach Kastration auf¬
tretenden migräneartigen Kopfschmerzen sind von echter Migräne
zu trennen. Ein Versagen der Röntgentherapie ist durchaus möglich,
zumal es noch andere'äuslösende Ursachen für den migränösen Anfall
gibt als sexuelle Vorgänge. Man muss sich möglichst streng an die
oben gegebene Indikationsstellung halten. Der Gastroxynsis ähnliche
Magensiörungen kommen bei Migräne vor, jedoch wohl immer in
Vetbindung mit Kopfschmerzen. Gewöhnlich liegt bei der Gastro¬
xynsis eine beginnende Tabes vor. Tiefgreifende Magenverätzungen
sind auch nach konzentrierten Säuren und Laugen meist merkwürdig
umschrieben; sie pflegen jedenfalls kaum den operativen Eingriff
(Anlegung von Nähten usw.) zu stören.
Herr E. Frey: Ueber Blutdruckwirkung von Uzara.
Die Stopfwirkung von Morphin resp. Opium und von Uzara sind
klinisch verschieden: Die subjektiven Beschwerden, Kolik, Tenesmus,
lassen auf Uzara nach, ohne dass eine intensive Stopfwirkung be¬
steht, auch kommt es nicht zu einer stopfenden Nachwirkung wie bei
Morphin. Es fragt sich, worauf diese klinischen Verschiedenheiten
in der Wirkung der beiden Stoffe beruhen. — Morphin stellt den
kiankhaft erregten Darm ruhig und macht eine Dauerkontraktion des
Pylorus. Die Stopfwirkung kommt auch nach Ausschaltung des
sympathischen Hemmungsnerven des Darmes, des Splanchnikus,
zustande (Magnus) und beruht auf einer Tonuszunahme im
autonomen Nerven, dem Vagus, wie auch der autonome Nerv des
Verengerers der Pupille in erhöhten Tonus nach Morphin gerät. —
Uzara stellt den Darm ruhig, hat aber noch andere Wirkungen, z. B.
auf den Blutdruck, die in Parallele zur Darmwirkung gesetzt werden
können; denn auch Herz und Gefässe unterstehen dem sympathischen
und autonomen Nervensystem. Der Blutdruck steigt nach Uzara
erheblich, und zwar durch periphere Gefässverengerung, sie tritt
auch nach Rückenmarksdurchtrennung auf. Gleichzeitig kommt es
zu Vagusreizung zentraler Natur, wie bei jeder Blutdrucksteigerung;
die Vaguspulse schwinden nach Vagotomie oder nach Atropin.
Dabei zeigte sich, dass die Atropinlähmung des Vagus durch Uzara
wieder aufgehoben wird; reizt man dann den wieder erregbar ge¬
wordenen Vagus, so bleibt eine Nachwirkung des Reizes längere Zeit
bestehen. Ferner beeinflusst Uzara die Kurarelähmung antagonistisch.
Vielleicht kann Uzara an diesen Stellen gespeichert werden, ohne
dass es selbst dort wirkt, und andere Stoffe daraus vertreiben, ln
grossen Dosen macht es Krämpfe. Wie die sympathischen Endigungen
der Gefässe, so erregt Uzara auch die sympathischen Endigungen im
Dilatator pupillae und so kann man schliessen, dass auch die Stopf¬
wirkung von Uzara auf Reizung der sympathischen Hemmungsrierven
des Darmes beruht, also in anderer Weise zustande kommt als die
Wirkung des Morphins. Morphin vermehrt den Tonus im autonomen
Nerven des Darmes, im Vagus, wie im autonomen Nerven an der
Pupille, wodurch Pylorus und Pupille eng werden; Uzara reizt die
sympathischen Hemmungsnerven des Darmes, wodurch der Darm
ruhig wird, wie die sympathischen Nerven im Dilatator pupillae,
wodurch die Pupille weit wird. Die klinischen Unterschiede der
Wirkung erklären sich also durch den verschiedenen Mechanismus
der Wirkung beider Stoffe.
Diskussion: Herr Loening erwähnt, dass die an aus¬
geschnittenen Rinderkranzarterien zu beobachtende Ein-
wiikung der Droge Uzara nicht im Sinne einer Reizung der
dortigen Sympathikusendigungen gedeutet werden kann. Wäre dies
der Fall, so müsste Uzara in ganz analoger Weise wie das Adrenalin
auf sie wirken, also ausnahmslos und bei jeder Konzentration v a s o -
dilatierend. Dieser von Lange ndorff zuerst festgestellten
und seitdem mehrfach bestätigten gefässer weiternden Ein¬
wirkung des Adrenalins auf isolierte Kranzgefässe entsprach jedoch
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
442
das Verhalten von Uzara durchaus nicht, vielmehr konnte von L.
bei der Prüfung des Einflusses einer Uzaronringerlösung auf
Rinderkranzgefässstreifen *) immer nur die gleiche gefäss-
verengernde (vasokonstriktorische) Wirkung beobachtet werden,
die Uzara auch auf andersartige isolierte Qefässe (Karotis etc.) stets
auszuüben vermag. Es traf dieses dem Adrenalin also gerade ent¬
gegengesetzte Verhalten von Uzara auch bei Versuchen mit ver¬
schieden konzentrierten Lösungen stets zu, so dass L. an die Be¬
deutung der Konzentrationsverhältnisse für die Erklärung jenes unter¬
schiedlichen Verhaltens nicht recht zu glauben vermag.
Herr Ed. Müller.
Herr E. Frey: Der Befund, dass Uzara und Adrenalin an den
Koronararterien verschieden wirken, kann gegen die Ansicht von der
Beeinflussung der sympathischen Nerven durch Uzara nicht allzusehr
ins Gewicht fallen, da ja auch Adrenalin verschieden wirkt, nicht nur
an den Koronararterien, sondern auch sonst an den peripheren
Arterien. Wenn es auch hauptsächlich die Gefässe zur Kontraktion
bringt, so erweitert es sie auch, z. B. in ganz kleinen Dosen, oder
als Nachwirkung grösserer. Trotzdem greift Adrenalin an den
sympathischen Nerven an, die sich in ganz ähnlicher Weise dem
elektrischen Reiz gegenüber verhalten, denn der sympathische Nerv
enthält auch erweiternde Fasern, es überwiegen nur die gefäss-
verengernden, und beide Sorten reagieren auf verschiedene Dosen.
Es kann sich also dabei um nur quantitative Unterschiede handeln.
Gynäkologische Gesellschaft in München.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 23. Januar 1913.
Herr D ö d e r I e i n: Demonstration eines durch Röntgenstrahlen
merkwürdig gebesserten Falles von inoperablem Karzinom.
Verf. gibt zuerst einen Ueberblick über den heutigen Stand der
Röntgentherapie in der Gynäkologie, und erklärt sich als bedingungs¬
losen Anhänger von Krönig-Gauss. Zu den Röntgenstrahlen
ist in letzterer Zeit auch noch das Radium und Mesothorium ge¬
kommen. Das Mesothorium sendet dreierlei Strahlen aus: a-, ß-
und y-Strahlen. Die a-Strahlen entsprechen am ehesten den ganz
weichen Röntgenstrahlen, müssen also, um Hautschädigungen zu ver¬
meiden, durch ein feines Aluminiuprfilter abgefangen werden, die
/»-Strahlen sind spezifisch für Mesothorium und die y-Strahlen ent¬
sprechen harten Röntgenstrahlen. Demonstration einer von der Auer-
Gesellschaft zur Verfügung gestellten Mesothoriumkapsel, zum ein¬
gesetzten Werte von 10 000 M. Mit Röntgenstrahlen, kombiniert mit
Mesothorium, wurde eine 47 jährige Frau mit inoperablem Zervix-
kaizinom behandelt. Obwohl mit der Behandlung erst am 10. XII.
begonnen wurde, ist der Erfolg doch schon ein überraschender. Es
wurden verabfolgt: 804 Lichtminuten mit 718 X (Röntgenscheiden¬
bestrahlung) und 3 mal 40 mg je 14 Stunden und 2 mal 50 mg je
10 Stunden. Mesothoriumeinlagen in die Vagina = 3280 mg Stunden.
Der grosse Krater in der Zervix reinigte und schloss sich sehr
rasch, so dass man jetzt eine fast normale Portio tastet: Probe¬
exzisionen aus der Portio ergeben kein karzinomatöses Gewebe mehr.
Das karzinomatöse Infiltrat in den Parametrien ist rechts kleiner ge¬
worden und auf der linken Seite ganz geschwunden, so dass der
Uterus wieder beweglich geworden ist. Die Behandlung soll fort¬
gesetzt werden. Demonstration der Patientin, die von einzelnen
Herren nachuntersucht wird.
Diskussion die Herren: Kästle, Sielmann, Theil-
h a b e r, A 1 b r e c h t, Klein, Hengge, G r a s h e y, D ö d e r 1 e i n.
Herr Bai sch: Demonstration zur Behandlung des bei Tuben-
ruptur in die Bauchhöhle ergossenen Blutes.
Demonstration einer Patientin, die wegen Tubenruptur mit
enormer Blutung ins Abdomen vom Vortr. operiert worden ist. Ab¬
weichend von dem von ihm gewöhnlich geübten Verfahren hat der
Vortr. das Blut aus dem Abdomen nicht ausgespült, sondern es, um
die Operation möglichst abzukürzen, , im Abdomen gelassen. Trotz¬
dem war die Rekonvaleszenz vollkommen ungestört.
Diskussion die Herren : Wiener. Theilhaber, Petri,
Aman n, Hengge. G. Wiener- München.
Naturwissenschaft!.- medizinischer Verein zu Strassburg.
(Medizinische Sektion.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 15. November 1912.
Herr Berg: Zur Histologie der Leberfunktionen.
Diskussion: Herren Erich Meyer, Ber g.
Sitzung vom 29. November 1912.
Herr Loos: Ueber ein zentrales Unterkieferkarzinom, die Her¬
kunft und Klassifizierung dieser Geschwülste.
Demonstration einer bei einem 22 jährigen Mann nach einem
Stoss gegen den Unterkiefer entstandenen Geschwulst. Bei der von
*) siehe die diesbezüglichen Mitteilungen in der Münch, med.
Wcchenschr. No. 5, 1912 unter „Sitzung des Aerztlichen Vereines
Marburg1--.
No. 8
Prof. Stolz- Strassburg vorgenommenen beiderseitigen Exarti
kulation befand sich links ein hühnereigrosses, weissliches, wabige
Neoplasma, welches den Knochen von der Prämolarengegend bis zu
Mitte des aufsteigenden Astes total zerstört hatte. Auch rechts wäre
die Zähne vom Eckzahn an in einen solchen Tumor von Taubenei
grosse eingemauert. Haut, Schleimhaut, Zahnfleisch und regionär
Lymphdrüsen frei. Mikroskopisch erwies sich die Geschwulst al
Karzinom. In einem bindegewebigen Stroma Ballen von Platten
epithel, deren Zentrum meist herausgefallen ist, besonders wenn di<
Erweichungsnester gross sind, so dass Hahlräume entstehen. Kein
Perlkugelbildung.
Erinnerte schon der histologische Bau — solide Zellstränge mi
mehreren Schichten von aussen mehr kubischen, nach innen zu meh
platten Epithelzellen und Zysten mit einer verschieden starken Wand
aus nach innen platter werdenden, sich Zerfallsformen mehr um
mehr nähernden Epithelzellen und mit einem teils mehr teils wenige
verflüssigten Kern — in gewisser Hinsicht an den Bau der vo
Kruse zuerst genau histologisch beschriebenen und unterschiedene
Adamantinomformen, und erinnerte die Zellform in der äusserste.
Wandschicht an die des äusseren Schmelzscheidenepithels, so hätt!
nach dem Vorgang von Malassez, welcher alle derartigen Kiefer!
geschwülste, bzw. der Zahnwurzel anhängenden epithelhaltigen Gel
schwülstchen auf die von ihm zuerst histologisch abgesonderte:
und histogenetisch zusammengefassten „Debris epitheliaux“ zurück
führte, auch dieser Tumor als unterste Stufe der Schmelzleisten
geschwülste angesehen werden können. Er ist jedoch, da ein Zu
sammenhang mit dem Epithel der Umschlagsfalte nachgewiese
werden konnte, ein Epithelkarzinom mit der dem Zahnleistenepithc
eigentümlichen Wachstumsrichtung. (Selbstbericht.)
(Der Vortrag erscheint ausführlich in der Deutschen Monats
schrift für Zahnheilkunde.)
Herr Steiner: Zur Physiologie und Pathologie der Links
händigkeit.
Diskussion: Herren Chiari, Ewald, Ledderhos tj
Steiner.
Medizinisch-Naturwissenschaftlicher Verein Tübingen.
(Medizinische Abteilung.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 18. November 1912.
Vorsitzender: Herr Perthes.
Schriftführer: Herr A. Mayer.
Herr Dibbelt: Beiträge zur Pathogenese der Infektion*
krankheiten.
M. H.l Ich wollte Ihnen kurz über experimentelle Untei
suchungen berichten, deren ausführliche Mitteilung in den Arbeite
aus dem pathologischen Institut Tübingen, Bd. VIII, Heft 2. 191
erfolgen wird. Die Untersuchungen beschäftigen sich mit der Genes
allgemeiner und lokaler Infektionskrankheiten. Von dem Grüne!
gedanken ausgehend, dass das Wesen der Infektion in einer Wechse
Wirkung zwischen den Bakterien und den Zellen des befallenen Orgr
nismus zu suchen ist, wurde versucht, die Zustandsänderunge'
welche in den Zellen als Reaktion auf die Wirkung des Krankheit:
virus auftreten, aufzudecken. Die angewandte Methode war die de
vitalen Färbung mit einem leicht reduzierbaren Farbstoff, dei
Methylenblau. Dabei sind folgende Ueberlegungen zugrunde gelegt
die gesunden Zellen vermögen in einer bestimmten Zeiteinheit ein
bestimmte Menge von Farbstoff zu reduzieren, diese Reduktion i:
nach Ehrlich als der Ausdruck des Sauerstoffbedürfnisses dt
Zellen zu betrachten, zeigt also gleichsam die Zellatmung an. Gel
dabei die Reduktion in der üblichen Stärke vor sich, so ist darai
auf eine intakte Zellatmung zu schliessen, ist sie gehemmt, so wir
die Zellatmung und damit überhaupt die Zellfunktion geschädigt sei
Es Lässt sich nun sowohl bei septikämischen Prozessen (exper
menteller Hühnercholera), wie bei lokaler Infektionskrankheit (exper
menteller Tuberkulose) an dem Ausbleiben der Reduktion eine Zel
Schädigung nachweisen, die im ersteren Falle am zum Teil blos;
gelegten Gehirn, im zweiten in der Umgebung des infektiösen Pr<
zesses zu bemerken war. Hier blieb sie in Bezirken aus, die mn
phologisch völlig normal erschienen oder sich im Zustande erhöht*
proliferativer Tätigkeit befanden. — - Wenn man, wie von mir vo
geschlagen, die Krankheitsursachen in einen pathokinetischen ui
pathogenetischen Faktor zerlegt und unter ersterem die Wirkung*
der Bakterien auf die Zellen, unter letzterem die Reaktionen, welcl
in den Zellen als Antwort auftreten, zusammenfasst, so wird m:
sagen können, dass die pathogenetische Ursache der Infektionskranl
heiten in einer funktionellen Störung der Körperzellen zu suchen i:
In ihrem Verlauf lassen sich 2 Stadien unterscheiden, die positiv
Phase oder das Stadium der erhöhten Reizbarkeit und die negativ
Phase oder das Stadium der funktionellen Lähmung. Das 1. Siadiu
findet bei den lokalen Infektionskrankheiten seinen Ausdruck in e
höhter formativer Tätigkeit der Zellen; bei Allgemeinerkrankungt
in dem Auftreten von Temperaturerhöhung und anderen Zustände
erhöhter Reizbarkeit von Organen oder Organgruppen. D;
2. Stadium führt unter langsamerem oder schnellerem Aufhören d'
Zellfunktionen zum lokalen oder allgemeinen Tode.
Diskussion: die Herren v. Baumgarten, Holzbac
Perthes.
. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
443
Herr J. W. Miller: Corpus luteum und Schwangerschalt.
it Demonstration des jüngsten menschlichen Eies.)
Zwischen Ovulation und Menstruation besteht ein festes Ab-
ngigkeitsverhältnis, und zwar geht der Follikelsprung der Blutung
rchschnittlich 9 Tage voraus. Während das Ei die Tube durch-
mdert. erfolgt die Umbildung der Membrana granulosa des Follikels
;n Corpus luteum, dessen epitheliale Natur durch die vergleichende
twicklungsgeschichte, durch das Auffinden von Kolloid innerhalb
r Luteinzellen und den Nachweis direkter Uebergänge erwiesen ist.
Das frische Corpus luteum gibt keine Fettreaktion: erst nach
ginn seiner Rückbildung gelingt der Fettnachweis. Das Corpus
eum graviditatis gibt während der ganzen Dauer der Schwanger-
laft so gut wie keine Fettreaktion. Das Corpus albicans entsteht
rch Zugrundegehen der verfetteten Luteinzellen allein durch
aline Hypertrophie des bindegewebigen Retikulums. Eine histo-
;ische Differentialdiagnose des Corpus luteum graviditatis wird
rch den Nachweis von Kolloidtropfen und Kalkkonkrementen bei
gativem Ausfall der Fettreaktion ermöglicht.
Der gelbe Körper ist eine periodisch sich bildende Drüse mit
lerer Sekretion; sie veranlasst die zyklische Umbildung des Endo-
itriums zur Dezidua — das Ei ist hierzu nicht nötig — und er-
iglicht so die Implantation des Ovulum; sie bewirkt — als
iphisches Zentrum für den Uterus — ganz allgemein den in den
■nerationsjahren erhöhten Turgor des Organs und protegiert so
; junge Schwangerschaft; sie verhindert eine neue Eireifung
ihrend ihrer Funktionsdauer. Die sogen. Laktationsatrophie des
erus ist keine reflektorische Trophoneurose, sondern nur die Folge
r fehlenden Corpus-luteum-Neubildung.
Der Nachweis eines inneren Sekrets des Corpus luteum im
agenzglasversuch durch die Komplementbindungsmethode miss-
gt, da Hormone niemals zur Antikörperbildung Veranlassung geben,
rsuche, ein Sekret des gelben Körpers durch vitale Färbung nach-
vveisen, haben noch zu keinem Ergebnis geführt.
Die Schwangerschaftstoxikosen entstehen möglicherweise durch
le Unterfunktion des Organs.
Die Menstruation stellt — ein Indikator t'rustraner Ovulation —
r eine Entlastung des hyperämischen Uterus vor; für das Zustande¬
mmen der Konzeption hat sie keine Bedeutung. Im Menstrualblut
vielleicht die Nährflüssigkeit für das Ei, die beim Abbau des Nestes
fliesst, zu sehen. Brunst und Menstruation sind entwicklungs-
schichtlich und physiologisch prinzipiell verschiedene Erschei¬
ngen.
Als geeignetster Termin für die natürliche wie die künstliche
iruchtung ergibt sich der 10. Tag vor dem berechneten Eintritt
r neuen Periode.
Zur Implantation gelangt stets das Ovulum der zuerst aus¬
übenden Regel; eine postmenstruelle Einbettung gibt es nicht. Die
hwangerschaftsdauer ist daher um 19 Tage zu reduzieren. Die
Jation erfolgt durch aktives Eindringen des Lichens zwischen zwei
iisenmiindungen. Der Trophoblast ist fetaler Natur.
’hysikalisch-medizinische Gesellschaft zu Würzburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 23. Januar 1913.
Herr Polano: Demonstration zur biologischen Schwanger-
haftsdiagnose nach Abderhalden.
Vortr. demonstriert nach Besprechung des von Abderhalden
gegebenen Dialysierverfahrens, der zugrunde liegenden theoreti-
lien Vorstellung sowie der Technik die Methode, die meistens
iwandfreie Resultate liefert, bisweilen aber auch bei Nicht-
iwangeren positive, bei Schwangeren negative Resultate zu zeitigen
rmag. Inwieweit diese Misserfolge in der Schwierigkeit der
chnik oder in der Unsicherheit des Verfahrens selber be¬
endet sind, ist vorderhand schwer entscheidbar. Auf jeden Fall
rd der praktische Wert der Methode durch die vom Autor selber
rvorgehobenen technischen Schwierigkeiten wesentlich beein-
ichtigt. Wie zahlreiche Versuche ergeben haben, kann man diese
aktion nicht, wie bisher angenommen, als eine ausgesprochen
lazentare“ bezeichnen, da alle fötalen Organe drüsiger und nicht¬
iger Natur (Leber, Milz, Niere, Nebenniere, Thymus, Thyreoidea,
nge, Herz, ein in toto verarbeiteter Embryo) ebenso wie Frucht-
tsser und fötales Serum mit Schwangerenserum kombiniert, diese
aktion geben. Dieser Umstand ist wichtig, da alle theoretischen
ekulationen, die verschleppte Plazentarelemente als Quelle dieser
rumreaktion ansprechen, unsicher werden. Ebensogut könnten
^geschiedene Stoffwechselprodukte des Fötus, die durch die Pla¬
nta hindurchgehen, als Quelle der mütterlichen Serumveränderung
gesprochen werden. Vortr. hat dann im Anschluss an frühere Unter-
- liungen, in denen er den Nachweis der quantitativen und qualita-
en Verschiedenheit von fötalem und mütterlichem Blut erbrachte,
aloge Unterschiede in dem Hämolysierungsvermögen von
hwangeren- und Nichtschwangerenserum verschiedenem Tierblut
geniiber feststellen können. Das Schwangerenblut ist reicher an
molysin (als Hammelblut z. B.). ' Zum Schlüsse bespricht Vortr.
blutauflösende Fähigkeit gekochter Plazenta, einzelner fötaler
kane, z. B. vor allem der Lunge, menschlichen roten Blutkörper¬
en gegenüber (Lipoidwirkung?), die ebenfalls Erythrozyten
nwangerer gegenüber, schon vom zweiten Monat an, weit inten¬
siver aufzutreten pflegt, als bei Nichtschwangeren, wo das Phä¬
nomen völlig fehlt (Agglutination) oder viel schwächer zu sein pflegt.
Herr E. Schmidt: Ueber Dünndarmstenosen. (Mit Demon¬
stration.)
Der Vortrag erscheint ausführlich in der Münchener medizini¬
schen Wochenschrift.
Herr D. Ackermann: Ueber Zystinurie.
Vortr. berichtet über einen Fall von Zystinurie bei einem jungen
Manne, der schon seit seiner Kindheit Steinbeschwerden hatte und
dem bereits ein 48 g schwerer Zystinstein operativ aus dem Becken
der einen Niere entfernt wurde; auch der Vater des Patienten war
steinleidend. In der Erwartung, dass man im Harne derartiger Pa¬
tienten neben den öfters darin aufgefundenen Diaminen Kadaverin
und Putresein (sog. Diaminurie), noch andere Eiweissfäulnisbasen,
wie man deren durch die Untersuchungen Ackermanns jetzt
mehrere kennen gelernt hat, werde finden können, wurden 80 Liter
des Zystinharnes untersucht. Zur Anwendung kam die bekannte
Harnuntersuchungsmethode von F. Kutscher, die schon zur Auf¬
findung mehrerer bisher unbekannter Harnbasen, höchst interessanter
Konstitution, geführt hatte. Es fanden sich nun zwar keine neuen
Fäulnisbasen (auch Aporrhegmen genannt), aber dafür die a-e-Dia-
minocapronsäure, das sog. Lysin. Damit ist neben den im Harne der
Zystinuriker bereits früher gefundenen Aminosäuren, dem Zystin,
Tyrosin und Leukin, nun eine vierte Aminosäure gefunden, die in¬
sofern eine Sonderstellung einnimmt, als sie eine der drei Heseon-
basen des Eiweissmoleküls ist. Die Auffindung des Lysins im Zvstin-
harn ist ferner deswegen von Bedeutung, weil wir in diesem Körper
sicher die Muttersubstanz des einen Diamins der Diaminurie, nämlich
des Kadaverins, vor uns haben, das sich nach Ellinger auf dem
Wege des bakteriellen Abbaues durch einfache Kohlensäureabspaltung
aus dem Lysin zu bilden vermag. Genau wie die Bakterien verfährt
nun auch der Warmblüter und man wird mit Bestimmtheit annehmen
dürfen, dass dieser Weg des Aminosäureabbaues nicht nur bei
Zystinurie, sondern, wenn vielleicht auch in beschränktem Masse,
normaliter eingeschlagen wird, denn die pathologischen Vorgänge
sind nach Claude Bernard nur eine Steigerung physiologischer,
so dass dieser Befund auch physiologische Bedeutung hat. Das
Nähere siehe bei D. Ackermann und F. Kutscher: Ueber das
Vorkommen von Lvsin im Harn bei Zystinurie. Zeitschrift für Bio¬
logie, Bd. 57, S. 355.
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1638. ausserordentliche Sitzung vom 10. Februar 1913,
abends 7 Uhr im Hörsaal der Senckenbergischen
Anatomie.
Vorsitzender: Herr F 1 e s c h.
Schriftführer : Herr B e n a r i o.
Klinischer Demonstrationsabend.
Als Gäste : Herr Dr. Tirnauer - Wien, Herr Prof. Schleich'
und Herr Dr. Friedmann - Berlin.
Tagesordnung:
Herr Ehrlich: Demonstration eines Präparates mit Spiro¬
chäten im Gehirn eines Falles von Paralysis progressiva. (Original¬
präparat von N o g u c h i - NewYork.)
Herr Ehrlich: Ich wollte Ihnen heute nur ein Präparat demon¬
strieren, das anzusehen Sie vielleicht interessieren wird. Es handelt
sich um einen Schnitt aus dem Hirn eines Paralytikers, der mir von
einem unserer ersten Spirillenforscher, N o g u c h i, am Rockefeller
Institut in NewYork zugeschickt worden ist und in dem man, wie
Sie sehen werden, die Spirochäten in der schönsten Weise erkennen
kann.
Erwähnen wollte ich noch, dass mir Herr N o g u c h i ge¬
schrieben hat, er habe unter 71 Paralytikern, die er untersucht, bei
14, also in 20 Proz. der Fälle, Spirochätenbefund erhoben.
Ich glaube, dass dieser Nachweis von der allergrössten Wichtig¬
keit ist. Die Idee, im Paralytikerhirn nach Spirochäten zu suchen,
war ja sehr naheliegend und ist von verschiedenen Seiten, bisher
aber immer mit negativem Erfolge, versucht worden und hiermit
schien die Anschauung derer, die die Paralyse als eine metasyphi¬
litische Erkrankung auffassen, als eine Erkrankung, die mit Spiro¬
chäten direkt nichts zu tun habe, eine Bestätigung erfahren zu haben.
Nach den Befunden N o g u c h i s werden wir aber auch diese An¬
schauung zu revidieren haben.
Ich darf mir vielleicht gestatten, auf die Anschauungen, die sich
mir als Experimentator aus Anlass dieses Präparates aufgedrängt
haben, hier mit einigen Worten einzugehen.
Wenn die Paralyse als solche eine Spirochätenerkrankung des
Gehirns ist, so müssen die Remissionen, die im Bilde derselben eine
so grosse Rolle spielen, sehr auffällig sein, und doch bieten sie durch¬
aus nichts neues in der Geschichte der chronisch rekurrierenden
Erkrankungen, als deren Typus man die Trypanosomenerkrankungen
bezeichnen kann. Wenn man trypanosomenkranke Tiere, z. B. Pferde,
beobachtet, so kann man sehen, dass an einem Tage das Tier schwei-
krank ist und das Blut zahlreiche Trypanosomen beherbergt; am
nächsten Tage ist die Temperatur zur Norm gesunken, die Para¬
siten sind verschwunden und das Tier ist anscheinend gesund, um
MUENCHENER MEDIZINISCHE WQCHENSCHRIET. _ _ NoJ!.
nach wechselnder Zeit wieder von neuem zu erkranken. Ich habe
hier eine Tafel zeichnen lassen, auf der Sie sehen können, dass sich
die Trypanosomenerkrankungen des Pferdes aus einer grossen Zahl
von Fieberattacken und fieberfreien Intervallen zusammensetzt. In
den Fieberattacken sind Trypanosomen oft in grossen Mengen vor¬
handen, in den fieberfreien Intervallen dagegen fehlen sie.
Die Erklärung dieser Tatsache ist eine sehr einfache. Von den
im Blute kreisenden Trypanosomen geht durch die Behandlung ein
Teil zugrunde: es werden Antikörper gebildet, die, wenn sie ge¬
nügend angehäuft sind, die Hauptmenge der Trypanosomen auflösen
und so die Entfieberung bedingen. Es ist dieses die trypanolytische
Krise. Einzelne Trypanosomen entziehen sich der Abtötung, können
aber zunächst wegen der vorhandenen Antikörper nicht auskeimen.
Im Laufe der Zeit werden sie jedoch gegen die Antikörper fest
und dann kommt der zweite Anfall, der beendet wird, sobald sich ein
zweiter Antikörper in genügenden Mengen gebildet hat. In dem
Tiere sind also jetzt zwei verschiedene Antikörper vorhanden und
der zweite Antikörper schützt nur so lange, bis die Trypanosomen
wieder gegen ihn fest geworden sind. Dann entsteht ein dritter
Anfall, der beendet wird, wenn sich ein dritter Antikörper gebildet
hat und so geht es, man möchte sagen ad infinitum, weiter. So
entsteht schliesslich eine grosse Menge von Antikörpern, und jedei
folgende Rückfall ist immer ein Zeichen dafür, dass ein neuer Rezidiv¬
stamm zur Entwicklung gekommen ist.
So kann man es sich sehr leicht vorstellen, dass die im Gehirn
vorhandenen Spirochäten, wenn sie eine gewisse Wucherungsinten¬
sität erreicht haben, schliesslich einen potenten Antikörper auslösen,
der mehr oder weniger die im Gehirn vorhandenen Spirochäten
abtötet und so eine scheinbare Heilung, die Remissionen, einleitet.
Eine Neuerkrankung folgt dann, wenn die vereinzelten zurückbleiben¬
den Spirochäten sich dem Antikörper angepasst haben und so eine
neue Propagation gewinnen.
Auf diese Weise kann man sich das Wesen der Remissionen
klar machen und wird auch verstehen, warum man in einem grossen
Teil der Fälle von Paralyse keine Spirochäten findet: man hat eben
dann die Untersuchung in dem spirillolytischen Intervall ausgeführt.
Zum Schlüsse wollte ich noch einen theoretischen Gesichts¬
punkt erwähnen. Es ist anzunehmen, dass sich bei der Paralyse, die
ja so lange nach der Infektion aufzutreten pflegt, offenbar ein Rezidiv¬
stamm vorfinden muss, der in seinen biologischen Eigenschaften von
den die frischen Infektionen bedingenden Spirochäten weitgehend
verschieden sein kann, und ich vermute, dass diese Verschiedenheit
auch in einer Resistenz gegen die therapeutischen Agentien zutage
tritt. Dass mit Quecksilber bei der Paralyse kaum etwas genutzt
wird, ist ja allgemein bekannt; auch das Salvarsan scheint bei lange
fortgesetzten Injektionen zwar eine erhebliche Besserung in klinischer
Hinsicht auszuüben. d. h. Remissionen künstlich hervorzurufen; aber
ob eine definitive Heilung, d. h. eine vollkommene Elimination aller
Parasiten sich ermöglichen lässt, ist zweifelhaft. Wir werden daher
versuchen müssen, die Wirkungsweise der Arsenikalien zu ver¬
schärfen und uns nicht auf ein einziges Arsenikale zu beschränken,
sondern verschiedene Typen mit differenten Angriffspunkten für die
Kombinationsbehandlung heranzuziehen. Auf jeden Fall glaube ich
aber, wird dieser positive Befund Veranlassung geben müssen, noch
einmal die Behandlung der Paralyse mit aller Energie in die Hand zu
nehmen. Es ist keine Nachkrankheit, sondern ein aktiver Infektions¬
prozess.
Diskussion: Herr S. Auerbach: Die Remissionen sind
nicht nur im Krankheitsbilde der Paralyse, sondern auch in dem
der Lues cerebri resp. cerebrospinalis charakteristisch, so zwar, dass
sie oft differentialdiagnostisch von grosser Bedeutung werden. — Es
wäre sehr wünschenswert, zu erfahren, ob die Fälle von Paralyse,
von denen die demonstrierten Spirochätenpräparate stammen, reine
Paralysen waren oder ob sie, wie das ja gar nicht so selten ist,
Kombinationen von Paralysen mit Lues cerebri waren und ferner, wie
lange der Zeitraum zwischen Infektion und Ausbruch der Para¬
lyse war.
Herr A. F r i e d 1 ä n d e r - Hohe Mark: Die Befunde des japani¬
schen Forschers, welche uns Herr Ehrlich heute mitgeteilt und
demonstriert hat, sind nach mehr als einer Richtung hin bedeutungs¬
voll. Wie Herr Ehrlich bereits hervorgehoben hat, lassen es
diese kaum mehr zu, bezüglich der progressiven Paralyse als von
einer metaluetischen Erkrankung zu sprechen. Ich möchte dies¬
bezüglich auf ein anderes, wie mir scheint sehr wichtiges Moment
hinweisen. Wie Sie wissen, haben die an verschiedenen Stellen aus¬
gebildeten und durchgeführten Behandlungsmethoden, welche die Er¬
regung von Fieber, vor allem auch bei der Tabes dorsalis, zum Inhalt
haben, zu bemerkenswerten Resultaten geführt und ich selbst, der
diese Frage seit mehr als einem Jahrzehnt studiert habe, bin der
Ansicht, dass diese Methode noch grössere Beachtung verdient, als sie
bisher gefunden hat, wenngleich dieselbe erfreulicherweise seit dem
Jahre 1897, in welchem ich hierüber den ersten Vortrag hielt, mehr
und mehr zur Diskussion gestellt wurde. Bezüglich der Erfolge,
welche ich selbst erzielt habe, möchte ich nur auf die überraschende
Tatsache hinweisen, dass ich, wenn auch vorläufig erst in wenigen
Fällen, nach der „Fieberbehandlung“, an welche sich eine spezifische
anschloss, eine Wiederherstellung der völlig verschwundenen Pu¬
pillenreaktion und ein Wiederauftreten der abhanden gekommenen
Sehnenreflexe feststelte. Berücksichtigen wir dieses Moment und
halten es zusammen mit den heute mitgeteilten Beobachtungen von
E h r 1 i c h, so hat es den Anschein, als ob wir unsere Anschauungen
über die progressive Paralyse, über die Tabes usw. einer Revision
unterziehen müssen, speziell was die obenerwähnten Symptome be¬
trifft. Dieselben können nicht gut (jedenfalls nicht immer) der Aus¬
druck einer Zerstörung von Bahnen sein, da sonst durch die
Fieberbehandlung mit nachfolgender spezifischer, eine, wenn auch
nur vorübergehende Wiederherstellung derselben unerklärlich wäre.
Dagegen wird sie sofort erklärt, wenn wir uns mit jener Anschauung
befreunden, die ich seit jeher (als eine rein hypothetische) ver¬
trat, nämlich, dass es sich bei den erwähnten Krankheiten um
Unterbrechungen der Leitung (vielleicht durch gequollene nervöse
Elemente) handelt, welche durch die Revolutionierung des Stoff¬
wechsels, wie ein solcher bei fieberhaften Krankheiten auftritt, derart
beeinflusst werden, dass eine nachfolgende spezifische Behandlung
noch Erfolg bringen kann, die ohne die Vorbehandlung durch das
auf künstlichem Wege erzeugte Fieber wirkungslos geblieben ist
Mag man über die Richtigkeit dieser Hypothese und über die bisher
veröffentlichten Erfolge der kombinierten Behandlung denken wie mar;
will, so ist jedenfalls die Tatsache, welche zu einer kombinierter
Behandlung geführt hat, allgemein anerkannt, dass schwere, für u.i-
heilbar gehaltene, Geisteskrankheiten durch interkurrente fieberhaft'
Erkrankungen, wie besonders durch I yphus, Influenza, fieberhafttj
Eiterungen. Erysipel usw. deutlich beeinflusst worden sind. Und au j
der Nachahmung dieser Naturerfolge ruhen die Bestrebungen det
Fieberbehandlung.
Herr Raecke weist auf die Arbeiten S t a r g a r d t s aus detf
Kieler Nervenklinik hin, durch welche die luetische Natur der tau¬
schen Optikusatrophie erwiesen sei. Die regelmässigen stark ent
zündlichen Veränderungen an den Meningen und in den Hirngefässei!
bei der Paralyse hätten eine auffallende Aehnlichkeit mit den durch
Trypanosomen bedingten Bildern bei der Schlafkrankheit un
sprächen gleichfalls für das Vorhandensein spezifischer Erreger. R
hat daher bereits seit Jahren auf den Nachweis von Spirochäten auch
bei den sogenannten metaluetischen Krankheitsformen gehofft um
freut sich, diese Erwartung jetzt bestätigt zu sehen.
Auffallend sei, dass in den demonstrierten Präparaten sich mr
gends Fibrillen mitgefärbt hätten. Vermutlich habe Noguchi du
Levaditifärbung in irgendwelcher Weise modifiziert.
Herr Ehrlich: Schlusswort.
Herr Benario demonstriert einige Diapositive, die aus ver
schiedenen Stellen des Präparates aufgenommen worden sind. Du
Pia ist verdickt und infiltriert, in ihr finden sich jedoch keine Spiro
chäten. Es findet sich der für Paralyse charakteristische Randfilz i
der Rinde und unterhalb dieses durch Gliawucherung verdickten Sau
mes finden sich in einer bestimmten Zone in der Rinde die Spiro
chäten. Diese liegen nicht um die Gefässwände oder in denselbei
sondern verstreut in dem Gewebe. In der Nähe eines grösseren Ge
fässes ist eine besonders starke Aussaat zu konstati°ren. In ue
Markschicht konnten Spirochäten nicht gefunden werden.
Herr Schwenkenbecher: Fall von Eunuchoidismus.
34 jähr. junger Arbeiter, 1,68 m gross, schmal, mager, von det
Aussehen eines 17-Jährigen. Aeussere Geschlechtsteile wie bei einer
3 jährigen Kinde. Testes im Hodensacke nicht nachweisbar, Prostat
sehr klein, Scham-, Achsel- und Barthaare fehlen vollkommen. Di
Stimme ist leise, aber nicht ausgesprochen hoch; die Schilddrus
ist nicht durch Palpation festzustellen, also sicherlich ebenfalls hyp<
plastisch. Die Sella turcica ist im Röntgenbilde eher klein. A:
Knochensystem deutlich vermehrtes Längenwachstum der Untei
arme und Hände, der Unterschenkel und Füsse. Röntgenologisc
Epiphysenschluss noch nicht vollendet, deutliche Spalten; Knochei
kerne normal entwickelt. #1
Massiger Grad von Imbezillität, gutmütig, wenig erregbar, doc
arbeitswillig und sauber. Libido fehlt vollständig, ebenso Erektioni
und andere Aeusserungen der normalen Genitalfunktion. i;
Diskussion: Herr Siegel erwähnt, dass er zurzeit ebei
falls einen Fall von Eunuchoidismus in Behandlung habe, weicht
einen femininen Typus mit starker Adipositas darstelle. Der link
Hoden sei linsengross und derb, der rechte fehle.
Herr Georges L. Dreyfus demonstriert mehrere Kranke ni
isolierten Pupillenstörungen auf syphilitischer Basis und bespiicht d
diametral entgegengesetzte Beurteilung der vorliegenden Erkrankui
auf Grund der Untersuchung des Liquor cerebrospinalis. Dies*
gibt allein die Möglichkeit der Entscheidung, ob es sich um aktiv
oder abgelaufene Prozesse am Nervensystem handelt. Sämtliche btj
dien der Pupillenstörung (Lichtträgheit, reflektorische und absolu
Starre) kommen bei ausgeheilter Lues cerebri zur Beobachtun
Isolierte Pupillenstörungen werden auffallend oft bei Syphilitikern n
obachtet. I n 35—40 Proz. der Fälle handelt es sich di
bei nicht um ein besorgniserweckendes Symptoi
sondern nur um das Zeichen einer früheren sypn
litischen Durchseuchung des Nervensystems, d i
zur Ausheilung gelangt ist.
Herr Reiss stellt vor:
1. Einen Fall von Digitalismus. Alle per os dargereichten Du
talispräparate sowie Tinctura Strophantin riefen toxische Erseht
nungen hervor, während intravenöse Strophanthininjektionen gut vt
tragen wurden.
5. Februar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
445
2. Einen fall von kurzdauerndem Ikterus im Sekundärstadium
r Lues. Der Ikterus verlief unter dem Bilde des katarrhalischen,
letische Symptome waren ausser der Wassermann sehen Re-
tion z. Z. nicht vorhanden. Der Ausfall der Qalaktoseprobe (nach
chterner Aufnahme von 40 g wurden über 7 g wieder ausgeschieden)
rach im Sinne eines katarrhalischen Ikterus. Die Möglichkeit einer
trenchymschädigung der Leber durch die Lues kann jedoch nicht
isgeschlossen werden.
Diskussion: Herr B e n a r i o erwähnt eine Notiz aus der
tzten Nummer des British Med. Journal von R a w - Edinburg, nach
elcher dieser Autor 7 Fälle von akuter gelber Leber-
trophie beobachtet hat, die alle auf syphilitischer Basis be¬
sten. Es handelte sich um 4 männliche und 3 weibliche Individuen,
iter den letzteren war eine Gravida.
Bei allen wurde Leucin und Tyrosin nachgewiesen. Diese
onstatierung ist insofern von Wichtigkeit, als häufig ikterische Er-
tieinuugen, die mehr oder mindere Zeit nach Salvarsaninjektionen
mbachtet worden sind, als toxische Wirkungen aufgefasst worden
nd. Bei Ikterus in der Sekundärperiode muss man immer an eine
■philitische Aetiologie denken.
Herr Alwens: Röntgenbilder.
1. Diapositive des Muskelkünstlers Bohner, welche von Herrn
r. Sielmann - München zur Verfügung gestellt sind.
2. Demonstrationsvortrag über die Fortschritte auf dem Gebiete
er Röntgenkinematographie.
Es werden Serienaufnahmen der buccopharyngealen und der
sophagealen Periode des Schluckaktes, des gesunden und des
ranken Magens und des gesunden und kranken Herzens demon-
triert, welche mit den von Dessauer konstruierten Apparaten
31itzapparat und Plattenwechselmaschine der Veifa-Werke) aufge-
ommen sind. Zum Schlüsse Vorführung von Röntgenfilms eines
ormalen Herzens und einer karzinomatösen Oesophagusstenose.
Verein deutscher Aerzte in Prag.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 13. Dezember 1912.
Herr Steiner spricht über Schleimhautpemphigus der oberen
.uftwege und stellt eine Frau mit einer solchen auf die Luftwege
ikalisierten Affektion vor.
Herr Kalmus: Zur Prophylaxe der Geisteskrankheiten.
Der Vortragende erörtert zuerst den Einfluss des Alkohols, der
yphilis und erblichen Belastung auf das Entstehen der Geisteskrank-
eiten, Er bespricht die Antialkoholbewegung und ihre Erfolge, und
ie Wichtigkeit der Aufklärung des Volkes über Geschlechtskrank-
eiten, insbesondere durch die praktischen Aerzte. Er erwähnt die
merikanischen Gesetze über Kastration und Sterilisation, die dies-
leziiglichen Versuche in der Schweiz, geht auf die Frage des kiinst-
ichen Abortus wegen Psychose der Mutter ein, weiter auf die Ehe-
erbotsfrage bei Psychotikern. Er empfiehlt die Bewilligung der
akultativen Sterilisation jener Kranken, die sich aus begriindeter
•'urcht vor degenerierter Nachkommenschaft derselben unterziehen
vollen und redet auch der vollständigen Trennbarkeit der Ehe bei
lestehender unheilbarer Geisteskrankheit das Wort. Zur Prophylaxe
'ei schon bestehender erblicher Belastung sollen Hilfsschulen und
lilfskassen gegründet werden und weist der Vortragende zum
Schlüsse auf die Wichtigkeit der Hilfsvereine für Geisteskranke und
lie Nervenheilstätten hin. Unerlässlich für die Prophylaxe der
leisteskrankheiten ist aber eine gute psychiatrische Schulung der
Schulärzte, ebenso aber auch der Militärärzte. 0. Wiener.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde.
Sitzung vom 13. Februar 1913.
Herr H. Eppinger stellt eine Frau mit Aortenstenose und offenem
Ductus Botalli vor und demonstriert die Hervorrufung von Urtikaria
durch Ergamin. Wenn man mit einer Nadel über die Haut der
Versuchsperson fährt, ohne sie zu verwunden, und sie mit Ergamin
■ : 1000 bepinselt, so tritt an der gekratzten Stelle ein urtikariaähn¬
liches Exanthem auf, welches ca. % Stunden stehen bleibt und
dann verschwindet. Das Ergamin oder Histamin entsteht durch Ab¬
spaltung von COa aus dem Histidin, einem Abbauprodukt des Ei-
weisses, welches bei der Verdauung entsteht. Das Ergamin scheint
■>ich auch bei der Eiweissverdauung zu bilden; es ist daran zu denken,
dass Basen, welche bei der Verdauung entstehen, die Urtikaria her-
vorrufen In einem Falle konnte Vortr. durch Ergamin allgemeine
Urtikaria erzeugen. Diese Beobachtung mahnt zur Vorsicht in der
Anwendung des Ergamins in der Gynäkologie.
Herr Herrn. Schlesinger führt einen 47 jährigen Mann mit
gebessertem intermittierendem Hinken aller Extremitäten vor, ferner
einen Mann, bei welchem er Natrium nitrosum gegen die Schmerzen
oei intermittierendem Hinken angewendet hat. Pat. hat diese Affek-
tion seit 7 Jahren; diese erfuhr eine Verschlechterung durch eine
Pistyaner Kur und es stellte sich am linken Fuss eine Gangrän ein.
Jetzt hat Pat. eine gangränöse Stelle am rechten Fuss. Dass bei
intermittierendem Hinken durch heisse Bäder Gangrän hervorgerufen
werden kann, wurde wiederholt beobachtet. Wegen der Schmerzen
hat Vortr. bei dem Pat. Natrium nitrosum subkutan injiziert, sie
Hessen sofort nach und seither konnte das Morphium weggelassen
werden, welches Pat. früher wegen Schmerzen anwenden musste.
Herr A. v. Müller demonstriert die Temperaturkurve einer
Patientin, welche wegen akuten Gelenkrheumatismus Atophan erhielt,
das eine eigentümliche Nebenwirkung entfaltete. Der Gelenk¬
rheumatismus wurde günstig beeinflusst, es stellte sich aber eine
bemerkenswerte Nebenwirkung ein, indem nach den intermittierenden
Gaben jedesmal die Temperatur bis 39° anstieg und die Pat. zuerst
Hautjucken und dann ein scharlachartiges Erythem bekam, während
das Allgemeinbefinden fast gar nicht gestört war. Sobald das
Atophan weggelassen wurde, verschwand das Fieber und erschien
wieder nach einer neuen Atophangabe.
Herr P. L ö w y demonstriert anatomische Präparate eines Falles
von foudroyanter Poliomyelitis, welche unter dem Bilde einer aszen-
dierenden La ndry sehen Paralyse verlief. Die Obduktion ergab
Schwellung und Hyperämie der Vorder- und Hinterhörner des
Rückenmarkes und Oedem des Gehirns. Die histologische Unter¬
suchung zeigte kleine kleinzellige Infiltrate in den Meningen und
in der Substanz des Rückenmarkes, am meisten um die Lymphspalten
und die Gefässe, ferner fanden sich primäre Ganglienzellenschädi¬
gungen. Bemerkenswert ist in diesem Falle, dass die Infiltration
nicht nur auf die Vorderhörner beschränkt war und dass der Prozess
infiltrativer Natur ist, ferner dass die Lähmung einen aussteigenden
Typus hatte. Die Veränderungen des Rückenmarkes reichten vom
Conus terminalis bis zur Medulla oblongata.
Herr Karl Siess und Erich Stoerk: Das Blutbild bei lym¬
phatischer Konstitution. Die hämatologischen Untersuchungen an
fieberfreien, gesunden Lymphatikern ergaben, dass die vielfach postu¬
lierte Lymphozytose der Lymphatiker tatsächlich nicht exi¬
stiert. Ebensowenig lässt sich angesichts der eindeutigen Befunde
der beiden Autoren an der mehrfach behaupteten Eosinophilie
beim Status lymphaticus festhalten, auch ist die Zahl der Neutro¬
philen nicht stets und nicht nennenswert gegenüber der Norm er¬
niedrigt. Manche der irrigen Angaben der bisherigen Literatur be¬
ruhen auf theoretischen Vorurteilen und der Verquickung des (heute
noch nicht voll gewürdigten) Konstitutionsproblems mit gewissen
Fragen über Blutdrüsenerkrankungen, resp. der mit dem Lymphatis¬
mus (= Status thymico-lymphaticus) nicht die Rede sein. Die oft
teristisch für das Blut von Lymphatikern ist: 1. die oft enorme Ver¬
mehrung der Blutplättchen, 2. die deutliche Verminderung der Eosino¬
philen. Die übrigen Formen den Blutkörperchen finden sich in durch¬
aus normalen Mengenverhältnissen. Von einer Leukopenie oder
Lymphozytose kann bei reinen, unkomplizierten Fällen von Lyphatis-
mus (= Status thymico lymphaticus) nicht die Rede sein. Die oft
behauptete relative Lymphozytose tritt freilich gelegentlich
in Erscheinung, wenn bei etwas niedrigeren Neutrophilenzahlen das
Prozentverhältnis unter den einzelnen Formen ein wenig zu Gunsten
der — stabileren — Lymphozyten verschoben ist. Der Befund ist
jedoch durchaus unspezifisch und es sollte der Ausdruck überhaupt als
sinnlos endlich eliminiert werden. Nur die absoluten Zahlen¬
angaben über die polymorphkernigen Neutrophilen etc. einerseits und
die Lymphozyten andererseits geben ein wirkliches Bild von dem
funktionellen Zustand ihrer Bildungsstätten: dem Knochenmark und
dem lymphadenoiden System. Die beiden Autoren bedienten sich zur
Funktionsprüfung des Knochenmarks der Lymphatiker (bekanntlich
zeigen diese oft rotes Mark) der bewährten Gelatineinjektion. Bei
diesen Versuchen zeigte es sich, dass sowohl der Granulozyten¬
apparat (im Sinne einer Vermehrung der Neutrophilen) als auch das
lymphatische System (im Sinne einer Verminderung der Lympho¬
zyten) bei Lymphatikern träger, reagieren als bei normalen Menschen.
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung vom 7. Februar 1913.
Privatdozent Dr. Bäräny stellt einen Mann vor, bei dem
nach einem Fall auf den Hinterkopf das von ihm erurierte Symptom
des Vorbeizeigens beider oberen Extremitäten und des Kopfes nach
oben aufgetreten ist. Er hat diese Erscheinung auch noch in 6—7
anderen Fällen von Schädelverletzungen beobachtet und führt sie auf
eine Läsion (Erschütterung) des in den Hemisphären des Kleinhirns
gelegenen Zentrums für die Abwärtsbewegung der oberen Extremi¬
täten zurück.
Privatdozent Dr. L. J e h 1 e zeigt einen mit orthostatischer
Albuminurie behafteten Jungen, der eine starke bogenförmige Lenden¬
lordose aufweist. Lässt er den Knaben ein Bein auf einen Stuhl
stellen, so verschwindet nach Ablauf von etwa 10 Minuten das Ei-
weiss aus dem Harne, um sodann, wenn der Junge das Bein wieder
auf die Erde stellt, nach einigen Minuten wiederzukehren. Beim
Hochheben des Beines wird eben die Lordose ausgeglichen und sprich*
somit auch dieser Fall für die Richtigkeit seiner Theorie.
Privatdozent Dr. V. Blum demonstriert einen Manu mit aus¬
gedehnter Argyrose der Blase. Der Kranke hatte seine Blase wegen
Zystitis lange Zeit hindurch 3 — 4 mal täglich mit einer 1 prom. Ars’-.
nitiicum-Lösung gespült. Die Prostata war atrophisch, woher auc
eine dauernde Harnverhaltung stammte. Nach einer Prostatektomie,
Resektion eines Plattenepithelkarzinoms der Blase und Entfernung
eines silberhaltigen Blasensteines ist der Mann vollkommen gehen ,
446
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Privatdozent Dr. H. H, L a u b e r stellt einen Fall von zyklischer
Okulomotoriuslähmung vor. Der Knabe hat schon im 6. Lebens¬
monate eine rechtsseitige Ptosis. Der Bulbus steht, wenn der Knabe
wach ist, in Abduktionsstellung, er kann nicht erhoben und nicht
adduziert werden; die bestehende Ptosis wird dabei geringer.
Interessant ist folgende Erscheinung: In Intervallen von 15 bis
45 Stunden erweitern sich langsam die Pupillen bis auf 7 mm, um
sich sodann durch ruckweise erfolgende Zuckungen bis auf 2 mm zu
verengern. Dieses Spiel geht fortwährend vor sich. Im Schlafe hebt
sich zeitweilig und plötzlich das paretische Augenlid, der Bulbus
wird dabei in die Mitte adduziert. Nach Verlauf von etwa 30 Se¬
kunden senkt sich wieder das Lid und der Bulbus geht wieder nach
rechts. Die Wassermann sehe Reaktion fiel negativ aus.
Prof. Dr. R. Kraus: Leber Massnahmen zur Bekämpfung der
Cholera auf dem bulgarischen Kriegsschauplatz. (In unserem letzten
Wiener Briefe schon besprochen.)
Regimentsarzt Dr. Heinz: Kriegschirurgische Erfahrungen.
Sitzung vom 14. Februar 1913.
Die Herren Oberstabsarzt Dr. Johann Steiner, Reg.-Arzt Dr.
T i n t n e r und Dr. Denk berichten über ihre Erfahrungen und Er¬
lebnisse im Balkankriege.
Verschiedenes.
Spirochaete pallida bei Paralyse.
N o g u c h i und Moore berichten in Journal of Experimental
Medicine, No. 2, Februar 1913 über ihre Befunde von Treponema pal¬
lidum im Gehirn von Fällen von Paralysis progressiva. (Aus dem
Laboratorium des Rockefeller Institut in New York.)
Die Autoren haben 70 Fälle von progressiver Paralyse unter¬
sucht und 12 mal die Spirochaete pallida gefunden. Die Fär¬
bung der mikroskopischen Schnitte erfolgte nach der Levaditimethode
mit einer leichten Modifikation, die aber nicht angegeben wird.
Die Autoren streifen kurz die nosologische Stellung der Para¬
lyse, deren Kausalzusammenhang mit der Lues heute von niemandem
wohl mehr in Abrede gestellt wird, die aber von der überwiegenden
Mehrzahl der Autoren als metaluetische Erkrankung betrachtet wird,
hauptsächlich aus dem Grunde, weil eben Spirochäten bisher nicht
gefunden worden sind. Von einigen Autoren wurde die Paralyse zwar
als eine besondere Form der tertiären Syphilis auf gefasst; S t r ä u s s -
le r hat 2 Fälle beschrieben, in denen Lues cerebri mit Paralyse kom¬
biniert war.
Spirochäten wurden bisher nur in Gehirnen kongenital-syphi¬
litischer Kinder gefunden, D u n 1 a p hat sie in einem einzigen Fall
zerebraler Lues gesehen.
N o g u c h i hat nun — wie erwähnt — in 12 Fällen klinisch
sichergestellter Paralyse Spirochäten gefunden; die Autopsie be¬
stätigte die klinische Diagnose. Untersucht wurden Stückchen aus
der rechten ersten Frontalwindung, in einigen Fällen solche der lin¬
ken Hemisphäre oder des Gyrus rectus.
Unter den Patienten waren 10 Männer und 2 Frauen; 7 boten den
ausgesprochenen zerebralen Typus dar, die übrigen den der Tabo-
paralyse. Die durchschnittliche Dauer der Erkrankung belief sich bei
7 Patienten, bei denen der Ausbruch ermittelt werden konnte, auf
17 Monate, die längste auf 30, die kürzeste auf 5 Monate. Bei der
grösseren Mehrzahl war die Krankheitsdauer eine kürzere als die
durchschnittliche Dauer, die von verschiedenen Autoren als zwischen
24 und 32 Monaten angegeben wird. Möglicherweise werden Spiro¬
chäten nur in den rasch verlaufenden Fällen gefunden, wie die
Autoren meinen.
An Hand der Krankengeschichten, die kurz wiedergegeben wer¬
den, weisen nun die Autoren zunächst den Einwand zurück, dass es
sich in den beschriebenen Fällen um Lues cerebri gehandelt habe; der
Verlauf war ein für Paralyse absolut typischer. Der pathologisch¬
anatomische Befund zeigte die gewöhnliche Verdickung der Pia,
besonders an der Konvexität des Frontallappens, in 2 Fällen auch über
dem Gyrus rectus, dem Zerebellum und der Zisterna, sie erreichte hier
aber nicht den Grad, wie man ihn sonst bei Syphilis an der Basis
findet. Die mikroskopische Untersuchung ergab in allen Fällen einen
diffusen meningealen Prozess, besonders in der Frontalregion, Gefäss-
infiltration in den Meningen der Rinde und dem Mark. Plasmazellen
waren in grosser Menge in allen Fällen vorhanden, die Lymphozyten
an Zahl übertreffend. In einigen Fällen waren endarteritische Ver¬
änderungen vorhanden, in keinem jedoch Obliteration. Gummöse
Prozesse wurden in keinem Fall gefunden.
Die Spirochäten waren in allen Schichten der Rinde nachzu¬
weisen mit Ausnahme der äussersten, der Neurogliaschicht, einige
wenige subkortikal, keine jedoch trotz eifrigsten Suchens in der Pia.
Ebensowenig wurden sie in den Gefässscheiden gefunden, selten in der
nächsten Nähe grösserer Gefässe.
Eine Korrelation zwischen der Zahl der Spirochäten und der
Schwere des klinischen Prozesses bestand nicht, doch zeigten die
Fälle mit den meisten Spirochäten besonders starke anatomische Ver¬
änderungen. B e n a r i o.
Therapeutische Notizen.
Zur Behandlung frischer Qonorr h ö e. Ref. hat bt
einem frischen Fall von Gonorrhöe bei einem 30 jährigen Manne, \m
seit 2 Tagen eitriger Ausfluss bestand, durch eine Abortivkur rrn
1 proz. Hegononlösung und Insufflation von Ozon eine definitive Hei
lung in 2 Tagen beobachtet und schlägt vor, geeigneten Falles Nach
Prüfungen anzustellen. Zur Ozonentwicklung diente ein grosser Ozon
apparat der Firma Siemens & Halske und der in Bomben erhältlich:
Sauerstoff. Dr. Adrian Schücking jr., Pyrmont.
Zur Behandlung des Pylorospasmus empfiehlt 1'
Putzig- Berlin die Pylorussondierung (Ther. Mon.-Heft
13, 1) mittelst der Hessschen Duodenalsonde. Die Einführung dei
4Vs mm im Durchmesser haltenden Sonde bereitet keine Schwierig
keiten. Dass die Sonde im Duodenum liegt, lässt sich durch da
Gefühl, durch den aspirierten Inhalt und durch das Röntgenveriahre
erkennen. Der Erfolg war in einem Falle ein ausgezeichneter. Ki
Nach Vincent vermag aktive Immunisierung m i j
einem polyvalenten Typhusvakzin bei Epidemien selbe
seit 24 — 48 Stunden infizierte Personen vor dem Ausbruch des Typhu
zu schützen. Bei länger zurückliegender Infektion kann durch suhl
kutane Injektion der Verlauf günstig beeinflusst werden. (Cpt.
hebd. acad. d. Sciences, Bd. 155, S. 784, 1912.) Fr. L.
Eine Mitteilung von Watte rs über die Scharlach
Prophylaxe mittels Streptokokken vakzine (an
getötete polyvalente Bouillonkulturen) ist praktisch beachtenswert
Neueintretende Pflegerinnen einer starkbelegten Scharlachstatio!
wurden vakziniert. (3 Wochen vor dem Eintritt 50 Mill., eine Woch
später 100 Mill., nach einer weiteren Woche 200 Mill. Streptokokken
vakzine.) Von 21 so Behandelten erkrankte eine, von 14 nicht Gc
impften erkrankten 5. (Journ. amer. med. assoc., Bd. 58, S. 54(
1912.) Fr. L.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 24. Februar 1913.
— Im Aerztlichen Verein Frankfurt a. M. demoi
strierte Exz. E h r 1 i c h am 13. ds. einen von N o g u c h i - New Vor
hergestellten Schnitt eines P a r a 1 y t i k e r g e h i r n s, in de:
Spirochäten in schönster Weise erkennbar waren. Durch diese
Nachweis des Lueserregers im Gehirn bei Paralyse, der Noguchi
in 12 von 71 untersuchten Fällen glückte, ist bewiesen, dass die Par;
lyse nicht, wie man meistens annimmt, ein metaluetischer Prozes
eine Nachkrankheit, sondern ein aktiver Infektionsprozess ist. A
die Demonstration schloss Ehrlich interessante Bemerkungen übt
eine neue, aus dem Befund Noguchis sich ergebende Auffassun
des Wesens der Remissionen der Paralytiker. Wir berichten über di
bemerkenswerte Sitzung auf S. 443 dieser Nummer, ebenso auf S. AA
über die Arbeit Noguchis, in der er über seine Entdeckung di
erste Mitteilung macht.
— Der Landrat des Kreises Mettmann hatte an das Amt.1
gericht Elberfeld das Ersuchen gerichtet, den dortigen Aerzte,
verein im Vereinsregister zu löschen, weil derselbe eine
wirtschaftlichen Zweck verfolge und somit nicht nach § 21 BGB. eii
tragungsfähig sei. Das Amtsgericht Elberfeld hat dieses Ersuche
abgelehnt, 1. weil es dem Landrat das Recht absprach, einen solche
Antrag überhaupt zu stellen, und 2. aus sachlichen Gründen. D
Voraussetzung des § 21 BGB. sei nicht dann schon gegeben, wenn e;
Verein einen wirtschaftlichen Zweck verfolge, sondern es sei daz
notwendig, dass der Zweck des Vereines einen besonderen eigene!
Geschäftsbetrieb mit wirtschaftlichem Charakter erfordere. Dt
Verein sei also zu Recht eingetragen. — Auch das Landgeric!
Stettin hat eine Beschwerde des Landrates gegen einen Beschluss du
Amtsgerichts, der ebenfalls den Verein der Kassenärzte für Stett
und Umgegend für eintragungsfähig erklärt hatte, abgelehnt, mde
er sowohl die Berechtigung des Landrates zu der Beschwerde ve
neinte, als auch erklärte, dass Berufsvereine, gerichtet auf Wah
nehmung gemeinsamer Interessen der Berufsgenossen, eintragung
fähig sind, soweit sie nicht den Charakter von Produktivgenosse
schäften oder Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit an sic
tragen. — Man sieht, Herr v. D al 1 w i t z hat wenig Glück mit seine
berühmt gewordenen Erlass, und je früher dieser auf irgend eit
Art wieder aus der Welt geschafft wird, um so besser wird es i
Interesse der Staatsautorität sein. In der Erinnerung der Aerzte wij
der Erlass freilich fortleben als ein Dokument des Regierungswof
wollens für den ärztlichen Stand.
— Die endgültige Genehmigung zur Errichtung der U n i v e r s
t ä t Frankfurt ist am 22. ds. in Frankfurt eingetroffen. Die 0
Öffnung der Universität findet anfangs Oktober 1914 statt.
— Aus Wien schreibt man uns : Die sanitäre Krieg;
bereitschaft der österreichischen Monarchi e stai
in der am 19. Februar 1. J. stattgefundenen ausserordentlichen Sitzui
der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien zur Diskussion: Profess
Hochenegg, über dessen Anregung die Sitzung abgehalten wurc
hielt auch den einleitenden Vortrag. Als die wichtigsten sanitär»
Vorbereitungen für einen Krieg bezeichnete Hochenegg die Vn
sorge für entsprechende und genügende ärztliche Hilfe, für die Au
. Februar 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
I lung und Bereitstellung von tüchtigen Pflegerinnen und Vorberei-
i g genügender Mengen von Sanitätsmaterial. Wenn unser Vater-
I d in einen grossen Krieg eintreten sollte, würde es nach Berech-
i ig eines hohen Militärarztes und nach den Erfahrungen im letzten
Ikankrieg — - wenig gerechnet — mindestens 100 000 Verletzte
! ien, von welchen Oesterreich 60 000, Ungarn 40 000 zu versorgen
ten. Für diese 60 000 Verwundete stünden in erster Linie die Spi-
’r des Roten Kreuzes zur Verfügung, welche aber nur etwa
100 Verletzte, nachdem sie in Feldspitälern transportfähig gemacht
rden, aufnehmen könnten. Für die Unterbringung der restlichen
100 Verwundeten müsste also auch schon in Friedenszeiten Vor-
ge getroffen werden. Für sie wären etwa 250 chirurgische Sta-
len, jede zu 200 Betten in 10 Zimmern erforderlich. An jeder Sta-
! i wären mindestens e i n Hauptchirurg und zwei andere chirurgisch
•gebildete Aerzte als dessen Assistenten zu bestellen. Nachahmens-
rt wäre das Beispiel Deutschlands, woselbst jeder bedeutende Chi-
g eo ipso auch Militärarzt sei und in Friedenszeiten mit der mili-
ischen Behörde die Vorkehrungen für den Krieg berät. Wiin-
lenswert wäre es, wenn die den Militärspitälern zugewiesenen
irurgen gruppenweise so beschäftigt würden, wie sie in ihrer
ilen Tätigkeit mit ihren Assistenten in den Spitälern resp. Kliniken
arbeiten gewohnt seien. Die Vorsorge für qualifizierte Pflege-
nen ist ebenfalls eine ernste. Rechnet man für jede Station nur
chirurgisch vollkommen vorgebildete Pflegerinnen, so macht das
jion 500, zu welchen etwa 7500 „Schwestern“ kommen würden,
nn man für je 20 Kranke drei solche Schwestern bestimmt.
i>tere müssten in allen Spitälern, Sanatorien etc. Oesterreichs schon
Friedenszeiten sichergestellt werden; wo es an „Schwestern“
lt, müssten freiwillige Helferinnen herangezogen werden. Zieht
n die Marodenhäuser, die Infektionsspitäler und die im Kriegs-
: e der „Schwestern“ beraubten Zivilspitäler auch in Betracht, so
in man den Bedarf an Pflegerinnen im Kriegsfälle auf ca. 25 000
'ätzen. Der Vortr. besprach sodann die Vorsorge für das Verband-
terial, das in kolossalen Massen und ständig erneuert für den
egfall zur Verfügung stehen müsste. Um nur eines zu erwähnen,
luchte Primarius Dr. v. Frisch in Sofia in einem Spitale von
i Betten während 60 Tage trotz aller Sparsamkeit 42 000 m Kalikot,
s für die obgenannte Zahl der Verwundeten in Oesterreich
10'A Millionen Meter Kalikot ausmachen würde. Infolge des
»ssen Bedarfes an Verbandmaterial im Balkankriege gab es in den
iten Monaten in Wien Zeiten, an welchen die österreichischen Fir-
n ihren Vorrat „ausverkauft“ hatten. Wie würde sich dieser Zu-
nd erst gestalten, wenn Oesterreich selbst im Kriege sich befände,
sere sanitäre Vorsorge muss sich also auch auf die Vorsorge ge¬
bender Mengen von Verbandzeug aller Art erstrecken. — An den
rtrag schloss sich eine lebhafte Diskussion. Hofrat Dr. K o b 1 e r
te die Massnahmen mit, welche die Landesregierung von Bosnien
i Herzegowina gegen die Einschleppung von Seuchen, insbesondere
Cholera, getroffen habe. Prof. Dr. R. Kraus entwickelte in kurzen
?en seine Idee der internationalen Bekämpfung der Kriegsseuchen
i teilte bei diesem Anlasse mit, dass ihm ein Wiener Arzt, Dr. Josef
inte r, 50 000 K zur Verfügung gestellt habe, womit die Kosten zur
Schaffung der für die Institute notwendigen transportablen
i b o r a t o r i e n gedeckt seien. Ein Epidemiefonds sei
enfalls als Spende gestiftet worden, um die Auslagen zur Ausbildung
; Pflegepersonals zu bestreiten. Dann sprach Fürst Schönburg,
' Bundespräsident des österr. Roten Kreuzes. Er wisse wohl, dass
vom Roten Kreuze ausgebildeten freiwilligen Krankenpflegerinnen
der an Zahl noch an Qualität entsprechen, er wolle aber nicht auf
ganz verzichten, da sie die Aktion des Roten Kreuzes auch sonst
•erstiitzen. Unser Rotes Kreuz weist jetzt 60 000 Mitglieder auf,
5 Kreuz in Deutschland dagegen 600 000, in Japan gar
Millionen unterstützende Mitglieder. Prof. A. Frankel besprach
gehend die ebenso wichtigen Vorkehrungen für den Transport der
rwundeten vom Schlachtfelde in die hintere Linie und skizzierte
künftige Art der Ausbildung von brauchbaren Pflegerinnen. Es
ach noch Oberstabsarzt Dr. Steiner, der unter anderem auch
'sicherte, dass in den stabilen Reservespitälern die Zahl der von
’chenegg geforderten Betten sicherlich um das Doppelte iiber-
iritten wird. Im Schlussworte teilte Prof. Höchen egg mit. dass
e Krosszügige Aktion für den Ausbau des Pflegerinnenwesens schon
geleitet sei.
Der Qauverband Prag der deutschen Aerzte Böhmens zur
uirung ihrer wirtschaftlichen Interessen schreibt: Die Zahl der
:rAte^?es^erre'c^s beträgt nach einer Zusammenstellung
n U. K 1 a u b e r - Prag in der Wiener klinischen Wochenschrift
zeit 13 599, d. i. 4,68 auf je '10 000 Einwohner. Sie hat gegen
^ »orjahr um 2,5 Proz. zugenommen (die Bevölkerung um etwa
1 roz.), wird aber in den nächsten Jahren noch ganz bedeutend
:gen, weil die Zahl der Medizinstudierenden in den letzten 8 Jahren
tor J^r0Z- gewachsen ist, und weil infolge der letzten Aerzteflut
i 1890— 1910 (damalige Steigerung um 76 Proz.) die Aerzte Oester-
chs zumeist erst 30 — 45 Jahre alt sind. Während in den Haupt-
,en die Aerztezahl im letzten Jahre um 3 — 11 Proz. zunahm
Innsbruck sind bereits 26,8 Aerzte auf je 10 000 Einwohner), ist
auf dem flachen Lande in den meisten Provinzen von Jahr zu Jahr
»unken; Ende 1912 waren in Oesterreich schon 190 landärztliche
sten unbesetzt, viele davon bereits mehrere Jahre. Die Spezial
te nehmen andauernd zu (jährlich um 10 — 20 Proz.), Aerztinnen
1 es in Oesterreich nunmehr 125, sie leben zumeist in Wien und
! c*-?*alizien; Verschiedene Versuche, den Aerzteiiberfluss in den
j v tadten auf das ärztearme Land abzulenken, zeigten bisher noch
keinen Erfolg.
„ Zürn Direktor, des Allgemeinen Krankenhauses in Lübeck und
Oberarzt der inneren Abteilung ist Prof. Dr. Georg Deycke, Ober-
ai zt am Allgemeinen Krankenhause zu Hamburg-Eppendorf, vom
1. April 1913 ab berufen worden, (hk.)
. — Der Vorstand der Hufelandischen Gesellschaft
zu Berlin hat folgende Aufgabe für den Alvarengapreis 1914 ge-
stellt: „Ueber die Rolle der Fermente im tierischen Stoffwechsel“.
Näheres in dem Inserat in dieser Nummer.
— Der nächste Deutsche Aerztetag wird sich ausser
mit wirtschaftlichen Angelegenheiten mit folgenden zwei Fragen be¬
schäftigen: 1. Der Arzt als Gutachter, mit besonderer Berücksichti¬
gung des in der allgemeinen Praxis stehenden (behandelnden) Arztes;
2. Antrag des Aerztl. Bezirksvereins Leipzig-Land, betr. die Bezahlung
der ärztlichen Tätigkeit im Rahmen der verschiedensten gemein¬
nützigen, humanitären und nationalen Bestrebungen.
— Vom 13. bis 15. Mai 1913 wird der Deutsche Verein
für Schulgesundheitspflege in Verbindung mit der Ver¬
einigung der Schulärzte Deutschlands seine 13. Jahres¬
versammlung in Breslau abhalten.
— Am 8. September d. J. und folgenden Tagen wird auf Ein¬
ladung der Kgl. Niederländischen Regierung und der Haager Ge¬
meindeverwaltung im Kurhause zu Scheveningen der X. Inter¬
nationale Wohnungskongress stattfinden. Die zur Ver¬
handlung gelangenden Gegenstände sind: 1. Verbesserung der Woh¬
nungsverhältnisse auf dem Lande; 2. Verbesserung und Beseitigung
schlechtei Wohnungen; 3. Wohnungsüberfüllung; 4. Stadterweiterung.
Ferner wird den Kongressteilnehmern durch Ausflüge Gelegenheit ge¬
boten werden, von dem, was in den letzten Jahren in verschiedenen
Teilen Hollands auf dem Gebiete der Wohnungsreform und des Städte¬
baues geleistet ist, Kenntnis zu nehmen. Mit dem Kongresse wird
eine Ausstellung verbunden sein, durch die die bedeutendsten in Hol¬
land auf dem Gebiete der Wohnungsreform erzielten Ergebnisse zur
Veranschaulichung gelangen werden. Programme sind zu beziehen
durch die Zentrale für Volkswohlfahrt, Berlin W„ Augsburgerstr. 61.
— Das Deutsche Zentralkomitee für ärztliche
Studienreisen veranstaltet eine Studienreise nach England,
Schottland, Irland, den Kanalinseln (Jersey, Guernsey), Rotterdam,
Scheveningen, sowie für den Besuch des Internationalen
medizinischen Kongresses in London — 6. bis
12. August. Die Reise beginnt am 3. August in Hamburg und dauert
ungefähr 25 Tage. Der Preis der gesamten Reies (Seefahrt, Unter¬
kunft und Verpflegung während des Aufenthaltes in London, sowie die
gemeinschaftlichen Landausflüge eingeschlossen (Getränke und Trink¬
gelder ausgeschlossen) wird 875—1400 M„ je nach Lage der Kabine,
betragen. Für die Anmeldung ist eine Anzahlung von 100 M. er¬
forderlich. Näheres durch den Generalsekretär Dr. Oliven, Ber¬
lin, W 9, Potsdamerstr. 134 b.
— Eine Fachausstellung für Desinfektion und
Ungeziefervernichtung veranstaltet der Deutsche Des¬
infektorenbund vom 13.— 16. Juli d. J. in Berlin in den „Marinehaus-
Festsälen“,1 Brandenburger Ufer 1.
— Die nächste Jahresversammlung des Deutschen
Vereins für Psychiatrie wird am 15. und 16. Mai 1913 in
Breslau stattfinden. Es sind zwei Referate vorgesehen : 1. B 1 e u 1 e r -
Zürich und H o c h e - Freiburg : Der W'ert der Psychoanalyse.
2. Stier- Berlin und Mönkem oller - Hildesheim : Psychiatrie
und Fürsorgeerziehung. Anmeldungen von Vorträgen werden erbeten
an Sanitätsrat Dr. Hans La eh r in Zehlendorf-Wannseebahn, Schwei¬
zerhof.
— Am Dienstag, den 25. März 1913, mittags 1 Uhr findet unter
dem Vorsitz des Herrn Geh. Obermedizinalrates Dr. Abel im Hörsaal
des pathologischen Instituts der Kgl. Charitee zu Berlin die erste
Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für
Meeresheilkunde statt. Referate haben übernommen die
Herren Prof. Dr. Franz M ii 1 1 e r - Berlin, Geh. Med.-Rat Prof. Dr.
E w a 1 d - Berlin, Generaloberarzt Dr. S c h u 1 1 z e n - Berlin.
— Cholera. In Odessa sind vom 8. bis 21. Januar 5 Cholera¬
erkrankungen mit 2 Todesfällen festgestellt worden, dagegen kein
neuer Fall mehr bis zum 28. Januar. — Türkei. Nach dem amtlichen
Ausweis No. 12 ist in Konstantinopel in der Zeit vom 28. Januar bis
1. Februar 1 Erkrankung, und zwar am 28. Januar, festgestellt wor¬
den; die Gesamtzahl der Erkrankungen (und Todesfälle) seit dem
5. November v. J. betrug daselbst 2515 (1245).
- Pest. Aegypten. Vom 25. bis 31. Januar erkrankten 3
(und starben 5) Personen. — Britisch Ostindien. Vom 12. bis
18. Januar erkrankten 3814 und starben 3121 Personen an der Pest.
— Niederländisch Indien. Vom 15. bis 18. Januar wurden auf Java
222 Erkrankungen (und 158 Todesfälle) gemeldet. Für die Zeit vorn
1. bis 14. Januar sind nachträglich 2 Erkrankungen mitgeteilt worden.
— Brasilien. In Rio de Janeiro vom 8. Dezember bis 2. Januar 2 Er¬
krankungen und 1 Todesfall.
— In der 6. Jahreswoche, vom 2. bis 8. Februar 1913, hatten
von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblich¬
keit Berlin- Weissensee mit 28,4, die geringste Hof mit 6,2 Todesfällen
pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestor¬
benen starb an Scharlach in Graudenz, an Keuchhusten in Fürth,
Offenbach. \ . d. K. G.-A.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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(Hochschulnachrichten.)
Bonn. Der Abteilungsvorsteher der physiologisch-chemischen
Abteilung am physiologischen Institut der Universität Bonn, Privat-
dozent Prof. Dr. med. Bernhard S c h ö n d o r.f f, ist zum ausser¬
ordentlichen Professor ernannt worden, (hk.)
Breslau. Dr. Friedrich Henke, ordentlicher Professor der
allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie der Universität
Königsberg ist zum Nachfolger des von seinem Lehramt zurück¬
tretenden Direktors des pathologisch-anatomischen Instituts an der
hiesigen Universität, Geh. Med.-Rats Prof. Dr. P o n f i c k, berufen
worden. — Prof. Dr. Georg W e t z e 1, Privatdozent und II. Pro¬
sektor am anatomischen Institut der Universität Breslau wurde vom
Kultusminister mit Vorlesungen für die Studierenden der Zahnheil¬
kunde beauftragt, (hk.)
Dresden. Dem Direktor des pathologisch-anatomischen und
bakteriologischen Institutes am Stadtkrankenhaus Dresden-Friedrich¬
stadt, Geheimrat Prof. Dr. Schmorl wurde das Ritterkreuz 1. Kl.
des Verdienstordens verliehen.
Düsseldorf. Prof. Dr. Otto Lubarsch, Mitglied der
Akademie für praktische Medizin und Direktor der allgemeinen städti¬
schen Krankenanstalten in Düsseldorf erhielt einen Ruf an Stelle des
verstorbenen Geheimrats Prof. Heller als Ordinarius und Direktor
des Pathologischen Instituts an der Kieler Universität. L. hat den
Ruf angenommen und wird sein neues Lehramt im kommenden
Sommersemester übernehmen.
Freiburg i. Br. Den Privatdozenten Dr. Franz Samuely
(Innere Medizin) und Dr. Hermann Fühner (Pharmakologie) ist der
Titel ausserordentlicher Professor verliehen worden, (hk.)
Giessen.. Die von der Grossherzoglichen Zentrale für Mutter-
und Säuglingsfürsorge in Hessen erbaute und seit I. Oktober 1912 in
Betrieb genommene Kinderklinik wurde von der Gr. Zentrale der
Landesuniversität zu Unterrichtszwecken zur Verfügung gestellt und
ist von dem Grossh. Ministerium des Innern als Universitäts-
Kinderklinik den übrigen medizinischen Unterrichtsinstituten
angegliedert worden.
Halle a. S. Dr. Friedrich Lehnerd t, I. Assistent von Prof.
S t o e 1 1 z n e r, hat sich für Kinderheilkunde habilitiert. Habilitations¬
schrift: Der Einfluss des Strontiums auf die Entwicklung des Knochen¬
gewebes wachsender Tiere bei verschiedenem Kalkgehalt der Nahrung.
— Der Assistent am anatomischen Institut, Dr. Otto A i c h e 1, ausser¬
ordentlicher Professor an der Universität Santiago in Chile, hat sich
mit einer Antrittsvorlesung über „Anthropologie und Entwicklungs¬
mechanik“ als Privatdozent für Anatomie und Anthropologie habi¬
litiert.
Köln. Prof. Dr. Leonhard J o r e s, ordentliches Mitglied der
Akademie für praktische Medizin und Direktor des pathologischen
Instituts der städtischen Krankenanstalten hat einen Ruf an die Uni¬
versität Marburg als Nachfolger von Prof. Dr. Martin B. Schmidt
erhalten, (hk.)
Königsberg. Der Geheime Medizinalrat Prof. Dr. med. et
jur. h. c. Ludimar Hermann, Direktor des physiologischen Instituts,
ist von der philosophischen Fakultät zum Ehrendoktor ernannt
worden, (hk.)
Leipzig. Prof. T h i e m i c h, städtischer Kinderarzt und
Oberarzt an der Krankenanstalt Altstadt zu Magdeburg wurde als
Nachfolger Soltmanns zum Professor der Kinderheilkunde und
Direktor des Kinderkrankenhauses ernannt. — Die Privatdozenten
Dr. Eduard Stadler (Innere Medizin) und Dr. Arthur Läwen
(Chirurgie) sind zu ausseretatsmässigen ausserordentlichen Pro¬
fessoren ernannt worden, (hk.)
W ii r z b u r g. Für innere Medizin habilitierte sich der Assistent
der med. Klinik Dr. Ludwig Jacob. Die Habilitationsschrift führt
den Titel: „Ueber das spezifische Gewicht des Harns bei Krankheiten,
seine Abhängigkeit vom Gesamttrockenrückstand und von einzelnen
Bestandteilen des Harns“. — Vom 1. April an wurde dem ordentlichen
Professor an der Universität Wiirzburg Dr. Richard Kretz die er¬
betene Enthebung von seiner Stelle unter Anerkennung seiner vor¬
züglichen Dienstleistung bewilligt und ihm die Weiterführung des
Titels eines ordentlichen Universitätsprofessors und das Weitertragen
seiner bisherigen Dienstabzeichen gestattet; der ordentliche Professor
an der Universität Marburg Dr. Martin Benno Schmidt zum ordent¬
lichen Professor der allgemeinen Pathologie und pathologischen Ana¬
tomie in der medizinischen Fakultät der Universität Wiirzburg er¬
nannt und zum Vorstand des pathologischen Instituts bestellt.
C a g 1 i a r i. Der ausserordentliche Professor der Neurologie und
Psychiatrie Dr. C. C e n i wurde zum ordentlichen Professor ernannt.
Catania. Dr. P. S t a n c a n e 1 1 i, bisher Privatdozent in
Neapel, habilitierte sich als Privatdozent für Dermatologie und Syphilis.
Florenz. Dr. ü. P a s e 1 1 i habilitierte sich als Privatdozent
für Augenheilkunde.
Graz. Der Privatdozent für innere Medizin Dr. E. P e t e y
erhielt den Titel eines ausserordentlichen Professors.
Padua. Dr. M. F o n t a n a, bisher Privatdozent in Rom, habili¬
tierte sich als Privatdozent für Physiotherapie.
Palermo. Prof. Dr. E. Scimeni in Messina wurde zum
Professor der ophthalmologischen Klinik ernannt.
Prag. Prof. Dr. Franz Hof mann, Ordinarius und Direktor
des physiologischen Instituts an der deutschen Universität, hat einen
Ruf nach Königsberg i. Pr. als Nachfolger des Geh. Medizinalrates
Ko. $!
Prof. L. Hermann erhalten, (hk.) — Der ordentliche Professor a
der deutschen Universität in Prag Dr. Eugen Steinach ist al
Vorstand des neu errichteten „Physiologischen Instituts“ der bi;
logischen Versuchsanstalt nach Wien berufen. Das Unterricht;
miriisterium hat Prof. Steinach die Uebernahme dieses Forschung
institutes durch Beurlaubung ermöglicht.
Utrecht. Dr. W. E. Ringer habilitierte sich als Priva
dozent für physiologische Chemie.
Wien. Prof. Dr. Karl v. Noorden, Vorstand der 1. me<
Universitätsklinik, hat, wie allseits bestätigt wird, den festen En
Schluss geäussert, mit Ablauf des Sommersemesters 1913 Wien z
verlassen und in sein früheres Domizil nach Frankfurt a. M. zuriicl
zukehren. Die Gründe für diesen Entschluss sollen rein privati
Natur sein. Für die Wiener medizinische Fakultät ist der droheni
Verlust ein schwerer, da v. Noorden hier bereits Schule gemac!
hat und die hohe Autorität seines Namens Kranke aus allen Well
gegenden nach Wien brachte. — Der ordentliche Professor Dr. Norbej
O r t n e r, Vorstand der III. med. Universitätsklinik für innere Mcdiz;
hat den Titel und Charakter eines Hofrates erhalten.
(Todesfälle.)
In Danzig ist am 13. d. M. der Chefarzt der chirurgische
Abteilung am St. Marien-Krankenhause daselbst, Dr. med. Paul Robe
Schröter, im 6(J. Lebensjahre gestorben.
In Wien verschied Prof. Dr. Rudolf Frank, Primararzt d
II. Chirurg. Abteilung im allgemeinen Krankenhause, im 51. Leben
jahre. Er war wegen seiner Tüchtigkeit und Gewandtheit als cl
rurgischer Primararzt sehr beliebt und hat einige neue Operation
methoden angegeben.
Dr. Henry H e r v i e u x, Professor der internen Pathologie
Montreal.
Dr. James P. T u 1 1 1 e, Professor für Erkrankungen des Rektm
am New York Policlinic Medical School and Hospital.
Korrespondenz.
Das neue russische Arbeiterversicherungsgesetz.
Ergänzung zu dem Aufsatz in No. 6 dieser Wochenschrift.
Gelegentlich der Besprechung der Leistungen zur Bestreitung er
russischen Unfallversicherung hob ich hervor, dass dieselben na»
dem neuer. Gesetz allein der Arbeitgeber zu tragen hat. Ich zog daa
weiter zum Vergleich die entsprechenden Bestimmungen d
deutschen RVO. heran und sprach mich dahin aus, dass das deutsc)
Gesetz darin in einem gewissen Gegensatz zu dem russischen ste.
ein Hinweis, der in dieser Form, wie wohl als bekannt vorausgeset
werden konnte, natürlich nur beschränkte Gültigkeit hat. Es sei d<-
halb, um nicht missverstanden zu werden, noch einmal betont. d$
auch in Deutschland die Lasten der Versicherung direkt nur du
Arbeitgeber zufallen. Indirekt trägt indessen, in Deutschlai
noch mehr als in Russland, der Arbeiter selbst sein Teil dazu 1 .
indem die Vollrente nur 2U seines Verdienstes ausmacht, er dah.
von einigen Ausnahmen abgesehen (Hilflosenrente), mit 'A Selbst¬
sicherer bleibt. Dr. Erwin Frank
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 6. Jahreswoche vom 2. bis 8. Februar 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildurs
fehler 17 (131), Altersschw. (über 60 Jahre) 3 (4), Kindbettfieber
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 2 (— ), Scharlach 1 (•)
Masern u. Röteln 1 (3), Diphtherie u. Krupp 1 (1), Keuchhusten 3 ( ’
Typhus (ausschl. Paratyphus) — (— ), akut. Gelenkrheumatismus — H
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundsnl
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) — (1), Starrkrampf — R
Blutvergiftung — (3t, Tuberkul. der Lungen 24 (21), Tuberkul. and. < g
(auch Skrofulöse) 3 (3), akute allgem. Miliartuberkulose — (— ), Lun)n
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 12 (14), Influenza. 1 (2), ven
sehe Krankh. 1 (— ), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfieu
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, WecLi
fieber usw. — ( — ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 1 (1), Alkohs
mus — (— ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 3 (8), sonst. Kral
d. Atmungsorgane 6 (6t, organ. Herzleiden 14 (22), Herzschlag, Hz
lähmung iohne näh. Angabe d. Grundleidens) 7 (3), Arterienverkallii
2 (6), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 1 (1), Gehirnschlag 129
Geisteskrankh. 2 (2), Krämpfe d. Kinder (2), sonst. Krankh. d. Ner r
Systems 1 (2), Atrophie der Kinder — t5), Brechdurchfall 1 (— ), Ma r
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 11 (8), BIindd:rr
entzünd. — (1), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse
Milz 1 (6), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 5(1), Nierenentzünd. -iS
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 3 (4), Krebs 19 (16), s s
Neubildungen — (2t, Krankh. d. äuss. Bedeckungen 1 G>, Krankhi«
Bewegungsorgane — ( — ), Selbstmord 6 (7), Mord, Totschlag, ■
Hinricht. 1 (— t, Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen G
and. benannte Todesursachen 4 (2), Todesursache nicht (genau) (
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — (1).
Gesamtzahl dbr Sterbefälle: 177 (192).
') Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwon
Verlag von J. F- Lehmann in München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
i|t Münchener Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich
n Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen
ummer 80 -d. * Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
i 6.—. • Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag.
MÜNCHENER
Zusendungen sind zu adressiere« i
FÜrdie Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8‘/,-l tfhr.
För Abonnement an |. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatinerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE
o. 9. 4. März 1913.
Redaktion : Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
eiche Formen der thorakoplastischen Pfeilerresektion
nd je nach Ausdehnung und Schwere der Lungen¬
erkrankung zu empfehlen?
Von Prof. W i I m s in Heidelberg.
Die Frage, ob sich die Chirurgie bei der Behandlung der
iiugentuberkulose erfolgreich betätigen kann, dürfte auf
rund bisher vorliegender Ergebnisse mit ja zu beantworten
in. In Fluss ist bisher noch die Diskussion darüber, in
elcher Weise und mit welchen Methoden und in welchen
iilen ist die Wirkung günstig oder weniger erfolgreich. Auf
e Entwicklung dieser Frage gehe ich hier nur kurz ein und
her Nennung der bisher auf diesem Gebiete führenden
utoren wie Bloch, R u g g i, R e c 1 u s, T u f f i e r,
uincke und C. und L. Spengler, Turban, Bier,
anderer, Mikulicz verweise ich diesbezüglich auf
e jüngst erschienenen Arbeiten von Sauerbruch (Schweiz.
irresp.-Bl. 12, No. 7 und Ergebnisse der inneren Medizin 1913,
d. X). Wesentliche Fortschritte in der chirurgischen Be-
mdlung der Lungentuberkulose wurden angeregt durch die
instliche Anlegung des Pneumothorax, der von F o r 1 a n i n i
id Murphy gleichzeitig empfohlen wurde. Brauer und
p e n g 1 e r, v. M u r a 1 1, Langmann u. a. brachten durch
naue Studien Aufklärung über die Wirkungen des Pneumo-
orax; sie wiesen darauf hin, dass durch die Ruhigstellung
id den Kollaps der Lunge die Lymphzirkulation verringert
id die Toxinresorption verlangsamt und die Bindegewebs-
Idung vermehrt wird. Brauer war es weiterhin, der
r i e d r i c h zur Thorakoplastik anregte, die zunächst von
r i e d r i c h im Sinne der alten Schede sehen Empyem-
icration durchgeführt wurde. Die Gefahren dieses Eingriffes
iben sich als nicht gering herausgestellt, bedingt 1. durch
:n relativ grossen Eingriff der, wenn auch mit Lokal-
lästhesie durchgeführt, doch einen schweren Schock ver-
saclit und eine grosse Wundhöhle schafft, 2. die mit der
’itknochung eines Teiles des Thorax einhergehende Verschie-
mg des Mediastinum, wodurch, wie bekannt, nicht nur für
is Herz grosse Gefahren verbunden sind, sondern auch ein
in- tmd Herpendeln der Luft innerhalb der Lunge erzeugt
ird (Pendelluft, Brauer).
Um die grosse Gefahr des einmaligen Eingriffes zu
irringern, versuchten sowohl Friedrich wie Sauer-
ruch, die Thorakoplastik in mehreren Sitzungen durcli-
iführen. Von diesen Versuchen erwähne ich nur, dass hierbei
Tangs dasselbe Ziel verfolgt wurde, wie bei der alten
c h e d e sehen Operation, nur dass zunächst die 4 oder 5
iteren Rippen und dann 3 oder 4 höhere in grosser Aus-
-hnung entfernt wurden und den Gedanken von Sauer-
r u c h, durch eine Resektion im axillaren Gebiet der Rippen
ne Verengerung zu erzielen. Während Friedrich, wie es
lieint, noch an seiner von ihm zuerst vorgenommenen
ossen Plastik festhält, durch die er den Anstoss gegeben
,r. Entwicklung der ganzen Frage, hat sich Sauerbruch
einen Vorschlägen genähert und in der letzten Zeit im
esentlichen auch die Pfeilerresektion durchgeführt,
e darin besteht, dass entweder paravertebral oder
ara vertebral und parasternal mehr oder weniger
°sse Rippenstücke entfernt werden. Die in den Ergebnissen
-aerdings mitgeteilte Abänderung der Pfeilerresektion, wie
® Sauerbruch als seine Methode dort schildert und die
irin besteht, dass im Gebiete der unteren 7 — 10 Rippen nicht
Ir 4 — 5 cm lange Rippenstücke entfernt werden, sondern bis
No. 9.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
10, ja 20 cm Grösse, ist eine zweckmässige und im Effekt er¬
folgreiche Modifikation der Pfeilerresektion, die ich
in gleicher Weise wie Sauerbruch und unabhängig von
ihm schon im Juni 1912 ausgeführt habe, in dem Sinne, als ich
diese grössere Re¬
sektion im Bereich
der unteren Rippen
als zweiten Eingriff
vorgenommen habe
nach erstmaliger Re¬
sektion der 7 oberen
Rippen.
E. D., Kranken¬
schwester, 28 Jahre.
Kavernös schrump¬
fende Phthise im lin¬
ken Oberlappen. 40 bis
50 ccm Auswurf, viel
Bazillen; zeitweiliges
Fieber. 13. V. 12 Pfei¬
lerresektion, 1. bis 7.
Rippe paravertebral.
23. VI. wird mit einer
winklig vom unteren
Ende des ersten Schnit¬
tes nach aussen laufen¬
den Inzision 8. und 9.
Rippe freigelegt und
12 cm davon entfernt.
(Eig. 1 gibt die Schnitt¬
richtung an.) Eindel¬
lung danach wesentlich
zugenommen. Befinden
zurzeit sehr gut,
Husten nicht mehr,
Auswurf 2 bis 3 ccm,
starke Gewichts¬
zunahme. Es ist also
derselbe Eingriff aus¬
geführt, den Sauer-
bruch als seine Me¬
thode bezeichnet.
Wenn ich heute an Hand der ausführlichen Arbeit von
Sanerbruch und E 1 v i n g und meiner jetzt auf 34 Patien¬
ten sich erstreckenden Erfahrungen einen Vergleich ziehe zwi¬
schen der heute von Sanerbruch und von mir ausgeführten
Thorakoplastik, so unterscheiden wir uns nur, was die Technik
angeht, in einzelnen Punkten. Sauerbruch ist der Mei¬
nung, dass vor der Pfeilerresektion an den oberen Rippen i n
der Regel zuerst eine Eindellung des Unterlappens durch
ausgedehntere Resektion der 7.-9. oder 10. Rippe vorher¬
gehen soll, um die Gefahr der Aspirationspneumonie im Unter¬
lappen zu verringern. Mein Standpunkt dagegen ist der, dass
ich diese primäre Unterlappeneindellung nur für den klei¬
neren Prozentsatz der Fälle empfehlen möchte. Ich
bin gleicher Meinung mit Sanerbruch nach der Richtung
hin, dass auch ich Fälle, bei denen der Unterlappen mit
Sicherheit tuberkulös erkrankt ist, vielleicht sogar Kavernen
im Unterlappen' vorhanden sind, in der Weise einzudellen rate,
dass man zuerst den Unterlappen komprimiert mit grösserer
Resektion der 7., 8., 9. (selten 10.) Rippe. Auch bei den Fällen
kann diese Operation als erste angebracht sein, wo der Aus¬
wurf sehr reichlich ist, pro Tag 120 oder 150 ccm über¬
schreitet. Ich betone aber, dass nach unseren Erfahrungen
derartig reichliche Expektoration durchaus nicht immer mit
tuberkulöser Erkrankung des Unterlappens sich kombinieren
muss, selbst wenn reichliche Rasselgeräusche über dem
ganzen Unterlappcn nachweisbar sind. Wir dürfen nicht ver-
1
Fig. 1. Hakenschnitt zur Entfernung grösserer
Rippenstücke von 8, 9 eventuell 10 Rippen.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
gessen. dass solche bronchitische Rasselgeräusche und reich¬
licher Auswurf auch auf katarrhalischer Affektion des Bron¬
chialbaumes beruhen können, die durch das Einfliessen der
Sekrete des Oberlappens unterhalten werden und dass wir bei
Ruhigstellung des Oberlappens dann auch spontane Besserung
im Ünterlappcn sich entwickeln sehen.
Da wir nun klinisch häufig kaum imstande sind, zu er
kennen, ob eine beginnende Unterlappentuberkulose vorlies
Fig. 2. Pfeilerresektion IA.
Fig. 3. Pfeilerresektion I B.
Fig. 4. Pfeilerresektion II A.
oder nicht, und wir von der Thorakoplastik verlangen, da
sie nicht gesunde Lungenteile ausschaltet, so ziel
ich in solchen zweifelhaften Fällen vor, nicht mit der Unte
lappeneindellung zu beginnen, sondern erst den Effekt d
Kompression des Oberlappens abzuwarten. Meine Erfahrung!
sprechen für diese vorsichtige Form der Pfeilerresektion.
In gleichem Sinne liegen
die Bedenken, die ich gegen die
Ansicht von Sauerbruch
äussern muss, dass er die Ge¬
fahr der Aspirationspneumonie
im Unterlappen für weniger
gross hält, wenn der Unter¬
lappen eingedellt ist, als wenn
er noch nicht komprimiert ist.
Die Erfahrung zeigt, dass bei
den Fällen, wo reichlicher Aus¬
wurf vorhanden ist und man
den Unterlappen allein zunächst
komprimiert, auch häufig meh¬
rere Tage höhere Tempera¬
turen dem Eingriff folgen, mei¬
ner Ansicht nach auch in den
Fällen, wo im Unterlappen
noch keine Tuberkulose vor¬
handen ist. Die erschwerte
Expektoration als Folge
der Schmerzhaftigkeit der resezierten Rippenteile £
die Ursache dieser wohl mit lobulär pneumonischen Herd'
einhergehenden Entzündungen. Dellen wir den Oberlapp1
zuerst ein durch Pfeiler resektion bis etwa zur 7. Rippe. 1
kommen solche vorübergehende Störungen in derselben We?
vor, weil auch hier das Auswerfen wegen der Schmerzen t-
schwerden macht.
Die Bedenken, die Sauerbruch äussert, dass nur 1
wenige Fälle die Oberlappeneindellung allein genügt und zu'
nur für leichte Fälle von Tuberkulose, sind meiner Ansicht no'
nicht berechtigt. Unsere verschiedene Auffassung beruht ab'
Fig. 5a.
. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
45 i
iclit darauf, wie Saue r b r u c h meint, dass mir leichtere
älle zugegangen sind, als ihm, was ja a priori unwahrschein-
ch ist, sondern ich glaube, dass S a u e r b r u c h, wenn er
ie primäre Kompression des Unterlappens häufig macht, und
ann erst die Pfeilerresektion oben, er doch öfter Lungenteile
usschaltet, die noch gesund und funktionsfähig sind.
Fig. 5b. '
Eine dritte geringwertige Differenz besteht darin, dass
auerbruch öfter die erste Rippe nicht angreift, während
;h sie in der Regel durchtrenne. Sauerb r u c h hat Recht
l der Richtung, dass man nach Entfernung der zweiten Rippe
ie obere Spitze der Lunge, weil tiefer gestellt als in der Norm,
btasten kann, wenn man aber wegen des Tiefertretens der
•pitze die erste Rippe intakt lässt, so begibt man sich damit
es Vorteils, der darin besteht, dass die hintere nach Rippen¬
resektion gelöste I'horaxwand durch ihre Schwere die erste
Rippe mit herunterzieht, so dass gerade durch den Druck der
ersten Rippe von oben die Spitze komprimiert wird. Ich halte
die Entfernung der ersten Rippe bei jeder Obcrlappcntubcr-
Fig. 6. Pfeilerresektionill B.
ig 5. 5 Rippen vorne u. Klavikularresekt. z. Verstärkung d. Oberlappenkompression IC.
Fig. 7. Pfeilerresektion II C.
452
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
kulose für notwendig und würde nur dann davon abstehen,
wenn man die Spitze der Lunge durch extrapleurale
A b 1 ö s u n g he r u n t e r d r ii c k t und den dann gesetzten
Hohl r a u m vielleicht mit Knochenstücken, die aus
den resezierten Rippen stammen, ausfüllt. .
Nach Erörterung dieser Punkte möchte ich im folgenden
auf ürund meiner Erfahrungen und zugleich mich stützend auf
die Mitteilung Sauerbruchs versuchen, die verschiedenen
Formen und Ausdehnungen, die eine Thorakoplastik an-
nehmen muss, je nach Art und Ausdehnung der Erkrankung
zu fixieren.
Handelt es sich um eine zirkumskripte Affek¬
tion im oberen Teil des Oberlappens (ich sage absicht¬
lich nicht Spitze, weil ja gewöhnlich tiefer wie die Spitze die
kavernösen Prozesse liegen), so kommt in Frage Pfeiler¬
resektion neben der Wirbelsäule als erster Eingriff und
zwar reichend von der 1. bis Minimum 5., besser aber bis
7. Rippe (Fig. 2), weil erst durch die grössere Ausdehnung
der Resektion ein ausgesprochener Effekt erzielt wird. Sind
kavernöse Prozesse von Kirschgrösse im überlappen voi-
handen, so lässt sich die Kaverne meist durch die paraverte¬
brale Resektion allein nicht zudrücken, sondern nur ver¬
kleinern. Wir haben aber gesehen, dass die klinischen Er¬
scheinungen auch trotz Offenbleiben der Kavernen, wie
Husten, Sputum, Fieber völlig verschwinden. Will man die
Kavernen stärker komprimieren, so muss in zweiter
Sitzung vorn die 1.— 4. oder 5. Rippe (Fig. 3) in
nicht zu schmalem Umfange reseziert werden. Um den Effekt
zu verstärken, ist es angebracht, bei diesen leichteren Fällen
der Tuberkulose zwischen den zwei Eingriffen nur 2 bis
3 Wochen zu warten, weil späterhin die Narbe neben der
Wirbelsäule fester geworden und auf das Einsinken der
Rippen nach dem zweiten Eingriff einen weniger günstigen
Einfluss hat. Soll durchaus aus äusseren Gründen eine Narbe
vorne vermieden werden, so kann die Kompression des Obei-
lappens erhöht werden, wenn man hinten auch noch von
8. oder 9. Rippe ein Stück entfernt (Fig. 4).
Bei vorderer und hinterer Resektion ist dem Heranrücken
der mittleren Rippenstücke nach dem Mediastinum zu eine
Schranke gesetzt durch die bindegewebige und muskuläre
Fixation mit dem Schultergürtel, so dass eine Ver¬
stärkung der Eindellung in diesem Gebiete nur bis zu einem
gewissen Mass möglich ist. Will man weiter eindellen, so
bleibt nur übrig, die Klavikula anzugreifen.
Entschliesst man sich dazu, so rate ich, nicht i n d e i
Mitte oder an der Grenze von mittlerem und innerem Drittel
zu operieren, sondern die Klavikula so zu rese¬
zieren, als wenn sie eine Rippe wäre, also
parasternal sie soweit zu entfernen, dass das äussere
Ende sich h e r a n 1 e g t an oder in die Incisura claviculans
sterni (Fig. 5). Wenn man in dieser Weise operiert, so
/braucht man nicht die resezierte Klavikula, die sich bei
Resektion in der Mitte stark senkt, durch Naht zu fixieren,
sondern es wird die Klavikula in ihrem äusseren Ende duich
die dort ansetzenden Muskeln des Sternokleido in normalei
Höhe gehalten. Der Erfolg dieser Resektion ist ein beträcht¬
licher, wie Fig. 5 b zeigt (Röntgenplatte). Gefahren für die
Kompression der Arterien, Venen und Nerven sind
wohl deshalb gering, weil die gelöste Brustwand die oberste
Rippe so stark nach abwärts zieht, dass ein Druck durch die
Klavikula nicht erfolgen kann. .
Für die eben erwähnte Form des Eingriffes eignen sich
schwielige, kavernöse Formen dei Obe i -
lappen tuberkulöse. Der Eingriff an der Klavikula
kann entweder mit vorderer Rippenresektion gleichzeitig ge¬
macht werden oder er wird als dritter Eingriff ausgefuhrt,
wenn die Pfeilerresektion in ihrem Effekt auf die Kavernen
nicht genügt.
Eine noch stärkere Kompression des lhorax
wird erreicht durch paravertebrale Pfeilerresektion,
welche die 8. und 9. selten auch 10. Rippe mitnimmt. Hier
kommen Modifikationen des Eingriffes in folgender Weise in
Betracht. Entweder einmaliger Eingriff mit Resektion
v o n 8. oder 9., selten 10. Rippe paravertebral (Fig. 4) und
in zweiter Sitzung vorn parasternal 5. oder
<j Rippe (Fig. 6) oder aber T r e n n u n g des Eingriffes an der
Rückseite in zwei Sitzungen in der Form, dass über
dem Oberlappen 6 Rippen reseziert werden und 7.. 8.,
9. in grösserer Ausdehnung, 10 — 12 — 15 cm (Fig. 7). Die
beiden Eingriffe können auch in umgekehrter Reihen¬
folge vor sich gehen, erst Eindellung des Unterlappens durch
Resektion im Gebiete der 6., 7., 8., 9. selten 10. Rippe mit
späterer Entfernung der oberen Rippenstücke 1—5. Geht mail
in letzterer Form vor, so rate ich nicht etwa 9, 8, 7, 6 in
immer kleiner werdenden Stücken zu nehmen und eventuell
noch von der 5 oder 4 dann 2 oder 3 cm mit zu entfernen,
sondern man gehe an die Rippen, die man beim zweiten Mal
nehmen will, beim ersten Eingriff nicht heran. Man er¬
schwert sich sonst durch die eintretende Kallusbrücke
zwischen den Rippenenden von 5. oder 4. Rippe den zweiten
Eingriff. Man operiere also so, dass man von 9. und 8. 12 bis
15 cm entfernt, von 7. etwa 8, von 6. 5 — 6 cm, eventuell gleich¬
viel von der 5., und lasse die oberen vier intakt für die
2. Sitzung.
Die reine paravertebrale ausgedehnte Pfeiler¬
resektion ist besonders wirksam auf der linken Seite, wo
das Herz an sich schon, zumal wenn es durch Retraktion
nach links noch mehr herübergezogen ist, das Thorax¬
volumen verkleinert.
Interessant ist nun, dass in weitaus den meisten
Fällen die für unseren Eingriff in Betracht kommenden Fälle
von chronischer Tuberkulose linksseitige Erkran¬
kungen sind und zwar kommt die linksseitige Affektion so
häufig vor (unter meinen 34 Fällen waren 25 auf linker Seite
lokalisiert), dass man nicht an Zufälligkeiten, sondern an eine
Abhängigkeit des Verlaufes der Erkrankung
von der Thoraxseite denken muss.
Ein solcher Einfluss könnte abhängig sein von einer stärkeren
Schrumpfungstendenz der linken Lunge, die mit einem leichteren
Heranholen des Herzens und des Mediastinum in Zusammenhang
steht und könnte auch beeinflusst sein von der Rechtshändigkeit der
meisten Individuen, die in dem Sinne einen Einfluss ausiiben könnte,
als die linke obere Thoraxpartie durchschnittlich ruhiger gestellt ist
als die rechte.
Die zuletzt angeführte stärkere Eindellung des Brust¬
korbes an der Rückseite verschmälert schon um ein beträcht¬
liches das Volumen der linken Lunge sowohl im Ober- wie im
Unterlappen und genügt für manche Fälle als alleiniger Ein¬
griff; doch gelingt es durch parasternale Rippenresektion am
besten bis zur 6. Rippe, wie schon erwähnt, die Kompression
noch wesentlich zu vervollkommnen (Fig. 6). Dieser vordere
Eingriff soll nicht zu schnell auf die übrigen folgen; am besten
ist ein Zwischenraum von 6 — 8 Wochen oder mehr
zu empfehlen. Fügt man zu der vorderen Pfeilerresektion
noch die Resektion der K 1 a v i k u 1 a an ihrem sternalen Ende
hinzu in gleicher Weise wie oben schon geschildert (Fig. 5).
so erreicht die Eindellung eine Grösse, dass man sie fast dem
Pneumothorax gleichstellen könnte.
Entschliesst man sich zur Pfeilerresektion bei einem
Patienten, der über dem Unterlappen noch eine nicht
adhärente Pleura hat, so liegt es nahe, um Aspirations¬
pneumonien des Unterlappens zu vermeiden, vor der Ein¬
dellung des Oberlappens einen Pneumothorax anzulügen,
der nach unseren Erfahrungen von günstigem Einfluss auf den
Eingriff ist. Auch Sauerbruch und Turban empfehlen
die Form der Eingriffe. Selbstverständlich muss die Stickstoff¬
menge, die eingelassen ist, verringert werden, wenn der:
Thorax nach der Pfeilerresektion sich verengert.
Ich habe oben schon angeführt, dass eine Kompres¬
sion der Spitze auch möglich ist nach Ablösung ^ der.
Pleura costalis im Zusammenhang mit der Lunge und Füllung
des Hohlraumes mit Knochenstücken, die von den Rippen ge-;,
nommen werden können und muss im Anschluss daran aut die
experimentellen Arbeiten von B ä r kurz hinweisen, die tur;
die Frage des Lungenkollaps bei Tuberkulose mir von Be-j
deutung zu sein scheinen. -?
Bär kommt in seiner Arbeit (Wiener klinische Wochen¬
schrift 1913, No. 3) zu folgendem Vorschlag. Er empfiehlt irt
ähnlicher Weise wie das Schlange schon 1907 in einem
Fall von schwerer Kavernenblutung versucht hat, den kranken
Teil der Lunge mit der Pleura von der Thorax-
wand abzulösen und zwar am besten nach Resektioi
4. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
453
von 2. und 3. Rippe vorn in einer Ausdehnung von 4 — 5 cm.
Zur Füllung der dadurch entstandenen Höhle soll Paraffin mit
einem Zusatz von Bism. carb. und Vioform und zwar 2 : 0,5
auf 100 Paraffin verwendet werden. Tierversuche ergaben in
Uebereinstimmung mit den Versuchen von Bacmeister,
der beim Pneumothorax Paraffin intrapleural anwandte, gute
Resultate. Am Menschen sollte diese Methode versucht
werden, doch machte die spontane Eröffnung der grossen
Kaverne, die mit der Pleura von der Brustwand abgelöst
war, die Ausführung der Methode unmöglich.
Dass technisch in dieser Form eine Kompression der
Lunge relativ leichter möglich ist wie durch die Thorako-
plastik und die Pfeilerresektion scheint mir wahrscheinlich.
Auch steht der Annahme nichts im Wege, dass eine solche
Plombe in gleichem Sinne wie sie im Knochen einheilt, auch
innerhalb des Thorax ohne grosse Schwierigkeit dauernd ein¬
gebracht werden kann. Die Schwierigkeit, die bei dem Falle
von Bär, den ich früher selbst mit Pfeilerresektion zu ope¬
rieren Gelegenheit hatte, vorlag, wird uns warnen, gerade bei
solchen grossen Kavernen, die fast einen Lappen ausfüllen und
nur eine dünne Wand besitzen, die Plombierung zu versuchen.
Es ist in solchen Fällen wohl immer mit einer spontanen
Perforation zu rechnen, weil bei diesen grossen Kavernen
eine Nekrose der äusseren Wand nach Lösung der Pleura ein-
treten muss, denn die Zirkulation in dieser dünnen Wand der
Höhle geht durch die Pleura costalis vor sich, da die Gefäss-
versorgung im Lappen selbst mehr oder weniger zerstört ist.
Löst man diese ab, so nekrotisiert die Wand.
Geeignet hingegen erscheinen mir Fälle von tuber¬
kulöser Oberlappenaffektion, die kleinere Kavernen
haben und eventuell auch solche, bei denen die Thorakoplastik
weniger angebracht ist, da es sich nicht um schrumpfende
Formen von fibröser, schwieliger Tuberkulose handelt, son¬
dern um frischere Prozesse, bei denen die Kompression eine
intensivere Ausdehnung haben sollte als es bei der Pfeiler¬
resektion möglich ist.
Das Thema der chirurgischen Behandlung der Lungen¬
tuberkulose ist nicht vollständig, wenn wir nicht noch kurz
die Frage der Kavernentherapie nach der Richtung
hin erörtern, ob nicht in einzelnen Fällen eine Eröffnung der
Kavernen vorgenommen werden sollte. Gerade der Fall, den
Bär in seiner Arbeit erwähnt, bei dem schliesslich der ganze
Oberlappen eine einzige Kaverne bildete, war auch für mich
die Veranlassung, mir die Frage vorzulegen: Können über¬
haupt solche grosse Kavernen allein durch die Pfeilerresektion
zur Heilung gebracht werden, oder ist es nicht besser, solche
grosse Kaverne zu eröffnen entweder vor oder nach einer
Thorakoplastik? Wie ich oben schon angeführt, hat die Thorako¬
plastik allein bei solchen Fällen keinen ausgesprochenen Erfolg
und kann, da sie das Volumen der Lunge nicht in gleicher
Weise zusammendrückt wie der Pneumothorax, mit diesem
nicht konkurrieren. Dagegen beweist der relativ günstige
Verlauf, den der oben erwähnte Fall von Bär nach der Spon-
taneröffnung der Kavernen genommen, meiner Ansicht nach,
dass die These, man soll überhaupt keine Lungenkavernen
eröffnen, nicht richtig ist, sondern die Frage kann nur lauten:
Welche Formen von tuberkulösen Kavernen
sind durch die Eröffnung günstig zu beeinflussen? Auf diese
Frage scheint mir nur die Antwort möglich, dass grosse,
schnell fortschreitende Kavernen und speziell
solche, bei denen man nachweisen kann, dass durch die
Kavernen selbst infolge von Mischinfektion Fieber unterhalten
wird, nach aussen eröffnet werden sollten. Ich glaube, dass
wir gerade wie bei der chirurgischen Tuberkulose
den allgemeinen Grundsatz, ein tuberkulöser Herd oder Abszess
darf nicht eröffnet werden wegen der danach drohenden
Mischinfektion, durchbrechen müssen für die Fälle, wo es sich
schon um Mischinfektionen handelt, wie das z. B.
häufig bei der Spondylitis und Koxitis der Fall ist. Heute, wo
wir durch Anwendung der Röntgentherapie und Behandlung
mit Jodoform und anderen Mitteln imstande sind, die frei¬
liegende Tuberkulose auch noch günstig zu beeinflussen, wird
man auch in seltenen Fällen Lungenherde durch Inzision f rei¬
legen dürfen. Handelt es sich nicht um Mischinfektionen, so
sollte die Eröffnung der Kavernen unterbleiben oder höchstens
auf grössere Unterlappenkavernen ausgedehnt werden. Wenn
ich demnach für grosse Kavernen, sobald sie mischinfiziert
sind, eine chirurgische Behandlung befürworten möchte, so
betone ich nochmals, dass gerade bei diesen die extrapleurale
Ablösung von Bär wegen der schlechten Zirkulation der
Wand nicht als normale Methode aufgestellt werden darf, denn
wenn wir bei solchen Fällen die Plombe in den Thorax hinein¬
bringen zur Kompression der Kavernen und später eine
Nekrose der Wand eintritt, so wird die ganze Plombe ver¬
eitern und sie müsste wieder entfernt werden. Hier kann also
mit der Eröffnung der Höhle nur die Pfeilerresektion als unter¬
stützender Eingriff in Frage kommen, der eine Schrumpfung
der eröffneten Höhle ermöglicht.
Aus der Professor Dr. V u 1 p i u s sehen orthopädisch-chirur¬
gischen Klinik in Heidelberg.
Zur Behandlung der inneren Verletzungen des Knie¬
gelenks.
Von Professor Dr. Oskar V ulpius.
Die unbestimmte frühere Diagnose „Derangement interne“
des Kniegelenkes kann heute durch exaktere Bezeichnungen
ersetzt werden. Wir kennen heute Abreissungen der Liga¬
menta cruciata, eventuell mit Ausreissung von Knochenstücken
im Bereich ihrer Insertion kombiniert, wir kennen die ver¬
schiedenartigen Verletzungen der Bandscheiben. Wir wissen,
dass letztere sehr viel häufiger Vorkommen, als man früher
annahm, wir können den Mechanismus ihres Zustandekommens
verstehen und haben über die Art der Meniskusverletzungen
durch die bei Operationen erhobenen Befunde mancherlei ge¬
lernt. Völlig geklärt ist hier aber noch keineswegs alles, und
wenn wir die Aeusserungen verschiedener auf diesem Gebiet
bewanderter Autoren nebeneinander stellen, so stossen wir
auf Widersprüche, namentlich hinsichtlich des Ortes, an
welchem die Meniskusabreissung zu erfolgen pflegt.
So sagt Wilms: „Am häufigsten scheint der Einriss in der
Mitte des inneren Meniskus vorzukommen. Der Abriss kann vorne,
hinten und in der mittleren Zone erfolgen, ln letzterem Falle ver¬
schiebt sich der partiell gelöste Meniskus znweiPn so, dass er
innen vom Kondylus quer durch das Gelenk läuft.“ Thiem äussert
sich folgendermassen : „Zumeist ist der innere Meniskus betroffen.
Eine Verschiebung der ganzen Bandscheibe kommt anscheinend nur
selten vor. Der Knorp?l wird teilweise abgerissen oder an seiner
vorderen oder hinteren Anheftungsstelle losgelöst. Nach Ver¬
stauchungen bleiben zuweilen umschriebene Verdickungen des
Zwischenknorpels zurück, besonders häufig am inneren Gelenkspalt
vorne. welchp gelegentlich mit Erscheinungen von Einklemmuneen
verbunden sein können, ohne dass sich eine Verschiebung' des Me¬
niskus feststellen lässt.“ Diese Störung ist von Roux als Menis-
citis traumatica bezeichnet worden. Nach Reichel (Handbuch der
prakt. Chir.) reisst seltener nur der Knorpel an seiner Basis von der
Kapsel ab und verschiebt sich nach dem Gelenkinnern, während das
vordere und hintere Ende fixiert bleiben. A 1 1 i n g h a m nahm eine
Lockerung des Meniskus durch Dehnung der Gelenkkapsel infolge
eines entzündlichen Prozesses an. Nach Reichels Ansicht ist
letzterer aber als Folge einer früheren Verletzung, nicht als Ur¬
sache dm Meniskusverschiebung aufzufassmi.
Auf Grund der recht zahlreichen Beobachtungen, die ich
im Laufe der Jahre gemacht habe, glaube ich, dass diejenigen
recht haben, welche einen partiellen Meniskusabriss auf der
Höhe seiner Konvexität für häufiger halten, als den Abriss an
der vorderen und hinteren Anheftung der Knorpclschcibe.
Hierfür scheint mir einmal zu sprechen die Lokalisation der
Druckempfindlichkeit, welche nach derartigen Verletzungen oft
noch sehr lange Zeit auf der Höhe des Kniegelenkspaltes, oder
etwas weiter nach vorne von diesem Punkt gefunden wird,
und ferner der günstige Erfolg der von mir geübten Therapie,
die im folgenden beschrieben werden soll.
Für die Behandlung der Meniskusverletzung gelten im all¬
gemeinen folgende Regeln: Unmittelbar nach dem Trauma
muss der Meniskus, falls er als verschoben erkannt wird, durch
geeignete Manipulationen reponiert werden. Während einer
Ruhigstellung von 5 — 6 Wochen kann er wieder anheilen. Ich
habe auf diese Weise einige sehr gute Resultate erzielt, so
z. B. bei einem viel beschäftigten praktischen Arzt, der wenige
Tage nach dem Unfall einen abnehmbaren leichten Verband
erhielt und dauernd geheilt wurde, obwohl er von Anfang an
seinem Beruf nachging mit steifgestelltem Knie, wie gesagt.
454
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
Nicht selten aber ist der Verlauf weniger günstig, es
bleiben dauernde Beschwerden zurück, es stellen sich ge¬
legentlich leichte Einklemmungserscheinungen und Kniegelenk¬
ergüsse ein. Dann kann radikale Hilfe nur durch eine Ope¬
ration gebracht werden. Das Gelenk wird eröffnet und der
verletzte Meniskus je nach dem Befund, nach Art und Lokali¬
sation des Abrisses, an der normalen Anheftungsstelle befestigt
oder exstirpiert. Ich habe bei einer Reihe von Exstirpationen
gute Erfolge erzielt, sogar bei Unfallverletzten. Bei anderen
Patienten aber blieben chronische Beschwerden zurück, ein
Insuffizienzgefühl, das nur zum Teil durch die Abmagerung
der Muskulatur zu erklären war, oder es stellten sich im Laufe
der Zeit Anzeichen arthritischer Reizung ein. Auf Grund
dieser Erfahrungen habe ich es mir zur Regel gemacht, bei
Fällen, welche nicht mit erheblicher Dislokation des Meniskus
einhergehen, zunächst ein einfacheres Verfahren anzuwenden,
ehe ich zur Eröffnung des Kniegelenkes schreite.
Diese Methode beruht auf der Annahme, dass es sich um
eine Meniskuslockerung etwa auf der Höhe der Konvexität
entsprechend der eng umschriebenen Druckempfindlichkeits¬
stelle handelt. Und die Methode bezweckt, an der Lockerungs¬
stelle einen entzündlichen Reiz zu erzeugen, welcher durch
Verklebung und Narbenzug den Meniskus in seinem ursprüng¬
lichen Bett wieder fixiert. Eine feine Injektionsnadel wird in
schräger Richtung eingestochen und vorsichtig zwischen
Meniskus und Tibia an die Stelle geführt, wo die Druck¬
empfindlichkeit am grössten ist. Hier werden einige Tropfen
absoluten Alkohols injiziert und zwar möglichst so, dass ein
Teil der Flüssigkeit in den Meniskus und in das Gewebe der
Gelenkkapsel deponiert wird. Bei einiger Uebung kann man
mit der Nadel sehr deutlich fühlen, ob man sich an der richtigen
Stelle befindet. Unmittelbar nach dieser Injektion, die nur
geringe Schmerzen verursacht, wird das Gelenk stark mit
Sauerstoff aufgebläht. Ich benütze zu dem Zweck den be¬
kannten Wollen b erg sehen Apparat und steche die Nadel
von der Aussenseite der Bursa subcruralis unter die Patella
ein. Ein leichter Stärkebindenverband, mit Zinkstreifen ver¬
stärkt, fixiert das Gelenk für 6—8 Tage. Zumeist habe ich
nach Ablauf dieser Zeit die Einspritzungen nochmals wiederholt.
Ich denke mir die Wirkung der Sauerstoffaufblähung so,
dass der Meniskus aus dem Gelenkinnern hinausgedrängt und
an seine Insertionsstelle angepresst wird. Da der Sauerstoff
immerhin mehrere Tage im Gelenk bleibt, so kann während
dieser Zeit die Verklebung des Meniskus mit der Kapsel be¬
ginnen. Am Tage nach der Injektion kann man gewöhnlich
leichtes Plätschergeräusch im Gelenk nachweisen. Die ent¬
zündliche Reizung des Meniskus erzeugt einen geringfügigen
und belanglosen Erguss. Das Gelenk bleibt im ganzen
3 Wochen ruhig gestellt. Während dieser Zeit wird der
Quadrizeps regelmässig vom Patienten geübt und elektrisch
gereizt, um seiner Atrophie entgegen zu arbeiten. Dann setzt
Massage und Gymnastik ein, eine elastische Kniekappe lasse
ich für mehrere Monate tragen.
Bei richtiger Auswahl der Fälle habe ich mit diesem ein¬
fachen und harmlosen Verfahren so überraschende Erfolge
erzielt, dass ich jedenfalls einen Versuch mit demselben
empfehlen möchte, ehe man sich zur operativen Eröffnung des
Gelenkes entschliesst.
Aus der medizinischen Klinik der Universität Kiel
(Direktor: Professor Dr. L ii t h j e).
Der Einfluss von Thorium X auf keimende Pflanzen.
Von Friedei Kahn, Assistent der Klinik.
Die Therapie mit radioaktiven Substanzen hat neuerdings
durch die Einführung des Thorium X in die Medizin einen
bedeutenden Zuwachs erfahren. Von dem Radium und seiner
Emanation unterscheidet sich Thorium X — neben seiner
leichteren Gewinnbarkeit und geringeren Anschaffungskosten
— im wesentlichen durch seinen rascheren Zerfall und der
damit verbundenen gesteigerten Entwicklung von Energie.
Das wechselvolle Schicksal der Radiumemanationstherapie
mahnt uns eindringlich, vor der allgemeinen Anwendung des
Thorium X seine biologischen und klinischen Eigenschaften ein¬
gehend zu studieren. Es liegen bereits eine Reihe von Mit¬
teilungen in dieser Richtung vor; doch sind wir noch keines¬
wegs in der Lage, uns ein irgendwie bestimmteres Urteil zu
bilden. Als ein sicheres Ergebnis der bisherigen Forschung
dürfen wir den Einfluss von Thorium X auf den hämatopoeti-
schen Apparat bezeichnen. Grosse Dosen zerstören die
weissen Blutkörperchen, kleine dagegen scheinen einen ge¬
steigerten Reiz auf die Bildung der roten auszuüben.
Im folgenden will ich über Versuche berichten, die eben¬
falls den gegensätzlichen Einfluss kleiner und grosser Dosen
von Thorium X zeigen und zwar an keimenden Pflanzen.
Die Untersuchungen * *) wurden an zwei Arten von Samen aus¬
geführt.
ln der ersten Versuchsreihe wurden Haferkörner benutzt,
die ja bereits früher zum Studium der biologischen Strahlen¬
wirkung (Röntgen- und Radiumstrahlen) herangezogen wurden.
Die Versuchsanordnung war folgende; In flachen Schalen
wurden je 70 Haferkeime in frischer Gartenerde ausgesät und
dann wurden in gleichen Flüssigkeitsmengen neben einer Kon¬
trolle ohne Thorium X-Zusatz bestimmte Aktivitätsmengen
von Thorium X zugesetzt. Die Schalen kamen unter gleich¬
grosse Glasglocken, die luftdicht auf geschliffenen Glasplatten
aufsassen, um so einerseits die gesamte Strahlenwirkung zur
Anwendung zu bringen und andererseits bei allen Versuchen
unter denselben äusseren Bedingungen von Feuchtigkeits- und
Luftgehalt zu arbeiten. Die Glocken standen bei gleich-
mässiger Zimmertemperatur an einem Milchglasfenster.
In der ersten Versuchsreihe war das Ergebnis, dass nach
14 Tagen in der Kontrolle unter Glocke I die meisten Pflanzen
gewachsen waren. Unter der Glocke II mit 3 mal 100 elektro¬
statischen Einheiten Thorium X, die innerhalb 8 Tagen zu¬
gesetzt waren, waren nur halb so viel Pflanzen wie bei I.
Auch waren die Pflanzen bei II schon deutlich kleiner als
bei I. In der Glocke III, wo hohe Dosen von Thorium X
(3 mal 1000 elektrostatische Einheiten) zur Wirkung kamen,
war jedoch die Wachstumshemmung am stärksten ausge¬
sprochen. Hier gingen von 70 Samen nur 9 auf. Dieses
Ergebnis stimmt mit dem Befund von Bickel und King’)
überein. Diese Autoren studierten unter anderen Versuchs¬
bedingungen den Einfluss grosser Thorium X-Dosen auf Hafer¬
keime und fanden gleichfalls eine Hemmung in der Entwicklung.
Als nun diese Versuche mit Variationen der Dosierung
wiederholt wurden, fiel das Resultat gerade entgegengesetzt
aus. Mit derselben Erde und denselben Samen und bei genau
derselben Versuchsatiordnung waren in der Kontrolle die
wenigsten Keime entwickelt, bei mässigen Aktivitätsmengen
wuchsen mehr Pflanzen und bei hohen Dosen waren in der
gleichen Zeit die meisten Samen aufgegangen. Als Beispiel
diene folgendes Versuchsprotokoll: Der Versuch wurde nach
11 Tagen abgebrochen.
Dosierung
Von
70 Haferkeimen
Gesamtlänge
Glocke I .
Kontrolle
35 Pflanzen
133,6 cm
„ 11 . . •
+1 X 150 El. E.
53
253,2 „
„ III .. .
+ IX 1500 El. E.
62 „
336,2 „
Die Deutung dieser Differenzen in den einzelnen Ver¬
suchen stiess auf grosse Schwierigkeiten. Zuerst wurde die;
Möglichkeit erwogen, ob vielleicht das Aufbewahren von Erde,
und Samen in schlechter Laboratoriumsluft (Säuredämpfe!)
einen schädlichen Einfluss ausgeübt habe, und ob damit die
konträre Thorium X-wirkung zu erklären sei. Doch fielen
Versuche mit neuem Hafer und neuer Erde wenige Wochen;
später prinzipiell gleich wie die zuletzt geschilderten aus; nur
war in allen Schalen die Entwicklungstendenz noch geringer.
Dies war um so auffallender, als jetzt die Dosen sowohl nach
oben wie nach unten in noch grösserem Abstand (60 und
4000 elektrostatische Einheiten) gewählt wurden. Es musste
also nicht in der eigentlichen Versuchsanordnung, sondern in
einem davon unabhängigen Faktor die Ursache für das wider¬
sprechende Resultat gesucht werden. Ich glaube daher nicht
T Zu allen Versuchen wurde das Thorium X-Präparat „Dora-
mad“ angewandt, das uns in dankenswerter Weise von der Deutscher
Glasgliihlichtges. (Auerges.) Berlin zur Verfügung gestellt wurde
*) A. Bickel und John King: Berliner klin. Wochenschr
1912, No. 35.
. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
455
.'hl zu Rehen, wenn ich annehme, dass mit dem Fortschreiten
es Winters die Keimungstendenz des Hafers bis zu einem
ewissen Funkte mehr und mehr abnimmt, und dass Thorium X
j nach Dosierung mehr oder weniger energisch die Hafersaat
us ihrem Winterschlaf zu wecken vermag. Ein interessantes
Fie. 1. Gabelung Fig. 2. Gabelung bei Fig. 3. Gabelung bei
ohne Thorium X. geringen Dosen. hohen Dosen.
malogon stellte der Wiener Botaniker M o 1 i s c h 3) bei
einen Untersuchungen mit Radiumstrahlen und Radium-
manation fest. Er fand, dass diese radioaktiven Stoffe die
Vinterknospen verschiedener Bäume und Sträucher in einem
estimmten Zeitpunkt ihrer Ruhe
um Austreiben bringen können,
ur völligen Klärung dieser Frage
erden die Versuche an Hafer
irtgesetzt.
In der 2. Versuchsserie wur-
en Samen von feiner Garten¬
resse verwendet. Für die Wahl
ieser Samen war die Ueberlegung
lassgebend, dass bei empfind-
cheren und rascher wachsenden
'flanzen event. eine deutlichere
nd vielseitigere Einwirkung des
horium X zu erwarten war. Die F,g- 4- (G*ocke°i)Pflanzen
ersuchsanordnung war genau die
leiche wie beim Hafer, nur wurden die Kressesamen nicht in
rde, sondern auf mit Wasser getränkte Gazelappen gelegt.
Die tägliche Beobachtung des Wachstums der Kresse bot
un ein interessantes, wechselndes Bild. Am 2. Tage nach
em Säen beginnt bereits unter allen Versuchsglocken die
’eimung. Am 3. bis 4. Tage sind die mit hohen Thorium X-
losen behandelten Samen deutlich die grössten. Die Pflanzen,
ie unter der Einwirkung geringer Dosen stehen, sind kleiner
ls die Kontrollpflanzen. Ungefähr vom 5. bis 6. Tage an wird
as Bild gänzlich anders. Die Kresse unter grossen Dosen
ächst nur noch wenig, ist viel chlorophyllarmer als die
ergleichspflanzung; sie bleibt bald in der Entwicklung ganz
tehen und beginnt bereits am 9. bis 10. Tage abzusterben,
'ie Blattspitzen werden gelb und am 14. Versuchstage sind
ie meisten Pflanzen zum grössten Teile an Blättern und
dengeln vergilbt. Die Pflanzen sind jetzt wesentlich kleiner
ls in allen anderen Parallelversuchen (Fig. 6). Die Kontroll-
dlanzen sind dagegen hochaufgeschossen, zeigen eine gute
Vurzelbidung und kräftige Chlorophyllfärbung. Die Pflanzen¬
tengel sind schlank und weich. Sie vermögen oft nicht mehr
!ie Pflanze zu tragen, biegen sich daher ab und fallen auf die
Unterlage (Fig. 4). Die schönsten Kresseexemplare sehen wir
mter der Glocke mit geringen oder mässigen Thorium X-
dengen. Hier sind alle Pflanzen einigermassen gleich ent¬
wickelt. Kräftige, stämmige Individuen stehen gerade neben-
inander und nur wenige sind umgefallen (Fig. 5). Die
3) Molisch: Sitzungsbericht der K. Akademie der Wissen-
ctiaften in Wien, mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse, 1912,
hi. CXXI, Abt. 2.
Blätter sind gut gefärbt, ja scheinen in einigen Exemplaren
chlorophyljgeicher als bei der Kontrolle.
Ausserdem unterscheiden sich die Thorium X-Pflanzen
noch in ihrem äusseren Habitus wesentlich von den Kontroll¬
pflanzen. Bei diesen sitzt nämlich die Zweiteilung der Blatt¬
krone direkt unter dem Ursprung der Blätter. Dagegen zeigen
alle Thorium X-Pflanzen deutlich eine Gabelung bereits an dem
oberen Ende des Stengels, und zwar ist diese Gabelung umso¬
mehr ausgesprochen, je grösser die Thorium X-Dosis in den
Versuchen war. Bei hohen Dosen beginnt die Zweiteilung des
Stengels bereits kurz nach seiner Mitte, in einigen wenigen
Exemplaren sogar direkt über der Wurzel. Die beiden Aeste
sind viel weiter voneinander gespreizt als bei mittleren Dosen
(s. Fig. 3).
Die Blattbildung selbst ist bei allen Pflanzen dieselbe.
Dagegen sind alle Thorium X-Pflanzen an sich kräftiger und
stämmiger entwickelt als in der Kontrolle. Auch bei hohen
Dosen ist das der Fall. Obwohl die Pflanzen selbst und ihre
Wurzeln bedeutend kleiner sind, ist ihr Gesamtgewicht höher
als in der Kontrolle. Die absoluten Werte am Ende eines
Versuches sind z. B.:
Der Versuch wurde nach 14 Tagen abgebrochen.
Dosierung
Von 100 f
Kresse¬
samen
Ges. Länge
Ges.
Gewicht
Zahl d. um¬
gefallenen
Pflanzen
Glocke I .
", II
r „ in
f„ IV
Kontrolle
+ 25 El. E.
+ 75 „ „
+ 750 „ „
98 Pflanzen
99 „
100 „
100 „
483,9 cm
525,5 „
472,1 „
370,0 „
1,5 gr
2,3 „
2,1 „
L8 „
28 Stück
12 „
3 „
2 „
Fig. 5. Pflanzen unter mässigen Fig. 6. Pflanzen unter hohen
Dosen (Glocke III). Dosen (Glocke IV).
Wir sehen also aus den Versuchen an Kresse, dass
Thorium X hierbei einem allgemein gültigen toxikologischen
Gesetz folgt. Kleine Dosen wirken reizend, fördernd, grosse
zerstörend, hemmend. Doch ist das nicht die einzige Wirkung.
Der definitiven Wachstumsförderung geht ein Stadium lang¬
samer Entwicklung voraus, und umgekehrt sehen wir vor
der Wachstumshemmung ein beschleunigtes Wachstum. Alle
Thorium X-Pflanzen 'zeigen gegenüber den Kontrollpflanzen
mehr oder weniger den beschriebenen Unterschied in dem
Blattansatz; ferner sind sie durchweg stämmiger gebaut, auch
bei grossen Dosen, wo ja die Wurzel selbst schlechter ent¬
wickelt ist. Das Thorium X muss daher direkt im Vegetations-
pimkt eine Veränderung bewirken, wie es auch für ähnliche
Effekte der Radiumemanation Molisch annimmt. Ueber-
haupt besteht zwischen den Wirkungen von Thorium X und
denen der Radiumstrahlen und der Radiumemanation kein
prinzipieller Unterschied. Auch hiermit konnte je nach Do¬
sierung eine Förderung oder Hemmung des Wachstums erzielt
werden. Auch die Veränderungen im Chlorophyllhaushalt
decken sich mit den Erfahrungen bei Radium. Es muss nur
sehr auffallen, dass in meinen Versuchen mit der einmaligen
Applikation relativ geringer Dosen so eklatante Wirkungen
erzielt werden konnten. Von den vielen Reflexionen, zu denen
das Ergebnis der Versuche Anlass gibt, möchte ich deshalb
diesen graduellen Unterschied besonders hervorheben, da er
bei der therapeutischen Anwendung differente Einwirkungen
von Thorium X event. auf bestimmte Zellkomplexe oder Fer¬
mente vermuten lässt, die uns vielleicht heute noch wenig
oder gar nicht bekannt sind.
456
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. <
Aus der chirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. M. W i 1 m s)
und dem hygienischen Institut (Direktor: Prof. Dr. H. K o s s e 1)
zu Heidelberg.
Zur Beurteilung der prophylaktischen Serumtherapie
des Tetanus.
Von Dr. K. K o 1 b und Privatdozent Dr. K.Laube n h e i in e r.
Man muss sich wundern, dass bei der ausserordentlich
grossen Verbreitung der Tetanusbazillen und ihrer resistenten
Sporen der Wundstarrkrampf verhältnismässig so wenig auf-
tritt. Wenn er aber aufgetreten ist, so sind unsere Mass¬
nahmen meist so wenig von Erfolg gekrönt, dass wir im all¬
gemeinen mit einer Mortalität von 80 — 90 Proz. (v. B e h r i n g)
rechnen müssen. Es ist daher erklärlich, dass alle Hebel zur
Bekämpfung des Tetanus bei Wunden einsetzen müssen, die
der Infektion verdächtig sind.
Ueber den Wert des Tetanusantitoxins gehen die An¬
sichten noch weit auseinander. Festzustehen scheint bisher,
dass eine Heilung durch Antitoxin nur selten möglich ist,
wenn die Krankheitssymptome erst einmal manifest geworden
sind. Eine weit günstigere Beurteilung findet die prophy¬
laktische Verabfolgung von Antitoxin bei Verletzungen,
die der Infektion mit Tetanus verdächtig sind.
Aus der Tatsache, dass die Mehrzahl solcher Ver¬
letzungen, die erfahrungsgemäss leicht einen Tetanus im Ge¬
folge haben, ohne einen solchen zur Heilung kommen, wenn
sofort Tetanusantitoxin eingespritzt wird, schliesst man, und
wohl mit Recht, auf eine Schutzwirkung des spezifischen
Serums.
Allerdings bleibt dabei der Einwand möglich, dass in
solchen Fällen die Wirkung des Serums nicht erwiesen ist, da
eben der Nachweis fehlt, dass die Wunde wirklich mit Teta¬
nuskeimen infiziert war.
Aus diesem Grunde halten wir nachstehend beschriebenen
Fall für mitteilenswert, da hier der Nachweis der Tetanus¬
erreger in der Wunde geführt wurde, ohne dass es zum Aus¬
bruch der Krankheitserscheinungen kam. Der Fall gehört zu
4 Fällen von Dreschmaschinenverletzungen, die im Juli 1912
innerhalb 5 Tagen in Behandlung kamen. In allen 4 Fällen
handelte es sich um schwere Handverletzungen, bei denen die
Wunden mit Schmutz und Getreideteilchen bedeckt und
die Wundränder meist sehr stark zerquetscht waren. Das
Tetanusantitoxin (Schutzdosis) wurde in allen Fällen sofort
nach der Aufnahme in die verletzte Extremität subkutan
injiziert. Bei keinem der Verletzten trat Tetanus auf. Bei
folgendem ausführlich wiedergegebenen Falle glauben wir der
prophylaktischen Serumanordnung die Verhütung des Tetanus
zuschreiben zu dürfen.
Der 60jährige Landwirt Georg L. geriet am 18. Juli 1912 mit
der rechten Hand in eine Dreschmaschine. Er wurde sofort in die
chirurgische Klinik eingeliefert, wo sich folgender Befund ergab :
Der sonst gesunde Mann hatte an seiner rechten Hand eine
grosse Risswunde. Auf der Beugeseife ging der Riss von dem
Interspatium zwischen Daumen und Zeigefinger über die ganze Hand
nach dem Handgelenk zu und griff noch etwas auf das Dorsuin der
Hand über. Die Haut war bis fast an die Metakarpophalangeal-
gelenke von der Unterfläche abgelöst, so dass Sehnen, Nerven und
Gefässe unverletzt freilagen. Die Wundränder waren sehr zackig
und gequetscht. Der durch die von der Unterlage losgelösten Haut
gebildete Lappen stand von der Hand ab. Die offen daliegende Wund¬
fläche war mit kleinen Erdpartikelchen und Strohstückchen be¬
schmutzt. Die Blutung aus der Wunde war minimal.
Sofortige Operation: Die ganze Hand und ein Teil des
Vorderarms wurde gejodet. Direkt oberhalb des Handgelenks wurde
der Stamm des Nervus radialis, medianus und ulnaris mit Novokain
anästhesiert. Die Anästhesie trat nach etwa 10 Minuten ein und war
gut. Die Wundränder wurden Umschnitten, die Wundfläche von
dem gröberen Schmutz befreit und ein Teil der Wundfläche mit dem
Messer entfernt. Nach Auswaschen der Wünde mit Wasserstoff¬
superoxyd sah die Wunde sauber aus. In sie wurde nun Perubalsam
hineingegossen und in alle Winkel verteilt. Auf die Wundfläche wurde
der Hautlappen aufgelegt und die Wundränder durch Silkworm ver¬
einigt. An drei Stellen der Hautnaht wurde Jodoformgaze unter den
Hautlappen geschoben. Steriler Verband.
Nach der Operation wurde wegen der Möglichkeit der Infektion
mit Tetanusbazillen subkutan unter die Haut des rechten Vorder¬
arms Tetanusantitoxin „Höchst“ (20 Antitoxineinheiten) injiziert.
Als am 19. VII. bei Temperatur 38,8 und Puls SO der Verband¬
wechsel vorgenommen wurde und ein unter die Haut gelegter Jodo¬
formgazestreifen entfernt wurde, fiel ein leises, zischendes Geräusch
auf. Aus der Oeffnung, in der die Jodoformgaze lag, drang etwa
Eiter hervor, der sich von Gasbläschen durchsetzt erwies. Du
Verdacht der Infektion mit einem gasbildenden Keim und wege
des nicht seltenen gemeinsamen Vorkommens mit Tetanusbazille.
auch der Verdacht der Tetanusinfektion veranlasste uns, de
Wundeiter dem hygienischen Institut zur Untersuchung zu über
senden.
Am folgenden Tage erlangten wir durch das Ergebnis der bal
teriologischen Untersuchung die Gewissheit, dass neben der Infektio
mit einem Gasbildner auch eine Tetanusinfektion vorlag. Der Patiei
fühlte sich ganz wohl, zeigte auch keinerlei Symptome einer bt
ginnenden Tetanuserkrankung; es wurde nochmals aus Vorsicl
Tetanusantitoxin „Höchst“ (100 Antitoxineinheiten) in den rechte!
Vorderarm subkutan eingespritzt. Die Wunde eiterte etwas. Dt
Eiter enthielt noch reichlich kleine Bläschen. Die Hautnaht wurd
wieder geöffnet und unter den Hautlappen mit Jodoformgaze leid
tamponiert.
ln der Folgezeit stellte sich kein Tetanus ein. Patient wurd
am 8. VIII. in ambulante Behandlung entlassen. Als er sich uns ai
4. IX. vorstellte, bestand noch eine kleine granulierende Wunde jj
der Hohlhand. Patient fühlt sich dauernd wohl.
In der Literatur finden wir bisher nur einen Fall T bt‘
schrieben, in dem nach einer Schrotsehussverletzung de
Orbita ebenfalls Tetanuskeime in der Wunde nachgewiese!
wurden, ohne dass es bei lokaler und serumproph y
taktischer Behandlung zum Ausbruch tetanischer Ersehe
nungen gekommen wäre.
Da der von uns beobachtete Fall auch von bakteritj
logischem Standpunkt aus Interesse bietet, sei der Gang dij
Untersuchung kurz mitgeteilt.
In Abstrichpräparaten von der Gaze, mit der die Wunde tan
poniert war, fanden sich Staphylokokken, Gram-negative BazilL
und Gram-positive plumpe Stäbchen vom Aussehen der Gasphle:
moneerreger. Ausserdem wurden, allerdings ganz vereinze
schlanke Bazillen beobachtet, die sich ebenfalls nach Gram färbte
in Grösse und Gestalt wohl an Tetanusbazillen erinnerten, aber keii
Sporen zeigten.
Zur Reinzüchtung der mikroskopisch gefundenen Mikroorganij
men wurden folgende Kulturen angelegt:
Gewöhnliche Agarplatten, Agarplatten in O-freier Atmosphäi
(Ham me rische Dosen mit alkalischer Pyrogallussüure), Agarröh
chen in hoher Schicht. Ferner kamen Stückchen Gaze aus der Wune
in Bouillonkölbchen, durch die Wasserstoff geleitet wurde.
Ausserdem wurden 4 Mäusen Gazestückchen unter die Ha
eines Hinterschenkels verimpft.
Auf den aerob gehaltenen Platten kamen zur Entwicklung St,
phylococcus pyogenes aureus und Bact. coli.
In den anaeroben Kulturen zeigten sich nach 48 Stunden 1
37° fein verästelte Kolonien, und zwar solche von kompakterem G;
füge und andere, die einen feineren Aufbau aufwiesen.
Die Bouillonkulturen wraren nach der genannten Zeit stark g
trübt bei lebhafter Gasentwicklung.
Gleichzeitig begannen bei zweien der mit Gaze geimpften Mäu
sich Symptome von Tetanus an den geimpften Extremitäten einz
stellen, die bald zum Tode führten.
Auch in den unter anaeroben Verhältnissen gehaltenen Kultur'
fanden sich nunmehr typische Tetanusbazillen mit gut ausgebildet'
entständigen Sporen. Mäuse, die mit diesen Kulturen geimpft wurde
gingen innerhalb 48 Stunden an Starrkrampf ein.
Aber auch die zweite Art der anaerob zur Entwicklung gelam
ten Kolonien envies sich als pathogen, und zwar erzeugten diese Ba
terien, auf Meerschweinchen subkutan verimpft, das typische Bi
der Gasphlegmone. Es handelte sich also offenbar um dieselb
Keime, die in der Wunde die Gasbildung verursacht hatten und tj
auch schon in den Ausstrichpräparaten gesehen worden waren.
Zusammenfassend ist über den vorstehend mitgeteilt
Fall folgendes zu sagen:
In einer schweren Wunde, in der sich Gasentwicklung b-
merkbar macht, werden die Erreger der Gasphlegmone naq-
gewiesen. Ausserdem finden sich aber in dem Wundsekb
auch Tetanusbazillen, ohne dass es in dem weiteren Verlai
der Erkrankung zum Ausbruch tetanischer Erscheinung)
kommt.
Da sofort, nachdem der Kranke in ärztliche Behandln',
kam, Tetanusantitoxin eingespritzt wurde, so erhebt sich c
Frage, ob das Ausbleiben des Tetanus auf eine Schutzwirku;
des Serums zurückzuführen ist.
Wir sind geneigt, das Ausbleiben von Krankheitsersch -
nungen trotz der stattgefundenen Infektion auf Rechnung tl‘
ausgiebigen prophylaktischen Serumbehandlung zu setzt,
4) Jess: Infektion einer Schrotschussverletzung der Orbita d
Tetanusbazillen ohne Ausbruch des Tetanus. Archiv f. Augenlitj-
künde, Bd. 70, 1911, S. 42.
Marz 1 91 J.
Muenchenkr medizinische Wochenschrif'
hne zu verkennen, dass es noch eine zweite Möglichkeit für
as Ausbleiben des Tetanus gibt.
Wie es von vielen Infektionserregern bekannt ist, dass
ire Anwesenheit auf oder in einem empfänglichen Gewebe
llein noch nicht genügt, um Krankheitserscheinungen hervor-
urufen, so kann das gleiche auch von den Tetanusbazillen
ngenommen werden, selbst wenn, wie in unserem Falle, die
.rt der Verletzung für das Zustandekommen eines Tetanus
mistige Bedingungen bietet.
Nur dann kann die Frage der vorbeugenden Wirkung des
'etanusimmunserums mit Sicherheit entschieden werden,
/enn in jedem Falle, der prophylaktisch mit Tetanusserum
ehandelt wird, die Bakterienflora der Wunde unter beson-
erer Berücksichtigung der anaeroben Keime festgestellt wird.
Aus dem hygienischen Institut der Universität Kiel
Direktor: Geh. Med.-Rat Professor Dr. B. Fischer).
ifahrungen mit der Conrad i -Tr och sehen Tellur¬
platte zum Diphtherienachweis.
on Dr. Gerhard Wagner, Assistenten am Untersuchungs¬
amte für ansteckende Krankheiten.
Am 23. Juli 1912 veröffentlichten C o n r a d i und T r o c h
n der Münch, med. Wochenschrift ein neues Verfahren zum
vachweis der Diphtheriebakterien. Es besteht einmal in der
uiwendung eines neuen Nährbodens, dessen Herstellung
olgende ist:
Zu 1000 ccm Wasser fügt man 10 g Fleischextrakt, 5 g Kochsalz.
0 g Peptonum siccum Witte und 6 g saures apfelsaures Kalzium,
’as Gemenge wird eine halbe Stunde im kochenden Dampftopf ge-
alten, dann wird filtriert. Zu dem schwach sauer reagierenden Filtrat
ibt man 1 Proz. Traubenzucker. Von diesem Gemisch wird 1 Teil
u 3 Teilen ganz frischen, möglichst steril erhaltenen Rinderserum
egeben. Zu 100 ccm dieser Mischung setzt man noch 2 ccm einer
proz. Lösung von Kalium tellurosum hinzu. Schliesslich wird die
eschiittelte, aber schaumfreie Flüssigkeit auf Petrischalen verteilt,
eren Glasdeckel innen mit saugfähigem Papier belegt sind. Dann
isst man das Serum auf einer eigens konstruierten, auf 85 — 90° ein-
estellten „Erstarrungsplatte“ fest gerinnen, indem die Petrischalen
ben darauf K Stunde lang verweilen. Im Sommer empfiehlt sich
brigens eine mehrmalige Erhitzung.
Der neue Nährboden ist also, wie der bekannte Löffler-
’Che eine Serumplatte; neben der Verwendung von Rinder-
tatt Hammelserum und dem Zusatz von 0,015 proz. saurem
ipfelsauren Kalzium als Hemmun’gsmittel anderen Mikro-
irganismen gegenüber erscheint als neuer und wesentlicher
testandteil das tellurigsaure Kali (KsTeOa).
Die Diphtheriebakterien reduzieren nach Angabe der
Uitoren das Tellurdioxyd zu metallischem Tellur, so dass ihre
(olonien kohlschwarz werden. Das von Scheurlen und
Clett im Jahre 1900 eingeführte Prinzip, die reduzierenden
:igenschaften von Bakterien durch Reduktion von selenig-
ind teilurigsauren Salzen sichtbar zu machen, ist hier also in
lie Praxis der Diphtherieuntersuchung übertragen worden.
Ausserdem aber wenden C o n r a d i und Troch, bevor
-ie diese Platte beschicken, eine „Anreicherung“ an, indem
ler Rachenabstrich zunächst auf eine gewöhnliche Löffler-
erumplatte gebracht, 3 Stunden bei 35 0 gehalten und dann
'um Teil mit einem angefeuchteten Wattespatel auf ein bis
:wei Tellurplatten übertragen wird. Die Löfflerplatte wird
iann nach weiteren 8, die Tellurplatte aber nach 20 Stunden
- und auch nur, falls das Ergebnis der Löfflerplatte ein
legatives ist — untersucht. C o n r a d i und Troch geben
m, dass sich „mit Hilfe der Tellurplatten die Befunde der
'iphtheriebazillen verdoppelt hätten“.
Herr Geheimrat Fischer beauftragte mich mit einer
Nachprüfung dieses Verfahrens.
I. Zur Herstellung der Tellurplatte.
Das C o n r a d i - T r o c h sehe Rezept wurde von mir natürlich
.enau befolgt; besonders unterstreichen möchte ich aber die Vor-
cbrift, „ganz frisches“ Rinderserum zu verwenden. Nach Chloro-
ormzusatz aufbewahrtes Serum gibt weniger gute Resultate. Da¬
ngen :st es mir nicht gelungen, den Nährboden in 15 Minuten zum
-rstarren zu bringen. Die von den Autoren eigens konstruierte „Er-
arrungsplatte" konnte ich nicht erhalten. Darum begnügte ich mich
n|t dem üblichen, mit einem Wassermantel umgebenen Erstarrungs-
No. 9.
45 7
schranke. In diesem brauchten die Platten eine ganze Stunde —
vom Kochen des Wassers an gerechnet — zum Erstarren.
Auch die ebenfalls empfohlenen „Plattentrockner“, d. h. Papier-
emlagen, von einer Metallfeder au die Innenseite des Deckels an¬
gepresst, zwecks Aufnahme des Kondenswassers ersetzte ich auf
einfache Weise dadurch, dass ich in den Deckel nicht allzu flacher
Petrischalen ein kreisrundes Stück Filtrierpapier mit Hilfe des Boden¬
teils einpresste. Bei den etwa 250 Platten, die bisher hergestellt
wurden, hat sich dieses Verfahren durchaus bewährt. Vielleicht
wären hier die jetzt in Amerika gebräuchlichen porösen Tondeckel
am Platze.
II. Die Untersuchung mit Anreicherung. ,
Conradi und 1 roch verfuhren folgendermassen:
1. 3 ständige Anreicherung auf der Löfflerplatte,
2. Uebertragung auf die Tellurplatte,
3 a. 8 Stunden Bebrütung der 3b. 20 Stunden Bebrütung der
Löfflerplatte, danach Unter- Tellurplatte und Untersuch-
suchung, ung, falls 3 a negativ.
Diese Methode erweckte in mir von vornherein folgende
Bedenken:
1. Der Verbrauch an Nährböden wird gegen das bisher
übliche Verfahren mindestens aufs doppelte gesteigert. Da
die Herstellung der Löffler- wie der Tellurplatte zeitraubend,
umständlich und nicht ganz billig ist, und man z. B. in Kiel mit
etwa 5000 Diphtherieuntersuchungen im Jahre zu rechnen hat,
ist diese Tatsache nicht gleichgültig. Sie würde allerdings
nicht ausschlaggebend sein dürfen, wenn die Ergebnisse damit
um 50 Proz. gebessert würden.
2. Wenn, wie in Kiel, ein nicht unbeträchtlicher Teil des
Diphtheriematerials mit den beiden letzten Briefgängen gegen
6 und 8 Uhr eintrifft, wäre eine Durchführung des Verfahrens
nur möglich, wenn die Nacht zu Hilfe genommen würde.
Wenn man aber die in Frage kommende Zeit mit 8 Uhr
morgens und 8 Uhr abends begrenzt, so würden nur die bis
etwa 8'Ä Uhr morgens eintreffenden Proben also der Eingang
der 1. Post, mithin ein recht kleiner Teil der Tagesarbeit so
behandelt werden können. Eine Aenderung des Verfahrens
war also schon aus praktischen Gesichtspunkten geboten.
3. Conradi und Troch prüfen die Löfflerplatte nach
3 + 8=11 Stunden und, falls das Ergebnis negativ ist, die
lellurplatte nach 3 + 20 = 23 Stunden. Sie gewähren also
der letzteren eine um 12 oder doch mindestens — wenn man
die 3 ständige Anreicherung nicht zugunsten der Tellurplatte
rechnet — , um 9 Stunden längere Frist zur Entwicklung der
Diphtheriekeime!
Da aber die Wachstumsmöglichkeiten für die Löfflerplatte
nach 11 Stunden durchaus noch nicht sicher abgeschlossen,
jedenfalls aber die einzelnen Kolonien auch hier nach
23 Stunden besser entwickelt sind wie nach 11, so ist ein Ver¬
gleich der Leistungen beider Nährböden eigentlich nur dann
zulässig, wenn man beide gleichzeitig prüft. Die Ver¬
doppelung der Diphtheriebefunde würden Conradi und
T roch aber nach meinen weiter unten angeführten Resul¬
taten dann wahrscheinlich nicht erreicht haben; das praktisch
kaum durchführbare Anreicherungsverfahren würde aber bei
gleicher Leistungsfähigkeit als entbehrlich in Fortfall kommen
können.
Ich habe im Laufe des Tages bis spätestens 4 Uhr nach¬
mittags eintreffende Proben nach Conradi-Troch auf
Löfflerplatten angereichert, nach 3 Stunden die Hälfte der
Aussaat auf eine Tellurplatte übertragen und am nächsten
Morgen beide Platten gleichzeitig untersucht. Die Be-
briitungszeit schwankte also zwischen 22 und 17 Stunden,
betrug aber stets für beide Platten die gleiche Zeit.
Das Ergebnis war folgendes:
Es wurden untersucht . 114 Fälle
Uebereinstimmende Resultate hatten . 108 „
(darunter 39 positive).
Von den übrigen 6 Fällen waren 4 nur auf Löfflerserum,
2 dagegen nur auf der Tellurplatte positiv.
Die Zahl der nicht übereinstimmenden Befunde ist also
verhältnismässig so niedrig, dass sie vernachlässigt werden
kann. Es ist auch sehr wohl möglich, dass in diesen Fällen
die Diphtheriebakterien zufällig gerade in der Hälfte der
Löfilerplatte enthalten waren, die beim Uebertrageu auf die
2
458
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. (
Tellurplatte bzw. beim Abstechen für die mikroskopische
Prüfung ausser Betracht blieb.
Durch das Conradi-T rochsche Verfahren
verdoppeln sich also die positiven Diph¬
theriebefunde nicht. Löfflerserum und Tel-
lurplatte erwiesen sich als annähernd gleich¬
wertig.
Ferner darf auch nicht verschwiegen werden, dass nach
20 stiindiger Bebrütung die Schwarzfärbung der Dipththerie-
kolonien nicht immer bereits stark ausgesprochen ist; aber
auch nach der anderen Richtung sind Täuschungen nicht aus¬
geschlossen, insofern auf den ersten Blick tiefschwarz er¬
scheinende Kolonien sich als Staphylokokken erwiesen.
Conradi und T r o c h sagen, dass ein Uebersehen auch
spärlicher Diphtheriekolonien unmöglich sei, „wenn man nur
sehen gelernt hätte“, ln der Tat glaube ich, dass man zwar
hier und da bei der mikroskopischen Prüfung eine makro¬
skopisch für Diphtherie gehaltene Kolonie als harmlos er¬
kennen wird, dass aber andererseits in der dunklen Färbung
namentlich für den weniger geübten Untersucher ein deut¬
licherer Hinweis enthalten ist, als ihn die nicht sehr scharf
umrissenen Wachstumsmerkmale auf der Löfflerplatte bieten.
111. I>i rekte Aussaat auf Tellurplatten.
Das neue Prinzip, die Diphtheriekolonien durch eine
Earbenreaktion anderen gegenüber herauszuheben, ist zwei¬
felsohne namentlich für den Betrieb eines grossen Unter¬
suchungsamtes sehr schätzenswert. Es schien mir daher ge¬
boten, zur Umgehung der angedeuteten Schwierigkeiten die
Tellurplatte neben der Löfflerplatte ohne das umständliche
Anreicherungsverfahren zu verwenden.
Demzufolge wurde bei 72 Diphtherieproben mit demselben
Tupfer sowohl eine Löffler- wie eine Tellurplatte bestrichen.
Die Untersuchung erfolgte bei beiden gleichzeitig am nächsten
Morgen, also nach längstens 22 mindestens aber 13 Stunden.
Von den 72 Fällen hatten gleiche Ergebnisse 61 Fälle (darunter
27 positive). Von den übrigbleibenden 9 Fällen ergaben 3 auf
Löffler-, 6 dagegen auf Tellurserum positiven Befund. Die
nicht unbeträchtliche Zahl verschiedener Befunde möchte ich
damit erklären, dass bei Beschickung mehrerer Platten mit
einem Tupfer die Diphtheriekeime enthaltenden Teile durch
Zufall nur mit einem der Nährböden in Berührung kommen
können. Immerhin scheint hiernach die Tellurplatte für sich
allein nicht weniger positive Befunde zu liefern, als die
Löfflerplatte.
Zugunsten des neuen Nährbodens würde aber der in der
Schwarzfärbung liegende makroskopische Hinweis auf mikro¬
skopisch weiter zu prüfende Kolonien sprechen; namentlich
für den eiligen Grossbetrieb der Untersuchungsämter dürfte
dieser Vorzug ausschlaggebend sein.
Es fragt sich weiter, von welchem Zeitpunkt ab auf eine
deutliche Färbung der Diphtheriekolonien zu rechnen ist. Ab¬
gesehen von besonders dringenden Fällen, in denen man durch
direkten Ausstrich oder ein Klatschpräparat von der etwa
6 — 8 stündigen Kultur die Diagnose zu stellen suchen wird, ist
wohl als Norm eine mindestens 12 ständige Bebrütung an-
Zusehen.
Die beigegebenen Photogramme zeigen die Hälfte einer
solchen Tellurplatte nach 17-, 22- und 40 stiindiger Bebrütung
in natürlicher Grösse. Bei der ersten Aufnahme sind die
Diphtheriekolonien zwar noch klein, aber sie fallen doch schon
mehr ins Auge, wie die gleichalterigen auf Löfflerserum.
Nach 22 Stunden treten die gesuchten Kolonien ganz klar
und deutlich hervor. Da eine Diffusion des Farbstoffes in die
Umgebung nicht stattfindet, der Nährboden also auch in der
Nähe der Diphtheriekolonien seine ursprüngliche Elfenbein¬
färbung behält, ist der Gegensatz hier viel schärfer wie zum
Beispiel zwischen Säure- und Alkalibildnern auf einer Dri-
galski- oder Endoplatte. Nach 44 Stunden ist die Schwärze
und Grösse der Kolonien noch mehr gesteigert; die anderen
Keime treten ganz in den Hintergrund.
Die mikroskopische Nachprüfung ist indessen stets uner¬
lässlich, da die Uebergänge vom Grauschwarz der Staphylo¬
kokken zum Tiefschwarz der Diphtheriekolonien makro¬
skopische Irrtümer zur Folge haben können.
Bei negativem Ausfall der üblicherweise zwischen 13 und
2ü Stunden stattfindenden Untersuchung dürfte es siel
namentlich wenn es sich nicht um frische Fälle, sondern ur
Feststellung von Dauerausscheidern handelt, empfehlen, di
Platten nochmals 24 Stunden zu bebrüten. Sehr vereinzelt
oder in ihrer Lebenskraft geschwächte Keime werden dan
sicher nicht übersehen werden. Der Zeitverlust dürfte i
solchen Fällen in der Regel keine Rolle spielen.
Alles in allem bietet die Tellurplatte, wie auch Conrai
und Troch betonen, einen Gewinn nicht an Schnelligke
wohl aber an Zuverlässigkeit — allerdings nur in dem Sinn
dass vorhandene Diphtheriekolonien nicht leicht übersehe
werden können.
Zusammenfassung:
1 . Die Conradi - Troch sehe Tellurplatte bedeut
wegen der durch sie gewährleisteten grösseren Leichtigkt
und Sicherheit der Auffindung der Diphtheriekolonien ein«:
Fortschritt gegenüber der Löfflerplatte, ohne indessen de
geübten Untersucher wesentlich mehr positive Befunde
liefern. I
2. Die von Conradi und Troch empfohlene Anreicli-
rung auf Löfflerserum macht das Verfahren umständlich, zef
raubend und kostspielig.
3. Vermieden werden diese Nachteile durch ausschlie߬
liche Verwendung der Tellurplatte, wobei die erzielten Ergeb¬
nisse hinter denen mit vorheriger Anreicherung auf Löffli
serum jedenfalls nicht zurückstehen.
Aus der Universitätsklinik für Hautkrankheiten in Würzbur
(Vorstand: Prof. Dr. K. Zieler).
Lieber orthotische Albuminurie und ihre Beziehung i
zur Tuberkulose nach Untersuchungen bei Hautkranku
insbesondere bei Hauttuberkulose und Syphilis.
Von Medizinalpraktikant Walter Arnold.
Stirling1) beobachtete und beurteilte als erster e
orthotische Albuminurie richtig. Er benützte zu seinen Unt«-
suchungen hauptsächlich jugendliche Individuen, bei dein
diese Art der Albuminurie relativ häufig vorkam. Er sah i
dem Aufgerichtetsein nach horizontaler Lage das ursächlicc
Moment für das Auftreten der orthotischen Albuminurie. Ui
früheren Autoren 2), die das wahre Wesen dieser AlbuminiK
noch nicht erkannt hatten, war sie als „zyklische“ bezeich I
worden, da sie nach ihrer Ansicht nur zu bestimmten Iag-
zeiten vorkam. So war beobachtet worden, dass von In-
viduen, deren Urin am Mittag eiweisshaltig war, am Mors*
unmittelbar nach dem Aufstehen ein eiweissfreier Urin a -
geschieden wurde. Erst Stirling erkannte als Ursache i
das Auftreten dieser Albuminurie den Uebergang von der h(
zontalen Körperhaltung in die aufrechte. Von den meisi
Autoren wird die orthotische Albuminurie der „phyp-
logischen“ zugezählt und W. v. L e u b e 3), der diese Fräs1
1) Stirling: Lancet 1887. t
2) P a v y : Lancet 1885, zitiert nach L ü d k e und Sturm (s. »
3) W. v. Leube: Spezielle Diagnose der inneren Krankheitel
4. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
459
besonders eingehend bearbeitet hat, führt ihr Zustandekommen
auf ein relativ undichtes Nierenfilter zurück, das nach einer
Anstrengung, wie es die aufrechte Körperhaltung der liegen¬
den gegenüber ist, dem Eiweiss den Durchtritt gestattet. Da
diese Albuminurie am häufigsten bei Individuen im Puber¬
tätsalter vorkommt, bezeichnet sie Leube auch als „Puber¬
tätsalbuminurie,“.
Ob man von dieser reinen orthotischen Albuminurie eine
durch „toxische“ (infektiöse) Stoffe hervorgerufene unter¬
scheiden kann, bei der es sich um eine Reizung oder eine vor¬
übergehende Schädigung der Nierenepithelien handelt, er¬
scheint fraglich.
Die ersten Beobachtungen über die „toxische“ Form der ortho¬
tischen Albuminurie verdanken wir französischen Autoren, die sie be¬
sonders auf bestehende, und zwar beginnende Tuberkulose bezogen
haben. Wir können von der hierüber vorhandenen Literatur ab-
sehen, da diese ziemlich genau in einer neueren Arbeit von Lüdke
und Sturm4) besprochen ist. Diese untersuchten 140 Fälle von
Lungentuberkulose auf das Symptom der orthotischen Albuminurie
und wiesen auf die Verwertbarkeit der gefundenen Resultate für die
Frühdiagnose der Tuberkulose hin. Ihre Untersuchungen waren auf
alle drei Stadien der Tuberkulose verteilt; den weitaus grössten
Prozentsatz des positiven Ausfalles der Reaktion wies das erste Sta¬
dium mit 88 Proz. auf, dem dann das zweite mit 64 Proz. und
zuletzt das dritte mit 57 Proz. an Häufigkeit folgten. Sie erhielten
bei 102 von den 140 untersuchten Tuberkulösen aller drei Stadien
einen positiven Ausfall, was ungefähr einem Verhältnis von 72 Proz.
entspricht. Ausserdem hatte L ü d k e bei 10 Tuberkulösen, die nach
einstündigem Stehen kein Eiweiss im Urin hatten, Injektionen von
kleinen, nicht fiebererregenden Dosen von Alttuberkulin gemacht
und am Tage danach bei vieren, also fast der Hälfte, einen positiven
Ausfall der Reaktion nach dem Stehen zu verzeichnen!
Aehnliche Untersuchungen habe ich auf Veranlassung von
Herrn Prof. Dr. Zieler zunächst bei Lupösen angestellt, dann
aber auch bei möglichst vielen klinisch nicht tuberkulösen
Kranken, insbesondere bei solchen, die an frischer sekundärer
Syphilis litten. Nach Möglichkeit wurden auch nicht an
Tuberkulose leidende Patienten der Klinik (z. B. Kranke mit
Gonorrhöe, Ekzem, Dermatitis herpetiformis, Ulcus cruris,
Verbrühung, Skabies usw.) — im ganzen 37 Fälle — zur
Untersuchung mitherangezogen. 8 weitere Fälle von Pso¬
riasis wurden aus später zu erörternden Gründen besonders
behandelt.
Es handelte sich für uns dabei um folgende Fragen;
I. Findet sich eine orthotische Albumin¬
urie nicht nur in einem hohen Prozentsatz
beginnender Lungentuberkulose, sondern
auch bei der chronischen Hauttuberkulose
(Lupus, Skrofuloderm usw.)?
II. Ist diese orthotische Albuminurie cha¬
rakteristisch für Tuberkulose oder ist sie
nur das Zeichen einer chronischen Infektion
bezw. Intoxikation und insofern für die
„Frühdiagnose“ der Tuberkulose nur bei
Ausschluss anderweitiger Momente ver¬
wertbar? Ist sie z. B. für eine Differentialdiagnose
zwischen Lupus und tertiärer Syphilis mitheranzuziehen?
Ls war hierbei auch festzustellen, ob eine orthotische Al¬
buminurie bei Syphilis etwa nur auf gleichzeitig vorhandene
(latente) Tuberkulose zurückzuführen war. Aus diesem
Grunde wurden die Syphilitischen, die einen positiven Aus¬
fall der Reaktion zeigten, mit Alttuberkulin subkutan bis 5 mg
geprüft.
III. Kommt eine orthotische Albuminurie
auch bei Hautkranken, die frei von Tuber¬
kulosesind, vor, und wird sie bei diesen etwa
durch medikamentöse Einwirkungen hervor¬
gerufen? Diese Frage war auch für I. und II. zu berück¬
sichtigen (Einfluss der Pyrogallussäure bei Lupösen, des Hg
und Salvarsans bei Syphilitischen etc.). Aus letzterem Grunde
erhielt auch ein grosser Teil der Lupösen und besonders die¬
jenigen, die einen negativen Eiweissbefund nach ein¬
stündigem Stehen hatten, Alttuberkulin subkutan bis zu fieber¬
erregenden Mengen und wurde dann am ersten und zweiten
läge nach der Injektion auf das Symptom der orthotischen
Albuminurie geprüft. Besondere Aufmerksamkeit wurde auch
') L ü d k e und Sturm: Die orthotische Albuminurie bei T uber-
Gilose. Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 19.
den Fällen von Psoriasis gewidmet, die ja neuerdings
Menzer, wie schon früher Poncet, unseres Erachtens
allerdings mit unzureichenden Gründen, als eine tuberkulöse
Dermatose hinstellen will.
Da die Hauttuberkulosen, insbesondere der Lupus, in einer
Reihe biologischer, allerdings nicht ganz spezifischer Reak¬
tionen sich anders verhalten als die Lungentuberkulose, so
war von vornherein nicht zu erwarten, dass hier die gleichen
Verhältnisse bezüglich der orthotischen Albuminurie vor¬
liegen würden. Diese Frage ist allerdings eine sehr schwie¬
rige, da wegen der verschiedenen Entstehungsweise des
Lupus die einzelnen Fälle wesentliche Verschiedenheiten
zeigen können. Für die auf äusserer Infektion beruhenden
Lupusfälle liegt ein von dem bei Lungentuberkulose ab¬
weichendes Verhalten ja auf der Hand. Andererseits be¬
ruhen aber eine ganze Anzahl von Lupusfällen zweifellos auf
hämatogener Infektion oder sind mit einer tuberkulösen All¬
gemeininfektion vergesellschaftet (multiple hämatogene Herde,
gleichzeitiger Lichen scrophulosorum usw.). Allerdings sind
das Fälle, die über einen hohen Grad relativer Immunität ver¬
fügen 5) und die deshalb sich vielleicht anders verhalten
könnten. Diese relative Immunität haben wir aber auch, wenn
auch vielleicht nicht in so hohem Grade, bei jeder Lungen¬
tuberkulose. Wir könnten einen wesentlichen Unterschied
also nur darin sehen, dass eine beginnende Lungentuberkulose
den Körper schon sehr stark beeinflusst und dadurch verhält¬
nismässig leicht eine gewisse, unter bestimmten Umständen
sich zeigende Intoxikation (orthotische Albuminurie) hervor¬
ruft, gegen die der Körper sich noch nicht recht schützen
kann. Wir hätten dann bei der Hauttuberkulose vielleicht
ähnliche Verhältnisse wie im späteren Stadium der Lungen¬
tuberkulose, in dem Lüdke und Sturm nur in 57 Proz.
orthotische Albuminurie gefunden haben. Bei früheren Sta¬
dien des Lupus würden wir ein ähnliches Verhalten erwarten
können wie bei Frühstadien der Lungentuberkulose. .
Ueber das verschiedene Verhalten von Lungen- und Hauttuber¬
kulose gegenüber bestimmten Reaktionen machen auch E i t n e r und
Stoerk6) interessante Mitteilungen. Sie berichten über eine Re¬
aktion, die bei etwa 75 Proz. aller Phthisiker positiv ausfiel (Sera von
Phthisikern mit Phenol, Resorzin oder aus Bakterien gewonnenem
Lipoid versetzt zeigten eine charakteristische Ausflockung). Sie er¬
hielten aber nur in 2 von 54 untersuchten Fällen von Hauttuberkulose
ein positives Resultat! Und auch diese 2 Fälle sind nach ihrer An¬
sicht vielleicht einer klinisch noch nicht manifesten Lungentuberkulose
zuzuschreiben. Die Verfasser kommen zu dem Schlüsse, dass die
Lokalisation der Tuberkulose in der Lunge schwerere Veränderungen
hervorruft als die Lokalisation in der Haut. Den Hauptgrund für
die Verschiedenheit der Schädigung sehen sie in der verschiedenen
Qualität der betroffenen Parenchyme als Nährboden für den Tuberkel¬
bazillus. Dass die Haut einen schlechten Nährboden darstellt, ist ja
bekannt und bedingt die verhältnismässige Gutartigkeit des Lupus,
aus dem aber vollvirulente TB-Kulturen gezüchtet werden können.
Um zu entscheiden, ob die Behandlung auf die orthotische
Albuminurie einen Einfluss hat, erschien es von Wichtigkeit,
dass möglichst viele Fälle erst einmal vor und dann während
der Behandlung des öfteren untersucht wurden, und zwar in
gleicher Weise wie bei der ersten Untersuchung.
Dabei musste der Patient, dessen Urin vor dem Stehen geprüft
war, eine Stunde lang unter Aufsicht stehen, worauf der Harn wieder
untersucht wurde. In zahlreichen Fällen wurde der Urin 5 Stunden
nach dem Stehen und am Morgen des nächsten Tages nochmals unter¬
sucht. Ausserdem wurde der Urin sämtlicher Patienten, die Alttuber¬
kulin zu diagnostischen Zwecken subkutan erhalten hatten, am näch¬
sten und übernächsten Tage vor und nach einstündigem Stehen ge¬
prüft. Die Untersuchung auf Albumen war eine dreifache, nämlich die
Kochprobe mit folgendem Essigsäurezusatz, die Salpetersäure-Ring¬
probe und die Essigsäure-Ferrozyankaliumprobe. Bei positivem Aus¬
fall wurde der Harn sedimentiert und mikroskopisch untersucht.
Wir haben also nicht auf das Vorhandensein einer ortho¬
tischen Albuminurie im engeren Sinne gefahndet, bedingt
durch Uebergang aus der horizontalen Lage in die aufrechte
Haltung, sondern darauf, ob bei nichtbettlägerigen Kranken,
die auch während des Tages unter gewöhnlichen Umständen
5) Vergl. Zieler: Experimentelle und klinische Untersuchungen
zur Frage der „toxischen“ Tuberkulosen der Haut. Archiv für Der¬
matologie und Syphilis 1910, No. 102.
a) E. E i t n e r und E. Stoerk: Serologische Untersuchungen bei
Tuberkulose der Lungen und der Haut. Wien. klin. Wochenschr.
1909, No. 23.
2*
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
46f)
No. 0.
Eiweiss nicht ausscheiden, dieses auftrat, wenn sie eine Stunde
lang hatten ruhig stehen müssen.
Nach den eben besprochenen Grundsätzen wurden untersucht
44 Fälle von Hauttuberkulose (33 Lupus, 3 Skrofuloderme, 5 Ibc.
cutis verrucosa, 1 Tbc. cutis fungosa, 1 Tbc. mucosa oris, 1 Er.\ -
thema induratum), 8 Fälle von Psoriasis und 33 Fälle von Syphilis,
darunter 22 Fälle von florider Frühsyphilis, von denen 17 noch nicht
behandelt worden waren. Ausserdem wurden noch 37 an anderen
Krankheiten leidende Patienten untersucht (Kranke mit Gonorrhöe,
Fkzem, Dermatitis herpetiformis, Ulcus cruris, Verbrühung, Sca¬
bies usw.), von denen nur ein Fall von Scabies ein positives Er¬
gebnis hatte. Klinische Zeichen einer Frühtuberkulose lagen hier
nicht vor. Eine genauere Prüfung mit Tuberkulininjektionen war
leider aus äusseren Gründen nicht möglich, so dass wir diesen Fall
nicht weiter verwerten können.
I. Hauttuberkulose.
Von den 44 Fällen von Hauttuberkulose
zeigten nur 5 das Symptom der orthotischen
Albuminurie, was ungefähr einem Verhältnis
von 11 Ys Proz. entspräche. Das wäre ein ausser¬
ordentlich niedriger Prozentsatz gegenüber den Resultaten,
die L ii d k e und Stur m bei Lungentuberkulose gefunden
haben (72 Proz. aller untersuchten Fälle). Erwähnenswert ist,
dass alle von mir untersuchten Fälle, die ein
positives Resultat ergeben haben, auf relativ
geringe Dosen Alttuberkulin neben einer
örtlichen Reaktion auch eine Allgemein -
reaktion gezeigt haben. Man kann also wohl mit
Recht annehmen, dass neben dem tuberkulösen Herd in der
Haut noch solche in inneren Organen vorhanden waren, die
vielleicht für den positiven Ausfall der orthotischen Albumin¬
urie verantwortlich zu machen sind. Allerdings ist das nur
eine reine Vermutung, für die wir vollgültige Beweise nicht
beibringen können, denn es haben von 8 weiteren
Fällen auf ebenso geringe Dosen Alttuber¬
kulin 5 deutlich allgemein reagiert, und auch
darnach keine orthotische Albuminurie ge¬
zeigt. Eine grosse Reihe von poliklinischen Fällen konnte
nicht mit Tuberkulin geprüft werden.
Auf das günstige Resultat hat vielleicht auch Einfluss, dass
von den poliklinischen Fällen 5 klinisch geheilt (2 Fälle von
Lupus, 1 Fall von Skrophuloderm eines Ellbogens und 2 Fälle
von Tuberculosis cutis verrucosa), eine Reihe anderer wesent¬
lich gebessert waren.
Bei einem 44 jährigen Patienten mit Tuberkulosis cutis verrucosa
des rechten Handrückens trat die orthotische Albuminurie, die bei der
Aufnahme fehlte, erst am ersten und zweiten Tage nach der Injektion
von 2 mg Alttuberkulin auf, bei mässiger Allgemeinreaktion, um am
dritten Tage wieder zu verschwinden. Bei einem 25 jährigen Kranken,
der seit 15 Jahren an Lupus beider Wangen, des Kinns und des Halses
litt, verschwand die orthotische Albuminurie des ersten Tages wäh¬
rend der Behandlung im Spital, um auch später nicht wieder zu er¬
scheinen. Es erscheint nun fraglich, ob hierfür die Kräftigung durch
die bessere Kost und die Ruhe in der Klinik oder die spezifische
Behandlung mit Pyrogallussäure zur Verantwortung zu ziehen ist.
Einesteils sollte man ja annehmen, dass nach Zerstörung des lupösen
Gewebes durch Pyrogallol das ursächliche Moment für das Zu¬
standekommen einer orthotischen Albuminurie wegfällt, denn es
können eben nach Zerstörung der Krankheitsherde weniger Giftstoffe
oder Tuberkelbazillen in die Blutbahn übertreten bezw. die Nieren
schädigen. Andernteils sollte man nach einer längeren Pyrogallol-
behandlung aber erst recht eine Eiweissausscheidung erwarten, denn
die die Nieren schädigende Wirkung der Pyrogallussäure ist ja hin¬
länglich bekannt. Freilich haben wir bei unserer vorsichtigen Art der
Behandlung, immer nur kleine Bezirke von höchstens 1 — 2 Hand¬
flächengrössen mit Pyrogallussäure zu behandeln, in keinem einzigen
[•'alle eine Eiweissausscheidung konstatieren können, die auf Pyro¬
gallol hätte zurückgeführt werden müssen.
Beachtenswert erscheint folgender Fall:
Ein 21 j ä h r i g e s Mädchen mit multiplem L u p u s des
linken Armes und des linken Oberschenkels und einem tuberkulösen
Abszess des rechten Oberschenkels, die nach einer sieben-
wöch entliehen Pyrogallolbehandlung keine or¬
thotische Albuminurie darbot, zeigte bei einer Un¬
tersuchung 4 Wochenspäter eine E iw eissaus Schei¬
dung nacheinstündigem Stehen. Für deren Erscheinen
ist jedoch sicher nur das Auftreten eines neuen, zweifel¬
los hämatogen entstandenen lupösen Herdes an der
Nase, das kurze Zeit vorher bemerkt wurde, bezw. eine Ueber-
schwemmung der Blutbahn mit infektiösem Material als Ursache an¬
zunehmen.
Eigentümlich erschien es, dass diese orthotische Albuminurie am
nächsten Tage ganz plötzlich verschwunden war, nachdem Patientin
0,3 Salvarsan intravenös bekommen hatte. Man darf wohl annehmen,
dass es sich hierbei um ein rein zufälliges Zusammentreffen handelt,
denn bei den weiteren mit Salvarsan behandelten Lupusfällen zeigte
sich, dass die Iniektion von Salvarsan ohne jeden Einfluss auf das
Zustandekommen oder Verschwinden der orthotischen Albuminurie ist.
Es wäre höchstens denkbar, dass die orthotische Albuminurie infolge
einer frischen Tuberkuloseausbreitung wie hier durch Salvarsan be¬
einflusst wird, während eine derartige Wirkung bei lange bestehendem
Lupus ohne besondere Neigung zur Ausbreitung nicht auftritt. Oh
es sich bei diesen um hämatogen entstandene Lupusformen handelt,
ist nicht sicher zu entscheiden. Sicher ist nur, dass wir den durch
Salvarsan günstig beeinflussten Fall als einen hämatogen entstandenen
multiplen Lupus auffassen müssen. Alle ferneren Unter¬
suchungen auf orthotische Albuminurie ergaben
bei dieser Patientin ein negatives Resultat.
Dass auch die Behandlung auf Zustande¬
kommen oder Verschwinden der orthotischen
Albuminurie wenig Einfluss hat, ergibt sich daraus,
dass sich die positiven Resultate über zum Teil sehr lange
und gründlich behandelte wie unbehandelte Fälle erstrecken.
Das ersieht man auch klar aus dem Falle eines 17 jährigen
Mädchens mit einem schon seit 15 Jahren bestehenden Ge¬
sichtslupus ohne besondere Neigung zur Ausbreitung, das
schon das 8. Mal zur Behandlung in der Klinik war und jetzt
seit % Jahren ununterbrochen behandelt wurde und trotzdem
ein positives Resultat ergab. Bei ihm ist wahrscheinlich wie
bei einem anderen Falle von ausgedehntem Skrophuloderm
(im Anschluss an Tuberkulose der Hals-, Submaxillar-, Zer¬
vikal-, Nuchal- und Postaurikulardriisen) die Ursache in einer
inneren Tuberkulose zu suchen, nicht in dem verhältnismässig-
beschränkten Lupusherd. Beide Fälle hatten ja auch schon
auf 2 mg Alttuberkulin ziemlich stark allgemein reagiert.
Auch bezüglich der Dauer der Krankheit haben wir bei
den Fällen mit positivem Resultat nichts Verwertbares fest¬
stellen können. Bei dem einem 1 eil der Fälle bestand die
Krankheit angeblich erst seit einigen Monaten, bei dem anderen
schon seit 15 und mehr Jahren. Ebenso bestand der Lupus
bei den Fällen, die ein negatives Resultat ergaben, seit einer
Zeit, die zwischen % und 60 Jahren schwankte.
Wenn nun L ii d k e bei 10 von ihm untersuchten Fällen,
die vorher keine orthotische Albuminurie zeigten, nach In¬
jektion von nicht fiebererregenden Dosen von Alttuberkulin
am nächsten Tage bei 4 Fällen, also fast der Hälfte, zu einem
positiven Resultat kam7), so waren auch hier unsere Re¬
sultate bei der Hauttuberkulose abweichende. Wir haben bei
10 an Hauttuberkulose leidenden Kranken mit
vorher negativer orthotischer Albuminurie
Alttuberkulin bis 2 mg, in einem Falle bis 10 mg sub¬
kutan injiziert. Bei allen gab es eine örtliche, teilweise auch
eine Allgemeinreaktion. Nur bei einem einzigen,
einem 44 jährigen Patienten mit J uberculosis cutis verrucosa
der rechten Hand (s. o.) war eine Eiweissausschei¬
dung am nächsten und übernächsten Tage
nach einst findigem Stehen nachweisbar. Die
Niere braucht also auf diesen „toxischen“ Reiz nicht zu
reagieren, sei es, dass bei den von mir untersuchten Fällen
dieser Reiz ein zu geringer war (was nicht wahrscheinlich ist:
Dosis, Allgemeinreaktion!), oder sei es, dass wir auch hier die
geringere Beeinflussung des Körpers durch eine Hauttuber¬
kulose verantwortlich machen müssen.
Um festzustellen, wie weit bei unserem Krankenmaterial
eine Allgemeintuberkulose (ohne klinische Zeichen) etwa von
Bedeutung ist, wurde in 25 Fällen von Syphilis und anderer
Hautkrankheiten Alttuberkulin meist bis 5 mg, teilweise bis
10 mg zu diagnostischen Zwecken gegeben. Darunter warei:
12 Fälle von orthotischer Albuminurie bei frischer Syphilis
deren orthotische Albuminurie aber inzwischen unter einei
spezifischen Behandlung verschwunden war (s. u.), währcnc
die übrigen 13 Fälle zunächst keine orthotische Albuminurk
gezeigt hatten.
7) Dass es sich bei seinen Untersuchungen nicht um eine febrile
sondern um eine „toxische“, durch die Infektion bedingte Alburninurn
handeln muss, die sehr wahrscheinlich mit einer örtlichen Reaktion dei
tuberkulösen Herde in Zusammenhang steht, geht aus seinen Aus¬
führungen klar hervor.
4. März 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 461
Bei der Untersuchung am ersten und zweiten Tag nach
der Tuberkulininjektion wurde nur bei dreien ein positives
Resultat gefunden.
Es handelte sich dabei einmal um ein 22jähriges syphilitisches
Mädchen, die einen typischen phthisischen Habitus zeigte und auf
3 mg Alttuberkulin stark allgemein reagiert hatte. Der zweite Fall
war ein 27 jähriger Syphilitiker, der gleichzeitig eine Psoriasis hatte
und schon auf 1 mg Alttuberkulin allgemein reagierte. Bei diesen
beiden dürfte also sicher eine innere Tuberkulose an dem Zustande¬
kommen die Schuld haben. Nicht so bei einem dritten Fall von ca.
fünfmarkstückgrossem isoliertem chronischem Ekzem des rechten
Vorderarmes (von tuberkuloseähnlichem Aussehen) bei einem 21 jähr.
Mädchen, das schon auf 1 mg Alttuberkulin eine orthotische Albumin¬
urie zeigte, aber erst auf 10 mg stark allgemein reagierte.
II. Psoriasis.
Von den 8 untersuchten Psoriasisfällen zeigte einer das
Symptom der orthotischen Albuminurie (18 jährige Kranke mit
sicherer klinischer Lungenspitzentuberkulose). Bei einem
anderen kam es (s. o.) erst am Tage nach 1 mg Alttuberkulin
zu einer vorübergehenden Eiweissausscheidung nach ein-
stündigern Stehen. Ebenso zeigte keiner dieser Fälle wie eine
Reihe anderer früher geprüfter eine örtliche Reaktion nach
subkutaner Tuberkulinzufuhr (teilweise bis 15 mg). Aus diesen
wenigen Fällen lässt sich jedenfalls nichts schliessen, was im
Sinne Poncets bzw. M e n z e r s für eine Beziehung der
Psoriasis zur Tuberkulose zu verwerten wäre.
III. Syphilis.
Nächst der Hauttuberkulose war es die Syphilis, deren
Einfluss auf das Zustandekommen der orthotischen Albu¬
minurie genauer untersucht wurde. Im ganzen kamen 33 Fälle
zur Untersuchung, 20 unbehandelte und 13 schon behandelte.
Von den 20 unbehandelten zeigten 11 das Symptom der
orthotischen Albuminurie; von den 13 schon behandelten da¬
gegen nur ein einziger. Und auch diesen einen Fall kann man
eigentlich kaum als schon behandelt ansehen, denn er hatte
vor der Untersuchung nur 1 ccm Joha = 0,4 Salvarsan intra¬
muskulär erhalten und war schon ca. 18 Stunden nach der
Injektion auf orthotische Albuminurie untersucht worden. In
dieser kurzen Zeit wird ja aber kaum so viel von dem intra¬
muskulär injizierten Salvarsan resorbiert worden sein wie bei
intravenöser Zuführung.
Interessant ist nun, dass bei sämtlichen Fällen
mit einem positiven Ausfall der Reaktion die
Infektion erst kürzere Zeit zurücklag. Von
den 17 untersuchten, noch unbehandelten Fällen
des 1. und 2. Stadiums hatten 12, also 70 Proz.,
eine positive Reaktion, während bei den 4
noch unbehandelten Fällen tertiären Syphi¬
lis kein einziger nach einstündigem Stehen
eine Eiweissausscheidung zeigte. Die Was¬
sermann sehe Reaktion war bei fast allen Fällen aller
3 Stadien positiv. Die Verhältnisse scheinen also bei frischer
Syphilis ähnlich zu liegen, wie sie Lüdke und Sturm für
die Tuberkulose der Lungen gefunden hatten. Man kann ja
wohl annehmen, dass es sich bei ^yphilis ähnlich wie bei
Tuberkulose um eine vorübergehende Schädigung der Nieren
durch im Körper zirkulierende Giftstoffe (der Spirochäten)
handelt. Dafür spräche das relativ häufige Vorkommen in
den Frühstadien und das Fehlen in späteren Stadien, wo sich
der Körper an die in ihm zirkulierenden Giftstoffe gewöhnt hat
oder deren Menge zu gering ist, um die Nieren zu beein¬
flussen. Es handelt sich wohl aber auch bei dieser Form der
orthotischen Albuminurie um eine spezifische, durch
die Infektion bedingte Nierenschädigung,
die unter gewöhnlichen Umständen wegen ihrer Geringfügig¬
keit nicht nachweisbar ist. Für diese Annahme scheint mir
besonders zu sprechen, dass sie bei Syphilitikern
in allen Fällen schon im Anfang einer spezi¬
fischen Behandlung verschwand. Das Fehlen
der orthotischen Albuminurie bei Spätformen Hesse sich ja
hiermit in Einklang bringen. Denn einmal handelt es sich
hierbei (wenigstens in unseren Fällen) um isolierte Herde, die
an sich wohl wie der Lupus den Gesamtkörper weniger beein¬
flussen, und zweifellos spielt hier die in Spätstadien eintretende
Umstimmung der Gewebe („Immunität“) ähnlich wie bei der
Hauttuberkulose eine Rolle.
8 Fälle mit positivem Ausfall der Reaktion
wurden zunächst nur mit Salvarsan behandelt.
Dabei ergab sich, dass die am Tage vorher festgestellte ortho¬
tische Albuminurie unmittelbar nach der ersten
intravenösen Salvarsan injektion nicht mehr
nach gewiesen werden konnte. Bei 3 Fällen wurde
sogar direkt vor der intravenösen Salvarsaninjektion eine
orthotische Albuminurie gefunden, die sofort nach der In¬
jektion nicht mehr festgestellt werden konnte!
Bei 2 Fällen, die nur geringe Dosen (0,15 und 0,2) erhalten
hatten, war nach der ersten Injektion nur eine Verringerung der
Eiweissausscheidung nach einstündigem Stehen zu beobachten; nach
der zweiten Injektion war sie verschwunden, um während der ganzen
weiteren mehrwöchentlichen Beobachtungsdauer nicht wieder auf¬
zutreten.
Es war nun die Frage zu beantworten, ob es sich beim
Verschwinden der orthotischen Albuminurie nach Salvarsan
um eine Wirkung handelt, die nur dem Salvarsan zukommt,
oder ob eine Hg-Kur ebenso wirkt, dieses Verhalten also
überhaupt nur eine Wirkung der spezifischen Therapie dar¬
stellt. Um dies zu erproben, wurde eine Reihe von Syphilis-
fällen (4), die eine orthotische Albuminurie zeigten, zunächst
nur mit Hg behandelt. Wir injizierten deshalb in zweitägigen
Intervallen von 0,5 beginnend und bis 2 ccm steigend eine
5 proz. Asurollösung. Hierbei zeigte es sich, dass auch schon
in den ersten Tagen nach der ersten Injektion teilweise eine
Verringerung, teilweise ein vollständiges Verschwinden des
Albumens nach einstündigem Stehen zu konstatieren war.
Bei sämtlichen Fällen aber war die Eiweiss¬
ausscheidung am Tage nach der zweiten Hg-
lnjektion verschwunden. Dieses etwas abwei¬
chende Ergebnis entspricht der bekannten schnelleren Wir¬
kung des Salvarsans auf Syphilisprodukte.
Um nun festzustellen, wie weit eine Allgemeintuberkulose
für das Zustandekommen .einer orthotischen Albuminurie bei
Syphilis von Bedeutung ist, wurden sämtliche positiven Fälle
mit Alttuberkulin bis 5 mg subkutan geprüft. Der berichtete
Einfluss des Salvarsans und des Hg würde natürlich schon
unbedingt gegen eine (latente) Tuberkulose als Hauptursache
sprechen und die ätiologische Bedeutung der Syphilis be¬
weisen.
Von den 12 Fällen reagierte nur ein einziger auf Alttuberkulin
allgemein, und zwar auf 3 mg. Bei ihm dürfte also vielleicht auch der
positive Ausfall teilweise auf Rechnung der Tuberkulose kommen,
denn die nach Asurol 0,5 (einer 5 proz. Lösung) verschwundene ortho¬
tische Albuminurie trat später nach 1 mg Alttuberkulin wieder auf.
um nach Salvarsan 0,3 intravenös wieder zu verschwinden.
Das Auftreten einer orthotischen Albuminurie nach
Injektion von Salvarsan in Fällen, die vorher ein
negatives Resultat gezeigt hatten, war in keinem
einzigen Falle nachzuweisen, trotzdem wir manchmal in
relativ kurzer Zeit ziemlich grosse Dosen gegeben hatten (z. B. inner¬
halb 14 Tagen 2,2 intravenös). Es waren im ganzen 30 Syphilis¬
fälle mit 66 Salvarsaninjektionen, 8 Lupusfälle mit 10 Injektionen und
21 Fälle von anderen Hautkrankheiten mit 21 Injektionen behandelt
worden. Eine wesentliche, die Nieren schädigende Wirkung kann
nach diesen Beobachtungen dem Salvarsan nicht zugeschrieben
werden.
Die die Nieren schädigende Wirkung des Hg ist ja schon hinläng¬
lich bekannt. So trat denn auch bei einem Falle, der vorher keine
orthotische Albuminurie zeigte, nach zweimaliger intramuskulärer
Injektion von 0,05 Kalomel nach einstündigem Stehen eine Eiweiss¬
ausscheidung auf, die aber nach Aussetzen der Hg-Behandlung wieder
verschwand. In einem weiteren Falle, ebenfalls mit einer vorher
negativen orthotischen Albuminurie, trat nach der 7. intramuskulären
Injektion von 0,05 Kalomel nach einstündigem Stehen eine Eiweiss¬
ausscheidung auf. Dann wurde die Hg-Kur mit Einreibungen (täglich
4,0 Ung. einer.) fortgesetzt. Am 10. Tage zeigte sich eine Eiweiss¬
ausscheidung schon ohne vorheriges Stehen. Nach einstündigem
Stehen war in diesem Falle eine starke Vermehrung des Albumens
zu konstatieren. Hier handelt es ich wohl um eine starke Hg-Empfind-
lichkeit der Nieren, die vielleicht auf einer verminderten Ausschei¬
dung (kompensierte Mitralinsuffizienz!) beruht: Patientin bekam stets
bald eine Stomatitis. Bei den übrigen 10 Fällen, die kombiniert mit
Hg und Salvarsan behandelt worden waren, konnten wir keine Nieren¬
schädigung nachweisen, die ja meist erst am Ende einer energischen
Hg-Behandlung sich zeigt und bekanntlich nach dem Aussetzen des
Hg wieder verschwindet.
Bei sämtlichen Fällen mit orthotischer Albuminurie war
die Eiweissausscheidung am nächsten Morgen, nachdem die
462
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
Patienten wieder längere Zeit geruht hatten, verschwunden,
dagegen noch nicht bei der Untersuchung 5 Stunden nach dem
Stehen. Unsere Beobachtungen stimmen hierin mit denen
L ii d k e s überein. In keinem eifizigen Falle aber konnte
= Stunden nach dem Stehen oder am nächsten Morgen Eiweiss
im Urin nachgewiesen werden, wenn die Untersuchung direkt
nach dem Stehen ein negatives Resultat ergeben hatte.
Unsere Untersuchungen haben also ergeben:
I. Bei Hautkrankheiten der verschieden¬
sten Art (einschliesslich Psoriasis) ist eine
orthotische Albuminurie im allgemeinen
nicht nachzuweisen.
II. Bei Hauttuberkulose findet sie sich nur
verhältnismässig selten, und zwar ohne dass
sich eine Beziehung zur Dauer und Aus¬
dehnung der Erkrankung oder zu ihrer Ent¬
stehung (hämatogen oder exogen) nach weisen liess.
Es zeigt sich also auch hier, dass biologische und andere Re¬
aktionen, die man als verwertbar für die Diagnose einer All¬
gemeintuberkulose, besonders in deren Frühstadium an¬
gegeben hat, bei Hauttuberkulose verhältnismässig häufig
negativ ausfallen.
III. Bei frischer, noch unbehandelterSyphi-
lis im Stadium der allgemeinen Durchseu-
c h u n g (primäre und sekundäre Syphilis mit Erscheinungen)
wurde eine orthotische Albuminurie bei Aus¬
schluss einer Allgemeintuberkulose fast
ebenso häufig wie von Lüdke und Sturm im
F.rühstadium der T u b e r k u 1 o s e gefunden. Bei
Spätsyphilis und im Latenzstadium haben
wir einen positiven Ausfall nicht nachweisen
können. Differentialdiagnostisch ist also das Auftreten oder
Fehlen einer orthostatischen Albuminurie nicht zu ver¬
werten.
Bei unseren positiven Resultaten kann es sich nicht um
eine sogenannte Pubertäts- oder • physiologische Albuminurie
handeln. Wir haben sie in den verschiedensten Lebensaltern
gefunden (z. B. bei Syphilis); ausserdem geht das ja auch aus
dem berichteten Verlauf der Untersuchungen hervor.
Aus diesen Ergebnissen schliessen wir folgendes:
Das Vorhandensein einer orthotischen
Albuminurie ist für die Frühdiagnose einer
Tuberkulose im Sinne von Lüdke und Sturm
nur bedingt verwertbar. Es müssen andere
Allgemeininfektionen wie Syphilis (was ja
leicht ist) dabei ausgeschlossen werden. Wahr¬
scheinlich führen auch noch andere Allge¬
meininfektionen mit subakutem oder chro¬
nischem Verlauf ebenfalls dazu. Wir selbst
haben darüber allerdings keine weiteren Untersuchungen
anstellen können 8). Jedenfalls können wir die
orthotische Albuminurie nach unseren Er¬
gebnissen nicht als charakteristisch allein
für Tuberkulose ansehe n, wie dies Tänago
und P e d r a j a annehmen9). Wir glauben viel¬
mehr, dass sie nur ein Zeichen einer chro¬
nischen Infektion bezw. Intoxikation ist.
Aehnlich äussert sich hierüber auch Pollitzer 10), von ganz
anderen Gesichtspunkten ausgehend, in einer erst nach Ab¬
schluss meiner Untersuchungen erschienenen Arbeit.
8) Lüdke und Sturm weisen daraut hin, dass kurz nach dem
üeberstehen akuter Infektionen (Angina, Diphtherie, akute Exan¬
theme usw.) eine orthotische Albuminurie als deren Folge vorhanden
sein kann.
8) Gonzalez Tänago und Jose P e d r a j a : Behandlungsresul¬
tate der orthotischen Albuminurie und der Urininkontinenz im Kindes¬
alter auf gefasst als Tuberkelbazillenerkrankung. Rev. Klin. Madrid
1911, No. 23.
10) Hanns P o 1 1 i t z e r : Chondroiturie und fakultative Albumin¬
urie. Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 33.
Zur Frage der Spezifizität der Schutzfermente.
Von Emil Abderhalden in Halle a. S.
Bei der Prüfung der Frage, was geschieht, wenn dem
tierischen Organismus art- und vor allem auch blutfremde
Stoffe zugeführt werden, wurde festgestellt, dass diese Pro¬
dukte, falls sie hydrolysierbar und nicht gar zu fremdartig sind,
durch in das Blutplasma sezernierte Fermente abgebaut
werden. Der Organismus nimmt durch Abbau den fremd¬
artigen Stoffen ihre Eigenheit und ermöglicht den Zellen eine
Verwertung der indifferenten Bausteine. Es ist dies die eine
Seite der Abwehrvorrichtungen des tierischen Organismus
gegen ihm fremdartige Stoffe. Gleichzeitig können auch Aus¬
scheidungsorgane und speziell die Nieren eingreifen und die
fremden Stoffe oder auch die entstehenden Abbaustufen ent¬
fernen 1).
Die erwähnten Versuche führten zum Resultate, dass die
nach der Zufuhr bestimmter blutfremder Stoffe auftretenden
Fermente nicht streng spezifisch sind, d. h. nicht nur
den zugeführten Stoff abbauen, sondern auch andere Ver¬
bindungen, die der gleichen Klasse zugehören, wie das
parenteral zugeführte Produkt. So wurde nach Zufuhr von
Stärke auch Rohrzucker gespalten, niemals wurden aber auch
Eiweissstoffe abgebaut. Diese wurden nur dann angegriffen,
wenn parenteral Proteine zugeführt wurden.
Der Ausfall dieser Versuche ergab die Fragestellung, oh
sich während der Schwangerschaft proteolytische Fer¬
mente im Blute finden. Sie wurde angeregt durch die Ar¬
beiten von Schmor 1, Veit und W e i c h a r d t. Von diesen
Autoren war die Aufmerksamkeit auf das Eindringen von
Ühorionzottenepithelien in das mütterliche Blut gelenkt
worden. Wir hatten somit die Möglichkeit vor uns, das Ver¬
halten des Organismus gegen sicher arteigenes aber durchaus
blutfremdes Material zu studieren. A priori war nach unseren
Erfahrungen nicht anzunehmen, dass spezifische Fer¬
mente vorhanden waren. Aus diesem Grunde wurde
mittels der optischen Methode mit allen möglichen Substraten
— Seidenpepton, Gelatinepepton, Edestinpepton, Eiereiweiss¬
pepton usw. — auf proteolytische Fermente während der
Schwangerschaft gefahndet. Die Versuche fielen alle voll¬
ständig negativ aus. Es konnten verschiedene Möglichkeiten
die Ursache dieses Ausfalles der Versuche sein. Einmal war
es denkbar, dass der Organismus gegen zwar blutfremde, aber
arteigene Stoffe keine Schutzfermente bildet. Ferner kommt
es sicher nicht immer zur Ablösung von Chorionzottenzellen.
Ein glücklicher Zufall hätte event. zur Entdeckung von
während der Schwangerschaft kreisender Fermente führen
können. Endlich musste daran gedacht werden, dass es viel¬
leicht doch Fermente gibt, die spezifisch auf bestimmte Pro¬
teinarten eingestellt sind. Es liess sich diese Möglichkeit
leicht prüfen. Zunächst wurde mit aus Plazenta bereitetem
Pepton gearbeitet und später auch mit koaguliertem Plazenta¬
gewebe (Dialysierverfahren). Eine sehr grosse Anzahl von
Kotitrollversuchen ergab, dass Serum von normalen Nicht¬
schwangeren weder Plazentapepton noch Plazentaeiweiss ab¬
baut, dagegen fand regelmässig ein Abbau statt, wenn das:
Serum von Schwangeren stammte.
Selbstverständlich wurde immer wieder
geprüft, ob nicht auch andere Gewebe an
Stelle von Plazenta abgebaut werden. Diese
Fragestellung tauchte deshalb immer wieder auf, weil die ur-
sprünglichenVersuche bei parenteraler Zufuhr von blutfrernder
Stoffen keinen streng spezifischen Fermenten gerufen hatte.
Ferner ergab die Untersuchung des Serums von Schwangerer
der verschiedensten Monate, dass die Fermente immer anzu¬
treffen sind, jedoch ca. 14 Tage nach der Entbindung ver
schwinden. Es war nach diesen Beobachtungei
wohl ganz ausgeschlossen, dass das Los-
reissenvon Chorionzottenzellen die Urs acht
oder wenigstens die einzige Ursache der Fer
m e n t s e k retion in das Blut hinein sein konnte
Es mussten sicher noch andere Momente hinzukommen. Icl
stellte mir vor, dass das Eingraben der fötalen Plazenta ii
*) Vgl. zu den ganzen Problemen : Emil Abderhalden
Schutzfermente des tierischen Organismus. J. Springer, Berlii
1912.
März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
463
lütterliches Gewebe — speziell die Bildung der intervillösen
jäume — und ferner auch Störungen im Stoffwechsel der ver-
chiedensten Zellen der mütterlichen Plazenta und der Nach-
argewebc die Bildung der Schutzfermente veranlasse. Von
iesem Gesichtspunkte aus war an eine
treng spezifische Wirkung der Schütz¬
er m e n t e kaum zu denken, denn ich stelle mir
or.dassjedeZelle, die besondere Funktionen
a t, auch einen besonderen Bau der einzelnen
Komponenten des Zelleibes aufweist. Diese
’eberlegungen sind auch der Grund, weshalb ich vorschlug,
a. 1 g des koagulierten Plazentagewebes zur Anstellung des
lialysierversuches zu nehmen. Es sollte durch diese \or-
ohrift garantiert werden, dass jeder Untersucher die gleichen
lewebe zur Anwendung bringt und nicht etwa das eine Mal
liese Zellarten und ein anderes Mal wieder ganz andere.
Nun ist die Schwangerschaft oft mit Stö-
ungen aller Art verknüpft. Auch diese können zur
Bildung von Schutzfermenten führen. Jede Zellart, die nicht
genügend oder unrichtig abgebautes Material dem Blute über¬
gibt, wird Schutzfermente veranlassen können. Es ist wohl
lenkbar, dass während der Schwangerschaft manches Organ
n Mitleidenschaft gezogen wird und vorübergehend oder auch
lauernd zu einer Dysfunktion kommt. So konnte
c h in vier Fällen2) von Eklampsie einen anf¬
allend starken Abbau von Lebergewebe und
n einem Falle auch von Schilddrüsengewebe
teobachten3). Man wird in jedem Falle, wenn einwand-
rei bewiesen wird, dass in bestimmten Fällen von Gravidität
-ermente vorhanden sind, die verschiedenartige Gewebe un¬
reifen, genau analysieren müssen, ob nicht bestimmte Organ-
-törungen vorliegen.
Es ist selbstverständlich a priori mög-
ich, ja ganz sicher zu erwarten, dass auch
mdere Prozesse als die Schwangerschaft zu
Jen gleichen Schutzfermenten führen. Es muss
Jies dann der Fall sein, wenn Prozesse vorliegen, die die
deichen Zellarten in ihrem Stoffwechsel stören. Ein Uterus-
Karzinom könnte z. B. den gleichen Effekt haben, wie eine
Schwangerschaft.
Bis jetzt ist von mir auf Grund von ca. 200
Einzeluntersuchungen nur die Tatsache fest- 1
gestellt worden, dass die Diagnose Schwan¬
gerschaft durch Prüfung des Verhaltens des
Blutserums gegenüber Plazentagewebe mög¬
lich ist. Unter den untersuchten Fällen findet sich eine
sehr grosse Zahl von normalen Graviditäten. Es sind jedoch
auch ca. 30 Differentialdiagnosen zwischen Extrauterin¬
gravidität und Adnextumor ausgeführt worden. Bis auf
einen einzigen, noch unaufgeklärten Fall ist
keine einzige Fehldiagnose gestellt worden.
Diese Ausnahme gab deutlich positive Reaktion im Dialysier-
verfahren. Die Untersuchung wurde vor und nach der Ope¬
ration ausgefiihrt. Die Operation ergab Salpingitis. Auffallen¬
der Weise blieb die Menstruation aus. Es trat Kolostrum
auf. Der Uterus erwies sich vergrössert. Mit grösster Wahr¬
scheinlichkeit wurde nun auch klinisch die Diagnose in- j
trauterine Gravidität gestellt. Bei einer späteren Vorstellung
der Patientin ergab sich ein kleiner Uterus, somit keine Gravi¬
dität. Da in diesem Falle der Uterus ganz sicher vergrössert
war und auch sonst sich alle Erscheinungen einer beginnen¬
den Gravidität zeigten, so wäre es denkbar, dass — falls man
einen während der Zeit, in der die Patientin sich ausserhalb
der Beobachtung fand, erfolgten Abort ausschliessen will —
die Zellen des Uterus in einem Zustand der Störung sich be-
ianden und Stoffe an das Blut abgaben, die diesem fremd
waren.
Ich habe in der richtigen Erkenntnis, dass
die Frage nach der streng spezifischen Wir¬
kung der Schutzfermente nur vom Kliniker
mit seiner reichen Erfahrung und seinem
s) In allen bis jetzt daraufhin untersuchten Fällen.
:l) Ich beabsichtige, in Zukunft vor allem auch Tubengewebe und
Ovarien zu prüfen. Es wäre denkbar, dass besonders die letzteren
während der Schwangerschaft immer und nach irgendeiner Richtung
in Mitleidenschaft gezogen sind.
grossen Materiale entschieden werden kann,
mich in der Hauptsache darauf beschränkt,
meine Methoden möglichst allgemein zu¬
gänglich zu machen und sie vor allem persön¬
lich zu lehren. Es ist für die weitere Forschung nur
vorteilhaft, wenn festgestellt wird, ob es Fälle gibt, bei denen
auf Plazentagewebe eingestellte Schutzfermente Vorkommen,
ohne dass Schwangerschaft vorliegt. Eine solche Feststellung
würde selbstverständlich meine Forschungen und ihre Resul¬
tate nicht in ihrem Werte einschränken, wohl aber würde die
praktische Verwertung der Methoden begrenzt werden.
Eine sehr r.e i c h e Erfahrung hat nun ge¬
zeigt, dassdievon mir angegebenen Methoden
nicht Emmer exakt angewandt werden. Es
wird sehr oft verkannt, dass jede Einzelheit der Vor¬
schriften von Bedeutung ist. Vor allem wird über¬
sehen, dass von der Beschaffenheit der an¬
gewandten Organe alles abhängt. In letzter Zeit
hatte ich Gelegenheit festzustellen, dass das Serum bei Karzi¬
nom, bei fieberhaften Erkrankungen aller Art, bei Exsudaten
usw. auffallend viele tiefe Eiweissabbaustufen enthält. Diese
Fälle bilden eine Klippe, an der wohl die
meisten Untersucher scheitern. Es ist klar, dass,
wenn das Serum allein schon fast soviele Stoffe enthält, die
dialysieren und mit Ninhydrin reagieren, dass es dann sehr
leicht zu einer Fehldiagnose kommen muss, wenn das ver¬
wendete Organ auch nur eine Spur von Stoffen dem Dialysat
übergibt, die die Ninhydrinreaktion geben. Eine Kontroll-
probe mit dem Organ allein kann natürlich nicht vor einem
Irrtum schützen! 4) Nur Versuche, die unter der folgenden, ver¬
schärften Bedingung ausgeführt sind, führen zu eindeutigen
Resultaten. Vom zu verwendenden absolut blut¬
freien, vollständig ausgekochten Organe
kochtman vor jedem Versuche soviel, als man
anwenden will, mit der fünffachen Menge
Wasser 5 Minuten lang. Nun wird durch ein
gehärtetes Filter filtriert. Zu 5 ccm des Fil¬
trates gibt man 1 ccm einer lproz. wässerigen
Ninhydrinlösnng und kocht genau 1 Minute.
Nur dann, wenn jede Reaktion ausbleibt, darf
das Organ benutzt werden. Man bewahre die
gekochten Organe zwischen viel Chloroform
und Toluol in sterilisiertem Wasser auf.
Wiederholt sei auch darauf hingewiesen,
dass jede Spur von Hämolyse das Serum un¬
verwertbar macht.
Ich würde gegenüber der Behauptung, dass das Serum
von Schwangeren auch ab und zu andere Gewebe ausser
Plazenta angreift und ferner auch das Serum Nichtschwan¬
gerer — speziell von Karzinomträgern — Plazentagewebe ab¬
baut, nicht so skeptisch sein, wenn ich nicht fast Tag für Tag
Gelegenheit hätte, solche Behauptungen nachzuprüfen.
Immer zeigt es sich, dass die Organe unge¬
nügend vorbereitet sind. So ergab z. B. ein nicht
genügend ausgekochtes Karzinom eine positive Reaktion mit
Serum von Schwangeren, von Karzinomatösen und auch mit
Kuhserum (tragendes Tier). Ferner wurde ein Myom von
Rinderserum „abgebaut“.
Sobald die Organe nach meiner Vorschrift vorbereitet
waren, blieben die auffallenden Reaktionen gänzlich aus. Ich
verfüge über mehrere Hunderte von solchen Versuchen.
Serum von Personen, die ein Karzinom hatten, ergab mit
Plazenta, die noch Spuren von auskochbaren, löslichen, mit
Ninhydrin reagierenden Stoffen enthielt, sehr oft positive
Reaktionen. Der Parallelversuch mit einwandfreier Plazenta
fiel immer negativ aus.
Diese sich ständig wiederholenden Er¬
fahrungen zwingen mich, mit allem Nach¬
druck zu verlangen, dass meine Vorschriften
auf das exakteste befolgt werden. Ergeben sich
besondere Befunde, dann ist die Untersuchung zu wiederholen
und auch mittels der optischen Methode zu kontrollieren.
Bleibt das Resultat unverändert, dann muss unbedingt der
4) Vgl. hierzu das Rechenbeispiel in dieser Wochenschrift. No. 8.
1913.
4M MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ No. 9.
Fall genau analysiert und geprüft werden, ob der Ausfall des ]
Versuches nicht durch eine besondere Störung eines oder
mehrerer Organe zu erklären ist. Man wird auf diesem Wege
gewiss weiter kommen, als wenn in aller Eile durch Massen¬
versuche — dazu ist die äusserst subtile Methode sowieso gar
nicht geeignet — festgestellt wird, dass in so und so viel
Fällen Versager aufgetreten sind. Vor allen Dingen muss ge¬
fordert werden, dass bei der Mitteilung der Versuche immer
genau angegeben wird, ob die Organe nach der neuen Vor¬
schrift geprüft, wirklich absolut frei von reagierenden Stoffen
waren.
Bis jetzt ist in der Literatur nur über sehr
günstige Resultate berichtet worden. Ich
verweise auf die Mitteilungen von Frank und
Heinemann, Franz, Pfeiffer, Piorkowski,
Henkel und Fauser. Letzterer, der, wie ich mich
überzeugen konnte, die Methodik in ausgezeichneter Weise
beherrscht, hat eine grosse Fülle von Material beigebracht,
das zeigt, dass die Schutzfermente jedenfalls spezifisch
sein können. Ich selbst habe in diesen Tagen drei
interessante Fälle zur Untersuchung erhalten. Bei dem
einen war ein Abbau von Plazentagewebe nicht sicher
feststellbar, wohl aber wurde Lebergewebe und Nieren¬
gewebe stark abgebaut. Es lag eine Schwangerschaft mit
Nephritis vor. Sollte da nicht das Primäre der mangelhafte
resp. gar nicht erfolgte Abbau des blutfremden Materials ge¬
wesen sein? Auffallend war bei diesem Falle das sehr hohe
Drehungsvermögen des Blutserums. Sein Eiweissgehalt war
abnorm hoch. Der zweite Fall war verdächtig auf Gravidität.
Die Untersuchung ergab ein negatives Resultat mit Plazenta
und Lebergewebe, dagegen wurde Schilddrüsengewebe sein-
stark abgebaut. Die Patientin leidet an Myxödem. Ein Fall
von Basedow scher Krankheit ergab Abbau von Schild¬
drüse und Ovarien. Leber und Hoden wurden nicht
abgebaut.
Zusammenfassung. Die Prüfung, ob eine sero¬
logische Diagnose der Schwangerschaft mittels der optischen
Methode und dem Dialysierverfahren möglich ist, wurde unter
der Vorstellung aufgenommen, dass streng spezifisch einge¬
stellte Fermente nicht zu erwarten seien. Die Erfahrung hat
dann gezeigt, dass sehr vieles dafür spricht, dass eine ziem¬
lich eng — auf die mannigfaltigen Proteine der Plazenta —
begrenzte spezifische Wirkung vorhanden ist. Die Mög¬
lichkeit, dass eine gründliche Untersuchung
aller möglichen klinischen Fälle die Anwend¬
barkeit der Methoden beschränkt, ist durch¬
aus gegeben, doch wird man erst dann ein
definitives Urteil fällen können, wenn Unter¬
suchungen vorliegen, die unter genauer Inne¬
haltung der Vorschriften der äusserst sub¬
tilen Methoden durch geführt sind. Es wird ein
Fall von Salpingitis mitgeteilt, der ein positives Resultat er¬
gab, bei dem es zweifelhaft geblieben ist, ob gleichzeitig eine
intrauterine Gravidität bestand. Ferner war in einem Falle
von Schwangerschaftsnephritis die Reaktion äusserst schwach.
Unter ca. 200 Fällen kam nur die eine, eben erwähnte, nicht
ganz aufgeklärte Fehldiagnose vor. Nur eine genaue Ana¬
lyse der Fälle unter peinlichster Innehaltung der Vorschriften
kann zu Resultaten führen, die eindeutig sind und vielleicht
trotz abweichenden Resultaten oder vielleicht gerade deshalb
weitere interessante Fragestellungen zeitigen.
Bis jetzt lautete die Fragestellung: Gelingt es,
normale Nichtschwangere und normale
Schwangere am Verhalten des Blutserums
gegenüber Plazentagewebe zu unterscheiden?
Diese Fragestellung muss auf Grund der Erfahrungen der oben
erwähnten Autoren und meiner eigenen bejaht werden. Nun
ist die praktisch sehr wichtige Frage hinzugekommen: Wie
verhalten sich Nichtschwangere, die sich
unter pathologischen Verhältnissen be¬
finden? Ich selbst konnte, wie schon erwähnt, bis jetzt nur
in zwei Fällen (Salpingitis, Schwangerschaftsnephritis)
Abweichungen feststellen. 20 Fälle von Karzinom Hessen
sich scharf von Schwangerschaft unterscheiden und ebenso
Fälle von Adnextumoren aller Art. Die zweite Frage¬
stellung kann nur vom Kliniker entschieden werden. Es
ist im Interesse der Forschung von grösster Bedeutung
wenn die Untersuchungen so eindeutig als möglich gestalte!
werden. Jede Mitteilung von Resultaten, die nicht aui
ganz einwandfrei durchgeführten Resultaten beruht, wira
das ganze Forschungsgebiet auf eine unrichtige Bahn bringen
Wäre die Biuretreaktion leichter erkennbar, dann würden die
Versuche nicht so leicht mit Fehlern behaftet werden, wei
bei dieser Reaktion die Gefahr einer Addition von aus den
Serum und dem Organ -- natürlich aus diesem nur bei unge¬
nügender Vorbereitung — stammenden dialysierbaren, mi
Natronlauge und Kupfersulfat reagierenden Stoffen fortfällt
Mit der Einführung der Ninhydrinreaktion ist das Dialysier
verfahren allgemein verwendbar geworden, jedoch ist gleich
zeitig die Gefahr stark vergrössert worden, dass Fehlerquelle!
übersehen werden.
Aus der dermatologischen Klinik (Direktor: Prof. Herx
he im er) und der medizinischen Klinik (Direktor: Prof
Schwenkenbecher) des städtischen Krankenhauses zi
Frankfurt a. M.
Salvarsan und Liquor cerebrospinalis bei Frühsyphilis
nebst ergänzenden Liquoruntersuchungen in der Latenzzeit
[Erfahrungen mit Salvarsan III *)].
Von Dr. KarlAltmann und Dr. Georges L. D r e y f u s
Seit der Anwendung des Salvarsans ist die Aufmerksam
keit der Syphilidologen auf bisher stark vernachlässigte Ge
biete frühsyphilitischer Erkrankungen gelenkt worden. S
ist besonders durch das anfänglich gehäufte Auftreten de1
lediglich im Frühstadium beobachteten Neurorezidive di
Kenntnis der luetischen Erkrankungen des Nervensystems i
jener Periode ausserordentlich vertieft worden, so dass ma
gewissermassen von einer neuen Epoche in der Pathologie dt
Lues sprechen kann.
In jüngster Zeit beanspruchen weitgehendes Interesse di
durch die Frühsyphilis bedingten Veränderungen der Lumba
fliissigkeit ohne sonstige klinische Erscheinungen von seite
des Nervensystems, nachdem sich die Ueberzeugung Bali
gebrochen hatte, dass die Liquorveränderungen der feinsj
Gradmesser aktiver syphilitischer Veränderungen am Nervei
System sind.
Während in dem Streit der Meinungen um die Neun
rezidive die Rolle des Salvarsans im wesentlichen geklärt e
scheinen muss, ist dies bezüglich der Wirkung dieses Mitte;
auf den Liquor cerebrospinalis durchaus noch nicht der Fa
Ravaut1) und nach ihm L e v y - B i n g, Duroeu
und D o g n y -) waren die ersten, die den Einfluss des Sa
varsans auf den Liquor cerebrospinalis bei frischer Lues st
dierten. Sie kamen zu ungemein überraschenden Schlüsse
die darin gipfeln, dass bei der frischen Lues dem Salvars;
eine starke provokatorische Komponente innewohne, in de
Sinne, dass der normal oder mässig veränderte Liquor sh
nach Salvarsan verschlechtere. Die Schlüsse, die Ravai
aus seinen Untersuchungen zog, fanden lebhaften Wide-
spruch, u. a. in Arbeiten von Wechselmann3), Drey
f u s 4), S p i e t h o f f 5), Z a 1 o z i e c k i °) und Marcus7).
Die Befunde der französischen Autoren sind so wichtig ('
die Frage der Salvarsantherapie bei der frischen Lues, inj-
besondere bei der Lues secundaria, dass sie eine Nachprüfu;
*) I und II: diese Wochenschrift 1912, No. 33/34, 40/42.
*) P. Ravaut: Les reactions nerveuses tardives observes cP
certains syphilitiques traites par le Salvarsan. Presse medic;'
1912, No. 18.
2) Levy-Bing, Duroeux et Dogny: Etüde du liqub
cephalo-rachidien chez les syphilitiques, traites par le Salvars.-
Annales des malad, vener. 1912, Heft 2.
3) Wechsel mann: Ueber die Wirkung des Salvarsans d
die Zerebrospinalflüssigkeit. Berl. klin. Wochenschr. 1912, No. ■
4) G. L. Dreyfus: Nervöse Spätreaktionen Syphilitischer nsi
Salvarsan? Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 19.
’) B. Spie th off: Salvarsan und Nervensystem. Münch, m •
Wochenschr. 1912, No. 20/21.
8) A. Zaloziecki: Liquor cerebrospinalis und Salvars-
Berl. klin. Wochenschr. 1912, No. 36.
7) K. Marcus: Die Bedeutung der Lumbalpunktion bei Sypln
Arch. f. Dermat. u. Syph., Bd. 114, 1912.
Marz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
465
i einem ausgedehnteren Material, als es diesen Autoren zur
erfiigung stand, dringend wünschenswert erscheinen Hessen,
isbesondere war es wichtig, festzustellen, ob analog dem
ntstehungsmechanismus der Neurorezidive auch bei den von
anzösischer Seite beobachteten Verschlechterungen der
umbalflüssigkeit der Unterdosierung des S a 1 -
a r s a n s die gleiche ausschlaggebende Bedeutung zukomme.
Wir untersuchten an 170 Fällen der verschiedensten
tadien der Lues das Verhalten des Liquor cerebrospinalis
id haben diese Untersuchungen unter folgenden Gesichts-
inkten ausgeführt:
Bei der frischen Lues wollten wir mit allen modernen
ntersuchungsmethoden eventuelle Veränderungen der Lum-
ilflüssigkeit vor irgend welcher Behandlung eruieren, und
isserdem untersuchen, in welcher Weise der Liquor durch
ie Salvarsantherapie beeinflusst wird. Wir begannen die
ehandlung ausschliesslich mit Salvarsan und Hessen in all
jn Fällen, in denen es die äusseren Umstände gestatteten,
ewöhnlich nach der 3. oder 4. Salvarsaninjektion (Gesamt-
osis bis dahin 1,3— 1,8 g) die 2. Lumbalpunktion folgen,
iese musste uns natürlich den unmittelbaren Einfluss des
littels auf die Lumbalflüssigkeit dartun. Nach der 2. Punktion
urde dann im Interesse der Patienten zu einer kombinierten
ehandlung (Salvarsan und Hg. sal.) übergegangen. Wo es
ch ermöglichen Hess, erfolgte dann die 3. Punktion nach ab-
eschlossener Salvarsanbehandlung, aber meist vor Beendi-
ung der Quecksilbertherapie. So haben wir auch in dem
urch die 3. Punktion erhaltenen Liquor im wesentlichen den
influss des Salvarsans vor uns, da die bis dahin injizierten
luecksilbermengen ausserordentlich gering sind. So wün-
:henswert natürlich auch weitere Punktionen gewesen wären,
d ist es uns doch nur in wenigen Fällen möglich gewesen,
mgere Zeit nach Abschluss der Therapie eine 4. Punktion
)lgen zu lassen.
Ausserdem haben wir im ganzen 104 Fälle — meist nur
inmal — punktiert, die sicher in früheren Jahren eine luetische
lfektion durchgemacht hatten und mit Quecksilber — durch¬
weg ganz ungenügend und rein symptomatisch — behandelt
orden waren. Diese Kranken kamen nicht wegen Lues,
andern wegen irgendwelcher inneren Erkrankung in die Klinik
nd hatten objektiv keine Erscheinungen am
entralnervensystem. Wir wollten an diesen Patien-
m feststellen, ob und welche Veränderungen der Lumbal-
üssigkeit nach kürzer oder länger zurückliegender Infektion
1—43 Jahre) gefunden werden.
Die von uns angewandte Methodik der Untersuchung der
umbalflüssigkeit ist bereits von Dreyfus8) ausführlich er-
iutert worden, so dass wir darauf verweisen können.
Was die Beurteilung der chemisch-zytologischen Liquor-
eränderungen anlangt, so bezeichnen wir im folgenden, ohne
ies immer zu wiederholen als:
1. Massige Veränderungen: Eiweiss: normal (bis
eilsti ich 3), Phase I : negativ, bis Opaleszenz, Zellen: im Kubik-
lillinieter resp. Sediment) bis 15.
2. Mittlere Veränderungen: Eiweiss: vermehrt oder
armal, Phase I: mehr als Opaleszenz, Zellen: 16 — 30.
3. SchwereVeränderungen: Eiweiss: vermehrt oder
:>i mal, Phase 1 : mehr als Opaleszenz, Zellen: mehr als 30 (meist
ier 50).
Bei Ausführung der Wassermann sehen Reaktion
urde der Liquor bei den frischen Luesfällen durchgehend
ach der von Hauptmann9) zuerst angegebenen Methode
is 1,0 ausgewertet. Irgendwelche Selbsthemmungsvorgänge,
ie zu irreführenden Schlüssen führen könnten, beobachteten
ir nicht. Sollten übrigens dergleichen Erscheinungen in
öheren Konzentrationen einmal auftreten, so würde ja die
enaue Beobachtung der Kontrollen vor Irrtiimern schützen.
Vichtig ist es, hervorzuheben, dass wir bei einer Anzahl nor-
' a 1 e r Fälle feststellen konnten, dass bei ihnen im Liquor
uch bei höheren Konzentrationen durch die bei der Wasser-
1 an n sehen Reaktion üblichen Versuchsbedingungen Hem-
lungerscheinungen nie beobachtet wurden.
8) G. L. D r e y f u s : Die Untersuchungsmethoden des Liquor cere-
rospinalis bei Syphilis. Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 47.
*) A. Ha up tmann: Die Vorteile der Verwendung grösserer
iquormengeri, „Auswertungsmethode“. Deutsche Zeitschr. f. Nerven-
dlkuride, Bd. 42.
No. 9.
Zur W a s s e r m a u n sehen Reaktion möchten wir noch
bemerken, dass wir diese sowohl im Blut als auch im Liquor
ausser nach der bisher üblichen Methode (Ablauf der Bin¬
dungsphase im Brutschrank) auch in einer von Jacobs¬
thal 10) angegebenen Modifikation (Ablauf der Bindungs¬
phase im Eisschrank) ausgeführt haben, über deren Zweck¬
mässigkeit bereits ausführlich A 1 1 m a n n und Zimmern11)
berichtet haben.
Verhalten der Lumbalfliissigkeit bei Lues I. (Tabelle 1.)
Zahl der
Fälle
Wassermann
im Blut
Wassermann
im Liquor
Liquordruck
Liquor
chemisch-zytolog.
Kälte
schw. +
Wärme —
+
-1,0
normal
ge¬
steigert
normal
mässige
Ver¬
änderungen
5
5
5
l
4
5
1
1
1
1
1
2
2
1
1
1
2
8
5
1
2
7
2
6
6
2
Die Tabelle zeigt, dass unter den 8 Fällen primärer Lues
6 ausser Drucksteigerung (200 — 300 mm) normale Liquorver¬
hältnisse aufweisen.
Der 7. und 8. Fall bieten mit 13 resp. 7 Zellen im Kubik¬
millimeter und positiver Phase I (Opaleszenz) mässige patho¬
logische Veränderungen dar, und es ist wohl, wie wir später
sehen werden, vielleicht nicht ganz zufällig, dass diese Fälle
im Gegensatz zu den anderen bereits positive Serumreaktion
aufweisen.
Was die Drucksteigerung anlangt, so ist immerhin auf¬
fällig, dass wir ihr unter den 8 untersuchten Fällen 6 mal be¬
gegnen. Wenn wir ihr auch im Gegensatz zu anderen Autoren
eine übermässig pathognomonische Bedeutung nicht zu¬
schreiben können, so legt ihr überwiegendes Vorkommen im
Primärstadium der Lues, das in einem deutlichen Gegensatz
zu den Verhältnissen der späteren Stadien steht, den Gedanken
nahe, dass es sich hier bereits um ein prämonitorisches Sym¬
ptom handelt, das eventuellen Liquorveränderungen voran¬
gehen könnte.
Verhalten der Lumbalflüssigkeit bei Lues I + II. (Tabelle 2.)
Zahl der 1
Fälle
Wasser¬
mann
Blut +
Wasser¬
mann
Liquor —
bis 1,0
Liquordruck
Liquor
chemisch-zytologisch
normal
mässige
mitt¬
lere
starke
normal
ge¬
steigert
Veränderungen
3
3
3
3
3
4
4
4
4
4
9
9
9
7
2
9
2
2
2
1
1
2
—
3
3
3
3
3
21
21 .
21
11
10
7
9
2
3
Ganz andere Verhältnisse finden wir bei den Frühfällen,
bei denen es neben dem Primäraffekt bereits zum Auftreten
sekundärer Erscheinungen gekommen ist. Der Druck ist weit
weniger oft gesteigert, denn während im Primärstadium das
Verhältnis der Fälle mit Drucksteigerung zu den normalen 6: 2
ist, ist es hier 10: 11. Dagegen treten aber hier, entsprechend
der Dissemination der Spirochäten im ganzen Körper che-
misch-zytologische Veränderungen des Liquors in den Vorder¬
grund.
Hauptsächlich finden wir mässige Veränderungen
(unter 21 Fällen 9 mal), während mittlere und starke Ver¬
änderungen in der Minderzahl sind (5 mal unter 21 Fällen).
Wir begegnen hier nur 3 völlig normalen Fällen, und wenn
wir von der Drucksteigerung absehen 7, die sonst normale
Verhältnisse aufweisen. Die Wassermann sehe Reaktion
im Liquor ist in diesem Stadium der Lues noch bis 1,0 negativ.
10) E. Jacobsthal: Notiz zur Theorie und Praxis der
Wassermann sehen Reaktion. Münch, med. Wochenschr. 1910,
No. 13.
u) A 1 1 m a n n und Zimmern: Ueber den Einfluss der I em-
peratur auf die Komplementbindung bei Syphilis. Arch. f. Derma t.
u. Syph., Bd. 111, 1912.
3
466
Muenchener medizinische Wochenschrift.
No. 9.
Verhalten der Lumbalfliissigkeit bei Lues II. (Tabelle 3.)
T
3
10
0
12
35
Wasser¬
mann
Blut +
7
3
3
10
12
Wassermann
Liquor
bis 1,0
+ bei
Auswertung
Liquordruck
nicht
normal ! be-
I stimmt
ge¬
steigert
7
3
3
9
1 (+1,0)
/ 1X0,2 \
WixM,
\ 3X1,0 y
35
24
11
6
6
3
1
3
3
4
15
16
Liquor
chemisch-zytolo g.
to
B's 1 a-
Veränderungen
13
10
12
10 0 I 12
Mit der weiteren Ausbreitung des syphilitischen Prozesses
findet sich auch eine weitere Steigerung der pathologischen
Veränderungen des Liquors.
Was zunächst die Drucksteigerung anlangt, so findet sie
sich bei unseren Fällen nicht häufiger als bei Lues I + II.
Auch die (inkl. der Drucksteigerung) normalen Befunde sind in
diesem Stadium ungefähr die gleichen wie vorher (15:35).
Dagegen findet sich bei der annähernd gleichen Zahl von
Fällen eine deutliche Zunahme der schweren Verände¬
rungen im Liquor.
Während bei Lues 1 + II die Zellzahl nur in einem Fall
bis 76 im Kubikmillimeter stieg, und Eiweiss nur in 2 Fällen
bei stark positiver Phase I (Trübung) 4 resp. 4% betrug,
fanden wir in diesem Stadium der Lues 6 mal eine ebensolche
starke Eiweiss- und Globulinvermehrung und Zellzahlen, die
von 175 — 500 im Kubikmillimeter schwankten. Bei Lues II
begegnen wir zuerst der positiven Wassermann sehen
Reaktion im Liquor bei der Auswertung (gewöhnlich erst bei
0,8 und 1,0, einmal schon bei 0,2). Wenn auch die positive
Reaktion nicht Hand in Hand geht mit der Schwere der
sonstigen Liquorveränderungen (5 mal bewegte sich bei posi¬
tiver Wassermannreaktion im Liquor die Zellzahl in relativ
mässigen Grenzen [14 — 37 im Kubikmillimeter], ebenso auch
die Eiweiss- und Globulinvermehrung), so sind wir ihr doch
bei den ganz schweren Liquorveränderungen mit hoher
Zellzahl (über 100) regelmässig begegnet. Nur ein ein¬
ziges Mal fanden wir sie bei ganz geringen Liquorverände¬
rungen.
Verhalten der Lumbalfliissigkeit bei Lues III. (Tabelle 4.)
Zahl der
Fälle
Wasser¬
mann
Blut +
Wasser¬
mann
Liquor —
bis 1,0
Liquordruck
Liquor
chemisch-zytologisch
normal
gesteigert
normal
mässige
Veränderungen
2
2
2
1
1
1
1
Die Zahl dieser Fälle ist zu gering, um sich ein Urteil zu
bilden. Immerhin mag erwähnt werden, dass der eine Fall
mit Gummen am weichen Gaumen und normalem Liquor mit
Quecksilber einige Jahre zuvor mehrfach behandelt worden
war, während der andere Kranke mit mässigen Liquorverände¬
rungen (Druck 300, Zellen im Kubikmillimeter 13, sonst nor¬
mal), der tuberöse Syphilide an den Armen aufwies, noch keine
Behandlung durchgemacht hatte.
Uebersichtstabelle. (Tabelle 5.)
Stadium
der
Lues
Zahl der Fälle
Wassermann
Blut
Wassermann
Liquor
Liquor¬
druck
Liquor ehern. -
zytologisch
Von d. Gesamth.
d. Fälle Liquor
völlig normal
(betr. Wasserm.,
Druck, ehern. -zyt.
Verh.)
1
schwach -|-
+
-1,0
(!)
< e
3
<D
43 <U
+ *
normal
nicht bestimmt
gesteigert
normal
.. . 1
massige
mittlere
starke Ver¬
änderungen
Lues 1
8
5 1
2
8
2
6
6
2
1
Lues 1 + 11
21
21
21
11
10
7
9
2
3
3
Lues II
35
35
24
11
15 4
16
13
10
0
12
6 (resp. 10*)
64
5 ( 1
58
63
11
28| 4
32
26
21
2
15
10 (resp. 14*)
• inklusive der Fälle bei denen der Druck nicht bestimmt werden konnte.
Zur besseren Orientierung fassen wir in obenstehende
Tabelle die bisher besprochenen Liquorverhältnisse der ein
zelnen Stadien der F r ii h 1 u e s zusammen. Es ergib
sich, wie die letzte Spalte zeigt, dass wir bei der un
behandelten Lues im Frühstadium nach Aus
Schluss der Fälle, bei denen der Druck nich
bestimmt wurde, nur 16 Proz., bei deren Ein
rechnung 22 Proz. völlig normale Liquore
fanden. Dies ist der zahlenmässige Beweis für die voi
Ravaut zuerst vertretene Anschauung, dass die Lues schoi
sehr früh in der übergrossen Mehrzahl der Fälle das Nerven
System befällt, dessen Ergriffensein sich beim Fehlen jegliche
sonstigen klinischen Symptome lediglich durch die Unter
suchung der Lumbalflüssigkeit nachweisen lässt.
Der Einfluss des Salvarsans auf den Liquo
bei der Frühlues.
Wir besprechen zunächst an Hand unseres Materials det
Einfluss des Salvarsans auf den Druck. Mehrere Autoren (u. d
Spiethoff, Ravaut, Levy-Bing) berichten über ein
fast regelmässige Steigerung des Liquordrucks kürzere ode
längere Zeit nach Abschluss der Salvarsanbehandlung. Dies
Vermehrung des Drucks wäre natürlich eine unerwünscht
Nebenwirkung des neuen Mittels.
Einfluss des Salvarsans auf den Druck bei wiederholten Punktioner
(Tabelle 6.)
Stadium
der
Anzahl
der
Anzahl
der
Druck
unverändert
geblieben,
meist normal
nicht
bestimmt
geringer
höher
Lues
Fälle
Punktionen
vor- oder
nachher
geworden
Lues I
2
3
1
1
Lues I -f- II /
10
2
1
1
6
2
Lues I -j- 11 \
4
3
1
1
2
Lues II 1
2
2
1
1
Lues II \
16
3
7
7
2
Lues III
1
2
1
35
9
4
17
5
Wie Tabelle 6 aufs deutlichste zeigt, können wir a
unserem Material, das immer unter den gleichen Bedingunge
von demselben Untersucher punktiert wurde, diese Angabe!
nicht bestätigen. Unsere Erfahrungen lehren vielmehr, das
beiderLuesIin zwei Fällen der Druck bei den folgende
Punktionen einmal höher, das andere Mal niedriger gefunde
wurde als vor der Behandlung. Und zwar stieg in dem eine
Falle der vorher normale Druck (160 mm) nach 1,4 g Sa
varsan auf 400 mm, um nach weiteren 1,5 g Salvarsan at
210 mm abzusinken.
Bei dem anderen Kranken sank der vorher pathologisch
Druck von 230 mm nach 1,0 g Salvarsan auf 100 mm, ui
nach insgesamt 3,2 g Salvarsan auf 180 mm zu steigen.
Bei der Lues 1 + II finden wir bei 10 zweirn;
punktierten Fällen den Druck bei der 2. Punktion (meist nac
1,5 g Salvarsan) zweimal unverändert, 6 mal geringer un
1 mal höher als im Anfang. Einmal konnte er bei der 2. Punl
tion nicht bestimmt werden.
Mit Ausnahme der zwei unveränderten Fälle, sowie de
einen Kranken, bei dem der Druck bei der 2. Punktion nicl
bestimmt wurde, war in allen Fällen schon vor der Behanef
hing eine mässige Drucksteigerung vorhanden.
Bei den 3 mal und öfters punktierten 4 Kranken diese
Gruppe war das Schlussresultat einmal unverändert, 3 m.
hatte der Druck abgenommen. Auch bei diesen war vor dt
Behandlung der Druck erhöht.
Bei der Lues II konnte unter zwei 2 mal punktierte
Fällen der Druck einmal bei der ersten Untersuchung nid
bestimmt werden, einmal erwies er sich niedriger als vor dt
Therapie. Dieser Fall hatte zu Anfang eine deutliche Drucl
Steigerung.
Bei 16 3 mal punktierten Fällen blieb der Druck 7 m
unverändert. Bei den übrigen 9 Kranken, bei denen sämtlk
eine Senkung des Druckes nach der Salvarsandarreichm
auftrat, ergaben sich die gleichen Verhältnisse wie bei di
vorher besprochenen Fällen, dass nämlich alle bis auf eint
4. Mär/. 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
bei der ersten Punktion pathologische Drucksteigernng auf¬
wiesen. Diejenigen Kranken, bei denen der Druck unverändert
geblieben war, hatten fast durchweg vor- und nachher nor¬
male Werte. Die Gesamtmenge des verabreichten Salvarsans
betrug durchschnittlich 3 g.
Wenn wir das gesamte Material überblicken, so ergibt
sich die immerhin recht interessante Tat¬
sache, dass diejenigen Patienten, die vor der
Behandlung eine mehr o d er minder starke
Steigerung des Drucks gezeigt hatten, unter
Salvarsan in der überwiegenden Mehrzahl
zu normalen Druckwerten gelangten ( 17 : 5),
während bei dem Rest, soweit der Druck be¬
stimmt werden konnte, der vorher normale
Druck normal blieb. Allerdings befinden sich unter
diesen Kranken einige, bei welchen dies nur für den Vergleich
des ersten und dritten Punktionsresultates zutrifft.
Einfluss des Salvarsans auf die chemisch-zytogischen Liquor¬
verhältnisse. (Tabelle 7.)
Liquor
Zahl
An-
bleibt
unver¬
ändert
normal
vorher patholog.
Vorher
normal
2 Punk¬
tion
pathol.
3. oder
später
normal
Stadium
der Lues
der
Punk¬
tionen
zahl
der
Fälle
wird
normal
sehr ge¬
bessert
noch
paihol.
unver¬
ändert
patho¬
log.
normal
wird
pathol
patho¬
logisch,
wird
schlech¬
ter
Lues I
3
2
1
1
Lues I+lIl
LuesI+ID
2
3
u.mehr
10
4
1
4
2
erst
1
1
1
1
bei der
3. Punkt.
1
2
Lues 11
Lues 11
Lues III
2
3
u.mehr
2
2
16
2
3
1
nach
der 3.
Punkt.
1
8
1
2
1
2
1
35
5
16
3
3
4
3
2
Wesentlich wichtiger als das eben besprochene Verhalten
des Druckes ist der Einfluss der Salvarsanbehandlung auf die
chemisch-zytologische Beschaffenheit der Lumbalflüssigkeit.
Wir geben in obenstehender Tabelle (No. 7) die Residtate
von über 100 Lumbalpunktionen wieder, die einer ausführ¬
lichen Besprechung bedürfen.
Lues I.
Von dem Primärstadium der Lues stehen uns leider nur
2 Fälle zur Verfügung, die mehr als einmal punktiert werden
konnten.
D e r erste Fall hatte einen Primäraffekt an der hinteren
Kommissur und Scleradenitis inguinalis indolens duplex. Er zeigte
bei der ersten Punktion normalen Liquorbefund und negative Serum¬
reaktion, die im weiteren Verlauf keine positive Schwankung zeigte,
bei der zweiten Punktion, 16 Tage später, nach 1,4 g Salvarsan war
eine erhebliche Drucksteigerung (400 mm) bei sonst normalem
Liquorbefund zu konstatieren. 2 Monate später, nach weiteren 1,5 g
Salvarsan und 0,2 g Hg salic. - — die Behandlung musste wegen eines
sehr hartnäckigen toxischen Exanthems 1 Monat vor der dritten
Funktion ausgesetzt werden — - zeigte der Liquor einen Rückgang
des Druckes auf 210 mm, dagegen war jetzt eine massige Lympho¬
zytose (11 Zellen im Kubikmillimeter, 12 Zellen durchschnittlich im
Zentrifugat) aufgetreten.
Man könnte in diesem Fall daran denken, dass die in
dem langdauernden, hochfieberhaften toxischen Exanthem
zum Ausdruck kommende Schädigung auch das Zentral¬
nervensystem getroffen hat, und dadurch den Spirochäten die
Möglichkeit gab, in diesem entzündliche Veränderungen her¬
vorzurufen. Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Mög¬
lichkeit, dass es sich hier einfach um das Fortschreiten eines
luetischen Prozesses am Nervensystem handelt, trotz Sal¬
varsan. Vielleicht hat die bei der 2. Punktion gefundene
Drucksteigerung die gleiche Bedeutung eines prämonitorischen
Symptoms, welches das Ergriffensein des Nervensystems an¬
deutet, wie wir dies für die Drucksteigernng bei der unbe¬
handelten Lues I angenommen haben.
Der zweite Fall litt an einem Primäraffekt der Wange.
'Or der Behandlung bestand lediglich eine geringe Drucksteigerung
4()7
(230mm). Die Serumreaktion war auch hier dauernd negativ.
16 Tage später fanden wir nach 1,0 Salvarsan massige Liquor¬
veränderungen (Phase 1: Opal., Zellen: 15 (im Kubikmillimeter) bei
niedrigerem Druck (100 mm). Im folgenden Monat bekam Patient
3,3 g Neosalvarsan und 0,45 Hg. salic. Danach war der l iquor
wieder normal.
H i e r k o n nte lediglich durch die 2. Punktion
eine vorübergehende Liquorveränderung
nach geringer Sal varsandosis festgestellt
werden. Nach unserer Anschauung kam es durch die
geringe anfängliche Dosierung zu einer Provokation eines in
nuce bestehenden syphilitischen Prozesses am Zentralnerven¬
system, der bei genügender Weiterbehandlung
zur Ausheilung kam. (Schluss folgt.) "
Die Verletzungen und traumatischen Erkrankungen der
Zehen und ihre Begutachtung in Unfallsachen.
Von Med. -Rat Dr. Carl Waibel in Kempten.
Während meiner langjährigen Gutachtertätigkeit im Un¬
fallwesen habe ich öfters Gelegenheit zur Begutachtung von
Zehenverletzungen gehabt und dabei wahrgenommen, dass
dieses Kapitel in den Hand- und Lehrbüchern der Unfall¬
erkrankungen und -Verletzungen ziemlich kurz behandelt wird.
So habe ich mich denn an der Hand der älteren und neueren
diesbezüglichen Literatur und auf Grund meiner eigenen Be¬
obachtungen entschlossen, die Zehenverletzungen und deren
Begutachtung etwas ausführlicher zu besprechen. Vielleicht
interessiert sich der eine oder andere Leser dieses Blattes für
meine, durchaus nicht den Anspruch auf erschöpfende Behand¬
lung des Themas machenden Bemerkungen.
Um die Unfallgutachten bei oder nach Zehenverletzungen
richtig abfassen zu können, müssen wir neben den anatomi¬
schen, funktionellen, statischen und mechanischen Verhält¬
nissen des menschlichen Fusses auch die Ursachen, Arten und
Folgen der Zehenverletzungen, sowie die Bewertung und Ab¬
schätzung dieser Verletzungsformen kennen.
I.
Die Zehen, deren Namen von ihrer Zahl stammt, sind verjüngte
Finger und bestehen, wie diese aus 2 bezw. 3 kurzen, dünnen, säulen¬
förmigen Achsenknochen, einem Beuge- und Streckapparat, und einem
Hautüberzug, welcher au der unteren Zehenfläche, ebenso wie an
den Fingerbeeren, weit mehr mit Fett gepolstert ist als an der
oberen. Die Zehenglieder liegen, mit Ausnahme der grossen Zehe,
nicht in einer geraden Linie, sondern sind von der 2. — 5. Zehe nach
oben konvex gekrümmt und erscheinen etwas hacken- oder krallen¬
förmig umgebogen.
Das Grundglied der Zehen ist etwas schief nach oben, das
Mittelglied fast horizontal, das Nagelglied schief nach unten und
vorne gerichtet, so dass dieses mit seiner Beere allein den Boden
berührt. Hyrtl fand sowohl bei Erwachsenen als bei Neu¬
geborenen die grosse Zehe im allgemeinen länger als die zweite.
Oefters sind aber, wie vielfach zu konstatieren ist, die grosse und zweite
Zehe gleichlang, in vollkommener Streckung gemessen ist die zweite
wirklich länger als die grosse, welche oft nur länger erscheint, da sie
weniger als jene oder gar nicht hackenartig gekrümmt ist. Bei den
meisten Europäern ist die grosse Zehe nach der zweiten zu ver¬
schoben, wodurch eine Knickung an ihrem Grundgelenk entsteht,
das einen Vorsprung bildet. Die übrigen Zehen sind mehr nach innen
zu gedrückt. Die beiden lateralen Zehen zeigen besonders in ihren
distalen Gliedern nicht selten infolge ungeeigneter Fussbekleidung
unregelmässige Beschaffenheit (Verkrümmung, Verwachsung etc.)
und deshalb auch häufig unregelmässige Funktion. Bezüglich der gan¬
zen Fusslänge betragen die Zehen nur 1U derselben, treten also den
beiden anderen Fussabteilungen, dem Mittelfuss und der Fusswurzel
gegenüber, erheblich zurück in der Fusslänge.
Die Zehen sind in ihrem Normalzustände beweglich und es
kommt bei der Zehenbewegung hauptsächlich die Zehenbeugung
(Dorsalbeugung) und die Zehenstreckung (Plantarbeugung) in Be¬
tracht. Die Dorsalbeugung ist bei den Zehen immer grösser und
fast bis zur rechtwinkligen Stellung der Grundglieder zum Mittelfuss
ausführbar. Nur in der Dorsalbeugung gestatten die hierbei er¬
schlafften Seitenbänder der Zehen auch geringe Seitenbewegung, d. h.
An- und Abziehung der Zehen, besonders der Grosszehe. Nach der
Fussohle zu lässt sich das Nagelglied der Zehe über die gerade
Richtung hinaus gewöhnlich kaum weiterbeugen.
Bei Neugeborenen und bei Personen aller Rassen, . welche ge-
wohnheitsmässig mit nacktem Fusse gehen, ist die Beweglichkeit
der Zehen stets eine viel grössere als bei den meisten von uns, bei
denen von Jugend auf der Fuss durch Druck des steifen und engen
Schuhwerks sowie enger Strümpfe mehr oder weniger verstüm¬
melt ist.
3
MLJENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 9.
-16S
Der menschliche Euss hat bekanntlich eine Doppelauigabe,
nämlich eine statische, insoferne er als Körperstütze und
Gleichgewichtsorgan beim Stehen dient und eine 1 o k o m o to¬
rische, insoferne er durch Hebung und Abstossen vom Boden das
Gehen und damit die Ortsveränderung vermitteln hilft.
Dass er gelegentlich, besonders mit seiner Grosszehe und
zweiten Zehe, als Greif- oder Tastapparat zu dienen hat, ist von
so untergeordneter Bedeutung, dass diese Funktion gegen diejenige,
welche ihm als Stütz- und Bewegungsapparat zukommt, nahezu
verschwindet.
In statischer Beziehung kann der Fuss sowohl im Sohlen¬
stand mit flach aufgesetztem Fusse als im Zehenstand mit
Erhebung des Fussgewölbes auf die Köpfchen der Mittelfussknochen
und auf die Sohlenfläche der ausgestreckten Zehen funktionieren.
Beim Zehenstand kann man noch unterscheiden den Grosszehen¬
stand mit Erhebung des Fussgewölbes auf die medialen Köpfchen
der Metatarsusknochen bzw. auf das Köpfchen des Metatarsus 1 und
den Kleinzehenstand mit Erhebung des Fussgewölbes auf
die lateralen Köpfchen der Metatarsusknochen, insbesondere auf das
Köpfchen des Metatarsus 111.
Von diesen Gebrauchsformen des Fusses zum Stehen ist wohl
der Sohlenstand die wichtigere, weil er die gewöhnliche Art
der Benützung des Fusses zum Stehen darstellt, während der
Zehenstand zwar auch statische Bedeutung gewinnen kann,
indem er manchmal für kürzere oder längere Zeit eingehalten wird,
aber seine Hauptbedeutung doch als einen Teil der Gehbewegung
besitzt.
Als ungewöhnliche Gebrauchsformen des Fusses lassen sich in
statischer Beziehung betrachten der Fersen- oder Hacken¬
stand mit Erhebung des Fussgewölbes auf den Tuber calcanei;
dann der Stand auf den lateralen Fussrand, ferner der Stand
auf den vorspringenden Teilen des medialen Fussrandes.
In loko motorischer Beziehung kann der Fuss ebenso wie
in statischer Beziehung auf zweierlei Arten funktionieren, nämlich
sowohl im Sohlengang als im Zehengang bzw. im Gross-
zehengang oder im Kleinzehengang, je nachdem der Fuss
im Sohlenstand oder im Zehenstand bzw. im Grosszehenstand oder
Kleinzehenstand gehalten, zur Ortsveränderung resp. zum Gehen
benützt wird.
Von diesen Gebrauchsformen des Fusses zum Gehen ist wohl
der Sohlengang die wichtigere, weil er ungleich viel häufiger
zum Gehen benützt wird als der Zehengang.
Seltenere und ungewöhnliche Gebrauchsformen des Fusses sind
der Fersen gang, bei welchem die Zehen den Boden gar nicht
berühren, dann der Gang auf dem lateralen Fussrand, ferner
der Gang auf dem medialen Fussrand.
Bei allen statischen und mechanischen Leistungen des Fusses
kommt zunächst das aus den beiden festgefügten, proximalen Ab¬
schnitten des Fusses (Fusswurzel und Mittelfuss) bestehende Fuss-
g e w ö 1 b e in Betracht, welches den Boden beim Stehen und Gehen
hauptsächlich an 3 Punkten, den sogen. Stütz- oder. Fusspunkten
berührt.
Es würde mich zu weit führen, näher auf die hinsichtlich der
Bestimmung dieser Stütz- oder Fusspunkte divergierenden Ansichten
der einzelnen Autoren einzugehen.
Im allgemeinen ist wohl das Bestreben zu erkennen, als
hinteren Stützpunkt des Fusses die Ferse resp. den Fersenhöcker
(Tuber calcanei) mit den beiden nach unten sehenden und auf dem
Boden ruhenden Vorsprüngen (Tuberculum mediale et laterale), als
vordere Stützpunkte die Köpfchen der Mittelfussknochen mit
Bevorzugung des 1., 3. und 5. Mittelfussknochens oder auch noch
des Höckerchens des 5. Mittelfussknochens anzunehmen.
Wenn auch die Ansichten der verschiedenen Autoren über die
Stützpunkte und besonders über die vorderen Stützpunkte des Fusses
teilweise etwas auseinandergehen, soviel ist sicher, dass die Zehen
weder an der Bildung des Fussgewölbes beteiligt sind, noch als
Stütz- oder Fusspunkte in Frage kommen.
Die Zehen berühren auch, wie bereits oben erwähnt, in ihrer
Mehrzahl nur mit den kolbigen Spitzen (den sogen. Tastballen) den
Boden, liegen also der Standfläche des Fusses eigentlich nicht oder
nur in geringem Masse an.
Ueberdies erscheinen die Zehen schon wegen ihrer Kürze,
Schwäche und Beweglichkeit, kurz wegen ihrer geringen Festigkeit
nicht dazu geeignet, als Körperstützen zu dienen, die gegliederte
und schwache Knochensäule der Zehen würde unter dem Drucke
der Körperlast unfehlbar zusammenschnappen.
Selbst geschickte Ballettänzer, welche den Schein erwecken,
als wenn sie auf der grossen Zehe zu balancieren resp. auf der
Zehenspitze zu stehen und zu gehen vermöchten, können dies niemals
auf der Endspitze der Grosszehe, sondern nur auf dem vorderen
Ende des Grundgliedes und dann nur in der Regel nach jahrelanger
mühevoller Uebung und meistens nur mittels eigens zubereitetem
Schuhwerk.
Wenn man sagt, dass man auf der Zehenspitze gehe oder stehe,
so ist dies überhaupt ein ganz unzutreffender Ausdruck. Man kann
sich nur auf die Köpfe der Mittelfussknochen (die
sogen. Fuss- oder Zehenballen), nicht aber auf die Zehen¬
spitzen erheben.
Im allgemeinen wird den Zehen eine funktionelle Wichtigkeit
zugeschrieben, die sie sicher nicht haben.
Nach H y r 1 1 bestellt die Bestimmung der Zehen darin, beim
Stehen und Schreiten sich wie elastische Druckfedern an den Boden
anzudrücken, dem Stehen dadurch mehr Festigkeit und dem Gehen
jene Sicherheit zu geben, die auf der Elastizität des Schrittes beruht.
Es sind somit nur ziemlich untergeordnete Hilfsfunktionen, welche
den Zehen zugesprochen werden.
An anderer Stelle kennzeichnet Hyrtl den Wert der Zehen
am besten mit der Bemerkung, dass die Zehen viel unwichtiger für
den Fuss sind als z. B. die Finger für die Hand. Ein Fuss, der aus
irgend einem Grunde (z. B. durch Gangrän) alle Zehen verlor, hat
nur seinen unwesentlichsten Bestandteil verloren, während der
Verlust aller Finger oder auch nur jener des Daumens allein die
Hand ihrer notwendigsten Gebrauchsmittel beraubt.
Ist durch dieses Urteil des grossen Anatomen und Physiologen
die funktionelle Bedeutung der Zehen beim Menschen schon stark
erschüttert, so wird dieselbe noch weiter abgeschwächt durch die
Tatsache, dass die Beweglichkeit der Zehen in dem dicken und un¬
nachgiebigen Lederwerk der gewöhnlichen Schuhe und Stiefel, wie
sie heutzutage von den meisten Menschen getragen werden, in hohem
Grade beeinträchtigt, wenn nicht gar aufgehoben ist. Je weniger
beweglich aber die Zehen sind, desto weniger können sie sich an
den Boden andriieken, festhalten oder anklammern und einwühlen,
was zu zweckmässiger Verrichtung ihrer Funktion unbedingt not¬
wendig ist.
Ueberschätzt man schon die funktionelle Bedeutung der
Zehen im allgemeinen, so ist dies besonders bei der Grosszehe
der Fall.
So wird unter anderem auch angenommen, dass durch den
Mangel der Grosszehe die Abwicklung des Fusses wesentlich ge¬
schädigt werde. Es ist diese Annahme nicht so fernliegend, wenn
man erwägt, dass die Abwicklung des Fusses beim Gehen bekannt¬
lich von der Ferse, längs des äusseren Fussrandes zur Fussspitze
resp. zur Grosszehenspitze geschieht und von hier aus auch die
Abstossung des Fusses vom Boden erfolgt.
Die Erfahrung lehrt aber, dass die Abwicklung und Abstossung
resp. die Gebrauchsfähigkeit des Fusses beim Fehlen der Grosszehe j
keine wesentliche Schädigung erleidet, solange der Mittelfussknochen
der Grosszehe und besonders solange das Köpfchen dieses Mittel¬
fussknochens erhalten und sobald nach dem Verluste der Grosszehc,
die erforderliche Anpassung und Angewöhnung eingetreten ist.
Nicht die Grosszehe gehört zu den physiologischen!
Stützpunkten des Fusses, sondern das Köpfchen
des Mittelfussknochens derselben. Der Mensch hat
auch ohne die Grosszehe bei Erhaltung des Mittelfussknochens einen
genügend festen und sichern Stand und Tritt.
Wie wenig der glatte Verlust der Grosszshe eine Arbeits- und
Erwerbsbeschränkung bedingt, geht überzeugend aus einer Mit¬
teilung des Dr. Görtz-Mainz hervor, welche weiter unten folgt.
Haben die Zehen also für die gewöhnliche Gebrauchsform des|
Fusses d. i. für den Sohlenstand und Sohlengang nur unter bestimmten
Voraussetzungen einigen Wert, so kommt ihre funktionelle Bedeutung]
etwas mehr zur Geltung beim sogen. Zehenstand und Zehen-
g a n g. •
Beim Zehenstand d. h. bei Erhebung des Körpers auf die
Zehen und Zehenballen stützt sich, wie bereits oben erwähnt, die'
Körperlast gewöhnlich mehr auf die Köpfchen der Mittelfussknochen'
als auf die Zehenspitzen, während die federnd und elastisch aui-
ruhenden, an den Boden im Maximum der Dorsalflexion sich an¬
stemmenden Zehen einerseits die Reibung und Festigkeit des Fussesj
etwas vermehren, andererseits Körperschwankungen und besonders!
das Vornüberfallen des Körpers zu verhindern suchen, wodurch das;
Balancieren des Körpers ermöglicht bzw. erleichtert wird.
Ohne Zehen, nur auf den Zehenballen stehend,
wären wir nicht imstande, uns in ruhigem Gleichgewicht zu erhalte^
und könnten, weil eben der Fuss auf dem Boden nicht genügend
festgehalten würde, uns nur durch stetes Trippeln, wie beim Gehen
auf Stelzen iortbewegen.
Beim Zehen gang erreicht der Fuss nur mit dem Zehen- und
Zehenballenabschnitt den Boden und es bleibt das aufgesetzte Stützt
bein im Zehenstand, ohne dass die Ferse auf den Boden aufgesetzt
wird; der Körper bewegt sich auf den Zehenballen und den in
Maximum der Dorsalflexion befindlichen Zehen weiter.
Gegenüber dem Sohlengang erscheint der Zehengang stets
etwas weniger ausgiebig, daher kleinschrittig, auch ist und bleib
der Zehengang wegen der Schwierigkeit der Gleichgewichtserhaltum
immer ein etwas unsicherer und bald ermüdender, da die Bein,
immer gestreckt bleiben müssen etc. etc.
Es ist daher leicht begreiflich, dass sowohl der Zehenstand
als Zehengang nicht sehr häufig zur Anwendung und zum Glück fü
die Bedürfnisse des gewöhnlichen Lebens nicht oder nur höclis
selten und ausnahmsweise in Frage kommt, so dass diese Gebrauchs1:
form des Fusses für die gewöhnliche Tätigkeit de
meisten Arbeiter und Erwerbsstände fast mehr al
Luxusfunktion anzusehen ist und hauptsächlich nur beim Tanzen, Lau
fen, insbesondere beim Sprung- und Eillauf, ferner beim Klettern um
bei erheblicheren Steilanstiegen, endlich bei sehr erheblichen Ver
kiirzungen eines Beines zur Anwendung gelangt. Ausserdem wirr
der Zehenstand und Zehengang höchstens noch angewendet, wem
es gilt, die gewöhnliche Körpergrösse etwas zu erhöhen, um z. B
über eine Planke zu sehen oder wenn man behutsam und möglichs
4. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
469
lautlos und ungehört sich irgend wohin bewegen oder sich heimlich
davonschleichen will etc.
II.
Die Ursachen und Arten der durch Unfälle hervor-
gerufenen Verletzungen und traumatischen Erkrankungen der Zehen
mit anatomischen und funktionellen Störungen verschiedener Art be¬
stehen meistens in direkten mechanischen Schädigungen in der
Form von Quetschungen der Weichteile, Knochen und Gelenke mit und
ohne Komplikation durch offene und subkutane Wunden, oder durch
Geschwüre und Geschwülste oder durch Verstauchungen, Ver¬
renkungen, Knochenbrüche etc., seltener in t h e r m i s.c h e n
Schädigungen in der Form von Erfrierung, Verbrennung, Verbrühung,
noch seltener in chemischen Schädigungen in der Form von
Verätzungen und Vergiftungen.
Die Schädigungen der Zehen mit anatomischen und funktionellen
Störungen in der Form von Versteifungen, Lähmungen, Streck- und
Beugekontraktliren, falschen Stellungen etc. können nicht nur durch
direkte Verletzungen und traumatische Erkrankungen der Zehen ein-
treten, sondern auch durch Verletzungen und traumatische Erkran¬
kungen der Weichteile, Knochen und Gelenke der benachbarten
beiden anderen Fussabschnitte (Mittelfuss und Fusswurzel), sowie
des Unterschenkels.
In vielen Fällen wird sich zur Feststellung der Art der Ver¬
letzung oder traumatischen Erkrankung der Zehen die Röntgen¬
untersuchung nicht umgehen lassen.
III.
Die Folgen der Zehenverletzuugen und der traumatischen
Erkrankungen der Zehen können bestehen:
1. In länger andauernder oder öfters wiederkehrender schmerz¬
hafter entzündlicher Schwellung und Verdickung
von Weichteilen, Beinhaut, Knochen und Gelenken der Zehen und
der benachbarten Fussabschnitte mit Stauungserscheinungen niedern
oder höheren Grades. Differentialdiagnostisch können hier die an
den Zehen besonders an den Grosszehen relativ häufig vorkommen¬
den chronisch-rheumatischen und arthritischen Veränderungen in
Betracht^ kommen. Auch trophische Störungen mit schmerzhaften
Geschwürsbildungen — ohne zentrale Ursachen — können nach
traumatischen Schädigungen der Zehen entstehen.
2. In Abmagerung (Atrophie) der Zehenballen- und Unter¬
schenkelmuskulatur, dann in verschiedenartiger Beschwielung
der Zelienballen und der Ferse, ferner in Störungen d e s Tem¬
peratursinns und der Sensibilität, sowie der Reflexe.
3. In Alters br and der Zehen.
Dieser kann, wie von verschiedenen Autoren angenommen wird,
im Anschluss an eine Zehenverletzung eintreten, besonders gerne bei
Leuten, welche an vorgeschrittener Arterienverkalkung leiden.
Man muss sorgfältig prüfen, ob der Brand nicht durch Stiefel¬
druck, unvorsichtiges Beschneiden von Hühneraugen und Zehen¬
nägeln verursacht ist.
4. In krankhaften Veränderungen der Zehen¬
nägel durch Nagelbettentzündung. Nagelabstossung, Nagelverküm¬
merung, Nagelwucherung, Nagelrissigkeit und Nagelbrüchigkeit,
Nagelmissbildungen und Nageleinwachsungen.
Alle diese Nagelveränderungen können unter Umständen kurz-
oder längerdauernde schmerzhafte Reizzustände an den betreffenden
Zehen und dadurch Arbeits- oder Erwerbsbeschränkung sowie
vorübergehende Rentengewährungen zur Folge haben. Differential¬
diagnostisch könnte hier unter Umständen die Dupuytren sehe
Subungualexostose in Betracht kommen.
5. In den nach Wundheilung zurückbleibenden
ungünstig beschaffenen oder ungünstig ge¬
legenen Narben der Zehen.
Als ungünstig beschaffene Narben gelten stark ge¬
rötete bezw. mit Glanzhaut versehene, zarte, dünne und schlecht
gepolsterte, druckempfindliche, mit der Unterlage ganz oder teil¬
weise verwachsene, ferner zum Wiederaufbrechen geneigte, stark
geschrumpfte oder kontrahierte oder stark gespannte und gewulstete
Narben (Keloidnarben), endlich zikulationshemmende oder die Ge¬
lenkbeweglichkeit störende Narben.
Als ungünstig gelegene Narben gelten besonders die
das Auftreten des Fusses erschwerenden und deshalb zu verän¬
dertem Auftreten mit dem Fusse Anlass gebenden Narben an der
Beugeseite und Auftrittsfläche der Zehen und des Fusses, ferner die
dem Schuhdruck stark ausgesetzten Narben.
Alle diese Narben können nicht nur häufig schmerzhafte Reiz¬
zustände und Beschwerden verursachen durch Empfindlichkeit gegen
Druck und Kälte, sondern auch das Tragen eigenen Schuhwerks
notwendig machen und die Gebrauchsfähigkeit des verletzten Fusses
mehr oder weniger bezw. kürzer oder länger alterieren.
Man hat deshalb allen Grund, gute Narbenbildung anzustreben
und bei vorhandener Empfindlichkeit der Narben soweit als möglich
durch ein geeignetes Verfahren diese Empfindlichkeit zu beseitigen
oder zu vermindern, sei es durch genau angepasste, genügend weite
Schuhe, sei es durch Polsterung mit Fibrolysinpflaster (Fibrolysin-
guttaplast), Cerusapflaster, Emplastrum sapon. salicyl., dünnen
Sattelfilz oder durch passive Bewegungen, lang fortgesetzte Massage,
Friktionen etc.
Im allgemeinen werden die durch Narben bedingten Arbeits¬
und Erwerbsstörungen nur vorübergehender Natur sein, sie können
jedoch auch 1—3 Jahre andauern, bis entsprechende Dehnung und
Festigung sowie Widerstandsfähigkeit und Reaktionslosigkeit der
Narben eingetreten ist. Je ungünstiger die Narben gelegen und je
ungünstiger sie beschaffen sind, desto länger wird die Gewöhnungs-
zeit dauern können.
6. In Entzündung von Hühneraugen oder Leich-
d o r n e n (Clavi).
Als Unfallfolgen können hier nur Entzifndungserscheinungen
in Betracht kommen, welche im Anschluss an Quetschungen dieser
Gebilde oder der darunterliegenden kleinen Schleimbeutel auftreten.
Diese Schleimbeutel stehen zuweilen mit einer Sehnenscheide in
Kommunikation, sie können, wenn sie entzündet -sind, nach aussen
perforieren und zu Schleimbeutelfisteln führen. Auch in die kleinen
Zehengelenke, in die Sehnenscheiden überhaupt, kann sich unter
Umständen die Entzündung verbreiten und dann ernsteren Charakter
annehmen.
Im allgemeinen aber werden die Hühneraugentraumen nur vor¬
übergehender Natur sein und nur eine sehr untergeordnete und be¬
schränkte Bedeutung in der Unfallfolgenbegutachtung haben.
7. In teil weiser oder völliger Versteifung ein¬
zelner oder sämtlicher Zehen.
Sind die Zehenbewegungen schon an und für sich unter nor¬
malen Verhältnissen relativ ungeschickt und wenig ausgiebig und
wird diese bescheidene Bewegungsfähigkeit der Zehen durch unser
gewöhnliches Schuhwerk noch weiter vermindert und gehemmt, so
leuchtet sofort ein, dass eine Versteifung der Zehen im allgemeinen,
solange die Zehen in günstiger bezw. normaler
Stellung versteift sind, bei unseren, meistens Schuhe oder
Stiefel tragenden Arbeitern, keine wesentliche Bedeutung für die
Steh- und Gehfähigkeit resp. für die Gebrauchsfähigkeit des Fusses,
besonders im Sohlenbestand und Sohlengang zur Folge haben kann.
Sind die Zehen aber in starker Beuge- oder Seiten¬
stellung versteift, so können daraus allerdings kürzer- oder
längerdauernde Beschwerden mit Störungen im Auftreten und Gehen
entstehen. Wenig oder keine Bedeutung wird in der Regel die teil¬
weise Versteifung einzelner Zehengelenke für die Gebrauchs¬
fähigkeit des Fusses haben.
Die Steifheit der Zehen kann wohl Unbequemlichkeit nach sich
ziehen, hat jedoch auf keinen Fall für die Arbeits- und Erwerbs¬
fähigkeit des Verletzten d i e schlimmen Folgen, wie die Versteifung
der Finger. Das Reichsversicherungsamt hat durch Entscheidung
vom 7. XI. 08 bei Steifheit sämtlicher Zehen mit Abflachung des
Fusses nach Mittelfussbruch die schiedsgerichtliche Aufhebung der
Rente bestätigt (siehe weiter unten).
8. In Verkrüppelung der Zehen durch Verkrümmungen
und Missbildungen mit starker Verlagerung (dauernder Hochstand,
dauernde Senkung, Abduktions- und Adduktionsstellung, Reiten,
Kontrakturen der Zehen, Hallux valgus-Bildung, Hammerzehen¬
bildung usw.).
Die Verbiegungen nach der Seite machen in der Regel weniger
Beschwerden als die Verbiegungen nach oben und unten. Beschwer¬
lich und hinderlich können dauernde Luxationsstellungen nach oben
und unten werden, wie sie z. B. bei übersehenen und unreponierten
Luxationen Vorkommen. Zum Glück sind diese Verletzungen selten.
Verkrüppelte Zehen sind im allgemeinen jedenfalls weit eher
hinderlich und störend als verunstaltete oder verkrümmte Finger,
indem sie zu fast unerträglichen Druck- und Gehbeschwerden An¬
lass geben können. Man sollte daher stark verkrüppelte Zehen
lieber wegnehmen, da exartikulierte Zehen bei günstiger Lage und
Heilung der Absetzungsnarben die Funktion des Fusses viel weniger
beeinträchtigen als stark verkrümmte und verkrüppelte Zehen.
Wie oft. kann man übrigens bei Rekrutenbesichtigunven die Er¬
fahrung machen, dass Leute mit ganz plumper Fussbildung und stark
übereinander gelagerten und verschobenen Zehen in ihrer Arbeits¬
und Erwerbsfähigkeit durchaus nicht gestört werden.
9. In teilweisem oder totalem Verlust einzelner
Zehen.
Der glatte teilweise Verlust einzelner Zehen oder Zehen¬
glieder wird, soferne der dazu gehörige Mittelfussknochen bezw. das
Mittelfussknochenköpfchen erhalten ist, die Gebrauchsfähigkeit des
Fusses nach eingetretener Gewöhnung wenig oder gar nicht alte¬
rieren, weshalb auch nach zahlreichen Entscheidungen des Reichs¬
versicherungsamtes der Verlust einzelner Zehenglieder und Zehen
oder zweier nebeneinanderliegender Zehen nach entsprechender An-
passungs- und Angewöhnungszeit — in der Regel 1 — 2 Jahre —
nicht mehr dauernd entschädigt wird.
Dass der Verlust der grossen Zehe früher höher als die übrigen
Zehen und häufig dauernd entschädigt wurde, mag wohl davon her¬
rühren, dass ihr, wie bereits oben bemerkt, bei den Aufgaben uer
Fusstätigkeit von Laien und Aerzten eine hervorragende Bedeutung
zugemessen wurde, die ihr nicht zukommt. Die Grosszehe
bildet k e'i nen physiologischen Stützpunkt des
Fusses, sondern nur ihr M i 1 1 e lf-u s s k ö p f che n.
Ueberzeugende Beweise dafür, dass Arbeiter und speziell Balm¬
bedienstete, durch den einfachen Verlust der Grosszehe nicht im ge¬
ringsten erwerbsbeschränkt bleiben, sondern selbst solche Tätig¬
keiten, die eine ganz besonders hohe und vollkommen sichere Ge-
-170
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
brauchsfähigkeit des Fusses erfordern, noch immer auszuüben im¬
stande sind, liefert Dr. Q ö r t z - Mainz durch Mitteilung von zwei
Beobachtungen aus seiner Outachtertätigkeit. Im ersten Falle ver¬
suchte der Verletzte beim Eintritt ins Untersuchungszimmer einen
noch etwas hinkenden Gang vorzutäuschen. Darauf verzichtete er
aber sogleich und zwar endgültig, als Dr. Q. ihm die ganz vorzüg¬
lichen Verhältnisse feines Verletzungsbefundes demonstrierte und ihm
gleichzeitig aus den Akten nachwies, 1. dass er vor dem Unfall
3.50 M., nach dem Unfall aber 5 M. Durchschnittslohn erzielte und
2. dass von seiner Firma ausdrücklich bekundet wurde, dass nach
Angabe sowohl der Werkführer wie seiner Mitarbeiter dem Ver¬
letzten auch nicht das geringste von einer Verletzung oder Schädi¬
gung anzumerken sei.“ Nach Erkenntnis dieser Sachlage bewerk¬
stelligte er seinen Austritt aus dem Untersuchungszimmer — im
Gegensatz zu seinem Eintritt — flotten, elastischen Schrittes
und sprang in geradezu eleganten Sätzen die Treppe
hinunter.
Noch viel drastischer beweisend war der zweite Fall, in welchem
der Verletzte mit grösster Bereitwilligkeit und mit gewissem Stolz
folgende Erklärung abgab: „Hiermit erkläre ich ausdrücklich, dass
ich durch den Verlust meiner rechten Grosszehe weder im Gehen,
Laufen und Springen verhindert bin, noch die geringste Einbusse
an Erwerbsfähigkeit erfahren habe. Nach wie vor kann ich die
schwersten Arbeiten verrichten und habe sogar 2Vz Jahre nach
meiner Verletzung den ersten Preisim Stabhochspringen
davongetragen und gelte auch sonst für einen sehr guten Tur-
n e r.“ Diesen zwei Schulfällen kann wohl jeder erfahrene Unfall¬
gutachter ähnlich gelagerte Fälle anfügen.
10. In dem teil weisen oder totalen Verlust
sämtlicher Zehen,
Während der teilweise glatte Verlust sämtlicher Zehen, also
z. B. der Nagelglieder sämtlicher Zehen mit Erhaltung der Mittel¬
und Grundglieder oder der Nagelglieder für die gewöhnliche statische
oder lokomotorische Fusstätigkeit der meisten Arbeiter beim Sohlen¬
gang und Sohlenstand nicht wesentlich in Betracht kommen dürfte,
wird sich nicht in Abrede stellen lassen, dass der totale Verlust
sämtlicher Zehen nicht nur den anatomischen Defekt eines
Fussabschnittes und somit eine teilweise Schädigung der Körper¬
vollkommenheit bedeutet, sondern auch unter Umständen, insbeson¬
dere beim Zehnstand und Zehengang, eine ausgiebigere bzw.
ganz vollkommene Gebrauchsfähigkeit des Fusses beeinträch¬
tigt, welche allerdings, wie T h i e m mit Recht hervorhebt, früher
häufig zu hoch bewertet und entschädigt wurde.
IV.
Was nun die Abschätzung der durch die Unfallfolgen nach
Zehenverletzung bedingten Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbs¬
beschränktheit anbelangt, so ist zunächst zu bemerken, dass wie die
Entwickelung und Funktionsleistung des rechten und linken Beines
in der Regel gleich ist, auch die Schädigungen der Beine in der
Regel beiderseits gleich bewertet werden und es deshalb
gleich ist. an welchem Beine die Verletzung er¬
folgt ist.
Es werden dann festzustellen sein:
1. die Funktionsfähigkeit bzw. Funktionsstörung am verletzten
Beine,
2. die noch vorhandene Arbeitsfähigkeit und
3. die Lohnverhältnisse des Verletzten.
ad 1. Hier ist zu untersuchen, ob und inwieweit das Auftreten,
Stehen und Gehen des Verletzten mit und ohne Belastung oder mit
anderen Worten, ob und inwieweit die Stütz- und T ragfähig-
k e i t und Marschfähigkeit beeinträchtigt ist, insbesondere ob
das Auftreten mit und ohne Schmerzen, auf der ganzen Sohlenfläche,
oder in veränderter Weise, z. B. mehr auf dem Fussrande, erfolgt,
ob Schwellung, Verdickung, entzündlicher Reizzustand, Schwielen¬
bildung an der Fussohle, Muskelatrophie, Narben, Schwielen¬
bildung in der Umgebung der Narben, Veränderungen
der Zehennägel, Versteifung oder Verkrüppelung oder Verluste an
Zehengliedern und Zehen vorhanden sind, ob der Gang normal oder
hinkend, ob. die grobe Kraft des Beines vermindert ist, ob das Gehen
behindert oder erschwert ist und zwar nur auf unebenem und hartem
Boden oder auch auf ebenem und weichem Boden, ob das Treppen-
und Leitern- sowie Gerüststeigen möglich ist, ob das Gehen ohne
Stock oder nur mit Stock und wie lange und wie weit dies mög¬
lich ist.
ad 2. Hier ist festzustellen, welche Arbeiten noch geleistet
werden können, insbesondere ob Arbeiten im Stehen oder nur im
Sitzen bzw. vorwiegend in sitzender Stellung verrichtet werden
können, ob nach dem Unfälle etwa die gleichen oder den früheren
Berufsarbeiten nahestehende Arbeit geleistet werden könne, ob nur
Arbeiten im Hause oder auch Arbeiten in ausserhalb des Hauses
gelegenen Arbeitsstätten ausgeführt werden können, ob im allge¬
meinen nur leichte, mittelschwere oder auch einzelne schwerere
Arbeiten verrichtet werden können etc.
ad 3. Neben der Funktionsfähigkeit des verletzten Beines und
der Arbeitsfähigkeit des Verletzten wird bei der Bewertung der
Unfallfolgen unter Umständen auch die Ermittelung der Lohnver¬
hältnisse, insbesondere eventuelle Arbeitsunterbrechung mit vorüber¬
gehendem oder andauerndem Lohnausfall von nicht zu unter¬
schätzendem Werte sein, obwohl die Lohnverhältnisse an sich keinen
unbedingten Massstab für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit
bieten, da dieselben von den verschiedensten Einflüssen abhängig
sein können und nicht immer dem eigentlichen Werte der geleisteten
Arbeit entsprechen. 1
Bekanntlich hat auch das Reichsversicherungsamt den Grund¬
satz ausgesprochen, dass der tatsächliche Arbeitsverdienst wohl
ins Gewicht fallen, aber nicht ohne weiteres für
sich ausschlaggebend sein kann.
Die Mehrzahl der Berufgenossenschaften begnügt sich nicht mit
der Beschreibung des Körperzustandes und der Verrichtung des
betreffenden Gliedes seitens des untersuchenden Arztes, sondern sie
verlangt vom Arzte eine Abschätzung in Prozenten und zwar in der
Regel eine bestimmte Zahl über den Grad der verminderten Erwerbs¬
fähigkeit. Es dürfte sich aber doch aus verschiedenen Gründen emp¬
fehlen, dass der Arzt überall, wo das tunlich ist, wie z. B. bei den
Gliedmassen, nicht bloss eine beliebige willkürliche Zahl in Pro¬
zenten angibt, sondern auch noch — besonders in schwierig ge¬
lagerten Fällen — den Grad der Gebrauchsfähigkeit oder Gebrauchs¬
unfähigkeit des verletzten Gliedes beisetzt, etwa mit der Aeusserung:
der Finger, die Hand, der Arm, das Bein ist 3U, V2, V«, 2U, Vs ge¬
brauchsfähig, bzw. gebrauchsunfähig.
Als ein ungefährer Anhalt für die Bemessung der Ein-
busse von Arbeitsfähigkeit durch Behinderung des Gehens und
Stehens in Prozenten mag nach Becker die allgemeine Massgabe
dienen, dass ein Schaden des Beines vom Oberschenkel abwärts,
welcher noch ein halbstündiges Gehen ohne Stock erlaubt, kaum
über 30 Proz. und ein solcher Schaden, welcher alles Gehen ohne
Stock überhaupt verbietet, bis zu 60 Proz. Einbusse an Arbeits¬
fähigkeit zu schätzen sein dürfte
Muss ein Verletzter, weil er unfähig ist, andauernd zu stehen 1
oder zu gehen, auf jede Arbeit im Gehen und Stehen verzichten,
ist er also lediglich auf Arbeiten im Sitzen angewiesen, so wird,
in der Regel eine 60 — 70 proz. Erwerbsbeschränktheit anzunehmen
sein. Denn der Kreis der im Sitzen ausführbaren Arbeiten ist mei¬
stens ein sehr enger, um so mehr als ein grosser Teil derselben:
so beschaffen ist, dass zu ihrer ordnungsgemässen Erledigung eine
gewerbliche Vorbildung, mindestens aber eine manuelle Ue,bung des
Arbeiters erforderlich ist, die besonders im vorgerückten Alter des
Verletzten oft schwer oder für ständigen und sicheren Verdienst
ungenügend zu gewinnen ist. t
Im allgemeinen wird die Abschätzung der Unfallfolgen nach
Zehenverletzungen unter Berücksichtigung der oben aufgeführten
allgemeinen Gesichtspunkte keine besonderen Schwierigkeiten
machen. In der Regel sind auch die wirklichen Unfallfolgen der Zehen-
verletzungen nach der 13. Woche so geringe, dass meistens nur kiei-i
nere Renten in Betracht kommen und diese nur vorübergehend, etwa
1 bis 2, oder höchstens 3 Jahre resp. so lange, bis vollkommene An¬
passung und Angewöhnung angenommen werden kann.
Hierüber sind Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes in
grösserer Zahl vorhanden, von denen einige als typische Beispiele!
kurz angeführt sein mögen.
So wird der Verlust der Grosszehe oder einer
anderen Zehe ursprünglich mit 10, 15 und 20 Proz. entschädigt,
eine Dauerrente jedoch nach Eintritt der Gewöhnung nicht gewährt.
Für den Verlust der Endglieder der grossen und
zweiten Zehe erhält der Verletzte ursprünglich 15 Proz., später
0 Proz.
Verlust der 3., 4. und 5. Zehe und Steifheit der
2. Zehe in den beiden ersten Gelenken wird ursprüng¬
lich mit 20 Proz. entschädigt, eine Dauerrente wird jedoch nicht ge¬
währt.
Steifheit sämtlicher Zehen und Abflachung:
des Fusses nach Mittelfussbruch wird ursprünglich mit 20 Proz.1
entschädigt, eine Dauerrente wird nicht gewährt.
Verlust der Grosszehe und zweiten Zehe wird
ursprünglich mit 10 Proz. entschädigt, später 0 Proz.
Verlust der grossen und zweiten Zehe und
Verlust der 3. bis 5. Zehe bis auf die Grundglieder wird ur¬
sprünglich mit 33L1 Proz., später mit 10 Proz. entschädigt.
Verlust der halben Grosszehe und der drei
mittleren Zehen wird ursprünglich mit 20 Proz., später mit
10 Proz. entschädigt.
Verlust der 2. Zehe, Hervorstehen der Gross¬
zehe beim Auftreten nach der Streckseite wird ur¬
sprünglich mit 15 Proz. entschädigt, später 0 Proz.
Verlust der 2., 3., 4. und 5. Zehe, in der Fussohle
hornartig verhärtete, stark druckempfindliche!
Narbe wird bei einem landwirtschaftlichen Arbeiter später mit
30 Proz. entschädigt.
Leichte Versteifung, Verdickung und Ver¬
kürzung der rechten Grosszehe wird bei einem Tag¬
löhner gar nicht entschädigt.
Bei Versteifung sämtlicher Zehen in günsti¬
ger Stellung derselben wird eine Dauerrente nicht gewährt.
Bei mässiger Verdickung des Grosszehen¬
grundgliedes, Versteifung des Grundgelenkes in
S t r e c k s t c 1 1 ung und mässiger Beweglichkeits¬
beschränkung des Nagelgliedes wird eine Entschädigung
nicht gewährt.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
•471
. März 1913.
Der Verlust sämtlicher Zehen würde nach T h i e m
iit 15, höchstens 20 Proz. dauernd zu entschädigen sein. Die früher
bliche Entschädigung mit 33 V3 Proz. war viel zu hoch.
Aus dieser Zusammenstellung ist die Schlussfolgerung zu
iehen, dass in der Regel
1. der glatte Verlust einzelner Zehen, einschliesslich der
ürosszehe, ferner der glatte Verlust auch von zwei oder drei
und vier Zehen nicht dauernd entschädigt werden;
2. in günstiger Stellung (Streckstellung) versteifte Zehen,
selbst bei glatter Versteifung sämtlicher Zehen, nicht
dauernd entschädigt werden;
3. der glatte Verlust sämtlicher Zehen eines Fusses nicht
höher als mit 15 bis 20 Proz. dauernd entschädigt wird.
4. durch Narben, krankhafte Nagelveränderungen. Zehenver-
kriippelungen etc. hervorgerufene entzündliche, schmerzhafte
Reizzustände nur für die Dauer des Reizzustandes entschädigt
werden, der in der Regel nur vorübergehender Natur ist.
V.
Schliesslich möchte ich noch kurz auf ein paar kleine Broschüren
ufmerksam machen, welche neben dem Meisterwerke von Thiems
landbuch für Unfallkrankheitcn für die Bewertung und Abschätzung
er Unfallfolgen nach Verletzungen der Gliedmassen bzw. der Zehen
anz vorzügliche Dienste leisten, besonders durch die in diesen
Verkchen gesammelten instruktiven Reichsversicherungsamts- und
chiedsgerichtsentscheidungen :
1. Gewöhnung an Unfallfolgen als Besserung von L. Claus,
Verlag von Göhnemanns Buchdruckerei (Fr. Diers) in Han¬
nover (mit sehr übersichtlichen Abbildungen);
2. Begutachtung der Finger-, Arm- und Beinverletzungen von
Landesmedizinalrat Prof. Liniger (Verlag von Schwann
in Düsseldorf).
Ausser diesen beiden Sammlungen wurden literarisch noch
aintsächlich benützt:
Hyrtl: Anatomie des Menschen und topographische Anatomie.
Rauher: Anatomie des Menschen. — Schmid: Unser Körper,
laudbuch der Anatomie, Physiologie und Hygiene der Leibesübungen.
- Duchenne: Physiologie der Bewegungen. — Ranke: Der
lensch. — Statik und Mechanik des menschlichen Fusses von Herrn.
. Meyer. — Koenig: Lehrbuch der Chirurgie. — Thiem:
landbuch der Unfallerkrankungen (2. Auflage). — Becker: Lehr-
uch der ärztlichen Sachverständigentätigkeit für die Unfall- und
ivaliditätsvcrsicherungs-Gesetzgebung. — Golebiewski: Un-
dlheilkunde. — Kaufmann: Handbuch der Unfallverletzungen.
- Waibel: Leitfaden für Unfallgutachten. — Goertz: Bedingt
er Verlust der Grosszehe eine dauernde Erwerbsbeschränkung?
'lonatsschr. f. Unfallheilk. 1900, No. 8. • — Lange: Plattfuss-
eschwerden. Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 6.
uis der inneren Klinik des Hospitals zum Heiligen Geist in
Frankfurt a. M. (Direktor: Prof. Treupel).
’ierjährige Erfahrungen mit unterbrecherlosen (Gleich-
ichter) Röntgenapparaten und einige wichtige Neue¬
ungen an denselben. Zugleich ein Beitrag zur Frage
der Apparatbeurteilung durch den Arzt.
Von Dr. Franz M. Groedel,
• orstand der Röntgenabteilung des Hospitals, Arzt in Bad
Nauheim.
Jeder mit der Röntgentechnik vertraute Arzt kennt den
.Unterbrecher“ als den heikelsten Teil des eigentlichen Rönt-
leninstrumentariums. Es ist dies diejenige Stelle, die der
;rössten Abnutzung und Veränderung ausgesetzt ist, die
lauernd nachreguliert werden muss, von deren vorsichtigen
Behandlung und individuellsten Anpassung an den jeweiligen
rewollten Effekt in letzter Linie die Leistung des Röntgen-
ipparates abhängt. Ein unterbrecherloser Röntgenapparat
)edeutet daher in der Hand des technisch wenig erfahrenen
(rztes oder seiner Assistenz eine so wesentliche Vereiti-
achung und Betriebserleichterung, dass der Ausbau derartiger
\pparatsysteme schon im Interesse einer noch schnelleren
Einführung der Röntgenologie in weiteste Aerztekreise mir
kingend erwünscht schien.
Unterbrecherlose Röntgenapparate können auf verschie-
lene Weise konstruiert werden. Am aussichtsreichsten ist
edoch die Benutzung oder Erzeugung eines Wechselstromes,
■ier durch geeignete Vorrichtungen auf hohe Spannung trans-
ormiert und durch sekundäre Gleichrichtung in pulsierenden
Gleichstrom umgewandelt wird. Neben dem genannten
grossen, aber mehr äusserlichen Vorteil des Fortfalles jeder
Unterbrechervorrichtung stellt ein solcher Apparat insofern
einen grossen technischen Gewinn dar, als bei ihm auch ein
direkter Anschluss an Wechselstrom möglich ist — alle
anderen diesem Zweck dienenden Systeme haben seither ver¬
sagt, so dass wir genötigt waren, uns für Röntgenzwecke
stets Gleichstrom zu erzeugen — und dass kein Schliessungs¬
strom auf tritt. Auf Ursache, Wesen und unerwünschte Wir¬
kung des Schliessungsstromes kann und brauche ich hier nicht
einzugehen. Endlich ist noch zu sagen, dass bei diesem
Apparatsystem die Messung der sekundären Energie exakter
zu bewerkstelligen ist als bei den Unterbrecherapparaten.
Schon 1897 ist — wie es scheint nur im Prinzip — durch den
Amerikaner Le mp eine derartige Maschine für Röntgenzwecke
konstruiert worden. Wie aus der Patentschrift zu ersehen ist. er¬
zeugt der Apparat einen hochgespannten Wechselstrom, dessen gleich¬
gerichtete Impulse durch eine von einem Synchronmotor angetriebene
Vorrichtung sozusagen herausgefangen werden. Erst 1903 wurde
von deutscher Seite eine ähnliche Konstruktion erdacht. F. I. Koch1)
beschrieb eine Vorrichtung, die — ähnlich dem Lemp sehen Vor¬
schlag und ähnlich den in der elektrotechnischen Messtechnik für
niedere Spannung schon lange gebräuchlichen mechanischen Gleich¬
richtern (Janus) — den zunächst erzeugten hochgespannten Wechsel¬
strom in pulsierenden Gleichstrom umwandelte. Die Gründe, warum die
durch die Koch sehe Erfindung im Prinzip gelöste und durch die
Koch sehen Publikationen allgemein bekannte Angelegenheit nicht
weiter verfolgt wurde, interessieren uns hier nicht. Tatsache ist,
dass 5 Jahre lang weder in der Literatur noch in der Praxis ein
derartiges Apparatsystem Beachtung resp. Anwendung fand.
Da ich den von Koch beschrittenen Weg für besonders
aussichtsreich hielt, veranlasste ich die Firma Reiniger,
Gebbert & Schall in Erlangen, ihr Interesse der Frage
zuzuwenden. Es zeigte sich in der Tat, dass in einem der¬
artigen Apparat ein technisch guter Effekt erzielt werden kann.
Bezüglich der Konstruktionsdetails verweise ich auf die aus¬
führliche Veröffentlichung von Fr. Janus2 *). Meine prak¬
tischen Erfahrungen und meine ersten mit dem Apparat er¬
haltenen Resultate demonstrierte ich 1908 auf dem vierten
internationalen Kongress in Amsterdam :1), woselbst ich auch
einen kleinen, nur einige Kilo schweren Modellapparat vor¬
führte, der im Verhältnis zu seinen geringen Abmessungen
ganz erstaunliches leistete. An gleicher Stelle beschrieb auch
der Amerikaner H. C. S n 0 o k 4) einen neuen „Röntgen¬
generator“, der ebenfalls auf den von Lemp und Koc h
bereits fixierten und erprobten Grundlagen aufgebaut war.
Obgleich der unterbrecherlose Röntgenapparat anfangs
gerade aus den Reihen der Fabrikanten am heftigsten be¬
kämpft wurde, sahen sich doch fast alle grösseren in- und aus¬
ländischen Fabriken bald veranlasst, nach gleichem Prinzip
Apparate zu bauen. Die Aerzte erkannten nämlich sehr bald,
dass es sich bei dem neuen System, wie Janus sagt, nicht
mehr um einen „Apparat“, sondern um eine „Maschine“ han¬
delt, die im Gegensatz zu den bisher üblichen Apparaten
— den Produkten der Feinmechanik — gegen Abnutzung,
schlechte Behandlung und unzweckmässige Bedienung ebenso
widerstandsfähig ist, wie jeder Industrieelektromotor.
Der unterbrecherlose Röntgenapparat ist zurzeit wohl
der verbreitetste und die Erfahrung der meisten Aerzte scheint
mit der meinigen übereinzustimmen, dass mit keinem anderen
Apparatsystem ein gleich sicheres und bequem abstufbares
Arbeiten möglich ist.
Nur zwei Nachteile machten sich mir sehr bald bemerk¬
bar, deren Beseitigung ich seither erstrebte.
Bekanntlich wird durch die Erwärmung der Röhre resp. ihrer
Antikathode eine Arbeitsgrenze gezogen, deren Beachtung aus
schwerwiegenden ökonomischen Gründen jedem Röntgenologen mit
den Anfangsgründen eingeimpft wird. Für die Röntgenographie ist
die Frage heute nicht mehr so wichtig, weil wir gelernt haben,
unseren Röntgenröhren in kürzester Zeit so viel Energie zuzuführen,
dass jedes Photogramm im Verlaufe weniger Sekunden oder in
Bruchteilen einer Sekunde hergestellt werden kann. Die aufge¬
speicherte Röhrenwärme kann dann in beliebig langer Zeit nach
aussen abgegeben werden. Anders bei der Röntgendurchleuchtung
und der Röntgentherapie. Hier handelt es sich um eine mehr oder
weniger lange durchgefiihrte Dauerbelastung, die der Röhre nur wenig
Zeit zur Wärmeabfuhr gibt und so schliesslich zu einer gefährlichen
1) Annalen der Physik. Vierte Folge, Bd. 4, S. 547. 1904 und
Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen, Bd. VIII. 1903.
2) Zeitsehr. f. med. Elektrol. u. Röntgenkunde, Bd. XI.
:1) Siehe auch Deutsche med. Wochenschr. 1908, No. 49.
4) IV. internationaler Kongress f. med. Elektrol. u. Radiol.,
Amsterdam 1908.
472
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
Wärmestauung führen muss. Da das Funktionieren der Röhre durch
Fnergiestösse verursacht wird (geliefert vom Röntgenappaiat), 5
müssen wir also sehen, dass bei Dauerbetrieb die Pausen zwischen j
diesen Energiestössen möglichst gross sind und so eine genügende j
Wärmeausstrahlung bzw. Wärmeabfuhr auch während des Rohren- ^
betriebes ermöglicht wird. Nun wissen wir, dass die Deuthchkei
resp Helligkeit des Durchleuchtungsbildes mehr von der Art der
einzelnen Energieimpulse der Röntgenröhre, nicht von ihrer Zahl ab¬
hängig ist. Sobald deren Zahl 30 pro Sekunde erreicht, sieht unser
Auge ein vollkommen ruhiges nicht flackerndes Bild. Von diesen
Ueberlegungen ausgehend sagte ich mir, dass beim unterbrecher-
losen Apparat, der beispielsweise bei 50 Perioden 100 Impulse pro
Sekunde liefert, die Röhre bei der Röntgendurchleuchtung mindestens
50 Proz. zwecklos vergeudete Energie erhält und dass durch Aus¬
schaltung dieser Energiemenge die Röhre bei absolut gleicher Prak¬
tischer Leistung nur die halbe Erwärmung erfahren müsse. Ich
führte daher jeden zweiten Impuls des Röntgenapparates — es lasst
sich bei der AH der unterbrecherlosen Apparate mit Leichtigkeit die
negative und die positive Stromphase gesondert abfangen — in eine
verdeckt untergebrachte zweite Röntgenröhre und erzielte so eine
ganz bedeutende Röhrenentlastung, so dass also nun das unter-
hrecherlose Apparatsystem auch für Durchleuchtungs- und Therapie¬
zwecke keinen höheren Röhrenverbrauch aufweist, wie sonstige
Apparate. An Stelle der Röntgenröhre brachte ich spater eine ventil¬
röhre an, um die unnötige Röntgenstrahlenbildung zu vei meiden.
Und schliesslich gelang es mir. die überflüssige Stromphase 111 ein..n
besonders gebauten Widerstand abzuleiten, der durch einen einfachen
Handgriff leicht ein- und ausgeschaltet werden kann, je nachdem
man den Apparat gerade für Durchleuchtungs- oder Aufnahmezwecke
benutzen will. Ueber diese Vorrichtung berichtete ich zum erstenmal
1910 auf dem IV. Röntgenkongress. Seither hat sie allerorts, mit
bestem Erfolg Anwendung gefunden. Für die moderne forcierte
Tiefentherapie hat sich ausserdem die Verwendung eines sogen.
„Rhythmeurs“ gut bewährt, eines Apparates, der automatisch, den
Primärstrom nur für kurze Zeiträume einschaltet und an jedes
Röntgeninstrumentarium angeschlossen werden kann.
Der zweite für die Praxis weniger wichtige Nachteil schien
mir der zu sein, dass die Grenze der Leistungsfähigkeit der unter¬
brecherlosen Apparate dann gegeben ist, wenn wir den Appaiat mit
der zur Verfügung stehenden Strommenge maximal belasten. Bei
den mit Unterbrechern arbeitenden Apparaten lässt sich dagegen
durch die Art der Stromunterbrechung noch eine weitere Ettekt-
steigerung erzielen. Diese von mir schon anfangs geäusserten e-
denken haben sich in der Folge bestätigt. Während Induktor und
Gleichrichterapparat zunächst vollkommen gleiche maximale
Leistungsfähigkeit aufwiesen, hat der Induktor m der Zwischenzeit
durch Einführung der von A lb e r s- S ch ö nbe r g und Waltei,
von Eijkmann, Koch, D e s s a u e r und vielen anderen schon
lange inaugurierten Einschlagunterbrecher einen Vorsprung erhalten,
wenigstens für die Zwecke, wo kürzeste Expositionszeiten — also
von 1U 0 Sekunde und weniger -- notwendig werden.
Es galt also nun den unterbrecherlosen Gleichrichterapparat so
auszubauen, dass auch mit ihm Aufnahmen mit einem einzigen In¬
duktionsschlag möglich werden. Als idealste Vervollkommnung
schwebte mir hierbei der Gedanke vor, nur einen der 100 pro be¬
kunde erzeugten Stromimpulse des Apparates zu benutzen. Al.e
seither in dieser Richtung unternommenen Versuche — Kuppelung
mehrerer Transformatoren usw. — haben noch keine befriedigenden
Resultate gezeitigt. Ich schlug daher vor, den Apparat so zu modi¬
fizieren, dass eine der seither beim Induktor für Einschlagaufnahmen
benützten Vorrichtung auch bei ihm Verwendung finden konnte v, ic
dies durch eine im Laboratorium der R e in 1 g e r, ü e.b b e r t
& Schall A,G. erprobte Konstruktion möglich geworden ist, will
ich in folgendem kurz erläutern. , ,
Die Grösse der Sekundärspannung hängt wie bekannt neben
anderen Momenten von der Zeitdauer ab, während der das durch
den Stromschluss hervorgerufene Magnetfeld wieder zum ver¬
schwinden kommt. Hierfür ist in erster Linie die Geschwindigkeit
massgebend, mit der die Unterbrechung des Primärstromes eriolgt.
Nun ist weiter allgemein bekannt, dass in einem eisengeschlossenen
Transformator (Gleichrichterapparat) die Entmagnetisierung viel
langsamer erfolgt, wie in einem eisenoffenen Transformator (Induktoi.)
Um daher die für eine Einschlagaufnahme notwendige Spannung
auch beim Gleichrichterapparat zu erreichen, muss diesem ein bereits
rapid erfolgender primärer Stromstoss zugeführt werden. Die Frage
ist in folgender höchst ingeniöser Form gelöst worden: Wir lassen
den Strom zunächst durch eine Vorrichtung laufen, die im wesent¬
lichen einem kleinen aber neuartig dimensionierten und gebauten
Transformator mit offenem Eisenkern entspricht. In diesem kleinen
Zusatzapparat wird durch den, in bekannter Weise rapid unter¬
brochenen, Primärstrom ein sehr kurzer Sekundärstrom erzeugt, der
in den grossen Transformator weitergeleitet, nun in diesem einen
ebenfalls rapid ablaufenden aber gleichzeitig sehr hochgespannten
Sekundärstromstoss hervorruft.
Die benötigte primäre Stromstärke ist daher nicht höher, wie
beim Unipulsinduktor. Sie beträgt etwa 50 Ampere. Die Handhabung
des Apparates wird durchaus nicht komplizierter wie früher. Ein
Hebelschalter dient zur Umschaltung vom gewöhnlichen auf Ein¬
schlagbetrieb. Die Bedienung des Einschlagunterbrechers selbst ist,
wie ja bekannt, äusserst einfach.
Es muss nun zum Schluss noch die Frage erledigt werden
wie sich die Leistungen des Qieichrichterapparates zu dene,
anderer Apparatsysteme, also besonders der Induktorien, ver
halten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich einige Worte ein
flechten über die Gesichtspunkte, nach denen die Leistungs
fähigkeit eines Röntgenapparates vom Standpunkt des Arzte
ganz allgemein zu beurteilen ist.
Hergenhahn5) hat z. B. kürzlich an dieser Stell
7 Punkte fixiert, nach denen Vergleichsversuche an verschic
denen Apparaten vorgenommen werden sollen. Die Frage
Hergen hahns lassen sich kurz zusammenfassen: 1. welche
Apparat ist leichter zu bedienen, 2. welcher gibt auch bei nicl
ausgesprochen fachmännischer Bedienung bessere Resultat«
3 welcher liefert kürzeste Expositionszeiten, 4. welcher vei
braucht mehr Röhren, 5. welcher ist den einzelnen röntger!
diagnostischen Zwecken, 6. welcher den verschiedenen rön
gentherapeutischen Bedürfnissen besser anpassbar, 7. welch«
Apparat liefert die besten Bilder?
Auf Grund meiner Erfahrungen mit den verschiedenste
Apparatsystemen, speziell mit kleinen, grossen und sei
grossen Induktorien, mit Quecksilber-, Wehnelt- und Eil
schlagunterbrechern, mit den früheren Gleichrichterapparat«
und dem neuen Einzelschlag-Gleichrichterapparat, darf ich m
ohne weiteres ein Urteil über meine Fragen 1 — 6 erlaube
um so mehr als ich auch die Erfahrungen, die ich bei d«
röntgenologischen Ausbildung zahlreicher Kollegen gesamrm,
habe, mit verwerten kann.
ad 1. Am leichtesten ist derjenige Apparat zu bedienen, der 11
der geringsten Zahl von Schaltern, Hebeln usw. arbeitet, also
erster Stelle ein Gleichrichterapparat.
ad 2. Ganz besonders gilt dies für technisch weniger gut ai
gebildete Bedienung. Hier ist der Gleichrichterapparat der ideals.
ad 3. Die Kürze der Expositionszeiten hängt ab: a) von der Höl
der zur Verfügung stehenden primären Stromintensität. Ist al»
Anschluss an 220 Volt und dickes Zuführungskabel vorhanden, 1
erhalte ich kürzere Expositionszeiten, als wenn ich nur 110 Volt 1-
nutzen kann und nur wenige Ampere aus einem dünnen Zufiihruns-
kabel herauszuholen vermag; b) von den Abmessungen des Apparat
resp. den Umsetzungsverhältnissen. Ein kleiner Apparat lieft
naturgemäss weniger wie ein grosser, gleich einer kleinen und grosn
Pumpe. Aber die grösste Pumpe kann nicht mehr Wasser liefe,
als ihr unterirdischer Sekundenzufluss gestattet. Mit anderen Wort ,
es gibt eine oberen Grenze für Röntgenapparate, über die hina-
zugehen zwecklose Materialvergeudung ist. Im übrigen ist heute «s
optimale Umsetzungsverhältnis allen Fabrikanten bekannt, so d;S
hierin von jedem soliden Apparat eine fehlerfreie Anlage erwai t
werden darf. Endlich ist c) die Art der Unterbrechung zu erwähm
Ein elektrolytischer Unterbrecher leistet immer noch mehr wie R
Quecksilberunterbrecher, ein Einschlagunterbrecher mehr wie d
erstere. Der Gleichrichterapparat ist dem Wehnelt unbedingt ebenbur:,
Hieraus ergibt sich, dass mit jedem Apparatsystem bei genügen «1
Stiomzufuhr, bei genügender Apparatdimensionierung und wisst-
schaftlich erprobtem Umsetzungsverhältnis gleich kurze Exposition
Zeiten erhalten werden müssen.
ad 4. Nach meiner langjährigen Erfahrung ist der Röhrenv
brauch für gleiche Anforderungen bei allen Apparatsystemen vl
kommen gleich. In der Hand eines erfahrenen Röntgenologen mii
heute eine Röntgenröhre bis zum Eintritt der unvermeidlichen Alt«s
erscheinungen funktionstüchtig bleiben — Voraussetzung ist
wissenschaftlich exakter Aufbau des benutzten Röntgenapparates i'
eine dem benutzten System angepasste Röhre.
ad 5 und 6. Es gibt kein System, das sich nicht für alle
gnostischen und therapeutischen Zwecke benutzen Hesse. Allein i
Dimensionierung der Apparate bedingt die obere Grenze £
Leistungsfähigkeit. (Spezialinstrumentarien machen natürlich fl1
Ausnahme.)
Es wäre zu diesen Punkten noch vielerlei zu sagen. -
dürfte aber hier nicht der Ort sein, auf Einzelheiten n
zugehen. Ich wende mich nun noch zu der allzuhäufig 0
falschem Gesichtspunkte aus diskutierten 7. Frage: Weke
Apparatsystem gibt die besten Bilder? Hier sind zwei Uni
fragen zu beantworten.
Wonach schätze ich die Güte eines Röntgenbildes? Nach ü
Schärfe seiner Zeichnung und seinem Kontrastreichtum — hkft
ist die Röhre, die Platte, der eventuell benutzte Verstärkungsscir
und die Art des Entwicklungsprozesses in allererster Linie ns:
gebend. Ferner nach dem deutlichen Hervortreten des darzustelleif
Organes und seiner Teile. Hierfür ist wieder die richtige Wählt
Röhre massgebend. Die Lungenzeichnung bedarf einer weichen 1
plastische Darstellung des Herzens einer mittelweichen, die 1»
Magens einer harten Röhre usw. Ueberhaupt wird die Güte d«
5) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 34.
. März 1913.
MUENCHENfcfc MEblZlNlSCHE WOCHENSCHRIFT.
473
'öntgenbildes nicht anders wie die einer Lichtphotographie individuell
ehr verschieden beurteilt, je nach den Neigungen und Ansichten der
inzelnen Röntgenologen.
Bleibt die zweite Frage zu beanworten: wenn die Bildqualität
i der Hauptsache von der Röhre bedingt wird, wovon hängt die
(öhrenqualität ab? Die Röhre muss nicht nur wissenschaftlich
urchgebildet sein und allen bekannten Forderungen — z. B. scharfer
Srennpunkt usw. — entsprechen, sie muss vor allem dem benutzten
vpparatsystem angepasst werden. Und nicht nur der Fabrikant muss
Liese Tatsache beherzigen, auch der Röntgenologe. Eine Röhre, die
ur Induktorbetrieb gebaut ist, darf nicht gleichzeitig mit Gleich-
ichterapparaten belastet werden; eine Röhre, die für Einschlagauf-
lahmen vorgesehen ist, kann mit Quecksilberunterbrecher keine
iptimale Leistung zeigen. Durch wahllose Verwendung der Röhren
verden sie für den ihnen ursprünglich bestimmten Verwendungs-
lezirk stets weniger leistungsfähig, oft vollkommen unbrauchbar,
ch kann diesen Satz durch meine neuesten Erfahrungen bekräftigen.
Selbst bei Einschlagaufnahmen zeigten meine Röhren, wenn sie an
lern Idealapparat (Gleichrichter) angeschlossen waren, um 2 WE.
■reicheres Licht, als beim Unipulsbetrieb (Induktor). Mit gleichen
Röhren wurde z. B. eine Lungenaufnahme mit dem Ideal erstklassig
.reich und scharf, mit dem Unipuls hart und unscharf; eine Magen-
lufnahme mit dem Ideal verschwommen, mit Unipuls sehr scharf und
dastisch. Röhren, die mit einem der beiden Apparate eingearbeitet
, raren und gute Bilder lieferten, Hessen in der Bildqualität viel zu
wünschen übrig, wenn sie längere Zeit auch mit dem anderen Ap¬
parat betrieben waren.
Wonach, so wird der vor der Anschaffungsfrage stehende Arzt
ragen, soll ich dann die Leistungsfähigkeit eines Apparates beur-
eilen? Vor allem nicht nach dem Ausschlag des Milliamperemeters.
Dieses so viel missbrauchte Beweisobjekt der Fabrikanten sagt gar
lichts. Erstens sind diese Messapparate verschieden konstruiert und
ergeben je nach Konstruktion völlig voneinander abweichende Werte.
Weiterhin findet man in jedem physikalischen Werk den Beweis
.rbracht, dass der Ausschlag dieses Instrumentes von dem Apparat-
System (Kurvenform) abhängt — beim Gleichrichterapparat z. B.
ranz andere Werte zeigt, wie beim Induktor. (Auf die eigentliche
Bedeutung des Milliarnperemeters gehe ich hier nicht ein.) Auch
nicht nach der Schärfe einiger Demonstrationsbilder können wir
gehen; ebensowenig nach der Mitteilung einiger Rekordzeiten. So
ange wir keine unabhängige „staatliche Prüfungsstelle für Röntgen-
ipparate und Zubehör“ besitzen, bleibt uns nur ein Mittel: uns selbst
möglichst gut vor- und auszubilden und dann den ins Auge gefassten
Apparat einige Zeit praktisch auszuprobieren, eventuell in einem
anderen Laboratorium den Betrieb des Apparates zu verfolgen.
Die vorstehenden Ausführungen werden es begreiflich
machen, warum ich auf eine detaillierte Vergleichsbewertung
der beiden Apparatsysteme nicht näher eingehe. Ich habe
früher schon lange Zeit hindurch exakte Vergleiche zwischen
dem Cileichrichterapparat und dem Induktor angestellt, ohne
den geringsten Unterschied in ihrer Leistung finden zu können.
Den Vorsprung, den der Induktor durch die Einschlagauf-
nahmen vor dem Gleichrichter kurze Zeit besass, hat letzterer
jetzt eingeholt, nachdem es uns möglich geworden ist, auch
mit ihm Aufnahmen in weniger als 11 50 Sekunde herzustellen.
Ich habe neuerdings Vergleichsaufnahmen mit meinem für alle
Zwecke ausgebauten Unipulsinduktor und dem neuen Ein¬
schlag-Gleichrichterapparat hergestellt und finde meine alte
Erfahrung bestätigt. Im einzelnen Falle werden sonach nur
äussere Momente den Ausschlag geben, welchem von diesen
beiden im Effekt gleichwertigen Systemen der Vorzug zu
geben ist.
Aus der bakteriologischen Abteilung des Krankenhauses Fried¬
richshain (Vorsteher: Dr. W o 1 f f - E i s n e r).
Experimentelle Untersuchungen über die von Aborten,
ausgehende Infektionsgefahr und ihre Verhütung.
Von A. Wolff-Eisner in Berlin.
Für die Deutsche Clofector-Compagnie habe ich einen von der
Gesellschaft konstruierten Apparat einer Prüfung unterworfen und
habe hierbei interessante experimentelle Resultate erhalten, welche
mir einer Mitteilung wert erscheinen.
Bekanntlich ist die Reinigung der Klosette eine schwierige Frage
Im allgemeinen ist aber von ärztlicher Seite dieser hygienischen
Frage bisher keine sehr grosse Bedeutung zugeschrieben worden.
Es ist jedem praktischen Arzte bekannt, dass häufiger von Pa¬
tienten die Angabe gemacht wird, dass sie sich irgend eine Ge¬
schlechtskrankheit durch Benutzung eines Abortes zugezogen hätten.
Meist wurde ärztlicherseits diese Mitteilung mehr von der komischen
Seite aufgefasst, und es zirkulieren in Kollegenkreisen eine ganze An¬
zahl von Scherzworten, mit denen derartige Angaben oder Anfragen
beantwortet wurden. Trotzdem hat, wie die nachher anzuführenden,
experimentellen Resultate ergeben haben, diese Angelegenheit ihre
durchaus ernste Seite; denn es hat sich gezeigt, dass Gonokokken-
N». 9.
eiter, der auf eine Abtrittplatte gebracht wurde, noch nach zwei
Stunden Eintrocknung vollkommen gut und reichlich anwachsende
Gonokokkenkolonien ergab. Damit dürfte erwiesen sein, dass eine
Gonokokkeninfektion auf einem infizierten Abtritt durchaus erworben
werden kann, und dass dies ganz besonders nach Lage der Sache für
Frauen zutreffen muss, da deren Schleimhäute nach ihrer Beschaffen¬
heit und Lagerung für eine solche Infektion leichtere Möglichkeiten
bieten.
Bei vielen Menschen bestand, schon bevor diese Beobachtung
experimentell gesichert war, eine berechtigte Scheu vor der Be¬
nutzung fremder Abtritte, und man muss zugeben, dass an Stellen, an
denen viele Personen solche Einrichtungen benutzen, wie in Hotels,
Restaurants, Eisenbahnen, bei Behörden, beim Militär etc., jederzeit
eine Verunreinigung des Abortes mit infektiösem Material durch Be¬
schmutzung der Abtrittplatte mit Urin, Stuhl und Eiter möglich ist;
nur in sehr wenigen Fällen sind Personen mit der dauernden Rein¬
haltung der Aborte betraut, und noch seltener ist die Reinhaltung
eine andere als eine mechanische, da fast immer nur mit einem feuch¬
ten Lappen die Abortplatte abgewischt wird. Es braucht nur auf
diese übliche Art der Reinigung der Abortplatte hingewiesen zu wer¬
den, um gleichzeitig zu erweisen, dass auf diese Weise eine Un¬
schädlichmachung der auf die Abortplatte gelangten Bakterien nicht
erzielt wird.
Im allgemeinen wurde, wie schon erwähnt, die Gefahr, die durch
die Benutzung derartiger Aborte entsteht, nicht für sehr gross ge¬
halten. Allein es genügte der Gedanke, dass eine solche Infektion
möglich ist, schon, um sehr vielen Menschen die Benutzung der frem¬
den Aborte zu etwas höchst unappetitlichem zu machen. Die oben¬
erwähnten Versuche zeigen, dass die Gefahr — die darum nicht über¬
trieben werden soll — jedenfalls grösser ist, als man beim Fehlen sol¬
cher Versuche bisher annehmen konnte. Da aber die Benutzung frem¬
der Aborte nicht unter allen Umständen zu vermeiden ist, und es
selbst in der eigenen Häuslichkeit nicht immer möglich ist, andere
Personen, wie Gäste, Bedienung, von der Benutzung des Klosetts
auszuschliessen, so gewinnt damit die Frage, wie solcher Gefahr ent¬
gegengewirkt werden kann, ein bedeutendes hygienisches und wirt¬
schaftliches Interesse.
Wenn wir nun die Infektionen, die bei der Benutzung eines Klo¬
setts im wesentlichen in Betracht kommen könnten, in Rücksicht
ziehen, so handelt es sich wohl vor allem um Infektionen durch Gono¬
kokken, Typhusbazillen und um die Syphilis. Es ist klar, dass mau
durch die Benutzung der gewöhnlichen Desinfizientien: Sublimat, Kar¬
bol, Lysol etc. dieser Gefahr entgegentreten könnte. Der Anwendung
dieser Desinfizientien stehen 'jedoch verschiedene Schwierigkeiten
im Wege: 1. erfordert die Anwendung derartiger Desinfizientien die
Anwesenheit von dauernd mit der Reinhaltung des Abortes betrautem
Bedienungspersonal, 2. wird auf diese Weise die Abortplatte feucht
und dadurch für den Gebrauch unangenehm, und 3. vertragen die für
elegante Aborte fast stets verwendeten polierten Hölzer auf die Dauer
die Anwendung dieser flüssigen Desinfizientien nicht.
Eine zweckmässige hygienische Desinfektion von Klosettanlagen
muss daher die Bedingung erfüllen, dass die Desinfektion ohne Zutun
von Personal erfolgt, und dass zweitens eine Beschädigung der Abort¬
platte bei der Desinfektion
nicht eintritt. Es muss sich
daher um eine Desinfek¬
tionseinrichtung handeln,
welche durch ein gas¬
förmiges Desinfiziens vom
Klosettdeckel auf die Abort¬
platte wirkt. Nach Lage
der Dinge kommen im we¬
sentlichen Formalinpräpa¬
rate in Betracht, Die hohe
Desinfektionskraft dieser
Gase ist bekannt. Der An¬
wendung von Formalin steht
jedoch der starke, stechende
Geruch entgegen.
Der von mir geprüfte
Apparat zur Desinfektion
der Abortplatte, „Clofektor“,
bewirkt in einer, nach
meiner Ansicht zweckmäs¬
sigen Konstruktion die auto¬
matische Desinfektion. Auch
hier handelt es sich um ein
Formalinpräparat, bei dem
der Geruch jedoch durch
eine mir nicht bekannte Kombination mit ätherischen Oelen so über¬
deckt ist, dass ein 10 Minuten langer Aufenthalt in einem ab¬
geschlossenen Raum keine unangenehmen Nebenwirkungen ausiibt;
gegenüber dem Fäzesgeruch kommt dem Präparat eine grosse des¬
odorisierende Kraft zu, was für unzweckmässig angelegte Aborte von
Bedeutung ist. Die betreffende Flüssigkeit hat in wässrigen Lö¬
sungen eine relativ geringe Desinfektionskraft, die erst in 5 — lOproz.
Lösungen in Erscheinung tritt, während die Wirkung der aus dem
Präparat ausströmenden Clofectorgase eine hohe ist. Die Versuche
wurden in verschiedenster Weise variiert. Es wurden z. B. bei den
4
m
MUEHcHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ _ _ _ JNo.9.
Versuchen Typhus-, Milzbrand- und Staphylokokkenbazillen, welche
an Fäden angetrocknet waren, benutzt. Diese wurden auf die Ab¬
trittplatte gebracht und, wie die bakteriologischen Versuche ergaben,
in einer Stunde abgetötet. Man darf wohl schliessen, dass, wenn die
Abtötung von Milzbrandsporen schon nach einer Stunde erfolgt, eine
Abtötung von Syphiliserregern und Gonokokken schon in kürzerer
Zeit herbeigeführt wird. Bei Anwendung derartiger Apparate wird
also die von einem Abort ausgehende Gefahr, wenn auch nicht abso¬
lut beseitigt, so doch auf ein Minimum herabgemindert. Bei den in
der Praxis bestehenden Verhältnissen gelangen nun nicht an Fäden
angetrocknete Keime, sondern mit Urintropfen oder mit den Fäzes
verteilte feine Partikelchen auf die Abortplatte. Um diese Verhältnisse
nachzuahmen, wurden Tropfen von Bouillonkultur (Typhus, Staphylo¬
kokken, Milzbrand) in dünner Schicht auf Papier angetrocknet und
der Wirkung der Clofectordämpfe ausgesetzt; und hierbei wurden
Typhusbazillen schon nach 10 Minuten, Milzbrandsporen schon nach
5 Minuten abgetötet; es gelang, diese Desinfektionswirkung auch noch
mit Apparaten, in denen die Einfüllung der Desinfektionsmasse schon
vor 8 Tagen erfolgt war, hervorzubringen.
Schliesslich wurde noch, um die Verhältnisse in der Praxis voll¬
kommen nachzuahmen, Gonokokkeneiter auf die Klosettplatte ange¬
trocknet und dieses Material der Einwirkung der Clofectordämpfe
ausgesetzt. Es wurden auf diese Weise vollständig die Verhältnisse
nachgeahmt, die sich bei Benutzung eines Abortes durch Geschlechts¬
kranke ergeben. Nach der Einwirkung der Clofectordämpfe wurde
der angetrocknete Eiter dann auf Aszitesbouillon überimpft. Bei
frischer Füllung des Apparates wurde nach einer Einwirkung von
Vi Stunde Sterilität erzielt, während bei einer 8 Tage alten Füllung
die Sterilität erst nach zweistündiger Einwirkung eintrat. War die
Füllung mit Desinfektionsmasse erst 2 Tage alt, so war das Resultat
im wesentlichen dasselbe, wie bei frischer Füllung. Es empfiehlt sich
daher, die Füllung der Apparate bei Klosetts, welche vielfach von
fremden Personen benutzt werden, alle 2 — 3 Tage vo'rzunehmen.
Es geht aus den mitgeteilten Versuchen hervor, dass durch
zweckmässige Anwendung der Clofectordesinfektion auf Abortplatten
Typhusbazillen, Gonokokken, Staphylokokken, ja sogar Milzbrand-
bazillen in 10 Minuten bis K Stunde abgetötet werden. Wenn auch
das Suchen nach einer noch besser wirkenden Masse berechtigt er¬
scheint, so ergibt sich durch die Anwendung derartiger Apparate
eine so wesentliche Herabminderung des Infektionsgefahr, die von
öffentlichen Aborten ausgeht, dass dieselbe als eine minimale ange¬
sehen werden muss. Es empfiehlt sich daher die Anwendung dieser
oder ähnlicher Apparate für alle zu öffentlicher Benutzung stehenden
Aborte.
Es wurden weitere Versuche angestellt, ob ein Torfmull¬
klosett, wie es häufig auf dem Lande in Villen zur Verwendung ge¬
langt, ebenfalls durch eine am Abortdeckel angebrachte Clofector-
einrichtung desinfiziert werden könnte. Die in dieser Richtung aus¬
geführten Versuche haben ein befriedigendes Resultat bisher nicht
ergeben.
Aus meinen Versuchen ergeben sich die folgenden Schlussfolge¬
rungen: Die von der Benutzung öffentlicher Aborte ausgehenden
Infektionsgefahren sind bisher von ärztlich-hygienischer Seite sehr
wesentlich unterschätzt worden. Nach den angestellten Versuchen,
nach denen nicht nur Typhusbazillen, sondern auch die gegen Aus¬
trocknung als hochempfindlich angesehenen Gonokokken noch nach
2 Stunden nach Antrocknung von gonorrhoischem Eiter sich als voll¬
kommen wachstumsfähig erwiesen, ergab sich, dass von Aborten
durchaus die Verbreitung von gonorrhoischen Infektionen ausgehen
kann, wenn solche angetrocknete Gonokokken bei der Benutzung von
Klosetts mit Schleimhäuten in direkte Berührung kommen. Es ist also
viel mehr als bisher auf die von solchen Klosetts ausgehende Gefahr
Rücksicht zu nehmen.
Die Desinfektion mit dem Formalinpräparat „Clofector“ ergibt
eine Abtötung der hier in Betracht kommenden Bakterien, Typhus¬
bazillen und Gonokokken aus Kulturen oder aus Eiter und Stuhl in
der Zeit von 10 Minuten bis 34 Stunde, so dass bei der Anwendung
dieser Apparate die Infektionsgefahr als sehr wesentlich herabgesetzt
gelten muss.
Aus der chirurgischen Abteilung des städtischen Kranken¬
hauses in Stralsund (Leiter: Dr. B e r n d t).
Ein einfacher Verband zur Behandlung des Schlüssel¬
beinbruches.
Von Dr. Jansen, Assistenzarzt.
Ohne in eine Kritik der ca. 80 für die Behandlung der
Klavikulafraktur angegebenen Verbände mich einzulassen,
möchte ich im folgenden einen Verband beschreiben, der von
Bernd t angegeben und seit ca. 10 Jahren am hiesigen
Krankenhaus im Gebrauch ist (demonstriert in der Sitzung der
Pommerschen Aerztevereine im Juni 1909 in Stralsund). Er
zeichnet sich durch seine Einfachheit aus und erfordert nur
einen ca. 1 m langen, 5 cm breiten Heftpflasterstreifen, eine
breite Mullbinde und ein Stück Watte, also Materialien, die
jeder praktische Arzt in seiner Verbandtasche mit sich
führt.
Der Verband wird in folgender Weise angelegt:
Phase I. Ein Stück breiter Mullbinde, 60 — 70 cm lang, wird
ausgebreitet, in der Längsrichtung ein 30 — 40 cm langes Wattestück
hineingelegt und durch Aufrollen in der Querrichtung eine „Wurst”
gebildet. Diese Wurst zieht man durch die Achsel der kranken
Schulter und knüpft die Enden hinten oben zweimal so, dass zwischen
je zwei Knoten eine Oese entsteht (siehe Fig. 1).
Phasell. In der Mitte des Heftpflasterstreifens macht mau mit
einem Stück Mullbinde eine Oese. Den Heftpflasterstreifen legt mau
über die gesunde Schulter, so dass das eine Ende der vorderen, das
andere der hinteren Brustwand anliegt. Die in der Mitte befestigte
Bindenöse kommt auf den Kukullarisrand der gesunden Seite zu
liegen (siehe Fig. 2).
Phase III. Beide Oesen
werden durch ein Stück Mullbinde
über einem dicken Wattepolster,
das den Nacken vor Druck schützt,
so zusammengeholt, dass die Frak¬
tur gut steht. Zweckmässig dabei
ist es, wenn ein Assistent den
kranken, im Ellbogen gebeugten
Arm etwas anhebt und damit die
Schulter nach hinten oben schiebt,
um dem Patienten möglichst
Schmerzen zu ersparen (siehe
Fig. 3).
Die Vorzüge dieses Ver¬
bandes liegen auf der Hand:
1. Die kranke Schulter wird zurückgeholt und nach oben
gezogen, die Fraktur in möglichst korrigierter Stellung ge¬
halten.
2. Der Verband belästigt den Patienten kaum, da er den
Thorax nicht einschnürt und den gesunden Arm frei lässt.
3. Auch der Arm der kranken Seite kann von vornherein
in mässigem Grade gebraucht werden, da Hand und Ellbogen
völlig frei sind. Nach wenigen Tagen können sogar im
Schultergelenk leichte Bewegungen ausgeführt werden.
4. Der Verband erlaubt eine einfache Kontrolle und
eventuelle Korrektur durch Nachlassen oder Anziehen des zu¬
letzt genannten Bindenstücks.
Aus der inneren Abteilung des Freiburger Diakonissenhauses1
(Chefarzt Prof. Dr. S c h ü 1 e).
Klinische Erfahrungen mit Codeonal.
Von Theodor Mann, Medizinalpraktikant.
Unter den durch Kombination von verschiedenen Nar-
koticis hergestellten Schlafmitteln hat sich das Codeonal heute
seinen Platz in der ersten Reihe der gebräuchlichen Be-
ruhigungs- und Schlafmittel zu behaupten gewusst. Mass¬
gebend hierfür war seine bei einer geringen narkotischen
Dosis verhältnismässig hohe Wirksamkeit neben dem fast
völligen Fehlen von unangenehmen Nebenerscheinungen.
Ausserdem bietet es den grossen Vorteil, dass es längere Zeit
gegeben werden kann, ohne eine Angewöhnung hervorzurufer
resp. die Dosis erhöhen zu müssen.
Wir haben das Codeonal bei 97 Patienten und zwar aus¬
schliesslich als Schlafmittel angewendet. Abgesehen vor
5 Fällen, die jedoch nur durch hohe Dosen von anderen Nar-
koticis zu beeinflussen waren, konnten wir im allgemeiner
eine durchaus befriedigende Wirkung konstatieren.
. Mürz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
475
Anfangs wurde gewöhnlich nur eine Tablette, enthaltend
,17 Codeonal, gegeben, bei welcher Dosis in vielen leichteren
allen schon eine ausreichende Wirkung erzielt werden
onnte. Meistens waren zur Erzeugung eines guten Schlafes
wei Tabletten nötig und brauchte über die Dosis von drei
abletten nie hinausgegangen werden.
Die schlafmachende Wirkung trat gewöhnlich V* Stunden
ach der Einnahme auf und erzeugte einen guten Schlaf von
twa 7 Stunden.
Sehr gut bewährte es sich bei den verschiedenen Er-
rankungen der Atmungsorgane, wo es besonders den lästigen
lustenrciz milderte und die Atmung tiefer und regelmässiger
lachte.
Von Herzkranken wurde es durchweg gut vertragen und
/ar ein nachteiliger Einfluss auf Puls und Blutdruck nicht zu
onstatieren.
Bei Erkrankungen des Nervensystems war nur in den
achteren Fällen eine sichere Wirkung zu erzielen, während
ei schweren Aufregungszuständen ein Erfolg nicht immer zu
erzeichnen war. In einem Falle war eine Kombination mit
iromural von guter Wirkung.
Auf Grund unserer Beobachtungen scheint das Codeonal
eeignet zu sein, bei allen nicht zu schweren Fällen von
Schlaflosigkeit Gutes zu leisten, besonders auch da wo man
ich gezwungen sieht, dauernd Schlafmittel anzuwenden, und
ann es hier recht gut allein oder auch abwechselnd mit
nderen Schlafmitteln gegeben werden.
Eine Präzisionswage für die Säuglingsernährung.
Von Dr. J. P e i s e r.
Mit der steigenden Sorgfalt bei der künstlichen Ernährung des
üuglings wurde die genaue Zumessung der Nahrung zur Notwendig¬
en. Insbesondere bei der diätetischen Behandlung kranker Säug-
nge wurde die exakte Dosierung der einzelnen Nahrungs-
omponenten zur Voraussetzung erfolgreicher Therapie. Nähr-
emische wie Malzsuppe und Buttermilchsuppe sind ohne exakte
»osierung der Kohlehydratzusätze nicht zweckentsprechend her-
ustellen und zu verwenden.
Jedoch eine solche genaue Dosierung bietet nicht selten tech-
ischc Schwierigkeiten, namentlich ■ wenn es sich um geringe Ge¬
wichtseinheiten, unter 5 g, handelt.
Am schwierigsten gestaltet sich die
Abwägung des zähflüssigen Malz¬
extraktes. *
Ich habe deswegen eine Prä¬
zisionswage hersteilen lassen, welche
die Forderungen der Säuglingsdiätetik
zu erfüllen imstande ist *). Die
Wage beruht auf dem Prinzip der
Hebelbriefwage, vergl. die Abbildung.
An Stelle der Plattform, welche
die Briefe zu tragen hätte, befindet
sich ein leichtes Gestell, welches eine
mit Henkel und Schnabel versehene
Porzellanschale trägt. Die Schale ist
im Gestell nicht befestigt und kann
am Henkel leicht abgehoben werden.
Die Gewichtsskala der Wage reicht
von 0 — 100 g und lässt die Gewichts-
nterschiede von Gramm zu Gramm an 100 Teilstrichen deutlich
rkennen. In der Ruhe ist die Wage mit Schale auf 0 äquilibriert,
idem die Schale leicht gereinigt werden kann, entspricht sie auch
en Geboten der Asepsis.
In der Milchküche der Berliner Säugllngsklinik habe ich die Wage
eit langem in Anwendung gebracht. Sie hat sich bewährt und ist der
'ilchkiichenschwester unentbehrlich geworden.
Doch nicht nur für die Diätetik des Säuglings dürfte die Wage
ich nützlich erweisen, sondern in weiterem Felde überall da, wo es
uf sorgfältige Dosierung kleiner Mengen differenter Nahrungsmittel
nkommt, z. B. beim Diabetes.
*) Zu beziehen durch die Firma M. Pech, G. m. b. H., Berlin W 35,
vn Karlsbad 15.
Hygienisches aus Nordamerika.
Von Prof. Dr. Reiner Müller in Kiel.
(Schluss.)
Nahrungsmittel.
Amerika hat der alten Welt die Kartoffeln, den Mais, die Schoko¬
lade und den Tabak verschafft!
Das Bundesgesetz betreffend den Verkehr mit Lebens- und
Arzneimitteln vom 30. VI. 1906 und einige besondere Gesetze richten
sich gegen die früher sehr häufigen Verfälschungen u. dergl. Einige
Beispiele : Mit Stickstoffdioxyd gebleichtes Me h 1 wird im In-
lande als verfälscht angesehen, während das Bleichen für Ausfuhr¬
mehl nicht verboten ist, wenn dies im Bestimmungslande gestattet
ist. Das Einfuhrverbot für gekupferte Gemüsekonserven
von 1. I. 09 ist vom Ackerbaudepartement im Dezember 1909 wieder
aufgehoben worden, jedoch müssen sie die Aufschrift „Coloured with
sulphate of copper“ tragen. Benzoesaures Natrium ist als
Konservierungsmittel gestattet, aber die Menge des Benzoats muss
auf der Packung angegeben sein. Ueber Kunstbutter, „reno-
vated butter“, „process butter“, Margarinekäse (filled cheese) gibt
es Vorschriften von 1886, 1896 und 1902. Kaffeesurrogate
müssen als „Imitation Coffee“ deklariert sein.
Ausserdem haben im vergangenen Jahrzehnt die meisten Einzel¬
staaten eigene Gesetze zur Nahrungsmittelüberwachung erlassen.
Die früheren Rules and Regulations for the Inspection of Live
Stock and their Products wurden 1906 durch neue Bundesvorschriiten
über Schlachtvieh- und Fleischbeschau ersetzt, die den preussischen
ziemlich gleichen. Die Ausführungsbestimmungen von 1908 sehen als
verantwortliche Beschauer vor: Inspectors in Charge, Veterinary
inspectors, Travelling veterinary inspectors, Laboratory inspec-
tors, Meat inspectors und Travelling Meat inspectors. Aber
dadurch, dass es drüben kaum städtische Schlachthäuser
gibt, und durch die grosse Macht des Fleischtrustes dürfte
die Ausführung etwas anders sein. Bekannt sind ja Chi¬
cagos Viehhöfe, die Union Stockyards der Firmen A r -
mour, Swift usw., die jährlich 3 Millionen Rinder, 9 Millionen
Schweine und 4 Millionen Schafe verarbeiten. U p t o n S i n c 1 a i r s
Buch „The Jungle“ (Der Sumpf) brachte ja 1906 gruselige „Ent¬
hüllungen“ aus diesen Schlachthöfen, und Mrs. H a r e aus Chicago
hat kürzlich Aehnliches geschrieben über mitgekochte Arbeiterleichen,
Rattenkadaver und Auswurf Schwindsüchtiger. Beim Besuch dieser
Schlächtereien hatte ich den Eindruck, dass im grossen und ganzen
doch ein geordneter Betrieb herrscht; nicht dass mein Urteil durch
die Renommierinanicure für die Konserv^nbiichsenmädchen beeinflusst
worden wäre! Gewiss können in solchen Riesenbetrieben ab und zu
einmal hässliche Sachen Vorkommen. Aber das wird dann zu leicht
verallgemeinert und übertrieben. Allerdings glaube ich nicht, dass
die Fleischbeschau hier mit ebenso grosser Sorgfalt betrieben wird,
wie bei uns: Die grossen Schweinereihen, die an den Arbeitern ent¬
lang gleiten, werden in diesen Privatschlächtereien mit solcher Fixig¬
keit ihrer Eingeweide beraubt und bearbeitet, dass doch leicht etwas
übersehen werden kann.
Der Milchversorgung wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
1911 bestand schon in 72 Städten eine „Medical Milk Commission“,
unter deren Aufsicht die „C e r t i f i e d Milk“ für kleine Kinder
gewonnen wird. Ein Quart (0,95 Liter) kostet 10 — 15 Cents. Chi¬
cago hat sich mit der Durchführung der Pasteurisierung Verdienste
erworben. In Boston unterhält die Boston Milk and Baby Hygiene
Association 9 Milchstationen, in denen auch Vorträge zur Belehrung
der Eltern gehalten werden; milchliefernde Farmen werden genau
überwacht. In New York begann 1892 Nathan S t r a u s s mit der
Versorgung guter Milch in einer Weise, die auch für europäische
Städte vorbildlich gewesen ist. Dadurch, dass der Milchverkauf
einer städtischen Genehmigung bedarf, hat das Gesundheitsamt die
44 000 Farmen, die täglich 2 Millionen Quart Milch hereinschaffen, in
der Hand. Die „Milk inspection“ überwacht die Versendung, Kühlung.
Pasteurisierung, und achtet auf Fälschungen. Die Bevölkerung wird
vor schlechten Meiereien gewarnt. Die Milch wird in dreierlei Güte
verkauft, Grade A: Säuglingsmilch, Grade B: gewöhnliche Trink¬
milch, Grade C: Bäckermilch. Aus Chicago wurde im vorigen Jahre
über eine merkwürdige Anginaepidemie berichtet, bei der
über 10 000 Leute angeblich durch Genuss einer Milch erkrankten, die
v'on an Mastitis leidenden Kühen stammte.
Der Kaugummi ist eine Errungenschaft Amerikas, die nicht
gerade schön wirkt. Es erinnert ans Wiederkäuen. Die Gesichts¬
muskeln sollen sich besser entwickeln; der Speichelfluss soll die
Verdauung fördern und die Zähne sollen gesunder bleiben. Dann
muss wohl das viele Gold im Munde der Amerikaner durch ihr Ice-
crearn -Essen und durch grössere Wertschätzung der Zahnpflege
erklärt werden. Der Chewing Gum, der an jeder Strasseneeke für
5 Cents das Paket zu kaufen ist, besteht aus mit Benzol gereinigtem
Rohgummi mit Zucker, Pepsin und sonstigen Zusätzen. Wenn er
die Wirkung hat, dass weniger Schnaps getrunken wird, so kann man
ja ein Auge zudrücken. Denn es kommt davon wenigstens nichts
in Nase und Lunge der Mitmenschen, wie beim Rauchen brennen¬
der Pflanzenblätter; dem Indianerbrauch, den Raleigh 1578 in
Europa einführte. Das Ausspucken der Raucher und Kauer, früher
schlimm wie in Italien, ist jetzt im freien Amerika fast überall mit
Strafen bedroht, das Rauchen viel mehr verboten als bei uns.
4*
476
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
Kinder- und Schulhygiene.
Die Beschaffung der Kindermilch wurde schon besprochen. Die
Hit zwei len, die jährlich meist einigemal das Land überfluten,
die südliche Lage (New York 40/4° = Neapel, Washington 39°
= Sizilien), die feuchtheissen Winde vom Ozean her und die geringe
Abkühlung in den Sommernächten verursachen dort eine beängsti¬
gende Kindersterblichkeit, ln den schwülen Nächten schlafen in
New York die Menschen mit ihren Kindern draussen auf der Strasse,
in den Parks und auf den Hudson-Landungsbrücken, die die Stadt
neuerdings sogar mit besonderen Einrichtungen dafür versehen hat.
Leider ist es ja noch nicht gelungen, die Zentralheizung des Winters
in nicht zu kostspieliger Weise für eine Zentralkühlung im Sommer
zu benutzen.
In New York hat man ein schwimmendes Säuglings¬
heim eingerichtet. Das Floating Hospital of St. Johns Guild fährt
mit etwa 1000 Kindern und Müttern in die New Yorker Bucht hinaus,
wo die Fahrt selbst bei Windesstille einen frischen Luftzug erzeugt.
Die Säuglinge, meist kranke, liegen auf dem Hauptdeck, wo auch eine
Badestube, ein Arztraum und eine Absonderungseinrichtung sich fin¬
den. Grössere Kinder sind auf dem Oberdeck. 1911 wurden vom
5. Juli bis 2. September 45 solche „Trips“ ausgeführt, an denen
47 658 Mütter und Kinder teilnahmen. Die Fahrt kostet für jedes Kind
35 Cents. Auch in Boston gibts jetzt ein Floating Hospital. Der
verstorbene F. W. Reil ly verfasste 1895 ein Flugblatt „Hot
Weather Care of Infants and Young Children“, das in 9 Sprachen
weite Verbreitung fand.
Das New Yorker Gesundheitsamt hat seit 1908 eine besondere
Division o f Child Hygiene, die auch die Schulhygiene, die
Schulzahnpflege, die Hebammenüberwachung (Augenblennorrhöe,
Kindbettfieber) und ähnliches einschliesst. Manche amerikanischen
Städte haben eine recht günstige Statistik der Kindersterblich¬
keit und der Gesamtsterblichkeit. Jedoch werden in Amerika die
Meldungen der Geburten recht ungenau ausgeführt. So sagt E. H.
Porter, dass 1912 im Staate New York nur ungefähr 6 Proz. der
Geburten der Registrierung entgingen gegen schätzungsweise
20 Proz. im Jahre 1900. Wenn man aber nicht genau weiss, wie viele
Kinder geboren werden, müssen auch die Angaben über Verhältnis¬
zahlen der davon sterbenden ungenau sein.
Schulhygiene wird in Amerika gut gepflegt. 1896 beschloss
die New Yorker Stadtverwaltung alle Schulkinder ärztlich unter¬
suchen zu lassen; 150 Schulärzte wurden damit beauftragt. Seit
1902 werden dort wöchentlich alle Schulkinder besichtigt und krank¬
heitsverdächtige kommen täglich zum Schularzt. Fast alle neuen
Schulbauten, und auch alte, werden jetzt mit Freiluftklassen
(fresh air rooms) versehen. Bekannt sind ja auch die amerikanischen
übergitterten Dachspielplätze (roof play grounds). Der erste
wurde vor etwa 30 Jahren auf einer New Yorker Missionsschule ein¬
gerichtet. Wer sich über schulhygienische Einzelheiten in Amerika,
wie Schulbänke, Koedukation usw., unterrichten will, findet viele An¬
gaben in der diesjährigen Auflage des trefflichen Handbuches der
Schulygiene von Leo Burgerstein. In Boston gibt es Schul-
fürsorgeschwestern, und 1908 wurde ein.„day camp for
tuberculous children“ eröffnet, an dessen Stelle 1911 ein schönes
Gebäude als Hospital School for tuberculous children
eröffnet wurde. Als Schulzahnklinik besteht seit 1910 in
Boston The Forsyth Dental Infirmary for Children.
Das National Child Labor Committee, begründet am
15. IV. 1904, mit dem Sitz in New York, überwacht die gewerbliche
Kinderarbeit. Es steht an der Spitze der State Labor Committees der
einzelnen Staaten.
Wohnungshygiene.
Die Wohnungsverhältnisse bieten in Nordamerika die ver¬
schiedensten Zustände. In New York arbeitet man jetzt schon
nicht nur^ tagsüber in den Wolkenkratzern der City (höchster 255 m
mit 55 Stockwerken), sondern auch weit draussen erheben sich
20 stockige Wohn häuser in denen das Familienleben im Boarding-
House-Betriebe aufgeht. Boston dagegen erinnert sehr an euro¬
päische Grossstädte. Philadelphia ist stolz darauf, als „City of
homes“ besonders viele Einfamilienhäuser zu haben. Auf dem Lande
gibt es fast nirgends ein Dorf, alles zerstreute Farmen. Und im
Süden hausen viele Farbige wie Halbwilde in Schmutzlöchern.
In New York betrug vor 2 Jahren die Zahl der Familien, die sich
mit einem einzigen Wohn raum begnügen mussten, 200 000,
in Berlin mit halb soviel Einwohnern 40 000. New York, Chicago,
San Francisco weisen eine Art Ghetto auf, wie man es in
deutschen Städten vergeblich suchen wird. Die Strasse nreini-
gung ist oft sehr mangelhaft, obwohl z. B. in New York ein eigenes
Departement of Street Cleaning besteht mit einer Jahresausgabe von
7 Yi Milionen Dollar.
Aber beneidenswerte Parkanlage n haben die meisten Gross¬
städte. Am besten hat mir da Chicago gefallen. Dort sind wohl
die besten der Welt. Grosse und kleine Parks sind möglichst über
die Stadt verteilt, in „Kinderwagenentfernung“, und sind durch
baumbepflanzte Boulevards verbunden. Auf den Spielplätzen sind
städtische Aufseher eigens für die Kinder, so dass die Mütter ohne
Sorge ihrem Berufe nachgehen können. 1899 begann die Park¬
kommission ihre Tätigkeit, und gab in 10 Jahren mehr als 25 Millionen
Dollar für Parks und Spielplätze aus. Noch sind die Anlagen nicht
abgeschlossen, durch Aufschüttung des Michiganufers wird noch ein
mehrere Hundert Meter breiter Strandpark geschaffen. Und diese
Stadt bestand noch 1837 aus 150 Holzhäusern!
Boston hat zwar nicht so schöne Park Verteilung durch
die Stadt, hat aber im Umkreis, im Verein mit 39 Vororten, 60 qkm
Wald und Park, wofür seit 1893 35 Millionen Dollar ausgegeben wur¬
den. Philadelphias Stolz ist der herrliche, wette Fairmount
Park. Baltimore hat den 275 ha grossen Druid Hill Park; San
Francisco den berühmten Golden Gate Park. New York hat
früh (1853 — 63) sich mitten in der Stadt den Zentralpark von 310 ha
Grösse gerettet und gibt jährlich % Million Dollar für seine
Pflege aus.
Die herrlichen Nationalparke, Yellowstone, Sequoia, Yosemite,
Mount Rainier, Crater Lake, Mesa Verde und die kleineren, jetzt
fast nur Naturschutzparke, werden allmählich wohl auch mehr zur
Erholung des Volkes benützt werden.
Kurpfuschertum und Verwandtes.
Ueber die Bedeutung dieser Dinge für die Volksgesundheit
braucht man keine Worte mehr zu verlieren. Ein Blick in die Zei¬
tungsanzeigen führt den Fremdling schnell in diese Sphäre ein.
Recht spassig sehen hier die Preisverzeichnisse aus, wo
in Dollar angegeben steht, wie viel die Behandlung bis zur Heilung
kostet und wie lange sie dauern wird. Die Homöopathen und
Osteopathen haben eigene Medizinschulen, wie das Hahnemann
Medical College in Chicago, und Krankenhäuser.
Die Vereinigten Staaten versteuern die Ausfuhr von Patent¬
medizinen. So erfahren wir, dass 1900 bis 1910 für 50 Millionen
Dollar ins Ausland verkauft wurden, und zwar 1900 für 3 Millionen,
1910 für 7 Millionen. In Kanada hat jeder, der Patentmedizinen
herstellt oder einführt, jährlich einen Erlaubnisschein für 1 Dollar
zu lösen.
Die Gesundbeterei ist auch eine Errungenschaft, der man
auch die drüben beliebte Bezeichnung „the greatest in the world“ in
einem gewissen Sinne beilegen kann. Der äussere Erfolg berückt den
Amerikaner. Mrs. Eddy, die „Päpstin“ dieser „Christian Science“
trat 1866 an die Oeffentlichkeit mit ihrer Religion für die Reichen.
1894 wurde in Boston, dem Herd dieser „Wissenschaft“ die First
Christian Science Church gebaut. Jetzt bestehen weit über 1000
solcher Kirchen im Lande. In meinem Chicagoer Hotel waren
in der Lobby auf dem Gottesdienstzettel 8 Kirchen der Christian
Science genannt. In New York steher am Zentralpark 2 ihrer Pracht¬
kirchen nahe beieinander. 1906 wurde die Hauptkathedrale
in Boston für 2 Millionen Dollar fertig. Wir in Deutschland sind
ja auch nicht ganz von dieser „christlichen Wissenschaft“ verschont
geblieben. Was will sie? Suggestion und Autosuggestion! „Wahr¬
heit ist das einzige Heilmittel gegen Irrtum; Krankheit ist auch ein
Irrtum, eine Folge der Sünde. Bekämpfe also Sünde und Irrtum, so
bekämpfst du Krankheit und Tod.“ 1910 beging die Päpstin den „Irr¬
tum“ zu sterben.
Uebertragbare Krankheiten.
Typhus ist in amerikanischen Städten häufiger als in
deutschen. Das wird vielfach auf schlechtes Trinkwasser zurück¬
geführt. 1910 betrug in 50 Grossstädten der Union die durchschnitt¬
liche Typhussterblichkeit 25 auf 100 000 Einwohner; Mil¬
waukee hatte 45,7, Minneapolis 58,7, München dagegen 1,4. In Balti¬
more erkrankten 1910 von 585 000 Einwohnern 1890 an Typhus. 235
starben, ln Pennsylvanien starben 1906, 1907 und 1908 von je
100 000 Einwohnern 56,5, 34,4 und 23,9 an Typhus. Hiram F. Mills
und Allen H a z e n haben eingehende Untersuchungen über den
Rückgang der Sterblichkeit nach Verbesserung des Trinkwassers ge¬
macht. In Pittsburg starben 1910 in den Stadtteilen mit filtriertem
Wasser von je 100 000 Einwohnern 13,4, in den anderen 46,9.
Das Ackerbaudepartement der Bundesregierung hat 1910 ver¬
boten, Austern, Speisemuscheln und andere Schalen¬
tiere, die aus verunreinigtem See wasser stammen,
einzuführen oder zu verkaufen, da sie als verfälscht im Sinne des
Nahrungsmittelgesetzes von 1906 anzusehen seien.
Schutzimpfungen gegen Typhus sind besonders in der
Armee ausgeführt worden; seit März 1909 weit über 100 000. Und
die Erfolge sollen sehr gut sein. Seit 1909 werden im Massachussetts
General Hospital zu Boston Krankenschwestern so geimpft.
Wie in England, so wird auch in Amerika stellenweise viel Wert
auf die Bekämpfung der Fliegen als Typhusverschleppern
gelegt. Der bedeutende Entomologe L. D. Howard hat 1911 in
seinem Buche „The House Fly, Disease Carrier“ zur Ausrottung de'
Fliegen aufgefordert, ln San Antonio in Texas wurden vor 2 Jahren
sogar Preise ausgeschrieben für Fliegenfänger.
Den ersten Preis erhielt ein Boy, der 484 320 Fliegen, ausgerechnet,
vorweisen konnte. Wenn auch nicht berichtet wird, ob es jetzt dort
weniger Fliegen gibt, so zeigt dieses Beispiel immerhin, wie man
drüben die Aufmerksamkeit des Volkes auf hygienische Fragen zu
lenken weiss.
Tuberkulose. Die Sterblichkeit an Tuberkulose in 45 grösseren
Städten ist angeblich seit 1880 von 3,25 Prom. auf 1,7 Prom. im Jahre
1907 gefallen. Um 1902 begann die Volksbelehrung mit Merk¬
blättern, und in vielen Staaten wurden Spuckverbote er¬
lassen. In NewYork wurden 1902 Fürsorgestellen (Dispen¬
saries) nach der in Frankreich üblichen Art eingerichtet. Maurice
Tischberg glaubt festgestellt zu haben, dass in dem Juden-
I. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
477
i e r t p. 1 N e \v Y o r k s dreimal weniger Tuberkulose herrsche als
onst, und er denkt an eine Gewöhnung dieses Volkes an ghettoartige
Zustände seit dem Mittelalter; in NewYork wohnen 1 026 000 Juden.
;s gibt übrigens seit 1901 ein National Jew-ish Hospital for
lonsumption mit 150 Betten in Denver in Colorado; zwei Drittel
er Insassen sind russische Juden.
Die National Association for the Study and Pre-
ention of Tuberculosis beginnt neuerdings an allen Bahn¬
öfen und Anschlagsäulen künstlerisch ausgeführte Riesenpla-
ate mit Belehrungen über Tuberkulose anzubringen;
’apier. Druck und Platz, alles ist ihr geschenkt worden.
Manche Staaten unterhalten Staatssanatorien für
Schwindsüchtige, NewHampshire in Glencliff, NewYork in Raybrook,
rlassachussetts in Rutland usw. Die Michigan Association for Pre-
ention of Tuberculosis scheint mir sehr optimistisch zu sein mit
hrem Motto: „No tuberculosis in Michigan 1920“! Unter den Far-
ligen fordert schnell verlaufende Tuberkulose viele Opfer; so war
910 unter den farbigen Arbeitern am Panamakanal dies die Haupt¬
odesursache.
Das von H. P h i p p s gegründete und unterhaltene Henry
5 h i p p s Institute for the study, treatment and pre-
/ention of tuberculosis in Philadelphia wurde von L. F.
'lick eingerichtet und 5 Jahre geleitet; jetzt ist H. R. M. La n dis
Jirektor, untersteht aber der University of Pennsylvania.
Die Gefahr der Uebertragung der Tuberkulose und anderer Er-
crankungen durch Küssen hatte im vergangenen Jahrzehnt einen Arzt
eranlasst, die Regierungen zum Kriege gegen das Küssen
lufzurufen. Zwar wurden keine gesetzlichen Kiissverbote erlassen,
iber besonders im Staate Jowa bildete sich ein grosser Verein da¬
gegen. Kindern wurden Schilder um den Hals gehängt; „Küss mich
licht.“ Aber die Bewegung schlief ein. Vielleicht blüht uns noch
ler keimfreie Kuss!
Aussatz. Es ist fast sicher, dass die Lepra erst nach der
Entdeckung nach Amerika gekommen ist. Sie war damals in
Europa häufig. In der Geschichte der jetzigen Vereinigten Staaten
,vird sie zuerst 1775 als in Florida unter den Schwarzen vorkommend
rwähnt. 1902 wurden in der Union 278 Fälle gezählt, davon über
iieHälfte in Louisiana. Pollitzer, der NewYorker Lepra-
orscher, aber schätzt die wirkliche Anzahl allein in Louisiana auf
100 — 500. Im dortigen State Home of Lepers wurden seit 1894
100 Kranke untergebracht; jetzt sind dort etwa 70. In Texas und
Mississippi kommt sicher viel Lepra vor, aber es fehlt staatliche
\ufsicht. Auch in Florida, Carolina und California sind
ierde bekannt. In Minnesota wurde sie in der Mitte des vorigen
(ahrhunderts aus Norwegen eingeschleppt; etwa 170 Fälle wurden
rekannt, die unmittelbar daher kamen, und 30 unter deren Nach¬
kommen: 1912 sind noch 17 davon übrig. Sie werden dort wenig
Von der Behörde belästigt, ln San Francisco leiden manche
Ehinesen daran. Das angestrebte Nationale Lepraheim ist
/om Bunde noch nicht bewilligt worden. Auf den Philippinen
ind den Hawaiinseln haben die Amerikaner viel Lepra zu be¬
kämpfen. Auf den Hawaiis waren 1911 etwa 600 Kranke. M. T. C 1 e g g
iat von dort über Züchtung des Erregers berichtet.
Kanada hat ein Gesetz vom 26. VI. 1906: „Every person in
Eanada, found to be afflicted with leprosy may be confined in a
azaretto for lepers“. 1815 wurde der erste Fall eingeschleppt in
Tracadie in NewBrunswik durch eine Frau aus der Normandie.
1910 waren in diesem Orte 20 Fälle. Ferner wurden in Cape Bre-
o n einige Fälle entdeckt; und auch im fernen Westen, auf D ’ A r c y -
sland ist jetzt ein Asyl eingerichtet.
Pocken. Wie der Schnaps und der Aussatz sind auch die Pocken
irst nach der Entdeckung nach Amerika gekommen. Die Geschichte
-rzählt von den „Gemütsmenschen“ Pizarro, Cortes und deren
Scharen, die die Kleider von Pockenkranken an die harmlosen I n -
lianer als Danaergeschenke verteilten und so, ohne Pulverver-
ichwendung, an 3 Millionen Menschen umbrachten.
Zum Kampf gegen die Blattern rief in Amerika zuerst Z a b d i e 1
Joylston in Boston auf; ungefähr zur gleichen Zeit als 1721 die
-ady Montague in London von Konstantinopel her die Variolation
’uerst in Europa bekannt machte, tat Boy Ist on dies trotz heftigen
vViderstandes in „Neuengland“; und er soll grossen Erfolg gehabt
iahen. Natürlich wurde nach Jenner die Variolation auch in
Amerika durch die Vakzination ersetzt. Diese wird augen-
üicklich in den einzelnen Staaten sehr verschieden streng und,
ibgesehen von den Quarantäne- und Einwandererbehörden, nirgends
>o genau wie in Deutschland durchgeführt. 1909 wurden rund 20 000
'lalternfälle in der Union bekannt, die meisten in: Kansas 2197,
llinois 2135, Utah 1854 und North Carolina 1733. Dagegen wurden
\uba und die Kanalzone nach der Uebernahme durch die Union in
kurzer Zeit sozusagen befreit von den Pocken.
Geschlechtskrankheiten. Die Frage nach dem amerikani¬
schen Ursprung der Syphilis scheint ja heute noch nicht
rledigt zu sein, trotz des von Sudhoff entdeckten Kopenhagener
Manuskriptes über „Mal franzoso“ im Anfang des 15. Jahrhunderts.
Ueber die Verbreitung der Geschlechtskrankheiten gibt es
inigermassen zuverlässige Angaben fast nur beim Heer, bei der
^riegs- und bei der Handelsflotte. So wird von der Marine (U. S.
N'avy) berichtet, dass nach vierjähriger Dienstzeit sich die Hälfte der
Mannschaft infiziert habe. 1912 wurde für den Staat NewYork die
Anzeigepflicht für die in Krankenhäusern behandelten veneri¬
schen Leiden beschlossen; ihre Ausführung bleibt abzuwarten. In der
Stadt NewYork werden seit 1912 die Untersuchungen auf
Syphilis und Gonorrhöe kostenlos ausgeführt, wenn die Proben von
Aerzten eingesandt werden.
Prostitution, die Urquelle dieser Infektionen, gibt es amtlich
nicht in der Union, also weder Konzession noch Ueberwachung. Nur
in San Francisco werden neuerdings in der Municipal-Clinic Unter¬
suchungen der Prostitutierten ausgeführt. Dass aber die Prostitution
da ist, vielleicht schlimmer als in Europa, daran zweifelt kaum
jemand. Vor 1865 waren in den Südstaaten die wirklichen
Sklavinnen jeder Willkür preisgegeben. Von NewYork berichtet
W. P. Sänger 1860 über 378 bekannte Bordelle (Houses of
Prostitution), sowie 240 diesen gleichwertige „Houses of Assignation“,
Tanzsäle, Weinhäuser usw.; und er schätzte 8000 öffentliche und
12 000 geheime Dirnen in dieser Stadt. J. J. Rossbach berichtet
für 1875, dass NewYork ganze Strassenzüge aufweise, wo sich ein
solches Haus ans andere reihe. Jetzt müssen solche Häuser die
politischen „Bosse“ und die Polizei mit schwerem Geld bestechen, um
unter ihrem Schutze zu gedeihen. Vor einiger Zeit erschien ein Buch
von Reginald Wright Kaufmann „The House of Bondage“
(Sklavenhaus), das in diese freisslichen Abgründe der Menschheit
hineinleuchtet; der Sohn des Petroleumkönigs Rockefeller hat es zur
Aufklärung über den Mädchenhandel in die Sprachen der Ein¬
wanderer zu deren Warnung übersetzen lassen. Denn hier
schleichen die Mädchenhändler sich an, wenn es den Neulingen im
Lande der heissersehnten Freiheit schlecht geht. Die Einwanderungs¬
behörde sieht allerdings ja den Dirnen und Mädchenhändlern scharf
auf die Finger, so dass die Hauptausfuhr Europas sich in Südamerika
entlädt. Rockefeller stiftete kürzlich 10 000 000 Dollar für
Mädchenheime.
Seit 1910 ist im Staate Massachussetts die gonorrhoische
Augenentzündung der Neugeborenen anzeigepflichtig.
1911 wurden 1343 solcher Fälle gemeldet, und kein Fall von Er¬
blindung wurde bekannt.
Der Staat Michigan betrachtet jede Person, die eine nichtgeheilte
Syphilis oder Gonorrhöe hat und heiraten will, als Ver¬
brecher, und bestraft mit 500 — 1000 Dollar oder mit Gefängnis bis zu
5 Jahren, oder mit beidem.
Malaria ist weit verbreitet, ist in der Umgebung von Philadelphia,
Baltimore, NewYork und Boston gar nicht selten, und kommt bis
hinauf nach Kanada vor. Das Hauptgebiet ist natürlich der Süden,
die Küste des mexikanischen Golfes, und am Panamakanal ist
es die häufigste Krankheit. Sie ging dort erst seit 1906 zurück,
seitdem durch unterirdische Drainröhren dieses regenreiche Gebiet
(620 cm Regenhöhe in Colon 1911) entwässert wurde. 1906 wurden
dort 82 Proz. der Arbeiter, das waren 21 938, wegen Malaria be¬
handelt, 1908 nur 28 Proz. Tertiana und Tropica sind dort ungefähr
gleich häufig, Quartana fehlt fast ganz. Unter den 11 dort bekannten
Anophelesarten ist An. albimanus am häufigsten.
Gelbfieber ist heimisch in Mittelamerika, und die Gefahr der
Verschleppung nach Norden ist in der warmen Jahreszeit recht
gross. Die Quarantänevorschriften für Schiffe aus Gelbfieber¬
häfen treten jährlich am 15. März in Kraft. 1905 kam in New-
Qrleans eine schwere Epidemie zum Ausbruch. Es besteht zwar
seit 1905 eine panamerikanische Gelbfieberkonvention; aber durch
internationale Abmachungen ist bis jetzt überhaupt noch nicht
viel gegen Seuchen ausgerichtet worden.
Grosse Verdienste haben sich amerikanische Aerzte erworben
durch die Ausrottung des gelben Fiebers auf Kuba seit 1901 und in
der Kanalzone seit 1904. Im Juni 1900 begannen vor den Toren
Habanas Reed, Caroll, Lazear und Agram onte ihre welt¬
berühmten Forschungen, und sie bewiesen am eigenen Leibe, dass
Stegomyia die Ueberträgerin des Erregers ist. Im Februar 1901
begann dann W. C. G o r g a s mit bestem Erfolge den Kampf gegen
die Stegomyia; und jetzt kommen auf Kuba nur noch dann und
wann ein paar eingeschleppte Fälle vor; z. B. im Juni 1908 nochmal
32 Erkrankungen mit 8 Todesfällen, wahrscheinlich vom Orinoko her
ins Land gebracht.
1904 begann Gorgas als Chief Sanitary Officer die Gesundung
des Panamagebietes. Früher unter der französischen
Leitung, 18S1 — 1897, war es dort fürchterlich. Etwa 40 000 Menschen
gingen zugrunde und in 9 Baujahren allein im Hospital zu Ancon 1041
Gelbfieberkranke; von 24 Schwestern dieses Hospitals starben 20
daran, von 17 Ingenieuren, die mit einem Dampfer aus Europa kamen,
16. Als die Amerikaner 1904 begannen, rechneten sie mit diesen Ge¬
fahren, und sie schickten nicht Gesundbeter hin, die Kanalzone
gesund zu beten, sondern veranschlagten etwa 20 Millionen Dollar
für die Gesundung, das sind 6 Hundertstel der Bausumme. Der
eiserne Wille hat sich hier rücksichtslos durchgesetzt. Das gelbe
Fieber ist verschwunden und andere Krankheiten sind eingedämmt,
obwohl die Mehrzahl der Arbeiter, Farbige und Mischlinge, auf
tiefer Kulturstufe steht. 1904 war die Sterblichkeitsziffer noch
52 Prom., 1910 nur 22 Prom. und von den weissen Angestellten starben
1909 nur 6,4 Prom. an Krankheiten und 3,4 Prom. an Unglücks¬
fällen.
Wir wollen hoffen, dass nach Fertigstellung des Kanals die Ge¬
sundheitspflege nicht schlechter wird, und dass die Befürchtung
Mansons nicht wahr werde, dass dieser Schiffahrtsweg Süd-
478
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
asien mit Gelbfieber verseuche. Eine „gelbe Gefahr“ für die gelbe
Rasse! In Südchina kommen Stegomyiaarten vor. Schon wurde am
29. X. 11 eine Gelbfiebererkrankung auf einem japanischen Dampfer
in Honolulu gemeldet.
Pest. Im Westen hatte sie sich im vergangenen Jahrzehnt einge¬
nistet. 1900 wurden die ersten Fälle in San Francisco festgestellt.
Hier und in Seattle kamen die meisten Erkrankungen vor. 1903 fand
man, dass ausser den Ratten die kalifornischen Erdeichhörnchen (Ci-
tellus Beecheyi) die Pest verbreiteten. Man fand unter 150 604
dieser Ground-Squirrels 402 pestinfizierte. 12 Menschenpestfälle wur¬
den auf Infektionen von diesen Tieren her bezogen. Es begann, unter
der Leitung des U. S. Plague Laboratory in Frisco, ein allgemeiner
Kampf gegen diese schädlichen Nagetiere. Jetzt ist die Pest ver¬
schwunden. Wie bei den Ratten, so kommen auch bei den Erdeich¬
hörnchen Flöhe als Pestüberträger in Betracht; meist fand man
Ceratophyllus acutus, seltener Hoplopsyllus anomalus.
Kinderlähmung. Sie hat in den letzten Jahren in Amerika
wohl noch ärger gehaust als in Europa. 1910 wurden in
der Union 5093 Fälle bekannt, mit 13% Proz. Sterblich¬
keit. In der Stadt Buffallo erkrankten im Juli und August
1912 119 Personen daran. Im Rockefeller Institut widmet
sich Flexner der Erforschung der Poliomyelitis; und beim Hy¬
gieniker der Harvard-Universität, Milton J. Rosenau, sah ich in
Boston erfolgreiche Versuche mit der Uebertragung durch die Stall¬
fliege Stomoxys calcitrans bei Rhesusaffen.
Rocky Mountain Spotted Fever und Flecktyphus. Der
Hauptherd des Spotted Fever liegt nördlich von dem welt¬
berühmten Yellowstone Park, in Montana und Idaho. Im Bitter
Root Valley, an der Grenze dieser beiden Staaten, sterben jährlich
etwa 15 Leute daran. Idaho hat durchschnittlich etwa 35 Todesfälle
und zehnmal so viele Erkrankungen. Seltener ist dieses Fleckfieber
in Washington (Staat), Myoming, Colorado, Oregon, Utah, Nevada,
California und NewMexico. Wilson und Clowing beobachteten
es zuerst, Ricke tts und Gomez setzten die Untersuchungen fort
und sprachen diplokokkenartige oder piroplasmenartige Gebilde als
Erreger an. Als Ueber träger vermutet man die Holzzecke Der¬
ma c e n t o r venustu s, die auf Haustieren und Erdeichhörnchen
lebt. Die Verbreitung der Krankheit nimmt anscheinend zu. Manche
glauben, dass dieses Fleckfieber der Felsengebirge Flecktyphus sei.
1897 wurde in NewYork von Brill eine flecktyphusartige, ziem¬
lich leicht verlaufende Krankheit gefunden. 1912 zeigten dann An¬
derson und Goldberger an immunisierten Affen, dass die Brill-
sche Krankheit, die besonders unter eingewanderten Russen auftritt,
Flecktyphus ist. Auch die Tarbadillo - Krankheit, die unter dem
sehr schmutzigen mexikanischen Proletariat viele Opfer fordert, hat
sich als Flecktyphus herausgestellt und kann wie dieser durch Klei¬
der- und Kopfläuse auf Affen übertragen werden. Der genannte
H. T. Ricke tts infizierte sich in Mexico-Ciudad bei seinen Ver¬
suchen mit Tarbadillo und starb daran am 3. ‘Mai 1910.
Denguefieber. Maltafieber. Ch. A. H a 1 1 i d a v hält das in South
Carolina vorkomniende „Low country fever“ für Dengue; es werde
auch durch Moskitos übertragen. — Maltafieber wurde 1911
von Gentry und Ferenbough in Südwesttexas bei Menschen
und Ziegen gefunden.
Tollwut soll im letzten Jahrzehnt häufiger Vorkommen; wahr¬
scheinlich aber wird sie jetzt nur besser beobachtet. Sie kommt wohl
in allen Staaten vor, vielleicht mit Ausnahme von Idaho. Utah, Ne¬
vada und Oregon. Am meisten anscheinend in Texas. 1911 bestan¬
den 20 Tollwut-Pasteurinstitute, in denen 4625 Leute
behandelt wurden. 98 Lyssatodesfälle wurden bekannt. — In
Kanada enthalten die Ausführungsbestimmungen zum Animal Con-
tagious Diseases Act von 1905 Verordnungen über Tollwut und Rotz.
Pellagra. Von ihr weiss man ja noch nicht sicher, ob sie
eine Ernährungskrankheit oder eine durch Sandfliegen übertragbare
Infektionskrankheit sei. Besonders in Kentucky und in South
Carolina kommt sie vor. 1911 waren in Kentucky etwa 100 Fälle
bekannt. Wäre die Maistheorie richtig, dann wäre die Krankheit
in Europa eine Folge der Entdeckung Amerikas, da die Maispflanze
vorher unbekannt war.
Hookworm. So werden drüben Ankylostomum duodenale und
Necator americanus benannt. Die Wurmkrankheit ist sehr ver¬
breitet. Bis 1911 hatte die Rockefeiler Hookworm Commission, der
gleich am Beginne ihrer Tätigkeit Rockefeller 1 Million Dollar
zur Verfügung stellte, festgestellt, dass die Krankheit vorkommt in
Alabama, Arkansas, California, Florida, Georgia, Kentuky, Louisiana,
Mississippi, Nevada, North Carolina, Oklahoma, South Carolina, Ten¬
nessee, Texas und Virginia; besonders häufig in den beiden Carolinas.
In Wilmington in North Carolina wurde 1911 das Marine Hospital
in ein Zooparasitic Hospital umgewandelt, dessen Labora¬
torium dem Zoologen Ch. W. Stiles unterstellt ist, der 1902 den
Necator americanus als eine von Ankylostomum verschiedene Art be¬
schrieb. In Florida zahlt der Staat den armen Wurmkranken 2 Dol¬
lar für die überstandene Kur! In Georgia wurden 40 — 80 Proz. der
Schulkinder behaftet gefunden.
Eine besondere Commission for the Study and Treatment of
Anaemia in Portorico arbeitet seit 1905. B. K. Ashford, der
1899 zuerst über die dortige „Anämie“ berichtete, steht an der Spitze.
Seit 1904 sind dort über 300 000 Fälle beobachtet und etwa 75 000 be¬
handelt worden; besonders in dem Wurmhospital zu Bayamon, das
später nach Utuado verlegt wurde. — Auch die Bilharzia-
Krankheit ist auf Portorico, sowie in der Kanalzone gefunden
worden.
Meine Uebersicht ist natürlich nicht vollständig; wichtige Gebiete
der Gesundheitspflege habe ich ganz unterschlagen. Aber sonst
würde ja auch ein Buch entstehen, das zu schreiben eher einem
Amerikaner als einem Deutschen zukäme. Aber meine Zusammen¬
stellung gestattet wohl doch einen Einblick in die Hygiene
dieser Länder; und die Hygiene ist der beste Massstab
der Kultur.
Aerztliche Standesangelegenheiten.
Zur bayerischen Standesorganisation.
Von Dr. Gustav Ortenau in Bad Reichenhall-Nervi.
Die vorjährigen Verhandlungen der bayerischen Aerztekammern
standen im Zeichen ihres vierzigjährigen Jubiläums. Gehobene Ju¬
biläumsstimmung kam in ihnen nicht zum Ausdruck, weit eher kann
man von einer gewissen Müdigkeit sprechen, die sie durchzog. Wenn
die Kammer von Mittelfranken davon eine Ausnahme machte und mit ‘
Stolz von dem sprach, was in den verflossenen vier Jahrzehnten er¬
reicht wurde, so ist das durch die Person ihres Vorsitzenden ge¬
nügend erklärt. Denn das meiste, was in den letzten 20 Jahren durch¬
gesetzt wurde, ist gerade Herrn Hofrat Mayer zu danken. Und
es ist gewriss kein Zufall, dass der Bezirk des Kreises Mittelfranken
der einzige in Bayern ist, in dem 100 Proz. der Aerzte der frei¬
willigen staatlichen Organisation angehören. In anderen Kreisen
sieht es damit wesentlich anders aus. Namentlich verdient die auf¬
fallende Tatsache unterstrichen zu werden, dass sowohl im ärzte¬
reichsten als im ärzteärmsten Kreise, in Oberbayern und in der
Oberpfalz nur 64,71 Proz. (825 von 1275) bzw. 69,73 Proz. (111:160)
aller Tätigkeit ausübenden Aerzte den Bezirksvereinen angehören.
Also über ein Drittel der Aerzte Oberbayerns stehen den offiziellen
Vereinen ferne; in München selbst (Stadt und Bezirksamt als Eines
genommen, weil jeder der beiden Vereine Kollegen aus Stadt und
Land zu seinen Mitgliedern zählt) sind es 32,88 Proz., die sich ab¬
seits von den Vereinen halten.
Fragt man aber danach, wie viele von den eingeschriebenen
Mitgliedern sich am Vereinsleben beteiligen, so erhält man vom
grösseren Vereine München, der 502 Mitglieder aufweist, die über¬
raschende Antwort, dass einmal nur der 7. Teil (63), ein zweites
Mal der 13. Teil (37), ein drittes Mal gar nur der 14. Teil (34) der
Mitglieder die Hauptversammlungen besucht hat. Auf die Gesamt¬
zahl der Münchener Aerzte berechnet sind es also ungefähr nur
zwischen 5 bis 8 Proz., die sich an der Wahl der Vertreter zur
Aerztekammer und an der Fassung wichtiger Beschlüsse beteiligen.
Dass der Verein den schwachen Besuch seiner Versammlungen aus¬
drücklich erwähnt, wird seine guten Gründe haben.
Draussen im Lande wird es ja nicht viel besser damit besteht
sein. Dass 6 Vereine es für notwendig halten, den guten Besuch
besonders hervorzuheben, deutet nicht daraui hin, dass das zu den
gewohnten Dingen gehört. 2 Vereine verzeichnen es schon mit
einem Anflug von Genugtuung, dass die Hälfte der Mitglieder zu
den Sitzungen erschienen war. Wie stark der Besuch der Zusammen¬
künfte bei den Miniaturvereinen (d. i. mit weniger als 10 Mitgliedern)
ist, deren Zahl sich im vorigen Jahr sogar noch um einen vermehrt
hat, wird nicht berichtet. R
Es ist also gewiss nicht übertrieben, von einer gewissen Be¬
zirksvereinsmüdigkeit der bayerischen Aerzte zu sprechen. Sollte
das nur davon herrühren, dass Bezirksvereine und Aerztekammern
es bisher mit ihrer Aufgabe nicht recht vereinbar gehalten haben,
sich mit wirtschaftlichen Fragen zu befassen? Ich glaube nicht.
Man wird die Gründe dafür tiefer suchen müssen. In zwei
Dingen : in der Unvollkommenheit der Organisation
und in ihrer Einflusslosigkeit.
Ueber die Einflusslosigkeit der Bezirksvereine und Aerzte¬
kammern hat R e h m vergangenes Jahr in dieser Wochenschrift sich
ausgesprochen. Eine grelle Beleuchtung hat die ganze Sachlage
aber durch die. neue Verordnung über die Aenderung in Zusammen¬
setzung und Aufgabe des Obermedizinalausschusses erfahren. Die
Kammern wurden über diesen Gegenstand, der für die Aerzte doch
wichtig genug und für den ihr Urteil gewiss zuständig war, gar nicht
befragt, geschweige gehört. I
Was die Unvollkommenheit der Organisation anlangt, so habe
ich mir in No. 8 des Jahrgangs 1912 dieser Wochenschrift erlaubt,
einige bedeutsame Punkte hervorzuheben. Auf die Einwände, die
daraufhin von den Herren Kollegen Bergeat und Mayer gemacht
wurden, würde ich gerne erwidert haben, wenn es der in dieser
Wochenschrift dafür verfügbare Raum erlaubt hätte. Seitdem ist
mehr als ein Jahr verflossen, die letzten Kammerverhandlungen
haben ausser dem rein platonischen Wunsche, dass die 7 über die
Ehrengerichtsordnung einigen Kammern eine einzige Fassung finden
möchten, die Angelegenheit in nichts gefördert. Von einer Um¬
formung der ganzen Organisation ist wohl gesprochen worden, aber
in so unbestimmter Weise, dass der Fernerstehende daraus nicht klug
t
MUENcHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
470
. März 1913.
erden kann. Ja es scheint die Absicht zu bestehen, die Sache im
leinen Kreise abzumachen und die Oeffentlichkeit mit einer Vollende¬
rn Tatsache zu überraschen (s. Verb, der Kammer von Mittel¬
anken).
Gegen diese Art des Vorgehens mag wohl ein Widerspruch er-
ubt sein. Nicht einzelne, sondern alle bayerischen Kollegen ins-
esamt sollten sich mit der Lösung dieser hochwichtigen Frage be-
.häftigen.
Rehm hat in seinem obenangeführten Aufsatze bekanntlich die
lee ausgesprochen, dass es viel erspriesslicher sein würde, eine
erztevereinigung zu schaffen, die keine staatlichen Rechte habe,
her auch nicht mit staatlichen Pflichten belastet sei. Als ständige
inrichtung scheint mir dieses freie Aerzteparlament um so weniger
iinschenswert zu sein, als m. F. gerade in einer Zwangsorgani-
ation das Heil erblickt werden muss. Nur eine offizielle Organi-
ition, der sämtliche bayerischen Aerzte angehören müssen,
ann das ehrengerichtliche Verfahren so handhaben, dass es ge-
iigende Rechtssicherheit gewährt.
Aber als vorübergehende Veranstaltung für den Zweck, eine
undgebung dessen zu veranstalten, was die bayerischen Aerzte
ollen, scheint mir der Reh m sehe Vorschlag ausserordentlich be-
chtenswert. Mit anderen Worten, ich denke an die Gründung eines
ayerischen Aerztetages, der sich mit nichts anderem als der Frage
er Organisation im weitesten Sinne zu befassen hätte. Dieser
erztetag müsste natürlich wohl vorbereitet werden und eine solche
erbende Kraft auf alle Kollegen ausüben, dass sie in achtung-
ebietender Zahl auf ihm erschienen.
Eine solche Tagung wird imstande sein, den Forderungen d:r
ierzteschaft genügenden Nachdruck zu verleihen. Einen ganz
nderen Nachdruck als die zersplitterten Beschlüsse der Bezirks-
ereine und die zaghaft ausgesprochenen Wünsche der Aerzte-
ammern, die vielleicht nicht einmal die Mehrheit der Aerzte ver-
•eten. Erweist sich eine einmalige Versammlung nicht wirkungsvoll
enug, so müssten eben andere folgen. Einem einmütigen Be-
chlusse, wiederholt ausgesprochen, wird die Regierung Beachtung
icht versagen können. Und den gesetzgebenden Körperschaften zur
esetzlichen Regelung der Organisation eine Vorlage unterbreiten. Es
,t nicht anzunehmen, dass sie das Schicksal ihrer Vorgängerin vom
ahre 1900 haben werde. Die Zeiten haben sich geändert. Damals
ollte Bayern einer der ersten deutschen Staaten mit staatlich ein-
esetzten Ehrengerichten usw. sein. Heute sind die anderen Bundes¬
taaten darin längst vorausgegangen. Auch der Landtag, er sei zu-
ammengesetzt wie er wolle, wird sich der Erkenntnis nicht ver-
chliessen können, dass Bayern allein im Deutschen Reiche einer
Ile umfassenden Organisation nicht entbehren kann. Aus nahe¬
egenden Gründen. Dauert die Freiheit zu sündigen, die heute im
ande herrscht, noch lange fort, so wird unsere Heimat allmählich
in Dorado für alle diejenigen Aerzte werden, denen anderswo durch
ie herrschende schärfere Disziplin der Boden zu heiss geworden ist.
Bücheranzeigen und Referate.
Ph. Stöhr: Lehrbuch der Histologie und der mikroskopischen
natomie des Menschen, mit Einschluss der mikroskopischen Technik.
5. Auflage, bearbeitet von Oskar Schultz e. G. Fischer, Jena
912. 499 S. 396 Abb. Preis 8 M.
Die von O. S c h u 1 1 z e - Wiirzburg bearbeitete 15. Auflage des
ekannten und bewährten Lehrbuches weist gegen die vorige Auf-
ige manche bedeutende Ergänzungen auf. Hauptsächlich der allge-
leine Teil ist durch Aufnahme der neueren Ergebnisse der Zell-
xschung erheblich bereichert worden (s. besonders in der Zellenlehre
nd in den Kapiteln über Nerven- und Muskelfasern), ln den übrigen
'eilen des Buches wurden unter sorgfältiger Beibehaltung des alten
’extes nur geringfügige Ergänzungen gemacht. Es sei besonders auf
ie Vermehrung der Abbildungen hingewiesen, vor allem auf die vor-
ügliche Ausführung der 26 neu hinzugekommenen Bilder. Die ein-
irbige Kolorierung früher nicht farbiger Abbildungen erscheint nicht
ls wesentlich. Es wäre erfreulich, wenn dem sonst so vorzüglich
urchgearbeiteten Buche ein in allen Stücken gleichmässig gutes
Sildermaterial beigegeben würde. Es liessen sich in dieser Hinsicht,
esonders durch grössere Beachtung der Naturtreue und etwas mehr
•etaillierung in den Bildern, manche Verbesserungen anbringen. Im
anzen ist das Buch zu verbreitet und bekannt, um einer neuen Emp-
-hlung zu bedürfen. v. M ö 1 1 e n d o r f f - Greifswald.
Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. Herausgegeben von
Tot. Dr. W. K o 1 1 e und Prof. Dr. A. v. Wassermann. Zweite
ermehrte Auflage. Jena 1911. Verlag von Gustav F i s c h e r. Preis
i 7 Bänden M. 200.
Von der zweiten Auflage des grossen Werkes, dessen erste Liefe¬
rnden in 1912, S. 431 dieser Wochenschrift besprochen waren, er-
cheinen in rascher Folge die weiteren Lieferungen, so dass jetzt schon
Lind 1 und 4 vollständig vorliegen und Band 2, 5, 6 und 7 neben-
inander fast zur Hälfte erschienen sind. Es hat den Anschein, als
>b schon in einigen Monaten das grosse Werk in sorgfältig durchge-
:esehener und nach vielen Richtungen ergänzter und erweiterter
Auflage wieder gebrauchsfertig vorliegen werde als unentbehrliches
■Jachscb lagebuch für jeden, der sich mit irgend einer Frage der patho-
*• -
logischen Mykologie im weitesten Sinne zu beschäftigen hat. Das
Ideal, das den Verfassern vorschwebte, das ganze grosse Gebiet an
lauter Spezialisten für die Sondergebiete auszuteilen und jeden Ab¬
schnitt von dem berufensten ausarbeiten zu lassen, ist in hohem Masse
verwirklicht und damit gesichert, dass dem Werk auch in Zukunft
seine grosse Bedeutung erhalten bleibt.
Prof. Dr. K. B. L e h m a n n.
Die Indikanurie. Eine klinische Studie ihrer Pathologie und
differentialdiagnostischen Bedeutung. Von Dr. Gustav B a a r. Ur¬
ban & Schwarzenberg, 1912. Preis brosch. 12.50 M., geb.
14.50 M.
Verfasser bespricht in seiner umfangreichen Arbeit die Ge¬
schichte, den Nachweis, die Aetiologie und klinische Bedeutung der
Indikanurie auf Grund der vorliegenden umfangreichen Literatur,
sowie eigener Beobachtungen. Diese stützen sich im wesentlichen
auf ein Material von 2092 teils klinisch, teils ambulant untersuchten
Kranken aus den verschiedensten Krankheitsgruppen. Der Indikan-
nachweis geschah qualitativ mit Obermeyers Reagens. Der Be¬
sprechung sind eine Anzahl Kurven, 101 ausführliche Kranken¬
geschichten und eine tabellarische Uebersicht über die Unter¬
suchungen des gesamten Materials beigegeben.
Meyer-Betz - Königsberg.
M. Auvray et Alb. Mouchut: Maladies du rachis et de la
moelle. Nouveau traite de Chirurgie de A. I e D e n t u et P. D e 1 b e t,
Bd. XIV. Paris 1913. J. B. Bailiiere et fils. 1913. Br. 12.
Im vorliegenden Werke hat M. Auvray die Verletzungen
(Kommotion, Frakturen und Luxationen der Wirbel, Wunden etc. des
Rückenmarks) und die Tumoren des Spinalkanals, Alb. Mouchut
die angeborenen Missbildungen und Erkrankungen der Wirbelsäule
(Osteomyelitis, Tuberkulose, Aktinomykose) sowie die Verkrüm¬
mungen bearbeitet. Zu Beginn gibt A. eine kurze Darstellung der
chirurgischen Anatomie, der normalen und pathologischen Physiologie
des betreffenden Gebietes, sowie der allgemeinen Diagnostik spez. der
Höhenlokalisation der Läsionen. Die operative Technik (Lumbal¬
punktion, Laminektomie, osteoplastische Resektion etc.) wird
eingehend unter Schilderung der speziellen Instrumente und der ver¬
schiedenen Methoden des Eingreifens besprochen. Die Autoren geben
in allen Abschnitten eine klare und abgerundete Darstellung und ist
ihr Standpunkt in den wichtigen Fragen nicht wesentlich von dem
der deutschen Chirurgie abweichend, überall erkennt man die um¬
fassende Berücksichtigung der Literatur, alle Neuerungen ( — es seien
hier z. B. nur die K ii m m e 1 1 sehe traumatische Spondylitis, die leicht
zu übersehenden Rissfrakturen der Wirbelquerfortsätze, die För¬
ster sehe Operation etc. genannt — ) finden sich ausführlich erörtert.
Die zahlreichen Abbildungen sind grösstenteils sehr gut und finden
sich Präparate, Instrumente und Operationsmethoden, Röntgenogramme
und pathologische Befunde sehr gut wiedergegeben, bei der Dar¬
stellung der Reposition der Wirbelluxationen ist in praktischer Weise
neben den betr. Handgriffen auch die in den verschiedenen Momenten
des Repositionsmanövers wechselnde Zugrichtung schematisch ange¬
geben. Bei der verwerteten reichen Kasuistik kommen eine Reihe
seltener Befunde zur Sprache. Bei der Behandlung finden sich nicht
nur das Technische, sondern auch die Indikationen, die Erfolge und
Resultate mit berücksichtigt. Es ist kein Zweifel, dass die Arbeit
Auvrays und Mouchuts viele Freunde finden wird. Die ein¬
zelnen Faszikel der Chirurgie von Le Den tu und D eibet sind
auch separat käuflich. Schreiber.
Bela Alexander: Die Untersuchung der Nieren und der
Harnwege mit X-Strahlen. 59 Druckseiten nebst 38 Tafeln mit zahl¬
reichen Konturzeichnungen und Nachbildungen von Röntgenogrammen,
sowie mehreren Zeichnungen nach der Natur. Otto Nemnich- Leip¬
zig 1912. Preis: gebunden 16 M.
Die obige Abhandlung betrifft ein Gebiet, welches den Inter¬
nisten und Chirurgen sowie den Urologen und Gynäkologen in glei¬
cher Weise interessiert und deshalb grosse diagnostische Bedeutung
beanspruchen darf. Sie beginnt mit einer Besprechung der nor¬
malen topographischen Verhältnisse, welche sich durch
Röntgenaufnahme von Niere und Nebenniere und deren Beziehungen
zu ihrer Umgebung (Psoas, untere Brust- und obere Lendenwirbel,
unterste Rippen) ergeben. Wenngleich die normalen Nieren auf
Röntgenbildern gewöhnlich gleichgross und in gleichen Ebenen liegend
gefunden werden, so beobachtet man doch zuweilen einen etwas
tieferen Stand der rechten Niere.
Bei Besprechung der pathologischen Verhältnisse
tritt Verf. mit Recht dafür ein, dass nach Möglichkeit beide
Nieren der Röntgenuntersuchung unterworfen werden sollen, weil
solche Vergleichsbilder der Diagnose und Prognose wesentlich zu¬
statten kommen können.
Er legt ferner besonderen Wert auf eine detailreiche Dar¬
stellung der Nierengegend und fordert aus klinischen und operativen
Rücksichten nicht bloss den Nachweis vom Steinen, sondern
auch das Bild der Niere selbst.
Es folgt eine Darstellung des kollargolgefüllt e n
Nierenbeckens und der Nierenkelche. Dann wird die
Bewegung der Nieren beim Ein- und Ausatmen, die tiefe Lage dieses
480
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
Organes bei Asthenie, die abnorme Form der Niere bei entzündlichen
und degenerativen Prozessen illustriert und besprochen. Daran
reihen sich folgende Abnormitäten: Achsendrehung eines Steines im
Nierenbecken, vergrösserte und verkleinerte Nieren sowie Vereiterung
derselben. Auch die Lagerung kleinerer und grösserer Nieren¬
steine in ihrer Beziehung zum Nierenbecken und zu den Nieren¬
kelchen findet Erwähnung. Neu und originell ist der röntgenologische
Nachweis der Nebennieren, welcher dem Verf. in vereinzelten
Fällen geglückt ist.
An die Erörterungen über die pathologischen Veränderungen der
Niere schliessen sich solche über die Ureterensteine und ihre
Wirkung auf das Lumen der Harnleiter sowie über die derartige
Steine vortäuschenden Beckenverkalkungen. Die Kenntnis
der letztgenannten Gebilde ist wichtig, weil sie schon zu schwer¬
wiegenden diagnostischen Irrtiimern Veranlassung gegeben haben.
Dann werden Blasensteine, und zwar sowohl freie als auch
in Schleimhautnischen der Blase liegende, abgebildet, ferner ge¬
schichtete Steine und solche, die sich an Fremdkörper der Blase an¬
gesetzt haben. Auch der Nachweis des Stein Wachstums
in der Blase ist dem Verfasser gelungen.
Zum Schlüsse werden eine mit Kollargol gefüllte Harn¬
blase sowie Prostatasteine abgebildet und besprochen.
Dass Verfasser oft und eindringlich auf die plastische Dar¬
stellung der Röntgenbilder und das körperliche Sehen hinweist, ist
bei seiner bekannten Stellungnahme zur Erklärung der Schatten¬
bildung durch Röntgenstrahlen und der Entstehung der Röntgenbilder
fast selbstverständlich.
Trotz aller Vorzüge des Buches in bezug auf Illustration und
textlichen Inhalt wirkt auf den Leser die Bezeichnung „positives
X-Strahlenbild“ statt des allgemein gebräuchlichen Ausdruckes „Ori¬
ginal“ bzw. „Röntgenogramm“ und die Bezeichnung „negatives Bild“
statt des landläufigen Ausdruckes „Kopie“ entschieden störend.
Auch die Technik ist, wie Ref. glaubt, in dem der Unter¬
suchung der Nieren und der Harnwege gewidmeten Buche etwas
zu kurz gekommen. So wäre der Leser sicherlich für mehrere dies¬
bezügliche Hinweise dankbar, beispielsweise für eine kurze Mitteilung
über die Füllung der Harnblase mit Sauerstoff oder die Luftaufblähung
des Rektums — Methoden, welche vielfach zur Erleichterung des
Nachweises von Blasensteinen geübt werden. Immerhin darf der In¬
halt des Buches als höchst instruktiv und lehrreich bezeichnet wer¬
den. Die vom Autor eigenhändig angefertigten zahlreichen Kon¬
turpausen von Röntgenogrammen, welche zur Ueber-
sichtlichkeit und raschen Orientierung wesentlich beitragen, geben
Zeugnis von seiner feinen Beobachtungsgabe und seinem hervorragen¬
den Zeichentalent.
In einem Nachwort wird resümierend auf den grossen prak¬
tischen Wert der Röntgenuntersuchung von Niere und Harnwegen
hingewiesen sowie auf die Wichtigkeit einer richtigen
Beobachtung und Deutung der verfertigten Bilder, während
so viele Aerzte glauben, mit der einfachen Anfertigung eines Rönt¬
genbildes sei es schon getan. H. Rieder.
Ph. Chaslin: Elements de Semiologie et Clinique mentales.
Paris, Asselin & Houzeau, 1912. 956 Seiten. Gebunden 18 Fr.
Das Werk will dem nicht spezialistisch gebildeten Arzte das
praktisch wichtige Tatsachenmaterial aus dem Gebiete der all¬
gemeinen und speziellen Psychiatrie leicht zugänglich machen. Es
wird dies erreicht, indem über 350, meist eigene, Einzelbeobachtungen
und Krankengeschichten in trefflicher kurzer Weise wiedergegeben
werden; daran schliessen sich für jedes Kapitel gesonderte klare theo¬
retische Umschreibungen der einzelnen Krankheitserscheinungen. Zi¬
tate und Darstellung von Streitfragen sind in einer für den verfolgten
Zweck durchaus berechtigten Weise fast ganz fortgelassen. Die Dar¬
stellung verrät aber eine gründliche Kenntnis der Literatur, auch der
deutschen. Für die Einteilung der Psychosen schliesst sich der
Verfasser keinem der zurzeit gebräuchlichen Systeme an, sondern
nimmt von verschiedenen Seiten das, was ihm praktisch am rich¬
tigsten erscheint; dadurch kommt er bei einzelnen Krankheitsformen
zu einer symptomatologischen Auffassung, die die didaktische Klar¬
heit des Buches gelegentlich stört. Die Therapie ist recht kurz be¬
handelt; insbesondere wundert man sich, gerade bei einem französi¬
schen Autor, über eine gewisse Geringschätzung ihrer psychischen
Seite, vor allem bei der Darstellung der psychogenen Störungen.
Im ganzen stellt das Buch eine treffliche Einführung in die psych¬
iatrische Praxis dar. Hans W. Maier- Burghölzli-Ziirich.
F. S c h 1 a g i n t w e i t: Technik der Diagnose, Operation und
Harnleiterbehandlung bei Nierentuberkulose. Mit 5 Figuren im Text.
J. F. Lehmanns Verlag. München 1912. 143 Seiten. Preis
4. M.
Das Buch bringt an der Hand von 32 sehr ausführlich be¬
schriebenen Fällen eine Fülle des Interessanten über das Thema der
Nierentuberkulose. Weitaus am besten scheint mir das Kapitel über
Technik der Diagnose zu sein; es ist für jeden angehenden Urologen
ein Vorbild präzisen technischen Arbeitens. Nicht ganz so einver¬
standen kann man mit den Ausführungen über die Technik der Opera¬
tion sein. Neues bringt der Verf. in dem Abschnitt über Therapie
des tuberkulösen Harnleiters; er schlägt die Behandlung des er¬
krankten, im Körper zurückgebliebenen Ureters durch elektrolytische
Zerstörung der Schleimhaut vor. Ein definitives Urteil über die
Gefahrlosigkeit dieses Verfahrens wird erst die Nachprüfung an einem
grösseren Material ergeben. Die innige Nachbarschaft des Harnleiters
und der Darmschlingen lässt jedenfalls theoretische Bedenken zu.
Das Buch wird besonders für den Urologen, der die nicht selten
auftretenden Schwierigkeiten der Diagnose und Therapie zu würdigen
weiss, höchst lesenswert sein. Schon deshalb, weil der Verf. ganz
subjektiv über das Thema spricht und das ist bei den heute so häufig
erscheinenden bloss objektiven Darstellungen ein grosser Vorzug.
Kielleuthner - München.
Fürste nberg - Berlin : Physiologische und therapeutische
Wirkungen des Radium und Thorium. Sammlung zwangloser Abhand¬
lungen aus dem Gebiete der Verdauungs- und Stoffwechselkrank¬
heiten, Bd. IV, H. 4. Einzelpreis M. 1.80.
Zusammenfassende Darstellung der physikalischen und biologi¬
schen Eigenschaften dieser Körper. Von der Emanationstherapie hat
Verf. bei dem mehrere Hundert Fälle umfassenden Material der hydro¬
therapeutischen Anstalt der Universität Berlin in einer ganzen Reihe
recht günstige, mitunter sehr gute Erfolge bei rheumatischen und
gichtischen Erkrankungen gesehen, vor allem bei der chronisch pro¬
gressiven Polyarthritis der Finger- und Zehengelenke. F. P e r u t z.
E. Stromer v. Reichenbach: Lehrbuch der Palaeozoo-
logie. II. Wirbeltiere. 8°. Leipzig und Berlin, B. G. Teubner
325 Seiten. 234 Abb. 1912. Preis geb. M. 10.—.
Der zweite Band der Stromer sehen Palaeozoologie behandelt
in knapper aber übersichtlicher Form die Wirbeltiere. Zahlreiche,
durchweg sehr gute und äusserst sauber gedruckte Abbildungen tra¬
gen zum Verständnis des dargestellten Stoffes wesentlich bei.
In den Schlussbetrachtungen des Werkes werden eine Reihe all¬
gemeiner Fragen besprochen, so Faunenfolge, Tiergeographie und
Oekologie in der geologischen Vergangenheit, die Beziehungen zwi¬
schen Palaeozoologie und Entwicklungstheorie, Tod und Aussterben
der Tierformen.
Bei den Primaten wird der Palaeontologie des Menschen nur sehr
kurz gedacht. Dass der Unterkiefer von Mauer der diluvialen Nean-
dertalrasse angehört, ist irrig. S o b o 1 1 a - Würzburg.
Sven Hedin: Transhimaiaya. Entdeckungen und Abenteuer in
Tibet. Mit 169 Abbildungen nach photographischen Aufnahmen,
Aquarellen und Zeichnungen des Verfassers und mit 4 Karten.
3. Band. Leipzig, F. A. Brock haus, 1912. 390 S.
Der 3. Band des an dieser Stelle früher schon gewürdigten hoch¬
interessanten Werkes bringt zunächst Geschichtliches über die Ent¬
deckungsreisen, welche früher bis an die Ränder der zentralen Ket¬
ten des Transhimaiaya gemacht worden sind. Diese Gebiete, beson¬
ders aber die Quellen des Indus und Satledsch sind aber erst durch
S. Hedin europäischem Auge erschlossen worden. Dass der kühne
Reisende sich auch hier als glänzender Schilderer seiner Erlebnisse
zeigt, bedarf keines Hinweises. Hedin zählt wohl heute zu den
bedeutendsten Schriftstellern des Nordens. Gr.-Miinchen.
Neueste Journaliteratur.
Zeitschrift für klinische Medizin. 76. Band, 5. u. 6. Heft.
20) G. W. Schiele: Ueber die Neigung der oberen Thorax¬
apertur.
Zu einem kurzen Referate nicht geeignet.
21) St. Mutermilch und R. Hertz: Untersuchungen über
den Gehalt an Komplement in normalen und pathologischen Flüssig¬
keiten des Körpers. (Aus dem ehern. Laboratorium von St. Muter¬
milch in Warschau.)
Die Untersuchungen ergaben, dass Oedemflüssigkeiten kein
Komplement enthalten, Transsudate entweder ebenfalls keines oder
nur Spuren davon. Seröse Exsudate haben hämolytisches und bak¬
terizides Komplement. Eitrige oder serös eitrige Exsudate enthalten
kein Komplement; ebenso verhalten sich normale und pathologische
Zerebrospinalflüssigkeiten. Offenbar kann das Komplement normale
Endothelien nicht passieren; die geringen Mengen in einigen Transsu¬
daten sind wohl durch geringe sekundäre entzündliche Prozesse be¬
dingt, dafür spricht auch der schwach positive Ausfall der R i v a 1 1 a -
sehen Probe in denselben Transudaten. In eitrigen und serös eitrigen
Exsudaten ist das Fehlen des Komplements auf seine Absorption durch
die Eiterkörperchen zurückzuführen. Besonders wenig durchlässig
sind die Kapillarendothelien des Wirbelkanals. Die Annahme einer
Absorption des Komplements durch das benachbarte Gewebe oder
durch die in den Oedem- und Transsudatflüssigkeiten suspendierten
morphologischen Elemente als Ursache des Komplementsmangels
ist abzulehnen, da sie ja auch bei entzündlichen Exsudaten statt¬
finden müsste. Die diagnostische Bedeutung für die Praxis ist nicht
sehr gross, da dieselben Schlüsse auf Grund der weit einfacheren
R i v a 1 1 a sehen Probe gezogen werden können.
22) K. v. Noorden: Ueber ernsthafte Folgezustände der chro¬
nischen spastischen Obstipation. (Aus der I. med. Klinik in Wien.)
Der vom Verfasser beschriebene Fall betraf eine 35 jährige Frau,
die seit 15 Jahren an chronischer Obstipation mit zeitweisem Durch¬
fall und heftigen kolikartigen Schmerzen litt. Die Untersuchung wäh¬
rend eines solchen Anfalles ergab ein peritoneales Bild, nämlich inten-
). März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
481
ive Schmerzen im ganzen Abdomen, kleinen frequenten Puls, enormen
Äeteorismus rechts und in der Mitte; Dämpfung über der Milzgegend
md dem Colon descendens; 2 Tage Stuhlverhaltung, am 3. Tage
Erbrechen, dann profuse wässrige Diarrhöen mjt einzelnen härteren
(lumpen. Der anfängliche Verdacht auf eine von den Genitalien
iusgehende Pelveoperitonitis wurde durch die Röntgendurchleuch-
ung und den weiteren Verlauf als unbegründet erwiesen. Bei der
Durchleuchtung zeigten sich die von den Bi-ingestis gebildeten
loppelten rosenkranzartigen Ketten an der Flexura lienalis und die für
Kolitis ulcerosa charakteristische Marmorierung. Mit dem Aufhören
ler Okklusionssymptome infolge der Diarrhöen hörten auch die rasen-
len Kolikschmerzen auf. Durch nun einsetzende Atropinbehandlung
nit einer kurzen Periode schonender, sehr kalorienreicher Kost,
reicher allmählich eine gröbere, schlackenreichere Obstipations- und
vlastdiät folgte, wurde dauernde Besserung erzielt. .Die Darreichung
on Grobkost ist in solchen Fällen ein Experimentum crucis. Stellen
;ich danach neue Attacken ein, so ist das ein Zeichen, dass die sekun-
lären Veränderungen, die Adhäsionen und Strikturen schon zu weit
;ediehen sind, so dass nur eine Operation helfen kann, während Fest¬
sten an massiger Kost nur neue schlimmere Okklusionskrisen ver¬
anlassen würde.
23) A. A u s t r e g e s i 1 o : Pneumonia in Rio de Janeiro und
Pneumococciae bastardae.
Zu einem kurzen Referat nicht geeignet.
24) N. D. Straschesko; Zur Frage des diastolischen Herz-
stosses, des diastolischen, akzidentellen Tones und des Dikrotismus
Jes Pulses bei Insuffizienz der Aortenklappen. (Aus der therapeut.
Fakultätsklinik der Wladimir-Universität.)
Im Anschluss an 2 Krankengeschichten führt der Verfasser aus,
dass der diastolische Herzstoss, der bei dekompensierter Aorten¬
insuffizienz öfters zu beobachten ist, durch Nachlass des Tonus der
Herzmuskulatur entsteht, weil bei der schnellen Erweiterung des
Herzens im Beginn der Diastole die Herzspitze durch das ein¬
strömende Blut gegen die vordere Herzwand gedrängt wird, diese
schnelle Erweiterung ist von einem dumpfen, akzidentellen Ton be¬
gleitet (es besteht protodiastolischer Galopprhythmus); derselbe fällt
mit dem diastolischen Geräusch zusammen, ist meist nur bei Aus¬
kultation mit dem blossen Ohr zu hören. Dieser protodiastolische
Ton ist häufiger als der diastolische Stoss, welcher erst bei stärkeren
Muskelveränderungen auftritt und daher eine ernstere Prognose gibt.
Ist gleichzeitig eine Verdoppelung des systolischen Tones vorhanden,
so hört man 4 Töne und 2 Geräusche. Der diastolische Stoss wird
sehr bedeutend, wenn er bei Tachykardie mit der der darauffolgen¬
den Herzrevolution angehörigen Vorhofskontraktion zusammenfällt.
Manchmal tritt auch noch ein 5. Ton auf, ein präsystolischer Ton mit
einem präsystolischen Stoss, herrührend von der Kontraktion der
Vorhöfe bei gleichzeitiger Spannung der Ventrikelwände infolge von
myokarditischen Veränderungen. Die gleichzeitig mit dem diasto¬
lischen Stoss häufig zu beobachtende Dikrotie des Pulses kann viel¬
leicht so erklärt werden, dass bei Verminderung des Tonus der Ven-
trikclwand in der Diastole eine grössere Blutmenge mit grösserer
Vehemenz zurückströmt und dadurch an der Ventrikelwand zu stär¬
kerer Wellenreflexion führt. Die Ausmessung der Kurven ergibt auch,
dass die dikrotische Welle bei Aorteninsuffizienz weiter vom Anstieg
der Pulswelle entfernt ist als beim normalen Puls.
25) W. Orlowski: Zum klinischen Studium der Trypsinab¬
sonderungsfähigkeit des Pankreas. (Aus dem Laboratorium der ärzt¬
lichen Diagnostik in Kasan.)
Der Verfasser kommt zu folgenden Schlüssen. Zur Bestimmung
des Trypsins ist die Grosssche Methode am meisten zu emp¬
fehlen, welche bei Verlängerung der Verdaungszeit auf 24 Stunden
bedeutend empfindlicher wird. Die Wirkung des Trypsins folgt nicht
dem Schütz -Borissow sehen Gesetz, sondern ist einfach pro¬
portional der Zeit und der Menge des Ferments. Trypsin ist im
Mageninhalt und im Stuhl nachzuweisen, in letzterem häufiger. Für
den Nachweis im Mageninhalt ist das Oelfrühstück vorzuziehen.
Subazide Säfte enthalten viel öfter Trypsin als normale und super-
azide. Galle enthaltende Säfte weisen öfters Trypsin auf als farblose
und in grösserer Quantität. Die niedrige Gesamtazidität des Magen¬
saftes nach Oelfrühstück und sein Gallegehalt sind der Grund für das
häufigere Vorkommen des Trypsins in demselben. Die Neutrali¬
sation des Mageninhaltes vor und nach dem Oelfrühstück erhöht die
Zahl der Trypsinbefunde, besonders wenn hohe Azidität vorliegt,
doch ist dies nicht von entscheidender Bedeutung. Zwischen den
Pepsin- und Trypsinmengen in den Magensäften ist meist eine be¬
stimmte Gesetzmässigkeit zu beobachten. Bei Magenachylie ent¬
halten sowohl Stuhl wie Mageninhalt grosse Trypsinmengen. Bei
Ulcus ventriculi ist Trypsin im Mageninhalt seltener, seine Quantität
geringer sowohl im Mageninhalt wie im Stuhl. Bei Gastroptose resp.
Pyloroptose sind grosse Trypsinmengen zu beobachten; bei Gastrek-
tasie und nervöser Dyspepsie geringe. Bei Darmatonie ist der
Trypsingehalt des Stuhles meist gering. Bei negativem Trypsin-
beiund im Mageninhalt ist der Stuhl auf Trypsin zu untersuchen und
umgekehrt. Einmaliger negativer Ausfall der Untersuchung auf
Trypsin im Mageninhalt und Stuhl gibt noch kein Recht, eine be¬
deutende Affektion des Pankreas anzunehmen; dies kann ausser durch
reinen Zufall auch durch zeitweilige funktionelle Insuffizienz des Pan¬
kreas verursacht werden. Die Anwesenheit von Trypsin im Magen¬
inhalt schliesst eine Stenose des Pylorus nicht aus, im Gegenteil,
manchmal ist bei gleichzeitiger Rigidität der Rückfluss des Darm¬
saftes viel leichter möglich. Die quantitative Bestimmung des Magen¬
inhaltes aus dem Grade der Azidität vor und nach der Verdünnung
durch eingegossenes Wasser wird durch Rückfluss alkalischen Darm¬
saftes ungenau. Die Bestimmung des Trypsins ist hauptsächlich von
Wert zur Beurteilung des Grades des Rückflusses von alkalischem
Darminhalt in den Magen.
26) B. M. Dolgopol: Zur Kasuistik der Erkrankung des N.
ulnaris nach Unterleibstyphus. (Aus dem israel. Krankenhaus in
Odessa.)
Bei einem 22 jährigen Mann entwickelte sich in der Rekon¬
valeszenz von einem schweren Typhus eine Lähmung des rechten
Ulnaris mit typischen Sensibilitätsstörungen und Störungen der
elektrischen Erregbarkeit, welche nach mehreren Monaten wieder
vollständig zurückging. Als Ursache der Lähmung sind wahrschein¬
lich Toxine anzusprechen. *
27) R. H o f f m a n n - München; Lumbale Hypophysisinjektionen.
Die Durchtrennung des Hypophysenstieles allein führt ebenso
rasch zum Tod wie die völlige Exstirpation der Hypophyse, wahr¬
scheinlich deswegen, weil dadurch der Uebertritt des kolloiden Hypo¬
physensekretes in den Liquor cerebrospinalis unmöglich gemacht
wird. Das Kolloid der Hypophyse könnte die Viskosität des Liquors
und damit seine Zu- und Abflussverhältnisse beeinflussen, ausserdem
aber auch direkt auf die den Liquor liefernden Gefässe bezüglich ihrer
Kalibrierung einwirken und den Stoffwechsel des Zentralnerven¬
systems beeinflussen. Es ist daher naheliegend, lumbal den Extrakt
des epithelialen Anteils der Hypophyse zu injizieren. An der Blase
von Kaninchen, welche intralumbal Hypophysenextrakt erhalten
hatten, war deutliche Kontraktion zu beobachten.
28) Kleinere Mitteilungen. Der IX. Internationale Physiologen¬
kongress zu Groningen findet vom 2. — 6. September 1913 unter
11. J. Hamburgers Präsidium satt.
Lindemann - München.
Zeitschrift für Immunitätsforschung und experimentelle
Therapie. 15. BcL 6. Heft (Auswahl).
Otto R o o s - Heidelberg: Ueber die Einwirkung von Salvarsan
auf Milzbrandbazillen.
Verf. hat auf Grund der bisher beim Milzbrand des Menschen
beobachteten Heilwirkung durch Salvarsan die Frage experimentell
am Meerschweinchen nachgeprüft, ob das Salvarsan direkt bakterizid
wirkt, oder, wie verschiedene Autoren behaupten, indirekt durch
eine Beeinflussung der normalerweise schon vorhandenen bakteri¬
ziden Stoffe des Serums. Das Meerschweinchen wählte er deshalb,
weil bei ihm das Blutserum keine bakteriziden Stoffe gegen Milz¬
brand besitzt. Die Versuchsanordnung gestaltete er so, dass Meer¬
schweinchen mit Salvarsan vorbehandelt wurden. Nach 24 Stunden
wurde ihnen dann Blut entnommen und das gewonnene Serum mit
bestimmten Mengen von Milzbrandbazillen versetzt. Nach ver¬
schiedenen Zeiten der Einwirkung wurde dann die Mischung mit
Agar zu Platten ausgegossen, und es zeigte sich, dass unter be¬
stimmten Mengenverhältnissen die Milzbrandbazillen abgetötet
waren. Dieselbe Wirkung zeigte das Salvarsan auch auf Milzbrand¬
kulturen in Bouillon allein. Der Verf. schliesst daraus, dass das Sal¬
varsan direkt im Sinne eines Desinfektionsmittels wirkt, und dass
es ein Spezifikum gegen Milzbrand ist.
G. Kapsenberg - Berlin ; Die Anaphylaxie mit Linsen¬
substanz.
Es ist bekannt, dass die Linsensubstanzen der verschiedenen
Tiere eine weitgehende Organspezifizität zeigen. Ob auch eine
Anaphylaxie durch die artgleiche Linsensubstanz hervorzurufen ist,
darüber ist noch keine völlige Einigung erzielt. Verf. hat nun mit
einer sorgfältigen Versuchsanordnung festgestellt, dass es zwar sehr
schwer ist, Meerschweinchen mit Meerschweinchenlinse zu sensibili¬
sieren. Nimmt man aber sehr grosse Reinjektionsdosen, so sterben
die Tiere doch im anaphylaktischen Schock. Da es mit artfremder
Linsensubstanz sehr leicht gelingt, die Tiere zu sensibilisieren, so
geht daraus hervor, dass die Linsensubstanz immerhin eine gewisse
Artspezifität hat.
E. Friedberger und Hans L a n g e r - Berlin : Ueber
Anaphylaxie. 31. Mitteilung.
Aronson hat angegeben, dass er aus dem Histidin durch
Digerieren mit Meerschweinchenserum ein für Meerschweinchen akut
tödliches Gift gewinnen konnte. Verfasser konnten seine Versuche
nicht bestätigen.
E. Friedberger und Hans Langer: Ueber Anaphylaxie.
32. Mitteilung.
Friedberger und Hartoch haben früher gezeigt, dass
man bei präparierten Meerschweinchen durch intravenöse Zufuhr
hoher Kochsalzdosen den anaphylaktischen Tod verhüten kann und
haben diese Tatsache darauf zurückgeführt, dass dadurch das Kom¬
plement an seiner Verankerung verhindert wird. In neuerer Zeit
sind mehrfach Einwände gegen diese Ansicht erhoben worden, so
vor allem der, dass durch die Einfuhr des Kochsalzes ins Blut eine
Anreicherung mit Wasser erzielt und dadurch das Gift einfach ver¬
dünnt wird. Diesem Einwande begegnen die Verfasser jetzt dadurch,
dass sie die konzentrierte Kochsalzlösung in den Magen eingespritzt
haben, wodurch höchstens eine Eindickung des Blutes erreicht würde.
Trotzdem zeigten die so behandelten und reinjizierten Meer-
482 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. 9.
schweinchen keine anaphylaktischen Symptome, wenn sie zum Teil
auch später an der Kochsalzvergiftung starben.
S. Miyaji-Graz: Versuche über die Anaphylatoxinempfind-
lichkeit der normalen und sensibilisierten Tiere.
Es ist neuerdings gezeigt worden, dass mit Eiweiss vorbehan¬
delte Tiere nicht nur gegen die Reinjektion dieses Eiweisses eine
erhöhte Empfindlichkeit zeigen, sondern dass sie auch schon auf
geringfügige andere Einflüsse verhältnismässig stärker reagieren, als
normale Tiere, so z. B. auf Injektionen von Kochsalzlösungen. Verf.
hat nun untersucht, ob die überempfindlich gemachten Tiere auch
vielleicht auf Anaphylatoxin stärker reagieren als normale. Er
konnte aber nach Vorbehandlung mit kleinen Dosen keinen deutlichen
Unterschied feststellen.
J. Morgenrot h und M. K a u f m a n n - Berlin: Arzneifestig¬
keit bei Pneumokokken.
Vor einem Jahre haben Morgenroth und Levy in die
experimentelle Chemotherapie der Pneumokokkeninfektion ein
Dei ivat aus der Gruppe der Chinaalkaloide, das Aethylhydrocuprein
eingeführt. Später wurde statt der wässerigen Lösung dieses Mittels
eine ölige Lösung der freien Base des Aethylhydrocuprein gewählt,
das noch wesentlich bessere Resultate gab. Die infizierten Mäuse
wurden bis zu 90 resp. 100 Proz. geheilt. In der vorliegenden Arbeit
haben die Verfasser nun untersucht, ob die Bakterien gegen dieses
Mittel fest werden können, ähnlich wie die Trypanosomen gegen das
Arsen. Diese Festigung der Pneumokokken gelang in der Tat schon
nach wenigen Passagen erfolglos behandelter Mäuse.
L. G u t m a n n - Berlin: Zur experimentellen Chemotherapie der
Pneumokokkeninfektion.
Ergänzung zur vorstehenden Arbeit. Verf. hat die Versuche, die
bis jetzt nur an einem Pneumokokkenstamm vorgenommen waren,
auf 12 andere ausgedehnt, um zu untersuchen, ob die verschiedenen
Stämme vielleicht verschieden beeinflussbar sind, eine Frage, die
unbedingt gelöst werden muss, ehe das Mittel in die Klinik eingeführt
wird. Es ergab sich, dass im prophylaktischen Versuch an der Maus
das Mittel fast in allen Fällen und bei allen Stämmen eine sichere
Wirkung hatte. Unter diesen Umständen wird wahrscheinlich bei
der praktischen Anwendung am Menschen die oben erwähnte
Festigung der Bakterien gegen das Mittel gar nicht erst eintreten
können. L. S a a t h o f f - Oberstdorf.
Zentralblatt für Chirurgie, 1913, No. 7.
O. Uffreduzzi und G. G i o r d a n o - Turin: Abänderungen
an der Roux sehen Gastro-Jejuno-Oesophagostomie.
Beide Verfasser schildern ihre 2 Methoden, die in manchen
Punkten eine Vereinfachung der ursprünglichen Roux sehen bringen.
Die eine Methode erreicht das Ziel, indem sie ausserhalb der Brust
ihren Weg nimmt; bei der anderen Methode wird die Pleura eröffnet.
Nähere Details sind in der Arbeit selbst nachzulesen.
P. B a b i t z k i - Kiew: Die Anästhesie des N. ischiadicus.
Um ganz sicher den N. ischiad. zu treffen, sticht Verf. die Nadel
unter der Kontrolle des im Rektum befindlichen Fingers tief durch
die Mm. glutaei in den Kanal ein, dessen Inhalt der N. ischiad. bildet;
so trifft Verf. unter ständiger Kontrolle des Fingers jeden beliebigen
Abschnitt des dicken N. ischiad. Er benützt 2 — 3 proz. Novokain¬
lösung, mit der sich nach dieser Injektionsmethode bereits nach
3 — 5 Minuten volle Anästhesie erzielen lässt. Diese Methode basiert
auf genauen anatomischen Verhältnissen und verlangt keine speziellen
Vorrichtungen. In 15 Fällen hat Verf. völlig ausreichende Anästhesie
für Operationen oder Repositionen von Knochenbrüchen erzielt.
G. F r a 1 1 i n - Modena : Eine neue Anwendung der freien Osteo¬
plastik in der Fixation des paralytischen Fusses.
Verf. beschreibt genau sein Verfahren, bei dem er zur Fixation
des paralytischen Fusses nicht (wie L e x e r) frisches Amputations¬
material benützte oder ein Knochenstück der Fibula entnahm, sondern
er löste mit dem Meissei vom unteren Teil der Fibula eine Knochen-
pei iostlamelle von % cm Dicke ab, brachte sie zwischen die an¬
gefrischten Flächen des Malleolus ext. und des Kalkaneus und be¬
festigte sie an beiden Enden durch einige Seidenstiche: zuletzt schloss
er die Arthrodese des erschlafften Gelenkes zwischen Talus und
Navikulare an. Heute, 7 Monate nach der Operation, ist das Resultat
hinsichtlich Plastik und Funktion ausgezeichnet.
E. Heim- Gerolzhofen.
Zentralblatt für Gynäkologie. 1913. No. 7.
M. T r a u g o 1 1 und M. G o 1 d s t r o m - Frankfurt a. M. ; Ueber
die bakteriologische Untersuchung des Vaginalsekretes Kreissender
und seine prognostische Bedeutung für den Verlauf des Wochenbetts.
Bei einer Untersuchung von 902 Kreissenden, die nicht fiebernd
in die Klinik kamen, hatten 514 keine und 388 hatten Streptokokken
in der Vagina. Von ersteren zeigten 12,45 Proz., von letzteren
10,5 Proz. Fieber im Wochenbett. Für die Prognose des Wochenbetts
nichtfiebernder Kreissender bei ausschliesslich rektaler Untersuchung
ist es daher gleichgültig, ob Streptokokken im Vaginalsekret ante
partum vorhanden sind oder nicht.
F. K u h u - Schönberg : Das biologische Moment bei der Be¬
handlung der Vagina.
K. macht auf die Selbstreinigung der Vagina unter normalen und
pathologischen Verhältnissen aufmerksam, die auf die saure Reaktion
des Vaginalinhalts zurückzuführen ist. Das Erhaltenwerden der
sauren Reaktion ist der Kernpunkt in den Schutzeinrichtungen der
Vagina und unter pathologischen Verhältnissen das Endziel unserer
klinischen Wünsche. Hierzu ist besonders der Zucker geeignet. Die
übliche Behandlung mit Hefe und Glyzerin bei Vaginitis und Fluor
albus erklärt ihre Erfolge durch die Säurebildung.
Th. Pe t r i - München: Biologische Diagnose der Schwanger¬
schaft.
Die Methode stammt von Abderhalden. Durch ein neues,
sehr feines Eiweissreagens (Ninhydrin) konnte festgestellt werden,
dass vom 1. Monat bis zum Schluss der Schwangerschaft Fermente
im Blute kreisen, die im normalen Blute nicht vorhanden sind. Die
Reaktion bleibt etwa noch 14 Tage post partum bestehen. Näheres
siehe im Original.
A. Hörrmann- München : Seltene klinische Erscheinungen
einer Beckenbindegewebszyste (Epidermoidzyste).
Die Zyste entleerte Eiter aus der Vagina, herrührend von einem
Pyokolpos. Entfernung durch Exstirpation. Heilung.
J a f f c - Hamburg.
Archiv für Hygiene. 48. Band. 4. und 5. Heft. 1913.
1) M. K a i s e r - Triest: Ueber ein einfaches Verfahren, infektiöse
Stühle zu desinfizieren.
Verf. arbeitete ein Verfahren aus, um infektiöse Stühle zu des¬
infizieren, welches darin besteht, dass Aetzkalk mit hochtemperiertem
Wasser gelöscht wird und 2 Stunden lang auf die Fäkalien resp.
Bakterien einwirken muss. F.s kommt dabei weniger auf die che¬
mische Wirkung des Kalkes an, als vielmehr auf eine Dauerwirkung
der hohen Temperatur des Wassers. Es gelang sowohl die Des¬
infektion breiiger weicher Stühle, wie weicher geformter Stühle
und zwar ohne jede vorherige Zerkleinerung. Stuhldesinfektionen im
Stechbecken und in Zimmerklosetts hatten denselben Erfolg. Auch
grössere Mengen von Harn beeinflussen den Desinfektionsvorgang
nicht. Für die praktische Verwendbarkeit empfiehlt Verf., dem vorher
geschätzten Volumen Fäkalmasse und Urin etwa den 4. Teil Aetzkalk
in Form kleiner kirsch- bis walnussgrosser Stücke zuzusetzen. Man
setzt noch soviel 50 — 70" warmes Wasser zu, bis die Fäkalmasse
überdeckt ist und lässt 2 Stunden stehen. Danach kann man un¬
bedenklich den Stuhl bei Seite giessen.
2) E. Weil-Prag: Ueber die Wirkungsweise der Kaninchen¬
leukozyten.
Aus den Untersuchungen schliesst Weil, dass in den Kaninchcn-
leukozyten zwei verschiedene Stoffe enthalten sind und zwar
bakterizide und antagonistische. In den kurzdauernden
Digesten fehlen die letzteren, weil die bakteriziden leichter löslich
sind. Verschiedene Bakterien verhalten sich auch verschieden gegen¬
über beiden Stoffen. Staphylokokken z. B. zeigen ein hohes Mass
von Empfindlichkeit, werden dagegen nicht von den lebenden Leuko¬
zyten und den Gefrierextrakten beeinflusst. Typhusbazillen gehen
dafür in den letzteren zugrunde, während sie gegenüber den bak¬
teriziden und antagonistischen Stoffen resistent sind. Das normale
Serum hat die Fähigkeit, sowohl den antagonistischen als auch den
bakteriziden Stoffen entgegenzuwirken und zeigt eine grössere
Avidität zu den ersteren. Bei Meerschweinchenleukozyten lassen
sich bakterizide, aber nicht antagonistische Stoffe nachweisen.
3) Markus R a b i n o w i t s c h - Charkow: Ueber die Empfäng¬
lichkeit der Ferkel für Flecktyphus.
Es wird mitgeteilt, dass bei Impfungen mit dem angeblichen
Erreger des Flecktyphus, dem „Diplobacillus exanthema-
t i c u s“, 2 junge Ferkel Ausschläge bekamen, die durchaus den Typus
der menschlichen Krankheit zeigten. Die Inkubationszeit betrug im
ersten Falle 7 Tage nach der Infektion mit einer 24 ständigen Kultur,
welche auf erstarrtem Kalbsserum mit Zusatz von Menschenblut und
5 Proz. Glyzerin gewachsen war. Im zweiten erschienen die
Petechien erst am 15. Tage, im Blut der Tiere wurden die Orga¬
nismen wiederum aufgefunden.
4) M. Hohenadel - Dresden : Untersuchungen über Yoghurt
mit besonderer Berücksichtigung der Yoghurttrockenpräparate.
Bei der Untersuchung einer Reihe frischer und trockener
Yoghurtpräparate fanden sich als Bestätigung vieler Prüfungen, die
auch schon von anderer Seite gemacht wurden, im wesentlichen die
zwei für Yoghurt als wirksames Prinzip in Betracht kommenden
Organismen : das Bacterium bulgaricuni und der Strepto¬
coccus lactis acidi. Ersterer ist Gram-positiv, Stäbchen- bis
fadenförmig, ohne Eigenbewegung, ohne Sporen, ohne Gelatirie-
verflüssigung, ohne Gasbildung; auf gewöhnlichem Agar, Bouillon.
Kartoffel. Gelatine, Endoagar wächst er nicht, dagegen auf Milchagar
bei 45" C sehr gut, auch bei 37". In den Yoghurttrockenpräparaten
sind die Eakterien in das Milchkasein eingeschlossen und halten sicii
darin offenbar, ohne an Wirksamkeit einzubiissen erheblich lange,
jedenfalls viele Monate, vielleicht einige Jahre. Für den Nachweis
der Bakterien in den Trockenpräparaten genügt die Uebertragung
auf Milchagar bei 45", nachdem die Pastillen zerrieben wurden.
Ebenso kann man in dem zerriebenen Material die Bakterien gefärbt
mikroskopisch nachweisen. Von Vorteil ist es. wenn aus Yoghurt
das Bact. bulgaricum isoliert werden soll, auf 45° erwärmte
Milchröhrchen abzuimpfen, dieselben 24 Stunden bei 45° zu halten
und von da aus erst ein zweites Milchröhrchen zu beschicken pei
der Abimpfung auf Platten sollen dieselben ebenfalls auf 45" var¬
gewärmt werden. Für die Bereitung des Yoghurt ist es notwendig.
März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
483
Milch aufzukoclien und auf 45—50° C abzukiihlen, um die in der
Ich vorhandenen Keime vorher abzutöten.
R. O. N e u m ann - Giessen.
Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten. 1913.
Band, 3. Heft.
1) K. S a i s a w a - Tokio : Ueber die Pseudotuberkulose beiin
.■tischen.
Es handelt sich um einen der nicht sehr häufigen Fälle von
g. Pseudotuberkulose des Menschen, welche bakterio-
;isch mit den Tuberkelbazillen oder einem seiner Verwandten ab¬
lut nichts zu tun hat, sondern durch einen Vertreter aus der
uppe der hämorrhagischen Septikäniie erzeugt wird. Bei Tieren
diese „Pseudotuberkulose“, welche pathologisch-anatomisch mit
r Tuberkulose äusserlich viele Aehnlichkeiten zeigt, nicht sehr
iten. Es gelang aus dem Blute und aus der Perikardialflüssigkeit
s Kranken Bakterien rein zu züchten, die in morphologischer und
(logischer Beziehung dem Pfeifferschen Pseudotuber-
tlosebazillus der Nagetiere entsprachen. Leider ist der
ine Pseudotuberkulosebazillen in bakteriologischer Beziehung sehr
glücklich gewählt, so dass damit vielfach Verwirrung gestiftet wird,
ef.)
2) K. Saisawa - Tokio : Vergleichende Untersuchungen über
n Bazillus der Pseudotuberkulose.
Verf. verglich seinen Organismus mit drei anderen aus Tieren
d einem vom Menschen stammenden, die ähnliche pathologisch-
atomische Veränderungen verursacht hatten. Sie alle stimmten mit
r von Pfeiffer gegebenen Originalbeschreibung — der Pfeif-
r sehe Stamm selbst war nicht mehr zu bekommen — überein,
ü der Identifizierung der Stämme Hessen die Serumreaktionen,
rglutination, Präzipitation und Komplementbindung ziemlich im Stich,
dass ausschlaggebend das morphologische und kulturelle Verhalten,
2 Veränderungen im Tierkörper und der durch aktive Immunisierung
zielte Impfschutz war.
3) H. Liefmann- Berlin : Ueber Vibriolysin.
4) Karl B u n d s c h u h - Darmstadt: Kann man in einem ge-
nden Tier Tuberkuloseantikörper erzeugen?
Es konnte festgestellt werden, dass es möglich ist, in gesunden,
berkulös nicht infizierten Versuchstieren mit Tuberkulosegift, das
inerlei körperliche Elemente enthält. Antikörper zu erzeugen. Als
iberkulosegift benützte der Verf. das LandmannscheTuber-
u 1 o 1, welches eine Vereinigung aller wasserlöslichen Bestandteile
s Tuberkulosegiftes in möglichst genuiner Form, ohne Beimengung
spezifischer Stoffe, wie Witte-Pepton oder Fleischextrakt darstellt.
5) K o n r i c h - Berlin: Zur Verwendung des Ozons in der
iftung.
Die Versuche wurden mit Ozonapparaten und zwar mit dem
zon-Gitterapparat der Firma Siemens & Halske und mit
uem kleinen Zimmerozonisierungsapparat der Allge-
einen Elektrizitätsgesellschaft ausgeführt. Das Resultat der ge¬
inten Experimente ist nicht besonders günstig. Im Gegensatz zu
n rein wissenschaftlichen Ergebnissen stehen die Meinungen des
lblikums. Das letztere ist vielfach überzeugt von der bedeutenden
•sinfizierenden Kraft des Ozons auf die Luft, welche im Experiment
(er nur dann nachzuweisen ist, wenn die Dosen so hoch sind, dass
ich die Giftwirkung des Ozons zur Geltung kommt. In kleineren
oseu dagegen wird die wirklich schlechte Luft kaum beeinflusst, es
itt nur noch der Ozongeruch hinzu, der, wenn er stärker ist, eine
.‘itlang die schlechte Luft auszuschalten scheint, indem es mehr
ich Ozon riecht. Im anderen Falle aber bleibt der vorherige Geruch
stehen, höchstens tritt noch ein neuer Geruch, eine Kombination des
zon- und des Luftgeruches auf. Eine wirkliche Luftverbesserung
uss durch frische Luft und gute Ventilation erfolgen. Vielen Men¬
gen ist der Ozongeruch durchaus nicht sympathisch. Die von der
echnik benützten Konzentrationen entsprechen etwa 0,5 — 0,05 mg
o Raummeter Luft.
6) S c h r o e t e r - Berlin: Die praktische Verwertbarkeit von
ausozonisierungsapparaten.
Während die Sterilisation von Wasser mittels Ozon in grossen
ulagen vollkommen gelingt, scheint es bisher mit kleinen, sog. Haus-
iparaten, noch nicht möglich gewesen zu sein. Verf. untersuchte
vei dieser Apparate: „Sterilisator Otto“ und „Zonhyd“, kam aber
if Grund seiner Prüfungen zu dem Resultat, dass beide Apparate
ch nicht den Anforderungen entsprechen, die man an sie stellen
uss. Auch in „reinem Wasser“ wurden die Bakterien nicht alle
getötet. Die schlechten Leistungen beruhen auf zu geringer Lie-
rung von Ozon (nur Vio der verlangten Menge) und in der kurzen
eit, in der das Ozon mit dem Wasser in Berührung kommt.
7) J. Kutsche w s k y und D. Bierger - Moskau : Zur Frage
rer das Verhältnis des Bacillus leprae Hansen zu einigen bei Lepra
züchteten Mikroorganismen.
Der von Ktdrowsky aus Leprösen gezüchtete Organismus,
Geher sich säurefest zeigte, ist mit dem Hansen sehen Lepra-
izillus identisch, denn das Serum von Leprösen enthält nach den
ntersuchungen der Verfasser im gleichen Masse spezifische, durch
e Reaktion Bordet-Gengou nachweisbare Antikörper sowohl gegen
e Kultur von Kedrowsk.v, als auch gegen die Antigene aus
epromen, in denen sich Hansens Leprastäbchen fanden. Der
Duvalsche Organismus hat mit der Aetiologie der Lepra nichts
zu tun.
Die Redrowsky sehe Leprakultur steht dem Tuberkelbazillus
sehr nahe.
8) R. P. Andersen: Ein tragbarer Pettersson-Palmquist-
Apparat.
Der P e 1 1 e r s s o n - P a 1 m q u is t sehe Apparat zur Kohlen¬
säurebestimmung der Luft auf gasvolumetrischem Wege, bei welcher
das CO2 durch die Volumkontraktion einer gemessenen Luftmenge
nach Absorption des Kohlenoxyds bestimmt wird, wurde vom Verf.
in entsprechender Weise zu einem kompendiösen Modell umgearbeitet,
so dass es leicht mitführbar ist. Der Apparat wird von G r e i -
11er & Friedrichs, Stützerbach, Thüringen angefertigt und ver¬
trieben.
9) M. T a u t e - Deutsch-Ost-Afrika : Zur Morphologie des Er¬
reger der Schlafkrankheit am Rovumafluss (Deutsch-Ost-Afrika).
In Deutsch-Ost-Afrika, im Gebiete des Rovumaflusses, des Grenz¬
flusses gegen die portugiesische Kolonie Mocambique wurde im
vorigen Jahre ein neuer Schlafkrankheitsherd entdeckt. Die dabei
ermittelten Trypanosomen zeigen im Affenblut die Charakteristika,
welche für das Trypanosoma rhodesiense beschrieben sind.
Die einzelnen Formen sind beschrieben und mit den Formen des
Trypanosoma gambiense verglichen. Der Hauptunterschied
zwischen beiden besteht darin, dass bei den kurzen gedrungenen
Formen des Tryp. rhodesiense resp. des neugefundenen der Hauptkern
sich nahe dem Hinterende des Parasiten befindet.
R. 0. Neumann- Giessen.
Berliner klinische Wochenschrift. No 8, 1913.”
1) H. Oppenheim und F. Krause- Berlin : Partielle Ent¬
fernung des Wurms wegen Geschwulstbildung unter breiter Eröffnung
des vierten Ventrikels. (Vortrag mit Demonstration der Operierten in
der Berliner med. Gesellschaft am 15. Januar 1913.)
Cf. pag. 163 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
2) Max Rothmann- Berlin : Zur Kleinhirnlokalisation. (Nach
einem in der Physiologischen Gesellschaft zu Berlin am 16. Januar
gehaltenen Vortrag.)
Es ist dem Verfasser geklingen, durch Versuche an Hunden und
Affen die Lehre von der Lokalisation in der Kleinhirnrinde zu be¬
festigen und erweitern.
3) J. W 0 h 1 g e m u t h - Berlin : Pankreas, Leber und Kohle¬
hydratstoffwechsel.
Die Untersuchungen des Verfassers ergeben, dass Tiere, bk
denen man durch Unterbindung der Pankreasgänge für einen Ueber-
tr itt des Pankreassekretes in das Blut und damit für eine Ueber-
schwemmung des Blutes mit diastatischem Ferment sorgt, in ihrem
Kohlehydratstoffwechsel eine beträchtliche Umwälzung erleiden. Das
Glykogen aus der Leber verschwindet zum grössten Teile, die
Zuckertoleranz ist erheblich gestört und die Blutzuckermenge ist
gegenüber der Norm wesentlich gesteigert. Das Pankreas steht
ausser zur Leber, zu den Nebennieren und zur Schilddrüse auch zu
den Nieren in naher Verbindung.
4) J. Morgenroth und S. G i n s b e r g - Berlin : Hornhaut¬
anästhesie durch Chinaalkaloide. 2. Mitteilung. Ueber die Wirkung
der Chinaalkaloide auf die Kornea. (Nach einem Vortrag in der
Berliner med. Gesellschaft am 15. Januar 1913.)
cf. pag. 163 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
5) Sieskind, R. Wolffenstein, J. Zelt 11 er: Ueber
externe Salizylpräparate.
Die Verfasser haben durch die Kombination der Salizylsäure mit
dem tertiären Trichlorbutylalkohol einen Ester, „Perrheumal“ ge¬
nannt, hergestellt, welcher äusserlich appliziert nicht reizt und eine
lokalanästhesierende Wirkung hervorruft. Die mit dem Präparate er¬
zielten Erfolge bei akuten und subakuten Muskel- und Gelenkrheu¬
matismen sind sehr ermutigend.
6) A. B i c k e 1 - Berlin : Weitere Beiträge zur Thorium X-
Therapie bei Anämie, Leukämie und rheumatischen Erkrankungen.
(Vortrag, gehalten in der Sitzung der Chariteegesellschaft am 9. Ja¬
nuar 1913.)
Die vom Verfasser mitgeteilten Fälle zeigen, dass wir in dem
Thorium X ein interessantes und in vielen Fällen symptomatisch vor¬
trefflich wirkendes Heilmittel bei gichtischen, rheumatischen Erkran¬
kungen, bei Leukämie und Anämie besitzen.
7) A. T h e i 1 h a b e r - München: Zur Frage von der opera¬
tionslosen Behandlung des Karzinoms.
Nach Ansicht des Verfassers ist das Karzinom eine Erkrankung
des Bindegewebes, die sich äussert in Atrophie des subepithelialen
Bindegewebes bei schlechter Ernährung desselben, spärlichen atrophi¬
schen Bindegewebszellen mit verminderter Proliferationsfähigkeit,
engen Blutgefässen. Die Therapie solle den Naturheilungsprozess der
Karzinome nachahmen, also für lokale Hyperämie und lokale und
allgemeine Hyperleukozytose Sorge tragen. Die Krankenhäuser
sollten eigene Krebsabteilungen errichten zur weiteren Erforschung
der Krankheit.
8) Arthur Münzer- Berlin Schlachtensee: Innere Sekretion und
Nervensystem. (Fortsetzung.)
Schluss folgt.
9) Bruno Künne: Die angeborene Hüftgelenkverrenkung.
Kritisches Uebersichtsreferat. Dr. Grassmann - München.
484
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 8, 1913.
1) H. v. Wy ss -Zürich: Die pharmakologischen Grundlagen der
Bromtherapie bei der genuinen Epilepsie.
Der Grund der Bromwirkung beim Epileptiker liegt allem An¬
schein nach in einer Chlorverarmung des Organismus. Die kleinste,
eben zur mehr oder weniger vollständigen Unterdrückung der An¬
fälle erforderliche Bromdosis ist die richtige; sie beträgt bei sonst
völlig geregeltem Leben des Epileptikers und insbesondere bei stren¬
ger Regelung der Kochsalzzufuhr zwischen 3 und 2 g (Schwellenwert).
Es soll eine salzarme, nicht salzlose Kost gegeben werden; eine grosse
Kochsalzdosis vermag bei einem auf den Schwellenwert eingestellten
Individuum geradezu einen epileptischen Anfall auszulösen.
2) Hans I s e 1 i n - Basel : Entgiftung des tuberkulösen Herdes
durch Röntgenbestrahlung.
Das Ansteigen des Körpergewichtes, die Besserung des allge¬
meinen Befindens und des lokalen Krankheitsprozesses bei Behand¬
lung tuberkulöser Herde, insonderheit solcher chirurgischer Art, mittels
Röntgenstrahlen deutet auf eine entgiftende Tätigkeit hin. Die Frage,
wie diese geartet sein mag, ob nun ein Abtöten der Tuberkel¬
bazillen stattfindet oder die von ihnen produzierten Toxine zerstört
und unwirksam gemacht werden, ob Antikörper entstehen oder eine
tuberkulinähnliche Substanz, das harrt noch der Entscheidung.
3) A. P 1 e h n - Berlin: Einige seltenere Fälle von Erkrankungen
der blutbereitenden Organe.
Nach einem Vortrage vom 9. Dezember 1912 im Verein für innere
Medizin und Kinderheilkunde in Berlin. Ref. in No. 51, 1912, der
Münch, nied. Wochenschr.
4) Erich H o f f m a n n - Bonn : Ueber akute syphilitische Nieren¬
entzündung in der Friihperiode (Nephritis syphilitica acuta praecox).
In seltenen Fällen syphilitischer Infektion kann gleichzeitig mit
dem Auftreten der Roseola, ja sogar schon früher das Symptomen-
bild schwerster Nephritis gesehen werden: hochgradige Albuminurie
(bis 13 Prozent!) und ausgedehnte Oedeme; die Erscheinungen können
sich bald schleichend, bald stürmisch entwickeln. Im Katheterurin
werden Spirochäten gefunden. Die Heilung der syphilitischen
Nephritis, die auch in einer schon vorher erkrankten Niere Platz
greifen kann, und auf einer spezifischen Alteration der Glomeruli be¬
ruht, wird am besten durch eine vorsichtige kombinierte Quecksilber-
salvarsankur erreicht.
5) Christian S c h ö n e - Greifswald: Ueber den Nachweis von
Diphtherieantitoxin im Blutserum der damit behandelten Kranken und
über die Frage der Dosierung des Heilserums.
Die grösste Menge der mit der Diphtherieseruminjektion einge¬
führten Antitoxinmenge ist noch längere Zeit im Blute nachweisbar.
Im allgemeinen wird man zu Heilzwecken mit kleineren Serummengen
auskommen, doch werden gelegentlich schwere Diphtherieinfektionen
eine grössere Serumdosis benötigen.
6) Hans Schmidt-Kew Surrey: Kapillaranalytische Bestim¬
mungen der freien Salzsäure jm Magensaft.
Die kapillaranalytische Methode der Salzsäurebestimmung im
Magensaft nach Holmgren gibt übereinstimmende Resultate mit
der Titration und der C i t r o n sehen Methode. Das nötige Material
zur Anstellung der Kapillaranalyse findet sich mit Gebrauchsan¬
weisung in einer von der A.-G. Stille-Werner in Stockholm gelieferten
Schachtel vereinigt.
7) Gertrud P i e t r u 1 1 a - Breslau : Ueber das Azitrin.
Wie das Atophan (Phenylcinchoninsäure), dessen Ester es ist, be¬
wirkt das Azitrin, in Tagesdosen von 3 g gegeben, eine erhebliche
Steigerung der Harnsäureausscheidung, ohne schädigende Neben¬
wirkungen.
8) Theodor Hausmann- Rostock : Der Urobilinnachweis
mittels Kupfersulfat.
Zu 10—20 ccm Harn werden 20 — 40 Tropfen einer 10 proz.
Kupfersulfatlösung zugesetzt, die Mischung vorsichtig umgeschwenkt;
dann werden 2 — 4 ccm Chloroform zugesetzt. Das nach abermaligem
vorsichtigem Schütteln sich absetzende Chloroform ist hellgelb bis
kupferrot, je nach der vorhandenen Menge des Urobilins.
9) 0. Nordmann - Berlin-Schöneberg : Thoraxwandresektion
mit Meitzer scher Insufflation.
Auszugsweise in der Sitzung der Berliner Gesellschaft für Chi¬
rurgie vorgetragen am 11. November 1912, ref. in No. 48, 1912 der
Münch, med. Wochenschr.
10) F. S c h a n z - Dresden: Veränderungen und Schädigungen des
Auges durch Licht.
In der Hauptsache sind es die kurzwelligen Strahlen und infolge¬
dessen das an diesen Strahlen besonders reiche künstliche Licht,
welche geeignet sind Schädigungen des Auges herbeizuführen. Die
kurzwelligen, direkt nicht sichtbaren Strahlen, die schon subjektiv
ausserordentlich lästig empfunden werden, werden ohne Beeinträch¬
tigung der sichtbaren Strahlen vom Auge ferngehalten durch das
Euphosglas. Dieses Glas ersetzt ungleich vorteilhafter die üblichen
blauen und rauchgrauen Brillen und gestattet dem Wanderer in den
Regionen des ewigen Schnees einen ungeschmälerten Naturgenuss.
Sollen aus besonderen Gründen nebenbei auch die sichtbaren Strahlen
abgeschwächt werden, so bedient man sich des Fieuzalglases.
11) R. Schilling-Freiburg i. B. : Ueber die Deckung des
Gesangstones.
Die Deckung des Tones beim Kunstgesang, welche sich durch I
No. 9
eine Hebung des Kehldeckels und ein Vor- und Abwärtsrücken des
Kehlkopfes vollzieht, ermöglicht, die Vokale in ihrem reinen Charakter
auch in bedeutend höheren Stimmlagen herauszubringen.
12) Ha 1 1 e - Charlottenburg: Die Tonsillenexstirpation, ihre Ge¬
fahren und deren Bekämpfung.
Weder ist die Existenz der Tonsille an sich eine Krankheit (Bos-
worth) noch ist die Tonsille ein maligner Tumor. Ihre Exstirpation
hat daher, zumal bei Kindern, nur einer strengen Indikationsstellung
zu folgen, also bei häufig rezidivierenden Anginen, wenn die Tonsillo¬
tomie der hypertrophischen Mandel erfolglos blieb, wenn die ver¬
schiedenen, auf eine Tonsillitis zurückfiihrbaren Allgemeinkrankheiter
vorliegen oder zu befürchten sind. Die Operation geschieht am
besten in Novokain-Lokalanästhesie nach der Methode von Wesi
oder S 1 u d e r. Von den Gaumenbögen darf nichts geopfert werden
Die Blutung ist durch exakte Stillung mittels Gefässtorsion, unter Un¬
ständen auch mit Tamponade zu bekämpfen. Der häufigen Tem-I
peratursteigerung wird am besten durch Austupfen der Wunde mir
Perhydrol und Einstäuben von wenig Jodoform begegnet.
13) A. Z i t r o nb 1 a 1 1 - Moskau : Zur Kasuistik und Histogenesi
der Nabeladenome.
Beschreibung eines bei einer 36 jährigen Frau exstirpierten hasel¬
nussgrossen Nabeladenoms, das zur Zeit der Menstruation anschwol]
und ein serösblutiges Sekret entleerte. Derartige Tumoren ent-t
stehen, wie das mikroskopische Bild lehrt, aus Resten des Dotter
ganges in der Nabelnarbe.
14) B r ü c k n e r - Dresden: Zur Frage der praktischen Bedeu
tung der Blutdruckmessung bei Diphtherie.
Ohne der wissenschaftlichen Bedeutung nahetreten zu wollen
hält Verf. entgegen Schöne an seiner Behauptung fest, dass die
Blutdruckmessung bei Diphtherie für den Praktiker entbehr
lieh ist.
15) Z i e m a n n - Charlottenburg: Ueber die künstliche Weiter
entwicklung (in vitro) des Tertian-Malariaparasiten.
Nachtrag zu dem Aufsatz in No. 6 dieser Wochenschrift.
Bau m - München.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 8. F. Hamburger - Wien: Ueber psychische Behandlum
im Kindesalter.
Zusammenfassung: Die psychische Behandlung entspricht ii
manchen Fällen (psychogene Neurasthenie) vollkommen der ätiO|
logischen Indikation. Schon vom 2. Lebensjahr an ist die Wach,
Suggestion mit Erfolg anzuwenden und hat auch auf Störungen, di<
im wachen Zustand auftreten, Einfluss. Die Suggestivbehandlunr
(event. mit harmlosen Medikamenten, Faradisation u. dgl.) leistet Aus
gezeichnetes bei dem „psychogenen Rest“ organischer (z. B. Keuch;
husten, Chorea) oder bei psychogen verstärkten organischen Leidei
(z. B. Epilepsie). Gerade bei letzteren hat die psychische Behandluu:
öfters einen hohen diagnostischen Wert.
R. Lederer - Wien : Ueber ein noch nicht beschriebenes Krank
heitsbild der spasmophilen Diathese.
Als neues Symptom der Spasmophilie (unter 58 Fällen 6 mal vo
L. beobachtet) ist eine mitunter recht ausgedehnte Lungenatelektasl
zu betrachten, die durch Spasmen der kleinen Bronchialmuskulatui
Verschluss der Bronchiallumina und Absperrung der Alveolen un
Resorption ihres Luftinhaltes zu erklären ist. Ausserdem erfolgt de1
Austritt eines Stauungsödems in das freie Lumen der Bronchien, wcj
durch klinisch Rasselgeräusche nachweisbar werden. Selbständig ode
in Verbindung mit anderen Spasmen kann durch diese Lungenatelek
tase der Tod herbeigeführt werden. Eine ausführlichere Publikatio:
folgt.
O. M. C h i a r i - Innsbruck : Ein Beitrag zu der Kenntnis de
Verhaltens frei transplantierter Faszie im menschlichen Organismu:
Ueberblick über die bisherige Verwendungsart und Erfolge de,
Faszientransplantation. Histologischer Befund eines nach 7 Woche:
bei einer Karzinomrezidivoperation exzidierten transplantierten Fas
zienstückes. In Kürze lässt sich sagen, dass nicht eine Einheiluii'
nach Art eines Fremdkörpers stattfindet, sondern eine Art von Un
bau und histologischer Anpassung, indem das flächenhaft über dij
Faszie gelagerte Granulationsgewebe deren Ernährung vermittelt, da
junge Bindegewebe eine faszienähnliche sehnige und straffe Struktii
annimmt und mit der transplantierten Faszie zusammen einen widen
standsfähigen Abschluss bildet.
L. Hess und B. v. Frisch -Wien: Ueber ein Phosphatid h
menschlichen Harn.
Die Untersuchungen, deren Technik hier zu übergehen ist, ei
gaben, dass der Harn des lipämischen Diabetikers eine relativ erheb
liehe Menge einer rechtsdrehenden phosphorhaltigen Substanz en
hält, die der Lezithinreihe zuzuteilen ist; beim Gesunden und de:
nicht lipämischen Diabetiker war dieselbe nicht nachzuweisen. Eber
so wurde bei 8 gynäkologischen Fällen nach langdauernder Narko«
ein gleichfalls in Azeton unlösliches, ätherlösliches phosphorhaltigr
rechtsdrehendes Lipoid im Harn gefunden. Desgleichen in einem Fa
von Herniotomie nach einer Narkose von 50 Minuten. Vielleicht lies
hier eine durch die Narkose bewirkte Lipoideinschmelzung im B’
reich des Nervensystems vor.
Marz 191.1
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
485
St. Za r z y c k i - Wien: Ueber die Verwertbarkeit der Azeton-
, trakte bei der Meiostagminreaktion.
Das Azetonlezithinextrakt kann zwar nicht die aus Karzinom und
nkreas gewonnenen Extrakte ganz ersetzen, seine leichte Her-
llung und lange Haltbarkeit erleichtert aber die praktische Aus¬
rung der Reaktion. Der positive Ausfall derselben spricht fast mit
lliger Sicherheit für Karzinom, der negative Ausfall ist nicht ver-
rtbar. Verdauungssera sollen zur Untersuchung nicht heran-
mgen werden. Fieber scheint die Reaktion nicht zu beeinflussen.
R. Köhler und A. L u g e r : Zur Meiostagminreaktion.
Bericht über weitere Versuche mit dem von den Verff. un¬
ebenen Azetonlezithinextrakt. Kein Normalserum gab mit dem-
ben eine positive Reaktion, desgleichen kein Serum Nichtkarzi-
inatöser (29 Fälle), kein Serum von Herzkranken (8 Fälle), von
berhaften und kachektischen Kranken verschiedener Art. Das Ge-
mtmaterial der Verff. und Zarzyckis ergibt bei 236 Fällen
Proz. positive Reaktionen bei Karzinom, 1,7 Proz. bei Nichtkarzi-
matösen. Die geringe Zahl der Fehlreaktionen und die Haltbarkeit
s Extraktes sprechen jedenfalls wesentlich für die Verwertbarkeit
s Verfahrens. Da bei einer grossen Zahl von Schwangeren das
rum positive Reaktion gibt, so ist die Bewertung der Meiostagmin-
iktion in der Gravidität einzuschränken. Zum Schluss wird noch
rz auf eine anscheinend charakteristische Beeinflussung der Sapo-
lhämolyse durch die Reaktion hingewiesen.
L. Hofbauer - Wien : Entstehung und Bekämpfung der kon-
kutiven Störungen bei Pleuraschwarte.
Schlusssätze: Die Atelektase der unteren Lungenteile wie auch
2 bei Pleuraschwarte auftretenden Zirkulationsstörungen sind auf
n Tiefstand und die damit beeinträchtigte Dynamik des Zwerch-
ls zurückzuführen. Diese Störungen lassen sich nicht durch Lage-
ng auf die gesunde, sondern vielmehr durch Lagerung auf die
anke Seite bekämpfen und späterhin durch aktive Bauchatmung, in-
in eine Hochtreibung des Zwerchfells und vermehrte Leistung seiner
uskulatur angestrebt wird. Entsprechende Atemübungen fördern
2 Funktion des Thorax und wirken einer Verbiegung desselben ent-
gen. So lässt sich eine dauernde weitgehende Wiederherstellung
reichen.
Wiener medizinische Wochenschrift.
No. 2. G. M ay e r -München: Die Anforderungen an Fleisch-
ichsenkonserven.
Es seien nur einige Punkte hervorgehoben: Die Sterilisation,
ren Technik sorgfältig zu. handhaben ist, gibt nur bei einer gewissen
ngeren Dauer und Temperaturhöhe eine verlässige Haltbarkeit,
enn im Interesse des Wohlgeschmackes unter 120,5° C und unter
i—70 Minuten sterilisiert wurde, sollen die Konserven in kürzerer
2it aufgebraucht werden. Daher sollte jede solche Büchse einen
2rmerk über die Höhe der Temperatur und Dauer der Sterilisierung
agen. Da alle Fleischkonserven, die älter als 2 — 3 Jahre sind, einen
etallischen Geschmack annehmen, sollte auf den Büchsen die Jahres-
ihl ihrer Herstellung angezeigt sein. Auf die gute Herstellung der
ichsen aus kräftigem Blech, auf die sorgfältige Füllung und Nach-
mtrolle der Büchsen, welche zudem nicht zu gross sein sollen, ist
.sonderer Wert zu legen. Für die Fisch- und Seetierkonserven ist
e Zubereitung im geregelten Grossbetrieb, die Verwendung von
edendem, besten Olivenöl zu fordern. Der Zusatz von chemischen
onservierungsmitteln ist nicht unbedenklich und schützt vielfach nur
e Oberfläche vor Zersetzung. Bei sorgfältigem Verfahren ver-
ögen gut geleitete Fabriken eine in jeder Richtung einwandfreie
’are herzustellen.
No. 3. A. F. Hecht -Wien: Ueber die physiologischen Herz-
:hallverhältnisse im Kindesalter.
Zahlreiche Kurvenzeichnungen. Mit Hilfe des Edelmann sehen
aitengalvanometers lassen sich die Amplitiidenverhältnisse des 1.
im 2. Herzton an der Herzbasis feststellen, während an der Herz-
utze Verzerrungen des Klangbildes des 1. Tones das Ergebnis
ören, bei starker Pulsation in der ganzen Herzgegend besteht die-
:lbe Fehlerquelle auch an den arteriellen Ostien. Im Säuglings-
id frühen Kindesalter ist die Amplitüde des 1. Tones viel grösser als
e des 2., späterhin und gegen die Pubertät wird der Unterschied ge-
nger, so dass der 2. Ton sogar dem 1. manchmal gleich wird und ihn
cht selten sogar übertrifft. Somit wird Hochsingers Behaup-
mg, dass im frühen Kindesalter an der Basis des Herzens ein tro-
läischer Rhythmus besteht, bestätigt; abweichende Beobachtungen
.'ruhen auf der Beeinflussung der subjektiven Schallperzeption durch
ie Tonhöhe.
No. 3. A. P u 1 a w s k i - Warschau : B r i g h t sehe Krankheit,
weimalige E d e b o h 1 s sehe Operation. Basedowsymptome zum
chlusse des Lebens.
Der- Fall gehört zu denen, wo die Edebohlssche Dekapsula-
on der Niere, und zwar beide Male, eine wesentliche Besserung, ins-
esondere der urämischen Symptome und eine Verlängerung des
ebens im Gefolge hatte. Das Auftreten Basedow scher Sym-
tome ist anscheinend bei chronischer Nierenentzündung keineswegs
eiten und steht wohl in einem gewissen ätiologischen Zusammenhang
iit derselben.
No. 4. M. Hajek-Wien: Behandlung der chronisch-eitrigen
iebbeinentzündung. Zur kurzen Wiedergabe nicht geeignet.
B e r g e a t - München.
Amerikanische Literatur.
I. McCrae: Tertiäre Lebersyphilis. (Am. Journ. Med. Scien¬
ces, Phila. 1912, No. 5.)
Die Syphilis der Leber bietet ein sehr verschiedenartiges kli¬
nisches Bild dar. Die Symptome haben in vielen Fällen einen aus¬
gesprochenen Charakter; das wichtigste darunter ist der Gewichts¬
verlust. Die Symptome können sehr lange dauern und können durch
Perioden zeitweiliger Besserung unterbrochen werden. Temperatur¬
steigerung ist eine gewöhnliche Erscheinung. In den meisten Fällen
treten Symptome auf, welche deutlich auf eine Erkrankung der
Leber hindeuten. Tumor oder Vergrösserung der Leber ist die ge¬
wöhnlichste Erscheinung. Von besonderer Wichtigkeit ist die relativ-
starke Vergrösserung des linken Leberlappens. Die Diagnose kann
durch andere Krankheiten verdunkelt werden oder die Lebersym¬
ptome werden falsch ausgelegt. Der Aszites bietet oft Schwierig¬
keiten dar. Die Behandlung kann den syphilitischen Prozess, aber
nicht seine Folgen (Zirrhose, Amyloidleber) beeinflussen.
H. Noguchi: Die Luetinreaktion. (Journ. Am. Med. Assoc.,
Chicago 1912, No. 14.)
Die Haut von mit Spirochaeta pallida wiederholt inokulierten
Tieren und die Haut von Syphilitikern reagieren nicht in gleicher
Weise. Die Haut von Syphilitikern reagiert durch eine Entzündung
nach Inokulation mit Luetin, welches von getöteten Reinkulturen ge¬
wonnen wird, während bei Nichtsyphilitikern keine Entzündungs¬
erscheinungen auftreten. Die bisherigen Erfahrungen mit Luetin be¬
stätigen die folgenden Tatsachen: Das Luetin bildet für Syphilis ein
spezifisches Diagnostikum. Man erhält diese Reaktion in den meisten
Fällen tertiärer, latenter und hereditärer Syphilis, aber mit geringerer
Beständigkeit in Fällen nichtbehandelter sekundärer und primärer
Syphilis. Bei allgemeiner Paralyse und Tabes dorsalis wurde die
Reaktion etwa in 60 Proz. der Fälle beobachtet. In Fällen primärer
und sekundärer Syphilis ist die W a sse r m a n n sehe Reaktion
beständiger als die Luetinreaktion. Aber bei tertiärer und latenter
Syphilis zeigt die Luetinreaktion grössere Beständigkeit als die
Wassermann sehe Reaktion.
L. H. Spooner: Erfahrungen mit der Antityphusimpfung in
den Krankenwärterinnenschulen in Massachusetts. (Journ. Am. Med.
Assoc., Chicago 1912, No. 15.)
Statistische Untersuchungen zeigen, dass der Typhus abdominalis
unter den Krankenwärterinnen von Massachusetts 8 mal so häufig
vorkommt als unter anderen Personen. Auf Betreiben des Staats¬
gesundheitsamtes wurde im Jahre 1909 die Antityphusimpfung in
23 Hospitälern eingeführt. Während der letzten 2Vz Jahre wurden
309 Krankenwärterinnen mit dem Antityphusserum behandelt und
soweit trat kein einziger Typhusfall unter denselben auf.
F. F. Russell: Einige Resultate der Antityphusimpfung.
(Journ. Am. Med. Assoc., Chicago 1912, No. 15.)
Am 9. Januar 1911 wurde die Antityphusimpfung für alle Re¬
kruten der Armee obligatorisch eingeführt und am 30. September
desselben Jahres wurde dieselbe für das gesamte Personal unter
45 Jahren obligatorisch erklärt. Bei Beginn des Jahres 1911 waren
nur etwa 1500, am Ende des Jahres dagegen 55 000 Mann mit dem
Serum immunisiert. Die Resultate sprechen in markanter Weise zu
Gunsten der Antityphusimpfung. Während z. B. im Jahre 1908
239 Typhusfälle vorkamen, wurden im Jahre 1911 nur 68 Fälle be¬
obachtet. Besonders charakteristisch ist es aber, dass im Jahre 1912
nur 7 Fälle vorkamen, wovon kein einziger mit Tod abging. Verf.
glaubt, dass die Antityphusimpfung auch auf Verhältnisse ausgedehnt
werden sollte, wo das Typhusfieber besonders häufig vorkommt, wie
unter dem Personal der Hospitäler, in Bergwerken, industriellen
Zentren usw.
S. F 1 e x n e r : Der Infektionsmodus bei der epidemischen Polio¬
myelitis. (Journ. Am. Med. Assoc., Chicago 1912, No. 15.)
Wenn das Affenhirn mit dem Krankheitserreger der Polio¬
myelitis infiziert wird, vermehrt er sich und verbreitet sich auf
andere Teile des Gehirns, auf das Rückenmark und die Meningen.
Durch den Liquor cerebrospinalis gelangen die Keime in das Blut,
wo sie sich jedoch nicht vermehren; aber ein Teil der Krankheits¬
keime wandert durch die Lymphkanäle den kurzen Geruchsnerven
entlang, welche von dem Bulbus olfactorius zur Nasenschleimhaut
führen. Von da treten sie in die Absonderungsflüssigkeit der Schleim¬
haut über und werden ausgeworfen oder gelangen in den Magen-
darmtraktus. Nun hat die Erfahrung gezeigt, dass wie der Krank-
heitsereger seinen Weg aus dem Körper durch die Nasenschleimhaut
findet, er denselben Weg zu seinem Eintritt in den Körper, resp. in
das Gehirn und Rückenmark nimmt. Es ist auch sehr wahrschein¬
lich, dass die Krankheit durch Keimträger auf diese Weise ver¬
breitet wird.
J. A. Fordyce: Zur Salvarsanbehandlung der Syphilis.
(Journ. Am. Med. Assoc., Chicago 1912, No. 14.)
Die Wirkung des Salvarsan steht in direktem Verhältnis zur
Dauer der Infektion. Im Frühstadium der Krankheit werden viele
Fälle durch 3 oder 4 Injektionen in 6 bis 12 Monaten geheilt. Das
floride Stadium verlangt eine intensivere Behandlung. Hier sind
5 bis 6 Injektionen notwendig, sowie eine dieselben begleitende Queck¬
silberkur. In einigen Formen der Syphilis des Nervensystems ist
das Salvarsan der Quecksilberbehandlung überlegen. In Fällen ma¬
ligner Syphilis, in welchen die Quecksilberkur keine merkliche Besse¬
rung herbeiführt, verschwinden oft alle Symptome nach ein. oder zwei
. JMj
•4S6 MUENCH^NEK MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. N0. $.
Salvarsaninjektionen, mit anderen Worten, eine kombinierte Sal-
varsan- und Ouecksilberbehandhmg ist viel wirksamer als eine der
beiden Heilmittel allein.
H. F. Swift: Anaphylaxie bei Salvarsan. (Journ. Am. Med.
Assoc., Chicago 1912, No. 14.)
Nach wiederholten Salvarsaninjektionen zeigen einige Patienten
Symptome respiratorischer und vasomotorischer Störungen, wie sie
bei der Anaphylaxie Vorkommen. In einem Falle beobachtete Verf.
ein toxisches Erythem. Meerschweinchen, welche durch Injektionen
einer Mischung von Meerschweinchenserum und Salvarsan sensibili¬
siert und bei denen die Injektionen derselben Mischung nach einiger
Zeit wiederholt wurde, zeigten Symptome, welche dem anaphylak¬
tischen Schock ähnlich sind. Bei Patienten, welche nach wiederholten
Salvarsaninjektionen anaphylaktische Symptome aufweisen, findet
wahrscheinlich eine ähnliche Reaktion zwischen dem körpereigenen
Serum und dem Salvarsan statt, so dass das homologe Serum¬
phänomen die Folge einer Veränderung des körpereigenen Serums
und des Salvarsan zu sein scheint.
T. P. S p r u n t und H. S. C o 1 w e 1 1 : Pigmentbildung in der
Leber während der Autolyse und ihr Verhältnis zur Pigmentierung
der Hämochromatosis. (Journ. Exper. Med., New York 1912, No. 5.)
Ohne zu behaupten, dass eine genaue Analogie zwischen auto¬
lytischen Veränderungen und Pigmentbildung in pathologischen Pro¬
zessen bestehe, zeigen Verfasser, dass eisenhaltige und andere Arten
von Pigmenten durch autolytische Degeneration der Parenchymzellen
unabhängig vom Hämoglobin und Blutstrom sich bilden können und
daher von den Proteidsubstanzen der Zellen selbst abzuleiten sind.
C. W. Howard und P. F. Clark: Experimentelle Unter¬
suchungen über die Uebertragung des Virus der Poliomyelitis durch
Insekten. (Journ. Exper. Med., New York 1912, No. 6.)
Durch Experimente wurde festgestellt, dass die gewöhnliche
Stubenfliege das Virus der Poliomyelitis in aktivem Zustande wäh¬
rend mehrerer Tage auf der Oberfläche des Körpers und während
mehrerer Stunden im Magendarmkanal aufzubewahren imstande 'ist.
Dagegen nehmen Moskitos das Gift vom infizierten Rückenmark ge¬
töteter Affen nicht auf. Auch Läuse vermögen das Gift nicht zu
übertragen. Wanzen entnehmen das Gift dem Blut infizierter Affen
und bewahren dasselbe in aktivem Zustande während mehrerer Tage.
B. H. Roark: Ueber einen Fall gonorrhoischer Keratosis.
(Journ. Am. Med. Assoc., Chicago, 1912, No. 23.)
Bei einem Patienten, der an akuter Gonorrhöe litt, trat nach
einigen Tagen eine Verhornung der Haut an den Fussohlen auf, was
ausgedehnte Exkoriationen der Epidermis zur Folge hatte. Die Zehen¬
nägel verdickten sich und fielen nach drei Wochen ab. Die Ver¬
hornung der Haut breitete sich auch auf andere Teile des Körpers
aus. Bei der Behandlung gebrauchte Verf. Injektionen gemischter
Gonorrhöevakzine. Der Kranke erholte sich langsam und die Haut¬
läsionen verschwanden.
A. R. Dochez: Ueber das Vorkommen von Schutzstoffen im
menschlichen Serum bei kruppöser Pneumonie. (Journ. Exper. Med.,
N.Y., 1912, No. 5.)
Angestellte Experimente zeigen, dass in der Regel Schutzstoffe
im Blute von Patiente'n vorhanden sind, die sich von kruppöser Pneu¬
monie erholen. Gewöhnlich fällt das Erscheinen der Schutzstoffe im
Blut ziemlich genau mit dem kritischen Fall der Temperatur und
dem Verschwinden der Symptome zusammen. Diese Substanzen sind
vor dem kritischen Wendepunkt nicht in merklicher Menge vor¬
handen. Experimente, bei welchen es möglich ist, das Blutserum
auf einen homologen Gonokokkenstamm zu prüfen, weisen in den
meisten Fällen Schutzstoffe auf, während in jenen Fällen, wo Stamm¬
kulturen gebraucht werden, das Serum gewöhnlich keine Schutzstoffe
zeigt. Die Entwicklung spezifischer Schutzstoffe im Serum von an
Lungenentzündung erkrankten Patienten lässt vermuten, dass diese
Schutzstoffe eine Rolle im Mechanismus der Rekonvaleszenz spielen.
A. R. Dochez: Vorkommen und Virulenz von Pneumokokken
im strömenden Blut bei kruppöser Pneumonie. (Journ. Exper. Med.,
N.Y., 1912, No. 5.)
Es wurde das Blut bei 37 Fällen von kruppöser Pneumonie unter¬
sucht. Der Pneumokokkus wurde in etwa der Hälfte dieser Fälle
vom Blut isoliert. Der Verlauf der Krankheit in diesen Fällen war
schwererer Natur als in jenen Fällen, in welchen keine Pneumo¬
kokkenkulturen vom Blut gewonnen werden konnten. 77 Proz. der
Patienten mit postiven Blutkulturen gingen mit Tod ab, während
79 Proz. der Patienten mit negativen Blutkulturen sich erholten. In
den tödlichen Fällen, in welchen der Pneumokokkus im Blut gefunden
wurde, war die Zahl der Organismen im Blut im letzten Stadium
der Krankheit sehr gross. Es ist wahrscheinlich, dass die Kollaps¬
symptome, welche am 5. oder 6. Tage der kruppösen Pneumonie auf-
treten, in vielen Fällen anzeigen, dass die Krankheitskeime in grosser
Zahl im Blute vorhanden sind. In einigen Fällen deuten sie die Aus¬
breitung des lokalen Prozesses in der Lunge an.
H. J. Schwarz & A. McNeil: Weitere Erfahrungen mit
der Komplementbindungsprobe bei der Diagnose der Gonokokken¬
infektion des Urogenitaltraktes. (Am. Journ. Med. Sciences, Phila..
1912, No. 6.)
Eine positive Reaktion zeigt das Vorhandensein oder kürzliche
Aktivität eines Herdes lebender Gonokokken im Körper an. Eine nega¬
tive Reaktion schliesst eine Gonokokkeninfektion nicht aus, ist aber
nicht ohne Wichtigkeit. Eine positive Reaktion kann vor der vierten
Woche nicht erwartet werden, und dann nur in sehr akuten Fällen.
Man erhält keine positive Reaktion, wenn die Krankheit aui den
vorderen Teil der Harnröhre beschränkt ist. Eine positive Reaktio,
verschwindet erst sieben oder acht Wochen nach der Heilung, h
chronischen Fällen bietet die Isolierung des Gonokokkus durch Ku!
turen die einzige sichere bakteriologische Diagnose dar.
W. J. Mayo: Nephrektomie ohne Drainage bei tuberkulöse
Niere. (Surgery, Gynecol. and Obstet., Chicago, 1912, No. 5.)
Bei früheren Operationen dieser Art erfolgte häufig schwei
heilende Sinusbildung, namentlich wenn tuberkulöser Eiter in dir
Wunde gelangte. In vielen Fällen entstand eine Mischinfektion um.
machte die Heilung erfolglos . Vor zwei Jahren wurde bei einen;'
Patienten unter diesen Verhältnissen die Wundhöhle so gut als
möglich gereinigt, mit einer physiologischen Salzlösung (1 Liter) ge¬
füllt und die Wunde ohne Drainage geschlossen. Der Kranke erholte
sich unerwartet schnell. Seitdem wendet Verf. dieses Verfahre'
immer an, wenn die Wunde durch tuberkulöses Material infiziere
wurde. Die normale Salzlösung wird in der Wunde ebenso schnei]
absorbiert, als wenn sie subkutan angewandt wird. In Fällen wo
kein tuberkulöses Material in die Wunde gedrungen ist, ist die physio-Sl
logische Salzlösung, aber auch Drainage, nicht notwendig. Zu er-l
wähnen ist noch, dass der Harnleiter in der Weise behandelt wird,!
dass 10 — 20 Tropfen einer 95 proz. Karbolsäurelösung in denselben in¬
jiziert werden.
C. H. Frazier: Intrakranielle Durchtrennung des Gehörnen ei
wegen hartnäckigem M e n i e r e schein Schwindel. (Surgery, Gy-j
necol. and Obstet., Chicago, 1912, No. 5.)
Die Operation wurde an einer Patientin ausgeführt, die naclj
einem Influenzaanfall von hartnäckigem Schwindel befallen wurde
Die Patientin wurde in die umgekehrte T r e n d e le nb u r gschJ
Lage (45 o Neigung) gebracht und ein Einschnitt wie bei der einseitigen
subokzipitalen Kraniektomie gemacht und der nruskulo-kutane Lapperl
umgelegt. Der Knochen wurde entfernt und die linke Kleinhirn-'
hemisphäre blossgelegt, links bis zur Vena emissaria, rechts bis zun
Mittellinie und so weit nach oben, dass der Sinus transversus zum
Vorschein kam. Der durale Lappen wurde umgelegt. Dann wurde
in der Richtung des Felsenbeins nach dem Gehörnerven gesucht, int
dem die Kleinhirnhemisphäre mit einem Theelöffelstiel leicht seit¬
wärts geschoben wurde. Der Meatus aud. intern, wurde erreicht, de;
N. auditorius vorsichtig vom N. facialis geschieden und durchtrennt
Die Operation dauerte etwa anderthalb Stunden. Die Kranke erholte
sich schnell, klagte aber am folgenden Tage über Schwierigkeiter
beim Schlucken, die aber schnell verschwanden. Die Operation hatte;
zwar nur teilweise Heilung zur Folge, aber Verf. glaubt, dass diesem
Verfahren bei hartnäckigen Fällen von Tinnitus und Vertigo von
Wert sei.
E. R. McGuire: Ein neues Dekompressionsverfahren. (New
Yoik Med. Journ., 1912, No. 25.)
Verf. glaubt, dass bei Kompression des Gehirns nicht sowohl die
lokalen Druckverhältnisse als die Beeinträchtigung des allgemeiner
zerebralen Blutkreislaufes den Tod herbeiführe, und das Problem der
Dekompression finde daher seine Lösung durch eine Operation, welche
den Rauminhalt der Schädelhöhle als Ganzes vermehrt. Verf. hatte1
vor einiger Zeit Gelegenheit, einen Fall von Schädelfraktur zu oej
obachten, bei welchem die ganze hintere Schädelpartie so lose war
dass sie leicht auf und zu bewegt werden konnte. Es war ein Fal
von schwerer Gehirnverletzung, dennoch erholte sich der Patient
da die Bedingungen der Dekompression im vollsten Masse gegeben
waren. Verf, ist der Meinung, dass wenn Deplazierung von Gehirn¬
substanz als Druckfolge stattfindet, dies in einer Richtung geschehei
sollte, wo Paralyse unmöglich ist, und dies ist die Richtung nach
hinten. Er macht daher einen grossen hufeisenförmigen Einschnitt
der auf beiden Seiten in der Nähe des Warzenfortsatzes beginnt und
sich auf dem Scheitel schliesst. Auf diese Weise wird ein grossem
Knochenstück gelöst. Grosse Vorsicht ist notwendig, wenn der Sinus
longitudinalis erreicht wird und der Knochen muss vorsichtig von deij
Dura gelöst werden, um eine Verletzung des S. longitudinalis zu ver¬
meiden.
C. L. Scudder: Ein Fall nichttraumatischer Zwerchfellhernie
(Surgery, Gynecol. and Obstet., Chicago, 1912, No. 3.)
Der Fall wurde vor der Operation diagnostiziert. Die Operation
hatte vollständigen Erfolg.
W. B. W e i d 1 e r : Fettimplantation in die T e n o n sehe Kapse1
nach Enukleation des Auges. (NewYork Med. Journ., 1912, No. IV
Die Enukleation wird nach dem gewöhnlichen Verfahren ausgeführt
mit dem Unterschied,, dass Katgutnähte durch die Augenmuskel:
gelegt werden, bevor man sie durchschneidet. Nach Entfernung des
Augapfels wird eine entsprechende Masse Fettgewebe, das deij
Glutealgegend des Patienten entnommen wird, in die T e n o n scIk
Kapsel verpflanzt. Hierauf wird der M. rectus int. mit dem M. rectiu
extern, durch die Katgutnaht zusammengebracht, desgleichen der-
M. rectus infer. mit dem M. rectus super. Zuletzt wird die Binde¬
haut mit der T e n o n sehen Kapsel durch eine Seidennaht zusammen-
genäht.
G. F. Dick und A. H. C u r t i s: Ueber die Funktion des Corptn
luteum und verwandte Probleme. (Surgery, Gynecol. and Obstet.
Chicago, 1912, No. 5.)
Tierexperimente führten Verfasser zu folgenden Resultaten
F r ä n k e 1 s Behauptung, dass das Corpus luteum für die Entwicklung
des Fötus während des Frühstadiums der Schwangerschaft wesentlicl
sei, wird bestätigt. Autotransplantation von Ovarien ist nur in einer
. März 1913.
MULNCHENLk MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
4M 7
! iscliränktcu Anzahl von Fällen, und Homotransplantation viel sei¬
ner von Erfolg begleitet. Entfernung beider Eierstöcke verursacht
Eine Hypertrophie der Nebennieren und es liegt keine mikroskopische
videnz einer vermehrten physiologischen Tätigkeit der Nebcn-
eren vor. A. A 1 1 e m a n n.
Italienische Literatur.
Erugoni bringt eine umfangreiche Studie über die Bedeutung
er Lu s c h k a sehen Karotidendriise. (il policlinico Sez. ined.,
ol. XX, 1913.)
Ueber diese zwischen den beiden Karotiden gelegene, vielfach
s Lymphgebilde oder als bedeutungslose embryonale Rudera auf-
.■fasste Körperchen sind deutsche Forschungen bisher nicht bekannt.
Pen de (Patologia dell’ apparato surrenale e organi parasim-
atici) erwähnt dieselben, ohne sich für ihre Bedeutung im Stoff-
echsel auszusprechen.
ln jüngster Zeit war es der auf dem Gebiete der Organtherapie
■hr rührige Autor Vassale, welcher fand, dass die bilaterale Zer-
örung dieser Gebilde bei Katzen zu schnell vorübergehender erheb-
cher Glykosurie und auch zu einer Art tödlicher Kachexie führen
ann, dieselben somit für den Stoffwechsel nicht gleichgültig sind,
iir letztere Anschaung würde ausserdem auch sprechen ihr kon-
antes Vorkommen bei allen Säugetieren, ihre Struktur, welche sie
en Drüsen mit innerer Sekretion nahe stellt und ihr Nerven- und
lutreichtum.
Frugoni prüfte die Frage experimentell mit dem frischen
usgepressten Saft der Karotisdriisen älterer Milchkälber und junger
inder, welchen er Kaninchen intravenös injizierte. Er fand, dass
ccm dieses Saftes, diesen Tieren intravenös einverleibt, sie in
in oder wenigen Minuten tötet, oft unter Konvulsionen, Lähmung
er Respiration, Kollaps des Herzens. Das Blut verliert erheblich an
ierinnungsvermögen, die inneren Organe sind stark blutüberfüllt,
•ie letale Wirkung scheint hauptsächlich durch Einfluss auf die Zir-
ulationsorgane bedingt. In mässigen Dosen hat das Extrakt eine
ypotonische Wirkung auf das Gefässsystem und scheint in einem
ewissen Grade antagonistisch zum Adrenalin zu wirken. Diese
asomotorische Eigenschaft veranschaulicht der Autor durch eine
eihe graphischer Kurven und glaubt, dass sie nicht als eine Wirkung
urch das vasomotorische Zentrum oder durch den Vagus oder auf
ein Nervenwege überhaupt zustande kommend, aufzufassen sei.
Jedenfalls scheinen die Resultate F r u g o n i s dafür zu sprechen,
ass die Luschka sehen Karotisdriisen als Drüsen mit innerer
ekretion aufzufassen sind.
B a r t o 1 o 1 1 i empfiehlt zur Behandlung schlecht heilender
nochenfrakturen die Injektion 1 proz. Osmiumsäure nach dem Vor-
ange Onoratos zwischen die Bruchenden, (il policlinico, 19. No-
ember 1912.)
Es entsteht eine geringe örtliche und allgemeine Reaktion mit
jeher von kurzer Dauer und B. bemerkte in einem von ihm be-
ehriebenen Falle, in welchem keine Infektionskrankheit und keinerlei
hoxikation als Ursache angezogen werden konnte, sofortigen Erfolg.
Nach den Forschungen O.s soll es sich bei der Osmiumsäure
m ein die Osteogenese auf chemischem Wege anregendes Mittel
andeln und er will es bewährt gefunden haben, wo bei hartnäckiger
’seudarthrose andere chirurgische und chemische Reizmittel ver-
agten.
Lombardi Comite: Ueber ein neues Heilmittel gegen Krebs.
Jazzetta degli osped. 1912, No. 134.)
Ein französischer Arzt, Gaube du Gers, hat der med. Gesell-
chaft von Paris eine interessante Kasuistik von Neoplasmen mit-
eteilt, bei welchen er Heilung mit einem Bleikolloid erzielt haben
rill, und zwar mit Bleioxydhydratkolloid, im Handel „Cuprase“
enannt. Er will festgestellt haben, dass die Bleisalze, vorsichtig
ingespritzt, weniger toxisch sind als die Salze anderer Metalle, eine
pezifische Wirkung auf Neoplasmen besitzen und er spricht von
iner Injektion bis zur Dekanzerisierung, i. e. bis zum Verschwinden
-der Krebsmanifestation.
L. C. versuchte das Verfahren in einem Falle von hiihnerei-
rossem Adenokarzinom der Brustdrüse mit ausgedehnten Metastasen
nd unoperabler Art. Eine Tube mit 5 ccm der Lösung, 0,00121 reines
hei enthaltend, wurde alle 4 Tage unter aseptischen Kautelen in die
ilutäen eingespritzt. Da die Patientin sich in der Folge sehr empfind-
ch erwies, wurde später alle 8 Tage eine Injektion gemacht, mit
em Erfolg, dass die Geschwulst mit ihren Metastasen verschwand.
Jeber den Dauererfolg weiss der Autor, wie zu erwarten, noch nichts
u sagen (aber er hat auch nicht die Menge des einverleibten Bleies
ngegeben und die Frage der Bleiintoxikation und ihres Verhältnisses
ur Karzinose überhaupt nicht berührt. Ref.).
T e n a n i erörtert die Pathogenese der Abduzenslähmung bei
'tovainanästhesie des Rückenmarks anlässlich eines von ihm im
rankenhaus von Ferrara beobachteten Falles: dem ersten von
00 Fällen von Stovainanästhesie. (Gazzetta degli osped. 1913, No. 9.)
Er bespricht die verschiedenen bisher aufgestellten Theorien,
o die von Adam und Oppenheim (s. diese Wochenschr. No. 8,
906) und ist der Ansicht, dass es sich nicht um Hämorrhagien im
'ukleus oder im Zentralnervensystem handeln kann.
Nach T.s Anschauung erklärt sich das nicht so ganz selten beob-
ichtete Phänomen am besten durch die Annahme einer elektiven
Virkung des Stovains auf das Neuron des 6. Nervenpaars. Wir
kennen ähnliche elektive Wirkungen bei einer ganzen Reihe toxischer
Substanzen, so beim Blei, beim Strychnin, beim Sekale und neuer¬
dings auch beim Salvarsan: auch infektiöse Toxina wie z. B. das
der Poliomyelitis befallen mit Vorliebe bestimmte Nervenelemente.
T. sucht den Ursprung der Abduzenslähmung auch bei Lumbal¬
anästhesie durch Stovain, nicht im zentralen sondern im peripheren
Nervensystem.
Giani berichtet aus dem patholog. Institut zu Pavia und
Sassari über den Wert der Glyzyltryptophanprobe zur Diagnose des
Magenkarzinoms, (s. diese Wochenschr. 1911, No. 13.) (il poli¬
clinico, Dezember 1912.)
Das Resultat der Prüfung dieser von Neubauer und
Fischer empfohlenen diagnostischen Methode in 16 Fällen von
zweifellosem Magenkarzinom und in 10 Fällen der verschiedensten
anderen Krankheiten war ein negatives.
In allen Fällen wurde der Magensaft und der Speichel untersucht.
Man kann bei Magenkrebs Fermente im Magen finden, welche
das Glyzyltryptophan zu spalten vermögen, andererseits fehlen sie
aber auch bei sicher nachgewiesenem Magenkrebs und finden sich
in Fällen, wo es sich zweifellos nicht um Magenkrebs handelt.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass bisweilen normaler Speichel
fähig ist, das Glyzyltryptophan zu spalten.
Vielleicht gelingt es noch durch weitere Vervollkommnung der
Methode, die Fehlerquellen zu vermeiden.
Ghilarducci und M i 1 a n i prüften im Institut für Radiologie
und Elektrotherapie der Universität Rom die biologische und kurative
Wirkung fluoreszierender Substanzen vereinigt mit Röntgenstrahlen.
(il policlinico sez. med., November und Dezember 1912.)
Als fluoreszierende Substanzen wurden Eosin und Methylen
verwandt: der unmittelbare Kontakt dieser Substanzen mit den der
Bestrahlung'zu unterwerfenden Objekten ist zur Wirkung notwendig.
Alsdann erfolgte die biologische wie die kurative Wirkung in viel
energischerer Weise als bei der X-Strahlenwirkung allein.
Sowohl die Tiefenwirkung auf Geschwulstelemente als auch die
bakterizide Wirkung auf pathogene Organismen war eine erheblich
gesteigerte und G. konnte Tuberkelbazillen auch in vitro durch diese
Kombination der Röntgenstrahlenwirkung und der Wirkung fluores¬
zierender Substanzen sehr schnell abtöten.
Marcantoni bringt aus der Klinik Pisas einen Beitrag zur
Wirkung des Codeonals. (Gazzetta degli osped. 1913, 2.)
Codeonal (s. Berl. klin. Wochenschr. 1912, No. 6) von Bachem
als Hypnotikum und Sedativum empfohlen, ist eine Mischung von
2 Teilen Diäthylbarbiturat von Codein mit 15 Teilen Natron-Diäthyl-
barbiturat und wird in Tabletten bis 3 Stück pro Tag gegeben.
Biirgi hat über das Präparat (Deutsche med. Wochenschr. 1911,
No. 1 u. 2) berichtet.
Marcantoni fand die Wirkung des Codeonals ganz besonders
bewährt in Fällen von Hysterie und Neurasthenie, bei denen die
funktionellen Störungen sich an Herz und Verdauungsorganen
äusserten: so bei hartnäckigem Aufstossen, Blähungen, Gastralgien,
Angstzuständen und bei Schlaflosigkeit.
Trevisanello: Untersuchungen über das Blutserum und den
Liquor cerebrospinalis Epileptischer. (Gazzetta degli osped. 1912,
No. 150.)
T. will in der med. Klinik zu Genua das epileptogene Prinzip
im Blut von Epileptikern sowie in der Lumbalflüssigkeit durch
anaphylaktische Reaktion nachgewiesen haben.
Er injizierte 2 Meerschweinchen subkutan das Blutserum eines
Epileptikers und 10 Tage darauf subkutan das Lumbalserum desselben
Epileptikers. Nach 5 Minuten bekamen beide Tiere einen anaphylak¬
tischen Anfall in Gestalt von Stössen, allgemeinen Konvulsionen,
Muskelhüpfen, Tremor, Hypothermie. Der Anfall dauerte eine
Stunde, schwächte sich langsam ab, und die Tiere erschienen wieder
gesund. Das eine ging am 4. Tage ein: Befund negativ; das andere
blieb dauernd gesund.
Darauf injizierte er 6 Meerschweinchen hypodural das Serum
eines anderen Epileptikers und nach 9 Tagen denselben Tieren
hypodural 1U ccm Lumbalflüssigkeit desselben Epileptikers. 5 Minuten
darauf erfolgten Anfälle bei den Tieren gleich den oben beschriebenen.
Darauf Injektion dreier Meerschweinchen hypodural mit anderem
Epileptikerblut: nach 9 Tagen hypodural mit Blutserum desselben
Epileptikers. Nach 4 Minuten anaphylaktische Anfälle.
Weiter wurden dann Meerschweinchen mit Blutserum eines
Epileptikers hypodural injiziert und darauf 9 Tage später wieder
hypodural mit Lumbalserum eines Nichtepileptikers. Es erfolgte
nichts.
Das gleiche negative Resultat war zu beobachten, wenn die
erste hypodurale Injektion mit der Lumbalflüssigkeit eines Nicht¬
epileptikers und die zweite mit der eines Epileptikers gemacht wurde:
ebenso wenn beide Flüssigkeiten nicht von Epileptikern stammten
und hypodural injiziert wurden.
Die anaphylaktische Reaktion trat schneller und heftiger auf
bei Gebrauch des Serums und der Lumbalflüssigkeit schwerer Epi¬
leptiker mit heftigeren und längeren Anfällen. Indessen schien der
Zeitpunkt der Entnahme des Serums wie der Lumbalflüssigkeit, ob
unmittelbar nach einem Anfalle oder längere Zeit nach demselben,
keinen Einfluss auf das Zustandekommen und die Heftigkeit des
anaphylaktischen Anfalls zu haben.
S i v o r i prüfte im Maragliano sehen Tuberkuloseinstitut in
Genua das Antigenvermögen der Pulpa bacillaris Maragliano bezug-
488
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
licli des antitoxischeil und bakteriologischen Serum Maragliano und
auch des Serum antituberculare Marmorek. (Annali dell istituto
Maragliano, Vol. V!, fascicolo 4.)
Das antitoxische Tuberkuloseserum Maragliano und das bak-
teriolytische Serum desselben Autors enthalten ausser Antikörpern,
die ihm mit dem antituberkulösen Serum Marmorek gemeinsam sind,
noch andere, die ihre entsprechende Antigene in der Pulpa bacillaris
Maragliano finden: ein Umstand, der für die Ueberlegenheit der
spezifischen Tuberkuloseheilmittel der Genueser Schule sprechen
könnte.
C o s t a n t i n i stellte im Institut Maragliano (Genua) durch
ein besonders von ihm erdachtes Verfahren Versuche an über die
Veränderungen, welche Tuberkelbazillen im strömenden Blute er¬
leiden, (Gazzetta degli osped. 1913, No. 3.)
Es wurden Hunden und Kaninchen wenige Tropfen einer viru¬
lenten Bazillenemulsion (Typus humanus, 1 mg in 1 ccm) injiziert und
die Bazillen herausgezogen und untersucht in bestimmten Zwischen¬
räumen, so nach 30 Minuten, 1 Stunde, 24 Stunden und 48 Stunden usw.
So wurden der Reihe nach Veränderungen an den Tuberkelbazillen
festgestellt von der Fragmentation der Bazillen bis zur vollständigen
Auflösung und bis zum Verlust der Säureresistenz.
C bediente sich der Hunde, weil dieselben in verhältnismässig
hohem Grade gegen Tuberkulose refraktär sind, und der Kaninchen,
welche, wenn sie auch nicht die Rezeptivität der Meerschweinchen
haben, doch für Tuberkulose ziemlich empfänglich sind. Der Unter¬
schied in den Modifikationen, welche die Bazillen zeigten, war auch
ein diesem Verhältnisse entsprechender. Je länger die tuberkulösen
Bazillen ferner dem Verweilen im Blutstrom ausgesetzt waren, um
so deutlicher zeigten sich die Veränderungen; zuerst in folgender
Form: der Pilz wird kürzer und dicker, bleibt aber noch säure¬
resistent und färbbar nach Ziehl; dann zeigt sich Vakuolenbildung,
es treten bei der Ziehlfärbung klare Partien auf, nach und nach dann
Zerbröckelung und Verlust der Säurefestigkeit zum grössten Teil.
Die Methode nach Much (s. diese Wochenschr. 1909, No 9) zeigt
dann die bei Gramfärbung resistenten Granula: meist frei, bisweilen
auch in kleinen Ketten, die das Aussehen von Streptokokken bieten.
Was besonders hervorgehoben zu werden verdient, ist, dass sich
viele dieser Formen im Innern von Leukozyten finden und zwar nicht
nur die säureresistenten Formen, sondern auch die nach Much
färbbaren Granulationen: letztere sind zahlreicher als die ersteren,
namentlich bei Hunden. Dies könnte darauf hinzuweisen scheinen,
dass die Phagozytose der Terminalprozess sei. Ob das strömende
Blut der einzige Faktor ist bei der Zerstörung der Tuberkelbazillen,
und inwieweit bei der Zerstörung auch das Parenchym und der
Paienchymsaft einzelner Organe mitwirkt, lässt sich nicht sicher
entscheiden; C. ist der Ansicht, dass beide Faktoren Zusammen¬
wirken.
Bertarelli: Ueber die Frage des Eindringens von Spiro-
chaete pallida durch die unverletzte Haut und Schleimhaut.
(Gazzetta degli osped. etc. 1912, No. 135.)
Der Autor geht von der allgemeinen Anschauung aus, welche
auch die seine ist, dass zur Aufnahme des Infektionsträgers der Lues
eine gewisse Läsion des Epithels vorhanden sein muss, indessen
macht er auf die vielen Tatsachen aufmerksam, welche dafür zu
sprechen scheinen, dass diese Läsion nur in Veränderungen zu be¬
stehen braucht, welche fast noch in den Bereich der physiologischen
Veränderungen fallen.
Hierfür spricht zunächst eine von ihm erst kürzlich und früher
schon wiederholt beobachtete Tatsache, dass eine einzige Luetika
imstande ist, kurz nacheinander grosse Mengen Männer durch
Koitus zu infizieren; man kann nicht annehmen, dass es sich bei all
diesen Männern um Läsionen an den Genitalorganen gehandelt habe.
B. führt ferner die von Scheuer u. a. Autoren entdeckte ver¬
hältnismässig lange, sich über 2 Stunden erstreckende Lebensfähig¬
keit der Spirochaete pallida in wässerigen Vehikeln an. Die Kornea
ist ferner imstande, auch bei intaktem Epithel das luetische Virus
aufzunehmen, wie experimentell nachgewiesen ist.
Eine der pallida nahe verwandet Spirochäte, diejenige der Re¬
currens europäa, ist experimentell auf Ratten zu übertragen, nur da¬
durch, dass Ratten infiziertes Blut auf die Haut aufgeschmiert wird
und einige Stunden dort liegen bleibt. Schellack gelang es, Ka¬
ninchen durch Einreiben mit luetischem Virus an den Hoden zu in¬
fizieren, ein Beweis, dass jedenfalls die leichteste Mazeration auf der
äusseren Haut genügt, Haftung der Spirochäte zu bewirken.
Bezüglich des Durchdringens anderer pathogener Keime von der
gleichen Zartheit durch unverletztes Epithel beim Menschen macht
B. auf ein interessantes Faktum aus dem Pestlaboratorium Pol-
v e r i n i s aufmerksam. Ein Diener hatte das Unglück, sich eine
Bouillonkultur von Pestbazillen auf die Hosen zu schütten, in der
Gegend des Oberschenkels, und starb an unzweifelhaft festgestelltem
Durchtritt von Pestbazillen durch das intakte Epithel.
Bei der praktischen Schwierigkeit, beim Menschen die Frage
des Durchtritts der Luesspirochäte durch unversehrtes Epithel experi¬
mentell zu lösen, empfiehlt es sich aus Gründen der Prophylaxis eine
solche Möglichkeit nicht aus den Augen zu verlieren.
T rosarello: Ueber die Einverleibung von Salvarsan durch
das Rektum. (Gazzetta degli osped. 1912, No. 135.)
Nachdem Fournier, Guenot und B lasch ko die Ein¬
führung des Salvarsans per os in Form verdünnter Lösungen wie in
Pillenform unwirksam gefunden hatten, berichteten Fischer und
Hoppe über Versuche, das Mittel per rectum zur Wirkung zu
bringen (siehe diese Wochenschrift 1912, No. 16). Das Resultat war,
dass das Mittel gut vertragen wurde, dass aber der therapeutische
Effekt ein unbefriedigender war.
Ermutigendere Resultate erhielten anderen Autoren: Del Por¬
ti 1 1 o, G e 1 e y, D e j e r i n e, B o g r o w mit Enteroklysmen und
Suppositorien (s. Bogrow: Berl. klin. Wochenschr. J912, No. 3).
T. prüfte die Frage in der Klinik für Syphilis in Turin und
kam bezüglich der Heilwirkung zu einem negativen Resultat. Es
konnte eine leichte Besserung des Allgemeinbefindens konstatiert
werden, aber auch nach wiederholten Anwendungen kein spezifischer
Einfluss auf die Spirochäten, ln einem Falle von frischem Syphilom
zeigten dieselben unveränderte Lebenskraft, in zwei anderen ver¬
mehrte sich die Roseola während der Behandlung; alle diese Fälle
kamen dann prompt zur Heilung durch Merkurial- und intravenöse
Salvarsanbehandlung. Einem Kranken, welchem mittels Suppositorien
1,30 Salvarsan eingeführt war, ohne allen spezifischen Effekt, brachten
0,30 Salvarsan in die Glutäen in wenigen Stunden intensive Herx¬
heim e r sehe Reaktion und in wenigen Tagen Heilung von Plaques
und Roseola.
T. hielt sich nicht für berechtigt, diese Versuche fortzusetzen.
Er sieht den Grund der Wirkungslosigkeit derselben in Verände¬
rungen, welche das Salvarsan durch die Darmfermentation und durch
Fäkalreste erfährt, sowie ferner in der zu geringen Resorption des
Mittels seitens der Schleimhaut des Rektums.
Ghedini: Ueber ein neues Vorgehen zur diagnostischen Fest¬
stellung der Leberfunktion, (Gazzetta degli osped. etc. 1913, No. 5.)
Von den bisherigen Methoden zur Untersuchung der Funktion der
Leber genügt, wie G. im Eingänge seiner Arbeit ausführlich aus¬
einandersetzt, keine dem Zwecke vollständig.
G. glaubt in der Med. Klinik Genuas ein neues und besseres
Verfahren gefunden zu haben. Er geht davon aus, dass im Blute
von Leberkranken Verminderung oder Fehlen eines Leberfermentes
zu konstatieren sein muss, d. h. eines Fermentes, welches Glykogen
in Glykose zu verwandeln vermag.
Der Grad, in welchem dieses Ferment vorhanden und wirksam
ist, wird auf polarimetrischem Wege bestimmt.
Die Resultate, welche G. in der Klinik an 19 Leberkranken fest¬
stellte, sind geeignet, seine Annahme zu bestätigen und ermuntert'
zu weiterer Anwendung dieser Probe. Hager- Magdeburg.
Inauguraldissertationen.1)
Ueber den Erfolg der Hafer kur bei Diabetes
mellitus weiss Otto P i s k a t o r Günstiges aus der Giessener
med. Klinik zu berichten. Er teilt eingehender 13 Fälle mit, aus denen
die oft überraschende Wirkungsart dieser Therapie hervorgeht. Die
Technik dieser Kur ist recht einfach und deshalb auch für den Prak¬
tiker geeignet. Die Kranken wurden zunächst einige Tage bei An¬
wendung einer gemischten Kost auf den Grad ihrer Zuckerausschei¬
dung beobachtet, dann etwa 5—6 Tage auf strenge Diät gesetzt.
Wurde dabei der Zucker nicht zum Schwinden gebracht, so wurden
zunächst 2—3 Gemüsetage und darauf 1—3 Hafertage angeordnet.
Bei Anwendung der Haferkost (bestehend aus 250 g Hohenlohe-
scher Haferflocken, 150 g Butter und 2500 g Wasser, in 5 Portionen
am Tage verabreicht) stieg ohne Ausnahme die Zuckerausscheidung
nochmals an, sank aber bei den folgenden 1—2 Gemüsetagen oft schon
auf 0 herab oder es geschah dies bei der weiteren Fortsetzung der
strengen Diät. Oftmals wurde bei den beschriebenen Fällen schon
bei der ersten Haferkur völlige Zuckerfreiheit erzielt, weshalb dann
keine weitere Kur nachfolgte. Trat jedoch Erfolg bei der ersten
Haferkur nicht ein, so wurde nach weiteren 10 Tagen eine zweite
angeordnet, welche teils ebenso versagte, wie die erste, teils jedoch
günstige Resultate hatte. Ebenso wurde diese Haferkur angewandt,
wenn mittels der strengen Diät der Urin zuckerfrei, aber nicht azeton¬
frei wurde. Bezüglich der Azetonausscheidung wurden oft recht
günstige Resultate erzielt.
In einer Arbeit aus der Universitäts-Augenklinik zu Güttingen
teilt Otto Dörr weitere Erfahrungen über das
Deutschmannserum mit. Er gibt gleichzeitig einen Ueber-
blick über die bisher vorliegende Literatur. An genannter Klinik
wurden die angewandten Dosen gegen früher gesteigert und zwar
von 2 auf 4 und 6 ccm. Sie wurden anstandslos gut vertragen. Die
erzielten Erfolge bezeichnet Verfasser als im allgemeinen ermutigende.
(Göttingen 1912, 56 S. Louis Hofer.) Fritz Loeb.
Neu erschienene Dissertationen.
Universität Würzburg. Februar 1913.
Bür mann Wilhelm: Es gibt keine physiologische Obliteration des
menschlichen W urmf ortsatzes.
O e r t e 1 Christian- Hämatogene Puerperalsepsis.
Ru pp Ernst: Klinischer und statistischer Beitrag zur Aetiologie der
Hauttuberkulose, insbesondere des Lupus vulgaris.
Scheib er Gustav: Heilung eines postpneumonischen Pleura¬
empyems durch spontanes Aushusten.
l) Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Vereins- und Kongressberichte.
»rein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 24. Februar 1913.
emeinsam mit der Berliner Gesellschaft für Chirurgie, der Gesell-
haft für Psychiatrie und Nervenkrankheiten und der Otologischen
Gesellschaft.)
Tagesordnung:
Herr E d i n g e r - Frankfurt a. M.: Kleinhirnfragen.
Das Kleinhirn ist ein mächtiges Organ, das durch die gewaltigen
ückenarme mit den anderen Zentren verbunden ist, und wir wissen
rüber so wenig, dass man das Sichere fast auf einen Fingernagel
hreiben kann. Es sind gewisserinassen zufällig gefundene Sym-
ome, welche auf das Kleinhirn hinweisen, wie die Adiodochiokinesis.
Vortr. und seine Schüler haben das Kleinhirn der Taube analy-
ert. Manche Tierarten, Myxinen, Proteus u. a. haben gar kein
einhirn. Die Larve des Herings, die planktonisch im Wasser herum-
:\vorfen wird, hat nur ein ganz kleines Kleinhirn, während der
ering selbst ein bedeutendes Kleinhirn hat. Ebenso liegt es beim
chellfisch. Der Mormyrus hat ein gewaltiges Kleinhirn, relativ
össer, wie das Grosshirn des Menschen. Der Hai mit seinem ge-
aitigen Schwanzschlag hat ein gewaltiges Kleinhirn, die Forelle ein
Jativ geringes.
Der Hauptteil des Kleinhirns liegt in dem konstant vorhandenen
.ittelstück. Falls Hemisphären hinzukommen, müssen diesen andere
unktionen anvertraut werden.
Aus dem Rückenmark zum Kleinhirn führt der Tractus spino-
;rebellaris mit ventralem und dorsalem Teil. Die teilweise Unter-
rechung dieser Bahn beim Tabiker zeigt sich als Ataxie und Ab¬
ihme des Muskeltonus. Die Wegnahme der Endigung dieser Bahn
n Kleinhirn bewirkt das Gleiche, wie die Unterbrechung dieser
ahn. Die Reizung der Kerne hat nach Untersuchungen von H o r s -
iy Taumeln zur Folge. Dies ist der sog. „Eigenapparat“ des
leinhirns und es gibt Bahnen, welche die verschiedenen Teile des
leinhirns sagittal und transversal miteinander verbinden. Auf die
eripherie geht die Leitung von der Haube über die Vierhügel (roter
ern) und Deiterssehen Kern zum Rückenmark abwärts. Reizt
tan den Deiters sehen Kern, bekommt man schwere Krämpfe auf
er gleichen Seite. Damit ist die Funktion des Apparates nicht er-
chöpft : ein Abtrennen des Nucleus motorius tegmenti, der den
tatotonischen Apparat bildet, hebt vollkommen jede Möglichkeit
er Statik auf.
Jede Vestibularisfaser gibt auf ihrem Wege zum Kleinhirn End¬
latten zum Deiterskern ab, der seinerseits unter Kleinhirneinfluss
teilt, andere Fasern gehen wieder zum Rückenmark spez. zum Hals-
rark. Wieder andere Fasern gehen zu den Zentren der Augen¬
muskeln. So liegt hier ein kompliziertes Zentrum der Muskel-
oordination. Als Arbeitshypothese glaubt Vortr., dass Störung
ieses Zentrums auf dem Wege zu den Augenmuskeln zu Nystagmus
lihrt. Ob Wegfall der Hemisphären irgendwelche Erscheinungen
macht, müssen klinische Beobachtungen, die feiner als die physio-
mgischen sind, lehren, da die physiologischen Versuche versagt haben
ind nur die Funktion des Mittelstückes zu klären erlaubt haben.
Nach Rothmanns Versuchen bewirkt die Wegnahme von
eilen des Kleinhirns nicht eine Lähmung von Muskeln, sondern nur
in „Flatterigwerden“.
In den Hintersträngen geht die Leitung für den Raumsinn und
duskelsinn. Die Bahn, die auch bei den niedersten Tieren vor-
landen ist, endet im Thalamus opticus, und Schädigung dieses Zen¬
rums führt zu gleichem Ergebnis, wie die Schädigung des Hinter-
aranges. Die Hemisphären des Kleinhirns haben als Muskelsinnes-
tpparate zu gelten, die gleichzeitig die Verbindung zum Grosshirn
mfrecht erhalten.
Die Erkrankungen des Wurmes führen zu Störungen der Statik,
lie der Kleinhirnhemisphären zu Störungen der Synergie.
Diskussion: Herr B ä r ä n y : Zur Prüfung der Nystagmus-
>ahn empfiehlt sich am meisten der kalorische Reiz, weil bei Dreh¬
ingen beide Vestibulartrakte gereizt werden. Der galvanische Reiz
:ignet sich nicht für klinische Prüfungen. Der Reflex spielt sich in
3ons und Medulla ab und hat direkt mit dem Kleinhirn nichts zu
un. Nach Cajal endet jede Vestibularisfaser in der Rinde und den
Zentren des Kleinhirns; nach klinischen Erfahrungen bestehen tat¬
sächlich derartige Verbindungen. Am freiliegenden Kleinhirn kann
nan durch Abkühlen einer bestimmten Stelle der lateralen Hemi¬
sphäre eine Lähmung bewirken, welche das sog. Vorbeizeigen der
Finger bewirkt. (Schädigung des lokomotorischen Zentrums des
Armes im Kleinhirn.) Inzision der Kleinhirnrinde bewirkt das gleiche
Vorbeizeigen. Durch vestibuläre Nystagmuserzeugung kann man das
Qegenzentrum gleichzeitig lähmen, dann tritt während des Bestehens
des Nystagmus richtiges Zeigen ein. Vortr. beschreibt noch weitere,
von ihm entdeckte Zentren am Kleinhirn für „nach oben und unten“
Vorbeizeigen. Schliesslich beschreibt er einen Symptomenkomplex,
der oft mit Mastoiditis verwechselt wird, da er mit starken Kopf¬
schmerzen in der hinteren Schädelgrube einhergeht und auf Liquor¬
ansammlung im Kleinhirnbrückenwinkel beruht. Lumbalpunktion be¬
wirkt hier Heilung.
4S9
Die Tumordiagnose im Kleinhirn ist natürlich, selbst wenn man
alle Lokalisationszentren kennt, schwieriger, als Diagnostik von
Einschnitten in die Kleinhirnrinde. Er empfiehlt, frühzeitig die Klein¬
hirntumorfälle den oben beschriebenen diagnostischen Methoden zu¬
zuführen.
Herr Rothmann betont die Bedeutung physiologischer Ver¬
suche. Verletzung der Kleinhirnrinde im Lobus quadrangularis führt
zu Lagestörungen der vorderen Extremitäten, bei Zerstörung des
äusseren Teiles und zu Lageveränderungen nach aussen, des inneren
Teiles nach innen etc. Es liegt hier eine grosse Analogie zu den
B ä r ä n y sehen Befunden vor. Im Wurm liegen die Zentren für den
Rumpf. Zwangsbewegungen, Taumeln und Fallen bleiben bei Ent¬
fernung von Rindenteilen des Kleinhirns aus.
Herr Hildebrandt weist auf die Bedeutung der besseren
Diagnostik der Kleinhirntumoren hin, vor allem aus dem Grunde,
weil das Kleinhirn chirurgischen Eingriffen so gut zugänglich ist.
Herr Oppenheim bestätigt zunächst die absolute Exaktheit
der Bä räny sehen Angaben. Die Ausfallserscheinungen nach opera¬
tiven Eingriffen am Kleinhirn sind oft auf Schockwirkungen zurück¬
zuführen. Zum Nachweis von Kleinhirnstörungen müssen erst ganz
besonders künstliche Bedingungen geschaffen werden, wie dies eben
B ä r ä n y getan hat.
Ein Einfluss der Kleinhirnaffektionen auf die Sehnenreflexe ist
nicht zu konstatieren. Vortr. glaubt daher, dass durch Ausfall der
Kleinhirnzentren eine Störung der „Innervationsbereitschaft“ herbei¬
geführt wird.
Herr Brühl: Bei Akustikustumoren fand er intrakranielle Aus¬
lösung des Nystagmusphänomens, ferner einer Uebererregbarkeit des
durch Drehen auslösbaren Nystagmus.
Herr Grabower bestreitet, dass nach Exstirpation eines be¬
stimmten Zentrums (Gyrus centr. anterior) Flattern der Stimmbänder
eintritt. Es beruht das Phänomen nur auf der Narkose. Der Vagus
ist der einzige Nerv des Kehlkopfes und es empfiehlt sich, für die
Gehirntumordiagnose auf das Genaueste die Larynxmuskeln zu umer¬
suchen.
Herr Edinger: Schlusswort. W o 1 f f - E i s n e r.
Gesellschaft- für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
X. Sitzung vom 7. Dezember 1912.
Vorsitzender :• Herr Schmaltz.
Herr Kelling: Neue Versuche zur Erzeugung von Ge¬
schwülsten mittels arteigener und artfremder Embryonalzellen. (Mit
Demonstrationen.)
Zuerst werden die Resultate zusammengefasst, welche durch
Einspritzung von Embryonen in artgleiche Tiere erzielt worden sind.
Dieselben hängen ab von dem Alter des Fötus, von der Virulenz der
Zellen, vom Ort der Einspritzung, von der individuellen Disposition
des Impftieres; ferner bei Hühnern von der Brutzeit, der Mauserungs¬
periode, und bei Säugetieren von Schwangerschafts- und Säugungs-
periode. Meist entstehen Chondrozystome resp. Polyzystome, die
später wieder verschwinden. Einspritzungen embryonaler Zellen in
artfremde Tiere waren meist negativ. Vortragender erhielt jedoch
positive Resultate durch Einspritzung von Hühnerembryonen in alte
Hunde (Münch, med. Wochenschr. 1904.)
Die neuen Versuche berücksichtigen die Gesichtspunkte, welche
Exz. v. Behring so freundlich war vor einigen Jahren anzugeben,
nämlich bequemes Material, einfache, eindeutige Methode, nicht
zu geringer Prozentsatz positiver Resultate bei einem bestimmt zu
erzielenden Typus. Vortragender führt im Detail aus, welche Schlüsse
er aus den Versuchen, die mit Krebszellen selbst gemacht worden
sind, zieht.
Bei der neuen Methode wurden Hühnerembryonen in Hühner ein¬
geimpft, wodurch sich Knorpelwucherungen bildeten und entsprechen¬
des Blut oder Serum artfremder Tiere in die Hühner wöchentlich ein¬
gespritzt, um die Zellen daran zu gewöhnen. Auf diese Weise erhielt
man Knorpelgeschwülste, welche sich zu 50 Proz. auf Tauben weiter
transplantieren Hessen.
Demonstration solcher Knorpelwucherungen.
Das Resultat lässt sich besser erreichen, wenn man nach der
Implantation des Hühnerknorpels in Tauben etwas Hühnerserum
nachspritzt, es lässt sich aber auch ohne alle Hilfsmittel erreichen -
z. B. durch direkte Einspritzung von Hühnerembryonen in Tauben — ,
aber unvergleichlich viel schwerer.
Demonstration einer so erhaltenen Knorpelwucherung nach
9 Monaten (7. Passage).
Umgekehrt gelingt es viel schlechter, embryonale Taubenknorpel
auf Hühner zu transplantieren, selbst bei sonst gleicher Technik. Nur
in einem Falle gelang es. (Taubenembryonen auf Tauben geimpft,
Hühnerserum wöchentlich eingespritzt, Uebertragung des Knorpels
auf Huhu, subkutane Einspritzung von Taubenserum bei der Impfung.)
Dieser Knorpel wurde in 3 Passagen gezüchtet (97 Tage), wuchs sehr
gut und zeigte Wechsel zwischen undifferenzierten Embryonalzellen
und ausgewachsenen Knorpelzellen; der Wechsel hängt von der Im¬
munität des Versuchstieres ab — wie das A p o 1 a n t bei Mäusekarzi¬
nom ausgefiihrt hat (Uebergang in Adenom).
490
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
Es gelangen auch Wucherungen anderer Zellen. So wucherten
embryonale Drüsenschläuche des Huhns in Taubenleber (3. Passage,
75 Tage). Das Präparat zeigt, wie die fremden Drüsen bei der
Wucherung sich direkt in die Leber einbohren. Von einer atrep-
tischen Immunität kann bei diesen Versuchen keine Rede sein.
Die Uebertragung von Hühnerembryonen auf Hunde gelingt
ebenfalls, wie an zwei Präparaten gezeigt wird, nur muss die An¬
passung langsam geschehen. Es muss sowohl die Eier- als auch die
Impfhenne mit Hundeblut gespritzt, und bei der Transplantation dem
Hunde etwas Hühnerserum eingespritzt werden. Der eine Tumor
hatte den Charakter eines Sarkoms, der zweite den eines Teratoms
(Schilddrüsengewebe, Plattenepithel, Zylinderzellenwucherung). Das
Ausgangsmaterial konnte identifiziert werden. Aehnlich wie das
Nachspritzen mit Serum wirkt beim Menschen forcierte Eiweiss¬
ernährung, weil der Darmkanal für solches durchlässig ist. und zwar
besonders leicht bei Magendarmkranken. Die Anpassung der Zellen
erfolgt in natura auf chronischen Geschwüren, also auf anämischen
Nährböden. Die Unterschiede dieses Gewebes in der Zytolyse gegen
das normale, haben neuerdings Freund und K a m i n e r nach¬
gewiesen.
Vortragender stellte weiter Versuche an, ob embryonale Zellen
auch im artgleichen Organismus zu geschwulstmässigem Wachstum
gebracht werden können, und zwar durch artfremdes Eiweiss, in be¬
zug auf die Cohnheim sehe Theorie. Das ist der Fall, wenn so¬
wohl die Eierhenne als auch die Impfhenne mit einem sehr art¬
fremden Serum gespritzt wurden — z. B. Hundeserum, nicht aber
Taubenserum — und das Eiweiss nicht schnell in beiden Tieren zer¬
stört wurde.
Demonstration von 4 so erzielten Geschwülsten; einmal sarkom¬
artig, einmal Schilddrüsengewebe, einmal Myom mit karzinomartigen
Drüsenwucherungen und einmal stärkste Drüsenwucherung mit
Aszites.
Artfremdes Eiweiss ist ein Wuchsstoff für die embryonale Zelle,
weil Eiweissstoffe die wichtigsten Nährstoffe für die Protoplasma¬
vermehrung sind und durch ihre chemische Differenz befähigt, einen
Wachstumsreiz auszuiiben.
Der Faktor, welcher der Geschwulstwucherung
überhaupt zugrunde liegt, ist nach Kellings An¬
sicht eine bestimmte Reaktionsfähigkeit der einer
selbständigen Verdauung fähigen embryonalen
Zellen gegenüber gewissen Nährstoffen, in erster
Linie wahrscheinlich artfremden Eiweissstoffen.
Diese Auffassung schliesst den gewöhnlichen Parasitismus nicht
unbedingt aus, da es doch Granulationsgeschwülste geben kann,
wenigstens ist dies nach den Versuchen von Rous und Murphy
zu bedenken Immerhin besteht noch eine andere Möglichkeit. Wenn
nämlich R o h d e Recht hat, dass sich im Embryo in bestimmten
Bezirken die Kerne und Zellen erst sekundär aus gleichmässigen
Massen (Synzytien) bilden, dann müssen also sehr kleine Zellkeime
vorhanden sein, welche die Befunde von Rous (Filtrierbarkeit des
Virus) erklären können.
Gibt es nun einen Parasitismus noch kleinerer Lebewesen, die
selbständiges Wachstum, Vermehrung und Assimilation haben, z. B.
der Biophoren? Das lässt sich auch mit den jetzigen Mitteln unter¬
suchen.
Mit der Theorie, betreffend die Konjugation der Zellkerne, von
Schleich, Klebs, Aichel usw. hat Kelling Versuche ange¬
stellt durch Mischung von Taubenembryonen mit Hühnerembryonen,
die Tauben und Hühnern eingespritzt wurden und wurden auch
Taubenembryonen in Hühnereier eingespritzt. Die Versuche waren
negativ.
Das Krebsproblem lässt sich vom morphologischen Standpunkte
aus von zwei Seiten anfassen; erstens an der Homöotopie, dann
kommt man zu der Tiersch-Waldeyer sehen resp. der R i b -
b e r t sehen Theorie, der Hypothese der Metaplasie und den unwahr¬
scheinlichen Verwerfungen nach C o h n h e i m.
Durch die Histogenese ist die Abstammung der Tumorzellen vom
Körpergewebe nicht zu beweisen, höchstens für einige Fälle durch
Analogieschlüsse wahrscheinlich zu machen. Besser ist es, das Pro¬
blem an der Heterotopie anzufassen, dann kommt man dazu, die
Zellen von aussen abzuleiten. Damit kann man die Heterotopie und
die Homöotopie erklären, das Fremdartige der Zellen, die Reaktion
des Körpergewichtes, die Virulenzsteigerung bei der Transplan¬
tation usw. Man braucht nur eine einzige Hilfshypothese, nämlich
die Anpassung an den artfremden Organismus, und diese Annahme
lässt sich durch die neuesten Versuche des Vortragenden als be¬
stehend beweisen. Bei der chemischen Analyse der Geschwulst¬
erklärung muss man unterscheiden zwischen Untersuchen zu theore¬
tischen Zwecken, wo einige eindeutige Analysen genügen, um Auf¬
schluss zu geben, und den Untersuchungen zu diagnostischen
Zwecken. Bei letzteren müssen möglichst viele Fälle in das Bereich
der Reaktion fallen. Die Unterschiede verwischen sich dann.
Dass in den Geweben des Huhnes ein brauchbares Reagens für
das Karzinom des Menschen vorhanden ist, wurde neuerdings wie¬
derum — unbewusst — durch die Versuche von Köhler und
Luger (Wien. klin. Wochenschr. 1912, No. 29) gezeigt. Diese
fanden für die A s c o 1 i sehe Reaktion Extrakte aus Lezithin geeignet.
Die verwendeten Extrakte (von Merck. Agfa und Gedeon Rich¬
ter) waren aber Extrakte aus Hühnereidotter. Die Unter¬
suchungen von Dr. Paul 1 1 1 i n g in unserem Institut ergaben die Rich¬
tigkeit dieser Befunde; aber auch, dass man mit anderem Lezithin,
z. B. aus Forelleneiern, keinerlei Ausschlag erhält.
Wir haben Aussicht auf erfolgreiches Handeln in Bezug auf die
Prophylaxe. Nur muss man nicht allzusehr am alten festhalten und
nicht zu skeptisch gegen das neue sein.
Vortr. schliesst mit Dank an Herrn Geh. -Rat E 1 1 e n b e r ge.r.
in dessen Institut die Versuche ausgeführt worden sind.
(Wird anderweit ausführlich veröffentlicht.)
Verein der Aerzte in Halle a. S.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 27. November 1912.
Vorsitzender: Herr v. Hippel.
Schriftführer : Herr P e n k e r t.
Herr v. Lippmann: Krankendemonstration: Neurorezidiv nach
Salvarsaninjektion.
Herr v. Lippmann stellt einen 30jährigen Mann vor, bei dem!
sich im Anschluss an kombinierte Salvarsan-Quecksilber-Behandlunc
eines syphilitischen Primäraffektes (Spirochäten nachgewiesen)!
schwere meningitische Erscheinungen eingestellt hatten. Im Lumbal-j
punktat Eiweiss vermehrt, Phase I nach Nonne-Apelt positiv, j
Lymphozytose. Keine Sekundärerscheinungen. Wassermann
negativ. Durch eine Schmierkur konnte vollständiger Rückgang der)
klinischen Symptome und der Veränderungen des Liquor erzielt!
werden. (Ausführliche Mitteilung erfolgt an anderer Stelle.)
Herr v. Hippel: Krankenvorstellung.
1. Tumor der Orbita mit starker Verdrängung des Bulbus nach
unten und vorne. Vor 4 Jahren ist auswärts bereits eine Operation,
ohne nachhaltigen Erfolge gemacht worden. Die Präparate, die sich,
noch auftreiben Hessen, zeigten einen Mischtumor, der von der
Tränendrüse ausgegangen war (Myxo-Fibro-Chondro-Adenom). Es
war also anzunehmen, dass der hintere Teil des Tumors nicht ent¬
fernt war. Durch Krönleinsche Orbitalresektion wurde derselbe)
zugänglich gemacht und exstirpiert. Die Präparate bestätigten die
gemachte Annahme. Von dieser Geschwulstform sind erst 6 Fälle
veröffentlicht (Katz, de Laper sonne). Primäre Heilung, der
Exophthalmus ist in Wochen von 8 auf 3 lA mm zurückgegangenj
die Veränderung nach unten ist fast verschwunden.
2. Polypoide Geschwulst auf geschwüriger Basis, ausgehend von1
der Conjunctiva tarsi des oberen Lides. Multiple kleinste Knötchen.
Diagnose: Tuberkulose der Konjunktiva. Durch Exstirpation des
ganzen Tarsus mit der Conjunctiva tarsi, Lösung der Uebergangs-j
falte und Conjunctiva bulbi bis zum Hornhautrand und Annähung an
den Hautrand wurde in 8 Tagen glatte Heilung ohne jede Stellungs-
anomalie und mit Erhaltung des normalen Lidschlusses erzielt.
3. Einen Fall von doppelseitigem Pemphigus der Konjunktiva so¬
wie der Mundschleimhaut. An beiden Augen ist der untere Konjunkti-
valsack fast vollständig verödet, ebenso ein grosser Teil der Con-
junctiva bulbi. Die oberen Konjimktivalsäcke sind in ihren mittlere!
Teilen erhalten. Die Corneae sind bis auf zarte Randtrübungen nor¬
mal, ebenso der Visus.
Die Erkrankung soll erst im Junii 1911 begonnen haben, sub¬
jektive Beschwerden fehlen fast vollkommen.
Es ist beabsichtigt, entsprechend den Erfahrungen Grouvens
zunächst eine Salvarsantherapie einzuleiten und dann eine plastische
Operation nach dem Vorgang Landolts zu versuchen.
Herr Emil Schepelmann: Einseitige Lungenimmobilisierunt
durch Phrenikusresektion.*)
Bei der chirurgischen Behandlung initialer Lungenschwindsucht
stehen sich 2 Methoden gegenüber, die auf diametral entgegengesetz
ten Anschauungen basieren; die eine ist die W. A. Freundscht
Chondrotomiean der ersten Rippe, wie sie von ihm und einiger
anderen Autoren geübt wird, um bei Stenose der oberen Brustapertui
oder vorgeschrittener zentraler oder peripherer Verknöcherung de:
Knorpels der ersten Rippe sowohl bei beginnender Spitzentuberkulosi
als auch prophylaktisch bei erblich belasteten und suspekten Personei
eine bessere Durchlüftung der Lunge, eine Mobilisation der
selben, zu erreichen, also einen Effekt, der dem obersten Grundsat
in der Behandlung von chirurgischer Tuberkulose: „Immobil!
sierung und Entlastung“, direkt widerspricht.
Umgekehrt will man durch die zweite Methode, den künst
liehen Pneumothorax, die erkrankte Lunge gerade von de:
Atmung ausschalten, sie immobilisieren, daneben allerdings
auch einen Kollaps und hiermit einhergehend Verlangsamung de
Blut- und Lymphstromes, Sauerstoffverarmung des Blutes sowie be
sonders Bindegewebswucherung erzeugen, durch welch letzter
tuberkulöse käsige Herde fibrös eingekapselt werden. Die gleich,
zeitige Verminderung der Blutmenge in atelektatischen Lungen ist i
Anbetracht der günstigen Erfolge mit Bier scher Stauungshyper
ämie an den Extremitäten sowie der Erfahrung, dass die Stauungs
lunge der Herzfehlerkranken eine geringere Disposition für Tuberku
lose schafft, eine Zugabe, die wohl nicht erwünscht ist.
Vortragender legte sich nun die Frage vor, ob es nicht auf völli
ungefährliche Weise möglich sei, eine mit leichter Tuberkulose be
*) Ausführliche Mitteilung im Archiv f. klin. Chir., Bd. 100, I
4 März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
491
i ete Lunge dem Einfluss der Atmung wenigstens grossenteils zu
. 'iehen, ohne dass die Zirkulation dadurch nennenswert beeinträch-
■ würde, und glaubt sie in der Durchschneidung des
Jbichseitigen Phrenikus beantworten zu können. Zwar
jas Zwerchfell nicht der einzige Atemmuskel, über den wir ver-
■n; benutzen wir doch schon bei einfacher Inspiration die Scaleni,
intercostales externi, die Levatores costarum, den Serratus posti-
superior; auch beteiligen sich noch der 7. bis 12. Interkostalnerv
der Innervation des Diaphragma, doch ist ihr Einfluss nur sehr
ng. Schon bei der alleinigen Durchschneidung eines Phrenikus
das Spiel der betreffenden Zwerchfellhälfte — wie Vortragender
• i bei zahlreichen Tieren überzeugte und wie er an mehreren leben-
Kaninchen der Versammlung vor dem Röntgenschirm einwand-
demonstrierte — so gut wie aufgehoben; nur minimalste Exkur-
, ten machen sich als Folge der Zerrung von der gesunden Zwerch-
, ,älfte her bemerkbar, um so mehr, da letztere jetzt grössere Aus¬
lage zeigt als unter normalen Verhältnissen. Auch bei der Auto-
? l in vivo konnte er sich von der Zwerchfellähmung nach Phreniko-
iie vergewissern, wenn er nämlich den Phrenikus an der Stelle
• der Brusthöhle durchschnitt, wo er in Höhe der Atrioventrikular-
^nze vom Herzbeutel bogensehnenartig auf das Zwechfell Übertritt.
Die Technik der Phrenikusdurchschneidung am Halse gestaltete
< i beim Kaninchen so, dass Schepelmann vom medialen Drittel
Klavikula einen kurzen Schnitt nach oben führte und die Vena
; ularis communis aufsuchte. An ihrer lateralen Seite verläuft der
i serst feine, eben noch mit blossem Auge wahrnehmbare Phrenikus,
sich, aus dem Gebiet der 4. Zervikalwurzel kommend, ihr schräg
u aussen nähert. In ca. 1cm Ausdehnung wird er möglichst tief
j Halse, um etwaige andere zu ihm stossende Wurzelfasern nicht zu
•rsehen. reseziert.
Beim Menschen müsste man den Phrenikus auf dem M. scalenus
3 icus suchen, den er kreuzt, um dann zwischen A. und V. subclavia
t durch zur A. mammaria interna zu gelangen.
Abgesehen vom respiratorischen Stillstand des Zwerchfells er-
i [t man durch Phrenikotomie einen Hochstand desselben, den man
besten intra vitam vor dem Röntgenschirm beobachtet
Phrenikotomie links. Phrenikotomie rechts.
:i dem einen der demonstrierten Kaninchen stand das ge-
imte rechte Zwerchfell 2 Querfinger höher als das linke).
• er auch in nebenstehenden Radiogrammen erkennt. Beides, Hoch-
nnd und Immobilisierung des Zwerchfelles, scheinen aus theoreti-
: len Gründen geeignet, einen günstigen Einfluss auf initiale e i n -
■ i t i g e Lungenphthise auszuüben, weshalb es sich empfehlen dürfte,
i geeigneten Fällen diese gewiss harmlose Operation versuchsweise
■ i Menschen vorzunehmen.
Diskussion; Herr David weist darauf hin, dass S t u e r t z
reits zu gleichem Zwecke die Phrenikusdurchschneidung vorge-
alagen habe; auch über entsprechend durchgeführte Operationen
Menschen berichtet hat. Doch wurde die Richtigkeit der theo-
iischen Erwägungen von H e 1 1 i n auf Grund von Tierexperimenten
stritten.
Herr Ad. Schmidt: 1. Ueber chronisch diphtherische Infektion
r Lungen.
(In dieser Wochenschrift 1913, S. 20 erschienen.)
2. Ueber die Behandlung von Darmkrankheiten mit Sauerstoff.
Der Vortragende demonstriert das von ihm im Zentralblatt für
lere Medizin 1912, No. 1 mitgeteilte Verfahren der Sauerstoifeiri-
isungen in das Duodenum und berichtet über die Erfahrungen
mit. Dieselben lauten insbesondere bei Gärungsdyspepsien und
atarrhen und bei dyspeptischen Störungen anderen Ursprungs
astrogene Diarrhöen) sehr günstig. Auch leichte Katarrhe und die
>rue wurden verschiedentlich sehr gut beeinflusst. Bei Säuglingen
it Darmkatarrhen und Brechdurchfällen hat der Vortragende das
erfahren in der Weise modifiziert, dass je 100 — 150 ccm in den Magen
id das Rektum eingeblasen wurden, wodurch sehr oft ganz über¬
raschende Wirkungen erzielt wurden. Auch bei Erwachsenen kann,
wenn die Einblasung ins Duodenum auf Schwierigkeiten stösst, diese
Modifikation angewandt werden. Sehr grosse Dosen können unter
Umständen eine vorübergehende Reizwirkung entfalten. Es empfiehlt
sich aber nicht, diese Reizwirkung gegen die habituelle Obstipation
auszunutzen, wie es Skalier empfohlen hat.
Herr Schepelmann; Vor 6 Jahren beobachtete ich während
meiner damaligen Tätigkeit in Leipzig einen jungen Mann mit Schall
Verkürzung, leicht bronchialem Atmen und Rasseln über der rechten
Spitze und Unterschlüsselbeingegend sowie gewissen Symptomen
für eine kleine Kaverne unter der Klavikula. Dieser physikalische^
Befund im Verein mit dem geballten eitrigen Auswurf, den abendlichen
Temperatursteigerungen und den Nachtschweissen Hessen mich an
Schwindsucht denken, doch fanden sich bei bakteriologischer Unter¬
suchung zu meiner grossen Ueberraschung keine Tuberkelbazillen,
sondern eine Reinkultur von Diphtheriebazillen. Halserkratikungen
waren weder vorhanden noch in letzter Zeit durchgemacht.
Leider kam mir der Patient später aus den Augen, so dass
ich über den Weiterverlauf nicht orientiert bin.
Herr David: Wirkungen verschieden zusammengesetzter Re¬
spirationsluft.
Der Vortragende gibt einen kurzen historischen Ueberblick über
die seit Priestley bald masslos überschätzte, bald ungerechtfertigt
verurteilte Sauerstofftherapie. Es wird näher dargelegt, wie dank
der exakten physiologischen Forschung allmählich eine gerechtere
Beurteilung sich durchgerungen hat. Es wurde aber zu sehr das
Augenmerk darauf gerichtet, ob die Endeffekte geändert wurden und
•acht genügend die Kompensationseinrichtungen gewertet, infolge
deren die Organismen trotz Aenderung der dargebotenen Respirations¬
luft ihre Zellen vollständig sättigen. Das reizende Moment liegt wahr¬
scheinlich in der Sauerstoffverarmung, die ja auch sonst die Zell¬
tätigkeit bedeutend anregt. Hierauf zurückzuführen ist z. B. wahr¬
scheinlich das Wachstum der Anaerobier, von denen neuere For¬
schungen gezeigt haben (C h u d i a k o w, P o r o d k o w), dass sie
vielfach nicht echte Anaerobier sind, sondern nur bei einer sehr ge¬
ringen Os-Spannung ihr Lebensoptimum haben. Dahin gehört auch
die künstliche Züchtung von Zellgewebe, bei dem der Vortragende
durch gewisse Sauerstoffherabsetzung vielfach eine stärkere Zell -
Proliferation beobachtete. Jedoch sind diese Untersuchungen noch
nicht spruchreif.
Auch die im Höhenklima beobachteten Blutveränderungen sind
als Reaktion auf Os-Armut aufzufassen. Die oft umstrittene Frage,
ob es in der Höhe eine echte Blutvermehrung gibt, ist nach dem
gesamten vorliegenden Material im positiven Sinne zu entscheiden,
wenn auch durch scheinbare Vermehrung der Blutelemente das ob¬
jektive Bild oft getrübt wird. Um mancherlei Fragen zu klären, wurde
im Tierversuch die Einwirkung herabgesetzten Sauerstoffes unter¬
sucht. Die Versuche an Menschen und Tieren wurden in den früher
bereits veröffentlichten Apparaten durchgeführt. Es zeigte sich, dass
bei Hunden und Kaninchen eine 24 ständige Atmung Os-armer Luft
die Blutelemente vorübergehend etwas ansteigen lässt, dass
aber eine mehrstündige Applikation ohne Einfluss ist. Ganz anders
bei experimentellen Anämien (durch Aderlass, Sapotoxin). Hier
gleichen sich künstlich gesetzte Schädigungen bedeutend schneller
aus, als bei nicht behandelten Tieren. Ganz analog waren die Er¬
gebnisse am Menschen. Das normale Blutbild wurde bei ein- bis
zweistündiger Behandlung nicht beeinflusst, wogegen bei Anämien
sich deutliche Differenzen fanden. Dabei ergaben sich entsprechend
den vorliegenden Krankheitsprozessen markante Unterschiede; bei
perniziösen Anämien erfolgte die Hämoglobinbildung oft besser als
die Erythropoiese, so dass der Färbeindex ziemlich hoch blieb.
Entgegengesetzt verhielten sich schwere Chlorosen, bei denen die
Zahl der roten Blutkörperchen sehr gut anstieg, aber das Hämoglobin
sich langsamer bildete. Bei gewöhnlichen Anämien nicht perniziösen
Charakters wuchs die Zahl der Blutkörperchen und die Hämoglobin¬
menge entsprechend. An mehreren in dieser Weise behandelten
Kranken werden die Erfolge demonstriert.
Auch die im Höhenklima beobachtete N.- und P.-Retention. die
nach den Arbeiten von W e n d t als echte Eiweissmast aufzufassen ist,
wurde im Tierexperiment beobachtet. Das steht zwar im Gegensatz
zu früheren Untersuchungen in der pneumatischen Kammer, die
negativ ausgefallen waren, ist aber vielleicht dadurch bedingt,
dass im vorliegenden Falle nur der Sauerstoffpartialdruck ohne eine
Aenderung des Barometerdruckes herabgesetzt war — ein Moment,
auf das der Vortragende besonderes Gewicht legt.
Auch die von A r a k i genauer erforschte Zuckerausscheidung
bei Dyspnoe und die von Magyar y-Kossa beobachtete Ver¬
änderung des Phloridzindiabetes nach kohlensaurer Inhalation wurde
zu klären gesucht. Diese Untersuchungen wurden nach zwei Rich¬
tungen gefördert: erstens bedurfte es der Feststellung, ob bei den
früheren Dyspnoeversuchen die Kohlensäure keine Rolle gespielt habe
und die Glykosurie nur als Folge hochgradiger Sauerstoffarnlut aufzu¬
fassen ist und zweitens war die Sauerstoffarmut in ihrer Wirkung auf
experimentelle Glykosurien zu erforschen. Die Einzelheiten der Er¬
gebnisse werden an der Hand von Tabellen besprochen.
Zum Schlüsse werden sowohl die für die Tierversuche benutzten
Apparate als auch die zur therapeutischen Verwertung beim Men¬
schen konstruierten Einrichtungen im Betriebe vorgeführt.
492
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Naturhistorisch-medizinischer Verein zu Heidelberg.
(Medizinische Sektion.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 28. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Bettmann.
Schriftführer: Herr Fi sch ler.
Zur Frage der Erkennung und Behandlung luetischer Prozesse
(Wassermann, Salvarsan, Quecksilber).
Herr Krehl: Die Wasse r m a n n sehe Reaktion hat die
Fürchterlichkeit der Lues in Beziehung auf ihre Häufigkeit und
Resistenz erst klar dargetan. Sie hat in manche Fragen entschieden
Licht gebracht, insbesondere hat sie die Erb sehen Ansichten über
den Zusammenhang der Tabes und der Lues bestätigt, ferner hat sie
dargetan, dass Herz- und Aortenlu°s viel häufiger ist, als man bisher
annahm. Ausserdem hat sie besonders die Resistenz der Lues gegen¬
über durchgemachten Kuren gezeigt. Gewiss gibt es vereinzelte
Fälle, in denpn die Komplementbindungsreaktion positiv ausfällt, ohne
dass man eine Lues annehmen möchte. Aber das sind doch ganz
sicher grosse Ausnahmen. Im allgemeinen darf und muss man
meines Erachtens damit rechnen, dass wenn die Reaktion von kom¬
petenten Untersuchern sorgfältig ausgeführt und wiederholt positiv
gefunden wurde, eine Synhilis im Körner ihre Wirksamkeit noch ent¬
faltet, es sei denn, dass Zustände vorliegen, die bekanntermassen die
Reaktion beeinflussen, z. B. Scharlach, Lepra, Granulöse u. a.
K. stellt drei Fragen zur Diskussion:
1. Wie soll man sich in den verschiedenen Stadien bei negativer
W.R. in ßezug auf die Therapie verhalten in Fällen, in denen Krank¬
heitszeichen da sind, die sehr wohl von einer Syphilis abhängen
können, vielleicht sogar am besten von ihr abhängig zu machen sind?
2. Soll man bei Mangel von Krankheitserscheinungen bei posi¬
tiver W.R. eine Therapie einleiten?
3. Welche Erfahrungen haben die Kliniker in Bezug auf das
Vorkommen von Verschlechterungen der Krankheitserscheinungen
durch antiluetische Kuren gemacht?
K. selbst hat solche Fälle bei luetischen Herzerkrankungen mit
Sicherheit beobachten können. Er brachte diese zuerst ln Zusammen¬
hang mit dem psychischen Einfluss, den die Erkenntnis der Natur
des Leidens auf die meist in ehrbaren Verhältnissen lebenden Pat.
ausiibte. Doch hat er sich auch im Laufe der Zeit davon überzeugt,
dass neben hervorragend guten Beeinflussungen auch sichere Ver¬
schlechterungen auftreten. Dies gilt insbesondere für luetische
Koronararterienerkrankungen. K. glaubt diese mit Vorgängen er¬
klären zu können, die der Herxheimer sehen Reaktion ähneln.
Er nimmt an, dass durch die antiluetische Behandlung Reizerschei¬
nungen an den sehr empfindlichen Koronargefässen auftreten, die
sogar zum Exitus führen können, und er rät gerade in diesem Punkte
ausserordentlich vorsichtig zu sein. Auch glaubt er, dass sich Vor¬
gänge abspielen können, ähnlich wie bei der Entstehung einer Miliar¬
tuberkulose bei brüsker Tuberkulinbehandlung. K. hält die Frage
noch nicht für beantwortet, in welchen Fällen man eine schwache
und in welchen Fällen man eine strenge Behandlung einleiten soll
und in welchen Fällen man von einer Behandlung absehen solle.
Herr N i s s 1 und Herr 0. Ranke sprachen über die dia¬
gnostische Bedeutung der Wassermann sehen Reaktion und ihre
Bewertung bei etwaigem therapeutischem Handeln auf Grund der
Erfahrungen der Blut- und Liquoruntersuchungen an der psychia¬
trischen Klinik und einer Reihe von gleichzeitigen Parallelunter¬
suchungen gleicher Blutseren mittels der ursprünglichen Wasser¬
mann sehen Methode und ihrer Modifikation nach Landsteiner
an der dermatologischen und psychiatrischen Klinik.
Ihre Ausführungen lassen sich folgendermassen zusammenfassen:
1. Die Wassermann sehe Reaktion ist bei vorsichtiger Be¬
wertung eine wichtige Bereicherung unserer diagnostischen Hilfs¬
mittel.
2. Bei der Wassermann sehen Reaktion kommt es in vielen
Fällen nicht zu einem ohne weiteres evidenten Ergebnis, sondern
das Urteil: ob positiv oder negativ, ist ein komplizierter Schluss
aus sorgfältiger Beobachtung des zeitlichen Ablaufs und der
quantitativen Verhältnisse des hämolytischen Vorganges, sowie aus
dem Vergleich dieser Verhältnisse bei der zu beurteilenden
Flüssigkeit mit anderen.
3. Es ist deshalb unbedingtes Erfordernis, dass diese Reaktion
durch einen technisch geschulten, kritischen und seiner Verant¬
wortung bewussten Arzt — nicht durch irgend welche Hilfs¬
personen — ausgeführt wird.
4. Das Wesen der Wasserma n n sehen Reaktion ist ebenso
unbekannt wie das Wesen der Stoffe, mit denen sie arbeitet („Kom¬
plement“, „Antigen“, „Ambozeptor“).
5. Die Reaktion ist nicht spezifisch für luetische und
metaluetische Krankheiten.
6. Ein Grund, der Wassermann sehen Original-
methode vor der L a n d s t e i n e r sehen Modifikation den
Vorzug zu geben, besteht nicht; es ist aber zu betonen, dass diese
beiden Verfahren nicht etwa nur quantitative, sondern auch quali¬
tative Unterschiede in der Reaktion ergeben, indem manche Seren,
deren positive Reaktion nach dem klinischen Bilde und den Liquor¬
veränderungen zu erwarten ist, mit der einen Methode ein positives.
No^
mit der anderen ein negatives, andere umgekehrt mit der einen e
negatives, mit der anderen ein positives Resultat zeigen.
7. Ein Schluss auf die Wirksamkeit therapeutische
Handelns aus einer Aenderung der Wassermann sch
Reaktion im Blute ist nicht ohne weiteres gestattet, da nicht ga
selten die Reaktion (ebenso wie der Zell- und Eiweissgehalt, t
Goldsol- und Wassermannreaktion im Liquor) auch ohne jede E
handlung sich ändert.
8. Die Untersuchung der Wassermann sehen Reaktion j
Blute allein hat — speziell auf dem Gebiete des Zentralnerve
Systems — für die Beurteilung luetischer und metaluetischer Kran
heiten nicht viel Wert; wichtigeren Aufschluss gibt sie zusamm
mit den verschiedenen Reaktionen des Liquors; eine diagnostisc
Entscheidung ist aber nur bei gleichzeitiger Berücksichtigung d
klinischen Bildes — und auch dann nicht immer — möglic
Es zeigt nämlich vielfache Beobachtung, dass weitaus die meist
klinisch klaren Fälle eindeutige Reaktionen geben, dagegen zahireici
der klinischen Beurteilung Schwierigkeiten bereitende Fälle auch 1
Heranziehung der Blut- und Liquorreaktionen sich nicht sicher klär
lassen.
Herr W. Erb: E. ist voller Interesse für die heutige Verhau
lung und in der Erwartung hierher gekommen, allerlei Neues u:
Entscheidendes zu hören und zu lernen. Nun ist das Thema „S;
varsan“ eigentlich bisher nur gestreift worden, die Mitteilungen d
Herren Redner haben sich, was ja natürlich auch sehr wichtig i
wesentlich um die Wassermann sehe Reaktion, ihre Method!
und ihre Ergebnisse gedreht. Wir haben eine sehr scharfe Krh,
und sehr viel Skeptizismus gegenüber dieser Reaktion gehört, eini
sehr merkwürdige und zum Teil etwas unklare Beobachtung!
(wesentlich bei der progressiven Paralyse) mitgeteilt bekomme
so dass man eigentlich an den bisherigen Ergebnissen für die E:
deutung und praktische Brauchbarkeit der W.R. bei den sog. met!
syphilitischen Nervenerkrankungen fast irre werden konnte.
Das hat etwas niederschlagend gewirkt; aber diese Stimmu:
wurde für E. glücklich bekämpft und sozusagen überkompensie:
dadurch dass er ganz zufällig heute den Bericht über die gros
und inhaltsreiche Diskussion über diese Fragen, die im September 19
bei der 5. Jahresversammlung der Gesellschaft deutscher Nerve
ärzte in Frankfurt stattgefunden hat, wieder einmal durchblätter
An der Hand eines sehr grossen, kritisch gesichteten Materia
das Nonne vorlegte, wurde von P. Ehrlich, 0 p p e n h e i
Ed. Schwarz, Treupel, 0. Förster u. a. eine sehr ei
gehende und inhaltsreiche Diskussion geführt. Darnach schien
(was schon auf der 2. und 3. Jahresversammlung in Heidelberg u
Wien mit Evidenz hervortra,t), dass — trotz allerlei Schwankung,
in der Entwicklung unserer Anschauungen — doch jetzt bereits
solches Mass von Sicherheit erreicht sei, dass die Pra.
davon grossen Nutzen ziehen könnte.
Ueber das eigentliche Wesen der W.R. ist ja leider no;
sehr vieles unbekannt; die Syphilotoxine sind noch hypothetisi
die Syphilisantigene und Antikörper etc. sind in ihrer chemisch
und biologischen Beschaffenheit noch unbekannt; die Vorgänge 1
der Komplementbindung harren noch der Aufklärung und so not
manches andere.
Trotzdem steht als das Resultat tausendfältiger klinischer L
probung der W.R. am menschlichen und tierischen Körper jetzt w<[
über jeden Zweifel fest, dass ihr positiver Ausfall nahe,
spezifisch und pathognomonisch für Syphilis
(mit den bekannten wenigen Ausnahmen!) und damit ist sie au
von entscheidender Bedeutung für die sog. metasyphilitischen I
krankungen des Zentralnervensystems, besonders für die Tabes u
Paralyse geworden.
Für die Paralyse speziell ist der positive Ausfall mit zir
100 Proz. sowohl im Serum wie im Liquor geradezu entscheiden
sie ist zweifellos eine mit der Lues im engsten Zusammenha:
stehende Affektion, sie ist, wie es Wassermann direkt ai-
spricht, „eine bestimmte Form der syphilitischen Infektion im Zentr-
nervensystem“. J I
Das Gleiche ist ja auch schon längst für die Tabes angegeb
und durch die Statistik und die klinische Beweisführung eigentlu
bereits festgestellt und fast allgemein angenommen. Es war für
den Vorkämpfer dieser Lehre in Deutschland, deshalb besondt
wichtig, dass auch die W.R. die definitive und unumstössliche L
stätigung für diesen Satz bringen würde. — Aber die ersten Unk
suchungen am Blutserum brachten eine schwere Enttäuschung r
nur 60 — 70 Proz. positiver Reaktion, während E. in seiner Statis
bereits 90 Proz. Syphilis gefunden hatte. (Von Wichtigkeit ist al
doch der Umstand, dass gelegentlich in manchen Fällen, bei welch
klinisch die Syphilis absolut nicht nachweisbar war, trotzdem i
W.R. positiv ausfiel.) Ao
Noch deprimierender war das Ergebnis der ersten Unt'-
suchungsreihen am Liquor der Tabischen — kaum 50 Pro.
Erst als man lernte, mit der „Auswertungsmethode“ zu arbeite
erhöhte sich dieser Prozentsatz rasch; Hauptmann fand 1911 h
strengster Kritik bereits 87 Proz. und jetzt gibt Nonne mit al
Bestimmtheit an, dass er nahezu 100 Proz. oder selbst 100 Pr<
+ Wassermann im Liquor bei Tabikern findet.
Damit wäre also auch für die Tabes die Frage jetzt dahin ei
schieden, dass diese ebenso wie die Paralyse „eine bestimmte Foi!
der syphilitischen Infektion des Zentralnervensystems ist“.
Muenchener medizinische Wochenschrift.
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i v\ärz 19lT
1;. glaubt, dass wir uns vorläufig mit diesem Resultat zufrieden
, n müssen. Einzelne Ausnahmen und Schwierigkeiten werden ja
ner noch Vorkommen, aber das ist bei den unendlich komplizierten
Kiltnissen der biologischen Vorgänge, bei den zahllosen Varietäten
Komplikationen der Krankheitsbilder in praxi gewiss nicht zu
wundern.
Die Frage von Herrn K r e h 1, ob E. nicht bei der spezifischen
' andlung der Tabes öfter Verschlimmerung beobachtet habe, be-
vortet dieser dahin, dass dies bei sorgfältiger Auswahl der Fälle
; vorsichtiger Behandlung so gut wie niemals vorkomme; natür-
. dürfe man nicht kritiklos jeden Fall von Tabes antisyphilitisch
landein! Er sah recht viele Besserungen und Stillstände des
Jens, hie und da auch wohl an Heilung grenzende Erfolge.
Endlich die vorhin aufgeworfene Frage, ob bei positivem
ssermann stets eine spezifische Behanlung erlaubt
id geboten sei und die Gegenfrage, ob bei negativem
ussermann eine solche unnötig und zu unter-
isen sei? Darauf ist eine kurze und präzise Antwort nicht
rjlich! Der Ausfall der W.R. darf für unser therapeutisches
- ideln nicht ausschliesslich massgebend sein. (Das ist ja auch
fast allen Seiten festgestellt!) — Nur die sorgfältigste Beur-
:jng des Einzelfalles, des ganzen klinischen Bildes und seiner
ulichen Entwicklung, der persönlichen und sozialen Verhältnisse
vorstehende Heirat z. B.) kann darüber entscheiden, ob man bei
•nter (oder anscheinend geheilter) Syphilis und positivem
vissermann eine spezifische Behandlung machen darf und soll
r nicht; — und ebenso wird bei negativem Wassermann
nach der Lage des klinischen Falles trotzdem eine energische
> zifische Behandlung erlaubt und geboten sein. E. belegt das mit
Jällen von syphilitischer Spinalparalyse, die er zufällig in der
Jen Woche sah, und die über die Indikation keinen Zweifel
i sen.
Wir stehen ja erst am Anfang unserer wissenschaftlichen Er-
untnis der Wassermannreaktion und ihrer klinischen Bedeutung,
.endliche Arbeit wird noch zu leisten sein und deshalb begriisst E.
r; Vorschlag des Herrn Bettmann, dass die hiesigen Unter-
- hungsstellen sich eines möglichsten Zusammenarbeitens be-
isigen sollten, als einen vielversprechenden.
Herr Roemheld - Schloss Hornegg weist darauf hin, dass er
! eits 1912 in der Münch, med. Wochenschr. eine Reihe von Fällen
\ öffentlicht hat, bei denen wiederholte Blutuntersuchungen nach der
Lginal-Wassermann-Methode, in verschiedenen Instituten ausge-
i rt, diametral entgegengesetze Resultate ergeben haben. Der
! iktiker befindet sich demgegenüber in einer sehr schwierigen Lage.
Izu kommt, dass bekanntlich auch der negative Wassermann sehr
1 ifig nach Salvarsanbehandlung umschlägt und positiv wird. Eine
psse Gefahr liegt darin, dass das Publikum heutzutage schon auf
t ene Faust die Wassermann sehe Blutprobe anstellen lässt,
li sicher zu gehen, sollte man stets mehrfache Untersuchungen vor-
Mmen und nie nach dem Ausfall einer Probe urteilen.
Der negative Wassermann beweist überhaupt nichts. Nur in
tn einen Fall dass jemand früher ein Ulcus gehabt und nie spe-
/ sch behandelt worden ist, lässt wiederholt negativer Wassermann
it ziemlicher Sicherheit den Schluss zu, dass es sich nicht um ein
Lus durum gehandelt hat. Die W a s s e r m a n n sehe Blutprobe
i nur ein Glied in der Kette der Symptome, auf die sich unser
1 rapeutisches Handeln aufbauen muss, nicht mehr und nicht weniger.
Herr v. Düngern hebt hervor, dass er mit der Wasser-
lann sehen Reaktion gute Resultate gehabt hat. Es werden in
:nem Laboratorium alle Sera, die überhaupt geprüft werden, auch
ich Wassermann untersucht, nach der Originalmethode, aber
it Meerschweinchenherzextrakt. Es wurden fast nie positive Re¬
gionen beobachtet, ohne dass klinisch oder anamnestisch Lues nach-
■isbar war. Nur einige Uteruskarzinome machten eine Ausnahme,
lieh kann man auch hier nicht mit Bestimmtheit eine Infektion mit
■philis aussehliessen. Die Vorwürfe, welche die Kliniker der
assermann sehen Reaktion machen, beruhen teilweise darauf,
ss die Reaktion auch die latente Lues anzeigt. Wir müssen uns
er freuen, dass wir eine solche Reaktion besitzen. Natürlich
ire es für die klinische Diagnostik angenehm, auch eine Reaktion
haben, welche nur die floride Lues anzeigt. Da eine solche aber
;ht existiert, muss man bestrebt sein, die Serumreaktion auch für
dere Krankheiten auszubilden. Bis zu einem gewissen Grade ist
s für die Tumoren auch schon gelungen. Es gelingt, viele Fälle,
mn auch nicht alle, gegen andere Krankheiten abzugrenzen. Be-
chtigter sind die Vorwürfe, welche sich gegen die Technik richten.
■ ist ein grosser Missstand, dass in jedem Laboratorium anders
riahren wird und es wäre sehr nützlich, eine einheitliche Norm fest¬
setzen. Kleine Abweichungen können schon Unterschiede ergeben.
» wurden früher im Laboratorium v. Dünger ns mehr Hem-
ungen bei Karzinom notiert als jetzt, weil die Reaktion etwas
eniger s"pezifisch für Lues eingestellt war. Die Abweichung bestand
ir darin, dass weniger physiologische Kochsalzlösung zugesetzt
urde und auch öfters eingefrorenes Komplementserum benützt
urde. Meerschweinchenherzextrakt ist deshalb vorzuziehen, weil
immer konstant hergestellt werden kann, während die Extrakte
is syphilitischen Lebern verschieden sind. Eine einwandfreie
-chnik muss natürlich immer vorausgesetzt werden, wenn die Re-
Jtate diagnostisch wertvoll sein sollen. Die Güte der Reaktion darf
ier nicht nach den unklaren Fällen beurteilt werden. Es ist natür¬
lich nicht ausgeschlossen, dass cs noch andere unbekannte Krank¬
heiten gibt, welche das Serum im Sinne der Syphilisreaktion ab¬
ändern. So viel steht aber fest, dass solche Fälle jedenfalls sehr
selten Vorkommen. Die Differenzen zwischen den Untersuchungen in
verschiedenen Laboratorien können bei genauer Untersuchung ihre
Erklärung finden. Wenn die Eigenhemmung verschieden stark war,
an verschiedenen Tagen und in verschiedenen Laboratorien, so ist
dies wohl auf den Bakteriengehalt des Serums zurückzuführen. Die
Verschiedenheiten erklären sich vor allem durch die Benützung ver¬
schiedener Extrakte, v. Düngern hat schon letztes Jahr mitge¬
teilt, dass die Paralytikersera häufig nur mit Meerschweinchenherz¬
extrakt, nicht mit Tumorextrakt reagieren, während Sera von
Luetikern auch mit Tumorextrakten starke Komplementbindung
aufweisen.
Herr Biermann referiert auf Grund einer statistischen Ueber-
sicht über das neurologische Krankenmaterial der medizinischen
Klinik aus den letzten 2 Jahren, zusammenfassend über das Ergebnis
der serologischen und Liquoruntersuchungen bei tertiär- und meta¬
luetischen Erkrankungen des Nervensystems. Die W.R. im Blut
fand sich
bei Tabes .
„Paralyse . . . .
„ Tabesparalyse .
„Luescerebri . .
„ Meningitis luetica
„ Lues cerebrospi¬
nalis ....
Proz.
in 45 daraufhin untersuchten Fällen ... in etwa 60
„ 15 „ „ „ ebenfalls „ „ 60
„ 1 „ » . . » 70
* 9 » » • • • * 40—50
„ 7 „ „ - zirka 80
70
der Fälle positiv; die WR. im Liquor
bei Tabes . . . in 22 daraufhin untersuchten Fällen in 50 Proz.
„ Paralyse . . „ 10 „ „ „ >> 80 „
„Taboparalyse„3 „ „ „ „ 100 „ der Fälle
positiv. — Die übrige Liquoruntersuchung ergab äusserst wechsel¬
volle Resultate. Bei Tabes fand sich der Liquor ganz normal (alle
Reaktionen negativ) 5 mal; alle Reaktionen positiv wurden bei Tabes
4 mal gefunden. — Den Beweis für einen hohen Grad von Spezifizität
der W.R. für Lues sieht B. unter anderem daran, dass unter
24 Tumoren des Gehirns und Rückenmarks W.R. im Blut nur 4 mal
positiv war (darunter bei zwei durch Sektion bezw. Operation
sichergestellten Fällen von Tumor); die bei 6 Fällen angestellte
W.R. im Liquor war regelmässig negativ. Der in 8 Fällen chemisch
und zytologisch untersuchte Liquor war in allen Fällen absolut
normal. — Den besten Erfolg glaubt B. auf Grund der Kranken¬
geschichten bei Tabes und den tertiärluetischen Erkrankungen (nicht
bei Paralyse!) von einer kombinierten Hg- und N e o salvarsan¬
behandlung erwarten zu dürfen. Die Besserungen bestanden
bei Tabes meist in Hebung des Allgemeinzustandes, Abnahme der
Ataxie, teilweisem Verschwinden der Parästhesie und der Kälte¬
hyperästhesie. Magenkrisen wurden niemals besonders günstig
beeinflusst. — Von 27 mit Altsalvarsan behandelten Tabesfällen be¬
kamen 10 Kranke Fieber, und zwar 6 Kranke unter 38°, 4 bis 39°.
Von 22 mit Neosalvarsan behandelten Tabesfällen bekamen nur
2 Kranke Fieber, davon 1 Patientin mit schwerem Kollaps, der aber
noch im Laufe dieses Tages völlig behoben wurde, so dass sie am
nächsten Tage entlassen werden konnte. Wirkliche dauernde
Schädigungen nach Salvarsanbehandlung kamen nicht zur Beob¬
achtung.
Herr Szecsi erwähnt einen Fall von Dementia paralytica.
Der Liquor bot den typischen paralytischen Befund (Pleozytose,
Eiweissvermehrung), auch die W.R. war mit dem Luesleberextrakt
von Lesser positiv. Der Liquor wurde auch im serologischen
Laboratorium untersucht und dort fiel die Reaktion mit Meer¬
schweinchenherzextrakt zuerst zweifelhaft aus, da Naehlösung ein¬
trat. Es wurde dann noch einmal mit demselben Extrakt und anderem
Meerschweinchenserum untersucht und jetzt war die Reaktion positiv.
In Bezug auf die Wahl des Extraktes kann es unter Umständen
nützlich sein, die klinische Diagnose vorher zu kennen. — Ferner
betont Sz., dass die zytologische Untersuchung des Liquors nicht
nur quantitativ, sondern und in erster Reihe qualitativ gemacht
werden muss, da eben das qualitative Bild der Zellvermehrung wich¬
tige diagnostische Schlüsse geben kann. Er weist noch auf die
Buttersäurereaktion nach Noguchi hin, welche recht brauchbare
Resultate gibt, so z. B. bei Paralyse etwa 98—100 Proz. positive
Fälle. — In Bezug auf das von Ranke erwähnte abnorme Verhalten
der Kaninchensera erwähnt Sz. eigene Versuche, die sich auf die
W.R. bei allgemein syphilitischen Kaninchen beziehen. Es ergab
sich dabei, dass aktive Kaninchensera normalerweise eine negative
W.R. geben, während die aktiven Sera von allgemein syphilitischen
Kaninchen eine positive Reaktion geben.
Herr Kronfeld: Die Salvarsanbehandlung der Para¬
lyse war, wie sich aus statistischen Vergleichen ergibt, weniger
erfolgreich als andere Therapien (Tuberkulin, Natr. nucleinic.) ge¬
wesen sein sollen.
Freilich sind trotz der grossen Literatur brauchbare Angaben
über die Salvarsanwirkung bei Paralyse nur wenig gemacht worden.
Fast alle Fälle wurden viel zu kurze Zeit beobachtet; hieraus resul¬
tiert ein Zuviel an Erfolgsfällen. Ferner verstehen die Autoren oft
unter Begriffen wie „subjektive Besserung“, „Remission“ etc. ganz
verschiedene Dinge. Ebenso ist Alts „Frühstadium ‘ schwer an-
grenzbar und auf den Einzelfall anwendbar.
4Q4
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.
Vor allem aber fehlt oft völlig eine genaue statistische Rechen¬
schaft über die Aenderung von einzelnen Symptomen, insbesondere
objektiven neurologischen oder Liquorbefunden vor und nach der
Therapie. Es ist tabellarisch nachzuweisen, dass die Autoren ohne
solche Statistik eine relativ sehr grosse Zahl von Erfolgen berichten
gegenüber denen, die ihre Resultate statistisch belegen. Ebenso hat
die Kurve der Erfolgszahlen seit 1910 stetig abgenommen. Auch
örtlich differieren die Resultate in merkwürdiger Weise.
Herr S t a r c k - Karlsruhe: Vortr. schätzt den Wert der
W a s se r m a n n sehen Reaktion doch wesentlich höher ein als die
Herren Vertreter der psychiatrischen Klinik; wenn' es sich um eine
zuverlässige Untersuchung handelt, dann können wir uns im all¬
gemeinen auf den Ausfall der Reaktion verlassen. Allerdings werden
wir dieselbe nur als ein wichtiges Symptom im Krankheitsbild der
Syphilis ansehen dürfen. Handelt es sich um einen positiven Ausfall
der Reaktion, ohne dass eine sichere Lues vorangegangen ist, dann
ist in der Beurteilung des Falles stets Vorsicht geboten. Wir sind
aber unter Umständen gezwungen, lediglich auf Grund des positiven
Ausfalles der W.R. eine antiluetische Kur einzuleiten. Praktisch treten
an den Arzt nicht selten diese Ueberlegungen heran, z. B. bei der
Frage des Ehekonsenses. Wir sind verpflichtet, dem Kranken die
antiluetische Kur anzuempfehlen, wenn nach früherer Lues nur noch
W.R. positiv ist, sonst aber keine luetischen Symptome mehr vor¬
handen sind.
Vortr. hat sich seit August 1910 fast ausschliesslich auf die
Salvarsanbehandlung beschränkt und verfügt bereits über 2230 Sal-
varsaninjektionen, nur in 7 Fällen wandte er die kombinierte Kur
mit Hg an. Die übrige Kur besteht in 6 Injektionen ä 0,9 g Neo-
salvarsan innerhalb 3 Wochen (wöchentlich 2 Injektionen). Weder
ein Todesfall noch ein Neurorezidiv ereignete sich bei dieser Be¬
handlungsweise. Allerdings wird die W.R. bei lange zurückliegender
Lues oft nicht negativ, auch in Fällen nicht, in denen zahlreiche Hg-
Kuren (bis über 1000 g Ung. hydr. einer.) gemacht waren. Je früher
die Salvarsankur eingeleitet wird, um so eher ist der Umschlag der
W.R. zu erwarten, am besten sind die Resultate in dem Stadium,
in welchem die W.R. noch gar nicht positiv gewesen ist.
St. weist dann noch auf den heilsamen Einfluss von W.R. und
Salvarsantherapie auf die Assanierung der Prostitution hin. In der
kasernierten Prostitution geht die Lues von Jahr zu Jahr auffallend
zurück, so dass im vergangenen Jahre in Karlsruhe nur noch 4 Lues¬
fälle festzustellen waren. Die Strassenprostitution dagegen, die sich
der ärztlichen Kontrolle entzieht, weist immer noch sehr erhebliche
Zahlen an Lues auf.
Herr Bettmann: Die an rein dermatologischem Kranken¬
materiale gewonnenen Erfahrungen über die Verwertung der
Wassermann sehen Reaktion bei der Behandlung der Syphilis
sind nicht ohne weiteres auf das Gebiet des inneren Mediziners und
des Neurologen zu übertragen. Auf keinen Fall kann der Ausfall der
W.R. allein in Fragen der Syphilistherapie entscheiden. Die Be¬
handlung kann gerade bei Späterkrankungen oft die positive W.R.
nicht mehr umstimmen und wird schliesslich abzubrechen sein, wenn
keine weiteren Symptome der Lues bestehen. Umgekehrt ist häufig
eine spezifische Behandlung trotz negativen Ausfalls der W.R. nötig.
B. erwähnt einen Fall, in welchem manifeste Symptome tertiärer
Syphilis an der Haut zusammen mit Erscheinungen von Hirnsyphilis
bestanden. Der Kranke hatte nie eine antisyphilitische Kur durch¬
gemacht. Trotzdem war die W a s s e r m a n n sehe Reaktion des
Blutes wie des Liquor cerebrospinalis negativ und auch die übrigen
genauen Liquoruntersuchungen (Dr. Ranke) ergaben keinen posi¬
tiven Befund.
Die Ergebnisse der Paralleluntersuchungen, die mittels ver¬
schiedener Modifikationen der Wassermann sehen Reaktion an
einer grösseren Anzahl von Seren in der psychiatrischen und Haut¬
klinik vorgenommen wurden, lassen noch weitere interessante
Resultate erwarten. B. hält es für wünschenswert, dass sich an
diesen Untersuchungen möglichst viele der Heidelberger Institute,
die sich mit der W.R. befassen, gemeinsam beteiligen möchten.
Naturwissenschaft!. -medizinische Gesellschaft zu Jena.
Sektion für Heilkunde.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 16. Januar 1913.
Vorsitzender : Herr L e x e r.
Schriftführer : Herr Bennecke.
Herr Rehn: Experimente zur Oesophaguschirurgie.
Bekanntermassen hat der Operateur bei der Entfernung von
Oesophagustumoren mit den allergrössten Schwierigkeiten zu
kämpfen. Die Statistik lehrt, dass es nur 2 mal gelungen ist, dem
kardialen Speiseröhrenabschnitte angehörende Karzinome mit Erfolg
zu entfernen, während am Brustabschnitt der erste Erfolg immer
noch aussteht. Abgesehen von der Tatsache, dass die Patienten meist
zu spät, d. h. mit grossen, an der Grenze der Operabilität stehenden,
Tumoren und in desolatem Kräftezustand zur Operation kommen,
ist es nach Ansicht des Vortragenden in erster Linie die Lückenhaftig¬
keit der Technik, auf welche die vielen Versager zurückzuführen sind.
Bei der Operation bereitet die Entfernung des Tumors weniger
Schwierigkeit, als die Wiederherstellung der durch die Resektion
unterbrochenen Kontinuität. Trotz aller möglicher Versuche und Vo
Schläge, diese direkte Vereinigung der Resektionsstümpfe sicher ;
gestalten, scheiterten an diesem Punkte fast ausnahmslos säm
liehe bisherigen Bemühungen. In der Annahme, dass es aussicht
los ist, auf diesem Wege weiter zu kommen, hat Vortragender
unternommen, auf andere Weise zum Ziele zu gelangen, angere
durch die von L e x e r geschaffene und mit bestem Erfolge a
Menschen durchgeführte Methode der Hautschlauchbildung h
Speiseröhrenverätzungen. Ihre Grundidee ist, von operativen Mas
nahmen an dem verätzten Organ völlig abzustehen und den Speise
einen neuen, extrathorakalen Weg zu weisen. Dieser Verzicht a
die direkte Vereinigung der Resektionsstümpfe kann erfahrungsgemii
nicht in einem blinden Verschluss derselben seinen Ausdruck finde
da tödliche Perforation stets die Folge zu sein pflegt. Es mu
vielmehr die Speiseröhre in toto entfernt werden, eine Aufgabe, den
Lösung wegen der anatomisch begründeten, lockeren Fixation de
selben keine Schwierigkeiten im Wege stehen. Bereits mit ausgj
dehnten Versuchen beschäftigt, welche teilweise von Erfolg gekro
waren, erhielt Vortragender davon Kenntnis, dass Levy im Jah i
1897 ähnliches versucht und erfolgreich an Hunden durchgeiülr
hatte, ohne jedoch die Ergebnisse seiner Versuche klinisch verwen
bar zu gestalten. Deshalb gerieten dieselben in Vergessend: 1
Grundlegend verschieden sind die Experimente des Vortragenden v<
denen Levys einmal dadurch, dass er nur den Schleimhautschlair
entfernt, was schonender ist und den, durch anatomische Eigej
tiimlichkeiten bedingten Verhältnissen beim Menschen besser Rec
nung trägt. Weiterhin begnügte sich Vortragender nicht mit de
Bewusstsein, den Schleimhautschlauch des Oesophagus erfolgreic
d. h. ohne die geringste Blutung und jegliche anderweitige Störui
entfernt zu haben, sondern er bemühte sich, in einer zweiten Ve_
suchsreihe in der Tieroperation die Verhältnisse nachzuahmen, w
sie bei der Entfernung von Speiseröhrentumoren am Menschen g
geben sind. Der zur Demonstration kommende Hund stellt di
1. greifbaren Erfolg in dieser letzteren, noch nicht abgeschlossen!:
Versuchsreihe dar. Angenommen wurde bei dem Hund, dass e
Kardiakarzinom vorläge; zur Entfernung desselben wurde folgende;
massen vorgegangen:
1. Freilegen des Oesophagus am Halsteil, zirkuläres Isolier'1
des Schleimhautschlauches aus seiner Muskelhülle.
2. Freilegung der Kardia durch einen Bauchschnitt nach Ma
wedel. Beim Isolieren des kardialen Speiseröhrenabschnittes w i
in typischer Weise vorgegangen, und es gelang den Pneumothor,
zu vermeiden.
3. Nach Durchtrennung des Schleimhautschlauches wird mitte
vom Halsteil eingeführter Sonde, welche durch eine kleine Inzision
Öffnung am Magen herausgeleitet wird, der invaginierte Schleii
hautschlauch vorgezogen, bis die Kardia in der Mageninzision et
scheint.
4. Durchtrennung und Verschluss des stark heruntergezogene:
seiner Schleimhaut beraubten Oesophagusmuskelschlauches. i
5. Nach retrograder Invagination des Schleimhautschlauch
Verschluss der Mageninzision und Einnähen der Kardia als Magei
fistel.
6. Anlegen einer Oesophagusfistel am Hals, Verschluss des 2
Halsteil eröffneten Oesophagusmuskelschlauches.
Der Hund hat diesen Eingriff ausgezeichnet überstanden u
ist zur Zeit, 14 Tage nach der Operation, vollkommen munter. Zi
Schlüsse erwähnt Vortragender, dass Experimente unter Annahi
der Verhältnisse, wie sie sich bei Tumoren am Brustteil des Oes
phagus zu finden pflegen, zur Zeit im Gange sind.
Diskussion: Herr Lexer hat bei 3 Operationen sehr ai
gedehnter Speiseröhrenkrebse, von denen zwei an der Bifurkati
sassen, trotz des schliesslich ungünstigen Ausganges die feste Uebt
zeugung gewonnen, dass mit Hilfe der Durchziehmethode Reh i
jedes nicht allzu grosse Karzinom radikal zu entfernen ist. f
grosser Zwischenrippenschnitt links oder bei starrem Thorax die K
Sektion der 5. oder 6. Rippe geben in diesen Fällen Raum genug, t
die Speiseröhre zu präparieren und das Karzinom aus der gesund
Umgebung zu lösen, ln zwei weiteren Fällen konnte durch dies
Vorgehen die Inoperabilität (Knoten in der Lunge bei kleinem Kard
karzinom, innige Verwachsung des Krebses mit der Aorta) erkat
werden. Auf jeden Fall bedeutet das R e h n sehe Verfahren ein
Fortschritt. Bei frühzeitig zur Operation gesandten, noch nicht es
kräfteten Kranken kann der ersehnte Erfolg nicht ausbleibsn. Na
der Heilung ist die Bildung einer neuen Speiseröhre nach der Lex er
sehen, bereits in einigen Fällen erprobten Methode möglich.
Herr Lexer: Mammahypertrophie.
Die am 7. November 1912 vorgestellte, damals auf der em
Seite operierte, Patientin wird jetzt geheilt vorgestellt. Die Operatn
der zweiten Brust war schwieriger wegen der notwendigen Gleit
heit der Grössenverhältnisse. Nach der Heilung zeigte sich die zule
operierte Mamma noch etwas zu gross, so dass durch entsprechen
Exzision nachgeholfen werden musste. Aus dem Warzenhof wurd
2 Stücke zur Herstellung von mammillenähnlichen Gebilden beidersei
zur Transplantation mit Erfolg benutzt.
Herr Hesse zeigt eine modifizierte Oberkieferresektionspi
these bei einem Pat. mit mittlerer Kieferklemme. Er betont, dass <
frühzeitige Verhinderung bzw. Behandlung der Kieferklemme für •
Anfertigung einer Resektionsprothese eine unerlässliche Notwend-
keit darstellt.
I
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
1. März 1913.
Herr Giese: Zur Difterentialdiagnose zwischen Tod durch Er¬
langen und Erdrosseln.
G. berichtet über eine Schwurgerichtsverhandlung, in welcher
-in Fall von Mord durch Erdrosseln zur Aburteilung stand, während
üe Angeklagte, deren der Mittäterschaft beschuldigter Bruder sich
lurch Selbstmord der Verurteilung entzogen hatte, Tod durch Er¬
langen behauptete.
Der Obduktionsbefund liess einwandfrei die Diagnose
l'od durch Erdrosseln stellen : es bestand zirkuläre Strangmarke,
iie eine Verwechslung mit einer Erhängungsmarke in liegender Stel¬
ling ausgeschlossen erscheinen liess, starke Stauung und Ekchymosen
u Haut und Schleimhäuten jenseits der Marke, beträchtliche Hyper-
imie des Gehirns und seiner Häute, Blutungen in die Weichteile des
ialses bei unversehrtem Kehlkopfgerüst. Zahlreiche Hautabschiir-
ungen und Sugillationen am ganzen Körper wiesen auf einen voraus-
begangenen Kampf hin.
Nebenbefunde, wie z. B. die Verteilung des von Nasenbluten her-
rührenden Blutes auf die Kleidung, gestatteten die Beantwortung wei¬
terer Fragen über den vermutlichen Hergang.
Diskussion: Herr Gump recht erinnert daran, dass beim
Frhängungstode nicht nur die Abschneidung der Blutzufuhr zum Ge¬
hirn in Betracht komme, sondern auch eine Kompressionswirkung auf
das Halsmark dicht unter dem Hinterhauptloch; darum trete die Be¬
wusstlosigkeit sowohl wie der Tod beim Erhängten rascher ein, als
beim Erdrosselten. Ein typischer Erhängungsmechanismus sei aber
beim Erdrosselten dann möglich, wenn das durch einen Schlag be¬
täubte Opfer mit dem um den Hals gelegten Strick fortgeschleift
werde; dann könne auch die Strangfurche typisch nach aufwärts ge¬
richtet sein.
Herr Giese bestreitet nicht die Wichtigkeit des von Herrn
Gumprecht geschilderten Mechanismus für den Erhängungstod
(Druck auf die Medulla durch den Körper des Atlas), betont aber, dass
dieses Moment für das zur Diskussion stehende Thema nicht in Frage
kommt, da es einen an der Leiche nachweisbaren pathologischen
Folgezustand nicht hinterlässt.
Herr Giese: Stumpfes Bauchtrauma — Peritonitis.
G. berichtet über den Obduktionsbefund bei einem Manne, der
durch niedergehende gefrorene Erdmassen auf der linken Körper¬
hälfte getroffen worden und binnen 24 Stunden gestorben war.
Ausser einer Luxatio iliaca des linken Oberschenkels und mehreren
Rippenbrüchen fand sich als Todesursache eine Perforationsperitonitis,
die ihren Ausgang von einer durchgequetschten Schlinge des Jeju¬
nums genommen hatte. Zwei weitere Darmschlingen und ein Teil des
Mesenteriums boten ausgedehnte Sugillationen dar, während die
Bauchdecken nicht die geringste Spur einer Gewalteinwirkung er¬
kennen liessen.
Der Fall wurde mitgeteilt zur Illustrierung der Erfahrung, dass
bei Bauchtraumen trotz schwerer Zerstörung an den Bauchorganen
die Bauchdeken selbst keine Spur einer Verletzung zu zeigen
brauchen.
Diskussion: Herr Lexer; Es ist dem Chirurgen eine be¬
kannte Tatsache, dass bei stumpfen Bauchverletzungen trotz schwer¬
ster Schädigung der Eingeweide jede äussere Spur von Verletzung
häufig fehlt. (Beispiele aus der Klinik.)
Herr Gumprecht: Die Säuglingssterblichkeit im Grossherzog¬
tum Sachsen-Weimar.
Wie in den meisten vorwiegend landwirtschaftlichen Teilen
Deutschlands liegt auch in Sachsen-Weimar die Säuglingssterblichkeit
etwas unter dem Durchschnitte Deutschlands; das gilt sowohl für die
früheren Jahrzehnte, da die Ziffer der Säuglingssterblichkeit noch
hoch lag, als für das letzte Jahrzehnt, in dem die Ziffern überall ge¬
fallen sind und in dem Weimar ein gleiches Fallen seiner Zahlen er¬
lebt hat. Von den anderen thüringischen Staaten haben Altenburg
und Reuss höhere Raten der Säuglingssterblichkeit als Deutschland,
sowohl jetzt als früher, vermutlich wegen der stärker industriellen
Bevölkerung. — Eine spezifische Erscheinung für ganz Thüringen
ist die hohe Ziffer der unehelichen Geburten; während aber die un¬
ehelichen Säuglinge in den meisten anderen Gegenden eine sehr hohe
Sterblichkeit aufweisen, ist das in Thüringen in viel geringerem
Masse der Fall; ja in dem dritten und vierten Lebensvierteljahr ist
die Sterblichkeit der Unehelichen sogar vielfach geringer als die der
Ehelichen; es liegt das vermutlich an der günstigeren sozialen Stel¬
lung der unehelichen Mutter auf dem Lande und an der häufigen nach¬
träglichen Legalisierung der Kinder durch Heirat der Eltern. Sehr
merkwürdig, wenn auch allgemein beobachtet, ist die stärkere Be¬
teiligung der Knaben sowohl unter den Totgeburten als unter den
Todesfällen des ersten Jahres. — Die öffentlichen Massnahmen, die
in Sachsen-Weimar gegen die Säuglingssterblichkeit ergriffen worden
sind, decken sich mit den überall üblichen; die Fürsorgestellen sind
fast ausschliesslich von den Frauenvereinen betrieben; mit den Heb¬
ammenprämien sind trotz ihrer komplizierten Verwaltung sehr gün¬
stige Erfahrungen gemacht worden.
Diskussion: Herr L o m m e 1.
Herr Gumprecht: ln Sachsen-Weimar sind ausgedehnte Er¬
hebungen über die Verbreitung der natürlichen Ernährung des Säug¬
lings gemacht worden. Sie haben ergeben, dass, wie auch in anderen
Ländern, der Einfluss des Selbststillens auf die Ziffer der Säuglings¬
sterblichkeit ein absolut dominierender ist. Selbst in den wirtschaft¬
lich ungünstigsten Gebirgsorten, wo die Leute durch schlechte Woh¬
nung, Heimarbeit, meist auch durch Alkohol, schwer leiden, ist die
495
Säuglingssterblichkeit auffallend gering, während sie in wohlhabenden
Gegenden mit industrieller Bevölkerung, aber viel künstlicher Er¬
nährung hoch liegt.
Herr Berger: Messung der Reflexzeit.
Vortr. berichtet über die Messung der Reflexzeit des Droh¬
reflexes am menschlichen Auge. Im Gegensatz zu der grossen Be¬
deutung, welche die einfache Feststellung des Vorhandenseins und der
Stärke der Sehnenreflexe in der neurologischen und psychiatrischen
Diagnostik besitzt, sind bisher die praktischen Ergebnisse der kom¬
plizierten Messung der Reflcxzeit, z. B. des Patellarreflexes äusserst
dürftige und keinesfalls der aufgewandten Mühe entsprechende.
Es lag der Gedanke nahe, in der Psychiatrie für die diagnostische
Trennung funktioneller und organischer Grosshirnerkrankungen, wie
sie eine der ersten und alltäglichen Erfordernisse der Praxis dar¬
stellt, Rindenreflexe zur Untersuchung zu verwenden und fest¬
zustellen, ob die Messung ihrer Reflexzeiten vielleicht sicherere und
in einem früheren Stadium der Erkrankung erkennbare Anzeichen
für ein organisches Gehirnleiden darbieten als die bisher ausschliess¬
lich zu solchen Messungen benutzten Rückenmarksreflexe.
Von solchen Erwägungen ausgehend hat B. zunächst solche Re¬
flexzeitmessungen an einem unzweifelhaften Rindenreflex, dem Droh¬
reflex, welcher bekanntlich in einer Blinzelbewegung bei Annäherung
eines Gegenstandes an das Auge besteht, vorgenommen. Die Ver¬
suchsanordnung war so, dass ein Lidschlüssel mit elektrischem Kon¬
takt den Beginn der Lidsenkung, eine Stimmgabel von 250 Doppel¬
schwingungen in der Sekunde die Zeit und ein an dem Reizapparate
angebrachter Schleifkontakt den Augenblick des auslösenden Reizes
verzeichnete. Der Reizapparat bestand aus einem 30 cm langen
scharzen Pappflügel, der nach Art der Windmühlenflügel an einer
Achse befestigt war. Während die Versuchsperson mit dem Zu¬
sammenzählen von Punkten beschäftigt war, tauchte plötzlich 7 cm
vor ihrem rechten Auge die schwarze Fläche auf. Am linken Auge
war der Lidschlüssel befestigt.
Die Messungen an 10 gesunden Personen verschiedenen Alters
ergaben Werte von 0,052 — 0,108", im Mittel von 0,0759".
Mit einem anderen Reizapparate, einer 3 cm vor dem rechten
Auge emporschnellenden Feder, die an ihrer Spitze ein Quadrat von
schwarzem Papier trug, wurden bei 5 Versuchspersonen der ersten
Versuchsreihe Werte Von 0,096 — 0,128", im Mittel von 0,112' fest¬
gestellt.
Die Intensität des zweiten Reizes ist eine geringere und wir
fanden dementsprechend eine deutliche Verlängerung der Reflex¬
zeiten des Drohreflexes, eine Bestätigung des bekanten Satzes, dass
die Reflexzeit mit zunehmenden Reizstärke abnimmt.
In der Literatur liegen, soweit B. bekannt, Messungen über die
Reflexzeit des Drohreflexes beim Menschen nicht vor, obwohl sonst
der Blinzelreflex öfter zum Gegenstand sehr exakter Messungen ge¬
macht worden ist. B.s Werten stehen am nächsten die Zahlen, welche
von Garten für den Blendungsreflex ermittelt worden sind, er fand
als Grenzen 0,061 — 0,132 und Zwaardemacker und Laus
geben als Mittel 0,088" an. Die Mehrzahl der Autoren sieht den Blen¬
dungsreflex, d. h. den Augenreflex bei greller Beleuchtung nicht für
einen Rindenreflex an, vielleicht spricht die Uebereinstimmung seiner
Reflexzeit mit derjenigen eines unzweifelhaften Rindenreflexes, des
von B. gemessenen Drohreflexes, doch für die Ansicht einiger Autoren,
dass der Blendungsreflex in seiner vollkommenen Form den Rinden¬
reflexen zuzurechnen sei.
Bei organischen Erkrankungen des Grosshirns könnte man so¬
wohl eine Verlängerung als auch eine Verkürzung der Reflexzeit eines
Rindenreflexes erwarten, indem entweder die Leitungsgeschwindig¬
keit in den mit in den Krankheitsprossess einbezogenen — aber nicht
zerstörten — Bahnen und Zentren herabgesetzt oder aber dadurch
gesteigert ist, dass deren Bahnen und Zentren zwar selbst normal,
von dem hemmenden Einfluss anderer erkrankter Zentralgebiete frei
geworden sind.
B. hat an 2 Patienten mit Dementia paralytica Messungen der
Reflexzeit des Drohreflexes angestellt, die Werte lagen innerhalb der
normalen Variationsbreite, obwohl der Krankheitsprozess in dem einen
Fall schon weiter fortgeschritten war.
Eine diagnostische Bedeutung kann also auch den Messungen der
Reflexzeit dieses Rindenreflexes nicht zukommen, jedenfalls ist aber
von B. zum erstenmal der Versuch gemacht, die Reflexzeit eines un¬
zweifelhaften Rindenreflexes beim Menschen zu messen.
Herr Ahrens: Ueber einen Fall von Hirnabszess.
Vortr. demonstriert ein Gehirn mit enzephalitischen Herden und
beginnender Abszedierung. Der Krankheitsherd befand sich iin
unteren Teil des Claustrum und Putamen, die Hirnrinde war gesund.
Patient hatte tonische Krämpfe im Fazialis und Arm der gegenüber¬
liegenden Seite mit daran anschliessenden klonischen Krämpfen der
gesamten Muskulatur.
Bei der Operation fand sich ein sehr starker Hirndruck mit
Hyperämie der Piavenen.
Vortr. weist darauf hin, dass man bei Hirndruck aus der Hyper¬
ämie der Piavene nicht auf einen entzündlichen Prozess schliessen
darf, da er dieselbe in mehreren Fällen beobachtete, wo bei der Sek¬
tion keine Entzündung gefunden wurde. Die venöse Stauung war in
jenen Fällen wohl nur durch eine Kompression der Gefässe zwischen
Hirn und Knochen hervorgerufen.
496
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Allgemeiner ärztlicher Verein zu Köln.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 13. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Keller.
Schriftführer: Herr Eugen H o p m a n n.
Herr Goetjes berichtet über die allgemeinen Erfahrungen, die
er zusammen mit Herrn Dr. G o e b e 1 in Belgrad im Dienste des
sei bischen Roten Kreuzes als Leiter eines Reservelazarettes machte.
Herr Goebe! bespricht zunächst die im allgemeinen an dem
Verwundetenmaterial des 4. Reservelazarettes in Belgrad, das der
Leitung der Vortragenden unterstand, gemachten Erfahrungen. Unter
306 Kranken fanden sich 252 Schussverletzun'gen, von denen 142 durch
Hartmantelgeschosse, 102 durch Schrapnellschüsse und 8 durch
Granatsplitter verursacht waren. Im ganzen bestätigten die durch
das kleinkalibrige Geschoss hervorgerufenen Verletzungen die in
früheren Kriegen gemachten Beobachtungen. Die Schrapnellschuss¬
verletzungen glichen den durch das früher gebräuchliche Bleigeschoss
erzeugten Wunden. Von allen Schussverletzungen heilten 31 Proz.
primär; akute Infektionen, die einen sofortigen Eingriff, Amputation,
breite Spaltung und bei Frakturen Ausräumung der Fragmente nötig
machten, zeigten 15 Proz.; in den übrigen 54 Proz. der Fälle handelte
es sich um grössere oder kleinere Wunden, die, nicht akut infiziert,
sich erst sekundär, z. T. nach operativer Behandlung, schlossen. Zu
ihnen gehören auch die Fälle, an denen schon in den Durchgangs¬
lazaretten Eingriffe, Entfernung von Kugeln, Knochensplittern u. ä.
vorgenommen worden waren. Unter Hervorhebung besonderer Fälle
bespricht Vortr. dann das Material im einzelnen. Es enthielt, ab¬
gesehen von der genannten Zahl von Schussverletzungen, eine Reihe
von Erdkontusionen durch Granatexplosionen, eine Anzahl innerer
Fälle, funktionelle Erkrankungen, 4 Fälle von Typhus u. a. und soll j
eingehend an anderer Stelle veröffentlicht werden.
Aerztlicher Verein in Nürnberg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 3. Oktober 1912.
Vorsitzender : Herr Goldschmidt.
Herr Thorei: Demonstrationsvortrag über Endokarditis und
Klappenfehler.
Sitzung vom 17. Oktober 1912.
Vorsitzender : Herr Goldschmidt.
Herr Thorei demonstriert anatomische Präparate von Gallen¬
steinerkrankungen als Illustration zu dem folgenden Vortrag.
Herr Herbst: Endformen der Cholelithiasis.
Sitzung vom 8. November 1912.
Vorsitzender : Herr Goldschmidt.
Herr J. Müller stellt einen Fall von primärer Myopathie vor.
Herr Hu brich stellt einen 16 jährigen jungen Mann vor: Der¬
selbe fuhr letzten Sonntag auf der Strassenbahn, vor ihm stand eine
Dame mit ungeschützter Hutnadel; als der Wagen rasch anfuhr, tau¬
melte die Dame zurück und die Nadelspitze drang dem Jungen ins
Auge; er spürte etwas Warmes im Gesicht, ging aber dann nach
Hause ohne der Sache weitere Aufmerksamkeit zu schenken. Als
er am nächsten Tage eine bedeutende Herabsetzung des Sehver¬
mögens bemerkte, ging er zum Arzt. Ausser mässiger perikornealer
Injektion fand sich im äusseren Hornhautquadranten eine schräge,
leicht infiltrierte, kanalartige Wunde, ein Riss der Linsenkapsel, eine
hintere Synechie, die Linse war namentlich in den vorderen korti¬
kalen Partien getrübt, die Sehschärfe herabgesetzt auf Finger in 2 m.
Ob die Linse sich ganz trüben wird und später linear extrahiert
werden muss, lässt sich noch nicht sagen. Jedenfalls handelt es sich
um eine schwere Augenverletzung mit dauernder Schädigung des Seh¬
vermögens, welche strengste Handhabung des Verbots, ungeschützte
Hutnadeln zu tragen, durch die Schaffner der Trambahn gerecht¬
fertigt erscheinen lässt.
Herr Mainzer stellt eine Patientin vor mit myasthenischer
Paralyse.
Herr Schwab: 1. Resultate der häuslichen Geburtshilfe.
Die Ergebnisse einer Serie von 100 mit Kunsthilfe beendeten Ge¬
burten werden erörtert. Das zugrunde liegende Material setzt sich
zusammen aus 63 Zangen, 17 Wendungen, 6 Extraktionen bei Steiss-
lage, 7 künstlichen Frühgeburten, 6 Perforationen, 3 Embryotomien
und 1 Bossi. Von den Müttern starb 1 an Eklampsie, 2 an Sepsis,
die bereits vorher bestanden hatte. Der Zangenextraktion sind
2 ernste Fieberfälle zur Last zu legen. Von den Kindern gingen zu¬
grunde: eines an der Eklampsie der Mutter bei künstlicher Früh¬
geburt, ein Zwillingskind durch Wendung, eines wurde bei Placenta
praevia totalis absichtlich geopfert; unter und nach der Zangen¬
extraktion starben 3 Kinder. Manuelle Plazentarlösung wurde ein¬
mal wegen Eklampsie vorgenommen. D ii h r s s e n sehe Tamponade
und Schnitze sehe Schwingungen waren nicht nötig. 9 Dammrisse
ersten, 6 zweiten Grades, sonst keine Verletzungen. Bei der Be¬
schaffenheit des örtlichen Materiales lassen sich also fast alle Ge,
bürten mit den einfachen Hilfsmitteln der Geburtshilfe in zufrieden¬
No. 9.
stellender Weise beendigen; andererseits ist bei Fieber im Wochen¬
bett immer eine Infektion von aussen her anzunehmen, die sog. endo¬
gene Infektion ist mangels bündiger Beweise und im Interesse der
Mütter abzulehnen.
Diskussion: Herr Simon: Ich bin mit dem Vortragenden
bezüglich der Infektionsfrage vollkommen einverstanden, dass man für
die Praxis an dem Grundsätze festhaltet! muss: Die Gefahr kommt
von aussen; die Selbstinfektion spielt eine verschwindend geringe
Rolle. Im Verfolge dieser Anschauung huldige ich in der Geburtshilfe
einem äussersten Konservativismus.
Um zu prüfen, wie weit die innere Untersuchung Kreissender
eingeschränkt werden kann, wurde an dem mir unterstellten Wöch¬
nerinnenheim bei 1000 Entbindungen nur auf strikte Indikation hin
untersucht; es zeigte sich, dass 750 Geburten ohne jede innere Be¬
rührung zu Ende geführt werden konnten. Im gleichen Sinne wurden
die geburtshilflichen Operationen auf das Notwendigste beschränkt,
so dass unter den letzten 500 Geburten nur 6 Zangen angelegt wurden,
was zum Teil der günstigen Wirkung des Pituitrins zu danken ist.
Wenn auch ein guter Techniker sich einmal öfters eine Zange er¬
lauben darf, so möge 'doch für den Praktiker im allgemeinen an den
erprobten strikten Indikationen festgehalten werden. Denn niemand
weiss bei Beginn der Zangen'entbindung den weiteren Verlauf be¬
züglich Zerreissbarkeit der Gewebe, Dammrisse etc. Die Folgen einer
Zangenentbindung machen sich oft erst viel später durch Senkung
und Vorfall der Scheide bemerkbar.
Herr Schwab: 2. Demonstrationen: a) Uterus duplex separatus
(didelphys), durch Totalexstirpation wegen chronischer Adnex¬
entzündung und starker Beschwerden gewonnen. Zwei gut ausge¬
bildete Corpora, cervices und portiones, durch eine breite Binde-
gewebswand von einander getrennt.
b) 4 nach W e r t h e i m totalexstirpierte Uteri mit Kollum-
karzinom. Fortgeschrittene Fälle (Einreissen beim Anheben des
Uterus, karzinomatöse Drüsen), die dem Bestreben nach möglichster
Ausdehnung der Operation ein. Hemmnis sind.
Herr F. Merkel: Die Amerikareise deutscher Aerzte.
Naturwissenschaft!.- medizinischer Verein zu Strassburg.
(Medizinische Sektion.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 6. Dezember 1912.
Herr Baensch: Das Verhältnis zwischen Gehirn und Seele in
der Auffassung der neuen französischen Philosophie (Henri Berg-
s o n.)
Der Vortragende gibt zunächst einen Ueberblick über Berg-
sons wissenschaftliche Entwicklung und charakterisiert die uns
Deutsche an Kants und Hegels Zeiten gemahnende universale
Wirkung, die „die neue Philosophie“ heute im geistigen Leben Frank¬
reichs ausiibt. Er wendet sich dann zu seinem speziellen Thema,
nachdem er vorher erklärt hat, dass er Bergsons (in dem Buch
„Matiere et Memoire“ aufgeführte) Theorie nur in ihren allgemeinen
Grundzügen darlegen werde, ohne auf deren vielfältige empirische
und spekulative Beweise tiefer einzugehen und ohne selber zu ihr
kiitisch Stellung zu nehmen. Hier seien die Hauptpunkte von Berg¬
sons Theorie kurz skizziert.
Bergson geht von der Tatsache aus, dass wir die Körperwelt
in zweierlei Ordnungssystemen auffassen: in dem der Wissenschaft
und in dem der Wahrnehmung. Nach dem einen ist die Körperwelt
ein allgemeiner gesetzlicher Zusammenhang, in dem jeder einzelne
Körper sich für sich verändert nach Massgabe der Wirkungen, die
er empfängt und verursacht. Nach dem andern ist die Körperwelt
auf den Leib des Wahrnehmenden als Zentrum bezogen und in erster
Linie von diesem und seinen Zuständen abhängig. Wird der Leib
verletzt oder vernichtet, so ändert sich im Ordnungssystem der
Wissenschaft nichts Wesentliches, dagegen aus dem Ordnungssystem
der Wahrnehmung können (wie bei durchschnittenen Sehnerven)
ganze Partien ausfallen oder es hört gänzlich auf zu sein.
Wie ist das Verhältnis beider Ordnungssysteme zueinander zu
denken? Bergson lehnt hier die gewöhnliche Auffassung ab, nach
der dies Verhältnis das vom Urbild zum (durch Gehirnerregung her¬
vorgerufenen) Abbild ist. Seiner Meinung nach — und hierin berührt
er sich mit Mach und Avenarius, ohne sie gekannt zu haben —
ist dies Verhältnis das vom Ganzen zum Teil. Die Wahrnehmungs¬
welt des Bewusstseins ist ein Ausschnitt aus der objektiv realen
Körperwelt selbst, das Wahrnehmungsbild von einem Körper ist kein
psychisches Abbild, sondern ein physischer Teil von ihm.
Dann aber kann das Wahrnehmungsbild, weil neben dem Gehirr
physisch real, nicht durch die Gehirnerregung erst erzeugt worden
sein, anlässlich deren allein es doch andererseits vor dem Bewusst¬
sein erscheint. Wie also bedingt die Gehirnerregung das Auftreten
der Wahrnehmung?
Bergson sieht im Nervensystem lediglich ein Organ zur Auf¬
nahme und Weiterleitung von Bewegungen. Je höher das Zentrum
liegt, in dem der Uebergang stattfindet, desto mehr verliert die aui
den Reiz hin eintretende Reaktion den Charakter der Notwendigkeit
desto mehr gewinnt sie den Anschein willkürlich gewählt zu sein
Da unsere Fähigkeit zu willkürlichen Bewegungen zu oberst von
intakten Zustande des Nervensystems und zumal des Gehirns ab-
März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
497
ingt. so schliesst Bergson, dass das Gehirn und mit ihm der Leib
ir allem ein Instrument der Aktivität, des willkürlichen Handelns sei.
Die vorn Gehirn aufgenommene Reizerregung setzt sich in be-
nnende Reaktionen fort. Welche Reaktionsbewegung wirklich aus-
efiihrt wird, hängt ab von der Wahl, die unsere Aktivität trifft,
ählen können wir aber nur, wo wir wissen. Und dies zur Wahl
itige Wissen liefert uns die Wahrnehmung: in dem Augenblick, wo
>r Geist vor die Frage gestellt wird, ob er die beginnende Reaktion
diese oder jene Handlung weiter laufen lassen soll oder nicht,
leuchtet ihm die Wahrnehmung das Ding, von dem der Reiz aus-
ng, und klärt ihm die Lage auf. So begreift sich das gemeinsame
nf treten von Gehirnerregung und Wahrnehmung.
Zugleich begreift sich aus der Auffassung des Gehirns als
ktionszentrum und aus der Zuerteilung einer Aufklärungsfunktion
un Zwecke der Wahl an die Wahrnehmung der Charakter des
rdnungssystems der Wahrnehmung: wir nehmen nicht alle Dinge
ahr (sonst wäre es mit dem Ordnungssystem der Wissenschaft
lentisch), sondern nur die, über die unser Leib jeweils Macht hat,
ad von diesen nur so viel, als unsere Interessen verlangen; und
user Leib steht im Zentrum der Wahrnehmungswelt, eben weil
aser Gehirn das Aktionszentrum ist. Unsere Wahrnehmung zeigt
ns im Wiederschein die Summe unseres möglichen Einflusses auf
ie Dinge.
Die Gehirnerregung erzeugt also nicht die Wahrnehmung als
in Abbild. Wohl aber bedingt die Situation unseres Leibes und die
veilige motorische Einstellung des Gehirns, welcher Teil der
lysischen Objekte unmittelbar und urbildlich vor unser Bewusstsein
itt, und welcher für uns im Dunkel bleibt.
Aber die Wahrnehmung ist nicht bloss Bewusstsein äusserer
nd realer Objekte, in sie mischen sich vielmehr einmal Affektionen,
. h. das Bewusstsein von Zuständen des eigenen Leibes, die durch
ie Reizerregung verursacht sind, und dann Erinnerungen, d. h. das
Bewusstsein vergangener Objekte.
Die Affektionen sind selber eine Art der Wahrnehmung, nämlich
Wahrnehmungen des eigenen Leibes und bieten der Theorie nicht
tue Schwierigkeiten. Um so schwieriger sind die Erinnerungen zu
rklären.
Gemeinhin gilt das Gehirn irgendwie als Stapelplatz unserer
edächtnisvorstellungen, die es, vermöge von Erregungen, aktiviere,
»emgegenüber behauptet B e r g s o n, dass das Gehirn nie etwas
nderes verrichte, als Bewegungen weiterzuleiten, und keinesfalls
orstellungen einmagaziniere oder produziere; ja er erblickt in der
atsache der Erinnerung den Beweis für die Existenz eines nicht-
lateriellen Prinzips. Und er knüpft seinen Beweis an tiefsinnige
Betrachtungen über die Zeit, die den innersten Kern seiner Philo-
:rphie ausmachen.
In der materiellen Welt ist nur der jeweilige punktuelle Augen-
lick wirklich: das Jetzt der Materie ist Augenblicklichkeit, ohne
rinnerung an das vorige Jetzt.
Dagegen vermag der Geist eine längere Zeitstrecke gewisscr-
lassen gleichzeitig zu überschauen. Eigentlich jetzt ist zwar
uch hier nur deren jeweilig vorgeschobenster Punkt, aber ein un-
estirnmter Teil der vorangegangenen Punkte organisiert sich mit
iesem zu einer merkwürdigen qualitativen Einheit, wie wir sie etwa
eim Anhören einer Melodie am deutlichsten erleben, deren jeweilig
:tzter Ton alle vorangegangenen in sich auf nimmt und, durch sie
ualitativ bestimmt, sie von sich aus wieder finden lässt. Das
sychische Jetzt ist Dauer und Erinnerung.
In der physischen Welt bildet die Reihe der Augenblicke
in einfaches Nacheinander: a, b, c, d usw. bei Veränderung; a, a,
. a usw. bei Beharrung.
In der psychischen Welt sind die Augenblicke nicht
usserlich nacheinander, sondern zugleich nacheinander u n d in-
inander: a, a in b, a in b in c, a in b in c in d usw. bei Veränderung;
. a in a, a in a in a usw. bei Beharrung ■ (so dass demnach im
’sychischen eigentliche Beharrung gar nicht möglich ist: Dauer
chliesst Beharrung aus, sie ist Veränderung, die entweder Ver-
chiedenes oder Gleiches aufeinanderhäuft). Freilich auch solche
• usdriieke wie Einheit von Nacheinander und Ineinander sind nur
nzureichende vom Raum hergenommene Metaphern für das eigen-
rtige Erlebnis der Dauer. Und alle Ansichten, die Dauer und Er¬
uierung aus übereinandergeschichteten und ineinandergeschachtelten
iehirnzuständen erklären wollen, sind nichts weiter, als Umsetzungen
Geher unzureichender räumlicher Metaphern in schlechte physio-
igische Theorien. Dauer und Erinnerung sind ursprüngliche Data
les psychischen Seins und als solche nur ^onstatierbar, sie sind
icht Aufgaben für die Erklärung, sondern selbst Erklärungsmittel.
B e r g s o n nimmt nun an, dass unser rein geistiges Gedächtnis
ii der Form dieses qualitativen Einsammelns alle Ereignisse unseres
-ebens ohne Unterschied registriere und bewahre: wie denn unsere
neisten Erinnerungen sich auf einmalige Vorkommnisse unseres
ebens beziehen.
Aber neben diesem rein geistigen Gedächtnis, das ..wiedersieht“,
teht ein körperliches Gedächtnis, das „wiederholt“. Es ist die auf
-iniibung beruhende motorische Gewohnheit, eine „Funktion der
'rgauischen Materie“, deren eigentlicher zentraler Apparat das
Nervensystem und zumal das Gehirn ist.
i Die Tatsachen des Gedächtnisses überhaupt sind aus dem Zu-
ammenarbeiten des wiedersehenden psychischen und des wieder-
lolenden physischen Gedächtnisses zu begreifen. Es ist der Irrtum
der rein physiologischen Gedächtnishypothesen, dass sie, verführt
durch die oft staunenswerten Leistungen des wiederholenden Ge¬
dächtnisses, mit diesem allein auskommen zu können glauben.
B e r g s o n hat dieses Zusammenarbeiten am Beispiel des
Wiedererkennens näher verdeutlicht.
Jede Wahrnehmung hat die Tendenz, sich in Handlungen des
Leibes fortzusetzen: die Erregungen des Gehirns sind „entstehende
Reaktionsbewegungen“. Unter diesen heben sich hier d i c heraus,
vermittelst deren wir ein wahrgenommenes Objekt irgendwie nach¬
zuahmen suchen, wie z. B. ein gehörtes Wort durch Sprech¬
bewegungen. B e r g s o n nennt die Gehirnerregungen, die derartige
nachahmende Reaktionsbewegungen einleiten, „motorische
Schemata“. Es ist eine Hauptleistung des organischen wieder¬
holenden Gedächtnisses, solche Schemata auszubilden und bereit zu
halten. Knüpft sich nun an eine Wahrnehmung ein wohleingeübtes
motorisches Schema, so empfinden wir zunächst, was man als Be¬
kanntheitsqualität der Wahrnehmung bezeichnet hat. Hierdurch erst
wird das Wiederauftauchen des Erinnerungsbildes selbst veranlasst.
Und zwar so:
Das geistige Gedächtnis bewahrt alles, dessen wir uns jemals
bewusst waren, in den unbewussten Untergründen der Seele auf
(die keinesfalls physiologische Realität haben). Bewusst werden
können aus dem unbewussten Schatze unserer Erinnerungen immer
nur die, die jeweils geeignet sind, die Situation unserer Aktivität
gegenüber der Umwelt aufzuklären und zu verbessern. Wenn wir
also wahrnehmen, und die Wahrnehmung sich in ein motorisches
Schema fortsetzt, so wird zugleich unser Unbewusstes gemäss der
Aktionsrichtung des Schemas d i e Vorstellungen ins Bewusstsein
treiben, die die gegenwärtige Wahrnehmung weiter aufklären und
in ihrer Bedeutung erkennen lassen. Das sind aber zunächst ihr
gleichartige Erinnerungsbilder. Und so entsteht die volle bewusste
Wiedererkenntnis, indem sich an das Bekanntheitsgefühl, auf Grund
der motorischen Einstellung des Gehirns, die es rechtfertigende Er¬
innerung anschliesst.
Aber nicht bloss die Wiedererkenntnis, auch die aktive Er¬
innerung bedarf stets einer materiellen Vermittlung. B e r g s o n geht
wieder von der Tatsache aus, dass ein Erinnerungsbild um so eher
auftaucht, und weiter auch um so mehr sinnlich greifbar wird, ie
mehr die motorischen Funktionen unseres Leibes in Schwung ge¬
raten, die es nachahmen und ausdriieken. Und er meint nun, dass,
wie das Wahrnehmungsobjekt aufs Gehirn wirkend dort die moto¬
rischen Schemata aktiviert, gleichermassen auch die dunkeln Ideen
der Seele auf dieselben Gehirnpartien zu wirken und dort die moto¬
rischen Schemata zu aktivieren imstande seien, und so erst, auf
Grund der erregten motorischen Schemata sich zu anschaulicher
Fülle entwickeln. Die vermittelnde Rolle aber, die gegenüber dem.
äusseren Objekt das Sinnesorgan spielt, indem es die Wirkungen
des Objekts zu einer einheitlichen Leistung zusammenfasst, spielt
gegenüber den dunkeln Ideen unserer Seele die Grosshirnrinde. Diese
ist nicht eine Vorratskammer aufgespeicherter Erinnerungen, sondern
ein den äusseren Sinnesorganen symmetrischer Komplex geistiger
Sinnesorgane, mit deren Hilfe die Ideen der Seele die Mechanismen
des Gehirns in Erregung versetzen: in unserem Fall also die moto¬
rischen Schemata, die von der anderen Seite her anfänglich das
realiter gegenwärtige Objekt aktivierte.
Hierdurch werden manche Tatsachen der Psychopathologie ver¬
ständlich. Bei cler Seelenblindheit und Seelentaubheit z. B„ wo, bei
sicher funktionierender innerer Reproduktion eines Objekts, eben das¬
selbe Objekt in der Wahrnehmung unerkannt bleibt, ist offenbar die
Fortsetzung der Wahrnehmungserregung in der Richtung auf das
motorische Schema unterbrochen, während dieses selbst von der
Seele und der Grosshirnrinde aus immer noch aktiviert werden kann.
Wo dagegen (wie bei Verletzung der unteren linken, Broca sehen,
Stirnwindung) ein geistiges Sinnesorgan angegriffen ist, hat die Seele
den entsprechenden Einfluss aufs Gehirn verloren und es erlischt in
dem Gebiet alle spontane Erinnerungs- und Bewegungsfähigkeit (wie
bei der Aphasie die Fähigkeit Worte innerlich zu hören und sie aus¬
zusprechen), während die Wahrnehmungen desselben Gebiets noch
stattfinden und mitunter sogar noch wiedererkannt und nachgeahmt
werden, weil die Erregung der motorischen Schemata vom Objekt
her ungestört geblieben ist.
In Summa ist also das Gehirn lediglich ein motorisches Organ,
ein Apparat zur Aufnahme, Weitergabe, Umschaltung und Hemmung
von Bewegungen, niemals aber ein Erzeuger psychischer Vorgänge.
Die Seele dagegen ist ein lebendiger geistiger Prozess. ein~
„dauernde“ geistige Aktivität, die sich wählend, entscheidend und
handelnd mit Hilfe des Gehirns und des Leibes in der materiellen
Welt zur Geltung bringt. Aktuelles Bewusstsein hat sie dabei ihrer
Funktion gemäss immer nur von den Teilen der Umwelt und ihres
eigenen Inhalts, die für ihre möglichen Handlungen wichtig sind.
Dabei befindet sich denn die jeweilige Bewusstseinslage der
Seele in einer sehr natürlichen, umfassenden und engen Wechsel¬
beziehung mit der angeborenen und erworbenen motorischen
Leistungsfähigkeit und der jeweiligen motorischen Disponiertheit des
Gehirns.
Diskussion: Die Herren S t ö r r i n g, R o s e n f e 1 d.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
498
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Ordentliche Generalversammlung vom 26. Fe¬
bruar 1913.
Vor der Tagesordnung:
Herr Hammerschlag demonstriert eine Patientin, bei der
Ende Oktober die letzte Menstruation aufgetreten war. Sie zeigte
die Erscheinungen der Einklemmung eines retroflektierten schwan¬
geren Uterus im 4. — 5. Monat. Manuelle Aufrichtung war unmöglich.
In Narkose fanden sich breite Adhäsionen an der hinteren Becken¬
wand. Vor 20 Tagen sind die Adhäsionen gelöst worden. Der Uterus
wurde aufgerichtet, die Ligamenta rotunda verkürzt. Eine Unter¬
brechung der Schwangerschaft wurde vermieden.
Inzwischen:
Generalversammlung. Aus dem Geschäftsbericht ist zu
erwähnen, dass die zum Bau des Rudolf Virchow-Krankenhauses
angekauften Häuser im letzten Jahre nicht einmal die Hypotheken¬
zinsen erbracht haben. Es muss daher das Ziel der Gesellschaft sein,
den Bau so schnell als möglich herbeizuführen. Es liegt ein ausge¬
zeichneter Entwurf von Reg.-Baum. Domburg vor, der von G.-R.
March begutachtet worden ist. Der Bau soll am I. X. 13 begonnen
werden.
Die Bibliothek ist mit den Bibliotheken sämtlicher Berliner medi¬
zinischen Gesellschaften verbunden; sie umfasst jetzt 100 000 Bände.
Herr B 1 u m b e r g: Neue Operation zur Sterilisierung des Weibes
mit Möglichkeit der späteren Wiederherstellung der Fruchtbarkeit.
Bei jüngeren Frauen ist die Sterilisierung, die eine spätere Kon¬
zeption nicht erlaubt, kontraindiziert. Vortr. lässt die Abbindung
im Lig. latum .vor sich gehen, dadurch bleibt das Ovariuin unver¬
ändert und die Möglichkeit einer späteren Konzeption besteht durch
Rückgängigmachen der Operation.
Diskussion: Herr Gottschalk befürchtet, dass trotzdem
eine kleinzystische Degeneration eintreten wird.
Herr Blumberg (Schlusswort) sucht den Einwand mit dem
Hinweis auf die intraperitoneale Lagerung des Ovariums zu ent¬
kräften.
Herr Jäger demonstriert einen Hund, bei dem die Karotis
breitgefaltet in die Aorta abdominalis implantiert worden ist; ebenso
die Aorta eines ebenso behandelten Hundes. Es besteht die Möglich¬
keit, Defekte in Gefässen und ev. sogar später unter Umständen
Aortenaneurysmen chirurgisch anzugreifen. Wolff-Eisner.
Physikalisch-medizinische Gesellschaft zu Würzburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 6. Februar 1913.
Herr Wessely: Die Behandlung des Ulcus serpens mit dem
Dampfkauter, sowie neue Versuche in der Therapie der Dakryo¬
zystitis.
Das Verfahren der Behandlung des Ulcus serpens mit dem
Dampfkauter hat Vortr. auf dem vorjährigen Ophthalmologenkongress
in Heidelberg kurz mitgeteilt, so dass von seiner Beschreibung hier
Abstand genommen werden kann. Die weiteren Erfahrungen mit
dieser Methode, die sich jetzt auf 59 Fälle erstrecken, waren mit
wenigen Ausnahmen sehr befriedigende. Die vorgelegte Statistik
wird an anderer Stelle ausführlicher publiziert werden; es mag darum
hier nur erwähnt sein, dass in 80 Proz. der Fälle eine einmalige
Kauterisation genügte, um den Prozess zum Stehen zu bringen.
Das im Anschluss daran mitgeteilte Verfahren der konservativen
Behandlung der Dakryozystitis besteht in der Injektion von einigen
Tropfen Jodtinktur in den Tränensack. Sie wird mittels einer mit
einem Gummihütchen versehenen kleinen Platinkaniile ausgeführt,
nachdem vorher 24 Stunden eine Dauersonde gelegen hat. Der
momentane Erfolg ist ein auffälliger. In 24 von 32 Fällen hat nach
1 — 4 maliger Injektion die Absonderung völlig aufgehört. Um Dauer¬
erfolge zu erzielen ist gleichzeitige Behandlung der vorhandenen
Nasenaffektion -erforderlich. Rezidive kamen bisher nur 3 mal zur Be¬
obachtung, doch ist, um nach dieser Richtung ein Urteil zu fällen,
heute die Beobachtungszeit noch eine zu kurze.
Wissenschaft!. Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 31. Januar 1913.
Herr Budek (Deutsche Augenklinik): Demonstration eines
Falles von Nystagmus oscillatorius horizontalis.
Herr Kroupa (Deutsche Augenklinik): Demonstration: a) Ein
Fall von angeborener Ptosis des rechten Oberlides, b) Ein Fall von
„perversem“ Bell sehen Phänomen.
Herr Münzer: 1. Demonstration eines Etuis, das etwas anders
als das von B ü r k e r zusammengestellte ist; Demonstration einer
automatischen, vom Verf. konstruierten Pipette zur Abmessung von
genau 4975 emm (zur Blutkörperchenzählung).
2. Zur Differentialdiagnose von entzündlichen und Stauungspro¬
zessen in der Leber ist die Harnuntersuchung sehr geeignet. Speziell
bei den Lebervergrösserutigen bei Concretio cordis wird Uro¬
bilin o g e n im Harne vermisst, während bei Entzündungen der
Leber (besonders bei der atrophischen Leberzirrhose) stets starke
Urobilinogenurie vorhanden ist. Neben der Untersuchung auf Uro-
bilinogen, dessen Prüfung einen gewissen Einblick in das funktionelk
Verhalten der Leber gewährt, kann auch die Prüfung auf aliment
täre Galaktosurie in dem gleichen Sinne verwertet werden
Herren Bardachzi und Wiechowski: Röntgenphotogra
phische Aufnahmen zu pharmakognostischen Studien- und Unter
richtszwecken.
Da die Resultate der Autographie der Blattdrogen mangelhaü
sind, versuchten die Vortragenden durch verschiedene Präparatio:
der Blätter und Anwendung verschiedener Strahlen zu einem befrie
digenden Verfahren zu gelangen. Die besten Resultate erhielten sii
bei Anwendung von Röntgenstrahlen nach bestimmter Vorbereitung
der Objekte. Für den Zweck der Darstellung der Blattstruktur er
wiesen sich die Röntgenröhren mit einem Fenster aus Linde-
mannglas, welches die weichsten Strahlen durchlässt, als sein
geeignet. Das Vakuum dieser Röhren wurde so eingestellt, dass die
Lampe nur mehr eine Spur von grüner Fluoreszenz zeigte, sons,
durchaus blaues Licht gab. Eine auf die Trockenplatte gelegte Weh
n eit Skala zeigte bei langer Belichtung nur bei Stufe 1 massige
Schwärzung.
Da die ersten so hergestellten Blattaufnahmen nur sehr geringe
Struktur zeigten, wurden Versuche unternommen, künstlich Dichtig
keitsdifferenzen zu erzeugen. Es gelingt dies durch Tränken de;
Blätter mit Schwermetalllösungen. Am besten bewährte sich folgen
des Verfahren: Die Blätter werden mit siedender 10 proz. Phosphor
wolframsäure übergossen; diese wird nach dem Abkiihlen verschiedet
lange (bis zu vielen Stunden) einwirken gelassen. Dann werden di;
Blätter auf eine Glasplatte ausgebreitet und unter dicken Läget
Filtrierpapier getrocknet. Bei der Aufnahme wird die mit dem Blatt«
bedeckte Platte durch eine rot gefärbte Gelatinefolie vor Nebettlichi
geschützt. Es stellte sich als vorteilhaft heraus, bei schwachem
Strome lange zu exponieren (Idealinstrumentarium, 1 — 2 M.-A., 3 bi:
8 Minuten bei meist 60 cm Abstand). Mit dieser Methode wurden aus
gezeichnete Resultate erzielt. Die Nervatur und der Blattrand treteii
mit grosser Schärfe hervor und lassen alle dem Objekte zukommenj
den Details genau erkennen, so dass diese Methode besser als du
bisherige Autophotographie beim Studium und dem Unterrichte gut<
Dienste zu leisten berufen erscheint. R o t k y - Prag.
Verein deutscher Aerzte in Prag.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 14. Januar 1913.
Herr Fawatschek: Demonstration.
Herr Rubritius: Zur Technik der Prostatektomie.
In den letzten Jahren hat man sich immer mehr für die Freyerl
sehe Operation ausgesprochen, welche zwar bei einer grössere!
Mortalität gegenüber der perinealen die Kranken von ihrem schwere
Leiden dauernd und folgenlos befreit.
Es muss also das Streben dahingehen, die Mortalität herab
zusetzen. Dies geschieht durch entsprechende Wahl der Fälle un
durch die Technik und Nachbehandlung. Vor allem ist die postj
operative Blutung zu vermeiden, dann schlägt Herr Rubritiu
folgende Technik vor: Lumbalanästhesie, möglichst kleiner Blasen
schnitt, doch so, dass man sich über die Verhältnisse am Orificiurn in
orientieren kann, Inzision der Schleimhaut um das Orifiziuri
Enukleation entweder bimanuell oder mit Unterstützung einei
Assistenten, der die Drüse vom Rektum her vordängt, streifenförmig
Tamponade des Prostatabettes, Ableitung des Harnes aus der Blas
mittels Rohres mit Heberdrainage. Am 4. Tage werden die Tampon
entfernt, ein neuer Tampon wird eingeführt, wenn das Prostatabe
noch blutet, der Verweilkatheter wird eingelegt, wenn die Blasei
wunde sich entsprechend verkleinert. Bei der Auswahl der Fäll
muss man auf die Nierenfunktion achten.
Herr Hock: Demonstration.
Aus den französischen medizinischen Gesellschaften.
Academie des Sciences.
Sitzung vom 2. — 9. Dezember 1912.
Versuche einer Serumtherapie der Blattern.
P. T e i s s i e r und P. L. Marie haben, sich auf die Eige:
schäften des menschlichen Variolaserums stützend, 13 Fälle schwere;
Blattern mit subkutaner oder intravenöser Injektion von Serum ai
dem Wege der Heilung begriffener J’atienten, dessen Fixation:
reaktion zu verschwinden begann, das aber noch ausgesprochene gif
tötende Wirkung besass, behandelt. 8 Kranke kamen zur Heilun
worunter eine vom Beginn an sehr schwere hämorrhagische Fori
ein nicht geimpfter Säugling usw. Frühzeitig eingeimpft, hat d;
Serum eine günstige Wirkung auf die Schwere der Krankheit: sp;
angewandt, ist der Einfluss ein mittelmässiger. Die auffallendste E
scheinung ist die Besserung der Allgemeinsymptome: Temperatu
abfall, vermehrte Urinabsonderung, erhöhter Blutdruck, was inne
halb 24 — 48 Stunden eintritt. Sowohl bei der hämorrhagischen w
konfluierenden Variola tritt Rückbildung und Eintrocknung ein, ohi
Narben zu hinterlassen. Irgend ein besonderer Zufall war dem Seru
nicht zuzuschreiben.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
499
: Marz 1913.
XVII. Internationaler Medizinischer Kongress
in London vom 6. — 12. August 1913.
* ngress-Bureau: London 13, Hinde Street, W. Bureau der
nanenten Kommission der intern, med. Kongresse: Haag (Holland),
Hugo de Qrootstraat, 10.
Für die allgemeinen Sitzungen, die täglich, ausge -
imen Samstag, während der Dauer des Kongresses um 5.30 nach-
:ags abgehalten werden, sind als Redner bestimmt : Prof. C h a u f -
d- Paris (Innere Medizin); Qeheimrat Prof. Paul Eh r lieh -
- nkfurt a. M. (Pathologie); Rt. Hon. John B u r n s, M.P. (Staats-
iene); Prof. Harvey Cushing, Harvard University (Chirurgie);
- r W. B a t e s o n, F.R.S. (Heredität).
Sektionen:
I. Anatomie und Entwicklungsgeschichte. 1. Das
ende und verbindende Muskelsystem des Herzens. (Zusammen
i Sektion 111.) Ref. : Prof. Dr. Wilhelm H i s - Berlin, Dr. Josue-
is, Dr. Thomas Lewis- London, Dr. Ivy Mackenzie - ülas-
:»•. 2. Die ersten Entwicklungsstadien des menschlichen Eies. Ref.:
if. Aug. C. E. d ’ E t e r n o d - Genf. 3. Die Morphologie des sem¬
itischen Nervensystems. Ref.: Prof. G. Carl H u b e r - Ann Arbor.
. . St. A. 4. Die Morphologie des Schultergürtels. Ref.: Prof. Raoul
t h o n y - Paris. 5. Die zerebrale Lokalisation uind die genaue
ieutung der Sulci. Ref.: Dr. C. U. Ariens-Kappers-Am-
> dam.
II. Physiologie. 1. Wechselbeziehungen zwischen Organen mit
lerer Sekretion und deren Störungen. (Zusammen mit Sektion VI.)
- . : Prof. E. G 1 e y - Paris, Prof. Dr. Alex. v. Koränyi - Pest, Prof.
Fredk. K r a u s - Berlin. 2. Gegenseitige Innervation. Ref. : Prof.
. S. Sherrington- Liverpool. 3. Endogener Stoffwechsel der
; iteinkörper. (Zusammen mit Uintersektion III fal.) Ref.: Prof.
Ernil Abderhalden - Halle a. S., Dr. H. D a k i n - Seal Har-
jir, Ver. St. A.
III. Allgemeine Pathologie und pathologische
'atomie. 1. Das reizende und verbindende Muskelsystem
Herzens. (Siehe Sektion I.) 2. Die Pathologie der Fett-
; per und der Lipoide. Referenten: Professor Dr. Ivor Chri-
-in Bang- Lund, Dr. Sigmund F r ä n k e 1 - Wien. 3. Die
: üung von normalem Gewebe in Beziehung zur zoologischen
:1 individuellen Verwandtschaft; autoplastisch, isoplastisch und
I eroplastisch. Ref.: Prof. Dr. Max B o r s t - München. 4. Die
i'hologie vom „Schock“.1 Ref.: Dr. George W. C r i 1 e - Cleveland,
fr. St. A., Prof. Yandell H e n d e r s o n - New Haven, Ver. St. A.
:Die Wirkung der radioaktiven Körper und der Strahlungen auf
male und pathologische Gewebe. Ref. : GMR. Prof. Oskar He rt-
i?- Berlin, Dr. W. S. L a z a r u s - B a r 1 o w - London.
III (a). P a t h o 1 o g i s c h e Chemie. 1. Pathologische Zu-
•nde verursacht durch Diätfehler. Ref.: Dr. F. Gowland Hop-
<n s - Cambridge, Dr. H. S c h a u m a n n - Hamburg. 2. Krebs. (Zu¬
mmen mit Sektion IV.) Ref. Dr. E. Freund- Wien, Prof. Dr.
. N e u b e r g - Berlin-Charlottenburg. 3. Klinische Anwendung der
: hologischen Chemie. Ref. : Prof. Otto F o 1 i n - Boston, Ver. St. A„
I. A. E. G a r r o d - London. 4. Die pathologische Chemie des
Lestionstraktus. 5. Endogener Stoffwechsel der Proteinkörper.
. Sekt. II.)
IV. Bakteriologie und Immunität. Krebs (s. lila),
eorien der Immunität und der Anaphylaxie. Ref.: Prof. Dr.
I F r i e d b e r g e r - Berlin. Die Natur der Virulenz. „Filter Pas-
■ s.“ Lepra- und verwandte Bazillen.
V. Therapie (Pharmakologie, Physikalische
lerapie, Balneologie). 1. Der relative Wert der Arznei-
Ittel für Herzkrankheiten. Ref.: GHR. Prof. Dr. R. Gottlieb-
I idelberg, Prof. Theodore C. J a n e w a y - NewYork, Ver. St. A.
■ Die Wirkungsart und der Gebrauch der Arzneien gegen Schmerz
G Schlaflosigkeit (anästhesierende Mittel, lokal und allgemein, aus-
ochlossen). Ref.: Prof. Dr. Hans Meyer- Wien. 3. Eine Labora-
i iumssitzung. 4. Chemische Toxine und Antitoxine. 5. Thermo-
erapeutik — seine Indikationen, Beschränkungen und Gefahren.
I i. : Prof. Landouzy - Paris.
VI. I n n e r e M e d i z i n. 1. Die Pathologie der Herzschwäche.
| i. : Prof. H. Vaquez - Paris, Prof. Dr. K. F. v. Wenckebach-
'■assburg. 2. Wechselbeziehungen zwischen Organen mit innerer
■kretion und deren Störungen, (s. Sekt. II.) 3. Klinisches Bild der
molysis. Ref. : Prof. G. B a n t i - Florenz, Prof. F. W i d a l - Paris.
Diabetes. Ref.: Prof. Geo D o c k - St. Louis, Ver. St. A„ Prof. Dr.
rlvanNoorden - Wien. 5. Differenzierung der chronischen Ge-
'kentziindungen. Ref. : Prof. L. F. Barker - Baltimore, Ver. St. A„
of. Dr. Friedr. v. Müller- München.
VII. Chirurgie. 1. Die operative Behandlung der bösartigen
ankheiten des Dickdarms, mit Ausnahme des Rektums. Ref.: Prof.
Hfaele Bastianelli - Rom, GSR. Prof. Dr. W. Körte- Berlin.
Die Behandlung der Nieren- und Blasentuberkulose im Anfangs-
idium. (Zusammen mit Sektion XIV.) Ref.: Dr. Felix Legueu-
iris, Prof. Victor Röchet- Lyorn, Dr. Hans W i 1 d b o 1 z - Bern.
Die Chirurgie des Arteriensystems. Ref.: Prof. Rudolph Matas-
NewOrleans, Ver. St. A., Prof. Dr. V. A. O p p e 1 - St. Petersburg.
4. Die Behandlung der Gehirntumoren und die Indikationen für deren
Operation. (Zusammen mit Sektion XI.) Ref.: Prof. Dr. Bruns-
Hannover, Prof. Harvey Cushing- Harvard University, Ver. St. A.,
Dr. Freih. v. E i s e 1 s b e r g - Wien, Dr. H. H. T o o t h - London.
5. Intrathorakale Chirurgie. Ref.: Prof. Dr. F. Sauerbruch-
Zürich, Prof. Theodore T u f f i e r - Paris.
VII. a) Orthopädie. 1. Die spastische Paraplegie. Ref.:
GMR. Prof. Dr. H. Küttner - Breslau, E. Muirhead L i 1 1 1 e.
F.R.C.S., London, Prof. Dr. V u 1 p i u s - Heidelberg. 2. Die Behand¬
lung der Skoliose. Ref.: Dr. R. W. L o v e 1 1 - Boston, Ver. St. A.,
Prof. Dr. A. S c h a n z - Dresden. 3. Die Behandlung der Ankylose.
Ref.: Dr. W. S. B a e r - Baltimore, Ver. St. A., Prof. V. Putti-
Bologna. 4. Die Behandlung der tuberkulösen Gelenke im Kindesalter.
Ref.: Prof. Dr. Julius D o 1 1 i n g e r - Pest, Prof. John R i d 1 o n,
Chicago, Ver. St. A. 5. Die Radiographie der Knochen und Gelenke
und ihr Wert für die orthopädische Chirurgie. (Zusammen mit Sek¬
tion XXII.) Ref.: Dr. Fedor H a e n i s c h - Hamburg, Dr. Nove-
Josserand - Lyon, Dr. P. Redard - Paris.
VII. b) A n ä s t h e s i e. l.a) Neue Methoden zur Herbeiführung
der Analgesie: aa) Intraspinal, bb) Lokal und regional, b) Die Ver¬
gleichung der unmittelbaren und Spätwirkungen (mit besonderer Be¬
rücksichtigung vom Schock), z. B. der intraspinalen und der lokalen
Analgesie mit der Inhalationsanästhesie (ebenfalls mit Berücksichti¬
gung vom psychischen Schock). Ref.: Prof. Yandell Henderson-
New Haven, Ver. St. A. 2. Neue Methoden zur Anwendung
der allgemeinen Anästhesie, a) Aether. aa) Offene Methode,
bb) Intravenöse Methode. Ref. : Prof. Dr. L. Burkhardt - Nürn¬
berg. cc) Intratracheale Methode. Ref.: Prof. S. J. Meltzer-
New York, Ver. St. A. dd) Nasale Methode. Ref. : Dr. G. W. C r i 1 e -
Cleveland, Ver. St. A. ee) Rektale Methode, b) Die Anwendung der
Alkaloide allein oder vor der Inhalationsanästhesie: Skopolamin und
Skopomorphin. c) Inhalationsanästhesie in Verbindung mit Alka¬
loiden: aa) Stickstoffoxydul in der grossen Chirurgie, bb) Aether.
cc) Chloroform. Ref.: Dr. G. W. C r i 1 e - Cleveland, Ver. St. A.
3. Dosimetrische Methode der Darreichung. aa) Chloroform,
bb) Aether: a) Regulateurs, ß) Mischungen. 4. Postoperative Wir¬
kungen und Toxämien in Verbindung mit anästhesierenden Mitteln.
5. Die Auswahl der passenden anästhesierenden Mittel und der An¬
wendungsmethode in den allgemeinen Dyskrasien (z. B. Diabetes,
Urämie, usw.), welche gewisse Mittel gefährlich machen. Ref.: Prof.
Dr. Fritz D u m o n t - Bern. 6. Behandlungsmethoden, die für gewisse
Kranken und Operationen zweckmässig sind. Ref.: Dr. Dudley
B u x t o n - London.
VIII. Geburtshilfe und Frauenkrankheiten. _ 1. Die
Behandlung der Plazentarblutung (Placenta praevia und akzidentelle
Blutung) in den letzten Monaten der Schwangerschaft. Ref.: GMR.
Prof. Dr. Döderlein - München, Prof. Dr. G. Essen - Möller-
Lund. 2. Kindersterblichkeit in den vier ersten Lebenswochen. (Zu¬
sammen mit Sektionen X und XVIII.) Ref.: Dr. A. K. Chalmers-
Glasgow, Dr. Henry K o p 1 i k - New York City, Ver. St. A., Prof.
P i n a r d - Paris. 3. Die Röntgen- und Radiumtherapie in der Gynäko¬
logie. (Zusammen mit Sektion XXII.) Ref.: Dr. Foveau de
C o u r m e 1 1 e s - Paris, Prof. Dr. Bernh. K r ö n i g - Freiburg i. Br.,
Prof. Dr. Albers-Schönberg - Hamburg. 4. Gebärmutterkrebs
(Körper und Hals); Operationstechnik und Resultate. Ref.: Prof. Dr.
D. d e 0 1 1 - St. Petersburg, Prof. A. P o 1 o s s o n - Lyon, Prof. Dr.
W e r t h e i m - Wien.
IX. Augenkrankheiten. 1. Die Pathogenese der chro¬
nischen Uveitis, mit Ausnahme der syphilitischen, tuberkulösen und
sympathischen Formen. Ref.: Prof. Dr. Ernst Fuchs -Wien, Prof,
de S c h w e i n i t z - Philadelphia, Ver. St. A. 2. Die Glaukomopera¬
tionen mit besonderer Berücksichtigung der vergleichenden Resultate
der Iridektomie und deren neueren Substituierungen. Ref.: Prof.
L a g r a n g e - Bordeaux, Prof. Priestley S m i t h - Birmingham.
3. Eine Demonstrationssitzung oder eine Diskussion über ein «och
nicht festgestelltes Thema. 4. Augenkrankheiten, verursacht durch
ungeeignete Lichtwirkungen. Ref.: Prof. Carl v. H e s s - Würzburg,
John H. Parsons, F.R.C.S., London. 5. Die Anaphylaxie in ihren
Beziehungen zur Ophthalmologie. Ref.: Dr. V. M o r a x - Paris,
Dr. Aurel v. S z i 1 y - Freiburg i. Br.
X. Kinderkrankheiten. 1. Die Behandlung der Tuber¬
kulose im Kindesalter vom chirurgischen Standpunkt, mit besonderer
Berücksichtigung der Knochen, Gelenke und Drüsen. Ref. : Dr. Mc-
n a r d - Berck - sur-Mer. 2. Kindersterblichkeit in den vier ersten
Lebenswochen. (S. Sekt. VIII.) 3. Einfluss der Drüsen ohne Aus¬
führungsgang auf die Entwicklung. Ref.: Prof. Dr. Rudolf Fisch 1-
Prag, Prof. H u t i n e 1 - Paris. 4. Infektion des Harntraktus mit Koli-
bazillen. Ref.: Dr. John T h o m s o n - Edinburg, Prof. Francesco
Valagussa - Rom. 5. Polioenzephalitis und Poliomyelitis. Ref. :
Prof. F 1 e x n e r, New York, Ver. St. A., Prof. Dr. Paul H. R ö m e r -
Marburg.
XI. Nervenkrankheiten. 1. Die Symptome der Klein¬
hirnerkrankungen und ihre Bedeutung. Ref.: Dr. J. Babinski-
Paris, Prof. Dr. D. R o t h m a« n - Berlin. 2. Motorische Aphasie,
Anarthrie und Apraxie. Ref.: Prof. D e j e r i n e - Paris, Prof. Dr.
L i e p m ann- Berlin. 3. Die Beziehungen der myopathischcn Kran -
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.
500
heiten. Ref. : Prof. Dr. D. H. Oppenheim- Berlin. Prof. Spil-
1 e r - Philadelphia. Ver. St. A. 4. Die Behandlung der Gehirntumoren
und die Indikationen für deren Operationen. (S. Sekt. VII.) 5. Die
Natur des krankhaften Zustandes „Parasyphilis. Ref.: Dr. F. W.
M o 1 1 - London, Prof. Dr. N o n n e - Hamburg.
XII. Geisteskrankheiten. 1. Die psychiatrische Klinik,
ihr pädagogischer und therapeutischer Zweck und die Resultate mit
Beziehung zur Genesungsförderung. Ref.: Dr. Adolf Meyer- Balti¬
more, Ver. St. A., Prof. Dr. Sommer- Giessen. 2. Psychoanalyse.
Ref. : Prof. P. Janet- Paris, Dr. Karl Jung- Küssnach-Ziirich.
3. Die Infektions- und Autointoxikationspsychosen. Ref.: GHR. Prof.
Dr. K. B o n h ö f f e r - Breslau. 4. Die syphilitischen und parasyphi¬
litischen Geisteskrankheiten. Ref. : Prof. Dr. W. v. Bechterew-
St. Petersburg, Dr. A. Marie- Villejuif. 5. Die Psychologie des Ver¬
brechens. (Zusammen mit Sektion XIX.) Ref.: GMR. Prof. Dr.
A. Cramer - Göttingen, Prof. Comm. E. M o r s e 1 1 i - Genua.
XIII. Hautkrankheiten und Syphilis. 1. Das Epi¬
theliom der Haut, gut- und bösartiges. Ref.: Dr. J. A. Fordyce-
New York, Ver. St. A., Prof. Dr. Joseph J a d a s s o h n - Bern, Ori¬
ginalvortrag: Dr. Jean D a r i e r - Paris. 2. Alopecia areata und die
verwandten Krankheiten. Ref. : Dr. R. Sabouraud - Paris. Dr.
P. G. U n n a, Emsbiittel-Hamburg. 3. Die Syphilis als Staatsgefahr
und die Frage der Staatskontrolle. (Zusammen mit Sektion XIX.)
Ref.: Prof. Dr. Ernst Finger -Wien, Prof. Dr. Edmund Lesser-
Berlin. 4. Die Behandlung der Syphilis mit Salvarsan und ver¬
wandten Stoffen. (Zusammen mit Sektion XX.) Ref.: Prof.' Dr. Paul
Ehrlich- Frankfurt a. M„ Major T. W. G i b b a r d, R.A.M.C., zu¬
sammen mit Major L. W. H a r r i s o n, R.A.M.C., Prof. Dr. L. A.
N e i s s e r - Breslau, Prof. V e n n i n - Paris. 5. Die Vakzinotherapie
der Hautkrankheiten. Ref.: Prof. Dr. T. C. G i 1 c h r i s t - Baltimore,
Ver. St. A., Prof. Arthur W h i t f i e 1 d - London.
XIV. Urologie. 1. Die Diagnose und Behandlung der bös¬
artigen Prostataaffektionen im Anfangsstadium. Ref.: Prof. Dr. H.
K ii m m e 1 1 - Hamburg, Dr. Hough Y o u n g - Baltimore, Ver. St. A.
2. Die Diagnose und Behandlung der Nieren- und Blasentuberkulose
im Anfangsstadium. (S. Sektion VII.) 3. Die Diagnose und Behand¬
lung der hämatogenen Infektionen des Harntraktus. Ref.: Dr. G. E.
Brewer- New York City, Ver. St. A., Prof. Dr. Thorkild Rovsing-
Kopenhagen. 4. Eine projektoskopische Demonstration. 5. Eine Aus¬
stellung von pathologischen Präparaten und neuen Instrumenten.
XV. H a 1 s - und Nasenkrankheiten. 1. Die neueren
Fortschritte der endoskopischen Methoden in der Untersuchung der
Trachea, der Bronchien, des Oesophagus und des Magens. Ref.:
Prof. Chevalier Jackson - Pittsburg, Ver. St. A., Prof. Dr. G. Kil-
1 i a n - Berlin. 2. Die Methoden und Resultate der Behandlung der
Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheitem mit Salvarsan und anderen
arsenikhaltigen Mitteln. (Zusammen mit Sektion XVI.) Ref.:
Dr. Andre C a s t e x - Paris, Prof. Dr. P. Gerber- Königsberg i. Pr.
3. Die Indikationen für die Tonsillotomie und die Tonsillektomie und
ihre relativen Werte. Ref.: Prof. Dr. H. B u r g e r - Amsterdam,
Dr. J. L. G o o d a 1 e - Boston, Ver. St. A. 4. Die spezielle Behand¬
lung des Halses, der Nase und des Ohr°s während der aktiven
Stadien gewisser infektiöser fieberhafter Erkrankungen, namentlich
Scharlach, Masern, Röteln, Mumps. Influenza, Abdominaltyphus,
Keuchhusten, Pocken, Genickstarre, Poliomyelitis, Meningitis cerebro¬
spinalis, Erysipel (mit Ausnahme der Diphtherie). (Zusammen mit
Sektion XVI.) Ref. : Dr. Viktor D e 1 s a u x - Brüssel, Dr. E. W. Goo-
d a 1 1 - London. 5. Die Pathologie und die Behandlung bösartiger
Geschwülste der Nase und des Nasenrachenraumes (Fibrome ausge¬
schlossen). Ref. : Prof. Cav. G. F e r r e r i - Rom, Dr. H. Mar¬
se h i k - Wien.
XVI. Ohrenkrankheiten. 1. Die Pathologie der Taub¬
stummheit. Ref.: Prof. Dr. Alfred D e n k e r - Halle a. S., Prof. Dr.
Holger M y g i n d- Kopenhagen. 2. Die Methoden und Resultate der
Behandlung der Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten mit Salvarsan
und anderen arsenikhaltigen Mitteln, (s. Sekt. XV.) 3. Die nicht¬
eitrigen Labyrintherkrankungen. Ref.: Prof. Dr. Gustav Alexan¬
der - Wien, Dr. Karl v. Eicken- Giess°n. 4. Die spezielle Be¬
handlung des Halses, der Nase und des Ohres etc. (s. Sekt. XV.)
5. Klimatologische und Berufseinflüsse bei Ohrenkrankheiten. Ref.:
Dr. Clarence J. B 1 a k e - Boston, Ver. St. A., Prof. Giuseppe Gra¬
de n i g o - T urin.
XVII. Mundheilkunde. 1. Die Pathologie und Behandlung
der periodontischen Affektionen (Pyorrhoea alveolaris). Ref.: E. B.
Dowsett, M.R.C.S., L.D.S., London, Dr. N. N. Znamensky-
Moskau. 2. Die Beziehungen zwischen Nasenobstruktion und Zahn¬
krankheiten. Ref.: Dr. Jules F e r r i e r - Paris, J. G. Turner,
F.R.C.S., L.D.S., London. 3. Zahnkrankheiten in Beziehung zur öffent¬
lichen Gesundheit. Ref.: Dr. J. Sim W a 1 1 a c e - London. Dr. Harold
Williams- Boston, Ver. St. A. 4. Die Ueberwachung der Gesund¬
heit der Kinder zwischen den ersten Jahren und dem Schulalter.
(Zusammen mit Sektion XVIII.) Ref.: W. W. James, F.R.C.S.,
L.D.S., London, Dr. W. Leslie Mackenzie - Edinburgh. 5. Re¬
flektorische und funktionelle Störungen im Zusammenhang mit den
Zähnen. Ref.: Dr. A. W. W. B a k e r - Dublin, Dr. Rousseau-
D e c e 1 1 e - Paris.
XVIII. Hygiene und Prophylaxe. 1. Der Einfluss de
Staubes als Ursache von Lungenkrankheiten. Ref.: Dr. E. L. Co!
1 i s - London. 2. Kindersterblichkeit in den vier ersten Leben
Wochen, (s. Sekt. VIII und X.) 3. Die bestimmenden Faktoren di
Entwicklung, Verbreitung und Virulenz der epidemischen Krankheite
Ref.: Dr. Major GreenwoodTondon, Prof. Dr. G. Sticker
Bonn a. Rh. 4. Die Ueberwachung der Gesundheit der Kindt
zwischen den ersten Jahren und dem Schulalter, (s. Sekt. XVII
5. Die Ursachen, Verhütung und Behandlung der Sehstörungen h
Schulkindern. Ref.: Dr. James K e r r - London, Prof. Dr. R. Pos
seck - Graz.
XIX. Gerichtliche Medizin. 1. Die Ursache und Verhütung dt
Selbstmordes. 2. Der Unterricht der gerichtlichen Medizin, eii
schliessend die Errichtung und Ausstattung eines Institutes. Reij
Prof. Dr. H. Z a n g g e r - Zürich, Prof. L. T h o i n o t - Paris. 3. D)
Syphilis als Staatsgefahr und die Frage „der Staatskontrolle. (
Sekt. XIII.) 4. Die Psychologie des Verbrechens, (s. Sekt. XII.)
XX. K r i e g s c h i r u r g i e. 1. Transport Verwundeter
bergigem Gelände. Ref.: Major Jay G o u 1 d, I.M.S., zusammen n|
Capt. C. W. Melville, I.M.S. 2. Spitalschiffe und Transport vt
Verwundeten. Ref.: Surg.-Gen. C. F. Stokes, Ver. St.
3. Wasserversorgung im Felde. Ref.: M. Kir. Dr Zoltän d
A j k a y, Ungarn, Lt.-Col. E. J e n n i n g s, I.M.S. 4. Schutzimpfiu
gegen Abdominaltyphus. Ref.: Lt.-Col. Sir William Lei sh mal
R.A.M.C., Major Fredk. F. Russell, Ver. St. A. 5. Sanitäre 0
ganisation im Tropenklima. (Zusammen mit Sektion XXI.) Rei
Col. W. C. Gorgan, Ver. St. A„ Col. P. H e h i r, I.M.S., Stabsari
Dr. H i n t z e - Berlin, Prof. Sir Ronald Ross- Liverpool. 6. D
Behandlung der Syphilis mit Salvarsan und verwandten Substanze
(s. Sekt. XIII.) 7. Caissonkrankheit. Ref. : Prof. P. R. M o u 1 i n i e i
Bordeaux, Staff.-Surg. R. W. G. S t e w a r t, R.N. 8. Die Physiolog
der körperlichen Uebung und des Marschierens. Ref.: Marine-Stab
arzt Dr. B u c h i n g e r - Wilhelmshaven, Lt.-Col. C. H. M elvi 11
R.A.M.C.
XXI. Tropenkrankheiten. 1. Pest. Ref.: Prof. Dr. S. K
tasato - Tokio, Major W. G. L i s t o n, I.M.S. 2. Beri-beri. RU]
Prof. Dr. C. E i j k m a n - Utrecht, Prof. Dr. B. N o c h t - Hamburg
3. Sanitäre Organisation im Tropenklima, (s. Sektion XX.) 4. Leis!
maniasis. Ref.: Prof. A. L a v e r a n - Paris, Dr. C. Nicolh
Tunis. 5. Rückfallfieber. Ref.: Dr. C. L e v a d i t i - Paris, PF
F. G. N o v y, Ann Arbor, Ver. St. A.
XXII. Radiologie. Die Radiotherapie der bösartigen Kran
heiten. Die Röntgendiagnostik der Bauchorgane. 2. Die Röntge
diagnostik der Brustorgane Ref.: Dr. Hugh W a 1 s h a m - Londn
Prof. Dr. K. F. v. Wenckebach - Strassburg. 4. Die Röntge
und Radiumtherapie in der Gynäkologie, (s. Sekt VIII.) 5. L
Radiographie der Knochen und Gelenke und ihr Wert für die ortlij
pädische Chirurgie, (s. Sekt. VII Ta]-)
XXIII. G e s c h i c h t e der Medizin. (Das Programm
noch nicht festgestellt.)
Aus der Geschäftsordnung: Für die Dauer des Ko
gresses wird ein Central Bureau in der Royal Albert Hall, Kensingt
Gore, S.W., eingerichtet werden; die Mitglieder werden ersucht. ;
Dienstag, den 5. August von 10 Uhr morgens an ihre Namen du
eintragen zu lassen. Der Beitrag beträgt: 1 Pfund Sterling = 25 Krön!
(Oesterreich) = 25 Francs = 20 Mark = 15 Rupees 20 Krön1
(Norwegen) = 5 Dollars (Vereinigte Staaten oder Canada). I)
Damen der Kongressmitglieder, welche am Kongresse teilzunehm
wünschen, bezahlen den halben Beitrag. Die Beiträge sind (in Foil
von Postanweisung) zahlbar an: The Treasurers. XVII. Internatioi}
Congress of Medicine. Es wird ersucht, bei Einsendung des B|
träges anzugeben, in welche Sektion der Name des Senders ein?
tragen ist. Gleichzeitig mit dem Beitrag ist der volle Name, Tit.
ärztliche Stellung und genaue Adresse zu senden. Auch wird i
Mitteilung etwaiger Veränderungen der Adressen gebeten. Das Ze-
tralbureau des Kongresses wird die Mitgliedskarten innerhalb ein
Woche nach Eingang des Beitrages aussenden.
Aus der Geschäftsordnung für die Sektion e;:
Die Sitzungen beginnen um 9.30 des Morgens und 3 Uhr nachmittag
Referate. Die Morgensitzung der Sektionen bleibt reservk
für die Diskussion wichtiger Referate, die vorher vom Sektionsvfj
stand bestimmt worden sind. Jedem Referenten stehen 15 Minul
zur Verfügung zur Einleitung der Diskussion und 10 Minuten für se|
Erwiderung am Schlüsse. Den anderen Teilnehmern an der Pr
kussion werden je 10 Minuten bewilligt.
Originalvorträge. Die Nachmittagssitzungen sind für U
Vortrag und die Diskussion von Originalarbeiten bestimmt. Die ’L*
dieser Arbeiten sind dem Zentralbureau des Kongresses bis z>
30. April 1913 einzusenden. Die Sektionsvorstände haben das Reo-
unter diesen Arbeiten eine Auswahl zu treffen und ungeeignete zurii -
zuweisen. Arbeiten, welche erst nach dem 30. April 1913 angemeU
werden, können erst nach Erledigung der rechtzeitig eingegangei'
auf die Tagesordnung gesetzt werden. Keine Arbeit kann zum V*
trag gelangen, wenn nicht der Titel vor dem 1. Juli 1913 in P
Händen des Sektionssekretärs ist. Der Wortlaut muss mit
Maschine geschrieben werden. Für jeden Vortrag können höchst®
(Aärz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
501
- limiteil zur Verfügung gestellt werden, und 5 Minuten für jeden
Vielnncr an der Diskussion. Dem Verfasser stehen weitere 5 Mi-
i n für eine Erwiderung zur Verfügung. Der Wortlaut der Referate
i der Originalvorträge darf Englisch, Französisch, Deutsch oder
.misch geschrieben werden.
Auswärtige Briefe.
Breslauer Briefe.
(Eigener Bericht.)
Ende Februar 1913.
Wirtschaftlicher Zusammenschluss der Spezialärzte Breslaus. —
i Geburtenrückgang und die Aerzte; Rundfrage der Schlesischen
. itekammer.
Angesichts der durch das ganze ärztliche Deutschland gehenden
i tätigen Stellungnahme gegenüber der zum 1. Januar 1914 be¬
stehenden Reichsversicherungsordnung dürfte es an der Zeit sein,
auch der Breslauer Korrespondent wieder einmal Bericht er-
c tet. Seitensprünge, wie sie Berlin und Hamburg beliebten, sind
: Breslau ausgeschlossen. In der Generalversammlung des Vereins
llslauer Aerzte vom 16. Januar ds. Js. wurde die sofortige Schaffung
i r lokalen kassenärztlichen Organisation nach dem Muster der ent¬
gehenden im Reich fast einstimmig angenommen. Die Kassen¬
vereinigung soll auch die Verträge der einzelnen Aerzte ab-
t iessen, gleichgültig ob solche auf Basis der freien Arztwahl oder
i,h dem früheren kassenärztlichen System bestehen. Nach ein¬
ender Diskussion, bei welcher die erschwerte Erwerbung der
* htsfähigkeit wesentlich in Betracht gezogen wurde, entschied man
i . keinen neuen Kassenverein zu gründen, sondern die Organisation
Anschluss an den bestehenden Aerzteverein vor sich gehen zu
ä en. Verhältnismässig spät ist dieser wichtigste Schritt in der
senarztbewegung in Breslau getan worden, aber die Breslauer
en schon bei Beginn dieser Bewegung, als es sich im wesentlichen
die freie Arztwahl handelte, vor mehr als einem Jahrzehnt be-
isen, dass sie im Interesse der Allgemeinheit Opfer zu bringen und
i räftig vorzugehen wissen. Seinerzeit waren es die Breslauer
; zialärzte, insbesondere die neugegründete „Freie Vereinigung
i slauer Augenärzte“, welche den Praktikern mit gutem Beispiel
•angingen. Eine grosse Anzahl fixierter Augenkassenarztstellen
rde durch geschlossenes Vorgehen der freien Augenarztwahl zu-
ihrt und z. T. recht günstige Bezahlung der Einzelleistung erwirkt;
i ererseits aber hielten sich die Augenärzte überall da bescheiden
. ück, wo sie durch Eigenbrödelei das Zustandekommen von Ver¬
tuen mit freier Arztwahl für die praktischen Aerzte gefährdet hätten.
Augenärzte machten bei den anderen Spezialisten Schule; sehr
>J schlossen sich auch die Hals-, Nasen- und Ohrenärzte, die
• uenärzte, die Hautärzte, die Chirurgen usw. zu wirtschaftlichen
. bänden zusammen, nicht alle mit dem gleichen Erfolge. Aber
i h scheinbare Misserfolge, wie solche der Chirurgischen Gesell-
aft kürzlich beschieden, können den Keim des Guten in sich tragen.
: einem Breslauer Krankenkassenverbande wurde Ende 1911 die
i dahin fixierte Chirurgenstelle frei. Ein Ersatz fand sich nicht und
; rite auch den ärztlichen Reversen gemäss nicht gefunden werden:
i r eine Einigung mit der Chirurgischen Gesellschaft kam ebenfalls
i lt zustande. Diese veranlasste nunmehr, dass die von den Aerzten
i die Polikliniken überwiesenen Kassenpatienten nicht mehr wie
ner unentgeltlich behandelt würden, sondern dass die Behandlung
) dann erfolge, wenn die betreffende Kasse sich schriftlich ver-
) chte, das Honorar und zwar entsprechend den Mindestsätzen der
nihrenordnung zu tragen. Dieses Verfahren hielt der Kassenvor-
>nd für ungesetzlich und reichte deshalb Beschwerde beim zu-
mdigen Ministerium ein. Die vom Kurator der Universität Breslau
^gegangene Antwort besagt zwar, dass ein Honorar nicht liquidiert
>rden dürfe (übrigens abgesehen von den Unkosten an ärztlichem
rsonal, Einrichtungen, Bädern, Medikamenten, Verbänden etc.),
ihrerseits aber stellt sie fest, dass in den Universitätspolikliniken
unbemittelte Patienten behandelt werden sollen und dass
’ inkenkassenpatienten grundsätzlich nicht als unbemittelt angesehen
' rden dürften. Hiernach zu verfahren sind die Direktoren sämt-
ter in Betracht kommender klinischer Anstalten nun angewiesen
\ rden.
Dass es unter diesen Umständen — Bezahlung spezialistischer
[isturig meist nach dem für die Praktiker geltenden kassenärztlichen
’uimalsolde von 50 — 60 Pf., Abschiebung der operativen Fälle in
: öffentlichen Kliniken — seit Jahren unter den Spezialärzten, wel-
- n keine Klinik zur Verfügung stand, gärte, kann nicht wunder-
nmen; noch weniger zu verwundern ist es, dass diese Gärung
Aesichts der mit dem Jahre 1914 bevorstehenden endgültigen Rege-
lig der Kassenarztverhältnisse sich in explosiver Weise Luft macht.
E Thüringer Spezialärzte sind uns mit gutem Beispiele vorange-
Ggen. Dieselben haben bekanntlich am 21. Oktober 1912 sich auf
'■wisse Thesen, den Bedürftigkeitsnachweis in den öffentlichen Kliniken
G die freie Spezialarztwahl betreffend, festgelegt und Kommissionen
; bildet, welche das Interesse der Spezialärzte im allgemeinen ärzt-
jiien Verein von Thüringungen und beim L. W. V. vertreten sollen;
■zterer soll sanft daran erinnert werden, den Spezialärzten etwas
mehr Beachtung als seither (vgl. die Tarifverträge) entgegenzubringen.
Wir sind in Breslau etwas radikaler vorgegaiigcn. Hier ist am
18. Februar von einer zahlreich besuchten Versammlung hiesiger
Spezialärzte, in welcher auch die Universitätskliniken zum Teil durch
ihre Direktoren vertreten waren, ein „Zweckverband der Breslauer
Spezialärzte“ gegründet worden, freilich mit besonderer Betonung,
dass derselbe sich innerhalb der vom L. W. V. gegebenen Direktiven
und im engen Anschluss an denselben halten solle. Inwiefern dies
durchführbar, wird die weitere Entwicklung der spezialistischen Sache
ja lehren. Der mit der Einladung zu der konstituierenden Versamm¬
lung verschickte „Aufruf“ ist so vielsagend, dass seine wörtliche
Wiedergabe interessieren dürfte. Er lautete; „Bei der bevorstehen¬
den Einführung der Reichsversicherungsordnung ist es an der Zeit,
dass auch die Spezialärzte zu ihrem bisher wenig oder gar nicht
beachteten Rechte kommen. Dies erscheint uns nur möglich, wenn
sämtliche Spezialärzte zusammentreten und eine grosse spezialärzt¬
liche Interessenvereinigung schaffen, welche schnell und prompt ar¬
beitet und nötigenfalls die den Spezialärzten verweigerten oder er¬
schwerten Erwerbsmöglichkeiten erzwingt. Es wird dringend ge¬
beten, der beigefügten Einladung entweder selbst Folge zu leisten
oder wenn Sie einer spezialärztlichen Vereinigung amgehören, zu ver¬
anlassen, dass mehrere bevollmächtigte Vertreter Ihrer Vereinigung
erscheinen“. Die Versammlung war sehr zahlreich besucht und min¬
destens die Hälfte aller Breslauer Spezialärzte war vertreten. Aus der
Diskussion ist erwähnenswert, dass die Kliniker aus dem Gefühl
heraus, unlauteren Wettbewerb vermeiden zu müssen, im Interesse
der jüngeren Spezialistengeneration sich der Bewegung anschlössen;
die Privatspezialisten seien den Krankenkassen gegenüber gewisser-
massen vogelfrei; die R.V.O. dürfe nicht verbieten, dass Patienten
ein selbst gewähltes Krankenhaus aufsuchten, insofern die Zahlungs¬
bedingungen in demselben sich in nichts von dem der Krankenkasse
erwünschten unterschieden. Die Kassen sollten den einzelner.
Gruppen der Spezialärzte ein Pauschale bewilligen, in welches diese
sich dann selbst teilen würden. Gestreift wurde auch die Frage
der sog. „U n d“ Spezialisten. Die chirurgische Gesellschaft hat, um
die Aufnahme derselben zu ermöglichen, solche als ausserordentliche
Mitglieder neben den ordentlichen, den eigentlichen Chirurgen, be¬
zeichnet. Man liess die Frage einstweilen in der Schwebe, um mög¬
lichst einmütig zur Gründung des Vereins zu gelangen. Ein Arbeits¬
ausschuss von 3 Mitgliedern wurde gewählt mit dem Rechte der
Kooptation. Man darf füglich gespannt sein, mit welchem Erfolge
der Arbeitsausschuss arbeiten wird; der Schwierigkeiten gibt es viele
und schwer iiberwindliche. Andererseits ist der Notstand der Privat¬
spezialisten unverkennbar; die missliche Lage derselben, insbesondere
der Augen- und auch der- Ohrenärzte, liegt klar zutage; den prak¬
tischen Aerzten gegenüber sind sie auch insofern benachteiligt, als
letztere alle möglichen lukrativen Pfründen haben können, die diesen
verschlossen sind; — da ist der eine Versicherungsarzt, der andere
Schularzt, der dritte bei der Post, der vierte bei der Berufsgenossen¬
schaft — , auch haben sie vielfach irgend eine sonstige beamten¬
ähnliche Stellung, während die Spezialärzte leer ausgehen; die paar
Atteste kommen kaum mehr in Frage und wenn sie schliesslich auch
noch darauf warten sollen, dass ihnen die Kassenärzte Patienten
überweisen, dann bleibt wohl nur ein ganz bescheidener Kreis
von Patienten noch übrig, der ungehindert zu ihnen kommen kann.
Alle diese Missstände soll der Zusammenschluss vom 18. Februar be¬
seitigen!
Unsere Tagespresse, in welcher die Krankenkassenbewegung
naturgemäss einen stetig wachsenden Raum einnimmt, hat in letzter
Zeit mehrfach Gelegenheit gehabt, ärztliche Angelegenheiten auch aus
dem internen Kreise wissenschaftlicher Sitzungen heraus vor das
Forum der Oeffentlichkeit bringen zu müssen. Am 22. November
vorigen Jahres fand eine gemeinsame Sitzung der medizinischen und
staatswirtschaftlichen Sektion der Schlesischen Gesellschaft für vater¬
ländische Kultur statt, in welcher der Professor der Nationalökonomie,
Geh. Reg.-Rat Julius Wolf einen Vortrag über den Geburtenrückgang
hielt. Der Vortragende gab begreiflicherweise im Wesentlichen einen
Auszug aus seinem jüngst erschienenen Buche über das gleiche Thema,
beschränkte sich auf kurze Andeutungen der wirtschaftlichen Ur¬
sachen des Geburtenrückganges, verweilte mit besonderer Ausführ¬
lichkeit bei den religiösen und politischen Gesinnungsmomenten, denen
er eine erhebliche ursächliche Bedeutung zuschreibt und richtete
schliesslich einen Appell an die Aerzte, in den Familien wie in der
Oeffentlichkeit auch der gewollten Geburtenbeschränkung entgegen¬
zuwirken. An den Vortrag schloss sich eine sehr lebhafte Diskussion,
die 2 Sitzungen in Anspruch nahm und schliesslich noch eine Fort¬
setzung in der Tagespresse fand. Geheimrat Prof. K ü s t n e r wies
auf gesundheitsschädliche Abortiv- und Präventivmittel hin, Geh.
Rat Prof. Part sch auf die Schäden der Kurpfuscherei, deren gesetz¬
liche Bekämpfung leider nicht ins Leben getreten sei. Von kreis¬
ärztlicher Seite (Geh. Rat Dr. Wolffberg) wurde auf gewisse
statistische Fehlerquellen hingewiesen; die öffentlichen Zeitungsan-
kündigungen von „Rat und Hilfe“, die Anpreisungen und öffentlichen
Ausstellungen von Schutzmitteln, „hygienischen Artikeln“, sowie ge¬
wisse literarische Erzeugnisse hätten den Geburtenrückgang sehr ge¬
fördert durch Verbreitung des Präventivverkehrs, anscheinend auch
durch Zunahme der verbrecherischen Aborte, ln Breslau macht sich
der Geburtenrückgang seit Ende des vorigen, besonders aber seit
' Beginn dieses Jahrhunderts und zwar ausschliesslich bei den ehe-
502
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
liehen Geburten, bemerkbar. Die natürlichen Ursachen sind
mannigfaltiger Art; zu ihnen sind die Verbreitung der Geschlechts¬
krankheiten, die zunehmende Beteiligung der Frauen an der Erwerbs¬
tätigkeit, das steigende Heiratsalter der Männer usw. zu rechnen.
Die Ursachen der gewollten Beschränkung sind vorzüglich die wirt¬
schaftlichen Schwierigkeiten, vielleicht auch Vergnügungssucht und
Unbequemlichkeit. Dr. Oettinger bemängelte die Richtigkeit
einiger vom Vortragenden angegebenen Zahlen. Oberlandesgerichts¬
präsident V i e r h a u s erörterte die juristische Möglichkeit einer
Unterdrückung der Abortiv- und Präventivmittel und bemerkte, dass
der Vortragende vor einiger Zeit bei der Besprechung der Teuerung
auf die Uebervölkerung in Deutschland hingewiesen habe. Dr. Ri¬
chard Kayser kritisierte in scharfer Weise die tendenziösen Zahlen¬
gruppierungen des Vortragenden in Bezug auf den Einfluss religiöser
und politischer Gesinnung für die Geburtenziffer und hielt den Appell
an die Aerzte für undurchführbar. Dr. C h o t z e n und Dr. Asch
sprachen vom Standpunkte des Dermatologen resp. Gynäkologen, in¬
dem sie es ablehnten, ärztlich anders als in hygienischer Hinsicht
zur vorliegenden Frage Stellung nehmen zu können. Dr. Asch er¬
klärte nun in der Generalversammlung der schlesischen Gruppe des
Deutschen Bundes für Mutterschutz (18. Januar): „Der National¬
ökonom Geheimrat Wolf hat in einem Vortrage die Aerzte zu Vor¬
kämpfern gegen die gewollte Einschränkung aufgerufen, aber hierbei
mit Recht sofortigen Widerspruch gefunden. Die Aerzte wollen den
Geburtenrückgang nicht fördern, müssen aber denen, die aus guten
Gründen einer Geburt Vorbeugen wollen und den Arzt fragen, mit
ihrem Rat beistehen, damit wenigstens keine Unrechten Mittel ge¬
braucht werden“. Gegen diese Aeusserung glaubte Prof. Wolf sich
in der Schlesischen Zeitung öffentlich verwahren zu müssen, da sie
den Anschein erwecke, als verlange er von den Aerzten, auch da die
Geburten vor sich gehen zu lassen, wo die Verhinderung aus ärzt¬
lichen Gründen geboten sei. Leider kam Prof. Wolf bei dieser Ab¬
wehr auf eine Gruppe zu sprechen, welche „wohl fortgesetzt sich
vermehrend, zahlreich aus Frauenärzten bestehend, sich, wie es
scheinen will, schon für berechtigt hält, auch den eigenen Wünschen
der Klienten in gewisser Weise Rechnung zu tragen“ und diese
Wünsche seien häufig genug direkt frivol; eine Badereise, der Wunsch,
eine gesellschaftliche Saison nicht zu versäumen und ähnliches.
Dass diese vor breitester Oeffentlichkeit vorgetragenen Angriffe ener¬
gisch abgewehrt werden mussten, liegt auf der Hand und mit Recht
erwiderte Asch u. a. : „Die hohe Achtung, die der deutsche Arzt aus
der Idealität in der Auffassung seines Berufes heraus geniesst, dürfte
es dem Autor wohl nahelegen, eine Badereise, den Wunsch, eine ge¬
sellschaftliche Saison nicht zu versäumen und ähnliches, nicht als
Gründe hinzustellen, aus denen sich diese Aerzte berechtigt glauben,
den eigenen Wünschen der Klienten in gewisser Weise Rechnung zu
tragen. Die Aerzte wollen und sollen mit der Geburtenpolitik nichts
zu schaffen haben und kommen in ihrer Tätigkeit gar nicht in die
Lage, M a 1 1 h u s sehe Lehren oder neomalthusianische Anschauungen
in die Praxis umzusetzen; das ergab sich auch aus dem Resultat der
Umfrage, die seitens der schlesischen Aerztekammer bei den Aerzten
Schlesiens gehalten wurde. Diese Umfrage hat übrigens ein inter¬
essantes reichhaltiges Ansichtenmaterial zur Geburtenrückgangsfrage
geschaffen. Es gingen 114 Beantwortungen des Fragebogens ein,
welche in der Sitzung der Aerztekammer der Provinz Schlesien vom
27. November 1912 vom Kollegen Magen in übersichtlicher, zunächst
nur oberflächlich informierender Weise besprochen wurden. Von be¬
sonderem Interesse dürfte sein, dass 108 Aerzte den Geburtenrück¬
gang auf gewollte Beschränkung zurückführen. Auf die Frage, in wel¬
cher Weise die Beschränkung hauptsächlich erzielt werde, ob a) durch
antikonzeptionelle Mittel, lautet die Antwort 99 mal ja, 7 mal nein:
ob b) durch künstlichen Abort, 61 mal ja, 19 mal nein; ob c) durch
Coitus reservatus, 89 mal ja, 5 mal nein. Der Einfluss des Alkoholis-
mus wird seitens der Aerzte verschieden beurteilt. Die Frage, ob
der chronische Missbrauch alkoholischer Getränke zugenommen habe,
kann vielleicht schon jetzt verneint werden. Es scheint festzustehen,
dass der Verbrauch an Branntwein und wohl auch an Bier zuriiek-
geht. Einige Aerzte behaupten, dass Säufer mehr Kinder haben als
andere. Dann wäre der Geburtenrückgang freilich eine Wohltat für
die Menschheit. Eine ausführliche Bearbeitung des bezeichneten Ma¬
terials wird uns von der Aerztekammerkommission noch vorgelegt
werden. Einstweilen dürfte es angebracht sein, die Dinge nicht tra¬
gischer zu nehmen als sie sind; wir stehen vollständig auf dem Stand¬
punkt, welchen der Abgeordnete Dr. M u g d a n im Preussischen Ab¬
geordnetenhaus bei Beratung des letzten Medizinaletats vertrat, als
man die Frage des Geburtenrückgangs ausgiebig diskutierte; „Partei-
Politik und Religion seien ausser Betracht zu lassen; wenn der
Selbstwille auch nicht zu leugnen, so hege noch keine Entsittlichung
darin; in den meisten Fällen handelt es sich um strengere' Auffassung
der elterlichen Pflicht den Kindern gegenüber, die man habe; man
singe so häufig das hohe Lied der Frau; dann solle man auch daran
denken, dass die erwerbstätige Frau, wenn sie Mutter werde, grosse
finanzielle Einbusse erleide; die Medizinalverwaltung täte besser, ihre
ganze Kraft auf die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit zu kon¬
zentrieren." _ _ ff _
No. <
Verschiedenes.
Aus den Parlamenten.
Deutscher Reichstag.
Die Petition der Impfgegner um Einsetzung einer Sachverstand
genkommission, die aus Impfgegnern und Impffreunden zusammen
gesetzt sein soll, hat in der Petitionskommission einen vorläufige
Erfolg gehabt; es wurde beschlossen, die Petition der Regierung zu
Berücksichtigung zu überweisen. Interessant sind die Gründe, welch
die Vertreter der einzelnen Parteien zu ihrer Stellungnahme ver
anlassten. Ein Fortschrittler stimmte für Berücksichtigung de
Petition, jedoch mit dem ausdrücklichen Bemerken, dass er ein Impi
freund sei und von der Tätigkeit der Kommission eine Aufklärung de
Bevölkerung und damit eine Eindämmung der etwas geräuschvolle
Agitation der Impfgegner erwarte. Der Regierungsvertreter wies au
die Schwierigkeit hin, eine „paritätische“ Sachverständigenkommis
sion zusammenzubringen und die bestehenden Meinungsdifferenzen z
überbrücken. Es könne auch schwerlich neues Material beigebrach
wxrden, das imstande wäre, den Standpunkt der Regierung, die vo
der Notwendigkeit des Impfzwanges überzeugt sei, zu erschüttert
Ein Zentrumsvertreter sprach unter Zustimmung der Redner andere!
Parteien sein Bedauern über die ablehnende Stellungnahme der Rc
gierung aus und kündigte eine eingehende Behandlung der Frage ir
Plenum an. Die Erwartung, dass die Erkrankungsfälle in Frankj
furt a. M. abkiihlend auf die Agitation der Impfgegner wirken würde!
scheint sich also nicht zu bestätigen.
Preussisches Abgeordnetenhaus.
In der Budgetkommission wurde bei der Beratung des Kultus;
etats die Frage der Zulassung der Ausländer an den Universitäte
besprochen. Es wurde über die mangelhafte Vorbildung vieler Aus
Linder geklagt, die vielfach der deutschen Sprache nicht genügen
mächtig seien und in den Kliniken den Inländern die besten Platz
wegnehmen. Der Minister betonte, dass man von jeher den Aus
ländern ein weitgehendes Gastrecht an den Universitäten eingeräum;
und dadurch wertvolle Beziehungen zwischen Deutschland und der
Auslande angebabnt habe; dadurch dürfe allerdings das Studium de:
Inländer nicht beeinträchtigt werden. Der Zudrang der Auslände
sei besonders stark in Königsberg, Breslau, Berlin und Halle; ur
ihre Zahl zu beschränken, sei die Zulassungsgebühr an den Institute
für die Ausländer verdoppelt, und an die Vorbildung werden rnög
liehst die gleichen Bedingungen wie für die Inländer gestellt. Die Zu
lassung zu den Kliniken soll von der Ablegung der ärztlichen Vor
Prüfung abhängig gemacht werden; weitere Massnahmen zur Bc
Schränkung der Zahl der ausländischen Studenten werden noch erj
wogen. M. K.
Merkblatt für die W a s s e r m a n n sehe Reaktion (W.R.)
herausgegeben vom Verband ärztlicher Privatlaboratorien
(Geschäftsstelle Berlin, Karlstrasse 19).
Blutentnahme:
Mindestens 5 ccm Blut sind erforderlich. Möglichst steri
Entnahme. Schneller Versand.
Positive
Reaktion:
Beweist Syphilis bei Ausschluss von Lepra, Malaria, R'
kurrens, Frambösie.
Negative
Reaktion:
Nur beweisend bei Verdacht auf Paralyse und zweifelhafte
universellen Exanthemen.
Zweifelhafte
Reaktion: (+)
Besonders häufig bei Primäraffekt und behandelten latente
Fällen. Mehrmalige Untersuchung erforderlich.
Spezifische
Behandlung:
Beeinflusst den Ausfall der Reaktion. Ziel der Behandlung
dauernd negative Reaktion.
Primäraffekt:
Spirochätennachweis ist der W.R. überlegen. W.R. oft -er
nach B — 4 wöchentlichem Bestehen des Schankers positiv.
Universel. Exan¬
them (Roseola):
Bei unbehandeltem universellen Exanthem W.R. fast ste
positiv.
Rezidive der
Frühperiode:*)
W.R. meist positiv.
Latente Syphilis
d. Frühperiode:*)
W.R. abhängig von vorausgegangenen Kuren. Einmali'-
negative Reaktion beweist keine Heilung.
Rezidive der
Spätperiode :
W.R. meist positiv. Negativer Ausfall jedoch häufiger a
im Seknndärstadium.
Latente Syphilis
der Spätperiode:
W.R. abhängig von vorausgegangenen Kuren. Einmalige n
gative Reaktion beweist keine Heilung. Umschlag von negativ'
in positive Reaktion seltener als im Sekundärstadium.
Tabes:
W.R. in nur 50 Proz. der Fälle positiv.
Paralyse:
W.R. stets positiv.
Spinalflüssigkeit :
W.R. kann positiv sein trotz negativer Reaktion im Bin
und umgekehrt. Untersuchung differentialdiagnostisch wicl
tig bei Verdacht auf Tabes und Paralyse.
*) Die ersten 4 Jahre nach der Infektion.
iMärz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ouecksilber in der die Aerzte umgebenden Luit.
Aus der Tatsaclie, dass Quecksilber durch Destillation gewonnen
f J, weil es sich bei höherer Temperatur verflüchtigt und abgekühlt
nbar flüssig wird, aus der, dass an der Wende des XV. Jahr-
i derts Lues in der Art behandelt wurde, dass man mit Queck-
, erverbindungen räucherte und die durchräucherten Menschen so
i speichelten, dass ihre „Kiffel wackelten“, aus der weiteren, dass
mit Quecksilber arbeitenden Vergolder schon zur selben Zeit un-
, ihr unter der Qewerbekrankheit des Speichelflusses litten, und
i s über das Metall gehängte Kupfermünzen durch aufgelagertes
. ,'cksilber „versilbert“ wurden, war ohne weiteres zu folgern, dass
: Räumen, in denen mit Quecksilber hantiert wurde, die Luft gas-
nig verteiltes Quecksilber enthielt. Experimentell, quantitativ hat
se Tatsache, die unendlich viele Menschen, unter ihnen alle
I ger Aeskulaps, in erster* Reihe Physiologen, Dermatologen und
finärzte wesentlich interessiert, vor kurzer Zeit Arvid Blom-
i s t- Stockholm in den Berichten der Deutschen Pharmazeutischen
Seilschaft 1913, S. 29 nachgewiesen.
Aus seinen Untersuchungsergebnissen, die er mitteilt, sollen fol-
. de hier angeführt werden:
Er fand in je 4000 Liter Luft in dem physiologischen Institut
den oberen Räumen 0,1 — 0,3 mg Quecksilber,
len unteren Räumen, den Laboratorien 0,5 — 1,0 mg „
medizinisch-chemischen Institut 0,3 — 0,4 mg „
Staub ebenda 0,07 Proz. „
Wie anzunehmen war, fand sich im Har n der dort verkehren-
. i Personen ebenfalls Quecksilber, und zwar, wie Prof. Q ö t h 1 i n
.hgewiesen hat, ist die Resorption für einen Tag von 8 Arbeits-
- nden auf etwa 0,4 — 1,0 Quecksilber anzuschlagen, aus welcher
’ tige ein Schluss auf die Vergiftungsgefahr gezogen werden kann.
: geht aus der Tatsache des hohen Quecksilbergehalts ausserdem
vor, dass das dampfförmig verteilte Quecksilber geradezu völlig
■ orbiert worden sein muss. Q ö t h 1 i n hat schon 1909 als Vergif-
: gssymptome in 80 Proz. der Fälle unbegründete Müdigkeit, in
Proz. Mundhöhlenaffektionen, in 50 Proz. verminderten Appetit, in
• Proz. Darm- und Magensymptome bei solchen nachgewiesen, die
gere Zeit in den Instituten beschäftigt waren. In anderen Insti-
:en und Krankenhäusern zeigten sich ähnliche Erscheinungen,
eressant war das Fehlen des Quecksilbers im Gasanalysierraum,
:h interessanter fast der Grund davon: Decken, Wände und Fuss-
ien bestanden aus Zinkplatten, die das Quecksilber aus der Luft
. sich abgelagert enthielten, wie eine Untersuchung dieser Platten
:ab. Etwa 50 g von der abgeschabten Oberfläche enthielten 0,1 bis
. Es ist ganz klar, dass Zahnärzte der Gefahr chronischer
’ ecksilbervergiftungen ganz besonders ausgesetzt sind, und das
i so mehr, als gar nicht selten aus Bequemlichkeit der Queck-
•jeriiberschuss aus den Amalgamfüllungen auf dem Ballen der Hand
:r jedenfalls mit den Fingern ausgequetscht wird. Die Folge ist, dass
Herren geradezu in einer mit Quecksilber geschwängerten Atmo-
■läre Tag ein Tag aus arbeiten. Blomquist konnte bei einem
I rrn im Liter Urin die erhebliche Menge von 3 — 4 mg Quecksilber
i tstellen. Diese Tatsachen machen eine grössere Vorsicht und
: erlegtes Arbeiten zu streng zu beobachtender Pflicht.
Schelenz.
Therapeutische Notizen.
Die Pneumothoraxtherapie ist von H. Königer-
i'angen bei 20 Fällen angewendet worden (Ther. Mon.-Hefte 12, 12).
| ter diesen Fällen waren 28 Fälle von Lungentuberkulose. Bei dem
‘ rgleich der Stich- und der Schnittmethode glaubt K. der Stich-
i thode die geringsten Nachteile zuschreiben zu müssen. Das
hnittverfahren ist vielleicht zu beschränken auf die Fälle, bei denen
e herdfreie Stelle auf der kranken Seite nicht aufzufinden ist Der
Luraspalt lässt sich am besten mit Hilfe der manometrischen Be¬
achtung erkennen: beim Eindringen der Nadel in den Pleuraspalt
tsteht ein ausgesprochen negativer Druck mit mehr oder weniger
isser Atemschwankung. Der zur Ruhigstellung der Lunge not-
■ndige Druck ist individuell. Die gewöhnlich in einer Sitzung ein-
■ assende Gasmenge beträgt 500 ccm. Der operative Eingriff an sich
nicht schwierig. Die Durchführung der ganzen Behandlung er-
' dert eine langdauernde sorgfältige klinische Beobachtung. Kr.
Auf die Bedeutung der chronischen Tonsillitis weist
P ä s s 1 e r - Dresden hin (Ther. Mon.-Hefte 13, 1). Die chronische
'usillitis ist nur ausnahmsweise eine harmlose Lokalerkrankung. In
r Mehrzahl der Fälle führt sie nach einiger Zeit zu erheblichen
^gemeinen Gesundheitsschädigungen. Als solche sind zu bezeichnen:
: echte rheumatische Polyarthritis, viele Fälle von Ischias, Ery-
-•ma nodosum, Peliosis rheumatica, Chorea minor, von der sogen,
vptogenetischen Sepsis, viele Schädigungen des Herzens und des
kulationsapparats (sogen. Herzneurosen), Thrombophlebitis, echte
phritiden, Dysurie, Nephrolithiasis, Appendizitis, Dyspepsie, Ob-
pation, Magengeschwüre, Störungen des Gesamtorganismus,
Uituelle Kopfschmerzen, allgemeine neurasthenische Zustände.
Vorbedingung für die Heilung dieser Krankheitszustände ist in
ii meisten Fällen die Beseitigung der chronischen Tonsillitis. Bleibt
- Heilung aus, so ist nach dem Bestehen anderer chronischer In-
'tionszustände (Nebenhöhlen, Rachenmandel, Zähne) zu forschen.
503
Eine sichere Heilung der chronischen Tonsillitis kann nur durch
die radikale Tonsillektomie erzielt werden. Die konservativen und
die verstümmelnden operativen Behandlungsmethoden sind unsicher.
Die Ausführung der Operation ist keine schwierige. Gefahren
oder ungünstige Nachwirkungen werden durch die Operation nicht
bedingt. Kr.
Tagesgeschichtliche Notizen.
M ü n c. h e n, den 3. März 1913.
- Zum Rücktritt des Zentralimpfarztes Medizinalrates Dr. L.
Stumpf erhalten wir folgende Zuschrift seines Kollegen, des Ham¬
burger Impfarztes Prof. Dr. L. Voigt:
„Mit Bedauern lesen wir, dass der hochverdiente Zentralimpfarzt
Bayerns, Herr Medizinalrat Dr. Ludwig Stumpf, auf seinen Wunsch
in den Ruhestand versetzt worden ist.
Seine Spezialkollegen im Deutschen Reiche sehen ihn mit grosser
Betrübnis scheiden, als einen Mann deutscher Art von unermüdlicher
Arbeitsfreudigkeit, grosser Gewissenhaftigkeit und von weitem Blick,
deren man in jetziger Zeit schwer entraten kann.
Stumpf darf beim Ausscheiden aus seinem Amte auf glänzende
Erfolge zurückblicken, die seinen Namen über Deutschlands Grenzen
hinaus bekannt gemacht haben. Während seiner 26 jährigen Amts¬
führung ist das bayerische Impfwesen nicht nur auf der weltbekann¬
ten Höhe geblieben, sondern noch vervollkommnet worden. Stumpf
hat den von seinem Vorgänger, dem genialen Dr. Kranz, schon ein¬
geleiteten Uebergang zur Benutzung der Tierlymphe für die Impfung
der Menschen innerhalb weniger Jahre in grosszügiger Weise durch¬
geführt und an der Verbesserung der Gewinnung eines schutzkräftigen
Impfstoffes ganz wesentlich mitgewirkt. Von ihm persönlich, als dem
Impfarzte Münchens, sind wohl über 400 000 Menschen geimpft wor¬
den. Nach seiner Angabe ist die mustergültige Impfanstalt in Mün¬
chen (Neudeck) erbaut, und von ihm Bayern alljährlich mit fast einer
halben Million von Impfstoffportionen (Retrovakzine) versorgt wor¬
den. Die Jahresberichte, in denen er die mit seinem Impfstoffe
in ganz Bayern erzielten glänzenden Ergebnisse zusammengefasst
hat, sind von bleibendem Werte. Sie beweisen, dass das bayerische
Impfwesen seinen ersten Platz behauptet. Möge das so bleiben!
Wir leben in einer Zeit massloser Angriffe gegen den so nötigen
Impfschutz. Auch die kernige Natur des jetzt aus dem Amte schei¬
denden Medizinalrat Stumpf ist mancher Anfeindung ausgesetzt
worden. Bitternisse werden ihm' nicht erspart worden sein. Aber in
den Frieden seiner Berge nimmt er die Anerkennung und die Hoch¬
schätzung vieler mit hinaus. Die Bevölkerung Münchens und Bayerns
wird den hochverdienten Mann in dankbarer Erinnerung hochhalten.“
— Die Stadtgemeinde München hat zur Errichtung von
Spielplätzen Grundstücke in der Nähe von Harlaching, 4 km
vom Zentrum der Stadt entfernt, im Ausmasse von 10 Hektar (30 Tag¬
werk) zur Verfügung gestellt. Davon sind 12 Tagwerk für einen
Universitäts Spielplatz bestimmt.
— Prof. Dr. Theodor Kocher- Bern machte anlässlich seines
40 jährigen Jubiläums als Professor der Chirurgie an der Berner
Hochschule dem Kanton Bern eine Schenkung von 200 000 Franken.
Alle 3 Jahre, erstmals 1915 soll ein Betrag von 3000 Fr. aus den Zin¬
sen verwertet werden zur Belohnung für verdienstvolle Arbeiten oder
zur Förderung wissenschaftlicher Untersuchungen. Die Entscheidung
über die Zuteilung soll abwechselnd den 4 Hauptfakultäten zukommen
und vom Senat bestätigt werden. Das Kapital sowie die Zinsen und
Zinseszinsen sollen sicher angelegt werden, bis die Höhe einer halben
Million Franken erreicht ist. Hernach sollen die Zinsen zum Betrieb
eines Forschungsinstitutes für Biologie gebraucht
werden, d. h. für ein Institut zur Erforschung der Lebensvorgänge
im weitesten Sinne des Wortes, und zwar soll mur die direkte Förde¬
rung selbständiger wissenschaftlicher Forschungen im Auge behalten
werden, nach Muster bereits bestehender Forschungsinstitute in
Amerika, England, Frankreich, Russland und speziell der vom
Deutschen Kaiser geschaffenen deutschen Forschungsinstitute, (hk.)
— Die Ausführung des Robert Koch-Denkmals ist dem
bekannten Berliner Bildhauer Prof. Louis T u a i 1 1 o n übertragen
worden. Das Denkmal, für dessen Aufstellung die Stadt einen Teil
des Luisenplatzes überlassen hat, soll in Marmor ausgeführt werden.
— - Auf dem internationalen med. Kongress in London werden
drei, von früheren Kongressen gestiftete Preise zur Verteilung
kommen, der Preis von Moskau (5000 Franken), der Preis von Paris
(4000 Franken) und der Preis von Pest (3000 Kronen). Das perma¬
nente Kongressbureau (Haag, Hugo de Grootstrasse 10) ersucht um
Vorschläge für die Zuerkennung der Preise. Termin 1. Juni.
— Während des internationalen medizinischen Kongresses in
London wird eine von Henry S. Wellcome organisierte
historisch-medizinische Ausstellung zu sehen sein,
die u. a. interessante Gegenstände zur Geschichte der Narkose und
der Vakzination enthalten wird. Kollegen, die mit der Geschichte
der Medizin und deren verwandten Wissenschaften zusammen¬
hängende Gegenstände ähnlicher Art besitzen und gewillt sind, sie
leihweise zu überlassen, wollen sich mit „The Secretary, 54 A Wig-
more Street, London W.“ in Verbindung setzen, der gerne einen voll¬
ständigen, illustrierten Katalog an alle Interessenten senden wird.
504
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. O.i
Wie wir mit Bedauern hören, ist Prof. D ii h r s s e n, der
ausgezeichnete Berliner Gynäkologe, an einer Streptokokkeninfektion,
die er sich bei Ausführung einer Operation zuzog, schwer erkrankt.
Dr. Alexander Nehrkorn, Chefarzt der chirurgischen Ab¬
teilung des städtischen Krankenhauses zu Elberfeld, ist der Professor¬
titel verliehen worden, (hk.)
- Hofrat Dr. D a p p e r in Bad Kissingen wurde vom Prinz¬
regenten unter dem Namen v. Dapper-Saalsfeld in den erb¬
lichen Adelsstand versetzt.
- An der Akademie für praktische Medizin in Düsseldorf findet
vom 14. bis 26. April ein Sonderkursus zur Ausbildung von
Schulärzten statt. Als Vortragende in diesem Kursus sind ausser
den Dozenten der Akademie, zahlreiche hervorragende Schulmänner
und Hygieniker beteiligt, darunter Prof. Dr. Selter- Bonn, der auf
diesem Gebiete besondere Erfahrungen besitzt. — Ausserdem findet
vom 7. bis 19. Juli ein Kursus für „Soziale Medizin“ statt, mit
besonderer Berücksichtigung der Unfall- und Invalidenbegutachtung.
Auch an diesem Kursus werden ausser den Dozenten der Akademie
hervorragende Sozialpolitiker Vorträge halten. Auskunft erteilt das
Sekretariat der Akademie.
- Für die Versammlung des Deutschen Vereins für
Schulgesjundheitspflege (Pfingstwoche, 13.— 15. Mai) in
Breslau sind folgende Hauptreferate aufgestellt: 1. Welche An¬
forderungen müssen vom hygienischen Standpunkte an die Schul¬
anfänger gestellt werden? (Referenten: Stadtschulrat' Dr. Stein¬
haus-Dortmund und Stadtschulrat Dr. W e h r h a h n - Hannover.)
2. Die Bedeutung der Landerziehungsheime vom hygienischen und
pädagogischen Standpunkte. (Referenten : Dr. L i e t z, Direktor der
Landerziehungsheime ' Haubinda, Ilsenburg und Schloss Bieberstein,
und Schularzt Dr. Sexauer - Godesberg.) Anfragen die Versamm¬
lung betreffend sind an den Geschäftsführer des Vereins, Professor
Dr. S.e 1 1 e r - Bonn, Hygienisches Institut, zu richten.
— Der 30. Deutsche Kongress für innere M e d i -
z i n findet vom 15. bis 18. April in Wiesbaden statt. Vortragsanmel¬
dungen sind an den Vorsitzenden mit kurzer (leserlicher) Inhalts¬
angabe bis 17. März einzureichen. Der Preis der Eintrittskarte be¬
trägt 15 M. Es wird gebeten, die Beiträge im voraus an den Kassen-
fiihrer des Kongresses, Herrn Dr. Julius Wibel, Wiesbaden, Rhein¬
strasse 68 (Postscheckkonto No. 6051 bei dem Postscheckamt in
Frankfurt a. M.), einzusenden. Das Hauptthema des Kongresses
lautet: Wesen und Behandlung des Fiebers. Referenten: Herr Hans
H. Meyer- Wien und Herr v. K r e h 1 - Heidelberg. Ausserdem sind
zahlreiche Vorträge bereits angemeldet.
ln der Deutschen Gesellschaft für Rassen¬
hygiene, Ortsgruppe München, spricht am Freitag, den
7. März, abends 8'A Uhr im Hörsaal des anatomischen Institutes bei
freiem Eintritt Herr o. ö. Professor Dr. Julius Tandler, Direktor
des ersten anatomischen Institutes der Universität Wien über „K o n -
stitution und Rassen hygien e“.
- Der Verband ärztlicher Privatlaboratorien hat ein Merk¬
blatt über die Wasser mann sehe Reaktion heraus¬
gegeben, das praktischen Aerzten die Deutung und Wertigkeit der
Untersuchungsergebnisse in den einzelnen Stadien der Syphilis er¬
leichtern soll. Das Merkblatt kann von Aerzten aus der Geschäfts¬
stelle, Berlin, Karlstr. 14, gegen Einsendung von 10 Pf. (in Marken)
bezogen worden. (Das Merkblatt ist auf S. 502 d. No. abgedruckt.)
Der 9. Verbandstag der Hilfsschulen Deutschlands
findet vom 25. — 27. März d. J. in Bonn statt.
- Die Hauptversammlung der Deutschen Gesellschaft
für Volksbäder wird am 30. April in Breslau abgehalten.
- Cholera. Türkei. Vom 5. bis 12. Februar wurden aus
Kartal 29 neue Erkrankungen (mit 6 Todesfällen), darunter 20 (6)
unter den Truppen, gemeldet, ausserdem aus Kartal 3 und aus
Elvine (Bez. Karassi) 2 Todesfälle vordem erkrankter Personen.
— Pest. Aegypten. Vom 1. bis 7. Februar erkrankten 7 (und
starben 6) Personen. — Hongkong. Vom 12. bis 18. Januar 1 tödlich
verlaufener Krankheitsfall.
- In der 7. Jahreswoche, vom 9. bis 15. Februar 1913, hatten
von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblich¬
keit Regensburg mit 26,7, die geringste Recklinghausen Ld. mit
4,3 Todesfällen pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel
aller Gestorbenen starb an Scharlach in Altenessen, Kattowitz, an
Diphtherie und Krupp in Beuthen, Dortmund, Heilbronn, Wanne,
an Keuchhusten in Bromberg, Fürth, Rheydt. (V. d. K. G.-A.)
(H o'c h s c h u 1 n a c h r i c h t e n.)
Berlin. Die Abschiedsvorlesung des Geh. R. O. Heubner
gestaltete sich zu einer herzlichen Kundgebung für den beliebten
Lehrer. Seine Schüler überreichten ihm eine Festschrift und eine
Stiftungsurkunde über ein Kapital von 7000 M„ aus dessen Erträg¬
nissen alle 3 Jahre ein Heubner preis verteilt werden soll.
B r e s 1 a u. Zu Ehren des, wie gemeldet, aus dem Amte als
Universitätslehrer scheidenden Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Ponfick
veranstaltete die Breslauer Studentenschaft auf Anregung der Bres¬
lauer Klinikerschaft am Abend des 24. Februar einen feierlichen
Fackelzug. Die Ansprache hielt Herr cand. med. Ullrich.
- Prof. Dr. Henke hat den Ruf an die Universität Breslau als Nach¬
folger von Geh. Rat Ponfick angenommen und wird sein neues
Lehramt mit Beginn des kommenden Sommersemesters über¬
nehmen. (hk.) — Für das Jahr 1913 wurde von der med. Fakultät j
folgende Preisaufgabe gestellt: „Beziehungen zwischen Querscnnit;
und Wandstärke der Arterien nebst Schätzung des Anteils der ein¬
zelnen Gewebe am Aufbau der Wand“, (hk.)
Göttingen. Habilitiert haben sich: für Anatomie Dr. meu.
et phil. Max Hau schild, II. Prosektor am anatomischen Institut,
und für Physiologie Dr. Rudolf Ehrenberg, Assistent am physio¬
logischen Institut, (hk.)
Heidelberg. Exz. Czerny wird am 1. Oktober 1914 die
Leitung des von ihm begründeten Instituts für Krebsforschung
(Samariterhaus) niederlegen. — Habilitiert hat sich der Assistent der!
Universitäts-Ohren- und Kehlkopfklinik, Dr. Karl Beck. Seine
Probevorlesung behandelte: Die Störungen der Motilität und Sensi¬
bilität des Larynx und ihre Beziehungen zu Allgemeinerkrankungen.
— Habilitiert hat sich Dr. Hans W. G r u h 1 e mit einer Probevor-1
lesurig über „Die Bedeutung des Symptoms in der Psychiatrie“.
Kiel. Die Zahl der Studierenden der Medizin betrug im Winter¬
semester 1912/13 519, darunter 14 Frauen.
K ö 1 n. Prof. J o r e s hat den Ruf als Professor der patholog.j
Anatomie und Direktor des patholog. Instituts in Marburg an-
genommen.
München. Für das Fach der medizinischen Statistik habili¬
tierte sich der K. Zentralimpfarzt Dr. Alfred G r o t h mit einer Arbeü .
„über den Einfluss der beruflichen Gliederung des bayerischen Volkes
auf die Entwicklung der Sterblichkeit und Fruchtbarkeit der letzten
Jahrzehnte“. — Für das Fach der Zahnheilkunde habilitierte sich
Dr. Hans A h r e n s, 1. Assistent am Kgl. zahnärztlichen Institut. Die
Habilitationsschrift führt den Titel: „Die Entwicklung der mensch¬
lichen Zähne“. — Der Anthropologe Geheimrat Johannes v. Ranke
feierte sein 50 jähriges Doktorjubiläum. — Habilitiert: Dr. Gottfried
Böhm, Assistent der II. med. Klinik, mit einer Arbeit über den Ein-
fluss des Nervus sympathicus und anderer autonomer Nerven auf die
Bewegungen des Dickdarms.
Rostock. Für das Fach der Augenheilkunde habilitierte sich
in Rostock Dr. med. Moritz W i r t h s, erster Assistent bei Prof
J3eters an der Augenklinik.
Basel. Die Privatdozenten in der medizinischen Fakultät dei
Universität Basel Dr. Adolf Streckeisen (gerichtliche Medizin)
Dr. Emil Villiger (Anatomie) und Dr. Bruno Bloch (Dermatol
logie) sind zu ausserordentlichen Professoren ernannt worden, (hk.
Nancy. Dr. E t i e n n e wurde zum Professor der allgemeineil
und internen Pathologie ernannt.
Zürich. Dr. Max Tieche wurde als Privatdozent f ii i
Dermatologie und Venereologie zugelassen, (hk.)
(Todesfälle.)
Die Witwe Rudolf Virchows ist am 21. y. Mts. in Berlin
81 Jahre alt, gestorben.
Dr. J. G. P a t o i r, Professor der gerichtlichen Medizin in Lille)
Dr. Fr. F e d e, Professor der Kinderheilkunde in Neapel.
Dr. A. B. D u f f i n, früher Professor der med Klinik, und
Dr. M. McHardy, früher Professor der Augenheilkunde ai
Kings College zu London.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 7. Jahreswoche vom 9. bis 15. Februar 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildungs
fehler 7 (171), Altersschw. (über 60 Jahre) 6 (3), Kindbettfieber 1 (—
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 2 (2), Scharlach — (1
Masern u. Röteln 2 (1), Diphtherie u. Krupp — (1), Keuchhusten 1 (3t
Typhus (ausschl. Paratyphus) — ( — ), akut. Gelenkrheumatismus — (—
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundswu
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) — (— ), Starrkrampf — - (-
Blutvergiftung 2 ( — ), Tuberkul. der Lungen 24 (24t, Tuberkul. and. Orj
(auch Skrofulöse) 5 (3), akute allgem. Miliartuberkulose — (— ), Lunger
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 7 (12), Influenza — (1), veneri
sehe Krankh. 1 (1), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfiebe
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechsel
fieber usw. — ( — ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 4 (1), Alkoholü
mus — ( — ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 7 (3), sonst. Krankl
d. Atmungsorgane 5 (6), organ. Herzleiden 22 (14), Herzschlag, Herz
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 3 (7), Arterienverkalkun
2 (2), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 3 (1), Gehirnschlag 10 (12:
Geisteskrankh. — (2), Krämpfe d. Kinder 6 ( — ), sonst. Krankh. d. Nerve:
Systems 8 (1), Atrophie der Kinder 3 ( — ), Brechdurchfall — (1), Mager
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 6 (11), Blinddarn
entzünd. 1 ( — ), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse \
Milz 5 (1), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 3 (5), Nierenentzünd. 1 (3
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 2 (3), Krebs 18 (19), sons
Neubildungen 4 (— ), Krankh. d. äuss. Bedeckungen — (1), Krankh.de
Bewegungsorgane 1 ( — ), Selbstmord 1 (6), Mord, Totschlag, auc
Hinricht. — (1 ), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 1 (4
and. benannte Todesursachen 5 (4), Todesursache nicht (genau) ar
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — ( — ).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 179 (177).
) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwoch
-
Verlag von J. F Lehmann in München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
)
> AUrtchener Medmnuche woChtnsenrin erschtii« wochemucil
t »fang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen
; mer 80 -4. • Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
I — . • Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag.
MÜNCHENER
*.usenaungen sind za adressieren .
Pürdtle Redaktion Arnulfstr.26 Bürozeit der Redaktion 8‘/i— I Uhr.
Für Abonnement an ). F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theadnerstrassc 8.
Medizinische Wochenschrift.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE
I 10. 11. März 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
i. dem pathologischen Institut des städtischen Kranken¬
hauses München-Schwabing.
Die syphilitische Aortenerkrankung *).
Von Professor Oberndorfer.
Es ist ausserhalb Münchens recht oft die Anschauung zu
i len, dass wir in unserem Sektionsmaterial das Bierherz,
i auf reichlichen Biergenuss zurückführbare sogen, idio-
i hische Merzhypertrophie und -dilatation, die B o 1 1 i n g e r
1 1 Bauer in so vortrefflicher Weise beschrieben haben,
ht häufig beobachten können, und immer wieder verlangen
uns besuchenden Fachkollegen in unseren Sammlungen
! se Münchener Spezialität zu sehen. Dieser Wunsch kann
h befriedigt werden, denn über einige Paradeherzen ver-
it jedes unserer Museen, aber einen häufigen Befund am
•ctionstisch stellen sie nicht dar. Im Gegenteil muss sich
tem, der über längere Jahre Sektionserfahrung verfügt,
i Beobachtung aufdrängen, dass die Zahl der reinen Fälle
[fortdauernder Abnahme begriffen ist. Das wäre ein gutes
il erfreuliches Zeichen, und es müsste sich dies in einer
»duktion der Zahl der Herzkrankheiten erlegenen Personen
^drücken, würde nicht eine andere Herzerkrankung ganz
: eifellos immer stärker auftreten und in ihrer Häufigkeit
: adezu erschreckende Dimensionen annehmen. Diese Herz-
rankung ist die luetische Aortenerkrankung mit der ihr
<enden Aorteninsuffizienz.
Um Ihnen ein Bild der Häufigkeit dieser Erkrankung zu
nen, habe ich mein Sektionsmaterial aus den letzten
i: Jahren zusammengestellt. Es fanden sich hier unter
36 Sektionen 99 Fälle von Aortenlues, d. i. 6,894 Proz. des
samten Sektionsmaterials. An der Erkrankung waren be-
digt 55 Männer, 44 Frauen; was das Alter anlangt, in dem
Erkrankung am häufigsten gefunden wird, so ersehen Sie
Todesalter bei Aortenlues in 99 Fällen.
)-
-30
31-
-40
41-
-50
51-
-60
61-
-70
71-
-80
81-
-90
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
m.
w.
32
37
41
41
51
51
61
61
73
79
85
33
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62
61
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52
51
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37
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42
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51
62
65
38
39
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43
53
52
63
67
J38
43
44
53
52
65
69
39
44
45
53
52
68
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44
45
54
53
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46
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54
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54
57
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48
49
56
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49
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49
50
57
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49
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50
59
56
7
5
18
13
19
15
10
7
3
1
1
s der vorliegenden Tabelle, dass gerade im kräftigsten
ter diese Erkrankung den Tod am häufigsten herbeiführt,
e Häufigkeit der luetischen Aortenerkrankung ist eine so
“I Nach einem Vortrag im Aerztl. Verein München am 2D. No-
mher 1912.
No. lu.
grosse, dass sie in unserem Sektionsmaterial nach der Tuber¬
kulose und den malignen Tumoren zu den häufigeren Todes¬
ursachen gehört.
Die Bedeutung dieser Erkrankung wird anscheinend noch
immer wesentlich unterschätzt. Ursache dafür mag die
Schwierigkeit der Diagnosenstellung bei den Lebenden sein,
worauf wir unten noch eingehen werden. Aber sie ist doch
so wichtig, dass es sich verlohnen wird, einmal auf sie näher
einzugehen, um die Aufmerksamkeit auf sie zu schärfen, denn
eine frühzeitige Diagnose kann von grösster therapeutischer
Wichtigkeit sein und die Erkrankung heilen, bzw. stationär
machen, die sonst unrettbar zum Tode führt.
Ehe ich auf die pathologische Beschreibung der Erkran¬
kung eingehe, gestatte ich mir einen kleinen historischen
Rückblick, der recht interessant ist, weil gerade die luetische
Aortitis eine Erkrankung ist, die lange Zeit als selbständig
nicht erkannt wurde, im Gegenteil lange mit erbitterten
Zweifeln zu kämpfen hatte, die erst in den letzten Jahren ver¬
stummten.
Als anfangs der 80 er Jahre Hellers Schüler Döhle
•einen Fall von besonderer Aortenerkrankung beschrieb und
ihn als luetisch ansprach, da begegneten seine Ausführungen
grosser Skepsis. Und selbst noch im Jahre 1899, als Heller
und der früh verstorbene Münchener Psychiater Straub,
letzterer an einem imposant grossen Paralytikermaterial,
wiederum die Spezifität der luetischen Aortitis verkündeten,
da traten noch weitaus die meisten Pathologen diesen Aus¬
führungen entgegen und wollten nicht zugeben, dass hier eine
Manifestation von Lues vorliege. Erst im Jahre 1903, als in
Cassel auf der Tagung der Deutschen pathologischen Gesell¬
schaft als Referatthema die Frage der luetischen Aortitis ge¬
stellt war, trat ein Umschwung der Meinungen zu Gunsten
der luetischen Aortitis ein; die letzten Zweifel verstummten,
als es gelang, in der erkrankten Gefässwand Spirochäten
nachzuweisen und auch die Wassermann sehe Reaktion
gestattete, sichere Schlüsse auf das Bestehen der Lues zu
ziehen.
Wie exakt aber auch ohne Serumuntersuchung die patho¬
logisch-anatomische Diagnose arbeitet, das können Sie aus
einer Zusammenstellung unseres Materials aus dem Kranken¬
hause München r. d. Isar, die Herr Dr. Gruber vorge¬
nommen hat und deren Resultat in der Münchener med.
Wochenschrift veröffentlicht wurde, entnehmen. Unter einer
grossen Anzahl wahllos zusammengestellter Fälle stellten wir
in 71 Fällen die Diagnose luetische Aortitis. Von diesen
71 Fällen ergaben 67 positive Wassermann sehe Reaktion,
was einem Prozentsatz von 94 entspricht. Wenn Sie be¬
denken, dass die luetische Aortitis, wie jede andere syphi¬
litische Erkrankung, was die Anwesenheit der Erreger an¬
langt, ausheilen kann, das bewiesen ja auch vor der Salvarsan-
ära die wenn auch spärlich beobachteten Fälle von Re¬
infektion, dass dabei aber die einmal gesetzten Verände¬
rungen in der Aortenwand stationär bleiben müssen, kann der
geringen Zahl der negativen Fälle kaum ein gegen die Dia¬
gnose sprechendes Gewicht beigelegt werden.
Nun zur Anatomie der sogen. Aortitis luetica.
Die Erkrankung beginnt meistens am Anfangsteil der
Aorta, direkt oberhalb der Aortenklappen, seltener am Arkus.
Die ersten Stadien stellen weisse, polsterartige Verdickungen
dar, die in manchen Fällen schon zu Beginn auf die Ansatz¬
linien der Aortenklappen übergreifen. Meist sieht man in
diesem Stadium bereits eine leichte Rillenbildung an der Ober¬
fläche der Verdickung. Diese Rillen und narbigen Ein¬
ziehungen nehmen bei der Ausdehnung des Prozesses an
i
506
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.!
Zahl und Grosse zu. Die Rillen verlaufen meist parallel,
grossenteils der Achse der Aorta entsprechend, doch strahlen
sie auch in nicht sel¬
tenen Fällen radiär
von einem Zentrum
aus, das meistens be¬
sonders starke Ein¬
ziehungen aufweist,
oft ein kleines Grüb¬
chen darstellt. So
nimmt die Aorta mehr
und mehr die Be¬
schaffenheit welker,
runzeliger Haut an.
Neben den von Rillen
durchzogenen Ver¬
dickungen kommen
aber auch in den
Anfangsstadien des
Prozesses häufig Verdünnungen bis zum Durchscheinend¬
werden der Aorta vor, über denen die Innenhaut des Gefässes
Form aufweisen. Aber auch diese Fälle zeigen, wie die reinen
Fälle der luetischen Aortitis fundamentale Unterschiede von
der gewöhnlichen Atherosklerose.
Neigt bei jener der Prozess zu einer Steigerung der Ver¬
änderungen distalwärts, so finden wir bei der luetischen Er¬
krankung in weitaus der überwiegenden Mehrzahl der Fälle,
dass sie sich strenge auf die Aorta thoracica beschränkt, mit
scharfer, zackiger Linie gewöhnlich oberhalb der Abgangs¬
stelle der Arteria coeliaca gegen die nun vollständig nor¬
male Beschaffenheit annehmende Wand der Aorta abdominalis
abgrenzt. Auch die Weite des Aortenrohres, die wie er
wähnt, im Bereiche der krankhaften Partie grösser ist, nimmt
hier normale Dimensionen an. Diese Grenzlinie liegt in einer»
Minderzahl der Fälle auf der Höhe der Abgangsstellen dci|
Renalis oder des Zwerchfelldurchtrittes der Aorta.
Wir haben vorhin schon erwähnt, dass in den Anfangs,
Stadien der Prozess häufig schon auf die Aortenklapper
übergreift, was in den späteren Stadien der Erkrankung dkf
Regel bildet. Die Aortenklappen werden dadurch starr1
schwielig. Durch ihre Verdickung selbst, andererseits abeil
auch durch die bei der Erkrankung fast stets zu beobachtend«)
Erweiterung der Aorta werden die Klappen in ihrer Bewegung
Bild II. S. 115/12. W., 48 J.
Bild III. S. 70/09. Mann, 48 J.
Bild IV. S. 36/12. Mann, 60 J.
narbige, blaugraue Farbe annimmt. Diese Narbenbildungen
treten häufiger am Arkus als am Anfangsteil der Aorta auf,
kommen aber auch an dieser Stelle vor. Sie grenzen sich
scharf von dem sie umgebenden, mehr gelblich gefärbten Ge¬
webe der normalen Aortenwand ab. Bei hochgradigen Er¬
krankungen ist die Aorta in ein schwieliges, von tiefen Fur¬
chen durchzogenes Rohr umgewandelt, wobei meistens
das Gefässrohr starke Erweiterungen aufweist. Die Er¬
weiterungen können auch mehr zirkumskripter Natur sein,
die schliesslich bis zur sackförmigen Ausbuchtung des
Aortenrohres, den bekannten sackartigen Aneurysmen, führen.
Ist das Aneurysma noch klein, so weist seine Innen¬
fläche den narbigen Charakter der kranken Aorta auf,
während in späteren Stadien der Sack fast nur mehr aus
gedehntem Bindegewebe, dessen Innenfläche durch fest an¬
haftende Blutgerinnsel verdickt wird, besteht.
Undeutlicher kann das Bild der luetischen Aorten¬
erkrankung werden, wenn sich zu dem luetischen Prozess
degenerative Vorgänge in Form der kalkulösen Athero¬
sklerose hinzugesellen. Und es scheint, als ob die Athero¬
sklerose, tritt sie einmal bei» der Lues der Aorta auf, gerade
hier ausserordentliche Grade der Intensität erreicht; dann
können die Kalkplatten Rillenbildung und Narben völlig ver¬
decken. In anderen Fällen allerdings, und das sind die
häufigeren, trifft man mitten unter den atherosklerotisch ver¬
änderten Partien Bezirke frei von Kalkeinlagerungen, die j
dagegen Narben- und Rillenbildungen in der beschriebenen 1
beeinträchtigt, da bei der Erweiterung des Aortenrohres di
Ansatzlinie der Klappen auseinanderrücken muss; hierdurch i:
der Schluss der Aortenklappen unmöglich gemacht. Bei dei
Uebergreifen des Prozesses auf die Aortenklappen, nicht Seite
ihm auch vorausgehend, verengern sich die Abgangsstellt,
der Koronararterien, die schliesslich vollständig verlegt oclc
bis auf feinste Oeffnung verengert sein können. Es kommt
Bild V. S. 70/09. Mann, 48 J. Fortsetzung von Bild III.
auch Fälle vor, wo die Verdickung der Aortenwand schirr
artig das Koronarostium überdacht, so dass man 1
Einführen einer Sonde in die Koronargefässe dies
verdickten Rand wegschieben muss. Geradeso, wie c
Abgangsstellen der Koronararterien, werden in der Aor
descendens thoracica die Abgangsstellen der Interkost,
arterien verengert und in vielen Fällen vollständig verlegt, 1
Miirz 101.5.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
507
lass cs nicht mehr gelingt, diese Gefässstcllen nachzuweisen.
»ie grossen Gefässe des Aortenbogens werden meist nur in
liren Anfangsteilen in den Erkrankungsprozess einbezogen,
i rosse re Veränderungen in ihnen selbst oder grössere Ver¬
kokungen bis zur völligen Obliteration gehören zu den grossen
Ausnahmen.
Wenn ich Ihnen dagegen mit ein paar Worten das Bild
ler degenerativen Gefässerkrankung an der Aorta, die
\therosklerose, schildern darf, so werden Sie den
Jnterschied in dem Aussehen und der Lokalisation des Pro-
esses ohne weiteres erkennen. Bei der Atherosklerose finden
vir als Anfang des Prozesses feinste, gelbliche Flecken auf
ler Intima, besonders in der Aorta ascendens und im Arkus,
fieser gelblichen Fleckenbildung folgt Verfettung in den
ieferen Partien der Intima, die wiederum eine reaktive
Vucherung des Bindegewebes auslöst, die zu einer Erhöhung
ler erkrankten Partien, zur Plattenbildung, führen. Weiterhin
vird bei dem Fortschreiten des degenerativen Prozesses inner-
lalb dieser Flecken das Gewebe ausgedehnter nekrotisch, es
»ildet sich eine weissliche, breiige Zerfallsmasse, die griitze-
»reiähnlich ist, die wir dann finden, wenn die oberfläch-
ichsten Deckschichten der Gefässwand entfernt werden,
hese Zerfallsmassen können, wenn der Zerfall rascher fort-
chreitet als die reaktive Wucherung, zur Geschwürsbildung
vtilass geben. Andererseits wirken sie in vielen Fällen, wie
-des nekrotische Gewebe einen Reiz auf die Kalk¬
blagerung aus dem vorüberströmenden Blute aus. Damit
'aben Sie die Genese der Geschwüre und der Kalkablagerung
»ei der Atherosklerose erklärt. Der Prozess ist im allge¬
meinen ein reiner Intimaprozess, wenigstens in der Aorta,
reift nur spät und dann nur auf die oberflächlichen Schichten
icr Media über, ohne diese in starker Weise zu schädigen.
)ie Erkrankung wird distalwärts meist immer stärker, so dass
vir die stärksten Veränderungen in der Aorta abdominalis
eobachten. Die peripheren Gefässe beteiligen sich ebenfalls
n allgemeinen an der Gefässerkrankung, während sie bei der
.ues sich hauptsächlich auf die Aorta konzentriert.
Von wesentlicher Bedeutung zur Unterstützung der Dia-
nosestellung kann auch die Berüsksichtigung des Alters der
etreffenden Individuen sein. Atherosklerose im frühen Alter
1 grosser Ausdehnung, z. B. bei Individuen zwischen 20 und
0 Jahren ist extrem selten; ich erinnere mich kaum an
2 Dutzend von Fällen der Art, während die luetische Er-
rankung gerade im frühen Mannesalter die stärksten Ver-
nderungen hervorrufen kann. Ist man über die Diagnose im
•nklaren, so sprechen starke Veränderungen vor dem
0. Jahre in der Aorta mit grosser Wahrscheinlichkeit von
orneherein für Lues.
Das mikroskopische Bild der luetischen Aortitis erklärt
oll und ganz die Genese der makroskopischen Veränderungen.
•Chon vor Heller und Döhle fiel es manchem Pathologen,
o z. B. Köster auf, dass manche Aortenveränderungen
igentiimliche mikroskopische Bilder geben, die von denen der
ewöhnlichen senilen Erkrankung stark abwichen, besonders
/eil die Aussenschichten des Gefässes starke Veränderung
eigten, was sonst nicht zu beobachten war. Daraus wurde
er Schluss gezogen, dass am Anfang der Atherosklerose
nrner in den äusseren Gefässschichten Veränderungen vor-
anden sein müssten, und damit das Bild verwirrt. Tatsäch-
ch sind die Veränderungen rein spezifische und kommen in
hnlicher Weise bei der Atherosklerose nicht vor. ln den
nfangsstadien sehen wir in der Umgebung der Vasa vasorum,
ie hauptsächlich in der Adventitia verlaufen, dichte Rund-
ellinfiltrate, die mantelartig die Gefässe umgeben können,
üe Rundzellen gehören zum grössten Teil den mononukleären,
leinen Lymphozyten an, daneben kommen schon in früheren
Jadien Plasmazellen und jugendliche Granulationszellen vor.
iit der entzündlichen Infiltration tritt frühzeitig eine Ver-
lehrung der Kapillaren durch Endothelsprossung auf. Unter
cm Einfluss der Entzündung leiden die Vasa vasorum. Wir
ehen ihre Wand teils ebenfalls rundzellig infiltriert, teils von
iranulationszellen durchsetzt, wodurch die elastischen Fasern
er Media zerstört werden, die vordringende Zellwucherung
ihrt dann zur völligen Obliteration des Gefässes. Neben den
iefässen sind es auch die Nerven der Adventitia, die gerade
in det Brustaorta in grosser Anzahl sieh finden, die von den
Entzündungszellen umgeben werden. Auch in sie hinein
dringen nicht selten die Zellen. Es mag sein, dass ein Feil
der Beschwerden bei der luetischen Aortitis (wir werden
unten darauf noch zu sprechen kommen) auf diese Nerven-
veränderungen zurückzuführen sind. Bei Fortschreiten des
Prozesses bleibt dieser nicht auf die Adventitia beschränkt,
sondern dringt mit den Vasa vasorum in die Media vor. Die
Lücken in der Media, die durch normalen Durchtritt der Vasa
vasorum gebildet sind, werden dadurch erweitert und es
scheint, als ob die Entzündungszellen einen direkten deletären
Einfluss auf das umgebende Gewebe ausüben würden, denn
man sieht, wie im Bereiche der entzündlichen Infiltration die
elastischen Fasern der Media sich zusammenknäueln und
schliesslich segmentären Zerfall erfahren. Die Brockel, die
längere Zeit noch innerhalb der Zellherde liegen, verschwinden
schliesslich vollständig. Ich sagte vorhin, dass es schiene, als
ob die Entzündungszellen die elastischen Elemente zerstörten,
wahrscheinlicher ist, dass die Noxe, die zur Entzündung führt!
und deren Reaktion die Ansammlung der Zellen ist, die Haupt¬
ursache der Zertrümmerung der Media bildet, denn man findet
manchmal auch etwas entfernt von den Entzündungs- und
Granulationszellen nekrotische Trümmer der Media.
Neben den Entzündungszellen finden sich in den Media¬
herden auch nicht selten Austritte roter Blutkörperchen oder
Blutpigmentablagerungen als Folgen früherer Blutaustritte.
Bei der Färbung der elastischen Fasern erkennen Sie, wie
ausgedehnte Lücken diese Entzündungsprozesse in die ela¬
stischen Elemente der Media reissen, wie stark an diesen
Stellen die Kontinuität der Media unterbrochen ist.
Man hat nun geglaubt, in diesen Zellinfiltrationsherden,
besonders der Media, gummöse Granulome sehen zu müssen,
zumal da neben den beschriebenen Nekrosen auch Riesen¬
zellen nicht selten zur Beobachtung gelangen, die vielfach als
charakteristisches Zeichen der spezifischen Granulations¬
geschwulst aufgefasst werden. Ich habe daraufhin eine grosse
Anzahl von Fällen luetischer Aortitis nochmals genau unter¬
sucht und tatsächlich auch zahlreiche Riesenzellen gefunden.
Diese Riesenzellen hatten aber immer charakteristische
Lagerung um nekrotische Brockel der Media und kenn¬
zeichnen sich schon dadurch ausschliesslich als sogenannte
Fremdkörperriesenzellen, wie sie an jeder anderen Stelle des
Körpers, wo fremdes oder nekrotisches oder der Resorption
verfallenes Material liegt, auftreten. Bilder von echtem lue¬
tischen Granulom, wie wir sie am Hoden oder Leber ab und
zu zu sehen Gelegenheit haben, habe ‘ich nie in der Aorten¬
wand gesehen, will aber nicht bestreiten, dass sie Vorkommen
können. Jedenfalls gehören sie zu den grössten Seltenheiten
und sind für den ausgedehnten destruierenden Prozess der
Media, der das Wesentliche jeder luetischen Aortenerkrankung
bildet, nicht verantwortlich zu machen.
Auch die Media bildet keine Grenze für den entzündlichen
Prozess. Wir sehen ab und zu auch die Intima von Entzün¬
dungsherden durchsetzt, auch Gefässsprossen können hierher
Vordringen, die dann makroskopisch als feinste Aederchen auf
den Platten oder Rillen in Erscheinung treten.
Mit dem zunehmenden Alter des Prozesses ändert sich
das Bild: das entzündliche Infiltrat wird zellärmer,'' die Binde¬
gewebszellen bekommen die Ueberhand und wandeln sich all¬
mählich in Narbengewebe um, wobei dann die Entzündungs¬
zellen vollkommen verschwinden können. Die neugebildeten
Gefässe bleiben meistens bestehen, heben sich in dem faser¬
reicheren Gewebe noch stärker ab, als vorher und bilden
manchmal fast kavernomähnliche Komplexe. Dieses Stadium
der derben Bindegewebsbildung drückt sich makroskopisch
in der Verstärkung der Rillen und Narbenbildung aus.
Auch das mikroskopische Bild kann durch sekundäres
Hinzutreten atherosklerotischer Prozesse kompliziert werden.
Sie finden dann die vorher erwähnten Veränderungen ober¬
halb der jetzt genannten, wobei aber immer eine scharfe Ab¬
grenzung beider Prozesse möglich ist. Zwar kommt auch bei
der Atherosklerose der oberflächlichen Schichten manchmal
leichte Rundzellinfiltration in der Umgebung nekrotischer Be¬
zirke, manchmal auch Riesenzellbildung neben dem wuchern¬
den Bindegewebe, das zum grossen Teil für die Verdickung
der atherosklerotischen Gefässe verantwortlich ist, vor, aber
i*
n08
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
grössere Infiltrationsmassen, Plasmazellen, Granulations¬
gewebe in grosser Ausdehnung, starke Qefässsprossung v or
allem in die Schichten der Media hinein werden bei der
Atherosklerose nicht zu beobachten sein. So kommt es bei
der Atherosklerose nie zur Lückenbildung in der Aorta oder
Obliteration der Vasa vasoruin.
Mit der zunehmenden Zerstörung der Media durch das
entzündliche Gewebe schwindet die Widerstandskraft der
Gefässwand an diesen Stellen. Es ist begreiflich, dass unter
dem Einfluss des Blutdruckes eine irreparable Dehnung dieser
Narben auftritt, die immer stärker und stärker wird: damit
ist die Genese zirkumskripter Erweiterung der Gefässwand,
des Aneurysma, gegeben. Auf seinen genauen anatomischen
und histologischen Aufbau wollen wir heute nicht eingehen.
Was nun die klinischen Erscheinungen betrifft, die die
luetische Aortitis verursachen, so sind sie häufig äusserst ge¬
ring, treten oft erst in den letzten Stadien der Erkrankung auf,
wenn nicht das frühzeitige Uebergreifen des Prozesses auf
die Aortenklappen früher die charakteristischen Erscheinungen
der Aorteninsuffizienz auslöst. Wir finden in unseren 99
Fällen 40, bei denen die luetische Aortitis Nebenbefund war,
die sich zufällig bei an anderen Krankheiten Gestorbenen
fand. Die Todesursachen derartiger Fälle waren Tuberkulose,
Karzinome, akute Infektionskrankheiten usw. Die subjektiven
Beschwerden, die ich bei der Durchsicht der Kranken¬
geschichten unserer Fälle finden konnte, beruhten giösstenteils
auf Atembeschwerden, manchmal geringster Art. Atemnot. Herz¬
klopfen, Schmerzen in der Herzgegend, Druckgefühl in der
Brust, Schmerzen unter dem Brustbein und zwar fanden sich
öfters Klagen über Schmerzen unter dem mittleren Teil des
Sternums. Ein Patient (58/12) äusserte, dass er seit einem
.Jahre wechselnde Schmerzen in der Gegend der kurzen
Rippen empfinde, die nicht gerade heftig waren, sondern mehr
ein .beunruhigendes Gefühl verursachten, „es war mii unheim¬
lich“, äusserte der Patient. Ein anderer klagte ebenfalls da¬
rüber, „er hätte die Empfindung, dass ihm die kurzen Rippen
der linken Seite wehe täten“. Auffallend ist die Klage über
starke Ermüdbarkeit in den letzten Jahren, die mehrere
Patienten äusserten.
Eine 35 Jahre alte Patientin, die lange Zeit in privatärztlicher
Behandlung stand und deren Krankengeschichte ich der Oute des
Herrn Dr. Spanier verdanke, klagte seit 134 Jahren über zen¬
weises Auftreten des starken Herzklopfens, wobei sie blass und
ängstlich wurde. Bald traten auch Schmerzen in den Beinen, in
den Armen, in der Brust auf. Das Allgemeinbefinden war dabei nicht
wesentlich gestört, nur klagte auch diese Patientin über leichte Er¬
müdbarkeit, so dass sie weitere Wege mied. Die Extremitäten¬
schmerzen wurden in der letzten Zeit stärker. Die Extremitäten
wurden dabei blau und kalt, es trat Prickeln und Brennen in ihnen
auf. Auch klagte die Patientin über Schmerzen in der linken Mamma
und den Schulterblättern. Ein plötzlicher Anfall von Schwäche mit
leichten Krämpfen verschlimmerte plötzlich den Zustand, es trat Er¬
brechen auf, Schmerzen in der Magengegend und dann plötzlich ein¬
tretender Exitus 14 Tage nach dem Beginne der Verschlimmerung.
Im grossen und ganzen haben diese Beschwerden grosse
Aehnlichkeit mit denen der Angina pectoris, wenn auch das
häufigere anfallsweise Auftreten derselben, das bei Angina
pectoris besonders charakteristisch ist, hier gewöhnlich zu
fehlen scheint.
Es ist schwer, eine anatomische Erklärung für diese Be¬
schwerden zu finden, wenn ich dabei von den Fällen mit
stärkerer Aorteninsuffizienz absehe. Ein Teil der Beschwer¬
den wird zweifellos durch die Verengerung der Koronar-
arterienostien bedingt. Die Koronararterien selbst in ihrem
weiteren Verlaufe sind gerade bei der luetischen Aortitis
meistens ohne Veränderungen und von normaler Weite. Eine,
meines Erachtens nicht genug gewürdigte Rolle spielt die in
den meisten Fällen sich findende, hochgradige Verengerung
der Abgänge der Interkostalarterien, die nicht selten in voll¬
ständiger Verödung der Abgänge endet. Man darf wohl an¬
nehmen, dass hier Störungen in der Ernährung der Interkostal¬
muskulatur, vielleicht auch dieser anliegenden Partien der
Brustmuskulatur auftreten, und kann so vielleicht einen Teil
der Atembeschwerden erklären. Auch das Uebergreifen der
Verdickungen der Gefässwand auf die Anfangsstellen der
grossen Gefässe des Aortenarkus, die eine geringere Blut¬
füllung der grossen Gefässe veranlassen muss, mag hier mit
in Betracht kommen. Von Bedeutung wird zweifellos auch
No. 10.
die Umwandlung des elastischen Rohres der Aorta in ein mehr
oder minder starres durch die weitgehende Zerstörung und
Kontinuitätsunterbrechung der elastischen Lamellen der Media
sein. Es ist bekannt, dass die ein starres Rohr rhythmisch
durchströmende Flüssigkeitsmenge auch rhythmisch aus¬
strömt mit geringerer Schnelligkeit, während ein elastisches
grössere Schnelligkeit des Ausströmens bei kontinuierlichem
Strom ermöglicht. Die vermehrten Widerstände, die ein
starres Rohr dem Durchströmen von Flüssigkeit entgegen¬
setzt, wird bei der luetischen Aortitis durch die Erweiterung
des Gefässrohres zwar etwas kompensiert. Allerdings ist es
fraglich, ob diese Umwandlung der Aorta in ein mehr oder
minder starres Rohr sich auch in der Zirkulation in den peri¬
pheren Gefässen äussert, die im Gegensatz zur Atherosklerose
meist völlig intakt und vollkommen elastisch bleiben.
Hingewiesen mag auch werden auf die entzündlichen Ver¬
änderungen der in der Aortenwand verlaufenden Nerven, die
möglicherweise ebenfalls für einen 1 eil der subjektiven Be¬
schwerden verantwortlich zu machen sind, wenn wir auch
noch nicht mit Bestimmtheit wissen können, ob diese Nerven
sensible Fasern besitzen. Ein Teil der Beschwerden ist auch
sicher Folge der Erweiterung des Aortenrohres und der
dadurch bedingten veränderten Druckverhältnisse in den Or¬
ganen der Brusthöhle. Sehen wir doch nicht selten bei dei
Autopsie, wie die erweiterte Aorta die Vena cava Superior
zusammenpresst, so dass in extremen Fällen diese nur mehr
ein spaltförmiges Lumen aufweist.
Leichter zur richtigen Diagnose führen schwere sub¬
jektive und objektiv-wahrnehmbare Erscheinungen, wie sie
z. B. ein 47 jähriger Mann, bis dahin vollständig gesund, bot.
der plötzlich eine hühnereigrosse pulsierende Ausbuchtung am
Halse beobachtete, die über Nacht wieder schwand, seit
welcher Zeit zunehmender Verfall der Kräfte zu beobachten
war. Die Ursache dieser Erscheinung war, wie die Sektion
bestätigte, eine Thrombose des Truncus anonyms bei höehst-
gradiger Verengerung des Lumens durch luetische Prozesse.
In manchen Fällen, und die sind nicht so sehr selten, tritt
der Tod plötzlich ein, ohne dass die Umgebung des betreffen¬
den Patienten von irgend welchen vorausgegangenen Stö¬
rungen weiss. Einen derartigen sehr charakteristischen Fall,
den ich zur Autopsie bekam, verdanke ich Herrn Dr. Fischer.
Es handelte sich um einen bis dahin völlig gesunden und be¬
schwerdefreien Patienten, der nur in den letzten 1 agen iibei
eine leichte Erkältung klagte und beim Mittagessen plötzlich
verschied. Die Autopsie zeigte eine beginnende luetische
Aortitis mit vollständiger Verlegung des einen Koronarostiums
und hochgradiger Verengerung des anderen Ostiums. In diesem
2. Ostium war ein Thrombus eingekeilt, der von einer ganz
frischen Endokarditis verrucosa der Aorta seinen Ausgang
genommen hatte. ' jl
Objektiv ist, wenn ich auch hier wieder von den Erschei¬
nungen der ausgesprochenen Aorteninsuffizienz beim Ueber¬
greifen des luetischen Prozesses auf die Aortenklappen, was ja
sehr häufig vorkommt, absehe, in einem grossen Teil der Fälle'
eine Vergrösserung des Herzens nach links zu beobachten bezw.
muss nach dem Autopsiebefunde zu beobachten sein. Diese
Hypertrophie kann hohe Grade erreichen und es ist mir nicht
ganz verständlich, dass Grau in einer Arbeit über luetische
Aortitis die Herzhypertrophie als selten bezeichnet. Die Ur-
• Sache dieser Herzhypertrophie ist ohne weiteres auch aus der
Erweiterung der Aorta bei der luetischen Aortitis und der
Verminderung der Elastizität des Gefässrohres zu erklären.
Objektiv soll weiterhin, und hier folge ich den Aus¬
führungen Stadlers, häufiger eine frühzeitige Erweiterung
der Hautvenen der Brust zu beobachten sein. Verursach1
wird diese sein durch die vorhin erwähnte Kompression dei
Vena cava durch das erweiterte Aortenrohr und die diesu
folgenden kompensatorischen Erweiterung der kollateraler
Venen. Objektiv ist ferner sicher häufig eine Verbreiterung de«
Gefässdämpfung unter dem Sternum zu beobachten, sowoh
als Folge der Erweiterung des Gefässes als auch der Annähe
rung des Gefässes an das Sternum infolge der mit der Erwei
terung auch verbundenen Verlängerung und dadurch bedingte!
Krümmung des Gefässes. Absehen will ich von den Sym
ptomen, die die Aneurysmen der Aorta verursachen. Der Pul
soll bei der Aortitis luetica auffallend grosse Amplituden bilden
11- März 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
die Pulswelle rascher ansteigen als normal, in ihrem ab¬
steigenden Schenkel aber eine Veränderung nicht zeigen, was
eine Folge der Umwandlung der Aorta in ein starres Rohr,
andererseits der Erhaltung der elastischen Eigenschaft der
peripheren Arterien sein wird. Der Blutdruck kann völlig
normal sein, was ebenfalls sicher eine Folge der normalen Be¬
schaffenheit der peripheren Gefässe ist, im Gegensatz zur
Atherosklerose, wo gerade die peripheren Gefässe besondere
Veränderungen zeigen. Objektiv kann dann von besonders
grosser Bedeutung das Röntgenbild sein, das einesteils die
Verbreiterung der Aorta deutlich zeigen kann, andererseits
andere Erkrankungen der Brusthöhle, die in Betracht kämen,
iVlediastinaltumoren usw., Drüsen ausschliessen lässt. Wohl
kommt auch bei der gewöhnlichen Atherosklerose eine Er¬
weiterung des Aortenrohres vor, aber meist nur in den vor¬
geschritteneren Fällen und besonders bei kachektischen Indi¬
viduen, bei denen die elastischen Bestandteile der Aorta an¬
scheinend ganz insuffizient werden. Schwierigkeiten der Ab¬
grenzung solcher Fälle von der luetischen Aortitis werden sich
kaum ergeben.
Von fundamentalster Bedeutung und ausschlaggebend für
die Diagnose der luetischen Aortitis ist die Wasser m a n n -
sehe Reaktion und wir haben in unserem Krankenhause, seit¬
dem wir systematisch bei kardialen Beschwerden die Reaktion
ausführen, nur sehr selten die luetische Aortitis als Zufalls¬
befund am Sektionstische zu beobachten.
Jeder Fall von Herzbeschwerden oder unbestimmten Be¬
schwerden, wie wir sie zum Teil vorher angeführt haben, von
Aorteninsuffizienz sollte der Wassermann sehen Reaktion
unterworfen werden; besonders jene Fälle, bei denen eine
Aorteninsuffizienz zu beobachten ist, ohne dass Gelenk¬
rheumatismus und andere infektiöse Erkrankungen, die mit
Fieber verbunden waren, vorhanden gewesen wären. Es
würde dann zweifellos viel häufiger als heute die Diagnose
der luetischen Aortitis in einem Stadium gestellt werden, in
dem die Aussicht auf Erfolg einer Behandlung vorhanden ist.
Selbst Fälle von Aorteninsuffizienz bei Gelenkrheumatismus,
bei denen anscheinend eine andere Ursache für die Aorten¬
erkrankung ganz in Wegfall kommt, geben manchmal Ueber-
raschungen am Sektionstisch ab. So sezierten wir vor kurzer
Zeit die Leiche einer Frau von 37 Jahren, die einer verrukösen
Endokarditis der Aorta erlegen war. Wir fanden auch bei
der Sektion schwerste Zerstörungen der Aortenklappen durch
die endokardialen Effloreszenzen, daneben aber eine aus¬
gesprochene luetische Aortitis der ganzen Brustaorta mit
Aneurysmenbildung mit absolut charakteristischem mikro¬
skopischen Befund. Die Diagnose Lues wurde noch bestätigt,
wenn es einer Bestätigung bedurft hätte, durch den stark
positiven Ausfall der Wassermann sehen Reaktion. Also
auch solche Fälle sollen nicht von vorneherein als unmöglich
auf Lues beruhend betrachtet werden. Auch hier ist die Ent¬
scheidung nicht irrelevant, weil die Lues zweifellos ver¬
schlimmernd auf akute entzündliche Prozesse wirken muss.
Die Anamnese nach Lues gibt nach unserem Kranken¬
hausmaterial ein ganz ungenügendes Resultat. Die Mehrzahl
der Patienten mit ausgesprochener Lues verneinten jede
Infektion.
Hier noch ein paar Worte über den Zwischenraum da¬
zwischen Infektion und Auftreten der Krankheitserscheinungen
in den Fällen, in denen die Anamnese positive Ergebnisse hatte,
liegt. Wir fanden verschiedene Fälle von 20 — 30 Jahren
Intervallen, selten 2 — 3 jährigen, so dass es scheint, dass die
Lues der Aorta zu den spät auftretenden Manifestationen der
Krankheit gehört; wird sie doch von manchen, mit Unrecht
allerdings, den metasyphilitischen Prozessen zugerechnet.
Interessant ist auch, dass die Mehrzahl der Patienten, die
von ihrer Syphilis wussten, entweder nicht oder nur ganz un¬
genügend für kurze Zeit einer antiluetischen Behandlung
unterworfen waren.
Die Lues der Aorta .scheint so viele Aehnlichkeit mit
labes und Paralyse zu haben, die auch vorwiegend bei
schlecht behandelten Individuen nach langem Intervall auf-
treten, und eigentümlich ist, dass, wie jene, auch die Lues der
Aorta in neuerer Zeit zuzunehmen scheint, während die ter¬
tiären syphilitischen Prozesse, die Gummen, an Häufigkeit
509
enoim abnehmen. Sie gehören heute zu den grössten Selten¬
heiten am Sektionstische.
Ehe ich auf die Aussichten einer Behandlung der luetischen
Aortitis eingehe, möchte ich noch mit ein paar Worten die
Fiage des Zusammenhanges der luetischen Aortitis und des
Aneurysmas mit dem Trauma erörtern.
Zweifellos ist, dass ein Trauma niemals allein Verän¬
derungen in der Aorta hervorrufen kann, die Aehnlichkeit mit
dem Bild der luetischen Aortitis haben. Anders steht es mit
der Frage, ob ein Trauma, das eine luetische Aortitis trifft, die
Entstehung eines Aneurysmas begünstigen kann. Eine Frage,
die uns vor kurzer Zeit an der Hand folgenden Falles vor¬
gelegt wurde.
Ein Mann betrachtete eine Auslage, als ein vollbepackter
Wagen vorbeifuhr, von dem sich eine Kiste löste und den
Mann auf den Rücken traf und ihn niederschlug. Der Mann
erholte sich wieder, konnte längere Zeit noch seine Arbeit
versehen, kränkelte später, klagte über Brustschmerzen, starb.
Die Sektion ergab ein Aneurysma der Aorta auf luetischer
Basis. Zweifellos besteht die Möglichkeit, dass hier das
Trauma die Entstehung des Aneurysmas beschleunigt hat, in¬
dem unter seinem Einfluss die Media plötzlich stärker einriss,
mit Wahrscheinlichkeit aber kann in solchen Fällen mit Rück¬
sicht auf das häufige Auftreten des Aneurysmas bei luetischer
Aortitis nur dann gesprochen werden, wenn die aneurysma¬
tischen Beschwerden in direktem Anschluss an das Trauma
oder kurze Zeit nachher auftreten.
Nun zum Schluss noch die Therapie der Erkrankung. Ich
begebe mich hier auf fremdes Gebiet und kann aus eigener
Erfahrung über Erfolge am Krankenbette nicht sprechen.
Wohl aber sehen wir am Sektionstisch, dass es Fälle gibt, die,
wenn auch nicht in anatomischem Sinne, so doch praktisch
ausgeheilt sind, die histologisch keine frischen Entzündungs¬
prozesse mehr tragen, die keine Wassermann sehe Reak¬
tion mehr geben, die aber noch die charakteristische Lokali¬
sation der Erkrankung, das scharfe Aufhören oberhalb der
Abgangsstelle der Zöliaka zeigen, Fälle, in denen wir durch
die Anamnese wissen, dass schwere syphilitische Erkran¬
kungen bestanden haben, deren äussere Erscheinungen durch
energische antisyphilitische Behandlung zurückgegangen sind.
Diese Möglichkeit völliger Heilung der syphilitischen Aortitis
muss man auch aus der mikroskopischen Betrachtung unbe¬
dingt zugeben, denn mit der Tötung der Spirochäten müssen
auch die sicher durch sie veranlassten Rundzellinfiltrationen,
Granulationswucherungen und Vaskularisationen der Media
mit den Nekrosen der elastischen Lamellen schwinden. Es
wird an ihre Stelle ein Narbengewebe treten müssen, das sich
wohl noch dehnen kann, sich aber nicht mehr in der Fläche
ausbreiten kann und damit wäre der destruktive Prozess
erschöpft.
So sollte man meinen, dass die luetische Aortitis gerade¬
so wie andere tertiäre Prozesse prognostisch günstig sein
müsste, vorausgesetzt, dass die Erkrankung frühzeitig genug
diagnostiziert wird und nicht erst im Stadium der schweren
Inkompensation in Behandlung kommt. Von der Möglichkeit,
die Krankheit günstig zu beeinflussen, sprechen alle Lehr¬
bücher. Sichere Beweise dafür hat erst die Kontrolle durch
die Wassermann sehe Reaktion und die Salvarsanbehand-
lung gegeben. Wohl hat Ehrlich in einer der ersten Ver¬
öffentlichungen über die neue Therapie davor gewarnt, Fälle
mit Herzerkrankungen der Behandlung zu unterziehen. Diese
Warnung war aber mehr eine prophylaktische, weil, wie
W e i n t r a u d sich ausdrückt. Ehrlich am Anfang der An¬
wendung des Salvarsans das Mittel einer zu grossen Bela¬
stungsprobe nicht unterwerfen lassen wollte; aber Grass-
mann hat schon bald darnach betont, dass die luetische
Aortitis eine Kontraindikation der Salvarsananwendung nicht
zu geben brauche, und Wein trau d veröffentlichte voriges Jahr
Beobachtungen an 26 mit Salvarsan behandelten Fällen von
luetischer Aortitis, die durchwegs günstig waren. Selbst in
einigen Fällen von Aorteninsuffizienz mit Erweiterung des
Aortenbogens, also sicher in schweren Fällen, in denen
schwerste Fälle von Angina pectoris, Lungenödem und Kollaps
vorher beobachtet wurden, waren die Resultate vorzüglich.
Es war kein Anfall nach der Salvarsantherapie mehr auf¬
getreten, auch Todesfälle stellten sich nicht ein: und die Be-
510
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
obachtungen wurden monatelang hindurch fortgesetzt. Wenn
man bedenkt, dass ein Anfall der Art, wie sie W e i n t r a u d
beschreibt, meist den Anfang eines nahen Endes bedeutet, so
muss man die Wichtigkeit dieser Erfolge beurteilen können.
M. H.! Ich bin am Schlüsse meiner Ausführungen; es
war mir wahrscheinlich nicht vergönnt, Ihnen viel neues zu
sagen, denn die Erkrankung ist bekannt. Neu ist Ihnen aber
vielleicht gewesen, dass die Erkrankung erschreckend häufig
auftritt, dass sich ihre Ausbreitung anscheinend in aufsteigen¬
der Linie bewegt. Die Erkrankung ist um so fürchterlicher,
als sie gerade aus dem kräftigsten und leistungsfähigsten Alter
ihre meisten Opfer fordert.
Doch die Erkrankung ist, wenigstens im klinischen Sinne,
heilbar, wenn sie frühzeitig genug erkannt w;ird und frühzeitig
behandelt wird; die Erkennung der Krankheit ist heute be¬
sonders bei Heranziehung der serologischen Methoden leicht.
Möge bald die Zeit kommen, wo der Pathologe auch bei der
luetischen Aortenerkrankung ähnlich wie heute beim Bier¬
herz von einer immer seltener werdenden Erkrankung
sprechen kann.
Literatur.
Grassmann: Münch, med. Wochenschr. 1910, No. 42. —
Grau: Zeitschr. f. klin. Med. 1911, Bd. 72, 3 u. 4. — G r u b e r G. B.:
Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 25. — S t a d 1 e r Ed.: Die Klinik
der syphilitischen Aortenerkrankung. 1912. Jena. Gustav Bischer.
— Weintraud: Therapie der Gegenwart 1911, H. 10.
Funktionelle Nierenprüfung mittels Phenolsulfonphthalein
nach Rowntree und Geraghty.
Von Dr. med. F. Erne in Freiburg i. Br.
Seit langer Zeit habe ich Patienten beobachtet, die über
Kopfschmerzen, Herzklopfen oder Druck in der Nierengegend
klagten, bei denen aber objektiv häufig nichts, gelegentlich
Pulsbeschleunigung festzustellen war. Neben diesen Fällen
fanden sich auch solche, die ausser diesen Beschwerden Ei-
weiss in wechselnder Menge, also Zeichen einer Nierenerkran¬
kung ergaben, so dass die Vermutung nahe lag, es handle
sich auch in den ersteren Fällen um solche. Bei einer ge¬
naueren Untersuchung konnten in einigen Fällen bei wieder¬
holter Harnuntersuchung Spuren von Eiweiss und spärlich
Zylinder oder auch eine Vermehrung der täglichen Harnmenge
auf 2000—2500 ccm ohne Eiweissausscheidung nachgewiesen
werden. Auffallend war bei einigen Fällen der hohe Blut¬
druck bis 140 mm ohne sonstigen Befund.
Sehr dankbar war ich deshalb meinem hochverehrten
früheren Lehrer, Herrn Prof. Dr. W. Antenrieth, als er
mich mit der Methode der funktionellen Nierendiagnostik von
Rowntree und Geraghty bekannt machte. Ich konnte
damit nicht nur Material für die Brauchbarkeit der Methode
liefern, sondern auch ganz besonders die Diagnostik und
Therapie bei meinen Kranken auf eine sichere Grundlage
stellen.
Die Methode von Rowntree und Geraghty ist jetzt
schon mehrfach beschrieben, so in den Arbeiten von Sehrt1 2),
von Fromme und R u b n e r :), von Deutsch3) und von
Autenrieth und Funk 4), von denen ich auf die letztere
wegen ihrer Ausführlichkeit ganz besonders hinweisen möchte.
Ich bespreche auch deshalb nur den klinischen Teil der ge¬
meinsam mit den letzteren ausgeführten Untersuchungen.
Nur einige Bemerkungen möchte ich noch vorausschicken.
Rowntree und Geraghty haben schon hervorgehoben,
dass die Harnmenge auf die Menge der Ausscheidung von
Phenolsulfonphthalein einen Einfluss nicht ausübe. Das
Gleiche habe ich auch beobachtet. Deshalb lasse ich Flüssig¬
keit ( lA — Vt Liter) vor der Untersuchung nur trinken, wenn zu
erwarten ist, dass die Sekretion spärlich sein wird, z. B. wenn
längere Zeit nichts gegessen und getrunken worden ist.
Sehr wichtig ist, dass bei der Einspritzung von der Lösung
nichts verloren geht, denn es handelt sich hier um quanti¬
tative Untersuchungen. Spritzen sind oft nicht
T Zentralbl. f. Chir., No. 33, 1912.
2) Berl. klin. Wochenschr., No. 40, 1912.
3) Wiener klin. Wochenschr., No. 32, 1912.
4) Münch, med. Wochenschr., No. 49, 1912.
dicht und nicht genau geeicht! Wenn zwei Tropfen
in der Spritze bleiben oder sonst nicht zur Einspritzung
kommen, kann der Fehler schon 10 Proz. betragen. Die
Lösung 0,006 Phenolsulfonphtalei'n in 1 ccm Wasser ist in Am¬
pullen vorrätig, die etwa 1,2— 1,5 ccm enthalten. Auch wenn
der Vergleichskeil des Apparates selbst geeicht wird, muss
quantitativ gearbeitet werden. Die Keile können geeicht
bezogen werden, was empfehlenswert ist.
Eine Nierenreizung oder sonst eine schädliche Wirkung
des Phenolsulfonphthalein habe ich nie feststellen können, ob¬
gleich ich jeden Harn auf Ausscheidung oder Vermehrung der
geformten Bestandteile, besonders rote Blutkörperchen unter¬
sucht habe.
Zur Blasenentleerung habe ich in keinem Falle den Ka¬
theter verwenden müssen.
Die Methode ist so einfach und gibt so sichere Resultate,
dass sie so recht die Methode des praktischen Arztes sein
wird. Sie zeigt uns nicht allein den Grad der krankhaften
Nierenveränderung an, sondern sie lässt uns Besserungen
oder Verschlechterungen zahlenmässig erkennen, vor allem
auch den Einfluss unserer therapeutischen Massnahmen. Wir
können erkennen, ob die Nierenfunktion nach dem Verschwin¬
den des Eiweisses wieder völlig repariert ist oder ob dauernde
Veränderungen zurückgeblieben sind, ganz abgesehen von der
Feststellung sonst verborgener Störungen der Nierenfunktion,
bei denen uns die Eiweissreaktion im Stiche lässt.
Was nun die spezielle Ausführung und' die Bewertung der
erhaltenen Resultate betrifft, so kann ich die Angaben von
Rowntree und Geraghty voll und ganz bestätigen.
I. Die normalen Fälle, bei denen ich die Nierenfunktion
prüfte, habe ich auf Eiweiss mit allen Reagentien (auch Sulfo-
salizylsäure, „Spiegler“) untersucht und nur solche als ge¬
sund erachtet, die absolut eiweissfrei waren und normale
Temperatur, normalen Blutdruck, normalen Puls und normale
Harnmenge aufwiesen. Diese gaben fast genau überein¬
stimmende Zahlen und zwar schwankten sie von 47—68 Proz.
in der ersten Stunde und 74 — 85 Proz. in zwei Stunden.
Hieraus geht hervor, wie schon Rowntree und Geraghty')
mitgeteilt und Autenrieth und Funk °) bestätigt haben,
dass bei einer Ausscheidung von Phenolsulfonphthalein unter
45 Proz. in der ersten Stunde und unter 70 Proz. in zwei
Stunden pathologische Verhältnisse vorliegen.
Tabelle 1 a. Nierengesunde. Alle Eiweissreaktioneil negativ.
No.
Name
Alter
Puls
Blut-
Phenolsulfonphthalein¬
ausscheidung
druck
1. Std
2. Std.
1. -f 2. i
Std.
1.
P. A. (w.)
28 J.
75
115
Proz.
49
Proz.
26
Proz.
75
2.
H. M. (m.)
36 J.
72
130
56
19
75
3.
F. E. (m)
43 J.
72
125
49
27
76
4.
E. S. (w.)
38 J.
75
105
57
17
74
5.
A. F. (m.)
25 J.
80
120
68
17
85
6.
L. B. (w.)
41 J.
72
120
47
27
74
7.
M. D. (w.)
27 J.
80
110
53
22
75
8.
M. E. (w.)
63 J.
76
120
57
28
85
9.
A. S. (m.)
26 J.
70
135
60
17
77
10.
F. L. (m.)
40 J.
80
125
55
26
81
Tabelle lb. Schwangere Frauen.
No.
Name
Alter
Schwanger im
Phenolsulfonphthalein¬
ausscheidung
1. Std.
2. Std.
1. + 2.1
Std.
Proz.
Proz.
Proz.
30.
M. St.
23 .1.
9. Monat
38
32
70
10.
48
24
72 j
42.
j.'k.
32 J.
9.
23
21
44
jy
10.
21 | 21
Mit Spieglers Re
42
igens:
Spur Eiweiss
44.
Jos. K-
28 .1.
8. „
47
23
70
38.
S. St.
20 J.
Eklampsie vor
36
26
62
4 Monaten
5) Journ. Pharm, u. exper. Therapie, Juli 1910.
K) Münch, med. Wochenschr., No. 49, 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
51 1
. Mürz 1913.
Tabelle 2. Nierenkranke.
Name
und
Puls u.
Blut-
Phenolsulfonphthalein-
ausscheidung
a) Eiweiss
Beschwerden
oder Diagnose
Alter
druck
1. Std.
1 2.
1 Std.
1 2.
Std.
b) Zylinder
0 M. 33J.(m
95-115
Proz.
1. IX. = 2£
Proz.
20
Proz
48
a) Spiegler Spui
Nierenstörung nach
—
—
9.X =48
20
68
b) 0
Durchnässung
j.K. 33J.(w.)
96-120
14 XI = 5C
9. IX. = 3C
i 23
19
73
49
a) 3 Prom.
chron. parenchym.
—
—
14. X. = 41
25
66
b) hyaline u gra-
Nephritis
W. 55 J. (Ml.)
90-125
30.VIII. = 15
13
28
nulierte Z.
a) u. b) wie 2
chron. parenchym.
H.V.2SJ.(m.)
100-125
30.VIII. = 44
27
71
a) Spiegler Spui
N. Retinitis albu¬
minurica
leichleNephritis nach
—
80—115
3. XI. = 60
27
87
vereinz.roteBiut-
Angina.
A.M.45J.(m)
100—145
1. IX. = 35
5
40
körperclien
a) 0,5 Prom.
chron. parenchym.
E J.29J. (w.)
90-120
2. IX. = 34
30
64
b) hyaline u. gra¬
nulierte Z.
vor 1 |ahr 0,5—1
Nephritis
z.Z. Atemnot, Nieren-
A.B.42J (m.)
75-125
4. IX. = 46
17
63
Proz.
0
schmerz
8 Wochen nach Ang.,
F. D.20J. (w )
116-135
6. IX. = 45
15
60
a) Spiegler Spur
vielleichtOichtniere
vor 3 Monat schwerer
—
S4-120
13. XI. = 47
30
77
u. Ferrozyankal
a) nur Spiegler
Spur
a) Ferrozyankal.
Katarrh
VI N 32J.(m.i
SO- 140
7. IX. = 35
15
50
Uveitis, Verdacht auf
J.K.49 J.(m.)
100-125
11. IX. = 29
1 19
48
4-
mit Eiweiss
Tuberkulose
Nierenstörung nach
84 — 120
5. XI. = 36
18
54
vor der Bell.
Durchnässung, Op-
—
—
ö. XI. = 34
27
61
nach der Bell.
pressionsgefühl
H.E.33Jaw.)
76-115
17. IX. = 45
18
63
0
1 Jahr nach schwerer
M.T. 13J.(w.)
88-135
19. X. = 23
30
58
a) Spiegler Sour
Diphtherie
6 Monat nach scliwe-
M.S.7I J.(in.)
100-140
18. IX. = 24
12
36
a) 1 Prom.
rer Influenza
chron. interstitielle
W. 30 J (w.)
100 -135
21. IX. = -
_
52
b) hyaline Z.
a) 1 Prom.
Nephritis
während d. asthmat.
_
SO T 1 20
16 X. = 31
22
53
b) hyaline Z.
a) Spiegler Spur
Anfalls
X.B.40 1. (m. i
100-115
25. IX. = 43
20
63
b) 0
a) Kochprobe -f
nach Influenza und
—
72—115
13. XI. = -
—
70
b) einzelne hy-
Zahnabszess
F.Z.49J. (w.)
100—115
1. X =35
5
40
aline Z.
0
a) Spiegler -f-
Arterioskl. Schrumpf-
A.K6SJ (m.)
96-150
2. X. = 43
19
62
b) hyaline Z.
a) 0 5 Prom.
niere
do.
W.St 54J.(m )
96-145
3. X. = 37
21
58
b) "hyaline Z.
a) Ferrozyankal.
do.
—
—
21. XI. = 38
25
63
b) hyaline Z.
vorrübergeh. Zucker
BG.38J (w)
90—135
3. X. = 42
17
59
0
14 Tage nach Angina
A.H.65J ( w .)
85-165
4. X. = 40
13
53
a) 5 Prom.
Schrumpfniere und
O.F. 33J.(m )
SO- 100
5. X. = 24
26
50
b)hyal. u.gran Z.
a) Ferrozyankal.
+
a) 4 Prom.
Stauungsniere
nach Angina
H.B.33J.(m.)
60-120
20. X. = 31
30
61
Amyloidniere
L. L. 60 J iw.
96-125
20. X. = 40
14
54
b) hyaline Z
a) Ferrozyankal
rheumat Beschwerd.
KT.42J.(m.)
62-140
24. X. = 45
14
59
Spur
a) 1 Prom.
in beiden Armen
Schrumpfniere
H K.I8J (w.J
80-115
6. XI. = 40
27
67
b) hyaline Z.
0
Pyelitis(Nierentuber-
E.R.36J (w.)
72-110
13. XI = 36
26
62
0
kulose ?)
Pyelitis
F.B 49J.(m.)
86—125
15. XI. = 40
26
66
a) Spiegler Spur
Diabetes mellitus
S. 25 J. (w.)
84-120
22. XI. = 46!
21
67
Zucker 0,5 Proz.
0
Pyelitis(Nierentuber-
H. 56 J. (w.)
82-145
22. XI. = 36
22
58
a) Spiegler Spur
kulose?)
Arteriosklerose
I-J. 33 J. (m.)
75-13U
26. XI. = 35
26
61
a) Spiegler Spur
Asthma, chronisch.
D. 14 J. (w.)
100-S5
17. XII. = 39
22
61
a) Nacht 0
Bronchitis
Orthostatische Albu-
1
Tag bis 2 Prom.
b; einzelne Z.
minurie ?
Es sind dies 10 Fälle von Gesunden. Ich habe mich mit
- ser Zahl begnügt, da sich irgend eine Abweichung von den
den Autoren, die mehrere Hundert untersucht haben, nicht
•geben hat.
Im Anschlüsse an die normalen Fälle will ich auf die Fälle
30, 42 und 44 hinweisen. Es handelt sich hier um gravide, an-
■ einend gesunde Frauen im 9. und 10. Monate der Gravidität, die
veichungen zeigen. Ich vermute, dass sobald und solange der
- rus auf die Nieren drückt, eine Störung in der Sekretion besteht,
s geht deutlich aus Fall 30 hervor. Bei dieser Form fand sich im
Monate eine Herabsetzung in der ersten Stunde und eine Ver-
>aung in der zweiten Stunde (38 Proz. und 32 Proz.). Eine Unter-
• ung am Ende des 10. Monats ergab wieder normale Sekretions-
i ältnisse (48 Proz. und 24 Proz.). Die Frau 42 aber hat eine be¬
tende Herabsetzung der Ausscheidung und weist im Harn mit
"egler eine Spur Eiweiss auf. Mithin besteht eine Nierenerkran-
s, worauf vielleicht das stark aufgetretane und bis über die Hälfte
■ Gravidität anhaltende Erbrechen zurückzuführen ist. Für diese
Palmie spricht die Behandlung der Hyperemesis gravidarum mit
teticis, Strophanthus und Digitalis nach H i 1 f e r d i n g - König
’g.) oder wie ich auf Grund der Phenolsulfonphthaleinprüfung
n»Hs mit vollem Erfolge Diuretin in 2 Fällen angewendet habe,
alle Schwangerschaftstoxikosen von den leichten bis zur Eklam-
1 : auI mangelhafte Nierentätigkeit zurückzuführen sind, wird mit
') Wien. ined. Wochenschr. 1912, No. 46.
dieser Untersuchungsprobe noch zu prüfen sein. Ich kann bis jetzt
nur über einen Fall (38) berichten, wo bei der vor 4 Monaten er¬
folgten Niederkunft Eklampsie aufgetreten war und jetzt noch eine
Herabsetzung der Nierenfunktion für Phenolsulfonphthalein ohne jede
Eiweissausscheidung besteht. Subjektiv klagt Patientin über Druck
in der Nierengegend und über Durst, objektiv findet sich nur Puls¬
beschleunigung.
II. PathologischeFälle. 1. Von den pathologischen Fällen
will ich zuerst die schweren aufzählen. Es sind dies No. 2, 3, 5, 16,
17, 21, 22, 25, 35, die alle eine starke ein- und zweistündige Herab¬
setzung der Bhenolsulfonphthaleinausscheidung aufweisen. No. 31 ist
ein Patient mit Amyloidniere, die sich im Anschluss an Bronchiektasien
mit reichlichem eitrigen Auswurf entwickelt hat.
2. Die Fälle 8, 9, 23, 26, 33 ergaben nur Spuren von Eiweiss
(Kochprobe, Essigsäure-Ferrozyankalium, Heller sehe Schicht¬
probe), also sogen. Albuminuria minima. Auch geformte Elemente
fanden sich und dabei eine starke Herabsetzung der Phenolsulfon-
phthalei'nausscheidung. Subjektive Beschwerden waren teils stark,
teils überhaupt nicht vorhanden. So erkrankte Patient No. 9 an einer
Uveitis und erst dadurch kam es zur Untersuchung auf eine Allgemein-
krankung, bei der auch eine Funktionsprüfung der Niere gemacht
wurde, nachdem eine Vermehrung der täglichen Harnmenge fest-
gestellt war.
3 Stets eiweissfrei mit den sogen, klassischen Reagentien er,
wiesen sich die Fälle 1, 4, 6, 7, 11, 14, 15, 18, 24, 37, 39. Einige jedoch
ergaben Spuren mit Spiegle rs Reagens und Sulfosalizyisäure,
Reaktionen, die bis jetzt zu den physiologischen gerechnet wurden3).
Ein Teil der Patienten zeigte aber Veränderungen am Kreislauf, meist
Pulsbeschleunigung, während ein anderer Teil (6, 7, 11, 14, 37) ob¬
jektiv nichts ergab, subjektiv Oppressionsgefühl (6, 7, 11, 14) und
Harndrang (37).
Bei 6, 7, 14 handelt es sich um abgelaufene Nierenschädigungen,
die im Anschluss an schwere Infektionskrankheiten entstanden sind
und die zu einer vollkommenen Reparation nicht geführt haben. Bei
11 sind die krankhaften Erscheinungen nach einer starken Durch-
nässung aufgetreten und bei 37 besteht der Verdacht auf Nierentuber¬
kulose.
4. Von den behandelten Fällen besserten sich 15, *17 im Verlaufe der
Behandlung kaum, während bei 1,2.4 11, 18 subjektiv wie objektiv eine
deutliche Besserung besonders der Sekretion für Phenolsulfonphthalein
erkennbar ist. Bemerkenswert ist der Fall 17. Die Patientin be¬
kam am 20. IX. 12 wie schon öfters einen Asthmaanfall (Atemnnot,
starkes Pfeifen und Giemen). Die Untersuchung am 21. IX. ergab
1 Proz. Eiweiss und eine funktionelle Herabsetzung der Nierentätig¬
keit auf 52 Proz. in 2 Stunden. Das Eiweiss war nach 4 Wochen
bis auf eine Spur mit S p i e v 1 e r s Reagens verschwunden und nach
weiteren 4 Wochen fand sich keine Spur mehr vor, aber die Funk¬
tionsstörung wies etwa denselben Wert auf. Auch der Fall 47 ist
zur Zeit eines schon länger bestehenden asthmatischen Zustandes
untersucht und ergibt eine Herabsetzung der Sekretion auf 61 Proz.
Die sehr kleine Zahl der untersuchten Fälle erlaubt nun
den Schluss noch nicht, dass der asthmatische Anfall durch
zurückgehaltene harnfähige Stoffe verursacht wird. Wenn
man aber berücksichtigt, dass nach van den Velden,
Meyer und Cahn durch Diuretin nicht nur das kardiale,
sondern auch das bronchiale Asthma, sogar prophylaktisch
beeinflusst wird 8 9), so liegt jener Gedanke sehr nahe.
Bei Fall 1 ist ein Anstieg der Phenolsulfonphthaleinaus¬
scheidung von 48 Proz. auf 68 Proz. und 73 Proz., bei Fall 2
von 49 Proz. auf 66 Proz., bei Fall 4 von 71 Proz. auf 87 Proz.
und bei Fall 18 von 63 Proz. auf 64 Proz. und 70 Proz. zu be¬
merken. Die Patienten, bei denen die Ausscheidung normal
geworden ist, sind wieder völlig arbeitsfähig.
Da auch bei der orthostatischen Albuminurie eine Funktions¬
störung zu konstatieren ist. darf sie nicht als harmlos aufgefasst
werden. Das 1 4 jährige Mädchen (Fall 48) mit 61 Proz. Phenol¬
sulfonphthalein liefert am Morgen einen eiweissfreien Harn, während
im Laufe des Tages der EiweissgAialt bis 2 Prom. ansteigt.
8 Uhr spez. Gewicht 1019, Eiweiss 0 (S p i e g 1 e r).
M „
99
„ 1018,
, o,
12 „
99
„ 1023.
, 1,5 Prom. (Esbach),
2 „
99
1012,
, Spur (Spiegler),
6 „
99
„ 1025,
, 2,0 Prom. (Esbach).
Und zwar beobachtete man einen Parallelismus mit dem spez.
Gewicht. Wenn nach dem Mittagessen ein spezifisch leichterer Harn
ausgeschieden wird, verschwindet das Eiweiss fast ganz trotz des
Aufseins.
Wir sehen nun, an den hier aufgeführten Fällen, dass die Ei-
weissausscheidung der Ausscheidung des Phenolsulfonphthalein
nicht parallel geht, dass die Störung dieser Ausscheidung ganz
8) Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Militärsanitätswesens,
Heft 48, 1911, Kraus, pag. 13.
9) Emil Meyer: Zur Behandlung des Asthma bronchiale.
Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 38.
512
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
bedeutend und die Eiweissausscheidung ganz gering sein oder
fehlen kann. Parallel mit der Phenolsulfonphthaleinausscheidung
aber sind die subjektiven und objektiven Befunde bei diesen
Patienten. Deshalb kann ich auch mit der Ansicht von
Kraus10), der sich auf die Untersuchung von Mörner
stützt, nicht übereinstimmen, dass Eiweissspuren, die mit
„Spiegler“ oder Sulfosalizylsäure nachgewiesen werden, „er-
fahrungsgemäss sicher von nur geringfügiger Bedeutung“
seien. Man darf sich beim Nachweis dieser Eiweissspuren ;
nicht ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, dass es sich
um eine bedeutungslose Reaktion handle. Ich stehe jetzt auf
dem Standpunkt, dass kein Eiweissreagens zu fein ist. Denn j
wird bei einem Patienten Eiweiss mit irgend einem Reagenz j
nachgewiesen, so ist jetzt erforderlich, die leicht ausführbare
Funktionsprüfung mit Phenolsulfonphthalein anzustellen. Erst
wenn sich eine Herabsetzung der Ausscheidung bei Eiweiss¬
gehalt nicht ergäbe, könnte man diese für bedeutungslos halten.
Die Eiweissausscheidung ist für den Arzt ja nur e i n Sym¬
ptom der Nierenschädigung, nämlich, dass die Niere für Ei¬
weiss durchlässig ist. Sie zeigt uns aber nicht an, dass bei
dieser Schädigung auch Stoffe zurückgehalten werden. Dies
ist jedoch für den Organismus die Hauptsache, denn durch
den geringen Eiweissverlust wird er nicht geschädigt, wohl
aber durch die Retention von sonst durch den Harn aus¬
geschiedenen Stoffen. Vorläufig möchte ich hier erwähnen,
dass, wie ich zusammen mit Herrn Funk festgestellt habe,
die bei Nierenerkrankungen vorkommende Verminderung der
Aetherschwefelsäure parallel mit der Ausscheidung von
Phenolsulfonphthalein geht, worüber wir uns weitere Mit¬
teilungen Vorbehalten. Es erscheint mir die Funktionsprüfung
deshalb viel wichtiger als die Eiweissreaktion, der ich nur den
Wert einer Vorprüfung beimessen möchte. Auch Deutsch11),
der die Angaben von Rowntree und Qeraghty im
grossen ganzen bestätigt, stellt sich auf diesen Standpunkt,
wenn er schreibt, dass die Methode sich besonders eigne, um
Ueber- und Unterschätzungen des Harnbefundes hintanzu¬
halten.
Die Funktionsprüfung nach Rowntree und Qe¬
raghty haben auch Fromme und Rubner 12) nach¬
geprüft und sind dabei zu ganz abweichenden Resultaten ge¬
kommen. Da nur der Ausfall der Funktionsprüfung mitgeteilt
ist, aber kein Befund über Temperatur, Puls, Blutdruck, Harn¬
menge und Eiweissreaktion, so ist auch nicht nachgewiesen,
dass alle Untersuchten nierengesund waren.
Ich möchte dies bezweifeln bei den Fällen 28, 43, 45 und
49. Die Fälle 28 und 43 litten an Adnextumoren, ob sie ent¬
zündlicher Natur waren, ist nicht angegeben. No. 45 hat eine
Retroflexio fixata, hat also eine Entzündung im Douglas durch-
gemacht. Jede Entzündung kann aber auch eine Nieren¬
schädigung zurücklassen. No. 49 leidet an Pyosalpinx, also
an einer frischen Entzündung. Von ihr gilt das Gleiche, was
von den vorhergehenden Fällen. Sollten sich unter den
Untersuchten gar gravide Frauen befunden haben, was bei
in einer Frauenklinik angestellten Untersuchungen anzunehmen
naheliegt, so möchte ich auf die von mir untersuchten gra¬
viden Frauen hinweisen, die in ihrer Sekretion nicht als nor¬
mal betrachtet werden dürfen. Aber es muss auch noch ein
Fehler von 15—18 Proz. bei der Bestimmung vorliegen, der j
entweder auf unrichtiger Eichung des Keils oder Verlust bei
der Einspritzung zurückzuführen ist. Beides sind Fehler, die
leicht Vorkommen können. Deshalb ist es empfehlenswert,
einen geeichten Keil zu beziehen.
Deutsch und Fromme und Rubner haben die Me¬
thode von Rowntree und Qeraghty dadurch kompli¬
ziert, dass sie von der angegebenen Zeit für die Bestimmung
abgewichen sind und teils subkutan, teils intravenös injizierten.
Ich halte die intraglutäale Injektion für einfach und schmerzlos
und die Bestimmung nach einer und nach zwei Stunden für
vollauf genügend und vor allem für übersichtlich.
Nach diesen Darlegungen kann ich die Methode von
Rowntree und Qeraghty ganz besonders empfehlen.
10) Veröffentlichungen auf dem Gebiete des Militärsanitätswesens,
Heft 48, 1911, Kraus, pag. 9—11.
u) Wien. klin. Wochenschr. 1912. XXV. Jahrg., No. 32,
12) Berl. klin. Wochenschr, 1912, No, 40,
No. 10
1. Sie ist leicht ausführbar auch vom praktischen Arzte,
sogar in der Sprechstunde und sie ist ungefährlich.
2. Die Bestimmung mit dem Autenrieth-Königs-
b e r g e r sehen Kolorimeter 13) ist sehr einfach, genau und in
kaum 10 Minuten zu bewerkstelligen.
3. Die Resultate sind zahlenmässig mit anderen vergleich¬
bar und dadurch lassen sich Aenderungen im Funktions¬
zustande leicht feststellen, was keine andere Methode leistet
4. Sie zeigt Funktionsstörungen an, wo die Eiweissreaktior
im Stiche lässt.
5. Die Qrenze der Ausscheidung bei intraglutäaler Injek¬
tion bei gesunder Niere liegt bei 45 Proz. nach einer Stundt
und bei 70 Proz. nach zwei Stunden.
Nachtrag bei der Korrektur.
Funktionsprüfungen in grösserer Zahl vor und nach der (Jebur
haben ergeben, dass die Niere in dieser Zeit nicht normal sezernier
und dass diese Störung längere Zeit hindurch andauern kann. Da;
gleiche scheint auch für die Leber, wenn auch in geringerem Gradi
zuzutreffen, da in dieser Zeit sehr oft eine vermehrte Ausscheidun;
von Urobilin vorhanden und, wie mir scheint, auch der Cholesterin]
Stoffwechsel verändert ist.
Die Mitteilungen von E i c h m a n n 14) sind deshalb auch für di-
Beurteilung des Wertes der Nierenfunktionspriifung nicht verwendbai
da sie nur bei anormalen Fällen (Frauen vor und nach der Geburt!
teils mit teils ohne Eiweiss im Harn die Methode angewendet un
deshalb auch stets sowohl bei intramuskulärer als auch bei intra
venöser Anwendung zu niedrige Werte erhalten hat. Dagegen spre
chen ihre Resultate für meine Auffassung, dass vor und nach der Ge
hurt die Nierenfunktion gestört ist.
Aus der Kinderklinik der Akademie für praktische Medizi
zu Köln (Direktor: Prof. Dr. Siegert).
Ueber das Vorkommen von Diphtheriebazillen im Nasen
und Rachensekret ernährungsgestörter Säuglinge.
Von Dr. med. Erich Conrad i.
Seitdem wir Kenntnis besitzen von dem Vorkommen dt
Diphtheriebazillen im Nasen- und Rachenraum gesunde
Menschen und der Möglichkeit der Krankheitsverbreitun
durch diese Bazillenträger, entstanden eine ganze Reihe vc
Arbeiten, die sich mit diesem Gegenstand beschäftigen. Si
wohl Infektionen in Familien wurden so verständlich, als aut
i Uebertragung auf ganze Krankenstationen durch bazillei
beherbergende Personen des Warte- und Pflegepersonal
Sehr erschwerend für die Kritik einer grossen Anzahl solch'
Befunde ist allerdings der Umstand, dass sich häufig keine g
nauen Angaben darüber finden, mit welchen Hilfsmitteln d
mikroskopisch-bakteriologischen Technik die Diagnose in di
betreffenden Fällen gestellt wurde. Ferner wird auch vc
bakteriologischer Seite, von Kober z. B., darüber Klage g
führt, dass die meisten Befunde gar nicht sicher unterscheid'
zwischen echten und Pseudodiphtheriebazillen, weshalb
auffordert, die veröffentlichten Zahlen nur mit Vorsicht all
zunehmen. Ueber diesen Punkt gehen ja nun sogar die A
sichten der Bakteriologen noch weit auseinander, und währe
die einen die Pseudodiphtheriebazillen für eine wohlchara-
terisierte, von avirulenten echten Diphtheriebazillen gut a
trennbare Form halten, betrachten sie die anderen nur :•
eine zur selben Familie gehörige Varietät mit ganz nebc
sächlichen Unterscheidungsmerkmalen, deren Umzüchtung *
echte Diphtheriebazillen allerdings Escherich nicht gelar
Für eine klinische Beurteilung aber ist dieser Streit von .«•
ringer Bedeutung, und man kann sich dabei wohl H e u b n
anschliessen, welcher sagt: ..Für die Auffassung der ganz»
Diphtherieätiologie erscheint es zunächst ziemlich gleichgiih,
ob man in einem beliebigen Falle einen avirulenten 1*
phtheriebazillus oder einen Pseudodiphtheriebazillus vor st
hat. Von grosser Bedeutung ist dagegen die Tatsache, da
die Virulenz keine obligatorische Eigenschaft des Diphther-
13) Das Authenrieth-Königsberger sehe Kolorimei >
sowie fertige geeichte Keile und Injektionsflüssigkeit in Ampullen w-
den von der Werkstätte F. Heilige & Co., Freiburg i. Br.
liefert.' ..Jt 1
14) Nierenfunktionsprüfung durch die Phenolsulfonphthaleinpn •
i Vorläufige Mitteilung von Dr. Elise Eich mann. Aus der n*
1 ammenschule in Osnabrück.
II. Mäfz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
513
bazillus ist, dass sie vielmehr örtlich und zeitlich wechseln
kann, und dass, im grosesn und ganzen wenigstens, die
Schwere der Erkrankung der Virulenz der Bazillen parallel
geht.“
Wir hatten nun im Frühjahr 1911 auf einer Abteilung
unerer Säuglingsstation Gelegenheit, das gehäufte Auftreten
von Diphtheriebazillen im Nasen- und Rachensekret der Kinder
zu beobachten, über das ich im folgenden berichten möchte.
Die Veranlassung zu diesen Untersuchungen gab einer der
Säuglinge (Krankengeschichte No. 1), dessen eigenartig
schniefende Atmung bei mit trockenen Krusten verlegten
Nasengängen immerhin den Verdacht erwecken konnte, zumal
das oftmals vorhandene Fieber sich nicht immer durch
Furunkel und Abszesse erklären liess. Die Untersuchungen
waren stets negativ gewesen, bis sich plötzlich am 11. März,
2 Tage vor dem Exitus, im Nasensekret reichlich Diphthcrie-
bazillen kulturell nachweisen Hessen. Das Kind wurde isoliert,
mit Serum injiziert und darauf die übrigen Kinder, die in den
zwei, durch eine offene Türe verbundenen Zimmern derselben
Station lagen, ebenfalls untersucht. Es handelte sich um
14 Betten, die allerdings im Laufe der bis in den Juli dauernden
Beobachtungen, mehrfach ihre Inhaber wechselten.
Die bakteriologischen Untersuchungen wurden in unserem
Laboratorium vorgenommen. Ausserdem hatte Herr Dr.
Schmitz im städtischen bakteriologischen Laboratorium
(Direktor Prof. Dr. Czaplewski) die Liebenswürdigkeit,
eine grosse Anzahl der verdächtigen Sekrete nachzuprüfen,
wofür ich ihm auch an dieser Stelle noch bestens danken
möchte. Fernerhin bin ich noch Herrn Prof. Ficker zu
grossem Danke verpflichtet, der eine Reihe von Kulturen im
hygienischen Institut der Universität Berlin untersuchen liess
and mir die Resultate in liebenswürdigster Weise mitteilte.
Es wurde auch da bei den Kindern 4, 5, 7 und 10 ein echter
Diphtheriebazillenstamm gefunden, und dies durch Reinziich-
tung, Säuretitration und den Tierversuch erhärtet.
Bevor ich auf die weiteren Ergebnisse eingehe, möchte
ich erst kurz die Krankengeschichten mitteilen.
Krankengeschichten.
1. Gertrud H., geboren 5. Juli 1910, eingetreten 30. Dezember
1910.
Anamnese: 3. Kind. Erhielt die beiden ersten Monate die
Tust. Dann, weil es dabei nie voran ging und die Mutter angeblich
lurcli Blutverlust zu sehr geschwächt war, wurde es abwechselnd
renährt mit Ramogen-Zuckerlösungen, teils mit Zusatz von Somatose,
Schweizermilch in Wasser oder Grütze oder v. Dungernmilch.
'lach jeder Nahrung erbrach das Kind, hatte häufig Verstopfung, seit
inigen Tagen Durchfall.
Status: Extrem abgemagertes Kind, greisenhaftes Aussehen,
veite faltige Haut, eingesunkenes matsches Abdomen, auf dem sich
lie Därme abzeichnen, klares Sensorium. Gewicht 3200 g. Pirquet
md Wassermann negativ.
Versuch mit Eiweissmilch, worauf Besserung der Stühle, aber
rotz rasch gesteigerten Kohlehydratzusatzes langsame Gewichts-
ibnahme auf 3000 g. Spucken nach jeder Mahlzeit. Von nun ab bis
:u Ende Frauenmilch mit Beigabe von Mager- und Buttermilch.
Von Mitte Januar 1911 ab ständige Eruptionen von Furunkeln
in allen möglichen Körperstellen mit Fieber bis zu 40°.
25. Januar: Mehrere Tage dauernde Bronchopneumonie. Koffein,
(ampfer.
4. Februar: Bubo axillaris inzidiert.
22. Februar: Dekubitus am Hinterkopf, der rasch den Knochen
rreicht.
8. März: Otitis media.
Wegen beständig schnarchender Atmung, ohne dass jemals Se¬
ktion aus der Nase vorhanden war, wurde mehrmals der Nasen-
bstrich bakteriologisch untersucht: stets mit negativem Resultate.
11. März: Im Nasenabstrich auf Löfflerserum reichlich Diphtherie-
lazillen.
12. März: Nasenabstrich: Diphtheriebazillen, Neisser + (bakterio-
ogisches Institut).
13. März: Exitus mit 3000 g. Sektion verweigert.
Epikrise: Hochgradig atrophisches Kind von ca. 3 kg, statt
ier seinem Alter entsprechenden 7 kg; schwerste Furunkulose, Drü-
envereiterung, Mittelohrentzündung. Reparation auch bei Frauen¬
milch nicht möglich. Tod nach etwa 234 Monaten.
Ohne klinische Erscheinungen finden sich kurz ante exitum im
'asensekret reichliche Diphtheriebazillen.
2. Friedrich L., geboren 8. März 1910, eingetreten am 18. Dezem-
•er 1910.
Anamnese: Kind soll seit 4 Tagen krank sein, jede Nahrung
erweigern, einmal erbrochen haben, beim Anfassen stets schreien.
No. 10.
Status: Kind in ziemlich gutem Ernährungszustand (5640 g),
macht einen schwer kranken Eindruck. Matte Augen, sehr kleiner,
frequenter Puls, kalte zyanotische Extremitäten. Mässige Rhachitis.
Etwas seröse Sekretion aus der Nase, mässige Rötung der Rachen¬
gebilde. Fast kirschgross geschwollene Zervikaldrüsen. Lungen und
Ohren ohne Befund. Stuhlgang gut. Temperatur 39,4°. 4 mal täg¬
lich Kampfer, Senfwickel. Halbmilch mit Soxhlet.
20. Dezember: Unter allmählichem Fieberabfall Besserung der
Angina und des Allgemeinbefindens.
25. Dezember. Wieder stärkere katarrhalische Rachenrötung.
Unter allmählichem Gewichtsabfall einsetzende Dyspepsie, die unter
Milchreduktion sich nicht bessert.
6. Januar. Gewicht 4960. Nach Einführung von Buttermilch
gute Stühle und langsame Gewichtszunahme. Die Buttermilch wird
langsam durch Drittel- und Halbmilch ersetzt, später Zwiebacksbrei
und Griessuppe beigegeben. Ueber 34 Liter Vollmilch wurde nie
gegeben, da das ausgesprochen lymphatische Kind weitere Fett¬
zugaben stets mit Gewichtsstillstand quittierte.
28. Januar: Seit gestern etwas Husten, leichte Rhinitis, Rachen¬
rötung. Kulturen aus der Nase: vorwiegend Staphylokokken, einige
diphtherieverdächtig scheinende, etwas kurze Stäbchen, aber' Gram¬
negativ und ohne Polfärbung.
30. Januar: Starke Angina catarrhalis mit einigen stecknadel¬
kopfgrossen Fleckchen auf den Tonsillen, die sich leicht abwischen
lassen. Temperatur 38,1°. Löfflerkultur: Pilzmyzelien (Soor?),
keine Diphtheriebazillen.
15. März. Wieder starke, dünnschleimige, aber absolut nicht
als spezifisch verdächtige Sekretion aus der Nase. Kein Fieber. Kul¬
turen auf Löfflerserum: massenhaft Gram-positive Diplokokken,
wenige, aber typische, schlanke Diphtheriebazillen mit Polfärbung.
Injektion von 1000 I.-E. Isolierung.
19. April: Angina mit massigem Fieber (38,1°). Weissliche Be¬
läge, die kulturell nur Staphylokokken und Gram-negative Kokken,
aber keine Diphtheriebazillen enthalten. Kulturen aus der Nase eben¬
falls negativ, wie auch in den folgenden Untersuchungen.
29. April: Wiederum mehrtägige, leicht fieberhafte Angina.
18. Mai: In gutem Allgemeinzustand bazillenfrei entlassen.
Epikrise: Ausgesprochen lymphatisches und leicht rhachiti-
sches Kind mit ständig rezidivierender Angina, Pharyngitis und Rhi¬
nitis. Niemals lassen sich im Rachen selbst Diphtheriebazillen nach¬
weisen, während sie in der Nase als zufälliger Befund entdeckt
werden. Auch während der Maserninfektion keine klinische Diph¬
therie als Komplikation.
3. Gerda H„ geboren 13. April 1910, eingetreten am 16. Juni 1910.
Ohne nähere Anamnese vom Waisenhaus eingeliefert.
Status: Sehr kleines, zurückgebliebenes Kind (2700g). Blass;
starke Intertrigo, eben tastbare Milz, leichte Nackendrüsenschwellung.
Ausgedehnter Soor. Schleimige, sauere Stühle.
Nach Einschaltung eines Theetages unter Drittelmilch mit Mal¬
tose Besserung der Stühle und Gewichtszunahme auf 2960 g (27. Juni).
Von da an erst 10 tägiger Gewichtsstillstand und nach versuchter
Buttermilchbeigabe schwerste Dekomposition mit steilem Gewichts¬
absturz auf 2360 g unter Untertemperaturen. Dreistündlich Kampfer,
Kochsalzeinläufe. Unter Frauenmilch in vorsichtiger Dosierung ziem¬
lich rasche Reparation. Nach 4 Wochen Beigabe von Buttermilch.
5. September: Gewicht 3500 g.
12. Oktober: Frauenmilch allmählich durch Halbmilch ersetzt.
15. November: 4350g. Massiger Hydrozephalus. Ausgesprochene
Schädelrhachitis. Multiple Drüsenschwellung.
1. Dezember: Plötzlicher Glottiskrampf, nachdem das Kind schon
in den letzten Tagen mitunter „gekräht“ hatte.
12. Januar 1911: KSZ = 0,6 MA. Noch mitunter Andeutung
von Glottiskrampf.
5. Februar: KSZ /= 1,5 MA. Grosse, den ganzen Nasenrachen¬
raum ausfüllende Adenoide. Starke multiple Nackendrüsenschwellung.
14. März: Tonsillen stark gerötet; rechts ein lakunäres, gelbes
Pfröpfchen. 37,8 °.
16. März: Tonsillen noch unverändert. Kein Fieber mehr. In
den Kulturen vom Nasenabstrich ausser Staphylokokken reichlich
Diphtheriebazillen. Injektion von 1000 I.-E. Isolierung.
24. März: Bisher kein Fieber mehr. Rachen reaktionslos, Kind
sehr munter. In den Kulturen neben Staphylokokken massenhaft
Diphtheriebazillen. Züchtung einer Reinkultur; davon 1 Oese in
Bouillon aufgeschwemmt, einem 420 g schweren Meerschweinchen
subkutan injiziert. Starkes Oedem an der Einstichstelle, das Tier
bleibt aber am Leben.
4. April: Ein im bakteriologischen Laboratorium mit einer
Bouillonreinkultur geimpftes Meerschweinchen ist nach noch nicht
24 Stunden gestorben und zeigte die typischen Veränderungen: starkes
Oedem an der Impfstelle und starke Schwellung und Rötung der
Nebennieren.
5. April: Ein mit 1 ccm einer 24 Stunden alten Bouillon¬
kultur subkutan geimpftes Meerscheinchen (von 375 g) bleibt leben.
16. April: Nur wenige Diphtheriebazillen in neu angelegter Kultur.
18. April: Rachenabstrich: Diphtheriebazillen (bakteriologisches
Laboratorium).
5. Mai: Aus dem Rachen fast Reinkultur von Staphylokokken,
keine Diphtheriebazillen.
2
514
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 10.
4. Juli: In Kulturen von Nase und Rachen Staphylo- und Strepto¬
kokken, keine Diphtheriebazillen. Kind munter; in gutem Zustand
(5100 g) wieder entlassen.
Epikrise: Schwer dekomponiertes Kind, bei dem sich im
weiteren Verlauf eine Rhachitis mit laryngospastischen Anfällen
herausbildet und dessen lymphatische Konstitution immer deutlicher
zutage tritt. Gelegentlich einer geringgradigen lakunären Angina
finden sich im Rachen reichliche Diphtheriebazillen, die sich etwa
4 Wochen lang konstant nachweisen lassen.
4. Friedrich Sch., geh. 17. Dezember 1910, eingewiesen 31. De¬
zember 1910.
Anamnese: 9. Kind; wegen angeblichen Spitzenkatarrhs der
Mutter nicht gestillt, sondern mit städtischer Eindrittelmilch F Hafer¬
schleim ernährt. Seit 5 Tagen angeblich Erbrechen und starke Ge¬
wichtsabnahme.
Status: stark abgemagertes Kind (3080g) mit weiter, faltiger
Haut, ohne sonstigen positiven Organbefund. Das Kind repariert
sich nur sehr langsam trotz vorsichtiger Ernährung mit Frauenmilch.
Dabei stets tadellose Monothermie, nie Infektionen.
20. März: lm Nasenabstrich reichliche Diphtheriebazillen mit
schöner Polfärbung, auch nach Bericht des bakteriologischen In¬
stitutes.
20. Mai. Neben Staphylokokken im Nasenabstrich reichlich
Diphtheriebazillen. Gleichzeitig wurden im Hygienischen Institut der
Universität Berlin kulturell Diphtheriebazillen im Nasensekret nach-
gewiesen.
10. Juli: Kulturen vom Tonsillarabstrich negativ, vom Nasen¬
abstrich neben Kokken noch einige wenige Diphtheriebazillen ent¬
haltend.
13. Juli: Kulturen aus der Nase negativ (bakteriologisches In¬
stitut).
18. September: lm Nasenabstrich nur Staphylokokken. Das Kind
wurde allmählich abgestillt und am 18. September in gutem Zustande
mit 5 kg Gewicht entlassen.
E p i k r i s e : Dekomponiertes Kind von 14 Tagen, das sich lang¬
sam, aber ohne wesentliche Zwischenfälle an der Brust repariert.
Ohne die geringsten klinischen Erscheinungen finden sich in der Nase
reichlich Diphtheriebazillen, die sich während 4 Monaten dauernd
erhalten. Keine Seruminjektion, nie klinische Erscheinungen von
spezifischer Diphtherie.
5. Lina Sch., geboren 9. Januar 1911, vom Waisenhaus einge¬
wiesen am 27. Januar 1911. \
Status: Hochgradig dekomponiertes Kind von 2540g. Au:
Drittelmilch mit Wasser rapider Absturz um 200 g, deshalb vor¬
sichtigste Ernährung mit abgedrückter und noch etwas abgerahmter
Frauenmilch.
20. Februar : leichte Angina catarrhalis mit 37,8 , 2 I age
dauernd.
13. März: Prophylaktische Diphtherieseruminjektion.
20. März: Ganz geringe Eitersekretion aus der Nase, ohne Blut,
ohne Erosion des Naseneingangs. Im Sekret reichliche Diphtherie¬
bazillen, auch nach Mitteilung des bakteriologischen Institutes.
8. April: Verdächtige Soorfleckchen am harten Gaumen und
Wangenschleimhaut, aber mikroskopisch keine Soorpilze auffindbar.
9. April: Dickeitrige Sekretion aus der Nase; kulturell fast Rein¬
kultur von Diphtheriebazillen. •
10. April: Deutlicher Koplik und abends beginnendes Masern¬
exanthem.
15. April: Exanthem abgeblasst. Löfflerkultur vom Nasensekret:
fast Reinkultur von Diphtheriebazillen. Auf Serumagar sehr spär¬
liches Wachstum.
24. April: Eine aus den letzten Kulturen hergestellte 48 ständige
Bouillonkultur, die allerdings nur geringe Polfärbung zeigt und auch
sehr kurze Wachstumsformen, wird einem Meerschweinchen von
220 g subkutan injiziert (2 ccm). Das Tier bleibt gesund, auch kein
Infiltrat. Von derselben Bouillonkultur wieder hergestellte Löffler¬
kulturen zeigen schlanke Bazillen mit schöner Polfärbung. Dieser
Stamm wurde Anfang Mai im Hygienischen Institut der Universität
Berlin als echte Diphtheriebazillen identifiziert (auch durch Säure¬
titration). Das Kind erlag einer an die Maserninfektion anschliessen¬
den akuten Dekomposition am 27. April.
Epikrise: Kaum 3 Wochen altes Kind im Zustand schwerster
Dekorrjposition. Nur langsame Reparation an der Brust. Gelegentlich
eines geringen, für Diphtherie absolut uncharakteristischen Schnupfens,
finden sich reichlich Diphtheriebazillen in der Nase. Im Initialstadium
einer Maserninfektion, an der das Kind zugrunde geht, wiederum
sehr heftige Rhinitis, in deren Sekret sich Diphtheriebazillen fast in
Reinkultur finden.
6.. Antonie W„ geboren 24. April 1910, eingewiesen vom Waisen¬
haus am 13. Juli 1910.
Status: Sehr dürftiges Kind von 3650g. Starker rezenter
Wasserverlust. Muskulatur sehr rigide; Abdomen etwas aufge-
trieben. Innere Organe o. B. Skabies. Versuch künstlicher Er¬
nährung mit Halbmilch scheint anfangs zu glücken, nach 10 Tagen
jedoch akute Dekomposition; Heilung mit Buttermilch gelingt auch
nicht, deshalb Ernährung an der Brust. Langsame Reparation, nach
Verlauf von 2 Monaten Uebergang zu Liebigsuppe.
Dezember 4600 g.
11. Februar 1911: 5000g. Plötzlicher Fieberanstieg auf 40°.
Starke Rachenrötung ohne Belag. Heiserkeit. Isolierung und pro¬
phylaktische Injektion von Diphtherieserum.
12. Februar: Kulturen vom Rachenabstrich ergeben nur Sta-
phvlo- und Pneumokokken. Das Fieber erklärt sich aus einer nun¬
mehr manifesten rechten Oberlappenpneumonie, die auch den Mittel¬
und Unterlappen ergreift.
20. Februar. Kritischer Fieberabfall.
16. /17. März. Zweitägiges Fieber bis 39,2". Objektiv nur ganz
geringe Rhinitis (Nasenlöcher verklebt mit dickem eingetrocknetem
Schleim. Rachen o. B. Löfflerkulturen aus dem Nasensekret: ausser
massenhaften Staphylokokken einige typische Diphtheriebazillen.
Nochmalige Seruminjektion.
4. April: Kulturell keine Diphtheriebazillen mehr nachweisbar.
Kind wird in gutem Allgemeinzustand entlassen.
Epikrise: Atrophisches Kind von etwa 314g statt der ihm
zukommenden 5 kg. Künstliche Ernährung nicht möglich, langsame
Heilung an der Brust. Gelegentlich eines 2 tägigen Schnupfens nur
hohem Fieber finden sich in der Nase typische Diphtheriebazillen. die
sich 14 Tage später nicht mehr nachweisen lassen.
7. Elise R., geboren 14. August 1910, vom Waisenhaus über¬
wiesen am 29. September 1910. Gewicht 3150 g. Bei künstlicher
Ernährung in den ersten 8 Tagen nach der Aufnahme allmähliche
Dekomposition bei Untertemperaturen, weshalb Brustnahrung verab¬
folgt wird. Das Kind erholt sich langsam.
17. Dezember. Gewicht 3600 g. Allmählich treten die Symptome
einer schweren exsudativen Diathese zutage.
19. März. Nasensekret: vorwiegend Staphylokokken.
30. März: lm Rachenabstrich vereinzelte Gram-positive Bazillen
mit sehr spärlicher Polfärbung.
Von denselben Kulturen wurde am 4. April eine Probe im
bakteriologischen Institut untersucht, keine Polfärbung gefunden und
hieraus, sowie dem negativen Tierversuch zufolge, die Diagnose auf
Pseudodiphtherie gestellt.
14. April: Im Rachenabstrich vorwiegend Gram-positive, für
Diphtheriebazillen etw'as kurze Stäbchen mit geringer Polfärbung.
18. April. In einem Rachenabstrich wurden im bakteriologischen
Institut Diphtheriebazillen (Neisser positiv) gefunden.
10. Mai: Im Rachenabstrich reichlich Diphtheriebazillen. Dieser
Befund wurde etwa zur gleichen Zeit auch im Hygienischen Institut
der Universität Berlin erhoben.
10. Juli. In Rachen und Mund keine Diphtheriebazillen mehr auf¬
findbar.
Kind wird im September wdeder entlassen.
Epikrise: Atrophisches Kind von 134 Monaten. Beim Ver¬
such künstlicher Ernährung allmähliche Dekomposition und dann lang¬
same Heilung bei Brusternährung. Allmählich machen sich schwere
Erscheinungen lymphatischer Konstitution bemerkbar mit häufigen
kleinen vorübergehenden Temperatursteigerungen. Ir. der Nase nie¬
mals Diphtheriebazillen, im Rachen dagegen während dreier Monate
konstant nachweisbar.
8. Karl A., geboren 18. Oktober 1910, eingetreten 14. April 1911.
Das vorher sehr kräftige, 3 Wochen vorher akut mit schwersten
Durchfällen und Erbrechen erkrankte Kind, kam in völlig desolatem
Zufstand herein, nachdem es die ganze Zeit draussen mit Schleim
ohne Zucker ernährt worden war. 5 Tage nach der Aufnahme Exitus.
Die Sektion ergab als letzte Todesursache Bronchopneumonien, fer¬
ner schwerste parenchymatöse Degenerationen der inneren Organe
und ausgedehnte Dünndarmgeschwüre. In Kulturen aus der Milz,
w-uchsen Bakterien der Enterokokkengruppe (bakteriologisches La¬
boratorium).
Am Tage vor dem Tode zeigte sich aus der Nase geringe bräun¬
liche, anscheinend sanguinolente Sekretion. Kulturell fanden sich da¬
rin neben Gram-negativen Kokkenhaufen sehr reichliche Diphtherie¬
bazillen.
E p i k r i s e: Das 5 Tage nach der Aufnahme einem schweren in¬
fektiösen Darmkatarrh erliegende Kind zeigt am Tage vor dem Tode
etwas blutige Sekretion aus der Nase, worin sich reichliche Diph¬
theriebazillen finden.
9. Gerda Sch., geboren 27. Januar 1911, eingetreten am 20. März
1911.
Status: Illegitimes Pflegekind in seihr vernachlässigtem Zu¬
stand. Ganz enorme Intertrigo. Bronchopneumonie. Hochgradige
Laryngitis. Gewicht 2950 g. ln Rachen und Nase keine Diphtherie¬
bazillen nachweisbar.
Das Kind erholt sich langsam bei Frauenmilch, die pneu¬
monischen Erscheinungen verschwinden. Die Heiserkeit dagegen
bleibt noch lange, wenn auch gebessert, bestehen. Diphtheriebazillen
Hessen sich niemals nachweisen.
24. April: Im Nasensekret zum ersten Male neben reichlichen
Staphylokokken typisch gelagerte, schlanke Diphtheriebazillen mit
schöner Polfärbung.
10. Juli. Löfflerkulturen vom Rachenabstrich: Gram-negative
Kokken, von der Nase: Diphtheriebazillen fast in Reinkultur.
Niemals die geringsten Zeichen von Rhinitis.
13. Juli: Nach Mitteilungen des bakteriologischen Instituts Diph¬
therie- und Pseudodiphtheriebazillen nebeneinander.
I März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
20. Juli. Kind wird auf Verlangen der Mutter nach Hause ent-
a an und soll dort bald gestorben sein.
Epikrise: Schwer atrophisches Kind mit Bronchopneumonie
: hartnäckiger Heiserkeit. Im Sekret aus dem Nasenrachenraum
: vom Kehlkopfeingang lassen sich niemals Diphtheriebazillen auf-
ii:n. Nach 4 wöchentlichem Spitalsaufenthalt, während dessen sich
Kind sehr langsam repariert, finden sich im Nasenabstrich Diph-
iebazillen fast in Reinkultur, die sich auch bis 3 Monate später
iweisen lassen. Niemals klinische Erscheinungen.
10. Anna B.. geboren am 4. Oktober 1910, eingetreten am
,c\pjil 1911.
Anamnese: Kind war 2 Monate gestillt und dann mit Halb-
n li ernährt worden, dabei gut gediehen. Seit 4 Wochen soll es
i blich alle 8 Tage einmal einen Anfall von Krämpfen gehabt haben
wird vom Arzt wegen Meningitis eingewiesen.
Status: Kräftiges Kind von 6 kg, kein Fieber. Kein menin-
i3S Aussehen, nicht benommen. Ganz leichter Opisthotonus, der
unter Schmerzen zu überwinden ist; lebhaft gesteigerte Sehnen-
Periostreflexe, mässiger Dermographismus.
27. April: Kulturen vom Nasensekret zeigen fast in Reinkultur
un-positive kurze, sehr diphtheriebazillenähnliche Stäbchen mit nur
c iger Polfärbung und vorwiegend paralleler Lagerung.
30. April: Nach Mitteilung des bakteriologischen Instituts im
nabstrich Staphylokokken und Pseudodiphtheriebazillen.
3. Mai: Plötzlich hoher Fieberanstieg. Oefters meningeales Auf-
^eien, starke Fontanellenspannung, beim Ohrenspiegeln plötzlich
ischer Krampfanfall.
Aus dem Lumbalpunktat lassen sich in Bouillon und auf Löff ler-
;m feinste Gram-negative Diplokokken züchten, die auch im bak-
u logischen Institut als Meningokokken identifiziert wurden.
9. Mai: Im Nasenabstrich typische Diphtheriebazillen, die auch
Hygienischen Institut der Universität Berlin gefunden wurden.
Die Meningitis verläuft in grossen Remissionen, das Lumbal-
J tat ist seit Mitte Juni steril. Jedoch entwickelt sich nunmehr ein
: ndärer Hydrozephalus.
Das Nasensekret zeigt in noch mehrfachen Untersuchungen posi-
Diphtheriebazillenbefund; erst vom 10. Juli ab lassen sich keine
f nachweisen.
Am 1. September plötzlicher Exitus.
Epikrise: Fall von Meningokokkenmeningitis mit sekundärem
vozephalus und tödlichem Ausgang. 2 Tage nach der Aufnahme
l n sich in der Nase Gram-positive, als Pseudodiphtheriebazillen
i sprechende Stäbchen. 14 Tage später zeigen sich daselbst
i che Diphtheriebazillen ohne jede klinische Erscheinung. Dieser
e nd lässt sich bei wiederholter Untersuchung während der näch-
e 2 Monate erheben.
Ausser diesen eben beschriebenen 10 Fällen wurden natiir-
: auch sämtliche anderen Kinder dieser Station beständig
leist 14 tägigen Intervallen auf das Vorhandensein von
ntheriebazillen untersucht: stets mit negativem Resultat,
waren dies ernährungsgestörte Säuglinge, die sich schon
ter auf dem Wege der Besserung befanden, und die Kinder
Ammen. Unter beiden Kategorien fanden sich, wie stets
i r unserem Material, recht viele mit ausgesprochener lym-
i ischer Konstitution. Aber trotzdem diese doch bei ihrer
i hten Neigung zu Schleimhautkatarrhen überreichlich Ge-
> lheit gehabt hätten zu klinisch manifester Diphtherie-
r tion, ereignete sich kein einziger Fall dieser Art. Dabei
Ln nur die am 11. März — gelegentlich des ersten Bazillen-
rcs — stationären Kinder immunisiert worden, und zwar
i einmal, die später eingetretenen überhaupt nicht mehr.
Ueberblickt man nunmehr die eben angeführten Beob-
Hngen, so lässt sich daraus eine Reihe recht bemerkens-
wr Schlüsse ziehen. Erstens: wir haben bei 10 Säug-
1 n während einer verschieden langen Beobachtungszeit
deriologisch das Vorkommen von echten Diphtheriebazillen
'gewiesen, 8 mal im Nasensekret und 2 mal im Rachen, und
! einziges dieser Kinder zeigte jemals Symptome einer kli-
S1 manifesten Diphtherie. Auch der bei diesem oder jenem
w im Laufe der Monate mitunter beobachteten Schnupfen
1 nur als zufällige Begleiterscheinung aufgefasst werden
|:kann auch bei der lymphatischen Konstitution der meisten
!er absolut nicht wundernehmen. Die Bazillen waren ja
'g genug schon vorher gefunden worden, und die
: upfensekretion kam und verschwand in kurzer Zeit. Zu
1 diphtherischen Rhinitis gehört eben, und das sei heut-
Re. wo so oft die Diagnose einseitig aus dem bakterio-
?chen Befund gestellt wird, auch hier nachdrücklichst be-
1 ein wohl charakterisiertes Krankheitsbild, wie es so
-rnd Heubner schildert: „Die Nasenatmung wird-er-
* ert, aus der einen oder beiden Nasenöffnungen ergiesst
■'eine meist etwas jauchig riechende Flüssigkeit, die Nasen-
515
Öffnungen und die Oberlippe exkoriierend. Auf diesen Wund¬
flächen erscheinen dann unter Umständen noch membranöse
Beläge, während die dünne Sekretion allmählich in eine mehr
dickeitrige übergeht. Aber nichts davon auch nur in einem
einzigen Falle. Ja, nicht einmal bei den häufigen Anginen
und Rachenentzündungen der Lymphatiker vermochten die
Bazillen eine für sie spezifische Erscheinung hervorzurufen.
Und dass durch derartige Noxen die Disposition erhöht wird,
ist ja zur Genüge bekannt und auch vor einigen Jahren durch
eine sehr interessante Beobachtung von Scheller und
S t e n g e r fast experimentell erwiesen worden. Die beiden
fanden bei einem zur Operation aufgenommenen Patienten
14 Tage lang konstant Reinkulturen von Diphtheriebazillen in
der Nase, dagegen niemals im Rachen. Am Tage nach der
Entfernung einer Nasenmuschel waren bereits Bazillen auf den
Tonsillen zu finden und 3 Tage später eine typische Rachen¬
diphtherie, während die Nase — offenbar als die Eintritts¬
pforte — auch dann frei blieb von klinischen Erscheinungen.
Auch in den hier beobachteten Fällen mit Lokalisation in der
Nase, fand niemals eine Ausbreitung der Bazillen auf die
Rachenorgane statt.
In zweiter Linie interessant ist die Auslese, die die Ba¬
zillen unter den Säuglingen gehalten haben. Betroffen wurden
ausnahmslos die elendesten Kinder der Station: stark unter¬
gewichtige, chronisch ernährungsgestörte, die im Stadium der
Reparation nach akuter Dekomposition sich befanden und bei
denen sich meist zahlreiche Symptome von exsudativer Dia-
these zeigten. Verschont blieben hingegen die dazwischen
liegenden, in ihrem Allgemeinzustand schon gebesserten Kin¬
der, sowie diejenigen der Ammen. Das ist um so merk¬
würdiger, als doch die Möglichkeiten einer Uebertragung ganz
enorm zahlreich waren: durch die direkte Berührung mit dem¬
selben Pflegepersonal, Anlegen an dieselbe Amme, durch Spiel¬
zeug usw. Ein — allerdings nur cum grano salis aufzufassen¬
des — analoges Verhalten fanden T e i s i e r und G u i n a r d
im Tierversuch. Sie konnten in einer grösseren Versuchsreihe
feststellen, dass Tiere durch Aushungern oder längere Nah¬
rungsentziehung gegen Bakterientoxine einen grösseren Wider¬
stand zeigten als unter normalen Ernährungsverhältnissen ge¬
haltene Kontrolltiere. Sie experimentierten dabei mit Pneu¬
monie- und Diphtheriebazillen an Hunden und fanden dabei an
den durch Nahrungsentziehung geschädigten Tieren die patho¬
logischen Veränderungen von viel leichterer Art.
Nach Feststellung der ersten positiven Bazillenbefunde
suchten wir natürlich die Quelle resp. den Infektionsträger zu
eruieren. Zuerst fiel der Verdacht auf eine am 17. Februar
1911 an klinischer Rachendiphtherie erkrankte Amme, in deren
Begleitung ein Säugling — zur Erhaltung der Milchsekretion —
mit zur Diphtheriebaracke verlegt worden war. Die Amme
wurde am 3. März wieder auf die Abteilung genommen, natür¬
lich bazillenfrei, und weder bei ihr, noch bei dem betreffenden
Kinde, wurden in der Folgezeit jemals Bazillen gefunden.
Natürlich bleibt hier die Möglichkeit, dass doch an Haaren,
Kleidern oder Schuhwerk Bazillen mit importiert worden
wären. Sodann wurden sämtliche Ammen und Dienstmäd¬
chen, sowie auch Schwestern der Stationen auf das Vor¬
handensein von Bazillen untersucht. Bei allen wurde ein
negativer Befund erhoben, mit Ausnahme von zwei Schwe¬
stern. Hier fand sich im Rachenabstrich der einen fast eine
Reinkultur von typischen Diphtheriebazillen, in dem der anderen
neben Kokken auch reichliche Stäbchen, teils deutlich Gram¬
negativ, teils Gram-unbestimmt. Bei der Wichtigkeit dieses
Befundes wurden auch Proben dieser beiden Kulturen an das
Hygienische Institut der Berliner Universität eingeschickt, und
Herr Prof. Ficker hatte die Liebenswürdigkeit, mir fol¬
gendes mitteilen zu lassen: In der ersterwähnten Kultur fand
sich ein echter Diphtheriestamm, in der zweiten aber nur di¬
phtherieähnliche Stäbchen, teils kürzere, plumpere, teils
längere, schlankere, aber alle Gram-negativ. Diese Gram¬
negativen Bazillen wurden übrigens nebenher auch in den
Kulturen der vier Säuglinge aufgefunden.
Noch eine andere Infektionsquelle wäre übrigens noch
denkbar, nämlich die der direkten Einschleppung durch einen
der betreffenden Säuglinge selbst. Dies ist umso eher denkbar,
als zwei der Kinder (8 und 10) ja offenbar auch die Bazillen
mitgebracht haben, allerdings aus zeitlichen Verhältnissen
2*
516
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. l
nicht für die ersten Befunde verantwortlich gemacht werden j
können.
Was die Virulenz der in einigen Fällen isolierten Rein- j
kulturen anlangt, die im Tierversuch geprüft wurden, so sind
die in 2 Fällen (3 und 5) erzielten negativen Resultate wohl
auf Rechnung der Grösse der Meerschweinchen zu setzen,
deren Gewicht ja nicht über 200 — 250 g betragen soll. Der
Tierversuch von No. 3 war im bakteriologischen Institut
positiv, der von No. 7 negativ ausgefallen, allerdings zu der
Zeit, als die aufgefundenen Bazillen auch morphologisch den
Typus der Pseudodiphtheriebazillen zeigten. Als sich bei dem¬
selben Kind aber im weiteren Verlauf typische, echte Diph¬
theriebazillen fanden, und dieser Stamm auch in Berlin rein¬
gezüchtet wurde, wurden dort zwei Meerschweinchen mit
derselben Bazillenmenge infiziert. Von diesen zeigte das eine,
das die Oese der Kultur direkt in eine Bauchtasche geimpft
bekam, den typischen Sektionsbefund, während das andere,
mit derselben Menge in Bouillon aufgeschwemmt subkutan
injiziert, am Leben blieb, eine Beobachtung, die, wie mir Herr
Prof. Ficker mitteilte, dort schon mehrmals gemacht wurde.
Eine Beschleunigung des Verschwindens der Bazillen
durch Injektion von Serum konnte in keinem einzigen Falle
festgestellt werden, wie denn überhaupt die später entdeckten
Fälle mangels jeder klinischen Erscheinung gar nicht mehr
immunisiert wurden. Ja, es liessen sich mehrfach die Bazillen
über ganz ungewöhnlich lange Zeiträume hin feststellen, be¬
sonders bei No. 10, 9 und 4, wo 2, 3 und 4 Monate lang
positive Befunde erhoben wurden. Auch dies Verhalten steht
im Gegensatz zum Verschwinden der Bazillen nach klinisch
manifester Infektion. So fand z. B. Gabriel bei Nachunter¬
suchungen im Stettiner Krankenhaus die Bazillen
nach 2 Wochen in 22,7 Proz.
„ 3 „ „ 51,5 Proz.
„ 4 „ „ 82,5 Proz.
und „ 5 „ „ 96,2 Proz. schon
geschwunden.
Es fragt sich nun, ob die erhobenen Resultate sich in
Parallele setzen lassen mit Befunden früherer Untersucher.
1894 schrieb Heubner seinen Artikel über die „larvierte
Diphtherie“ und verstand darunter einen latenten Verlauf der
diphtherischen Erkrankungen bei schwächlichen Kindern
(Skrofulöse, Rachitis), also eine abgeschwächte Reaktion bei
geschwächten Individuen. Er beschreibt da 3 Fälle; bei
zweien blieb die Erklärung des geringen Fiebers und leichten ■
Unwohlbefindens längere Zeit verborgen, bei dem dritten
wurde die richtige Diagnose erst bei der Sektion gestellt.
Dieser Begriff der latenten oder larvierten Diphtherie ist seit¬
her mehrfach in offenbar nicht richtigem Sinne gebraucht
worden, so von P. W. Williams, der darunter auch Fälle
von lokalen Diphtherieerscheinungen ohne allgemeine Krank¬
heitssymptome einbezieht. Auch die von Blochmann zu¬
sammengestellten Fälle zeigen doch recht deutliche klinische
Symptome (Schnupfen, teils sogar blutiger, und mit blutigen
Schorfen einhergehend, diphtherische Konjunktivitis, heiserer
Husten). Auch unsere Fälle sind offenbar nicht unter dieser
Rubrik unterzubringen, denn niemals machte doch ein alar¬
mierendes Symptom auf das Vorhandensein der Bazillen auf¬
merksam. Und gerade in dieser Tatsache sehe ich auch das
praktisch wichtigste dieser ganzen Untersuchungen: es
können im Nasen- und Rachensekret schwer
geschädigter Säuglinge während verschie¬
den langer Zeit echte und auch virulente
Diphtheriebazillen Vorkommen, ohne kli¬
nische Erscheinungen hervor zu rufen, sind
also offenbar nur als nebensächliche Schma¬
rotzer anzu sehen. Ob sie allerdings stets harm¬
lose Schmarotzer bleiben, möchte ich damit noch nicht be¬
haupten und auch nicht auffordern, bei ähnlichen Er¬
hebungen, speziell in geschlossenen Anstalten, sich in zu
grosse Sicherheit zu wiegen. Ein plötzliches Manifestwerden
bei irgend einem Kinde dürfte doch sehr im Bereich der Mög¬
lichkeit liegen, wie dies z. B. bei B a 1 1 i n im Kinderasyl der
Stadt Berlin der Fall war. Auch Ball in bezeichnet das
Vorkommen von Diphtheriebazillen beim gewöhnlichen
Schnupfen der Säuglinge als etwas ungewöhnliches, musste
aber doch erleben, dass bei einigen Kindern Nascndiphtherk
mit blutiger Sekretion und Exkoriationen auftraten, ja sog;
dass 2 davon starben (absteigende Diphtherie im einen Fa
und Spuren von Belägen im Kehlkopfe des anderen zum Exiti
gekommenen Falles). Recht hat er aber, wenn er sich gegi
N e u m a n n und S t o o s s wendet, die meinen, dass d
positive Bazillenbefund im Sekret eines einfachen Schnupfei
ohne Membranbildung dazu berechtigt, die Bazillen auch a
deren Urheber anzusehen. Diese positiven Befunde sind ab
offenbar ziemlich häufig (S c h a p s, Erich Müller) und d
Virulenz der Bazillen in diesen Fällen wahrscheinlich hej
abgesetzt.
Literatur.
Heubner: Lehrbuch der Kinderkrankheiten. — Derselb
Ueber larvierte Diphtherie. D. med. Wochenschr. 1894. — Bec
Diphtherie (Kolle-Wassermann). — Scheller und S t e
ger: Ein Beitrag zur Pathogenese der Diphtherie. Berl. kl
Wochenschr. 1905, No. 42. — Kober: Die Verbreitung der Dip
theriebazillen auf der Mundschleimhaut gesunder Menschen. Zeitsclj
f Hygiene, XXXI, 433. — Teisier et Quinard: Influence de
diete et de l’inanition sur les effets de certaines toxines microbienm
La semaine med. 1897, pag. 67, ref. Zentralbl. f. Bakteriol., 21, S. 7i
— Gabriel: Nachuntersuchungen über das zeitliche Verschwindl
der Diphtheriebazillen. Berl. klin. Wochenschr. 1908, No. 23.
Patrik Watsoii Williams: Latente Diphtheriemfektionen. TI
Journ. of Laryng., XXV, ref. Arch. f. Kinderheilk., 54, S. 183.
Bloch mann: Zur Diagnose der larvierten Diphtherie im jünger!
Kindesalter. Berl. klin. Wochenschr. 1911, No. 38. — Ballin: Uelr
das Vorkommen von Diphtheriebazillen beim gewöhnlichen Schnup:i
der Säuglinge. Jahrbuch f. Kinderheilk., 58. - R. Neumann: Vio¬
lente Diphtheriebazillen bei einfacher Rhinitis. Zentralbl. f. Bakteri .
31 No. 2. — Stooss: Das regelmässige Vorkommen von Diphtheri-
od’er Pseudodiphtheriebazillen in dem gewöhnlichen Schnupfen ifc
Kindes 31 Bericht des Jenner sehen Kinderhospitals in Beriin. i.
Arch. f. Kinderheilk., 32, S. 401. — Schaps: Welchen Wert hat
Diphtheriebazillennachweis für die Diagnose der Diphtherie im Siii-
lingsalter. Jahrb. f. Kinderheilk., 10. — E. M ü 1 1 e r: Untersuchung
über das Vorkommen von Diphtheriebazillen in der Mundhöhle u
nicht diphtheriekranken Kindern innerhalb eines grossen Saa.,
Jahrb. f. Kinderheilk., 43.
Allgemeines über Bruchbehandlung und Besonderes ütr
den Riesenbruch (Hernia permagna).*)
Von Prof. O. Witzei, Geh. Med.-Rat, in Düsseldorf.
Die Indikationen bei Bruchleiden haben erst im letz !
Jahrzehnt allgemein die berechtigten Wandlungen erfahren.1
Solange die blutige Befreiung des eingeklemmten Brite :
nur als letztes Hilfsmittel angesehen wurde, konnte weder «
Antiseptik, noch später die Aseptik eine wesentliche Besr
rung für die Ergebnisse der Herniotomie herbeiführen, t
gleich darzulegenden Gründen. Für die Radikaloperation :
nicht inkarzerierten Hernie ist äusserste Schonung der *
webe, Fernhaltung jedes grösseren chemischen und mect
nischen Insultes in solchem Masse Vorbedingung, dass u
Gewebeätzung der antiseptischen Wundbehandlung J
zusammen mit der grösseren mechanischen Störung bei p
anfänglich mehr komplizierten Methoden des Eingriffes J
mässige Resultate geben, und erst die gewebeschone
Aseptik bei tunlichst vereinfachten operativen Verfahren 1 p
seres bringen konnte. j
Der Wandel der Anschauungen, welcher zum rji
unserer Bruchkranken Allgemeingut der ärztlichen Pp
tiker werden muss, fasst sich zusammen in zwei Sätze:
fort mit der Taxis — fort mit dem Bruchbain
Vor etwas über 10 Jahren wurde nach G a r r e, besorujr
von Lanz (in dieser Wochenschrift 1902, 5) auf die hohe te
fährlichkeit der allgemein geübten, von Patienten und AerJ
gleich bevorzugten Taxis hingewiesen. Ihm schloss ich i~
in einer mit Wenzel gemeinsamen Arbeit an, zugleich i
praktischen Arzt eine neue, ebenso einfache ais ungetänrl n
Art des Bruchschnittes gebend.
Für die Abmessung der Gefährlichkeit und die daraus -
ergebende Anzeige des ärztlichen Handelns muss nicht j
Taxis als der jedesmal und oft mehr als ergiebig zu '
suchende Eingriff der späten Herniotomie gegenüber gcsi
*) Nach einem Vortrag, gehalten in der Medizinischen GU
schaft zu Düsseldorf am 22. Dezember 1912.
i. Marz 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
i-den. wie das früher geschah. Erschöpfte Patienten (und
rzte), übel behandelte Brüche kamen zum Bruchschnitt, für
,n dann zunächst auffallenderweise die neue Wundbehand-
ig nicht die grosse Ergebnisbesserung brachte, wie bei den
deren alten typischen Operationen. Es blieben viel Bruch-
itphlegmonen als üble Ausgänge und die Zahl der Todes-
le an Peritonitis wurde kaum wesentlich kleiner. — Die
Sachen wurden geklärt: Die Wandung des eingeklemmten
aches wird sehr schnell für Bakterien durchgängig, das
uchwasser infektiös. Lässt sich das Eingeklemmte — was
: er nie mit Sicherheit zu sagen ist — wenn auch mit einiger
1 walt. so doch ohne Serosaläsion zurückbringen, dann wird
i s infizierte Bruchwasser im gesunden Peritoneum selbst,
»n diesem resorbiert, in der Säftemasse unschädlich gemacht.
1 r Kranke heilt, behält aber seinen Bruch. — Mechanisch im
1 uche insultiertes Peritoneum wird Ausgangsort für eine
Iritonitis verschiedenster Art und Ausdehnung, innen sowohl
aussen im Serosasack. Der Kranke stirbt oder heilt, dann
:r nicht ohne Verschlechterung seines Bruchleidens (Ver-
i chsungen, Knickungen, Darmfisteln nach örtlicher Phleg¬
ma). Das sind früher wenig gewürdigte Gefahren, die aber
gen ihrer Häufigkeit gegen die Taxis mehr in das Gewicht
en müssen, als die längst bekannten, zu jähem Verfall und
ml Tode führenden kompletten Rupturen gesunden Darmes,
Kotüberschwemmung des Bauchraumes bei der forcierten
\is und die Reduction en masse, welche die Einklemmung
: assend einen grossen gefährlichen Eingriff an zumeist
i;serst erschöpften Patienten nötig macht. Ueberraschend
il oft die beschlossene, in Vorbereitung begriffene Hernio-
lie erübrigend, erfolgt ferner Kollaps und Exitus in Fällen,
die Taxis „nicht ganz ohne Erfolg“ war, der Bruch weicher
’ rde : der brandige Einschnürring innen vertrug den for¬
mten Druck von aussen nicht und kam zum Bersten.
Unserm „Fort mit der Taxis“ darf bei dieser Er-
mtnis in Zukunft nicht mehr eine Andersmeinung des Arztes
gegenstehen und auch der messerscheue Kranke wird sich
’on überzeugen lassen, dass die Taxis, die unbeschädigt zu
■rstehen er vielleicht früher das Glück hatte, nur versucht
rden darf, wenn alles bereit ist, dem schonenden Versuche
Herniotomie folgen zu lassen, die (und das ist ein nicht ge¬
ltet Anstoss zur Einwilligung) der Regel nach von der
likaloperation gefolgt werden kann. _ — Unser Bruch-
hnittistabervon den drei grossen Gefahren
freit, die dem alten klassischen Verfahren
haften: der Blutung aus grossen, in der Tiefe verletzten
Assen, dem Anschneiden des Darmes, der Infektion des
ichraumes. Eine Summe der Erfahrungen von Hernio-
üen und Laparotomien zur Ausbildung einer sicheren, ein-
ien Methode verwendend, konnten wir für die allgemeine
furgische Praxis die „L a p a r o h e r n i o t o m i e“1) geben,
schichtweise, stets in offener übersichtlicher Wunde von
er kleinen Oeffnung des Peritoneums oberhalb der Ein-
Inmung den Bauchraum sicher schützen und dann vom Ge-
den zum Kranken, vom Nichtinfizierten zum Infizierten hin-
! eiten lässt, jede Ueberraschung ausschliessend.
„Fort mit dem Bruchband e.“ — Bequem für den
agten Arzt und gern befolgt vom Patienten ist der Rat,
i )) Das Verfahren der Laparoherniotomie ist beschrieben
illustriert in der leicht zugängigen Zeitschrift für ärztliche Eort-
eig (1904, No. 8). — Die alte Herniotomie ist eine Herniolaparo-
e. ein Schnitt mit Eröffnung des Bauchraumes, aber mit einer
ien ins Dunkle hinein, bei der das Knopfmesser, infektiösen
-hsackinhalt nach oben tragend, nicht selten schon beim Vor-
-ben, einfach durch seine Masse, den brandigen Ring am Darme |
ngt. Die Namenbezeichnung darf nicht die Meinung grösserer
Gierigkeit der Operation veranlassen. — Unter allen Umständen
erst das gesunde Bauchfell eröffnet oberhalb der Einklemmung.
Schnitt hierzu ist um so kleiner, je weniger die Folgezustände
letzteren vorgeschritten, um so grösser, je weiter die Verände-
en des abgeklemmten Darmes im Sinne der Gangrän gediehen
Die einzelnen Akte sind: Freilegung der Bruchpforte und
erung der Bruchgeschwulst. Inzision der Decken des Bruch¬
halses: Eröffnung des Peritoneums oberhalb der Abschnürung;
chiebung eines Schutztampons nach dem Bauchraum hin; Spai-
der Bruchhüllen vom Laparotomieschnitte aus; Versorgung des
hinhaltes mit Reposition des zweifellos lebensfähigen Darmes,
rmig des verdächtigen, in Sacktampon gehüllten Darmes innen
der Oeffnung, Primärresektior des gangränösen Darmes und
sung eines Anus praeternaturalis.
für einen reponiblen Bruch sich ein „gutsitzendes“ Band, für
den irreponiblen einen Tragbeutel anfertigen zu lassen. Wie
müssen wir den unermüdlichen Fleiss, die technische Intelli¬
genz anerkennen, die im allgemeinen und für die Sonderfällc
auf die Bandagenbehandlung verwendet werden. Sie hat aber
eine Berechtigung nur noch in den seltenen Ausnahmefällen,
in denen nicht in Sonderheiten des örtlichen Leidens, sondern
in solchen des übrigen Körpers die Gegenanzeige für die
Radikaloperation gegeben ist. — Wir haben gelernt, die
grosse Trias des chirurgischen Handelns: Aseptik, operative
Technik, Schmerzverhütung für die Radikaloperation so zu
bilanzieren, dass wir diesen Eingriff empfehlen dürfen und
müssen für Bruchkranke von den ersten Lebenswochen an bis
zum Greisenalter, für die Bruchanfänge, die eben erst erkenn¬
bar werden, bis zum Riesenbruche. Einen kaum mehr nennens¬
werten Eingriff bei beginnender Bruchbildung darstellend — in
romanischen Ländern mit Rekrutenmangel ist operative Be¬
seitigung von Brüchen bei Gestellungspflichtigen Gesetz, zum
Heile der jungen Krieger — , bei zunehmender Grösse des
Bruches und bei höherem Alter nur gewöhnliche Anforde¬
rungen bringend — beim Riesenbruch ein Meistern des ge¬
samten chirurgischen Könnens bedingend, muss und wird die
Radikaloperation der Hernie vollkommen an Stelle der Bruch-
bandagenbehandlung treten. Der aus Ueberzeugung ge¬
wonnene Entschluss des Kranken, einige Wochen zu opfern,
bringt für das Leben dauernd Gesundheit und volle Arbeits¬
fähigkeit, befreit von der Aussicht einer nie aussetzenden, mit
dem Alter steigenden Beseitigung und einer Minderung des
Lebensgenusses. Die Gefahr aber des mit Bandagen be¬
handelten Bruches ist in summa grösser als die des radikal
operierten.
Diese Sätze bedürfen wohl der Begründung. Sie werde
gegeben auf Grund eigener und fremder Erfahrung.
Der kleine Bruch, — oft gerade dieser durch eine enge
Oeffnung ein- und austretend, in engem Kanal sich hin- und
herschiebend, in hohem Masse, — belästigt durch anhalten¬
den mehr ziehenden, durch anfallsweise kneifenden Schmerz;
und selbst eine gut gewählte und gut angefertigte Bandage
hält nur das Vortretende zurück, hindert nicht kleine Ab¬
klemmung im Ring, im Kanal. Oft bringt das Bruch¬
band gar keinen Nutzen, es wird überhaupt nicht
vertragen, auch nicht bei kleinsten Hernien. So ist für die
Hernia epigastrica, die ich vor 20 Jahren einer fast hundert¬
jährigen Vergessenheit entzog, mit ihren oft enormen
„gastrischen“ Beschwerden die grosse Schwierigkeit der
Auffindung in vielen Fällen einerseits und die Unmöglichkeit
der Schmerzbeseitigung durch eine Bandage andererseits
geradezu charakteristisch. Jedenfalls im Lebensgenuss stark
gestört (hochgradig „nervös“ werdend), sind Träger von
ßauchbriichen — auch solche ohne Entschädigungsansprüche
— nicht selten zu jeder anstrengenden Arbeit unfähig. Bei
vielen anderen freilich, das sei besonders bemerkt, entdeckt
man den beschv/erdefreien Bruch, selbst mehrere, nur zufällig.
Auch der kleinste sicher erwiesene Bruch, gleichviel an
welcher Stelle, wird von der Reichsversicherung anerkannt
als eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bedingend und eine
Minderung der Arbeitsgelegenheit herbeiführend; Mit Grösser¬
werden des nicht zurückgehaltenen Bruches wachsen die Be¬
schwerden, besonders die durch Störung der Darminhalts¬
bewegung veranlassten.
Zweifellos kann nun in vielen Fällen — vollständige
Reponibilität vorausgesetzt! — ein gutes Bruchband nützlich
sein. Wir alle haben aber erfahren, wie selten ein Band
gut ist, vor allem, wie selten es gut bleibt. Mit
solchen Dingen wird selbst der für seinen Körper ganz ängst¬
lich Besorgte nachlässig. Nur mehr dekorativ, selbst zweifel¬
los schädlich wirkende Bruchbänder sehen wir auch da, wo
Mangel der Mittel für Bandagist und Arzt gewiss nicht Ur¬
sache ist. Dem arbeitenden Manne, mehr noch der arbeiten¬
den — ohnehin bei ihrem Geschlecht durch das Bruchband
an sich mehr belästigten — Frau, müssen in der Not des
Lebens Sauberkeit des Bandes, der Haut, Revisionen, Repa¬
ratur und Ersatz des Bandes schöne Wünsche bleiben.
Furunkel, Ekzeme, Erosionen und Ulzerationen führen zu
vorübergehendem Weglassen oder dauerndem Verzicht auf
das ursprünglich gut wirkende Band. Dass aber schlecht-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
518
sitzende Bänder geradezu ein Unheil sind,
wissen wir Chirurgen alle aus Erfahrungen traurigster Art.
Es gleitet unvermerkt das Netz unter der Pelotte durch in
den Bruchsack hinein, wird durch das Scheuern adhärent und
schmerzhaft; innen droht Ileus durch den fixierten Strang.
Das Band wird lockerer getragen, auch Darm bleibt vorüber¬
gehend, nach Verwachsung dauernd unter dem angelegten
Bande im Bruchsack. Zu der Gefahr der Einklemmung oben
an der Bruchpforte kommt die — wegen der Diagnosen¬
schwierigkeit noch grössere — der Einklemmungen unten in
dem Bruche selbst. Zunächst leicht zu beheben werden die¬
selben als nichts Besonderes angesehen und dann, auch vom
Arzte, bis zum Brandigwerden des Abgeklemmten verkannt.
Ist doch der Bruch, freilich nur zum Teil, reponibel. I n
Sitz und Wirkung schlecht gewordene Bruch¬
bänder sind eine der häufigsten Ursachen
gerade der schlimmsten Inkarzerationen. -—
So muss uns das Bruchband doch als auf die
Dauer hinreichend belästigend und gefähr¬
lich erscheinen. — Wie ist es mit der Heil¬
wirkung? Eine solche ist nicht vorhanden, wenn wir da¬
runter nicht nur eine vorübergehende Verklebung und Ver¬
ödung, des Bruchsackes verstehen. Ein so veränderter Sack
bedingt eine „Bruchanlage“, zumal bei unverändert weitem
Ring oder Kanal der Bauchwand. Es „heilen“ wohl Leisten-
brüche unter einer durch jahrelange Sorgfalt lag und Nacht
gesicherten Druckwirkung. Das Band wird weggelassen. Es
kommt die Pubertät mit ihrem Formwandel der Teile mit
stärkeren Arbeits- oder Sportanstrengungen. Plötzlich —
dann oft mit sofortiger Einklemmung — ist das Rezidiv da,
oder es bildet sich allmählich. So heilen und rezidivieren auch
die anderen Brüche, nur einer nicht, der Nabelbruch des
Säuglings. Der heilt aber auch ohne aufgelegte Schutzplatte
_ eine konvexe Pelotte erweitert seine Pforte! — , wenn man
dafür sorgt, dass die natürliche Schliessungstendenz durch die
Bauchpresse nicht gestört wird (Beseitigen von Husten, Darm¬
verstopfung, Operation der koinzidierenden Phimose u. dgl.).
Was bietet demgegenüber unseren Bruchkranken die
Radikaloperation? Sie hat ihre Schwierigkeit, aber jetzt nur
noch bei solchen Brüchen, die in Bandagebehandlung längst
höchst beschwerlich, arbeitsstörend und nur bei grösster Auf¬
merksamkeit mit immer wieder nötigen Reparaturen zurück¬
zuhalten sind. Sie hat, wie eine jede Operation (wie alles
menschliche Tun), ihre Gefahr. — Aber wir fahren mit der
Strassenbahn, wir setzen uns in Automobile, der Sicherheit
der Einrichtung, der Umsicht des Führenden vertrauend. So
auch darf sich der Bruchkranke einem gewissenhaft erwägen¬
den Chirurgen anvertrauen. Die Entwicklung der Radikal¬
operation der Hernie, wie sie in den beiden letzten Dezennien
geschah, ist eine Ruhmesleistung der Chirurgie, sie zeigt, was
überlegte operative Technik und gewebsschonende aseptische
Sauberkeit in Verbindung mit richtig gewählter Schmerzver¬
hütung, in erfolgsicherndem Zusammenwirken vermag.
Die Zahl der technischen Methoden, welche für
die Radikaloperation im allgemeinen, für die einzelnen Bruch¬
arten im besonderen angegeben wurden und noch werden,
ist eine ungemein grosse. Sie alle zu verfolgen, wird
selbst dem Fachchirurgen allmählich unmöglich. — Zweifellos
ist, um den Dauererfolg zu sichern, zuviel gekünstelt worden,
zumal für den Verschluss der Pforte mit Lappenbildungen,
Einpflanzung von Material, das dem Körper selbst entnommen
wurde, oder von fremdem lebenden und toten Material. — Die
Jetztzeit geht immer mehr auf Einfachheiten hinaus. Es wird
erstrebt, nach Exstirpation des Bruchsackes das Bauchfell
innen ohne Trichterbelassung glatt zu vernähen. Der mit
äusserster Schonung gut blossgelegte Ring oder Kanal der
Bruchpforte wird geschlossen oder auf das physiologische
Mass verengt durch eine dem primären Einschneiden oder
Einreissen nicht ausgesetzte Naht, nach entspannender Heran¬
ziehung der weiteren Bauchwandteile. Nicht Wiederher¬
stellung der Muskellagen, sondern Schluss des Fasziensystems,
dem für den mechanischen Halt am Bauche die Hauptaufgabe
zufällt, muss dabei erreicht werden. Faszienlappen in loco ge¬
bildet oder freitransplantiert haben für schwierige Fälle be¬
sondere Bedeutung. Simplex sigillum veri (B o e r h a v e) be¬
währt sich auch hier bei der Unzahl der empfohlenen Metho¬
den. — Jedenfalls muss gleich nach der Wundheilung der Ve
Schluss so fest, von Anfang an so sicher sein, dass keine Ba
dage irgend welcher Art nötig ist.
Wie keine andere, bildet die Operation des Bruches eine
Prüfstein für das aseptische Können, für die Sauberki
im allgemeinen, besonders aber für die Aseptik, die wir ;
„mechanische“ bezeichnen. Die „mechanische“ Aseptik vt
bietet das Quetschen der Gewebe, das Zerren an denseltx
Auch in dieser Hinsicht muss fein säuberlich umgegang
werden; sonst gibt es Depots von nekrotischem Gewebe. S
verbietet, zumal bei plastischen Operationen, und hier handi
es sich exquisit um solche, die Anlegung von Nähten, den
beim Schluss die Aufgaben der Entspannung zukommt; au
dann gäbe es Nekrosen, es entstehen Defekte durch dieselb
und durch das Einschneiden an sich, und somit Lücken für d,
Rezidiv. — Massnahmen im Sinne der mechanischen Asep
haben Nachblutungen in der Tiefe der geschlossenen Wune;,
Hämatombildung sicher zu verhüten. Sonst wird das 1.
einanderheilen gestört, wenn es nicht (nach unbemerktu
Durchbruch aussenhin von der Haut her, oder von der Bli.
bahn her) gar zur Wundinfektion kommt. Wir unterbind i
deshalb sorgfältig mit feinster Seide, wir verhindern durch v|
senkte Nähte die Bildung toter Räume, legen einen komp-
mierenden Wundverband mit festangezogenem Heftpflasr
an, komprimieren wohl auch einen J ag mit Bindentoun.
Bei sehr grosser buchtiger Wunde legen wir für einige Ta;
durch ein Knopfloch ein kurzes Glasdrain zum Austritt i>
Blutes an. In der Regel aber wird die Wunde ganz tj-
schlossen, die Haut mit den nicht in die Wundhöhle pei-
trierenden M i c h e 1 sehen Klammern vereinigt. Bei Kinde,
die sich noch beschmutzen, muss der Schluss ein sehr dich r
sein. Hier wird mit feinem Silberdraht alles zugenäht ul
nur ein schmaler Gazestreifen mit weithin wasserdicht decki-
dem Heftpflaster befestigt.
Wie bei allen Operationen, so bewerten wir für die Brtm
operation in der Trias unseres Handelns relativ immer nur
die Art der Schmerzverhütung. — Da scheint sich nun für e
kleineren Brüche als besonders günstig zu bieten die V-
meidung jeder Reizung der Luftwege durch Wahl der <-
liehen Betäubung.
Auch nach den Operationen kleinster Brüche beobachten
wir — und andere befragte Kollegen ebenfalls — häufig n
folgenden Tage eine Temperaturzacke, ohne dass ein Clnd
an der Wunde, an den Lungen zu finden war. Bei me-
tägiger Zacke fand sich, jedoch nicht immer, eine vorher nin
vorhandene bronchitische Reizung leichter Art. Die Schnic-
Verhütung war mit unserer Morphium- Aethertropfmethjj
geschehen. Wir. vermuteten in dem diffusen chemisch
Trauma der Inhalationsnarkose die Ursache, betäubten lea
nach Hackenbruch: dieselbe Störung. Sie ist rätselh
geblieben trotz unserer schärfsten Forschung nach der r
Sache. Nur glaubte eine lebhaft mit interessierte Schwer
feststellen zu können, dass die Betroffenen sämtlich Raue r
die nicht Betroffenen Nichtraucher waren. — Handelt es d
um Vorgänge der von uns aufgestellten „Embolia inse i
bilis“? 2) Trifft diese bei Rauchern einen locus minoris r.i
stentiae in der Bronchialschleimhaut? — Jedenfalls halten i
vor dem Entschlüsse, eine Hernie radikal zu operieren, strtg
stens auf saubere Luftwege und Lungen und sehen wesentlicn
chronisch entzündlichen Prozessen derselben die zu beheb cJ
und dauernde Kontraindikation für den Eingriff, denn: der i
reits infektiöse Zustand der Schleimhaut, das chemb'
Trauma der Inhalationsnarkose, die Embolia insensibilis vone
Wunde her in Kombination müssen doch in hohem Masse e
eignet erscheinen zur Veranlassung einer postoperat*
Pneumonie.
Für kleinere Brüche kann die Wahl zwischen allgeme*
und örtlicher Betäubung fast Geschmackssache sein. *>
grosse Brüche genügt letztere nicht, hier muss die Allgen 11
narkose der unruhigen, dort die Aseptik störenden Bewegung
besonders der Spannung gegen die Reduktion dienen. Die ®
sage derselben lässt oft überhaupt erst den Patienten fiu '
Operation einwilligen. Mit der Grösse des Bruches und
-) Die postoperative Thromboembolie. Deutsche Zeitschrii i1
Chirurgie, Bd. S5.
11. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
519
Dauer des Eingriffes wächst aber die Bedeutung der Schmerz-
verhütung in der gesamten prognostischen Rechnung schnell;
wird schliesslich fast allein ausschlaggebend für den Erfolg.
Die Vorbereitung des zu Operierenden, zumal seiner Luftwege
durch methodische Atemgymnastik, durch Beseitigung katar¬
rhalischer Stöungen, muss dann eine extrem sorgsame und
umsichtige sein 3). Operieren wir aber auch erst dann, wenn
die Luftwege sauber sind, die Atemgymnastik durchaus sicher
geübt ist und wenn auch sonstiges Operieren kontraindi¬
zierende Störungen der Kreislauforgane, des Stoffwechsels
(Diabetes!), der Nieren nicht bestehen, dann geben die Erfolge
uns das Recht zu dem seit Jahren ausgesprochenen Satze:
..Fort mit dem Bruchband!“
Viel häufiger als gewöhnlich angenommen wird, nicht nur
bei dekrepiden alten Leuten, sondern bei Männern und Frauen
in den Jahren für beste Lebensarbeit, wächst ein Bruch ganz
übermässig an, er gewinnt übermässige, riesige Dimensionen
als Hernia permagna, als Riesenbruch. Made¬
lung, dem wir eine vortreffliche Arbeit über das Leiden
danken (Chirurgenkongress 1904), bezeichnet als „übergrosse
Hernien“ solche Unterleibsbrüche, deren Inhalt mit keinem zur
Verfügung stehenden Verfahren, auch nicht mittels
Operation, in die Bauchhöhle reponiert werden kann. Im
Abdomen ist das droit de domicile, wie französische Autoren
treffend sagen, für die ausgetretenen Eingeweide verloren. —
Ein monströs grosser Sack hängt vorn median von der Ober¬
bauchgegend, seitlich von der Leistengegend bis zu den Knien,
über dieselben hinaus herab. An der Höhe der groben Buckel
zeigt die fast durchscheinende Haut Narben, oberflächliche
Ulzerationen. Peristaltisch bewegt sich hie und da der Darm.
Knollige dicke Verhärtungen sind neben weichen Darmschlingen
zu fühlen. — Der Bruch wuchs in einem Jahrzehnt oder in
längerem Zeitraum von kleinem Anfänge (Nabelbruch, Bauch¬
narbenbruch, Schenkelbruch, Skrotalbruch), besonders aber
auch als Rezidiv nach versuchter Radikaloperation und
wuchs und wächst weiter unter einer zunehmenden Er¬
schwerung der Darmpassage, die zuweilen den Charakter des
chronischen Ileus annimmt. Dazu kommen Entzündungen der
Bruchdecken und des Inhaltes, die durch ihre Schmerzhaftig¬
keit wochen-, monatelange Arbeitsunfähigkeit bedingen. Die
Zerrungen der verwachsenen Teile werden zu ständiger Qual;
immer unbeholfener und leider dann auch meist umfangreicher
wird der Patient, sein Schicksal in einem Sacke oder frei
tragend und selbst auf Einholung ärztlichen Rates verzichtend,
bis dann auf die Dauer fast unausbleiblich die Einklemmung
eines Darmstückes in einer der ausgebuchteten Nischen des
Bruchsackes, zwischen Netzklumpen erfolgt. Da haben wir
sie fast stets bereits brandig gefunden und befreit; selbstredend
nicht etwa gleich den Bruch als Ganzes angreifend behufs
Radikaloperation. Nur einzelne der Kranken kamen mit und
ohne Kotfisteln davon.
Man braucht nur einige Male an derartigen partiell in-
karzerierten mannkopfgrossen Hernien operiert zu haben, um
die Warnung vor ihrer Radikaloperation zu würdigen. Denn
trostlos klingen die Berichte über nicht genügend vorbedachte
Angriffe auf die Hernia permagna. Glücklich die Chirurgen,
die noch rechtzeitig den Entschluss fanden, wieder zuzunähen.
Sie behielten noch einige Kranke am Leben. Andere ver¬
suchten, den Inhalt des eröffneten Bruchsackes zu reponiereti
und kamen mit allen Mitteln nicht zu Rande. — Man hat selbst
an die Anlegung eines grossen Zwerchfelloches und Inzi-
sierung der linken Pleurahöhle gedacht. — Die Operierten
starben fast alle während oder gleich nach der Operation.
So kam man wieder zur Entsagung und Hess den Riesen¬
bruch im Suspensorium tragen, für die zwingende Not des
-hronischen Ileus die Anlegung eines Anus praeternaturalis,
Jie Anastomosenbildung vorbehaltend. Das war zur Zeit der
Mitteilung Madelungs vor 8 Jahren, durchaus das Richtige
lach anderer Chirurgen und auch nach unserer Meinung. —
'*) Die tiefen Atmungen (tiefste schlürfende Einatmung, zischende
xtieme Ausatmung, laut zur Selbstkontrolle!) werden bei uns so
>icher vorgeübt, dass die meisten Kranken schon beim Erwachen
tus der Narkose noch im Halbschlafe automatisch damit beginnen,
vegelmässig jede halbe Stunde wird 20 mal tief ein- und ausgeatmet
kleine Dosen Morphium gegen Schmerz), auf Lagewechsel usw. re¬
ichtet.
Langsam, schrittweise, aber doch sicher sind wir indes seitdem
von den grossen zu den übergrossen, dann zu den Riesen¬
hernien radikal operierend herangegangen, und die Frau, die
ich heute an ihrem 49. Geburtstage nur mit leichtem Hänge¬
bauch (den wagte ich denn doch nicht gleich durch Fett¬
exzision aus den Bauchdecken mit in Angriff zu nehmen) ge¬
heilt, wieder lebensfroh und arbeitsfreudig vorstelle, zeigt,
dass ein Mensch auch von einem „Riesenbruche“ — so be¬
zeichnet ihn der Assistent im Journal — , der in vierfacher
Kopfgrösse beiderseits bis unter die Knie herabreichte, opera¬
tiv befreit werden kann. — Eine vollkommene Beherrschung
des Bauchschnittes in seiner Vorbereitung, Ausführung und
Nachbehandlung dürfte allerdings Vorbedingung sein für solche
„übergrosse Operation. Und dennoch war dieselbe in ihren
Einzelheiten recht einfach; sie bot zu keiner Zeit eine Ueber-
raschung.
Bei der im Juli vorgestellten operierten Frau (sie hat
15 mal geboren), entwickelte sich der Riesenbruch, — der
grösste, den ich überhaupt bisher sah — , aus einer kleinen
^upraumbilikalen Hernie im Laufe von 14 Jahren unter den
Beschwerden, die der vorstehenden allgemeinen Schilderung
zugrunde gelegt sind. Auch leichtere Einklemmungen sind
wohl vorgekommen und von der Frau selber glücklich gelöst
worden. Selbst kaum noch etwas hoffend, kam sie auf Rat
anderer, bei uns von übergrossen Brüchen befreiten Frauen.
Bei meinen Assistenten hatte zunächst die sichere Meinung
sich gebildet, dass bei der reichlich korpulenten Frau nicht
operiert würde, da der Bruch wohl doppelt so gross war
als die bisher operierte grösste Hernie. Er hing bei auf¬
rechter Stellung viermal so gross als der
Kopf der Frau symmetrisch bis unter die
K n i e h e r a b. Aber die Frau war für ihre Jahre auffallend
.iugendfrisch, absolut gesund, besonders auch am Herzen, und
an den Lungen.
Mehrere Wochen dauerte die sorgfältige Vorbeobachtung
und die Vorbereitung. Die für letztere im Laufe der
Jahre bei anderen ähnlichen Aufgaben gewonnenen Er¬
fahrungen, Befunde und daraus hergeleiteten Grundsätze sind
nun folgende:
Die Brüche enthalten in dem buchtigen, weithin auf der
Konvexität mit der Haut fest verbundenen Sacke stets ver¬
wachsen das klumpig umgewandelte Netz, in dessen Dupli-
katuren gewöhnlich den Umfang mehrend, Zystenräume sich
bilden. Mit dem Netze hineingezogen ist der Dickdarm, so¬
weit er beweglich ist, bezw. durch Zug beweglich wurde;
mehr indirekt durch das Netz aber auch direkt selbst mit
Winkelungen und Verdrehungen fixiert, zeigt er hyper¬
trophisch dicke Wandungen, ein Glück für die Auslösung, die
gewöhnlich nicht ohne einige Serosaablösungen möglich ist.
Am ausgezogenen langen Mesenterium, das dick und breit
durch die Pforte geht, zieht der gleichfalls meist arbeits¬
hypertrophische Dünndarm mit seinem mittleren Teile in den
grossen Sack hinein, selbst zumeist weniger verwachsen, als
irreponibel neben dem dicken Netz und Mesenterium, welche
die Pforte verlegen.
Dass in solcher Verlagerung die Passage des Darmin¬
haltes Not leidet, ist begreiflich. Wir entleeren den im Be¬
reiche des Bruches sich stauenden Inhalt durch Rizinus, durch
Klysmen, besonders durch heisse Einläufe, die in dem ge¬
füllten Dickdarm und in seiner Nachbarschaft Peristaltik
anregen, durch heisse Umschläge, aber auch durch
Streichungen und Knetungen, die für eine sehr wichtige mobili¬
sierende Vorbereitung der künftigen Reduktion sind. Die
Grösse des Bruches mindert sich dadurch nicht, da gasige
Auftreibung an Stelle der festen Füllung erfolgt. Wesentlich
ist daher die Volumenverringerung, die durch Ableitung der
Darmgase durch ein eingelegtes Mastdarmrohr während der
Operation durch Druck auf den noch geschlossenen Bruchsack
erzielt wird, sie erleichtert besonders die Dickdarmreduktion.
Durchaus zu verwerfen ist die vielleicht geratene Abführkur
zum Zwecke einer allgemeinen und örtlichen Entfettung. Die
Kur nimmt dem zu Operierenden nur die sehr nötigen Kräfte,
schwächt seine Widerstandskraft, ohne eine merkbare Fett¬
fortschaffung zu bewirken. Ein Ueberbehandeln des Darmes
durch übertriebenes Abführen ist zu vermeiden.
520
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 10.
Weiterhin soll man eine Verkleinerung des Bruches durch
elastische Einwicklung erstreben. Diese gleitet, uin den Bruch
selber ausgeführt, gewöhnlich kuppenwärts ab, oder sie wird,
irgendwie fixiert, durch Schmerz am Pfortenteil rasch uner¬
träglich. Um den ganzen Leib gelegt aber drückt die Binde
nichts durch-den Stiel des Champignons in das Abdomen hinein,
sondern plattet den Kopf desselben nur ab, und die ohnehin
nach hinten konvexen Bauchdecken werden gegen die Wirbel¬
säule gedrückt.
Wohl haben wir die elastische Ein Wicklung
des ganzen Patienten mit zunehmend stärkerem Zug
geübt, aber zu ganz anderem Zwecke: zur gymnasti¬
schen Vorgewöhnung an eine thorakale At¬
mung unter starkem Druck vom Unterleibe
h e r, wie sie ja nach der Operation zunächst nur möglich ist.
Das ist das allerwichtigste für den glücklichen
Ausgang für die Abwendung des seitens der Atmung und
der Zirkulationsstörung in den ersten Tagen drohenden Todes,
gegen den sonst Sauerstoff, Digitalis und Strophanthin nichts
nützen. Bei sorgfältiger Vorpflege der Haut heilten die Ober¬
flächengeschwüre bis auf kleine Reste, die vor Beginn der
Schlussdesinfektion mit dem Paquelin betupft wurden. Die
Aseptik bot nichts vom oben Gesagten abweichendes. Die
Schmerzverhütung musste selbstredend durch Allgemein-
narkose geschehen. Sie wurde nach unserer kombinieiten
Morphium-Aethertropfmethode in ausgezeichnet umsichtiger
Weise durchgeführt, den Erfordernissen der einzelnen Ope¬
rationsakte angepasst.
Zwei besondere Aufgaben hatte unsere operative
Technik hier unter denkbar schwierigem Verhältnis sicher
zu erfüllen: die Reduktion der gewaltigen In¬
haltsmasse aus einem Raum, der gewiss drei¬
mal so gross war als das verengte, von
geschrumpften Bauchdecken umschlossene
Cavum abdominis und einem Pforten Schluss,
welcher dem gewaltigen Druck der repo-
nierten Därme, dem Zug bei der Ausdehnung
der Bauchdecken durch die Atmungsarbeit
widerstehen konnte. — Die Aufgaben wurden gelöst
in folgender Weise, die wohl zur Nachahmung empfohlen
werden darf.
Bei Beckensteillagerung wurde mit mehreren
kräftigen Hakenzangen eine Hautfalte an der Kuppe der auf¬
gerichteten Bruchgeschwulst gefasst und diese durch
einen die Patientin vom Tische etwas abhebenden Zug zur
Form eines enormen Zuckerhutes angezogen.
Bei stets kräftigstem hebenden Anzug wurde an der Grenze
des oberen und mittleren Drittels ringsum eine Reihe von
Klauenschiebern angelegt und das Spitzendrittel mit einer
elastischen Binde eingewickelt. Turbanähnlich bauchten sich
die beiden unteren Drittel über der angehobenen, noch von der
Pforte konkav nach hinten verlaufenden vorderen Bauchwand
aus. Der Vorzeichnung eines querovalen grossen Schnittes
entsprechend, welcher von den Bruchdecken hautersparend
ungefähr an der Grenze des mittleren und unteren Drittels
verlief, wurde durch die Haut, die subkutane Fettmasse auf
dem Bruchsack — mit sorgfältigster Vermeidung einer Er¬
öffnung — zunächst nur an der oberen Seite des Bruches vor¬
gedrungen, der Sack bis zur Umrandung der Pforte freiprä¬
pariert. Letztere beiderseits ca. 5 cm weit quer eingekerbt
ohne Bauchfelleröffnung. Mit kräftigstem breiten, scharfen
Haken wurde die Umrandung nach beiden Seiten, kopfwärts
und von der Wirbelsäule abgezogen, der obere Teil der
Bruchgeschwulst aber an sämtlichen fassenden Instrumenten
vertikal zum Rumpfe angezogen. Bei der nun folgenden
elastischen Einwickelung des Spitzenteils mit zweiter elasti¬
scher Bindenlage, dann des übrigen gazeüberdeckten unteren
Teiles verschwand der grösste Teil des Inhalts, offenbar wurde
wohl die Hauptmasse des Dünndarmes mit seinem Mesen¬
terium durch das erwähnte Loch unter die immer mehr an¬
gehobenen Bauchdecken gestreift. — Die Auslösung des noch
durch Verwachsungen am Bruchsackhalse und am klumpigen
Netz gehaltenen Kolonrahmens und des noch im Bruche befind¬
lichen Dünndarmes bot gar keine Schwierigkeit: Es wurde zu
dem Zwecke erstjetzt der Bruchsack eröffnet —
vorher wäre es ein Fehler gewesen — der sich durch kaum zu
bewältigenden Prolaps gerächt hätte — , durch einen _L-Schnitt
an der Kopfseite seiner Basis. Vorsichtig wurde der Dickdarm
hier umgangen und angezogen, um oben das Netz abbinden
zu können. Dies verblieb im Sacke. Nach Anlegung einiger
Uebernähungen am Dickdarm wurde derselbe zurückgebracht,
mit einer breiten Kompresse zurückgehalten, deren Ränder
oben und seitlich weit vorgeschoben wurden, und deren freie
untere Partie dann für den leicht entwickelten Rest des Dünn¬
darmes einen Aufnahmesack abgab, mit dem der Darm bei
kräftiger Anhebung auch des unteren Pfortenrandes durch
einen eingesetzten Haken unschwer in den Bauchraum ge¬
schoben wurde. Eine grosse Zahl rings um Peritoneum und
Gazesack fussender Klauenschieber sicherte die Retention für
die Pause. Es war eine Pause nötig, um die mittlerweile recht
hochgradige Erstickungsnot der Kranken zu bekämpfen mit
einer die Bauchdecken freier gebenden Umlagerung, hori¬
zontaler und vorderer Rumpfkonkavität, bei Zufuhr von Sauer¬
stoff.
Für den Verschluss der Bruchpforte, die quer¬
oval gestellt mit meiner Handfläche allseitig nicht völlig zu
decken war, durfte an eine Plastik mit örtlich gebildeten oder
transplantierten Faszienlappen nicht gedacht werden. Da
hätte keine Naht gehalten; denn sehr gross war die Kraft, die ,
anzuwenden war, um mit allseitig weitfassenden Hakenzangen
die Ränder aneinander zu nähern. Sie ganz aneinander zu
bringen und ihre Ränder — eher beginnen wir ihre Naht über¬
haupt nicht — auch etwas übereinander zu ziehen, gelang
erst nach eine ganze Zeitlang immer wieder¬
holten Dehnungen. — Schliesslich lagen die Ränder
des Querovales aber doch schon bei mässigem Zangenzug
der eingesetzten Zangen und dann beim Anziehen des die
Deckkompresse fixierenden Schiebers aneinander. Auch von
dem vorgezeichneten unteren Querschnitt aus wurde die
Bruchbasis nunmehr durchtrennt, die Bruchgeschwulst mit
dem erhaltenen Netze abgetragen.
Von der einst empfohlenen Filigranarbeit für den Bruch¬
pfortenverschluss ist uns nur für solche Fälle eine allseitig
mehrfach geschlängelte Durch flechtung der
UmrandungmitSilberdraht geblieben, die S i e h e r-
heit gegen das Durchschneiden selbst stark
angezogener Schlussnähte gibt. Vielfach und erfolgreich
bei Narbenbrüchen nach grossen phlegmonösen Defekten, kam
sie auch hier bei dem Verschlüsse des Loches zur Verwendung.
Ihre technische Durchführung ergibt sich von selbst. - Die
weitere Wundversorgung geschah nach den oben geschilder¬
ten allgemeinen Grundsätzen.
Am Tag der Operation bis zum Abend des folgenden litt
die Kranke an der erwarteten Atemnot und Herzschwäche.
Aber schon eben aus der Narkose erwachend, setzte sie ge¬
horsam mit den erlernten tiefen Atmungen ein. So oft die
Zyanose stärker wurde, gaben wir Sauerstoff — aber nur in
schwachem Strome, grössere Dosen reizen die Luftwege. , (
durch einen offenen Glastrichter über Mund und Nase geleitet.
Häufige kleine Kampferdosen, Alkoholklysmen hoben allmäh¬
lich, aber stetig die Herztätigkeit, so dass wir angesichts der
gleichmässig zunehmenden Besserung der Funktion der be¬
drängten Brustorgane eigentlich nie in Sorge über den Aus¬
gang waren. — Nur durch kleine umschriebene Nekrosen in
der Fläche des unteren Hautlappens gestört, verlief die Hei¬
lung sonst durchaus glatt.
Wir haben das Verfahren ausführlich durch „Uebergrösse
gegeben beschrieben, um auch den nichtoperierenden Arzt
davon zu überzeugen, dass auch die letzte Einschränkung lür
die radikale Operabilität der Brüche zu fallen hat; denn
grössere Dimensionen sind wohl nicht gut denkbar. Zu den
beiden obigen Sätzen darf also mit Recht hinzu kommen für
die Hernia permagna : „Fort mit dem Tragbeutel! ,
Aus dem Vorstehenden wird sich für den über ein Bruch¬
leiden befragten Arzt ergeben müssen:
Es ist ein Fehler, bei Einklemmung eine
„schwierige“ oder gar eine „forcierte“ Taxis
zu unternehmen und durchführen zu wollen.
Ein schonender kunstgemäss er Repositions¬
versuch darf, wenn die Einwilligung zur so¬
fortigen Herniotomie nicht zu erlangen wai
1 1. Marz 191.1
52 i
Mt FNl'HFNFR MEt HZINISCHk WOCHFNSCHRIFT.
nur dann gemacht werden, wenn für letztere
alles bereit ist. —
Es ist ein Fehler, bei nicht eingeklemmten
Brüchen — von den kleinsten bis zu den
grössten — die höchst belästigende und
durchaus nicht ungefährliche Bandagenbe¬
handlung e i n z u 1 e i t e n. — Die Brüche können
sämrntlich radikal operativ beseitigt werden.
Dabei entsteht eine durchaus zu beherr¬
schende grössere Gefahr nur bei den Riesen-
h r ü c h e n, mit denen zu leben ohnehin kein
Leben ist. — Nicht das Alter, nicht Sonder¬
heiten des Bruches an sich können Gegen¬
anzeige geben, sondern nur Störungen des
übrigen Körpers, die ein Operieren bis zu ihrer
Beseitigung oder überhaupt nicht zu lassen.
Aus der Hautabteilung Jena.
Zur therapeutischen Verwendung des Eigenserums.
Von Prof. B. Spiet hoff.
Während Mayer und L i n s e r bei der Behandlung von
Dermatotoxikosen noch eine Art spezifischer Wirkung an-
nahinen und deshalb Wert auf arteigenes Serum legten und in
gewissen Fällen auf ein solches von bestimmter Herkunft,
zeigten die Erfolge Freunds mit Pferdeserum bei Schwan¬
gerschaftstoxikosen und die Versuche Hofbauers mit
Pituitrinsubstanzen, dass es sich bei den Heilungsvorgängen
gewisser Dermatosen nicht um spezifische Vorgänge handelt,
sondern um Prozesse, die durch verschiedene Körpersäfte und
Organsubstanzen ausgelöst werden. Freund, Abder¬
halden, Pinkussohn denken hierbei an fermentative
Wirkungen.
ln Erweiterung der bisher mit arteigenem und artfremdem
Serum und mit Organsäften vorgenommenen Untersuchungen
möchte ich über meine Erfahrungen berichten, die ich bei ver¬
schiedenen Dermatosen mit dem eigenen, wiederein¬
gespritzten Serum der Kranken machen
konnte. Zwecks Serumgewinnung wurden bei jugendlichen
Personen 50 ccm, bei Erwachsenen 100 ccm Blut aus einer
Kubitalvene in sterile elektrische Zentrifugengläser von
50 ccm Fassungsvermögen, in denen sich eine Spirale befindet,
aufgefangen, 3 Minuten geschüttelt, zentrifugiert und ab¬
gesogen. Die Mehrzahl der Versuche machte ich mit inak¬
tiviertem Eigenserum, d. h. K Stunde lang auf 55—56° er¬
wärmtem. Ob ein Unterschied im Ablauf der Reaktionen bei
inaktiviertem und aktivem Serum besteht, kann ich heute bei
der beschränkten Zahl von Untersuchungen, die ich mit letz¬
terem anstellte, noch nicht sagen. Nach der Inaktivierung
wurde das Serum möglichst bald demselben Patienten wieder
venös eingespritzt, und zwar je nach der entnommenen Blut¬
menge 10 — 25 ccm. Wiederholt wurde dieser Eingriff im
Bedarfsfälle 2—3 mal wöchentlich, im ganzen bis zu 6 mal.
Wie aus den unten mitgeteilten Auszügen aus den
Krankengeschichten hervorgeht, findet man all die Reak¬
tionen, die man bei Verwendung von arteigenem Serum beob¬
achtet, auch bei Gebrauch des Eigenserums wieder. Die
gelegentlich bei beiden Methoden auftretenden heftigen All¬
gemein- und Herdreaktionen kann ich nicht in jedem Fall als
etwas Unerwünschtes ansehen, da oft erst nach ihnen eine
Wendung zum Besseren eintritt. Deshalb bin ich in den
Fällen, bei denen mit der einen oder anderen Methode bei
reaktionslosem Verlauf kein Erfolg zu erzielen war, zu anderen
Verfahren übergegangen, die dann manchmal unter stärkeren
Reaktionen eine Besserung des Zustandes noch auszulösen
vermochten. Aber auch umgekehrt kann sich dieser Wechsel
selbst ohne Auftreten von Reaktionen erfolgreich erweisen,
wenn trotz Reaktion bei dem einen Verfahren irgend eine
günstige Wendung ausbleibt. Bei dem Wechsel der Methoden
hin ich so vorgegangen, dass ich einmal das Eigenserum
durch das arteigene Serum oder umgekehrt ersetzte, dann das
inaktivierte Eigenserum vermischte mit aktivem artfremdem
Serum, und zwar im Verhältnis von 3 Teilen Eigenserum und
1 Teil artfremden Serums, bei Erwachsenen in der Gesamt¬
menge von 20 — 25 ccm. Neben reaktionslos verlaufenden
No. 10.
Fällen und therapeutischen Versagern kommen bei Verwen¬
dung des Mischserums auch Reaktionen allgemeiner wie ört¬
licher Natur mit nachträglichen therapeutischen Erfolgen wie
auch solche ohne vorausgegangene Reaktionen zur Be¬
obachtung.
In einem Falle von Prurigo Hebrae bei einem 12jährigen
Knaben war schon 24 Stunden nach einer Einspritzung von 10 ccm
inaktiviertem Eigenserum ein Erfolg zu verzeichnen; sowohl das
Exanthem wie auch das Jucken hatten sich gebessert. Nach 2 wei¬
teren Injektionen von 8 und 13 ccm inaktiviertem Eigenserum in Ab¬
ständen von 3 und 6 lagen war das vorher schwere Exanthem und
das heftige Jucken bis auf Reste zurückgegangen, die dann nach
weiteren Einspritzungen von 15 und 12 ccm in Pausen von 5 und
3 Tagen auch verschwanden. Die Behandlung verlief ohne jede
Reaktion, die anfangs bestehende Leukozytose mit Eosinophilie be¬
gann schon 24 Stunden nach der ersten Injektion zurückzugehen.
Aber schon 5 Wochen nach Beendigung dieser Kur trat ein Rückfall
ein, der auf Eigenserum wieder in derselben Weise schnell zurückging
wie vorher. Der Verlauf war nur dadurch unterschieden, dass die
auch beim Rückfall wieder vorhandene Leukozytose im Gegensatz
zur ersten Kur eine weitere kurze reaktive Steigerung erfuhr, um
dann wieder abzuklingen.
Ein Fall von Dermatitis herpetifor m i s D u h r i n g,
der schon durch vorausgegangene wiederholte venöse Salvarsaninjek-
tionen eine ganz erhebliche Besserung erfahren hatte, "konnte gegen¬
über dem Zustande beim Abbruch der Salvarsankur durch etliche
Seruminjektionen nach verschiedenen Methoden weiter gebessert
werden. Die Eruptionen wurden immer spärlicher und seltener, aber
ganz konnten sie trotz alledem nicht unterdrückt werden. Zur An¬
wendung kamen zuerst Einspritzungen von arteigenem Serum, nach
denen, wie schon vorher nach einer Salvarsanspritze, heftige Allge¬
mein- und Hautreaktion in dem Typus der Effloreszenzen der Der¬
matose auftraten in Verbindung mit langanhaltender Leukozytose.
Diese wurde erst durch eine Eigenseruminjektion heruntergedrückt
und erfuhr noch weiteren Abfall, besonders der Eosinophilen, nach
einigen Mischseruminjektionen von inaktiviertem Eigenserum (20 bis
25 ccm) und aktivem Hammelserum (5 — 6 ccm). Nach der 2. Misch¬
seruminjektion stellte sich 4 Tage später Urtikaria auf einen Tag ein,
ohne dass sich diese bei den bald folgenden weiteren Mischserum¬
injektionen mit Hammelserum wiederholte. Reaktive Erscheinungen
der Dermatose traten nach Mischserum und Eigenserum auf, ohne von
Allgemeinreaktionen begleitet zu sein, die sich in diesem Falle in
Form von Fieber und Kopfschmerzen nur nach arteigenem Serum ein¬
stellten.
Eine schwere chronische Urtikaria bei einem jungen
Manne, dessen genaue Untersuchung vor der Behandlung keinen ätio¬
logischen Anhaltspunkt gab, wurde zunächst mit Eigenserum be¬
handelt. Die Urtikariaeffloreszenzen traten nicht mehr als vorher
auf, ebensowenig erlitt das Allgemeinbefinden eine Störung. Aber im
Blute stellte sich eine interessante Erscheinung ein, die ich bisher
nur in diesem Falle bei Eigenserum beobachtete. Das Blutbild zeigte
abnorm geringe Werte an neutrophilen Leukozyten bei hoher Eosino¬
philie; nach einer Spritze von 18 ccm inaktivierten Eigenserums trat
eine deutliche Verschlimmerung im Sinne der bestehenden Anomalie
ein, indem innerhalb der nächsten 4 Tage die Werte der neutrophilen
Leukozyten beharrlich weiter sanken und umgekehrt die Eosinophilen
stiegen, so dass diese fast die Höhe jener erreichten. Eine 4 Tage
nach der ersten erfolgte zweite Injektion von 15 ccm inaktivierten
Eigeserums liess die neutrophilen Leukozyten sich wieder etwas er¬
holen, während die Eosinophilen im wesentlichen unbeeinflusst wur¬
den, so dass sie jetzt noch absolut wie prozentual etwa das Doppelte
gegenüber den Ausgangswerten ausmachten. Injizierte man dagegen
inaktiviertes Eigenserum zusammen mit aktiviertem Hammelserum,
trat eine offensichtliche Erholung des Blutbildes unter weiterem An¬
stieg der neutrophilen Leukozyten und Abfallen der Eosinophilen auf
die Höhe der Ausgangswerte ein. Klinisch wurde in diesem Falle
durch Eigenserum und Mischserum nichts erreicht, dagegen trat eine
Besserung ein, nachdem durch 20 ccm arteigenes Serum unter mas¬
sigem Fieberanstieg ein äusserst heftiger Urtikariaausbruch unter
Schwellung des Gesichtes eingetreten war. Die heftige Reaktion
hielt 9 Tage an und war begleitet von einer vollständigen Aphonie.
Laryngologisch liess sich nicht das geringste feststellen, so dass an
Hysterie gedacht wurde, für die allerdings vor dem reaktiven Aus¬
bruch nicht der leiseste Anhaltspunkt vorlag und deren Annahme
nachher nur noch durch eine geringe Herabsetzung der Sensibilität an
einer Körperseite unterstützt wurde. Bei dem Fehlen jeglicher an¬
deren Erklärungen der Aphonie möchte ich für diese immer noch eine
Hysterie annehmen. Erst nach Abklingen der Reaktion trat eine Bes¬
serung der Urtikaria gegen früher ein. Wie lange diese angehalten
hat, konnte ich nicht beobachten. Der zunächst plötzlich eintretende
Sturz der Eosinophilen hielt nicht lange an.
Günstig sind meine Erfahrungen mit Eigenserum bei P r u r i tu s:
auch hier ist gelegentlich eine Reaktion in Form von kurzem An¬
schwellen des Juckreizes bald auf die Einspritzung zu bemerken.
Bei Psoriasis konnte ich bei Eigenserumbehandlung neben
Versagern auch zweimal einen bemerkenswerten Erfolg feststellen.
In dem einen Falle handelte es sich um längere Zeit bestehende
ausgedehnte Herde an Unterarmen und Unterschenkeln. Die Rück¬
bildung an den Unterarmen trat schon nach der ersten Einspritzung
No. 10.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
von 13 ccm inaktivierten Eigenserums ein und war nach der 5. Spritze
vollendet; an den Unterschenkeln zeigte sich zwar auch eine deutliche
Neigung zur Involution, sie ging aber langsamer vor sich, so dass
an diesen Stellen nach der 5. Spritze Salben zur Anwendung kamen,
unter denen die Abheilung auffallend schnell stattfand. Der andere
Fall betraf eine ausgebreitete Schuppenflechte in Form der Psoriasis
geographica. Nach der 3. Spritze war ein Abblassen und Flachei-
werden der Herde festzustellen.
Der praktische Wert dieser Beobachtungen liegt darin, in
der Serumbehandlung bei gewissen Fällen einen die äussere
Behandlung unterstützenden Faktor zu besitzen, der in sehr
hartnäckigen, den äusseren Mitteln gegenüber resistenten
Fällen wohl versuchsweise zur Anwendung zu kommen
verdient.
Meine Erfahrungen mit dem Eigenserum beim Ekzem
decken sich mit denen anderer Autoren bezüglich des art¬
eigenen Serums. Neben Erfolgen, die sich in erster Linie auf
den Juckreiz, erst in zweiter auf die Hauterscheinungen selbst
beziehen, sind Misserfolge zu verzeichnen. Man beobachtet
Besserungen ohne vorausgegangene reaktive Erscheinungen
wie Allgemeinsymptome, Herdäusserungen oder Blutverän¬
derungen, dann aber auch Fälle, in denen diese Wendung erst
nach Reaktionen, meist lokalen und allgemeinen, eintritt. Die
Hautreaktionen hielten sich stets im Typus der Grundkrank¬
heit. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass sich manchmal
erst nach Reaktionen ein günstiger Einfluss bemerkbar macht,
ist es zweckmässig, mit den Methoden in den Fällen zu
wechseln, bei denen ohne Reaktion die eine Art nichts er¬
reicht. Mit welcher Methode etwas Positives zu erzielen ist,
lässt sich im voraus nicht bestimmen; es kommt aufs Probieren
hinaus. Der Wert der Serumbehandlung von Ekzemen liegt
darin, in chronischen, namentlich sehr ausgebreiteten Fällen
mit starkem Juckreiz ein Mittel zu besitzen, das neben anderen
angewendet den Heilvorgang beschleunigen oder bei Er¬
schöpfung anderer Behandlungsarten noch eine Linderung her¬
beiführen kann. Auch bei akuten Ekzemen wird der mit der
Methode vertraute Therapeut oft Vorzügliches erreichen; ich
sah z. B. ein akutes vesikulöses Rezidivekzem ohne jede
äussere Behandlung, selbst ohne Schutzverband 24 Stunden
nach einer Eigenseruminjektion glatt verschwinden. In Zu¬
kunft wird man sich vernünftigerweise im gegebenen Falle
ebensowenig wie beim Ekzem auch bei anderen Dermatosen
nie auf die Serumbehandlung allein beschränken, sondern
gleichzeitig alle erprobten sonstigen Verfahren heranziehen.
Besonders wird man sich gerade bei der Gruppe von Krank¬
heiten, welche das Hauptgebiet der Serumbehandlung sind,
erinnern müssen, wie oft innere Störungen zugrunde liegen,
und wie wichtig es ist, diese durch breit angelegte Unter¬
suchung aufzudecken und zu berücksichtigen zu versuchen. Ich
verweise in dieser Beziehng auf meine ausführlichen Unter¬
suchungen, die z. B. bei Ekzem, Pruritus, Urtikaria in einem
hohen Prozentsatz Störungen des Verdauungschemismus
feststellen.
Da der Gewinnung des Eigenserums ein Aderlass voraus¬
geht, muss auf den Einwand eingegangen werden, dass die mit
dem Eigenserum erzielten Erfolge nicht dem Serum, sondern
dem Aderlass zuzuschreiben sind. Zur Klarstellung dieser
Frage habe ich Fälle zunächst allein mit Aderlass in der Menge
und Anzahl behandelt, die bei der Eigenserummethode in Be¬
tracht kommen. Durch einen Aderlass von 100 ccm bei einem
Erwachsenen können bei pathologisch zusammengesetztem
Blut reaktive Veränderungen verschiedener Art vor sich
gehen. Ein geringer Temperaturanstieg ist ebenfalls gelegent¬
lich festzustellen. Auch klinisch ist gewiss in manchen Fällen
selbst durch einen kleinen Aderlass etwas zu erreichen, wie
meine Beobachtung bei einem kraftstrotzenden, vollblütigen
Mann zeigt, der an äusserst schwerer, inveterierter Psoriasis
mit starkem Juckreiz litt; das Jucken wurde durch einen
kleinen Aderlass von 100 ccm schnell wesentlich gemildert.
Der Unterschied zwischen dem kleinen Aderlass und der
Eigenserumbehandlung liegt aber darin, dass nach jenem allein
nie Herdreaktionen auftreten wie bei Eigenserum, arteigenem
und Mischserum, dass in Fällen, die anfänglich ausschliesslich
mit kleinen Aderlässen oder selbst nach der Methode Bruck
mit wiederholten grossen Aderlässen und nachfolgender Koch¬
salzinfusion behandelt waren, nicht eher eine Besserung ein¬
trat, als Eigenserum hinzukam.
Wie eingangs schon erwähnt, möchte ich auch die Erfolge
des Eigenserums als Stütze für die Ansicht Freunds,
Abderhaldens u. a. heranziehen, dass es sich bei der
Serumbehandlung nicht um die Wirkung spezifischer Stoffe
handele. Das wirksame Prinzip muss in einer Substanz liegen,
die u. a. in jedem Serum, auch in dem der Kranken vorhanden
ist. Es kann sich bei der Behandlung mit arteigenem und art¬
fremdem Serum auch nicht um eine Substanz handeln, die im
Blute des Kranken vermindert ist oder gar fehlt und nun zu-
geführt wird. Dass die Wirkung nicht an eine Leukozytose
gebunden ist, geht schon daraus hervor, dass Heilungsvor¬
gänge ohne jede Leukozytose, auch ohne jede Vermehrung
der neutrophilen Leukozyten Vorkommen, dass Heilungsvor¬
gänge in Fällen beobachtet werden, bei denen bei bestehender
Leukozytose nach Serumbehandlung verschiedener Art die
weissen Blutkörperchen und mit ihnen auch die Leukozyten
fallen. In der nach Serumbehandlung gelegentlich einsetzen¬
den Leukozytose, an der die verschiedenen Blutelemente teil¬
nehmen können, möchte ich nach meinen bisherigen Er¬
fahrungen eher einen sekundärreaktiven Vorgang sehen, als
einen Heilfaktor selbst. Dass neben den nicht spezifischen
Heilvorgängen bei der Eigenserumbehandlung auch spezifische
Einflüsse, gelegentlich oder vielleicht auch nur bei bestimmten
Krankheiten zur Geltung kommen, legt die oben mitgeteilte
Beobachtung der Blutveränderung in spezifischer Richtung in
einem Falle von Urtikaria nahe. Die Besonderheiten des Blut¬
bildes bildeten die starke Verminderung der neutrophilen
Leukozyten nud die erhebliche Vermehrung der Eosinophilen.
Wenn ich von einer Veränderung des Blutbildes in spezifischer
Weise spreche, so geschieht es, weil nach der Eigenserum-
behandlung beide Blutelemente in der eingeschlagenen Rich¬
tung sich weiter bewegen. Von einer spezifischen Aenderung
würde ich nicht reden, wenn z. B. nur die Eosinophilen eine
weitere Steigerung erfahren hätten, ein Vorgang, der nach
jeglicher Art Serumbehandlung, auch nach kleinen Aderlässen,
mitunter eintritt. Das eigenartige besteht in diesem Falle
darin, dass eine aus dem Blut des Patienten gewonnene Sub¬
stanz, in seine Blutbahn wieder eingebracht, toxisch wirkt.
Umgekehrt könnte man sich auch einmal das Uebergehen und
Ueberwiegen von antitoxischen Stoffen vorstellen. Anhangs¬
weise sei mitgeteilt, dass sich unter der Einwirkung des Eigen¬
serums auch syphilitische Hauterscheinungen zurückbilden.
Diese Beobachtung erinnert an die Mitteilungen von S c h o 1 1 z,
Plaut, Meirowsky und H a r t m a n n über den Einfluss
des Serums von mit Salvarsan vorbehandelten Luetikern.
Stern verglich im Gegensatz zu anderen Erklärungsver¬
suchen die Erfolge nach den Seruminjektionen mit den nach
Nukleineinspritzungen von ihm beobachteten und wollte in den
grösseren Eiweissmengen des Serums die wirksame Sub-
stcinz erblicken
Ferner wurden drei auf der Hautklinik interkurrent vor¬
kommende Fälle von katarrhalischer, fieberhafter Angina mit
Eigenserum behandelt. In 2 Fällen hatte man den Eindruck,
dass durch mehrere Eigenseruminjektionen die Fieberkurve
günstig beeinflusst wird, im 3. Falle trat nach den erster
beiden Injektionen keine Veränderung ein, nach der 3. Injek¬
tion ein kurzer reaktiver Fieberanstieg, nach dessen Ab¬
klingen die Temperatur auf der ursprünglichen Höhe blieb. Ir
einem Falle von Erythema nodosum konnte kein Einfluss fest¬
gestellt werden. Zum Schluss verweise ich hinsichtlich dei
Ergebnisse der Blutuntersuchungen, die in eingehender Weise
sich auf die Dauer der Serumbehandlung erstrecken, auf meine
demnächst in der Dermatologischen Zeitschrift erscheinende
Arbeit.
Ueber hustenstillende Mittel und über ein neues Kodein
präparat.
Von Dr. Albert F r a e n k e 1 in Badenweiler-Heidelberg.
Die Pharmakologie und die chemische Industrie haben dei
Opiumalkaloiden neuerdings erhöhtes Interesse zugewendei
Wir verdanken diesen Bestrebungen in rascher Folge einig1
neue Präparate, die auf eine Kombinationswirkung ausgehen
Von diesem Gesichtspunkt aus hat Sahli1) zunächst da
J) Therap. Monatshefte 1909, Januar.
. März 1913.
MUENC HENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
523
antopon empfohlen, welches die Gesamtheit aller Opium-
kaloide in quantitativ unveränderter Zusammensetzung, aber
wasserlöslicher und daher zu subkutanen Injektionen ver¬
endbarer Form enthält. Die zuerst von Gott lieb und
c k h o u t s) nachgewiesene Verstärkung der Morphiumwir-
mg durch die Gegenwart der Nebenalkaloide sucht das
Mieste Präparat, das Laudanon I und II von Faust3) für die
üerapie auszunützen, indem es die Mehrzahl der Beständ¬
ig des Opiums als Gemisch chemisch reiner Körper und in
nem von der Muttersubstanz abweichenden und variierten
ischungsverhältnis zur Anwendung bringt. Etwas früher schon
t S t r a u b 4) das Narkophin — Morphin und Narkotin durch
econsäure verkuppelt — empfohlen; durch den experimen-
llen Nachweis der Rolle, die speziell das Narkotin als Ver-
ärkungsmittel der charakteristischen Grosshirnwirkung des
orphiums spielt, besitzt es eine exakte Grundlage. Diese
'ststellung über den Synergismus der Opiumalkaloide be¬
ultet jedenfalls einen wissenschaftlichen Fortschritt und lässt
aktische Erfolge erhoffen.
Allen diesen neuen Präparaten mögen innerhalb der bisher
■läufigen Opium- und Morphiumindikationen bestimmte,
ich näher zu ergründende Vorzüge innewohnen. Was
rüber an klinischen Beobachtungen mitgeteilt ist, führt
mentlich für das Narkophin zur Annahme, dass es die them¬
atisch verwertbare narkotische Wirkung des Morphins ver-
ft, ohne seine gefährlichen Wirkungen zu steigern.
Keines der neueren Präparate kann man aber als
1 u s t e n m i 1 1 e 1“ in engerem Sinne bezeichnen, denn von
nem solchen muss man verlangen, dass es den Husten zu
dien vermag, ohne schädliche Nebenwirkungen im Gefolge
haben.
Wenn wir das Symptom Husten als eine Begleiterschei-
ng chronischer oder mindestens über Wochen dauernder
Tränkungen zu bekämpfen haben, so ist es selbstverständ-
he Forderung, dass zu einer solch wiederholten Medikation
in Mittel angewendet werden soll, das die Gefahr einer die
ychische Persönlichkeit und den Allgemeinzustand des
anken schädigenden Gewöhnung in sich birgt. Sonst ist der
! igliche Nutzen kleiner als der Schaden, den eine Vernach-
isigung dieser symptomatischen Therapie zur Folge haben
>nnte. Die immer noch übliche Bekämpfung des Hustens
rch Morphin, welches durch Verwendung von Bittermandel-
asser als Vehik,el weder wohlschmeckender noch unschäd-
her wird, sollte als veraltet gelten, Morphin als Hustenmittel
s der Therapie gestrichen werden. Ebensowenig darf aber
ch das Morphin in dieser Indikation durch wesensgleiche
uere Präparate ersetzt werden. Durch die Anwendung von
mtopon etc. gegen den Husten wird ebenso leicht Morphi-
>mus erzeugt als durch Morphin allein. Von allen Morphin
thaltenden Präparaten muss dasselbe gelten.
Aus der Reihe der Morphinderivate, welche wertvolle
arapeutische Eigenschaften mit dem Morphin gemeinsam
ben, mit ihm aber nicht wesensgleich sind, ist das Kodein,
r Methylester des Morphin, das Hustenmittel „katexochen“,
ist in geeigneten Dosen von rascher und sicherer Wirkung
d kann jahrelang gebraucht werden, ohne dass das Be-
rfnis sich einstellt, die Dosen zu steigern und ohne dass
i Aussetzen der Medikation Abstinenzerscheinungen zur
Ige hat. Wohl ist mir bekannt, dass auch von Kodein
sagt wurde, es mache Angewöhnung. Dieser vereinzelten
hauptung steht die übereinstimmende Beobachtung der
ychiater, der Phthiseotherapeuten und zuverlässiger Leiter
n Morphiumentziehungsanstalten gegenüber, dass es einen
nen Kodeinismus nicht gibt und dass es nicht gelingt, in
nphinentziehungskuren die Abstinenzerscheinungen durch
»dein zu beseitigen. Ich selbst habe, obwohl ich strenge
rauf achtete und trotzdem ich die grosse, vielfach übliche
!se, nämlich die von 0,05 g als Einzeldose zu geben gewohnt
'r und zu geben empfohlen habe 5), bei vielfach über Jahre
h erstreckenden Ordinationen niemals auch nur eine An-
utung von Gewöhnung gesehen. Kodein macht auch keine
Euphorie, in der sicherlich der Anreiz zum Missbrauch zu
suchen ist.
Im Tierexperiment erweist sich die Kodeinwirkung nicht
etwa nur als eine milde Morphinwirkung, sondern sie ist ihrem
Wesen nach von der Morphinwirkung verschieden. Die Ver¬
schiedenheit lässt sich dahin charakterisieren, dass bei Kodein
die narkotische Wirkung auf die höhern Gehirnzentren gegen¬
über dem Morphin sehr stark zurücktritt, dass die reflex¬
steigernde Wirkung auf das Rückenmark verstärkt wird, die
beruhigende Wirkung des Morphin auf das Atemzentrum aber
bestehen bleibt [M e y e r - G o 1 1 1 i e b *)].
Da nun die reflexsteigernde Morphinwirkung beim
Menschen so wenig ausgeprägt ist, dass sie bei therapeutischen
Gaben gar nicht in Frage kommt, so ist das Kodein anzusehen
als ein Morphin, dem die narkotischen Eigenschaften und auch
die Euphorie genommen sind, während die beruhigende Wir¬
kung auf das Atemzentrum und die damit Hand in Hand
gehende hustenstillende Wirkung fortbestehen.
Dazu kommen noch Unterschiede im Verhalten des Mor¬
phins und Kodeins im Organismus. Während Morphin in dem
Magen und durch den Darm ausgeschieden wird, nimmt
Kodein seinen Weg durch die Nieren und ist quantitativ im
Hain nachweisbar, und ebenso different ist das Verhalten der
Tiere gegenüber Gewöhnungsversuchen. Faust7) konnte
an Hunden sich steigernde Gewöhnung und Abnahme der Aus¬
scheidung an Morphin zeigen, sein Schüler Bouma®) aber
hat bei solchen Versuchen mit Kodein weder Gewöhnung noch
Verminderung der Ausscheidung feststellen können.
Will man somit nach Mitteln ausschauen, die das Kodein
ersetzen können oder sogar noch Vorteile vor ihm haben,
so darf man nicht unter Morphinpräparaten oder dem Mor¬
phin nahestehenden Mitteln suchen, sondern in der „Kodein¬
gruppe“. In der Tat teilen das Dionin und Peronin, die dieser
Gruppe angehören (das erstere ist der Aethyl-, das letztere
der Benzoylester des Kodein), die narkotische Wirkung auf
das Atemzentrum. Zwar ist diese Atemwirkung, wie ich nach¬
gewiesen habe 9), dem Morphin selbst in kleinsten Gaben eigen,
isoliert aber, ohne die anderen Wirkungen des Morphin, lässt
sie sich nur mit der Kodeingruppe erreichen.
Diese kurze Zusammenstellung tierexperimenteller Beob¬
achtung zeigt, dass die Pharmakologie gegenüber neu auf¬
tauchenden Hustenmitteln uns vor Anwendung am Menschen
die Möglichkeit einer prognostischen Beurteilung ihres Wertes
und ihrer Gefahr gibt.
Vor etwa Jahresfrist wurde mir von Herrn Prof. S k i t a -
Karlsruhe ein von ihm hergestelltes hydriertes Kodein
zu Versuchszwecken übergeben. Dasselbe wird demnächst
von der Firma Knoll & Co., Ludwigshafen (Rhein) unter dem
Namen „Paracodin“ in Pulver und Tabletten in Handel
gebracht werden. Ich habe mich der Aufgabe seiner Unter¬
suchung deshalb gern unterzogen, weil bei voller Würdigung
des Kodeins als Hustenmittel ein vollwertiger Ersatz erwünscht
scheint, schon um in den Fällen chronischer Lungenerkran¬
kungen Gelegenheit zu einem die Wirkung erhaltenden
Wechsel der Mittel zu haben; denn von den anderen bisher
dargestellten Mitteln aus dieser Gruppe hat sich als Husten¬
mittel nur noch das Dionin bewährt, das dem Kodein ähnlich,
aber in gleich grossen Dosen eher weniger wirksam als dieses
zu sein scheint. Ueber Peronin fehlen mir eigene Erfahrungen.
Das Heroin, das pharmakologisch zwischen Morphin und
Kodein steht und von dem eben erst Lange r 10) auch
experimentell die Gewöhnung festgestellt hat, ist nach den
oben aufgestellten Grundsätzen von der Liste der Hustenmittel
abzusetzen, nicht etwa wegen seiner durch jene Unter¬
suchungen festgestellten narkotischen Eigenschaften, sondern
wegen des leider schon früher durch das Massenexperiment
erbrachten Nachweises einer bestehenden Heroingewöhnbar-
keit. Der Heroinismus ist heutzutage nichts seltenes mehr.
Prof. S k i t a machte mir folgende Angaben über das von ihm
dargestellte Präparat:
) Archiv f. exper. Path. u. Pharm., Suppl. 1908.
') Miinch. med. Wochenschr. 1912, No. 46.
;) Miinch. med. Wochenschr. 1912, No. 28.
) Münch, med. Wochenschr. 1899, No. 24.
°) Experimentelle Pharmakologie, II. Aufl., pag. 37 und 305.
7) Arch. f. exp. Path. und Pharm. 1900, Bd. 44.
8) Arch. f. exp. Path. und Pharm. 1903, Bd. 50.
°) Münch, med. Wochenschr. 1899, No. 46.
10) Biochem. Zeitschr. 1912, Bd. 45.
3*
Mo. in.
^4
}V\UEN CHEN ER MEDIZI N I SCHE WOCHENSCHRIFT.
Das Diliydro-Codein wurde von mir im Vorjahre in den Berichten
der Deutschen chemischen Gesellschaft11) beschrieben. Seine Her¬
stellung erfolgt am besten in der dort angegebenen Weise, welche die
technischeDarstellung der
ch. . *"
Codein:
N-
CH,
Dihydrocodein:
■CH,
CH,
H. H /'
H ,
✓c=s H/cr^H
>■
C— cf C— CHOH
OCH, ()
H, H /
:h,
H / C' H PHl
/=< H
f~C / xCH*
■C c — CHOH
ÖCH,
meisterRhydrierten Alka¬
loide leicht ermöglicht.
Das Dihydro-Codein
unterscheidet sich vom
Codein durch die bei der
Hydrierung eintretende
I Acimcr dpr hvdrozvk-
lischen Doppelbindung des Morphins12), so dass wir unter Annahme
der K n o r r sehen Morphinformel13) zu folgendem Ausdruck für die
Konstitution des Dihydro-Codeins gelangen:
Wie die pharmakologische Untersuchung verschiedener hy¬
drierter Alkaloide ergeben hat, wird die Wirkung der Muttersub¬
stanzen durch die Wasserstoffsättigung oft nicht unwesentlich modi¬
fiziert. Dies gilt auch vom Dihydro-Codein.
Es ist eine Base, die aus Weingeist in Nadeln vom Schmelz¬
punkt bei 65° kristallisiert, es ist in Wasser löslich, fällt jedoch leicht
beim Aussalzen mit Salz oder Alkalien aus der Lösung. Von seinen
Salzen dürfte sich das Sulfat seiner hygroskopischen Eigenschaften
wegen weniger für die Praxis eignen wie das sehr leicht wasser¬
lösliche salzsaure und weinsaure Salz, welche als Paracodinum hydro-
chloricum bezw. Paracodinum tartaricum in den Handel kommen. Es
soll auch an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Hydrierung des
Morphins schon kurze Zeit vor meinen Untersuchungen von L. O 1 -
denberg12) vorgenommen wurde. Derselbe arbeitete unter Be¬
nützung des seit längerer Zeit bekannten Paal sehen Reduktionsver¬
fahrens unter Anwendung von protalbin- oder lysalbinsaureni Na¬
trium als Schutzkolloid und von Palladiummetall als Katalysator in
kolloider Lösung. Ich selbst und meine Mitarbeiter benützen das ein¬
fachere Verfahren, nach welchem die Reduktion des Alkaloids und des
Palladiumchloriirs in einer einzigen Operation bei Gegenwart von
Gummi arabicum als Schutzkolloid vorgenommen wird14) oder nach
welchem der Wasserstoff auf die saure Lösung des Alkaloids in
Gegenwart von Palladiumchloriir ohne jedes Schutzkolloid ein¬
wirkt 15) “
Meine Versuche am Menschen fussen auf der pharma¬
kologischen Prüfung des Hydrokodeins durch Prof. Gott-
lieb in Heidelberg.
Wie S k i t a bereits in seiner Monographie „Katalytische
Reduktionen organischer Verbindungen“ (Enke, Stuttgart
1912, Seite 24) berichtet, fand G o 1 1 1 i e b, „dass das Dihydro-
Codein zwar demWirkungstypus des Kodeins folgt, aber etwas
stärkere narkotische Eigenschaften besitzt und in den gleichen
Gaben energischer auf das Atemzentrum einwirkt, als das
Kodein.“
Da über die pharmakologischen Eigenschaften des Mittels
voraussichtlich von anderer Seite ausführlichere Mitteilungen zu er¬
warten seien, hat Herr Prof. G o 1 1 1 i e b sich damit beschieden, mir
folgende Notizen zur Charakterisierung des Dihydrocodeins zur Ver¬
fügung zu stellen:
„Die Wirkung auf die Atmung wurde am Kaninchen näher ge¬
prüft. Kleine Gaben, 10—25 mg p. K. beruhigen das Atmungs^ntrum
erheblich stärker als die entsprechenden Gaben der Codeinsalze.
10 mg p. K. des Dihydrocodeins setzen die Frequenz der Atmung
etwa so stark herab, wie 25 mg p. K. Codein. Dabei sinkt aber die
Erregbarkeit des Zentrums gegen den Kohlensäurereiz. (Einatmung
von 10 proz. COa) nach Dihydro-Codein nicht stärker als Codein.“
Grössere Gaben, z. B. 0,1, Dihydro-Codein rufen wie grössere
Gaben von Codein beschleunigte Atmung und Steigerung der Reflex¬
erregbarkeit hervor. Doch macht sich nach solchen Gaben von Di¬
hydro-Codein zunächst auch ein narkotisches Stadium geltend, und
zwar entschieden deutlicher als nach Codein, das bei Kaninchen be¬
kanntlich kaum narkotische Wirkungen entfaltet. Die narkotische
Komponente der Wirkung ist demnach beim Dhiydro-Codein stärker,
die tetanische ist schwächer ausgeprägt als bei dem Codein. Das
Dihydro-Codein gehört aber im übrigen nach seinem Wirkungstypus
noch zur Codeingruppe.“
Nachdem ich anlässlich eines Katarrhs im Selbstversuche
mich von der Wirksamkeit und Ungefährlichkeit einer halb so
grossen als der von uns gewöhnlich verwendeten Kodeindosis
überzeugt hatte, haben wir unsere Versuche begonnen und
rasch festgestellt, dass wir die richtige Dosierung getroffen
hatten.
u) Berichte der Deutschen ehern. Gesellschaft. Bd. 44, S. 2865,
1911.
12) Berichte der Deutschen ehern. Gesellschaft, Bd. 44, S. 1829,
1911.
13) Berichte der Deutschen ehern. Gesellschaft, Bd. 40, S. 3347,
1907.
“) Berichte der Deutsch, ehern. Gesellschaft, Bd. 41, S. 2938,
1908. D.R.P. No. 230 724, 1909.
-5) Berichte der Deutschen ehern. Gesellsch., Bd. 44, S. 2865, 1911.
Die Beobachtungen habe ich zum Teil an Kranken meiner
Privatpraxis, zum grossen Teil aber mit der Unterstützung
meines Mitarbeiters Dr. Steffen in dem meiner ärztlichen
Leitung unterstehenden Sanatorium für Lungenkranke „Haus
Waldeck“ angestellt. Sie erstreckten sich über eine längere
Periode und sind an einer relativ kleinen Patientenzahl aus¬
geführt, im ganzen an 40 Kranken. Diese Beschränkung hat
ihren berechtigten Grund darin, dass wir Hustenmittel nur in
strenger und enger Indikation geben und dass überhaupt nur
eine kleine Anzahl Kranker für das Ausprobieren solcher Mittel
geeignet ist.
Hustenmittel erscheinen uns im Verlauf einer tuber¬
kulösen Erkrankung nur angezeigt zur Kupierung eines
exogenen absteigenden Katarrhs, zur Ruhigstellung der Lunge
bei Blutungen und Pleuritis und in allen den Fällen bronchialer
und pulmonaler Eiterungen, in denen über das Expektorations¬
bedürfnis hinaus schmerzhafter und die Ruhe des Kranken
störender Hustenreiz vorhanden ist. Speziell bei der letzt¬
genannten häufigsten Indikation ist der Arzt allein nicht im¬
stande, den Wert eines Hustenmittels festzustellen, ist viel¬
mehr auf die Meinungen und Aussagen der Kranken an¬
gewiesen.
Ist es aber bei den meisten Kranken schon schwer, eine
klare Auskunft über den produktiven und unproduktiven
Husten zu erhalten, so wird die sichere Feststellung erst recht
eine Analyse der reizstillenden Wirkung eines Mittels und
seiner etwaigenNebenwirkungen durch den weniger geschulten
Kranken fast zur Unmöglichkeit, und nur ein geringer Pro¬
zentsatz der intellektuell hochstehenden Menschen verfügt
über die angeborene und durch Uebung geschärfte Selbst¬
beobachtungsgabe, ohne deren Mitwirkung das Studium des
Wertes eines Hustenmittels uns als Unmöglichkeit erscheint
Einen objektiven Massstab für die Wirkung der Husten¬
mittel haben wir nicht. Aus dem Rückgang der Auswurfs¬
menge kann sie nur insoweit geschlossen werden, als bei Weg¬
fall des Reizhustens das Sputum sich um die bronchitischt
Oberschicht vermindert. Die aus den tieferen Lungenpartiei
stammende Sekretion kann durch ein Hustenmittel zeitlich ver
schoben, aber nicht quantitativ verändert werden. Es sine
daher auch die sonst diagnostisch so wertvollen Sputum¬
messungen für die Beurteilung von Hustenmitteln ohne Belang
Die wichtigsten Aufschlüsse erhielten wir durch zwe
Internisten, welche sich in dankenwerter Weise freiwillig zi
Versuchen angeboten hatten. Die beiden Kranken, von denei
der eine seither an kavernöser Phthise gestorben ist uiu
der andere an mediastinalen Tumoren leidet und die beidi
nicht an Morphin gewöhnt waren, wohl aber des fort
gesetzten Gebrauches von Kodein in grossen Dosen be
durften, machten so übereinstimmende Angaben über die Wirk
samkeit und über die Art der Wirkung des Mittels, dass mai
an gegenseitige Beeinflussung hätte denken können, wem
nicht feststände, dass beide einander persönlich nicht kannter
Es wurde von beiden ausgesagt:
1. dass das Mittel rascher hustenstillend wirke al
Kodein, oft schon nach wenigen Minuten;
2. dass die Wirkung länger anhielte, als die Wirkun
doppelt so grossen Kodeindosen,
3. dass es aber auch in kleinen Dosen im Gegensatz z
Kodein eine leichte narkotische Wirkung habe.
Durch diese wertvollen Orientierungen von den zu solche
Beobachtungen berufensten Kranken glaubten wir uns. dan
zu weiteren Versuchen berechtigt. Wir haben uns bei dei
selben unter kritischer Abwägung der Angaben der Lungert
kranken davon überzeugen können, dass die beiden Aerzj
das Wesen der Wirkungsart des neuen Mittels und sein
Differenzierung von Kodein richtig beschrieben hatten. Ali
Kranken hatten vorher mit Erfolg Kodein genommen un
waren auch mit dem neuen Mittel zufrieden. Es verstop
nicht, und die leichte Schläfrigkeit, welche vorübergeherj
darnach auftritt, wurde von den Kranken nicht als Störer
empfunden. Auch bei längerem Gebrauch sahen wir uns nie
gezwungen, die Dosen zu steigern. Man konnte den Gebraut
des Mittels jederzeit abbrechen oder denselben durch Kode
ersetzen, ohne dass auch nur Andeutungen von Abstinenze
scheinungen auftraten. Trotzdem wage ich nach der kurze
I
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
5 25
1. März 1913.
xfahrung dem neuen Mittel noch nicht nachzurühmen, dass
> von der Eigenschaft, Gewöhnung hervorzurufen, völlig frei
ei. Darauf wird bei weiteren Versuchen zu achten sein. Es
;t aber nicht wahrscheinlich, dass das neue Präparat Ange-
öhnung verursacht und sich darin anders verhält, als das
odein, da es ja auch keine Euphorie hervorruft.
Ich kann demnach das Paracodin auf Grund unserer Er-
ihrungen als Hustenmittel empfehlen. Wie oben auseinander
csetzt, stützt sich diese Empfehlung in erster Linie auf die
»gaben intelligenter und sich selbst gut beobachtender
atienten und auf den Gesamteindruck, den wir von der Wirk-
irnkeit des Mittels empfangen haben. Das Paracodin wird
ein Kodein in vielen Fällen überlegen sein, in anderen das
odein zu vorteilhafter Abwechslung ersetzen können. Die
onnaldosis wird für die meisten Fälle etwa 3 Mal täglich
025 g des weinsauren Salzes. Doch ist es möglich, dass man
uitig auch mit kleineren Gaben auskommen wird. Anderer¬
es kann man auch ohne Bedenken 0,05 g pro Dose geben,
as Paracodin ist also doppelt so wirksam als das Kodein
ld wirkt in der halben Dosis rascher und nachhaltiger als
eses. Störende Nebenwirkungen haben wir nach Paracodein
ienso selten gesehen als nach Kodein.
Herr Dr. G. S c h w a r t z, Direktor des Krankenhauses in
olinar i. Eis., der gleichzeitig, aber unabhängig von mir
aracodin in seiner Verwendbarkeit als Hustenmittel geprüft
it, kam zu gleichlautenden Resultaten und machte mir, mit
,‘r Erlaubnis sie zu verwenden, hierüber folgende Mit-
ilungen:
„Das Präparat wurde in mehreren Fällen von vorge¬
schrittener Lungentuberkulose längere Zeit hindurch in An¬
wendung gebracht. Die Einzeldosen betrugen 0,02—0,0-4.
Eine Einwirkung auf die tägliche Sputummenge wurde nicht
beobachtet. Die Zahl der stärkeren Hustenanfälle blieb an¬
nähernd die gleiche als bei der gewohnten Indikation mit
0,04 Kodein.
Doch wurde das neue Präparat von der Mehrzahl der
Patienten als rascher und intensiver wirkend bezeichnet, ein
intelligenter Kranker gab schon nach 8—10 Minuten Ein¬
setzen der beruhigenden Wirkung auf den Hustenreiz an.
Nach meinen, allerdings nur geringen Erhebungen halte
ich 0,03 als die in den meisten Fällen geeignete Dosis. Doch
kann 0,04 als Einzeldosis mehrmals täglich ohne Schaden
gegeben werden. Kleinere Dosen von 0,02 wurden wieder¬
holt als zu wenig wirksam bezeichnet. Ueble Nebenerschei¬
nungen oder Angewöhnung wurden nicht beobachtet.“
ber ein neues Entfettungsmittel: kolloidales Palladium¬
hydroxydul („Leptynol“).
1 n Privatdozent Dr. med. et phil. M. Kauffmann in Halle.
Die physiologische und therapeutische Wirkung der
lloidalen Metalle wird in der neueren Zeit immer mehr ge-
■ irdigt. Am besten und längsten erprobt ist das Kollargol,
t dem, intravenös und rektal angewendet, teilweise sehr
0e Erfolge erzielt wurden, besonders bei Sepsis1). Bezüg-
i der Literatur verweise ich auf das Sammelreferat von
a r -).
Von dem Gedanken ausgehend, dass die Metalle der
ttingruppe und ganz besonders das Palladium als hervor-
;ende Katalysatoren z. B. als Sauerstoffüberträger, bei
1 »chen Erkrankungen günstig wirken könnten (es sind z. B.
ige durch kolloidale Metalle mit Erfolg behandelte Fälle
i Gicht in der Literatur angeführt), habe ich besonders an
Anwendung der genannten Metallgruppe bei der „all-
neinen Oxydationsstörung“, der Fettsucht, gedacht.
Dafür geeignet erschienen die von C. P a a 1 und C. A m -
rger dargestellten kolloidalen Metalle der Platingruppe *),
loidales Palladium, Platin, Iridium und Osmium. Diese
) Vergl. Ed. Aronsohn: Ueber die medikamentöse Therapie
ernder Kranker. Therapie der Gegenwart, Märzheft 1908.
äi Lzar: Therapie der Gegenwart. Märzheft 1909.
) Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft 37, 124; 38,
’S; 40, 1392.
nach dem Paal sehen Verfahren unter Anwendung von pro-
talbinsaurem oder lysalbinsaurem Natrium als Schutzkolloiden
gewonnenen kolloidalen Platinmetalle zeichnen sich durch ihre
grosse Beständigkeit aus, so dass sie auch in fester Form ge¬
wonnen werden können und in diesem Zustande jahrelang die
Eigenschaft bewahren, sich in Wasser kolloidal zu lösen.
Ich habe mich mit Prof. Paal ins Einvernehmen gesetzt
und auf seinen Rat eine Lösung angewendet:
Colloid. Palladium l.o
Natr. carb.
Natr. chlorat. ää 0 4
Aqua dest. ad 100;
davon habe ich zunächst bei mir selbst in die Bauchgegend 2,
später 5 mg Metall injiziert. Ich beobachtete danach Fieber,’
das auch schon nach der Anwendung von anderen kolloidalen
Metallen beschrieben worden ist (vgl. das Referat von Izar);
dagegen trat die von anderen Autoren nach der Anwendung
von kolloidalen Metallen berichtete Mattigkeit und Zer¬
schlagenheit nicht auf, im Gegenteil, ich fühlte mich ausser¬
ordentlich frisch nach den Injektionen. Ein mässig starker
Fettansatz am Abdomen verringerte sich, und es erfolgte
binnen 10 Tagen eine Gewichtsabnahme von 4 kg, Fieber
wurde nur bis 38,8 u i. R. beobachtet. An der Stelle der Ein¬
spritzung trat lebhafte Schwarz- und Blaufärbung der Haut
auf, die zwar etwas verblasste, aber bis heute nach Verlauf
von 2V% Jahren noch sichtbar ist. Der Urin war frei von Ei-
v^eiss und Zucker.
Um nun festzustellen, ob bei längerer Anwendung dieses
Präparates Störungen auftreten, wurden bei 2 Kaninchen,
2,5 und 2,8 kg schwer, 2 Monate lang täglich je 5 mg der
genannten Palladiumlösung injiziert. Die Tiere erfreuten sich
• des besten Wohlbefindens. Der Urin war frei von Eiweiss,
Zucker und Blut, die Temperaturmessung ergab keine deut¬
lichen Ausschläge. Bei der Sektion zeigte sich, dass ein
grosser Teil des Metalles unter der Haut liegen geblieben
war. Bei einem Tier war das Epikard metallisch gefärbt.
Es bot sich mir alsbald Gelegenheit, bei einem jüngeren
Kollegen, Herrn cand. ehern. D., die Wirkung des Präparates
zu versuchen. Bei einer Grösse von 1,66 m wog er 108,5 kg.
Er hatte schon alles mögliche probiert: Diätkuren, Schild¬
drüsentabletten etc. Die Kuren halfen nur vorübergehend.
Besonders hatte er unter Herzbeschwerden zu leiden. Ich
injizierte bei ihm täglich 5 bis höchstens 7 mg. Der Patient
bemerkte bei sich in der Folgezeit eine ausserordentliche
Arbeitskraft und Arbeitsfreudigkeit, eine Steigerung der Po¬
tenz und ein vollständiges Verschwinden der Herzbeschwerden.
Trotzdem Fettherz unzweifelhaft bestanden hatte, war nur
einmal bei Verabreichung von 8 mg etwas Herzklopfen auf¬
getreten. Er nahm im ganzen in 3 Monaten 19 kg ab.
Bei einem anderen Falle von Fettherz mit drohenden Kom¬
pensationsstörungen wurde nrit 20 Palladiuminjektionen ä 5 bis
10 mg Palladium eine Gewichtsabnahme von 9 kg erzielt, ohne
dass sich schädliche Nebenwirkungen eingestellt haben.
Das Mittel wurde weiterhin bei verschiedenartigen Krank¬
heiten angewendet. Bei organischen Nervenleiden zeigte sich
kein wesentlicher Erfolg, dagegen bei 3 Fällen von Neu¬
rasthenie. Bei einem Fall von Diabetes ging die aus¬
geschiedene Zuckermenge etwas zurück, leider war die Be¬
obachtungszeit nur eine kurze. Dagegen war bei ver¬
schiedenen Fällen von Adipositas eine zum Teil beträchtliche
Gewichtsabnahme mit und ohne Einhaltung einer
entsprechenden Diät zu konstatieren.
Da das Mittel infolge der Blaufärbung der Haut nicht zur
praktischen Anwendung geeignet schien, stellte mir Paal
Palladoazetat her. Die Injektionen hinterliessen zwar keine
Färbungen, waren aber ausserordentlich schmerzhaft.
Weitere Versuche wurden mit den von C. Paal kürz¬
lich unter Anwendung von protalbinsaurem Natrium als
Schutzkolloid dargestellten kolloidalen Hydroxyden der sechs
Platinmetalle: Palladium, Platin, Rhodium, Iridium, Ruthenium
und Osmium ‘) ausgeführt und zwar kam zuerst das kolloidale
Palladiumhydroxydul Pd (OH)a zur Anwendung. Verfärbungen
der Injektionsstellen traten hierbei zwar nicht auf, aber die
wässerige Lösung des Kolloids erwies sich als stark reizend.
*) D.R.P. No. 248525.
No. 10.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
So erzeugte die Injektion von 5 mg Lösung faustdicke Infil¬
trationen mit nachfolgender Nekrose der Haut. Auch Ver¬
mengung der wässerigen Palladohydroxydlösung mit Gummi
arabicum oder mit 50—60 proz. Glyzerin schwächte die
reizende Wirkung des Präparates nur wenig ab. Indessen
wurde trotzdem eine Reihe von Fällen von Adipositas mit
diesem Präparat mit Erfolg behandelt.
Da man bei Anwendung der anderen Metalle der Platin¬
gruppe bezw. ihrer Hydroxyde für sich oder in der Kombi¬
nation eines derselben mit kolloidalem Palladohydroxyd mög¬
licherweise ebenfalls günstige Resultate erzielen konnte,
machte ich bei mir Injektionen mit kolloidalen wässerigen
Lösungen von Platinhydroxydul Pt (OHL, mit kolloidalem
Rhodiummetall, dann kolloidalem Rhodiumhydroxyd Rh (OHL,
mit kolloidalem Iridiumhydroxyd Ir (OH)«, mit kolloidalem
Osmiumhydroxyd Os (OH)i, und mit kolloidalem Ruthenium¬
hydroxyd Ru (OHL. Nur nach der Injektion von kolloidalem
Iridium wurden zuweilen etwas höhere Temperaturen (einmal
38,8°) beobachtet, während die Injektion mit anderen Metallen
nur einen geringen Temperaturanstieg erzielte.
Die genannten kolloidalen Metallhydroxydlösungen wurden
auf ihre hämolytische Wirkung geprüft.
Es wirkten hämolytisch:
Palladiumhydroxydul in Verdünnung von 1:25 000,
Platinhydroxydul in Verdünnung von 1 : 4 000.
Iridiumhydroxyd in Verdünnung von 1 : 2 000,
während die Hydroxyde des Osmiums, Rhodiums und Ruthe¬
niums nur in einer Verdünnung 1 auf 750 — 1000 hämolytisch
wirkten.
Man wäre versucht, die Temperatursteigerungen und die
starke örtliche Reizung auf die hämolytische Wirkung zu be¬
ziehen. Gegen diese Auffassung spricht aber die Beobachtung,
dass in Ruhelage nach der Injektion nur Temperatursteige¬
rungen von wenigen Zehntelgraden auftraten. Zur Erzielung
höherer Temperatursteigerungen war immerhin eine nicht un¬
erhebliche Muskelarbeit nötig.
Diese Temperatursteigerungen begannen 2 Stunden nach
der Injektion und hielten sich auf der Höhe bis 7 Stunden
nach derselben. Als höchste Temperatur wurden 40,2° rectal
gemessen. Bei diesen Temperatursteigerungen traten — wie
schon erwähnt — keine Beschwerden auf; im Gegen¬
teil, es bestand ein ausgesprochenes Wohlbefinden.
Versagt hat das Palladium bei 3 Fällen von Der cum -
scher Krankheit, doch gelang es bei 2 derselben, wenigstens
die schmerzhaften Reizerscheinungen in hohem Masse herab¬
zusetzen.
Da Gewichtsabnahmen ausblieben, wenn kein Fieber auf¬
trat, so möchte ich erstere durch letzteres erklären. Ver¬
mutlich regen die Platinmetall-Kolloide die Verbrennungs-
vorgänge an, und infolge von erhöhten Oxydationsvorgängen
erfolgt dann Zerfall von Körpersubstanz. Eigentümlich war
die Beobachtung, dass eine magere Person nach der Injektion
von Palladium bezw. Palladiumhydroxydul trotz starker
Muskelarbeit weder Temperatursteigerung noch Abnahme des
Körpergewichtes zeigte.
Injektionen mit kolloidalem Palladiumoleat und Palladium¬
resinat in öliger Lösung erregten ebenfalls starke örtliche
Reaktion. Die ausserordentliche Reizwirkung des wässerigen
Präparates wurde zu vermeiden gesucht durch Suspension des
feingepulverten Pd (OHL in Olivenöl oder flüssigem Paraffin.
Es gelang durch diese Massnahme zweierlei zu erzielen: Zu¬
nächst wurde die Löslichkeit des Mittels in den Körpersäften
eine langsamere, und es wurde dadurch auch eine längere
Wirkung des Mittels erzielt. Da aber die Injektion von sus¬
pendierten Stoffen die Dosierung immerhin etwas ungenau
macht, so sollte versucht werden, die Hydroxyde des zwei¬
wertigen Palladiums und des Platins Pd (OH): und Pt (OHL
als O r g a n o s o 1 e, d. h. als in organischen Flüssig¬
keiten lösliche Kolloide darzustellen. Dies gelang
dann auch C. Paal und C. Amberger nach einem von
letzterem in Anlehnung an die Paal sehe Methode gefun¬
denen Verfahren 5) unter Anwendung von Wollfett als
Schutzkolloid. Die so erhaltenen Präparate von kolloi¬
dalem Palladiumhydroxyd bzw. Platinhydroxydul in Kom¬
bination mit Wollfett zeigen die interessante Eigenschaft, sich
in allen Wollfett lösenden organischen Flüssigkeiten, z. B.
Aether, Chloroform, Petroläther, flüssigem Paraffin etc.
kolloidal in Form sehr haltbarer Organosole
zu lösen.
Für meine Versuche wurden die vorerwähnten Präparate
in flüssigem Paraffin gelöst. Die so erhaltenen „Paraffin
osole“ des Palladiumhydroxy d u 1 s Pd (OHL und
des Platinhydroxyduls Pt (OHL bilden schwarz¬
braune, im reflektierten Licht undurchsichtige Flüssigkeiten
denen ein bestimmter Gehalt des wirksamen, kolloidalen Pia-
tinmetallhydroxyduls gegeben wurde und zwar verwendete
ich Sole, die im Kubikzentimeter 25 bzw. 50 mg Palladium ir
Form des kolloidalen Hydroxyduls enthielten. Mit dieser
Flüssigkeiten wurde eine Reihe von Fällen behandelt.
Ais zweckmässig stellte sich in der Folge heraus, grossen
Mengen des Präparates auf einmal zu verwenden, 50 mg ja
sogar 100 mg Palladium in Form des kolloidalen Pd(OHL.
Die Temperatursteigerungen traten bei Verwendung de
Pd (OH): = Organosole nicht mehr so plötzlich auf, aber si.
hielten um so länger an. An der Injektionsstelle trat nur ein.
mässige, nicht schmerzhafte Infiltration aui
welche nach einigen Wochen wieder zurückging. F ä r b u n
der Injektionsstelle war nicht zu bemerke r
Vergleichende Versuche über die Resorption des kolloidale'
Pd (OH)» einerseits als Hydrosol, andererseits als Paraffinosc
ergaben folgende Resultate: 25 mg Pd (OHL als Hydroso
einem Hunde injiziert, wurden von Paal fast quantitati'
(21,5 mg) im Harn wiedergefunden. Von 0,21 g Palladium
hydroxydul als festes Hydrosol per os gegeben, konnte ir
Harn überhaupt nichts nachgewiesen werden, in den Fäzel
wurden von Paal 0,2095 g gefunden. In den Harn eine
Hundes, der 0,0915 g Palladium als kolloidales Pd (OH)» i
Wollfett (in Paraffin liquid, gelöst) injiziert erhielt, wurden ir
Verlauf von 7 Tagen nur 6 mg Palladium ausgeschieden. Di
Resorption und Ausscheidung des Palladiumhydroxyduls ai
Paraffinosol ist also im Gegensatz zu der seines Hydrosol
eine ausserordentlich langsame, wie dies ja auch die klinisch
Erfahrung vermuten liess.
Zur definitiven Anwendung erwies sich eine kolloidal
Lösung von Wollfett-Palladium hydroxydu
in flüssigem Paraffin, welche 2,5 proz. Palladium a
Pd (OH): = Organosol, demnach in 1 ccm 25 mg Palladim
enthält, am geeignetsten. Da das Präparat etwas dickflüssi
ist, so wird es am zweckmässigsten vor dem Gebrauch etwa
erwärmt. Man kann es mit einer mittelstarken Kanüle eint
Luerspritze bequem injizieren. Es werden jedesmal 2 ccl
des Präparates tief in das Bauchfett injiziert; die Patientc
sollen dann an den folgenden Tagen sich reichlich Bewegunge
machen. Die besten Resultate erzielt man — wie schon ej
wähnt — durch eine Kombination der Metallbc
handlung mit einer Marienbader Diätku
Letztere wird also nicht etwa durch das Mittel überflüssi
sondern sie wird nur in manchen Fällen noch erfolgt
reicher ausfallen.
Von besonderer Bedeutung scheint mir die Tatsache ;
sein, dass Personen, die auch nach erfolgreicher Palladiuij
kur wieder späterhin an Gewicht zugenommen haben, doch
keinem der von mir beobachteten Fälle ihr früheres Gewic
erreicht haben. Es ist ja leider wahr, dass Patienten, wei.
sie aus Marienbad zurückkehren, dann sozusagen als Reaktic,
gegen die wochenlang auferlegten Entbehrungen nur alb
reichlich essen und trinken; ich habe übrigens mit dies
Eigentümlichkeit auch bei Patienten während meiner Behau
lung zu rechnen gehabt, denn bei einigen wäre die Kur vj
erfolgreicher gewesen, wenn sie nicht, vertrauend auf t
Wirkung des Mittels, nun ungehemmt „ihren Gefühlen frei?
. Lauf gelassen hätten“.
Mit verschiedenen Patienten habe ich dann auch wiedc.
holungskuren vorgenommen — aber solche sind ja auch 1
anderen Erkrankungen häufig notwendig.
Das Präparat wird von der Chem. Fabrik Kalle & L
A.-G., Biebrich a. Rhein nach der Amberger-Paal sch
zum Patent angemeldeten Vorschrift hergestellt, und ka
unter dem Namen „Leptynol“, (von Ae7r zog dünn, mager), 1
zogen werden. (Originalpackung von 10 ccm = 5 In jektionc-
Apothekenpreis Mk. 15.—.)
5) Zeitschrift für Colloid-Chemie XI, 97, 100; D.R.P. No. 229306.
II. Marx 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
527
Einige an Patienten festgestellte Gewichtsabnahmen
mögen hier die Wirkung des Mittels illustrieren :
z.
Keine Diät.
L.
Keine Diät.
Datum
Palladium
Gewicht
Datum
Palladium
Gewicht
15. VI.
50 mg
84,6
18. VII.
50 mg
93,2
22. VI.
50 „
83,2
22. VII.
50 „
92,9
29. VI.
50 „
82,3
31. VII.
50 „
92,1
6. VII.
50 „
81,5
15. VIII.
50 „
90,6
13. VII.
50 .
80,8
24. VIII.
50 „
90,2
20. VIII.
50 „
80,0
30. IX.
50 „
88,6
28. VIII.
50 „
79,6
9. X.
50 „
88,5
2. IX.
50 ,
79,3
16. X.
88,0
14. IX.
78,4
Q.
Keine Diät.
H.
Keine Diät.
Datum
Palladium
Gewicht
Datum
Palladium
Gewicht
1. II.
50 mg
141,3
1. V.
50 mg
111,5
5. II.
50 „
140,5
8. V.
50 „
110,1
S. 11.
50 „
139,9
15. V.
50 „
108,9
11. 11.
50 ,
139,3
22. V.
50 „
107,6
18. II.
50 „
138,7
29. V.
106,7
25. 11.
50 ,
137,8
2. III.
137,4
S.
Geringe Beschränkung
S.
Geringe Beschränkung
der Nahrungszutuhr.
der Nahrungszufuhr.
Datum
Palladium
Gewicht
Datum
Palladium
Gewicht
11. XI.
50 mg
98,9
3. IV.
50 mg
94,8
15. XI.
50 .
98,05
10. IV.
50 „
92,9
18. XI.
50 „
97,6
17. IV.
50 „
91,8
22. XI.
50 „
96,6
24. IV.
50 „
90,6
29. XI.
50 „
95,4
30. IV.
50 „
89,2
5. XII.
94,6
6. V.
50 „
88,1
13. V.
50 „
86,8
20. V.
84,5
Bemerkenswert
erscheint,
dass
bei allen
Patienten
während der Behandlung eine deutliche Euphorie eintrat.
Je nach der zur Verfügung stehenden Zeit wird alle
14 Tage bis zweimal wöchentlich injiziert.
Wegen des hohen Preises des Palladiums wurden auch
\ ersuche mit dem von Paal und Amberger auf analogem
Wege dargestellten Paraffinosol des Platinhydroxyduls
Pt (OH)2 für sich und mit Palladiumhydroxydul-Organosol
kombiniert, angestellt. Die Resultate waren günstige, indessen
ist dieses kombinierte Präparat noch nicht genügend lange
erprobt, um es schon jetzt in die Therapie einführen zu können.
Da das kolloidale Palladiumhydroxydul Pd (OHR in
36 Fällen und zum Teil wiederholt in dem Zeitraum von
2R Jahren erprobt worden ist, so kann heute schon ein Urteil
über seine Wirksamkeit bei Fettsucht abgegeben werden: In
vielen Fällen vermag es bei der Behandlung der Adipositas
— insbesondere bei ausgesprochenen Formen derselben —
eine günstige Wirkung zu entfalten.
Chloroformnarkose und Leberkrankheiten*).
\ on Dr. Wilhelm Hildebrandt, Privatdozent in Frei¬
burg i. B.
M. H.! Im Anschluss an Operationen, welche in Chloro¬
formnarkose vorgenommen werden, kommen Todesfälle vor,
welche weder durch den Eingriff an sich oder den Blutverlust,
noch auch durch septische Vorgänge erklärt werden können.
Es handelt sich dabei um Fälle von sog „später Chloro¬
form v e r g i f t u n g“. Klinisch bieten diese Fälle ein durch¬
aus charakteristisches Krankheitsbild, welches von Mus¬
chs auf Grund eigener Beobachtungen und eingehenden
Literaturstudiums in folgender Weise geschildert wird:
„Nachdem wenige Stunden nach der Narkose das übliche
postnarkotische Erbrechen aufgehört hat, liegt der Patient
uhig im Bett; etwaige Klagen betreffen Schmerzen in der
Umgegend des Operationsgebietes oder Durst. Ungefähr
*2—34 Stunden nach der Narkose wiederholt sich das Er¬
brechen (21 von den 26 Fällen — meist kaffeesatzähnliche Masse),
Jie Pulsfrequenz nimmt zu, der Patient wird unruhig und zu¬
gleich apathisch; der Urin, der in geringen Quantitäten abgeht,
-‘nthält Albuinen (10 von den 15 Fällen) und Azeton (3 von den
1 Fällen). Dann werden die Erscheinungen progredient; nach
1—5 lagen verfällt der Patient in Koma, um nach wenigen
. *) Vortrag, gehalten auf dem Oberrheinischen Aerztetag zu
reilmrg i. B.
Stunden ohne in die Augen fallende Erscheinungen zu
sterben. Weniger häufig vorkommende Begleiterscheinungen
sind: hohe Temperatur (7 von den 15 Fällen) ohne bestimmten
Kurventypus, Ikterus (9 von den 23 Fällen), Delirium.“
Schon lange hatte man erkannt, dass das Chloroform zu
diesen im Anschluss an Operationen auftretenden Erkran¬
kungen und Todesfällen in Beziehung stehen müsste, und hatte
versucht, durch pathologisch-anatomische Untersuchungen die
Frage zu klären. Nachdem man vorübergehend das Haupt¬
gewicht auf die fettigen Degenerationen in Herz und Niere
gelegt hatte, gelangte man endlich zu der heute allgemein
anerkannten Anschauung, dass die Veränderungen der Leber
als wesentlichster Faktor der „späten Chloroformvergiftung“
anzusehen sind. Man fand — und es sind diese Befunde in
letzter Zeit von M u s k e n s, B 0 c k, O p i e u.a.m. bestätigt — ,
dass ^ bei Todesfällen infolge von „später Chloroformvergif¬
tung“ in der Leber Veränderungen auftreten, welche an das
Krankheitsbild der akuten gelben Leberatrophie erinnern.
Zur weiteren Klärung der Frage dienen die Tierversuche,
welche von den verschiedensten Autoren vorgenommen sind,
und, soweit überhaupt die Leber genauer untersucht wurde,
stets in übereinstimmender Weise darauf hindeuten, dass
Chloroform, ohne Mitwirkung irgend welcher anderer Fak¬
toren, sehr wohl in der Lage ist, schwere degenerative Zu¬
stände in der Leber hervorzurufen. Diese sind dadurch ge¬
kennzeichnet, dass zunächst eine mehr oder minder ausge¬
dehnte Verfettung der Leber auftritt, auf welche bei weiter¬
gehender Wirkung des Chloroforms eine zentrale Läppchen¬
nekrose folgt, welche unter Umständen zum Untergange des
grössten Teiles der Leberazini führen kann. Nur eine schmale
Randzone der Azini »pflegt in der Umgebung der Glisson-
schen Kapsel erhalten zu bleiben. Des Genaueren will ich auf
diese Fragen, welche seitens der oben genannten Autoren aus¬
gezeichnete Schilderungen erfahren haben, nicht eingehen,
muss aber im Hinblick auf die Arbeit von O p i e betonen, dass
Chloroform in VerbindungmitBakterienweit
zerstörenderwirkt, als ohne dieselben; ja, dass weder
Chloroform allein, noch Bakterien allein in der Lage zu sein
scheinen, die pathologisch-anatomischen Veränderungen im
Sinne von akuter gelber Leberatrohpie hervorzurufen, wie sie
übrigens durch Bakterien in Gemeinschaft mit Chloroform
erzielt werden können.
Die Tierversuche lehren zusammen mit der klinischen Be¬
obachtung, dass das Chloroform für sich allein in der Lage
ist, schwerste Degenerationszustände selbst der gesunden
Leber zu bewirken, dass es im Verein mit bakteriellen Ein¬
flüssen zu akuter gelber Leberatrophie führen kann, und end¬
lich, dass Todesfälle, welche einige Zeit nach einer Chloro¬
formnarkose im Verlaufe eines typischen Krankheitsbildes auf¬
treten und einen entsprechenden pathologisch-anatomischen
Befund aufweisen, mit Bestimmtheit auf Chloro¬
form Vergiftung zurückgeführt werden müssen.
Nicht ganz geklärt scheint mir die Frage, ob das Krank¬
heitsbild der akuten gelben Leberatrophie durch Chloro¬
form allein ohne Mitwirkung von anderen Faktoren her¬
bei geführt werden kann. Höchst wahrscheinlich ist neben
dem Chloroform noch ein zweiter Faktor erforderlich und ich
glaube, dass es sich dabei entweder um Allgemeininfektionen
handelt, welche auch die Leber in Mitleidenschaft gezogen
haben (Hepatitis parenchymatosa bei Scharlach, Erysipel,
Sepsis etc.), oder um Leberkrankheiten anderer Art, wie das
auch A u b e r t i n (1909) annimmt. Als solche kommen z. B.
Stauungsleber, Leberzirrhose, Leberveränderungen im An¬
schluss an Alkoholismus u. a. m. in Betracht. Endlich ist noch
zu beachten, dass die verschiedensten Allgemeinstörungen,
welche die Widerstandskraft des Körpers untergraben, mög¬
licherweise auch dem Auftreten schwerer Chloroform¬
nekrosen der Leber Vorschub leisten (Stoffwechselstörungen,
Blutverluste usw.).
Sicherlich ist eine kranke Leber weit mehr der Gefahr
ausgesetzt, bei der Chloroformnarkose Schaden zu erleiden,
als eine vorher gesunde.
Eine zweckmässige Prophylaxe gegen¬
über etwaigen Schädigungen der Chloro¬
formnarkose kann infolgedessen nur dadurch geübt
werden, dass man sich bemüht, vor jeder Narkose eine
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. in.
528
peinlich exakte Gesamtuntersuchung vorzunehmen, welche
vor allem auch dem Zustande der Leber die weitgehendste
Beachtung schenkt. Dabei genügt es nicht, dass schwer¬
wiegende Leberkrankheiten wie vorgeschrittene Zirrhose,
Amyloid, fühlbare Tumormetastasen in der Leber erkannt
werden, sondern es ist notwendig, auch beginnende Leber¬
erkrankungen, welche physikalisch noch gar keine
Erscheinungen machen, mit einiger Sicherheit zu er¬
kennen, um bei der Indikationsstellung zu einer Operation
und zu einer Narkose auf sie Rücksicht nehmen zu
können.
Selbstverständlich sind die verschiedenen Leberkrank¬
heiten in dieser Hinsicht ganz verschieden zu beurteilen und
ich glaube, dass man beispielsweise eine infektiöse Hepatitis
parenchymatosa oder eine Stauungsleber bei schwerem Herz¬
fehler ganz anders zu bewerten hat, wie etwa einen nur kurze
Zeit bestehenden sogen, katarrhalischen Ikterus oder auch das
weite Gebiet der Gallensteinerkrankungen, soweit diese das
Leberparenchym nicht wesentlich in Mitleidenschaft ziehen.
Die physikalischen Untersuchungsmethoden reichen bei
weitem nicht aus, um den Bedürfnissen zu genügen, die wir für
die Beurteilung des Verhaltens der Leber an sie stellen
müssen, wir haben vielmehr zu den feineren chemischen Prü¬
fungen der Leber unsere Zuflucht zu nehmen, denn auch der
Ikterus und die Ausscheidung von Bilirubin im Harn sind in
diagnostischer Hinsicht durchaus unzureichend. Wirklich
brauchbaren Aufschluss bekommen wir nur durch die Be¬
obachtung des Harn urobilins und durch die anderweitige
funktionelle Prüfung der Leber mittels Lävulose und
Galaktase.
Im Gegensätze zu den beiden letztgenannten Methoden,
welche immerhin mit einigen Umständlichkeiten verbunden
sind und auch aus Mangel an Zeit vor vielen dringlichen Ope¬
rationen nicht ausgeführt werden können, gibt uns der Uro¬
bilinbefund des Harns ohne weiteres ein Bild vom jeweiligen
Zustande der Leber, ein Bild freilich, das nur bei genauer
Kenntnis der Urobilinfrage diagnostisch zu verwerten ist.
Stauungsleber, Gallenstauung, Tumormetastasen in der
Leber, Leberabszesse, Leberzirrhose u. a. m. können oft schon
durch die einmalige Untersuchung des Harns auf Urolilin mit
einer grossen Wahrscheinlichkeit erkannt werden, vor
allem aber setzt uns die Beachtung der Uro¬
bilin u r i e in den Stand, die akute parenchyma¬
töse Hepatitis zu erkennen, welche eine so
überaus häufige Begleiterscheinung akuter
Infektionskrankheiten ist. Ich nenne die Hepa¬
titis bei Erysipel und Scharlach, bei Peri¬
typhlitis und anderen entzündlichen Ver¬
änderungen in der Bauchhöhle, auch bei Tu¬
berkulose.
Die Chloroformnekrosen der Leber sind,
wie wir das von vornherein erwarten müssen, durch Uro¬
bilin u r i e (zuweilen auch durch Ikterus) gekenn¬
zeichnet.
Bei bestehender Hepatitis Chloroform an-
zuwenden, ist und bleibt ein Kunstfehler!
selbst "wenn man sich bemüht, auf diätetischem Wege die Ge¬
fahren der Chloroformdarreichung zu vermindern. Nur die
F r ii h diagnose aller Erkrankungen der Leber gewährt uns
einen weitgehenden Schutz vor „später Chloroformvergiftung“,
wenn wir es uns zur Regel machen, in allen Fällen von
Parenchymschädigung der Leber an Stelle von
Chloroform uns des Aethers, der lokalen oder der Leitungs¬
anästhesie bedienen.
Aus der chirurgischen Abteilung des Vereinskrankenhauses
zum Roten Kreuz in Bremen (Chirurg: Dr. G. M e r t e n s).
Exstirpation eines kleinfaustgrossen Hirnhauttumors in
Lokalanästhesie.
Von Dr. Hans And ree.
Am 6. Dezember 1912 wurde uns von der internen Station
(dirg. Arzt: Dr. Strub e) der 36 jährige Handlungsgehilfe
H. M. mit der Diagnose „Tumor cerebri“ zur Operation über¬
wiesen.
Auszug aus der Krankengeschichte: Im 8. Lebensjahre hatte
Pat. Gelenkrheumatismus, von dem ein Herzfehler zurückgeblieben
sein soll, welcher aber keine Beschwerden verursacht. Vor 10 Jahren
in der Lungenheilstätte Altenbrak. Sexuelle Infektion wird in Ab¬
rede gestellt.
Das jetzige Leiden des Pat. begann im Juni 1912 mit krampf¬
artigen Zuckungen in der rechten Hand, nachdem sich schon Anfang
des Jahres manchmal stumpfes Gefühl und Ameisenlaufen, auch im
rechten Bein, eingestellt hatten. Dann trat plötzlich am 10. September
ein epileptischer Anfall ein mit zweistündigem Bewusstseinsverlust
und Aura im rechten Arm und Bein. Hinterher bestand noch eine
sich erst nach 2 Tagen bessernde schlaffe Armlähmung. Seitdem ist
eine Schwäche in den befallenen Extremitäten zurückgeblieben. Die
Anfälle (aber ohne Bewusstseinsverlust) wiederholten sich in ver¬
schiedenen Zeiträumen; häufig stellte sich überhaupt nur ein Zucken,
vor allem im rechten Arm, ein. Ueber Kopfschmerzen hatte Pat.
weniger zu klagen. Im Oktober begann die Sehkraft merklich ab¬
zunehmen; das Gedächtnis wurde schwächer; auch beobachtete Pat..
dass er seine rechte Gesichtshälfte weniger gut bewegen konnte ais
die linke. Was den Kranken aber am meisten belästigte und schliess¬
lich den Ausschlag zur Operationserlaubnis gab, war eine konstante |
Enuresis nocturna.
Die Untersuchung ergibt, dass wir es mit einem auffallend
grossen, in gutem Ernährungszustände befindlichen Manne zu tun
haben. Keine Temperaturerhöhung; die Pulsfrequenz schwankt i
zwischen 80 und 90 Schlägen in der Minute. Der Lungenbefund zeigt
ausser einer leichten Schallverkürzung über der rechten Spitze nichts
Abnormes. Am Herzen finden sich die Zeichen einer kompensierten
Mitralinsuffizienz. Die abdominellen Organe weisen normale Ver¬
hältnisse auf. Wassermann sehe Reaktion negativ.
Nervenstatus: Rechtsseitige Abduzensparese, Pupillen reagieren
prompt auf Lichteinfall und Konvergenz. Doppelseitige Stauungs¬
papille. Rechtsseitige Fazialisparese, vor allem des unteren Astes.
Die Zunge weicht beim Herausstrecken nach rechts ab. Die Sprache
ist etwas schwerfällig. Parese in den rechten Extremitäten, ein¬
schliesslich Schulter- und Beckenmuskulatur, mit Erhöhung der
Sehnenreflexe, Babinski und Fussklonus bei erhaltenen Bauchdecken-
reflexen; positives R o m b e r g sches Phänomen; hemiplegischer
Gang. Enuresis nocturna. An einigen Stellen der rechten Körper¬
hälfte besteht taktile Anästhesie und falsche Lokalisation. Psychisch
zeigt Pat. eine deutliche Reizbarkeit; im übrigen scheinen sich aber
die geistigen Funktionen in normaler Weise abzuwickeln.
Auf Grund dieses Befundes lautete die Diagnose auf Tumor
cerebri in der Gegend der linken Roland sehen Furche.
Am 7. Dezember 10 Uhr a. m. wurde die Operation von Herrn:
Dr. Mertens vorgenommen. Patient hatte % Stunden vorher
0,01 Morphium subkutan erhalten. Nach Jodtinkturanstrich wurde
das Operationsfeld mit 1 proz. Novokain-Suprareninlösung umspritzt;
dabei wurde ein grösseres Depot an die Nn. auriculotemporalis und
occipitalis gelegt. Die Anästhesie war nach wenigen Minuten voll¬
kommen.
Nun wurde mit dem Meissei ein Wagner scher Hautknochen¬
lappen von 11 cm Durchmesser über der Zentralfurche mit breiter
Basis nach der Schläfe zu gebildet; hierbei zeigte sich, dass der
Knochen teilweise nur eine Dicke von 1 mm besass. Während die
Blutung beim Schnitt durch die Haut und Galea nicht bedeutend ge¬
wesen war, setzte jetzt aus den Gefässen der Diploe eine heftige
Blutung ein, welche durch Kompression und Einschlagen von sterilen
Streichholzstücken mühsam bekämpft wurde. Nach Inzision der sich
stark vorwölbenden, gespannten Dura mater, die keine Pulsation
zeigte, erblickte man in der vorderen Hälfte der Schädelöfinung
normale, nur etwas abgeplattete Hirnwindungen, während die hintere
Hälfte von etwas konsistenterer, unregelmässig gestalteter Tumor¬
masse ausgefüllt war. Da der Pat. infolge der immer noch nicht
ganz zum Stehen gebrachten Blutung zu kollabieren drohte, wurde
lediglich ein kleines Tumorstück zur mikroskopischen Untersuchung
exzidiert und nach Zurückklappen des osteoplastischen Lappens nur
eine allerdings sehr exakte Hautnaht angelegt.
Der Pat. erholte sich schnell wieder. Es zeigte sich aber, dass
er eine vollkommene motorische Aphasie und schlaffe Lähmung de;
rechten Armes davongetragen hatte.
Die pathologisch-anatomische Diagnose, welche uns Herr Pro!
Borrmann zukommen Hess, lautete; Psammom der Dura matei
mit typischen Schichtungskugeln, ohne Verkalkung.
Am 17. Dezember wurde die zweite Operation ebenfalls unte
Lokalanästhesie vorgenommen. Der bereits per primam intentionen
angeheilte, durch den Tumor emporgehobene Hautknochenlapoe1
wurde in derselben Schnittlinie wieder losgelöst und zuriickgeklappi
Die gespaltene Dura mater hatte sich zurückgezogen. Infolge de:
hochgradigen Hirndruckes wölbte sich die Tumormasse stark vor
Hierdurch war die Abgrenzung zwischen gesundem und kranket
Gewebe eine schärfere geworden als bei der ersten Operation
ausserdem hatte das aus der Knochenöffnung hervordrängendc Ge
schwulststück durch Imbibition mit Blutfarbstoff einen dunklere.
Farbton angenommen als die eigentliche Hirnsubstanz. j
Während nun die Hirnwindungen mit warmen Kochsalz
kompressen zurückgehalten wurden, konnte der J umor, welcher seh
weit nach hinten und in die Tiefe reichte, mit dem guinmibehano
schuhten Finger stumpf ausgeschält werden, wobei ein zur Fal
cerebri hinziehender Stiel durchriss. Infolge der plötzlichen Druck
i. März 1913. _ MUENCBENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 539
ntlastung strömte das Blut von allen Seiten in die entstandene
lölile. Es wurde deshalb ohne genauere Inspektion der topo-
raphischen etc. Verhältnisse der Ilautknochetilappen zurückgeklappt
nd nach exakter Mautnaht ein Kompressionsverband angelegt. Der
.ranke Überstand die Operation gut.
!ib. 1. Ansicht des Tumors von der Abb. 2. Ansicht des Tumors von der
lateralen Fläche. medialen Fläche.
•r linke dunklere Pol entspricht der im Die Orientierung ist dieselbe. Man erkennt
ixt erwähnten vorderen, mit Blutfarbstoff in der oberen abgeplatteten Partie den der
imbibierten Partie. Oeschwulstbasis entsprechenden Defekt,
eide Abbildungen sind aufgenommen, nachdem der Tumor 4 Wochen in Kaiserling 1
fixiert war.)
Die exstirpierte Geschwulst (s. Abb.) ist kleinfaustgross und
üsst im sagittalen Durchmesser 9, im vertikalen 6, im frontalen 7 cm.
>as Gewicht beträgt 141 g, mit einem Rauminhalt von 131 ccm. Die
Iberfläche hat ein höckerig-gelapptes Aussehen und ist von einer
er Hirnsubstanz ähnelnden Farbe, bis auf die obenerwähnte dunklere
’artie. Die Konsistenz ist ein wenig fester als die der Hirnsubstanz,
•er Tumor ist gut abgekapselt; nur in der Mitte der abgeplatteten
ledialen Seite zeigt sich ein etwa bohnengrosser Defekt mit unregel-
lässig gestalteter, von Kapsel entblösster Wandung, welche Stelle
ohl als Basis der Geschwulst angesehen ist und seinen Sitz an der
al>: cerebri gehabt haben muss. (Ein Durchschnitt wurde nicht
imacht, um das Präparat nicht zu zerstören.) (Abb. 2.)
Die Heilung erfolgte glatt und reaktionslos. Anfangs wurde der
lautknochenlappen durch den Bluterguss stark emporgehoben und
eigte deutliche Hirnpulsation; auch war am ersten Tage nach der
•peration die rechte Gesichtshälfte, besonders die Augenlider, stark
eschwollen. Die Hirndruckerscheinungen gingen aber alsbald
uriiek, so dass jetzt der osteoplastische Lappen im Niveau der urn-
ebenden Schädelteile gelegen ist. Die Enuresis nocturna schwand
ach einigen Tagen. Allmählich begann sich auch das Sprach-
erniügen vollständig wieder einzustellen. Auf dem linken Auge
at Pat. seine volle frühere Sehkraft wiedererlangt, während sich
-’chts noch eine geringe Abnahme der Sehschärfe feststellen lässt,
litte Januar ergab auch die ophthalmoskopische Untersuchung dieses
uges, dass neben geringer Stauungspapille eine beginnende Optikus-
trophie besteht.
Die hemiplegischen Erscheinungen der rechten Körperhälfte
eigten bislang die geringste Tendenz zur Heilung. Besonders
eprimierend auf den Kranken wirkte die Schlaffheit des rechten
rmes. Auch hier sind in letzter Zeit unter täglicher Massage und
lektrisierung deutlich zunehmende Besserungen, vor allem in der
fugemuskulatur zu verzeichnen, während eine Aktion der Exten-
)ien weder an der Hand noch am Arm beobachtet werden konnte;
benso ist der Gang noch ausgesprochen hemiplegisch. Im, übrigen
her befindet sich der Pat. vollkommen wohl und beschwerdefrei.
Was uns zur Veröffentlichung dieses Falles bewogen hat,
;t zunächst die Grosse des Tumors. Wir haben in der
iteratur nur bei T i 1 p [l] grössere Masse gefunden, nämlich
1:9: 9,5 cm (gegen 9:6:7 cm) für ein Endotheliom der
•ura mater. Dort handelte es sich aber um ein Sektions-
bjekt. Was die operativ entfernten Geschwülste betrifft, so
/iirde das „kleinfaustgrosse“ Duraendotheliom von T ren-
e 1 e n b u r g [2] etwa dem unsrigen entsprechen; die meisten
nderen kommen über Hühnereigrösse nicht hinaus, auch wenn
lan die Hirngeschwülste ganz im allgemeinen, ohne Rück-
icht auf die pathologisch-anatomische Diagnose überblickt.
Berichte über exstirpierte Tumoren der Dura mater sind
on mehreren Seiten publiziert worden. So erwähnt bereits
• Bergmann [3] die Operation einer derartigen Ge-
ehwulst. Ferner seien die Arbeiten von Sick [4l,
Füller [5], Wie Singer [6], Oppenheim [7], Küm-
i e 1 1 [8], K ii 1 1 n e r [9], C a h e n [10], Hildebrand [11],
Eiseisberg [12] und Krause [13] angeführt, in deren
allen es sich um Fibrosarkome, Endo- oder Peritheliome der
hira handelt. Herz [14] beschreibt ein exstirpiertes,
astaniengrosses Gumma, welches seinen Ausgangspunkt von
er Dura genommen hatte. Als Psammom bezeichnet nur
riedrich [15] seine operativ gewonnene, nach 414 Jahren
icht rezidivierte, 125 ccm grosse Hirnhautgeschwulst. Aetio-
>gisch haben wir im Gegensätze zu diesem letzten Falle,
No. 10.
in welchem ein 10 Jahre vor dem Auftreten der ersten Er¬
scheinungen erlittenes, heftiges Kopftrauma mit grösster
Wahrscheinlichkeit als Ursache angesehen werden musste,
nichts eruieren können, was die Entstehung der Geschwulst
erklären könnte.
Zur Operationstechnik sei erwähnt, dass wir, obgleich im
allgemeinen Anhänger einzeitiger Operationen, wegen der
drohenden Kollapsgefahr zu der von H o r s 1 e y inaugurierten,
zweizeitigen Methode gezwungen wurden. Dieses Verfahren
verschaffte uns aber einen überraschenden und, soweit uns
bekannt ist, bislang nicht beobachteten Vorteil, dass sich näm¬
lich die in der Trepanationsöffnung liegende Geschwulstmasse
im Gegensatz zur umgebenden Hirnsubstanz mit Blutfarbstoff
imbibierte und dadurch eine dunklere Farbe annahm, so dass
sich beim zweiten Eingriff der Tumor bedeutend schärfer mar¬
kierte. Ausserdem war auch die Geschwulstmasse durch den
Hirndruck stärker emporgedrängt worden.
Wie wir in den letzten Jahren immer mehr Operationen
in Lokal- bzw. Leitungsanästhesie ausgeführt haben, so hat
uns auch bei beiden Teilen dieser Operation die zirkuläre, sub¬
kutane Ausspritzung der Schnittlinie mit 1 proz. Novokain-
Suprareninlösung ausgezeichnete Dienste geleistet; ob ohne
sie diese eingreifende Manipulation bei dem mit einem Vitium
cordis behafteten Patienten so glatt verlaufen wäre, möchten
wir nicht entscheiden. Auch andere Autoren rühmen ihre Vor¬
züge. Sie wurde von Braun [16] angegeben; kurz darauf
auch von Heidenhain [17] angewendet, welcher ausser¬
dem zur kutanen Blutstillung die vorherige Anlegung seiner
bekannten Umstechungsnaht empfahl. Es hat sich aber heraus¬
gestellt, dass die Wirkung des Adrenalins genügend intensiv
ist, um die Blutung aus den Hautgefässen in zuverlässigen
Grenzen zu halten. Deshalb ist auch die Umstechungsnaht
bei Anwendung der Lokalanästhesie wieder verlassen worden.
Demnach bestehen, wie auch Bier [18] hervorhebt, die Vor¬
teile der Lokalanästhesie bei Trepanationen in Verminderung
der Kollapsgefahr und Verringerung der Blutung. Ausserdem
fallen die Nachwirkungen einer zweimaligen, länger dauernden
Narkose vollständig fort, was bei einem so schweren Leiden
sicher nicht zu unterschätzen ist. Nur die Blutung aus der
knöchernen Wandung lässt sich auch durch sie nicht beein¬
flussen.
Unser Patient hat während der ganzen Operation keine
Schmerzen verspürt. Das Manipulieren an der Gehirnsub¬
stanz wird allgemein als schmerzlos angegeben. Auffällig ist
aber, dass auch die Duraspaltung keine Empfindungen aus¬
gelöst hat. Wird doch von E ding er [19] u. a. angegeben,
dass an der harten Hirnhaut infolge ihrer reichlichen nervösen
Versorgung (Nn. tentorii, meningeus, spinosus) bereits „nur
ein Druck, den sie auszuhalten hat, oft mit sehr lebhaften
Schmerzen einhergeht“. Bier meint, dass das Anästhetikum
durch den Knochen hindurch seine Wirkung ausiibe auf die
Dura und das Gehirn selbst, wodurch auch die Krampferreg¬
barkeit herabgesetzt würde, was bei Trepanationen wegen
Jackson scher Epilepsie von Nachteil sei. Dagegen vertritt
Krause die Ansicht, dass die harte Hirnhaut an sich schon
empfindungslos sei. Dies können wir für unseren Fall be¬
stätigen; denn der Tumor musste unter dem Knochen her
weit hinter der Umspritzungszone, wo sicher keine Novokain¬
wirkung mehr möglich war, von der anliegenden Dura mater
losgelöst werden, ohne dass der Kranke dabei einen Schmerz
empfunden hat. Wir müssen allerdings der Möglichkeit Raum
geben, dass wir es nicht mit normaler, sondern auch in
weiterem Umkreise, als der schmalen Geschwulstbasis ent¬
sprach, pathologisch veränderter Hirnhaut zu tun gehabt
haben.
Wir halten die Prognose unseres Falles, gestützt auf die
Erfahrung von Friedrich, für relativ günstig, wenn uns
auch anders lautende Statistiken nicht unbekannt geblieben
sind, wie z. B. die von Taylor [20] und Bonhoeffer [21].
Leider geht häufig aus den Arbeiten nicht hervor, ob sich
die Autoren die Fortschritte der örtlichen Schmerzbetäubung
zu Nutzen gemacht haben. Eine Anzahl ungünstig ver¬
laufener Operationen ist sicher durch die Blutdrucksenkung,
welche mit jeder Allgemeinreaktion verbunden ist, beeinflusst
worden. Eine wie grosse Druckschwankung das Zentral¬
nervensystem aber ohne wesentliche Schädigung auszuhalten
530
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
imstande ist, wenn der Blutdruck auf annähernd normaler
Höhe gehalten wird, das beweist in fast experimenteller Weise
unsere Exstirpation des grössten, bislang operativ entfernten
Hirntumors.
Literaturübersicht.
1. Tilp und Rosenfeld: Vereinsb. D. med. Wochenschr.
1910, No. 19, S. 920. Seltener Hirntumor. — 2. Trendelenburg:
Vereinsb. D. med. Wochenschr. 1904, No. 30, S. 1119. Tumor der
Dura mater. — 3. v. Bergmann: Klin. Vorträge, neue Folge,
No. 200. Dez. 1897. Die chirurgische Behandlung der Hirn¬
geschwülste. — 4. S i c k: Vereinsb. D. med. Wochenschr. 1904, No. 47,
5. 1737. Peritheliom der Dura mater. — 5. Müller: Vereinsb.
D. med. Wochenschr. 1904, No. 37, S. 1361. Ueber Duralsarkome. —
6. Wiesinger: Vereinsb. D. med. Wochenschr. 1907, No. 7, S. 283.
Operiertes Sarkom der Dura. — 7. Oppenheim und Krause:
Berl. klin. Wochenschr. 1906, No. 51. Operativ geheilter Tumor des
Okzipitallappens des Gehirns. — 8. Kümmell: Vereinsb. D. med.
Wochenschr. 1907, No. 25, S. 1028. Hirntumor. — 9. Küttner:
Vereinsb. D. med. Wochenschr. 1909, No. 11, S. 510. Demonstrationen
zur Hirnchirurgie. — 10. Cahen: Vereinsb. Münch, med. Wochenschr.
1912, No. 9, S. 503. Peritheliom der Dura mater. — 11. Hilde¬
brand: D. med. Wochenschr. 1910, No. 49, S. 2273. Beitrag zur
Hirnchirurgie. — 12. v. Eiseisberg: Wiener klin. Wochenschr.
1912, No. 1. Meine Operationsresultate bei Hirntumoren. — 13.
Krause: Deutsche Klinik, Bd. VIII, 1905. Hirnchirurgie. — 14.
Herz: D. med. Wochenschr. 1912, No. 22, S. 1045. Beiträge zur
Chirurgie der Hirnhäute. — 15. Friedrich: Verh. d. D. Ges. i.
Chir. 1905, I, S. 88. Demonstration eines seit 4Vz Jahren geheilten
Falles von Stirntumor. — 16. Braun: 1907, 2. Aufl., Lehrbuch. Die
Lokalanästhesie. — 17. Heidenhain: Zentralbl. f. Chir. 1904,
No. 9. Trepanation unter Lokalanästhesie und Trennung der Galea
ohne Blutung. — 18. Bier: Vereinsb. D. med. Wochenschr. 1912,
No. 33, S. 1572. Lokalanästhesie bei Trepanationen. — 19. E d ing e r:
Deutsche Klinik, Bd. VI, 1, 1906. Von den Kopfschmerzen und der
Migräne. — 20. Taylor: Ann. of surg., Juli 1912. Endresultate in
63 Fällen von Hirntumor. — 21. Bonhoeffer: Ther. d. Gegenw.
1913, No. 1, S. 13. Zur operativen Therapie der Hirntumoren.
Ein seltener Fremdkörper in der männlichen Harnröhre.
Von Dr. Häuer in Hohenstein (Ostpr.).
Fremdkörper in der männlichen Harnröhre werden im all¬
gemeinen gar nicht so sehr selten gefunden. Jeder Arzt kann
aus seiner Praxis von derartigen Fällen berichten; und wohl
jede Klinik hat in ihrer Sammlung eine mehr minder grosse
Anzahl von Fremdkörpern, die operativ aus der Harnröhre
beseitigt sind, von Streichhölzern, Strohhalmen, Bleifedern,
Griffeln usw. angefangen, bis zu abgebrochenen Kathetern,
Holzstücken und ähnlichen Gegenständen.
Wenn ich nun zu diesen vielen Fällen noch einen neuen
hinzufügen will, so geschieht dieses nur deshalb, weil der von
mir aus der Harnröhre eines über 70 Jahre alten Mannes ent¬
fernte Fremdkörper in gewisser Hinsicht verdient, als Rarität
angesprochen zu werden.
Wie schon erwähnt, handelte es sich um einen über 70 Jahre
alten Mann, den Arbeiter M. W. aus L. Pat. kam am 13. XII. 1909
in meine Behandlung und gab mir an, bisher nie ernstlich krank
gewesen zu sein. Seit dem Morgen des vorigen Tages habe er
plötzlich den Urin nicht mehr lassen könne; da er grosse Schmerzen
hatte und keinen anderen Rät wusste, habe er sich eine Hutnadel in
die Harnröhre gesteckt, in der Annahme, dass „das ja wieder mit
dem Urin mitkommen würde“.
Die Untersuchung ergab folgendes: Der an und für sich kräftige
Penis befindet sich in halb erigiertem Zustande, ist namentlich an
seiner Unterseite stark ödematös geschwollen. An seiner Unter¬
seite, etwa 7 cm von der Harnröhrenmündung entfernt, besteht eine
zehnpfennigstückgrosse, blau verfärbte Hautstelle. Die vordersten
7 cm sind auf Druck nicht schmerzhaft, umsomehr aber der ganze
übrige Penis; als ganz besonders schmerzhaft wird selbst ganz ge¬
ringer Druck auf den Damm angegeben; wobei die grössten Schmerzen
vorn unten an der blau verfärbten Stelle bestehen sollten. Die
Blase war prall gespannt, ihre Grenzen Hessen sich bei dem sonst
ziemlich mageren Manne deutlich feststellen.
Da bei vorsichtiger Palpation des Penis die Spitze des Fremd¬
körpers dicht unter der Haut des Penis zu fühlen war und bereits
ganz sicher extraurethral liegen musste, so wurde von einem Ver¬
suche, den Fremdkörper per vias naturales zu entfernen, von vorn¬
herein Abstand genommen.
Die in die Harnröhre eingeführte Sonde stösst auch ganz deut¬
lich bei 7cm Vordringen auf Widerstand; man hat beim Sondieren
das Gefühl, auf etwas Metallisches zu stossen.
Da Pat. bereits hochgradig erschöpft war und sofortige Hilfe
dringend not tat, führte ich die Urethrotomia externa aus und ent¬
fernte zu meiner grossen Verwunderung eine 18 cm lange, bereits
etwas verrostete Hutnadel, die mit einem 7 mm im Durchmesser
betragenden Perlmutterknopf armiert war. Die Nadel war mit dem
Knopf voran in die Harnröhre eingeführt und hatte diese natürlich
vollständig verschlossen. Sofort nach der Extraktion des Fremd¬
körpers entleerte sich aus der Operationswunde eine grosse Menge
zum Teil trüben Urins; der Penis schrumpfte von seiner anfangs statt
liehen Grösse zusammen. Die Wunde wurde etagenförmig .ge¬
schlossen und Pat., da ich ihn in das hiesige kleine Krankenhaus
nicht aufnehmen konnte, weil dasselbe mit Typhuspatienten voll be¬
legt war, zur weiteren Behandlung dem Alleristeiner Krankenhause
überwiesen.
Wie mir der leitende Arzt des dortigen Krankenhauses mit¬
zuteilen die Liebenswürdigkeit hatte, heilte die Wunde per primam,
so dass Pat. nach einigen Tagen von dort bereits geheilt entlassen
werden konnte.
Ich habe den Pat. inzwischen noch öfter gesehen; es geht ihm
gut. Er hat mir später übrigens mitgeteilt, dass er einen Bekannte:)
hatte, dem der Arzt eines Blasenleidens wegen einen Katheter ge-;
geben hatte, damit er mit diesem nötigenfalls den Urin selbst ab-
lassen könnte. Wahrscheinlich hat mein Pat. in Ermangelung von
etwas Besserem den Katheter durch die Hutnadel ersetzen wollen.
Als Grund für seine damalige plötzliche Harnverhaltung habe iclr
eine mässige Prostatahypertrophie gefunden, die ihm allerdings bisher
nie wieder Beschwerden verursacht hat.
Ueber zwei Fälle von schwerer Bleivergiftung in dei
Messingindustrie.
Von Dr. Althoff in Attendorn i. W.
Die chronische Bleivergiftung wird bekanntlich hervorgeruio
infolge fortgesetzter Aufnahme von Blei durch den Magen, z. B. bei
Malern und Schriftsetzern, die während der Arbeit, ohne sich die
Hände zu waschen, essen. Im folgenden möchte ich 2 Fälle vor;
Colica saturnina mitteilen, entstanden durch jahrelange Einatmung
von ganz winzigen Mengen Blei, die in einem Gemisch von Schmerge
und durch 1 Proz. Blei verunreinigtem Messing enthalten waren1
1. F a 1 1. R. B„ 28 Jahre, seit 14 Jahren Schleifer von Fenster
riegeln und Türdrückern aus Messing, erkrankte am 14. XII. 191
mit kneifenden Schmerzen im Oberleib; in den nächsten 3 Tagei!
hatte er andauernd sehr heftige, zeitweise unerträgliche Koliken
gleichzeitig bestanden Kopfschmerzen, Erbrechen, Stuhl- und Winde1
verhaltung.
Die Magengegend war eingezogen; das Erbrochene sah griinlicl
aus; die Zunge war leicht belegt; ein besonderer Druckschmerz be,
stand nicht; Fieber nicht vorhanden, kein Bleisaum.
Patient gibt an, er arbeite in einer Gelbgiesserei und habe mi
Blei nichts zu tun. Im Essen habe er sich auch nicht vertan, eii
leichter Druck in Magengegend habe schon einige Tage vor dei
Koliken bestanden. Die Therapie bestand in feuchten, warmen Um
Schlägen auf Magengegend, hohen Einläufen mit Zusatz von Opium
tinktur, abends wegen enormer Schmerzen 0,02 Morphiuminjektior
Am 5. Tage erfolgte Abgang von Stuhl und Winden, danach tra
Besserung ein. Patient hat etwa 3 Wochen nicht gearbeitet; wunl
dann noch wegen bestehender Blutarmut nachbehandelt.
2. F a 1 1. W. B., 23 Jahre, ein Bruder des ersten Patienten, sei
8 Jahren Schleifer in derselben Messinggiesserei, hat November 191
an Magenschmerzen und Verstopfung 14 Tage lang gelitten. An
25. VIII. 1912 erkrankte er mit heftigem Magen- und Kopfschmerz an
Erbrechen. In den nächsten 2 Tagen bestanden ziehende, krampt
artige Schmerzen im Oberleib, wobei er sich tourenweise wie ei
Wurm zusammenkrümmen musste. Stuhl und Winde waren am
gehalten. I
Oberbauchgegend war eingezogen, Druck nicht schmerzhaft, in
Gegenteil eher angenehm, Gesamtaussehen blass. Die Zähne dei
Ober- und Unterkiefers zeigen einen deutlich „grünen“ Saum an
Zahnfleischrande. Seit längerer Zeit soll nach Angabe der Mutte1
grünes Schwitzen bestehen, was nach Meinung des Patienten durc
Zusammenkommen von Schweiss und Messingstaub entsteht; Bett
Wäsche und Hemden seien oft grünlich schimmernd verfärbt.
Die Behandlung bestand in Verabreichung von Rizinusöl i
Milch und gegen die Schmerzen abends 1 Zäpfchen von Morphiui
0,02 + Opium 0,04. Hiernach trat keine Besserung ein. Am 3. Krank
heitstage erfolgte prompt 4 Stunden nach Verabreichung eines Stuh’
Zäpfchens von 0,0005 g Atropin 2 mal dünner übelriechender Stuh
gang. Darauf Hessen die Schmerzen wesentlich nach und waren i
den 3 folgenden Tagen nur noch in geringem Masse vorhanden. Da
Erbrechen hörte sofort auf, Patient konnte leichte Kost nehmet:
Am 4. Krankheitstage erfolgte nach Einführung eines weitere
Atropinzäpfchens 4 mal dünner Stuhlgang. Patient hat ca. 4 Woche
nicht gearbeitet und sah noch längere Zeit anämisch aus.
In dem ersten der genannten Fälle habe ich ernstlich an Heu
gedacht; eine sichere Diagnose habe ich damals nicht stellen könne)
Bleikolik glaubte ich ausschliessen zu müssen, da Patient irgend ein
Arbeit mit Blei ableugnete. Im 2. Falle dachte ich namentlich m
Rücksicht auf den grünen Zahnfleischsaum an eine Messingvergiftun
und fragte Herrn Landesgewerbearzt Dr. Koelsch in München ui
sein fachmännisches Urteil, welches dahin lautete, es müsse sich doc
II. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
531
Wohl um eine Bleivergiftung: handeln; Messing sei oft mit Blei ver¬
unreinigt. Als ich nun genauere Erkundigungen bei dem Fabrikherrn
austeilen liess, erhielt ich die Mitteilung, dass Messing bei der
(iiesserei aus technischen Gründen mit 1 Proz. Blei vermengt werde.
Es kann also wohl keinem Zweifel unterliegen, dass es sich in den
beiden mitgeteilten Fällen um Bleivergiftung gehandelt hat. Zur Er¬
klärung diene folgendes: Die Arbeiter schleifen auf einer Schmergel-
scheibc die Gegenstände; ihr Gesicht befindet sich hierbei natur-
gemäss nahe bei dieser rotierenden Scheibe, und es ist trotz
Exhaustoren unvermeidlich, dass von dem entstehenden Staub ge¬
ringe Mengen eingeatmet werden. Zwei Staubarten kommen hierbei
in Betracht; beim Vorschleifen bildet sich Staub von der Grösse eines
Schmergelkornes, beim Nachschleifen ganz feiner Staub, wie Mehl.
Dieser letzte scheint mir, der gefährlichste zu sein, weil er infolge
seiner Leichtigkeit am meisten herumfliegt und zur Aufnahme in den
Körper gelangt. Wenn wir aber bedenken, dass dieser Staub etwa
zu gleichen Teilen aus Schmergel und Messing besteht, welch
letzterem nur 1 Proz. Blei beigemengt ist, so ist die in diesem Ge¬
misch enthaltene Bleimenge doch eine äusserst geringe. Eine Blei¬
vergiftung mit heftig auftretenden Koliken wird wohl nur, wie in den
beiden vorliegenden Fällen, durch jahrelange Einwirkung eines
solchen Staubgemisches, wovon immerhin nur wenig in den Körper
gelangt, möglich sein. Leichtere Symptome einer Bleikolik, wie
mässige Magen- und Kopfschmerzen mit Verstopfung, werden schon
eher Vorkommen und bei der event. Unkenntnis der Verunreinigung
des Messings mit Blei als gewöhnliche Magenverstimmungen durch¬
gehen. Ist man imstande, schon hierbei die richtige Diagnose zu
stellen, so wird man einer schweren Bleikolik Vorbeugen können.
Ich habe den Arbeitern empfohlen, ausser dem ständigen Gebrauch
der Exhaustoren zur Absaugung des Staubes sich noch Masken iiber
Muud- und Nasenöffnung bei der Arbeit anzulegen.
Zum Schluss möchte ich auf die bei Fall 2 erfolgte prompte
Wirkung des Stuhlzäpfchens von 0,0005 g Atropin, sulfur. hinweisen
und eine 1 — 2 malige Verabreichung eines solchen Zäpfchens bei der
Bleikolik zeitig empfehlen.
Aus der dermatologischen Klinik (Direktor: Prof. Herx¬
heim e r) und der medizinischen Klinik (Direktor: Prof.
Schwenkenbecher) des städtischen Krankenhauses zu
Frankfurt a. M.
Salvarsan und Liquor cerebrospinalis bei Frühsyphilis,
nebst ergänzenden Liquoruntersuchungen in der Latenzzeit.
Von Dr. Karl Altmann und Dr. Georges L. Dreyfus.
(Schluss.)
Lues I + II.
Aus diesem Stadium möchten wir zunächst 10 Fälle be¬
sprechen, die nur zweimal punktiert werden konnten, nach
Dosen, die für die endgültige Beurteilung natürlich völlig
unzureichend sind. Immerhin ergeben doch auch diese Resul¬
tate wichtige Fingerzeige, insbesondere für die Dosierung.
Von dieser Gruppe bedürfen 7 Fälle keiner ausführlichen
Besprechung. Sie alle bekamen innerhalb 2 — 3 Wochen
ca. 1,5 g Salvarsan und wurden wenige Tage nach der letzten
Injektion wieder punktiert.
Bei einem Fall änderte sich der normale Liquor nicht, bei
-1 Fällen genügte schon diese kleine Dosis, um mässige Veränderungen
zürn Verschwinden zu bringen, bei dem 6. Kranken, der mittlere Ver¬
änderungen zeigte, war eine erhebliche Besserung zu konstatieren.
Ein weiterer Fall mit mässigen Veränderungen blieb unbeeinflusst.
Bemerkt sei noch, dass die angegebenen Salvarsandosen nicht ge¬
nügten, um die Serumreaktion innerhalb der kurzen Beobachtungszeit
negativ werden zu lassen.
Besonderes Interesse beanspruchen die restlichen 3 Fälle,
die sich unter der Therapie verschlechterten und nicht un¬
mittelbar mit den vorhergehenden verglichen werden können.
Sie haben alle das Gemeinsame völlig unge¬
nügender Behandlung.
Bei dem ersten Kranken, der. da er nicht wiederkam, nur
eine Salvarsaninjektion von 0,4 g erhielt, war anfänglich der Liquor
und das aufs genaueste geprüfte Nervensystem völlig normal. Der
Patient kam 7 V/ochen nach der Injektion mit einer ausgebildeten
Fazialis- und Kochlearisparese wieder und bot jetzt schwere Liquor¬
veränderungen (180 Zellen im Kubikmillimeter, positive Wassermann-
reaktion bei 0,2). Es handelte sich hier um ein typi¬
sches Neurorezidiv.
Wichtig ist an diesem Fall, dass wir hier —
im Gegensatz zu zahlreichen anderen N euro¬
rezidiven — vor der Therapie vollkommen
normale Verhältnisse angetroffen haben. Diese
Tatsache zeigt, dass — wenn man der Ehrlich sehen An¬
schauung von der Entstehungsweise der Neurorezidive folgt, —
die im Zentralnervensystem in der Frühperiode zu suppo-
nierenden Spirochätenherde, die bei der Sterilisatio fere com-
pleta der Einwirkung des Salvarsans entgangen sind, unter
Umständen mit keiner klinischen Untersuchungsmethode nach¬
zuweisen sind!
Wjr glauben, dass dieser Umstand durchaus nicht gegen
die Ehrlich sehe Auffassung spricht, dass ein Neurorezidiv
nur da entstehen kann, wo sich schon vor der Behandlung
Spirochäten im Zentralnervensystem befunden haben, da wir
einerseits in einer grossen Zahl von Fällen diese Tatsache
auch mit Hilfe der klinischen Untersuchungsmethoden fest¬
stellen konnten, andererseits aber auch in den vorher be¬
schriebenen Provokationen einen Fingerzeig dafür haben, dass
auch klinisch latente Spirochätenherde nur eines äusseren An¬
reizes bedürfen, um nachweisbare Liquorveränderungen zu
erzeugen.
Bei dem folgenden Fall, dem die ebenfalls unzu¬
reichende Menge von 1,0 g Salvarsan in 3 Vs Wochen verabreicht
wurde, bildeten sich aus ganz geringfügigen schwere Liquorver-
änderungen aus. Die Punktion wurde unmittelbar nach der letzten
Salvarsaninjektion gemacht.
Hier handelt es sich offenbar um eine den früher be¬
schriebenen analoge Provokation, nur dass hier die oben an¬
genommenen krankhaften Prozesse am Nervensystem auch
klinisch schon bei der ersten Punktion festgestellt werden
konnten.
Der letzte Fall war der einzige mit schweren Liquor¬
veränderungen vor der Behandlung. Nach 1,0 g Salvarsan inner¬
halb 3Vs Wochen hatten sich Zellzahl und Eiweiss verdoppelt.
Entweder handelt es sich hier um ein Fortschreiten der
schweren Erkrankung trotz der Therapie oder es liegt auch
hier eine provokatorische Steigerung der krankhaften Ver¬
änderungen vor. Auffallend ist bei diesem Falle, dass die
Serumreaktion trotz zunehmender Liquorveränderungen
negativ wurde, ein Umstand, der vielleicht dafür spricht, dass
die syphilitischen Prozesse an den verschiedenen Organ¬
systemen ungleich therapeutisch beeinflusst werden, insofern
man die Wassermann sehe Reaktion als den Ausdruck
dieser Veränderungen aufzufassen geneigt ist. Der Fall be¬
weist übrigens auch die Wichtigkeit kontrollierender Liquor¬
untersuchungen, die ein wesentlich anderes Bild der Sachlage
als die Blutreaktion aufrollen können.
Mehr als zweimal punktiert wurden 4 Fälle
des frühen Sekundärstadiums, in dem der Primär¬
affekt noch vorhanden ist. Von den ersten 2 Fällen, bei denen
der vorher pathologische Liquor normal wurde, beansprucht
besonders der eine eingehenderes Interesse.
Dieser Kranke hatte vor der Therapie mässige Liquorverände¬
rungen bei bereits bestehender Fazialis- und Akustikusstörung. Nach
1,4 g Salvarsan blieb der Patient 6 Wochen aus der Behandlung fort,
um mit einem schweren Neurorezidiv und sehr erheblichen Liquor¬
veränderungen wieder zu kommen. Nach 4 monatlicher kontinuier¬
lich fortgeführter kombinierter Behandlung wurde der Liquor normal.
Klinisch war der Kranke unter Zurückbleiben massiger irreparabler
Akustikusstörungen geheilt. 3% Monate nach Abschluss
der Behandlung fand sich Liquor und Serum¬
reaktion — - wie wir nach unseren Anschauungen vermuten
konnten — normal!
Auch dieser Fall bietet den interessanten Befund, dass die
Serumreaktion rasch negativ wurde und trotz Auftreten des
Neurorezidivs mit seinen schweren Liquorveränderungen
negativ blieb. Man konnte im Verlauf der Therapie zunächst
eine deutliche Provokation durch zu kleine Salvarsandosen
(1,4 g) und dann ein allmähliches Zurückgehen der Liquor¬
veränderungen bis zur Norm bei systematischer Fortführung
der Therapie feststellen.
Der aridere Fall mit anfänglich schweren Liquorverände¬
rungen wurde nach 2,6 g Salvarsan und 0,95 Hg. sal. bezüglich
Liquor- und Serumreaktion normal.
In dem dritten Falle, bei dem wegen schwerer Lungen-
und Herzveränderungen nur äusserst vorsichtig mit geringen Sal¬
varsandosen vorgegangen werden konnte (2,3 Salvarsan und 0,7 Hg.
sal. innerhalb 3 Monate), blieb der Liquor dauernd mässig verändert,
die Serumreaktion wurde, nachdem sie vorübergehend negativ ge¬
worden war, sehr bald wieder positiv.
Der letzte Fall dieser Gruppe zeigte nach 6,0 Neosal-
varsan und 0,6 Hg. sal. mässige Veränderungen bei vorher nor¬
malem Liquor. Auf weitere 1,5 g Neosalvarsan und 0,4 Hg. sal. wird
Liquor- und Serumreaktion normal.
4*
532
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
Auch dieser Fall beweist den günstigen
Einfluss konsequenter Weiterbehandlung.
Er bestätigt ausserdem die auch sonst von uns gemachte Be¬
obachtung, dass das Neosalvarsan dem Altsalvarsan an Inten¬
sität der Wirkung nachsteht. Nach 4 g Salvarsan haben wir
bisher eine provokatorische Verschlechterung der Lumbal¬
flüssigkeit nie beobachtet.
Lues II.
Zweimal punktiert wurden 2 Fälle, von denen einer
mit massigen Liquorveränderungen schon nach 1,2 Salvarsan normale
Verhältnisse aufwies. Der andere hatte vorher normalen Liquor¬
befund und wurde nach der völlig unzureichenden Dosis von 0,9 g
Salvarsan wiederum punktiert, wobei mässige Verände¬
rungen gefundenwurden.
Auch dieser Fall zeigt in völliger Uebereinstimmung mit
analog behandelten Kranken etwas früherer Stadien die auf¬
fallende Tatsache, dass unter vorläufig noch nicht zu über¬
sehenden Umständen nach geringen Dosen Liquorverschlech¬
terungen auftreten können. Das von uns wiederholt beob¬
achtete Phänomen ist unseres Erachtens für die Frage der
üesamtdosierung von grosser Wichtigkeit. Sobald man näm¬
lich weiterbehandelt, bekommt man wesentlich günstigere
Resultate.
Das kommt in überzeugender Weise zum Ausdruck bei
der Betrachtung der nach fortgeführter Behandlung zum
3. Mal punktierten (insgesamt 16 Fälle). Allein
diese Kranken lassen eine definitive Beur¬
teilung zu.
Sie alle bekamen durchschnittlich 2,3 — 3,9 Salvarsan' und in den
letzten Wochen noch Hg. salic. (0,3 — 1,2 g). Dreimal blieb der vor¬
her chemisch-zytologisch normale Liquor normal, ein Resultat, das
bei zwei Kranken nach J4 Jahr bestätigt werden konnte. Bei zwei
von diesen Kranken war auch die Serumreaktion bei Abschluss der
Behandlung negativ geworden.
Diesen Patienten reihen sich 8 Fälle an, von denen 5 mässige,
3 schwere Liquorveränderungen vor der Behandlung hatten und j
unter einer intensiven, zum Schluss kombinierten Therapie normalen
Liquor bekamen. 5 von diesen Kranken zeigten bei Abschluss der
Behandlung negative Serumreaktion. Einer von diesen, bei dem der
schwer veränderte Liquor unter der Therapie normal ge¬
worden war, wurde 4 Monate später wieder punktiert. Liquor
und Serumreaktion waren noch normal.
Bei 2 Kranken besserten sich unter den oben genannten Dosen
die Lumbalflüssigkeitsveränderungen, ohne dass sie normal wurden,
trotzdem die Wassermannsche Reaktion im Blut negativ i wurde.
Eine Kranke mit massigen Veränderungen blieb unbeeinflusst
bezüglich des Liquors, während die Serumreaktion negativ wurde.
Sie bekam allerdings nur 2,3 Salvarsan und 0,75 Hg. sal.
Bei den letzten 2 Kranken dieser Gruppe sahen wir nach 0,9 g
Salvarsan resp. 2,5 g Neosalvarsan einen normalen Liquor massig
verändert. Nach Fortführung der Behandlung verschwanden Lympho¬
zytose und positive Serumreaktion, bei dem einen blieb lediglich
eine schwach positive Phase I, während der andere Liquor völlig
normal geworden war.
Lues III und Lues laten s.
6 derartige Kranke wurden zweimal in Abständen von mehreren
Wochen punktiert. Nur der eine (Lues III) war inzwischen anti¬
luetisch behandelt worden. Bei allen diesen Fällen lag die Infektion
mehrere Jahre zurück, ihr Liquor war und blieb normal.
Zur Ergänzung der Liquoruntersuchungen bei der unbe¬
handelten Frühsyphilis ohne Erscheinungen von seiten des
Nervensystems erschien es uns nötig, mit den gleichen Unter¬
suchungsmethoden die Liquorverhältnisse bei solchen Kranken
kennen zu lernen, die sicher in früheren Jahren syphilitisch
infiziert waren, aber zurzeit der Untersuchung keinerlei
Zeichen von Lues, auch am Nervensystem, darboten.
Es handelt sich hier um 104 Patienten, die wegen anderer Er¬
krankungen die medizinische Klinik aufsuchten. Sie alle
waren früher lediglich mit Hg und zwar, wie eingangs er¬
wähnt, gänzlich ungenügend (meist rein symptomatisch) be¬
handelt worden.
Bei diesen Patienten haben wir es unterlassen, den Druck
gesondert zu registrieren. Wir möchten an dieser Stelle nur
erwähnen, dass unter 37 Fällen, die chemisch-zytologisch nor¬
mal waren, der Druck in 22 Proz. über 200 cmm betrug. Wir
messen dem um so weniger Bedeutung zu, als wir unter einer
Anzahl von normalen Liquores bei Nichtsyphilitikern 14 Proz.
Druckerhöhung fanden.
An anderer Stelle ist bereits von dem einen von uns *)
auseinander gesetzt worden, aus welchen Gründen wir iso¬
lierter Drucksteigerung keine übermässig grosse Bedeutung
beimessen.
Verhalten des Drucks bei normalem Liquor. (Tabelle 8.)
Diagnose
Zahl der
Fälle
Druck: 1
bis 150 mm
150-200
200—300
über 300
Keine Erkrankung des
Zentralnervensystems
Früher Lues (W.B teils
29
14
11'
3
1
negativ, teils — p),
Liquor völlig normal
37
17
12
5
3
66
31
23
8
4
Hier möchten wir nur noch ergänzend hinzufügen, dass,
wie Tabelle No. 8 zeigt, ein Druck von 150—200 mm so
häufig auch bei normalen Fällen vorkommt, dass nach unserer
Anschauung erst jenseits von 200 mm von pathologischer
Drucksteigerung gesprochen werden kann.
Was die chemisch-zytologischen Veränderungen bei
diesen Fällen anlangt, so gibt Tabelle No. 9 hierüber Auskunft.
Der Liquor cerebrospinalis in der Latenzzeit. (Tabelle 9.)
Zahl
der
Fälle
Wassermann
Blut
Wassermann Liquor
Liquor
chemisch-zytologisch
—
+
davon | positiv
ausSeT bei 0,2
wertet
positiv
bei
höherer
Concent
keine
mässige
mittlere
schwere
Veränderungen
34
34
34
(21)
34
46
46
46
(35) |
46 |
5
5
5
(3)
1 5
9
9
7
(2) 1
1 (+0,4)
9
2
2
1
1 (4-0,4)
2
8
8
2
(1) 1 5
1 (4-0,4'
8
104
39
65
94
(62) 1 7
3
v-H
o
oo
2
8
Einleitend sei folgendes bemerkt:
Wir müssen nach unseren Erfahrungen bei der frischen
Lues annehmen, dass auch in den vorliegenden 104 Fällen ur¬
sprünglich im Frühstadium ca. 80 Proz. Liquorveränderungen
vorhanden gewesen sind. Jetzt finden wir aber bei
80 von diesen 104 Kranken normalen Liquor, d. h.
in 77 Proz.! Hier haben sich also die Verhältnisse völlig
verschoben. Es muss daher in einem grossen Teil dieser
Fälle zur Rückbildung der Liquoranomalien gekommen sein.
Wie der eine von uns (D.) in den vorhergehenden in dieser
Wochenschrift erschienenen Arbeiten (1912, No. 30, 33/34,
40/42) eingehend auseinandersetzte, sind nach unserer An¬
schauung Liquorveränderungen bei Syphilis das Zeichen einer
spezifischen Erkrankung des Nervensystems, sofern andere
mit Lumbalflüssigkeitsanomalien einhergehende Affektionen
nicht in Betracht kommen. Sind aber früher vorhandene Ver¬
änderungen verschwunden, so ist mit grosser Wahrscheinlich¬
keit anzunehmen, dass die Lues des Nervensystems vorläufig
zur Ausheilung gekommen ist, ganz einerlei, wie die Serum¬
reaktion ist. Je länger der Zeitpunkt der Infektion zurück¬
liegt, um so unwahrscheinlicher erscheint es, dass von
irgend einer Stelle des Körpers aus noch einmal eine Infektion
des Zentralnervensystems erfolgen könnte.
Man braucht zur Erläuterung dieser Auffassung nur
daran zu denken, dass die Syphilis im Frühstadium einer
Septikämie gleicht, bei der die Infektionskeime im ganzen
Körper verstreut und in den verschiedensten Organen depo¬
niert werden. Hier können die Spirochäten durch Immun¬
vorgänge im Verein mit der medikamentösen Therapie ver¬
nichtet, oder, falls dies nicht geschieht, auf ein mehr oder
minder latentes Dasein zurückgedrängt werden. Solche Dis¬
persionen finden natürlich im Sekundärstadium der Lues in
mehr oder minder grosser Zahl statt. Je älter aber die
Syphilis wird, um so mehr verliert sie ihren septischen Cha¬
rakter und wird zu einer lokalen Erkrankung. Infolgedessen
werden wir bei einmal erreichter Sterilisation des Nerven-
*) G. L. D r e y f u s: 1. c.
11. März 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
533
Systems um so grössere Chancen haben, dass diese Sterili¬
sierung eine dauernde ist, je weiter wir von dem Zeitpunkt der
Infektion entfernt sind. Dabei ist noch zu bedenken, dass wir
bei solchen Kuren, wie wir sie zur Sterilisierung des für das
chemische Mittel so schwer zugänglichen Nervensystems
brauchen, sicherlich einen sehr grossen Teil der im Körper
vorhandenen Spirochäten vernichtet haben, so dass hierdurch
auch im Friihstadium die Gefahr einer erneuten Dispersion
wesentlich vermindert wird. Selbstverständlich wird zur Er¬
härtung dieser Anschauung eine über Jahre fortgesetzte Beob¬
achtung notwendig sein.
Bei den restlichen 24 Fällen (mit Liquorveränderungen)
haben wir zu unterscheiden zwischen 14 Kranken, bei denen
sich mässige Veränderungen im Liquor fanden und 10 mit
mittleren, resp. schweren Anomalien der Lumbalflüssigkeit.
Bei den erstgenannten kann man daran denken, dass es sich
entweder um Residuärzustände früherer luetischer Verän¬
derungen am Zentralnervensystem handelt, die in ein pro¬
gnostisch unsicheres Latenzstadium gekommen sind. Sie
können ausheilen oder fortschreiten. Oder es handelt sich
doch schon um beginnende aktive Prozesse. Beide Möglich¬
keiten können wohl Vorkommen.
Ganz anders liegen unseres Erachtens die Verhältnisse
bei den 10 Fällen, wo wir mittlere (2 Fälle) resp. schwere
(8 Fälle) Veränderungen des Liquors fanden. Hier müssen
wir annehmen, dass wir bereits die Vorläufer schwerer syphi¬
litischer Prozesse am Zentralnervensystem vor uns haben, die
über kurz oder lang auch andere sinnfällige Erscheinungen
zeitigen werden.
Für diese Auffassung spricht:
1. Die Tatsache, dass die grosse Mehrzahl dieser Fälle
auch klinisch suspekt waren. Manche dieser Kranken klagten
über häufige Kopfschmerzen, andere über „rheumatische“ Be¬
schwerden, wieder andere erschienen psychisch nicht ganz
einwandfrei.
2. Das Verhalten dieses Liquors gegenüber intensiver
Therapie, das sich ganz mit unseren Erfahrungen bei der Lues
cerebrospinalis (mit klinischen Symptomen) deckte. Sie
zeigten sich nämlich genau so resistent wie diese, indem sie
selbst nach mehrfachen kombinierten Salvarsan-Hg-Kuren
nicht normal wurden.
3. Der Umstand, dass mit Ausnahme von 2 Fällen, von
denen der eine nicht unbedingt verwertet werden kann, da
dieser Liquor nicht ausgewertet wurde, sämtliche anderen
positive Wassermann sehe Reaktion im Liquor zeigten,
zum grossen Teil sogar schon bei der niedrigsten Konzen¬
tration (0,2 ccm).
4. Beobachtungen von R a v a u t 12) und Vincent 13),
die einige Fälle mit schweren Liquoranomalien ohne klinische
Symptome jahrelang verfolgen konnten. Bei diesen sahen sie
später schwere organische Veränderungen des Zentralnerven¬
systems auftreten. Einige dieser Kranken gingen an Paralyse
zugrunde.
Alle diese Fälle lassen natürlich nur dann eine Deutung
in obigem Sinne zu, wenn sie keinerlei spezifische Ver¬
änderungen an den Hirnnerven aufweisen. Insbesondere
möchten wir hier auf isolierte luetische Akustikusverän-
derungen aufmerksam machen, die für sich allein ohne sub¬
jektive Beschwerden bestehen und schwere Lumbalflüssig¬
keitsveränderungen hervorrufen können.
Interessant ist vielleicht die Uebersicht über das zeitliche
Zurückliegen der Infektion bei den soeben besprochenen
Fällen, über welche die folgende Tabelle 10 Auskunft gibt.
Wenn wir unser gesamtes Material zusammenfassend
überblicken, so ergeben sich uns folgende Befunde:
Beim Primäraffekt mit negativer Serumreaktion ist der
Liquorbefund, abgesehen von einer fast konstanten und ziem¬
lich erheblichen Drucksteigerung normal. Wird die Serum-
reaktion positiv, so können bereits Liquoranomalien auftreten.
Diese erfahren eine ganz erhebliche Zunahme, sobald die
12) P. Ravaut: I.es indications cliniques et therapeutiques
fournies par la ponction lombaire au cours de la syphilis acquise et
hereditaire. Le monde medical, 1911, Oktoberheft (No. 428).
13) CI. Vincent: Des meningites chroniques syphilitiques.
Paris, (1. S t e i n h e i 1, 1910.
Zeit der Infektion bei den punktierten Kranken der Latenzzeit.
(Tabelle 10.)
Infektion
vor
wie viel
Jahren
Zahl der Fälle
Wassermann
Blut negativ
Liquor normal
W. Blut +
Liquor normal
W. Blut neg.
Liquor massige
Veränderungen
W. Blut +
Liquor massig
verändert
® —
® O
+2 |°
läs
rq ^ "E
• 2
§L 2
u 3
W. Blut +
Liquor schwere
Veränderungen
unbekannt
22
16
2
2
2
1— 5
38
14
16
2
2
4
6-10
24
10
7
1
4
2
11-15
11
5
4
2
20—30
3
2
1
31—35
5
3
1
1
36—45
1
1
104
34
46
5
9
2
8
Syphilis in das sekundäre Stadium tritt, so dass wir bei Lues I
und II bereits 66 Proz. chemisch-zytologisch veränderte Li¬
quores vorfinden. Im etwas späteren Sekundärstadium (bei
bereits abgeheiltem Primäraffekt) findet sich zwar noch der
gleiche Prozentsatz pathologischer Liquorbefunde, doch tritt
das Fortschreiten der krankhaften Veränderungen im Nerven¬
system in einer Zunahme der schwereren Liquorverände-
rungen deutlich zutage. Auch treffen wir hier zuerst die posi¬
tive Wassermann sehe Reaktion im Liquor an.
In dem Spätstadium sowie in der Spätlatenz der Syphilis
ist eine ganz erhebliche Abnahme der Liquorveränderungen
festzustellen. Die Prozentzahl des krankhaft veränderten Li¬
quors beträgt hier nur noch 23, darunter 12 Proz. schwere
Veränderungen.
Ist schon das ausserordentlich frühzeitige Auftreten krank¬
hafter Veränderungen am Zentralnervensystem auffallend, so
ist für die Deutung dieser Veränderungen das kontinuierliche
Anschwellen bei fortschreitender Erkrankung im Frühstadium
und das Abschwellen im Spätstadium der Syphilis von Wichtig¬
keit. Wir können diese Befunde nicht anders deuten, als dass
mit der Dispersion des syphilitischen Virus, die offenbar schon
im Stadium des Primäraffektes, also wesentlich früher, als
man bisher anzunehmen geneigt war, stattfindet, auch das
Nervensystem in Mitleidenschaft gezogen wird. Die Aus¬
breitung des syphilitischen Prozesses drückt sich geradezu
zahlenmässig auch in der Lumbalflüssigkeit aus, selbst wenn
sich sonst keinerlei klinische Symptome nachweisen lassen.
Wie überraschend gross die Mitbeteiligung des Nerven¬
systems — meist lediglich erkennbar in Liquorveränderungen
— bereits im Frühstadium ist, beweisen unsere Prozentzahlen.
So erschreckend diese Zahlen zunächst auch sind, so zeigt
sich doch aus den für die Spätstadien der Syphilis gewonnenen
Befunden; dass offensichtlich ein grosser Teil der Lumbal¬
flüssigkeitsveränderungen zurückgeht — auch bei unzuläng¬
licher Behandlung.
Es ist sehr wohl denkbar, dass gerade die Kranken mit
schweren Veränderungen im Frühstadium die Kandidaten für
syphilitische Späterkrankungen des Nervensystems werden,
wenn nicht eine energische Therapie einsetzt. Auffallend ist
nämlich, dass die Zahl der schweren Veränderungen bei der
Lues II (33 Proz.) mit der Zahl der im Latenzstadium vor¬
handenen Liquorveränderungen (23 Proz.) eine gewisse Ueber-
einstimmung zeigte.
Aus diesen Befunden ergibt sich nach
unserer Meinung die dringende Forderung
bei Syphilitikern jegliche Liquorverände¬
rung, einerlei welches Stadium der Lues vor¬
liegt, als aktives syphilitisches Symptom
aufzufassen und bis zur Erreichung nor¬
maler Werte zu behandeln.
Ebenso wichtig wie die eben mitgeteilten Ergebnisse
waren unsere Befunde bezüglich des Einflusses des
Salvarsans auf den Liquor bei Frühsyphilis.
Wir können vorwegnehmen, dass wir zu wesentlich
anderen Befunden und Schlüssen gelangt sind, als die eingangs
erwähnten französischen Autoren. Dies zeigt sich schon bei
der Betrachtung der Druckverhältnisse des Liquors.
Um zunächst eine Reihe von Untersuchungen bei nor¬
malen Patienten zu erwähnen, so fanden wir bei der Hälfte
534
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
dieser Fälle Druckwerte über 150 mm und bei 14 Proz. Stei¬
gerung über 200 mm. Ausserdem war sehr häufig eine so
erhebliche Beeinflussung des Druckes durch psychische Fak¬
toren (Angst vor der Punktion) festzustellen, dass wir auf iso¬
lierte Drucksteigerung kein allzugrosses Gewicht legen.
Jedenfalls aber betrachten wir Werte bis zu 200 mm als
normal.
Während nun die erwähnten französischen Autoren und
auch Spiethoff die Drucksteigerung des Liquors nach Sal-
varsan für fast konstant halten, zeigt unser Material ein
anderes Bild, indem nämlich, wie erwähnt, die Mehrzahl der
Fälle, die bei der ersten Punktion gesteigerten Druck hatte,
nach Salvarsan normale Werte aufwies. Nur eine geringe
Zahl von Kranken zeigte bei vorher normalem Druck nach
Salvarsan eine Steigerung. Alle diese Befunde beziehen sich
nicht auf den Einfluss einer oder weniger, sondern gehäufter
Salvarsaninjektionen.
Der Einfluss auf das chemisch-zytologische Verhalten war
folgender:
In allen von uns untersuchten Stadien der
Frühsyphilis wurden bei intensiverer Sal¬
varsanbehandlung sämtliche Fälle (mit Aus¬
nahme eines Falles von Lues I. der, wie bereits besprochen,
besondere Verhältnisse bietet) günstig beeinflusst, in¬
dem die vorher krankhaft veränderten Liquores entweder (in
der weitaus grösseren Zahl der Fälle) zu normalen Werten
gelangten, oder erheblich gebessert wurden.
In wenigen Fällen kam es zu diesem Resultat erst nach
vorübergehender Verschlechterung des chemisch-zytologi-
schen Befundes, eine Tatsache, die uns den Schlüssel für die
Beobachtungen der französischen Autoren gibt: Diese Ver¬
schlechterung trat nämlich lediglich im Ge¬
folge kleiner Salvarsandosen (0,9 — 1 ,5 g) a u f,
um bei fortgeführter Behandlung zu ver¬
schwinden. Es handelt sich also bei diesen „M e n i n gö¬
re z i d i v e n“ wie R a v a u t sie nennt, im wesentlichen um
denselben Entstehungsmechanismus wie bei den Neurorezi-
diven, nämlich um die Folgen zu geringer Salvarsangesamt-
dosierung. Tatsächlich haben auch Ravaut und Levy-
B i n g nach unseren jetzigen Anschauungen viel zu geringe
Dosen gegeben (%— lK g).
Derartige Verschlechterungen sind nun, ebenso wie die
Neurorezidive keineswegs häufige Folgeerscheinungen ge¬
ringer Salvarsandosen, doch ist mit ihrer Möglichkeit zu
rechnen, so dass unseres Erachtens bei der Salvarsantherapie
die Frage der Gesamtdosierung von wesentlicher Bedeu¬
tung ist.
Wir fassen diese Verschlechterungen als Provokationen
latenter syphilitischer Prozesse am Zentralnervensystem auf,
die im Frühstadium vorhanden sein können, unter Umständen
auch ohne irgendwelche Liquorveränderungen hervorzurufen.
Dafür spricht die Tatsache, dass wir derartige „Provoka¬
tionen“ nur in Fällen gefunden haben, die entweder gering¬
gradig veränderte oder gelegentlich auch normale Liquores
hatten, niemals aber beobachteten wir sie bei schweren Ver¬
änderungen, bei denen der pathologische Prozess, wenn man
so sagen darf, bereits zu voller Entwicklung gekommen war,
ebensowenig im Spätstadium.
Damit ergibt sich der Unterschied zwischen Provokation
und der Herxheimer sehen Reaktion am Zentralnerven¬
system. Letztere tritt lediglich am schwer erkrankten
Nervensystem mit erheblichen Liquorveränderungen und zwar
unmittelbar nach der Salvarsandarreichung auf.
Auf Grund dieser Beobachtungen müssen wir die unab-
weisliche Forderung erheben, zur Erzielung guter Resultate
die Syphilis intensiv mit Salvarsan zu behandeln. Dabei
ist es durchaus nicht gleichgültig, in welchen
Zwischenräumen Salvarsan gegeben wird.
Wir erachten 6 — 8 Injektionen (3 — 4 g) in 4 — 6 Wochen, in
Kombination mit Quecksilber (ca. 1,2 g Hg. sal. oder besser
0,8 Kalomel) als eine zweckmässige Behandlungsweise und
warnen nachdrücklich vor verzettelter Therapie. Selbstver¬
ständlich müssen bei diesen Dosen alle diejenigen Momente
berücksichtigt werden, die zu den unerlässlichen Voraus¬
setzungen rationeller Salvarsanbehandlung gehören. (Wohl¬
befinden, Fieberlosigkeit etc.)
Die Notwendigkeit ausreichender Behandlung im Früh¬
stadium ist um so dringender zu fordern, als sich uns bei
unseren Untersuchungen ergeben hat, wie unendlich viel
leichter die Rückkehr des Liquors zur Norm im Frühstadium
zu erreichen ist, als im Spätstadium, selbst wenn in diesem
sonstige klinische Symptome fehlen.
Bei der Frühsyphilis sind durch eine oder mehrere inten¬
sive zielbewusste Kuren so gut wie immer normale Liquor-
verhältnisse und damit wohl auch die Sterilisation des Nerven¬
systems zu erreichen. Dass diese nach grossen Dosen erzielten
günstigen Resultate dauernde bleiben, ist, soweit unsere aller¬
dings nicht sehr reichlichen Nachuntersuchungen des Liquors
zeigen, zu hoffen, insbesondere wenn der ersten Kur mit kur¬
zem Intervall weitere Kuren folgen.
Es ist deshalb erforderlich, zur Kontrolle des erzielten
therapeutischen Erfolgs Liquoruntersuchungen vorzunehmen
und sich nicht, wie es bisher fast ausschliesslich der Fall war,
mit einer Untersuchung der Wassermann sehen Reaktion
im Blut zu begnügen. Wie unser Material nämlich lehrt,
stimmen beide keineswegs überein. Es zeigt sich vielmehr,
dass das eine Mal die Serumreaktion positiv bleibt, wenn der
Liquor normal wird, andererseits die Serumreaktion schon
lange negativ sein kann, während der Liquor noch erhebliche
pathologische Befunde aufweist.
Welche Konsequenzen ergeben sich aus unseren Unter¬
suchungen für die Praxis bezüglich der Liquoruntersuchung?
Es ist selbstverständlich, dass Lumbalpunktionen in der Häufig¬
keit, wie sic zur wissenschaftlichen Klärung der in Betracht
kommenden Fragen notwendig erscheinen, in der Praxis un¬
durchführbar sind. Man muss ihre Zahl auf das unbedingt
Notwendige beschränken.
Nicht erforderlich in der Praxis sind Liquoruntersuchungen
bei der Lues I, da sich hier keine oder nur relativ gering¬
gradige Veränderungen finden. Wichtiger können sie im
Sekundärstadium sein, wo uns die Untersuchung des Liquors
ein Bild von der Intensität der Erkrankung des Zentralnerven¬
systems gibt. Hier kann uns die Kenntnis von der Schwere
des Prozesses vor den Folgen allzugrosser Anfangsdosen
schützen. Bei abundanter Lymphozytose kann es nämlich in
diesem Stadium schon durch 0,2 Salvarsan zu einer recht un¬
angenehmen Herxheimer sehen Reaktion an den Meningen
kommen. Deshalb ist es ratsamer, im Sekundärstadium prin¬
zipiell mit Quecksilber vorzubehandeln und erst nach zirka
2 Wochen zu kleinen Salvarsananfangsdosen überzugehen,
wenn man über den Liquorbefund nicht unter¬
richtet ist. Dies bedeutet allerdings eine gewisse Ver¬
zettelung der Therapie, die durch die Lumbalpunktion ver¬
mieden werden kann.
Notwendig ist die Lumbalpunktion in jedem Fall nach
Abschluss der Therapie: Ist nämlich durch planmässige inten¬
sive ein- oder mehrmalige kombinierte Kuren die Wasser-
m a n n sehe Reaktion im Blut über einige Monate hin negativ
geworden, so gibt die Lumbalflüssigkeit Auskunft über die
Heilerfolge am Nervensystem.
Ist die Lumbalpunktion in das diagnostische Rüstzeug der
Syphilidologen aufgenommen, und ist die von uns vertretene
Forderung, im Frühstadium der Syphilis so lange zu behandeln
(einmal resp. chronisch intermittiernd), bis Ser umreaktion
und Liquor dauernd normale Verhältnisse ergeben, so
ist vielleicht die Hoffnung berechtigt, dass die bei der bisher
üblichen Behandlungsweise im Latenzstadium übriggebliebcnen
Liquorveränderungen (bei unserem Material 23 Proz.) zum
Verschwinden gebracht werden können. Damit würden wir
dem so sehr zu erstrebenden Ziele, die luetischen und meta-
luetischen Erkrankungen des Zentralnervensystems hint¬
anzuhalten, die unserer Ansicht nach im Frühstadium angelegt
werden, näher kommen.
Anmerkung bei der Korrektur: Die in unserer Arbeit
mehrfach erwähnten Verschlechterungen des Liquors nach unzu¬
reichender Salvarsanbehandlung treten, wie unsere fortgeführten
Untersuchungen zeigen, in völlig gleicher Weise nach Quecksilber
auf. Diese von uns als „Provokationen“ bezeichneten Verände¬
rungen sind also keine Eigentümlichkeit des Salvarsans!
1. März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
535
Hugo Salus.
Er heisst wirklich Salus und der Name ist kein Pseudonym,
em von uns ist nicht sein Name schon aufgefallen unter irgend
nein formschönen Gedicht oder einer feinzugeschliffenen Novelle?
r ist Dichter und Frauenarzt in Prag, 47 Jahre alt und vor mir
>gen 15 bis jetzt erschienene Bänder schöner Literatur *). Pie Pra-
?r sind stolz auf ihren Dichter und sie kennen ihn alle persönlich.
,'enn man mit dem Kollegen durch die Stadt Prag wandelt, er in
•iner überschmalen, grossen Gestalt, das feine Gesicht überschattet
an einer langen Haarmähne, die unter dem grossen Schlapphut vom
>pf herniederwallt, da dürfte man seinen eigenen Hut stets in der
and halten, um die Grüsse der Prager zu erwidern. Besonders sind
j die Deutschen in Prag, die in den unbehaglichen Zeitläuften mit
isonderer Verehrung an ihrem Dichter hängen. Wenn man daher
,it Salus im berühmten „Deutschen Haus“ zu Prag sitzt, dem Boll-
erk des Deutschtums der stark bedrängten Prager Deutschen,
rscheint Salus wie ein kleiner König unter ihnen. Aber mitten im
cspräch über Literatur, das wir mit ihm auf der Strasse führen, oder
uch mitten in einer Blödelei — Salus kann so lustig „blödeln“ —
rgt er plötzlich: „Warte ein wenig; ich muss schnell nach einer
/öchnerin sehen.“ Denn es lieben die Frauen von Prag, den Dichter
alus an ihrem Geburtsbette zu sehen, vielleicht, dass das Neu-
eborene seine besondere Weihe durch die Hilfe des Dichters er-
alte . . aber es kann seinem Dichtergemüt einfallen, wenn er von
llzu sensitiver Seite unnötig festgehalten wird, dass sein Genius ihn
lötzlich seinen grossen Schlapphut und auch die Flucht ergreifen
isst, und er rennt nach Hause zu seinem Schreibtische und gestaltet
in Gedicht und kehrt dann beruhigt und befreit zu seinem ärztlichen
henst zurück.
*) Ehefrühling. Trost büch lein für Kinderlose,
iedichte. Verlag Eugen Diederichs, Jena.
Gedichte. NeueGedichte. Reigen. Ernte. Neue
iarben. Die Blumenschale. Glockenklang. Ge¬
heilte. Verlag Albert Langen, München.
Das blaue Fenster. Novellen des Lyrikers,
eh wache Helden. Novellen. Verlag Egon Fleischei, Berlin.
Susanna im Bade. Römische Komödie. Schau-
piele. Verlag Albert Langen, München.
Christa, ein Evangelium der Schönheit. Xenienverlag.
Seelen und Sinne. Novellen. Erscheint 1913 im Xenien-
erlag.
Einmal auch in den Dolomiten, wo wir mit ihm und seiner geist¬
sprühenden Frau Olga beisammen waren, sahen wir ihn ständig um¬
geben von allen möglichen schönen, und weniger schönen Oester¬
reicherinnen, die ihn umdrängten und mit ihm plaudern wollten, um
schliesslich verschämt — auch weniger verschämt — ihm ihre Ge¬
dichte zu unterbreiten, damit er sie prüfe.
Das nimmt er nun sehr genau. Genau wie sich selbst.
Wenn man sein’Notizbuch sieht, in dem er an einem kleinen Ge¬
dichte wohl ein paar Dutzend Seiten füllt und immer wieder korrigiert
und an einem einzelnen Worte feilt, dann bewundert man den Ernst
und die Gewissenhaftigkeit, mit der er an seinem künstlerischen Ge¬
stalten arbeitet. So konnte er auch in einem Gedichte sagen:
Und eh’ ich die Zeile hinschreiben könnt’:
„Durch den blühenden Kirschbaum flimmert der Mond“ —
da musst’ ich erst tausend Kirschbäume seh’n
in weissen leuchtenden Blüten steh’n,
und tausend Bäume in Schnee und Eis,
und mich sehnen nach Blüten, rot und weiss,
und musste durch tausend Mondnächte schreiten,
wenn durch die Blätter die Strahlen gleiten,
und tausend Bilder in meine Augen
und tief, tief in die Seele saugen,
und musste dem Klange der Worte lauschen,
ob sie von Mond und Blüten rauschen,
eh’ dass ich die Zeile hinschreiben könnt’:
„Durch den blühenden Kirschbaum flimmert der Mond“.
Salus’ Lyrik ist modern im besten Sinne. Denn sie vermeidet
die saloppe Art, die sich — wie auch in der übermodernen Malerei —
über Form und Kultur hinwegsetzt. Trotz tiefer Gedanken ist die
Form stets ausgefeilt und künstlerisch gestaltet. Vielleicht deshalb
bisweilen etwas zu glatt. Das aber weiss er selber und einmal klagte
er mir: „Das ist das Verhängnis des Lyrikers, dass mir bei jedem
Erlebnis zwangsweise der Gedanke kommt: Das musst du dichten!
So läuft man Gefahr, ein Könner zu werden.“ Wir meinen, wer diese
Gefahr erkennt, unterliegt ihr nicht.
Mit dem Band Gedichte „E h e f r ü h 1 i n g“, das in mehr denn
7000 Exemplaren vorliegt, hat Salus den ersten und besten Wurf
getan. Wir entnehmen ihm zur Probe das folgende Gedicht:
Erinnerung.
Zünd’ festlich im Salon die Kerzen an,
zieh' aneinander fest des Vorhangs Spitzen,
ich schiebe zum Kamin die Sessel dann,
dort lass uns, uns umarmend, niedersitzen.
Denn sieh’, an solchem Winterabend oft
bin als Student ich durch die Stadt gegangen.
Mein Auge, das Erfüllung nie gehofft,
ist oft an solchen Lichtes Schein gehangen.
An Lampenschein, der mild ins Dunkel bricht,
an Fenstern, d’raus ich frohe Stimmen hörte,
an Schatten hinterm Vorhang, eng und dicht,
indes die Sehnsucht drunten mich verzehrte.
Heut ist ein solcher Abend, kalt und rauh,
Das Glück vertieft sich mir in diesen Räumen:
Lehn’ fest dein Haupt an mich, geliebte Frau,
recht fest an mich — und lass’ mich träumen, träumen!
Wem kommen da nicht aus glühendster Vergangenheit die
tiefsten Studentenerinnerungen?
Und nun lese man aus einem anderen Bande:
S t i 1 1 e b e n.
Auf meinem Schreibtisch kunterbunt
liegt Wissenschaft und Dichtung.
Der letzte mikroskopische Fund,
Gedichte jüngster Richtung.
Aus diesem Chaos stimmungsvoll
ragt, ihm die Weihe gebend,
empor ein schöner Bronzeapoll,
Apoll, die Leier hebend.
Ein Zigarettlein auf seinem Fuss,
noch warm von meinem Hauche,
schickt ihm empor den Opfergruss
mit feinem blauen Rauche.
Auf Kunst und Wissen, schräg herein,
mit Gold es zu umsäumen,
fällt heller Sommersonnenschein —
und auf dies Blatt mit Reimen.
So mag man ihn sich vorstellen, wenn er in seinem Studier¬
zimmer sitzt, dessen einer Teil, durch eine spanische Wand abgeteilt,
den ominösen Untersuchungsstuhl, nebst Schalen von Instrumenten
536 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. 10.
enthält, indessen der andere Teil einen schriftenbeschwerten Schreib¬
tisch aufweist und — nun darf man ein klein wenig lächeln — an den
Wänden eine Menge von seidenen Bändern, entnommen den zahllosen
Lorbeerkränzen, die die unmoderne Welt der Lyrikschwärmerinnen
dem modernen Lyriker gereicht hat.
Aus demselben Bande noch folgendes:
Kammermusik.
Der Apotheker, der Kaufmann, der Arzt und der Richter,
es sind immer wieder dieselben Gesichter;
so eine Kleinstadt, es ist ein Graus,
Gott gebe, ich wäre schon wieder heraus.
Aber am Sonntag lädt der Herr Richter
„Auf einen Löffel Suppe den Grossstadtdichter“,
der Apotheker, der Kaufmann, der Arzt, die drei
sind natürlich auch dabei.
Das Essen ist gut, da ist nichts zu sagen,
ihr Minister des Innern ist eben der Magen,
und der Wein nicht übel; nun ja man spürt,
„Man“ hat eben in der Hauptstadt studiert.
Dann spricht man und raucht; es geschieht auch zuweilen,
dass Minuten ohne Gespräch enteilen.
Dann spricht man wieder und dann auf Ehr,
Bringt die Hausfrau Notenständer her.
Und dann, da ich seufze: „Es ist nicht zu ändern",
Sitzen die Alten schon vor ihren Ständern,
ein jeder den Fiedelbogen nimmt,
zwei Geigen, Viola und Cello. „Es stimmt“.
. Und sie spielen, Beethoven. Erst etwas befangen;
dann steigen Flämmchen in ihre Wangen
und herrlich durch das Zimmer ziehn
die unendlichen, mächtigen Melodien.
Ich sitze und lausche, aufs tiefste erschüttert;
mein Herz wird mild und die Seele erzittert
Der Flügelschlag der Kunst durchrauscht
die Luft, der fromm die Seele lauscht.
Mir wird, versunken im Anblick der Alten,
als müsst zum Gebet ich die Hände falten:
O Himmel, im Alter bewahre auch mir
die Freude am Schönen, wie diesen hier!
Ist die Verinnerlichung des geplagten Landkollegen je schöner
geschildert worden? Es wäre zu verlockend, aus den vielen Gedicht¬
büchern, die vor mir liegen, wieder und wieder eines hervorzu¬
nehmen, das uns Aerzte besonders anspricht. Es kann nur darauf
hingewiesen werden und wer sich Salus’ Bücher anschafft, wird zu
seiner Freude immer wieder etwas neues und schönes finden.
Aber der Kollege Salus hat der Münchener medizinischen
Wochenschrift und damit seinen ärztlichen Kollegen noch ein be¬
sonderes Geschenk gemacht, indem er ihr durch mich das folgende,
bisher noch ungedruckte Gedicht überlässt:
Die Ballade des Arztes.
Mir ist, als hätt’ ich all dies nur gelesen
Und nicht erlebt; und ist doch nicht so lang.
Dass ich ein fleissiger Student gewesen,
Der mit den Brüdern Hoffnungslieder sang,
Und der in unstillbarem Wissensdrang
Den hohen Lehren klarer Forschung lauschte
Und sich an dem Erkenntnisborn berauschte!
Nun sitz’ ich zwanzig Jahre in dem letzten
Und ärmsten Dorf, der Wissenschaft ein Spott,
Das Elend jagt mich elenden, gehetzten
Landbader durchs Gebirg in müdem Trott,
Mir selbst zur Schande und ein Hohn für Gott,
Pfusch’ ich ihm in das Handwerk bei den Bauern,
Nur drauf bedacht, auf mein Entgelt zu lauern.
Die in der Stadt bemühn sich um das Wissen;
Ich lern’ nichts mehr, mir fehlt dazu die Zeit.
Ich sinke abends müde auf mein Kissen.
Mein armes Weib, das ich ganz jung gefreit,
Ward mit mir alt und welk in Not und Leid.
Ich war zu müd, um andere zu lieben,
So bin ich ihr aus Trägheit treu geblieben.
Nun ist sie sterbenskrank. In meiner Stumpfheit
Forscht’ ich nicht nach des Leidens wahren Grund,
Ich pfuschte nur in meiner faulen Dumpfheit
Und sprach ihr zu mit salbungsvollem Mund:
„Nimm dies und dies! Ich mach’ dich bald gesund!“
Nun ist’s zu spät. Wär’ ich ein Arzt gewesen.
Kein Held der Mittelchen, sie wär’ genesen!
Sie hat sich wie ein wundes Tier verkrochen,
Ihr heis’res Schrei’n und Stöhnen klagt mich an.
Was ich, ein Stümperarzt, an ihr verbrochen,
Was ich in meinem dünkelhaften Wahn
Die Jahre her den Duldenden gethan,
Dass ich ein Mörder bin und ein Verbrecher!
An ihrem Lager steht der Tod als Rächer.
Heut Hess ich ihr, des Vorwurfs Fluch zu mindern,
Der mich aus ihren leeren Augen trifft,
Ein Egoist auch jetzt, mein Leid zu lindern,
Zurück das tödliche, das sich’re Gift . . .
Ihr dürren Finger, o, ich weiss, ihr grifft
Jetzt nach dem einzigen Trost, den ich gegeben,
Ihr krümmt euch, ihr erschlafft.
Und ich muss leben ....
Wer kann den Schauer dieser Ballade mehr verstehen, als wir
Aerzte? Denn nur wir kennen die Tragik unseres ärztlichen Berufe:,
Wenn es S a 1 u s in dem sturmdurchtobten Prag, dessen nationale
Zustände ständige Kämpfe entflammen und der sanften Lyrik keine:;
Boden geben, zu nüchtern wird, dann kommt er — jedes Jahr ein¬
mal — zu uns nach München, in die Kunstausstellungen, zu literari¬
schen Freunden und Künstlern und holt sich neue Anregung.
Vor vier Jahren brachte er neben seiner Ehegefährtin, mit der er
13 Jahre lang kinderlos verheiratet war, sein neuestes Kind der
Muse mit:
Trostbüchlein für Kinderlose.
Es ist dies eine seiner zartesten Prosadichtungen, geboren aus
der Sehnsucht nach einem Kinde. Daraus sei folgendes einleitende
Gedicht entnommen.
Kinderhändchen.
Uns hat kein Gott ein Kindchen zuerkannt,
und kann doch nichts mein Trübsein so verringern.
„ als eine dicke, weiche Kinderhand
mit Amorgrübchen und mit drolligen Fingern,
Die noch ganz dumm nach allen Dingen langt,
dreist, ohne Angst und voller Weltvertrauen,
ein mutig Händchen, dem vor gar nichts bangt,
weil alle Dinge so vertraulich schauen.
Drum, wenn mein Glücksbedürfnis Träume spann,
sah ich ein Kind an Vaters Knie sich schmiegen,
und meines Kindes Händchen fühlt’ ich dann
tröstend und warm in meinen Händen liegen.
Traum! Traum! Du liebes Händchen du,
versagst du dich mir jetzt, um einstens drüben
der Seele mein am Tor zur ewigen Ruh
den schweren Riegel hilfreich wegzuschieben?
Und siehe da, als das Trostbüchlein in die Presse kain,
da ward Salus — er war ein schlechter Prognostiker — ein
Sohn Wolfgang geboren und mit ihm wälzt er sich nun auf dem
Boden herum und ist glücklich.
Man soll in die Werkstatt bedeutender Menschen sehen. Sie ‘
gibt einen tiefen Einblick in den Menschen selbst und auch in
sein Werk. In der jetzigen, für uns Aerzte sturmdurchzitterteu
Zeit, die uns zwingt, die nicht vom Berufe erfüllten Stunden durch
heisse Kämpfe um unser Ansehen im Staate und unsere wirtschaft¬
liche Stellung auszufüllen, ist es ein Segen, Kollegen zu haben, die.
uns durch ihr Leben und Schaffen noch auf schöne und ideell:
Bahnen geleiten. Danken wir ihnen dadurch, dass wir uns
aus stürmischen Stunden heraus zu ihnen und zu ihren Werken
flüchten und uns daran erbauen und erquicken. Sie sind die Zierden
unseres Standes.
Nun lese man noch zum Schluss, was nur ein Arzt und Dichter
schreiben kann:
Bahnfahrt.
Endlose Eisenbahnfahrt, trüber Tag,
Trostlose Landschaft. Und im Wagen drinnen
ich und fünf Weiber, deren Reden rinnen.
Hilf Himmel, dass ich diese Fahrt ertrag’!
Und wieder hält der Zug! Verfluchte Plag!
Tür auf. Tür zu! Und zu den Schwätzerinnen
noch eine mehr! Und hält in weissen Linnen,
Herrgott! ein Kind im Arm! Der Teufel mag . . .
Und Weiterfahrt. Das Kind erwacht, erschrickt
und schreit und schreit! Sie neigt sich zu ihm nieder
und nestelt an der Brust: „Gleich, gleich! Sei gut!“
Die Weiber, still, schaun zu, erregt, beglückt.
Zehn Brüste sehnen sich aus Hemd und Mieder.
Und mir wird fromm und andachtsvoll zu Mut . . .
Max Nassauer - München.
II. März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
537
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Die Psychoneurosen und ihre Behandlung*).
Von Dr. Robert Neu per t, Kgl. Oberarzt a. D. in Nürnberg.
M. H.! Ich habe als Thema für meinen Vortrag im ärztlichen
Fortbildungskurs : „Die Psychoneurosen und ihre Behandlung“ ge¬
wühlt. Verschiedene Motive waren hierbei für mich massgebend.
Einmal die überaus grosse Bedeutung, welche den Psychoneurosen
als Krankheitsform überhaupt zukommt. Schon quantitativ stellen sie
einen sehr erheblichen Bruchteil in der Morbiditätsstatistik dar und
es kann keinem Zweifel unterworfen sein, dass noch eine weit
höhere Ziffer herauskäme, wenn die Statistik nach dieser Richtung hin
genauer geführt und die Diagnose der Psychoneurosen überhaupt
exakter gestellt würde. Diese Häufigkeit der Psychoneurosen ist
naturgemäss für die Praxis von eminenter Bedeutung. Sie sind, mar,
kann wohl sagen, mit das tägliche Brot des Arztes, denen er auf
Schritt^ und Tritt begegnet. Durch die intensive Forschung, die auf
dem Gebiete der Psychoneurosen in den letzten Jahrzehnten ein-,
setzte, haben dieselben aber auch theoretisch ein ausserordentliches
Interesse gewonnen, das sich nicht bloss innerhalb der ärztlichen
Kreise bewegt, sondern die Schranken unserer medizinischen Wissen¬
schaft. fast möchte ich sagen mit elementarer Gewalt durchbrach und
auch die gebildeten Massen überhaupt in hohem Masse fesselte. So
wird es wohl kaum einen Kollegen unter uns geben, der in der
Privatpraxis nicht schon über den Wert oder den Unwert der
Theorien Freuds und seine therapeutischen Encheiresen ein Urteil
hätte abgeben müssen.
Bei der gewaltigen Fülle des vorliegenden Stoffes werden Sie
nicht von mir erwarten, dass ich das gewählte Thema in der zu
Gebote stehenden kurzen Spanne Zeit einigermassen erschöpfend be¬
handle. Dazu wäre ein Dutzend und mehr Stunden notwendig. Ich
werde deswegen, um einigermassen vollständig zu bleiben, die
Materie soweit es nur immer geht, zusammenpressen. Viele Fragen
auf dem Gebiete der Neurosen sind noch strittig und ein erbitterter
Kampf wird hüben und drüben auf der ganzen Linie geführt, der
manchmal die wünschenswerte Objektivität vermissen lässt. Ich
werde bestrebt sein, soweit dies einem Subjekt überhaupt möglich
ist, in der Kritik eine möglichst objektive Stellung einzunehmen und
mit meinen eigenen Theorien tunlichst zurückhalten.
Nach diesen einleitenden Worten möchte ich mich zunächst dem
Begriff der Psychoneurosen zuwenden. Der Begriff der Psycho¬
neurosen ist kein ganz feststehender und klarer. Er ist mehr aus
klinisch-didaktischen Gesichtspunkten heraus geboren, denn aus
innerer Notwendigkeit. Im wesentlichen versteht man unter Psycho¬
neurosen den neurasthenischen und hysterischen Symptomenkomplex.
zu dem sich noch die Zwangserscheinungen und gewisse Entartungs¬
zustände gesellen. Aber schon jetzt möchte ich betonen, dass die
W irkliclikeit bei den Neurosen eine reinliche Scheidung in dem eben
angegebenen Sinne nicht kennt, dass diese Krankheitsbilder mehr
oder weniger das Produktion der Konstruktion, aber nicht der
Natur sind und dass sie keine Krankheitseinheiten darstellen. Es
findet in jedem einzelnen Falle eine Mischung der unendlich vielen
und wechselnden Symptome statt und so entsteht ein Reichtum von
Krankheitsbildern, den wir auf den übrigen Gebieten der Pathologie
vergeblich suchen.
Vielfach hat man auch die Begriffe „funktionell“ und „organisch“
als leitende Gesichtspunkte bei der Abgrenzung der Neurosen von
anderen Krankheitszuständen benützt. Das Wort funktionell stellt
dann das Synonymum von Neurose dar. Aber auch diese Bestimmung
der Neurose ist eine wenig befriedigende, denn es ist klar, dass der
Begriff „funktionell“ im Gegensatz zu „organisch“ nur ein asylum
iguorantiae bedeutet und dass auch bei funktionellen Störungen
organische Veränderungen vorhanden sind und vorhanden sein
müssen und dass es nur an der Unzulänglichkeit unserer Unter¬
suchungsmittel liegt, wenn wir keine organischen, d. h. grob anato¬
mischen Veränderungen nachweisen können. Es wird niemand be¬
zweifeln. dass auch die neurotischen Zustände ihren Ausdruck in
körperlichen Störungen, ich drücke mich absichtlich so allgemein aus,
miden. Aber angesichts der Unmöglichkeit, die, wenn nicht für immer.
s° doch noch jetzt und für lange Zeit hinaus besteht, mit chemischen
und physikalischen Hilfsmitteln das körperliche Substrat der Neurose
einznfangen, werden wir jene weit aussichtsreichere Methode bevor¬
zugen, die von der anderen Seite dem Problem nahezukommen sucht:
>lie Psychologie. Und auf Grund der feststehenden Psychologen
Tatsachen will ich das Resultat unserer späteren Ausführungen einst¬
weilen vorausnehmen und als die wesenhafte Eigenschaft der Neurose
ihre psychische Bedingtheit auffassen.
Um nun die Diagnose der Psychoneurose zu gewinnen ist es
uuiehaus notwendig, in jedem einzelnen Falle eine genaue Unter¬
suchung vorzunehmen und zwar müssen wir die Diagnose per
exclusionem stellen. Wir werden bei der Untersuchung einm il orga¬
nische Erkrankungen, weiterhin solche des Nervensystems und end¬
lich ausgesprochene psychotische Zustände mit Sicherheit aus¬
schliessen müssen. Erst wenn diese Forderungen erfüllt sind, können
) Aerztlicher Fortbildungsvortrag.
vor mit gutem Gewissen die Diagnose Psychoneurose stellen. Wer
nicht so verfährt oder etwa auf eine gewisse intuitive Erkenntnis
pochend ohne vorausgegangene nach den angegebenen drei Rich¬
tungen hin sich erstreckende genaue Untersuchung eine Psycho-
neurose annimmt, der setzt sich unter Umständen den schwersten
Irrturnern aus, die sich nicht bloss prognostisch rächen, sondern auch
nach der therapeutischen Seite hin den grössten Schaden anzurichten
imstande sind. Nun kann man wohl behaupten, dass in den letzten
Jahrzehnten die diagnostischen Hilfsmittel namentlich auch auf neuro¬
logischem Gebiete so vermehrt sind, dass nur in ganz wenigen Fällen
bei sachverständiger und gründlicher Untersuchung differential-
diagnostische Irrtümer Vorkommen. So wird immer seltener der Fall
eintreten, dass man eine Hysterie mit einem körperlichen Leiden oder
einer organischen Erkrankung des Nervensystems verwechselt und
umgekehrt.
Wir werden also bei der Diagnose in erster Linie körperliche
Krankheiten auszuscheiden haben. Hier ist unter Umständen eine
mit peinlicher Akribie ausgeführte spezialärztliche Untersuchung not¬
wendig. Nur darf die spezialärztliche Untersuchung nicht in Spitz¬
findigkeiten und Haarspaltereien ausarten, es muss stets ein
Symptomenkomplex als positiver Befund vorhanden sein, auf
Grund dessen eine echte rechte Diagnose zu stellen ist. Damit dass
man eine leichte Hyper- oder Hypazidität des Magensaftes kon¬
statiert, oder einen geringen Tiefstand des Magens feststellt, von
der Wanderniere ganz zu schweigen — damit ist dem Neurologen
wie gesagt wenig gedient. Vielfach kommen Kranke mit neur¬
asthenischen Klagen und bei der Untersuchung zeigt es sich, dass
ein Diabetes, eine Nephritis, eine Tuberkulose oder ein Karzinom
vorliegt, oder eine Erkrankung des Magens oder der Gallenblase.
Vielfach kann weiterhin der neurotische Zustand seine Ursache
in organischen Erkrankungen des Nervensystems haben. Wir müssen
demnach bei der Diagnose auch diese Zustände ausschliessen können.
Doch ist bei den organischen Erkrankungen des Nervensystems zu
beachten, dass dieselben sehr wohl mit einer Reihe von neurotischen
Symptomen einhergehen können, ohne dass deswegen die organische
Erkrankung zur Neurose gestempelt werden darf. Von denjenigen
Erkrankungen, die in differentialdiagnostischer Hinsicht besonders in
Betracht kommen, wären zu nennen einmal die progressive Paralyse
und dann die Arteriosklerose des Gehirns. Beide Krankheiten bieten
oft in den Anfangsstadien ein ausgesprochenes Bild neurotischer Er¬
scheinungen, während durch eine genaue Untersuchung bereits mit
Sicherheit die organische Erkrankung festgestellt werden kann.
Auch die multiple Sklerose wird vielfach mit Hysterie verwechselt.
So kann ein an multipler Sklerose leidender Kranker beim Arzt
lediglich über Kopfschmerzen und Schwindel klagen und die objektive
Untersuchung ergibt beispielsweise das Fehlen der Bauchdecken¬
reflexe oder einen positiven Babinski. Weiterhin werden wir auch
noch die Lues des Nervensystems ausschliessen müssen. In allen
zweifelhaften Fällen ist es unbedingt notwendig, festzustellen ob
Lues vorliegt oder nicht. Auch hier geben uns die vorhandenen
Untersuchungsmittel eine sichere Handhabe, um eine Diagnose zu
ermöglichen. Ich will in erster Linie jenes altbekannten Symptomes
gedenken, das fast allen Nervenerkrankungen auf syphilitischer Basis
gemeinsam ist, der reflektorischen Pupillenstarre oder des Argyll-
Robertson sehen Phänomens. Dasselbe ist nicht nur ein
sicheres Zeichen einer organischen Erkrankung des Nervensystems,
sondern ermöglicht uns fast immer gleichzeitig noch einen Schluss
auf die Aetiologie der Erkrankung: auf die Lues. Die reflektorische
Pupillenstarre ist in vielen Fällen das erste Zeichen, in sehr vielen
Fällen ein Frühsymptom und findet sich fast in der Hälfte aller Er¬
krankungen des Nervensystems, die ihre Ursache in Syphilis haben.
Weiterhin ermöglicht uns noch die W a s s e r m a n n sehe Reaktion
eine ätiologische Diagnose. Man soll sie in allen zweifelhaften Fällen
ausführen bzw. ausführen lassen, sie muss nur sorgfältig vor¬
genommen werden und nicht etwa von unerfahrenen Neulingen.
Von den Neurosen im engeren Sinn müssen natürlich auch noch
die vasomotorisch-trophischen Neurosen ausgeschlossen werden. Denn
es handelt sich hier nicht um psychisch bedingte Krankheiten, sondern
um solche, die aller Wahrscheinlichkeit nach in den peripheren vaso¬
motorischen Nervenfasern oder in der Muskulatur der Gefässe selbst
sich abspielen. Selbstverständlich sind endlich auch von den Neu¬
rosen jene neurasthenischen Zustände abzutrennen, die ihren Ursprung
in einer akuten Erschöpfung des Nervensystems haben. Das Nerven¬
system wird ja vielfach bei körperlichen Erkrankungen in Mitleiden¬
schaft gezogen. Wir sehen psychische Erschöpfungszustände im
Verlaufe von fieberhaften Erkrankungen, in der Rekonvaleszenz, nach
schweren Operationen usw. Die Erschöpfung zeigt sich im wesent¬
lichen in einer leichten psychischen Schwäche. Die Kranken fühlen
sich matt, jede körperliche oder geistige Tätigkeit ermüdet sie auf¬
fallend rasch, sie bekommen Kopfschmerzen, Flimmern vor den
Augen, sie sind in einer weinerlichen Gemütsstimmung und dabei
reizbar. Derartige Zustände gehen aber bekanntlich vorüber, wenn
die auslösende Ursache beseitigt ist.
Nicht minder wichtig erscheint endlich die Unterscheidung der
Psychosen von den Neurosen, die vielfach keine leichte ist. Grosse
Schwierigkeiten können sich oft auftürmen bei der Unterscheidung
der Neurose vom manisch-depressiven Irresein, und zwar am
häufigsten von der melancholischen Phase desselben. Selbstverständ¬
lich kann es sich nur um die leichteren Formen hiebei handeln. Haben
wir es mit einem Fall zu tun. wo jegliche Krankheitseinsicht fehlt.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 10.
53b
wo ein starker, kontinuierlicher depressiver Affekt mit diesbezüg¬
lichen Wahnideen die Szene beherrscht, wo schwere Angstzustände
auftreten und starke psychomotorische Hemmungen oder Entladungen
vorhanden sind — in einem solchen Fall werden wir wohl nicht im
Zweifel sein, dass wir es mit einem psychotischen Zustand zu tun
haben. Aber mildere Verlaufweisen von der Neurose abzutrennen, ist
unter Umständen sehr schwierig. Hier kann oft nur eine lange Zeit
fortgesetzte Beobachtung und eine genaue Anamnese die Entschei¬
dungen ermöglichen. Die von manchen Autoren betonte Abhängigkeit
resp. Unabhängigkeit der pathologischen Stimmung von der Aussen-
weit kann als ein zuverlässiges Kriterium nicht erachtet werden.
Manche Autoren sind ja geneigt, das manisch-depressive Irresein
überhaupt als den Neurosen zugehörig zu betrachten. Ich kann einer
derartigen Auffassung nur bis zu einem gewissen Grade beipflichten.
Auch ich bin zwar der Meinung, dass ein Teil der Formen des
manisch-depressiven Irreseins wohl der Neurose zugerechnet werden
muss und zwar sind es die leichten und allerleichtesten Fälle, die
man von den Psychosen abtrennen muss, die man auch als Zyklo¬
thymie zu bezeichnen pflegt. Aber die schweren und schwersten
Formen des manisch-depressiven Zustandes können meines Erachtens
nur als Psychose aufgefasst werden. Es würde also bei einer der¬
artigen Auffassung unter Umständen der gleichen Schale ein ver¬
schiedener Kern entsprechen können. Man möchte nun vielleicht die
Frage aufwerfen, was ist mit einer solchen Unterscheidung in Wirk¬
lichkeit bezw eckt, das ist ein Streit um des Kaisers Bart, der an der
Sache selbst nichts ändert. Dem ist aber doch nicht so. Bei der
Beurteilung des Wesens der beiden Erscheinungsweisen wären eben
prinzipielle Unterschiede gegeben, die hauptsächlich auf der ver¬
schiedenen affektiven Grundlage beruhen. Es ist hier nicht der Ort,
die Gründe für diese Auffassung näher darzulegen, ich werde dies
an einer anderen Stelle tun. Sehr schwierig kann sich auch manch¬
mal die Unterscheidung der Neurose von der Dementia praecox ge¬
stalten. Hier ist eine richtige Erkenntnis der Krankheit auch für die
Therapie von weittragender Bedeutung. Zu diagnostischen Irrtümern
geben jene Fälle von Dementia praecox Anlass, die entweder im
Anfangsstadium sich befinden oder durch eine geringe Intensität der
Krankheitserscheinungen sich auszeichnen und wo ein stärkerer
lntelligenzdefekt nicht zu konstatieren ist. Vielfach wird bei der¬
artigen Fällen überhaupt nicht an krankhafte Zustände gedacht und
solche Kranke kommen in gar keine ärztliche Behandlung. Die ganze
Umwälzung und Veränderung der Persönlichkeit ist teils eine so un¬
merkliche und vollzieht sich unter solch verwaschenen und vagen
Symptomen, dass die Umgebung des Kranken häufig eine^ schlechte
Entwicklung oder irgend eine persönliche Schuld durch Charakter¬
fehler u. dgl. annimmt. Solche Kranke werden zerstreut, gleichgültig
gegen Familie und Freunde, sie brüten und träumen vor sich hin,
beschäftigen sich mit den heterogensten, ihrem Interessenkreis völlig
fernliegenden Problemen, zeigen ein verschrobenes, gespreiztes
Wesen. Auch die katatonen Zustände können mit Neurosen ver¬
wechselt werden. Gewisse Zustandsbilder beider Krankheitsformen
können einander zuweilen völlig gleichen und eine momentane Ent¬
scheidung unmöglich machen. Doch wird es hier vielfach durch die
Anamnese möglich sein, Aufschluss über das Wesen der Krankheit
zu erhalten. Monatelang dauernde katatone Zustände, die mit
Schnauzkrampf, ausgesprochenem Negativismus, Unreinlichkeit
u. dgl. verbunden sind, erscheinen jedenfalls auf eine echte Katatonie
sehr verdächtig. Es kommt wohl fast niemals vor, dass die Katatonie
mit einem Stupor einsetzt. Die Psychose beginnt gewöhnlich mit
dem Zeichen einer Depression. Vielfach gehen lange Zeit nervöse
Störungen voraus. Die Kranken werden stille, bedrückt, teilnahmslos,
ängstlich, dabei reizbar und widerspenstig. Sie klagen über Kopf¬
schmerzen, Ziehen im Rücken und Kreuz, Erschwerung des Denkens,
verringerten Appetit und Schlaf, bleiben im Bett liegen und ziehen
sich von ihrer Umgebung zurück.
Das wären im grossen Ganzen die Ueberlegungen, die in diffe¬
rentialdiagnostischer Hinsicht bei den Psychoneurosen in Frage
kommen. Nocheinmal will ich wiederholen, dass eine richtige Dia¬
gnosestellung von der grössten Wichtigkeit ist. Denn von ihr hängt
auch die ganze Therapie ab. Wer sich im Unklaren ist, ob irgend
eine körperliche Erkrankung oder eine solche des Nervensystems
vorliegt oder eine Psychose, der ist ausserstande, dem Kranken
zu helfen.
Treten wir nun den klinischen Erscheinungen, welcne die Neu¬
rose macht, etwas näher. Es ist allgemein üblich, drei Krankheits¬
formen zu unterscheiden, den neurasthenischen, den hysterischen
Symptomenkomplex, die Zwangserscheinungen und gewisse Ent¬
artungszustände. Indessen müssen wir uns, wie schon oben erwähnt,
immer vergegenwärtigen, dass die Grenzen zwischen diesen Krank¬
heitsformen durchaus fliessende sind und die mannigfachsten Ueber-
gänge und Mischungen aufweisen. Aus diesem Grunde dürfte es
vielleicht zweckmässig sein, nur von einer neurotischen Disposition
zu sprechen, die sich aus einem dauernd vorhandenen Zustand zu¬
sammensetzt und aus Symptomen, die kürzere oder längere Zeit be¬
stehen, dann verschwinden, um event. anderen Krankheitserschei¬
nungen Platz zu machen, mit anderen Worten könnten wir auch
sagen : wir unterscheiden einen neurotischen Charakter und Syndrome.
Ich will zunächst von den letzteren handeln und mit denjenigen
Störungen beginnen, die sich an körperliche und auffallenderweise
mit Vorliebe an die individuell von Haus aus weniger widerstands¬
fähigen und minderv'ertigen Organe heften. Hier ist es einmal die
allgemeine Decke der Haut, die psychische Prozesse widerspiegeln
kann. Ich will hier nur an das plötzliche Erröten oder Erblassen,
die Schweissausbrüche und die Dermographie erinnern. Vielfach
finden die psychogenen Störungen beim Herzen ihren Ausdruck,
wrobei war uns aber vor Augen halten müssen, dass gerade beim
Herzen oft die Entscheidung, ob organisch oder psychogen recht
schwierig sein kann. Dass das Herz in inniger Beziehung zu den
seelischen Vorgängen steht, ist ja eine allbekannte und uralte Er¬
fahrung, wurde ja doch von den Alten der Sitz der Seele direkt in
das Herz verlegt. So ist es begreiflich, dass bei neurotischen Zu¬
ständen das Herz sehr häufig Störungen ausweist. Wir beobachten
nun als neurotisches Symptom eine entweder vorübergehende oder
dauernd bestehende Erhöhung der Pulsfrequenz, seltener das Gegen¬
teil. Diese Tachykardie kann sich zu einer paroxysmalen steigern,
sicherlich auf rein nervöser Basis, obwohl einzelne Autoren gerade
hinsichtlich des psychogenen Charakters der paroxysmalen Tachy¬
kardie etwas skeptisch und diese Störung auf einen intrakardialen
Ursprung zurückzuführen geneigt sind. Auch Extrasystolen mit
kompensatorischer Pause werden vielfach bei Neurosen beobachtet.
Daneben können die mannigfaltigsten subjektiven Beschwerden be¬
stehen. Als hauptsächlichstes differentialdiagnostisches Moment
•kommt wohl bei den nervösen Herzstörungen die Arteriosklerose in
Frage. Selbstverständlich kann jeder Nervöse im Laufe seiner
Krankheit auch an Arteriosklerose erkranken. Aber es ist sicherlich
nicht richtig, wenn man behauptet, dass Neurastheniker hiezu be¬
sonders disponiert seien. Warnen möchte ich, die geschlängelten
Temporalarterien für eine diesbezügliche Diagnose heranzuziehen.
Dieses Symptom, das C r a m e r als ein Entartungszeichen ansieht,
findet sich sehr häufig bei einem Neurastheniker, der noch in einem
ganz jugendlichen Alter steht. Auch bei sonst sicherlich ganz ge¬
sunden Personen im Alter von 15 — 16 Jahren habe ich geschlängelte
Temporalarterien in ausgesprochener Weise angetroffen. Aber die
differentialdiagnostischen Schwierigkeiten bleiben dabei natürlich be¬
stehen. So wird es manchmal sehr schwer sein, eine echte Angina
pectoris von einer nervösen zu unterscheiden, namentlich wenn der
Kranke jenseits der Vierziger steht. Bekanntlich werden sexuelle
Schädlichkeiten im besonderen Masse für die Entstehung von Herz¬
neurosen verantwortlich gemacht. So soll namentlich der Coitus
interruptus, aber auch der Coitus condomatus, wie er geschmackvoll
genannt wird, imstande sein, für sich allein eine Herzneurose zu
erzeugen. Wäre dem so, dann müsste die Neurose besonders unter
den Ehemännern wie eine Seuche wüten. Wenn es in der Tat zu
nervösen Herzstörungen kommt, so sind die obenangegebenen
Schädlichkeiten sicherlich nicht die Ursache hievon. Sie können
höchstenfalls als Causa occasionalis, aber nicht als die Causa
efficiens angesprochen werden. Diese aber liegt in psychischen
Ursachen. Es ist meine feste Ueberzeugung, dass ein nicht zur Neu¬
rose disponierter Mensch durch die obenangeführten Schädlichkeiten
niemals eine Herzneurose akquiriert. Von Max Herz wurde eine
sexuelle psychogene Herzneurose beschrieben, der er den Namen
Phrenokardie gab, und die er auf eine gesteigerte oder abnorme
Erotik zurückführen will. Eine Eigenstellung kann derselben wohl
kaum zugesprochen werden, sie ist vielmehr nach den gleichen Ge¬
sichtspunkten wie alle übrigen Herzstörungen zu beurteilen.
Sehr häufig findet die Neurose in Magenstörungen ihren Aus¬
druck. Der Magen steht ähnlich wie das Herz in sehr inniger Be¬
ziehung zu den seelischen Vorgängen und so ist es sehr begreiflich,
w'enn auch er bei neurotischen Zuständen mit Vorliebe in Mitleiden¬
schaft gezogen wird. Sie kennen alle die nervöse oder psychische
Dyspepsie in ihren schier unerschöpflichen Varianten. Als sehr
häufige psychogene Störungen des Darmes beobachten wir die
habituelle Obstipation und das Gegenteil: die nervöse Diarrhöe,
weiterhin den Meteorismus. Von nervösen Anomalien der Blasen¬
tätigkeit will ich das Unvermögen anführen in Gegenwart dritter
Personen Urin zu entleeren, ein Symptom, das zwar auch noch
innerhalb der Breite der Gesundheit vorkommt, aber bei Neurasthe¬
nikern viel häufiger angetroffen wird. Sehr wichtig für die Beur¬
teilung eines neuropathischen Zustandes ist die Enuresis nocturna
und diurna.
In der Geschlechtssphäre tritt uns der psychogene Charakter
der auftretenden Störungen noch stärker in die Augen. Hier wäre
in erster Linie der männlichen Impotenz zu gedenken. Gerade bei
der männlichen Impotenz ist oft die psychische Ursache klar zu er¬
kennen. Es handelt sich hier meist um eine psychische Hemmung,
die in der Furcht vor Ansteckung oder auch in der Abneigung vor
Prostituierten ihren Grund hat lind ein Misslingen des Koitus ht-
dingt. Nun nimmt der Gedanke an die Impotenz im Bewusstsein eine
dominierende Stellung ein, so dass dieselbe auch unter günstigen
Verhältnissen in Erscheinung tritt. Die Impotenz wirkt in der grossen
Mehrzahl der Fälle äusserst deprimierend auf die Stimmung und
mancher Selbstmord eines anscheinend glücklichen Bräutigams kurz
vor der Verheiratung, der an sich durchaus rätselhaft erscheint, fir.aet
darin seine Erklärung. Die psychische Impotenz kann auch unter
dem Bilde der Ejaculatio praecox in die Erscheinung treten. Zweitel-
haft ist es, ob die sogen. Miktions- und Defäkationsspermatorrhoe
psychisch bedingt ist. Hier handelt es sich meist um eine alte
Gonorrhöe. Doch treten hier bei neurotischer Veranlagung oft eben¬
falls ungünstige Wirkungen auf die Psyche ein. Dagegen sind die
Pollutionen, namentlich wenn sie am Tag und in gehäufter Zahl sich
zeigen, entschieden psychischen Ursprungs. Meist ist die Ursache m
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
539
März 1913.
lpochondrischen Befürchtungen zu suchen auf Qrund einer früher
> ibten Masturbation. Noch möchte ich hervorheben, dass wir auch
Dh von einer bis zu einem gewissen ürade psychologischen oder
i rsiologischcn Impotenz reden können, die mit der neurotischen
lits zu tun hat. Es handelt sich hier meist um mangelhafte oder
kurz dauernde Erektionen. Der Qrund hiefiir kann einmal in einer
genügenden L.ibido liegen, z. B. wenn die Frau keine genügenden
ize mehr ausiibt oder durch gleichgültiges Verhalten beim Koitus
h auszeichnet. Aber auch körperliche Zustände, wie Müdigkeit
r angestrengte Berufstätigkeit, starker Alkoholgenuss, oder
■ chische: wie Verdriesslichkeiten, Unglück können diese relative
l Potenz bedingen. Einen ausgesprochen neurotischen Charakter
: gen oft beim Weibe die dvsmenorrhoischen Beschwerden, zu denen
:h weitere exquisit psychische Symptome gesellen können: Reiz-
I keit, depressive Stimmung, ängstliche Erregung u. dgl. Der
lootenz des Mannes steht die Frigidität der Frau gegenüber.
nche stellen dieselbe al snormal hin, sicher mit Unrecht, ln vielen
Ulen handelt es sich wohl um rein psychische Gründe. Doch sind
i nchmal auch die sogen, erogenen Zonen anders als es dem eigent-
I en Zweck entspricht lokalisiert, die beim Koitus ungenügend ge-
ft'en werden. Es wird dann wohl eine sexuelle Erregung, aber
i ht der vollständige Orgasmus ausgelöst. Der Vaginismus ist eben-
s häufig psychogenes Symptom. Er kann durch Affekte der Furcht
"• dem Koitus oder vor der Gravidität oder vor Schmerzen aus-
öst werden. Vielfach ist er auch durch Abneigung bedingt.
Auf Seite des motorischen Systems begegnen wir mannigfachen
: innigen. Sie können als Lähmungen auftreten und zwar in der
schiedensten Form, als Paraplegie, Hemiplegie und Monoplegie.
Ich fehlt die eigentümliche Verteilung, die wir meist bei den
'anischen Lähmungen konstatieren können. So sind bekanntlich
i Lähmungen der Hand die Beuger der Finger weniger betroffen
ihre Antagonisten. Bei psychogenen Lähmungen finden wir die
i nd als eine psychische Einheit vollständig gelähmt. Hier wäre
:h noch der Aphonie und der Stummheit zu gedenken. Weiterhin
nifestiert sich die Neurose vielfach in Krämpfen. Doch möchte
bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass der grosse hyste-
:he Anfall mit seinen vier Stadien ein Produkt der Dressur von
•ten der Schule der Salpetriere ist. Nicht unwitzig spricht Du-
i s von den alten Zirkusgäulen der Salpetriere, die getreulich
e Volte machen und wo die Vorstellungen sich stets nach dern-
-ben Programm abwickeln. Eine besondere Art von Krämpfen
'len die Beschäftigungskrämpfe dar, die zum grossen Teil
chogen sind. Weiterhin möchte ich die Astasie-Abasie, die Un-
■ igkeit zu gehen und zu stehen, hervorheben und die verschie-
. len Gängstörungen, die im Taumeln, Zittern, Springen u. dergl.
en Ausdruck finden. Dann kommen die Kontrakturen. Auch ein
il der Tiks ist neurotischen Ursprungs. Weiterhin erleidet die
■ isibilität vielfache Störungen, die meist oder wenigstens häufig
ftenüber den durch organische Erkrankungen bedingten Zuständen
visss Unterschiede aufweisen. Während bei organischen Er-
nkungen die Sensibilität nur sehr selten völlig erloschen ist, zeigt
jh dies meist bei den hysterischen Affektionen. Auch schneiden
letzteren die Sensibilitätsstörungen an den Gliedern scharf und
'kulär, ähnlich wie ein Strumpf oder Handschuh ab. Bei halb-
■tiger hysterischer Anästhesie bildet die Mittellinie eine scharfe
mze. Sehr viel klagen die Neurotiker über Schmerzen. Unter den
■ unerzen nimmt eine besondere Stelle der Kopfschmerz ein, der
1 Ifach in der Form der Migräne auftritt. Diese Schmerzen sind
ifig von ausserordentlicher Dauer und Hartnäckigkeit und be¬
igen sich oft in ganz bestimmten Bahnen, die mit dem anatomischen
' 'lauf eines Nerven nicht übereinstimmen. Vielfach beschränken
■h aber auch die hysterischen Schmerzen als Neuralgie auf be-
■nmte Nerven, ln letzterem Falle ist es oft sehr schwer, die
chische Aetiologie zu beurteilen. Wir werden eine solche an-
lmen, wenn wir eine gewisse Abhängigkeit der Neuralgie von
miUsbewegungen u. dergl. konstatieren können.
Endlich treten auch noch Störungen auf Seite der Sinnesorgane
]■ Wir beobachten Sehstörungen, die bis zur Blindheit sich stei-
!i n können. In den meisten Fällen sind sie einseitig. Häufig besteht
uverhörigkeit und Taubheit. Geruchs- und Geschmacksstörungen
'd ebenfalls vielfach zu konstatieren.
VV ährend bisher alle angeführten Symptome an die körperlichen
gane gebunden waren, will ich nunmehr auf die spezifisch psychi-
•ien Erscheinungen der Neurosen zu sprechen kommen. Als ver-
tnismässig gröbere Zeichen will ich zunächst die leichte Erschöpf-
keit und die Schlafstörungen erwähnen. Namentlich über letztere
gen die Neurotiker unendlich oft. Die Kranken schlafen entweder
brhaupt nicht oder zu wenig, und wenn sie schlafen, dann ist der
’ uat unruhig, von schweren Träumen durchbrochen. Die dadurch
knete depressive Stimmung nehmen sie in den Tag hinüber, was
einen äusserst qualvollen Zustand darstellt. Eine wesentliche
eration erfährt stets das Gemütsleben. Meist besteht grosse
izbarkeit. Weiterhin stossen wir oft auf eine depressive Stim-
ag, die sich von leichten hypochondrischen Befürchtungen an in
ii möglichen Arten und Schattierungen bis zur tiefsten mit dem
zid nicht bloss spielenden Schwermut sich bewegen kann. Auch
che Schwankungen der Gemütslage treten auffallend oft in die
>cheinung. Eine besondere Form des depressiven Affektes ist
Angst, die in vielfältigem Gewände einherschreitet, als echte
ikordialangst, die mit mehr oder weniger klaren Befürchtungen ver¬
bunden ist, dann aber auch als jene Angst, die als Reaktion bei den
Zwangserscheinungen auftritt. Damit bin ich zu einem weiteren Sym¬
ptom der Neurose gekommen. Die Zwangserscheinungen können in den
vei schiedensten Arten sich zeigen. Wir finden sie in leichter Form
auch noch bei den Gesunden angedeutet, z. B. in dem Zwang, in
irgend einem Lexikon einen Namen zu suchen oder bei einem jäh
abgebrochenen Musikstück die Auflösung des Akkordes vorzu¬
nehmen. Oder es besteht der Zwang, nachzusehen, ob der Brief auch
im richtigen Kuvert steckt oder das Rezept richtig geschrieben ist.
Von diesen relativ noch in der Breite der Gesundheit liegenden Zu¬
ständen findet ein allmählicher Uebcrgang zu schwereren Formen statt,
welche die Kranken in ihrer Bewegungs- und Arbeitsfähigkeit aufs
äusserste beeinträchtigen. Sucht der Kranke die Zwangsvorstellung
oder Zwangshandlung zu unterdrücken, so tritt Angst auf, die sehr
hohe Grade erreichen und sich mit körperlichen Symptomen wie
Herzklopfen, Zittern, Schweissausbrüchen verbinden kann. Von
diesen Phobieen möchte ich als eine der bekanntesten und häufigsten
nennen, die Agoraphobie, die Unfähigkeit über einen freien Platz zu
gehen, weiterhin die Angst vor Räumen oder Eisenbahnzügen, die mit
Menschen überfüllt sind, die Angst beim Blick in die Tiefe, die Furcht
vor dem Wasser, die Errötungsangst, die Furcht vor Krankheit über¬
haupt und vor einzelnen. Krankheiten. Unter letzteren spielt namentlich
die Syphilis eine bedeutende Rolle. Nahe verwandt mit diesen Zu¬
ständen ist die Hypochondrie in ihren schier unendlichen Variationen.
Besonders hinweisen möchte ich noch auf diejenigen hypochon¬
drischen Zustände, die auf eine früher geübte Onanie zurückgeführt
werden und für dunkle Ehrenmänner bekanntlich die nie versiegende
Quelle lukrativer Ausbeutung seelischer Not bedeuten.
Aeusserst interessant und relativ wenig geklärt sind die Dämmer¬
zustände, worunter wir eigentümliche Einengungen des Oberbewusst¬
seins verstehen. Von den Wachträumen, die eine stundenlange Welt¬
entrücktheit bedingen, geht es stufenweise herunter zur traumhaften
halluzinatorischen Verwirrtheit, zum Somnambulismus und katalepti-
schen Zuständen.
Weiterhin wären die sexuellen Abnormitäten anzuführen.
Als sexuelle Abnormität kann nicht die Masturbation gelten.
Sie ist lediglich als ein Surrogat des Koitus aufzufassen. Etwaige
Nachteile können nur aus einer im Uebermass betriebenen Mastur¬
bation erwachsen und ist dann meist schon das Symptom einer
neurotischen Veranlagung. Der Geschlechtstrieb ist bei vielen
Neurotikern krankhaft gesteigert oder auch verringert. Man braucht
bei der freiwilligen Ehelosigkeit nicht immer gleich eine Perversion
anzunehmen. Viele schätzen das andere Geschlecht hoch, nur fehlt
ihm gegenüber das eigentliche Verlangen und Begehren nach sexueller
Betätigung. Handelt es sich in all diesen Fällen nur um quantitative
Störungen im Geschlechtstrieb, so kommen aber auch qualitative Ver¬
änderungen oder Perversionen desselben vielfach vor. Als leichteste
Form will ich einen gewissen Symbolismus erwähnen: an Stelle des
normalen Sexualreizes treten sonderbare Ersatzobjekte, die mit den
sexuellen Vorgängen und Betätigungein scheinbar nichts zu tun
haben. So sind es bei dem von Krafft-Ebing geprägten
Fetischismus der weibliche Fuss, das weibliche Haar oder auch Stücke
der weiblichen Garderobe, deren Anblick sexuelle Befriedigung
schafft. Auch die Zopfabschneider sind psychopathologisch als Haar-
fetischisten aufzufassen. Als weitere symbolische Geschlechts¬
befriedigung kann man jene Neigung auffassen, die sich an gewissen
Exkreten des weiblichen Körpers, wie Menstrualblut, Fäzes, Harn
sexuell zu befriedigen sucht. Sehr wichtig ist der Exhibitionismus.
Hiebei besteht die sexuelle Befriedigung darin, sich vor Personen
des anderen Geschlechts zu entblössen. Doch gibt es auch noch eine
Art von verbalem Exhibitionismus, der durch das Bedürfnis
charakterisiert ist, dem anderen Geschlechte schmutzige Worte zu
sagen oder umgekehrt von ihm zu hören. Noch wären auch die so¬
genannten Voyeurs zu erwähnen, die eine sexuelle Befriedigung
erreichen, wenn sie den Koitus eines fremden Paares beobachten.
In Museen kann man nicht selten beobachten, wie Männer, ich sah
es einmal bei einem Studenten in München, sich an Gemälden und
Statuen masturbatorisch befriedigen. Gehen wir noch einen Schritt
weiter, so kommen wir zum Pygmalionismus oder der Statuenschän¬
dung, so benannt nach Pygmalion, der besonders bekannt ist aus
Schillers Gedicht, die Ideale: „Wie einst mit flehendem Verlangen
Pygmalion den Stein umschloss, bis in des Marmors kalte Wangen
Empfindung glühend sich ergoss“. Aber die Perversion kann sich
noch weiter steigern und zur Nekromanie, zur Schändung wirklicher
toter oder auch nur fingierter weiblicher Körper führen. Als weiteres
perverses Symptom ist der Sadismus und Masochismus zu nennen, von
dem Eulenburg sagt, dass er zu den ernstesten und traurigsten
Kapiteln in der Lehre von den sexuellen Neuropathieen gehöre, zu
einem Kapitel, das hie und da mit Blut geschrieben zu sein scheint,
wie gewisse andere mit Kot. Im Sadismus, der Name rührt bekannt¬
lich von Marquis de Sade her, der durch seinen pervers-erotischen
Roman Juliette und Justine berühmt oder wenn man will auch be¬
rüchtigt wurde und geisteskrank gestorben ist, findet die sexuelle
Befriedigung in grausamen Handlungen gegenüber dem anderen Ge¬
schlecht statt, während im Masochismus, benannt nach dem
Schriftsteller v. Sacher-Masoch und seinem Roman „Venus im
Pelz“ die wollüstige Erregung in passiv durch das andere Geschlecht
erlittenen Misshandlungen erreicht wird. Doch können beim näm¬
lichen Individuum die beiden Zustände abwechselnd Vorkommen. Es
gibt sogar eine Art von ideellem Sadismus und Masochismus. Die
540
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. IC
gefährlichste und schwerste Form erreicht der Sadismus im Lust¬
morde. Es sind dies die Fälle, wo die Zerfleischung und Tötung des
Opfers die wollüstige Erregung hervorruft. Um einige Stufen niedriger
steht der erotische Flagellantismus, der sowohl aktiv als passiv aus¬
geübt aber auch wie bei den anderen Formen der Algolagnie rein
ideell durch den blossen Anblick oder die Vorstellung von Flagel-
lationszsenen ausgelöst wird. Nachdem wir diesen flüchtigen Blick
in die tiefsten Abgründe des menschlichen Seelenlebens geworfen
haben, wollen wir nun jene dauernde beim Neurotiker zu konsta¬
tierende Veränderung besprechen, die man als neurotischen Cha¬
rakter bezeichnen kann.
Das Ideal des Menschen als Persönlichkeit hat zur Voraus¬
setzung, dass alle Seelenkräfte von edlen, ebenmässigen Proportionen
sind und sämtlich in einem harmonischen Gleichgewicht sich befinden.
Die Griechen hatten dafür ein Wort, das im Deutschen nur schwer
wieder zu geben ist am<p(foatv>j.
Gomperz der Aeltere hat es nicht eben schlecht, aber auch nicht
besonders glücklich mit „Hellsinnigkeit“ übersetzt. Früher sah man
in der Intelligenz das auszeichnende Merkmal der Persönlichkeit.
Die Aufklärung brachte eine präzisere psychologische Fassung.
Persönlichkeit ist bei Kant nicht bloss Intelligenz, in ihr erscheint
eine wesentlich höhere, in Freiheit gegründete Ordnung. Es ist das
allen einzelnen Handlungen überlegene, sich Lebenszwecke setzende
Subjekt, das man als Persönlichkeit bezeichnet. Nun existiert freilich
ein solches Persönlichkeitsideal nur in der Idee; in der Welt der Er¬
scheinung gibt es wenigMenschen, die dem Ideal nahekommen. „Leucht-
tiirme der Menschheit“ kann man mit H e g e 1 sie nennen. Die meisten
Menschen sind mehr oder weniger weit davon entfernt. Und je
weiter die Entfernung wird, die uns von jenem Ideal trennt, je mehr
der Massstab schwindet, dem man als normalen für die Beurteilung
einer Persönlichkeit anwenden kann, umsomehr nähern wir uns jenem
Grenzgebiet, das zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit liegt
und in dem der neurotische Charakter aufgehoben ist. , Es finden sich
bei dem neurotischen Charakter keine vollkommen neuen Züge, keine
einzige Eigenschaft, die nicht auch beim normalen, wenigstens an¬
gedeutet, vorkäme. Den neurotischen Charakter zu studieren ist
von ausserordentlichem Interesse und die moderne Literatur stellt
eine schier unerschöpfliche Quelle und Fundgrube hiefür dar. Ich
nenne hier nur Namen, wie Dostojewsky, Ibsen, Gabriele d’Annunzio.
So enthält z. B. d’Annunzios Roman: der Triumph des Todes neuro¬
tische Charaktere, die von ausserordentlich feiner Beobachtung
zeugen. Es sind Krankengeschichten, die vor den meisten von
Aerzten geschriebenen den Vorzug haben, dass sie auch noch eine
glänzende stilistische Leistung darstellen. Der neurotische Cha¬
rakter tritt selbstverständlich nicht immer und überall in der gleichen
Stärke und im gleichen Umfange auf. Wie die bisher aufgeführten
neurotischen Syndrome in ihrer Intensität wechseln und einander
kaleidoskopisch ablösen, so bietet auch der nervöse Charakter ein
Bild von proteusartiger Verschiedenheit dar. Wir können ihn in seiner
stärksten Ausprägung beobachten, dass uns Grausen und Entsetzen
erfasst und jede soziale Möglichkeit für einen derartigen Menschen
ausgeschlossen ist. Wir finden ihn aber auch nur leise und in wenig
Zügen angedeutet, dass er das Geheimnis des Einzelnen bleibt, welches
er still im Busen trägt und kaum seine nächste Umgebung gewahr
wird. Die wesenhafte Eigenschaft des neurotischen Charakters stellt
die Disharmonie dar. Uebermässig entwickelte seelische Erschei¬
nungen stehen solchen gegenüber, die mehr oder weniger verkümmert
oder unterdrückt werden. Häufig zeigt der Neurotiker eine weit
über den Durchschnitt reichende Intelligenz. Viele sind Genies, aber
meist ist ihre Begabung einseitig und auf anderen Gebieten weisen
sie auffallende Lücken auf. Aber auch eine Intelligenzverminderung
ist nicht selten. Dieselbe kann in allen Graden Vorkommen, von den
leichtesten Fällen der Debilität an bis zum ausgesprochenen Schwach¬
sinn. Empfindlichkeit, Reizbarkeit und gesteigerte Suggestibilität ist
fast stets zu finden. Schon in der Kindheit zeichnen sich die Neu¬
rotiker oft durch grausame Charakterzüge aus, Züge von Eigensinn,
Trotz und Jähzorn. Auch eine sexuelle Frühreife lässt sich häufig
konstatieren. Neid, Bosheit und Schadenfreude, schwere Erzieh-
barkeit bilden die weiteren Eigenschaften des neurotischen Kindes.
Im Spiel und Verkehr mit der Familie tritt ein herrschsüchtiges Ver¬
halten an den Tag, nicht selten besteht ein krankhaftes Verschuldungs¬
gefühl, dass sie ständig auf die harmlosesten Anlässe reagieren lässt.
Der Hang zur Grausamkeit dringt oft verschleiert durch in der
kindischen Berufswahl. Sie wollen Henker werden, Totengräber,
Kutscher, weil sie die Pferde, Lehrer, weil sie die Kinder schlagen
können. Es werden grössere und kleinere Tiere gequält. Sadistische
Neigungen nehmen ihren Anfang. Die erwachsenen Neurotiker bieten
die verschiedensten einander diametral gegenüberstehenden Eigen¬
schaften dar. Sie huldigen dem Vegetarismus, sind Gegner der Vivi¬
sektion, sie können, wie Adler mit Schiller sagt, keine Gans bluten
sehen, klatschen aber in die Hände, wenn ihr Gegn°r bankerott von der
Börse geht. Der Verlogenheit steht ein Wahrheitsfanatismus gegen¬
über, der Bescheidenheit masslose Selbstüberhebung, die jede fremde
Geltung negiert. Betrug wechselt mit Ehrlichkeit, Roheit mit Weich¬
heit, Herrschsucht mit Demut, Mut mit Feigheit. Männlichkeit mit
Feminismus, die vielfach dauernd an einer Homosexualität sich
äussert. In anderen Fällen zeigt sich eine Schwärmerei auf poli¬
tischem, religiösem, philosophischem und jedem anderen Gebiet, ein
rücksichtsloses und fanatisches Sektierertum, ein Hang zum Phan¬
tastischen. Eine auszeichnende Eigenschaft des Neurotikers ist sein
Geiz und sein Egoismus, der vielfach mit einem feindseligen anti
sozialen Zug gepaart ist. Eifersucht und Untreue zeigen siel
Kriminalität und Prostitution verbinden sich mit asketischen Buss
Übungen, die bis zur Geisselung sich steigern. So sind gute und bös
Eigenschaften bis zur Unerträglichkeit beim Neurotiker gesteiger
Das wären im grossen und ganzen die Erscheinungen, unte
denen die Neurose zutage tritt. (Schluss folgt.)
Bücheranzeigen und Referate.
Fedor Krause und Emil Hey mann: Lehrbuch der chirur
gischen Operationen an der Hand klinischer Beobachtungen iü
Aerzte und Studierende. 1. Abteilung mit 233 zwei- und mehrfarbige
Abbildungen auf 55 Tafeln sowie 57 Figuren im Text. Urba
& Schwarzenberg, Berlin-Wien, 1912.
Erst kürzlich erschien die Chirurgie des Gehirns und Riickerj
marks von Krause und schon liegt von ihm und seinem langjähr'
gen Oberarzt Heymann der 1. Abschnitt eines neuen Lehrbuch
vor, das „eine Darstellung der chirurgischen Operationen an der Hari
ihres klinischen Verlaufs“ geben soll.
Der allgemeine Teil umfasst die Vorbereitungen zur Operation
die Schmerzbetäubung mit sehr guter Darstellung der verschiedene]
Methoden der Lokalanästhesie, die Asepsis und Antiseptik (Verfassd
bevorzugen die Händedesinfektion mit Hydrargyr. oxycyanatum. Des;
infektion des Operationsfeldes nach Grossich), Verband und Nach
behandlung. Die spezielle Chirurgie beginnt mit der Chirurgie de
Kopfes; eine gute Darstellung erfahren die Methoden der Plastik.
Als Feinde jeder Spezialisierung in der Chirurgie bringe
Krause und H e y m a n n auch die Chirurgie des Ohres un
einige operative Eingriffe an den Augen, wie die Enucleatio bulbi, d>
Exenteratio orbitae, ferner die Chirurgie der Nase und ihrer Nebei
höhlen.
Den Abschluss des 1. Bandes bildet eine klassische Besprechur;
der Chirurgie des Trigeminus, der man überall die reiche Erfahrur
Krauses auf diesem Gebiete anmerkt.
Bei der Methode Krauses, stets anzuknüpfen an eigene Fäll
ist natürlich eine umfassende Darstellung aller Operationsmethodc
nicht möglich, wir halten das für keinen Nachteil, besonders wei
man den hohen Wert dieser Darstellungsweise für Unterrichtszwecl
berücksichtigt. Der Studierende liest sich fast mühelos in ein Ve
fahren ein.
Die von dem Illustrator der Gehirn- und Rückenmarkschirurgi
dem Maler Max Landsberg, ausgeführten Abbildungen sind z
meist sehr instruktiv. Bei einigen Bildern wäre allerdings eine me!
schematische Darstellung vorzuziehen (Freilegung der Keilbeinhöh
und nasaler Weg zur Hypophyse nach S c h 1 o f f e r, Hasenscharte
Das Buch kann besonders den Kollegen, die für einen Eingr
Rat 'suchen, den sie seltener ausführen, warm empfohlen werde
ebenso den Studierenden; es verschafft zugleich einen Einblick in d
schöne Material des Augusta-Hospitals. F 1 ö r c k e n - Paderbor
Dr. Mathieu Pierre Weil -Paris; Les Hemoptysies tube
culeuses. Paris, S t e i n h e i 1, 1912. 192 S.
Der Verfasser unterscheidet 2 Arten von Lungenblutungc
solche, die durch einen mit dem Fortschreiten der Tuberkulose zi
sammenhängenden Vorstoss der Krankheit (poussee evolutive) ej
zeugt werden, und solche ohne diese Ursache. Der ersten Art ge
eine Reihe von Symptomen voraus, die aufgezählt werden, die ah
eigentlich die Symptome jeder schweren Lungenerkrankung sind. 3
dauern 2—3 Wochen, können sich aber auch monatelang hinzieh
oder auf Tage, ja, auf so kurze Zeit beschränken, dass sie zu fehl
scheinen. Das Aussehen des Blutes, die Fieberkurve (die erste k
ist meist mit Fieber verbunden), der Bazilbnbefund (bei der erst i
Art finden sich in 90 Proz. Bazillen), die Wichtigkeit der meist v<r
kommenden und wohl mit die Ursache bildenden Pneumokokki
wird besprochen. Eine genaue Beschreibung des Sputums und sei!"
Zellen wird ebenso gegeben, wie eine solche des Blutes und sein
einzelnen Bestandteile: es geht auch daraus hervor, dass das Bin
die Tuberkulose weit über seinen Titel hinaus behandelt. Dassel;
gilt auch für die Kapitel, die über Gewicht, Urinbefund und Be¬
druck handeln. Auskultatorisch findet man während der Blutu:
meist mehr als vorher, besonders bronchitische Geräusche. N
einer Schilderung der einzelnen Formen der Blutung an der Hai
von Krankengeschichten schliesst der erste Teil. Die zweite Art i
prognostisch günstig, kommt plötzlich ohne Vorboten durch A
strengung, Husten, Wettersturz usw. Sie wird nach demselU
Plane, wie oben geschildert, besprochen: es fehlt meist das Fiebi.
es fehlen die Bazillen, und trotz der Tendenz zur Wiederholung t
die Prognose eben nicht schlecht. Den Schluss bildet eine patlf-
logische Ausführung mit mehreren mikroskopischen Bildern uJ
Krankengeschichten. L i e b e - Waldhof Elgershausen
Louis Morel-Paris: Les Parathyroides. Paris, Herma'
& Sohn, 1912. Preis 10 Fr.
In einer ungemein fleissigen und umfangreichen Arbeit hat •
unser gesamtes Wissen über die Bedeutung der Epithelkörpercl i
zusammengestellt. Er beginnt mi( der grundlegenden Arbeit 'n
Sandstroem aus dem Jahre 1880, die er in wortgetreuer Ueb-
II. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
541
;etzung abdruckt. Es folgt dann ein ausführlicher Abschnitt über
lie Anatomie der Epithelkörperchen beim Menschen und bei den
•erschiedensten Tieren. Besonderes Interesse beanspruchen die
(apitel über den experimentell bewirkten Ausfall der Epithel-
airperchen und über die Beziehungen der Epithelkörperchen zu den
tnderen Drüsen mit innerer Sektretion. Es ist erstaunlich, wie weit
n uer kurzen Zeit die Forschung schon gedrungen ist. Die wertvolle
Asche Zusammenstellung wird jedem Forscher auf diesem Gebiete
inentbehrlich sein.
Den Schluss der Arbeit bildet ein Abschnitt über den Ausfall
ler Epithelkörperchenfunktion beim Menschen, in dem besonders die
Kooperative Tetanie berücksichtigt ist. Die bisher erzielten thera-
leutischen Erfolge zumal mit der Epithelkörperchentransplantation
verden zusammengestellt. Krecke.
Paul Römer, o. ö. Professor der Augenheilkunde, Direktor der
niversitäts-Augenklinik Greifswald: Lehrbuch der Augenheilkunde
n der Form klinischer Besprechungen. Urban & Schwarzen-
>erg. Preis 16 M., geb. 18 M.
Das in Diktion und Form der Darstellung ebenso wie in Auswahl
ind übersichtlicher Gruppierung des Stoffes so glänzende Lehrbuch
Römers liegt in zweiter Auflage vor. Es hat dabei an Handlichkeit
ladurch, dass es in zwei getrennten Abteilungen erschienen ist, ge¬
ronnen, an Anschaulichkeit durch Vermehrung der Tafeln, Text-
iguren und durch eine knappere Darstellung an manchen Stellen, die
vohl dem mündlichen Vortrag gemäss, für die schriftliche Aufzeich-
lung jedoch zu breit erscheinen mochten.
Prof. Dr. Lohmann - München.
G. Rosenfeld: Kohlenhydratkuren bei Diabetes. Sammlung
wangloser Abhandlungen aus dem Gebiete der Verdauungs- und
Toffwechselkrankheiten, Bd. IV, H. 3. Preis M. 1.80.
ln ausgezeichneter Weise unterrichtet uns Verf. über die experi-
nentellen und praktischen Ergebnisse der Kohlehydratdarreichung
ieim Diabetes. Besonderes Interesse bieten die auch auf eigene Er-
ahrung sich stützenden Ausführungen über die Milch-, Kartoffel-,
egetarische und Haferkur, von denen die letzte eine eingehende
Jarstellung auch nach der theoretischen Seite gefunden hat.
F. P e r u t z.
Eduard Valenta: Die Photographie in natürlichen Farben,
ait besonderer Berücksichtigung des L i p p m a n n sehen Verfahrens
owie jener Methoden, welche bei einmaliger Belichtung ein Bild in
arben liefern. II. Auflage, 1912. Enzyklopädie der Photographie,
left 2. Verlag: Wilhelm Knapp. Halle 1912.
Dem L i p p m a n n sehen Verfahren der farbigen Photographie,
ler Interferenzfarbenphotographie, dem die erste Auflage des vor¬
liegenden Werkchens galt, ist in den letzten Jahren eine mächtige
Konkurrenz in der Farbrasterplatte, deren bekanntester Vertreter die
vutochromplatte der Gebrüder Lumiere ist, entstanden. V a -
enta hat in der vor kurzer Zeit erschienenen zweiten Auflage seines
orzüglichen Lehrbuches sämtliche Farbenphotographiemethoden ein-
ehend berücksichtigt, wobei insbesondere die Theorie der Farben-
iiotographie eingehende Würdigung erfahren hat.
Das Buch ist allen Farbenphotographen wärmstens zu empfehlen,
a es die nicht so ganz einfache Theorie leichtfasslich erklärt und in
.'.veifelsfällen auch bei der praktischen Anwendung der Farben-
’hotographie gute und erschöpfende Auskunft gibt.
Oberndorfer - München.
Dr. Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Bd. III.
erlag von J. F. Lehmann, München 1913. Preis geb. 23. — .
Der III. Band von Hegis prächtig illustrierter Flora von Mittel¬
europa ist, wenn auch etwas langsam, endlich in vollkommener Ge-
talt fertig geworden. Er bringt den ersten Teil der Dikotyledonan,
• h. die Apetalen und von den Eleuteropetalen im wesentlichen die
lelkengewächse, Seerosen, und Hahnenfussgewächse. Eine Mit-
eilung des Verlegers kündigt an, dass von nun an Band 4 und 6
nabhangig von einander erscheinen werden, so dass eine wesentliche
ieschleunigung eintritt. Es wird dies dazu beitragen, dem stets
Lichmässig sorgsam verfassten, äusserst reichhaltigen und hervor-
agend illustrierten Werke weitere Freunde zu verschaffen.
Ich kann im übrigen nur auf die lobenden Besprechungen ver¬
reisen, die an früherer Stelle in dieser Zeitschrift erschienen sind.
K. B. Lehmann - Wiirzburg.
Adolf Friedrich, Herzog zu Mecklenburg: Vom Kongo zum
oger und Nil. Berichte der deutschen Zentralafrika-Expedition
9 1 0; 1911. Mit 512 bunten und einfarbigen Abbildungen nach Photo-
raphien und Zeichnungen, sowie mit 6 Karten. Leipzig, F. A. B r o c k -
aus, 1912. Erster Band 324, zweiter Band 398 Seiten.
, An der Abfassung der 26 Kapitel des Werkes und schliesslich der
'ebersicht über die wissenschaftlichen Ergebnisse der Expedition
uid ausser dem Herzog beteiligt: Hauptmann v. Wiese u. Kai-
ers Waldau, E. M, Heims, Dr. Schubotz, Dr. A. Schultze.
h. J. M i 1 d b r a e d, Dr. G. T h i 1 e n i u s. Eine grosse Zahl Repro¬
duktionen von zum grossen Teil wundervollen Photographien gibt
lern Leser die kräftigste und lebendigste Vorstellung von Land und
euten, dazu kommen feingestimmte Aquarelle. Die geographischen
oid ethnographischen, die botanischen, zoologischen und sonstigen
Ergebnisse der Expedition, die an der Hand eines schlicht geschrie¬
benen, höchst Interessantes bietenden Textes dem Leser übermittelt
werden, scheinen die Expedition zu einem höchst wertvollen Unter¬
nehmen deutscher Forscher und Reisenden zu stempeln. Die Lektüre
des Werkes bietet hohen Genuss. Gr. -München.
Fortschritte auf dem Gebiete der nervösen Sexualstörungen.
I V. ^ dern Q?biete der nervösen Sexualstörungen brachte das
Jahr 1912 einige interessante Arbeiten. R. L. Müller hielt auf dem
Kongress für mneie Medizin in Wiesbaden einen Vortrag, in welchem
er nachwies, dass es ein zerebrales Zentrum für die Libido nicht gibt,
dass vielmehr die niedrigen Genitalzentren von der ganzen Rinde aus
stimuliert werden. Auf nach Nissl gefärbten Schnitten gelang es im
obeien Lumbal- und unteren Sakralmark Anhäufungen von Ganglien-
zellen nachzuweisen, deren Struktur und Anordnung vegetative Funk¬
tionen vei muten lässt. Prostata und Samenblasen werden sowohl
vom Lumbalmark (Rami communicantes, Nn. hypogastrici) als auch
vom Sakralmark (Nn. erigentes) versorgt. Erstere bringen vaso-
konstriktorische, letztere vasodilatatorische Impulse [1].
Im physiologischen Sexualmechanismus spielen die L e y d i g -
sehen Zwischenzellen eine bedeutende Rolle; es sind dies eigenartige
interstitiell gelegene Formelemente, die mit der Spermaproduktion
nichts zu tun haben, deren Aufgabe vielmehr die Produktion eines
spezifisch chemischen Körpers ist, eines Hormons, das für die Aus¬
lösung der Libido und zur normalen Entwicklung des Centrum
genitospinale von ausschlaggebender Bedeutung ist. Denn mit der
senilen Abnahme der Libido verringert sich auch die Zahl und
Grösse der L e y d i g sehen Zellen, wie auch die Kastration ante
pubertatem Fehlen der Libido zur Folge hat; dagegen schädigt elek-
tive Röntgenzerstörung der spermaproduzierenden Zellen die Libido
nicht. Die Impotenzformen werden * auf nerventopographischer
Grundlage in drei Hauptklassen eingeteilt, wobei bei der ersten
Gruppe das Verhalten der Libido eines perversen Wüstlings eine
relative oder eine Hemmungsimpotenz erzeugt. Interessanter dürfte
die Einteilung der zweiten Gruppe sein, die sich allerdings auch nur
auf hypothetischen, aber recht einleuchtenden Voraussetzungen auf¬
baut. Das Erektionszentrum soll nämlich in doppelter Weise funktio¬
nieren. 1. hat es die empfangenen Impulse vor Abgabe an das Ejaku¬
lationszentrum eine Zeitlang aufzuspeichern, um sie dann 2. an die
Nn. dilatatores weiter zu geben. Das Erektionszentrum kann nun in
diesen beiden Funktionen durch zu rasch wiederholten Koitus akut
oder chronisch übermüdet werden, wobei im letzteren Falle die
beiden Funktionen einzeln oder zusammen geschädigt sein können;
je nachdem kommt es zu gehäuften Erektionen mit normaler oder
präzipitierter Ejakulation; ein Terminalstadium stellt die gehäufte
Ejakulation ohne Erektion dar. Die dritte Gruppe umfasst die durch
Stoffwechselstörungen (Diabetes, Nephritis) hervorgerufenen Impotenz¬
formen. Therapeutisch wird bei allen Formen Abstinenz, Vermeidung
von Obstipation und tröstender ärztlicher Zuspruch verlangt. Die
mechanischen Hilfsapparate zur Ermöglichung der Immissio penis
sind abzulehnen, da ihre Konstruktion auf falschen Voraussetzungen
(venöse Stauung) beruht. Strenge muss bei der Behandlung die
primäre Erektionsschwäche von der Ejaculatio praecox (Pollutionen)
getrennt werden, erstere fordert erregende Prozeduren, also Yohimbin,
Faradisation, Kühlsonde und kurzes, kaltes Sitzbad, letztere Herab¬
setzung der Reflexerregbarkeit durch Sedativa, Brom, Codein, Gal¬
vanisation des Rückenmarks, kalte Hinterhaupts-Nacken- und Rücken
Schläuche, hochtemperierte Halbbäder und feuchte Einpackung [2|.
Einen neuen Weg zur Behandlung der Impotenz bzw. einer be¬
stimmten Form derselben hat L i s s m a n n (Referent) angegeben.
Bei Kranken, bei denen trotz Berücksichtigung der physiologischen
Schwankungsbreite der normalen Potenz, trotz des Fehlens aller
organischen und psychischen Aetiologie unter Ausschluss mono¬
symptomatischer Sexualneurasthenie als alleiniges Krankheits¬
symptom Erektionsschwäche oder -Unfähigkeit besteht, handelt es sich
um pathologische Erschöpfung der Erektionszentren. Ausgehend von
der Wirkung des „Traumatismus“ der C a t h e 1 i n sehen Epidural¬
injektionen und den Erfolgen des Yohimbins in der Tiermedizin wurden
diesen Kranken 30 ccm physiologischer NaCl-Lösung + 10 bis
15 Tropfen 2proz. Yohimbin- (Riedel) Lösung epidural injiziert.
Die nach einiger technischer Uebung leicht ambulant auszuführenden
Injektionen wurden nach einigen Tagen wiederholt und führten unter
10 Patienten bei 7 zu vollem Erfolg, darunter Fälle, die allen anderen
Behandlungsmethoden gegenüber refraktär gewesen waren. Seit der
Veröffentlichung der Arbeit hat Referent zahlreiche andere Kranke
mit Erfolg injiziert, worüber noch berichtet werden wird [3l.
Einen ähnlichen Gedankengang verfolgte Enriqüe Perez
Grande, der zur Heilung sexueller Impotenz und Spermatorrhöe
präkokzygeale Injektionen mit physiologischer Kochsalzlösung
empfiehlt. Dem auf die Seite gelagerten Patienten wird unter Kon¬
trolle des rektal eingeführten Fingers die Nadel an der Steissbein-
spitze vorbei in die Konkavität des Os sacrum 2 — 3 mal wöchentlich
15 ccm NaCl-Lösung injiziert [4j.
Weitere therapeutische Vorschläge für sexuell nervöse
Störungen wurden von Swinbrune [5], Lydston f6l und
E. Frank [7] gemacht. Ersterer bekämpft sexuelle Hyperästhesie
verbunden mit Ejaculatio praecox bzw. gehäuften Pollutionen durch
Aetzungen und Pinselungen mit 5 — 2proz. Arg. nitr. und Jodtinktur.
Instillationen von Silbersalzen mittels des Endoskops und Resektion
542
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. ir
der Vena dorsalis penis empfiehlt L y d s t o n gegen Impotenz,
Frank sah hei Anwendung von Adamontabletten Herabsetzung der
Pollutionen, Erektionen und des gesteigerten Sexualtriebes.
H ii b n e r [8] warnt vor Anwendung des Yohimbins ohne häufige
Urinkontrolle; er sah bei yohimbinisierten Kaninchen Schädigungen
der sezernierenden Nierenepithelien auftreten. Nach Parisot 1 9 1
schädigt Zucker ebenfalls die Qenitalorgane. Er sah bei 10 glyko-
surisch gemachten Kaninchen mikroskopisch eindeutige Ver¬
änderungen der • Qenitalorgane.
Eine sehr interessante, wenn auch von den Antifreudianern
nicht anerkannte Arbeit über Onanie L 10 1 erschien von der
psychoanalytischen Vereinigung. Onanie ist ein Sammelbegriff
für jeden sexuellen Akt, der ausserhalb des normalen Koitus
vollzogen wird, gleichgültig ob ihn mehr körperliche oder geistige
Betätigungen begleiten. Sein Ziel ist Lustgewinnung durch Ent¬
spannung der sexuellen Erregungen; die Masturbation stellt also
ein autoerotisches Aequivalent für den Koitus dar. Zeitlich hat man
zwischen der Säuglings-, der aus ihr hervorgehenden Kinderonanie
und der durch eine Latenzzeit davon getrennten Pubertätsonanie zu
unterscheiden. Die Masturbationsformen sind überhaupt und je nach
der Periode, in der masturbiert wird, verschieden. Manuelle Be¬
rührungen der Genitalien und erfahrungsgemäss erogenen Zonen,
Druck auf den Damm bei Klettern, Schaukeln, Zusammenpressen der
Schenkel mit oder ohne Phantasiebegleitung, aber auch rein psy¬
chische ohne somatische Onanie sind häufig. Die Masturbations-
wurzel ist in den mit der Reinlichkeitspflege des Säuglings ver¬
bundenen Manipulationen zu suchen. Das Waschen durch das Dienst¬
mädchen vermittelt dem Kinde die Kenntnis derjenigen Körperstellen,
deren Berührung Lustempfindung erweckt, die es sich nach und nach
selbst zu verschaffen sucht. Es lernt die erogenen Zonen kennen.
Diese Qenese wird allerdings auch bestritten mit dem Hinweis, dass
auch Hunde und Affen onanieren. Die Anschauungen über die
somatischen und psychischen Folgen der Onanie bilden den Kern¬
punkt der Arbeit, bewegen sich aber in den weitgehendsten Ex¬
tremen: von der absoluten Unschädlichkeit bis zu Körper und Geist
umfassendem Determinismus. Besonders der Anschauung von der
Unschädlichkeit der Onanie stehen zahlreiche Ansichten über weit¬
gehende Schädigung durch die Masturbation gegenüber. Die Onanie
setzt durch die häufige und leichte Betätigungsmöglichkeit und durch
die bequeme Erreichbarkeit des Sexualzieles die Energiespannung
für den gesamten Lebenskampf herab. Sie bringt sexuelle Anästhesie
der Frau durch Abwendung der Sexualität von der Scheide auf die
Klitoris und durch den Gegensatz zwischen dem realen Gatten und
dem Phantasiegatten während der Selbstbefriedigung.
Die mit der Onanie verbundenen Selbstvorwürfe und Schuld¬
gefühle haben auf den Charakter des Masturbanten einen bestim¬
menden Einfluss. Genetisch sind sie als Folgen stets inzestuöser
Vorstellungen der primären Onanie aufzufassen, sie sind also stets
endogen vorhanden, wenn sie auch später nur als Folgen exogen
durch die Umgebung kommender Verbote und Angstmachereien ent¬
standen zu sein scheinen. Eine andere Anschauung führt die Schuld-'
gefiihle auf nicht restlos verarbeitete Sexualanregungen im Kindes¬
alter zurück.
Der Abwehrkampf gegen Masturbanten kann übrigens markante
Charaktereigentümlichkeiten zur Folge haben. Es bildet sich ein
pathologischer Zwang zur Lügenhaftigkeit aus, dessen Genese man
sich als Antwort der ins Unbewusstsein verdrängten Selbstvorwurfe
für den missglückten Kampf gegen den stärkeren Irieb zu denken hat.
So stellt man sich auch die Kleptomanie, die sich stets auf sexual¬
symbolische Dinge (? Ref.) erstreckt und auch „etwas Verbotenes
heimlich tut“, als Ersatz der im Abwehrkampf zurückgedrängten
Masturbation dar.
Auch zwei Vorteile der Onanie werden angeführt: Die Herab¬
setzung der sexuellen Kriminalität und die Erleichterung der von den
Kulturmenschen geforderten sexuellen Mässigung.
Indirekt hierhergehörig ist die sehr interessante Arbeit von
B. Asch ne r [11] über Beziehungen zu Hypophysis und Genitale.
Bei jungen Hunden ergibt die totale Hypophysenexstirpation starke
makro- und mikroskopisch nachweisbare regressive Veränderungen
am Uterus, Ovarium, Hoden, Penis und Prostata, sowie Herabsetzung
des Sexualtriebes und Unmöglichkeit zur Gravidität; bei erwachsenen
Tieren dagegen sind die genitalen Rückbildungen nur geringe. Wird
aber nur der Hinterlappen der Hypophyse entfernt, so bleiben bei
männlichen und weiblichen Tieren sämtliche Veränderungen aus.
Dieser hat also mit dem Auftreten der Genitalstörungen nichts zu
tun. Bei Durchsicht der in der Literatur niedergelegten Anschauungen
und Erfahrungen kommt man schliesslich zu der Gewissheit, „dass
die Genitaldystrophie sehr wohl durch Hypopituitarismus entstehen
kann“, dass aber auch Schädigungen des Hirnbodens, sowie der auf
das ganze Gehirn und Rückenmark verteilten genitaltrophischen
Zentren anatomische und funktionelle Genitalstörungen verursachen
könne.
Einschlägige Fälle berichtet Jaksch [12].
Literatur.
1. R. L. M ü 1 1 e r : Ueber die Beteiligung des vegetativen Nerven¬
system an der Innervation der männlichen Geschlechtsorgane. Kongr.
f. innere Medizin, Wiesbaden 1912. — 2. P. Grosz: Ueber nervöse
Funktionsstörungen der männlichen Sexualorgane. Zeitschr. f. physik.
u. diät. Therapie, Bd. XVI, 1912. — 3. Lissmann: Zur Behandlung
der sexuellen Impotenz. Münch, med. Wochenschr. No. 24, 1912. -
4. E. Perez G rande: Die präkokzygeale Injektion bei der Sperma
toirhöe und der sexuellen Impotenz. Revist. espagn. dermatol
syphiliogr., Bd. 1, 1912. — 5. Swinbrune: American Journal <
Dermat., XVI, 1912. — 6. Lydston: Sex. Neurast, and the prostan
Medic. Record, p. 218, 1912. — 7. F. Frank: Klinische Erfahrunge
über die Wirkungen des Adamons. Deutsche med. Wochenscln
No. 49, 1912. — 8. Hübner: Ueber eine bisher unbekannte Neben
Wirkung des Yohimbins. Dermatol. Zeitschr., Oktober 1912. -
9. Parisot: Lesions des glandes genit. chez les diabetiques et ehe
les animaux. Semaine med., 9. VIII. 1911. — 10. Onanie. Verlag vo
Bergmann. — 11. B. Asch ne r: Ueber Beziehungen zur Hype1
physis und Geniale. Archiv, f. Gynäkol., Bd. 97, H. II. — 12. J ak sc hi
Adiposit. cerebral, u. cerebrogenit. Med. Klinik No. 48, 1912.
P. L i s s m a n n - München.
Neueste Journaliteratur.
Zeitschrift für Imiiiunitätsforschung und experimenteil
Therapie. 16. Band. 1. Heft (Auswahl).
S zyma n o w sk i - Krakau: Anaphylaktische Studien. Könne
eiweissfällende Mittel anaphylaxieähnliche Erscheinungen erzeugen
Doerr hat eine neue Theorie der Anaphylaxie aufgestell
Nach ihm sind die Träger der giftigen Wirkung nicht die injizierte
Substanzen, sondern das Blut des Organismus selbst, das durch eiü
Reihe der verschiedensten adsorbierenden Substanzen derartig ve>
ändert wird, dass die Symptome der Anaphylaxie resultieren. Verl, h
nun eine Reihe von eiweissfällenden Chemikalien darauf untersuch j
ob sie dieselbe Wirkung bei intravenöser Injektion in den Tierkörpt i
haben. Solche Chemikalien sind Kupfernitrat und -sulfat, .Zinksulfa
Sublimat, Bleiazetat, Tannin und Pikrinsäure. Einige von diese
Mitteln, wie Sublimat und Tanniij, zeigen in ihrer Wirkung eir
grosse Aehnlichkeit mit dem anaphylaktischen Schock (typische
Schock, Lungenblähung etc.), fast alle üben eine typische Temperatu
Steigerung und eine Verlangsamung der Blutgerinnung aus.
C. Kling, W. W e r n s t e d t und A. Pettersson: Ueber d
Art der Verbreitung der epidemischen Kinderlähmung.
Lhiter 9 Rekonvaleszenten konnte bei 8 das Virus der Po'.ii
myelitis mehrere Wochen bis Monate nach dem Ablauf des akutt
Stadiums in den Sekreten durch Tierversuche nachgewiesen werde
Es zeigte aber veränderte Wirkung, die auf eine Abschwächui
schliessen Hess.
H. Pfeiffer und A. J a r i s c h : Zur Kenntnis der Eiweissze
fallstoxikosen. j
Verf. ist von jeher dafür eingetreten, dass die Ueberempfindlicl
keitserscheinungen auf einem parenteralen Abbau von Eiweiss durc
ein spezielles eiweissspaltendes Ferment beruhen. Mit dem Dialysie
verfahren von Abderhalden hat er jetzt diese Anschauur
wieder bestätigen können. Im Serum von aktiv und passiv ans
phylaktisierten Meerschweinchen Hess sich das proteolytische Fe
ment nachweisen, es verschwand im Zustande der Antianaphylaxi
Die Wirkung dieses Fermentes wird durch einen Ueberschuss dt
Antigens oder durch Anwesenheit von viel artfremdem Serum au
gehoben, wahrscheinlich infolge der antiproteolytischen Wirkui
normaler Sera. — Eine Schwierigkeit stellte sich der Anschauung vi
dem akuten Eiweisszerfall im anaphylaktischen Schock entgegen, a
Loening und H e i 1 n e r auf verschiedenen Wegen zu dem Rest
täte kamen, dass bei der Anaphylaxie der Eiweisszerfall im Gegend
herabgesetzt ist. Verf. konnte aber durch eine genaue Verfolgiu
des antitryptischen Serumtiters diesen Widerspruch aufklären, l
stellte sich heraus, dass es am Anfänge der Vergiftung zu ein:
Steigerung des Eiweisszerfalles kam, der dann aber durch das et
stehende Gift derart stark gebremst wird, dass im Gesarntresult
sogar eine verminderte Umsetzung des Eiweisses erscheint. Dur
genaue Verfolgung der antitryptischen Serumkurve können prima
und sekundäre Eiweisszerfallstoxikosen unterschieden werden. L
den ersten wird das Zerfallsgift direkt zugeführt, z. B. bei der Injektn
von Pepton, bei den letzten wird das Gift erst im Körper seih
durch vermehrten Eiweisszerfall gebildet. 1
L. S a a t h o f f - Oberstdorf.
Zeitschrift für Tuberkulose. Band 19, Heft 5.
F. Kraus: Korrelative Vegetationsstörungen und Tuberkulös
Der mit wenigen referierenden Worten nicht Wiederzugeben
Aufsatz schildert die Wichtigkeit der lymphatischen (skrofulöse
skrofulo-tuberkulösen, lymphogranulomatösen usw.) Konstitution.
J. P i n t b o r g - Kopenhagen : Untersuchungen über das Vc
handensein von Eiweisskörpern im Auswurf bei Lungentuberkulo
ln jedem Falle aktiver Lungentuberkulose ist Albumin im Ai
würfe vorhanden. Die relative Menge steht in einem bestimmt
Verhältnisse zum Grade der Krankheit und lässt sich prognostis
verwerten. Man kann sogar durch systematische Untersuchung
den Verlauf der Krankheit verfolgen. Die Untersuchung (na;
Roge r) ist einfach. Tabellen und Krankengeschichten werden z
Erläuterung beigefügt.
A. Prorog-Bad Soden a. T.: Die Bewertung des Phosptio
Kalk- und Magnesiagehaltes im Sputum. « j
Ebenfalls durch eine Tabelle belegt wird gezeigt, dass un Ar
würfe sich grosse Mengen Phosphorverbindungen finden. Esemptie-
11. März 1913.
Ml IENCHENER MEl )tZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
543
sich deshalb, Lungenkiankc, die Auswurf haben, reichlich mit Lezithin
zu ernähren.
.1. Kahn-Magdeburg: lieber Dioradin.
Die Ergebnisse bestätigen das von den Heilstättenärzten schon
in Hamburg ausgesprochene Urteil; sie können den Verfasser „nicht
ermutigen, das Dioradin im weiteren Umfange in Anwendung zu
bringen“. Liebe- Waldhof Elgershausen.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie. Bd. 25, Heft 5, Jena 1913, Gustav Fischer.
4-) Joseph S e v e r i n: Ueber Pneumokokkensepsis und Pneunio-
kokkenmeningitis im Anschluss an kalkulöse purulente Cholezystitis
und abszedierende Cholangitis. (Med. Klinik Breslau.)
Verf. berichtet über zwei einander sehr ähnliche einschlägige
halle: Zwei f rauen in vorgerückteren Jahren, welche in den letzten
Jahien wiederholt an Gallensteinkolik mit Fieber und Ikterus ge-
litten hatten, erkrankten an intermittierendem Fieber mit Leber-
und Milzscli wellung, Ikterus; 4 bzw. § Tage vor dem Tode wurden
aus dem Blut Pneumokokken gezüchtet, 3 Tage vor dem Tode traten
meningitische Symptome auf, 2 läge vor dem Tod war in einem Fall
Endokarditis nachweisbar. In beiden Fällen war der Liquor cerebro¬
spinalis stark getrübt, stark eiweisshaltig, enthielt auch Pneumo¬
kokken. Beide Gallenblasen enthielten Steine, in den Lebern waren
Abszesse vorhanden. Aus dem Gallenblaseneiter der einen Leiche
wurden Streptokokken, Staphylokokken und Pneumokokken ge¬
züchtet.
43) B. B r e i t n e r : Kritische und experimentelle Untersuchungen
über die kropfigen Erkrankungen der Schilddrüse. (I. chirurgische
Klinik Wien.)
i hatte Verminderung wirksamer Schilddrüsen¬
substanz (Resektion) eine Abnahme des Kolloidgehalts zur Folge
welches offenbar eine aufgespeicherte Zwischenstufe wirksamen Se-
krets darstellt, und zwar war diese Abnahme sowohl bei normaler
als bei kropfig entarteter Drüse festzustellen. Andere Versuche mit
Kropfwasser an Hunden sprachen dafür, dass beim Kropf die Sekret¬
abfuhr aus der Schilddrüse behindert ist; doch können andere Fak-
toren dieselbe W irkung ausüben wie gerade der Qenuss von Kropf-
wasser. Bei abnormer Aufspeicherung von Kolloid, das nicht jodiert
wird, wird dem Organismus zu wenig fertiges Sekret geliefert: Unter¬
sekretion, Hypothyreose; wurde diese schon in utero eingeleitet so
fuhrt sie zu Kretinismus. Wird nicht nur alles frische Sekret sofort ab-
gehihrt, sondern auch alles Reservematerial aktiviert und in den
Kreislaur übergeführt, so entsteht ein Reizzustand aller koordinierten
Blutdrusen.
44) Alfred Brüggemann: Beitrag zur Serumdiagnose ma¬
ligner Tumoren. (Chirurgische Klinik Kiel.)
Die K e 1 1 i m g sehe Reaktion scheint nicht durch die Tumorbildung
an sich hervorgerufen zu werden, sondern teils durch einen auch bei
ormalseren beobachteten stärkeren Gehalt der Sera an natürlichen
Hämolysinen, teils durch Zerfallsprodukte der Tumoren; besonders
bei stark zerfallenen Kolon- und Rektumkarzinomen wurde positive
Reaktion erhalten, offenbar weil gerade solcheTumoren sehr oft starke
Hämolyse zeigen. Auch 14 von 16 Graviden (in den letzten Monaten)
zeigten stärkere Hämolyse als Normalsera. Die technisch schwierige
A sc o 1 i sehe Meiostagminreaktion war bei 52—70 Proz
maligner Tumoren positiv, das Organ spielte keine Rolle, nur bei
nauttumoren versagte sie öfter. Unter 40 malignen Tumoren war
Ascoh positiv, Kelling negativ bei 9 Fällen, umgekehrt bei 8 Fällen,
oeide positiv bei 12 Fällen; unter 29 anderen Erkrankungen waren A.
und K. je einmal positiv. Die W a s s e r m a n n sehe Reaktion fiel
bei malignen I umoren, wenn nicht Lues mitspielte, negativ aus
TDi.tt.1?r (Pliysiol. Institut Leipzig) und Rieh. Mohr
tmed. Klinik Leipzig) : Neue Untersuchungen über das Hormonal.
Das neue, verbesserte Präparat erwies sich als weniger gefähr¬
lich als das frühere, es setzte aber bei Katzen den Blutdruck herab,
ervvies sich auch noch als albumosehaltig. Bei sehr langsamer In-
jektion bleibt die Wirkung auf den Kreislauf aus, dafür tritt aber
auch die peristaltikerregende Wirkung weniger prompt ein. Bei
iruheren Versuchen scheint die Peristaltik hauptsächlich durch
wnioralhydrat bedingt gewesen zu sein, das auch den Blutdruck stark
herabsetzt.
46) Murk J a n s e n - Leiden (Holland): Die mechanische Be¬
deutung der Bronchien.
Sowohl beim Erstickungversuch als bei der normalen Inspiration
werden die peripheren, kaudalen und lateralen Lungenbläschen mehr
erweitert als die zentralen, kranialen und vertebralen. Die Ursache
dieser Dehnungsbeschränkung ist im Bronchialbaum nebst Trachea
zu sehen. Die Bronchien mit den sie begleitenden Gefässen und
thndegewebssepten beherrschen als inneres Skelett der Lunge die
veiteilung der Kräfte, welche an der Oberfläche angreifen, schützen
die genannten Abschnitte vor Ueberdehnung; auch beim Emphysem
zmgt sich diese Schutzwirkung noch erhalten. Der Antagonismus
der willkürlichen äusseren und der unwillkürlichen inneren Muskeln
spielt ebenfalls eine wichtige Rolle.
47) William G. MacCallum: Ueber die Uebererregbarkeit der
iNerven bei Tetanie. (Aus der pathol. Abteilung der Columbia¬
universität in New York.)
Das Hinterbein eines normalen Hundes wurde amputiert mit
Ausnahme der Femoralgefässe und des Knochens; dann wurden die
Halsgefasse eines^ tctanischen 1 icres mit dem peripheren Teil der
unterbrochenen Femoralgefässe verbunden; das „tetanische“ Blut
umspiilte also den gesunden Hüftncrven; das gesunde Bein zeigte
alsbald I etanus; nach Herstellung des alten Kreislaufs ging die Ueber¬
erregbarkeit wieder zurück. Ebenso nahm bei Umkehrung des
Versuchs die Uebererregbarkeit im kranken Bein für die Dauer der
Versorgung mit normalem Blut ab. Wenn also auch die Ganglien¬
zellen abnorm starke Impulse während der Tetanie aussenden, so tritt
doch noch eine Uebererregbarkeit der peripheren Nerven hinzu, welche
durch das Blut vermittelt wird; es kann ein Toxin wirken, und dieses
kann durch Entziehung von Kalzium wirken, da Durchströmung
mit oxalisiertem Blut ebenso wirkt wie Durchströmung mit tetani-
schem Blut. Weitere Versuche ergaben, dass tatsächlich die Nerven¬
endigungen und nicht etwa die Muskeln selbst übererregbar sind.
R. Grashey - München.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 120. Band, 5.-6. Heft.
August Linde mann: Zur Pathogenese und Klinik der Nieren¬
beckenentzündungen. (Aus der Chirurg. Abteilung der Huyssen-
stiftung in Essen/Ruhr.)
™ Erfahrungen an 48 Pyelitisfällen (31- weibliche, 17 männliche).
39 mal fand sich Bacterium coli, 2 mal Staphylococcus aureus, 1 mal
Streptokokken, 1 mal Proteus, 1 mal Koli und Staphylokokken, 1 mal
Koli und Streptokokken, 3 mal wurden kurze plumpe Stäbchen im
Blasenurin gefunden, während die Kultur steril blieb.
Zunächst bringt Lin de mann, zum Teil erläutert durch eigene
Beispiele, eine Uebersicht der Aetiologie der Pyelitis: Veränderungen
der Harnweges selbst, Ovulation, Schwangerschaft, Tumoren,
Niei enveränderungen, Infektionskrankheiten. Beziehungen zwischen
akuter oder chronischer Affektion des Magendarmkanals und Pyelitis
fand Lindemann 17 mal. Beobachtung verdienen die von Carl
Franke festgestellten Beziehungen zwischen den Lymphgefässen des
Colon ascendens und der rechten Niere. Das wechselvolle klinische
Bild der Pyelitis führt vielfach zu Fehldiagnosen. Das Bild des
akuten pyelitischen Anfalls mit Schüttelfrost. Fieber, Erbrechen,
Schmerzen im Leibe wurde 6 mal beobachtet, Entleerung von Blut
wurde im Gegensatz zu Rowsing 6 mal gefunden, eine begleitende
leichte Zystitis 4 mal, eine gleichzeitige Affektion des Nieren¬
parenchyms wurde nur einmal gefunden (Prüfung mit Phloridzin-
Indigkarmin und Phenolsulfophthaleinprobe nach Rowntree und
Geraghty). Am Ureterostium der kranken Seite findet sich ge¬
wöhnlich ein hyperämischer Hof. Ulzera fand Lindemann nicht.
Bei der einfachen unkomplizierten Pyelitis wurde reichliche
rlüssigkeitsauf nähme (Lindenblütentee, Milch, Brunnen) erfolgreich
verordnet. Bei Zunahme der Infektion oder Verlegungen der Lich¬
tung oder Abknickungen des Ureters wurde der Ureterenkatheter ein-
gefiihrt und eventuell mit Wasserstoffsuperoxyd die Durchgängigkeit
wieder hergestellt. Mit der Spülung des Nierenbeckens (5 proz.
Protargollösung) wurden nicht dieselben günstigen Resultate erzielt,
wie von anderen Autoren. Lindemann führt das auf seine längere
Beobachtungzeit zurück. Nephrotomie wurde 2 mal ausgeführt,
Nephrektomie 6 mal (3 Pyonephrosen, je eine Steinniere, Hydro-
nephrose, kongenitale Zystenniere).
A. Wagner: Ueber das akut in die freie Bauchhöhle per¬
forierende Magengeschwür. (Aus der chirurgischen Abteilung des
allgemeinen Krankenhauses in Lübeck.)
Bericht über 15 operierte Fälle von Geschwürsperforationen
(9 Frauen, 6 Männer). Gestorben sind 6 Fälle (4 Frauen, 2 Männer),
die bis auf einen Fall alle erst nach 12 Stunden zur Operation
kamen (Schock, Peritonitis, Sepsis, Embolie). Die Diagnose ist in
2h der Fälle möglich; zumeist wurde übernäht mit oder ohne Netz¬
plastik, die Gastroenterostomie will Verfasser für Fälle mit Pylorus¬
stenose oder Sanduhrmagen reserviert wissen. Spülung der Bauch¬
höhle mit Kochsalzlösung oder Eventration ist das beste Verfahren
zur Reinigung des Peritoneums.
Paul W o 1 f f : Zur Katgutfrage. (Aus der 2. chirurgischen Ab¬
teilung des Rud. Virchow-Krankenhauses Berlin.)
Die subtil ausgeführten Untersuchungen beweisen, dass es auch
am fertigen Faden gelingt, eine sichere Sterilisation des Katguts zu
erzielen, Sterilisation vor dem Drehen am Rohdarm ist unnötig.
Unter den verschiedenen Sterilisationsverfahren ist die Methode nach
Claudius die einfachste und sicherste.
Kr oh: Experimentelle Studien zur Lehre von der ischämischen
Muskellähmung und Muskelkontraktur. 2. Teil. (Mitteilungen aus
der Akademie für praktische Medizin Köln.)
Nur einige wesentliche Punkte seien aus der umfassenden Arbeit
hervorgehoben:
Weder die vorübergehende totale oder langdauernde partielle
Entziehung von 0 und Nährstoffen, noch die toxische Wirkung stär¬
kerer C02-Ueberladung bewirken ausschliesslich die ischämische
Muskelkontraktur: die Inaktivierung des Muskels spielt eine grosse
Rolle bei der Degeneration, die durch die Zirkulationsveränderungen
eingeleitet wird.
Unter den mannigfaltigen Ursachen, die zu Zirkulations¬
störungen führen, verdient grosse Beachtung die Druckwirkung
grösserer interstitieller Ergüsse, die einmal kleinere oder grössere
arterielle Zufuhrwege ausschalten, ausbaufähige Kollateralbalmen
unterdrücken, besonders aber die Venen komprimieren.
544
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. lö.
Durch Inaktivierung des so geschädigten Muskels wird die in
der Muskelbewegung liegende transformierende Kraft eliminiert, die
die weitere Entwicklung der regenerationskräftigen Muskelfaserkerne
zu spezifischem Gewebe gestaltet. Durch die Zirkulationsverän-
derungen werden natürlich auch die Nerven alteriert, dieser Alteration
kommt aber keine ätiologische Bedeutung für die Entstehung der
ischämischen Muskellähmung zu.
Y. Ozaki: Ueber die Alkoholdesinfektion. (Aus der Kaiser¬
lichen chirurgischen Universitätsklinik Kyoto, Japan.)
Verfasser stellte durch neue Untersuchungen fest, dass die reine
Alkoholdesinfektion ohne vorherige Waschung ziemlich ungünstig
ausfällt, dass aber nach kurzer vorheriger Seifenwaschung das
Resultat sehr günstig wird. Die Ahlfeldsche Vorschrift: Mehrere
Minuten lang auszuführende Heisswasserwaschung mit Bürste kann
ersetzt werden durch kurze Seifenwaschung ohne Bürste. Die Wirk¬
samkeit des Alkohols beruht auf seiner bakteriziden und härtenden
Eigenschaft, Penetration und mechanische Reinigung tragen noch
dazu bei.
Emil Schepelmann: Herzklappenchirurgie. (Aus Professor
W u 1 1 s t e i n s chirurgischer Klinik, Halle a. S.)
Nachdem Schepelmann früher experimentell die Erfahrung
gemacht hatte, dass Versuche, die Stenosen der Atrioventrikular¬
klappen durch Zerstörung der Chordae tend. in die weniger gefährliche
Insuffizienz zu verwandeln, wegen ihrer Gefahren auf die mensch¬
liche Chirurgie nicht anwendbar seien, berichtet er nunmehr über
Versuche, die durch Herstellung von Kommunikationen zwischen den
beiden Vorhöfen und zwischen den beiden Kammern einen Druck¬
ausgleich erstreben und der Stenose ihre Gefahren nehmen. Die Ver¬
bindung zwischen den Ventrikeln (Kaninchen) wurde hergestellt da¬
durch, dass nach Abklemmung dpr Herzspitze der linke Ventrikel
eröffnet und das Septum mit einer modifizierten Polypenzange partiell
reseziert wurde; dreifache Uebernähung der Ventrikelwunde. Die
Verbindung zwischen den Vorhöfen wurde hergestellt durch Ein¬
nähen eines frischen Stückchens Kaninchenaorta in rechtes und linkes
Herzrohr. Technische Einzelheiten im Original.
Silvio Porta: Neues Verfahren zur Gefässvereinigung. (Aus
der chirurgischen Klinik der Kgl. Universität Siena.)
An jedem der zu vereinigenden Gefässstümpfe werden durch
4 einander entsprechende vertikale Einschnitte 4 gleiche, einige
Millimeter hohe Läppchen hergestellt. Von der Mitte der Basis eines
derselben wird von aussen nach innen eine Nadel mit Seiden¬
schlinge durchgestochen und in der Mitte der Basis des entsprechen¬
den Lappens des anderen Stumpfes von innen nach aussen heraus¬
geführt. Nach Durchschneidung der Schlinge werden die Fäden an
den Seiten der Lappen, die aneinander geschlossen werden, verknotet;
ebenso wird mit den übrigen Lappen verfahren. Dem Verfahren wird
leichte Technik, Vermeidung jeder Stenose nachgerühmt. Es kann
aber bei kleineren Gefässen nicht angewandt werden und verkürzt
dje Stümpfe (vergl. die Methoden nach Dobrowolskaja, die¬
selbe Zeitschrift 119, Band 1, 2. Heft. Ref.).
Carl Ritter: Kritische Bemerkungen zu den kritischen und
experimentellen Untersuchungen über das Entstehen und Verschwinden
von Lyinphdriisen. (Aus der chirurgischen Abteilung des städtischen
Krankenhauses zu Posen.)
Die zahlreichen Arbeiten Ritters über Lymphdrüsenneubil-
dungen werden von d e G r o o t (ref. Münch, med. Wochenschr. No. 4,
1913) nicht genügend berücksichtigt. Die makroskopischen Lymph-
driisenblidungen im Fettgewebe bei Karzinom sind zuerst von
Ritter beobachtet und eingehend beschrieben.
Des weiteren wendet sich Ritter dagegen, dass de Groot
neugebildetes Lymphdriisengewebe und lymphoides Gewebe iden¬
tifiziert. Für die Neubildung von richtigem Lymphdrtisengewebe
kommen vorläufig als Ursache nur infektiöse Prozesse in Betracht:
einwandfreie Beweise für eine Neubildung von Lymphdrüsengewebe
unter normalen Verhältnissen und bei anderen Prozessen sind nicht
vorhanden. Nach Ritters Untersuchungen kommen die erwähnten
eigentümlichen makroskopischen Lymphdrüsenneubildung:en nur bei
Karzinom und Sarkom vor und geben event. wichtige diagnostische
Hinweise bei der Operation.
Denis G. Zesas: Paul Nie ha ns.
Ein Nachruf auf den am 28. November 1912 verstorbenen Berner
Chirurgen.
Kurze Mitteilungen.
G. R i c k e r : Zur Lehre von der Diäresis- und Diapedesis-
blutung. (Aus der pathologisch-anatomischen Anstalt der Stadt
Magdeburg.)
R i c k e r tritt der Anschauung L ä w e n s entgegen, der die
Massenblutungen ins Nierenlager als Diäresisblutungen auffasst. Die
Diäresisblutung wird in den meisten neuen Darstellungen der patho¬
logischen Anatomie abgelehnt, dagegen kann es nach Tierexperi¬
menten und anderen Beobachtungen nicht zweifelhaft sein, dass durch
Diapedesisblutung beliebig grosse Blutungen ins Gewebe, ins Darm¬
lumen und in andere Hohlorgane gelangen können. Wichtig ist der
Zusammenhang der Stase und Diapedesisblutung mit dem Gefäss-
nervensystem. Flörcken - Paderborn.
Zentralblatt für Chirurgie, No. 8, 1913.
J. G a 1 p e r n - Twer: Oesophagusplastik aus der Magenwand.
Verfasser schildert sein Verfahren, aus der grossen Kurvatur
des Magens einen genügend langen und ernährungsfähigen Lappen
zubilden, das in der Hauptsache dem von J i a n u gleicht, obgleich
es Verf. schon vor und unabhängig von ihm ausgeärbeitet hat; bei
kleinem Magen hilft man sich durch Resektion des letzten Rippen¬
knorpels, um einen Schlauch von 22 cm Länge zu bekommen.
Willy M e y e r - New York: Ein Vorschlag bezüglich der Ga¬
strostomie und Oesophagoplastik nach Jianu-Roepke.
Verf. ist zurzeit mit Versuchen beschäftigt, die von Jianu-
Roepke angegebene Oesophagoplastik nicht nur extrathorakal, son¬
dern auch intrathorakal anzuwenden, indem nach Resektion der Oeso-
phagusgeschwulst im Gesunden das J i a n u sehe Rohr durch das
Foramen oesophageum gezogen und mit dem proximalen Oesophagus-
ende durch direkte Naht oder durch Knopf (nach Tiegel) vereinigt
wird. Diese intrathorakale Methode ist kurz skizziert.
S c h u 1 1 z e - Duisburg: Die Rekonstruktion der Bauchdecken.
Verfassers Methode besteht darin, jede Wunde mit Rosa¬
schen Klauenschiebern zu verschliessen und dann zu nähen. Die
Klauenschieber sollen die Wundränder exakt adaptieren, während durch
2 in der oberen und unteren Hälfte der Wunde zwischen Haut und
Faszie eingehakte Muzeuxzangen das mobilisierte Material herbeigcholt
wird. Das Verfahren ist an 2 Abbildungen veranschaulicht und die
Technik genau angegeben. Diese Methode ermöglicht bei kleinen und
grossen Diastasen einen sicheren Verschluss der Wunde.
Friede mann -Langendreer: Zur Frage der freien Transplan¬
tation des Peritoneums. ,
Verf. zeigt kurz an einem Beispiel, dass der Wundverlauf auch
ohne dass Serosadefekte übernäht werden, reaktionslos sein kann.
Damit ist also dargetan, dass H o f m a n n s (No. 4) Behauptung, dass
seine freie Peritoneumtransplantation erfolgreich war, klinisch nicht
bewiesen ist.
Franz Derganc - Laibach : Appendectomia subserosa.
Diese Operationsmethode besteht darin, dass die Serosa der ver¬
wachsenen Appendix an der Basis oder Spitze zirkulär odei longi¬
tudinal gespalten und die Appendix langsam mit einem Tupfer unter
Zurückstreifung der Serosa herausgezogen wird. Die von Kof manu
(No. 50) angegebene „Ausschaltung der Appendix“ weist auch Verf.
entschieden zurück. E. Heim- Gerolzhofen.
Gynäkologische Rundschau, Jahrgang VII, Heft 3.
Lucius Stolper- Wien: Ueber den Einfluss der weiblichen
Keimdrüse auf den Zuckerstoffwechsel. (Aus der I. Universitäts-
Frauenklinik in Wien.) .
Zunächst Uebersicht über die Literatur betreffend die Ausschei¬
dung von Zucker in der Schwangerschaft; aus den vorliegenden Ar¬
beiten geht hervor, dass das Auftreten der Glykosurie e nutrimentis,
e saccharo et ex amylo für einen gewissen Prozentsatz der
Schwangeren nahezu allgemein anerkannt wird. Verfasser unter¬
suchte im ganzen 32 Gravidae vom 2. — 9. Monat bei gewöhnliche!
Ernährung und konnte schon in 6 Fällen eine deutliche, wenn auch
geringe Zuckerausscheidung feststellen; bei Zuckerdarreichung fand
er unter 30 Graviden 21 mal Zucker positiv. Gravidae mit
Hyperemesis zeigten eine vermehrte Zuckerausscheidung. Verf.
glaubt diese Herabsetzung der Assimilationsgrenze für Zucker auf
Veränderungen in den Ovarien zurückführen zu müssen, vielleicht am
eine Beeinträchtigung der Funktion des Ovarium.
Auch bei Genitaltumoren ist, wie aus der Literatur hervorgeht,
öfters Zuckerausscheidung beobachtet worden Nach Ansicht des
Verf. sind es besonders die Ovarialkystome, welche die Assimilations¬
grenze für Zucker herabsetzen, diese Befunde waren so konstant, dass
er sie einigemale differentialdiagnostisch zwischen Myom und Kystom
mit Nutzen verwerten konnte, und zwar derart, dass Herabsetzung
der Assimilationsgrenze für Kystome, Erhöhung für Myom sprach.
Weiter untersuchte Verf. Frauen mit den verschiedensten Er¬
krankungen vor und nach der Operation, und zwar sowohl in Fällen,
in denen die Ovarien entfernt wurden, als auch in solchen, in denen nur
ein Ovar oder nur der Uterus exstirpiert wurde, bezüglich der Assimila¬
tionsgrenze für Zucker. Die Versuche sind in einer Tabelle iihci-
sichtlich zusammengestellt, aus ihr geht hervor, dass bei Frauen nach
Entfernung der Ovarien die Assimilationsgrenze herabgesetzt ist, das¬
selbe liess sich auch in 17 Fällen an Frauen in der Menopause be-
obachen. Verf. glaubt, dass diese Erscheinung durch Einwirkung aut
das Pankreas und das Adrenalsystem. wobei die Mitwirkung anderer
Drüsen mit innerer Sekretion wahrscheinlich ist, hervorgerufen wird.
Von praktischer Bedeutung kann die Feststellung der Toleranz
für Zucker sein bei der obenerwähnten Differentialdiagnose zwischen
Myom und Kystom und bei der Feststellung des beginnenden Klimak¬
teriums bezw. . des Ausfalles der Ovarialfunktion.
Heinrich Rotter-Pest: Eugenik und Geburtshilfe.
Fortsetzung folgt. A. R i e 1 ä n d e r - Marburg.
Archiv der Verdauungskrankheiten mit Einschluss der
Stoffwechselpathologie und der Diätetik, red. von Prof. J.
Boas- Berlin. Band XVIII, Heft 6.
36) Kemp- Kopenhagen : Beitrag zur Pathologie und Therapie
des Magengeschwürs. I. Die Hypersekretion nach der Probemahlzeit.
(Aus der med. Universitätsklinik in Kopenhagen — Prof, knuti
F a b e r.) ...
Ausgehend von R u b o ws Arbeit „Die Hyperazidität des Magen-
■ saftes und ihre Bestimmung mittels der Sahli sehen Probemahl-
11. März 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
zeit“, Bd. XII, H. 1 dieses Archivs, verfolgt Verf. den Zweck, einen
der bisher noch viel zu wenig gewürdigten Gesichtspunkte dieser
Arbeit, nämlich die Bedeutung der Hypersekretion für die Ulcus-
diagnose, an einem grösseren Material nachzuprüfen und kommt zu
nachstehendem Resultate. Die Form der „digestiven Hypersekretion“,
die ausschliesslich auf den Nachweis eines Schichtungsquotienten von
30 Proz. oder darunter basiert ist, kommt relativ häufiger bei Ulcus
ventriculi als bei anderen Magenkrankheiten vor, jedoch ohne dass
hieraus allein ein zwingender Schluss für die Ulcusdiagnose gezogen
werden darf. Der niedrige Wert des Schichtungsquotienten braucht
nicht einzig und allein auf einer erhöhten MagensaftseKretion zu be¬
ruhen, dies gilt nur für die Fälle gleichzeitig abnorm hoher Säure¬
zahlen. Annähernde Sicherheit für das Vorhandensein einer echten
digestiven Hypersekretion haben wir nur in solchen Fällen, in denen
sich entweder ein gleichzeitig sehr grosser und stark saurer Magen¬
inhalt findet oder wo die absolute HCl-Menge 85 ccm norm./lO HCl
1 Stunde nach einem Probefriihstiick von 35 g Zwieback übersteigt.
37) E i n h o r n - New York : Indikationen für Operationen bei Er¬
krankungen des Verdauungstraktes.
Vorstehende Ausführungen über die chirurgischen Indikationen
bei Verdauungskrankheiten verdanken ihre Entstehung der auch bei
uns in Deutschland beobachteten Tatsache von der Ueberhandnahme
nicht absolut notwendiger Operationen. Hierfür macht Einhorn
zwei Ursachen verantwortlich. Einerseits den Standpunkt mancher
Chirurgen, mit Untersuchungen zwecks Diagnose keine Zeit zu ver¬
lieren, sondern kurzerhand aufzumachen und nachzusehen, anderer¬
seits die Anschauung, speziell hinsichtlich des Magengeschwürs, dass
es zu Karzinom inkliniere, und dass demzufolge möglichst rasch ein¬
begriffen werden müsse, um die Entwicklung eines Krebses zu ver¬
hüten. Nach E.s schon früher geäusserter Ansicht müssen maligne
Prozesse so früh wie möglich, d. h. sobald eben die Diagnose ge¬
sichert ist, operiert werden, gutartige Prozesse jedoch erst dann,
wenn alle anderen internen Hilfsmittel erschöpft sind. Folgt eine
Besprechung der einzelnen Indikationen für chirurgische Eingriffe.
38) H o f i u s - Duisburg: Vergleichende Untersuchungen über die
Röntgenphotographie des Magens und die Gastrodiaphanie. (Aus der
inneren Abteilung des Bethesdakrankenhauses. Oberarzt Dr. M e 1 1 -
z i n g.)
Nachdem in manchen der neueren Lehrbüchern der Gastro¬
diaphanie eigentlich fast nur mehr der Kuriosität halber Erwähnung
getan wird, ist es um so interessanter, aus vorliegenden vergleichen¬
den Untersuchungen von Hofius zu ersehen, dass die Gastrodia¬
phanie im wesentlichen die gleichen Resultate ergibt wie die Röntgen¬
photographie, dass beide Verfahren sich jedenfalls ebenbürtig sind
und dass sich ergebende Abweichungen sich nicht widersprechen,
sondern meist sogar in wertvoller Weise ergänzen. Einen Vorzug
sogar hat die Gastrodiaphanie vor der Röntgendurchleuchtung, dass
sie erheblich billiger und bei weitem einfacher ist und demzufolge
für die allgemeine Praxis geeigneter. Ausserdem gestattet die Gastro¬
diaphanie auch in der bequemsten Weise die chemische Untersuchung
des Magens mit der Durchleuchtung zu vereinigen. Die Frühdiagnose
des Magenkarzinoms anlangend, so haben beide Untersuchungen doch
nur einen sehr beschränkten Wert, immerhin aber verdient die
Röhtgenphotographie hier insofern den Vorzug, als sie auch Tu¬
moren der hinteren Magenwand uns sichtbar zu machen imstande ist.
39) Jonas: -Wien: Ueber das Verhältnis zwischen Stuhlbild
und Darmmotilität und die wechselnden Stuhlbilder der Hyperazidität
und der Achylie.
Der Hauptmotor des Darmes ist der Magen, indem seine Hyper-
motilität auch eine Disposition zu beschleunigter Darmpassage und
seine Hypomotilität eine solche zu deren Verlangsamung schafft,
(ileichwohl ist für die Gestaltung des Stuhlbildes nicht so sehr die
Motilität des Darmtraktes überhaupt, als die Motilität der unteren
Dickdarmabschnitte massgebend, so dass aus den Stuhlbildern der
Obstipation bezw. Diarrhöe durchaus nicht auf eine verlangsamte
Passage bezw. Hypermotilität des ganzen Darmes geschlossen werden
darf. Wenn nun auch das Hauptstuhlbild der Achylie die Diarrhöe
ist, so können eben auf Grund obigen Befundes gleichwohl normale
bis harte Stühle erfolgen, d. h. Obstipation schliesst eine Achylie nicht
aus. In Gleichem kann trotz des gewöhnlichen Zusammenhanges
zwischen Hyperazidität und Obstipation aus dem Bilde der Diarrhöe,
selbst bei Anwesenheit von Bindegewebe, nicht bedingungslos auf
Achylie geschlossen werden.
40) Z a d e k - Berlin : Ueber hämorrhagische Erosionen und
Magengeschwüre und ihre Beziehungen zu Melaena neonatorum im
Anschluss an 4 Fälle bei Säuglingen.
Den von Z a d e k mit wahrem Bienenfleiss unter Berücksich¬
tigung aller nur irgendwie einschlägigen Literatur zusammen¬
gestellten Ausführungen, die sich unmöglich im knappen Rahmen eines
Referates alle wiedergeben lassen, ist zu entnehmen, dass wir jeden¬
falls nicht berechtigt sind, eine einheitliche Genese für die Erosionen
und Ulzera anzunehmen, ganz besonders nicht bei den geschwürigen
Magen-Darmprozessen bei Melaena neonatorum. Inwiefern allerdings
im einzelnen Falle das eine Mal spastische Nekrosen, das andere Mal
primäre Blutungen in die Schleimhaut mit nachfolgender Andauung im
Nnne der A s c h o f f sehen mechanischen Theorie die Entstehungs-
Möglichkeit abgeben, das zu entscheiden wird die Aufgabe zu¬
künftiger Untersuchungen und Versuche bilden müssen.
... S c h i 1 1 i n g - Leipzig: Erbrochener Duodenalschleim im
Migräneanfall.
Die Form des während eines heftigen Migräneanfalles er¬
brochenen Schleimes liess sofort den Abguss der spastisch kon¬
trahierten, von Falten durchbrochenen Duodenalschleimhaut erkennen
und zeigten einzelne Zacken sogar die 1 eilungen der K e r k r i iwr sehen
Faltenvertiefungen. Nach des Autors Anschauung war ein vorausge¬
gangener Unfall mit später nachfolgender Amputation des Unter¬
armes und damit später einsetzender Neuropathie die Ursache des
beobachteten Leidens, denn um Gastroxynsis oder paroxysmenartig
auftretende Hypersekretion mit Erbrechen konnte es sich nicht
handeln, da der Magensaft sonst stets subazid war.
A. Jordan- München.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 9, 1913.
1) Alfred P o u s s o n - Bordeaux: Beitrag zur Chirurgie der
Nephritiden.
Verfasser liefert einen durch persönliche grosse Erfahrung be¬
sonders interessanten und wertvollen Beitrag zur Chirurgie der
akuten und chronischen Nephritiden, und zwar redet er der Nephro¬
tomie besonders das Wort.
2) A. Z i n s s e r - Berlin : Ueber die Schädigung der Niere bei der
Eklampsie. (Vorgetragen in der Gesellschaft für Geburtshilfe und
Gynäkologie zu Berlin.)
Der Verfasser vertritt die Ansicht, dass bei echter Eklampsie
die einseitige Behandlung der Niere vollkommen zwecklos ist, da die
Schädigung der Niere eben nur eine Episode im Drama der Eklampsie
ist, und wenn sie eine so weitgehende wird, dass der Organismus ihr
allein erliegen würde, so sind auch in anderen Organen die Zerstö¬
rungsprozesse so weit vorgeschritten, dass von der Niere allein aus
nichts mehr zu retten ist.
3) S. W e i 1 - Breslau : Beitrag zur Statistik der Magenresektion.
(Auf Grund von 157 in den letzten 5A Jahren ausgeführten Resek¬
tionen.)
Von der Gesamtzahl der Kranken, die 1907—1909 mit Magen¬
karzinom in Behandlung der Breslauer chirurgischen Universitäts¬
klinik kamen, konnten nur 2 — 3 Proz. von ihrem Leiden dauernd ge¬
heilt werden. Dies Resultat wäre sehr betrüblich, wenn man nicht in
Erwägung ziehen müsste, dass die Resektion des Magens als Pallia¬
tivoperation den Zustand der Patienten für längere Zeit recht günstig
beeinflusst, viel besser als die Gastroenterostomie. Eine Besserung
dieser Statistik ist nur zu erwarten, wenn viel häufiger als bisher
das Magenkarzinom im frühesten Stadium dem Operateur zugeführt
wird.
4) C. S. E n g e 1 - Berlin : Demonstration der Wirkung der Venen¬
stauung auf die Pulskurven Herzkranker. (Nach einem am 22. Januar
1913 in der Berliner med. Gesellschaft gehaltenen Vortrage.)
Cf. pag. 217 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
5) Abel- Berlin: Die Elektrokoagulation bei der chirurgischen
Behandlung des Krebses, speziell des Gebärmutterkrebses. (Vortrag,
gehalten in der Berliner med. Gesellschaft am 29. Jan. 1913.)
Cf. pag. 275 der Münch, med. Wochenschr. 1913
6) W. F a 1 1 a und L. Zehner- Wien : Ueber chemische Ein¬
wirkungen des Thorium X auf organische Substanzen, besonders auf
die Harnsäure.
Die Verfasser weisen die Einwände von J. Plesch gegen die
von ihnen in No. 12, 1912 unter dem gleichen Titel publizierten Ver¬
suche zurück.
7) Gottwald Schwarz - Wien : Zur Frage des wirksamen Prin¬
zips biochemischer Strahlenreaktionen.
Thorium-X-Lösung, die keine mittels Jodkaliumstärkepapier
nachweisbaren Mengen O3 oder H2O2 enthält, bewirkt nach 24 Stunden
energische Lutein- und Lezithinspaltung im Dotter; selbst hochkon¬
zentrierte H2O2 Lösungen bewirken dies nicht, daraus folgt, dassCL
oder H2O2 bei dieser Strahlungsreaktion keine ursächliche Rolle spielt.
8) Arthur M ü n z e r - Berlin-Schlachtensee : Innere Sekretion und
Nervensystem. (Schluss.)
Nach den Erfahrungen der Physiologie und Pathologie sind die
Funktionen der Blutdriise innig mit der Tätigkeit des Nervensystems
verknüpft. Alle durch die Blutdrüsen hervorgebrachten Reaktionen
werden nur durch das Nervensystem vermittelt. Es werden nur be¬
stimmte Nervengebiete, und zwar Gehirn und vielleicht Rückenmark
einerseits, vegetatives Nervensystem andererseits beeinflusst. Das
Wesen der zwischen polyglandulärem und Nervensystem bestehenden
Wechselbeziehungen lässt sich mit der Annahme erklären, dass die
Sekrete der Blutdrüsen dazu dienen, den Tonus der beeinflussten
Nervengebiete zu regulieren. Die einzelnen Blutdrüsen beeinflussen
vermöge einer spezifischen Affinität nur einen bestimmten Bezirk des
Nervensystems, nicht etwa das gesamte in ihren Machtbereich ge¬
hörende Nervengebiet. Die spezifischen Affinitäten der Blutdrüsen zu
den verschiedenen Abschnitten des Nervensystems können als Ein¬
teilungsprinzip für das polyglanduläre System benutzt werden. Die
Annahme einer Tonusregulation bestimmter Nervenabschnitte von
seiten der Blutdrüsen lässt sich vielleicht in therapeutischer Hinsicht
verwerten.
9) C. H 0 1 s t e - Stettin : Vorschläge zur Verbesserung des neuen
preussischen Hebammenlehrbuchs.
Besprechung der Vorzüge und Nachteile des preussischen Heb¬
ammenlehrbuchs, sowie Vorschläge zur Verbesserung.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. io.
546
1Ü) Scharfe: Der Scheidentrockner.
Der alte Kehlkopfpulverbläser wurde aus starkem Glas her¬
gestellt und mit einer Vorrichtung versehen, um den Weichgummi-
konus des Scheidenspülers „Frauenwohl“ zu halten.
Dr. Grassmann - München.
§
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 9, 1913.
1) P. U h 1 e n h u t h, P. M u 1 z e r und G. Hügel- Strassburg :
Die chemotherapeutische Wirkung von organischen Antimonpräpa-
raten bei Spirochäten- und Trypanosomenkrankheiten.
Als Endresultat einer grossen Reihe von experimentellen Unter¬
suchungen ergab sich, dass dem benzolsulfon-p-aminophenylstibin-
sauren Natrium und anscheinend noch mehr dem p-urethanophenyl-
stibinsauren Natrium eine Schutz- und Heilwirkung gegen Hühner-
spii illose zukommt. Auch Versuche mit den genannten Mitteln bei
Rekurrens, Dourine, Schlafkrankheit und Syphilis der Tiere Hessen
einigen Erfolg erkennen.
2) J. Pal- Wien: Die Wirkung des Opiums, seiner Komponenten
und Ersatzpräparate.
Nach einem Vortrag in der Sitzung der k. k. Gesellschaft der
Aerzte in Wien am 22. November 1912, ref. in No. 49 (1912) der
Münch. med. Wochenschr.
3) C. A. Ewald- Berlin : Milzvenenthrombose mit tödlicher
Magenblutung.
Vortrag, gehalten im Verein für innere Medizin und Kinderheil¬
kunde in Berlin am 13. Januar 1913, ref. in No. 3 (1913) der Münch,
med. Wochenschr.
4) G. D o r n e r - Berlin: Bronchoösophagealfistel bei Aorten¬
aneurysma.
Nach einem im Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde
in Berlin am 13. Januar 1913 gehaltenen Vortrage, ref. in No. 3 (1913)
der Münch, med. Wochenschr.
5) Paul S a c k u r - Breslau: Experimentelle und klinische Bei¬
träge zur Kenntnis der Hormonalwirkung.
Das neue albumosefreie Z u e 1 z e r sehe Hormonal (Kontroll-
ni'mmer von 51 an aufwärts) scheint in der Tat frei von einer den
Blutdruck herabsetzenden Wirkung zu sein, vorausgesetzt, dass die
intravenöse Injektion ganz langsam erfolgt, die 20 ccm des Original¬
fläschchens innerhalb von mindestens 15 Minuten eingespritzt werden.
Die peristaltikanregende Wirkung des Hormonais, welche beim
Kaninchen sehr deutlich, bei Hund und Katze kaum vorhanden ist, hat
sich beim Menschen in vielen Fällen von paralytischem Ileus, post¬
operativer Darmlähmung und einfach atonischer Obstipation ausge¬
zeichnet bewährt. Ungeeignet für die Anwendung des Hormonais
sind naturgemäss die Kranken, bei welchen ein mechanischer Ver¬
schluss des Darmes vorliegt. Wurde in solchen Fällen doch Hor¬
monal gegeben, so traten nach etwaiger operativer Beseitigung des
Hindernisses schon wiederholt starke Diarrhöen als nachträgliche
Folgen der Hormonalwirkung ein.
6) David Rothschild- Soden a. T. : Der Einfluss der Jod-
medikation auf die Sputumphagozytose der Tuberkelbazillen.
Die nach Verabreichung von Jodkali an Tuberkulöse auftreten¬
den Jodkalikatarrhe lassen öfters dort, wo vorher keine Tuberkel¬
bazillen im Sputum gefunden wurden, die Bazillen erst erscheinen:
sie pflegen dann häufig intrazellulär gelagert zu sein. Die demnach
anscheinend vermehrte Phagozytose, sei sie nun Jodwirkung oder
nicht, tritt vornehmlich bei klinisch günstig verlaufenden Fällen auf.
Besonders gute Erfolge in der Tuberkulosetherapie dürften einer
Kombination von Jod mit Tuberkulin zukommen.
7) Carl S t e r n - Düsseldorf : Ueber „eigenlösende“ Eigenschaften
des Meerschweinchenserums und dadurch bedingte Fehlerquellen
der WaR.
Sera der Meerschweinchen, zumal jüngerer Tiere, können nach
ein- oder mehrmaliger Blutentziehung die Fähigkeit annehmen,
Hammelblutkörperchen auch bei fehlendem Ambozeptor aufzulösen.
Auf diese Weise kann es zu Fehlern in der WaR. kommen.
8) Gustav Stiimpke - Hannover-Linden : Kombinierte (Sal-
varsan-Quecksilber-) Behandlung der Lues.
Die Ueberlegenheit der Kombination von Salvarsan mit Queck¬
silber zeigt sich immer von neuem. Ausserdem scheint auch die
intravenöse u n d intramuskuläre Einverleibung des Salvarsans bei
demselben Individuum vorteilhafter zu sein als die einzelne Methode
für sich. Bei 35 unter 51 Fällen von Primäraffekt und noch nicht
eingetretener Generalisation (negative WaR.) konnte das Auftreten
sekundärer Erscheinungen wenigstens für die Zeit der klinischen
Beobachtung (bis zu 3 Monaten) hintangehalten werden. Auch bei
der Behandlung der Syphilis Tuberkulöser hat sich die Kombination
Salvarsan-Quecksilber gut bewährt.
9) Johann Lang-Prag: Zur Salvarsanfrage in der Otiatrie.
Kasuistische Mitteilungen. Zweimal Verschlimmerung des Ge¬
hörs nach Salvarsan.
10) Alfred F. H e s s - New York: Untersuchungen über Pyloro-
spasmus und Pankreasfermente beim Säugling vermittels eines ein¬
fachen Duodenalkatheters.
Mit Hilfe eines Weichgummikatheters kann man beim Säugling
ohne erheblichere Schwierigkeit durch den Magen ins Duodenum ge¬
langen; die Entfernung des Pylorus vom Kieferrande beträgt im
ersten Lebensmonat 20 cm und wächst bis zum Ende des ersten
Jahres auf 25 cm. Auf dem angegebenen Wege ist es möglich, den
Pylorospasmus von einer organischen Pylorusstenose zu unter-
scheiden. Ferner erhielt man Aufschluss darüber, dass eine
Hypersekretion von Pankreassaft, der beim Neugeborenen bereits
alle drei Fermente enthält, mit oder ohne Hypersekretion des JVIagem
einhergehen kann, dass der Ikterus neonatorum früher auftritt als
die Gallenabsonderung usw. Auch Untersuchungen übar die Bak
terienflora des Duodenums waren ausführbar.
11) Oswald M e y e r - Berlin: Beitrag zur Entstehung und Ver¬
hütung der Hirschsprung sehen Krankheit.
Nach einer Demonstration im Verein für innere Medizin und
Kinderheilkunde in Berlin am 25. November 1912, ref. in No. 49 (1912)
der Münch, med. Wochenschr.
12) E. Dschunkowsky - Surnabad : Das RückfalKieber in
Persien.
Eine persische Zeckenart (Ornithodoros) vermag durch ihren
Biss Krankheitserscheinungen verursachen, die gelegentlich den Tot
herbeiführen. Als eigentliche Krankheitserreger sind Rekurrens-
spirochäten entdeckt worden; es handelt sich also in den gedachterj
Fällen um Rückfallfieber; dieses ist vermutlich von Negern aus
Afrika nach Persien eingeschleppt worden; dementsprechend gleicht
die Spirochaeta „persica“ am meisten der afrikanischen Spirochaetal
Duttoni.
13) Zernik - Wilmersdorf : Neue Arzneimittel), Spezialitäten und
Geheimmittel. XXXIV. Baum- München.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
L. Hess und J. Wiesel- Wien: Ueber die Wirkung vor
Adrenalin bei akuten experimentellen Nephropathien.
Die Verfasser haben gefunden, dass Kaninchen mit schwere:
Uranvergiftung trotz fortgesetzter sonst tödlicher Urangaben an
Leben zu erhalten sind, wenn gleichzeitig Adrenalininjektionen ge
geben werden. Die Adrenalindarreichung versagt jedoch ihre Wir¬
kung, wenn es bereits zur Anurie gekommen ist. Das Absinken de:
Eiweissmengen und die Steigerung der Diurese spricht für eine
funktionelle Besserung, anatomisch erfährt anscheinend die Uran
nephropathie durch Adrenalin keine Besserung.
R. Kraus, H. Hof er- Wien und I s h i w a r a - Tokio: Uebet
Differenzierung von Leprabazillen mittels Bakteriologie.
Ergebnisse: Das Serum der mit sogen. Leprabazillen vor
behandelten Kaninchen nimmt spezifisch bakteriolytische Eigen,
schäften an und löst die zugehörigen Bazillen im Peritoneum ge
sunder Meerschweinchen auf. Die kulturell leicht differenzierbarei
sogen. Leprastämme nach D u v a 1 und Kedrowski erweiset
ihre Verschiedenheit auch im Peritonealversuch. Ob sie wirklicl
Lepraerreger sind, steht noch dahin. Allergische Versuche im Landes
spital Sarajevo hatten ein negatives Ergebnis. Die Untersuchungei
beweisen, dass auf diese Weise eine Differenzierung säurefeste
Bakterien möglich ist.
J. Steiner- Wien : Feldärztliche Erfahrungen in der vor
dersten Hilfszone.
Erfahrungen aus dem Balkankriege (auf montenegrinischer Seite);
L. J e h 1 e - Wien: Ueber die Wirkung neuer Korrektionsversuchi
der Wirbelsäule bei der orthotischen Albuminurie.
Das Wesentliche ist in dem Bericht auf S. 445 enthalten.
L. Jehle-Wien: Beitrag zur sogen. „Marschhämoglobinurie"
2 Krankengeschichten. Die durch Lordose bewirkte Hämo
globinurie ist in diesen Fällen so zu beurteilen, dass die an
fallsweise zeitlich begrenzte Hämoglobinurie neben einer lordo
tischen Albuminurie auftreten kann. Es müssen daher auch fii
beide verschiedene Ursachen vorliegen, wohl in der Weise
dass die Lordose nur zur Zeit eines Anfalles von Hämoglobin
urie ein provozierendes Moment darstellt.
S. N a g y - Klausenburg: Beiträge zur Diagnose der akuten Ent
zündung des Pankreas.
Krankengeschichte eines sicheren Falles von akuter Pankrea
titis mit Fettnekrose im Netz und Mesenterium. Operation. Heilunr
Untersuchungen des Stoffwechsels zeigten in dem gegenseitigen Ver
hältnisse der stickstoffhaltigen Spaltungsprodukte im Harn kein Ab
weichen von der Norm. Bestätigt wurde Katzs Angabe, dass ein
Funktionsstörung des Pankreas anzunehmen sei, wenn die Fett
Spaltung unter 70 Proz. herabgeht. Die Untersuchung der tryptische
und amylolytischen Fermente gibt keine genügend sicheren Anhalts
punkte für eine Entscheidung in zweifelhaften Fällen.
E. Langer - Wien: Die Cammidgereaktion und ihre Bedeutum
für die Diagnostik der Pankreaserkrankungen.
Nach L.s Untersuchungen ist die Cammidgesche Reaktio
keine für Pankreaserkrankungen spezifische. Sie ist auch nicht blos
durch Traubenzucker bedingt, denn auch nach Kochen des Harns m.
20 proz. Kalilauge, welches die einfachen und zusammengesetzte
reduzierenden Zucker zerstört, findet sich die Reaktion; ebenso bt
gesundem Pankreas nach Genuss von 100 g Dextrose, in der Rage
wenn keine Dextrosurie erfolgt. Dagegen ist, wo von vornherei
Glykosurie besteht, bei krankem Pankreas ohne Genuss von Dextros
nach dem Kochen mit Kalilauge die Reaktion negativ. Gibt man i
solchen Fällen 100 g Dextrose, so wird die negative Canimidge
sehe Reaktion positiv, während bei gesundem Pankreas nach Genus
11. März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
47
von 100 g Dextrose und Auftreten der Dextrosurie die Reaktion
negativ ist. Die C a m m i d g e sehe Reaktion scheint durch die
beim Auf- und Abbau des Glykogens gebildeten zusammengesetzten
Zuckerarten bedingt zu sein. Bei der Adrenalinglykosurie ist die
Reaktion positiv, bei den anderen künstlich erzeugten Glykosurien
negativ, was darauf hinweist, dass nicht nur der erhöhte Blutzucker¬
gehalt, sondern ein Ueberwiegen des sympathischen bzw. des
chromaffinen Systems — mit oder ohne Pankreaserkrankung — für
die Reaktion bedeutungsvoll ist; unter Umständen können auch
Zerfallsprodukte des Pankreas selbst die Reaktion bedingen.
E. II o f m o k 1 - Wien ; Zur Frage der Samariterinnenbereitscliaft.
A. F r ä n k e 1 - Wien: Einige Bemerkungen zur Frage unserer
sanitären Kriegsbereitschaft.
Diese beiden Aufsätze beziehen sich auf die in der Sitzung der
k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien am 19. II. 13 stattgehabte
Debatte (vergl. Münch, med. Wochenschr. S. 446/447).
Wiener klinisch-therapeutische Wochenschrift.
No. 49, 1912. K o h 1 h a a s - Stuttgart : Die Pneumothorax-
behandlung der Lungentuberkulose.
Die Erfahrungen an 41 Fällen waren im allgemeinen recht zu¬
friedenstellend, indem mit geringen Ausnahmen wenigstens sehr er¬
hebliche Besserungen erzielt wurden. Die Indikation erstreckt sich
vorzugsweise auf einseitige vorgeschrittene, bis dahin erfolglos be¬
handelte Fälle; doch schliesst eine leichtere Erkrankung der zweiten
Lunge die Behandlung nicht vollständig aus, dieselbe wird sogar mit¬
unter selbst günstig beeinflusst. Unstillbare Hämoptoe auf einer,
sicher festgestellten, Seite kann gleichfalls eine sehr dankbare In¬
dikation bilden. Im übrigen sollte die Indikationsstellung nicht,
namentlich nicht auf leichtere Anfangsfälle ausgedehnt werden.
Zur sicheren Vermeidung der Gasembolie dient als Grundregel
für die Stich- wie Schnittmethode, nie Gas einströmen zu lassen ohne
den vorherigen Nachweis sicherer Manometerschwankung. Dann
sind beide Methoden gleich wenig gefährlich. Ausserdem emp¬
fiehlt K., die erste Punktion nicht rasch, sondern nur mit langsam
drehender Nadel auszuführen. Nur dann ist der Eintritt der letz¬
teren in den Pleuraspalt sofort zu erkennen und eine Verletzung der
Lunge zu vermeiden. Ebenso hat das langsame Herausziehen der
Nadel den Vorteil, ein Emphysem leichter zu vermeiden. Weitere Be¬
merkungen zur Pathologie und Technik sind im Original einzusehen.
No. 51. O. Geymayer-Graz: Ueber die Wirkungsweise des
Luminal im allgemeinen und bei Epilepsie im besonderen.
Das Luminal ist ein von besonderen Nebenwirkungen freies
brauchbares Mittel gegen nervöse Schlaflosigkeit bereits in Dosen
von 0,1 — 0,2 g; gute Wirkungen sah Verfasser auch bei der genuinen
Epilepsie bezüglich der Verhinderung und Verminderung der Anfälle
(0,3, später 0,1 — 0,15 g). Das Luminalnatrium eignet sich auch zur
subkutanen Injektion (in 20 proz. Lösung). Wenig wirksam war das
Mittel bei Schlaflosigkeit in Fällen von Paralysis agitans, bei Maras¬
mus und chronischem Alkoholismus, bei arteriosklerotischen Er¬
regungszuständen, Herz- und Atmungsbeschwerden. Dieselben wur¬
den anscheinend eher verstärkt.
No. 52. M. B i r n b a u m - Berlin ; War Goethe kurzsichtig?
Die Würdigung der verschiedenen vorliegenden Anhaltspunkte
führt B. zu dem Schluss, dass wenigstens eine hochgradige Kurz¬
sichtigkeit bei Goethe nicht bestanden habe.
No. 1, 1913. E. Z a b e 1 - Rostock; „Brennen auf der Zunge“ als
Frühsymptom perniziöser Anämie.
Das Auftreten oft sehr starker brennender Schmerzen an der
Zunge ist ein namentlich bei perniziöser Anämie frühzeitig auftreten¬
des Symptom, das mehr gewürdigt werden und zu sorgfältiger Blut¬
untersuchung Anlass geben sollte. Dasselbe ist vom Verf. auch bei
sonstigen schweren Anämien, aber bisher nicht bei Leukämie be¬
obachtet worden.
No. 1. R. Eiselt; Erfolge der Aniontotherapie und Stoff¬
wechseluntersuchungen während derselben.
Schlusssätze: Die Aniontotherapie beeinflusst günstig Rheu¬
matismen jeder Art und Gelenkerkrankungen, zumal die mit Harn-
saureretention verbundenen. Die Harnsäure im Harn nimmt zu, nicht
durch erhöhte Bildung, sondern durch erleichterte Ausscheidung.
Vielleicht beruht der günstige Erfolg bei Neurasthenie auf erhöhter
Harnsäureausscheidung. Bei Diabetes wird weder die Glykosurie
noch die Azidose beeinflusst, aber eine beruhigende und heilsame Wir¬
kung auf die komplizierenden Neuralgien und Neuritiden ausgeübt.
B e r g e a t - München.
Französische Literatur.
Henri Labbe: Untersuchungen über die Pankreasausschaltung,
Veränderungen der Allgemeinernährung bei teilweiser und kompletter
Entfernung des Pankreas. (Revue de medecine, April u. Mai 1912.)
Die eingehenden Stoffwechseluntersuchungen L.s an einem
Hunde, welchem °/ 7 des Pankreas entfernt worden sind, führten zu
folgenden Schlussfolgerungen. Regelmässig mit Fleisch ernährt, hat
das Tier mehrere Monate noch gelebt und allmählich an Gewicht
(50 Proz. des ursprünglichen) verloren. Die Stickstoffaufnahme von
seiten des Darmes ist eine geringere wie bei einem normalen Hund
gleichen Gewichts und gleicher Ernährung. Die Harnstoffausschei¬
dung war durch die Pankreasverletzung nicht verändert, hingegen
wurde eine 5 — 6 mal grössere Menge Stickstoffamine als von einem
normalen Hunde gleichen Gewichts und gleichen Ernährungsbedin¬
gungen ausgeschieden. Der intermediäre Stoffwechsel zeigte eine ge¬
wisse Veränderung, indem er zur Produktion und Elimination von
Azetonkörpern, z. B. regelmässig kleinen Mengen von Azet-Azetyl-
säure führte. Der teilweise seines Pankreas beraubte Hund war von
einem anhaltenden experimentellen „Pankreas“-Diabetes befallen, die
täglich ausgeschiedene Zuckermenge stand im Verhältnisse zu der
Menge der mit der Nahrung eingeführten Proteine, das Tier hat aber
weder Polyphagie noch Polydipsie noch Polyurie gezeigt. Das
makroskopische Aussehen der Fäzes und deren chemische Analyse
haben einen beträchlichen Mangel der Fettresorption erwiesen. Das
Stickstoffgleichgewicht, das einige Tage anhielt, ebenso wie die Zer¬
setzung der Fettsubstanzen, lassen annehmen, dass Mangel oder Verr
minderung der Pankreasabsonderung durch ergänzende Funktionen
anderweitig ausgeglichen wird. Die relative Unversehrtheit der Le¬
ber bei der Autopsie spricht nicht gegen diese Hypothese. Die bei
dem Tiere konstatierten Stoffwechselstörungen der Amine stimmen
in gewissem Grade mit der Meinung der Autoren überein, welche in
der Azidose eher eine Intoxikation durch die saueren Stickstoffsub¬
stanzen der Proteolyse als durch die Fettsäuren oder Azetonkörper
sehen. Das „Diabetes“-Tier verteidigte sich mittels einer Ueber-
produktion ammoniakalischer Körper gegen die doppelte Säurevergif¬
tung (Diazeturie und Aminsäuren), wodurch die Säuren neutralisiert
wurden. Diese antagonistische Funktion (der Neutralisierung) scheint
die Schwere der Intoxikation vermindert zu haben, ohne dieselbe
ganz zu unterdrücken; denn die Abmagerung (mangelhafter Stoff¬
wechsel) hält an oder nimmt sogar ständig zu.
E. Jeanselme und Paul C h e v a 1 1 i e r : Untersuchungen über
die sekundären syphilitischen, klinisch latenten Affektionen der Hirn¬
häute. (Revue de medecine, Mai-August 1912.)
Verfasser setzen im I. Kapitel ihrer umfangreichen Arbeit zuerst
die Technik auseinander, welche sie zur zytologischen Untersuchung
des Liquor cerebrospinalis angewandt haben. Es hat sich ihnen hie¬
bei besonders die Nageottesche Zelle bewährt; sie erfordert
3—4 mal weniger Zeit wie die klassische Methode (nach V i d a 1,
S i c a r d und R a v a u t) und ermöglicht, nicht nur die im Liquor
cerebrospinalis enthaltenen figürlichen Elemente zu zählen, sondern
auch deren morphologische Charaktere mit hinreichender Genauigkeit
festzustellen, so dass man mittels dieser Methode die leukozytäre
Formel des Liquor cerebrospinalis genau bestimmen kann. Im II. Ka¬
pitel werden die verschiedenen, mit der Lymphozytose des Liquor
cerebrospinalis bei Syphilis in Zusammenhang stehenden Fragen, ihre
Seltenheit im Tertiär-, ihr gänzliches Fehlen im Primärstadium usw.
behandelt. Das III. Kapitel ist völlig dem histologischen Studium der
sekundären, latenten oder sublatenten, Meningitis gewidmet und das
IV. Kapitel den Untersuchungen über die Behandlungsergebnisse mit
Quecksilber oder Arsenik und damit zusammenhängend den so kom¬
plizierten Fragen der Meningo- oder Neurorezidive, der Herx-
heimer sehen meningealen Reaktion usw. Nur die wichtigsten
Punkte seien noch aus diesen 3 Kapiteln hervorgehoben. Während
der Sekundärperiode ist die reaktive Entzündung der Hirnhäute sehr
häufig und kann die Lumbalpunktion in zweifelhaften Fällen von
Syphilis von sehr grosem Werte sein, da sich diese Hirnhautentzün¬
dungen oft durch gar kein Symptom kundgeben und nur beträchtliche
Lymphozytose vorhanden ist. Bei den sublatenten Formen sind fol¬
gende Symptome hervorzuheben: spezielle Art sehr hartnäckiger
Kopfschmerzen, die im allgemeinen durch Rückenlage, Lumbalpunk¬
tion und besonders Jodkali gebessert werden, eine gewisse psychische
Schwäche, Rachialgie des Nackens oder Halses mit anfallsweisen Kon¬
trakturen oder auch Rücken-, Kreuzschmerzen mit Ausstrahlungen um
Brustkorb oder Bauch, vorübergehende Parästhesien, Ohrensausen,
aufgehobener Patellarreflex, Lähmung der Augenreflexe. Ohne es
mit Sicherheit behaupten zu können, ist anzunehmen, dass die latente
Meningitis der Sekundärperiode, je nachdem sie zirkumskript oder
diffus ist, die Ursache für die sklero-gummösen Plaques des Tertiär¬
stadiums, der Tabes oder der allgemeinen Paralyse bildet. Irgend¬
eine bestimmte Art des Zusammenhanges oder der Abhängigkeit der
sekundären Haut- und Schleimhauterscheinungen mit der Hirnhaut¬
reizung ist nicht vorhanden, so dass nur die Lumbalpunktion letztere
feststellen kann. Je nach der Zahl der vorhandenen Zellelemente
möchten Verfasser eine gewisse Einteilung der meningealen Zustände
vornehmen: schwache, mittlere, starke, sehr hohe Lymphozytose.
Dieselbe ist gegen Quecksilber unvergleichlich resistenter wie die
Haut- oder Schleimhauterscheinungen und erfordert die stärksten
Quecksilberpräparate. Salvarsan wurde beschuldigt, sekundere, la¬
tente Hirnhautreizungen zu verursachen, Verfasser weisen dies aber
energisch zurück, da mit Salvarsan behandelte Individuen auch
weiterhin keine Lymphozytose zeigten oder dieselbe auch, wenn
sie vorher vorhanden war, zur Heilung kam oder wenigstens nicht
vermehrt wurde. Allerdings hat man beobachtet, dass Fälle von
Meningitis, die vor der Salvarsanbehandlung latent waren, durch die
sogen. Herxheimer sehe Reaktion offenkundig geworden sind.
Diese Reaktion bekundet sich durch die Vermehrung der Zahl der
im Liquor cerebrospinalis enthaltenen Elemente und durch die An¬
wesenheit von roten Blutkörperchen. Salvarsan k a n n schwere
Formen syphilitischer Meningitis heilen, wenn nur die Behandlung
mit Ausdauer fortgesetzt wird. Intravenöse Injektionen von 0,2 bis
0,3 und sogar 0,4 bis 0,5 g, in kurzen Pausen \\ icderholt. scheinen
548
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
J. und Ch. empfehlenswert, heftige Kopfschmerzen keine Indikation
zur Unterbrechung der Arsenikbehandlung zu bilden. Die Verbindung
von Salvarsan mit Quecksilber und Jod ist niemals schädlich. Eine
Anzahl ausgewählter Fälle dienen zur Illustration der aufgestellten
Thesen.
C e s a - B i a n c h i - Mailand: Toxische Wirkung der Organ¬
extrakte und Tachyphylaxie. (Revue de medecine, Juni 1912.)
Nach dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse hält es B.
für erwiesen, dass die wässerigen Extrakte von Lungen, lympha¬
tischen Organen und den hauptsächlichen Drüsen mit innerer Sekre¬
tion eine hochgradige Toxizität besitzen, d. h. rasch den Tod herbei-
fiihren können, wenn sie, selbst in kleinen Dosen, Tieren gleicher oder
verschiedener Art in die Venen injiziert werden. Die Extrakte
anderer Organe oder Qewebe haben gar keine oder nur schwache
Qiftwirkung. Welches die feinere Natur dieses nicht spezifischen
Giftes, das man leicht aus den Organen der Säugetiere mittelst physio¬
logischer Kochsalzlösung extrahieren kann, ist noch nicht genau fest¬
gestellt; selbst die zahlreichen Versuche, im Reagenzglase die
Giftwirkung der wässerigen Extrakte zu neutralisieren, sind unfrucht¬
bar geblieben. Am Lebenden ermöglicht die Methode der In¬
jektionen progressiv zunehmender Dosen in allen Fällen und für alle
Extrakte die Resistenz der Tiere gegenüber der toxischen Wirkung
desselben Extrakts wie auch der Extrakte anderer Organe von hoher
Giftwirkung beträchtlich zu erhöhen, wenn auch nicht ins Un¬
gemessene und nur auf eine kurze Spanne Zeit.
J. J. M a n o u k h i n e, Noel Fiessinger und ü. A. Krolu-
nitzky: Die Wirkung der metallischen Fermente auf die quanti¬
tativen Veränderungen der weissen Blutkörperchen und die Leuko-
zytolysine des Blutes. (Revue de medecine, Juli 1912.)
Verfasser stellten die Blutuntersuchungen an (8) Gesunden und
Patienten, die an verschiedenartigen Krankheiten litten, nach 10 intra¬
venösen Injektionen metallischer Fermente an und kamen nach ein¬
gehenden Studien zu dem Ergebnisse, dass diesen Injektionen bei ge¬
sunden Individuen eine leichte Verminderung, dann Vermehrung der
Leukozyten ohne eine Produktion von Leukozytolysinen folgt. Bei
Pneumonie und akutem Gelenkrheumatismus rufen die gleichen In¬
jektionen eine viel ausgesprochenere Verminderung der weissen Blut¬
körperchen als bei gesunden Individuen und im Blute geringe' Men¬
gen von Leukozytolysinen hervor. Bei langsamem Verlaufe der
Krankheit tritt 4 — 6 Stunden nach der ursprünglichen Verminderung
eine Vermehrung der Leukozyten ein, die aber nicht von Blut¬
körperchen auflösenden Eigenschaften des Blutes begleitet ist. 1 bis
3 Tage später stellt sich eine neue Verminderung, die in den meisten
Fällen mit Auftreten von Leukozytolysinen im Blute begleitet ist, ein.
In den günstig verlaufenden Fällen tritt die Hyperleukozytose nicht
am Tage der Injektion ein und wenn sie auftritt, erst nach dem Tem-
peraturabfalle. Tabellarische Uebersicht der Fälle mit genauem
Leukozytenbefund, Art, Zahl der Injektionen usw.
Pierre Delbet, A. Herrenschmidt und A. Beauvy:
Chloroformnarkose und Nebennierenkapseln. (Revue de Chirurgie,
April 1912.)
Verfasser stellten seit über 2 Jahren experimentelle Unter¬
suchungen über 1. die Fixation des Chloroforms durch die Neben¬
nierenkapseln, 2. die Wirkung desselben auf die Fette der Neben¬
nieren und 3. auf die chromaffine Substanz und das Adrenalin an.
Klinisch wurde an mehr als 1000 Fällen festgestellt, dass die infolge
der Chloroformnarkose eintretende Nebenniereninsuffizienz erfolgreich
durch Adrenalininjektionen bekämpft wird. Dieselben haben den Vor¬
teil, die Narkose zu regulieren, den Operationsschock zu vermindern
und in der Mehrzahl der Fälle sogar ganz zu verhüten. Verfasser
haben auch die Ueberzeugung bekommen, dass die Adrenalininjektion
— was allerdings nicht genau zu beweisen ist — ermöglicht, gewisse
plötzliche postoperative Todesfälle, die auf Insuffizienz der Neben¬
nieren zurückzuführen sind, zu verhüten.
A. Vignard und L. Arnaud: Die intraperitoneale Injektion
von 1 proz. Kampferöl bei der Behandlung der akuten diffusen Peri¬
tonitis. (Revue de Chirurgie, Mai 1912.)
Das Kampferöl erwies sich bei der diffusen Peritonitis als ein ge¬
fahrloses und wirksames Mittel, das in der Menge von 200 — 300 ccm
ohne Bedenken injiziert werden kann. Selbstverständlich muss es ge¬
reinigt (mit 95° Alkohol) und sorgfältig sterilisiert werden, worüber
Verfasser ganz genaue Angaben machen; sie wenden nur mehr das
1 proz. Kampferöl an.
Pierre Mocquot und Jack Mock: Zur Behandlung der chro¬
nischen Metritis mittels Chlorzinkinjektionen. (Ibidem.)
Dieselben bestehen darin, mittels der Braun sehen Spritze
1 — 2 — 3 ccm einer 30 proz., in besonderen Fällen (Hämorrhagien)
40 proz. Chlorzinklösung nach vorheriger Anästhesierung mit 5 proz.
Kokain- oder Novokainlösung (2 — 3 ccm) in die Gebärmutter zu in¬
jizieren. Nach der Injektion muss Patientin 12—24 Stunden ruhen,
nach 2 — 12 — 14 Tagen wird die Injektion je nach dem Falle wiederholt.
Die Chlorzinkinjektionen bilden nicht nur ein vortreffliches Behand¬
lungsmittel der chronischen Metritis, sondern sie sind nach Verfasser
fester Ueberzeugung den anderen Methoden und besonders der oft
als die wirksamste angesprochenen Curettage bedeutend überlegen.
Zudem haben die Injektionen noch den doppelten Vorteil, ein be¬
deutend einfacherer Eingriff zu sein als die Ausschabung und die Ad¬
nexe zuweilen günstig zu beeinflussen, jedenfalls nicht zu schädigen,
was bei der Curettage eine Hauptgefahr sei. Von 70 mittels der In¬
jektionen behandelten Kranken konnten 51 weiter beobachtet werden:
37 = 70 Proz. derselben wurden völlig geheilt und 12 = 24 Proz.
bedeutend gebessert, während die Statistik von Busse über die
Curettage nur 10 Proz. Heilung und 26 Proz. Besserung, wovon
7 Proz. ganz vorübergehender Art, aufwies.
Rene T oupet: Die Chirurgie der Hypophysis. (Revue de chi
rurgie, Juni 1912.)
Zusammenfassende, auf 56 Fällen der gesamten Literatur be¬
ruhende Studie über pathologische Anatomie der Hypophysisneu¬
bildungen, den Zugangswegen zu denselben (meist extra-, selten intra¬
kraniell), den Resultaten der Hypophysektomie und den Operations¬
indikationen. Die Mortalität der Operierten (extrakraniell) betrug
38 Proz., ein in Anbetracht der Schwere des Eingriffes nicht sehr
hoher Satz, die beiden intrakraniell Operierten endeten tödlich, der
eine unmittelbar, der zweite 1 Jahre nach der Operation. Die
Technik der Hypophysektomie von der Nase aus ist genau in all
ihren Phasen beschrieben und mit trefflichen Abbildungen versehen,
ebenso wie die Anzeichen zur Operation, welche nur die Radiographie
einigermassen kundgeben kann. Die 56 Fälle sind kurz nebst Literatur
angefügt.
M. Baculescu: Statistische Studie zur Extrauterinschwanger¬
schaft. (Ibidem.)
Die auf 56 Fälle eigener Beobachtung gestützte Arbeit kommt zu
dem Ergebnisse, dass jeder Fall von Extrauteringravidität operiert
werden muss und zwar je nach den Umständen mit Laparo- oder
Kolpotomie. Symptome, Verlauf, Diagnose der Extrauteringravidität
und der Ruptur derselben, Behandlung und deren Resultate werden,
auch unter Berücksichtigung der Literatur, eingehend besprochen.
Prof. Stroganoff-St. Petersburg: Behandlung der Eklampsie
mittelst der prophylaktischen Methode in den geburtshilflichen Kli¬
niken von Berlin. (Annales de gynecologie et d’obstetrique,
Juli 1912.)
Diese prophylaktische Methode, die sich immer mehr in Russ¬
land ebenso wie in Deutschland einbürgert, besteht darin: 1. die
Patientin in dunklem und möglichst ruhigem Zimmer zu isolieren,
möglichst wenig zu berühren und alle Untersuchungen unter Chloro¬
formnarkose zu machen; 2. die Anfälle mit narkotischen Mitteln zu
coupieren (Morphium, Chloral, Chloroform nach einem bestimmten
Schema), 3. die Entbindung zu beschleunigen, aber nicht mit Gewalt¬
mitteln, wie Zange, Wendung, Extraktion, Oeffnung der Eihäute, und
4. auf die regelmässige Funktion der lebenswichtigen Organe wie
Lungen, Herz, Nieren und Haut zu achten (geeignete Lage, reine
Zimmerluft, Milch, Herzexzitantien, wenn nötig, warme Umschläge
auf die Nierengegend). Unter Anführung von 2 nach dieser Methode
behandelten Fällen, wovon einer sehr schwerer Art war, und Be¬
rücksichtigung der einschlägigen Literatur kann Str. diese prophy¬
laktische Methode, die nach den neuesten Zusammenstellungen nur
eine Mortalität von 2 Proz. ergibt, als die beste Behandlungsart der
Eklampsie der Schwangerschaft empfehlen.
Arnoldo Quinetella - Rio de Janeiro : Die Serumdiagnose der
Schwangerschaft. (Ibidem.)
Die grosse Schwierigkeit, ja zuweilen Unmöglichkeit, welche sich
in der Praxis ergibt, die Schwangerschaft in den ersten 3 Monaten
mit Sicherheit zu erkennen, scheine vor den modernen biologischen
Untersuchungsmethoden weichen zu wollen. Nach dem Vorgänge
von Fieux und Maurice, welche (1910) die Möglichkeit einer
„Zottentoxämie“ und einer spezifischen Komplementablenkung in den
ersten Monaten der Schwangerschaft feststellten, unternahm Verf.
Untersuchungen an dem Material der gynäkologischen Klinik von
Rio de Janeiro. 6 Frauen, die nicht schwanger, sondern zum Teil mit
anderen gynäkologischen Affektionen behaftet wraren, zeigten sämtlich
negative Reaktion, eine ungefähr seit 20 Tagen schwangere Frau eben¬
falls negative und 8, im 2. — 3. Monat der Schwangerschaft befindliche,
Frauen sämtlich ein positives Resultat. Qu. kommt daher zu dem
Schlüsse, dass das Blut schwangerer Frauen zwischen dem 2. und
4. Monat der Schwangerschaft stets positive Bordet-Gengou-
sche Reaktion ergibt. Diese Reaktion ist spezifisch für eine von
den Zotten ausgehende Vergiftung des Blutes, die entweder mit der
physiologischen Bildung der Plazenta (nach den Arbeiten von Fieux
und Maurice) oder mit der übermässigen Bildung von Synzytium-
elementen, wie dies (nach Veit) bei Eklampsie — wo ebenfalls
stets positive Reaktion vorhanden ist — der Fall ist, zusammenhängt.
Mit dieser Theorie bestimmter Antikörper würde auch die aktuelle
Frage über Aetiologie und Pathogenese der Eklampsie einer Klärung
entgegengehen.
Maurice Patel-Lyon: Zur Behandlung der Genitaltuberkulose
der Frau. (Annales de gynecologie et d’obstetrique, Juni und Juli
1912.)
Genaue Beschreibung der therapeutischen Indikationen für die
einzelnen Abschnitte der weiblichen Genitalien: Tuberkulose der Vulva
und Vagina, der Zervix, des Uterus und der Adnexe. Während bei
ersteren, zuweilen auch bei der Zervix konservative Eingriffe, wie
Kürettage und Kauterisation, genügen, kommen bei letzteren beiden
fast nur radikale chirurgische Operationen und zwar meist auf abdomi¬
nalem Wege, in Betracht. Literaturzusammenstellung, geordnet nach
den einzelnen Organen und den Komplikationen.
Louis Men eifere - Reims : Chirurgische Behandlung der spasti¬
schen Lähmung der Oberextremität. (Archives provinciales de Chi¬
rurgie, Juni 1912.)
11. März 191.1.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
549
Die verschiedenen, zur Heilung dieses meist nur im Kindesaiter
vorkommenden Leidens bestimmten Eingriffe werden hier unter An¬
führung von 8 Fällen und Beigabe zahlreicher (58) Abbildungen in
allen Einzelheiten beschrieben; ein Verständnis dieser komplizierten
chirurgischen Technik ist nur mittelst der Abbildungen möglich.
A. Veilion und G. Repaci: Die sekundären Infektionen bei
der ulzerösen Lungentuberkulose. (Annales de l’institut Pasteur,
April 1912.)
In gewissen, sehr seltenen Fällen enthalten die tuberkulösen
Kavernen nur den Koch sehen Bazillus, ohne Sekundärinfektion,
meist aber sind die Kavernen sekundär von den verschiedensten
Bakterien befallen. Für gewöhnlich bilden aerobe oder fakultative
Mikroorganismen diese Sekundärinfektion und prägen der primären
Krankheit keinen speziellen Charakter auf. Die streng anäroben
Bakterien können aber auch die tuberkulösen Kavernen befallen und
bilden eine interessante Sekundärinfektion, weil sie der Krankheit
spezielle Charaktere geben, wie übelriechenden Auswurf, gangränöse
Prozesse der Kavernenwände, oder sogar die Ursache wichtiger
Komplikationen sind, wie Lungengangrän, eitriger Pleuritis, Verschlim¬
merung des Allgemeinbefindens. Von diesen Anärobien unterziehen
Verf. zwei Arten, Spirillum crassum und Vibrio tenuis, die bisher
nicht beschrieben worden sind, einer besonderen Betrachtung. Sie
kommen zu dem Schlussergebnisse, dass der Eiterungs- und gan¬
gränöse Prozess, der bei Tuberkulösen im Stadium der Kavernen¬
bildung vorkommt, immer von einer starken Vermehrung streng an-
ärober Mikroorganismen abhängt.
Charles N i c o 1 1 e und E. Conseil: Experimentelle Unter¬
suchungen über den Typhus exanthematicus, ausgeführt am Institut
Pasteur zu Tunis während des Jahres 1911. III. Arbeit. (Annales de
l’institut Pasteur, April und Mai 1912.)
In Fortsetzung früherer Versuche brachten auch die vorliegen¬
den eine Reihe neuer Tatsachen. Das Meerschweinchen ist für das
Gift des Typhus exanthematicus empfänglich: die peritoneale Ein¬
impfung von 2 — 4 ccm Blutes kranker Menschen oder Affen genügt
zur Infektion, deren Inkubation eine von 7 — 16 Tagen wechselnde ist.
Das Blut des infizierten Meerschweinchens ist von Beginn bis zum
Ende des Fieberstadiums virulent. Einimpfung des wirksamen Giftes,
welches auch sein Ursprung sei (Flohstiche, Blut, Plasma usw.) Über¬
trag den infizierten Tieren rasch eine anhaltende Immunität, ein nicht
genügend wirksames Gift hingegen (erhitztes Blut oder solches von
zu schwacher Dosis) ruft keine Immunität hervor. Schaf, Ziege,
Esel, Hund, Kaninchen, Huhn sind von Natur aus gegen die expen-
mentelle Einimpfung des Giftes refraktär. Das Serum von Rekon¬
valeszenten, in den ersten Tagen nach der Entfieberung gesammelt,
d. h. zu der Zeit, wo seine Präventiveigenschaften am meisten ent¬
wickelt sind, gibt kein greifbares Resultat. Das Salvarsan ist un¬
wirksam und sogar gefährlich, das Adrenalin scheint von massiger
Wirkung auf den Verlauf des Typhus exanthematicus zu sein (ohne
Wirkung auf das Fieber und die Dauer der Infektion), die Fixations¬
abszesse (nach Morsly) vermindern nach den zahlreichen in den
letzten 2 Jahren behandelten Fällen vielleicht die Häufigkeit der
Sekundärkomplikationen und damit die Mortalität.
Romanowitch: Untersuchungen über die Trichinose.
(Ibidem.)
Obwohl die Literatur sehr reich an Arbeiten über Trichinose ist,
entbehren doch manche wichtige Punkte, wie die Rolle der Mikro¬
organismen in den verschiedenen Stadien der Krankheit, toxische Wir¬
kung der Larven auf den ergriffenen Organismus, Schicksal derselben
in den parenchymatösen Organen, Frühdiagnose und -behandlung,
noch der genügenden experimentellen Unterlage. Mit Untersuchungen
an Ratten und Meerschweinchen versuchte R. diese Lücken auszu¬
füllen. Die weibliche Trichine dringt in die Darmwand ein, verbleibt
für gewöhnlich im Korium der Mukosa und geht nicht über die
Muscularis mucosae hinaus. Das Weibchen legt seine Eier in die
Lymphgefässe oder deren Umgebung und von diesen aus gelangen sie
in den Blutstrom. Es wäre daher zweckmässig, bei Verdacht auf
Trichinose täglich das Blut zu untersuchen, man könnte sie damit
am Anfang ihrer Entwicklung entdecken. Die Larven können in
seröse Höhlen (Peritoneum, Pleura, Perikard) gelangen, gehen aber
dort sehr rasch zugrunde. Die Larve dringt in die primäre Muskel¬
faser (Muskelzelle) ein, weil sie dort die zu ihrer Entwicklung not¬
wendigen Nährstoffe besser wie anderswo findet. Beim Durchgang
durch die Darmschleimhaut verbreitet die ganz von Mikroorganismen
beschmutzte Trichine dieselben weiter und es ist schwierig, zu ver¬
neinen, dass Fieber, Abszesse und tödliche Septikämie, die man zu¬
weilen beim Menschen beobachtet, die Folge der durch die Trichine
verursachten Mikrobeneinimpfung sei. Das Serum von Tieren
(Ratten, Meerschweinchen) die mit Trichinen infiziert sind, nimmt
toxische Eigenschaften an. Die Tiere, welche die Injektion von
toxischem Serum überleben, zeigen nach einigen Tagen hochgradige
Magerkeit. Spezifische Antikörper konnten im Serum trichinöser
Here weder durch die Methode der Präzipitine, noch die Komplement¬
bindung nachgewiesen werden. Die Fälle von spontaner Re¬
infektion, die R. beobachtete, bestätigen die Untersuchungen von
Rupprecht, Askanazy u. a„ welche die Unmöglichkeit gezeigt
haben, Tiere gegen eine Neuansteckung zu immunisieren. Eine Prä¬
ventiv- oder Abortivbehandlung der Trichinose gibt es nicht; Sal¬
varsan scheint keine Wirkung auf die Larven auszuüben, die Injektion
von Emetin deren Entwicklung manchmal zu hemmen.
Henri V i o 1 le: Die Gallenblase, als Inokulationsstelle betrachtet.
Beitrag zum Studium der Immunität und der allgemeinen Physiologie.
(Annales de l’institut Pasteur. Mai und Juni 1912.)
Von dem Standpunkte ausgehend, dass die beste lmpfinethode
jene ist, welche eine möglichst geringe Reaktion hervorruft und
dabei doch rasch und intensiv immunisiert, wählte V. nun die Gallen¬
blase als Stelle, die allen diesen Anforderungen gerecht sei. Die
Einimpfung verschiedener Antigene (des Cholera-, Tuberkel-, Typhus-
Jbazillus) in die Gallenblase des Kaninchens, die vorher in einen ge¬
schlossenen Hohlraum umgewandelt ist, ruft bei diesem Tiere die
Bildung entsprechender spezifischer Antikörper hervor. Diese Art
Einimpfung ist leicht auszufiihren und bewirkt niemals heftige Re¬
aktionen. Die Immunisierung vollzieht sich meist sehr rasch und
scheint sehr lange anzuhalten. Wo sie zu gering zu sein
scheint, ermöglichen nachfolgende intravenöse Injektionen des gleichen
Antigens das Tier ohne Reaktion in den Zustand der Hyperimmuni-
sation zu versetzen. Das Serum der geimpften Tiere besitzt im
allgemeinen immunisierende und antitoxische Eigenschaften (passive
Immunisierung), daneben sind aber auch immunisierende Antikörper
(aktive Immunisierung) vorhanden. Die letzteren scheinen haupt¬
sächlich auf Kosten der Leukozyten, die, vom Antigen angezogen, in
die Gallenblase dank der Gefässverbindungen derselben mit der
Leber gelangen, zu entstehen; die Leber würde wie eine Reservestätte
des Blutes, also auch der weissen Blutkörperchen, wirken.
A. Calmette: Untersuchung zur Epidemiologie der Tuber¬
kulose in den französischen Kolonien. (Annales de Pinstltut Pasteur,
Juli 1912.)
Die in Senegambien, Französisch-Guinea, Elfenbeinküste, auf
Madagaskar, in Algier, auf den Antillen, Tonkin, Anam, Neu-Cale-
donien und Haiti gesammelten Erfahrungen ergaben, dass die Tuber¬
kulose vom Klima nur wenig beeinflusst wird, sondern ihre Häufigkeit
in direktem Verhältnisse zur Kultur steht. Sie ist ausserordentlich
selten bei der eingeborenen Bevölkerung der schwarzen Rasse, in
jenen Ländern, wohin die Europäer erst seit wenigen Jahren gelangt
sind, aber die Zahl der befallenen Individuen wächst mit der Menge
des Warenaustausches und der fremden Einwanderung. Keine der
Rassen, welche die Kolonien bevölkern, zeigt Immunität gegen die
tuberkulöse Infektion. Die zuletzt der Zivilisation zugeführten Ko¬
lonien (Polynesien, Neger des afrikanischen Hinterlandes) erwiesen
sich als die empfänglichsten und die Träger der schwersten, rasch
zum Tode führenden Formen, während in den alten Kolonien (la Reu¬
nion und Antillen) die Tuberkulose ungefähr die gleiche Intensität
zeigt, wie in den grossen europäischen Städten. Hier, wo die In¬
fektion seit langem verbreitet ist, ist die Zahl der Individuen, bei
welchen die lokalen Tuberkulinreaktionen (nach v. Pirquet) das
Vorhandensein latenter Affektionen offenbaren, eine ausserordentlich
grosse und die Formen der Tuberkulosefälle sind fast immer chronisch
mit Neigung zu Knochen-, Gelenks- oder Tuberkulose innerer Organe.
In keinem Falle, wenigstens in Westafrika, auf den Antillen, in Indo¬
china und in Ozeanien, kann der bovine Ursprung der Tuberkulose an¬
genommen werden, da die kleinen Kinder niemals Kuhmilch be¬
kommen und die einheimischen Rinder noch völlig von Tuberkulose
verschont sind. Nur auf Madagaskar und la Reunion, ebenso für das
Rind wie für den Menschen von Europa eingeschleppt, beginnt sich
die Rindertuberkulose auszubreiten und ist es möglich, dass sie hier
zum kleinen Teil als Faktor der Uebertragung auf den Menschen mit¬
wirkt. Auf den polynesischen Inseln z. B., wo die Tuberkulose so
ausserordentlich häufig und mörderisch auftritt, oder in Annam, wo in
gewissen Zentren (höhere Mandarinen-Schulen, Gefängnisse usw.) die
Zahl der Infizierten 80 Proz. erreicht oder übersteigt, ebenso wie
bei der Arbeiterbevölkerung der grossen Städte Nordfrankreichs, kann
keinesfalls die Ansteckung bovinen Ursprungs in Betracht kommen.
In diesen Ländern ist es also die Uebertragung von Mensch
zu Mensch, wie auch verschiedene Beispiele der Lebensgewohn¬
heiten lehren, welche die einzige Rolle spielt und zwar mit
gleicher oder grösserer Intensität wie in Mitte unserer europäischen
Massenbevölkerung. Die Theorie von Behring, wonach die
Lungentuberkulose des Erwachsenen nur die Späterscheinung einer
meist in den ersten Lebensmonaten durch Kuhmilch akquirierten In¬
fektion sei, ist nach C.s überzeugenden Ausführungen nicht mehr
haltbar. Stern.
Dänische Literatur.
C. H. Würtzen: Ueber den Einfluss der Zeit auf rotes Glas.
(Aus der medizinischen Abteilung des Oeresundhospitals.) (Hospitals-
tidende 1912, No. 39.)
Verf. macht darauf aufmerksam, dass rotes Glas nach und nach
sein Vermögen, die chemischen Strahlen des Lichtes zurückzuhalten,
verliert. Es ist deshalb notwendig, bei der Anwendung des F i n -
s e n sehen roten Zimmers für die Behandlung von Blattern jedesmal
durch spektroskopische Untersuchung die Leistungsfähigkeit der
roten Glasscheiben zu bestimmen.
Oluf Thomseti und Harald Boas: Untersuchungen über Aus¬
flockungsreaktionen bei Syphilis mit spezieller Berücksichtigung der
von H e r m a n und P e r u t z ausgearbeiteten Modifikation der Me¬
thode von Elias-Neubauer-Porges und Salomon. (Aus
dem staatlichen Seruminstitut und dem Rudolph Bergschen Hospi¬
tal.) (Ibidem No. 4L)
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
550
Resümee: Die Reaktion von Herrn a n und Perutz muss als
die beste der bisher angegebenen Ausflockungsreaktionen angesehen
werden. Sie steht der Reaktion von Wassermann nach, sowohl
was die Bedeutung von positiver als fehlender („negativer“) Reaktion
angeht. Positive Reaktion spricht wohl mit entscheidender Wahr¬
scheinlichkeit für Syphilis, wenn man ihr auch nicht ganz so grosses
Qewicht wie der positiven Wassermannreaktion beilegen kann.
Fehlende („negative“) Reaktion ist ein Zeichen von geringem Wert,
viel geringer als negative Wassermannreaktion. Da doch einzelne
Fälle von Syphilis (namentlich Indurationen vor dem sekundären Aus¬
bruch, ferner latente behandelte Syphilis und manifeste Syphilis
während der Behandlung) Vorkommen, wo die Wassermannreaktion
fehlt, während die H.-P.sche Reaktion positiv ist, kann die Reaktion
hier ihre supplierende Bedeutung haben. Voraussetzung für die Ver¬
wendbarkeit des Ausfalles der Reaktion ist erstens eine passende Ein¬
stellung der Stärke der angewandten Lösung des glykocholsauren
Natron. Für die von dem Verf. untersuchten Präparate aus den
Merckschen Fabriken (mit „purissimum“ bezeichnet) war die von
H.-P. angegebene Konzentration, 2 Proz., passend. Von anderen Prä¬
paraten musste eine bedeutend kleinere Konzentration benutzt wer¬
den. Die am meisten geeignete Konzentration von verschiedenen
Präparaten kann bequem durch die Untersuchung der Tropfenzahl für
verschieden konzentrierte Lösungen des glykocholsauren Natrons ge¬
funden werden. Als passende Konzentration fanden die Verf. eine Lö¬
sung, deren Tropfenzahl im Verhältnis zu destilliertem Wasser 88:55
war. Dem entsprach eine 2 proz. Lösung des Merck sehen Prä¬
parats „purissimum“. In dieser Weise eingestellte Lösungen ergaben
übereinstimmende Resultate.
J. Pindborg: Untersuchungen über das Vorkommen von Ei¬
weissstoff in tuberkulösem Auswurf. (Aus dem Boserup Sanatorium;
Direktor: Dr. N. J. Strandgaard.)
Als Resultat eigener und anderweitiger Untersuchungen fand
Verf., dass in jedem Fall von aktiver Lungentuberkulose Eiweiss im
Auswurf gefunden wird, dass die relative Eiweissmenge in einem be¬
stimmten Verhältnis zum Grad der Krankheit steht, dass die Bestim¬
mung derselben eine wertvolle Hilfe bei der Prognose in den ein¬
zelnen Fällen bieten kann, und dass man durch systematische Unter¬
suchungen der Eiweissmenge des Auswurfes bis zu einem gewissen
Grade dem Krankheitsverlauf folgen kann, endlich dass diese Unter¬
suchung die Differentialdiagnose unterstützen kann.
Leopold Meyer und E. Hauch: Ueber Zerreissungen der
Dura mater, bei Neugeborenen während der Entbindung entstanden.
(Ibidem No. 45.)
Nachdem Beneke in der Versammlung der Deutschen pathol.
Gesellsch. 1910 Tentoriumzerreissungen und ihre Bedeutung für die
intrakraniellen Blutungen bei Neugeborenen nachgewiesen hatte,
hatten die Verf. dieses Verhältnis in den Entbindungsabteilungen des
Reichshospitals untersucht. Sie fanden gewöhnlich die Zerreissungen
im Verlauf der von Beneke erörterten Fasern (s. diese Wochen-
schr. 1910, S. 2125), aber nicht allein durch das obere Blatt des Ten-
torium (unvollständige Zerreissung), wie es Beneke beschrieb, son¬
dern auch durch beide Blätter (vollständige Zerreissung), und nament¬
lich dem dreieckigen Teil des Tentorium bei der Basis der Falx
entsprechend; ausserdem fanden sie Falxzerreissungen ganz auf¬
wärts bis zu ihrer Anheftung, so dass der Sinus longitudinalis ge¬
öffnet wird, und endlich Zerreissungen in dem vorderen Teil der
Falx in der Nähe der Crista galli. Zum Studium dieser Zerreissungen
wendeten die Verff. eine spezielle Sektionstechnik an, um sicher zu
sein, dass die Zerreissungen nicht künstlich durch die Sektion her¬
vorgebracht wurden. Von Oktober 1910 bis April 1911 wurden alle
totgeborenen und kurz nach der Entbindung gestorbenen Kinder nach
der näher beschriebenen Technik seziert. Im ganzen wurden
64 Köpfe untersucht (unter 1200 Geburten), in 28 Fällen wurden Zer¬
reissungen gefunden, ln 15 von diesen waren die Zerreissungen ohne
Bedeutung als Todesursache; unter den 13, wo die Zerreissung und
Blutung als Todesursache angesehen werden musste, waren 6 tot¬
geboren (1 wurde in Sitzlage, die anderen 5 in Scheitellage durch
schwierige Zangenentbindung extrahiert); in allen diesen Fällen war
die Zerreissung vollständig mit bedeutender Blutung; in einem Falle
war auch die Falx zerrissen. Unter den 7, die lebend geboren wur¬
den, starben 4 gleich nach der Geburt (1 wurde spontan ca. 8 Wochen
zu früh in I. Scheitellage geboren; man fand eine doppelte, teilweise
vollständige Tentorium- und Falxzerreissung mit bedeutender Blu¬
tung; die anderen wurden in Unterkörperlage geboren, eine war
syphilitisch, die Zerreissung doppelseitig unvollständig mit starker
Blutung, der Prager Handgriff wurde bei einem angewandt, und man
fand eine enorme Zerreissung der rechten Seite von Tentorium und
Falx). Ein Kind, das 2150 g wog und ca. 1 Monat zu früh spontan
geboren war, starb 14 Stunden alt und zeigte eine Zerreissung des
Sinus longitudinalis mit enormer Blutung und Blutdruckimbibierung
der umgebenden Gewebe, aber ohne andere Durazerreissungen. Ein
Kind, extrahiert in Unterkörperlage, starb 4 Tage später, ein anderes
wurde spontan in I. Scheitellage mit dem Rücken rückwärts geboren;
diese beiden Kinder bekamen Hämatemese; bei ihnen fand man mul¬
tiple ganz kleine Magengeschwüre und doppelte vollständige Ten-
toriumzerreissung mit reichlicher Blutung. (Einen ähnlichen Fall hat
Beneke mitgeteilt Ts. diese Wochenschrift 1910, S. 1226].) Falx¬
zerreissungen wurden in 8 Fällen, immer mit Tentoriumzerreissungen
kombiniert, gefunden; die Falxzerreissungen wurden häufiger bei
grossen Kindern als bei kleinen, spontan geborenen, gefunden, die
durch schwierige Eingriffe zur Welt gebracht waren. Die Falx¬
zerreissungen verursachen gewöhnlich keine bedeutenden Blutungen.
Nach dem Material der Verfasser scheint es, dass durch Zangenent¬
bindungen namentlich der Druck von vorne nach hinten die Spannung
und Zerreissung der Dura hervorruft (unter 20 Zangenentbindungen
mit schlechtem Griff entstanden 8 ernstliche Zerreissungen, unter
46 mit gutem Griff keine). Die Zerreissungen waren häufiger bei Ex¬
traktion in Unterkörperlage als bei Zangenentbindungen, vielleicht
weil der Kopf bei Unterkörperlage mehr Platz hat, sich aufwärts
auszudehnen und die Spannung des Tentorium dadurch stärker wer¬
den kann. Bei Zerreissungen nach spontaner Geburt handelte es sich
immer um kleine Kinder, das heisst, dass die Köpfe kleiner Kinder
nicht einmal die leichte Kompression der normalen Geburt vertragen.
J. Ostenfeld und G. E. Permin: Vergleichende Unter¬
suchungen über den diagnostischen Wert der subkutanen Tuberkulin¬
injektionen und der quantitativen Kutanreaktionen. (Ibidem No. 46.)
Auf eine Reihe Untersuchungen bei 56 Patienten im Faxinge
Sanatorium und der Tuberkuloseabteilung des Frederiksberg Hospi¬
tals gestützt, schliessen die Verfasser, dass die kutane Reaktion bei
Erwachsenen keine zuverlässigen Aufklärungen hinsichtlich der Art
und Aktivität des Krankheitsprozesses gibt; die subkutane Tuber¬
kulinreaktion scheint dagegen in einem gewissen Verhältnis zu der
Aktivität des Prozesses zu stehen.
C. F. Heerfordt: Ueber Glaukom. II. Weitere Unter¬
suchungen über die Pathogenese des hämostatischen Glaukoms.
Ueber eine Klappenwirkung der Sinoskleralplatte als Ursache des
hämostatischen Glaukoms. (Ibidem No. 47.)
Gleichzeitig im v. Gräfe sehen Archiv f. Ophthalmologie ver¬
öffentlicht.
Jörgen Jensen: Beckenbrüche. (Ibidem No. 48.)
Gleichzeitig im Archiv f. klin. Chir. veröffentlicht.
Otto Lassen: Ein Fall von positiver Wassermannreaktion bei
Sarkom. (Aus der med. Abt. des St. Josephs-Krankenhauses in Aar-
hus; Oberarzt: Dr. A. Rahlff.) (Ibidem No. 49.)
Es handelte sich um einen Fall von Lymphosarkom des Halses
bei einem 17 jährigen Mann; in der Anamnese kein Anhaltspunkt für
Syphilis. Die Wassermannreaktion war positiv (0,2 ccm Serum gab
Hämolyse 0, 0,1 ccm 30, 0,05 ccm 90, 0,025 ccm 100).
J. P. Gregersen: Untersuchungen über die Schmidtsche
Bindegewebeprobe. (Aus der med. Klinik der Abt. B. des Reichs¬
hospitals: Prof. Kn. Fab er.) (Ugeskrift for Läger 1912, No. 40.)
Die Untersuchungen zeigten, dass man durch die Schmidt sehe
Bindegewebeprobe imstande ist, mangelhafte Pepsinverdauung im
Magen nachzuweisen, sei es, dass dieselbe auf mangelhafter Säure¬
oder Pepsinsekretion oder vielleicht auf Hypermotilität beruht. Die
Probe scheint sehr empfindlich zu sein, so dass man durch sie
niedrigere Grade von Hypochylie wird nachweisen können. Wenn
die Probe bei einigen Untersuchungen negativ ausfällt, wird man mit
Sicherheit das Vorhandensein von Achylie und wahrscheinlicherweise
auch selbst kleinere Grade von Hypochylie ausschliessen können.
Untersuchungen mit Darreichung von Salzsäure und Pepsin bei Pa¬
tienten mit Achylie zeigten, dass die üblichen Dosen gar zu klein sind,
um den Ausfall der Bindegewebsprobe zu beeinflussen.
V. Ellermann: Quantitative Ausflockungsreaktionen bei
Syphilis. (Aus dem gerichtsärztlichen Institut der Universität.)
(Ibidem No. 49.)
Durch Veränderung der Mengenverhältnisse der Herman-
Perutz sehen Reagenze und Zusatz von Chlornatrium gelingt es,
Gemische herzustellen, die je nach der Zusammensetzung mehr oder
weniger fein und mehr oder weniger spezifisch mit syphilitischen
Sera reagieren. Von den geprüften Formeln entsprach die als Me¬
thode 14 bezeichnete in Feinheit und Spezifität beinahe der Was¬
sermann sehen Reaktion. Die Methoden erlauben eine quanti¬
tative Untersuchung mit Serumverdünnungen auf gewöhnliche Weise.
Die Inaktivierungszeit kann bis 5 Minuten verkürzt werden.
K. Nörregaard: Die G I e e r u p sehe ambulatorische Be¬
handlung des Ulcus cruris. (Ibidem No. 51.)
Der Verf. hat 560 Patienten mit Ulcus cruris behandelt und emp¬
fiehlt folgende Methode für ambulatorische Behandlung: Nach Be¬
seitigung aller Schorfe, Detritusschichten und kritiklos aufgeschmier¬
ten Salben- und Pulvermassen auf und um das Geschwür, Waschung
mit Borsäurewasser und Aetzung mit Lapislösungen (4 — 20 proz.).
Dann wird ein Stück angefeuchtetes Guttaperchapapier, ein wenig
grösser als das Geschwür, direkt auf dasselbe gelegt, dann ein Stück
reiner Leinwand und endlich eine mit Baumwolle übersponnene
elastische Binde. Des Nachts wird die Binde abgenommen und Um¬
schläge von Chlorkalkwasser oder Borsäurewasser gemacht, bei
Neigung zu nässendem Ekzem um das Geschwür Umschläge von
Bleiwasser und Haferschleim gemischt (ohne Wachstuch). Jeden
Morgen lauwarmes Bad des Fusses und des Crus, ehe die Binde an¬
gelegt wird. Wenn das Geschwür geheilt ist, wird das Guttapercha¬
papier weggelassen, aber der Gebrauch der Bänder und der Lein¬
wand fortgesetzt. Adolph H. Meyer- Kopenhagen.
Norwegische Literatur.
Kr. Brandt: Puerperalfieber und Fieber im Puerperium.
(Norsk Magazin for Lägevidenskaben 1912, No. 10.)
Der Verfasser zeigt durch eine Reihe von Beispielen, dass
Fieber im Puerperium nicht immer identisch mit Puerperalfieber ist.
II. Marz 191.1
Mt IfiNCHENER MEI )1ZIN1SCHE WOCHENSCHRIFT.
da es von perforierenden Magen- und Duodenalgeschwüren, Appen¬
dizitis, Ruptur von alten Eiterherden (Pyosalpinx), Miliartuberkulose,
osteomyelitischen Herden usw. herrühren oder hämatogenen Ur¬
sprung haben kann, besonders von den Tonsillen, einer Mastitis oder
Otitis media mit folgender sekundärer Infektion der Geschlechts¬
organe ausgehend. Endlich kann wirkliches Wochenbettfieber durch j
Selbstinfektion entstehen.
S. A. Hey er dalli: Ueber den normalen und pathologischen
Magen in Röntgenbildern. (Ibidem.)
Auf ca. 200 Röntgenuntersuchungen normaler und kranker Magen
gestützt, gibt der Verfasser eine Uebersicht der diagnostischen Be¬
deutung der Röntgenuntersuchungen bei Magenleiden.
Harald Gjessing: Ein Fall von einseitiger Amaurose unter
dem Bilde einer Embolia art. centralis retinae im Anschluss an einen
kriminellen Abort mit auffallend guter Restitution von Gesichtsstärke
und Gesichtsfeld. (Ibidem No. 11.)
Beobachtung eines 20 jährigen Mädchens, das früher immer ge¬
sund war, speziell ohne tuberkulöse Belastung; nach einem krimi¬
nellen Abort bekam sie eine unilaterale Amaurosis. V war an-
rangs — 0; nach 3 Wochen war V = -jg- die peripherischen
Grenzen des Gesichtsfeldes, die anfangs sehr vermindert waren, wur¬
den nach und nach beinahe normal, und es blieb nur ein relatives
zentrales Skotom für weiss und Farben. Das ophthalmoskopische
Bild war dasselbe wie bei Embolia art. centralis retinae. Später trat
eine vollständige papilläre Atrophie auf, trotzdem dass V blieb.
Von Interesse war der Nachweis eines ausgesprochenen Systems
von zilio-retinalon Gefässen, die wahrscheinlicherweise eine grosse
Rolle für die Rückbildung der Gesichtsfähigkeit gespielt hatten; auch
das einseitige Auftreten des Leidens war von Interesse.
Kr. F. And vor d: Die Stadien und Immunitätsverhältnisse der
Tuberkulose. (Ibidem.)
Nach der Meinung des Verfassers scheint das Auftreten der
Lungentuberkulose bei Erwachsenen unter unseren jetzigen zivili¬
sierten Verhältnissen verhältnismässig selten durch Ansteckung von
Individuum zu Individuum verursacht zu werden; die meisten
Phthisiker haben schon im Kindesalter ihre erste tuberkulöse In¬
fektion durchgemacht. Die Anzahl von Kindern, die jährlich in tuber¬
kulöser Umgebung von schwererer Natur geboren werden, scheint
in einem bestimmten Verhältnis zu der Zahl von Tuberkulose¬
patienten, die jährlich an dieser Krankheit sterben, zu stehen. Es
gilt deshalb in allererster Linie die Kinder in den ersten drei vier
Jahren gegen die schwereren Infektionen zu schützen; demnächst ist
ein genaueres Studium der immunisierenden Drüseninfektion, speziell
ihrer Verhältnisse zur Rindertuberkulose und den mehr gutartigen
Formen von Lungentuberkulose notwendig; ferner findet der Verf.
es nötig, noch grössere Klarheit über die Vorläuferstadien der
Lungentuberkulose zu gewinnen, speziell im späteren Kindesalter und
in dem Pubertätsalter. Endlich gilt es, den Phthisiker zur grössten
Vorsicht mit seinem Expektorat, speziell gegenüber Säuglingen, an¬
zuleiten.
Ketil Motzfeldt: Ueber Hernia und Eventratio diaphrag-
matica. (Aus dem pathologisch-anatomischen Institut des Reichs¬
hospitals. Abh. No. XLII.) (Ibidem No. 12.)
. Auf Grund von 7 Fällen von Diaphragmabrüchen und 1 Fall von
Eventratio diaphragmatica beschreibt Verf. die anatomischen und
klinische» Symptome der Leiden.
V. Öülow-Hansen: Operative Behandlung des angeborenen
Klumpfusses. (Ibidem.)
In den letzten drei Jahren operierte der bekannte norwegische
Orthopäd 28 Patienten mit angeborenem Klumpfuss, davon 16 mit
doppelseitigem (paralytischer Klumpfuss ist nicht miteinberechnet),
in folgender Weise: keilförmige Tarsektomie, Transplantation der
halben Achillessehne zum M. peroneus longus oder brevis nebst
Verlängerung der zweiten Hälfte der Achillessehne.
In 9 der 28 Fälle zeigte es sich, dass Mm. peronei, speziell
M. brevis mehr oder v*niger gelähmt war; man versteht dann, dass
der Klumpfuss selbst bei dem bestens ausgeführten Redressement
rezidivieren muss. Die Behandlung nach der Operation dauerte
6 Wochen (bei doppelseitigem Leiden 8 Wochen, indem mit einem
/.wischenraum von 14 Tagen operiert wurde). Der erste Verband
blieb 5 Wochen liegen; die Nähte wurden dann beseitigt und der
Schuhmacher nahm Mass zu Stiefeln. Der Stiefel wurde in der
Sohle und der Ferse an der äusseren Seite um % cm erhöht und
das Fersenleder wurde bis zum Metatarsalsgelenk der grossen Zehe
geführt. In den ersten 2 Monaten trägt der Patient den Stiefel
auch nachts. Nachbehandlung nicht notwendig, Massage der Waden¬
muskeln die erste Zeit zu empfehlen. Rezidive traten nicht ein. Die
Funktion wird besser als bei anderer Behandlung, gewöhnlich wird
sie vollstäHjijig normal, sowohl was Abduktion, Pronation als Dorsal-
tlexion betrifft. Das Talokruralgelenk schien funktionell in Ordnung
zu sein.
Ctprg R. Krogh: Einiges über Vergiftungen mit Natriumnitrit,
NaNO?,. (Ibidem.)
Als Arzt bei Notodden Salpeterfabriken beobachtete der Verf.
im Veflaufe von 4 Jahren unter einer Arbeiterschaft von 120 Mann
-5 Fälle von Natriumnitritvergiftung. Die Patienten klagten über
Mattigkeit, Müdsein, Appetitlosigkeit, Herzklopfen, Kurzatmigkeit,
nusten. Sie husteten „schwarze“ Blutklumpen aus. Der Puls war
55 1
i egelmässig, aber beschleunigt. Die Patienten machten einen ner¬
vösen, oft ängstlichen Eindruck. Sie gaben an, dass die kleinste
Wunde, die sie an den Fingern bekämen, nicht geheilt werden
könne, und dass das Blut von den Risswunden „schwarz wie Teer“
sei. Die Krankheit dauerte eine Woche bis mehrere Monate. Die
Behandlung war: Entfernung von der Arbeit, Aufenthalt im Nadelwald
bei jedem Wettei, sowohl Sommer als Winter, roborierende Diät
Eisen und Arsenikpräparate.
Georg Benestad: Epityphlitis traumatica. (Aus dem Kri¬
stiania militären Krankenhaus.) (Ibidem.)
Im Anschluss an einen Fall von unzweifelhafter traumatischer
Appendizitis gibt der Verf. eine Uebersicht über die Frage. Als
chai akteristisch bezeichnet er den Umstand, dass der erste Schmerz
nach dem Trauma ein wenig abnimmt, so dass der Patient ihn als
eine Empfindlichkeit auffasst, und dass diese Empfindlichkeit mehrere
Stunden, ja sogar Tage später von einem heftigeren Schmerz, oft mit
Erbrechen verbunden, abgelöst wird. Die Diagnose wird verhältnis¬
mässig spät gestellt, da die Schmerzen als einfache Folge der Kon¬
tusion angenommen werden und erst die zunehmenden Symptome
den Gedanken auf eine Blinddarmentzündung Innleiten.
Adolph H. M e y e r - Kopenhagen.
Inauguraldissertationen.1)
Die geographische Verbreitung des Kropfes in
Baden und die Beziehungen der Struma gravi¬
ditatis zur Eklampsie hat Albert Merckens zum Gegen-
I stand einer Arbeit aus der Freiburger Frauenklinik gemacht. An
dieser Klinik wurden 1904 mit 1911 6533 Fälle klinisch behandelt, von
denen 3380 = 51,74 Proz. Trägerinnen von Kröpfen waren. Bei
| 2939 strumösen Müttern hatten die Neugeborenen keine nachweisbare
Vergrösserung der Schilddrüse, die Kinder von 441 kropfkranken
Müttern zeigten ebenfalls palpable Schilddrüsenhypertrophien.
Dreimal hatten sie Riesenstrumen, welche sie zwangen, den Kopf
nach rückwärts zu halten. Verf. gibt die Krankengeschichten der
1904 — 1911 an der obigen Klinik vorgekommenen Eklampsien. Es
sind deren 40 = 0,61 Proz. Diese Zahl, verglichen mit dem Material
anderer Autoren, spricht dafür, dass für Südbaden eine relative
Immunität gegen Eklampsie besteht. Die Statistik lehrt, dass die
Frauen Süddeutschlands, die in manchen Gegenden eine starke Ver¬
grösserung ihrer Schilddrüse erkennen lassen, von der Eklampsie
relativ verschont bleiben, im Gegensatz zu den Frauen in Nord¬
deutschland, die in bedeutend höherem Grade durch diese Schwanger¬
schaftsintoxikation gefährdet sind. Von den 40 eklamptischen Frauen
hatten 18 =45 Proz. eine Vergrösserung der Schilddrüse, während
22 = 55 Proz. nicht die geringste Hypertrophie erkennen Hessen.
Von den 18 eklamptischen Frauen m i t Vergrösserung der Thyreoidea
starb 1 = 5,05 Proz.; dagegen von den 22 anderen 6 = 27,27 Proz.
Verf. stellt fest, dass der in Baden endemische Kropf ebenso aui
kristallinischem Urgestein, Moränen und vulkanischen Formationen
vorkommt, wie auf marinen Ablagerungen. (Freiburg i. Br. 1912.
50 S.-, 3 Karten. Köln bei G r e v e n & B e c h t o 1 d.) Fritz L o e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Erlangen. Januar — Februar 1913.
Brühschwein Arthur: Ueber Komplikation der Schwangerschaft
mit Herzkrankheiten.
Kröner Max: Beitrag zur Lehre von der Echinokokkenkrankheit.
Mager Bartholomäus: Ueber den Negativismus.
Bakmann Mendel: Ein Fall von Dermoidzyste des Mundbodens.
Hammel Andreas: Ein Beitrag über Krebsentwicklung nach Schuss¬
verletzung.
Lang Nikolaus: Akuter Gelenkrheumatismus und Geistesstörung.
Stempel L. : Beitrag zur Frage des Ulcuskarzinoms.
Kuhlhoff Carl: Ein Fall von Fibrosarkoma ovarii mucocellulare
(carcinomatodes) nach Krukenberg.
Universität Greifswald. Februar 1913.
Kal us Georg: Ueber maligne Tumoren der Klavikula.
Leist Karl: Behandlung und Prognose verjauchter Myome.
Ziemendorff Friedrich: Ueber traumatische Tuberkulose mit
besonderer Berücksichtigung neuerer Obergutachten und Entschei¬
dungen des Reichsversicherungsamtes.
Reeder Hermann : Osteochondritis dissecans.
Schlegel Oswald: Ein Fall von Quecksilbervergiftung unter dem
klinischen Bilde einer Rachendiphtherie und akuten Gastroenteritis.
Molle ring Josef Heinrich: Ueber Cholelithiasis als Ursache der
Pankreasfettnekrose.
Sieber Dietmar: Ist es möglich, arsenvergiftete Tiere durch sub¬
kutan verabreichtes Magnesium sulfuricum zu retten?
Universität Rostock. Februar 1913.
Klopfer Arno: Experimentelle Untersuchungen über die W. H.
S c h u 1 1 z e sehe Oxydasereaktion.
Riedel Franz: Bakteriologische Blutuntersuchungen bei akuter
Appendizitis.
U Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
mueNcheNer medizinische Wochenschrift.
No’. 10.
552
Auswärtige Briefe.
Briefe aus Italien.
(Eigener Bericht.)
B o r d i g h e r a, 10. Februar 1913.
Euthanasie. — Private Unterstützung der Krankenhäuser etc. —
IV. Nationaler Kongress fiir die Arbeitskrankheiten.
Seit einiger Zeit beschäftigen sich auch bei uns die Zeitungen
mit einer Frage, die jenseits des Ozeans schon lebhafte Diskussionen
hervorgerufen hat, ja nach dortigem Landesbrauch auch schon ins
Praktische übertragen wurde. Auch in Deutschland kam die Frage
wiederholt zur Erörterung und ich entsinne mich, dass besonders die
interessante, in belletristischer Form abgefasste Veröffentlichung eines
Münchener Kollegen grossen Eindruck auf mich gemacht hat. In
ausserordentlich anschaulicher, lebendiger Weise schildert der als
Literat kaum weniger denn als Arzt geschätzte Verfasser *) in seiner
Erzählung: „Sterben ... ich bitte darum“, den schweren Kampf
zwischen dem Kranken, der ein Ende machen möchte und dem Arzt,
der ihm, obwohl gegen das eigene Mitgefühl ankämpfend, Widerstand
leistet.
Ein Referendum über dieses Argument ergab bei uns die Tat¬
sache, dass sich der weitaus grösste Teil der antwortenden Aerzte
als Gegner der Tötung aus Mitleid erwies; einige zeigten sich un¬
sicher über die Entscheidung und nur wenige waren unbedingt für die
Euthanasie. Unter diesen Anhängern des befreienden Todes verdient
besonders der Prof. U g h e 1 1 i aus Catania genannt zu werden, der
abgesehen von seinen wissenschaftlichen Abhandlungen besonders
auch durch seine belletristischen Publikationen den Kollegen
jenseits der Alpen bekannt ist. Ich verweise nur auf das Büchlein:
„Zwischen Aerzten und Klienten“.
Ughetti macht darauf aufmerksam, dass die Tötung aus Mit¬
leid durchaus nichts Neues sei. „Schon die Alten“ sagt er, „kannten
und übten sie, denn sie töteten die eigenen Verwundeten, um ihnen
die Sklaverei oder die Torturen zu ersparen, denen sie der siegende
Feind unterworfen hätte. Das Gleiche tun noch heute die halb- oder
ganz wilden Völker und nur wenig über ein Jahrhundert liegt die
Zeit zurück, in der es auch bei uns als ein Akt der Grossmut an¬
gesehen wurde, die Verurteilten aufzuhängen, bevor die grässlichen
Urteilsprüche jener Zeit an ihnen zur Ausführung kamen oder ihre
Martern durch den „Gnadenstoss“ abzukürzen.
Dem Wesen nach ist also der Mord aus Barmherzigkeit auch bei
uns nichts Neues und noch weniger amerikanisch.
Der Unterschied ist nur der, dass es sich heute wirklich nur
um eine Tat der Barmherzigkeit handelt, während bei den alten
Völkern und bei den heutigen Wilden diese Tötung auch noch andere
Gründe hatte und hat. Man schritt zur Beseitigung des Verwundeten
oder Kranken auch deshalb, weil er für die Gemeinschaft nutzlos, ja
störend und verderblich war und man es für besser hielt, ihn zu
töten und selbst zu verzehren, statt ihn vom Feinde oder den Wilden
Tieren auffressen zu lassen. Bei einigen australischen Stämmen
sehen die Greise ihr natürliches Ende darin, geräuchert, gebraten und
von ihren Nachkommen verzehrt zu werden.
Im Grunde entspricht das der Sozialmoral der Spartaner, die ohne
weiteres alle schwächlichen oder missgestalteten Kinder beseitigten
und jener der alten Juden, bei welcher die ersten, die von einer
epidemischen oder ansteckenden Krankheit befallen wurden, sofort,
ohne Gnade getötet wurden. Durch die Entwicklung der religiösen
Doktrinen sind wir dann allmählich zu Anschauungen gekommen, die
jenen der Alten diametral gegenüberstehen.
Im Orient durch den Buddhismus, und dann einige Jahrhunderte
später auch im Okzident durch das Christentum, wurden Ideen von
Mitleid und Barmherzigkeit verbreitet, von denen das heidnische
Rom kaum die allerdunkelste, nebelhafte Vorstellung hatte. Der
Egoismus der Alten wurde durch diese Religionen umgewandelt und
für ihre Zwecke benützt. Der Schwächliche, Kranke, Missgestaltete
wurde nicht mehr als Gefahr oder Last betrachtet, denn man ver¬
schloss sich auch nicht mehr länger der Ansicht, dass jeder einzelne
alt oder verstümmelt oder aus sonstigen Ursachen arbeits- oder
kampfunfähig werden konnte und dass also die Gesunden, wenn sie
heute für die Schwachen und Kranken sorgten, nur taten, was dem¬
nächst die anderen für sie tun mussten.
Das ist die wahre Grundursache der buddhistischen und christ¬
lichen Barmherzigkeit, wenn auch der Einzelne dazu durch die Vor¬
stellung angespornt wurde, dass er sich durch kleine Barmherzigkeits¬
und Opfertaten in diesem Leben die ewige Seligkeit im anderen
erkaufen könne. Diese religiösen Vorstellungen haben dann im Laufe
der Jahrhunderte die Gefühle und Anschauungen so verändert, dass
heutzutage Mitleid und Barmherzigkeit auch zum Gefühlsschatz der
nichtreligiösen Personen gehören, ja vielleicht gerade bei diesen am
häufigsten und reinsten zu finden sind, weil sie sich nicht von der
Hoffnung leiten lassen, ihre guten Werke zum Prozentsatz von
Hundert für eins anzulegen.
Diese Gefühle des Mitleids und der Barmherzigkeit haben in
unseren Tagen solche Stärke und Ausdehnung angenommen, dass sie
*) Unser Dr. Max Nassauer. Red.
zur Abschaffung der körperlichen Strafen, zu Tierschutzvereineu, zur
möglichsten Abschwächung oder völligen Unterdrückung aller
Schmerzen durch Betäubungsmittel etc. und schliesslich zur Euthanasie
geführt haben. Das Leben zusammen mit dem Schmerz erlöschen
lassen, wenn es doch unwiederbringlich verloren ist und die Schmer¬
zen sich durch nichts mehr lindern und besänftigen lassen, das ist
ein Werk der Barmherzigkeit, das aus barbarischen Zeiten stammend,
durch unsere Beweggründe veredelt, heute die Sanktionierung der
Moral, der Wissenschaft und des Gesetzes fordert.“
Nach diesem kurzen historischen Rückblick, den Ughetti ge-
wissermassen als allgemeine Rechtfertigung seines Standpunktes gibt,
bringt er die Frage nach der Berechtigung der Euthanasie in ganz
bestimmte Form und fährt fort:
„Gesetzt den Fall, wir haben einen Kranken, absolut unheilbar,
gequält von fürchterlichen Schmerzen, die keines unserer Mittel zu
unterdrücken vermag, und der uns bittet, ihm die Mittel zu geben,1
um seinem Leben und damit seinen Leiden ein Ende zu machen.
Dürfen wir das tun?“
„Wie man schon aus der Fragestellung ersieht“, fährt Prof!
Ughetti fort, habe ich das Wort „Arzt“ ausgeschlossen, denn es ist;
durchaus nicht gesagt, dass es gerade der Arzt sein muss, der die
Mittel verabfolgt; auch ein Apotheker, ein Familienmitglied, ein
Freund, kann sie dem Kranken zukommen lassen! Die still-;
schweigende Annahme, dass in solchen Fällen immer der Arzt im Spie!
sein müsse, hat, wie ich fürchte, das Urteil vieler Aerzte beeinflusst,
die darum gebeten wurden, ihre Meinung in dieser Frage auszu-i
sprechen.
Die Aerzte und die Medizin sind zu allen Zeiten so sehr der
kritischen Beleuchtung ausgesetzt gewesen, dass man meinen sollte,
es sei kein unbekannter Faden mehr an ihnen zu entdecken und nur
zeigt sich da eine ganz neue Seite, und sofort stürzt sich die
moralische und satirische und schliesslich sogar die Selbstkritik'
darüber her, um die Sache nach Möglichkeit auszunützen.
Und dies ist es, was die Aerzte vermeiden wollen und weshalb
sie der Diskussion zu entfliehen suchen, so lange sie in der Frage
die Hauptrolle spielen. Es gibt viele, die dafür sind, dass die Todes¬
strafe im Strafgesetz beibehalten wird, aber gewiss würde keine»
von den Betreffenden den Henker machen wollen, um sie zur An¬
wendung zu bringen.
Ebenso wahrscheinlich ist es in unserem Falle, dass viele Aerzte
in pectore die Frage bejahen, aber gebeten, sich deutlich darüber
auszusprechen, drücken sie eine andere Ansicht aus, aus Furcht, sons
gezwungen zu sein, im besonderen Falle ihr allgemeines Prinzip aucl
zur Ausführung bringen zu müssen.“
Ughetti sucht dann die Haupteinwürfe gegen die Euthanasie,
die er in drei Punkten zusammenfasst, zu entkräften. Er beginn
mit dem schwerwiegendsten Einwand, nämlich jenem, dass di:
Diagnose, laut welcher der Kranke als absolut unheilbar bezeichne
wird, eine irrige sein könne und folglich durch die Euthanasie un
nötige Opfer gemacht werden könnten.
„Diagnostische Irrtümer?“ fragt er. „Aber die sind viel seltener
als man im allgemeinen annimmt, jedenfalls seltener, als Justiz
irrtümer. Und anderseits habe ich die Frage so gestellt, dass vor
Euthanasie nur die Rede sein kann, wenn der Kranke selbst de:
Tod erfleht, der doch über sein eigenes Leben der erste Richter ist
Das diagnostische Urteil soll nur als Rechtfertigung dieses Wunsche;
des Kranken gelten und, das wiederhole ich, bei jenen Krankheiten
in denen die Kranken selbst den Tod als höchsten Befreier voii
aller Qual rufen, sind diagnostische Irrtümer ausgeschlossen.“
Meiner Ansicht nach sind U g h e 1 1 i s Worte nicht imstande
den genannten Einwand völlig zu widerlegen, denn von irrtümliche
Diagnose .ganz abgesehen, trifft man doch sehr häufig Krankheiten
die fürchterliche Schmerzen mit sich bringen und als unheilbar' er
klärt werden und die dann doch noch durch irgendwelche Ursache;
zur Heilung kommen. Jeder Arzt macht ausserdem oft genug di;
Erfahrung, dass ein Kranker, seinen Qualen uiid der scheinbaren Horf
nungslosigkeit seines Falles erliegend, sich nach dem Tod als Er
loser sehnt und alles aufbietet, um sich das erlösende Mittel zu ver
schaffen, dass aber derselbe Kranke nach einiger Zeit, wenn de
ärgste Sturm vorüber und Aussicht auf Heilung eingetreten ist, dies
seine Wünsche als Willensschwäche und Feigheit verurteilt. Un
gewiss würde meiner Ansicht nach durch eine allgemeine Sanktio
nierung der Euthanasie die Willenskraft und Standhaftigkeit in Er
tragung der Schmerzen noch mehr geschwächt, als sie in unsere
Zeiten leider ohnehin schon ist, und noch viel öfter als heute würd
der Arzt oder Freund die Bitte um den erlösenden Tod höre
müssen.
Dem zweiten Einwand, dass eine Anerkennung der Euthanasi
zu grossen Missbräuchen bezw. zu Begünstigung von Verbreche
führen würde, begegnet Ughetti folgendermassen :
„Die Missbräuche würden darin bestehen, dass eine Familie ode
Institut oder einzelne Persönlichkeit sich unter dem Vorwand de
Euthanasie eines unbequemen oder reichen Mitgliedes entledige
könnte. Aber das wäre ein richtiges und ausgesprochenes Ver
brechen, das auch ohne irgendwelche anerkannte Euthanasie Goi
weiss wie oft Vorkommen kann oder vorgekommen ist. Wer weis
und kann es wissen, wie oft schon ungeduldige Erben das Schicks:
des Erblassers ohne Zustimmung des Arztes und der Gesetze be
I. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
553
äileunigt haben! Aber, wirft man ein, der Arzt könnte auch in
interlistiger Weise dazu gebracht werden, sich zum Werkzeug solch
erbrecherischer Absichten herzugeben. Ich antworte darauf, auch
ier kämen entweder verbrecherische Aerzte in Betracht und solche,
esetzt den Fall, dass sie existieren, würden auch ohne Autorisation
andeln, oder leichtgläubige Dummköpfe, die auch zu weiss welch
aderen Missetaten zu bringen wären, ohne sich deren bewusst zu
erden.“
Soweit bei Ausübung der Euthanasie zu verbrecherischen
wecken der Arzt in Betracht • kommt, würde es sich also, wie
ghetti sehr richtig bemerkt, stets nur um Aerzte handeln, wie
alche nicht sein sollen und hoffentlich auch nicht sind. Auf den
inwand endlich, dass die Euthanasie eine unmoralische Tat sei, ent-
egnet U g h e 1 1 i :
„Warum unmoralisch? Und vor allem, wer kann eine bestimmte
iefinition der Moral geben? Einen Menschen, auch einen Unbe-
annten, töten ist eine höchst unmoralische Tat, aber denselben Men¬
gen töten, wenn er eine Uniform trägt und dem feindlichen Heere
ugehört, das ist verdienstvoll und alles Lobes wert, selbst dann,
enn man ihn umbringt, während er meinetwegen ruhig sein Pfeif-
lien raucht und sein Gewehr neben ihm liegt. Einen Reisenden zu
erauben ist auch unmoralisch, allerdings viel weniger, als ihn zu
jten. Einen feindlichen Soldaten umbringen ist eine hochmoralische
äi, aber ihn zu berauben wäre gemein und verwerflich, obwohl der
eind selbst sicher damit zufrieden gewesen wäre, wenn man ihn nur
eraubt und nicht getötet hätte. Wie soll man sich in diesem Misch-
lasch zurechtfinden? Mit dem Herzen und dem gesunden Menschen-
erstand, und um mit Enrico Ferris Worten zu schliessen: „Wenn
erjenige, der tötet, es nicht nur mit Zustimmung, ja auf Bitten des
Ipfers. sondern auch aus humanitären Beweggründen, wie Mitleid,
reundschaft, Liebe tut, -dann treffen das Recht zu sterben und sich
>ten zu lassen mit der hilfsbereiten Absicht des Handelnden zu-
ammen und das moralische und gesetzliche Urteil über diese Tat
mss dann trotz entgegengesetzten traditionellen und konventionellen
loialbegriffen ein zustimmendes und freisprechendes sein.“
Nach weiteren interessanten Ausführungen kommt der hervor-
agende Patholog von Catania zu folgendem Schlüsse:
„Der Arzt hat zweifelsohne die Aufgabe, das Leben zu bewahren,
.enn möglich zu verlängern, nicht aber es auszulöschen. Aber dies
d nicht seine ganze Aufgabe, ja es ist nicht einmal diese, die er
m häufigsten erfüllen kann. In vielen Fällen muss er sich darauf
eschränken, die Neuralgien zu bekämpfen, die Aufregung zu be-
chwichtigen, die Schmerzen und Qualen aller Art zu lindern und
iie Hoffnung lebendig zu erhalten, daneben allerdings kein Mittel
nversucht lassen, das Heilung bringen könnte.
Aber wenn er erkannt hat, dass die Rettung des Lebens un¬
möglich ist, wenn die Schmerzen sich mit keinem Mittel mehr be-
änftigen lassen und das Leben für den Kranken nur noch eine fort¬
esetzte Qual bedeutet, dann kann kein Mensch, der Herz und Gemüt
at, dem Leidenden das Recht absprechen, seinen Qualen ein Ende
u bereiten und die Hilfe der Wissenschaft in Anspruch zu nehmen, um
lieses Ziel auf die beste Art zu erreichen.“
Ich bin ein grosser Verehrer Ughettis und habe seine Aus-
ü’nrungen mit lebhaftem Interesse gelesen, aber ich glaube, dass es
nm trotz seiner dialektischen Gewandtheit kaum gelingen wird, viele
merzte zu seiner Meinung zu bekehren. Die Möglichkeit, dass durch
liagnostische Irrtümer unnötige Opfer entstehen würden, ist eben
>is jetzt leider noch immer nicht völlig auszuschliessen und das
st meiner Ansicht nach ein entscheidender Faktor gegen die
'.uthanasie.
Jedenfalls wäre es aber interessant, zu wissen, wie jene Richter
n Fluida geurteilt haben, die vor kurzem über zwei Mitglieder der
eligiösen Sekte der „Schüttler“ zu Gericht sitzen mussten,
reiche eine Glaubensschwester, die im letzten Stadium der Tuber¬
ose von qualvollen Schmerzen gepeinigt wurde, auf deren Ver-
angen mit Chloroform getötet hatten *).
) Gerade während ich diese Zeilen schreibe, kommt mir eine
-eitungsnotiz in die Hände, die sehr gegen eine Sanktionierung der
-Uthanasie spricht. Auch die deutschen Leser werden sich des
ührenden Berichtes entsinnen, der im November vergangenen Jahres
ltirch alle Blätter ging. Ein ehemaliger Staatsanwalt der frän¬
kischen Republik hatte seine Frau mit 3 Revolverschüssen getötet,
■'eil er ihre fürchterlichen Leiden, die ihr ein inoperabler Krebs ver¬
ursachte, nicht mehr mit ansehen und ihren Bitten um Befreiung von
hren Qualen nicht widerstehen konnte. Alle Welt hatte Mitleid mit
itm bedauernswerten Ehemann und sah in seiner Tat den höchsten
Jeweis seiner Liebe zu der armen Frau.
Aber dann kam die Autopsie und zerstörte die schöne Legende,
lenn man fand keine Spur von Krebs und auch die Untersuchung
<nd Zeugenvernehmung konnte nur feststellen, dass die Getötete
ui Neurasthenie gelitten hatte. Nun schritt man zur ärztlichen Unter¬
suchung des Ehemanns und das Ergebnis war, dass der Unter¬
suchungsrichter den Exstaatsanwalt in das Irrenhaus bringen liess.
her verblieb er 2 Monate und da ihm nach dieser Zeit der Direktor
ier Anstalt das Zeugnis ausstellte, dass er geistig vollkommen gesund
■>ei, wurde er wieder entlassen. Sein Verbrechen aber, (er nannte es
Uebrigens denken die Menschen Gottlob doch nur in Ausnahtnc-
fällen an Euthanasie und bleibt es immer noch das wichtigere und
edlere Problem, das Leben erträglicher und weniger hart zu ge¬
stalten. Und darin wird gerade in Italien in letzter Zeit sehr viel ge¬
tan, denn die wohltätigen Stiftungen häufen sich in sehr erfreulicher
Weise. Ausser den schon in meinem letzten Brief erwähnten Schen¬
kungen hat unser verehrter Herrscher noch 10 000 Lire für das Institut
Bassini in Mailand geschenkt, damit dieses Institut, in welchem arme
Bruchleidende Aufnahme finden, in seinem kürzlich bezogenen neuen
Heim einige Betten mehr aufstellen kann.
Besonders reiche Schenkungen hat auch wieder das grosse Kran¬
kenhaus in Mailand (Ospedale Maggiore) empfangen, nämlich 300 000
Lire, welche vom verstorbenen Advokaten Allesandro B i a n c h i
hinterlassen wurden, der noch die gleiche Summe für verschiedene
andere wohltätige Einrichtungen bestimmte. Auch ein ehemaliger
Mailänder Publizist, Felice Cameroni, hat dem gleichen Kranken¬
haus sein gesamtes Vermögen von ungefähr 70 000 Lire hinter¬
lassen.
Ein anderer Mailänder, der schon zu Lebzeiten dem Verein für
Thalassotherapie der armen Skrofulösen grosse Zuwendungen ge¬
macht hat, hat letztwillig der genannten Institution 200 000 Lire ver¬
macht, und für die armen Skrofulösen und Blinden der Provinz Como
sorgte eine dort verstorbene Dame mit einem Legat von 100 000 Lire.
Das Krankenhaus Vittorio Emanuele in Catania wurde von Senator
Bruno zum Universalerben seines ca. 1 Million betragenden Ver¬
mögens ernannt.
Der Dermatologe an der Universität Rom, Prof. C a m p a n a, be¬
stimmte sein gesamtes, über 300 000 Lire betragendes Vermögen schon
bei Lebzeiten zur Errichtung eines Krankenhauses für Tuberkulöse,
und dem gleichen Zweck widmete der bekannte Industrielle Borsa-
lino in Alessandria (dessen Hüte Weltruf gemessen) die Summe von
einer Million. Diese wirklich grossherzige Spende ermöglicht nicht
nur die Errichtung eines besonderen Pavillons für Tuberkulöse, son¬
dern auch die sonstigen, dem Krankenhaus zu Alessandria sehr nöti¬
gen Verbesserungen und moderne Vervollkommnung.
Uebrigens steht auch in den kleineren Städten die Privatwohl¬
tätigkeit nicht zurück; so erhielt der entzückende Rivieraort Arenzano
von dem bekannten Obersten des italienischen Roten Kreuzes ein
vollständiges Krankenhaus zum Geschenk, das in bezug auf Konstruk¬
tion und Einrichtung musterhaft genannt werden kann; in Parma
sandte ein Unbekannter dem Krankenhaus 10 000 Lire, ein Bürger von
Varese hinterliess für das dortige Krankenhaus 25 000 Lire und eine
Dame in Langasco vermachte dem Ort 130 000 Lire zur Errichtung
eines Altenheimes. Natürlich kann diese Liste noch lange keinen An¬
spruch auf Vollzähligkeit machen, aber auch so zeigt sie, wie sehr
sich der soziale Hilfsgedanke ausbreitet.
Eien weitere, erfreuliche Aeusserung dieses Hilfsgedankens ist
das wachsende Interesse der wissenschaftlichen Welt für die Ge¬
werbekrankheiten. Vor mir liegt das Programm des nationalen Kon¬
gresses, der vom 8. bis 11. Juni in Rom tagen wird und das durch
die Zahl und Bedeutung der Namen und Abhandlungen wahrhaft über¬
rascht. Es sollen 5 Themen zur Behandlung kommen, nämlich Ankylo-
stomiasis, Blutkrankheiten auf beruflicher Basis, Kindersterblichkeit
im Zusammenhang mit dem Beruf und den sozialen Verhältnissen der
Eltern, auf professionelle Ursachen zurückzuführende Dermatitis, pro¬
fessionelle Pathologie der Eisenbahner.
Der Kongress hat übrigens, wie aus dem Programm hervorgeht,
seine Ziele und Grenzen sehr weit gesteckt; man will offenbar ver¬
suchen, mit seiner Hilfe das Interesse für die Erforschung und Be¬
kämpfung der Arbeitskrankheiten in die weitesten Kreise zu tragen,
denn auch Nichtärzte werden eingeladen und sind als tätige Mit¬
glieder willkommen, so Chemiker, die über die Gefahren der chemi¬
schen Industrie und die Mittel, sie zu verhüten, Ingenieure, die über
die Technik der Apparate und Einrichtungen zur Verhütung der
Arbeitskrankheiten berichten sollen, die Industriellen und Fabrik¬
direktoren zum Bericht über alles was sie über die Gesundheit ihrer
Arbeiter im Zusammenhang mit der Industrie in Ermittlung brachten,
die Arbeiter, bzw. Arbeitsämter, zum Bericht über die direkten und
praktischen Beobachtungen über die Schädlichkeit der eigenen Be¬
schäftigungen, die Soziologen und alle, die sich für die verschiedenen
hygienisch-sozialen Probleme der Arbeit interessieren, sei es vom
wissenschaftlichen, technischen oder legislativen Standpunkt aus. Sie
alle werden gebeten, den Beitrag ihrer Beobachtungen und Er¬
fahrungen dem Kongress in Rom zu bringen, damit dieser sich nicht
nur zu einer imposanten Kundgebung auf dem Gebiet der politischen
Medizin gestaltet, sondern auch die Vorbereitungsschule der Italiener
für den 3. internationalen Kongress für Gewerbekrankheiten wird, der
im Herbst des Jahres 1914 in Wien stattfinden soll und für welchen
schon seit langem überall eine ausserordentliche Vorbereitungstätig¬
keit herrscht. Prof. G a 1 1 i.
Euthanasie) scheint mit dem armen Opfer begraben worden
zu sein.
Nun ist gewiss richtig, was U g h e 1 1 i sagt, dass Verbrechen
auch ohne Euthanasie Vorkommen, aber man sollte doch wenigstens
verhindern, dass dem verbrecherischen Treiben gewissermassen von
Gesetzes wegen Vorschub geleistet und ein bequemes Deckmüntel-
' chen bereitet wird.
554
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
Vereins- und Kongressberichte.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
XI. Sitzung vom 14. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr S c h m a 1 1 z.
Vor der Tagesordnung.
Herr Gotthold Ehrlich stellt einen 32 jährigen Holzschäler vor,
der seit 8 Jahren an einer Acrodermatitis atrophicans mit sklero¬
dermieartigen Veränderungen leidet. Er betont die Aehnlichkeit des
Falles mit dem von Heuck aus der L e s s e r sehen Klinik in der
Iconographia dermatologica veröffentlichten. Der Beginn an den
Knien sowie die Aetiologie (Beschäftigung im Freien und im Wasser)
sind in beiden Fällen gleich.
Tagesordnung.
Herr Brückner: Zur Prophylaxe der Diphtherie.
Nach der Entdeckung des Diphtheriebazillus, den man bei den
Kranken und an ihren Gebrauchsgegenständen fand, erschien die
Prophylaxe der Diphtherie einfach. Man brauchte nur den Kranken
abzusperren und nach seiner Heilung das Krankenzimmer zu des¬
infizieren. Der Erfolg blieb aus, da man die Dauerausscheider erst
allmählich kennen lernte und zu berücksichtigen versuchte. Die fort¬
gesetzten Forschungen der Klinik und der in immer grösserer Zahl
entstehenden bakteriologischen Untersuchungsstationen förderten viele
Tatsachen zutage, welche die Diphtheriefrage zunächst zu verwirren
schienen. Man kam schliesslich mit v. Behring vielfach zu der
Ansicht, dass der Diphtheriebazillus ein ubiquitärer Keim sei, der nur
unter bestimmten Verhältnissen die Krankheit erzeuge.
Die Tätigkeit der bakteriologischen Zentralstellen, welche dem
praktischen Bedürfnis der Aerzte mehr entsprechen, als v. Beh¬
rings Vorschläge, ist mit Dank anzuerkennen. Sie haben auch den
Aerzten ausserhalb der Klinik gezeigt, dass 1. die Diphtherie sehr
häufig nicht unter dem klassischen Bilde Breton neaus, sondern
vielmehr atypisch verläuft: 2. dass die Rekonvaleszenten oft sehr
lange Bazillen beherbergen (Dauerausscheider) und 3. dass
gesunde Menschen auch ohne eine vorhergegangene Diphtherie Ba¬
zillen in den oberen Luftwegen haben und zwar häufiger, wenn sie
mit Diphtheriekranken in Berührung kamen als sonst (Bazillen-
träge r).
Dass die Dauerausscheider oder gar die Bazillenträger nicht
immer für ihre Umgebung gefährlich sein können, liegt auf der Hand.
Bei ihrer grossen Häufigkeit müsste sonst die Diphtherie eine viel
grössere Ausbreitung besitzen. Aber dass sie es sein können, lehrt
der Ausfall von Virulenzbestimmungen und vor allem die praktische
Erfahrung. Zahlreiche Endemien wurden in Schulen Internaten, Ka¬
sernen erst nach Ausschaltung der Zwischenträger zum Erlöschen
gebracht, während die sonstigen prophylaktischen Massregelti allein
versagten.
Die Häufigkeit der Bazillenträger wird sehr verschieden ange¬
geben. Ich habe, da mir in der Kinderheilanstalt Isolierräume nur
in ungenügender Zahl zur Verfügung stehen, seit Jahren jedes neu
eintretende Kind auf Bazillen in Nase und Rachen untersuchen lassen,
aus äusseren Gründen bei fehlendem klinischen Befund nur einmal.
Unter 1200 Kindern aus den letzten 2 Jahren ohne vorausgegangene
oder manifeste Diphtherie hatten 4,1 Proz. Bazillen, von den Säug¬
lingen (190) 15,25 Proz., von den älteren Kindern (1010) 1,98 Proz.,
von den Scharlachkranken (84) 7 Proz. Bei 1,5 Proz. der 990 über
ein Jahr alten Kinder trat eine klinische Diphtherie während des Auf¬
enthaltes im Hospital auf, 3,4 Proz. der Kinder wurden Bazillen¬
träger ohne zu erkranken. Eigenartige Verhältnisse boten die Säug¬
linge dar. Sie hatten häufiger Bazillen in der Nase als im Rachen,
besonders durch Ernährungsstörungen stark Herabgekommene und
Luetiker. Die Bazillen fanden sich teils ohne jeden klinischen Befund,
teils bei katarrhalischem Schnupfen, teils bei typischer Nasendiph¬
therie. Im Anschluss an die Aufnahme von Bazillenträgern stellten
sich Bazillen ein bei 26 Säuglingen. 7 mal ohne klinischen Befund,
9 mal unter den Erscheinungen des Schnupfens, 10 mal unter den
Symptomen der Nasendiphtherie. Auch die Säuglinge sind als Ba¬
zillenträger nicht immer ungefährlich, wie von manchen Seiten be¬
hauptet wurde. Meine Zahlen stellen, da nur 1 Entnahme gemacht
wurde, das Minimum der Bazillenträger unter den Proletarierkindern
dar. Sie besitzen einen gewissen Wert, da sie nicht ad hoc während
einer Epidemie, sondern während eines langen Zeitraumes gewonnen
wurden.
Die gesunden Bazillenträger sind häufiger während einer Epi¬
demie als in epidemiefreien Zeiten; aber ubiquitär ist der Diphtherie-
bazillus nicht. Das geht aus Untersuchungsreihen von Ustvedt,
Peters. Hase n knöpf, Rothe und anderer hervor. Die Ba¬
zillen, welche sie bergen, können virulent sein (E. Müller,
Buchanan und andere) oder nicht. Ihre Virulenz kann wechseln,
es kann ein Bazillenträger noch an klinischer Diphtherie erkranken
(Ustvedt). Nach Wassermann. Hahn u. a. erkranken die
gesunden I räger nicht, weil ihr Blut Schutzstoffe enthält. Die Be¬
funde von Hahn erklären bis zu einem gewissen Grade die Alters¬
disposition.
Als Niederschlag all dieser Forschungen ist die Erkenntnis anzu¬
sehen, dass im Wesentlichen der Mensch die Quelle der Verbreitung
der Diphtherie ist. Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass aus d
einfachen An- und Abwesenheit der Bazillen allein das epidemisc
An- und Abschwellen der Diphtherie nicht erklärt werden kann.
Die prophylaktischen Massregeln bewegen sich seit längerer L
innerhalb des Rahmens der von C. F r ä n k e 1 1896 aufgestellt
Thesen. Diese können jedoch als massgebend nicht mehr anerkan
werden, da dort weder das Heilserum noch Mundspülungen i
Bazillen zum Schwinden bringen, und die Bazillenträger nicht h
riicksichtigt sind, während die Absonderung der Dauerausscheider
Prinzip bereits gefordert wird. Die unbedingte Durctiführung d
letzten Forderung stösst auf grosse Schwierigkeiten. Ich habe d
Prinzip irn Hospital nur durch Gewährung von Freistellen durchiiiiir
können. Die Isolierung aller Bazillenträger ist gleich gar nicht mö
lieh, da wir sie meist gar nicht kennen. Die gesetzliche Berechtigur
die Dauerausscheider aus dem Verkehr auszuschalteu, wird v
Kirchner bejaht. Für die Bazillenträger dürfte sich kaum eil
gesetzliche Handhabe bieten. Die Meisten kommen in Bezug a|
die Freigabe der Dauerausscheider und Bazillenträger zu einem Koi
promiss (P r i p, Schulz). H e u b n e r fordert seit Jahren verge
lieh die Schaffung von Rekonvaleszentenheimen. Für die Schule
von manchen (Hüls) die Ausschaltung der Bazillenträger als zwec
los erklärt worden, da sich die Kinder häufiger ausserhalb der Sehr,
infizieren. Doch zeigen die Beobachtungen von Schulz, SelL
mann und Schloss und zum Teil auch von Gottstein, da
dies nicht in vollem Umfange stimmt. Der Einfluss der Schule a
die Ausbreitung der Diphtherie ist nicht zu leugnen.
Die bisherigen prophylaktischen Massnahmen haben ei
dauernde Abnahme der Morbidität nicht erzielt (wird au d
Morbiditätskurven von Dresden, Leipzig, Berlin, Hamburg denn
striert), mag man die Desinfektion obligatorisch gemacht haben od
nicht, mag man den Nachweis der Bazillenfreiheit der Rekonvak
zenten gefordert haben oder nicht. In den meisten Teilen Deutsc-
lands zeigt sich eine Abnahme der Diphtherie am Ende des 19. ul
Anfang des 20. Jahrhunderts und eine Zunahme in der zweit
Hälfte des verflossenen Jahrzehnts.
Man zog daraus den Schluss, dass die bisherigen Massregq
zu Gunsten der allgemeinen prophylaktischen Schutzimpfung eing
schränkt werden könnten (v. B e h r i n g), oder dass sie erweitj
werden müssten (Petruschky, Drigalsky, Sobernhei.
D i 1 1 r i c h und viele andere) in Bezug auf die Isolierung der Daut
ausscheider und Bazillenträger. Die Behringsche Forderung
nur in geschlossenen Anstalten durchführbar. Die zweite Fordern,
ist allgemein ebenfalls undurchführbar, in vollem Umfange auch nie:
nötig. Aber da, wo uns das praktische Leben selbst zeigt,
die Bazillenträger gefährlich werden können, dann nämlich, wei
die Diphtherie sich epidemisch auszubreiten droht, soll man sich ihr
erinnern und versichern, wenigstens dort, wo man sie ausfinc;
machen kann, wo man eine Disziplinargewalt über sie besitzt ul
wo sie praktisch wohl auch mit am Wichtigsten sind, nämlich i
der Schule. Wie weit das einen Erfolg haben wird, steht noi
dahin. Die Erfahrungen Drigalskys nach dieser Richtung l>
weisen nichts Sicheres wegen der Kürze der Beobachtungszi.
Steilabfälle der Morbidität, wie sie Drigalsky mitgeteilt hat, sic
man auch spontan auftreten (Dresden, Leipzig).
Das epidemische Auftreten der Diphtherie kann nicht lediglu
aus der Anwesenheit der Bazillen erklärt werden. Dagegen spric
die gesetzmässige Jahresschwankung der Diphtherie, die entgegt
der Behauptung von Flügge nicht lediglich aus den verändert!
Lebensgewohnheiten im Winter abgeleitet werden kann. Das ze:
die Jahreskurve des Scharlach, welche in Dresden eine gesetzmässk
Jahresschwankung vermissen lässt. (Wird an Kurven demonstrier
Dagegen spricht auch das Verhalten der Kehlkopfdiphtherie, der
prozentualer Anteil an der Gesamtsumme der Diphtherien nach du
kombinierten Material der Dresdener Kinderheilanstalt und der Le-
ziger Kinderklinik (zusammen 4636 Diphtherien aus den letzt'
10 Jahren) im Sommer um 12 Proz. niedriger ist, als im Winter. B
spricht alles für einen disponierenden Einfluss der Witterung, v
Erkältungskrankheiten. Auch andere Erfahrungen machen die Ei¬
stenz einer Disposition wahrscheinlich (Familiendisposition, iru-
struelle Disposition, Befallenwerden nach langer Zeit bei dauerne
Infektionsmöglichkeit).
Aus diesen Gründen ist die Jagd nach den Bazillenträgern sein
in epidemiefreien Zeiten, wie sie gefordert wurde, abzulehnen. Rh-
rose Massregeln, die nicht mit Sicherheit als nützlich, notwendig ul
durchführbar angesehen werden können, sind gefährlich. Auch
Desinfektion könnte in mancher Hinsicht etwas milder gehandh;'
werden. Die laufende Desinfektion ist mindestens ebenso wichtig <
die Schlussdesinfektion. Die teuere obligatorische Raumdesinfekt i
mit Formaldehyd ist nicht überall nötig. Denn die Bazillen halten si
nicht an den Zimmerdecken und in geschlossenen Schränken
(Schlichter, W e i c h a r d t). Hier könnte von Fall zu Fall e ■
schieden werden. Allzu rigorose Massnahmen auch in dieser 1-
Ziehung führen leicht zu einer Verheimlichung der Krankheit oö
Durchkreuzung der Schlussdesinfektion. Die freiwerdenden Mit'
könnten zum Versuch einer bakteriologischen Kontrolle der Sch
kinder in gefährdeten Klassen verwendet werden. Möchten die Sch
ärzte dieser Anregung folgen. Gleichgültigkeit kann nicht gebilh
werden. Denn die Diphtherie ist auch heute noch eine gefährlk-
Krankheit. Vielerorts nimmt ihre Mortalität wieder bedenklich ■
11. März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
555
In Sachsen ist die Zahl der Todesfälle berechnet auf 100 000 Ein¬
wohner gestiegen von 2,0 im Jahre 1902 auf 2,7 im Jahre 1908.
Man muss nach Mitteln suchen, welche die Entkeimung der
Dauerausscheider und Bazillenträger beschleunigen. Die chemischen
Mittel einschliesslich der Pyozyanase haben sich mir nicht bewährt.
Vielleicht ist durch eine Vakzinebehandlung etwas zu erreichen.
Herr Richard Flachs: Man hätte meinen sollen, dass eine
Krankheit wie die Diphtherie, für deren Bekämpfung so ausgezeich¬
nete Mittel zur Verfügung stehen, verschwinden müsste, zumal da
mit allen Mitteln auf die Vernichtung des Bazillus ausserhalb des Men¬
schen hingearbeitet wurde.
Dem ist aber nicht so.
Es wäre überflüssig, den Wert einer gut geleiteten Desinfektion
anzweifeln zu wollen. Die Reinigung von Räumen, die sonst mit
Wasser sehr wenig in Berührung kommen, das gründliche Waschen
beschmutzter Kleidungsstücke, besonders der Taschentücher, ist
ebenso unerlässlich wie die Vernichtung der ausgehusteten Mem¬
branen. Es ist selbstverständlich wünschenswert, dass der Kranke
und alles, was mit ihm in Berührung kommt, möglichst isoliert und
abgesperrt von der Umgebung bleibt, bleiben soll wollen wir lieber
sagen, denn in den meisten Fällen sind eben derartige Wünsche nur
im Krankenhaus oder in sehr verständigen Familien durchführbar
und werden in den meisten Fällen, vor allem aber beim Proletariat
nicht erfüllt. Eine Verbindung des Kranken mit dem übrigen Haus
bleibt aber bis zu einem gewissen Grade bestehen, ja dann, wenn das
akute Stadium der Krankheit vorüber ist und das Kind sich auf dem
Wege der Besserung befindet, werden leicht Absperrungsmassregeln
ganz ausser acht gelassen. Das Dienstmädchen versorgt das Kran¬
kenzimmer, die Wäschestücke werden nicht gesondert behandelt,
ebensowenig das Ess- und Trinkgeschirr. Nachdem dieser Zustand
ungefähr 14 Tage bis 3 Wochen gedauert hat, kommt plötzlich die
Desinfektionskolonne, nimmt alles, was nicht niet- und nagelfest ist,
mit, versetzt das ganze Haus in eine Art Belagerungszustand, um es
dann zum Schluss gegen Abend wieder zu verlassen. Geblieben ist
aber in den meisten Fällen der die Schleimhaut ausserordentlich rei¬
zende Formaldehydgeruch und die Versicherung, dass man noch an
demselben Abend in dem desinfizierten Zimmer schlafen könne. Dies
ist an diesem Abend ebenso unausführbar wie an dem folgenden. Die
Kritik der Eltern übergehe ich hier. Auch bin ich mir wohl bewusst,
dass in manchen Fällen eine bessere Lösung vorderhand nicht zu
finden ist. Immerhin aber habe ich den Eindruck, als wenn auch
die noch so rigoros durchgeführte Desinfektion der Wohnräume bei
weitem nicht imstande ist, alle Keime zu vernichten. — Und dennoch
ist die Infektionsgefahr vorüber, genau so wie andere Epidemien auch
ohne Zutun der Menschen schliesslich erlöschen.
Ist die Infektiosität des Diphtheriebazillus nun wirklich so gross,
wie manche meinen? Könnte es dann gesunde Aerzte geben, und vor
allem gesunde Arztkinder? Hängt die Ursache einer Erkrankung nur
an diesem gefährlichen Keim? Warum erkranken in einer Familie die
einen Kinder, und warum erkranken andere wieder nicht, obwohl sie
ganz genau denselben Bedingungen ausgesetzt gewesen waren?
Als erlösendes Wort erscheint hier die Disposition, ein
anderes Fragezeichen für das, welches wir eben gesetzt haben. Und
so erwachsen bei dieser Frage nach der Ursache und dem Wesen
der Infektionskrankheiten immer neue Rätsel und harren der Lösung.
Es ist ausserordentlich schwierig, dem gebildeten Laien, der hier
beim Arzte Antwort heischt, eine genügende Auskunft zu geben.
Von weittragender Bedeutung ist der Kampf gegen den Diph¬
theriebazillus in der Schule. Bricht in einer Klasse Diphtherie aus
und mehren sich die Fälle, hat vielleicht ein diphtheriekrankes Kind
in das Klassenzimmer gebrochen, so wird die Klasse geschlossen und
der Schulraum desinfiziert. Manchmal ist die Sache damit abgetan.
Nicht selten aber, vielleicht 8 oder 14 Tage nachdem die Schüler sich
wieder versammelt haben, bricht ein neuer Diphtheriefall aus und
beweist die Unzulänglichkeit der Massnahmen, beweist aber auch vor
allem, dass weit weniger die ausserhalb des Menschen befindlichen
Keime die Hauptsache bei der Infektion sind, als vielmehr die Men¬
schen, die mit solchen Keimen behaftet sind.
Ueber die Infektiosität der Kranken ist nicht zu diskutieren.
Aber: Sind die gesunden Keimträger infektiös? Ist ihre Nähe beson¬
ders zu fürchten? Wie kann man Stellung zu ihnen nehmen?
Im allgemeinen entziehen sich diese Keimträger jeglicher Kon¬
trolle. Die Schule ist der einzige Ort, wo wir ihre Wirksamkeit ver¬
folgen und wo wir überhaupt die Möglichkeit haben, auf sie ein¬
wirken zu können. Es existiert die Bestimmung: „So lange sich noch
Diphtheriebazillen vorfinden, nicht nur bei den Genesenen, sondern
auch bei den schulpflichtigen Geschwistern, ist der Besuch der Schule
verboten.“ Das System, das jetzt bei uns ebenfalls angenommen
worden ist, hat bereits in Halle durch D r i g a 1 s k y eine straffe Form
gefunden :
„Niemand darf nach einer ansteckenden Krankheit oder bei
Verdacht auf Infektion die Schule wieder besuchen, bevor er das
schulärztliche Zeugnis erhalten hat, dass er nicht mehr ansteckend
ist. Das subjektive Wohlbefinden ist ganz gleichgültig dabei.“
Es existiert dort eine grosse schulärztliche Abteilung, wohin die
Genesenen vom Lehrer mit einem Krankheitsbogen geschickt werden,
wenn sie zum erstenmal die Schule wieder besuchen. Die Abteilung
hat verschiedene Wartezimmer, in denen die Rekonvaleszenten nach
den einzelnen Krankheiten getrennt bleiben, ein Meldezimmer, ein
j Sprechzimmer für die Aerzte und ein Untersuchungszimmer. Diesen
Untersuchungen unterliegen, wo nötig, auch die gesunden Geschwi¬
ster, Eltern und Hausgenossen. Die Ermittelung jeder einzelnen Er-
krankung geschieht durch die polizeilichen Krankheitsmeldungen, die
der schulärztlichen Abteilung zugehen, und ausserdem durch Mit¬
teilungen, die der Klassenlehrer über jede ansteckende Erkrankung
; oder auch nur Verdacht auf solche bei Schülern, deren Angehörigen
und Lehrern oder in Lehrerfamilien dem Schularzt zu machen ver¬
pflichtet ist. Es wird behauptet, dass das radikale Verfahren sich
glänzend durchführen liess und zu irgendwelchen Unzuträglichkeiten
nicht führte. Die Resultate, die in den letzten 4 Jahren publiziert
wurden, sind gut und harren nur noch der Bestätigung, dass in den
nächsten 10 Jahren dieselben absteigenden Linien verfolgt w'erdeu.
Ob es angebracht ist, derartige drakonische Massregeln auf die Dauer
durchzuführen, lasse ich dahingestellt. Man kann die Vermutung nicht
unterdrücken, dass allzu scharf angezogene Bestimmungen das Publi¬
kum leicht in die Hände der Kurpfuscher treibt und zu Verheim¬
lichungen und wissentlichen Entstellungen Anlass gibt. So kann man
verstehen, wenn gegen die allzulange Fernhaltung der sog. „Dauer¬
ausscheider“ von manchen Seiten ein energischer Einspruch erhoben
wdrd. Eine noch viel grössere Reaktion würde sich geltend machen,
wenn man eine obligatorische Impfung aller in der Klasse befindlichen
Schüler befürwortete. Ja es sind sogar Stimmen laut geworden,
die Gesetze fordern, genau so wie das Impfgesetz, für eine rigorose
Durchführung präventiver Einspritzungen mit Heilserum. Ganz ab¬
gesehen davon, dass eine Einspritzung mit Heilserum wohl auf Zeit
einen Schutz vor Erkrankungen, aber bei weitem keine Immunisierung
des Individuums gewährleistet, dass bei wiederholten Einspritzungen
eine Ueberempfindlichkeit des Individuums eiutreten kann, Ihnen
wmhlbekannt unter dem Namen „Anaphylaxie“, die bisweilen recht
unangenehme Reaktionen hervorrufen kann; so ist vor allem der hohe
Preise des Heilserums in erster Linie dazu angetan, diesen im grossen
und auch im kleinen durchgeführten Behandlungen mit Heilserum eine
Schranke zu setzen. Man kann wohl verstehen, dass in manchen
Familien, vor allem bei Mitgliedern einer Kasse, welche das Heil¬
serum zu zahlen nicht gewillt ist. ein sehr berechtigter Widerstand
seitens des Haushaltungsvorstandes derartigen, wie es scheint, „un¬
nötigen“ Ausgaben entgegengesetzt wdrd.
M. H.! Die allzu grosse Bewertung der Dauerausscheider, wenn
sie sich vollständig wmhl und gesund fühlen, scheint mir zu Kon¬
sequenzen zu führen, die mit unseren sonstigen pathologischen An¬
schauungen nicht in Einklang zu bringen sind und die schliesslich
an die Grenze der Unausführbarkeit kommen. Vernunft wird Unsinn,
Wohltat Plage. Selbst w^epn theoretische Bedenken entgegenstehen,
müssen wrir aus praktischen Rücksichten den gesunden Bazillenträger
für unschädlich halten. In erster Linie steht für die Beurteilung der
Diphtherie doch das klinische Bild. Hier glaube ich, muss auch bei
der Prophylaxe in der Schule — und nur von dieser spreche ich hier
— darauf Rücksicht genommen werden. Und deshalb ist eine per¬
sönliche Ueberwachung des einzelnen Schülers in einer Klasse, in
welcher Diphtherie vorkommt, unerlässlich. Ich w'iirde es für aus¬
reichend halten, wenn diejenigen Schüler, die in der Nähe des diph¬
theriekranken Kindes gesessen, vom Arzt untersucht würden. Es
genügt eine Inspektion des Rachens. Fidet sich eine Entzündung,
so soll der bakteriologische Befund entscheiden. Häufen sich die
Fälle in der Klasse, so muss die ganze Klasse durchgesehen werden,
und nur diejenigen sollen bakteriologisch untersucht werden, bei
denen man Verdacht auf eine wirkliche diphtheritische Erkrankung
hegt. Dass natürlich zur praktischen Durchführung einer wirksamen
Diphtherieprophylaxe alles das gehört, wms eine vernünftige Hygiene
1 fordert, ist selbstverständlich.
Für die Schule kämen in Betracht: Betonung hygienischer Fra¬
gen, Heraushebung anatomischer und biologischer Gesichtspunkte.
Zahnpflege und vor allem persönliche Ueberwachung von seiten des
Schularztes in den obenerwähnten Fällen.
Es mag als Traumwunsch erscheinen, ohne Infektionsstoff auf
der Erde zu leben. Ich gebe auch die Möglichkeit zu, ein solches Ziel
einmal zu erreichen. Es fragt sich nur mit welchen Opfern es er¬
kauft wird. Ich möchte warnen, den Behörden gegenüber Massregeln
als unumgänglich notw endig hinzustellen, die sich in der Praxis dann
nicht ausführen lassen und deshalb zurückgenommen werden müssen.
Durch nichts wird der Wert einer wisenschaftlichen Forschung mehr
diskreditiert als durch einen derartigen Widerruf.
Herr Teuf fei berichtet über eine Reihe von Untersuchungen
auf Diphtheriebazillen, w'elche er in Gemeinschaft mit Herrn
Dr. Flachs an den Besuchern der Kinderpoliklinik in der Johann¬
stadt angestellt hat. Die Zahl der untersuchten Kinder betrug 97.
bei einem Teil derselben wmrde ein einmaliger, bei einem anderen
ein zweimaliger Abstrich aus Rachen und Nase gemacht. Die
bakteriellen Untersuchungen wurden im Krankenhaus Friedrichstadt
bei Herrn Geheimrat Sch m o r 1 ausgeführt mit Benützung des
Tellurverfahrens. Die Kontrolle durch Tierversuche musste untcr-
! bleiben.
Das Ergebnis der Untersuchungen war folgendes: In 46,4 Proz.
überhaupt wurden Diphtheriebazillen gefunden, also fast in der Hälfte
der Fälle. Von den Säuglingen t (die Hälfte der Kinder) waren
41,7 Proz. mit Bazillen behaftet. In der Nase der Kinder wurden
ungleich häufiger Bazillen gefunden als im Rachen, bei den nur
einmal abgestrichenen Kindern im Verhältnis 14:1, bei den zweimal
untersuchten in dem von 1014:1. In den positiven Fällen waren in
556
No. in.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
der Nase allein zu 82,2 Proz., im Rachen zu 17,8 Proz. Bazillen fest¬
zustellen. Beide waren positiv nur in 2 Fällen; die Nasenuntersuchung
allein ergab bei zweimal abgestrichenen Kindern 7 mal beide Male
positiven Befund. Schon daraus geht die Notwendigkeit hervor, bei
allen Kindern stets Nase und Rachen zu untersuchen und der Nase
bei der Prophylaxe grössere Aufmerksamkeit zu schenken. Ein
sicherer Zusammenhang zwischen bestehenden katarrhalischen Er¬
krankungen und dem positiven Ausfall der Untersuchungen Hess sich
nie nachweisen.
Von 9 Impflingen unter den Untersuchten hatten 2 Diphtherie-
bazillen in der Nase.
Die Diskussion wird infolge der vorgerückten Stunde ver¬
schoben.
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1637. ordentliche Sitzung vom 3. Februar 1913,
im Sitzungssaal des Vereins, abends 7 Uhr.
Vorsitzender: Herr Flesch.
Schriftführer : Herr B e n a r i o.
Herr B. Fischer demonstriert u. a.:
1. Embolie sämtlicher Hauptäste der Pulmonalarterie bei Becken¬
venenthrombose und chronischen Blutungen des Uterus.
2. Verblutung infolge Perforation ausgedehnter kongenitaler
Oesophagusvarizen, 4 Jahre alter Knabe.
Herr D r e y f u s: Salvarsan und Liquor cerebrospinalis bei Fruh-
syphilis. (Fortsetzung <}es Vortrags des Herrn Alt mann vom
20. I. 1913.) Erschienen in No. 9 und 10 d. W.
Diskussion: Herr B e n a r i o betont die Wichtigkeit der
Untersuchungen der Herren A 1 1 m a n n und D r e y f u s für die noso¬
logische Auffassung der Syphilis, die, wie die Untersuchungsresultate
auch anderer Forscher ergeben, in einem sehr hohen Prozentsatz
schon sehr frühzeitig, d. h. in der Zeit des ersten Exanthems das Zen¬
tralnervensystem befällt und sich in ihm lokalisiert, ohne zunächst
klinische Erscheinungen hervorzurufen. Das Lumbalpunktat zeigt
dann deutlich, dass eine „Meningite histologique“ besteht. B. hat
schon früher einmal betont, dass das Schicksal der Hirnsyphilitiker
in der Hand der Dermatologen liege. Zum Beweis, wie genau fast
die einzelnen Resultate der Autoren übereinstimmen, gibt B. die
Zahlen von Jeanselme und C h e v a 1 1 i e r (Revue de medecine)
bekannt.
Im Namen von Geh. Rat Ehrlich, der am Erscheinen ver¬
hindert ist, macht B. Mitteilung über Spirochätenbefunde in
Gehirnen bei Paralysis progressiva. Noguchi hat in
71 Fällen von Paralyse 14 mal Spirochäten gefunden. Ein an Geh. Rat
Ehrlich eingeschicktes Originalpräparat wird in der nächsten
Sitzung demonstriert werden.
Herr Schwenkenbecher: Nicht nur bei der Syphilis des
Zentralnervensystems wird oft das Fundament der Erkrankung schon
in den frühesten Zeiten der Infektion gelegt, sondern allem Anschein
nach auch bei anderen syphilitischen Organkrankheiten. So be¬
obachteten wir kürzlich in 2 Fällen, einmal 6 Wochen und einmal
8 Wochen nach dem Primäraffekt Herzstörungen, die sich bei ein¬
gehender Untersuchung als akute, therapeutisch beeinflussbare Aor¬
titis (Erweiterung der aufsteigenden Aorta im Röntgenbilde) erwiesen.
Herr K. Reicher - Bad Mergentheim : Ueber die Bedeutung der
Blutzuckerbestimmungen für die Diagnose und Therapie des Diabetes
mellitus.
Verein der Aerzte in Halle a. S.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 11. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr v. Hippel.
Schriftführer : Herr S t i e d a.
Herr Grouven demonstriert einen Fall von Skleroderniia
diffusa, bemerkenswert durch die scharf begrenzte Lokalisation der
Erkrankung auf die unbedeckten Körperstellen, Gesicht und Hals bei
einem Kranken, der den südwestafrikanischen Krieg als Fahnen-
schrnied mitmachte und unmittelbar danach erkrankte.
Durch Fibrolysininjektionen in Verbindung mit Quarzlampen¬
bestrahlungen wurde eine nicht unerhebliche Besserung erzielt.
Herr Lindemann (a. G.) : Demonstration eines neuen an¬
aeroben Kulturverfahrens für Blutuntersuchungen. (Erscheint aus¬
führlich in dieser Wochenschrift.)
Herr K. Reicher- Bad Mergentheim - Sanatorium Schwarzeck,
Blankenburg (a. G.) : Ueber Blutzucker- und Blutlipoidbestimmungen
bei Diabetes mellitus.
Die Methode der Blutzuckerbestimmung von Reicher und
Stein beruht auf der Bildung von Oxymethylfurfurol beim Zu¬
sammentreffen von Kohlehydraten, konz. H2SO1 und a-Naphthol. Die
Bestimmung erfolgt kolorimetrisch mittels des Universal-Chromo-
skops von E. H. Stein.
Die Nüchternwerte des Gesunden schwanken zwischen 0,09 bis
0,15 Proz., die des Diabetikers zwischen 0,2 bis 0,3 Proz. Bei Be¬
lastungsproben mit Traubenzucker erreicht der Gesunde nach 1, der
Diabetiker erst nach 2 — 3 Stunden die Akme der Blutzuckerwerte,
und zwar liegen auch diese beim Diabetiker in der Regel viel höher
als in der Norm. Gleichzeitig vorgenommene Gasanalysen zeigen
eine Verlangsamung der Zuckerverbrennung beim Zuckerkranken, bei
dem auch der Schwellenwert für den Anreiz zur Verbrennung viel
höher liegt als beim Gesunden. Der Erfolg oder Misserfolg von Diät¬
kuren ist nicht nach dem Urinzucker, sondern nach dem Blutzucker
zu beurteilen. Bleibt letzterer hoch, so ist die Prognose ungünstiger
zu stellen und mit Kohlehydraten äusserst vorsichtig zu verfahren.
Es gibt einen latenten Diabetes, mit hohen Blutzuckerwerten
bei fehlendem Urinzucker, die diabetischen Beschwerden dieser Pa¬
tienten, w-ie Furunkulose. Zahnausfall, Alveolarpyorrhöe, Gewichts¬
schwankungen, Erysipele, Hautjucken, Neuralgien etc. bilden sich
nach kohlehydratfreier Kost und Sinken des Blutdruckerysipels
prompt zurück, ln dieser Hinsicht leistet auch die Mergent¬
heim e r Karlsquelle vorzügliche Dienste, welche die Blut¬
zuckerwerte selbst bei gleichbleibendem Kohlehydratgehalt der
Nahrung auf die Hälfte, ja in manchen Fällen bis auf ein Drittel herab¬
zudrücken vermag. Bei herannahendem Koma steigen die Blut¬
zuckermengen ebenso wie in der Narkose, die Urinzuckerwerte sin¬
ken dagegen.
Diskussion: Herr Mohr.
Herr Lindemann: Ich möchte darauf hinweisen, dass auch
in der Schwangerschaft gegen Ende derselben eine beträchtliche
Vermehrung der Cholesterinester im Blute stattfindet. Das haben
N e u m a n n und Herrmann auch quantitativ bewiesen. Ich
konnte die Resultate mit Petrolätherextraktbestimmungen bestätigen,
Versuche, die demnächst veröffentlicht werden sollen. Was das
Verhältnis des Blutzuckers zu den Cholesterinestern und anderen
Fettkörpern anlangt, so müssen die Verhältnisse hier anders liegen
als beim Diabetes, es wäre jedenfalls eine Untersuchung dieser Frage
recht interessant. Bei verschiedenen Fällen von Amenonhöe fand
ich ebenfalls eine beträchtliche Vermehrung der Fettstoffe (14 — 15 g
pro Liter), jedoch nicht bei allen. In einem Falle von Eklampsie war
eine starke Verminderung vorhanden.
Herr Heynemann: In der hiesigen Frauenklinik wurden auch
B 1 u t z u c k e r bestimmungen während der Schwangerschaft
vorgenommen (E. B e r g s m a). Bestimmt wurde der Zuckergehalt
des Plasmas nach der Methode von Möckel-Frank. Hierbei
liess sich aber ein Bestreben des Körpers, den Zuckergehalt des Blu¬
tes zu erhöhen, nicht feststellen. Der Blutzuckergehalt hielt sich in
normalen Grenzen. Nach Darreichung von 100 g Traubenzucker
wurde in der Mehrzahl der Fälle keine Erhöhung des glykämischen
Koeffizienten gegenüber der Norm gefunden. Aus der hierbei häufig
auftretenden alimentären Glykosurie Hesse sich sogar eher folgern,
dass dem Körper, und zwar speziell den Nieren während der Schwan¬
gerschaft in erhöhtem Masse das Bestreben zukäme, eine Ver¬
mehrung des Blutzuckergehaltes möglichst zu verhindern bzw. zu be¬
seitigen.
Herr Mohr. — Herr Reicher (Schlusswort).
Biologische Abteilung des ärztlichen Vereins in Hamburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 7. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Schmilinsky.
Schriftführer: Herr Kehl.
Herr Sa enger und Herr Bornstein: Ueber den Tremor
und dessen Untersuchung mittels des Saitengalvanometers.
Nach einer Einleitung über die verschiedenen Tremorarten: bei
der multiplen Sklerose, der Paralysis agitans, beim Hirntumor, bei
dem M. Basedow, bei den Intoxikationen (Alkohol, Quecksilber,
Morphium), bei der Paralyse und bei der Hysterie wurden die Re¬
sultate der neuen Untersuchungsmethode mittels des Saitengalvano¬
meters mitgeteilt und die entsprechenden Kurven mittels Projektions¬
apparats demonstriert.
Bei einer Anzahl von Kranken ergab die Analyse der Zitter¬
bewegung mittels dieser neuen Untersuchungsmethode, dass jeder
Zitterbewegung 3 — 6 negative elektrische Schwankungen entsprachen.
Jede einzelne Zitterbewegung war also ein Tetanus; die einzelnen
Elektrizitätswellen hatten eine normale Fortpflanzungsgeschwindig¬
keit in der Muskelsubstanz und eine normale zeitliche Aufeinander¬
folge (Paralysis agitans, Chorea electrica). In anderen Fällen war
die tetanische Konstitution der einzelnen Zitterbewegung zwar regel¬
mässig gewahrt, die Fortpflanzungsgeschwindigkeit und die zeitliche
Aufeinanderfolge der Wellen war jedoch verringert (Intentionstremor
bei der multiplen Sklerose). In einer dritten Kategorie der Fälle
(alkoholischer Tremor, Chorea hysterica) kamen neben den deutlich
tetanischen Zitterbewegungen gelegentlich auch solche vor, in denen
jeder Bewegung nur 1 — 2 Elektrizitätswellen entsprachen.
Während bei normalen Sehnenreflexen (Patelhrreflex etc.) einer
Reflexbewegung eine einzige Elektrizitätswelle entspricht, setzt sich
der Fussklonus aus 2 — 4 solchen Wellen zusammen.
Beim Muskelspasmus nimmt in leichten Fällen die Anzahl und die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit der einzelnen Wellen ab; bei schweren
Spasmen, bei denen die willkürliche Bewegung des Muskels getrennt
ist, kommt es zu keinen oder höchstens sehr geringen elektrischen
I Erscheinungen. (Autoreferat.)
MUFNCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
II. März 1913.
Diskussion: Herr E. Fraenkel.
Herr Weygandt erinnert daran, dass der bisher voll¬
kommenste Apparat zum Studium des Tremors für dreidimensionale
Analyse der Zitterbewegungen, nach S o m m e r, sich einer rein
mechanischen Uebertragung bedient und bereits wertvolle Resultate
gebracht hat, vor allem hinsichtlich der Aufdeckung epileptischer
Eigentümlichkeiten. Die von dem Saitengalvanometer noch zu er¬
wartenden Untersuchungen lassen vor allem auch in dieser Richtung,
weiterhin besonders auch hinsichtlich des simulierten Tremors, wich¬
tige Aufschlüsse erhoffen.
Herr S'aenger: Schlusswort.
Herr Simmonds: Ueber Carcinoma sarcomatodes der Schild¬
drüse.
Im Anschluss an die Demonstration eines faustgrossen Tumors
der Schilddrüse, der bei einer 70 jährigen Frau exstirpiert worden
war und in welchem sich karzinomatöses und sarkomatöses Gewebe
innig vermischt fand, bespricht Vortr. die Genese des Carcinoma
sarcomatodes. Er kommt zu dem Resultat, dass es sich nicht um
eine sekundäre sarkomatöse Degeneration des Stroma eines primären
Karzinoms handelt, wie meist vorausgesetzt wird, sondern um eine
Kombinationsgeschwulst, in der von vornherein beide Tumorelemente
vertreten sind. (Ausführliche Publikation in der Zeitschr. f. Krebs¬
forschung.)
Herr Schmilinsky: Doppelte Gastroenterostomie bei Sand¬
uhrmagen.
63 jährige Kranke. Seit 30 Jahren periodisch auftretende Magen¬
geschwürssymptome. Mehrere Male Blutbrechen und Meläna. Seit
Frühjahr 1912 neue Schmerzperiode. Innere Behandlung ohne Er¬
folg. Tumor im Epigastrium. Fehlen freier HCl im Probefrühstück.
Magenschlauch stösst bei 53 cm von den Zähnen auf Widerstand.
Eingegossenes Wasser lässt sich nicht Zurückhebern Verdacht auf
kallöses Ulcus der kleinen Kurvatur mit Sanduhrmagen. Röntgen¬
durchleuchtung brachte die Bestätigung: Sanduhr- und Nischensym-
ptom des in die Umgebung perforierten Geschwürs deutlich. Der
Nische entspricht palpatorisch der epigastrische Tumor. Es wird
angenommen, dass derselbe, wie meist, einem Teil der dem Ulcus wie
ein Deckel aufsitzenden Leber entspricht, * in die das Ulcus ein¬
gebrochen ist. Der Kanal zwischen beiden Magenhälften nicht sehr
eng: ohne Hemmung fliesst der Baryumbrei aus dem oberen in den
unteren Magen. Pylorus durch Schrumpfung der kleinen Kurvatur
nahe an das Geschwür herangezogen. Pylorischer Magen daher
schneckenförmig aufgerollt. Starke Wellen ziehen zum Pylorus und
fluten zurück. Keine Duodenumfüllung. Also: Pylorusstenose. Noch
nach 8 Tagen lagern Baryumreste auf dem Grunde des pylorischen
Magens. Letzteren mit dem Schlauch zu entleeren, war unmöglich.
Der Schlauch blieb im oberen Magen hängen. Nur eine Operation
konnte helfen. Wenn möglich muss in solchen Fällen die Resektion
gemacht werden (am besten die quere), die meist überraschend gut
vertragen wird. Die untere Resektionslinie hätte hier ins Duodenum
fallen müssen. Gegen die Resektion sprach 1. das Alter, 2. die
fehlende freie HCl, 3. die Unmöglichkeit, den Schlauch zwecks Ent¬
leerung der stagnierenden Massen in den unteren Magen einzu-
fiihren. Nähere Begründung: Bei der Resektion ist eine Eröffnung des
Magens an der Stelle, wo das Ulcus in die Umgebung durchgebrochen
ist. trotz aller Vorsicht (z. B. gleichzeitige Resektion des Leberrand¬
teiles, der das Ulcus deckt und verschliesst) nicht immer zu ver¬
meiden. Das konnte in diesem Falle um so verhängnisvoller werden,
als der untere Magen nicht zu entleeren war und einen angestauten,
HCl-freien, also sehr infektiösen Inhalt enthielt. Die Herzen alter
Leute sind aber gegen Infektion sehr empfindlich. Was die Möglich¬
keit einer bereits vorhandenen malignen Entartung des Ulcus anlangt
(Anazidität!), so durfte man, da sonst nichts für Karzinom sprach,
und Anazidität auch bei gutartigen alten kallösen Geschwüren vor¬
kommt, auf das eine Symptom hin die Kranke nicht den beschrie¬
benen Gefahren aussetzen. Die Möglichkeit einer radikalen Ent¬
fernung eines krebsig entarteten kallösen Ulcus war zudem sehr
zweifelhaft. Aus diesen Gründen wurde auf die Resektion verzichtet
und Anfang August 1912 nicht nur am pylorischen Magen, sondern
auch am kardialen Magen eine (vordere) Gastroenterostomie angelegt.
Die letztere schien zwar zurzeit noch nicht nötig. Man musste aber
mit einer weiteren Zusammenschnürung des Magens an der Sand¬
uhrenge rechnen. Die zur oberen Gastroenterostomie zuführende
und die von der unteren Gastroenterostomie abführende Darm¬
schlinge wurden durch Enteroanastomose verbunden. Der Patien¬
tin geht es seitdem gut. Auf dem Röntgenschirm sieht man. dass
beide Anastomösen arbeiten.
Diskussion: Herr Haenisch ist nach seiner Erfahrung auf
Grund röntgenologischer wie operativer Beobachtungen der Ansicht,
dass das penetrierende Magenulcus weit häufiger in das Pankreas
eindringt, als in die Leber, wie aus den Worten des Herrn Schmi¬
linsky hervorging. H. fragt ferner den Redner, ob er bei der
Operation feststellen konnte, wieviel von der röntgenographisch nach¬
gewiesenen Sanduhrenge auf anatomischer Ursache und wieviel auf
Spasmus beruhte.
Herr Fraenkel: Die Bezeichnung Ulcus perforans ist durch
die des Ulcus penetrans oder Ulcus progress in pancreas zu er¬
setzen, da eine Perforation de facto nicht Vorgelegen hat. Ich möchte
die Gelegenheit benützen, um zu erklären, dass die, insbesondere von
Dayr vertretene, Ansicht, wonach das Gros der Fälle von Ulcus
557
callosum ventriculi krebsiger Natur ist, nach meinen Erfahrungen
nicht zutrifft. Man beobachtet derartige Ulcera, die makroskopisch
den Eindruck des krebsigen machep und histologisch benigne er¬
scheinen, wie auch das umgekehrte Verhalten. Eine sichere Ent¬
scheidung ist also nur durch das Mikroskop herbeizuführen.
Spastische Zustände am Magen brauchen in der Narkose nicht vor¬
überzugehen, ja man trifft sie noch an der Leiche an; sie können
vollkommen den Eindruck des echten Sanduhrmagens machen, es ge¬
lingt aber, durch Zug die Einschnürung auszugleichen und damit
schon vor der Eröffnung des Organs den Beweis zu erbringen, dass
keine organische Erkrankung (Narbenbildung) vorliegt.
Herr Simmonds: Ich schliesse mich völlig dem an, was Herr
Fraenkel über die Beziehung zwischen Ulcus callosum und Kar¬
zinom gesagt hat. Payr will in 26 Proz., K ii 1 1 n e r gar in 40 Proz.
der kallösen Ulcera Krebs gefunden haben. Bei meinem sorgfältig
mikroskopisch geprüften Material findet sich ein wesentlich ge¬
ringerer Prozentsatz. Vielleicht liegt die Differenz daran, dass der
Chirurg manches als Ulcus callosum mit karzinomatöser Umwand¬
lung bezeichnet, was wir von vornherein als primären Krebs auf¬
fassen.
Herr Schmilinsky (Schlusswort) : Dass kallöse Geschwüre
häufiger in das Pankreas als in die Leber einbrechen, ist zuzugeben.
Aber wenn infolge des Einbruchs ein Tumor palpabe! wird, dann ist
es am häufigsten ein Teil der Leber. Ueber die Neigung kallöser
Ulcera, maligne zu entarten, gehen die Meinungen noch auseinander.
Die Entscheidung wird dadurch erschwert, dass von mehreren Seiten
(v. Eiseisberg, Kocher, Vortragender) Fälle beobachtet
sind, wo an resezierten Geschwüren mikroskopisch kein Karzinom
nachweisbar war. die betr. Kranken aber später an lokalen Re¬
zidiven oder an Metastasen zugrunde gingen. Negative Ausfälle der
mikroskopischen Untersuchung müssen daher mit einiger Vorsicht
aufgenommen werden. Was die Form des Sanduhrmagens an¬
betrifft, so erwies sie sich bei der Autopsie in vivo als organisch
bedingt.
Sitzung vom 21. Januar 1913.
Vorsitzender : Herr Schmilinsky.
Schriftführer : Herr Schaedel.
Herr Unna sen. : Die praktische Anwendung der Sauerstofi-
reagentien. (Erscheint ausführlich in der Berl. klin. Wochenschr.)
Herr Reicher (a. G.) : Die Bedeutung der Blutzuckerbestim-
mungen für die Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus.
Medizinische Gesellschaft zu Kiel.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 16. Januar 1913 in der Medizinischen Klinik.
Herr Lüthje spricht zur klinischen Diagnostik des Typhus
abdominalis, wobei er besonders auf die relative Pulsverlangsamung,
die positive Diazoreaktion und die Leukopenie Gewicht legt.
Derselbe stellt einen Fall von Dermatitis exfoliativa und
Nephritis nach Salvarsan- und Kalomelinjektionen vor.
Diskussion: Herr Schlecht konnte bei dem von Lüthje
demonstrierten Fall von Salvarsaninjektion ähnlich wie bei dem von ihm
früher beschriebenen tödlich verlaufenen Fall von Arsenophenylglyzin-
überempfindlichkeit (s. bei N e i s s e r : Beiträge zur Pathologie und
Therapie der Syphilis, Berlin 1911) eine periphere Eosinophilie von
20 — 25 Proz. feststellen. Ausserdem waren in den Hautblasen LS aller
Zellen eosinophile Leukozyten. Ein exzidiertes Hautstückchen zeigte
bei Giemsafärbung eine sehr starke lokale Eosinophilie in dem sub¬
kutanen Gewebe. Das mikroskopische Bild ähnelt der lokalen Eosino¬
philie in der Haut beim Arthus sehen Phänomen. (Erscheint aus¬
führlich.)
Herr Bering.
Herr Weiland: Ueberleitungsstörungen bei Diphtherie.
9 jähriger Knabe erkrankte Mitte Juli 1912 mit einer Rachen¬
diphtherie, von der er sich bald erholte, so dass er 14 Tage nach
Beginn der Erkrankung das Bett verlassen konnte. Am Tage des
ersten Aufseins Anfälle von Krämpfen mit Bewusstseinsstörungen;
deshalb Einlieferung in die Klinik.
Aufnahmebefund: Keine lokalen Veränderungen im Rachen, nur
einmal im Abstrich Diphtheriebazillen. An den Organen und am
Nervensystem keine nachweisbaren Veränderungen, insbesondere
keine Verbreiterung der Herzdämpfung und keine palpatorisch auf¬
findbaren Rhythmusstörungen des kleinen, weichen Pulses; Puls¬
frequenz 90 in der Minute. In den ersten 6 Tagen klinischer Beob¬
achtung gehäufte Anfälle, bei denen der Knabe blass, dann zyanotisch
wurde, nicht auf Anrufen reagierte, krampfartige Zuckungen der Ex¬
tremitäten bekam und von denen er sich nach 1 — 3 Minuten erholte.
Beim Einsetzen der Anfälle hörte der Radialispuls auf, fühlbar zu
werden, im Anfall war eine Frequenz 34 — 40 pro Minute, nach den
Anfällen ging sie auf ca. 90 hinauf. Die Beobachtung der Jugular-
venenpulsation während der Anfälle ergab eine um 90 schwankende
Frequenz in der Minute. Auskultatorisch war an der Spitze der
Herzrhythmus entsprechend dem Radialpuls hörbar, an der Basis
rhythmisch in viel schnellerer Frequenz als dieser, ein leises Ge¬
räusch (H i s).
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. in.
558
Bei subkutaner Kampfer-, Koffein- und Atropininjektion ver¬
schwanden die Anfälle und im späteren Verlauf der Erkrankung waren
abgesehen von einer temporären Tachykardie keine Herzrhythmus¬
störungen mehr zu finden, wohl aber bekam der Knabe nacheinander
eine Nephritis. Akkommodations-, Abduzens-, (iaumensegellähmung
und eine neuritische Parese beider Beine.
Nach 8 Wochen konnte er die Klinik als Rekonvaleszent ver¬
lassen und bei mehrfachen Nachuntersuchungen erwies sich, dass
alle Störungen verschwunden waren, bis auf eine orthodiagraphisch
und perkutorisch nachweisbare Verbreiterung des Herzens und ein
leises systolisches Geräusch an der Mitralis; elektrokardiographisch
fanden sich keine Ueberleitungsstörungen mehr.
Es wird hingewiesen auf die Schwere der Infektion, bei der
mit Ausnahme der Hautdiphtherie fast sämtliche Nachkrankheiten auf¬
traten, die es bei Diphtherie gibt, und ein zweiter ähnlicher Fall ohne
Ueberleitungsstörungen besprochen; der Zusammenhang dieser
relativ seltenen klinischen Bilder mit den periodisch an Intensität
der Krankheitsformen wechselnden Diphtherieepidemien wird ange¬
nommen (cf. die Diphtherieepidemien 1911/12 in Berlin, Hamburg).
Vielleicht ist auch die Menge des injizierten Diphtherieserums von
Bedeutung (der Knabe hatte nur 600 I.-E. bekommen); Empfehlung
grosser Serumdosen, entsprechend den Erfahrungen der Klinik (cf.
Ehrhardt: Inaug.-Diss. 1912).
Demonstration der von dem Patienten aufgenommenen Kurven
ausserhalb der Anfälle, die am Venenpuls zeitweise nodalen Rhythmus
und S- Wellen erkennen lassen; im Anfall waren Aufnahmen wegen
der Unruhe des Patienten nicht möglich. Ferner wurden Kurven
eines Falles von dauernder querer Dissoziation demonstriert und die
Elektrokardiogramme nach der Genesung des Diphtheriepatienten,
die eine gut ausgesprochene T-Zacke zeigen. An der Hand der
Literatur über die Ueberleitungsstörungen bei Diphtherie und ihre
histologischen Befunde wird die Pathogenese des im vorliegenden
Falle temporär vorhandenen Herzblocks, erwiesen aus dem klinischen
Krankheitsbilde, als einer funktionellen Schädigung des Reizleitungs¬
systems ohne pathologisch-anatomische, gröbere und ausgedehnte Er¬
krankung des Bündels gedeutet. Besonders gestützt scheint diese
Ansicht durch die vollkommene Wiederherstellung der Funktion und
durch analoge Beobachtungen von R o h m e r, der bei klinisch und
elektrokardiographisch sicher erwiesenem Herzblock Diphtherie-
kranker ausgedehntere histologische Veränderungen nicht fand. Eine
Entstehung des Symptomenkomplexes der Querdissoziation durch
Digitalis oder Vaguswirkung wird abgelehnt. Dass daneben myo- |
karditische Prozesse ausserhalb des Bündels bestanden haben, muss
zugegeben werden mit Rücksicht auf die noch vorhandene Herz¬
verbreiterung und das systolische Geräusch.
Diskussion: Herren v. S t a r c k, B e t h e, Weiland.
Herr Ha den fei dt: Zur Therapie des Keuchhustens.
An die Behandlung des Keuchhustens geht der Arzt mit einer
gewissen Resignation heran, da es bisher nur Linderungsmittel gibt
und keine kausalen Heilmittel. Dieses wird sich wahrscheinlich erst
ändern, wenn der eigentliche Keuchhustenerreger (Bordet-
G e n g o u sehe Bazillus?) unbestritten feststeht.
Anlässlich der Erkrankung der eigenen Kinder hat H. das von
Lenzmann in Duisburg (Med. Klinik No. 44) kürzlich empfohlene,
„T u s s a 1 v i n“ benannte Hydrochininum hydrochloricum, welches
intramuskulär und intravenös injiziert wird, bisher in 12 Fällen an¬
gewendet und in seiner Wirkung beobachtet. Die Versuche werden
noch weiter fortgesetzt. H. ist nicht ganz so enthusiasmiert wie
Lenzmann, hat aber den Eindruck gewonnen, dass wir in dem
Präparat in seiner neuen Applikationsweise ein Mittel haben, welches
den bisherigen Keuchhustenmitteln weit überlegen ist.
Ob dieser chemotherapeutische Weg der allein richtige ist und
noch weiter ausgebaut werden kann, und ob nicht noch die Sero¬
therapie späterhin uns ein direktes Spezifikum gegen den Keuchhusten
liefern wird, bleibt der Zukunft überlassen. H. hat die Ansicht, in
gegebenen Fällen auch durch Blutseruminjektion von Keuchhusten-
rekonvaleszenten einen Heilversuch zu machen: ein Weg, welcher
inzwischen von Sierra angeblich erfolgreich beschritten worden ist.
Diskussion: Herren v. Stare k, Wulf, Hadenfeldt.
Herr Kahn: Ueber hämolytischen Ikterus.
Bei dem 19 jährigen Patienten W. besteht seit 6 Jahren ein chro¬
nischer, an Intensität wechselnder Ikterus mit leichter Anämie ohne
sonstige ernsthafte Krankheitserscheinungen. Zwei Brüder des
Patienten und eine Schwester der Mutter sind ebenfalls gelbsüchtig,
die Mutter (gestorben mit 42 Jahren an einem Herzleiden) und die
Grossmutter des Patienten (gestorben an Altersschwäche mit
72 Jahren) waren ebenfalls chronisch ikterisch. Wir finden bei dem
Patienten einen grossen Milztumor, geringe Leberschwellung, Uro¬
bilin, Urobilinogen im Harn, Bilirubin im Serum, im Blute die Zeichen
leichter Anämie (Hämoglobin 65 Proz.) mit Anisozytose und Mikro-
zytose (keine kernhaltigen Elemente, keine Einschlüsse in den Ery¬
throzyten).
Es handelt sich um einen typischen Fall von familiärem, hämo¬
lytischen Ikterus. Auch das Kardinalsymptom dieser Krankheit,
nämlich die Herabsetzung der osmotischen Resistenz der roten Blut¬
körperchen gegen hypotonische Kochsalzlösungen, war in charak¬
teristischer Weise ausgeprägt. Die Hämolyse begann in wieder¬
holten Untersuchungen bei 0,54 — 0,64 Proz. (normal bei 0,42—0,48 Proz.)
Kochsalzlösung und war bei 0.40 — 0,46 Proz. vollendet (normal bei
0,28—0,32 Proz.).
Ob für die Pathogenese dieser Krankheit primär eine gesteigerte
hämolytische Tätigkeit der Milz in Frage kommt oder ob eine an¬
geborene Minderwertigkeit der Erythrozyten die primäre Ursache
darstellt, ist noch fraglich. Vielleicht liegt die Ursache des Leidens
noch in einer allgemeineren Konstitutionsanomalie. Denn in meiner
Beobachtung konnte ich Störungen des Kohlehydratstoffwechsels
nachweisen (hoher Blutzuckerspiegel von 0,2 Proz., alimentäre
Glykosurie bei 100 g D.). Im selben Sinne spricht auch die ausser¬
ordentlich stürmische Reaktion auf 1 mg Adrenalin subkutan. (Auto¬
referat.)
Diskussion: Herr Schlecht: Ueber das zur Diskussion
stehende Krankheitsbild ist zwar gerade in der letzten Zeit kasuistisch,
namentlich von französischen Autoren, viel veröffentlicht worden,
doch dürfte trotzdem bei der Unklarheit über die Pathogenese des¬
selben, die Bekanntgabe weiterer Fälle gerechtfertigt erscheinen.
Die folgenden 3 Fälle eines familiären hämolytischen Ikterus konmen
zw ar nicht klinisch, sondern nur ambulant beobachtet werden,
verdienen aber deshalb Beachtung, weil sie relativ frühzeitig in ärzt¬
liche Beobachtung kamen.
1. Frau X., 34 Jahre alt. Familienanamnese belanglos, keine
Anämie, kein Milztumor beobachtet in der Aszendens. Als Kind gute
Entwicklung. Mit 12 Jahren Gelbfärbung der Haut ärztlich beob¬
achtet, die seitdem konstant vorhanden war. Von den 20 er Jahren
an wiederholt Anfälle stärkeren Ikterus, zuweilen unter hohem Fieber
und starker Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens bis zu 4 Wochen
Dauer. Auch nach der Verheiratung öfter Anfälle. 2 Graviditäten
wurden gut überstanden, jedesmal am Ende der Gravidität starke
Zunahme des Ikterus. Intensität der Gelbfärbung auffallend abhängig
von psychischen Momenten. Im Anschluss an eine schwere Blutung
schwand der Ikterus für einige Wochen vollständig. Interkurrente
Untersuchungen durch den Vortragenden November 1911 ergaben:
mässig grosser, derber Milztumor, leichter Ikterus, Leber eben zu
fühlen. Blut Hg = 42 Proz. (in einem Anfall früher 30 Proz. beob¬
achtet), E = 3 000 000. Im Harn Urobilin + im Serum Gallenfarb¬
stoff schwach positiv. Blut morphologisch: leichte Polychromasie
und Poikilozytose, Mikrozytose, Reduktion der Lymphozyten.
Serumeiweiss (reftraktrometrisch) 7,78 Proz.
2. Die 10jährige Tochter der Patientin: Normaler Partus und
noimale Entwicklung des Kindes. Im Alter von lYa Jahren Milz¬
tu m o r ärztlich festgestellt, schon sehr gross und hart, disloziert
nach der Mittellinie zu und über dieser nach rechts beweglich. Mit
4 — 5 Jahren zunehmende Gelbsucht, die bis dahin gefehlt hatte. Da¬
mals Hgl. = 70 Proz. Gelegentlich Fieber ohne besondere Ursache
(als Verdauungsstörungen gedeutet). Sonst bei ständigem Ikterus
Wohlbefinden. November 1911 schwerer akuter Anfall, der vom
Vortr. beobachtet wurde. Kopfschmerzen, Erbrechen, hohes Fieber,
grosser Milztumor, Leber palpabel. Hämoglobinsturz von 80 au?
20 Proz., mit Leukopenie, in den ersten Tagen aber auffallend hohe
Mononukleärenwerten (20 Proz.), E. = 1 310 000. starke Mikro¬
zytose, Anisozytose, Polychromasie. Dann relativ rasche Erholung
(unter Injektionen von Natr. cacodyl.). Enorm starke Regeneration
(8 — io Proz. kernhaltige Rote mit ca. 1,8 Proz. Megaloblasten) des
roten Blutbildes und hohe neutrophile Leukozytose (25 000), Hg-An-
stieg auf 50—60 Proz. Im Blut keine Hämolyse nachweisbar, Serum:
Gallenfarbstoff 0. Urin: Urobilin positiv. Serumeiweiss i in
Anfall nur 6,25 Proz.
3. Der 7jährige Sohn der Patientin: Ebenfalls anfangs normale
Entwicklung. Milztumor im Alter von 3 — 4 Jahren festgestellt ohne
Ikterus. Fast zur selben Zeit mit der Schwester (4 läge später!)
durchaus ähnlicher Anfall mit Fieber, Kopfschmerzen und Schluck¬
beschwerden. Tonsillen zunächst o. B., in den nächsten Tagen ärzt¬
lich einige verdächtge Stippchen ohne Rötung gesehen. Auch hier
enormer Hgl.- und Erythrozytensturz und rasche intensive Regene¬
ration, aber ohne jede Medikation. Blutbild ebenfalls ähnlich.
Die Diagnose auf familiären hämolytischen Ikterus konnte schon
im November 1911 auf Grund des klinischen Bildes gestellt werden.
Seitdem bis heute keine Anfälle mehr aufgetreten. Am 14. Januar 1913
ergibt die Resistenzprüfung bei den Kindern starke Herabsetzung der
maximalen und minimalen Resistenz. Bei allen drei Patienten findet
sich am Cor ein sehr lautes systolisches Geräusch.
Bemerkenswert an den Fällen ist (ähnliche Angaben auch sonst
in der Literatur!):
1. dass bei den Kindern der Milztumor ohne sonstige Erschei¬
nungen jahrelang vorher bestand;
2. die Abhängigkeit von äusseren Momenten bei der Zunahme
des Ikterus (psychische Erregung bei der Mutter);
3. das gleichzeitige Auftreten des ersten Anfalls bei Schwester
und Bruder ohne sicher erkennbare äussere Ursache (vielleicht
Angina?);
4. meist auffallend reichliches, eosinfarbenes Urinsediment;
5. starke Remission des Ikterus bei der Mutter nach schwerem
Blutverlust und einmal bei Klimawechsel und Zunahme des Ikterus
in der Gravidität.
Die Präexistenz des Milztumors dürfte trotzdem nur mit Vor¬
sicht für die Theorie der primären Milzerkrankung herangezogen
werden, da Blutuntersuchungen aus dieser Zeit fehlen. In erster
Linie dürfte es sich um die Produktion abnormer Erythrozyten
handeln, daher auch von einer genaueren physikalisch-chemischen
Untersuchung der E. am ehesten weiterer Aufschluss zu erwarten sein.
Mäfz 191.3.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
559
Allgemeiner ärztlicher Verein zu Köln.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 21. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Strohe I.
Schriftführer : Herr Schickendant z.
Herr G old her g: Zur Prognose der Nephritis.
ü. erörtert an der Hand zahlreicher Beispiele aus der Praxis den
zeit, welchen die Voraussage der Nephritis aus der Verwertung
iunktionellen Priifungsmcthoden ziehen kann. Während sich beim
' gleich des Wertes der beiden Nieren die extrarenalen Ein-
kungen ausschalten lassen, da ja beiden Nieren das gleiche Blut
, iesst, und Unterschiede in den Einzelharnen demnach nur aui
■ linung der betr. Niere kommen, muss der Gesamtharn als Ergebnis
Nierenarbeit + Stoffwechsel ! Zirkulation bewertet werden:
gnostische Schlüsse aus einzelnen günstigen oder ungünstigen
■ eitsleistungen sind niemals möglich. Wenn man aber unter Rück-
■ 1 1 auf die Anamnese, nach erschöpfender oft wiederholter che-
cher und mikroskopischer Urinanalyse, bei dauernder Kontrolle
Blutdrucks und des Herzens die Funktionsprüfung als Ergänzung
^achtet, so wird man auch heute schon den mancherlei koal¬
ierten Fragestellungen der Nephritisprognose etwas besser ge¬
het gegenüberstehen, als noch vor einem Jahrzehnt etwa.
Die Kryoskopie des Blutes wird von den Internisten wenig ver-
tet. Die Bestimmung des Reststickstoffs im Blutserum gestattet,
s sie über Ws — 2 Prom. ergibt, die Prognose einer nur noch kurzen
ensdauer. Der Vergleich des Blutharnstoffs mit dem Harnharnstoff
Zeit der Blutentnahme gestattet nach A m b a r d eine Konstante
: berechnen, die um so grösser ist, je schwerer die Harnstoff¬
ition der Niere geschädigt ist. Im Gegensatz zu diesen für die
l emeine Praxis noch zu schwierigen hämatologischen Methoden
. en sich die Methoden einer provozierten maximalen Elimination
i Urin für die Praxis nutzbar machen. G. bespricht die renale
nination körperfremder Stoffe (Jodkali, Milchzucker, Methylen-
u, Indigkarmin, Phenolsulfonphthalein) mit Rücksicht auf ihre
i «nostische Verwertbarkeit, endlich die Methoden zur Prüfung der
:nination der körpereigenen Stoffe; von diesen hat er den Koch¬
versuch und den Verdünnungsversuch als praktisch wichtig
ätzen gelernt. (Vgl. Zentralbl. f. innere Medizin 1912, No. 19.)
Herr ^Czaplewski berichtet über die Ergebnisse seiner
ersuchungen über Trachom, welche er in Verfolgung seiner
neren Trachomuntersuchungen in Königsberg (Verein für wissen-
sftliche Heilkunde, 12. April 189-7, Deutsche med. Wochenschr.
1, No. 30, Vereinbeilage S. 216), in Köln 1909 und jetzt 1912/13
seiner neuen Methode (Vitalfärbung mit Boraxmethylenblau) aus-
ihrt hat. Bakterien wurden nicht in nennenswerter Zahl gefunden,
fach war das Material bakterienfrei. Blastomyzeten wurden ver-
st. Dagegen wurden zahlreiche eigentümliche zeitige Gebilde
hgewiesen, welche Vortr. nicht als Körperzellen anzusprechen
mag, die dann also als körperfremde Zellen aufzufassen wären,
i liegt natürlich am nächsten in diesen Gebilden, welche eine z. T.
z auffallende Aehnlichkeit mit gewissen Formen von Protozoen
tzen, den Erreger des Trachoms zu suchen. Zum besseren Ver-
idnis der folgenden Demonstration seiner Befunde führte der Vortr.
ächst die Zeugungskreise verschiedener anerkannter Protozoen
(Amoeba coli, Coccidium, Proteosoma, Malariaparasiten), um
Reichtum und Wechsel in den Formerscheinungen der para-
ehen Protozoen zu demonstrieren. Sodann wurden die Befunde
st durch über 100 Projektionsbilder und über 50 aufgestellte Dia-
tive und verschiedene Mikroskope mit Präparaten von Trachom,
igarinenzysten, Hefe und Blastomyzes vorgeführt. Dieselben be¬
ten Amöboidformen, grosse Plasmodien (Leber sehe Zellen, zum
gleich verschiedene Myxosporide), Flagellatenformen, Gameten¬
nen (?), Kopulationsformen, Enzystierungsformen, fertige und
latzte Zysten, leere Zystenhüllen (Vergleich : Bertramia), Dauer¬
ten, Sichelsporenzysten, gequollene Zysten und kleine bewegliche
men (Vergleich: Planonten bei Nosema), Initialformen. ln
nitten gelang ebenfalls mit einer besonderen Methode der Nach-
s sehr zahlreicher zystischer Gebilde mit Sichelkeimen (Vor-
ung zahlreicher Lichtbilder der einzelnen Stadien). Ausserdem
den sich im Schnitt einige sehr grosse orange gefärbte zackige
ilde, welche an die Sporangien und Dauerfrüchte bei Gregarinen
Chytidriazeen erinnern.
Als Parallelen zu den vorgeführten Befunden wurden Ab-
tmgen von Zvklospora, Nosema, Glugea und Gregarinen vor-
shrt.
Mit diesem Vortrage, welcher ausführlich in der Zeitschrift für
enheilkunde erscheint, sollte zunächst eine möglichst grosse Zahl
verschiedenen, mit der neuen Methode gesehenen, durch die
rophotographie festgelegten Formen vorgeführt und ihre Un-
lichkeit mit Körperzellen, ihre Aehnlichkeit mit Protozoenformen
hgt werden, um damit eine Weiterarbeit anzubahnen.
Vortr. betont, dass manche der von ihm geschilderten Befunde
m von anderen Autoren, wie Raehlmann, Addario, Pick,
i i u s u. a. gesehen und auch abgebildet, aber anders gedeutet
n, -wobei in Rechnung zu setzen sei, dass diese vitale Färbung
ertere und deutlichere Bilder liefert.
Diskussion: Herr Stiel: St. hat bereits am 6. Nov. 1911
Allgemeinen Aerztlichen Verein über seine Untersuchungen bei
I rachom, die mehrere Jahre fortgesetzt wurden, berichtet. Er hält
Czaplewski gegenüber daran fest, dass höchstwahrscheinlich
Blastomyzeten als die Ursache des Trachoms zu betrachten sind.
\\ enn man, worauf auch .1 u niu s Wert legt, bei der Beurteilung des
Trachomerregers auf das klinische Krankheitsbild und die patho¬
logische Anatomie Rücksicht nimmt, so können Blastomyzeten sehr
wohl für die Aetiologie in Betracht kommen. Denn das klinische
Krankheitsbild besteht in der Hauptsache aus den Granula und einer
diffusen Infiltration der Konjunktiva; die Krankheit ist eine rein ört¬
liche ohne Allgemeinerscheinungen und Fieber, sogar ohne Be¬
teiligung der zugehörigen Lymphdriisen. Alle übrigen Symptome,
wie Pannus, Hornhautentzündung, Verwachsungen der Lider etc.
sind sekundärer Art. Was ferner die pathologische Anatomie beim
Trachom betrifft, so besteht das pathologisch-anatomische Substrat
in einer chronischen produktiven Entzündung. Es finden sich alle
diejenigen Zellgebilde, welche auch sonst bei derartigen Entzündungen
Vorkommen und die meist aus dem Bindegewebe abstammen, also
vor allem Lymphozyten, Leukozyten. Mastzellen, Riesenzellen und
im besonderen die sogen. Leber sehen Einschlusszellen. Während
aber bisher die Einschlüsse in letzteren für rote Blutkörperchen oder
Kernfragmente von Leukozyten gehalten wurden, hält Stiel die
Einschlüsse für Blastomyzeten. weil sie in Form und Färbung mit
ihnen die grösste Aehnlichkeit haben.
Bei der Rückbildung des neugebildeten Trachomgewebes kommt
es schliesslich zur Narbenbildung. Bereits von Busse wurde fest-
gestellt, dass pathogene Hefen im Körper hauptsächlich chronische
Entzündung mit folgender Narbenbildung veranlassen, so dass die
Uebereinstimmung beim Trachom gegeben ist.
Es hat sich ferner bei Blastomyzeten auch eine geschlechtliche
Fortpflanzung gefunden, worauf Prof. P. Lindner (Kosmos 1913,
No. I) hinweist, so dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die von
Czaplewski gezeigten Zellgebilde und Zysten als Formelemente
zu betrachten sind, die von Blastomyzeten abstammen. Lindner
betont, dass bereits 500 verschiedene Arten von Hefen bekannt sind,
und Lydia Rabino witsch hat im Koch sehen Institut nach¬
gewiesen, dass unter 50 verschiedenen Hefearten 7 für Versuchstiere
pathogene sich fanden. Es würde also heute schon mit ca. 70 patho¬
genen Arten zu rechnen sein, so dass es wohl angebracht ist, ihnen
mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken.
Stiel demonstriert schliesslich die von ihm gefundenen
Blastomyzeten im Bilde und in Zeichnungen, welche nach Ausstrich¬
präparaten bei ca. lOOOfacher Vergrösserung angefertigt waren. Der
Liebenswürdigkeit des Herrn Prof. Pröbsting hatte er es zu ver¬
danken, dass er Patienten aus der letzten Kölner Trachomepidemie
Material entnehmen konnte, und es genügte ein einmaliger Abstrich
von der oberen Uebergangsfalte, um mit der Tuberkelbazillenfärbung
Blastomyzeten in zahlreichen Verbänden im subepithelialen Gewebe
auffinden zu lassen.
Herr Guillery: Herr Prof. Czaplewski hat mir schon
seit längerer Zeit diese Präparate vorgelegt, insbesondere um sich
zu vergewissern, ob es in der normalen oder erkrankten Konjunktiva
irgendwelche Gebilde gibt, die damit verwechselt werden könnten.
Nach eingehendem Studium glaubte ich diese Frage verneinen zu
können. Am nächsten lag mir jene Verwechslung mit den sogen.
Becherzellen des Konjunktivalepithels, weil diese schon einmal in
der Trachomforschung eine verhängnisvolle Rolle gespielt haben.
Die Gründe, die mich veranlassten, dies auszuschliessen, will ich nicht
im einzelnen anführen.
Massgebend war schon, dass diese Gebilde ja nicht nur im
Epithel, sondern auch massenhaft im Granulum sitzen und zwar nicht
nur im ausgequetschten, wo sie vielleicht von der Oberfläche hinein¬
gelangen könnten, sondern im Schnitt. Dann mussten wir an Kern¬
teilungsfiguren denken, womit beim ersten Anblick eine gewisse
Aehnlichkeit besteht. Bei näherer Betrachtung sieht man aber, dass
es sich um etwas ganz anderes handelt. So kommen wir teils durch
fortgesetzte Beobachtung, teils per exclusionem zu der Ueber-
zeugung, dass diese Gebilde parasitärer Natur sein müssten.
Die Hefebefunde von Stiel kann ich bestätigen, da der Herr
Kollege die Liebenswürdigkeit hatte, sie mir zu zeigen. Eine Auf¬
klärung dafür kann ich leider nicht geben.
Herr Junius: In Anbetracht der sehr vorgerückten Zeit nur
einige Worte. Der Herr Vortragende hat auf meine Untersuchungen
zur Trachomfrage Bezug genommen. Ich möchte in aller Kürze nur
feststellcn, dass ich in keinem Punkte mit dem Herrn Vortragenden
einer Meinung bin und dass, wenn ich in der Form gleichartige Ge¬
bilde beschrieben habe, ich sie anders zu deuten Anlass hatte. Be¬
züglich des näheren verweise ich auf meine Veröffentlichungen.
Herr Guillery: Trachom ist auf Affen übertragen worden.
Es entsteht aber mehr eine akute Form, ohne den chronischen Verlauf
und die Narbenbildung.
Man kennt, wie ich schon bemerkte, diese Gebilde nur bei
Trachom. Hier sind sie unter den verschiedensten Namen, wie
Körperchenzellen, Wimmelzellen, Leber sehe Zellen, Phago¬
zyten etc. beschrieben. Das sind alles nur verschiedene Entwick¬
lungsphasen desselben Parasiten, was die Autoren unter diesen
Namen beschreiben und abbilden, die von C z a p l e w s k i ange¬
wandte vitale Färbung hat es ermöglicht, die richtige Deutung zu
finden.
Herr Czaplewski (Schlusswort) hält es in Rücksicht auf die
Mitteilungen Stiels für sehr wohl möglich, dass es auch durch
560
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No; i
Blastomyzeten erzeugte Konjunktivitiden bzw. Konjunktivitiden mit
Blastomyzetenbefunden gibt. In den von ihm untersuchten Trachom¬
fällen sind aber Blastomyzeten sowohl von ihm als auch von seinen
Mitarbeitern vermisst worden. Sein jetziges Trachommaterial ver¬
dankt er der Liebenswürdigkeit von Herrn Prof. Dr. Pröbsting
und dessen Assistenten Herrn Dr. H u s s e 1 e r, denen er für ihre
stets bereitwillige Hilfe zu grossem Danke verpflichtet ist.
Er gibt ausserdem eine Reihe von Diapositiven herum, welche
Befunde von Raehlmann, Addario und Pick wiedergeben
und offenbar seinen bis jetzt mitgeteilten Befunden entsprechen, aber
von den Autoren anders gedeutet sind.
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 14. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Bahr dt.
Schriftführer : Herr R i e c k e.
Herr H e i n e k e demonstriert 1. einen Kranken mit Spontan¬
ruptur der Sehne des langen Daumenstreckers, die 4 Wochen nach
einer ganz einfachen, ohne Verschiebung bestehenden und voll¬
kommen glatt geheilten typischen Radiusfraktur eingetreten
war. Vortr. erwähnt noch einen zweiten ganz gleichen Fall, den er
einige Zeit vorher beobachtet hatte. Die bei dem einen Kranken
ausgeführte Operation ergab, dass die Sehne am vorderen Rand des
Ligamentum carpi durchgerissen war. Die beiden Enden waren
kolbig verdickt, ein Strecke weit gelb verfärbt und pinselförmig
aufgefasert. Die Enden wurden angefrischt und direkt vernäht. Hei¬
lung mit Wiederherstellung normaler Funktion.
Spontanzerreissungen der Strecksehne des Daumens sind nach
Fall auf die Hand mit und ohne Radiusfraktur bisher nur in wenigen
Fällen beobachtet worden (Lindner, Schiatter, zur Verth).
Die Entstehung der Sehnenzerreissung ist bei diesen Fällen wohl so
zu erklären, dass die Sehne im Moment des Fallens, bei dem der
Daumen zur Abwehr stark gespreizt wird, durch ein starkes An¬
pressen an den vorderen scharfen Rand des Handgelenkbandes eine
starke Quetschung und Zerrung erfährt und dass das gequetschte
Sehnengewebe dann allmählich nekrotisch wird, sich auffasert und
schliesslich bei irgend einer Bewegung durchreisst.
Weit häufiger als nach einmaligen Traumen sind derartige ne¬
krotisierende Sehnenerkrankungen mit Spontanrupturen bei wieder¬
holten kleinen (professionellen) Schädigungen der Sehne. Das beste
Beispiel dafür ist die bisher in 50—60 Fällen beobachtete sogen.
Trommlerlähmung, bei der der anatomische Befund an der
zerrissenen Sehne ganz derselbe ist, wie bei dem oben erwähnten
Falle.
2. einen Blasentumor. Die Geschwulst stammt von einem
56 jährigen Mann, der einige Wochen vor der Aufnahme der Behand¬
lung leichte Schmerzen in der linken Bauchseite gehabt hatte und
zuletzt den Abgang von gallertigen Massen mit dem
Urin bemerkt hatte. Die Untersuchung des sehr fettleibigen Mannes
ergab einen runden, scharf abgegrenzten beweglichen zweifaust¬
grossen Tumor in der linken Unterbauchgegend, der von der Blasen¬
gegend ausging, während die zystoskopische Untersuchung fest¬
stellen liess, dass links vom Blasenscheitel eine zottige gallertige
Geschwulstmasse in die Blase hereinhing. Die Diagnose wurde
daraufhin auf ein angeborenes Blasendivertikel mit Ent¬
wicklung eines Gallertkarzinoms im Divertikel gestellt. Bei der
in Lokalanästhesie ausgeführten Operation liess sich das zweifaust¬
grosse intraperitoneal gelegene, links vom Blasenscheitel auf¬
sitzende Divertikel ohne Schwierigkeiten entfernen. Heilung ohne
Zwischenfall.
Die anatomische Untersuchung des Präparates ergab statt des
erwarteten Divertikels ein der Blase aufsitzendes multiloku-
läres Kystom mit gallertigem Inhalt, aus einem System von
Zysten der verschiedensten Grösse bestehend, die histologisch mit
einem einschichtigen, sehr regelmässig gestalteten Zylinderepithel
bzw. Schleimzellenepithel ausgekleidet waren. An der Stelle, wo die
gallertigen Inhaltsmassen in die Blase hereinragten, ging das zylin¬
drische Zystenepithel mit scharfer Grenze in das Blasenepithel über.
Ueber die Herkunft des wohl nur durch die Annahme einer Ent¬
wicklungsstörung zu erklärenden Tumors lassen sich nur Ver¬
mutungen äussern.
Herr Knick: Ueber Bronchoskopie.
K. spricht über die Entwicklung der bronchoskopischen Methoden
und demonstriert das Brünings sehe Instrumentar als das zurzeit
vollkommenste und für alle Zwecke brauchbarste. Im Anschluss
daran berichtet er über folgende an der Leipziger Universitätsklinik
für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten beobachteten und bron-
choskopisch behandelten 4 Fälle von Bronchialfremd¬
körper:
1. 1908. 16 jähriger junger Mann, der als Kind wegen diph¬
therischer Stenose tracheotomiert war und dauernd Kanüle trug. Die
stark oxydierte Kanüle, die Pat. sich aus Nachlässigkeit nicjit hatte
erneuern lassen, brach eines Tages entzwei. Einzelne Stücke wurden
aspiriert. Nach Aufnahme in der Klinik wurden ein grösseres und
mehrere kleine Stückchen der Kanüle aus dem rechten und linken,
Haupt- bezw. Unterlappenbronchus durch untere Broncho¬
skopie entfernt. Es gelang nicht sämtliche Stückchen zu en
fernen, da einzelne beim Fassen sofort zerbröckelten. Pat. hat
noch lange Zeit eine Unterlappenbronchitis und viel eitrigen Auswi:
mit grünlichen Beimengungen der oxydierten Metallreste. Jetzt i
die Tracheotomieöffnung geschlossen, Pat. fühlt sich wohl.
2. 38 jährige Frau, 1909 wegen doppelseitiger Postikuslähmu,
infolge Struma bei Morbus Basedowii auswärts tracheotomiert. A
23. IV. 10 drehte sich ein Wattetupfer beim Kokainisieren des Laryi
(von der Tracheotomiewunde aus) vom Watteträger ab und wur
aspiriert. Bei der sofort vorgenommenen unteren Bronchi
skopie fand man den Tupfer im linken Hauptbronchus und konr
ihn leicht mit der Krallenzange entfernen.
3. 4 Vs jähriger Knabe, Sohn eines Universitätsprofessors, dr
früher häufig an „Krupphusten“ und Heiserkeit mit Stridor gelitten hat
aspirierte beim Spielen den abgebrochenen Endknopf eint
metallenen Scheibengardinenstange am 13. VII. :
Nachmittags gegen 4 Uhr, danach 5 Minuten dauernder Hustenanfc)
Druckgefühl über der Brust. Stellen des Knaben auf den Kopf u
Klopfen auf den Rücken erfolglos. Bei der Aufnahme in die Klip
um 5 Uhr leichter inspiratorischer Stridor besonders beim Laufe
kein Husten, keine Schmerzen. Ueber dem rechten Unterlapp
etwas Giemen, Atemgeräusch nicht abgeschwächt, kein Zuriickbleim
einer Seite beim Atmen, keine Dämpfung. Im Röntgenbild Schattli
des Fremdkörpers zwischen 4. und 5. Brustwirbel etwas neben f
Mediana der Form nach deutlich erkennbar. In Chloroformnarkp
obere Bronchoskopie mit dem Willi an sehen 7 mj-
Kinderrohr. Die starke glänzende Messingkugel ist am Eingang cfc
rechten Hauptbronchus deutlich zu sehen. Nach einem vergeblich
Versuch gelingt es, den harten und glatten Knopf an einem vij-
springenden Rande mit der Krallenzange zu fassen. Da er mit diü
Rohr zusammen herausgezogen werden muss, wird er an der Glotk
abgestreift, jedoch sofort wieder gefasst und durch den Larynx 1-
fördert. Durch Anstossen an die hintere Pharynxwand wird er
der Zange herausgehebelt und fällt in die Hypopharynx. AbsucHi
des Pharynx und Oesophagus erfolglos. Die Röntgendurchleuchtuk
ergibt, dass sich der Fremdkörper schon im Magen befindet, r
wird nach 36 Stunden per rectum entleert. Nach der Bronchoskos
ca. 24 Stunden lang Heiserkeit, bellender Husten, leichter Strid.
zeitweise geringe Einziehungen. Nach 2 Tagen beschwerdefi
entlassen.
4. 38 jähriger Oberpostbote wurde uns am 8. X. 12. ton Hei:
Dr. Bach -Leipzig zugeschickt, weil er am 6. X. 12 beim Suppi-
essen angeblich ein Knochen Stückchen aspiriert habe, r
habe sich „verschluckt“, habe plötzlich mehrere Minuten lang hush
müssen, verspüre seitdem einen Druck in Höhe des Brustbeins vp
habe seitdem etwas Atemnot. Leichter Stridor, keine Zyanose, \1
Husten ohne Auswurf. Lungen: Leichte Dämpfung über der rechn
Spitze (alte Spitzenaffektion). Ueber beiden Lungen diffus laus
Giemen und Brummen, rechts stärker, kein Zurückbleiben is
Thorax bei der Inspiration. Im Röntgenbild kein verdächtig
Schatten in Trachea und Hauptbronchien zu erkennen. Laryn -
skopisch nichts besonderes. Nach Kokainisierung obere Bro-
choskopie im Sitzen mit Brüningsrohr No. 2. 1 — 2 cm unter r
Bifurkation sieht man im rechten Hauptbronchus einen weis:n
rauhen Knochen. Beim ersten Fassversuch reisst die Krallenzaite
aus. Beim zweiten gelingt es, den ziemlich festgekeilten Knochenju
lockern und aus dem Bronchus zu ziehen. Da der Fremdkörper grös r
ist als der Rohrdurchmesser, muss er mit dem Bronchoskoprohr -
sammen extrahiert werden. Die Passage durch den Larynx geli;:l
leicht. Beim Passieren des Pharynx reisst die Zange aus, der Freri-
körper wird vom Pat. ausgespuckt. Es ist ein 1,6 cm langer. 1,3 n
breiter, 0,7 cm dicker Knochen, der aus Spongiosa und etwas Knorpl
besteht. Nach der Bronchoskopie Stridor sofort verschwunden, elu-
so die bronchitischen Geräusche, geringer Schluckschmerz. Dau
der Bronchoskopie 5 Minuten. Nach einem Tage ohne Beschwere
entlassen
Zusammenfassung. Die Bronchoskopie soll in jedem Falle jt
Verdacht auf Bronchialfremdkörper angewendet werden, auch wji
der klinische und Röntgenbefund negativ ist, da die Methode. heu
ohne nennenswerte Gefahr ausführbar ist. Als Hauptmethode ist u
den endoskopiegeübten Laryngologen die obere Bronchoskopie |i-
Zusehen, die untere sollte nur für die besonderen schwierigen F;<
(quellbare Fremdkörper, kleinste Kinder, Bronchialstenosen) re.y-
viert bleiben.
Diskussion: Herr Sick berichtet aus seinem Diakonisäj
krankenhaus über einen Fall von Lungengangrän und Totalcmpyr
der rechten Pleura. Als Ausgangspunkt gab die 40 jährige Frau it
3 Jahre früher verschlucktes Knochenstückchen an. Die brono
skopische Untersuchung ergab keinen Fremdkörper bis tief in 1
rechten Bronchus hinein. Es wurden ausgedehnte Rippenresektiofn
später wegen foudroyanter Eiterung aus der Lunge die Resekw
des Unterlappens gemacht. Letzteren Eingriff überlebte die difl
jahrelange Eiterung und hohes Fieber erschöpfte Frau nur einen Tc
Die Sektion wies ein stark mazeriertes, spongiöses, bohnengro.?:
Knochenstück in einem Bronchus 3. Ordnung nach. Dorthin war -
Fremdkörper erst allmählich unter Ulzeration seiner Umgebung
wandert. Ein rechtzeitiger bronchoskopischer Eingriff hätte den u
liehen Ausgang sicher verhindert.
In Kiel hatten wir bis 1905 bronchoskopische Untersuchung
und Extraktionen öfter gemacht. Bei Kindern von der unteren Traie
561
11. März 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
otomie aus. Das schwierigste mir erinnerliche Objekt war eine
Bleistiftschutzhülse, die vorn stumpf zugespitzt, hinten mit etwas auf¬
geworfenem, scharfem und geschlitztem Rand versehen ist. Letzterer
bildete ein sehr ernstes Repositionshindernis bei dem 3 — 4 jährigen
Kind und wäre durch den Kehlkopf nicht ohne böse Verletzung
gegangen. Der Fall heilte glatt.
Herr Heller berichtet über die Gefahren von Lungenatelektase
bei Fremdkörpern, die in den Bronchus gelangen. Er erwähnt seine
Versuche, die durch Bronchusverschluss komplette Atelektase inner¬
halb bestimmter Zeit hervorriefen. Lieber das Erschlossen der Atem¬
tätigkeit einer atelektatisch gewordenen Lunge hat H. ebenfalls Ver¬
suche angestellt. Die Dauer der Atelektase ist dabei von Wichtigkeit.
Bei forcierter Atmung geht die Atelektase ziemlich plötzlich zurück.
Herr Gregor und Schilder sprechen über Muskelinnervation
bei Normalen und Nervenkranken (mit Projektionen).
Ausführliche Mitteilung erfolgt in der Zeitschrift für die ge¬
samte Neurologie und Psychiatrie.
Aerztlicher Verein in Nürnberg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 21. November 1912.
Vorsitzender: Herr Port.
Herr Mainzer stellt einen Fall von strumipriver Tetanie vor,
entstanden als Folge wiederholter Kropfoperation.
Herr Hagen: lieber Strumitis und Thyreoiditis.
Hinweis auf die Seltenheit hämatogener Infektionen der Schild¬
drüse. Letztere ist nach de Quervain ausserordentlich wenig
zur Aufnahme von Metastasen, gleichviel ob bakterieller oder neo¬
plastischer Natur, geeignet. Strumen scheinen häufiger befallen zu
werden als normale Drüsen, vielleicht infolge der durch degenerative
Prozesse geschaffenen vermehrten Disposition. Aus diesem Grunde
herrscht auch bei Strumitis der Ausgang in eitrige Einschmelzung vor,
während die Entzündungen der normalen Drüse gewöhnlich blande
bleiben: Thyreoiditis acuta Simplex (non purulenta). Besprechung der
Aetiologie : infektiöse und toxische Thyreoiditis; unter den toxischen
Formen beansprucht vor allem die Jodthyreoiditis besondere Auf¬
merksamkeit. Kasuistische Beiträge, insbesondere Mitteilung von
eigenen Beobachtungen, wo nach Verwendung kleinster Jodmengen
(Bepinselung der Rachenschleimhaut) typische Jodthyreoiditis sich
einstellte. In einem Falle schloss sich an eine infektiöse Thyreoiditis
simplex eine echte Hyperthyreoiditis an, die sich nur langsam wieder
zurückbildete. Besprechung des Zusammenhanges zwischen der
Hyperthyreose und vorausgegangenen entzündlichen Vorgängen in
der Schilddrüse. Auch nach der toxischen Jodthyreoiditis wurde der
Uebergang zu hyperthyreotischen Bildern beobachtet. Die Jod¬
thyreoiditis dürfte vielleicht auch das Bindeglied darstellen zwischen
an sich indifferenten Kröpfen und den unter Jodbehandlung sich daraus
entwickelnden Fällen von Jodbasedow. Warnung vor der kritiklosen
Anwendung der Jodmedikation.
(Ausführlichere Abhandlung des Vortr. über Thyreoiditis acuta
simplex im Zentralbl. f. d. Grenzgeb. d. Chirurgie u. Medizin. Bd. XV,
Heft 2.)
Herr Hagen: Kasuistische Mitteilungen mit Demonstration von
Röntgenbildern.
Herr Butters: Geber die Heliotherapie von Ro liier in
Leysin.
Sitzung vom 5. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr Port.
Herr Goldenberg: 1. Demonstrationen: a) Karzinom der
Blase, b) Nierentuberkulose.
2) Ueber Faszientransplantation mit Vorstellung eines Patienten,
bei welchem eine Ptosis des linken Auges durch Einpflanzung eines
Faszienstückes geheilt wurde.
Herr M. Strauss berichtet unter gleichzeitiger Demonstration
über 2 Fälle von totaler Osteomyelitis des Unterkiefers. In beiden
Fällen handelte es sich um 5jähr. Knaben, bei denen die Osteomyelitis
im Anschluss an eine Parulis im Bereiche des linken Dens caninus in
die Erscheinung trat und nach Spontanfraktur entsprechend der pri¬
mären Erkrankungsstelle zur totalen Sequestration des Unterkiefers
führte. Der Unterkiefer konnte mitsamt dem Gelenkfortsatze extra¬
hiert werden. Die nachfolgende Kallusbildung hielt sich in recht be¬
schränkten Grenzen, so dass eine erhebliche Deformierung des Ge¬
sichtes resultierte. Noch bedeutsamer erscheint das Fehlen der Zahn-
rcihenartikulation, das die Kautätigkeit unmöglich macht und sich
bei dem jugendlichen Alter der Patienten auch nicht durch eine Pro¬
these beheben lässt.
Die Prognose ercheint demgemäss recht ungünstig, weshalb mög¬
lichst frühzeitige Behandlung der Parulis anzustreben ist, um eine
Ausdehnung des Prozesses zu vermeiden.
Herr Alexander: Kontusionsverletzungen des Auges durch
Kinderspielzeug.
a) Traumatische Mydriasisi, 4'A jähr. Knabe, vor mehreren
Wochen links mit Kinderpistole geschossen. Die linke Pupille ist
weit und reagiert kaum. Keine Sphinkterrisse zu erkennen.
b) Traumatische Myopie. 28 jähr. Mann wurde von einem
Kindergewehr am linken Auge getroffen, Zahlreiche Kontusions¬
erscheinungen, z. B. Xyphaema, Comotio retinae. — Interessant ist
eine durch den Unfall bedingte Myopie von 7 Dioptrien, die nach
11 Tagen völlig verschwunden ist.
Herr Leonhard Rosenfeld: Ueber Schulterhlatthochstand.
Vortr. gibt an der Hand einer Reihe eigener Beobachtungen
eine Uebersicht über pathologische Anatomie, Aetiologie und The¬
rapie des angeborenen und erworbenen Hochstandes der Schulter, er
demonstriert hiebei die Bilder eines bemerkenswerten Falles ange¬
borenen doppelseitigen Hochstandes mit Asymetrie der Rippen, der
17. bisher in der Literatur erwähnte Fall.
(Ausführliche Veröffentlichung an anderer Stelle.)
Nürnberger medizinische Gesellschaft und Poliklinik.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 14. November 1912.
i Vorsitzender: Herr Kraus.
Schriftführer: Herr Wilh. V o i t.
Frau Rodler-Zipkin: Demonstration (makro- und mikro¬
skopischer Präparate):
1. Kirschgrosser Hypophysistumor (bösartiges Adenom) bei
einem 46 jährigen Mann mit Akromegalie; Sella turcica und pneuma¬
tische Höhlen des Schädels stark erweitert.
2. Doppelseitige maligne Hypernephrome bei einem 59 jährigen
Mann (links apfelgross, links faustgross, an Stelle der Nebennieren
mit Freilassung der Nieren und Metastasenbildung in fast sämtlichen
abdominalen Drüsen (faustgrosse Drüsenpakete) und Darm. Vater-
sche Papille im Duodenum durchsetzt von Gummazellen.
3. Lymphomatosis granulomatosa (Hodgkin) bei 4 jährigem
Knaben, mit enormer Schwellung sämtlicher äusseren und inneren
Drüsen, Porphyrmilz, keine Tuberkulose.
4. Mikroskopische Blutpräparate:
a) Anaemia pseudoleucaemica Jaksch-Hayem bei 1 jähr.
Kinde mit 5U proz. kernhaltigem roten Blut, meist Normoblasten:
Mitosen mit basophiler Körnung des Zelleibes.
b) 2 Fälle von hochgradiger posthämorrhagischer Anämie mit
12 und 9 proz. Hämoglobin, 1 Million und 580 000 roten Blutkörperchen
bei rezidivierender Uterus- und Nasenblutung (fast ausschliesslich
Ring- und Pessarformen).
Frau Rodler-Zipkin: Ueber Pseudoleukämie :
Vortr. definiert die reine Pseudoleukämie im Sinne Cohn¬
heim-Wunderlich als Hyperplasie des lymphatischen
Apparates mit relativer Lymphozytose (P i n c u s - E h r 1 i c h),
d. h. als eine Systemerkrankung des lymphatischen Gewebes
im gesamten Organismus. Davon werden alle diejenigen Affektionen
abgetrennnt, die nur eine rein äusserliche Aehnlichkeit mit der
Pseudoleukämie haben und mit Milz- und Lymphdrüsenschwellungen
einhergehen; nämlich a) Lymphomatosis granulomatosa als Stern¬
berg sehe und als H o d g k i n sehe Krankheit; b) Lymphosarko-
matosis Kundrat-Paltauf; c) Status lymphaticus; d) multiples
plasmozelluläres Lymphogranulom (multiples Plasmozytom Ma¬
re sch); e) grosszeilige Splenomegalie (Typus Gaucher); f) mul¬
tiple Myelome (Kahler sehe Krankheit); g) Mikulicz sehe Krank¬
heit (symmetrische Erkrankung der Speichel- und Tränendrüsen);
h) syphilitische Lymphdriisen mit und ohne Miiztumor; i) universelle
Lymphdriisentuberkulose mit derben Tumoren; k) lympboide und
myelogene Leukämie. Alle diese Affektionen werden ausführlich
besprochen und auf die klinischen und histologischen Unterschiede
von der reinen Pseudoleukämie hingewiesen.
Sitzung vom 12. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr Kraus.
Schriftführer: Herr Wilhelm V o i t.
Herr Griinbaum spricht über: Die Fehldiagnose der ex¬
trauterinen Gravidität. (Erscheint in extenso.)
Herr Kraus: Die Störungen des Pupillarreflexes und deren
Nachweis. Zu kurzem Referat nicht geeignet.
Herr Steinhardt demonstriert ein Kind mit intrauterin ge¬
heilter Hasenscharte und noch bestehendem Wolfsrachen.
Naturwissenschaft!.- medizinischer Verein zu Strassburg.
(Medizinische Sektion.)
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 13. Dezember 1912.
Herr Sc hi ekele: Das Wachstum der Milchdrüsen und die
Milchsekretion (Beitrag zur Lehre der inneren Sekretion).
Vortragender spricht über das Wachstum der Brustdrüsen und
die Milchsekretion an der Hand der experimentellen Untersuchungen
der letzten Jahre. Die Beobachtungen an Tieren und die mit In¬
jektionen verschiedener Organextrakte erzielten Erfolge lassen die
immerhin noch schwebende Frage in anderem Lichte erscheinen, als
dies nach S t a r 1 i n g sehen Versuchen der Fall war. F'iir manche
Tiere dürfte das Corpus luteum die entscheidende Rolle spielen. Dies
lässt sich jedoch nicht ohne weiteres verallgemeinern und kann
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. lü.
562
keinesfalls vollständig befriedigen. Vielmehr erscheint es richtig,
die Gesamtheit der innersekretorischen Drüsen ins Auge zu fassen
in der offenbar richtigen Ueberlegung, dass diese Organe, wenn
auch event. in verschiedener Gruppierung, gemeinsam arbeiten.
Diskussion: Herren K r o e 1 1, Breslau, C h i a r i,
S c h i c k e 1 e.
Sitzung vom 10. Januar 1913.
Herr Wieland: Neuere Untersuchungen über die Pathogenese
der Beriberi-Erkrankung.
(Der Vortrag erscheint in dieser Wochenschrift.)
Diskussion: Herren Uhlenhut h, Hofmeister,
Chiari. Wieland.
Medizinisch-Naturwissenschaftlicher Verein Tübingen.
(Medizinische Abteilung.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 16. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr Linser.
Schriftführer: Herr Dibbelt.
Diskussion über den Vortrag des Herrn J. W. Miller
vom 18. XI. 1912. Herr Holzbach.
Klinische Demonstrationen:
a) Herr Commerell demonstriert die Organe eines zur
Sektion gekommenen Falles von Niercnkarzinom mit Metastasen in
der Wirbelsäule und Kaudaläsion.
b) Herr Weitz demonstriert Fälle von Lungentuberkulose, die
mit Pneumothorax behandelt sind und zeigt den D e n e k e sehen
Apparat.
c) Herr O. Müller: Demonstrationen.
Sitzung vom 20. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Linser.
Schriftführer: Herr Dibbelt.
Herr B. Veit: Nebennieren bei Hemizephalen.
Die Beobachtung älterer Forscher (Bergmann, Weigert,
Lomer, Zander und Alexander), dass bei Grosshirndefekten
die Nebennieren apiastisch seien, wurde in neuerer Zeit mehrfach
bestätigt. Während jedoch die genannten ausser Weigert, der
von der Nebenniere der Hemizephalen als einer normalen Neben¬
niere „en miniature“ spricht, nur allgemein von einer Aplasie dieses
Organs berichten, gehen die neueren Forscher auf die Frage ein,
welche Teile der Nebenniere betroffen sind. So fanden Armour-
Elliot und Kern bei einer gut entwickelten Marksubstanz eine
mangelhaft entwickelte Rinde, Vera Hirschfeld dagegen eine
gleichmässige Aplasie von Mark und Rinde, also eine Bestätigung
des W£ i ge r t sehen Befundes, Wiesel wiederum eine besonders
schwache Entwicklung der Marksubstanz und des übrigen chrom¬
affinen Systems. Die Untersuchung von 3 Hemizephalen aus dem
Material des pathologischen Instituts in Freiburg bestätigt nun die
Beobachtung von Armour-Elliot und Kern, aber im Gegen¬
satz zu Wiesel konnte nicht nur eine gute Entwicklung der Mark¬
substanz, sondern auch des übrigen chromaffinen Systems fest¬
gestellt werden.
Die Frage, ob die Nebennierenveränderungen mit den Gehirn¬
defekten in ursächlichem Zusammenhang stehen, ist zu bejahen,
denn berücksichtigt man die gleichfalls gemachte Beobachtung von
Thomas, Armour-Elliot und Kern, dass die Nebenniere
Neugeborener fast ausschliesslich aus Rindensubstanz besteht, die im
Laufe des ersten Lebensjahres allmählich vor der sich entwickelnden
Marksubstanz zurücktritt, während wie oben erwähnt, die Neben¬
nierenrinde der Hemizephalen mangelhaft entwickelt ist und berück¬
sichtigt man ferner die Biedl und Alb recht sehe Feststellung,
dass die Nebennierenrinde ein Reservoir für Lipoidstoffe ist, so
kann man sagen: beim normalen Neugeborenen erfolgt während der
Embryonalzeit eine Aufspeicherung von Lipoiden in der Rinde und
nach der Geburt entsprechend der Entwicklung des Gehirns ein Ab¬
bau derselben, beim Hemizephalen besteht ein Lipoidmangel.
Dieser Lipoidmangel ist zweifellos für den Zusammenhang zwischen
Gehirn- und Nebennierenmissbildung das wesentliche trotz der schein¬
bar entgegengesetzten Beobachtung Robert Meyers, denn die
Rindensubstanz als Ganzes ist zu berücksichtigen, nicht nur der Um¬
stand, dass sich in der unterentwickelten Nebennierenrinde der
Hemizephalen auch Lipoide vorfinden. Der Mangel an Lipoiden bei
Hemizephalen beruht vielleicht auf pathologischen Veränderungen der
Lipoidreservoire des mütterlichen Organismus: hat man doch
während der Schwangerschaft Zellteilungen in der Nebennierenrinde
beobachtet und steht doch das gleichfalls Lipoide enthaltende
Corpus luteum mit dieser in Beziehung.
Diskussion: Die Herren Dibbelt, Miller.
Herr Ol pp: Kinematographische Demonstrationen mit Er¬
läuterungen über:
a) Präparation eines Anophelesmagens mit Malariasporoblasten.
b) Infektionsweg bei Ankylostomiasis.
c) Die Schlangenvertilgerin Rhachidelus brasili.
Die beiden unter a) und b) genannten Kinofilms wurden zuerst
von Fülleborn - Hamburg auf der Tagung der Deutschen Tropen¬
medizinischen Gesellschaft (3. — 6. April 1912), dann auf dem
XV. Internationalen Hygienekongress in Washington (23. — 28. Sep¬
tember 1912) demonstriert.
ad a) Der Moskitofilm ist gerade jetzt, wo die Reinkulturen der
asexuellen Malariaform (Schizogonie) durch die Amerikaner entdeckt
und bereits von den Engländern bestätigt worden sind, von aktuellem
Interesse. Er zeigt lebende Anopheles claviger in Bewegung und in
Ruhestellung, den Fang derselben und die Sektion des Moskitomagens
mit zahlreichen Malariasporoblasten (Sporogonie), endlich einen
Sporoblasten mit ungeheuer zahlreichen Sichelkeimen. Eine einzige
Zyste kann bis zu 10 000 Sporozoiten enthalten. Ferner demonstriert
der Film die Sektion der Speicheldrüse des Moskito und den Saug¬
akt des blutgierigen Insektes, der auf der Fingerkuppe des Menschen
vor sich geht, bis der edle Zecher nicht mehr auf den eigenen Beinen I
stehen kann und sein zum Platzen voller Wanst am Boden schleift.
ad b) Dieser Film zeigt zunächst an der dem Ankylostoma nahe
verwandten Angillula intestinalis, dass die Uebertragung dieser j
Nematoden durch Berührung mit einem in feuchter Luft hängenden ;
„Zöpfchen“, das aus Tausenden von Larven besteht, durch die Haut
vor sich geht (am Meerschweinchen demonstriert), nicht wie man i
früher annahm, durch das Trinkwasser. Geschlechtsreife Ankylo- ,
stomen bilden derj Schluss des Bildes.
ad c) Ein brasilianischer Film, der den Fang der Schlangen mit
dem brasilianischen Schlangenlasso (ein in Tübingen angefertigtes :
Modell wird vorgezeigt) demonstriert und dann den faszinierenden
Kampf einer erst 1909 entdeckten, für den Menschen nicht giftigen
Schlange, der Rhachidelus brasili mit einer äusserst giftigen Lachesis
lanceolatus (Buschmeister) und die völlige Vernichtung des!
Gegners zeigt.
Aus dem von Vital B r a z i 1 *) veröffentlichten französischen I
Werk über diesen Gegenstand sei der Ablauf des Schlangenkampfes,
wie er im Kino vor sich geht, nach Professor B e r t a r e 1 1 i wegen |
seiner mit südländischer Phantasie geschilderten Darstellung hier
wiedergegeben.
„Brasilien besitzt heute seinen „Nimmersatt“, eine Schlange von
ebenso romantischem als nützlichem Charakter: die Mussurana (zu
deutsch Seil), wissenschaftlich Rhachidelus brasili genannt, welche i
noch vor kurzer Zeit von der Naturwissenschaft mit Gleichgültigkeit:
betrachtet, heute aber zu der Rolle einer Mitarbeiterin des Menschen
in seinen Kulturbestrebungen erhoben worden ist.
Die Mussurana liegt, ihre Beute erwartend, ausgestreckt auf der
Erde. Der schöne, bleifarbene Körper mit glänzenden, gleichförmigen
Schuppen windet sich nur selten; man könnte sagen, sie ist eine vor¬
nehme Schlange, stolz auf ihre Würde, ihr Werk und ihren Wert. —
Eine Jararaca (Lachesis lanceolatus) erscheint an ihrer Seite. Auf ,
einmal kommt Leben in die beiden Schlangenkörper. Sie beginnen
ihre biegsamen, langsamen, wellenförmigen Bewegungen, in weiten I
Spiraltouren, zittern, als ob sie irgend einen heftigen Schock, irgend'
eine unnütze Erregung unterdrücken wollten.
Ich habe niemals eine Tragödie in solch eleganter und har¬
monischer Weise sich abwickeln sehen wie diese. Der Vorgang spielt1
sich folgendermassen ab:
Die giftige Jararaca wittert den Feind, sie fühlt, wie er ihren [
Körper streift, wie ihre kleine, gespaltene Zunge vor Erregung zittert
und bereitet sich auf den Angriff vor. Die Mussurana bemerkt ihren
Feind auch, aber ihre Augen, die gewohnt sind im Finstern zu sehen,
dienen ihr schlecht beim Tageslicht. Sie muss sich mit der schnell
beweglichen Zunge orientieren, wenn sie ihren Angriff plant.
Die Giftschlange schreitet zum Angriff und öffnet plötzlich gierig
ihren Mund, stürzt sich auf den Feind, gräbt ihre Giftzähne tief in
seinen Leib und . . . wartet.
Die Erfahrung von Jahrhunderten hat in ihrem Gehirn die Ge¬
schichte vieler Siege unauslöschlich eingegraben, die durch die ge-^
ringe Anstrengung eines kleinen Stiches gewonnen wurden. Ihre!
Hirnzellen erinnern sich der Kämpfe gegen den Jaguar und Ameisen¬
bär und des schnellen Todes anderer ziemlich grosser Tiere, die durch
einige Tropfen ihres Giftes nach wenig Augenblicken verendet vor
ihr lagen.
Und die kleinen Augen der Giftschlange fixieren die Mussurana.
Diese dagegen sucht mit ihren kräftigsten Spiralwindungen den
Körper der Giftschlange zusammen zu schnüren und scheint beinahe
• dem Gegner, der Betrügerei gewohnt ist und nur wartet, bis die
Lähmung eintreten wird, Grimassen zu schneiden. Ja, die Mussurana
hält sich nicht für besiegt. Im Gegenteil. Schon hat sie zweimal den
Leib der Giftschlange unlösbar umschlungen, schon umklammert sie
ihn wie mit einem eisernen Knoten, während ihr Kopf sich langsam
dem Kopfe des Gegners nähert, um den letzten Schlag zu führen.
Sie wird dabei durchaus nicht ungeduldig; es ist der Kampf des,
Stärkeren, der seine Kraft zu sparen weiss. Wozu sich aufregen,
wenn der Sieg gewiss?
Die Giftschlange erbebt! Also sind sie falsch, die Beteuerungen
der Eltern, die ihr in den langen Stunden der Mittagsruhe die
märchenhaften Geschichten ihrer Siege erzählt haben, die nicht müde
wurden, sie von der unfehlbaren Wirkung ihres Giftes auf alle Lebe¬
wesen des ganzen Erdenrundes zu überreden? — Warum gibt der
Gegner nicht nach, warum werden die festen Umschlingungen so
unbequem, so angsterregend? Schon gleitet der starke Kopf der
Mussurana an den schlanken Körperlinien der Jararaca entlang, sie
*) Dr. Vital B r a z i 1 : La Dcfonde contre Tophidisme. St. Paul 191 1
. Mürz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
563
t ihrer Zunge kitzelnd, um ihre Kehle zu finden. Nach mehreren
rgeblichen Versuchen reisst sie schon ihr grosses Maul auf. Aller
iderstand ist vergeblich. Die Windungen der Mussurana urn-
ilingen fast den ganzen Körper der Giftschlange, deren Kopf ver¬
blich dem Todeskusse zu entfliehen sucht, aufs innigste. Nur noch
iiige Millimeter, und das Ziel ist erreicht.
Die Mussurana ist vollkommen Herr der Situation. Unmässig
■it öffnet sie ihr wundervoll bewegliches Maul und, obwohl sie
hts mehr sieht, rollt sie sich schnell, sicher und energisch um den
pf des Gegners, den sie aus den Fugen bringt und vollständig
malmt.
Dann beginnt sie ihr wohlverdientes Mahl und verschlingt lang-
n nach und nach, zuerst den zermalmten Kopf, dann den ganzen
rper des Gegners, bis sie endlich kraftlos auf dem Boden aus¬
streckt ihren gaumenkitzelnden Festschmaus verdaut.
Die Mussurana oder Rhachidelus ist heute ein Gegenstand der
ugierde, morgen wird sie populär wie ein Wohltäter der Mensch-
it sein, und die Bauern werden sie im Kampf ums Dasein um ihre
ige Hilfe bitten.
Diskussion: Die Herren A b e g g, v. Grützner, L i n s e r,
i p p und W a 1 b a u m.
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 5. März 1913.
Tagesordnung:
Diskussion über den Vortrag des Herrn Orth: lieber die
deutung der Rinderbazillen für den Menschen. (Vergl. S. 434.)
Herr Westenhoeffer: In Chile ist die chronisch verlaufende
ngenschwindsucht relativ selten; häufiger ist die akute Tuberku-
e.' Die Mortalität an Tuberkulose ist etwa ebenso gross wie bei
s (ca. 20 Proz. der sezierten Fälle), während die Morbidität nur
7 Proz. der Fälle beträgt. Diese Zahlen sprechen sehr zugunsten
r Behringschen Anschauung, wonach die Tuberkulose im Kin-
salter erworben wird und im Falle eines latenten Verlaufs für spä-
immunisierend wirkt. Aus W.s Zusammenstellung von 175 Kinder-
vtionen geht hervor, dass in Chile die Kindersterblichkeit an
1 berkulose weit grösser ist als bei uns. Hierin wäre also die haupt-
.hliche Ursache der Mortalitäts- und Morbiditätsstatistik zu suchen.
Herr Weber: Der Typus bovinus ist für den Menschen nicht
■eil harmlos, aber seine Gefahr darf nicht überschätzt werden. Eine
olksseuche“ kann er wohl nicht hervorrufen. Statistische Er¬
bungen in den verschiedensten Ländern und unter verschiedenen
nährungsbedingungen haben keine Anhaltspunkte für die Abhängig-
it der menschlichen Tuberkulose vom Typus bovinus ergeben,
gibt sodann eine historische Uebersicht über die bisherige Tätig-
it des Deutschen Tuberkulosekomitees. Man hat den Typus bo-
ms wohl durchaus anerkannt und ist weit davon entfernt, ihn als
bedenklich anzusehen. Dieser Anschauung wird auch durch die
ophylaktischen und hygienischen Massnahmein Rechnung getragen,
ch die Ergebnisse der englichen und amerikanischen Komitees
: inmen damit im grossen und ganzen überein. Aber überschätzen
rf man die Gefahr doch nicht. An der Hand einer Sammelforschung
n 687 Personen, darunter 280 Kindern, konnte gezeigt werden,
-S die reine bovine Infektion ausserordentlich selten ist. Zudem
von den mit bovinen Bazillen infizierten Kindern (Halsdrüsen)
:h nunmehr 7 jähriger Beobachtung nicht ein einziges an Tuber-
Hose gestorben oder an offener Tuberkulose erkrankt. Die Statistik
n Heese, wonach ca. 40 Proz. der chirurgischen Tuberkulosen
viner Herkunft sein sollen, ist nicht beweisend, weil zu summarisch.
Eine Umwandlung der beiden Typen ineinander hält W. wohl
möglich, wenn auch noch nicht strikt bewiesen. Die englische
mmission hat früher Misch- und Uebergangskulturen anerkannt;
zt hält sie nur noch die Gattung der Mischkulturen aufrecht.
ierts Versuche der Mutation konnten im Gesundheitsamt zu-
:hst nicht bestätigt werden; die Versuche werden jedoch fort-
>etzt. In einem Falle von chirurgischer Tuberkulose konnte W.
Jahre hindurch den bovinen Typus unverändert nachweisen. Die
üationsversuche mit Kaltblüterbazillen sprechen eher für eine
enming als für Identität. Vielleicht sind im kindlichen Alter aviru-
te Bazillen vorhanden, welche für später Immunität erzeugen.
Herr Sticker: Hunde sind bei intraperitonealer Impfung emp-
'glicher gegen den Typus humanus, als gegen den bovinus. Die
) d g k i n sehe Drüsenschwellung erwies sich in derartigen Ver¬
dien öfter als bovine Infektion.
Herr F. K 1 e m p e r e r : Es ist wichtig, 2 Fragen zu beantworten :
die bovine Infektion beim Menschen häufig? Und welche Bedeu-
’g hat sie für den Menschen? Wenn L. Rabinowitsch in der
Ile luberkulöser 6 mal Tnberkelbazillen fand, wovon 2 mal den
Pus bovinus, so ist das für die Bedeutung des Bovinus noch keines-
gs beweisend. Auch eine Umwandlung des Bovinus in den Hu¬
mus erscheint K. bisher nicht erwiesen. Die klinische Statistik
icht nicht eben für eine Bedeutung des Bovinus. Vielleicht kann
ii sogar von einer günstigen Beeinflussung reden, insofern als eine
idhche bovine Infektion möglicherweise einen gewissen Immunitäts-
»d gegenüber dem Humanus erzeugt.
Herr Max W o 1 f f demonstriert die Präparate einer primären
rmtubei kulose beim Menschen. Die Milch dieses Falles erzeugte
nach Meerschweinchenpassage in einem Kalbe eine typische Perl¬
sucht. Die bovine Infektion ist demnach durchaus nicht belanglos.
Herr Ebert: Die von Weber schon zitierten Mutationsver¬
suche wurden im Kaiserlichen Gesundheitsamt nachgeprüft; aber erst
die jetzige Versuchsanordnung entspricht den E b e r t sehen Am-
weisungen. Es gibt sicherlich Stämme, die sich keinem der beiden
lypen ohne weiteres einreihen lassen. In 20 Lupusfällen fand E.
u crartige Stamme: 8 mal war der Bovinus vorhanden, aber
ohne Rindervirulenz, 9 mal der Humanus, aber ohne humane Virulenz.
Vielleicht gibt es demnach Stämme, welche als humane wuchern,
dabei aber nur bovine Virulenz aufweisen. Jedenfalls ist den bovinen
Typen eine gewisse Bedeutung nicht abzusprechen. Ws.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 3. März 1913.
Demonstrationen vor der Tagesordnung:
Herr Bönniger: Zur Genese des Ulcus ventriculi.
Nach B e r g m a n n entsteht das Ulcus ventriculi durch Spasmen
der Magenmusknlatur; es kommt zunächst zu Ischämie der Schleim¬
haut mit darauffolgender Selbstverdauung. An einem Sanduhrmagen
bei perniziöser Anämie konnte Vortr. spastische Kontrakturen der
Schleimhaut beobachten, auf deren Falten Blutungen vorhanden sind.
(Demonstration.) Wegen des Fehlens der Salzsäure bei der perni¬
ziösen Anämie ist cs hier nicht zur Ulcusbildung durch Selbst¬
verdauung gekommen. Die Theorie der Ulcusentstehung darf aber
nicht verallgemeinert werden.
Herr Katzenstein: Eine neue Methode zur direkten Be¬
sichtigung des Kehlkopfes,
Mit dem Apparat ist direkte Besichtigung des Kehlkopfes und
auch die Bronchoskopie möglich.
Tagesordnung:
Diskussion zu dem Vortrag des Herrn Tachau: Unter¬
suchungen über den Zuckergehalt des Blutes und deren klinische
Bedeutung.
Herr Reicher bespricht seine Methode, kolorimetrisch mit
Hilfe der Oxylmethylfurolreaktion den Kohlehydratgehalt des Blutes
zu bestimmen. Die übrigen Methoden geben nur den Sucre immediat,
nicht aber den Sucre virtuel von Lepine an, während hier beide
Zuckerfraktionen quantitativ gefunden werden.
Hartnäckige Fälle von Ischias, Furunkulose, Sklerodermie
konnten so als Diabetiker erkannt werden; eine entsprechende Diät
führte dann auch zur Besserung.
Herr Bönniger weist auf eine Fehlerquelle der Reaktion hin,
dass starkes Licht die Farbe sehr schnell ändert. Ueberall dort, wo
eine ungleiche Verteilung des Zuckers anzunehmen ist, müssen Blut¬
körperchen und Serum getrennt untersucht werden.
Herr Reicher hat diese Fehlerquelle nie beobachtet.
Herr Ohm: Ueber die Bedeutung des Venenpulses bei neuer
kombinierter photographischer Methodik.
Bei der Methode des Vortragenden (photographische Registrier¬
methode) werden gleichzeitig Kurven vom Arterienpuls, Venenpuls
und den Herztönen aufgenommen. Vortragender demonstriert zahl¬
reiche von normalen Fällen und pathologischen Veränderungen her¬
stammende Kurven. W.-E.
Wissenschaftl. Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 14. Februar 1913.
Herr Epstein: Besprechung der Krankengeschichte eines
6 Woche alten Kindes, das folgende Symptome darbot: Anfänglich
bestand neben den Erscheinungen chronischen Hungerzustandes an
Intensität zunehmender Ikterus, der schliesslich in eine matt oliv¬
grüne Färbung überging. Die Leber war stark vergrössert, auf¬
fallend hart, von glatter Oberfläche. Die Milz war nicht tastbar.
Im Harne war stets Gallenfarbstoff nachweisbar. Der Stuhl war
acholisch, grauweiss, kugelig oder zylindrisch geformt. Ueber dem
Körper verstreut fanden sich zahlreiche Hautabszesse, zu denen sich
später an verschiedenen Stellen Phlegmonen hinzugesellten. Unter
Fieber, Aszites und Bauchvenenektasie erfolgte der Exitus. Die
Diagnose wurde auf angeborenen Defekt der Gallenausführungsgänge
gestellt und bei der Sektion bestätigt.
Herr Luc k sch demonstriert die Leber dieses Kindes. Der
Choledochus ist in eine taubeneigrosse Zyste umgewandelt, mit
dunkelgrüner Flüssigkeit gefüllt. Die Papilla Vateri hat kein Lumen.
Herr Frankl: Die direkte Besichtigung des Magenimieren
(Gastroskopie) und ihre klinische Anwendung.
Trotz jahrelanger Bemühungen hervorragender Autoren wie
Mikulicz, R o s e n h e i m, K e 1 1 i n g, K ü 1 1 n e r u. a. konnte das
Problem der Gastroskopie nicht gelöst werden. Es wurden zahl¬
reiche Gastroskope konstruiert, teils starren, teils beweglichen
Systems, doch konnte keines dieser Instrumente Eingang in die Klinik
finden. Der Grund war vor allem die Gefährlichkeit der Methode
und ferner die technischen Schwierigkeiten bei der Anwendung der
5CA
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
Ciastroskope. Ein Instrument, das praktischen Zwecken dienen soll,
muss vor allem ungefährlich sein, es muss ferner technisch so be¬
schaffen sein, dass es in den meisten Fällen eingeführt werden kann.
Nach gleichzeitiger Einführung des optischen Apparates muss die
sofortige Besichtigung der Magenhöhle ermöglicht sein, die nur ganz
kurze Zeit dauern darf, um den Patienten nicht unnütz zu belästigen.
Sämtliche diese Bedingungen erfüllt das öastroskop von Elsner,
das an Einfachheit und Ungefährlichkeit sämtliche bisher konstruierte
Gastroskope weit übertrifft. Was die Technik betrifft, so ist die
Hauptbedingung die richtige Lagerung des Patienten, das ist die linke
Seitenlage mit nach rückwärts gebeugtem Kopfe, genaue lokale
Anästhesierung des Rachens und des Einganges in die Speiseröhre,
eventuell Morphininiektion Vi Stunde vor der Untersuchung, Ver¬
meidung jeglichen Druckes. Unter diesen Bedingungen gleitet das
Instrument anstandslos in den Magen hinein. Was die Indikationen
zur Vornahme der Gastroskopie anbelangt, wird man allgemein
gültige Gesetze erst nach Untersuchungen an einem grossen Materiale
aufstelkn können. Immerhin kann man schon heute eine dreifache
Indikation zur Vornahme der Gastroskopie aufstellen:
1. Früh- bzw. Differentialdiagnose des Magenkarzinoms.
2. Bei sicheren Fällen von Magenkarzinom, um ihre Ausbreitung
festzustellen.
3. Bei ulzerösen Prozessen des Magens, deren Sitz durch keine
bisherige Untersuchungsmethode, auch nicht annähernd und auch
durch die Probelaparotomie nicht gegeben ist. Rotky.
Verein deutscher Aerzte in Prag.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 24. Januar 1913.
Herr S e I i g - Franzensbad: Zur Therapie der Herzschwäche.
Herr Hock: Demonstrationen.
Sitzung vom 7. Februar 1913.
Herr Eckstein: Demonstration.
Herr Hecht: Darf der Arzt zum ausserehelichen Geschlechts¬
verkehr raten?
Der Arzt wird oft von Kranken mit nervösen Beschwerden, mit
Hang zum Onanieren u. dgl. konsultiert. Diese Erkrankungen werden
sehr häufig auf sexuelle Abstinenz zuriickgefülirt. Bevor der Arzt
den Rat zum ausserehelichen Beischlaf erteilt, muss er alle anderen
Ursachen der Erkrankung ausschliessen, wobei sich gewöhnlich
ergibt, dass die von den Kranken selbst vermutete Ursache tat¬
sächlich nicht vorhanden ist, sondern, dass die Erkrankung auf einen
anderen Grund zurückzuführen ist. Junge Individuen können bei
geeigneter Lebensweise (Vermeidung von Alkohol, durch Sport und
durch ernste Arbeit) bis in die Mitte der 20 er Jahre sexuell abstinent
leben. In diesem Sinne soll der Arzt wirken, denn die meisten
jungen Leute wollen vom Arzte nur die Bestätigung ihrer Wünsche
nach sexueller Betätigung hören: der Wunsch wird -zur Ursache.
Bei älteren Leuten muss als Ursache der Erkrankung erst die;
sexuelle Abstinenz ausschliesslich nachgewiesen werden, ehe der
Arzt den Kranken auf die in diesem Falle beste Therapie hinweist.
O. Wiener.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde.
Pädiatrische Sektion.
Sitzung vom 20. Februar 1913.
M. Zar fl berichtet über 2 Fälle von nekrotisierender Zahnkeim¬
entzündung. Die Erkrankung betraf Kinder der ersten Lebenswochen
und bestand in einer nekrotisierenden Entzündung zirkumskripter
Stellen der Kiefer. Hiebei wurden einige Zahnkeime als Sequester
ausgestossen. Die Krankheit ging in einem Falle mir Fieber einher,
die Kieferentzündung war in einem Falle von ausgedehnter Phleg¬
monenbildung begleitet. Ein Kind starb an eitriger Meningitis, welche
sich durch die Augenhöhle nach der Schädelbasis fortgepflanzt hatte,
das andere an Darmkatarrh. Vortr. hat 4 Fälle dieser seltenen Er¬
krankung gesehen.
Edm. Nobel zeigt ein 15 Monate altes Kind mit Anfällen von
tonischen Krämpfen, welche seit 4'A Monaten bestehen, auf der lin¬
ken Körperhälfte beginnen und dann auf die rechte Seite übergehen;
die Augen weichen manchmal nach links ab. Diese Anfälle treten im
Anschluss an einen Schreck oder auf akustische Reize oder infolge
einer Erschütterung auf. Der tonische Krampf löst sich nach einigen
Sekunden. Das Kind kann noch nicht sitzen und stehen, es hat erst
2 Zähne, es schielt und die Papillen sind an der temporalen Seite ab¬
geblasst. Die Wassermann sehe Reaktion ist negativ. Es han¬
delt sich vielleicht um eine organische Veränderung im Gehirn (en-
zephalitische Narbe oder Zystizerkus).
v. P 1 r q u e t demonstriert ein 2A Monate altes Kind mit lokalem
andauerndem Sklerem. Am linken Oberschenkel und in der Genital¬
gegend ist die Haut bretthart infiltriert, eine Ursache lässt sich für
diese Affektion nicht finden. Das Kind war eine Frühgeburt und
nimmt sehr gut zu, (Diskussion.)
v. Pirquet zeigt ein Kind mit einem erythrodermieartigt
luetischen Exanthem. Es hatte eine intensive Rötung am Gesäss ui
an den Fusssohlen, am Körper sah das Exanthem wie ein akut'
Ausschlag aus, im Gesichte war die Haut erythrodermieartig ve
ändert. Dann blasste die Rötung ab und im Gesicht trat ein luetisch'
Ausschlag auf.
v. Pirquet demonstriert ein Kind, welches auf Ghlorom ve
diiehtig ist. Es bekam vor 2'A Monaten eine rechtsseitige Faziali
lähmung, nach Besserung derselben wurde der linke Fazialis gelähn:
seit 14 Tagen sind die Augen vorgetrieben. Der harte Gaumen ur
die beiden Zahnleisten sind stark infiltriert. Das Blut enthält vie
grosse weisse Blutkörperchen mit einem blassen Kern, der Häm
globingehalt ist 40 Proz.
H. Januschke demonstrierte einen geheilten epileptisch!
Knaben und besprach die Bromwirkung bei der Epilepsie. Der Knai;
bekam 3 mal täglich 1 g Brom und VA g Kochsalz. Ueber die W i
kung des Broms im Körper herrschen 2 Auffassungen: 1. Das Bro
verdrängt das Chlor, 2. das Brom entfaltet eine spezifische Wirkun
Bei kochsalzarmer Diät werden Chloride im Körper zuriickgehalü;
und im Harne verschwunden die Chloride. Bei der Bromkur \vi
ein Teil der Chloride im Blute durch Bromide ersetzt. Vortr. h
Untersuchungen über die Wirkung des Broms vorgenommen. H
grossen Dosen von Bromiden zeigen die Versuchstiere Erscheinungt
wie wenn ihnen das Grosshirn ausgeschaltet wäre, sie verfallen na-1
einigen Stunden in eine tiefe Narkose. Durch chronische Behandln;
mit Brom wird eine aufsteigende Lähmung erzeugt. In dem vc
gestellten Falle ist die Heilwirkung nicht durch Chloridverdrängur
sondern durch die spezifische Wirkung der Bromionen herbeigefiih
worden; letztere wird durch Kochsalzzugabe unterstützt.
Deutsche Medizinische Gesellschaft in Chicago.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 26. Oktober 1912.
Herr Prof. v. Noorden aus Wien wird als Gast von du
Vorsitzenden Carl Beck begrüsst und ergreift das Wort. Er spriu
zuerst über die Eindrücke, die er in Amerika erhalten und hält sodai
einen Vortrag: „Ueber enterogene Intoxikation“.
Er gibt eine Skizze der historischen Phasen des viel mi:-
brauchten Begriffes der Autointoxikation. Zuerst wurde der Begi
bei schwerem Diabetes, bei Urämie, Cholämie etc. gebraucL
Spätere Arbeiten von Bouchard verallgemeinerten den Begriff duri
Ausdehnung desselben auf Krankheiten, die nicht von Mikroben vf
ursacht werden. Diese Idee ist fallen gelassen worden, doch wurd
die Grundanschauungen B.s später völlig gerechtfertigt. Eine weite
Ausdehnung erfuhr der Begriff durch die Lehre von der innen
Sekretion. Das Gebiet, auf dem der Ausdruck besonders in Mi-
kredit kam, ist das Gebiet der enterogenen Intoxikation.
Ueber diese will der Vortragende reden.
Von Autointoxikation soll man nur dann sprechen, wenn e
Gifte von den Geweben des Körpers selbst gebildet werden. Yi
enterogenen Giften, welche in diesem Sinne von der Magen- d
Darmschleimhaut erzeugt werden, wissen wir nichts. Darum bezi t
sich der Ausdruck enterogene Intoxikation nur auf die Gifte, weite
durch die im Darme vor sich gehenden Zersetzungsprozesse gebil :
werden. Es ist auffallend, dass in so dichter Nachbarschaft ei r
lebenden Membran durch Fäulnisprozesse so viele Gifte gebil t
werden können, ohne dass die Gesundheit geschädigt wird. Es t
ein interessantes Problem, was diese Gifte entgiftet. Metschi-
k o f f geht offenbar vom Enthusiasmus getrieben zu weit mit seini
Ideen; denn sonst müssten Milchtrinker, Kartoffelesser und Ve>
tarianer die Gesündesten sein: auch haben sich gerade die fleis-
essenden Völker die Weltherrschaft errungen, trotzdem Fleisch i
stärkste Giftbildner ist. Metschnikoffs Ideen sind bloss ii
Laboratoriumsversuche basiert.
Offenbar hat der Mensch gleich den fleischfressenden Tieren l-
mählich die Fähigkeit erworben, die normalen Gifte im Darme '■
schädlich zu machen. Hier handelt es sich aber um exogene GL
nicht um eine wirkliche Autointoxikation. Es unterliegt keim
Zweifel, dass geringe Abweichungen von den normalen Dar
Prozessen zur Aufnahme von Giften ins Blut führen können. Dir
kann es notwendig werden, gewisse Nährstoffe fernzuhalten; scK
lange ist es üblich, solchen Verhältnissen durch einfache Kost, it
Milch, Rechnung zu tragen. Wir stehen hier auf dem Boden *'
Empirie und sind erst am Anfang der Forschung.
Combe in Lausanne hat versucht, diese Frage in ein gewiss
System zu bringen, ist aber noch nicht tief eingedrungen und hat b
Frage zu einseitig behandelt.
Immer finden wir bei ihm die Bevorzugung einfacher Nährst«*-
Dies mag für gewisse Fälle das beste sein, es ist aber unrichtig, r;!
Prinzip zu verallgemeinern. Beim „Combeismus“ ist es nicht n u
der Patient, sondern die Methode, welche die Situation be'nerrst
Es ist dies eine Einförmigkeit der Auffassung, die an den militärisch
Drill erinnert, v. Noorden wendet sich in weiteren Ausführung
gegen den „Combeismus“, der eine Diät für den Erwachsenen '■
führt, welche beim Kinde üblich ist. Die Patienten befinden H
dabei nur so lange wohl, als sie bei dieser leichten Kost verbleiD
haben aber sofort wieder ihre alten Beschwerden, wenn sie zur -
mischten Kost zurückkehren.
März 10 Kl
Muenchener medizinische Wochenschrift.
Nach v. N.s Erfahrungen gibt eine Abhärtung des Magendarmes
; ch Uebungstherapie bessere und dauernde Resultate. Nur im
[ ;inn der Behandlung ist die Schonung indiziert; das gilt auch für
Enteritis membranacea.
v. N o o r d e n spricht über das Krankheitsbild der enterogenen
! ixikation. Die Verdauung ist unregelmässig, meist besteht Ver¬
dung. doch erfolgen in manchen Fällen tägliche Stuhlentleerungen,
ün, es finden sich nach der Stuhlentleei'ung noch harte Massen
Jer Flexur, als ob dieselben hier festgehalten würden. Dadurch
stehen Beschwerden nach dem Essen, wie Gefühl der Völle und
nagerung. Die Patienten glauben, dass der Magen erkrankt sei.
sächlich liegt oft eine Verlangsamung der Magenentleerung und
i perazidität vor, die letztere abhängig von der Obstipation. Es
teht Druckschmerzhaftigkeit der Flexur (Sigmapunkt). Manchmal
d die Verstopfung durch Diarrhöe infolge Reizung des kot-
; iillten Darmes ersetzt. Schliesslich kann es zu Schleim¬
onderung, Schmerzen, kurz zum Bilde der Enteritis membranacea
inmen. Doch findet sich nur eine leichte Hyperämie, keine
:iwellung und wenig Schleim; bloss in schweren Fällen liegen
, issere Veränderungen vor. Das Röntgenbild zeigt, dass die Kot-
i ssen lange durch Spasmen in der Flexur festgehalten werden.
diesen Beschwerden gesellen sich nun entferntere in den ver¬
miedenen Gebieten des Körpers, wie Neuralgien im Okzipital-
, )iet, im Trigeminus, Kruralis, Kopf- und Riickenschinerzen, Inter-
i üalneuralgien vom Charakter der Dolores vagi. Dabei können
I ickpunkte bestehen. In anderen Fällen treten Muskel- und Gelenk-
: imerzen bei Bewegungen afif, besonders in den Morgenstunden,
handelt sich hier um eine elektive Neuritis, die hie und da auch
Veränderungen in der Tastempfindung einhergeht. Die Herz¬
igkeit zeigt Anomalien, wie Verlangsamung, Irregularität, Extra-
-tolie bei Ruhe und Erschöpfung. Bei Erregungen verschwinden
: se Erscheinungen. Andere Symptome sind gegeben durch vaso-
; torische Störungen wie Dermographie, Urtikaria, Wechsel von
! lte- und Hitzegefühl. Die Tagesmenge des Urins ist durch eine
steigerte Perspiratio insensibilis vermindert, es kommt darum zu
fimentbildung im Urin, ohne dass aber die Harnsäure vermehrt ist.
Iss diese Erscheinungen einer Polyneuritis und Vagusaffektion von
Resorption von Fäulnisprodukten herrühren, geht daraus hervor,
ss die Aetherschwefelsäuren und die Glykuronsäure sowie das
likan vermehrt sind. Eppinger konnte aus den Fäzes einen
tstoff erzeugen, der sich bei Tieren als ein starkes Vagusreizmittel
ivies und beim Menschen, auf die Haut appliziert, Urtikaria
zeugte.
Ein weiteres Symptom, das manchmal vorhanden ist, ist die
mperatursteigerung bis zum Maximum der physiologischen Breite;
Spannweite zwischen Maximum und Minimum ist abnorm gross,
sonders bei Kindern und jungen Leuten. In den meisten dieser
Ile wird die Diagnose auf Tuberkulose, Arthritis, Rheumatismus,
cht, harnsaure Diathese etc. gemacht. Die Erfolge der unter
chen Voraussetzungen durchgeführten Therapie, wie heisse Bäder
d nur mässige. Die Heilung erfolgt erst, wenn eine gegen die
rmstörung gerichtete Therapie durchgeführt wird. Drogen,
nentlich Abführmittel, und Klysmen sind zu vermeiden. Die Diät
iiss geregelt werden. Doch lassen sich vorläufig keine allgemeinen
inzipien, keine schematischen Regeln aufstellen. Bald ist Milch
;sgezeichnet, bald sehr schlecht; in manchen Fällen ist für einige
ge bloss Zuckerlösung zu geben, in anderen Fällen hingegen eine
irk animalische Kost zu verabfolgen. Das Endziel aber ist, die
mischte Kost wieder herzustellen. Für die Behandlung genügen
3 Wochen, um das Schwinden der Hauptsymptome zu erreichen;
türlich ist eine längere Zeit nötig, alle Folgeerscheinungen zu be-
tigen, wie ja auch bei anderen Vergiftungen, z. B. der Tabak-
rgiftung.
Herr J. Holinger dankt im Namen der Gesellschaft Herrn
of. v. N o o r d e n für den Vortrag.
tos den französischen medizinischen Gesellschaften.
Acad£mie de medecine.
Sitzung vom 19. November 1912.
Ueber Paratyphusappendizitis.
Walther berichtete über einen Fall, wo schon lange eine
ronische Appendizitis bestanden hatte und sich eine Infektion mit
m Paratyphusbazillus B entwickelte; klinisch waren die Zeichen
>er leichten Wurmfortsatzerkrankung vorhanden. Die Operation
’Ste gesundes Peritoneum, ein verdicktes, ödematöses Zoekum
d eine vergrösserte parazoekale Drüse, welche den Bacillus coli
üolge der Sekundärinfektion) enthielt. Die Operation hatte von
iten des Peritoneums keine Reaktion zur Folge; die Temperatur
eb mehrere Tage lang eine sehr hohe und fiel dann allmählich. Die
inkultur des Blutes ergab einen Paratyphusbazillus B, die Serum-
iktion war sehr positiv mit diesem Bazillus. Aus den histologischen
ststellungen scheint hervorzugehen, dass es sich um eine alte
leröse Appendizitis handelte, auf welcher eine neue akute Folliku-
s sich entwickelt hat. Die Tatsache einer Allgemein(Paratyphus)-
ektion bildet keine Gegenindikation der Operation. Die durch den
stand des Wurmfortsatzes bedingten Indikationen behalten ihre
He Bedeutung, und frühzeitige Operation allein kann vor den Kom¬
565
plikationen, die mit diesen Formen akuter Lymphaugitis verbunden
sind und fast immer zu tödlichem Ende führen, schützen.
Acad6mie des Sciences.
Sitzung v o m 2. bis 9. Deze iji b e r 1912.
Zur Vakzinetherapie des Typhus abdominalis.
• Ardin D e 1 1 e i 1, L. Negre nud Maurice R e y n a u d be¬
richten über 37 Fälle von Typhus, deren Diagnose durch W i d a 1 sehe
Reaktion bestätigt war (und bei zweifelhaftem Ausfallen derselben
durch die positive Reinkultur des Blutes) und welche durch Anti¬
typhuslymphe und speziell die sensibilisierte lebende von Besredka
behandelt worden sind. Ohne zu verkennen, dass eine Statistik von
37 Fällen noch ungenügend sei, möchten sie doch vorläufig folgende
Schlussfolgerungen aussprechen: 1. Die Vakzinebehandlung scheint
die Schwere der Krankheit bedeutend herabzusetzen; unter den
37 Fällen gab es keinen Todesfall, während die nicht Geimpften
8,38 Proz. Mortalität boten. 2. Sie verringert die Zahl der Rückfälle:
5,4 anstatt 9,75 Proz. 3. Sie kann die Dauer der Krankheit abkürzen
und zwar um so mehr, je näher dem Beginne der Krankheit die
Lymphe injiziert wird.
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Aerztlicher Bezirksverein Nürnberg.
Sitzung vom 12. Februar 1913.
Nach Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung kommt Herr
Bez.-A. Wetzel auf die damalige Debatte und speziell auf die Tat¬
sache zurück, dass von ärztlicher Seite Erkrankungen an Blennorrhoea
neonatorum nicht angezeigt worden waren, weil durch das Erscheinen
des Desinfektionsbeamten etc. starke Unannehmlichkeiten für die
Familie beim engen Zusammenwohnen der Familien und vielleicht
Differenzen in der Ehe selbst befürchtet werden mussten. Herr
W. weist darauf hin, dass unter der für solche Fälle geforderten
„fortlaufenden Desinfektion“ keine Wohnungsdesinfektion verstanden
sei, nur die persönliche Desinfektion des Pflegers und die Desinfektion
von Wäsche und allen anderen Gegenständen, durch die Krankheits¬
verbreitung ermöglicht werde; bei genauer Anweisung und Ucber-
wachung durch den Arzt könne nach den Vorschriften die Des¬
infektion durch städtisches Personal unterbleiben; Schwierigkeiten
könnten auch bei Einhaltung der Vorschriften auf diese Weise ver¬
mieden werden. Die Medizinalbehörden seien nur mit Hilfe der
praktizierenden Aerzte imstande, ihre hygienischen Ziele zu erreichen,
die Vorschriften nehmen tunlichst auf die Verhältnisse der Praxis
Rücksicht, es sei dringend zu wünschen, dass die Aerzte den Vor¬
schriften vollkommen nachkommen.
Eine längere Debatte betrifft die ärztlichen Reklameschilder; sie
wird angeregt durch zwei Verfügungen des Magistrats; der Magistrat
macht das Belassen einer die Wohnungsänderung des Arztes an¬
zeigenden Schildes von einem mit Kosten verbundenen Beschlüsse
abhängig, dann hat er die Entfernung der ärztlichen Reklameschilder
von einigen Eckhäusern — die Aerzte hatten im Hause nebenan
ihre Behandlungsräume — verlangt, weil durch die Schilder das
Strasenbild leide; das Vorgehen des Magistrats wurde auf Be¬
schwerde der Kollegen von der Regierung bestätigt, da der Magistrat
dazu berechtigt sei; es gelte auch im allgemeinen nicht den Standes-
ansichten entsprechend, an anderen als dem Wohnhaus des Arztes
selbst Schilder anzubringen. Auf eine Eingabe des Vorstandes an
den Magistrat mit dem Wunsche, es erstens bei dem bisherigen
Usus bei Wohnungsänderung (Verabredung mit dem Hausbesitzer) zu
belassen, dann keine festen Normen festsetzen zu wollen, ohne mit
dem Bezirksverein sich ins Benehmen gesetzt zu haben, dann dem
Bezirksverein die Bestimmungen bekannt zu geben, auf die der
Magistrat sich stütze, ist z. Z. eine Antwort noch nicht eingetroffen.
In der Aussprache werden bestehende Missstände anerkannt: auf¬
fällige Schilder am Konsultations- und am Wohnhaus; Schilder an
fremden Häusern bei leicht zu findenden Praxisräumen, Schilder mit
Anzeige der Ausübung allgemeiner Praxis und spezialistischer Tätig¬
keit. Von anderen Seiten werden Schilder auch an der Wohnstelle.
eventuell sogar an Eckhäusern, wenn der Arzt schwer zu finden ist,
nicht beanstandet, man zwingt sonst die Aerzte zum Wohnen in der
besten Verkehrslage und teuren Mieten. Allgemein wird darauf hin¬
gewiesen, dass dieselbe Regierung, die so fürsorglich der Standesehre
sich annimmt, ein die Wohnung eines Bezirksarztes anzeigendes
Schild zwei Strassen weit von seinen Praxisräumen gefordert hat.
Alle diese Fragen werden zur Weiterbehandlung einer Kommission
überwiesen.
Es folgen die Wahlen der Kommissionen der neuen wirtschaft¬
lichen Abteilung (Krankenkontrollkommissiori, Rezeptkontrollkommis¬
sion, Honorarkommission, Kontrollkommission für Familienkranken¬
kassen). Es wird angeregt, Kollegen, die sich sonst vom Standes¬
leben fernhalten, weniger heranzuziehen, dagegen neue Mitglieder
zuzuziehen, um ihnen auch in diese Dinge Einblick zu gewähren.
Der Geschäftsausschuss setzt sich nach vollzogenen Wahlen zu
sammen aus den Herren Schuh, St au der, Steinheim er,
Mohr, B e r n e 1 1, B u 1 1 e r s, F ii r n r o h r, Seiler, V o i t sen.,
G o 1 d s c h m i d t, Mainzer, Alexander. Mainzer.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. l :
566
Verschiedenes.
Bewegung der bayerischen Bevölkerung 1912.
Nach den vorläufigen Zusammenstellungen des Kgl. Statistischen
Landesamts über die Bevölkerungsvorgänge im Jahre 1912 betrug die
Zahl der Eheschliessungen im verflossenen Jahre 50 855 gegen¬
über 50 339 im Jahre 1911 und 49 464 im Jahre 1910.
Die Zahl der Geburten (einschliesslich der Totgeborenen)
belief sich auf 214 549 gegenüber 215 203 im Jahre 1911 und 221 528
im Jahre 1910. Diese Zahlen gliedern sich in folgender Weise:
Unmittelbare Städte Bezirksämter
eheliche
uneheliche
eheliche
uneheliche
Geburten
Geburten
1912
35 962
10 332
151 463
16 792
1911
36 592
10016
152 146
16 449
1910
37 548
9 896
157 059
17 025
Der Geburtenrückgang war darnach in Stadt und Land wieder¬
um geringer als im vorausgegangenen Jahr. Wie bisher beschränkte
er sich hier und dort auf die ehelichen Geburten.
Weit stärker als die Geburtenziffer ist die Sterbeziffer ge¬
sunken. Sie betrug (einschliesslich der Totgeburten) 129 035 gegen¬
über 141 547 im Jahre 1911 und 136 846 im Jahre 1910. Ohne die Tot¬
geborenen betrug sie 1912: 123 262, 1911: 135 787, 1910: 130 858. Zu
einem erheblichen Teil beruht dieser erfreuliche Rückgang auf der
starken Minderung der Säuglingssterblichkeit, die gerade
das letzte Jahr wieder aufweist. An Kindern unter 1 Jahr sind ge¬
storben: 1912: 37 013, 1911: 46 665, 1910: 43 438. Das macht auf
100 Lebendgeborene 1912: 17,7, 1911: 22,3, 1910: 20,2. Stadt und
Land sind an diesem Rückgang ziemlich in gleicher Weise beteiligt,
wenn auch die Säuglingssterblichkeit auf dem Lande verhältnismässig
immer noch höher ist als in den Städten, denn es betrug die Zahl der
unter 1 Jahr gestorbenen Kinder t
in den unmittelbaren Städten in den Bezirksämtern
absolut
auf 100 Lebendgeb.
absolut
auf 100 Lebendgeb
1912
6 934
15,5
30 079
18.3
1911
9014
20,0
37 651
22,9
1910
8 209
17,9
35 229
20,8
Infolge des verhältnismässig geringen Rückganges der Geburten
und des viel stärkeren Rückganges der Sterbefälle schliesst die Be¬
völkerungsbilanz des Jahres 1912 mit einem Geburtenüber¬
schuss ab, der den der beiden Vorjahre übertrifft. Er beträgt
85 514 gegenüber 73 656 im Jahre 1911 und 84 682 im Jahre 1910.
Merkblätter.
Seit einer Reihe von Jahren gibt das Kaiserl. Gesundheitsamt
in Berlin sogenannte Merkblätter heraus, welche in allgemeinverständ¬
licher Weise' abgefasst in kurzer, prägnanter Form dem Laien das
Erkennen, besonders aber die Verhütung der gemeingefährlichsten
Erkrankungen ermöglichen sollen. Diese Merkblätter erstrecken sich
nicht nur auf ansteckende Krankheiten der Menschen, sie betreffen
ebenso Schmarotzer bei Menschen und Tieren und auf Menschen
übertragbare Krankheiten der Haustiere; auch sogenannte Berufs¬
krankheiten, wie sie in einzelnen technischen Betrieben regelmässig
auftreten, sind berücksichtigt.
So sind nacheinander erschienen:
Das Alkoholmerkblatt, Choleramerkblatt, Diphtheriemerkblatt,
Ruhrmerkblatt, Tuberkulosemerkblatt, Typhusmerkblatt, Bandwurm-
und Trichinenmerkblatt, Bleimerkblatt, Dasselfliegenmerkblatt, Merk¬
blatt für Feilenhauer, Schleifermerkblatt und Merkblatt für das an¬
steckende Verkalben der Kühe; ferner das Pilzmerkblatt, Milch¬
merkblatt und Haustierschmarotzermerkblatt; letztere drei in etwas
grösserem Umfange. Sie sind zu billigem Preise einzeln und in
grösseren Mengen, eventuell auch ganz kostenfrei vom Kaiserl.
Gesundheitsamte in Berlin oder von der Verlagsbuchhandlung Julius
Springer in Berlin N. zu beziehen. Seit kurzem haben sich auch
zwei grosse Vereinigungen privater Natur diesem Verfahren ange¬
schlossen. Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Ge¬
schlechtskrankheiten, Berlin S. 14, Inselstr. 13a gibt drei Merkblätter
heraus, ein allgemein gehaltenes, eines für Eltern und eines für Frauen
und Mädchen, welche ebenfalls leichtfasslich der Allgemeinheit die
Gefahren und Schäden und die Verhütung der Geschlechtskrankheiten
vor Augen führen. Degleichen gibt das Deutsche Zentralkomitee zur
Erforschung und Bekämpfung der Krebskrankheit E.V., Berlin W. 35,
Magdeburgerstr. 14, billig ein Krebsmerkblatt zur Aufklärung des
Volkes über die Krebskrankheit heraus.
Der immense Nutzen dieser Einrichtung liegt auf der Hand, und
je mehr man diese Merkblätter, soweit sie von allgemeiner Bedeutung
sind, jedermann zugänglich macht, um so mehr wird der Zweck, die
Volkswohlfahrt durch praktische Ausnützung der Fortschritte in der
Hygiene zu erhöhen, erreicht werden.
In einigen Apotheken findet man diese Merkblätter bereits zum
Mitnehmen für das Publikum bereitgelegt; auch in den Wartezimmern
der Aerzfe sollten diese Blätter nicht fehlen, ebenso in Wartezimmern
von Krankenanstalten, Sanatorien und ähnlichen Einrichtungen. Es
würden sich bei einigem guten Willen sicherlich noch manche ge¬
eignete Stellen finden, so z. B. in Kurorten, wo dieselben mit Erfolg
der Oeffentlichkeit zugängig gemacht werden könnten. Jeder, der
in der Lage ist für sein Teil die gute Absicht zu fördern, sollte un¬
gesäumt an die obengenannten Adressen schreiben und sich durch
öffentliche Auslage der geeigneten Merkblätter ein billiges Verdienst
um die Allgemeinheit erwerben. Die Kosten sind so minimal, da:
sie keine Rolle spielen; das Bewusstsein der guten Tat belob:
dieselben reichlich. E. O.
Therapeutische Notizen.
Zur besseren Ausnützung der Gemüse im Darm hat Frieder
t h a 1 Gemüsepulver hersteilen lassen. Nach den Untersuchung'
von G. v. Bergmann und F. W. Strauch- Altona (Ther. Mot
Hefte 13, 1) sind diese Gemüsepulver durchaus unschädlich ui
werden ohne Widerstreben genommen. Spastische Beschwerde
wie sie oft bei frischen Gemüsen beobachtet werden, treten bei de
Gemüsepulvern nicht auf. Typhuskranke, Kranke mit Colit ■
ulcerosa vertragen die Gemüsepulver ohne Schaden. Die Blähung
beschwerden, wie sie nach frischen Gemüsen häufig beobacht
werden, blieben bei den Gemüsepulvern aus, selbst in Fällen vc
Darmstenose und Gärungsdyspepsie. In lange fortgesetzten Stoi
wechselreihen ergab sich bei Bohnenpulver eine doppelt so gute Au
nutzung wie bei frischem Bohnengemüse. Selbst bei 17Ü g Bohne |
pulver (= 1800 g frischen Gemüses) kam nur eine geringe Steigernd
in den kalorischen und Stickstoffwerten des Kotes zustande. Duri
Zulage von Bohnenpulver zeigte sich die Möglichkeit ausgiebigij
Stickstoffansatzes. Kr. I
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 10. März 1913.;
— Das häufigere Auftreten von Fällen spinaler Kinderlähmung i
verschiedenen Teilen Bayerns, das im vergangenen Jahre beobacht
wurde und das die Befürchtung nahelegt, es könnte sich auch
Bayern ein epidemischer Ausbruch dieser bösartigen Krankheit vo
bereiten, hat die Münchener Gesellschaft für Kinderheilkunde ve
anlasst, eine Sammelforschung über das Vorkomme
der Kinderlähmung in Bayern zu veranstalten. Sie ve
sendet einen Fragebogen an alle bayerischen Aerzte, in dem an Hai
von 9 Fragen Aufschluss über alle wichtigeren Punkte (Zahl d
Fälle, Zeit des Auftretens, Sterblichkeit, von der Norm abweichem
und rudimentäre Fälle, Art der Uebertragimg, gleichzeitiges Au
treten anderer Infektionen etc.) erbeten wird. Bei der Wichtigkt
des Unternehmens darf erwartet werden, dass alle Kollegen d
Rundfrage beantworten (event. ist Fehlanzeige zu senden).
— Ueber eine bedauerliche Durchbrechung der vo;
Stuttgarter Aerztetag gefassten Beschlüsse b
richtet die Rheinische Aerztekorrespondenz aus Essen: „Dort ist
zuerst — bald, nachdem die zeitliche und zweckliche Einheitlich^
des Vorgehens der deutschen Aerzteschaft proklamiert war — dü
zielbewussten und tatkräftigen Anstrengungen der Herren von dj
Kruppschen Betriebskrankenkasse gelungen mit ihren Kassenarzt
einen langjährigen Vertrag — eine geringe Honorarerhöhung ist b!
reitwilligst zugestanden — abzuschliessen. den die Vertragskommä
sion genehmigt hat. Die kassenärztliche Lokalorganisation hat diel
Verträge nicht geschlossen, sondern die einzelnen Aerzte, und da
obgleich auch die Lokalorganisation zweifellos an sich das Req
hat, auch andere Verträge, als solche mit freier Arztwahl, falls die
nicht ein- oder durchführbar ist, zu schliessen. Dem Vorgang d
Krupp sehen Aerzte entsprechend, wurden denn auch bald nachh
ebensolche Verträge mit dem Knappschaftsverein und mit der alla
meinen Ortskrankenkasse abgeschlossen. Es hat also — für Eingi
weihte nicht überraschend — sich ergeben, dass im Kohlen- uij
Eisenrevier die gepriesene Organisation der deutschen Aerztesch;,;
ein Loch hat, das unsere Gegner selbstverständlich zu erweite
keine Mühe und Arbeit scheuen. Der Vertrag mit der Ortskranke:
kasse wandert von Bezirk zu Bezirk. Er wird auch den stranir
organisierten Aerzteschaften der Provinz vorgelegt zum Zeichen, daj
es mit der Einigkeit der Aerzte doch nicht weit her ist.“ — Es
kein Zweifel, dass die sich mehrenden Fälle von Emanzipation v
den Stuttgarter Beschlüssen eine bedenkliche Gefahr für die ü
schlossenheit der ärztlichen Organisation bedeuten. Es ist dah
der ernste Appell an die Kollegen am Platze, keine Sondern1
machungen mit Kassen zu treffen, sondern die Bekanntgabe der v|
der Krankenkassenkommission des Aerztevereinsbundes entworfen^
Musterverträge abzuwarten, um dann ein geschlossenes, gleiq
zeitiges Vorgehen aller Lokalorganisationen zu ermöglichen.
— Eine Enquete über Schulärzte. Die Wiener Aerzj
kammer beabsichtigt, mit dem ärztlichen Stande angehörigen Fad
männern eine Enquete in der schulärztlichen Frage durchzuiührl
und hat aus diesem Anlasse bereits an eine grössere Anzahl v>
sachverständigen Aerzten Fragebögen verschickt. Die Enque,
welche bereits 'für Anfang dieses Monats geplant war, musste :
folge der notwendigen Vorarbeiten verschoben werden und wird :*
31. d. M. oder spätestens anfangs April 1. J. beginnen.
— In Düsseldorf ist ein Ausschuss zur Erfor schui
und Bekämpfung der Krebskrankheit begründet word<-
ln der konstituierenden Sitzung hielten Vorträge Geheimrat Pr
Lubarsch über das Weser, und die Ursachen des Krebses ut
Prof. Pankow über Erfolge und Ziele der Krebsbehandlung in C
Gynäkologie. Zum Vorsitzenden wurde der Regierungspräsident (
heimrat Krause, zum Vorsitzenden des Ausschusses Geheim'-
Lubarsch gewählt.
— Die im Jahre 1904 begründete D e 1 1 w e i 1 e r - S t i 1 1 u n<
deren Zweck es ist, Heilstättenärzten und deren Angehörigen in N>-
I. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
■teil helfend beizustehen, hielt am 14. Januar d. J. unter dem Vor-
ze des Ministerialdirektors Dr. Kirchner eine Vorstaudssitzung
Das Vermögen beträgt 30 500 M. Wie der Schriftführer. Prof.
. Nietner berichtete, blieb die Stiftung bisher von erheblicheren
ispriichen verschont, vornehmlich, weil z. Z. noch die meisten Heil-
ittenärzte Männer in der allerbesten Rüstigkeit sind. Trotzdem
er bestehen schon Beweise ihrer Notwendigkeit, und da infolge-
ssen jederzeit damit gerechnet werden muss, dass berechtigte An-
rüche an die Stiftung gestellt werden, tut es not, möglichst bald
'e Mittel auf eine ausreichende Höhe zu bringen. Deshalb bittet der
irstand um Zuwendungen, besonders aber um möglichst zahlreiche
Werbung der Mitgliedschaft. Zuschriften an Herrn Prof. Dr.
ietner, Berlin W. 9, Linkstrasse 29, Geldsendungen an Herrn
mimerzienrät Gohrs, Berlin W. 9, Lennestrasse 4.
— Infolge des Rücktrittes des bisherigen Obmannes der
ersiehe rungskasse für die Aerzte Deutsch-
n d s a. G. zu Berlin, Herrn Geh. Sanitätsrat Dr. Bensch,
urde in der Direktoriumssitzung vom 4. Februar 1913 der bisherige
ülvertretende Obmann, Dr. med. Oskar Salomo n, Berlin W. 30,
otzstr. 14, zum Obmann, und zum stellvertretenden Obmann Hen¬
dl. Sanitätsrat Dr. Stadthagen, Berlin W, Magdeburgerstr. 20,
wählt. Die Geschäftsstelle befindet sich seit dem 11. Februar 1913
-Hin W 35, Lützowstr. 55. — An anderer Stelle dieser Nummer wid-
en Aufsichtsrat und Direktorium der Kasse dem scheidenden Ob-
ann für seine 18 jährige aufopfernde und höchst erspriessliche Tätig¬
et warme Dankesworte. Diesem Dank wird sich jeder gerne an-
hliessen, der verfolgen konnte, wie Geh. R. Bensch die Kasse,
ren Leitung er unter schwierigen Verhältnissen übernahm, zu einem
■rtrauenswürdigen und leistungsfähigen ärztlichen Wohlfahrts-
stitut gemacht hat.
- — Die Wahl des Berliner Stadtmedizinalrates ist
mmehr auf den 13. ds. Mts. angesetzt worden. In engerer Wahl
ehen Regierungsmedizinalrat Dr. Solbrig in Königsberg i. Pr.
ld Geh. Med. -Rat Dr. Weber, Direktor der bakteriologisch-bio-
gischen Abteilung im Kais. Gesundheitsamt.
— Auf der Naturforscherversammlung zu Münster i. W„
erbst |912, hat sich eine „Vereinigung der Kranke nhaus-
rzte“ gebildet, zum Zweck, die deutschen Krankenhausärzte zu
jenseitiger Anregung und gemeinsamer Betätigung auf dem Ge-
ete des Krankenhauswesens zu vereinigen; ihre ethischen und
zialen Interessen, sowie die der Krankenhäuser zu fördern und die-
lben sowohl nach aussen wie innerhalb der Aerzteschaft zu ver-
eten. Die lebhafte Zustimmung, welcher sie in den beteiligten
eisen begegnet, zeigt, dass das Bedürfnis dazu allerseits empfunden
ird. Die erste Hauptversammlung findet am Dienstag, den
’• März, in Berlin, Restaurant zum Heidelberger, Friedrich¬
rasse, abends 6 Uhr statt. Auf derselben wird nähere Mitteilung
>er die bisherigen Absichten und Schritte erstattet werden. Prof,
p r e n g e 1 - Braunschweig wird über „Assistenten- und Prak-
-cantenfrage“ referieren; Dr. K ü h 1 e r - Kreuznach über „Kranken-
msärzte und Versicherungsgesetze“. Bei der ausserordentlichen
edeutung dieser Fragen für die Krankenhausärzte sowohl wie für
e Krankenhäuser selbst werden alle Aerzte, welche ein Kranken-
ius oder eine einzelne Abteilung leiten, zur Beteiligung eingeladen,
er vorläufige Vorstand besteht aus: Prof. D r ee sm a n n - Köln,
orsitzender, San. -Rat Dr. E. P a g e n s t e c h e r - Wiesbaden,
ehrif tfiihrer, Dr. E. Kühler- Kreuznach, Kassenführer.
- — In der Osterwoche, 26. bis 28. März, wird der erste
eutsche Kongress für alkoholfreie Jugend-
rziehiing in Berlin tagen. Ehrenvorsitzeinder ist der Reichs-
inzler v. Bethmann Hollweg, Vorsitzender des Arbeitsaus-
husses Senatspräsident Dr. v. Strauss und Torney. U. a.
ird Prof. W e y g a n d t - Hamburg ein Referat erstatten über den
Ikoholgenuss bei Kindern und der heranwachsenden Jugend und
ine Gefahren. — Dem Kongress gehen am 25. ds. „Wissenschaft-
:he Vorlesungen zum Studium des Alkoholismus“ voraus. Hier wird
rof. A s c h aff e n b.u r g - Köln über die psychologische Wirkung
‘s Alkohols sprechen.
— Vom 8. — 11. Juni findet in R o m ein N a t i o n a 1 e r Italieni-
-her Kongress für Gewerbekrankheiten statt. Als
liemen wurden bisher aufgestellt: 1. Anchylostomiasis.
eierenten: Prof. Camillo B o z z o 1 o, Vorstand der medizinischen
linik in Turin und Senator des Königreichs, und Prof. Trambusti,
d. Professor der allgemeinen Pathologie in Palermo. 2. Blut-
rankheiten gewerblichen Ursprungs. Referenten :
roi. C. B i o n d i, ord. Professor für gerichtliche Medizin in Siena,
id L. Ferrannini, Professor für gewerbliche Krankheiten in
iapel. 3. Kindersterblichkeit in Bezug auf Beschäftigung
ul soziale Lage der Eltern. Referenten: Dozent Dr. Luigi Ca-
’zzi, Oberarzt an der Klinik für Gewerbekrankheiten in Mailand,
’d Dr. F i n i z i o, Dozent für Pädiatrie in Bologna. 4. Derma¬
len professionellen Ursprungs. Referent: Prof. Dr.
■ M o n t e s a n o, Rom. 5. Gewerbliche Pathologie der
i s e n b a h n e r. Referenten : Dr. F a b b r i, Chefarzt der Kgl.
'Seilbahnen, und Dr. T o g n e 1 1 i, Rom. 6. Die gewerbliche
athologie der Schauspieler und ihrer Kinder. Re-
rent: Dr. P e r i, Genua.
— Zur Gründung einer Wirtschaftlichen Organi-
ation der reichsdeutsc'hen Badeärzte hat sich ein
567
Ausschuss gebildet, der zu einer Versammlung bei Gelegenheit des
Balneologenkongreses in Berlin auf Freitag, den 28. März, 5 '/> Uhr
pünktlich in der Kgl. Charitee einlädt. Den einleitenden Vortrag hält
Kollege Lach mann- Landeck i. Schl.
— Der Verein zur Erbauung eines Aerztekur-
n a u s e s in F r a 11 z e n s b a d eröffnet für den Monat Mai d. J.
viedei 10 Freiplätze für kurbedürftige Kollegen und deren Gattinnen.
Dieselben umfassen folgende Benefizien: Freie Wohnung in Privat¬
hausern, unentgeltliche ärztliche Behandlung, unentgeltliche Kurmittel.
Befreiung von Kur- und Musiktaxen, freien Eintritt in die Lesesäle
und zu allen kurörtlichen Veranstaltungen, ferner seitens der Theater¬
direktion ein 50 proz. Nachlass der Eintrittspreise. Bewerber um
einen Freiplatz mögen sich bis längstens 20. April beim Präsidium des
obgenannten Vereines melden.
— In der allgemeinen Sitzung des VIII. internationalen Kon¬
gresses für angewandte Chemie am 9. September 1912 in New York
hat Geheimrat C. Duisberg einen Vortrag über „Fortschritte
und Probleme der chemischen Industrie“ gehalten
Dieser Vortrag ist jetzt im Buchhandel erschienen (Verlag von
O. Soamer in Leipzig) und gibt bei aller Kürze doch ein über¬
raschendes Bild von der enormen Bedeutung, welche die angewandte
Chemie bezw. die chemische Industrie für alle Zweige des täglichen
Lebens gewonnen hat. Dem Vortrag lag ein grosses Demonstrations¬
material zugrunde, das jetzt in der chemischen Abteilung des
Deutschen Museums in München zu sehen ist. Dem Deutschen
Museum ist auch der Vortrag „in Bewunderung“ gewidmet.
— Cholera. Straits Settlements. In Singapore wurden vom
14. Dezember bis 17. Januar 2 Cholerafälle gemeldet.
- — Pest. Aegypten. Vom 8. bis 14. Februar 1 Erkrankung
und 1 Todesfall in Fayum, 1 Erkrankung in Port Said; ferner vom
15. bis 21. Februar 10 Erkrankungen (und 8 Todesfälle). — Britisch
Ostindien. In den beiden Wochen vom 19. Januar bis 1. Februar
erkrankten 3949 + 4364 un4 starben 3227 4~ 3578 Personen an der
Pest. — Niederländisch Indien. Vom 29. Januar bis 11. Februar
wurden auf Java gemeldet 264 Erkrankungen (und 271 Todesfälle).
Für die Zeit vom 15. bis 28. Januar sind nachträglich aus Paree noch
15 Erkrankungen und 11 Todesfälle, sowie aus Soerabaja 1 Todesfall
mitgeteilt worden. — Mauritius. Vom 6. Dezember bis 2. Januar
97 Erkrankungen und 64 Todesfälle. — Brasilien. In Pernambuco
vom 1. bis 16. Dezember v. J. 3 Todesfälle, in Rio de Janeiro vom
29. Dezember bis 4. Januar 1 Erkrankung und 1 Todesfall. — Chile.
In Iquique am 8. Januar 3 Erkrankungen und 2 Todesfälle. — Peru.
Vom 2. bis 22. Dezember v. J. 72 Erkrankungen. — Ecuador. Im
Dezember v. J. 10 Erkrankungen und 1 Todesfall. — - Hawaii. In
Kukuihaele am 11. Januar 1 Erkrankung und 1 Todesfall.
— In der 8. Jahreswoche, vom 16. bis 22. Februar 1913, hatten
von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblich¬
keit Rostock mit 26,9, die geringste Berlin-Friedenau mit 4,8 Todes¬
fällen pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller
Gestorbenen starb an Masern und Röteln in Berlin-Lichtenberg, Mül¬
heim a. Rh., Oberhausen, an Diphtherie und Krupp in Gladbeck,
Osnabrück, Potsdam, Schwerin, Ulm, an Keuchhusten in Hof, Wanne.
V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Breslau. In einer sehr zahlreich besuchten Versammlung von
Vorklinikern ist am 27. Februar die Gründung der ersten reichs-
deutschen Vorklinikerschaft erfolgt. Die Beteiligten erwarten, dass
die vorklinischen Semester aller anderen Universitäten diesem Bei¬
spiele folgen und sich zu einem gemeinsamen Verbände, ähnlich dem
der Klinikerschaften, zusammenschliessen werden.
Erlangen. Der II. Assistent der chirurgischen Klinik Dr. Wilh.
Lobenhoffer hat zur Erlangung der Venia legendi in der medi¬
zinischen Fakultät eine Arbeit „Funktionsprüfungen an transplantier¬
ten Nieren“ eingereicht und eine Probevorlesung über die „Kyphose“
gehalten.
Giessen. Für das Fach der Physiologie habilitierte sich in
Giessen Dr. Walter Sülze, Assistent am physiologischen Institut,
mit einer Probevorlesung: „Ueber die Regulierung des osmotischen
Druckes im Tierkörper“, (hk.)
Göttingen. Habilitiert: Für das Fach der Physiologie
Dr. Ulrich E b b e c k e, Assistent am physiologischen Institut, und für
das Fach der inneren Medizin Dr. Curt Oehm e, Assistent an der
medizinischen Klinik, (hk.)
Kiel. Die Vorschlagsliste für die durch die Berufung Lü¬
bars c h s jetzt besetzte Professur für pathologische Anatomie
lautete: 1. H e d i n g e r - Basel und H e n k e - Königsberg, 2. Lü¬
bars c h - Düsseldorf und B e n e k e - Halle, 3. Kaufmann- Göt¬
tingen und D o e h 1 e - Kiel.
Köln. Dem Dozenten für soziale Medizin an der Akademie für
praktische Medizin in Köln, Kgl. Kreisarzt Dr. Edward Meder, ist
das Prädikat Professor verliehen worden, (hk.)
Marburg. Dr. Friedrich Kirstein, Assistenzarzt an der
Kgl. Universitäts-Frauenklinik, erhielt auf Grund seiner Habilitations¬
schrift „Die Röntgentherapie in der Gynäkologie“ die Venia legendi
für Geburtshilfe und Gynäkologie. Das Thema der Antrittsvorlesung
lautete: „Die Beziehungen der geburtshilflichen Wissenschaft zu den
Fragen des Hebammenstandes“. Weiter habilitierte sich Dr. Hans
Klein Schmidt, Assistenzarzt an der Medizinischen Klinik, für
das Fach der Kinderheilkunde mit einer Schrift „Ueber Milch-
568
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. ]i).
anapliylaxie“. Das Thema seiner Antrittsvorlesung lautete: „Die Be¬
deutung der Konstitution für die Erkrankungen des Kindesalters“.
München. Für Chirurgie habilitierte sich der 1. Assistent der
chirurgischen Klinik, Dr. Alwin A c h, mit einer Probevorlesung über
» Therapie des Mastdarmprolapses“.
Rostock. Prof. Dr. Körner, Direktor der Klinik für Ohren-
und Kehlkopfkranke, wurde für das Amtsjahr 1913/14 zum Rektor der
Universität gewählt. Es ist das erste Mal, dass ein Vertreter des ge¬
nannten Faches dieses akademische Ehrenamt bekleidet.
Basel. Dr. Emil Vi lliger (Anatomie des Zentralnerven¬
systems) wurde zum a. o. Professor ernannt, (ln voriger Nummer
war V. fälschlich als Anatom bezeichnet.)
Bern. Vom Bundesrat wurden auf den diesjährigen Inter¬
nationalen medizinischen Kongress in London als Vertreter der
Schweiz abgeordnet: Prof. Dr. Hermann Sahli, Direktor der medi¬
zinischen Klinik an der Universität Bern, und Prof. August Elter-
n o d, Ordinarius für Histologie und Embryologie in Genf, (hk.)
C h r i s t i a n i a. Dr. Nikolai Bull wurde zum Professor der
propädeutischen Chirurgie ernannt.
Neapel. Als Privatdozenten habilitierten sich DDr. N. Monte-
risi (Ophthalmologie) und Q. De Lu ca (Oto-Rhino-Laryngologie).
Pisa. Dr. A. B o s s i habilitierte sich als Privatdozent für
medizinische Pathologie.
Prag. Der ord. Professor und derzeitige Dekan der deutschen
medizinischen Fakultät Dr. Franz Hofmann, Vorstand des physio¬
logischen Institutes, hat einen Ruf nach Königsberg erhalten und
wird demselben schon im laufenden Sommersemester Folge leisten. —
Der a. o. Professor der Histologie und Embryologie an der tschechi¬
schen med. Fakultät Dr. O. S r d i n k o wurde zum ordentlichen Pro¬
fessor ernannt.
(Todesfälle.)
Zu Wien verschied im 60. Lebensjahre der a. o. Professor
Dr. Eduard Schiff, der sich um die Einführung der Röntgen- und
Radiumtherapie in Wien ein Verdienst erworben und sein Spezial¬
fach, die Dermatologie und Syphilis, durch mehrere wissenschaftliche
Beiträge gefördert hat.
Korrespondenz.
Der Leipziger Verband im preussischen Abgeordnetenhaus.
Herr v. d. Osten, Mitglied des preussischen Abgeordneten¬
hauses, ersucht uns um Aufnahme der nachstehenden Berichtigung:
„Es ist unwahr, wenn mir die Behauptung untergeschoben wird,
„Die Kampfesweise des Leipziger Verbandes überireffe alle sozial¬
demokratischen Hetzereien bei weitem, er übe einen Koalitionszwang
aus nach dem Vorbilde der Gewerkschaften, er verletze die sozialen
Pflichten, die dem Aerztestande obliegen“.
Richtig ist vielmehr, dass ich nach dem amtlichen Stenogramm
die Bildung des Leipziger Verbandes als Notwendigkeit anerkannt
habe mit Rücksicht auf die zum Teil unwürdige Behandlung, welcher
die Aerzte von den Krankenkassen ausgesetzt waren. Von den an¬
geblichen Vorwürfen gegen den Leipziger Verband ist kein Wort
gefallen.“
Wir bemerken dazu, dass die Herrn v. d. Osten zugeschrie¬
benen Aeusserungen gegen den L. V. als sonst zuverlässig bekannten
Berichten der Tagespresse entnommen waren. Wir nehmen mit
Genugtuung davon Kenntnis, dass Herr v. d. Osten die schweren
Vorwürfe gegen den L. V. nicht erhoben hat, dass er im Gegenteil
die Notwendigkeit der ärztlichen Organisation und die Tatsache der
unwürdigen Behandlung der Aerzte durch die Krankenkassen aus¬
drücklich anerkannt hat. Red.
Ein Beitrag zur Aderlasstherapie bei Polyzythämie.
Bemerkung zu dem Artikel von Dr. A 1 b r e c h t Wagner in No. 8
dieser Wochenschrift.
Von Dr. Alexander Hörder in Bonn.
ln Ergänzung des oben erwähnten Artikels von Wagner teile
ich mit, dass es auch mir seinerzeit an der inneren Abteilung des
Stadtkrankenhauses zu Görlitz (leitender Arzt: Dr. Schulz) gelang,
bei einem Fall von Polyzythämie die vermehrte Zahl von roten
Blutkörperchen durch „systematisch vorgenommene Aderlässe“
vorübergehend herabzudrücken. „Es genügte dabei nicht, nur geringe
Mengen, wie etwa 160 oder 200 ccm abzulassen“, sondern ich empfahl
dringend, mindestens 500 ccm zu entnehmen. — Meine Beobachtungen,
den Gang der eingeschlagenen Therapie, sowie die Ergebnisse wurden
von mir unter dem Titel „Ueber Polyzythämie mit be¬
sonderer Berücksichtigung grösserer Aderlässe“
in der Medizinischen Klinik 1911, No. 8 veröffentlicht. Ich kam
damals zu dem dort unter 2 aufgeführten Schlusssatz: „Durch
systematisch vorgenommene grosse Aderlässe ist es bei der Polyzyth¬
ämie möglich, die Erythrozytenzahl um 3 — 4 Millionen vorübergehend
herabzusetzen, die übrigen durch die abnorme Blutzusammensetzung
gesetzten Schädigungen zu bekämpfen und auf diese Weise dem
Kranken Erleichterung zu verschaffen.“
Notiz zu der Arbeit des Herrn Dr. Ci. Magnus: Wundbehandlung
mit Zucker. (Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 8, S. 406.)
Viele Chirurgen und praktische Aerzte werden den Ausführungen
des Herrn G. Magnus über therapeutische Verwendung, Wirkungs¬
weise und Wert des Zuckers gegenüber Wunden durchaus zustimmen.
Ist es doch eine schon manche Jahre bekannte Tatsache, dass Zucke,
besonders auf nässende, eiternde und reichlich sezernierende Wun¬
den einen sehr vorteilhaften Einfluss ausübt. Besonders ist es die
Kombination des Zuckers mit Naphthalin, die für diese Zwecke sehr
beliebt ist: „Naphthalin, Zucker all, als Streupulver“. Die aus¬
trocknende Wirkung des Zuckers vereinigt sich mit der desodori¬
sierenden und antiseptischen des Naphthalins besonders angenehm un i
günstig bei der Behandlung grosser nässender und eiternder Wund¬
flächen von ausgedehnten Verbrennungen oder vernachlässigten
Beingeschwüren; ferner bei jauchenden karzinomatösen Wundflächen,
sowie bei den schmierig belegten, in Nekrose begriffenen Wundrän¬
dern und Bauchdeckenschichten d r eitrigen Peritonitiden oder um¬
fangreichen phlegmonösen Prozesse. Dr. H o f f m a n n - Dresden.
Versicherungskasse für die Aerzte Deutschlands.
Wir werden um Aufnahme nachstehender Zuschrift ersucht :|
Mit schmerzlichem Bedauern sehen sich Aufsichtsrat und Direk¬
torium der Versicherungskasse für die Aerzte Deutschlands a. Gj
zu Berlin gezwungen, dem dringenden Wunsche unseres Kollegen
Bensch nach Entlastung von dem verantwortungsvollen Amte als
Obmann unserer Kasse aus Gründen seiner angegriffenen Gesundheit
Folge zu geben. Wir alle, die mit Freuden beobachten konnten, wid
er in achtzehnjähriger rastloser Tätigkeit mit Hintansetzung seiner,
Person, seiner Praxis, ja oft seiner Familie sein Lieblingswerk, unsere
Versicherungskasse, gefördert hat, müssen jetzt seinen Austritt au>
unserer Verwaltung als einen schweren Verlust empfinden. Aber ge¬
rade als Kollegen können wir uns diesem wichtigen Grunde und deir
Rate seiner Aerzte, die ihm Schonung und Entlastung im Interesse)
seiner Gesundheit und seiner ärztlichen Tätigkeit dringend anrateu
nicht verschliessen. Was Kollege Bensch unserer Kasse gewesen
wie er sie von kleinen Anfängen dank seiner versicherungstech¬
nischen Begabung und aus seinem von reinster Kollegialität ge
tragenen Fürsorgegefühl für die im Daseinskampf hart ringenden Be
rufsgenossen zu einem geachteten Standesinstitut erhoben hat, das
ist allgemein bekannt und gewürdigt.
Mit grosser Befriedigung sprechen wir an dieser Stelle unseren
Kollegen Bensch unseren wärmsten Dank und Anerkennung fiii
seine bisherige treue Mitarbeit aus und hegen die feste Hoffnung, das:
er recht bald seine frühere Gesundheit und Frische wiederfindei
möge.
Berlin, den 22. Februar 1913.
Aufsichtsrat und Direktorium
der Versicherungskasse für die Aerzte Deutschlands a. G. zu * Berlin
Hesselbarth. Oskar S a 1 o m o n.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 8. Jahreswoche vom 16. bis 22. Februar 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildung:
fehler 13 (71), Altersschw. (über 60 Jahre) 10 (6). Kindbettfieber — (1
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 1 (2), Scharlach — (—
Masern u. Röteln 1 (2), Diphtherie u. Krupp 1 (-), Keuchhusten — (1
Typhus (ausschl. Paratyphus) — akut. Gelenkrheumatismus —(—
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand. Rotzkrankh., Hundswu
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) 1 (— ), Starrkrampf - (-
Blutvergiftung 1 (2t, Tuberkul. der Lungen 27 (24t, Tuberkul. and. Or
(auch Skrofulöse) 2 i5 , akute allgem. Miliartuberkulose 1 (— ), Lungei
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 11 (7), Influenza 2 (—), vener
sehe Krankh. 1 (1), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfiebe
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechse
fieber usw. — ( — ), Zuckerkrankh. i ausschl. Diab. insip.)3 (4), Alkoholi
mus — (— ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 1 (7), sonst. Krank
d. Atmungsorgane 5 (5), organ. Herzleiden 14 (22), Herzschlag, Her
lähmung »ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 7 (3), Arterienverkalkur
2 (2), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. — (3), Gehirnschlag 8 (1<
Geisteskrankh. — (— ), Krämpfe d. Kinder 4 (6), sonst. Krankh. d. Nerve
Systems 3 (8), Atrophie der Kinder 2 (3), Brechdurchfall 1 (— ), Mage
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 4 (6), Blinddarr
entzünd. 1 (1), Krankh. der Leber, Gallenblase. Bauchspeicheldrüse
Milz 6 (5), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 2 (3), Nierenentzünd. 8 (
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 1 (2), Krebs 18 (18), son:
Neubildungen 2 (4 , Krankh. d. äuss. Bedeckungen — (— ), Krankh. d
Bewegungsorgane — ( — ), Selbstmord 4 (1), Mord, Totschlag, an
Hinricht. — (— ), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 3 (
and. benannte Todesursachen 1 (5), Todesursache nicht (genau) a
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) 1 (— ).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 173 (179).
*) Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwocli
Verlag von ) F t eh mann in München. — Druck von E. Miililthalers Buch- und Kunstdruckerei A.G., München.
Die Münchener Medizinische WoCliensclirilt erscheint wöchentlich'
im Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen
Nummer 80 * Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
jK 6.—. * Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag.
MÜNCHENER
Zusendungen sind zu adressieren !
Fürdie Redaktion Arnulfstr.26. Biirozeit der Redaktion S'/j — 1 Uhr.
Für Abonnement an J. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatinerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
No. 11. 18. März 1913. Rcdäktion . Dr« B* Sßätz« Arnulfsträssc 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
Originalien.
Aus der medizinischen Klinik in Heidelberg.
Die Stellung des Eiweisses im Stoffwechsel des fiebernden
Menschen und ihre theoretische und praktische Bedeutung.
Von Privatdozent Dr. E. Grafe.
Seit der wichtigen Entdeckung Vogels1), dass im Fieber
mehr Stickstoff im Harn ausgeschieden wird als in der Norm,
steht die Eiweissverbrennung im Mittelpunkte des Interesses
am Stoffwechsel im Fieber des Menschen, und in einer Ver¬
mehrung der Eiweisseinschmelzung 2) wird ganz allgemein
eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Charakteristi¬
kum des Fieberstoffwechsels erblickt. Wegen Mangel an
geeigneten Apparaten wurde verhältnismässig erst spät die
Stellung der Eiweissverbrennung im Gesamtwärmehaushalt
des Menschen systematisch einer Untersuchung unterzogen.
Zuerst mussten derartige Versuche beim Tiere diese Lücke
ausfüllen, erwähnt seien nur die wichtigen Versuchsreihen von
Senator, May u. a.3).
Als allgemeines Ergebnis dieser Versuche liess sich fest¬
stellen, dass beim fiebernden Tier die Kalorienproduktion in
den meisten Fällen gesteigert ist, und dass diese Steigerung
entweder ganz oder wenigstens zum grössten Teil durch
Steigerung der Eiweissverbrennung bestritten wird. Eine
Steigerung der Eiweissverbrennung wurde auch von einzelnen
Autoren (Senator) dann gefunden, wenn keine deutliche
Steigerung der Oxydationen (beurteilt nach der Kohlensäure),
nachgewiesen wurde. Im Gegensatz zu diesen Untersuchungen
stand das wichtige Resultat von S t ä h e 1 i n 4), der an einem
mit Surra infizierten, lange fiebernden Hunde in R u b n e r s
Laboratorium feststellen konnte, dass auch die Fettverbren-
nung im Fieber erheblich gegenüber der Norm gesteigert sein
kann, während bei der verabreichten Kost die prozentuale Be¬
teiligung des Eiweisses nur unbedeutend stieg.
Das Verdienst, zuerst beim menschlichen Fieber Gas¬
wechseluntersuchungen angestellt zu haben, gebührt Lieber¬
meister. Nach ihm sind dann von den verschiedensten
Autoren, vor allem Klinikern [z. B. v. Leyden, Kraus,
Löwy u. a. 5)], ähnliche Untersuchungen mit der verschieden¬
sten Apparatur (besonders mit der Methodik von Zuntz-
Geppert) veröffentlicht worden, als deren Ergebnis trotz
mancher Abweichungen im einzelnen doch die Tatsache an¬
gesehen werden muss, dass das Fieber zu einer Steigerung des
Stoffwechsels führt.
Alle diese Respirationsversuche waren von kurzer Dauer,
so dass es nicht möglich war, die Verhältnisse des respira¬
torischen Gaswechsels mit denen der Stickstoffausscheidung in
exakte Beziehungen zu bringen.
Nur auf diesem Wege aber gelingt es, die Rolle des
Eiweisses im menschlichen Fieber kennen zu lernen. D i e
Leistungen des Eiweisses im tierischen Or-
H Zeitschr. f. ration. Mediz., N. F., II, 18, 54. Klin. Untersuchungen
übenden Typhus, Erlangen 1860.
2) Bezüglich genauerer Literaturangaben sei auf die zusammen¬
lassenden Darstellungen über das Fieber von F. M ü 1 1 e r in v. L e y -
de ns Handbuch der Ernährungstherapie, Bd. I; von F. Kraus in
v. Noordens Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels, 2. Aufl..
Bd. I, S. 598; von L. K r e h 1, Pathologische Physiologie, 7. Aufl., S. 524,
1912 und v. Richter in Oppenheimers Handbuch der Bio¬
chemie, Bd. IV, 2, S. 104 u. ff., 1910 verwiesen.
3) Eingehende Literaturangaben über die Arbeiten bis 1894 bei
May, Zeitschr. f. Biol., Pd. XXX, S. 8 u. ff.. 1894.
D Archiv f. Hygiene. Bd. 49, S. 77.
■’) Literatur vgl. in den zitierten Zusammenfassungen.
No. 11.
60. Jahrgang.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
ganismus sind, was die quantitative Seite an¬
geht, in allererster Linie energetische, wie
vor allem Rubner stets betont hat, und sind
daher nur im Rahmen der Gesamtwärmepro¬
duktion einwandfrei zu beurteilen. Von diesen
Erwägungen ausgehend, stellte ich vor ca. 2 Jahren zahl¬
reiche Untersuchungen bei Fiebernden in der Weise an,
dass im Hungerzustaiid auf Grund 6 — 10 ständiger Respi¬
rationsversuche (39) und der gleichzeitig ausgeschiedenen
Stickstoffmenge im Harn die Gesamtkalorienproduktion
und die Beteiligung des Eiweisses an dieser berechnet
wurde 6). Es zeigte sich, dass bei den akuten Infektionskrank¬
heiten (vor allem Typhus) die Beteiligung des Eiweisses an der
Wärmebildung im Durchschnitt 20 Proz. beträgt, nur in den
Fällen, in welchen besonders hohe, um 40° sich bewegende
Temperaturen vorhanden waren, fanden sich manchmal Zahlen
über 20 0 (bis maximal 30 Proz.). Mit 18—20 Proz. beteiligt sich
aber auch in den ersten Hungertagen, ohne dass Fieber vor¬
handen ist, das Eiweiss an der Gesamtkalorienproduktion 7).
Es charakterisierte sich daher in meinen Versuchen der Fieber¬
stoffwechsel als ein quantitativ gesteigerter Hungerstoff¬
wechsel. Da entgegen den zahlreichen Ergebnissen kurz¬
fristiger Versuche auch qualitativ keinerlei Anomalien des
Gaswechsels vorhanden waren, so durfte ich folgern, dass,
abgesehen von den quantitativen Verhältnissen, der Fieber¬
stoffwechsel in den untersuchten Fällen prinzipiell nach den
gleichen Gesetzen abläuft, wie der des normalen Menschen.
Auch der Eiweissstoffwechsel machte hier keine Ausnahme.
Gegen die Anordnung der Versuche wurde von
Senator8) der Einwand geltend gemacht, dass in dem in
kurzen (6 — 12 ständigen) Versuchsperioden aufgefangenen Urin
nicht immer die tatsächlich während des Versuches zersetzte
Menge Stickstoff ausgeschieden wurde. Bei eventuell ein¬
tretenden Stickstoffretentionen würde dann natürlich auch die
berechnete prozentuale Beteiligung des Eiweisses an der Ge¬
samtwärmeproduktion zu niedrig ausfallen.
Von vorneherein war es allerdings sehr unwahrschein¬
lich, dass für den Durchschnittswert aus einem grossen Ver¬
suchsmaterial derartige Retentionen im Einzelfall von Be¬
deutung sein konnten, vielmehr war anzunehmen, dass in
anderen Fällen etwas mehr Stickstoff ausgeschieden wurde,
als der Versuchsperiode entsprach und so die Abweichungen
sich kompensierten.
Immerhin schien es aber im Hinblick auf die grosse theo¬
retische und praktische Wichtigkeit, die die Stellung des Ei¬
weisses im Fieberstoffwechsel zukommt, wünschenswert, die
Versuche unter Berücksichtigung des obigen, wie ich glaube,
unberechtigten Einwandes bei geeigneter Gelegenheit zu
wiederholen. Diese bot sicli dadurch, dass im Sommer 1912
eine grössere Anzahl von Typhusfällen in der Klinik behandelt
wurden, unter denen sich einzelne für die vorliegende Unter¬
suchung geeignete Kranke fanden.
Da es sich bei den Versuchen um die Einschaltung eines
Hungertages handelte, konnte die Wahl nur mit einiger Vor¬
sicht getroffen werden.
Die Anordnung der Untersuchungen war im Prinzip
folgende. Gewählt wurden Kranke, die möglichst kurz erst
erkrankt waren. Sie bekamen 2 Tage vor der Untersuchung
möglichst viel Flüssigkeit, um etwa früher bei schlechter
Diurese retinierten Stickstoff auszuspülen. Desgleichen wurden
am Untersuchungstage selbst sehr grosse Mengen von Flüssig-
") D. Archiv f. klin. Med., Bd. 101, S. 209 u. ff., 1910.
r) Vgl. meine frühere Arbeit p. 233.
8) D. Archiv f. klin. Med. Bd. 103, S. 195, 1911.
J
570
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
keit (Fachinger, Zitronenlimonaden mit Saccharin etc.) dar¬
gereicht, um eine N-Retention zu verhindern.
Am Morgen des Untersuchungstages kamen die Kranken
nach vorherigem Urinlassen, Wägen, Messen etc. für eine
Gaswechseluntersuchung von 6 — 10 stiindiger Dauer in die
Respirationskammer der Klinik und bekamen während der
24 Stunden nur reichliche Flüssigkeitsmengen ohne kalorischen
Gehalt. Auf diese Weise war die Stickstoffausscheidung in
24 Stunden und die Wärmeproduktion von 6 — 12 Stunden be¬
kannt und somit liess sich der Anteil des Eiweisses am Gesamt¬
stoffwechsel leicht berechnen. Noch idealer wäre es natürlich,
wenn cs möglich gewesen wäre, auch die Respirationsversuche
bis auf 24 Stunden auszudehnen. Das gelang jedoch in keinem
Fall, da bei stark benommenen Patienten eine Kontrolle der
Temperatur sowie die dauernde Aufnahme von Flüssigkeit
nicht durchführbar waren, bei weniger sonmolenten Kranken
aber ein Aufenthalt über 10—12 Stunden auf Hindernisse stiess,
deren Ueberwindung abgesehen von anderem auch die Beob¬
achtungen gefährden musste. Ebensowenig war es aus Rück¬
sicht auf die Kranken möglich, derartige Versuche mehrere
Tage hintereinander durchzuführen 9).
Bezüglich der Technik der Respirationsuntersuchungen
sowie der Berechnung im einzelnen sei auf meine früheren
Mitteilungen hingewiesen 10).
(Siehe nebenstehende Tabelle.)
Die Resultate der Untersuchungen nebst den zu ihrer Be¬
urteilung nötigen Daten sind in Tabellenform zusammengestellt.
Aus Stab 6 geht hervor, dass hauptsächlich Typhuskranke
untersucht wurden. Dies geschah einmal darum, weil wir hier
eine besonders schwere Form von infektiösem Fieber vor uns
haben und ferner weil bei den geringen täglichen Temperatur¬
schwankungen zur Zeit der Febris continua eine Berechnung
der Wärmeproduktion pro 24 Stunden auf Grund nur 6 bis
10 ständiger Respirationsversuche am ehesten möglich war.
Ausser Typhus abdominalis wurden 5 mal Fälle von Pneu¬
monie und je 1 Kranker mit Sepsis und Erysipelas faciei unter¬
sucht. Die genaue Bestimmung des Krankheitstages ist oft
recht schwierig, manchmal unmöglich; die in Stab 7 an¬
gegebenen Zahlen sind auf Grund der Anamnese des Kranken
selbst, der Angaben seiner Angehörigen und event. des früher
behandelnden Arztes berechnet. Da, wo eine einigermassen zu¬
verlässige Feststellung nicht möglich war, ist hinter die be¬
rechnete Zahl ein Fragezeichen gefügt.
Fast alle Fälle stammen aus der 1. — 2. Krankheitswoche.
Leider gelang es niemals, die Kranken schon in den ersten
3 Tagen zur Untersuchung zu bekommen, da sie gewöhnlich
nicht gleich nach Ausbruch der Krankheit in die Klinik kommen
und dort auch nicht sofort in Untersuchung genommen werden
können.
Die Dauer der Versuche richtete sich nach dem Zustand
der Kranken, die meisten dauerten 7 XA — 10/4 Stunden, nur
2 mal waren sie kürzer.
Stab 11 verzeichnet die Mengen Luft, die, reduziert auf
0 °, 760 mm Quecksilber und absolute Trockenheit, während
eines Versuches den Respirationsapparat passierten, Stab 12
die Temperaturen der Kammer zu Anfang und Ende der
Versuche.
Die folgenden 3 Stäbe (13 — 15) bringen die auf Grund
der Respirationsversuche pro 24 Stunden berechneten Mengen
Kohlensäure und Sauerstoff, sowie das Verhältnis dieser Gase
zu einander (RQ).
Die Werte für den respiratorischen Quotienten bewegen
sich im allgemeinen in ziemlich engen Grenzen, zwischen 0,75
und 0,82, nur einmal findet sich ein etwas tieferer Wert, 0,73.
9) Derartige Versuche sollen demnächst bei Hunden durch¬
geführt werden.
10) Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 65, S. 1 u. ff., 1910. — D. Arch.
f. klin. Med., Bd. 101, S. 209 u. ff., 1910. — Bezüglich der Berechnung
der Kalorienproduktion vgl. vor allem N. Zuntz in Lehrbuch der
Physiol. des Menschen von N. Zuntz und A. L o e w y, S. 660. —
Nach R u b n e r wurde pro 1 g N, welches im Harn erscheint, ein
Kalorienwert von 24,98 Kalorien berechnet. Die in der früheren
Arbeit (D. Archiv i. klin. Med., 101) zugrunde gelegte Zahl
6,25 X 4,4423 (Magnus-Levy in v. N o o r d e n, Handb. d. Pathol.
d. Stoffwechsels, II. Aufl., 1. Bd., S. 205, 1906) ist wohl etwas zu
hoch.
In allen Fällen sind in Uebereinstimmung mit früheren
eigenen 10) und kurz darauf auch von R o 1 1 y u) und später
von Colemann12) mitgeteilten Versuchen die Werte voll¬
kommen normal. Qualitative Ae ir der ungen des
respiratorischen Gaswechsels im Fieber, für
die so viele kurz dauernde Versuche sprachen, lassen sich
also mit voller Sicherheit ausschliesscn.
Kraus13) hat diese Ansicht immer vertreten. Ueber die
Grösse der Gesamtkalorienproduktion gibt Stab 18 Auskunft.
Sieht man von dem 9 jährigen Knaben, der natürlich eine
dem Wachstum entsprechende, erheblich grössere Kalorien¬
produktion hat (57 pro 1 kg) ab, so liegen die Werte
zwischen 31 und 46 14) Kal. pro 1 kg, 5 mal lagen sie zwischen
34 und 36. Der Durchschnittswert ist 38. Es stimmt das
mit dem Mittel meiner früheren Untersuchungen (35) und
den Zahlen, die später Colemann fand, gut überein.
Dass in Einzelfällen die Werte etwas höher waren wie
früher, hängt wohl damit zusammen, dass diesmal fast immer
die Infektionen erst kürzer bestanden und meist mit höheren
Temperaturen einhergingen.
Die in den 24 Versuchstunden entleerten Harnmengen
(Stab 16) sind sehr verschieden. Wenn man von der niedrigen
Zahl im Falle No. 8, in dem es sich um einen 9 jährigen Jungen
handelte, absieht, bewegen sich die Zahlen zwischen 530
bis 5600.
Die Unterschiede sind im wesentlichen bedingt durch die
verschieden grossen Flüssigkeitsmengen, die den Kranken
beizubringen waren. Diese schwankten zwischen 1 und
6 Litern. In einzelnen Fällen war die Schweissabsonderung
auch vermehrt (No. 4, No. 10), in anderen (No. 4. No. 11) lagen
wohl Wasserretentionen vor.
Besonderes Interesse beanspruchen die Stickstoffwerte
(Stab 16). In 11 von den untersuchten 14 Fällen lagen die
Werte zwischen 13 und 20,6 g N pro die, 3 mal zwischen 6
und 10 g; bei dem niedrigsten Wert (in No. 8) handelte es sich
um einen 9 jährigen Jungen von nur 19,2 kg Gewicht, in den
beiden anderen Fällen liegt die Möglichkeit vor, dass ent¬
sprechend der geringen Diurese etwas Stickstoff retiniert
wurde.
Die höchste Zahl (20,55 g N) entspricht ungefähr den höch¬
sten Werten der Harnstoffausscheidung im Fieber, die Sena¬
tor in seinem bekannten Buch über den fieberhaften Pro¬
zess 10) aus der Literatur und eigenen Beobachtungen zu¬
sammengestellt hat. Er glaubt, dass diese Kranken im Fieber
mindestens doppelt so viel Harnstoff ausgeschieden haben,
als unter gleichen Ernährungsbedingungen ohne Fieber. Aus
den in der Literatur vorliegenden Beobachtungen von Leh¬
mann, Müller, Munk, Senator, Zuntz, T i g er¬
st e d t, Benedict und Grafe10) über die Beteiligung des
Eiweisses am Hungerstoffwechsel in der ersten Hungerwoche
geht, wie oben erwähnt, hervor, dass die Werte bei weit¬
gehender Muskelruhe, wie meine Kranken sie zeigten, zwi¬
schen 18—20 Proz. liegen.
In diesen Grenzen würde sich daher auch die Beteiligung
des F.iweiss bei dem Kranken Ph. L„ der sich am 5. Fiebertag
befand und die Tage vorher wenig Nahrung zu sich ge¬
nommen hatte und am Untersuchungstag hungerte, ohne
Fieber bewegt haben.
Wie Stab 20 zeigt, beträgt die Beteiligung im Fieber
19,6 Proz., d. h. sie ist annähernd die gleiche wie im Hunger-
zustand ohne Fieber. Ganz analog liegen wohl die Verhältnisse
im Falle No. 15, jedoch ist hier eine ganz exakte Berechnung
darum nicht möglich, weil vom Kranken einige Kubik¬
zentimeter Urin durch eine ungeschickte Bewegung ver-
10) Zeitschr. f. physiol. Chein., Bd. 65, S. 46, 1909 und Deutsches
Arch. f. klin. Med., Bd. 101, 1. c., 1910.
X1) Deutsches Arch. f. klin. Med., Bd. 105, S. 93, 1911.
12) The Journal of the Americ. Medic. Association, Vol. IX, pl 363,
“) Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 18, p. 160 u. v. Noordens Hand¬
buch der Stoffwechselpathol., 1912. Bd. I, p. 630.
14) Da bei dem Kranken G. Sch. eine Bestimmung des Harn¬
stickstoffes nicht möglich war, wurde die Gesamtkalorienproduktion
in diesem Falle auf Grund der Tabelle von Magnus-Levy in
v. Noordens Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels, Bd. I, S. 207,
II. Aufl., 1906 festgestellt.
15) pag. 97.
18) Literaturangaben in der zitierten Arbeit.
März 1913,
muenchener medizinische Wochenschrift.
571
4
1 5
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9
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1 1
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1 15
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19
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2
Verhalten der Körper¬
temperatur während
der 24 ständigen
Versuchszeit [4 stündl.
Messungen*)]
Verhalten
von Puls, Atmung
Motilität während des
Respirations-
versuchs
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M.
218
9. IX.
: 1912
Pli. F.
36 jähr.
Manu
kg
61,5
Typhus
abdominalis
(Casus gra-
vissimus)
11.
Tag
39,0", 39,6",
40,0°, 39,4°,
39,3°
P: 96 R: 26
liegt sehr ruhig,
schläft 7 Stunden
des Veisuchs
Std.
IOV2
Liter
12899
19,4 bis
20,2®
Liter
367,8
j Liter
! 467,7
0,786
ccm
650
g
16,738
2208,1
(= 36 Kal.
pro kg)
Kal.
418
Proz.
18,9
M.
223
25. IX.
1912
Ph. F.
36 jähr
Mann
58,9
do.
27.
Tag
39,7", 39,9°,
39,6", 39,4°,
38,8°
P: 108 R: 31
liegt sehr ruhig,
meist schlafend
9
i 12906
17,7 bis
1.8,4°
329,1
419,5
0,784
1015
17,917
1969,6
(= 34 Kal.
pro kg)
447,6
22,7
M.
219
13. IX.
1912
G. Sch.
26 jalir.
Mann
55,0
do.
(t am
20. IX.)
19.
Tag
38.9°, 39,1°,
39,1°, 38,8°,
38,9°, 39,1"
P: 108 R: 30
schläft 2 Stunden,
im übrigen ganz
mhig
9
13673
18,0 bis
20,3°
410,2
524,7
0,782
Urin
leider
z. T. ins
Bett
entleert
ca. 2534
(= 46 Kal.
pro kg)
j
M.
220
17. IX.
1912
M.Dol.
33 jähr.
Frau
64,9
Typhus
abdominalis
12.
Tag
38,4°, 39, 08,
38,5°, 38,9°,
■38,2°
P: 102 R: 24
sehr ruhig, schläft
nur wenig
8
11281
18,8 bis
20,6"
312,7
407,0
0,768
570
8,839
1936,8
(= 30 Kal.
pro kg)
220,8
11,4
M.
226
2. X.
1912
Ph. L.
20 jähr.
Mann
58,6
Pneumonia
crouposa
5.
Tag
40,4°, 40,1°,
40,0", 38,8®,
39,8°, 39,4®
P: 100 R: 35
liegt sehr ruhig,
schläft aber nur
ganz kurz
VU
11940
21,0 bis
22,0°
443,6
556,7
0,797
1365
CO, 546
2619,3
(= 45 Kal.
pro kg)
513,3
1976
3675
M.
227
10. X.
1912
(1. Ke.
49 jähr.
Mann
63,7
Erysip. fac.
(später
schwere
Delirien)
8.
Tag
37,9°, 39,6°,
38,8®, 39,1®,
39,2®
P: 84 R: 28
liegt bewegungslos
ruhig, ohne zu
schlafen
572
9125
19,0 bis
19,4°
385,1
476,6
0,808
810
14,918
2268,5
(= 36 Kal.
pro kg)
373,5
M.
228
16. X.
1912
Al. VV.
18 jähr.
Mann
59,4
Pleuro¬
pneumonie
8.
Tag
38,2®, 38,3°,
37,8®, 38,8°,
37,3®
P; 108 R: 28
ziemlich ruhig,
schläft nicht
972
12854
19,0 bis
21,7°
345,1
448,4
0,770
720
13,262
2121,3
(= 36 Kal.
pro kg)
331,3
15,6
M.
229
19. X
1912
J. Sch.1;
9 jähr.
Junge
19,2
Sepsis
7.?
Tag
38,0", 38,8®,
39,1°, 38,5",
37,8®
P: 108 R: 36
zeitweise etwas
unruhig, nicht
schlafend
772
8434
18,6 bis
19,0®
178,3
230
0,775
330
6,071
1092,1
(= 57 Kal.
pro kg)
151,7
13,9
M.
231
25. X.
1912
E.Ma.
14 jähr.
Mädch.
48,2
Typhus
abdominalis
9.
Tag
38,4°, 38,9",
39,4®, 39,6®,
38,7®
P: 121 R: 24
sehr ruhig,
nicht schlafend
107a
11679
19,0 bis
22,1®
262,1
317,8
0,825
1135
13,048
1497,8
(= 31 Kal.
pro kg)
325,9
21,8
M.
233
6. XI.
1912
M. Z.2)
30 jähr.
Frau
49,0
do.
5.?
Tag
38,9®, 38,8°,
38,9®, 38,3°,
37,6°
P: 98 R: 28
schläft den grössten
Teil der Zeit
10
12146
18,7 bis
19,6«
298,9
372,6
0,802
550
12,973
1765,8
(= 36 Kal.
pro kg)
324,8
18,4
M.
236
27. XI.
1912
W. Ko.2)
15 jähr.
Junge
41,5
do.
10.
Tag
38,9®, 38,7",
39,4®, 38,9°,
38,2®
P: 92 R: 24
sehr ruhig
10
11825
18,6 bis
19,7«
264,6
364.8
0,726
530
9,851
1716
(=41,5 Kal.
pro kg)
246,0
Ti73
M.
239
13. 1.
1913
M. BIA)
16 jähr.
Junge
53,2
do.
12.
Tag
38,9®, 38,6®,
38,5°, 39,3®,
38,5®
P: 96 R: 26
sehr ruhig und
matt
Vk
11792
20,8 bis
20,0°
422,6
525,9
0,8035
5600
16,511
2499,5
(= 45 Kal.
pro kg)
412,5
16,5
s: es
CT* •
12. 11.
1913
E. ff ei.
29 jähr.
Mann
62,3
Pneumonia
crouposa
10.
Tag
38,1°, 38,4®,
3S,0°. Nachts
Krise mit star¬
kem Schweiss.
Temp. bis 36,9°
P: 80 R: 16
sehr ruhig, jedoch
nur wenig
geschlafen
93/4
11691
20,7 bis
23®
340,3
425,0
0,801
1760
17,959
2006,7
(= 33 Kal.
pro kg)
447,7
2273
M.
>48
19. 11.
1913
A. Woi.
23 jähr.
Mädch.
1
64,6
do. (Oasns
grayissim.,
spät, schwe¬
re Delirien))
4.
Tag)
39,4®, 40.6°,
40,6®, 40,4®,
40,3«
P: 120 R: 38
schlief 4 Stunden,
auch die übrige
Zeit sehr ruhig
97a
13484
20,1 bis
22,5®
424,9
570,3
0,745
1060
15,83
tm Urin
-1-0,2819
N im
Sputum
2689,3
(= 42 Kal.
pro kg)
402,5
15
M.
249
20. 11.
1913
N. Mi.
23 jähr.
Mann
57,7
Pneumo¬
kokken¬
sepsis
8. I
TagV
39,4®, 39,6«,
39,9°, 38,6«,
38,4°
P: 96 R: 80
L‘/s St. geschlafen,
m den letzten Stun¬
den etwas unruhig
972
13221
18,8 bis
22,6°
426,2
563,1
0,757
1615°)
(?)
20,629
(?)
ca. 2624,1
(= 46 Kal.
pro kg)
551,1
(?)
19,5
(?)
ruckten Zahlen geben die Temperaturen zu Anfang und zu Ende des Respirationsversuchs an. — 0 Flüssigkeitsaufnahme sehr gering. — -) Trinkt sehr wenig. — s) Sehr
■es Uurstgefuhl, sehr grosse Flüssigkeitsaufnahme. — J; Pneumonie am 4. Tag. — 6) Beim Fortsetzen des Uringlases im Respirationsapparat wurden einige Tropfen Urin verschüttet.
üttet wurden. Der gewaltigen Ausscheidung von 20,6 g N
spräche nur eine Beteiligung des Eiweisses von 19,5 Proz.
che Zahlen wie im Falle No. 5 und 15 beweisen ausser-
cntlich schlagend, wie wenig sich aus dem Harnstickstoff
in schliessen lässt und wie erst die Untersuchung des Ge-
itstoffwechsels die Rolle des Eiweisses im Fieber aufzu-
'en vermag.
Sieht man im übrigen die Zahlen in Stab 20 durch, welche
prozentualen Anteil des Eiweisses an der Gesamtwärme¬
duktion in den einzelnen Versuchen angeben, so liegen die
rte nur 3 mal etwas über 20 Proz. (22,7 Proz. bei No. 2,
j Proz. bei No. 9 und 22,3 bei No. 3). In den beiden ersten
Rn lagen die Temperaturen während des grössten Teils der
Suchszeit erheblich über 39 °, bei No. 9 stiegen sie erst nach
Beendigung des Respirationsversuches so hoch hinauf. Im
Falle No. 13 trat während der 2. Hälfte des Versuches die
Krise ein, so dass dieser Fall wegen der Komplikation mit
einer wahrscheinlich epikritischen N-Ausscheidung hier nicht
in Betracht gezogen werden kann.
In einer früheren Arbeit hatte ich in den Fällen, in welchen
bei sehr hohen Temperaturen die Beteiligung des Eiweisses
über 20 Proz. hinausging, in Anlehnung an die bekannten Ver¬
suche von L i n s e r und Schmidt17) eine Wirkung der
hohen Temperatur an sich angenommen.
Inzwischen ist die Beweiskraft dieser Untersuchungen
durch die wichtigen Selbstversuche von G. Graham und
17) D. Archiv f. klin. Med., Bd. 79, p. 514, 1904.
1*
0/2
E P. P o u 1 1 o n 1S) aus der Müller sehen Klinik erschüttert 1
worden, denn diese Autoren konnten bei Nahrungsaufnahme
in Ueberhitzungsversuchen (mehrstündige Dampfbäder) keine
nennenswerte Steigerung der Eiweissverbrennung feststellen.
Worauf diese Differenzen der Resultate beruhen, bedarf noch
der Aufklärung. .
Meine Untersuchungen, sowohl die früheren wie die :
jetzigen, wurden im Zustande vollkommener Inanition an- t
gestellt, also unter Bedingungen, für welche ähnlich exakte j
Versuche wie die von G. Graham und E. P o u 1 1 o n oeim
Menschen bisher noch fehlen.
Es muss daher diese Frage zunächst noch offen bleiben
und den Gegenstand weiterer Untersuchungen bilden. Aber
ganz abgesehen hiervon fragt sich, ob man gezwungen ist, bei
den beiden Werten von 21,8 Proz. und 22,7 Proz. ein prin¬
zipiell anderes Verhalten wie in allen anderen Versuchen an¬
zunehmen. Tatsächlich ist sehr wohl möglich, dass, ähnlich wie
in den Versuchen No. 4 und No. 8 wahrscheinlich eine N-Rc-
tention vorlag, in den Versuchen No. 2 und No. 9 vorher reti-
nierter Stickstoff mit ausgeschieden wurde. So lassen sich
m. E. die etwas höheren Werte in diesen Fällen ungezwungen
auch ohne Annahme einer Steigerung des Eiweisszerfalles
durch die hohe Temperatur als solche erklären.
Die beste Beantwortung der Frage über die Beteiligung
des Eiweisses am Fieberstoffwechsel erhält man zweifellos,
wenn man den Durchschnittswert aller Versuche berechnet,
da in dieser Zahl alle kleinen möglichen Abweichungen in dem
einen oder anderen Einzelfalle, bedingt durch Retention oder
sekundäre Ausschwemmung, sich ausgleichen. Die Durch¬
schnittszahl für die Beteiligung des Eiweisses an der Wärme¬
produktion beträgt in den mitgeteilten Versuchen 17,6 Proz.,
oder wenn man die Fälle fortlässt, in denen eine N-Retention
sehr wahrscheinlich war, 18,4 Proz.; der Durchschnittswert
bei den früher mitgeteilten, methodisch etwas anders an¬
gelegten Versuchen war 19,6 Proz.
Diese Zahlen stimmen so gut mit einander überein, dass
es nicht notwendig erschien, die Versuche noch zu vermehren.
So zeigen die jetzigen Versuche wie die
früheren ganz eindeutig, dass die Beteiligung
des Eiweisses im Fieberstoffwechsel beim
Hunger im Durchschnitt die gleiche ist, wie
im Hungerzustand ohne Fieber.
Da wir durch die berühmten R u b n e r sehen Unter¬
suchungen 1B) über die chemische Wärmeregulation wissen,
dass hier in der Regel die Eiweissverbrennung in gleicher
Weise steigt und fällt wie die Gesamtwärmeproduktion, so ist
durch die vorliegenden Untersuchungen bewiesen, dass auch
der Stoffwechsel, sowie insbesondere die
E i w e i s s v e r b r e n n u n g im Fieber, keinen an¬
deren Gesetzen folgt, als sie von den Regu¬
lationsvorgängen im normalen Organismus
her bekannt sind.
Dies Ergebnis bildet eine sehr starke Stütze der zuerst
von Liebermeister20) aufgestellten und später vor allem
von F i 1 e h n e 21) und G o 1 1 1 i e b ") vertretenen Anschauung,
dass im Fieber die Wärmeregulation auf einen höheren Grad
eingestellt ist und beseitigt die grosse Schwierigkeit, die dieser
Theorie in dem früher angenommenen abnormen Verhalten
der Eiweissverbrennung entgegenstand.
Das Problem der Stellung des Eiweisses im Fieberstoff¬
wechsel hat neben dem theoretischen Interesse auch eine
erheblich praktische Seite.
Wenn der Fieberstoffwechsel sowie die Eiweissverbren¬
nung von den gleichen Gesetzen beherrscht wird, wie der nor¬
male Stoffwechsel, so muss es einer rationellen Er¬
nährung gelingen, jeden Verlust an Eiweiss
und Körpergewicht selbst bei schwerster
Infektion zu verhindern.
18) Quarterl. Journ. of medicin 6, S. 82, 1912.
1B) Zusammenfassende Besprechung in den Gesetzen des Energie¬
verbrauchs.
20) Pathologie des Fiebers. Leipzig 1875.
21 ) Berl. klin. Wochenschr. 1882, No. 45 und 1883, No. 6 und
Kongr. f. innere Med. v. 1885.
22) H. Meyer und R. G o 1 1 1 i e b: Die experimentelle Pharma¬
kologie, S. 387.
No.
In dieser Richtung liegen ausserordentlich umfassen:
Untersuchungen an vielen Hunderten von Fällen, vor all i
von Shaffer und Co le mann23) vor, die ganz eindem
zeigen, dass bei einer reichlichen Ueberernährung vor alh
mit Kohlehydraten jeder Gewebszerfall im Fieber vollstän g
hintangehalten werden kann. Dass es auch gelingt, Ho
fiebernde mit einer dem Nahrungsbedarf entsprechenden, v]
Kohlehydrate und wenig Eiweiss enthaltenden Kost annäheid
im N-Gleichgewicht zu halten, konnte kürzlich Rolland;
an unserer Klinik zeigen. Es gelingt dies durch eine rfr
flüssige Kost. Dabei haben sich mir eisgekühlte Zitron ,
limonaden mit viel Zucker (auch Milchzucker) und v
Zitronensaft sehr bewährt. Es gelingt so oft leicht, mehr \
die Hälfte des Kalorienbedarfes in einfacher und für <;r
Kranken angenehmer Weise zu decken.
Durch alle diese Untersuchungen ist festgestellt, dassli
der Regel ein toxisches Moment beim Eiweissstoffwechse! i
infektiösen Fieber des Menschen entweder gar keine o:
nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt. Ja, es darf ri|j
behauptet werden, dass der sichere Beweis für die Existi:
eines sogen, toxogenen Eiweisszerfalles bisher noch ausstii
v/enn seine Existenz a priori natürlich nicht geleugnet wert]
kann. Denkbar wäre, dass ein solcher in den allerer^
Tagen schwerster Infektionen Vorkommen kann, jedoch feie
hier noch Untersuchungen, die den Gesamtstoffwechsel ’n
fassen. Von einem toxischen Einfluss auf d
Ei weissstoffwechsel kann nach dem bist:
Ausgeführten nur dann gesprochen werdi
wenn bei genauer Berücksichtigung der h
lorischen Verhältnisse die Eiweiss v '
brenn ung einen erheblich grösseren Anti
an der Gesamtwärmeproduktion hat wiei
der Norm bei gleichem Ernährungszustand
Drei Wege sind hier zur Entscheidung möglich: entwee
man geht vom Hungerzustand aus und vergleicht, wie e i
den mitgeteilten Versuchen .geschah, die Beteiligung des:
weisses an der Gesamtwärmeproduktion im fieberfreien :i
fieberhaften Zustande miteinander, oder der zu um
suchende Organismus befindet sich im Stoffwechselglal
gewicht, d. h. er enthält eine Nahrung, die möglichst gia
seinem Nahrungsbedarf entspricht (Untersuchungen c
Rolland), und es wird dann das Verhalten der N-Biu
bestimmt. J
In beiden Fällen muss die Grösse des Gesamtstoffwech
auf Grund möglichst langdauernder Respirationsversuche)]
kannt sein.
Die 3. Untersuchungsmöglichkeit besteht dalrin, das:
weiss kalorisch ganz auszuschalten, indem man den Op
nismus durch eine starke Ueberernährung mit Kohlehydrt
auf das Stickstoffminimum einstellt und das Verhalten!]
Abnutzungsquote (R ubne r) im Fieber verfolgt.
Ueber Tierversuche, in denen der letztere Weg eik
schlagen ist, soll demnächst berichtet werden.
Ueber chronische Appendizitis.
Von A. K r e c k e in München.
Ist über Wesen, Diagnose und Behandlung der aP1
Appendizitis, soweit die praktische Seite dieser Erkranu
in Betracht kommt, im wesentlichen jetzt eine Einigung ere
so besteht in Betreff der chronischen Appendizitis noch i
recht erhebliche Meinungsverschiedenheit. Während e?a
der einen Seite Aerzte und nicht nur Chirurgen, sondern i
Interne und Frauenärzte gibt, die für jeden sonst nicht era
baren Schmerz im Bauche eine chronische Appendizitis
antwortlich machen möchten, gibt es andererseits viele e
erfahrene Kollegen, welche diese grosse Häufigkeit der Ap
23) Shaffer and Colemann: Arch. f. intern. Medic., >'
1909, ref. Journal of Americ. Medic. Assoc., S. 321, 1910^ CI
mann: Journ. of Americ. Medic. Associat. 1909, S. 1145, ein
Vol. LIX, p. 363, 1912; Americ. Journ. of the Medic. Scienc. N
Vol. CXIV, p. 659, 1912.
21) Grafe: Vortrag auf der Karlsruher Naturforscherversa
lung September 1911 (Verhandl. der Tagung Abteil, f. Innere v
und Balneologie, p. 67). Rolland: D. Archiv, f. klin. Med., BcJ
S. 440, 1912.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
März 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 573
i itls wenigstens für einen sehr grossen Teil der Fälle leugnen
id die vorliegenden Krankheitserscheinungen je nach Er-
•irung und individueller Auffassung als durch Obstipation,
rmatonie, Kolitis, Splanchnoptose, Coecum mobile, Ty-
I latonie, Neurasthenie, Hysterie bedingt auffassen, von den
hlöiagnosen bei Cholelithiasis, Wanderniere, Nierensteinen,
:us ventriculi, Oophoritis, Perimetritis ganz zu schweigen.
Auch dem Erfahrenen wird es manchmal ganz schwind-
vor der Unsumme von Anschauungen, die die immer mehr
d mehr anwachsende Literatur ihm täglich ins Haus bringt,
iss es schon ihm schwer werden, den ruhenden Pol in der
scheinungen Flucht nicht aus dem Auge zu verlieren, um
e viel schwerer muss es für den Anfänger sein, sich in der
mge von Ansichten zurechtzufinden und dem ängstlich
gen den Patienten die erforderliche bestimmte Antwort
geben.
Eine ausgezeichnete Uebersicht über alle in Betracht
mmenden Fragen haben vor kurzem Melchior und
jser1) gegeben und an der Hand des Breslauer Materials
■ Lehre von der anfallsfreien Appendizitis einer kritischen
iifung unterzogen. Die einschlägige Literatur findet sich
der genannten Arbeit in erschöpfender Weise zusammen¬
stellt.
Darüber kann ein Zweifel nicht bestehen: Die Zahl der-
ligen Menschen, die an mehr oder weniger heftigen dauern¬
in oder gelegentlichen Schmerzen im Bauch im allgemeinen
d in der Blinddarmgegend besonders leiden, wird täglich
össer. Die Ursachen dieser Erscheinung sollen hier zunächst
:ht näher untersucht werden. Sicherlich hängen sie teil-
use zusammen mit einer im Publikum mehr und mehr um
h greifenden Blinddarmfurcht. Man kann das be-
iders dann beobachten, wenn eine bekanntere Persönlich-
it an akuter Appendizitis schwer erkrankt oder gar ge-
trben ist. In den Tagen nach einem solchen Ereignis melden
h beim Arzte fast regelmässig einige Personen aus dem
! kanntenkreise und bitten ihren Blinddarm zu untersuchen,
it der Angabe, dass sie seit mehr oder weniger kurzer Zeit
Bauchschmerzen leiden. Es handelt sich dabei zweifellos
m Teil um Suggestion, wie wir sie ja bei gewissen Krank-
iten (Krebs, Tuberkulose) nicht selten beobachten. Der
iterschied ist nur der, dass wir gegenüber dem Krebs und
rTuberkulose auf einer viel sichererenBasis stehen, während
r gegenüber der Appendizitis häufig im Dunkeln herum-
jpen und oft nicht einmal von einem exstirpierten Wurm-
tsatz angeben können: war dies Organ früher einmal krank
er nicht.
Dem Publikum ist diese Autosuggestion zum Teil wohl
kannt. Der Patient, der sich bei leichtem Bauchweh für
tiddarmkrank hält, verfällt oft dem Spott seiner Mit-
mschen. Auch die Laien kennen die Mania operatoria
ssiva. In manchen Familien bekommen, wenn ein Kind an
»pendizitis operiert ist, auch mehrere von den Geschwistern
s verdächtige Bauchweh, und es tritt nicht eher eine Be¬
rgung ein, als bis auch die Wurmfortsätze dieser Kinder
m Chirurgen überliefert sind. Die sogen, familiäre Appen-
:itis dürfte wohl oft eine suggestiv-epidemische sein.
Wir erleben so das merkwürdige Schauspiel, dass die-
be Erkrankung, die so oft Schrecken und Trauer verbreitet
d viele Menschen mit Furcht und Entsetzen erfüllt, bei
deren Gelegenheiten als etwas ganz Harmloses, als eine
t Spielerei behandelt wird. „Ach, nur ein leichter Blind-
rm“. „Er will natürlich auch seinen Blinddarm heraus
ben.“ Solche und ähnliche Redensarten werden nicht selten
mommen.
Gibt es keine Möglichkeit, die B 1 i n d d a r m n e u -
stheniker von den wirklichen Blinddarm¬
anken zu unterscheiden? In vielen Fällen gewiss,
d die Anhaltspunkte dazu werden weiter unten erörtert
rden. In vielen Fällen ist eine solche Unterscheidung ganz
möglich. Selbst dem Erfahrensten. Auch die A e r z t e
den zweifellos unter einer Blinddarmsuggestion,
tss die ärztliche Diagnose nicht selten auf eine Appen-
•itis lautet, wenn eine solche bestimmt nicht vorhanden ist,
') Beitr. z. klin. Chir., 79. Bei., 3. H.
kann nicht geleugnet werden. Hat man aber ein einziges Mal
sich bezüglich des Vorhandenseins einer Appendizitis im nega¬
tiven Sinne ausgesprochen und erlebt es nach kurzer Zeit,
dass der Kranke an schweren akuten Erscheinungen erkrankt,
die ihn dem Tode bedenklich nahe bringen, so wird man ge¬
wiss vorsichtig. Wer will es dem Chirurgen verdenken, wenn
er unter solchen Umständen sich sagt: im Zweifelsfalle werde
ich lieber einmal eine überflüssige Operation machen, als dass
ich eine wirklich kranke Appendix im Bauche zurücklasse,
umsomehr, als eine Gefahr bei einem sonst gesunden Indi¬
viduum mit der Operation nicht verbunden ist.
Diese Ueberlegung soll uns natürlich keine Veranlassung
sein, die Diagnose der chronischen Appendizitis etwas weniger
sorgfältig zu betreiben 2).
Im Gegenteil, es muss ein jeder seinen Stolz darin setzen,
die Zahl der Appendizektomien, die überflüssigerweise unter¬
nommen worden sind, immer mehr herabzumindern. Hilfs¬
mittel dafür stehen uns auch heute schon in grosser Menge
zur Verfügung.
Bei der Lehre von der chronischen Appendizitis haben
wir zunächst davon auszugehen, dass wir zum mindesten
klinisch zwei Arten der chronischen Appen¬
dizitis zu unterscheiden haben.
Als erste Form bezeichnen wir diejenige, welche von
Anfang an chronisch verläuft, bisher nie zu einem akuten An¬
fall geführt, nie ausgesprochene Fiebererscheinungen gemacht
hat und zu den verschiedensten Beschwerden in der rechten
Seite wie auch in anderen Teilen der Bauchhöhle führt: die
anfallsfreie Appendizitis.
Als zweite Form der chronischen Appendizitis ist die¬
jenige aufzustellen, welche mit einem ausgesprochenen akuten
Anfall begonnen hat, sei es, dass es im weiteren Verlauf zu
mehreren gleichen akuten Anfällen oder dass es zu unbe¬
stimmten Beschwerden ähnlich wie bei der ersten Form ge¬
kommen ist.
Wir sehen bei dieser Einteilung davon ab, dass mehrere
pathologische Anatomen, besonders A s c h o f f, behaupten,
dass eine chronische Appendizitis sensu strictiori nicht exi¬
stiert, sondern dass jede Appendizitis mit einem akuten Anfall
beginnt.
Die Richtigkeit dieser Tatsache wollen wir gewiss nicht
leugnen. Klinisch steht es aber durchaus fest, dass in so und
so vielen Fällen von chronischer Appendizitis sich ein akuter
Anfall aus der Anamnese bei aller Sorgfalt nicht nach-
weisen lässt.
In vielen Fällen der sogen, chronischen Appendizitis, bei
denen wir klinisch einen akuten Anfall nicht ermitteln können,
lehrt uns die anatomische Untersuchung des Wurmfortsatzes,
dass bestimmt einmal ein akuter Anfall bestanden haben muss.
Finden wir z. B. eine Zweiteilung des Organs oder eine ganz
in Verwachsungen eingebettete Appendix, so können wir mit
Sicherheit behaupten, dass früher einmal eine ganz schwere
akute Appendizitis den Kranken befallen haben muss. Manch¬
mal wird dieser akute Anfall in einer so frühen Lebenszeit
stattgefunden haben, dass der Kranke die Erinnerung daran
verloren hat. In anderen Fällen ist der akute Anfall als ein
anderes Leiden, Unterleibsentzündung, Darmkatarrh, Ruhr und
ähnliches angesehen worden.
Vor kurzem operierte ich eine Bauernfrau mit den deut¬
lichen Zeichen der chronischen Appendizitis, bei der die Anam¬
nese nichts von einem akuten Anfall ergab. Bei der Operation
fanden sich sehr schwere Veränderungen, die mit Bestimmt¬
heit auf eine frühere Perforation hindeuteten. Die daraufhin
noch einmal sorgfältig aufgenomene Anamnese ergab, dass
ein von der Kranken vor Jahren angeblich durchgemachter
Typhus nach der Art des Beginnes und des Verlaufes mit
ziemlicher Sicherheit als eine schwere akute Appendizitis an¬
zusehen war.
_ : ! . i «iPIi
2) Es dürfte überflüssig sein, auf die verschiedenen Witze, die
oft über die „Finanzoperationen“ und die „Appendizitis lucrativa“ ge¬
macht werden, näher einzugehen. Dass es Aerzte genug gibt, die
ohne besondere Ueberlegung mit der Diagnose Appendizitis und der
Appendizektomie schnell bei der Hand sind, ist leider nicht zu leugnen.
Jeder muss das mit seinem Gewissen ausmachen. Der sich seiner
Verantwortung bewusste Chirurg wird jeden Fall sorgfältig prüfen
und darnach entscheiden.
574
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. H
Werden wir so bei scheinbar leichten klinischen Erschei¬
nungen durch die schweren Veränderungen, die auf eine
früher durchgemachte Appendizitis hinweisen, überrascht, so
müssen wir andererseits oft mit Erstaunen feststellen, dass
nach einem von uns selbst beobachteten mittelschweren An¬
fall wir bei der Operation im freien Intervall auch nicht die
Spur einer anatomischen Veränderung weder makroskopisch
noch mikroskopisch nachweisen können. Wir folgern daraus
die wichtige Tatsache, auf die Aschoff hingewiesen hat,
dass die akut entzündlich veränderte Appendix
sich wieder vollkommen zur Norm zurück¬
bilden kann.
Dieses Missverhältnis zwischen klinischen
und anatomischen Veränderungen besteht in
noch auffälligerer Weise bei der chronischen anfallsfreien
Appendizitis.
Ich habe diesen Verhältnissen in den letzten Jahren meine
besondere Aufmerksamkeit zugewendet und habe nahezu
sämtliche wegen chronischer Appendizitis exstirpierten Wurm¬
fortsätze neben der makroskopischen einer sorgfältigen mikro¬
skopischen Untersuchung unterzogen. Zusammenfassend
möchte ich folgende Punkte als die wichtigsten hervorheben.
1. Bei der Operation der chronisch-rezidivie¬
renden Appendizitis im freien Intervall können
anatomische und zwar sowohl makroskopische wie
mikroskopische Veränderungen völlig fehlen, trotz¬
dem die klinischen Erscheinungen bei einem oder bei mehreren
Anfällen sehr ausgesprochene waren.
2. Bei der chronischen anfallsfreien Appen¬
dizitis sind oft im Gegensatz zu den nicht sehr cha¬
rakteristischen und nicht sehr schweren
klinischen Erscheinungen sehr beträcht¬
liche anatomische Veränderungen nachweisbar.
3. Eine makroskopisch vollkommen normal
aussehende Appendix kann mikroskopisch die
schwersten Veränderungen aufweisen.
4. Bei ausgesprochenen periappendiziti-
sehen Veränderungen lässt die genaue Unter¬
suchung der Appendix selbst oft jede Ver¬
änderung vermissen.
5. Die wegen vermeintlicher chronischer Appendizitis vor¬
genommene Appendizektomie führt auch bei durch¬
aus negativem Befund der Appendix in einem grossen
Prozentsatz der Fälle, zum völligen Verschwinden der
Beschwerden.
Ueber das Verhältnis der anatomischen Ver¬
änderungen zu den klinischen Erscheinungen
bei der chronisch rezidivierenden Appen¬
dizitis ist oben schon das wichtigste kurz mitgeteilt worden.
Es sei nur hier im Zusammenhänge noch einmal hervor¬
gehoben, dass auch nach verhältnismässig schweren Anfällen,
bei denen ein deutliches Exsudat beobachtet wurde, sich die
anatomischen Veränderungen so sehr zurückbilden können,
dass man an der Appendix weder makroskopisch noch mikro¬
skopisch etwas krankhaftes erkennt: Keine Verwachsungen,
keine Verdickungen, keine Schleimhautdefekte, keine Rund¬
zelleninfiltrate. Man muss diese Tatsache kennen, um sich
durch einen solchen Befund nicht verblüffen und in seiner
Diagnose nicht irre machen zu lassen. Wie schnell auch
starke Veränderungen sich zurückbilden können, sieht man ge¬
legentlich, wenn man eine mit Abszessbildung einhergehende
Appendizitis 8 — 14 Tage nach Beginn der Erkrankung operiert.
Die Appendix sieht dann oft so unscheinbar und harmlos aus.
dass dabeistehende Kollegen mich oft gefragt haben, ob denn
dieser reizlos aussehende Wurmfortsatz wirklich die Ursache
des grossen Abszesses sei. Bei der genaueren makro- und
mikroskopischen Unteruchung findet man in solchen Fällen
natürlich schon die bekannten Veränderungen: Perforation,
Wandabszesse. Der unbedeutende grob anatomische Befund
ist uns aber ein Beweis dafür, wie ausserordentlich schnell
sich in solchen Fällen die Veränderungen, die sicher ganz be¬
trächtliche gewesen sein müssen, nach Entleerung des Appen¬
dixinhaltes zurückbilden.
Genau das umgekehrte Verhalten sehen wir manch¬
mal bei der chronischen anfallsfreien Appen¬
dizitis: bei sehr unbedeutenden klinischen
I Erscheinungen sehr beträchtliche makro
oder mikroskopische anatomische Verän
der un gen. Die klinischen Erscheinungen sind sehr wech
selnder Natur. Meistens handelt es sich um Kranke, die se
längerer Zeit unbestimmte Beschwerden in der rechten Leit
Seite haben, ohne dass es jemals zu einem ausgesprochene
Anfall gekommen ist, ohne dass vor allen Dingen ein akute
Beginn nachweisbar ist. Die Schmerzen setzen zeitweise au:
um dann ohne besondere Veranlassung von neuem aufzutretei
Sehr oft besteht hartnäckige Stuhlverstopfung. Bei der ol
jektiven Untersuchung findet man fast immer nur eine mef
oder weniger beträchtliche Druckempfindlichkeit in der Gegen
des McBurney sehen Punktes. Diese Kranken sind vie
fach schon Jahre lang unter der Diagnose Atonia coli, Nein)
asthenie, Wanderniere, Magenkatarrh, Oophoritis behände
worden.
Die Untersuchung der Appendix ergibt die mannigfaltig
sten Veränderungen: periappendizitische Spangen oft in sei
beträchtlicher Zahl, Abschnürungen und Knickungen dt
Appendix, chronisches Empyem, völlige oder teilweise Ol
literation. Einige Beispiele werden die Sache am besten c
läutern.
Bei einer 30 jährigen Kranken (Angelika Sp.), operiert a
14. VII. 09, bestand seit dem 15. Lebensjahre Stuhlverstopfung. Sq
2 Jahren zeigten sich regelmässig einige Tage vor der Perioci
Schmerzen in der rechten Bauchseite. Ein akuter Anfall war n
aufgetreten.
Die Untersuchung ergab eine massige Druckempfindlichkeit
der rechten Darmbeingrube.
Bei der Operation fand sich die Appendix durch einige Spangi
fixiert. Das erweiterte Lumen war völlig mit Eiter gefüllt.
Es handelte sich also klinisch um seit 15 Jahren b<
stehende sehr wenig charakteristische Ei
scheinungen, und dabei fand sich neben mehrfache
peritonealen Spangen ein Empyem der Appendix.
In einem anderen Falle handelte es sich um eine Kranke (Vi
toria R„ operiert am 27. VII. 09), bei der seit 8 Jahren unbestimm
Schmerzen in der rechten Seite bestanden, daneben Verstopfung a
wechselnd mit Durchfall. Die Kranke war wiederholt als Hysteril
behandelt worden. Bei der Untersuchung ergab sich eine ständij
Druckempfindlichkeit in der rechten Darmbeingrube.
Bei der Operation zeigte sich die Appendix im ganzen in b i n d i
gewebige Spangen eingebettet und im distalen Ende ej
Empyem. In der Submukosa fand sich eine beträchtliche Run
Zelleninfiltration.
Also auch hier bei geringem klinischen Befund au
gesprochene anatomische makro- und mikroskopische Ve
änderungen. —
Sehr bemerkenswert wird das Verhältnis der klinisch'
Erscheinungen zu den anatomischen Veränderungen in de
jenigen Fällen, wo bei sehr wenig typischen klinischen E-
scheinungen makroskopische Veränderungen völlig fehlt,
dafür aber mikroskopische Veränderungen sehr deutln
sind. •
Frau K., 26 Jahre alt, aufgenommen am 5. V. 09.
Seit jeher hartnäckige Verstopfung, seit einem halben Jahre vi
Zeit zu Zeit auftretende Schmerzen in der rechten Unterleibshäli
Die Schmerzen verschwinden bei Ruhelage völlig und treten nur 1
Anstrengungen immer wieder auf.
Mässige Druckempfindlichkeit am McBurney sehen Pun
ohne sonstigen Befund.
Am 26. V. 09 Appendizektomie. Appendix vollkommen frei, kle¬
bleistiftdick.
Mikroskopisch: Appendix völlig verödet. Weder Epithel not
Follikel zu entdecken. Muskularis atrophisch, die äusseren Schicht',
stark segmentiert.
Bericht vom März 1912: Die Schmerzen sind seit dem Momd
der Operation völlig verschwunden. Der Stuhl ist regelmässig.
Aehnliche Fälle lassen sich in grösserer Anzahl b-
bringen.
Es ergibt sich aus diesen Beobachtungen, wie wichtig i
ist, in jedem Falle eine sorgfältige mikr-
skopische Untersuchung der Appendix von,-
nehmen. In mehreren ähnlichen Fällen habe ich bei der Oi-
ration mich auf Grund des normalen makroskopischen I -
fundes sehr unbefriedigt gefühlt und die Anschauung gehe-
dass ich eine falsche Diagnose gestellt und eine Überflüsse
Operation gemacht habe. Die mikroskopische Untersuche
hat dann näheren Aufschluss erbracht und die Berechtigte
der Operation erwiesen.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
18. März 1913.
Aehnliche Erfahrungen kann man auch bei der chronisch
rezidivierenden Form machen. Aus der Anamnese ergeben
sich mit aller Sicherheit typische appendizitische Anfälle. Bei
der Exstirpation der Appendix findet sich ein makroskopisch
völlig intaktes Organ, dem keinerlei entzündliche Verände¬
rungen anzusehen sind. Erst die mikroskopische Untersuchung
erbringt uns die Zeichen der früheren schweren Entzündung:
völlige oder teilweise Obliteration, Deformierung der Schich¬
ten, Muskelwandnarben.
Ein sehr bezeichnender derartiger Fall ist der folgende:
Therese D., 56 Jahre alt, aufgenommen am 16. II. 09.
Vor 15 Jahren schwere Entzündung in der rechten Leibseite, vom
Arzt als Blinddarmentzündung erklärt. Seitdem häufige leichte An¬
fälle.
17. II. 09. Appendizektomie. Appendix äusserlich vollkommen
unverändert, nicht verwachsen. Mikroskopisch zeigt das mittlere
Drittel der Appendix hochgradige Veränderungen: Submukosa und
beide Muskelschichten fehlen in der Hälfte des Umfanges bis auf ganz
spärliche Reste. In der anderen Hälfte finden sich reichliche Rund¬
zellenanhäufungen und Segmentierungen der Muskulatur.
Aehnliche Fälle mit schweren mikroskopischen Verände¬
rungen bei völlig normalem makroskopischen Befund könnte
ich in grösserer Zahl anführen. Sie beweisen uns, dass wir
eine Appendix nicht ausschliesslich nach dem
makroskopischen Aussehen beurteilen dür¬
fen.
Das umgekehrte Verhalten der Appendix bei der chro¬
nischen rezidivierenden Entzündung: deutliche makro¬
skopische Veränderungen bei völlig intaktem
mikroskopischen Be f u n d scheint uns nach den schon
oben gemachten Bemerkungen über den Rückgang der appen-
dizitischen Veränderungen etwas weniger auffällig. Es sei nur
hier im Zusammenhänge noch einmal darauf hingewiesen und
betont, dass vor allen Dingen häufig periappendizitische Ver¬
änderungen, Verwachsungen und Spangenbildungen Vor¬
kommen, ohne dass die Wand der Appendix eine Veränderung
aufweist. Man muss für diese Fälle annehmen, dass einerseits
ein periappendizitisches Exsudat vorhanden war und die Ver¬
wachsungen zurückgelassen hat, und dass anderseits in der
Appendix selbst nur solche Veränderungen bestanden haben,
die einer vollkommenen Rückbildung fähig waren.
Die grössten Schwierigkeiten bereiten der Beurteilung die¬
jenigen Fälle, die weder klinisch, noch makroskopisch, noch
mikroskopisch die sicheren Beweise der chronischen Appen¬
dizitis erkennen lassen. Darauf werden wir später noch
ausführlich zurückzukommen haben. Hier genügt es fest¬
zustellen, dass wir uns auf Grund von unbestimmten Be¬
schwerden im Leib in vielen Fällen zur Exstirpation der
Appendix entschliessen, wo wir von dem Vorliegen einer chro¬
nischen Entzündung nicht sicher überzeugt sind. Wir ent¬
schliessen uns zu der Operation, weil ein Unterlassen der¬
selben uns eine zu grosse Verantwortung auferlegt. In vielen
hüllen finden wir ja dann auch die sicheren, oft sogar recht
schweren Zeichen der chronischen Entzündung, wie wir oben
ausführlich dargelegt haben, und freuen uns, die Beseitigung
des kranken Organs vorgenommen zu haben. In vielen Fällen
finden wir aber anatomisch gar nichts, weder makro- noch
mikroskopisch, und der Gedanke, dass wir eine völlig über¬
flüssige Operation gemacht haben, hat für uns etwas sehr
Drückendes.
Es war mir nun sehr daran gelegen, dem weiteren Schick¬
sale derjenigen Kranken, denen auf Grund von nicht ganz
klaren Beschwerden eine völlig normale Appendix ex-
stirpiert worden war, nachzugehen. Ich habe an einer Reihe
derartiger Kranker, bei denen schon mindestens ein Jahr nach
der Operation verflossen war, Fragebogen ausgesandt und
von 20 Nachrichten über ihr jetziges Befinden erhalten. Unter
diesen 20 handelt es sich, was ja auch bemerkenswert ist,
um 15 weibliche und 5 männliche Kranke. Von den 20 Kranken
gaben 17 an, dass sie seit der Operation ihre Beschwerden
ganz oder nahezu ganz verloren hätten. Manche sprechen sich
geradezu begeistert über den Erfolg der Operation aus und
geben an, dass sie erst vom Moment der Operation ab sich
als normale Menschen fühlten.
Was viele Kranke als eine besondere Wirkung der Ope¬
ration hinstellen, ist die Besserung des Stuhlganges.
Hatten sie vor der Operation ausser mit den Leibschmerzen
575
mit hartnäckiger Verstopfung zu tun, gegen die stets Abführ¬
mittel genommen werden mussten, so ist nach der Operation
der Stuhl durchaus regelmässig geworden, und Abführmittel
sind entweder gar nicht mehr oder nur sehr selten noch er¬
forderlich gewesen.
Drei von den 20 Kranken sind mit dem Erfolg der Ope¬
ration unzufrieden gewesen. Bei einer Frau ist nur eine
unwesentliche Besserung der Beschwerden eingetreten, und
bei zwei weiteren Kranken, einer Frau und einem Mann, be¬
stehen die früheren Beschwerden in gleicher Weise fort.
Wir haben also die auffallende Tatsache, dass von
20 Kranken mit Erscheinungen, die auf eine chronische an¬
fallsfreie Appendizitis hinweisen, und bei denen die sorgfältige
Untersuchung des Wurmfortsatzes nichts Krankhaftes ergab,
17 = 85 Proz. durch die Appendizektomie vollkommen oder
nahezu vollkommen von ihren Beschwerden befreit wurden.
Die Erklärung für diesen merkwürdigen Erfolg kann wohl
nur in einer suggestiven Wirkung der Operation
gesucht werden. Es erscheint mir ganz ausgeschlossen, dass
bei diesen Kranken ein anderes Leiden bestanden habe, das
zufällig mit dem Augenblicke der Operation sein Ende ge¬
funden habe. Wenn man bedenkt, wie häufig bei den unter
der Diagnose der chronischen Appendizitis geführten Kranken
ein neurasthenisch-hysterischer Einschlag ist, so wird die An¬
nahme einer suggestiven Wirkung in unserer operations¬
lustigen Zeit nichts besonderes haben. Auch die Tatsache,
dass unter den 20 Kranken 15 Frauen waren, lässt unsere An¬
nahme wahrscheinlich erscheinen.
An dem grossen Breslauer Material haben in neuerer Zeit
Melchior und L o e s e r das Endresultat der Operation bei
der chronischen Appendizitis ermittelt. Von 216 rein chro¬
nischen Appendizitiden wurden 130 durch die Appendizektomie
völlig beschwerdefrei (darunter 5 mit einer ganz normalen
Appendix), während 86 noch ganz dieselben Beschwerden
aufwiesen. Bei 39 dieser 86 Ungeheilten ergab sich ein
anderes Leiden. Von den übrigen 47 Nichtgeheilten wiesen
25 eine völlig normale Appendix auf.
Melchior und L o e s e r haben also im ganzen 30 Ap-
pendizektomien bei völlig normaler Appendix und auf diese
30 Kranken 5 Heilungen und 25 Misserfolge. Diese Zahlen sind
gegenüber den unsrigen (3 Misserfolge auf 20 Operationen)
weit ungünstiger. Das mag an der Verschiedenheit des Ma¬
terials liegen. Die „Heilung“ in den 5 Fällen glauben auch
Melchior und L o e s e r auf rein psychogenem Wege zu¬
stande gekommen.
Bei der Beurteilung der makroskopischen
und mikroskopischen Veränderungen einer an¬
geblich chronisch entzündeten Appendix ist stets zu bedenken,
dass hier der individuellen Auffassung ein grosser Spielraum
gelassen ist. Ich erinnere nur an die verschiedene Deutung
der Gefässinjektion, der submukösen Blutungen und der ent¬
zündlichen Infiltration. Auch darf man nicht übersehen, dass
nach Orth die Entwicklung des Lymphapparates solche Ver¬
schiedenheiten aufweist, dass eine gleichtnässige Beurteilung
kaum möglich ist. So wird auch manch erfahrener Beob¬
achter chronisch appendizitische Veränderungen da sehen, wo
der andere nichts entdecken kann. Auf diese Weise müssen
auch die klinischen Ergebnisse der einzelnen Autoren starke
Abweichungen zeigen. Inwieweit das Suchen nach unbe¬
deutenden mikroskopischen Veränderungen den Spott er¬
fahrener Aerzte hervorrufen muss, zeigt der von D i e u 1 a f o y
gebrauchte Ausdruck „Appendicite microscopique“.
Der Merkwürdigkeit halber sei hier erwähnt, dass
Walter und S i 1 h o 1 die Bedeutung der anatomischen Ver¬
änderungen bei der Appendizitis vollkommen verwerfen. Sie
suchen das Wesentliche der chronischen Appendizitis mehr in
den Adhäsionen des Colon ascendens und des Netzes. Mit
einer solchen Auffassung der Erkrankung werden wir uns nie
befreunden können.
Auch bei deutlich nachweisbaren anatomi¬
schen Veränderungen sind die Erfolge der Appen¬
dizektomie bei der rein chronischen anfallsfreien Appendizitis
nicht immer ganz tadellos. Die Angaben hierüber schwanken
sehr stark. Während Sonnenburg unter etwa 2000 Appen-
dizektomien nur wenig Misserfolge sah, und Begouin stets,
Moschcowitz in 99 Proz. Heilung eintreten sah, hatten
576
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
Walther und F o r g u e etwas ungünstigere Resultate. Die
sehr sorgfältige oben erwähnte Statistik von Melchior und
L o e s e r ergab in 40 Proz. Misserfolge.
Ich selbst bin den Erfolgen in 70 Fällen nachgegangen,
bei denen allen makroskopisch oder mikroskopisch das Vor¬
handensein chronisch entzündlicher Veränderungen nachge¬
wiesen war und habe in 49 Fällen Heilung, in 21 Fällen einen
Misserfolg feststellen können. Das sind 70 Proz. Erfolge und
30 Proz. Misserfolge. Die Zahlen sind etwas günstiger wie die
von Melchior und L o e s e r.
Wenn auch die Ergebnisse nicht völlig übereinstimmen
und der anatomische Nachweis der pathologischen Verände¬
rungen in allen Statistiken nicht sicher erbracht scheint, so
darf man als feststehend annehmen: Die Appendizektomie
wegen chronischer anfallsfreier Appendizitis führt in der Mehr¬
zahl der Fälle zur vollkommenen Heilung.
In einer nicht unbedeutenden Minderzahl der Fälle von
anfallsfreier Appendizitis mit sicheren pathologischen Ver¬
änderungen bleibt jedoch ein Erfolg der Operation
a u s.
Die Ursachen dieser Misserfolge sind ohne allen Zweifel
darin zu suchen, dass die vorliegende Erkrankung nicht auf
den Wurmfortsatz allein beschränkt ist, son¬
dern in dem ganzen D i c k d a r m ihren Sitz hat.
Es gibt sicherlich ausserordentlich viele Menschen, die an
Schmerzen in der ganzen Bauchhöhle, zumal aber in der rech¬
ten Darmbeingrube leiden und bei denen als Ursache für die
Schmerzen eine Erkrankung des ganzen Kolons angenommen
werden muss. Es ist natürlich, dass viele von diesen Patienten
als Appendizitiskranke angesehen werden. In der Tat ist auch
ihre Appendix krank; diese Appendizitis ist aber nur eine Teil¬
erscheinung der allgemeinen Dickdarmerkrankung.
Die Symptome, die diese Patienten aufweisen, sind im
wesentlichen folgende:
1. Verschiedenartige, in der Regel nicht sehr heftige
Schmerzen in der rechten Darmbeingrube, die von da oft nach
anderen Teilen des Leibes ausstrahlen,
2. Störungen der Stuhlentleerung und Stuhlbeschaffenheit,
3. eine mehr oder weniger heftige Druckempfindlichkeit
der rechten Darmbeingrube,
4. eine strangartige oder kissenartige Resistenz in der
rechten Darmbeingrube,
5. eine röntgenologisch nachweisbare Verzögerung der
Zoekumverdauung.
Die Deutung des eben kurz skizzierten Krankheitsbildes
ist unter den Aerzten noch keine einheitliche. Im wesent¬
lichen kann man zwei Auffassungen unterscheiden,
von denen die eine einen Katarrh des Kolons annimmt
(F i s c h 1 e r, F. C r ä m e r), während die andere eine
mechanische Störung des Zoekums für wahrscheinlich
hält (Hausmann, Klose, W i 1 m s). Die mechanische Auf¬
fassung der in Rede stehenden Störungen geht davon aus,
dass das Zoekum in sehr vielen Fällen ein sehr langes
Mesenterium hat und infolgedessen eine erhebliche Beweglich¬
keit aufweist. Die Angaben über die Häufigkeit dieses als
C o e c u m mobile bezeichneten Zustandes schwanken sehr
bedeutend. Wandel und W i 1 in s rechnen mit der Häufig¬
keit von 10 Proz., andere Autoren von 90 Proz.
Schon aus diesen Zahlen folgt, dass der Begriff des Coe-
cum mobile keineswegs als ein absolut sicherer angesehen
werden kann. Auch ist es die Frage, ob wir das lange Mesen¬
terium des Zoekums als etwas pathologisches auffassen dürfen.
Wir müssten sonst, wie F. Crämer richtig hervorhebt,
gelegentlich auch ein langes Mesokolon des Querkolons oder
der S-förmigen Flexur als eine pathologische Veränderung an-
sehen. Auch W i 1 in s betont, dass das Coecum mobile allein
zur Erklärung des Krankheitsbildes nicht genügt, sondern dass
dabei die Lagerung des Zoekums, seine Länge, seine Breite,
seine Schlaffheit, seine Füllung mit in Betracht kommen.
Es sind also auch bei der mechanischen Auffassung des in
Rede stehenden Krankheitsbildes zweifellos noch andere Mo¬
mente mit zu berücksichtigen. Im wesentlichen werden die
Beschwerden durch eine muskuläre Schwäche des Dickdarms
bedingt sein. Und die Ursache dieser muskulären Schwäche
dürfte in der Hauptsache ein K a t a r r h sein, der zu einer
Stauung des Darminhaltes führt und so die Beschwerden der
betreffenden Kranken hervorruft.
Dass bei dieser Sachlage Verwechslungen zwi¬
schen chronischer anfallsfreier Appendizitis
und chronischer Kolitis (Darmatonie) häufig Vor¬
kommen, ist ohne weiteres klar. Die Schwierigkeit wird noch
dadurch erhöht, dass zwischen den beiden Erkrankungen sehr
viele Uebergänge bestehen, indem sowohl die Erkrankung der
Appendix auf das Kolon übergreifen kann, wie umgekehrt.
Vielfach wird daher eine exakte Diagnose nur ein frommer
Wunsch bleiben. Andererseits gibt es aber doch bestimmte
Anhaltspunkte, die als brauchbare Hilfsmittel der Dia¬
gnose bezeichnet werden müssen:
1 . Der Charakter der Schmerzen ist bei der
Appendizitis in der Regel ein bohrender oder stechender, wäh¬
rend es sich bei der Kolitis mehr um ein Gefühl des Druckes
oder des Unbehagens handelt. Ein einfaches Unbehagen im
Bauch soll man ohne zwingenden Grund nicht auf eine Appen¬
dizitis beziehen.
2. Der Sitz der Beschwerden ist bei der Appendizitis
vornehmlich die rechte Darmbeingrube, bei der Kolitis strahlen
die Schmerzen in den ganzen Leib aus.
3. Ein anfallsweises Auftreten der Schmerzen
spricht mehr für Appendizitis.
4. Die Abhängigkeit der Beschwerden von körperlichen
Anstrengungen, von der Menstruation spricht mehr für Kolitis.
Die appendizitischen Schmerzen sind von äusseren Einflüssen
in der Regel unabhängig.
5. Der bei wiederholten Untersuchungen stets genau auf
den McBurney sehen Punkt lokalisierte Druck¬
schmerz spricht mit grosser Wahrscheinlichkeit für eine
chronische Appendizitis. Besteht ein solcher Druckschmerz
auch an anderen Punkten der Bauchhöhle, besonders an der
Flexura sigmoidea, so liegt mit Wahrscheinlichkeit eine Er¬
krankung des Kolons vor.
Zu bedenken ist, dass bei der chronischen Appendizitis und be¬
sonders bei der rezidivierenden Form ein Druckschmerz völlig fehl:u
kann.
6. Ein strangartige oder kissenartige Resistenz der
Ileozoekalgegend spricht fast immer für eine Erkran¬
kung oder mindestens für eine Beteiligung des Kolons.
7. Veränderungen des Stuhles, Verstopfung, Gärung,
Schleimbeimischung sprechen fast immer für eine Erkrankung
des Kolons. Diese Kolitis kann die Folge oder die Ursache
einer chronischen Appendizitis sein.
8. Die Besserung der Beschwerden unter einer physi¬
kalisch-diätetischen Behandlung spricht gegen
Appendizitis.
9. Allgemeine nervöse Beschwerden sprechen gegen eine
Appendizitis.
Diese Anhaltspunkte werden in vielen Fällen sicherlich
zu einer richtigen Diagnose führen. Ihr Wert kann natürlich
nur ein mässiger sein, wie schon ihre vorsichtige Abfassung
beweist. Hat man sich auch wirklich von dem Vorliegen einer
Kolitis überzeugt, so ist damit noch immer nicht bewiesen,
dass sie nicht durch eine versteckte Appendizitis hervor¬
gerufen ist. In vielen Fällen muss man also die Diagnose
unentschieden lassen.
Für solche Fälle merke man sich noch zweierlei:
Erstens stelle man nie die Diagnose nach einer
einmaligen Untersuchung. Man lasse den Kranken
öfter wiederkommen und untersuche ihn wiederholt. Ein
ständig umschriebener Druckschmerz an dem McBurney-
schen Punkte ist für solche Fälle vor allen Dingen von Be¬
deutung.
Zweitens berücksichtige man das allgemeine, besonders
das psychische Verhalten des Kranken. Bei
einem Kranken, der auch sonst hysterische oder neurasthe-
nische Symptome aufweist, sei man mit der Diagnose „Appen¬
dizitis“ sehr vorsichtig. Hört man von ihm noch, dass er von
einer grossen Blinddarmfurcht beherrscht wird, und dass er
seine Schmerzen im Anschluss an einen Fall von Blinddarm¬
entzündung in seinem Bekanntenkreise bekommen hat, so sei
man mit der Diagnose noch vorsichtiger.
Kann man auch nach Anwendung aller Hilfsmittel zu einer
richtigen Diagnose nicht kommen, so sage man dem Kranken:
MUENCHENER MeWziNISCHe WOCHENSCHRIFT.
IS. Marz löl.L
.Ich finde jetzt nichts für Appendizitis Verdächtiges. Ich rate
hnen aber, sofort zu mir zu kommen oder mich holen zu lassen,
,obald Sie heftigere Schmerzen wahrnehmen.“ Damit dürfte
lanu allen Forderungen der Vorsicht Genüge getan sein.
\us der chirurgisch-orthopädischen Abteilung der Kinderklinik
in Graz.
Zur Ausnützung der respiratorischen Kräfte in der
Skoliosenbehandlung.
(Vorläufige Mitteilung.)
Von Prof. H. S p i t z y.
Schon seit Hippokrates Tagen wird der Kampf gegen die
Skoliose mit allen erdenklichen Mitteln und auf allen Linien
geführt. Die ausserordentliche Verbreitung des „Skoliosen¬
elends“ erklärt sich aus der geringen Anpassung des mensch¬
lichen Skelettes an den aufrechten Gang und Stand, aus der
Labilität dieser verhältnismässig spät erworbenen Eigenschaft
des Menschen und der Leichtigkeit, mit der sich infolgedessen
abnorme Haltungen einstellen und fixieren. Die rasche An¬
passung des Körpers an die geänderten statischen Verhält¬
nisse, die immerwirkende Schwere, der grosse
Einfluss der respiratorischen Kräfte geben den
Grund für die ausserordentliche Hartnäckigkeit, mit der das
Leiden unseren therapeutischen Einwirkungen widerstrebt.
Und dazu noch die Schwierigkeit, eine dauernde Gewaltein¬
wirkung auf einen Körperabschnitt hervorzurufen, der unsere
lebenswichtigsten Organe birgt. Gegen diese schwer über¬
windbaren Gewalten kämpfen wir mit allerdings sehr unzu¬
länglichen Mitteln.
Bis jetzt suchte man immer die Deformität durch von
aussen wirkende Kräfte auszugleichen. Dieselben
bestanden hauptsächlich in Druckwirkungen, die teils dauernd
von einem am Körper getragenen Apparat ausgeübt wurden
(Portative Apparate), oder aber während einer meist kurz
bemessenen Behandlungszeit der Körperkraft des behandeln¬
den Arztes oder Masseurs, sowie Apparaten entstammten,
in die der Patient zum Zweck des Redressements eingespannt
oder gelagert wurde. Abgesehen davon, dass nach Frei¬
lassung des Körpers aus diesen Apparaten das alte Spiel
der Skoliosierung von neuem anfing, konnten auch die
dauernd getragenen Apparate im günstigsten Falle
nur das fortschreitende Leiden hemmen, ja sie fügten dem
Körper durch die Ruhigstellung des Rumpfes und den da¬
durch bedingten Wegfall der Funktionen der Rumpfmuskulatur
einen erheblichen Schaden zu.
Man erinnerte sich bald, dass das einzige Korsett,
das den Körper aufrecht zu erhalten imstande ist, das Mus¬
kelkorsett des Rumpfes sei und begann mit der
funktionellen Behandlung der Skoliose, die hauptsächlich
in der Uebung der konvexseitigen Muskulatur, in der aktiven
oder maschinellen Dehnung der eingefallenen Konkavseite be¬
steht. Bei leichten Skoliosen, besonders bei be¬
ginnenden Haltungsanomalien besitzen wir in der gut
ausgearbeiteten individuell angepassten Gymnastik sowie in
den Apparaten zur aktiven und passiven Ueberkorrektur aus¬
gezeichnete und sicherwirkende Mittel, der Skoliosierung eut-
gegenzutreten (Schulthess, Lange, Klapp). Anders
steht es mit der fixierten Skoliose, bei der die
Erfolge bis jetzt sehr bescheidene waren. Ist die Wirbel¬
säule einmal von der geraden Haltung abgewichen, hat
sich der skoliotische Bogen, z. B. bei einem rhachitischen
Individuum, schon in früher Jugend versteift, so wird
das ganze weitere Wachstum des Rumpfes im skolioti-
schen Sinne erfolgen. Die Belastung der Wirbelsäule durch
die Schwere des Rumpfes stellt eine im aufrechten Stand
immer wirkende deformierende Kraft vor, die
sich schwer oder gar nicht ausschalten lässt.
Man versuchte es, durch gewaltsame Streckungen, durch
Spannung der Wirbelsäule in einen Gipsverband, in dem der
Rumpf zwischen dem eingemauerten Kopf und Becken ge¬
streckt erhalten wurde (Wu listein). Die Streckung gelang
auch, wenn auch ausserordentliche grosse Zugwirkungen zur
Ueberwindung der fixierten Teile notwendig war. Doch waren
No. 11.
577
die Patienten kaum zu bewegen, diese Verbände oder ähnliche
am Kopf angreifende Apparate durch lange Zeit, Monate, Jahre
hindurch zu tragen. Auch die völlige Ausschaltung der Schwere¬
wirkung in Horizontallage (französische Methode) birgt
Unannehmlichkeiten und Schädigungen in sich, trotzdem zu¬
gegeben werden muss, dass man durch lange eingchaltene
Ruhelage bei Skoliosen dieselben Erfolge erzielen kann wie
bei der Behandlung des alten spondylitischen Buckels (F i n k,
R o 1 1 i e r).
Noch ein zweiter Faktor spielt hier mit, der bis jetzt noch
wenig beachtet wurde, die respiratorischen Kräfte.
Sie wirken noch unablässiger als die Schwere,
ihr Spiel geht fort die ganzen 24 Stunden des Tages.
Jansen hat in einer ausführlichen Arbeit auf den respi¬
ratorischen Zug hingewiesen, der bei der Bauchatmung und
insbesondere bei der Brustatmung auf die Wirbelsäule aus-
geiibt wird, er führt auf den ungleichen Zug zwischen links
und rechts die Häufigkeit der rechtsseitigen Skoliose zurück.
Ich hatte Gelegenheit, auf Typen des Rundrückens hinzu¬
weisen, die direkt in mangelhafter Brustatmung
ihren Grund haben (respiratorischer Rundrücken).
Andererseits sehen wir auch bei behinderter Atmung, grossem
Lufthunger und mangelhaft entwickelter, sonstiger Körper¬
muskulatur, insbesondere der Körperstrecker, z. B. bei hoch¬
gradig Tuberkulösen, eine ganz eigentümliche Form der vor¬
gebeugten rundrückigen Haltung erstehen. Atmung u n d
Haltung stehen eben in engstem Zusammen¬
hang; für die sagittalen Haltungsanomalien ist es dem Arzt
ohne weiteres verständlich, es gilt jedoch nicht min¬
der für die seitlichen Verkrümmungen.
Am deutlichsten tritt ihr Einfluss bei der empyematischen
Skoliose zutage, wenn nach abgelaufener Pleuritis die Arbeit
der einen Lunge ausgeschaltet oder eingeschränkt ist, und
die andere Lungenhälfte die Respirationsarbeit allein be¬
sorgen muss. Die Lunge und der Thorax dehnen sich
ausserordentlich aus, in allen drei Dimensionen tritt eine
Vergrösserung des Thoräxraumes ein und wenn auch
ein grosser Teil der Wirbelsäulenkrümmung der narbigen
Einziehung der ausgeschalteten Thoraxhälfte zur Last
fällt, so wird doch die immermehr fortschreitende Skolio¬
sierung durch die einseitig wirkende Atmung erhalten und
unterstützt. Die im weitesten Ausmass durch¬
geführte Hebung der Rippen, der Schulter auf
der geblähten Seite wirken in skoliosieren-
dem Sinne. Aehnliche Verhältnisse finden
wir bei der gewöhnlichen Skoliose. Die Brust¬
atmung auf der Konkavseite ist in hohem Masse eingeschränkt,
die Rippen liegen knapp übereinander, eine Hebung derselben
ist ausserordentlich erschwert. Die Brustatmung geht nahezu
ausschliesslich an der Konvexseite vor sich und vermehrt bei
ihrer stetigen Wirkung durch stärkere Hebung der Rippen
voneinander, Schrägstellung der beiden Schultergürtel die
Skoliosierung, wobei sie dann in der Schwere bei der am
Tage eingenommenen aufrechten Haltung wirksame Hilfe
findet.
Wenn wir diese zwei ständig wirkenden
Faktoren für die therapeutische Einwirkung zu Bundes¬
genossen gewinnen könnten, müssten die Aussichten auf Be¬
handlungserfolg ausserordentlich viel bessere sein. Auch in den
anderen Disziplinen ist man von den rein äusseren Gewalt¬
einwirkungen bei unserem therapeutischen Handeln immer
mehr abgekommen und hat sich bestrebt, die im Körper
selbst wirkenden Kräfte für die Therapie auszunützen
(Antitoxinbildung, Ueberschwemmung mit Blut bei der
Stauung).
Um die Schwere für unsere Zwecke auszunützen, ist
es jedoch vor allem notwendig, die Deformität aufzuheben,
oder doch den Körper in entgegengesetztem Sinne umzu-
krümmen. Wenn er dann aufrecht steht, so muss die Schwere
im deskoliosierenden Sinne wirken.
Um die Respirationskräfte auszunützen, ist es
notwendig, die Atmung auf jenen Thoraxbezirk einzustellen,
der gehoben, geweitet werden soll, kurz wir müssen dem
Beispiele, das die Natur bei der empyematischen Skoliose
gibt, folgen.
2
578
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 11.
Bei der U m k r ü m m u n g stossen wir auf grosse Schwie¬
rigkeiten in jenem Bogenteil, der die primäre Skoliose
darstellt.
Die sekundären, kompensatorischen Krümmungen sind
gewöhnlich viel nachgiebiger und einem Ausgleich zugäng¬
licher. Ursprünglich suchte man bei der gewaltsamen
Streckung seitliche Züge anzubringen und so die seitliche
Korrektur mit der Streckung zu verbinden. Doch hat
schon L o v e 1 1 darauf hingewiesen, dass dies aus demselben
Grunde unzweckmässig sei, aus welchem man eine straff
gespannte Seite schwerer nach der Seite biegen kann als eine
schlaffe. Lovett riet daher, derlei korrigierende Gips¬
verbände in vorgebeugter Haltung anzulegen.
Diese Erfahrung stimmt auch mit den Ent¬
wicklungsgesetzen.
Die Wirbelsäule ist ursprünglich in einem kyphotischen
Bogen angelegt und diese Stellung bedeutet für sie die
Mittelstellung. In ihr sind Gelenkkapseln, Bänder am
wenigsten gespannt, aus ihr sind Bewegungen im weitesten
Ausmass möglich. Die im aufrechten Stande eingenommene
Haltung ist schon eine Extremstellung, so wie die
Streckung des Hüftgelenkes im aufrechten Stande eine Ex¬
tremstellung für das in halber Beugung angelegte und bei
allen Vierfüsslern, sowie beim Kinde bei der ersten Körper¬
aufrichtung in dieser Stellung gebrauchte Gelenk bedeutet.
Bei jeder Schwächung der Muskulatur, die durch fort¬
gesetzte Arbeit den Rumpf auszubalanzieren hat, kehrt
die Wirbelsäule in diese ihre Lieblingsstellung zurück, die sie
auch bei mangelhafter Ausbildung der Haltung, bei körperlich
und geistig Minderwertigen bevorzugt (degenerativer, kreti-
noider Rundrücken, schlaffer Rundrücken schwächlicher Kinder,
vorgebeugte Haltung der Greise). Bei Streckung der Wirbel¬
säule, noch mehr aber bei deren Lordosierung, wird die Seit¬
beugung in immer geringerem Masse möglich, ja auch bei den
freien Teilen der Wirbelsäule, z. B. bei der sonst sehr beweg¬
lichen Lendenwirbelsäule ist eine Seitbeugung in
starker Lordose nahezu ausgeschlossen. Die Dorn¬
fortsätze und die Gelenkfortsätze verzahnen sich, knöcherne
und bänderige Hemmungen vermindern die seitliche Ex¬
kursion.
Deshalb finden wir bei Lendenskoliosen immer zugleich eine Ver¬
minderung der Lordose, nur dann ist die Seitbeugung und die damit
verbundene Torsion möglich. Andererseits neigen auch Kinder mit j
flachrückigem Habitus, nicht angebildeter Lendenlordose eher zur
Skoliosierung als solche mit schön entwickelten physiologischen
Krümmungen.
Darin liegt auch die Gefahr der vorgeneigten schlaffen Haltung.
Kinder mit kyphotischer schlaffer Einstellung
der Wirbelsäule sind der Skoliosierungsgefahr
mehr ausgesetzt, worauf schon Lovett hin¬
gewiesen hat. Bei Schuluntersuchungen fand ich in den unteren
Klassen einen grossen Prozentsatz von schlaffen vorgeneigten Hal¬
tungen, in den oberen Klassen dafür mehr Skoliosen, die augenschein¬
lich aus diesen schlechten Haltungen hervorzugehen pflegen.
Wenn wir also ausführliche Seitbeugungen im korri¬
gierenden Sinne ausführen wollen, müssen wir die
Wirbelsäule wieder in ihre kyphotische Mittelstellung
bringen; aus der heraus wird die seitliche Korrektur am
leichtesten gelingen. E. G. Abbott hat bei seiner neuen
Verbandtechnik diesen letzten Schluss gezogen und die
Patienten mit vorgebeugter Rückenlage und hochelevierten
Beinen auf einem eigens dazu konstruierten Tische eingegipst,
unter Anbringung der nötigen seitlichen Korrekturen, die durch
seitlich wirkende Züge und Gewichte ausgeführt wurde. Wenn
es auch nicht gelingt, den versteiften primär skoliotischen Ab¬
schnitt sofort umzubiegen, so gelingt es doch, ihn ganz nach der
anderen Körperseite zu verschieben (was bei jeder früheren
Verbandtechnik, die von einer gleichzeitigen Streckung oder
Lordosierung der Wirbelsäule begleitet war, unmöglich war).
Jetzt kann die Schwere im deskoliosier enden Sinne wirken,
die Belastung der Wirbelsäule mit dem Rumpf wird den pri¬
mären Bogen aufzurollen suchen. Die sekundären Krüm¬
mungen werden, wenn sie beweglich und leicht korrigierbar
sind, unberücksichtigt gelassen, ihre Korrektur gelingt nachher
ebenso leicht, als man sich ja bis jetzt oft damit begnügt hat,
bei starren Skoliosen wenigstens die sekundären Krümmungen
auszugleichen. Ist die Gefahr einer Vermehrung dieser sekun¬
dären Krümmungen eine grosse, so sind wir durch üegenziige
doch in der Lage, dies zum grössten Teile zu verhüten.
Als der wichtigste Teil dieser neuen Verbandbehandlung
erscheint mir die Aenderung der Atmung, die wir in diesem
Verbände nach Belieben einstellen, ja nahezu lokalisieren
können.
Wenn der Verband in kyphotischer Einstellung des
Rumpfes und maximaler Beugung der Beine gegen das Becken
angelegt wird, so wird schon durch diese Kauerstellung
die Bauchatmung eingeengt. Wenn der Gipsverband in der
Stellung den Bauch so weit als möglich mit einschliesst und
an die Beckenschaufel gut anmodelliert ist, rückwärts bis zur
Analfalte reicht, ist auch nach der Aufrichtung sowohl eine
Wiederkehr der Beckenneigung noch eine Entfaltung des Ab¬
domens möglich, die Bauchatmung bleibt ein¬
geschränkt. Wenn wir nun an der eingefallenen Kon¬
kavseite, die jetzt so weit als möglich umgekrümmt ist,
rückwärts ein grosses Fenster ausschneiden, so geben
wir damit dem hier sonst eingeschränkten Atemspiel Raum
zur Entfaltung der Thoraxwand. Durch eingelegte Kissen,
die man durch schiessschartenähnliche .Fenster in den Gips¬
verband einschiebt, können wir sowohl einen seitlichen Druck
gegen das offene Fenster ausüben als auch die Atemexkur¬
sionen an anderen Stellen in beliebiger Weise eindämmen.
Die Aenderung des Respirationstypus dari
natürlich nicht plötzlich geschehen, sondern
nur allmählich wird die Atmung immer mehr nach der ge¬
wünschten Seite hin lokalisiert.
Die Aenderung der Atmung ist messbar.
Ein kleiner Hebelapparat, der immer auf dieselbe Seite
im ausgeschnittenen Fenster aufgesetzt wird, zeigt deutlich
sowohl die grosse Aenderung der Rippenexkursion vor und
nach der Verbandanlegung, sowie insbesondere das immer
weiter gehende Vortreten der Brustwand, Vorgänge, die vom
Apparat abgelesen und graphisch fixiert werden können (Er¬
lach e r). Durch diese Einstellung und Lokalisierung der
Atmung ist es möglich, an der eingesunkenen Stelle, die vorher
nahezu keine Rippenhebung gezeigt, ausgiebige Rippen¬
exkursionen zu erreichen. Die eingefallene Brustseite wird
immer mehr herausgehoben, die Rippen immer mehr von
einander entfernt und schliesslich gerade jenes Uebel, dem
man früher gar nicht beikommen konnte, behoben: die
grosse Differenz zwischen der vorgebuckel¬
ten und eingesunkenen Seite, die im Rippen-
buckel ihren unangenehmsten Ausdruck fand.
Der Rotation und Torsion der Wirbel wird
durch diese einseitige Atmung aufs wirk¬
samste entgegengearbeitet.
Abbott hat uns gezeigt, wie man diesbezüglich direkt
Ueberkorrekturen erreichen kann.
Wenn nötig, kann diese Vordrängung der einge¬
fallenen Seite noch durch Einschieben von Kissen und Filz¬
streifen auf dem der Einbuchtung entsprechenden, auf der¬
selben Seite liegenden vorderen Rippenbuckel beschleunigt
und vermehrt werden. Die Verbanddauer erreicht durch¬
schnittlich 12 Wochen, besonders bei einigermassen vorge¬
schrittenen Fällen.
Diese von Abbott vorgeschlagene Methode wurde
an unserer Klinik durch 6 Monate an 14 Patienten erprobt
und kann ich die Erfolge damit, auch ohne in der Skoliosen¬
behandlung zu den Sanguinikern zu zählen, als hervor¬
ragende bezeichnen. Jedenfalls sind sie viel, viel
besser, als sie mit irgend einer anderen der von mir im
Laufe der Jahre durchprobierten Methoden erreicht werden
konnten. Immer gelang es, die Rotation entweder aui-
zuheben, oder mindestens die eingesunkene Stelle auf Kosten
der vorgebuckelten so zu heben, dass die Niveaudifferenz eine
geringe war, ja in leichteren Fällen war sogar eine Ueber-
korrektur erreichbar. Immer konnte der fixierte rhachitischc
Primärbogen (wir nahmen zur Erprobung der Methode fasi
ausschliesslich starre rhachitische Skoliosen) auf die Gegen¬
seite verschoben werden und konnten wir am Röntgenbilc
zwischen den einzelnen Verbänden und nach dem Schluss
verbände wenn nicht eine völlige Streckung, so doch eine
ausserordenlich weitgehende Abflachung der starren Krüm-
3. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
579
mng nachweisen, die allen sonstigen Einwir-
ungen und oft jahrelangen Behandlungen in
nseren Ambulatorien getrotzt' haben.
Die Methode, die wir anwenden, war im Prinzip die
on Abbott vorgeschlagene, die wir nur unseren Anschau-
ngen von den Einwirkungen von der Respiration ent-
irechend in kleinen Einzelheiten modifizierten.
Unserem amerikanischen Kollegen Abbott aber ge¬
ährt das grosse Verdienst, zuerst auf diese mir wirklich
i hohem Masse rationell erscheinende Behänd-
ungsmethode hingewiesen zu haben, die mit allen
nseren Kenntnissen und Erfahrungen über die Entwicklung
er Wirbelsäule, den Einfluss der Schwere und Respiration so
bereinstimmen, dass ich glaube, dass wir jetzt der Lösung
er Skoliosenfrage um ein grosses Stück nähergekommen sind.
Es gereicht mir zur freudigen Genugtuung, dass der
enialc Entdecker dieser Methode, Abbott, auf meine Ein-
idung hin den weiten Weg nicht scheut, am diesjährigen
Irthopädenkongress seine Methode vorzuführen.
Obige Zeilen haben den Zweck, das Interesse der Fach-
rzte, sowie der weiteren ärztlichen Kreise auf diese Behand-
ingsmethode, auf ihre Demonstration am bevorstehenden Kon-
resse und die anschliessende Diskussion hinzulenken, um so
nöglichst weiten Kreisen Gelegenheit zu geben, diese Behand-
ungsart und ihre bisherigen Erfolge zu erfahren. Die ge-
laueren Einzelheiten, sowie die Ergebnisse der Diskussion
ollen einer späteren Veröffentlichung in dieser Wochenschrift
orbehalten sein.
Aus der Kgl. Chirurgischen Universitäts-Klinik in Berlin
(Direktor: Geh. Rat Bier).
Die Entstehungsweise übermässiger Beckenneigung.
on Privatdozent Dr. JamesFränkel, Assistent der Klinik.
Die Ursache der Neigungsvermehrung des Beckens über
len von N a e g e 1 e und den Gebr. Weber1) ermittelten
furchschnittswert hinaus ist eine viel umstrittene Frage. Die
Vidersprüche reichen bis in die Zeit Deventers, und man
rhält den Eindruck, als wäre es Kühnheit, sie aufklären zu
vollen. Dennoch ist der Versuch geboten, da die Folgen, die
lie veränderte Beckenstellung nach sich zieht, nicht gleich¬
gültig sind.
Die Schwierigkeit liegt hauptsächlich darin, die Neigung
ler Beckeneingangsebene, der wichtigsten Beckenebene, am
.ebenden genau zu bestimmen, was bisher noch nicht ge¬
lingen ist.
Die für die Beckenmessung zur Verfügung stehenden
nstrumente, der Tasterzirkel Baudelocques mit Grad-
>ogen und Senkel und der Nivellierzirkel können nur Nähe-
ungswerte liefern, auch wenn nach dem Vorschlag von
Rudolf Fick2) oder S c h u 1 1 h e s s 3) die Darmbeinneigung
izw. die Neigung der Cristae gemessen wird. Denn es ist
licht zu vergessen, dass die notwendigen Umrechnungen an
inem pathologischen Becken zu erfolgen haben.
Dass weder Skelettbecken, wenn sie nicht nach der Gips-
ormmethode (H. V i r c h o w) zusammengesetzt sind, noch gar
ius dem Zusammenhang gelöste Präparate zur Beurteilung
ler Beckenneigung dienen können, bedarf keiner Begründung.
Fernerhin ist bei den Untersuchungen die Lehre G. H.
Vleyers4) zu berücksichtigen, nach welcher Divergenz
ind Rotation der Oberschenkel die Beckenneigung abändern.
Um endlich über diese Verhältnisse Klarheit zu bekommen,
labe ich seitliche Röntgenaufnahmen vom Becken und ganzen
'emur, möglichst im Zusammenhang, herzustellen versucht,
Die röntgenologische Beckenmessung, an welcher die Ge¬
burtshelfer jetzt grosses Interesse nehmen, namentlich das
verfahren von Manges, scheint eine Zukunft zu haben,
ür unsern Zweck reichten aber Stereoskopaufnahmen in
Rückenlage nicht aus.
T Vergl. Waldeyer: Das Becken. 1899.
s) R. Fick: Handbuch der Anatomie und Mechanik der Gelenke.
lena 1912.
3) Vergl. A. Henggeier: Beiträge zur Kenntnis der Becken-
uellung. Zeitschr. f. orth. Chir., Bd. 5.
4) G. H. Meyer: Die Statik und Mechanik des menschlichen
<nochengerüstes. Leipzig 1873.
Zur Technik der Profilaufnahmen ist zu bemerken, dass
stets eine Verstärkungsfolie benutzt wurde und dass uns der
von Di eck5 *) für Zahnaufnahmen angegebene Einstellbügel
gute Dienste leistete. Der Röhrenabstand wurde möglichst
klein gewählt, wodurch ein dem sagittalen Medianschnitt ver¬
gleichbares Beckenbild gewonnen wird. Da die Aufnahmen
vom Lebenden schlecht zu reproduzieren sind, möge die Pro¬
filaufnahme eines Bänderbeckens (13 jähriger Knabe), dessen
Ueberlassung ich der Güte des Herrn Geh. Rat Prof. Dr.
Waldeyer verdanke, zur Orientierung dienen (Fig. 1). Man
Fig. 1. Profilaufnahme eines Bänderbeckens (13 jähr. Knabe). Die Richtung der Femora
im'Stande ist entgegengesetzt schräg nach vorn.
kann sich leicht über Becken- und Kreuzbeinneigung und über
die Drehungsrichtung des Schenkelhalses unterrichten. (Die
Konturen von der der Platte abgewandten Beckenhälfte stören
die Betrachtung nicht.) Auf diese Weise lassen sich jetzt auch
die nahen Beziehungen, die zwischen der Neigungszunahme
des Beckens und den sagittalen Verkrümmungen des Schenkel¬
halses und -Schaftes bestehen, erkennen (vergl. Fig. 2).
Untere Extremität, Becken und Wirbelsäule stehen
in engem statischen Konnex.
Die gegenseitige Beeinflussung der Beckenneigung und
der sagittalen Wirbelsäulenverkrümmüngen hat zuerst
Parow0) betont. Der von B r e i s k y 7) aufgedeckte Mecha¬
nismus des kyphotischen Beckens, sowie die infantile Becken¬
form W. A. Freunds8) vertreten den Typus der vermin¬
derten Neigung. Die vermehrte Beckenneigung ist als Folge
ß) Dieck: Anatomie und Pathologie der Zähne und Kiefer im
Röntgenbild. Hamburg 1911.
«) Parow: Studien über die Bedingungen der aufrechten Stel¬
lung und der normalen Krümmung der Wirbelsäule. Virchows Archiv,
Bd. 31.
7) Breisky: Ueber den Einfluss der Kyphose auf dje Becken¬
gestalt. Zeitschr.' d. Ges. d. Wiener Aerzte 1865.
8) W. A. Freund: Ueber das sog. kyphotische Becken nebst
Untersuchungen über Statik und Mechanik des Beckens. Gynäkol.
Klinik I, 1885.
2
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. ll
580
des liehen Sitzes der Kyphoskoliose und des Pott scheu
Buckels bekannt.
I in Gegensatz hierzu ist die statische Abhängigkeit der
sagittalen Beckenneigung von der unteren Extremität noch
nicht untersucht
worden. Und
doch ist der Zu¬
sammenhang
ebenso wichtig,
wie etwa bei der
statischen Sko¬
liose. Hier wie
dort empfängt
das Becken von
unten her stati-
scheEinflüsse, urn
sie.alsBindeglied,
nach oben an die
Wirbelsäule wei¬
terzugeben.
Der Zusam¬
menhang ist ein¬
leuchtend, wenn
den sagittalen De¬
formationen des
Femur bei der
Rachitis , den
Uebertreibungen
der dorsoventra-
len Verbiegung
des Schaftes und
der Retrotorsion
des Schenkelhal-
sesBeachtung ge¬
schenkt wird. Das
ist bisher nur in
geringem Masse
geschehen. Man
vertraute dem spontanen Ausgleich dieser Deformationen durch
das Wachstum, im übrigen wurde das Interesse von den
Varus- und Valgusverkriimmungen in Anspruch genommen.
Die physiologische Ausbiegung des Femur nach vorn ent¬
steht nach Grunewald9) extrauterin. Eingeleitet durch
den überlegenen Zug der Beugemuskeln kommt sie erst durch
orthogenetische Einflüsse 10) zur vollen Geltung. Dieselben
Gründe führen an den durch Rachitis erweichten Knochen die
nicht selten beträchtliche Vergrösserung der Krümmung her¬
bei. Der Scheitel der Kurve sitzt bekanntlich meist an der
Grenze des mittleren und oberen Drittels, rückt aber bei
jüngeren Kindern auch in die Mitte oder in die untere Meta-
physe herab. Dann pflegen Femur und Tibia zusammen mit
dem gebeugt gehaltenen Knie einen gemeinsamen Bogen zu
bilden; ein bekanntes Bild bei kleinen rachitischen Kindern,
das durch die damit verbundene vorgebeugte Rumpfhaltung
noch vervollständigt wird: Fig. 3 a und 3 b, von einem 3 jähr.
Kinde stammend. Ein etwas älteres, 4 jähr. Kind desselben
Typus (Fig. 4) zeigt bereits den Uebergang zum Hohlrücken
angedeutet.
Die meist gleichzeitig vorhandenen seitlichen Deviationen
des Femur nach aus‘sen können räumlich auch etwas getrennt
liegen.
Alle Verkrümmungen an der unteren Extremität und an
der Wirbelsäule, die lateralen wie die dorsoventralen, ver¬
langen einen statischen Ausgleich durch Gegenkrümmungen.
Dieses Gesetz muss sich auch hier erfüllen.
Unten antwortet das Genu recurvatum und auf dieses
wieder die nach vorn konvexe Biegung der Tibia. (Fig. 5.)
fl) Grunewald: Ueber den Einfluss der Muskelarbeit auf die
Formen des menschlichen Femur. Zeitschr. f. orth. Chir., Bd. 30.
10) Das Femur is auch in vergleichend anatomischer Hinsicht
ein wertvolles Untersuchungsobjekt, s. H. Klaatsch: Ueber die
Variationen am Skelett der jetzigen Menschheit in ihrer Bedeutung
fiir die Probleme der Abstammung und Rassengliederung. Korr. -Blatt
der Anthrop. Ges. 1902..
Fig. 2.
Oben greift die kompensatorische Beckenneigung regu
lierend ein.
Die Detorsion des rachitischen Schenkelhalses begünstig
dieses Bestreben. Sie wird offenbar unter dem Druck de
senkrechten Belastung durch die starke Spannung der spiralij
verdrehten Gelenkkapsel und ihrer Bänder erzeugt, ähnlicl
wie es Kocher11) seinerzeit für die Coxa vara ver
mutet hatte.
Der Grund, warum bei stark nach vorn ausladenden
Schaft und gar wenn dieser sich in einen retrotorquiertei
Schenkelhals fortsetzt, das Becken nach vorn umkippen muss
ergibt sich aus der Statik des stehenden Körpers.
Nach Braune und Fischer12) liegt das Kniegelenl
1 cm hinter dem Hüftgelenk. Hierauf beruht die schrägt:
Neigung der Oberschenkel nach vorn. „Der Oberschenke,
hängt nach vorn über“ [vergl. R. du Bois-Reymond13)]
wodurch verhindert wird, dass die Last des Oberkörpers da
Becken um die Hüftgelenkachse zu weit nach hinten dreht
Die Rumpflast wird also bei den geschilderten Ver
biegungen des Femur unter einem der gewöhnlichen Richtum
entgegengesetzten Winkel von den Schenkelköpfen auf
gefangen.
Es ist zweckmässig, für diese Ueberlegung an das Schenk
G. H. Meyers über die Hebelfunktion des Beckens zu er
innern. An dem hinteren Arm des festgestellten Hebels, dei
das Becken nach Meyer bildet, zieht die Rumpfschwere, aj
dem vorderen Hebelarm wirkt der Zug des Ligamentum ileo
femorale. Unter dem Gegenspiel der Schwere und de
Bänderwiderstandes kommt durch regulierende Wirkung de
Hiiftbeuger und Strecker, die den Rumpf auf den Schenkel
köpfen balancieren, die Beckenneigung zustande.
Es wäre einseitig und verkehrt anzunehmen, dass hiermi
die Entstehung der übermässigen Beckenneigung erschöpfen!
erklärt sei.
Wagner-Hohenlobbese14) schuldigt eine mangel
hafte Aufrichtung des Beckens an, die er als Atavismus deutet
was für manche Fälle berechtigt sein dürfte.
Ferner kommen sexuelle und Rassenunterschiede und di
Schwankungen der Beckenneigung im Entwicklungsalter ii
Betracht. Bei zahlreichen Erkrankungen des Hüftgelenke:
(Flexionskontraktur bei Coxitis, Retroversion bei Coxa vara
Zurückverlagerung der Schenkelköpfe bei angeborener Hilft
Verrenkung), bei Rückenmuskellähmung, bei hochsitzende:
Spondylitis ist die vermehrte Beckenneigung ein begleitende
Symptom.
Eingehendere Besprechung beansprucht die Beckenrachitiü
Am Becken, das die Rachitis auf ihrer Wanderung vom Kop
durch den Rumpf zu den Beinen LE 1 s ä s s e r 15)] meist nich
verschont lässt, ruft Belastungsdruck, Muskelzug und nac’
J. Engel10) namentlich das ungleiche Wachstum seiner ein
zelnen Abschnitte, vielgestaltige und mannigfach abgestuft
Veränderungen hervor.
Die stärkere Neigung des Kreuzbeins, durch die de
Terminal- (sacropelviale) Winkel vergrössert wird, ein häufige;
Befund beim Rachitisbecken, hat indessen mit vermehrte;
Beckeneingang nichts zu tun. Nach B r e u s und K o 1 i s k o ''
vertragen sich beide aus kompensatorischen Gründen soga!
nicht. Doch werden diese Begriffe noch häufig miteinandej
verwech§elt.
Dagegen kann mit Recht die anormale frontale Pfannen
Stellung für die Neigungszunahme verantwortlich gemach
werden. Die Erklärung P r e i s e r s 18), dass das Becken sic
3I) Kocher: Ueber Coxa vara. Zeitschr. f. orth. Chir., Bd. 3r
'") W. Braune und O. Fischer: Ueber den Schwerpunk
etc. Abhandl. d. math.-physikal. Kl. d. Kgl. sächs. Ges. d. Wiss. XV, VI!
13) Handbuch der Physiologie des Menschen von W. Nage
Spezielle Bewegungslehre.
14) Wagner-Hohenlobbese: Die wissenschaftliche
Grundlagen der Leibesübungen in Schule und Heer. Ges. f. Natur
und Heilkunde zu Dresden, 10. II. 12. Nach Referat in der Münch
med. Wochenschr. 1912, No. 14.
15) Elsässer: Der weiche Hinterkopf. 1843.
10) Jakob Engel: Das rachitische Becken. Wien. med. Wo
chenschrift 1872, No. 40.
17) Breus und K o 1 i s k o : Die pathologischen Beckenforme;
1900—1904.
1S) Pr eise r: Statische Gelenkerkrankungen. 1911.
18. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
581
n diesen Fällen neigt, damit die ventral gerichtete Pfanne
auch mit dein vorderen und oberen Kopfteil artikulieren kann,
erscheint mir zutreffend.
Andrerseits darf die Variation der Pfannenstellung in
dieser Rolle nicht überschätzt werden.
Denn trotz Verschiebung der Pfannen vor die Roser-
N e 1 a t o n sehe Linie wird die Neigung der Conjugata vera
als gering befunden (vgl. Breus und K o 1 i s k o, Bd. 1, Text
tu Eig. 147) und umgekehrt waren die Pfannenverschiebungen
gerade bei den höheren Graden von Beckenneigung von 80 bis
50 # und darüber, wo die geschilderte Verbiegung des Femur
Fig. 3 b.
den Ausschlag gab, nach unseren Feststellungen zu vermissen.
Pas gleiche gilt auch für die einschlägigen Präparate des
hiesigen pathologischen Museums.
Dass dem so ist, kann übrigens bei der Inkonstanz aller
Rachitiszeichen nicht überraschen. Sodann liegt es nahe, für
manche Fälle auch an ein Zusammentreffen verschiedener Ur¬
sachen (pathologische Dorsalkyphose, Beckenrachitis, Femur¬
verkrümmung) zu denken.
Ferner ist nicht zu vergessen, wie schnell und vollständig
nach Schaffung von Kompensationen das Wachstum auch
schwere Verkrümmungen wieder ausgleicht, an der unteren
Extremität sogar der Schwere entgegen, analog der physio¬
logischen Streckung des Schenkelhalses (H u e t e r).
So können die Spuren, die zur Entdeckung
der Ursache hinführen, schliesslich ganz ver-
ischt werden.
Die starke Beckenneigung aber bleibt bestehen, durch
Länder und Muskelschrumpfung fixiert, trotzdem die Strecker
des Hüftgelenkes von Hause aus um etwa A kräftiger sind als
die gemeinsamen Beugemuskeln. Denn viel leichter als die
Aufrichtung des Beckens ist die von der Wirbelsäule über¬
nommene und leicht von ihr zu erfüllende Regulierung: Die
holge ist der von Staffel beschriebene hohlrunde Rücken, jene
Uebertreibung der Schlangenform der menschlichen Wirbel¬
säule. Durch das hartnäckige Fortbestehen der starken Becken¬
neigung erklärt sich zugleich auch die Sprödigkeit dieser
Haltungsanomalie.
Es ist lohnend, die Wirkung derselben Ursache noch etwas
weiter zu verfolgen.
Die Windungen des Rückgrats bestimmen nicht nur die
äussere Körperform, sondern greifen auch tief in die Funktion
lebenswichtiger innerer Organe ein. Das gilt in erster Linie von
den elastischen Gefässen, die sich der veränderten Rumpfform,
ungeachtet des grösseren Widerstandes im Blutkreislauf, an¬
passen müssen, und von der Herzaktion, die durch die Enge
Fig. 3 a.
Fig. 4.
Fig. 5. j
und Versteifung des kyphotischen Brustkorbes in Mitleiden¬
schaft gezogen wird.
Die wohltuende Aufrichtung der Wirbelsäule wirkt der
Schädigung lange und erfolgreich entgegen.
Erst wenn die Spannkraft nachlässt, wenn der Streck¬
muskel des Rückens die durch den schwerfälligen Knochenbau
dauernd in erhöhtem Masse geforderte Anstrengung nicht
mehr leistet, wird der Zusammenhang zwischen Ursache und
Fernwirkung, der örtlich und zeitlich zu verstehen ist, deutlich.
Die Annahme liegt nicht allzu fern, dass dieser physi¬
kalische Faktor, neben chemischen Einflüssen, zum apoplek-
tischen Habitus in Beziehung zu setzen ist.
Für die Behandlung sind die Aufgaben klar vorgezeichnet:
Verhütung der Schädigungen der aufrechten Körperhaltung
erst recht beim rachitischen Skelett, Kräftigung der Bauch¬
muskeln, unablässige Uebung des steifen Thorax durch rich¬
tiges Rumpfturnen auf physiologischer Basis. Die Aussichten
sind um so günstiger, als nach S u m i t a s 1B) histologischen
19) S u m i t a : Zur Lehre von den sog. Freund sehen primären
Thoraxanomalien. Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. 113.
582
Befunden normalerweise das Rippenwachstum länger als bei
den andern Röhrenknochen, bis zum Anfang des 4. Dezen¬
niums, sich verfolgen lässt.
Aus der IV. med. Klinik (Vorstand: Prof. Chvostek) und
dem Röntgeninstitut der allgem. Poliklinik (Vorstand: Dozent
Kienböck) in Wien.
Ueber den Pylorospasmus.
Von Privatdozent Dr. K a r 1 G 1 a e s s n e r und Dr. S i g m u n d
Kreuzfuchs.
Mit dem Studium des Verhaltens des Duodenalreflexes bei
verschiedenen Erkrankungen beschäftigt, haben wir unser
Augenmerk besonders dem Pylorospasmus zugewendet und
möchten schon jetzt kurz über die wichtigsten gefundenen
Tatsachen berichten, da, wie aus der jüngst erschienenen Ar¬
beit von v. Bergmann1) hervorgeht, dieser Autor in ähn¬
licher Richtung wie wir seine Versuche angestellt hat. Wir
und namentlich der eine von uns (Kreuzfuchs) stehen seit
langem auf dem Standpunkte, dass die Magenbewegungen
nicht nur vom Magen selbst, sondern von jenseits des Magens
gelegenen Partien des Verdauungskanales, namentlich des
Duodenums beeinflusst werden. Es spielen nach unserem Da¬
fürhalten nicht nur die Sekretion des Magens, sondern nament¬
lich die Sekrektionsverhältnisse der jenseits desselben ge¬
legenen Partien eine wichtige Rolle. Bei unseren Unter¬
suchungen, die sich auf folgende Gruppen von Krankheitsfällen:
Ulcus ventriculi, Achylia gastrica, Ulcus duodeni, Gallen- und
Pankreasaffektionen bezogen, haben wir einige interessante
Beobachtungen gemacht, die sich auf den von P a w 1 o w ent¬
deckten Chemoreflex beziehen. Wir sind dabei zu folgenden
Ergebnissen gelangt:
1. Bei normalen oder erhöhten Aziditätswerten und
intaktem Duodenum bezw. Anhangdrüsen desselben kommt es
nach Uebertritt der Ingesta ins Duodenum zu einem reflek¬
torischen Pylorusverschluss, der sich nicht nur in dem Auf¬
treten einer bismutfreien Grenze zwischen Antrum pylori und
Bulbus duodeni äussert, sondern — und das halten wir für
das wesentlichste — in einem Nachlassen des 1 onus des
Corpus ventriculi und sofortigem oder fast unmittelbarem
Sistieren der Bewegungserscheinungen im Magen kundgibt.
Dieser Verschluss hält offenbar so lange an, als die Säure im
alaklischen Medium des Duodenums neutralisiert wird, worauf
sich der Magen neuerlich kontrahiert und neuerlich Wellen !
auftreten, die einen sichtbaren Uebertritt ins Duodenum be¬
wirken.
Dass dieser Umstand früheren Beobachtern nicht so auf¬
gefallen ist, liegt wahrscheinlich daran, dass bei vielen Fällen
nach starker Füllung des Magens die Pars superior duodeni,
wie es schon H i s in seiner Arbeit nachgewiesen hat, in
die Richtung von vorn nach hinten zu liegen kommt, mithin
vom Antrumschatten verdeckt wird. In diesen Fällen kann
man gelegentlich durch das Manöver des Einziehenlassens des
Bauches, bei welchem eine Lageveränderung des Magens zu¬
standekommt, doch noch das Duodenum sichtbar machen.
2. Beim Ulcus ventriculi tritt bald nach Auffüllung des
Magens ein reflektorischer Pylorusverschluss ein, welcher
entweder mit unangenehmen Sensationen oder direkt mit
Schmerzen verbunden ist. Die letzteren kann man als Aus¬
druck eines Pyloruskrampfes (Pylorospasmus) ansehen. Wir
verstehen also unter diesem Ausdruck den mit Schmerzen ein¬
hergehenden krampfartigen Verschluss des Pylorus. Da
dieser Pylorusverschluss bald nach der Aufnahme der Mahl¬
zeit auftritt, so wollen wir ihn als Immediatpyloro-
spasmusim Gegensatz zu dem spät auftretenden T a r d i v -
pylorospasmus bezeichnen. Diesem (Immediatpyloro-
spasmus) kommt eine grosse diagnostische Bedeutung zu.
Nicht zu verwechseln mit Pylorospasmus, der nach kurzer Zeit
sich lösen kann und durchaus nicht mit einer Verlängerung der
Aufenthaltszeit der Ingesta im Magen einhergehen muss, ist
der durch blosse Hyperazidität bedingte prolongierte Pylorus¬
verschluss, welcher oft Anlass zu 5 und 6 Stundenresten im
No. 11.
Magen gibt, ohne dass ulzerative Prozesse vorhanden sind.
Aus der blossen Verzögerung der Entleerung können wir also
nicht auf Pylorospasmus schliessen, wir können denselben nur
aus den subjektiven Schmerzäusserungen des Kranken und
dem objektiven Bilde des Pylorusverschlusses diagnostizieren.
Der organische Pylorusverschluss gibt ein ganz anderes Bild,
als der für Ulcus ventriculi charakteristische Pylorospasmus.!
doch wollen wir diese Verhältnisse in einer ausführlichen
Publikation des näheren erörtern.
3. Für derartige Untersuchungen ist die Doppelmahlzeit,
wie sie jetzt häufig gebraucht wird, nicht recht geeignet.
Unsere Untersuchungen wurden vielmehr am völlig nüch¬
ternen Magen ausgeführt, denn nur so können wir ent¬
scheiden, ob der früher gekennzeichnete Immediat
pylorospasmus auftritt. Bei ganz leerem, auch vor
Flüssigkeit befreiten Magen, den man am Fehlen einer Magen¬
blase oder am Vorhandensein einer ganz kleinen rundeij
Magenblase leicht erkennen kann, haben wir nie Schmerzen
feststellen können. Bei der reinen A n a z i d i t ä t oder
A c h y 1 i e scheinen ebenfalls Schmerzen nach unseren Er
fahr ungen zu den grössten Seltenheiten zu gehören; wi
konnten nie Pylorospasmus beobachten. Bei diesen Zuständer
findet sich eine durch Reflexe nicht gehemmte Entleerung de;
Magens, wir konnten bei solchen Affektionen auch nie
Sechsstundenreste zum Unterschied vom Ulcus duodeni be
obachten.
4. Bei duodenalen (Duodenum-, Gallenwege-, Pan
kreas-) Affektionen kommt zu Beginn der Verdauung
ein Duodenalreflex nicht oder nur in grossen Intervallen zu
stände, so dass der Magen stark kontrahiert ist bei tiefe
Korpus- und Antrumperistaltik und sichtbarer Duodenal- uni
Jejunalfüllung. In diesem Stadium fühlen sich die Patientei
erleichtert und klagen wenigstens bei umkomplizierten Fället
nicht über Schmerzen. Untersucht man dagegen diese Pati
enten im weiteren Verlaufe der Verdauung zur Zeit, wo di'
Schmerzen sich eingestellt haben, so findet man Reste in
Magen und das Bild des reflektorischen Pylorus
Verschlusses. Es ist dies der sogenannte T a r d i v
pylorospasmus, der jetzt die Szene beherrscht. Das
der Schmerz bei Ulcus ventriculi und bei Ulcus duodeni bezu
Affektionen jenseits des Pylorus durch dieselbe Ursache mini
lieh durch den Pylorospasmus bedingt ist, geht auch aus de
Lage des spontanen Schmerzpunktes — nicht z
verwechseln mit Druckschmerz, der gar nichts mit spon
tanem Schmerz zu tun hat — hervor. Dieser findet sich näm
lieh sowohl bei Ulcus ventriculi als bei Ulcus duodeni in de;
Mittellinie zwischen Processus xiphoideus und Nabel. Nehme
nun solche Patienten, die das Bild des Tardivpylorospasmu
darbieten, wieder Nahrung zu sich, so verschwinden die Er
scheinungen des Pylorospasmus, es treten wieder Zeichen de
duodenalen Motilität auf.
5. Dass die Schmerzen mit dem Ulcus ventriculi ode
duodeni als solchen nichts zu tun haben, wofern nicht lokal
Spasmen auftreten, geht aus folgendem hervor: bei Ulcus vei
triculi tritt der Schmerz auf zu einer Zeit, wo der Magen durc
den Duodenalreflex absolut ruhiggestellt ist und verschwinde
dann, wenn sich der Magen in vollster Tätigkeit befindet, ab
gewiss Ursachen zu einer mechanischen Inanspruchnahme dt
Organs gegeben sind. Ebenso verhält es sich beim Ulci
duodeni. Hier bestehen, solange die Speisen ungehinde
durch das Duodenum hindurchtreten können, keine Schmerze)
mithin zu einer Zeit, wo das Organ sicherlich mechanisch un
chemisch irritiert wird. Hingegen treten die Schmerzen sc
fort auf, wenn das Duodenum durch den Pylorospasmus ruhü
gestellt wird. Diese unsere Annahme wird in ausgezeichnete
Weise durch Beobachtungen gestützt, wie sie v. Eiselsber
schon vor längerer Zeit, Haberer in der letzten Zeit g<
macht hat. Diese Autoren konnten feststellen, dass durch d
blosse unilaterale Pylorusausschaltung sofort und dauernd d
Schmerzen sistieren, selbst bei solchen Fällen, bei welchen J
vorhandenen Adhäsionen nicht gelöst worden waren.
6. Bisher wurde immer angenommen, dass Zufuhr v o
Salzsäure einen reflektorischen Pylorusverschluss e
zeuge; wie wir aber nachweisen konnten, trifft das in diesi
Fassung nicht zu. Bei normalem Magen tritt nach HL
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
T Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 4.
8. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
583
'ufuhr gar keine Aenderung im radiologischen Bilde
■in; bei ulzerösen Prozessen des Magens entsteht
in reflektorischer, häufig schmerzhafter Pylorus-
er Schluss; bei Duodenalaffektionen dagegen
ritt die ganz verblüffende Erscheinung ein, dass die Peri-
taltik verstärkt und die Entleerung des Magens
geradezu beschleunigt wird. Ohne für alle Fälle ein
Gradigma aufstellen zu wollen, möchten wir die Wichtigkeit
lieses Phänomens hervorheben, zumal es wirklich ausser-
irdentlich typisch ist, wie wir und Kollegen, die diese Er-
cheinung mit uns beobachten konnten, bestätigen können.
:s hat den Anschein, als ob durch Zufuhr von HCl eine Hyper-
ckretion des Duodenums und Pankreas hervorgerufen würde,
.velche, wofern ein Pylorusverschluss bestanden hat, den¬
selben fast momentan aufhebt. Diese Versuche haben uns
üne Beobachtung von C h v o s t e k sen. in Erinnerung ge¬
bracht, der bei einem Fall von Ulcus duodeni schon im Jahre
1883 feststellen konnte, dass Zufuhr von Wein die Schmerzen
momentan kupierte. Chvostek erklärte sich dieses inter¬
essante Verhalten bei seinem auch durch Autopsie sicher-
bestellten Falle so, dass er annahm, es käme durch den Alko-
10I ein Pylorusverschluss zustande, der die Irritation des
Duodenums verhindere. Wie wir jetzt wissen, ist der Vor¬
hang der umgekehrte; der Pylorusverschluss wird durch Zu¬
fuhr von azider Flüssigkeit aufgehoben, wodurch sich die
Schmerzen sofort beheben lassen. Die richtige Beobachtung
von Chvostek kommt also wieder zu Ehren, wenn auch
Jie Argumentation der damaligen Vorstellung entsprechend
nicht mehr zutreffend sein kann. Aus unseren Versuchen und
der genanten Beobachtung geht somit hervor, dass
Säure an und für sich nicht imstande ist, den
Pylorus zu verschliessen, dass man aus dem Säure¬
gehalt des Magens einen Schluss weder auf den physio¬
logischen Pylorusreflex noch auf den Pylorospasmus ziehen
kann. Worauf es ankommt, ist das Verhältnis
zwischen Magenazidität und Alkaleszenz des
Duodenums. Daraus geht hervor, dass man bei allen
Magenerkrankungen künftighin auch auf die Sekretionsvor¬
gänge im Duodenum bezw. im Pankreas und in den gallen¬
bereitenden Organen das grösste Gewicht legen muss. Die
folgende Formel, welche physiologischen und klinischen Er¬
wägungen ihren Ursprung verdankt, wird die beschriebenen
Verhältnisse am besten illustrieren: HCl grösser als Alkales¬
zenz = Pylorusverschluss resp. Pylorospasmus. HCl = oder
kleiner als Alkaleszenz = offener Pylorus und Magen-
automatismus.
Aus der Diskussion dieser Formel ergibt sich, dass man
aus der Azidität allein gar keinen Schluss auf den Pylorus¬
verschluss ziehen kann, der schlagendste Beweis dafür ist
die Hyperazidität bei Ulcus duodeni, welche mit Fehlen des
reflektorischen Pylorusverschlusses einhergeht (nicht „Insuffi¬
zienz des Pylorus“), weshalb der eine von uns (Kreuzfuchs)
eine Hyperalkaleszenz des Duodenums postuliert hat. Es
stimmt das auch mit der überaus feinen Einstellung von Azi¬
dität des Magens und Alkaleszenz des Pankreas überein, wie
der eine von uns (G 1 a e s s n e r) zeigen konnte. Beim
Menschen entspricht der Säurewert des Magens jederzeit und
unter allen Umständen physiologischerweise dem Alkaliwerte
des Pankreassaftes. Weitere Erwägungen führen auch dazu,
dass auch herabgesetzte Azidität mit prolongiertem Pylorus¬
verschluss einhergehen kann, nämlich wenn die Alkaleszenz
des Dünndarms herabgesetzt ist. Solche Vorgänge vermuten
wir bei der Atonia ventriculi, doch sind unsere Versuche dar¬
über nicht abgeschlossen. Wir glauben Grund zur Annahme
zu haben, dass dort, wo weder eine Ulzeration des Magens
r»der Duodenums vorhanden ist, es sich um eine Störung des
Verhältnisses der oben angegebenen Formel handelt. Jedenfalls
ücgt hier ein ganz unbebautes Feld der klinischen Forschung
offen, dessen weitere Bearbeitung uns für die Erforschung der
Pathologie des Darmkanals äusserst aussichtsreich zu sein
scheint.
Aus der II. gynäkologischen Klinik in Wien (Vorstand: Prof.
E. W e r t h e i m).
Ueber die Beeinflussung der Opsonie durch Elektrargol.
Von Dr. P. Werne r, Assistent der Klinik und Dr. J. v. Z u -
b r z y c k i, Internarzt der Klinik.
Die Untersuchungen französischer Autoren (P a s t i a.
Bo ss an, Marcel et) haben ergeben, dass Kolloidmetalle
die opsonische Kraft des Serums gegen verschiedene Bak¬
terien beeinflussen. Nach der Ansicht von Bossa n und
Marcelet beruht diese Erscheinung nicht auf der Kolloid¬
natur der genannten Körper, sondern ist direkt von den
Metallen abhängig. Der Grad der Erhöhung ist sowohl von
der Art des Metalles als von den verwendeten Keimen
abhängig.
Zweck unserer Versuche war es, festzustellen, ob und
in welcher Weise das Verhalten der Leukozyten den Strepto¬
kokken gegenüber durch Elektrargol beeinflusst wird. Das
von uns verwendete Präparat stammt aus dem Laboratorium
der Firma Clin & Cie., C o m a r & Cie., Paris, und ist
durch Pulverisierung von chemisch reinem metallischem
Silber in destilliertem Wasser mittels des elektrischen Bogens
hergestellt. Die Versuche wurden in drei Gruppen ausgeführt:
1. Tierversuche, 2. Menschenversuche, 3. Reagenzglasversuche.
Tierversuche.
Benutzt wurden Kaninchen, denen wir pro Kilogramm Gewicht
0,15 g isotonischer Elektrargollösung in die Ohrvene einspritzten.
Das Serum wurde knapp vor der Injektion, 1 Stunde und 24 Stunden
nach derselben, entnommen und sofort in folgender Weise verarbeitet.
In Uhrglasschälchen wurden die zum Versuche zu verwendenden
Reagentien zusammengestellt und zwar:
a) die erwähnten 3 Serumproben,
b) eine im Verhältnis 1 : 3 verdünnte 24 ständige Streptokokken¬
bouillonkultur,
c) dreimal in physiologischer Kochsalzlösung gewaschene weisse
Blutkörperchen, die immer von demselben menschlichen Individuum
» durch Auffangen des Blutes in \lA proz. Natriumzitratlösung genommen
waren und schliesslich
d) physiolgische Kochsalzlösung zum Ersätze des Serums bei
den Kontrolluntersuchungen.
Dann wurden in einer Pasteur scnen Pipette bis zu einer be¬
stimmten Marke die verschiedenen Lösungen in gleichen Teilen genau
aufgesaugt, gut gemischt und 15 Minuten im 30 gradigen Brutofen ge¬
halten. Jedes Röhrchen enthielt weisse Blutkörperchen, Bakterien¬
aufschwemmung und Kochsalzlösung resp. das entsprechende Serum.
Sofort nach der Entnahme aus dem Thermostaten wurden Objekt¬
träger in gleichmässig dünner Lage beschickt, getrocknet, in 3 proz.
Sublimatlösung fixiert und mit Karbolthyonin gefärbt. Aus jeder
Versuchsreihe wurden von jedem von uns die in 100 mehrkernigen
Leukozyten enthaltenen Kokken gezählt. Die Durchschnittsresultate
sind weiter unten angeführt. Von den mit den verschiedenen Seris
gewonnenen Zahlen wurden immer die mit Kochsalz erzielten Kontroll-
werte abgezogen, um eine eventuelle Beeinflussung der Phagozytose
durch die in der Bakterienaufschwemmung enthaltene Bouillon aus-
zuschliessen.
I. Kaninchen. Gewicht 1800 g, Elektrargol 0,3, vor der Injek¬
tion 0,9S, 1 Stunde nach der Injektion 0.94, 24 Stunden nach der In¬
jektion 1,40.
II. Kaninchen. Gewicht 1500 g, Elektrargol 0,2, vor der Injek¬
tion 0,70. 1 Stunde nach der Injektion 0,70, 24 Stunden nach der In¬
jektion 1,45.
III. Kaninchen. Gewicht 2200 g, Elektrargol 0,33, vor der Injek¬
tion 1,20, 1 Stunde nach der Injektion 1.26, 24 Stunden nach der In¬
jektion 1 ,88.
IV. Kaninchen. Gewicht 1600 g, Elektrargol 0,2. vor der Injek¬
tion 1,20,. 1 Stunde nach der Injektion 1,24, 24 Stunden nach der In-
'ektion 1,60.
V. Kaninchen. Gewicht 2100 g, Elektrargol 0,3, vor der Injek¬
tion 1,16, 1 Stunde nach der Injektion 1,12, 24 Stunden nach der In¬
jektion 1,50.
Wie aus diesen Tabellen ersichtlich, hat die Injektion von
Elektrargol in jedem Falle nach 24 Stunden eine deutliche Erhöhung
der Phagozytose hervorgerufen, während nach 1 Stunde noch kein
Ausschlag zu beobachten war.
Menschenversuche.
Die Untersuchungen wurden ganz analog wie beim Tier¬
versuche angestellt, nur dass das Elektrargol in die Vena
mediana cubiti injiziert wurde.
1 . Schwangere.
a) A. H., 25 Jahre, Pr.-No. 2264/1912. Graviditas X mensium.
Gewicht 62 kg, Elektrargol 10 ccm, vor der Injektion 1,64, 1 Stunde
nach der Injektion 1,76, 24 Stunden nach der Injektion 1,90.
584
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 11.
b) M. W., 21 Jahre. Pr.-No. 2243/1912. Graviditas VIII mensium.
Gewicht 59 kg, Elektrargol 10 ccm, vor der Injektion 0,93. 1 Stunde
nach der Injektion 0,88, 24 Stunden nach der Injektion 2,12.
2. W öchnerinne n.
A. Nichtfiebernde.
a) L. E., 35 Jahre, Pr.-No. 247/1912. 5 Tage nach der Ent¬
bindung. Gewicht 58 kg, Eleklrargol 10 ccm, vor der Injektion 0,51,
1 Stunde nach der Injektion 0,48, 24 Stunden nach der Injektion 1,30.
b) M. A„ 30 Jahre, Pr.-No. 2242/1912. 4 Tage nach der Ent¬
bindung. Gewicht 68 kg, Elektrargol lOccin, vor der Injektion 0,70,
1 Stunde nach der Injektion 0,68, 24 Stunden nach der Injektion 1,24.
B. Fiebernde.
a) A. K.. 23 Jahre. Pr.-No. 2392/1912. 6 Tage nach der Ent¬
bindung. Fiebert seit 3 Tagen bis 39,5" C. Genitalbefund
negatv. Zervixsekret: Streptococcus haemolyticus. Blut:
steril. Gewicht 55 kg, Elektrargol 10 ccm, vor der Injektion 1,32,
1 Stunde nach der Injektion 1,30, 24 Stunden nach der Injektion 2,14.
b) L. N„ 27 Jahre, Pr.-No. 1943/1912. 4 Tage nach der Ent¬
bindung. Fiebert seit 2 Tagen bis 40,5° C. Genitalbefund negativ.
Zervixsekret: Streptococcus anhaemoly ticus. Blut: steril.
Vor der Injektion 1,25, 1 Stunde nach der Injektion 1,26, 24 Stunden
nach der Injektion 2,04.
Die Ergebnisse dieser Gruppe decken sich vollständig mit
den durch die Tierversuche gewonnenen. Zwischen den Re¬
sultaten bei Schwangeren und Entbundenen, Fiebernden und
Nichtfiebernden konnten wir keinen Unterschied nachweisen.
Wohl aber hatten wir Gelegenheit, zu beobachten, dass
Nichtfiebernde — Schwangere sowohl wie Wöchnerinnen •
klinisch anders auf die Injektion von Elektrargol reagierten als
Fiebernde. Während die letzteren gar keine subjektiven oder
objektiven Erscheinungen zeigten, rief bei den ersteren die
Elektrargolinjektion sofort Beängstigungsgefühle, Blutwal¬
lungen, in einigen Fällen Hustenreiz und Schmerzen in der
linken Bauchseite hervor. Dabei bestand Zyanose, der Puls
wurde kleiner und frequenter. Nach 5 — 10 Minuten waren
alle Erscheinungen spurlos verschwunden. Diese uns bisher
ganz unbekannten Symptome wurden, wie uns nachträgliches^
Studium der Literatur lehrte, vorher schon von Cohn bei' ]
Wöchnerinnen in fast allen mit K o 1 1 a r g o 1 behandelten
Fällen beobachtet. K a u s c h machte ähnliche Erfahrung an¬
lässlich der Behandlung maligner Tumoren mit Heyden-
schem Kollargol. Ein gewisses Licht auf diese Vorgänge
werfen die physiologischen Untersuchungen von Proczanski
am isolierten Froschherzen, der folgendes beobachtete. Das
Kollargol in den Dosen über 0,03 g pro kg Versuchstier er¬
höht die Intensität und die Amplitude der Herzkontraktionen.
Auf das Koronarsystem des Herzens wirkt Kollargol gefäss-
verengend. 5 proz. Lösungen, unmittelbar auf das Herz ein¬
wirkend, erzeugen zuweilen tetanische Kontraktionen der Ge-
tässe und sogar Herzstillstand. Kleine Dosen von Kollargol
haben fast keine Wirkung auf das Herz und auf den Blutdruck.
Die von uns beobachteten und oben erwähnten Erschei¬
nungen erinnern sehr an das Bild der Angina pectoris, die be¬
kanntlich auf sklerotische Verengerungsprozesse der Koronar-
gefässe zurückgeführt wird. Die Aehnlichkeit des klinischen
Bildes lässt vermuten, dass die Wirkung des Elektrargols im
menschlichen Körper eine parallele zu der von Proczanski
am Froschherzen durch Kollargol hervorgerufenen ist.
Reagenzglasversuche.
Die bei den Tier- und Menschenversuchen konstatierten
Tatsachen legten uns die Frage nahe, wie die Wirkungsweise
des Elektrargols zu erklären wäre. Steigert es direkt die
phagozytäre Kraft der Leukozyten oder beeinflusst es das
Serum, indem es seine opsonische Kraft erhöht? Um diese
Frage zu beantworten, wurde eine ganze Reihe von Ver¬
suchen angestcllt. Steigende Elektrargolverdünnungen wurden
einmal mit Serum, das anderemal mit physiologischer Koch¬
salzlösung vermischt und zu gleichen Mengen Bakterienauf¬
schwemmung und weissen Blutkörpern hinzugesetzt und
untersucht.
Die folgende Tabelle stellt die Versuchsanordnung und die
Resultate vor.
Diese Tabelle zeigt, dass das Elektrargol seinen Angriffs¬
punkt nicht in den Leukozyten selbst, sondern im Serum hat.
Es vermag die opsonische Kraft der Leukozyten nur bei gleich¬
zeitiger Anwesenheit von Serum, durch Vermittlung des
Serums zu erhöhen.
Einzelne
Versuchsbestandteile
Versuchsreihen
ohne Serum
Versuchsreihen
mit Serum
1
2 1
3
4
5
6
Physiolog. Kochsalzlösung .
2
1
1
1
0
0
Serum .
0
0
0
1
1
1
Leukozyten .
1
1
1
1
1
1
Bakterien -Aufschwemmung
1
1
1
1
, 1 1
1
Elektrargol inVerdünnungen
0
1 : 10
1 : 100
0
1:10]
1 : 100
Resultat .
0,40
0,55
0,45
1,00
2,02 |
1,20
Nach den Untersuchungen von Viktor Henri, C h a r r in.j
Monier-Vinard, Cernovodeanu besitzen die Kol¬
loidmetalle (Elektrargol) bakterizide Eigenschaften.
Aus unseren Versuche erhellt, dass sie geeignet sind, die op¬
sonische Kraft des Serums in hohem Grade zu vermehren
und so den Organismus im Kampfe gegen die invasiven Mikro¬
organismen zu unterstützen. Wenn trotzdem die an sie ge¬
knüpften Erwartungen in vielen Fällen enttäuscht werden, so
muss man andere Faktoren dafür zur Rechenschaft ziehen,
das ist die verschiedene Virulenz der Keime und die ver¬
schiedene Widerstandskraft des Körpers.
Literatur.
P a s t i a : La presse medicale 1910. — Bossa n et Marcelet:
Gazette des Höpitaux 1908. — Colin: Revista de chir. 1908, re:.
Zentralbl. f. Gyn. 1909. — Kausch: v. Bruns B. z. Chir. 1912, ref.i
Die Therapie d. G. 1912. — Proczanski: Russki Wratsch 1907,:
No. 30. — Cernovodeanu et V. Henri: C. R. de la Soc. d.
Biologie II, 1906. — C h a r r i n, V. Henri et Monier-Vinard:
C. R. de la Soc. de Biologie 1906.
Zur Frage des Vorhandenseins spezifischer Schutz¬
fermente im Serum von Geisteskranken.
Von Sanitätsrat Dr. A. Fause r, Direktor der Kranken- um
Irrenabteilung des Bürgerhospitals Stuttgart.
Die Anwendung der Abderhalden sehen Forschungs¬
ergebnisse und Methoden auf klinische Fragen hat uns mii
einem Schlag ganz neue Perspektiven auf bisher versehlossend
Gebiete des medizinischen Erkennens und Handelns eröffnet
ln einer solchen Situation liegen immer gewisse Gefahren unc,
der gewissenhafte Forscher wird, solange noch keine Versuchs
von anderer Seite vorliegen, sich von selbst alle Einwendungei
machen und prüfen, die etwa gemacht werden könnten
namentlich aber auch an Einwendungen, die von aussen hei
kommen, nicht achtlos Vorbeigehen.
Im folgenden möchte ich über meine — grossenteils und
ausführlicher schon an anderer Stelle (Deutsche ined. Wochen
Schrift 1912, No. 52 und 1913, No. 7) veröffentlichten — Unter
suchungsergebnisse und klinische Ausblicke kurz berichten unc
dabei gerade Einwendungen genannter Art etwas berück
sichtigen.
Ich beginne mit einer vor wenigen Tagen an dieser Stelle er¬
schienenen Arbeit aus der Jenaer Universitäts-Frauenklinik: „Uebei
Serumfermentwirkungen bei Schwangeren und Tumorkranken" vor
Dr. P. Lindig, Assistent der Klinik (Münch, med. Wochenschr.
No. 6).
Herrn Dr. Lindig haben seine Untersuchungen bewiesen]
dass „die Annahme von einem spezifischen Charakter der Fermente
hinfällig geworden ist“, dass sie vielmehr „allgemein proteolytisch»
Wirkung haben“.
Ich will Herrn Dr. L. das Geständnis machen — schon in meine
ersten Arbeit findet sich ein Hinweis darauf — , dass es mir bei meinei
allerersten Versuchen auch nicht viel besser ergangen ist als ihm
auch auf unserem Reagenzglasständer sah es nach dem Kochen dal
mals manchmal „recht violett“ aus; Schwamgerenserum baute alle
mögliche ab;, die zur Kontrolle verwendeten Gesundensera konnte
ihre Mission nicht erfüllen, denn sie enthielten leider „Schutzferment
gegen alle möglichen Organe: ein eines schlanken Halses sich er¬
freuender Krankenpfleger zeigte im Spiegel des Dialysierverfahren
einen bedenklichen Kropf, ein anderer zeigte sonstige „interessant
Umstände“, bei einem geistig gesunden jungen Kollegen wurde de
serologische Beweis der Dementia praecox, bei mir selbst leider de
der progressiven Paralyse oder sonst einer schweren Gehirnerkran
kung erbracht. Soweit scheinen also meine damaligen „Resultate
und die des Herrn Dr. L. übereinzustimmen; aber sofort trennen sic
unsere Wege: Herrn Dr. L. haben seine Resultate veranlasst, sofor
damit an die Oeffentlichkeit zu treten und die Abderhalden
*. Marz 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
585
lic Methodik zu ändern; für mich ergab sich diese weit-
;hende Konsequenz nicht ohne weiteres, und zwar zunächst aus
nem mehr psychologischen Grund: ich sagte mir, einem Forscher
in dem Range eines Abderhalden, der sich jahrelang in ziel-
jwusster Weise und in mühevollen exakten Untersuchungen mit
;scn Fragen beschäftigt, die Grundlagen für eine neue Methodik
isgearbeitet und diese seit geraumer Zeit praktisch erprobt hat,
innen doch diese Dinge nicht unbekannt geblieben sein, also wird
> wohl an meiner mangelhaften Technik liegen. Und als ich meine
ehler teils selbst, teils unter Mithilfe A.s — zahlreiche Briefe und
ilpostsendungen von Seris und Organen nach Halle und ebenso zahl-
iche belehrende Briefe A.s legen davon Zeugnis ab — aufgedeckt
itte, hörten jene tragikomischen Befunde mit einem Schlage auf.
h will auf die mancherlei Abweichungen, die sich Herr Dr. L. gegen-
jer dem A.schen Verfahren erlaubt hat, hier nicht näher eingehen,
mdern nur meine öfters ausgesprochene Forderung wiederholen,
ass man sich nicht streng genug an die A. sehen
orschriften halten kann. Hier sind auch scheinbar un¬
wesentliche Details von Wichtigkeit; ich glaube, wir Kliniker ver-
eben uns und der Freiheit der wissenschaftlichen Forschung
urchaus nichts, wenn wir in diesen schwierigen Fragen der
hysiologischen Chemie und der experimentellen Technik und
lethodik die Ueberlegenheit Abderhaldens anerkennen;
erbesserungen sind auch hier erwünscht und werden hoffentlich
oinmen, namentlich wird — darin gebe ich Herrn Dr. L. recht —
ie optische Methode über manche Schwierigkeit hinweghelfen; das
abe ich in meinen beiden Aufsätzen selbst schon hervorgeh'oben,
as hat aber A. schon vorher gewusst. Da ich übrigens Grund zu
er Annahme habe, dass Herr Dr. L. das Unrichtige seiner Versuchs-
:chnik und der ‘damit gewonnenen Resultate inzwischen selbst ein-
esehen hat, will ich hier nicht weiter darauf eingehen.
Ich komme nun auf meine eigenen, grösstenteils schon an
nderer Stelle veröffentlichten Versuchsergebnisse und zwar
nter steter Berücksichtigung von Einwendungen, die ich mir
on Anfang an selbst gemacht habe, insbesondere der Ein¬
sendung der Nichtspezifizität, des Zufalles, der Selbst-
iiuschung und ähnliches.
Ich verfüge nunmehr über ein Material von erheblich mehr
ls 100 Fällen von Psychosen, die ich auf Grundlage der
ibderhalden sehen Forschungsergebnisse und unte r
trengem Einhalten der von ihm angegebenen
enauen Methodik serologisch untersucht habe. Ich
abe dabei fast das ganze Gebiet der Psychosen in den Kreis
deiner Untersuchungen bezogen, namentlich die zusammen
nit Schilddrüsenerkrankungen aufgetretenen Psy-
hosen, die ganze Dementia praecox-Gruppe, die
u e t i s c h e n und metaluetischen Psychosen, das
nanisch-depressive Irresein und andere sogen,
rein funktionelle“ Psychosen. Ich habe bei diesen bis
ti die letzten Tage fortgesetzten Untersuchungen durchweg
Resultate gefunden, die im wesentlichen unter sich überein-
timmen: bei der überwiegenden Mehrzahl der Fälle aus der
Dementia praecox-Gruppe“ fand ich sowohl ein
ichutzferment gegen Geschlechtsdrüsen — und zwar
►ei Männern bis jetzt nur gegen Testikel, niemals gegen Ova-
ien, bei Frauen nur gegen Ovarien, niemals gegen Testikel —
vie ein Schutzferment gegen Hirnrinde; bei mehreren
>childdrüsenkranken, deren Psychose klinisch wohl hätte in
lern grossen „Topf“ der Dem. praec. untergebracht werden
;önnen, fand ich Schutzferment gegen Schilddrüse und
Onde. Andere Schutzfermente fand ich bei der ganzen
Dem. praec. -Gruppe“ niemals; die durch die selbst-
■erständliche Rücksicht auf die Kranken bedingte Blutöko-
lomie bringt es ja mit sich, dass man nicht jedes Serum mit
iner grösseren Anzahl von verschiedenen Organen zu-
ammenbringen kann, aber wo mir die nötige Menge von Blut
:ur Verfügung stand, habe ich stets diese Kontrolle vor-
(enommen und ich habe bei diesen Kontrollen nicht einen ein¬
igen Fall erlebt, der meine Ueberzeugung von der Spezi-
i z i t ä t dieser Schutzfermente erschüttert hätte. Dass das
^erum der Dem. praec.-Kranken im Dialysierverfahren in der
■tegel zwei Organe (Geschlechtsdrüsen und Rinde, dann und
vann Schilddrüse und Rinde) abbaut, ist für den klinisch
Senkenden keineswegs verwunderlich: wir werden eben an-
lehmen müssen, dass eine primäre „Dysfunktion“ der Ge-
chlechtsdrüsen (resp. der Schilddrüse) sekundär eine Dys-
unktion der Rinde (durch eine schwere Rindenvergiftung)
>ach sich zieht; daher die zwei Schutzfermente, von denen
iber jedes einzelne spezifisch ist; wären sie nicht spe-
-ifisch, so wäre es — ganz abgesehen von klinischen Gesichts-
flo. 11.
Punkten — gar nicht verständlich, warum bei einem Dem.
praec.-Kranken ein solches „n ichtspezifisches“ Fer¬
ment nur Rinde und Geschlechtsdrüsen [resp. Schilddrüse]1)
nicht abet auch andere Organe, Plazenta, Niere etc. im Dialy¬
sierverfahren abbauen sollte.
Es wäre ferner nicht verständlich und liier komme ich
auf eine 2. Gruppe der von mir serologisch untersuchten
Psychosen, die der luetischen und metaluetischen
Erkrankungen — , warum das durch Rinde provozierte
Schutzferment z. B. bei der Paralyse regelmässig nur
Rinde, nicht aber ebenso regelmässig z. B. Geschlechtsdrüsen
abbaut; dass das Serum der Paralytiker dann und wann ein¬
mal, wie ich gefunden habe, auch Niere abbaut, ist für den,
der das Wesen der Paralyse als einer den ganzen Körper
betreffenden Erkrankung kennt, durchaus erklärlich; ich selbst
hatte dieses Verhalten im voraus häufiger und gegenüber einer
grösseren Anzahl von Organen erwartet (ich vermute, dass
es sich gelegentlich auch bei anderen Organen finden wird): es
kann eben bei jedem Organ, das eine „Dysfunktion“ im
A.schen Sinne, d. h. eine Störung des Zellstoffwechsels, dar¬
bietet, das Auftreten eines spezifischen Schutzfermentes im
Blut erwartet werden; dysfunktionieren mehrere Organe,
so muss man sich eben auf mehrere spezifische
Schutzfermente gefasst machen.
Auch dem weiteren Einwand, den ich mir machte: es
möchten die präparierten Organe schon von selbst (d. h. durch
Fäulnis) oder auch gegenüber einem Normalserum abgebaut
werden, konnte ich durch Befolgung der von A. angegebenen
Kautelen begegnen. Da man doch in der Regel mehrere
Kranke gleichzeitig untersuchen wird, so lässt sich diesem
wie dem obengenannten Bedürfnis auch durch die Versuchs¬
anordnung Rechnung tragen: man setzt ein und dasselbe
Organ resp. ein und dasselbe Serum gleichzeitig sowrohl
solchen Seris resp. Organen aus, bei denen ein Abbau, wie
solchen, bei denen kein Abbau zu erwarten ist.
Eine weitere Sicherheit, nach dieser Richtung hin, und
hiermit komme ich wieder auf eine andere Gruppe von psychi¬
schen Störungen, bietet mir — und wohl jedem klinisch den¬
kenden Psychiater — die Tatsache, dass ich beim manisch-
depressiven Irresein und überhaupt bei den sogen,
„rein funktionellen“ Psychosen bis jetzt niemals
Schutzfermente gegen irgend ein Organ nachweisen
konnte.
Ein letzter Einwand, den man sich wohl weniger selbst
macht, der aber von anderen erhoben werden könnte, besteht
darin, dass man etwa durch Vernachlässigung der angegebenen
Kautelen, durch Befangenheit, durch kritiklosen Optimismus,
durch Selbsttäuschung zu Resultaten gelangen könnte, die in
der Richtung des erwarteten Resultates liegen. Diesem Ein¬
wand kann auf verschiedene Weise begegnet werden. In den
ersten Wochen meiner Untersuchungen, als ich noch völligem
Neuland gegenüber stand, half ich mir dadurch, dass ich
unter Uebersendung von Krankenseris und präparierten Or¬
ganen Herrn Professor Abderhalden um Nachprüfung
bat; seiner treuen Mithilfe verdanke ich in dieser Beziehung
vieles. Sehr wichtig wird ferner sein, dass die Unter¬
suchungen auch in anderen Anstalten — und zwar zunächst
unter peinlicher Einhaltung der vorgeschrie¬
benen Technik und Methodik — vorgenommen
werden; zu meiner grossen Freude höre ich, dass dieser von
mir mehrfach geäusserte Wunsch nunmehr erfüllt wird. Da
bis jetzt noch keine solchen fremden Untersuchungen vor-
liegcn, habe ich mir selbst einigermassen dadurch zu helfen
gesucht, dass ich die erwarteten Resultate vor Abnahme des
Versuchs in Gegenwart von Zeugen mündlich oder schriftlich
fixierte und dann die Resultate mit den Erwartungen ver¬
glich2 3); dies konnte ich natürlic herst dann tun, als ich auf
Grund zahlreicher Versuche bereits einen Einblick in das vor
D Schon in einer früheren Arbeit habe ich hervorgehoben, dass
der von mir mehrfach beobachtete Fall von gleichzeitigem Ab¬
bau von Geschlechtsdrüsen (Ovarien) und Schilddrüse, resp. die
daran erkennbare gleichzeitige „Dysfunktion“ dieser beiden Organe
bei ihrem bekannten Korrelationsverhältnis nicht absurd ist.
2) In No. 7 der Deutschen med. Wochenschr. habe ich einige auf
diese Weise zustande gekommene Protokolle veröffentlicht.
3
5S6
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
meinen Augen erstehende neue Gebäude gewonnen hatte.
Man kann sich den Anspruch auf Objektivität weiterhin noch
dadurch sichern, dass man zu der Anstellung und Abnahme
der Versuche Kollegen zuzieht; auch auf deren Zeugnis kann
ich mich berufen, und zwar nicht allein der Assistenzärzte des
Bürgerhospitals — denn von diesen ist jeder aus einem an¬
fänglichen „Saulus“ ein „Paulus“ geworden, sie könnten also
als „befangen“ gelten — , sondern auf das Zeugnis fremder
Kollegen: ich gebe im folgenden das Protokoll von Unter¬
suchungen wieder, die ich vom 29. auf den 30. Januar in
Anwesenheit und unter Kontrolle von 2 Kollegen der grossh.
badischen Heilanstalt lllenau vorgenommen habe3). Wir
gingen in der Weise vor, dass den Herren Kollegen die zur
serologischen Untersuchung gelangenden Kranken klinisch
vorgestellt, dass die Versuche von Anfang an bis zum Ein¬
bringen in den Brutschrank und dann am anderen Tage die
Fortsetzung der Versuche bis zum Kochen mit Ninhydrin in
ihrer Anwesenheit und unter ihrer Kontrolle gemacht wurden,
dass vor Beendigung des Versuches für sämtliche Gläser die
Erwartung schriftlich fixiert und bei den mit Ninhydrin ge¬
kochten Flüssigkeiten die Entscheidung, ob „positiv“?, ob
„negativ“? von einer Person getroffen wurde, die von dem zu
erwartenden Resultat keine Kenntnis haben konnte. Das ge¬
nannte Protokoll lautet folgendermassen (das in Klammern
Gesetzte bedeutet jeweils die schriftlich fixierte Erwartung,
das ausserhalb der Klammer das gefundene Resultat).
1. M., münnl., (progr. Paralyse) Rinde (pos.) p o s. Testikel und
Schilddrüse (neg.) n e g. Niere (?) n e g.
2. D., m., (Dem. praec.) Testikel (pos.) pos. Rinde (pos.) „n e g.“,
aber Andeutung einer pos. Reaktion, Schilddrüse (neg.) n e g.
3. B., m., (Hypomanie) Testikel, Rinde und Schilddrüse (neg.)
n c g.
4. R., m., (Dem. praec.) Testikel und Rinde (pos.) pos. Schild¬
drüse (neg.) neg.
5. N., m., (Dem. praec.) Testikel und Rinde (pos.) pos. Schild¬
drüse und Ovarium (neg.) neg.
6. M., m., (Dem. praec.) Testikel und Rinde (pos.) pos. Schild¬
drüse, Ovarium und Niere (neg.) neg.
7. St., weibl., (Dem. praec.) Ovarium und Rinde (pos.) pos.
Schilddrüse (neg.) neg.
8. L., w., (Dem. praec.) Ovarium und Rinde (pos.) pos. Schild¬
drüse und Testikel (neg.) neg.
9. M.. w., (Man.-depr. Irresein) Ovarium, Rinde und Schilddrüse
(neg.) neg.
10. H., \v„ (Man.-depr. Irresein) Ovarium, Rinde und Schild¬
drüse (neg.) n e g.
11. Q., w., („Angstpsychose“) Ovarium (?) neg. Rinde (?)
pos. Schilddrüse (neg.) neg. (Die Kranke ist inzwischen gestorben.)
In Ermangelung fremder Kontrolle habe ich mir vom 13.
auf 14. d. M. die Versuche folgendermassen eingerichtet. Die
Person A„ die die Versuche ausführte, erhielt von den beiden
Abteilungsärzten lediglich mit Ziffern versehene Blutpunktate;
die für die einzelnen Kranken zu erwartenden Resultate
wurden von mir selbst im voraus schriftlich fixiert; die Dialy-
sate wurden zwecks Kochens mit Ninhydrin an A. so über¬
geben, dass A. nicht wissen konnte, mit welchen Organen das
Serum zusammengebracht war; die Bestimmung der Reaktion
bei den einzelnen Gläsern nahm ich selbst vor, ehe mir der
Inhalt der einzelnen Gläser bekannt war; dann verglichen wir
das gefundene Resultat mit der „Erwartung“ (letztere im
folgenden in Klammer gesetzt): _ ( _
1. Sch., weibl., (Dem. praec.) Ovarium und Rinde (pos.) pos.
Niere und Schilddrüse (neg.) n e g.
2. M.. w., (Man.-depr. Irresein) Ovarium, Rinde, Schilddrüse und
Testikel (neg.) neg.
3. G., w., (einfacher Depressionszustand) Ovarium, Rinde und
Niere (neg.) neg.
4. St., w., (Dem. praec.) Ovarium (pos.) pos. Rinde (pos.)
n e g.!
5. H., w., (Man.-depr. Irresein) Ovarium, Rinde, Testikel, Niere
und Leber (neg.) n e g.
3) Herr Geheimrat Sch ii 1 e, der von Anfang an der Sache das
grösste Interesse entgegengebracht hat, wird die Untersuchungen in
seiner Anstalt in grösserem Umfange weiterführen; auch die Krae-
pelinsche Klinik in München befasst sich, wie ich höre, mit den
Untersuchungen. — Zusatz bei der Korrektur: Herr Geheimrat
S c h ü 1 e hat mir inzwischen mitgeteilt, dass in der Illerauer Anstalt
analoge Untersuchungen im Gange sind und dass die Resultate, die
demnächst veröffentlicht werden, voraussichtlich meine Befunde zu
bestätigen scheinen.
No. 11.
6. St., w., (progr. Paralyse) Ovarium (neg.) zweifelhaft, eher
neg. Rinde (pos.) pos. Schilddrüse (neg.) neg.
7. L„ niännl., (Dementia praec.) Rinde und Testikel (pos.)
n e g.!
Der Versuch wurde bei diesem Kranken nach wenigen
Tagen wiederholt, das Resultat war ganz dasselbe. Trotzdem
muss ich nach den klinischen Erscheinungen die Diagnose
„Dem. praec.“ aufrecht erhalten, aber es liegt einer jener Fälle
vor, wo die Erkrankung in A n f ä 1 1 en mit starken Remis¬
sionen resp. fast vollständigen Intermissionen auftritt; bei der
Blutentnahme (und auch jetzt noch) hatte der sehr intelligente
Kranke seine Wahnideen korrigiert, hatte Krankheitseinsicht,
nur etwas Unfreies in seinem Wesen. Gerade für solche Fällei
[wie auch für die Endzustände der „Dem. praec.“ 4)] werden
ausgedehntere serologische Untersuchungen wohl noch
manches interessante Detail zu Tage fördern.
8. H„ m„ (Delirium tremens) Rinde (?) neg. Schilddrüse.
Testikel, Niere, Leber (neg.) neg.
9. M., m„ (progr. Paralyse) Rinde (pos.) neg.! Schilddrüse.:
Niere, Testikel (neg.) neg.
Da dies bis dahin der erste Fall von progressiver
Paralyse war, bei dem ich im Dialysierverfahren kein
Schutzferment gegen Rinde nachweisen konnte, wurde der
Versuch mit Rinde (und Niere) nach 2 Tagen wiederholt — j
m i t demselben Resultat. Der Kranke befindet sich
im allerletzten Stadium seiner Erkrankung, der er in Zcitkürzc
erliegen wird 5) : ob in einem solchen Fall das Blut vielleicht
kein Schutzferment mehr zu bilden vermag? (cf. Tuberkulose!)
Einen zweiten Fall dieser Art habe ich heute festgestellt: auch
hier im Paralytikerserum kein Schutzferment gegen Rinde:
In diesem Fall war vor einigen Wochen die Reaktion ruh
Rinde sicher positiv, inzwischen ist ein erheblicher Kräftever¬
fall eingetreten, aber nicht in dem hohen Masse, wie bei dem
ebengenannten Kranken °). Auch für solche Fälle werden
weitere Untersuchungen in grossen Anstalten gewiss noch
vieles Interessante bringen.
10. K., m„ (einfacher Depressionszustand) Rinde, Testikel und
Schilddrüse (neg.) n e g.
Ich denke, aus diesen wie aus den in der „Deutscher
med. Wochenschr.“ von mir niedergelegten Versuchsergeb¬
nissen ergibt sich doch — neben einigen Schwankungen
im einzelnen — eine erhebliche Sicherheit in
ganzen. Notwendig sind aber behufs Herausarbeitung von
feineren Details und von Konsequenzen in theoretischer unt
praktischer Hinsicht weitere einwandfreie Untersuchungen
Zur Vereinfachung der Arbeit wird es erheblich beitragen
wenn nur solche Untersucher an die Aufgabe herantreten, die
sich mit der Methodik vorher genau vertraut gemacht haben
Professor Abderhalden hat in seinen Veröffentlichunger
schon wiederholt darauf hingewiesen, dass er zur Einführung
in seine Methodik gerne bereits ist; auch ich selbst bin germ
erbötig, Kollegen, die sich einige Tage in Stuttgart aufhalter
wollen, im Laboratorium des Bürgerhospitals die nötigen An
leitungen und praktischen Vorführungen zu geben. Je höhei
das Ziel, um so grösser die Verantwortung. Handelt e:
sich doch letzten Endes, wie ich schon an anderer
Stelle ausführte, um nicht mehr und nicht weniger
als um eine künftige pathologische Serologie
der Psychosen, um die Ergänzung — resp. da, wd
kein anatomischer Befund vorliegt, um den Ersatz — dei
pathologischen Anatomie durch die p a t h o
logische Serologie.
4) Bei einer alten paranoiden Demenz (weibl.), die ich in dei
letzten Tagen untersuchte, fand ich bei zweimaliger Untersuchuni.'
jedesmal Ovarien und Rinde entgegen meiner Erwartung neg. (aucl
Schilddrüse neg.).
5) Ist inzwischen gestorben.
8) Ich bemerke, dass in diesen beiden Fällen die Paralyse-,
diagnose nach jeder Richtung hin sichergestellt ist; bei dem erster
der beiden Kranken wurde die Wassermann sehe Untersuchum
des Blutes vor 2 Tagen nochmals wiederholt, sie ist immer nocl
pos.; auf eine Wiederholung der Wa.-Untersuchung der Spinalfiüssig
keit, die früher in beiden Fällen sich als pos. ergab, wurde ver¬
zichtet. Ich bemerke bei dieser Gelegenheit, dass ich in der zentri
fugierten Spinalflüssigkeit der Paralytiker bis jetzt noch nie¬
mals Schutzferment gegen Rinde nachweisen konnte.
8. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
587
Aus der Universitäts-Frauenklinik Erlangen
(Prof. Dr. L. S e i t z).
Zur biologischen Diagnose der Schwangerschaft ).
oii Privatdozent Dr. Ernst E n g e 1 h o r n, Oberarzt der
Klinik.
Abderhaldens1) Veröffentlichungen über die Sero-
lagnose der Schwangerschaft waren in erster Linie für den
faktischen Geburtshelfer von ganz besonderem
üeresse, war er doch nun in der Lage, die durch die bisher
blichen Untersuchungsmethoden so häufig unsichere und un-
uverlässige Diagnose der Schwangerschaft durch exakte
issenschaftliche Methoden sicherzustellen. Der Grund-
edanke der A b d e r h a 1 d e n sehen Versuche ist der, dass,
.'enn blutfremde Stoffe in die Blutbahn gelangen, hier Stoffe
n Plasma gebildet werden, welche diese fremden Stoffe zu
uschädlichen abbauen; es erwehrt sich der Organismus blut-
emden Materials durch in die Blutbahn sezernierte Fer¬
ien t c, die wir als Schutzfermente bezeichnen können. Die
ätsache dieses Vorgangs lässt sich auf zweierlei Weise be¬
hackten, erstens durch die Polarisation (optische Me-
icde) und zweitens durch das sogenannte Dialysier-
e r i a h r e n. Ist eine Frau schwanger, so kommt es, wie
.ir durch die Untersuchungen von S c h m o r 1 und Veit
issen, zur Abreissung von Chorionzellen; es kreist blut-
-emdes Material im Organismus der Mutter.
Abderhalden ist es gelungen, Serum von schwan-
eren und nichtschwangeren Menschen und Tieren durch die
’rüfung ihres Verhaltens gegenüber Plazentareiweiss (Dialy-
ierverfahren) resp. Plazentapepton zu unterscheiden. Das
er um Schwangerer enthältFermente, die die
enannten Plazentabestandteile abzubauen
ermögen, Mit den beiden genannten Verfahren sind wir
Iso in der Lage, die Frage, ob Schwangerschaft vorliegt oder
icht, zu entscheiden.
Von einer Reihe von Kliniken wurde die Abderhalden sehe
iethode einer Nachprüfung unterzogen. So berichten Frank und
eimann2) aus der Breslauer Klinik über ihre Nachuntersuchungen,
ie benützten als Dialysie'rmaterial Fischblasenkondoms und stellten
ir die Biuretreaktion an. Bei sicher schwangeren Frauen war die
eaktion immer positiv, bei nichtgraviden negativ. Bei 23 Fällen, bei
men eine Diagnose zweifelhaft war, stellte es sich bei der Nach-
ltersuchung heraus, dass zweimal bei nichtgraviden Frauen
ne positive Reaktion aufgetreten war. Die Verfasser glauben,
iss diese Versager in dem Dialysiermaterial liegen und geben der
offnung Ausdruck, dass mit Verbesserung dieses Materials solche
ersager zu vermeiden sind.
Weiter berichten Franz und J a r i s c h 3) aus der Qrazer
linik über ihre ebenfalls nur mit der Biuretreaktion angestellten
ersuche. Die Reaktion war bei Nichtgraviden stets negativ, bei
diwangerschaft durchaus positiv. Das Abbauvermögen des Serums
;genüber der Plazenta blieb im Verlauf der Schwangerschaft er¬
bten und schien sich gegen das Ende noch etwas zu steigern, auch
ährend der Geburt vermochten die Seren durchaus und meist sehr
ark abzubauen. Im Wochenbett bauten 18 Seren aus den ersten
Tagen nach der Geburt durchgehends, wenn vielleicht auch etwas
:hwächer als die Seren Schwangerer und Gebärender ab. Nach
;m 9., 10. und 13. Tage nach der Geburt war noch eine positive
eaktion zu erhalten, während am 16. und 18. Wochenbettstage eine
eaktion nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Von besonderem
teresse ist das Verhalten der Seren von Schwangerschaftsderma-
'Sen, eines von Schwangerschaftsniere und ferner eines von einer
klamptischen; alle diese bauten auffallend stark ab, so dass man den
indruck bekam, als ob die Fermentation stärker sei, als unter nor¬
men Verhältnissen. Verfasser finden sich hier in Uebereinstimmung
it Abderhalden, der ebenfalls von einem starken Abbauver-
')gen für seine Fälle von Schwangerschaftstoxikosen spricht. Verf.
"üften ferner Seren von Tumorkranken auf ihr Abbauvermögen
igen Plazentareiweiss. Sie bekamen in einem Falle von Kollum-
a r z i n o m und in einem Falle von Chorionepitheliom
>enfalls positive Reaktion. Es fassen die beiden Verfasser ihr
rteil über das Dialysierverfahren dahin zusammen, dass es mit seiner
*) Nach einem am 9. Februar 1913 in der Bayer. Gesellschaft
r Geburtshilfe und Frauenkrankheiten gehaltenem Vortrag.
’) Abderhalden: Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 24,
1305 u. No. 36, S. 1939. Deutsche med. Wochenschr. No. 46, 1912,
iselbst weitere Literaturangaben.
!) F r a n k und Heimann: Berliner klin. Wochenschr. 1912,
o. 36.
s) F r a n z und J arisch: Wiener klin. Wochenschr. 1912,
o. 39.
Hilfe unter peinlichster Beachtung aller Kautelen zweifellos gelingt,
eine bestehende Schwangerschaft nachzuweisen. Für praktische
Zwecke möchten sic daneben zur Sicherung der Diagnose die Ro¬
se nt ha Ische Methode der Bestimmung des antitryptischen Scrum-
titers nicht missen.
Auf Grund der an der Hallenser Klinik angestellten Unter¬
suchungen macht Veit4) die Einschränkung, dass das Verfahren von
Abderhalden keine sichere Methode zur Diagnose der normalen
Schwangerschaft ist. Vielmehr zeigt sie mit positivem Ausfall nur,
dass noch reichlich lebendes Plazentargewebe im Uterus enthalten
ist. Allerdings konnte Veit auch zwei Fälle beobachten, bei denen
geringe Mengen lebendes Plazentargewebe im Uterus zurückgeblieben
waren, die Abderhalden sehe Reaktion in 2 Fällen aber trotz¬
dem negativ ausgefallen war. V e i t sieht den grössten Wert der
Methode nicht in der Praxis, sondern auf dem Gebiete der Physio¬
logie.
In allerletzter Zeit hat Henkel5) aus der Jenenser Klinik seine
Erfahrungen veröffentlicht. Unter genauer Berücksichtigung aller
Fehlerquellen war bei 40 Untersuchungen keine Fehldiagnose zu er¬
halten. Bei der Untersuchung eines Falles von Eklampsie ergab sich,
dass eklamptische Plazenta von dem Serum der Eklamptischen nicht
abgebaut wurde. Man könnte daraus, wie Verfasser betont, den
Schluss ziehen, dass der Organismus gegenüber dem massenhaften
Eindringen des eklamptischen Giftes nicht mehr imstande sei, Abwehr¬
stoffe mobil zu machen. Die klinische Beobachtung des Falles ent¬
sprach dieser Annahme. Bei der Frau war die Eklampsie ganz akut
zum Ausbruch gelangt und hatte schnell zum Tode geführt. Einen
bedeutenden Wert des Verfahrens sieht Verfasser in den Fällen, in
denen es sich um die Diagnose zwischen Adnextumor und Extra¬
uteringravidität handelt. Er berichtet über einen einschlägigen Fall,
in dem nur durch die Abderhalden sehe Reaktion die Diagnose
einer Tubargravidität gestellt werden konnte. Bei der Operation
stellte es sich heraus, dass neben der rechtseitigen Tubargravidität eine
linkseitige Adnexerkrankung vorhanden war. Henkel hält auf
Grund seiner Beobachtungen das Abderhalden sehe Verfahren
für einen der bedeutsamsten Fortschritte auf unserem Arbeitsgebiet.
Ich habe an unserer Klinik Versuche mit dem Abder¬
halden sehen Dialysierverfahren angestellt und es
auf seine Brauchbarkeit für rein klinische Zwecke geprüft.
Auf die Methode brauche ich hier nicht näher einzugehen, ich
verweise auf dieVeröffentlichungen Abderhaldens. Ich möchte
nur betonen, dass wir bei Anwendung des Dialysierverfahrens
uns über eine Reihe von Fehlerquellen, die in dem Verfahren
liegen, klar sein müssen, wie Abderhalden selbst und eine
Reihe der oben genannten Autoren hervorheben. Es dürfen
erstens nur solche Hülsen (Diffusionshülsen No. 579 von
Schleicher und S c h u e 1 1, Düren) verwandt werden, die
auf ihre Nichtdurchlässigkeit für Eiweiss und ihre genügende
Durchlässigkeit für Peptone geprüft sind. Zweitens muss das
Plazentarmaterial, das zu den Versuchen benützt wird, so oft
mit je der 10 fachen Menge Wasser ausgekocht werden, bis
das Kochwasser mit Triketohydrindenhydrat keine Färbung
mehr gibt.
Ich habe wie auch Henkel (1. c.) die Erfahrung gemacht,
dass das nach Vorschrift behandelte Plazentargewebe nicht
beliebig lange haltbar ist, sondern dass nach einiger Zeit (8 bis
10 Tagen) das Kochwasser mit Ninhydrin wieder eine positive
Reaktion gibt. Es ist deshalb zu empfehlen, die Plazenta nicht
allzulange zu konservieren, sondern ihre Herstellung öfter vor¬
zunehmen. Der dritte Punkt, auf den wir besonders achten
müssen, ist der, dass nur ganz klares Serum verwendet wird;
es darf keine Hämolyse eingetreten sein, da dann das Serum
allein schon eine positive Reaktion gibt. Unter Beachtung
dieser Vorsichtsmassregeln habe ich meine Untersuchungen in
der Weise angestellt, dass ich immer zu einem Versuch Serum
von Schwangeren und Nichtschwangeren verwendet habe; die
Blutentnahme (ca. 20 ccm aus der Armvene) wurde stets zu
der gleichen Tageszeit nachmittags 4 Uhr vorgenommen.
(Kontrolluntersuchungen mit Seren, die morgens von nüch¬
ternen Frauen entnommen waren, ergaben die gleichen Resul¬
tate.) Nach Verlauf von K — % Stunden war der Versuch
fertig angesetzt und kamen die Hülsen auf 16 Stunden in den
Brutschrank. Es wurden jedesmal für sich geprüft: 1. die
Plazenta, 2. Serum einer Schwangeren, 3. dieses Serum +
Plazenta, 4. Serum einer Nichtschwangeren, 5. dieses Serum
T Plazenta. Als Reagens wurde das Ninhydrin verwendet;
zu Anfang der Versuche wurde gleichzeitig auch die Biuret¬
reaktion angestellt. Ich verfüge im ganzen über 108 Fälle;
4) Veit: Zeitschr. f. Geb. und Gyn., Bd. 72. 1912.
5) Henkel: Arcli. f. Gyn., Bd. 99, H. 1.
3
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 11.
588
60 Schwangere vom 4.—- 10. Schwangerschaftsmonat und
4S Nichtschwangere (s. Tabelle). Bei den 11 negativen Fällen
von Schwangerschaft handelte es sich um Frauen vom 9. und
10. Schwangerschaftsmonat.
Diagnose:
Zahl der
Fälle
Abderhalden
positiv negativ
Schwangere .
60
49
11
Nichtschwangere . . .
48 .
31
17
Normaler Genitalbefund
11
4
7
Prolaps .
12
10
2
Karzinom .
8
4
4
Kystom .
7
5
2
Pyosalpinx .
2
2
—
Chorionepitheliom . . .
1
1
—
Puerpera .
3
1
2
Myom .
4
4
—
Gleichzeitig mit diesen Versuchen prüfte ich die Wirkung
von Serum Schwangerer und Nichtschwangerer auf Karzinom¬
gewebe, Ovarialgewebe und Leber vom Neugeborenen; das
Gewebe wurde genau wie die Plazenta zubereitet.
Ich bekam bei diesen Versuchen folgende Resultate:
Karzinomgewebe wurde vom Serum Schwangerer (12 Fälle)
10 mal abgebaut, 2 mal war die Ninhydrinprobe negativ;
Serum Nichtschwangerer (11) gab 8 mal positive, 3 mal nega¬
tive Reaktion (darunter 1 Serum einer Karzinomkranken!).
Ovarialgewebe wurde vom Serum Nichtgravider in allen
(3) Fällen abgebaut; das Serum Gravider ergab 1 mal positive
und 2 mal negative Reaktion.
Die Einwirkung von Serum auf fötale Leber ergab bei
Graviden und Nichtgraviden bald positive, bald negative
Reaktion.
Ich komme auf Grund meiner Untersuchungen zu folgen¬
dem Schluss:
Das Abderhaldensche Dialysierverfahren
gibt keine spezifische Reaktion; wir sind
deshalb nicht berechtigt, nach dem Ausfall
der Abderhaldenschen Reaktion eine Dia¬
gnose zu stellen.
Aus der Universitäts-Frauenklinik der Kgl. Charitee zu Berlin
(Direktor: Geheimrat Prof. Dr. K. Franz).
Die Nierenfunktionsprüfung mittels des
Phenolsulfonphthaleins.
Von Fr. Fromme und C. R u b n e r.
Nach Erscheinen unserer ersten Publikation 0 über die
Nierenfunktionsprüfung mit dem von Rowntree und
Geraghty eingeführten Phenolsulfonphthalein haben sich
verschiedene Autoren mit diesem Mittel beschäftigt, und sind
zum Teil zu widersprechenden Angaben gelangt. Unser Urteil
über die Verwendung des Phenolsulfonphthaleins zu nieren¬
diagnostischen Zwecken war etwas skeptisch, und wir konnten
die Angaben von Rowntree und Geraghty nicht in
allen Punkten bestätigen, wenngleich wir überzeugt waren,
dass sich mit gewissen Einschränkungen brauchbare Resultate
mit dem Phenolsulfonphthalein erreichen lassen, die ihm einen
Platz unter unseren nierendiagnostischen Methoden sichern
müssen.
Abgesehen von Arbeiten von Deutsch* 2), welcher
ebenso wie Sehrt3) der Phthaleinprobe wenn auch auf
Grund relativ kleiner Beobachtungsreihen doch eine sehr
grosse Bedeutung zulegt, hat sich Vogel4) mit dem Mittel
beschäftigt und dann in dieser Wochenschrift vor allen Dingen
W. Autenrieth und A. Funk5). Dieser letzteren Arbeit
musste bei der reichen Erfahrung der beiden Autoren in kolo-
rimetrischen Bestimmungsmethoden eine besondere Bedeu¬
4) Berliner klin. Wochenschr. 1912, No. 40.
") Wiener klin. Wochenschr. 1912, No. 32.
3) Zentralbl. f. Chirurgie 1912, No. 33.
4) Berliner klin. Wochenschr. 1912, No. 46.
6) Münch, med. Wochenschr. 1912. No. 49 und 50.
tung beigelegt werden, und sie hat uns auch veranlasst, unsere
Beobachtungsreihen fortzusetzen, um weiteres Material über
die Ausscheidung des Phenolsulfonphthaleins bei nieren¬
gesunden Menschen herbeizubringen. Unserer Ansich'
nach müssen zuerst durch zahlreiche Untersuchungen bei nor¬
malen Individuen Anhaltswerte geschaffen werden, die nicht
nur aussagen, ob das Mittel subkutan, intravenös oder intra¬
muskulär anzuwenden ist, sondern aus denen auch ein Schluss
zu ziehen ist, nach welcher Zeit (2 oder 3 Stunden) eine be¬
stimmte Menge des Phenolsulfonphthaleins ausgeschieden
werden muss, wenn die Nierentätigkeit eine normale ist. Erst
dann kann daran gegangen werden, das Phenolsulfonphthalein
auch bei nierenkranken Menschen anzuwenden, um Rück¬
schlüsse zu machen auf die Funktionstüchtigkeit der Nieren.
Wir werden uns daher in den folgenden Ausführungen auch,
nur mit der Anwendung des Phenolsulfonphthaleins bei nieren¬
gesunden Menschen beschäftigen.
Unsere Technik war immer die gleiche. 1 ccm des in Ampullen
zu etwas über 1 ccm fertig erhältlichen Phenolsulfonphthaleins wird,
nachdem der Patient 20—30 Minuten vor der Injektion 300— 400cc.nr
Wasser getrunken hat. mit einer geeichten Rekordspritze intra¬
muskulär oder intravenös eingespritzt. Es muss der grösste Wert
darauf gelegt werden, dass von der zu injizierenden Menge nicht'
ein Tropfen verloren geht. Auch wir können bestätigen, dass der
Verlust von zwei grösseren Tropfen einem Verlust von ca. 10 Proz,
im Qesamtresultate entsprechen kann. Geraghty und R o w n
t r e e haben angegeben, dass bei normalen Individuen das Phenol¬
sulfonphthalein nach folgenden Zeiten im Urin erscheinen und im
folgenden Quantitäten ausgeschieden werden soll: 1. bei subkutaner
Injektion soll es nach 5—11 Minuten im Urin nachweisbar werden und
in der ersten Stunde (nach Erscheinen) mit 48 — 60 Proz. (im Mittel
50 Proz.), in der weiteren Stunde mit 12 — 25 Proz., total also mit
60—85 Proz. ausgeschieden werden. 2. Bei intramuskulärer Anwen¬
dung sei die Zeit des Erscheinens dieselbe, die Ausscheidung betrage
aber in der ersten Stunde 43—70 Proz. 3. Bei intravenöser Injektion
erscheine das Mittel nach 3—5 Minuten, 35—40 Proz. sollen in den
ersten 15 Minuten, 50 — 65 Proz. in der ersten halben Stunde, und
63 — 80 Proz. in der ersten Stunde ausgeschieden werden.
Geraghty und Rowntree haben gewöhnlich die
intramuskuläre Anwendung in die Lumbalmuskeln bevorzugt
und geben an, dass dabei bei normalen Individuen nach
2 Stunden mindestens 60 Proz., gewöhnlich aber 60—85 Proz
ausgeschieden sein müssten. Autenrieth und Funl)
haben diese Angaben auf Grund von 15 untersuchten normaler
Fällen, die zum Teil von Sehrt, zum Teil von Erne beob
achtet worden waren, bestätigt. Keiner dieser Fälle hatte
nach 2 Stunden weniger wie 70 Proz. ausgeschieden, die
meisten 75 Proz. und mehr.
Nach unseren Untersuchungen, die zusammen mit der
früher von uns veröffentlichten bei 120 nierengesunder
Patientinnen vorgenommen wurden, können wir diese
Resultate nicht bestätigen. Wir erhielten be
intramuskulärer Anwendung in zwei Stunden aus 50 Fäller
berechnet im Mittel nur eine Ausscheidung von 52,78 Proz.
und nach weiteren 20 Untersuchungen nur eine Mittelleistum
von 50,6 Proz., also Zahlen, die weit hinter denen der ober
genannten Autoren Zurückbleiben, trotzdem wir die gleicht
Technik, das gleiche Kolorimeter, neuerdings mit einem voi
der Firma Heilige & Co., Freiburg i. B., eigens für diest
Untersuchungen angefertigten Keil mit genauer Standard
flüssigkeit angewendet haben. Der Wert der von uns ge
fundenen Zahlen wird aber weiter beeinträchtigt dadurch
dass die Differenz der Ausscheidungsmengen bei den einzelne!
Patientinnen schwankt zwischen 23 Proz. als Mindestleistung
und 78 Proz. als Höchstleistung in 2 Stunden. Das sind natür
lieh Differenzen, die den Wert des Phenolsulfonphthaleins be
intramuskulärer Injektion und nur zweistündiger Beob
achtungszeit absolut in Frage stellen. Wir sehen, dass neuer
dings A I b r e c h t n) ganz dieselben Erfahrungen gemacht hal
Er fand, dass in 2/a der Fälle trotz sichergestellter normale
Nierenfunktion in den ersten 2 Stunden nur 40 — 50 Proz. aus
geschieden wurden. Auch Eichmann') scheint dieselbe!
Beobachtungen gemacht zu haben.
Wir haben daher, um diese Fehler eventuell zu beseitige!
die Beobachtungszeit auf 3 Stunden verlängert, da wir öfter
a) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Bd. 37, H. 2, S. 27<
7) Zentralbl. i. Gynäkol. 1913, No. 6, S. 203.
8. März 19j3.
esehen hatten, dass in der 3. Stunde nach Erscheinen des
'henolsufonphthaleins im Urin noch grössere Mengen ausge-
chieden wurden. Unsere neuen Erfahrungen decken sich
öllig mit den in unserer ersten Publikation in Tabelle 2 zu-
aminengestellten Resultaten. Nimmt man die 3. Stunde zu
lilfe, so beobachtet man, dass in dieser Zeit in den aller-
icisten Fällen über 60 Proz. des eingespritzten Phenolsulfon-
hthaleins im Urin ausgeschieden sind, dass unter Umständen
uch Werte bis 86 Proz. erreicht werden. Aber auch hier gibt
s Ausnahmefälle. Wir sehen deren unter 60 Beobachtungen
, in denen auch bei wiederholtem Versuche 60 Proz. nicht
rreicht wurden und die Ausscheidungsmengen auch bei nieren-
esunden Menschen zwischen 39 — 60 Proz. betrugen.
Es hat sich bei uns immer mehr die Ueber-
eugung gefestigt, dass die Phenolsulfou-
hthaleinprobe bei intramuskulärer Anwen-
ung absolut unsichere Resultate gibt. Die
Jesorptionsbedingungen müssen an verschiedenen Stellen und
ei verschiedenen Individuen verschiedene sein. Wir haben
uch absolut keine Kontrolle, ob das Mittel in den Muskel
elbst oder in ein Muskelinterstitium gelangt.
Die Resultate drängen uns dazu, die intra-
mskuläre Injektion des Phenols ulfonphtha-
eins entgegen den Angaben von Qeraghty
ndRowntree, Autenrieth und Funk zu wider-
a t e n.
Besseres erhofften wir von der intravenösen
ipplikation des Mittels. Hier wird dieses direkt der
Uutbahn einverleibt, unkontrollierbare resorbierende Gewebs-
lassen sind also ausgeschaltet.
Schon in unserer ersten Publikation haben wir darauf
ingewiesen, dass bei intravenöser Einspritzung in den ersten
Stunden die Ausscheidungsmenge gewöhnlich 60 Proz. über-
teigt, dass meistens im Durchschnitt 70 Proz. nachweisbar
/erden, und wir können diese Angaben nach Anstellung
euer zahlreicher Versuche wiederum bestätigen. Wir be-
echnen jetzt die Ausscheidungsmenge des intravenös ein-
espritzten Phenolsulfonphthalein bei dreistündiger Beob-
chtungSzeit auf 76 Proz. im Durchschnitt. Die Menge
ann aus uns nicht bekannten Ursachen unter Umständen
eringer sein, geht aber immer über 60 Proz. heraus, sie
ann auch erheblich grösser sein, und bis 88 und 90 Proz.
etragen. Die Mengen, die in der ersten Stunde schon
liminiert werden, können grosse sein, bis 60 Proz.; es
/erden dann in der zweiten und dritten Stunde nur noch ge-
inge Quantitäten ausgeschieden. Aber auch das Umgekehrte
>t möglich, und der Hauptanteil fällt dann auf die zweite und
ritte Stunde. Die Ausscheidungsmengen der letzteren be-
'agen aber bei allen unseren Beobachtungen niemals mehr
ls 15 Proz.
Bestätigen können wir nach unseren neueren Unter-
uchungen die Angaben Geraghtys und Rowntrees,
ass gewöhnlich 5 — 11 Minuten nach der Injektion ver-
treichen, bis das Phenolsulfonphthalein im Urin nachweisbar
/ird.
Wir kommen zum Schlüsse. Nach wie vor müssen wir
olgerungen auf die Funktionstüchtigkeit der Nieren, die nach
uokutaner oder intramuskulärer Anwendung des Phenol-
ulfonphthaleins bei zweistündiger Beobachtungszeit gezogen
/erden, als grossen Fehlerquellen unterworfen bezeichnen;
otzdem halten wir die Phenolsulfonphthaleinprobe für eine
’ichtige Bereicherung unserer nierendiagnostischen Methoden,
nd es wäre bedauerlich, wenn sie infolge falscher Technik
icht die Anerkennung finden würde, welche sie verdient.
Konstante Resultate gibt nach unseren Erfahrungen nur
ie intravenöse Injektion des Phenolsulfonphthaleins. Bei
reistündiger Beobachtungszeit müssen dann bei gesunden
ieren mindestens 60 — 65 Proz. aus dem Körper eliminiert
erden. Gewöhnlich ist das ausgeschiedene Quantum aber
in sehr viel grösseres und kann bis 90 Proz. betragen.
589
Aus Dr. Deckers Sanatorium für Magen-, Darm- und
Zuckerkranke in München.
Ueber gutartige Polypen des Masldarms und des
S. romanum.
Von Hofrat Dr. Decker.
Die Aetiologie der Darmblutungen hat durch die Rekto¬
skopie eine bedeutende Erweiterung erfahren. Wir können
mittels dieser exakten Untersuchungsmethode tagtäglich die
Erfahrung machen, dass die Diagnose „Hämorrhoidalblutung“
sehr oft eine irrige und die Quelle der Blutung in anderen
pathologischen Veränderungen der Darmschleimhaut zu suchen
ist. Unter den letzteren kommen speziell Polypen häufiger
vor, als man früher, wo uns das Rektoskop noch nicht zur
Verfügung stand, geglaubt.
Die gutartigen Polypen treten entweder als Solitärpolypen
oder als multiple Polypen auf und scheinen häufiger im Rektum
als in den höher gelegenen Darmpartien vorzukommen. Im
allgemeinen sitzen sie der Schleimhaut gestielt, selten mit
breiter Basis auf, ein Umstand, der für die Behandlung in¬
sofern günstig ist, als die gestielten sich leichter abtragen
lassen, wie die breit aufsitzenden. Ausser der Blutung und
hin und wieder auftretenden oft starken Schleimabsonde¬
rungen, letztere dann, wenn die Polypen im unteren Darm¬
abschnitt ihren Sitz haben, machen dieselben kaum Be¬
schwerden und können daher, wenn die Blutung nicht eine
abundante ist, jahrelang bestehen, ohne zu erheblichen Stö¬
rungen Anlass zu geben.
Die Hauptfrage, die uns hierbei interessiert, ist die der
Behandlung. Von den gewöhnlichen blutstillenden Mitteln
sowohl wie von der Kauterisation mit chemischen Mitteln ist
eine tiefgehende Wirkung, resp. Radikalbeseitigung nicht zu
erwarten; es kommt daher nur die endorektale resp. etido-
sigmoidale chirurgische Behandlung in Betracht. Strauss
rät von der Abtragung der Polypen mit Rücksicht auf den
Gefässreichtum derselben und die dadurch mögliche stärkere
Nachblutung ab. Es ist nicht zu leugnen, dass die Polypen
ausserordentlich leicht und bei der geringsten Berührung mit
einem Instrument bluten, und muss ich gestehen, dass ich an¬
fangs mit einem gewissen Zagen mit Rücksicht auf diese Gefahr
an die Abtragung herangegangen bin. In 10 Fällen, die ich auf
diese Weise radikal behandelt, ist es jedoch nie zu einer Nach¬
blutung gekommen und kann daher diese Behandlung als un¬
gefährlich wohl empfohlen werden.
Zwei Arten der Abtragung kommen in Betracht, entweder
die vermittels der kalten Schlinge oder des Paquelin. Die
Abschnürung mit der kalten Schlinge ist besonders zu emp¬
fehlen bei gestielten Polypen der Ampulla recti; selbst wenn
in solchen Fällen eine Nachblutung sich einstellen sollte, so
ist dieselbe der lokalen Blutstillung durch Kompression oder
Tamponade leicht zugänglich. Dagegen empfiehlt sich diese
Art der Abtragung bei Polypen in der Flexura sigmoidea mit
Rücksicht auf die schwierige Zugänglichkeit behufs Stillung
einer Nachblutung nicht. Ich habe deshalb in solchen Fällen
den Paquelin vorgezogen. Es ergab sich nun bei dem ersten
Fall, den ich in dieser Weise behandelte, dass der Paquelin
in seinem oberen erweiterten Ende zu dick war und dadurch
das Gesichtsfeld innerhalb des Rektoskoprohres zu sehr ein¬
engte, so dass die sichere Führung des glühenden Brenners
unmöglich war. Letzteres ist aber absolute Voraussetzung,
denn ohne Führung des Auges könnte leicht eine Durchbren-
nung der Darmwand verursacht werden, die die schlimmsten
Folgen nach sich ziehen könnte. Diese Schwierigkeit war
aber leicht zu beheben durch Anfertigung eines in seinem
oberen Ende schmalen Paquelins, der ein genügend freies Ge¬
sichtsfeld ermöglicht. Eine zweite Schwierigkeit zeigte sich
beim Kauterisieren der Polypen in der im Augenblick des
Brennens hervorgerufenen Rauchentwickelung innerhalb des
Rektoskoprohres und der dadurch bedingten Beschränkung
des Gesichtsfeldes. Durch einen vom Assistenten in das
Rektoskop eingeführten, an einer Spritze befestigten dünnen
Gummischlauch lässt sich der Rauch sehr leicht aspirieren
und so auch diese Störung beseitigen.
Sind die Polypen klein, etwa erbsengross, so fasst man
dieselben mit einer langen, spitzen Hakensonde, zieht sic fest
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.
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an und brennt den Stiel ab. Eine Blutung erfolgt in diesen
Fällen nicht. Sind aber die Polypen grösser, dann habe ich
zunächst tiefe Stichelungen mit dem spitzen Thermokauter
vorgenommen, dadurch den Polypen zur Verödung gebracht
und dann erst am Stiel abgebrannt. Mit einem langen Pulver¬
bläser wurde dann auf die kauterisierte Stelle eine dicke Lage
Dermatol appliziert. Nicht unerwähnt möchte ich hierbei
lassen, dass man einige Tage vor Beginn dieser Behandlung
den Darm gründlich entleert und einige Tage nach der Kauteri¬
sation den Patienten nur flüssige Kost nehmen lässt.
Unter den von mir behandelten Fällen waren zwei, in
denen die multiplen Polypen in einer Höhe von 20 resp.
25 cm, vom Sphincter ani ext. an gerechnet, sassen. Es sind
selbstverständlich zur Abtragung solcher hochsitzender Po¬
lypen einige Sitzungen nötig. Eine vorherige Anästhesierung
ist nicht notwendig; denn die Patienten empfinden beim
Brennen lediglich ein „Wärmegefühl“ im Darm. Der ge¬
wöhnliche Paquelin ist für diese in höheren Darmpartien
sitzenden Polypen zu kurz und muss dazu ein entsprechend
verlängertes Instrument benützt werden.
Ausser bei den höher sitzenden gestielten Polypen kommt
die Kauterisation auch in Anwendung bei den flach aufsitzen¬
den Polypen in der Ampulla recti.
Ist die operative Entfernung der Darmpolypen schon mit
Rücksicht auf die oft starken Blutungen indiziert, so ist eine
weitere Indikation auch darin gegeben, dass dieselben er-
fahrungsgemäss mit der Zeit karzinomatös entarten können.
Auf diese Weise lassen sich Fälle in verhältnismässig ein¬
facher und gefahrloser Weise chirurgisch behandeln, die in
der vorrektoskopischen Zeit wegen profuser Blutungen hätten
laparotomiert werden müssen, weil man bei der Unmöglich¬
keit, die Quelle der Blutung exakt festzustellen, in erster Linie
an eine maligne Neubildung denken musste, ein Fortschritt in
der Behandlung, der die Wichtigkeit der rektoskopischen
Untersuchung bei jeder, auch der kleinsten Darmblutung er¬
weist.
Aus der Grazer dermatologischen Klinik (Vorstand: Prof.
Matzenaue r).
Zur Bewertung der internen Hg-Darreichung.
Von Privatdozent Dr. R. P o 1 1 a n d.
Bei Versuchen über die Wirksamkeit einiger neuer in¬
terner Quecksilberpräparate in der Syphilisbehandlung hatte
ich bereits einmal Gelegenheit, mich mit dem M e r j o d i n der
Firma H. Trommsdorff in Aachen zu beschäftigen (cf. Oesterr.
Aerztezeitung 1910, No. 9). Ich habe damals vorwiegend über
die klinischen Erfahrungen mit diesem Präparat berichtet, das
in einer grösseren Anzahl von Syphilisfällen verschiedenen
Alters und Charakters versuchsweise angewendet wurde. Die
Ergebnisse dieser Versuche waren nicht ungünstig, denn
während man in der Regel bei interner Hg-Darreichung weder
eine besonders rasche noch besonders kräftige Wirkung zu
sehen gewohnt ist, konnte ich bei Merjodingebrauch auf Grund
der Beobachtungen am Krankenmaterial mit Sicherheit fest¬
stellen, dass sich mit diesem Mittel bei normal verlaufenden
Luesfällen auch ohne jede weitere Therapie ganz zufrieden¬
stellende symptomatische Erfolge erzielen
lassen, wenn auch natürlich so prompte und energische Wir¬
kungen wie mit verschiedenen Injektionspräparaten nicht er¬
wartet werden dürfen.
Da aber doch nicht gar so selten der Fall eintritt, wo aus
äusseren oder im Patienten gelegenen Gründen eine starke
Hg-Kur nicht durchgeführt werden kann, so schien es mir auf
Grund meiner klinischen Beobachtungen nicht zweifelhaft,
dass in solchen Fällen das Merjodin ein völlig
brauchbares Mittel darstellt. Denn nach meinen Er¬
fahrungen lassen sich mit 150—200 Merjodinpastillen, bei einer
Tagesdosis von 5 — 6 Stück, ungefähr dieselben Wirkungen
wie bei einer schwachen Schmierkur erzielen.
In Ergänzung meines damaligen Berichtes möchte ich mir
heute gestatten, über vergleichende Versuche bezüglich der
Hg-Ausscheidung bei Merjodin und anderen internen
Präparaten zu referieren, weil wir in den Ergebnissen dieser
Untersuchungen die Erklärung für die therapeutische Wirk¬
samkeit des Merjodin erblicken dürfen.
An unserer Klinik wurden nämlich im Gange einer anderer
Arbeit genaue und in mehrfacher Hinsicht interessante Studier
über die Ausscheidungsverhältnisse bei verschiedenen Forme:
der Hg-Applikation angestellt. Der Nachweis im Harn ward:
von Dr. B u c h t a 1 a im Institute für medizinische Chemu
nach einer von ihm erdachten ebenso praktischen wie exakte:
Methode vorgenommen, über welche der Genannte seinerzeil
ausführlich berichten wird. Ich will hier aus den Ergebnisse:
dieser Untersuchungen nur hervorheben, dass bei internei
Darreichung verschiedener anderer Quecksilberpräparate niu
eine sehr geringe Menge im Harn nachgewiesen werde:
konnte, verglichen mit den Mengen, die sich bei Einreibungs
und Injektionskuren ergaben. Da aber durch die Nieren jene:;
Teil des Hg ausgeschieden wird, der durch Resorption vor
der Applikationsstelle aus in den Blut- und Säftekreislauf ge
langte und so seine Wirksamkeit entfalten konnte, so ist deil
Schluss berechtigt, dass von jenen Präparaten nur sehr wenij.
resorbiert wurde, ergo nur eine geringe Wirkung zu erwarte:
stand — was mit den klinischen Erfahrungen im Einklang steht
Im Gegensatz dazu ergab sich bei Merjodin, mal
möchte fast sagen, überraschender Weise, dass das im Harr,
nachweisbare Quantum des ausgeschiedenen Hg im rieh
t i g e n Verhältnis zu der einverleibten Menge stand und
nahezu so gross war, w i e' b e i einer leichte:
I n u n k t i o n s k ti r, und dass das Hg auch ungefähr ebenso
bald in: Harn nachweisbar war.
In diesem Resultat ist die Erklärung für die am Patientei
beobachtete Wirksamkeit des Präparates gegeben: es wird
offenbar gut resorbiert, ohne lokal nennenswert zu reizen
und es kann so eine grosse Menge Hg in den Kreislauf ge
langen, Angesichts dieser Tatsachen muss man wohl auc!
bei grosser Skepsis zugeben, dass es nötigen Falls möglich ist
auch durch interne Hg-Applikation befriedigende Heilerfolg
zu erzielen, und dass zur Durchführung solcher Kuren da
Merjodin ein durchaus geeignetes Präparat darstellt.
Bezüglich der obigen Versuchen zugrunde gelegten Ver
hältnisse über die Zusammensetzung des Präparate
haben wir uns von den Angaben der Firma leiten lassen. Dies!
besagen, dass Merjodin dijodparaphenolsulfosaures Queck
Silber ist; die Dosierung ist so gewählt, dass jede Tablett
0,0021 g Jod und 0,0033 g metallisches Hg enthält. Es wir
also eine kombinierte Jodquecksilberwirkung erzielt.
Was jedoch den Einfluss der gleichzeitigen Joddarreichun
auf die Ausscheidung des Hg anbelangt, so scheinen nac
unseren Beobachtungen darüber die Akten noch nicht völli
geschlossen zu sein. Die einen meinen, dass Jod die Au«
Scheidung des Hg beschleunige, andere jedoch behaupten da
Gegenteil. Nach unserer Ansicht dürfte das Jod weder in dej
einen noch in der anderen Richtung eine in Betracht z;
ziehende Wirkung ausüben. Richtig scheint uns jedoch da!
eine zu sein, dass die gleichzeitige Verabfolgung von Jod di
Gefahr einer eventuellen Hg-Intoxikation herabsetzt. Un
deshalb ist es gewiss kein schlechter Gedanke, einem interna
Hg-Präparat Jod zuzusetzen, auch wenn dadurch die Reso:
bierbarkeit des Hg nicht wesentlich gesteigert werden sollt*
Aus der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheit:.;
(Oberarzt: Dr. Arni n g) und dem bakteriologisch-serc
logischen Institut (Oberarzt: Dr. Jacobsthal) des allge
meinen Krankenhauses St. Georg in Hamburg.
Anwendung der Hermann-Perutzschen Reaktion bi
der Prüfung von Lumbalpunktaten.
Von Dr. Fritz Lade.
Es liegt sehr nahe, die für Blutsera Syphilitischer v<
Hermann und P e r u t z ausgearbeitete Präzipitation
methode auch bei Spinalflüssigkeit zu versuchen, zumal d.
Verwertbarkeit dieser Methode bei Blutsera, wie ich kiirzlk
an 600 Fällen sehen konnte 1), der Wassermann sehe
Reaktion nicht nachsteht. Da meines Wissens noch keine Mi
') Lade: Erfahrung mit H.-P. an 600 Fällen. D. M. W. 191
No. 13.
IS. März 1913.
teilungen hierüber vorliegen, dürften die Resultate einer auch
nur kleinen Versuchsreihe nicht uninteressant sein. Ich habe
die H.-P.-Reaktion an zwei Lumbalpunktaten ausgeführt und
dabei 18 mal eine Uebereinstimmung mit dem Wassermann er¬
zielt. Hie drei differenten Fälle sind folgende: ein Liquor
eines Patienten mit der Diagnose Enzephalomalazie ergab
negativen H.-P. und positiven Wassermann. Klinisch war es
nicht möglich, mit Bestimmtheit dem einen oder anderen Re¬
sultat den Vorzug zu geben. Die übrigen zwei differenten
Fälle zeigten positiven H.-P. und trugen die Diagnosen Menin¬
gitis tuberculosa und Meningitis epidemica. Bei dem ersten
Fall war der Wassermann negativ, bei dem anderen ver¬
unglückt. Ob bei diesen beiden Fällen etwa zugleich Lues
vorlag, konnte leider nicht festgestellt werden.
Die übereinstimmenden Fälle zeigten 10 mal negativen und
Sinai positiven Ausschlag. Die negativen Fälle setzten sich
zusammen aus 2 mal multiple Sklerose, Aortitis luica, Hirn¬
luesverdacht, Epilepsie, Diphtherie, Cephalea, 2 mal Neur¬
asthenie und Tumor cerebri. Die 8 positiven Fälle waren:
Marasmus senilis, 3 mal Lues cerebri und 4 mal Paralyse.
Letztere Punktate standen mir Dank der Liebenswürdigkeit der
Herren Aerzte der Irrenanstalt Friedrichsberg zur Verfügung.
Nach diesen Resultaten scheint der positive Ausschlag des H.-P.
ganz zuverlässig zu sein, doch ist die Anzahl meiner Unter¬
suchungen zu klein, um ein bestimmtes Urteil fällen zu können.
Was die Ausführung der Reaktion anlangt, so möchte ich
dazu noch einiges bemerken. Alle Reaktionen wurden in drei
Dosen und zwar mit 0,2, 0,4 oder 0,5 und 1,0 ccm Lumbal¬
flüssigkeit ausgeführt. Dazu wurden bei jeder Dosis immer je
U der beiden anderen Komponenten getan. Modifikationen
mit jeweils gleichen Lösungs- und Punktatmengen, sowie
anderweitige Variationen in den Mengeverhältnissen der ein¬
zelnen Faktoren zeigten keine greifbaren Vorteile. Bei den
positiven Fällen war nun nicht immer schon die 0,2-Dosis
positiv, sondern 4 mal blieb sie noch negativ und selbst die
i.4-Dosis blieb noch einmal negativ. Man kann also wahr¬
scheinlich nicht mit so kleinen Punktatmengen, wie bei der
W.-R. auskoinmen. Ob sich mit dem Hermann-Perutz Aus-
wertungsmethoden anstellen lassen und inwieweit die Stärke
der Ausflockung einen Schluss zulässt, konnte bei vorliegen¬
dem kleinen Material noch nicht geklärt werden. Jedenfalls
dat aber die Hermann-Perutz sehe Reaktion auch bei der
Anwendung bei Spinalflüssigkeiten eine diagnostische Be¬
deutung und verdient weitere Bearbeitung.
Auch eine „Pilzvergiftung“.
Von Dr. Dreisbach in Castellaun.
Am 10. Oktober vor. Jrs. wurde ich telephonisch dringend zu
äner mit „Gelenkschmerzen“ angeblich schwer erkrankten Frau M.
iach dem 5 km entfernten Orte C. gerufen. Bei meinem Eintritt mit
dem Rufe begrüsst: „Herr Doktor, hier sehen Sie ein ganzes Lazarett“,
and ich Vater, Mutter, 9 jährige Tochter, Schwager (Bruder der
"rau) und Dienstmädchen bettlägerig und anscheinend schwer er¬
krankt; als das einzige mobile Wesen spielte das etwa 3 jährige
löchterchen lustig krähend mit der Puppe in der Ofenecke. Meine
nomentan-automatisch einsetzende per Distance-Diagnose Influenza?
lyphus? wurde überraschend korrigiert durch die mit leiser Stimme
niide vorgebrachten Worte des Mannes: „Herr Doktor, wir müssen
ms beim Dreschen am Dienstag (8.) vergiftet haben, meiner Frau
st es plötzlich übel geworden, so dass sie hinfiel und wir sie ins
Jaus führen mussten, mittags musste ich mich legen vor Frost und
■'Chwäche und später auch die anderen“. Ich erfuhr dann noch, dass
jeim Haferdreschen mit der Göpelmaschine ganze Wolken von Staub
entstanden seien, „so dass einer den anderen manchmal nicht mehr
'Gien konnte“. Später überzeugte ich mich an Ort und Stelle, dass
n dem feucht eingefahrenen Haferstroh sich ganze Lagen von
Schimmelpilzen gebildet hatten und dass Stroh, Spreu und Frucht
muffig, zum Teil faulig rochen. Die Maschinenteile und die Tenne
waren fingerdick mit grau-gelblich-weissein Staub bedeckt, der bei
kr Untersuchung zu Hause reichlich mit Schimmelpilzen durch¬
setzt war.
Die Krankheitserscheinungen waren bei allen fast überein¬
stimmend, nur graduell verschieden: subjektiv abwechselnd Frost¬
end Hitzegefühl, grösste Mattigkeit und Hinfälligkeit, bei Frau und
sclnvager starker Kopfschmerz in der Stirn sowie Gelenkschmerzen,
eebelkeit und völlige Appetitlosigkeit; objektiv: gerötete, schweiss-
hedeckte Gesichter von mattem apathischem Ausdruck, Augenlider
halb geschlossen, Temperaturen (vormittags 10 Uhr) zwischen 38,5
and 40,2, Puls gespannt, bei der Frau 120, bei den anderen nicht merk-
591
lieh erhöht; Mann, Frau und Schwager husteten stark ohne Aus-
wurf, auf der Brust nur ganz spärliches Rasseln hörbar, nirgends
Dampfung. Urin des Schwagers trübrot, sauer, Eiweiss in Spuren;
nach 3 lagen bei allen wesentliche Besserung: Nachlass des Fiebers,
der Kopf- und Gelenkschmerzen, sowie der Mattigkeit, die bronchialen
Beschwerden dauerten dagegen noch weiter, beim Mann sind sie
heute noch nicht ganz verschwunden; beim Schwager setzte am
5. läge ganz akut Akne- und Furunkulosebildung in der linken
Nacken- und Schultergegend ein, so dass er erst am 28. X. als arbeits¬
fähig aus der Behandlung entlassen werden konnte. — Therapeutisch
erwiesen sich Kodeinmixtur sowie Aspirintabletten anscheinend
wirksam. —
In der Folge hatte ich eine ganz analoge Erkrankung im Dorfe R.
zu behandeln; hier waren in einem Haushalt zwei Kinder und der
Vater unter gleichen Erscheinungen kurz nach dem Haferdreschen er¬
krankt; der Mann, ein mir seit Jahren bekannter junger, kräftiger
Schmied, machte durch sein Abgeschlagensein in Verbindung mit
ausgesprochener psychischer Depression einen geradezu jämmer¬
lichen Eindruck; auch hier nach 2 — 3 Tagen Wohlbefinden. — Ambu¬
lant suchte ferner Hilfe ein Mann aus dem entfernten D., der angab,
dass ausser ihm noch drei andere Personen, die dem Gemeindevor¬
steher beim Haferdreschen geholfen hatten, plötzlich erkrankt seien;
er habe 2 Tage gelegen mit viel Husten, Kopfweh, Schlaf- und
Appetitlosigkeit, nach starkem Schwitzen in letzter Nacht ginge es
ihm besser. — Tags darauf kam der 24 jährige W. R. aus L. zu mir
mit der Bitte, ihm etwas gegen die „Dreschkrankheit“ zu verordnen;
auch er gab an, unmittelbar nach dem Dreschen mit den oben ge¬
schilderten Symptomen erkrankt zu sein. —
Von anderer Seite erfuhr ich noch, dass die Leute, um sich gegen
die bösen Folgen des diesjährigen Haferdreschens zu schützen, Mund
und Nase mit vorgebundenen, in Essiglösung getauchten Tüchern
bedeckten. — In der mir zur Verfügung stehenden Literatur — ich
wohne 30 — 50 km jenseits der Kultur im abgelegenen Gebirgs-
städtchen — habe ich nichts über Schimmelpilzvergiftung finden
können. Der Einwand, dass es sich lediglich um Inhalation indiffe¬
renten Staubes gehandelt habe, dürfte hinfällig sein, da er allenfalls
die Irritationserscheinungen des Larynx und der Bronchien erklären
könnte, schwerlich aber das bei allen Fällen vorhandene Fieber, die
Kopf- und Gelenkschmerzen und das so charakteristische Bild einer
anscheinend schweren Infektion.
Ist die Ausführung der B r e n d e l-M ü 1 1 e r sehen Reaktion
durch den praktischen Arzt empfehlenswert?
Von Dr. A. Pöhlmann, Assistenzarzt an der Kgl. dermato¬
logischen Poliklinik zu München.
In No. 5 dieser Wochenschrift, Jahrgang 1913 hat H. C. Plaut
die B r e n d e 1 - M ii 1 1 e r sehe Reaktion [l] mit der von ihm einge¬
führten Extraktkontrolle wegen ihrer leichten Ausführbarkeit dem
praktischen Arzte empfohlen, und sieht Plaut einen besonderen
Vorteil der Br.-M. R. darin, dass der Praktiker in ihr eine Mediode
an der Hand habe, die ihm selbst eine Kontrolle ermögliche, und
zwar eine Kontrolle auch über die in den Instituten festgestellten
serodiagnostischen Resultate.
Muss schon die Empfehlung einer serologischen Unlersuchungs-
methode, die in ihrem System mit 3 Unbekannten neben-
einand-er arbeitet, an den praktischen Arzt von vornherein be¬
denklich erscheinen, so ist die Anschauung, dass die Br.-M. -PI. R. U
für den Praktiker geeignet sei, die Resultate der Original- W asser-
ni a n n - Reaktion zu kontrollieren, entschieden zurückweisen!
Dass bei den bisher gebräuchlichen Modifikationen der originalen
Komplementbindungsreaktion nach Wassermann, N e i s s e r und
Bruck die Vereinfachung der Technik und die „Verfeinerung“ (Er¬
zielung einer grösseren Zahl positiver Resultate) mit einer Einschrän¬
kung der klinischen Spezifität erkauft werden muss, wird heute wohl
fast allgemein anerkannt. Es sei hier besonders auf die zusammen¬
fassende Darstellung von Bruck [2], sowie auf die vergleichenden
Untersuchungen von Hoehne und Kalb [3] verwiesen.
Was nun die Br.-M. R. betrifft, so darf hier wiederholt werden,
dass Brendel-Müller wie Hecht den Prozess des Inakti¬
vierens, das kostspielige Meerschweinchenserum und den künstlich
erzeugten hämolytischen Ambozeptor ersparen und dafür das im
aktiven Patientenserum enthaltene Komplement und den Normal¬
ambozeptor gegen Hammelblut benützen. Dadurch, dass die Methode
nur mit 3 leicht zu beschaffenden Komponenten(Patientenserum, Ex¬
trakt* 2) und Hammelblutkörperchenaufschwemmung) arbeitet, ist sie
ausserordentlich einfach.
*) Br.-M.-Pl. R. = Brendel-Müller sehe Reaktion mit der
von Plaut eingeführten Extraktkontrolle.
2) Wenn freilich die Empfehlung von Brendel-Müller,
wässerige und nicht alkoholische Extrakte zur Reaktion zu benützen
(Empfindlichkeit des menschlichen Komplements gegen Alkoholein¬
wirkung!) strikt durchgeführt werden soll, so bedeutet dies für den
praktischen Arzt eine unüberwindliche technische
Schwierigkeit, da ja bekanntlich wirksame wässerige Extrakte
schlecht haltbar und nur aus syphilitischer Leber (ein rarer Artikel!),
nicht aber aus Normalorganen herzustellen sind.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
592
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
Beide Stoffe, Komplement wie Normalambozeptor, sind jedoch
schon ini normalen menschlichen Serum erheblichen individuellen
Schwankungen unterworfen. Besonders die Sera von Säuglingen
und ca. 10 Proz. der Seren Ewachsener enthalten nicht genug
Normalambozeptor, um Hämolyse zu bewirken. Gegen die Verwen¬
dung aktiver Sera (Sachs und Altmann [4]) spricht ferner, dass
auch einige chronische Krankheiten und Kachexien (sog. „Alexin¬
erkrankungen") durch eine Herabsetzung des Alexintiters ausge¬
zeichnet sind. So ist die Herabsetzung des Alexingehaltes im Blute
Luetischer fast regelmässig so bedeutend, dass seine geringen aktiven
Potenzen schon durch den Eintritt des Luesextraktes abgefangen
werden. Würde man bei dieser Art der Reaktionsanordnung (Ar¬
beiten mit aktivem Serum) auch das Luesextrakt noch weglassen,
so bekäme man ebenfalls eine differente Reaktion, man hätte eben eine
Reaktion auf freies Alexin vorgenommen (vergl. die Untersuchungen
von Bickel [5]).
Während nun die Fehlerquelle, die sich beim Arbeiten mit
aktivem Serum aus dem Komplementmangel ergeben kann, z. B. bei
der Sternschen Modifikation, vor allem dadurch sehr eingeschränkt
wird, dass M. S t e r n mit einem starken' Ueberschuss von künstlichem
Ambozeptor (9 — 12 Ambozeptoreinheiten!) arbeitet, müssen dagegen
B r e n d e 1 und Müller in ihrer Versuchsanordnung ausser dem un¬
genügenden Vorhandensein von Komplement auch noch einen unge¬
nügenden Gehalt an Normalambozeptor befürchten.
Brendel und Müller suchen die sich aus Komplement- und
Ambozeptorarmut eventuell ergebenden unspezifischen Hemmungen
dadurch zu vermeiden, dass sie die Antigenmenge bedeutend redu¬
zieren, nur mehr wässerige Extrakte verwenden, die Sera nur in ganz
frischem Zustande untersuchen und in der Konzentration der Hammel¬
blutkörperchenaufschwemmung auf eine 2,5 proz. (statt 5 proz.)
heruntergehen. Endlich suchen sie durch einen hämolytischen Vor¬
versuch an Hämolysinen arme Sera zu ermitteln und schliessen solche
von der Reaktion aus.
Trotz dieser Vorsichtsmassregeln gelingtesjedochBren-
d e 1 - M ü 1 1 e r nicht, unspezifische Hemmungen mit
Sicherheit zu vermeiden! Sie erhielten unter 241 nicht¬
syphilitischen Kontrollfällen 10 unspezifische Hemmungen und betonen
Brendel-Müller selbst, dass ihre Modifikation die Original-
W assermann - Reaktion nicht ersetzen könne lind dass beide Re¬
aktionen nebeneinander auszuführen seien.
Die von H. C. Plaut angegebene Modifikation der Br.-M. R.
besteht in der Einführung einer weiteren Kontrolle in die Versuchs¬
anordnung. Da es Vorkommen kann, dass in einem Serum in geringer
Zahl vorhandene blutlösende Stoffe zwar hinreichen, um die im Vor¬
versuche austitrierte Blutkörperchenmenge zu lösen, dass sie dazu
aber nicht mehr imstande sind, sobald im Hauptversuche der Extrakt¬
zusatz (und die Wärme) komplementvermindernd wirken, setzt
Plaut den Extrakt gleich dem Vorversuche zu und gewinnt so eine
weitere Möglichkeit, für die Methode ungeeignete Sera ausfindig zu
machen und auszuschalten. Als eine exakte „Extraktkontrolle“ kann
die von Plaut eingeführte Kontrolle freilich nicht bezeichnet werden,
da das Versuchsgemisch ja das Patientenserum mit seinen Unbe¬
kannten enthält.
Plaut hat bei 70 Seris, die sowohl nach der Original-Wasser-
maunmethode wie nach Brendel-Müller (mit der von Plaut
eingeführten Extraktkontrolle) untersucht wurden, 49 mal überein¬
stimmende. in 21 Fällen diametral verschiedene Resultate erhalten.
Dass die Br.-M.-Pl. R. im allgemeinen mehr positive Resultate
zeitigt als die Wassermann sehe Reaktion (Arbeiten mit in¬
aktivem Serum und Ambozeptorüberschuss!) ist von vornherein
selbstverständlich und es mögen vielleicht bei entsprechendem klini¬
schen Befund diese Hemmungen als durch Syphilis bedingt auch als
spezifische betrachtet werden. Wird man aber in allen Fällen, wo
eine positive Br.-M.-Pl. R. vorliegt, mit Sicherheit sein Urteil in
diesem Sinne abgeben können?
Diese Frage ist zu verneinen, wie denn auch Plaut mit Rück¬
sicht auf die Fälle, in denen die Br.-M.-Pl. R. eine unspezifische Hem¬
mung ergab (10 Fälle von Brendel-Müller und Fall 21 von
P 1 a u t) — sowie auf diejenigen, in welchen die Wa.-R. der Br.-M.-
Pl. R. überlegen war — , sich selbst gegen die alleinige
Anwendung dieser Methode ausspricht.
Will man ganz sicher gehen, muss man eben
immer wieder zur Originalmethode seine Zuflucht
nehmen — und daher haben meines Erachtens der¬
artige Modifikationen zwar sicher theoretisches
Interesse, aber keine praktische Bedeutung. Einigen
praktischen Wert höchstens, wenn man sich ihrer neben der Original¬
methode bedienen will, um im speziellen Falle Lues mit einiger Sicher¬
heit auszuschliessen, doch käme da in erster Linie die Modifikation
von M. S t e r n in Betracht.
Ich gewinne aus der Arbeit von Plaut ebenfalls den Eindruck,
dass auch Plaut in einem Falle, bei dem weder Anamnese noch
Untersuchung irgendwelche für Lues verwertbare Anhaltspunkte er¬
gibt, sich scheuen würde, nur auf Grund einer positiven Br.-M.-Pl. R.
hin den Patienten für luetisch zu erklären und die notwendigen thera¬
peutischen Konsequenzen zu ziehen.
Was ergibt sich aus diesen Ausführungen für den Standpunkt
des praktischen Arztes?
Plaut empfiehlt also dem Praktiker, seine Sera in ein Institut
zur Untersuchung zu schicken und selbst zu Hause die Br.-M.-Pl. R.
auszuführen, damit habe er eine wertvolle Kontrolle an der Hand,
einmal über überraschende Versager, die von den Instituten gemeldet
würden, dann bei denjenigen ärgerlichen Fällen, bei welchen bei einer:
und demselben Serum aus verschiedenen Instituten entgegengesetzt!.
Resultate mitgeteilt würden.
Was nun die Kontrolle der Wa.-R. durch die Br.-M.-Pl. R. be¬
trifft, so ist von praktischem Interesse doch nur das Eintreten des
Falles, dass die Br.-M.-Pl. R. positiv ausfiel bei aus einem Institut mit¬
geteilter negativer Wassermannreaktion.
Wir halten dafür, dass der praktische Arzt in solchem Falle
— vorausgesetzt das Fehlen eines eindeutigen klinischen Befundes — >
nicht berechtigt ist, einzig und allein auf den positiven Ausfall der
Br.-M.-Pl. R. hin Lues zu diagnostizieren.
Wie ausgeführt, sind die Bedenken, die sich aus dem Arbeiten
mit aktivem Serum und Normalambozeptor, sowie aus dem Mangel;
wirklich exakter Kontrollen ergeben, zu schwerwiegender Natur, und
dann geben die Verfasser der Methode ja selbst zu, dass sie trotz der
von ihnen angewandten Vorsichtsmassregeln das Auftreten unspezi¬
fischer Hemmungen nicht verhüten konnten.
Die Diagnose Syphilis ist für den Patienten von so weittragender
Bedeutung, dass sie absolut sicher fundiert sein muss.
Stellen wir die Diagnose Syphilis nur serologisch, und zwar auf
Grund einer auf Komplementfixation beruhenden Methode, so ist un¬
bedingt. zu fordern, dass bei dieser Methode das Ausbleiben der
Hämolyse einzig und allein durch die Komplementbindung durch den
Antigenantikörperkomplex und nicht durch irgendwelche ander¬
weitige Momente bedingt sein kann. Und diese Forderung ist bisherj
durch keine Modifikation erfüllt worden, sondern nur durch die Ori¬
ginalmethode. Diese arbeitet in ihrem System mit nur einer einzigen
Unbekannten (dem zu untersuchenden Patientenserum), alle übrigen.
Komponenten sind bekannt und genau austitriert, und ein Wall von;
Kontrollen schützt gegen alle Zufälligkeiten. Dass die Br.-M.-Pl. R ,
die mit drei Unbekannten im Versuchsgemisch nebeneinander arbeitete
bei welcher die Autoren selbst unspezifische Hemmungen zugeben, bei
welcher eine exakte Austitrierung der einzelnen Komponenten gegen¬
einander unmöglich ist, dass diese Methode geeignet sein sollte, die
Originalmethode zu kontrollieren, kann unmöglich zugegeben werden.
Da keine bisher bekannte Modifikation der Wa.-R., auch die
Br.-M.-Pl. R. nicht, unspezifische Hemmungen mit Sicherheit zu ver¬
meiden imstande ist, so möge der praktische Arzt die Prüfung seiner,
Sera nach der Originalmethode und in den Laboratorien einwandfreien
Institute vornehmen lassen.
Die Ansicht Plauts, „dass die Wa.-R. fraglos viel zu kompli¬
ziert ist, um stets fehlerfrei von allen Instituten gehandhabt werden
zu können“, gilt sicher nicht für die Laboratorien grosser Institute, an
welchen serologisch geschulte Untersucher für die Richtigkeit der
Resultate bürgen. Dem praktischen Arzte, der sich bei so wichtigen
Untersuchungen eben nur an eine zuverlässige Adresse wenden möge,
stehen jetzt einwandfreie Institute wohl überall zur Verfügung, zu¬
dem ein Versenden der Sera auch auf grössere Entfernungen ihre Re--
aktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt.
Kommt es dann wirklich ab und zu vor, dass bei ein und denn
selben Serum von verschiedenen Instituten verschiedene Resultate
mitgeteilt werden, so darf dies den Praktiker nicht gegen die Methode
einnehmen. Entgegengesetzte Resultate werden sich so lange nicht
vermeiden lassen, als nicht in allen Instituten mit ein und demselber
gleich wirksamen Antigen (z. B. einem chemisch herzustellende1
Extrakt) gearbeitet werden kann, und bis nicht alle Institute die
Frage, ob partielle Hemmungen als positive Resultate auszugebei
seien oder nicht, einheitlich geregelt haben. Der Praktiker wird
meines Erachtens in solchen Fällen keinen Fehler begehen, wenn et
bei entgegengesetzten Resultaten nur die positiven verwendet, immei
einwandfreie Institute und die Untersuchung nach der Original¬
methode vorausgesetzt.
Auch die Tatsache, dass bei einem gewissen, wenn auch kleinen
Prozentsatz von Fällen florider Lues mit manifesten Erscheinungei1
eine negative Wassermannreaktion gefunden wird, kann die dia
gnostische Bedeutung der Reaktion nicht beeinträchtigen. Wenn
Plaut das Versagen der Wa.-R. in solchen Fällen „geradezu rätsel-,
haft und mit den bisherigen Erfahrungen schwer in Einklang zu brin
gen“ findet, so ist zu bemerken, dass das gleiche auch bei de:
Modifikationen vorkommt, und darf zur Erklärung dieses merkwürdi
gen Verhaltens mancher Sera nur an die sogen, monosymptomatischt
Syphilis, an die Komplementoidverstopfung, an den Lezithinüber
schuss im Serum usw. erinnert werden (vgl. die Darstellung diese
Verhältnisse in einer Arbeit von Hecht [6]. Wir nehmen ja aucl
nicht Anstoss daran, dass nicht jedes Typhusserum agglutiniert um
dass nicht jeder Diabetesharn eine positive Trommer sehe Prob;
gibt!
Wir fassen zusammen, dass derjenige Praktiker, welcher den ii
bewährten Instituten gewonnenen Resultaten der Originalmethodi
vertraut, sich zwar mit einer geringeren Zahl von positiven Resultatei
wird begnügen müssen als derjenige, der sich auf die Modifikationei
verlässt, dafür aber nicht wie jener Gefahr laufen wird, Lues zi
diagnostizieren, wo in Wirklichkeit keine vor
handen ist.
Ist so meiner Ansicht nach vor der Ausführung von Komplement
bindungsreaktionen überhaupt, speziell der Modifikationen durch de:
18. März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
593
Praktischen Arzt zu warnen, und ihre Ausführung den Instituten zu
eservieren, so scheinen dagegen die neueren Ausflockungsreaktionen
tur raschen Orientierung dem Praktiker empfohlen werden zu können
ind werden- wir demnächst über diesbezügliche Untersuchungen aus-
iihrlich berichten.
Literatur.
1. B r e n d e 1 und Müller: Ausbau der Hecht sehen Modi-
ikation der Wassermann sehen Reaktion. Münch, med. Wochen¬
schrift 1912, No. 32. 2. Bruck: Serodiagnostik in N e i s s e r, Bei¬
rüge zur Pathologie und Therapie der Syphilis. 1911. — 3. Hoehne
ind Kalb: Vergleichende Untersuchungen der Originalmethode nach
Wassermann mit den übrigen gebräuchlichen Modifikationen.
4rch. f. Derm. u. Syph., Bd. 104. — 4. Sachs und Altmann:
Tomplementbindung. Handbuch der pathog. Mikroorg. Heraus-
regeben von K o 1 1 e und Wasserman n. 2. Ergänzungsband,
•>. Heft. — 5. Bickel: Komplementbindung-Alexintiter. Münch, med.
Wochenschr. 1912, No. 15. — 6. Hecht: Klin. u. serolog. Unter¬
suchungen bei Syphilis, mit besonderer Berücksichtigung der malignen
Formen. Arch. f. Derm. u. Syph., Bd. 104, H. 3.
Bewegungsvorgänge am pathologischen Magen auf Grund
röntgenkinematographischer Untersuchungen.
Erwiderung auf die Bemerkung von Holzknecht undHaudek
(in No. 8 dieser Wochenschrift) von Carl Bruegel.
Auf die Bemerkung von Holzknecht und Haudek zu
meinem Artikel in No. 4 dieser Wochenschrift habe ich folgendes
su erwidern:
Der aus meinem Artikel entnommene und wörtlich zitierte
jesperrt gedruckte Passus
„Bruegel bezeichnet eine von ihm hiebei jedesmal gesehene
lorizontale Abschlusslinie des wismutgefüllten Antrum pylori als den
Ausdruck einer Behinderung des Ablaufes der Kontraktionswellen am
uäpylorischen Anteile des Magens durch Wandinfiltrat oder Narbe,
.vahrscheinlich verbunden mit Verwachsungen“
ludet sich in kleinen Lettern bei Besprechung des Falles R.
md ist eigentlich eine von mir mit Unrecht gestellte Dia-
jnose. Deshalb fahre ich auch (3 Zeilen nach obigem Zitat)
olgendermassen fort: - - wurde der Magen mit grösster Gründlich¬
keit und Sorgfalt abgesucht. Nirgends fand sich eine
Wandveränderung, nirgends eine Narb e.“ Dieses
Vorgehen entspricht nicht dem allgemeinen Brauche. Soviel zur
-'eststellung.
Was meine aus den Fällen gezogenen Schlüsse anlangt, so hätte
ch eigentlich gar nichts hinzuzufügen. Der Operationsbefund und
die Autopsie in vivo sind so absolut eindeutig, dass irgend welche
-inwände gar nicht gemacht werden können. Holzknecht und
laudek geben selbst zu, dass „gelegentlich“ kallöse Ulzera, Wand-
nfiltrate oder Adhäsionen die von mir beschriebene horizontale prä-
wlorische Abschlusslinie hervorrufen können. Kommt diese Linie
iei der kinematographischen Untersuchung konstant,
i h. auf allen Phasenbildern vor, so kommt derselben dia-
jnostische Bedeutung zu. Unter dieser Voraussetzung und
aei Ausschluss der Sedimentierungsmöglichkeit ist diese prä-
aylorische, horizontale Begrenzungslinie der Ausdruck dafür, dass
Teile der antralen Muskulatur die Fähigkeit verloren haben, sich in
gleichsinniger Weise von allen Seiten her konzentrisch zu kon-
rahieren. Diese Erklärung passt auf alle hier in Betracht kommenden
Pathologischen Verhältnisse. Und um solche handelt es sich stets,
venn obige Voraussetzungen erfüllt sind. Ich habe mit keinem Wort
-rwahnt, dass diese wiederholt genannte Linie ausschliesslich
Jathognomonisch ist für Ulcus callosum, Wandinfiltrat oder Ad-
läsionen; denn ich fahre wörtlich fort: „Dieser Zustand kann
lerbeigefiihrt werden durch . “ Ich wiederhole ausdrücklich,
lass ich nirgends in der Literatur bis zur Veröffent-
ichung meiner Fälle weder diese Entstehungs-
Möglichkeiten erwähnt fand, noch die dia¬
gnostische Verwertbarkeit dieser Abschlusslinie.
Ich habe viele Serien von Kinematogrammen, wo auf einzelnen
Tasenbildern eine ähnliche, aber lange nicht so breite, horizontale
vüpylorische Begrenzungslinie zu sehen ist. Es wäre kritiklos, die¬
selben als hieher gehörig zu betrachten. Und selbst die veröffent¬
lichten Fälle hätte ich zurückgestellt, wenn nicht die Operation
edesmal den unwiderleglichen Beweis für die Richtigkeit meiner
Behauptung erbracht hätte.
Ob Durchleuchtung oder Aufnahme? Hierüber kann kein Zweifel
^in. Es würde ein erheblicher Mangel an Sorgfalt und Gründlichkeit
rorliegen, wenn der betreffende Fall nicht zuerst genauestens am
euchtschirm auch palpatorisch untersucht worden wäre. Die
-euchtschirmuntersuchung, deren überaus hohen Wert und deren
ibsolute Unentbehrlichkeit ich voll und ganz anerkenne, hat aber die
Aufschlüsse nicht erbracht, welche dann die Kinematographie ge¬
geben hat. Auch in diesen Fällen war die Methode der Serien-
lufnahmen „die höhere Instanz“, wie Kaestle in No. 7 dieser
Wochenschrift bei der Beschreibung seiner vereinfachten Bio-
öntgenographie sich ausdrückt. Holzknecht und Haudek
No. 11.
halten auch in solchen ballen die Durchleuchtung nicht nur für ge¬
nügend, sondern für empfehlenswerter. Diese Stellungnahme erklärt
sich daraus, dass die Wiener Schule überhaupt der graphischen
Methode und damit dem Kinematogramm gegenüber eine mehr ab¬
lehnende Haltung einnimmt. Mit wie viel Recht oder Unrecht, das
soll hier nicht erörtert werden. So hat H a u d e k auf dem vorjährigen
S. Kongress der Deutschen Röntgengesellschaft (siehe Diskussions¬
bemerkungen zu dem Vortrag Le vy- Dorn und Silberberg
über Polygramme) wörtlich erklärt: „Die Photographie ist mir nichts
anderes als die Demonstration für andere, für mich brauche ich
sie nie.“
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Die Psychoneurosen und ihre Behandlung.
Von Dr. Robert Neupert, Kgl. Oberarzt a. D. in Nürnberg.
(Schluss.)
Wir kommen nun zu der wichtigen Frage, worin das eigentliche
Wesen der Neurose zu erblicken ist. Der psychogene Charakter der
Hysterie wurde verhältnismässig früh vom Char cot erkannt. Dagegen
hielt man lange in Bezug auf die Neurasthenie an der Anschauung
fest, dass sie mehr oder weniger körperlich bedingt sei. Die Zwangs¬
erscheinungen wurden allgemein von alters her den Psychosen zu¬
gerechnet. Es würde hier zu weit führen, wollte ich all der früheren
I heorien gedenken, welche über das Wesen der verschiedenen unter¬
schiedenen Krankheitsformen entwickelt wurden und sich vielfach in
spitzfindigen Trennungen derselben z. B. der Neurasthenie von der
Hypochondrie bewegten, Versuche, die notwendig misslingen mussten,
weil eben in Wirklichkeit eine Trennung unmöglich ist. Alle früheren
Theorien kranken weiter mehr oder weniger an einem gemeinsamen
Grundfehler, sie lassen eine exakte psychologische Fundierung —
und nur auf diesem Weg können wir, wenn nicht zum Ziel, so doch
vorwärts kommen — vermissen. Sehr oft kann man auch eine Ver¬
wechslung der quaestio facti mit der quaestio juris konstatieren. So
sind es vielfach ganz verwaschene Auffassungen, die nach der
psychologischen Seite intellektualistische und affektive Elemente ohne
klare Scheidung vermengen, ja selbst manchmal physiologische Ten¬
denzen darein verweben. Konsequent, wenigstens in der Theorie,
scheint mir von den Neueren nur Dubois zu sein, der an einer rein
intellektualistischen Auffassung, wie wir später sehen werden, freilich
ganz zu Unrecht, festhälf. Mit Sokrates, dem „grossen Einäugigen“,
der einen Bruchteil der Wahrheit für die ganze Wahrheit hielt, ist
auch Dubois ein Vertreter einer intellektualistisch begründeten
Ethik. ooyJ'sie kxwv u/xu^iüyei. Tugend ist Wissen, wir brauchen
unseren Kranken nur Tugend zu lehren, das ist Selbstbeherrschung,
um sie zu heilen. Die Selbstzucht soll die Menschen zu dieser
ethischen Einsicht bringen, welche den Impuls des Gefühls zurück¬
hält, bis die hehre Vernunft ihre Einwilligung gegeben hat. Diese
Selbstzucht müssen wir unseren Kranken lehren, um sie weniger
„suggestibel“ und „vernünftiger“ zu machen und so aus den Krallen
der Autosuggestion und der schlechten fremden Beeinflussungen zu
befreien. Nun, dass diese Theorie nicht bloss philosophisch unhaltbar
ist, sondern auch den handgreiflichsten psychologischen und psycho-
pathologischen Tatsachen in das Gesicht schlägt, darüber glaube ich
kein Wort weiter verlieren zu brauchen. Wenn Dubois gleichwohl
zu einem unserer wirkungsvollsten Psychotherapeuten zählt, so
liegen die Gründe hierfür auf einem anderen Gebiet. Jedenfalls geht
das eine hervor, dass man ausgezeichnete psychotherapeutische
Erfolge erzielen kann, ohne von Philosophie allzuviel zu verstehen.
Eine wirklich scharfe Erfassung vom rein psychologischen Stand¬
punkt aus erfuhr das Problem erst durch Breuer und Freud.
Diese beiden Forscher veröffentlichten im Jahre 1893 im Neuro¬
logischen Zentralblatt eine Arbeit, die sich betitelte: Ueber den
psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene. Bevor ich nun
auf die Arbeiten Breuer und Freuds näher eingehe, möchte ich
vorher einige kurze psychologische Bemerkungen machen über Ober¬
und Unterbewusstsein, da dies zum Verständnis der F r e u d sehen
Arbeiten wohl nötig ist.
Wir müssen daran festhalten, dass alle unsere Vorstellungen,
Empfindungen und Gefühle, die wir je erlebt haben, in der Seele fort¬
existieren. Keine Vorstellung geht absolut verloren, auch wenn sie
vergessen wird. Sie ist aus dem Bewusstsein, ja aus der Erinnerung,
aber sie ist nicht zerstört. Sie ist da und wirkt fort. Eine einzige
Wahrnehmung nach vielen Jahrzehnten taucht oft auf. In der Krank¬
heit erwachsen manchmal ungewöhnliche Erinnerungskräfte und dem
Kranken erscheinen oft längst vergessene Eindrücke aus der Kinder¬
zeit. Die seelischen Erlebnisse sind wie Gemälde in einem dunklen
Saal. Sie werden erkannt, wenn ein Lichtstrahl auf sie fällt. Der
Lichtstrahl aber heisst Bewusstsein. Aus der grossen Zahl unserer
Vorstellungen steht uns zu einem gewissen Zeitpunkt immer nur eine
kleine Anzahl klarer und deutlicher Vorstellungen vor der Seele.
40 sollen unter optimalen Bedingungen das Höchstmass sein. Alle
übrigen sind unbewusst. Das Kommen (Bewusstwerden) und Gehen
(Unterbewusstwerden) der Vorstellungen nennt man auch bildlich
das Steigen über die Bewusstseinsschwelle und das Sinken unter
4
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. ll.
dieselbe. Wenn gleichwohl die neuere Psychologie nur die bewussten
Vorstellungen als wirklich erklärt und in den unbewussten nur
psychophysische Dispositionen sieht, welche die Möglichkeit einer
Erneuerung der entsprechenden Seelenvorgänge gewährleisten, so
dass also jedes Bewusstwerden einer Vorstellung eigentlich eine
Wiedererzeugung ist, so werden wir doch diese Dispositionstheorie
auf Grund der psychopathologischen Erfahrungen ablehnen und an
der alten Identitätstheorie der Herbart sehen Schule festhalten,
nach der die Vorstellungen unvergängliche Wesenheiten darstellen.
Es gibt nun keine scharfe Grenze zwischen Ober- und Unterbewusst¬
sein, sondern nur Uebergänge. Nach L i p p s finden sich unbewusste
Empfindungen und Vorstellungen nicht nur gelegentlich in uns. Der
psychische Lebenszusammenhang spielt sich jederzeit der Haupt¬
sache nach im Unterbewusstsein ab. So geht nach L i p p s das
psychische Leben jederzeit weit hinaus über das Mass dessen, was
in Gestalt von Bewusstseinseinheiten oder Bildern in uns gegenwärtig
ist oder gegenwärtig sein kann. Nietzsche versteigt sich sogar
zur Behauptung: Man muss noch den grössten Teil des bewussten
Denkens unter die Instinkttätigkeiten rechnen, sogar im Falle des
philosophischen Denkens. Das meiste bewusste Denken eines Philo¬
sophen ist durch seine Instinkte heimlich geführt und in bestimmte
Bahnen gezwungen. Auch hinter aller Logik und ihrer anscheinenden
Selbstherrlichkeit der Bewegung stehen Wertschätzungen. Nach
Freud ist das Unbewusste das eigentlich reale Psychische, und
nach seiner inneren Natur so unbekannt, wie das Reale der Ausseri-
welt und uns durch die Taten des Bewusstseins ebenso unvollständig
gegeben, wie die Aussenwelt durch die Angaben unserer Sinnes¬
organe. Aber das Unterbewusstsein erfährt bei Freud nun noch
eine besondere Färbung. In seinem Bewusstsein, wie er mit Be¬
tonung sagt, ist das Bewusstseinsunfähige, das Verdrängte, das Dä¬
monische, das seinem Inhalt nach vornehmlich Sexuale das Wesent¬
liche. Welche Rolle, so ruft Freud aus, verbleibt in unserer Dar¬
stellung, dem einst allmächtigen, alles andere verdeckenden Bewusst¬
sein? Keine andere als die eines Sinnesorgans zur Wahrnehmung
psychischer Qualitäten. Dass eine derartige Definition des Bewusst¬
seins eine gradezu groteske Unterschätzung desselben darstellt, be¬
darf wohl keiner weiteren Auseinandersetzung.
Ich will nun kurz auf die Theorien Freuds eingehen. Nach
Freud liegt den hysterischen Phänomenen stets ein psychisches
Trauma zugrunde, das in einem mit mehr oder weniger starker Unlust
betonten Erlebnis besteht, und zwar kommt die psychische Störung
dadurch zustande, dass dieses affektbetonte Erlebnis nicht auf normal¬
psychologische Weise seine Erledigung fand, sondern dass der Affekt
eingeklemmt wurde. Unter normaler Erledigung eines Affektes ver¬
stehen Breuer und Freud die „ganze Reihe willkürlicher und
unwillkürlicher Reflexe, in denen sich erfahrungsgemäss die Affekte
entladen, vom Weinen bis zum Racheakt.“ Auch durch die Aussprache
kann ein normales Abreagieren der Affekte erfolgen. Schliesslich ist
es auch die Zeit, die ein Abblassen und Vergessen schafft. Nach
Freud werden im pathologischen Zustand nun bewusst erlebte
gefühlsbetonte Eindrücke peinlichen Charakters in das Unbewusste
verdrängt, wo sie insgeheim, ohne ihre wahre Natur zu ver¬
raten, sich durchzusetzen versuchen und körperlich und psychisch
wirksam werden. Die Art und Weise, wie sich der psychische
Mechanismus vollzieht, ist einmal die der Konversion; an Stelle jener
unlustbetonten Erinnerung tritt ein körperliches Symptom. Dadurch,
dass diese pathogene Erinnerung in das Unbewusste geschoben
wurde, wurde sie von dem zu ihr gehörigen Affekt gelöst, welcher
da unerledigt eine Umsetzung in das Körperliche erfährt. In seinen
späteren Arbeiten betonte Freud mehr das Prinzip der Verdrängung.
Ein affektbetontes Erlebnis, das nicht in normaler Weise ein Ab¬
reagieren erfährt, wird in das Unbewusste geschoben. Diese seine
Theorie glaubt Freud auch empirisch nachweisen zu können durch
die von ihm ausgebildete Methode der Psychoanalyse. Während
früher Freud auf dem Wege der Hypnose eine kathartische Wir¬
kung, das ist eine Befreiung des Kranken von den in seinem Unter¬
bewusstsein wirksamen pathogenen Zuständen erreichen zu können
glaubte, verliess er später diese Methode und wandte sich der
Psychoanalyse zu, die er im Wachbewusstsein vornahm. Und auf
Grund der Tatsache, dass man dem Patienten gewisse Einfälle ab¬
ringen musste, schloss Freud auf einen Widerstand von seiten des
Patienten, der psychologisch so zu erklären sei, dass der Patient
dem Bewusstwerden der pathogenen Vorstellungen, die immer pein¬
liche Erlebnisse darstellen sollen, sich widersetzt. Diese Erlebnisse
nun, die der Kranke nur unter Widerstreben herausgibt, sind nach
Freud sexuelle Ereignisse aus der Kindheit. Während also früher
die verschiedensten psychischen Traumata die krankhaften Phänomene
auslösen konnten, ist es jetzt nur eine einzige Noxe, die dies bewirkt,
das sexuelle Trauma aus der Kindheit. Der im Unterbewussten
wirkende pathogene Faktor kann aber auch noch eine Determinierung
durch Symbole erfahren, wie dies im normalen Leben im Traum zu
geschehen pflegt. Und so lag es für Freud sehr nahe, auch das
Traumleben für seine Zwecke in ausgedehntem Masse heranzuziehen.
Freud unterscheidet beim Traum den manifesten Trauminhalt, der
aber das Sonderbare, das er bietet, verlieren und verständlich gemacht
werden kann, so dass die latenten Traumgedanken zum Vorschein
kommen durch die Traumdeutung. Die Umwandlung, die der durch
die Analyse gefundene Traumgedanke durch den manifesten Traum¬
inhalt gefunden hat, nennt Freud die Traumarbeit. Der Traum ist
nun ein Wunschdelir. „Es gibt keinen harmlosen Traum.“ Jeder
Traum enthält erotische Wünsche. Nur gibt er sie in Symbolen, und
diese Symbole zu deuten ist eben die Kunst der Traumdeutung, die
übrigens, auch wenn man den Spuren Freuds folgt, nicht so
schwer ist, als gemeinhin angenommen wird. Denn nachdem die
Traumdeutung ja doch immer nur auf sexuelle Vorgänge hinausläuit,
so kommt es nicht darauf an, ob etwas mehr oder weniger Phantasie
dabei zur Verfügung steht.
Man mag nun über die Theorie Freuds in ihrem ganzen Um¬
fang und ihre Anwendung auf die Praxis denken wie man will, die
Ideen, von denen Freud ausging, stellen eine ganz geniale Kon¬
zeption dar, die nicht bloss für das neurotische Problem von grösster
Wichtigkeit sind, sondern auch Wahrheiten enthalten, die kaum mehr
aufgegeben werden dürften. Dazu rechne ich seine Lehre von der
Verdrängung des Affekts, die durch die verschiedenen psychoanalyti¬
schen Methoden erwiesen erscheint. Auch seine Konversionstheorie
halte ich für mehr als eine brauchbare Hypothese. Ein weiteres
Verdienst Freuds besteht in der starken Betonung von der Be¬
deutung des Gefühls für die Entstehung psychopathologischer Er¬
scheinungen und in dem m. M. exakten Nachweis, dass unser be¬
wusstes Denken, Fühlen und Wollen auf Schritt und Tritt von un¬
bewussten Unterströmungen, „subliminierten“ Mächten beherrscht
wird. Weiterhin dürfte auch das vertiefte und eingehende indi¬
viduelle Erfassen des gesunden und kranken Geisteslebens direkt
vorbildlich wirken, nicht bloss für den Psychologen und Psychiater,
sondern auch für den Pädagogen und Seelsorger. Eine entschiedene
Ablehnung muss dagegen Freuds Sexualtheorie erfahren, die das
gesamte Seelenleben fast identisch mit Sexualität setzt. Starker
Skeptizismus ist wohl auch bei seiner Lehre von den Symbolen am
Platze, da er hier nicht mehr auf dem Boden wissenschaftlicher
Forschung sich bewegt, sondern als Spielball seiner Phantasie er¬
scheint. Freud erinnert in mancher Hinsicht an Schopenhauer,
dem an Inkonsequenzen so überreichen Philosophen. Von einem Idea¬
lismus ausgehend, in dem starke Wahrheitsmomente enthalten sind,
verfällt Schopenhauer bei der weiteren Ausführung seines
Systems in den gröbsten Materialismus: Das Denken wird ihm eine
Hirnfunktion. Aehnliche Widersprüche können wir auch bei Freud
aufdecken. Der gesunde psychologische Ideen entwickelnde For¬
scher gerät wohl auf Grund einer mächtig quellenden Phantasie aut
Seitenwege, die sich stellenweise zur Sackgasse ausbilden. Ich will
nur auf den von I s s e r 1 i n hervorgehobenen Widerspruch hin-
weisen, auf seine Annahme, dass die Ursache der Neurose in letzter
Linie auf einer verdrängten Sexualität beruhe, die durch einen
chemisch-organischen Prozess bedingt ist. Es ist unmöglich, an dieser
Stelle auf die Theorien Freuds in erschöpfender Weise einzugehen
und auf ihre eventuelle Widerlegung. Man muss die Schriften
Freuds selber studieren und wer einen kritischen Führer haben
will, dem möchte ich die Arbeiten I s s e r 1 i n s empfehlen, deren
Lektüre nicht bloss wissenschaftliche Anregung, sondern auch ästhe¬
tischen Genuss bereitet. Sie sind scharfsinnig und kristallklar ge¬
schrieben und decken alle wunden Punkte des Freud scheu
Systems auf, ohne dabei seine Grösse zu verkennen. Eine Grösse
aber ist Freud trotz alledem: in der Konstruktion einer eigen¬
artigen, grosszügigen und kühnen Weltanschauung. Und rein mensch¬
lich werden wir den Mut der Forschung bewundern und die Be¬
geisterung, die ihn beseelt. Noch möchte ich eines von Adler
unternommenen Versuches gedenken, das neurotische Problem zu
lösen. Adler geht über Freud hinaus in seiner Arbeit über den
nervösen Charakter: Am Anfang der Entwicklung zur Neurose, so
führt Adler aus, steht drohend das Gefühl der Unsicherheit und
Minderwertigkeit und verlangt mit Macht eine leitende, sichernde, be¬
ruhigende Zwecksetzung, um das Leben erträglich zu machen.
Was wir das Wesen der Neurose nennen besteht aus dem
vermehrten Aufwand der verfügbaren psychischen Mittel. Unter
diesen ragen besonders hervor Hilfskonstruktionen und Fiktionen
im Denken, Handeln und Wollen. Das Ideal, das dem Minder¬
wertigkeitsgefühl entgegengestellt wird, ist die Männlichkeit, im
Gegensatz zur Weiblichkeit, das die Minderwertigkeit darstelli.
Die neurotische Zwecksetzung ist die Erhöhung des Persönlich¬
keitsgefühls, dessen einfache Formel im übertriebenen männ¬
lichen Protest, d. i. : ich will ein ganzer Mann sein, zu erkennen ist.
Nietzsches „Wille zur Macht“ und „Wille zum Schein“ um¬
fassen Vieles von Adlers Anschauungen. Diesem leitenden Ge¬
danken ordnen sich Libido, Sexualtrieb und Perversionsneigungen,
wo immer sie hergekommen sein mögen, ein. Adler verwirft die
Grundanschauung Freuds von der sexuellen Aetiologie. Der
sexuelle Antrieb in der Phantasie und im Leben des Neurotikers rich¬
tet sich nach der männlichen Zwecksetzung, ist eigentlich kein Trieb,
sondern ein Zwang. Der sexuelle Inhalt in den neuropathischen
Phänomenen stammt vorwiegend aus dem ideellen Gegensatz „männ¬
lich — weiblich“ und ist durch Formenwandel aus dem männlichen
Protest entstanden. Das ganze Bild der Sexualneurose ist ein Gleich¬
nis, in dem sich die Distanz des Patienten von seinem fiktiven männ¬
lichen Endziel, und wie er sie zu überwinden sucht, spiegelt.
Adler stellt uns hier sicherlich zum mindesten eine sehr geist¬
reiche Theorie auf, die nebenbei auch von feinster psychologischer
Beobachtung zeugt. Es steckt in ihr gewiss viel Wahres. Ob freilich
alle Neurotiker einen derartigen fiktiven Endzweck haben, erscheint
mehr als zweifelhaft. Ich möchte hier an Goethes Wort erinnern:
„Die Zukunft decket Schmerz und Glück schrittweise dem Blicke."
8. März 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 595
ollte in der Tat die Schwäche des Neurotikers gleichzeitig auch
eine Stärke sein, die ihn vor dem normalen Durchschnittsmenschen
uszeichnet? Sollte dieses Minderwertigkeitsgefühl solch mächtig
reibende Kräfte auslösen und alle auf einen Endzweck, und zwar
inen fiktiven, einstellen können? Bleuler hat jedenfalls Recht,
enn er den Beweis bei Adler vermisst, dass die Tatsachen in der
;egel so aufgefasst werden müssen. Indessen alles in allem: Adlers
lieorie ist kühn und geistvoll und kann auch nach der philosophischen
eite hin für die Konstruktion eines Weltbildes wertvoll werden.
Was können wir nun von all den entwickelten Anschauungen und
lieorien als gesicherten Besitz und feststehende Wahrheit erachten?
icherlich das eine, dass alle neurotischen Phänomene psychisch be-
ingt sind und entweder direkt durch Gefühlsvorgänge ausgelöst wer-
en oder in innigem Zusammenhang mit solchen stehen. Alle Be-
. usstseinstatsachen sind entweder Vorstellungen oder Gefühle, wobei
:as Begehren im Gefühl aufgehoben ist. Das Gefühl ist die Re¬
ktion auf die Vorstellungen und ein eigenartiges Erzeugnis unseres
lewusstseins. Sie alle kennen die tiefgreifenden Unterschiede in
en Gefühlsreaktionen. Dieselben sind nicht nur die Folge der ver¬
miedenen Gegenstände des Gefühls, sondern setzen gleicherweise
uch verschiedene Gefühlsdispositionen voraus. Diese Disposition ist
licht etwa ein besonderes psychisches Gebilde, sondern nur eine
eilbedingung für das Entstehen eine solchen» nämlich die im er-
ebenden Subjekte selbst liegende Teilursache, die an der Aufnahme
;iid der Verarbeitung und Einordnung der Eindrücke, der psychi-
chen Synthese, ganz wesentlich beteiligt ist. Im Bereich des Ge-
iihlslebens tritt es besonders in der Art und Weise zutage,' wie auf
ie Erlebnisse durch Lust und Unlustgefühle reagiert wird. Diese in-
lividuell verschiedene Gefühlsreaktion findet ihren Ausdruck im Tem-
lerament. Man hat von Alters her 4 Temperamente unterschieden:
las sanguinische, das melancholische, das cholerische und phleg-
natische. Wenn dieselben nun auch in Wirklichkeit in dieser redl¬
ichen Scheidung und Ausprägung nicht Vorkommen, so können sie
loch ein brauchbares Schema für die Einordnung der verschiedenen
iefiihlsreaktionen bilden. Wundt verwendet für seine Einteilung
’ Gegensatzpaare, nämlich erstens starkes und schwaches Fühlen und
veitens schneller und langsamer Wechsel der Gefühle. Ebbing-
laus nimmt eine mehr optimistische und pessimistische Veranlagung
n und weiter einen mehr stürmischen und lebhaften oder mehr einen
'erhaltenen und nachhaltigen Charakter im Gefühlsleben an. Von
len Temperamenten zu scheiden ist die relativ vorübergehende
Kimmung, welche die Gefühlsdisposition zu einer bestimmten Zeit
larstellt. Aus den verschiedenen Temperamenten ersehen wir, wie
chon innerhalb der Breite der geistigen Gesundheit gewisse Indi-
iduen leicht ausser Fassung geraten und die affizierenden Erlebnisse
lur schwer in dem allgemeinen psychischen Zusammenhang einzu-
irdnen vermögen und an einer gewissen Schwäche der psychi-
ichen Synthese leiden. Steigen wir noch eine Stufe höher, dann
laben wir das neurotische Temperament, d. h. jene Gefiihlsdisposi-
ion, die auf affektbetonte Ereignisse in einer besonderen, krank-
laften Art reagiert und die neurotischen Phänomene stellen eben
las Resultat dieser Disposition dar. Freud hat uns, wenn auch
vohl nicht in allen, so doch in vielen Fällen, den psychischen Mecha-
lismus dieser Phänomene gezeigt. Ich will hier noch einmal seine
-ehre von der Verdrängung und Konversion der Affekte anführen,
’ür die Richtigkeit dieser Auffassung spricht einmal die Psycho-
malyse und das Abreagieren im Halbschlaf. Wer nur einmal ein
lerartiges Abreagieren im Halbschlaf beobachtet hat, wird sich der
Richtigkeit der Freudschen Auffassung nicht verschliessen können.
>o könnte man wohl die neurotische Disposition mit krankhafter
Effektivität bezeichnen. Aber worin besteht diese? Wir wissen es
licht. Vielleicht ist sie, wie auch die Temperamente, mit einer Kraft
ier Seele identisch. Und die Zwangsvorstellungen? Wenn man
in der alten Definition von W e s t p h a 1 festhält, nach der Zwangs¬
vorstellungen solche sind, die bei übrigens intakter Intelligenz und
ahne durch einen Gefühls- oder affektartigen Zustand bedingt zu sein,
tegen oder wider den Willen des betreffenden Menschen in den
'Ordergrund des Bewusstseins treten, sich nicht verscheuchen
assen, den normalen Ablauf der Vorstellungen hindern und durch¬
kreuzen, welche der Befallene stets als abnorm, ihm fremdartig an¬
erkennt und denen er mit seinem gesunden Bewusstsein gegeniiber-
jteht — wenn wir diese Definition, die im übrigen keine eigentliche
Erklärung bringt, als richtig anerkennen würden, dann stünde es
reilich um eine affektive Begründung der Zwangsvorstellungen
schlecht. Und unsere Situation würde sich auch nicht bessern, wenn
A ir den einen oder anderen Psychologen zu Rate zögen. So definiert
-ipps in mehr wort- als geistreicher Weise die Zwangsvorstel-
ungen als eine psychische Dissoziation, als eine Lösung der Einheits¬
beziehungen, die normalerweise bedingen, dass die einzelne Vor¬
stellung andere Vorstellungen, die zu ihr gehören oder zu ihr im
legensatz stehen, weckt, in den Zusammenhang dieser Vorstellungen
-ingeordnet und in diesem Zusammenhang oder von ihm absorbiert
und assimiliert, kurz innerlich verarbeitet und ihr die Bedeutung an¬
gewiesen wird, die ihr im Ganzen eines solchen Zusammenhanges
uaturgemäss zukommt. Nun das ist eine Definition am grünen Tisch
des Psychologen. Man merkt, dass Lipps einen an Zwangsvor¬
stellungen leidenden Kranken niemals analysiert hat. Diese Definition
erinnert ein bischen an jenen Stern, dessen Existenz Hegel aus
Vernunftgründen verneinen zu müssen glaubte, der aber schon ein
halbes Jahr früher, ich glaube in Neapel, von den Astronomen ent¬
deckt worden war. Es kann keinem Zweifel unterworfen sein, dass
auch bei der Entstehung der Zwangsvorstellungen der Affekt die
einzig ausschlaggebende Rolle spielt. Man sucht vielfach dieselben
aus der inneren Unruhe und der Unausgeglichenheit des Gemütes ab¬
zuleiten und glaubt, dass sie der Angst nahe stehen. Freud er¬
klärt die Zwangsvorstellungen bekanntlich als verwandelte, aus
der Verdrängung wiederkehrende Selbstvorwürfe, die sich immer
auf eine sexuelle, mit Lust ausgeführte Aktion der Kinderzeit beziehen.
Ich für meine Person habe eine ganz andere Erklärung. Die
Zwangsvorstellungen sind für mich der Ausdruck einer Sicherungs-
bzvv. Ablenkungstendenz auf Grund eines pathologischen Affektes.
Doch muss ich es mir an dieser Stelle versagen eine genaue psycho¬
logische Begründung dieser meiner Auffassung zu geben.
Ich komme zum letzten Kapitel meines Vortrages, zur Therapie.
Für die Behandlung der Psychoneurosen stehen uns verschiedene
Wege offen. Von dem Grundsatz „orandum est, ut mens sana in
corpore sano“ ausgehend, werden wir in allen Fällen, wo es nötig
erscheint, eine Hebung des körperlichen Allgemeinzustandes an¬
streben durch Mastkuren, Liegekuren u. dergl. Wir werden auch ein¬
zelne Arzneimittel, wie Brom, Valeriana nicht verwerfen. Ein weiteres
selbstverständliches Postulat ist, den Neurotiker zu einer allgemeinen
rationalen, auf Körper und Geist sich erstreckenden Lebensweise
anzuhalten, in der Arbeit und Genuss, wie L i v i u s sagt, durch
ein gewisses natürliches Band miteinander verbunden ist. Die spe¬
zifische Behandlung der Psychoneurosen aber kann, da sie psychisch
bedingt sind, auch nur durch eine psychische Beeinflussung erfolgen.
Dieselbe hat aber selbstverständlich ihre Grenzen. So wird es kaum
möglich sein, jenen dauernden Zustand, den wir als neurotischen
Charakter gezeichnet haben, umzustimmen. Die meisten Chancen
werden für die Psychotherapie die Syndrome bilden. Aber auch hier
steigern sich die Schwierigkeiten, wenn ein stärkerer Intelligenz¬
defekt besteht, die Kranken schon in einem höheren Lebensalter sich
befinden und die Syndrome sehr gehäuft sind.
Was nun die Bedeutung der Psychotherapie als Heilverfahren
anlangt, so wüsste ich nicht, wie ich mich treffender ausdrücken
könnte, als es L e w a n d o w s k y tut in seinem ausgezeichneten
Lehrbuch über Neurologie. Er schreibt dort: „Wenn jetzt die plan-
mässige Psychotherapie noch immer nicht die absolute Anerkennung
gefunden hat, die ihr gebührt, so beruht das sicherlich zum Teil auf
dem latenten Vorurteil, dass bei ihr die wissenschaftliche Grundlage
nicht gegeben, dass sie eine Art Scharlatanerie zeigt. Nun, fester als
die der Elektrotherapie ist die Grundlage der Psychotherapie jeden¬
falls, und nebenbei ist die Psychotherapie auch noch eine Kunst,
was man von der Elektrotherapie wohl nicht sagen kann. Eine ver¬
nünftige Psychotherapie kann Kranke dem Siechtum entreissen und,
was noch wichtiger ist, die Unterlassung der Psychotherapie und die
kritiklose Anwendung aller möglichen anderen Mittel kann beinahe
gesunde Menschen in Schwerkranke verwandeln. Es muss im Prin¬
zip die Forderung aufgestellt werden, dass, soweit es die Um¬
stände irgend gestatten, neben der Allgemeinbehandlung Nervöser
bei Psychoneurosen nur mit psychotherapeutischen Methoden vor¬
gegangen wird. Man kann die Psychotherapie als ätiologische Thera¬
pie neben die beiden anderen mächtigen Methoden der Neurologie:
die operative Therapie und die antiluetische Therapie stellen. Das
Anwendungsgebiet der Psychotherapie ist aber ein viel grösseres und
allgemeineres als das der beiden anderen Methoden. Denn die Mehr¬
zahl der Nervenkranken, die in der allgemeinen Sprechstunde und
auch in der des Neurologen erscheinen, leiden weder an Tumoren
noch an Lues, ja überhaupt nicht an organischen Nervenkrankheiten,
sondern an funktionellen, d. h. an Psychoneurosen. Darum muss
nicht nur der Neurologe, sondern auch der allgemeine Praktiker sich
mit der systematischen Psychotherapie vertraut machen. Es gehört
dazu nur eine gewisse ärztlich-psychologische Begabung, daneben
viel Zeit, Unermüdlichkeit, Aufrichtigkeit, der feste Wille, dem Kran¬
ken zu helfen, Freiheit von jedem Schematismus, dies alles auf dem
Grunde einer sicheren Diagnose, dann wird sich jeder Arzt, nicht nur
der Neurologe, unschwer überzeugen können, dass die Psychothera¬
pie den Vergleich mit anderen, äusserlich glänzenderen Methoden
nicht zu scheuen braucht, und dass sie in den geeigneten Fällen durch
andere Methoden überhaupt nicht zu ersetzen ist.“ So Lewan-
d o w s k y.
Hinsichtlich der Psychotherapie möchte ich nun eine allgemeine
und spezielle unterscheiden. Ueber die allgemeine Psychotherapie
muss jeder Arzt verfügen, der in seinem Beruf Erfolge haben will
und je besser er hiezu befähigt ist, um so bessere Heilerfolge wird
er erzielen. Es gibt kaum eine Krankheit, in welcher der Arzt nicht
seelisch einwirken könnte, sei es durch Beseitigung von Vorurteilen,
sei es durch ein aufmunterndes oder scherzhaftes Wort, das das
krankhafte psychische Plus, das zum körperlichen Leiden stets hinzu¬
kommt, beseitigt. Dubois sagt sehr richtig: Die Psychotherapie
richtig anzuwenden war stets die Haupteigenschaft jener Praktiker,
welche in ihrer innersten Seele Aerzte sind und es verstanden haben,
sich eine treue und dankbare Klientel zu gewinnen. Sie sind viel¬
leicht zahlreicher auf dem Lande als in den grossen Verkehrszentren,
wo die Konkurrenz dem Merkantilismus Vorschub leistet und den
Arzt seine humanitäre Mission leichter vergessen lässt. Der wahre
Arzt tut mit seinem Wort mehr Gutes als mit seinen Verordnungen.
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JVJUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Zu dieser Psychotherapie, die Gemeingut aller Aerzte sein muss,
kommt noch eine solche in engerem Sinn, die sich ganz bestimmter
psychologischer Methoden bedient. Zunächst möchte ich auch hier
noch das allgemeine rein menschliche Verfahren erwähnen, welches
in der Aufklärung des Kranken besteht und in einer gewissen seeli¬
schen Orthopädie, die einerseits dem Kranken die Zuversicht auf seine
Heilung beibringt und unterhält, andererseits eine Umstimmung des
Seelenzustandes des Kranken anstrebt. Dieses Verfahren wird be¬
kanntlich in virtuoser Weise von Dubois in Bern geübt. Die Sug¬
gestion kann noch wirksamer gestaltet werden durch die Hypnose,
Dabei ist eine tiefe Hypnose durchaus nicht notwendig. Eine ganz
leichte oberflächliche Hypnose ist vollständig genügend, um den
Kranken der Suggestion empfänglicher zu machen. Im allgemeinen
wird man ja in den meisten Fällen mit den Einwirkungen auskommen,
die man auf den Kranken im Wachbewusstsein ausübt, und die Mehr¬
zahl der Neurologen teilt diesen Standpunkt. Es stellt zweifellos auch
das natürlichste, fast möchte ich sagen das gesündeste Verfahren dar.
Doch wird man immerhin in einzelnen Fällen auf die Hypnose zurück¬
kommen dürfen, wenn das ebenangeführte Verfahren nicht zum Ziele
führt oder nicht möglich ist. Sehr brauchbar erscheint manchmal die
Hypnose bei Kindern, die bekanntlich sehr leicht zu hypnotisieren
sind. Auch bei den Erwachsenen ist die Hypnose meistens nicht
schwierig, besonders dann, wenn man vorher eine genauere Psycho¬
analyse vorgenommen hat, was ich für jeden Fall empfehlen möchte.
Um genaueren Einblick in das Unterbewusstsein zu erhalten, können
wir verschiedene Methoden anwenden, einmal die von Freud. Wir
werden natürlich nur den analytischen Teil seiner Methode auf Grund
meiner Ausführungen akzeptieren. Zu diesem Behuf lässt man mit
Freud den Kranken sich darüber aussprechen, was ihm gerade
durch den Kopf geht. Er soll sich dabei bemühen, nichts zu unter¬
drücken und sich willig dem freien Spiel der Assoziationen überlassen.
Man notiert sich dann nicht nur die sprachlichen Aeusserungen des
Kranken, sondern beobachtet auch die begleitenden Ausdruckserschei¬
nungen, wie Stottern, Zögern, Sich-Versprechen, Erröten, Verlegen¬
heit, diesbezügliche Bewegungen u. dergl. Das Ganze gibt dann dem
Arzt meistens wertvolle Fingerzeige für das weitere Eindringen in
dessen Psyche. Man kann auch das Assoziationsexperiment ver¬
wenden, welches darin besteht, dass man dem Kranken ein Wort
nennt, das er so schnell wie möglich mit demjenigen Wort be¬
antworten soll, das ihm eben in den Sinn kommt. Der Arzt be¬
obachtet hiebei die Reaktionszeit und auch sonst, wie schon oben, die
Ausdrucksvorgänge. Eine über den Durchschnitt verlängerte Re¬
aktionszeit ist meistens ein Zeichen dafür, dass das Reizwort in
irgend einer Weise auf einen gefühlsbetonten Komplex gestossen ist.
Bekanntlich zieht Freud auch noch das Traumleben des Kranken
heran, um Einblick in das Unterbewusstsein zu bekommen.
Da es sich nun aber um eine Deutung von Symbolen handelt,
so müssen wir das letztere Verfahren als ein durchaus subjektives
verwerfen, denn es muss immer mit der Möglichkeit gerechnet wer¬
den, dass der Untersucher seine eigenen Ideen und Annahmen in die
von dem Kranken gewonnenen Resultate hineindeutet. Nicht so gross
ist die Gefahr bei dem oben angegebenen Verfahren, doch müssen
auch hier wir uns hüten, voreilige Schlüsse zu ziehen, insbesondere
alles auf das Sexuelle zurückführen zu wollen. Endlich gibt es
noch eine weitere Methode, um Aufschlüsse über das Unterbewusste
im Seelenleben zu erhalten. Es ist die zuerst von Vogt angewandte
Kausalanalyse im eingeengten Wachsein. Durch eine spezielle Ge¬
staltung der Hypnose und durch Präzisierung der vom Patienten
zu lösenden Aufgaben erhielt Vogt klare und tiefgehende Analysen.
Vogt konnte aus den Analysen einen weitgehenden genetischen
Zusammenhang zwischen den pathologischen Symptomen und früheren
Gemütsbewegungen konstatieren. Sie decken aber gelegentlich schon
sofort, meist aber sehr bald angstbetonte Autosugg°stionen auf, die
bei den Analysen immer mehr als der eigentlich auslösende
Faktor sich erwiesen, je länger die Symptome dauerten. Auch ist
Vogt zweifelhaft, ob das Abreagieren in der Hypnose als solches
den Komplexen ihre pathogene Wirkung dauernd nimmt. Vogt hat
vielfach bei dem therapeutischen Versagen des hypnotischen Ab-
reagierens sich überzeugen könne, dass eine anderweitige erreichte
Aenderung der Denkrichtung des Kranken Heilung brachte. Eine ganz
bestimmte Art von Hypnose wird von Frank in Zürich zu thera¬
peutischen Zwecken in grossem Umfang angewandt. Frank ver¬
setzt die Kranken in einen leichten Halbschlaf bei erhaltener ober¬
bewusster Aufmerksamkeit, ln diesem Zustand des eingeengten Be¬
wusstseins treten, ähnlich wie im Traum, aber unter der Kontrolle
des erhaltenen Oberbewusstseins die krankhaft aufgespeicherten ge¬
fühlsbetonten Vorstellungen wieder ins Bewusstsein. Dieses Auf¬
treten erfolgt in der Regel durch assoziative Anregung — selten
durch Suggestion beeinflussbar — und die Affekte kommen mit voller
Wirkung, oft geradezu mit elementarer Gewalt, zum Abreagieren.
Frank hält seine Methode mit Recht für eine rein objektive, die
keiner Deutung bedarf. Durch sie gewinnt er einen direkten Ein¬
blick ohne den komplizierten Umweg durch das TraumDben hindurch
in den Aufbau der Psychoneu rosen im Unterbewusstsein mit einer
Klarheit und Deutlichkeit, gleichsam wie durch ein wissenschaftliches
Experiment. Es zeigt sich auch, dass bei der Entstehung der Neu¬
rosen es sich stets nicht nur um einen einzigen Affekt, den Sexual¬
effekt, handeln kann, sondern auch um andere und um das Zusammen¬
wirken verschiedener Affekte. Jeder Affekt, dessen der Mensch iiber-
No. 11.
haupt fähig ist, kann in psychoneurotischen Zuständen eine Rolle
spielen. Je schwerer der Krankheitszustand ist, umsomehr Affekte
werden in Mitleidenschaft gezogen. Frank hält seine Methode für
eine analytische und kathartische zugleich. Wenn man seiner ersten
Annahme durchaus beipflichten wird, kann man der zweiten doch
wohl nicht bedingungslos sich anschliessen. Gewiss, in günstig ge¬
lagerten Fällen ist sicherlich auch die kathartische Wirkung eine un¬
bestrittene und Heilung bringende. Aber schon Vogt bestreitet auf
Grund seiner Versuche, dass das Abreagieren als solches den Kom¬
plexen ihre pathogene Wirkung dauernd nimmt und auch Frank be¬
darf bei einem grossen pathogenen Material manchmal einige hundert
Sitzungen und darüber, um dasselbe zum Abreagieren zu bringen.
Ob in diesen gehäuften Hypnosen nicht doch eine gewisse Geiahr
liegt, insofern als sie unter Umständen erst recht wieder gewisse
Fixierungen von pathogenen Affekten bedingen, will ich dahingestellt
sein lassen. Frank selbst bestreitet dies. Aber auch wenn
F r an k recht behält, so stellt doch immerhin dieses Verfahren bei
schwereren Krankheitszuständen als äusserst langwierig sich dar,
das an die Geduld des Kranken wie die des Arztes gleich grosse
Anforderungen stellt, von materiellen Erwägungen ganz zu schweigen.
Wir sehen also, all diese speziellen psychoanalytischen und psycho¬
therapeutischen Methoden haben ihre Vorteile und Nachteile. So wird
es nicht zweckmässig sein, auf eine einzige der angegebenen Me¬
thoden sich festzulegen und auf sie zu schwören. Man wird vielmehr
am besten auf einer mittleren Linie sich bewegen und nicht immer in
einseitiger Weise entweder auf dem Wege des Halbschlafes oder der
Psychoanalyse die Psyche des Kranken zu ergründen und zu beein¬
flussen suchen. Wir werden daher je nach der Lage des Falles jede
Methode und oft auch kombiniert anwenden. Wir müssen uns dabei
aber immer vor Augen halten, dass sehr gute Heilungen in den
meisten Fällen erzielt werden können, auch dann, wenn man nicht
bis zu den allertiefsten Komplexen vordringt, sondern oft genügen
schon oberflächlichere Schürfungen und die Aussprache des Patienten,
um eine zielbewusste Therapie einleiten zu können. Die meisten
Patienten lassen in ihrer Seele wie in einem Buche lesen, und wenn
oft Manches und Wichtiges nicht zum Vorschein kommt, so ist es
vielleicht oft mehr die Schuld des Lesers. Eine Eigenschaft muss
jedenfalls der Leser besitzen, die Gabe der Einfühlung. Wer über
diese nicht verfügt, wird nie befriedigende Erfolge erzielen. Diese
Einfühlung wird dem Arzte auch nicht so gefährlich, als man es da
und dort hinstellt. Jedenfalls braucht eine geistig gesunde und
rüstige Natur von Uebertragungen nichts zu fürchten.
Ich bin am Ende meiner Ausführungen. Wir haben im eilenden
Fluge ein weites Gebiet durchmessen, das sich uns auf Grund der
gewonnenen Erkenntnisse als ein neues, enormes Arbeitsfeld erweist.
Es gilt: „Die Strauchelnden nicht stossen, dass sie gar fallen“, sondern
sie heben und wieder zu gesunden, arbeitsfähigen Menschen zu
machen. Und derjenige, der weiss, welch ein wertvolles Material
gerade für die Arbeit, sei es auf körperlichem, sei es auf geistigem
Gebiet, die Neurotiker darstellen, der wird ermessen können, welch
wirtschaftliche Werte durch ihre Arbeitsunfähigkeit verloren gehen.
Aber die Psychoneurose bedeutet für uns noch mehr als thera¬
peutische Interessen. Ihre Kenntnis gibt uns Einblicke in das Un¬
bewusste. Da aber das Unbewusste an der Entstehung aller Gebilde
der einzelnen Psyche sowohl wie des Gesamtgeistes mitbeteiligt ist
und die höchsten ästhetischen, ethischen und religiösen Einsichten
ihren Urgrund in Tatsachen haben, die unterhalb des Bewusstseins
liegen, so wächst die Psychoneurose weit hinaus über das rein ärzt¬
liche Interesse und wird als eine an sich rein empirische Disziplin von
grösster Bedeutung für die Geisteswissenschaften überhaupt.
Bücheranzeigen und Referate.
Bericht über das Bayerische Gesundheitswesen, Fortsetzung des
Generalberichtes über die Sanitätsverwaltung im Königreich Bayern,
lierausgegeben vom Kgl. Staatsministerium des Innern, bearbeitet1
vom Kgl. Statistischen Landesamt, 38. Band, die Jahre 1908, 9 und 10
umfassend. 236 S. und 71 S. Tabellen mit zahlreichen Kartogrammen.
München, Bassermann 1912.
Da seit 2 Jahren kein Band erschienen ist, waren die bayerischen
Sanitätsberichte bedauerlicherweise in grossen Rückstand geraten,
woran allerdings nicht der Mangel, sondern die Ueberfülle unter¬
nommener Arbeitsleistung schuld war — zahlreiche medizinisch-
statistische Sonderarbeiten, auf welche auch im folgenden Bezug ge¬
nommen werden wird. Doch nun ist der Bericht für 3 Jahre gleich¬
zeitig erschienen und für die Zukunft weitere Beschleunigung der
Berichterstattung zu erwarten.
Die 3 Jahre brachten eine fortlaufende Hebung der Gesundheits¬
verhältnisse und bedeutende Fortschritte der öffentlichen Gesund¬
heitspflege. Hervorgehoben sei namentlich der entschiedener auf¬
genommene Kampf gegen die hohe Säuglingssterblichkeit und gegen
Tubtikulose, welcher immer grössere und raschere Erfolge ver¬
spricht, und der Fortschritt in der ärztlichen Fabrik- und Schul¬
aufsicht, in Wohnungswesen und Desinfektion. In der folgenden Be¬
sprechung kann selbstverständlich nur einzeln.es von allgemeiner
Wichtigkeit berührt werden.
Bevölkerungsstatistik. Die Bevölkerung betrug nach der Zählung
von 1910 6 887 291. Sie hat sich seit 20 Jahren nicht ganz um ein
18. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Viertel vermehrt, wobei der Hauptanteil auf die unmittelbaren Städte
fälit, welche 1890 nur 23, jetzt 31 Proz. der Bevölkerung ausmachen.
Geburten und Todesfälle setzten ihre mit 1901/2 begonnene
Abnahme fort und auch der sich aus ihnen ergebende Geburten¬
überschuss nimmt diese Richtung an. In schwächerem Masse
ist dies auch bei den Eheschliessungen der Fall. Den grössten Ge¬
burtenüberschuss zeigen wieder Oberbayern und Pfalz, während
Niederbayern und Oberpfalz die grösste Geburtenhäufigkeit haben.
Während der Geburtenüberschuss in den Landbezirken in 5 Jahren
ganz gleich geblieben ist, ist er in den Städten infolge der grösseren
Geburtenabnahme um Ve kleiner geworden. Die Zahl der Unehelichen
beträgt immer noch etwas über 12 Proz. aller Geburten. Die Zahl der
Eingewanderten überstieg jährlich um 21 000 bis 35 000 die der Aus¬
gewanderten. Die 130 858 Todesfälle im Jahre 1910 machten 19 auf
1900 Einwohner aus (in Preusseti 16). Davon waren 70 Proz.
ärztlich behandelt, in den Städten 89, auf dem Lande 62, in Nieder¬
bayern und Oberpfalz gar nur 53 und 52.
Die Säuglingssterblichkeit, welche sich in den
7 Jahren bis 1907 zwischen 21,0 und 25,8 auf 100 Lebendgeborene
bewegt hatte, hat bis zu 21,7 und 20,2 abgenommen (in Preussen
bis 15,7). In Niederbayern starben 1910 noch 27,8, in der Ober¬
pfalz 24,9, dagegen in Unterfranken nur 15,3, in der Pfalz 13,9. Zwei
Karten zeigen, dass seit 10 Jahren überall eine Verminderung der
übergrossen Säuglingssterblichkeit erreicht wurde, dass diese aber
selbst im letzten Berichtsjahre nur bei der fränkischen Bevölkerung
und in der Voralpengegend eine mässige ist. Auch heute noch hat
das Zentrum Bayerns, etwa zwischen München und Neumarkt i. O.,
zwischen Bogen und Dillingen a. D. eine überaus hohe Sterblichkeit.
Dabei ist zu beachten, dass während 1900 die Sterblichkeit der ehe¬
lichen Kinder in den Städten fast gleich hoch war wie auf dem "Lande,
26,0 gegen 26,6, sie in ersteren auf 16,4, auf dem Lande nur auf 20
heruntergegangen ist, ein deutlicher Massstab für den Nutzen der
gesundheitlichen Bestrebungen, welche natürlich zunächst in den
Städten durchdringen. Speziell an den Infektionskrankheiten
Masern, Keuchhusten, Tuberkulose und Pneumonie sind noch nicht
ganz 3 auf 100 Lebendgeborene gestorben.
Die Selbstmorde, 1910 1047, nehmen immer noch ein wenig
zu, dagegen blieb die Zahl der tödlichen Unglücksfälle
in den letzten 3 Jahren im ganzen auf der Höhe der vorausgegangenen
Jahre, 1910 294.
Medizinische usw. Heilkunde. Eine wertvolle Zusammenstellung
des Vorkommens der Infektionskrankheiten im Laufe von
40 Jahren, seit 1881, ist der Zeitschrift des Stat. Landesamts von 1912
entnommen. Alle erfuhren seit dem ersten bis zum letzten Jahrfünft
eine fortdauernde grosse Verminderung, Diphtherie von 122 auf 22,
Masern von 35 auf 24, Scharlach 46 auf 7, Typhus 22 auf 2, Keuch¬
husten 55 — 30, Brechdurchfall 214 — 87, Pocken 0,76 — 0,01, berechnet
auf 100 000 Einwohner, Kindbettfieber 26 — 15 auf 10 000 Gebärende.
Nur bei der Tuberkulose trat bis 1S95 noch Zunahme von 267 bis 316
und dann erst Abnahme auf 244 ein.
An Blattern starben in den 3 Berichtsjahren nur 2. In den
35 Jahren vor Erlass des Gesetzes der Wiederimpfung kamen jähr¬
lich auf 1 Million Einwohner 136 Todesfälle vor, seither, d. h. seit
1875 keine 4 mehr, also nur noch der 35. Teil, und unter den Er¬
krankten starben 4 mal so viel von den Ungeimpften, als von den
Wiedergeimpften. Aber auch der beträchtliche Rückgang der Er¬
krankungen trotz der Zunahme des internationalen Verkehrs und der
grossen Zuwanderung ans nicht durch Impfgesetze geschützten
Ländern ist, wie der Bericht mit Recht sagt, ein deutlicher Beweis
für die Schutzkraft der Impfung.
An Typhus starben in den Berichtsjahren je 150, 111, 115,
also 2.2, 1,6, 1,7 auf 100 000 Einwohner. Der Unterschied der Sterb¬
lichkeit in den einzelnen Kreisen ist nicht mehr gross, da ihr
Rückgang seit dem Ende der 70 er Jahre in den damals am meisten
befallenen Kreisen am grössten gewesen ist; in Schwaben um 26, S,
Unterfranken 24,7, Niederbayern 24,1, Pfalz 21,7. In den Heilanstalten
sind 26 Todesfälle an Fleck- und Rückfallfieber vor¬
gekommen.
Eine sehr eingehende Bearbeitung ist der Tuberkulose ge¬
widmet. Sie verursachte von 1888 — 1907 eine Sterblichkeit von 297
auf 100 000 Einwohner, in den Berichtsjahren nur noch von 235, und
zwar folgen dabei die Kreise absteigend: Oberpfalz 262, Unter-
franken 250, Oberbayern und Pfalz 239, Niederbayern 237, Mittel-
franken 224, Schwaben 220, Oberfranken 213. Die Abnahme ist in
der Pfalz, Mittel- und Unterfranken am grössten, in Niederbayern
und Oberpfalz am kleinsten gewesen.
Die Abnahme der Lungentuberkulose war in den Städten
viel beträchtlicher als auf dem Lande, so dass im Jahre 1910 die
früher in jenen um fast Vs grössere Sterblichkeit fast auf den Stand
des Landes herabgesunken ist: 216 gegen 192. Ebenso hat sich der
Unterschied der Sterblichkeit zu ungunsten des männlichen Ge¬
schlechts um mehr als die Hälfte verringert. Beide Erscheinungen
sind nach Ansicht des Referenten wohl in erster Linie der Arbeiter¬
versicherung zuzuschreiben. Ein Vergleich der Jahre 1895, 1900 usw.
zeigt ferner, dass die Abnahme der Lungentuberkulose am stärksten
im Alter von 40 — 70 Jahren war, dass aber trotzdem das Maximum
der Sterblichkeit immer noch auf diese Altersklasse fällt und von
dem zweiten Maximum in den 2 ersten Lebensjahren noch nicht er¬
reicht wird. Die Karte von 1894 zeigt die höchste Sterblichkeit im
Zentrum Bayerns, „einem vom Donaugebiet nach Norden und Nord¬
osten sich erstreckenden Gebiet“, also bei einer zum Teil ganz über¬
wiegend landwirtschaftlichen Bevölkerung. Wenn auch hier seither
die Verhältnisse sich gebessert haben, so ging doch die Sterblichkeit
weitaus am meisten in den beiden Hauptindustriestädten Bayerns,
rv ^u^s^ur.S s°£ar auf weniger als die Hälfte und in Nürnberg zurück.
Die Sterblichkeit der in den allgemeinen Heilanstalten an Lungen¬
tuberkulose Behandelten ist seit 16 Jahren von 31 auf 12 zurück¬
gegangen. Ebenso erfreulich ist der Rückgang der Sterblichkeit in
den Zuchthäusern, welche früher mit Recht als Seucheherde und
eine Gefahr für die übrige Bevölkerung angeklagt wurden und welche
in einzelnen Anstalten und Jahren eine Tuberkulosesterblichkeit bis
gegen 8 Proz. der Durchschnittsbevölkerung hatten. Jetzt ist die
Sterblichkeit an Lungentuberkulose auf etwa V» Proz. gefallen. Da¬
gegen ist sie in den Irrenanstalten seit 1894 von 1,5 auf 2,2 Proz. der
Durchschnittsbevölkerung gestiegen, was durch vermehrte Aufnahme
von Kranken der schlechter ernährten usw. BevölkerungsKlassen
erklärt wird. Sehr der Abhilfe bedürftig ist die hohe Tuberkulose¬
sterblichkeit bei den geistlichen Krankenschwestern verschiedener
Mutterhäuser. Auch aus zahlreichen Industriegegenden werden zum
Teil noch sehr verbesserungsbedürftige Zustände berichtet, so von
Lichtenfels (Korbwarenindustrie), dann bei den Porzellanarbeitern in
Oberpfalz und Oberfranken, der Blatt- und Goldschlägerei in Mittel-
franken, der Zigarrenindustrie in Unterfranken und Pfalz, den Stein¬
hauern in Unterfranken. Aus allen Teilen des Landes wird aber mit
Recht bei Bekämpfung der Krankheit auf schlechte Wohnungen,
schlechte Ernährung und Alkoholmissbrauch hingewiesen.
Von Lungenheilstätten gibt es 6 öffentliche mit 499 Betten,
12 private mit 958 Betten, von Walderholungsstätten 5, von Be-
ratungs- und Fürsorgeanstalten 62, davon die erste im Jahre 1905.
An Ruhr sind in den Berichtsjahren nur 20 gestorben, an
Varizellen 37, an Malaria 4; nur im Bezirk Gunzenhausen
kommt sie infolge häufiger Ueberschwemmungen noch nahezu epi¬
demisch vor, 263 Fälle in den 3 Jahren. Die Sterblichkeit an Kind¬
bettfieber ist seit 1896 gleichgeblieben. Meningitis cere¬
brospinalis führte bei 271 Erkrankungen 132 mal zum Tode;
davon kamen 60 Erkrankungen mit 21 Todesfällen auf dasMilitär. Auch
nach Abzug der letzteren war das männliche Geschlecht fast doppelt
so stark befallen, 134:77. Nur selten wurden 2 — 3 Fälle in einer
Familie oder in einem Hause beobachtet. An Syphilis starben
702 Personen, fast alle Säuglinge. F.s werden 5 Fälle von Ansteckung
durch Kostkinder berichtet. Trachom ist in 2 Bezirken Ober¬
frankens noch heimisch, kam aber sonst nur bei polnischen Arbeitern
vor. An Milzbrand sind seit 1895 69, in den Berichtsjahren
8 Todesfälle vorgekommen, an Trichinose 3, an Tollwut
keiner, an Aktinomykose 10.
An bösartigen Neubildungen starben in den Berichts¬
jahren 22 564, gerade halb so viel, wie an Tuberkulose, auf 100 000 Ein¬
wohner je 108, 110, 114. In den unmittelbaren Städten betrug die
Sterblichkeit 140, in den Bezirksämtern 100. Dabei ist aber die
bessere Diagnose und der Zuzug vieler Kranker in den Städten zu
beachten. In München macht dieser Zuzug 1/io, in Würzburg über Vs,
in Erlangen gar 3/s der Krebstodesfälle aus. Eine richtige Topo¬
graphie des Krebses und anderer Krankheiten wird man bei der
Zunahme der Wanderungen in die Anstalten mit jedem Jahre weniger
hersteilen können, wenn man sich nicht im Deutschen Reich endlich
entschliesst, so wie in der Schweiz seit Jahren, auf den Leichenschau¬
scheinen die Angabe des Wohnortes neben dem des Sterbeortes
vorzuschreiben. Das männliche Geschlecht hatte eine Sterblichkeit
von 98, das weibliche 122. In den Heilanstalten sind 2849 gestorben;
im ganzen waren 96 Proz. aller Gestorbenen ärztlich behandelt. Auf
die Verdauungsorgane fallen bei den Männern 83, bei den Frauen
58 Proz.
An Blinddarmentzündung starben jährlich zwischen
510 und 546, von den in den Heilanstalten Behandelten zwischen 4,5
bis 5,6 Proz. Die Zahl der an K r o p f in den öffentlichen Heilanstalten
Behandelten hat seit 1903 sehr rasch zugenommen, von 284 auf 1535
(mit 36 Todesfällen).
Sanitätsanstalten. Die 632 allgemeinen Krankenhäuser
hatten durchschnittlich je 43 Betten und 331 Kranke. Die Sterblich¬
keit bewegte sich zwischen 4,5 und 4,8. Die Frequenz der öffent¬
lichen Irrenanstalten war 1910 13 061 Gesamt- und 9464 Durchschnitts¬
bevölkerung mit 852 Todesfällen. 22 Proz. davon erfolgten an
Lungen- und Darmtuberkulose, 10.5 im paralytischen oder epilepti¬
schen Anfall, 18,7 an Marasmus senilis. Di3 paralytischen Seelen¬
störungen machten lA des Gesamt-, über die Hälfte des Durchschnitts¬
bestandes aus. Durch fleissige bakteriologische Untersuchungen
wurden in mehreren Anstalten Typhusbazillenträgerinnen fest-
gestellt. — Von den besuchtesten Bädern hatten 1910 Kissingen
32 000 und Reichenhall 15 000 Kurgäste.
Oeffentliche Gesundheitspflege. Es wurde im neuen Berichte im
Gegensatz zu den früheren der Hauptwert auf ziffernmässige Nach¬
weise gelegt. Um grössere Vollständigkeit zu erzielen, wurden die
Berichte der Bezirksärzte über die Ernährung auf bestimmte Fragen
beschränkt, namentlich auf Aenderungen in der Ernährungsweise,
auf das Molkereiwesen und den Alkoholmissbrauch.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. II.
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Nahrung. Während bis 1909 eine Zunahme der Schlach¬
tungen stattgefunden hatte, nahmen sie 1910 im ganzen um 1, bei
den Rindern um 614 Proz. ab. Der Verbrauch an Trink- und
Koch milch wird auf den Kopf und das Jahr für die grösseren
Städte berechnet: Augsburg 153, München 135, Ludwigshafen 124,
Kaiserslautern 121, Fürth und Würzburg 114, Nürnberg 113, Regens-
burg 98. — Im Vergleich zu 1880 zeigt das Jahr 1909 die höchste
Preissteigerung bei F.iern, um 38 Proz., bei Butter 28, bei
Roggenbrot nur 11 Proz. Die Schädlichkeit des Molkerei¬
wesens wird von einer Reihe von Berichterstattern zugegeben,
von einigen in direkten Zusammenhang mit der hohen Kindersterb¬
lichkeit gebracht, von anderen verneint. Erfreulicher ist jedenfalls,
dass der Bier verbrauch, wenn auch langsam, zurückgeht, von
1901 — 10 von 245 Liter jährlich auf den Kopf auf 228, also um 7 Proz.
Von verbrauchtem Brannt\vein kämen, wenn Ein- und Ausfuhr gleich
gross wären, was nicht zutrifft, P/s Liter auf den Kopf.
Säuglingsernährung. Die ersten Schritte gegen die
hohe Säuglingssterblichkeit erfolgten 1907 durch das Ministerium des
Innern in Anweisungen zur Organisation der Säuglingsfürsorge.
Ende 1908 wurde dafür eine Zentrale geschaffen und es wurden
steigende Mittel für diese Zwecke verwendet, 1910 547 000 M. oder
mit den Ausgaben für Krippen, Milchküchen, Schwangere usw. über
1 Million, davon 109 000 für Stillprämien, 64 000 für Wöchnerinnen¬
unterstützung, 4700 für Belohnung an Hebammen. Es bestehen nun
4 Wöchnerinnen-, 1 Mutter-, 10 Säuglingsheime und 15 sonstige An¬
stalten, welche gefährdete Kinder verpflegen.
Wohnung. Es ist sehr anzuerkennen, dass neben Säuglings¬
sterblichkeit und Tuberkulose nunmehr auch das Wohnungswesen,
das doch neben der Ernährung den wichtigsten Einfluss auf Gesund¬
heit und Leistungsfähigkeit des Menschen ausübt, Gegenstand ziel¬
bewusster allseitiger Verbesserungsbestrebungen von seiten aller
Behörden geworden ist. Gerade der Kampf gegen die beiden ge¬
nannten Schäden musste diese Bestrebungen fördern, denn er hat
ihren Erfolg zur Voraussetzung seines eigenen, weil die Tuberkulose
eine ausgesprochene Wohnungskrankheit ist, und weil doch kein
Zweifel mehr bestehen kann, dass die Säuglingssterblichkeit, in erster
Linie von der Stillhäufigkeit beeinflusst, in hohem Grade von Ueber-
völkerung, Ueberhitzung und Verunreinigung der Wohnung abhängt.
Ausser der hohen Steigerung der Mietpreise hat der bestehende
Mangel an geeigneten Wohnungen immer mehr die Ueberzeugung
von der Notwendigkeit staatlichen Eingreifens herbeigeführt. So
stellte sich bei 112 Zählungen der letzten Jahre in bayerischen Ge¬
meinden 90 mal heraus, dass weniger als 3 Proz. bis herunter zu 0
Wohnungen leerstanden, während 3 Proz. leerstehende Wohnungen
auf Grund der Erfahrungen als Norm angenommen werden.
Der Staat hat ausser durch die Gesetzgebung, z. B. das Landes¬
kulturrentengesetz von 1908, ausser erheblicher Vermehrung seiner
Dienstwohnungen besonders dadurch geholfen, dass er 1909 und 10
4 Vs Millionen Darlehen an die Gemeinden zur Wohnungsbeschaffung
gewährte. Darlehen gaben ferner einzelne Distrikte und namentlich
viele Gemeinden, z. B. München 3 Millionen, und daneben billigen
Baugrund, Baumaterialien usw., oder sie erbauten selbst Arbeiter¬
und Kleinwohnungen. 130 gemeinnützige Bauvereine haben bis jetzt
7653 Wohnungen hergestellt und 4 Ledigenheime in Regensburg,
Kaufbeuren usw. In Nürnberg hat sich ein Verein zur Errichtung
einer Gartenstadt gebildet. Es werden aber im Berichte Angaben
über die Ziele bei allen diesen gemeinnützigen Massnahmen vermisst.
Wird- es zugegeben, dass alle diese mit Hilfe von Staat, Gemeinden,
Vereinen errichteten Häuser in Privatbesitz übergehen ohne Vor¬
kaufsrecht des Erbauers usw., so kann ein dauernder Nutzen nicht
erreicht werden; mit dem Verkaufe werden sie wie die andern Häuser
Gegenstand der Spekulation und künftiger willkürlicher Miet¬
steigerungen.
Die Errichtung und Benützung von Badeanstalten, die
Wasserversorgung und die Abfuhr haben tüchtige Fort¬
schritte gemacht. Die Ausgaben für öffentliche Wasseranlagen
stiegen von rund 21/? Millionen im Jahre 1906 auf fast 5 Millionen im
Jahre 1910, zu denen der Staat 1/t bis 14 beitrug. Wie in früheren
Berichten ist wieder die offene Darlegung von Missständen in den
einzelnen Gemeinden sehr zweckmässig; wünschenswert wären da¬
neben kurze Mitteilungen über den Erfolg der Werke, besonders
der verschiedenen Kläranlagen und Sammelgruben, z. B. Nürnbergs,
wie sie namentlich immer die sächsischen Berichte bringen.
Gewerbe und Industrie. Im Jahre 1909 wurde, wohl
zuerst im Deutschen Reich, ein Landesgewerbearzt auf¬
gestellt. Dr. Kölsch hat seither eine Abhandlung über seine bis¬
herige 3 jährige Tätigkeit, namentlich bezüglich der Tuberkulose
in der Zeitschrift des Stat. Landesamts 1912 veröffentlicht. Die
Hauptursache der Erkrankung durch den Beruf findet er in der Staub¬
gefahr. Unerwartet ist das Ergebnis seiner Untersuchungen, dass
(bei den Männern) der vegetabilische Staub nahezu ebenso schädlich
ist, wie der „mineralische“ und schädlicher, als der Metallstaub.
Die grösste Tuberkulosesterblichkeit, welche als reine Berufswirkung
anzusehen ist, hatten die Steinhauer mit jährlich 2,7 Proz. Dagegen
scheint die Beschäftigung in Kohlengruben, Kalk- und Gipsbrennereien,
Lohgerbereien, auch die der Kaminfeger nahezu antituberkulöse Wir¬
kung zu äussern. Bei den Berufseinflüssen wirken allerdings sehr
viele Nebenumstände mit, die auch Kölsch anführt, vor allem die
wirtschaftlichen Verhältnisse und die Konstitution des dem Berufe
sich widmenden Menschenmaterials. So weist er darauf hin, dass
bei den Perlmutterarbeitern die Tuberkulose vielleicht weniger Folge
der Berufstätigkeit, als vielmehr der kärglichen Lebensverhältnisse
ist. Ausserdem wäre möglichst die Alterszusammensetzung zu
berücksichtigen, z. B. bei den Brauern, welche infolge früheren Ab¬
sterbens eine geringere Vertretung in den höheren Altersklassen
haben. — Von 1912 ab haben die Krankenkassen bestimmte gewerb¬
liche Gesundheitsschädigungen den Gewerberäten anzuzeigen. Die
Zahl der Betriebsunfälle, 1910 nahezu 18 000, hat immer noch zu¬
genommen.
Schulen. In München, das 24 Schulärzte und 1 Schulärztin
hat, wurden von den ein- und austretenden Kindern 34 Proz. von
guter Körperbeschaffenheit gefunden, 59 von mittlerer, 7 von
schlechter. In Nürnberg waren die betreffenden Zahlen beim Ein¬
tritt 24 — 72 — 3, in Kaiserslautern 25 — 59 — 14. Die segensreiche Ein¬
richtung der Schulärzte wird sich trotz des noch sehr mangelnden
Verständnisses der Bevölkerung, ja selbst von Lehrern und Schul¬
inspektoren, hoffentlich rasch vollständig entwickeln.
Armenpflege. Im Jahre 1909 wurden 235 000 Personen von
den Gemeinden mit 14 Millionen unterstützt, wovon allein 3 auf
München fallen. Ein Auszug aus der Zeitschrift des Stat. Landesamts
berichtet über 59 Pflegeanstalten für Blinde usw., welche 19H9
10 028 Personen verpflegten. Die Zahl der Vereine für Kranken¬
pflege nimmt ständig zu.
Desinfektion. Von den Desinfektoren sind 502 in einem
Desinfektionskurse ausgebildet gewesen. Dampfdesinfektionsapparate
gab es 207, Formaldehydapparate 854. Die Kosten wurden von
6 Städten, 17 Distrikten und 387 Gemeinden ganz übernommen.
Impfung. Von Jahr zu Jahr mehren sich die Fälle, dass Impf¬
gegner pflichtige Kinder der Impfung entziehen, 1910 fast 3000.
Das Rettungswesen hat sich in erfreulicher Weise ent¬
wickelt. 161 Sanitätskolonnen des Roten Kreuzes hatten 8036 Mit¬
glieder und 298 Aerzte.
Leichenschau. Die Zahl der ärztlichen Leichen¬
schauer nimmt fast nicht zu, sie betrug in den unmittelbaren
Städten 73, auf dem Lande 41 Proz. Die Pfalz, mit nur 12 Proz., hatte
wieder mit der Oberpfalz die wenigsten. Ref. hat übrigens wieder¬
holt darauf hingewiesen, dass die Leichenschau in Bayern insofern
besser ist, wie naCh diesen Zahlen geschlossen werden muss, als der
Leichenschauer nach Vorschrift die Diagnose des behandelnden
Arztes erheben soll.
Krankenkassen. Die Zahl der Versicherten war 1910
1 151 579, davon über die Hälfte in Gemeindeversicherungen.
Aerzte gab es 3194, d. h. 46 auf 100 000 Einwohner.
Karl Kolb- München.
Sahli: Lehrbuch der klinischen Untersuchungsinethoden für
Studierende und praktische Aerzte. Sechste, umgearbeitete und er¬
gänzte Auflage. I. Band. Mit 213 teilweise farbigen Abbildungen.
Leipzig und Wien. Franz Deut icke 1913. 752 S. Preis 16 Mk.
Einen neuen „S a h 1 i“ anzeigen zu dürfen, ist mir jedes Mal eine
Freude und eine Ehre zugleich. Besser und kürzer kann ich meinen
Standpunkt gegenüber diesem aussergewöhnlichen Werk, das ich
seit seinem ersten Erscheinen 1894 in dieser Wochenschrift (1894
S. 692, 1902 S. 1972, 1905 S. 1211, 1909 S. 2429) rühmend hervor¬
gehoben und empfohlen habe, ganz gewiss nicht charakterisieren.
Nur dem einen Wunsche, den ich schon früher ausgesprochen habe,
es möge eine ausführliche Darstellung des Röntgenverfahrens ein¬
gefügt werden, diesem Wunsche zu willfahren, hat sich Verf. leider
nicht entschliessen können. Aber ich will nicht weiter wegen
dieses einen Punktes mit dem Autor rechten. Muss es uns
doch immer wieder mit Staunen erfüllen, wie der Verfasser das
riesige Gebiet, das in Wahrheit viel ausgedehnter ist, als der Titel
sagt, nicht nur kritisch beherrscht, sondern durch eigene Er¬
fahrungen und Untersuchungen bereichert und ausgebaut hat. Um so
mehr ist es aber zu verwundern und zu bedauern, dass die in der
Vorrede zur vorigen Auflage vom Verfasser so lebhaft und so ein¬
dringlich vorgebrachte Klage auch in der neuen Ausgabe noch nicht
verstummt ist: ich meine die Beschwerde, dass ein solches durch und
durch originelles Lehrbuch nicht genügend von den Forschern be¬
achtet und zitiert wird. Da ich diese Klage nicht nur diesem Werk
gegenüber, sondern in Bezug auf viele Handbücher, in denen die
Autoren ihre Anschauungen und Beobachtungen niederlegen, statt
sie in einzelnen Journalartikeln zu veröffentlichen, für durchaus be¬
rechtigt halte, so möchte ich sie an dieser Stelle noch einmal unter¬
streichen. Das Sahli sehe Buch ist nicht nur ein Nachschlagebuch
für Studierende und Aerzte, für die es nach dem Titelblatt bestimmt
ist, sondern vor allem eine unentbehrliche Grundlage für jeden
Forscher auf dem Felde der klinischen Untersuchungsmethoden.
P e n z o 1 d t.
W. Liepmann: Atlas der Operationsanatomie und Operations¬
pathologie der weiblichen Sexualorgane mit besonderer Berücksich¬
tigung des Ureterverlaufes und der Suspensions- und Stützapparate
des Uterus. 35 Tafeln mit Text. Berlin 1912 Verlag von
A. Hirschwald. Preis 24 M.
Wie der kürzlich besprochene gynäkologische Operationskurs des
Verf.s zeichnet sich auch dieses Werk durch die Schönheit der Figuren
18. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
599
aus, auf deren technische Herstellung — sowohl der Originale als
mch der Reproduktionen — grosser Wert gelegt wurde. Die Kom-
lination von 2 Schnittrichtungen, die in einem dem Bedürfnis ent-
.prechenden Winkel zusammenstossen, ist sehr glücklich gewählt und
interstiitzt die plastische Vorstellung in besonderer Weise. Diese
\rt der Veranschaulichung sollte gerade im Unterricht gepflegt wer-
len, weil die so entworfenen Augenblicksbilder besser als ausfiihr-
iche Tafeln und zeitraubende Projektionen sind. Unter den vor-
iegenden Tafeln dünken mich diejenigen über den Verschlussapparat
les Beckenbodens die besten, sowohl in Auswahl und Ausführung.
;s treten besonders die verschiedenen Etagen des Muskel- und
'aszienkomplexes klar hervor, dabei sieht man wieder, wieviel
msere heutige Lehre der Vorfälle und Verlagerungen des Uterus und
.einer Anhänger durch solche Präparate gewinnt. Andere Schnitte
iurch die verschiedensten Beckenebenen ergänzen die bekannten
echt gut. Einige sinnstörende Druckfehler und vereinzelte unrichtige
Bezeichnungen von Schnittebenen sind leider bei der Korrektur über¬
gehen worden. Schickele - Strassburg.
White: Outlines of Psychiatry. Fourth Edition. Nervous and
Viental Disease Monograph Series No. 1. New York 1913. 318 Seiten.
Die knappen Beschreibungen sind bewundernswert klar. Be¬
sonders die psychologische und psycho-pathologische Einleitung ist
ein Muster der Darstellung. Da und dort, z. B. beim Alkoholismus,
len Idiotien und dann bei den Neurosen, die ebenfalls Berücksichti¬
gung gefunden haben, reicht allerdings der Raum nicht zu einer voll¬
ständigen Darstellung aus, während die Kapitel über ule wichtigsten
’sychosen alles Notwendige enthalten. Der Verf. schliesst sich im
w esentlichen an die K r ä p e 1 i n sehe Einteilung an und kennt iiber-
taupt die deutsche und französische Literatur sehr gut. Die Freu d -
sehen Theorien werden verhältnismässig eingehend dargestellt, in
Bezug auf die paranoide Form der Dementia praecox („Paranoia“)
vielleicht zu eingehend, da sie speziell hier doch noch recht proble-
natisch sind. Ref. möchte auch bemerken, dass er nicht verstanden
worden ist, wenn White anführt, dass er das Senium praecox inklu¬
sive die präsenilen Psychosen der Dementia praecox zuzähle. Ich
>age letzteres nur vom K r äp e 1 i n sehen Beeinträchtigungswahn und
\enne daneben z. B. das Senium praecox sehr gut. — Den Unter-
uicliungsmethoden sind 155 Seiten gewidmet.
Bleuler- Burghölzli.
J. und P. Fi olle: Traitenient d'urgence des maladies des
Kgans genito-urinaires. Mit 136 Figuren im Texte. Paris,
Bai liiere & f i 1 s, 1913. 288 S. Preis 6 Francs.
Trotz des Vorhandenseins ausgezeichneter Neuerscheinungen auf
■lern Gebiete der Erkrankungen des Urogenitalapparates ist einem
Aerke wie diesem vollkommene Existenzberechtigung zuzuerkennen. *
Es bildet ein äusserst willkommenes Nachschlagebuch für den allein¬
stehenden Arzt, der plötzlich vor die Notwendigkeit eines dringenden
Eingriffes an diesen Organen gestellt wird. Ausserstande, sich in
umfangreichen, theoretischen Werken schnell und präzis zu infor¬
mieren, wird es ihm ein Leichtes sein, an der Hand des vorliegenden
Buches den richtigen therapeutischen Eingriff zu wählen. Trotz der
erwünschten Kürze sind praktisch wichtige Details — notwendige
Instrumente und Lösungen etc. — in keiner Weise vernachlässigt,
'he Einteilung des umfangreichen Stoffes ist eine gute und ermöglicht
die hier notwendige rasche Orientierung. Die wichtigsten Gebiete,
Nieren- und Blaseneingriffe, sind mit genügender Ausführlichkeit be¬
sprochen und erteilen eine durchaus klare Auskunft. Druck und Aus¬
stattung sind recht gut: kurz, das Werk entspricht allen billigen An¬
forderungen nach jeder Weise. K i e 1 1 e u t h n e r - München.
Kern und Scholz: Sehprobentafeln. Dritte Auflage. Berlin
1913. Verlag August Hirschwald. Preis 3 M.
Wenn die Autoren im Begleitwort ihrer Sehprobentafeln u. a.
die Notwendigkeit der Gleichheit eines geeichten Massstabes,
dessen wir für die Beurteilung der Sehleistung bedürfen, also die
Notwendigkeit einheitlicher Sehproben, betonen, so befremdet es
einigermassen, dass der praktischen Lösung, welche die vom inter¬
nationalen Ophthalmologenkongress eingesetzte Kommission unter
dem Vorsitz von Hess ausgearbeitet hat (Internationale Sehproben,
Verlag von Bergmann-Wiesbaden), überhaupt nicht gedacht wird.
- Zur möglichsten Präzisierung des Sehschärfengrades haben Kern
und Scholz II verschiedene Abstufungen der Sehschärfengrade
zwischen 0,2 und 1,0 angewendet. Die Tafeln sind für solche Unter¬
suchungen, bei denen Simulation und Aggravation nicht aus¬
geschlossen sind, recht vorteilhaft. Prof. Dr. L o h m a n n.
W. Wollt: Taschenbuch der Magen- und Darmkrankheiteu.
pit 13 Textabbildungen und 1 farbigen Tafel. Verlag von Urban
Schwarzenberg. Berlin-Wien 1912. 160 Seiten. Preis geb.
4 Mark.
Das Büchlein gibt im wesentlichen die bewährten diagnostischen
und therapeutischen Anschauungen wieder, die von Ewald und
später von K u 1 1 n e r zahlreichen dankbaren Hörern der Aerztekurse
am Augusta-Hospital übermittelt wurden. Leider hat Verf. in dem
Bestreben, sich kurz zu fassen, manche Abschnitte des speziellen
feiles nur so andeutungsweise behandelt, dass der Nutzen für den
Praktiker fraglich erscheint. F. P e r u t z.
Neueste Journaliteratur.
Zeitschrift für physikalische und diätetische Therapie.
Heft 2, 1913.
E. Plate und A. Bornstein: Ueber den Einfluss der Herz-
vibration mit hoher Frequenz auf den Kreislauf. (Allg. Krankenhaus
St. Georg in Hamburg.)
Die Verfasser benützten den von Plate angegebenen Apparat
und eine Methode Bordsteins zur Messung der Herzarbeit. Blut¬
druck und Pulsfrequenz der Patienten blieben unbeeinflusst, auch
kam keine wesentliche Beeinflussung des Minutenvolums durch die
Vibration zustande.
M. Hinhede: Untersuchungen über die Verdaulichkeit einiger
Brotsorten. (Labor, f. Ernährungsuntersuchungen in Kopenhagen.)
Interessante Untersuchungen an einem Manne, der ausschliess¬
lich von Brot (verschiedener Sorten) und Fett lebte. Die einzelnen
Perioden betrugen 4 — 8 — 12 Tage. Bei Schrotbrot (aus ungesiebtem
Roggenmehl) betrug der Verlust 13 Proz., bei Weissbrot 2,3 Proz.,
bei Roggenbrot (aus feinem Roggen- und Weizenmehl) 4,5 Proz.,
bei Grahambrot 8,4 Proz. In der Frage „Weissbrot oder Grobbrot“?
entscheidet sich H. für das letztere, wenigstens bei einseitiger Er¬
nährung, weil es in der Schale des Korns Substanzen enthält, die un¬
entbehrlich sind. Die Befunde im einzelnen müssen in den zahlreichen
Tabellen nachgelesen werden.
Determann-St. Blasien : Zur Hydrotherapie der nervösen
Schlaflosigkeit.
Verf. wendet gegen P o t o t z k y, der hydriatrische Prozeduren
am Abend verwirft, weil sie erregend wirken, ein, dass die experi¬
mentelle und klinische Erfahrung dieser Anschauung widerspricht und
führt dafür Beispiele an.
Pototzky-Berlin: Entgegnung auf vorstehenden Artikel.
E. E b s t e i n - Leipzig : Ueber das Lufteinblasen in den Mastdarm.
Historische Studie. L. Jacob- Würzburg.
Zentralblatt für Chirurgie, No. 9, 1913.
M. Borchardt - Berlin: Zur Behandlung beginnender Gangrän.
Zur Verhinderung drohender Gangrän im Beine empfiehlt Verf.
Wechselbäder bis zum Knie anzuwenden; das eine Bad enthält
Wasser von 35°, dessen Temperatur langsam auf 55° erhöht wird;
im anderen Bad ist abgestandenes Wasser, das allmählich durch kaltes
Leitungswasser ersetzt wird; in jedem Bad bleibt das kranke Bein
nur einige Sekunden; die ganze Prozedur wird morgens und abends
je 50 mal wiederholt. Durch diese wochenlang so fortgesetzten
Wechselbäder schwinden die Schmerzen und tritt eine bessere Durch¬
blutung des Beines ein; dadurch lässt sich auch die Amputations¬
grenze etwas weiter herabschieben.
G. P a r 1 a v e c h i o - Palermo : Pylorusausschaltung mittels
Schnur und nicht mittels Faden.
Verf. schildert kurz sein Verfahren, den Pylorus auszuschalten,
indem um das Antrum pyloricum eine Okklusionsligatur mittels einer
unelastischen Schnur gelegt wird, deren beide Enden nicht verknotet,
sondern vernäht und dann durch drei Sero-Serosanähte versenkt
werden; zugleich verteidigt er diese Methode gegen die Einwände
experimenteller und klinischer Art.
Fr. K u h n - Berlin-Schöneberg: Zur Technik der Kochsalz¬
infusionen.
Verf. bespricht zuerst die Chemie der Infusion: Nach einem
historischen Ueberblick über die verschiedenen Infusionsflüssigkeiten
ist er anf Grund seiner Versuche zu dem Resultat gekommen, dass
neben dem Kochsalzgehalt eine gewisse Menge von Traubenzucker
und Alkalizuckerverbindungen in der Infusionsflüssigkeit sehr zweck¬
mässig ist, da Zucker auf den Körper ernährend, auf die Blut¬
körperchen konservierend, „antithrombosierend und antikoagulierend“
wirkt. (Abgemessene Mengen dieser betreffenden Substanzen bringt
die Firma Braun in Melsungen in den Handel.) Der 2. Teil befasst
sich mit der instrumentellen Technik: Verf. zeigt einen Apparat, der
mit Hilfe von Luftdruck es ermöglicht, den Strom der Infusionsnadel
in jeder Phase der Eingiessung genau zu übersehen, zu kontrollieren
und zu verändern. E. Heim- Gerolzhofen.
Zentralblatt für Gynäkologie. 1913. No. 8/9.
Fr. Jäger -Erlangen: Versuche zur Verwendung des /Mmi-
dazolyläthylamins in der Geburtshilfe.
Das Mittel wird aus dem Mutterkorn dargestellt und dient als
Sekaleersatz. Verwendet wmrde eine 2prom. Lösung, die bei Ge¬
bärenden subkutan oder intramuskulär appliziert wurde. Die wirk¬
same Dosis betrug 4 ccm — 8 mg des Mittels. Die wehenerzeugende
Wirkung war besonders in der Austreibungsperiode vorhanden. Als
Nebenwirkungen treten auf Rötung des Kopfes, Konjunktivitis, Kopf¬
weh, Herzklopfen, Erythem, Kriebeln und Erbrechen.
Vorsicht während der Geburt ist also geboten; während des
Wochenbettes genügen kleinere Dosen, die unschädlich sind.
E. v. B j ö r k e n h e i m - Helsingfors : Zur Kasuistik der Kol-
paporrhexis sub par tu.
Der Fall ereignete sich bei einer 37 jährigen Vll.-para, die nach
vergeblichem Zangenversuch mittels Wendung entbunden worden
war. Die Frau wurde durch Laparotomie geheilt. Der Wundverlauf
600
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. ll.
wurde durch eine wohl infolge der Aethernarkose entstandene
Pleuritis kompliziert.
Januarius v. Z u b r z y c k i - Krakau: Eine während der Geburt
entstandene Blutgeschwulst der Vulva.
Die Geschwulst entstand während der Geburt bei einer 34 jähr.
IV.-para. Sie platzte während der Untersuchung, worauf die Geburt
rasch mit der Zange beendet wurde. Hierauf Spaltung der Ge¬
schwulst, Ligatur der Gefässe und Jodoformtamponade. Heilung.
B. O 1 1 o w - Dorpat: Hämatometra im 80. Lebensjahre, bedingt
durch ein Korpuskarzinom bei erworbener Atresla cervicis.
Bemerkenswert an dem Fall war, dass der senil-atrophische
Uterus einer 80 jährigen noch eine ausgedehnte Hämatometra zu¬
stande brachte. Die Blutung stand nach lockerer Tamponade, worauf
Pat. als inoperabel entlassen wurde. Exitus Va Jahr später; keine
Sektion.
F. W e s t p h a 1 e n - Flensburg: Seitenlage intra partum und
„endogene“ Infektion.
Nachdem der Kopf geboren ist, soll die Gebärende vorsichtig
wieder in Rückenlage gebracht werden. Es kommt sonst leicht zu
Lufteintritt in den Uterus.
A. M a y e r - Tübingen: Ueber die Heilung der Eklampsie durch
intralumbale Injektion von normalem Schwangerenserum.
Zwei ungünstig verlaufene Fälle bei einer Gravida und einem
Neugeborenen. Trotzdem empfiehlt M. das Serum zu weiteren
Versuchen.
Bruno S t a n g e - Magdeburg: Zur Eklampsiefrage.
St. hat 2 Fälle von Eklampsie mittels des Abderhalden-
sclien Dialysierverfahrens untersucht und gefunden, dass das Serum
in beiden Fällen die eigene Eklampsieplazenta bedeutend stärker ab¬
baute als die normale. Vielleicht ist das Auftreten des eklamptischen
Symptomenkomplexes damit in ursächlichen Zusammenhang zu
bringen.
A. J. J a r z e r - Moskau: Ueber Pathogenese und Behandlung
der Eklampsie.
Eklampsie entsteht durch Ansammlung von Globulinen im Blut.
Dies führt zur Steigerung der Viskosität des Blutes (Engelmann)
und Ueberfiillung des arteriellen Systems, nebenher zur Gehirnhyper¬
ämie und Ansammlung zerebrospinaler Flüssigkeit. Daher Steigerung
des intrakraniellen Druckes und eklamptische Anfälle. Die Therapie
soll bestehen in Anwendung von Narkotika, Beschleunigung der Ent¬
bindung und Aderlässen mit oder ohne nachfolgender Infusion von
Kochsalzlösung.
Uthmöller - Osnabrück : Zur Behandlung der Eklampsie.
U. behandelt die Eklampsie mit grossen Aderlässen (800 bis
1250 ccm), die aber erst nach der Geburt vorgenommen werden
sollen. Unter 8 Fällen hatte er einen Exitus; es handelte sich 5 mal
um Wochenbettseklampsien und 3 Eklampsien ante partum, von
denen 2 durch Zange und 1 durch vaginalen Kaiserschnitt entbunden
wurden.
W. R u b e s k a - Prag: Normales Schwangerenserum bei un¬
stillbarem Erbrechen der Schwangeren.
2 Fälle, in denen das Serum vollständig versagt hat.
J a f f e - Hamburg.
Jahrbuch für Kinderheilkunde. Band 77, Heft 1.
1) O. Heubner: Ueber 'chronische Nephrose im Kindesalter.
Lesenswerte Studie, in welcher der erfahrene Kliniker eine Auf¬
zählung der verschiedenen Formen der chronischen Nierenerkran-
kungen im Kindesalter gibt, wobei die Einteilung in diese oder jene
Gruppe lediglich nach klinischen Gesichtspunkten erfolgte. Nach ihrer
Aetiologie ist die chronische Kindernephrose für die Mehrzahl ihrer
Fälle - — ähnlich wie die akute Nephritis — - auf die Einwirkung infek¬
tiöser Vorgänge zurückzuführen. Neben der lymphatischen Kon¬
stitution spielt eine gewisse „Organschwäche“ nach Heubner für
das Zustandekommen der Erkrankung eine prädisponierende Rolle, so
zwar, dass die relativ grössere oder geringere Schwäche vielleicht
auch darüber entscheidet, ob die leichtere oder schwerere Form der
Nephrose sich entwickelt. Heubner nimmt dabei an, dass beide
Formen in pathologischer Beziehung dem Grade, nicht dem Wesen
nach verschieden sind. Therapeutische Ratschläge, auf die hier nicht
näher eingegangen werden kann, machen die Lektüre dieser reifen
klinischen Studie doppelt wertvoll.
2) Maurice D u b o i s und Karl S t o 1 1 e : Abhängigkeit der Kalk¬
bilanz von der Alkalizufuhr. (Aus der Universitäts-Kinderklinik zu
Strassburg.)
Experimenteller Nachweis, dass per os eingeführtes Alkali die
Kalkbestände des Organismus zu schonen imstande ist und dadurch
indirekt die Kalkretention zu erhöhen vermag. (Die praktische Nutz¬
anwendung, Alkali als Prophylaktikum oder Therapeutikum bei be¬
ginnender Rachitis zu geben, wurde von den Autoren nicht gezogen — :
erscheint aber eines Versuches wert. Ref.)
3) Curt Meyer: Zur Kenntnis des Mineralstoffwechsels bei der
Rachitis. (Aus dem Grossen Friedrichs-Waisenhaus der Stadt Ber¬
lin in Rummelsburg [Chefarzt: Prof. Erich Mülle r].) (Mit 5 Kurven
im Text.)
Mineralstoffwechselversuche, deren Ergebnis — wie in der vori¬
gen Arbeit — deutlich für den Antagonismus zwischen Alkalien und
Erdalkalien zu sprechen scheint.
4) J. Take n o aus Tokio: Zur Kenntnis des Verhaltens des Blu¬
tes bei den Rheumatosen. (Aus der Universitäts-Kinderklinik in Ber¬
lin [Direktor: Geh. Rat Prof. Dr. Heubner].)
Verf. stellte hämatologische Untersuchungen bei Gelenkrheuma¬
tismus, Chorea minor, Endokarditis und Pseudochorea an und konnte
nachweisen, dass Hämoglobingehalt und Erythrozytenkurve sich ana¬
log dem klinischen Zustand verhalten, d. h. bei Verschlechterungen
absinkt, bei Besserungen ansteigt. Umgekehrt läuft das Verhalten der
Leukozyten, besonders der Neutrophilen, die bei Verschlechterung
des klinischen Bildes eine deutliche Vermehrung erkennen lassen.
5) Walter B e y e r - Rostock (Medizinische Universitätsklinik):
Beweist der Aufsatz von Kleinschmidt (im Heft vom 3. Juli
dieser Zeitschrift) etwas „Zur Frage der Wirksamkeit des Diphtherie¬
serums bei Beteiligung des Nervensystems an der Erkrankung“?
Polemik.
6) H. Kleinschmidt: Erwiderung auf die vorstehenden Be¬
merkungen des Herrn Dr. Walter Beyer.
Replik.
Nekrolog für Oswald K o h t s von Dr. Hensay - Mainz. —
Vereinsberichte. — Literaturbericht, zusammengestellt von A. Nie¬
mann - Berlin. — Buchbesprechungen. O. Rommel- München.
Virchows Archiv. Band 211, Heft 1 und 2.
1) L. Lattes: Ueber Pankreasvergiftung. ,
Der plötzliche Tod im Anschluss an Pankreasverletzungen ist
nicht die Folge einer Verblutung, sondern durch Steigerung der
proteolytischen Kraft des Pankreassekretes bedingt. Nur Nekrosen,
die eine genügende Ausdehnung haben und rasch auftreten, sind
tödlich.
2) A. Tsiwidis: Ueber drüsenähnliche Epithelbildungen bei
Perikarditis. (Pathol. Institut in Berlin.)
Bestätigung der geltenden Anschauung, dass diese drüsenartigen
Bildungen vom Epikardepithel ausgehen und nach entzündlichen
Prozessen auftreten.
3) A. K. Stein: Veränderungen der Arteria iliaca communis
bei Syphilitikern.
In der Art. iliaca konnte keine Mesarteriitis, sondern nur ge¬
wöhnliche Atherosklerose nachgewiesen werden.
4) M. Simmonds: Ueber lymphatische Herde in der Schild¬
drüse. (Pathol. Institut in Hamburg-St. Georg.)
ln der Schilddrüse kommen herdförmige Wucherungen des
lymphatischen Gewebes unter verschiedenartigen Bedingungen vor.
Es kann sich dabei um lokale Reizzustände oder um allgemeine
Störungen handeln. Die lokalen Reize können chemischer, mecha¬
nischer, entzündlicher Art sein. Als chemischer Reiz dürfte das
qualitativ wie quantitativ veränderte Sekret der Basedowschild¬
drüse, vielleicht auch die Jodmedikation wirken. An anderen Kropt-
bildungen und bei Geschwülsten des Organs ist ein mechanischer
Reiz vorauszusetzen, bei chronischer Thyreoiditis ein entzündlicher.
In 75 Proz. aller Basedowschilddrüsen konnten lymphatische Herde
beobachtet werden, aber nur in 15 Proz. anderer Strumen. Auch in
normalen Schilddrüsen kann man sie öfter sehen. Häufiger sind die
Herde beim weiblichen Geschlecht und im höheren Alter. Bevorzugt
sind besonders fette Individuen.
5) R. Lambert und F. Hanes: Beobachtungen an Gewebs-
kulturen in vitro. (Columbia-Universität in New York.)
Es werden in der Arbeit behandelt: Die Wachstumserscheinungen
bindegewebiger und epithelialer Zellen, physikalische Einflüsse aui
das Wachstum von Geweben in Kulturmedien, Kultivierung von
Geweben in artfremdem Plasma, Immunitätsfragen.
6) C. V a 1 1 a r d i : Beitrag zur Forschung über Endotheliome
der Lymphwege. (Klinik für Gewerbekrankheiten in Mailand.)
Mediastinalgeschwulst bei einehr 61 jährigen Manne. Der
Tumor wird als Endotheliom der Lymphwege der Adventitia der
grösseren Mcdiastinalgefässe aufgefasst.
7) B. Roman: Zur Kenntnis des Neuroepithelioma gliomatosum.
(Pathol. Institut in Prag.)
Maligner Ependymtumor des 3. Ventrikels teils epithelialer, teils
gliöser Natur.
8) R. de Josselin de Jong: Subseröse Adenomyomatose
des Dünndarms. (Krankenhaus in Rotterdam.)
35 jährige Frau. Am unteren lleum Einziehungen und knötchen¬
förmige Gebilde, die sich als adenomyomatose Bildungen erweisen.
Die Geschwtilstchen lagen alle subserös.
9) Bernard: Zur Kenntnis der Pleurasarkome. (Pathol.
Institut in Dresden-Friedrichstadt.)
Tumor der rechten Pleurahöhle.
10) W. R. Meyer: Zur Kasuistik der epidermoidalen Chole¬
steatome des Gehirns. (Pathol. Institut in Charkow.)
20 jähr. Frau. Die Geschwulst befand sich an der Basis des Ge¬
hirns und hatte einen grössten Durchmesser von 55 mm.
11) Wilke: Ueber Riesenzellenbildung in Thyreoidea und Pro¬
stata, zugleich ein Beitrag zur Histologie der Fremdkörpertuberkulose.
(Pathol. Institut in Kiel.)
Es handelt sich um Fremdkörper-Riesenzellen, die um Sekret¬
produkte herum gelagert sind.
12) E. Hummel: Ueber strahlige Einschlüsse in Riesenzellen.
(Pathol. Institut in Freiburg i. Br.)
8. Marz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
601
Die Einschlüsse wurden in den Lungen und der Milz einer 52 jähr.
rau gefunden. Nach Verf. handelt es sich wahrscheinlich um Kristal-
sationsprodukte irgend eines Körpers in den Zellen.
13) M. Ssamoylenko: Ueber das Endost.
Bestätigung der bisher geltenden Anschauungen.
14) N. Anitschkow: lieber die Histogenese der Myokardver-
nderungen bei einigen Intoxikationen. (Pathol. Institut in Peters-
urg.)
Versuche an Kaninchen mit Diphtherietoxin und Adrenalin mit
nartein-Injektionen in die Ohrvene. Die stärksten Veränderungen
anden sich bei Diphtherietoxin: körniger Zerfall der Muskelfasern,
.blagerung von Fetttropfen in ihnen und Nekrosen. Bei Adrenalin-
■ partein zeigte sich zuerst Oedem, später eine Verdickung der Gitter-
asern des Myokards. Bei beiden Intoxikationen wurden auch ent-
iindliche Veränderungen festgestellt.
15) S. Sato: lieber die Atherosklerose der Atrioventrikular-
. lappen. (Pathol. Institut in Freiburg i. Br.)
Verf. fand bei seinen Untersuchungen, dass sich am venösen
(lappenapparat, besonders am Aortensegel der Mitralis, schon vo.n
rühester Kindheit an atherosklerotische Flecken finden. Diese Be-
unde sind als Abnutzungsprozess zu bezeichnen. Für ihre Lokali-
.ation und Entwicklung muss man das mechanische Moment so lange
ils das ausschlaggebende betrachten, so lange nicht die Wirkung
on Stoffwechselstörungen oder chemischen Intoxikationen für den
Menschen in eindeutiger Form nachgewiesen worden ist.
16) 0. Berner: Zur Zystennierenfrage.
Verf. .neigt der Ansicht, die schon von Nauwerk und Kahl-
1 e n ausgesprochen war, zu, dass die angeborenen Zystennieren als
jeschwulsterscheinungen aufzufassen sind.
17) W. Ce eien: Ueber Plasmazellen in den Nieren. (Pathol.
nstitut in Berlin.)
Plasmazellen kommen in der normalen Niere nicht vor. Sie ent-
itphen hauptsächlich histiogen und zwar aus Kapillarendothelien und
idventitiellen Zellen. Die Entstehung aus hämatogenen Lymphozyten
st unwahrscheinlich. Eine Umwandlung in Bindegewebszellen konnte
nit Sicherheit nicht festgestellt werden. Die Plasmazellen können in
lie Blutbahn übertreten und dort gefunden werden. Plasmazellen in
ler Niere von Neugeborenen sind als charakteristisch für Syphilis zu
jetrachten.
18) A. Pappen heim: Historische Bemerkung zur Methyl-
'riin-Pyronin-Schnittfärbung.
Die Färbung hat nicht Unna-Pappen heim sehe, sondern
Pappenheim-Unna sehe zu heissen.
19) Y. Y o k o y a m a und W. Fischer: Ueber eine eigenartige
Form knotiger Hyperplasie der Leber, kombiniert mit Gehirnverände-
rungen. (Pathol. Institut in Göttingen.)
24 jährige Frau. Die Leber sah einer syphilitischen Apfelleber
ähnlich. Für Syphilis war jedoch kein Anhaltspunkt vorhanden. Die
Untersuchung der Leber ergab eine hochgradige Zirrhose, knotige
Hyperplasie und oft ausgedehnte Nekrosen. Ausserdem wurden im
iehirn Veränderungen des Linsenkerns festgestellt. Es handelt sich
wahrscheinlich um einen toxischen Prozess, der die Leber- und Ge¬
hirnveränderungen hervorruft. Schridde - Dortmund.
%
Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie.
71. Band, 2. Heft.
Handovsky und E. P. Pick: Untersuchungen über die
pharmakologische Beeinflussbarkeit des peripheren Gefässtonus des
Frosches. (Pharmak. Inst. Wien.)
Adrenalin, Nikotin, Baryurn wirkten vasokonstriktoriscli. Ty¬
ramin, Histamin und Wittepepton dilatierten nach vorheriger An¬
wendung von konstringierenden Mitteln (Adrenalin). Cholin wirkte
vasodilatierend.
E. Hauberisser und F. Schönfeld: Ueber die Quellung
von Bindegewebe. (Pharmak. Institut Göttingen.)
Nach den Untersuchungen verschiedener Autoren begünstigen
Natriumionen in besonderer Weise die Oedembildung. Die Verfasser
untersuchten am Nackenbande des Rindes die Quellungsvorgänge mit
Ringerlösung, Kolloiden, Kalium, Kalzium, Magnesium etc. und fanden,
dass das Natrium-Ion in keiner Weise eine Ausnahmestellung hat.
Fs muss sich also bei der Oedembildung am Lebenden um kompli¬
ziertere Vorgänge handeln
Grund: Zur chemischen Pathologie des Muskels II. Der Ein¬
fluss der Inaktivitätsatrophie auf die N- und P-Verteilung im Muskel.
'Med. Klinik in Halle.)
Histologisch tritt bei der Abtrennung des Muskels vom Nerven
dasselbe Bild auf wie bei der einfachen Atrophie, nur rascher und
vollständiger. In früheren Versuchen hatte Verf. nachgewiesen, dass
bei den vom Nerven getrennten Muskel mit Entartungsreaktion der
Fiweissphosphor im Verhältnis zum Eiweissstickstoff sehr erheblich
anwächst, durch elektive Einschmelzung der phosphorfreien Eiweiss¬
körper. Die vorliegenden Versuche zeigten beim einfach atrophischen
Muskel genau das gleiche Verhalten, nur in etwas geringerem Grade.
Ebenso wie sich anatomisch kein Aequivalent zu den physikalischen
Phänomen der Entartungsreaktion finden lässt, ebensowenig ist bis
letzt ein solches auf chemischem Gebiete zu ermitteln.
W. S t r a u b - Freiburg: Bemerkungen zu der Untersuchung von
Ur. H. F.Orünwald: Zur Frage der Digitalisspeicherung im Herzen.
L. L e w i n - Berlin: Calotropis procera. Ein neues digitalisartig
wirkendes Herzmittel.
Ausführliche toxikologische und pharmakologische Untersuchungen
des Milchsaftes der genannten Pflanze, die zu den Asclepiadeen
gehört. Zu kurzem Referat nicht geeignet.
L. Jacob- Würzburg.
Archiv für Hygiene. 78. Band. 6. Heft. 1913.
1) Hermann S te ng- Tübingen: Die Milch brünstiger Kühe als
Kindermilch.
Da die Erfahrung zu lehren scheint, dass die Frauenmilch, sobald
die Menstruation wieder beginnt, auf die Säuglinge unter Umständen
einen ungünstigen Einfluss ausübt, indem sie offenbare Veränderungen
erleidet, lag es nahe, zu untersuchen, ob auch die Brunstzeit bei den
Milchkühen einen Einfluss auf die Milchbeschaffenheit der Kühe und
eventuell auf die^ Säuglinge, welche mit derartiger Milch gefüttert
werden, habe. Es ergab sich bei den Milchuntersuchungen, dass
chemische Unterschiede aufzufinden sind, wenn auch die Verände¬
rungen nicht regelmässig nachgewiesen werden können. Beobachtet
wurden Schwankungen im Fettgehalt. In der Refraktion und Milche
Zuckergehalt, Säure, spezifischem Gewicht, Eiweiss, Trockenmasse
und Aschegehalt sind die Schwankungen sehr gering oder nur aus¬
nahmsweise zu finden. Da gegenüber der Normalmilch Differenzen
immerhin konstatiert werden können, so glaubt Verf. dafür eintreten
zu müssen, dass Brunstmilch als Säuglingsnahrung nicht zu ver¬
abfolgen sei. In drei praktischen Fällen sah er auch bei Säuglingen
Erkrankungen in Form von Dyspepsie auftreten. Möglicherweise
seien dabei Toxine (Ovariotoxine) mit im Spiel. Sogen. „Abmelke-
wirtschaften“1 sollten von der Kindermilcherzeugung ausgeschlossen
sein.
2) H. K o d a m a - Strassburg: Die Differenzierung des Kaviars
von anderen Fischrogen.
Es lässt sich mittels der Präzipitations-, Anaphylaxie- und
Komplementbindungsmethode der echte Kaviar aus anderen Fisch¬
rogen (Karpfen, Rotaugen, Brassen, Schleie, Lachs, Hering und
Forelle) sicher differenzieren, und so gelingt es auch mit Hilfe der
Präzipitationsmethode, in einem Gemisch von Kaviar und anderen
Fischrogen sowohl den Kaviar als auch die Anwesenheit anderer
Fischrogen nachzuweisen. Die Verwandtschaft zwischen Rotaugen,
Brassen, Schleien und Karpfen und zwischen Forelle und Lachs lässt
sich ermitteln. Die Eiweissart des Fischfleisches und die der Eier
ist verschieden. Eigentümlicherweise bestehen ziemliche Unter¬
schiede in der Widerstandsfähigkeit der verschiedenen Rogenarten
gegenüber feuchter Hitze. Karpfen-, Lachs- und Forellenrogen ist
resistenter als Kaviar-, Rotauge-, Brassen-, Schleie- und Herings¬
rogen, denn die letzteren reagierten im Präzipitationsversuch nach
5 Minuten langer Erhitzung auf 80° nicht mehr, während bei ersteren
eine derartige Temperatur 30 Minuten lang resp. 100° 5 Minuten bis
zum negativen Ausfall einwirken musste.
3) K. B. L e h m a n n - Würzburg: Experimentelle Studien über
den Einfluss technisch wichtiger Gase und Dämpfe auf den Organis¬
mus. (XXXII und XXXIII.) Amylazetat und Zyklohexanolazetat.
Die beiden Präparate, welche in der Technik häufig gebraucht
werden, stehen praktisch in ihrer Giftwirkung ziemlich gleich. An
ihrer narkotischen Dosis gemessen ist allerdings das Zyklohexanol¬
azetat etwa dreimal so giftig wie das Amylazetat, doch wird die
Giftigkeit relativ verringert dadurch, dass ersteres 3 — 4 — 5 mal so
geringe Flüchtigkeit aufweist. Im ganzen ist die Giftigkeit überhaupt
nicht sehr bedeutend und es kann eine Gefahr in technischen Be¬
trieben mittels der geeigneten Vorsichtsmassregeln, Ventilation und
Dampfabsaugung, vermieden werden. Bei langer Einwirkung tritt
Nai kose auf. R. O. Neu mann - Giessen.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 10, 1913.
1) J. Orth -Berlin: Ueber die Bedeutung der Rinderbazillen
für den Menschen. (Nach einem in der Berliner med. Gesellschaft
am 19. Februar 1913 gehaltenen Vortrag.)
Cf. pag. 434 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
2) R. W e r n e r - Heidelberg : Die nichtoperativen Behandlungs¬
methoden der bösartigen Neubildungen.
Verf. kommt zu dem Schluss, dass, solange keine vollkommen
suffiziente Einzelmethode existiert, die richtige Kombination mehrerer
Verfahren, im besonderen der radio-, chemo- und immunthera¬
peutischen, gelegentlich unterstützt durch eine vorsichtige Toxin¬
oder Fermentbehandlung, jeder einheitlichen und einseitigen Therapie
überlegen ist.
3) Theodor Cohn und Hans R e i t e r - Königsberg: Klinische
und serologische Untersuchungen bei Harneiterungen durch Bacterium
coli.
Schluss folgt.
4) Jacques L e w i n s k i - Stettin: Ein Beitrag zur Endocarditis
lenta an der Hand von 3 Fällen.
Die Endocarditis lenta stellt eine chronische Sepsis mit Lokali¬
sation an den Herzklappen dar und wird hervorgerufen durch einen
besonderen wohlcharakterisierten Erreger, den Streptococcus vir i-
dans. Die Prognose ist sehr trübe, auch die 3 mitgeteilten Fälle
starben. Therapeutisch verdienen die chemischen Mittel wohl kein
Vertrauen. Mehr zu erwarten ist von der bakteriologischen I hcrapie.
602
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
speziell die Vakzinebehandlung sollte möglichst bald angewandt
werden, ehe der Organismus seine Widerstandskraft einge-
biisst hat.
5) Eugen Holländer: Nochmals „der dritte Weg“ zur totalen
Rhinoplastik.
Verf. ist gegen die Wanderlappenplastik, da sie die ganze Ope¬
rationsdauer nur unnütz verlängert und der unterernährte Wander¬
lappen seine Plastizität vollkommen verliert. Die direkte Anheftung
der Brusthaut an den Nasenrücken erzielte die besten Erfolge.
6) R. S c h r a m m - Dresden : Ueber Aqua destillata zur Sal-
varsanbereitung.
Nach den Untersuchungen des Verf. entsprechen die Proben
des D. A.-B. V. auf Schwermetalle nicht den an ein einwandfreies
zu intravenösen Injektionen geeignetes destilliertes Wasser zu stel¬
lenden Anforderungen. Als einfache und bequeme Methode empfiehlt
der Verf. das Filtrieren durch Watte, da beim Filtrieren von bereits
5 Liter Wasser Spuren von Schwermetallen auf derselben nicht nur
einwandfrei nachgewiesen, sondern auch durch mehrfaches Filtrieren
vollkommen zurückgehalten werden können.
7) Eugen M i 1 1 w o c h : Die älteste Influenzaepidemie in Persien
und Mesoootamien (im .lahre 855 n. Ch.).
In der Chronik des Hamza al Isfahani wird über einen kalten
Wind berichtet, der im Jahre 855 n. Ch. aus dem Lande der Iurk-
völker kam und Husten und Katarrh verursachte. Die Sterblichkeit
war nicht so gross wie bei der Pest. Es dürfte sich hier wohl um
die älteste Influenzaepidemie handeln; es wird sogar der Weg genau
beschrieben, den die Krankheit nahm.
8) E. Lautenschläger - Frankfurt a. M. : Eine Modifikation
des K i 1 1 i a n sehen Spatelhakens zur Schwebelaryngoskopie.
Bei diesem Instrument ist ein Anstossen am Sternum voll¬
kommen ausgeschlossen, der Schwerpunkt ist ein anderer geworden
und der Winkel, den der Spatel bei maximal ausgeschraubtem Auf-
luingebalkeu zur Horizontalen bildet, ist bedeutend grösser geworden.
Von den Patienten wurde bei Anwendung dieses Instrumentes nie¬
mals über stärkeres Druckgefühl geklagt, und es gelang, durch die
maximale Ausschraubung öfter einen Einblick bis zum vorderen
Glottiswinkel zu gewinnen als früher.
Dr. Grassmann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 10, 1913.
1) Th. Deneke: Ueber die syphilitische Aortenerkrankung.
Vortrag im Hamburger Aerztlichen Verein am 3. Dezember 1912,
refer. in No. 51 (1912) der Münch, med. Wochenschr.
2) Walb-Bonn: Ueber den Schleimhautlupus der Nase.
Die Tuberkulose der Nasenschleimhaut stellt vielfach den Be¬
ginn des Hautlupus an der Nase dar, mit dem sie sich jederzeit kom¬
plizieren kann. Für die Entstehung kommen digitale Infektion, die Ein¬
atmung, die Infektion auf dem Blutwege in Betracht, die natürlich
um so eher Gelegenheit haben werden, sich einzustellen, wenn der
Kranke bereits anderweitig tuberkulöse Herde aufzuweisen hat. Meist
handelt es sich um tuberkulöse Erkrankung der knorpeligen Nasen¬
anteile, während das knöcherne Gerüst in der Regel verschont bleibt.
Am sichersten geschieht die operative Entferung mit Hilfe eines
Konchotoms; als Nachbehandlung empfiehlt sich das regelmässige
Einlegen von Gazestreifen, die mit Sublimat 1:1000 getränkt sind; |
das ist um so notwendiger, als eine Reihe von Menschen zeitlebens
Bazillenträger bleiben. Ein etwa vorhandener Hautlupus ist nach der
Behandlung des Schleimhautlupus zu behandeln.
3) F. Schütz und L. S c h ü t z - Königsberg: Ueber das Vor¬
kommen von Typhusbazillen auf den Tonsillen Typhuskranker.
Es ist auch nicht einmal gelungen, bei Patienten, die gelegent¬
lich einer Epidemie an Typhus erkrankt waren, im Tonsillenabstrich j
die Anwesenheit von Typhusbazillen festzustellen. Bei der Pro¬
phylaxe ist also nach wie vor der Hauptwert auf die Desinfektion
von Stuhl und Urin zu legen.
4) Ar ent de B es ch e- Christiania: Untersuchungen über die
tuberkulöse Infektion im Kindesalter.
Unter 50 Fällen kindlicher Tuberkulose, in denen die Bazillen
rein gezüchtet werden konnten, fand sich 45 mal der Typus humanus,
3 mal der Typus bovinus und 2 mal Bazillen von nicht genau definier¬
barem Typus (mixed viruses der englischen Tuberkulosekommission).
Demnach rührt bei der Tuberkulose der Menschen die Infektion in
92 — 94 Proz. der Fälle wieder vom Menschen her.
5) Hans B o n t e m p s - Hamburg-Altona : Ueber die Verhütung
der mikroskopischen Fehldiagnose der Tuberkelbazillen.
Besonders seit das Anreicherungsverfahren mit der Antiformin-
inethode zur Auffindung der Tuberkelimzillen in Gebrauch gekommen
ist, liegt die Gefahr nahe, dass andere säurefeste Körper die Anwesen¬
heit von I uberkelbazillen Vortäuschen. Hierher gehören die Smegma-
bazillen. die in Milch, Butter, Wasser, Gras, Mist usw. Vorkommen- 1
den Stäbchenformen, Aktinomyzesarten und endlich auch Teile zer¬
trümmerter Lykopodiumsporeri. wie sie nur zu leicht bei der Ver¬
abreichung von Medikamenten in Pillenform in den Auswurf der
Kranken hineingeraten können. Auch Korkzellen und Wabenwachs
haben sich als säurefest erwiesen. Um unliebsamen Verwechslungen
vorzubeugen, empfiehlt sich in erster Linie peinlich sauberes Arbeiten
mit mechanisch gründlich gereinigtem Glasmaterial und sterilem
destillierten Wasser.
6) Hans Aronsohn und Paul Sommerfeld- Berlin : Wei¬
tere Mitteilungen über die Giftigkeit des Harns bei Alasern und
anderen Infektionskrankheiten.
Die Verff. sind auf Grund ihrer Untersuchungen zu folgendem
Ergebnis gelangt: Eine über die Norm gesteigerte und eventuell diffe¬
rentialdiagnostisch zu verwertende Giftigkeit des Harns ist dann als
erwiesen anzusehen, wenn Meerschweinchen von 180 — 220 g nach
intravenöser Injektion von 2 ccm neutralisierten, auf Körpertempera¬
tur erwärmten Harnes akut eingehen. Bei Masern liegt in der Tat,
besonders im Gegensatz zu Scharlach, eine solche Steigerung der
Harngiftigkeit vor. Welcher Art die Giftstoffe sind, steht zurzeit
noch nicht fest. Bei Untersuchungen in dieser Richtung wurde die
merkwürdige Beobachtung gemacht, dass Harn eines gesunden Kin¬
des völlig ungiftig, die Asche desselben Harns jedoch stark giftig war.
7) Heinrich Harttung - Breslau : Ueber Lokalanästhesie bei
Operationen am Brustbein.
Behufs Spaltung des Brustbeins in Lokalanästhesie wurden in
Anlehnung an die von Braun für die Freund sehe Operation an¬
gegebene Technik im 1. bis 5. Interkostalraum etwas oberhalb dessen
Mitte, dicht rechts und links neben dem Sternum je 5 ccm einer 1 proz.
Novokain-Suprareninlösung injiziert. Mit K> proz. Lösung wurden
dann die einzelnen Injektionspunkte noch auf dem Wege der Weich¬
teilumspritzung verbunden, auch der unterste rechte und linke Punkt
miteinander. Eine Infiltration des Jugulum vervollständigte die An¬
ästhesierung, die von einem tadellosen Erfolge begleitet war.
8) W. Böcker - Berlin : Zur Frage der Indikationen der Arthro¬
dese.
Die zur Vermeidung von Stützapparaten ausgeführte Arthro¬
dese ist nur am Fussgelenk, nach Lorenz auch am Schultergelenk
ohne Bedenken auszuführen; am Knie wird man schon etwas zurück¬
haltender sein müssen, jedenfalls keine doppelseitige Versteifung vor¬
nehmen; am Handgelenk wird ebenfalls besser die Beweglichkeit er¬
halten. Letzteres gilt unbedingt für Hilft- und Ellbogengelenk. Eine
soziale Indikation für die Arthrodese, wonach diese dann eine Opera-
tio pauperum vorstellen würde, sollte nicht zugegeben- werden.
9) Paul Herz-Berlin-Lichtenberg: Ueber operative Behandlung
der Nierenentzündung.
Eine Heilung von Nierenenzündungen durch die operativen Ein¬
griffe der Dekapsulation oder Nephrotomie dürfte schon deswegen
nicht zu erwarten sein, weil es sich stets um eine Affektion beider
Nieren handelt. Immerhin leisten erfahrungsgemäss die genannten
Operationen gute Dienste bei Nierenkoliken, sogen, essentiellen Blu¬
tungen, bei Anurie und Urämie infolge von chronischen und akuten
Nephritiden.
10) Marie H o 1 1 h - Christiania: Salvarsanbehandelte Mütter und
ihre Kinder.
Die Salvarsanbehandlung syphilitischer Schwangerer führte da¬
zu, dass grösstenteils symptomfreie Kinder am normalen Schwaneer¬
schaftsende geboren wurden. Einmal konnte auch ein günstiger Ein¬
fluss der Milch einer salvarsanbehandelten Mutter auf ihr kongenital¬
luetisches Kind gesehen werden.
11) Tesche mach er- Bad Neuenahr: Ein Fall von ge¬
heiltem (?) Morbus Addison.
Infolge längere Zeit fortgesetzter Adrenalintherapie kam es zu
einem vollständigen Schwinden der Bronzefärbung und auffallender
Besserung des Allgemeinzustandes.
12) S. S. Semenow-Blumenfeld - Rostow a. Don : Ein
Beitrag zum latenten Erysipel.
Zwei Krankengeschichten.
13) G. W o 1 f s o h n - Berlin: Ueber eine Modifikation des Sta-
phylokokkenvakzins.
Nachtrag zu der in No. 3 dieser Wochenschrift veröffentlichten
Arbeit.
14) B u 1 1 e r s a c k - Trier : Seife als Ursache des Hautjuckens.
Kasuistischer Beitrag. Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1913, No. 5.
H. M e y e r - R ii e g g - Zürich : Der Kampf gegen die kriminelle
Fruchtabtreibung.
Verf. verlangt viel strengere Indikationsstellung, wendet sich vor
allem gegen die Bereitwilligkeit der Aerzte, zum künstlichen Abort
die Hand zu bieten. Die „soziale Indikation“ verwirft er völlig.
P. C a 1 1 a n i - Zürich : Ueber den Nachweis von Alkaloiden in
der gerichtlichen Medizin.
Meistens weist man Alkaloide in Leichenteilen. Magensaft etc.
durch Farbreaktionen nach, die aber sehr viele wesentliche Mängel
haben. Verf. empfiehlt die Methode von Eder, die „Mikro-
sublimationsmethod e“. Eine Spur des getrockneten und
gereinigten Alkaloidrückstandes wird in evakuiertem Glasrohr erhitzt
wobei das Alkaloid unzersetzt an ein Deckgläschen sublimiert. Die
so gewonnenen Mikrosublimatc werden durch Vergleich unter dem
Mikroskop, kristallographisch oder durch mikrochemische Reaktione:
identifiziert. Man hat so viel zahlreichere und bessere Kriterien als
bei den Farbreaktionen, auch ist die Methode viel empfindlicher und
bei der grossen Reinheit der durch die Sublimation gewonnenen Sub¬
stanzen sicherer. L. J a c o b - Wiirzburg.
IS. März 1913.
MUENCHENER. MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
603
Oesterreicliische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 10. St. K I e i n - Warschau : Die Wirkung des Benzols auf
len leukämischen Prozess.
Von 22 behandelten Fällen beschreibt K. hier näher 12 (8 Myc-
osen, 3 Lymphadenosen, 1 subakute Myeloblastenleukämie). Bei
ausschliesslicher interner Benzolbehandlung erfolgte wohl eine un¬
verkennbare Beeinflussung (Verkleinerung) der blutbildenden Organ;,
der Milz und Leber, dagegen war im allgemeinen keine durchgreifende
Veränderung des Blutbildes zu erzielen. Anderseits scheint sich in
jeder Richtung die Kombination der Benzol- und Röntgenbehandlung
zu bewähren, insbesondere für die Formen mit sehr hohen Leuko¬
zytenzahlen und auch bei Rezidiven nach früherer Röntgenbestrah¬
lung. Mit einer vollen Heilung ist allerdings nicht zu rechnen; der
schädliche Einfluss auf die Erythropoese ist nicht zu leugnen, ins¬
besondere beweisen auch Hämoglobinbestimmungen, dass die Anämie
selten ganz schwindet. Dieser Faktor wird durch die Röntgenbestrah¬
lung günstiger beeinflusst. Ein wesentlicher Unterschied der Benzol¬
wirkung bei den verschiedenen Formen der Leukämie ist vorderhand
nicht festzustellen. Zur Darreichung eignete sich am besten eine
gleiche Mischung von Benzol und Olivenöl (30 Tropfen bis zu 10 mal
täglich in Milch, d. i. etwa 5,0 Benzol im Tag), ln leichteren Fällen
genügt eine Tagesdose von 3 oder 4 g Benzol vollkommen. Die
Mischung von Benzol und Olivenöl gestattet auch die subkutane An¬
wendung, wofür eine einmalige Gabe von 1,5 Benzol ausreicht. Rei¬
zungserscheinungen an den Harnwegen wurden nicht beobachtet.
S. Stern-Pest: Die Behandlung der Leukämie mit Benzol.
Krankengeschichte eines in einem verhältnismässig frühen Sta¬
dium behandelten Falles, wo nach 2 Monaten die Zahl der Leukozyten
von 264 000 auf 13 000, die der Myelozyten von 44 auf 3 Proz. sank,
die der polynukleären Zellen von 48 auf 74 Proz. anstieg. Die Zahl
der Erythrozyten stieg von 3)4 auf 534 Millionen. Die Milz ging auf
die normale Grösse zurück.
K. J. S c h o p p e r - Wien : Erfahrungen über die Cholera in Ost-
rumelien während des Balkankrieges 1912.
Vorgetragen in der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien am
27. II. 13.
K. 1 s h i w a r a - Tokio : Experimentelle Studien über die Zell¬
reaktion nach Freund-Kaminer bei Ratten.
J. fand bei mit Sarkom geimpften Ratten nach 20 — 25 Tagen,
trotz tauben- bis hühnereigrossen Tumoren, die Zellreaktion genau
wie bei Gesunden; erst nach 30 Tagen trat im Blutserum die typische
Reaktion auf. Ferner zeigten geimpfte Ratten nach 17 — 19 Tagen,
als die grossen Tumoren exstirpiert und nach 10 — 19 Tagen die
Tiere entblutet wurden, dasselbe Verhalten des Serums w ie gesunde
Ratten. Es ist demnach wahrscheinlich, dass wenigstens bei Tieren
die Zellreaktion etwas Erworbenes, direkt von dem Tumor Ab-
lüingendes ist. Mit dessen Wachstum tritt die Reaktion auf, mit
seinem Verschwinden wird sie negativ.
R. M a r e k - Prossnitz: Impetigo herpetiformis Hebra, zugleich
ein Beitrag zur Klärung der Pathogenese dieser Erkrankung.
Beschreibung eines Falles. Nach eigenen Beobachtungen und
verschiedenen Angaben der Literatur, welche auf das gleichzeitige
Bestehen manifester oder mehr latenter tetanischer Erscheinungen
iiinweisen, wirft M. den Gedanken auf, ob bei der Impetigo herpeti-
formis nicht eine Kombination der Schwangerschaftstetanie und der
Schwangerschaftsintoxikation vorliege, wofür u. a. auch das Auf¬
treten beider Affektionen in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft
spricht. Verf. empfiehlt wie Glaevecke die künstliche Unter¬
brechung der Schwangerschaft, aber bei der Aussichtslosigkeit sonsti¬
ger Behandlung, der grossen Gefährlichkeit der Erkrankung und der
ohnehin sehr zweifelhaften Prognose für die Kinder die Unter¬
brechung, sobald die Diagnose feststeht.
L. Teleky-Wien: Isolierte Atrophie einzelner Daumenballen-
muskeln bei Feilenhauern.
Beschreibung zweier Fälle; die Ursache ist wohl in fortgesetzter
Ueberanstrengung zu suchen.
A. Kutschera v. Aich bergen - Innsbruck : Spezifische
luberkuloseprophylaxe.
Verf. erblickt, auch auf Grund von Erfahrungen in der eigenen
Familie, die wirksamste und einfachste Bekämpfung der Tuberkulose
in der von Petruschki empfohlenen systematischen Tuberkulin¬
behandlung, und zwar am besten mittels der Einreibung in die Haut.
Verf. beabsichtigt die Durchführung solcher Kuren in grösserem Stile
bei den Mitgliedern von Krankepflegeorden und befürwortet die
Aufstellung besonderer Aerzte für diese Tuberkulosebekämpfung.
Sehr wichtig ist auch die Ueberwachung der Umgebung der Kranken
und die prophylaktische Behandlung der Fälle von latenter und ge¬
schlossener Lungen- und Drüsentuberkulose.
M. K a s s o w i t z - Wien : Ueber chronisches Asthma der Ra-
chitiker.
Zu dem Aufsatz Lederers in No. 8 über ein neues Krank¬
heitsbild der spasmophilen Diathese bemerkt K., dass die dort be¬
schriebenen Krampferscheinungen der Bronchialmuskulatur von ihm
wiederholt bei Kindern beobachtet und beschrieben sind, und zwar
sind regelmässig bei diesen Kindern sichere Zeichen z. T. schwerer \
Rachitis nachweisbar gewesen.
W. Büttner-Riga: Einige Fragen aus der Physiologie und
Pathologie der Verdauung und der Resorption im Lichte moderner
serologischer Lehren.
Ausführliche Entgegnung auf Bemerkungen Hamburgers zu
B.s gleichbetiteltem Aufsatz.
Wiener klinische Rundschau.
No. 1. H. C h a 1 u p e c k y - Prag: Die Wirkung des Meso¬
thoriums auf den Sehapparat.
Aus einigen Tierversuchen ist zu schliessen, dass bei Bestrah¬
lungen in der Nähe des Auges letzteres gut zu schützen und statt
der Röntgenstrahlen besser das schwächer wirkende Radium oder
Mesothorium zu verwenden ist. Ob das viel billigere Mesothorium
wirklich das Radium vollwertig ersetzt, ist weiter zu untersuchen.
No. 2. J. J i a n u - Bukarest: Transplantation des Oberschenkels
beim Hunde.
J. erwähnt eine anatomisch völlig gelungene, nunmehr nach
3 Jahren auch funktionell zunehmend befriedigende Einpflanzung eines
durch Unfall fast völlig abgetrennten Vorderarmes bei einem Arbeiter.
Weiter wird kurz die anatomisch ganz befriedigende, funktionell bis
zu dem später erfolgten Tode noch unzulänglich gebliebene Wieder-
anheilung eines amputierten Oberschenkels beim Hunde beschrieben.
No. 4. H. E p p i n g e r - Wien: Zur Toxizität der Ameisensäure.
Bei einer Versuchsperson unter mehreren solchen wurde nach
täglichem Genuss von 3— 4 g Natriumformiat eine nach einigen Tagen
verschwindende Albuminurie und Hämaturie beobachtet. Tierver¬
suche bestätigten neuerdings, dass der 5. — 6. Teil der eingeführten
Ameisensäure den Körper unverändert im Harne verlässt. Je nach
der Konzentration dieser Lösung kann eine Nierenschädigung ent¬
stehen. Daher ist bei der Darreichung von Ameisensäure grosse
Vorsicht am Platze.
No. 3 — 5. K. K r a s s e r - Klosterneuburg : Aetiologische Studie
zum Problem der progressiven Paralyse.
K. behandelt eingehend die Frage, ob nicht Ausfallserscheinungen
von Seite der Nebenniere, namentlich der mit Vorliebe von der Sy¬
philis befallenen Rinde, für die Entstehung der progressiven Paralyse
von Bedeutung sind. Eine Reihe von Tatsachen lässt sich für das
Bestehen von Wechselbeziehungen zwischen luetischer und meta¬
syphilitischer Nebennierendegeneration und paralytischer Hirnerkran-
k um g geltend machen.
No. 6. J. J i a n u - Bukarest: Gestielte Transplantation der Vena
facialis zum Ersätze des Ductus Stenonianus.
J. hat die Operation mit .einem jetzt 2 Jahre dauernden guten
Erfolg ausgeführt. Ist die Vena facialis zu dünn, so kann die Arterie
zu Hilfe genommen werden. Nach gleichem Prinzip hat .1. mit Erfolg
die Arteria hypogastrica zum Ersatz des Ureters, die Vena saphena
magna zum Ersatz der Urethra, die Arteria epigastrica zur Wieder¬
herstellung des Vas deferens benützt.
No. 5 — 7. R. B u o b - Rorschach: Beitrag zur Pathologie der
Pankreasgeschwülste.
Zusammenfassung: Der primäre Krebs des Pankreas ist selten;
am häufigsten geht er von den Ausführungsgängen, seltener von den
Azini, fast nie von den Inseln aus und entsteht fast ausnahmslos
I bei bindegewebiger Entartung des Pankreas. Die letztere geht ihrer¬
seits meist von entzündeten — infolge Infektion vom Darm aus —
Ausführungsgängen aus, während Gefässveränderungen ohne grössere
Bedeutung zu sein scheinen. Metastasen des Pankreaskrebses be¬
treffen meist die benachbarten Lymphdrüsen oder die Leber, sehr
selten die Ovarien. Das Fehlen von Diabetes bei Karzinom d;s
Pankreas spricht gegen die Inseltheorie des Diabetes.
Bergeat - München.
7"'
~ a y
Englische Literatur.
Frank Cole M a d d e n und Hassan Shaheen: Ueber die
Spinalanästhesie mit Stovain (101)0 Fälle). (B. M. J„ 17. VIII. 12.)
Bei Operationen, welche die Gegend des Rippenbogens nicht
nach oben überschreiten, ist Stovain im ganzen und grossen ein ver¬
lässliches Anästhetikum, Wie bei allen anderen Anästheticis ist
aber auch beim Stovain eine sorgsame Auswahl der Fälle nötig.
Fälle, die sich für Chloroform und Aether nicht eignen, sind im all¬
gemeinen auch für Stovain ungeeignet. Beim Chloroform zeigt sich
die herannahende Gefahr durch prägnante Zeichen und kann durch
Unterbrechung der Narkose verhütet werden, beim Stovain treten
gefährliche Zustände (Dyspnoe, Blutdrucksenkungen, Synkope) zwar
seltener, dafür aber meist ganz unvermittelt auf. Ueberdies ist eine
Entziehung des Anästhetikum, abgesehen von der mehrfach
empfohlenen Zerebrospinalpunktion, hier nicht möglich. Stovainisierte
Kranke müssen daher ganz besonders genau beobachtet werden.
Stovain ist also trotz seiner grossen Vorzüge (Fehlen von Nach¬
wirkungen etc.) kein ideales Anästhesierungsmittel.
Rawdon A. Veale: Komplikationen nach Hedonalnarkosen.
(ibidem.)
300 Fälle von intravenöser Hedonalnarkose. Als Komplikationen
wurden beobachtet: 1. Hautveränderungen: a) lokale Oedeme der
Lumbar- und Qlutäalgegend (Gefahr von Dekubitus), b) Hautblasen
am häufigsten an den Fersen (Herabsetzung der Resistenz der Gewebe
gegen Druck). 2. Lungenveränderungen: a) Oedem, b) Pneumonie
(3 tödliche Fälle) und c) Infarktbildung. 3. Veränderungen im Venen¬
system: a) Thrombose der zur Infusion benützten Vene ist überaus
604 _ _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. 11.
häufig, anscheinend jedoch nur selten gefahrbringend, b) Thrombose
der Vena femoralis (5 Fälle) und c) Hirnthrombose (1 Fall). Hedonal
kann also keinen Anspruch auf absolute Ungefährlichkeit machen.
Komplikationen ganz besonders von seiten der Lungen treten aber nur
dann auf, wenn die Flüssigkeitsmenge 1100 — 1200 ccm überschreitet.
Zur Verhütung von Bronchopneumonien ist die Mundpflege vor der
Operation von grosser Wichtigkeit.
George Nixon Biggs: Die Behandlung der kongenitalen syphi¬
litischen Taubheit mit Salvarsan. (Ibidem.)
1 Fall. Salvarsaniniektionen führten zu Besserung des Hör¬
vermögens. Später trat wieder Verschlimmerung auf, die durch Hg
und I.K. bleibend beseitigt wurde. Salvarsan führt nach Ansicht des
verf. nicht zur Heilung, sondern nur zur Beseitigung der Symptome
der Syphilis.
Alfred Allport: Die lokale Behandlung der chronischen
superfiziellen Glossitis mit Salvarsan. (Ibidem.)
Bepinselung der angeblich nicht spezifischen Zungenaffektion mit
einer Lösung von Salvarsan in Glyzerin führte zur Heilung.
Leonard Roepers: Weitere Erfahrungen über die spezifische
Heilwirkung von subkutaner Emetininjektionen bei Amöbenkrauk-
heiten. (B. M. 24. VIII. 12.)
Siehe ein früheres Referat in dieser Wochenschrift. Verf. ver¬
wendet Emetin, hydrochlor. oder hydrobromic. und spritzt LS — % — l g
ein. Die Wirkung ist bei Amöbendysenterie, Hepatitis und beim
tropischen Abszess von so günstiger Wirkung, dass das Präparat
mit Recht an die Seite der anderen Spezifika der Medizin gestellt
werden kann. Die Emetinbehandlung hat auch einen hohen diffe¬
rentialdiagnostischen Wert, da Bazillendysenterien nicht beeinflusst
werden. Das Präparat ist bei Burroughs-Wellcome und
Parke, Davis erhältlich. 12 Krankengeschichten.
H. S. Ranken: Die Ausstossung von „infektiösen Körnchen“
beim Trypanosoma Gambiense. (Ibidem.)
Verf. hat den von anderen Autoren beschriebenen Vorgang auch
beim Tryp. Gamb. der Schlafkrankheit beobachtet. Die freien
Gianula, die sich von Verunreinigungen, Blutstaub etc. unterscheiden
lassen, wurden in den Lymphdriisen und inneren Organen beobachtet.
Sie sind bimförmig, entwickeln eine Geissei und zeigen aktive Be¬
wegungen.
F. W. F a n n i n g und W. J. F a n n i n g: Die Resultate der
Sanatoriumsbehandlung der Phthise. (Ibidem,)
Analyse von 1102 Fällen. Das durchschnittliche Alter zur Zeit
des Auftretens der ersten Symptome war 25 Jahre und 10 Monate.
718 Kranke gehörten der städtischen, 384 der ländlichen Bevölkerung
an. Von den 707 Männern folgten 72 Proz. einer Beschäftigung in
geschlossenen Räumen, 28 Proz. einer solchen im Freien. Von den
372 weiblichen Kranken gehörten fast alle zur ersten Gruppe.
459 Kranke (41,6 Proz.) berichteten über eine positive Familien¬
geschichte, 363 lebten in innigem Kontakt mit anderen Phthisikern
und 37 bewohnten infizierte Häuser. Vom Auftreten der ersten
Symptome bis zum Eintritt in das Sanatorium verstrichen durch¬
schnittlich lVs Jahre. Die Arbeit wurde durchschnittlich nach
10 Monaten eingestellt. 428 Kranke starben. Die durchschnittliche
Krankheitsdauer betrug 3L5 Jahre. Die Klassifikation der Fälle er¬
folgte nach Turban: 1. 445 (40,3 Proz.); 2. 256 (23,2 Proz.) und
3. 401 (36,3 Proz.). Durchschnittliche Dauer des Sanatoriumsaufent¬
haltes 12 Wochen. Von den entlassenen Kranken nahmen 61,4 Proz.
ihre alte Beschäftigung wieder auf. während 38,6 Proz. eine neue
suchten. Im weiteren Verlaufe zeigte sich, dass die Art der Be¬
schäftigung prognostisch keine recht grosse Rolle spielt, solange
besondere Schädlichkeiten vermieden werden. Statistische Zu¬
sammenstellungen über die Dauererfolge beweisen, dass die 3 ersten
Jahre nach Entlassung am gefährlichsten sind. Die Zahl der Ueber-
lebenden betrug nach 1 Jahre 69,9, nach 2 Jahren 59,6 und nach
3 Jahren nur 49,2 Proz., es starben somit im ersten Triennium etwa
50 Proz. Im zweiten Triennium liegen die Verhältnisse bedeutend
günstiger (Mortalität 7,1 Proz.). Von den Kranken, die vor 7 Jahren
aus der Heilanstalt entlassen wurden, sind zurzeit noch 40,9 Proz.
am Leben.
G. H. K. Macalister: Ueber den Nutzen des Antiformin bei
Sputumuntersuchungen und über den tinktorielien Nachweis von
Tuberkelbazillen. (Ibidem.)
1651 Sputa, die bei direkter Untersuchung ein negatives Resultat
ergeben hatten, wurden mit 25 proz. Antiforminlösung behandelt. Es
konnten auf diese Weise 9 Fälle (0,54 Proz.) mit Tuberkelbazillen
nachgewiesen werden. Andere Autoren berichten über einen be¬
deutend höheren „Verbesserungsquotienten“ (10 — 35 Proz.); Verf.
erblickt die Ursache für diese Differenz in der grossen Sorgfalt, mit
welcher er bei der direkten Untersuchung des Sputums verfährt,
und glaubt, dass dadurch der Nützlichkeit der Antiforminmethode
kein Abbruch getan wird. Ein Vergleich zwischen den verschiedenen
Färbemethoden ergab, dass die alte Zi eh 1 -Nee'l sonsche Methode
am besten ist. Am nächsten kommt ihr die Hermann sehe Me¬
thode, während diejenigen von Much und Gasis unverlässlicher
und technisch schwieriger sind.
Otto May: Die funktionellen und histologischen Veränderungen
nach Alkoholinjektionen in periphere Nervenstämme und Ganglien.
(Mikrophotographien.) (B. M. J„ 31. VIII. 12.)
An der Injektionsstelle entsteht eine lokale Nekrose und Fibrose
im Nerven. Oberhalb der Läsion bleibt der Nerv intakt, das gleiche
gilt von den Ganglienzellen, die ausser einer Chromatolyse keine
Veränderungen erleiden. Regeneration tritt leicht und rasch ein.
Eine vollständige Nekrose des Ganglion Gasseri durch einmalige
Injektion ist nicht erzielbar. Infolge der derben Struktur des Ganglion
bahnt sich der Alkohol einen Weg entlang den Scheiden der grossen
Nervenstämme und schädigt diese mehr, als die Ganglienzellen.
J. G. Garson: Die Behandlung der Ataxie bei der Tabes.
(Ibidem.)
Beschreibung der Fränke Ischen Uebungstherapie. Falls die¬
selbe frühzeitig eingeleitet und systematisch fortgesetzt wird, lassen
sich bei der Mehrzahl der Fälle hochgradige Besserungen erzielen.
Die Therapie kann nur unter ständiger Aufsicht des Arztes, am besten
in einem Sanatorium durchgeführt werden; eine Heimbehandlung ist
nicht zu empfehlen.
Charles McNeil: Die Tuberkulose des Säuglings- und Kindes¬
alters vom Standpunkte der präventiven Medizin aus. (Kurven unö
Tabellen.) (Ibidem.)
An der Hand einer Serie von 371 Kutireaktionen bei Kindern
Edinburghs vergleicht der Verf. die in Edinburgh und Wien vor¬
waltenden Verhältnisse miteinander. In beiden Städten beginnen die
positiven Reaktionen im 1. Lebensjahre (Minimum) und erreichen das
Maximum zur Zeit der Pubertät. Bis zum 3. Lebensjahre ist die
Frequenz in Edinburgh höher als in Wien, von da ab überkreuzen
sich die Kurven jedoch sehr zu ungunsten Wiens. Die Ursache für
die häufigere Säuglingstuberkulose in Edinburgh ist nach Ansicht des
Verf. der Umstand, dass die arme Bevölkerung in besonders hohem
Grade den Gefahren der tuberkulösen Milch ausgesetzt ist. Daraufhin
deutet auch das häufige Vorkommen der Bauchtuberkulose in den
schottischen Grossstädten, die in dieser Hinsicht an der Spitze stehen
Dass auch Infektionen mit dem Typ. hum. im Säuglingsalter Vor¬
kommen, ist nicht zu bestreiten. Ihre Häufigkeit ist aber nicht fest¬
stellbar, da eine Unterscheidung auf Grund der Kutireaktion mit den
verschiedenen Tuberkulinen nicht gelingt. Der häufigste Sitz der
latenten Tuberkulose des Kindesalters sind die Bronchialdrüsen. Die
Phthise des Mannesalters ist nicht selten das Endstadium einer
während der Kindheit erworbenen Infektion und könnte durch ein?
erfolgreiche Bekämpfung dieser vielfach verhütet werden.
Thomas W. De war: Die Behandlung des Keuchhustens mit
intravenösen Jodoforminjektionen. (Ibidem.)
1 Fall bei einem 15 jährigen Knaben. Verf. gab 10 intravenöse
Injektionen von 1 Gran Jodoform in Aether und erzielte prompt?
Besserung und Abkürzung der Krankheitsdauer. Zur Behandlung von
kleinen Kindern eignet sich die Methode infolge der technischen
Schwierigkeiten nicht. Verf. verwendet diese Art der Behandlung
mit guten Erfolgen seit Jahren bei Lungentuberkulose, chronischer
Bronchitis und hat nie irgendwelche üblen Folgen gesehen.
J. W. Lindsay: Die Kontagiosität der Lepra. (Ibidem.)
In Paraguay nimmt die Lepra in letzter Zeit in erschreckender
Weise zu. Wie aus den Erfahrungen des Verf. hervorgeht, ist diese
Krankheit daselbst weit mehr kontagiös, als die Tuberkulose. Am
gefährlichsten sind wahrscheinlich die Frühstadien. Ob die Infektion
direkt oder indirekt (durch Insekten) übertragen wird, ist unsicher.
Die Fischtheorie ist ganz unhaltbar.
V. Zachary Cope: Der Kolonkrebs. (B. M. J.. 28. IX. 12.)
Unter 4000 chirurgischen Fällen der letzten 2 Jahre fanden sich
20 Kolonkrebse und zwar 11 der Flex. sigm., 3 der Flex. lienal., 2 der
Flex. hepat., 2 des Zoekum und je 1 des Colon transv. und desc. Es
gibt 2 klinisch-pathologische Formen: a) rasch wachsende Tumoren
von grösserer Malignität und b) die Skirrhusform mit Verengerung
des Darmes ohne Tumorbildung. Nur letztere führt klinisch zu Darm¬
obstruktion. Nicht selten verlaufen Fälle absolut latent, bis plötzlich
Darmobstruktion auftritt. In anderen Fällen sind die Symptome ge¬
wöhnlich mehr ausgesprochen und lassen sich in 6 Gruppen teilen:
1. Symptome der allmählich zunehmenden Darmverengerung;
2. Zeichen von Darmulzeration (schleimige und blutige Stühle,
Diarrhöe, Colitis ulcerosa); 3. Palpation eines Tumors; 4. Symptome
von seiten anderer Organe (Nieren, Blase, Magen); 5. Perikolitis und
peritonitische Erscheinungen und 6. Kachexie. Bei der Diagnose sind
Verwechslungen mit Dyspepsie, Kolitis, chronischer Appendizitis,
Tuberkulose des Zoekums etc. zu vermeiden. Wertvoll ist die Endo¬
skopie und Röntgenuntersuchung. Die Behandlung besteht in der
Exzision des kranken Teiles weit im Gesunden und Entfernung der
Lymphbahnen. Von grosser Wichtigkeit ist die Blutversorgung des
zurückgelassenen Darmes. Ist dieselbe fraglich, dann muss ein
grösseres Stück Darm reseziert werden. Man operiert am besten
mehrzeitig. Bei Fällen mit Obstruktionserscheinungen ist vor der
Radikaloperation eine Zökostomie oder Kolostomie zu machen.
Colin Clarke: Die Sterilisation der Haut mit alkoholischer
Sublimatlösung. (Ibidem.)
Verf. verwendet mit gutem Erfolge an Stelle der Jodtinktur
2 prom. Sublimatalkohol (102 Operationsfälle). Vorzüge sind: die An¬
wendungsmöglichkeit der Lösung am Skrotum, in der Gegend des
Anus etc. und der Fortfall irritierender Dämpfe. Die Lösung hinter¬
lässt keine Flecken auf Handtüchern und Wäsche.
Frank Cole Madden: Jod, als Verbandmittel für Operations¬
wunden. Frederick J. A. Dalton: Jod, als das einzige Vor-
bereitungs- und Verbandmittel bei Operationen. (Ibidem.)
Nach dem von Alcock angegebenen Verfahren wird die Naht¬
linie mehrfach mit Jod bepinselt und ein Verband ganz weggelassen.
Verfasser berichten über 50 resp. 77 Operationsfälle und sind mit der
Methode sehr zufrieden.
8. März 1913.
MueNcHeNer Medizinische Wochenschrift.
605
H. 0. W. Da \v son: Eine kongenitale Deformität der Vorder-
rme und dessen operative Behandlung. (B. M. J., 5. X. 12.)
3 Fälle in derselben Familie. Fixation des Vorderarmes und der
and in Pronationsstellung, verursacht durch knöcherne Vereinigung
es Radius und der Ulna in der Nähe des Ellbogengelenkes. Die
perative Behandlung bestand bei 1 Falle in der Trennung der
nöchernen Brücke zwischen den beiden Knochen. Später wurde
as Radiusköpfchen exzidiert und eine Osteotomie am Radius vor-
enommen. Seither ist Supination möglich.
F. J. Browne und J. Ross Makenzie: Die Aetiologie und
lehandlung des Nystagmus der Bergleute. 100 Fälle. (Ibidem.)
Ursachen sind: ungenügende Beleuchtung, Refraktionsfehler,
Überanstrengung der Augenmuskeln und neuropathische Veranlagung,
erhiitet kann die Krankheit werden durch Korrektion der Refraktions-
ahler, Hebung der physischen und nervösen Kraft der Bergleute
nd bessere Beleuchtung der Gruben (Elektrizität), ln therapeutischer
(insicht kommen in Frage: Aussetzen der Arbeit, Ruhe, Strychnin etc.
William Nie oll: Ueber die Länge des Lebens des Rattenflohes
ach dem Verlassen des Wirtes. (B. M. J., 12. X. 12.)
Bericht über Experimente mit dem bei der Uebertragung der
*est und anderer Infektionskrankheiten wichtigen Rattenfloh. Die
urchschnittliche Lebenslange der ausgewachsenen Insekten beträgt
twa 7 Tage, 9 Proz. blieben 2 Wochen und 2 Proz. 3 Wochen am
.eben. Hohe Temperaturen (Sommer) verkürzen, niedrige (Winter)
erlängern die Lebensdauer im Hungerzustande bis über 2 Monate,
iiosse Trockenheit und Feuchtigkeit sind schädlich. Licht scheint
as Leben der Insekten in geringem Grade zu verlängern. Experi¬
mente mit Material, welches Flöhe und Larven enthielt, ergeben,
ass die Infektiosität etwa 1 Jahr lang erhalten bleibt. Die Ursache
afür ist die Verzögerung, welche unter ungünstigen Bedingungen
a der Fortentwicklung der Larven eintritt. Eine aktive Vermehrung
ler Flöhe hingegen ist äusserst selten. Feuchtigkeit führt in kurzer
'eit zum Absterben der Flöhe und Larven.
Emily H. Siedeberg: Die Bedeutung der Albuminurie in der
Schwangerschaft. (B. M. J., 19. X. 12.)
An der Hand eines grösseren Krankenhausmateriales weist die
/erfasserin darauf hin, dass Komplikationen während der Geburt
ind des Wochenbettes (Aborte, Totgeburt, Blutungen, Placenta
>raevia, psychische Störungen etc.) bei albuminurischen Frauen be-
ieutend häufiger sind, als bei normalen Schwangeren. Die Albumin-
Tie ist häufig das einzige klinische Symptom der im Körper sich
.eltendmachenden Toxämie und daher, als Zeichen der drohenden
jefahr, diagnostisch und therapeutisch von hohem Werte. Eklampsie
st nach den Erfahrungen der Verfasserin nur selten eine Folge-
rscheinung der Albuminurie.
F. H. Jacob: Ueber die Anwesenheit von Zucker in der Zere-
irospinalflüsigkeit bei Fällen von Meningitis. (B. M. J., 26. X. 12.)
Bei pyogenen, Pneumokokken-, Streptokokken- und Mischinfek-
ionen fehlt der Zucker immer. Das Gleiche gilt vom akuten Sta-
lium der epidemischen Zerebrospinalmeningitis. Bei der tuberkulösen
Aeningitis ist Zucker fast immer nachweisbar; nur in äusserst sel-
enen Fällen fällt die Reaktion unmittelbar vor dem Tode negativ aus.
^uch bei der Poliomyelitis fehlt der Zucker nie.
Louis W. Sambon und Albert J. Chalmers: Die Pellagra
mf den britischen Inseln. (Ibidem.)
Die Krankheit ist seit langer Zeit im vereinigten Königreiche en-
lemisch. Sporadische Fälle sind seit dem Jahre 1860 beschrieben
vorden. Die Verff. selbst haben eine Reihe von schweren und ver-
lächtigen Fällen von Pellagra in Fifeshire, Forfarshire, Aberdeenshire
md auf den Shetlandinseln (Schottland) angetroffen. Es waren immer
3ersonen, die ihre Heimat nie verlassen hatten. Die Theorie vom
/erdorbenen Mais war bei diesen Fällen ganz unhaltbar. Dagegen
landelte es sich immer um Orte an raschfliessenden, mit Simulium-
liegen infizierten Flüssen. Diese Fliegen sind nach Ansicht der Verff.
lie Ueberlräger der Pellagra, die als eine Infektionskrankheit auf-
cefasst werden muss.
William Nico 11: Die Anämie bei der Ankylostomiasis: das
Jlutvolumen. (Ibidem.)
Die klinischen Bilder der Erkrankung des Menschen und des
lundes weichen von einander ab. Beim Menschen: chronischer,
>:ogressiv zum Tode führender Verlauf, Empfänglichkeit aller Alters¬
dassen und Mangel einer erworbenen Immunität. Bei jungen
lunden ist die Krankheit sehr akut und rasch tödlich, ältere Tiere
sind zwar empfänglich, erholen sich aber nach einiger Zeit und
deiben gesund, obwohl ihre Infektiosität bis über 2 Jahre andauern
;ann. Bei der akuten Anämie junger Hunde fand sich eine beträcht-
iche Herabsetzung des Blutvolumens, der Erythrozytenzahl und des
ib-Gehaltes. Bei der chronischen Anämie älterer Tiere war der
Ib-Gehalt um die Hälfte reduziert, die Erythrozytenzahl und das
dlutvolumen jedoch nicht verändert. Bei beiden zeigte das Blutbild
zahlreiche Megaloblasten und polychromatophile Veränderungen.
Eosinophilie war selten.
Ralph St. John Brooks: Der opsonische Index bei der Pest-
mpfung. (Ibidem.)
Die Substanz, welche zum Steigen des opsonischen Index im
Immunpestserum führt, ist das im Körper der Bazillen vorhandene
Nukleoprotein. Gewaschene Bazillenkörper führen zu keiner Ver¬
mehrung der Opsonine und sind zur Impfung ungeeignet. Wieder¬
holte Impfungen führen bei Ratten und Menschen zu einer Erhöhung
des Index über das Maximum der vorhergehenden Impfung
hinaus.
Ernest W. Hey Groves: Klinische und experimentelle Beob¬
achtungen über die operative Behandlung der Frakturen mit beson¬
derer Rücksicht auf die Verwendung intramedullärer Zapfen.
(Bilder.) (Ibidem.)
I ierexperimente und klinische Resultate. Verf. verwendet
Metallzapfen; dieselben sind in der Mitte quer durchbohrt und tragen
auf beiden Seiten Längsrinnen, die in das Loch einmünden. Der
Zapfen wird zunächst mit einem Drahte armiert und dann völlig in
die Markhöhle des einen Fragmentes eingeschoben. Die Bruchstücke
werden hierauf in die richtige Stellung zueinander gebracht und der
Zapfen durch Zug am Drahte so verlagert, dass er die Fragmente
fixiert. Die Methode ist leicht und schnell ausführbar, erfordert einen
kleineren Einschnitt und führt zu geringeren Verletzungen des
Periosts, als andere Operationen. Bei der Nachbehandlung kommen
Schienen in Fortfall, so dass Massage und Bewegungen schon recht
frühzeitig begonnen werden können. Nach der Operation bleiben die
Fragmente noch etwas beweglich, was die Kallusbildung sehr fördert.
Sir William Osler: Der hohe Blutdruck; sein Vorkommen,
seine Vorteile und Nachteile. (B. M. J„ 2. XI. 12.)
Die moderne Angst unter Aerzten und beim Publikum vor dem
hohen Blutdrucke ist übertrieben und irrationell. Die Blutdruck¬
steigerung ist nicht eine Krankheit, sondern ein Adaptionsvorgang
des Körpers an die durch anderweitige Ursachen hervorgerufenen
Veränderungen des Zirkulationsapparates und daher vorteilhaft. Sie
hat andererseits gewisse Nachteile, wie vasomotorische Beschwerden,
Angina pectoris, Auftreten von Arteriosklerose, Blutungen etc. Verf.
unterscheidet 3 Formen: 1. die einfache Hyperpiese ohne Arterien-
und Nierenkrankheit; 2. den arteriosklerotischen Hochdruck und 3. die
sekundäre Steigerung des Blutdruckes bei der chronischen Nephritis.
Die einfache Hyperpiese, bei der oft Drucke von 180 und darüber
gefunden werden, kommt vorwiegend bei robusten, sonst völlig ge¬
sunden Männern, die geistig und körperlich schwer arbeiten und
das Leben vollauf gemessen, vor und ist eine Erscheinung der
rascheren Abnützung des Organismus im modernen Geschäftsleben.
Anzuraten sind bei diesen Fällen Ruhe, Mässigung im Essen, Trinken
und Rauchen, Unterstützung der Darm- und Nierenfunktionen etc.
Eine medikamentöse Beeinflussung des Blutdruckes ist nicht ratsam.
Bei Hypertensionskrisen (Kopfschmerzen, Dyspnoe, Angina) sind
Aderlässe und Abführmittel angezeigt.
Walter D i 1 1 i n g: Die Berechnung der Dosen von Medikamenten
für Kinder: eine neue und einfache Methode. (Ibidem.)
Man findet die richtige Dose, indem man die Dose für Er-
Alter ^ 5
wachsene mit — — multipliziert. Näheres siehe im Original.
Arthur Ransome: Die Aufgaben des Staates bei der Be¬
kämpfung der Tuberkulose. (B. M. J„ 16. XI. 12.)
Die Aufgabe des Staates ist die Verhütung der Krankheit durch
Massregeln und Gesetze, die auf die Vernichtung der Bazillen, die
Erhöhung der Resistenzkraft des Organismus und die Assanierung
der Wohnungsverhältnisse abzielen. Die Behandlung und Heilung
der Krankheit bleibt nach Ansicht des Verf. besser der freiwilligen
Wohltätigkeit überlassen. Verf. ist ein Gegner der diesbezüglichen
Paragraphen des nationalen Versicherungsgesetzes. (Ein recht
anfechtbarer Standpunkt. Ref.)
Edward E. P r e s t : Ueber die Wichtigkeit der Saturation der
Gewebe mit Toxin bei der Behandlung der Lungentuberkulose.
(Ibidem.)
Toxinsaturation tritt dann ein, wenn die gesunden Gewebe vom
Krankheitsherde aus mit einer so grossen Menge von Toxinen über¬
schwemmt werden, dass die Bildung von Antikörpern darunter leidet.
Dieser Zustand ist von schlechter prognostischer Vorbedeutung und
auf Grund der Temperaturkurve, der konstitutionellen Erscheinungen,
des Einflusses von Körperbewegungen und des Verhaltens der Tuber¬
kulinreaktion erkennbar. Die Tuberkulinbehandlung ist im Stadium
der Saturation kontraindiziert. Erst wenn es durch Bettruhe und
Sanatoriumsbehandlung gelungen ist, einen Zustand von Hypo¬
saturation wiederherzustellen, darf man beginnen, solche Kranke mit
kleinen Tuberkulindosen zu behandeln.
William P. S. Br an son: Die Einbruchspforten der rheu¬
matischen Infektion: auf Grund der Untersuchung von 75 Fällen von
Sydenham scher Chorea. (B. M. J., 23. XI. 12.)
Schlussfolgerungen: Die Sydenhamsche Chorea und der
Gelenkrheumatismus werden durch den gleichen Erreger verursacht.
Im Nervensystem führt das rheumatische Gift zu einer charak¬
teristischen Irritabilität, welche dem Stadium der typischen chorea¬
tischen Bewegungen wochenlang vorausgehen kann und nicht selten
das einzige Symptom der Erkrankung bleibt. Die häufigste Ein-
biuchspforte der Infektion sind die Tonsillen und die Nase. Bei der
Behandlung ist die Wiederherstellung normaler Verhältnisse in den
oberen Luftwegen das erste Gebot. Dies geschieht am besten durch
antiseptische Spülungen. Hypertrophische Tonsillen sind zu
enukleieren; die gewöhnliche Tonsillotomie ist unzulänglich. Chorea
ist eine relativ häufige Nachkrankheit des Scharlachs.
John Fraser: Eine Probe zur Differenzierung zwischen dem
Typ. hum. und Typ. bov. des Tuberkelbazillus. (Ibidem.)
Verf. injiziert die zu untersuchende Bakterienemulsion oder
pathologische Flüssigkeit in das Kniegelenk eines Kaninchens. Bei
606
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. II.
Anwesenheit des Typ. hum. zeigen sich ausser einer leichten Ver¬
dickung der Synovialmembran und Flüssigkeitsansammlung keine
Veränderungen. Das Tier bleibt gesund und nimmt an Gewicht zu.
Nach 3- 4 Monaten findet man eine chronische Synovialtuberkulose,
aber keine Erkrankung des Knochens, Gelenksknorpels oder anderer
Organe des Körpers. Injiziert man hingegen den Typ. bov., so
treten sehr rasch schwere Veränderungen auf. Etwa 10 Tage nach
der Injektion wird das Gelenk geschwollen, steif und sehr schmerz¬
haft. Gleichzeitig verliert das Tier ständig an Gewicht. Unter¬
suchung des Gelenkes nach 4 Wochen zeigt akute Synovialtuber¬
kulose, käsige Massen und Erkrankung der Knochen. Nebenbei be¬
steht Erkrankung der Lungen, Nieren, Milz etc. Die Probe ist durch
ihre Verlässlichkeit, Einfachheit und relative Raschheit ausge¬
zeichnet.
Halliday Sutherland: Der Boden und der Samen bei der
Tuberkulose. (Ibidem.)
Die interessante Arbeit enthält die Untersuchungsresultate der
sogen. Kontakte: d. h. Personen, die mit Tuberkulösen in einem Haus¬
halte Zusammenleben. Die Zahl der Haushalte war 204, diejenige der
untersuchten Kontakte 723. Von diesen waren 420 gesund, 290 er¬
wiesen sich als lungenkrank, und 19 litten an anderen Formen der
Tuberkulose. Es waren also im ganzen 41,9 Proz. tuberkulös. Eine
Unterabteilung der ursprünglichen Patienten in solche mit
bazillenhaltigem und solche mit bazillenfreiem Sputum ergab, dass
in den Haushalten ersterer die Mehrzahl oder 60 Proz. der Kontakte
infiziert und in den nicht infektiösen Haushalten die Mehrzahl oder
75,5 Proz. gesund war. Kinder bis zum 15. Lebensjahre erkranken
besonders häufig und zwar ist die Gefahr bei offenen Tuberkulosen
doppelt so gross. Individuen zwischen 15 und 25 Jahren, die einer
direkten Infektion ausgesetzt sind, erkranken 5 mal häufiger, als
andere. Nach dem 25. Lebensjahre sind Infektionen relativ selten.
Männliche Kontakte erkranken in allen Altersklassen häufiger, als
weibliche. Interessant ist das Geschlecht der ursprünglichen
Patienten in Bezug auf das Alter der infizierten Kontakte. Hier zeigte
sich, dass für Kinder weibliche Tuberkulöse bedeutend gefährlicher
sind, als männliche. Die gleiche Differenz ist auch in den Jahren
von 15 — 25 noch merklich, verschwindet dann aber. Die Schluss¬
folgerungen des Verf. sind: Die Tuberkulose ist unter den Kindern
schwindsüchtiger Eltern häufiger, als unter den Kindern gesunder
Eltern. Ursachen dafür können sein: die Infektionsgelegenheit, der
schlechte allgemeine Gesundheitszustand oder eine hereditäre Ver¬
anlagung. Die Kinder von Eltern mit offener Tuberkulose er¬
kranken häufiger, als solche von Eltern mit nicht infektiöser Tuber¬
kulose. Dies ist auf die erhöhte Infektionsgefahr und den ge¬
schwächten Gesundheitszustand — zwei vermeidbare Faktoren —
zurückzuführen. Die Heredität spielt keine Rolle.
Robert W. Cruichshank: Ueber das Rattenbissfieber mit
dem Bericht über einen Fall. (Ibidem.) (Temp.-Kurven.)
Rattenbiss bei einem 51 jährigen Älanne. 10 Tage nach dem
Verheilen der Wunde schwoll der Finger bedrohlich an, so dass der¬
selbe schliesslich wegen Gangrän amputiert werden musste. 28 Tage
nach dem Biss begann die Allgemeinerkrankung mit Fieber, Gelenk¬
schmerzen und Exanthemflecken. In den folgenden 15 Wochen machte
Patient 15 fieberhafte Attacken von verschiedener Dauer durch. Seit¬
her sind dieselben weggeblieben, die Rekonvaleszenz war jedoch
äusserst lang. Aspirin, Phenazetin, Natr. salicyl. wurden versucht,
aber ohne merklichen Frfolg. Diese in Europa seltene Krankheit ist
in Japan und China häufig und dort unter dem Namen Sokodu oder
Sokoshio bekannt.
Inauguraldissertationen.')
Ueber Veronalvergiftung und ihre Therapie
schreibt Karl Th oll in einer Bonner Dissertation (1912, 26 S.,
Hch. Ludwig). Von den als Antidot bei Veronalvergiftung in An¬
wendung gebrachten Mitteln versagen Adrenalin und Strychnin voll¬
ständig. Atropin zeigt keine oder nur sehr unsichere Gegenwirkung.
Kampfer kann nur in leichteren Fällen von Veronalvergiftung in
Betracht kommen. Den meisten Erfolg zeigten Aether aceticus
und besonders Koffein. Aether aceticus zeigt auch bei veronal-
vergifteten Tieren eine ausgesprochene, aber schnell vorübergehende
Vermehrung der Atemgrösse.
Ueber die forensische Spermauntersuchung
mit besonderer Berücksichtigung der B a r b e r lo¬
schen Methode mittels konzentrierter Pikrin¬
säurelösungen berichtet Carl Güntsch in einer Arbeit aus
dem Königsberger Institut für gerichtl. Medizin. Menschliches ejaku-
liertes Sperma und Prostatasekret gaben in manchen Fällen eine sehr
charakteristische und augenfällige Reaktion, Tiersperma versagte in
den Versuchen des Verfassers vollständig. Ein typisches positives Re¬
sultat, optisch und chemisch geprüft, lässt menschliches Ejakulat als
wahrscheinlich vermuten, während ein zweifelhafter oder absolut
negativer Ausfall der Reaktion nichts Bestimmtes sagt. Der bio¬
chemische Spermanachweis ist der sicherste Weg. (Königsberg 1912.
57 Seiten. Kiel, S c h m i d & K 1 a u n i g.) Fritz L o e b.
') Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrassc 26. erbeten. Besprechung Vorbehalten.
Ne u erschiene ne Dissertationen.
Universität Freiburg i. Br. Februar 1913.
Berger Heinrich f Ueber Prognose und Häufigkeit der Dammrisse.
Carnnitzer Leopold: Ueber die Behandlung der Dysphagie bei
der Larynxtuberkulose mit besonderer Berücksichtigung der
Analgesie des Kehlkopfes durch Alkoholinjektion in den inneren
Ast des Nervus laryngeus superior nach Hoffman n.
Dorff H. : Ueber Konjunktivitis durch Askariden.
Herbois heimer F.: Ueber das Vorkommen von Paratyphus
B-ähnlichen Bakterien im normalen Schweinedarm.
Hueck Otto: Ueber die pathologische Bedeutung von Helminthen
in der Appendix.
Poe sch el Hermann: Pathogenese und Therapie der Hirsch-
s p u n g sehen Krankheit.
Stricker Noemi: Zur Tuberkulindiagnostik im Kindesalter.
Stürmer Rudolf: Die „Corpora amylacea“ des Zentralnerven¬
systems.
Wagner Franz: Makroglossia neuromatodes.
Universität Giessen. Februar 1913.
Schmäler Gustav: Untersuchungen über den Einfluss der Arbeits¬
leistung auf die Hauttemperatur beim Pferde.*)
Bundschuh Karl: Kann man in einem gesunden Tier Tuberkulose¬
antikörper erzeugen? *)
B i 1 1 n e r Arthur: Ueber Schwangerschaftsveränderungen an der Le¬
ber und anderen Organen.
Hey mann Rudolf: Ein Beitrag zur Kenntnis der Ochronose.
Sch einer Josef: Ueber Polycythämia hypertonica megalosplenica.
Naumann Kurt: Ein Beitrag zur Kenntnis des Ablaufs der Fett¬
resorption im Darmepithel des Frosches.*)
Lenninger Eduard: Tritt die Artverschiedenheit zentripetaler und
zentrifugaler markhaltiger Nerven auch in Unterschieden ihrer Lei¬
tungsgeschwindigkeit hervor?
Busolt Karl: Beiträge zur Kenntnis der Schnüffelkrankheit der
Schweine.*)
Kattenbeck Ernst: Experimentelle Studien über die Wirkung
wechselwarmer Hygnatbäder auf den tierischen Organismus.*)
Berg Franz: Zur operativen Behandlung der kongenitalen hyper¬
trophischen Pylorusstenose im Säuglingsalter.
*) Ist veterinär-medizinische Dissertation.
Universität Heidelberg. Februar 1913.
Herz Karl: Ueber die Dauerresultate der Alexander-Ada in s-
schen Operation.
Rick Ferdinand: Das anatomische Substrat der Lungenhiluszeich-
nung im Röntgenbilde.
v. Möllendorff Wilhelm: Ueber die Entwicklung der Darm¬
arterien und des Vornierenglomerulus bei Bombinator. Ein Bei¬
trag zur Kenntnis des viszeralen Blutgefässsystems und seiner
Genese bei den Wirbeltieren.
Brütt Henning: Ueber die Entstehung der Corpora amylacea in
der Lunge.
Ury Oskar: Ueber Kokainempfindlichkeit und deren Beziehung zur
Adrenalinsekretion in den verschiedenen Phasen des weiblichen
Geschlechtslebens.
Hildebrandt Fritz: Experimentell erzeugte lokale Atherosklerose
und ihre Beziehungen zur Niere.
Rapp Heinrich: Was beeinflusst die Uebertragbarkeit von Mäuse¬
tumoren?
Moritz Alfred: Beitrag zur Kenntnis der Nierensyphilis.
Meng Heinrich: Die Rolle der langen Unterschenkelmuskeln in der
Pathogenese, Prophylaxe und Therapie des Plattfusses unter be¬
sonderer Berücksichtigung des Musculus flexor hallucis longus.
Universität München. Februar 1913.
Scholli Artur: Ueber den sogen. Mongolenfleck,
v. Haller Otto: Geburten bei jugendlichen Erstgebärenden,
v. Wiecki Czeslaus: Ueber einen Fall von Sarkom nach Myom¬
operation.
Brandt Leopold: Ueber Pachymeningitis haemorrhagica interna.
Gross Kurt: Der Einfluss des Druckes auf die Herztätigkeit. ^ ’
Pickl Robert: Differentialdiagnose zwischen Appendizitis und Stiel¬
torsion von Adnextumoren.
Finken Heinrich: Die fötale Hydrozephalie in geburtshilflicher Be¬
ziehung.
Voelckel Ernst: Ueber grosse Varizen der Lebervenen.
Bien eck Paul: Abnahme der Tuberkulosemortalität in München
während der Jahre 1889 bis 1893.
Zinsmeister Anton : Beeinflussung der Wehentätigkeit durch
Skopolamin-Pantopon- und Skopolamin-Narkophin-Injektionen.
Urano Tamonji: Ueber einen Fall vor. Spina bifida.
Dammann Karl: Zur Pathologie der Adipositas dolorosa (Der-
c u m sehe Krankheit). JL
Binz F. Ferd. : Zur Kasuistik der Pfählungsverletzungen. Ein Fall
aus der Münchener Frauenklinik.
Levi Julius: Ueber angeborene Hirnbrüche.
Straub Alfred: Ein Beitrag zur kongenitalen Patellarluxation.
v. Schubert E. : Ueber K u n d r a t sehe Lymphosarkomatose.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT,
607
3. März 1913.
Auswärtige Briefe.
Briefe aus Moskau.
(Eigener Bericht.)
Moskau, im Februar 1913.
Wladimir Podwyssotzky.
Völlig unerwartet, von niemandem geahnt, von keinem für mög-
;h gehalten, kam die Trauerbotschaft vom Dahinscheiden Prof,
odwyssotzkys. Nur kurz war die tückische Krankheit, die
n in der Blüte der Jahre, im besten Mannesalter jäh dahinraffte,
.itteu aus einem arbeitsreichen Leben, aus der Vollkraft unermiid-
jhen Schaffens, aus einer von Erfolgen und Ehren gekrönten Wirk-
unkeit entriss ihn der Tod. ln ihm verlor die russische medizinische
. issenschaft einen ihrer hervorragendsten Vertreter, einen Forscher
an europäischem Ruf, die russische medizinische Presse einen ihrer
efflichsten und aufopferungsvollsten Führer, das Institut für experi-
lentelle Medizin seinen vorzüglichen und umsichtigen Leiter, die
lssische Gesellschaft« einen ihrer besten Männer, der im öffentlichen
eben eine hohe und geachtete Stellung einnahin. Er hinterliess eine
iicke, die auszufüllen es nicht so leicht gelingen wird.
Wladimir Podwyssotzky wurde als Sohn des ordentlichen
rofessors für Pharmazie und Pharmakognosie zu Kasan Valerian
odwyssotzky am 27. Mai 1857 geboren. Als 8jährigen
naben brachte ihn der Vater nach der Schweiz, wo er in Genf 1865
is 1867 den ersten Unterricht erhielt. Hierauf besuchte er in
hitomir das klassische Gymnasium, das er mit Auszeichnung be-
ndete. Im Jahre 1877 bezog er die medizinische Fakultät der Uni-
ersität Kiew. Bereits damals legte er ein besonderes Interesse für
ragen aus dem Gebiete der allgemeinen Pathologie und patho-
igischen Anatomie an den Tag. Noch als Student führte er eine
rundlegende Arbeit über den Kefir aus und veröffentlichte eine ein-
ehende Untersuchung „über den feineren Bau des Pankreas“,
lese beiden Monographien wurden in der Folge ins Französische und
eutsche übersetzt.
Nach Absolvierung seiner Studien wurde Podwyssotzky
i Anbetracht der von ihm bewiesenen glänzenden Fähigkeiten vom
nterrichtsministerium behufs Vorbereitung zur Dozentenlaufbahn
ir zwei Jahre ins Ausland kommandiert. Er begab sich zuerst nach
übingen, wo er sich bei Ziegler mit allgemeiner und experi-
lenteller Pathologie, bei Grützner mit Physiologie und bei
iifner mit physiologischer Chemie beschäftigte. Die erste Frucht
einer Arbeiten war seine bemerkenswerte Dissertation über „die
!egeneration des Lebergewebes bei den Säugetieren“, die auf die
’egenerationsvorgänge ein neues und helles Licht warf. Sodann
egab sich der junge Gelehrte nach München, wo er bei B o 1 1 i n g e r
äthologie und bei v. Z i e m s s e n klinische Medizin, und zuletzt nach
aris, wo er bei Pasteur Bakteriologie und bei C o r n i 1 Patho-
igie studierte. An Kenntnissen reich kehrte er 1887 nach Russland
urück.
Im selben Jahre wurde Podwyssotzky zum Privatdozenten
nd ein Jahr darauf (1888) zum Professor extraordinarius für all¬
emeine und experimentelle Pathologie an der Universität Kiew
rnannt, wo er 13 Jahre verblieb. Seine Lehr- wie seine Forscher-
itigkeit war überaus erfolgreich. Er verstand es meisterlich,
tudierende und junge Aerzte um sich zu scharen, sie zu ernster
issenschaftlicher Arbeit anzuregen, ihren Eifer wach zu erhalten,
ei seinem aussergewöhnlichem Rede- und Darstellungstalent waren
eine Vorlesungen ungemein stark besucht und sein Laboratorium
on Arbeitsbegierigen überfüllt. Aus seinem Institute erschien eine
anze Reihe von wertvollen Arbeiten, und zahlreiche Schüler von
im taten sich in der Folge durch ihre wissenschaftlichen Leistungen
ervor und nahmen an den Universitäten Russlands die Lehrstühle
ir Pathologie ein. Noch bevor er 1893 zum ordentlichen Professor
rnannt wurde, veröffentlichte Podwyssotzky seine ausgezeich-
eten, bis jetzt in 4. Auflage erschienenen „Grundlagen der allge-
leinen und experimentellen Pathologie“, die ins Deutsche, Franzö-
ische. Neugriechische und sogar ins Japanische übersetzt wurden,
r Kiew reorganisierte er auch die örtlichen Institutionen des Roten
reuzes, die ihm unterstellt waren und um die er sich bleibende Ver-
ienste erwarb. Hervorzuheben ist noch seine eminente Beteiligung
n der Bekämpfung der Cholera, die zu Beginn der 90 er Jahre m
’ussland epidemisch herrschte.
Im Jahre 1900 erhielt Podwyssotzky vom Unterrichts-
linister den ehrenvollen Auftrag, an der Universität Odessa die noch
ehlende medizinische Fakultät einzurichten. Als ordentlicher Pro-
essor und Dekan der erst neu zu schaffenden Fakultät ging Pod¬
wyssotzky nach Odessa. Hier trat sein hervorragendes
Organisationstalent an den Tag, und hier entfaltete er eine vielseitige,
ruchtbare 'Tätigkeit. Er erbaute alle Kliniken und Institute, über¬
wachte ihre Ausstattung, leitete den medizinischen Unterricht in die
echten Bahnen. Er kämpfte unahlässig für die Bewillung immer
euer Mittel, errichtete an der neuen Fakultät den ersten und bisher
n Russland einzigen Lehrstuhl für Balneologie und physikalische
leilmethoden. Mit Genugtuung konnte er auf sein Werk zuriiek-
licken.
Da wurde er im Jahre 1905 zur Leitung des Instituts für experi-
icntelle Medizin in Petersburg Allerhöchst berufen. Auch an dieser
Stätte war seiner Wirksamkeit reicher Erfolg beschieden. Als
Direktor des Instituts hat er sehr viel für dessen weiteren Ausbau
und fortschreitende Entwicklung getan und mehrere neue wissen¬
schaftliche Abteilungen den bereits bestehenden hinzugefügt. Er
besass die Gabe, die von allen Seiten herbeiströmenden jungen
Forscher nach ihrem inneren Wert treffend einzuschätzen, und ver¬
stand es, die von echt wisenschaftlichem Geist Beseelten nach ihrem
wahren Verdienst zu würdigen. Sein Verkehr mit den Mitarbeitern
zeichnete sich durch Einfachheit und Herzlichkeit aus und war völlig
frei von bureaukratischem Formalismus. Unter seiner Direktion
erhielten Frauen zum erstenmal die Möglichkeit, im Institut selb¬
ständig zu arbeiten, wie z. B. Frau Sieber-Schuinowa. Er
selbst leitete die Abteilung für allgemeine Pathologie, wo er in den
letzten Jahren sich intensiv mit dem Krebsproblem befasste, über
welches er zahlreiche beachtenswerte Untersuchungen in russischen
und ausländischen Zeitschriften veröffentlichte. Ueberhaupt hat er
die Bekämpfung des Krebses in Russland mächtig gefördert.
Noch während seines Kiewer Aufenthaltes begann Pod¬
wyssotzky das „Russische Archiv für Pathologie, klinische
Medizin und Bakteriologie“ herauszugeben, das leider nur 7 Jahre
existierte und wegen finanzieller Schwierigkeiten eingehen musste.
Das Archiv wurde von ihm vorzüglich redigiert und ist noch heute
eine Fundgrube der wertvollsten Arbeiten. Darauf trat Pod¬
wyssotzky in die Redaktion unserer vornehmsten und ver¬
breitetsten russischen Wochenschrift, des „Russky Wratsch“ ein,
der er bis zu seinem Tode angehörte. Unter seiner Mitredaktion
hatte sich diese medizinische Wochenschrift einer Periode höchster
Blüte zu erfreuen. Seit seiner Ernennung zum Direktor des Instituts
für experimentelle Medizin leitete er auch dessen Organ, das „Archiv
für biologische Wissenschaften“, das sich durch Reichhaltigkeit und
Gediegenheit seines Inhaltes auszeichnet.
Prof. Podwyssotzky, der vortrefflich mehrere fremde
Sprachen beherrschte, war einer der bekanntesten, geachtetsten und
gefeiertsten Vertreter russischer Wissenschaft auf internationalen
Kongressen und Veranstaltungen. Im Jahre 1911 organisierte er mit
seltenem Geschick die russische Sektion auf der Internationalen
Hygieneausstellung zu Dresden. Seine glänzende Leistung gab den
Anlass, ihm die Organisation der im laufenden Jahre in Petersburg
geplanten Allrussischen Hygieneausstellung zu übertragen. Un¬
ermüdlich leitete er die Vorarbeiten zu diesem schwierigen Werk.
Es war ihm jedoch nicht vergönnt, es erfüllt zu sehen.
Dr. A. D w o r e t z k y.
Vereins- und Kongressberichte.
Altonaer Aerztlicher Verein.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 4. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr H e n o p.
Schriftführer: Herr Felgner.
Herr Bonteinps: Ueber die Erreger der häufigst vorkommen¬
den Dermatomykosen.
Ich möchte Ihnen einige Pilzkulturen demonstrieren, welche in¬
folge ihrer Hautpathogenität medizinisches Interesse beanspruchen,
da sie die Erreger der verbreitetsten Dermatomykosen darstellen.
Unter Dermatomykosen werden Krankheiten verstanden, welche ihre
Ursache in dem Wachstum von Fadenpilzen in der Haut haben. Die¬
selben werden eingeteilt in die echten parasitären Erkrankungen der
Oberhaut und in die Saprophytien der Haut. Zu den ersteren ge¬
hören Favus, Trichophytie und Mikrosporie, zu den letzteren Pity¬
riasis versicolor, Erythrasma und Piedra. — Favus, Mikrosporie und
Trichophytie werden durch eine Pilzklasse hervorgerufen, deren ein¬
zelne Glieder nicht nur in sehr naher verwandtschaftlicher Beziehung
zueinander stehen, sondern die vielfach sogar wirkliche Uebergangs-
formen untereinander bilden. Aus diesem Grunde lassen sie sich
nicht immer scharf auseinanderhalten. Die Pilze, welche bei
Pityriasis, Erythrasma und Piedra gefunden werden, haben weder
unter sich, noch zu den erstgenannten Arten Beziehungen.
Der Favus der Menschen und Tiere ist charakterisiert durch das
Auftreten bestimmter Pilzkörper, die zwischen dem Rete Malpighi
und der Hornschicht liegen. Dieselben scheinen der Haut aufzuliegen,
sind aber in jugendlichem Zustande noch mit Hornschicht bedeckt;
sie sitzen meist um ein Haar herum, sind von Schwefel- bis grau¬
gelber Farbe, trockener Beschaffenheit, kreisrund und in der Mitte
mit einer Eindellung versehen. Daher haben sie den Namen
„Scutulum“ erhalten.
Die Krankheit befällt beim Menschen meist den behaarten Kopf,
kann aber auch an jeder anderen Stelle des Körpers Vorkommen.
Bei Tieren bietet die Lokalisation nichts Besonderes, indessen ist
auch hier der Kopf, die Ohren, die Nase bevorzugt.
(Demonstration einer Favusmaus und der daraus gezüchteten
Favuskulturen.) , , . ,
Die vielen Favusvarietäten, welche als Erreger gefunden sind,
werden von den meisten Forschern jetzt auf zwei Grundtypen zurück¬
geführt und zwar den Menschenfavus — Achorion Schönleinii
f>08
MUENCHENfiR MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
den Mäusefavus — Achorion Quinckeanum — . Achorion Schönleinii
wurde im Jahre 1839 von Schön lein entdeckt, nachdem 2 Jahre
zuvor Bassi durch seine Arbeiten über den Muskardinepilz der
Seidenraupen S c h ö n 1 e i n die Anregung zum Studium des Favus
gegeben hatte.
Die Kultur des Menschenfavuspilzes sieht gelblich aus, ist von
wachsartiger Beschaffenheit mit zentralen Erhebungen und radiären
Falten. In der Regel findet sich kein Luftmyzel, bisweilen bildet sich
jedoch ein kurzer Flaum. (Demonstration.)
Der Mäusefavuspilz bildet weisse mit Flaum bedeckte, runde
Kolonien mit zentralen unregelmässigen Erhebungen. Der letztere
bildet ein Bindeglied zwischen Favus- und Trichophytiepilzen.
Ueber die Häufigkeit der menschlichen Favuserkrankungen ist
zu sagen, dass dieselben in den Ländern vorgeschrittener Kultur nur
noch selten Vorkommen, dass sie sich dagegen in Ländern, in denen
die allgemeine Hygiene noch weniger verbreitet ist, noch häufig finden.
Die mikroskopische Diagnose der Favusskutula ergibt folgenden
Befund:
1. Doppelt konturierte runde oder rechteckige Sporen, 3 — 8 [i
gross und 3 — 4 /< breit, allein oder in Ketten. 2. Myzelienhaufen, in
der Mitte nicht entwirrbar, peripher-knorrige, fettglänzende, mit
körnigem Protoplasma versehene, sehr verschieden breite Schläuche,
an den Enden vielfach zweigabelig, an den Spitzen keulenförmige
Anschwellungen; die Fäden knospen auch seitlich und schnüren die
Seitenhyphen beinahe rechtwinklig ab. 3. Detritus, Fetttröpfchen,
vereinzelte Hornzellen. Die Herstellung der Reinkulturen bietet keine
sehr grossen Schwierigkeiten; sofern man den S a b o u r a n d sehen
Nährboden anwendet, gelingt es meistens schon auf der zweiten
Platte eine Reinkultur zu erhalten. Bei Anwendung der früher
üblichen Kulturmedien verfährt man so, dass man Skutulumpartikel-
chen mit ausgeglühter Infusorienerde verreibt und diese dann zu
Platten ausgiesst.
Das Wachstum geht vor sich, indem eine Spore keimt; aus der¬
selben bildet sich ein sternförmiges* Myzel, von diesem zweigt sich
weiter ein ganz feines Luftmyzel ab, das Ektosporen abschnürt;
während dieser Zeit kommt es auch zur Myzelversporung der auf
und in dem Nährboden liegenden Myzelien. Alle Sporen, auch die
Luftsporen, können keimen und den Vegetationszyklus wiederholen.
Dadurch wachsen die Kulturen in die Dicke und peripherwärts.
Ausserdem kommt es auch zur Bildung von Chlamydosporen, Spindel¬
sporen, Luftmyzelien etc. Das Temperaturoptimum beträgt 35°.
Die Diagnose wird durch Mikroskop und Kultur sichergestellt.
Zum Unterschiede von Trichophytonpilzen ist zu bemerken, dass
diese auch bei niederen Temperaturen und auf stickstoffarmem Nähr¬
boden gedeihen.
Aehnlich wie der Favus ist auch die Trichophytie eine Erkran¬
kung, welche sowohl die behaarte wie die unbehaarte Haut befallen
kann. Zur Trichophytie der behaarten Haut gehört die Kopf- und
Barttrichophytie, zu der der Haut- die Nägeltrichophytie, Herpes
tonsurans circumscript. und disseminat., Ekzema margin. Von den
Trichophytien kommen die der behaarten Haut besonders in ge¬
wissen Grossstädten vor, während die Trichophytien der unbehaarten
Haut sich überall mehr oder weniger finden.
Die sanitären Verhältnisse für das Vorkommen der Tricho¬
phytien verantwortlich zu machen, scheint nicht angängig, da die
Kopftrichophytien speziell an Städte (Paris, London) gebunden sind,
in denen es trotz hygienischer Massregeln zu grossen Epidemien
gekommen ist, während in anderen Städten dieselben kaum oder nur
vereinzelt zur Beobachtung gekommen sind.
Die Trichophytien zerfallen in eine kleinsporige — die Mikro¬
sporie — und verschiedene grosssporige.
Die kleinsporige macht bis 65 Proz. aller Kopftrichophytien aus,
die Diagnose wird durch Mikroskop und eventuelle Kultur gestellt.
Mikroskopisch zeigt sich, dass die Myzeläste das innere der Haare
durchziehen und dass die innere Wurzelscheide mit Ektosporen an¬
gefüllt ist.
Die grosssporigen Trichophytien machen die Testierenden
35 Proz. der Kopftrichophytien aus, ferner stellen sie im allgemeinen
die Erreger der oben benannten Erkrankungen der unbehaarten Haut
dar. Gemeinsam ist den grosssporigen Trichophytien, dass sie nur
im Innern des Haares Vorkommen; die Primäraffektion der Haut ist
flüchtiger Natur, die kahlen Flecken selbst sind glatt und ohne
Schuppen, im Gegensatz zur Mikrosporie; die Affektionen selbst
kommen fast stets auch auf der unbehaarten Haut vor.
Die Diagnose ist mikroskopisch leicht, die Sporen liegen im
Haar in rosenkranzartigen Längsreihen. Zur Bestimmung der Art,
die bei den grosssporigen Trichophytien neben einigen Neben¬
varietäten durch zwei Hauptarten repräsentiert werden, wird die
Kultur herangezogen. Die beiden hauptsächlichsten grosssporigen
Trichophytonpilze sind: 1. Trichophyton gips, und 2. Trichophyton
cerebriforme. Die Kulturen haben ein charakteristisches Aussehen.
(Demonstration der beiden Arten.)
Unter den Trichophytien, die den übrigen Körper betreffen,
wären zu nennen: die Barttrichophytie (Sykosis parasitaria im
Gegensatz zur Sykosis non parasitaria), ferner Herpes tonsurans.
circumscript., disseminat. und Onychomykosis trichophytina.
Diagnose bei allen Affektionen durch Kultur. Ausser dem
Menschen werden unter Tieren von der Trichophytie befallen:
Pferde, Ruider, Katzen, Hunde, Schafe.
Die Saprophytien unterscheiden sich von den echten Dermato¬
mykosen dadurch, dass ihre Erreger nur in alleroberflächlichsten
Schichten der Haut vegetieren und nicht tiefer eindringen; hier wären
zu nennen: Pityriasis versicolor, F.rythrasma und Piedra. Während
die letzteren beiden Affektionen seltenere Saprophytien darstellen,
ist die Pityriasis bekanntlich sehr verbreitet. Der Erreger, Micro-
sporon furfur, hat ausserdem noch historisches Interesse, da er ge¬
legentlich seines Befundes im Sputum von Phthisikern im Jahre 1886
fälschlich für den Erreger der Tuberkulose gehalten wurde.
Erythrasma wird durch den Microsporon minutissimum, Piedra
durch verschiedene Trichosporonvarietäten hervorgerufen.
Diskussion: Herr Plaut (a. G.) betont das jetzt etwas
häufigere Vorkommen der Mikrosporie in Hamburg gegen früher. Es
handelt sich aber meist nicht um die Pariser Form, die durch das
Microsporon Audouini hervorgerufen wird, sondern um das weit
weniger kontagiöse Microsporon lanosum. Als sicherste und am
schnellsten zum Ziel führende Therapie ist die Röntgenbehandlung
nach Sabourauds Vorschriften zu betrachten. Indessen kann
man noch nicht sagen, ob die Bestrahlung, wie Albers-Schön¬
berg befürchtet, nicht auf das Knochenwachstum des kindlichen
Schädels nachteilige Einflüsse haben könne. Mit Jodtinkturbehand¬
lung kommt man nicht aus. Eher sei etwas von täglicher Pinselung
mit Epikarin (5 — 10 proz.) zu erwarten. Kurzhalten der Haare und
Einölen der Köpfe beugt Plauts Erfahrungen nach der Verbreitung
der Krankheit in den Schulen vor. Eine Trennung der erkrankten
Kinder von den gesunden während der ganzen Dauer der Affektion.
die sich selbst bei Behandlung über Monate und Jahre hinziehen
kann, ist bei der ganz unschuldigen Mykose weder nötig noch durch¬
führbar ohne erheblichen Schaden für die betroffenen Mikrosporie¬
kinder.
Wenig bekannt sei es, dass eine andere trichophytische Er¬
krankung in den Schulen Hamburgs jetzt in grösseren Epidemien
auftritt (70 Kinder und mehr in einer Schule). Es handelt sich um
eine dem seborrhoischen Ekzem klinisch sehr ähnliche Affektion der
Hals- und Gesichtshaut. Voll ausgebildete trichophytische Ringe bei
einzelnen Kindern leiten auf die richtige Spur.
Zu den von dem Herrn Vortragenden erwähnten Favusarten sind
in neuerer Zeit noch einige hinzugekommen: Achorion gypseurn,
Cospora canina und Achorion violaceum.
Der erste durch Kultur festgestellte Fall von Mikrosporie in
Altona sei von dem verstorbenen Polizeiarzt Herrn Dr. Bargum
in Altona beschrieben worden.
Es sprechen noch die Herren Grüneberg, Schröder.
Herr Bontemps dankt Herrn Plaut für das Interesse, das
er seinen Ausführungen entgegengebracht hat. Dass die Mikrosporie
vor 2 Jahren in Hamburg mehrfach vorgekommen ist, führt er des
weiteren aus. Nach der Zeit sind ihm keine Beobachtungen bekannt
geworden. Dass die Züchtung der Pilze bisweilen nicht gelingt, wird
zugegeben.
Medizinische Gesellschaft zu Chemnitz.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 15. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Nobis.
Schriftführer: Herr Ochsenius.
Herr L. W. Weber stellt 3 typische Fälle Huntington¬
scher Chorea vor, erörtert Klinik, Differentialdiagnose, Pathogenese
und pathologische Anatomie der Erkrankung.
Kasuistisch sind folgende Daten interessant: Beim 1. Fall. 44 Jahre
alt, waren Vater und 2 Brüder von derselben Krankheit befallen; er
selbst seit dem 30. Jahre. Starke Bewegungsunruhe, mässige Ver¬
blödung, sozial leästungsunfähig.
Beim 2. Fall litten Vater und Grossvater an Chorea Huntington.
Der Vater wurde mit 38 Jahren befallen, starb im 44. Jahre an
Schädelbruch, den er sich durch Sturz infolge der Bewegungsunruhe
zugezogen hatte. Befund: im wesentlichen chronische Leptomeningitis.
Pat. selbst ist seit dem 22. Jahre (beim Militärdienst) erkrankt, jetzt
28 Jahre. Die Symptome mässig stark, aber typisch, an Intensität
schwankend. Auffällig der starre, maskenartige Gesichtsausdruck und
die geringe Beteiligung des Fazialis. Geringe Demenz, degenerative
Züge, Neigung zu Alkoholexzessen, leichte Lohnarbeit (Gartenarbeit)
noch möglich.
Der 3. Fall, Frau von 53 Jahren, Mutter vielleicht an Huntington
gelitten, hat die Zuckungen seit dem 47. Jahre. Bei ruhigem Liegen
und Sitzen sind die Zuckungen gering, werden bei jeder beabsichtigten
oder unwillkürlichen Bewegung stärker. Starke Demenz. In keinem
Falle sonstige organische Symptome ausser Reflexsteigerung.
Herr Hansel berichtet über seine Erfahrungen an nahezu
80 Sittlichkeitsverbrechern, die er in der letzten 4 Jahren 'gerichtlich
begutachtet hat.
Er geht zunächst auf die Tatsache ein, dass Sittlichkeitsverbrechen
in Chemnitz, wie überhaupt in Sachsen, auffällig häufig Vorkommen,
und leitet sie neben anderen lokalen Eigentümlichkeiten aus der Eigen¬
art des Erwerbslebens in Industriebezirken her.
Er bespricht die Schwierigkeiten der gerichtlichen Begutachtung
gerade von Sittlichkeitsverbrechern, besonders den gewohnheits-
mässigen, bei denen sonst ausnahmslos nervöse Störungen naclnveis-
L März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
609
Ur sind. Es besteht die Gefahr, den Begriff der strafrechtlichen Un-
irechnungsfähigkeit gerade bei Sittlichkeitsverbrechern zu weit zu
ssen.
Es ist zu betonen, dass nicht jede an Sexualverbrechern festzu¬
eilende psychische Abnormität an sich eine derartige Aenderung der
xuellen Betätigung bedingt, dass von Unzurechnungsfähigkeit ge¬
rochen werden kann. Auch die mehr oder minder starke Ab¬
eichung von der normalen geschlechtlichen Betätigung kann hierfür
cht massgebend sein.
Andererseits zwingt aber die Tatsache, dass auch beim Normalen
e geschlechtliche Erregung eine Einengung des Bewusstseins be¬
ugt. zu besonderer Vorsicht bei pathologischen Individuen, denen
i doppelt schwer fallen muss, ihren Geschlechtstrieb in den Grenzen
i halten, der ihnen von Gesetz und Sitte gezogen ist.
Redner hatte in 43 Proz. der von ihm begutachteten Fälle Be-
nken gegen die strafrechtliche Zurechnungsfähigkeit geäussert.
Pie einzelnen Gruppen von Sittlichkeitsverbrechern werden nach
sychiatrischen Gesichtspunkten geordnet besprochen, wobei besonders
pische Fälle hervorgehoben werden.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
XII. Sitzung vom 21. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr S c h m a 1 1 z.
Herr C o n r a d i (a. G.) : Zur Prophylaxe der Diphtherie.
Seit 60 Jahren etwa ist in Deutschland die Diphtherie endemisch
eworden. In jüngster Zeit zeigt sich folgende Erscheinung: die
bdesfülle an Diphtherie gehen zurück, die Erkrankungen steigen.
Vorauf beruht diese Tatsache? Das Behringsche antitoxische
erum, das gegenwärtige Allheilmittel der Diphtheriebekämpfung,
errnindert zwar die Diphtheriesterblichkeit, wirkt aber nicht der
.usbreitung der Seuche entgegen. Es schwächt nur die Toxizität der
Mphtherie, verhütet jedoch nicht deren Kontagiosität. Für die Be-
ümpfung der Diphtherie als Volksseuche kommen zwei Methoden
i Betracht, die antitoxische und die antiinfektiöse Bekämpfungsweise,
ene bezweckt Schwinden der Symptome, diese Schwinden der Er-
eger. Auf welche Weise verbreitet sich der Diphtherieerreger?
.ediglich durch den Menschen, und zwar kommen in absteigender
Reihenfolge hier in Betracht: die Schleuder- und Tröpfcheninfektion,
ie Kontaktinfektion, die Nahrungsmittelinfektion und ausnahmsweise
ur die Staubinfektion und die Luftinfektion. Infektiös sind sämtliche
;e- und Exkrete der Kranken und der Infizierten, vor allem die des
Nasenrachenraums.
Der Diphtheriebazillus ist nicht ubiquitär, sondern haust nur bei
(ranken und Bazillenträgern. Wann steckt der Diphtheriekranke an?
Zunächst innerhalb der Inkubationsmethode, die 3 — 4 Tage währt.
Lese Frühkontakte verdienen Beachtung. Sodann während der
Krankheit. Die Schwere der Krankheit ist für deren Kontagiosität
idanglos, gerade Leichterkrankte verbreiten die Krankheit eher,
ds die bettlägerigen Schwerkranken. Die Diphtheria ambulatoria
st von grösster epidemiologischer Bedeutung. Nicht minder gross
st der Anteil, den die larvierten Diphtheriefälle an der Verbreitung
ler Seuche nehmen. Diese meist unerkannten Diphtheroide verschlep-
)en die Diphtherie. Besondere Hervorhebung verdient hier die pri¬
märe Nasendiphtherie.
Neben den Kranken spielen die Rekonvaleszenten eine wesent-
iche Rolle. Am Ende der ersten fieberfreien Woche ist etwa die
Hälfte aller Genesenen noch infektiös, 5 Wochen nach Krankheits-
Beginn unter 100 immerhin 5 — 10. Selten, aber wichtig ist auch dis
-hronische Diphtherie, bei der die Membranen monatelang haften.
Wir kommen nun zu den Bazillenträgern. Deren bisherige Ein-
eilung in Dauerausscheider und Bazillenträger schafft keine klaren
Jegriffe. Wir unterscheiden: Hauptträger und Nebenträger. Haupt¬
rüger sind die Träger des Diphtheriekeims, insofern sie krank waren.
'Nebenträger hingegen sind diejenigen, die ohne subjektive und objek¬
ive Krankheitsanzeichen Diphtheriebazillen mit sich führen. Die
iauptträger, d. h. die krankgewesenen Personen verbreiten die Diph-
tierie, während die Nebenträger meist nur die Bazillen, nicht aber
die Krankheit auf andere übertragen. Es gibt also Krankheitsüber¬
träger und Bazillenüberträger. Bei der Bekämpfung der Diphtherie
müssen sich die prophylaktischen Massnahmen auf die Kranken, Re-
\onvaleszenten und Hauptträger konzentrieren, während die Neben¬
träger unbehelligt bleiben können.
Welche prophylaktischen Massnahmen kommen überhaupt in
Betracht? Einmal die Isolierung. Ihre praktische Durchführung ist
überaus schwierig. Eine Unterbringung im Krankenhaus scheitert
häufig an den Kosten. In der eigenen Häuslichkeit des Kranken aber
ist eine Trennung zwschien Gesunden und Kranken meist unmöglich.
Weiter kommt die äussere Desinfektion in Betracht. Die lau¬
tende Desinfektion ist wirksam, aber schwierig; die Schlussdesinfek¬
tion leicht aber unwirksam.
Aussichtsvoll erscheint allein die innere Desinfektion. Insbeson¬
dere erscheinen Gurgelungen und Inhalationen mit 1 proz. Malon-
süure geeignet, die Diphtheriebazillen im Nasenrachenraum abzu-
toten. Nur auf chemotherapeutischer Grundlage ist m. E. eine Be¬
kämpfung der Diphtherie als Voll sseuche erfolgreich durchführbar.
Herr Fritz Schanz: Zur Prophylaxe der Diphtherie.
Die bakteriologische Diagnose der Diphtherie ist auch heute
mangelhaft. Schanz hat schon 1894, im Jahre als Behring seine
Serumtherapie publizierte, darauf aufmerksam gemacht. Der Diph¬
theriebazillus lässt sich von dem Pseudodiphtheriebazillus auch jetzt
noch nicht mit Sicherheit unterscheiden. In neuester Zeit ist von
Conradi wieder ein Mittel zur Trennung dieser Bakterien ange¬
geben worden. Selbst wenn dieses durchgreifend wäre, so könnte
es nur bestätigen, dass die Schanz sehe Kritik an der bakterio¬
logischen Diagnose bis jetzt berechtigt war. Bis jetzt unterscheiden
sich die Pseudodiphtheriebazillen und die echten Löffler sehen
Bazillen nur durch die Giftigkeit. Die Giftigkeit allein berechtigt
nicht, sie als 2 Arten anzusehen. Die bakteriologischen Untersuch-
ungsanstalten, die ohne die Giftigkeit der Bazillen festzustellen das
Diphtheriematerial auf Löffler sehe Bazillen untersuchen, stellen
sich auf den Standpunkt der Unitarier. Nur so läst sich die Fest¬
stellung von Dr. T e u f f e 1 erklären. Er hat von etwa 100 Kindern,
die keine diphtherieverdächtigen Symptome zeigten, Sekret aus Nase
und Rachen zur bakteriologischen Untersuchung auf Löffler sehe
Bazillen dem hiesigen bakteriologischen Institut eingesandt. In
46 Proz. der Fälle hatte man L ö f f 1 e r sehe Bazillen gefunden. Eine
Prüfung der Giftigkeit ist. wie es auch anderwärts geschieht, nicht
ausgeführt worden. Man berücksichtigt nicht die grosse Verbreitung
der ungiftigen Löffler sehen Bazillen. Wieviel falsche Diphtherie¬
diagnosen mögen auf Grund solcher bakteriologischer Diagnosen ge¬
stellt worden sein? Die ungiftigen Formen sind ubiquitär. Im Jahre
1898 hat Schanz in einem Vortrag in dieser Gesellschaft gesagt,
dass jeder zweite Mensch den ungiftigen Löfflerschen Bazillus
auf seinen Schleimhäuten beherbergt. Die T e u f f e 1 sehe Statistik
hat das wieder bestätigt.
Die Statistiken, die auf solch mangelhaften Diagnosen basieren,
sind wertlos. Wenn Kliniker betonen, dass sie die Wirkung des
Serums tagtäglich am Krankenbett feststellen können, und dass da
auch anzunehmen sei, dass die Voraussetzungen, die zu dieser The¬
rapie geführt, richtige sind, so möchte Schanz dagegen anführen,
dass auch von seinem Standpunkte aus sich die Wirkung des Serums
verstehen lässt. Im Diphtherieprozess wird der Löffler sehe Ba¬
zillus giftig. Dieses Gift gelangt in den Organismus, es schädigt ihn,
durch das Serum wird es vernichtet. Was den Baziüus giftig macht,
ist unbekannt. Dieser unbekannte Faktor ist zur Entstehung der
Diphtherie wichtiger als der Löffler sehe Bazillus. Die Dispo¬
sitionen, welche die Jahreszeiten mit sich bringen, reichen nicht aus.
die besondere Disposition, die viele jetzt schon ausser dem Löffler-
schen Bazillus als nötig erachten, zu erklären.
Was die Prophylaxe der Diphtherie betrifft, so haben die Vor¬
redner an den Massnahmen der Medizinalbehörden abfällig Kritik
geübt. Die Massnahmen aber sind ganz logisch auf dem Standpunkt,
der jetzt in der Aetiologie der Diphtherie eingenommen wird, aufge¬
baut. Da die Diphtherie trotz der Serumtherapie noch erhebliche
Sterblichkeit aufweist, müsste man darin noch weiter gehen.
Schanz meint, an den Massnahmen der Behörden wäre die
Kritik nicht angebracht, sondern an den Voraussetzungen, auf denen
die behördlichen Massnahmen getroffen, zumal, wie Brückner
gezeigt, diese 15 Jahre lang durchgeführten Massnahmen auf den
Gang der Epidemie ohne Einfluss geblieben sind. Stellt man sich
auf den Standpunkt, dass der Löffler sehe Bazillus ubiquitär, so
müssen wir den Kampf gegen den unbekannten Faktor richten, der
ihn im Diphtherieprozess giftig macht. Wir sind hier in der Lage wie
bei vielen anderen Infektionskrankheiten. Wir müssen den Kranken
während der Krankheit isolieren, die Gegenstände seiner Umgebung
gründlich reinigen. Die Dauerausscheider werden uns keine Sorge
machen.
Infolge Abwesenheit des Herrn Brückner wird die nunmehr
auf der Tagesordnung stehende Diskussion über die Vorträge der
Heuen Brückner, Teuf fei, Flachs, Conradi und Fritz
Schanz nach vorheriger Abstimmung auf die nächste Sitzung
verschoben.
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1639. ordentliche Sitzung vom 17. Februar 1913,
im Sitzungssaal des Vereins, abends 7 Uhr.
Vorsitzender : Herr F 1 e s c h.
Schriftführer : Herr B e n a r i o.
Herr B. Fischer demonstriert u. a. :
1. Sublimatvergiftung bei 20 jährigem Mädchen nach 2 vaginalen
Ausspülungen mit Sublimatlösung. 5 Tage Anurie. Schwere Nieren-
und Darmveränderungen.
2. Kongenitale Stenose des Conus arteriosus des rechten Ven¬
trikels mit frischer Endokarditis und Defekt des Septum membrana-
ceum. Ungeheure Hypertrophie des rechten Ventrikels. 9 'A jähriger
Knabe. Tod an Diphtherie.
Herr Schmiedicke: Kriegssanitätsdienst und Ausrüstung.
Nach einleitenden Worten über die Bildung der besonderen For¬
mation des Heeres und der verschiedenen Kommandobehörden im
Kriege wird an der Hand von Kartenskizzen und Zusammenstellungen
die Gliederung des Kriegssanitätsdienstes in den 3 Gebieten (bei der
61 n
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1]
Operationsarmee, der Etappe und im Heimatsgebiete) erörtert. Be¬
sonders werden die verschiedenen Arten von Lazaretten in den
3 Gebieten besprochen unter genaueren Angaben über die Leitung j
und Besetzung mit ärztlichem Pflegepersonal, sowie über die Herkunft j
des zur Ausstattung nötigen Materials.
Rückblickend auf die Verhältnisse im Feldzuge 70/71 wird die
grosse Leistungsfähigkeit der damaligen Sanitätsanstalten gezeigt.
Die Zusammensetzung der Sanitätsformationen (Sanitätskom¬
pagnie, Feldlazarett und die Sanitätsstaffel bei der Kavalleriedivision)
wird durch Skizzen und Uebersichten veranschaulicht.
Vortragender bespricht sodann die Kriegssanitätsausrüstung, be¬
tont die Notwendigkeit der Einheitlichkeit als Grundsatz für die
Heeresversorgung im Kriege und gibt zunächst einen historischen
Ueberblick. Von dem Feldzuge 70 als Wendepunkt ausgehend wird
als erster einheitlicher Wundverband die Karboljute erwähnt; 1886,
veranlasst durch die Bergmann sehe Schule, Uebergang zur Subli¬
matantisepsis; an Stelle von Jute tritt Mull und Watte. Mit Sublimat
imprägnierte Stoffe in Pressstücken als erster Bedarf für den Kriegs¬
fall niedergelegt und aufgefrischt durch regelmässigen Verbrauch im
Truppen- und Lazarettdienst.
Anfang der 90 er Jahre Uebergang von der Antisepsis zur
Asepsis, auch durch die Bergmann sehe Schule.
Dadurch schwierige Entscheidungen für die Medizinalverwaltung,
ob imprägnierte Verbandstoffe aufzugeben seien. Es fehlten kriegs¬
chirurgische Erfahrungen.
Forderungen der Asepsis zunächst 1897 genügt durch den noch
etatsmässigen Feldsterilisierapparat, nachgebildet den ein-
fachwandigen Apparaten von Schimmelbusch.
Die Asepsis verlangte ein Auskochen der Instrumente, dazu
waren die bisherigen Holzgriffe der Messer. Meissei usw. ungeeignet.
Ausserdem Erweiterung der chirurgischen Tätigkeit durch die Asepsis,
besonders für Bauchchirurgie neue Instrumente nötig.
Der Fortschritt der Waffentechnik und die kriegschirurgischen Er¬
fahrungen forderten auch für die vor derste Linie grösseren
Vorrat. Auf Vermehrung der Sanitätsfahrzeuge war nicht zu
rechnen, es musste Platz geschaffen werden und das geschah durch
die Einführung von Arzneitabletten, welche nach jahre¬
langer Vorarbeit 1900 abgeschlossen war. Der Uebergang zur Asepsis
bedingte solche Umwälzungen der Sanitätsausrüstungen, dass dem
Reichstag 1901 eine Forderung von 3 % Millionen Mark vor¬
gelegt wurde, welche, auf mehrere Jahre verteilt, bewilligt wurde.
Die richtige Verwendung dieser Mittel war eine schwierige Aufgabe.
Es musste etwas Ganzes geschaffen werden, das auch lange Jahre
ohne wesentliche Aenderungen bleiben konnte, kriegsbrauchbar war
und der wissenschaftlichen Kritik standhielt. Dieses Ziel ist wohl
durch die jetzige Sanitätsausrüstung erreicht, nachdem 1911 die
antiseptisch imprägnierten Verbandstoffe ganz auf gegeben
wurden und damit die aseptische Wundbehandlung für den Krieg
durchgeführt werden kann.
Es werden nun die zur Wundbehandlung vorhandenen Gegen¬
stände besprochen unter Hervorhebung des zur Durchführung der
aseptischen Wundbehandlung vorhandenen Materials. Ferner die mit¬
geführten Schienen und die Art der Improvisationen, die Mittel zur
Narkose und Schmerzbetäubung, die Mittel zur Stillung von Blu¬
tungen, die Mittel zur zahnärztlichen Behandlung. Endlich werden
erwähnt der Feldröntgenwagen und der fahrbare Trinkwasserbereiter.
An der Hand zahlreicher Bilder wird nunmehr veranschaulicht,
welche Sanitätsbehältnisse die Truppe und die Sanitätsformationen
wähnt und ihre bequemste Unterbringung.
Zum Schluss wird auf die Erfahrung der letzten Kriege hin¬
gewiesen und die Lehren fiir das chirurgische Handeln werden zu¬
sammengefasst.
Mit dem Vortrag war eine Ausstellung der Sanitätsausrüstung
aus den Beständen des hiesigen Garnisonslizarettes verbunden.
Verein der Aerzte in Halle a. 8.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 15. Januar 1913.
Vorsitzender; Herr v. Hippel.
Schriftführer : Herr P e n k e r t.
Herr Mohr: Zur Frage der inneren Sekretion der Speichel¬
drüsen mit Demonstration eines Falles von genitalem Infantilismus,
doppelseitiger Speicheldriisenschwellung und Status lymphaticus.
(Ei scheint in extenso in dieser Wochenschrift.)
16 jähriges Mädchen, 135 cm gross, 31 kg schwer, bietet fol¬
genden Befund: Uterus auf der Grenze zwischen Uterus foetalis und
infantilis; Vagina und Scheide normal gebildet, fehlende sekun¬
däre Geschlechtsmerkmale, ofienstehende Epiphysen, Hypoplasie
des üefässsystems, vergrösserte Lymphknoten in axilla, inguines,
Milzhyperplasie, Thymusvergrösserung, vergrösserte Rachen- und
Nasentonsillen. Am auffallendsten ist eine doppelseitige
Schwellung der Parotis und S u b m axillaris. Vor¬
tragender erörtert ferner die Beziehungen zwischen Speicheldrüsen
und Pankreas zu den Geschlechtsdrüsen und der Gesamtentwicklung.
Herr Mohr: Pseudohermaphroditismus, abnormes Längen
Wachstum und Hypergenitalismus.
Der folgende Fall steht im Gegensatz zu dem eben gezeigte
(genitaler Infantilismus), insofern es sich hierbei um beschleunigte
Körperwachstum handelt gleichfalls bei einer Entwicklungsanomal
an den Genitalien. Das 6 jährige Kind hat eine Körperlänge vo
13C cm und w iegt 40 kg. Es besteht bei ihm ein Pseudohermaphn
ditismus, der die Eltern veranlasste, bei der Geburt des Kindes t
als Mädchen anzusprechen. Die standesamtliche Eintragung wurcl
später auf ärztliche Veranlassung revidiert, weil es sich zeigte, da:-
ein Pseudohermaphroditismus masculinus vorliegt. Die Labia rnajor
und minora sind deutlich ausgebildet, durch Operation ist aus leb
teren eine Art Präputium gebildet, in dem der Penis liegt. Am Dann
befindet sich eine stecknadelkopfgrosse Oeffnung (Vagina?). Nac
den Angaben der Mutter hat das Kind ein durchaus knabenhafte
Wesen, eine Angabe die mit dem zweifellos weiblichen Aussehe
des Kindes im Widerspruch steht. Das verstärkte Wachstum ist i'
den letzten 2 Jahren besonders zutage getreten. Das Kind sieht blas
aus, die Lippen sind gewmlstet, der gesamte lymphatische Apparq
hyperplastisch. Zungengrundpapillen, Gaumen- und Rachenmandel;
vergrössert, ebenso die Lymphdriisen am Kinn, Hals, in der Axilk
in der Leistenbeuge, die Milz ist fühlbar, der Rand scharf und har
Deutlicher Thymusschatten im Röntgenbild. Schilddrüse fiihlba
nicht vergrössert und auch in der Konsistenz nicht verändert. Woh
ausgebildete Behaarung des Mons veneris, an anderen Stellen keir
Behaarung, jedoch deutlicher Flaum an den Wangen und der Obe
lippe. Veränderungen finden sich dann noch am Gefässapparat. D
peripheren Gefässe sind eng und unter dem Finger rollbar. dt
Herzstoss hebend, etwas ausserhalb der Papillarlinie an der Her:
spitze und der Basis blasendes systolisches Geräusch, das an de
anderen Stellen über dem Herzen schwächer zu hören ist. An de
Lungen und den Abdoininalorganen kein besonderer Befund, in:
besondere sind beide Nierengegenden frei von Resistenz und Drucl
schmerz. Das Röntgenbild des Knochensystems und des Schade
ergibt keinen abnormen Befund. Epiphysen sind offen. Es handei
sich demnach um einen Fall von Pseudohermaphroditismus mit Statt
lymphaticus und beschleunigter Grössenentwicklung des Skelette
Bei der Frage, in welchem ursächlichen Zusammenhang letztere F.
scheinung mit den genannten Anomalien steht, muss man dara
denken, dass beim unkomplizierten Status lymphaticus sowohl ve
zögertes als auch abnormes Längenwachstum vorkommt. Bekanntlic
ward dann die infantile Relation der grösseren Oberlänge zur Unte
länge gefunden. Das ist, beiläufig bemerkt, in vorliegendem Fal
nicht zutreffend: die Entfernung Scheitel — Steissbein beträgt 64 er
Steissbein — Ferse 66 cm. Wichtiger ist die Tatsache, dass b
Hermaphroditismus krankhafte Veränderungen in der Nebennierenriiu
gefunden worden sind, deren Ueberfunktion ebenso wie die di
Epiphyse mit vorzeitiger Körperentwicklung verknüpft sein kan
v. Neugebauer erwähnt 13 Fälle von Pseudohermaphroditismu
bei denen sich Strumen der Nebennierenrinde fanden. Fibige
berichtet über 3 Fälle mit Hyperplasie der Nebennierenrinde. F
zerebrale Störungen, die auf eine Epiphysenanomalie hinweisf
könnten, fehlen, muss man in diesem Falle daran denken, dass
Analogie mit den erwähnten Fällen abnorme Zustände an der Rinc
der Nebennieren vorliegen. Es ist möglich, dass es sich um eitj
Anomalie der schon normalerweise im Hoden vorkommenden B
standteile der Nebennierenrinde handelt, die sich dem Nachweis en
ziehen.
Diskussion: Herr Veit fragt den Vortragenden, ob nie
auch der Speichelfluss der Graviden auf den Zusammenhang d'
Paiotis mit den Sexualorganen hinweist. In einem Fall von Speiche
fluss bei Schwangeren trat Besserung nach Injektion von Sern
einer Sclnvangeren ein.
Herr Stieda: Wir Chirurgen sehen oftmals Metastasen in di
submaxillaren Speicheldrüsen auftreten, z. B. bei Lippenkarzinoi
so dass es mir durchaus verständlich erscheint, wenn auch bei
Status lymphaticus. wie im Falle des Vortragenden, eine Anschwre
lung der genannten Speicheldrüsen auftritt. Diese enthalten eb<
schon normalerweise oft recht reichlich Anhäufungen von zytogene
Gew'ebe.
Herr Frese fragt, ob vielleicht kongenitale Lues vorliege. 1
hat ähnliche Krankheitsbilder wue im vorliegenden Fall bei jent
Leiden gesehen.
Herr v. H i p p e 1 wreist darauf hin, dass sich auch in den Träne
drüsen normalerweise reichlich lymphadenoides Gewebe findet, d
bei Entzündungen der Bindehaut sowie z. B. bei Lidkarzinonn
erheblich zunehmen könne.
Herr V. H ö s s 1 i n.
Herr Igersheimer: Ueber die lokale Anwendung von Ne
salvarsan am Auge.
Durch Tierversuche stellte I. fest, dass nicht nur, wie sein
Castelli nachgewiesen hat, Einträufelungen von Neosalvarsan
den Bindehautsack reizlos vertragen wrerden, sondern dass man au
das Mittel subkonjunktival und intralamellär in die Kornea oh
Schaden injizieren kann.
Als Objekt der direkten Anwendung des Neosalvarsans a
Auge wurde auf Veranlassung Ehr lieh s die Keratit
parenchymatosa gewählt und bis jetzt 4 Fälle lokal behände
8. März 1913.
edesmal handelte es sich um eine typische Keratitis parenchymatosa
uf kongenital-luetischer Grundlage. Die erstbehandelte Patientin
Liesbeth H.) hatte einen so schweren Prozess, dass bei ihr von vorn¬
erein auf eine Besserung nicht zu hoffen war. Um so besser aber
essen sich die verschiedenen Applikationsmöglichkeiten an ihrem
iuge studieren. Von der Behandlung mit Einträufelungen wurde
ehr bald zu der Verwendung von Augenbädern (1 — 2 mal
äglich je 15 Minuten) übergegangen. Diese Bäderbehandlung, die
ns bessere Aussichten zu bieten schien als die Einträufelungen, wurde
uch bei den übrigen 3 Patienten vor allem benützt. Ausser über
eichtes Brennen hatten die Patienten dabei nicht zu klagen,
rgendeine Verschlechterung des Zustandes trat
licht ein, leider aber auch niemals eine Besserung.
Ferner wurde bei dem ersten und auch bei dem zweiten Pa-
lenten 1 proz. Neosalvarsanlösung in die Hornhautlamellen
in einer peripheren Stelle injiziert mit dem Erfolg, dass die
/askularisation an dieser Stelle etwas zunahm, eine Aufhellung der
Trübung aber nicht eintrat.
Auch eine Abschabung des Epithels an peripheren
'teilen der Hornhaut mit nachfolgendem Augenbad zum
iesseren Eindringen des Medikaments in die Hornhaut wurde ohne
Schaden oder Nutzen vorgenommen.
Schliesslich kamen in einem Falle auch noch subkonjunk-
ivale Injektionen zur Anwendung; sie reizten nicht, aber auch sie
nachten keine Veränderungen im Status.
Alles in allem scheint die Lokalbehandlung, soweit sich das
bisher übersehen lässt, mit Neosalvarsan bei der Keratitis par-
uichymatosa des Menschen keinerlei Nutzen zu bringen.
Herr Bernhard Aschner: Ueber experimentelle Brunst.
Gelegentlich der gemeinsam mit Griporin veröffentlichten
Untersuchungen über experimentelle Auslösung von Milchsekretion
( vgl. Archiv f. Gyn. 1911, 94. Bd., 3. H.) konnte der Vortr. bereits
starke Hyperämie und Hämorrhagie am Uterus virginaler Meer¬
schweinchen nach subkutanen Injektionen von Ovarial- oder
Plazentarextrakt als regelmässigen Nebenbefund nachweisen. Un¬
abhängig davon kamen bezüglich des Ovarialextraktes Adler und
Sch ick eie zu demselben Resultat. Vortr. zeigte an Präparaten
und farbigen Photographien, dass man auch mit Plazentar¬
extrakt sehr intensive brunstartige Erscheinungen hervorrufen
könne, wie blutig-schleimigen Fluor aus der Vagina, eine das ganze
Genitale elektiv befallende Hyperämie, Hämorrhagie im Uterus, die
bis zur Bildung einer starken Hämatometra gesteigert werden kann,
überstürzte Reifung und kleinzystische Erweiterung der Ovarial-
follikel.
Es ergibt sich die Frage, ob man nicht die Blutungen nach
Retention von Plazentarresten bei der Frau auch durch eine Art
innersekretorischer Wirkung des Plazentarrestes erklären könne, da
man ja bisher diese Blutungen auf rein mechanischem Wege sich
entstanden dachte.
(Die Arbeit erscheint demnächst ausführlich mit Abbildungen
im Archiv für Gynäkologie.)
Diskussion: Herr Anton berichtet über einen Fall des
Fehlens von einem Kleinhirn und Aplasie des Pankreas, Aplasie der
Aorta, Nebennierenanomalien und choreatische Degenerationen.
Herr Aschner.
Naturwissenschaft!. -medizinische Gesellschaft zu Jena.
Sektion für Heilkunde.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 30. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Lex er.
Schriftführer: Herr Bennecke.
Herr Bennecke: Fall von Streptomykosis oralis febrills.
17 jähriges Mädchen, das wegen Diphtherieverdachtes in die
Klinik kam. Es fand sich jedoch eine mit hochgradiger Schwellung
der Gaumenbögen und Uvula einhergehende Angina phlegmonosa
ohne Abszedierung. An der rechten Hälfte der Unterlippe bestand
eine pfennigstückgrosse Erhabenheit von schneeweisser Farbe. Das
umgebende Gewebe war leicht infiltriert, aber nicht oder nur ganz
wenig gerötet. Die Affektion erinnerte an einen Primäraffekt, der
jedoch in Rücksicht auf die Anamnese und den negativen Ausfall der
Wassermann- und Stern sehen Reaktion ausgeschlossen
wurde. Von den Tonsillen wurde ein typischer, nicht hämolisierender
Streptococcus longus, vermischt mit spärlichen Kolonien von
Staphylococcus pyogenes aureus gezüchtet, wogegen von der Mund¬
affektion in Ausstrichen und Abstrichen mikroskopisch und bakterio¬
logisch Streptococcus longus in Reinkultur nachgewiesen wurde.
2 Tage später traten bis fast linsengrosse, gleichfalls schneeweisse
Stippchen an der Gingiva des Unterkiefers auf, aus denen gleichfalls
Streptococcus longus in Reinkultur gezüchtet wurde. Beim Auf¬
treten dieser Affektion keine besonderen klinischen Erscheinungen,
h'ieber im ganzen wenig hoch, bei schwer gestörtem Allgemein¬
befinden. Unter Spülungen mit Wasserstoffsuperoxyd ging die Mund¬
affektion in wenigen Tagen zurück. Leukozyten anfangs 21 000,
später 13 000. Milz leicht vergrössert, Blutkulturen bleiben
steril. Die Affektion ist uns nicht unbekannt. Sie wurde bei der
letzten Scharlachepidemie in Jena wiederholt beobachtet und in der
611
Dissertation von Hetzer*) beschrieben. Sie stellt sich dar als
eine im wesentlichen im Epithel sich abspielendc Erkrankung, die
mit einer mächtigen Produktion und Desquamation des oberflächlichen
Epithels einhergeht. Die tieferen Epithelschichten sind gelockert;
sie und die bisweilen leicht verbreiterten Koriumpapillen sind von
spärlichen, fleckweise reichlicheren Leukozyten durchsetzt. Fibrin
konnte an den in Alkohol fixierten Präparaten nicht nachgewiesen
werden. Der histologische Unterschied ist gegenüber pseudomem¬
branösen Veränderungen, hervorgerufen durch den Diphtherie¬
bazillus und Pneumokokkus, also ein so deutlicher, dass Verwechs¬
lungen ausgeschlossen sind. Klinisch dürften gegebenenfalls Irrtümer
möglich sein, doch wird der Sitz der Erkrankung und der leicht zu
führende Nachweis von Streptokokken, wie das auch aus der
Literatur (Fleischer, Gerhardt, Linzmeyer) zu bestätigen
ist, die Differentialdiagnose leicht ermöglichen. Diese Beobachtung
macht es, entgegen unserer früheren Annahme, wahrscheinlich, dass
der Streptokokkus als solcher für die Veränderung ätiologisch in Be¬
tracht kommt. **)
Zur Beurteilung von Unfallsfolgen.
Die folgenden Fälle mögen einen Beitrag liefern zur objektiven
Beurteilung von Unfalls- und Erkrankungsfolgen, die aus Zeiten
stammen, wo die Kranken der Versicherungspflicht noch nicht unter¬
lagen. Derartige Fälle sind schon jetzt Seltenheiten und dürften bald
ganz verschwinden. Der jetzt 19 jährige, zurzeit an Scharlach erkrankte
Schlosser M. quetschte sich als Schulknabe den linken Zeigefinger ab.
Trotzdem erlernte er das Schlosserhandwerk und verletzte sich da¬
bei als Lehrling im
2. Jahre den rechten
Mittelfinger, der in
der Mittelphalanx
amputiert werden
musste. M. erhielt
als Abfindung eine
VijährigeRente von
I2.50M.; erverliess
darauf den Staats¬
dienst, um seine
Rente nicht einzu-
büssen, u. verdient
jetzt bei gleich¬
schwerer Arbeit
einen höherenLohn.
Während er links
gar keine Berufs¬
störungen empfinden will, ist das Hämmern mit der rechten
Hand angeblich dadurch erschwert, dass der Zeigefinger kein
Widerlager am Mittelfinger mehr hat, was aus den beigegebenen Ab¬
bildungen und auf der Röntgenplatte verständlich scheint. Trotzdem,
wie gesagt, sicher keine Beschränkung der Erwerbsfähigkeit. —
Ein 65 jähriger Handarbeiter machte vor 26 Jahren Typhus durch,
bekam eine Osteomyelitis und Gonitis, die zu Versteifung führte, so
dass das Kniegelenk nur um 10° gebeugt werden kann. Es blieb
ausserdem eine Fistel an dem elephantiatisch verdickten Knie, die
periodisch eiterte; trotzdem arbeitete der Mann mit vollem Ver¬
dienst, bis er erst jetzt wegen Arteriosklerose mit Blutdruck¬
steigerung, Emphysem, Herzvergrösserung, Invalidenrente bekommt.
*) Hetzer: Ueber Stomatitis bei Scharlach und Scharlach -
rezidive. Dissertation, Jena 1912.
**) Anmerkung bei der Korrektur: Später trat eine
Streptokokkensepsis hinzu, die nach Versagen von Kollargol und Anti¬
streptokokkenserum durch eine Infusion von 250 ccm menschlichen
Normalserums scheinbar günstig beeinflusst wurde; dies Verfahren
scheint sich auch in 2 weiteren Fällen gut bewährt zu haben.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
612 _ _ MUENCHENEK MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ No. 11.
Typhus mit symptomatischem Scharlach.
5 jähriger Knabe, der Mitte der 3. Typhuswoche aufgenommen
wurde. Am Rücken eine frische Narbe eines kleinen Furunkels. Als
er noch nicht völlig entfiebert war, trat in der Mitte der 4. Woche
abends Schüttelfrost, Fieberanstieg bis 40, Emporschnellen der Leuko¬
zyten von 3375 am Aufnahmetage auf 13 875 ein. Das Ereignis wurde
auf einen Furunkel an der Stirn und 2 kleinere Furunkel am Qesäss
bezogen; aus dem bei der Inzision entleerten Eiter wuchs Staphy-
lococcus pyogenes aureus in Reinkultur. Am nächsten Tage,
bei Fortbestehen des Fiebers, weiteres Steigen der Leukozyten auf
17 000, leichte Rötung der Tonsillen, die am folgenden
Tage einen gelblichen Belag erkennen Hessen. Jetzt auch
himbeerartige Beschaffenheit der nichtbelegten Zunge und ein fein¬
fleckiges, hauptsächlich auf die Extremitäten, aber auch den Rumpf
verbreitetes, das Gesicht freilassendes, durchaus scharlachähnliches
Exanthem. Bei der an diesem Tage vorgenommenen Stauung des
einen Armes zwecks Blutuntersuchung, die ein negatives Resultat
hatte, durchaus typisches R u m p e 1 - L e e d e sches Phänomen, das
bei der am Aufnahmetage zwecks Untersuchung
auf Typhus vorgenommenen Blutentnahme sicher
nicht bestanden hatte. Am 3. Tage noch Temperatur über 40,
dann kritischer Abfall. Nach 4 Tagen nochmals ein Furunkel an der
Wange mit Staphylokokkeneiter und wieder Rötung der Haut, aber
nur an den unteren Extremitäten. Aus dem Belag der Angina
wuchsen die verschiedensten Kokken und Bazillen, darunter Strepto¬
coccus longus und Staphylococcus pyogenes aureus, also kein typischer
Scharlachbefund. Keine Schuppung _ Wir dachten trotzdem zunächst
an Scharlach, da die Uebertragungsmöglichkeit nicht völlig aus¬
geschlossen werden kann. Indessen ist das der Literatur nach bei
Typhus ein ganz ungewöhnliches Ereignis und in diesem Krankheits¬
stadium scheinbar noch nicht beobachtet. Unter unserem Material
haben wir eine Scharlachübertragung auf Typhuskranke noch nicht
erlebt. Ein skarlatiniformes Typhusexanthem kann in Rücksicht auf
das Krankheitsstadium ausgeschlossen werden. Die Erklärung
lieferten uns 3 andere durchaus ähnliche Fälle, die Erwachsene be¬
trafen. Der eine Fall (16 jähriges Mädchen) erkrankte in der
5. Typhuswoche nach bereits eingetretener Entfieberung mit
Schüttelfrost, Angina und diffusem Exanthem, dem keine Schuppung
folgte. Auch hier Leukozytose von 11 — 17 000: der weitere
Verlauf war durch eine aseptische Pleuritis
kompliziert. — Bei der anderen 25 jährigen Patientin trat das¬
selbe Ereignis bereits in der 3. Typhuswoche auf. Später noch mehr¬
fach Schüttelfröste und Temperaturanstiege, ohne dass Krankheits¬
erreger im Blute gefunden wurden. Als Ausgangspunkt kommt hier
wahrscheinlich eine alte Otitis media in Betracht. — Ein ähnliches
Exanthem fand sich bei einer 49 jährigen Frau in der 2. Woche eines
klinisch und serologisch einwandfreien Typhus, der mit der für
Typhus durchaus atypischen Leukozytose von 13 000 verlief. Der
Fall wurde leider nicht weiter geklärt _ Weiter dienten zur
Deutung des Exanthems die in der erwähnten Dissertation von
Hetzer niedergelegten Beobachtungen, denen zufolge die von ihm
mitgeteilten „Rezidive weiter nichts darstellten als interkurrente
Anginaerkrankungen, die den vor kurzem abgeklungenen Scharlach¬
hautprozess zum Aufflammen brachten.“ Gegen Scharlach sprach
auch schon unbedingt das Verhalten der Leukozyten, die nach
unseren Beobachtungen bei nicht septischen Fällen niemals eine
Steigerung bis 17 000 aufweisen, ganz speziell nicht, nachdem eine
mit Leukopenie verlaufende Typhuserkrankung vorausgegangen war.
Es spricht auch dagegen, dass die beiden 9 bzw. 15 Jahre alten
Geschwister, sowie zwei andere 4 bzw. 6 Jahre alte Kinder mit
Typhus desselben Zimmers, aus derselben Typhusepidemie desselben
Dorfes stammend, nicht an Scharlach erkrankten. Man wird auch
hier die von Hetzer u. a. für die Scharlachrezidive wahrscheinlich
gemachte Erklärung annehmen müssen, dass die Leukozytose be¬
dingende Staphylokokkenaffektion auf Grund der von dem Typhus
her noch bestehenden Vasomotorenschädigung die Haut und Zunge
im Sinne eines skarlatiniformen Exanthems veränderte. — Der Fall
ist noch in anderen Beziehungen beachtenswert. Zunächst wegen
des Fehlens des R u mp el-Le e d e sehen Phänomens bei der Auf¬
nahme während des noch unkomplizierten Typhus und wegen seines
Auftretens, als die Staphylokokkeninfektion einsetzte und die Vaso¬
motoren erneut schädigte. Das entspricht der von Rumpel,
Lee de und mir vertretenen, von O. Meyer***) bestätigten, an¬
fänglichen Behauptung, dass es zwar für Scharlach nicht beweisend
ist, dass sein Fehlen aber in scharlachverdächtigen Fällen gegen
Scharlach spricht. Unter Vorbehalt der Veröffentlichung weiteren
Materials sei hier erwähnt, dass wir das Phänomen bei Scharlach
nie vermissten, dagegen bei den vielen Blutentnahmen anlässlich
anderer Erkrankungen nur ausserordentlich selten (u. a. neuerdings
einmal bei Typhus und bei interstitieller Nephritis) sahen. — Der Fall
kann auch als Beitrag zur Frage der Leukozytose bei Typhus-
komplikationen gelten. Wenn diese durch Eitererreger bedingt sind,
dis an sich Leukozytose machen, so verändern sie nach unseren
Beobachtungen das Blut im Sinne einer mehr oder weniger
ausgesprochenen Leukozytose. — Schliesslich sei erwähnt, dass in
diesem Falle als Eintrittspforte für die Staphylokokken zweifellos die
Haut (Furunkel) in Betracht kommt und dass klinisch einwandfrei
die Angina erst nach den übrigen Krankheitserscheinungen eintrat.
***) Oswald Meyer: Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 43.
Dies macht es höchst unwahrscheinlich, dass die Tonsillen in diesem
Falle die Eintrittspforten für den Krankheitserreger waren.
Herr Jancke: Demonstration zweier Kinder mit künstlichem
Pneumothorax.
1. 16 jähriger Junge, seit langem diffuse Bronchiektasien, äusserst
stinkender Auswurf, über 150 ccm Sputum. Terpentininhalationen
vergeblich. Durch Pneumothorax an der schwerer erkrankten linken
Seite gelingt bald totaler Kollaps der Lunge, die halbkugelig dem
Herzen aufliegt. Allmähliche Verminderung des Auswurfs; jetzt,
nach 9 Einblasungen durch Punktionsnadel, im ganzen 5125 ccm Stick¬
stoff, hat der Kranke seit 8 Wochen nur noch spärlichen geruchlosen
Auswurf, dessen Menge 1 — 2 ccm täglich beträgt. Die Lunge hat
sich jetzt, 6 Wochen nach der letzten Einblasung, wieder fast völlig
entfaltet, ohne dass der Auswurf wiedergekehrt wäre, so dass der
Kranke als geheilt betrachtet werden kann.
2. 15 jähriger Junge, dessen ganze linke Lunge durch Tuber-j
kulose schwer infiltriert war (auf dem Röntgenschirm völlige Un¬
durchsichtigkeit!). Pneumothorax gelang prompt, nur in der1
äussersten Spitze ist die Lunge, kaum erkennbar, noch adhärent.l
sonst hegt die Lunge dem Herzen flach an. Seit 3V> Monaten sind
6 Einblasungen mit im ganzen 3 Liter Stickstoff vorgenommen
worden. Jetzt hört man nur noch iri der äussersten Spitze spärliches
Rasseln. Vortreffliches Allgemeinbefinden, fast kein Auswurn
(1—2 ccm täglich). Kein Fieber, bisher 16 Pfund Gewichtszunahme.
Der Pneumothorax soll noch etwa 1 Jahr lang unterhalten werden.
Der bisherige Verlauf berechtigt zu den besten Hoffnungen, während
der Kranke ohne die Behandlung die schlechteste Prognose bot.,
Herr Lex er: I. Nachträgliche Trepanation bei durchgehendem
Schädel-Stirnschuss.
Während für gewöhnlich die Indikation zur Trepanation bei!
Schädelschüssen durch heftige Blutungen, rasch wachsenden Hirn-'
druck oder Wundinfektionen gegeben ist, wurde der vorgestellte Falk
ein 32 jähriger Patient, der sich am 28. Dezember mit einer Browning-i
Pistole von der rechten Schläfe aus quer durch die vorderen Schädel-;
gruben geschossen hatte, am 12. Tage der Trepanation aus dem;
Grunde unterworfen, weil sowohl die Benommenheit als der Druck¬
puls (48 — 50) unter der abwartenden Behandlung nach anfänglicher
Besserung nicht weichen wollten. Die Trepanation wurde an den
Ausschussstelle an der linken Schläfe vorgenommen, wo das 7 Milii-
metergeschoss noch unter der Haut lag, da hier die grössere Zer-!
trümmerung vermutet werden musste.
Dem Eingriff folgte auffallend rasch ein vollständiges Schwinden
der Erscheinungen. In wenigen Tagen war der Patient vollständig
klar. Augensymptome (Doppeltsehen) verloren sich, der Puls wurde;
normal.
In den ersten Tagen floss sehr viel zertrümmerte Hirnmass^'
und altes Blut aus der Trepanationswunde.
Am 29. Tage Deckung des Schädeldefektes nach Lexer mit
einer freien Periostknochenplatte aus der Tabula externa
der Umgebung.
Vollständige Wiederherstellung.
II. Durchgehender Halsschuss mit auffallend glücklichem Verlaut
des Geschosses ohne Nebenverletzung.
Einschuss in der Höhe des Kehlkopfes in der linken Karotideh-
furche, Ausschuss 3 Finger breit links vom Dornfortsatz des 7. Hals¬
wirbels.
III. Ureterverpflanzung wegen narbiger Stenose mit ein¬
geklemmtem kleinem Stein nahe der Harnleitermündung.
Der 40 jährige Herr, der schon mehrfach nach Anfällen kleine
Steine entleert hatte, wurde nach einem sehr schweren Anfälle
zystoskopiert, wobei der Harnleiterkatheter in den rechten Uretei
wegen eines Hindernisses nicht vorgeschoben werden konnte. Zu¬
nächst Pyelotomie des erweiterten Beckens, wobei sich keine weitem
Steine in demselben vorfanden, sodann Sondieren des Ureters vor
der Pyelotomiewunde aus, wodurch es nicht gelang, das Hindernis
nahe an der Blase zu beseitigen, deshalb Durchtrennen des Ureter;
dicht an der Blase. Auf dem Durchschnitte zeigte sich der Ureter
stumpf vollständig obliteriert durch Narben, welche einen kleiner,
eingewachsenen Stein umhüllten. Nach Abtragung der vereugteil
Ureterstelle Einpflanzen des Stumpfes in den Scheitel der Blasei
Vollständige Heilung. Das Röntgenbild der mit Kollargol stark ge-'
füllten Blase ergibt kein Zurückströmen der Flüssigkeit in den Harn
leiter.
IV. Vollständige Zungenexstirpationen.
a) 49 jähriger Patient, vor 2 Jahren wegen Karzinom operiert
spricht klar und deutlich, hat keinen Speichelfluss, verschluckt siel
nicht beim Essen und Trinken trotz der durch die Vernarbung Start
nach vorn gezogenen Epiglottis. Kein Rezidiv.
b) Frisch operierter Fall mit Zungenkarzinom, wegen der Vor
geschichte von praktischer Bedeutung. Der Patient war im Jahre 190!
wegen Leukoplakie schon in ärztlicher Behandlung. Trotzdem siel
neben den leukoplakischen Flecken der Zunge auch kleine Papillom
fanden, wurde er antisyphilitisch behandelt. Der jetzige Zustam
zeigte auf der ganzen Oberfläche der stark geschwollenen Zungi
papillomähnliche Wucherungen, dicke leukoplakische Flecken uni
Karzinomknoten. Der Durchschnitt der vollständig amputiertet
Zunge zeigt deutlich, wie die Karzinominfiltration von der Ober iläcli
zwischen die Muskelbündel in die Tiefe dringt. K e ui K a r z i n o n
ist so früh zu erkennen wie das bei Leukoplaki'
entstehende. Bei genügender Beobachtung der Patienten mi
März 101,?.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
(>1.
ukoplakic muss die Feststellung stets leicht gelingen, ob einzelne
ecken hart werden und ob diese Härte, hervorgerufen durch Ent-
ndung, nach wenigen Wochen wieder vergeht oder als Karzinom-
icherung sich vergrössert. Durch die antisyphilitische
ehandlung der auf dem Boden der Leukoplakie
ltstehenden Karzinome ist schon mancher Fall
s zur Inoperabilität verschleppt worden.
V. Harnröhrenersatz durch freie Transplantation des YViirni-
tsatzes.
Der Patient, welcher vor beinahe 2 Jahren (24. II. 11) wegen
imnatischer Zerreissung der Harnröhre bei Beckenfraktur und
irker Vernarbung des ganzen Dames wegen nachfolgender Phleg-
me mit der Einpflanzung seines gesunden Wurmfortsatzes zum
satz des Harnröhrendefektes operiert worden ist, wurde bereits
iher vorgestellt und in der Med. Klinik No. 39, 1911 veröffentlicht,
e Frage, ob der frei verpflanzte Wurmfortsatz sich dauernd für
icn derartigen Ersatz eignet, war bisher nicht entschieden. Der
irgestellte Fall beweist, dass nach erfolgter Einheilung
ne Schrumpfung des verpflanzten Stückes mit
ichfolgender Verengung der Harnröhre nicht
ntritt. Denn trotzdem der Patient niemals bougiert worden ist,
; sein Harnstrahl kräftig geblieben und sind Beschwerden nicht
[getreten.
Als er vor einigen Monaten eine Fadeneiterung an seiner früher
nal zum retrograden Katheterismus und später wegen Steinbildung
irch Sectio alta geöffneten Blase hatte, wurde bei dieser Gelegen¬
it von der Blase aus eine dicke Sonde durch die Harnröhre hin-
'ichgefiihrt und damit die gute und glatte Durchgängig¬
ei t derselben festgestellt. Von vorn ist die Sondierung
■r Harnröhre nicht so leicht, da man an der vorderen Vereinigung
vischen Appendix und Harnröhre in eine Tasche gerät. Doch ge¬
igt es schliesslich, auch von hier mit einem mittelstarken Bougie
ndurchzukorpmen.
Bei einem 2. Fall von Transplantation des Wurmfortsatzes in
e Harnröhre bei Hypospadia glandis war eine narbige Verengung
,‘s neuen Orifizium eingetreten. Bei der 3 Wochen später vor-
nommenen Nachoperation zur Erweiterung des Orifiziums zeigte
ch deutlich die gut erhaltene Schleimhaut der Appendix.
ln einem 3. Falle wurde der Wurmfortsatz zum Ersatz der
vidierten traumatischen Striktur am Damm verwendet. Hier ist
•ine glatte Einheilung sondern Eiterung erfolgt. Es kam dann zur
istel am Damm und wiederum zur Verengung der Harnröhre, so
iss der Patient jetzt täglich bougiert werden muss.
Das Schicksal des Transplantats hängt eben wie überall von
:r raschen, durch Bluterguss und Infektion nicht gestörten
rnährung ab. Bei guter Einheilung scheint sich
ie Schleimhaut des Wurmfortsatzes zu erhalten
ii d tatsächlich auch weitere Stenosen zu ver-
ii t e n.
Herr Henkel demonstriert 1. eine 52jährige Frau, die wegen
rolaps der Scheide und eines seit vielen Jahren bestehenden Blasen-
.itarrhs der Klinik überwiesen war. Die zystoskopische Unter¬
teilung ergab einen kirschgrossen Stein in der Blase. —
emonstration desselben im Spiegelbilde. Nachtrag: Am Tage nach
.‘r Demonstration wurde der Stein durch Kolpozystotomie entfernt
id der Prolaps in derselben Sitzung beseitigt.
2. ein 17 jähriges Mädchen, das wegen fortgesetzten Ausflusses,
icnorrhagie und starker Dysmenorrhöe der Klinik überwiesen war.
etzte Menstruation am 3. September, Aufnahme am 9. Januar. Die
ntersuchung ergibt eine vollkommene Verdoppelung der Portio
id des Uteruskörpers, weiter eine Verdoppelung der vor-
eren Dreiviertel der Scheide. Die beiden Uterushörner wur-
-•ii sondiert und nun bei liegenbleibenden Sonden eine Röntgen-
ufnahme angefertigt, welche die seitliche Deflexion der beiden
terushälften — wichtigster diagnostischer Anhaltspunkt! — sehr
Tön erkennen lässt.
3. ein frauenkopfgrosses Dermoid des linken Ovariums.
as Präparat stammt von einem 17jährigen Mädchen mit stets
nregelmässiger Periode. Die Patientin war der Klinik wegen der
v'ahrscheinlichkeitsdiagnose einer Frühgeburt überwiesen worden,
‘ieselbe beruhte auf der Angabe wehenartiger Schmerzen und un-
tgelmässig starker Blutungen. Die klinische Untersuchung stellte
en kleinen nach rechts vorn verdrängten Uterus fest und führte
ur Diagnose eines Ovarialdermoids mit Stieldrehung. H. weist
arauf hin, dass Dermoide bei jungen Mädchen nicht ganz selten
ngetroffen werden.
4. dann ein durch abdominale Totalexstirpation gewonnenes
räparat eines sehr weit vorgeschrittenen Zervixkarzinoms. Die
'atientin befand sich wegen der Ischiasschmerzen, dann auch
egen ihrer Blutungen seit langer Zeit in ärztlicher Behand-
ing. Das bestehende Karzinom wurde leider nicht fest¬
estellt. Strikturierung des rechten Ureters durch umwucherndes
arzinomgewebe. Beim Auslösen desselben riss die membranartig
ünne Wand desselben ein, das Gewebe war so morsch, dass die
unächst versuchte Ureternaht infolge Durchschneidens der Fäden
icht ausführbar war. Es wurde daher nach ausgiebiger Aus-
äumung des Beckenzellengewebes und Entfernung des grössten
eiles der Scheide, die Implantation des Ureters in die Blase
orgenommen.
5. 42 jährige Frau, bei der in der kurzen Zeit von 3 Wochen
sich ein sehr grosser Aszites gebildet hat. Dieser Aszites wurde
bei der Untersuchung auf ein kindskopfgrosses subseröses
Myom zurückgeführt. Die Behandlung bestand in Totalexstirpation
und sorgfältigem Entfernen des Aszites. H. spricht kurz über die
Entstehung dieser Art des Aszites, der selbstverständlich gutartiger
Bedeutung ist.
6. an einer Anzahl von Röntgenaufnahmen behandelte H. die
Fiage der Beckenmessung und Bestimmung der Beckenverände-
rungen mit dem Röntgenverfahren. In Frage können nur Fern¬
aufnahmen kommen, aber auch hierbei ergeben sich gegenüber
den sicheren Massen am skelettierten Becken und dem Ergebnis der
üblichen Beckenuntersuchung nach der einen oder anderen Richtung
nicht ganz unerhebliche Unterschiede. Das Verfahren muss daher,
wenn es für das wissenschaftliche Studium des Beckens an der
Lebenden herangezogen werden soll, entschieden verbessert werden.
Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 3. Februar 1913.
Herren Boit, Amelung, Hecker: Demonstrationen.
Herr Ebner zeigt einen an rechtsseitiger Schenkelhernie ope¬
rierten Fall, bei dem sich im Bruchsack die Appendix und Zoekum fand.
2. Fall: Patient, 10 Tage vor der Operation an Fieber, Schmerzen
in der rechten Unterbauchgegend und Erbrechen erkrankt, wird vom
behandelnden Arzt unter der Diagnose „Appendizitis“ eingeliefert. Es
findet sich bei der Operation am Zoekum ein retroperitoneales Fibro-
lipom mit Degenerationsherden.
Herr Friedrich stellt 1., in Anknüpfung an den soeben von
Ebner vorgestellten, von F. operierten Fall, eine Patientin vor, die
wegen bösartigen lleozoekaltumors (Karzinom des Colon ascendens)
von F. operiert wurde. Friedrich tritt an der Hand dieses Falles
erneut für die „ein zeitige“ radikale Exstirpation solcher Tumoren
ein, wie er dies in den „Archives internationales de Chirurgie“
1905, 11 bereits getan. Er hat in Königsberg jetzt wieder drei solcher
Fälle zu operieren gehabt, mit stets reaktionsloser Heilung. Er
schaltet zunächst das Ileum mit zweireihiger Naht in das Colon trans-
versum ein, und exstirpiert dann etwa 10 cm des Ileums einschliess¬
lich des Kolons bis zur Mitte des Colon transversum. Bei diesem
Vorgehen resultiert eine grosse Uebersichtlichkeit der lumbalen, retro-
peritonealen Lymphdriisengebiete und eine exakte Kontrolle eventueller
Metastasenbildung. Der reaktiönslos verlaufende Eingriff der vor¬
gestellten Patientin wurde in örtlicher Anästhesie ausgeführt.
Weiter demonstriert Friedrich ein Dermoid zwischen den
Blättern der Mesoappendix. Das Dermoid von reichlich Gänseei¬
grösse hatte den Wurmfortsatz vollständig platt gedrückt und dadurch
wiederholt appendizitische Attacken ausgelöst. Bei dem sehr fett¬
leibigen Patienten war an typischer Stelle ein leicht druckempfindlicher
Tumor zu palpieren, dessen Freilegung den wohl einzig dastehenden
geschilderten Befund ergab.
Ferner stellt Friedrich mehrere Fälle operativ behandelter
Lungentuberkulose mit vorausgegangenen schweren Hämoptysen vor.
Er erörtert die Vorzüge und Nachteile ausgedehnter oder beschränkter
Rippenresektionen zum Zwecke der Atmungsausschaltung, Ruhig¬
stellung und Volumeneinengung der tuberkulös erkrankten Lungenteile,
und leitet aus der Art der demonstrierten Fälle die Notwendigkeit der
Modifikation des technischen Vorgehens von Fall zu Fall her, wie
Friedrich das in seinen früheren diesbezüglichen Publikationen
schon wiederholt hervorgehoben hat, und wie es neuerdings von
anderen Operateuren auch befürwortet wird.
Zum Schluss zeigt Friedrich einen Knaben, bei dem es durch
Messerstich im 8. Interkostalraum zu einer penetrierenden Stichver¬
letzung des Magens und Prolaps des Magens durch die Zwerchfell-
Brustwunde hindurch gekommen war. Der Knabe wurde 28 Stunden
nach erlittener Verletzung eingeliefert; im Wundgebiet vor der
Brustwand vorliegende schmutzige Netzmassen wurden abgetragen,
die Stichwunde im prolabierten Magenzipfel genäht, der Magen durch
die Zwerchfellwunde in die Bauchhöhle reponiert, die Zwerchfellwunde
durch Naht geschlossen, der vorhandene Pneumothorax mit Hilfe des
Druckdifferenzapparates beseitigt und die Brustwandwunde ebenfalls
geschlossen. Die Heilung erfolgte reaktionslos.
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 28. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Bahr dt.
Schriftführer : Herr R i e c k e.
Herr Sievers referiert über einen von ihm am 18. Januar
beobachteten Fall von Phrenikuslähmung nach supraklavikulären
Plexusanästhesie nach Kulenkampff. Heftiger Brust¬
schmerz in Zwerchfellhöhe und kupierte Atmung. Schlechte Ver¬
schieblichkeit der entsprechenden (rechten) unteren Lungengrenze,
Abschwächung des Atemgeräusches. Röntgenologisch verminderte
Beweglichkeit der rechten Zwerchfellhälfte. Anhalten der Symptome
fast 3 Tage. Dann vollkommener Rückgang. Am 4. Tag ergibt neu- '
614
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 11.
Röntgenbikl normale Motilität des Diaphragma. Als Ursache ver¬
mutete der Vortragende entweder subfasziale Diffusion des An-
üsthetikums zum Halsstamm des Rhrenikus oder Ausbreitung der
Injektionsfliissigkeit auf der Pleurakuppe, über die der Phrenikus vorn
und medial verläuft. Einzelheiten werden im Zentralblatt für Chi¬
rurgie mitgeteilt.
Demonstration eines Falles von habitueller Subluxation der linken
Unterkielerhälfte nach vorn, der durch eine einmalige Injektion vor.
etwa 'A — Yt ccm 5 proz. Jodtinktur ins Kiefergelenk und anschlies¬
sende dreiwöchentliche Stillstellung mit der Funda maxillae bisher
geheilt ist (Injektion am 31. XII. 1912). Die sehr deutlich fühl-
und hörbare, wie auch auf Röntgenbildern nachweisbare Verrenkung
des linken Kieferköpfchens war 3 Wochen zuvor spontan entstanden
und hatte sich dem 14 jährigen Mädchen durch ein zunächst schmerz¬
haftes Schnappen vor dem Ohre bemerkbar gemacht. Die Reposition
fand von selbst beim Mundschluss statt. Das Tuberkulum articulare
der gesunden rechten Seite war grösser und steiler geformt als das
linkseitige.
Demonstration eines 22 jährigen Arbeiters, bei dem das durch
Inzisionen wegen eines Panaritiums durchtrennte Ligamentum vaginale
der Beugesehnen des rechten Zeigefingers durch eine Faszienplastik
ersetzt wurde. Der Patient hatte den Zeigefinger nur bis auf 4 oder
5 cm an die Hohlhand heranbringen können, da er nur das Grund¬
glied ausgiebig beugen konnte, während die Endglieder des Fingers
nur bei Streckstellung des Grundglieds gebeugt werden konnten.
Beim Einschlagen der Finger zur Faust spannten sich die Beuge¬
sehnen in Form einer stangartigen derben Prominenz über das Grund¬
gelenk, konnten also infolge der Verkürzung ihres Weges und der fal¬
schen Zugrichtung ihre volle Zugkraft nicht ausnutzen. Das Ligamen¬
tum vaginale war, ebenso wie die Ausläufer der Fascia palmaris
durchtrennt. Die Einpflanzung eines Lappens aus der Fascia lata des
linken Oberschenkels fixierte die Sehnen wieder fest an ihrer knö¬
chernen Unterlage und garantierte zudem ihre freie Verschieblichkeit,
so dass der Finger wieder bis in die Hohlhand eingeschlagen werden
konnte.
Freie Transplantation der Grundphalanx der linken 4. Zehe an
die Stelle einer wegen zystischen Riesenzellensarkoins enukleierten
Mittelphalanx des linken Ringfingers. Wiederherstellung der Beweg¬
lichkeit des Fingers. Ausfüllung des Zehendefekts durch einen Tibia¬
spahn.
Der Patient, der jetzt wieder arbeitet, ist auf der ersten Sitzung
der freien Vereinigung sächsischer Chirurgen gezeigt worden.
Diskussion: Herr H e i n e k e bemerkt zu der zweiten De¬
monstration, dass die habituellen Kieferluxationen dieser Art gar nicht
so selten sind. Meist werden die Kranken weniger durch die Ver¬
hakung des Kiefers, als durch das laute schnappende Geräusch be¬
lästigt. Ein von H. beobachteter Kranker war nicht imstande im Re¬
staurant zu essen, weil alle Leute auf ihn aufmerksam wurden. Mit
der Einspritzung von Jod hat H. keine Erfolge gehabt. In einem
Falle hat Herr Hofrat Pf aff die Kiefer durch einen Apparat verbun¬
den, der mittels einer Gleitschiene zu weites Oeffnen des Mundes und
das Verschieben des Unterkiefers verhinderte. Nach mehrwöchent¬
lichem Tragen des Apparates waren die Beschwerden beseitigt.
Zu Demonstration 3 bemerkt H., dass zentrale Riesenzellen¬
sarkome bekanntlich oft durch einfache Auskratzung zur Heilung
gebracht werden können.
H. berichtet über einen mit 2 maliger Auskratzung behandelten
Fall von zentralem Riesenzellensarkom des Unterkiefers bei einem
11jährigen Mädchen, das nunmehr seit 4 Jahren rezidivfrei ist.
Herr Fabian berichtet, dass er 2 mal bei der Plexus¬
anästhesie ähnliche Erfahrungen gemacht habe, wie Herr
S i e v e r s, nur waren die Erscheinungen weniger ausgesprochen als
in jenem Falle: Schmerzen, die in eine Brustseite ausstrahlten und
Atemstörungen, ohne dass sich perkutorisch und auskultatorisch
etwas Besonderes nachweisen Hess; Thoraxdurchleuchtungen waren
nicht vorgenommen worden. Nach wenigen Tagen gingen die Be¬
schwerden gänzlich zurück. Wird die Plexusanästhesie im Sitzen
ausgeführt, was in technischer Hinsicht vorteilhaft ist, so kommt es
nicht ganz selten zu Kollapsen.
Herr Sachse bemerkt, dass wir auch in dem Herbst sehen
Okklusionsscharnier einen einfachen Apparat besitzen, um die Kiefer¬
bewegungen zwangsläufig zu gestalten. Derselbe wird an Gold¬
kronen im Ober- und Unterkiefer befestigt und kann — ohne Be¬
lästigung für den Patienten — beliebig lange getragen werden. Das
wochenlange Tragen des Kapistrum wird dadurch ganz hinfällig.
Herr S i e v e r s (Schlusswort) : Eine ähnliche Prothese hat be¬
reits Perthes durch den Zahnarzt Herrn Dr. Fritzsche bei
einem Fall von habitueller Luxation anfertigen lassen, der in der
Medizinischen Gesellschaft vor 7 Jahren vorgestellt worden ist.
Die Gutartigkeit der Myeloidsarkome ist dem Vortragenden wohl
bekannt gewesen, ebenso die Heilbarkeit derselben durch einfachere,
nicht radikale Eingriffe, wie Wandresektion und Exkochleation, doch
kamen solche Verfahren in dem vorliegenden Fall nicht in Frage, da
die Zerstörung der Phalanx schon zu weit fortgeschritten war.
Herr Payr demonstriert einen Fall von Karzinom des Dünn¬
darmes bei einem 67 jährigen Patienten, der im Januar 1912 einen
leichten Darmstenosenanfall hatte; am 10. VIII. 12 schwerer,
mehrere Tage dauernder, aber spontan sich lösender Ileus, im Ok¬
tober 1912 noch schwerere Ileusattacke. Rasche Verschlechterung
des Allgemeinbefindens, rapide Abmagerung, Auftreten von profusen
Diarrhöen, abwechselnd mit mehrtägiger hartnäckiger Verstopfung,
schliesslich nimmt Patient durch Wochen gar keine feste Nahrung
mehr zu sich.
Patient kommt im Dezember ' mit enorm aufgetriebenem Ab¬
domen zur Aufnahme ins Krankenhaus.
Atropindarreichung beseitigt zunächst eine zweitägige Ileus-
attacke. Die Diagnose: Darmstenose ist leicht zu stellen.
Wismutfüllung des Dickdarms vermag den Sitz der Verengerung
nicht zu ermitteln. Deshalb vorsichtige Darreichung per os. Sofort
neuerlicher schwerer Ileusanfall, der sich nur unvollständig löst.
Der Sitz der Stenose wird am Uebergang zwischen Ileum und Zö¬
kum angenommen.
Die am 10. XII. 12 vorgenommene Laparotomie am rechten
Rektusrand ergab einen den Darm bis auf Sondendicke ver¬
engernden walnussgrossen Skirrhus, 40 cm von der Bauh irischen ;
Klappe entfernt, am untersten Ileum; Resektion mit gleichzeitiger
Entfernung des zugehörigen Mesenterialsektors. Seit-zu-Seit-Vereini-
gung. Glatte Heilung. Rasche Gewichtszunahme.
Herr Payr demonstriert ein 22 jähriges Mädchen, an dem er
kürzlich einen plastischen Ersatz der verloren gegangenen Beuger¬
sehnen des linken Mittelfingers mittels Faszientransplantation aus-i
geführt hatte.
Nach einer schweren Verletzung durch eine zerbrechende Flasch^
am 2. VI. 07 entwickelte sich eine Sehnenscheidenphlegmone mit Ver¬
lust der Beugesehnen und nachfolgender Kontraktur des Fingers bis-
zur Berührung der Hohlhand durch die Fingerspitze.
Die narbig schwer veränderte Haut wurde am 9. X. 12 in einer)
ersten Sitzung exstirpiert, der Finger gerade gestreckt und der Defekt
durch einen Brückenlappen von der Aussenseite des Oberschenkeln
gedeckt. Glatte Heilung. Am 11. I. 13 wurden die Beugesehner.-I
stiimpfe in der Hohlhand aufgesucht, vom umgebend 'n Narbengeweb -
befreit; darauf wurde von einer kleinen Inzision an der Volarseite deri
Endphalanx diese aufgesucht und die Haut an der Beugeseite des-
Fingers von dieser Stelle aus stumpf bis zur Hohlhandinzision|
tunnelliert.
Ein schlauchförmig zusammengelegtes Stück Faszie vom Ober¬
schenkel wird als einzige Beugesehne sowohl am Periost der Etid-
phalanx, als an den Beugesehnenstümpfen befestigt. Glatte Heilung.
Die aktive Beugung im Hand- und 1. Interphalangealgelenk ist mög¬
lich, jedoch in etwas zu geringem Ausmasse.
Eine Verkürzung der so gebildeten Sehnen wird eventuell erst
für später in Aussicht genommen, da eine solche noch spontan ein-
treten kann.
Herr Payr demonstriert das Röntgenbild eines 7 jährigen Kindes,
das angeblich beim Spielen einen Pferdehufnagel „verschluckt“ hatte.
Da keinerlei Störungen von seiten der Atmungsorgane aufgetreten
waren, wurde das Kind vom Arzte mit der Diagnose Oesophagus-
fremükörper der Klinik zugewiesen.
Das Röntgenbild ergab den Fremdkörper in schräger Lage,
genau dem Verlauf des rechten Hauptbronchus entsprechend. In
den Lungen fehlten physikalische Erscheinungen vollkommen. Um das
Verhältnis des Fremdkörpers zum Oesophagus festzustellen, wurde
dem Kinde während der Durchleuchtung in seitlicher Richtung Wis¬
mutmilch gereicht, welche glatt an dem Fremdkörperschatten vor¬
bei lief.
Am kommenden Tage wurde in Narkose durch Broncho¬
skop i a superior ohne Schwierigkeit der Nagel
extrahiert. Es erfolgte glatte Heilung. Das Kind ist bereits aus
der Klinik entlassen. . J
Herr Lüken (a. G.) demonstriert einen Patienten, der durxii
Fall auf den Kopf aus 6 m Höhe eine Schädelbasisfraktur erlitten hat
mit Zerreissung der Nn. vagus und accessorius rechts und Zerstöi ung
des Gehörgangs durch Hämatotympanon beiderseits.
Bei der Aufnahme war die Atmung des Patienten erschwert, von
Trachealrasseln infolge von aspiriertem Blut begleitet. Der Puls war
leidlich kräftig, regelmässig, Frequenz 100 pro Minute. Ausserdem
fand sich stark herabgesetztes Hörvermögen, 2 Tage später voll
kommene Taubheit. Das rechte Gaumensegel war gelähmt bei ei-
haltener Reflexerregbarkeit und Sensibilität. Denselben Befund zeigte
die rechte hintere Rachenwand. An der Zunge waren keine ue-,
schmacks- und Motilitätsstörungen nachweisbar. Das rechte laterale
Epiglottisdrittel, der rechte Sinus piriformis und die rechte Larynx-
hälfte waren anästhetisch. Die Stimme war aphonisch. Das rechte
Stimmband stand in Kadaverstellung und war vollkommen un¬
beweglich. . .
In den ersten 4 Tagen regurgitierte jede gereichte Elüssigkeit aus
Mund und Nase. Späterhin ist der Schluckakt sehr erschwert ge¬
blieben.
Der M. sternocleidomastoideus war gelähmt, der M. trapezim
stark paretisch, beide sind zurzeit sehr atrophisch.
Am 13. Tage bekam Pat. Temperaturanstieg, Entwicklung einei
a cnirQtinnsnnpiimnnip mit I .untrensransrrän. beschränkt auf den rechte!
Unterlappen. .
Es handelt sich also um eine Halbringfraktur rechts um da:
Foramen magnum durch das Foramen jugulare mit Zerreissung de
Nn. vagus und accessorius dextr., während merkwürdigerweise de
Glossopharyngeus intakt geblieben sein muss, und gleichzeitig um eint
Querfraktur, die beide Schläfenbeinpyramiden verletzt haben muss
l März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
615
Ausfallserscheinungen sind in dem ganzen von diesen beiden
' ven versorgten Gebiet nachweisbar.
Von seiten der Lunge und des Herzens sind einwandfrei auf den
' ius zu beziehende Symptome, wie Pulsbeschleunigung, Atmungs-
. langsamung, nicht zu beobachten gewesen, doch ist sicher das
! stehen der Aspirationspneumonie auf die Sensibilitätsstörung des
I ‘ralen rechten Epiglottisdrittels, des rechten Sinus piriformis und
rechten Kehlkopfhälfte (N. laryng. superior) zu beziehen und auf
Sensibilitätsstörung der rechten Seite der Trachea und des rech-
Bronchus mit seinen Verästelungen (N. vagus).
Diskussion: Herr Payr erwähnt das Phänomen der Besse-
, ig der Stimme durch Kompression der hinteren Glottiswand bei
limung des Nerv, laryngeus superior und Apparate zur Kompri-
i :rung des Larynx.
Herr Frangenheim demonstriert:
1. Knochenzyste im oberen Drittel des Femur (13 jähriger Knabe),
eimalige Fraktur. Vor der ersten bestanden bereits Schwäche des
ines und geringe Schmerzen. Die zweite Fraktur im Bereiche der
ste ist unter Streckverbänden konsolidiert. Patient ist jetzt be-
nverdefrei.
2. Intraossales Hygroin bei einem älteren Manne, der seit
Jahren eine zunehmende Auftreibung des rechten Malleolus med.
nerkt. Im Röntgenbilde eine walnussgrosse kammrige Zyste mit
rdiinnter äusserer Wand. Bei der Operation findet sich auf dem
tlleolus med. ein über walnussgrosser Schleimbeutel, der mit seinen
rtsätzen die äussere Wand der Knochenzyste durchdringt. Bursa
d Knochenzyste zeigen histologisch dieselbe Wandbeschaffenheit.
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 19. Dezember 1912.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Herr Hirt: Chirurgische Demonstrationen aus der städt. Kran-
nanstalt Magdeburg-Sudenburg (Oberarzt: Prof. Dr. Wendel).
1. Fall von Dünndarm- und Mesenteriumruptur.
33 jähriger Mann, dem ca. 5 Stunden vor der Einlieferung eine
n lange, 20 cm dicke und 151 kg schwere Walze von Bleiblech in
/.ender Stellung schräg auf den Leib fiel. Sofort heftige Schmerzen
Bauch, nach 2 A Stunden Erbrechen. Aufnahmebefund: Kräftiger
ann mit geringem Fettpolster. Heftige Leibschmerzen. Obcr-
chliche Atmung. Fazies abdominalis. Leib bretthart gespannt,
erall druckempfindlich, daher kein Palpationsbefund zu erheben,
s auf tellergrosse Fläche im Epigastrium besonders in den abhängi-
n Partien gedämpfter Perkussiomsschall. Keine Peristaltik hörbar,
ils klein, 110 Schläge in der Minute. Temp. 37,2.
5% Stunden nach dem Trauma Operation in Narkose (Dr. H i r t).
Medianschnitt 3 Querfinger ober- und unterhalb des Nabels. Im
mch schätzungsweise VA Liter flüssiges Blut. Verunreinigung
rch Kot oder Mageninhalt nicht festzustellen. Quelle der Blutung
radiäre, ca. 12 cm voneinander entfernte Risse im Mesenterium in
r Mitte des Dünndarms. Kürzerer 5 cm lang, in der Verlängerung
inndarm glatt durchgerissen; längerer, noch blutend, ca. 10 cm lang,
selbst Darmserosa am Mesenterialeinsatz etwas eingerissen,
umschlingen in der Umgebung gerötet und schleierartig fibrinös
legt (beginnende Peritonitis). Resektion von ca. 25 cm Dünndarm
i Bereich des eingerissenen Mesenteriums. Seit-zu-Seit-Enteroana-
omose. Bauchspülung mit Kochsalzlösung, Eingiessen von 50 ccm
impferöl. Verschluss der Bauchwunde in Etagen ohne Drainage,
ichsalzinfusion intravenös.
Verlauf: Postoperative Magenblutung sistiert nach Magen-
mlung und Kokain-Adrenalinlösung per os. Stuhlgang am 3. Tage
op. nach Glyzerinspritze. Pat. steht am 14. Tage p. op. auf.
eilung.
2. Fall von Stichverletzung der rechten Lunge. ,
22 jähr. Mann. 2XA Stunden vor der Einlieferung 2 Stiche in
e rechte Brustseite und 1 in den rechten Oberschenkel. Iioch-
adiger Blutverlust. Erbrechen.
Aufnahmebefund: Mittelgrosser junger Mann in mittlerem Er-
ihrungs- und Kräftezustand mit stark anämischem Aussehen. Puls
equent und klein. Ziemlich starke Benommenheit, weiss nicht anzu-
.*ben, wie er hierhergekommen ist. Ständiger Reizhusten, ohne
ipektorieren zu können, so dass das Bestehen von Hämoptoe nicht
stzustellen ist. An der rechten Brustseite 2 gleichgrosse Stich-
unden, die eine etwas ausser- und unterhalb der Mammilla, die
veite in der Axillarlinie in der Höhe des V. Interkostalraumes,
erkussion ergibt Dämpfung über der hinteren unteren Hälfte der
xhten Lunge und Tympanie über der oberen Hälfte. Weitere
iysikalische Untersuchung unterblieb, da beim Aufrichten des
atienten sich ein starker Blutstrom aus den Brustwunden ergiesst
id pfeifend Luft aus- und eindringt. Daher baldigst Operation in
arkose (Dr. Hirt). Interkostalschnitt nach v. Mikulicz im
Interkostalraum. Einlegen und kräftiges Spreizen eines Rippen-
’errers, wodurch ein reichlich drei Querfinger breiter Zugang zur
leurahöhle geschaffen wird. Lunge stark kollabiert, in der Pleura-
ähle ca. 1 Liter teils geronnenes, teils flüssiges Blut. 3 kleine per-
rierende Stichwunden am unteren Rande des Mittellappens, äusser¬
em Mittellappen ungefähr in der Mitte zwischen Hilus und unterem
Rande an ca. 6 cm dicker Stelle durchstochen, in der Verlängerung
des Stichkanals ca. 5 cm tiefer Stich im Unterlappen nicht pene¬
trierend. Die Stichwunden bluten nicht mehr beträchtlich. Lungen¬
wunden werden durch fortlaufende Naht der Pleura mit dünnem
Katgut versorgt, Pleurahöhle von Blut und Koagulis gereinigt. Pleura
visceralis im Bereich des Interkostalschnittes mit Katgutknopfnähten
an die Pleuri parietalis fixiert. Piofonngazetampon und Gummidrain
auf die Zwerchfellkuppe aufgelegt und zur vorderen Stichwunde
herausgeleitet. Naht der Thoraxwunde mit versenkten Katgutnähten,
Seidenknopfnähten der Haut. Intravenöse Kochsalzinfusion.
Verlauf: Am Morgen nach der Operation noch ziemliche Dyspnoe.
Allgemeinbefinden und Puls auffallend gut. Am 3. Tage post op.
nur wenige Stunden dauernde Expektoration sanguinolenten Sputums.
Tampon am 4., Drain am 8. Tage post op. entfernt. Nach 6 Tagen
Dyspnoe fast ganz geschwunden. Temperatur, die 38,8 nie über¬
schritt, sinkt nach Entleerung von 100 ccm bräunlicher Flüssigkeit aus
der rechten Pleurahöhle durch Punktion am 8. Tage post op. rasch,
so dass sie am 11. Tage die Norm .erreicht und nicht mehr über¬
schreitet. Pat. steht am 11. Tage auf. Wunde primär geheilt. Nach
5 Wochen geheilt entlassen.
6 Wochen post op. Nachuntersuchung durch Herrn Dr. Wagner,
Spezialarzt für Lungenkrankheiten, ergibt: Linke Lunge bis auf etwas
geringere Verschieblichkeit der unteren Lungengrenze o. B. An der
rechten Lunge schwartige Verwachsungen der beiden Pleurablätter
hinten von der Mitte der Skapula, vorne vom unteren Rand der
V. Rippe abwärts mit Verödung des Cavum pleurae. Stadium der
Ausheilung.
3. Fall von Ileus, verursacht durch Mesenterialdrüsentuberkulose.
23 jähr. Mann. Seit 7 Wochen krampfartige Leibschmerzen, eine
bis mehrere Stunden anhaltend, hin und wieder Erbrechen. Seit
6 Tagen heftigere Beschwerden, Erbrechen häufiger, Stuhl und Winde
sistierten.
Laparotomie (Dr. Hirt), Diinndarmschlinge hinter einer mit der
Spitze an einer tuberkulösen Mesenterialdrüse (mikroskopisch be¬
stätigt), an der auch die Spitze des Proc. vermiformis verwachsen ist,
verwachsenen Appendix epiploica des Colon sigmoideum hindurch¬
getreten und um 180° gedreht. Strang reisst ein, Schlinge bläulich
verfärbt, aber nicht gangränös, zeigt auf' Beklopfen noch Peristaltik.
Das ganze Dünndarmmesenterium von tuberkulösen Drüsen durch¬
setzt. Appendektomie.
Verlauf: Am 2. Tage p. op. beginnende Stuhlentleerung. Am
4. Tage p. op. entwickelt sich lobuläre Pneumonie beider Unter¬
lappen mit nachträglicher Bildung eines linkseitigen Pleuraempyems,
das am 14. Tage p. op. durch Rippenresektion entleert wird. Aus¬
gang in Heilung.
Diskussion: Herr Wendel.
Herr Silbersiepe (Gyn. Abt. d. Kr.-Anstalt Magdeburg-S.
Prof. T h o r n) stellt ein 18 jähr. Mädchen vor, das er am 2. X. 12
und am 21. X. 12 wegen einer Pankreaserkrankung laparotomierte.
Dieselbe hatte mit 15 Jahren eine Diphtherie überstanden. Am
29. VI. 12 war sie von einem ausgetragenen Kinde entbunden wor¬
den. Seit diesem Partus Menstruation nicht wieder eingetreten. Am
25. IX. 12 wurde sie wegen Magen- und Darmbeschwerden auf die
innere Abteilung der Krankenanstalt Sudenburg aufgenommen. Sie
wies eine Druckempfindlichkeit im Epigastrium und ikterische Ver¬
färbung der Haut auf. Temperatur und Puls waren normal. Am
2. X. 12 trat unter heftiger Verschlimmerung der epigastrischen
Schmerzen wiederholtes Erbrechen auf. Gegen 6 Uhr morgens
schwerer Kollaps unter Pulsverfall und kalten Schweissen. Der
behandelnde Arzt dachte an eine innere Blutung und machte eine sub¬
kutane Kochsalzinfusion. Als ich um diese Zeit hinzugerufen wurde,
zeigte Patientin ein verfallenes Aussehen. Haut war fahlgrau-
ikterisch verfärbt, Gesicht von peritonitischem Charakter. Leib brett¬
hart gespannt, leicht kahnförmig eingezogen, Druckempfindlichkeit des
ganzen Leibes, am stärksten in den oberen Partien. Temperatur
37,3, Puls 120, kaum fühlbar. Zunge belegt, wiederholtes Erbrechen,
Verhaltung von Stuhlgang und Winden. Ich schritt sofort zur Laparo¬
tomie und war nicht wenig erstaunt, an den Bauchorganen nichts
Pathologisches vorzufinden. Auch das Peritoneum erschien mir zu¬
nächst intakt, bis ich schliesslich bei genauerer Inspektion das Liga¬
mentum gastrocolicum verändert fand. Es erschien ödematös, serös
durchtränkt, stellenweise durchsetzt von linsengrossen, gelbweissen
Herden. Eine abnorme Resistenz hinter der Bursa omentalis war
nicht zu fühlen. Ich habe mich darauf beschränkt, die Bursa vom
Ligamentum gastrocolicum aus stumpf zu eröffnen und zu drainieren,
um darauf die Bauchhöhle bis auf die Drainöffnung zu schliessen.
Nach diesem Eingriffe hat sich Patientin gut erholt. Das Allgemein¬
befinden besserte sich zusehends, der Puls wurde besser, der Leib
weich. Blähungen setzten noch am Abend nach der Operation ein,
Erbrechen trat nicht mehr auf. Am folgenden Tage war Zucker im
Urin nachweisbar. Starke Sekretion aus der Drainöffnung. An den
nächsten Tagen ungetrübtes Wohlbefinden, Urin von jetzt ab frei von
Zucker. Am 16. X. begann Patientin wieder über Druckschmerz im
Epigastrium zu klagen, nachdem die Operationswunde bereits nach
Entfernung des Drains verheilt war. Der vorher gute Appetit liess
nach und machte einem häufig auftretenden Brechreiz und Aufstossen
Platz. Man fühlte jetzt in der rechten Oberbauchgegend etwas ober¬
halb des Nabels eine quer verlaufende Resistenz, die leicht druck¬
empfindlich war. An dieser Stelle waren die sonst völlig weichen
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. I|
610
Bauchdecken leicht gespannt. Von lag zu Tag Zunahme der Be¬
schwerden, Grösserwerden der eben beschriebenen Resistenz. Am
21. X. trat gehäuftes Erbrechen ein, der Tumor wies jetzt deutliche
Fluktuation auf und wurde als Pankreaszyste angesprochen.
Ich eröffnete also von neuem die Bauchhöhle durch einen über die
Mitte des Tumors geführten, kurzen Längsschnitt. Es stellte sich
heraus, dass nach oben der Magen, nach unten das Querkolon fest
zwischen Tumor und vorderer Bauchwand eingeklemmt waren.
Nunmehr habe ich das Ligamentum gastrocolicum im Bereiche eines
Eünfmarkstiickes stumpf von der Tumorwand abgetrennt und diese
zirkulär dicht mit dem Peritoneum parietale vernäht. Nachdem so
ein Abschluss der übrigen Bauchhöhle erzielt war, habe ich die frei¬
gelegte Tumorwand mit dem Messer angestochen, worauf etwa
1 34 Liter wasserhelle, leicht fadenziehende Flüssigkeit unter hohem
Druck hervorströmte. Die Höhle habe ich dann mit Kochsalz aus-
gespiilt und nach aussen drainiert. Von nun am hat sich das Be¬
finden der Patientin dauernd gebessert. Seit dem 1. XI. ist sie ausser
Bett und hat seit der letzten Operation 9 Pfund zugenommen. Das
Eistelsekret erwies sich bei einwandfreier Untersuchung als Pankreas¬
saft. Anfangs wurden täglich etwa % Liter sezerniert, nach Ein¬
führung einer strengen Zuckerdiät ging die Menge prompt zurück.
Am stärksten war die Sekretion um die Mittagszeit, während sie
über Nacht fast sistierte. Eine genaue Kontrolle der Sekretmengen
habe ich mir verschafft durch Anfertigung einer elastischen, trichter¬
förmig zulaufenden Gummipelotte, durch die die Patientin die Flüssig¬
keit in einer in der Tasche getragenen Flasche auffängt. Patientin
hat sich schnell an diese Bandage gewöhnt, die ihre Bauchhaut gegen
die zersetzende Einwirkung des ausfliessenden Saftes schützt.
2. Demonstration vom mehreren operativ gewonnenen, graviden
Tuben in den verschiedensten Stadien der Entwicklung. Eines dieser
Präparate illustriert das seltene Vorkommnis einer Inversio tubac
gravid., wo das aus dem Fimbrientrichter ausgestossene, noch einer
Stelle des Tubenlumens anhaftende Ei die Tube wre einen Hand¬
schuhfinger invertiert.
3. Demonstration eines Leichenpräparates, das von einer an
Tubenruptur gestorbenen, tot ins Krankenhaus eingelieferten Frau ge¬
wonnen wurde. Der Verlauf dieses Falles ist von Interesse. Laut
der vom Ehemann gegebenen Anamnese hat die Frau 4 Wochen
vor ihrem Tode angeblich einen Abort durchgemacht: es seien damals
Stücke abgegangen, worauf die Frau mehrere Tage geblutet habe.
Am Tage ihres Todes sei sie aus gutem Befinden heraus an Leib¬
schmerzen und Erbrechen erkrankt. Der zugezogene Arzt schickte
sie sofort ins Krankenhaus, das sie nicht mehr lebend erreichen
sollte. Vielleicht ist dieser Fall so zu erklären: 4 Wochen vor der
Katastrophe ist der Fruchttod in der Tube eingetreten unter Aus-
stossung der uterinen Dezidua, die für Eiteile gehalten wurden. Das
abgestorbene Ei verfiel einem Mazerationsprozesse und dabei wurde
ein Qefäss arrodiert, das die tödliche Blutung verursachte. Mög¬
licherweise ist das Ei trotz Deziduaabgang weiter gewachsen und
hat das Gefäss arrodiert. ln der Bauchhöhle fanden sich etwa 2 Liter
Blut, das Ei, das etwa die Grösse einer Walnuss hatte, sass nahe der
Uteruskante. Die Perforationsstelle war noch nicht erbsengross.
4. Demonstration eines faustgrossen Flexurkarzinoms, das bei
der gynäkologischen Untersuchung als einseitiger, der linken Uterus¬
kante aufsitzender Tubentumor imponierte. Der Darm wurde reseziert
und im Zusammenhang der innig damit verwachsene Uterus samt
Adnexen exstirpiert.
5. Demonstration zweier Uteri im 3. und 4. Monat der Gravidität,
die wegen manifester Phthise vaginal exstirpiert wurden. Es handelte
sich um Frauen, die bereits mehrere lebende Kinder hatten, in den
40 er Jahren standen und vor den Schwangerschaften durch profuse
Menses etc. schwerer litten. In solchen Fällen pflegt Herr Prof.
Thor n nicht zu unterbrechen und die Tuben zu resezieren, sondern
exstirpiert den graviden Uterus.
Diskussion: Herr W e g n e r fragt, ob in der gynäkologi¬
schen Abteilung des Sudenburger Krankenhauses in der Phthise im
allgemeinen eine Indikation zur vaginalen Exstirpation des
schwangeren Uterus gesehen werde. Die Einleitung des Abortes
mittels Laminaria mit nachfolgender digitalen Ausräumung ohne Nar¬
kose sei für Lungenkranke doch ausserordentlich schonend, zur Ste¬
rilisierung könne, falls unbedingt erforderlich, später die keilförmige
Exzision der Tuben vorgenommen werden. Es sei die Frage zu be¬
antworten, ob erstens bei der Möglichkeit der Ausheilung der Phthise
im Anfangsstadium die Herausnahme des Fruchthalters angezeigt sei,
und ob zweitens durch die Inhibierung der menstruellen Blutungen
eine Besserung der Lungentuberkulose mit Sicherheit zu erwarten
stehe. Uebrigens sind die Aussagen der Patientinnen hinsichtlich der
Stärke der Menses mit Vorsicht zu bewerten, da experimentell nach¬
gewiesen sei, dass Frauen, die betonten, „sie schwämmen im
Blute“ etc., nicht mehr als 13 — 20 ccm Blut verloren hatten.
Herr Silbersiepe: Die erste Anregung zur Exstirpation des
graviden Uterus bei Phthise hat seinerzeit B u m m gegeben. Wir
haben die Uteri aus folgenden Gründen exstirpiert. Die Patientinnen
gaben uns an, vor ihrer Konzeption dauernd an profusen menstruellen
Blutungen gelitten zu haben, die sehr schwächend auf ihren Körper
gewirkt hätten. Die vom Herrn Vorredner vorgeschlagene Tuben¬
resektion würde daran kaum etwas geändert haben. Ausserdem ist
der künstliche Abort im 3. und 4. Monat der Gravidität kein harm¬
loser und blutsparender Eingriff. Die vaginale Exstirpation des gra¬
viden Uterus ist ein mit wenig Blutverlust verbundener Eingriff, dej
von den Patientinnen gut vertragen wird. Was den Lungenbefum
angeht, so hat sich derselbe bei beiden Fällen wesentlich gebessert
Eine Patientin hatte 2 Monate nach der Operation ohne jede weiten
Therapie 6 Pfund zugenommen.
Herr Leo demonstriert einen durch nekrotisches, 12 Pfum
schweres Myom enorm vergrösserten Uterus, der durch abdominal
Totalexstirpation von einer 75 jährigen Patientin gewonnen wurde
Herr Hahn: Ueber Diphtherieimmunität. (Ist ausführlich in de
„Fortschritten der Medizin“, 1913, No. 8, S. 197 — 201 erschienen.
Aerztlicher Verein zu Marburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 18. Januar 1913.
Vorsitzender : Herr M a 1 1 h e s.
Herr König: Ueber chirurgische Tuberkulose. (Fortbildungsl
vortrag.)
Trotz genauester Berücksichtigung aller klinischen Hilfsmitte
ist die Bereicherung der diagnostischen Untersuchungen au
Tuberkulose der Drüsen, Knochen und Gelenke dringend erwünschi
K. weist auf den Wert der tuberkuloseverdächtigen spezifische
Piodukte hin (Exsudat, Eiter). Auf dem Wege ihrer Verwendun
weiter zu kommen, ist K. seit längerer Zeit bemüht. Die auf sein
Anregung von Hagemann an der Marburger Klinik angestellte
Experimente haben zu einer Methode geführt, welche unter Yer
Wendung der Roemer sehen Kutanreaktion bei hochempfindliche
tuberkulösen Meerschweinchen gestattet, innerhalb 1 — 2 mal 24 Stirn
den aus diesen Flüssigkeiten die Diagnose auf Tuberkulose zu stell r i
In der Behandlung ist ein ausserordentlicher Zug nach de
konservativ-nicht operativen Seite unverkennbar. Für die Tuber
kulose der Lymphdriisen befürwortet K. die äusserst dankbare Exj
stirpation einer zusammenhängend einheitlich erkrankten Driisei
gruppe. Für ohne Verstümmelung radikal exstirpierbare Knocheii
tuberkulösen gilt natürlich die Operation. Bei Gelenktuberkulose
muss bei Erwachsenen mit Knochenherden die Resektion bestehe
bleiben. Bei Kindern kann uns das Versagen konservativer Bq
handlung mit fortschreitendem Verfall zur Resektion zwingen. K. trii
der Ansicht entgegen, dass man nur schlechte Erfolge z. B. an de
Hüfte in solchen Fällen habe. Ein 7 jähriger Knabe wird vorgestell.
bei dem er vor einem Jahre eine unaufhaltsam vorschreitende eitrig
ostale Koxitis schliesslich durch Resektion geheilt hat: Knabe gesuiu.
Hüfte ohne Fistel, ohne Tuberkulose, brauchbar bei leichter Be
weglichkeit.
Aber auch der Chirurg sehnt sich nach allgemeineren Behaue
lungsmethoden. K. sah manches Gute von der Tuberkulinkur. E
bespricht die Erfolge bei Röntgenbestrahlung, sowie die der alpine
Heliotherapie von R o 1 1 i e r in Leysin. Es ist in unseren Klimate
nützlich, von systematischer Besonnung Gebrauch zu machen; K. h;
das seit Jahren getan. Aehnliches wie dort kann aber bei uns nicl
erzielt werden. K. hat nun versucht, ein Ersatzmittel anzuwende
in Gestalt der Quarzlampe. Die in der Marburger Klinik seit Vs Ja!
angestellten Versuche, welche noch veröffentlicht werden, scheine
in mancher Richtung Erfolg zu versprechen.
Um eine wirkliche Heilung chirurgischer Tuberkulose herbe
zuführen, ist eine dauernde Ueberwachung der Kranken im Sinne de
„Fürsorgebestrebungen“ erforderlich, deren Durchführung von 1
angebahnt ist.
Herr W. Zange in eister: Ueber puerperale Uterusinversio:
Die puerperale Inversion kommt etwa einmal unter 400 000 üt
bürten vor; nach rechtzeitigen Geburten ist sie zehnmal häufiger a
nach vorzeitigen; Erstgebärende werden dreimal so oft befallen a
Mehrgebärende.
Die Ursache der Affektion liegt in einer Zugwirkung, welch
die noch adhärente Plazenta auf die Uteruswand ausübt, sofern si
tiefer geschoben oder gezogen wird. Jedoch ist diese Zugwirkun
nur bei erschlafftem Organ besonders dann von Wirksamkeit, wen
der Uterus zu schnell und passiv entleert wurde und er sich nicl
genügend retrahieren konnte. Eine Reihe von Inversionen entstehe
schon bei der Ausstossung des Kindes infolge absolut oder relati
zu kurzer Nabelschnur, bei Sturzgeburten oder künstlichen En
bindungen. Die grosse Mehrzahl aber entsteht in der Nachgeburt:
Periode infolge vorzeitiger Versuche der Plazentarexpression oJtj
noch viel häufiger infolge eines Zuges, der an der Nabelschnur ode
der Plazenta selbst, bevor sie ganz gelöst ist, ausgeübt wird. B
fundalem Sitz der Plazenta kommt es viel leichter zur Inversion a
bei seitlichem oder tiefem Sitz. Adhärenz der Pläzenta begiinsti:.
die Inversion insofern, als eine Zugwirkung der Plazenta auf d
Uteruswand wirkungslos bleibt, falls dieselbe, wie dies gewöhnlic
der Fall ist, sich bald und leicht ablöst.
Eine Inversion kann demnach artifiziell bedingt bzw. begiinsti:
werden: sie kann aber zweifellos auch ohne jeden Eingriff, sporn:
zustande kommen. Ich halte die artifiziellen für die häufigeren (nac
der Statistik entfallen 200 artifizielle auf 139 spontane). Eine art
fizielle Inversion braucht nicht immer auf einem Verschulden des tu
burtshelfers zu beruhen. ■ f I
Die puerperale Inversion kann gänzlich symptomlos verlaufe
selbst wenn sie eine totale ist. Meist treten aber schwere Ersehe
lärz 1913. MUENCHCNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 617
n auf: Schock und Blutung aus der Plazentarstelle, infolge deren
11 Proz. der Kranken zugrunde gehen. Die Gefahr der sep-
n Infektion beträgt 2 Proz.; die Gesamtmortalität 16 Proz.
>ie Behandln n g hat sich zunächst mit der Blutstillung und
ieseitigung des Schocks zu befassen. Die sofortige Reposition
i widerraten, weil sie eine in jeder Hinsicht schlechtere Mor-
ergibt und auch häufiger misslingt, als wenn spät reponiert
Es liegt dies an der erneuten Schockwirkung, welche die
i ütion mit sich bringt, sowie daran, dass die Blutstillung nach
Jeposition noch grössere Schwierigkeiten macht, als wenn die
sion zunächst bestehen bleibt. Am besten wird bei kompletter
sion eine elastische Umschnürung um den Hals der Inversion
nige Stunden und nur so fest angelegt, dass die Blutung gerade
bei inkompletter genügt eine feste Scheidentampouade oder
olpeuryse, nötigenfalls unter Vernähung der Vulva und Anlegen
Kompressionsverbandes von aussen.
lie Reposition ist erst nach Ablauf des Schock- und Verblutungs-
uns, und zwar ausschliesslich manuell, nicht instrumentell, vor-
imen, also etwa 3 — 12 Stunden nach der Inversion. Um diese
lat die Schockwirkung nachgelassen und die Reposition erzeugt
so leicht ihrerseits einen erneuten Schock. Ausserdem ist der
gliche Spasmus der Uterusmuskulatur, besonders des basalen
hniirungsringes ein geringerer geworden, was der Ausführung
c kommt. Die Plazenta ist ebenso wie Reste derselben vor der
sition abzulösen. Um einem Rezidiv vorzubsugen, muss die
langsam aus dem reponierten Organ zurückgezogen werden,
Ergotingaben und Massage des Uterus. Bei Tendenz zum
liv muss der Uterus unter Umständen tamponiert werden,
rentlich (etwa in 3 Proz.) wurde eine spontane Reversion
achtet.
Operative Massnahmen (Reposition oder Exstirpation des
ns) kommen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich die
iclle Reposition nicht durchführen lässt oder sonstige Koin-
tionen vorliegen.
Herr Matthes 1. berichtet über Zungenveränderungen bei
ziöser Anämie, die er in 6 Fällen beobachtete und die der
ter sehen Beschreibung entsprechen, doch ist Vortr. geneigt,
Störungen nicht als echt entzündliche, sondern als zirkulato-
e aufzufassen. Es werden drei derartige Kranke demonstriert,
r mikroskopische Präparate exzidierter Zungenschleimhaut und
klungen der Veränderungen. (Der Vortrag wird demnächst aus-
ich publiziert werden.)
2. Besprechung der Differentialdiagnose zwischen chronischer
monie mit Bronchiektasen, interlobären Empyemen und Lungen¬
essen. Es werden eine Reihe einschlägiger Röntgenbilder vor-
igt und ein Patient mit Lungenabszess, sowie einer mit chro-
ler Pneumonie demonstriert. An therapeutischen Massnahmen
htet der Vortr. über seine Erfahrungen mit der Quincke sehen
ilagerung, mit der von Singer neuerdings empfohlenen Durst¬
und endlich mit der Pneumothoraxbehandlung.
Ein Fall von Lungenabszess, der in günstigster Weise durch die
gung eines Pneumothorax beeinflusst ist, wird demonstriert.
Abszess im linken Unterlappen bestand schon viele Jahre.
Bemerkenswert ist, dass in den Fällen von Lungenabszess, die der
r. in seiner Kölner Zeit und in Marburg mit Pneumothorax be-
elte, trotz starkem Druck im Pneumothorax sich niemals Ergüsse
ickelten, wie dies bei tuberkulösen Affektionen öfter vorkommt.
Bemerkenswert ist im demonstrierten Fall, dass mit der Besse-
des Befindens auch die bestehenden Trommelschlägerfinger
ler der normalen Form sich näherten.
3. Vorstellung eines Falles einer merkwürdigen Verletzung. Es
einem Kranken zwischen Processus mastoideus und Ohrläppchen
Schirmspitze eingedrungen, angeblich soll liquorähnliche Fliissig-
aus der Wunde geflossen sein.
Die Folge der Verletzung war eine Gaumensegellähmung, eine
seitige Kehlkopflähmung, eine Lähmung des Sternokleidomastoi-
und des Kukullaris. Die Wunde ist nicht sondiert worden, so
es unmöglich ist, über ihre Verlaufsrichtung etwas auszusagen,
wahrscheinlichsten ist, dass der Vagoakzessorius kurz nach
am Austritt an der Schädelbasis verletzt ist. Die beobachtete
>t ähnliche Flüssigkeit könnte auch Speichel gewesen sein, da nach
Lage der Verletzung die Parotis durchbohrt sein kann. Der Fall
e für die Frage der Innervation des Gaumens wichtig, wenn man
Sicherheit eine Perforation des Schädels und damit eine Ver-
ing des Fazialis ausschliessen könnte.
Diskussion: Herr Eduard Müller: Zur Entscheidung der
,re, ob der Gaumen durch den Fazialis oder Vagus versorgt wird,
ler vorgestellte Fall kaum geeignet, weil nach der Art der Ver-
uig eine Fazialisläsion nicht ausgeschlossen werden kann. Solche
eren einseitigen Gaumen-Kehlkopflähmungen sieht man besonders
akuten Bulbärlähmungen durch thrombotischen Verschluss von
teil der Arteria cerebelli posterior inferior (gekreuzte Störungen
Hinterhornsensibilität, d. h. der Temperatur- und Schmerz¬
findung). Im Hinblick auf das Abfliessen von Liquor cerebro-
alis kommt eine Bulbärläsion mit Beteiligung des Nucleus
uguus sehr in Frage.
Herr Härter: Die Indikation und Technik der B ii 1 a u sehen
erdrainage.
Line strikte Indikation zur permanenten Aspirationsdrainage der
irahohle unter Luftabschluss liegt bei doppelseitigem Empyem
vor. Handelt es sich um sehr geschwächte Kranke oder um solche,
die an einer erheblichen Schädigung der Kreislauforgane leiden, dann
ist auch bei einseitigem Empyem der Bülau strikte indiziert, da er
den Schock eines plötzlichen, offenen Pneumothorax und eine lebens¬
gefährliche Blutdrucksenkung, die bei einem schnellen Ablassen des
Exsudates auftreten kann, verhindert.
En sehr dankbares Feld für die Anwendung der Heberdrainage
bilden die metapneumonischen Empyeme. Bei ihnen sollte die Be¬
handlungsmethode der Wahl stets der Bülau sein.
Mehrkammerige Empyeme, die bekanntlich selten sind, eignen
sich nicht für das Aspirationsverfahren. Auch die tuberkulösen und
jauchigen Rippenfellentzündungen sollten in der Regel der chirur¬
gischen Behandlung überwiesen werden.
Die Vorzüge der Heberdrainage sind folgende: Der Eingriff ist
bedeutend kleiner als die Thorakotomie, da er nichts weiter als eine
Punktion darstellt. Er kann stets auch ohne grössere Assistenz in
der Praxis ausgeführt werden. Selbst bei sehr unruhigen und ängst¬
lichen Kindern ist nur eine Lokalanästhesie nötig.
Vor allem sorgt das Aspirationsverfahren unter Luftabschluss
für eine möglichst weitgehende Wiederentfaltung der retrahierten
Lunge und verhütet so grössere Schrumpfungsprozesse, die zu einem
Retrecissement führen können.
Wenn anderenorts unbefriedigende Resultate mit dem Bülau
erzielt wurden, so liegt dies nicht an der Methode, sondern an der
Technik. Der Troikart, mit dem die Punktion ausgeführt wird, muss
ein möglichst grosses Lumen haben, damit das einzulegende Drain¬
rohr möglichst weit wird. Ein Abknicken des Drains wird verhütet,
wenn man radiär zur Körperachse den Troikart einführt. Der Durch¬
messer des Hebersystems soll so gross wie eben möglich sein.
Vortr. bespricht noch eingehend die Nachbehandlung. Die aus¬
gezeichneten Resultate der med. Klinik mit dem Bülau sehen Ver¬
fahren werden an Hand einiger Kranken demonstriert.
Herr Hohmeier: Invaginatio ileo-coecalis, verursacht durch
Askariden.
7 jähriger Junge erkrankte am 29. XII. 12 mit Schmerzen in der
rechten Unterbauchseite und mehrmaligem Erbrechen. Temperatur
nicht wesentlich erhöht. Ueber Abgang von Flatus und Stuhl und
über Beschaffenheit des letzteren war nichts festzustellen. Ein¬
lieferung am 1. I. 13 mit der Diagnose Appendizitis. Es bestand
mässiger Druckschmerz in der Blinddarmgegend, in der sich klein¬
faustgrosser Tumor nachweisen Hess : über ihm Dämpfung; keine
Fluktuation. Leib nicht aufgetrieben, keine Darmsteifung, keine freie
Flüssigkeit. In der Annahme, dass es sich um einen appendizitischeu
Abszess handele, wird ein Pararektalschnitt angelegt. Aus der
Bauchhöhle entleert sich klares Exsudat in massiger Menge. Appendix
unverändert. Zoekum und Colon ascendens blau verfärbt, bis zur
Mitte des letzteren mit weichen Massen angefüllt. Nach Vorziehen
des Darmes sieht man, dass es sich um eine Invagination des unteren
Ileums und der medialen Zoekalwand in das Zoekum und Colon
ascendens handelt. Der Dünndarm ist nur in den oberen Partien
leicht gebläht, im unteren Teile fest kontrahiert und man fühlt hier
Klumpen von Askariden, die zum Teil auch längs im Darm liegen.
Ein Parasitenbündel geht in das Invaginatum hinein. Desinvagination
unmöglich, deshalb Resektion im unteren Ileum bis zur Mitte des
Colon ascendens, Vereinigung Seite zu Seite. Wunde wird bis auf
Drain geschlossen. Die Heilung erfolgte ohne Störung. In den ersten
Tagen sind vereinzelte Askariden abgegangen. Es soll jetzt noch
eine gründliche Abtreibungskur folgen. Die durch die Parasiten
verursachten Darmspasmen haben hier den Grund für die Invagination
abgegeben.
Münchener Gesellschaft für Kinderheilkunde.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 17. Januar 1913.
Hauptversammlung.
1. Jahres- und Kassabericht. Festsetzung des Beitrags.
2. Vorstandswahl für 1913. Es wurden gewählt als: 1. Vorsitzen¬
der: Hecker, 2. Vorsitzender: Ibrahim, Schriftführer: Uffen-
h e i m e r, Kassenwart : Adam.
3. Herr R e i n a c h: a) Demonstration zur Aetiologie der Melaena
neonatorum.
Etwa kirschkerngrosses, 2 cm unterhalb des Pylorus an der
Rückwand des Duodenums gelegenes, mit geröteten Rändern ver¬
sehenes Ulcus bei einem 6 Wochen alten Kinde, welches nach der
Geburt die Zeichen der Melaena neon. bot. Die Blutungen waren auf
Gelatinetee vollständig sistiert und erst nach 6 Wochen wieder auf¬
getreten.
b) Hufeisenniere bei einem 10 Monate alten Kinde. Verwach¬
sung am oberen Nierenpole.
4. Herr Hecker: Bericht über den Pariser internationalen
Kongress für Kinderheilkunde (vgl. diese Wochenschrift 1913, p. 321).
Albert Uffenheimer - München.
618
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Aerztlicher Verein in Nürnberg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 19. Dezember 1912.
Vorsitzender : Herr Qoldschmidt.
Herr Gugenheim: lieber direkte Laryngo-Tracheoskopie und
Bronchoskopie. (Mit Demonstrationen.)
Nach kurzem geschichtlichen Rückblick (Kirstein, Pienia-
z e k) und Würdigung der grossen Verdienste Killians als des
Schöpfers der direkten Untersuchungsmethoden der Luftwege schil¬
dert der Vortragende unter Demonstration das zurzeit technisch
vollkommenste Instrumentarium (nach Brünings). Nach Dar¬
legung der Arten der Vorbereitung des zu Untersuchenden hinsichtlich
der Anästhesie, Erörterung des Begriffes der „Autoskopierbarkeit" und
der Kontraindikationen wird die Technik eingehend besprochen und
danach die direkte Tracheoskopie und Bronchoskopie an einem Pa¬
tienten demonstriert. Hieran reihen sich ausführliche Darlegungen
über die Indikationen für die Anwendung der Methoden. Die
absolute I n d i k a t i o n ist bei Aspiration von Fremdkörpern
gegeben, von der während eines ganzen Jahrhunderts vor Erfindung
der Bronchoskopie nicht so viele Fälle in der Literatur zur Kenntnis
gelangt sind als in den letzten 14 Jahren. Nach Schilderung der
typischen Symptomatologie bei Fremdkörperaspiration, Hinweis auf
das öftere Fehlen der charakteristischen anamnestischen und sympto-
matologischen Anhaltspunkte als Ursache der Verkennung und Ver¬
schleppung der Fälle, betont der Vortr. das gar nicht zu seltene Ver¬
sagen der bei metallischen Fremdkörpern zwar unbedingt verläss¬
lichen Röntgenaufnahmen in Fällen von Aspiration kleiner Knochen¬
stücke und verbreitet sich bei Besprechung der Arten der Corpora
aliena über die besondere Gefährlichkeit der sog. quellbaren Fremd¬
körper. Letztere haben immer noch eine relativ grosse Mortalitäts¬
ziffer, die im übrigen seit Einführung der direkten- Methoden mehr
als sechsfach kleiner geworden ist als früher.
Bei Besprechung des weiten relativen Indikations¬
gebietes (nach v. Eicken) hebt der Vortr. den besonderen
Nutzen für die Erschliessung des der indirekten Methode meist unzu¬
gänglichen kindlichen Kehlkopfes hervor in Fällen von Chor-
ditis nodosa, angeborenen Membranen, Stridor congenitus, namentlich
aber von Papillomen und rühmt die Vorzüge für die Anwendung am
Erwachsenen beim galvanokaustischen Tiefen stich
an der tuberkulösen hinteren Larynxwand, bei Tumoren an der
vorderen C o m m i s s u r, zur besseren Uebersicht über die Aus¬
dehnung bösartiger Geschwülste, für die autoskopische Röntgenbe¬
handlung bei Tuberkulose und dann die besondere Leistungsfähigkeit
bei Tracheotomierten zur leichten Eruierung der durch vor¬
schriftswidrige Ausführung des Eingriffes oder durch die Kanüle ver¬
ursachten Schäden.
Den breitesten Raum nehmen in diesem relativen Indikations¬
gebiet die Stenosen bezw. Erkrankungen der Trachea und der Bron¬
chien ein, die durch pathologische Prozesse der Nachbarorgane ver¬
ursacht werden oder aber von der Tracheo-Bronchialschleimhaut
selbst ausgehen: was die ersteren betrifft, so belehrt die direkte Me¬
thode bei Strumen in Ergänzung des Röntgenbildes auch über
etwaige Kompression der Trachea von vorne und von hinten und
insbesondere über Durchwachsung der Trachealwand seitens benigner
Strumen, die häufiger vorkommt, als früher bekannt war (eigene Be¬
obachtung und Behandlung eines Falles des Vortragenden). Bei
Aneurysmen des Aortenbogens an der Prädilektionsstelle
ist die scharf umschriebene Vorwölbung der linken Trachealwand im
unteren Bereich und des lateralen Abschnittes des Anfangsteiles des
linken Bronchus sehr charakteristisch und ermöglicht frühzeitige
Diagnosestellung (eigene Fälle). Bei den peritrachealen und
peribronchialen tuberkulösen Lymphdriisentu-
moren und Abszessen hat man nicht nur Durchbrüche in das
bronchoskopische Rohr beobachtet und durch Entfernung der käsigen
Massen die Patienten vom Erstickungstod retten können, sondern
neuerdings typische Veränderungen (flachkugelige Verbreiterungen
der sonst scharfen Carinen) in einer Reihe von Fällen vor Eintritt
der Stenosenerscheinungen als Vorbote des danach abzuwendenden
spontanen Durchbruchs erkannt. Bei vergrössertem iin-
k ein Vorhof (meist durch Mitralstenose) hat Kahler in einer
grösseren Anzahl von Beobachtungen den Befund eines typischen
Bildes stenosierender Vorwölbung der vorderen und unteren Wand-
zirkumferenz des linken Hauptbronchus mit einem sich der
Horizontalen mehr nähernden Verlauf desselben erhoben. — Nach
kurzer Erörterung der bei Anthrakose der perihilösen
Lymphdriisen beobachteten Stenosen sowie der im Kindesalter
nicht zu selten Luftröhrenverengerung erzeugenden Thymus¬
hypertrophie erwähnt Vortr. die Möglichkeit, bei Oeso¬
phaguskarzinom mit dann und wann frühzeitigem Uebergreifen
auf die hintere Trachealwand und Ueberwiegen der Atembeschwerden
über die Dysphagie die Diagnose rasch fördern und bei maligner
Struma auch die Frage der Operabilität entscheiden zu können.
Von den Erkrankungen der Tracheo-Bronchialwatid selbst streift
der Vortr. die Tuberkulose der Trachea, betont den Nutzen
für die Erkennung frischer Infiltrationen bei Lues der Luftröhre
(an der Wiener Klinik in 3 Jahren 8 Fälle, die zuvor als einfache
Tracheitis gelten) und namentlich für die Behandlung der chronisch¬
No. 1
luetischen Stenosen; ferner die besonders segensreiche Stenose
therapie bei S k 1 e r o m. Er würdigt dann die Bedeutung der direkt
Methoden für die Lehre von den Geschwülsten in di
tieferen Teilen der Trachea und der BronchL
aus denen nicht nur gutartige Tumoren, (Papillome, Fibrome, inti
tracheale Strumen, Ecchondrome u. a.) entfernt wurden, sondern au
mannigfache bösartige, teils mit mehrjähriger Beobachtung des Au
bleibens eines Rezidivs, teils nur mit dem Ergebnis vorübergehem
Befreiung von qualvollen Zuständen. Bei Besprechung der von N .
wotny und Ephraim erfolgreich inaugurierten endobro
chialen Behandlung der Bronchiektasien mit
stillationen von H2O2, der chronischen Bronchitis und t .
Asthma mit Novokain-Suprareninlösungen u. a. erwähnt Vor!
kurz eine eigene günstige Beobachtung und weist dann auch auf •
Fälle hin, in denen Hämoptoe unbekannten Ursprun;
durch die direkten Methoden klargestellt wurde (Varizen, Tumore.
Dem Bericht über den Wert der Bronchoskopie für die Chirurg!
des Thorax, zur Unterstützung des Operateurs bei der Thora!
tomie und Bronchotomie, folgt als Anhang eine Schilderung der da:
der Methode neu gewonnenen Errungenschaften auf dem Gebie-
der Physiologie (respiratorische Bewegungen, respiratorisc:
Lumenänderungen, Vorgänge bei der Expektoration, Analysen q
Bronchialluft u. a.).
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 12. März 1913.
Vor der Tagesordnung demonstriert Herr Morgenroi
Hämolysen versuche. Durch Vorbehandlung von Kaninchen mit Nie
der weissen Maus erhält man hämolytische Ambozeptoren für Zieg>-
blut; desgl. bei Vorbehandlung mit transplantablem Mäusekarziw ,
Tagesordnung.
Schluss der Diskussion über den Vortrag des Herrn Ort;
Ueber die Bedeutung der Rinderbazillen für den Menschen.
Herr Eckert: Von 92 Kindern reagierten mit Pirquet 70 i
beide Bazillentypen, 12 nur auf den bovinen, 10 nur auf den human
Typus.
Herr Weste nhoeff er warnt davor, fremdländische Tub -
kulosestatistiken auf europäische Verhältnisse zu übertragen. Fl
in allen Ländern ist die Perlsucht stark verbreitet. Die Frage n
Uebertragbarkeit ist seiner Ansicht nach längst geklärt.
Herr F. Klemperer: Nach der Statistik eines erfahren
chilenischen Anatomen ist, entgegen der Behauptung W es te¬
il oef fers, die chronische Tuberkulose in Chile genau so häufig 'C
bei uns.
Herr Auerbach: Auch im Viehseuchengesetz kommt die I-
deutung einer Gefahr durch Milchübertragung deutlich zum Ausdru ,
Herr Weber: Die Uebertragbarkeit des Typus bovinus vn
Menschen auf das .Rind ist nicht zu leugnen. Die vom Bovinus li-
riihrende Gefahr ist gewiss nicht zu unterschätzen.
Herr Orth (Schlusswort) : Nach Bendix sterben in Deuts -
land jährlich 27 200 Säuglinge an Tuberkulose. Rechnet man r
10 Proz. davon (Neufeld) auf Konto des Typus bovinus, so bk i
noch eine erschreckend hohe Zahl. Orth hat in seinem Vortrag ui
Ausdruck „Volkskrankheit“ vermieden. Er scheut sich indes nid.
bei der sehr grosen Anzahl boviner Infektionen den bovinen Bazils
als Erreger einer „Volkskrankheit“ anzusprechen. Er ist daher eher:
zu bekämpfen wie der humane Typus.
Schluss des Vortrages des Herrn E. Saul: Beziehungen r
Helminthen und Askariden zur Geschwulstätiologie.
Es werden zahlreiche Photogramme demonstriert, welche, n
Anschluss an den Vortrag, die Beziehungen der Helminthen ifJ
Askariden an pflanzlichen und tierischen (auch menschlichen) Tumo'
demonstrieren sollen. Die Gewebsneubildungen sind nicht als Frei ■
körperwirk ringen sondern als richtige Tumoren anzusprechen. Ws
Berliner Gesellschaft für Chirurgie.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 10. März 1913.
Herr Holländer: Zur Frage der Geschwulstbildung n f
Netzunterbindungen.
Im Anschluss an eine inguinale Netzhernie hatte sich nach i"-
malern aseptischen Wundverlauf ein grosser schwartig-fibromatci
Tumor in der rechten Unterbauchgegend im Verlaufe von Monat
entwickelt. Im Zentrum dieser Geschwulst sass die dicke Seid'-
ligatur, nach deren Entfernung eine völlige Rückbildung des Tum !
eintrat. Diese Netztumoren entstehen analog den mehrfach
schriebenen entzündlichen Bauchdeckentumoren. Bei den in 1
Literatur befindlichen (44) Fällen, die in allen Stadien der L-
Wicklung zur Operation gelangten, befand sich stets im Zentrum '
Geschwulst der zur Netzunterbindung benützte Seidenfaden, der n!
Holländers Ansicht in rein mechanischem Sinne den Reiz ;
Tumorbildung abgibt.
Diskussion: Herr Schmieden ist auf Grund eines 1
ihm operierten Falles mit Küttner der Ansicht, dass es auch
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
619
18. März 1913.
jiopathische Geschwulstbildung des Netzes gibt, die durch spontan
ntstehende, tumorbildende Fettnekrose des Netzes zustande
ommt.
Zum Fall des Herrn Holländer bemerkt S. betreffs der
echnik der Netzunterbindung, dass man unter Vermeidung dicker
eidenligaturen nicht starke Netzbündel äbschniiren, sondern mit
iinnen Katgutfäden kleine Teile des Netzes abbinden soll. Dann
ermeidet man Nachblutungen aus dem Netz und Entstehen der Netz-
umoren am sichersten.
Herr Sonnenburg fand als Ursache der Geschwulstbildung
n einem von ihm operierten Falle im Zentrum des Tumors einen
us der Appendix ausgewanderten Kotstein.
Herr Neumann: Weitere Erfahrungen mit der Netznianschette
nsbesonders bei der Behandlung des perforierten Magen- und Duo-
ienalgeschwiirs.
N. führt in das perforierte Ulcus ein Drain ein und umgibt dieses
nit einer aus dem Netz gebildeten Manschette. Seine Erfahrungen
ind bei der einfachen Methode und der bequemen Nachbehandlung
ünstige, er empfiehlt sie auch für andere Operationen, besonders
iir die Gastrostomie.
Herr Kehr: Ueber Anomalien der Art. hepatica und der Gallen-
\cge. (Mit Lichtbildern.)
Von den vielen Anomalien, die K. bei seinem reichen Material
m Gegensatz zu anderen Autoren relativ häufig fand, seien einige
liii urgisch wichtige hervorgehoben.
Ausser völligem Fehlen der Gallenblase beobachtete er viermal
ine intrahepatische Entwicklung dieses Organes. Auch innerhalb
les Ligamentum teres hepatis kann sie gelegen sein. Sie kann ein
igenes Mesenterium besitzen; bei der „Wandergallenblase“ ist
orsion des Stieles möglich.
Der Verlauf des Ductus cysticus ist spitzwinklig, kann aber auch
'arallel und spiralig zum Hepatikus sein; bei retroduodenaler Ein-
niindnng des Zystikus muss bei der Operation das Duodenum mobi-
isiert werden. Gelegentlich mündet der Zystikus direkt in die
Bifurkationsstelle der Hepatikusäste, die dann natürlich beide
Irainiert werden müssen. Der Hepatikus kann mit akzessorischem
tst in die Gallenblase münden oder diese kann gewissermassen direkt
n den Hepatikus eingeschaltet sein. Uebersehen dieser Anomalie
;ann nach Exstirpation der Gallenblase zur Peritonitis führen. Auch
;ann ein akzessorischer Hepatikusast in den Zystikus münden.
Falls die Unterbindung der Arteria cystica z. B. im entzündlichen
jewebe nicht am Ort der Blutung gelingt, so ist zu beachten, dass
liese gelegentlich nicht aus der Art. hepatica dextra oder propria
ntspriflgt, sondern aus der Arteria gastro-duodenalis. Groth.
Aerztlicher Verein in Hamburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 25. Februar 1913.
Vorsitzender: Herr Kümmell.
Herr Li pp mann: 19 jähr. Mann mit Morbus coeruleus; kon-
cenitale Pulmonalstenose. Das Elektrokardiogramm zeigt die typische
legative „J“-Zacke. Blutbefund: 130 Proz. Hämoglobin, 12 Millionen
irythrozyten — wird als kompensatorische Hypertrophie des Blutes
gedeutet. Die Röntgenbilder der Trommelschlegelfinger und -zehen
'.eigen spitze atrophische Endphalangen im Gegensatz zu sonst be-
rannten Bildern und Hypertrophie, was in diesem Falle durch eine
Jruckatrophie durch die unter starker Spannung stehenden Weich¬
eile der Endphalangen erklärt wird.
Herr Sa enger: 1. Interessanter Fall von Epilepsie, der auf
^edobrol gut reagierte. Der Kranke hatte verschiedene Knoten von
-rbsengrösse unter der Haut, die sich als Zystizerken erwiesen. Es
st anzunehmen, dass es sich um eine Zystizerkenepilepsie handelt.
2. 54 jähr. Mann mit Polyzythämie mit Milztumor: blaurotes
jesicht, aufsteigende Hitze, Schwindel. 9 100 000 rote, 17 000 weisse
Blutkörperchen, 105 Proz. Hämoglobin. Blutdruck 145 — 150. Schleim¬
läute stark injiziert, Temporalarterien sehr dick und geschlängelt.
3. 53 jähr. Mann mit Tabes. Dabei hochgradige Verkalkung der
Vterien der Unterarme und Unterschenkel mit Verlust der Pulse in
beiden Art. tibial. post. Trotz dieses röntgenographisch nachweis¬
baren Befundes kein i n t e r m ittierendes Hinken.
Herr Brauer demonstriert die Photographien einer 39jährigen
,atientin vor und nach einer Entfettungskur sowie die entsprechen-
Jen Diätkurven.
i ■ Der Fall ist dadurch ausgezeichnet, dass die Frau in 526 Tagen
*3 kg (nicht Pfund) abnahm. Es ergibt dieses eine tägliche durch¬
schnittliche Gewichtsabnahme von 186,3 g. Des weiteren ist be¬
sonders hervorzuheben, dass die Frau, die mit einem Anfangsgewicht
von 170,5 kg eintrat, und die nunmehr 72,5 kg wiegt, bei ihrer
Körpergrösse von 166 cm auf dem Normalgewicht angekommen sein
dürfte und dieses bei völlig normaler Leistungsfähigkeit und Gesund¬
heit des Herzens.
Die Frau war bei ihrer Einlieferung durch die Korpulenz auf das
schwerste behindert. Sie konnte wegen hochgradiger Dyspnoe nur
noch sehr wenig gehen, war nicht mehr imstande, die üblichen Haus¬
arbeiten durchzuführen. Es waren mässige Oedeme eingetreten. Da¬
gegen brachte die Patientin als gutes Prognostikum mit: einerseits
eine tadellose Körpermuskulatur und andererseits ein anscheinend
noch gutes Herz.
Das obengenannte Resultat wurde dadurch erreicht, dass zu¬
nächst eine strenge Karellkur über 10 Tage verordnet und die sog.
Nachkur in richtiger Weise durchgeführt wurde. Gerade auf die
Formulierung dieser Nachkur ist das grösste Gewicht zu legen. Die
ungünstige Beurteilung, die die Karellkur von mancher Seite er¬
fahren hat, ist, abgesehen von anderen Fehlern, die bei Durchführung
dieser Kur vorgekommen sind, häufig darauf zurückzuführen, dass
die Weiterbehandlung nicht auf das Genaueste kontrolliert und den
Fig. 1. Fig. 2.
Eigenheiten des Falles angepasst wurde. Es ist erforderlich, die
Körperbewegung und Kalorienzufuhr exakt zu kontrollieren, damit
alle etwaigen Komplikationen oder Ueberanstrengungen, die die Pa¬
tienten durch oder im Verlaufe der Kur durchmachen, rechtzeitig be¬
achtet werden. Dann lässt sich eine Wiederzunahme vermeiden und
in vielen Fällen, wie in diesem, ein gutes Resultat erzielen. Es kommt
auserordentlich gerade auf die Details der Technik einer solchen Diät¬
kur an.
Die eigentliche Karellkur ist als Einleitung für die Entfettungs¬
kur bei übermässig fetten Personen besonders zu empfehlen. Man
erzielt hierdurch meist schon eine beträchtliche Abnahme, die, wie
bekannt, z. T. auf Beseitigung manifester oder latenter Oedeme zu
beziehen ist. Die mancherlei Einwendungen, die sich aus theoreti¬
schen Stoffwechselbetrachtungen ergeben, die aus dem Nachweis,
dass zeitweise beträchtliche N-Verluste Vorkommen, eine gewisse Be¬
gründung haben, sind, wie aus den entscheidenden praktischen
Dauererfolgen in diesen und in ähnlichen geeigneten Fällen ersicht¬
lich, bei sorgsamer Kontrolle nicht allzusehr zu fürchten. Besonderer
Wert ist auf die anfängliche Bettruhe zu legen. Die primäre Ent¬
lastung des Herzens durch die das Vorgehen einleitende Karellkur,
erleichtert das Studium des Falles, ermöglicht es, später in passender
langsamer Steigerung ohne Schaden reichlichere Körperbewegung
einzuführen, die Patienten auf 3U höchstens ~U ihres Kalorienbedarfes
zu halten und später dann mit zunehmender Gesundung, zunehmender
Körper- und Herzkraft bei Darreichung von etwa Vs des Kalorien¬
bedarfes nach ausgedehnterer Körperbewegung zu erziehen. Natur¬
gemäss ist in diesem ganzen Stadium der Nachbehandlung nicht mehr
die Karellkur in Anwendung, sondern eine streng individuali¬
sierte Kur einer der vielen anderen Formen.
Unsere Patientin ist nunmehr seit etwa Y\ Jahr auf dem nor¬
malen Kalorienbedarf angelangt. Sie ist körperlich voll leistungs¬
fähig, konnte z. B. an einem Abend sehr reichlich tanzen und ist
überhaupt von einer gesunden Person nur insofern zu unterscheiden,
als natürlich ausserordentlich hässliche hängende Hautfalten die
Körperform entstellen.
Der Fall wird von Herrn Dr. K i m m e r 1 e, auf dessen Station
die Patientin lag, im Verein mit anderen Fällen eingehend publiziert.
Herr Allard: Demonstration eines exquisiten Fettstuhles von
einem Falle von chronischer Pankreatitis und Diabetes.
Herr Simmonds: Ueber Geschwülste der Karotisdriise.
An der Gabelung der Karotis in externa und interna sitzt ein
griesskorugrosses Knötchen, fest verwachsen mit dem Gefäss. Neuere
Untersuchungen haben ergeben, dass das Organ dem chromaffinen
System angehört, dass es vom sympathischen Nervengef’echt seinen
Ursprung nimmt und demnach den Paraganglrn anzureihen ist. In
äusserst seltenen Fällen können von diesem winzigen Organ grosse
Geschwülste ausg^hpn, die zu op°rativ°n Eingriffen Anlass geben.
Der innige Zusammenhang mit der Karotis erschwert die Exstirpation
sehr. Sonst sind die Geschwülste gutartig, rezidivieren und meta-
620
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. U.
stasieren nicht. Histologisch handelt es sich um Tumoren sui generis,
die man am besten als Paraganglioma intercaroticum
bezeichnet. _ , , . ,
Fall 1. 30 jähr. Mann. Qänseeigrosse Geschwulst der rechten
Halsseite. Exstirpation mit Resektion der Karotis Halbseitige Hirn¬
erweichung. Tod.
Fall 2. 67 jähr. Frau. Hühnereigrosse Geschwulst. Exstirpation
sehr schwierig. Karotis bleibt aber intakt. Dauernde Heilung.
Mikroskopisch in beiden Fällen teils fibröses Gewebe mit grossen
Gefässliicken. teils alveolärer Bau mit mannigfaltig gestalteten Zellen
in den Alveolen.
Herr Meldola: 2 Fälle von schwerster Epilepsie, die durch
Luminal sehr günstig beeinflusst wurden.
Herr Jacobsthal: Ueber die praktische Bedeutung der
Wassermann sehen Reaktion.
Vortr. erörtert, welche Anschauungen über das Wesen der
Wa.-R. zurzeit bestehen. Das Wesen der Reaktion ist unbekannt,
trotzdem ist sie nicht wertlos. Wenn auch nicht der „Antikörper“
durch sie nachgewiesen wird, wenn sie auch nicht erkennen lässt,
dass der Patient krank ist, wenn sie endlich auch nicht spezifisch
ist, so ist sie doch charakteristisch. Keine der einseitigen 1 heorien
vermag der Gesamtheit der Erscheinungen gerecht zu werden, aber
an jeder ist etwas Richtiges, ln neuerer Zeit ist man der Lösung des
Problems nach dem Wesen der Reaktion nähergekommen. Die Tat¬
sache, dass gerade die Lipoide bei der Reaktion niedergeschlagen
würden (optische Methode der Syphilisdiagnose), ferner der von
B e r g e 1 nachgewiesene Zusammenhang zwischen Lymphozytose und
Lipasenbildung, das Vorhandensein von Lymphozyten in den vom
Luesvirus geschädigten Organen, der Zusammenhang zwischen Lues¬
reagin, Zellzerfall und Lipoiden, all diese Dinge machen die von Weil
und Braun aufgestellte, von Gen ne rieh erweiterte Hypothese
wahrscheinlich, dass bei der Wa.-R. in vitro Fermente nachgewiesen
werden, die unter dem Einfluss eines Zellzerfalles entstehen. Redner
bespricht dann die Berechtigung der technischen Verfeinerung der
Reaktion. Die gleichzeitige Anstellung schärfster und weniger
scharfer Reaktionen ist zur Kontrolle der klinischen Therapie not¬
wendig. Dabei ist die Aufstellung einer Stärkeskala praktisch, ob¬
wohl Vortr. von einer eigentlichen quantitativen Auswertung der
Serumreaktion nicht viel hält. Das Vorkommen eines Stadium am-
biguum erklärt die Differenzen, die das gleiche Serum bei verschie¬
denen Untersuchern bisweilen ergibt.
Vortr. weist darauf hin, wie wichtig die Kenntnis und richtige
Einschätzung der Grenzen jeder Methode, besonders aber der Serum¬
reaktion, sei. Der Satz: eine negative Reaktion beweist nichts
gegen Syphilis, sei zwar richtig, aber mit der Einschränkung, dass
sie bei verdächtigen Erscheinungen und niemals behandelten Fällen
stark gegen Syphilis spreche. Negativer Ausfall der Reaktion könne
vier Gründe haben: 1. Fehlen von Syphilis, 2. Heilung von Syphilis,
3. mangelnde Ausbildung des Wassermann sehen Reaktions¬
körpers. 4. Fehlen des Reaktionskörpers bei Vorhandensein der Mög¬
lichkeit, ihn durch provokatorische Behandlung zu erzeugen.
Werner.
Wissenschaftl. Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 19. Februar 1913.
Herr Roman: Demonstration eines primären malignen Hirn¬
tumors (Neuroepithelioma gliomatosum).
Herr Lippich: Ueber F.iweiss-Salzbeziehungen.
Einleitend wird zunächst die Ausnahmsstellung charakterisiert,
welche die Eiweisskörper unter den kolloidalen Substanzen ein¬
nehmen, derzufolge schon von vornherein sich dis Vorstellung auf¬
drängt, dass bei ihnen die chemischen Wirkungen die reinen Ober-
fiächenwirkungen zum mindesten überwiegen. Es folgt sodann ein
kurzer Ueberblick über die Adsorptionserscheinungen,' deren charak¬
teristische Eigentümlichkeiten ihren Ausdruck in der bekannten
Adsorptionsgleic.hurig finden.
Während man früher naturgsmäss die Eiweiss-Salzbeziehungen
im allgemeinen vom rein chemischen Standpunkt betrachtete, jedoch
besonders auch bezüglich der Schwermetallsalzfällungen zu keinem
befriedigenden Resultate gelangen konnte, stellte man sich später
von vornherein auf den reinen Adsorptionsstandpunkt, der bis in die
jüngste Zeit der fast allgemein herrschende geblieben ist. Analogien
zum Verhalten der Aminosäuren gegen Schwermetallsalze und die
angedeutete \usnahmsstellung der Eiweisskörper veranlassten den
Vortragenden, im Hinblick auf die keineswegs genügende Begründung
des Adsorptionsstandpunktes die Untersuchungen zunächst der
Metallalbuminate vom rein chemischen Standpunkte wieder aufzu¬
nehmen. Beim Studium der Eiweiss-Zinksulfatfällungen ergaben nun
die qualitativen wie die quantitativen Versuche übereinstimmend,
dass hier chemische Beziehungen stöchiometrischer Natur vorliegen.
Nun ist es sicher nicht nur erlaubt, diesen Schluss auf andere Metall¬
albuminate auszudehnen, sondern aus kürzlich erschienenen Unter¬
suchungen von Pfeiffer und v. Modelski (Zeitschr. f. physiol.
Chem., Bd. 81, S. 329, 1912), in welchen die Existenz wohldefinierter
Verbindungen von Aminosäuren und Polypeptiden mit Neutralsalzen
bew iesen wird, folgt mit einem nicht geringen Grade von Wahr¬
scheinlichkeit, dass die Eiweiss-Salzbeziehungen im allgemeinen
stöchiometrischer Natur sind. Es wird schliesslich an der Hand ein¬
zelner Beispiele gezeigt, wie viel befriedigender und erschöpfender
die Erklärung der denselben zugrunde liegenden Beobachtungen aus¬
fällt, wenn man vom obigen Standpunkte ausgeht.
Die rein physikalisch-chemischen Untersuchungen führen, w ie die
zahlreichen vorliegenden Arbeiten deutlich genug zeigen, je nach dem
theoretischen Standpunkte des Autors, zu z. T. ganz widersprechen¬
den Anschauungen; erst auf chemisch gesicherter Basis lässt sich
eine einheitliche Auffassung auch jener Ergebnisse aufbauen.
R o t k y.
Verein deutscher Aerzte in Prag.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 21. Februar 1913.
Herr Rel singer spricht über die Wasserversorgung von
Prag. Nach einer kurzen historischen Skizze der Wasserversorgungs¬
frage für Prag schildert der Vortr. das seiner Vollendung entgegen¬
gehende Projekt der Wasserwerkanlage, welche Gross-Prag mit
rund 600 000 Einwohnern versorgen soll. Aus der vorwiegend be¬
waldeten Gegend der Einmündung der Iser in die Elbe wird nach
dem Projekte des Leipziger Ingenieur Baurat T h i e m das Grund¬
wasser in dem Diluvialschottern mittels ca. 600 Rohrbrunnen von
200 mm Weite und 1—2 Sekundenliter Ergiebigkeit erschlossen, wozu
später noch artesisches Wasser aus der Kreideformation kommen soll.
Die Härte des Wassers beträgt llVs— 12% deutsche Grade und ist
chemisch und bakteriologisch einwandfrei. Die T emperatur beträgt
9y2_10y3 0 C. Die Gesamtergiebigkeit, welche während der
katastrophalen Trockenheit des Jahres 1911 bereits ihre Probe be¬
standen hat, beträgt 700 Sekundenliter und kann durch Erweiterung
der Fassungsanlagen, welche jetzt schon eine Länge von mehr a*s
25 km besitzen und auf 35 km gebracht werden können, sowie durch
Einbeziehung von artesischen Wässern, welche allerdings teilweise
erst der Enteisenung unterzogen werden müssten, auf 1200 Sekundeu-
liter gebracht werden. Mächtige Pumpanlagen drücken das Wasser
aus den Hauptsammelbrunnen bei Karany nach dem 23 km entfernten
und 128 m höher gelegenen Hochreservoir bei Prag, von wo es
entsprechend den verschiedenen Druckzonen nach den einzelnen Ver¬
teilungsreservoiren gelangt. Das Rohrnetz der bestehenden Fluss¬
wasserleitung wird auch der Verteilung des einzuleitenden Grund¬
wassers dienen, allerdings erst nach entsprechender Reinigung und
Durchspülung, welche unter bakteriologischer Kontrolle stattfinden
soll Zusammen mit der der Vollendung entgegengehenden Kanali¬
sation nach den Plänen Lindleys von Gross-Prag, wird das neue
Wasserwerk, dessen Kosten sich auf beiläufig 20 000 000 Kronen be¬
laufen, dazu beitragen, die alte Landeshauptstadt, welche bisher
unter den unhygienischen Zuständen viel zu leiden hatte, zu einer
„gesunden“ Stadt zu machen. O. Wiener.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung vom 21. Februar 1913.
Prof. Benedikt stellt eine Kranke vor mit gekreuzter Läh¬
mung des Gehörs und der Extremitäten.
Assistent Dr. Finsterer: Vorlagerung von Magenkarzinoinen
zur Röntgenbehandlung. , ,
Das zuerst an der Klinik Czernys geübte Verfahren wurde
vom Vortr. dahin modifiziert, dass nach der medianen Laparotomie
in Lokalanästhesie mittels eines Querschnittes die beiden Msc. recti
ca. 3 Finger über Nabelhöhe quer bis zu den Rippenbögen samt dem
Peritoneum durchtrennt, dass dann die Leber an beiden Lappen
möglichst hoch an den Rippenbögen mit durchgreifenden Nähten
fixiert wurde.
Man hat dann in der Bauchwand einen grossen rhom¬
bischen Defekt, zwischen welchem der kranke Magen samt dem
Lig. gastrocolicuin der direkten Röntgenbestrahlung vorliegt. Lei
Rand des Defektes wird allseits mit Jodoformgaze, Heftpflaster und
Binden verband abgedichtet, die bis zur F.rzielung von Adhäsionen
zwischen Peritoneum, Duodenum, Colon transversum bis zur Milz
hin etwa 6—7 Tage lang liegen bleiben. Der grosse Defekt ver¬
kleinert sich rasch, von der Haut her erfolgt Epithelisierung, der
karzinomatöse Anteil des Magens weist Granulationen auf, welche
sich schliesslich auch mit Epithel bedecken.
In dieser Weise wurde an der Klinik Höchen egg eine ganze
Reihe von Magenkarzinomen behandelt. Den ersten Fall hat den
Vortr. schon im Mai 1912 vorgestellt. Es handelte sich um ein
inoperables Magenkarzinom, der Erfolg war zunächst ein günstiger,
Gewichtszunahme 15 kg. Das Leiden wurde später wieder pro-
gredient, der Mann weist Lebermetasta$en etc. auf und hat wieder
stark an Körpergewicht verloren. Seit der Operation sind abei
schon 16 Monate verstrichen. 1 j
In einem zweiten Falle (Magenbeschwerden, Abmagerung, Er¬
brechen bei groben Speisen) wurde ein Karzinom der kleinen Kur-j
18. März 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
621
vatur, übergreifend auf das Duodenum und das Lig. hepato-duode-
nale etc. gefunden. Hintere Gastroenterostomie, 15 Bestrahlungen
mit 21 H. Magen epithelisiert, Tumor nicht fühlbar, Körpergewicht
um 12 kg zugenommen. Aus dem kleinen Netz exzidierte harte Drüsen
ergaben bei der histologischen Untersuchung chronische Entzündung.
Ein 3. Fall (faustgrosses Karzinom der kleinen Kurvatur, auf das
Duodenum iibergreifend, ausgedehnte Drüseninfiltration, hochgradige
Kachexie) wurde nach ausgeführter Operation 24 mal mit 34 H. be¬
strahlt. Erfolg. Gewichtszunahme 8 kg, guter Appetit, gutes Aus¬
sehen, kein Tumor fühlbar. Die aus dem grossen Netz entfernten
Drüsen wiesen Adenokarzinom auf.
Ebenso der 4. Fall (Karzinom im präpylorischen Anteile, auf das
Pankreas übergreifend, ausgedehnte Drüsenmetastasen). Wieder
24 Bestrahlungen. Starke Gewichtszunahme, Tumor nicht palpabel.
in fünf weiteren, allerdings schon weit vorgeschrittenen, mit Leber¬
metastasen etc. behafteten Fällen von Magenkarzinom wurde kein
länger andauernder Erfolg beobachtet, die Kranken gingen bald zu¬
grunde.
Der Vortr. rechtfertigt es, dass er in allen Fällen eine Gastro¬
enterostomie machte, auch da, wo keine Pylorusstenose vorhanden
war; er schreibt ihr wohl einen Teil des Erfolges zu. aber nicht den
ganzen, da der Erfolg der Gastroenterostomie ohne Vorlagerung und
Bestrahlung gemeinhin ein vorübergehender sei. Eine_ Probeexzision
aus dem Tumor vermeidet er, da die Verletzung der Serosa mit eine
Ursache für das Auftreten von Magenfisteln abgeben könnte. Die
Bestrahlung wird anfangs auch sehr vorsichtig ausgeführt, um keine
Nekrosen zu erzeugen, dann aber soll sie durch lange Zeit fortgesetzt
werden. Selbstverständlich wird man das Verfahren, dem übrigens
auch bestimmte Grenzen gezogen sind, nur da anwenden, wo der
Tumor inoperabel ist; es ist aber, wie die Erfolge Czernys und die
an der Klinik Hocheneggs beweisen, recht empfehlenswert.
In der Diskussion wies Prof. A. F r a e n k e 1 auf die merk¬
würdigen, noch nicht aufgeklärten Fülle hin, in welchen eine Probe¬
laparotomie bei einem inoperablen Magenkrebs eine wesentliche Bes¬
serung des Allgemeinbefindens, die monatelang anhält, herbeiführt. —
Dozent Dr. Freund begründete seinen Vorschlag, bei einer der¬
artigen Behandlung, wo es die Beschaffenheit und Lokalisation der
Neubildung gestatten, vorerst diese nach Möglichkeit operativ zu
entfernen und erst den Rest, womöglich unvernähtes Gewebe, der
Bestrahlung auszusetzen. Darnach, müsste der Effekt ein viel
energischerer sein. — Dr. M. H a u d e k weist u. a. auf die jüngsten
Publikationen von Aschoff, Krönig und Ganss über die mäch¬
tige Wirkung der Röntgenstrahlen auf vorgelagerte Karzinome hin und
würdigt die Erfolge F i n s t e r e r s, wogegen Prof. Ranzi 4 Beob¬
achtungen an der Klinik v. Eiseisberg bespricht, bei welchen
diese Behandlungsmethode (Magenkarzinom, Vorlagerung und
Röntgenbestrahlung) keinen nennenswerten Erfolg aufwies.
Ranzi erörtert auch die technischen, Schwierigkeiten in einzelnen
Fällen, zumal wenn die Tumoren an der hinteren Magenwand
sitzen.
Dr. T e r t s c h stellt 3 Fälle von akuter retrobulbärer Neuritis
vor, welche trotz völlig negativen Nasenbefundes durch Skarifika-
tionen des vorderen Endes der mittleren Nasenmuschel nach wenigen
Tagen geheilt wurden.
In der Diskussion bestritt Prof. M. Hajek, dass eine er¬
folgreiche Behandlung von der Nase aus dafür beweisend sei, dass
eine akute retrobulbäre Neuritis ihre Ursache in der Nase habe,
es könnten für sie noch andere Ursachen bestehen, welche die Oph¬
thalmologen bisher noch nicht erforscht haben.
Dr. R. Th. Schwarzwald zeigt aus der Abteilung Prof.
Zuckerkandis eine durch Kollargol eigentümlich veränderte Niere
und bespricht einen Fall von seitlicher Naht der Arteria iliaca ext.
dextra (Arrosionsblutung infolge Einlegens eines Drains nach einer
Appendixoperation). Exitus an Ileus trotz erfolgreicher Gefässnaht
in einem infizierten Terrain.
Dr. Klemens J. Schopper: Erfahrungen über die Cholera in
Ostrumelien während des Balkankrieges.
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde.
Sitzung vom 27. Februar 1913.
K. Feri stellt einen Mann mit Parainyoclonus multiplex vor.
Die Muskulatur der Extremitäten zeigt tikartige, blitzschnelle
Zuckungen, welche bald in dem einen, bald in dem anderen Muskel
auftreten und nicht die Gesamtheit einer ganzen Muskelgruppe be¬
treffen. Diese Affektion dauert seit 5 Wochen. Der Nervenbefund
ergibt keine Anomalien, die Sehnenreflexe sind gesteigert, der Magen¬
saft ist subazid; vielleicht ist der Krampf auf eine gastrointestinale
Intoxikation zurückzuführen.
E. L e w i zeigt aus der Abteilung Schlesinger einen 46 jähr.
Mann mit tabischer Arthropathie.
A. v. Decastello führt einen 32 jähr. Mann vor mit einem
langsam wachsenden Lymphogranulom der Mediastinal- und Hals¬
drüsen.
H. Politzer demonstriert ein 13 jähr. Mädchen mit einer
poliomyelitisähnlichen Erkrankung und sequestrierender Periostitis
und Osteomyelitis. Er zeigt ferner eine Frau mit Rheumatismus tub.
und multiplen Drüsenschwellungen.
St. Schablin führt ein 7 jähr. Mädchen mit Chloroanämie in¬
folge von Trichocephalus dispar vor. Pat. ist seit längerer Zeit
schwächlich, anämisch und appetitlos, sie hatte auch Herzklopfen und
Schmerzen in den Beinen. Das Kind hatte die Gewohnheit, mit
Lehm zu spielen und ihn auch in den Mund zu nehmen. Der Blutbe¬
fund ergab 1 250 000 blasse Erythrozyten, Hämoglobingehalt 17 Proz.,
18 000 Leukozyten. Beider Untersuchung der Fäzes fanden sich
massenhafte Eier von Trichocephalus dispar. Die Infektion mit diesem
Wurm erfolgt durch Erde, die Parasiten bohren sich im Zoekum und
im Dickdarm in die Schleimhaut ein und verursachen durch das
Aussaugen von Blut und durch die Abscheidung von Toxinen eine
Anämie. Der Wurm ist sehr schwer abzutreiben, auch in dem vor¬
gestellten Falle wurden alle möglichen Anthelminthica ohne Erfolg
versucht. Es wurden daher der Patientin nur Pepsin und Pankreon
verabreicht, worauf das Körpergewicht in erfreulicher Weise zuge¬
nommen und auch der Blutbefund sich gebessert hat.
H. Eppinger und C h a r n a s berichten über die Resultate
ihrer Untersuchungen betreffs Regeneration des Blutes.
Das Blut erneuert sich ebenso, wie sich die anderen Körperzellen
regenerieren. Ein Mensch mit einem Gewichte von 70 kg hat durch¬
schnittlich 3500 ccm Blut. In 100 ccm Blut befinden sich 14 g Hämo¬
globin, aus welchen sich 4 g Hämatin abspalten lassen; aus dem
gesamten Blutquantum des Individuums lassen sich ungefähr 19,6 g
Hämatin darstellen. Letzteres wird wahrscheinlich im Kreislauf
zwischen der Leber und Milz abgebaut, aus ihm bildet sich Porphyrin
und aus diesem der Farbstoff der Fäzes (Urobilin). Aus einem
Molekül Hämatin entsteht ein Molekül Urobilin. Die Menge des
Urobilins kann man als einen Index (Mauserungskoeffizienten) für die
Erneuerung der Blutkörperchen annehmen. Im normalen Stuhl sind
täglich 0,15 g Urobilin resp. Urobilinogen enthalten. Die Berechnung
ergibt, dass bei einem gesunden Menschen sich durchschnittlich im
Laufe von 40 Tagen alle Blutkörperchen erneuern. Vortragende haben
derartige Untersuchungen auch bei verschiedenen Krankheiten be¬
gonnen. In einem Falle von perniziöser Anämie waren täglich im
Stuhl 0,5 g Urobilin und Urobilinogen enthalten, daraus ergibt sich,
dass das ganze Blut im Verlaufe von 14 Tagen erneuert wird. Es
handelt sich also in diesem Falle um eine erhöhte Zerstörung der
Blutkörperchen. Beim Zugrundegehen derselben wird das Eisenhämo¬
globin frei, aus diesem entsteht Hämatoporphyrin, welches in der
Milz oder in der Leber in Bilirubin umgewandelt wird. Dieses wird
im Darme zu Urobilinogen und Urobilin reduziert. Vortragende be¬
stimmen die Menge des Urobilinogens im Stuhle nach Extraktion mit
Alkohol, Wasser und Aether, die quantitative Bestimmung erfolgt
kalorimetrisch.
K. v. Stejskal macht auf eine Fehlerquelle aufmerksam, näm¬
lich die des Lipochrom im Blute, welches zwar beim Gesunden keine
grosse Rolle spielt, bei perniziöser Anämie aber auf das Zehnfache
vermehrt ist.
Aus den französischen medizinischen Gesellschaften.
Academie des Sciences.
Sitzung vom 30. Dezember 1912.
Sensibilisierte lebende Antistaphylokokkenvakzine.
Die Schutzimpfung mit dem seit 1902 von Besredka inaugu¬
rierten Verfahren sensibilisierter lebender Bazillen hat bekanntlich
beim Typhus abdominalis bereits gute Erfolge aufzuweisen. Es wur¬
den nun anderweitige Versuche mit sensibilisierten, durch Hitze
abgetöteten Bakterien angestellt und Michel Cohendy und Bert-
r a n d berichten ihre ersten, mit sensibilisiertem lebenden Anti-
Staphylokokkenserum (Vakzine) gemachten Erfahrungen.
Ihre Beobachtungen umfassen Fälle von Kiefer- und Stirnhöhlen¬
eiterungen, von Otitis, Herpes, (confluens und suppurativa), Akne,
Furunkulosis, Milzbrand usw. In allen Fällen benützten sie Auto¬
vakzine. In den so behandelten Fällen wurde allgemein ein Stillstand
im Verlaufe der lokalen Infektion, gleichzeitig mit Besserung aller
anderen Krankheitserscheinungen beobachtet. Nach der Inokulation
ist die Allgemeinreaktion, ausgenommen ein geringe Schwäche und
leichte Aufregung, die etwa 24 Stunden anhalten, gleich Null, lokale
Reaktion keine vorhanden. Die Injektionen, im allgemeinen in der
Zahl von dreien, werden in progressiven Dosen je nach den erzielten
Besserungen in Zwischenpausen von 3—6 Tagen gemacht und zwar
subkutan am Rücken (in der Höhe des 11. Dorsalwirbels). Selbst
mit einer Dosis, die über 400 Millionen Bakterien hinausging, wurde
niemals eine Temperatursteigerung, die über 0,5° C betrug, beob¬
achtet. Sowohl bei der Herstellung, wie der Inokulation der Vakzine
müssen alle Regeln strengster Asepsis beachtet werden. Die in¬
jizierten Bakterien werden wahrscheinlich an der Injektionsstelle von
den Phagozyten verschlungen; weder im Blute, noch im Urin hat
man während der, der Injektion folgenden 12 Tage Staphylokokken
gefunden. Aus der Gesamtheit dieser Tatsachen schliessen Bericht¬
erstatter auf die Unschädlichkeit dieser Vakzine ebenso wie aut
deren Wirksamkeit gegen gewisse (reine Staphylokokken- oder auch
Misch-) Infektionen. ^
622
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11-
Verschiedenes.
Die experimentelle Phonetik in der XV. Versammlung der italie¬
nischen Oto-rhino-laryngologischen Gesellschaft.
Von Dr. G. Panconcelli-Calzia.
Die Wichtigkeit einer jungen Wissenschaft, der experimentellen
Phonetik, für den Otorhinolaryngologen im besonderen und für den
Mediziner im allgemeinen war bereits 1909 Gegenstand eines Vor¬
trags von Zwaardemaker in der laryngologischen Sektion des
internationalen Kongresses zu Pest: „Die experimentelle Phonetik
vom medizinischen Standpunkte aus“, sowie 1911 eines zweiten Vor¬
trags von G u t z m a n n und Struycken: „Ueber die Beziehungen
der experimentellen Phonetik zur Laryngologie“ auf dem III. inter¬
nationalen Laryngorhinologenkongress in Berlin. Der XV. Kongress
der Societä italiana di larin gologia, otologia e
rinologia, der vom 17. bis 21. September in Venedig tagte,
ist von besonderem Interesse und Wert für die experimentelle
Phonetik, weil dort diese Wissenschaft zum ersten Male in Italien
eine Würdigung in einem Kongress fand.
G r a d e n i g o- Turin 'und B i a g g i - Mailand erstatteten einen
Bericht über die „Anwendung der experimentellen Phonetik in der
Klinik“. Der bereits in dem ersten Teil der Verhandlungen er¬
schienene Bericht bezweckt, Mediziner in die experimentelle Phone¬
tik in leichter und übersichtlicher Weise einzuführen. Gradenigo
und Biaggi wiederholten in abgekürzter Form ihren Bericht münd¬
lich und ergänzten ihre Ausführungen durch Demonstration von
Apparaten, Aufnahmen usw.
Ihnen folgten die Vorträge bzw. die Vorführungen der Herren:
G. Panconcelli-Calzia (Vorführungen); G. Bilancioni:
Die graphische Untersuchung der Atmung bei Stenosen der ersten
Luftwege; V. Nicolai: Laryngektomie wegen inneren Krebses und
respiratorisch-phonatorische Prothesenapparate; G. Masini: Wir¬
kungen der am Gehörorgan der Taube gesetzten Verletzungen von
der Theorie von Flourens bis zu der von Cyon; V. De Cigna:
Abhandlung über die akustische Theorie und persönliche Anschau¬
ungen; G. Nieddu: Wissenschaftliche und praktische Akumetrie;
A. Toretta: In der medizinisch-chirurgischen Praxis gebräuch¬
liches Instrument, empfohlen zur Feststellung der unteren Hörgrenze;
G. Borgheggiani: Ueber den Einfluss der Umgebung auf die Re¬
sultate der funktionellen Untersuchung des Gehörs; G. Masini:
Ueber den Unterschied des Masses der Hörschärfe zwischen dem
Wort und dem Satz; T. Mancioli: Die Untersuchung des Gehörs
und der ersten Luftwege bei den Schülern der römischen Gemeinde¬
schulen; A. Mannelli: Die Pflege des Ablesens vom Munde bei
den Tauben.
Einer Einladung des Herrn Prof. Gradenigo folgend, hatte
sich auch das phonetische Laboratorium des Seminars für Kolonial¬
sprachen, Hamburg, durch seinen Leiter vertreten lassen, um dort
über die letzten Untersuchungen und neuesten Instrumente des La¬
boratoriums zu berichten. In dem phonetischen Laboratorium, das
1910 vom Hamburgischen Staat als eine Abteilung des Seminars für
Kolonialsprachen begründet wurde, werden neben dem linguistischen
Gebiet auch mehrere andere Zweige der Phonetik gepflegt, u. a. das
pathologische Gebiet.
Es wurden in Venedig vorgeführt: ein neuer Laryngograph, der
auf über 900 Schwingungen reagiert; ein Autophonoskop, zur
Selbstlaryngoskopie und gleichzeitigen Beobach¬
tung seitens einer zweiten Person; Pneumogramme von Phon¬
asthenikern vor und nach der Behandlung; röntgenographische Mo¬
mentaufnahmen von Vokalen und einem Fall von Diplophonie;
röntgenographische Polygramme der Bewegungen des Kehlkopfes und
der Teile des Ansatzrohres nach dem Verfahren von Herrn Levy-
D o r n; die durch den Lioretgraphen (Umwandlung der phono-
graphischen Glyphen in graphisch dargestellte Kurven) erzielten Bil¬
der von mehreren Vokalen, einzeln und im Wort.
Durch diese Demonstrationen wurde der praktische, klinische
Wert des experimentalphonetischen Verfahrens betont und bewiesen.
Diese Berücksichtigung der experimentellen Phonetik auf den medi¬
zinischen Kongressen ist das beste Zeichen dafür, dass die Wichtigkeit
dieser jungen Wissenschaft in diagnostischer, therapeutischer und
hygienischer Hinsicht anerkannt ist, und trägt vielleicht dazu bei,
manchen Leser dieser Wochenschrift für die experimentelle Phonetik
zu gewinnen.
Therapeutische Notizen.
Eine neue Art intravenöser Injektion von Neo¬
salvarsan empfiehlt Paul Ravaut (Presse medicale 1913,
No. 18). Seine Untersuchungen gingen von der Frage aus, bei welcher
Konzentration die Lösungen von Neosalvarsan in destilliertem Wasser
für die roten Blutkörperchen nicht mehr schädlich seien, und er
kam zu folgenden Lösungsverhältnissen: 10 ccm destilliertes Wasser
auf 0,45 — 0,60, 15 ccm auf 0,75 — 0,90 g Neosalvarsan. Er bediente
sich einer auf 10 und 15 cm graduierten (B o r r e 1 sehen) Flasche und
einer 20 ccm-Glasspritze. In die sterilisierte Flasche wird die not¬
wendige Menge Wasser und dann das Neosalvarsanpulver, das sich
fast sofort auflöst, gegeben, die Lösung mit der Spritze aspiriert
und langsam die Injektion, wie gewöhnlich, in eine Armvene gemacht,
was in 15—20 Sekunden geschehen ist. R. führte auf diese Weise an
47 Kranken 184 Injektionen aus, die alle vorzüglich vertragen wurden.
Mit 0,45 g beginnend stieg er allmählich (in 8 tägigen Pausen) bis auf
0,9 g und einige Kranke haben bis zu 6 Injektionen in dieselbe Vene
bekommen. Die Folgeerscheinungen dieser Injektionen (Fieber, Uebel-
keit, Erbrechen) schienen weniger- häufig wie mit den übrigen Me¬
thoden: sie hängen grossenteils vom Kranken, der Form und dein
Stadium seiner Syphilis usw. ab. Die therapeutischen Resultate
schienen völlig mit den bei den anderen Injektionsmethoden erzielten
übereinzustimmen. Diese Methode hat den grossen Vorteil, die Rolle
der Verunreinigungen, die im Wasser Vorkommen können, beträchtlich
zu vermindern, die Instrumente zu vereinfachen, Röhren und Gummi-
schläuche zu vermeiden, viel rascher ausführbar zu sein (da R.
36 Kranke in 2 Stunden injizieren konnte), die Berührung (der Lösung) i
mit der Luft einzuschränken und so die Oxydationen zu verhüten.
All diese Vorteile scheinen die Resultate viel regelmässiger zu ge- 1
stalten, was R. ermöglichte, interessante Feststellungen über die 1
Reaktionen, die manche Patienten darbieten, zu machen und so die
Indikationen der Neosalvarsananwendung genauer umschreiben zu
können. St.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 17. März 1913.
— Der Deutsche Monistenbund hat an den Reichstag eine Ein- i
gäbe gerichtet, in der eine Aenderung des Gesetzes über '
die Beurkundung des Personenstandes und die i ,
Eheschliessung vom 6. Februar. 1875 dahin vorgeschlagen
wird, dass § 45 Abs. 2 folgenden Zusatz erhält: (Insbesondere
haben die Verlobten in beglaubigter Form beizubringen): „3. Je eine \
Bescheinigung eines approbierten Arztes, nicht älter als sechs Mo- !
nate, aus welcher ersichtlich sein muss, ob im Falle einer Ehe¬
schliessung wesentliche Gründe für Gefährdung der Gesundheit !
von Gatten oder Nachkommen vorliegen, und in welche Einsicht zu
nehmen auf Wunsch beiden Beteiligten gestattet ist.“ Sollte es nicht
möglich erscheinen, obige Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen,
so empfiehlt der Monistenbund dafür wenigstens die nachfolgende:
„3. Je eine Bescheinigung eines approbierten Arztes, nicht älter als
sechs Monate, dahin lautend, dass der (die) Verlobte in Hinsicht auf
die beabsichtigte Eheschliessung eine ärztliche Beratung in Anspruch |
genommen hat.“ Dem Antrag ist eine Begründung beigegeben, in der ;
die Bedenken, dass die geforderte Bestimmung eine weitere Ver- .
minderung der Geburtenzahl oder eine Zunahme der unehelichen
Geburten zur Folge haben könne, widerlegt werden. Nur die Er- !
zeugung schwächlicher, krankhaft veranlagter Kinder werde ver- |
ringert werden; die Volkskraft beruhe aber nicht allein auf der
Zahl, sondern in erster Linie auf der körperlichen, geistigen und
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bürger. — Nach den Proben, |
die unser Reichstag von seinem Verständnis für Fragen der Volks¬
gesundheit schon gegeben hat — wir erinnern an das Kurpfuscherei- i
gesetz — fürchten wir, dass er für diesen in seiner Tendenz jeden¬
falls ausgezeichneten Antrag noch nicht reif sein wird. Sicher ist i
aber, dass die Zeit kommen wird — und sie ist hoffentlich nicht
allzu ferne — , in der man die Forderungen des. Antrages als etwas
Selbstverständliches betrachten wird. Es ist ein Verdienst des Mo¬
nistenbundes, dass er den Mut gehabt hat, den Antrag jetzt schon
zu stellen und damit diese für die Volksgesundheit eminent wichtige
Frage zur allgemeinen Diskussion zu stellen.
— ■ Das Kgl. Bayer. Staatsministerium der Finanzen hat den
Landesverband für das ärztliche Fortbildungswesen in Bayern zu
einer Besichtigung des Kgl. Bades Reichenhall für den
9. und 10. Mai eingeladen, welcher seinerseits wieder an die medi
zinschen Fakultäten der 3 Landesuniversitäten, sowie an die ver¬
schiedenen lokalen Vereinigung Einladungen ergehen liess. An der ,
Besichtigung können sich 200 Herren beteiligen und ist für die
Teilnehmerkarte für Uebernachten, Frühstück etc. ein Betrag von
10 Mark zu entrichten. Nähere Auskunft durch den Schriftführer
Jordan, Lessingstrasse 4.
— Die Reklame für die Fried mannsche Behandlung
derTuberkulose, die in Deutschland energisch abgelehnt wurde,
scheint in den Vereinigten Staaten, die Dr. Friedmann als Ort
seiner ferneren Tätigkeit gewählt hat, kräftig fortgesetzt zu werden.
Dort ist es sogar geglückt, die Regierung für die Sache zu inter¬
essieren. Der Staatssekretär erstattete dem Präsidenten der Repu¬
blik einen Bericht über „the Friedmann treatment of tubercu-
losis“, den dieser dem Senat übergab, der ihn als Senatsdokument
No. 1018 veröffentlichte. Dieser Bericht enthält eine Einleitung des
amerikanischen Generalkonsuls in Berlin und die wörtliche Ueber-
setzung des von Friedmann in der Berliner med. Gesellschaft
gehaltenen Vortrags nebst Diskussion. Von den köstlichen Verwechs¬
lungen der offenbar von einem Nichtarzt herrührenden Uebersetzung
teilt das Journal of the Am. med. Ass. einige Proben mit; so wird
„Dämpfung“ (dulness) mit „oppression“, „kleinblasiges Rasseln“ mit
„rattling in the small bladder“ übersetzt. Das Journal beklagt sich
mit Recht darüber, dass die Regierung in einer solchen Sache vor¬
geht, ohne den Rat der berufenen sachkundigen Stellen einzuholen.
Das Auftreten Dr. Friedmanns in New York hat übrigens in¬
zwischen zu einem Skandal geführt. Der Ausübung seiner Tätigkeit
wurden Hindernisse in den Weg gelegt. Infolgedessen kam es vor
623
tarz 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Wohnung, vor der sich Tausende von heilungsuchenden
ndsiiehtigen eingefunden hatten, zu Unruhen, so dass die Poli¬
tischreiten musste.
- Die Berliner Stadtverordnetenversammlung hat den Qeh. Re-
i igsrat Dr. Weber, Direktor im Kais. Gesundheitsamt, zum
itmedizinalrat gewählt. Geh. R. Weber ist sowohl als
; tischaf tlicher Arbeiter, wie als Organisator, in letzterer Hinsicht
r Hygieneausstellung in Dresden, bewährt.
- Dem Generalstabsarzt der Bayer. Armee, Prof. Dr. Ritter
ydel, wurde der Rang als Generalleutnant mit dem Prädikat
lenz verliehen.
- Nach dem 82. Jahresbericht über die Hufelandschen
tu ngen für notleidende Aerzte und Arztwitwen wurden im
: 1912 aus der Stiftung für Aerzte an Pensionen und Unter-
iigen 7150 M. bezahlt, aus der Stiftung für Arztwitwen 21 695 M„
.er üoburekschen Stiftung für Arztwaisen 6250 M. Die Zahl
■ Interstiitzten betrug 21 Aerzte, 173 Arztwitwen und 54 Ärzt¬
in. Die Adresse des Direktoriums, in welches an Stelle des ver-
■nen Geh. Med.-R. Dr. Aschenborn der Geh. Med.-R.
eyl eintrat, ist Berlin NW. 7, Schadowstr. No. 10.
- Der bekannte Kurpfuscher Bauer in Kötzschenbroda wurde
dreitägiger Verhandlung vom Schwurgericht in ßöhm.-Leipa
ji Beleidigung des Dr. Kantor in Warnsdorf, Herausgeber
I Redakteur des „Gesundheitslehrer“, begangen duren eine ano-
Schmähschrift, zu 6 Wochen Haft verurteilt, die in eine Geld-
von 3000 Kronen umgewandelt wurden.
- Das mit einem Kostenaufwand von 2 500 000 Mark nach den
ten technischen und medizinischen Erfahrungen errichtete Ther-
I und Heilbadhaus „Kaiser-Friedrich-Bad“ in Wies¬
en wird am 1. April d. Js. seiner Bestimmung übergeben werden.
-'Die internationale Vereinigung für wissenschaftliche und inedi-
he Fortbildung in Paris veranstaltet Ostern d. J. eine Stu-
: reise nach Spanien. Treffpunkt: Perpignon. Schluss
eilnehmerliste : 22. März. Näheres durch A. P. M., 12 Rue
ois Millet, Paris XVI.
- Die Preussische Landeszentrale für Säuglingsschutz lädt zur
reussischen Landeskonferenz für Säuglings¬
itz am Mittwoch, den 26. März d. J., vormittags 11/4 Uhr, im
rsitzungssaale des Preussischen Herrenhauses, Berlin, Leipziger-
i e 3, ein. Die Verhandlungen betreffen I. Den Wert der Stillbei-
(Stillunterstützungen, Stillprämien) als Mittel zur Förderung
tillens; hierzu werden drei Referate erstattet: 1. Die Entwick-
: und der gegenwärtige Stand der Stillbeihilfen (Stillunter-
'iiigen, Stillprämien) in Preussen. Referent: Oberarzt Dr. R o 1 1 -
i. 2. Die ärztlichen Forderungen zur Organisation der Still¬
lien auf Grund der bisherigen Ergebnisse. Referent: Prof. Dr.
.■ m i c h - Leipzig. 3. Die Durchführung der Organisation der
eihilfen in der Gemeinde. Referent: Stadtrat P a u 1 - Magde¬
il. Die Organisation der Kleinkinderfürsorge. 1. Die ärzt-
Forderungen für die Organisation der Kleinkinderfiirsorge. Re-
: Primärarzt Dr. F r e u n d - Breslau. 2. Die Durchführung der
jiisation der Kleinkinderfürsoge in der Gemeinde. Referent:
rat Dr. Gottstein - Charlottenburg. — Zur Teilnahme an
'reussischen Landeskonferenz sind alle Persönlichkeiten, die in
lütter-, Säuglings- und Kleinkinderfürsorge tätig sind, berech-
Sie ist für Mitglieder der Preussischen Landeszentrale frei,
nitglieder können Teilnehmerkarten zu 5 M. durch die Geschäfts-
der Preussischen Landeszentrale für Säuglingsschutz, Char-
burg, Privatstrasse, beziehen. Anfragen sind zu richten an
! Schriftführer der Preussischen Landeszeutrale, Oberarzt Dr.
1 1, Charlottenburg, Privatstrasse.
- Die Südwestdeutsche und die Nieder rhei-
h - Westfälische Vereinigung für K i n der heil -
de werden, wenn genügend Beiträge angemeldet werden, am
ag, den 13. April, eine gemeinsame Tagung in Wiesbaden
teil. Anmeldung zu Vorträgen sind vor dem 1. April an Dr. Lu-
bi'hl, Wiesbaden, Schützenhofstrasse 9, zu senden. Die beab-
gte gemeinsame Tagung mit der holländischen Vereinigung fällt
ieses Jahr aus.
- Der 3. internationale Kongress für Neurologie
Psychiatrie findet vom 20. — 26. August in Gent statt. An¬
ti an den Generalsekretär Dr. F. D ’ H o 1 1 a n d e r, 110 Boule-
Dolez, Mons, Anmeldungen an den Schatzmeister, Dr. D e -
te, Brüssel, rue Albert 192.
- Im Verlag von J. Springer in Berlin beginnen zwei neue
alblätter zu erscheinen: „Zentralblatt für die ge-
te Chirurgie und deren Grenzgebiete“ (herausgegebeu
ständiger Aufsicht der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie)
.Zentralblatt für die gesamte Gynäkologie und
urtshilfe und deren Grenzgebiete. Beide Zentralblätter
ssen sich eng an an das vom Kongress für innere Medizin
sgegebene. Der Preis beträgt 32 bzw. 28 Mk. für den Band. Leider
nicht gesagt, wie viel Bände im Jahre erscheinen, so dass der
üe Frage des Abonnements gestellte Arzt nicht weiss, welchen
ig er für ein solches Blatt in sein Budget einzusetzen hat (das
d. ges. innere Medizin brachte 1912/13 4 Bände; kostete also
>lark). Namentlich auch für Bibliotheken, die mit einem festen
zu rechnen haben, ist diese in neuerer Zeit sehr beliebt ge-
;ne Methode der „zwanglos“ erscheinenden Bände unerträglich.
So hat z. B. der Aerztliche Verein München im Jahre 1912 seinen
Etat um eine bedeutende Summe überschritten, wesentlich infolge
der mit unbestimmtem Jahrespreise erscheinenden Zeitschriften. Es
wäre an der Zeit, dass die medizinischen Bibliotheken und andere
Interessenten sich zusammenschlössen zur Abwehr gegen dieses ganz
ungewöhnliche Vorgehen einzelner Verleger.
— Hermann Schlesingers „A e r z 1 1 i ch e s Handbüch-
lein für hygienisch-diätetische, hydrotherapeutische, mechanische
und andere Verordnungen“ ist in 11. Auflage erschienen (Göttingen,
Denerleinsche Buchhandlung 1913). Zu dieser Auflage hat Prof,
v. Noorden ein Vorwort geschrieben, in dem er ausspricht, dass
es auf dem medizinischen Büchermarkt kein zweites Buch gehe, aus
dem sich der Arzt so schnell und leicht über die wichtigen Fragen
der diätetischen Therapie unterrichten könne.
— Das „Viermännerbuch“, das Diagnostisch-thera¬
peutische Vademecum der vier Leipziger H. Schmidt,
L. E r i e d h e i m, A. L a m h o f e r und J. Donat ist ebenfalls in
11. Auflage erschienen. (Leipzig, J. A. Barth. Preis geb 6 M.j
— Pest. Britisch Ostindien. Vom 2. bis 8. Februar erkrankten
4964 und starben 4083 Personen an der Pest. — Hongkong. Vom
26. Januar bis 1. Februar 1 tödlich verlaufene Erkrankung. — Britisch
Ostafrika. Vom 14. Januar bis 5. Februar sind 7 Erkrankungen ge¬
meldet worden, von denen insgesamt 6 tödlich verlaufen sind. —
Brasilien. In Pernambuco vom 16. bis 31. Dezember v. J. 1 Todes¬
fall, in Santos am 1. Dezember 2 Erkrankungen und 2 Todesfälle. —
Hawaii. In Kukuihaele am 31. Januar 1 Erkrankung und 1 Todesfall.
— In der 9. Jahreswoche, vom 23. Februar bis 1. März 1913,
hatten von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste
Sterblichkeit Jena mit 30,6. die geringste Worms mit 3,2 Todesfällen
pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen
starb an Masern und Röteln in Kaiserslautern, an Diphtherie und
Krupp in Gladbeck, Hamm, Harburg, an Keuchhusten in Elbing, Hof.
V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Erlangen. Dr. Lobenhoff er hielt seine Probevorlesung
über „die Hypophyse“ (nicht über „Kyphose“ s. vor. No.).
Freiburg i. Br. Dr. Johannes O e h 1 e r, erster Assistent an
der chirurgischen Klinik, habilitierte sich als Privatdozent für Chirur¬
gie mit der Antrittsvorlesung über die chirurgische Behandlung der
Nierenerkrankungen, (hk.)
Kiel. Dr. med. Max Käppis aus Tübingen, Assistenzarzt der
Kgl. chirurgischen Klinik, habilitierte sich für Chirurgie. Die Habili¬
tationsschrift lautete: „Beiträge zur Frage der Sensibilität der Bauch¬
höhlen“ und die Antrittsvorlesung: „Der gegenwärtige Stand der
Lokalanästhesie“.
Leipzig. Für Geburtshilfe und Gynäkologie habilitierte sich
Dr. Bernhard Schweitzer, Assistent an der Frauenklinik, mit
einem Probevortrag über „Die neueren Forschungen über Bakterio¬
logie und Prophylaxis des Kindbettfiebers, insbesondere in Rücksicht
auf die hämolytischen Streptokokken“, (hk.)
Münster i. W. Der Provinzialausschuss beschloss, dem Pro¬
vinziallandtage eine Vorlage zu unterbreiten, in der dem Staat für
den Ausbau der medizinischen Fakultät 250 000 Mark angeboten
werden, falls die Stadt Münster mindestens 500 000 Mark zur Ver¬
fügung stelle.
S t r a s s b u r.g. Den Privatdozenten Dr. Karl Pfersdorf
(Psychiatrie), Assistent an der psychiatrischen und Nervenkiinik,
Dr. Julius Baer (Innere Medizin) und Dr. Walter Berg (Anatomie),
Assistent und Kustos am anatomischen Institut, ist der Titel Professor
verliehen worden, (hk.)
Bern. Dr. Fr. L. D u m o n t habilitierte sich für Chirurgie,
Dr. M. Steiger für Geburtshilfe und Gynäkologie.
Lemberg. Der a. o. Universitätsprofessor für Anatomie des
Nervensystems Dr. Gustav B i k e 1 e s erhielt den Titel eines ordent¬
lichen Universitätsprofessors.
Wien. Die k. k. Gesellschaft der Aerzte schreibt neuerlich den
Dr. Goldberger - Preis im Betrage von 2000 Kronen für die
beste Beantwortung des Themas: „Entstehung und Therapie der Re-
flexanurie“ aus. Aerzte aus Oesterreich-Ungarn und ganz
Deutschland können um diesen Preis konkurrieren. Ein¬
reichungstermin bis längstens 15. Mai 1914, Zuerkennung des Preises
im Oktober 1914. Einsendungen sind an das Präsidium der k. k. Ge¬
sellschaft der Aerzte in Wien in üblicher Weise mit Motto, einem
geschlossenen Kuvert mit demselben Motto aussen, innen Namen und
Adresse, zu richten.
(Todesfälle.)
In K ö 1 n starb Prof. Dr. Seemann, Direktor des physiologisch¬
chemischen Institutes der Akademie für praktische Medizin, nach
über 4 Monate langem Leiden an einer schwersten perniziösen An¬
ämie. Er wirkte in Köln als Nachfolger des nach Berlin berufenen
Prof. Cr einer seit 1911/12.
Dr. O. P e r t i k, Professor der pathologischen Anatomie zu Pest.
(Berichtigung.) In No. 10, S. 543, Sp. 2, Z. 25 v. u. ist
statt „oder Eventration“ zu lesen : „o h n e Eventration“.
Der Verfasser des in No. 8, S. 243 angezeigten Buches: La
Tuberculose pulmonaire maladie evitable ist Dr. R. B r u n o n in Rouen
(nicht Brunon und Rouen).
624
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Koi
Korrespondenz.
Nachtrag zu meiner Mitteilung: „Eine neue Methode des Nachweises
und der Registrierung der Wirkung proteolytischer Fermente“ 1).
Von Dr. Alfred Kantorowicz.
Herr Professor Fermi bittet mich um die Feststellung, dass er
schon im Jahre 1899 2) die Anwendung von Gelalineplatten zum Nach¬
weis von proteolytischen Fermenten empfohlen hat.
Ich möchte betonen, dass meine Methode nicht den Anspruch
erhebt, gänzlich neu zu sein, sondern nur eine praktische Ausge¬
staltung dieses heute allgemein bekannten Verfahrens darstellt.
Aerztliche Reklame in Amerika.
Man schreibt uns: In Ihrer Nummer vom 21. Januar 1913 druckt
Herr Professor Galli auf S. 141 das Folgende: „Einen sehr
schlechten Eindruck macht auf den europäischen Arzt die allgemein
verbreitete Gewohnheit der Aerzte, in allen möglichen politischen
und sonstigen Zeitungen zu inserieren, und zwar eine Art von
Reklame zu machen, die für uns etwas ganz Unbekanntes ist."
Hätte Herr Prof. Galli den ersten besten Arzt über den Gegen¬
stand gefragt, so würde er eines Besseren belehrt worden sein. Was
Herr Galli gelesen hat, sind prahlende Anzeigen von — Quack¬
salbern. Anzeigen irgendwelcher Art sind hier verpönt, dürften nie¬
mals gedruckt werden. Wer sich dergleichen zu schulden kommen
lässt, kann auf gesellschaftliche Stellung in ärztlichen Kreisen keinen
Anspruch machen. Keine ärztliche Gesellschaft hat jemals einen Arzt,
der sich dergleichen erlaubt hat, als Mitglied aufgenommen. Auch
Anzeigen, welche wir in deutschen Zeitungen lesen, z. B. dass Dr. A.
von seinen Ferien oder von seiner Studienreise zurückgekehrt ist,
werden hier mit Erstaunen oder Spott gelesen. Die „Grundsätze
ärztlicher Ethik“, welche ich Ihnen beilege, werden Ihnen das be¬
weisen. Das ist aber bei weitem nicht alles. Es ist ganz unmöglich,
dass irgend ein Arzt hier auf seinem Schild, oder aut seiner Karte,
seine Spezialität: Nervenarzt, Kinderarzt, Frauenarzt, Chirurg, oder
irgend etwas der Art anzeigen wird. Höchstens kommt es vor, dass
gelegentlich ein Arzt seinen Kollegen — brieflich — die
Mitteilung macht, dass er in Zukunft sich ausschliesslich mit der
Behandlung dieser oder jener Spezialität, als solcher, beschäftigen
wird. Wenn also Herr Prof. Galli von einer „Abwehrbewegung“
spricht, welche hier „eingeleitet“ ist, so ist er im Irrtum. Eine Ab¬
wehr ist nicht nötig und existiert nicht; war auch unnötig, seit die
im Jahre 1847 gegründete American Medical Association auf un¬
wandelbar ethischer Grundlage aufgebaut worden ist. Unsere Mi t-
gliederzahl beträgt mehr als 40 000, in allen Staaten der Union.
Hochachtungsvoll
A. .1 a c o b i, Präsident der American Medical Association.
Ganz in demselben Sinne lautet auch eine Zuschrift von
Dr. W. Freuden thal in New York, der der Vorsitzende des von
der New Yorker Deutschen med. Gesellschaft zum Empfang der
14. deutschen Studienreise eingesetzten Ausschusses war.
Zur Einführung der neuen Krankenversicherung.
Warn u n g.
Neuerdings mehren sich die Fälle, dass Kassenvorstände und
Kassenverwaltungen an einzelne Aerzte und ärztliche Lokal¬
organisationen mit scheinbar vorteilhaften Anerbietungen auf Ver¬
längerung oder Neuabschluss von Kassenarztverträgen herantreten.
Solche Anerbieten sind irreführend und haben nur den Zweck, die
Aerzte einseitig zu binden. Nur sehr wenige Krankenkassen können
mit Sicherheit behaupten, dass sie nach dem 1. Januar 1914, dem
Termin für das Inkrafttreten der neuen Kassensatzungen, bestimmt
noch bestehen werden. Und auch diese wenigen sind nicht in der
Lage, sichere Angaben über Zahl und Art ihrer Mitglieder und über
ihre Leistungen zu machen, und können das auch nicht eher, als der
Bundesrat die Mustersatzungen herausgibt und die Oberversiche¬
rungsämter die Zulassung ausgesprochen haben.
Wir warnen deshalb die Herren Kollegen und die Vorstände der
Kassenarztvereine entschieden davor, mit Kassen jetzt schon in Ver¬
tragsverhandlungen einzutreten, und bitten, falls Angebote gemacht
werden, in jedem Falle von der betreffenden Kasse den Nachweis
der erfolgten Zulassung und die Vorlegung der vom Oberversiche¬
rungsamte genehmigten Kassensatzungen zu verlangen. Wir bitten
ferner, uns als der vom Geschäftsausschuss des Deutschen Aerzte-
vereinsbundes eingesetzten Vertragszentrale, von jedem solchem An¬
gebote sofort Mitteilung zu machen und den Vertragsentwurf oder
das Vertragsangebot einzusenden und unsere Genehmigung, welche
Q Münch, med. Wochenschr. No. 46, 1912.
2) Fermi und Buscaglioni: Die proteolytischen Enzyme
im Pflanzenreiche. Zentralbl. f. Bakt., 2. Abt., 5. Bd., 1899. — Fermi:
Reagentien und Versuchsmethoden zum Studium der proteolytischen
und gelatinolytischen Enzyme. Archiv f. Hygiene, Bd. 55.
umgehend erfolgen wird, abzuwarten, bevor die Verhandlungei ü
gefangen bzw. fortgesetzt werden.
Leipzig, Dufourstrasse 18.
Der Vorstand des Leipziger Verbatu.
Hartmann.
Generalkrankenrapport über die K. Bayer. Armt
für den Monat Januar 1913.
Iststärke des Heeres:
70200 Mann, 204 Kadetten, 159 Unteroffiziersvorschüler.
Mann
1. Bestand waren
am 31
. Dezember 1912 :
2. Zugang: j
im Lazarett:
im Revier:
[ in Summa:
Im ganzen sind behandelt:
°/oo der Iststärke :
dienstfähig:
°/oo der Erkrankten:
gestorben :
'/ oo der Erkrankten:
dienstunbrauchbar :
934
1564
1437
3001
3935
56,1
2308
586,5
6
1,5
Kadetten
19
Unter ii
vor« Ii
19
19
93,1
12
631,6
11,
)
L,
3. Abgang:
4. Bestand
bleiben am
31. Jan 1912:
mit Versorgung:
i ohne „
Auf Orund vor der
Einstellung in den Militär¬
dienst vorhanden gewese¬
ner Leiden als dienstun¬
brauchbar erkannt und
entlassen :
anderweitig:
in Summa:
24
3
57
81
2479
12
)
in Summa:
°l oo der Iststärke:
davon im Lazarett:
davon im Revier:
1456
20,7
1155
301
7
34,3
7
Von den in Ziffer 3 aufgeführten Gestorbenen haben gelitten
Blinddarmentzündung 2, Gesichtsrose 1, Blutvergiftung 1, Bk
fellentztindung 1, Leber- und Magengekröseverletzung 1.
Ausserhalb der militärärztlichen Behandlung starben 2 Mai1
folge von Selbstmord (Erschiessen 1, Erhängen 1).
Der Gesamtverlust der Armee durch Tod betrug demnaii
Monat Januar 8 Mann.
Ausserdem ist 1 Selbstmord durch Ertränken im Monat!*
vember 1912 zu verzeichnen.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 9. Jahreswoche vom 23. Februar bis 1. März 1k
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bilcr,
fehler 11(13 1), Altersschw. (über 60 Jahre) 7 (10), Kindbettfieber (
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 1 (1), Scharlach -t
Masern u. Röteln — (1), Diphtherie u. Krupp — (1), Keuchhusten!
Typhus (ausschl. Paratyphus) 1 (—1, akut. Gelenkrheumatismus (
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., HuniA
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) — (—), Starrkrampf •(
Blutvergiftung — (1), Tuberkul. der Lungen 22 (27), Tuberkul. and
(auch Skrofulöse) 3 (2 ', akute allgem. Miliartuberkulose — (1), Ltg
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 22(11), Influenza — (2), \i
sehe Krankh. 1 (1), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckd
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Weit
fieberusw. 1 ( — ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 1 (3), Alk e
mus — ( — ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 3 (I), sonst. Kr
d. Atmungsorgane 1 (5), organ. Herzleiden 22 (14), Herzschlag, <
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 2 (7), Arterienverkc
5 (2), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 3 ( — ), Gehirnschlag’
Geisteskrankh. 4 (—), Krämpfe d. Kinder 2 (4), sonst. Krankh. d.Nv
Systems 5 (3), Atrophie der Kinder 1 (2), Brechdurchfall — (1), An
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 3 (4), Blind
entzünd. — (1), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldd
Milz 2 (6), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 6 (2), NierenentzüncP
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 3 (1), Krebs 28 (18), 3
Neubildungen 3 (2), Krankh. d. äuss. Bedeckungen — ( — ), Kran1
Bewegungsorgane — ( — ), Selbstmord 3 (4), Mord, Totschlaga
Hinricht. — ( — ), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen1
and. benannte Todesursachen 3 (1), Todesursache nicht (gena
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — (1).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 186 (173).
U Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vop*c
Verlag von J. F Lehmann ln München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.O., München.
0ie MfmcfieiW MetfmniscfteWodienscfirift erscheint wocfipntlielV . <v __ ZlisencfUnfjen sind- zu adressieret«- :
im Umfang von durchschnittlieh 7 Bogen. . Preis der einzelnen Alt I 1 M II T? M T? D Für die Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8V.-1 Uhr.
Nummer 8Q. 4. • Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich 1 V I nl .h P 1 P M Für Abonnement an I. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
M. 6.—. * Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag. Ar* Für inserate und Beilagen an Rudolf Mossc, Thcatinerstrassc 8.
Medizinische Wochenschrift.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
So. 12. 25. März 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
Oie Beeinflussung von Lungenerkrankungen durch künst¬
liche Lähmung des Zwerchfells (Phrenikotomie).
Von F. Sauerbruch in Zürich.
In einer zusammenfassenden Arbeit (Die extrapleu-
raleThorakoplasti k, Ergebnisse der inn. Med. u. Kinder¬
heilkunde, Bd. X) habe ich vor kurzem die allgemein patho¬
logischen Grundlagen der Lungenkollapstherapie und beson¬
ders der extrapleuralen Thorakoplastik auseinandergesetzt.
Ich konnte zeigen, dass die mechanische Einengung des Brust¬
korbes über dem Haupterkrankungsherd nur selten genügt,
wenn nicht daneben noch für eine funktio¬
neile Ruhigstellung der Lunge gesorgt wird.
Im besonderen ergab sich, dass eine partielle Oberlappen¬
plastik das erkrankte Lungengewebe zwar zur Retraktion, und
Kavernen zur Verkleinerung bringen kann, dass aber nur dann
für den Heilverlauf eine genügende Wirkung zu erhoffen ist,
wenn gleichzeitig durch Ausdehnung der Rippenresektion auf
die unteren Thoraxabschnitte auch eine Ruhigstellung der
Lunge- erreicht wird. Geradezu notwendig wird aber diese
Beeinflussung des Unterlappens bei Oberlappentuberkulosen,
wenn es sich um kavernöse Phthisen mit grossen Sputum¬
mengen handelt. Hier ist die Gefahr einer Aspiration tuber¬
kulösen Materials aus dem erkrankten Oberlappen in den ge¬
sunden Unterlappen ausserordentlich gross. Zweimal habe
ich bei umschriebener Oberlappenplastik diese Aspiration
beobachtet und diesem Eingriff seitdem stets die Einengung
und Ruhigstellung des Unterlappens vorausgeschickt. An¬
fangs wurde diese Operation in 2 Sitzungen ausgeführt.
Nach dem jetzigen Ausbau der Technik kann man aber in
den allermeisten Fällen dem Kranken in einer Sitzung die
Resektion der 11. — 2. bezw. 1. Rippe zumuten (vergl. die
genannte Arbeit). Wenn Wilms neuerdings glaubt, dass
auch nach der Einengung des Unterlappens die Aspirations¬
gefahr fortbestehe, so kann ich demgegenüber auf meine
Erfahrungen hinweisen. Bei 58 Kranken habe ich nunmehr
die extrapleurale Thorakoplastik wegen Tuberkulose aus¬
geführt. Es trat nur bei den beiden isolierten Oberlappen-
plustiken eine Aspirationspneumonie auf derselben Seite
ein. Klinisch war sie schon am ersten Tage nach der
Operation als beginnende Pneumonie nachweisbar. Die
Kranken gingen an den Folgen dieser Erkrankung nach
3 bezw. 4 Monaten zugrunde. Dagegen wurde in keinem
der anderen Fälle eine Aspiration in den gesunden Unter¬
lappen derselben Seite beobachtet. Die Ruhigstellung und
Einengung des Unterlappens schloss eben diese Kompli¬
kation aus.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei fast allen fort¬
geschritteneren Oberlappentuberkulosen auch im Unterlappen
vereinzelte Herde angetroffen werden. Hier ist die Ein¬
engung des Unterlappens ohne weiteres indiziert. Anderer¬
seits muss zugegeben werden, dass der Eingriff bei klei¬
neren, scharf umgrenzten Prozessen im Oberlappen und voll¬
ständig gesunden Unterlappen im Missverhältnis zu der Aus¬
dehnung der Erkrankung steht. Es entstand darum die Frage,
ob man nicht den wichtigen Heilfaktor der funktionellen Ruhig-
stellung und die Herabsetzung der Aspirationsgefahr auf
schonendere und einfachere Weise erreichen könne.
per Gedanke, dieses Ziel durch eine künstliche Lähmung
des Zwerchfells zu erreichen, lag nahe. Die Folgen der künst¬
lichen Zwerchfellähmung waren mir aus meinen früheren
Studien über die intrathorakale Verlagerung des Magens bei
No. 12.
(Nachdruck der Origmalartikel ist nicht gestattet.)
[ der Oesophagusresektion bekannt: Nach Durchtrennung des
Nerven rückt das Zwerchfell in maximale Exspirations-
stellung und beteiligt sich an der Respiration nicht mehr. Nur
I sieht man noch kleine Schwankungen, die in umgekehrtem
Sinne zur Norm auftreten. Dieses Verhalten des gelähmten
Zwerchfells beim Menschen ist ausführlich von de 1 a Camp.
Kienböck, Hofbauer, Holzknecht u. a. beschrieben
worden. Der Ausfall der Zwerchfellähmung setzt die respi¬
ratorischen Volumenschwankungen der Lunge und besonders
des Unterlappens erheblich herab. Man erreicht also eine
funktionelle Ausschaltung der Lunge, die ja, wie wir sahen, für
die Heilungsvorgänge in der erkrankten Lunge von besonderer
Bedeutung ist. Für die günstige Beeinflussung der Lunge sind
aber auch zwei weitere Folgen der Zwerchfellähmung von Be¬
deutung. Durch das Heraufrücken des Zwerchfells in extreme
Exspirationsstellung wird eine Kompression des Unterlappens
ausgeübt. Weiter hat sich gezeigt, dass nach Zwerchfell-
durchtrennungen, ähnlich wie beim Pneumothorax und nach
der Unterbindung der Arteria oder Vena pulmonalis, eine
Bindegewebsproliferation in der Lunge sich einstellt. R u h i g-
stellung der Lunge, Kompression derselben
und Bindegewebsproliferation sind aber die
Hauptheilfaktoren der Thorakoplastik. Die
künstliche Zwerchfellähmung kann also mit diesem Verfahren
in Parallele gesetzt werden. Umgekehrt wird es also zweck¬
mässig sein, in bestimmten Fällen anstatt einer Unterlappen¬
plastik den viel schonenderen Eingriff einer künstlichen
Zwerchfellähmung auszuführen.
Die erste Indikation für diesen Eingriff schien mir gegeben
bei umschriebenen Oberlappentuberkulosen mit
gesundem oder sehr wenig erkranktem Unter¬
lappen. Hier soll die Lähmung des Zwerchfells eine Ruhig¬
stellung und Kompression des Unterlappens bewirken, die
Aspirationsgefahr bei der folgenden Oberlappenplastik herab¬
setzen und den Unterlappen selbst günstig beeinflussen.
Weiter aber kann die künstliche Zwerchfellähmung bei
einer Unterlappentuberkulose allein, oder bessei
noch in Verbindung mit einer Plastik erwogen werden. Denn
be,ide Eingriffe wirken gleichsinnig durch Kompression,
Ruhigstellung und Anregung der Bindegewebsproliferation.
Der Effekt muss ein besonders grosser sein, da die Kom¬
pression in zwei Richtungen erfolgt. Selbstverständlich
kann dieser Eingriff auch bei nichttuberkulösen Erkran¬
kungen des Unterlappens, wie z. B. Bronchiektasen, von Vor¬
teil sein. Auch liegt es nahe, die künstliche Zwerchfellähmung
bei grossen Empyemhöhlen anzuwenden, vielleicht in Ver¬
bindung mit der S c h e e d e sehen Plastik, die dann in ent¬
sprechend geringerem Umfang notwendig wird.
Schliesslich erscheint mir die Durchschneidung des
Phrenikus dann angezeigt zu sein, wenn bei schwerer Tuber¬
kulose einer Seite die andere Seite zu krank ist, als dass eine
Thorakoplastik ausgeführt werden könnte. Es darf von der
Phrenikusdurchschneidung und der Herabsetzung der Funk¬
tion der kranken Lunge immerhin eine Besserung erwartet
werden.
Auf Grund dieser Ueberlegungen entschloss ich mich,
nach Rücksprache mit Herrn Professor E i c h h o r s t, an ge¬
eigneten Kranken seiner Abteilung die Phrenikotomie aus¬
zuführen.
Von Herrn Dr. Staub (Wald) erfuhr ich dann, dass
bereits von Stürtz im Jahre 1911 und später noch
einmal im Jahre 1912 der Vorschlag gemacht worden
sei, schwere, chronische, einseitige Unterlappenerkran
klingen mittelst Phrenikusdurchschneidung zu behandeln.
l
6 26
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No: 12.
S t ii r t z gibt die Ergebnisse experimenteller Untersuchungen
wieder, die sich mit meinen Beobachtungen decken. Nach
Durchtrennung des Nerven steigt das Zwerchfell in die Höhe,
es beteiligt sich an der Respiration nicht mehr, nur kleine
Schwankungen treten noch auf, die aber paradox sind. Sie
erklären sich daraus, dass in der Inspiration das Zwerchfell
gewissermassen angesogen, in der Exspiration dagegen her-
untergedrückt wird. Vor allem konnte S t ü r t z eine von
H e 1 1 i n aufgestellte Behauptung, dass die gelähmte Zwerch- j
fellhälfte eine Mitbewegung mit der gesunden zeige, als un- ,
richtig zurückweisen. S t ü r t z hat bereits die therapeutische
Bedeutung der Phrenikusdurchtrennung klar erkannt. Er ver-
anlasste Bardenheuer, bei einem Kranken mit Bron¬
chiektasen im linken Unterlappen diese Operation auszuführen;
eine genauere Beschreibung dieses Falles habe ich nicht
finden können. Immerhin geht aus der Mitteilung S t ü r t z
hervor, dass nach glattem Operationsverlauf eine geringe j
Besserung eintrat. Auch zeigte sich nach der Operation bei
dem Kranken der charakteristische Hochstand des Zwerch¬
fells und seine paradoxe Bewegung.
Schepelmann hat nun erneut die Wirkung der i
künstlichen Zwerchfellähmung studiert (Münch, med. Wochen-
schr. 1913, No. 9, S. 490). Seine Ergebnisse fügen der Dar¬
stellung Svtürtz’ nichts Neues hinzu. Erfahrungen über die
Phrenikusdurchschneidung am Menschen hat er nicht. Sein
Vorschlag geht dahin, beginnende Spitzentuberkulosen durch
künstliche Lähmung des Zwerchfells günstig zu beeinflussen.
Fig. 1. Fig. 2.
Die Mitteilung Schepelmanns veranlasst mich nun,
früher, als ich wollte, meine Auffassung über die Phrenikotomie
und meine Erfahrungen am Menschen mitzuteilen.
Zunächst erscheint es mir zweifelhaft, ob wir auf Grund
der vorliegenden Erfahrungen bei der operativen Behandlung
der Lungentuberkulose wirklich den Schepelmann-
schen Vorschlag gutheissen können.
Man sollte daran festhalten, beginnende Spitzen¬
tuberkulosen klimatologisch und diätetisch zu behandeln. Erst
nach Versagen der internen Behandlung ist ein operativer Ein¬
griff zu erwägen. Ob dann aber die Phrenikotomie das ge¬
gebene Verfahren ist, ist noch unsicher. Die Spitze der Lunge
wird am wenigsten durch eine Zwerchfellähmung beeinflusst.
Weiter haben die bisherigen Erfahrungen gezeigt, dass
gerade für die Oberlappentuberkulose die Retraktion des
Lungengewebes von grosser Bedeutung ist. Die Ruhigstellung
der Lunge muss deshalb verbpnden werden mit Resektion
der Brustwand. Dagegen erscheint mir die Kombination der
Phrenikotomie mit partieller Plastik bei Oberlappentuber¬
kulose aussichtsvoll. Vielleicht würde bei gesundem Unter¬
lappen sogar die vorübergehende Lähmung des Nerven ge¬
nügen (H e n s c h e n).
Fünf Phrenikotomien am Menschen haben mir gezeigt,
dass die Operation einfach und der Eingriff für den Kranken
leicht ist. Alle Kranken konnten bereits nach 2—3 Tagen das
Bett verlassen. Es traten keine Herz- und Atmungsstörungen
auf, lind auch die nach Verletzungen des Phrenikus beob¬
achtete frequente Atmung fehlte.
In dem ersten Fall handelte es sich um eine schwere rechts¬
seitige Tuberkulose bei gleichzeitiger mittelschwerer F.rkrankung der
linken Lunge. Hier hatte die Durchtrennung des Phrenikus den
Rrfolg, dass der lästige Reizhusten, unter dem die Kranke litt, nach
der Phrenikusdurchschneidung sofort aufhörte. Die Zeit nach der
Operation ist zu kurz, als dass aus dem bisherigen Verlauf weitere
Schlüsse gezogen werden könnten.
ln 2 Fällen handelte es sich um Bronchiektasen des linken bzw.
rechten Unterlappens, bei der die Phrenikusdurchschneidung allein
oder in Verbindung mit einer Unterlappenplastik ausgeführt wurde.
Im letzteren Falle trat kurz nach der Operation eine Abnahme des
Sputums von 300 auf 150 — 200 ccm ein.
Im 4. und 5. Falle handelte es sich um eine linksseitige Ober¬
lappentuberkulose, bei der die Phrenikotomie als Vorbereitung für
eine partielle Oberlappenplastik ausgeführt wurde. Beide Male Hess
nach der Operation der Husten nach und der Auswurt nahm ab.
Die Technik der Operation ist einfach: Der Kranke befindet sich
in halbsitzender Stellung. Der Kopf wird auf- die gesunde Seite ge¬
neigt und dadurch die Halsmuskulatur auf der erkrankten angespannt.
Der Hautschnitt in 10 cm Länge verläuft am hinteren Rande des
Kopfnickers bis zur Klavikula. Nach Durchtrennung der oberfläch¬
lichen Muskelschicht wird der Scalenus anticus freigelegt. Am besten
lässt man den Kopfmcker inedialwärts und den Omohyoideus nach unter
ziehen. Auf der Vorderfläche des Muskels läuft nun von oben nach
unten der ca. 3 mm dicke Phrenikus. Man isoliert ihn mit einem
Schieihäkchen. Darauf wird er durchschnitten. Bei der Isolierung
der Nerven fühlen die Kranken einen dumpfen Schmerz in der
„Lunge“. Es folgt eine Muskel- und Hautnaht.
In allen Fällen war der Verlauf nach der Operation
glatt. Die Nachuntersuchung ergab die charakteristischen
Zeichen der Zwerchfellähmung: maximale Exspirationsstellung
und kleinste respiratorische Verschiebung im umgekehrten
Sinne. Weitere Erfahrungen werden zeigen, ob sich diese
Methode in Verbindung mit anderen zur operativen Behänd
lung einzelner Formen von Lungenerkrankungen bewähren
wird.
Aus dem Institute für allgemeine Pathologie der Universität
zu Turin.
Beitrag zur Frage der Vererbung der Anlage zur
Geschwulstentwicklung.
Von Prof. B. Morpurgo und Dr. A. D o n a t i.
Vorliegende Untersuchungen hatten den Zweck, fest¬
zustellen, ob die i n d i v i d u e 1 1 e Anlage zur Entwicklung
einer eingepfropften Geschwulst erblich übertragen wird.
Dieselbe Frage wurde von Cuenot und M e r c i e r “)
an Mäusen für Mäusekarzinom der experimentellen Prüfung
unterworfen und in dem Sinne beantwortet, dass die Nach¬
kommen von Nullern einer empfänglichen Rasse grössten¬
teils sich empfänglich, erweisen, während jene von empfäng¬
lichen Eltern sehr oft unempfänglich sind.
Zu gegenteiligen Ergebnissen kamen J. L e w i n und
M. Sittenfield* 2), indem sie, wohl an einer geringen
Zahl von Tieren, die Beobachtung machten, dass die für ein
Sarkom der Ratten erhaltene Ausbeute von 80 Proz. bei den
Abkömmlingen der Nuller auf 20 Proz. heruntergesunken war.
Nicht ganz eindeutig, aber im grossen und ganzen gegen
eine nach den Vererbungsregeln sich richtende Ab- resp. Zu¬
nahme der Geschwulstempfänglichkeit, sprechen die von
E. E. T y z z e r 3) und Leo L o e b und Moyer S. F 1 e i s h e r 4)
ausgeführten Versuche an Bastarden von für Mäusekarzinom
empfänglichen und nicht empfänglichen Mäuseratten.
Aus den wenigen vorliegenden Angaben kann man die
sehr wichtige Frage der Vererbung der Faktoren, die die Ent¬
wicklung einer geimpften Geschwulst begünstigen oder
hemmen, nicht in einem bestimmten Sinne beantworten, so
dass ein neuer experimenteller Beitrag nicht ganz ohne Inter¬
esse erscheinen wird.
Unsere Versuche wurden an weissen Ratten ausgeführt.
Zur Impfung wurde ein Spindelzellensarkom verwendet,
welches sich zuerst in einer Ratte anscheinend spontan ent¬
wickelt hatte und seit 1910 durch 10 Generationen in Ratten
T Cornptes rend. Acad. Science, T. 150, p. 1443, 1910.
') Proceed. New York Pathol. Soc. 1910.
3) Journ. med. Research., Vol. 21, 1909.
4) Zentralbl. f. Bakteriol. etc. Or., Bd. 67, H. 3, XII. 1912.
5. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
627
erselben Rasse weiter transplantiert worden war. Die Ge-
;hwulst hatte sowohl ihren klinischen wie anatomischen Cha¬
rter unverändert erhalten, und gab eine Impfausbeute von
i Proz. (391 Geimpften verschiedenen Alters). Nur ganz
usnahmsweise bildete sie sich zurück (3 mal).
Mit derselben Geschwulst hatten wir eine bei weitem
,cht so reichliche Ausbeute bei Ratten einer anderen Rasse,
ie wir, ebenso wie die zuerst erwähnte, seit mehreren
ihren im Institute rein züchten. Unter 124 Impfungen fielen
ur 35 (20 Proz.) positiv aus, und unter diesen trat in 25
iickbildung der bis zu Bohnen- oder Pflaumengrösse gewach¬
sen Geschwulst ein. Bei den jüngeren Exemplaren dieser
asse war die Ausbeute etwas reichlicher (40 Proz.), aber
ich bei diesen blieb die grosse Neigung zur Rückbildung
estehen (70 Proz.).
Der Umstand, dass eine an sich sehr leicht durch Pfrop-
ing übertragbare Geschwulst bei Ratten von einer be-
immten Rasse verhältnismässig selten anging, war für die.
<perimentelle Behandlung der Frage der Vererbung der
dividuellen Anlage zur Geschwulstentwicklung besonders
instig, da unter den Angehörigen jener Rasse die Disposition
nzelner Exemplare besonders scharf hervortrat.
Unsere Versuchsanordnung war folgende: einige tumor-
agende Weibchen der wenig empfänglichen Rasse wurden
it tumortragenden Männchen derselben Rasse vereinigt. Ein
des Weibchen wurde, wenn es der Niederkunft nahe war,
oliert und im Isolierkäfig bis zu Ende des Stillgeschäftes be¬
ssern Die Jungen wurden im Alter von 1 XA Monat, also un-
ifähr 2 Wochen nach beendigter Saugperiode, mit linsen-
•ossen Stückchen von Sarkom, welches von Trägern der
enig empfänglichen Rasse und meistens von der eigenen
utter der zu impfenden Rattengruppe stammte, am Rücken
ibkutan geimpft.
ln gleicher Weise wurden gleichaltrige Abkömmlinge von
ullern derselben Rasse behandelt. Zur Pfropfung einer
den Gruppe von Nachkommen der Nuller, wurde dieselbe
eschwulst gebraucht, die zur Pfropfung einer entsprechenden
ruppe von Nachkommen von Tumorträgern verwendet
orden war.
Unter 29 Jungen von ungefähr 50 g Körpergewicht, die
jn Geschwulstträgern der wenig empfänglichen Rasse
ammten, entwickelte sich in 12 eine Geschwulst (41 Proz.
usbeute), aber bei 10 von diesen bildete sich die Geschwulst
linell zurück (80 Proz. Rückbildung). Unter 28 Jungen von
ullern derselben Rasse, die ungefähr dasselbe Körper-
:wicht hatten wie die obigen, entwickelte sich die Ge-
hwtilst ebenfalls in 12 Fällen (42 Proz. Ausbeute) und unter
esen trat in 8 Rückbildung ein (70 Proz. Rückbildungen).
Aus diesen Versuchen geht hervor, dass die Impfausbeute
■i den unmittelbaren Abkömmlingen von Geschwulstträgern
cht grösser war, als bei Abkömmlingen von Nullern der-
lben Rasse, und dass die Neigung zur Rückbildung der mehr
ler weniger entwickelten Geschwülste bei den ersteren mehr
isgeprägt war als bei den letzteren. Bei beiden waren die
erte der Ausbeute und der Rückbildungsfrequenz den für
nge Exemplare der Rasse ermittelten Mittelwerten ungefähr
eich.
Es ist somit eine Vererbung der individuellen Anlage zur
ntwickelung von gepfropften Geschwülsten aus obigen Ver-
ichen nicht zu ermitteln. Selbstverständlich darf man daraus
cht schliessen, dass es keine Vererbung der Anlage zur Ge-
:hwulstentwickelung bei Ratten gibt, da es mehr als walir-
rieinlich ist, dass die Faktoren der Anlage zur spontanen
eschwulstenwickelung nicht identisch seien mit jenen der
ntwickelung von gepfropften Geschwulstzellen. So viel
irfte man dennoch vom allgemeinen Standpunkte der Ver-
bung von Geschwulstanlage schliessen, dass jene Fak¬
ten, die die Ernährung und Fortpflanzung von fertigen Ge-
ihwulstzellen begünstigen oder hemmen, nicht auf ver¬
daten individuellen Eigenschaften beruhen. Weiters kann
an aus obigen Versuchen die praktische Konsequenz ziehen,
iss die für eine bestimmte Rasse eigentümliche Geschwulst-
npfänglichkeit durch die Abstammung der geimpften Indi-
'duen von Tumorträgern oder von Nullern nicht wesentlich
-einflusst wird.
Aus der Kgl. Frauenklinik Dresden (Direktor: Prof. Dr. E.
Kehrer).
Klinisch-experimentelle Untersuchungen über die Wirk¬
samkeit der Wehenmittel in der Nachgeburtsperiode*)
Von Dr. W. Rübsamen, Assistenzarzt der Klinik.
Zum Studium der Funktionen des schwangeren und ge¬
bärenden Uterus auf experimentell klinischer Basis sind von
Autoren älterer und neuerer Zeit verschiedene, prinzipiell
allerdings wenig voneinander abweichende Untersuchungs¬
methoden mit gutem Erfolg angewandt worden (Schatz
u. a., E. Kehre r), seitdem man erkannt hatte, dass durch
Handauflegen auf den Uterus die Wehen nur ungenau und
Kontraktionsunterschiede noch weniger exakt wahrgenommen
werden können.
Der Bewegungstypus des Uterus in der Schwangerschaft
ist bei Tier und Mensch durch E. K e h r e r genau studiert und
auch der Stoffwechsel des schwangeren und puerperalen
Organs in Ruhe und Arbeit neuerdings untersucht worden
(E. Kehrer, Rübsamen und G u s i k o f f und Perl¬
stein).
So viel wir aber auch bereits über die motorischen Funk¬
tionen des schwangeren Uterus und deren Beeinflussbarkeit
durch Wehenmittel wissen, es fehlen derartige, auf einwand¬
freier graphischer Methode beruhende Untersuchungen in der
Nachgeburtsperiode noch ganz; denn begreiflicherweise stehen
der bei Versuchen über Geburtswehen üblichen intrauterinen
Einführung eines kleinen Gummiballons beim frisch puer¬
peralen Organ wegen der Gefahr der Wundinfektion grosse
Bedenken gegenüber, wozu noch kommt, dass es sehr schwer
ist, den Ballon bei der Weite des Zervikalkanals nach der Ge¬
burt in der Gebärmutter zurückzuhalten. Die Einführung eines
Ballons in das Rektum, sowie die Messung der intravesikalen
Druckschwankungen, die ich bei der Geburt versucht habe,
führen in der Nachgeburtsperiode nicht zu günstigen Ergeb¬
nissen, weil die bei der Nachwehentätigkeit entstehenden
intraabdominellen Druckunterschiede im Vergleich zu den¬
jenigen, die bei der Wehentätigkeit des schwangeren Uterus
erfolgen, nur geringe sind, und sich den Druckverhältnissen in
den benachbarten Hohlorganen nur wenig mitteilen.
Es war daher die Aufgabe, ein brauchbares Verfahren zur
Bestimmung der motorischen Funktion des frischpuerperalen
Uterus zu finden. Die für meine Experimente ausgearbeitete
Methode besteht im Prinzip darin, dass das auf einen Muskel
aufgelegte Gewicht bei der Kontraktion höher gehoben werden
muss, als im Stadium der Erschlaffung [vergl. Rübsamen
und Gusikoffs Ergograph **)]. Diese Tatsache habe ich
mir zunutze gemacht, indem ich ein, an einer Stange be¬
festigtes Gewicht von 500 g, das eben die Spannung der
Bauchpresse zu überwinden imstande ist, in Gestalt einer
Holzpelotte den Bauchdecken, resp. dem Uterus, vor oder
nach der Geburt der Plazenta, auflegte, und durch Rollen¬
übertragung mit einem Schreibhebel in Verbindung brachte,
der die einzelnen, durch einen Hebel beliebig vergrösserten
Uteruskontraktionen auf der berussten Trommel des Kymo-
graphions aufzeichnete. Die Zeitschreibung geschah mit dem
Chronometer von Kehrer-Rübsamen. In der externen
Applikationsmöglichkeit liegt der Vorteil der von mir an¬
gegebenen Methode. Es werden mit ihr, ähnlich wie dies
v. Uexküll bei quergestreiften Muskeln feststellte, Tonus¬
schwankungen, d. h. Aenderungen im Härtegrad des Gebär¬
muttermuskels aufgenommen. Um aber den störenden Ein¬
fluss der bei der Bauchpresse erfolgenden Veränderungen im
Tonus der Mm. recti auszuschalten und reine Uteruskurven
zu erhalten, ist es notwendig, dass die Frauen während des
Versuches ruhig liegen, nicht husten und nicht in anderer
Weise ihre Bauchpresse in Bewegung setzen. Durch geeig¬
nete Bewachung lässt sich dieses Postulat fast ausnahmslos
erfüllen *).
*) Vortrag, gehalten auf dem Int. Gyn.-Kongress am 11. IX. 1912
in Berlin und modifiziert am 16. I. 1913 in der Dresdener Gynäko¬
logischen Gesellschaft.
**). Arch. f. Gyn., Bd. 95, Heft 2.
') Abbildungen der Versuchsanordnung stelle ich Interessenten
gerne zur Verfügung.
1
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
628
No. 12.
Die postpartalen Beweitungsäusserungen des Uterus
treten beim Menschen, sowohl bei Erstgebärenden, wie bei
Mehrgebärenden in Form von Wehen auf. Bei den Erst¬
gebärenden waren jedoch in der Regel sowohl vor als auch
nach der Geburt der Plazenta die Tonusschwankungen ge¬
ringer als bei Mehrgebärenden. Es gilt auch für den puer¬
peralen Uterus das Kehrer sehe „Gesetz der kontinuier¬
lichen Uterusbewegungen“, d. h. es treten wie beim über¬
lebenden Organ unter Einhaltung bestimmter Wehenpausen
die Kontraktionen unausgesetzt automatisch auf. Tonus¬
schwankungen sind nur die Folgen von Reizen, die von aussen
Zu meinen Versuchen wurden die Präparate Glanduitrin
Pituglandol und Pituitrin zunächst in einer grösseren Zahl von
Fällen, in denen die Nachgeburtsperiode mit nor¬
maler Wehentätigkeit verlief, benutzt. Bei intra¬
muskulärer Injektion in den Oberschenkel zeigte sich nacl
Gaben von 1 ccm Pituitrin, 2 ccm Pituglandol resp. 1,5 ccn
Pituglandol No. 97 und von Vt— 1 ccm Glanduitrin fast aus¬
nahmslos ein deutlich wahrnehmbarer erregender Effekt au
den Wehenkurven. Die Wirkung trat bald früher, bald später
meist 4—6 Minuten nach der intramuskulären und 20 Sekunder
nach der intravenösen Injektion ein (vergl. Abb. 1). Bei suh-
Versuch. 11. para: Versuch beginnt 20 Minuten nach der Geburt des Kindes; die Nachgeburt befindet sich während des Versuchs im Uterus
Intravenöse Injektion vor
1 ccm Glanduitrin 20Proz;
Dauer der Inj. 65Sekund
zugeführt werden. Je nachdem die Muskulatur hart oder
weniger hart ist, ist der Uterus kontrahiert oder in verschie¬
denem Grad erschlafft. Die Peristaltik resp. Antiperistaltik
wird mit meiner Methode nicht zum Ausdruck gebracht, da¬
gegen die allgemeine gleichmässige Kontraktion, die nach den
Kehrer sehen Untersuchungen die charakteristische Be¬
wegungsform beim schwangeren Uterus des Menschen ist und
sich nach meiner Beobachtung auch in der Nachgeburtsperiode
findet: auf einen, zeitlich nicht messbaren spontanen Reiz tritt
synchrom und synergisch in allen Muskelelementen eine Kon¬
traktion ein. Zum Unterschied von den Wehen des schwan¬
geren menschlichen Uterus tritt die Aszendente in der Nach¬
geburtsperiode nicht blitzartig auf; auch sind die Wehenpausen
nach der Geburt des Kindes bedeutend länger als am Ende
der Austreibungsperiode.
Der Tetanus uteri erfolgt nach allgemeinen Muskel¬
gesetzen dann, wenn einzelne oder alle Teile des Uterus¬
muskels längere Zeit einem stark wirksamen Reiz irgend
welcher Art ausgesetzt sind.
Von den Wehenmitteln, unter denen wir mechanische,
thermische, elektrische und chemische unterscheiden, kamen bei
meinen Untersuchungen nur die letzteren, die fast alle einen
peripheren Angriffspunkt haben, zur Anwendung. Von einem
in der Nachgeburtsperiode wirksamen Mittel müssen wir ver¬
langen, dass es Uteruskontraktionen erzeugt, wenn solche
nicht vorhanden sind und dass es die Uteruskontraktionen ver¬
stärkt, wenn solche nicht in genügendem Masse von selbst
auftreten. Auch der Eintritt des Tetanus uteri kann in der
Nachgeburtsperiode und mehr noch nach Ausstossung der
Plazenta als günstiger therapeutischer Effekt aufgefasst
werden. In der Nachgeburtszeit könnte allerdings eine Dauer¬
wirkung zur Plazentarretention für eine gewisse Zeit führen,
jedoch liess sich in solchen Fällen der Cr e de sehe Hand¬
griff stets leicht ausführen.
Die idealsten Wehenmittel vor der Geburt sind die Hypo¬
physenextrakte, deren kontraktionserregende Wirkung 1909
von E. Kehrer, Dal e, Frankl-Hochwart und Fröh¬
lich ungefähr zu gleicher Zeit festgestellt wurde. Die Ver¬
wendung des Mittels in der Geburtshilfe wurde schon 1909
von B e 1 1 in England und im Jahre 1910 von Foges-Hoff-
s t ä 1 1 e r in Wien für die Nachgeburtsperiode und von
Hofbauer 1911 zur Anregung von Geburtswehen zuerst
empfohlen. Während nun durch Mitteilungen aus den ver¬
schiedensten Kliniken (aus unserer Klinik von E. Vogt) und
vor allem nach den experimentellen Untersuchungen von
E. Kehrer die grosse Bedeutung der Hypophysenhormone
als Wehen erregende Mittel heute vor der Geburt nicht mehr
geleugnet werden kann, waren über die Wirksamkeit dieses
Mittels in der Nachgeburtszeit immer noch grosse Wider¬
sprüche in der Literatur zu finden. Die wissenschaftlich
interessante und klinisch sehr bedeutsame Frage: „Ist das
Hypophysenextrakt in der Nachgeburts¬
periode wirksam oder nich t“, fordert daher zu kli¬
nisch-experimentellem Studium auf.
kutaner Injektion war ein Effekt erst nach 15 — 20 Minute:
— bei fetten Individuen in der Regel etwas später als be;
mageren. — erkennbar.
Die Wirkung bestand in einer Regularisierung und Fre
quenzzunahme der Wehen und in einer allgemeinen Tonus.
Steigerung, bei höheren Dosen und bei intravenöser Injektio
im Auftreten von tetanischen Kontraktionen, wie auf de
Kurven zu erkennen ist; jedoch existieren individuelle Ver¬
schiedenheiten! Die Dauer der Wirkung war 14 — % Stunde:
Nach dieser Zeit stellten sich dieselben Bewegungen wie voj
der Injektion wieder ein. Die Injektion lässt sich beliebi
wiederholen und dieselbe Wirkung konstant wieder hervor
rufen, allerdings nur dann, wenn man ungefähr die gleich
oder eine höhere Dosis injiziert. Wenn man erst intravenö
dann intramuskulär appliziert, erhält man bei der zweiten Ir
jektion fast keinen Effekt. Die Wirkung lässt sich verstärke!
wenn man die zu injizierende Dosis auf mehrere Körperstelle
verteilt z. B. Oberschenkel und Vorderarm.
Aber nicht nur bei guter, sondern auch bei schlechte
Nachwehentätigkeit ist ein Einfluss der Hypophyse:
extrakte deutlich erkennbar, ja der Effekt ist in der Regel in
so grösser, je schlechter die Wehentätigkeit ist. Umgekeh
war in Fällen von ausgezeichneter Wehentätigkeit p. p. in
sehr langen Wehen und sehr kurzen Pausen eine Wirkung a
den Kurven kaum oder gar nicht wahrzunehmen.
Von grosser klinischer Bedeutung sind diejenigen Fäll
in denen bei starker atonischer Uterusblutung Kontra!
tionen mit den üblichen Mitteln nicht hervorzurufen wäre
aber durch Hypophysine schnell erreicht werden konnte
( Anfangs kamen diese intramuskulär am Oberschenkel zur A
Wendung, neuerdings habe ich, wie dies auch schon v<-
anderer Seite geschehen, die Hypophysenextrakte bei schw
ren postpartalen Blutungen intravenös verabfolgt. Die Wi
kung der intravenösen Injektion ist eine wunderbare (ver:
Abb. 1). Schon nach 10 — 20 Sekunden tritt ein so au-
gesprochener tetanischer Kontraktionszustand auf, dass
schon durch Handauflegen auf den Uterus sehr deutlich zu e
kennen ist; der Tetanus klingt dann allmählich ab, indti
Wehen und Wehenpausen eintreten, und nach etwa 14 Stuir
ist der Effekt verschwunden. Wünscht man eine nochrnali'
Wirkung, so braucht man die intravenöse Injektion nur i
wiederholen. Als sichere Dosis für diese letztere genügi
y2 — % ccm Pituitrin, 1 ccm Pituglandol, % ccm Pituglarn 1
No. 97 und 14 ccm Glanduitrin. Zwischen diesen Präparat]
bestehen bei der Art, wie sie augenblicklich in den Hand
kommen, nur quantitative, keine qualitativen Unterschied
Das alte Pituglandol ist jedoch bedeutend schwächer •>
Glanduitrin und Pituitrin, weswegen die Firma Hoffman-
La Roche ein neues Präparat mit der Bezeichnung No. 7
hergestellt hat, das quantitativ der Wirkung des Pituitrins id
Glanduitrins fast gleichkommt.
Das konzentrierteste und gleichzeitig billigste Präpar-
das momentan existiert, dürfte das 20 proz. Glanduitrin, V’
Dr. Max Haase & Co., Berlin, bezogen, sein, das wir n
letzter Zeit in der Klinik anwenden.
5. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
629
Zu bemerken ist noch, dass die intravenöse Injektion sehr
ingsain (1 ccrn in 50 Sekunden injizieren) zu erfolgen hat,
a das Hypophysenextrakt auf den Allgemeinzustand des Kör-
i-rs von Einfluss ist. Denn gleichzeitig mit dem Eintreten der
terinen Wirkung bekommen die Patienten, ähnlich wie bei
.uprarenininjektionen, Brechreiz, werden blass und beginnen
ii transpirieren; aber dieser Zustand ist ungefährlich und geht
asch vorüber.
Ich hatte Gelegenheit, in 6 Fällen von schwerer Atonie
ie Blutung allein durch intravenöse Glanduitrinverabreichung
um Stehen zu bringen; ich verfüge ausserdem über 10 leich-
ere Fälle.
In 2 Fällen von atonischen Nachblutungen, in denen
;li den Blutverlust nach meiner Methode (R ii bsa m e n und
Iharlipp: Arch. f. Gyn., Bd. 95, H. 2) bestimmte, und die
teruskontraktionen graphisch registrierte, stand 20 Sekunden
lach Beginn der intravenösen Glanduitrininjektion in dem
Aonient, als die Hypophysenwirkung auf der Kurve sichtbar
v'urde, die Blutung momentan. Kehrt nach 20 — 40 Minuten
ine neue Blutung wieder, so genügt zur vollständigen Blut-
tillung eine nochmalige intravenöse Injektion, wie sie in den
raphisch registrierten Versuchen zur Ausführung kam.
Lehrreich ist ein poliklinischer Fall. Bei einer 10,-Ge-
iirenden. die infolge tiefsitzender Plazenta vor der Geburt viel Blut ver¬
teil hatte, gelang es, eine nach Ausstossung der Plazenta erfolgende
tonische Blutung durch intramuskuläre Glanduitrin (1 ccm 20 Proz.)
nd Ergotingabe, sowie durch heisse Scheidenspülungen zum Stehen
u bringen. Ich ging nach einstiindiger Beobachtung der Frau nach
lause. Eine halbe Stunde später rief die Hebamme abermals wegen
tonischer Nachblutung. Die alsbald vorgenommene heisse, intra-
terine Kalium permanganicum-Spülung brachte die Blutung nur vor¬
hergehend zum Stillstand, weshalb in die rechte Armvene 1 ccm
Oproz. Glanduitrin injiziert wurde. Wenige Sekunden später wurde
er Uterus steinhart und die Blutung kam sofort zum Stillstand. Nach
.> Stunde wurde die Injektion wiederholt, der Uterus blieb sehr gut
ontrahiert, so dass kein Blut mehr abging.
Kann man durch die Hypophysenextrakte die Blutungen
n und nach der Nachgeburtsperiode prompt zum Stillstand
iringen — wodurch vermutlich die intrauterinen Massnahmen,
lie die Gefahr der puerperalen Wundinfektion in sich bergen,
n Wegfall kommen werden — so gelingt es auch, die Blut¬
verluste in der normalen Nachgeburtsperiode, welche im
Vlittel 300 ccm zu betragen pflegen, auf ein Minimum zu redu-
'ieren, wenn man prophylaktisch, wie es zuerst Teufel in
ler Dresdner Frauenklinik getan, das Hypophysenpräparat im
Vloment der Geburt des Kindes injiziert. Eine grössere Ver¬
suchsreihe, von Teufel und mir angestellt, zeigt, dass da-
lurch die Blutmengen (mit meiner Methode bestimmt) auf
iurchschnittlich 80, im Minimum auf 35 ccm bei der gesamten
leburt eingeschränkt werden können. Die Erklärung für
liese Erfolge liegt, wie ich bereits vorhin gezeigt habe, darin,
lass die Nachwehen frequenter und intensiver und vor allem
lie durch das Hypophysenhormon erzeugten Pausen viel
kürzer werden, dass die Gebärmutter somit keine Zeit mehr
mm Bluten hat; denn die Blutungen aus dem Uterus erfolgen
uir in den Wehenpausen. Wenn das Mittel schon zur An¬
legung der Wehen in der Austreibungsperiode längere Zeit
cor der Geburt gegeben wurde, so ist seine zeitliche Wir-
■cungsbreite bei dem Durchtritt des Kindes bereits über¬
schritten; die Nachwehenpausen sind dann nicht kürzer als
n nicht pharmakologisch beeinflussten Fällen und die Blutung
ist dementsprechend nicht geringer, eher stärker als normal
(bis 513 ccm, Teufel). Jedoch haben wir es nach dem Er¬
gebnis meiner graphischen Registrierung jederzeit in der Hand,
auch diese physiologischen Nachgeburtsblutungen einzuschrän¬
ken, wenn wir im Augenblick der Geburt des Kindes das
Hypophysenhormon nochmals injizieren. Durch die prophy¬
laktisch intramuskuläre Hypophysenextraktmedikation kann
man also den normalen Blutverlust bei der Geburt, der bei der
abwartenden Methode im Mittel 300 ccm beträgt, um das
3 und 4 fache vermindern. Es ist von grosser Bedeutung,
dieser Tatsache bei anämischen, schwachen und hypoplasti¬
schen Frauen, bei langdauernden Geburten, bei Zwillingen
und Hydrainnios, also dann, wenn der Uterus übermüdet oder
überdehnt ist und ganz besonders bei Placenta praevia und
bei Sectio caesarea zu gedenken. Wie viel wir von dieser
prophylaktischen Methode erhoffen dürfen, möge an einigen
Beispielen von Placenta praevia und Sectio caesarea gezeigt
werden.
Der Blutverlust bei Placenta praevia wurde in 6 Fällen
von {jem Augenblick der klinischen Aufnahme an genau mit
der von mir angegebenen Methode2 3) festgestellt; 5 mal kam
Braxton Hicks und 1 mal die Metreuryse mit darauf folgender
innerer Wendung zur Ausführung. Sehen wir hier von der
vor dem Braxton Hicks erfolgten Blutung ab — sie betrug
in unseren Fällen im Minimum x + 130 ccm -1), im Maximum
x + 692 ccm, im Durchschnitt x + 404 ccm — , so verlor die
Patientin, bei der Metreuryse mit folgender innerer Wendung
ausgeführt wurde, 140 ccm Blut vom Augenblick der Ballon¬
einführung bis zur Wendung. Der durchschnittliche Blutver¬
lust nach Ausführung des Braxton Hicks bis 120 Minuten p. p.
ohne Hypophysenextrakt p. p. von 230 ccm liegt 112 ccm
höher, als der Durchschnitt mit dem Mittel von 118 ccm und
diese 112 ccm bedeuten für eine ausgeblutete Placenta praevia
einen grossen Blutverlust, den wir ersparen können, wenn
wir sofort nach Ausstossung des Kindes der Frau Pituitrin,
20 proz. Glanduitrin oder Pituglandol No. 97 einspritzen.
Diesen Erfahrungen bei Placenta praevia schliessen sich
unsere Beobachtungen beim klassischen Kaiserschnitt an. In
14 Fällen von klassischem Kaiserschnitt, bei denen ich die
Blutverlustbestimmung ausführen konnte, wurde 8 mal 10 Mi¬
nuten vor Beginn des Bauchschnittes 2 ccm Pituitrin, 3 ccm
Pituglandol No. 97 oder 2 ccm 20 proz. Glanduitrin intra¬
muskulär injiziert. Die Gesamtsumme des per vaginam und
durch die Bauchwunde abgegangenen Blutes betrug im Durch¬
schnitt 957 ccm, im Minimum 237 und 222 ccm Blut. Die ohne
Pituitrin unter ziemlich den gleichen Bedingungen ausgeführten
Kaiserschnitte verloren wesentlich mehr, im Durchschnitt
1315 ccm Blut. Ungefähr 400 ccm Blut kann man also der
Patientin durch diese einfache intramuskuläre Anwendung der
Hypophysenhormone ersparen. Dazu kommt der grosse
Vorteil für den Operateur, dass er in fast blutleerem Ope¬
rationsfelde die Nähte anlegen kann.
Interessant schien es auch, die Wirkung des Mutterkorns
auf den puerperalen Uterus experimentell festzustellen. Ich
benützte zu den Untersuchungen verschiedene Ergotinprä-
parate des Handels, da bekanntlich die Mutterkorndroge auf
die Dauer nicht haltbar ist und in ihrer Wirkung im Verlauf
von einem Jahr beträchtlich abnimmt 4). Die in der neuen
Schweizerischen Pharmakopoe existierenden genauen Bestim¬
mungen über die Gewinnung und vor allem die Aufbewahrung
des Secale cornutum — es werden nur Körner von bestimmter
Grösse herausgesucht und dauernd unter einem Exsikkator
aufbewahrt, wodurch sich die gute Wirkung dieser Sub¬
stanzen auf 2—3 Jahre erhalten lässt — kamen im Deutschen
Arzneibuch leider bisher noch nicht zur Anwendung. Es darf
uns daher nicht wundernehmen, dass wir häufig aus den Apo¬
theken Sekalepräparate beziehen, die eine Wirkung auf den
puerperalen und wohl auch auf den schwangeren Uterus ver¬
missen lassen.
Von den Ergotinen verwendeten wir zunächst das Seka-
kornin Roche, das auch am „überlebenden“ menschlichen
Uterus5) einen starken Effekt hervorruft. Zum Unterschied
von der nach 4—6 Minuten erfolgenden Wirkung der Hypo¬
physenpräparate wird der uterine Einfluss beim Sekakornin
meist erst nach 20 — 30 Minuten beobachtet. Aber selbst dann
tritt die Wirkung bei intramuskulärer Injektion noch nicht stark
genug hervor, sondern das Maximum des Effektes ist erst
bis 1 K- Stunden nach der Verabreichung des Mittels erreicht,
was wohl mit der verschiedenen Schnelligkeit der Resorption
zusammenhängt. Der Effekt besteht in günstigen Fällen an¬
fangs in einer Verstärkung der Wehen ohne Verkürzung der
Wehenpausen; nach einiger Zeit, etwa nach % Stunden,
kommt eine Tonussteigerung hinzu, die sich in seltenen Fällen
zum Tetanus uteri steigert. Da die Wehenpausen, im Gegen¬
satz zur Hypophysenwirkung nicht von Anfang an eine Ver-
2) Die Methode wurde von mir in neuerer Zeit verbessert,
worauf ich an anderer Stelle genauer eingehen werde.
3) x = Blutverlust vor Eintritt in die Beobachtung.
’) Vgl. E. Kehrer: Int. Physiologenkongress, Heidelberg 190/.
3) Rübsamen und Kligermann: Zeitschr. f. Geb. u. G> o.,
LXXII., S. 274.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
630
kürzung erfahren, die Blutungen in der Nachgeburtsperiode
aber gerade in der Wehenpause und nicht während der Wehe
erfolgen, ist es einleuchtend und durch die Blutverlustbestirn-
mung von uns nachgewiesen, dass sich atonische Nach¬
blutungen mit Sekakornin allein nicht beeinflussen lassen,
wenn auch der weitere Wochenbettsverlauf sicher günstig
beeinflusst wird.
Aehnliche Verhältnisse finden sich beim Ergotin Denzel,
das nach Kehrer auf den überlebenden Uterus eine vorzüg¬
liche Wirkung zeigte, von der sich allerdings nicht feststellen
liess, inwieweit sie durch das wirksame Sekaleprinzip und
wie weit durch Konservierungszusätze hervorgerufen war.
Die Ergotin-Denzel-Wirkung trat später wie die Sekakornin-
wirkung ein, was vielleicht auf einer schwereren Resorptions¬
fähigkeit des ersteren Präparats beruht. Ergotin. dialysat.
Bombeion, das nach Kehrer das überlebende Organ fast
gar nicht beeinflusst, hatte eine kaum erkennbare Wirkung
auf den postpartalen menschlichen Uterus.
Aus der Medizinischen Klinik des Städtischen Krankenhauses
zu Frankfurt a. Main (Direktor: Prof. Schwenkenbecher).
Neosalvarsan.
.[Erfahrungen mit Salvarsan IV *).]
Von Dr. Georges L. Dreyfus, Sekundärarzt.
In der kurzen Zeit, die seit der Einführung des Neo-
salvarsans in die Praxis verflossen ist, hat sich bereits
eine grosse Anzahl von Syphilidologen über das neue Mittel
geäussert. Von Anfang an haben sich auf Grund gegensätz¬
licher Erfahrungen zwei Lager gebildet: Durch den das Neo¬
salvarsan einführenden Aufsatz von Schreiber1), der
empfahl, sehr grosse Einzel- und Gesamtdosen (1,0 — 1,2— 1,5 g
pro dosi, 4 mal jeden 2. Tag) zu injizieren, wurden nämlich
viele derjenigen Autoren, die sich an die Schreiber sehe
Vorschrift hielten, wegen der den grossen Dosen häufig an¬
haftenden unangenehmen Folgeerscheinungen zu sofortigen
Gegnern des Neosalvarsans. Andere dagegen, die sich von
Anfang an mehr Reserve in der Einzel- und Gesamt¬
dosierung auferlegt hatten, beobachteten lediglich die aus¬
gezeichnete Wirksamkeit des jüngsten Ehrlich sehen Mittels j
und sahen keine oder nur irrelevante Nebenerscheinungen.
Der in dieser Wochenschrift erschienene Aufsatz von W o 1 f f
und M u 1 z e r 2) schreckte eine grosse Zahl von Aerzten von der
ferneren Darreichung des Neosalvarsans ab, wohl deshalb, weil sie
nicht ohne weiteres erkennen konnten, dass nicht dem Mittel an und
für sich die Schuld an den von diesen Autoren berichteten höchst
unerwünschten Folgeerscheinungen zugeschrieben werden durfte, son¬
dern zum grossen Teil den hohen Dosen, die in rascher Aufeinander¬
folge gegeben wurden.
Nachdem durch die Aufsätze von W o 1 f f und Mulzer. Bern¬
heim3) und Kall4) erwiesen war, dass man, in dem Bestreben
der Ehr lieh sehen Idee der Therapia magna sterilisans gerecht zu
werden, zu grosse Dosen Neosalvarsan gegeben hatte, folgte der nun
ebenfalls weit über das Ziel hinausschiessende Rückschlag: Man
empfahl wesentlich kleinere — nach unserer Ansicht viel zu kleine —
Dosen. Infolge der Unterdosierung wurden nunmehr Klagen über die
relativ geringe Wirksamkeit des Neosalvarsans laut.
Was die Heilkraft des Neosalvarsans im Vergleich zu der des
Salvarsan betrifft, so haben sich nach anfänglicher Ueberschätzung
des Neosalvarsans [Schreiber, Leredde5), Emery6), Mar-
schalko7)l die meisten Autoren dahin ausgesprochen, dass bei der
frischen Syphilis die Wirksamkeit des Neosalvarsans der des Sal-
varsans unterlegen sei , fQ e n n e r i c h 8). Wechselmann ®),
Bayet10), Wolff und Mulzer, Kerl11), Kall, Heuck12),
Spillmann und Boulanger13) u. a.].
*) I — HI siehe diese Wochenschrift 1912, No. 33/34, 40/42,
1913, No. 9/10.
U Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 17.
2) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 31.
3) Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 22.
4) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 31.
5) Bulletin de la societe francaise de dermatologie et syphili-
graphie. November 1912.
") La clinique 1912, No. 31.
7) Deutsche med. Wochenschr. 1912. No. 34.
8) Berliner klin. Wochenschr. 1912, No. 6. 25/27.
®) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 39.
10) Journal medical de Bruxelles 1912, No. 37.
u) Wiener klin. Wochenschr. 1912, No. 45.
12) Therapeutische Monatshefte 1912, Novemberheft.
Die Mehrzahl der Autoren steht mithin jetzt auf dem
Standpunkt, den wir auf Grund eigener Erfahrungen teilen,
dass das Salvarsan das stärkere Antisyphi-
1 i t i k u m i s t. Es ist nicht uninteressant hierbei festzustellen,
dass die menschliche Pathologie durchaus nicht ohne weiteres
dem Tierversuch gleichzusetzen ist, da die interessanten
Untersuchungen Castellis14) beweisen, dass die heilende
Wirkung des Neosalvarsans bei den syphilitischen Kaninchen-
schankern doppelt so gross wie die des Salvarsans ist.
Trotz der therapeutischen Ueberlegenheit des Salvarsans
ergibt sich hieraus unseres Erachtens keineswegs die Konse¬
quenz, bedingungslos zum Altsalvarsan zurückzukehren. Nach
unserer Ansicht wird bei bestimmten Formen der Syphilis das
Neosalvarsan neben dem Salvarsan seinen Platz behaupten,
ganz abgesehen davon, dass die einfachere Herstellung der,
Neosalvarsanlösung für viele Aerzte massgebend sein kann,
diesem Präparat den Vorzug zu geben.
1. Bereitung einwandfreien Wassers.
Technische Einzelheiten.
Während in Deutschland durch die oben erwähnten Auf-:
sätze von Wolff und Mulzer, Kall, Bernheim etc.!
die Neosalvarsanfrage nahezu erledigt erschien, haben sich
französische Autoren, die von Anfang an nicht so grosse Dosen
gaben, aufs Intensivste mit der Anwendungsweise des Neo-j
salvarsans beschäftigt und uns wichtige Aufschlüsse über Ur¬
sache und Elimination mancherlei unangenehmer Nebener¬
scheinungen gegeben.
Es war von vorneherein auffallend, dass bei ungefähr
gleicher Dosierung die Nebenerscheinungen des Neosalvarsans
geographisch so sehr verschieden verteilt waren. Während!
Schreiber, Iversen15) und vor allem auch Heue k,j
selbst bei grossen Einzel- und Gesamtdosen, über seltene und
relativ geringgradige Nebenerscheinungen berichten, klagen
B e r n h e i m, Wolff und Mulzer u. a. über häufig auf4
tretende Intoxikationen in Gestalt von Prostration, gastro¬
intestinalen Erscheinungen, Exanthemen etc.
Eine plausible Erklärung für die Verschiedenartigkeit der Reak¬
tionen bei anscheinend gleicher Technik geben uns die Erfahrungen
französischer Autoren [Emery18), Sicard und Leblanc17).
Levy-Bing18) und Du hot19)]. Aus den Arbeiten der oben ge¬
nannten Autoren geht nämlich hervor, dass es neben dem bak¬
teriologischen durch Wechselmann20) aufgedeckten Was
serfehler noch einen nicht zu unterschätzenden chemischer
Wasserfehler gibt, der bei dem so ungemein leicht zersetzlicher
Neosalvarsan zu toxischen Veränderungen des Präparates führen kann
Der bakteriologische Wasserfehler ist jetzt wohl allgemein
dadurch ausgeschaltet, dass nur frisch destilliertes Wasser zur
Herstellung der Lösung verwandt wird. Ganz anders lieger
die Dinge bezüglich des chemischen Wasserfehlers:
Emery sah nach ca. 20U reaktionslos verlaufenden Neosalvar-
saninfusionen plötzlich gruppenweise toxische Zustände (Kopf¬
schmerzen, Fieber, gastrointestinale Erscheinungen, Exantheme etc.
auftreten, die mit einem Schlag verschwanden, als er an seinen'
Wasserdestillationsapparat den Kühler erneuerte. Er konnte fest
stellen, dass der alte Kühler Blei in geringen Mengen an das destilliert'.
Wasser abgegeben hatte. Dieses bleihaltige Wasser zersetzte da;
Neosalvarsan. Andere Autoren fanden, dass ihr Kondensator im Lauf,
der Zeit Natriumsilikat, Zink etc. abgab, und bestätigten die Er
fahrungen E m e r y s. Insbesondere sind Kupferkondensatoren durch¬
aus zu verwerfen, da das kondensierte Wasser die Fähigkeit besitzt
Kupfer in geringen Mengen zu lösen. Das Kupfer spielt dann die
Rolle des Katalysators.
Was für das Neosalvarsan von Emery gefunden wurde
gilt nach unseren Erfahrungen in ähnlichem Masse für da:
I Salvarsan.
So injizierten wir einem Tabiker mit frisch destilliertem Wasser
das einem angeblich völlig aus Jenaer Glas bestehenden Apparat ent
stammte, der seit 2Vz Monaten in dauerndem Gebraucl
13) Neosalvarsandebatte: Bulletin de la societe francaise de der
mat. et syphiligr., August 1912.
14) Zeitschr. f. Chemotherapie, Orig., Band I, Heft 3.
15) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 26.
10) La clinique 1912, No. 31.
17) Bulletin de la societe frang. de dermat. et syphiligraphie,
August 1912.
1S) Ebenda, November 1912. P j
19) Revue beige d’urologie et dermato-syphiligr.. Oktober 1912.
20) Deutsche med. Wochenschr. 1911, No. 17.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
631
März 1913.
, r, Salvarsan in Dosen von 0,2 resp. 0,3 im Abstand von 3 bis
Tagen. Die Allgemein- und Fieberreaktionen wurden immer stiir-
cher, zuletzt stieg die Temperatur des Kranken unter Schüttelfrost
39,2 nach 0,2 Salvarsan. Wir glaubten einen Patienten mit Salvar-
überempfindlichkeit vor uns zu haben, umsomehr, als andere
liker die doppelte mit demselben Präparat und
' jsser zubereitete Dosis reaktionslos vertrugen. Und doch
r dem nicht so! Als wir das Wasser resp. den Destillationsapparat
(chselten, hatte der Kranke fernerhin bei dem gleichen Modus der
Ationen keinerlei Reaktionen mehr.
F,ine Anfrage in der Fabrik ergab, dass lediglich der Erlen-
verkolben und nicht auch, — wie ausdrücklich von uns verlangt —
Kühler aus Jenaer Glas hergestellt worden war!
Besteht nun der Kondensator aus gewöhnlichem Glas, so
rd er offenbar bald vom destillierten Wasser angegriffen:
I s Wasser eines dem ersten analogen Apparates, der
»er nur wenige Tage im Gebrauch war, er-
igte keinerlei Reaktionen.
Solche Erfahrungen lehren, dass noch grössere Sorgfalt
bisher im allgemeinen üblich, auf die Herstellung des
assers bei den Neosalvarsaninjektionen verwandt werden
iss.
Es empfiehlt sich dringend, nur doppelt destil-
ertes Wasser zu verwenden, das einem vol¬
le: aus Jenaer Glas bestehenden Destilla-
1 o n s a p p a r a t entstammt. Die ersten 1 00 ccm des
i der Destillation gewonnenen Wassers sollten, da sie event.
ch noch, wenn auch nur minimale Verunreinigungen ent-
llten können, nicht verwandt werden. Möglicherweise wird
Joch auch der aus Jenaer Glas bestehende Kühlapparat im
ufe der Zeit von dem kondensierten Wasser angegriffen,
i'shalb ist es ratsam, nach 8 — 10 Wochen dauernden Ge¬
suchs den Kühler zu erneuern. [Von A 1 m k v i s t 21) ist vor
rzem ein recht guter, nicht zu kostspieliger, ganz aus Jenaer
as hergestellter Destillationsapparat empfohlen worden 21*).]
In dem Begleitschreiben der Höchster Farbwerke und
ch von T o u t o n M) wird empfohlen, zur Bereitung der
osalvarsanlösung in Ermangelung von frisch destilliertem
asser, abgekochtes steriles Leitungswasser zu benutzen,
nn dasselbe so gut wie bakterienfrei ist und nicht zu viel
neralische Bestandteile enthält. Wir können uns dieser
lpfehlung nicht anschliessen, sind vielmehr ganz der An-
ht D u h o t s 23), dass es zweckmässiger ist, auf Neo-
varsan und Salvarsan zu verzichten, wenn man nicht in
r Lage ist, völlig einwandfreies Wasser zu verwenden.
Allein nicht nur das Wasser, sondern auch scheinbar
elevante Mängel der Technik können der Anlass
n Reaktionen sein. So sei bezüglich technischer Einzel¬
nen bemerkt, dass die Infusionsapparate nicht in Leitungs-
isser, sondern in destilliertem Wasser 15 — 20 Minuten
kocht werden müssen. Aus dem Leitungswasser schlägt
h Kalk am Glas nieder, der wie G o n d e r 24) gezeigt hat,
entuell imstande sein kann, Salvarsan und dementsprechend
ch Neosalvarsan zu zersetzen.
Es erscheint ferner rastam, nur gläserne Verbindungs¬
icke undkeinMetall zwischen Schlauch und Injektions-
del zu verwenden, da nur Glas einwandfrei sterilisierbar
In letzter Zeit verwenden wir nur noch Platiniridium-
deln, die in sehr hartes Jenaer Glas eingeschmolzen sind,
erdurch ist es uns gelungen, ausser dem ausgltihbaren
atiniridium jegliches Metall vom gesamten Infusionsapparat
szuschliessen.
Die gesamte Glasapparatur (die Gefässe für
stilliertes Wasser und Kochsalzlösung, sowie diejenigen zur
bereitung der Neosalvarsanlösung, ferner Infusionstrichter,
Tschenstück, Ansatzstück) bestehe aus JenaerGlas,
nur dieses nicht, resp. sehr lange nicht angegriffen wird,
n beziehen durch die Firma F. und M. Lautenschläger in
ankfurt a. M.) Man denke auch daran, die Gefässe, aus
-Ichen man das Wasser resp. die Kochsalz- oder Salvarsan-
aing ausgiesst, an derjenigen Stelle, die von der Flüssigkeit
2j) Dermatol. Wochenschr. 1913, No. 2, Bd. 56.
214) Sehr zu empfehlen ist ein nach unseren Angaben etwas modi-
crter Apparat von F. und M. Lautenschläger, hier, der
er 1000 ccm Wasser in der Stunde liefert. (Preis M. 1 4.50.)
2S) Berlin, klin. Wochenschr. 1912, No. 24.
,3> Revue beige d’urologie et dermato-syphiligr. 1912, Oktoberh.
9 Archiv f. Schiffs- u. Tropenhygiene 1912, Bd. 16.
benetzt wird, unmittelbar vor dem Ausgiessen dadurch zu
sterilisieren, dass man sie durch die Flamme zieht. Dies ist
insbesondere nötig bei Gefässen mit sehr breitem Rand.
Wenn auch durch alle diese Vorsichtsmassregeln die ein¬
wandfreie Technik der Neo- und Altsalvarsaninjektionen kom¬
pliziert wird, so muss man sich doch andererseits vor Augen
halten, dass das Ziel einer idealen Salvarsantherapic sein muss,
jegliche Möglichkeit unangenehmer Folgeerscheinungen
auszuschalten und die Injektion zu einem harmlosen und
völlig reaktionslos zu ertragenden Eingriff zu gestalten.
Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass die ge¬
ringen Reaktionen, die wir auf Salvarsan auch in letzter Zeit
noch gelegentlich beobachten, an Zahl dauernd zurückgehen,
je mehr wir auf anscheinend irrelevante Details achten (s. An¬
merkung bei der Korrektur).
Dass gelegentlich bei der gleichen Technik und dem
gleichen Wasser nur einzelne Individuen reagieren und andere
nicht, erachten wir keineswegs als Beweis dafür, die er¬
wähnten Vorsichtsmassregeln nicht so hoch zu bewerten. Auch
der Chirurg kann nicht so selten die Erfahrung machen, dass
— unter Umständen unvermeidbare — grobe Verstösse gegen
Asepsis und Antisepsis glatt ertragen werden, weil die Emp¬
findlichkeit der einzelnen Individuen verschieden, aber an¬
dererseits auch völlig unberechenbar ist.
2. Einzel- und Gesamtdosierung des Neosalvarsans.
Nebenerscheinungen.
Wie eingangs kurz gestreift, sind in jüngster Zeit
mehrere Autoren, insbesondere Schreiber25) und Stüh-
m e r L’u) nach anfänglicher Ueberdosierung in das Gegenteil
verfallen, indem sie — allerdings vorwiegend für Kranke mit
frischer Syphilis — allzu geringe Dosen, sowohl was die
Einzel- wie die Gesamtdosis anlangt, empfehlen
Zweifellos ist es für die meisten Fälle, und ganz be¬
sonders bei frischer Lues, zweckmässig, mit den ersten Dosen
Neosalvarsan sehr vorsichtig Und tastend vorzugehen, um eine
Reaktion von seiten des Gesamtorganismus (Fieber durch
massenhaften Spirochätenzerfall), sowie auch des Zentral¬
nervensystems (Herxheimer sehe Reaktion der Meningen)
zu vermeiden. Beides sind unseres Erachtens höchst uner¬
wünschte und durch sachgemässe Therapie (sorgsame Queck¬
silbervorbehandlung, sehr kleine Anfangsdosen!) hintanzu¬
haltende Zufälle.
Ist man aber über die tastenden Anfangsdosen (0,15, 0,3)
hinaus, so kann man ruhig im Abstand von 1 — 2 Tagen auf
0,45, 0,6, 0,75 g ansteigen, falls keinerlei Reaktion nach der
einzelnen Injektionen aufgetreten sein sollte. In letzt¬
genanntem Falle müssen nach deren völ¬
ligem Abklingen 2 Tage afebrilen Wohl¬
befindensgefolgtsein. In einem früheren Aufsatz 27)
haben« wir die Dosierung des Salvarsan in den einzelnen Sta¬
dien der Lues besprochen, so dass wir hier darauf verweisen
können, da die gleichen Regeln für das Neosalvarsan gelten.
Wenn es auch, wie erwähnt, zweckmässig ist, vorsichtig in
den Anfangsdosen zu sein, so ist es andererseits ebenso not¬
wendig, die kleinen Dosen zu verlassen, sobald sie reaktions¬
los vertragen werden, um zu mittleren Dosen überzugehen.
Nur durch ausreichende und nicht verzettelte Dosierung ist es
möglich, bei syphilitischen und metasyphilitischen Erkran¬
kungen des Zentralnervensystems, ebenso wie bei frischer
Lues, einen nachhaltigen therapeutischen Erfolg zu erzielen.
Als durchschnittliche Einzeldosis für Männer empfehlen wir
nach vorsichtiger Anfangsdosierung 0,6 bis höchstens 0,9 g
Neosalvarsan, für Frauen entweder dieselben Dosen, oder
falls es sich um sehr zarte Individuen handelt, 0,45 — 0,75 g.
Wir haben an einer grossen Anzahl von Patienten fest¬
stellen können, dass wenn man (in Kombination mit Queck¬
silber als Schmierkur, Hg salic. oder mit dem von uns am
meisten bevorzugten Kalomel) wöchentlich 2 Neosalvarsan¬
injektionen ä 0,6 und 0,75 g macht, diese Dosen anstandslos
vertragen werden.
25) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 34 (zweiter Neosalvarsan-
au
2n) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 45.
2T) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 33/34.
632
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
Man kann nach unseren Erfahrungen diese
wöchentlichen Gesamt dosen von 1,35 g ohne
Bedenken 5L Wochen hintereinander (in Kom¬
bination mit Quecksilber) geben und eine Ge¬
sa m t d o s i s von 7.5 g Neosalvarsan in dieser
Zeit erreichen, ohne den Patienten im ge¬
ringsten zu gefährden.
Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Einzel¬
dosen nicht höher als angegeben genommen werden und die
Gesamtdosis von 7 lA g in der erwähnten Zeit nicht über¬
schritten wird.
Entgegen der Anweisung der Höchster Farbwerke sind
wir der Ansicht, dass im allgemeinen 0,9 g Neosalvarsan
(= 0,6 Salvarsan) als maximale Einzelgabe angesehen werden
soll. Auch wir gaben gelegentlich sehr robusten Kranken,
mitten in der Kur 1,2 — 1,5 g Neosalvarsan als Einzel- und 3,0 g
als wöchentliche Gesamtdosis. Allein die Erfahrungen anderer
lehren uns, dass man mit derartigen Dosen eventuell doch
Schaden stiften kann, ohne dass der Nutzen in irgend einem
Verhältnis hierzu steht.
Wir haben im ganzen 69 Patienten, durchschnittlich mit
4 _ ]0 Injektionen (im ganzen über 450) behandelt und niemals
Exantheme gesehen. Diese von anderen Autoren z. T.
gehäuft beobachteten Neosalvarsanexantheme sind unseres
Erachtens keine Ueberempfindlichkeits-, sondern toxische
Exantheme. Sie werden bei gewöhnlicher Dosierung beob¬
achtet nach Injektionen mit nicht absolut einwandfreiem Wasser
oder mangelhafter Technik, sowie nach allzugrossen und zu
rasch sich folgenden Dosen. Tritt ein Exanthem auf, so handelt
es sich dabei keineswegs um ein beunruhigendes Symptom.
Erfahrungen, die wir mit gelegentlich von uns beobachteten
Salvarsanexanthemen machten, lehren uns, dass man nach dem
Auftreten eines solchen Exanthems Salvarsan, und wohl auch
Neosalvarsan, ruhig weiter geben darf. Allerdings muss das
Exanthem und eine eventuell dieses begleitende Temperatur¬
steigerung ganz abgeklungen sein. Dann kann man nach
3 — 4 Tagen wiederum injizieren. Es empfiehlt sich jedoch,
dann mit einer kleineren Dosis anzufangen und erst langsam
wieder zu steigen. Man wird sich aber überzeugen können,
dass auch nach einmaligem Auftreten eines Exanthems zahl¬
reiche folgende Injektionen bei einwandfreier Technik an¬
standslos vertragen werden. Gerade diese Tatsache spricht
durchaus gegen die Auffassung, dass das Exanthem eine Ueber-
empfindlichkeitsreaktion sei. Lediglich durch das Exanthem
und eventuell begleitendes Fieber wird eine gewisse Empfind¬
lichkeit für folgende Injektionen gesetzt, wenn man dem
Organismus nicht genügend Zeit lässt, sich zu erholen oder
mit gleich grossen Anfangsdosen die Injektionsserie wieder
aufnimmt.
Hat man also bei normaler Dosierung, wie
wir sie vorschlagen, ein Exanthem bekommen,
so ist unseres Erachtens lediglich die eigene
Technik hierfür verantwortlich zu machen.
Man revidiere daher das Wasser und das ge¬
samte Instrumentarium.
Aus der nachfolgenden Tabelle ist ersichtlich, mit welchen
Gesamtdosen wir unsere Patienten behandelten :
Gesamtdosis Neosalvarsan
1—4 g
4—6 g
6—8 g
8—11 g
Anzahl der Kranken . . . . |
32
16
13
8
Nahezu die Hälfte der Patienten bekam nur relativ kleine
Gesamtdosen Neosalvarsan (1 — 4 g). Dies kommt daher, dass
wir eine Anzahl Kranker, erst nachdem sie schon ziemlich be¬
trächtliche Dosen Salvarsan bekommen hatten, mit Neo¬
salvarsan weiterbehandelten. Ferner erhielten alle die Fälle,
die kurz in der Klinik (eventuell zu provokatorischer Injektion)
blieben, selbstverständlich nur geringe Mengen Neosalvarsan.
29 Fälle erhielten im ganzen 4 — 8 g (meist innerhalb 3 bis
6 Wochen) und 8 Kranke 8 — 11 g Neosalvarsan. Diese sehr
hohe Gesamtdosis wurde jedoch erst in ca. 10 — 12 Wochen
erreicht und in diesem Zeitraum anstandslos vertragen.
Wir empfehlen jedoch trotz unserer guten Erfahrungen
mit hohen Dosen bei einer Kur innerhalb 5 — 6 Wochen die
Gesamtdosis von llA g nicht zu übersteigen. Wir konnten
nämlich einmal bei einer Kranken, der wir in 6 Wochen 8,25 g
Neosalvarsan gaben, die ersten Anzeichen einer leichten Poly
neuritis beobachten.
Es handelte sich um eine 44 jährige Frau mit Lues cerebri, di'
wegen Lungentuberkulose fast dauernd leichte Temperatursteigerungei
hatte, und auf Neosalvarsan bei 5 von 10 Injektionen mit Temperaturei
von 37,2—38,1 0 reagierte. Wir gaben dieser Patientin in den letzte.
3 Wochen der Kur bei durchschnittlicher Einzeldosis von 0,9 g Ne<>
salvarsan, im ganzen 5,25 Neosalvarsan. Dies war offensichtlich z
viel, was Einzel- und Qesamtdosis in dieser kurzen Spanne Zeit an
langte. Wenige Tage nach der letzten Injektion bekam Pat. Waden
schmerzen, ferner Ameisenlaufen, Kribbeln und „Steifheitsgefühl" i
den Zehen. Objektiv fand sich: Abschwächung des rechten Achilles
reflexes, Herabsetzung des Lagegefühls in den Zehen und Fussgelenkei
sowie ganz leichte Hypästhesie an den Zehenspitzen beiderseit;
Druckempfindlichkeit der N. peronei und tibiales in der Kniekehle
Motilität: ungestört, auch elektrisch dauernd normale Verhältnisse
Die Schmerzen und Parästhesien nahmen unter diaphoretischer Be:1
handlung sehr schnell ab, so dass Pat. in ca. 10 Tagen beschwerdeiri,
war und nach kurzer Zeit entlassen werden konnte.
Nach 5 Monaten hatten wir Gelegenheit, Pat. wieder zu unter
suchen. Bis auf den noch immer abgeschwächten rechtsseitige!
Achillesreflex fand sich kein pathologischer Befund mehr. Eir
Motilitätsstörung war nie aufgetreten.
Eine andere Patientin klagte nach 6,6 g Neosalvarsa
(innerhalb 4V» Wochen) über Wadenschmerzen. Wir brachen sofo
die Therapie ab. Die Schmerzen verschwanden nach 2 Tagen, f
kam nie zu irgendwelchen sonstigen Erscheinungen. Vielleicht hai
delte es sich bei diesen Beschwerden doch um die allerersten Ai
Zeichen einer Polyneuritis, die durch Aussetzen der Behandlung uicl
zur Entwicklung kam. Auch diese Kranke sahen wir nach einigt.
Monaten wieder. Anderweitige Symptome waren nie aufgetreten.
Jedenfalls achte man bei der Neosalvarsanbehandhing ai
die Prodromalerscheinungen der Polyneuritis: Schmerze
sowie Parästhesien in den Zehen, seltener in den Finger
Ist man bei hohen Gesamtdosen angelangt und will man ai
irgendwelchen Gründen doch noch Neosalvarsan weitergebe
so instruiere man die Patienten, auf derartige eventuell sich ei
stellende Symptome zu achten und breche bei den ersten die
bezüglichen Klagen die Therapie sofort ab. Nur wenn die
prämonitorischen Zeichen missachtet werden und trotzde
weiter Neosalvarsan gegeben wird, kann es zur Ausbildut
von schwererer Polyneuritis mit Tiefen- und Oberfläche
sensibilitätsstörungen und später sich hinzu gesellenden me
oder weniger ausgedehnten Motilitätsstörungen komme
Symptome die lange Zeit bis zu ihrem Verschwind
brauchen.
Ehrlich machte in seinem Rundschreiben vq
18. VI. 1912 darauf aufmerksam, dass in einem Falle nach ir-
gesamt 3,0 g Neosalvarsan (innerhalb eines Monats) Nerve¬
störungen aufgetreten seien. Diese Beobachtung steht vt-
einzelt da und ist von keiner anderen Seite bestätigt wordu
Durch ihr isoliertes Auftreten wirft sie vielleicht ein Licht cf
die Pathogenese der Neosalvarsanpolyneuritis : Dass es sn
dabei um eine typische Arsen polyneuritis handelt, stet
nach den Krankheitsfällen, die wir zu sehen Gelegenheit hatte
ausser Zweifel. Es fragt sich nun, ob nicht chemisch vc-
unreinigtes, das Neosalvarsan zersetzendes Wasser o<r
andere Mängel der Technik an einer so vorzeitigen Arst-
vergiftung (nach 3 g Neosalvarsan) Schuld sind. Nach inüi-
1 ich er Mitteilung des Herrn Dr. G o n d e r vom hiesigen Gecg
Speyer-Haus sinkt nämlich die Dosis tolerata der Maus r
Salvarsan erheblich, wenn nicht chemisch ganz einwai
freies Wasser benutzt wird. Sie kann andererseits sehr 1-
trächtlich steigen, sobald das Wasser in jeder Bezieht -
tadellos ist (z. B. bidestilliertes Wasser aus einem Jen; i
Glasapparat). Nach Castellis Tierversuchen wächst e
Toxizität des Salvarsans beträchtlich, wenn Natronlaugen
grösserer Menge als nötig zugesetzt wird. Er konnte fer:i
feststellen, dass die Verzögerung der Injektion einer frid
bereiteten Neosalvarsanlösung um nur 10 Minuten genüg*
um die toxische Dosis des Mittels beim Kaninchen von < •
auf > 0,15 g pro Kilo zu steigern.
Diese Beobachtungen beträchtlicher ToxizitätserhöhO
bei nicht ganz vorschriftsmässiger Technik legen den
danken nahe, dass bei ganz einwandfreier Technik und i
jeder Beziehung reinem Wasser keinerlei Nervenstörungei i
der von uns angegebenen Dosierung zu erwarten sind. Uns '
diesbezüglichen Erfahrungen an einem nicht unbeträchtlir. i
Material sprechen ebensosehr hierfür wie die obigen theG
tischen Erwägungen.
5. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
633
WasdieeventuelleTemperatursteigerung
achNeosalvarsan an langt, so gibt die nachfolgende
'abeile über unsere Beobachtungen bei den hierbei in Be-
-acht kommenden, vor der Injektion fieberfreien
ranken Auskunft.
<X> ®
HD G
, _ , o
-G
CS
Temperatursteigerung
Allgemein-
erschei-
N3 <X>
c '7?
£
37,1-37,5°
37,6-38°
38,1—38,5°
über 38,5°
nungen
länner . .
305
59
13
2
2
13
rauen . .
101
17
2
24
Gesamtsumme
406
76
15
2
2
37
(= 10 Proz.)
(= 4 Proz.)
(= Proz.)J(:
= V-, Proz.)
(= 9 Proz.)
Man ersieht aus dieser Zusammenstellung, dass wir, im
legensatz zu anderen Autoren, im ganzen nicht übermässig
äufig Reaktionen nach Neosalvarsan zu verzeichnen hatten,
owie vor allem auch, dass sich die übergrosse Mehrzahl der
emperatursteigerungen zwischen 37,1 und 37,5°, d. h. in sehr
»lässigen Grenzen bewegte. Es ist uns wohl bekannt, dass
i.anche Autoren eine derartig geringe Erhöhung der Körper¬
wärme noch nicht als pathologisch ansprechen und von einer
Reaktion“ erst bei Temperaturen über 37,5 reden. Dem muss
nseres Erachtens entgegengetreten werden: Wenn die Tem-
leratur eines vorher afebrilen Patienten nach Neosalvarsan
»der Salvarsan über 37° steigt, so handelt es sich um eine
licht zu verkennende Reaktion. Es ist dann notwendig, sich
n jedem Einzelfall zu überlegen, ob diese Reaktion durch den
'ustand des Kranken oder durch Fehler der Dosierung resp.
ler Technik bedingt sind. Man ist leicht allzusehr geneigt,
lerartige kleine Temperatursteigerungen als selbstverständ-
iche Folgen der Injektion anzusehen und nicht den Fehler
inderswo zu suchen. Meist sind es — allerdings schwer bis
iiif den letzten Rest auszumerzende — Kleinigkeiten, die nach
inserer Ansicht die Reaktion bedingen. Wenn z. B. ein Patient,
vie wir es kürzlich erlebten, von 10 Salvarsaninjektionen die
ersten 4 und letzten 5 reaktionslos verträgt, bei der 5. aber
gastrointestinale Erscheinungen und Temperaturen bis 37,8°
bekommt, so ist hierfür wohl sicherlich nicht eine plötzlich
iuftreten.de Ueberempfindlichkeit, sondern irgend ein anderer
"ehler verantwortlich zu machen. Nach unseren Erfahrungen
besonders der jüngsten Zeit, wo wir auf alle Details achten,
scheint die Gruppe der „Ueberempfindlichen“ immer mehr
iusammenzuschrumpfen.
Wenn wir retrospektiv unsere Resultate bezüglich Tem¬
peratur- und Allgemeinreaktion betrachten, so glauben wir,
dass die .grösste-3‘Zahl bei Innehaltung der jetzt von uns
vertretenen Forderung hätte vermieden werden können.
Unter unseren Fällen, die reagierten, finden wir eine ge¬
wisse Anzahl von Kranken, die auf jede Injektion, sei es mit
Temperatur-, sei es mit Allgemeinerscheinungen antworteten.
Bei manchen dieser Kranken hätten offenbar diese Neben¬
erscheinungen durch Herabsetzung derEinzeldosis
vermieden werden können, da sie auf niedrigere Dosen nicht
mehr reagierten. Bei anderen war vielleicht der Umstand
von Bedeutung, dass wir nach der „Reaktion“ zu kurze Zeit
bis zur nächsten Injektion haben verstreichen lassen, und die
darauf folgende Dosis nicht niedriger als bei der vorherigen
Einspritzung genommen hatten. Wenn alle Kautelen bei den
der Reaktion zunächst folgenden Einspritzungen eingehalten
werden, so kann man im Laufe der Kur doch unter Umständen
bald wieder zu Normaleinzeldosen gelangen. So konnten wir
Kranke beobachten die auf die ersten Injektionen mit gastro¬
intestinalen Erscheinungen reagierten, bald darauf niedrigere
und späterhin auch höhere (Normal-) Dosen glatt vertrugen.
Unter unseren 69 Patienten haben 26 Kranke mit durch¬
schnittlich 4—10 Injektionen das Neosalvarsan ohne die
geringste Störung vertragen. Auffallend konnte er¬
scheinen, dass wir bei Frauen soviel mehr Störungen des
Allgemeinbefindens (24 auf 101) zu verzeichnen hatten als bei
Männern (13 auf 305). Dies kommt offenbar daher, dass wir
anfänglich den weiblichen Kranken dieselben Einzeldosen
gaben wie den Männern. Offensichtlich werden nun durch¬
schnittlich von den Frauen nur entsprechend niedrigere Neo-
salvarsanmengen anstandslos vertragen.
Trotz recht hoher Gesamtdosen hatten wir bei mehr als
450 Neosalvarsaninjektionen, mit Ausnahme des einen Falles
geringgradiger Polyneuritis sowie der berichteten Temperatur-
Steigerungen und der Allgemeinerscheinungen, über keiner-
1 e i unangenehmere Neben- oder Folgeerscheinungen zu
klagen.
3. Wirksamkeit des Neosalvarsans.
Ueber die Heilwirkung des — von uns meist mit Queck¬
silber kombinierten — Neosalvarsans sowie über dessen bei
weitem grössere Wirksamkeit als die des Quecksilbers allein
haben wir schon in früheren Arbeiten berichtet. Was die
therapeutische Wirkung des Neosalvarsans im Vergleich zu der
des Salvarsans anlangt, fanden wir, dass ganz analog behan¬
delte und im allgemeinen ähnlich gelagerte Fälle (soweit man
dies überhaupt sagen kann) von frischer Hirnlues, Lues cere¬
brospinalis und Tabes im allgemeinen vom Salvarsan inten¬
siver als vom Neosalvarsan beeinflusst werden. Wir fanden
fast als durchgängige Regel, dass die Serumreaktion in den
Fällen, wo sie überhaupt beeinflussbar war, nach Salvarsan
rascher negativ wurde. Vor allem aber konnten wir auch
feststellen, dass der Liquor cerebrospinalis, was Eiweissmenge,
Globulinvermehrung, Zellzahl und Wassermannreaktion an¬
langt, recht häufig bei analogen Fällen von Salvarsan ener¬
gischer beeinflusst wurde, als vom Neosalvarsan.
Zwei ganz ähnlich gelagerte Fälle von Akustikusneuro-
rezidiven mögen — soweit es überhaupt möglich ist 2 Fälle
zu vergleichen — als Beispiel, dem wir noch manches andere
hinzufügen könnten, dienen:
Liquor cerebrospinalis bei Fall 1.
Eiweiss
Phase I
Zellen
Wassermann
Therapie
i. emm
Blut
Liquor
9
Trbg.
708
+
+ 0,2
Neosalvarsan . 11,5 g
Kalomel .... 0,8 g
(innerhalb von 11 Wochen)
21/2
opal.
19
- 0,4
+ 0,6 schwach
-j- 0,8 deutlich
Liquor cerebrospinalis bei Fall 2.
Eiweiss
Phase 1
Zellen
Wassermann
Therapie
i. emm
Blut
Liquor
9 V«
Trbg.
1076
—
+ 0,2
Salvarsan ... 3,5 g
Kalomel . . . 0,35 g
(innerhalb von 6 Wochen)
23U
opal.
18
And. +
- 1,0
Man sieht aus der Gegenüberstellung der beiden Befunde,
dass geringere Gesamtdosen Salvarsan in kürzerer Zeit den
gleichen, wenn nicht noch energischeren Einfluss auf den
Liquor hatten.
Im folgenden seien einige klinische Erfahrungen mitgeteilt,
welche eine gewisse Verschiedenartigkeit des Salvarsans und
des Neosalvarsans — und unseres Erachtens auch die ge¬
ringere Wirksamkeit des letzteren — illustrieren:
1. Ein Tabiker mit lanzinierenden Schmerzen und gastrischen
Krisen hatte bei einer Neosalvarsankur Einzeldosen von 0,6— 0,9 g ver¬
tragen, ohne dass er nach den ersten Injektionen Schmerzen oder
Krisen bekommen hätte. Bei einer zweiten nach 3 Monaten wieder
aufgenommenen Salvarsankur lösten schon 0,3 Salvarsan, ebenso wie
bei einer früheren Kur. anfänglich heftige lanzinierende Schmerzen aus.
2. Ein anderer Tabeskranker mit gastrischen Krisen, der ins¬
gesamt 5,25 g Neosalvarsan bekommen und auf die beiden ersten Neo¬
salvarsaninjektionen (von 0,45 und 0,6 g) mit ganz kurzdauernden
gastrischen Krisen reagiert hatte, bekam wenige Tage nach der
letzten Neosalvarsaninjektion 0,5 g Salvarsan. Unmittelbar danach
kam es wieder zu einer gastrischen Krise. 4 weitere Salvarsaninjek¬
tionen wurden dann glatt vertragen. Bei einer 3. Kur löste 0,4 Sal¬
varsan eine wesentlich heftigere und längerdauernde Krise aus. als
vordem das Neosalvarsan.
Diese beiden Fälle zeigen die Verschiedenartigkeit von
Neosalvarsan und Salvarsan in gleichen Dosen, gleichzeitig
aber auch die intensivere Wirkung des Salvarsans in ge¬
ringeren Dosen.
Die Ueberlegenheit des Salvarsans manifestierte sich deutlich uei
einem Kranken mit inveterierter luetischer AkustikuserkranKung, die
2
No. 12.
634
Ä4UENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
sich vorwiegend in Schwindel und Gangstörung äusserte. Pat. bekam
0,4 g und (),75 g Neosalvarsan ohne irgendwelche Aenderung seines
Befindens. Unmittelbar nach 0,2 Salvarsan besserten sich die oben¬
genannten Symptome ganz ausserordentlich, um sich auf weitere kleine
Salvarsandosen gänzlich zu verlieren. Der Unterschied im Befinden
des Pat. beim Wechsel des Salvarsanpräparates. von dem er nichts
wusste, war in diesem Palle so eklatant, dass er nicht übersehen
werden konnte.
Während die oben angeführten 3 Fälle die geringere Wirk¬
samkeit des Neosalvärsans dartun, zeigt die folgende Kranken¬
geschichte, dass die beiden Salvarsanpräparate vielleicht auch
verschiedene Angriffspunkte (Rezeptoren) haben. Dies wäre,
wenn es sich auch fernerhin bestätigen sollte, nur zu be-
grüssen, da wir nicht genug Waffen im Kampf gegen die
Syphilis zur Verfügung haben können.
Ein Patient mit einem frischen Neurorezidiv hatte nach allzu¬
grossen Anfangsdosen (0,4 und 0,5 Salvarsan) zweimal mit den
Symptomen einer H e r x h e i m e r sehen Reaktion der Meningen und
Fieber reagiert. Nachdem er in der Folgezeit ausserdem noch 1,1 g
Salvarsan und 0,25 g Kalomel anstandslos vertragen hatte, erhielt er
0,6 g Neosalvarsan. Alsbald nach der Injektion trat wiederum eine
geringgradige meningeale Reaktion und Temperatursteigerung auf,
Erscheinungen, die nach den folgenden Neosalvarsaninjektionen aus¬
blieben.
Die mildere Wirkung des Neosalvarsans kam in folgenden
Fällen in durchaus erwünschter Weise zur Geltung:
Ein Patient mit Lues cerebri litt gleichzeitig an Lungentuber¬
kulose. Er bekam auf Salvarsan regelmässig hohes Fieber, während
er Neosalvarsan in entsprechenden Dosen glatt vertrug. Dass
Phthisiker Neosalvarsan wesentlich besser vertragen, konnten wir
späterhin noch mehrfach beobachten.
Eine Patientin mit frischer Hirnlues hatte im ganzen 4,9 g Sal-
värsan bekommen, aber auf die zwei letzten Injektionen ( ä 0,3 Sal¬
varsan), ohne dass technische Fehler verantwortlich gemacht werden
konnten, mit leichtem Fieber und Allgemeinerscheinungen reagiert.
Da uns eine Fortführung der Behandlung erwünscht schien, gaben wir
Neosalvarsan, das anstandslos vertragen wurde.
Bei einem Kranken mit einem Akustikusfazialisneurorezidiv und
einer Aortitis luetica war nach einer Gesamtdosis von 2,0 g Sal¬
varsan eine tagelang anhaltende Tachykardie aufgetreten, so dass wir
uns scheuten, ohne weiteres nach deren Abklingen Salvarsan weiter¬
zugeben. Neosalvarsan in Dosen von 0,45 wurde mehrfach gut ver¬
tragen, später auch wieder kleine und langsam ansteigende grössere
Salvarsandosen.
Diese Beobachtungen geben vielleicht Veranlassung, öfters
kombinierte Salvarsan-Neosalvarsankuren anzuwenden. Wir
besitzen keine Erfahrung darüber, wie hoch man bei der
Einzelkur in der gesamten Salvarsan- und Neosalvarsan-
dosis gehen darf. Offenbar liegt aber die kombinierte Maximal¬
dosis höher als die des Einzelnen:
Unsere Beobachtungen lehrten uns, dass man bei Syphilis
des Zentralnervensystems in einer Kur von 6 und mehr
Wochen anstandslos 5 g Salvarsan resp. 7,5 g Neosalvarsan
geben darf. Kommt man nahe an die individuell recht ver¬
schiedene Maximalgesamtdosis von Salvarsan heran, so
machen sich, falls nicht schon vorher neurasthenische
Symptome aufgetreten sein sollten, die das Sistieren der
Therapie notwendig machen, vasomotorische Erscheinungen
(Zyanose etc.) während oder kurz nach Beendigung der In¬
jektion bemerkbar. Will man aus bestimmten Gründen trotz¬
dem die Salvarsandarreichung nicht unterbrechen, so kann
dann noch Neosalvarsan in wöchentlichen Injektionen
ä 0,6 — 0,75 2—3 mal anstandslos gegeben werden, während
mit Salvarsan unbedingt ausgesetzt werden muss.
Wir empfehlen in all den Fällen, wo man eine milde Sal-
varsanwirkung haben will, das Neosalvarsan. So z. B. als
Anfangsbehandlung bei luetischer Meningitis, ferner bei spezi¬
fischen Gefässerkrankungen, besonders bei schweren Aorten¬
veränderungen oder endarteriitischen Prozessen im Gehirn,
ebenso auch bei Lues mit nicht spezifischer Nephritis.
Unsere Erfahrungen lehren uns, dass, wenn man mit
kleinen und langsam ansteigenden Neosalvarsandosen an¬
gefangen hat, meistens später auch Salvarsan gut vertragen
wird. Allerdings beginne man auch nach grösseren Einzel¬
dosen Neosalvarsan mit kleineren Salvarsanmengen, als
der letzten Neosalvarsandosis entsprechen würde.
Bei den unkomplizierten syphilitischen Erkrankungen des
Zentralnervensystems ziehen wir das Salvarsan dem Neo¬
salvarsan wegen der intensiveren Wirkung vor. Die
inveterierte Syphilis muss mit den aller¬
schärfsten Waffen bekämpft werden.
Ho. 12.
Allgemein wird betont, dass das Neosalvarsan besser ver¬
tragen werde als Salvarsan. Dies ist zweifellos der Fall. Je
subtiler aber die Technik der Lösung und Injektion gehandhab;
wird, um so mehr wird sich dieser Unterschied zwischei
Salvarsan und Neosalvarsan verwischen.
Wenn auch die Neosalvarsanlösung leichter herzusteller
ist, so muss doch andererseits betont werden, dass das vor¬
sichtige Neutralisieren mit Natronlauge beim Altsalvarsai
keine Schwierigkeiten bereitet. Zu bedenken bleibt allerdings
immer, dass durch den Fortfall von Kochsalz und Natronlauge
beim Neosalvarsan zwei Möglichkeiten eventueller Verunrei¬
nigung der Injektionsflüssigkeit in Wegfall kommen.
Resümierend möchten wir das Neosalvarsan dor
empfehlen, wo eine milde vorsichtige Salvarsanwirkung ge¬
wünscht wird. Eine Neosalvarsanlösung ist einfacher unc
leichter herzustellen als eine Salvarsanlösung. Schon geringt
Fehler der Technik scheinen sich beim Salvarsan deutlicher
bemerkbar zu machen. Lediglich aber ein ganz tadelloses
Wasser, nur eine völlig einwandfreie Technik im Verein rni
vorsichtiger, aber zielbewusster Einzel- und Gesamtdosierung
vermag beim Neosalvarsan, wie beim Altsalvarsan vor un¬
erwünschten Folgeerscheinungen zu schützen.
Anmerkung bei der Korrektur: Dass es tatsächlich
möglich ist, durch genaue Beobachtung des Allgemeinbefindens der
Kranken, durch individualisierende Dosierung, sowie durch Inne¬
haltung der oben angegebenen technischen Einzelheiten mit Einschlus;
der Wasserbereitung die Reaktionen nach Salvarsan ganz erheblicl,
zu reduzieren, beweisen unsere Erfahrungen bei den letzten 100 Sal-
varsaninfusionen: 6 Kranke hatten danach Temperaturen zwische:
37 und 37,5 °, zweimal kam es zu 37,8 °, einmal erlebten wir eint
Temperatur von 38,9". Zwei von diesen 9 reagierenden Patienten
hatten Erbrechen. Mithin haben 91 von diesen lfK) Kran
ken das Salvarsan ohne den geringsten Tempe¬
raturanstieg und ohne irgendwelche Störung de:
A 1 1 g e m e i -n befindens vertragen.
Aus der Kgl. Universitäts-Poliklinik für Hals- und Nasenkrankt
zu Königsberg.
Die bisherigen Erfahrungen mit der Salvarsan- um
Neosalvarsanbehandlung der lokalen Spirochätosen.
Von Prof. Gerber.
Als ich im November 1910 im Verein für wissenschaftliche
Heilkunde in Königsberg über die Spirochäten der Mund
rachenhöhle und ihre Beeinflussung durch das Salvarsan die
ersten Mitteilungen machte, erntete ich teils Verwunderung
und Zweifel, teils direkten Widerspruch. v Seither nun habet
sich die bezüglichen Beobachtungen so gemehrt, dass es docl
schon lohnend erscheint, sich einen kurzen zusammenfassen
den Ueberblick über die bisher vorliegenden Erfahrungen zt
verschaffen.
Unter „Spirochätosen“ verstehe ich dasselbe, was inai
früher unter „Spirillosen“ verstand und fälschlich noch jetz,
vielfach so bezeichnet. Nachdem aber massgebende Forsche
die den Protozoen zuzurechnenden Spirochäten (Müh lens:
von der Bakterienart der Spirillen (v. Prowazeck) streni
geschieden haben, müssen wir schon die eingebürgerten um
bequemeren Bezeichnungen „Spirillosen“, „fuso-spirillärj
Affektionen“ und „Spirillotropie“ durch die unbequemer
„Spirchätosen, Fuso-Spirochätosen und Spirochätotropie'
ersetzen.
Wir haben allgemeine und lokale Spirochätosen
zu unterscheiden. Beispiele der ersteren sind die Syphilis um
die Rekurrens, Beispiele der letzteren die Plaut-Vin
cen t sehe Angina und die Balanitis. Die Berechtigung — di<j
bisher als „f uso - spirilläre Erkrankungen“ bezeichnetei
Affektionen — trotz aller Würdigung der Mitbeteiligung de
Spiessbazillen — lediglich und kurz als „Spirochä
tose n“ zu bezeichnen, schöpfe ich — von anderen Tatsache!
abgesehen — aus der spezifischen Wirkung eben der Salvar
sanpräparatc auf diese Krankheiten.
Vincent hielt und andere Forscher halten wohl nocl
heute den Bacillus fusiformis für den Hauptschuldigen, dii
Spirochäten nur für Mitwirkende. Wenn aber das klassischi
Spirochätenmittel solche Geschwüre heilt, dann können di<
I darin enthaltenen Spirochäten nicht gleichgültige Schmarotzer
>. März 1913.
müencHener Medizinische wocHENScHRiFf
635
tun müssen sie die Erreger oder doeli eine conditio sine
ia non sein, dann kann man die so heilbaren Affektionen
ien auch als „Spirochätosen“ bezeichnen.
Es kommt dann aber noch eine Reihe von Affektionen hin-
i, hei denen die Spirochäten nicht die Rolle des Erregers,
»er die eines sehr wichtigen Akzidens spielen. Hierher ge¬
gen gewisse geschwiirige Prozesse besonders in der
und- und Rachenhöhle, die ja überhaupt als der
iufigste Schauplatz der lokalen Spirochätosen anzusehen ist.
uf diese möchte ich mich denn auch hier zunächst be-
hränken. Als sicher oder höchstwahrscheinlich durch Spiro-
läten, in Gemeinschaft mit fusifortnen Bazillen bedingt,
innen wir jetzt wohl ansehen:
1. Die Plaut-Vincentsche Angina.
2. Die Gingivitis Simplex.
3. Die Gingivitis m e r c u r i a 1 i s.
4. Die Stomatitis Simplex.
5. Die Stomatitis mercurialis.
6. Gewisse Formen von G 1 o s s i t i s.
7. Skorbutische Geschwüre.
Vielleicht auch gewisse Fälle von
8. Noma.
Ausserdem
9. Periodontitische Abszesse, Pulpitis, Alveo-
rpyorrhöe (Miller, Z i 1 z).
Für die sekundäre Nekrose und Verjauchung kommen
e Mundspirochäten dann ferner bei allen möglichen Ge-
hwiiren der Mundrachenhöhle, spezifischen und nichtspezi-
,chen, tuberkulösen, leprösen und skleromatösen, wie bei
m geschwiirigen Zerfall von Tumoren (Bodin [3]) in
etracht.
Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, dass ich Skorbut
ld Merkurialismus nicht für Spirochätenerkrankungen halte,
(orbut und Merkur würden aber — nach meinen bisherigen
iahrungen — ohne die Anwesenheit der Mundspirochäten
cht zu Geschwürsprozessen im Munde führen.
Das Ultramikroskop und das Salvarsän, das sind die
,‘iden Faktoren, die das Studium der in Rede stehenden Pro-
:sse so ungemein erleichtert haben und durch das Salvarsan
inn man — bei fortlaufender Beobachtung im Dunkelfelde
gleichsam ex juvantibus die Diagnose auf eine Spiro-
lätose stellen. Eine wirkliche Spirochätose haben wir aber
ir anzunehmen, wenn das Präparat von Spirochäten und
siformen Bazillen überschwemmt ist, derart, dass
ldere Mikroorganismen daneben gar nicht in Frage kommen,
e r e i n z e 1 1 e Spirochäten wollen gar nichts besagen.
Andererseits muss man bei negativem Spirochäten-
.‘fund in Mundgeschwüren an den Antagonismus denken, der
igenscheinlich zwischen Spirochäten und Eitererregern
;steht, wie denn auch die Pallida im Eiter spezifischer Pro-
;sse oft vermisst wird.
Die erste Beobachtung über die Beeinflussung von Mund-
»irochäten durch Salvarsan überhaupt wurde 1910 von mir
itgeteilt [6]. Die erste Heilung einer Plaut-Vincent-
:hen Angina durch Salvarsaninjektion stammt von E h r -
ch selbst [4 a]. Ihr folgten sehr rasch die entsprechenden
eobachtungen von Rumpel [21], der 7 Fälle, teils in
eiligen Tagen, heilte, und vom Verfasser [7]. Späterhin
e Fälle von Plaut [19], der sehr schwere Fall von A c h a r d
t Flandin [l], der allen anderen Behandlungsmethoden
‘trotzt hatte und auf Salvarsan prompt heilte und die Mit-
ilungen von Lublin er [15], Sour de 1 [22] und
oger [20].
Dass diese ersten Beobachtungen sich ausschliesslich auf
e Plaut-Vincent sehe Angina bezogen, ist erklärlich,
i diese ja allein als Repräsentantin einer durch „fuso-spiril-
re Symbiose“ hervorgerufenen Affektion auch weiteren ärzt-
dien Kreisen bekannt war. Wie manchen Forschern aber
hon lange der Zusammenhang gewisser anderer Affektionen
■r Mimdrachenhöhle, besonders des Zahlfleisches mit ulzero-
embranösen Erkrankungen der Tonsillen aufgefallen war, so
tonten Beobachtungen über die Wirkung der Salvarsan-
äparate auch auf Gingivitis, Stomatitis u. a. nicht
isbleiben. Auch ich hatte nicht nur regelmässig bei diesen
Kränkungen Spirochäten und Spiessbazillen, oft in Rein-
ütur. gefunden, sondern auch ihre prompte Abheilung unter
alvarsan, sei es nun, dass sie mit Plaut-Vincent scher
Angina zusammen oder allein auftgetreten waren, kon¬
statiert [7 — 9],
Dieselben Beobachtungen machten Plaut [19], der in Hamburg
über die Heilung von zwei schweren Fällen mit Stomatitis
u 1 c e ro-m embranosa berichtete, S t ii h rn e r [23] bei „bullöser
Stomatitis , le Blaye [ 13a 1 und Roger [20] bei merkurieller
Stomatitis, Zilz 1 29, 30] bei verschiedenen Formen ulzeröser Sto¬
matitis, ebenso Roger [20], der in seiner interessanten Dissertation
8 neue Fälle von Spirochätosen, mit Salvarsan geheilt, mitteilt. Bei
chronischer, 12 Jahre bestehender Glossitis Allport [2] und
Roger [20], Laiguel-Lavastine [12[ bei angeblich nicht¬
luetischer Leukoplaste. Eine ganz besonders interessante,
merkwürdige Beobachtung veröffentlichte Ger lach [10] aus der
Richard H o f f m a n n sehen Abteilung in Dresden. Hier schloss sich
an eine Otit. externa ulcero-membranacea eine Stoma¬
titis, Glossitis und Angina ulcero-membranacea. In allen Wund¬
sekreten, auch im Ohreiter, die typischen Spirochäten und fusiformen
Bazillen. Heilung nach zweimaliger, intravenöser Salvarsaninjektion.
Hier, wieauch sonst möchte ich annehmen, dass der primäre, wenn
auch latente Herd am Zahnfleisch oder jedenfalls in Zahnnähe ge¬
sessen hat.
Zilz [27 — 30] hat sich in melireren sehr eingehenden und vor¬
trefflichen Arbeiten mit der Wirkung der Salvarsanpräparate nicht
nur auf verschiedene Gingivo-Stomatiden, sondern speziell auch bei
einer Reihe von eigentlichen Zahnaffektionen beschäftigt, von
denen schon Miller seinerzeit einige auf Rechnung der Spirochäten¬
wirkung zurückführen zu können glaubte, so bei para dentalen
Abszessen („Wunschheimabszessen“) und der Pyorrhoea
a 1 v e o 1 a r i s.
Auch die Dermatologen haben später eine Reaktion der
Mundspirochäten bei Salvarsaninjektionen zugegeben. Nämlich —
was Neisser als „Kuriosum“ (?) anführt, starke Schmerzen
an den Zähnen nach den Einspritzungen. Diese Beobachtung ist
von E. Hoff mann und von Zimmern [31] bestätigt worden,
welch letzterer sie besonders bei Patienten mit Stomatitis
mercurialis konstatiert hat und sie auf den Zerfall der Mund¬
spirochäten und das Freiwerden von Toxinen unter dem Ein¬
fluss des Salvarsans zurückführt. Meine aprioristische Annahme, dass
vielleicht auch die Noma eine Fusospirochätose sein könnte, ist in¬
zwischen wenigstens an einem Falle von Ni coli [18] bestätigt
worden. Er gab 2 Injektionen und erzielte 24 Stunden nach der
ersten Injektion eine deutliche Lokalreaktion, dann Demarkation und
Heilung. In einem zweiten, mit' schwerer Scharlachnephritis kom¬
binierten Falle trat allerdings Exitus ein. Auch ich selbst hatte in
einem Falle, bei dem die Wahrscheinlichkeitsdiagnose Noma gestellt
wurde, keinen Erfolg mit der Injektion. Allerdings zeigte die mikro¬
skopische Untersuchung hier nicht den für eine typische Spirochätose
charakteristischen, unverkennbaren Befund. Auch hatte der Patient
schon die Zeichen schwerster Allgemeininfektion. Mir selbst |8 — 9|
überraschend war dagegen die rasche und vollkommene Heilung
skorbutischer Geschwüre an Zahnfleisch und Mundschleim¬
haut bei 2 Matrosen. Diese Beobachtung ist durch Tuschin-sky
und Iwaschenzow [24] bestätigt worden, die in 5 Fällen von
Skorbut eine deutliche Besserung der Lokalsymptome sahen.
Diese letzten Beobachtungen nun leiten schon zu der
zweiten Kategorie von Fällen über, die wir nicht mehr als
eigentliche Spirochätosen zu betrachten haben, bei denen
vielmehr die Spirochäten und fusiformen Bazillen nur als
sekundär hinzukommende Schmarotzer aufzufassen sind. Wie
sehr solche im allgemeinen aber den ursprünglichen Zustand
vieler — sonst in sich bestimmten Affektionen zu verändern
vermögen, wie manche objektiven Erscheinungen und sub¬
jektiven Symptome gerade durch sie bedingt sein können, ist
ja bekannt.
Leider ist in vielen der hierher gehörigen Beobachtungen
der mikroskopische Befund nicht angegeben worden. Wir
werden aber wohl nicht fehl gehen, wenn wir annehmen, dass
es sich überall da, wo wirklich Besserungen oder Heilungen
eines Pemphigus, Reinigung und Besserung eines Zungen¬
krebses, eines Skleromgeschwürs konstatiert wurden — um
sekundäre Infektion mit Spirochäten handelte.
Ueber die rasche Heilung eines Pemphigus, der auf
Zunge und Wangenschleimhaut begonnen hatte, berichtet
Wolf [26], über schnellen Rückgang der Erscheinungen bei
einem wahrscheinlichen Fall von menschlicher Maul- und
Klauenseuche Stiihmer [23], über völlige Beseitigung
der subjektiven Beschwerden bei einem Z u n g e n k r e b s
Bodin [3], Czerny und Caan [3 a].
Zahlreich sind die Sarvarsanversuche beim Sklerom
— sehr verständlich bei einer Krankheit, der gegenüber man
in vorgeschrittenen Fällen so gut wie machtlos ist. Ich selbst
habe nur einen Fall damit behandelt [9], der nach einer schein¬
baren, vorübergehenden Besserung keine deutliche Reaktion
2*
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ . Ho. ft.
zeigte. Allerdings war die Dosis klein und ich will ein ab- !
schliessendes Urteil danach nicht abgeben, wenn ich mir auch i
— nach dem oben gesagten — einen kurativen Einfluss a priori
nur auf die Zerfallsprodukte denken konnte. So sind denn
auch die Erfahrungen N a g y s [17], F c i n s [5] und L i e c k s
[14] grösstenteils negativ, ebenso die von Wieser [25].
Gerade die Beobachtungen Wiesers bestätigen meine An¬
sicht, denn bei seinen 3 Fällen blieben die Infiltrate alle
unbeeinflusst, und nur in einem Falle heisst es: „Reinigung der
Ulzerationen!“ In einem anderen ist Besserung des
subjektiven Befindens notiert. Um so überraschender ist das
gute Resultat von Canepele [4] und die vollkommene Hei¬
lung in einem Falle Hölschers [11 ]. Leider fehlen hier
klinische und mikroskopische Befunde.
Noch ein Wort über die Anwendungsweise des
Salvarsans und des Ncosalvarsans bei den lokalen Spirochä-
tosen. Zunächst sind die Mittel — in den ersten derartigen
Fällen — von R u m p e 1, V e r f„ Plaut u. a. intravenös
angewendet worden. Nach neueren Erfahrungen hat sich aber
auch die lokale Applikation (Z i 1 z [28], le B 1 a y e [13],
Achard [l], Roger [20], Mathies [16]) in den leichten
Fällen sehr gut bewährt, sei es in 5— lOproz. wässeriger oder
Glyzerinlösung oder in Pulverform insuffliert. Oder man
nimmt einen mit Glyzerin imprägnierten Watteträger und
bringt mit diesem das Salvarsan- oder Neosalvarsanpulver
auf die Ulzeration (S o u r d e 1 [22]). Natürlich muss die
Touchierung kräftig und nicht zu kurz sein, etwa 10—15 Mi¬
nuten (Roger [20]). Auch wir haben lokale Spirochätosen
durch lokale Applikation allein in 8 Fällen zur Heilung ge¬
bracht. So können denn die Injektionen für die schwereren,
mit Allgemeinerscheinungen verbundenen Fälle reserviert
bleiben.
Jedenfalls haben wir im Salvarsan und Neosalvarsan
spezifische Mittel, auch für die lokalen Spiro¬
chätosen und so haben wir Halsärzte doppelten Grund, dem
genialen Forscher für diese Bereicherung unseres Könnens
dankbar zu sein.
L i t e r a t u r.
1. Achard et F 1 a n d i n : Angine de Vincent traitee par le 606.
Soc. med. des Hop. de Paris, 28. April 1911. Ref. Zeitschr. f. La-
ryngol., Bd. IV, S. 69. — 2. A 1 i p o r t: Brit. med. Journ., 17. August
1912. — 3. Bodin: Remarquable action de dioxyamidoarsenobenzol
dans le cas d’un cancre de la langue. Clinique med., 29. Dez. 1911. -
3a Czerny und Caan: Ehrlich, Abh. über Salvarsan, Bd. VI. —
4. C a n e p e 1 e A. : Sklerorn und 606. Intern. Zentralbl. f. Ohrenheilk.,
Bd. 10, H. 12, S. 563. — 4a. Ehrlich: Münch, med. Wochenschr.
1910, S. 2268. — 5. Fein: Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1911, S. 162. —
6. Gerber: Ueber die Wirkung des E h r 1 i c h - H a t a sehen Mit¬
tels 606 auf die Mundspiroehäten. D. med. Wochenschr. 1910, No. 46.
7. Derselbe: Weitere Mitteilung über die Spirochäten der Mund¬
rachenhöhle etc. Ibidem, 1910, No. 51. — 8. Derselbe: Die nicht
spezifischen ulzer. Erkrankungen der Mundrachenh. u. Salvarsan.
Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 3. • — 9. Derselbe: Die Wirkung
d. Salv. auf Syph. d. ob. Luftwege, Sklerorn, Plaut-Vincentsche An¬
gina u. Skorbut. Arch. f. Laryngol., Bd. XXIV, p. 366. — 10. Gerlach
(R. Hoff mann): Otit. extern, ulceromembr. (Plaut-Vincent)
mit nachfolg. Stomatitis, Angina u. Glossitis ulceromembr. Zeitschr.
f. Ohrenheilk., Bd. 64, S. 309. — 11. H ö 1 s c h e r: Heilung eines Falles
von Rhinosklerom durch Salvarsan. Arch. f. Laryngol.. Bd. 25, H. 3.
- 12. Laignel-Lavastine et Portrat: Bull, et mem. de la
soc. med. hop., 28. April 1911, p. 507. : — 13. Le Blaye: Stomatite
mercurielle traitee par l’Arsenobenzol. Progres med., 22. Juli 1911'.
14. Lieck W. : Rhinosk. u. Salvarsan. St. Petersburg med. Zeit¬
schrift, 37. Jahrg., No. 10. Ref. Intern. Zentralbl. f. Ohrenheilk.,
Bd. 10, H. 8, S. 327. — 15. L u b 1 i n e r : Intern. Zentralbl. f. Laryngol.
1912, S. 169. — 16. Mathies: Briefl. Mitteilung. — 17. Nagy S. :
Ueber das Sklerorn. Ref. Intern. Zentralbl. f. Laryngol. 1912, S. 256.
- 18. Nicoll: Beobacht über Noma etc. Arch. of Ped., 28, 1911,
S. 912. Ref. Therap. Monatsschr., XXVI, März' 1912. — 19. Plaut:
Münch, med. Wochenschr., No. 51, 1911 -- 20. Roger: L’action de
l’arsenobenzol dans certaines affections. These de Paris 1912. —
21. Rumpel: Münch, med. Wochenschr. 1910, S. 2283. — 22. S o u r -
del: Applications locales de 606 dans rangine de Vincent. Bull,
d. soc. therap., 22. Nov. 1911. — 23. Stüh me r (Schreiber-
Magdeburg): Klinische Erfahrungen mit Neosalvarsan. — 24. Tu¬
sch i n s k y und I wasche nzow: Ueber Salvarsanbehandlung bei
Skorbut. Münch, med. Wochenschr. 1911, Np. 50, S.. 2671. —
25. Wieser: Intern. Zentralbl. f. Laryngol 1912, S. 390. —
26. Wolff: Ein Fall von Pemphigus, geheilt mit Ehrlich-Hata 606.
B°rl. klin. Woche, No. 2, 1911. — 27. Zilz: Deutsche zahnärztl.
Zeitung 1911, No. 44.- 28. Derselbe: Ueber die lokale Salvarsan-'
behandlung mit -bestand. Berücksichtigung der Spirochätenerkrankg.
d. Mundh. Münch, med, Wochenschr. 1912, No. 1. — derselbe
Das Salvarsan in der Zahnheilkunde. Zahnärztl. Rundschau, No. 21
1912. — 30. Derselbe: Zur Klinik d. Mundspiroch. Wien 1913
Sonderdruck aus. A s h s Wiener Vierteljahresfachblatt, Nov. 1912.
31. Zimmern (Herxheimer):' Eine Salvarsanreaktion an dei
Zähnen.
Ans der Kgl. Universitäts-Kinderklinik München (Direktor
Prof. Dr. M. v. P f a u n d 1 e r).
Einfluss hygienischer Verhältnisse auf die Morbiditä
und Mortalität der Masernpneumonie.
Von Dr. Ludwig Maier.
In dem Triennitim 1006 mit 1908 starben 68 (== 30,6 Proz.
von den 222 auf der Masernabteilung obiger Klinik auf
genommenen Kindern. In dem Triennium 1910 mit 1912 betru
die Masernletalität nur 16,6 Proz., war also ungefähr auf di
Hälfte abgesunken. Für die Sterblichkeit an Masern, sind i
hiesiger, wie in anderen Anstalten, die Komplikationen am Ai
mungssystem von der grössten Bedeutung. Bedrohliche Korr
plikationen solcher Art, nämlich ausgedehnte Kapillärbroncli
tiden und Bronchopneumonien teils zirkumskripter teils lobäre
Natur kamen in dem erstgenannten Triennium bei 36,9 Proz
in dem letztgenannten Triennium bei 20,7 Proz. aller Kinde
vor, und zwar waren sie zum Teil schon bei der AufnahnL
vorhanden, zum anderen Teile sind sie erst während des Ai
staltsaufenthaltes aufgetreten. Die durch solche Komplikatione
verursachten Todesfälle machten 1906/1908, 69,5 Proz. der ,a;
Pneumonie erkrankten und 25,7 Proz. aller aufgenommene
Kinder aus. Die entsprechenden Zahlen in dem Zeitraum
1910/1912 sind 56,0 Proz. und 11,6 Proz. Es ist also di
Letalität auf der Masernabteilung ungefäh
auf die Hälfte herabgegangen und war dies
V e r m i n d e r.u n g der G-e samtletalität hai.pt
sächlich bedingt durch ein beträchtliche
Absinken der Frequenz der so gefährliche
K o m p 1 i k a t i o n e n. Zum kleineren T eile ist dieses Al
sinken auch auf die verminderte Letalität der Pneumonie
selbst zurückzuführen. Die Häufigkeit der gefährlich*
Lungenkomplikationen zur Zeit der Einlieferung zeigt bei
Vergleich der beiden Perioden keine so erhebliche Differeu
Es hat uns nun interessiert festzustellen, womit es z
sammenhängen kann, dass sich neuerdings die Ergebnisse
viel günstiger gestaltet haben. Man wird zwar finden, da
die Höhe der Gesamtmasernsterblichkeit, die früher eine e
schreckende war, noch immer eine beträchtliche genan
werden muss, doch weiss man, dass allenthalben die Leta
tätszahlen der Morbillen in Anstalten unvergleichlich höhe
sind als ausserhalb, was zum grossen Teile mit der Auswa
der Fälle und anderen hier nicht weiter zu erörternden Ui
ständen zusammenhängt. Vor ca. 30 Jahren hat die Maser
Sterblichkeit auf der Charitee zu Berlin 70 Proz. und v
12 Jahren 36 Proz. betragen.
Man weiss, dass besonders Kinder der jüngste
Altersstufen an Pneumonie nach Masern erkranken .ul
sterben1). Wenn sich die Altersverhältnisse unserer Maser-
Patienten aus äusseren Gründen geändert hätten, dann wä'
damit allenfalls der erhobene Befund ohne weiteres geklä.
Eine solche Verschiebung hat aber nicht stattgefundo
1906/1908 standen 43,7 Proz. der Masernkinder im 1. und
38,3 Proz. im 3., 4. und 5. Lebensjahre und 18,0 Proz. wau
mehr, als 5 Jahre alt. Das Triennium 1910/1912 ergibt zuläu
mathematisch genau dieselbe Verteilung auf die verschieden1
Altersstufen. Ebensowenig ist es ersichtlich, dass unter d'
Masernkindern früher .mehr rachitische, mehr gleicnzeii
anderweitig erkrankte, oder sonst Von vorneherein stärk
bedrohte gewesen wären als später. Die mittlere soziale La-
der Patienteneltern ist unverändert geblieben. Da irr du
späteren Triennium mehr als doppelt so viel Kindei a*
genommen wurden, als in dem früheren (483 gegen 222), lk
es nahe anzunehirien. dass früher eine schärfere Auswd
schwerster Fälle vorgenommen wurde. Das trifft aber nid
‘) In unserem Gesamtmaterial betrug z. B. die Prieumoi -
letalität der' Masernkinder in den Altersstufen 0—2 Jahre, 3— n Ja^
und über 5 Jahre: 29,2 Proz., 7,8 Proz. bzw. 1,6 Proz.
5. Marz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
637
i. Dem Angebote der Aufnahme wurde nach wie vor stets
itsprochen, auch wenn es sich um leichtere Fälle handelte.
In der hier üblichen Behandlungsweise der Masern und
rer Komplikationen hat sich nichts wesentliches geändert,
ie ärztliche Leitung ist seit 1906 in denselben Händen. Ein
Hives therapeutisches Einschreiten zur Verhütung von
lasernkomplikationen ist neuerdings ebensowenig wie vor-
mls möglich. Die Pflegeverhältnisse haben sich insoferne
ebessert, als in der letzten Zeit eine besondere Nachtpflege-
ehwcster Dienst tut. während ehemals die tagdiensthabende
ach nachts in besonderen Fällen intervenierte. Dieser Ver-
esserung steht aber der Anstieg der Patientenzahl gegenüber,
i dass die Arbeitsleistung für die einzelne Pflegeperson sogar
ngestiegen ist. Der Vermutung endlich, dass etwa die
pidemien von 1910/1912 einen schwereren Charakter gehabt
ätten, als diejenigen von 1906/1908, stehen die Erfahrungen,
ie in München ausserhalb der Anstalt gemacht wurden, ent¬
eren. Allgemeine Masernletalitätszahlen zu gewinnen, ist
ir unsere Stadt nicht möglich, da bedauerlicherweise keine
llgeineine Masernanzeigepflicht besteht. Es mussten daher
rivate Mitteilungen herangezogen werden, die drei stark be¬
wältigte Aerzte uns zu machen so freundlich waren. In der
rivaten Praxis dieser Aerzte betrug die Letalität der Morbillen
906/1908 8,4 Proz., 1910/1912 7,2 Proz. (es handelte sich meist
m ältere Kinder besser situierter Leute). Hiernach kann
uch ein wesentlich gebesserter „Genius epidemicus“ nicht die
rsache des so sinnfälligen Absinkens der Letalitätsziffer sein.
Die Ursache dafür muss in einem anderen Umstande ge-
ucht werden. Im Jahre 1909 wurden die Scharlach- und
iasernabteilung des Dr. v. Hauner sehen Kinderspitales
änzlich umgebaut; damit haben sich, die Unt er -
nng’un g s.ver h äl t n i s s e: der K'i ,n der, d i e .so -
enan nt-e n: h y g ie n i s che n "A u;f.e n t h a 1 t s b e-d i n g -
n g e n von .Grund aus geändert. Die folgenden
ngaben über die ehemalige und die jetzige Ausstattung der
Iasernabteilung entnehme ich einer Schilderung des jetzigen
.nstaltsleiters 2). Die alte Masernabteilung ist im Jahre 1891
1s ein notdürftiges Provisorium in Form einer Baracke ein-
erichtet worden. Der Krankensaal war dunkel, dumpf, hatte
ölzerren Fussboden, schmales Stiegenhaus und Treppe,
e i n e V e n t i 1 a t i o n '(beim Abbruch zeigte sich, dass die
prgesehenen Ventilationsschächte zwecks Ersparung von
leizmaterial vor Jahren gänzlich verlegt und unbrauchbar
emacht worden waren). Das Krankenzimmer, der Schwester-
chlafraum, das Bad und das Klosett (!) bildeten einen
emeinsamen Raum, der nur in der unteren Hälfte durch
lannshohe Monnierwände abgeteilt war. Der Neubau der
lfektionsabteilung enthält hingegen ungemein lichte, luftige
’äume, die an den gegenüberliegenden Längsseiten sehr grosse
enster mit Oberlichten zur Ventilation besitzen. Der Boden
at Linoleumbelag mit Korkmentunterlage, Terrazzohohl-
ehlensockel ; die Wände sind bis zur Höhe von 1,9 m mit
Ölfarben-, darüber mit Kalkfarbenanstrich versehen. Die
lebenräume sind selbstverständlich vollständig abgetrennt
nd gleichfalls durchweg im Stile des modernen Krankenhaus-
>aues gehalten. Im Krankenzimmer und Vorraum sind be-
ueme Wasch- und Desinfektionsgelegenheiten geschaffen;
ine ausreichende . Anzahl von Mänteln für das ärztliche und
hlegepersonal stehen auf getrennten Kleiderrechen zur Ver¬
legung.
Es ist nach dem Dargelegten wohl einwandfrei ersichtlich,
ass diese veränderten Unterbringungsverhältnisse von aus-
chlaggebender Bedeutung für die festgestellten Differenzen
ind. Wenn die Möglichkeit einer derartigen Einflussnahme
ohl auch allseits angenommen wird, so schien es doch nicht
hne Bedeutung, sie einmal unter günstigen Bedingungen
iffermässig darzulegen und an dem vielleicht besonders ge-
igneten Exempel einer Kindermasernabteilung zu illustrieren,
•ie Ausführungen rechtfertigen nachträglich das seinerzeitige
/ringende Verlangen der Anstaltsleitung, eine gründliche Ab-
lilfe gegen die ehemaligen unhaltbaren Zustände zu treffen und
ie zeigen, dass die aufgewandten Mittel Früchte getragen
*) Prof. Dr. M. v. Pfaundler: Die Kgl. Universitäts-Kinder-
linik im Dr. v. Hafi'ner sehen Kinderspitale zu München. Bau,
inrichtung uud Betrieb. 1911. Verlag Rudolph M ii 1 1 e r & Stei-
icke, München.' - .
haben. Unter Fortdauer der früheren Verhält¬
nisse wären 1910/12 um 68 Kinder mehr a u f d e r
Masernabteilung zum Opfer gefallen!
Erhebungen solcher Art liegen auch schon von anderer Seite vor.
So teilt z. B. M e i s e 1 s Daten darüber mit, wie sich die Sterblich¬
keitsverhältnisse auf der Masernabteilung der Heubner sehen
Klinik in Berlin durch Umgestaltung der Station (1902) geändert
haben. Auch dort machte sich besonders bemerkbar, dass die Zahl
der in der Anstalt aufgetreteneu Lungenkomplikationen eingeschränkt
werden konnte (Erkrankungen an Pneumonie in der Vorperiode bei
24 von 339 Kindern, in der Nachperiode hei 1 von 168 Kindern).
Meiseis glaubt diese Vorteile einer besonderen Einführung auf
der neuen Masernstation zuschreiben zu dürfen, nämlich dem
Boxensystem, ln der dortigen Anstalt sind in die Krankensäle
Wände in Glaseisenkonstruktion eingebaut, die kleinere Raum¬
einheiten schaffen und bei entsprechender Bedienung Spezial-
isolierungen der an Komplikationen erkrankten Kinder ermöglichen.
Auch an der Münchener Masernstation sind solche Boxes errichtet
und werden in gleichem Sinne verwendet. Wir haben aber nicht
die Ueberzeugung gewinnen können, dass dieser Vorkehrung allein
oder in ausschlaggebendem Masse der Erfolg zuzuschreiben sei. Wir
haben uns nämlich überhaupt nicht mit Sicherheit davon überzeugen
können, dass die bronchitischen und pneumonischen Prozesse der
Masernrekonvaleszenten sich im Krankenhaus so ausgesprochen
kontagiös verhalten, wie das von anderer Seite angenommen wird.
Wenn das der Pall wäre, dann müssten sich an einen von aussen
eingebrachten oder im Hause entstandenen Komplikationsfall in
räumlich und zeitlich geordneter Weise andere Fälle anschliessen
und es müsste dies bei einer geeigneten Darstellung des Gesamt¬
materiales ersichtlich werden. Ich habe eine derartige Darstellung
unternommen. Von einer sehr sinnfälligen zeitlichen Gruppierung
der Pneumoniefalle an unserem Material ist keine Rede — ebenso¬
wenig in der neuen (Boxen-) Abteilung, wie auf der alten Masern¬
station ohne Boxen. Es tritt lediglich zutage, dass die Pneumonien
in den Monaten November bis Februar oder März häufiger Vor¬
kommen, als in den übrigen Jahresmonaten.
Die fortlaufende Beobachtung des Stationsbetriebes im einzelnen
macht die Annahme häufiger Kontaktinfektionen ebensowenig wahr¬
scheinlich. Bezeichnend ist dafür ja auch, dass Manche die Ver¬
breitung von einem Bett zum benachbarten fürchten, soferne die
Bettdistanz 1 m oder weniger beträgt 3) (Czerny sehe Schule),
während Andere Ansteckungen 'in der Saaldiagonale als Regel an-
sehen (Le sage), dass .für den Einen der „Zug“ im Krankensaal
das Gefährliche, das einzig die Kontagion Vermittelnde ist, den
der Andere für das sicherste Vorbeugungsmittel hält.
Zweck der kleinen vorliegenden Studie war es nicht, die
schwierige und noch völlig offene Frage zu beantworten, auf
welche Weise die moderne Spitalshygiene wirkt, sondern zur
Vorerhebung beizutragen, ob sie tatsächlich Bedeutsames
leisten kann. Das trifft auf dem besprochenen Gebiete zu.
Ueber ein erfolgreiches Heilverfahren bei einem Sarkom
(Rezidiv) des Eierstocks, das die Wirbelsäule ergriffen
hatte* *).
Von Dr. Ludwig S e e 1 i g m a n n, Frauenarzt in Hamburg.
Das Rezidiv einer Sarkomgeschwulst des Eierstocks, die
schon weitere Fortschritte gemacht hatte, gehörte bislang zu
den allerschwersten bösartigen Erkrankungen, denen man in
der Praxis begegnen konnte, namentlich wenn das Leiden eine
jüngere Person betraf. Ich habe in meiner fast 25 jährigen
gynäkologischen Praxis verschiedene Fälle erlebt, bei denen
ich zuerst die primäre Geschwulst (solides Spindelzellen¬
sarkom des Eierstocks) entfernt habe, natürlich unter ge¬
nauester Berücksichtigung der regionären Lymphdrtisen, der
anderen Adnexe, des Magens und der übrigen Kontenta der
Bauchhöhle. Stellte sich nach längerer oder kürzerer Zeit
ein Rezidiv ein, so gingen die Kranken einem qualvollen,
schrecklichen Ende entgegen. Von der Entfernung des Rezi¬
divs habe ich nicht vielen Segen erlebt, da der Prozess ge¬
wöhnlich doch rasch weiter um sich griff, und durch die Ent¬
fernung des Rezidivstumors fast gar nicht aufgehalten wurde.
Ich erinnere mich, einige Sektionen von an Sarkomrezidive Ver¬
storbener gemacht zu haben, und denke mit Schrecken an die
furchtbare Zerstörung der Gewebe durch die fortschreitende
Neubildung, die gewöhnlich auch noch die Knochen der
3) Bettdistanz auf unserer Station 1906/08 1,00 m, 1910/12 1,40 m.
*) Nach einer im ärztlichen Verein in Hamburg gehaltenen De¬
monstration am 11. Februar 1913.
638
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Wirbelsäule in grosser Ausdehnung in Mitleidenschaft ge¬
zogen hatte.
Die Prognose derartiger Tumoren war daher bislang
infaust, da auch die Chirurgie am letzten Ende völlig ver¬
sagte.
Es ist mir nun in einem sehr schweren Falle ge¬
lungen, durch ein kombiniertes Heilverfahren
einen geradezu frappierenden Erfolg zu erzielen, den
ich mit nachfolgender genauer Krankengeschichte veröffent¬
liche. Ich hoffe bestimmt, dass auch andere Operateure den
gleichen Erfolg in ähnlichen Fällen erzielen werden, und bitte
ich die Fachgenossen um Nachprüfung des Verfahrens und
Veröffentlichung der Fälle, da die Erkrankung dem Privat¬
ärzte doch nicht so häufig zu Gesicht kommt. Mein Fall ist
von einer Anzahl erster Chirurgen und Gynäkologen Ham¬
burgs mitbeobachtet und kontrolliert worden.
Es handelte sich um ein Mädchen von 24 Jahren, das mir im
August 1911 zum ersten Male von ihrer Mutter, die ich vor zirka
14 Jahren gynäkologisch behandelt und operiert hatte (vaginale Ex¬
stirpation eines submukösen Myoms), in die Sprechstunde gebracht
wurde. Damals konstatierte ich einen harten Tumor, der, das ganze
Abdomen ausfüllend, schon eine solche Grösse angenommen hatte,
dass die Atmung dadurch behindert war. Die Wirbelsäule war aber
damals noch völlig intakt. Ich machte die Laparotomie und fand
einen 10 pfundigen, intraligamentär entwickelten, soliden Ovarial¬
tumor, der sich bei der mikroskopischen Untersuchung als Spindel¬
zellensarkom des rechten Ovariums erwies. Nach Exstirpation der
Geschwulst, die aus dem Ligam. latum ausgeschält wurde und mit
der noch ein Teil der Uteruskante, die mit ihm innig verwachsen war,
abgetragen werden musste, wurden die linken Adnexe, der Magen und
die übrigen Kontenta der Bauchhöhle revidiert und als intakt be¬
funden; der Leib wurde wieder geschlossen und die Rekonvaleszenz
verlief glatt. Nach 3 Monaten ergab eine Kontrolle der Kranken
völliges Wohlbefinden. Nach 9 Monaten, im Mai 1912, konnte bei
einer Untersuchung leider schon ein beginnendes Rezidiv des Tumors
auf der gleichen Seite, anscheinend ausgehend von den Lymphdriisen
des Geschwulstbettes, in dem der primäre Tumor gesessen hatte,
konstatiert werden. Die Patientin sollte in Beobachtung bleiben.
Eventuell sollte der Versuch gemacht werden, das Rezidiv operativ
zu entfernen. Sie kam aber nicht mehr und erst im November 1912
meldete sie sich wieder. Nun war das Abdomen wieder ad maximum
ausgedehnt, und es war ein harter Rezidivtumor zu fühlen, der
aus dem kleinen Becken, das er gänzlich ausfüllte, bis in die Zwerch¬
fellkuppe reichte, und die Leber, den Magen überragend, fast die
ganze Bauchhöhle einnahm. Seit Oktober schien, dem Berichte der
Kranken nach, auch die Wirbelsäule metastatisch ergriffen zu sein,
denn in der Höhe des 12. Brust- und 1. Lendenwirbels war am
Rücken eine gerötete schmerzhafte Stelle vorhanden. Es hatte sich
dort ein kleiner Gibbus entwickelt. Die Kranke, die einen kläg¬
lichen Eindruck machte, konnte sich nicht mehr aufrecht halten, da
die Wirbelsäule sie nicht mehr trug und die Atmung durch das hoch¬
gedrängte Zwerchfell ungemein behindert war. Ich nahm sie wieder¬
um klinisch auf und machte, gedrängt durch die Bitten der Mutter,
noch einmal die Laparotomie, um eventuell von dem Tumor zu ent¬
fernen, was noch zu entfernen ging. Dabei stellte sich aber heraus,
dass die grosse Geschwulst, die fast noch grösser als der primäre
10 pfündige Tumor war, sich gänzlich retroperitoneal entwickelt
hatte, von den Lymphdrüsen des kleinen Beckens ausgehend, hoch
hinauf bis in die Höhe des 12. Brustwirbels reichend. Die Leber, der
Magen waren in die Zwerchfellkuppe hinaufgedrängt, aber von der
Neubildung nicht ergriffen worden. Von einer operativen Entfernung
dieser Geschwulst war natürlich keine Rede mehr. Das Abdomen
wurde wieder zugemacht. Den Eingriff überstand die Kranke ganz
gut, aber in den nächsten Tagen war sie so schwach und elend und
hatte iin Rücken so furchtbare Schmerzen, dass nur grössere Mor¬
phiumdosen den Zustand einigermassen erträglich machten. Nacn
10 Tagen aber besserte sich das Allgemeinbefinden etwas und nun
versuchte ich in dem verzweifelten Falle ein Heilverfahren, das ich
mir zurecht hatte. Sick hatte vor 6 Jahren über einige
Knochensarkomfälle berichtet, bei denen er mit subkutanen
Atoxyleinspritzungen, wenn auch nur vorübergehend, ein
günstiges Resultat erzielt hatte. Ich beschloss, meiner Kranken das
Arsazetin (0,1) intravenös zu injizieren. Nach der ersten Ein¬
spritzung besserte sich das Allgemeinbefinden weiter, und nun wurde
mit dieser Injektionskur eine Röntgenbestrahlung des Tumors ver¬
bunden, die Herr Dr. L o r e y ausführte. Es wurden 2 Bestrah¬
lungsserien vorgenommen: 1. Serie vom 10. XII. bis 31. XII. 12, Ge¬
samtdosis 55 X, 2. Serie vom 15. I. bis 28. I. 13, Gesamtdosis 66 X,
zusammen 121 X. Die Bestrahlungen wurden in jeder Serie von
10 verschiedenen Hautstellen aus gemacht. Dazu wurden je nach der
Stelle ein Blendenansatz von 8.^, 13 cm oder Kastenblende von
9 X 17 cm Oeffnung benützt. Röhrenhärte ca. 7 Walther. Filter:
1 — 2 mm Aluminiumblech. Die intravenösen Arsazetininjektionen wur¬
den die ersten vier ä 0,1 Arsazetin wöchentlich, dann, nach
einer 4 wöchentlichen Pause, wieder 0,1, vorgenommen und
auch gut vertragen. Nach der 2. trat ein Schüttelfrost mit hoher
No. 12
Fiebersteigerung (39,5°) ein, die aber schon am folgenden Tage aus
geglichen war. Der Erfolg dieser kombinierten Behänd
lu.ng der schwer kranken Patientin war ein geradezu frap
pierende r. Der Tumor wurde immer kleiner, die Patientin nahtr
an Köpergewicht zu und das Allgemeinbefinden besserte sich so, das«
sie nach fünf Wochen ausser Bett sein konnte und wieder Färbt
bekam. Eine Röntgenaufnahme ergab, dass der metastatische Pro
zess in der Wirbelsäule den 12. Brustwirbel und 1. Lendenwirbel be
traf. Auch dieser Prozess scheint jetzt der Ausheilung entgegen
zugehen. Die Schmerzen in der Wirbelsäule sindver
Schwunde n, namentlich nachdem die Kranke zur Unterstützung
ein Gipskorsett bekommen hat.
Das Mädchen wird bei völligem Wohlbefinden. 8 Wochen nacl
begonnener Behandlung, dem Aerztlichen Verein in Hamburg de
monstriert; von dem grossen Tumor ist nichts mehr zu fühlen
der Gang ist aufrecht und durch keinerlei Beschwerden in der Wirbel,
säule irgendwie beeinträchtigt.
Durch diesen schönen Erfolg, der sich möglicherweisi
auch in anderen Fällen von Sarkomen ergeben wird, ist dies«:
Behandlungsmethode vielleicht berufen, ein»
Rolle in der Heilung dieses bis jetzt, na ment
lieh in seinen Rezidiven unheilbaren Leiden
zu spielen* 1).
Vielleicht zeitigt auch das Prinzip de
Methode, mit entsprechenden Variationei
Erfolge bei der Bekämpfung der Krebs
geschwülste und ihrer Rezidiven. Ich bin mi
diesbezüglichen Studien beschäftigt.
Aus der chirurgischen Privatkliuik von Hofrat Kr eck
in München.
Erfahrungen mit dem Skopolamindämmerschlaf in Vet
bindung mit Morphium, Pantopon und Narkophin.
Von Dr. Hans Reichel, Assistenzarzt.
Um die Gefahren der Inhalationsnarkose herabzusetzei
hat man in den letzten Jahren im wesentlichen 2 Wege ba
schritten. Einmal hat man Methoden gesucht und gefunden
die die Menge des Inhalationsmittels an und für sich bi
schränken sollen, das sind vornehmlich die Tr. opfmethod
und der Roth-Drägersche Apparat. Dann hat ma
versucht durch voraufgehende subkutane Injektion vo
narkotischen Mitteln eine Ersparnis bei dem Inh:
lationsanästhetikum herbeizuführen.
Zu diesen Mitteln gehören das Morphium mit seine
Ersatzmitteln und das von Schneiderlin und K o r f f zi
erst erprobte Skopolamin.
Einige Erlebnisse ungünstiger Art, die wir mit diese
Anästhesierungsmethoden erfuhren, dürften neben den sonst
der Literatur bekannt gewordenen ähnlichen Erfahrung*]
von allgemeinerer Bedeutung sein.
Schon bald nach Bekanntwerden der seltsamen eit
schläfernden Wirkung der Skopolaminmorphiuminjektk
waren wir dazu übergegangen, die Allgemeinnarkose dur.
die Einspritzung dieses Mittels entweder ganz zu ersetzt
oder zu erleichtern f). Wir bedienten uns dazu anfänglit
grosser Dosen Skopolamin, indem in stündlichen Intervall
im ganzen 9/io mg Skopolamin mit 2 — 3 cg Morphium subkut;
verabfolgt wurden.
Vorübergehend verwendeten wir dabei die Kombinate
der beiden Mittel in Gestalt des Skopomorphins. Als Zwei)
an der Unschädlichkeit dieser Kombination auftauchten, wun
sie wieder aufgegeben.
Es gelang uns mit Hilfe dieser grossen Dose
Skopolamin-Morphium in sehr vielen Fällen ein«
idealen Dämmerschlaf zu erzielen und in anderen Fällen d
Menge des noch notwendigen Aethers auf ein Minimum hc
abzusetzen. Leider mussten wir aber bald zwei Erfahrung
machen, die uns eine grosse Gefährlichkeit dies
Anästhesierungsmethode darzutun schienen.
Die Krankengeschichte des ersten bereits von Bau
(1. c.) mitgeteilten Falles ist folgende:
D Ich lege aber Wert darauf, dass die Methode ceteris parib
genau s o durchgeführt wird, wie ich es oben angegeben hal
1) Baum in Kr ecke: Beiträge zur prakt. Chirurgie, 1910.
, Marz 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 639
Frau B.. 42 Jahre alt, leidet seit 10 Jahren an übermässigem Blut-
rlust zur Zeit der Menses, als dessen Ursache ein kindskopfgrosses
vom erkannt wird. Die Kranke bekommt 2 Stunden, 1 Stunde
J kurz vor der Operation je A einer Ampulle des K o r f f sehen
opomorphins subkutan injiziert; sie befindet sich in leichtem Düm-
■rzustande, der indessen zur Ausführung der Operation nicht ge-
gt; es müssen noch 65 ccm Aether eingeatmet werden. Daraufhin
lit die supravaginale Amputation des myomatösen Uterus sowie die
n der Kranken gewünschte Entfernung des Wurmfortsatzes (erstere
rch Herrn Prof. Klein) ohne Besonderheiten von statten. Die
nkose, gleich zu Anfang durch einen kurzen Atmungsstillstand ge-
irt, verlief weiterhin ganz ruhig; doch wird die Kranke bald nach
endigung der etwa VA Stunden dauernden Operation neuerdings
irk zyanotisch; die Atmung hört völlig auf; erst nach % Stun-
n dauernder künstlicher Atmung verbunden mit elektrischer Rei-
ng des Phrenikus setzt wieder spontane Atmung ein, zuerst sehr
regelmässig und oberflächlich, später langsam besser werdend. Die
anke bleibt dabei völlig bewusstlos; der Puls ist klein und weich,
issig beschleunigt. Es wird physiologische NaCl-Lösung und
nnpfer subkutan gegeben. Am zweiten und dritten Tage ist das
vusstsein, wenn auch nicht vollständig, zurückgekehrt; die Kranke
agt über heftige Leibschmerzen und muss katheterisiert werden;
besteht gänzliche Gassperre und häufiges Erbrechen. Am vierten und
nfteii Tage schwindet das Bewusstsein wieder mehr und mehr; dabei
igt die Kranke schwere motorische Unruhe; der mit dem Katheter
tleerte Urin misst nur wenig mehr als 100 ccm in 24 Stunden, ent-
lt VA Prom. Esbach und im Sediment massenhaft granulierte
linder; Beine. Hände und Augenlider sind stark ödematös, das Ab-
unen trommelartig aufgetrieben. Ohne das Bewusstsein wieder
langt zu haben, stirbt die Kranke am sechsten Tage nach der
peration.
Bei der Autopsie fanden sich sämtliche Darmschlingen sehr stark
bläht, besonders auch der Dickdarm, ohne dass das Peritoneum
lendwelche entzündlichen Reizerscheinungen gezeigt hätte. Die
jerationswunde erschien durchaus reaktionslos. Beide Nieren
tten gewöhnliche Grösse; die Rinde war etwas schmäler wie nor-
al, die Kapsel ziemlich fest adhärent. Die Leber, ebenfalls von un-
fähr Durchschnittsgrösse, zeigte eine blassgelbe, dunkelrot mar¬
kierte Farbe; das Herz war frei von makroskopisch sichtbaren
Bänderungen; im Unterlappen der rechten Lunge fand sich ein
jmlich ausgedehnter hypostatischer Herd.
Ganz hervorragende Veränderungen wies das mikroskopische
Id auf: Die Leber zeigte hochgradige fettige Infiltration und De-
neration, so schwer, wie man sie sonst wohl bei akuter Phosphor-
:rgiftung zu sehen pflegt. Aehnlich ausgedehnte Verfettung der
üthelien fand sich in den Nieren, hier hauptsächlich im Bereich der
ibuli recti; daneben die Erscheinungen der chronischen interstitiellen
ephritis mit akutem Nachschub. Auch der etwas braun atrophische
;rzmuskel war nicht ganz frei von fettiger Degeneration.
Wir haben also klinisch wie besonders auch histologisch
e Erscheinungen einer schweren Intoxikation, und da weder
ts halbe Gramm Veronal am Vorabend der Operation noch
e wenigen Gramm Aether während der Operation für eine
it'twirkung in Frage kommen können, stehen wir nicht an,
.n tödlichen Ausgang dem Skopomorphin zur Schuld zu
.‘ben.
In einem zweiten, ebenfalls von Baum am gleichen Orte
itgeteilten Falle ist das Skopomorphin wiederum nicht ganz
diuldlos an dem tödlichen Ausgange:
Bei einer 48 jährigen Frau war behufs Exstirpation eines Rek-
tnkarzinoms nach K r a s k e die erwähnte Skopomorphininjektion
macht worden, sodann Lumbalanästhesie mit Tropakokain. Da vor
-■endigung der Operation, die übrigens ohne Zwischenfall verlief,
e Schrnerzempfindung wiederkehrte, musste noch ein leichter
Jtherrausch angefügt werden. Die Kranke hatte bereits am Abend
■r Operation einen ausserordentlich frequenten kleinen Puls, der
-h nicht mehr besserte. Unter den klinischen Erscheinungen einer
eritonitis ging die Kranke am 6. Tage zugrunde.
Bei der Sektion fand sich keine Spur einer Entzündung, weder in
-r Wunde noch am Bauchfell, es war lediglich der Darm in seiner
esamtheit ungemein stark gebläht.
Es lag somit hier eine reine Darmlähmung vor. Als Ur-
iche dieser Darmlähmung können in Betracht kommen:
der Eingriff selbst, 2. der Aether, 3. die Lumbalanästhesie,
das Skopomorphin. Dass der Eingriff selbst, die sakrale
xstirpation des Rektums, die Lähmung herbeigeführt habe,
uiss bei dem Fehlen jeglicher entzündlichen Veränderungen
nsgeschlossen werden. Auch die geringe Menge von 50 g
ether dürfte kaum in Betracht kommen. Was die Lumbal-
nästhesie anbetrifft, so darf dieselbe, da sie den Sympathikus
icht in ihren Wirkungskreis miteinbezieht, nach den verschie-
cnsten Autoren für das Entstehen einer Darmlähmung nicht
erantwortlich gemacht werden. Wenn nun auch gesagt
erden kann, dass hier die Häufung narkotischer Gifte im
Organismus — Skopomorphin + Tropakokain + Aether —
ganz allgemein den tödlichen Ausgang verschuldet hat, so
möchten wir dabei doch dem Skopomorphin die am meisten
unheilvolle Rolle zuerteilen. Diese Möglichkeit ist auch schon
von anderer Seite angenommen worden.
Es wird natürlich immer schwer sein, mit aller Bestimmt¬
heit zu entscheiden, ob der tödliche Ausgang in diesen beiden
Fällen wirklich vornehmlich dem Skopolamin zuzuschreiben
ist. Für uns waren die beiden ungünstigen Erfahrungen jeden¬
falls genügend Veranlassung, von dem weiteren Verbrauche
von Skopolamin vollkommen abzusehen. Wir kehrten zu
unserer gut bewährten Aethertropfmethode mit vorausgehen¬
der Injektion von 1 oder 2 cg Morphium zurück und waren mit
diesem Verfahren vollauf zufrieden.
Als dann im Jahre 1908 Kümmell von neuem angelegent¬
lich das Skopolamin in der kleineren Basis von 5/io mg empfahl
und dem Mittel besonders die wichtige Eigenschaft der
Verhütung der postoperativen Pneumonien
nachrühmte, entschlossen wir uns nochmals einen Versuch mit
dem Skopolamin in dieser kleinen ungefährlichen Dosis zu
machen. Irgend welche unangenehmen Erfahrungen haben
wir mit dem Mittel in dieser Dosierung nicht erlebt. Einen
wesentlichen Vorteil aber haben wir von ihm auch nicht ge¬
sehen. Was die Verhütung der Pneumonien anbetrifft, so war
die Häufigkeit dieser Komplikation auch früher bei unseren
Operationen keine solche, dass besondere Massregeln dagegen
erforderlich schienen. In der Tat ist denn auch irgend ein
Einfluss der Skopolaminverabreichung auf das Vorkommen
von postoperativen Pneumonien in unserer Statistik nicht zu
erkennen.
Eine Verminderung der zur Narkose nötigen
Inhalationsmittel konnte bei der voraufgehenden Ein¬
spritzung von 3/io mg Skopolamin zusammen mit 2 cg Mor¬
phium nicht beobachtet werden. Die zur Erzielung einer
völligen Toleranz nötige Aethermenge blieb die gleiche wie
früher bei der alleinigen Anwendung einer Morphiuminjektion.
Ja bei nicht wenigen Narkosen war die Aethermenge nach
voraufgegangener Skopolamin-Morphiuminjektion in der ge¬
nannten Dosis sogar grösser als in entsprechenden früheren
Fällen bei der ausschliesslichen Morphiumanwendung.
Unter diesen Umständen schien es uns ein fruchtloses Be¬
ginnen, zu dem Zwecke die Gefährlichkeit der Inhalations¬
narkose herabzusetzen, noch länger Versuche mit der Sko-
polamin-Morphiuminjektion zu machen.
Seit 2 Jahren sind wir zu der früheren bewährten Aether¬
tropfmethode mit vorausgeschickter Injektion von 1 — 2 cg
Morphium zuriiekgekehrt. Die Erfolge damit sind so gute,
dass wir keine Veranlassung haben zunächst davon abzugehen.
Wenn wir trotzdem noch einmal das Skopolamin wieder
aufgenommen haben, so taten wir das ausschliesslich zur
Unterstützung der Lokalanästhesie in den dafür
geeigneten Fällen. Es geschah das auf die Mitteilungen von
B r u e s 1 1 e i n 2), der vortreffliche Erfolge von dem Skopola¬
min in Verbindung mit dem Sahli sehen Pantopon ge¬
sehen hatte, und von v. Brunn, der die Pantopon-Skopolamin-
betäubung gerade für die in Lokalanästhesie auszuführenden
Operationen, besonders die Strumektomie, empfohlen hatte.
Im Hinblick auf die oben mitgeteilten Erfahrungen bei den
grösseren Skopolamindosen beschränkten wir uns auf die Ver¬
abfolgung von nur 4 / 1 o mg Skopolamin in Verbindung mit 2 bis
4 cg Pantopon. Verwendet wurde die Injektion fast aus¬
schliesslich bei solchen grösseren Operationen, die in Lokal¬
anästhesie ausgeführt werden sollten, in der Hauptsache bei
Strumen und hin und wieder bei Herniotomien, Hämorrhoidal-
operationen. Bei kleineren, in Lokalanästhesie ausgeführten
Eingriffen fand das Verfahren keine Anwendung.
Seit 1% Jahren haben wir so die Skopolamin-Pantopon-
injektion bei im ganzen 150 in Lokalanästhesie ausgeführten
Operationen zu Hilfe genommen. Die Erfolge haben uns be¬
züglich der Schmerzbetäubung recht befriedigt. Die Patienten
kommen A. — Y\ Stunden nach der Injektion (0,04 Pantopon
und 0,0004 Skopolamin) ohne irgend welche Zeichen einer
motorischen Unruhe auf den Operationstisch, liegen während
des ganzen Eingriffes leicht somnolent und auf Anruf doch
2) Brüst lein: Korrespondenzbl. f. Schweizer Aerzte 1910, 26.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
64 0
No. 12
reagierend da und zeigen kaum irgend wann lästige Nach¬
wirkungen (Erregungszustände, Erbrechen, Verstopfung). Die
Klagen über Wundschmerzen in den ersten Tagen sind auf¬
fallend geringe.
Umsomehr mussten wir mehrere Zufälle schlimmer Art
bedauern, die sich mit der bezeichneten Methode im letzten
Jahre zutrugen, und für die Fehler äusserer Natur, wie etwa
die mangelnde Güte eines Präparates, die angewandte Technik
usw. nicht verantwortlich gemacht werden können.
Die relative Oefährlichkeit eines jeden Ersatzes der In¬
halationsnarkose durch Skopolamininjektion erscheint nach
pharmakologischen Untersuchungen wie nach klinischen Er¬
fahrungen vor allem in der individuell offenbar
stark verschiedenen Resistenz dem Skopola¬
min gegenüber begründet; die Gefahren dieses Mittels
liegen in einem Uebergreifen der Lähmungs¬
erscheinungen auf das Atmungszentrum sowie
in der Möglichkeit eines Herzkollapses “). Im weiteren
Zusammenhang damit dürfte die Unsicherheit der pharmako-
dynamischen Wirkungen einer Kombination von Skopolamin
mit Pantopon stehen, mag auch diesem letzteren Präparate
nach den Erfahrungen von Loewy, Bergien, Raffalo-
v i c h u. a. eine bedeutend geringere Beeinflussung des At¬
mungszentrums dem Morphin gegenüber zugesprochen wer¬
den. Dass indes auch durch Pantopon allein Stö¬
rungen im Atmungszentrum herbeigeführt werden
können, sollten uns zwei unten angeführte Beobachtungen
lehren. H a e b e r 1 i n *) glaubt, „dass, wenigstens bei ein¬
zelnen Individuen, die erregbarkeitsherabsetzende Wirkung
des Pantopons auf dts Atmungszentrum durch Skopolamin
gesteigert wird“.
Neben einer viel weniger auffallenden ungünstigen Beein¬
flussung der Kreislauforgane, die sich überdies anscheinend
gut bekämpfen lässt, sind es fast ausschliesslich oligo-
pnoische Zustände, die im Anschluss an Skopolamin-
Pantoponnarkosen in einer gewissen Zahl von Fällen beob¬
achtet werden. Die Störung des Atmungszentrums zeigte sich
in den bezüglichen Mitteilungen meist in der Weise an, dass
gegen Ende der Operation oder bald nach ihr die Atmung sich
mehr und mehr verlangsamte, abflachte oder Pausen bis zu
20 Sekunden Dauer zwischen den einzelnen tiefen Zügen cin-
setzten. Gleichzeitig trat eine mehr oder minder starke
Zyanose in Erscheinung, während die Herztätigkeit im allge¬
meinen stets gut blieb. Trotz alsbaldiger energischer Gegen-
massregeln gingen die Patienten in nicht ganz wenigen der
Fälle unter den Erscheinungen einer Lähmung des Atmungs¬
zentrums zugrunde.
Erfahrungen nach dieser Richtung hat zunächst Bruest-
lein3 4 5 *) veröffentlicht, der drei Misserfolge allerdings bei ver¬
kleinertem Kreislauf erlebte.
K r a u s s °) verlor 2 Patienten durch Kollaps nach an¬
scheinend zu hoch gewählten Injektionsdosen, Zalirad-
n i c k y 7) berichtet von einem üblen Einfluss der Skopolamin-
Pantoponnarkose bei Degenerationsprozessen im Herzmuskel.
Fowelin8) warnt vor Skopolamin-Pantoponanwendung bei
älteren Patienten, da ihm die Nachwirkungen auf das Herz
und Gefässsystem ausserordentlich stark zu sein scheinen.
Einen Zustand hochgradiger Oligopnoe, der sich nach der
operativen Entfernung von Halslymphomen in Skopolamin-
Pantopon- und Inhalationsnarkose zutrug, sah H ä b e r 1 i n 9 10 *),
und Bru n n e r lü) hat kürzlich zwei Fälle von ausgesprochen
oligopnoischen Störungen nach Skopolamin-Pantoponnarkosen
mitgeteilt, die bei einem Patienten zum Exitus führten. B r u n -
n e r erwähnt gleichzeitig eine Beobachtung, wo oligopnoi-
sclie Anfälle nach Pantopondarreichung allein auftraten.
B r a d e n) schliesslich musste unter 14 Pantopon-Skopolamin-
Narkosen neben zwei völligen Versagern 4 Todesfälle in Kauf
3) Gott lieb und Meyer: Experimentelle Pharmakologie.
1911.
4) Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 33.
5) Zentralbl. f. Chir. 1911, No. 10.
ü) Zentralbl. f. Chir. 1911, No. 20.
7) Zentralbl. f. Chir. 1911, No. 30.
8) Zentralbl. f. Chir. 1911, No. 27
°) 1. c.
10) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 3.
”) Zentralbl. f. Chir. 1912, No. 7.
nehmen, die nur auf die Injektionsanästhetika geschobei
werden konnten.
Die Anführung dieser in der Literatur niedergelegten Fällt
die auf Vollständigkeit keinen Anspruch macht (die neuer
Literatur s. bei B r u n n e r 1. c.), mag genügen, die Richtigka
der Anschauung zu erweisen, dass die Oligopnoe n a e
Skopolamin-Pantoponnarkosen keine Seltenhei
darzustellen scheint, und es ist wohl Brunn beizupflichten
wenn er meint, dass sie in Wirklichkeit sich noch vie
häutiger ereigne als aus den Berichten in der Literatu
hervorgehen möge.
Unsere eigenen oben angedeuteten Erfahrungen betreffe
4 Fälle.
Im ersten Falle handelte es sich um eine recht korpulent
47 jährige Frau mit grosser beiderseitiger Strumr
Durch die Struma war die Trachea bis auf einen schmalen Spalt ver
engt. Bei der Aufnahme am 21. XI. 1911 abends bestand hochgradig
Atemnot; Orthopnoe und lauter Stridor; seit 5 Tagen waren angebiic
auf Grund einer Erkältung Heiserkeit und Husten aufgetreten, die i
den letzten beiden Tagen mehrere schwere Anfälle von Erstickung?
not herbeigeführt hatten. Die Untersuchung des Herzens ergab ein
mässige Vergrösserung nach links, Töne rein. Ueber den Lungen ver
breitete pfeifende und schnurrende Geräusche. Zeitweilig löste
kurze Hustenanfälle starke Atemnot und Zyanose aus. Von einem sc
fortigen operativen Eingriff wurde nur mit Rücksicht auf die zu er
wartenden nicht unbeträchtlichen Schwierigkeiten abgesehen und bi
zum nächsten Morgen zugewartet. In halbliegender Stellung ver
brachte die Kranke unter massiger Atemnot eine ziemlich gute Nach
Am nächsten Morgen Strumektomie in Lokalanästhesie. 45 M
nuten nach subkutaner Darreichung von 0,0004 Skopolamin (Merck
und 0,04 Pantopon (Hofman n-L a Roche). Sehr bald nach Bc
ginn der Operation wird die Patientin auffallend zyanotisch, di
Atmung wird langsamer und unregelmässig, der Puls bleibt gut. M
der Lüftung des Kropfes wird die Atmung etwas ruhiger; nach de
raschen Freilegung und Exstirpation des linksseitigen, etwa mann?
faustgrossen Lappens noch freier. Nun schnelle Vorwälzung de
rechtsseitigen Lappens, Unterbindung der oberen Gefässe, Freilegunl
soweit, dass der hintere Pol abgenäht werden kann. Resektion de
Kropfes unter Zurücklassung eines gut hühnereigrossen Restes, h
Moment, wo die Trachea frei wird, verschwindet die Zyanose. Di
Atmung bleibt jedoch unregelmässig, verlangsamt sich mehr un
mehr, der Puls ist fortdauernd gleichmässig, regelmässig, gut gefiil
und gespannt, 80 pro Minute.
Hatte die Kranke während der etwa % Stunden dauernde
Operation auf Anrufen noch schläfrig reagiert, so erscheint sie bal
nach derselben vollkommen bewusstlos, nicht zyanotisch, nur sei
blass. Es treten Atempausen bis zu 10, bald bis zu 20 Sekunde
Dauer ein. Die Pupillen reagieren jetzt nicht mehr auf Lichteinfa;
der Kornealreflex erscheint eben noch schwach auslösbar. Tro!
aller mit Beendigung der Operation einsetzenden Massnahmen, d
Atmung wieder in regelmässigen Gang zu bringen, bleibt der Zustai
während der nächsten Stunden im wesentlichen derselbe. Vorübe
gehend erscheinen die Atemzüge wieder kräftiger, es erfolgen dere
abwechselnd 2 bis 3 unmittelbar nacheinander, bevor wieder eii
20 Sekunden lange Pause einsetzt. Die Reflexerregbarkeit abi
bessert sich nicht, die Bewusstlosigkeit bleibt eine vollständige, d
Pupillen sind ganz eng, der Puls dabei stets gleichmässig, ziemlk
kräftig, regelmässig. 4 Stunden nach beendigter Operation setzt d<
Puls plötzlich aus, die Patientin verfällt, die Atmung sistiert. Exitu
Keine Sektion.
Es handelt sich also um einen tödlich verlaufenen Fall vt
Oligopnoe zunächst bei unbeeinflusster Herztätigkeit, en
standen nach der Injektion von ih» mg Skopolamin und 4 u
Pantopon. Beim Fehlen einer anderen Ursache kann nur d
Pantopon-Skopolamininjektion für das Entstehen der schwort
Störung verantwortlich gemacht werden.
Die Wahl der Anästhesierungsmethode war in diese
Falle mit mancherlei Schwierigkeiten verknüpft gewesen. 'Vt
einer Inhalationsnarkose hatten wir mit Rücksicht auf d
Herzvergrösserung und die starke Bronchitis absehen ;
müssen geglaubt; lediglich in Lokalanästhesie zu operiere
wäre bei der hochgradigen motorischen Unruhe der Patienti
die nur im Stehen und Sitzen einigermassen Luft bekomm?
konnte, wohl zur Unmöglichkeit geworden. Ob bei der vt
vorneherein drohenden COs-Intoxikation eine noch weit
herabgesetzte Dosis des Injektionsanästhetikums eine g
nügend gute Wirkung erzielt hätte, um den Eingriff glatt durc
zuführen, ist mit Sicherheit nicht zu entscheiden. Jedenfa
dürfte die schon von Klauber12) geäusserte Mahnung, g
rade bei krankhaft affizierten Atmungswege
mit Skopolamin-Pantopon besonders vo
12) Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 41.
5. März 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 641
i c li t i g zu sein. Anspruch auf Beachtung erheben, auch
^nn man der Anschauung Brunners beipflichtet, die ja
n pharmakologischen Experiment ihre Stütze findet, dass die
ljizierten Anästhetika ihre schädigende Wirkung in erster
inie wohl direkt auf die nervösen Zentren der Medulla aus-
ben.
Dieser Anschauung Brunners müssen wir auf Qrund
on zwei weiteren Erfahrungen beipflichten, die Leute in
ö h e r e m Alter betrafen.
Einer 90 jährigen Frau, die wegen Schenkelhalsbruches aui der
linik lag, die früher nie irgendwelche ernstliche Erkrankung durch-
emacht hatte und auch jetzt noch keine Anzeichen von Kreislauf-
Jer Atmungsstörungen bot, waren abends durch ein Versehen der
chwester statt 0,02 Pantopon 4 cg injiziert worden. Nach knapp
; Stunde setzte eine unter den Augen der Aerzte zunehmende
Uigopnoe ein. Ganz kurze Zeit später wurde auch die Herz-
itigkeit plötzlich vollkommen schwach, der Puls unfühlbar. Durch
ampferinjektionen, künstliche Atmung und O-Zufuhr gelang es die
reislaufstörung in kurzem wieder zu beleben. Herzaktion und Puls
lieben von da ab gut und regelmässig, und schliesslich kam im
erlauf der nächsten Stunden auch die Atmung wieder in regel-
lässigen Gang. Der weitere Verlauf blieb ungestört, Nur ein
efer Schlaf, aus dem die Patientin nicht aufzurütteln war, trotzdem
;e auf Schmerzempfindungen deutlich reagierte und keine Aufhebung
er Reflexe zeigte, hielt an bis zum Abend des folgenden Tages.
Bemerkenswert ist, dass in diesem Falle ausschliesslich
’antopon, allerdings in der Dosis von 4 cg, verwendet worden
rar. Es ergibt sich daraus, dass bei älteren Leuten auch die
infache Pantoponinjektion besonders vorsichtig gehandhabt
rerden muss.
Zu welch schweren Störungen bei älteren Patienten das
Mntopon in Verbindung mit Skopolamin führen kann, ergibt
ich aus der folgenden Beobachtung.
Ein 78 jähriger, früher stets gesunder Mann war auf Veran-
issung des Herrn Dr. Cohn mit einem eingeklemmten Lei¬
tenbruch zur Klinik verbracht worden. Der sofort unter Pan-
jpon-Skopolamin-Lokalanästhesie vorgenommene Eingriff wurde sehr
ut überstanden, der Puls blieb voll und kräftig. Bald nach der
njektion war der Kranke in Schlaf versunken, der mit kurzen Unter¬
rechungen anhielt, während die Atmung laut und schnarchend mit
iefen, in ihrer Frequenz wechselnden Zügen erfolgte. Atempausen
is zur Dauer von mehreren Sekunden wurden in grösseren Zwi-
chenräumen mehrmals beobachtet. Etwa 11 Stunden hindurch blieb
ich dieser Zustand gleich; dann wurde der Kranke plötzlich un-
uhig, stöhnte kurz auf, der sofort hinzugerufene Arzt fand den
’uls bereits vollkommen arhythmitch, flatternd; nach wenigen
urzen Atemzügen trat der Exitus ein.
Bei keinem dieser beiden alten Patienten waren An¬
ziehen einer Lungen- oder Herzerkrankung beobachtet
worden. In dem letzteren Falle setzte mehrere Stunden nach
ier Skopolamin-Pantoponinjektion, in dem ersteren sofort nach
mer relativ grossen Pantopondosis eine deutliche Schädigung
les Atmungszentrums ein. Die mancherlei Versuche, dieser
\tmungsstörung entgegen zu treten, erwiesen sich als wenig
virkungsvoll, während ein plötzlicher Herzkollaps in dem erst-
ingeführten Falle auf Koffein-Kampferzufuhr rasch voriiber-
ting. Des Pantopons sehr viel stärkere Wirkung auf das
\tmungszentrum war hier mit der Exaktheit eines Experi-
nentes zu Tage getreten.
Ein ganz ähnliches Versagen des Atmungszen-
r u m s nach Pantopondarreichung hatten wir schon
airze Zeit vorher erlebt.
Es handelte sich um eine 30 jährige Patientin, zugewiesen durch
lerrn Dr. A. L o e b, die wegen chronischer Appendizitis operiert
yorden war. Herz und Lungen waren gesund erschienen. Vor dem
-ingriff hatte sie Skopolamin-Pantopon in gewöhnlicher Dosis er¬
sten. Der Verlauf war zunächst ein völlig glatter, das Allgemein¬
befinden am nächsten Tage ein durchaus gutes. Gegen Abend des
-weiten Tages sprach die Kranke den Wunsch aus, eine Pantopon-
inspritzung zu bekommen, auf die sie am Tage vorher sehr gut
teschlafen habe. Sie erhielt von ihrem Manne (Arzt) 0,02 Pantopon.
Nach 10 Minuten verfällt sie in einen tiefen Schlaf. Die Atmung
wird unregelmässig, nach kurzer Zeit der Puls sehr beschleunigt (132),
-'S stellt sich erhebliche Zyanose ein. Die Atmung wird immer
oberflächlicher, setzt stellenweise aus, der Kornealreflex erlischt, die
Oupillen verlieren ihre Reaktion. O-Einatmungen und künstliche
Respiration bleiben lange ohne sichtbaren Erfolg, erst nach einer
Munde etwa zeigen sich wieder selbständige Atemzüge. Bei fort¬
lauernder Bewusstlosigkeit, engen Pupillen und fast reaktionsloser
dornhaut setzt die Atmung während der Nacht noch wiederholt aus,
50 dass die künstliche Atmung noch mehrmals zu Hilfe genommen
werden muss; erst nach 6 Stunden kehrt das Bewusstsein
No. 12.
wieder und wird der Puls ruhiger. Der weitere Verlauf bleibt ganz
ungestört. Von den Vorgängen um sich her hatte Patientin, wie sie
nachträglich angab, eine ziemlich gute Erinnerung, sie war aber
nicht imstande gewesen zu sprechen und sich bemerkbar zu machen.
Bei dieser Kranken hatten sich neben der unmittelbar
nach der Pantoponinjektion eingetretenen offensichtlichen und
dem vorerwähnten Falle analogen Schädigung des Atmungs¬
zentrums gleichzeitig ausgesprochene Störungen der Herz-
und Kreislauftätigkeit gezeigt: Es darf der Vermutung Raum
gegeben werden, dass es sich bei dem ganzen Bilde um eine
durch Kumulierung ausgelöste Nachwirkung des am Tage
vorher injizierten und noch nicht vollständig ausgeschiedenen
Skopolamins handelte.
In den vier mitgeteilten Fällen handelte es sich um
schwere Atemstörungen, die mehr oder weniger
kurze Zeit nach der Injektion von Pantopon-Skopolamin oder
von Pantopon allein eingetrete'n waren. Zweimal war Panto¬
pon-Skopolamin in der Dosis von 4 cg zu 4 dmg eingespritzt
worden, einmal 2 cg Pantopon nach Tags zuvor erfolgter
Pantopon-Skopolamininjektion, und einmal ausschliesslich
Pantopon in der Dosis von 0,04 g. Die Störung bestand ein¬
mal in einem völligen Aussetzen der Atmung, so dass die so¬
fortige Einleitung der künstlichen Atmung notwendig wurde,
3 mal in dem Eintritt von bis zu mehreren Sekunden dauern¬
den Atempausen.
Die Herztätigkeit war 2 mal zunächst völlig unbeeinflusst,
2 mal bestand gleichzeitig mit der Atmungslähmung eine be¬
trächtliche Beschleunigung der Herztätigkeit. Merkwürdiger¬
weise ging in den beiden mit Herzschädigung verlaufenden
Fällen die Atmungsstörung vorüber, während in den anderen
beiden Fällen, wo das Herz zunächst unbeteiligt erschien,
4 und 1t Stunden nach der Operation der Exitus eintrat.
Welches von den beiden verabfolgten Mitteln als die
eigentliche Ursache der Atmungsstörung anzusehen ist, da¬
rüber lässt sich mit Sicherheit wohl nichts sagen. Zweifellos
haben beide Mittel, das Skopolamin wie das Pantopon, einen
schädlichen Einfluss auf das Atmungszentrum. Nach B r u n n e r
handelt es sich bei den in Betracht kommenden Erscheinungen
eigentlich um eine Morphiumwirkung, die durch
das Skopolamin nicht etwa beseitigt, sondern
gesteigert wird. Das gefährliche ist nach Brunner
nicht das Morphium (Pantopon) an sich, sondern das Skopo¬
lamin, durch welches das Morphium (Pantopon) erst gefährlich
gemacht wird. Auch B r u n n e r hat von Pantopon allein
eine Schädigung des Atmungszentrums gesehen in ganz ähn¬
licher Weise, wie sie in unserem dritten Falle beschrieben
worden ist.
Die soeben angeführten üblen Erfahrungen mit dem
Skopolamin-Pantopon sowohl als mit dem Pantopon allein
müssen uns Veranlassung sein, bei der Verabreichung dieser
Mittel mit besonderer Sorgfalt zu Werke zu gehen.
Ein kräftiger und sonst gesunder Organismus wird im all¬
gemeinen durch die genannten Alkaloide nicht geschädigt
werden. Gefasst sein müssen wir aber auf eine Schädigung
bei solchen Kranken, die 1 . an Störungen der At¬
mungsorgane leiden, 2. in höherem Lebensalter
stehen, 3. durch andere Erkrankungen in ihrer Wider¬
standskraft geschwächt sind. Bei diesen Kranken muss die
Verabreichung von Pantopon mit oder ohne Skopolamin ent¬
weder ganz ausgeschlossen oder auf die denkbar kleinsten
Dosen beschränkt bleiben. Wer bei geschwächten älteren
oder an chronischer Bronchitis leidenden Kranken Skopolamin-
Morphium verabreicht, trägt die Verantwortung für jeden
Unglücksfall, der sich aus dieser ärztlichen Behandlung ergibt.
Seitdem wir diese Unglücksfälle bei der Skopolamin-
Pantoponnarkose erlebt haben, haben wir das Pantopon zur
Einleitung der Anästhesie bei Operationen nicht mehr ver¬
wendet. An Stelle des Pantopons haben wir seitdem das
Narkophin eingespritzt, das von Straub als ein ratio¬
nelles Opiumpräparat empfohlen worden ist. Straub hat
gefunden, dass die Steigerung der reinen Morphiumwirkung 1 ")
zur Opiumwirkung in erster Linie von dem Nebenalkaloid
Narkotin bewirkt wird, das, für sich allein fast wirkungslos,
im Opium und dessen Präparaten in einer Menge von 10 Proz.
enthalten ist. Das Mischungsverhältnis beider Alkaloide ist
u) Münch, med. Wochenschr. 1912, Nc. 2<S.
3
642
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ho. 12.
ein Teil Morphium und ein Teil Narkotin und lässt sich mit
viel mehr ( ileichmässigkeit dadurch hcrstellen, dass man die
beiden Alkaloide mit der im Opium enthaltenen zweibasigen
Mekonsäure verbindet. Das so entstandene Morphin-Nar-
kotin-Mekonat ist von Straub mit dem Namen Narkophin
belegt worden.
Was besonders die von Uns bei dem Pantopon beklagte
Wirkung auf das Atmungszentrum anbetrifft, so hat es nach
S t r a u b den Anschein, als ob die Kombination Morphin plus
Narkotin eine bessernde Wirkung auf das Atemzentrum
ausübte.
Das Narkotin verschiebt die Verteilung des Morphins im
Nervensystem in der Weise, dass das Orosshirn mehr, das
Atemzentrum hingegen weniger von dem Narkotikum erhält.
Auf Qrund dieser Straub sehen Darlegungen haben wir
seit 6 Monaten bei allen Kropfoperationen anstatt des Pan-
topon-Skopolamins das Narkophin-Skopolamin eingespritzt.
Die Erfolge sind bei etwa 60 Fällen bisher recht befriedigende
gewesen. Die einschläfernde Wirkung war dieselbe wie beim
Pantopon und irgend welche nachteiligen Wirkungen besonders
von seiten des Atemzentrums sind bisher nicht beobachtet
worden.
Die Dosis des Narkophins muss etwas höher genommen
werden wie die des Morphiums.
Nach Straub entsprechen 3 cg Narkophin etwa 1 cg
Morphium. Um nicht zu viel von dem Narkotikum zu geben,
haben wir uns auch bei Männern bisher immer mit der Dosis
von 3 cg begnügt und haben davon nie einen nachteiligen
Einfluss beobachtet.
Ueber günstige Erfolge bei Herbeiführung des Narkophin-
Skopolamindämmerschlafes haben auch S c h 1 i in p e r t 14) und
Zweifel15) berichtet. Ersterer Autor hebt besonders her¬
vor, dass er schwerere Atemstörungen nie gesehen habe, nur
trete die narkotische Wirkung etwas später ein.
Sollten sich unsere bisherigen günstigen Erfahrungen noch
weiterhin bestätigen, so dürfte es geraten sein, die Skopo-
lamin-Pantoponnarkose allgemein durch die Skopolamin-
Narkophinnarkose zu ersetzen. Es schien uns geraten,
die Herren Kollegen schon heute dazu aufzufordern, auch
ihrerseits mit dem Narkophin einen Versuch zu machen.
Aus dem Hospital der Senembah Maatschappy in Deli-Sumatra.
Ist die Beriberi eine auch in Europa heimische
Krankheit?* *)
Von Dr. W. Schüffner.
Mit dem Namen Beriberi verbindet man gewöhnlich die
Vorstellung einer epidemisch auftretenden Krankheit, die allein
in warmen Ländern ihr Wesen treibt. In der Tat stand bei
den ersten genaueren Berichten, die wir B ä 1 z und S c h e u b e
verdanken, das epidemische Moment überwiegend im Vorder¬
grund. Und wie in Japan, so zeigte sie auch in niederländisch
Indien dieselbe Eigenschaft. Als ich 1897 nach Deli kam, lernte
ich aus eigener Anschauung Epidemien kennen, die in fürchter¬
lichster Weise über die farbige, besonders chinesische Arbeiter¬
schaft der Delischen Tabaksplantagen hereinbrachen, so dass
es Vorkommen konnte, dass von 330 Kulis ca. 90 durch
die Krankheit im Laufe eines Jahres dahingerafft wurden.
Solange die Beriberi ihren epidemischen Charakter bei¬
behielt, konnte der Gedanke, dass sie vielleicht auch in Europa
zu beobachten sei, gar nicht aufkommen. Darin ist nun eine
Aenderung eingetreten, seitdem sie in zahlreichen Länder¬
strecken zurückging, und seitdem sie in dem Bezirk, aus dem
ich meine Erfahrungen beziehe, sogar jeder Andeutung eines
seuchenhaften Zuges entkleidet wurde. Die Mortalität, die
1897 noch 23,5 Prom (das heisst soviel, wie unter normalen
Verhältnissen die Gesa hkeit eines Volkes ausmachen
sollte!) betrug, sank bis 1900 auf 0 herunter, und hat seitdem
den Nullpunkt nur ausnahmsweise um einen Bruchteil über¬
schritten. Unter einer verschärften Bekämpfung verschwan¬
den endlich in den letzten Jahren auch die leichten kleinen
J4) Miinch. med. Wochenschr. 1912, No. 28.
1G) Monatsschr. f. Geb. u. Gyn., Bd. 36, Erg.-Heft.
*) Nach einem Vortrag in der Medizinischen Gesellschaft zu
Leipzig am 3. Juli 1912.
Epidemien, in denen sich die Seuche immer noch einmal zu
erheben trachtete. Heute sehe ich nur noch Ein
z e 1 f ä 1 1 e.
Einem solchen, total veränderten Bilde gegenüber hat dii
im Titel aufgeworfene Frage schon eher Berechtigung. Bevoi
ich aber an die Beantwortung gehe, ist es erforderlich, über
Klinik und Wesen der Beriberi einiges vorauszuschicken.
Die Mehrzahl der Tropenforscher steht heute auf den
Standpunkt, dass Beriberi eine Erkrankung des Stoffwechsels
ist, bei der die peripheren Nerven in ausgedehntem Masse'
degenerieren. In schweren Fällen setzt sich sogar die Degene¬
ration bis in die Hinterstränge des Marks fort (Dürck). Das
Nervengewebe bleibt aber regenerationsfähig, die Krankheit
ist daher in jedem Stadium heilbar. Was die feineren Vor¬
gänge bei der Degeneration betrifft, so hat man bisher eine
besondere Form des Prozesses nicht finden können. Die Beri¬
beri teilt ihre pathologische Grundlage vielmehr ausser mit der
idiopatischen, zuerst von Leyden beschriebenen und ihr am
nächsten stehenden Polyneuritis auch mit andersartigen Neuri¬
tiden, wie die nach Diphtherie oder bei Bleivergiftung be¬
kannten Nervenaffektionen. Ich schicke voraus, dass diese irr.i
weitesten Sinne als toxisch aufgefassten Neuritiden, die ätio¬
logisch nichts mit Beriberi zu tun haben, hier ausser Be-;
sprechung bleiben.
Das klinische Bild wird beeinflusst durch die Lokalisation
des Prozesses, die immer symmetrisch und meist zuerst
peripher auftritt. Von den vielen Verlaufsweisen seien nur
zwei hervorgehoben: die eine, welche stets ausgesprochen
peripher beginnt und dem Typus der aufsteigenden Poly-<
neuritis folgt (mit Parästhesien in den Füssen, oft auch den
Händen, Abnahme des Gefühls, rheumatoiden Schmerzen
Schwäche, dann Lähmungen der Muskulatur, bald nur auf die
Extremitäten beschränkt, bald bis auf Rumpf und Zwerchfell
übergehend, mit den entsprechenden Veränderungen der elek¬
trischen Erregbarkeit, Oedemen, aber Freibleiben von Blase!
und Mastdarm), die andere, bei welcher von vornherein das
Herz mehr in Mitleidenschaft gezogen wird, und zwar vor1
leichtester Pulsbeschleunigung und Labilität, geringer Dila¬
tation, besonders des rechten Herzens, bis zum in weniger
Stunden verlaufenden Beriberi-Herztod. Zwischen diesen
beiden Symptomenkomplexen gibt es alle möglichen Ueber-
gänge, wie man sie theoretisch auch konstruieren könnte.
Die Nervendegeneration wird dadurch hervorgerufen
dass in der Nahrung gewisse Stoffe fehlen, ohne welche der
Organismus nicht bestehen kann, Stoffe von hoher physio¬
logischer Bedeutung. Da, wo Beriberi epidemisch vorkommt
wie in den warmen Ländern, ist es der Reis und seine Ver¬
wendungsweise, der das Aufkommen jenes Mangels, eine;-
Partialhungers (N o c h t) begünstigt. Beim Reis ist die wert¬
volle Substanz an die Aussenschicht des Korns, das sogenannte
Silberhäutchen mit seinem Kleber- oder Aleuronreichtum ge¬
bunden. Werden diese Schichten bei der Bearbeitung des
Reises zur Marktfähigkeit [auch bei der Anrichtung können
noch Fehler gemacht werden!1)] in zu weitgehendem Masse
abgemahlen oder abgeschliffen, so verarmt das Produkt an
jener Substanz. Es verarmt aber auch der Organismus, den;
der „überschliffene“ Reis längere Zeit zugeführt wurde, er
gerät in den Partialhungerzustand, m. a. W. er erkrankt an
Beriberi.
Ueberschliffener Reis nun geht selten aus dem Hand¬
betrieb hervor. Der Dorfreis der Eingeborenen, die ihn mit
der Hand bereiten, ist, wie mir ausgedehnte Analysen ergaben
stets ein noch recht kleiehaltiges Produkt. Ihn weiter zu
bearbeiten, wäre für das tägliche Leben zu viel Mühe. Nur
bei Festlichkeiten, oder dann, wenn sie den Reis als Geschenk
bringen wollen, sorgen sie für eine schärfer geschliffene Sorte
Volksgewohnheiten wurden so zum natür¬
lichen Schutz vor der Beriberi, den die Dorfbewohner
tatsächlich gemessen. Auf einen derartigen Zusammenhang hat
van Dieren schon vor der experimentellen Periode der
Beriberi richtig hingewiesen, und früh erkannt, dass man
Beriberi durch eine der Volkssitte gemässe Reisbehandlun.e
vermeiden könne.
J) siehe Schüffner und Kuenen: Der Einfluss des Reis um
seiner Bearbeitung. Archiv für Tropenhygiene, Beiheft No. 7, 1912.
?5. März 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
In den Orossmühlen kann das Schleifen mühelos Ins zu
oder beliebigen Grenze getrieben werden. Die Reisfabriken
haben sogar ein Interesse daran, dem Korn möglichst viel ab-
uischleifen, da der Kleieabfall, das Futtermehl, ihren wert¬
vollsten Gewinn ausmacht! Daraus ist zu schliessen, dass die
ieriberi epidemisch nur dort auftritt, wo man fabrik¬
näss i g hergestellten Reis geniesst, also beim
Militär, in Gefängnissen, bei Arbeiterschaften etc., und dass
de in der gewaltigen Ausdehnung, wie wir sie
riiher noch gesehen haben, erst eine Erscheinung
jes Maschinenzeitalters sein kann! Eine
Schöpfung der Kultur also, von verkünstelter Nahrung ab-
längig, ein echter Nährschaden!
Der Schutzkörper ist natürlich auch in anderen Nahrungs¬
nittein, in manchen wahrscheinlich sogar reichlicher vor¬
handen, und kann daher mannigfach ersetzt werden. Ich
(omme darauf noch zurück.
Die Entdeckung dieser fundamentalen Tatsache knüpft
dch an den Namen E y k m a n, welcher die Bedeutung der
Reiskleie für den tierischen Körper im Jahre 1895 erkannte,
ind das Tierexperiment in die Beriberiforschung einführte.
Die erste grosse Bestätigung für die menschliche Beriberi
verdanken wir seinem Mitarbeiter V o r d e r m a n, der 1896
durch eine Sammelstatistik über 100 Gefängnisse Javas, der
lauptherde der Krankheit, zahlengemäss den Zusammenhang
'wischen Beriberi und überschliffenem Reis klarlegte. Das
Resultat war, kurz zusammengefasst, dass in Gefängnissen,
vo iiberschliffener Reis gereicht wurde, 299, in solchen mit
»venig geschliffenem, also gehaltreichem Reis, nur 1 Beriberi-
<ranker auf 10 000 Gefangene kam.
Den beiden Standardwerken folgte eine ganze Reihe Nach¬
prüfungen von G r y n s, Maurer u. a., welche die Lehre in
Jer einen oder anderen Richtung weiter ausbauten, vor allem
iber auch eine Zahl von Massenexperimenten, so dass wir
etzt über einen Ueberfluss von Beweismaterial verfügen von
Iraddon, Elliot, Fletcher, Fraser und S tan ton
i. a., sowie meine eigenen Erfahrungen. Der oben schon er¬
mähnte Abfall der Mortalität an Beriberi bei der Seneinbah
Maatschappy von 23,5 Prom. bis auf 0 erfolgte in einem Zeit-
•aum von 3 Jahren durch Verabreichung von Zusatzkost zum
^eis, während die letzten Reste kleiner Epidemien radikal
vertrieben wurden, nachdem wir bei unseren Arbeitern einen
Gehaltreicheren Reis einführten, und sie damit gar nicht mehr
n die Gefahr einer spezifischen Unterernährung brachten;
hre Zukost mochten sie nun wählen, wie sie wollten.
Nach dieser Auffassung beruht daher die epidemische
Beriberi auf rein alimentärer Basis. Für die Annahme einer
nfektion, zu der man früher ihres epidemischen Charakters
vegen seine Zuflucht nehmen musste, liegt heute, seit der
;euchenhafte Zug aus ihrem Bilde verdrängt werden konnte,
rar kem Bedürfnis mehr vor. Wir müssen uns daher ganz von
lern Gedanken frei machen, dass zur Beriberi eine primäre
nfektion der Nerven gehöre, etwa in derselben Weise, wie
iei Poliomyelitis die Vorderhörner befallen werden. Dass es
solche Formen der Polyneuritis gibt, soll damit gar nicht
geleugnet werden, nur die Form der Polyneuritis oder besser
^eurodegeneratio, die wir Beriberi nennen, die fieberlos und
n der typischen Weise aufsteigend verläuft, hat epidemisch
uiftretend, oder auch bis zu sporadischen Fällen zurück¬
tedrängt, mit einer infektiösen Pathogenese nichts zu tun.
Der ausführliche Beweis für diese Ansicht würde mich
iber Gebühr aufhalten. Ich lasse daher nur einige der wich-
igsten Tatsachen folgen, aus denen auch der fernerstehende
-eser sich ein Urteil bilden kann. Es sprechen direkt gegen
die Infektion:
1. Die eben angeführten Massenexperimente. Ich füge
dnzu, dass man bei einem Reisversuch im Irrenhaus von
•dngapore, wo die Beriberi mit einer gehaltreichen Reissorte
gezwungen war, auch die Probe auf das Exempel machte, in-
Um man für eine Zeitlang wieder zur früheren Marke zurück¬
triff. Schon nach wenigen Wochen traten aber die Beriberi-
rkrankungen in solcher Häufung auf, so dass man schleunigst
Us Experiment abbrach!
2. Bei den erfolgreichen Bekämpfungen, wie in Deli, wurde
meines der sonst gegen Infektionen üblichen Mittel gehandliabt,
dso weder Isolierung der Kranken, oder Vernichtung von
643
Ungeziefei und Insekten als möglichen Ueberträgern, noch
die Desinfektion des Kranken und seiner Umgebung, oder
seiner Nähr ung. Umgekehrt endete ein derartiges, rigoros
durchgesetztes Voi gehen in Atjeh mit einem absoluten Fiasko,
so dass sich die holländisch-indische Regierung veranlasst sah,
ihre Vorschriften, die nur unnötige Kosten verursachten, zu¬
rückzuziehen.
Auf einen fast noch zwingenderen Beweis komme ich in
einem anderen Zusammenhang später zu sprechen.
3. Dei dei Senembah My mit einer gemischten Arbeiter¬
schaft von durchschnittlich 3000 Chinesen, 2500 Javanen
und 1500 javanischen Frauen, starben in 13 Jahren 28°/«no
Chinesen, 5 / ooo Javanen, 1 ’/ooo Frauen. Die Krankheit ver¬
teilte sich demnach sehr ungleichmässig unter den 3 Gruppen,
bei den Frauen hätte man fast an eine Immunität denken
können. Und das, trotzdem sie untereinander und auch mit
Beriberikranken reichlich in Berührung kamen! Einer schein¬
bar noch grösseren Immunität erfreuen sich die Eingeborenen
des Landes, wenn sie ihren obenerwähnten Lebensgewohn¬
heiten treu bleiben. Alle Unterschiede aber hören auf, von
einer Immunität verschwindet jede Spur, wenn Leute längere
Zeit in einem Untersuchungsgefängnis verbringen müssen. Es
erkrankt dann von allen Gruppen ein ziemlich gleicher Pro¬
zentsatz. Bei Annahme einer Infektion würde dieses merk¬
würdige Verhältnis einfach unverständlich sein, es erklärt sich
aber leicht, wenn wir uns an die alimentäre Entstehungsweise
der Beriberi halten. In den Gefängnissen ist die Ernährung
für alle dieselbe; wo also in solchen Anstalten nicht auf den
Reis geachtet wird, unterliegen sämtliche Insassen dem ver¬
derblichen Einfluss. Freie Leute dagegen können ihre Er¬
nährung nach eigenem Ermessen und Geschmack einrichten.
Und bei einer gefährlichen Reissorte ist die javanische Frau,
in Küchenkünsten und den Produkten des Landes erfahrener,
besser imstande, sich reichlich Zukost zu verschaffen, als der
meist als Junggeselle lebende Chinese.
Ein ähnliches, seitdem sehr bekannt gewordenes Beispiel
lieferte B r a d d o n, der auf die scheinbare Immunität der
Tamilen, welche nur den gehaltvolleren „cured rice“ [= ge¬
dämpfter Reis 2)1 essen, hinwies.
Alle Punkte zusammengenommen sprechen so über¬
zeugend für die alimentäre Aetiologie der Beriberi, und
geben uns vor allem so wirksame Waffen
gegen die Krankheit in die Hand, dass für die
Praxis schon längst eine Schwierigkeit nicht
mehr besteht, odernicht mehr bestehen sollte!
Inzwischen hat sich die Forschung seit den Entdeckungen
Eykmans damit beschäftigt, über die eigentlich wirksame
Substanz der Kleie, den Schutzkörper gegen die Beriberi, ins
Reine zu kommen. Dabei hat man eine ganze Zahl von
Körpern, die zwar aus der Kleie dargestellt, sich doch als
unwirksam erwiesen, wieder fallen lassen müssen. So der
Eiweissgehalt der Kleie an sich, der sich nicht durch be¬
liebiges anderes Eiweiss ersetzen lässt, dann die anorganischen
Salze, darunter besonders die des Phosphors. Von N o c h t,
auch eine Zeitlang von Maurer wurde der Körper unter den
Fermenten und Enzymen gesucht, eine Auffassung, die an
Wahrscheinlichkeit gewann, nachdem G r y n s die wichtige
Entdeckung machte, dass die Substanz bei längerem Erhitzen
auf Temperaturen über 100° ihre Wirksamkeit einbiisste, also
thermolabil war. Es folgt dann eine Periode, in der vorüber¬
gehend E y k m a n und dann vor allen Schaumann den
Stoff unter den organischen Phosphorverbindungen, nach Aus¬
schaltung des völlig wertlosen Phytins, gefunden zu haben
meinten. In ihrer ursprünglichen Fassung ist aber die
Schau mann sehe Ansicht heute auch nicht mehr haltbar;
seit E y k m a n fand, dass der Schutzkörper alkohollöslich
sei, haben zahlreiche Autoren, Gryns, Fraser und
Stanton, Shiga, Chamberlain und V e d d e r, F u n k
und C o o p e r, T s u z u k i, Schaumann selbst, nach¬
gewiesen, dass der immer mehr eingeengte wirksame Rest der
Kleie fast, bezw. ganz frei von Phosphor ist, dass er sich
dialysiren lässt, also zu den Kristalloiden und nicht zu den
Kolloiden gehört. Funk vom Listerinstitut in London end¬
lich glaubt den Körper rein dargestellt zu haben. Nach ihm
s) 1. c.
(A4
Muenchener medizinische Wochenschrift.
Ho. 12.
gehört der Körper in die Reihe der Pyrimidinbasen, mit
der Formel nh
Er nennt ihn Vitamin, und es ist ihm gelungen, den gleichen
Körper aus Kleie wie aus Hefe, Milch, Gehirn und aus Zitronen¬
saft rein zu gewinnen. Es bleibt abzuwarten, ob diesem reinen
Körper die volle uns von der Kleie bekannte glänzende Schutz¬
kraft innewohnt, oder ob es sich nicht um eine ganze Reihe
ähnlicher Körper und deren Kollektivwirkung (Schau mann),
handelt. Endlich konte E y k m a n sowie T s u z u k i zeigen,
dass die Schutzstoffe auch parenteral beigebracht wirken.
Das Rätsel der B e r i b e r i steht vor seiner
Lösung.
Diese Arbeiten gewähren einen ganz neuen Blick in die
Ernährungsphysiologie. Der tierische Organismus kann trotz
einer im richtigen Verhältnis aus Fett, Eiweiss und Kohle¬
hydrate zusammengesetzten Nahrung zugrunde gehen, wenn
ihr die besonderen, hier in F'rage kommenden Stoffe, so gering
sie an Menge auch sind, fehlen. Die Beriberi steht darin nicht
allein. Ein analoges Verhalten sehen wir beim Skorbut und
seiner kindlichen Form der Möller - Barlow sehen Krank¬
heit, für welche ein ähnlicher Schutzstoff im frischen Fleisch
und in frischen Vegetabilien zu suchen wäre.
Nach den Arbeiten von Axel Holst scheinen ' die dort
wirkenden Stoffe noch thermolabiler zu sein; sie sind noch
ganz unbekannt. Wir sind daher bei der Beriberi mit der
bisher schon erreichten Isolierung der Substanz schon einen
grossen Schritt weiter, auch gegenüber der Pellagra, die ver¬
mutlich in dieselbe Krankheitsreihe gehört.
Wie wirken nun diese neuen Substanzen? Als Nahrungs¬
mittel oder Nährsalze? Oder dienen sie in der molekularen
Zusammensetzung, in der sie aufgenommen werden, direkt als
Bausteine? Hier klafft in unserem Wissen noch eine Lücke.
Die ausserordentlich kleinen Quantiäten, um die es sich han¬
delt, legen auch den Gedanken nahe, dass sie mit der inneren
Sekretion in Verbindung stehen. Man nimmt ja an, dass die
Grundstoffe der inneren Sekretionen aus der Nahrung bezogen
werden. Vielleicht sind die Vitamine mit solchen Vor¬
produkten, Hormonogenen, wie man sie nennen könnte, iden¬
tisch. Die Störung der inneren Sekretion, durch ihren Mangel
hervorgerufen, würde dann als Beriberi manifest werden.
Ich möchte hier die Beriberi mit einem anderen Krank¬
heitsbilde vergleichen, wo ebenfalls ein quantitativ ganz unbe¬
deutender Eingriff in die innere Sekretion das Nervensystem
in schwerster Weise alteriert, ja den Tod zur Folge hat: Die
Tetanie. Sie wird durch die Wegnahme der Epithelkörperchen
nach einer Latenz von wenigen Stunden herbeigeführt. Die
Beriberi hat längere Zeit zur Ausbildung nötig, naturgemäss,
denn bei ihr wird nicht die Produktionsstätte entfernt, sondern
nur die Zufuhr verringert. Der Körper kann sich daher erst
aus seinem Reservevorrat, mit dem er sich bei der Wichtig¬
keit der Substanz unter normalen Verhältnissen sicher ver¬
sieht, versorgen und die Symptome erscheinen daher erst,
wenn der Vorrat erschöpft ist. Wieder gemeinsam ist beiden
Krankheiten die Schnelligkeit der Heilung, bei der Tetanie nach
Darreichen von Parathyreoidin, bei Beriberi von Kleie. Tiere,
die gelähmt waren, können dann morgen schon wieder laufen.
Und ebenso sieht man beim Menschen in wenig fortge¬
schrittenen Fällen, regelmässig bei der Segelschiffberiberi
wunderbar rasche Heilungen. Ich gebe diese Hypothese
natürlich mit aller Reserve; sie hat keinen anderen Wert, als
uns das Wesen der Beriberi etwas verständlicher zu
machen.
Wir kommen zum Ausgangspunkt zurück, und nehmen
noch einmal von der bedeutsamen Tatsache Notiz, dass Beri¬
beri überall da, wo sie sachgemäss angefasst wurde, ihren
epidemischen Charakter aufgegeben hat. Wer
sich heute in einem der Bekämpfungsgebiete umsieht, findet
von Epidemien ebensowenig, als jemals in Europa. Das Ge¬
samtbild, an dem das Epidemische allein ein zufälliger Zug
war, hat sich verändert. Die Krankheit ist aber
keineswegs ganz verschwunden. Ihr Auf-
treten ist nur sporadisch geworden, und zwar
in einer Weise, die sich wenig von dem Vor¬
kommen der Polyneuritis in Europa unter¬
scheidet.
Stehen wir auf dem Standpunkt der alimentären Genese
so müssen wir uns darüber klar werden, dass ein derartige^
Verhalten der Beriberi geradezu erwartet werden musste
Denn es ist praktisch unmöglich, etwas Individuelles, wie du
Ernährung jedes einzelnen Menschen so zu leiten, dass nich
da oder dort einmal der gefahrbringende Nahrungsfehler zu-
stände kommen könnte. Das Fehlen der Ausnahme
fälle würde sogar ein direkter Beweis gegei
die alimentäre Auffassung gewesen sein.
Aus meinen Beobachtungen der sporadischen Fälle lasser
sich nun zwei Gruppen herausheben.
Die eine betrifft besser bezahlte Arbeiter, meist Aufseher!
die einem weitverbreiteten Vorurteil zum Opfer fallen. Deij
wenig geschliffene, unansehnliche Reis, den wir zum Schiit;,
gegen die Beriberi verordneten, gilt genau wie hier in Deutsch
land das grobe Schwarzbrot als nicht besonders fein. Weil
daher in eine günstigere finanzielle Lage gelangt, kauft sich
gern den teureren, stark geschliffenen, schneeweissen, und
darum vornehmeren Reis, bei dem der Kleiegeschmack las
ganz verdrängt wird. Begnügen sich nun solche Leute bei
der Mahlzeit überwiegend mit Reis, und sorgen sie nicht fü
reichliche Zukost, welche geeignet wäre, das grosse Defizi
an Schutzkörper zu decken, so sind alle Bedingungen zu einen
Partialhunger erfüllt. Dergleichen Beobachtungen vo'j
typischer aufsteigender Polyneuritis kamen mir wiederhol
unter die Augen, ich habe sie daher als eine Beriberi de
besser situierten Arbeiter abgesondert.
In die andere Gruppe gehören die Leute, welche nac
einer Schonungsdiät zu leben haben. Unser
Typhuskranken und Dysenteriker, bei denen das zutrifft, un
die fast ausschliesslich mit Reisbrei ernährt werden, er
krankten früher mit erschreckender Regelmässigkeit an Ber
beri, so dass ich retrospektiv hierin fast Experimente sehe;
möchte, die allerdings in bester Absicht angestellt wurden
Mit der gleichen Sicherheit aber haben sich alle derartige;
Erkrankungen aus dem Hospitale verbannen lassen, nachder;
der Brei aus wenig geschliffenem Reis bereitet wurde. Heut
und schon seit Jahren kann ein Typhus oder eine Dysenteri
noch solange andauern, an Beriberi (oder hierher gehört de
oft verkehrt angewandte Ausdruck „sekundäre Beriberi“) gef
kein Kranker mehr zugrunde.
An der sekundären Beriberi beteiligt, sich auch der diä
kranke Europäer, der ja dann um nichts besser als dt
Farbige gestellt ist, mag er auch statt des Reisbreies ab un
zu Maizena, Mondamin, Weissbrot, Cakes, alles Produkte, d
von dem ärmeren Innern der Körner stammen, gemessen. D
Ernährung mit gehaltreichem Reis oder Hafergrütze, Graupe
Leguminosenmehlen, brachte auch hier rasch die Besserun
Endlich sehe ich, allerdings selten, in den Tropen Fäll
bei denen die bisher zutreffende Erklärungsweise nicht au:
reicht, sondern für die auch, was ihre Heilung anbelangt, e:
Umweg notwendig ist. Trotz eines genügenden Vorrates a
Schutzkörper in der Nahrung kann ein Organismus doch ve
armen, wenn der Stoff im Magendarmkanal nicht resorbie
wird, sei es infolge vorzeitiger Zersetzung, oder durch eine
räuberischen Abbau besonderer Darmbakterien (S c h a u
m a n n). In solchen Fällen bleibt die gebräuchliche Nahrung
regelung ohne Resultat, und die Leute gehen doch zugrund
wenn man nicht vorher durch Abführen, und durch einige Tag
einseitiger Diät (am besten Milch) die Darmflora stark beei
flusst. Dann aber glückte es mir auch leicht, den Umschwut
zur Besserung herbeizuführen.
Wenn man will, könnte man diese seltenen Formen, ci
sich meist durch einen Darmkatarrh verraten, als bakteriel
Beriberi bezeichnen. Ich erkläre aber ausdrücklich, dass s
in Indien, von wo ich die Verhältnisse allein genau kenn
eine über ihren Träger hinausgehende Bedeutung nicht habe
Wir erhalten nun durch diese sporadischen Fälle, t
denen man beim besten Willen von einer Kontagion nicli
mehr entdecken kann, noch den weiteren Beweis gegen d
infektiöse Natur der Beriberi, den ich früher in Aussicht stell'
Wie sollte eine Infektion, die bis dahin mit Vorliebe zu d*
schwersten Epidemien aufflammte, mit einem Schlage ih
Natur so ändern, dass jetzt Einzelfälle isoliert bleiben, oh
!
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
*5. März 1913.
645
lass auch nur das geringste geschah, sie auf ihren Platz zu
teschränken! Wir mögen uns unter den Infektionskrank-
leiten umsehen, wo wir wollen, eine Krankheit mit aus-
esprochen seuchenhaften Neigungen macht, unbekämpft,
Tnzelfälle immer wieder zum Ausgangspunkt neuer Epi-
lemien!* * 3)
Es kann nun weiter keinem Zweifel unterliegen, dass das
icutige Bild der sporadischen Beriberi in Indien unmittel-
tar aus der epidemischen Krankheit hervorgegangen, und
licht etwa eine Krankheit sui generis ist. Um das zu beweisen,
iahe ich mich solange bei der Schilderung des Entwicklungs-
;anges aufgehalten. Denn, bekennen wir offen, ohne die
Crossen Epidemien, die erst den Blick auf gemeinsame
Schädlichkeiten lenkten, würde der Tropenmedizin die Aetio-
ogie der Beriberi auch heute noch rätselhaft sein, ebenso
ätselhaft, wie der europäischen Medizin heute noch die idio¬
pathische Polyneuritis und verwandte Zustände! Oder, was
loch wichtiger, wir würden die Beriberi auch jetzt noch mit
Salizylpräparaten, Bädern etc. behandeln, genau wie die
Jolyneuritis!
Nach diesen Ueberlegungen kommen wir zu der eingangs
mfgeworfenen Frage, sollte Beriberi auch in Europa zu beob-
ichten sein? Wir sahen, dass sie weder eine Klima- noch
■ine Infektionskrankheit ist, sondern eine von einem Nähr-
;chaden abhängige Stoffwechselkrankheit, die je nach dem
3odcn, den sie findet, epidemisch oder sporadisch auftritt.
sie wird epidemisch da Vorkommen, wo jener heute scharf
imschriebene Ernährungsfehler leicht zustande kommt, sie
wird als Epidemie fehlen, wo die Ernährung des Volkes in
Jein bezeichneten Sinne günstiger gestellt ist.
Das letztere gilt für Europa. Von epidemischer Beriberi
st hier nichts, oder drücke ich mich vorsichtig aus, fast nichts
cu sehen. Klima und geographische Lage waren es nicht, wo-
iurch Europa vor der Seuche geschützt wurde. Andererseits
väre es unbiologisch zu denken, dass der Organismus des
Europäers jener neu erkannten Stoffe etwa nicht bedürfe. Er
nuss sie ebenso nötig haben als wie der Tropenbewohner.
Oie Epidemien blieben vielmehr nur darum
:ern, weil die europäischen Lebensmittel
ene Schutzstoffe an sich reichlicher, oder in
hner so glücklichen Verteilung enthalten,
Jass sie bei der gewöhnlichen Herrichtung
Jen fertigen Speisen verbleiben.
Dies ist eine Konsequenz, die wir nach dem heutigen
Stande der Beriberi-Forschung zu machen voll berechtigt sind.
Allerdings auch nur in dieser allgemeinen Fassung, da uns die
speziellen Kenntnisse über die Lebensmittel, die wohl nach
Verdaulichkeit, Kalorien und Salzwert, aber nicht nach ihrem
Gehalt an jenen spezifischen Substanzen eingeschätzt werden,
fast noch ganz abgehen. Allein über den Reis sind wir
einigermassen orientiert, und wissen, dass sich bei ihm die
Vitamine fast ausschliesslich in der Rinde des Korns der
Aleuronschicht aufhäufen. Es lässt sich daher genau der Her¬
gang verfolgen, wie diese sonst so gesunde und von der Natur
so reich ausgestattete Körnerfrucht durch eine unrationelle
Behandlung — der übermässigen Kleieentziehung — Eigen¬
schaften annehmen kann, deren Wirkung den schwersten
Giften gleichkommt.
Als Hauptnahrung in Europa wäre das Brot und die Kar¬
toffel in Betracht zu ziehen. Unsere heimischen Gramineen,
vor allem Roggen und Weizen, sind etwa anderthalbmal
3) Man könnte hier einwerfen, dass das Ausbleiben von Epi¬
demien ja auch bei anerkannt infektiösen Krankheiten beobachtet
werde, wie z. B. bei der Poliomyelitis, wo sich lange Pausen mit nur
sporadischen Fällen einschieben. Dem gegenüber muss ich noch¬
mals darauf hinweisen, dass bis zum Zeitpunkt der ätiologischen Be¬
kämpfung die Beriberi in Epidemien die Regel war, oft im Jahr
3 mal. Dieser Zustand der Regelmässigkeit wurde mit der
Nahrungsänderung wie mit einem Schlage abgeschnitten, ohne dass
die gebliebenen sporadischen Fälle auch nur den geringsten Einfluss
daraui hätten ausüben können.
Ein solcher Wechsel im Auftreten lässt sich mit der Polio¬
myelitis, wo die ausgesprochene Epidemie der Ausnahmezustand ist,
gar nicht vergleichen. Bei ihr haben wir allerdings recht, für die
Art ihres Erscheinens Zufälligkeiten verantwortlich zu machen, bei
der Beriberi aber musste der plötzliche Umschlag, selbst wenn
er nicht bewusst herbeige führt wäre, tiefer be¬
gründet sein.
reicher an Pflanzeneiweiss als der Reis (12 Proz. gegen
8 Proz. stickstoffhaltiger Substanz). Es wäre nun möglich,
dass mit dem Eiweissgehalt auch der an Schutzstoff stiege,
möglich aber auch, dass bei diesen Körnerfrüchten der Seluitz-
stoff nicht so ausschliesslich an das Eiweiss der Rinde, sondern
auch an das des Körnerinneren gebunden wäre. Da dieses
unter allen Umständen dem Mehle verbleibt, und nieht wie die
Kleie abgezogen werden kann, wäre hiermit eine Erklärung
des Brotschutzes gegeben. Jedenfalls erfordern diese beiden
Eiweissarten, das Aleuron der Rinde und der Kleber des
Körnerinneren, die chemisch schon durch den höheren Gehalt
des Aleurons an Phosphor differenziert sind, die erhöhte Auf¬
merksamkeit der Nahrungsmittelchemie. Ausserdem spielen
hier aber auch eine ganze Anzahl Fragen, die das Mahlen
des Korns und seine verschiedenen Methoden betreffen, mit
herein, deren Behandlung mich zu weit führen würde4).
Was die Kartoffel betrifft, die als die ärmste Nährfrucht
gilt, so erhalten wir über deren Gesamtnährwert durch sehr
auffallende Fütterungsversuche von E y k m a n eine be¬
sondere Vorstellung. Es glückte diesem um die Beriberi-
forschung so verdienten Autor nicht, bei seinen Versuchstieren
durch einseitige Fütterung mit Kartoffelmehl die Polyneuritis
auszulösen, während das Experiment mit geschliffenem Reis,
geschliffener Gerste, oder denaturierten, d. h. überhitzten
Lebensmitteln leicht gelang. Nun ist allerdings die Kartoffel
gar nicht so arm, wie man gewöhnlich annimmt; auf die
Trockensubstanz bezogen, enthält sie ebensoviel Eiweiss als
der Reis (ca. 7 — 8 Proz.) und viel mehr Salze (3 — 4 Proz. gegen
0,8 beim geschliffenen Reis). Vielleicht deutet hier der Mehr¬
gehalt an Salzen darauf hin, dass sie auch reicher an dem spe¬
zifischen Körper, der ja auch ein Kristalloid zu sein scheint,
ist. Ueberlassen wir die Ausarbeitung dieser hier nur ganz
oberflächlich berührten Fragen der Zukunft, so hat wenigstens
der allgemeine Satz heute schon alle Berechtigung, dass es
der Edelgehalt des Brotes und der Kartoffel
gewesen ist, der die europäischen Völker vor
der epidemischen Beriberi geschützt hat.
Die Verhältnisse in Europa lagen von vornherein so, wie
in Indien für die Dorfbewohner, und wie sie für unsere in¬
dischen Arbeiter durch die Einführung gehaltreicher Reissorten
T Das Kapitel der Beriberi kommt hier in nahe Beziehung zu
einem viel umstrittenen Thema, der Ausnutzung des Pflanzeneiweisses
durch den menschlichen Darmtraktus. Von R u b n e r war festgestellt
worden, dass, die in der Kleie enthaltenen Eiweissubstanzen nicht wie
das Fleisch vollkommen, sondern nur zum Teil assimiliert werden;
rund 50 Proz. verlassen den Körper unausgenutzt. R u b n e r trat
daher dafür ein, diesen für die Ernährung des Menschen anscheinend
wertlosen Teil, der nur als Ballast den Darm passiert und bei
empfindlichen Leuten zu allerhand Verdauungsstörungen Anlass gibt,
vom Mehl, und damit vom Brote abzuziehen, und ihn lieber an das
Vieh zu verfüttern, dessen Verdauungssäfte etwas leichter mit ihm
fertig werden.
Auch für den Reis gilt das Gesetz der schwereren Verdaulichkeit
der Kleie, wie ich mich leicht überzeugen konnte. Aber wollten
wir uns hier an den R u b n e r sehen Vorschlag halten — leider ist
es ja tatsächlich geschehen — so würden wir das grösste Unheil
anrichten! Der Kleieabzug darf nicht über eine gewisse Grenze
gehen. Der Organismus hat diesen Teil des Korns nötig, um seinen
Bedarf an Vitaminen daraus zu decken, mag er auch das Eiweiss,
nachdem es seine Extraktivstoffe abgegeben hat, unverbrannt wieder
ausstossen. Die Eiweissausnutzung ist also wenig¬
stens beim Reis nicht die letzte Instanz, die über
den Nährwert der Kleie zu urteilen hat.
Es liegt nahe, dies für den Reis geltende Gesetz auch auf das
Brot zu übertragen, und sich die Frage vorzulegen, ob unter solchen
Umständen die reichlichere Beimengung von Kleie zum Brote nicht
doch. eine Verbesserung bringen würde? Das stünde im Einklang
mit der landläufigen Ansicht, wonach die schwarzen Brote kräftiger
nähren. Unter den Bestrebungen, dem Brote die Kleie zu belassen,
also das ganze Korn auszunutzen, möchte ich vor allem auf die
Von Finkler verweisen, der in seinem Final mehl ein Kleie¬
produkt gibt, das bis zu 98 Proz. leicht verdaulich
wird. Das daraus gebackene Brot würde also beiden Anforde¬
rungen einer geeigneten Ernährung gerecht werden. Es wäresehr
erfreulich, wenn diesewichtige Lehre, d i e wir aus
der Beziehung von Reis zur Beriberi so klar und
eindeutig gewinnen, den A n s t o s s geben würde, die
Bewegung zur Vollkornausnutzung mehr in Fluss
zu bringen. Vollkornernährung des Volkes be¬
deutet nach Finkler eine jährliche "Ersparnis von
340 Millionen Mark des Nationalvermögens!
646
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
erst geschaffen werden mussten. Die Allgemeinheit war hier
wie dort geschützt, für den einzelnen aber standen und stehen
überall Wege offen. Nahrungsfehler zu machen, sich also
ahnungslos des Vorteils zu begeben, und unter besonderer
Verkettung der Umstände an Beriberi zu erkranken. Das
V orko m men von Beriberi, und mag es noch so
selten sein, ist hiernach theoretisch auch für
Europa ein Postulat! Oder, wer in seinen Konse¬
quenzen noch nicht so weit gehen will, für den muss die vor¬
stehende Auseinandersetzung wenigstens das zur Ueber-
zeugung bringen, dass es an der Zeit ist, heute auch
in Europa in jedem Fall von Polyneuritis die
alimentäre Entstehungsweise mit zu berück¬
sichtigen.
Ueber die Art und Weise, wie auch in Europa die Kost
spezifisch verarmen kann, muss ich mich auf Andeutungen
beschränken. Dass der Reis in der Aetiologie nicht die aus¬
schliessliche Schuld hat, wurde bereits bemerkt. Die Beriberi
auf Segelschiffen, einer bestimmten von N o c h t heraus¬
gehobenen Form, die aber mit der tropischen Beriberi auf
gleicher Basis steht, und welche auch ohne Reiskost beob¬
achtet wird, lehrt das in einwandfreier Weise. Für Europa
kommt aber Reis doch auch als Ausnahmenahrung in
Betracht. Dazu muss ich bemerken, dass die meisten der in
Europa verkauften Reissorten stark überschliffen und zur
Verwendung als Hauptnahrung ungeeignet sind. Weiter
wird einseitige Kost, Bevorzugung weisser Mehle ohne Kleie¬
gehalt, wenig Gemüse oder die Gemüse stark ausgelaugt, dem
Partialhunger den Boden ebnen. Dann gilt zu bedenken, dass
langes Kochen, oder gar die Anwendung gespannten Dampfes,
wie es in manchen Küchen üblich ist, durch Zerstörung des
Schutzkörpers verderblich wirken kann. Endlich bleibt auch
für Europa mit der Möglichkeit einer bakteriell bedingten Ent¬
ziehung des spezifischen Nahrungskörpers im Darm zu rechnen.
Es wird sich eben in jedem Falle von Polyneuritis empfehlen,
alle diese bisher nebensächlich betrachteten Dinge genau
anamnestisch klarzulegen.
Werfen wir nun einen Blick in die Literatur, um die euro¬
päische Polyneuritis zu sichten, so begegnet dem Beriberi-
kenner manches, was ihn verdächtig anmuten muss. Es
scheint die Polyneuritis sogar epidemisch vorgekommen zu
sein. C o n o 1 1 y und Norman veröffentlichten aus dem
Richmond Asyl auf Irland bei Dublin isolierte Epidemien, die
sich wiederholten. Im Jahre 1894 erkrankten in den Sommer¬
monaten von 1503 Insassen 174 und starben 25, 1896 und 1897
war die Zahl etwas geringer. Ueber ähnliche Epidemien
wissen Chante messe und Ramond aus dem Jahre 1898
in einer Irrenanstalt zu St. Lemmes bei Angers mit zirka
40 Todesfällen, und Bondurant 1896 aus der Staatsirren¬
anstalt zu Alabama zu berichten.
Auffallend ist es, dass solche Beobachtungen ausschliess¬
lich aus Irrenanstalten stammen. Was da die Ursache war,
ist natürlich heute nicht mehr zu sagen. Dem Bericht aus der
Dubliner Anstalt ist allein beigefügt, dass Reis nicht verab¬
reicht wurde, man dachte also selbst an Beriberi. Aber ob
dort vielleicht alte, verlegene Vorräte von Lebensmitteln,
überhitzte Konserven oder anderweitig fehlerhaft zubereitete
Nahrung gegeben wurde, wird nicht angegeben.
Von anderen Autoren (Qoldflam, De j er ine,
M i r a i 1 1 e, Rosenblath) werden Krankheitsbilder be¬
schrieben, die man geradezu hydropische Polyneuritis nennt,
und wo, genau wie bei Beriberi, der Zirkulationsapparat
stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde, zu Oedemen, Er¬
höhung der Pulszahl, Dilatation des Herzens Anlass gebend.
Alle Aufmerksamkeit verdient auch in Europa die sekun¬
däre Beriberi. Aus der Literatur ersehe ich r>), dass verschie¬
dentlich Polyneuritis nach Typhus wahrgenommen wurde,
deren Ursache man bisher dem Typhusgift zur Last legte.
Ob sich diese Ansicht wird halten lassen, wenn man das ali¬
mentäre Moment mit berücksichtigt? Häufiger, als voll aus¬
gebildete Formen, wird man, wenn ich nach meiner indischen
Erfahrung gehen darf, erste Anfänge zu beobachten haben, die
') Schon Leyden hat in seinen Rückenmarkskrankheiten auf
die Wahrscheinlichkeit des häufigeren Vorkommens peripherer Neu¬
ritis beim Typhus hingewiesen.
No. 12.
sich nur mit Kriebeln in Händen und Füssen, Vertaubungs¬
gefühl, Schwäche in den Beinen und Herzklopfen äussern.
Da der Zustand immer eine Frist von wenigstens 6 — 8 Wochen
zur Ausbildung braucht, so fällt er in die Zeit der Rekon¬
valeszenz, wo die Diät schon wieder reichlicher zu werden
beginnt. Der Partialhunger macht dann keine weiteren Fort¬
schritte, er wird vielmehr rasch befriedigt, und die Neuritis
heilt ab, ohne ihrer wahren Natur nach erkannt zu sein.
Ebenso gehört hierher die Pseudotabes der Diabetiker,
die man mit der Entziehung der Kohlehydrate erklären muss.
Es wird unter dieser Beleuchtung auch verständlich, warum
das Aleuronatbrot bisweilen eine so vortreffliche Wirkung hat:
es versieht plötzlich den Körper mit einem Ueberfluss des
spezifischen Stoffes.
Auch bei kachektischen Zuständen ist mit der Möglichkeit
einer verkehrten Nahrungswahl zu rechnen.
Die gleiche Gefahr besteht bei graviden und stillenden
Frauen, wo die Diät oft von Vorurteilen beherrscht ist, und
bei denen noch erschwerend wirkt, dass das Bedürfnis für den
wertvollen Stoff durch das keimende Leben oder das zu
stillende Kind gesteigert sein muss. In alten Lehrbüchern der
Geburtshilfe las man noch, dass Stillende entwöhnen sollten,
wenn sich Kriebeln in Händen oder Füssen, Krämpfe in den
Arm- und Halsmuskeln, Ziehen in den Schultern, Ohnmächten
und Herzklopfen einstellten, Symptome, die uns bei der Beri¬
beri geläufig sind! Die Verarmung des Körpers setzt sich auch
auf die Sekrete fort, es erkrankt daher auch der Säugling einer
kranken Mutter an Beriberi. Das gibt nach einer ganz anderen
Richtung zu denken. Für uns beginnt heute noch die Beriberi
manifest zu werden, wenn wir Nervensymptome, und seien es
auch nur ganz unbedeutende, vielleicht nur des Herzens, wahr¬
nehmen können. Abgesehen davon, dass diese beim Säugling
sehr schwer nachzuweisen sind, wäre es aber auch möglich,
dass es Prodrome gäbe, und dass manche Formen von Er-
nährungs- oder Entwicklungsstörungen beim Kinde, nicht nur
der Milch- und Mehlnährschäden, die Schaumann mit
Recht hier einbegriff, sondern auch solcher, die bei Mutter¬
oder Ammenbrust eintreten, nichts anderes als Vorstufen von
Beriberi sind!
Ferner sei an die aufsteigende Neuritis der Alkoholiker
erinnert. Der schlechte und oft einseitige Appetit habitueller
Potatoren ist ganz besonders dazu angetan, den Partialhunger
zu fördern. Im Krankenhaus, wohin solche Leute meist
gebracht werden, und wo sie sich nach der Decke
strecken müssen, hört dann die spezifische Unterer¬
nährung auf, das Nervenleiden heilt ab, vermeintlich infolge
der Alkoholentziehung, während der tiefere Grund auch hier
leicht unbeachtet bleibt. Dass es daneben echte alkoholische
Neuritiden gibt, vor allem lokalisierte, will ich keineswegs in
Abrede stellen.
Endlich sei noch die L a n d r y sehe Paralyse genannt, ein
Krankheitsbild, unter dem manches Heterogene zusammen¬
gefasst wird, und über das die Akten heute noch nicht ge¬
schlossen sind. Die fieberlos verlaufenden Formen ähneln
den schweren Beriberifällen ganz ausserordentlich. Ich habe
einen jüngeren Kollegen in Deli, der eine nervenspezialistische
Ausbildung mitbrachte, und der seine erste grössere Beriberi-
epidemie prompt als eine Epidemie von Landry scher Para¬
lyse diagnostizierte!
Die Frage nach der Beriberi in Europa wird von mir nicht
als dem Ersten aufgerollt. Maurer, Oppenheim,
D ii r c k, um nur einige zu nennen, haben die Vermutung auch
schon ausgesprochen, ohne indes zwingende Gründe beizu¬
bringen. Unter den neuen Gesichtspunkten ist heute die Be¬
hauptung berechtigt, dass Beriberi in Europa Vorkommen
muss, und dass man sie finden wird, wenn man nur bei allen
Fällen aufsteigender Polyneuritis ihre Aetiologie und Therapie
ins Auge fasst.
Vor 32 Jahren ist in Europa das Bild der Polyneuritis
durch Leyden geschaffen worden. Auf dem Boden dieser
Errungenschaft stehend, brachten Balz und S c h e u b e Licht
in das anatomische Bild der orientalischen Beriberi. Der
Ruhm des nächsten bahnbrechenden Fortschrittes gebührt der
Tropenmedizin, durch die E y k m a n sehe Entdeckung der
alimentären Entstehungsweise, an deren endlichem Abschluss
heute gearbeitet wird. Und nun kehrt die Poly-
.>5. März 1913.
MUFNÜHFNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
647
leuritis des Ostens als die besser gekannte
(rank heit nach Europa zurück, nicht mehr
nitder Frage, sondern mit der Forderung, ihr
. 1 s Beriberi, d. h. einem Nährschaden, der
lurch eine spezifische Therapie zu beein-
lussen ist, den zugehörigen Platz einzu-
ä u m e n !
Nachschrift.
Wie ich nachträglich in Erfahrung brachte, wird das Finkler-
c h c F i n a 1 m e h 1, genau nach Vorschrift des verstorbenen Physio-
igen bereitet, bereits in der Liegnitzer Brotfabrik (Liegnitz-
iörlitz) zu Brot verbacken. Zur Erläuterung diene, dass man das f i-
almehl erhält, indem man die Kleie mit kalkhaltigem Salzwasser an-
euchtet und dann in besonderen Maschinen zerreiben lässt. Die
deuron- und Kleberzellen werden dann in einer Weise zerkleinert,
ne es auf trockenem Wege nicht möglich sein würde. Allein da-
lurch wird die Verdaulichkeit des Pflanzeneiweisses, die sonst nur
0 Proz. beträgt, bis auf 98 Proz. erhöht. Das Brot, ein Vollkorn-
irot, kann daher vom Körper in vollkommenster Weise ausgenutzt
cerden. Da ihm ferner die unangenehmen Nebenwirkungen, anderer
unkler Brotsorten fehlen, wird es auch darum zu einem empfehlens¬
werten Nahrungsmittel.
Ueber Augenuntersuchungen bei Schulkindern.
Von Prof. Dr. Qastpar, 1. Stadtarzt in Stuttgart.
Seit der Einführung systematischer Untersuchungen der Schul-
igend in Beziehung auf ihren Gesundheitszustand hat sich in manchen
hinkten eine Aenderung der Anschauungen vollzogen über den Anteil,
.•r der Schule als Krankheitsursache zufällt. Mehr und mehr haben
iese systematischen Untersuchungen, verglichen mit dem Milieu, dem
ie Kinder entstammen, das eine ergeben, dass die Schädigungen des
indlichen Organismus, wie sie diesen zu Haus und auf der Strasse
reffen, viel schwerer wiegen als diejenigen, die der Schulbetrieb ver-
rsacht, mit der einzigen Ausnahme der Augen.
Gerade in Stuttgart bot sich insofern ein günstiges Feld für alle
iese Untersuchungen, weil hier das schulärztliche Prinzip wohl am
einsten durchgeführt ist, insofern seit 1904 jährlich eine genaue Unter-
uchung sämtlicher Volksschüler, nicht etwa nur der Schulrekruten
n d bestimmter höherer Klassen, erfolgt. Begünstigt wird diese jühr-
che Untersuchung durch den Umstand, dass eine wirksame Bekämp-
ing aller gefundenen Schäden nicht nur erstrebt sondern im vollen
hnfang ermöglicht wird durch das Zusammenstehen von Stadtver¬
waltung, Armenamt und Ortskrankenkassen. Es gibt kein Kind der
olksschule in Stuttgart, das nicht Arzt, Apotheke, ev. besonderes
leilverfahren frei hätte.
Diese Einrichtung, seit 1906 bestehend, hat dazu geführt, dass
ir die I. Stadtarztstelle ein eigenes Gebäude, mit allen Untersuchungs¬
aumen und Zubehör aufs zweckmässigste ausgestattet, eingerichtet
>urde, wo jährlich die Untersuchung durch den Stadtarzt, der von
ahlreichen ärztlichen und nichtärztlichen Hilfskräften unterstützt ist,
orgenommen wird.
Nun ist aber durch die Eingemeindung zahlreicher Vororte im
•eckartal die Aufgabe im Jahr 1909 an uns herangetreten, auch die
orortskinder zu untersuchen, wozu dem Stadtarzt 2 weitere grosse
Üiumlichkeitskomplexe von je 4 Zimmern in Cannstatt und Unter-
irkheim bereitgestellt wurden, so dass seit 1909 die Untersuchung
n 3 verschiedenen Orten vorgenommen wurde.
Während es sich nun herausstellte, dass die Vorortskinder durch¬
weg gesünder waren als die Altstadtkinder, zeigte es sich, dass dieses
erhältnis bei den Augen nicht zutraf. Wir fanden draussen auf dem
and durchweg schlechtere Verhältnisse als in der Altstadt.
Dieses merkwürdige Ergebnis konnte durchaus nicht etwas Zu-
illiges sein. Es handelt sich jährlich um rund 16 000 Kinder und da
waren kleinere Zufälligkeiten, welche das Resultat in so überraschen-
er Weise ändern konnten, von vornherein auszuschliessen. Es blie-
en nur 2 Möglichkeiten: Entweder waren die Augen der Vorstadt¬
inder allen Erfahrungen zum Trotz wirklich so schlecht, oder es lag
in Fehler in der Untersuchungsmethode.
Die Methode wurde bis dahin nach der Vorschrift von Cohn
iit dessen Augenuntersuchungstäfelchen mit drehbarer Scheibe aus-
eiiihrt. Obwohl in Stuttgart, Cannstatt und Untertürkheim stets der
-liste Platz im Zimmer zu dessen Unterbringung ausgewählt wurde,
ab es trotzdem diese enormen Verschiedenheiten. Im ersten Jahr
ersuchte man es mit einer gegen das Kind hin abgeblendeten Lampe
!s Beleuchtungsquelle. Aber auch hier blieben diese Verschieden-
eiten bestehen, da offenbar nur eine kleine Veränderung der Distanz
enügte, die Beleuchtung ungleich zu gestalten.
Ich ging deshalb daran, das Prinzip des feststehenden gleich-
nissigen Beleuchtungkörpers, wie es ja überall in den Sprechzimmern
er Augenspezialisten angewandt wird, zu verbinden mit dem Cohn-
chen Täfelchen. Dabei ergab sich zweckmässig die Anordnung, dass
er Buchstabe E selbst drehbar auf einer Scheibe befestigt wurde,
rehbar ohne ihn berühren zu müssen. Denn bei Massenunter-
uchungen hat das Cohn sehe Täfelchen den Nachteil, dass der Druck
er Buchstaben durch die darüber ziehende Blendenscheibe in Zeit¬
kürze verwischt wird, so dass der ursprüngliche weisse Untergrund
bald eine gräuliche Färbung annimmt.
Endlich ist die Grösse der Buchstaben des Cohn sehen Täfel¬
chens konstant. Die Untersuchung der Sehschärfe erfolgt daher nicht
durch Veränderung der Buchstabengrösse, sondern durch Verände¬
rung der Distanz. Alle Räume, deren Länge deshalb nicht mindestens
7 m beträgt, sind zu klein. Wenn sich nun auch in den Schulgebäuden
selbst wohl stets ein Raum der verlangten Grösse findet, so ist dies
etwas anderes, wenn die Untersuchung etwa im Sprechzimmer des
Arztes, im Lehrerzimmer u. ä. vorgenommen werden soll. Hier kann
doch das Bedürfnis entstehen, die C o h n sehen Sehproben für 6 m
durch die entsprechend niedrigeren (5, 4, 3 m) ersetzen zu können.
Das Resultat der Ueberlegung war die Konstruktion eines Appa¬
rates, wie er im nachstehenden abgebildet und beschrieben ist. Er
kann entweder füt elektrisches Licht, für Gasgliihlicht, Spiritus- oder
Petroleumlicht eingerichtet werden. Selbstverständlich darf die Be¬
leuchtungsquelle innerhalb der verschiedenen Schulbezirke nicht ge¬
wechselt werden, wenn uns daranliegt, die so gewonnenen Zahlen mit¬
einander zu vergleichen.
Seit wir nun diese Einrichtung in Stuttgart, Cannstatt und Unter-
tiirkheim benützen, also seit 1910, hat sich gezeigt, dass auch die
früher bestandene Differenz zuungunsten der Landkinder verschwun¬
den ist. Die Resultate sind jetzt so, wie sie erwartet werden mussten:
das Land ist besser als die Stadt.
Es ist dies ja alles den Kollegen geläufig, es ist ja nichts
anderes als eine Binsenwahrheit, dass Resultate nur dann ver¬
gleichbar sind, wenn sie unter den gleichen Bedingungen gewonnen
werden. Die Gleichheit dieser Bedingungen ist
aber im Fall der Augenuntersuchung nicht nur die
Grösse der Buchstaben und der hellste Platz,
sondern sie ist nur dann vorhanden, wenn das
Prinzip der feststehenden gleichbleibenden Licht¬
quelle mit berücksichtigt wird.
Und, wie ich den Stand der
schulärztlichen IJntersuchunes-
methodik in Deutschland kenne,
ist es eben Tatsache, dass der
letzte Punkt nicht im vollen Um¬
fang berücksichtigt wird und
namentdeh dort nicht berück¬
sichtigt wird, wo die Unter¬
suchung in verschiedenen Schul¬
gebäuden vorgenommen wird. J-
Weder das Cohn sehe Täfelchen noch das Prinzip der konstan¬
ten Beleuchtung ist etwas Neues. Neu ist lediglich ihre Kombination,
und da bieten sich dem ärztlichen Bastlhuber mancherlei Möglich¬
keiten. Ich habe die vorliegende gewählt und sie an jetzt 35 000
Kindern mit Erfolg erprobt.
Das Aussehen des Apparates ergibt sich aus obiger Abbildung.
Der neue Apparat wird von der Firma C. Stiefenhofer, Kgl.
Bayer. Hoflieferant, München, Karlsplatz 6, vertrieben.
Hospital Hauptstrasse, Berlin-Schöneberg (Dir.: Dr. Kuhn).
Die erste Hilfe bei Asphyxien mittels direkter Einblasung
von Luft.
Von Dr. Kuhn.
Anschliessend an die Eingabe der Elektrotechniker über die erste
Hilfeleistung bei Unglücksfällen in elektrischen Betrieben, welche die
Münch, med. Wochenschr. in der No. 51 des vorigen Jahres auf S. 2846
bringt, kann ich nicht umhin, ein ernstes Wort zur Rettungsfrage zu
reden. Es will doch wahrlich viel bedeuten und kann nicht das
höchste Lob für uns Aerzte sein, wenn es nötig ist, dass in so
ernsten Fragen, wie es die erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen ist,
es erst der Anregung aus Laienkreisen, hier aus den Kreisen der In¬
genieure bedarf, um in Dingen, vor die jeder Arzt stündlich ge¬
stellt werden kann, und in Fragen, die jeden einzelnen Menschen
jeden Augenblick betreffen können, ausreichende Vorkehrungen von
ärztlicher Fachseite zu erreichen. Was muss hier schon versäumt
worden sein, bis man sich aus Laienkreisen zu Eingaben, wie die
vorliegende ist, entschliesst!
Der Verband der Elektrotechniker beklagt sich in dem genannten
Artikel, dass die Wiederbelebungsversuche häufig zu spät be¬
gonnen werden, desgleichen beklagt er sich, dass dieselben n i c h t
immer lange genug durchgeführt werden. Man dürfte sich
nicht wundern, wenn auch noch in der Eingabe betont wäre, dass
viele hinzugezogene Hilfsmannschaften und auch Aerzte sehr wenig
zielbewusst an die Aufgabe herantreten und sehr häufig um die von
den Rettungsstationen gelieferten Apparate sehr wenig Bescheid
wissen.
Jedesfalls ist es für jeden, der sich näher mit der Wiederbelebung
befasst hat, schon lange klar, und man muss darin dem Verbände der
Elektrotechniker zustimmen, dass in diesen Dingen mächtige Abhilfe
nötig ist. Wie viele Aerzte verstehen denn in Wirklichkeit genug von
der Frage der Wiederbelebung? Man braucht nur Asphyxien bei
Narkosen gesehen zu haben und Aerzte in dieser Lage beobacht..:
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 12.
648
haben, um zu wissen, wie relativ ungeschickt sich die Mehrzahl der¬
selben in Fragen der Wiederbelebung anstellt.
Anderseits kann es aber doch keinen Augenblick zweifelhaft sein,
dass gerade dieses Kapitel der Wiederbelebung eine wichtige Aufgabe
des Arztes ist und dass gerade in dieser Frage jeder Praktiker auf
der Höhe der Hilfeleistung sein sollte.
Wenn ich nun im folgenden beweisen will, dass zurzeit in vielen
Fallen von Scheintod viel zu wenig geschieht, zunächst erst von seiten
der Laien, dann aber auch in sehr vielen Fällen von seiten der zu¬
gezogenen Aerzte, und dass hier prinzipielle Reformen
nötig sind, will ich folgende Fragen aufwerfen:
FD ' s t e Frage: Ist Scheintod häufig?
Beobachtungen von Scheintod müssen in Kreisen des Volkes ur¬
alt sein. Nicht würde sonst die Totenwache zu einer Volkssitte sich
ausgebildet haben und nicht beständen alle die Gebräuche in Schau¬
häusern und Leichenhäusern, und die Vorkehrungen, wonach sich
Wiedererwachende melden können; nicht umsonst bestehen die Ein¬
richtungen der Wächter in Totenhallen, nicht umsonst ist die drei¬
tägige Frist bis zur Bestattung von seiten des Staates obligatorisch
und nicht umsonst dringt in vielen Provinzen, z. B. in Hessen, sehr
häufig das Volk bei dem Arzte auf die Durchschneidung der Pulsadern
der Toten. Es gehen zahlreiche Geschichten im Volke, wonach Tote
wieder aufge wacht sind; gewiss mag dabei manches Märchen eine
Rolle spielen und eine erregte Phantasie Dinge gesehen haben, die
nicht da waren und oft vieles nicht Tatsächliche sich eingebildet
haben, aber ganz gewiss ist auch vieles Verbürgte darunter. Ich
verweise nach dieser Richtung auf ein kleines Werk (Scheintod und
Wiederbelebungsversuche von Geza Ren des, Leipzig, Verlag von
Max Spohr). Gewiss wird man in Aerztekreisen nicht alles glau¬
ben, was dort ein Vorkämpfer für die Wiederbelebung an Toten in
sichtlich übertriebener Aengstlichkeit anführt. Aber in dom Buche
sind doch genug verbürgte Fälle mitgeteilt, wo tatsächlich nach vielen
Stunden, selbst Tagen, erklärte Tote wieder zum Leben zurückkamen
Zu diesen dürfte auch der kürzliche Unfall der drei Soldaten ge¬
hören, von denen die obengenannte Eingabe in dieser Wochenschrift
spricht, welche auf dem Waterlooplatz in Hannover vom
Blitze getroffen wurden. An diesen 3 Soldaten wurden Wieder¬
belebungsversuche während langer Dauer angestellt und es gelang,
den ersten nach zw e i Stunden, den zweiten nach vier Stun¬
den ins Leben zurückzurufen.
Auch von medizinischer Fachseite liegen sehr viele
Aeusserungen vor, welche das Bestehen eines langen Scheintodes für
möglich und oft für wahrscheinlich erklären. Kliniker wie Hufe-
1 a n d. Nasse sprachen der Möglichkeit eines langen Scheintodes,
eines sogen. „Mittelzustandes“, sehr lebhaft das Wort, ebenso der
Möglichkeit, dass dieser „Mittelzustand“ heilbar sei. Nicht umsonst
sind die zahlreichen Instrumente erfunden worden, welche der
Wiederbelebung dienen, welche in den Rettungsbestecken der Unfall¬
stationen an Häfen schon seit alters her eine grosse Rolle spielen. Man
vergleiche hierzu einen Aufsatz von mir im Archiv f. Laryngol.,
Bd. 25, H. 1 J). Ich erwähne dort eine Reihe von Rohren und Instru¬
menten, welche in die Luftwege eingeführt worden sind. Es sind dies,
kurz in Uebersicht gebracht, folgende: Pias Kanüle, in Verbindung
mit einem Blasebalg, Dr. A 1 b e r t s Messingrohr, Marcs Gummi¬
rohr, Fines Nasenlochrohr, Chaussiers Luftröhrensonde,
Dr. Leroy d’E t i o 1 e s’ Apparat, die tracheotomischen Instrumente,
G o r c y s und R o u 1 a r d s doppelter Blasebalg, Gcodwyn und
Nooths Luftpumpe, M a r u m s Oxygenpumpe, die Pumpen von
Dacheux, Meunier, Kopp und Marc.
Auch die amerikanischen Aerzte sind sich schon lange darüber
klar, dass die elektrischen Hinrichtungen mit Starkstrom sehr
häufig nicht ausreichend sind. Menschen zu töten und dass „St ark-
stromgelähmte“ wieder, oft nach langer Zeit, zum Leben zu¬
rückkommen können. Dieselbe Beobachtung besteht eben auch im
besonderen Masse in Betreff der Blitzlähmungen. Soweit die
Ansichten ärztlicher Sachverständiger.
Aber auch das Experiment liefert zahlreiche Anhaltspunkte,
dass der Begriff „tot“ ein relativer ist, dass z. B. Tiere, bei denen
nicht nur die Atmung sondern auch das Herz bereits stillgestanden
hat, durch geeignete Massnahmen wieder zum Leben zurückzurufen
sind. So berichtete ich bereits in meinem Aufsatz über pulmonale
Narkose in den Therap. Monatsh. 1903, September2), von den Ver¬
suchen von Kemp und Gardner, welchen Autoren es ge¬
lang, von 23 totchloroformerten Hunden 11 wieder ins Leben
zurückzurufen.
Auch die physiologischen Versuche über Durchströmung des
Säugetierherzens nach der Ausschneidung aus dem Körper in der
Neuzeit beweisen, dass der Begriff „tot“ etwas Relatives ist und
manches scheinbar geschwundene Leben durch geeignete Vor¬
kehrungen wieder zu erwecken ist
Aus dem Gesagten ergibt sich zum Teil die Antwort auf
unsere
H Kuhn: Technisch-kritische Bemerkungen zur peroralen In¬
tubation der Luftwege (mit zahlreichen Abbildungen). Fränkels
Archiv, Bd. 25, H. 1.
-’) Kuhn: Pulmonale Narkose. Therap. Monatsh. 1903, Sept.
zweite Frage: Ist die Feststellung cf e s Todes
schwer?
Unsere Antwort muss sein : die Feststellung des wirk¬
lichen Todes ist sehr schwer, und das Urteil „dieser
Mensch ist tot“ ist sehr mit Vorsicht zu fällen. Das Aufhören der
Atmung beweist für den wirklich eingetretenen Tod gar nichts, das
Nichtmehrhören der Herztöne wenig, namentlich deswegen, weil die
fehlenden Herztöne noch lange nicht den Stillstand des Herzens be¬
weisen. Das Sinken der Temperatur endlich ist auch kein Beweis für
den Tod, so dass Nasse 1841 aus der Bonner nied. Klinik schreiben
konnte: Die Wärme des Körpers kann bei warmblütigen Tieren unter
noch dauerndem Atemholen auf 13 34° zurückgehen3).
Als einziges wirkliches Zeichen des eingetretenen Todes nimmt
Hufeland die Verwesung an. Ich verweise nach dieser Rich¬
tung auf die Arbeiten von Hufeland: 1. Die Ungewissheit des
Todes, 2. Der Scheintod, oder Sammlung der wichtigsten Tatsachen
darüber.
Nach diesen Feststellungen ist die
dritte Frage
berechtigt :
Ist es wahrscheinlich, dass oft unsere Hilfe un¬
genügend ist?
Unsere Antwort darauf lautet: ganz gewiss. Namentlich er¬
scheint uns in vielen Fällen (ebenso wie bei den beiden Soldaten auf
dem Waterlooplatz bei Hannover) namentlich und in erster Linie bei
den Starkstromlähmungen unserer modernen elektrischen Industrie
und bei Blitzlähmungen die Hilfe oft unzureichend, in zweiter Linie
sind es alle Fälle, wo durch langsames Ersticken (z. B. bei den beiden
Offizieren in dem Unterseebot U in Kiel) der Tod herbeigeführt wurde,
in denen der Versuch der Wiederbelebung gar nicht lange genug aus¬
gedehnt werden kann; ebenso liegt es bei Vergiftungen, namentlich
solchen mit Kohlenoxyd, mit Leuchtgas, mit Rauchgas, mit Morphium:
und mit Opium. Gerade in diesen Fällen erscheint uns der Ver¬
such der Wiederbelebung auf viele Stunden hin und dann mit Hilfe
der besten, womöglich automatisch weiterarbeitenden Apparate un¬
erlässlich. Auf diese Weise kommen wir zu unserer
vierten Frage: Woran allein erkennen wir eine
wirksame Hilfe?
Die Antwort ist: Wirksam kann unsere Hilfe nur sein, wenn sie
erstens richtig und ausreichend ausgeführt wird, zweitens
lange genug und drittens in schonender Weise.
Messen wir an diesen Forderungen die Leistungen unseres seit¬
herigen Verfahrens, so kommen wir zu dem Schlüsse: unsere
seitherigen Verfahren erfüllen diese Forderungen
nicht. Hier sind grosse und prinzipielle Reformen, namentlich von
ärztlicher Fachseite nötig, und auch die Gewerbevorschriften müssen
diesen Forderungen Rechnung tragen. Zwar will ich nicht verkennen!
dass gerade nach dieser Seite von seiten der Gewerbeinspektioneri
manches geschehen ist, aber ich behaupte, die Gewerbeinspekj
tionen sind von seiten der medizinischen Fach¬
leute nicht richtig informiert. Nicht in der Einführung
einer Sauerstoffbombe in die Gewerbebetriebe ist Abhilfe zu erhoffen
sondern der mechanisch-technische Teil der Wiederbef
lebung bedarf der Reform. Diese Seite der Frage muss auf wissen¬
schaftliche Unterlagen gestellt werden.
Fig. 1.
Nicht auf eine überkünstelte Mechanik mit Hilfe von Pulmotorei
mit Hebeln und mit Schrauben, die im Momente des Gebrauche:
versagen und die einen eigenen Monteur zu ihrer Bedienung ver
3) Nasse: Die Unterscheidung des Scheintodes vom wirkliche:
Tode. 1841. S. 49.
649
5. März 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ingen, kommt es an, sondern simple Rettungsbestecke aus unserem
linischen Inventar heraus, die leicht zu handhaben sind, sind nötig.
Ich will versuchen im Folgenden ein solches einfaches Besteck
irzulegen, vier kleine Stücke sind es, welche dasselbe ausmachen.
Fig. 1.
Man sieht daselbst einen einfachen seidenen Katheter mit einem
ührungsstab aus Draht, der in der Art eines männlichen Katheters
.'bogen ist und einen queren Handgriff zur Führung hat.
g. 2. Fassen und Einfuhren des Katheters mit Mandrin. (Linke Hand hat immer den
Kehldeckel hochgeschlagen.)
hauptung ergibt sich gewiss, wenn wir die Dinge etwas näher be¬
trachten: Was soll daran sein, bei einem leblosen Menschen den
Kiefer weit zu öffnen und dann die Zunge vorzuziehen, dann einen
Seidenkatheter mit Hilfe des begegebenen Führungsstabes hinter den
hochgeschlagenen Kehlkopfdeckel zu führen und dann den Katheter
Fig. 5. Haltung des Tubusrohres für die Einführung in die Luftwege.
in das weite Rohr der Luftröhre hinunter- und abzuschieben! Bei
einiger Uebung muss dieser Handgriff (auch für den Laien) mög¬
lich sein.
Für den Arzt nun ganz und gar ist die Erlernung dieses Hand¬
griffes zu fordern und wir glauben bestimmt, dass ebenso wie ein
Fig. 3. „Abschieben“ des Katheters von dem Mandrin durch den Zeigefinger
der einführenden Hand.
Der zweite Apparat besteht aus einem Metallschlauch und einem
renfalls gebogenen Führungstsab mit Handgriff. Mit Hilfe dieser
■iden Apparate in Vervollständigung mit einem einfachen Ballon-
ummigebläse muss jede Rettung ermöglicht werden (vergl.
ist. 7).
Man sieht auf den beigegebenen Abbildungen wie die Hand¬
lung der einzelnen Apparate zu denken wäre. In Figur 2 sieht man
e Handstellungen, die den Katheter in den Kehlkopf einführen. In
igur 3 das „A b s c h i e b e n“ des Katheters von dem Metallfiihrungs-
ab, nachdem der Katheter den Kehlkopfeingang erreicht hat.
Gewiss wird mir sofort der Einwand gemacht werden, „die
andhabung dieses Katheters ist zu s c h w e r“, es wird kaum ge-
Katheterismus der Harnwege oder eine Kehlkopfspiegelung auch dieser
Handgriff unschwer zu erlernen ist. Nun wird man einwenden, dass
Aerzte nicht immer bei Wiederbelebungsversuchen zur Stelle sind,
dem ist zu entgegnen, dass noch nach halben Stunden und selbst
Stunden, Wiederbelebungen von Nutzen sind, und dass sie gerade dann
erst in der vorgeschlagenen Weise anzuwenden sind, wenn die
Fig. 7. Kompletter Wiederbelebungsapparat in Tätigkeit.
Fig. 4. Vollendetes Einliegen und Tieferglelten des Katheters.
■gen, die Technik dieser Einführung weiteren Kreisen beizubringen,
di halte diesen Einwand für unhaltbar: ein Handgriff, der früher
dem Hafenwächter zugemutet wurde, wird unter den verbesserten
erhaltnissen in unserem technischen Zeitalter doch für einen Sama-
ter oder Arzt zu erlernen möglich sein! Die Richtigkeit dieser ße-
No. 12.
Wiederbelebung sich hartnäckig zeigt oder wenn die Rettungsmann¬
schaft mit ihren Manipulationen ermüdet.
Für uns steht es jedenfalls fest, dass wir dann erst bezüglich
einer Wiederbelebung erklären können, „es ist alles geschehen“, wenn
auf direktem Wege, in einer der beschriebenen Form ähnlichen Weise
Luft oder Sauerstoff dauernd und tief genug in die Luftwege des
Scheintoten gebracht worden sind.
4
650
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
Hiezu noch ein Wort.
Zuletzt verlangen wir für eine technisch vollständige Ausführung
der Wiederbelebung noch eine kleine Ergänzung, wie sie unsere
Figur 7 zeigt: Ein Arzt, der auf der Höhe in Fragen der Wieder¬
belebung stehen will, würde sich nicht damit begnügen, einen Katheter
in der genannten Weise in die Luftwege einzuführen und durch ihn
die tieferen Luftwege zu ventilieren, — er wird noch einen Hand¬
griff mehr ausführen: Er besitzt in seinem Rettungsbesteck das in
F'ig. 5. dargestellte Metallschlauchrohr mit Führungsstab, dem ich
wie bekannt, schon eine Reihe von Aufsätzen gewidmet habe und
dessen Handhabung ich neuerdings 4) eingehend dargelegt habe. (Man
vergl. auch die Gebrauchsanweisungen, welche dem Rohre, von seiten
des med. Warenhauses, Berlin, beigelegt werden.) Ein solches Rohr
führt nun, wie gesagt, der auf dem Rettungsgebiet erfahrene Helfer
zuerst ein (Fig. 6. Vergl. die Monographie.) und befestigt es in
seiner Lage. Ist dies erst einmal geschehen, so ist es Jedem, auch
dem unerfahrensten Arbeiter, möglich, durch dasselbe den obenge¬
nannten Katheter (natürlich dann ohne Führungsstab) nachzu¬
schieben und mit Hilfe des Gebläses, wie in Fig. 7 dargestellt, die
tieferen Luftwege zu ventilieren. Eine solche Ventilation der Luft¬
wege kann dann auf viele Stunden fortgesetzt werden.
Natürlich ist es naheliegend, falls man Sauerstoffbomben zur
Verfügung oder im Rettungskasten mitgebracht hat, das Vorgehen
noch automatischer zu gestalten und den Ausführungsschlauch der
Bombe mit dem eingeführten Katheter in Zusammenhang zu bringen.
Genaueres und Ausführlicheres zu diesem hier berührten Thema
werde ich alsbald in dem Archiv für Rettungswesen5 6)
bringen, ebenso was sonst darüber vor allem zu sagen notwendig ist,
vor allem, dass in Kursen die Wiederbelebung in der obengenanten
Weise zu üben wäre.
Es dürfte sich erübrigen, zu betonen, dass naturgemäss die altbe¬
währten Handgriffe von Sylvester, Schüller und Georg
Meyer, welche die mechanische Betätigung des Brust¬
korbes zum Ziele haben, durch die oben geschilderte direkte Ein¬
führung von Luft nicht überflüssig gemacht werden sollen, im Gegen¬
teil, es ist selbstverständlich Aufgabe des Retters, neben der Ein¬
blasung ständig dafür zu sorgen, dass allmählig auch der Brustkorb
langsam wieder seine notwendige respiratorische Tätigkeit auf nimmt.
Dies soll aber in einer schonenden Weise geschehen, und kann
dies auch: denn die Versorgung der Luftwege selbst mit Luft ist
durch unsere direkte Zufuhr garantiert. Uebrig bleibt, wie gesagt,
nur das langsame Wiederingangsetzen der Mechanik des atmenden
Brustkorbes.
Zur persönlichen Prophylaxe der Syphilis.
Zugleich ein Beitrag zur Frage, auf welche Weise von latent¬
syphilitischen Prostituierten Infektionen ausgehen können.
Von Franz Bruck in Berlin-Charlottenburg.
In No. 6 dieser Wochenschrift berichtet Max Müller über
einige Fälle von Syphilis bei Puellis publicis, wo von diesen trotz
Fehlens jeglicher klinischen Erscheinungen — bei genauester
ärztlicher Kontrolle — doch zu seiner grossen Ueberraschung Ueber-
tragungen ausgegangen waren. Da aber eine nachträgliche Blut¬
untersuchung bei diesen klinisch gesunden Puellis eine positive
Wassermann sehe Reaktion ergab, wodurch diese Fälle nach
der landläufigen Ansicht zu latent syphilitischen gestempelt
werden mussten, so ist für Müller dadurch deren Ansteckungs¬
fähigkeit hinreichend erklärt. Dass jemand, der keine manifesten
Symptome von Syphilis zeigt, in dessen Blutbahnen aber das syphi¬
litische Virus kreist, infizieren kann, muss theoretisch zugegeben
werden, dürfte sich aber in praxi recht selten, jedenfalls viel seltener,
als Müller annimmt, ereignen. Eine Ansteckung hierbei könnte
u. a. dann erfolgen, wenn der Akt der Kohabitation zu einer Art
Läsion der Vulva oder Vagina führt und wenn damit aus einer Stelle,
die der schützenden Bedeckung entbehrt, infizierendes Gift in ge¬
nügender Menge und Stärke an die Oberfläche gelangt. Auch muss
mit der Möglichkeit der Infektiosität des im Orgasmus ergossenen
Uterussekrets sowie mit der Ansteckung durch das Menstrualblut
gerechnet werden.
Weit häufiger aber dürfte sich der Mann bei diesen latent-
syphilitischen Puellis durch ein Sekret infizieren, das kurz vorher
von seinem syphilitischen Vorgänger deponiert worden war, das
aber an der Puella, solange diese selbst noch an latenter Syphilis
leidet, niemals zu frischen manifesten Erscheinungen führen kann.
Dieser Infektionsmodus, den M ii 1 1 e r merkwürdigerweise ganz
übersehen hat, muss aus leicht begreiflichen Gründen bei Prostitu¬
ierten öfters Vorkommen und erklärt es, weshalb auch von solchen
Puellis, die bei dem Alter ihrer Syphilis erfahrungsgemäss über das
kontagiöse Stadium längst hinaus sind, doch immer noch Ansteckungen
ausgehen. (Auf die gleiche indirekte Weise kann sich natürlich auch
4) Kuhn: Perorale Intubation. Kargers Verlag, Berlin 1912.
Monographie.
6) Vergl. im Uebrigen die Aufsätze des Verfassers: Die Wieder¬
belebung durch Ventilation der Luftwege. Münch, med. Wochenschr.
1910, No.37 und Die Wiederbelebung Erstickter und Scheintoter mittels
Sauerstoff und Intubation. Therapeut. Monatshefte 1908, November.
jemand bei einer Puella infizieren, die im Moment der Kohabitation
u'eder manifest- noch latentsyphilitisch ist, bei der vielmehr erst
nach Ablauf der üblichen Inkubationsperiode — zur selben Zeit etwa
wie bei dem durch sie angesteckten Partner — die ersten Symptome
frischer Syphilis auftreten. Hier könnte übrigens, was in foro von
grösster Tragweite werden kann, ein Zweifel entstehen, wer von
beiden der infizierende Teil gewesen ist.)
Gegen diese die Ansteckung nur vermittelnde Prostituierte,!
deren eigene Syphilis für andere ungefährlich ist, muss selbst
die sorgfältigste ärztliche Kontrolle machtlos sein. Denn bei einer
solchen Untersuchung ist natürlich der nur deponierte An¬
steckungsstoff durch einfache Reinigungsprozeduren (Spülungen,
Waschungen) schon längst beseitigt, was für den Besucher der Puella
publica leider häufig genug nicht der Fall ist. Hier kann sich eigent¬
lich nur der Mann selbst schützen durch persönliche Prophylaxe, i
die sich aber nicht nur auf ihn selbst zu erstrecken hat, sondern auch;
auf das Verlangen an seine Partnerin, bestimmten hygienischen Forde- i
rungen vor seinen Augen nachzukommen.
Mit welchen Schwierigkeiten dies verknüpft ist, auf welche; ,
Widerstand dies Verlangen oft stossen wird, braucht hier nur an¬
gedeutet zu werden. Aber die Männerwelt, die sich in dem ver¬
hängnisvollen Irrtum befindet, dass immer nur eine kranke Puella
infizieren könne, über die hier geschilderte Gefahr anderer Art1
weitgehend aufklären heisst auf jeden Fall der Prophylaxe der
Syphilis dienen.
Aus der chirurgischen Abteilung des St. Marienkrankenhauses
zu Frankfurt a. M.
Ulcus callosum ventriculi totale (Schrumpfmagen), Ex¬
stirpation, nebst Bemerkungen über den dauernden
Verlust des Magens sowie über die Technik der
Magenresektion*).
Von F. Sasse, Chefarzt.
M. H.l Das Präparat, welches ich Ihnen sogleich demonstrieren
möchte, entstammt einer damals 49 jährigen Patientin, die bis vor;
5 Jahren, abgesehen von allgemeiner Nervosität, stets gesund ge¬
wesen sein will. Damals, etwa mit dem Eintritt der Menopause,
erkrankte sie an Magenbeschwerden, die sich in Druck in der Magen¬
gegend, Aufstossen und zeitweisem Erbrechen äusserten. Allmählich
trat eine langsame aber stetige Verschlimmerung ein, indem sowohl
die Schmerzen als auch das Erbrechen an Heftigkeit Zunahmen. In
dem letzten Jahre konnte Patientin fast gar nichts mehr geniessen;
das Erbrechen erfolgte plötzlich, ruckweise, unmittelbar nach jeder
Nahrungsaufnahme, sobald die Speisen bis in den Magen gekommen
waren; infolgedessen auch rapide Abmagerung. Vor ihrer Aufnahme
im Marienkrankenhause war Patientin noch mehrere Wochen im
Sanatorium zu Schloss Hornegg bei Herrn Kollegen San.-Rat
Dr. Roemheld; diesem, sowie dem hiesigen behandelnden Haus¬
arzte, Herrn Prof. Blum verdanke ich noch die Mitteilung, dass sich
in dem Erbrochenen niemals Blut habe nachweisen lassen. Im Probe-
frühstiiek wurde weder freie Salzsäure, noch Labferment, noch
Pepsinogen nachgewiesen, auch keine Milchsäure und keine langen
Bazillen; im Stuhl endlich kein okkultes Blut.
Bei der Aufnahme hierselbst war Patientin aufs äusserste, bis
zum Skelett abgemagert, mit aschfahler Gesichtsfarbe. Körper¬
gewicht 60 Pfund. Haut welk und ausgetrocknet.
Kor und Pulmo o. B.; Abdomen kahnförmig eingezogen, kein
Tumor. Magengegend druckschmerzhaft.
Das Röntgenbild zeigt ein höchst eigenartiges Bild: An Stelle
des Magens befindet sich ein schmaler, gut daumenbreiter Schatten,
der direkt vom Oesophagus in leichtem Bogen zur Gegend des
Pylorus verläuft. An dieser Stelle zeigt der Schatten eine dünne,
fast fadenförmige Unterbrechung. Eine eigentliche Magenblase fehlt
also vollständig.
Diesem Befunde nach musste es sich also um einen enorm ge¬
schrumpften, zu einem dünnen schlauchartigen Gebilde verkleinerten
Magen handeln. Seitens der behandelnden Aerzte wurde ein
Sanduhrmagen auf der Basis eines Geschwürs angenommen.
Die Operation, welche von mir am 6. IX. 1911 vorgenommen
wurde, ergab folgenden Befund: Magen im ganzen enorm geschrumpft,
von derbweicher Konsistenz und Daumendicke, er ist 2 — 2Yz Quer¬
finger breit. Die Verdickung erstreckt sich vom Pylorus bis an dir
Kardia, hier ist noch ein ca. 1% Querfinger breites Stück nicht mehr
verdickt. An der grossen und kleinen Kurvatur zahlreiche ge¬
schwollene, aber weiche Drüsen. Es wurde nun die Exstirpation
des Magens in der Weise vorgenommen, dass derselbe zunächst an
der grossen und kleinen Kurvatur isoliert und dann am Pylorus durch¬
trennt wurde. Das Duodenum wurde für sich vernäht und versenkt,
der Magen aber zunächst nicht am Oesophagus abgetrennt, vielmehr
noch als Zügel benutzt, um die Kardia möglichst nach abwärts zu
ziehen. Dann wurde die oberste Jejunumschlinge durch einen Schiit/
des Mesokolons nach oben gezogen und nun unter starkem Abwärtszug
*) Nach einer Demonstration auf der zweiten Tagung Mittel-
rheinischer Chirurgen zu Frankfurt a. M. am 15. II. 1913.
25. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
651
im Magen durch Serosa-Serosanähte auf der Hinterfläche der Kardia
inmittelbar am Zwerchfell mit ersterer vereinigt; dann wurden etwa
!;2 — 1 cm unter dieser Naht Serosa und Muskularis gegenüber am
lärm und Magen eingeschnitten und wiederum durch eine Serosa-
Vluskularisnaht miteinander verbunden. Nachdem so schon eine feste
Verbindung des Darmes mit der Kardia an deren Hinterfläche her-
.estellt war, wurde der Magen abgetragen, dann auch die Mukosa
ies Darmes eingeschnitten und jetzt erfolgte eine zirkuläre Mukosa¬
iaht, der noch eine Muskularis-Serosa- und Serosa-Serosanaht an
ler Vorderfläche nachfolgten.
Die Heilung erfolgte in reaktionsloser Weise p. pr.
Patientin hat in kurzer Zeit 52 Pfund an Gewicht zugenommen.
Der Fall ist, wie ich glaube, nach mehr als einer Richtung
hin interessant, und es sei mir deshalb gestattet, noch einige
Bemerkungen daran anzuknüpfen.
Das Präparat, welches ich Ihnen hiermit zeige, ist im
hiesigen Senckenberg ischen pathologischen Institut unter¬
sucht worden. Von Karzinom hat sich nichts feststellen
lassen, dagegen fand sich ein den ganzen Magen einnehmen¬
des kallöses Ulcus mit enormer Verdickung der Submukosa,
weniger starker Verdickung der Muskularis und teilweise
auch der Serosa. Die Dicke der Wandung beträgt I — 2 cm.
Von der Schleimhaut sind kaum noch vereinzelte mikro¬
skopische Reste vorhanden, der ganze Magen ist total ge¬
schrumpft. Ein derartiger „Schrumpfmagen“ ist ge¬
wiss eine grosse Seltenheit. Ich gehe auf die
pathologisch-anatomische Seite nicht weiter ein, da der Fall
noch nach dieser Hinsicht hin eine besondere Bearbeitung in
einer Dissertation finden soll.
Nicht minder interessant ist aber in klinischer Hin¬
sicht der Umstand, dass trotz der enormen Ausdehnung des
Geschwürs Patientin niemals Blut erbrochen hat, dass sich
auch chemisch weder im Erbrochenen noch im Stuhlgang
Blut hat nachweisen lassen, obwohl Patientin doch in ge¬
nauer Beobachtung und bester klinischer Behandlung (Sana¬
torium) gewesen ist.
Dass sich bei der diagnostischen Untersuchung im Probe¬
frühstück keine freie Salzsäure und kein Pepsin nachweisen
liess, also eine vollständige Achylie bestand, erklärt sich
daraus, dass die Magenschleimhaut vollständig verloren ge¬
gangen war und infolge dessen auch Salzsäure und Pepsin
nicht mehr abgeschieden werden konnten.
In ernährungs-physiologischer Hinsicht ist
der Fall bemerkenswert, indem er zeigt, dass der dauernde
Verlust des Magens keine nachteiligen Folgen für die Er¬
nährung gehabt hat, ja man muss nach dem bisherigen Ver¬
laufe, es sind jetzt lK Jahre nach der Operation verflossen,
sagen, dass der Magen absolut entbehrlich ist. Wie Sie aus
der Röntgenphotographie sehen (Demonstration), gelangt der
Bariumspeisebrei aus dem Oesophagus direkt ih die Jejunum¬
schlinge. Eine Magenblase ist auch nicht mehr andeutungs¬
weise vorhanden. Es liegt hier, wenigstens in funktioneller
Hinsicht eine Totalexstirpation des Magens vor,
wenngleich möglicherweise noch 1 — 2 cm in streng ana¬
tomischer Hinsicht von der Kardia stehen geblieben sein
können. Die Patientin selbst sieht jetzt blühend und gut ge¬
nährt aus. sie hat 52 Pfund an Gewicht zugenommen. Be¬
merkenswert ist ihre Angabe, dass sie nach dem Essen kein
eigentliches Gefühl der Sättigung mehr habe, was ich mir aus
dem Fehlen des Magens, resp. der Auffüllung desselben durch
die genossenen Speisen erkläre. Sie geniesst alle vorkom¬
menden Speisen ohne irgendwie im geringsten auf die leichtere
oder schwerere Verdaulichkeit derselben Rücksicht zu nehmen
und zwar vom Tage des Austritts aus dem Krankenhause an,
also 6 Wochen nach der Operation. Von ihrem Appetit und
ihrer Leistungsfähigkeit im Essen erhält man eine Vorstellung
aus der Angabe, dass sie einmal in einem Automatenrestaurant
hintereinander 15 belegte Brötchen gegessen habe.
Endlich noch einige Worte zur Operation selbst.
Der Fall ist, wie schon oben gesagt, wohl als Totalexstir-
pation des Magens zu bezeichnen, was ja allerdings keine
allzu grosse Seltenheit mehr ist. Immerhin aber ist, wie ich
glaube, die Art des Vorgehens bei der Operation beachtens¬
wert. Als ganz ausserordentlich zweckmässig hat sich mir
die vorhin ausführlicher geschilderte Art des Vorgehens be¬
wiesen, nämlich den am Pylorus abgetrennten und isolierten
Magen gewissermassen als Zügel zu benutzen, um die Kardia
und den Oesophagus herunterzuziehen und nun zuerst auf der
Hinterfläche die Verbindung mit dem Darm herzustellen. Erst
nachdem dieses in möglichst sicherer Weise geschehen ist, soll
man den Magen abtragen und an der Vorderfläche die Ver¬
einigung in geschilderter exakter Weise vollenden.
Weiterhin möchte ich noch die Gelegenheit benutzen,
darauf hinzuweisen, dass ich stets schon seit 8—9 Jahren bei
Magenresektionen den Magenstumpf, wenn nötig, nach ent-'
sprechender Verkleinerung der Oeffnung, direkt in das
Jejunum implantiere und dass ich diese Methode den bekannten
B i 1 1 r o t h sehen und Kocher sehen Methoden vorziehe. Ich
habe schon im Jahre 1909 über 12 derartige Fälle im hiesigen
ärztlichen Verein1) berichten können und habe seitdem noch
eine grössere Anzahl mit gleich gutem Erfolge operieren
können. Einen Circulus ,,vitiosus habe ich niemals gesehen,
obwohl ich keine Anastomose zwischen auf- und absteigendem
Darmschenkel anlege. Dieselbe Methode ist von P o 1 y a und
Wilms wieder im Zentralbl. f. Chirurgie 1909, No. 26 u. 32
beschrieben worden, doch wies Reichel-) später darauf hin,
dass er schon auf dem Chirurgenkongress im Jahre 1908 diese
Methode mitgeteilt habe. Ihm gebührt somit wohl die
Priorität. Meine unabhängig von ihm gemachten Erfahrungen
können nur die Einfachheit und Vorzüge der Methode be¬
stätigen.
Jodipin per elysma bei Prostatitis.
Von Dr. L. F i s c h e 1 in Berlin.
Eine recht häufige und den Ablauf des Heilungsprozesses
oft um viele Wochen verzögernde Komplikation der Gonor¬
rhöe ist die Prostatitis. Ausser der Massage der Prostata,
die jedoch niemals vor der dritten Woche nach ihrer Er¬
krankung begonnen werden sollte und die in veralteten, mit
derben Infiltrationen einhergehenden Fällen oft im Stiche lässt,
sind es vor allen Dingen die heissen Arzberger-Spülungen, die als1
hervorragendes Mittel zur Beseitigung der Prostatitis angewendet
werden. Auch Suppositorien aus Ichthyol und Jodkali werden viel¬
fach zur Unterstützung oder als Ersatz dieser Prozeduren gebraucht;
doch haben sie immer nur als Notbehelf gedient und besitzen ausser¬
dem den für die Patienten lästigen Nachteil, häufig Tenesmus zu er¬
zeugen und die Wäsche zu beschmutzen. Als Ersatz hierfür, teils
im Anschluss an heisse Arzberger-Spülungen, sehr häufig jedoch auch
ohne solche, haben sich mir nun seit mehreren Jahren mit vorzüg¬
lichem Erfolge Jodipinklysmata bewährt, welche die Nachteile der
Suppositorien in keiner Weise zeigen, und nach meinen Erfahrungen
sehr schnell und günstig auf die Prostatitis einwirken, sowohl bei
akuten wie verschleppten Fällen, indem sie eine Resorption des
Infiltrates oder eine Erweichung des indurierten Gewebes herbei-
fiihren. Da ich in der Jodipinliteratur, wenigstens unter den Ueber-
schriften der sehr zahlreichen Veröffentlichungen, soweit sie mir
zugänglich war, einen Hinweis auf diese Verwendung des Jodipins
nicht gefunden habe, so will ich in Kürze diese bequeme Methode der
Prostatitisbehandlung mit dem Ersuchen zur Nachprüfung bekannt
geben. Ich verwende Klistiere von 10 g einer Mischung von 1 Teil
Jodipin 25 proz. mit 2 Teilen Oleum Olivar., die ich mir selbst be¬
reite, da die Kur bei jedesmaliger rezeptmässiger Verordnung etwas
zu teuer sein würde. Ich verschreibe daher 100 g Original-Jodipin
25 proz. und mische sie mir selbst mit 200 g Oleum Olivarum. Die
obige Mischung von 10 g wird mittels einer 10 ccm haltenden
Spritze (mit gebogenem Hartgummiansatz für Rektalinjektionen) in
den Mastdarm langsam eingespritzt und vor das Orificium ani dann
etwas Watte gelegt. Der Patient behält die ganze Menge ohne
Beschwerde bei sich. Mit diesem Klistier sind also jedesmal zirka
0,75 Jod injiziert. Alle Tage, in leichten Fällen alle 2 Tage, wird ein
neues Klistier gegeben. Man merkt oft schon nach einer Woche
einen Rückgang der Erscheinungen an der Prostata; mitunter stellt
sich dabei auch von neuem stärkerer Ausfluss ein, die zweite Urin¬
portion fängt an, sich zu klären, und nach 2 — 3 Wochen ist die
Prostatitis völlig oder bis auf kleine Reste geschwunden, die dann
noch durch wenige Massagen oder Spülungen leicht beseitigt werden.
Es liegt mir natürlich fern, die Jodipintherapie als ein Allheil¬
mittel bei der gonorrhoischen Prostatitis hinstellen zu wollen. Es
gibt resistente Fälle, die dieser Therapie wie jeder anderen lange
genug trotzen. Aber immerhin ist der Prozentsatz der mit gutem
und schnellem Erfolge behandelten Fälle ein so hoher, und die Ar-
wendungsweise für Arzt und Patienten eine so einfache, bequeme
und schmerzlose, dass ich sie den Herren Kollegen nur nochmals zur
Nachprüfung angelegentlichst empfehlen kann.
1) Münch, med. Wochenschr. 1910, pag. 101.
2) Zentralbl. f. Chirurgie 1911, No. 42.
4
652
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 12.
Zu der Psychologie der falschen Literaturangaben.
Von Oberstabsarzt a. D. Hermann Berger,
Leiter der „Medizinisch-literarischen Zentralstelle“ in Berlin-
Friedenau.
Für sein Buch „Die Lehre von der Krebskrankheit“ (Jena 1911)
hat sich Jakob Wolff der ungeheuren und hoch verdienstvollen
Mühe unterzogen, 10 000 Quellenangaben auf ihre Richtigkeit zu prü¬
fen, wobei sich herausstellte, dass 10 Proz. falsch waren. Ich glaube,
auf Grund meiner speziellen Beobachtungen in unserem Institut, dieses
Resultat, wenigstens schätzungsweise, für das Gesamtgebiet der medi¬
zinischen Literatur gültig erklären zu können, und ich kann mich des
Gedankens nicht erwehren, dass dem lästigen und lähmenden Uebel
nicht so ganz leicht zu steuern sein dürfte, wenn ich auch eine leise
Hoffnung hege, dass die folgenden Zeilen diesen oder jenen Kollegen
gelegentlich zu einer schärferen Selbstkontrolle in der Pflicht ge¬
nauen Zitierens anregen können. Habe ich doch tagaus tagein die
Gelegenheit, jene schlimmen Geschöpfe, die falschen Zitate, nicht nur
in fertigem Zustande, sondern schon vor ihrem Eintritt in die Oeffent-
lichkeit zu beobachten — ersteres besonders bei der Durchprüfung
unserer Literaturzusammenstellungen usw., letzteres vorzugsweise
in den Briefen, in welchen wir um literarische Nachforschungen nach
bestimmten Literaturerscheinungen ersucht werden.
Verwechslungen, wie Meier statt Mayer nehmen wir als
etwas Selbstverständliches in Kauf. Schlimmer schon trifft’s uns,
wenn Beier geschrieben wird, während Payr gemeint ist, obwohl
sich das Zustandekommen auch solchen Tausches unschwer erklären
lässt, wenn man sich vorstellt, dass die Anfrage sich vielleicht auf
eine mündliche Mitteilung von dritter Seite - — womöglich in
Sachsen! — gründet. Auch Vertauschung von „Wochenschrift“ und
„Zeitschrift“, „Zeitschrift“ und „Monatsschrift“; „Münchener“,
„Deutsche“ und „Berliner“; „medizinische“ und „klinische“ — Um¬
stellen einzelner Ziffern in den Jahreszahlen, wie 1901 statt 1910 —
unrichtige Bandnummern, namentlich, wenn der Originalband seine
Nummer in Gestalt einer für gewöhnliche Sterbliche nur unter äusser-
ster Anspannung aller Sinne zu überblickenden Reihe römischer
Zahlen trägt; der Seitennummern usw. gehören zu unserem täglichen
Brot. Zu unserem täglichen Brot, das wir mit Tränen essen! Denn
es ist reinste Glückssache, ob wir dann unseren Nachforschungen
nach dem eigentlich Richtigen „den richtigen Tip“ zugrunde legen;
— und ob wir zweckmässiger einfach „klinische“ für „medizinische“
gesetzt hätten (vgl. die beiden Wiener Wochenschriften), anstatt
sämtliche Zentralblätter, Jahresberichte und Bibliographien der
letzten 10 Jahrgänge der gesamten Fachliteratur im Schweisse
unseres Angesichts auf alle nur denkbaren Varietäten des Namens
Meier hin zu durchwühlen, wer hätte es im voraus ahnen können?
Und trotzdem gehöre ich, obwohl härter als andere von dem
Schwergewicht der falschen Zitate bedrückt, nicht zu den Geistern,
welche deren Urheber gar nicht scharf genug in Grund und Boden
verdammen können; denn ich habe die Entdeckung gemacht, dass
in vielen Fällen niemand anderes dahintersteckt, als der Zitatenkobold,
der durchgeistigtere und mit den Schlichen feinster Psychologie han¬
tierende Bruder des Druckfehlerteufels; kleinste, harmloseste Fehler¬
chen, vielleicht vom Setzer begangen und von dem Korrektor über¬
sehen, ist er fähig, zur bösen Tat werden zu lassen, welche fort¬
zeugend Böses muss gebären; und sogar aussergewöhnlich hohe Ge¬
wissenhaftigkeit eines Autors weiss er auszunützen, um seinen ge¬
schworenen Widersacher, den Literaturforscher, nach Herzenslust
an der Nase herumzuführen! Für beides kleine Beispiele:
ad 1. Vorderbrügge heisst der Autor eines Aufsatzes in
der . Deutschen Zeitschrift für Chirurgie“, Bd. 74, 1904, S. 1. Der
Name muss in irgend einem Zwischenwirt, dessen Entdeckung der
Forschung leider noch nicht geglückt ist, eine erste kleine Meta¬
morphose in Vonderbrügge eingegangen sein; denn seine endgültige
Gestalt lesen wir in dem Texte einer Arbeit (Titel und Autorname
hier gleichgültig) in den „Mitteilungen aus den Grenzgebieten der
Medizin und Chirurgie“, Bd. 22, 1911, Seite 570 in Form von
v. d. Brügge. Wenn also diese Zeitschrift ihren Bänden ein
Namensregister hinzufügte (was zu meinem grossen Leidwesen nicht
der Fall ist), so würdest Du, lieber Leser, den Namen Vorder-
b r ü g g e nicht etwa unter dem Buchstaben V, sondern untef B zu
suchen haben. Jeder, der den Zitatenkobold kennt, muss mit solchen
Schelmenstücken rechnen.
ad 2) Von „The Journal of the American Medical Association“,
vvelches für gewöhnlich als Wochenschrift erscheint, ist ohne irgend
einen erkennbaren besonderen Anlass im Februar 1907 an 2 auf¬
einanderfolgenden Tagen je eine recht stattliche Nummer erschienen.
Wenigstens stehen diese gedruckt in dem Literaturverzeichnis unter
einer Abhandlung in der „Wiener medizinischen Wochenschrift“, 1909,
No. 2, S. 90. Du wirst aber die aus den vorgeblichen beiden
Nummern zitierten Arbeiten erfolglos in dem ersten Halbjahrsbande
1907 des obengenannten Blattes suchen. Sondern sie sind in der
zweiten Jahreshälfte erschienen, was für ihre Auffindung einen sehr
erheblichen Unterschied ausmacht, weil die Zeitschrift ihre Register
halbjährlich bi ingt. Das Blatt wird wegen seines beträchtlichen
Umfanges wohl meist in 4 Bänden gebunden, welche mit Band 1, 1 u.2.
und Band II, 1 u. 2 bezeichnet werden. Unsere beiden Aufsätze finden
sich nun in 1907, II, 1 und 1907. II, 2; dürften wohl auch in dieser
Form vermerkt worden sein, bis der Zitatenkobold sie einem
Autor in die Hände spielte, welchem offenbar die so einge¬
teilten Originalbände nicht zugänglich waren, der aber den
Kampf gegen die Unsitte, Monatsnamen durch Zahlen zu er¬
setzen, auf seine Fahne geschrieben hat, weil bekanntlich gar
zu leicht Verwechslungen daraus entstehen können. Flugs hat der
die „II“ in „Februar“ prinzipientreu „verbessert“, und so finden wir
denn an der genannten Stelle unmittelbar nebeneinander je ein Zita;
aus dem „J. of the A. M. Ass.“ vom „1. Februar 1907“ und vom
„2. Februar 1907“. Dass aus der ersteren Nummer die Seite 2204,
aus der vom folgenden Tage 1245 angeführt ist; dass also die statt¬
liche Stärke von rund 1000 Seiten zwischen beiden liegt und dass
schliesslich das Journal seine Seiten nach rückwärts fortschreitend
numeriert, brauchte nicht zu stören. Warum hiesse denn sonst!
Amerika das Land der unbegrenzten Möglichkeiten?
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Kritischer Rückblick über wichtige gynäkologische
Arbeiten aus dem Jahre 1912.
Von Prof. Dr. Q. Schi ekele in Strassburg.
Das verflossene Jahr hat uns bemerkenswerte Erfolge in der;
Behandlung gynäkologischer Leiden durch die Röntgenbestrahlung
gebracht. Die eigentliche Tiefentherapie ist erst in der letzten Zeit
systematisch ausgebaut worden. Die erste Möglichkeit hierzu war'
durch die schon längere Zeit zurückliegende Arbeit von Perthes
über die Penetrationskraft verschiedener Strahlenarten in die Gewebe)
gegeben worden. Die beste Tiefenwirkung erzielte er durch Ein-;
schalten eines 1 mm dicken Aluminiumfilters in den Strahlenkegel..
Gleichzeitig legte er auf eine grosse Entfernung der Röhre von dem
zu bestrahlenden Bezirke Wert. Die Bedeutung einer Filtrierung der!
Strahlen wurde durch spätere Arbeiten bestätigt, die zum Teil auch
die Natur des Filters betrafen. Ein grosses Verdienst für die Weiter¬
entwicklung der Technik kommt Albers - Schönberg zu. Seinei
neueste Technik, die er im Laufe dieses Jahres publizierte, lässt sich
in folgender Weise charakterisieren: Es werden Wasserkühlröhrei:
mit stumpfem Brennpunkt gewählt, von der Härte Walter 6 — 8; härtere:
Strahlen sind für gynäkologische Zwecke nicht mehr empfehlenswert
Dem im Verlaufe des Betriebes unvermeidbaren Härterwerden der
Röhren strebt die Bauerregulierung entgegen. Je nach der Grösse
der zu bestrahlenden Myome wird eine Kompressionsblende von 2i
oder 13 cm Durchmesser gewählt, die hart oberhalb der Symphyse
aufgesetzt und in der Weise geneigt wird, dass der Lichtkegel schrag
in das kleine Becken hin eindringt, der Fokushautabstand beträgt
38 cm. Zum Schutze der Haut wird weiches Ziegenleder von ca. 1 mir
Dicke in 4 facher Schicht verwendet, wenn nötig mit einer 6 facher
Staniolpapierlage oder Aluminium. Als Oberflächendosis gibt A.-Sch
IVi X als Maximaldosis für eine Serie von 3 Sitzungen an. Es;
stehen nun, je nachdem man langsamer oder rascher Vorgehen will
2 Wege zur Verfügung: 1. an 3 aufeinanderfolgenden Tagen wird
je 6 Minuten lang bestrahlt, nach 14 tägiger Pause wird diese Serie
wiederholt usw. 2. An 3 aufeinanderfolgenden Tagen je 6 Minutei
Bestrahlung von der Bauchseite aus, nach 8 tägiger Pause dieselbe
Serie vom Rücken aus; nach 8 tägiger Pause dieselbe Serie von dei
Bauchseite aus usw. Durch den zweiten Behandlungsmodus wird die
Gesamtdauer der Bestrahlung etwa um die Hälfte abgekürzt. Uebeii
ihre zeitliche Ausdehnung lässt sich einstweilen nichts Genauerem
sagen; sie schwankt zwischen 76 und mehreren 100 Minuten. Myome
und klimakterische Blutungen werden im allgemeinen bis zum end¬
gültigen Eintritt der Amenorrhoe behandelt. Die beginnenden Aus
fallserscheinungen sind als Vorboten des Erfolges anzusehen. Schwere
Ausfallserscheinungen hat A.-Sch. nicht beobachtet. Ein nicht zt
unterschätzender Vorteil dieser Methode ist ihre relative Billigkeit
So berechnet A.-Sch. eine kurzdauernde Myomkur (rund 50 Be
stralilungsminuten) mit 6 M., eine langdauernde (ca. 300 Minuten
mit 36 M.. Dazu noch für Stromgebrauch 8 — 10 M. pro Monat, nebs
kleineren Unkosten. Selbstverständlich gelten diese Preise nur be;
vorsichtiger Behandlung der Röhren.
Trotzdem mit dieser Methode ganz achtungswerte Erfolge zi
erzielen sind, entsprechen sie dem Bedürfnis der Gynäkologen viel
fach nicht. In der Ueberlegung, dass die Ovarien durch Strahlen vie
sicherer getroffen werden, die von mehreren Seiten auf sie geschick
werden, bildete sich die Methode der Vielfeldbestrahlung aus, die u. a
zuletzt von Werner, M. Fränkel, Gauss ausgebaut wurde
Um eine möglichst grosse Lichtintensität in den Bereich der Ovariet
zu senden, wurde von Fränkel und Gauss empfohlen, die Röhrt
möglichst nahe heran zu rücken. Eine hierdurch bedingte Me'nrge
fährdung der Haut wird durch das dazwischen geschaltete Filte
ausgeglichen. Gauss gibt neuerdings die Fokushautdistanz au
20 cm an. Ein weiteres Charakteristikum der Freiburger Methodt
besteht in der Auswahl möglichst zahlreicher Einfallspforten für di*
Strahlen (Kreuzfeuerwirkung) und zuletzt endlich in der Erhöhung de
verabreichten Strahlendosis in einer bisher noch nicht gesehenei
Weise. Die dadurch notwendige höhere Belastung der Röhre ist ers
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
653
»5. März 1913.
lurch bestimmte Veränderung des Instrumentariums (Induktor, ’
^hythmeur) ermöglicht worden, im Laufe deren ein für ausschliess-
icti therapeutische Zwecke geeigneter Apparat erstand, der von einem
ein diagnostischen sich prinzipiell unterscheidet. Mit Hilfe aller
lieser Momente ist es möglich, Dosen zu verabreichen, welche
nehrere Hundert X betragen und für den Verlauf der ganzen Behand-
ung bis zum Eintritt des Erfolges sogar 2000 X übersteigen können.
Die Freiburger Klinik hatte mit der älteren Methode der Schwa¬
ben Bestrahlung nur geringe Erfolge erzielt. Mit der A.-Sch.-Ein-
eldbestrahlung konnte in 50 Proz. der Fälle Amenorrhoe erzielt wei¬
len; die mehrstellige Bestrahlung ergab über 70 Proz. Erfolge. Trotz-
lem erschien es aber wünschenswert, eine Vervollkommnung anzu-
treben, um womöglich den Erfolg statt nach mehreren Monaten schon
lach kürzerer Zeit zu erreichen. Dies gelang erst durch die mehr¬
teilige Filternahbestrahlung unter allmählicher Erhöhung der Strah-
endosen. In den letzten 10 Fällen wurde eine Gesamtdosis von durch-
ichnittlich 1480 X bis zum Eintritt des Erfolges verabreicht; dieser
rat auch in allen Fällen ein. Die Behandlungsdauer verkürzte sich
labei von 3% Monat auf 234 und für die mit intensiver Bestrahlung
^handelten Fälle sogar auf 134 Monat. Bei dieser Vervollkommung
ler Technik gab es nun keine refraktären Fälle mehr.
Es ist leicht verständlich, dass diese Methode, welche derartige
Strahlenmengen verabreicht, auf vielseitigen Widerspruch stossen
nusste. Die Röntgenologen haben zuerst grosse Bedenken erhoben
regen die Verabreichung von so grossen Dosen und auf die Möglich¬
keit von später eintretenden Schädigungen hingewiesen. Es mag sein,
lass bei dieser Furcht die Erinnerung an das schwere Lehrgeld, das
n den Anfängen der Röntgentherapie gezahlt werden musste, eine
tjolle spielt. Die Schutzvorrichtungen sind jedoch heute wesentlich
besser. Es ist dann weiter die Furcht vor dem Unbekannten, die Un¬
sicherheit darüber, was diese zahllosen Strahlen in der Tiefe an be¬
nachbarten Organen etwa schädigen können. Darauf antwortet die
■’reiburger Schule mit der Versicherung, dass bis jetzt Schädigungen
-twa von seiten des Darmes oder anderer Organe nicht beobachtet
vorden sind, dass Verbrennungen der Haut nur vereinzelt vorkamen
rnd dass sie auf technische Ungenauigkeiten (undichte Abdeckung be-
lachbarter Hautteile) zurückzuführen sind. Objektiv gesprochen ist,
soweit wir dies bis jetzt wissen, von all den prophezeiten Schädi¬
gungen nur wenig gesehen worden. Ob dies auch auf die Dauer so
oleibt, werden die nächsten Jahre ja zeigen. Wenn man die schwe-
en Schädigungen bedenkt, welche bei jungen Pflanzen und Tieren
lurch filtrierte und unfiltrierte Strahlen nach den Untersuchungen von
r r ä n k e 1, Gauss, Meyer und Ritter. Heynemann zutage
getreten sind, so kann man sich des Gedankens nicht erwehren, dass
ruch im Bereiche der Ovarialfollikel, um von anderen Geweben nicht
2u reden, derartige Schädigungen auftreten können, die sich bei wei¬
terem Bestehen der wenn auch abgeschwächten Funktion der Ovarien
und dem eventuellen Eintritt einer späteren Gravidität in der Ent¬
wicklung der Frucht kennzeichnen können. Es erscheint aus solchen
Ueberlegungen verständlich, dass die meisten, die sich mit Tiefen¬
bestrahlung beschäftigen, lieber einen Mittelweg gehen, etwa derart,
dass sie die Methode von Albers-Schönberg befolgen oder,
wie etwa Jung, eine mehrstellige Filternahbestrahlung, aber ohne
Verabreichung von Hunderten von X wählen und sich in jeder Sitzung
mit 20 — 30 X begnügen. Auch Eymer-Menge und Heyne-
mann wenden geringe Dosen an und halten sich jedenfalls von einer
lieberschreitung einer Erythemdosis noch fern. Auch diese vorsichti¬
ger gehenden Methoden weisen ganz gute Resultate auf: 50 — 70 Proz.,
bei manchen Fällen von klimakterischen Blutungen gelegentlich noch
mehr.
Die Strahlen wirken nicht nur auf die Ovarien selbst, sondern
auch auf bestrahlte Tumoren; ein grosser Teil der Myome, auch grosse
Tumoren, geht nach der Bestrahlung zurück, oft sogar in erstaun¬
lichem Masse. Dies ist besonders der Fall, wenn eine vollständige
Amenorrhoe erzielt worden ist; auch bei der erfolgreichen Behand¬
lung der klimakterischen Blutungen ist eine nachfolgende Atrophie
des Uterus beobachtet worden. Dieser Umstand hat dazu geführt, die
Röntgenbestrahlung zur Unterbrechung der Schwangerschaft zu ver¬
wenden, worüber aber genügende Beobachtungen zurzeit noch nicht
vorliegen. Entsprechend den Degenerationserscheinungen, welche bei
Bestrahlung tierischer und menschlicher Ovarien histologisch nach¬
weisbar waren, findet man auch bei bestrahlten Myomen anatomische
Veränderungen : Auffallender Reichtum an Bindegewebsfibrillen, inner¬
halb deren sklerotische Veränderungen und hyaline Degeneration der
Muskelzellen und vieler Gefässwände. Auch Ovarialtumoren können
durch Bestrahlung zur Verkleinerung gebracht werden, wie die Be¬
obachtungen von E y m e r aus der Heidelberger Klinik zeigen. Allem
Anscheine nach wird auch das in der Umgebung von Neubildungen
gelegene Bindegewebe durch die Strahlen in erheblichem Masse ver¬
ändert, wie aus einer Beobachtung von Bumm hervorgeht: Ein in¬
operabel scheinendes Karzinom der Zervix geht nach Röntgen¬
bestrahlung von der Vagina aus derart zurück, dass es operabel wird;
bei der Operation fällt Verhärtung und schwielige Beschaffenheit
innerhalb des Beckenbindegewebes auf. Das Karzinom selbst war
innerhalb der Zervixschleimhaut noch vorhanden, wenn auch in
dünner Schicht.
Nach dem bis jetzt vorliegenden Material lassen sich die Indi¬
kationen für eine Röntgenbehandlung schon abgren-
«n; dies ist kürzlich in ausführlicher Weise durch Menge ge¬
schehen. Die von ihm gemachten Vorschläge dürften wohl von
vielen angenommen werden. Es sind in erster Linie zwei Kategorien
von Fällen, welche der Röntgenbehandlung zufallen: die Myomblu¬
tungen und jene klimakterischen Blutungen, welche aus anatomischen
Veränderungen nicht erklärt werden können. Es handelt sich also
meistens um Frauen am Ende des 4. Und innerhalb des 5. Dezenniums,
welche früher abdominal oder vaginal operiert wurden. Es ist klar,
dass sich nicht alle Myome zur Röntgenbehandlung eignen; sub¬
muköse sind ausgeschlossen, ebenso alle jene Fälle, in denen ein Ver¬
dacht auf eine maligne Degeneration oder Vereiterung vorliegt. Nun
ist von vielen Seiten gegen die Röntgenbehandlung ausgespielt wor¬
den, dass sarkomatöse Myome — die vielfach nicht diagnostizier¬
bar — bestrahlt werden können und so der Nutzen einer Operation
vereitelt werden muss. Ich bin der Ansicht, dass diese Möglichkeit
bedeutend überschätzt worden ist. Die von Warne k ros kürzlich
mitgeteilte Zahl von 10 Proz. sakromatöser Myome unter dem Ma¬
terial der Berliner Universitäts-Frauenklinik ist höchst wahrscheinlich
zu hoch gegriffen. Die bisher als Durchschnittszahl geltenden 2 Proz.
dürften vielleicht etwas zu niedrig sein, wenn auch nach neueren
Untersuchungen (A s c h o f f) diese Zahl noch für richtig gilt. Die Ge¬
fahr, ein sarkomatöses Myom zu übersehen, ist einerseits nicht gross,
anderseits muss, wie Kroenig hervorhebt, abgewartet werden, ob
die Bestrahlung nicht auf den Beginn einer solchen Degeneration
Einfluss haben könnte. Noch weniger Bedeutung möchte ich dem Ein¬
wurf zuerkennen, dass beginnende Karzinome, insbesondere des Cor¬
pus Uteri, übersehen werden können. Auch diese halte ich nicht für
besonders häufig, diese Kombination im übrigen, solange ein anderer
Nachweis nicht geführt worden ist, für eine rein zufällige. Die Ge¬
fahr, ein Karzinom zu übersehen, wird um so geringer sein, je häufi¬
ger die gynäkologische Röntgentherapie durch einen Gynäkologen
oder wenigstens unter Kontrolle eines solchen ausgeübt wird. Dieser
Punkt ist einer der allerwichtigsten, dessen Durchführung unbedingt
angestrebt werden muss. Nun die Fehldiagnosen! Sie sind nicht so
selten und sie werden auch in Zukunft trotz genauer Untersuchung
nicht immer zu vermeiden sein; aber selbst wenn, dann ist die Gefahr
doch nicht gross. Es wird sich ja wohl meistens um Adnexerkran¬
kungen handeln, die gleichzeitig mit einem Myom bestehen, oder
Adnextumoren, welche für ein solches angesehen wurden. Nun ist
ja von manchen Seiten eine Radiotherapie für Adnexerkrankungen
angestrebt worden, die auch schon einige Erfolge aufzuweisen hat.
Uebrigens wird bei dem Nichteintreten der Amenorrhoe oder den zu¬
nehmenden anderweitigen Beschwerden die Operation doch noch zu
ihrem Rechte kommen. Viel ist also hierin nicht zu schaden. Ob
die voluminösen Myome für die Röntgenbehandlung geeignet sind,
muss sich erst noch zeigen. Eine wesentliche Verkleinerung grosser
Tumoren kann wohl nur bei längerdauernder oder besonders inten¬
siver Bestrahlung erwartet werden. Es scheint mir einstweilen sehr
wahrscheinlich, dass grosse Tumoren, besonders wenn sie die be¬
nachbarten Organe verlagert haben, auch weiterhin operiert werden
müssen. Nun hat eine Frage viel Staub aufgewirbelt, nämlich ob
stark ausgeblutete Frauen mit Myomen bestrahlt werden sollen oder
nicht. Dabei werden von den Gegnern die bekannten 2 Hamburger
Verblutungstodesfälle immer wieder angeführt. Diese haben mit dem
Röntgenverfahren an sich nichts zu tun. Der eine Fall betraf ein
Uterussarkom, die Patientin ging am 8. Tag nach der Operation zu¬
grunde; in dem 2. Fall war neben dem Myom eine chronische Nephri¬
tis und Herzaffektion vorhanden, die Frau starb nach der Aus¬
schabung. Die Beobachtung von Albers-Schönberg u. a., dass
nach der ersten Bestrahlung die Blutung noch zunimmt, ist zweifellos
für manche Fälle richtig und hat wohl dazu beigetragen, solche aus¬
geblutete Fälle von der Bestrahlung auszuschliessen. Hier verdient
aber der Einwand von Kroenig, Gauss, M. Fränkel, Menge
ganz besondere Beachtung, dass nämlich die Bestrahlung eine un¬
genügende war und dass besonders grosse Dosen in solchen Fällen
angewendet werden müssen, um eine Reizwirkung zu umgehen. Einige
Fälle aus der Freiburger Klinik dürften für diese Auffassung allerdings
einen Beleg geben.
Dieser Teil der Frage ist jedenfalls noch nicht spruchreif. Die
grosse Mehrzahl ist gegen eine Bestrahlung stark ausgebluteter Pa¬
tientinnen, und D ö d e r 1 e i n hat z. B. 40 Proz. Hämoglobin als die
Grenze bestimmt, jenseits deren nicht mehr bestrahlt werden soll.
Im Laufe der nächsten Jahre müssen die Röntgentherapeuten zu dem
Vorgehen von Kroenig und Gauss Stellung nehmen, da, falls ihre
Technik durchführbar und die Erfolge so grossartig bleiben, die Indi¬
kationen zu Myomoperationen, auch die aus der allerletzten Zeit, ver¬
schoben werden müssen. So hat Menge z. B. für myomkranke
Frauen, welche das Ende des 40. Lebensjahres noch nicht erreicht
haben, die Operation in gewissen Fällen (grosse Tumoren, Sterilität
bei dringendem Wunsch nach Kindern usw.) für berechtigt gehalten.
Es ist zweifellos richtig, wenn in dieser oder ähnlicher Weise ein
Unterschied nach dem Alter der Patientin gemacht wird, wobei aller¬
dings noch andere Momente, wie die soziale Stellung der Frau,
etwaige Ausfallserscheinungen, die grössere Strahlendosis, die zur
Erzielung des Erfolges notwendig ist, mitsprechen dürften. Die eigent¬
liche Domäne der Bestrahlungstherapie ist in den Myomen älterer
Frauen zu erblicken, besonders wenn Bedenken gegen eine Operation
bestehen (Herz-, Nierenerkrankungen u. a. m.). In zweiter Linie ge¬
hören hierher die Blutungen bei der sogen, chronischen Metritis, die
auf eine gestörte innere Sekretion der Ovarien zurückgehen. Hier
654
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
sind die Erfolge, da es sich meistens um Frauen des 5. Dezenniums
handelt, auch mit den Methoden gute, welche den mittleren Weg ein-
halten und keine besonders intensiven Strahlendosen verabreichen,
ln 60 70 Proz. wird eine Amenorrhoe, in etwa 90 Proz. eine wesent¬
liche Besserung erzielt. Es ist bekannt, dass es zuweilen einer ge¬
ringen Strahlendosis bedarf oder, wie Albers-Schönberg sagt,
dass nur ein geringer Anstoss nötig ist, um die Menopause zu erzielen.
Darüber herrscht eigentlich keine Uneinigkeit mehr. Nun fällt mir
aber bei dem Durchlesen der Literatur auf, dass so ausserordentlich
wenig die Rede ist von den hartnäckigen Blutungen bei jüngeren Per¬
sonen, insbesondere bei jungen Mädchen im Laufe des zweiten Lebens¬
dezenniums. Selbst unter den Fällen der Freiburger Klinik habe ich,
wenn ich recht gesehen habe, keinen derartigen Fall gefunden. Die
allgemeine Meinung dürfte wohl die sein, dass es bei jüngeren Indivi¬
duen auch bei Applikation grösserer Dosen sehr schwierig, wenn nicht
unmöglich ist, einen dauernden Erfolg zu erzielen. Ein vorübergehen¬
der Erfolg bei Individuen im 3. und 4. Dezennium, und zwar im Sinne
einer temporären Amenorrhoe, kann jedenfalls erzielt werden; darüber
ist von Kroenig bei bestehender Indikation zur temporären
Sterilisierung berichtet worden. So sehr ein derartiger Erfolg wün¬
schenswert ist, so vorsichtig müsste man gerade in diesen Fällen
vorangehen, denn die Möglichkeit einer Schädigung des Ovarial-
parenchyms und einer Nachwirkung auf spätere Graviditäten — um
nur dieses Moment zu nennen — ist noch nicht zu übersehen und
dürfte jedenfalls Veranlassung sein zu sehr gewissenhafter Auswahl
der Fälle.
In Anbetracht der Erfolge, welche bei den Blutungen erzielt
worden sind, lag es nahe, auch andere Fälle zur Röntgenbehandlung
heranzuziehen. Dies ist auch für die Dysmenorrhöen geschehen, in
denen einige Autoren (F r ä n k e 1) von Erfolg reden; E y m e r,
Runge u. a. haben jedoch viel Gutes nicht gesehen. Bei Krau-
rosis vulvae berichtet der eine über Erfolg, der andere über
Misserfolg, ebenso gilt dies für den Pruritus. Die Zahl der Fälle
ist heute noch zu gering, um ein Urteil zu erlauben; Erfolge sind
jedenfalls gesehen worden und dies genügt, um zu weiteren Versuchen
aufzufordern. Dasselbe gilt für die Bestrahlung der Peritoneal¬
tuberkulose, wenn kein Aszites vorhanden ist. Auch i n -
operable Uteruskarzinome können, wenn sie nicht ge¬
heilt, so doch in ihrer Ausbreitung wesentlich verlangsamt werden.
Ausserordentlich interessant sind einige Mitteilungen über eine
Fernwirkung der Röntgenstrahlen auf die Ovarien. H. E. Schmidt,
ebenso F r ä n k e 1, teilten Fälle mit, in denen bei Bestrahlung des
Gesichtes, der Extremitäten oder der Schilddrüse ungewollte Ver¬
änderungen der Menstruation eintraten (Verspätung, Abschwächung,
Ausfall der Menstruation). Diese Angaben hat neuerdings Ritter
bei insgesamt 30 Frauen nachkontrolliert, bei denen die Bestrahlung
der Halsregion wegen tuberkulöser Drüsen usw. notwendig war, wo¬
bei die Schilddrüse jedesmal mitgetroffen wurde. In den meisten
Fällen wurde die Bestrahlung kurz nach der letzten Periode vorge¬
nommen, da nach F r ä n k e 1 diese Zeit die günstigste ist zur Beein¬
flussung der Menstruation. Bei keiner einzigen dieser 30 Frauen trat
eine Menstruationsstörung ein; von einer Fernwirkung war also nichts
nachweisbar. Ritter ist der Ansicht, dass die Beeinflussung der
Ovarialfunktion in den Fällen der genannten Autoren darauf zurück¬
gehen kann, dass vagabundierende Strahlen bei nicht vollständiger Ab¬
deckung des Abdomens die Ovarien treffen konnten.
Auf geburtshilflichem Gebiete ist eine weitere Verwendung der
Röntgenstrahlen nicht zutage getreten. Die Versuche, Lage und
Grösse der Frucht innerhalb des Beckens zur Anschauung zu bringen,
ist noch nicht in genügender Weise gelungen. Heynemann teilt
mit, dass bei Fernaufnahmen der Fötus gut sichtbar wird und dass aut
diesem Wege gelegentlich die Diagnose von Zwillingen ermöglicht
wird. Kürzlich hat H ä n i s c h und unabhängig von ihm Kehrer
über gut gelungene Röntgenaufnahmen des Beckeneinganges berich¬
tet, welche zur genaueren Beckendiagnose verwendbar sind. Ich
möchte hier nur hervorheben, dass schon vor über 7 Jahren Fabre-
Lyon eine vollständig ausgearbeitete Methode besass, welche, wie
ich mich selbst überzeugt habe, eine exakte Messung der Becken¬
masse erlaubt.
Wir besitzen zweifellos in der Röntgentherapie für manche gynä¬
kologische Erkrankungen eine neue Behandlungsmethode von bleiben¬
dem Wert; die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit sind heute noch nicht
gesteckt; wie weit durch sie operative Eingriffe verdrängt werden
könnten — etwa in der Weise, dass der Gynäkologe schon nach
einem neuen Operationsgebiet sich umsehen müsste — , ist heute noch
nicht abzusehen.
Zahlreiche Arbeiten haben sich mit der biologischen Diagnose
der Schwangerschaft beschäftigt. Es ist das alte Bedürfnis,
die Diagnose der Schwangerschaft einerseits möglichst bald zu stellen,
unabhängig von palpatorischen Untersuchungen, anderseits das Ver¬
langen nach Aufklärung über die während der Schwangerschaft im
Organismus sich abspielenden Vorgänge. Das Eindringen von fötalen
Elementen in den mütterlichen Kreislauf kann nach allen unseren Kennt¬
nissen nicht ohne Reaktion von seiten des mütterlichen Organismus
geschehen. Die fötalen Gewebe müssen als blutfremd gelten. Es
steht aber fest, dass das parenterale Einführen von Substanzen in
den Körper von einer Bildung von Schutzstoffen gefolgt ist, deren
Aufgabe es ist, die einverleibten Substanzen abzubaueri und zu zer¬
stören. Darauf beruhen die Vorgänge bei der Präzipitinbildung, bei
Anaphylaxie usw. Von diesen Kenntnissen ist Abderhalden aus¬
gegangen, um eine Methode der Schwangerschaftsdiagnose auszu¬
arbeiten. Er hat dazu 2 Wege angegeben, die optische Methode
und das Dialysierverfahren. Das Prinzip dieser Methoden ist sehr
einfach; wenn man z. B. Blutserum eines Hundes mit einer Rohr¬
zuckerlösung zusammenbringt und das Drehungsvermögen dieser
Mischung bestimmt, ergibt sich, dass auch bei weiterer Beobachtung
dieses konstant bleibt. Injiziert man aber dem Tiere eine Rohrzucker¬
lösung subkutan, mischt dann das Blutserum mit der ursprünglichen
Rohrzuckerlösung und beobachtet nun die Drehung, so wird eint
deutliche Aenderung desselben nachweisbar. Diese Drehungsände¬
rung ist ein Zeichen dafür, dass in dem Serum jetzt Substanzen
vorhanden sind, welche den Rohrzucker abzubauen imstande sind.
Dasselbe gilt für Proteine. Das Blutserum des Versuchstieres spaltet!
unter normalen Verhältnissen eine Eiweisslösung nicht, wohl aber
wenn dem Tiere einige Zeit vor der Blutentnahme Eiweiss subkutan
injiziert worden ist. Dies lässt sich feststellen, indem man das Serum
mit der Eiweisslösung in einem Dialysierschlauch gegen destilliertes
Wasser dialysiert. In der Aussenflüssigkeit findet sich dann nach,
einiger Zeit Pepton, nachweisbar mit der Biuretreaktion. Ist das
Tier, dessen Serum zum Versuch verwendet wird, nicht vorbehandei;
worden, dann bleibt die Aussenflüssigkeit unverändert. Der Abbau¬
vorgang lässt sich auch nachweisen, indem man das Blut des mit
Eiweiss vorbehandelten Tieres mit einer aus diesem Eiweiss herge¬
stellten Peptonlösung mischt und im Polarisationsapparat beobachtet;
Eine Drehungsänderung; zeigt den Abbau des dem Serum zugesetzten|
Materiales an. Die optische und die Dialysiermethode lassen sich zun
Diagnose der Schwangerschaft gebrauchen. Das zu prüfende Blut
serum wurde mit aus menschlicher Plazenta hergestellter Pepton¬
lösung gemischt und das Drehungsvermögen verfolgt. Eine Drehungs
änderung trat nur dann ein, wenn Schwangerschaft vorlag. Auf diese
Weise ist auch eine quantitative Bestimmung möglich. Die qualitativ
wird ausgeführt, indem das Blutserum der Pat. mit Plazentapeptor!
in einem Dialysierschlauch gegen destilliertes Wasser dialysiert wird
wenn nach einiger Zeit die Aussenflüssigkeit Biuretreaktion gibt, isi
nachgewiesen, dass in dem Serum Substanzen vorhanden sind, welche
das Pepton abbauen. (Diese Methoden gelten natürlich nicht nur füi
die Plazenta, sondern auch für andere Organe). Die Reaktion fällt ii
den ersten Schwangerschaftsmonaten immer sehr deutlich aus, wirc|
meistens gegen Ende der Schwangerschaft sehr schwach und steig,
im Puerperium wieder an. Nach Abderhaldens letzter Mit
teilung (D. med. Wochenschr., 18. XI. 12) hat bis jetzt die Reaktioi
bei Schwangerschaft nie versagt. Allerdings sind zahlreiche Vor
sichtsmassregeln zu gebrauchen, über welche sich Abderhaldei
in ausführlicher Weise ausgesprochen hat. Insbesondere betrifft die:
die Herstellung des Plazentapeptons und die Ausführung von Kontroll
versuchen. Es hat sich herausgestellt, dass auch bei Tubargravidität
wie zu erwarten war, die Reaktion positiv ausfällt. Frank um
H e i m a n n haben die Methode nachgeprüft (Dialysierverfahren) um
nie Versager beobachtet, d. h. bei bestehender Gravidität ist du
Reaktion niemals negativ ausgefallen, wohl aber war 2 mal unte
23 nachuntersuchten Patientinnen die Reaktion positiv, wo eine Gra
vidität nicht vorlag. Im Wochenbett ist eine positive Reaktion bi:
zum 7. Tage stets erhalten, vom 8. Tage ab wechselt der Ausfall, von
13. Tage an immer negative Reaktion. Weitere Nachprüfungen ii
der Frauenklinik in Jena (Henkel) hatten in etwa 40 Fällen nu.
positive Resultate; in einem Falle ermöglichte die Reaktion die Dia
gnose einer Extrauteringravidität. In 2 Fällen von Frank um
Heimann scheint der positive Ausfall ebenfalls auf Extrauterin
gravidität hinzuweisen, was sich aber bei der Operation nicht be!
stätigte (nach der Meinung der Verfasser ist auch eine andere Den
tung möglich). Bei Eklampsie sah Henkel einen negativen Ausfal,
während Frank und H e i m a n n 2 mal eine starke positive Reaktio
beobachteten, die allerdings durch das Serum allein auch einmal pcsi
tiv ausfiel. R. Franz und J a r i s c h teilen ebenfalls günstige Re
sultate von der A b d e r h a 1 d e n sehen Methode mit. Die durc
S c h 1 i m p e r t ausgeführten Untersuchungen mit der Dialysier1
methode konnten eine vollständige Bestätigung der bisherigen Aii
gaben nicht bringen (Oberrheinische Gesellschaft f. Geburtsh. i;
Gynäkol., 27. X. 12). Soviel ich mich aus dem Vortrag von Sch. er
innere — die ausführliche Publikation liegt noch nicht vor <:) — , fit
die Reaktion auch bei Gravidität manchmal negativ aus, anderseif
j war sie bei Fehlen von Gravidität gelegentlich positiv und ebenso nt
Männern manchmal positiv. Veit macht darauf aufmerksam, das
die Abderhalden sehe Reaktion streng genommen nur ein Zeiclie
für die Anwesenheit von lebendem Plazentargewebe im Uterus ist. t
teilt auch selbst 2 Fälle mit, in denen bei Verhaltung von Plazenta un
bei mittelgrossem Plazentarpolyp die Reaktion negativ ausfiel, trotz
dem die fötalen Zellen der Zotten nicht untergegangen waren.
Vom theoretischen Standpunkt aus erscheint die Methode sei
einleuchtend und vielversprechend. Es fragt sich nur. ob nicht auc
andere Fermente das Plazentargewebe abbauen können. Nach de:
Lehre von Abderhalden ist ja nicht anzunehmen, dass spt
zifische Fermente hierbei in Betracht kommen, Fermente, die etu
gegen das betreffende Gewebe allein eingestellt sind. Diese Vei
mutung findet sich durch die eben erfolgte Publikation von Lin di
(Münch, med. Wochenschr., No. 6, 1913) bestätigt. Lindig könnt
nachweisen, dass ausser bei Schwangerschaft auch bei Tumoren ui
vielleicht auch bei Entzündungen im Blutserum ein proteolytische
*) Erscheint in No. 13 dieser Wochenschrift. Red.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
655
5. März 1913.
erment vorhanden ist, das Eiweiss von Plazenta, Uterus und
ivarium, Genitaltumoren und in geringerem Masse von Muskeln ab-
aut. Trotz der fast glänzenden, aber doch nicht eindeutigen Re-
ultate möchte ich meinen, dass einstweilen, wie Veit sagt, der
rosste Wert der Methode nicht in der Praxis, sondern auf dem Ge-
lcte der Physiologie der Gravidität liegt.
ln ähnlicher Weise haben F i e u x und M a u r i a c versucht, auf
.rologischem Wege eine Schwangerschaftsdiagnose zu stellen. Sie
aben mit der Bordet-Gengou sehen Methode der Komplement-
blenkung Versuche angestellt, wobei als Antigen ein wässeriger
xtrakt frischer Chorionzotten aus dem 2. bis 3. Monat verwendet
urde. Unter 33 Fällen war die Komplementablenkung 15 mal positiv
ei Frauen, welche im 2. bis 4. Monat gravid waren, in einem wei¬
ten Falle positiv bei einer Patientin, die 6 Stunden vorher abor-
ert hatte. In den 14 negativ verlaufenen Fällen handelt es sich um
bgestorbene Reste, um Frauen, die nicht gravid waren, um Schwan-
erschaften jenseits des 4. Monats und nur einmal um eine 3 monat-
che Gravidität. In 3 Fällen endlich war die Reaktion zweifelhaft,
abei lag eine Gravidität von 4, AlA und 5 Monaten vor. Nach der
nsicht dieser Autoren kann also eine junge Gravidität (aber nicht
^nseits des 4. Monats!) in der Mehrzahl der Fälle durch die Komple-
lentablenkung nachgewiesen werden, vorausgesetzt, dass es sich um
ine intakte Gravidität handelt. Väyssiere soll nach der An-
abe der genannten Autoren ebenfalls positive Reaktionen erzielt
aben. P. Bar konnte dieselben Erfolge nicht erzielen und hebt
ervor, dass mit Ausnahme eines einzigen Falles die Reaktion un-
eutlich, d. h. die Hemmung der Hämolyse etc. nicht so scharf war
ne bei der Wassermann sehen Reaktion. Die Angaben von
ieux und Mauriac sind jedoch so präzis, dass es sich lohnen
riirde, sie nocheinmal nachzuprüfen.
Es wurde auch in anderer Weise versucht, nachzuweisen, dass
atsächlich in dem Körper der Schwangeren etwas Besonderes vor
ich geht, dass bestimmte Stoffe produziert werden, die ausserhalb der
iravidität nicht vorhanden sind und die toxische Erscheinungen aus-
isen können. Die bekannten Parabioseversuche von Morpurgo,
auerbruch und Hey de haben ja gezeigt, dass bei dem nicht
raviden Tiere Zustände entstehen, welche nur durch den Eintritt gif-
ig wirkender Substanzen im Verlaufe der Gravidität und der Ge-
urt erklärt werden können. Schon Bouchard glaubte, derartige
Substanzen im Harn nachweisen und deshalb auch von einer er-
öhten Giftigkeit des Harns in der Schwangerschaft sprechen zu
önnen. R. Franz-Graz hat ausgedehnte Versuche in neuer Fas-
ung darüber angestellt, in denen der Harn gesunder Schwangerer
icht giftiger als der nicht Schwangerer gefunden wird. In der Ge-
urt ist aber die Giftigkeit bedeutend erhöht, und zwar gilt dies be-
onders von der Austreibungszeit, während in der Nachgeburtsperiode
in Abfall der Giftigkeit sich erkennen lässt. Diese erhöhte Giftigkeit
ndet sich nicht etwa nur bei ausgetragener Gravidität, sondern auch
•ei Aborten und bei Extrauteringraviditäten. Im Wochenbett geht die
'oxizität vom 5. Tag ab allmählich zurück. Der Urin von Gebärenden
nd Wöchnerinnen mit Urtikaria wurde hochgradig toxisch gefunden,
benso derjenige von Eklamptischen; bei schwerer Nephritis gravi-
iarum ist die Giftausscheidung im Harn aufgehoben oder vermindert,
rus seinen Untersuchungen, für die er in dem Abbauvermögen des
ichwangerenserums (Abderhalden), in der erhöhten Leuko-
ytose (Dienst), in der Erhöhung des Antithrombintiters eine Be¬
tätigung sieht, folgert R. Franz, dass „bei der Geburt und der
Tlampsie eine ursächlich mit diesen zusammenhängende Zerfalls-
oxikose bestehe“. Die durch den Fermentabbau des im Blut kreisen-
en Plazentareiweisses gebildeten Stoffwechselprodukte könnten im-
tande sein, die Geburt auszulösen, in manchen Fällen aber auch
chwere Erkrankungen, wie die Eklampsie, hervorrufen. Es handelt
ich also um einen anaphylaktischen Zustand, eine Eiweisszerfalls-
oxikose. Diese auf zahlreichen Versuchen fussende Auffassung
onnte von Esch, der unabhängig von R. Franz ähnliche, wenn
;uch weniger zahlreiche Untersuchungen ausgeführt, nicht geteilt
verden. Dies gilt besonders für den Kernpunkt der obigen Aus¬
übungen : Esch fand keine Erhöhung der Harntoxizität bei
heissenden; sie war vielmehr im allgemeinen relativ etwas herab-
esetzt und im Wochenbett leicht erhöht. Bei 2 schweren Eklampsien
var die Giftigkeit des Harns ausserordentlich hoch, während sie bei
inem dritten, klinisch sehr leichten Falle, nicht erhöht war. Seine
Untersuchungen lieferten noch andere interessante Ergebnisse, unter
lenen manche mit den Beobachtungen von R. Franz gut überein-
timmen. Esch ist nach seinen Untersuchungen „gegen die An-
lahme, dass die Ursache des Geburtseintritts und die Geburt selbst
ils ein anaphylaktischer Vorgang aufzufassen ist“. Diese einander
lirekt entgegengesetzten Versuchsergebnisse und Ansichten werden
1 uch durch eine Reihe anderer Arbeiten, die dasselbe Thema be¬
handeln, nicht sonderlich geklärt. Bauereisen hat in einigen
m. E. zu wenigen) Fällen nach Injektion von Hoden- und Plazentar-
■aft anaphylaktische Phänomene bei Meerschweinchen auftreten
ehen, und glaubt aus diesem antigenen Charakter der untersuchten
jewebe schliessen zu dürfen, dass alle in den ersten Monaten der
Schwangerschaft auftretenden Veränderungen anaphylaktisch sind,
'er Nachweis, dass anaphylaktische Vorgänge in der Schwangerschaft
■nd Geburt unter normalen und in manchen pathologischen Zuständen
■ orhanden sind, ist meiner Ansicht nach noch längst nicht erbracht,
vorläufig: stehen dieser Auffassung noch grosse Bedenken entgegen,
von denen ich nur den einen Widerspruch zwischen dem klinischen
Bild des anaphylaktischen Schocks und dem der Eklampsie anführen
möchte. Tatsächlich sind doch nur einzelne Tierversuche vorhanden,
welche an anaphylaktische Zustände erinnern, deren Vergleich mit
den Verhältnissen beim Menschen jedoch einstweilen unzulässig ist.
In einem den erwähnten Arbeiten ähnlichen Fahrwasser bewegt sich
auch die Arbeit von K i u t s i, die nachweisen will, dass das Syn-
zytium im Tierkörper ein spezifisches Präzipitin bildet. Es ist ja
sehr wahrscheinlich, dass das Synzytium sich so verhalten kann;
damit ist aber noch nicht gesagt, zu welcher Folgerung dies berechtigt.
Gegen die ganze Arbeit von K i u t s i kann ich schwere Bedenken
nicht unterdrücken. So halte ich es, um nur weniges hervorzuheben,
einstweilen für ausgeschlossen, von der Oberfläche der Bläschen einer
Traubenmole die Synzytiumschicht abzupräparieren, wie Kiutsi
das getan haben will. Dass dieses Epithel der Bläschen „zufälliger¬
weise im wesentlichen aus Synzytium besteht und keine deutlichen
Langhans sehen Zellen mehr hat“, wäre mindestens eines Be¬
weises wert gewesen! Die Versuche von Kiutsi gehen aber von
der Voraussetzung aus, dass wirklich ein Extrakt von Synzytium
allein zur Verwendung kam. Ferner: die fetale Herkunft des Syn-
zytiums soll dadurch bewiesen sein, dass das Synzytiumextrakt keine
biologische Reaktion mit mütterlichem Gewebe gibt. In der folgenden
Zeile „sieht man, dass Synzytiumpräzipitin mit Keimdrüsenextrakt
reagiert. Daraus kann man gleich ersehen, dass doch Synzytium mit
den Fruchtbausteinen in inniger Beziehung steht. So kann man ohne
weiteres schliessen, dass das Synzytium biologische Verwandtschaft
mit Fruchtbausteinen hat, d. h. von fetaler Herkunft ist“. Die Folge¬
rungen, die Kiutsi aus seinen nicht einwandfreien Versuchen zieht,
können einstweilen nicht als zu Recht bestehend anerkannt werden.
Die genannten Arbeiten und mit ihnen manche andere streben
mit verschiedenen Methoden nach demselben Beweis, dass nämlich
während der Schwangerschaft Stoffe produziert werden, welche den
mütterlichen Organismus zu schädigen imstande sind. Diesen gegen¬
über erscheinen nun die Arbeiten, welche auf chemischem Wege die
Physiologie der Gravidität aufklären sollen, in besonderer Weise
interessant. Die im Auslande schon seit längerer Zeit vertretene
Ansicht, dass während der Schwangerschaft Schädigungen be¬
stimmter Organe, so z. B. der Leber vorhanden sind, die sich in Ver¬
änderungen des Stoffwechsels äussern, wird in den letzten Jahren
auch von deutschen Autoren vertreten. H o f b a u e r hat versucht,
diesen Begriff der Toxämie in systematischer Weise auszuarbeiten,
und dabei auf die für die Schwangerschaft angeblich typische Ver¬
änderung der Leber („Schwangerschaftsleber“) hingewiesen. Dieser
Begriff der „Schwangerschaftsleber“ war durch ältere Arbeiten
wesentlich gestützt worden und schien auch weiterhin eine gewisse
Beistimmung zu finden. Die Veränderungen der Leber sollten nach
H o f b a u e r durch eine Ansammlung von Fett im Zentrum der Azini,
durch eine Erweiterung der Venen und der Gallenkapillaren charak¬
terisiert werden. Diesen Ausführungen bin ich auf Grund ana¬
tomischer Untersuchungen an Tieren und Menschen entgegengetreten
(1910) und obwohl bald darauf Hofbauer meine Bedenken damit
zu „zerstreuen“ suchte, dass er sich auf eine andere Färbetechnik
für den Fettnachweis berief, haben sich diese Bedenken auf Grund
weiterer histologischer und chemischer Untersuchungen verdichtet
und mich zu einer wiederholten Ablehnung dieses Begriffes der
„Schwangerschaftsleber“ geführt (1912). Schon in meiner ersten Mit¬
teilung hatte ich darauf hingewiesen, dass die Veränderungen der
einzelnen Stickstoffkomponenten des Urins, sowohl in der Schwanger¬
schaft als auch bei Eklampsie sehr ungleichmässig sind, dass sie in
keiner Weise berechtigen, auf eine Insuffizienz der Leber, als dem
Harnstoff bildenden Organ, zu schliessen. Es gibt keine Parallele
zwischen histologischen Veränderungen der Leber (Fettgehalt als
Ausdruck der Schädigung), der Stickstoffverteilung im Urin und dem
klinischen Bilde. Eigene Untersuchungen haben diese Auffassung
bekräftigt und verschiedene Arbeiten des verflossenen Jahres sie
bestätigt. Zuerst hat Heinrichsdorfer vom histologischen
Standpunkt aus den Begriff der „Schwangerschaftsleber“ abgelehnt.
Von den chemischen Untersuchungen sei zuerst die in exakter Weise
durchgeführte Arbeit von Landsberg hervorgehoben. Ganz
ähnlich wie seinerzeit P. B a r konnte er nachweisen, dass erheb¬
liche Mengen von Stickstoff, Phosphor und Schwefel im Organismus
der Gravida enthalten sind, und zwar mehr als den Bedürfnissen des
Fötus entspricht, dass die Gravidität also für die Trägerin eher einen
Gewinn bedeutet. Die Verteilung des Stickstoffes im Urin (Harn¬
stoff-, Ammoniak-, Aminosäure-N) weicht in so geringer Weise von
den Werten ausserhalb der Gravidität ab, dass Landsberg darin
einen Beweis für die Funktionsschwäche der Leber während der
Gravidität nicht erblicken kann. Heynemann hat seine Unter¬
suchungen auf den Kreatin- und Kreatininstoffwechsel ausgedehnt.
Wenn auch eine gesteigerte Kreatinausscheidung während der
Schwangerschaft besteht, so kann sie mit einer Störung der Leber¬
funktion nicht zusammengebracht werden, da die Leber nicht die
einzige Bildungsstätte dieser Stoffe ist. Heynemann hält es vor¬
läufig für besser, diese erhöhte Ausscheidung als Aenderung im
Gesamtstoffwechsel der Schwangeren anzusehen und macht übrigens
selbst darauf aufmerksam, dass die Untersuchungen über Kreatin und
Kreatinin in ihrer Bedeutung für die Leberfunktion weiterer Ver¬
vollständigung bedürfen. Vakulenko hebt ebenfalls hervor, dass
selbst grosse Schwankungen in der Kreatinausscheidung für die Be-
656
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
urteilung der Leberfunktionen nicht zu verwerten sind. Nach seiner
Ansicht könnte die besonders im Wochenbett erhöhte Kreatin¬
ausscheidung mit der Involution des Uterus Zusammenhängen. Zu
dem Nachweis einer Leberinsuffizienz während der Gravidität ist
auch die alimentäre Glykosurie herangezogen worden; H o f b a u e r
hat sich dabei auf einige frühere Arbeiten berufen. Es ist gegen die
Annahme einer geringen alimentären Glykosurie in der Gravidität
nichts einzuwenden, sie dürfte als physiologisch erscheinen. Diese
Ansicht vertritt auch Bergsma und ebenso Pfeiffer in seiner
demnächst erscheinenden Dissertation aus unserer Klinik. Die aus¬
geschiedenen Zuckermengen sind jedoch so gering, dass für den Nach¬
weis einer Leberinsuffizienz ein Anhaltspunkt nicht besteht. Da
nun gegen die Prüfung der Kohlehydrattoleranz durch Urinunter¬
suchungen immerhin manches eingewendet werden kann (Bedeutung
der Nieren), haben verschiedene Autoren den Zuckergehalt des Blutes
während der Schwangerschaft und ausserdem noch nach Ver¬
abreichung von Zucker untersucht. Benthin hat nachgewiesen,
dass während der Gravidität der Blutzuckergehalt die Norm nicht
übersteigt; dagegen kommt es unter der Geburt zu einer Erhöhung
desselben (besonders in der Nachgeburtszeit oder kurz nachher); im
Wochenbett finden sich sehr bald normale Werte. Auch bei der
Eklampsie besteht eine erhebliche Steigerung des Blutzuckers; dabei
ist der Grad der Nephritis völlig irrelevant. Benthin ist geneigt,
die hohen Blutzuckerwerte unter der Geburt und bei der Eklampsie
im wesentlichen auf die durch den Geburtsakt gesteigerte Muskel¬
tätigkeit und auf die Krämpfe zurückzuführen, wobei allerdings für
die Eklampsien noch toxische Einflüsse in Betracht kommen. Auch
B e r g s m a findet normale Zuckerwerte am Ende der Gravidität,
eine Erhöhung der Werte im Verlaufe der Geburt und einen Abfall
im Wochenbett; im Gegensatz zu Benthin konnte er bei Eklampsie
eine Erhöhung nicht nachweisen, wohl aber in 3 von 4 Fällen bei
Schwangerschaftsniere. In einzelnen Fällen wurde im Wochenbett
ein starker Abfall des Blutzuckers festgestellt, nachdem während der
Gravidität ein deutlicher Anstieg aufgetreten war. In solchen Fällen
glaubt Bergsma aus dem immerhin grossen Zahlenunterschied auf
eine gestörte Leberfunktion vor der Geburt schliessen zu können.
Nach der Verabreichung von Zucker stellte er in manchen Fällen
eine Erhöhung des Blutzuckers fest, lehnt es also ab, besondere
Schlüsse daraus zu ziehen. Nach seinen Untersuchungen sieht
Bergsma den Zuckerstoffwechsel in der normalen Schwanger¬
schaft nicht als gestört an, „eine verminderte Leberfunktion ist nicht
anzunehmen und der Begriff der Schwangerschaftsleber in diesem
Sinne ist nicht anzuerkennen“. Die häufige alimentäre Glykosurie
in der Schwangerschaft führt er auf eine physiologische Hyper¬
funktion der Nierenepithelien zurück. Schirokauer hat weder
unter normalen Verhältnissen noch nach Darreichung von Zucker
eine wesentliche Steigerung des Blutzuckers feststellen können. Die
ausgezeichneten Untersuchungen von G a m m e 1 1 o f t endlich zeigen,
dass während der Gravidität wohl erhöhte Ansprüche an die Organe
und so auch an die Leber gestellt werden, dass eine Insuffizienz
derselben aber nicht angenommen werden kann.
Alle diese zahlreichen mühevollen Arbeiten sind immer noch
nicht in der Lage, uns über die Vorgänge, welche sich während der
Schwangerschaft entwickeln, Klarheit zu verschaffen. Wenn sie auch
immer mehr Sicherheit darüber geben, dass Schädigungen wichtiger
Organe nicht vorhanden sind, dass der Körper sogar Nährstoffe auf¬
speichert, so lassen sie doch — dies gilt besonders für biologische
und serologische Untersuchungen — gewisse Vorgänge, welche patho¬
logischerweise vielleicht aber auch schon normal sich abspielen, voll¬
ständig unaufgeklärt. Das Wesen der Eklampsie ist wohl um einige
Theorien reicher geworden, bleibt aber trotzdem noch im Dunklen.
Inwieweit die Therapie aus diesen Arbeiten Früchte gewinnen kann,
lässt sich noch nicht absehen. (Schluss folgt.)
Bücheranzeigen und Referate.
J. G a u 1 e: Praktische Uebungen in der Physiologie. S. H i r z e 1,
Leipzig 1912. 134 Seiten, geb. M. 4.50.
R. Tiger stedt: Physiologische Uebungen und Demonstra¬
tionen für Studierende. S. H i r z e 1, Leipzig 1913. 402 Seiten, geh.
M. 12, geb. M. 14.
Der von Gaule veröffentlichte Leitfaden für das physiologische
Praktikum ist nur als Hilfsmittel beim Unterricht gedacht. Er ent¬
hält die vom Praktikanten auszufiihrenden Aufgaben und eine knappe
Beschreibung der Handgriffe. Es werden bei den Versuchen in
gleicher Weise physiologisch-chemische, wie physiologisch-physi¬
kalische Versuche berücksichtigt. Nur an sehr wenigen Stellen wird
über I heoretisches, vom Praktikanten nicht unmittelbar zu Behandeln¬
des berichtet, so z. B. bei den Versuchen über Blutfarbstoff. In
solchen Fällen ist die Behandlung zu knapp, um wirklich aufklärend
zu wirken.
Die für die Versuche gegebenen Vorschriften sind durchaus
praktisch, die Auswahl der Versuche erscheint zweckmässig. Das
Buch ist aber nur als Leitfaden gedacht und daher nur für Ver¬
wendung im Praktikum geeignet, es bietet kein allgemeineres
Interesse.
Ganz anders ist die Aufgabe, die sich Tigers tedt in seinem
Leitfaden gestellt hat. Er wünschte nicht nur eine Darstellung der
einfachen, vom Studenten selbst auszuführenden Versuche in ge¬
drängter Form, er hat einen Leitfaden der Praktischen Physiologie
geschrieben. Es existiert ein gewisser Parallelismus zwischen dem
Tigerstedt sehen Buch und der allbekannten Praktischen Physik
von Kohlrausch. Auch dieses letztere Buch ist anfänglich ein
Leitfaden für das Praktikum gewesen, hat sich aber allmählich zu dem
Buch entwickelt, das jeder, der nicht durchaus vertraut mit den physi¬
kalischen Methoden ist, bei Ausführung einer Aufgabe zuerst äuf-
schlägt. So ist der Tigerstedt sehe Leitfaden keineswegs nur für
den im Praktikum beschäftigten Studenten, es ist auch ein Buch
zur Orientierung für diejenigen, die sich gelegentlich physiologischer
Methoden bedienen; praktische Mediziner, Zoologen etc. Nicht jeder
von diesen wird das Handbuch der physiologischen Methodik, das ja
vom gleichen Verfasser herausgegeben wird, zur Verfügung haben
und selbst wenn er es hat, wird die Zusammenstellung der ein¬
fachsten und klarsten Methoden, wie sie der Leitfaden bringt, immer
willkommen sein.
Der Verf. geht von dem Grundsätze aus, dass die vom Stu¬
denten selbst auszuführenden Versuche im physiologischen Praktikum
nicht genügen, dass sie vielmehr durch Demonstrationen ergänzt
werden müssen. Für den Studenten ist an der Hand des Buches
das Verständnis des Gesehenen sehr erleichtert.
In dem Leitfaden von Tigerstedt sind im Gegensatz zu dem
von Gaule nur die speziell physiologischen Methoden dargestelh.
H o f f m a n n - Würzburg.
W. Prutz und E. Monnier: Die chirurgischen Krankheiten
und Verletzungen des Darmgekröses und der Netze. Stuttgart,
Enke, 1913. Preis M. 18.
Nach einer umfassenden, übersichtlichen Anführung der Literatur |
und entsprechenden Bemerkungen zur Entwicklungsgeschichte und
Anatomie des betreffenden Gebietes (die für die inneren Hernien
[Hernia duodeno-jejunalis, mesocolica, intersigmoidea] ungemein
wichtig sind) geben die Autoren eine ausführliche Darstellung der
Verletzungen (Wunden und Risse) des Gekröses uind behandeln die
akuten und chronischen entzündlichen Affektionen, wobei auch das
klinisch wichtige Krankheitsbild der Netztorsion, die Erkrankungen der
Gefässe (Aneurysmen, Embolien und Thrombosen) eingehende Be¬
sprechung finden. In gleicher Ausführlichkeit werden die Tumoren
des Netzes und Gekröses (Zysten und solide Tumoren) dargestellt
und eine reiche Kasuistik zur Präzisierung des Mechanismus der
Entstehung, der Symptomatologie und Diagnostik der einzelnen Affek¬
tionen verwertet, auch Indikationen und Resultate der Behandlung,
die zur Klarstellung vielfach unternommenen experimentellen For¬
schungen entsprechend angeführt. Wenn auch, wie die Autoren ein¬
leitend hervorheben, eine Uebersicht des jetzigen Standes der Chi¬
rurgie des Gekröses und Netzes noch nichts Abgeschlossenes sein
kann und manche Lücken erst durch gemeinsame Arbeit ausgefüllt
werden können, so ist doch die umfassende Arbeit von Pr. und M.
sicher geeignet, in vielem anregend und belehrend zu wirken und
zum weiteren Ausbau des betreffenden Gebietes beizutragen.
Schreiber.
Fr. Delporte: Contribution ä l’etude de la nidation de l’oeui
huniain et de la Physiologie du trophoblaste. L a m e r t i n, Bruxelles,
1912.
Der erste Teil dieses Werkes ist den zyklischen Veränderungen
der Uterusschleimhaut gewidmet. Zu diesen Untersuchungen sind 12
durch Exstirpation des Uterus gewonnene Präparate verwendet wor¬
den. Sehr gute mikrophotographische Abbildungen unterstützen die
ausführliche Beschreibung, aus der nur hervorgehoben sei, dass die t
prämenstruellen Veränderungen Variationen unterliegen und nicht
immer so intensiv sind, als dies von mancher Seite behauptet wird.
Als Zweck der prämenstruellen Umwandlung der Schleimhaut er¬
scheint die Aufnahme des befruchteten Eies. Dass solche Verände¬
rungen nicht nur beim -Menschen Vorkommen, zeigen Untersuchungen
beim Schaf und Kaninchen, in deren Uteri zur Zeit der verschiedenen .
Brunstperioden ähnliche Umwandlungen der Schleimhaut nachge¬
wiesen werden. Nach D. fällt die Ovulation mit der Menstruation
zeitlich zusammen und zwar in der Weise, dass die Berstung eines
Follikels dem Eintritt der Blutung vorhergeht. Die Menstruation
wird durch die Reifung und Berstung des Follikels hervorgerufen.
Der Blutabgang selbst ist nur die Folge der vorherigen Hyperämie,
nicht aber das Zeichen der Nichtbefruchtung des Eies. Das bei der
Follikelberstung ausgetretene Ei braucht vielmehr bis zu seiner Wan¬
derung in die Uterushöhle etwa 20 Tage, wo es dann innerhalb der
nächsten prämenstruellen Zeitperiode eintrifft.
Die Einbettung des befruchteten Eies findet nicht durch Um¬
lagerung von seiten der Schleimhaut, sondern in der Weise statt,
dass das Ei die Epitheldecke der Schleimhaut durchbricht. An zwei
Eiern aus früher Zeit werden die ersten Vorgänge bei der Eiein¬
bettung verfolgt. Es sind die Langhans sehen Zellen, welche
aktiv vorgehen und maternes Gewebe zerstören; aus der Ver¬
schmelzung von L a n gh a n s sehen Zellen entsteht das Synzytium.
das nicht destruktiv wirkt. Bei sehr jungen Eiern sind intervillösc
Räume und eine zugehörige Blutzirkulation noch nicht vorhanden.
Durch die peripheren Langhans sehen Zellen sind aber mütterliche
Gefässe schon arrodiert worden und aus dem ausgetretenen Blut,
samt mütterlichen Zellentrümmern und Flüssigkeit wird eine Art
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
5. März 1913.
657
nbryotrophe Masse gebildet, aus der die Nahrung für das fötale
ellenmaterial entnommen wird. Diese Vorgänge spielen sich in der
mlagerungszone ab, welche so die Rolle eines wichtigen Organs |
esitzt, innerhalb dessen auf der fötalen Seite Zerstörung und auf j
er maternen Wiederaufbau stattfindet. Im Verlaufe des 2. Monats
ndet ein Untergang fötaler Elemente in der Peripherie der Tropho-
lastschale statt und so entstehen Hohlräume, in die mütterliches
lut leichter eindringen kann, der Beginn der intervillösen Räume.
Diese kurze Inhaltsangabe gibt wohl zu erkennen, dass der
utor, von einzelnen Punkten abgesehen, die durch das Peterssche i
i inaugurierte Lehre der Eieinbettung an der Hand seiner Präparate
estätigen konnte. Schickele - Strassburg.
E, Poulsson, Professor der Pharmakologie an der Universität
hristiania: Lehrbuch der Pharmakologie. Deutsche Originalaus-
abe, besorgt von Dr. F. L e s k i e n, Leipzig. Mit einer Einführung
on Professor W. Straub in Freiburg. 2. Aufl. mit 8 Figuren,
eipzig. Verlag von S. H i r z e 1, 1912.
Der Ende 1909 erschienenen 1. Auflage (siehe Münch, med.
Vochenschr. No. 11, 1910) konnte bereits nach 3 Jahren eine neue
ilgen, ein Beweis dafür, dass Arzneimittellehren, die — wie obige —
ui wissenschaftlicher Grundlage fussend, die praktische Anwend-
arkeit der Pharmaka betonen, erwünscht und begenrt sind. Dem
ortschreiten wissenschaftlicher Forschung entsprechend sind an
lancheu Stellen Aenderungen getroffen und soweit es sich mit dem
iewissen vereinbaren lässt, neue Arzneimittel aufgenommen worden.
Die Einteilung der Materie entspricht im wesentlichen dem
Suchheim-Schmiedeberg sehen pharmakologischen System,
tofie mit gleichen Grund- resp. Hauptwirkungen werden zusammen
esprochen, wobei die jedem einzelnen dieser Stoffe eigentümlichen
»eiteren Wirkungen angefügt sind.
Besonders hervorheben möchte ich wiederum die Klarheit der
Erstellung und die Uebersichtlichkeit der Einteilung, die ein rasches
Irientieren über das, was den Arzt eben interessiert, ermöglicht.
A. Jodlbauer.
Graefe-Saemisch: Handbuch der gesamten Augenheil-
unde. II., neubearbeitete Auflage. Hirschberg: Geschichte der
lugenheilkunde. XIV. Band, III. Teil, Lieferung 221 bis 224. Preis
eheftet M. 12.
Dem zweiten Teil, der die Geschichte der deutschen Augenheil-
unde von 1800 bis 1850 brachte, folgt nun im dritten Teil die der
ranzösischen in demselben Zeitraum. Auf 310 Seiten, mit 13 Figuren
m Text und 9 Tafeln wird der Stoff mit derselben Ausführlichkeit
bgehandelt, wie die früheren Kapitel. Panas, Dupuytren, den
in reproduziertes, im Louvre befindliches Gemälde als erfolgreichen
'taroperateur vor König Karl X. zeigt, Sichel, dem allein etwa
0 Seiten gewidmet werden, Du Villard, Sanson (bekannt durch die
Entdeckung der nach ihm und Purkinje benannten Linsenbildchen),
Hoquet, Velpeau, der die Augenärzte und andere Spezialisten für
iberflüssig hielt und dafür aus dem anderen Lager Dinge zu hören
)ekam, die auch heute noch den Vertretern des enzyklopädistischen
Standpunktes als nützliche Lektüre empfohlen werden können, M a 1 -
: a i g n e, der die Entwicklung des Altersstars aufdeckte, V i d a 1,
Jesmarres, der Verfasser eines wertvollen Lehrbuches, Guepin,
Stoeber und viele andere werden eingehend in ihrem Lebenswerk
:e\viirdigt. Rückblicke und Ausblicke, zusammenfassende Be-
;prechungen einzelner wichtigerer Krankheitsbilder und Verfahren
restalten die Lektüre abwechslungsreicher und aktueller.
Salzer- München.
Mil. Andreas Högyes, o. ö. Professor der allgemeinen und
xperimentellen Pathologie der Kgl. ung. Univ. in Pest: Ueber den
'fervenmechanismus der assozierten Augenbewegungen. Uebersetzt
»'on Dr. Martin S u g ä r in Pest. . Urban & Schwarzenberg
1913.
Wie die Redaktion (Monatsschr. f. Obrenheilk. und Laryngo-
^hinologie) zum Vorwort bemerkt, bringt sie ausnahmsweise die
nichtigen Studien Högyes’ im Gewände einer Uebersetzung, ver-
mlasst durch die grosse Bedeutung Högyes’ für die Erkennung
Physiologischer und pathologischer Zustände des Labyrinthes, die ge-
ade in den letzten Jahren im Brennpunkt des Interesses stehen. Die
Arbeiten sind im ungarischen Original in den Annalen der Akademie
Jer Wissenschaften in Pest 1881, Bd. X und XIV erschienen. Die
>tudien Högyes’ handeln 1. von den die Kopf- und Körperbe¬
wegungen begleitenden assoziierten Augenbewegungen beim Ka¬
ninchen, bei anderen Säugetieren und beim Menschen, 2. über den Ein¬
fluss der einzelnen Teile des Nervensystems auf die unwillkürlichen
assoziierten Augenbewegungen, 3. über die detaillierte Einrichtung des
assoziierten Nervenmechanismus der Augenbewegungen. Es wird in
den einzelnen Abschnitten eine Uebersicht über die bisherigen Be¬
obachtungen gegeben und es werden die Untersuchiingsmethoden und
-resultate des Verfassers geschildert und zusammengefasst. Die Ar¬
beiten Högyes’ werden für jeden, der sich mit dem schwierigen
Kapitel der assozierten Augenbewegungen befassen will, auch heute
noch von grösstem Werte sein und es ist daher die vorliegende
einwandfreie Uebersetzung von Sugär nur zu begriissen.
Fleischer- Tübingen.
Grundriss der gerichtlichen Medizin (einschliesslich Unfall- und
Invalidenversicherung) für Aerzte und Juristen. Von Geh. Medizinal¬
rat Dr. G. Gottschalk, Kreisarzt in Rathenow. Vierte vermehrte
und verbesserte Auflage. Leipzig 1912. Verlag von Georg Thieme.
471 S. Preis 6.50 M.
Allein die Tatsache, dass der „Kleine Gottschalk“, der im
Jahre 1894 das erste Mal erschienen ist, heute in vierter Auflage
vorliegt, beweist zur Genüge, dass sich dieser Grundriss grosser
Beliebtheit erfreut, weil er eben einem praktischen Bedürfnis ent¬
spricht! Auf die Vorzüge des Werkchens habe ich schon bei Be¬
sprechung der letzten Auflage (1908) gebührend hingewiesen; in der
vorliegenden Auflage war eine erhebliche Vergrösserung des Umfangs
dadurch gegeben, dass in dasselbe aus dem „Riesengesetzbuch der
Reichsversicherungsordnung“ die den ärztlichen Gutachter an¬
gehenden wichtigsten Paragraphen aufgenommen und dann ausser¬
dem die bei Begutachtungen in Betracht kommenden Gesichtspunkte
eingehendere Besprechung als früher erfahren haben; auch die für
den Amtsarzt massgebenden Bestimmungen aus dem (preussischen)
Feuerbestattungsgesetz und die dazu gegebenen Vorschriften für die
Ausführung der amtsärztlichen Leichenschau zwecks Feuerbestattung
sind angeführt — Erweiterungen, die für den Interessentenkreis des
Werkchens sehr willkommen sein müssen!
So wird sich der Grundriss auch in seiner neuen Gestalt sowohl
unter den Aerzten, den beamteten und den nicht beamteten, als auch
unter den Juristen rasch Freunde gewinnen!
H. Merkel- Erlangen.
Pelmann: Erinnerungen eines alten Irrenarztes. Cohen,
Bonn 1912. 145 S. Preis 3 M.
Diese Erinnerungen zeichnen sich vor vielen anderen dadurch
aus, dass sie sich mehr darum kümmern, was den Leser interessiert,
als wie der Verfasser sich herausstreichen könne. Voller Lebendig¬
keit und Humor bilden sie nicht nur eine Lektüre für freie Stunden,
sondern dem, der überhaupt aus der Vergangenheit etwas lernen
kann, bieten sie manche nützliche Anregung; die Beschreibung einer
Anzahl von Anstalts- und Direktorenindividuen gibt prachtvolle Ge¬
legenheit, zu zeigen, nicht nur wie die psychiatrischen Anschauungen
sich in einem halben Jahrhundert entwickelt haben, sondern auch,
wie eine selbständige Persönlichkeit sich mit den Verhältnissen und
den Personen abfindet — vom Studenten, der sich in Siegburg in die
ihm vollständig neue Welt der Psychiatrie einführen lässt und vom
Bataillonsarzt im polnischen und dänischen Feldzuge bis zum Re¬
organisator der von den Franzosen verlassenen elsässischen Irren¬
anstalt, der schliesslich wieder "in die rheinische Heimat zurückkehrt
und dort die für seine Laufbahn höchst möglichen Würden und
Bürden auf sich nimmt und mit Geschick und zum Nutz und
Frommen seiner Mitbürger trägt. Bleuler- Burghölzli.
O. R i g I e r - Darmstadt: Landkolonien Siir Unfallverletzte und
Invalide und ihre innere Organisation. Leipzig 1912. J. A. Barth.
8°. 51 S. Preis: 1 M.
Das Problem, Unfallverletzten die Möglichkeit zu geben, in
besserer und sicherer Weise, als dies sonst der Fall ist, den Rest ihrer
Arbeitsfähigkeit verwerten zu können, ist schon von verschiedenen
Seiten in Angriff genommen worden. Die Resultate sind bisher keine
sehr grossen gewesen, was zum Teil, vielleicht sogar zum grössten
Teil, in den Schwierigkeiten, die von seiten der Unfallverletzten
selbst gemacht werden, liegt. Der Leiter der „Ernst-Ludwig-Heil-
anstalt“ entwickelt in der vorliegenden Schrift einen grosszügigen,
noch weitergehenden Plan zur Verwirklichung dieser Idee, von dem
er allerdings selbst zugibt, dass ihre Realisierung nicht so ohne wei¬
teres durchzuführen ist, und dass namentlich in pekuniärer Hinsicht
noch manches Hindernis aus dem Wege zu räumen sei, bevor eine
solche Kolonie in die Erscheinung treten kann. Im einzelnen wird
die Organisation der vier gedachten Abteilungen (Heimstätte für
Tuberkulöse, eigentliche Kolonie für Unfallverletzte und Invalide, Ge¬
sundungsabteilung für Amputierte u. dgl., Heimstätte für Verkrüppelte)
eingehend auseinandergesetzt. Die Zukunft muss zeigen, ob und in¬
wieweit das Projekt, das an und für sich vollste Förderung verdient,
in die Tat umgesetzt werden kann.
M. S c h w a b - Berlin-Wilmersdorf.
Vademecum anatomicum. Kritisch-etymologisches Wörterbuch
der systematischen Anatomie. Mit besonderer Berücksichtigung der
Synonymen. Nebst einem Anhang: Die anatomischen Schriftsteller
des Altertums bis zur Neuzeit. Von Paul de Terra - Zollikon-
Zürich. Jena, Verlag von Gustav Fischer, 1913. Preis 15 M.
Die gesamte Nomenklatur der Anatomie wird in diesem Wörter¬
buch definiert und etymologisch erklärt. Für die Vollständigkeit
spricht die Tatsache, dass nicht weniger als 14 000 Schlagwörter
untergebracht sind. Zugrunde gelegt sind die neueren anatomischen
Lehrbücher und die Baseler Nomenklatur. Eine sprachliche Ein¬
führung und ein Verzeichnis der lateinisch-griechischen Präfixe und
Suffixe geht voraus, beides sehr willkommen, besonders für nicht
humanistisch vorgebildete Mediziner. Sehr wertvoll ist auch das in
einem Anhang gebrachte Verzeichnis der anatomischen Schriftsteller
des Altertums und der Neuzeit mit kurzen biographischen Notizen.
Das Buch ist eine erwünschte Ergänzung der bestehenden Iermino-
logien, die alle in bezug auf die anatomischen Ausdrücke mehr ode:
weniger unvollständig waren.
658
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
Neueste Journaliteratur.
Beiträge zur klinischen Chirurgie, red. von P. v. B r u n s.
83. Band, 1. Heft. Tübingen, Laupp, 1913.
Aus der chirurgischen Klinik und dem pathologischen Institut zu
Lund geben Gunnar F r i s i n g und Einar S j ö v a 1 1 eine Arbeit über
die phlegmonöse Enteritis im Duodenum und Anfangsteil des Jejunum
unter Bericht über 2 Fälle mit Berücksichtigung des histologischen
Befundes. Bezüglich Symptomen und Diagnose der Erkrankung be¬
sprechen die Autoren besonders die Differentialdiagnose gegenüber
Ulcus ventr. oder duod. ac. perforat. und Pankreasaffektionen. Das
klinische Bild der phlegmonösen Enteritis in Duodenum und an¬
grenzendem Jejunum ist nach Fr. und S. keineswegs so uncharakte¬
ristisch, als man glaubte, und verdient grössere Beachtung. Die akut
einsetzenden und heftigen Allgemeinsymptome eines ernsten Bauch¬
leidens, charakteristische empfindliche Resistenz, den affizierten
Darmteilen entsprechend, können zu richtiger Diagnose führen. Die
Erkrankung entsteht in weitaus den meisten Fällen infolge örtlicher
Schleimhautverletzung mit bakterieller Invasion vom Darmlumen aus.
Oft ist ein Fremdkörper die Ursache (wie z. B. eine Fischgräte in
einem der näher mitgeteilten Fälle). Die nötige Virulenz der Bak¬
terien wird sicher durch eine vorhandene Sekretionsanomalie des
Magens ermöglicht. Die Lokalisation des Prozesses ist eventuell
durch die Disposition der betr. Darmteile für mechanische Schädi¬
gung, die relativ fixierte Lage derselben begünstigt, eventuell auch
durch die geringere Resistenz in höherem Alter.
L. Simon gibt aus dem Mannheimer allg. Krankenhaus einen
Beitrag zur Behandlung der perforierten Magen- und Duodenalulcera
und referiert über 14 Fälle (9 Männer, 5 Frauen — 2 DuodenalulceraL
bei denen sich die von v. Eiseisberg empfohlene Jejunostomie
gut bewährt hat, er verbreitet sich über die Diagnose und Behand¬
lung. Jede Perforation eines Magen- oder Duodenalulcus soll sofort
nach sicherer Diagnose operativ angegriffen werden, da die Prognose
um so besser, je früher operiert wird. Man muss danach trachten,
die Perforation fest und solide zu vernähen. Als Hilfsoperation zur
Entlastung des perforierten Magens, oder Duodenums kommen Gastro¬
enterostomie und Jejunostomie in Betracht, erstere beim Ulcus der
Pars pylorica und kleinen Kurvatur mit Stenoseerscheinungen bei
gutem Allgemeinbefinden, letztere ohne besondere Rücksicht auf den
Sitz des Ulcus bei Patienten mit schlechterem Allgemeinbefinden, bei
denen rasche Hilfe nottut.
Aus der Krankenanstalt Magdeburg-Sudenburg berichtet
O. Retzlaff über Fremdkörper des Darmes und Wurmfortsatzes
und teilt u. a. einen als Appendizitis angesprochenen Fall von Darm¬
perforation im lleum durch einen Splitter eines Emailgeschirres und
eine Perforation der Appendix durch eine Stecknadel mit. sowie den
Befund eines Gliedes einer Taenia solium in einem wegen Appendizitis
exstirpiertem Wurmfortsatz. Im Anschluss hieran gibt R. einige all¬
gemeine Bemerkungen über Fremdkörper in der Appendix und im
Darmkanal.
Harald F o w c 1 i n berichtet aus dem Stadtkrankenhause II zu
Riga über einen Fall von partieller Naht der Arteria brachialis und
einen Fall von zirkulärer Naht der Art. femoralis, beide wegen Schuss¬
verletzungen; wie die beiden Fälle zeigen, gibt es Fälle, bei denen
trotz ausgedehnter Verletzung der grossen Gefässe peripher ein deut¬
licher Puls zu fühlen ist. Betreffs der Diagnose muss auf die aus¬
kultatorischen Phänomene (Wahl) grosses Gewicht gelegt werden.
Der gleiche Autor referiert über einen operativ behandelten Fall
von Stiqhverletzung des Perikards und der rechten Pleura durch ein
Schustermesser (Selbstmordversuch), bei dem der Proc. ensiformis
an seiner Basis vom Sternum abgetrennt war.
Aus dem städt. Obuchowkrankenhause in St. Petersburg be¬
spricht W. L a w r o w die chirurgische Behandlung des Pleura¬
empyems unter besonderer Berücksichtigung der Nachbehandlung mit
Aspiration. L. gibt einen historischen Ueberblick über das Gebiet,
referiert über die in 7 Jahren beobachteten 197 Empyemfälle mit
55 Proz. Genesungen und spez. über 114 plastische Operatioinen mit
35,7 Proz. Mortalität, er geht auf die Mechanik der selbständigen
Lungenentfaltung nach Thorakotomie näher ein, bespricht die Theo¬
rien von Weisgerber, Perthes und die zwecks künstlicher
Lungenentfaltung vorgeschlagenen Methoden (B ii laus Heberdrai¬
nage, die K ii m m e 1 1 auf die Fälle beschränkt, bei denen bei sehr ge¬
schwächten Empyemkranken eine Thorakotomie nicht gemacht wer¬
den kann, bei beiderseitigem Empyem; Heinzeis Syphondrainage,
den Storch sehen und N o r d m a n n sehen Apparat), der letztere hat
den grossen Vorzug der Portativität und hat L. an dem Aspirator
noch Modifikationen angefügt (pneumatische Reifen). L. gibt Be¬
merkungen über die Technik der Thorakotomie, die unter Lokal¬
anästhesie gemacht werden soll, und die postoperative Behandlung
der Empyeme; er betont speziell die Bedeutung kurzer Drains, die
eben den Eingang der Pleurahöhle erreichen sollen; betr. der Aspira¬
tionsbehandlung empfiehlt er anfangs nur geringen negativen Druck
(5 — 10 mm Hg), später 50 — 80 mm Hg wie Perthes; bei chroni¬
schem Empyem ist ein negativer Druck von 100—120, sogar 150° er¬
forderlich. L. bespricht die R e i n e b o t h - und Perthes sehe
Methode zur Bestimmung der Enfaltungsfähigkeit der Lunge, die er
leider für unzuverlässig hält; erst die Aspirationsbehandlung selbst kann
entscheiden, ob die Lunge im gegebenen Fall noch ausdehnungsfähig
ist; der B rau er sehe Ueberdruckapparat ist nach L. die vollkommenste
und rationellste Methode der Lungenentfaltung durch die Luftwege;
Kombination dieser mit der Aspirationsbehandlung nach Thorakotomie
bietet die beste Aussicht auf Heilung. In Tabellenform zeigt L. die
Verkleinerung der Höhlen durch die Aspirationsbehandlung, die einen
wesentlichen Einfluss auf die Lungenentfaltung und Verkleinerung uer
Höhle ausiibt mid sich bei der Behandlung des akuten Empyems viel
energischer zeigt, als bei der Behandlung des chronischen Empyems
Nach L. ist eine notwendige Bedingung für den Erfolg der Aspira¬
tionstherapie bei Pleuraempyem genügender Eiterabfluss (die Höhle
soll frei von Eiter sein und beim Verbandwechsel nichts abfliessen )
Ohne sorgfältige Untersuchung der Grösse, Richtung, des Charakters
der Empyemhöhle resp. des Fistelgangs kann keine genügende Drai¬
nage hergestellt werden. In Anbetracht der bei Empyem häufigen1
Komplikationen ist es geboten, einen möglichst raschen und vollständi¬
gen Abfluss zu bewerkstelligen, event. darf man im Notfall mit
wiederholten Operationen nicht zögern. Das Aspiratioinsverfahren,
kann nur beim Vorhandensein einer gesunden Lunge auf der Seite des!
Empyems vorgenommen werden, eine kranke Lunge bedarf der:
Ruhigstellung. In Anbetracht dessen, dass in einer grossen Mehrzahl
von Empyemfällen nach der Thorakotomie eine Lungenentfaltung und
Genesung eintritt, ist es nicht nötig, in jedem F'all die Aspirations¬
therapie anzuwenden, bemerkt man aber schwache Neigung zur
Lungenentfaltung, Verzögerung im Kleinerwerden der Höhle, so muss!
unbedingt zu dieser Methode gegriffen werden. Wenn die Wirkung
der Aspiration auf die Höhle eine schwache und die austretende Eiter-:
menge eine beträchtliche ist, so sind die Aussichten auf eine völlige!
Lungenentfaltung und Verheilen der Höhle nicht gross.
Ebenfalls aus dem Obuchowkrankenhause referiert N. Dobro-|
w o 1 s k a j a über den klinischen Wert des Scharlachrot und Amido-
azotoluol und kommt zu dem Schluss, dass nach den Resultaten ihrer1
Untersuchungen die Anwendung bei reinen granulierenden Mund¬
flächen keine besseren Resultate gibt, als der trockene Verband oder
eine indifferente Salbe.
H. Hartung gibt aus dem Allerheiligenhospital zu Breslau!
einen Bericht über einen extrarenalen Nebennierentumor, der für einen
Pylorustumor angesehen und erst bei der Operation als abgekapselter
Nebennierentumor sich zeigte und exstirpiert wurde. H. geht auf die
Diagnose dieser Nebennierentumoren näher ein, und ist geneigt, die
Pulsbeschleunigung nach der Operation (F r a n z) weniger bedeu¬
tungsvoll zu halten als die von Israel differentialdiagnostisch her¬
vorgehobene Fiebertemperatur (bei 57 Proz.) bei Nebennieren¬
tumoren.
Aus der gleichen Abteilung berichtet Herrn. Simon über einen
Fall von Riedelscher Struma (nach Strumektomie aufgetreten), der
durch Operation geheilt wurde.
Aus der Freiburger Klinik berichtet Joh. O eh ler über das
histologische Bild der Basedowstruma in seinem Verhältnis zum kli¬
nischen Bild der Basedow sehen Krankheit (zugleich Beitrag zur
Kasuistik der Tuberkulose des Basedowstruma). Er kommt zu glei¬
chen Resultaten wie Kocher, dass Verminderung und Verflüssigung
des Kolloids, Vergrösserung und Vermehrung der Epithelzellen, lyrn-
phozytäre Anhäufungen gegenüber der normalen Drüse und gewöhn¬
lichen Struma für Basedowstruma typisch seien.
Aus dem städt. Krankenhause zu Nürnberg berichtet W. Graef
über Erfahrungen mit den intravenösen Aether- und Isopral-Aether-
Narkosen. Seit Juli 1910 wurden daselbst 510 intravenöse Narkosen
vorgenommeti (150 reine Aether-, 360 Aether-Isopral-Narkosen; es,
wird empfohlen, zuerst einige Tropfen Aether oder Chloroform in¬
halieren zu lassen und die Vene freizulegen, ein Todesfall wurde nicht
erlebt, die intravenöse Nekrose eignet sich besonders für Operationen
am Kopf und Hals (Mund und Rachenhöhle, z. B. Gaumenspaltenop.
bei Ausgebluteten und Kachektischen. Leichte Infektion der Infusions-,
stelle wurde 1 mal, ebenso Hämoglobinurie 1 mal beobachtet. Das
Verfahren kombinierter Gabe von Aether und Isopral hat sich be¬
sonders bewährt, seit Februar 1911 wird es allgemein angewandt,
nie wird mehr als 200 ccm Lösung (3 g Isopral) gegeben, niemals da¬
von üble Nachwirkung gesehen (20 mal ganz geringe Exzitation. 4 mal
stärkere, 5 mal wurde im Urin Eiweisstrübung beobachtet, die jedochj
nach 24 — 36 Stunden verschwunden war. Komplikationen (Infektion'
und Thrombose bezw. Embolie) kommen nur infolge mangelhafter
Technik vor, sind vermeidbar. Gr. schildert den von Burkhardt
benützten Apparat bezw. dessen Methode und gibt eine tabellarische
Zusammenstellung seiner intravenösen Narkosen.
Aus der Marburger Klinik bespricht Prof. F. A h 1 f e 1 d Hand¬
schuhverletzungen und Händedesinfektion. Er bespricht die Häufig¬
keit der Handschuhverletzungen (33 Proz.), besonders bei geburts¬
hilflichen Eingriffen und geht auf den Wert der Händedesinfektiou
von neuem ein, er betont, dass er mit seiner Methode (Heiss¬
wasser-Alkoholdesinfektion) stets vorzügliche Resultate erreichte, die
den von Hellendall und Fromme erzielten Resultaten wider¬
sprechen. Nach 1 — VA Stunden langer Benützung der Handschuhe
wurden danach keine Keime aus der Tiefe frei, ausgesprochene
Tiefenwirkung des Alkohols war sicher zu konstatieren, er bedauert,
dass durch die Ansicht, „die Hand sei nicht keimfrei zu machen“, die
Heisswasser-Alkoholmethode vernachlässigt werde und betont die
durch Kulturversuche damit erprobten günstigen Resultate. Die Me¬
thode verlangt eine präliminare Waschung mit 35 — 45 "warmen
Wasser und Seife, Kürzung der Nägel und Reinigung des Unternagel-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
659
i. März 1913.
. „gl - — -
umes, Abspülen der Seife mit reinem warmem Wasser, Abreiben
t trockenem Handtuch, gründliche Reinigung mittelst Wurzelbürste,
•ife und warmem Wasser. Bei abgetrockneten Händen benütze
in nur 80 — 90 proz. Alkohol, bei nassen die stärkere Konzentration
is 96 Proz.), benütze eine einem alkoholhaltenden Gefäss ent-
mmene Bürste 3 Minuten lang und reibe dann mit weichem Flanell-
.ipen die Hand und die einzelnen Finger durch drehende und
ipfende Bewegungen ebenfalls 3 Minuten lang. A. will zu er¬
nten Versuchen darüber an regen, ob nicht doch die Hand in die
efe keimfrei zu machen und der Gummihandschuh vielfach ent-
hrlich zu machen sei. Sehr.
Zentralblatt für Chirurgie, No. 10, 1913.
R. S i e v e r s - Leipzig: Phrenikuslähmung bei Plexusanästhesie
ch Kulenkampff.
Verf. erlebte kürzlich im Anschluss an eine Kulenkampff-
lie Plexusanästhesie eine mit heftigen Schmerzen einhergehende
otilitätsstörung einer Zwerchfellhälfte, die sich nach 3 Tagen wieder
llkommen verlor. Man könnte an eine Lähmung des N. phrenicus
ier an eine „Neuralgia phrenica“ oder an entzündliche oder mecha-
>che Schädigung des Nerven denken; jedenfalls erfährt die Plexus-
ästhesie durch diese Komplikation keine Einschränkung, wenn nicht
reits die Respirationsorgane vorher erkrankt sind. (Mit 2 Röntgen-
ibildungen.)
H. Fo we 1 i n - Riga: Die Anästhesierung der rechten Darm-
ingrube bei der Operation der chronischen Appendizitis.
Verf. beschreibt an der Hand einer anatomischen Zeichnung
ine Injektionstechnik, das Peritoneum parietale genügend weit nach
ten anästhetisch zu machen. So hat er 54 Patienten mit chronischer
opendizitis ohne Beihilfe von Chloroform operieren können; bei
uter Appendizitis ist ein derartiges Anästhesierungsverfahren nur
Ausnahmefällen möglich.
J. H o h 1 b a u in - Leipzig: Zur Frage der Schleimhautjodierung
i Operationen am Magen-Darmtrakt.
Verf. weist an dem Material der Leipziger Klinik nach, dass die
inahme Fiebers (Zentralbl. No. 34, 1912), dass Fistelbildungen
i Magen-Darmoperationen auf Rechnung der Jodtinktur zu setzen
liren, durchaus nicht bewiesen ist; eine Warnung vor der Jodierung
deshalb auch nicht gerechtfertigt, weil auch von anderen Kliniken
ine Mitteilungen über Nahtinsuffizienz nach Jodierung vorliegen,
n Schlüsse seiner Arbeit schildert Verf. kurz die von Geheimrat
ayr geübte Technik der Versorgung des Duodenalstumpfes.
E. Heim- Gerolzhofen.
Monatsschrift für Kinderheilkunde. Band XI, No. 9, 1912
ld No. 10, 1913.
1) Arnold B e n f e y - Berlin : Eosinophilie und exsudative Dia-
ese.
Ergänzende Bemerkungen zu der unter obigem Titel erschienenen
beit von Aschenheim in No. 6 dieser Zeitschrift.
2) Axel Johannessen: Poliomyelitis in Norwegen.
Vortrag auf dem 1. Kongress der Association internationale de
■diatrie, Paris, Oktober 1912 (vgl. diese Wochenschrift 1913, p. 323).
3) E. Moro: Ueber rektale Hyperthermie im Kindesalter. (Aus
r Heidelberger Kinderklinik.)
Moro macht auf die (dem Kinderarzt gar nicht selten vor-
unmenden) Fälle von Temperatursteigerung nach körperlichen An-
rengungen aufmerksam. Es handelt sich dabei regelmässig um
emperatursteigerungen im After. Vergleichsmessungen in der
chselhöhle zeigen normale Temperatur. Die Temperatursteigerung
Iber erklärt Moro als durch Wärmebildung in arbeitenden Mus-
ln entstanden. Das differente Verhalten der verschiedenen In-
viduen in bezug auf die Höhe der Temperatursteigerung wird auf
e verschieden tiefe Lungenatmung, die verschieden grosse Schweiss-
isonderung und vor allem auf den Habitus der Kinder, besonders
bezug auf die Beschaffenheit der Muskulatur zurückgeführt. „Bei
uskelstarken Kindern sind geringere Temperaturerhebungen zu
wiirtigen als bei Muskelschwachen“. Dass gerade die Rektaltem-
ratur bei manchen Individuen so hoch ansteigt („topische Aniso-
ermie“) wird damit erklärt, dass die untere Körperhälfte eine viel
össere Muskelarbeit zu verrichten hat als die obere. Ueberhaupt
igt Rektal- (und auch Vaginal-) messung stets die höchsten Tem-
■raturen, weil das Organ, vor Abkühlung gut geschützt, die einmal
zielte lemperatur lange festhält. Von besonderem Interesse ist die
eobachtung, dass alle untersuchten (11) Kinder mit orthotischer
buminurie sich als rektal hypertherm erwiesen.
4) E. Döbeli-Bern; Ueber die Verwendung von Opiaten im
ndesalter.
Gestützt auf seine früheren experimentellen Arbeiten und auf eine
mdfrage bei bedeutenden Pädiatern bespricht D. die Anwendungs-
cise der Opiate im Kindes-, vor allem auch im Säuglingsalter. Das
ichtigste Ergebnis der interessanten Zusammenstellung: Um die
^eilige Tages- oder Einzeldosis Morphium für ein bestimmtes
ind zu erhalten, brauchen wir nur die entsprechende Dosis Mor-
bum, die man einem Erwachsenen von 65 — 70 kg Körpergewicht
-‘ben würde, durch den Quotienten - ^ - zu dividieren. Bei
buglingen unter 10 Monaten ist die so erhaltene Zahl noch zu hal¬
bieren. X bedeutet dabei das Körpergewicht des betr. Kindes. Für
das I antopon ist die nach obigem Modus berechnete Morphium-
dosis einfach mit 2 zu multiplizieren. Die Dosis für das Kodein
berechnet man gleichfalls nach der Formel -h-is 70 kg- Dabei ist
auch für Säuglinge keine weitere Reduktion der gefundenen Zahl
notwendig. Für die 1 inet. O p i i simpl. wagt D. keine bindende
Vorschrift zu geben, sowohl wegen der Inkonstanz in der Zusammen¬
setzung des Präparates wie wegen der unsicheren Dosierungsform
in Tropfen. Er empfiehlt, Ersatzpräparate zu verordnen.
Bd. XI, 1913, No. 10.
1) L. K a u m h e i m e r - München : Ueber den Zusammenhang
von üesichtslage und spontaner, infantiler Geburtslähmung. (Aus
der Universitäts-Kinderklinik in Heidelberg. Direktor: Prof. Moro.)
K. leitet aus seiner Beobachtung und zwei der Literatur ent¬
nommenen Fällen (resp. einem gut verwertbaren Fall) folgende
Schlusssätze ab: Bei Gesichtslage kann es infolge der Deflexion zu
Lähmungen beider oberen Extremitäten kommen. Die Lähmungen
können dabei ganz symmetrisch sein. Sie entsprechen dem unteren
Typus. K 1 u m p k e sehe Symptome sind dabei nicht beobachtet
worden. Gesichtslagen scheinen bei den Spontanlähmungen relativ-
stark beteiligt zu sein.
2) Carl Beck: Die Beteiligung der Schleimhaut des Urogenital¬
apparates am Symptomenkomplex der exsudativen Diathese. (Aus
dem Kinderheim in Frankfurt a. M.)
Bestätigung der Lust sehen Befunde von Epitheldesquamationen
(gröberer Art) der Harnwege bei Kindern mit exsudativer Diathese.
40 Patienten untersucht — 66 Proz. positive Befunde (bei Lust nur
52,4 Proz.). Der am leichtesten angreifbare Punkt der Lehre von der
Beteiligung der Schleimhäute des Urogenitalapparates an den Er¬
scheinungen der exsudativen Diathese liegt in den folgenden Be¬
funden: „Am interessantesten sind die Fälle, bei denen sich keinerlei
nachweisbare Symptome der exsudativen Diathese fanden, und sich
die mikroskopischen Befunde im Harn nachweiset: Hessen. Wir
müssen annehmen, dass der Desquamationsprozess der Schleimhaut
des Urogenitalapparates manchmal das einzige Symptom der Dia¬
these sein kann.“
3) Bauer: Ueber eine Reaktion zur Unterscheidung von Kuh-
und Frauenmilch. (Aus dem Laboratorium der akademischen Kin¬
derklinik in Düsseldorf. Prof. S c h 1 o s s m a n n.)
Färbungs- resp. Entfärbungsreaktion mit Nilblau (oder Neutral¬
rot). Die Technik ist im Original nachzulesen.
4) F. Pfersdorff und K. St ölte: Ueber die Ausnutzung
von Mehl- und Griessbreien beim Säuglinge. (Aus der Kinderklinik
der Universität Strassburg.)
Nach Stoffwechselversuchen an 2 Kindern zeigt sich, dass die
Verwendung von Griessbrei bei älteren Säuglingen (5 und 6 Monate
alt) in bezug auf die Ausnutzung fast identisch ist mit der Verbitte¬
rung eines konzentrierten Mehlbreies. „Wenn wir nun sehen, dass
bei Griess und Reis, wo die Stärkemoleküle noch von Zellulose um¬
geben sind, dennoch eine völlige Aufschliessung des Kohlehydrats
möglich ist, so können wir uns dieser Nahrungsmittel mit beson¬
derem Vorteile bei der Ernährung der Säuglinge bedienen“. (Auf¬
fallend ist bei dem ersten mitgeteilten Versuch allerdings die negative
Aschebilanz und die Gewichtsabnahme in der Griessperiode. D. Ref.)
5) N. Stricker: Zur Tuberkulindiagnostik im Kindesalter.
(Aus der Universitäts-Kinderklinik in Strassburg.)
Breit angelegte Arbeit unter eingehender Berücksichtigung der
Literatur. Die Tuberkulinreaktionen sind für praktische Zwecke
als spezifisch anzusehen. Der positive Ausfall der Tuberkulin¬
reaktionen ist im Säuglings alter so gut wie immer für das Be¬
stehen einer aktiven Tuberkulose beweisend. Im späteren Kindesalter
ist er nur ein Beweis für eine einmal stattgehabte tuberkulöse In¬
fektion. Der negative Ausfall der Tuberkulosereaktionen ist aber
weder im Säuglings- noch im späteren Kindesalter streng beweisend
für das Fehlen von Tuberkulose. Die Kutanreaktion versagt häufig,
trotz vorhandener Tuberkulose, bei weit vorgeschrittenen Erkran¬
kungen. sowie bei an akuten Infekten leidenden Individuen. Der Zu¬
stand der Haut ist für den Charakter der Pirquet sehen Reaktion
von Bedeutung. Exsudative Kinder reagieren meist intensiv. Aus
der Intensität und Dauer der Tuberkulinreaktion, sowie aus der Höhe
der erfolgreichen Dosis bei subkutaner Injektion ist kein Schluss
erlaubt auf die Aktivität oder Inaktivität des tuberkulösen Pro¬
zesses. Eine vorsichtige, kritische Beurteilung einer Temperatur¬
steigerung nach Tuberkulininjektion ist absolut notwendig (Tem¬
peraturerhöhungen aus anderen Ursachen leicht möglich). Des¬
halb ist in allen zweifelhaften Fällen die Wiederholung der Reaktion
unerlässlich. Die sog. Herdreaktion ist nur selten zu verwerten, weil
die Intensität der Symptome bei allen Lungenerkrankungen schnellen:
Wechsel unterliegt. Ist sie einwandfrei nachweisbar, so ist sie ein
sicheres Zeichen einer aktiven Tuberkulose. Die positiven Resultate
der Kutanreaktion bleiben hinter den positiven Resultaten der sub¬
kutanen Reaktion zurück. Die subkutane Injektion ist nicht ganz
ungefährlich und deshalb sind wir verpflichtet, bei ihrer Ausführung
mit grösster Vorsicht vorzugehen. Die Kutanreaktion ist praktisch
ungefährlich (gelegentliche Allgemeinsymptome möglich). Stich¬
reaktionen sind von mehreren Autoren beschrieben: deren Ang.ib i
sind aber nicht übereinstimmend. Bei Allgemeim eaktiou fehlt t-
660 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. - No. 12.
Reaktion an der Stelle der Injektion selten, die typische von
R e u s c h e 1 und Hamburger beschriebene Stichreaktion aber ist
nicht regelmässig zu beobachten. Die Stichreaktion mit den von
R. und H. angegebenen Dosen schliesst eine Temperatursteigerung
nicht völlig aus. Die Intrakutanreaktion besitzt alle Vorzüge der
Stichreaktion und schliesst eine Allgemeinreaktion weit sicherer aus.
Der diagnostische Wert der Tuberknlinreaktion ist vielfach über¬
schätzt worden. Der positive oder negative Ausfall der Tuberkulin¬
reaktion fügt sich, wie jedes andere Symptom, in den Rahmen des
klinischen Bildes ein und darf nur in diesem Zusammenhänge zur
Diagnose mit herangezogen werden.
Albert Uffenheimer - München.
Zieglers Beiträge zur pathologischen Anatomie und
allgemeinen Pathologie. Band 55. Heft 1.
1) Walther Fischer: Lieber die lokale Anhäufung eosinophil¬
gekörnter Leukozyten in den Geweben besonders beim Krebs. (Aus
dem Pathol. Institut zu Göttingen.)
Vermehrte Anhäufung eosinophiler Leukozyten, fast stets in Be¬
gleitung von anderen Exsudatzellen: polymorphen Leukozyten,
Lymphozyten und Plasmazellen, fand F. besonders stark bei be¬
stimmten Krebsen (Plattenepithel- und Karzinomen des Magendarm¬
kanals), ferner in der Mehrzahl der Fälle von Hodgkin scher
Lymphogranulomatosis; sie sind nach F. aus der Blutbahn aus-
gewanderte Elemente, also nicht lokal entstanden (keinesfalls durch
Phagozytose zerfallener lokaler Blutungsherdchen). Dass aber ge¬
wisse Zerfallsprozesse bei der Bildung und der lokalen Anhäufung
der Eosinophilen eine Rolle spielen, geht daraus hervor, dass sie sich
da, wo in Krebsen stärkerer Gewebszerfall, Nekrose oder Verhornung
vorkommt, besonders häufig finden, und zwar konstant ausser¬
halb der zentralen polymorphkernigen Leukozytenzone, die den
Zerfallsherd umgibt.
2) Georg Bernhardt: Ueber Blutplättchenbefunde in inneren
Organen. Beitrag zur Kenntnis des akuten Milztumors Insbesondere
bei Scharlach. (Aus dem K. Institut für Infektionskrankheiten in
Berlin.)
Die Untersuchungen wurden (nur nach Fixierung in Sublimat¬
alkohol) an Paraffinschnitten mittels der Giemsa-Schnitt-
f ärbung ausgeführt: bei Sepsis, namentlich bei Typhus konnte eine
erhebliche Vermehrung der Blutplättchen in Milz und Leber gegen¬
über der Norm festgestellt werden; am auffälligsten war dies bei
Scharlach zu konstatieren. Diese Blutplättchen fanden sich z. T.
frei in dem Milzsinus und in der Pulpa, teils innerhalb der monozytären
Pulpazellen und auch innerhalb der Endothelzellen des Milzsinus vor
und scheinen einen massenhaften Untergang dieser Blutelemente an
den genannten Stellen zu beweisen; ebenso fanden sich auch in den
den Pulpazellen der Milz gleichenden grossen Zellen der Mesenterial¬
drüsen, endlich aber auch in den sog. Kupff er sehen Zellen (Endo-
thelien) der Leberkapillaren Blutplättchen in grosser Zahl. Grössere
Blut p i g m e n t anhäufungen fanden sich in den Pulpazellen der Milz
nur bei Typhus, nicht aber bei Scharlach, wie denn Verf. die Abkunft
der Blutplättchen von roten Blutkörperchen auch strikte ablehnt.
' Die vorliegenden Untersuchungen sind interessant im Hinblick auf die
Tatsache, dass ganz besonders die untergehenden Blut¬
plättchen bakterizide Eigenschaften entfalten sollen.
3) Alfred Gigon: Eisen- und Alkaliimprägnation des Lungen¬
gewebes. Zugleich eine Kritik der sog. Eisenkalkimprägnation. (Aus
dem Pathol. Institut zu Basel.)
G. berichtet zunächst über einen den früheren Beobachtungen
von Ko ekel und Bittrolf f analogen Fall, bei dem sich mikro¬
skopisch und mikrochemisch eine sehr intensive Eisen- und Kalk¬
imprägnierung der elastischen Fasern (der Alveolarwände und der
Gefässe) nachweisen zu lassen schien; durch die chemisch-analytische
Untersuchung konnte aber G. zeigen, dass wohl in der Lunge ver¬
mehrtes sehr locker gebundenes Eisen, allein kein Kalk in erheb¬
licher Menge vorhanden war, dass aber in erstaunlicher Quantität
(10 Proz. der Trockensubstanz!) Alkalien, Kalium und Natrium,
nachweisbar waren. Es handelte sich also um eine Eisen- und Alkali¬
imprägnierung der Lunge, die — was praktisch sehr wichtig ist —
im mikroskopischen Schnitte bei Schwefelsäurezusatz ganz ähnliche
Kristallbildungen auftreten lässt wie die Gipskristallbildung bei An¬
wesenheit von Kalziumphosphat! Eine Nachuntersuchung des
B i 1 1 r o 1 f f sehen Falles ergab das gleiche überraschende Resultat!
G. bezweifelt daher überhaupt die Möglichkeit der Eisen-Kalk¬
imprägnierung in der Lunge.
4) B. Ro o m a n : Zur Kenntnis der myeloischen Chloroleukämie,
(Aus den Pathol. Instituten zu Wien und Prag.)
5) Eduard Bundschuh: Ueber warzige Hyperplasien der
Grosshirnoberfläche des normal gefurchten Grosshirns bei einem
Falle von Syringomyelie. (Aus dem Pathologisch-hygienischen In¬
stitut der Stadt Chemnitz.)
In dem eingehend beschriebenen Fall (49jähr. Mann) fanden sich
neben ausgedehnter Syringomyelie auf der Konvexität der beiden
Hemisphären multiple, verschieden grosse, wärzchenartige
Prominenzen der Grosshirnrinde, die sich mikroskopisch
als knopfartige Vorstülpungen des ganzen Querschnittes der ober¬
flächlichen Gehirnsubstanz erwiesen und von Pia überzogen
waren (im Gegensatz zu den sog. Hirnhernien). Es gibt nur ganz
wenige derartige Fälle in der Literatur. B. nimmt an, dass es sich
um eine „Missbildung per excessum“ handelte.
6) C. H u e t e r : Ueber Thymuszysten. (Aus der Prosektur des
städtischen Krankenhauses zu Altona.)
H. fand bei einem 24jähr. Mann multiple, mit grüngelblichei
cholesterinhaltiger Flüssigkeit gefüllte Zysten in der abnorm gross
erhaltenen Thymus; H. bespricht an der Hand der einschlägiger
Literatur die Genese dieser Bildungen, kommt aber nur zu dem
Wahrscheinlichkeitsurteil, dass es sich um eine Miss¬
bildung im Fötalleben handle.
7) C. Ciaccio und S. Scaglione: Beitrag zur zellulären
Physiopathologie der Plexus chorioidei. (Aus dem Institut für
operative Medizin der Kgl. Universität zu Palermo.)
Durch Untersuchungen an normalen und pathologischen Objekten
sowie auf Grund experimenteller Feststellungen studierten Verfassen
die wahrscheinlich sekretorischen Funktionen der Plexuszellen.
8) Helena Freifeld: Ueber das kristallinische Hvalin. (Aus!
der Pathol. Abteilung des Privatinstituts von Dr. S. L. Ehrlich in;
Charkow.)
F. beschreibt in einem Adenokarzinom des Oberkiefers Hyalinj
(? Ref.), das z. T. aus wohlgebildeten rhombischen Kristallen,
z. T. aus den bekannten kugeligen und brom beerförmige r
Bildungen bestand, und glaubt, dass die kristallinische Form aus deij
amorphen und kugeligen Formen hervorgehe.
Kleinere Mitteilungen:
E. A. Hai las: Fibro-myo-endothclioma capsulae renis. (An¬
dern Pathol. Institut zu Kopenhagen.)
H. beschreibt als zufälligen Sektionsbefund einseitige, multiple
kleinere, reine Fibromyome, neben einem grösseren offenbar kom-;
plizierter gebautem Tumor (Fibromyoendotheliom, ? Ref.) derselbe
Niere, der in den retroperitonealen Lymphdrüsen Metastasen gesetzt
haben soll. (Vergl. Nuernberg: Beiträge zur Histologie deij
Nierengeschwülste. Frankf. Zeitschr. f. Pathol., Bd. I, 1907. ! Ref
H. Merkel- Erlangen.
Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie
71. Band, 3. Heft.
E. Wöbbecke: Ueber die Funktion des Veratrinmuskels be
wechselnder Belastung. (Pharmakol. Institut Göttingen.)
Im Anschluss an eigene Versuche diskutiert Verf. die ver
schiedenen Theorien der Funktion des quergestreiften Muskels, ins¬
besondere bei Veratrinvergiftung. Zu kurzem Referat nicht geeignet
W. Heubner und S. Loewe: Ueber die zentral lähmendi
Strychninwirkung. (Pharmakol. Institut Göttingen.)
Die Frage, ob das Strychnin neben seiner reflexerregbarkeits-
steigernden Wirkung in hohen Dosen auch noch eine unmittelbar
lähmende Wirkung besitze, wird meistens bejaht, nur Verwon
erklärt diese Lähmung als Erschöpfungslähmung. Obwohl die meistei
seiner Gründe für diese Ansicht bereits widerlegt sind (Poulssonj
Igersheimer, Jacob j), blieb noch der Einwand von Lip
schütz, dass bei jedem Versuch die Möglichkeit einer peripheren
kurarinartigen Lähmung beseitigt werden müsse. Die Verfasser stell
ten daraufhin neue Versuche an, die wieder zeigten, dass tatsächlich
eine zentrale Lähmung durch hohe Strychnindosen zu erzeugen ist!
die freilich neben einer Erschöpfungslähmung vorhanden ist. In
Vordergrund steht aber die spezifische zentrale Lähmung
wenigstens bei den gewöhnlichen Versuchsbedingungen.
E. D u r 1 a c h : Untersuchungen über die Bedeutung des Phos
phors in der Nahrung wachsender Hunde. (Pharmakol. Institut Göt;
tingen.)
Verf. hat junge wachsende Hunde phosphorarm gemacht durej
entsprechende Ernährung, dann Phosphor in verschiedener Form zu
gesetzt (Phosphat, Lezithin, ein Gemisch verschiedener P-haltige
Substanzen). Die Resultate seiner Versuche sind nicht eindeutig, wer
viele Faktoren bei der Beurteilung in Frage kommen. Jedoch könnt'
Verf. zeigen, dass zum normalen Wachstum, ja sogar zur Erholun:
vom einer durch phosphorarme Nahrung erzeugten Krankheit, iü
einen jungen Hund eine Nahrung genügte, die den Phosphor aus
schliesslich als Phosphatid, im übrigen Hiihnereiweiss. Palmfet'
Stärke, Rohrzucker, Guanin und Salze enthält. Es können also all
Phosphorverbindungen des Organismus, besonders auch die Nuklefl
proteide ihren Bedarf an Phosphor aus Phosphatiden decken.
L. Jacob- Würzburg.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 11, 1913.
1) Hermann K ü 1 1 n e r - Breslau: Die Hyomandibularlistel, ein
neue Form der angeborenen Halsfistel.
Bei einem 8 jährigen Mädchen fand sich am Vorderrande de
rechten M. sternocleidomastoideus dicht unterhalb des Kieferwinkel
eine mässig eiternde Fistel, die seit Geburt vorhanden war. Wen
sie sich, was öfter vorkam, schloss', so trat Eiter zum äusseren Gehör
gang heraus. Die mikroskopische Untersuchung des exstirpierte
Fistelganges, bei welcher auch Knorpelteile des Hyoidbogens gesehe
werden konnten, bestätigte die klinische Diagnose einer angebore
mit dem äusseren Gehörgange kommunizierenden seitlichen Halsfiste
welche ihre Entstehung einem Rest der Hyomandibularspalte. de
ersten Kiemenspalte verdankt.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
661
5. März 1913.
2) Hermann F ii h n e r - Freiburg i. B. : Lieber die isolierten wirk¬
ten Substanzen der Hypophyse.
Es gelang, aus dem Infundibularteile der Hypophyse 8 ver¬
miedene Körper zu isolieren, von denen jedoch nur die 4 in dem
it Phosphorwolframsäure erhaltenen Niederschlag enthaltenen die
kannte Wirkung auf die Uterusmuskulatur entfalten. Ein auf chemi-
hem Wege in stets gleicher Zusammensetzung erhältliches Gemisch
eser 4 Körper ist das von den Höchster Farbwerken hergestellte
>d in 1 prom. wässeriger steriler Lösung ausgegebene Hypophysin.
imit ist es nun möglich, das wirksame Agens der Hypophyse ganz
mau zu dosieren. Ausserdem haben Versuche an Katzen, Kaninchen,
atten und Meerschweinchen gezeigt, dass das Hypophysin eine spe-
fische Uteruswirkung besitzt, und dass ein Einfluss auf Atmung und
lutdruck erst bei verhältnismässig hohen Dosen erfolgt.
3) Carl S c h o u g - Linköping: Die Länge der Inkubationszeit bei
er akuten Kinderlähmung (Heine-Medin sehen Krankheit).
Die Verschleppung der Kinderlähmung aus einem Epidemiebezirk
i krankheitsfreie Orte ermöglichte es, die Inkubationszeit auf 4 bis
ichstens 10 Tage zu berechnen. Für die Verbreitung durch blut-
iugende Insekten Hessen sich keine Anhaltspunkte finden.
4) Paul L e u b u s c h e r - Hoppegarten : Therapeutische Ver¬
liehe mit Phosphor bei Epileptikern.
Mit der Verabreichung von Phosphoröl (0,1 : 1000) an Epileptiker
urde bisweilen eine wesentliche Besserung erzielt, indessen andere
alle keine erhebliche Veränderung erkennen Hessen. Bei einzelnen
iebesserten konnte mit Aussetzen der Phosphortherapie wieder eine
erschlimmerung beobachtet werden.
5) Erich Stoerk-Wien: Ulcus rotuudum ventriculi und
ymphatismus.
Klinische und pathologisch-anatomische Erfahrungen weisen
arauf hin, dass das Ulcus rotundum seine Entstehung, zumal bei
igendlichen Personen, einem allgemeinen Lymphatismus verdankt,
lei diesem findet sich häufig der als etat mamellone bekannte Zustand
er Magenschleimhaut, der seinerseits den Boden für die Entwicklung
ines Ulcus pepticum abgibt. Welche Rolle dabei die Mangelhaftig-
' eit der Schutzvorgänge beim Lymphatiker, eine etwa vorhandene
agotonie, eine Hypoplasie des Gefässsystems eine Rolle spielt, das
leibt wohl im einzelnen noch zu prüfen. Jedenfalls erscheint die Zu-
rundelegung einer Konstitutionsanomalie gerechtfertigt.
6) E. Löwenstein - Wien : Ueber Tuberkelbazillenbefunde im
rin bei Hodentuberkulose.
Tuberkelbazillen, die sich auch noch nach Exstirpation tuberku-
iser Hoden und Samenbläschen im Urin vorfinden, stammen bei In-
aktheit des Harnapparates aus der Prostata, deren Tuberkulose
lurchaus nicht so selten ist, wie noch vielfach angenommen wird,
fine Sammelstatistik von G. Koch ergab unter 243 Fällen 78 mal
solierte Prostatatuberkulose, 47 mal isolierte Hoden- und Neben-
lodentuberkulose und 118 mal Prostata-Hoden-Nebenhodentuberku-
ose. Die isolierte Prostatatuberkulose, welche jedenfalls als hämato-
:en entstanden anzusehen ist, entzieht sich eben häufig dem klinischen
Nachweis.
7) Ernst U n g e r - Berlin : Ueber totale Entfernung des Magens.
Vortrag in der Berliner Gesellschaft für Chirurgie am 10. II. 13,
efer. in No. 7 (1913) der Münch, med. Wochenschr.
8) H. A. G i n s - Frankfurt a. M.: Zur Färbung der Diphtherie-
lazillen.
Um nicht bloss an Kulturprodukten von Diphtheriebazillexi, son-
lern auch im Originalausstrichpräparat eine scharfe Zeichnung des
ganzen Bazillenleibes und stärkeres Hervortreten der Polkörner zu
i halten, wird folgende Färbung empfohlen: 1. Essigsäure-Methylen-
xlau -f Kristallviolett (Neisser I) einige Sekunden; abspiilen. 2. L u -
:o Ische Lösung mit 1: 100 konzentrierter Milchsäure, 3 — 5 Sekunden;
gut abspülen. 3. Nachfärbung mit Chrysoidin. Abspiilen und
Trocknen.
9) Artur S t r a u s s - Barmen : Zur Kupferbahndlung der äusse-
en Tuberkulose.
Die kombinierte Kupferbehandlung örtlich mit Lezithinsalben,
illgemein mit Injektionen und Schmierkuren Hess nicht nur eine elek-
:ive Aetzwirkung auf lupöse Gewebe, sondern auch eine spezifische
Wirkung auf die Tuberkelbazillen erkennen.
10) Hübner- Marburg: Ist die Psoriasis ein Hautsymptom kon¬
stitutionell-bakterieller Erkrankungen oder eine echte Hautkrankheit?
Die Annahme M e n z e r s, dass die Psoriasis eine Art Tuberkulid
Jarstelle. ist nicht gerechtfertigt; Beginn wie ganzer Verlauf stem¬
peln sie zu einer echten Hautkrankheit, die mit Vorliebe gerade bei
sonst völlig Gesunden aufzutreten scheint.
11) A n t o n i - Kiel-Wik: 7 Fälle von Reinfectio syphilitica und
Betrachtungen über schwere Salvarsanintoxikationen.
Die als sicher erkannten Reinfektionen traten nach kombinierter
Salvarsan-Kalomelbehandlung auf. Salvarsantodesfälle sind die
Folge einer schweren Nierenschädigung, und zwar nicht sowohl der
eintretenden Urämie als der Retention von Salvarsan im Blut, dessen
Sauerstoffträger dadurch funktionsunfähig werden. Deswegen er¬
fordert jede Salvarsanbehandlung genaueste Nierenkontrolle.
12) Ph. Ferdinand B e c k e r - Frankfurt a. M.: Was soll der
Nicht-Röntgenarzt über das X-Erythem wissen?
1. Dass das Röntgenerythem um so früher auftritt und um so
länger dauern wird, je schwerer es ist.
2. Dass es ein mit ihm nicht verwandtes harmloses Früherythem
gibt.
3. Dass noch viele Monate später ohne frühere Röntgendermatitis
schwere Spätreaktionen in Form von Geschwüren auftreten können,
die ihren Grund in einer Schädigung der Gefässintima im Unterhaut¬
zellgewebe haben, die Folge einer Tiefeniiberdosierung. Psoriasis¬
kranke sind gegen Röntgenstrahlen besonders empfindlich. Das Rönt¬
genkarzinom dürfte kaum jemals mehr anders denn als Berufskrank¬
heit auftreten.
13) Heinrich Kondring - Posen : Klinische Erfahrungen mit
Chlormetakresol zur Schnelldesinfektion der Hände.
Chlormetakresol ist der wirksame Bestandteil des P h o b r o 1 s
von Hoffmann-La Roche; Phobrol, 1 proz.- mit 70 proz. Alko¬
hol oder Azethylalkohol gemischt, hat sich als Schnelldesinfektions¬
mittel (5 Minuten langes Abreiben mittels Flanellappens) in der ge¬
burtshilflichen und gynäkologischen Praxis gut bewährt, sowohl für
das Operationsfeld als für die Hände des Operateurs. Es ist ge¬
ruchlos. Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1913, No. 6.
Courvoisier - Basel : Eine Baseler Gallensteinstatistik.
Verf. hat das Material des Basler pathologischen Instituts von
1891 — 1910 (10 622 Sektionen) verarbeitet und seine Ergebnisse mit
denen von Roth aus dem gleichen Institut, die die Jahre 1872 bis
1890 (5401 Sektionen) umfassen, verglichen und kombiniert. Unter
den 16 025 Leichen hatten 10,9 Proz. Gallensteine, und zwar unter 8050
Männern 5,9 Proz., unter 7975 Frauen 15,5 Proz. Die absoluten Zahlen
steigen bis ins 7. Lebensjahrzehnt, fallen dann rasch ab und erreichen
zuletzt wieder die niedrigste Höhe des zweiten. Absolut genommen
kommen auf die Frauen 72 Proz., auf die Männer nur 28 Proz. der
Gallensteinfälle. Lässt man die 2 ersten Lebensjahrzehnte weg, so
fanden sich bei jedem 12. erwachsenen Mann und jeder 4. oder 5. er¬
wachsenen Frau Gallensteine. Vom 3. Jahrzehnt senkt sich die Be¬
lastung rasch und gleichmässig bis ins 6., wobei immer die Frauen
3 — 4 mal mehr als die Männer erkrankt waren. Im höheren Alter
nahm sie in beiden Geschlechtern weiter zu, aber bei den Männern
rascher, und auf der 10. Altersstufe fanden sich Gallensteine bei jedem
3. Mann oder Weib.
Die übrigen Ergebnisse, besonders auch die Vergleiche mit den
bisher veröffentlichten anderen Statistiken müssen im Original nach¬
gelesen werden.
W. S c h u 1 1 h e s s - Zürich : Ueber orthopädische Gymnastik.
(Schluss folgt.) ' L. J a c o b - Wiirzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 11. S. Jonas -Wien: Ueber das Verhalten verschieden¬
artiger Strikturen im Magen und Duodenum bei Milchdiät und ein
Verfahren zur Diagnostik spastisch-ulzeröser Strikturen daselbst.
Sieben Krankengeschichten. Ergebnis: Autochthone oder reflek¬
torische Strikturen im Magen oder Duodenum, welche auf Ulzeration
beruhen, schwinden auf Milchdiät, da die Reizung der blossgelegten
Nerven aufhört; dagegen werden die durch Narben, Adhäsionen oder
Tumoren erzeugten Strikturen durch Milchdiät nicht beeinflusst. Das
Schwinden der Strikturerscheinungen (Einziehung oder Sechsstunden¬
rest im Magen resp. Duodenum) bei kurzer Milchdiät lässt auf das
Bestehen einer Ulzeration schliessen, das Bestehenbleiben der Er¬
scheinungen schliesst eine Ulzeration aber nicht aus. Näheres über
die Methode (Durchleuchtung vor und bei der Milchdiät usw.) und
Diagnostik ist im Original einzusehen.
R. Matzenauer- Graz : Durch Alkaliabgabe des Glases be¬
dingte toxische Nebenwirkungen nach intravenösen Salvarsaninjek-
tionen („Glasfehler“).
Seitdem bei der Herstellung der Lösung zur intravenösen In¬
jektion peinlichst auf die Bakterienfreiheit der verwendeten Flüssig¬
keiten geachtet wird, sind unangenehme Reaktionserscheinungen sel¬
ten geworden; ganz geschwunden sind sie nicht, trotz aller Kautelen.
Es kommt bisweilen zu Vergiftungserscheinungen nach einer Injektion
inmitten einer Serie von gut ertragenen Injektionen. Wenigstens für
einen Teil solcher Fälle findet sich eine Erklärung in einer Alkali-
abgabe seitens der Glasflaschen, in denen die sterile Kochsalzlösung
oder das destillierte Wasser aufbewahrt werden. Eine solche, z. T.
ziemlich beträchtliche Alkaliabgabe Hess sich bei einem wechselnden
Teil der ungebrauchten Gläser finden. Dieses vermutlich nicht aus
reiner Natronlauge bestehende Alkali kann zu einer Zersetzung des
Salvarsans führen. Der Alkaligehalt lässt sich durch Phenolphthalein
leicht nachweisen. Zum Schutz gegen diesen „Glasfehler“ werden
die Flaschen wiederholt in mit Salzsäure versetztem destilliertem
Wasser, zuletzt in destilliertem Wasser mit Phenolphthaleinzusatz
ausgekocht. In letzter Zeit sah M. nach Salvarsaninjektionen in der
Tat kaum mehr eine nennenswerte Reaktion, so dass solche sogar bei
Ambulanten ausgeführt werden; allerdings werden, zumal anfangs.
keine hohen Einzeldosen gegeben.
R. Müller und R. O. Stein- Wien : Die
Lues und ihre Beziehung zur Wassermann sehen Reaktion.
Die Nachprüfung der von Klausner und Fische r gemachten
Mitteilungen (vergl. Referat S. 149), wobei als Antigen die Organe,
Hautreaktion bei
6 62
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 12
not Vorzug (.1 Nebeniiierenextrakt eines hereditär luetische n Kindes
dienten, best : tiiete; dass die stärksten Reaktionen meist bei Tertiär¬
luetischen (sehr häufig gummöse Formen) vorkamen, jedoch auch im
Sekundärstadium von 30 Fällen 6, davon einer besonders lebhaft,
reagierten. Fin Fall mit malignem Rezidiv und negativer Wasser¬
mannreaktion zeigte positive Kutisreaktion. Von 12 Primärdefekten
waren 2 positiv, davon einer mit noch negativer Wassermannreaktion.
Fei latenter Lues fand sich eine' erhebliche Zahl positiver Reaktionen,
bei spätlatenten Fällen bis zu 75 Proz. Erwähnt sei noch ein Fall
eines abgeheilten, jahrelang ohne Erscheinungen gebliebenen gum¬
mösen Prozesses, wo nach Einbringen des sterilen Extraktes lue¬
tischer Organe in wenigen Tagen die stets negative Wasser-
m a n n sehe Reaktion komplett positiv wurde.
W. Li er- Wien: Erfahrungen über Neosalvarsan.
Erfahrungen bei 425 Injektionen. In 2 Fällen traten, nach 3 intra¬
venösen Injektionen (innerhalb 8 Tagen), unter hohem Fieber starke
Allgemeinerscheinungen auf, einmal mit scharlachartigem Ausschlag.
Im übrigen waren die Nebenwirkungen wesentlich seltener und ge¬
ringer als bei Salvarsan. Das Neosalvarsan ist durch seine leichte
Löslichkeit bei neutraler Reaktion bequem anwendbar und wirkt am
besten bei primärer und tertiärer Lues, wie bei den nässenden Se¬
kundärformen. Für die primäre Syphilis bietet es vermehrte Aus¬
sicht auf wirklich abortive Wirkung. Bei ulzeröser maligner Lues
ist es sehr wirksam, aber nur in grösseren häufigeren Dosen, während
bei den trockenen Formen das Quecksilber wirksamer ist. Immer
ist es mit Quecksilber zusammen anzuwenden, und zwar sollen die
Neosalvarsaninjektioncn in grösseren Abständen erfolgen. Eine be¬
sondere Indikation für Neosalvarsan bilden die Fälle, wo durch Queck¬
silber Stomatitis oder Albuminurie hervorgerufen wird. Die intra¬
muskuläre Applikation ist wenig oder nicht schmerzhaft, bewirkt
kein Infiltrat und ist ambulatorisch durchführbar. Bei beginnenden
metasyphiiitischen Affektionen des Nervensystems sollte stets eine
Neosalvarsan-Quecksilberbehandlung versucht werden.
O. Heinz: Kriegschirurgische Erfahrungen vom montenegri¬
nisch-türkischen Kriegsschauplatz.
Zur kurzen Wiedergabe nicht geeignet.
H. Bar kan -Wien: Zur Frage der infantilen und juvenilen
Tabes.
Verf. beschreibt 6 neue Fälle und erörtert die Pathologie der
infantilen und juvenilen Tabes. Die Optikusatrophie ist bei ihr häuti¬
ger, die Ataxie und das R o m b e r g sehe Zeichen seltener als bei
den Erwachsenen. Das weibliche Geschlecht wird in entschieden
höherem Masse betroffen als das männliche. Ausserdem ist auffällig,
dass bei der Tabes der Jugendlichen viel häufiger positive Wasser-
m a n n sehe Reaktion nachweisbar ist, bisher bei 13 Kranken 11 mal.
Die Prognose ist absolut ungünstig; eine Quecksilberbehandlung be¬
schleunigt eher den Verlauf. Es empfiehlt sich die Unterbringung
der Kinder in einer Blindenanstalt zur leichteren Erlernung der Blin¬
denarbeit.
E. Homa- Brünn: Ueber Dauererfolge und Schicksale von im
Seehospize in Triest 1896 — 1903 behandelten Brünner Kindern.
Es handelt sich um 119 Kinder, bei welchen grossenteils in
wiederholten Aufenthalten das Seeklima, die rationelle Ernährung und
sonstige hygienische Faktoren zur Wirkung kamen. Die Erfolge
waren sehr befriedigend. 50 Proz. sind als geheilt, 27 als wesent¬
lich gebessert, 19 als gebessert zu betrachten. Im besonderen sind
unter 40 Fällen chirurgischer Tuberkulose, welche jetzt im erwerbs¬
fähigen Alter stehen, 31 gesund geblieben, 9 leiden an Rezidiven,
aber alle erwerbsfähig. Im ganzen sind etwa 85 Proz. der Kinder
als erwerbsfähig anzusehen. Der Gesamtkostenaufwand betrug
29 700 Kronen.
L. Teleky: Fürsorge bei der Berufswahl mit Rücksicht auf die
Tuberkulose.
Verf. tritt u. a. ein für die Erhöhung des Schutzalters auf das
16. Jahr, für eine 10 ständige Maximalarbeitszeit bei jugendlichen
Arbeitern und Gewährung freier Halbtage, für die Schaffung staat¬
licher Lehrwerkstätten, für die ärztliche Beratung vor der Berufs¬
wahl und die Organisation der Berufswahl.
1 g e r s h e i m e r - Halle a. S. : Ueber Organtherapie und Para-
sitotropie des Atoxyls und Salvarsans.
Bemerkungen zu dem Artikel Ullmanns in No. 5 und 6.
R. Lederer: Ueber ein noch nicht beschriebenes Krankheits¬
bild der spastnophilen Diathese.
Zu der Erwiderung von Kassowitz in No. 10 bemerkt L.,
dass der von ihm beschriebene, durch tiefgreifende Atelektasenbil-
dung in der Lunge ausgezeichnete Symptomenkomplex mit dem chro¬
nischen Asthma der Rachitiker nicht zu identifizieren ist.
Wiener medizinische Wochenschrift.
No. 5. O. F ö r s t e r - Breslau : Die arteriosklerotische Neuritis.
Erfahrungen an 16 Fällen. Aus der Pathologie und Diagnostik
dieser nicht allzu seltenen Affektion hebt Verf. ausser dem Bestehen
sonstiger arteriosklerotischer Erscheinungen namentlich des Neren-
systems den exquisit chronischen Verlauf, das Fehlen oder die Ge¬
ringfügigkeit von Schmerzen und Druckempfindlichkeit hervor. Fer¬
ner besteht eine grosse Neigung zu Remissionen (fast Heilung), aber
auch zu Remissionen und die Neigung zur Ausbreitung auf weiteie
Nervengebiete. Als charakteristisch kann auch der günstige Einfluss
einer Jodbehandlung gelten. Eine nähere Würdigung finden auch die
Beziehungen der Neuritis zur symmetrischen spastischen Gangräi
und zum intermittierenden Hinken.
No. 6. N. v. .1 a g i c - Wien: Ueber die Indikationen der Pneumo
thoraxtherapie der Lungentuberkulose.
Uebersicht über die Wirkungen des Pneumothorax (Ruhigstellun
der Lunge, Kompression der Lymph- und Blutgefässe, Kompressioi
weichwandiger Kavernen) und die Indikationen. Eine Hauptbedin
gung für den Erfolg ist eine günstige Beschaffenheit der Pleura
Hartnäckige Hämoptoe kann günstig beeinflusst werden, event. aucl
hartnäckiges Fieber. Das gleichzeitige Bestehen einer Kehlkopftuber¬
kulose ist jedenfalls keine Gegenindikation, ebenso nicht eine einfactu
Albuminurie. Im' ganzen beurteilt J. den Wert der Pneumothorax¬
therapie günstig, will aber vorerst leichte und mittelschwere Fälle
wo andere Methoden noch Erfolg versprechen, ausgeschlossen wissen
No. 6. R. K 1 e i s s e 1 - Wien : Concretio cordis.
Krankengeschichte eines Falles. Die wichtigsten Anhaltspunkte
für die Diagnose fehlten, so auch bei dem Pulsus paradoxus die
inspiratorische Venenanschwellung. Dagegen gewann das Auftreten
von Schmerzen in beiden Hypochondrien und der Nachweis einer star¬
ken Leber- und Milzvergrqsserung als Zeichen einer lokalen Behinde¬
rung des Venenabflusses (Knickung der Vena cava inferior) beim
Fehlen sonstiger Stauungserscheinungeri ausschlaggebende Bedeutung
bei der Verwertung der fehlenden Verschiebbarkeit des Herzens beim
Lagewechsel und des fehlenden Spitzenstosses.
No. 6. K. Pod lisch ka -St. Pölten: Ueber die Behandlung
der Tuberkulose mit Tuberkulomuzin Weleminsky.
Kurze Krankengeschichten von 34 behandelten Kranken; sub¬
kutane Injektionen von 4 — 6 mg bei Erwachsenen, 2 mg bei Kinderi;
in 8 tägiger. Zwischenräumen. Ein Fortschreiten des tuberkulösen
Prozesses oder eine schädliche Wirkung wurde nie gesehen, dagegen
scheinen die Beschwerden (Rückenschmerzen, Husten, Nacht-
schweisse) und das Allgemeinbefinden eine entschieden günstige Be¬
einflussung zu erfahren. Die Injektionen werden zunächst in den
Unterarm gegeben, um die Reaktion daselbst zu beobachten, spätere
Injektionen in den Rücken. Gut beeinflusst wurde auch Haut- und
Drüsentuberkulose. Bei letzterer scheint auch die Narbenbildung eine
schönere zu sein.
No. 7. J. G r o b e r - Jena: Ueber die Einwirkung dauernder kör¬
perlicher Arbeit auf das Herz.
Verf. geht aus von dem mit den körperlichen Anforderungen zu¬
nehmenden relativen Verhältnisse der Herzmasse zur Körpertnassc
bei verschiedenen Tierarten, z. B. ist bei Stallkaninchen, dem wildert
Kaninchen, dem Hasen das Verhältnis der Herzmasse 2,40, 2.76. 7,76
zu 1000 Teilen Körpermasse. Von Bedeutung ist nun, dass nicht, wie
man nach dem Augenschein erwartet, die linke, sondern in aus¬
gesprochener Weise die rechte Herzhälfte am meisten bei dieser
Massenzunahme beteilt ist. Auch die Erklärungsversuche für diese
Erscheinungen, die auch für das Vogelherz gelten, kann hier nicht
eingegangen werden.
No. 8. G. v. H e i n i s s : Das „Schenkelsymptom“.
Als Schenkelsymptom bezeichnet Verf. die Erscheinung, dass
auf mässigen oder mittelstarken Druck, der auf die innere Fläche des
einen oder beider Schenkel, etwa der Hunter sehen Gegend des
Canalis adductorius entsprechend, an der Grenze des mittleren und
unteren Drittels ausgeübt wird, eine Schmerzäusserung oder rasche
Abwehrbewegung des Beines eintritt. Das Symptom fand sich ziem¬
lich bei jedem Fall von Erkrankung des Gehirns und der Gehirnhaut,
insbesondere stets bei tuberkulöser Meningitis in jedem Stadium, am
stärksten anscheinend im Aufregungsstadium. Als ein eventuell wert¬
volles Frühsymptom ist es der Nachprüfung wert.
B e r g e a t - München.
Russische Literatur.
M. J uschi n sky und G. Iwaschenzow-St. Petersburg.
Die Wassermann sehe Reaktion in der Krankenhauspraxis.
(Russky Wratsch 1912, No. 13—15.)
Dem umfangreichen Aufsatz von Tuschinsky und Iwa-
schenzow entnehmen wir nur die Angaben über das Verhalten
der Wassermann sehen Reaktion bei der Salvarsanbehandlung-
über welchen Punkt die beiden Autoren aus ihrer ausgedehnten, in:
St. Petersburger städtischen Obuchow-Krankenhaus für Männer ge¬
wonnenen Erfahrung folgendes mitteilen: Von 24 Patienten mit syphi¬
litischem Primäraffekt, die Salvarsan erhalten hatten, wurden nur
10 Personen mehr als ein halbes Jahr lang systematisch auf die
Wa.R. untersucht. Von ihnen wiesen 4 Kranke durchweg und be¬
ständig einen negativen Ausfall auf. Die bei ihnen verwendete Sal-
varsandosis betrug 0,8 — 1,5 g. Sekundäre Erscheinungen kamen bei
ihnen nicht zur Beobachtung. Bei den übrigen 6 Kranken trat die
Reaktion wieder auf, und stellten sich auch andere Manifestationen
der Syphilis ein. In 4 von diesen Fällen war die einverleibte Sal-
varsandosis eine unzureichende (0,35 — 0,7). Bei der sekundären und,
tertiären Syphilis konnte im allgemeinen konstatiert werden, dass
je früher und je energischer man an die Salvarsanbehandlung der
Lues herantrat, desto bessere und dauerhaftere Resultate in bezug
auf den Ausfall der Wa.R. erzielt wurden. Bei Syphilis des Nerven¬
systems zeigte es sich, dass die positive Wa.R. unter dem Einflüsse
der Salvarsantherapie in der ungeheueren Mehrzahl der Fälle in eine
negative umschlägt, und zwar unabhängig von der Applikationsweise
. März 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
> Salvarsans und nicht in strenger Abhängigkeit von der Grösse
• benutzten Dosis. Die nicht selten zu beobachtende Verstärkung
jr Reaktion nach der Einverleibung des Salvarsans besitzt nur
. en temporären Charakter. Bei syphilitischen Erkrankungen des
rvensystems schwindet die Wa.R. nach der Salvarsanbehandlung
eher und vollständiger als bei parasyphilitischen, bei der Tabes
salis rascher als bei der progressiven Paralyse; eine hochgradige
nähme oder ein Schwinden der Reaktion spricht daher dia-
istisch eher für Gehirnsyphilis als für Paralysis progressiva.
A. Antonowsky- Kronstadt : Lieber die Entkeimung von
inkwasser mittels minimaler Mengen von Chlorkalk. (Russky
ätsch 1912, No. 15 u. 16.)
Im Laboratorium des Nikolai-Marinehospitals zu Kronstadt an-
dellte Versuche ergaben, dass bei der Entkeimung von Trink-
sser vermittelst neutraler Chlorkalklösungen der wirksame Haupt-
: tor der Sauerstoff ist. Soll das bakterizide Vermögen des Bleich-
kes in wässerigen Lösungen voll zur Geltung kommen, so ist eine
ger dauernde Einwirkung unbedingtes Erfordernis, da bei kürz¬
ender Einwirkung geringer Chlorkalkmengen nur eine partielle
rnichtung der Mikroorganismen und eine Wachstumshemmung der
trigen statthat. Die Inaktivierung der Chlorkalklösungen mittels
::erschwefligsauren Natrons hebt nämlich die hemmende Wirkung
• unterchlorigsauren Salze auf, und die Keime beginnen nun von
nem zu wachsen. Ebenso bleibt die Virulenz der Bakterien nach
(vollständiger Einwirkung geringer Chlorkalkmengen unverändert.
s diesen Gründen vermag die bakteriologische Kontrolle, falls sie
die voraufgehende Entfernung der unterchlorigsauren Salze aus
: i zu untersuchenden Wasserproben vorgenommen wird, irre-
nrende Resultate aufzuweisen. Ausserdem ist im Auge zu be¬
llten, dass die Oxydabilität von Mikroorganismen eine weit ge-
gere ist als die faulender organischer Stoffe. Die von englischen
j amerikanischen Autoren angegebenen Chlorkalkdosen mit einem
i halt von 1 — 2 mg aktives Chlor pro Liter Wasser sind nur von
i ativer Bedeutung, denn ihre Höhe hat sich jedesmal nach dem
:ade der Oxydabilität des Wassers zu richten. Allerdings vermag
(' in bestimmten Zeitintervallen vorgenommene Zusatz von Kata-
latoren (Wasserstoffsuperoxyd, Mangansuperoxyd) die baktcrien-
i ende Wirkung kleiner Chlorkalkdosen zu steigern. In Anbetracht
; dieser Feststellungen ist nach Ansicht des Autors dem Zusatz
, inger Mengen von Chlorkalk nur die Bedeutung eines guten Hilfs¬
ittels bei der Reinigung des Trinkwassers nach den üblichen mecha-
ichen Verfahren zuzusprechen.
M. Nemenow-St. Petersburg; Ueber die Behandlung von
Bromyomen und Uterusblutungen mit Röntgenstrahlen. (Russky
'ratsch 1912, No. 16 u. 17.)
Auf Grund seiner Erfahrungen im Zentral-Röntgeninstitut der
i dizinischen Hochschule für Frauen zu St. Petersburg kommt der
tor zu folgenden Schlüssen : Die Röntgenbehandlung ist unbedingt
i liziert bei Gebärmutterblutungen der präklimakterischen Periode,
nald durch eine voraufgehende mikroskopische Untersuchung der
Lrusschleimhaut die Abwesenheit einer bösartigen Neubildung
i hergestellt ist. Fibromyomkranke, die an hochgradiger Anämie,
Myokarditis, Nephritis oder überhaupt an irgend einer Kom-
i kation leiden, welche die Operation zu einer gefährlichen macht,
len unbedingt der Röntgentherapie unterzogen werden. Besondere
rsicht bei der Röntgenbehandlung derartiger Patientinnen ist nur
nn vonnöten, wenn sie ein Alter von 40 Jahren nicht erreicht
ben. Handelt es sich um Fibromyome bei Kranken, die über
Jahre alt sind, so kann die Röntgentherapie mit gleichem Rechte
r Anwendung gelangen wie die Operation. Fibromyomkranke
Hoch, die das bezeichnete Alter noch nicht erreicht haben, sollen
Ir dann röntgenisiert werden, wenn die Blutungen sehr bedeutend
d und sie eine Operation entschieden ablehnen. Patientinnen mit
mukösen Myomen unterliegen der Röntgenbehandlung nicht. Bei
1 smenorrhöe und den Menorrhagien junger Frauen ist die Röntgen-
rapie indiziert, sobald keine anderen Mittel helfen wollen. Die
; lpingo-Oophoritis ist augenscheinlich ein für diese Behandlungs-
thode ungeeignetes Objekt.
J. I versen- St. Petersburg: Neosalvarsan. (Russky Wratsch
12, No. 17.)
1 versen wandte im städtischen Obuchow-Krankenhaus für
inner zu St. Petersburg das Neosalvarsan in 40 Fällem von Syphilis
ntlicher Stadien an. In einer Reihe von Fällen injizierte er das
ttel intramuskulär; diese Injektionen sind wenig schmerzhaft,
rden gut vertragen und verursachen nur geringfügige Infiltrate.
2 überwiegende Mehrzahl der Patienten jedoch erhielt das Präparat
ravenös. Die intravenösen Neosalvarsaninfusionen vertrugen die
unken ausserordentlich leicht, fast ohne jegliche Reaktion; nach
r ersten Infusion steigt die Temperatur auf 37,5 — 37,8°, manchmal
mmt dabei eine dünnflüssige Entleerung zur Beobachtung, während
brechen und Uebelkeit fast stets fehlen. Die zweite und die
genden Infusionen verlaufen reaktionslos. Nach dem Vorgang von
i h r e i b e r injizierte Iversen 4 mal der Reihe nach jeden 2. bis
Tag Männern je 0,75 — 1,2 g und Frauen je 0,6 — 0,75 Neosalvarsan.
>ch hält es der Autor für geratener, bei Frauen wie überhaupt bei
iwächlichen Kranken die Intervalle zwischen den Infusionen auf
3 Tage auszudehnen. Die Wirkung des Neosalvarsans auf die
philitischen Erscheinungen ist eine ganz ausgezeichnete, was wohl
uptsächiich dadurch bedingt ist, dass bei Benutzung des neuen
I niparates die Möglichkeit vorliegt, innerhalb eines kürzeren Zeit¬
raums eine weit grössere Menge des wirksamen Mittels in den
Organismus einzuführen. Von wesentlicher Bedeutung ist noch der
Umstand, dass im Neosalvarsan allem Anscheine nach uns ein Mittel
an .tli,e Hand gegeben ist, die gesteigerte Resistenz und Widerstands¬
fähigkeit, die die Syphilisspirochäten und Rekurrensspirillen nach der
ersten nicht durchschlagenden Salvarsanapplikation beim Rückfall
gewinnen, zu brechen und die Rezidive leichter zu beseitigen oder
gar völlig unmöglich zu machen. Alles in allem begrüsst Iversen
in der Entdeckung des Neosalvarsans einen grossen Fortschritt auf
dem Gebiete der Chemotherapie der menschlichen Spirillosen.
M. Isabolinsky und B. P a c e w i t s c h - Smolensk ; Die
Serodiagnostik des Milzbrandes nach A s c o I i. (Russky Wratsch
1912, No. 18.)
Die Ergebnisse ihrer im bakteriologischen Institut der Gouverne-
ments-Semstwo Smolensk ausgeführten Untersuchungen resümieren
die Autoren in folgenden Sätzen: Die Reaktion von Ascoli ist für
den Milzbrand spezifisch. Sie tritt nicht nur bei Benutzung frischer,
sondern auch in Fäulnis übergegangener, längere Zeit hindurch (bis
an die 40 Tage) aufbewahrter Organe auf. Sämtliche Organe und
Gewebe des an Milzbrand eingegangenen Tieres enthalten das für
die Reaktion erforderliche Präzipitinogen; doch ist der Ausfall der
Reaktion am markantesten und deutlichsten bei Verwendung eines
Extraktes aus der Milz. Erwärmung der Extrakte bis auf 70° und
des Serums bis auf 56° übt auf den Ausfall der Reaktion keinen ein¬
schneidenden Einfluss aus, obwohl ihr Auftreten etwas verzögert
wird. Erwärmt man jedoch die Extrakte bis auf 100° und das prä-
zipitierende Serum auf 60°, so fällt die A s c o 1 i sehe Reaktion
negativ aus. Je konzentrierter die Extrakte sind, desto schärfer
ausgeprägt pflegt die Reaktion zu sein und desto rascher stellt sie
sich ein. Zur Herstellung der Auszüge kann man gewöhnliches
destilliertes Wasser benutzen, doch müssen sie unbedingt farblos und
klar sein, da sonst eine richtige Bewertung des Ergebnisses un¬
möglich ist.
W. S s e m i o n o w - St. Petersburg: Die klinische Bedeutung
der Bestimmung des kolloidalen Stickstoffs im Harn nach S a 1 -
k o w s k i und K o j o für die Diagnose des Karzinoms innerer Organe.
(Russky Wratsch 1912, No. 18.)
In der inneren Klinik am Klinischen Institut der Grossfürstin
Helena Pawlowna zu St. Petersburg konnte der Autor feststellen,
dass bei gesunden Personen der Koeffizient von S a 1 k o w s k i und
Ko jo stets niedrig ist und höchstens 1,79 beträgt. Ein normaler
Koeffizient (unter 1,79) schliesst daher das Vorliegen einer krebsigen
Neubildung aus, bei der das stickstoffhaltige Kolloid im Harn stets
vermehrt ist. Eine Zunahme des kolloidalen Koeffizienten kann jedoch
auch bei anderen Erkrankungen (bei akuter Appendizitis, akuter
Endokarditis, Anämie, Diabetes und bei der Tuberkulose) angetroffen
werden. Somit ist ein gesteigerter Gehalt an kolloidalem Stickstoff
im Harn für Karzinom der inneren Organe nicht spezifisch.
M. M a r g u I i e s - St. Petersburg: Ueber die Anwesenheit
spezifischer Antikörper in dem Serum mit Salvarsan behandelter
Tiere. (Russky Wratsch 1912, No. 19.)
Margulies injizierte mit Trypanosomen infizierten Ratten
intraperitoneal das Serum von Ratten, die mittels Salvarsans von
Ti ypanosomiasis geheilt worden waren. Gleichzeitig wurde behufs
Kontrolle mit Trypanosomen infizierten Tieren das Serum gesunder
Ratten eingespritzt, die trotzdem ebenfalls Salvarsan einverleibt er¬
halten hatten. Im ersteren Falle trat eine ausgesprochene kurative
Wirkung ein: am 5. — 6. Tag verschwanden die Trypanosomen, aber
nach einiger Zeit fanden sie sich von neuem ein, es hatte sich somit
ein Rezidiv eingestellt. Im zweiten Falle kam nicht die geringste
Heilwirkung zur Beobachtung. Die Schutzwirkung des Serums der
mittels Salvarsan geheilten Ratten äusserte sich darin, dass die
Inkubationsperiode von 24 — 48 Stunden bis auf 26 Tage ausgedehnt
wurde; eine Erkrankung trat dennoch unweigerlich ein. Diese Ver¬
suche sollen beweisen, dass das Salvarsan im Blute die Bildung
spezifischer Antikörper — höchstwahrscheinlich von Antiendotoxinen
infolge rascher und energischer Parasitolyse — hervorrufe und dass
das diese Substanzen enthaltende Serum schwache präventive und
kurative Eigenschaften besitze.
P. Gluschkow- Kasan : Die Autoserotherapie bei der Be¬
handlung der Gonitis. (Russky Wratsch 1912, No. 19.)
In 2 Fällen von Hydrops des Kniegelenks wandte der Autor in
der chirurgischen Abteilung des Militärhospitals zu Kasan mit
glänzendem Erfolg die Autoserotherapie nach Gilbert an. In dem
einen Falle konnte trotz 132 Tage langer Behandlung mit den üblichen
Mitteln und Verfahren ein befriedigendes Resultat nicht erzielt
werden: das Exsudat im Gelenke wollte nicht schwinden. Nach An¬
wendung der Autoserotherapie (subkutane Injektion von 2 ccm des
serofibrinösen Gelenkinhalts) begann das Exsudat sich allmählic n z
verringern un$ war nach 12 Tagen vollständig resorbiert, in dem
anderen Falle wurden unter Umgehung jeder sonstigen Therar \ den.
Kranken 8 ccm des Exsudates subkutan injiziert, worauf nach
15 Tagen das Exsudat völlig geschwunden war.
A. Iljin-St. Petersburg: Ueber die aszendierendc Infektion
der Nieren nach Implantation der Harnleiter in den Darm und ihre
Bekämpfung durch Schutzimpfung und Vakzinetherapie. (Russky
Wratsch 1912 No. 21.)
664
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
Bei 1 1 Kranken, an denen die Operation der Ureterimplantation
in den Darm ausgeführt worden war und die sämtlich die Symptome
einer Pyelitis oder Pyelonephritis darboten, wandte der Autor an¬
gesichts der Erfolglosigkeit der gewöhnlichen therapeutischen Mass¬
nahmen die Vakzinebehandlung (Kolivakzination) an. Das Ergebnis
der Impfbehandlung war, dass in 2 Fällen (Pyelitis und Pyelo¬
nephritis) sämtliche Anzeichen einer Nierenaffektion vollkommen
schwanden, in einem Falle (Pyelitis) eine hochgradige Besserung
eintrat und in einem Falle (akute Pyelitis) von der Vakzination Ab¬
stand genommen werden musste. Da bei der Implantation der Harn¬
leiter die Möglichkeit, dem Eintritt einer Nierenaffektion vorzubeugen
oder sie wenigstens beträchtlich abzuschwächen, von viel grösserem
Werte wäre als eine nachträgliche Behandlung, so stellte lljin eine
Reihe von Tierversuchen an, um die Bedeutung der Schutzimpfung
bei der Ableitung des Harns in den Darm klarzulegen. Ein Teil der
Tiere wurde mit reinem Kolivakzin, der andere mit einem Gemisch
aus Kolivakzin und polyvalentem Staphylokokkenvakzin vor¬
behandelt. Von den 7 Hunden mit beiderseitiger Ureterimplantation
gingen nun 2 kurz nach der Operation an zufälligen Ursachen zu¬
grunde, während die übrigen 5 weder an eitriger Peritonitis, noch
an akuter eitriger Pyelonephritis erkrankten. Diese überraschend
günstigen Ergebnisse sind wohl gänzlich auf Rechnung der Schutz¬
impfung zu setzen.
A. S s o 1 o w j e w - St. Petersburg: Klinische Beobachtungen
über die Wirkung des Neosalvarsans. (Russky Wratsch 1912, No. 21.)
In der Klinik für Hautkrankheiten am Institut für experimentelle
Medizin zu St. Petersburg führte der Autor an 67 Syphiliskranken
105 Neosalvarsaninjektionen aus. Als Vorzüge des Neosalvarsans
hebt Ssolowjew hervor: 1. es ist in destilliertem Wasser äusserst
leicht löslich, so dass die ganze komplizierte Prozedur der Auflösung,
zu der häufig Glasperlen erforderlich sind, wegfällt: 2. es ist schon
an und für sich von neutraler Reaktion, so dass die umständliche
Arbeit der Alkalisierung der Lösungen überflüssig ist? 3. es wirkt in
den gleichen Mengen wie das Altsalvarsan, sogar stärker, so dass
man in Anbetracht der Gewichtsverhältnisse die Dosis des Neo¬
salvarsans um das l1/« fache steigern kann; 4. gelangt es zufällig ins
Gewebe, so reizt es dieses nicht so stark und kann daher auch mit
bestem Erfolg zu intramuskulären Injektionen benutzt werden.
W. Zdrawosmysslow - Perm : Versuch der Darstellung
eines antitoxischen Scharlachserums und seiner klinischen An¬
wendung. (Russky Wratsch 1912, No. 23.)
Von der Ueberzeugung ausgehend, dass der Streptokokkus nicht
nur Endotoxine enthalte, sondern auch freie Toxine in vitro pro¬
duziere, züchtete der Autor Scharlachstreptokokken auf Martin-
scher Bouillon, hielt die Kulturen 7—12 Tage lang im Brutschrank
und filtrierte sie sodann. Das Filtrat wurde auf Toxizität an Meer¬
schweinchen, weissen Ratten und Kaninchen geprüft. An den weissen
Ratten und Meerschweinchen gelang es nicht die geringste Gift¬
wirkung nachzuweisen, während an den Kaninchen, allerdings erst
bei intravenöser und intraperitonealer Injektion von 5,0 — 10,0 des
Filtrats, Temperatursteigerung und Gewichtsverlust zu konstatieren
waren; mehrere Tiere gingen auch ein, die Mehrzahl jedoch blieb
am Leben. Der Verf. glaubt sich zu dem Schlüsse berechtigt, dass
in dem Filtrate der Streptokokkenkulturen doch ein Gift vorhanden
sei, dass aber die meisten Versuchstiere eine mehr oder minder
hochgradige natürliche Immunität gegenüber diesem Streptokokken¬
toxin besitzen. Hierauf ging er dazu über, Pferde mit dem angeb¬
lichen Toxin zu immunisieren, offenbar wohl um ein antitoxisches
Scharlachserum zu gewinnen, er injizierte jedoch neben dem Filtrat
auch noch lebende Streptokokkenkulturen, so dass die Existenz eines
echten Toxins und eines heilkräftigen antitoxischen Streptokokken-
serums wieder in Frage gestellt wird. Mit dem gewonnenen Serum
behandelte Zdrawosmysslow 7 Scharlachkranke, die, wie es
scheint, alle genasen.
A. Timofe jewsky-Tomsk: Die Anwendung der Methode
der Blutkörperchenzählung für das Studium des Knochenmarks.
(Russky Wratsch 1912, No. 24.)
Ausstrichpräparate, die aus einem Gemisch von Knochenmark
mit 2 oder 3 Teilen physiologischer Kochsalzlösung angefertigt
weiden, sind unvergleichlich besser als Präparate aus unverdünntem
Knochenmark. Auf Strichpräparaten aus verdünntem Material sind
die Prozentverhältnisse der einzelnen Zellarten leicht festzustellen,
da die geformten Elemente nicht dicht zusammengedrängt sind und
deutlich zur Anschauung kommen. Für ein genaueres Studium der
Zusammensetzung des lymphoiden Knochenmarkes ist noch die
Methode der Zählung der geformten Elemente mit Hilfe der gewöhn¬
lichen Mischer und der Zählkammer von grossem Wert. Untersucht
man nun nach diesen beiden Verfahren das normale Rippenknochen¬
mark vom Hunde, so zeigt sich, dass seine Zusammensetzung eine
recht konstante ist, und zwar enthält das Knochenmark im Durch¬
schnitt in 1 cmm 1 184 000 Erythrozyten, 674 000 Erythroblasten und
1 113000 Leukozyten. Bei künstlich (durch wiederholte Aderlässe
wie durch Phenylhydrazinvergiftung) hervorgerufenen akuten
Anämien beginnen die Erythroblasten sich schnell zu vermehren und
erreichen ihre Höchstzahl am 10. — 11. Tage nach Einleitung des Ver¬
suches, wobei sie auch in vermehrter Anzahl im strömenden Blute
auftreten, -während die Leukozyten gleichzeitig im Knochenmark
abnehmen, obwohl im Blute eine beträchtliche Leukozytose herrscht.
Im Hungerzustande wird eine hochgradige Abnahme der Anzahl der
Erythroblasten des Knochenmarkes beobachtet, während von seitei
der Leukozyten keine besonderen Veränderungen vorliegen und di
Erythrozyten eher an Zahl zunehmen.
A. G o 1 d b e r g - Moskau : Die Radiuinemanation als Heilmita
bei Rheumatismus und Gicht. (Russky Wratsch 1912, No. 24.)
Zur Behandlung gelangten ca. 30 Personen, die an gichtische;
und rheumatischen Erkrankungen von verschiedener Dauer un
Schwere litten. Alle wurden sie ambulatorisch einer Trinkkur unter
zogen, und zwar erhielten die Patienten 1000 Macheeinheiten tüglic
in V2 Liter Wasser. Die Behandlungsresultate waren im allgemeine
recht gute. Mit keinem der bis dahin benutzten Mittel war bei der
artigen Kranken auch nur ein annähernd gleich guter Erfolg zu er
zielen gewesen. Der Autor kommt daher zu dem Schluss, dass wi
bei Gelenkleiden rheumatischer und gichtischer Natur in der Radium
emanation ein sehr wirksames Heilmittel besitzen, ln leichten Fälle
ist fast stets völlige Genesung oder bedeutende Besserung zu kon
statieren. ln Fällen jedoch mit erheblichen anatomischen Verl
änderungen ist natürlich auf eine Restitutio ad integrum der Knoche1
und Knorpel nicht zu rechnen, aber die entzündlichen Veränderunge!
der Weichteile verlieren sich meist. Ein Schwinden oder eine Ab
nähme der Schmerzen wird in fast sämtlichen Fällen beobachte-
S. Ab u 1 0 w- Baku: Ueber die Behandlung gonorrhoischer Er
Kränkungen mit Antigonokokkenserum. (Russky Wratsch 1912. No. 25
Insgesamt wurden 7 Fälle mit dem Parke Davissche
Antigonokokkenserum behandelt. Die Injektionen, die jeden 2. odei
3. Tag subkutan ausgeführt wurden, sind fast völlig schmerzlos, habe;
jedoch fast stets entweder eine lokale oder allgemeine Urtikaria zu.
Folge. Temperatursteigerungen kommen nach den Einspritzunge!
nur ausnahmsweise zur Beobachtung. Was die Heilwirkung de-
Serums anlangt, so wurde das beste Behandlungsresultat bei -de!
chronischen Arthritis vermerkt. Bei der gonorrhoischen Urethriti
scheint das Antigonokokkenserum den Krankheitsverlauf leichter zi
gestalten; die günstige Wirkung äussert sich insbesondere in einer,
raschen Schwinden der schmerzhaften und sonstigen unangenehmer
lästigen Empfindungen in der Genitalsphäre. Die Gonokokken selb;-
werden jedoch wieder in akuten, noch in chronischen Fällen vo
Gonorrhöe vom Serum irgendwie merklich beeinflusst. Das Ant
gonokokkenserum kann somit nur als Hilfsmittel bei der Behandlun
der gonorrhoischen Erkrankungen dienen und ist neben den lokale
und allgemeinen Behandlungsmethoden anzuwenden.
M. Czernorutzky-St. Petersburg: Ueber den Einfluss de
Nukleinsäure auf die fermentativen Vorgänge im tierischen Orga
nismus. (Wratschebnaja Gazeta 1912, No. 14 und 15.)
Angesichts der immer wachsenden therapeutischen Bedeutun
der Nukleinsäure, insbesondere in Form ihres Natriumsalzes, untei
suchte der Autor an jungen Hunden den Einfluss des intravenö
intraperitoneal oder subkutan applizierten Acid. nucleinicum auf de
Gehalt der Leber, der Milz, des Gehirns, der Nieren, Lungen, de
Skelettmuskulatur und der Gl. thyreoidea an Protease (Tryptase;
Amylase, Diastase, Katalase, Nuklease und Lipase; ausserdei
wuiden noch einige Organe auf ihren Gehalt an Lezithase untersuch
Die Versuche ergaben, das die in den tierischen Organismus eingt
führte Nukleinsäure auf seine fermentativen Funktionen einen merl
liehen Einfluss ausiibt. Die geringste Reaktion von seiten der fei
mentativen Funktion des Organismus wird allem Anscheine nach b.
der subkutanen Applikation des Mittels, die grösste hingegen bei de
intravenösen beobachtet. Von den Fermenten weist die stärkste
Veränderungen in seinem Wirkungsvermögen das amylolytiscl
Ferment auf. Von den Organen werden die erheblichsten Veräi
derungen im Sinne einer Steigerung der fermentativen Energie ii
Gehirn (für die Amylase um das 400 fache, für die Diastase um d;
44 fache, für die Protease um das 10 fache der Norm), ferner in
Lungen, in den Muskeln und schliesslich in der Schilddrüse konst;
tiert. Sowohl nach der Anzahl der beeinflussten Fermente als auc
hinsichtlich des Grades der Veränderung ihres Wirkungsvermögei
nimmt das Gehirn unter den übrigen Organen eine Sonderstellui
ein. Vielleicht steht die mehrfach konstatierte, überaus günstig
Wirkung des nukleinsauren Natriums auf die progressive Paraly:
mit dieser Tatsache in einem gewissen Zusammenhang.
D. O r u d s c h i e w - Würzburg: Die diagnostische Bedeutur
der Leukopenie beim Abdominaltyphus. (Wratschebnaja Gaze
1912, No. 15.) fl
An seinen Patienten konnte der Autor bei normal verlaufende.
Abdominaltyphus ein sehr charakteristisches Bild feststellen. Vo
ersten Beobachtungstage ab bieten die Typhuskranken bereits eii
mehr oder minder stark ausgeprägte Hypoleukozytose dar. Die:
Leukopenie erreicht ihren tiefsten Stand in der zweiten, sowie
der dritten Krankheitswoche, um von da an ununterbrochen wiedi
anzusteigen. Ein Vergleich der Leukozyten- mit der Temperatu
kurve ergibt, dass beim Ansteigen der Temperatur die Anzahl d.
weissen Blutkörperchen abnimmt, sobald jedoch die Körperwärn
zu sinken beginnt, die Leukozytenkurve sogleich in die Höhe ge
und bei unkompliziertem Typhusverlauf die Norm erreicht oder sog;
übersteigt. Was die Ursache für dieses Verhalten der farblosen Bin
zellen anlangt, so gewann der Autor aus seinen Tierversuchen d<
Eindruck, dass eine temporäre Abnahme der Leukozyten resp. eij
Leukopenie alle diejenigen Bakterien hervorzurufen vermögen, d
unter normalen und pathologischen Verhältnissen den Darm b
5. März 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 665
ülkern, insbesondere das Bact. coli, der Bac. typhi, petrificus,
ysenteriae, die Choleravibrionen u. dergl.
N. S s y r e n s k y - St. Petersburg: Ueber den Gehalt der Sera
;i Abclominaltyphus und kruppöser Pneumonie an hämolytischem
ompleinent. (Wratschebnaja Gazeta 1912, No. 16.)
Die im Institut für experimentelle Medizin zu St. Petersburg
isgefiihrten Untersuchungen ergaben, dass in den Seren an krup-
■sen Pneumonien und an Unterleibstyphus Kranker hämolytisches
oinplement in grösserer Menge enthalten ist als im Serum gesunder
ersonen. Ein gesteigerter Komplementgehalt ist auch einige Zeit
ach der Genesung vom Abdominaltyphus (noch 3 — 4 Wochen später)
achzuweisen. Im Gegensatz zu dieser Erkrankung scheint der
omplementtiter einige Zeit nach der kritischen Lösung der krup-
ösen Lungenentzündung die Neigung zu besitzen, entweder zur
orm zuriickzukehren oder sogar etwas unter die Norm zu sinken.
A. Simin -Tomsk: Zur Lehre von der Resorption aus der
auchhöhle. (Wratschebnaja Gazeta 1912, No. 22.)
Angesichts der Erkenntnis, dass die beschleunigte Resorption
us der Bauchhöhle eines der bedrohlichsten Momente bei der
itrigen Bauchfellentzündung darstellt und die Gefahr einer Bak-
jriämie und Toxämie heraufbeschwört, geht die moderne Be-
ämpfung der Peritonitis unter anderem darauf aus, die Resorption
on Bakterien und ihren Stoffwechselprodukten aus der Bauchhöhle
urch intraperitoneale Applikation verschiedener MitteL-möglichst zu
eschränken. Als resorptionsbeschränkendes Mittel erprobte nun
er Autor im Tierversuch hypertonische (bis an 10 proz.) Kochsalz-
isungen. Die Versuche stellte er an Hunden und an Meerschwein-
lien an. Den Hunden wurden intraperitoneal verschieden grosse
losen von Atropinum muriat. in Chlornatriumlösungen verschiedener
Konzentration injiziert. Die Versuche zeigten, dass mit Steigerung
er Konzentration des Salzes die Schnelligkeit der Resorption des
tiopins abnahm. Den Meerschweinchen wurde Diphtherietoxin in
Kochsalzlösung eingespritzt. Diese Experimente ergaben, dass die
leichzeitige Injektion von Diphtherietoxin und hypertonischer Salz-
isung die Tiere vor der Vergiftung zu retten vermag, und dies um
o sicherer, je höher die Konzentration der Lösung ist. Die Er-
lärung für diese Erscheinung läge wohl darin, dass entweder die
lesorption des Toxins gehemmt wird und somit in der Zeiteinheit
ine ganz geringfügige, unschädliche Giftmenge im Blute zirkuliert,
der aber, dass die Einführung hypertonischer Lösungen in die
Bauchhöhle eine Transsudation seröser Flüssigkeit und eine lokale
.eukozytose bewirkt, die das Toxin unschädlich macht. Der Autor
laubt, dass seine Versuche eine praktische Bedeutung gewinnen
önnen.
B. D r o b n y - Odessa : Die Behandlung der Gonorrhöe und ihrer
(omplikationen mit Gonokokkenvakzin. (Wratschebnaja Gazeta,
912, No. 24.)
Der Autor behandelte 136 Fälle von bakterioskopisch und bak-
eriologisch sichergestellten Gonokokkenerkrankungen mit (nicht
utogenem) Vakzin. Der opsonische Index wurde nicht bestimmt,
vozu. nach Drobnys Meinung, bei der Behandlung von gonor-
hoischen Affektionen gar keine Notwendigkeit vorliegt. Die Behand¬
lung selbst ist absolut ungefährlich; die klinischen Erscheinungen ge-
vühren die volle Möglichkeit, jeden Fall zu individualisieren und die
)osis des Vakzins, sowie die Intervalle zwischen den Injektionen
Icmentsprechend zu variieren. Die durch die Impfungen hervor-
.erufenen Allgemeinerscheinungen geben niemals ein Hindernis für
lie Fortsetzung der Vakzinebehandlung ab. Was die Heilerfolge
uilangt, so war zu konstatieren, dass das üonokokkenvakzin auf die
:onorrhoischen Erkrankungen von Organen und Geweben spezifisch
unwirkt. Auf die gonorrhoischen Schleimhautenziindungen dagegen
’bt das Vakzin keinen Einfluss aus; dessenungeachtet ist nach An-
icht des Autors gleich vom Beginn einer Trippererkrankung an die
/akzinetherapie einzuleiten, da bei dieser Behandlungsmethode die
ionokokkeninfektionen keine Komplikation in ihrem Verlaufe auf-
\ eisen. Am erfolgreichsten ist die kombinierte Behandlung sowohl
ler frischen Gonorrhöe als auch der Folgekrankheiten.
A. P e s s k o w - Moskau : Die Eiweissreaktion des Sputums und
hrc praktische Bedeutung. (Prakticzesky Wratsch 1912, No. 16
md 17.)
Auf Grund von 67 Sputumuntersuchungen an 65 Kranken ge-
vann der Autor die Ueberzeugung, dass die Eiweissreaktion ohne
Zweifel eine diagnostische Bedeutung besitzt, und zwar ist es haupt-
-achlich ihr negativer Ausfall, der zur Differenzierung des Initial-
uadiums der Tuberkulose von der gewöhnlichen Bronchitis heran-
;e;:ogen werden kann. Ist das Ergebnis ein völlig negatives, so sind
nit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit destruktive Prozesse
m Lungenparenchym (insbesondere Tuberkulose) auszuschliessen.
Arid nur Spuren von Eiweiss im Sputum vorhanden, so scheint dies
un häufigsten ebenfalls für die Benignität des Prozesses zu sprechen,
in stark ausgeprägter positiver Ausfall der Reaktion bei Abwesen¬
heit objektiver Veränderungen in den Lungen soll stets den Ge-
Janken an die Möglichkeit eines akuten oder chronischen latenten
pneumonischen Herdes nahelegen.
N. G o 1 u b o w - Moskau : Die Septikämie als häufiger Gast in
4er Familie der übrigen Infektionskrankheiten. (Prakticzesky
Wratsch 1912, No. 21.)
Prof. Golubow macht darauf aufmerksam, dass an die
Existenz einer nicht chirurgischen Sepsis häufig nicht gedacht wird.
Er selbst hat sich davon überzeugen können, dass diese Erkrankung,
besonders in ihrer leichteren Form, sehr häufig vorkommt. Während
der letzten Jahre hat er in seiner Konsultationspraxis 20 Fälle von
Septikämie beobachtet, von denen 7 schwere mit dem Tode endeten
und die übrigen genasen. In deutlich ausgesprochenen, markanten
Fällen, besonders in solchen, wo die Eintrittspforte der Infektion
offen zutage liegt, bietet die Diagnose einer septischen Erkrankung
keine grossen Schwierigkeiten dar. In den leichteren, schwächer
ausgeprägten Fällen ohne charakteristische, pathognomonische Mani¬
festationen hingegen ist die Diagnose weit schwieriger. Die Diagnose
wird gestellt erstens auf Grund eines genauen Studiums der Ent¬
wicklung und des Verlaufes der Krankheit. Eine eingehende
Anamnese vermag meist einen wertvollen Hinweis auf den ursprüng¬
lichen Prozess, von dem die Sepsis ihren Ausgang genommen hat,
zu geben; von den 20 beobachteten Fällen erwies sich in 7 der
Rachen als Eintrittspforte; hier hatte die Krankheit mit einer Angina
begonnen. Zweitens ist für die Diagnose eine eingehende, möglichst
allseitige bakteriologische Untersuchung erforderlich. Drittens sind
alle übrigen Infektionskrankheiten auszuschliessen; wenn in unklaren
Fällen Abdominaltyphus und die Paratyphen, Influenza, Malaria,
andere allgemeine oder lokale Erkrankungen, die ein ähnliches Bild
darbieten können, auszuschliessen sind, so liegt wohl eine Sepsis vor,
was in der Regel durch den weiteren Verlauf der Krankheit, durch
die weitere Untersuchung und Beobachtung bestätigt wird, Bakterien
im Blute sind nur in schweren Fällen nachweisbar; ein negativer
Blutbefund ist somit nicht so sehr für die Diagnose, als vielmehr für
die Prognose verwertbar. Der Erreger der nichtchirurgischen Sepsis
ist meist der Streptokokkus. Eine Besonderheit mancher lokaler Er¬
scheinungen und Komplikationen der Sepsis, speziell der leichten
Form, wie der geringen Pleuritiden, der pneumonischen Herde be¬
steht darin, dass sie sich häufig durch raschen Ablauf und Fugitivität
auszeichnen. Auch ist die grosse Häufigkeit nephritischer Erschei¬
nungen auch bei der leichtesten Septikämie bemerKenswert. Seine
Auseinandersetzungen illustriert der Autor durch eine Reihe sehr
lehrreicher Krankengeschichten.
L. K o g a n - Sebastopol: Beobachtungen über Scharlachschutz¬
impfungen. (Prakticzesky Wratsch 1912, No. 24.)
Als im März 1908 der Scharlach in Sebastopol den Charakter
einer Epidemie annahm, führte der Autor an sämtlichen Pfleglingen
eines Mädchenasyls Scharlachschutzimpfungen mit dem Strepto¬
kokkenvakzin von Gabritschewsky aus. Jedes der 62 Kinder
wurde 2 mal mit einem Intervall von 5 Tagen geimpft. Dip Dosis
betrug für die erste Vakzination halb so viel Dezigramme, als das
Kind Jahre zählte; für die zweite Impfung wurde meist die doppelte
Anfangsdosis genommen, die jedoch nie 1 g überstieg. Eine schwache
Temperatnrreaktion wurde bei 48 Mädchen, eine mittelstarke bei 12,
eine starke bei 2 beobachtet. Angina und Exanthem traten bei
9 Kindern auf, Erbrechen in 2 Fällen. Die zweite Impfung verlief
stets völlig reaktionslos. Von 1908 bis 1911 blieben die vakzinierten
Kinder gänzlich von Scharlach verschont. Im letztgenannten Jahre
brach in der Stadt wiederum eine heftigere Epidemie aus, und nun
erkrankten von 26 neu ins Asyl aufgenommenen nichtgeimpften Pfleg¬
lingen 8 (über 30 Proz.). während von den vakzinierten 62 Mädchen
bloss 2 (ca. 3 Proz.) sich mit Scharlach infizierten.
W. Minz- Moskau: Ueber die Skopolamin-Pantopon-Aether-
narkose. (Therapevticzeskoje Obosrenije 1912, No. 7.)
Auf Grund seiner Erfahrungen in 40 Fällen erklärt der Autor,
dass er von der kombinierten Skopolamin-Pantopon-Aethernarkose
einen sehr günstigen Eindruck gewonnen hat. Die Narkose selbst ver¬
läuft glatt, ohne durch Zwischenfälle gestört zu werden. Die Nach¬
schmerzen, die sich nach gewöhnlichen Inhalationsnarkosen und ganz,
besonders nach der Medullaranästhesie mit solcher Heftigkeit geltend
machen, sind hier auffallend gering. Die genannte kombinierte Nar¬
kose gewährt die Möglichkeit, vom Chloroform abzusehen und sich
mit verhältnismässig geringen Aethermengen zu begnügen, wobei
der Schlaf zwar oberflächlich, jedoch für die Vornahme der Operation
genügend tief ist. Bei irgend welchen Defekten in den Respirations¬
organen ist die in Rede stehende kombinierte Narkose lieber zu ver¬
meiden. . ...
E. W a i n s t e i n - Odessa : Die Vakzinationstherapie bei einigen
gynäkologischen Erkrankungen. (Therapevticzeskoje Obosrenije
1912, No. 12.)
Das Material des Autors umfasst 108 Fälle von Vulvovaginitis
bei Kindern, 54 von Urethritis gonorrhoica bei Frauen, 42 Fälle von
Salpingitis gonorrhoica, 24 von Endozervizitis, 14 von Cystitis coli-
bacillaris, 2 von Parametritis exsudativa und 1 Fall von Pyelitis
staphylococcica, insgesamt 245 Fälle, die mit den entsprechenden
Vakzinen behandelt wurden. Ein positives Resultat wurde bei
212 Kranken erzielt, d. i. in 86,5 Proz. der Fälle. Von ihnen war bei
152 Patientinnen (62 Proz.) völlige Heilung und bei 60 (24,5 Proz.)
bloss eine mehr oder minder ausgeprägte Besserung zu konstatieren.
Nur in 33 Fällen (13,5 Proz.) war das Ergebnis ein negatives. Die
besten Resultate weisen solche Fälle auf, wo die Erkrankung mehr
frisch ist, jedoch nicht geradezu akut und wo keine Temperatur¬
steigerung vorhanden ist. Hinsichtlich der Ausdehnung des krank¬
haften Prozesses ist zu bemerken, dass die besten Ergebnisse beim
Vorliegen umschriebener Herde zu erzielen sind. Unter dem Ein¬
flüsse des Gonokokkenvakzins werden die Narben in den Scheiden¬
gewölben weicher, nachgiebiger, verschwindet die Schmerzhaftigkeit
6 66 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. p
und werden die Patientinnen wieder arbeitsfähig:. Ferner bewirken
die entsprechenden Impfstoffe ein Verschwinden der Gonokokken aus
dem Urethral- und dem Vaginalsekret (bei Vulvovaginitis), sowie der
Pneumokokken aus den Zervikalausscheidungen. Die Injektionen
sind abgesehen von einem geringen und rasch vorübergehenden
Schmerz an der Einstichstelle sonst schmerzlos. Temperatursteige¬
rungen nach den Einspritzungen kommen nur bei manchen Gonorrhöe¬
kranken vor. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass die Vakzine¬
behandlung stets absolut unschädlich, meist sehr wirksam, mitunter
jedoch nur als Hilfsmittel für die kombinierte Therapie anzuwen¬
den ist.
Th. Johannsen- Moskau : Ueber die Pantopon-Skopolamin-
narkose. (Medizinskoje Obosrenije 1912, No. 8.)
Erfahrungen in 50 Fällen von gynäkologischen Operationen zeig¬
ten folgendes: Die Injektion von Pantopon-Skopolamin versetzt die
meisten Kranken in einen apathischen Schlummerzustand, wodurch
die Furcht vor der bevorstehenden Operation beseitigt wird. Ferner
wird hierbei die Dauer des Beginnes der Narkose abgekürzt und die
Menge des hierfür verbrauchten Aethers in der Regel stark ver¬
mindert. Trotz alledem gelang es dem Autor nicht, gynäkologische
Operationen unter Skopolamin-Pantopon allein, ohne Hilfe von Aether,
auszuführen. Dennoch genügt es bei vaginalen Operationen, die
Aethernarkose nur bis zum Schwinden der Kornealreflexe fortzu¬
führen, wonach nur ganz geringfügige Mengen von Aether erforder¬
lich sind oder man auch unter Umständen ganz ohne ihn auskommen
kann. Sogar bei Laparotomien wird während der Operation nur ver¬
hältnismässig wenig Aether verbraucht. Der Schlaf ist während der
Narkose tief, ruhig und geht nicht mit Speichelfluss einher; Puls und
Atmung erleiden nicht die geringsten Störungen. Nach der Operation
ist fast einen Tag lang bei den Kranken die Schmerzempfindlichkeit
herabgesetzt. Erbrechen wird nur ausnahmsweise beobachtet.
L. Fe 1 d m a n n - Moskau : Klinische Beobachtungen über das
diastatische Ferment im Harn. (Medizinskoje Obosrenije 1912,
No. 12.)
In der propädeutischen Klinik der Hochschulkurse für Frauen
in Moskau untersuchte der Autor bei 88 Kranken und 6 Gesunden
den Harn auf die Anwesenheit von diastatischem Ferment. Die
Untersuchungen ergaben, dass in jedem Harn normalerweise das ge¬
nannte Ferment vorhanden ist. Bei Nephritis, Diabetes und Anämie
ist die Menge des diastatischen Fermentes im Urin herabgesetzt.
Doch konnte ein Parallelismus zwischen der Schwere der Nierenent¬
zündung und dem Gehalt des Harnes an dem bezeichneten Ferment
nicht nachgewiesen werden. Auch fand der von Marino ange¬
gebene Parallelismus zwischen der Anzahl der Erythrozyten und der
Menge des diastatischen Fermentes im Urin keine Bestätigung. Die
Abnahme des Fermentes im Harn bei Herz- und Gefässerkrankungen
spricht allem Anscheine nach für eine funktionelle Insuffizienz der
Nieren. In Anbetracht dieses Umstandes kann die Bestimmung des
diastatischen Fermentes in dem aus jeder Niere gesondert aufge¬
fangenen Harn als Verfahren für die Feststellung der funktionellen
Leistungsfähigkeit der Niere dienen. Eine hochgradige Steigerung
des Gehaltes an dem in Rede stehenden Ferment ist ein wertvolles
diagnostisches Symptom bei Erkrankung des Pankreas.
M. S c h w a r z - Charkow: Ueber die Komplementbindung bei
der Diagnose des Rotzes. (Charkowsky medizinsky Journal 1912,
No. 4.)
Der Autor konnte sich davon überzeugen, dass die Komplement¬
bindungsreaktion für die Diagnose des Rotzes vollkommen geeignet
ist. Nur muss man bei der praktischen Verwendung dieser Methode
für die Rotzdiagnose das suspekte Serum gleichzeitig an zwei Anti¬
genen prüfen: an Mallein und an abgetöteten Rotzbazillenkulturen.
Das Serum absolut gesunder Pferde weist weder mit einem Antigen
aus abgetöteten Rotzbazillen noch mit Mallein Komplementbindung
auf. Die Malleinisierung zu diagnostischen Zwecken wirkt auf die
Reaktion in positiver Richtung nicht ein. Wohl aber wird die Re¬
aktion ungünstig beeinflusst, falls das Serum einem fiebernden
Pferde entnommen wird; deshalb ist erst das Schwinden des fieber¬
haften Prozesses abzuwarten und sodann das Serum zu untersuchen.
A. Dworetzky - Moskau.
Inauguraldissertationen.
Universität Berlin. Februar 1913.
Putzig Hermann: Die Aenderung der Pulsfrequenz durch die
Atmung.
Bingold Konrad: Beitrag zur diffusen Knochenlues.
Ewer Hermann: Die wichtigsten Zucker des Harns und ihre Unter¬
scheidung mittels ihrer Farbenreaktionen, speziell der erweiterten
Neumann sehen Reaktion.
v. Gutfeld Fritz: Die regionären Lymphdriisen bei Carcinoma
uteri mit besonderer Berücksichtigung der epithelialen Einschlüsse.
Bidgenbach Robert: Der Einfluss der Narkotika auf die Immunität
mit einleitender Uebersicht über die Theorien der Narkose.
Clement Felix: Ueber Blutungen aus dem Ohre.
Ho Ich Julius: Versuche zur Kenntnis des Nahschusses mit der
7,65 mm Browningpistole.
Graff Hubert: Ueber Schussverletzungen des Unterkiefers und
ihre Behandlung.
Lang Gerhard: Die Gefässverletzungen im modernen Kriege und
ihre Behandlung.
Seit ler Otto: Ueber die Aetiologie des akuten Gelenkrheumatismus
in der deutschen Armee.
Iselsohn Fritz Joachim: Ueber Blutungen bei Neugeborenen mi1
besonderer Berücksichtigung der Melaena neonatorum.
Poljak Saul-Schabse: Die klinische und physiologische Bedeutung
der Chromozystoskopie auf Grund der einschlägigen Literatur.
Marsch Erich: Experimentelle Untersuchungen über die Einwirkung
der Gastroenterostomie auf das Magengeschwür.
Moewes Kurt: Quantitative Eiweissbestimmungen im Harn und
ihre praktische Brauchbarkeit.
Frosch Julius: Ueber Leberabszess.
Schlesinger Farin: Ueber die Farbe des Harns und die Urobilin-
urie bei Scharlach.
Hübners Arthur: Zur Aetiologie des Riesenwuchses mit Berück¬
sichtigung seiner forensischen Bedeutung.
Bergmann Emmy: Ueber Psoriasis und Gelenkerkrankungen.
Kosminski Erich: Die Röntgentherapie der Myome.
Neckarsulme r Karl : Ueber Plasmome des Skeletts.
Dohme Bruno: Die Indikationsstellung zur künstlichen Unter-;
brechung der Schwangerschaft bei Lungentuberkulose und Herz¬
leiden.
Krüger Harald: Ueber die polyartikuläre Form der Gicht.
Kühn Hermann: Zur Kasuistik der Harnblasentumoren.
Naucke Johannes: Ueber hereditäre, kartilaginäre, multiple1
Exostosen.
Hamm Peter: Operationstechnische Betrachtungen über vaginale
Myomoperationen auf Grund von 374 Fällen vaginaler Myom¬
operationen.
Seele Walter: Ueber die in der deutschen Armee in den letzten
12 Jahren vorgekommenen Nahrungsmittelvergiftungen.
Span in Asriel: Störungen im Geburtsverlauf nach vorausgegan¬
gener Ventrifixatio uteri.
Universität Jena.
Kankelwitz Gerhard: Ueber zwei Fälle von Osteofibrom des
Oberkiefers.
Hölk Otto: Ueber Inhalationsmilzbrand.
Zacharias Erich: Eine seltene Zyste der hinteren Vaginalwand.
Schmidt Bruno: Das Gebiss des Cyclopterus lumpus L,
Braue August: Die Pollensammelapparate der beinsammeluden
Bienen.
Universität Kiel. Januar-Februar 1913.
Andree Wilhelm: Ueber einen Fall von zwei verschiedenartigen
primären Krebsen in verschiedenen Organen.
Benary Wilhelm: Beiträge zur Lehre von der Aortensyphilis.
Conrad Max: Ueber Muskelinterposition zur Vermeidung und
Beseitigung von Ankylosen .
Elschner Siegfried: Kasuistische Beiträge zum Kapitel „Fremd¬
körper in der Bauchhöhle“.
Fabricius Ernst: Ein Fall von Tremor hereditarius essentialis.
Hiob Gustav: Ein Fall von eitriger Zerstörung des Nierenbeckens
mit Senkungsabszessen bei Prostatahypertrophie.
Ka uff mann Rudolf: Ueber den Einfluss des Schmerzes und der
Digitalis auf die Herzarbeit des normalen Menschen.
Köster Richard: Ein Beitrag zur Lehre von der Gicht.
Krukowski Viktor: Zur Symptomatologie und Pathologie der
Balkentumoren.
Metten Heinrich: Zur Lehre von den Ponstumoren.
P e r 1 i a Franz: Beitrag zur Lehre der epileptischen Dämmerzustände.
Ru pp recht Paul: Versuche über die Bedingungen der Eisen-j
reaktion im Knochengewebe.
Simons Franz Anton: Ein Beitrag zur Aphasielehre (Enze-;
phalomalazie).
Universität Leipzig. Februar 1913.
Eckert Ludwig: Ueber Gundu.
Sy ring Paul: Ueber die Funktionsprüfung der Pankreas, insbeson¬
dere mittels Monojodbehensäureäthylester (W i n t e r n i t z' Dia-
gnostikum).
Wunderlich Johannes: Ueber den Einfluss von Traumen aui
die Entstehung von Lungentuberkulose nach Krankengeschichten
der Leipziger Universitätsklinik vom Jahre 1890 — 1900.
Huber Max: Ueber Plattfuss und Plattfussbehandlung unter beson¬
derer Berücksichtigung rationellen Schuhwerks.
Knauer Friedrich: Ueber einen Fall von Echinokokkus im weib¬
lichen Becken.
Schasse Walter: Beitrag zur Therapie des Schlotterellbogens mit
Bemerkungen über Schlottergelenke.
Schmidtgail Erich: Aetiologisch-statistische Betrachtungen über
das Ulcus ventriculi.
Wünn Gerhard: Ueber eine Pestepidemie am Kilimandscharo 1912.
Wachs Isidor: Ueber einen menschlichen Janiceps asymmetrus mit
Geburtsverlauf.
5. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
667
Auswärtige Briefe.
Berliner Briefe.
(Eigener Bericht.)
Zur Neuordnung des Rettungswesens. — Der Ausschluss der Spe-
alärzte vom Rettungsdienst. — Die klinische spezialärztliche Be-
indlung der Krankenkassenmitglicder.
Als vor einigen Wochen die Magistratsvorlage über die Verstadt-
;hung des Rettungswesens von der Stadtverordnetenversammlung
igenommen wurde, bildete das den Abschluss vieljähriger Verhand-
ngen, in deren Verlauf jede der Parteien von ihren Grundsätzen und
eien so viel hatte aufgeben müssen, dass auf gemeinsamer Basis ein
benskräftiges Gebilde erstehen konnte. Man war auch bestrebt, den
_>rschiedenen Ansichten Verständnis entgegenzubringen und wählte
nen Vertreter der Unfallstationen und den Vorsitzenden des Aerzte-
;reins des Rettungswesens als Bürgerdeputierte in das Kuratorium,
ie Aerzte glaubten, dass nunmehr die Streitaxt endgültig begraben
i, und waren trotz mancher Konzessionen, die notwendig gemacht
erden mussten, aufrichtig froh darüber. Die noch ausstehende Wahl
.r ärztlichen Direktoren, für die die beiden bisherigen Direktoren der
ettungswachen und der Unfallstationen vorgeschlagen waren, wurde
ls eine reine Formsache betrachtet. Es war daher eine um so
.inlichere Ueberraschung, als plötzlich nur ein Direktor gewählt
urde, und zwar der frühere Arzt der Unfallstationen unter Aus¬
ladung des bisherigen Direktors der Rettungswachen. Die Tiich-
gkeit des Gewählten soll nicht angezweifelt werden, aber es fällt
ich ganz besonders ins Gewicht, dass der Nichtgewählte zusammen
lit Ernst v. Bergmann der eigentliche Begründer und Organi-
itor des Berliner Rettungswesens war, das bis dahin nur in be-
:heidenen Anfängen existiert hatte, und dass es kaum einen Arzt
ibt, der auf dem Gebiete des Rettungswesens mehr Erfahrung und
achkenntnis besitzt als gerade dieser. Aus diesem Grunde hatte
;hon in einem früheren Stadium der Verhandlungen der Vorstand
ss Aerztevereins dem Magistrat gegenüber den Wunsch ausge-
trochen, dass bei der Reform des Rettungswesens dem bisherigen
rztlichen Direktor ein entsprechender Wirkungskreis zugewiesen
erde, damit seine bewährte Kraft der Allgemeinheit nutzbar werde,
s waren also nicht persönliche, sondern sehr stichhaltige sachliche
riinde, die diesem Wunsche zugrunde lagen, und man zweifelte gar
icht daran, dass der Magistrat diese Gründe sich zu eigen machen
iirde. Man fragt sich erstaunt, warum das nicht geschehen ist;
nd die ganze Angelegenheit erscheint in einem noch eigentümlicheren
ichte, wenn man bedenkt, dass der Vorsitzende des Kuratoriums
lerr Bürgermeister Dr. R e i c k e ist, der die langwierigen Verhand-
mgen gelenkt und die Vorschläge des Kuratoriums vertreten hatte,
r muss selbst ihre Annahme für sicher gehalten haben: denn noch
inen Tag vor der in Rede stehenden Wahl veröffentlichte er in
iner vielgelesenen Tageszeitung einen Aufsatz über das Berliner
'ettungswesen, in dem er mit Befriedigung von der erzielten Ein-
lütigkeit spricht. Am Schlüsse dieses Artikes heisst es: „Jetzt,
achdern mit so viel gutem Willen von Seiten der Stadt unter Zu-
timmung der erwählten Vertrauensmänner beider Teile ein mittlerer
Veg gefunden wurde, jetzt sollte von keiner Seite mehr die alte
treitaxt wieder aufgehoben werden. Jedenfalls dürften diejenigen,
ie es dennoch tun, der Oeffentlichkeit gegenüber sich einer schweren
erantwortung aussetzen.“ Den Magistrat trifft diese Verant¬
wortung; seine Entscheidung muss die Aerzteschaft als eine öffent-
che Brüskierung empfinden, in erster Reihe die ärztlichen Mit¬
lieder des Kuratoriums. Ob sie weitere Konsequenzen daraus ziehen
werden, bleibt abzuwarten. Jedenfalls ist ihre Freude an der Mit-
rbeit stark beeinträchtigt; sie werden mit Recht geneigt sein, in
er alleinigen Wahl des einen Arztes ein Programm zu sehen, für
essen Durchführung sie nicht gut eintreten können.
Auch die Mehrzahl der diensttuenden Aerzte wird von der Per-
pektive, die sich aus der Wahl ihres ersten ärztlichen Vorgesetzten
rgibt, nicht sehr erbaut sein. Die nach mühseligen Verhandlungen
ereinbarten „allgemeinen Grundsätze für die Regelung des ärzt-
ichen Dienstes“ hatten ohnehin nicht allgemein befriedigt; um des
ieben Friedens willen hatte man sie angenommen in der sicheren
Erwartung, dass man in der Praxis über die Schwierigkeiten der
'apiernen Bestimmungen leicht hinwegkommen würde. Angesichts
ler neu zutage tretenden Strömung muss man in dieser Erwartung
ehwankend werden; und es ist sehr zu verstehen, dass der Ver-
’and der Spezialärzte gegen einen dieser Grundsätze — die dienst-
uenden Aerzte sollen aus der Zahl der .... allgemeine Praxis
reibenden Aerzte genommen werden — Protest erhebt. Der Aus¬
schluss der Spezialärzte vom Rettungsdienst ist um so unverständ¬
iger, als die Mehrzahl der zur Behandlung kommenden Fälle chi-
urgischer Natur ist. Es ist ihnen zwar jeder Arzt gewachsen, aber
‘ine chirurgische Spezialausbildung kann doch zum mindesten nicht
itörend sein, und nicht gerade selten wird sie dem Verletzten sehr
-u statten kommen. Es waren bisher am Rettungsdienst Kollegen
iller möglichen Sonderfächer beteiligt, und es ist nicht bekannt ge¬
worden, dass sich daraus irgendwelche Unzuträglichkeiten ergeben
laben. Diese Speise wird aber sicherlich nicht so heiss gegessen
'Werden, wie sie in den „Grundsätzen“ gekocht ist. Denn nur wenige
\erzte mit allgemeiner Praxis sind imstande, wmin sie nur einiger-
nassen beschäftigt sind, mehrmals in der Woche sich auf 3 Stun¬
den ihrer Tätigkeit zu entziehen; und wollte man den Dienst auf
diese wenigen beschränken, so wäre er überhaupt undurchführbar,
besonders wenn noch ein anderer „Grundsatz“ streng genommen
werden sollte, nämlich der, dass sie möglichst im Bezirke der Wache
wohnen, in der sie Dienst tun.
Schwerwiegender sind fiir die Spezialärzte die Gefahren, welche
ihnen aus einzelnen Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung
drohen, die die Krankenhausbehandlung zum Gegenstand haben.
Den Kassen steht es frei, diese durch bestimmte Krankenhäuser zu
gewähren und die Bezahlung anderer, von dringenden Fällen abge¬
sehen, abzulehnen; öffentliche Krankenhäuser dürfen nur aus einem
wichtigen Grunde mit Zustimmung des Oberversicherungsamtes alj-
gelehnt werden. Damit würden Kassenpatienten, die in spezialärzt¬
licher Behandlung sind, sobald eine klinische Behandlung erforderlich
wird, ihren Aerzten entzogen und gezwungen, in eines der vorge¬
schriebenen Krankenhäuser zu gehen. Das bedeutet in gleicher Weise
eine Härte gegen die Kranken wie gegen die Aerzte. In engem
Zusammenhang mit dieser Frage steht die der spezialärztlichen Be¬
handlung in den Krankenhäusern; nur in sehr wenigen gibt es be¬
kanntlich Spezialabteilungen, die meisten haben für die einzelnen
Fächer konsultierende Aerzte, die mit wenigen Ausnahmen ehren¬
amtlich, d. h. unentgeltlich, tätig sind. Sie geben sich dazu her,
weil sie auf die klinische Beobachtung und Behandlung, die ihnen die
Kassen in den Privatkliniken erschweren oder verhindern, nicht ver¬
zichten wollen. Es ist aber ein durch nichts gerechtfertigter Zu¬
stand, dass Aerzte genötigt sein sollen, den Mitgliedern von Kranken¬
kassen unentgeltlich Hilfe zu leisten. Die Spezialärzte haben sich
daher an den neubegründeten „Zentralverband Berliner Kassenärzte“
gewandt, der die Aufgabe hat, die Interessen der Aerzte beim
Abschluss von Verträgen mit Krankenkassen zu vertreten; er soll
die Härten, zu denen die Ausnutzung der gesetzlichen Bestimmungen
Gelegenheit gibt, durch kontraktliche Vereinbarungen auszugleichen
suchen. M. K.
Vereins- und Kongressberichte.
Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
XIII. Sitzung vom 11. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Schmal tz.
Vor der Tagesordnung.
Herr Hans Haenel: Ich stelle Ihnen einen Fall vor. der von
doppeltem Interesse ist: Klinisch als Tetanie, die bei uns Immerhin
selten ist, und historisch als einer der am frühesten (1890) publizierten
Fälle von thyreopriver Tetanie; Pat., heute 57 Jahre alt. ist vor
22 Jahren von M e i n e r t strumektomiert worden, nach 3 Tagen trat
der erste schwere Tetanieanfall auf, und seitdem ist das Leiden nie
wieder geschwunden. 4 Jahre nach Beginn verstärkte sich in einer
Gravidität die Tetanie in so bedrohlichem Masse, dass künstlicher
Abort im 5. Monat nötig wurde. Gute und schlechte Zeiten wechselten
seitdem, vor 6 Wochen trat ohne bekannte Ursache eine neue erheb¬
liche Verschlechterung ein, täglich mehrere Anfälle quälten Patien¬
tin sehr.
Gegenwärtig bietet Patientin das ausgebildete Krankheitsbild;
C h v o s t e k sches, Trousseau sches. Erb sches Phänomen (KSTe
u. AnÖTe bis 0.8 MA am Ulnaris, KSZ überhaupt nicht zu erzielen),
Phänomen von Schlesinger (Tetanischer Krampf in Zehenbeugern
und Wadenmuskeln bei Ueberdehnung des Ischiadikus durch Erheben
des gestreckten Beines), und von C h o v s t e k j u n. (Uebererregbar-
keit des N. acusticus). Bei früheren Rezidiven fehlten auch tetanische
des N. acusticus). Bei früheren Rezidiven fehlten auch tetanische
Erscheinungen im Gebiete der Kopfmuskulatur (Zunge, Kehlkopf, Kau¬
muskeln) und trophische Störungen (Abfallen sämtlicher Fingernägel)
nicht. Pat. hat viel Thyreoidin und Narkotin bekommen, nie Para-
thyreoidin. Zurzeit ist in die Augen springend der Erfolg von gal¬
vanischen Vierzellenbädern mit schwachen Strömen (2 Minuten): in
wenigen Tagen ist das seit 6 Wochen bestehende schwere Rezidiv
erheblich gebessert worden, noch ehe Parathyreoidin innerlich gereicht
worden war. Die Art der Wirkung des galvanischen Stromes ist frei¬
lich schwer vorstellbar; wir müssen doch annehmeu, dass die cha¬
rakteristische Veränderung der Nervenerregbarkeit hervorgerufen ist
durch eine Störung in der Korrelation der verschiedenen Blutdrüsen.
Chronische Fälle wie der vorgestellte zeigen, dass eine dauernde volle
Kompensation für den Verlust der Epithelkörperchen offenbar nicht
stattfindet.
Herr Erich Aulhorn: Demonstration eines Fötus mit Steiss-
teratom.
28 jährige Patientin, zum 1. Male gravid, bekam in der Mitte des
5. Graviditätsmonats heftiges Erbrechen, das 3 Tage lang anhielt. Zu
dieser Zeit bemerkte sie ein auffallend schnelles Stärkerwerden des
Leibes, legte jedoch diesen Erscheinungen keine grössere Bedeutung
bei. Erst als am Ende des 5. Graviditätsmonats wiederum heftiges
Erbrechen auftrat, verbunden mit starken Schmerzen in der Nieren¬
gegend, schickte säe zum Arzt. Die Untersuchung ergab folgendes:
kleine, sehr stark abgemagerte Patientin; Temperatur 37,3, Puls 12u;
das Abdomen enorm stark aufgetrieben, die Haut glänzend. Mau fühlt
einen Tumor, der vom Becken bis zum Rippenbogen reicht und deut-
668
MUENCHENER MEDIZINISCHL: WOCHENSCHRIFT.
!:«_ne Muktuation zeigt. Einzelheiten sind wegen der straff gespannten
Bauchdecke nicht durchzufühlen. Ueber dem Tumor überall der
Schall gedampft, in den abhängigen Teilen des Abdomens tympanitisch.
Starkes Oedem der Beine. Von der Vagina aus fühlt man im vorderen
Scheidengewölbe den Kopf eines Föten, seine Grösse entspricht dem
6. Monat; der Kopf ist fest an die Symphyse angepresst. Der Uterus
liegt, soweit er abzutasten ist, in normaler Stellung, doch ist eine
genaue Abgrenzung des Uterus gegen den Tumor nicht möglich.
Herztöne sind nicht zu hören. Die Urinsekretion stockt seit 2 Tagen
fast vollständig, in der zusammengepressten Blase finden sich nur
wenige Kubikzentimeter Urin. Bei der Diagnose kamen folgende Er¬
wägungen in Betracht: es lag sicher eine Gravidität im 6. Monat vor;
damit stand in starkem Widerspruch die Ausdehnung des Leibes, die
auch für eine Zwillingsschwangerschaft zu gross war. An Blasen¬
mole war nicht zu denken wegen des Vorhandenseins des Fötus.
Hydramnion von dieser Ausdehnung im 6. Monat kommt kaum vor,
ausserdem war der Kopf des Fötus fest auf die Symphyse gepresst
und zeigte keine Spur von Ballotieren. Da nun die Patientin vor
4 Jahren auswärts laparotomiiert worden war, nach ihrer Angabe
wiegen einer kleinen Eierstocksgeschwulst, wurde die Diagnose auf
Ovarialkystom + Gravidität gestellt.
Der bedrohliche Zustand der Patientin, vor allem das Versagen
der Nierenfunktion, machte ein beschleunigtes Handeln notwendig.
Es wurde deshalb der Patientin vorgeschlagen, den Ovarialtumor
operativ zu entfernen unter möglichster Schonung der Schwan¬
gerschaft.
Da setzten in der Nacht vor der geplanten Operation Wehen
ein, und nach kurzer Zeit wurde Kopf und Schultern eines mazerierten
Fötus geboren. Als die Geburt bis zum Nabel vorgeschritten w^ar,
kam sie zum Stillstand. Der Tumor im Abdomen reichte jetzt bis
handbreit über den Nabel. Zur Beschleunigung der Geburt wurde nun
ein leichter Zug am Kopf ausgeführt; dabei entleerte sich plötzlich in
grossem Schwall aus der Vagina ein Strom trüber, leicht blutig ge¬
färbter Flüssigkeit, der das ganze Bett überschwemmte. Dabei wurde
der Föt bis zum Steiss geboren, an dem ein aus zerfetzten Häuten
bestehender Geschwulststiel zu sehen war, dem alsbald eine fast kinds¬
kopfgrosse solide Geschwulst folgte. Nach spontaner Ausstossung der
Plazenta war der Leib zusammengefallen, und nur noch der normal
grosse, kontrahierte Uterus zu. fühlen. An dem Präparat ist folgendes
zu sehen: ziemlich stark mazerierter männlicher Föt vom 6. Monat,
an dessen hinterer Beckenwand hinter After und Genitalien breite Ge-
websstränge und Fetzen ansetzen, die in die Haut des Föten über¬
gehen. Diese Gewebsfetzen bilden die Reste der geplatzten Kapsel
des zystischen Teiles des Tumors; daran hängt der fast kindskopf¬
grosse solide Teil, dessen höckerige Oberfläche zahlreiche Kalkein¬
lagerungen erkennen lässt. Eine mikroskopische Untersuchung konnte
noch nicht vorgenommen werden, da das Präparat erst reichlich
24 Stunden alt ist. Die Plazenta ist doppelt so gross, als es dem
Zeitpunkt der Gravidität entspräche, von auffallend blasser Färbung.
Dem makroskopischen Befund nach muss der Tumor als ein
Teratom angesehen werden (eine Spaltbildung der Wirbelsäule ist
nicht vorhanden). Auffallend ist seine ungewöhnliche Grösse: denn
als der Fötus bis zum Nabel geboren war, und das Fruchtwasser ab¬
geflossen war, reichte der Fundus uteri noch bis handbreit über den
Nabel, so dass also nach Abzug der Plazenta der Tumor noch fast
mannskopfgross gewesen ist.
Diese aussergewöhnliche Grösse des Tumors ist auch der Haupt¬
grund zu der Fehldiagnoe, da ein derartig grosser, intrauterin sitzen¬
der Tumor nicht in Erwägung gezogen wurde. Vielleicht wäre bei
der Untersuchung in Narkose dicht vor der Operation der Irrtum be¬
merkt worden, doch ist es wohl wahrscheinlich, dass auch durch eine
Narkose die starke Spannung der Bauchdecken nicht derart herab¬
gesetzt worden wäre, dass man zu einer sicheren Diagnose hätte
kommen können.
Tagesordnung.
Herr Luerssen: Kann durch medizinisch-hygienische Volks¬
aufklärung die Kurpfuscherei gefördert werden?
Diskussion über die Vorträge der Herren Brückner,
T e u f f e 1, Flachs, Fritz Schanz und Conradi: Zur Prophy¬
laxe der Diphtherie. Vergl. d. W. S. 554 und 609.
Herr Georg Schmor 1 bringt mit Genehmigung des Vorstandes
eine Angelegenheit zur Sprache, die, an sich nur in losem Zusammen¬
hang mit den zur Diskussion stehenden Themen befindlich, doch wegen
der in den Vorträgen mehrfach erwähnten bakteriologischen Unter¬
suchungsanstalt zum heutigen Thema Beziehung hat.
Etwa Mitte November lief bei der städtischen Behörde eine Be¬
schwerde eines Kollegen ein über die städtische bakteriologische
Untersuchungsanstalt, weil der ärztliche Dienst in der Anstalt nicht
über 7 Uhr abends ausgedehnt sei. Der betreffende Kollege verlangte
dje Ausdehnung des Dienstes bis 9 oder 10 Uhr, noch besser aber die
Einrichtung eines vollständigen Nachtdienstes, mit der Begründung,
dass u. a. bei Diphtherie bis zum Morgen wichtige Zeit verloren ginge,
umsomehr, als heutzutage manche Eltern vor bakteriologischer
Sicherstellung der Diagnose die Seruminjektion verweigerten, teils aus
Furcht vor schädlicher Nebenwirkung des Serums, teils, um die Kosten
für das Serum zu sparen.
Herr S c h m o r 1 hat der Behörde gegenüber in folgender Weise
Stellung genommen:
Während des 16jährigen Bestehens der Anstalt sind ähnliche
Na 12.
Wünsche nie laut geworden. Eine Ausdehnung des ärztlichen Dienstes
über 7 Uhr hinaus ist auch gar nicht notwendig. Einmal herrscht
gegenwärtig allgemein die Ansicht, bei verdächtigen Fällen die
Seruminjektion sofort vorzunehmen, weil während der Anstellung der
Untersuchung kostbare Zeit verloren geht. Je früher die Injektion
um so .besser, und lieber einmal umsonst als zu spät. Die bakterio¬
logische Diagnose hat heute vorwiegend prophylaktische Bedeutung
hinsichtlich der Absonderung.
Die telephonische Verständigung über der Ausfall der Unter¬
suchung hat, wenn sie am späten Abend erfolgt, für den Arzt erheb¬
liche Unbequemlichkeiten zur Folge, denn meist werden die Anord¬
nungen schon vorher getroffen sein.
Herr S c h m o r 1 würde gegen die gewünschte Verlängerung des
Dienstes, welche unbedingt mit Geldkosten verknüpft wäre, keine Ein¬
wendungen erheben; er hält sie aber für völlig überflüssig.
Auf eine Anfrage des Vorsitzenden hin schliesst sich du
Gesellschaft einstimmig den Anschauungen des Herrn Georg
S c h m o r 1 an.
Herr Leonhardt: Von den Herren Vortragenden wurde die
in Dresden geübte Art der Seuchenbekämpfung mehrfach angegrifien.
Gewiss ist eine kritische Betrachtung am Platze, aber wir dürfen
auch nicht voreilig verfahren. Die Bekämpfung der Diphtherie durch
Desinfektion gliedert sich in die laufende und in die Schluss-
desinfektion. Der laufenden Desinfektion ist die grösste Be¬
achtung zu schenken, da sehr viel daran liegt, alle ausgeschiedenen'
Keime sofort gründlich zu vernichten. Es empfiehlt sich auch für die:
Kollegen, immer wieder auf die Gefährlichkeit der Ausscheidungen
und deren vorsichtige Behandlung hinzuweisen. Die Stadt beab¬
sichtigt, noch mehr als bisher die Desinfektionsmittel selbst zur Ver¬
fügung zu stellen. Bezüglich der Schlussdesinfektion äst er dagegen1
schon seit Jahren der gleichen Ansicht wie die Herren Vortragenden.,
Schon aus praktischen Gründen lässt sich kaum ein Erfolg derselben
denken. Dazu kommt, dass das Publikum oftmals aus Furcht vor den
Schädigungen der Desinfektion vorher ein grosses Ausräumen der zu
desinfizierenden Räume vornimmt, so dass die ganze Desinfektion
illusorisch wird. Es besteht geradezu die Gefahr, dass wir Aerzte uns
mit solchen Massnahmen lächerlich machen. Ausserdem hat die
Schlussdesinfektion das Bedenkliche, dass das Publikum sich allzu
sehr auf sie verlässt und die laufende Desinfektion darüber vernach¬
lässigt. Schon seit Monaten schweben Verhandlungen mit der Wohl¬
fahrtsbehörde über eine Beschränkung der Schlussdesinfektionen auf
ein möglichst geringes Mass. Jetzt wird nur dann noch die Schluss¬
desinfektion vorgenommen, wenn dieselbe ärztlicherseits —
vom Stadtbezirksarzt oder einem seiner Mitarbeiter — individuell an¬
geordnet wird. Im allgemeinen soll weniger desinfiziert werden, als
bisher. Eine grosse crux sind die Bazillenträger. Ihre Scheidung in
Haupt- und Nebenträger hat für die Praxis keine Bedeutung. Herr
Leonhardt kann sich nicht davon überzeugen, dass die Hauptträger
allein die gefährlichen seien. Er bittet, die Kollegen möchten der
Frage der Dauerausscheider ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden.
Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung zur Aufklärung
über die Frage, weshalb er in seiner Eigenschaft als Stadtbezirksarzt
der Bitte eines der Herren Vortragenden um Ueberlassung amtlicher
Unterlagen nicht entsprochen habe. Die Erörterungsanzeigeu ent¬
halten nämlich ausser Namen und Krankheit eine Menge Einzelheiten,
darunter auch die Vermögensverhältnisse; derartige Unterlagen aus¬
zuliefern, iist grundsätzlich nicht angängig.
Herr R i e t s c h e 1: Es ist sehr dankenswert, dass die so wichtige
Frage der Bazillenträger, die in der Literatur ganz verschieden beant¬
wortet wird, heute zur Diskussion gestellt worden ist.
Die Frage der Bazillenträger ist besonders für die Säuglings-
abteilungen sehr wuchtig. Im städtischen Säuglingsheim wurden seit
Vz Jahr alle neu aufgenommenen Kinder mit 3 maligem Abstrich aus
Nase und Mund auf Diphtheriebazillen untersucht. Bei etwas über
25 Proz. aller Kinder fanden sich Diphtheriebazillen. Darunter waren
auch einige klinisch sichere Diphtherien. Sehr bemerkenswert ist,
dass Kinder mit angeborener Syphilis fast stets Bazillen hatten,)
ebenso viele Moribunde. Aus dieser Beobachtung ergibt sich,
dass die Diphtheriebazillen, wenn sie auch nicht ubiquitär sind, wie
etwa die Staphylokokken, doch wohl leichter erworben werden können.
Es wurde auch beobachtet, dass bei Kindern, die zunächst frei vonBa-'
zillen waren, bei Verschlimmerung ihres Zustandes Diphtheriebazillen
auftraten. Wie soll man sich nun schützen? Praktisch wurde so
vorgegangen, dass die Kinder, so gut es ging, isoliert wurden, die
meisten Kinder verloien allmählich die Bazillen. Bei 2 Kindern trat eine
klinische Diphtherie dazu. Daraus geht hervor, dass der künstliche
Unterschied zwischen Haupt- und Nebenträgern, wie ihn Herr
Conradi treffen will, den praktischen Verhältnissen nicht hin¬
reichend Rechnung trägt. Im allgemeinen mag es zutreffen, dass die
Menschen, welche die Bazillen mit sich herumtragen, nicht sehr in¬
fektiös sind, aber man kann es dem einzelnen Fall niemals anseben,
ob aus dem Nebenträger nicht ein Hauptträger wird und eine klinische
Diphtherie entsteht. Man muss deshalb durch immer wiederholte
Untersuchungen die Kinder mit Bazillen ausschalten und isolieren,
Sehr gefährlich sind die Bazillenträger offenbar nicht. Die ent¬
stehenden Epidemien sind nicht schwer, und Todesfälle haben wir
nicht gesehen. Klinische Diphtherie mit Bazillen muss natürlich ganz
anders isoliert werden.
Voraussichtlich wird die Tatsache bestehen bleiben, dass ein
grosser Prozentsatz gesunder Kinder als Bazillenträger geführt
Miirz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
669
;rden muss. Eine strenge Durchführung der Isolierung aller
zillenhaltigen Kinder Hess sich nicht bewerkstelligen.
Herr Georg Schmorl hat ebenfalls Bedenken gegen die Ein-
lung in Haupt- und Nebenträger, und zwar sowohl aus theoretischen
e aus praktischen Gründen. Als Nebenträger gelten solche, die
tzillen aufweisen, ohne jemals Diphtherie gehabt zu haben. Wir
ssen aber, dass es sehr leichte Formen von Diphtherie gibt, ambu-
orische Fälle mit etwas Schnupfen oder Halsschmerzen. Wie soll
nun — besonders bei Kindern — möglich sein, zu erfahren, ob sie
„ht einmal eine leichte Diphtherie durchgemacht haben? Wir wissen
üterhiin auch, dass aus leichten Fällen schwere hervorgehen können,
gar Epidemien.
Ausser diesen theoretischen Erwägungen hat Herr Schmorl
er auch eine praktische Erfahrung gemacht: Vor einer Reihe von
hren war in der Heil- und Pflegeanstalt eine Diphtherieepidemie aus-
brochen, die immer wieder von neuem aufflammte. Schliesslich,
ch langer Zeit, entdeckte man die Quelle der Epidemie in der Person
ner Pflegerin, die sich als Bazillenträgerin erwies. Bei dieser
legerin liess sich trotz genauesten Nachforschens nichts über eine
iher durchgemachte Diphtherie ermitteln: sie war also als Neben-
igerin im Sinne voni Conradi zu bezeichnen, und doch war durch
:• die ganze Epidemie hervorgerufen worden, denn diese erlosch, als
e Pflegerin abgesondert wurde, binnen kurzer Zeit.
Alle diese Erwägungen müssen in uns starke Zweifel hinsichtlich
r Berechtigung von Conradis Nomenklatur erwecken. — Die
.kämpfung der Bazillenträger ist sehr schwierig. Auf chemischem
ege wird eine wirksame Bekämpfung nicht möglich sein, wenn auch
■i manchen Fällen dadurch Erfolge erzielt werden mögen. Es liegt
es an den verschiedenen Orten, an denen die Diphtheriebazillen
,'getieren. In der Mund- und Rachenhöhle sind sie vielleicht mit
temischen Mitteln zu erreichen. Wie steht es aber bei den Fällen,
o die Bazillen sich in den Krypten und Falten der Tonsillen und des
schens, in den Tuben, den Nasennebenhöhlen oder gar den Speichel-
iisen aufhalten? Gerade der letztgenannte Befund ist wichtig, da
an neuerdings die Typhusbazillen auch in der Leber nachgewiesen hat.
Herr Schmorl hat auch einen Bazillenträger auf dem Sektions-
>ch untersuchen können, der 8 Wochen nach der Diphtherie an einer
erzstörung zugrunde ging. Hier war der ganze Nasenrachenraum
it Diphtheriebazillen behaftet.
Qerade weil die Bazillen an so versteckten Stellen ihren Sitz
iben, wird es wahrscheinlich sehr schwer möglich sein, ihnen mit
esinfektionsmitteln beizukommen. Es scheint allerdings, als ob die
azillen sich meist nur in den oberflächlichen Schichten der Schleim-
tut des Nasenrachenraumes aufhalten; aber unter gewissen Um-
ünden kann es auch anders sein; so können beim Aufbrechen einer
onsillarkrypte die vorher schon verschwundenen Bazillen mit einem
chlage wieder auftreten.
Aus allen diesen Gründen dürfen wir uns nicht allzuviel und nicht
isschliesslich auf chemische Mittel verlassen.
Herr Schmaltz bringt einen kleinen Beitrag zur Frage der
. irksamkeit des Diphtherieheilserums.
Als er am 19. XII. 94 die innere Abteilung des Diakonissenhauses
i Dresden übernahm, führte er sogleich die damals ganz neue
erumbehändlung ein. Auf der Diphtherieabteilung war eine alte er-
hrene Diakonissin tätig, die dem neuen Mittel mit grosser Skepsis
itgegensah. Binnen 14 Tagen war aber diese Schwester die be-
üstertste Anhängerin des Serums geworden. Diese Tatsache hat
errn S. mehr überzeugt, als lange Statistiken. Denn es ist doch
icht anzunehmen, dass plötzlich ein ganz anderes Krankenmaterial
ngeliefert worden wäre.
Herr Max Mann: Früher getrauten sich die Aerzte die Diagnose
iphtherie oder Angina durch die Inspektion zu stellen. Die bakterio-
igischen Untersuchungsanstalten — ungeachtet des Segens, den sie
estiftet haben — haben nun aber bei den Aerzten einen grossen
chlendrian entstehen lassen. Heute interessiert man sich nicht mehr
ir die Frage, ob der Kranke eine Diphtherie hat, sondern man lässt
infach die bakteriologische Untersuchung ausführen.
Klinisch sichere Diphtherien können zweifellos nicht früh genug
espritzt werden; anders aber bei lakunärer Angina. Herr Mann ist
berzeugt, dass viele Kranke mit einfacher Angina Serum erhalten,
eil Diphtheriebazillen gefunden worden sind. Das klinische Bild der
•iphtherie sollte schärfer gefasst werden. Fehlt das volle klinische
iild, so haben es diejenigen sehr bequem, die dem bakteriologischen
istitut die ganze Verantwortung zuschieben. In einem ihm bekannten,
idlich verlaufenden Falle unterblieb die Seruminjektion; da keine
lazillen nachgewiesen wurden. Der betr. Kollege hatte nämlich nur
ie Diphtheriemembranen eingeschickt, in denen sich bekanntlich keine
iazillen iinden.
Wie steht es ferner mit dem Nachweis der Virulenz der Bazillen?
>ollte man hier nicht mit dem Tierexperiment weiter kommen? Es
: nisste doch irgendwie festzustellen sein, ob im einzelnen Falle die
achgewiesenen Bazillen giftig oder ungiftig sind.
Herr Aschenheim: Wer es erlebt hat. dass eine scheinbar
infache Angina, die auch von sehr erfahrenen Aerzten als solche be¬
achtet wurde, Diphtherieinfektion herbeiführt, wird lieber die
;eruminjektion einmal zu viel als zu wenig vornehmen. Nun besteht
her die Gefahr der Anaphylaxie, zumal jetzt viel mehr injiziert wird
ds früher, so dass man öfters in die Lage kommt, bei • demselben
ndividuum im Laufe der Zeit wiederholte Injektionen vorzunehmen,
•eshalb ist unbedingt ein Serum von einem anderen Tier erforderlich.
Soviel er weiss, gibt es noch kein solches. Merck hat die Her¬
stellung abgelehnt, da nur das Pferd ein guter Antitoxinbildner sei.
Herr Naether: Im deutschen Heere hat sich die Einrichtung,
die Soldaten erst nach dreimal negativem Bazillenbefund zur Truppe
zu entlassen, gut bewährt, wenn auch dadurch bisweilen einzelne
Bazillenträger lange Zeit — bis 4 Monate — im Lazarett zurückge¬
halten werden müssen. Dieser Umstand veranlasste ihn seinerzeit,
nach Mitteln zur Vernichtung der Bazillen bei den Bazillenträgern zu
suchen, und er hat damals das Wasserstoffsuperoxyd empfohlen.
Quellen für das Wiederauftreten der Bazillen sind die Krypten der
Tonsillen, die sich zeitweise öffnen, vielleicht auch adenoide Vege¬
tationen. Vor der Behandlung mit Wasserstoffsuperoxyd muss erst
der Schleim entfernt werden, am besten durch Gurgelungen mit
schwachen Lösungen von Cal. carbonic., event. auch Kochsalzlösung.
Mit der Desinfektion mittels des Li ngn er sehen Apparates hat
man in der sächsischen Armee gute Erfolge gehabt.
Zum Schluss empfiehlt auch er die Herstellung eines Serums von
einer anderen Tierart.
Herr Rostoski: Bazillen, die sich in der Tiefe der Schleim¬
haut oder gar in Nebenhöhlen befinden — sie sind sogar in der Keil¬
beinhöhle gefunden worden — wird man nicht erreichen können. Aber
man muss doch versuchen, wenigstens d i e Fälle frei zu machen, wo
die Bazillen an der Oberfläche sitzen. Die Mittel dazu sind keines¬
wegs gleichwertig. Er hat häufig die Schanz sehe Augensalbe ver¬
wendet, die sich, wfe es scheint, im Speichel löst und eine längere
Einwirkung herbeiführt als die Pyozyanase.
Frauen während der Menses sind für Diphtherieinfektion beson¬
ders empfänglich; unter einer grossen Zahl darauf durchgesehener
Fälle war in 70 Proz. die Infektion kurz vor oder während der Menses
erfolgt. Daraus ergibt sich, dass Mütter kurz vor und während der
Menses sich nach Möglichkeit von der Pflege diphtheriekranker Kinder
fernhalten sollen.
Wegen der Gefahr der Anaphylaxie ist es unbedingt nötig, ein
zweites Serum herzustellen.
Herr Heitmüller weist darauf hin, dass schon vor Jahren in
kariösen Zähnen Diphtheriebazillen gefunden worden sind. Das ist
auch für die Beurteilung der Bazillenträger von Wichtigkeit.
Herr Hiible r beantragt infolge der vorgerückten Zeit Vertagung
der Diskussion.
Der Antrag wird angenommen.
Herr Rostoski als Kassenführer bittet die Gesellschaft um
Zustimmung, den Kassenbericht nicht, wie satzungsgemäss. im Januar,
sondern erst im Februar zu geben, da noch nicht alle Unterlagen dazu
eingegangen sind.
Die Gesellschaft erklärt ihre Zustimmung.
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1640. ordentliche Sitzung vom 3. März 1913 im Sitzungs¬
saal, abends 7 Uhr.
Vorsitzender: Herr Flesch.
Schriftführer : Herr B e n a r i o.
Herr B. Fischer demonstriert u. a. :
1. eine Serie von Schrumpinieren mit Herzhypertrophie, ohne
Herzhypertrophie und Fälle von idiopathischer Herzhypertrophie.
2. hochgradige doppelseitige Hydronephrose (mit weitgehender
Zerstörung der Nieren und schwerer Herzhypertrophie) infolge Harn-
röhrenstriktur, klinisch unter dem Bilde der Schrumpfniere und
Urämie zum Tode führend.
Herr Haeberlin - Nauheim : Demonstration eines Präparates
einer Herzverletzung bei unverletztem Perikard.
Bei den Verletzungen des Herzens handelt es sich im grossen
und ganzen um zwei Hauptgruppen: solche durch stumpfe Gewalt,
wo es ohne Penetration der Weichteile zu Platzrupturen des Organs
kommt, und die Stich- und Schussverletzungen, die in der Regel
einen penetrierenden Kanal haben. Dass es in sehr seltenen Fällen
auch bei Schussverletzungen zu Herzrupturen kommen kann, wo dann
das Perikard keine Verletzung aufweist, erwähnt auch L. Reh n in
seiner letzten Publikation, und ich kann Ihnen einen solchen Fall vor¬
stellen.
Vor der Demonstration des Präparates gestatten Sie mir, kurz
über Kranken- und Operationsgeschichte das Folgende zu referieren:
Der 24 jährige Patient wurde abends ins Nauheimer Krankenhaus
eingeliefert, nachdem er sich ca. 2 Stunden vorher mit einem Re¬
volver 3 Schüsse in die linke Brustseite, mit der rechten Hand
schiessend, beigebracht hatte, deren Einschüsse sämtlich im III. IKR.
intramammillar lagen. Blutig-schaumiges Sputum, Hautemphysem,
linksseitiger Hämatopneumothorax. Herzdämpfung nicht sicher per-
kutierbar. Puls 90, weich, Herztöne über Aorta und Sternum deutlich,
nach der Mammillarlinie zu verschwindend. Herzverletzung nicht
sicher diagnostizierbar. Nacht leidlich, am nächsten Morgen relatives
Wohlbefinden.
Morgens 10 Uhr 50 Min. plötzliche Verschlimmerung: Zyanose,
Atemnot, Puls klein, kaum fühlbar, 120 — 130, dazwischen einzelne ver¬
langsamte Schläge. Herztöne nur über Aorta und Sternum hörbar,
links von dem Sternum nicht mehr. Diagnose: Fortschreitender Herz¬
druck (Herztamponade).
670
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
Sofortige Operation nach der Kocher sehen Methode, die sicii
ungemein einfach ausführen liess. Das Perikard liegt dann in grosser
Ausdehnung frei. Während man bei sonstigen Thoraxoperationen das
Herz im durchscheinenden Perikard arbeiten sieht, so lag hier das
Perikard als prall gespannte, dunkelblaurote Zyste vor, die nur in der
Gegend des Apex etwas wie Flimmern erkennen liess. Die Inzision
des Perikards liess einen mächtigen Strahl dunklen, flüssigen und
geronnenen Blutes ca. 30 cm hoch aufspringen und im Augenblick
dieser Entlastung des Herzens gab der den Puls freundlicherweise
kontrollierende Dr. Grödel II an, dass der bis dahin kaum fühlbare
Puls ruhig, voll und kräftig wurde. Zunächst keine neue Blutung.
Erweiterung des Schnittes im Perikard, Eingehen mit der Hand in das¬
selbe, Abtastung des pulsierenden Herzens und des Perikards. Die
Empfindung dabei ist die, dass das Herz in der Diastole mit grosser,
nicht unterdrückbarer Gewalt auseinanderschnellt. Weder am Peri¬
kard, noch an der Wand der Ventrikel kann eine Verletzung gefühlt
werden, dagegen lässt sich ein ausserhalb des Perikards in der Höhe
des Sinus transversus pericardii liegendes Projektil fühlen. Um auch
die Vorhöfe der Besichtigung zugänglich zu machen, Anheben des
Herzens, wobei von oben aus dem Perikardialsack eine abundante
Blutung erfolgt, der, ehe eine Orientierung möglich ist, der Patient
erliegt.
Die Sektionsuntersuchung (Demonstration) ergab einen unregel¬
mässig gezackten, 2 cm langen Riss im linken Vorhof, der die Quelle
der Blutung war, und dem extraperikardial der Sitz des Projektils
genau entsprach. Hier hat das Geschoss aller Wahrscheinlichkeit
nach auf den diastolisch ausgedehnten Vorhof das elastische Peri¬
kard aufgeschlagen, und eine Ruptur des Vorhofs veranlasst, zunächst
klein, die sich wahrscheinlich durch Gerinnsel schnell verlegte. Der
Augenblick der Verschlimmerung entsprach jedenfalls einer neuen,
wahrscheinlich durch Weiterreissen der Wunde des Vorhofs bedingten
Blutung.
Diskussion: Herr Fischer berichtet über einen analogen
Fall von Verletzung des linken Ventrikels durch eine Revolverkugel
ohne Verletzung des Herzbeutels.
Herr Hirsch-Tabor: Atypische Myotonie.
Die manifeste myotonische Erkrankung bei dem 20 jährigen Mann
ist auf die stark hypertrophischen beiderseitigen Mm. quadric. femor.
und gastroenem. beschränkt. Die übrige Muskulatur zeigt keine
nachweisbaren Veränderungen; es sollen aber in ihr früher leichte
myotonische Erscheinungen bestanden haben. Auch die elektro-myo-
tonische Reaktion ist atypisch, insoferne die Nachdauer der Kontrak¬
tion am nachhaltigsten und mit den geringsten Stromstärken durch
faradische Reizung vom Nerven aus erzielt wird. Die ersten Sym¬
ptome des Leidens, das spontan aufgetreten ist, hat Patient vor
ca. 3 Jahren an sich bemerkt. Myotonische Heredität ist anscheinend
nicht vorhanden.
Herr F r i e d 1 ä n d e r - Hohe Mark: Ueber die Klinik und
Therapie des Morphinismus.
Der Vortrag stellt ein Kapitel dar aus einer Arbeit, welche als
Monographie in nächster Zeit bei Fischer in Jena erscheinen wird.
Der Vortragende befürwortet für die Mehrzahl der Fälle die so¬
fortige Entziehung, die Angst vor den Abstinenzerscheinungen und
dem Kollaps ist übertrieben, die Furcht vor Entziehungskuren seitens
mancher behandelnden Aerzte und aller Kranken ist geradezu eine
legendarische geworden.
Diskussion: Herr Hainebach: Bei akuten Morphiumver-
giftunßen darf man sich wohl nicht darauf beschränken, nur Kal.
hypermang. zu geben, da ist unter Umständen die reichliche Magen¬
spülung doch angezeigt. In einem Falle hatte ein Mann etwa 5 bis
6 g Morphium in Substanz zur Ausführung des Selbstmords zu sich
genommen. Er war bereits somnolent. Nach Einführung der Magen¬
sonde durch eine Zahnlücke wurde reichliche Magenspülung vor¬
genommen. Der Mann genas. Ohne die Magenspülung wäre er wohl
zugrunde gegangen.
Herr Hahn kann die Angaben des Vortragenden, dass die plötz¬
liche Entziehung leichter für den Pat. und nur selten gefährlich ist,
bestätigen. Er macht auf die angeblichen Morphiumvergiftungen an
Hysterischen aufmerksam.
Herr Julius Friedländer macht darauf aufmerksam, dass der
vom Vortr. mehrfach zitierte Erlenmeyer zum mindesten in
früheren Jahren (1886/87) keine plötzlichen und keine raschen, son¬
dern allmähliche, langsame Morphiumentziehungskuren geübt hat,
und zwar fast ausnahmslos in seiner offenen Anstalt unter strengster
Aufsicht von zuverlässigen Pflegerinnen.
Herr Eiermann schildert einen ihm bekannten Fall, in dem ein
Morphiomane durch Jahre hindurch viele Aerzte in Sanatorien aller
möglichen Länder getäuscht hat und dann in einem bekannten
deutschen Sanatorium — allerdings auch erst nach einer vergeblichen
Kur während einer 2. Behandlung — entlarvt wurde: Er hatte Mor¬
phium und Spritze die ganze Zeit über in einer, von einer früheren
Operation herrührenden Hauttasche an der Innenseite des Ober¬
schenkels verborgen. Die Hauttasche war nach aussen durch eine
straffe Falte abgeschlossen und hatte auf diese Weise so lange als
Aufbewahrungsort für das Morphium dienen können, ohne entdeckt
zu werden.
Herr G. L. Dreyfus: Nach den Erfahrungen, die wir am hiesi¬
gen Krankenhaus gemacht haben, ist eine sachgemässe Morphium¬
entziehungskur nur bei kontinuierlicher Ueberwachung mög¬
lich. Ist diese, wie so sehr häufig, nicht durchführbar, so kommt
lediglich eine geschlossene Anstalt in Frage. — Bezüglich der foren¬
sischen Beurteilung des Morphinisten fällt gewiss nicht jede krimi¬
nelle Handlung unter den Schutz des § 51 RStGB. Jede Straftat aber,
die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Morphinismus stellt!
sollte exkulpiert werden. Sache des Gerichts ist es dann, für event!
Zwangsunterbringung des Morphiumsüchtigen in einer geschlossene!!
Anstalt bis zur „Heilung“ Sorge zu tragen.
Herr Löwe: Im Gegensatz zu den Morphinisten neigen die
chronischen Opiumraucher sehr zu Kollapsen, besonders dann, wenn
ihnen im Stadium der Karenz eine leichte Krankheit, z. B. die See¬
krankheit zustösst. Für solche Kranke sind Morphiuminjektionen oft
lebensrettend.
Herr Schulze-Kahleyss widerspricht nach seiner Er¬
fahrung der Forderung des Herrn Vortragenden, bei Morphinisten
ebenso wie bei Alkoholikern fast ausschliesslich die plötzliche Ent¬
ziehung vorzunehmen. Dieselbe könne zwar in geschlossenen An¬
stalten leicht durchgeführt werden, bedeute aber eines der qual¬
vollsten und rigorosesten Vorgehen des Arztes gegen den Patienten,
bringe ihn auch durch Herzkollaps öfter in Lebensgefahr, als der
Herr Vortragende annähme. Die meisten Morphinisten haben des¬
halb, und vielleicht nicht mit Unrecht, eine Aversion gegen die ge¬
schlossene Anstalt und wenden sich vorzugsweise an die offene. Die
Aufgabe des Leiters einer offenen Anstalt ist natürlich von vornherein
eine schwierigere, da sich der Patient bei Vornahme einer qualvollen
Gewaltkur, was eine plötzliche Entziehungkur entschieden ist, sofort
der Behandlung entziehen würde. Er wird also diese Methode in den
wenigsten Fällen wählen, sondern der sprungweise, langsam ab¬
klingenden den Vorzug geben, bei welcher sich in der Tat durch
während der Kur gewährte kleine Luxusdosen die Qualen des Pat.
so gut wie ganz ausschliessen lassen. Diese Form der Entziehung
sollte auch in geschlossene Anstalten Eingang finden, da sie nicht nur
der Humanität, sondern auch der höchsten Forderung, welche man
an die ärztliche Kunst stellt, der individualisierenden Behandlung,
einzig und allein Rechnung trägt.
Herr Friedländer (Schlusswort): Dass bei der akuten
Morphiumvergiftung zunächst die Ausspülung des Magens vorzu¬
nehmen ist, habe ich als selbstverständlich nicht erwähnt, die akute
Morphiumvergiftung streifte ich nur mit wenigen Worten und wollte
nur auf die Bedeutung des Kalium permanganat als Gegenmittel hin-
weisen. Was die Bemerkung des Herrn Friedländer - Frankfurt
betrifft, so muss die plötzliche Entziehung von der raschen getrennt
werden. — - Erlenmeyer hat in seiner letzten Arbeit vom
Jahre 1909 die rasche Entziehung als die ihm besterscheinendste
angegeben.
Was die Ausführungen des Herrn Schulze-Kahleyss
betreffen, so dürfte bei der Auffassung, welche er bezüglich der
Abstinenzerscheinungen und des Morphium zum Ausdruck gebracht
hat, eine Einigung schwer zu erzielen sein. Ein Morphinist kann
natürlich auch in der offenen Anstalt behandelt werden, was ich
ebenfalls wiederholt durchgeführt habe. Aber auch in der offenen
Abteilung muss der Kranke bei Tag und bei Nacht überwacht werden,
so dass es dann nur noch ein Streit um Worte ist, wenn man leugnen
will, dass er tatsächlich interniert ist. Nur die Notwendigkeit dieser
„Internierung“ habe ich hervorheben wollen. Sie muss erkannt
werden, wenn man vor Selbsttäuschungen bewahrt bleiben will.
Wer diese dauernde Ueberwachung prinzipiell durchführt, wird auch
die Gefahren des Kollapses niedriger einschätzen lernen. — Die von
mir aufs neue empfohlene plötzliche Entziehung, welche der letzte
Redner so sehr bekämpfte, wird mit derselben „Rücksichtslosigkeit“
von Autoren wie Bonhoeffer, Schröder u. a. mit den besten
Ei folgen geübt, vor allem mit dem Erfolg, dass der Arzt, wenn er
den Kranken aus der Behandlung entlässt, sicher sein kann, dass er
wirklich morphiumfrei ist und einsehen lernte, dass die Angst vor
der Entziehung unbegründet war.
Aerztlicher Verein in Hamburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 11. März 1913.
Vorsitzender: Herr D e n e k e.
Herr Loh fei dt: 2 Fälle von operiertem Mammakarzinom, die
durch Röntgenbehandlung in sehr gutem Zustande sich befinden.
Der 1. Fall — November 1911 operiert — wird seit Februar 1912 be¬
handelt, ist rezidivfrei geblieben — 8 Serien ä 3 Sitzungen ä 6 Minuten
= 66 x; der 2. Fall — Februar 1912 operiert — kam im November
1912 wegen ausgedehnter disseminierter Rezidivkarzinomatose in Be¬
handlung. Jetzt sind nach 5 Serien = 50 x das kolossale Rezidiv¬
infiltrat und alle Knötchen geschwunden.
Herr Haenisch demonstriert einen durch kombinierte Rönt¬
gen- und Arsenbehandlung geheilten Fall von ausgedehntem Media-
stinalsarkom. Der Kranke kam wegen Atembeschwerden und Zya¬
nose und allgemeinem Kräfteverfall in Behandlung. Im Röntgenbild
zeigte sich ein enormer Mediastinaltumor. Durch Röntgen und In¬
jektion von kakodylsaurem Natron gelang es, den Durchmesser des
Tumorschattens von 18,5 auf 7,0 cm zurückzubringen. Von den
beiden therapeutischen Faktoren ist der Röntgenbehandlung ent¬
schieden am meisten zu danken, da bei Aussetzer! der Bestrahlung
. März 1913. MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 671
d Weiteranwendung des Arsens allein der Tumor immer wieder
iclis. H. protestiert gegen die von Seeligmann am 11. Februar
13 geäusserte Ansicht, dass diese Behandlung neu und von ihm
erst angewandt sei. Ein Blick in die Literatur belehrt, dass schon
t 1904 Hunderte von derartigen Erfolgen publiziert sind.
(Vergl. die Mitteilung von Dr. Seeligmann S. 637 d. No. Red.)
Herr Kotzenberg demonstriert zu dem gleichen Kapitel aus
iem günstig beeinflussten Material von 16 Fällen 4 Patienten:
Carcinoma uteri, Totalexstirpation, Rezidiv. 2 Jahre durch As +
utgen rezidivfrei, b) Sarkom des Oberkiefers, inoperabel, c) Re-
liv eines Mammakarzinoms c. Hodgkin sehe Krankheit.
Diskussion: Herren Seeligmann. Ed. A r n i n g, der be¬
it, dass Arsazetin noch gefährlicher und giftiger als Atoxyl ist;
i e n i s c h, Kotzenberg.
Herr Rüder zeigt das Präparat einer ausgetragenen Extra-
:ringravidität, deren Exstirpation besonders grosse Schwierig-
iten machte. Der grosse tumorartige Fruchtsack war intraliga-
•ntär entwickelt und war durch eine Appendizitis am Beginn der
hwangerschaft mit der Appendix, Darmschlingen und dem Ureter
rwachsen.
Herr Brauer: Beitrag zur Klinik des Pneumotyphus.
Pat., ein Krankenhausarzt, erkrankte Sept. 1912 mit Mattigkeit,
ngenerscheinungen, besonders Husten, Fieber. Im Blut wurde da-
ds eine Typhuskolonie gezüchtet, Stuhl- und Urinuntersuchung
i Typhusbazillen negativ. Anfang November Bronchopneumonie
t Erscheinungen von Gewebszerfall und Empyem. Mitte No-
mber Empyemoperation, alle Typhusreaktionen negativ. Dann
Öffnung eines Erweichungsherdes in der Lunge. — Die Kranken-
Muester, die mit der Pflege des Pat. betraut war, erkrankte dann
, Typhus und schliesslich wurde auch in der Rekonvaleszenz die
i da Ische Reaktion bei dem Pat. positiv. Nach dem ganzen Ver-
iif scheint es sich um einen echten Pneumotyphus gehandelt zu
Iben, da weder eine Embolie noch Aspiration anzunehmen war.
Herr Lauenstein: Pferdehaar, aus dem Fussriicken eines
nnnes stammend, das dort zu einem kleinen Abszess geführt hatte.
Herr Nonne: 14 jähriger Knabe mit. klassischer juveniler Para-
lie. Die 4 Reaktionen positiv. Stigmata für hereditäre Lues
: lten. Bei der Mutter fand sich beginnende Tabes, Wassermann
I sitiv. Die weitere Anamnesenforschung ergab, dass es sich um
: e in frühester Kindheit akquirierte Lues gehandelt hat. Die Mutter
ir von einem syphilitischen Säugling infiziert, und übertrug die
: philis auf ihr eigenes, gleichzeitig gestilltes Kind. Derartige Fälle
n Infektion von Säuglingen mit Lues sind nicht ganz so selten,
1 2 allgemein angenommen wird.
N. berichtet über 3 weitere Fälle: 1. 14 jähr. Mädchen mit
ralyse, ebensolcher Infektionsweg, 2. 2 jähr. Kind mit Hirnlues,
'.n der Amme infiziert, 3. 10 jähr. Knabe mit Tabes, von einem Ein-
ierer als Säugling infiziert.
Diskussion über den Vortrag des Herrn Jacobsthal:
ber die praktische Bedeutung der Wassermann sehen Re-
tion.
Herr Kafka berichtet über die in der Irrenanstalt Friedrichsberg
nachten Erfahrungen. Gerade die metaluetischen Erkrankungen,
e die Paralyse und die Lues cerebri brauchen Verfeinerungen der
laktionen. Dass tatsächlich die Paralyse eine Lues des Zentral-
rans ist. ist ja auch jetzt durch den Nachweis von Spirochäten im
ralytikergehirn erwiesen. Methodologisch ist als Verfeinerung zu
pfehlen: das Arbeiten mit mehreren Extrakten, mit steigenden
i sen des Serums, Untersuchung des aktiven Serums betreffs Ab-
ption der Normalambozeptoren, Wechselmann sehe Ab-
ption der Komplementoide usw. Die Cholesterin-Kältemethode hat
h sehr bewährt: 14S Fälle, 123 mal war das Resultat iiberein-
nnmend mit der Originalvorschrift.
Herr Much: Bei der Unspezifizität der Reaktion ist es ein
iktisches Bedürfnis, die Reaktion nicht zu fein zu gestalten. Es
pfiehlt sich anstatt Ochsenherzextrakten (Sachs) Menschenherz-
:rakte zu verwenden. Der Praktiker muss wissen, dass es para-
xe Fälle gibt und der Serologe muss in solchen Fällen nicht
n „pseudonegativer“ Reaktion oder dergl. sprechen. M. macht kurz
einzelne Fehlerquellen aufmerksam. Was die G e n n e r i c h sehen
rsuche betrifft, so muss man vorläufig noch ein „non liquet“ dazu
ten. In den Konzessionen ist Herr Jacobsthal zu weit ge¬
igen. So z. B. in der Beurteilung des Ehekonsenses durch die
i.-R. Hier gibt es nur ein entweder — oder. Ebenso ist es nicht
^ängig für den Therapeuten — damit er Erfolge sehen kann — nur
iwache, für den Diagnostiker nur starke Reaktionen zu verwenden.
Herr E. Arning: Die praktische Bedeutung der Wa.-R. ist so
ss, dass es ganz besonders zu bedauern ist, dass in keinem In¬
tut die gleiche Methode verwandt wird. Es wird daher zurzeit
e Enquete veranstaltet, an der Kliniker und Serologen in gemein-
ner Weise arbeiten, um eine Standardmethode festzulegen. Sehr
J Erfolg verspricht A. sich von weiteren Fortschritten in der Aus¬
zug der Ausflockungsmethode unter Verwendung chemischer, ein-
h definierbarer Substanzen (z. B. glykokollsaures Natron).
Herr Nonne gibt ein Referat über den Ausfall der Wa.-R. bei
rvenkrankheiten. Bei Tabes ist die Wa.-R. im Blut in ca. 5ü Proz.
sitiv, im Liquor unter Verwendung der Auswertungsmethode nach
Haupt mann in 90 — 95 Proz., bei Paralyse ist sie überwiegend
im Blut und im Liquor positiv. — Therapeutisch hat N. in ca. 30 Fällen
nach Dreyfus’ Angaben heroische Dosen von Salvarsan und Hg
gegeben, bis die positive Reaktion negativ wurde und hat bisher
gute Resultate damit erzielt. — N. hat ferner 80 Fälle von chronischem
Alkoholismus ohne Syphilis auf Wa.-R. geprüft. Nur 2 mal war die
Anamnese aber nicht einwandfrei. Aehnlich sind die Untersuchungen
bei Epilepsie, Tumor cerebri etc.
Herr Hahn hat mehrere Fälle gesehen, in denen trotz frischer
syphilitischer Erscheinungen mit virulenten Spirochäten die Reaktion
negativ war und bei der Behandlung negativ blieb. Die Unter¬
suchung bei den verschiedenen Rezidiven solcher Fälle ergab nega¬
tive Reaktion.
Herrn Saengers Beobachtungen decken sich mit denen von
Nonn e. Bei der Differentialdiagnose zwischen Tabes und Para¬
lyse nützt die verfeinerte Wa.-R. uns nicht. Da gibt die ülobulin-
reaktion Aufschluss.
Herr Bohne bespricht die Bedeutung der Wa.-R. für den Ge¬
richtsarzt, für die Lebensversicherungen und für die Puellenunter-
suchung.
Herr S c h o 1 1 m ii 1 1 e r verlangt, dass alle Syphilitiker 2—3 mal
jährlich auf Wa. geprüft und bei positivem Ausfall der Reaktion be¬
handelt werden. Den Ehekonsens muss man nach klinischen Er¬
wägungen wie bisher erteilen. Lebensversicherungen sollen Syphi¬
litiker aufnehmen, aber individualisierende Zusatzprämien verlangen.
Sehr notwendig ist die Kontrolle der Kinder syphilitischer Eltern zur
Vermeidung der Symptome der Lues tarda.
Fortsetzung in nächster Sitzung. Werner.
Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 17. Februar 1913.
Herr Go Id stein: Demonstration von Gehirnen.
Herr Hermann: Neueres zur Physiologie des Hörens.
Sitzung vom 3. März 1913.
Herr Meyer und Herr Pick: Demonstrationen.
Herr Streit bespricht zunächst die Methoden der Abimpfung
aus Rachen und Nase.
Während die erstere relativ einfach sei und unter Kokain
durch runde Glasröhrchen meist' fehlerlos gehandhabt würde, seien
bei den bisherigen Abimpfungen der Nase nach z. B. Neuma n n,
Hasslauer etc. manche Fehlerquellen zu verzeichnen und daher
auch die bisherigen Resultate ganz irrige. S. impft durch einen
grossen sterilen Ohrtrichter, den er in die Nase einführt, ab. Er
hebt hervor, dass er durch diesen geschlossenen Trichter auch das
Berühren der Vibrissen des Vestibulum vermeide, wie es bei Be¬
nutzung eines Sperrspekulums nur zu leicht geschehe. Dadurch er¬
klärt er auch die Tatsache, dass er fast nie diphtherieähnliche
Bazillen gefunden habe, die sich gerade im vorderen Nasenraum
befänden.
Die Flora des Nasenrachenraums sei mannigfach. Fast immer
findet er Streptokokken, oft Diplokokken; in 17 Proz. aller Anginen
hämolytische Streptokokken, denen als Urheber der Anginen eine
grosse Rolle zuzuschreiben sei. Meistens war in diesen Fällen die
Nase selbst frei von solchen.
Die bisherige Ansicht, dass die Nase niemals steril sei, führt
Vortr. ebenfalls auf die fehlerhaft geübten Abimpfungen zurück. F.r
selbst hat in vielen Fällen die gesunde Nase keimfrei gefunden.
In den Untersuchungen über das Abhängigkeitsverhältnis in der
Bakterienflora beider Nasenseiten kommt S. zu folgenden Resultaten:
Abgesehen davon, dass beide Seiten die gleichen Bakterien enthalten
können, können 1. beide Seiten steril sein oder 2. die eine ist steril,
die andere keimhaltig oder 3. in jeder finden sich Bakterien, aber
ganz artverschiedene.
Vortr. erwähnt noch, dass er stets auf Blutagar und Aszites
abimpfe, da auf einfachen Nährböden nach seinen Erfahrungen viele
der Bakterien nicht gewachsen waren.
Herr Fetzer hat, um Erfahrungen über den Stoffhaushalt in
der Gravidität zu sammeln, eine Reihe von Experimenten mit
Kaninchen angestellt. Er fütterte die einen Tiere während ihrer
Schwangerschaft mit Kuhmilch + Weissbrot, den anderen gab er
ausserdem Ferratin. Er stellte auf diese Weise dort ein Minimum,
hier ein Maximum an eisenhaltiger Nahrung her. Die neugeborenen
Föten dieser Tiere wurden gleich nach der Geburt analysiert, und
der absolute und relative Eisengehalt derselben wurde festgestellt.
Die Resultate entsprachen ganz der den Muttertieren während der
Schwangerschaft verabreichten Nahrung. Vortr. schreibt dem eine
grosse Wichtigkeit für die Therapie zu; Konstitutionsanomalien der
Neugeborenen seien stets, wie schon Finkeistein dargeiegt habe,
eine Folge schlechter Ernährung in utero. Anämische Kinder seien
fast ausnahmslos Kinder anämischer Mütter; darum könne nicht
genug Gewicht auf eine zweckmässige Ernährung Gravider gelegt
werden. Dr. R u t z.
67 2
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. \l
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 11. Febrilar 1913.
Vorsitzender: Herr Marchand.
Schriftführer Herr R i e c k e.
Herr H e i n c k e demonstriert ein einjähriges Kind mit einer
grossen Zephalhydrozele (Meningocele spuria) traumatica. Das
Kind war vor 10 Wochen aus dem Bett gefallen, kurze Zeit bewusst¬
los gewesen, hatte sich dann aber schnell erholt. Nach dem Falle
bestand sofort eine vollständige Lähmung der rechten Körperseitc.
die allmählich wieder teilweise zurückging. Ferner entwickelte sich
eine fluktuierende Anschwellung über dem rechten Scheitelbein, die
zuerst langsam wuchs, dann stationär blieb. Zurzeit besteht bei
dem sonst gut enwickelten Kinde, das keine psychischen Defekte
zeigt, ein über hühnereigrosser fluktuierender Tumor über der linken
Schädelhälfte, der Gehirnpulsationen zeigt, sich beim Schreien ver-
grössert und zerebrospinale Flüssigkeit enthält. Nach der Punktion
und Entleerung des Tumors wird eine 6 cm lange Spalte im
Schädeldach fühlbar, die annähernd sagittal durch das Scheitel¬
bein verläuft und am vorderen Ende über 1 cm breit klafft (Röntgen¬
bilder). Der Tumor füllt sich nach der Punktion sofort wieder. Die
teilweise Lähmung der rechten Körperseite besteht noch. Sprech¬
versuche macht das Kind noch nicht.
Vortragender bespricht die Gründe, die das Klaffen der Bruch¬
spalten beim kindlichen' Schädel und das Ausbleiben der Heilung
bedingen (Dünne und Elastizität des Knochens, Wachstumsdruck des
Gehirns) und die Gründe der bei Konvexitätsfrakturen kleiner Kinder
häufig entstehenden Durazerreissung (festeres Anhaften der Dura am
Schädel bei Kindern), vermöge deren sich der Liquor durch den
klaffenden Schädelspalt unter das abgehobene Periost oder unter die
Galea ergiesst. Er verweist endlich auf die in den meisten Fällen
von Zephalhydrozele bestehende Kommunikation mit dem Seiteu-
ventrikel, die entweder auf eine direkte Hirnzerreissung oder auf
traumatische Zystenbildung mit sekundärem Durchbruch in Ventrikel
und Subarachnoidealraurn zurückzuführen ist. Auch die Möglich¬
keiten der Operation: Deckung des offenen Ventrikels und des Dura-
defektes durch freie Faszienverpflanzung und des Schädeldefektes
durch einen Periostknocherilappen werden erörtert. Die Operation
soll bei dem kleinen Kinde noch verschoben werden.
Herr Sud hoff: Zur „prähistorischen“ bzw. „präkolumbischen“
Syphilis in der alten und in der neuen Welt.
Vortr. knüpft an die Darlegungen Lwan B 1 o c h s zu Beginn der
zweiten Abteilung seines „Ursprungs der Syphilis“ an, die offenbar
vor einem Jahrzehnt schon ausgearbeitet sind. Seitdem hat aber die
Arbeit des Spatens und die Prüfung ihrer Ergebnisse nicht still¬
gestanden, weder diesseits noch jenseits des „grossen Wassers .
Was den amerikanischen Kontinent betrifft, so liegt aus dem Jahre 1912
eine abschliessende Aeusserung des besten Kenners des vor- und
frühgeschichtlichen Knochenmaterials Ales. Hrdlickas vor, dei
im Aufträge der Smithonian Institution seit vielen Jahren das ge¬
samte bisher aufgedeckte Skelettmaterial der neuen Welt eingehendst
untersucht hat. Er erklärt, dass er viele Tausende von Skeletten
aus allen Teilen Amerikas genau geprüft habe und keinen einzigen
Fall von Syphilis an einem sicher präkolumbischen Knochen gefunden
habe. Auch bestand dort sicher keine Immunität gegen die Spiro¬
chätenseuche, wie man sie etwa aus einem langen dort Heimischsein
hätte vermuten können; im Gegenteil, die Indianer sind in post-
kolumbischer Zeit an der Lues in furchtbarem Masse erkrankt ge¬
wesen. In einer Indianerbegräbnisstätte aus dem Anfänge des
18. Jahrhunderts in Kentucky z. B. fand H. bei 70 Proz. aller Skelette
zweifellose syphilitische Läsionen.
Unterdes sind an der Hauptstelle der historisch-pathologischen
Forschung durch methodische Grabungen in Oberägypten und Nubien
zwar keine Knochenveränderungen gefunden worden, die von den
untersuchenden Fachmännern als zweifellose Syphilisfälle in Anspruch
genommen worden wären, wenn auch in einer ganzen Reihe von
Fällen Knochenveränderungen gefunden worden sind, die man recht
wohl für syphilitischen Ursprungs halten könnte. Ein Autor spricht
sich bei der Untersuchung des Skelettes einer Frau aus der Zeit um
2000 vor Christo über einen Knoten im Humerus folgendermasen aus:
„the node in the humerus closely resembles a syphilitic node and
wotild in a recent specimen almost certainly be diagnosed as such
— es hindert also nur die Annahme, dass Syphilis in der alten Welt
vor der ersten Heimkehr des Kolumbus nicht vorgekommen sei, an
der Luesdiagnose. Jedenfalls ist es beachtenswert, dass schon solche
Fälle in Aegypten in den letzten Jahren beobachtet wurden, die den
dringenden Verdacht auf Lues erwecken, bei denen man mit dem
Angefressensein durch Käfer so recht nicht mehr auszukommen ver¬
mag. Ob die Schwierigkeiten einer sicheren Syphilisdiagnostik aus
dem frühzeitlichen Knochenmaterial durch die Untersuchung der
Weichteile von Mumien behoben werden können, der sich der Prä¬
sident des ägyptischen Sanitätswesens M. A. Ruff er in Alexandrien
mit so viel Eifer und Erfolg gewidmet hat, erscheint fraglich. Seine
letzten Aeusserungen klingen einigermassen resigniert. Das feine
histologische Detail ist doch grossenteils zerstört und durch keine
Färbungsmethoden mehr sichtbar zu machen. Kernfärbungen z. B.
gelingen nur in einem geringen Prozentsatz der Gewebe.
Wir müssen uns also auch in Aegypten vor allem an die Knochen
halten, die ausser in Peru auf der gesamten übrigen Erdoberfläche
so wie so das einzige Forschungsmaterial für die frühzeitige Patho¬
logie liefern. Nun sind aber aus dem uralten Kulturboden Frank¬
reichs, das zweifellos zu den von Menschen am frühesten bewohnter
Stellen der Erdoberfläche gehört, in neuester Zeit einige kranke
Extremitätenknochen bekannt geworden, welche kaum eine andere
Deutung zulassen als die einer weiland syphilitischen Erkrankung
ihres Trägers.
Baron J. de Baye hat 1872 neolithische Begräbnisgrotten aus
dem Ende der neolithischen Epoche, der Zeit der polierten Stein
instrumente, in der Marne (im Tale Petit Morin) ausgegrabeu und
Skelette und Beigaben im Museum zu St. Germain-en-Laye deponiert,
wo sie neuerdings durch Paul Raymond einer eingehenden anthro¬
pologischen und pathologisch-anatomischen Untersuchung unterzogen
v\ urden. Er stiess dabei zunächst auf eine Ulna, die in ihrer Diaphyse
eine starke Verdickung in deren ganzen Länge aufwies, die er iiir;
syphilitischer Natur glaubt halten zu müssen. Er wurde in dieser;
Annahme bestärkt, als er schliesslich einen zweiten in gleicher Weise1
erkrankten Humerus unter den Knochen der Grottengräber der Marne
, , •, ii i .i . c? .. i x „ a : t : A ~ ... : : l • i _
aus der Steinzeit entdeckte. Er legte nun diese beiden männlichen
Extremitätenknochen, die wohl fast sicher nicht dem gleichen1
Menschenindividuum angehört haben, zweien der besten Kenner der
Knochensyphilis in Frankreich vor, dem Pariser Professor Lanne-
longue und dem Professor zu Lyon Gangolphe, die sich beide
für einen zweifellosen syphilitischen Charakter der Knochenerkraii-i
kung aussprachen. Gangolphe hat die beiden Knochen besonders
genau untersucht, beide mit der Säge der Länge nach geöffnet. In
beiden Fällen handelt es sich um infektiöse Osteomyelitiden, die ohne)
Eiterung und ohne Sequestrierung verlaufen sind, aber um so
heftigere Schmerzen verursacht haben dürften. Die Diagnose „gum¬
möse tertiäre Osteomyelitis“ scheint ihm vollkommen zweifellos; so-|
wohl die gewöhnliche infektiöse Osteomyelitis als auch eine tuber¬
kulöse Osteomyelitis scheint ihm der aufgenommene Befund dei
eröffneten Knochen mit voller Evidenz auszuschliessen.
Eine exostotische Tibia aus den Dolmen von Maintenon, welciiJ
Le Baron als vollkommen identisch mit einem zweifellos syphi¬
litischen Knochen des Musee Dupuytren beschrieben hat, ist
leider nicht mehr aufzufinden. Aber eine weibliche 1 ibia aus den
Knochenmaterial von S o 1 u t r c, welche im Museum zu Lyon ver
wahrt wird, ist gleichfalls für luetisch zu erklären, wenn sie auch
noch nicht aufgesägt ist. Prähistorisch ist diese Tibia freilich nicht
aber sie gehört der gallorömischen Zeit an; an ihrer präkolumbischei
Provenienz ist kein Zweifel möglich.
So steht heute die Frage der vorkolumbischen Syphilis in de1
alten und in der neuen Welt. Nichts spricht für Amerika, ga:
mancherlei für die alte Welt. Die Wage neigt sich auch hier, uh
bei den Ergebnissen der epidemiologisch-historischen Untersuchung
wie ich früher nachzuweisen vermochte, entschieden auf die Seit;
der Syphilis in der alten Welt vor der Entdeckung Amerikas.
Diskussion: Herr Marchand: Ich halte es für seh
schwierig, nach den vorliegenden Abbildungen (zwei Tafeln in de!
Mitteilung von Gangolphe mit Ansichten des Humerus von de
Oberfläche und auf dem Durchschnitt und desgleichen der Ulna
ausserdem damit z. T. identische Originalphotographien) ein be
stimmtes Urteil abzugeben, wenn auch zuzugeben ist, dass die Uebei
einstimmung mit Hyperostosen durch syphilitische Periostitis un
zentraler Nekrose, bei Abwesenheit von Sequestern, sehr gross is
Dennoch möchte ich Nekrose durch eitrige Osteomyelitis nicht gan
ausschliessen, besonders da ich an zwei photographischen Aufnahme
des Humerus und der Ulna einige Löcher sehe, die wohl als Residiie
von Fisteln gedeutet werden könnten. Ich behalte mir vor, aut de
Gegenstand unter Vorlegung von Knochenpräparaten zurück
zukommen. . .
Herr Heller berichtet über Versuche über die mtrathorakai
Kokainisierung des Nervus vagus, die Professor W e i s s und de
Vortragende am Königsberger physiologischen Institut gemeinsam
ausgeführt haben. Veranlassung zu den Versuchen waren klinisch
Beobachtungen bei Oesophagusresektionen, bei denen bedrohlich
Reflexwirkungen infolge der Ablösung der Nervi vagi vom Oes<
phagus eintraten. Nachdem Reich den Beweis erbracht hat, das
sich durch Kokainisierung des Vagus am Halse bei unvermeidliche
operativer Läsion des Nerven die bedrohlichen Reflexwirkungen uc
Vagusreizung ausschalten lassen, handelte es sich bei obigen Vei
suchen nur noch darum, die den besonderen physiologischen Vertun
nissen des Vagus in seinem intrathorakalen Abschnitt entsprechen^
Technik der Vaguskokainisierung bei intrathorakalen Operationen z
ermitteln. — Die Versuche ergaben, dass der unterste Abschnitt ci.
Vagus nach Abgang der Herz- und Lungenäste bei direkter Reizui
erhebliche Reflexwirkungen nicht vermittelt; dagegen ist sehr wa>'
scheinlich, dass durch Uebertragung der Zugwirkung auf die honeu
Abschnitte bei operativer Ablösung des Nerven in seinem umen
thorakalen Verlauf Hemmungsreflexe durch indirekte Reizung cc
Lungen- und Herzäste ausgelöst werden können. .
Im Bereiche des Lungenhilus und oberhalb desselben treten
Reizung des Nervus vagus praktisch -gleichzeitig Hemmungsretie
bis zum Atmungs- und Herzstillstand ein Die reflektorische H
einflussung der Atmung vom intrathorakalen Teile des Vagus ai
lässt sich durch Blokierimg seiner zentripetalen Leitung ciur
!
. März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
673
I kainisierung am Halse beseitigen, doch bleiben dadurch die zentr¬
alen Herzhemmungsreflexe unbeeinflusst. Die zentripetale
nungsleitung und die zentrifugale Herzleitung lassen sich jedoch
ichzeitig durch eine ausgiebige regionäre Infiltration des obersten
gusabschnittes im hinteren Mediastinum ausschalten. Hierzu ge-
’t die 0,5 proz. Novokain-Adrenalinlösutig. Da eine so hoch
aufreichende Kokainisierung beider Vagi einer vorübergehenden
npletten Vaguslähmung entspricht, war festzustellen, ob dies ohne
nittelbare Gefahr oder sekundäre ungünstige Folgeerscheinungen
•glich ist. Bei doppelseitiger Kokainisierung der Vagi am Halse
wickelte sich zwar das Bild einer kompletten Vaguslähmung, doch
(Standen dadurch weder unmittelbar bedrohliche Erscheinungen.
;h hinterliess die vorübergehende Lähmung schädliche Folgen. —
; doppelseitige regionäre Kokaininfiltration beider Vagi würde sich
; o bei Oesop'nagusoperationen zum Zweck der Ausschaltung der
gusreflexe empfehlen.
Herr H. Ri sei: Zur Laktation der Frau.
Gewöhnlich wird nur von den Milchmengen, die das Kind von
r Brust abtrinkt, auf die Stillfähigkeit der Mutter geschlossen,
wird nicht beachtet, dass diese Nahrungsmengen in weitem Masse
einflusst werden von der Art des Anlegens und von dem Kranken-
d Gesundheitszustände des Kindes. Die Nahrungsmengenkurve
s Kindes ist nicht gleichbedeutend mit der Laktationskurve der
itter, wie die Erfahrungen der Säuglingsanstalten beweisen. Bei
n Ammen lässt sich dort durch gesteigerte Inanspruchnahme der
ust mit Leichtigkeit die Milchsekretion steigern auf Mengen, die
s Bedürfnis eines Kindes um das doppelte und dreifache übertreffen.
:ngen von 2 Liter Frauenmilch als Durchschnittsleistung und
... Liter als Tagesmaximum sind dort etwas Gewöhnliches. Neben
m Abtrinken werden solche Mengen durch Abdrücken oder Ab-
,‘hen mit Milchpumpen erreicht. Ist die Technik hierzu erst erlernt,
können auf diese Weise Milchquantitäten gewonnen werden, die
össer sind als die abgetrunkenen Mengen und die etwa 2 Liter
tragen können. Auf das Anlegen kann auch überhaupt verzichtet
eiden und nur durch das Abdrücken die Milchsekretion in Gang
bracht, gesteigert und Monate lang unterhalten werden. Solche
fahrungen, die alles andere sehen als eine Stillunfähigkeit oder
ilchmangel, sind in Anstalten allgemein. Sie stehen mit ihren ge-
uen Aufzeichnungen als Stichproben für unsere ganze Bevölkerung
i Gegensatz zu den ungesicherten Meinungen und Anschauungen
r Frauen. Sie geben der Stillpropaganda die Unterlagen, auf denen
hauptet werden kann, dass unsere Frauen in ganz weitem Umfang
illfähig und Ausnahmen nur selten sein müssen.
Diskussion: Herr Taube: Das Abdrücken der Milch ist
isolut schadlos. Das Personal muss gut darauf geschult werden.
:honung der Stillenden ist nötig.
Herr M. Goetz: Vor 30 Jahren wurde auf den Universitäten
lehrt, die stillenden Frauen sollten die Säuglinge zweistündlich
liegen, später wurde als Norm aufgestellt (und den Hebammen ein-
i schärft), die Kinder dürften nur dreistündlich angelegt werden —
fenbar eine Folge der Forschungen über die Dauer der Verdauung
i Magen. Wenn nun der Herr Vortragende angegeben hat, die
ilchproduktion steige um so mehr, je öfter die Kinder angelegt
iirden, und wenn man erwägt, dass das früher übliche zweistündliche
nlegen keine, uns praktischen Aerzten auffallenden, üblen Folgen
diabt hat, so dürfte doch zu erwägen sein, ob die dreistündliche
orm die unbedingt richtige wirklich ist.
Herr C. Backhaus spricht sich entgegen Götz für die
eistiindigen Pausen (nachts nichts) aus und sagt, dass er den Heb-
nmen dies lehre. Die Stiilfähigkeit ist jetzt in den meisten Gebär-
iniken besser als früher, seitdem auf gute Stilltechnik geachtet wird,
ast alle Frauen können stillen. Das Wichtigste ist, dass die Brüste
Jt ausgetrunken oder eventuell künstlich gut entleert werden.
Herr B a h r d t möchte auch das dreistündige Anlegen empfehlen,
B. ist auch die nächtliche Ruhe nötig.
Herr K r i t z betont auch als richtig das gänzliche Leertrinken
er Brust, das geschieht, wenn das Kind Hunger hat.
Herr Goetz: Wenn Herr Taube als einen wesentlichen
aktor für reichliche Milchentwicklung die Ruhe der stillenden
rauen bezeichnet hat, so hat er doch offenbar die Schonung vor
örperlichen Anstrengungen, nicht aber die durch den dreistündigen
tiliturnus erzielte Ruhe gemeint. Dagegen sind allerdings die Frauen
isofern zu schonen, dass man ihnen Nachtruhe verschafft und
as erzielt man dadurch, dass man das Stillen bei Nacht - — von
bends 9 oder 10 bis früh 6 Uhr — strenge verbietet; nur hierdurch
ann inan die Kinder an ruhigen Schlaf bei Nacht gewöhnen. Schlafen
ie aber, so haben sie keinen Hunger, während sie, wenn häufig
ach, natürlich auch in der Nacht Hungerempfindur.g bekommen.
Aerztlicher Verein zu Marburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 22. Januar 1913.
Vorsitzender : Herr M a 1 1 h e s.
Schriftführer : Herr Sardemann.
Herr Hühner: Zur Menzer sehen Theorie der Tuberkulid
tatur der Psoriasis.
Der Vortragende wendet sich gegen die von Menzer
(Deutsche med. Wochenschr. 45, 1912) aufgestellte Theorie, nach der
die Psoriasis keine selbständige Hautkrankheit, sondern nur ein
Hautsymptom konstitutionell-bakterieller Erkrankungen, nämlich des
Rheumatismus und der latenten Drüsentuberkulose, sei. Die Be¬
funde Menzers — einmal einige M u c h sehe Granulationen, in
zwei weiteren Fällen Kokkenhaufen in Psoriasisherden — können
nicht als beweisend für die Aetiologie der Krankheit angesehen
werden. Die Reaktionen nach Tuberkulin- und Seruminjektionen
können zwanglos als Tuberkulin- bezw. Serumexantheme gedeutet
werden, die aus in dem Vortrage näher ausgefiihrten Gründen an die
Psoriasisherde gebunden sein können. So wenig wie die Frage der
Aetiologie der Psoriasis durch die Menzer sehen Untersuchungen
geklärt ist, geben sie einen neuen Weg zur Behandlung dieser Krank¬
heit an: denn wenn auch unter den starken allgemeinen und event.
auch lokalen Reaktionserscheinungen Abheilungen der Psoriasisherde
eintreten mögen, so sind diese doch mit grossen Unannehmlichkeiten
für den Patienten verbunden, wie die Krankengeschichten Menzers
beweisen, und stellen keine Dauerheilungen dar. (Der Vortrag er¬
scheint in der Deutschen med. Wochenschrift.)
Diskussion: Herr Eduard Müller: Aetiologische Be¬
ziehungen zwischen Psoriasis einerseits und Tuberkulose, chro¬
nischem- Rheumatismus und septischen Affektionen anderseits sind
schon von vornherein ganz unwahrscheinlich; meist handelt es sich
bei den Patienten mit Psoriasis in der Tat um klinisch sonst gesunde,
kräftige Individuen.
Herr Römer: Herr Hübner hat in seinem Vortrag mit Recht
hervorgehoben, dass eine positive Tuberkulinreaktion bei Psoriasis¬
kranken durchaus nicht die tuberkulöse Natur des Leidens beweise,
angesichts der nahezu allgemeinen Durchseuchung aller Erwachsenen
mit Tuberkulose. Die durch Sektions- und Tuberkulinstatistiken
gestützten Erfahrungen, dass nahezu jeder Erwachsene als tuber¬
kuloseinfiziert gelten kann, wurden in ihrer allgemeinen Gültigkeit
bisher insofern bestritten, als auf Grund einiger nicht ausreichender
Erfahrungen eine viel geringere Durchseuchung der Angehörigen ge¬
bildeter Stände behauptet wurde. In diesem Zusammenhänge
möchte ich auf eine mir sehr wichtig erscheinende Untersuchung von
Prof. Kruse -Bonn hinweisen, der bei der Tuberkulinprüfung (nach
Pirquet) der seine Kurse besuchenden Studierenden 84 Proz.
— also Angehörigen besser situierter Kreise — positive Reak¬
tionen fand!
Auch die übrigen Argumente des Herrn Hübner gegen die
Tuberkuloidnatur der Psoriasis scheinen mir stichhaltig, so z. B. sein
Hinweis, dass das Abheilen der Psoriasiseffloreszenzen während der
Tuberkulinbehandlung nicht die tuberkulöse Natur des Hautleidens
beweise. Das ist in der Tat nicht beweisend, zumal die Beobachtung
der Abheilung sicher tuberkulöser Hautleiden während einer
Tuberkulinbehandlung noch nicht eindeutig für ein „post hoc ergo
propter hoc“ spricht. Auch müssen wir daran festhalten, dass der
Befund säurefester Stäbchen noch nicht die Diagnose „Tuberkel¬
bazillus“ erlaubt, wenn Uebertragung auf das Tier oder ein Kultur¬
versuch nicht gelingt. Dieses Grundsatzes müssen wir uns auch
— wie nebenbei bemerkt sei — erinnern, angesichts der sich
mehrenden angeblichen Befunde von Tuberkelbazillen im Blut bei
lediglich tuberkulinreagierenden, im übrigen aber klinisch gesunden
Menschen. Wir müssen durchaus daran festhalten, dass nur der
Tierversuch entscheidet, und dass beim Fehlschlagen des Tierver¬
suches trotz mikroskopischen Befundes säurefester Stäbchen die
Hilfshypothese, der betr. Tuberkelbazillus sei durch gleichzeitig mit-
eingespritzte Antikörper unschädlich gemacht, unberechtigt ist. Sie
ist umsomehr ein Verstoss gegen die petitio principii, als bisher noch
niemand derart wirksame Antikörper im Meerschweinchenversuch
demonstrieren konnte.
Herr Viereck demonstriert ein Präparat von einer alten vom
Menschen stammenden Tuberkulosekultur mit Granulis, in welchem
diese Granula nach der Weigert sehen Modifikation der Gram¬
färbung dargestellt sind. In Alkohol fixierte Deckglasausstriche
werden 5 — 10 Minuten in Anilinwasser-Gentianaviolett unter leichtem
Erwärmen gefärbt, kommen eine Minute in eine Va proz. alkoholische
Pikrinsäurelösung und werden in absolutem Alkohol gründlich ent¬
färbt (eine Minute oder länger). Er empfiehlt der besseren Kontrast-
wiikung wegen besonders in Schnitten von einer Gegenfärbung ab¬
zusehen.
Diskussion: Herr M a 1 1 h e s.
Herr Eduard Müller fragt nach der klinischen Bedeutung der
Much sehen Granulafärbung im Sputum für die Frühdiagnose bei
Tuberkulose (bei sonst negativem Befund an säurefesten Stäbchen).
Herr Römer: Zu den Bemerkungen des Herrn M a 1 1 h e s
möchte ich noch hinzufügen, dass auch die Beurteilung des Tier¬
versuches nach Blntverimpfung vorsichtig und kritisch geschehen
muss. Es ist ganz zweifellos, dass manche Autoren der Verwechslung
mit spontaner Meerschweinchentuberkulose zum Opfer gefallen sind.
Spontane Meerschweinchentuberkulose ist zwar im allgemeinen
selten, kommt aber doch vor, ja kann — wie eine demnächst zu
veröffentlichende Arbeit mitteilen wird — gelegentlich sogar genau ,
Vorkommen. Zu der Anfrage des Herrn Müller, ob der Nachve
Much scher Granula im Sputum diagnostisch zu verwerten isi.
möchte ich bemerken, dass die üramfärbung eines einfachen Sputuu.
674
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No! U".
ausstriches kaum zu verwerten ist, da ja natürlich auch andere
Qram-feste Bakterien neben dem Tuberkulosevirus sich nach Gram
färben. Verwertbar ist die Färbung nach Gram-Much dagegen
für das antiformingelöste Sputum; aber auch hier erfordert die Be¬
urteilung der Befunde einige Erfahrung.
Herr Viereck (Schlusswort): Statt des Gentianviolett-Anilin-
wassers kann auch eine Karbolfuchsinlösung angewandt werden,
auch schädigt eine einminutige Salzsäure-Alkoholbehandlung nicht
die Bakterienfärbung.
Herr Kirchheim: Ueber Diabetes insipidus nach Unter¬
suchungen des Herrn Rohm.
Herr Berblinger bespricht die anatomischen Befunde bei
dem von Herrn Dr. Kirchheim vorgetragenen Fall von Diabetes
insipidus. Bei der Autopsie fand sich ein grosser, zum Teil zer¬
fallener, weicher, wenig scharf begrenzter Tumor im rechten Frontal¬
lappen. Die Geschwulst war in den Seitenventrikel eingebrochen,
durchsetzte den vorderen Teil des Balkens und die vordere, graue
Kommissur, reichte endlich bis in das Infundibulum des 3. Ventrikels.
Bemerkenswert ist weiter die Kleinheit der beiden Testes, der kurze
und dünne Penis. Fs bestand ein leichter Grad von Dystrophia
adiposo-genitalis. Die Hoden waren absolut frei von entzündlichen
Veränderungen. In den Spermatozyten und Spermatiden des Hodens
sind zahlreiche Mitosen nachweisbar, aber nirgends lässt sich bei dem
20 jährigen Manne die Bildung von Spermatozoen beobachten. Auch
im Lumen der Nebenhodenkanälchen sind solche nicht aufzufinden.
Die mikroskopische Untersuchung ergibt, dass ein primäres, zell¬
reiches Gliom des Stirnhirns vorliegt, das auf dem genannten Weg
in den Hypophysenstiel und den Hinterlappen der Hypophyse ein¬
gewachsen war. Die Hypophyse selbst ist nicht vergrössert, wiegt
0,8 g. Der Vorderlappen dieses Organs ist in kranio-kausaler Rich¬
tung etwas abgeflacht, die Drüsenfollikel enthalten kein Kolloid; die
einzelnen Zellarten des Vorderlappens sind in der üblichen Anordnung
und in dem annähernd normalen Zahlenverhältnis vorhanden. Da¬
gegen ist die ganze Neurohypophyse durch das Gliom ersetzt und
auch fast die ganze intermediäre Zone der Hypophyse (Pere-
meschko sehe Schichte), von der nur einige wenige kleine kolloid¬
freie Zystenräume zu finden sind.
Vortr. erörtert die ursächlichen Beziehungen der vorliegenden
anatomischen Veränderungen des Hypophysenhinterlappens zu den
klinischen Störungen einerseits zu der besonderen Form von Polyurie,
andererseits zu der fehlenden Spermatogenese in den Testes. Aus¬
führliche Mitteilung erfolgt an anderer Stelle. (Selbstbericht.)
Diskussion: Herr Eduard Müller: Bei der sog. Dys¬
trophia adiposo-genitalis muss man sehr zwischen Hypoplasie der
Genitalien mit Unterentwicklung der sekundären Geschlechts¬
charaktere und erworbener Atrophie unterscheiden. Gewöhnlich
liegt eine angeborene oder in der Pubertätszeit sich herausbildende
Konstitutionsanomalie mit mangelhafter Entwicklung des Genital¬
apparates, jedoch keine sekundäre Atrophie desselben vor. — Starke
Polyurien bei zerebralen Herderkrankungen sieht man besonders bei
Hii nsyphilis mit Hirnbasisbeteiligung.
Berliner medizinische Gesellschaft.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 19. März 1913.
Vor der Tagesordnung demonstriert Herr Mosse eine Patientin,
die eine Kombination von B a n t i scher Krankheit mit Hautatrophie
an den Beinen aufweist.
Tagesordnung:
Herr E. Stadelmann über seltene Formen von Blutungen im
Tractus gastro-intestinalis.
Vortr. demonstriert eine Reihe von Fällen mit diffusen Venekta-
sien im Magendarmkanal, darunter einen, bei dem durch einen ge¬
platzten Varixknoten an der grossen Kurvatur Verblutung einge¬
treten war.
Seltener sind isolierte Varixknoten, wovon er 2 Fälle beobachtet
hat. Solche Knoten können platzen und zu tödlichen Blutungen Ver¬
anlassung geben.
Ewald hat vor kurzem hochsitzende Hämorrhoidalknoten be¬
schrieben, die aus dem Plexus haemorrhoidalis superior herstammen.
Es liegt Vortr. besonders daran, auf das Vorkommen und die
Bedeutung derartiger Varixknoten hinzuweisen, welche ihm bisher
nicht genügend gewürdigt zu sein scheinen.
Ferner demonstriert er Präparate eines Falles von Arrosions-
aneurysma, welches keine klinischen Erscheinungen gemacht hatte.
Weiter ein Präparat einer verkästen Lymphdriise, die einerseits
in die Trachea, andererseits in die Aorta durchgebrochen war. Die
Diagnose war auf Magenulcus gestellt worden; weiter Sondenver¬
letzungen des Magens mit oberflächlichen Arrosionen, ein in die Aorta
durchgebi ochenes Oesophaguskarzinom. Der Magen war total mit
einem Blutkoagulum ausgefüllt, weiter einen retroperitonealen
Abszess, der ins Jejunum durchgebrochen war, einen Fall von syphi¬
litischem Magengeschwür, der chirurgisch geheilt wurde, einen Fall
von Lungensyphilis mit schwieliger Mesoaortitis, ln diesem Fall ist
ein Abszess im peripleuralen Gewebe in Oesophagus und Aorta durch¬
gebrochen, wodurch die Patientin sich in das Intestinum verblutete.
Zuletzt demonstriert er Präparate eines Falles, der intra vitam
schwerstes Blutbrechen (Ms Liter) aufgewiesen hatte, ohne dass
ausser einer Verdickung der Muskulatur der Pars pylorica und einer
Reihe von oberflächlichen Erosionen ein irgendwie erheblicher Be¬
fund erhoben werden konnte. Gleiche Blutungen aus oberflächlichen
Erosionen sind von Engel m a n n u. a. beschrieben worden. -
Zum Schluss demonstriert er 3 Diapositive (bei durchfallendem
Licht gewonnen) von diffusen Darmvenektasien.
Diskussion: Herr Kick bemerkt als Ursache derartiger
Darmblutungen eine sogen, kavernöse Umwandlung der Pfortader,
welche auch das ganze Lig. hepato-duodenale erfasst. Das Blut geht
nicht durch die Leber, sondern im gleichen Kollateralkreislaui, wie
bei der Leberzirrhose. Dabei besteht ein starker, fibröser Milztumor;
die Krankheit ist exquisit chronisch. Es handelt sich um Phleban-
giome im Sinne Virchows-Recklinghausen. Am Kaninchen'
hat man durch Unterbindungen teils der Gallengänge, teils der Pfort¬
ader die Erkrankung experimentell hervorgerufen.
Herr Albu teilt einen seltenen Fall von tödlicher Blutung aus|
varikös entarteten höheren Rektalvenen mit. Die Blutungen waren!
von den früheren Aerzten als Hämorrhoidalblutungen angesehen
worden. Die inneren Organe zeigten bei der Sektion keine Ver¬
änderungen. /
Herr Kraus fragt, ob die Blutungen nur terminale Erschei¬
nungen gewesen oder ob sie wiederholt im Decursus morbi auf-1
getreten sind.
Herr Lazarus berichtet über Blutungen, die bei Hunden ex¬
perimentell nach Injektion von radioaktiven Substanzen erzeugt
worden sind. Die Tiere starben unter den Erscheinungen der hämor¬
rhagischen Diathese.
Herr Kuttner betont, dass in vielen Fällen klinisch ein Ulcus!
ventriculi angenommen wurde und bei der Sektion höchstens ober¬
flächliche Erosionen gefunden wurden. Es sind diese „Raritäten“
immerhin praktisch in Betracht zu ziehen.
Herr Stadelmann (Schlusswort): Die meisten Blutungen
waren terminale. Bei derartigen Blutungen ist die Frage des ope¬
rativen Eingriffes im Einzelfalle zu ventilieren.
Wolff-Eisner.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Berlin.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 17. März 1913.
Herr Bönniger: Magenfunktion und Psyche.
Nach Cloetta sollen nur mit Milch ernährte Hunde im Magen¬
saft keine freie Salzsäure haben In den Versuchen des Vortragenden
wurden einige Tiere mit Milch, Kontrolltiere mit Fleisch gefüttert.
Nach durch 2 Monate durchgeführter Ernährung bekamen sie ein
Probefrühstück (mit der Schlundsonde), das nach 1 % Stunden aus¬
gehebert wurde. Der Vortr. fand bei allen seinen Tieren freie Salz-1
säure, durch Aengstigen der Tiere konnte er die freie Salzsäure zum
Verschwinden bringen. Diese Versuche erweisen den Einfluss der ‘
Psyche auf die Magensaftsekretion. Fistelhunde, an denen derartigel
psychische Versuche auch angestellt wurden, können 'nicht als ganz
normale Tiere angesehen werden; hier ist jedoch unter möglichst;
natürlichen Verhältnissen gearbeitet worden. Viele Atonien beim
Menschen sind wahrscheinlich psychisch bedingt und können nicht
mit Medikamenten und Diät, sondern nur mit psychischer Therapie be¬
handelt werden.
Diskussion: Herr F u 1 d weist auf die Versuche von Sehe-
pe'lmann an Gänsen hin, der teils mit Körnern, teils mit Fleisch ge-,
füttert hatte. Erstere Ernährung regt in viel höherem Masse die
Magentätigkeit an und kräftigt die Magenmuskulatur.
Herr Rautenberg: Vorhofspuls und Venenpuls.
R. berichtet über langjährige Versuche, die Tätigkeit des linkenl
Vorhofes durch einen in den Oesophagus eingeführten Ballon zu re-1
gistrieren. Er demonstriert die Vorhofspulse normaler und kranker!
Menschen. Manche strittige Fragen sind auf diese Weise zur Lösung
gebracht, weitere Differenzen sind noch vorhanden und durch weitere;
Versuche zu klären. Die Hauptwelle und Senkung des Vorhofspulses
ist am Venenpuls sichtbar und registrierbar. Bei der Deutung des
Venenpulses muss man aber grosse Vorsicht üben. Er geht dann zur
Diskussion des Ohmschen Vortrags über. Die Methode von Ohm
hält er für ausgezeichnet.
Diskussion: Herren Bönniger, Rehfisch, Lilien-
stein. Schlusswort : Herren Ohm und Rautenberg. W.-E.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung vom 28. Februar 1913.
Privatdozent Dr. Leopold Freund: Mesothorium und Radium.
Mesothorium sendet, wie die Radiumpräparate, ß- und y-Strahlen
aus, nur haben die Strahlen des Mesothoriums eine etwas geringere
Durchdringungskraft als die entsprechenden Strahlungen des Radiums.
Einer Patientin wurde eine Mesothoriumkapsel, welche 16 mg des
; März 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
673
»parates enthielt und eine strahlende Fläche von 1 ccm hatte, auf
i normale Hautstelle eines Oberarms 6 Minuten lang appli-
1 1, daneben wurde zum Vergleiche ein überaus wirksamer Radium-
r er, ebenfalls mit einer Glimmerplatte bedeckt, an einer dritten
1 tstelle ein schwächerer Radiumträger, beide ebenfalls je 6 Miriu-
. lang appliziert. Es entstanden an allen 3 Stellen Erythemflecke,
sich in der Intensität ihrer Röte kaum wesentlich voneinander
rschieden; die biologische Wirkung des vorzüglichsten Radium-
ers war also dieselbe wie die des Mesothoriums, die des letzteren
i ir viel stärker als die des schwächeren Radiumträgers. Der Vor¬
ende folgert daraus, dass der biologische Effekt des gebrauchten
othoriumpräparates in seinem Effekte etwa einer dreimal so
: ;seu Quantität von Radiumkarbonat entspreche. Es werden noch
tere Versuche erörtert und darauf hingewiesen, dass man auch
iglich der therapeutischen Wirkung des Mesothoriums keinen
entliehen Unterschied von jener der Radiumpräparate kon-
! eren konnte, wovon man sich bei mehreren Fällen von Lupus
aris. Psoriasis und Epitheliom überzeugte. Das ist deshalb wich-
weil das Mesothorium in absehbarer Zeit in so grossen Mengen
■ deren dürfte, dass ein jeder Arzt sich um einen erschwinglichen
s ein solches radioaktives Präparat wird anschaffen können.
Prof. Dr. F. A 1 1 stellt eine Frau vor, welche vor 6 Monaten an
m subjektiv und objektiv wahrnehmbaren starken Ohrgeräusche
rankte und operativ (Unterbindung der Art. occipitalis und der
auricularis post.) geheilt wurde. Es war offenbar ein kleines
urysma vorhanden, das durch die besagten Gefässunterbindungen
i Obliteration kam.
Dr. R. B a c h r a c h zeigt aus der Chirurg. Abteilung des Prof,
iuckerkandl eine Frau, welche mit einem Speichelstein be-
e et ist, sodann zwei durch Sectio alta gewonnene sonderbare
(ensteine, welche die ganz eigentümliche Form von Warenballen
weisen, die mit einem Strick kreuzweise gebunden sind.
Dr. B. Breitner: Kriegschirurgische Erfahrungen.
Es wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass die jungen
zte die Technik der modernen Wundbehandlung vollkommen be¬
sehen, sodann ausführlich dargetan, dass die freiwilligen
ikenpflegerinnen in Bulgarien vollkommen versagten. Diese
men“ waren lax im Dienste, ohne Disziplin und ohne Aufopferungs-
igkeit, schliesslich arbeitsfaul. Die Frauen, welche sich diesem
ufe widmen, sollten sich der ganzen Schwere des Entschlusses
i werden *).
Prof. M. Benedikt: Ueber die gekreuzte Lähmung des Akusti-
i und der Extremitäten. (Der Vortrag wurde nicht beendet.)
Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde.
Sitzung vom 6. März 1913.
A. v. Khautz führt ein 5 jähriges Mädchen nach überstandener
der eitriger Osteomyelitis der Klavikula vor.
R. Bergmeister stellt aus der Klinik Pirquet einen Knaben
angeborener beiderseitiger Linsenektopie vor. Die Iris schlottert
die Linse ist nach oben verlagert, so dass ihr unterer Rand i:n der
die einen halbmondförmigen Streifen bildet. Der untere Teil der
ille ist schwarz, der obere grau. Der Knabe kann grössere Ziffern
n. Er hat an einem Auge zweierlei Refraktion, indem der obere
der Pupille wegen der starken Wölbung der Linse myopisch, der
re, linsenfreie Anteil hypermetropisch ist, die Differenz zwischen
; beiden Teilen beträgt ungefähr 15 D. ' Manchmal hat der Knabe
okuläre Diplopie, weil der in die Pupille ragende Linsenrand wie
Prisma wirkt.
,!) Auch Herr Prof. Alex. Fraenkel hatte in der ausserordent-
-n Sitzung der Gesellschaft der Aerzte vom 19. II. 1913, über
ehe wir schon kurz berichteten, ausgeführt, dass die Institution
sog. „Samariterinnen“ nach allen Erfahrungen der letzten Kriege
der ganzen Linie jenen der Schwestern von Beruf weichen
ste. Mit einer einfachen Abrichtung der sich als freiwillige Pflege¬
rn meldenden Frauen sei nichts getan, die Schulung als Pflegerin
le ernster und intensiver betrieben werden und bedürfe vor allem
r geraumen Zeit ständigen Krankenhauslebens in Anstalten, die
allem dem besonderen Zwecke der Heranbildung von Pflegerinnen
nen. Diesem Zwecke sollte in Wien das von Billroth ge-
idete Rudolfinerhaus dienen. Trotz bester Führung wird aber
es Ziel der Anstalt nur in bescheidenstem Masse erreicht. Die
talt wurde in jüngster Zeit in ein Spital des österr. Roten Kreuzes
ewandelt, dieses könnte hier durch Zuwendung reicher Mittel
durch eine grosszügige, gut vorbereitete Aktion wirksame Abhilfe
iffen. Prof. Fraenkel führte sodann aus, dass auch die Frauen
zu Kriegsdiensten und Kriegsleistungen schon im Frieden an-
nen, assentieren und ausbilden lassen sollten, der Pflegerinnen-
if würde dann die natürliche gegebene Brücke bilden, um bei der
lernen Frauenbewegung bei gleichen Rechten auch zu gleichen
:hten der beiden Geschlechter hinüberzuführen. Damit hätten die
uen, ohne mit den Männern in einen für beide Teile nachteiligen
itbewerb um die verschiedenen Berufe einzutreten und ohne ihrer
nart etwas zu vergeben, im Rahmen des beruflichen Wirkens
n öffentlichen Pflichtenkreis auf sich genommen,
all ihren Ansprüchen auf volle Gleichberechtigung mit der Männer-
t geradezu zwingenden Charakter verliehe.
E. Mayerhofer demonstriert ein 5 Wochen altes Kind mit
Mikroinelie infolge Chondrodystrophie. Das Kind hat abnorm kurze
Extremitäten, eine Plattnase, die Haut sieht so aus, wie wenn sie zu
gross wäre, die Zehen sind sehr klein und es besteht eine Andeutung
von Uvulaspaltung.
E. Rach zeigt einen Säugling mit verruköser Form des Brom¬
exanthems. Der Säugling wurde vor 25 Tagen mit schwerer Pneu¬
monie und Pertussis in die Kinderklinik aufgenommen. Er bekam
im ganzen während dieser Zeit 20 g Natrium bromatum kaffeelöffel¬
weise in wässriger Lösung. Seit einigen Tagen hat sich auf dem
Kopfe ein knotiger Bromausschlag ausgebildet.
K. Hochsinger: Ueber bedeutungslose Geräusche in der Prä-
kordialgegend von Kindern und Jugendlichen.
Geräusche in der Präkordialgegend ohne pathologische Bedeu¬
tung kommen in jeder Epoche des Kindesalters vor, sind aber erst
nach dem 3. Lebensjahre häufiger und zwischen dem 10. und 14. Le¬
bensjahre am allerhäufigsten. Man kann diese Geräusche einteilen in
solche, welche durch eine Beeinflussung der inspiratorisch gefüllten
Lungenränder seitens der Herzkontraktionen Zustandekommen, sog.
Herz-Lungengeräusche, und in solche, welche im Herz¬
innern selbst entstehen, sog. akzidentelle oder funktionelle
Herzgeräusche. Diese bedeutungslosen Geräusche zeigen ge¬
wisse Unterschiede, welche eine klinische Abgrenzung ermöglichen.
Das wichtigste ist, dass die Herz-Lungengeräusche bei sistierender
Atmung verschwinden, während die endokardialen akzidentellen Ge¬
räusche vom Atmungsstillstand unbeeinflusst bleiben. Körperliche und
psychische Erregung wirkt auf beide Geräuschformen verstärkend.
Endokardiale akzidentelle Geräusche kommen nach den Erfahrungen
des Vortragenden im Säuglings- und frühen Kindesalter nicht vor,
wohl aber Herz-Lungengeräusche und atonische Herzgeräusche, aber
auch diese ganz auserordentlich selten. Die Differenz der Anschau¬
ungen über das Vorkommen oder Fehlen von akzidentellen Herz¬
geräuschen in der frühesten Kindheit beruht darauf, dass zwischen
Herz-Lungengeräuschen, akzidentellen und atonischen endokardialen
Geräuschen der Kinder bisher nicht genügend differenziert wurde.
Der von S c h 1 i e p s eingeführte Terminus „atonische Herzgeräusche“
deckt sich nicht mit dem, was die Autoren akzidentelle oder funktio¬
neile Herzgeräusche nennen, ist aber sehr bezeichnend für jene Ge¬
räusche, welche bei nachweisbaren Zuständen von kindlicher Herz-
atonie (niederer Blutdruck, schlechte Arterienfüllung, dilatative
Schwäche) Vorkommen. Diese Geräusche besitzen im Gegensatz zu
den kardiopulmonalen und akzidentellen Geräuschen eine erhebliche
pathologische Bedeutung, sind aber gleichfalls im frühen Kindesalter
ausserordentlich selten.
Deutsche Medizinische Gesellschaft in Chicago.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 7. November 1912.
Vorsitzender: Herr Holinger.
Schriftführer: Herr Aug. Strauch.
Herr Aug. Strauch hält einen Vortrag über allgemeinen In¬
fantilismus; mit besonderer Berücksichtigung folgender, durch vor¬
gestellte Fälle erläuterten Formen:
1. Dysthyreogener Infantilismus (Typus Brissaud), forme fruste
des Myxödems. Mädchen, geb. 30. Sept. 1898. Eltern und Ge¬
schwister gesund; kein Zwergwuchs, kein Kropf in der Familie. Das
Kind war 14 Monate an der Brust, lernte mit 18 Monaten laufen, war
damals schon plump, träge, auffallend ruhig. Schon vom Säuglings¬
alter an hartnäckige Stuhlverstopfung. Neigung zum Frösteln. Leichte
Schwellungen des Unterhautzellgewebes an einigen Körperstellen.
Hände, Füsse, Gesicht kühl, die erstem oft bläulich und marmoriert.
Wegen Ungeschicklichkeit kann sich das Kind auch heute noch sehr
schwer ohne Hilfe anderer anziehen. Geistiger Torpor, kein Spiel¬
trieb, doch hat das Kind einige Klassen der öffentlichen Schule mit
ziemlich gutem Erfolge absolviert.
Status praesens: Kind 12 Jahre 4 Monate alt. Körpergrösse
108,7 cm, statt 145 cm, Gewicht 53 Pfund statt 88. Grosser Kopf, Voll¬
mondgesicht, Sattelnase, etwas plumper Körper. Leichte Ver¬
dickungen des Unterhautzellgewebes an einigen Körperstellen Vor¬
gewölbtes Abdomen, trockene Haut, Stuhlverstopfung. Kind kann
sehr gut lesen, schreiben, weniger gut rechnen: sie kann Lieder und
Gedichtchen auswendig.
Durch Thyreoidinbehandlung auffallende Längenzunahme um
5,6 cm in den ersten 3 Monaten, um 20,6 cm in 19 Monaten bei zeit¬
weiliger Unterbrechung der Behandlung. Bedeutende Besserung der
Intelligenz, grosse Lebhaftigkeit des Kindes, das, wie sich die Mutter
ausdrückt, wie ausgewechselt ist. Appetit sehr gut, Stuhl täglich
spontan. Seit einigen Monaten Hervorspriessen der Schamhaare.
2. Dystrophischer Infantilismus (Typus Lorain).
Knabe, 12 Jahre 4 Monate alt. Frühgeburt: damals so klein und
schwach, dass er durch viele Wochen in Watte gewickelt nahe dem
Ofen gehalten werden musste. Trotz Mutterbrust immer dyspeptisch
mit Durchfällen im ersten Jahre. Mit 16 Monaten bloss 10% Pfund
schwer. Später Scharlach, Keuchhusten, Schafblattern und häufige
Bronchitiden. Mit 8 Jahren Eintritt in die Schule, wo er stets zuriiek-
blieb. Vor 3 Jahren erwies sich eine mehrmonatliche Thyreoidin-
behandlung als völlig erfolglos.
676
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. K
Status praesens: Knabe 126,2 cm gross (entsprechend einem
9'A jähr. normalen Knaben), 42 Pfund schwer (entsprechend dem Ge¬
wicht eines 5'A jährigen normalen Knaben). Gesund aussehend, von
sehr grazilem Knochenbau, schwacher Muskulatur und wenig ent¬
wickeltem Fannie, adiposus. Kopf klein, sehr dolichozephal; Umfang
47 cm statt 52,75 cm. Genitale sehr klein, doch proportioniert zum
Körper. Hoden etwa 1 cm lang, der linke im Inguinalkanal. Scham¬
haare nur um die Wurzel des Penis.
3. Fall von Mongolismus.
Mädchen, 6 'A Jahre alt, sechstes Kind der damals 38 jährigen
Mutter. Keine erbliche Belastung, Eltern ungewöhnlich kräftig und
gesund. Körperlänge des Kindes 96 cm statt 108,4 cm. Kopf mikro-
brachyzephal, Schädelindex 86,3), Gesicht typisch mongoloid. Schild¬
drüse deutlich zu tasten. Daumen kurz und dick, kleiner Finger
kurz. Hühnerbrust ohne Zeichen von Thoraxrachitis. Schwachsinn,
Sprache sehr rückständig. Neigung zum Grimassieren, grosse Leb¬
haftigkeit.
4. Hypophysärer Fettwuchs mit Körperkleinheit.
Mann, 21 Jahre 2 Monate alt, ohne erbliche Belastung. Voll¬
ständig normal bis zum 8. Lebensjahr, als er einen Bauchtyphus durch¬
machte. Seit dieser Zeit sehr retardiertes Körperwach s-
t u m und Entwicklung einer auffallenden Fettsucht mit
eunuchoiden Lokalisationen : Doppelkinn, Mammae von mäch¬
tigem Fettpolster und von weiblicher Form, starke Fettanhäufung am
Unterbauch, Mons veneris, den Hüften, Oberschenkeln und ad nates,
wodurch der Körper ausgesprochen feminine Formen erhält. Kein
Bart, kleiner Kehlkopf mit hoher Stimme. Hoden von ungefähr nor¬
maler Grösse, Penis klein, tief eingebettet in das Fettpolster des
Mons veneris, Schamhaare gut entwickelt, doch nach weiblichem
Typus begrenzt, Achselhaare gut entwickelt. Das Röntgenbild der
Hand ergibt noch Offensein der Epiphysenfugen. Die Sella turcica
im Röntgenbild normal. (
Der Pat. entspricht in seiner Grösse einem 13 jährigen Knaben
(147,5 cm) hat aber ein Gewicht von 133 Pfund. Abstand des Ober¬
randes der Symphyse vom Boden 70 cm. Gegen eine rein thyreogene
Natur der Wachstumsstörung (Störung der Schilddrüsenfunktion durch
Typhus) spricht die eunuchoide Lokalisation des Fettwuchses und die
Erfolglosigkeit einer mehrmonatlichen Thyreoidinbehandlung. Der Fall
schliesst sich durch seine Anamnese an den von Neurath beschrie¬
benen Fall von epiphysärem Fettwuchs an, der auf eine durch
Meningitis serosa infolge Scharlach hervorgerufene hydrozephalische
Druckläsion der Hypophyse zurückgeführt wurde. Heftige Kopf¬
schmerzen im Anschluss an den Typhus des Falles Strauchs durch
mehrere Jahre lassen die Annahme einer leichten Meningitis serosa
während des Typhus als berechtigt erscheinen. Der leichte Dys¬
genitalismus (fehlende Libido, nur sehr seltene Erektionen und Pollu¬
tionen mit den Störungen in der Entwicklung der sekundären Ge¬
schlechtscharaktere) wäre ein von der Hypophysenstörung aus¬
gelöster.
Diskussion: M. Herzog spricht zur Frage der Funktion
der Thyreoidea und der Epithelkörper. Der vierte Fall Strauchs
sollte nicht mit dem Ausdruck Infantilismus belegt werden. Er stellt
einen Feminismus dar, der sich möglicherweise ohne Zusammenhang
mit dem Typhus entwickelt hat.
Reichmann spricht über den Röntgenbefund bei dys¬
thyreogenem Infantilismus und bei Mongolismus; er demonstriert das
Schädelbild des dritten Falles, das sehr deutlich die Brachyzephalie
und die Steilheit der Stirn zeigt. Infolge der Unruhe und Zappelhaftig-
keit des Kindes war es unmöglich, eine Röntgenaufnahme der Hand zu
machen. Reichmann zeigt ein ihm von K o e h 1 e r aus Wiesbaden
zugesandtes Röntgenbild der Hand eines 12 jährigen Kindes, das an
infantilem Myxödem litt. Die proximalen Fpiphysenkerne der Hand
sind sehr deutlich entwickelt, ein sehr seltenes Vorkommnis.
G. Schmauch berichtet über ein Mongoloid. Mutter war zur
Zeit der Geburt 35 Jahre alt, Vater damals gegen 50 Jahre alt, starb,
als die Mutter des Kindes im 7. Schwangerschaftsmonat stand. Von
diesem Augenblick an war die Frau sehr nervös bis zu ihrer Ent¬
bindung. Das Kind zeigte einen deutlichen Japanertypus. Fs starb
an Scharlach.
J. Holinger weist auf den adenoiden Habitus des dritten
Falles hin. Dieser Habitus finde sich bei allgemeinen Degenerationen
sehr oft. Die adenoiden Vegetationen seien als ein Degenerations¬
zeichen aufzufassen.
Strauch (Schlusswort): Der Fall mit eunuchoidem Fettwuchs
mag darum zum Infantilismus gezählt werden, weil es sich um
Zurückgebliebensein im Körperwachstum, Offensein der Epiphysen¬
fugen. gewissen Störungen in der Sexualsphäre mit mangelhafter
Ausbildung gewisser sekundärer Geschlechtscharaktere und um Er¬
scheinungen leichten psychischen Infantilismus handelt. Die An¬
nahme eines Zusammenhanges mit Typhus durch eine vielleicht kom¬
plizierende, leichte Meningitis serosa begründet sich auf das sofortige
Einsetzen des Fettwuchses (der anfangs allerdings sich langsam ent¬
wickelt hat) und auf die Kopfschmerzen, die seit der Zeit des Typhus,
anfangs in massigem, dann in bedeutendem Grade und fast täglich
bestanden.
Wenn der Ausdruck Infantilismus auch bei Kindern in Verwen¬
dung steht, so stellt er einen relativen Begriff dar, der ein Zurück¬
gebliebensein, einen morphologischen Anachronismus bezeichnet.
Herr Gustav Schirmer hält einen Vortrag über: „Die Heil
Wirkung der Phylakogene bei Infektionskrankheiten, wie Gonorrhö«
Rheumatismus etc.“
Der von Prof. Dr. Ed. K 1 e b s aufgestellte Satz, dass die Stofi
Wechselprodukte der Bakterien Heilstoffe enthalten, hat durch die vo
Prof. A. Schäfer hergestellten Präparate eine glänzende Bestätigun
gefunden. In einer Serie von 56 Lungenentzündungen hat Schafe
in 4 Tagen Heilung erzielt. Es handelt sich bei den Phylakogene
um ein von den bisherigen Vakzinen, Sera etc. vollständig verschk
denes, neues Präparat, dessen überraschende Wirkung am beste
praktisch erprobt werden kann. In einem gegebenen Falle von Epi<
gonorrh. kann der Arzt Heilung in 72 Stunden erwarten. Frische per
toneale Exsudate schwinden sehr rasch. Dem Anhänger einer kai
salen Therapie ist in den Präparaten von Park Davis & Co. ei
mächtiges Hilfsmittel an die Hand gegeben.
Diskussion: M. Herzog: Die Idee Dr. Schäfers ist vo
den Veterinärärzten hergenommen. Autovakzine werden schon lang
in der Veterinärmedizin verwendet; doch ist die Bereitung derselbe
im Laboratorium für den allgemeinen Veterinärpraktiker zu teue
Es wurde daher eine einfache Methode eingeführt, direkt vom Eite
auf Bouillon abgeimpft, die Kultur 24—48 Stunden im Brutofen g:
halten, dann bei 60" C durch eine Stunde sterilisiert; sie könnt
hierauf den Tieren (Pferden) direkt eingeimpft werden. Es liegt eir
Anzahl von Beobachtungen über schöne Erfolge vor. Schäfer ve
fuhr nach demselben Prinzip. Doch erlebte man bei der Anwenduu
der gemischten Phylakogene nicht selten sehr heftige Allgemeü
reaktionen bis zum Kollaps. Herzog sah einen solchen Kollaps m
Temperaturabsturz und Schweissausbruch. Die Phylakogene sin
darum durchaus nicht so harmlos. Auch die örtliche Reaktion s<
oft sehr heftig sein, weswegen sich viele Aerzte vor der Anwei
düng des Mittels scheuen. Die Anwesenheit des sehr giftigen Ba
pyocyaneus erklärt die unangenehmen Nebenwirkungen d<
Mittels. Die Gonokokkenphylakogene müssen Gonokokken verschi«
dener Stämme enthalten. Herzog hatte grosse Schwierigkeitei
Kulturen derselben anzulegen. Die Erfolge sind aber nicht besser a;
bei de-n gewöhnlichen Gonokokkenvakzinen.
Schirmer betont im Schlusswort nochmals die Wiel
tigkeit der richtigen Technik zur Vermeidung einer zu heftigen Loka
reaktion und die Wichtigkeit kleiner Anfangsdosen zur Ve
meidung heftiger Allgemeinerscheinungen.
M. Reichmann demonstriert das Röntgenbild zu folgende
Falle: 45 jähriger Herr, in kinderloser Ehe. Vor 25 Jahren Gonorrhö
Seit 7 Monaten Pollakurie des nachts. Rote Blutkörperchen im Urin
Schmerzen in Blase und Rektum. Zystitis mit Eiter seit einig«
Wochen infolge Gebrauches des Katheters. Retention 20 cm. D;
Röntgenbild zeigt einen grossen, gelappten Schatten in der linki
Nierengegend. Bei der Operation fand man keinen Nierenstein, so
dern käsige Veränderungen der Niere. Zwei kleine Steine fanden sh
aber im Ureter.
K o 1 i s c h e r berichtet über 2 Fälle von Nierentuberkulose n
gelappten Schatten infolge Drüsenverkalkung.
Aus den englischen medizinischen Gesellschaften.
Medical Society of London.
Sitzung vom 11. November 1912.
Respiratorische Neurosen.
S. West teilt die den Respirationsprozess betreffenden Ne
rosen in zwei Gruppen ein, je nachdem dieselben mit Dyspnoe u
deren weiteren Folgen, Zyanose und Erstickungsgefahr verknüi
sind, oder nicht. Als zur ersten Gruppe gehörig nennt er Asthn.
Laryngismus stridulus und Keuchhusten. Beispiele der zweit
Gruppe, bei welcher der Uebertritt von Luft ins Blut nicht gelnndi
ist, und infolgedessen Zyanose und Erstickungszustände fehlen, sd
die paroxysmale Tachypnoe, der Lufthunger bei Diabetes mellit-
und Urämie, das Cheyne-Stokes sehe Atmen und das gruppier
Atmen. Den krankhaften Prozess beim essentiellen Asthma erkl;
Redner durch Störungen an einem jedenfalls in der grauen Rindt¬
substanz des Gehirns lokalisierten Herde, durch dessen Einwirku.
die Tätigkeit des in der Medulla oblongata gelegenen bekannt'
Respirationszentrums in abnormer Weise beeinflusst wird. 1
mancher Hinsicht haben Asthmaattacken entschiedene Aehn hchL
mit den Phasen eines epileptischen Anfalles: jedenfalls ist die Ursac:
derselben nicht in der Lunge sondern im Zentralnervensystem 1
suchen. Sehr frappant ist das Abwechseln von Asthma mit (antal¬
freien) Perioden von Geistesstörung, wovon W. einige ga.
präzise Beispiele anführt. In bezug auf Pertussis gibt Redt
zu, dass man im allgemeinen dieselbe als eine zymotisc;
Erkrankung der oberen Luftwege definiert. Die zur zweiten Grut
gehörige paroxysmale Tachypnoe, auch hysterisches Asthma
nannt, ist eine seltene aber sehr markierte Affektion. Redner hat ■'
nur beim weiblichen Geschlecht beobachtet, meistens bei jungen. ;■
gemein neurotischen Individuen. Bei den Anfällen steigt .
Atmungsfrequenz leicht bis auf 100 oder mehr in der Minute, währe
der Puls meist in ganz gewöhnlichen Grenzen verbleibt. Trotze!
die Attacken oft 2 und 3 Stunden anhalten, zeigen die Kranken ka
irgendwelche Zeichen von Erschöpfung. Auffällig ist das eig«
tümlich plötzliche und unerwartete Einsetzen der Attacken und P
. März 191,1.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
077
„•ntalls abrupte Enden derselben. Als gruppenweises Atmen ist
iliesslich ein seltener Typus zu erwähnen, der sich gelegentlich
komatösen Stadium der Meningitis bei Kindern findet. Es folgen
ider 3 ziemlich normale Atemzüge in etwa 3 Sekunden aufeinander,
irauf eine Pause (von etwa 12 Sekunden) bis zum nächsten Atem-
len folgt. Wie man sieht, unterscheidet sich dieser Modus scharf
i! dem Cheyne-Stokes sehen Atmen.
D. F e r r i e r will den Keuchhusten nicht für eine Neurose gelten
sen. wohl aber das Asthma.
H. Mackenzie weist darauf hin, dass man schon öfters das
llige Ausbleiben der Asthmaattacken nach dem Ueberstehen einer
uten interkurrenten Krankheit beobachtet hat.
ryal Academy of Medicine in Ireland, Section of Medicine.
Sitzung vom 6. Dezember 1912.
Die spezifische Behandlung der Lungentuberkulose.
W. M. Croftom empfiehlt das von ihm ausgearbeitete Ver-
iren der Tuberkulosebehandlung mittels der intravenösen Injektion
ter ätherischen Jodoformlösung. Ausnahmsweise gibt er das Mittel
ch als intramuskuläre Einspritzung oder auch per os. Die von
i'. endeffy angegebene Formel (Jodpepton und Menthol mit einem
diumsalz) bezeichnet Redner als weniger wirksam, doch könne man
s Mittel seiner tonisierenden Eigenschaften halber zur Unter-
itzung einer Tuberkulinkur oft mit Vorteil verwenden. Ueberhaupt
ohne Darreichung von Tuberkulin eine Behandlung der Tuberku-
;e niemals eine vollständige Therapie. Er hat eine neue Form von
iberkulin durch Auflösung von Tuberkelbazillen in Benzoylchlorid
rgestellt. Dies Präparat wird im Verein mit Jodoform intramusku-
• injiziert. Die auf diese Weise erzielten Resultate waren, wie
•dner an 6 Beispielen darlegt, als sehr befriedigend zu bezeichnen.
Mary Strangman hat die C r o f t o n sehe Methode bei
Fällen angewandt und konstatiert bei beiden eine wesentliche Besse-
ng.
G. E. P. M e 1 d o n hat bei Beobachtungen bei 4 Patienten einen
nlichen günstigen Eindruck bekommen.
G. E. Nesbitt hat bei einem Patienten Dosen von 0,03 Jodo-
rm in ätherischer Lösung gegeben und ist mit dem Resultate (bei
Injektionen im Laufe von 3 Monaten) zufrieden.
Coleman findet, dass den mitgeteilten Krankenberichten keine
»erzeugende Beweiskraft für die Wirksamkeit der Therapie zuzu¬
rechen sei.
T. G. Moorhead führt aus, dass die in Frankreich so sehr ge-
hmte Dioradinbehandlung sich in England durchaus nicht be-
ährt hat.
Aus den französischen medizinischen Gesellschaften.
Academie de medicine.
Sitzung vom 26. November 1912.
Tabes und Patellarfraktur.
Im Anschluss an einen selbst beobachteten Fall, der nun der
:hte in der ganzen medizinischen Literatur ist, bespricht Le D e n t u
ese Koinzidenz von Tabes und Fraktur der Kniescheibe und fügt
u, dass dieselbe sicher weit häufiger sei, als bis jetzt konstatiert
urde. Wie auch in den anderen Fällen, so entstand in dem hier
jschriebenen die Fraktur beinahe spontan, d. i. ohne besondere
issere Gewalteinwirkung. Die anatomische Ursache dieser leichten
ntstehungsweise von Frakturen liegt in einer Rarefikation des
nochengewebes, die bei Tabes häufig ist und bei etwa 25 Proz. aller
rakturen die Konsolidierung verhindert. Diese Spontanfraktur der
niescheibe kennzeichnet sich durch nur geringe Behinderung der
ewegungen, also nur geringe Funktionsbeschränkung und völliges
ehlen von Schmerzen. Bezüglich der Diagnose muss man grosses
ewicht auf den absolut oder relativ spontanen Eintritt der Fraktur,
>e Unempfindlichkeit der ganzen Umgebung, auf andere Zeichen der
abes, so wenig ausgeprägt sie auch seien, achten und daran denken,
ass die Fraktur die erste Erscheinung der Riickenmarksaffektion sein
ann. Die Behandlung muss die voraussichtliche Schwierigkeit der
onsolidation berücksichtigen und 1 e D e n t u hat, da die einfache
aht sich als wenig erfolgreich gezeigt hat (in 10 Proz. der Fälle
iederholte Fraktur) ein kombiniertes Verfahren (vertikaler Trans¬
lation der Patella mit einem doppelten Metallfaden und doppel-
-itiger Umwickelung derselben mit den Enden der Nähte) gewählt.
*ie Transfixation ermöglicht die vollkommene Adaption der Frag-
iente, die beiden Endverknüpfungen sichern sie für genügend lange
eit. Wenn die rechte Kniescheibe gebrochen ist, muss man die
ransfixation von unten nach oben, mit dem oberen Fragment be-
innend, machen und umgekehrt bei der linken. Diese Methode ist
desmal, wenn das Knochengewebe aus irgend einem Grunde infiziert
-t, angezeigt.
Sitzung vom 10. Dezember 1912.
>ie günstigen Wirkungen intravenöser Salvarsaninjektionen in
25 Fällen Sydenham scher Chorea.
Pierre Marie und Charles C h a t e 1 i n haben in diesen 25 Fällen
»ei 8— 19 jährigen Patienten nach 3 — 4 intravenösen Salvarsan-
niektionen von je 0,2 — 0,6 g (in 8 tägigen Pausen) rasches Ver-
chwinden der abnormen Bewegungen erlebt; die Heilung erfolgte
regelmässig nach 3- 1 wöchentlicher Behandlung, indem sowohl die
Zuckungen verschwanden, wie das Allgemeinbefinden bedeutend ge¬
bessert wurde. Berichterstater betrachten daher die Salvarsan-
behandlung nun die beste für die Chorea. Da nach manchen Autoren
zwischen dieser und der Syphilis ein Zusammenhang bestehen soll,
haben M. und Ch. bei 8 ihrer Patienten die Wassermann sehe
Reaktion geprüft, sie aber bei sämtlichen negativ gefunden. Die
Syphilis dürfte also nicht im Spiele sein und die günstige Wirkung
des Salvarsans entweder auf dessen Einfluss auf die Allgemein¬
ernährung oder auf eine direkte antiparasitäre auf den unbekannten
Erreger der Chorea zurückzuführen sein.
P i n a r d bemerkt, dass man viele Rezidive von Chorea bei
jungen Mädchen zurzeit der Pubertät beobachtet; das wäre schwer¬
lich mit der Ansicht vereinbar, dass Chorea eine Infektionskrank¬
heit sei.
Chauffard erwähnt, dass man gute Erfolge von Salvarsan
bei verschiedenen Krankheiten, besonders bei perniziöser Anämie,
habe, aber diese Wirkung mit jener des Arsens und nicht einer spe¬
zifischen, antisyphilitischen Zusammenhänge.
Armand Gautier erinnert wiederum daran, dass er seit 1901
die guten Wirkungen des kakodylsauren Natrons (Arrhenol) bekannt
gegeben habe, und Netter, dass die Arsenikmittel überhaupt das
wirksamste gegen Chorea seien.
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Schulkommission des ärztlichen Vereins München.
Sitzung vom 5. Februar 1913.
Unter dem Vorsitze Herrn Crämers wird die bisherige Vor¬
standschaft für das Jahr 1913 wiedergewählt. Lissmann gibt
hierauf ein kurzes Uebersichtsreferat über Tätigkeit der Kommission
im Jahre 1912. Dann folgt der Vortrag Herrn Rr. v. Heuss’: Gesund¬
heitliche Ziele und Massnahmen des Wehrkraftvereins. Vortr.
führte aus:
Zweifach sind die Ziele des Wehrkraftvereines: körperlicher
und geistiger Art. Der Wehrkraftverein will in der Jugend die Lust
für körperliche Betätigung wecken, den Sinn für die Auffassung der
Natur schärfen, zur Abhärtung und Selbstzucht erziehen, d. h. also:
der Wehrkraftverein will seine Angehörigen wehrkräftig in
körperlicher und geistiger Hinsicht machen gegen alle
Gefahren und für alle Anforderungen, die die Jugend und das spätere
Leben mit sich bringen.
Wanderungen bei jedem Wetter, Kriegs- und Pfadfinderspiele,
Turnen, Schwimmen und Bewegungsspiele sollen den Körper
stählen; Beispiel der Führer, Belehrung, sich steigernde Anforde¬
rungen an die persönliche Willenskraft im weitesten Sinne des Wortes
sollen den Geist schulen, den Charakter festigen, auf dass er
im Verein mit einem gesunden Körper brauchbare Männer schaffe,
die, gleichgültig an welchen Ort sie das Leben stellt, ganze Arbeit
leisten, — - Eltern, Lehrern, sich selbst und den Mitmenschen zur
Freude.
Unter diesen Leitsätzen wirkt der Wehrkraftverein nun bald
3 Jahre. Junge und ältere Offiziere, Lehrer der Mittel-, Fortbildungs¬
und Volksschulen, Angehörige freier Berufe haben sich in selbst¬
losester Weise in den Dienst einer Sache gestellt, die die körperliche
und geistige Ertüchtigung unserer Jugend in engem Zusammenwirken
mit Schule, Elternhaus und Lehre erstrebt. Der bisherige' Erfolg
bestätigte die Richtigkeit der Ziele und der Wege, die zu ihrer Er¬
reichung eingeschlagen wurden.
Im Königreich Bayern bestehen heute 38 Wehrkraftortsgruppen.
Die Münchener Ortsgruppe allein zerfällt wiederum in 23 Gruppen
— 7 Fortbildungs-, 16 Mittelschulgruppen — mit rund 1000 Jungen,
dazu tritt eine über 100 Mädchen starke, dem Wehrkraftverein an¬
gegliederte Pfadfinderinnengruppe. Solcher Aufschwung der ganzen
Bewegung legte es nun nahe, das Programm der gesundheitlichen
Ziele und Massnahmen im Wehrkraftverein in breitester Form zur
Durchführung zu bringen. Dieses Programm gipfelte in 4 Punkten:
ärztliche Untersuchung und fortlaufende Kontrolle der Jungen; Ein¬
richtung von Schonungsgruppen; Kurs für erste Hilfeleistung; ein¬
führende Vorträge an Führer, Jungen und deren Angehörige über die
Hauptmaterien der Hygiene, des Sportes und der Grundbegriffe von
Körperlehre und Krankheit.
War es dem Arzte nicht möglich, sich als Führer in den Dienst
der Wehrkraftsache zu stellen, so fand er in der Durchführung des
gesundheitlichen Programmes das Feld, auf dem er sich in gleich¬
wertiger Weise und in einer sowohl für den Wehrkraftverein wie
auch für die Allgemeinheit unendlich wertvollen Weise betätigen
konnte. Dazu kommt, dass durch die Ausführung des gesundheit¬
lichen Programmes eine Reihe seitens der Aerzte schon lange er¬
strebter Forderungen, wenn auch vorerst nur in beschränkter Weise
erfüllt werden: es sei nur hingewiesen auf die systematische Unter¬
suchung der Fortbildungs- und Mittelschüler; auf frühzeitige Ein¬
führung der Jungen und Mädchen in die Begriffe der ersten Hilfe¬
leistung; sorgfältige Kontrolle des Gesundheitszustandes; wissen¬
schaftliche und statistische Verwertung des Materiales der sich ent¬
wickelnden Jugend usw.
Das gesundheitliche Programm hat folgende Durchführung er¬
halten :
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
t>78
No. t
1. Jeder Wehrkraftgruppe ist ein eigener Qruppenarzt zu¬
geteilt.
2. Jedem Jungen wird ein Fragebogen zur Ausfüllung nach
Hause mitgegeben; der Bogen soll die für den Arzt nötigen Angaben
hinsichtlich der durchgemachten F.rkrankungen ermöglichen.
3. Jeder schon aufgenommene bzw. neuautzu-
nehmende Junge wird ärztlich untersucht. Auf be¬
sonderen Wunsch der Eltern kann die Untersuchung durch den
Hausarzt erfolgen.
4. Ergebnis der Fragebögen, ergänzt durch Einblick in die Ge¬
sundheitsbögen der Volksschule, sowie Ergebnis der Untersuchung
wird niedergelegt in dem Wehrkraftuntersuchungs¬
bogen. — Die Untersuchung erstreckt sich auf den gesamten
Körperzustand. . . .
5. Jungen, die wiederholter Untersuchungen bedürfen, werden in
Kontrolllisten zusammengefasst. Die Kontrolluntersuchun-
gen finden vierteljährlich statt, die Untersuchung der ganzen Gruppe
einmal im Jahre. (Herbst.)
6. Jungen, deren Entwickelung bezw. momentaner körperlicher
Zustand besondere Schonung verlangt, werden in eigenen- Scho¬
nungsgruppen mit eigenem Führer, Gruppenarzt und Schonungs¬
programm zusammengefasst. J ,'y '
7. Jungen, die ärztlicher Behandlung bedürfen, erhalten von dem
Gruppenarzte eine Mitteilung an die Eltern, damit die Behandlung
sofort veranlasst wird.
Bestätigung des behandelnden Arztes über Beginn der Behand¬
lung erfolgt auf der Mitteilung.
Nähere Angabe über durchzuführende Mass¬
nahmen, Schonung usw. seitens des behandelnden
Arztes ist dringend erwünscht, damit deren Durchführung seitens
des Gruppenführers und -arztes überwacht und gewährleistet wird.
Im Interesse des Jungen ist auf die Durchführung dieser Massnahmen
besonderes Gewicht zu legen. — Im Hinblick auf die schwere Ver¬
antwortung sind Jungen, die ärztlicher Behandlung nicht zugeführt
werden, von der Gruppe auszuschliessen.
Auf 2 Punkte sei noch besonders hingewiesen. Dem Wehrkraft¬
verein kommt es hauptsächlich darauf an, gesunde Jungen fort¬
zubilden; schwächliche und kränkliche Jungen zu körperlich kräftigen
und gesunden Jungen zu machen. Gerade die schwächlichen Jungen
sollen nicht von der Tätigkeit im Wehrkraftverein ausgeschlossen,
sondern durch diese I ätigkeit gekräftigt werden. Deswegen erfolgte
die Bildung eigener Schoaungsgruppen mit besonderem
Programm und unter besonderer ärztlicher Kontrolle. Der Wehr¬
kraftverein hofft durch diese Schonungsgruppen insbesondere den
Hausärzten, die ihre kleinen Patienten einerseits vom Turnen dis¬
pensieren, sie aber andererseits freier, körperlicher Bewegung nicht
entziehen wollen, ein willkommenes Mittel an die Hand zu geben,
um ein oft eintretendes Dilemma zu beheben. Ganz besonders wert¬
voll wird dieses Mittel dadurch, dass dem Hausarzt die Durchführung
seines Behandlungsprogrammes durch die Schonungsgruppe jederzeit
gewährleistet ist. Es genügt dessen schriftliche Mitteilung an den
Gruppenarzt.
Unter gleichem Gesichtspunkte ist die Durchführung ärztlicher
Behandlung kranker Jungen zu betrachten. Es liegt im Interesse
des Jungen und der Gruppe, möglichst rasche Behebung der festge¬
stellten Schäden herbeizuführen. Die Behandlung wird stets Sache
des von' den Eltern beigezogenen Arztes bleiben. Hiebei scheidet
der Gruppenarzt grundsätzlich aus. Darin aber wirkt er mit dem be¬
handelnden Arzte zusammen, dass er über die Durchführung von
dessen Anordnungen in Verbindung mit dem Gruppenführer wacht
Der Wehrkraftverein glaubt, dass gerade durch die geschilderten
beiden Einrichtungen das Interesse der Aerztewelt an seinen gesund-
lieblichen Bestrebungen besonders geweckt wird.
Es erübrigt sich, auf die Durchführung der Kurse für erste Hilfe¬
leistung einzugehen. Sie werden nicht nur dazu dienen, das Sama¬
riterwesen im Wehrkraftverein auszubilden, sondern auch das Ver¬
ständnis für dieses Wesen und damit auch für das ärztliche Wirken
im weiteren Sinne in der Jugend zu entwickeln.
Belehrende Vorträge, zu denen sich eine Reihe namhafter Aerzte
in entgegenkommender Weise erklärt haben, schliessen das Programm
,Fr gesundheitlichen Massnahmen des Wehrkraftvereines ab. Durch
die Zuziehung der Angehörigen sollen sie auch aufklärend wirken,
voi allem aber in der jungen Generation der Einpflanzung so mancher,
olt nicht mehr ausrottbarer Vorurteile rechtzeitig Vorbeugen.
• uP*0 ]0^t. ^er Wehrkraftverein durch die ärztliche Organisation
mein nur seinen Jungen, sondern auch der Allgemeinheit für jetzt
und spatei zu nützen. Die deutschen Aerzte aber, die diesen Be¬
strebungen für die Jugend ein so warmes Herz und tatkräftige Hilfe
entgegenbringen, tragen in schönster Weise dazu bei, den Satz des
verstorbenen Protektors des Wehrkraftvereines, des Prinzregenten
Luitpold von Bayern, in Wahrheit mit zu verwirklichen: „Pflege
der Jugend schafft rüstiges Alter.“
Den mit Beifall aufgenommenen Ausführungen folgte eine kurze
Diskussion, in der mit Anerkennung der hygienisch-sozialen Be¬
strebungen des Wehrkraftvereins nicht gegeizt wurde.
In eine Besprechung des Antrags C r ü m e r s zur wichtigeren
Bewertung der Turnnote wurde wegen fortgeschrittener Zeit nur
mehr kurz eingetreten. • P.Lissmann.
Verschiedenes.
Die Heilquellen von Bad Tölz.
Die Tölzer Badedirektion schreibt uns, dass sie zu den bist
allein unter dem Namen „Krankenheiler Jodquellen“ bekannten Töl?
Duellen seit dem Jahre 1909 auch die „Marienquelle“ in Seeg u
nun seit 1. November 1912 auch die „Adelheidsquelle“ in Heilbru
erworben hat. Die Marienquelle ist relativ, die Adelheidsquelle a
solut die stärkste unter den schwefelwasserstofffreien Jodtrinkquell
Deutschlands.
Von Interesse dürfte es sein, die Analysen der in Tölz bere
stehenden Kurmittel in aufsteigender Ordnung nach ihrer Minera
sierung zum Vergleich nebeneinander zu stellen.
In 1000 Teilen sind enthalten in:
Jodnatrium .
Jodtrink¬
quelle
0,0012
Marien¬
quelle
0,0175
Adelheids¬
quelle
0,0301
Lauge 111
0,603
Salz
7,30
Bromnatrium
, , , ,
—
0,0151
0,0589
0,520
6,30
Chlornatrium
• • i •
0,2810
2,2990
4,9700
78,206
913,19
Doppeltkohlens. Natr.
0,4083
—
1,4660
1,718
ty
Magn.
0,0303
0,2239
0,0415
(NaäCOa)
_ 1
n
Kalz. .
0,0967
0,3262
0,0733
_
___
Verschiedene
Salze .
0,0555
0,1344
0,0552
3,108
73,18
Summe fest. Bestandt.
0,8730
3,0161
6,6950
84,155
1000,00
Es wird sofort ersichtlich, dass die Vielseitigkeit dieser Mit!
eine weitgehende Individualisierung bei der balneologischen Therap
ermöglicht. Dazu kommt noch ein Umstand, der bei angezeign
Fällen für Jodbad Tölz als spezifischen Kurort für alle dyskrasiscluj
Stoffwechselanomalien jede Konkurrenz aus dem Felde schlägt, das i
ein herrliches subalpines tonisierendes Klima und eine freundlich
unvergleichlich schöne Lage vor den Toren Münchens am Fusse d
bayerischen Alpen.
Frequenz der Schweizer medizinischen Faku
täten im Wintersemester 1912/13: Basel 245 (230 m„ 15 w.), Bei
399 (307 m., 92 w.), Genf 609 (367 m., 242 w.), Lausanne 299 (218 n
81 w.), Zürich 409 (324 m„ 85 w.). Im ganzen 1961, davon 515 Dame
Die Zahl der Medizin studierenden Schweizer betrug 823, dave
67 Damen, und ist seit 1909 in ständiger Zunahme begriffen, so da:
ihre Höhe im Wintersemester 1912/13 die Durchschnittszahl des let.
ten Dezenniums um mehr als 30 Proz. übersteigt.
Gerichtliche Entscheidungen.
Oberstes Landesgericht. Strafsenat.
Fahrlässige Körperverletzung mit Uebertretun
einer Berufspflicht.
Der Facharzt für Chirurgie. Dr. Josef Bayer, ärztlicher Leite
des städtischen Krankenhauses in Aschaffenburg, fuhr am 12. Augu:
in massiger Geschwindigkeit mit seinem bei der Ausübung der Priva
Praxis benützten Auto durch die Wermbachstrasse. Sein an eint
Kette befindlicher Hund, den er in seinen ausserhalb der Stac
liegenden Garten verbringen wollte, sprang während der Fahrt ai
dem Wagen. Dr. Bayer versuchte, ohne anzuhalten, den Hund a
der Kette in den Wagen zurückzuziehen; der Wagen geriet auf de
Bürgersteig und verletzte zwei Kinder und eine Frau. Das Schöffci
gericht beim Amtsgericht Aschaffenburg verurteilte Dr. Baye
wegen fahrlässiger Körperverletzung, die Berufung des Angeklagte
wuide von der Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg mit dei
Abmasse verworfen, dass Dr. Bayer auch wegen einer mit demVe
gehen der fahrlässigen Körperverletzung rechtlich zusammen’treffende
Uebertretung der Verordnung des Bundesrates vom 3. Februar 191
für schuldig erkannt wurde. Das Landgericht nahm an, dass sic
Dr. Bayer gegen § 17, Abs. 1, Satz 1 dieser Bundesratsverordnuii'
wonach der Führer zu besonderer Vorsicht in Leitung und Bedieiiuii
seines Fahrzeugs verpflichtet ist, verfehlt und überdies die Aufmerk
samkeit, zu der er vermöge seines Berufes als Arzt besonders vei
pflichtet war, aus den Augen gesetzt und hierdurch die Körperver
letzungen verursacht habe, die er bei Erfüllung der ihm obliegende
Pflichten hätte vermeiden können. Auf die Revision des Angeklagte
hob der Strafsenat die Urteile der Vorinstanzen auf, stellte das Veit
fahren wegen fahrlässiger Körperverletzung ein und sprach den Be
schwerdefiiht er von der Anklage wegen einer Uebertretung de
Bundesratsverordnung frei. Der Strafsenat ging bei seiner Entsc’nei
düng von folgenden Erwägungen aus: Die berufliche Tätigkeit de
die Heilkunde ausübenden Arztes bestehe in der Anwendung un
Verwertung des auf dem Gebiete der Heilkunde erhobenen Wisset
und Könnens. Die Stätte, an der der Arzt seine Kunst ausübt, is
der Raum, in dem sich der Kranke befindet, mag nun der Kranke de
Arzt aufsuchen oder von diesem aufgesucht werden. Die durch da
Fahren erzielten Vorteile (Abkürzung der Gehzeit, raschere Hilfe¬
leistung, Möglichkeit mehrerer Besuche usw.) sind Anlass und Folge
der Ausübung der Heilkunde, aber nicht Teile derselben. Geht ode
fährt der Arzt zu einem Kranken, so befindet er sich auf dem Weg
zur Ausübung seiner Kunst, nicht in Ausübung seiner Kunst. Au
diesen Erwägungen kann die Auffassung der Vorinstanzen nicht ge
billigt werden, wonach die von dem Angeklagten bei der hier i>
Frage stehenden Fahrt durch Fahrlässigkeit verursachten Körper
. Marz 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
679
rletzungen mit Uebertretung einer Berufspflicht begangen worden
ien. Da Strafantrag nicht gestellt wurde, musste nach § 259,
)S. 2 St.P.O. das Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung
igestellt werden. Der Angeklagte hat zwar, als er mit dem Wagen
f den Bürgersteig kam, die besondere Vorsicht aus dem Auge ge-
tzt. aber dieses unvorsichtige Handeln ist in der Verordnung des
mdesrates nicht unter den Massnahmen aufgeführt, deren Ueber-
;tung an sich mit Strafe bedroht ist. Eine mit Strafe bedrohte
•rfehlung gegen den § 17, Abs. 1, Satz 1 kann deshalb nicht als
geben erachtet werden, in dieser Richtung ist die Verurteilung
Unrecht erfolgt und muss auf Freisprechung erkannt werden.
Therapeutische Notizen.
Zur Anwendung des Salvarsans bei syphiliti-
: h e n Frauen während der Schwangerschaft bringt
a u v a g e auf Grund von 84 behandelten Fällen einen längeren
;richt, der zu folgenden Schlüssen führte. Die intravenösen Sal-
irsaninjektionen haben eine auffallend günstige Wirkung auf floride,
ährend der Schwangerschaft vorhandene syphilitische Erschei-
ingen; sie sichern die normale (physiologische) Entwicklung und
;burt lebender, scheinbar gesunder und gut entwickelter Kinder,
enn auch eine gewisse Anzahl derselben doch mit syphilitischen
scheinungen, Dystrophien oder Missbildungen zur Welt kommen.
; sind genaue Indikationen zur Salvarsanbehandlung einzuhalten, da
eselbe immerhin mit einigen Gefahren für die Mutter und, wenn
i nahe dem Schwangerschaftsende angewandt, auch für das Kind
orzeitige Geburt) verbunden ist. Sind während der Schwanger¬
haft floride Erscheinungen vorhanden, so ist Salvarsan imstande,
eselben rasch zum Verschwinden zu bringen; ebenso kann das-
Ibe zur Anwendung kommen, wenn die Annahme vorliegt, dass
tente Erscheinungen vorhanden sind und die bisherige Behandlung
ne ungenügende war. Sind jedoch zur Zeit der Schwangerschaft
;ine floriden Erscheinungen vorhanden und hat vorher eine aus¬
gehende Behandlung stattgefunden, so ist nur Quecksilber- oder ge-
ischte Behandlung (während der Schwangerschaft) angezeigt. Die
tatistik lehrt, dass nach Salvarsan 92 Proz. lebender Kinder zur
■chten Zeit oder nahe derselben zur Welt kommen, während nach
uecksilber- oder Mischbehandlung 74,64 Proz. Kinder vorzeitig tot*
ir Welt kommen oder kurze Zeit nach der Entbindung sterben,
s ist wichtig, die Salvarsaninjektionen möglichst nahe dem Beginne
er Schwangerschaft oder dem Auftreten der Erscheinungen vorzu-
ihmen; das Salvarsan scheint seine Wirkung auf die Schwanger-
rhaft und die Entwicklung des Fötus nur unter der Bedingung zu
iben, dass es zu der Zeit angewandt wird, wo die Spirochäten-
fektion beim Kinde noch keine schweren Veränderungen innerer
rgane hervorgerufen hat. Ausser den bekannten allgemeinen
ontraindikationen bilden abnorme Zustände von Leber und Nieren,
le stets aufs .Sorgfältigste durch klinische und chemische Unter-
ichung festzustellen sind, eine absolute Gegenanzeige gegen die
alvarsananwendung während der Schwangerschaft (Annales de
ynecologie et d’obstetrique, Januar und Februar 1913). St.
Die Behandlung der Gonorrhöe und ihrer Kom-
likationen mittelst Neosalvarsan empfehlen Jules
anet und Alfred Le vy-. Bing (Gazette des höpitaux, 1913,
o. 21), nachdem schon frühere Berichte, besonders deutscher Autoren
'tühmer, H e u c k, Kall) die günstige Einwirkung des Mittels
uf die Harnröhrengonorrhöe gelegentlich der intravenösen Ein-
3ritzung festgestellt hatten. J. und L. .wandten das Neosalvarsan
ikal in 2 proz. wässeriger Lösung bei Frauen an, die mit Blennor-
lagie der Harnröhre, Vagina oder Zervix behaftet waren, und zwar
ir erstere in Form der Spülungen oder der mittelst der Lösung
urchtränkten, um ein Holzstäbchen gewickelten Wattebäuschchen ;
ach 8 Tagen waren keine Gonokokken mehr zu finden. Für die
agina und Zervix wurden Spülungen gemacht und in einigen Fällen
üt Neosalvarsanlösung durchtränkte Tampons eingeführt; auf die
ervixulzerationen eine 10 proz. Neosalvarsansalbe gebracht. Wich-
g ist, die Neosalvarsanlösung sofort nach der Herstellung zu ge-
rauchen; vielleicht könnte auch eine — haltbarere — Oelemulsion
ur Anwendung kommen. In allen Fällen beobachteten Bericht-
rstatter rasches Verschwinden des Ausflusses (und der Gono-
okken). Bei der Gonorrhöe des Mannes haben sie die ergiebigen
ieosalvarsanspülungen der Harnröhre noch nicht angewandt, zweifeln
ber nicht, dass sie hiebei die gleich gute Wirkung haben, zumal
i einem Falle von sehr schwerem gonorrhoischem Rheumatismus,
iner der hartnäckigsten Komplikationen der Gonorrhöe, nach zwei
itravenösen Salvarsaninektionen (von 0,3 und 0,6) derselbe sowie
er Ausfluss auffallend rasch zurückgingen. St.
Zur Prüfung der Santalpräparate hat Julius Pohl-
heslau ein von Winternitz angegebenes Verfahren verwendet
Ther. Mon.-Hefte 12, 12). Man injiziert dabei in die Pleurahöhle
ine Hefensuspension und untersucht, wie gross die Exsudatmenge
iit und ohne Verwendung des Santalpräparates ist. Die Prüfung er-
ab eine ausserordentliche Verschiedenheit der Handelspräparate.
)as reine Santalöl erwies sich als gut wirksam, auch der Kawa-
usatz hatte guten Erfolg. Mehr oder weniger unwirksam waren
iurjumbalsam, Allosan, Arrhovin, Maticoöl und Chlorkalzium. Kr.
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 22. März 1913.*)
— Zu der Eingabe des Deutschen Monistenbundes an den Reichs¬
tag, die Aenderung des Gesetzes über die Ehe¬
schliessung betr., wird uns mitgeteilt, dass vor etwa 3 Jahren
bereits eine ganz ähnliche Petition an Bundesrat und Reichstag er¬
gangen ist. Die damalige Petition ging aus von dem Apotheker
Breitfeld in Ranis und war in ihrem Wortlaut identisch mit dem
Eventualantrag des Monistenbundes. Auch diese sehr bescheidene
Forderung fand im Reichstag kein Verständnis. Die Anregung des
Apotheker Breitfeld wurde seinerzeit von Prof. Jul.
Sch walbe- Berlin in einem Artikel im „Tag“ (1910, No. 8) sehr
sympathisch besprochen, wobei namentlich darauf hingewiesen wurde,
dass im Staat Washington bereits ein Eheschliessungsgesetz besteht,
das nicht nur ein ärztliches Zeugnis von den Ehekandidaten verlangt,
sondern darüber hinaus die Erteilung der Ehelizenz an solche Per¬
sonen verbietet, die nachweislich an vorgeschrittener Tuberkulose
oder anderen ansteckenden Krankheiten leiden, sowie an Gewohn¬
heitstrinker und -Verbrecher. Warum sollte etwas Aehnliches nicht
auch in Deutschland möglich sein?
— Für das projektierte National-Hygiene-Museum in
Dresden ist als Bauplatz das Gelände des Botanischen Gartens
gewählt worden, das noch durch ein Stück des Ausstellungsgeländes
erweitert werden wird. Gleichzeitig hat sich ein „Verein für das
National-Hygienemuseum, E. V.“ gebildet, dessen Zweck die Errich¬
tung und spätere Unterhaltung des aus der Internationalen Hygiene¬
ausstellung hervorgehenden Hygienemuseums bildet. Mitglieder des
Vereins sind der sächsische Staat, die Stadt Dresden, die bisherigen
Mitglieder des Vereins zur Veranstaltung der Hygieneausstellung und
etwa weiter eintretende Personen. Zum Vorsitzenden des Vereins
wurde Exz. K. A. L i n g n e r auf Lebenszeit gewählt. Der sächsische
Staat hat bekanntlich einen Baukostenbeitrag von 2 Millionen Mark
bewilligt, die Stadt Dresden jährlich 150 000 M. und den Bauplatz.
— Vor dem Leipziger Schöffengericht kam eine Beleidigungs¬
klage der Aerzte Dr. Hartmann und Dr. Streffer als Vor¬
standsmitglieder des „Leipziger Aerzteverbandes zur Wahrung der
wirtschaftlichen Intel essen“ gegen den Kaufmann Max Eduard Georg
Gottlieb aus Heidelberg, den Vorsitzenden des „Zentralverbandes
für Parität der Heilmethoden“ zur Verhandlung. Als Herausgeber
der Zeitschrift „Freie Heilkunst“ soll der Beklagte die Privatkläger
in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglieder des Aerzteverbandes
durch mehrere Artikel der „Freien Heilkunst“ beleidigt haben, in
welchen gesprochen worden war von „lichtscheuen Arbeiten des
Leipziger wirtschaftlichen Aerzteverbandes“, vom „dunklen Schosse
des Leipziger Verbandes“, „man wolle doch einmal sehen, ob die
Augen des Maulwurfs das Licht des Tages vertragen könnten“, es
sei „ein ganz hinterlistig gemein organisierter Kampf um die Kon¬
kurrenz“. Der Aerzteverband erhalte von Farbenfabriken, Eiweiss¬
fabriken usw. grosse Summen etc. Dr. Krüger, der Syndikus des
„Deutschen Volkswirtschaftlichen Verbandes“ und staatswissenschaft¬
licher Beirat des „Zentralverbandes für die Parität der Heilmethoden“
erklärte als Zeuge, dass der Leipziger Verband auch Zuwendungen
von Nichtärzten bekomme, deren Namen er allerdings nicht nennen
könne; er müsse sich auf die Angaben der einschlägigen Literatur
verlassen. Der Generalsekretär des Leipziger Verbandes Dr. Kuhns
bekundete dagegen als Zeuge, es sei direkt unglaublich, dass irgend
eine Fabrik dem Verbände Zuwendungen mache; das hätten auch die
Höchster Farbwerke nicht getan, die in einem der Artikel des Be¬
klagten speziell genannt worden sind. Zu Anfang hat der Leipziger
Verband allerdings ein Darlehen von einer halben Million Mark auf¬
genommen, diese Summe ist aber von den Aerzten aufgebracht wor¬
den; ebenso stammen die Stiftungen für die Witwenkasse nur aus
Aerztekreisen. Es wird darüber auch stets in den „Aerztlichen Mit¬
teilungen“ Quittung erstattet. — Zum Schlüsse der Beweisaufnahme
versuchte der Vorsitzende, die Angelegenheit durch einen formulierten
Vergleich aus der Welt zu schaffen; die Kläger lehnten ihn aber
rundweg ab. Das Urteil lautete gegen den Beklagten G o 1 1 1 i e b
auf eine Geldstrafe von 100 Mark. Den Klägern wurde das Recht
zuerkannt, den Tenor des Urteils in der Zeitschrift „Freie Heilkunst“
zu veröffentlichen.
— Das bayerische Kultusministerium gibt bekannt: Da sich in
letzter Zeit die Anfragen von Medizinalpraktikanten wegen Ab¬
leistung des praktischen Jahres am deutschen Ho¬
spital in Rom vermehrt haben, sind die Universitätsbehörden
vom Kultusministerium angewiesen worden, die Studierenden der
Medizin darüber aufzuklären, dass am deutschen Hospital in Rom
das für die Erlangung der Approbation vorgeschriebene praktische
Jahr nicht abgeleistet werden kann.
— Die 29. Hauptversammlung des Preussischen
Medizinalbeamten Vereins findet am Freitag, den 25. April
1913 in Berlin statt. Aus der Tagesordnung ist zu erwähnen: Ent¬
wurf eines Wohnungsgesetzes. Berichterstatter: Reg.- u. Med. -Rat
Dr. Wolff in Lüneburg. — Der ärztliche Sachverständige auf dem
*) Die vorliegende Nummer musste wegen der Osterfeiertagc
mit Rücksicht auf die über Leipzig gehende Auflage früher fertig¬
gestellt werden.
m
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. \2.
Gebiete der Angestelltenversichenmg. Berichterstatter : Kreisarzt
Mcd.-Rat i)r. Rogowski in Berlin. — Neuere Verfahren der Ab¬
wasserreinigung. Berichterstatter: (ich. Ober-Med.-Rat Dr. Abel,
vortr. Rat in der Medizinalabteilung des Ministeriums des Innern und
Leiter der Kgl. Landesanstalt fiir Wasserhygiene. Die Verhandlungen
finden in der neuen Kgl. Landesanstalt für Wasserhygiene. Dahlem,
Ehrenbergstr. 38/42 statt.
Der 4. internationale Kongress für Schul¬
hygiene wird vom 25.— 30. August d. J. in Buffalo, New York,
U.S.A. unter dem Ehrenvorsitz des Präsidenten der Vereinigten
Staaten Herrn Wilsc/n abgehalten werden. Das Präsidium führt
Charles W. Eliot, der frühere Präsident der Harvard University;
Generalsekretär ist Dr. Thomas A. S t o r e y, Professor der Hygiene,
College of the City of New York. Von deutschen Vertretern werden
folgende Hauptreferate auf dem Kongresse gehalten werden: 1. Die
Beziehungen zwischen Schule und Auge. 2. Heizung und Lüftung in
den Schulen. 3. Die Reinigung der Schulzimmer. 4. Hilfsschulwesen
und Heilerziehungsanstalten für Psychopathische. 5. Staatliche und
städtische Schularztorganisation. Zu den Vorbereitungen des Kon¬
gresses in Deutschland ist ein deutsches Hauptkomitee gebildet wor¬
den. dessen Vorsitz Ministerialdirektor Prof. Dr. Kirchner in
Berlin übernommen hat. Alle den Kongress betreffenden Anfragen,
Anmeldung von Vorträgen usw. sind an den Geschäftsführer des
deutschen Hauptkomitees, Prof. Dr. Selter- Bonn, Hygienisches
Institut zu richten.
— Der V. Jahrgang der Radiologischen Mitteilungen
des Kreuznacher Aerztevereins, welcher soeben er¬
schienen ist, enthält folgende Arbeiten: 1. Dr. E i c h h o 1 z - Kreuz¬
nach: Die Radiumemanationstherapie im Jahre 1912. 2. Prof. Dr.
Kionka-Jena. Wie weit löst sich Radiumemanation im Blute?
3. D. E. V o 1 1 m e r - Kreuznach : Ueber Radiumwirkungen bei Haut¬
krankheiten. 4. Dr. Kernen- Kreuznach : Blutuntersuchungen bei
den verschiedenen Methoden der Radiumtherapie. 5. Dr. W. E n g e 1 -
mann- Kreuznach : Ist die Thoriumbehandlung der Radiumbehand¬
lung überlegen? 6. Dr. K. A s c h o f f - Kreuznach : Das Radium¬
inhalatorium in Bad Kreuznach. Auf Wunsch steht die Broschüre
den Kollegen gratis zur Verfügung durch den Kreuznacher Aerzte-
verein.
— Von „Biometrica, a Journal for the Statistical Study of bio-
logical Problems“, herausgegeben von Karl Pearson, ist uns Vol. IX, j
Teil I und II zugegangen (ausgegeben am 12. März 1913. Cambridge,
at the University Press, Preis 20 Schillinge). Das 332 Seiten starke
Heft enthält 11, namentlich für das Studium der Rassenhygiene wich¬
tige Arbeiten.
- — Pest. Aegypten. Vom 22. bis 28. Februar erkrankten 6
(und starben 5) Personen. — Britisch Ostindien. Vom 9. bis 15. Fe¬
bruar erkrankten 5537 und starben 4452 Personen an der Pest. —
Niederländisch Indien. Vom 12. bis 25. Februar wurden auf Java ge¬
meldet: 239 Erkrankungen (und 243 Todesfälle).
— In der 10. Jahreswoche, vom 2. bis 8. März 1913, hatten von
deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblichkeit
Metz mit 32,5, die geringste Rüstringen mit 6,1 Todesfällen pro Jahr
und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb
an Scharlach in Recklinghausen Land, Rostock; an Masern und Röteln
in Gladbeck, Kaiserslautern; an Diphtherie und Krupp in Berlin-Steg¬
litz, Bremen, Dessau, Dortmund, Worms; an Keuchhusten in Berlin-
Steglitz, Berlin- Weissensee, Recklinghausen Land. (V. d. K. G.-A.)
(Hochschulnachrichten.)
Bonn. Den Privatdozenten Dr. C. Bachem (Pharmakologie),
Dr. H. 'S t u r s b e r g (innere Medizin) und Dr. E. Z u r he 11 e (Gy¬
näkologie) wurde der Titel Professor verliehen.
Düsseldorf. An Stelle des nach Kiel berufenen Geh. Rats
Lu bar sch sind als Leiter des pathologischen Institutes vorge¬
schlagen : primo loco Mönckeberg und S c h r i d d e, sec. loc.
v. G i e r k e und Dietrich, tert. loc. R i c k e r und L ö h 1 e i n.
Prof. Mönckeberg - Giessen ist inzwischen berufen.
Heidelberg. Das neue physikalisch-radiologische Institut ist
jetzt seinem wissenschaftlicher. Leiter Prof. Dr. Philipp Lenard
übergeben worden und wird am 1. Mai eingeweiht werden. Sein
Hauptzweck ist neben wissenschaftlicher Forschung die Nutzbar¬
machung des Radiums durch Technik und Medizin. Die medizinische
Abteilung wird mit Czernys Institut für experimentelle Krebsfor¬
schung Zusammenarbeiten.
Königsberg. Für Hygiene und Bakteriologie habilitierte sich
Dr. Hans Reiter, Assistent am hygienischen Institut, mit einer An¬
trittsvorlesung über „Bedeutung und Bekämpfung der Tvphusbazillen-
träger“. (hk.)
Leipzig. Herr Geheimer Rat Trendelenburg hat vor
einigen Tagen Leipzig verlassen, um nach Nicolassee bei Berlin zu
ziehen.
Rostock. Dr. R. Hanse r, 1. Assistent des pathologischen
Instituts (Prof. Schwalbe) und Dr. B. W o 1 f f, 3. Assistent des¬
selben Instituts, haben sich fiir das Fach der allgemeinen Pathologie
und pathologischen Anatomie habilitiert. Die Habilitationsarbeit H.s
ist betitelt „Zur Thrombosefrage“, die W.s „Ueber fötale Hormone“.
— Der bisherige ordentliche Professor an der 1912 aufgehobenen
Tierärztlichen Hochschule zu Stuttgart Dr. Richard Reinhardt soll
mit Beginn des bevorstehenden Sommersemesters eine neuerrichtete
Professur für Tierbaktcriologie und Tierhygiene an der Universität
Rostock übernehmen, (hk.)
W ii r z b u r g. Der o. Professor an der Universität, Geh. Hofrat
Dr. Theodor B o v c r i, Direktor des zoologischen Instituts, ist iür
das neugeplante biologische Institut in Berlin-Dahlen in Aussicht ge¬
nommen.
Rom. Habilitiert: Dr. S. Guss io für externe Pathologie,
Dr. E. T r a m o n t i fiir Neurologie.
Siena. Der ausserordentliche Professor der Ophthalmologie
Dr. A. B i e t t i wurde zum ordentlichen Professor ernannt.
W i e n. Die Privatdozenten Dr. W. P a u 1 i (innere Medizin) und
Dr. E. Redlich (Neurologie und Psychiatrie) wurden zu ausser¬
ordentlichen Professoren ernannt. — Dr. Richard Stern hat sich als
Privatdozent für Neuropathologie und Dr. Rudolf Neurath als Pri¬
vatdozent für Kinderheilkunde an der med. Fakultät habilitiert.
(Todesfälle.)
In der Frühe des 6. März starb zu Berlin im 79. Lebensjahre
Paul Ascher so n, der bedeutendste Kenner der mitteleuropäischen
Flora. Er, wie sein um die Botanik ebenso verdienstvoller Vater,
waren Aerzte; sie waren wie L. i n n c, Ingenhouss u. a. — und
das sei mit Stolz gesagt — aus unseren Reihen. „Es sollte mich
sehr wundern, wenn aus Ihnen einmal etwas wird“, das waren die
Worte, die bei der Entlassung aus dem Gymnasium Paul Ascher-
son von seinem Direktor mit auf den Lebensweg gegeben wurden.
Wie diese Prophezeiung zu schänden wurde, das beweist das Curri¬
culum vitae von Ascherson, das man in jedem Konversations¬
lexikon nachlesen kann. Wenn man weiss, dass Ascherson an
hochgradiger Amblyopie mit Nystagmus litt (gegen sein Lebensende!
kam noch Katarakt hinzu), dann wird man verstehen, warum
Ascherson „bloss“ Florist blieb und dass gewisse Mikroskopike;-
(die in der Pegel von Systematik gar nichts verstehen, aber bei der
jetzt herrschenden Richtung in der Botanik die führende Rolle spielen)
auf Ascherson von einer hohen Warte herabzuschauen sich an-
massten. „Die Anerkennung im Leben kommt so tröpfchenweise,
dass man sie kaum als Freude empfindet“, hat Ascherson zu mir
einmal resigniert geäussert. Und wenn man weiss, dass er in poli¬
tischer Hinsicht kein Byzantiner war, dann braucht man sich nicht
zu verwundern, dass äussere Ehrungen ihm relativ spät zu teil ge-;
woi den sind. Ascherson war — und kein geringerer als Johannes:
Trojan betont es immer wieder in einem herzlichen Nachruf —
ein liebenswürdiger und liebenswerter Mensch. Hier sei nur neben¬
bei bemerkt — und viele Kollegen könnten da von ihm lernen
dass Ascherson kein ihm überreichtes Separatum unbedankt
liess, sondern dass er mit seinen schwachen Augen und trotz hohen!
Alters oft in langem Brief auf den Gegenstand der Arbeit eingingi
und diese mit seinem in botanischer, philologischer und medizinischer
Hinsicht reichem Wissen zu fördern suchte. Am 10. ds. Mts. ist
Ascherson als einer der ersten im Berliner Krematorium ein¬
geäschert worden. Er ruht jetzt sanft in Allvaters Frieden. Ein
leuchtendes Vorbild für alle, die uneigennützig im Dienste der Wissen-;
Schaft tätig sind. F. Kanngiesser
(Berichtigung.) In der Arbeit des Dr. Lade in No. 11
ist auf S. 591, Sp. 1, Z. 3 v. o. statt „zwei“ zu lesen: „21“.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 10. Jahreswoche vom 2. bis 8. März 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildungs¬
fehler 9 (11 1), Altersschw. (über 60 Jahre) 9 (7), Kindbettfieber — (1)
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft 1 (1), Scharlach — (— )
Masern u. Röteln 1 (— ), Diphtherie u. Krupp 1 (-), Keuchhusten — (1)
Typhus (ausschl. Paratyphus) — (1), akut. Gelenkrheumatismus -(—)
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundswut
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) — (—), Starrkrampf - (-)
Blutvergiftung 1 (— ), Tuberkul. der Lungen 30 (22), Tuberkul. and. Org
(auch Skrofulöse) 4 (3 , akute allgem. Miliartuberkulose — (—), Lungen-
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 16 (22), Influenza 1 (— ), veneri¬
sche Krankh. 3 (1), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfieber
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wechsel¬
fieber usw. — (1), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab.insip.) 4(1), Alkoholis¬
mus 1 (— ), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 7 (3), sonst. Krankh
d. Atmungsorgane 7 (1), organ. Herzleiden 24 1 22), Herzschlag, Herz¬
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 1 (2), Arterienverkalkung
2 (5), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 1 (3), Gehirnschlag 13 (7)
Geisteskrankh. — (4), Krämpfe d. Kinder 4 (2), sonst. Krankh. d. Nerven
Systems 5 (5), Atrophie der Kinder 1 (1), Brechdurchfall — (— ), Magen¬
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 6 (3), Blinddarm
entzünd. 3 ( — ), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse u
Milz 2 (2), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 5 (6), Nierenentzünd. 8 (5)
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. — (3), Krebs 17 (28), sonst
Neubildungen 4 (3;, Krankh. d. äuss. Bedeckungen — (— ), Krankh. de
Bewegungsorgane — (— ), Selbstmord 4 (3), Mord, Totschlag, aucl
Hinricht. 1 ( — ), Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen 2 (3)
and. benannte Todesursachen 4 (3), Todesursache nicht (genau) an¬
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) — (— ).
Gesamtzahl der Sterbefälle: 202 (186).
_ 1 Die einsieklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der Vorwoche.
Verlag von J. F- Lehmann in München. — Druck von E. MUhlthalcrs Buch- und Kunstdruckerei A. <3., München.
Die Münchener Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich
Fjm Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen
Nummer 80 -t. * * Bezugspreis in Deutschland vierteljährlich
jH 6.—. • Übrige Bezugsbedingungen siehe auf dem Umschlag.
II
MÜNCHENER
Zusendungen sind zu adressieren !
Fürdie Redaktion Arnulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8V» — 1 Uhr.
Für Abonnement an |. F. Lehmann’s Verlag, Paul Heysestrasse 26.
Für Inserate und Beilagen an Rudolf Mosse, Theatinerstrasse 8.
Medizinische Wochenschrift.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
'Io. 13. 1. April 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
Originalien.
Aus der Universitäts-Frauenklinik Freiburg i. Br.
(Direktor: (lieh. Hofrat Prof. Dr. Krönig).
Erfahrungen mit der Abderhaldenschen Schwanger¬
schaftsreaktion (Dialysierverfahren u. Ninhydrinreaktion)
Von Privatdozent Dr. Hans Schlimpert und Dr. James
H e n d r y in Glasgow.
Kurze Zeit nach der ersten Veröffentlichung Abder¬
haldens über die Diagnose der Schwangerschaft mittels des
Dialysierverfahrens und der Ninhydrinreaktion *) haben wir
an der Freiburger Frauenklinik die Brauchbarkeit dieser Me¬
thode zu erproben versucht. Wir begannen zunächst mit Ver¬
suchen im eigenen Laboratorium, und als diese einigemale
Fehlreaktionen gaben, wendeten wir uns an Prof. Abder¬
halden, der in seinem Institut einem von uns die Technik
seiner Methode in der Form, wie sie damals (im Oktober 1912)
üblich war, demonstrierte. Die Untersuchung grösserer
Serien schwangerer und nicht schwangerer Individuen, die wir
dann in Freiburg, unterstützt von Prof. Abderhalden,
durch freundliche Ueberlassung von ihm dargestellten Pla¬
zentagewebes ausführten, brachte uns ebenfalls wieder in
wechselnder Zahl enttäuschende Resultate. Vielfache Korre¬
spondenz mit Prof. Abderhalden und ein weiterer Besuch
seines Instituts in Halle brachten einige 'Fehlerquellen zutage,
die teils dem verwendeten Dialysierhülsenmaterial, teils der
Darstellung und Prüfung des Plazentagewebes anhafteten.
Diese Erfahrungen führten im Verein mit ähnlichen von
Abderhalden erhobenen dazu, dass gewisse Aenderungen
in der Technik der Methode eingeführt wurden, die im wesent¬
lichen in einer immer sich steigernden Verschärfung der Vor¬
schriften bestehen, wie sie in den mehrfachen Publikationen
Abderhaldens in den letzten Monaten schrittweise dar¬
gestellt sind 1). Mit dieser verschärften Methode glückte es
uns dann, gute Resultate zu erzielen, wenn uns von Prof.
Abderhalden hergestellte oder von uns selbst in Halle
dargestellte Plazenta zur Verfügung stand, die Darstellung
blutfreier koagulierter Plazenta glückte uns in Freiburg nicht.
Es änderte daran auch ein dritter und letzter Besuch in Halle
zum nochmaligen Studium der Methode nichts. Unsere
Technik der Plazentadarstellung war die gleiche wie Abder¬
haldens. Schliesslich stellten wir durch im Freiburger
Laboratorium unternommene Versuche fest, dass die Be¬
schaffenheit des zur Plazentaauswässerung verwendeten Frei¬
burger Leitungswasser die Fehlerquelle war, die uns so lange
hindernd im Wege stand und trotz all der erwähnten Be¬
mühungen sich nicht hatte ausfindig machen lassen.
Wir sind jetzt mit unseren Arbeiten zu einem gewissen
Abschluss gekommen, nachdem wir einmal eine grössere Serie
von Fällen mit der verbesserten und verschärften Methode
untersucht haben, wie sie der von Abderhalden in der
Vliinch. med. Wochenschr. 1913, No. 9 publizierten entspricht,
und nachdem wir in der Beschaffenheit des Wassers den wich¬
tigsten Fehler bei der Plazentadarstellung ausfindig gemacht
haben. In dieser Serie erzielten wir im Gegensatz zu unseren
früheren Erfahrungen, vollkommen einwandfreie Resultate im
Sinne der Spezifizität der Reaktion. Wir glauben in Anbe¬
tracht des grossen Interesses, das die Abderhalden sehe
::) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 36.
*) Wir danken auch an dieser Stelle Herrn Prof. Abder¬
halden für das rege Interesse, das er unseren Untersuchungen
und die freundliche Unterstützung, die er uns bei der Suche nach
möglichen Fehlerquellen zu teil werden Hess.
No. 13.
Entdeckung bietet, unsere Erfahrungen, die ungünstigen so¬
wohl wie die günstigen, um so eher jetzt mitteilen zu sollen,
als von verschiedenen Seiten L i n d i g, P o 1 a n o u. a. über
Fehlresultate berichtet wurde, während günstige Erfahrungen
ausser von Abderhalden selbst bis jetzt erst in kleineren
Serien vorliegen, zum Teil mit einer Technik ausgeführt,
! die vor Fehlschlägen zu schützen nicht absolut imstande ist,
und weil wir wohl mit Recht annehmen, dass ein grosser Teil
der Untersucher mit den Schwierigkeiten, an denen unsere
Untersuchungen scheiterten, auch mehr oder weniger zu
kämpfen hatten.
Wir untersuchten seit Oktober 1912 insgesamt 316 Fälle.
Es würde natürlich ein falsches Bild geben, wollten wir alle
Fälle unter einem Gesichtspunkt besprechen. Wir scheiden
unser Material in zwei Abteilungen: die Fälle, die wir mit der
verschäften Methodik der letzten Zeit (79) und diejenigen, die
wir zunächst mit der ursprünglich von Abderhalden an¬
gegebenen und deren ersten Modifikationen untersuchten
(237). An erster Stelle geben wir ausführlicher die Resultate
der letzten Serie wieder, 2. besprechen wir einzelne Punkte
der Technik, mögliche Fehlerquellen, die Häufigkeit ihres Vor¬
kommens und ihre Ursachen an der Hand unseres gesamten
Materials. Wir halten diese rückblickende Wiedergabe der
verschiedenen Irrwege für wichtig in der Annahme, dass sie
wohl manchem, der mit der Ninhydrinmethode arbeitet, eben¬
falls nicht erspart blieben ünd mit der Hoffnung, sie anderen
zu ersparen, vor allem aber in dem Bestreben, ebenso wie
Abderhalden zur Vorsicht und peinlichsten Befolgung
der Vorschriften bei der Inangriffnahme neuer Probleme mit
der Dialysiermethode zu raten.
1. Resultate bei den letzten 79 Fällen.
Die Technik, die bei der Untersuchung der letzten 79 Fälle an-
gewendet wurde, ist im wesentlichen durch folgende Punkte charak¬
terisiert: Verwendung absolut blutfreier farbloser Stücke koagu¬
lierten Plazentagewebes, das mit der 5 fachen Menge Wasser gekocht
bei Zusatz von 1 ccm einer 1 proz. Ninhydrinlösung zu 5 ccm dieses
Kochwassers beim Aufkochen beider Flüssigkeiten genau eine Minute
lang auch nicht die leichteste Spur einer Blaufärbung gibt. 2. Ver¬
wendung mit Seidenpepton und Hiihnereiweiss geprüfter Dialysier-
htilsen der neuen Form (50 mm No. 579, A. Schleicher und
S c h ü 1 1). 3. Peinlichstes Ausschlüssen von Serum, das Hämolyse
oder auch nur eine auf Hämolyse verdächtige Rotfärbung zeigt.
Von den so untersuchten 79 Fällen waren 40 schwangere,
39 nicht schwangere Frauen. Unter den 39 nicht schwangeren In¬
dividuen waren 13 normale (Schwestern, Hebammenschülerinnen),
unter ihnen 2 während der Menstruation, 7 Fälle von Prolaps oder
Lageanomalien des Uterus, 2 Fälle von gonorrhoischer Pyosalpinx,
1 Fall von Zervixgonorrhöe, 8 Fälle von Myom, von denen 4 kürzere
oder längere Zeit mit Radium bezw. Mesothorium bestrahlt waren,
2 ebenso behandelte Fälle von Korpuskarzinom, 2 unbehandelte Fälle
von Magenkarzinom, 2 Fälle von Appendizitis, je eine Frau mit
Gallensteinen und eine mit einer Nabelhernie. Bei allen diesen Fällen
erhielten wir vollkommen negative Reaktion und zwar 36 mal in der
Weise, dass das Dialysat der Serumkontrolle una der Versuchs¬
mischung Serum + Plazenta beim Kochen mit Ninhydrin farblos
blieb und 3 mal in dem Sinne, dass beide Proben eine gleichmässig
intensive leichte Blaufärbung aufwiesen. Schwangere Frauen wurden
28 untersucht, darunter 8 im 1. — 3. Monat, 2 im 4. — 6., 18 im 7.
bis 10. Monat. In allen Fällen erhielten wir positive Reaktion, in¬
sonderheit auch bei den frühen und frühesten Schwangerschafts¬
stadien, von denen wir einen 4 Tage nach dem Ausbleiben der Men¬
struation untersuchen und durch fortlaufende Kontrolle mittels des
Tastbefundes das Bestehen einer Schwangerschaft bestätigen
konnten. Die Reaktion in den letzten beiden Monaten der Schwanger¬
schaft fiel mitunter etwas schwächer aus, wenngleich gerade bei 2
dem 9. und 10. Monat angehörigen Fällen sehr intensive Blaufärbung
beobachtet wurde. Bei 2 Frauen, denen während der Geburt Blut
entnommen war, ergab sich deutlich positive Reaktion. Im Wochen¬
bett untersuchten wir 10 Frauen. 4 Wochen post partum war die
i
muenchener medizinische Wochenschrift.
No. 13.
68^
Reaktion in einem Falle negativ, bei einer am 13. Tag untersuchten
Wöchnerin war die Blaufärbung nur spurenweise zu erkennen, die
übrigen bei 8 Frauen an früheren Wochenbettstagen entnommenen
Blutproben ergaben deutlich positive Reaktionen.
Zusanimcnfassend können wir sagen, dass wir bei einem
Material von 79 Fällen, das zur einen Hälfte aus nicht
schwangeren, zur anderen Hälfte aus schwangeren Individuen
bezw. Wöchnerinnen bestand, eine Fehlreaktion nicht beob¬
achteten und damit die Angaben Abderhaldens bestätigt
fanden.
2. Erfahrungen mit der Technik bei sämt¬
lichen 316 Fällen.
Wir möchten der Besprechung einzelner Punkte der Tech¬
nik und der von uns beobachteten Fehlermöglichkeiten als
wichtigstes den Satz vorausschicken, dass nur solche
Untersuchungen Anspruch auf Gültigkeit haben, bei denen
nicht nur die Prüfungen der einzelnen Substrate strengstens
durchgeführt wurden, sondern bei denen neben der Unter¬
suchung schwangerer Individuen auch fortlaufend Kon-
trolluntersuchungen bei sicher nicht Schwangeren einher¬
gehen. Nur dadurch, dass wir in fast der Hälfte unserer Fälle
nicht schwangere Frauen untersuchten, wurden wir schon
frühzeitig durch Fehlresultate, d. h. positive Reaktionen bei
nicht Schwangeren auf Fehler der Technik aufmerksam. Diese
von uns und auch von anderen gemachten Beobachtungen
führten dann dazu, dass Abderhalden seine anfänglich
gegebenen Vorschriften verschärfte, um so die Reaktion, die
zwar in seiner Hand und mit seinem Hülsen- und Plazenten¬
material brauchbare Resultate gab, gegen die Fehlerquellen zu
schützen, der sie bei der Ausübung unter anderen Arbeits¬
bedingungen ausgesetzt war. Es war uns immer nicht recht
einleuchtend, wenn wir, sei es in Publikationen, sei es in Dis¬
kussionen, von absolut günstigen Resultaten mit der Nin-
hydrinmethode hörten zu einer Zeit, wo die Untersucher z. B.
den Vorschriften Abderhaldens folgend die Plazenta mit
der 10 fachen Menge Koch wassers ansetzten und mit 0,5 ccm
Ninhydrinlösung prüften oder noch 2 bis 3 ccm Serum zur
Reaktion verwendeten, während wir zur gleichen Zeit mit in
Halle von Prof. Abderhalden dargestellter und von uns
nach den damaligen Vorschriften geprüfter Plazenta Fehl¬
resultate erlebten. Wir glauben, dass ein Teil der Unter¬
sucher die Kontrolluntersuchung nicht schwangerer Individuen
zwar nicht vollkommen wegliess, wohl aber dass sie bei ver¬
hältnismässig kleinen Versuchsreihen nur wenige normale
Kontrollfälle neben einer weitaus grösseren Anzahl von
Schwangeren untersuchten.
Als typisch möchte ich hier die Erfahrung der Jenenser Klinik an¬
führen, die bei den ersten 40 Fällen, über die Henkel schon be¬
richtete, keinen Fehltreffer hatte, unter dem auf 100 Fälle ange¬
wachsenen Material aber, über die L i n d i g berichtete, doch eine
hohe Zahl von Fehltreffern veröffentlichte. Es ist unseres Erachtens
nach dafür nicht nur die von L i n d i g versuchte Modifikation der
Verwendung getrockneten Plazentapulvers an Stelle der feuchten
koagulierten Plazenta anzuschuldigen, sondern auch die in der Jenaer
Klinik verwendeten „feuchten“ Substrate. Denn aus der Publikation
L i n d i g s und der Entgegnung Abderhaldens geht doch hervor,
dass auch unter den 100 Fällen Lindigs eine Anzahl waren, die
schlechten Erfolg mit feuchtem Substrate, nicht nur mit trockenem
gaben. Abderhalden selbst hat ja über die von ihm vorge¬
nommene Nachprüfung dieser Substrate und den Nachweis ihres Ge¬
haltes an mit Ninhydrin reagierender Substanzen in der Münch, med.
Wochenschr. berichtet. Wenn also in der von Henkel veröffent¬
lichten ersten Serie keine Fehltreffer auftraten, wohl aber in der
grösseren von Lindig publizierten zweiten, so beweist dies unseres
Erachtens, dass entweder in der 1. Serie zufällig gutes Plazenta¬
material vorhanden war, in der 2. Serie (Lindig) aber nicht mehr
oder dass in der 1. Serie nur so wenig Kontrollen angestellt wurden,
dass der Zufall keine Sera nicht Gravider in das Material warf, die
mit den zur Verwendung gelangenden Organen positiv reagierten.
Leider sind nähere Zahlenangaben in beiden Publikationen bez. der
Kontrollfälle nicht gemacht.
Wie ausserordentlich täuschend die Resultate dann sein
können, wenn bei Verwendung nicht genügend reiner Organe
in der Zahl überwiegend schwangere Individuen und nur
wenige nicht schwangere zur Kontrolle untersucht werden,
möge folgende Berechnung dartun: unter unseren 237 Fällen
der ersten Serie, die noch unter den ursprünglich weniger
scharfen Vorschriften ausgeführt wurden, zum Teil mit ein¬
wandfreier Hallenser Plazenta, zum Teil mit nicht ge¬
nügend blutfreier Freiburger angestellt waren, befanden sidi
157 schwangere Frauen aller Stadien und 80 Kontrollfälle
(71 Frauen und 9 Männer). Von den 157 von Schwangeren
stammenden Seris reagierte ein einziges (Hyperemesis im
7. Monat) nicht mit Ninhydrin. Alle übrigen ergaben positiven,
zum Teil intensiv gefärbten Ausschlag. Von den 80 Kontroll-
fällen reagierten 41, also die Hälfte falsch, d. h. positiv mit
Ninhydrin. Diese Fehlresultate betrafen nicht ausschliesslich
aber vorwiegend einen bestimmten Zeitabschnitt (Januar 1913).
Hätten wir uns im Anfang unserer Arbeit mit nur wenig Kon¬
trollen begnügt, so wäre vielleicht bei einer kleinen Serie kein
Fehlresultat in Erscheinung getreten und der prompt positive
Ausfall der Reaktion bei Schwangeren hätte uns eine trüge¬
rische Gewissheit vorgespiegelt. In Wirklichkeit verwendeten
wir damals nicht genügend reine oder nicht genügend blut-
freie Organe, wie ja der Ausfall der Kontrollfälle beweist.
Genau so, wie uns diese Resultate damals zu immer wieder
erneuten Kontrollen, zu mündlichen und brieflichen Rück¬
sprachen mit Prof. A. Abderhalden und somit zur Ver¬
schärfung der Vorschriften überhaupt führten, so erachten wir
es auch heute noch für dringend nötig, dass jeder einzelne
Untersucher die Technik der Methode überhaupt und seine
eigene insbesondere durch diese Kontrollen beaufsichtigt: er
wird so Fehlerqueleln, die sich durch Schadhaftwerden der
Hülsen o. a. einstellen, leicht ausfindig machen können und vor
Fehlschlüssen in diagnostisch wichtigen Fällen bewahrt
bleiben.
Wir gehen jetzt näher auf die Punkte ein, die sich uns
als besonders wichtig bei der Vermeidung von Fehlerquellen
erwiesen haben und beginnen mit dem, was uns und wohl
auch den meisten anderen Untersuchern die meisten Schwierig¬
keiten bereitete, der Darstellung der koagulierten
Plazenta. Die Vorschrift, die Abderhalden schon
in seiner ersten Veröffentlichung gab, lautete, dass nur
vollständig entblutete Plazenten als Ausgangsmaterial dienen
dürften. Wir sind uns dieser Vorschrift bei unserem Arbeiten
von Anfang an bewusst gewesen. Die verhältnismässig ein¬
fachen Handgriffe hatten wir bei unserem Aufenthalt in Halle
gelernt und uns dort von der Möglichkeit der Herstellung blut¬
freien Materials überzeugt. Unsere in Freiburg unternom¬
menen Versuche schlugen aber stets fehl. Trotz Verwendung
soeben geborener, noch lebenswarmer Plazenten, trotz inten¬
siver Durchspülung von den Nabelgefässen aus, trotz weit¬
gehender Zerkleinerung der Plazenta, trotz Ausmerzung aller
hämorrhagisch infarzierten Stellen (eine Reinigung des Ma¬
terials, die oft so ausgiebig nötig ist, dass einmal z. B. nur
XA der Plazenta zur Verwendung übrig blieb), glückte es uns
nicht, das Plazentagewebe blutfarbstofffrei zu machen. Eine
hellrote Färbung der im Wasser flottierenden Zotten blieb
stets zurück, die sich nach dem Ansetzen beim Kochen in
einen bräunlich-schwarzen Farbton verwandelte. Auf den Rat
Abderhaldens versuchten wir durch sehr schnelle Be¬
reitung innerhalb 20 Minuten eine etwa eintretende spontane
Autolyse, die daran schuld sein könnte, zu verhindern, auch
sehr lange dauernde Wässerung und häufiges Abkochen der
Plazenta, alles schlug fehl, wir erhielten bei unseren Ver¬
suchen in Freiburg unverändert blutfarbstoffhaltiges Material.
Da uns gleichzeitig von Prof. Abderhalden hergestellte
völlig farblose Plazenta zur Verfügung stand und wir damit
gute Resultate erzielten, nachdem die Vorschriften zur Prü¬
fung der Plazenta verschärft waren, musste der Fehler an der
von uns geübten Bereitung der Plazenta liegen. Wir ent¬
schlossen uns zur Auffindung etwaiger Fehlerquellen nochmals
in Halle die Technik der Plazentabereitung zu studieren. Zwei
aus Freiburg nach Halle migenommene Plazenten Hessen sich
dort in gewünschter blutfreier Beschaffenheit auswaschen,
wesentliche Unterschiede in der Tecknik konnten wir nicht
ausfindig machen. Als es uns darauf in Freiburg abermals
bei 3 Plazenten absolut unmöglich war, die Entfärbung zu er¬
zielen, gingen wir einem schon früher gehegten Verdacht auf
eine mögliche Fehlerquelle nach, der Beschaffenheit des Frei¬
burger Leitungswassers. Das Freiburger Leitungswasser ist
ausserordentlich weich (Härtegrad von 2); es ähnelt daher
fast destilliertem Wasser und wurde von Chemikern (Bau-
MUENCHENER medizinische W0CHENSCHRIF1
I April 1013.
mn) direkt als solches verwendet2). Das Hallenser
tungswasser ist bedeutend härter (Härtegrad von 27).
y;r setzten nun Teile einer Plazenta mit Freiburger
tungswasser an, es war unmöglich, wie auch vorher
ner, Blutfreiheit zu erzielen; wir versuchten dann das
iche mit destilliertem Wasser, auch hierbei dasselbe
>ultat. Die Zotten blieben trotz langen Waschens
Irot gefärbt. Nun gingen wir daran, uns Wasser mit
Herein Salzgehalt herzustellen und prüften Kochsalzlösung
i wechselnden Konzentrationen. Mit 0,9proz. physiologischer
jung glückte es schon nach ca. 30 Minuten Waschens, ab-
lt farbloses Gewebe zu erhalten. Wir prüften weiter und
den, dass dies möglich war bis zu der Kochsalzkonzen-
tion von 0,1 Proz. Wir glauben mit diesen Versuchen die
Gärung gefunden zu haben. Bei Verwendung von Frei-
) ger Leitungswasser, als einem sehr hypotonischen Medium,
: sofort ausgedehnte Hämolyse des in der Plazenta ent-
itenen Blutes und dadurch bedingte Rotfärbung des Ge¬
lbes mit dem gelösten Blutfarbstoff auf. In starker
'haltiger Lösung blieb diese Hämolyse aus; es war
Ort möglich, rein mechanisch das nicht aufgelöste Blut
der Plazenta restlos auszuwaschen. Von der Richtig-
:: dieser Beobachtung kann man sich sofort überzeugen,
man versucht, eine Plazenta mit destilliertem Wasser
behandeln. Es wird nie glücken, sie blutfarbstoff-
zu erhalten, das Freiburger Wasser gleicht in seinem ge¬
lten Gehalt an gelösten Stoffen beinahe destilliertem
’sser, daher dasselbe Resultat. Wir haben mit fallenden
azentrationen von Kochsalzlösung, 0,9, 0,4, 0,2, 0,1, 0,5 und
• ' Proz., Gewebsstücke aus der gleichen Plazenta unter
chen Bedingungen auszuwaschen versucht. Mit dem Sin¬
der Konzentration wird die Zeitdauer, die zum voll-
■idigen Weisswaschen nötig ist, immer länger, bis es
Hiesslich bei 0,5 Proz. überhaupt nicht mehr vollständig ge-
t, jede rötliche Färbung der Plazentastückchen zu be¬
ugen. Diese Feststellung scheint uns sehr wichtig, denn sie
gt, dass die Erfolge in der Plazentadarstellung bis jetzt
lt so sehr auf grösserer oder geringerer Genauigkeit in der
fiihrung der von Abderhalden gegebenen Vorschriften
•uhen, sondern in erster Linie auf der Beschaffenheit des
der Auswaschung verwendeten Leitungswassers. Das
i lenser Wasser z. B. war dazu günstig infolge seines
>en Gehaltes an Mineralsalzen. Wir glauben, dass viel-
-ht bei einem Teil der Untersucher, die mit den gleichen
wierigkeiten zu kämpfen haben, die Beschaffenheit des
uungswassers ebenfalls die Schuld trägt. Zum min-
•ten glauben wir, dass die oft recht lang dauernde
waschung der Plazenta (wir mussten selbst in Halle
i 3 Stunden waschen, ehe das Gewebe blutfrei war)
; der Verwendung der Kochsalzlösung sich ganz wesentlich
Hirzen lässt, ohne die zur Reaktion nötige Beschaffenheit
- Materials zu beeinträchtigen. Wir verfahren jetzt so, dass
die von den Eihäuten und der fötalen Deckplatte befreite
zenta, in dreimarkstückgrosse Stücke zerpflückt, in physio-
; scher 0,9 proz. Kochsalzlösung ausdrücken und auswaschen,
i sie vollständig farblos ist, dann waschen wir die Stück-
U zur Entfernung des Kochsalzes ca. 10 Minuten in fliessen-
>i Leitungswasser und behandeln sie weiter in der von
derhalden vorgeschriebenen Weise. Welch ausser-
-ntliche Bedeutung der Blutreinheit der verwendeten Or-
W speziell der Plazenta zukommt, möge, aus folgenden
■ lenangaben erhellen: mit einer Plazenta, die trotz inten-
n Auswaschens mit Leitungswasser nicht völlig farblos
bekommen war, die aber im Kochwasser mit Ninhydrin
nt mehr reagierte, erhielten wir in 21 unter 30 Fällen bei
it schwangeren Individuen positive Resultate. Es ist daher
oberster Satz für jeden Untersucher die Forderung auf-
ellen, nicht mit Experimenten, sei es mit Plazenta, sei es
anderen Organen, zu beginnen, wenn auch nur die leiseste
r einer Blutfärbung der betreffenden Organstücke vor-
den ist. Ein Kochen der Plazentastücke, die noch Röt¬
ung zeigen, in der Hoffnung, dass diese etwa beim Kochen
schwinden können, ist vollkommen nutzlos, sie liefern stets
' Diese Angaben verdanke ich der Liebenswürdigkeit von
II Heheimrat Schottelius in Ereiburg.
683
unbrauchbai es Material. Sobald sich von dem koagulierten
Blut beim eisten Kochen brauner Schaum auf der Oberfläche
des Kochwassers sammelt, ist die betr. Plazenta als ungeeignet
zu verwerfen. Neben der Frage der Blutfreiheit der Plazenta
sind andeie Punkte von untergeordneter Bedeutung. Die
Konsei viel ung des Materials zwischen Chloroform und Toluol
ist sehr einfach. Wer einmal eine genügend weisse Plazenta
hat, ist ein beatus possidens, sie ist unter Toluol und Chloro¬
form wie Abderhalden betont, fast unbeschränkt halt¬
bar. Man nimmt vor Anstellung der Reaktion das ent-
spi echende Quantum nach Möglichkeit bindegewebsfreier
Stücke, kocht sie mit ungefähr der 5 fachen Menge destillierten
Wassers 5 Minuten lang auf, setzt zu 5 ccm des filtrierten
Kochwassers 1 ccm einer 1 proz. Ninhydrinlösung und prüft
die Farbreaktion in der üblichen Weise. Eine brauch¬
bare Plazenta verändert sich nicht allzu häufig und gibt
bei dieser Voruntersuchung absolut negative Reaktion. Fällt
die Untersuchung positiv aus, so muss neu aufgekocht werden,
bis die Reaktion schwindet. Die Menge des beim eigentlichen
Versuche verwendeten Plazentagewebes ist wie Ab der -
h a 1 d e n mehrfach betont hat, in einer Richtung irrelevant.
Es ändert die Resultate nicht, wenn zu viel Plazenta, d. h.
mehr als die vorgeschriebene Menge von lA— 1 g verwendet
wird Es kommt nur darauf an, dass genügend abbaufähiges
Material in den Plazentastückchen vorhanden ist. Durch einen
Ueberfluss dieses wird, wie wir auch bei Kontrollunter-
suchungen an Schwangerenseris bestätigen konnten, die
Intensität der Reaktion nicht gesteigert, wohl aber kann die
Reaktionsstärke herabgesetzt sein, wenn zu kleine Plazenta¬
stückchen, z. B. 0,25 in die Hülsen gegeben werden oder kann
ganz aufgehoben sein, wenn nur 0,1 eingegeben wird. Ein
Abwiegen des Plazentagewebes mit der Wage ist nicht nötig.
Man nimmt erbsengrosse Stücke und achtet darauf, dass sie
in der Hülse von dem gleichzeitig zugegebenen Serum be¬
deckt werden.
Anfangs von uns überschätzt war die Rolle, die die Be¬
schaffenheit der Dia ly sie r hülsen am Zustande¬
kommen von Fehlresultaten hat. Künftige Untersucher
werden hierbei nicht mehr mit den Schwierigkeiten zu
kämpfen haben, unter denen wir noch zu leiden hatten. Es
wird von jetzt an möglich sein, streng nach Abder¬
haldens Vorschriften geprüfte Dialysierhülsen von der
Firma Schöps in Halle zu beziehen. Wir haben anfangs
einen grossen Teil der Fehlresultate auf allzugrosse oder
allzu geringe Durchlässigkeit der Dialysierhülsen geschoben.
Die plötzlich gesteigerte Nachfrage nach Dialysierhülsen
brachte eine grosse Anzahl nicht genügend gleichmässig her¬
gestellter Ware auf den Markt. Es war zum Teil Sache
des Zufalles, dass einzelne Untersucher, wenn sie aus alten
Beständen Hülsen bezogen, gleichmässiges Material, andere
ungleichwertiges erhielten. Wir konnten bei Prüfungen
unseres Hülsenbestandes, die wir in Halle anstellten, einmal
feststellen, dass unter 75 ungebrauchten Hülsen (No. 579
100 mm) nur 42 vollständig brauchbar waren und ein anderes
Mal unter 44 (No. 579 A 50 mm) nur 28 als gleichmässig
undurchlässig für Eiweiss und durchgängig für Peptone be¬
zeichnen. Wenn daher neuere Untersucher die Prüfung der
Hülsen auch nicht mehr im Anfang ihrer Arbeit selbst auszu¬
führen brauchen, so werden sie doch von Zeit zu Zeit eine
Nachprüfung vornehmen müssen. Gerade die Untersuchung der
Hülsen auf Durchlässigkeit für Peptone mit Ninhydrin ist ge¬
eignet, dem mit der Methode Arbeitenden zu demonstrieren,
dass jede Hülse bis zu einem gewissen Grade von der anderen
verschieden ist, da die nebeneinander aufgestellten Proben
Abweichungen, wenn auch nur geringer Art in der Intensität
der Färbung zeigen. Es ist diese Erkenntnis deshalb so
wichtig, weil dadurch falschen Spekulationen auf die Möglich¬
keit einer quantitativen Ausführung der Reaktion und Fehl¬
schlüssen anderer Art vorgebeugt werden kann. Sehr wichtig
ist die häufige Kontrolle der Hülsen auf das Vorhandensein
von undichten Stellen. Nach Beendigung jeder Reaktion be¬
sichtige man das untere Ende der verwendeten Hülsen genau
auf etwa entstandene Löcher. Häufig verbirgt sich die meist
radiär gestellte schlitzförmige Oeffmmg dem Auge bei der
oberflächlichen Besichtigung. Wir üben dann unter Ab-
i*
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
klemmen der oberen Oeffnung der Hülse einen leichten Druck
auf den unteren, Flüssigkeit enthaltenden Teil aus und waren
oft erstaunt, wie bei scheinbarem Intaktsein grosse Tropfen
Serum zum Teil in Strahl, zum Teil nur spärlich austraten.
Unter 60 Hülsen (No. 579), die ungefähr 4 Wochen in Gebrauch
waren, fanden wir bei einer Prüfung 10, die deutlich durch¬
lässige Spalten am unteren Ende aufwiesen, bei 22 trat bei
leichtem Druck Flüssigkeit in kleinsten Tropfen durch. Bei
den neuerdings von der Firma Schleicher und S c h ii 1 1
spez. zu Zwecken der Abderhalden sehen Reaktion in den
Handel gebrachten Hülsen (No. 579 A) haben wir bis jetzt trotz
intensiver Inanspruchnahme ein ähnliches Defektwerden noch
nicht wieder feststellen können. Es ist also die Sorge um die
Beschaffenheit der Dialysierhülsen für künftige Untersuchungen
auf ein bedeutend geringeres Mass zusammengeschmolzen.
Weit mehr Beachtung wird die Beschaffenheit
des Serums finden müssen, als sie wohl mitunter bis jetzt
gefunden hat. Abderhalden forderte früher, dass das
Serum sofort nach der Entnahme zentrifugiert werden müsse
und war geneigt, gewisse Fehlresultate auf das Unterlassen
dieser Massnahme zurückzuführen. In seiner neuesten Publi¬
kation verlangt er, dass nicht zentrifugiert wird, sondern dass
das Blut der Spontangerinnung und Auspressung überlassen
werde. Selbst das Umstechen des Blutklumpens wird von
ihm als Hämolyse erzeugend verworfen. Es ist sicher, dass
auch der mit Serum und Blut zu bakteriologischen und sero¬
logischen Zwecken zu arbeiten Gewöhnte sich darauf ein¬
stellen muss, allergeringste Grade der Beimengung hämo¬
lytischen Blutes zum Serum zu erkennen, die zwar für die
oben erwähnten Arbeiten unwichtig, für die Abderhalden-
sclie Reaktion aber von ausschlaggebender Bedeutung sind.
Man giesse jedes Serum, das, wenn auch nur leicht rötliche
Färbung zeigt, unbarmherzig weg. Unter 20 Untersuchungen
der ersten Serie bei nicht schwangeren Frauen, bei denen im
Protokoll leichte Hämolyse oder Verdacht auf diese vermerkt
war, gaben 15 positive also falsche Reaktion.
Die Technik der Blutentnahme muss subtil sein. Wir
entnehmen mit steriler, sicher trockener (nicht frisch ausge¬
kochter und Wasser im Rohre enthaltender) Punktionsnadel
nicht zu kleiner Lichtung das Blut aus der gestauten Armvene.
Es darf nur so gewonnenes Blut, nicht aber bei zu geringer
Ausbeute etwa das aus der Punktionsöffnung nach Entfernung
der Nadel über die Haut rinnende Blut verwendet werden.
Wir haben dann ca. eine halbe Stunde absitzen lassen event.
umstochen und nachher zentrifugiert. Wenn Abderhalden
fordert, dass auch das Umstechen des an der Wand haftenden
Blutklumpens zu vermeiden ist, geht er unseres Erachtens zu
weit. In einem hohen Prozentsatz der Fälle wird sich so Serum
überhaupt nicht erhalten lassen. Wir geben ihm aber voll¬
ständig recht, dass auch bei sorgfältigster Entnahme des Blutes
und schonender Weiterbearbeitung auch dann, wenn keine
Umstechung ausgeführt wurde, doch leichte Grade von Hämo¬
lyse auftreten können. Wir mussten in der letzten Zeit,
während wir die erwähnten 79 einwandfreien Fälle unter¬
suchten, 10 weitere Sera von vornherein von der Unter¬
suchung ausschliessen, da sie mehr oder weniger geringe
Grade von Hämolyse aufwiesen. Grosse Sorgfalt haben wir
dem Rate Abderhaldens folgend auf die Entnahme des
Serums von Patientinnen im nüchternen Zustand gelegt. Alle
Blutproben der letzten Serie waren den betr. Patientinnen
morgens vor dem 1. Frühstück entnommen. Wir werden
durch Kontrolluntersuchungen weiter prüfen, ob diese für den
klinischen Betrieb nicht leichte, für poliklinische Zwecke fast
undurchführbare Einschränkung nötig ist. Die Erfahrung
Abderhaldens selbst, der auswärts entnommenes Serum,
das diesen Anforderungen kaum immer entsprechen dürfte, in
grösserer Zahl mit günstigem Resultate untersucht hat, spricht
dagegen.
Als besonders wichtig ist ferner noch zu erwähnen: das
Ablesen der Resultate speziell dann, wenn eine
schwache Blaufärbung in den mit Serum allein angesetzten
Proben nachzuweisen ist. Bei allen Fällen, bei denen die
Serumprobe negativ ist, bestehen keine Schwierigkeiten der
Ablesung. Eine leichte Reaktion der Serumkontrolle allein bei
Verwendung von 1,5 ccm Serum ist aber nicht ganz selten;
unter unseren letzten 79 Fällen beobachteten wir es 9n
Früher, als nach den ersten Vorschriften Abderhalde«
noch 2 und 3 ccm Serum verwendet wurde, ereignete es st
bedeutend häufiger. Es gilt in diesen Fällen die Intensität
Färbung des Serumversuches und des Serum- + Plazer
Versuches zu vergleichen. Bei deutlich intensiver Färbung
Serum- + Plazentaversuches stellt man die Diagnose posi
bei nur geringen Differenzen negativ oder besser unt
schieden.
Schliesslich ist noch' ein wichtiger Punkt der, dass i
Ablesung genau A Stunde nach dem Kochen
folgt. Bei alten Ser is kann nach A b d e r h al d e n auf Ammoni .
gehalt beruhend eine vorübergehende Rotfärbung auftreten,
eine falsche Reaktion vortäuscht. Nach einer halben Stunde.-
diese Färbung aber verschwunden, während eine richi
positive Reaktion mit ihrem blau-violetten Farbton nach dier
Zeit deutlich in Erscheinung tritt. Wir beobachteten di;
vorübergehende Rotfärbung unter 79 Fällen 5 mal.
Wenn wir unsere oben mitgeteilten Erfahrungen mit :
Schwangerschaftsreaktion vermittels des Dialysierverfahn
und der Ninhydrinreaktion zusammenfassen, so kommen i
zu folgenden Ergebnissen:
1 . Die Befunde Abderhaldens können wir auf Gr ;
einer grössseren Serie einwandfrei angestellter Reaktion
bei denen wir keine Fehlresultate beobachteten, bestätigeii
2. Nur Untersuchungsergebnisse, die durch Kontrollern
zahlreichen nicht schwangeren Individuen bestätigt s;<
können Anspruch auf Geltung erheben, da auch bei man
hafter Technik bei Schwangeren scheinbar positive Resull
zustande kommen können.
3. Untersuchungen, die nach den noch nicht genügend \h
schärften Vorschriften ausgeführt waren, haben nur bedi
Anspruch auf Geltung.
4. Eine der wesentlichsten technischen Schwierigkei
die Unmöglichkeit der Herstellung völlig blutfreien Plaze«
gewebes, kann lediglich durch die Beschaffenheit des zur A
waschung verwendeten Wassers bedingt sein.
5. Wir haben gezeigt, dass diese Schwierigkeit durch v
Wendung von Kochsalzlösung, spez. von 0,9proz., leicht?
beheben ist.
Wir glauben durch unsere Untersuchungen in Bestätig'
von Abderhaldens Arbeiten gezeigt zu haben, dasv.
möglich ist, mit der Ninhydrinreaktion streng spezifische i
sultate zu erhalten. Selbst wenn grosse Zahlenreihen seit
Ausnahmen aufdecken sollten, in denen die Reaktion nil
spezifisch wäre, so würde doch ihre hohe theoretische i
deutung nur unwesentlich eingeschränkt werden. St;
jetzt kann man sie als den grössten Fortschritt bezeich:
der in der Erforschung der Stoffwechselvorgänge bei <
Schwangerschaft gemacht wurde. Es liegt auf der Hi
welche Möglichkeiten praktischer Verwendung zur
gnosenstellung sie uns bei der Diagnose der Tubargravid:
bei früher Schwangerschaftserkennung, bei der Differen.
diagnose zwischen Myom und Schwangerschaft u. m. bi(<
kann. Unseres Erachtens ist es dabei gleichgültig, ob :
sie aus schematischen Bedenken unter die sicheren oder!
unsicheren, weil nicht vom Kind ausgehenden, Schwan'
Schaftszeichen einordnet. Wir glauben vielmehr, dass'
vielleicht einer neuen Kategorie sicherer Schwangersch.t
Zeichen angehören wird.
Auf theoretische Fragen, wie die nach der Frage 1
Spezifität der Schutzfermente u. a. m. einzugehen, h;'
wir uns auf Grund unseres Materials nicht für beri-
Nur möchten auch wir ausdrücklich betonen, dass *
in der A b d e r h a 1 d e n sehen Schwangerschaftsreal i
keinenfalls eine Stütze „plazentarer Theorien“ erblickenJ
in Verallgemeinerung seltener anatomischer Befunde wicl 1
Stoffwechselvorgänge bei der Schwangeren durch Zotten)
schleppung von der Plazenta ausgelöst sehen. Uns sch
die Annahme Abderhaldens besser fundiert, der '
Bildung von Schutzfermenten durch das Eingraben der fö 1
Plazenta in das mütterliche Gewebe veranlasst sieht.
Die hier mitgeteilten Untersuchungen erstreckten sich1
auf einen Teil von Abderhaldens schönen Entdeckung
Nur auf die Diagnose der Schwangerschaft und dabei nui-1
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
■ April 1913^
i ; Dialysierverfahren und die Ninhydrinreaktion. Die Nach-
1 ifung der optischen Methode und die Inangriffnahme anders-
; iger biologischer Fragestellungen wird künftiger Arbeiten
; 1 sein müssen.
s der Frauenklinik der Königl. Charitee (Geheimrat
anz) und aus dem medizinisch-chemischen Laboratorium
(Dr. B r a h m und Dr. M ii h s a m).
[> Schwangerschaftsdiagnose mittelst der optischen
Methode und des Dialysierverfahrens.
Von Richard Freund und Carl B r a h m.
Die optische Methode zum Studium der Vorgänge im
fite bei normaler und pathologischer Schwangerschaft wurde
? n ersten Male von E. Abderhalden, R. Freund und
■Pincussohn1) angewendet * *). Die an dem Material der
Inigl. Charitee-Frauenklinik in dem physiol. Institut der
. ärztl. Hochschule zu Berlin ausgeführten Versuche ergaben
t itlichen Abbau des Plazentarpeptons durch das Schwan-
p-enserum allein in den ersten 3 Monaten, später nur einmal
: e geringe Spaltung im 9. Monat und bei 3 Eklampsiefällen,
f'gative Reaktion zeigten demnach vorzugsweise die Blut-
; >ben aus der 2. Schwangerschaftshälfte.
Die von Abderhalden und Mitarbeitern 2) dann in
Hie fortgesetzten Untersuchungen brachten Resultate, die
s?en die oben genannten zunächst durch das Auftreten der
faktion in allen Schwangerschaftsmonaten kontrastierten
:i ferner insofern eine Umkehr der Verhältnisse zeigten, als
o Spaltungsvermögen gerade in der zweiten Schwanger-
> laftshälfte besonders kräftig in Erscheinung trat. Fehlte es
'vderum demgegenüber in späteren Publikationen auch nicht
: einschränkenden Hinweisen Abderhaldens3) selbst,
:;s gegen Ende der Schwangerschaft die Reaktion meistens
5 tr schwach ausfalle, dass selbst einmal mit der Möglichkeit
Ausbleibens der Reaktion während der Gravidität zu
r hnen sei, so ging aus diesen Arbeiten unzweifelhaft hervor,
->s die Reaktion während der ganzen Schwangerschaft mög-
h sei. Damit war die zurzeit der ersten Publikation an-
nahnte, aber noch nicht gelungene serologische Schwanger-
uaftsdiagnose erreicht, allein es blieb die jetzt unwillkürlich
sh aufdrängende Frage nach Aufklärung der differenten
fsultate von einst und jetzt unbeantwortet.
Die Gründe hierfür beruhen unseres Erachtens zweifellos
s wesentlichen Verbesserungen der Me-
:ode. die, wie alle, ihren Entwicklungsgang zu durchlaufen
: und mit weiterer Verfeinerung konstantere und brauch¬
te Resultate zeitigt. Diese Verbesserungen bestehen vor-
imlich in der Vervollkommnung der optischen
" e t h o d e sowie in der Einführung des Dialysier-
' rfahrens, auf das späterhin eingegangen werden soll.
Da hat sich zunächst die Darstellung des Plazen-
trpeptons geändert, indem der durch Eindampfen
:vonnene dicke Peptonsyrup nicht wie früher direkt in ab-
■uten Alkohol eingetragen, sondern erst mit Methylalkohol
^gezogen und dann durch Aethylalkohol gefällt wird. Neu
■ izugekommen ist ferner die dann folgende Reinigung mit
t osphorwolframsäure.
Weit wichtiger erscheint uns aber die Aenderung in
: r Konzentration der zu prüfenden Mischung
On Serum und Pepton. Während wir früher eine
Harisationsröhre mit Serum, Pepton und Kochsalzlösung im
' rhältnis von 1:1:2 beschickten, eliminierte man in der
flgezeit zunächst die Verdünnung durch Kochsalz und
ischte Serum und Pepton in Mengen von 1:1. Aber erst
-Verdoppelung der Serumquantität gegen-
|ier dem Pepton (2 : 1), wie sie jetzt allgemein gehand-
pt wird, stellt die günstigste Mischung dar. Nachfolgender ein-
ihe Versuch mit dem gleichen Serum und dem gleichen Pepton
ügt, welchen Einfluss das quantitative Verhältnis zwischen
:mm und Pepton auf den Ausfall der Reaktion ausübt.
b Prakt. Ergehn, d. Qeb. u. Gyn. 1910, II. Jahrg., II. Abt., S. 367.
*) Vergl. hierzu die Artikel von Freund und Abderhalden
: S. 700 und 701 dieser Nummer. Red.
) Literatur vergl. weitere Fussnoten.
) Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 46.
Tabelle 1.
Zeit
I.
0,5 Serum
1,0 Pepton
0,5 Kochsalz
n:
1,0 Serum
1,0 Pepton
III.
1,0 Serum
0,5 Pepton
0,5 Kochsalz
2.17. 125 p. m.
1235 p. m.
2 p. m.
330 p. m.
7 p. m.
3 /7. 11 60 a. m.
— 0,35
— 0,36
— 0,36
— 0,35
— 0,34
— 0,33
— 0,54
— 0,55
— 0,55
— 0,54
— 0,53
— n,53
— 0,50
— 0,48
— 0,48
— 0,47
— 0,46
— 0,44
Drehung:
0,03°
0,02°
0,06°
I rotz eines Zusatzes von 0,5 Kochsalz haben wir in Ver¬
such III den stärksten Abbau. Es kommt also in der Haupt¬
sache darauf an, einen Ueber schuss von Serum
(Ferment) auf das Pepton einwirken zu lassen.
Unter strenger Einhaltung der Vor¬
schriften zu der Methode in ihrer jetzigen
Gestaltung haben wir an dem grossen Mate¬
rial der Charitee-Frauenklinik die ganze
Frage erneut einer Prüfung unterzogen und
uns in erster Linie darauf beschränkt, einen
Gesamtüberblick über die Leistungsfähig¬
keit des Verfahrens zu gewinnen.
Die Untersuchungen erstreckten sich dementsprechend auf
Blutproben (Armvenenpunktion) von normalen wie
pathologischen Schwangeren aus allen Mo¬
naten, ferner auf solche von Extrauteringravidität,
Adnextumoren und anderen Nichtgraviden.
Die Zahl unserer Untersuchungen beläuft sich
bei 135 Fällen4) auf 141, da 6 Fälle von Eklampsie, in
welchen zu 2 verschiedenen Zeiten Blut entnommen wurde,
doppelt untersucht wurden. Unter diesen 141 Ver¬
suchen wurde die optische Methode 134 mal,
das Dialysierverfahr.en 99 mal angewendet.
Zu unseren Untersuchungen standen uns zwei Polarisations¬
apparate modernster Konstruktion aus der II. medizinischen
Klinik der Königl. Charitee und dem medizinisch-chemischen
Laboratorium (Dr. Br ahm und Dr. Mühsam) zur Ver¬
fügung, ferner eine Reihe von Plazentarpeptonpräparaten, die
teils von R. F r e u n d und Pincussohn, teils von B r a h m
aus normaler und auch aus Eklampsieplazenta hergestellt
waren, und endlich von Abderhalden geprüftes Plazentar¬
pepton, von dem uns die Höchster Farbwerke einige
Proben in liebenswürdigster Weise überlassen hatten. Die
polarimetrischen Prüfungen wurden von uns beiden, das Dia¬
lysierverfahren von B r a h m mit Unterstützung von Müh¬
sam ausgeführt. Benutzt wurden nur frische Sera, doch
wurde im Verlauf der Arbeit auch der Einfluss des Alters der
Sera auf den Ausfall der Reaktion berücksichtigt.
Die Ergebnisse unserer Untersuchungen lassen wir zu¬
nächst in tabellarischer Uebersicht hier folgen.
(Tabelle 2 siehe nächste Seite.)
Die Beobachtungszeit betrug durchweg 24 Stunden, in
einigen Fällen bis 48 Stunden. Drehungen unter 0,05 0 wurden
als negativ notiert. Wir haben den positiven Ausfall der Re¬
aktion stets nur mit einem + bezeichnet, da die Spaltung nie
über 0,1 hinausging, abgesehen von vier Fällen, in welchen
ein stärkerer Abbau bis 0,12 beobachtet wurde.
Vergleichen wir diese Tabelle mit der in der ersten Publi¬
kation von Abderhalden-Freund-Pincussohn zu¬
sammengestellten, so finden wir, dass nicht mehr wie früher
nur die ersten, sondern alle Monate der Schwanger¬
schaft Spaltungen aufzuweisen haben. Immer¬
hin ergibt sich aber auch jetzt noch, dass gegen Ende
der Gravidität die spaltende Kraft des Se¬
rums geringer wird. Wir werden auf diesen Punkt an
der Hand der beiden neuerdings von Abderhalden auf¬
gestellten Tabellen 5) später noch zurückkommen.
4) 8 zweifelhafte Fälle, die sich der Nachuntersuchung entzogen,
blieben als nicht verwertbar für die Methode hier unberücksichtigt.
5) Abderhalden und K i u t s i : Zeitschr. f. physiol. Chemie.
Bd. 77, H. 4, S. 257, und Abderhalden: Zeitschr. f. physiol.
Chemie, Bd. 81, S. 94.
MUENCttENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
686
No. :
Tabelle 2.
Schwan ger-
schaf ts-
monat:
I.
11.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
X.
(Forteetz.)
Extraute¬
ringravi¬
dität
Adnex¬
tumor
Non
gravidae
Endo
metrit
8 Wocli
post ab
tum
•-
CU |
°
<X>
CO
S
3
Cu
O
©
CO
[c3
5
M
-3
Cu
O
©
00
cö
S
3
o«
o
©
DO
oi
3
CU
O
©
00
1s
S
-bd
3
CU
O
©
QO
2
5
+d
3
cu
O
©
00
2
s
2*
3
Cu
O
®
00
"g
s
3
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O
©
CO
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O
M
3
cu
O
©
CO
>>
O
-b d
3
cu
o
©
00
^2
s
-bd
3
CU
O
©
CO
13
s
1
Cjd |
3
cu
O
©
00
13
5
.-2
3
CU i
o !
®
OS
13
s
3
o.
O
Anzahl
der Unter¬
suchungen.
(Die bei Optik und
Dialyse in gleicher
Höhe stehenden Zei¬
chen beziehen sich
auf ein und denselben
Fall.)
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
''
tl
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+d:
+
+
1
+
+
+
+
+
/— Ea
l+Ep
+
+ D
-1
-1
+
/--Ea
\+Ep
+EP
+
+
+
+
+
+
+
+
(+Ea
1— Ea
+
+}
+
+
+
+
+
j+Ep
l — EP
+Ep
— Ea
+ D
-Ep
— Ep
+Ea
--Ea
--Ep
+Ep
|+Ea
l+Ep
I+Ep
l+Ep
+Ep
+Ep
+
+
+ 1
-/
+
+
+1
+}
+}
i
+
+
+
+
+
1 1 II 1 II 1
+
;
1
1 1
1
Resultat:
6+
1 —
3+
3—
17+
2-
11+
2-
12+
8-
,7+
4—
6+
1+
ii+
i—
1+
2 —
1+
3+2+
1— 1 —
2+3+
2-1-
3+
3—
4+
3-
Optik : 33 + u. 15 —
Dialyse : 28 + u. 1 4 —
1 +
2—
1+
i+
3-
2+
1—
8—1 +
5—
i-!f
Mittlerer
Drehung« wert:
0,07«
0,08°
0,07"
0,08"
0,07°
0,07°
0,07°
0,07"
0,05°
0,06°
0,08°
0,08°
.
Summe der
V ersuche:
7
19
20
6
2
3
5
4
8
51
3
4
8
i
Erklärungen: D = Dermatose. Ea = Eklampsie ante partum. Ep = Eklampsie post partum. { } = 2 Versuche zu verschiedenen Zeiten bei demselben 1
Das mittels beider Methoden (Optik und Dialyse) erhaltene
Gesamtresultat unserer Versuche gestaltet sich folgender-
massen : Der klinische Befund deckte sich mit
dem optischen Untersuchungsergebnis unter
134 Fällen 97 m a 1 = 72,4 Proz. und mit dem Er¬
gebnis der 99 mal an gewendeten Dialyse 66mal
= 66,7 Proz.
Treten wir nun der Frage näher, auf welche Ur¬
sachen die diagnostischen Versager des op¬
tischen Verfahrens zurückgeführt werden
könnte n, so möchten wir in erster Linie das wech¬
selnde Verhalten eines Plazentar peptons
verschiedenen S e r i s gegenüber anführen. So
differierten innerhalb derselben Zeit beispielsweise die Pla¬
zentarpeptone A, Bi, Bi> und E, die alle in 5 proz. Lösung und
unter den gleichen Kautelen aufbewahrt wurden, in den fol¬
genden Versuchen.
1. (Fall K. Grav. Mens. 1.)
Pepton A
Pepton Bi
Kontrolle
Zeit
— 0,79
— 0,80
— 0,60
ll30 a m
— 0,78
— 0,75
— 0,61
36S p m
— 0,78
- 0,75
-0,61
745 p m
— 0,75
-0,73
— 0,60
10°° a m
Drehung : 0,04°
0,07"
—
—
Aus diesen Gegenüberstellungen geht hervor, dass z. B.
Pepton A im Fall I ein negatives Resultat lieferte, im Fall 11
am gleichen Tage dagegen ein positives und wiederum in
Fall III nur halb so stark abgebaut wurde als das gleich¬
zeitig angesetzte Pepton Bs. Aehnlich liegen die Verhältnisse
bei Fall V und VI mit Pepton E, und Fall IV zeigt den ver¬
schieden starken Abbau dreier mit demselben Serum glea
zeitig geprüften Peptone. — Hierin liegt zweifellos die M;
lichkeit zu einer Fehldiagnose, da man bei Verwendung ei::
einzigen Peptons (cf. Fall I Pepton A, Fall IV Pepton A, Fah
Pepton E) ein negatives Resultat zu verzeichnen gehabt hat
II. (Fall L. Grav. Mens. I.)
Pepton A
Pepton Bi
Kontrolle
Zeit
— 0,80
— 0,74
— 0,60
ll^am1
— 0,75
— 0,75
— 0,60
4 p m
— 0.76
— 0,74
— 0,60
7*’ p m
— 0,73
- 0,74
— 0,60
1053 a m
Drehung : 0,07"
0,05°
—
—
III. (Fall P. Grav. Mens. I.)
Pepton A
Pepton Bä
Zeit
— 0,78
— 0,75
ll25 a m
— 0,75
— 0,72
350 p m
— 0,75
- 0,70
710 p m
— 0,72
— 0,63
1 030 a in
Drehung: 0,06°
0,12°
—
IV. (Fall R. Grav. Mens. II.)
Pepton A
Pepton Bi
Pepton Ba
Zeit
_
— 0,80"
— 0,80"
- 0,78°
ll20 a ii
— 0,79"
- 0,77"
— 0,75°
360 p n
- 0,79"
— 0,76"
— 0,74"
T‘a p n
— 0,76°
— 0,72u
— 0,72"
1055 an_
Drehung: 0,04°
0,08"
0,06°
—
687
1. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
V. (Fall Kr. Qrav. Mens. II.)
Drehung: 0,03° 0,07°
VI. (Fall Tr. Grav. Mens. X. Eklampsie.)
Pepton E
Pepton Bi
Pepton Ba
Zeit
— 1,02"
— 1,00°
— 0,96°
— 0,93°
— 0,68°
— 0,65°
— 0,65°
— 0,62°
— 0,70°
- 0,66°
— 0,65°
- 0,63°
1 1 30 a m
345 p m
715 p m
1 030 a m
Drehung: 0,09°
Der Grund
\v i e das w e
Jesselben Pe
0,06°
dieser Er
: h s e 1 v o 1 1 e
ptons geg
0,07»
scheinung
Verhalten
enüber de
liegt aber,
ein und
n anderen
ehrt, nicht in seiner Minderwertigkeit, son-
Jern wohl eher in der verschiedenen Be¬
schaffenheit der Sera, deren Schutzfermente
licht in jedem Falle auf das dargebotene Sub¬
strat vollkommen eingestellt sind und es
Iahe r weniger gut abzubauen vermögen. In
Reichem Sinne äussert sich Abderhalden0), der den
einstigen Ausfall der Reaktion mit der Wahl des geeigneten
Mitigens in Zusammenhang bringt. — Es ergibt sich daraus
iie praktische Folgerung, in zweifelhaften Fällen
las Drehungsvermögen eines Serums mit
;inem zweiten oder dritten Pepton nachzu-
Prüfen.
Eine weitere Quelle des Versagens liegt in einer für
nanche Sera zu kurzen Beobachtungsdauer. Aus
ler Reihe einschlägiger Fälle unserer Arbeit seien hier nur
■inige herausgegriffen, bei denen das Resultat sich erst nach
üner über 24 Stunden hinausgehenden Beobachtungszeit posi-
iv gestaltete.
Fall Th. (Cirav. Mens. II.)
Pepton
Kontrolle
Zeit
-0,78
— 0,62
ll30 a m 10./XII.
-0,76
- 0,63
430 p m
-0,76
-0,62
610 p m
-0,74
— 0,65
ll40 am ll./XII.
-0,70
— 0,62
920 a m 12 /XII.
Drehung in 24 Std. 0,04°
„ 46 „ 0,08°
Dialyse: +
Fall Kii. (Qrav. Mens. III.)
Pepton
Kontrolle
Zeit
— 0,75
— 0,64
1230 p m 21. /I.
-0,75
— 0,64
5 10 p m
- 0,74
— 0,63
7 30 p m
— 0,73
— 0,63
l30 p m 22.1 1.
— 0,64
-0,65
945 a m 23./I.
Drehung in 25 Std. 0,02°
.. „ 45 „ 0,11«
Liegt also das Ergebnis einer Spaltung
!ach 24 Stunden auf der Grenze (0,04 °) oder ist bei
liesem und geringerem Drehungswerte die gleichzeitig an-
(esetzte Dialyse (cf. Fall Th.) positiv ausgefallen, so wird zur
eststellung weiterer Spaltung eine Verlängerung der
Beobachtungszeit bis zu 36 und 48 Stunden
’ z w. das umständlichere Verfahren, Prüfung
lesSerums mit einem oder zwei anderen Pep-
onen, am Platze sein7). Durch einen Vergleich beider
_“) Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 46.
') cf. Abderhalden: Zeitschr. f. physikal. Chemie 1912, Bd. 81,
'• “0. „Abbau eines und desselben Peptons braucht nicht immer in
er gleichen Richtung und gleich rasch zu verlaufen.“
Kontrollverfahren liesse es sich ermitteln, ob der träge Ver¬
lauf des Abbaues in der Eigenschaft des Serums oder ledig¬
lich in der Wahl eines wenig geeigneten Substrates begründet
war.
Zu Iäuschungen und unrichtiger Beurteilung des optischen
Verfahrens können ferner Fälle frühzeitiger, palpatorisch noch
nicht oder wenigstens nicht mit Sicherheit nachweisbarer
Schwangerschaft führen, bei denen die Reaktion positiv aus¬
fällt, durch eine oder mehrere Nachuntersuchungen jedoch eine
Gravidität klinisch mit Sicherheit auszuschliessen ist. Auch
dem Erfahrenen können solche geheimnisvollen Fälle, bei denen
mit der Möglichkeit des Verschwindens einer Schwanger¬
schaft zu rechnen ist, Schwierigkeiten in der Kritik der Me¬
thode bereiten. Sie dürfen der Methode nicht ohne weiteres
zur Last gelegt werden.
Schliesslich sei noch die Beschaffenheit d er Sera
erwähnt. Primär trübe oder hämolytische Sub¬
strate bleiben unberücksichtigt. Auf diese Weise entzieht
sich leider ein grosser Teil der eklamptischen Sera, weil
hämolytisch, der Untersuchung. Trübungen durch Fettgehalt
umgeht man füglich durch eine Blutentnahme von Personen
im nüchternen Zustande. Spätere Trübungen er¬
eignen sich mitunter bei Mischung von Serum mit Peptonen
(Präzipitation). Bleibt sie konstant, auch mit anderen Sorten
von Plazentarpeptonen, oder lässt sich nicht abfiltrieren, so
ist die Probe nach Abderhalden zu verwerfen. Jeden¬
falls lohnt es sich nach unseren Erfahrungen, auch solche
anfänglich getrübten und nicht ablesbaren Gemische weiter zu
beobachten, da wiederholt eine völlige Klärung, oft schon
innerhalb 1 — 2 Stunden eintrat, die entweder anhielt, oder
nach einiger, immerhin für die Beurteilung des Falles hin¬
reichenden Zeit einer erneuten Trübung Platz machte.
Beispiele:
Fall Ko. (Qrav. Mens. II.)
Pepton
Kontrolle
Zeit
trüb
trüb
930 a m
— 0,89
— 0,57?
1030 a m
-0,78
— 0,63
l30 p m
— 0,79
-0,63
415 p m
— 0,73
-0,63
93° a m
Drehung (mindestens): 0,07°
Fall Kü. (Qrav. Mens. IV.)
Pepton
Kontrolle
Zeit
trüb
trüb
ll45 a m
trüb
trüb
345 p m
— 0,72
— 0,56
744 pm
— 0,64
— 0,56
1 130 a m
Drehung (mindestens) : 0,08°
—
—
Fall Bl. (Qrav. Mens.
X.)
Pepton
Kontrolle
Zeit
Sehr trüb
0,54
11 am
— 0,64
- 0,54
345 p m
— 0,57
— 0,53
615pm.
trüb
— 0,54
ll30 a m
Drehung (mindestens) : 0,07"
—
—
Je frischer die Sera, desto günstiger die Bedingungen für
einwandfreie Resultate; doch sei hier bemerkt, dass einige
Sera bis zum 7. Tage, wahrscheinlich noch
länger, ihr Abbau vermögen ung.eschwächt
bewahrten. — Bei 11 Seris änderte sich die Drehung
schon ohne Peptonzusatz; die Werte hielten sich zwischen
0,05° und 0,07°. —
Das Dialysierverfahren hat der eine von uns
(C. Brahm) in 99 Fällen angewendet und hielt sich dabei
streng an die von Abderhalden veröffentlichten Me¬
thoden und Verbesserungen. Als Dialysiermembran dienten
die Diffusionshülsen von Schleicher & Schiill (No. 579),
die in passende Gefässe (Zylinder) gebracht wurden.
Sämtliche Hülsen wurden auf Undurchlässigkeit gegen
Eiweisslösungen und Durchlässigkeit von Peptonen geprüft.
688
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
Das benützte Plazentareiweiss wurde durch mehrmaliges
Auskochen frischer entbluteter Plazenten gewonnen, bis das
Kochwasser weder die Biuret- noch Ninhydrinreaktion gab.
Das koagulierte Substrat wurde unter Toluol in Chloroform¬
wasser aufbewahrt und erwies sich bei dieser Behandlung
als sehr lange haltbar. Anfänglich gestaltete sich die Ver¬
suchsanordnung derart, dass ausser dem Hauptversuch stets
zwei Kontrollen, eine mit Serum allein, die andere mit Pla¬
zenta allein, angesetzt wurden. Neuerdings wird an Stelle der
Plazentakontrollhiilse ein grösseres Stückchen des konser¬
vierten Plazentargewebes vor dem Gebrauch 5 Minuten mit
Wasser ausgekocht, das Kochwasser durch ein gehärtetes
Filter abfiltriert und das Filtrat nach Zusatz von 1 ccm einer
1 proz. Ninhydrinlösung eine Minute lang gekocht. Nur bei
Farblosbleiben der Lösung wird das Substrat benutzt und in
Mengen von 0,05 bis 1,0 g mit 1,5 ccm des zu prüfenden
Serums nach Abspiilung der beschickten Hülsen in fliessendem
Wasser angesetzt. Nach löstiindigem Verweilen im Brut¬
schrank wird die Reaktion mittels 10 ccm des Dialysats und
0,2 ccm der 1 proz. Ninhydrinlösung vorgenommen und das
Resultat nach 30 Minuten abgelesen.
92 mal wurde die Methode durch das op¬
tische Verfahren kontrolliert, 7 mal allein aus¬
geführt. Uebereinstimmung beider Methoden
fand sich in 61 Versuchen, und zwar 43 mal in posi¬
tivem und 18 mal in negativem Sinne, so dass mithin
31 Untersuchungsbefunde nicht ha r monier -
t e n. —
Unter unseren 135 Fällen finden sich 17 Fälle von
Eklampsie, 3 Schwangerschaftsdermatosen,
3 Fälle von Extrauteringravidität, 1 Fall von
Endometritis 8 Wochen nach Abort, 4 Fälle
von Adnextumoren und 8 von anderweitigen
Nichtschwangeren.
Ein besonders hohes Abbau vermögen der Sera
von Eklamptischen konnte in den 17 von uns optisch
untersuchten Fällen im Gegensatz zu der früheren Publi¬
kation8) nicht bestätigt werden; die erhaltenen Drehungen
von 0,05 — 0,09° halten sich innerhalb der auch bei normaler
Gravidität festgestellten Werte. Nur einmal wurde eine
höhere Ablenkung von 0,1 beobachtet, als wir letzthin ein
Eklampsieplazentapepton als Substrat wählten, während das
gleichzeitig angesetzte Normalplazentapepton bedeutend
schwächer (0,05°) abgebaut wurde. Diese Verhältnisse er¬
wiesen sich jedoch bei weiteren Eklampsiefällen keineswegs
als konstant. — Auch bei dem 12 mal gleichzeitig vorgenom¬
menen Dialysierverfahren wurde in 3 Fällen das Verhalten
von Eklampsieserum normaler und eklamptischer Plazenta
gegenüber geprüft: Der Ausfall der Reaktion war in diesen
Fällen unterschiedslos ein gleich starker, ein Beweis, dass
einer einzigen Beobachtung9) kein Wert beizumessen ist. Voll¬
kommen negativ reagierten 2 Fälle und in 3 Fällen fiel die
Reaktion der zu zwei verschiedenen Zeiten entnommenen
Blutprobe einmal positiv, einmal negativ aus, ein Verhalten,
das uns auch bei normaler Gravidität bisher in 4 Fällen be¬
gegnete. Eine Kongruenz in dem Ablauf des eklamptischen
Krankheitsbildes mit dem Ausfall der Reaktion war nicht nach¬
zuweisen, indem die beiden negativ reagierenden Fälle bald
zur Genesung kamen, während die beiden einzigen ad exitum
gekommenen Fälle mit einem Abbau von 0,05 0 bzw. 0,06° sich
von anderen glatt verlaufenen Fällen nicht unterschieden.
Das gleiche unstäte Bild zeigten die drei Fälle von
Schwangerschaftsdermatosen, unter denen die
klinisch leichtesten einmal die erhebliche Spaltung von 0,11°,
das andere Mal von nur 0,05 °, der schwerere wieder eine
solche von 0,06° aufwiesen.
Unter den drei Fällen von Extrauteringra¬
vidität fiel die Reaktion optisch zweimal negativ und nur
einmal mit beiden Verfahren positiv aus; unter den 4 A d n ex¬
tu m o r e n optisch dreimal negativ und einmal positiv, während
die Dialyse zweimal positiv ausfiel (vgl. Tabelle). Das
Serum von 8 anderweitigen, nicht graviden, zum
Teil normalen, zum Teil mit gynäkologischen Leiden (Gonor¬
8) Abderhalden-Freund-Pincussohn: 1. c.
9) Henkel: Archiv f. Qyn., Bd. 99, H. 1, S. 64.
rhöe, Metritis) affizierten Frauen zeigte in keinem Fall einen
Abbau; nur mittels der fünfmal gleichzeitig ausgeführten Dia¬
lyse wurde ein positives Resultat bei einem Fall von Amenor¬
rhoe mit infantilem Uterus erhalten. Dasselbe differente Ver¬
halten zwischen Optik ( — ) und Dialyse (+) war bei einem
8 Wochen nach Abort wegen Endometritis behandelten Falle
zu verzeichnen.
Soweit unsere Resultate, die zum ersten Male
in tabellarischer Uebersicht eine Gegenüberstellung des
grösstenteils gleichzeitig vorgenommenen optischen und Dialy-
sierverfahrens am gleichen Material bringen, eine Kontrolle,
die nach Abderhalden10) die beste Gewähr zur Sicher¬
stellung der Diagnose abgeben muss. Konnten wir eine Ueber¬
einstimmung beider gleichzeitig angewendeten Methoden nur
61 mal feststellen, so blieben auch die Leistungen jeder Me¬
thode für sich allein hinter den bislang von anderer Seite
bekannt gegebenen Resultaten zurück. Mit Ausnahme der
Arbeiten von Abderhalden-Kiutsi bzw. -Weil, han¬
delte es sich bisher in allen Publikationen ausschliesslich uni
die Dialysiermethode. Da Abderhalden sich in seinen
Mitteilungen fortlaufend auf diese Resultate stützt, so erscheint
es geboten, sie einer kritischen Durchsicht zu unterwerfen.
Leider aber entzieht sich die Mehrzahl dieser Originalarbeiten
einer solchen, da nur einige [Abderhalden-Kiutsi11).
Abderhalden12), Rupert Franz und J arisch13)] auf
Grund veröffentlichter Protokolle einen Einblick in die Ergeb¬
nisse ihrer Untersuchungen und deren Anzahl gestatten,
während die übrigen sich zumeist auf summarische Wieder-i
gäbe ihrer mit „etwa“ oder „ca.“ angegebenen Fälle be¬
schränken.
Berücksichtigen wir zuerst die mit der optischer,
Methode erhaltenen Resultate, so treten tiefgreifende
Unterschiede zwischen den einzelnenTabellen zutage. Während
in der ersten Veröffentlichung (Abderhalden-Freund
Pincussohn) die Reaktion nur in den ersten Schwanger
schaftsmonaten beobachtet wurde, findet sie sich in dei
2. Tabelle (Abderhalden-Kiutsi) nicht nur in aller
Monaten, sondern in besonderer Stärke in der 2. Schwanger
schaftshälfte. Im Gegensatz hierzu bringt die 3. Tabelk
(Abderhalden) wiederum einen unverkennbaren Abfal
der Reaktionsintensität, die gerade in den beiden letzten Mo
naten zum Ausdruck kommt. Auch in späteren Mitteilungei
weist Abderhalden auf das Abflauen der R e a k
tion gegen Ende der Schwangerschaft hin1*)
Ganz analoge Verhältnisse ergeben sich ebenso aus der vor
liegenden Arbeit, wenn wir die Mittelwerte der Spaltung ii
den einzelnen Monaten zugrunde legen (cf. Tabelle). Es bleib
also die Abderhalden-Kiutsi sehe Tabelle — und die
sei hier noch einmal besonders hervorgehoben — die einzige
welche ein ganz anderes Ergebnis bringt als die übrigen.
Was das von den meisten Autoren ausschliesslich ange
wendete Dialysierverfahren anlangt, so dürfen di
Resultate dieser Arbeiten im Sinne Abderhaldens nicl;
als gleichwertig erachtet werden, da sie grösstenteils [Ab
derhalden-Kiutsi, Frank und H eimann15), Rupei
Franz und J a r i s c h] einer Periode entstammen, in der m
Fischblasenkondoms und Biuret gearbeitet wurde, eine Methd
dik, die nach Abderhalden10), zumal in Händen weni
Geübter, reichliche Fehlerquellen in sich schliesst. Dies;
Zweifel in die Sicherheit der Methodik waren für A b d e r
h a 1 d e n ja auch die Veranlassung, seine Vorschriften zu
Ausübung des Dialysierverfahrens nach 2 Hauptrichtunge
hin zu verschärfen, indem er als Ersatz und Kontrolle fij
Biuret die leichter zu handhabende Ninhydrinprobe bei Ai
Wendung der Diffusionshülsen No. 579 und 579 a (Schleiche;
10) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 36, S. 1939.
n) Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 77, H. 4.
12) Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 81, S. 94.
13) Wiener klin. Wochenschr. 1912, No. 39, S. 1442.
14) Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 46.
15) Berliner klin. Wochenschr. 1912, No. 36, 1706.
18) Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 40, S. 2171; ferne
Beiträge zur Klinik der Infektionskrankheiten etc., Würzburg 191
S. 243.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
689
. April 1913.
nd Schüll) einführte und weiterhin ein exaktes Verfahren
ur Herstellung und Prüfung der benützten Organe aufstellte.
In den Arbeiten der früheren Periode von Rupert Franz
nd J a r i s c h und von Frank-Heimann, auf die Ab¬
er h a 1 d e n Bezug nimmt, muss es auffallen, dass von den
rsteren wiederum eine Steigerung der Reaktionsintensität
egen Ende der Gravidität betont und tabellarisch registriert
zird. die zu den oben angeführten Ergebnissen des schärferen
ptischen Verfahrens im Widerspruch steht. Auf der anderen
eite betonen Frank-Heimann die Bedeutungslosigkeit
radueller Differenzen bei der Biuretprobe, deren Deutung im
ositiven oder negativen Sinne ihnen zuweilen Schwierigkeiten
ereitete, so dass sie die Hinzuziehung sicher negativer Kon-
ollen fordern. Wenn ferner Rupert Franz und J arisch
Fbau von Plazentargewebe durch Serum Karzinomkranker
ereinzelt feststellen konnten, so muss nach den wiederholten
(inweisen Abderhaldens17) hier die Benutzung schlecht
usgekochten Substrates angenommen werden, eine Annahme,
ie mit Recht das Resultat der ganzen Arbeit in Frage ziehen
önnte, da sicherlich dasselbe Plazentargewebe zur Prüfung
er Schwangerensera gedient hat.
Bieten diese Arbeiten aus der an Fehler-
uellen reichen Periode somit keine Gewähr
iir verlässliche Resultate, so sind die aus
euerer Zeit stammenden Untersuchungen
er Jenenser Klinik, die von L i n d i g ausgeführt und
um Teil von Henkel18) publiziert worden sind, nicht
nders zu bewerten. Lindig 1B), ein 14 tägiger
chüler Abderhaldens, hatte unvorschriftmässige Sub-
:rate benützt, wie Abderhalden selbst zeigen konnte, der
im seine feuchten sowohl wie trockenen konservierten Or-
ane abkochte. Da aber Lindig auch von seinem feuchten
lazentargewebe schreibt, dass es „selbstverständlich vorher
en üblichen Prüfungsmethoden unterzogen war und sich als
mwandfrei erwies“, so muss leider auch der Wert seiner
rsten Untersuchungen, die Henkel veröffentlicht hat 18) und
ater denen sich „keine Fehldiagnose“ findet, starken Zweifeln
egegnen, da man doch nicht annehmen kann, dass die Technik
indigs bei seinen weiteren Versuchen nachgelassen hat,
relche Abderhalden mit den Worten apostrophiert, dass
<ein einziges Resultat von Lindig Anspruch auf Richtigkeit
'heben“ könne. Es ist nach alledem nicht verständlich, wie
bderhalden sich auf die Angaben Henkels stützen
ann.
Ungeachtet dieser immerhin zweifei-
aften Resultate der genannten Arbeiten
ragt es sich, ob die Abderhaldenschen Me-
hoden in ihrer jetzigen Form eine sichere
erologische Unterscheidung zwischen
chwangeren und N i c h t s c h w a n g e r e n zu-
assen. Nach den Auslassungen Abderhaldens und
e i t s 20) ist dies zutreffend. Veit geht sogar so weit, dass
r zurzeit kein besseres differentialdiagnostisches Mittel zur
ntscheidung zwischen Extrauterinschwangerschaft und Ad-
extumor kennt, als die serologische Methode, von deren
usfall er den Entschluss zu operativem oder abwartendem
erhalten abhängig macht.
Dies steht im Gegensatz zu Frank und H e i m a n n, die
iit Recht an der Hand von zwei einschlägigen Fällen darauf
ufmerksam machen, dass sich trotz positiver Reaktion eine
ehldiagnose bei der Operation heraussteilen könne, die sich
löglicherweise durch einen stattgehabten intrauterinen Abort
ntschuldigen liesse. In der jüngsten Mitteilung führt Abder-
alden21) einen ganz analogen Fall von positiver Reaktion
ei Salpingitis an, bei dem er gleichfalls die Frage eines
bortes offen lässt, andererseits es aber auch für denkbar
alt, „dass die Zellen des Uterus in einem Zu-
■and der Störung sich befanden und Stoffe an das Blut ab-
aben, die diesem fremd waren“. Mit dieser E r -
*') Vergl. besonders Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 9,
. 463.
18) Archiv f. Gyn., Bd. 99, H. 1.
16) Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 6, S. 288.
*°) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gyn., Bd. 72, H. 2, S. 463.
21) Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 9, S. 463.
No. 13.
klärung allerdings wird die Möglichkeit einer
Fehldiagnose auf Schwangerschaft offen zu¬
gestanden.
Unter zwei weiteren Fällen von A. Mayer **) fiel ge¬
rade „im klinisch sicheren Fall von Extrauteringravidität die
Serumdiagnose merkwürdigerweise negativ aus“, so dass er
angesichts dieser Erfahrung bei dem zweiten „klinisch frag¬
lichen, anatomisch aber sicheren Fall“ kein grosses Vertrauen
zu dem positiven Ausfall der Reaktion hatte. — Aus
unserem Material seien schliesslich die 7 Fälle
(3 Extrauterinschwangerschaften und 4 Ad¬
nextumoren) erwähnt. Unter den drei ersteren ge¬
lang nur ein einziges Mal der positive Nachweis, obschon in
allen drei Fällen das optische Verfahren zur Anwendung kam,
während von den 4 Adnextumoren in einem Fall die
Dialyse bei gleichzeitig negativer Optik ein positives Resultat
gab, in dem anderen aber beide Verfahren
einen positiven Bescheid gaben. Der letztere
ist um so bemerkenswerter, als nicht nur
durch die Operation (eitrige Salpingitis) als
auch durch die mikroskopische Untersuchung
der a u s g e s c h a b t e n U t e r u s s c h 1 e i m h a u t eine
Gravidität vollkommen ausgeschlossen wer¬
den konnte. Noch einen Fall von positiver Dialyse, aber
negativer Optik hatten wir, wie erwähnt, bei einer jungen
Amenorrhoischen mit infantilem Uterus zu verzeichnen.
Wenn Abderhalden geneigt ist, auch neuerdings die
Versager bei dem Dialysierverfahren fast
durchgehends mit mangelhafter Technik zu erklären, so fällt
es nur auf, dass er sich unablässig lediglich den positive Re¬
sultate veranlassenden Fehlerquellen zuwendet, auf die trotz
bestehender Gravidität erhaltenen negativen indessen weniger
eingeht. Wie die ersteren möglichst zu vermeiden seien,
müsste nach den nachgerade hinreichend häufig wiederholten
Vorschriften Abderhaldens nunmehr allseitig bekannt
sein. — Die Frage nach den die negativen Resultate mit sich
bringenden Fehlerquellen führt uns auf die Unzuläng¬
lichkeit der Dialysiermembranen, die jeder, der
«ich mit dieser Methode befasst, empfunden haben wird 23).
So schreibt beispielsweise Fauser 24), dass ihm trotz vor¬
heriger Prüfung der Hülse bei ein und demselben, am gleichen
Tage von zwei verschiedenen Untersuchern geprüften Serum
Differenzen auffielen, die nur auf verschiedener Durchlässig¬
keit basieren konnten, ein Uebelstand, der sich bei Anwesen¬
heit nur ganz geringer Mengen von Schutzfermenten störend
geltend macht.
Wie ist es aber mit den negativen Resultaten
bestellt, die auch mit dem schärferen Verfahren
der optischen Methode ab und zu Vorkommen?
Gründliche Sachkenntnis in der Peptonbereitung und Be¬
herrschung der optischen Technik vorausgesetzt, können tech¬
nische Fehler nur in den eingangs ausführlich aufgezählten
Ursachen gesucht werden. — Müssen aber tatsächlich alle Ver¬
sager allein der Methodik zur Last gelegt werden? Könnte
nicht ein Teil der Fehlerquellen auch durch verschiedene Be¬
schaffenheit der zur Untersuchung kommenden Blutproben
bedingt sein? Dass hierbei das Alter steril konservierter Sera
keine ausschlagegebende Rolle spielt, konnten wir im Laufe
unserer Untersuchungen zeigen. Vielmehr müsste an die
wechselnde Zusammensetzung des Blutes an
verschiedenen Orten und zu verschiedenen
Zeiten bei ein und demselben Individuum ge¬
dacht werden. Dahingehende Untersuchungen sind bereits im
Gange.
In Würdigung aller genannten Fehlerquellen müsste ein
serodiagnostischer Versuch, der nach der heutigen Sachlage
allen Anforderungen genügt, in nachstehender Weise zur Aus¬
führung gelangen, wie sehr dabei auch das ganze Verfahren
an Umständlichkeit zunehmen mag.
a) Blutentnahme, nüchtern, womöglich vor dem
ersten Früstück; ca. 20 ccm aus der Kubitalvene; steriles
S2) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gyn. 1913, Bd. 37, H. 3, S. 366.
■i) Zurzeit ist C. B r a h m mit der Prüfung von Dialysierhiilsen
aus verschiedenartigem Material beschäftigt.
24) Deutsche med. Wochenschr. 1913, No. 7.
2
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
690
Reagensglas. Ruhiges Absetzenlassen des Serums im Eis¬
schrank. Abgiessen und kräftiges Zentrifugieren des Serums.
Getrübte und hämolytische Sera sind zu verwerfen.
b) Optische Methode: Benutzung von minde¬
stens zwei verschiedenen mit Hefepresssaft ge¬
prüften und tauglich befundenen Plazentarpeptonen in
5 proz. Lösung.
Ansetzen von drei Polarisationsröhren:
1. 0,7 Pepton 1 + 1,4 Serum.
2. 0,7 Pepton II + 1,4 Serum,
3. 0,7 physiologische Kochsalzlösung + 1,4 Serum.
Ablesen alle 4 — 6 Stunden, Beobachtungszeit maximal
48 Stunden.
c) Dialysier verfahren: Benutzung der Diffusions¬
hülsen von Schleicher & Schüll No. 579 und 579 a, die sich
adialysabel für Eiweisslösung (5 proz. Eiereiweisslösung) und
genügend dialysabel für Seidenpepton mittels der Biuret- und
Ninhydrinreaktion erweisen. Das zur Verwendung gelangende
Plazentargewebe muss den verschärften Anforderungen Ab¬
derhaldens (vgl. Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 9,
S. 463) vollkommen entsprechen und wird vor jedem Versuch
erneut auf „Reinheit“ geprüft. Ansetzen von mindestens
4 Hülsen gegen je 20 ccm Wasser unter Beobachtung der
Abderhalden sehen Kautelen :
I. 1,5 Serum + 0,5 — 1,0 g Plazentargewebe.
II. 1,5 Serum + 0,5 — 1,0 g Plazentargewebe (zur Siche¬
rung gegen interkurrente Hülsenmängel),
III. 1,5 Serum.
IV. 1,0 Serum + 0,5 — 1,0 g Plazentargewebe (zur weiteren
Sicherung nach Abderhalden in Berücksichtigung
der Sera mit einem hohen Gehalt an dialysablen
Stoffen).
Nach 16 — 24 ständigem Stehen im Brutschrank Vornahme
der Biruet- und Ninhydrinreaktion.
Man bedarf bei gleichzeitiger Anwendung beider Me¬
thoden zum wenigsten 10 ccm Serum.
Mögen der serologischen Untersuchungsmethodik in ihrer
augenblicklichen Gestalt auch noch mancherlei Mängel an¬
haften, ist auch das Ziel der sicheren Schwangerschafts¬
diagnose, wie dies bereits bei oberflächlicher Literaturdurch¬
sicht angenommen werden könnte, noch nicht erreicht, die
wissenschaftliche Bedeutung der Frage wird dadurch in keiner
Weise geschmälert. Denn gerade die trotz bester Technik
bisher erzielten ungleichen Resultate im Vergleich sowohl der
beiden Methoden untereinander wie zum klinischen Befund
geben den Ansporn zum weiteren Studium und Ausbau des
interessanten Problems, wodurch auch die praktische Seite der
Frage zu besserem Rechte gelangen dürfte. Nur in der Un¬
zufriedenheit mit dem Erreichten liegt der Fortschritt.
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Graz.
Ueber die Abhängigkeit experimentell-diabetischer
Störungen von der Kationenmischung.
Vorläufige Mitteilung.
Nach Versuchen mit cand. med. W e s e 1 k o.
Von O. L o e w i.
Die alte Annahme, dass beim Diabetes die Zuckerver¬
brennung gehemmt sei, hat in neuerer Zeit eine wesentliche
Stütze erhalten durch den Befund, dass isolierte, künstlich
durchströmte Organe diabetischer Tiere gegenüber denen
normaler nur minimale Mengen des ihnen in der Durchströ¬
mungsflüssigkeit — Blut oder Ringer-Locke - Lösung —
angebotenen Zuckers verbrauchen. Dieser Nachweis liess sich
erbringen für die Herzen sowohl patikreas- wie adrenalin¬
diabetischer Tiere (Hamburger, S t a r 1 i n g, W i 1 e n k o).
Die nächste Frage war, ob die unter solch einfachen Be¬
dingungen zu beobachtende Störung des Zuckerverbrauches
sich etwa beheben lasse: bei pankreasdiabetischen Herzen
konnte Starling in der Tat durch Zusatz von Pankreas¬
extrakt zur Durchströmungsflüssigkeit einen ansehnlicher
Zuckerverbrauch herbeiführen.
Ich untersuchte nun in der gleichen Absicht den Einfluss
des Zusatzes von Adrenalin zur Durchströmungsflüssigkeit, d;
dies bei normalen Herzen den Zuckerverbrauch steigen
(W i 1 e n k o) : es stellte sich heraus, dass hierdurch de;
Zuckerverbrauch adrenalindiabetischer Kaninchen wie pan
kreasdiabetischer Katzenherzen in der Tat gesteigert und zwai
ebenso gross wird wie der normaler.
Dies Ergebnis veranlasste mich, den Einfluss weiterei
Bedingungen zu prüfen, die die Herzarbeit steigern. Nun ist
bekannt, dass bestimmte Aenderung der Zusammensetzung
der Durchströmungsflüssigkeit in dieser Richtung wirkt: ii
T y r o d e scher Flüssigkeit ‘) schlagen die Herzen wesentlich
besser als in R i n g e r - L o c k e scher 2); es stellte sich in der
Tat heraus, dass der Zuckerverbrauch normaler Herzen siel !
hebt und dass adrenalin- und pankreasdiabetische Herzen be
Durchströmung mit T y r o d e scher Flüssigkeit genau so vie
Zucker verbrauchen, wie normale, die diabetische Störung
also gar nicht in Erscheinung tritt 3).
Die im vorigen mitgeteilten Beobachtungen über Auf¬
hebung der Zuckerverbrauchstörung beziehen sich auf Be¬
dingungen, unter denen, wie wir sahen, der Zuckerverbraucl
auch des normalen Herzens ansteigt. Zu einem hiervon völlig
verschiedenen Ergebnis gelangte ich im Laufe der Unter-
suchung der Faktoren, die den Wirkungsunterschied zwischen
Ringer - Locke und T y r o d e scher Flüssigkeit bedingen
Von den in dieser Richtung angestellten Versuchen seien vor
läufig nur diejenigen mitgeteilt, in denen der Erfolg der Durch
Strömung mit Locke scher Lösung mit 0,04 proz. Kalium
chlorid verglichen wurde mit dem einer solchen mit 0,02 proz
Kaliumchlorid, d. i. dem Gehalt der Ty rode sehen Lösung
Vorauszuschicken ist, dass in diesen Versuchen Unterschiede
in Frequenz, Kontraktion und Durchflussmenge nicht erkenn
bar waren.
Art der Lösung
Zustand des
Kaninchen
In den einzelnen Versuche
verbrauchter Zucker pro
Gramm Herz und Stunde
in mg
Locke mit 0,04 proz. KCl
«>
normal
diabetisch
2,6
0,4
2,2
1,4
2,2
0,7
Locke mit 0,02 proz. KCl
normal
diabetisch
2,7
3,9
2,1
2,3
3,1
3,0
2,8
Durch Herabsetzung der Kalikonzentraj
tion wird also der Zuckerverbrauch nor
maler Kaninchen herzen gar nicht geändert;
wohl aber der herabgesetzte diabetische
Herzen zur Norm — eventuell sogar darüber hinaus
gehoben. Wir sind also imstande, lediglich durch Aende
rung der Kalikonzentration eine Störung des Zuckerverbraucl:
diabetischer Herzen hervorzurufen oder zu hemmen. Da beini
normalen Herzen Aenderung der Kalikonzentration innerhall:
der gleichen Grenzen ohne Einfluss auf den Zuckerverbraucl
ist, existiert also beim diabetischen eine spe
zifische Empfindlichkeit für Kali. Welche Roll'
sie beim Diabetes spielt, ob sich etwa Konsequenzen für di'
Therapie 4) daraus ergeben, oder ob sie nur für die von un
untersuchte Störung des Zuckerverbrauches gilt, das zu ent!
scheiden ist Aufgabe der weiteren bereits von mir in Angrii
genommenen Untersuchungen.
Q NaCl 0,8 Proz., KCl 0,02 Proz., CaCb 0,02 Proz., MgC
0,01 Proz., NalLPCh 0,005 Proz., NaHCCb 0,1 Proz., Glukose 0,1 Pro;
2) NaCl 0,9 Proz., KCl 0,042 Proz., CaCh 0,024 Proz., NaHCÖ
0,02 Proz., Glukose 0,1 Proz.
3) Ich lasse die Frage noch offen, ob die Wirkung von Adrenalin
zusatz und Tyrodelösung auf den Zuckerverbrauch Folge der durc;
sie bedingten mechanischen Funktionssteigerung des Herzens ist
bereits von anderer Seite vorliegende und von mir angestellte Be
obachtungen lassen einen derartigen Zusammenhang als im höchste
Mass zweifelhaft erscheinen. Es ist z. B. der Zuckerverbrauch eine
infolge Kalziumentzuges nicht schlagenden Herzens ebenso gros
wie der eines normal schlagenden.
4) Es liegt natürlich nahe, daran zu denken, dass die natron
haltigen Quellen durch Kaliaustreiburig wirken könnten u. dergl. meli
t
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
m
] \pril 1913.
V der Professor Dr. V u 1 p i u s sehen orthopädisch-chirur¬
gischen Klinik in Heidelberg.
Ueber die Arthrodese des Hüftgelenkes.
Von Professor Dr. Oskar V u 1 p i u s.
Ueber Berechtigung und Wert der Arthrodesenoperationen
die Ansichten noch recht- geteilt. Vielleicht ist es nur
Arthrodese des Schultergelenkes, deren Ausführung auch
, hi im Kindesalter als berechtigt allseitig anerkannt worden
, nachdem meine Publikationen die glänzenden Erfolge dar¬
an haben, welche durch kein anderes Verfahren auch nur
inhernd zu erreichen sind. Die günstigen Erfolge der
■ ulterathrodese, die in keinem geringeren als Lorenz
i n warmen Fürsprecher gefunden hat, sind bekanntlich
; uif zurückzuführen, dass durch die Ankylosierung des Ge-
. es eine Uebertragung der Bewegungen des Schultergürtels
i den Arm möglich wird. Aehnlich liegen die Verhältnisse
ines Erachtens für die Arthrodese des Hüftgelenkes. Die
. mung des einen Hüftgelenkes ist allerdings für die Geh-
i gkeit des Patienten nicht so verhängnisvoll, wie man zu-
; ist wohl glauben möchte. Der Kranke lernt allmählich, das
1 i vorzuschleudern und sich über dasselbe wegzubalan-
i cn während des kurzen Momentes, in welchem es beim
i en als Standbein dienen muss. Hat dagegen die Lähmung
e Hüftgelenke befallen, so ist damit das Gehen unmöglich
rorden, das Becken und mit ihm der Rumpf fällt hilflos
; i vorne und nach der Seite.
Wohl ist es möglich, mit Hilfe eines Apparates auch solche
iwergelähmte zum Gehen zu bringen. Ich habe in einer
■ eren Publikation ein Hüftscharnier beschrieben, welches
i r Umständen eine annehmbare Gehfähigkeit herzustellen
t nag. Ein solcher Apparat ist aber ganz abgesehen von
. em Gewicht für Arme unerschwinglich.
Hier ist darum die Hüftarthrodese eine unzweifelhaft wert-
ce Operation. Man hat sich lange vor diesem Eingriff ge-
::ut, welcher in der Tat in der früher gelegentlich emp-
>enen Form geeignet war, Abneigung zu erregen. Dol-
iger hatte vom Trochanter aus eine lange Schraube durch
1 ; und Kopf des Femur bis in das Becken vorgeschoben,
i:h einen inguinalen Schnitt den Pfannenboden an der Innen-
i ie des Beckens freigelegt und die hier hervortretende
i raube durch eine Mutter gesichert.
Eine Serie von Hüftarthrodesen hat mich überzeugt,
u die Ankylosierung des Hüftgelenkes auf wesentlich ein-
i erem und ungefährlichem Wege sicher erreicht werden
Die von mir geübte Technik ist folgende-.
Von dem Langenbeck sehen Resektionsschnitt aus wird die
t-nkkapsel freigelegt und vom Schenkelhals bis zum Rand des
?abulum gespalten. Unter Adduktionsstellung des Hüftgelenkes
) mit spitzem Skalpell oder mit dem Tenotom das Ligamentum
1 durchschnitten. Nachdem der Kapselansatz am Schenkelhals
? gend gelöst ist, gelingt die Luxation des Kopfes sehr leicht,
^terer wird nun allseitig gründlichst angefrischt. Daraui wird die
i ne mit grossem scharfem Löffel ihres Knorpelüberzuges voll-
Uig beraubt. Menciere hat empfohlen, die entstandenen
i :hen- bezw. Knorpelwundflächen mit konzentrierter Karbolsäure
i -etupfen und mit absolutem Alkohol reichlich nachzuspülen. Er
i hierdurch eine aseptische Entzündung erzielen und dadurch das
eten der Ankylose begünstigen. Meine Erfahrungen haben mich
• irt, (Jass diese Komplikation nicht nötig ist, wenn anders man die
i ischung gründlich besorgt hat. Ist letzteres geschehen, so wird
; Kopf reponiert. Irgendwelche Knochennaht wird nicht verge¬
ben, sondern Kapsel, Muskulatur, Faszie und Haut in Etagen
■ äht. Ein Gipsverband, der das ganze Bein und den Rumpf bis
: Rippenbogen umfasst, stellt das Gelenk für 3 — 4 Monate fest,
empfiehlt sich, als Stellung des Hüftgelenkes eine ganz leichte
1 iktion und geringe Aussenrotation zu wählen, weil gelegentlich
1 ung zu Adduktions- und Innenrotationskontraktur beobachtet
Jen ist. Eine stärkere Abduktion ist zu vermeiden, weil
>zu scheinbarer Verlängerung des Beines und damit zu einer
(Störung führen würde.
Das Ergebnis ist fast ausnahmslos eine sehr feste fibröse
e knöcherne Ankylose des Gelenkes. Die Funktion des
’ies wird sehr erheblich gebessert: statt des früheren Vor-
^euderns wird jetzt ein langsames Vorheben des Beines
‘n Gehen möglich. Das seitliche Einsinken des Beckens,
: Trendelenburg sehe Phänomen ist verschwunden.
1 Körperlast wird von dem Bein ohne Schwierigkeit ge-
Len. Der Patient ist imstande, in Rückenlage das Bein
mehr und mehr von der Unterlage zu heben. Da dies auch
in Fällen möglich wird, wo keine Spur von Psoasfunktion
nachweisbar war, so muss die Elevation des Beines durch
Beckenflexion und zwar vor allem mit Hilfe der Bauch¬
muskeln zustande kommen. Diese werden ganz in der gleichen
Weise für ihre neue Aufgabe geübt, wie wir dies bei der
Schultergürtelmuskulatur nach ausgeführter Schultergelenk¬
arthrodese zu beobachten Gelegenheit haben. Trotz der Ver¬
steifung des Hüftgelenkes in Streckung oder ganz geringer
Flexion ist der Patient durch ausgiebige Kyphosierung der
Lendenwirbelsäule imstande, zu sitzen.
Auf Grund meiner Erfahrungen möchte ich mindestens bei
Fällen von doppelseitiger Hiiftlähmung die Arthrodese des
einen Gelenkes durchaus empfehlen und bin überzeugt, dass
die Erfolge die Berechtigung der Hüftgelenkarthrodese mit der
Zeit ebenso dartun werden, wie dies für das Schultergelenk
der Fall ist. Ein Blick auf die nebenstehenden Abbildungen
überzeugt wohl besser und schneller von den erstaunlichen
Erfolgen einer gelungenen Hüftarthrodese als die längste Be¬
schreibung. Sie stammen von einem 10 Jahre alten Mädchen,
welches wegen überaus schwerer Lähmung in meine Behand¬
lung kam. Das funktionelle Resultat der Hüftgelenkarthrodese,
das den Bildern zu entnehmen ist, lässt in keiner Hinsicht zu
wünschen übrig.
Aus der akademischen Klinik für Hautkrankheiten in Düsseldorf.
Die Anwendungsart des Salvarsans und Neosalvarsans,
Infusion oder Injektion?
Von Dr. Carl Stern, Direktor der Klinik.
Nachdem das Salvarsan seine Existenzberechtigung in der
Therapie der Syphilis erwiesen hat, liegt es nahe, nach An¬
wendungsmöglichkeiten zu suchen, die eine allgemeine
Verbreitung der neuen Therapie gewährleisten. Solange
wir uns noch im Stadium der Prüfung des Mittels befanden,
2*
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
692
erschien es gerechtfertigt, den mitten in der ärztlichen All-
gemeinpraxis stehenden Kollegen vor der Anwendung des
Salvarsans zu warnen, denn die Zufälle mannigfacher Art, die
wir selbst in bestgeleiteten Kliniken, sei es durch den „Wasser¬
fehler“, sei es durch die von mir besonders betonte Gefahr der
„Ueberalkaleszierung“ beobachteten, mussten den Allgemein¬
praktiker vor der Anwendung des Salvarsans in Form der
intravenösen Infusion zurückschrecken lassen. Heute ist das
anders, heute sind wir über das Stadium der „Kinderkrank¬
heiten“ des neuen Mittels hinaus und können sagen, dass wir
die Technik so beherrschen, dass Zufälle unerwünschter Art
so gut wie völlig ausgeschlossen sind. Unter diesen Um¬
ständen halte ich es bei der grossen Verbreitung der Syphilis
und der trotz aller Warnung und „Aufklärung“ noch nicht
abnehmenden Zahl der Neuinfektionen für geboten, im Kampfe
gegen die Lues die in der allgemeinen Praxis stehenden
Kollegen mehr heranzuziehen, als es in unserer Zeit der
„Spezialisierung“ an manchen Orten geschieht. Aus diesen
Erwägungen heraus habe ich eine Methodik auszubilden ge¬
sucht, die auch dem mitten in der Praxis stehenden Kollegen
die Anwendung des Salvarsans bezw. Neosalvarsans gestattet.
Vorbedingung ist: 1. Kenntnis der Grundlagen der Asepsis.
2. Kenntnis der Technik einer intravenösen Injektion. Ich
sage Injektion und nicht Infusion, denn die von uns an¬
gewandte Technik stellt in der Tat nicht mehr eine „Infusion“
vor, sondern bedeutet nichts anderes, als die Einspritzung
des Medikamentes in eine Vene. Ich habe die Technik sowohl
in der Klinik als in der Privatpraxis seit über einem Jahr an
über tausend Injektionen ausprobiert und kann sagen, dass
dieselbe verblüffend einfach ist, besonders seitdem wir aus¬
schliesslich „Neosalvarsan“ anwenden.
Man benötigt, wenn es sich um Salvarsananwendung handelt,
folgende Dinge : r
a) Ein E rj e n m e y e r sches Kölbchen von 300 — 500 g Inhalt,
b) ein auskochbares Glasgefäss von 20 g (dazu kann jedes Pillenglas
verwendet werden), c) eine Rekordspritze von 10g.
Wendet man Neosalvarsan an, so fällt b) fort. Nach meinen
neueren Erfahrungen wende ich ausschliesslich Neosalvarsan an.
Letzteres ist bekanntlich in Wasser löslich. Zur Lösung benutze ich
5 — 10g Leitungswasser, das ich mir im Erlenmeyer über Gas
oder Spiritusflamme einmal gründlich aufkoche (5 Minuten). Das
Kölbchen ist bis zum Gebrauch mit Wattepfropf verschlossen. Das
gekochte Wasser muss zum Gebrauch abgekühlt sein, kann also
1 — 2 Stunden nach dem Kochen gebraucht werden oder muss unter
der Wasserleitung abgekühlt werden. Zur Injektion darf die Flüssig¬
keit nicht über 30° warm sein. In die vorher mit Alkohol absolutus
ausgespritzte und gut lufttrocken gemachte bezw. ausgekochte Re¬
kordspritze schüttet man, während man das untere Ende mit dem
Finger zuhält,' 5—8 g des gekochten Wassers, nachdem man un¬
mittelbar zuvor das Neosalvarsanröhrchen mit der Feile geöffnet
hat. Das Salz wird sofort in die Rekordspritze geschüttet, der
Spritzenstempel darauf gesetzt und nun i n der Spritze die Lösung
durch mehrfaches Hin- und Herschütteln erzielt. Die Lösung des
Neosalvarsans geht somit unter Luftabschluss vor sich und erfolgt
in V\ — A Minute. Man muss so lange warten, bis alle Brockel
gelöst sind, was durch häufiges Schütteln der Spritze bequem er¬
reicht wird. Die Einspritzung erfolgt in die Armvene, die durch
Bindentour vorher eben gestaut ist. Kurz zusammengefasst ist der
Gang der Dinge also folgender: Der Patient wird auf einem Opera¬
tionstisch flach mit entblösstem Arm gelagert. Das Gebiet der Ellen¬
beuge wird mit Alkohol gesäubert. Um den Oberarm wird eine
Staubinde leicht umgelegt, so dass der Radialpuls noch gut zu fühlen
ist. Das Neosalvarsanröhrchen wird mit der Feile geöffnet und
bequem erreichbar hingelegt. Mit der linken Hand nimmt der Arzt
die Rekordspritze, deren untere Oeffnung er mit dem Finger ver-
schliesst. ln die Spritze werden 5 — 8 g des gekochten Wassers ge¬
schüttet und in dieses Wasser das Neosalvarsan. Die Lösung wird
durch mehrfaches Schütteln erzielt. Die fertige Spritze wird mit der
Nadel armiert und in die rechte Hand genommen. Die gut sichtbare
oder fühlbare Vene wird (während der Stauschlauch noch liegt) ange¬
stochen und der Spritzenstempel ein wenig zurückgezogen.
Dann muss ein Blutstrahl in die Spritze dringen als Beweis, dass die
Nadel gut in der Vene liegt. Während man nun die Spritze un¬
verändert liegen lässt, löst man mit der linken (freien) Hand den
Stauschlauch und spritzt nun langsam die Lösung ein. Die In¬
jektion verursacht, wenn man darauf achtet, dass die Nadel gut in
der Vene liegt, was ja aus dem beim Anziehen des Stempels ein¬
tretenden Blutstrahl erkennbar ist, keinerlei Schmerzen. Ist
dies der Fall oder bildet sich an der Injektionsstelle eine Quaddel,
so hat die Nadel sich verschoben und die Flüssigkeit dringt in das
subkutane Gewebe. Dieser Zwischenfall ist deshalb unerwünscht,
weil der Patient bei dieser „subkutanen Injektion“ einige Tage er¬
hebliche Schmerzen an der Injektionsstelle bekommt, die Umschläge
und Narkotika erheischen. Ueble Nachwehen habe ich nach den un
freiwilligen subkutanen Injektionen von Neosalvarsan sonst nicht gu
sehen. Nebenbei bemerken will ich, dass in einzelnen Fällen du
intramuskuläre Injektion in Frage kommen kann. Die intravenös,
verdient aber ganz entschieden den Vorzug.
Die beschriebene Technik gilt, wie ich wiederholt bemerke, n u i
für Anwendung des Neosalvarsans. Beim Salvarsn
ändert sie sich insofern, als man die s a u r e Lösung des Salvarsans ii
Wasser in der konzentrierten Form nicht ohne weiteres injizierei
darf, jedenfalls fehlen mir hierüber Erfahrungen. Wenn ich auch jd
mehreren Hunderten von Injektionen das Präparat in saurer Lösuiij,
injiziert habe, so handelte es sich hierbei um Infusionen mi
stark verdünnter (mit 250 g Kochsalz) Lösung. Wil
man Altsalvarsan anwenden, so muss aus der sauren Lösung durch
Natronlauge das Natronsalz ausgefällt werden. Die Zubereitung
der Injektionsflüssigkeit erfolgt dann in folgender Weise: Man lös!
in dem ausgekochten Pillenglas das Salvarsan in 5 — 8 g Wasser
Nach völliger Auflösung des Salzes setzt man tropfenweise von e:ne|
ISproz. Natronlauge 10 Tropfen zu. Hierbei tritt in der anfangs
völlig klaren Salvarsanlösung eine Ausfüllung ein, die sich bei
kleineren Dosen (0,3 und 0,4) schon bei 8 Tropfen der Natronlauge
wieder zu einer klaren Lösung auflöst. Ist das der Fall, so ist ditj
Injektionsflüssigkeit fertig. Andernfalls, besonders auch bei Dose:
über 0,4, muss man mit dem Zufügen der Natronlauge in Tropier
fortfahren, so lange, bis die Lösung völlig klar ist. Nicht unpraktisch
ist es besonders für den Anfänger, einen Tropfen einer lOproz. Phenol)
phthaleinlösung der sauren Salvarsanlösung zuzusetzen. Die LösunJ
färbt sich dann im Moment der völligen neutralen bezw. beginnende;)
alkalischen Reaktion rot. Die Menge der zu injizierenden Flüssig
keit wird durch den Zusatz der Natronlauge etwas grösser als bet
der Neosalvarsananwendung, bleibt aber immer noch $ :
gering, dass sie sich mit einer 10 g haltenden Re
kordspritze in die Vene einspritzen lässt. Der Unter!
schied liegt also darin, dass das Neosalvarsan nach der Auf)
lösung in Wasser sofort gebrauchsfähig ist, währen«
das Altsalvarsan aus der sauren Lösung in Wasse
durch Natronlauge in die alkalische bezw. neutral!
Verbindung überführt werden muss. Da meiner Er
fahrung nach das Neosalvarsan dem Altsalvarsan gleichwertig, wen)
nicht überlegen ist in Bezug auf Wirksamkeit und Verträglichkeit
so empfehle ich für den Praktiker die Anwendun:
des Neosalvarsan s'ausschliesslich.
Meine Technik unterscheidet sich von der bisher übliche'
dadurch, dass ich grundsätzlich keine Infusione:
mehr mache, sondern lediglich die Injektion de
Lösung in der konzentrierten Form in die V e n ^
Anfänglich gehegte Bedenken theoretischer Natur, ob di
Venenwand die Berührung mit der konzentrierten Lösung ver
tragen werde, haben sich als nicht gerechtfertigt erwieset
Wir haben bei richtig ausgeführter Injektion niemals ein
Thrombose gesehen oder sonstwie eine Schädigung de:
Venenwand. Die Einspritzung der kleinen Flüssigkeitsineng,
in die Vene geht ja auch so rasch vor sich, dass von vorn
herein eine viel geringere Schädigung der Venenwand zu er
warten ist bei der Einverleibung der kleinen Menge, als b(
der alten Methodik, bei der die Infusion doch immerhin 5 bi
10 Minuten dauerte je nach der Weite der Vene und der Dick
der Infusionsnadel. Ein Vorteil unserer Technik liegt auc1
darin, dass wir ganz dünne Nadeln nehmen und somit auc)
bei schwer sichtbaren Venen das Lumen so gut wie imme
treffen. Wenn man bedenkt, dass zur Lösung nur im ganze
10 g Wasser benutzt werden, so leuchtet ein, dass mit diese:
geringen Menge Wasser erheblich weniger Keime in die Blut
bahn gelangen müssen als bei der sonst üblichen Technik, bt
der der „Wasserfehler“ selbst bei der sorgfältigsten SterilisatiO;
nicht ganz auszuschliessen ist. Auch darin sehe ich eine,
nicht unerheblichen Vorteil, dass an Stelle des umfangreiche
Instrumentariums, das nur schwer steril zu halten ist, di
Rekordspritze getreten ist, die jeder Arzt handhabe
kann und vor allem auskochen bezw. durch Alkohol steril
sieren kann. Es ist also durch unsere Technik sowohl de
Gebrauch der notwendigen Zugaben auf das geringste bt
schränkt, als auch das Instrumentarium so vereinfacht, da?
es jedem in der Allgemeinpraxis stehenden Kollegen mögliQ
sein wird, sich die notwendigen Utensilien ohne Schwierig
keit zu verschaffen bezw. zusammerizustellen. Bezüglich dt
Dosis des Neosalvarsans rate ich mit kleinen Dosen (0,3 bi
0,4 Salvarsan gleich No. III bezw. IV Neosalvarsan) zu bt
ginnen. Während ich die Höchstdosis des Neosalvarsans be¬
lang auf 0,9 (gleich 0,6 Altsalvarsan) berechnete, bin ich neue;
dings in einzelnen Fällen zu grösseren Dosen iibergegangei
Im allgemeinen aber halte ich an meinen auf der letzte
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
693
^pril 1913,
I urforscherversammlung in Münster i.' W. 1912 gemachten
: :aben fest, wonach es sich mehr empfiehlt, kleine Dosen
r häufiger zu geben (bei Abortivkuren 5—8 in 6 Wochen),
den Praktiker rate ich aber mit 0,3 (No. III) zu beginnen
die Dosis No. VI (gleich 0,6 Altsalvarsan) nicht zu über-
eiten. Die Packung des Neosalvarsans ist insofern recht
:iem, als die Nummer der Salvarsandosis der
hl nach entspricht. Also z. B. 0,4 Altsalvarsan wollte
i geben, so verschreibt man No. IV Neosalvarsan.
Nach meinen Ausführungen kann für den Praktiker die
/endung des neuen Präparates nicht mehr als ein Kunst-
k gelten. Wer Wasser kochen kann, gelernt hat, Instru-
te aseptisch zu halten, und in der Injektion eines Medi-
entes in eine Vene nicht gar zu ungeschickt ist, darf sich
die Technik der Neosalvarsaninjektion machen. Auf die
re, ob nur Salvarsan oder gemischte Kuren, sowie auf die
re der Luestherapie auf Grund unserer neuen Erfahrungen
haupt, gehe ich hier nicht ein, mir lag nur daran, im Inter-
unserer Luespatienten der Neosalvarsananwen-
l g in den Kreisen der ärztlichen Praktiker einige Anhänger
rewinnen. Dass die Diagnose bei Abortivkuren, also bei
läraffekt ohne Sekundärerscheinungen, durch Spiro-
ennachweis bezw. WaR. gesichert sein muss, bedarf keiner
terung. Im allgemeinen kommt meiner Erfahrung nach
Allgemeinpraktiker vielfach mit der klinischen Diagnose
da die Fälle in einem Stadium zu ihm kommen, in denen
Diagnose klinisch einwandfrei gestellt werden kann. In
ifelfällen dürfte bei unseren jetzigen Verkehrsmöglich-
n es zu erreichen sein, die Diagnose durch einen Fach-
i stellen bezw. erhärten zu lassen. Für die erfolgreiche
‘ r a p i e der Lues bedürfen wir aber der Hilfe der Prak-
, umsomehr, als die Hoffnung, das Salvarsan kürze die
?r der Behandlung der Syphilis ab, sich als ein
' c h e n glaube erwiesen hat. Es wäre sehr zu
?chen, dass die leider in vielen Aerztekreisen, vor allem
in Kreisen des Publikums noch sehr verbreitete Meinung,
ei die Lues mit einer einmaligen Salvarsankur mit oder
Quecksilber zu heilen, endgültig verschwände.
Salvarsan hat uns einen Fortschritt gebracht, aber diesem
schritt gegenüber überwiegen nicht selten die Nachteile,
lern Patienten und seiner Umgebung daraus erwachsen,
er meint, nach einer Salvarsankur sei nun „alles
d e r g u t“. Ergibt dann noch die Wassermann sehe
tion zum Glück oder vielmehr zum Unglück ein „n e g a -
;s Resultat“, so kommt der Patient triumphierend
einem Zettel „mein Blut ist rein“ zurück, um nach
u- Zeit trotz negativem Wassermann mit dem Rezidiv
was noch schlimmer ist, mit der infizierten Frau zu¬
mkommen. Ich betone diese Schattenseiten der neuen
ipie so nachdrücklich, weil derjenige, der Salvarsan oder
alvarsan anwenden will, bei seinen Patienten, die Pflicht
lafür zu sorgen, dass dem Kranken das Vor-
il genommen wird, er werde nach einer
,,g esund“ sein. Die oft recht herben Enttäuschungen,
ir nach allzu hoffnungsfreudiger Bewertung des Salvar-
von anderer Seite, gesehen haben, schadeten dem Mittel
?r Erfahrung nach oft mehr, als die gewiss staunens-
‘n unmittelbaren Erfolge genutzt haben. Ich weiss sehr
dass die Zeit zur Beurteilung der Dauererfolge noch
kurz ist, muss aber anderseits betonen, dass die Zahl der
ich reinen Beobachtungen über Salvarsan- bezw. Neo-
rsandauerwirkungen doch recht klein ist, und zwar, weil
n meisten Stellen die kombinierte Behandlung,
zwar mit energischen Hg-Präparaten,
früh angewandt und empfohlen wurde. Ich habe in der
rücklichsten Empfehlung der gemischten Behandlung von
erein eine Schwäche der Salvarsantherapie
cn und halte alle Ergebnisse, so bestechend sie auch sein
T nicht für beweisend für die Bewertung des Salvar^ans
h. Nach Abschluss meiner Erfahrungen werde ich über
e Salvarsantherapie berichten, die ich an einer
-■ren Reihe von Fällen seit über einem Jahr durchgeführt
Soviel steht heute schon fest, dass eine Behandlung
vphilis lediglich mit Salvarsan durchführbar ist,
sie sich theoretisch auf das beste begründen lässt und
j dass sie Dank unserer neueren Technik sich ohne Beschwerden
für den Patienten und, was die Hauptsache ist, ohne Gefahren
für ihn gestalten lässt. Vielleicht veranlassen unsere guten
Erfahrungen mit der vereinfachten Anwendungsmöglichkeit
auch andere Stellen zu Versuchen in der Richtung.
Ueber das Anovarthyreoidserum.
Von Dr. Rudolf Hoff mann in München.
Ueber die erfolgreiche Anwendung des Serums schild¬
drüsenberaubter Hammel (Antithyreoidin Moebius) bei Morbus
Basedowii berichten eine grosse Anzahl von Publikationen.
Leider fehlen solche über eine kritische Erprobung desselben
bei einer fortlaufenden Reihe von Basedowfällen, die gewiss
auch Versager ergeben und vielleicht einen Rückschluss er¬
laubt hätten, bei welchen Formen von Hyperthyreoidosen und
in welchen Dosen das Serum weniger oder nicht wirksam ist.
Dass man nicht in allen Fällen von Morbus Basedowii mit
ihm die gleichen Resultate erreicht, wird bei der Vielgestaltig¬
keit des Krankheitsbildes nicht auffällig erscheinen.
Ich wies wohl als erster Q auf die Bedeutung der Neben ¬
nieren für die Entstehung des Morbus Basedowii hin, den ich
als: Hyperthyreoidose plus relativer Insuffizienz der Neben¬
nieren kennzeichnete. Für diese meine Auffassung spricht die
Beobachtung von Hoskins2), dass bei Schilddrüsenfütterung
in 25 Proz. der Fälle Nebennierenhypertrophie auftritt, sowie
die Mitteilung Fränkels3), dass bei Morbus Basedowii
Adrenalinämie besteht. Wenn trotzdem im klinischen Bilde
die Zeichen von nicht kompensierter Ueberfunktion der Schild¬
drüse hervorstechen, solche einer Mehrleistung der Neben¬
nieren aber nicht vorhanden sind, im Gegenteil Symptome
einer mangelhaften Adrenalinproduktion (Pigmentationen etc.)
auftreten, so erscheint die Annahme „einer relativen Insuffi¬
zienz der Nebennieren“ berechtigt; die Basedowsche
Krankheit stellt eine unkompensierte Hyper¬
thyreoidose dar.
Man wird einen primären und einen sekundären Morbus
Basedowii unterscheiden müssen, welch letzterer z. B. durch
Störungen in der Funktion anderer Drüsen mit interner Se¬
kretion entstehen kann 4), die zu antagonistischen oder kom¬
pensatorischen Zwecken eine Mehrleistung der Schilddrüse
hervorrufen. Das Ovar dürfte dabei an hervorragender Stelle
stehen. H a 1 1 i o n 5) beobachtete am Hund, dass nach Ovar¬
gaben eine enorme Volumenzunahme der Schilddrüse unter
Absinken des Blutdruckes auftritt (ohne Vermittlung des N.
laryngeus sup. durch die direkte Einwirkung auf die epi¬
thelialen Elemente der Schilddrüse). Beim Menschen finden
wir etwas Entsprechendes in dem prämenstruellen An¬
schwellen mancher Schilddrüsen.
In Fällen von sekundärem Morbus Basedowii wird Anti¬
thyreoidin weniger wirksam sein.
Das Serum schilddrüsenloser Hammel wirkt aber auch bei
Osteomalazie, wo wir eine quantitativ vermehrte, vielleicht
eine qualitativ veränderte Ovarialfunktion annehmen dürfen.
Bei Beschreibung eines solchen Falles Q erwähnte ich, dass
ich bereits 1906 der Firma Merck die Herstellung eines
Serums eierstockberaubter Schafe vorschlug, welches bei
Osteomalazie verwendet werden sollte. Die Firma gab es
später unter dem Namen Antimalazin heraus und Cramer-
Bonn °) berichtete über erfolgreiche Darreichung. Ich habe
mm ein Serum von thyreoid- und ovariektomierten Schafen
herstellen lassen. Herr Dr. Klewe-Nebenius, Oberarzt
der bad. Pflegeanstalt Emmendingen, hatte die Güte, es u. a.
in einem Falle von Osteomalazie zu verwenden, über den er
berichtet:
M. St., geboren 1878, ledig, kinderlos, Tochter eines Schnaps¬
trinkers, dessen Schwester geisteskrank war, das 10. von 12 Ge¬
schwistern^ Als Kind eigensinnig, gut begabt: später als Dienst-
Q R. Hoff mann: Serumuntersuchungen bei Thyreoidosen.
Münch, med. Wochenschr. 1908, No. 8.
2) Hoskins: Journ. of the American med. Assoc., 12. XI. 10.
3) Frankel: Arch. f. exper. Path. u. P’narmak. 1909, Bd. 60.
4) R. Hoffmann: Beitrag zur Lehre vom M. Basedowii.
Zeitschr. f. klin. Med., Bd. 69, H. 3/4.
5) Hall io n: Compt. rend. soc. biol. 1907, Bd. 63, S. 40.
*) Cramer: Münch, med. Wochenschr. 1909, No. 15.
694
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
mädchen tüchtig und geschätzt; bis aut Bleichsucht stets gesund. An¬
fang 1898 vergesslich und unzuverlässig in der Arbeit. Seit 15. II. 98
in Irrenanstalten, erst Burghölzli-Ziirich, seit 15. II. 00 Emmendingen.
Es handelte sich um eine Katatonie, die bei ihrer Aufnahme hier
schon in schwere Verblödung ausgegangen war. Pat. konnte nur bei
ganz einfachen, mechanischen Arbeiten beschäftigt werden. Seit 1906
war sie zu solcher Tätigkeit wegen zunehmender Unordentlich¬
keit und Neigung zu Gewaltakten nicht mehr fähig. Sie wurde dann
lange Zeit mit Bettruhe behandelt. Im Laufe des Jahres 1910 traten
üehstörungen auf, die anfangs als katatone Manieren gedeutet, all¬
mählich immer schwerer wurden. Pat. konnte sich schliesslich nur
noch mit Unterstützung fortbewegen; die Fiisse klebten am Boden,
wurden in kleinen drehenden Schritten fortgeschoben, anscheinend
unter stärkeren Schmerzen. Im weiteren Verlaufe treten erhebliche
Verbiegungen am Rumpfe auf; die Wirbelsäule ist kyphotisch ver¬
krümmt, das Brustbein nach vorn ausgebogen, die Symphyse springt
in spitzem Winkel vor. Der Kopf ist auf die Brust gesunken, das
Abdomen zeigt tiefe Querfalten, die Körperlänge, bei der Aufnahme
163cm, ist auf 152cm zurückgegangen; selbständige Fort¬
bewegung ist unmöglich — kurz das ausgesprochene Bild
schwerer Osteomalazie. Am 16. IV. 12 begann die Behandlung mit
Anovarthyreoidserum. Es wurde in Zwischenräumen von 3 — 5 Tagen
9 mal je 10 ccm subkutan eingespritzt, so dass Ende Juni die Kur
beendet war. Die Injektion war einige Male von leichten Exanthemen
gefolgt, die Urtikaria- und Erythemcharakter besassen und ohne
weitere Störungen in 24 — 48 Stunden verschwanden; einmal trat vor¬
übergehende Temperaturerhöhung auf 38° ein. Im übrigen wurden
die Einspritzungen gut vertragen.
Im Verlauf der Behandlung war nun eine wesentliche Besserung
insofern zu beobachten, als die Kranke anfing, selbständig zu gehen;
ihre Bewegungen sind rasch und anscheinend schmerzlos geworden,
auch Druck auf Thorax und Wirbelsäule erzeugt keine Schmerzen
mehr. Pat. steht täglich, soweit es der psychische Zustand er¬
laubt, auf, steigt ohne Hilfe Treppen, geht spazieren. Die
Menses, die vor der Behandlung vielfach einen oder mehrere Ter¬
mine aussetzten, sind auch jetzt noch nicht ganz regelmässig. Der
psychische Befund ist ganz unverändert geblieben. Die erreichte
Besserung hat bis heute, 24. XI. 12, standgehalten.
Ueber die Wirksamkeit des Anovarthyreoidins bei Hyper-
thyreoidosen sind Untersuchungen im Gange.
Die Frage nach dem wirksamen Stoff in dem Serum
schilddrüsenberaubter Tiere habe ich seinerzeit ') 4) mit dem
Hinweis auf das Vorkommen von adreninartigen — richtiger
gesagt: am ausgeschnittenen Froschauge mydriatisch wir¬
kender — Körper in demselben beantwortet.
Entfernt man einem Schafe die Schilddrüsen und die
Ovarien, so werden zunächst die Sekrete der antagonistisch
wirkenden Gruppe im Serum des Versuchstieres überwiegen,
Nebenniere, Pankreas (Hypophysis?). Renon (Journal des
Praticiens 1908, No. 30) gibt an, dass nach Thyreoidektomie
die Funktion von Nebenniere und Hypophysis gesteigert ist.
Nach einiger Zeit wird sich die vermehrte kompensato¬
rische Tätigkeit gleichsinnig arbeitender endokriner Drüsen
geltend machen. Vielleicht ist dementsprechend die Wirkung
des Antithyreoidins zum Teil abhängig von dem Zeitpunkte der
Serumentnahme, kurze Zeit nach der Strurnektomie dürfte es
am wirksamsten sein.
Ueber die physiologischen Qualitäten des Serums wird
von anderer Seite berichtet werden.
Auf Grund des Erfolges des Serums bei Osteomalazie
könnte man vermuten, dass es denjenigen Stoffen nahesteht,
die man organotherapeutisch bei dieser Krankheit mit Erfolg
gegeben hat: dem Adrenalin (B o s s i) und dem Pituitrin
[Bab7), Neu8)].
Der epitheliale Anteil der Hypophyse hypertrophiert phy¬
siologischerweise in der Gravidität, durch welche die Osteo¬
malazie verschlimmert wird, die wiederum durch Pituitrin
sich günstig beeinflussen lässt. Die Hypertrophie desselben
Hypophysenabschnittes, wie sie bei Akromegalie auftritt, setzt
die Funktion der Ovarien herab: da liegt die Vermutung nahe,
dass die Hypertrophie der Hypophyse imstande ist, gewisse
Wirkungen der veränderten Ovarleistungen zu neutralisieren,
z. B. den Einfluss auf den Knochenkalkwechsel. Störungen
des letzteren werden sich dann geltend
machen, wenn die Vergrösserung der Hypo¬
physis während der Gravidität aus irgend
welchen Gründen nicht ein tritt (während die
Thyreoidea, deren Extrakte nach Renon die Tätigkeit der
7) Bab: Münch, med. Wochenschr. 1911, S. 1814.
8) Neu: Zentralbl. f. Gynäkol. 1911, No. 35.
No. 1
Hypophyse herabsetzt, eine sekretorische Ueberleistm
iHoennicke] zeigt).
Ich möchte auf das Gegensätzliche der klinischen und an
tomischen Befunde bei Morbus Basedowii und Osteomak,/
einerseits und Myxödem und Akromegalie andererseits in ein
Tabelle hinweisen:
Mehrleistung Minderleistung
M. Basedowii Thyreoidea, Thymus Nebennieren (Hypoph.
Osteomalazie Ovar, Thyreoidea Hypophyse, Nebenniei;
Myxödem Nebennieren, Hypophysis Thyreoid., Ovar (Thym i
Akromegalie Hypophysis, Nebennieren Ovar, Thyreoidea
Man wird erwarten dürfen, dass bei den genannt
Affektionen Zufuhr der Produkte der minderleistenden Driisi
therapeutisch wirksam sein dürften, wenn auch nicht in des¬
selben Grade, wie die operative Sekretionsbeschränkung d
hyperfunktionellen Drüsen, soweit sie technisch auszuführen ij.
In der Frage der Behandlung durch spezifische Zytotoxi:
sind die Akten wohl nicht geschlossen.
Es erscheint wahrscheinlich, dass das Anovarthyreoi-
serum besonders die wirksamen Komponenten der Neba-
nieren- und Hypophysissekrete zur Geltung bringt.
Auch die Milch entsprechend vorbehandelter Zieg!i
liesse sich verwenden.
Untersuchenswert ist es, ob tierisches Normalserm
ähnlichen Erfolg zeitigt.
Das Serum kann per os wie das Antithyreoidin gegehi
werden, sowie subkutan in der Dosis von 5—10 ccm in Ab¬
ständen von 3 — 5 Tagen.
Gegenüber dem Pituitrin und Adrenalin hat das Serum cji
grossen Vorzug, dass es nicht Extrakte, sondern Sekrete er
erwähnten Drüsen enthält. Ist die Zuführung von Hypophys-
! stoffen erwünscht, so wird sich die Verwendung des fj-
traktes des epithelialen Hypophysisanteils eventuell mit lu
balen Injektionen fl) empfehlen.
Ausser bei den erwähnten Affektionen könnte man ds
Serum auch bei Rhachitis versuchen, da hier histologisch ir
Osteomalazie gleiche Bilder auftreten. Wahrscheinlich hanu
es sich bei dieser Erkrankung um eine Störung im funktionell]
Bereich der Thyreoidea-Hypophysisgruppe. Dafür sprecljn
I die Erfolge der Adrenalin- (Stöltzner) und der Phosph -
behandhtng, sowie der Umstand, dass beim Myxödem, das f:
als chronische Intoxikation durch Stoffe der Nebennier ■
gruppe auffasse, nie Rhachitis zu beobachten ist 4).
Ferner wäre das Anovarthyreoidinserum bei Puberta-
psychosen zu erproben; Kraepelin erwähnt diffuse VN
grösserung der Schilddrüse als ein Begleitsymptom der I-
mentia praecox. Berkley sowie van d. Sehe er ■
richten über Erfolge des „Treatment of catatonia by pari
thyreoidectomy“. Vielleicht spielt bei der Katatonie c
| Hypophysis eine Rolle, da die Thyreoidea selbst dem pl-
pierenden Finger kein ausgesprochenes Krankheitszeich
bietet.
Bei der Behandlung anaphylaktischer Zustände, z. B. bjr
Heufieber, sowie bei Vasodilatatorenneurosen im Kopfberejl
(Ohrgeräusche), vielleicht auch bei der Otosklerose, könnte ü
Serum gleichfalls herangezogen werden.
Synthetisches Hydrastinin- Bayer, ein Ersatz für Er
Hydrastis canadensis fluidum.
Von Prof. Dr. H. Walther in Giessen.
Wenn man die gynäkologischen Blutungen in Bezug i!
ihre nicht operative, symptomatische und medikament»
Therapie überschaut, so wird man für eine Reihe von Füu
der hämostyptischen Mittel nicht ganz entraten können. :
ist dabei selbstverständlich, dass man nicht kritiklos die :
oder jenes Hämostatikum verschreibt, sondern in jedem Ein,!
falle prüft, ob und inwieweit überhaupt ein styptisches Mi?
zur Anwendung kommen kann und darf, und auf welche Wh
dieses einwirken soll. Denn es gibt Fälle, wo styptis^
Mittel, die sonst prompt wirken, gänzlich versagen, z. B. 1
9) R. Hoffmann: Lumbale Hypophysin-Injektionen. Zelts >
f. klin. Medizin, Bd. 76, 5/6.
1. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
695
lekannten Ergotinpräparate da, wo die Uterusmuskulatur
durch Veränderungen im Myometrium eben geschwunden ist;
i ingekehrt, dass da, wo es auf eine gute Kontraktion kon¬
traktionsfähiger Muskulatur ankommt, z. B. post partum,
Ergotinpräparate eine ausgezeichnete Wirkung entfalten. In
dieser Hinsicht ist bei allen Fällen von Blutungen eine genaue
\nalyse des Falles erforderlich, wenn man nicht in den Fehler
verfallen will, einfach nach Schema F zu verordnen 1).
Jedenfalls steht fest, dass der Praktiker, wie die Erfahrung
ehrt, interne Mittel bei der Behandlung von Blutungen nicht
■tanz entbehren kann. Hat sich in der Geburtshilfe das Ergotin
nit seinen Präparaten dauernd einen Platz errungen — auf
irund reichlicher persönlicher Erfahrungen bevorzuge ich das
>ekakornin Roche, auch wenn dieses ausgezeichnete Präparat
mbegreiflicherweise auf die negative Liste gekommen ist — ,
;o hat sich in der Gynäkologie seit langer Zeit das von
Schatz empfohlene Fluidextrakt der radix Hy-
Irastis canadensis eingebürgert. Immerhin hat dieses
3räparat so viel Schattenseiten und Unannehmlichkeiten, schon
;eines widerlichen Geschmackes wegen, dass man sich wun¬
dern muss, dass die chemische Industrie nicht schon lange
■ in Ersatzpräparat hergestellt hat. Denn auch in der Zu¬
sammensetzung ist das Präparat nicht gleichmässig bezüglich
seines Gehaltes an der wirksamen Substanz (Hydrastin),
velcher, worauf Lehmann2) u. a. neuerdings aufmerksam
nachte, zwischen 0,3 und dem vorgeschriebenen Prozentgehalt
on 2,2 Proz. schwankt. Weiterhin ist zu bedenken, dass das
lydrastin kein ganz gleichgültiges Präparat ist, insofern es
ils Krampf- und Herzgift bekannt ist. Der scheussliche Ge-
schmack ist trotz vielfacher Versuche nicht zu verdecken.
>chon 1892 haben wir in hiesiger Klinik auf Löhleins Ver-
inlassung Versuche mit Hydrastinin (das Oxydationsprodukt
les Hydrastins) in Form von Gelatineperlen und auch subkutaner
njektionen gemacht, mit recht gutem Erfolg, jedoch stand der
Einführung des Präparates in der Praxis der enorm hohe Preis
0,1 g= 1,15 M„ 0,01 = 15 Pfg.) entgegen. Inzwischen ist
n geeigneten Fällen das Fluidextrakt durch die Cotarninprä-
tarate, Styptizin Merck und Styptol K n o 1 1 ersetzt worden,
mmerhin war ein geeigneter Ersatz für Hydrastinin noch nicht
;cfunden.
Um so erfreulicher ist es, dass es neuerdings den Farb¬
werken Friedr, Bayer & Co., Leverkusen 2), gelungen ist,
nf synthetischem Wege aus dem Heliotropin, dem Riechstoff
ler Heliotropblüte, durch ein von Becker angegebenes Ver-
ahren ein ebenso wirksames, dabei aber auffallend billiges
lydrastininpräparat herzustellen, über dessen Anwendung be-
eits eine Reihe von wertvollen Mitteilungen gemacht ist 3).
Durch die Freundlichkeit der genannten Firma wurde mir
'ereits vor einem Jahre zu Versuchszwecken das synthetische
Lvdrastinin zur Verfügung gestellt, welches nunmehr in zwei
'ormen hergestellt wird:
1. Liquor Hydrastinini synthetici „Bayer“ in Originalpackung
u 10,0 und 25,0.
2. Tablettae Hydrastinini hydrochlorici „Bayer“, No. XV ä 0,025 g.
Der Preis der Originalpräparate ist im Vergleich zu Extr. fluid.
lydrastis canadensis (25,0 = 4.55 M. mit Tropfglas) ein wirklich
illiger zu nennen: in Originalpackung kosten 10,0 = 1.25 M„
5.0 — 2.50 M„ 15 Stück Tabletten ä 0,025 = 2 M.
Die Tropfen werden in einem Esslöffel Zuckerwasser genommen,
dimecken etwas nach Pfefferminz, sind leicht bekömmlich und wer-
en niemals verabscheut im Gegensatz zu dem Hydrastisextrakt. Die
abletten sind mit Zucker überzogen und versilbert, so dass beim
chlucken der bittere Eigengeschmack des Hydrastinins nicht zum
erschein kömmt. Der Vorteil des neuen Präparats ist in prak-
scher Hinsicht der gute Geschmack der Bay ersehen Tropfen, die
ichte Bekömmlichkeit und vor allem die Wirksamkeit des Prä¬
‘) In einem ausführlichen Aufsatz über Blutungen in der gynüko-
■gischen Praxis habe ich versucht, eine Analyse gynäkologischer
üutungen zu geben und die zur Anwendung empfohlenen Mittel kri¬
sch _ zu prüfen. Vgl. Walther, Blutungen in der gynäkologischen
’raxis. 1912. Verlag von Ko ne gen, Leipzig.
2) Vgl. Becker: Zeitschr. f. angewandte Chemie 1911, Heft 40,
e h m a n n : Allg. med. Zentralztg. 1912, No. 39, und Seel: Zeitschr.
angewandte Chemie 1912, No. 43.
j . 3) Lehmann: 1. c.; Freund: Therap. Wochenschr. 1912,
o. 5, Ziegenspeck: Med. Klinik 1912, No. 43; Offergeld:
;erl. klin. Wochenschr. 1913, No. 2; Dtihrssen: Berl. klin. Wochen-
chrift 1913, No. 2; Crede-Hörder: D. med. Wochenschr. 1912,
■o. 39; Merck el: Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 35.
parates, die hinter derjenigen der Hydrastis keineswegs zurücksteht,
\\ obei noch ein weiterer Punkt Beachtung verdient, nämlich dass es
das Heizgift Hydrastin nicht enthält und ein konstantes, gleichartiges
Praparat darstellt.
Uebei das B a y e r sehe Hydrastinin sind von den genannten
Autoren bereits eingehende Mitteilungen gemacht worden, hauptsäch¬
lich über das Indikationsgebiet zur Anwendung sowie über die che¬
mische Zusammensetzung und Konstitution desselben. Um Wider¬
holungen zu vermeiden, verweise ich auf die genannten Arbeiten und
beschranke mich darauf, kurz meine mit Hydrastinin Bayer
gemachten Erfahrungen mitzuteilen, nachdem ich seit fast 1 Jahr es
in geeigneten Fällen angewandt habe. Ich kann vorausschicken, dass
sich bei den Patientinnen das Präparat, das ich vornehmlich in
Tropfenform anwandte,- ausgezeichnet eingeführt hat und meiner
Ueberzeugung nach das Hydrastisextrakt bald vollständig verdrängen
wird. Auf die „Versager“, die, wie Offergeld richtig hervorhebt,
auch hier, wie bei jedem Präparat Vorkommen können, lege ich weni¬
ger Wert, als auf die objektiv nachweisbaren Erfolge, die aber wirk¬
lich vorhanden sind.
Ich brauche bei den „Versagern“ nur an die Notwendigkeit der
Analyse des Einzelfalles, also an die anatomische Ursache der Blu¬
tungen zu erinnern, die oft das Versagen zur Genüge erklären, z. B
ein submuköses Myom, ein grosser Polyp, leicht blutende Erosion’
bei welcher das beste Hämostyptikum natürlich nichts nützen kann.
Wenn man aber das Mittel da anwendet, wo es ohne gröbere
anatomische Störungen der Uterusschleimhaut und auch der Wand
auf die direkte Einwirkung auf die Blutgefässe ankommt, da wird
man zweifellos von dem Mittel Erfolge sehen. Ich habe daher speziell
bei Menorrhagien zunächst das Mittel angewandt, vor der Periode
(ähnlich der früheren Empfehlung für die Hydrastis) prophylaktisch
2 mal 10 15 I topfen bis zum Eintritt der Periode, ferner inter menses
2— 3 mal 25—30 Tropfen in Zuckerwasser. Da, wo z. B. eine un¬
angenehme Blutgerinnselbildung geklagt wurde, liess dieselbe nach,
ausserdem ist die Dauer der Periode abgekürzt worden. Mit Rück¬
sicht darauf schien mir besonders bei jungen Mädchen in den Ent¬
wicklungsjahren das Mittel zu Versuchen geeignet, trotzdem ich in
solchen Fällen auch mit Stypticin gute Resultate sah; immerhin ist
Stypticin als Opiumalkaloid im jugendlichen Alter nicht ganz gleich¬
gültig. Gerade bei einigen wenigen Fällen von Menorrhagien
junger Mädchen zwischen 13 und 16 Jahren sah ich die
Menses erheblich besser verlaufen. Weiterhin wandte ich das Mittel
an bei anteponierenden Menses, bedingt durch Endometritis, Lage¬
veränderungen, Myomatosis uteri. In einigen Fällen gab ich es in
steigender Dosis; unmittelbar nach den Menses 2mal 10 Tropfen, in der
folgenden Woche 2 mal 15, dann 2 mal 20 Tropfen, bis die Menses
eintreten, während der ich, wie oben gesagt, 25—30. sogar 40 Tropfen
mehrmals gab, ohne dass jemals über Unbehagen geklagt wurde.
Nur bei einer nervösen Patientin setzte ich das Mittel einmal aus, da
sie eigentümliche Sensationen in der Herzgegend empfand, immerhin
der einzige Fall. Ein besonderes Gebiet zur Anwendung erscheint mir
die Neigung zu Blutungen bei Adnexerkrankungen; wir sehen immer
wieder in der konsultativen Praxis, wie sehr der Praktiker mit der
kritiklosen Ausschabung bei Adnexerkrankungen vorsichtig sein
muss 4) — sei es ein nicht diagnostizierter Pyosalpinx, sei es eine
nicht erkannte Tubargravidität bzw. ihr Folgezustand (Tubarblutmole,
I ubenabort). Will man hier ein Mittel zur Stillung der zumeist an¬
dauernden, wenn auch nicht starken Blutungen verordnen, so ist
selbstverständlich Ergotin und seine Präparate ausgeschlossen.
Stypticin, als Opiumalkaloid, käme allenfalls in Betracht. Gerade hier
halte ich aber das mehr auf die Gefässe als auf die Muskularis
wirkende Hydrastinin für sehr angebracht, wenigstens für die Zeit, bis
der Fall in seiner Natur genau erkannt ist. Auch Dührssen emp¬
fiehlt das Mittel bei chronischen Adnexerkrankungen als Palliativum
zunächst. Bei Dysmenorrhöe und bei Menorrhagien habe ich mehr¬
fach die Tropfenform angewandt und wenn auch nicht in allen, doch
der Mehrzahl der Fälle günstigeren Ablauf der Periode gesehen. Viel¬
leicht wäre hier eine Kombination mit Pantopon zu emp¬
fehlen. Für ganz besonders geeignet halte ich das Mittel nach Opera¬
tionen, d. h. kleinen operativen Eingriffen, ein Indikationsgebiet, das
auch Dührssen hervorhebt, nach Abrasionen, Entfernung von
Polypen, Exzisionen, Prolaps- und vaginalen Operationen, z. B. Fixa¬
tion des Uterus. Gerade nach Ausschabung, sofern man solche wegen
4) Analog den 3 Fällen von Hämatozele nach Ausschabung, die
ich in meiner obenerwähnten Arbeit über Blutungen in der gynäko¬
logischen Praxis erwähnte, sah ich vor 14 Tagen folgenden Fall: Die
Pat., welche ich wegen Verdacht auf Tubarschwangerschaft zur
Beobachtung im Krankenhause bestellt hatte, wurde von ihrem Arzte
im Hause „ausgeschabt“. Erfolg: die Blutungen kommen nicht zum
Stillstand, Kreuzschmerzen treten hinzu. Pat. sucht mich jetzt wieder
auf. Sie ist sehr anämisch; ich finde hinter dem Uterus eine ab¬
gekapselte Hämatozele, an der linken Kante ein Tubenhämatom. Gegen
den beständigen Blutabgang gab ich nun vorerst Hydrastinin in
Tropfen, dann in Form subkutaner Injektionen mit prompten Erfolg.
Da das Tubarhämatom noch besteht, trotzdem inzwischen die
Hämatozele etwas geschrumpft ist, habe ich die Operation natürlich
nicht umgehen können, welche meine Vermutung vollauf bestätigt
hat. Hier hat aber Hydrastinin Bayer ohne zu schaden, eine sehr
gute Wirkung gezeigt.
696
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
starker Blutungen macht, soll man der Enttäuschung der Patientin,
die eintritt, falls es nach der Operation noch blutet oder die nächste
oder überfolgende Periodenblutung übermässig stark (was häufig!)
auftritt, Vorbeugen, worauf auch Ziegenspeck hingewiesen hat.
Man gebe hier mehrere Tage post operationem die Tropfen, im Ein-
zelfalle, wenn man zugleich auf die Muskulatur der Wand einwirken
will, abwechselnd mit Ergotin (z. B. Tinct. hämostyptica Denzel oder
Secacornin), und während der zu erwartenden beiden Menses. Bei
der dritten Periode ist das Präparat meist nicht mehr notwendig.
Um nun eine etwas raschere Wirkung zu erzielen, habe ich auf
Anregung der Firma Bayer versucht, das Hydrastinin subkutan
anzuwenden. Ich habe in ca. 30 Fällen das Mittel gerade nach Opera¬
tionen angewendet und habe den Eindruck, dass es prompt und rasch
wirkt, aber gerade bei Fällen, die ich nicht der Operation unterzogen
habe, die also mehr beweisend sind, z. B. alte Hämatozele, chronische
Endometritis, Myometritis, habe ich bei der subkutanen Anwendung
von Ampullen in der Stärke von 0,0175 Hydrast. (= 27 Tropfen des
Liquor Hydr.) guten Erfolg gesehen. Reizerscheinungen traten
niemals auf. Wir hätten demnach analog den in der Geburtshilfe be¬
kannten und vielfach mit so gutem Erfolg angewandten Ergotinprä-
paraten (welchen sich ein vortrefflich wirkendes synthetisches Mittel,
das Uteramin der ehern. Fabrik Zyma anschliesst) nun auch für
gynäkologische Fälle ein Präparat zur subkutanen Injektion in Händen,
das unter Umständen vermöge seiner raschen Wirkung sehr gut zu ver¬
wenden sein dürfte, ln der Schwangerschaft habe ich das Präparat
nicht anzuwenden gewagt, da nach Kehrers Untersuchungen auch
den Hydrastis- und Hydrastininpräparaten eine kontrahierende Ein¬
wirkung auf die Uterusmuskularis inicht abzusprechen ist. Ich glaube
übrigens, dass auch in der inneren Medizin das Hydrastinin ge¬
rade in der Form subkutaner Injektionen sehr bald in ge¬
eigneten Fällen Anwendung finden dürfte (Niere, Lunge usf.).
Bezüglich des Indikationsgebietes schliesse ich mich den genann¬
ten Autoren an, hauptsächlich auf gynäkologischem Gebiete: Menor¬
rhagien, gerade solchen ohne erhebliche anatomische Veränderungen
der Uterusschleimhaut, vielmehr den durch Funktionsstörungen sei¬
tens der Ovarien und chronischen Adnexerkrankungen bedingten --
Dysmenorrhöe, kompliziert durch Menorrhagien — , bei Lageverände¬
rungen des Uterus und der Scheide — auch sekundären Blutungen bei
Organerkrankungen, z. B. bei Herzfehler, Emphysem, Lebererkran¬
kungen — , schliesslich chronischer Endometritis mit Neigung zu
Menorrhagien, selbst bei atypischen Blutungen (sofern solche nicht
durch anatomische verdächtige Veränderungen bedingt sind), bei
Myomatosis uteri, besonders subserösen und intramuralen Myomen.
Nachdem ich das Präparat innerhalb eines Jahres gründ¬
lich in praxi erprobt habe, glaube ich ein Urteil dahin abgeben
zu können, dass das synthetische Hydrastinin Bayer eine
wertvolle Bereicherung des Arzneischatzes,
wesentlich für gynäkologische Blutungen, vermutlich aber
auch solchen in der inneren Praxis (Hämoptoe, Epistaxis,
Nieren- und Darmblutungen?) darstellt. Ich hoffe, dass dem
Präparat nicht das gleiche Schicksal beschieden ist, das meines
Erachtens nach dem in der Geburtshilfe so prompt wirkenden
Sekakornin Roche zu Teil wurde, nämlich dass es auf die
negative Liste der Arzneimittel kommt. Ich kann die An¬
wendung in der oben beschriebenen Form, ganz besonders in
Form der subkutanen Injektion, dem Praktiker rückhaltlos
empfehlen und bin überzeugt, dass der Arzt froh ist, statt der
von der Frauenwelt viel gehassten „schwarzen“ Hydrastis-
tropfen jetzt ein ebenso wirksames wie wohlschmeckendes
Präparat verschreiben zu können.
Versuche über die harten Röntgenstrahlen (mit Berück¬
sichtigung der Tiefenbestrahlung).
Von Ingenieur Friedrich Dessauer in Frankfurt a. M.
(früher Aschaffenburg).
Die Entwicklung der Kenntnis und Anwendung der
X-Strahlen entbehrt nicht einer gewissen Analogie mit der
Entwicklung der Kenntnis und Anwendung des Lichtes. Die
einfache Vorstellung des Lichtes wurde durch die wissen¬
schaftliche Entwicklung zu einem gewaltigen Reiche aus¬
gestaltet, das Licht in sein Spektrum aufgelöst und als elektro¬
magnetische Strahlung verschiedener Wellenlänge und Wellen¬
zahl erkannt. Man fand, dass die verschiedenen Arten des
Lichtes in ihren Eigenschaften sehr verschieden sind, dass
z. B. in Bezug auf die biologische Wirkung den violetten und
ultravioletten Strahlen eine viel höhere Energie eigen ist als
den roten und infraroten.
Aehnlich wie aus den einfachen Lichtvorstellungen sich
ein Gebiet entwickelte, das äusserst umfassend ist, beginnt die
Radiologie jetzt auch unter dem Begriffe der X-Strahlung nicht
•
mehr etwas einheitliches zu denken. Man hat, worauf ja schon
vor Jahren aufmerksam gemacht wurde, jetzt doch in immer
breiteren Schichten festzuhalten begonnen, dass zwischen
X-Strahlen und X-Strahlen ausserordentlich grosse Unter¬
schiede sind, dass auch die X-Strahlung ein Spektrum hat, und
die verschiedenen Gattungen dieses Spektrums in ihren Eigen¬
schaften so stark wie möglich divergieren. In der letzten Zeit
hat die harte X-Strahlung, die früher möglichst vermieden
wurde, die grösste Bedeutung erlangt. Schon in früheren
Arbeiten *) wurde auf diese besondere Strahlengattung hin¬
gewiesen und versucht, sie gewissermassen rein herzustellen,
also möglichst unvermischt mit anderen Strahlungen zur An¬
wendung zu bringen. Die Ermöglichung einer spezifisch mög¬
lichst gleichmässigen (homogenen) harten Strahlung ist eine
Grundvoraussetzung für die Tiefentherapie. Im nachfolgenden
möchte ich einige Versuche darstellen, die in dieser Beziehung
nicht ohne Bedeutung sind.
Wenn durch die Röntgenröhre ein Induktionsstoss hoch¬
gespannter Elektrizität geht, so sendet sie X-Strahlung während
sehr kurzer Zeit aus. Die Emissionsdauer der X-Strahlung beim
Durchgang einer Induktionsentladung wurde von mir insbesondere
gelegentlich meiner Arbeiten über das Einzelschlagverfahren häufig
bestimmt und schwankend zwischen etwa 1/2ooo und 1/ioo Sekunden
gefunden. Man kann im allgemeinen annehmen, dass eine Röntgen¬
röhre etwa V 500 Sekunde lang X-Strahlung aussendet, wenn ein
Induktionsstoss hindurchgeht. Das scheinbar kontinuierliche
Leuchten der Röntgenröhre bei der Durchleuchtung oder Aufnahme
ist eben nur ein Schein. In Wirklichkeit leuchtet die Röhre auf und
erlischt wieder vollständig, bleibt viel längere Zeit, als sie leuchtet,
dunkel, um dann wieder aufzuleuchten. Für das Auge allerdings
folgen diese Lichtstösse so rasch, dass es ein kontinuierliches
Leuchten wahrnimmt. Bei jedem einzelnen Lichtstösse der Röntgen¬
röhre sendet sie ein Gemisch von Strahlen aus, in dem weiche und
harte Strahlen enthalten sind und zwar fast regelmässig auch sehr
weiche Strahlen. Mit anderen Worten, aus dem ganzen Spektrum
der X-Strahlung von den härtesten bis zu den weichesten schneidet
die Röntgenröhre ein erheblich grosses Intervall aus, dessen Mittel¬
wert den Charakter der Röhre als weich, mittelweich, hart usw.
charakterisiert. Dieses Gemisch von Strahlen oder mit anderen
Worten die Heterogenität der Strahlung ist von grosser Bedeutung
für die diagnostische Aufnahme, weil hierdurch die Röntgenbilder
ihre feine Abstufung (Gradation) erhalten, die uns gestattet, auch
sehr feine Dichtigkeitsunterschiede darzustellen. Bei der Therapie,
insbesondere bei der Tiefentherapie, ist die Komplexität der Strahlung
nicht nützlich, denn wir haben nun nicht ein einheitliches biologisch
wirkendes Agens vor uns, nicht ein einheitliches Medikament, sondern
eines, das aus den verschiedensten Bestandteilen zusammengesetzt
ist und von denen jeder einzelne Teil anders biologisch wirkt. Das
erschwert die Messung ausserordentlich, aber es macht die Tiefen¬
bestrahlung sogar illusorisch, weil ja die weichere, biologisch wirk¬
samere Strahlung mit der Oberflächenschicht absorbiert wird und
in der Tiefe nicht oder nur sehr wenig wirkt. Deswegen ist es von
grosser Bedeutung, wenn es gelingt, die Erzeugungsweise der
X-Strahlen in der Röntgenröhre so abzuändern, dass die Emissions-
stösse nicht mehr in so hohem Grade den komplexen Charakter auf¬
weisen, wie jetzt, sondern einen mehr einheitlichen CharaKter, und
insbesondere einen einheitlichen Charakter von härteren Strahlen.
Dieses Problem ist dann zu lösen, wenn die verschiedenen harten
Strahlen, welche bei einem Lichtstösse in der Zeit von etwa
1/öoo Sekunde aus der Röhre herauswandern, nicht gleichzeitig, sondern
nacheinander entstehen. Es gilt also zunächst zu entscheiden: wird
beim Aufleuchten der Röntgenröhre und während
der Dauer des Aufleuchtens gleichmässig ein Ge¬
misch von Strahlen emittiert, oder sendet die
Röhre bei ihrem Aufleuchten nacheinander die
verschiedenen Teile des Gemisches aus?
Bei. den zahlreichen Versuchen der Zeitbestimmung, über
die ich früher schon an dieser Stelle kurz berichtet habe
(siehe Münch, med. Wochenschr. No. 24, 1908), erhielt ich
regelmässig Bilder wie die Fig. 1. Diese Bilder wurden
so gewonnen: die Röntgenröhre stand hinter einer Bleiwand und
leuchtete durch einen Schlitz in dieser Bleiwand von einem Millimeter
D Dessauer: Beiträge zur Bestrahlung tiefliegender Pro¬
zesse. Med. Klinik 1905, No. 21, S. 526. — Derselbe: Eine neue An¬
wendung der Röntgenstrahlen. Verhandl. d. Deutschen physikal.
Gesellschaft 1907, Bd. 9, No, 3. — Derselbe: Münch, med. Wochen¬
schrift No. 24, 1908. — Veit: Zusatz zur Arbeit Prof. Dr. Doms
über: Zur Tiefenbestrahlung mit Röntgenstrahlen. Münch, med.
Wochenschr. 1909, No. 14. — Dorn: Zur Tiefenbestrahlung mit
Röntgenstrahlen. Münch, med. Wochenschr. 1909, No. 14. —
Dessauer: Die weitere Entwicklung der Tiefenbestrahlung. Archiv
f. physikal. Medizin und mediz. Technik, Bd. VII, H. 1, 1912. —
Derselbe: Die physikalischen und technischen Grundlagen der
Tiefenbestrahlung. Strahlentherapie, Bd. I, H. 3, 1912, S. 300—328.
1. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
697
I I I I II I I II I
0123458789 10 X 10 - 3 Sekunden
Eig. 1.
Breite hindurch. Hinter dem Schlitz rotierte sehr rasch auf einer
Scheibe ein photographischer Film. Wurde dann ein einziger In-
duktionsstoss (Finzelschlag oder „Blitz“) durch die Röhre hindurch
gesandt, so dass sie ein¬
mal aufleuchtete, so
machte während der
Dauer des Aufleuchtens
der rasch rotierende Film
eine gewisse Bewegung
und die Breite seiner Be¬
lichtung Hess dann ohne
weiteres bestimmen, wie
lange die Röhre bei
ihrem einmaligen Auf¬
leuchten Strahlen emit¬
tiert hatte. Die dabei
entstehenden Bilder zeig¬
ten, dass die Strahlung
während des Aufleuch¬
tens nicht kontinuierlich ist, sondern in einzelnen Stössen zustande
kommt. Fs kommt zuerst ein X-Strahlungsstoss, dann eine Pause,
dann wieder ein Stoss usw. bis zum Ende (siehe Fig. 1).
Nun fragt es sich: enthalten diese einzelnen 'i'eilstösse der
Emission gleiche Strahlungsgemische, oder ist es vielmehr so, dass
jeder Teilstoss der Figur, also 1, 2, 3 usf. eine andere Strahlengruppe
bringt, etwa der erste Teilstoss den härtesten, die folgenden immer
weichere Anteile des Gemisches.
Die nachfolgend beschriebene Versuchsanordnung zeigt, dass
der Hauptsache nach tatsächlich diese Vermutung zutrifft, dass
die Röhre im Beginne des Aufblitzens härtere
aussendet, gegen das Ende dagegen
Eine treppenförmig ansteigende Aluminiumskala
(Fig. 2) wurde in den
Strahlung
weichere.
Fig. 2.
früher verwendeten Films
Schwerpunkt in ihrer Ebene rotierte,
anordnung. Es ist klar, dass harte
oben bezeichneten Schlitz
der Bleiplatte zwischen
Röhre und rotierende
Aufnahmevorrichtung
eingesetzt. Wegen der
grösseren Empfindlichkeit
wurde an Stelle des
eine Röntgenplatte benutzt, die um ihren
Die Fig. 3 zeigt die Versuchs-
Strahlung die dickeren und
Fig. 3.
dünneren Treppenstufen des Gitters durchdringt, die weichere
Strahlung dagegen nur die dünneren Stufen.
Die gewonnenen Bilder, von denen Fig. 4 eines wiedergibt,
zeigen nun, dass tatsächlich der harte Strahlenanteil der Emission
Jer Hauptsache nach im Anfänge entsteht und dass gegen Ende
immer weichere Strahlen entsandt werden. Mit anderen Worten:
No. 13.
da^ Strahlengemisch entsteht der Hauptsache nach nach¬
einander.
uemnacn nat man sich den Verlauf der Strahlenbildung beim
Entladung im wesentlichen nach Fig. 5 vorzu-
Durchgange einer
stellen, ln der Fi¬
gur bedeuten die
einzelnen Schraf¬
fierungen die
Strahlen verschie¬
dener Härte. Be¬
ginnt ein Strom-
stoss die Röhre zu
durchlaufen, so hat
er im Anfänge die
höchste Spannung.
Denn zunächst ist
die Röhre nicht
ionisiert und bietet
dem Stromdurch-
gange den höch¬
sten Widerstand.
Sobald aber der
Strom einmal
fliesst. sinkt die
Spannung, weil die
Bahn gebildet, die
Röhre durch Ioni¬
sierung zum Leiter
geworden ist. Bei
sinkender Span¬
nung entstehen
Spannungs & Stromkurve und
Hartefeld er der Jiöhre
langsamere Kathodenstrahlen und damit immer weniger durch-
dringungsfähige X-Strahlen.
Dieser Zusammenhang ist für die Tiefenbestrahlung, die ja in
der letzten Zeit insbesondere für die Zwecke der Frauenheilkunde
an Wert gewaltig gewonnen hat, von Bedeutung.
Jede Bildung von X-Strahlen, von harter oder weicher, ist mit
Abnutzung der Röhre verbunden.
Wird bei einer Versuchsanordnung zum Zwecke der Tiefen-
be.strahlung ein Strahlengemisch hervorgebracht, das sehr viele
weiche Strahlen enthält, die dem Zwecke nicht dienen, weil sie nicht
in die Tiefe dringen, sondern .durch einen Filter absorbiert werden
müssen, so ist naturgemäss die Beanspruchung der Röhre im Ver¬
gleich zum Zweck unverhältnismässig gross. Würden z. B. ®/i0
weichere Strahlung und nur 1/io härtere Strahlungen hervorgebracht,
und nur die letzteren könnten verwendet werden, so hätte die Röhre
unter einer zehnfach höheren Abnutzung zu leiden als es für den
Zweck notwendig ist. Die Abnützung macht sich zunächst in starker
Erwärmung der Röhre und dann im frühzeitigen Altern geltend. Wir
haben also zum Zwecke der Tiefenbestrahlung das höchste Interesse,
möglichst nur d i e Strahlen hervorzubringen, die nun auch wirklich
in die Tiefe Sehen und nicht durch Filter abgefangen werden müssen
oder in der Oberfläche des Körpers schädlich ungewollte Einflüsse
ausüben. Die nächsten beiden Figuren deuten das in etwa an. Es
finden sich die verschiedenen Strahlengruppen der vorausgegangenen
Fig. 5 wieder, d. h., die verschiedenen Strahlungshärten sind wieder
durch verschiedene Arten der Strichelung gekennzeichnet. In der
Fig. 6 erkennt man, wie in der obersten Schicht und in der zweiten
Schicht von der gesamten Strahlung weitaus der grösste Teil ab¬
sorbiert und endlich nur der letzte Teil, die dritte Schicht, hinein¬
dringt. Hier ist der Unterschied zwischen Oberflächenwirkung und
3
MÜENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mo. n.
Tiefenwirkung sehr gross, oder mit anderen Worten, die Strahlung
ist sehr heterogen, während sie homogen sein soll, um In der Tiefe
annähernd ebenso absorbiert zu werden und ebenso zu wirken wie
an der Oberfläche. Man bekämpft das durch Filter, wie Fig. 7 zeigt.
ln einem solchen Filter werden zwei oder drei Strahlungsgruppen
absorbiert und dann ist der Unterschied zwischen Oberflächen- und
Tiefenwirkung nicht mehr so gross. ‘Was aber im Filter oder an
der Oberfläche zu viel absorbiert wird, muss die Röhre leisten, ohne
dass es zu dem Zwecke dienlich ist. Könnten wir es ermöglichen,
die weicheren Strahlen gar nicht zu produzieren oder doch wenigstens
zum grössten Teile nicht zu produzieren, so würde diese Bestrahlung
unvergleichlich viel ökonomischer sein. Ausserdem hätten wir den
Vorteil eines homogeneren therapeutischen Agens, also eines Mittels,
dessen Eigenschaften wir leichter übersehen können, wie die Eigen¬
schaften eines solchen, das aus zu vielen Bestandteilen zusammen¬
gesetzt ist.
Dies zu erfüllen, ist aber nach der vorausgegangenen Erkenntnis
über den Strahlungsvorgang möglich. Wir müssen nur dafür sorgen,
- 0 0 -
wwww
T
dass von einem hochgespannten elektrischen Entladungsstoss, der
durch die Röntgenröhre hindurchgeht und ihr bei seinem Durchgang
nacheinander die verschiedenen Strahlungsgruppen entlockt, nur der
allererste Teil in die Röhre gelangt. Wenn in der Figur 5 bei dem
Buchstaben B der Strom unterbrochen würde, so könnte die Röntgen¬
röhre in der Hauptsache nur die härteste Strahlungsgruppe entsenden.
Dementsprechend würde sie auch nur im Verhältnis ihrer jetzigen
Emission beansprucht. Diese Strahlungsgruppe geht aber zum erheb¬
lichen Teil in die Tiefe und wirkt da, während die nun vermiedene
Strahlung eine Tiefenwirkung nicht entfaltet hätte.
Die technische Ausführung dieses Apparates wird von den
„Veiia-Werken“ als Reform-Therapie-Apparat in den Handel
gebracht. Schematisch zeigt die Fig. 8 die Methode dieses Apparates.
Der Strom einer Wechselstromquelle wird durch einen Transformator
in hohe Spannung überführt und geht von da entweder zu einem
Hochspannungswiderstand S oder durch einen rotierenden Nadel¬
schalter V durch die Bügel m m' in die Röntgenröhre R. In be¬
kannter Weise rotiert die Nadel synchron mit den Wellen des
Wechselstromes, so dass immer nur Ströme gleicher Richtung durch
die Röntgenröhre hindurchgehen, während die umgekehrten Impulse
durch den Hochspannungswiderstand aufgenommen werden. Nun
aber sind die Bügel, über welche der Strom zur Röntgenröhre fliesst,
veränderlich, zuriickklappbar. Verstellt man die Bügel so, dass sie
verkürzt werden, dann geht nur noch der Teil der Welle des hoch¬
gespannten Stromes durch die Röntgenröhre, der die höchste1
Spannung hat, und in dem Augenblicke, wo die Spannung sinkt, ist
die Röntgenröhre schon ausgeschaltet. Verändert man die Bügel
wiederum so, dass der Strom längere Zeit durch die Röhre hindurch¬
geht, dann entstehen auch die weichen Strahlen und der Apparat ist!
für diagnostische Zwecke anwendbar. Die Resultate, welche in
einigen Kliniken und bei meinen eigenen Versuchen mit diesem
Apparat erreicht werden konnten, sind ausserordentlich gute. Nicht
nur, dass äusserst harte Röntgenröhren vielstündigen Betrieb mit
sehr wenig Abnützung auszuhalten vermögen, ergibt sich als be-j
sonderer Vorteil der, .dass die Tiefendosen sehr rasch erreicht
werden. Das lässt sich auch gut voraussehen: wenn wir gemeinhin
5 Milliampere durch eine Röntgenröhre senden, und vielleicht als
Aequivalent daraus für 1 Milliampere harte Strahlen und für die
übrigen 4 Milliampere weiche Strahlen erzeugen, wie dies bei einer
gewöhnlichen Betriebsart ohne weiteres der Fall ist, und wir senden
nun bei dem Reformapparat die letzteren 4 Milliampere nicht mehr
durch die Röhre, sondern nur noch 1 Milliampere, so geht bei gleicher
Erzeugung harter Strahlen die Abnutzung der Röhre, insbesondere
ihre Erhitzung auf Vs zurück und wir vermögen nunmehr die JVlilli-
amperezahl während der kurzen Zeit des Stromdurchganges zu
steigern und viel mehr harte Strahlen zu erzeugen, ohne dabei die
Röhre mehr abzuniitzen. Würde man beim gewöhnlichen Betrieb1
der Röntgenröhre doppelt so viel harte Strahlen entlocken wollen,
so würden dabei mindestens auch doppelt so viel weiche entstehen
und die Abnützung wäre doppelt so gross. Nun aber wird die weiche
Strahlung nicht mehr erzeugt, und man kann infolgedessen an harter
Strahlung ein erhebliches Plus gewinnen. Es gibt mit anderen Worten
eine Röhre, auf diese Weise betrieben, bei einer Stromaufnahme von
2 Milliampere etwa so viel Tiefenwirkung, als wie bei einem ge¬
wöhnlichen Röntgenapparat, bei einer Belastung von 10 oder 12 Milli-1
ampere. Die Abnützung der Röhre entspricht aber ihrer tatsächlichen
Stromaufnahme. Da die Maschine im übrigen in ihrer Bedienung
ausserordentlich einfach ist, auch die Anzahl der Impulse — was ich
in früheren Arbeiten für besonders wichtig nachgewiesen habe — J
veränderlich ist, und ohne weiteres für diagnostische Zwecke durch
Umschalten der Bügel herangezogen werden kann, so dürfte sie für
die Röntgenologie förderlich sein.
Ueber Rubidium in der Quelle des Bades Adelholzer
(Primusquelle) in Oberbayern.
Von Hofrat Dr. Max Emmerich, früher in Nürnberg,
jetzt in München.
Im Sommer 1880 besuchte ich zum ersten Male das Bad Adel¬
holzen, zunächst nur als Sommerfrische wegen seiner schönen sub¬
alpinen Lage (656 m über der Nordsee). Ich war überrascht, als ich
am dritten Tage meines Aufenthaltes, nachdem ich das Wasser der
Primusquelle getrunken hatte, in meinem Morgenharn kleine, aber
greifbare Konkremente fand, die ohne jegliche Beschwerden ab¬
gegangen waren. Dies veranlasste mich, mir die Analyse der Quelle
anzusehen. Die letzte stammte von Büchner, die nächstältere
(aus den Jahren 1824 — 1826) stammte von A. Vogel. Büchner
war bei seiner Untersuchung auf einen "Körper gestossen, den er mit
den damaligen Mitteln nicht registrieren konnte, es finden sich an
einer Stelle der Analyse drei Striche ( - ). Inzwischen war mir
auch die bis jetzt älteste Badeschrift über Adelholzen, wohl eine
der ältesten in ihrer Art, in die Hände gekommen, betitelt: „Tritons
Adelholzianus antipodagriacus usw. von Georgiers Popp. Medicus
Theosophiae et Pansophiae Servus Observans, Getruckt in der Ertz-
bischofflichen Hauptstatt Saltzburg durch Christophorum Katzen-
burger, i. J. 1629“, nach welcher das Wasser aus 3 nahe bei¬
einanderliegenden Quellen am Abhange des Reitener Berges kommt.
Jede dieser Quellen hatte einen eigenen Namen und eigene chemische
Zusammensetzung. Es sind beschrieben: 1. der Saliterbronnen, 2. der
Alaunbronnen und 3. der Schwefelbronnen, auch Fieberbronnen ge¬
nannt. Der „Gemeinenbronnenshalt, da die 3 Quellen zusammen-
April 1013. MUENcHeNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
mmen, führt: Sulphur. part. 4 , Alaun part. 4, Salitter part. 3 und
i Drittel, Eisen- und Stahel part. 2 Drittel, das ist der Gehalt des
meinen Bronnens“.
Im Jahre 1881 veranlasste ich Herrn Dr. Robert Kays er, da-
,1s Chemiker des Gewerbemuseums in Nürnberg: (t 1910), zu einer
uen Analyse der Quelle, die nach dem „Deutschen Bäderbuche,
arbeitet unter Mitwirkung; des Kaiserlichen Gesundheitsamtes“
itet: „Das Mineralwasser entspricht in seiner Zusammensetzung
jefähr einer Lösung, welche in 1 kg enthält:
Natriumchlorid (NaCl) . 0,01852 g
Rubidiumchlorid (RbCl) . 0,003416,,
Natriumsulfat (NasSO«) . 0,006790,,
Calciumsulfat (CaSO«) . 0,006736,,
Calciumhydrokarbonat (CatHCOs^) . 0,2973 „
Magnesiumhydrokarbonat (Mg[HCO:i]2) 0,06173 „
Magnesiumkarbonat (MgC02) .... 0,0506 „
Magnesiumhydroxyd (Mg[OH2]) . . 0,00276 „
Ferrohydrokarbonat (Fe[HC02]) . . . 0,04105 „
Manganhydrokarbonat (MafHCO.i]2) . 0,009966 „
Kieselsäure (meta) (H2RQ2) . . . . 0,04039 „
0,5090 g
Freies Kohlenoxyd (COs) . 0
Im allgemeinen zeigt es die Zusammensetzung ähnlich den 31
; deren im Deutschen Bäderbuche aufgeführten einfachen, kalten
1 eilen (Akratopegen), dazu aber auch einen Gehalt an Rubidium-
. orid, der von keiner Quelle Deutschlands übertroffen wird. Im
lutschen Bäderbuche finde ich eine einzige rubidiumhaltige Quelle,
en Gehalt in der Analyse aufgeführt, aber wesentlich geringer ist
der der Primusquelle, es ist dies die Maxquelle des Bades Dürk-
m in der Rheinpfalz :
die Primusquelle enthält in 1kg Wasser: Rubidium 0,03461
die Maxquelle enthält in 1kg Wasser: Rubidium 0,00021
Ausserdem finden sich in einigen anderen Wässern noch unwäg-
•e Spuren von Rb, so in den Wässern von Assmannshausen, Baden¬
den, Niederselters, Wiesbaden u. a.
Bis jetzt wurde weder dem Rb im Mineralwasser noch als
zneimittel eine Bedeutung beigemessen und ist die Literatur dar-
;r nicht sehr reichhaltig. Die beste Zusammenstellung über das
imische und physiologische Verhalten desselben fand ich in
r. Sigmund Frankel, Arzneimittelsynthese“. Es sind dort be-
ochen die Arbeiten von James Blake, Charles Rieh et, Erich
irnack und Ed. Dietrich, C. B r u n t 0 n und Cash, B 0 t k i n
1 Laufenaue r. Vom Rb chlor, oder carbon. als Arzneimittel
inte ich nirgends in der Literatur etwas finden. Rub. jodat. als
;atz für Kal. oder Natr. jod. verwandten M. V 0 g t und L. L e i s t i -
w, während nach Laufenauer Rub. bromat. stärker als Anti-
leptikum wirkt als Kal. oder Natr. bromat.
Nach dem Bekanntwerden der von Dr. R. Kayser gemachten
alyse der Adelholzener Quelle machte ich den damaligen dortigen
it Dr. Liegl (+ 1901) aufmerksam, dass etwa doch in dem Ru-
ium die Hauptwirkung der Quelle, die harnsäurelösende, zu suchen
. Er legte dem Rb aber eine nur nebensächliche Wirkung bei,
lärte die Menge desselben als zu gering, nannte sie eine homoo-
hische und hielt an der alten Anschauung fest, dass die Mischung
einzelnen Bestandteile es sei, aus welcher wir heute noch wie
■ Jahrhunderten auf die durch die Praxis bewiesenen Heilerfolge
Primusquelle schliessen müssen. Aber obwohl im Laufe der Zeit
t alle inneren Erkrankungen in das Bereich der Behandlung ge¬
gen wurden, so waren doch die Adelholzener Quellen von hervor-
.ender Wirkung bei jenen Krankheitsfällen, bei denen es sich um
bilisation und Fortschwemmung von Konkrementen handelt, also
harnsaurer Diathese (Harngries, Harnsand), bei ausgesprochener
nkrementbildung in Harnblase und Nieren, bei Blasen- und
erenleiden und den bei diesen bestehenden Katarrhen
ser Organe (Pyelitis, Zystitis, Urethritis). Es ist nicht wahrscheiu-
1, dass lediglich durch die Durchschwemmung des Körpers mit
em Mineralwasser auf mechanische Weise Heilerfolge bei diesen
crankungen erzielt werden, vielmehr erscheint die Annahme be-
htigt, dass der jetzt gefundene Gehalt an Rb der Mischung der
diesem Mineralwasser enthaltenen Bestandteile die konkrement¬
ende und entzündungswidrige Kraft gegeben hat.
ln allen Badeschriften über Adelholzen, angefangen von der ein-
igs erwähnten vom Jahre 1629 bis zur letzten 1896 findet sich die
nsäurelösende Wirkung der Primusquelle besonders hervor-
loben. Es wiederholt sich aber so wie früher auch jetzt alljährlich
% die Erscheinung, dass von einzelnen Kurgästen Lösung und Aus-
ssung von kleineren und grösseren Konkrementen aus den Harn-
anen beobachtet werden.
Ist der Gehalt an Rb auch nicht hervorragend, so ist er doch
lähernd so hoch wie der Gehalt an Lithium in manchen hier-
ch mit Recht oder Unrecht berühmten Mineralwässern. So ent-
t das Fachinger Wasser: Lith. hydrocarb. 0,0053511, die Primus-
lle: R u b. chlor. 0,003416. Allerdings sind im Fachinger Wasser
h noch Spuren von Rubidium (vergl. Analyse von Fresenius,
1).
Ich versuchte nun auch, welchen Einfluss das Adelholzener
assei im Reagenzglasc auf chemisch reine Harnsäure, daun auf
3 verschiedene Arten von Harnsteinen habe, wie ich solche in der
Praxn; zu gewinnen Gelegenheit hatte. Ich war mir dabei bewusst,
dass das txpenment in vitro nicht dein vitalen Vorgänge im Körper
gleichbedeutend sei, doch hat man nach den Versuchen, die mit
Lith.on m ähnlicher Weise angestellt wurden, wenigstens einen Wahr-
scheinlichkeitsl;eweis für die Lesungsfähigkeit dieses Wassers Die
Lösungsfähigkeit wurde in der Weise geprüft, dass 150 ccm Adelz-
holzener Wasser mit den gewogenen Steinen im ganzen Zustande,
dann aber auch in Pulverform bei ca. 38° C unter öfterem Umschütteln
-.4 Stunden digeriert wurden. Der ungelöste Rückstand wurde genau
gewogen und ergab die Differenz der Löslichkeit.
1. Reine Harnsäure (in feinen Nadeln kristallisiert)
in 1 Liter Adelholzener Wasser . . 1,033 g
2. Kleine Harnsteine (Harnsäure) in 1 Liter Adel-
holzener Wasser: a) ganze Steine . = 0,250 g
b) gepulvert . = o’,260 g
3. Grosse Harnsteine (bestehend aus Harnsäure,
Kalziumoxalat und Phosphaten) in 1 Liter Adel¬
holzener Wasser: a) ganze Steine . = 0,495 g
b) gepulvert . = 0,615 g
4. Linsenförmige, glatte Harnsteine (aus Magnesium-
und Kalziumkarbonat) in 1 Liter Adelholzener
Wasser: a) ganze Steine . — 0,327 g
b) gepulvert . = 0,355 g
Wenn diesen vorläufigen Untersuchungen auch noch kein exakter
wissenschaftlicher Wert beizumessen ist, so berechtigen sie doch in
Verbindung mit den tatsächlichen Erfahrungen an unseren Kranken
einigermassen zu dem Schluss, dass der Rb-Gehalt der Primusquelle
zur stärkeren Lösung mitwirken dürfte und entsprechende Beachtung
verdient, denn das Wasser steht an lösender Wirkung sicher den be¬
kannten lithiumhaltigen Quellen nicht nach. Weitere Untersuchungen
über die Vergleichswerte der Lösungsfähigkeit in Adelholzener
Wasser, destilliertem Wasser, Brunnenwasser und künstlichen Rb-
Lösungen sind im Gange und sollen in einer späteren Veröffentlichung
bekannt gegeben werden.
Herrn Dr. Carl Eckart, Besitzer der Spitalapotheke in Nürn¬
berg, in dessen Laboratorium die oben erwähnten Versuche aus¬
geführt wurden, sage ich für seine rege Mithilfe hiermit ganz beson¬
ders Dank.
Literatur.
A. Ueber Adelholzen.
L Trifons Adelholzianus antipodagriacus von Georgius Popp,
Medicus etc., gedruckt in Salzburg im Jahre 1629. 2. Auflage (1650)
und 3. (1666), beide unverändert, in München gedruckt. — 2. Peter
Sailer, Besitzer des Bades Adelholzen, 1799, Beschreibung nach
Popp. München bei H ii b s c h m a n n. — 3. Josef Wagmer: Ge¬
schichte von Adelholzen. Oberbayer. Archiv, Bd. 27 (1866). —
4. Mayr Georg: Beschreibung etc. München 1849, 1856; Augsburg
1863. — 5. Ratker Wildbad A., 1853, in „Bayern in seinen Schön¬
heiten“, III, München. — 6. Fr. Sauer: Führer in und um A„ 1874. —
7. Wilhelm Mayer: Beschreibung von A. München 1895. - —
8. F r i e d e: Führer von Adelholzen. Leipzig. — 9. Deutsches Bäder¬
buch, bearbeitet unter Mitwirkung des Kais. Gesundheitsamtes. Ver¬
lag von J. J. We b e r, Leipzig 1907.
B. Ueber Rubidium.
1. Die Arzneimittelsynthese auf Grundlage der Beziehungen zwi¬
schen chemischem Aufbau und Wirkung. Von Prof. Dr. Sigmund
Fränkel in Wien. 3. Aufl., Berlin, bei Springer, 1912. Dort
besprochen sind: a) James Blake: Procedings London Royal Soc.
(1841), B. B. 14 u. 94 (1881), Journal of Physiol., 5, 35. b) Charles
Rieh et: De l’action physiologique des sels de rubidium. Comptes
rendus hebdomedaires de l’academie des Sciences, Tom. CL, No. 14
u. 15, Oktober, Paris 1885. c) C. Brunton: Handbuch der Phar¬
makologie, Leipzig 1893. c) Botkin und Mendelejeff: Grund¬
lagen der Chemie, Leipzig 1892. e) Laufenauer: Therap.
Monatsh. 1889. - — 2. Prof. Erich H a r n a c k und Dr. Ed. Dietrich
in Halle: Archiv f. experim. Pathologie, Bd. 19. 3. Heft. — 3. M. Vo g t:
Emploi therapeutique de l’iodure de rubidium. Repertoire de Phar-
macie, 3. Serie, Tom. 6, No. 6, Paris, 1891. — 4. Leistikow - Ham¬
burg: Ueber Jod-Rubidium. Monatshefte f. prakt. Dermatologie,
Bd. 16, No. 10.
C. Ueber den Wert der Alkalien in den Mineralwässern.
1. Prof. K 1 e m p e r e r - Berlin: Behandlung der Nierenstein¬
krankheiten. 1904. — 2. Paul Wagner, im Handbuch der Urologie
von Frisch und Zuckerkand 1. 1905. — 3. Prof. Posner-
Berlin: Vorlesungen über Harnkrankheiten. 1911.
3
?oö
Muenchener Medizinische Wochenschrift.
Aus Dr. Deckers Sanatorium für Magen-, Darm- und Zucker¬
kranke in München.
Lieber eine praktische künstliche Afterbandage und
Mastdarmvorfallbandage *).
Von Hofrat Dr. Decke r.
1 )ie bisher gebräuchliche Bandage bei Anus praeter¬
naturalis ist die nach Dr. H e r m a n n, bestehend aus einer
gepolsterten Feder, einer Zelluloidscheibe und einem Halter
mit Gummikottasche. Der Hauptnachteil bei dieser Bandage
besteht darin, dass infolge Ansammlung des Kotes in der
Gummitasche die Patienten nicht nur selbst, sondern auch
ihre Umgebung unter dem Kotgeruch zu leiden haben, was
besonders bei Patienten unangenehm ins Gewicht fällt, die
sich gesellschaftlich nicht ganz zurückziehen wollen. Dazu
kommt, dass die Zelluloidscheibe nicht ganz luftdicht ab-
schliesst und daher der Stuhl bei dünnflüssiger Konsistenz da¬
zwischen heraustreten kann, was zu weiterer Belästigung des
Patienten führen muss.
Diese Nachteile der Bandage haben mir vor mehreren
Jahren zur Konstruktion einer Bandage Veranlassung gegeben,
die, wie die mehrjährige Erfahrung gezeigt hat, sich sehr be¬
währt und obige Nachteile vermeidet, dazu noch den weiteren
grossen Vorteil besitzt, dass ihr Preis, während die Her¬
mann sehe Guinmikottaschenbandagc 30 M. kostet, nur 12 bis
15 M. beträgt, je nach der Ausführung.
Der Hauptunterschied bei meiner Bandage bestellt darin, dass
ich, wie aus nebenstehender Abbildung zu ersehen, an Stelle der
Zelluloidscheibe eine ovale, pneumatische, drehbare Gummi-
pelotte verwendet habe, die seitlich einen dünnen Uummischlauch
besitzt. Vermittelst jeder beliebigen, an den Gummischlauch zu be¬
festigenden Spritze wird wie bei der Velozipedpneumatik die Gummi-
pelotte aufgeblasen und der Gummischlauch mit einer Schnur zu¬
gebunden. Die in aufgebläh¬
tem Zustand halbkugelför¬
mige Pelotte übt einen gleich-
massigen konzentrischen
Druck aus, der den Anus
vollständig luftdicht ab-
schliesst und von den Pa¬
tienten absolut nicht unange¬
nehm empfunden wird. Ein
weiterer Vorteil dieser Pe¬
lotte besteht darin, dass sie sehr leicht und schnell zu reinigen ist,
während die Reinigung der Gummikottasche umständlicher und unan¬
genehmer ist. Die Gummipelotte habe ich deshalb „drehbar“ ausführen
lassen, weil je nach Anlegung des Anus entweder die horizontale oder
vertikale oder schräge Anlegung derselben am besten luftdicht ver-
schliesst. Patienten, die sich zuerst der Hermann sehen Gummi¬
kottasche bedient und dann zu der pneumatischen Gummipelotte über¬
gegangen, überzeugen sich sehr schnell von den Vorteilen der
letzteren. Kotgeruch, von dem sie und ihre Umgebung belästigt
werden, ist ausgeschlossen.
Mastdarmvorfallbandage*).
Da kleinere Mastdarmvorfälle eine Indikation zur Operation nicht
abgeben, und bei grossen die vorgeschlagene Operation oft abge¬
lehnt wird, auf der arideren Seite aber sich infolge des Prolapsus
Entzündungen der Schleimhaut einstellen, die zu unangenehmen Be¬
schwerden Veranlassung geben können, so kann man den Patienten
durch eine passende Mastdarmvorfallbinde nicht bloss eine direkte
Erleichterung bringen, sondern auch die sekundären Reizerschei¬
nungen beseitigen.
Die beiden hauptsächlich in Anwendung gezogenen Bandagen be¬
stehen bei der einen in einem verstellbaren Gurtband mit 4 Schenkel¬
riemen und einer breiten, ovalen, flachen, pneumatischen Gummi¬
pelotte mit hohlem Gummizapfen; bei der anderen aus einem ver¬
stellbaren Gurtband mit 3 üummischenkelriemen und einer eiförmigen
Hartgumrnipelotte.
Die Nachteile der beiden Pelotten sind in erster Linie die grosse
Unbequemlichkeit, die sie durch ihre Grösse (bei der pneumatischen)
und durch ihre Härte (bei der Hautgummipelotte) dem Patienten ver¬
ursachen, sowohl beim Gehen, als besonders auch beim Sitzen.
Längeres Sitzen ist mit beiden Pelotten unmöglich. Dazu kommt,
dass bei der pneumatischen Pelotte der Zapfen, der in den After hin¬
eingeschoben werden soll, viel zu weich ist, um diesen Zweck zu
erreichen und infolge der Breite der Pelotte sich der Rima ani nicht
fest anlegen kann, so dass zwischen ihr und dem After noch ein
Zwischenraum bleibt, der es dem Vorfall ermöglicht, trotz Pelotte
noch herauszutreten. Anstatt daher dem Patienten eine Er¬
leichterung zu bieten, verursacht dieselbe durch die permanente
Reibung eher noch eine Verstärkung der Beschwerden.
) Zu beziehen durch die Firma Katsch, München, Bayerstrasse.
No. 13
Die genannten Nachteile werden bei meiner Pelotte vermieden
Dieselbe ist, wie aus nebenstehender Abbildung zu ersehen, be
deutend schmäler, wie die
pneumatische und fügt
sich infolgedessen, ohne
dem Patienten weder im
Gehen, noch im Sitzen
Beschwerden zu verur¬
sachen, in die Rima ani
sehr leicht ein. Ausserdem ist dieselbe dadurch, dass sie inner
gepolstert und mit Patentgummi überzogen ist, solid, ohne hart zi
sein und kann daher der Zapfen direkt in den After eingefiihr
werden und verhindert dadurch ein Heraustreten des Vorfalles.
Aus der Frauenklinik der Kgl. Charitee zu Berlin
(Direktor: Geheimrat Fran z).
Zur Geschichte der Serodiagnostik der Schwangerschaft
Von Prof. Dr. R. Freund.
Das Studium der anatomischen Vorgänge bei der menschliche!)
Eiimplantation, durch welches die direkte Einfuhr ungelöster
Plazentareiweisses in das mütterliche Blut festgelegt und die Am
nähme gelösten Eiweisses nahegelegt wurde, w^ar der Anlass z
experimenteller Erforschung reaktiver Prozesse gegen dieses Eiweis
im Blute der Mutter. Das erste Ergebnis war die von Liepmann1)
gefundene und von mir2) bestätigte Präzipitinreaktion; Mit entj
bluteter Plazenta vorbehandelte Tiere lieferten ein Serum, das mi
Chorionzotten, Serum von Schwangeren und Föten eine deutlich
Fällung (Präzipitation) abgab, mit Serum von Nichtgraviden ode
Männern indessen gar keine oder eine kaum nennenswerte. Dieselb;
Reaktion, nur schwächer und langsamer verlaufend, gelang mir-
ebenso wie Kawasoye1 4') in den meisten Fällen mit dem Uri
Gravider. Die seinerzeit als spezifische Vorgänge in der Kriti
schan abgelehnten Befunde ') gewinnen im Lichte der moderne
serodiagnostischen Schwangerschaftsforschung wieder an Bedeutunj
Die Präzipitinreaktion repräsentiert einen Vor
läuter der beiden Abderhalden sehen Methode
und analog diesen jedenfalls eine sehr feine Eiw'eissprobe, mögliche;
weise mit gewissem spezifischen Charakter.
Als dann W e i c h a r d t - P i 1 1 z 5 *) und ich") tierexperimentei
die Giftwirkung plazentaren Presssaftes gezeigt hatten, konnte iq
den Nachweis einer weiteren, interessanten Reaktion des Blutserun
erbringen, auf die mich gleichfalls der der ganzen Plazentarforschun
zugrunde liegende Gedanke einer Abwehrvorrichtung im mütterliche
Blute gegen das eingeschwemmte choriale Eiweiss gebracht hatt
Es gelang mir, die GiftwGrkung des Plazentarpress
saftes und ölsauren Natriums durch vorherige Mi
schung mit der gleichen Menge frischen Serum
vollkommen aufzu heben7),, eine Wirkung, die nur m
Serum, nicht mit Kochsalz erhalten wurde, und zwar nicht nur m
Serum von Schwangeren, sondern auch von Nichtschwangeren urt
einigen Tierspezies. Auf Grund dieser, von vielen Seiten bestätigte
giftbindenden Serumeigenschaft habe ich dann im Jahre 1 909 i
6 Fällen von pathologischer Schwangerschaft (Eklampsie), deren Bh
dem Gedankengang nach zu w^enig Abwehrstoffe bezw. zu viel (iif
Stoffe enthalten musste, zum ersten Male eine intravenös
Serumtheraoie8 *) eingeleitet, die bekanntlich später veji
Mayer und L i n s e r °) und mir10) auch auf die Dermatosen au
gedehnt vmrde.
Als nun fast zu gleicher Zeit (1909) Abderhalden11) seit
Untersuchungen mittels der optischen Methode publiziert
dachte ich an die Möglichkeit, mit ihr die durch die Präzipitinreaktir
und die geschilderte Serumwirkung nahegelegten Vorgänge i
mütterlichen Blute zu verfolgen. Ich ging deshalb zu Abderha
d e n hin und trug ihm die Ergebnisse der plazentaren Forschui
vor, wmriach auch ihm die Schwangerschaft als ein für die optiscl
1) Deutsche med, Wochenschr. 1902, No. 51 und 1903, No. 5 u. 2
2) Monatsschr. f. Geb, u. Gyn. 1904, Bd. 20, S. 1039, und Miincj
med. Wochenschr. 1904, No. 42, S. 1898, und Verhandl. d. üesellscha
deutscher Naturforscher und Aerzte, 1905, Breslau, S. 218.
3) Inaug.-Diss. Erlangen 1904.
4) Verhandlungen deutscher Naturforscher und Aerzte, Bresk
1905, S. 233 ff.
') Deutsche med. Wochenschr. 1906, S. 1854.
°) Deutscher Gyn.-Kongr. Dresden 1907, S. 406, und Zentralbl.
Gyn. 1907, No. 26, S. 777.
7) Berl. klin. Wochenschr. 1909, No. 15, und (mit Mohr' 19C
No. 40.
s) R. Freund: cf. Handbuch der Serumtherapie von Wolf
Eisner unter „Eklampsie". München, Lehmann 1910, S. 249.
lJ) Münch, med. Wochenschr. 1910. No. 52.
10) Med. Klinik 1911, No. 10, S. 371, und D. med. Wochensc!
1911, No. 52.
n) Z. f. phys. Chemie 1909, Bd. 62, S. 120 (mit Welchard
und S. 243 (mit Pincussohn).
April 1913.
MUENCHKNER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT,
,‘thodc geeignetes Feld erschien. Die Versuche wurden alsbald an
m Material der Charitee-Frauenklinik in dem physiol. Institut der
rärztlichen Hochschule in die Wege geleitet. Einige Wochen
nach erschien von A b d e r h a 1 d e n 12) ein Artikel ln der Med.
nik. der die optische Methode im allgemeinen behandelt und den
-■rt auch für die normale und pathologische Schwangerscnaft he¬
chtet.
Nach langen, stets negativ ausfallenden Versuchen, die mit Pep-
ien auS Seide, Gelatine, Edestin, Gliadin etc. und später auf Au¬
en Abderhaldens aus menschlicher Plazenta von seinen Assi¬
nten Dr. C. Br a h m und später L. Pincussohn vorgenommen
ren, gelang es schliesslich letzterem, ein brauchbares Plazentar¬
en herzustelien, welches allerdings nur von Serum aus den drei
den Schwangerschaftsmonaten, einmal aus dem y. Monat und
ner von Serum in vier Eklampsiefällen gespalten wurde.
Die Resultate dieser ersten serologischen Untersuchungen
i itelst der optischen Methode sind von Abderhalden-
eund -Pincussohn veröffentlicht worden unu damals zu
: inem Bedauern in die praktischen Ergebnisse der Geb. und Gyn.13),
■hin sie ihres unfertigen Charakters wegen nicht gehörten, hinein-
, äugt. Mein Verdienst an der Nutzanwendung der optischen Mo¬
nde Abderhaldens auf dem Gebiete der Schwangerschaft ist
uit ein geringes, denn nach dem Bekanntwerden dieser Methode
i sste jeder, der mit der plazentaren Theorie einigermassen ver-
: ut war, in ihr womöglich selbständig gearbeitet hatte, auf den Ge¬
cken der Verwertbarkeit der optischen Methode für dieses Gebiet
Ilmmen, wie es schon daraus hervorgeht, dass nicht lange nach
i ginn unserer gemeinsamen Arbeit anderweite Forscher in der
. ichen Absicht bei Abderhalden in Berlin eintrafen.
Die auf 50 Fälle einschliesslich 4 Eklampsien sich stützenden Er-
. misse unserer ersten Arbeit Hessen nur den Schluss zu, dass es
■h um eine Reaktion der ersten Schwangerschaftsmonate und bei
lampsie handle. Die Fassung des Titels durfte danach keine andere
: Zeichnung als „serologische Untersuchungen mit Hilfe der optischen
thode während der Schwangerschaft und speziell bei Eklampsie“
inspruchen. Im weiteren Verfolg dieser Arbeiten konnte Abder-
lden14) zeigen, dass durch Verbesserungen aer Hilfs-
1 1 e 1 einerseits zur optischen Methode, andererseits durch
Inzunahme des Dialysierverfahrens der Nachweis
> Spaltungsvermögens im Serum Schwangerer nicht nur in den
:sten, sondern auch in den späteren Monaten mög-
t sei. Damit war die serologische Untersuchungsmethode zur
chwangerschaftsdiagnos e“ erweitert worden.
Vielleicht wird jetzt nach Verbesserung der serologischen Unter-
: ihungsmethode mein Wunsch15), die Heilwirkung der von mir
ugurierten Serumtherapie, speziell bei Eklampsie, durch ein
. iktes Verfahren zu verfolgen, in Erfüllung gehen.
Ausführliche Untersuchungen über die Verwertung und Be-
I rtung der serologischen Methoden zum Schwangerschaftsnachweis
I I C. Brahm und mir sind der Redaktion gleichzeitig zugegangen.
omerkung „Zur Geschichte der Serodiagnostik der
Schwangerschaft“ von R. Freund.
Von Emil Abderhalden in Halle a. S.
Ich habe selbst immer betont, dass die Befunde
n Chorionzottenepithelien im Blute Schwange-
r durch Schmorl und Veit, mich auf die Idee g e -
achthaben, das Verhalten des Serums Schwa nge-
r gegenüber von Proteinen zu verfolgen. Der-
ige Versuche erschienen deshalb aussichtsreich, weil durch eine
H’sse Reihe von Versuchen von mir und meinen Mitarbeitern gezeigt
rden war, dass nach parenteraler Zufuhr von artfremden Proteinen
Blute Fermente auftreten, die diese abzubauen vermögen. Da nach
Zufuhr verschiedenartiger Proteine Fermente aufgetreten waren,
Med. Klinik 1909, No. 41.
13) Pr. Erg. d. Geb. u. Gyn. II. Jahrg., II. Abt., 1910, S. 367.
) Z. f. phys. Chemie 1912, Bd. 77, S. 249 (mit K i u t s i). —
nch. med. Wochenschr. 1912, No. 24, 36, 40. — Z. f. pnys. Chemie,
■ 81, S. 90. — D. med. Wochenschr. 1912, No. 46. — Schutz-
mente. Springer, Berlin 1912. — Berl. tierärztl. Wochenschr.
No. 25, 42 und No. 36 (mit Weil). — Beitr. zur Klinik der
ektionskrankh. u. z. Immunit. Würzburg 1912, S. 243. — Münch,
d. Wochenschr 1913, No. 8 und 9.
lo) Vgl. „Eklampsie“ im Handb. d. Serumtherapie n. W o 1 f f -
sner, München, 1910, S. 250. Dort heisst es: „Eine rationelle
umtherapie wird freilich erst aufgestellt werden können, wenn
lässliche Resultate über die fermentative Kraft des Blutserums bei
analer und pathologischer Schwangerschaft vorhegen. In dieser
isicht erscheint die angeführte optische Untersuchungsmethode in
ter Linie geeignet. Die praktischen Konsequenzen, etwaigem Blut-
mentmangel bei Eklampsie durch tierexperimentell erzeugte fer-
utreiche Sera nachzuhelfen, dürfte keinerlei Schwierigkeiten bei
Ausführung begegnen.“ — Ferner: Med. Klinik 1911, No. 10,
371.
701
die auch andere Eiweissstoffe, als die gespritzten angriffen, begann
uas .. tudium der Serodiagnostik der Schwangerschaft mittels Pep¬
tonen, die aus verschiedenen Proteinen dargestellt waren. Ich be¬
auflagte meinen damaligen Assistenten, Dr. Brahm, diese Versuche
auszuführen. Der Erfolg war, wie schon mehrfach mitgeteilt worden
ist, ein negativer. Hierauf veranlasste ich Herrn Dr. Brahm und
Herrn Dr. I inkussohn, meine damaligen Assistenten, nach den
von mir tiir die Darstellung von Peptonen ausgearbeiteten Methoden
solches aus Plazentagewebe darzustelleu. Die ersten Versuche er¬
gaben kein gutes Resultat, weil das Plazentapepton infolge seines
hohen Salzgehaltes mit verschiedenen Sera Fällungen gab. Erst spa¬
ter wurden die Methoden so verbessert, dass die optische Methode
zur Feststellung der Schwangerschaft allgemein anwendbar wurde.
Fast gleichzeitig wurde dann auch das Dialysierverfahren zur Dia-
gnose der Schwangerschaft ausgearbeitet und zur allgemeinen Be¬
nutzung zur Verfügung gestellt. Es folgten dann die Veröffent¬
lichungen von Halle aus.
Freund behauptet nun, dass er mich, angeregt durch meine '
Veröffentlichungen über die mit der optischen Methode erhaltenen Be¬
funde, aufgesucht und mir die Ergebnisse der plazentaren Forschung
vorgetragen habe. Das ist nun nicht richtig. Freund trug
mir damals die folgende Bitte vor. Er teilte mir mit, dass er für
das Handbuch von Wolff-Eisner das Kapitel Eklampsie zu ver¬
fassen habe. Es sei nun von B e r g e 1 1 und’ Liepmann fest¬
gestellt worden, dass die Plazenta sehr reich an Fermenten sei. Diese
könnten nun bei Verschleppung von Chorionzottenzellen ins Blut ge¬
langen und eine Giftwirkung entfalten. Freund erbat nun von mir
Auskunft darüber, ob Fermente giftig wirken können. Diese Frage
war durchaus berechtigt, denn es galten viele Fermente, so vor
allem das Trypsin, als sehr giftig. Ich teilte Freund mit, dass
es mir unwahrscheinlich sei, dass die Fermente als solche giftig
wirken. Ich machte ihn auf meine Fermentstudien aufmerksam und
legte ihm dar, dass sehr wohl Fermente eine Rolle spielen könnten,
indem solche durch Abbau vielleicht giftige Produkte aus blut¬
fremdem Material erzeugten. Freund waren diese meine
Arbeiten über das Erscheinen von Fermenten nach
parenteraler Zufuhr von Proteinen usw. nach
seiner damaligen Aussage gänzlich unbekannt.
Ich hätte auch ohne den Besuch von Freund ver¬
sucht, die Eklampsie mittels meiner Verfahren zu
studieren. Freund hat nach dieser Unterredung seinen Artikel
für Wolff-Eisner abgeschlossen. Freund bat, sich an den
Untersuchungen über Eklampsie beteiligen zu dürfen. Es geschah
diese Beteiligung in der Form, dass F r e u n d das Material beschaffte.
Er hat im übrigen meines Wissens nur ganz selten Ablesungen
mitverfolgt. Es war ihm eine aktivere Anteilnahme an den Unter¬
suchungen durch seine Berufsgeschäfte verunmöglicht.
Dass die Angabe Freunds, er habe mich aufgesucht, um mir
nahezulegen, die optische Methode auf dem Gebiete der Schwanger¬
schaft anzuwenden, eine durchaus unrichtige ist, wird
durch folgende Daten einwandfrei erwiesen. Freund suchte
mich Ende Juli oder in den ersten Tagen des August
1909 auf. Die erste Arbeit über die Anwendung der
optischem Methode zu serologischen Unter¬
suchungen ist in dem am 19. August 1909 e r -
schienenen Heft der Zeitschrift für physio¬
logische Chemie, Bd. 61, S. 200, enthalten1). Die zweite
folgte in Bd. 62 2). In der dritten Mitteilung, die der Redaktion
der Zeitschrift für physiologische Chemie am
16. August 1909, also drei Tage vor dem Erscheinen der
ersten Arbeit über dieses Gebiet zuging, findet sich
S. 248 unter ausführlicher Besprechung der Möglichkeit der Erfor¬
schung der Eklampsie mittels der optischen Methode der Hinweis,
dass ich mit R. Freund Versuche über das Verhalten des Serums
Eklamptischer aufzunehmen beabsichtige. Daraus geht wohl ein¬
deutig genug hervor, dass Freund mich aufsuchte, ehe er Kenntnis
von der Verwertbarkeit der optischen Methode zu serologischen Stu¬
dien haben konnte, denn sein Besuch fällt mindestens 3— 4Wochen vor
das Erscheinen der ersten Mitteilung. In jener Abhandlung habe ich
schon ausdrücklich die optische Methode zu allen möglichen For¬
schungen empfohlen und betont, dass ich nicht beabsichtige, irgend¬
welche Probleme für mich zu reservieren.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass
R. Freund in No. 10, 1911 der Medizinischen Klinik schreibt: „An¬
gesichts der Schwierigkeit, diesen Resultaten .... Beweiskraft zu
verschaffen, unterbrach ich diese therapeutischen Bestrebungen und
wendete mich (Zitat: Prakt. Ergebnisse d. Geburtsh. u. Gynäkol,
2. Jg„ Abt. 2, S. 367) zunächst der damals von Abderhalden
(Zitat: Medizinische Klinik 1909, No. 41) eingeführten „optischen Me-
*) Hierzu ist noch zu bemerken, dass die Hefte der Z. f. physiol.
Chemie im allgemeinen erst 8 Tage nach ihrer Ausgabe allgemein zu¬
gänglich sind.
") Diese Arbeit zitiert Freund als die für ihn erste Arbeit
auf diesem Gebiete. Sie ist am 23. September 1909 zur Ausgabe ge¬
langt! Also ca. 7—8 Wochen nach jener Unterredung, zu der er
— Freund — durch seine Kenntnis der optischen Methodik an¬
geregt worden sein will.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
702
thode zu“ usw. Freund verschweigt, dass jene von ihm genannte
Arbeit in den Ergebnissen von mir und meinem damaligen Assistenten
Pinkussohn mitveröffentlicht ist. Als Quelle seiner Kenntnis der
optischen Methode gibt er meine Arbeit in der Medizinischen Klinik
an. In seinem Beitrag zur Geschichte etc. will er jetzt jene Arbeit als
unter dem Einfluss der stattgehabten Unterredung stehend darstellen!
Diese Daten mögen genügen, um den Leser über den wahren
Sachverhalt zu orientieren.
Sollte somit Freund mit seiner Mitteilung „Zur
Geschichte der Serodiagnostik der Schwanger¬
schaft“ die Absicht verfolgen, einen ideellen Anteil
an der Anwendung meiner Methoden auf das Gebiet
der Gravidität und seiner pathologischen Erschei¬
nungen zu konstruieren, so muss ich dem ganz ent¬
schieden entgegentreten. Für mich waren die Eklampsie
und die Schwangerschaft ein Prüfstein für meine Vorstellungen über
das Verhalten zwar arteigener, jedoch blutfremder Stoffe. Ich habe,
nachdem die optische Methode und das Dialysierverfahren ausge¬
arbeitet waren, diese Methoden ganz allgemein dadurch zugänglich
gemacht, dass ich mich und mein Institut zu ihrer Erlernung zur Ver¬
fügung stellte. Die Anwendungsmöglichkeiten der Methoden und der
ihnen zugrunde liegenden Ideen sind zahllose. Ich habe selbst aus¬
drücklich hervorgehoben, dass ich selbst nicht beabsichtige, die An¬
wendung meiner Methoden auf irgend ein Gebiet zu reservieren, son¬
dern im Gegenteil wünsche, dass die Kliniker, die ja einzig und allein
auf dem Gebiete der Pathologie entscheidende Untersuchungen durch¬
führen können, die Methoden zu den mannigfaltigsten Fragestellungen
verwenden möchten.
Freund vergisst bei seiner Darstellung den springenden Punkt
der ganzen Serodiagnostik, wie sie von mir ausgearbeitet worden ist.
Sie beruht nämlich auf der Vorstellung, dass während der Gravidität
blutfremdes Material zirkuliert, das dem Abbau durch Fermente
unterliegt, die vom mütterlichen Organismus in das Blut abgegeben
werden, um den kompliziert gebauten Molekülen ihre Eigenart zu
nehmen. Diese Vorstellung war Freund vor jener Unterredung ab¬
solut fremd. Er konnte auch ohne Kenntnis meiner Forschungs¬
ergebnisse gar nicht auf eine solche Idee kommen. Derjenige, der
einer derartigen Vorstellung am nächsten kam, ist Weichardt.
Er sprach schon von Synzytiolysinen.
Ich bin für jede Anregung sehr dankbar und werde solche immer
gerne anerkennen. Im vorliegenden Falle ist jedoch
die Anregung zu den Studien über das Verhalten
des Blutserums während der Schwangerschaft
einmal auf die Befunde von Schmor 1, Weichardt
und Veit zurückzuführen und dann vor allem auch
— und das ist die Hauptsache — auf meine eigenen
Forschungen über das Erscheinen von Fermenten
im Blut nach Zufuhr von blutfremdem Material.
Wenn ich selbst nicht auf die in der Literatur vorliegenden Ver¬
suche, die Schwangerschaft aus dem Verhalten des Blutserums zu
diagnostizieren, eingegangen bin, so geschah das deshalb, weil einmal
diese Versuche zu keinen brauchbaren Resultaten führten und es vor
allem zurzeit noch unmöglich ist, die Beziehungen zwischen meinen
Beobachtungen und z. B. der Präzipitinbildung festzulegen. Es
sind noch zahlreiche Untersuchungen nötig, ehe sich eine Brücke
schlagen lässt.
Man könnte noch die Frage aufwerfen, ob nicht die Dar¬
legungen Freunds über die sog. plazentare Theorie, die er als
Schüler Veits zweifellos mit am besten beherrscht, stark von Ein¬
fluss gewesen sind für die Anwendung der optischen Methode auf
dem Gebiete der Physiologie und Pathologie der Schwangerschaft.
Ich kann mich zur Entscheidung dieser Frage auf Weichardt be¬
rufen. Er arbeitete zu jener Zeit seit einem Jahre in meinem Institute.
Wir haben uns über die plazentare Theorie oft unterhalten. Ich be-
sass natürlich auch die Veröffentlichung Weich ardts über dieses
Problem. E. Kaufmann, mein Lehrer in pathologischer Anatomie
(vgl. sein Lehrbuch, 1. Aufl., 1896, S. 744) trug uns den Sch mo ri¬
schen Befund auch schon vor.
An und für sich ist es selbstverständlich vollständig gleichgültig,
ob ich die Anregung zur Anwendung meiner Methoden auf dem Ge¬
biet der Pathologie und Physiologie der Schwangerschaft direkt aus
der Literatur (S c h m o r 1, Weichardt, Veit) entnommen habe,
oder indirekt durch Veits Schule auf diese Arbeiten aufmerksam ge¬
worden bin — was, wie schon erwähnt, vollständig unrichtig ist.
Als Freund seine erste unrichtige Darstellung in der Medi¬
zinischen Klinik veröffentlichte und sich ein Verdienst allein aneignen
wollte, das ihm in keiner Weise zukommt, schwieg ich, weil es mir
peinlich war, bei einer gemeinsam veröffentlichten Arbeit nachträg¬
lich abzuwägen, welcher Anteil einem jeden Mitarbeiter zukommt.
Gleichzeitig wäre ich schon damals gezwungen gewesen, die Dar¬
stellung von F r e u n d als vollständig unrichtige zu bezeichnen. Nach¬
dem nun Freund zum zweitenmal eine unrichtige Darlegung gibt,
muss ich den Sachverhalt der Oeffentlichkeit vorlegen.
Ueber Serumfermentwirkungen bei Schwangeren un
Tumorkranken.
Zur Abderhalden sehen Kritik meiner obigen Arbeit.
Von Paul L i n d i g.
Herr Prof. Emil Abderhalden hat in No. 8 dieser Woche;
schrift meine Arbeit „Ueber Serumfermentwirkungen bei Schwangere
und Tumorkranken“ (erschienen in No. 6 der Münch, med. Wochei
schrift) einer kritischen Beleuchtung unterzogen, die mich zu folgen
der Erwiderung veranlasst. Herr Prof. Abderhalden behaupte
ich hätte während eines 14 tägigen Aufenthaltes in seinem Institute i
zahlreichen Beispielen feststellen können, dass die nach seinen Ai
gaben dargestellten Organe sehr lange haltbar sind; demgegenübi
muss ich betonen, dass ich während meines Verweilens im Hallensi
Physiologischen Institut eine Prüfung auf Brauchbarem der Orgai
niemals gesehen, geschweige denn selbst ausgeführt habe. Dass d
Möglichkeit zu einer derartigen Feststellung vorhanden war, will u'
durchaus nicht bestreiten; es lag aber für mich gar kein Grund vr
die dort befindlichen Organe auf ihre Verwendbarkeit zu unte
suchen, da ich selbst niemals in Halle einen Dialysierversuch a
gestellt oder koagulierte Plazenta bereitet habe, sondern die Zeit fa
ausschliesslich zur Herstellung von Plazentapepton verwandte. M
genügte ausserdem auch die damals letzte Mitteilung Abdei
h aide ns (Hoppe-Seylers Zeitschrift für physiol. Chemie, Bd. t
H. 1 und 2), dass bei vorschriftsmässigem Vorgehen nach zweimalige
Auskochen mit 2 Liter Wasser + 2 Tropfen Eisessig die Biure
reaktion immer negativ und damit das Organ einwandfrei sei.
Als mich Herr Prof. Abderhalden brieflich darauf aufmer
sam machte, dass er in meinen Substraten eine Fehlerquelle vermu
habe ich ihm das Abbaumaterial in Halle zur Prüfung vorgeles
meine Arbeit war zu der Zeit schon im Druck. Bei der G.
legen heit konnte mir Herr Prof. Abderhalde
zeigen, dass das Kochwasser meiner Organe not
mit Ninhydrin reagierte; dass diese Tatsache ab
etwas Neues oder U eberraschende s brachte, hal
ich an Ort und Stelle zurückgewiesen. Gerade d
habe ich ja in meiner Ar beit besonders hervorg
hoben, dass bei mir vorher negativ reagierend;
Kochwasser nach einigen Tagen immer wieder p ■
sitive Ninhydrinreaktion gibt, und das war dou
auch die direkte Veranlassung, die Darstellui;
eines trockenen Abbausubstrates zu versuche,
Den kürzlich gemachten Vorschlag Abdernaldens, v
jedem Ansetzen einer Dialyse das Kochwasser zu prüfen, habe i
in einer grossen Zahl meiner Versuche durchgeführt; dass es nicht)
der eingehenden Weise geschehen, wie er sie erst in seinen neuesli
Veröffentlichungen vorschreibt, kann mir doch wohl nicht zum V-
wurf gemacht werden. Herr Prof. Abderhalden sprach dann r
gegenüber die Möglichkeit aus, dass der Kalkgehalt des Jenen;-
Wassers für die Wandelbarkeit meiner Organe verantwortlich i
machen sei; ich habe daraufhin eine Plazenta 11 mal mit Aqua des-
lata gekocht: dieses Kochwasser blieb tasätchlich dauernd frei vi
Stoffen, die mit Ninhydrin reagieren. In Halle wird häufig nn
länger gekocht, ehe die Organe jeder Prüfung standhalten; auf ci
Gedanken aber, dass auch diese letztgenannten Substrate zu v-
werfen seien, könnte man sehr leicht kommen, wenn man alle i
Laufe der Entwicklung der Methode von Abderhalden gegebei.i
Vorschriften für bindend erklärt: im November des verflossenen Jah s
teilte mir nämlich Herr Prof. Abderhalden brieflich mit, dass er F-
zenten ausschaltet, die nach sechsmaligem Kochen noch reagierend
Kochwasser geben. Dass ich mich damals ln einem I -
1 e m m a befand, muss auch Abderhalden anerkenn),
denn nun war mein Abbaumaterial auf jeden F : I
einer bemängelnden Kritik preisgegeben: ei-
weder es wurde weniger als sechsmal ausgekocl
und lieferte noch positiv reagierendes Koc-
wasser, oder es war unvorschriftsmässig häuu
gekocht. Ich wählte den ersteren Weg und machte, um irti
jedesmal über die Brauchbarkeit des Substrates zu orientieren, K > •
trollversuche mit inaktiviertem Serum. Dass di5
immer negativ blieben, wenn der Versuch selbst positiv aus
darüber gibt auch das in der Kritik angeführte Zahlenbeispiel kei
Aufschluss; auf diesem Vergleich zwischen Versuch und Kontr
versuch beruhen aber gerade die in meiner Arbeit niedergelegten
obachtungen. Ausdrücklich möchte ich hervorheben, dass die K
trollversuche mit inaktiviertem Serum auch bei den Versuchen
Trockenplazenta gemacht worden sind. Dass diese gepulverte Bj
zenta mit der 50 fachen Menge Wasser gekocht, eine in derart
Stärke nie gesehene Ninhydrinreaktion gab, habe ich in Halle n
beobachten können, ebensowenig ist es zutreffend, d:
sie — nach der Behauptung von Herrn Prof. Abd
halden — „ohne jede Vorsicht in einer mit ein
Kork verschlossenen Flasche enthalten war“;
befand sich in einer Flasche mit eingeschliffen
Glasstopfen. Ich bekomme, wenn ich das Plazentarpulver
der 10 fachen Menge Wasser auskoche und mit 10 ccm dieses Kt
Wassers — das einwandfrei filtriert sein muss — die Ninhyd
•Mi
(vLERIE HERVORRAGENDER ARZTE UND NATURFORSCHER.
Ptto
EUBNER,
Beilage zur Münchener medizinischen Wochenschrift. Blatt 319, 1913.
Veriag von J. F. LEHMANN in München.
. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
703
Aktion in der bisher gebräuchlichen Weise anstelle (0.2 ccm einer
proz. Lösung), einen negativen Ausfall, einen positiven erst dann,
enn ich 5 ccm des Kochwassers mit 1 ccm einer 1 proz. Ninhydrin-
sung Zusammenhänge. Dass mir die Unterlassung dieser zuletzt
enannten Prüfungsmethode (die erst kurz vor dem Erscheinen
einer Arbeit als erforderlich bezeichnet wurde) nicht als Fehler
igerechnet werden kann, betonte ich schon; ich hätte meine Ver¬
teile aber gern einer dahingehenden Nachprüfung unterzogen, wenn
: mir gelungen wäre, die Veröffentlichung meiner Resultate noch
ifzuschieben. Die Frage, ob nicht mit Aqua destillata vorbehandelte
rockenplazenta dauernd haltbar ist, muss durch weitere Unter¬
teilungen entschieden werden.
Dass meine Resultate den bisherigen Erfahrungen so durchaus
idersprechen, kann ich auch nicht finden: Franz und J arisch
iben schon lange vor mir (Wiener klinische Wochenschrift 1912.
o. 39) die Beobachtung mitgeteilt, dass Karzinomserum eine ah¬
mende Wirkung auf Plazentaeiweiss besitzt.
Das von Herrn Prof. Abderhalden als u n ver¬
tu n d e n in meiner Arbeit Be zeichnete dürfte sich
o h 1 als falsch verstanden heran sstellen, wenn
an in meiner Arbeit Seite 289 erste Spalte den A b -
chnitt „Ueber die Erscheinung usw.“ nachliest;
ort steht ganz genau, was ich unter den in der Ab¬
er lialdenschen Erwiderung zitierten „Abbaupro-
u k t e n des E i w e i s s e s“ (S. 412, Spalte 2, Zeile 24) ver¬
landen habe. Daraus geht auch hervor, dass ich
it Serum nur Schwangeren - Serum gemeint haben
ann, von einem Uebersehen kann also keine Rede
e i n.
Herr Prof. Abderhalden rügt es, dass ich nicht polarisiert
ibe, mir war allerdings bekannt, dass die optische Methode ein
:hr geeignetes Mittel ist, um die Resultate des Dialysierverfahrens
i kontrollieren, aber ebenso bekannt musste es Herrn Prof. Ab¬
erhalden sein (ich habe ihm bei der schon erwähnten Be¬
rechn ng in Halle mündlich darüber berichtet), dass die Jenenser
rauenklinik aus Gründen der Anfertigungsdauer (der Apparat ist im
ktober bestellt) noch nicht im Besitz eines geeigneten Polarisations-
jparates war und auch nicht sein konnte. Wir besitzen ihn heute
)ch nicht.
Und schliesslich ist es mir unfassbar, wie Herr Prof. Abder-
alde n als Zeugen gegen mich Herrn Prof. Henkel anführen
inn; die der betreffenden Arbeit von Herrn Prof,
enkel zugrunde liegenden Versuche (die Herrn
rof. Abderhalden als Zeugnis dafür dienen, „dass
ie von ihm angegebene Methode ausgezeichnete
esultate liefer t“) sind insgesamt und durchaus
elbständig von mir ausgeführt. Diese Tatsache hätte
err Prof. Abderhalden von unserer persönlichen Aussprache
;c wissen können.
Aus all diesen Gründen habe ich die Erkenntnis,
ass etwa vorhandene Fehler in meiner Versuchs-
nordnung auf ein Versehen von meiner Seite zu-
ii c k z u f i i h r e n sind, bis jetzt nicht bekommen.
- ■ ■ -
Otto L. Heubner.
Am 21. Januar hat der Nestor der deutschen Kinderärzte,
ieh. Medizinalrat Dr. Otto L. Heubner, ordentlicher Pro-
;ssor der Kinderheilkunde an der Universität Berlin, in jener
örperlichen und geistigen Frische, die einen der hervor-
:echenden Züge seiner Persönlichkeit darstellt, seinen sieben-
igsten Geburtstag begangen, in aller Stille und unerreichbar
ir alle demonstrativen Ehrungen, die ihm zugedacht waren,
in 1. März, dem Semesterschluss, hat er zum letzten Male
änes Lehramtes gewaltet, in dem er fast 4 Jahrzehnte hin-
urch so erfolg- und segensreich gewirkt hat, wie nur wenige
iidere Akademiker. Im blumengeschmückten Hörsaal der
inderklinik der Charitee hatten sich zu der studentischen
brerschaft eine Anzahl seiner nächsten Freunde und eine
rosse Schar seiner Schüler aus alter und neuer Zeit gesellt,
m noch einmal den Worten des verehrten Mannes zu
tuschen und ihm durch ihre Anwesenheit ihre treue Anhäng-
chkeit zu beweisen; und selten wohl sind die Gefühle der
erehrung und der Dankbarkeit bei allen Anwesenden so riiek-
altslos, so herzlich und so aufrichtig gewesen, wie bei dieser
nfachen Feier.
Aber nicht nur der engere Kreis seiner Hörer und Schüler,
Jndern die Allgemeinheit der Aerzte hat Veranlassung, der
Wirksamkeit des Scheidenden rühmlich zu gedenken. Für die
eutsche Pädiatrie insbesondere bedeutet der aus freiwilliger
ntschliessung erfolgte Rücktritt Heubners mehr, als den
bschluss einer an Arbeit, Erfolgen und Ehren ungewöhnlich
reichen Lehr- und Forschertätigkeit eines ihrer ersten Ver¬
treter; er bedeutet den Abschluss einer ganzen Epoche im
Entwicklungsgänge des Sonderfaches. Denn mit Heubner
scheidet nicht nur der letzte jener Männer aus der Front, die
die Begründer der Kinderheilkunde in Deutschland gewesen
sind und deren 1 atkraft diese ihre anerkannte Gleichberech¬
tigung mit anderen Disziplinen verdankt, sondern er ist auch
der letzte jener Aerzte, die erst auf der Höhe des Lebens nach
langer und erfolgreicher Betätigung als allgemeine Kliniker
sich der Kinderheilkunde zuwandten. Heutzutage fühlt man
den Beruf zum Pädiater bereits im Flügelkleide in sich. Das
mag der Detaillierung unseres Wissens und dem Fortschritt in
den Einzelheiten zugute kommen, und die jüngere Generation
braucht sich ihrer Leistungen nicht zu schämen. Aber sie
wird willig zugestehen müssen, — im allgemeinen sowohl, wie
im speziellen im Hinblick auf unseren Jubilar — dass die Uni¬
versalität des Wissens, der weite Blick, die Vielseitigkeit der
Interessen und in letzter Instanz die Herausbildung markanter
wissenschaftlicher Persönlichkeiten das beneidenswerte Kenn¬
zeichen der nunmehr abgeschlossenen Epoche der Pädiatrie
bildet.
Am 21. Januar 1843 in einem kleinen Orte des sächsischen
Vogtlandes geboren, erhielt Otto Leonhard Heubner
seine Gymnasialbildung auf der Landesschule in Grimma und
bezog 1861 als Student der Medizin die Universität Leipzig.
Nach Abschluss seiner Studien wandte er sich zur weiteren
Ausbildung nach Wien, das damals durch seine hervorragenden
Kliniker den Sammelpunkt aller aufstrebenden Jünger der
Medizin bildete. Hier blieb er — gefesselt besonders durch
Widerhofer und Oppolzer — während der Jahre 1866
und 1867, mit einer kurzen Unterbrechung während des
Krieges, wo er unter Günther in einem Choleralazarett
in Leipzig tätig war. 1867 promovierte er mit einer Disser¬
tation „über unvollständige Reaktion im Choleraanfall“. Vom
Jahre 1868 ab war ihm das Glück beschieden, in Leipzig Assi¬
stent eines unserer grössten Kliniker, Wunderlich, zu
werden, und die unter diesem verlebten Arbeitsjahre im Ver¬
eine mit den nachhaltigen Eindrücken, die er in Wien emp¬
fangen, sind für seine ganze weitere Entwicklung bestimmend
gewesen. Von der W u n d e r 1 i c h sehen Klinik aus habili¬
tierte er sich 1868 als Dozent für innere Medizin und las zu¬
nächst über klinische Propädeutik und Elektrotherapie. 1870
bis 1871 leitete er ein Reservelazarett, das ihm Gelegenheit
gab, seine früheren Erfahrungen über die Cholera durch solche
über andere Kriegsseuchen, besonders über Typhus und Ruhr,
zu erweitern. 1871 schied er aus der W u n d e r 1 i c h sehen
Klinik, um als Nachfolger des nach Freiburg berufenen
Thomas’ Leiter der Distriktspoliklinik zu werden, die unter
ihm einen solchen Aufschwung zu verzeichnen hatte und die
Studenten so anlockte, dass die Praktikanten sich schon drei
Semester vor Eintritt melden mussten, um Aussicht auf Zu¬
lassung zu haben. 1873 wurde Heubner zum ausser¬
ordentlichen Professor ernannt.
Die Anregungen zu seinen ersten wissenschaftlichen Ar¬
beiten empfing Heubner aus seiner Tätigkeit in den Kriegs¬
lazaretten. Ausser einigen Abhandlungen zur Kenntnis der
Pyämie und den „Beiträgen zur internen Kriegsmedizin“ (1872)
ist hier namentlich seine Monographie der „Dysenterie“ in
v. Ziemssens Handbuch der speziellen Pathologie und
Therapie zu nennen, in der bereits zwei Eigenheiten des
Autors, die Gabe der lebhaften plastischen Darstellung klini¬
scher Bilder und Vorgänge, und die meisterhafte Beherrschung
der pathologisch-anatomischen Seite des Gegenstandes in die
Erscheinung treten. Etwas später begannen die Vorarbeiten
und Arbeiten zu den grundlegenden Studien über Hirnsyphilis,
die in einer 1874 erschienenen Monographie „über die lueti¬
schen Erkrankungen der Hirnarterien“ und in der Darstellung
der „Hirnsyphilis“ (1875) in v. Ziemssens Handbuch
gipfelten und dem Namen des Autors einen dauernden Platz
in der Geschichte der Erforschung der Hirnpathologie und der
pathologischen Anatomie gesichert haben.
In der Folge wurde der junge Polikliniker durch die Ge¬
staltung der Verhältnisse von der inneren Medizin abgezogen
und veranlasst, sein Interesse der Kinderheilkunde zuzuwen¬
den. Schon von Anfang an stellten die Kinder das über-
704
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 13.
wiegende Kontingent zu den Besuchern der Distriktspoliklinik
und dies wurde noch mehr der Fall, als nach Einführung der
gesetzlichen Krankenversicherung ein erheblicher Teil der
Erwachsenen in andere Hände überging. Mit Eifer und Be¬
geisterung widmete sich Heubner dieser neuen Aufgabe, als
Praktiker sowohl wie als Wissenschaftler. Im Vereine mit
seinen getreuen Assistenten und eifrigen Praktikanten folgte
er jedem Rufe in die Wohnung der kleinen Patienten, und oft
begann die Tätigkeit so früh, dass die Helfer mit der Laterne
auszogen, um ungefährdet die dunklen Treppen überwinden
zu können. Dieser Zeit entstammt nicht nur jenes Archiv
sorgsamer Fieberkurven und Krankengeschichten, das die j
Grundlage zu der theoretischen Vorlesung und nachmals zu
dem bekannten Lehrbuche der Kinderkrankheiten bildete, son¬
dern in ihr wurde auch das Material gesammelt für eine grosse
Zahl wertvoller kasuistischer und therapeutischer Mitteilungen,
unter denen diejenigen über Hämoglobinurie bei Scharlach,
über Erythema exsudativum multiforme, über multiple infek¬
tiöse Entzündung der serösen Häute, über infantile progressive
Muskelatrophie, über Aphasie und Seelentaubheit, über Schar¬
lachdiphtherie und ihre Behandlung und viele andere des¬
wegen hervorgehoben werden müssen, weil sie weit tiber den
Wert der üblichen Kasuistik hinausgehend, entweder die
Kenntnis neuer oder bis dahin nicht präzis umrissener Krank¬
heitsbilder vermitteln, oder das Bild bekannter Krankheiten
in wertvoller Weise ergänzen oder auch durch subtile und
von vollendeter Sachkenntnis geleitete pathologisch-anatomi¬
sche Untersuchungen für die Unterlage des klinischen Bildes
ein neues Verständnis eröffnen.
Während dieser Jahre war Heubner zu einer der ersten
ärztlichen Persönlichkeiten Leipzigs geworden. Seiner un¬
begrenzten Arbeitskraft war es gegeben, neben der Tätigkeit
als Lehrer und Forscher noch eine ausgedehnte Konsiliar-
praxis — für Erwachsene nicht weniger als für Kinder — aus¬
zuüben. Das Jahr 1891 brachte eine weitere, entscheidende
Wendung in seinem Leben. Von allem Anfang an hatte
Heubner erkannt, dass das Heranwachsen der Kinderheil¬
kunde, die ihm mehr und mehr zum Lebensinhalt geworden
war, zu einer selbständigen und geachteten Stellung nicht
möglich sei, wenn nicht ihre Probleme mit allen Mitteln und
Methoden der exakten Wissenschaft in Angriff genommen
würden, wie das nur in der stationären Klinik möglich ist.
Seiner Tatkraft und Zähigkeit, seinem unermüdlichen Werben
gelang es, das Interesse der Leipziger Bürgerschaft und später
der sächsischen Regierung für den Bau eines Kinderkranken¬
hauses zu erwecken und so war es ihm vergönnt, 1891 als
ausserordentlicher Professor mit dem ausschliesslichen Lehr¬
auftrag für Kinderheilkunde in ein eigenes, schönes Heim ein¬
zuziehen, das neben den Abteilungen für innere, infektiöse und
chirurgische Kranke vor allem auch eine grössere Säuglings-
abteilung — die erste an einer deutschen Universitäts-Kinder¬
klinik, und die erste, die direkt mit Hinblick auf das Studium
der Ernährungsprobleme eingerichtet wurde — und ein ge¬
räumiges Laboratorium mit allen damals für wissenschaftliche
Forschung für notwendig erachteten Einrichtungen in sich
schloss, und so dem Leiter die Möglichkeit gab, die Ver¬
wirklichung der Ideen, die ihm vorschwebten, in Angriff zu
nehmen.
Es hat schon vor der Leipziger Universitäts-Kinderklinik
Kinderkrankenhäuser in den Ländern deutscher Zunge ge¬
geben und ausgezeichnete Aerzte und Beobachter, die an
ihnen gewirkt haben. Aber man ist wohl berechtigt zu sagen,
dass die erste Stätte, wo die Kinderheilkunde auf die Basis
exakter Wissenschaft gesetzt wurde, die erste, wo man be¬
gann, in systematischer Weise die Errungenschaften der Bak¬
teriologie, Physiologie und der Stoffwechsellehre auf die Er¬
forschung der Kinder- und insbesondere der Säuglingskrank¬
heiten anzuwenden, die von Heubner geleitete Leipziger
Universitäts-Kinderklinik gewesen ist, und dass mit ihrer Er¬
öffnung eine neue Epoche der Pädiatrie beginnt. Von hier
stammen die ersten Versuche, die Klinik der Erforschung des
Stoffwechsels und der Stoffwechselstörungen im Säuglings¬
alter dienstbar zu machen, stammen exakte Beiträge zur
Kenntnis der Verdauungsphysiologie- und -Pathologie nicht nur
des jungen, sondern auch des älteren Kindes, stammen ziel¬
bewusste Arbeiten über die Methoden und Leistungen der
Milchsterilisation und über die Bedeutung der Bakterien für
die Entstehung von Magendarmkrankheiten und anderes mehr.
Und die Bedeutung der Leipziger Kinderklinik für die Ent¬
wicklung einer wissenschaftlichen Kinderheilkunde wäre ge¬
wiss eine noch weit grössere geworden, wenn nicht ihr Be¬
gründer bereits nach drei Jahren einem ehrenvollen Rufe nach
Berlin als Nachfolger des hervorragenden Berliner Kinder¬
arztes Eduard Henoch und als erster ordentlicher Professor
der Kinderheilkunde Folge geleistet hätte.
Es ist Heubner wohl nicht leicht geworden, diesem
Rufe zu folgen, und nur die Ueberzeugung, an der neuen
Stelle sein Fach noch wirksamer fördern zu können, hat ihn
bewegen können, seine neu errichtete schöne Schöpfung nach
so kurzer Zeit zu verlassen und einer Stadt den Rücken zu
kehren, mit der er aufs innigste verwachsen war und wo er ,
die Achtung und Verehrung aller Bevölkerungskreise in höch¬
stem Masse genoss. Nicht jedem ist bekanntlich Berlin „eine |
Messe wert“, und wer zudem die alte Charitee gekannt hat. !
wird nachfühlen können, wie schwer es sein musste, eine eben
neu erstandene, schöne, zu ruhiger und erfolgreicher Forscher -
tätigkeit bereitstehendeArbeitsstätte zuverlassen,um denKampf
gegen die denkbar ungünstigsten Verhältnisse aufs neue auf-
zunehmen. Nur ein Charakter von der Zähigkeit, der Zuver¬
sicht und dem Optimismus Heubners war dem gewachsen.
Und er hat sich als ein wackerer Streiter bewährt gegen !
Dinge und Menschen. Es galt eine Reform der Klinik an
Haupt und Gliedern, einen Kampf gegen eine grauenhafte Sterb¬
lichkeit, ein Ringen um hygienisch zulässige Unterbringung!
der Kinder, um brauchbares Pflegepersonal, um einigermassen
genügende Mittel, um Lehrsaal, Laboratorium. Schritt für
Schritt verfolgte Heubner sein Ziel, oft mit zusammen¬
gebissenen Zähnen, und er hat schliesslich erreicht, was er
wollte: der Kinderheilkunde auch in Berlin nach innen und
aussen ein würdiges Heim und eine würdige Stellung zu
schaffen. Wer von seinen damaligen Mitarbeitern die neue,
1904 errichtete Kinderklinik betritt, erinnert sich jedesmal mit
Genugtuung, was hier erreicht wurde, wie weit und wie1
schwer auch der Weg gewesen ist, der zurückzulegen war.
Was Heubner neben dem beharrlichen Kämpfen für
Verbesserung und Neuerbauung seiner Klinik in der Zeit seiner
Berliner Wirksamkeit in erster Linie beschäftigt hat, waren
die Probleme der Physiologie und Pathologie des Stoff¬
wechsels und der Ernährung im Säuglingsalter in Fort¬
setzung und grosszügiger Erweiterung der in Leipzig in
kleinem Massstab begonnenen Untersuchungen. Grosse:
Schwierigkeiten waren auch hierbei zu überwinden. Schien
es doch anfänglich, als ob alle Versuche, an Säuglingen im
Krankenhaus selbst die einfachsten Fragen zu studieren, an
jener unheimlichen Erscheinung scheitern müssten, die wir ab
Hospitalismus bezeichnen. Schwankte doch vor 1894 die
Sterblichkeit auf der Säuglingsstation zwischen 70 und
80 Proz., wurde doch damals diese Erscheinung für eine sc;
unabwendbare Folge der Verpflegung von Säuglingen in ge
schlossenen Anstalten angesehen, dass Heubners energi¬
sches: „Das muss anders werden“ von vielen mit einerr
skeptischen Achselzucken beantwortet wurde. Es ist ander'
geworden, und wenn wir uns heute mit Recht der guten Er
gebnisse unserer Säuglingsabteilungen rühmen können, so ver
danken wir das nicht zum geringsten der Weiterentwicklung
der Ideen und Massnahmen, die von Heubner und dei
Heubner sehen Klinik ausgegangen sind und über derer
Anfänge wir in Heubners Schrift über Säuglingsernährum
und Säuglingsspitäler (1896/97) Aufschlüsse erhalten. Uni
sein Wirken hat einen erheblichen Anteil daran, dass gegen
wärtig die Möglichkeit besteht, überall in Säuglingsklinikei
ungestört durch bedrohliche Zwischenfälle die Fragen de
Stoffwechselphysiologie und -Pathologie zu studieren. Abc
nicht nur die Schaffung dieser Vorbedingung, sondern auch di
grosszügigen Anfänge der Lösung der genannten Problem
selbst gehen auf Heubner zurück.. In Gemeinschaft mi
R u b n e r und Camerer und einigen seiner Assistenten ha
er die ersten und grundlegenden Feststellungen über den Ge
samtstoffwechsel des gesunden, natürlich oder künstlich ei
nährten und des atrophischen Säuglings gemacht und di
705
. April 1911 _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ruchtbare energetische Betrachtungsweise auf die Säuglings-
rhysiologie und die Säuglingsklinik übertragen, Arbeiten, auf
lenen alle fassen, die sich nachher mit einschlägigen Unter¬
suchungen befasst haben.
Aber neben der Behandlung dieser experimentellen Fragen
iat Heubners Interesse für die Klinik und pathologische
Anatomie niemals geruht und zahlreiche Abhandlungen aus
dien Gebieten der Kinderheilkunde legen davon Zeugnis ab.
/on den wichtigeren seien genannt die Beobachtungen über
^tnnbalpunktion, über Aetiologie und Diagnose der epidemi-
,chen Zerebrospinalmeningitis und über den Meningokokkus,
iber die pathologische Anatomie des Darmes bei akuten und
hronischen Verdauungsstörungen, über Pylorospasmus. Ge-
.visse Gebiete hat Heubner mit besonderer Vorliebe be-
irbeitet und ist zu ihnen immer wieder zurückgekehrt. Seiner
ilten Liebe zur Klinik und pathologischen Anatomie des Zen-
ralnervensystems verdanken wir die Abhandlungen über den
ingeborenen Kernmangel, über multiple Riickenmarks-
diome, über hereditäre Ataxie, über Chorea, über End-
irteriitis syphilitica beim jungen Kinde. Eine ausgezeichnete
md erschöpfende monographische Bearbeitung der Syphilis
m Kindesalter steuerte er 1896 als Ergänzungsheft zu Ger¬
hardts Handbuch der Kinderheilkunde bei. Er war einer
ler ersten, der die deutschen Aerzte mit der B a r 1 o w sehen
<rankheit bekannt machte und später zur Kenntnis der Klinik
dieses Leidens auf Grund seines reichen Materials einen Wert¬
zöllen Beitrag beisteuerte. Um die Einführung der Serum-
lehandlung der Diphtherie und ihre Technik hat er sich seit
ler ersten zusammenfassenden Darstellung (1895) immer
nieder Verdienste erworben. Ein dauerndes Interesse wid-
nete er namentlich auch den Erkrankungen der Niere. Neben
Arbeiten über Scharlach- und Diphtherieniere dürfen nament-
ich seine Arbeiten „über chronische Nephritis und Albumin-
irie im Kindesalter“ (1897) und eine zweite meisterhafte Dar¬
stellung desselben Themas (1908), ferner seine anatomischen
Untersuchungen der Niere eines Kindes mit orthotischer
Albuminurie als grundlegend betrachtet werden. Die
<enntnis des wichtigen Krankheitsbildes der chronischen
3ädonephritis geht auf ihn zurück. Und endlich hat er der
Aerztewelt sein zweibändiges Lehrbuch der Kinderkrank-
leiten in die Hand gegeben, in dem er die Summe seiner klini-
ind therapeutischen Erfahrungen niedergelegt hat und das
namentlich in seinem die Infektionskrankheiten betreffenden
Teile Meisterstücke der Kunst klinischer Schilderung enthält.
Aber nicht nur im Ausbau der wissenschaftlichen Seite
ler Kinderheilkunde hat sich Heubner betätigt. Sein En-
husiasmus für sein Gebiet und die Erkenntnis der Verpflich-
. ungen, die ihm sein Platz als erster ordentlicher Vertreter
Jes Faches und Vorstand der Klinik der Reichshauptstadt auf-
erlegte, hat ihn veranlasst, immerdar sein Wort und seine
3erson in jeder Weise füT die weitere Entwicklung der Kinder-
leilkunde an den Universitäten einzusetzen. Dass sich trotz
nannigfacher Gegenbestrebungen die Pädiatrie von der
nneren Medizin losgelöst hat, dass bereits an einer grösseren
Zahl deutscher Universitäten ordentliche und ausserordent¬
liche Lehrstühle für sie bestehen, ist zu einem grossen Teil
■iein Verdienst. Auch an der Gründung, Organisation und
Leitung des grossen Berliner Säuglings- und Mütterheims in
Westend, und ganz besonders des Kaiserin-Auguste-Viktoria-
riauses zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit hat er regen
Anteil genommen und ebenso hat die gesamte neue Bewegung
des Kinderschutzes, namentlich die Säuglingsfürsorge, die Be¬
kämpfung der Tuberkulose in ihm einen eifrigen Helfer und
Förderer gefunden.
Wer Heubner nur nach seiner wissenschaftlichen Be¬
tätigung und nach seinen Verdiensten um das äusserlich sicht¬
bare Wachstum der Kinderheilkunde einschätzen wollte,
würde indessen ihm in durchaus unvollkommener Weise ge¬
recht werden; denn Heubner war eine ausgesprochene
Persönlichkeit. Keiner von den gemessenen, grossen Olym¬
piern, von erhabener Ueberlegenheit und pathetischer Geste,
sondern der ganze Mensch Leben, Bewegung, Feuer, in jeder
Faser natürlich, originell und impulsiv. Und deshalb sind auch
von ihm auf alle, denen es vergönnt war, mit ihm in persön¬
liche Berührung zu treten, mächtige Impulse ausgegangen, in
No. 13.
erster Linie auf die Lernenden. Keiner hat der Pädiatrie so
viel Jünger zugeführt — auch unter denen, die nicht Assi¬
stenten, sondern nur kurze Zeit Hörer waren — , keinem war
es so gegeben, die Jugend für sein Fach zu entflammen, wie
Heubner. Er war ein Lehrer von Gottes Gnaden, dessen
Wort und Tat zu fesseln und zu begeistern vermochte. Nicht
als ob er ein Meister der Rede gewesen wäre — oftmals ent¬
flohen die Worte sogar stockend in nicht ganz klassischen
Perioden unter eifriger Mitarbeit des gesamten Körpers dem
Zaun der Zähne — aber dennoch riss er die Hörer mit sich
fort, und Klinik, Poliklinik und namentlich auch das zweistün¬
dige Abendkolleg waren ausnahmslos bis zum letzten Platz
gefüllt. Denn Heubner besass vermöge seiner souveränen
Beherrschung des Stoffes die Gabe, auch verwickelte
Materien in grossen, einfachen und darum leicht fasslichen
Linien darzustellen und die Jugend die grossen Zusammen¬
hänge und Perspektiven ahnen zu lassen, er besass vor allem
die Begeisterung für den Gegenstand und für den Lehrberuf.
Er sah — wie jede Naturerscheinung, so auch die krankhaften
Vorgänge in der Natur, die Gegenstand medizinischer For¬
schung sind — nicht nur mit dem kühlen Verstände des
Wissenschaftlers, sondern auch mit dem Auge des Künstlers,
und das gab seinem Vortrag neben der Schärfe der Umrisse
die Plastik und Lebhaftigkeit der Schilderung, die Wärme und
den Schwung des Ausdruckes, die den Schüler mit sich fort¬
rissen. So zeitigten seine Unterrichtsstunden für zahlreiche
Hörer den Entschluss, sich auch weiterhin der Kinderheilkunde
zu widmen — zum mindesten nahm jeder eine Vorliebe für
dieses Fach in sein späteres Leben mit hinaus.
Noch ein anderes erklärt die Erfolge Heubners als
Lehrer. Als einer der wenigen, die noch aus der klassischen,
klinischen Periode der Medizin stammen, die ihre Pflanzstätte
in Frankreich hat, und selbst ein Schüler einiger unserer
klinischen Klassiker war für ihn die Klinik, die kunstgemässe
Beobachtung des kranken Menschen unter der Wirkung seiner
Krankheit und der angewandten Heilmethoden, die feine
Analyse der Symptome und ihre Wiederzusammenfügung
zum durchsichtigen Bilde des Einzelfalles die Krone ärztlicher
Tätigkeit. So entrollte er in der Vorlesung Bilder voller
Lebendigkeit, die den Hörer zugleich fesselten und zum Mit¬
denken anregten.
Heubner besass in hohem Masse die Eigenschaft, die
Voraussetzung ist, um so hohen Anforderungen zu genügen,
wie sie eine solche Auffassung des Berufes eines klinischen
Lehrers stellt, die Eigenschaft der Universalität des Wissens
und der Interessen. Bis in die allerletzte Zeit hinein waren
ihm alle neuen technischen Errungenschaften vertraut, die der
Klinik dienlich gemacht werden können, wenn nicht in der
praktischen Handhabung, so doch zum mindesten in den
Grundzügen der Methodik und der Verwertung der Er¬
gebnisse. Aber er liess ihrer Verwendung niemals ein wei¬
teres Feld, als das eines Hilfsmittel zur Durchdringung des
klinischen Falles. Die innere Medizin und deren Hilfswissen¬
schaften beherrschte er in seltenem Umfang und gross war
sein Wissen auf rein naturwissenschaftlichen Gebieten. Uner¬
müdlich und impulsiv war sein Interesse für alles Neue, was
geeignet schien, ärztliches Wissen und Können zu mehren,
nach welcher Richtung es auch sein mochte. Der sokratische
Spruch: yeQctaxio ctei noXka didaoxo/Lievog schien für ihn ge¬
prägt. Und immer wieder bewunderten wir Assistenten die
Leichtigkeit und Schärfe der Auffassung, die intuitive Sicher¬
heit, mit der er in die heterogensten und schwierigsten
Materien eindrang, mochten es nun Probleme der Immunitäts¬
lehre oder der physikalischen Chemie, der Physik oder der
Physiologie sein.
Kein Wunder, dass von einer solchen Individualität reiche
Anregungen für die Mitarbeiter ausgingen, und nichts war
Heubner erfreulicher, als wenn diese auf fruchtbaren Boden
fielen und uns Assistenten zur Arbeit anspornten. Aber nie¬
mals hat Heubner diese Arbeit einseitig in eine bestimmte
Richtung gezwungen. Er wollte nicht eine Schule haben, in
dem Sinne, dass einseitig nur seine Lieblingsideen gepflegt
wurden, sondern er wünschte, dass jeder seiner Schüler ge¬
mäss seiner Interessen und seiner Eigenart sich möglichst
selbständig entwickle. Und wo er Begabung und Eifer
4
706
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
zu finden glaubte, war er der wärmste Förderer, zugleich
aber auch ein strenger Richter und ein Vorbild eines
gründlichen und gewissenhaften Arbeiters. Hat er selbst doch
bis heute es nicht gescheut, trotz aller Ueberlastung selbst in
stundenlanger Mühe die Serienschnitte für seine pathologisch¬
anatomischen Arbeiten anzufertigen, Blutkörperchen zu zählen
und Blutpräparate zu färben, Urinsedimente zu untersuchen
und Bakterienausstriche durchzusehen.
Niemals hat wohl ein Chef freudiger anerkannt, wenn
seine Leute etwas Brauchbares fertig brachten, nirgendwo
hat auch ehrliche Arbeit, die ausserhalb der Schule geleistet
wurde, freudigere und neidlosere Aufnahme gefunden, als bei
H e u b n e r, auch da, wo sie mit seinen eigenen Anschauungen
kollidierte oder über diese hinausführte. Denn für ihn gab es
keine anderen Motive, als solche rein sachlicher Natur; seine
Persönlichkeit stellte er zurück, und wenn er sie betonte,
so war es stets das Interesse des Faches oder der Angelegen¬
heit, die er vertrat. Er fühlte sich lediglich als ein Hüter und
Bewahrer der Pädiatrie und betrachtete es, fernab von jeder
Eitelkeit und jedem Ehrgeiz, als seine heilige Pflicht, jeden
Trieb, der Früchte zu bringen verhiess, zu pflegen und zu
schützen, um keines anderen Lohnes willen, als dass seine
Wissenschaft dereinst im reichen Blütenschmucke prange.
Die gleiche Sachlichkeit hat ihn bei seiner Stellungnahme in
allen persönlichen Fragen geleitet. Stets ist er nach bestem
Wissen und Willen bemüht gewesen, diejenigen zu fördern,
die er der Förderung ihrer Leistungen wegen für wert hielt,
und er hat sich für manchen eingesetzt, der ihm persönlich
nicht sympaJhisch war, manchen allerdings auch — gelegent¬
lich sogar in schroffer Form — abgelehnt, der ihm für das
nicht geeignet schien, was er erstrebte.
Diejenigen Eigenschaften, die zumeist der äusseren und
inneren Persönlichkeit Heubners ihren Stempel aufdrücken,
sind die ungemeine Lebhaftigkeit, die Empfänglichkeit und die
Fähigkeit, sich zu begeistern, nicht nur für jede neue wissen¬
schaftliche Erkenntnis, sondern für alles, was gross und schön
ist auf dieser Welt — für Kunst, für Natur, für Menschen, für
Gedanken. Ein gutes Stück Künstlertum steckt in ihm, wie
denn auch andere Mitglieder seiner Familie durch künstlerische
Begabung ausgezeichnet und als Künstler hervorgetreten
sind. Er ist ein begeisterter Musiker, ein Bewunderer der
Werke der Plastik und Malerei und aller schönen Künste, ein
froher Geniesser des Lebens. Wer sein in jeder Faser ge¬
spanntes und interessiertes Gesicht auch nur einmal gesehen
hat beim Anhören eines guten Vortrages, eines klassischen
Musikstückes, beim Betrachten einer Statue, der ahnt, wie
sehr es diesem Manne gegeben ist, sich aus dem grauen Alltag
in lichtere Höhen zu erheben.
Und diese Fähigkeit, sich zu begeistern und freudigen und
dankbaren Gemütes zu gemessen, die ist es auch, die Heub-
ner bis zum heutigen Tag so jung erhalten hat. Sie hat ihn
bewahrt vor jenem tristen „Nachher“, das nach O s t w a 1 d
das Loos so vieler grosser Männer in höheren Jahren ist, vor
jener Verknöcherung und kurzsichtigen Selbstherrlichkeit, die
sich mürrisch dem Fortschritt und der Jugend entgegenstellt.
Bis heute ist H e u b n e r der Marschall Vorwärts im Silber¬
haar geblieben, der der Jungmannschaft stürmisch den Weg
bergauf gewiesen hat. Wenn er jetzt den blanken, in manchem
Kampfe bewährten Degen niederlegt, so geschieht das nicht,
weil Auge und Arm versagen. Es geschieht in weiser, viel¬
leicht zu strenger Selbstkritik, es geschieht aus jener unbe¬
stechlichen Sachlichkeit heraus, die auch vor der eigenen
Person nicht Halt macht deswegen, weil er meint, dass doch
wohl die Verpflichtungen, die dem Inhaber der verantwort¬
lichen Stellung eines Leiters der Kinderklinik der Reichshaupt¬
stadt auferlegt sind, auf jüngeren Schultern besser ruhen, wie
auf den seinigen.
In stillem „Ausgeding“ im schönen Loschwitz bei Dresden
wird Heubner mit seiner Gattin seine zukünftigen Jahre
verbringen. Seine Tage werden auch dort bewegt sein; denn
er nimmt seine Jugendfrische mit sich und sein Kopf ist er¬
füllt von hundert Plänen und Interessen, denen zu leben
bisher nicht anging und denen er jetzt seine Kräfte widmen
wird. Er wird weiter schaffen und lernen wie bisher, und er
wird es weiter verstehen, dem Leben an jedem neuen Tage
neue Genüsse abzuringen.
Als Heubner vor nunmehr 19 Jahren von der Leipziger
Klinikerschaft schied, da gedachte er in seiner wundervollen
Abschiedsrede seiner grossen Lehrer, und er verglich sie mit
hohen Alpengebirgen, neben denen er selbst nur ein kleiner
Hügel sei. Heute will es uns Jüngeren scheinen, als ob er
nun selbst ein Hochgipfel geworden wäre, mit seinen grossen
Linieji, seiner Klarheit und dem weiten Blick nach allen Seiten.
Freilich keiner von denen, die schroff und eisig empcr-
starren und wolkenumhüllt dem Wanderer fast unnahbar
sind — wohl aber ein Berg, wie etwa der Aetna, wo Feuer
unterm Schnee glüht, wo unter frischem, belebenden Hauen
die Flanken sich mit fruchtbaren Kulturen bedecken und
unterm heiteren Himmel ein froher Lebensgenuss zu Hause ist.
Feuer unterm Schnee — Jugend im Silberhaar — das ist so
recht Heubner sehe Art. Wünschen wir, dass sein weisses
Haupt noch lange aus seiner Höhe auf alle seine Jünger,
Freunde und Verehrer herniederschauen möge, auf dass wir
es aus der Ferne mit Freude griissen und dass, so lange des
Menschen Leben nur währen kann, ein jeder Tag ihm ge¬
segnet sei. Finkeistein.
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Neuere Forschungen über die Ursache der Beriberi-
krankheit*).
Von Hermann Wieland.
M. H.! Die Beriberikrankheit (Polyneuritis endemica) ist eine
Tropenkrankheit. Sie kommt — allgemein gesagt — bei allen Völkern
vor, deren Hauptnahrung Reis bildet; ihre Hauptherde sind Japan
und die Sundainseln, Teile von China und Britisch-Indien, ferner
Brasilien und in letzter Zeit grosse Bezirke in Afrika.
Die Krankheit verläuft seltener akut, meist subakut oder
chronisch und äussert sich klinisch durch Störungen der Sensibilität
und Motilität, sowie durch Kreislaufstörungen verschiedener Art und
Schwere. Bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung von
Beriberileichen findet man Degeneration der peripheren Nerven und
degenerative Prozesse in der Muskulatur, wie sie in Muskeln aui-
zutreten pflegen, deren nervöse Verbindung mit dem Zentralorgan
auigehoben ist, also Verfettung, Verschmälerung der Muskelbündel
und relative Kernvermehrung.
Was nun die Ursache dieser Krankheit betrifft, so sind darüber
die verschiedenartigsten Meinungen laut geworden. Man hat sich
schon von altersher mit dem Problem beschäftigt und ich möchte
sagen, es gibt kaum eine Schädlichkeit irgendwelcher Art, die lucht
einmal als die Ursache der Beriberi aufgefasst worden wäre. Boden.
Trinkwasser, Luft, lokale Faktoren aller Art werden für die Ent¬
stehung der Krankheit verantwortlich gemacht, ältere Autoren ziehen
das „Windgift“, eine Art von Miasma, zur Erklärung heran, andere
wieder glauben an „Erkältung“ oder suchen das ursächliche Moment
in geschlechtlichen Ausschweifungen. Eine Ansicht war die, dass das
Kohlenoxyd, das aus den offenen Feuerstellen des japanischen Hauses
ins Zimmer dringt, die Krankheit veranlasse, dann glaubte man wieder
in dem Befund von Darmparasiten des Rätsels Lösung gefunden zu
haben.
In der bakteriologischen Aera war man geneigt, auch die Beri¬
beri als Infektionskrankheit aufzufassen: mit emsigem Fleiss und allen
Methoden der Bakteriologie und Immunwissenschaft wmrde nach dem'
mutmasslichen Erreger gefahndet; der Erfolg war durchaus negativ.
In den letzten Jahrzehnten mehren sich die Stimmen, welche die!
Beriberikrankheit auf einen Fehler in der Ernährung zurückführen,
und diese Ansicht fand eine gute Stütze in der Beriberistatistik der
japanischen Marine. Im Jahre 1884 führte T a k a k i in der Marine
an Stelle der alten landesüblichen Kost eine Beköstigung nach euro¬
päischem Muster durch: der Erfolg war eklatant. Während in frühe¬
ren Jahren oft über 30 Proz. der Mannschaften beriberikrank ge¬
wesen waren, sank jetzt die Morbidität mit einem Schlag fast aut
Nulh N
Praktisch war das ein sehr schöner Erfolg: für die Frage nach
der Ursache der Krankheit war aber wenig gewannen. Denn eine
Unterernährung — wie vielfach angenommen wurde — w'ar durch
die Kostreform nicht beseitigt: zeigt sich doch, dass der Kalorien¬
wert und der Eiweissgehalt der neuen Kostform hinter dem der alten
zurückblieben.
Wichtiger für die ätiologische Forschung ist eine Beobachtung
von Vordermann aus dem Jahr 1897; sie bezieht sich auf die Er-
*) Vortrag, gehalten in der Sitzung des naturwissenschaftlich
medizinischen Vereins zu Strassburg am 10. Januar 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
707
1. April 1913.
lahrung mit verschiedenen Reissorten; ehe ich näher darauf einsehe,
möchte ich mit ein paar Worten die Bearbeitung des Reises be¬
sprechen.
Die Reispflanze gehört zu den Gramineen, wie unsere Getreide¬
lten. Die holzigen äusseren Fruchthüllen, „die Spelzen“, werden
durch Mahlen entfernt. Dieser einfach entspelzte Reis kann ge-
lossen werden; im allgemeinen wird er aber, ehe er in die Küche
%ommt, noch weiter bearbeitet. Es wird nämlich durch Schleifen,
.Polieren“, eine weitere Hülle entfernt, die in der Literatur geinein-
lin als „Silberhäutche n“ bezeichnet wird. Streng genommen
st das Silberhäutchen nur eine dünne Zellulosemembran, die bio-
ogisch kaum eine Rolle spielt; wichtiger für unsere Betrachtungen
st die einwärts von ihm liegende „A 1 e u r o n z e 1 1 e n s c h i c h t“;
;ie wird durch das Polieren gleichfalls entfernt.
Was nun zurückbleibt, ist das eigentliche Reiskorn: aus solchen
(örnern besteht der Reis, den wir zu kaufen und zu essen bekommen;
luch von den Völkern, die sich hauptsächlich von Reis nähren, wird
liese Sorte, der geschliffene weisse Reis, im allgemeinen bevorzugt.
Eine andere Bearbeitungsart des Reises ist das „Dämpfen“;
labei wird der Reis in den Spelzen kurze Zeit gekocht oder mit
strömendem Dampf behandelt und dann erst gemahlen. Durch die
Einwirkung der feuchten Hitze werden die obersten Schichten der
Stärke verkleistert und halten die Aleuronschicht fest: beim Mahlen
ileibt daher dem Korn diese Schicht sicherer und vollständiger er-
lalten als beim Mahlen des unbehandelten Reises.
Wir haben also drei Arten von gebrauchsfertigem, kochfähigem
Teis: einmal den geschliffenen Reis, unsere Handelssorte, dann den
mgeschliffenen, nur entspelzten Reis und endlich den gedämpften
?eis. Die zweite und dritte Sorte unterscheiden sich dadurch, dass
lurch das Dämpfen eine Entfernung der Aleuronschicht sehr er-
.chwert wird.
Vordermann machte nun darauf aufmerksam, dass unter den
befangenen in Niederländisch-Indien, die geschliffenen Reis als Haupt-
lahrung bekamen, Beriberi häufig beobachtet wurde, während die
(rankheit in den Gefängnissen, wo ungeschliffener Reis gereicht
vurde, geradezu eine Seltenheit war.
Eine ähnliche Beobachtung machte Braddon in einem von
Seriberi stark heimgesuchten Distrikt Hinterindiens. Von den Ein-
leimischen, die gedämpften Reis essen, erkrankte kein einziger an
iieser Krankheit; beinahe alle Fälle betrafen Chinesen, und die nähren
ich in der Regel von geschliffenem Reis.
Der erste, der experimentell an die Frage des Zusammenhangs
on Beriberi mit Reisnahrung herantrat, war Fletcher. In den
ähren 1905 — 1907 führte er an den Insassen des Kuala-Lumpur-Irren-
auses eine Reihe gross angelegter und in ihren praktischen Resul-
aten überaus wertvoller Versuche durch. Er teilte das Irrenhaus in
wei Hälften mit etwa derselben Bettenzahl; auf der einen Hälfte
vurde geschliffener, auf der anderen gedämpfter Reis als Haupt-
ahrung gereicht. Nach einem Jahr waren auf der ersten Abteilung
ahlrciche Beriberifälle vorgekommen, auf der anderen, wo gedämpf-
er Reis gegeben wurde, nicht ein einziger. Nun wurden alle Patien-
en umquartiert, um lokale Einflüsse auszuschalten, ferner wurden
leriberikranke auf die Abteilung mjt gedämpftem Reis verlegt, um
ie Frage nach der Infektiosität der Krankheit zu prüfen. Es ergab
ich stets dasselbe Resultat: von denen, die als Hauptnahrung ge-
chliffenen Reis genossen, erkrankte ein hoher Prozentsatz, von den
nderen niemand. Aehnliche menschenexperimentelle Versuche wur-
en von Fraser an Arbeitern, von E 1 1 i s an Geisteskranken im
rrenhaus in Singapore angestellt.
Aus allen diesen Beobachtungen geht nur hervor, dass geschlif-
ner Reis — wenn er als Hauptnahrung genossen wird — Beriberi
rzeugt, Reis dagegen, dem die Aleuronschicht erhalten ist, das Auf-
reten der Krankheit verhindert.
Weitere Fortschritte brachte das Tierexperiment. Im Jahre
897 beobachtete E ij k m a n, dass Hühner bei ausschliesslicher Füt-
erung mit geschliffenem Reis krank werden: sie magern ab, be-
ommen Lähmungen und gehen schliesslich zugrunde. In den Nerven
er erkrankten Tiere waren bei der mikroskopischen Untersuchung
benfalls degenerative Prozesse nachzuweisen, wie bei der tropischen
leriberi. Eijkman hat diese experimentell erzeugte Tierkrank-
Gt anfangs vorsichtig als „Polyneuritis gallinarum“ bezeichnet; seit-
er haben sich indes so viele Analogien mit der menschlichen Beri-
eri ergeben, dass m. E. kein Grund mehr vorliegt, an der Wesens-
inheit der beiden Krankheiten zu zweifeln. — Dasselbe Krankheits-
ild konnte Eijkman auch durch Verfütterung von geschliffener
ierste, sowie von reinem Stärkemehl erzeugen; gab er dagegen un-
eschliffenen Reis, so blieben die Hühner gesund. Ebenso vermochte
iciskleie, d. h. die abgeschliffene Aleuronschicht, als Zugabe zu ge-
chliffenem Reis die Vögel vor der Krankheit zu schützen. Einfaches
iirzes Kochen hebt die Schutzwirkung der Reiskleie nicht auf, wohl
her Erhitzen unter Druck auf 115—120°.
Alle bisher mitgeteilten Tatsachen lassen sich auf zweierlei Art
rklären, unter der Voraussetzung, dass die Krankheit durch ein che-
lisches Agens irgendwelcher Art verursacht wird — und dafür
brach eigentlich alles — : entweder enthält der geschliffene Reis
inen schädlichen Stoff, dessen Wirkung durch eine Substanz der
’eiskleie aufgehoben wird, oder es fehlt ihm ein nützlicher, zur Er-
altung der Gesundheit notwendiger Stoff, und der ist in der Kleie
orhanden.
Eijkman entschied sich für die erste Möglichkeit; er nahm'
an, dass sich beim Lagern des geschliffenen Reises durch die Tätig¬
keit eines Mikrorganismus ein Gift bilde, das durch einen Bestandteil
der Reiskleie neutralisiert werde (Intoxikationstheorie).
Gegen diese Anschauung spricht verschiedenes: Fraser und
Stau ton konnten zeigen, dass lange gelagerter, geschliffener Reis
und Reis, der unmittelbar vor dem Versuch erst geschliffen wurde,
völlig gleichwertig sind, d. h. bei der Verfütterung an Hühner in der¬
selben Zeit das typische Krankheitsbild erzeugen.
Ausserdem ist es nie gelungen, im geschliffenen Reis einen gifti-
gen Stoff nachzuweisen, sei es nun ein Toxin oder ein ptomainartiger
Körper, sei es ein banales Gift, wie etwa Oxalsäure.
Es bleibt also zur Erklärung nur die andere der soeben be¬
sprochenen Möglichkeiten übrig, dass nämlich Beriberi durch den
Mangel des geschliffenen Reises an einem wertvollen Stoff, durch
einen partiellen Hunger, verursacht werde. Es ist das grosse Ver¬
dienst Schaumanns, durch zahlreiche Versuche diese Anschau¬
ung, die ich als „Teilhungertheorie“ bezeichnen möchte, fest be¬
gründet zu haben. Die Schaumann sehen Arbeiten sind überhaupt
für die Entwicklung der experimentellen Beriberiforschung sehr be¬
deutungsvoll, und ich möchte deshalb versuchen. Ihnen in kurzem
ein Bild seiner Resultate zu geben; ich muss mich natürlich auch hier
damit begnügen, die Hauptlinien zu zeichnen.
Nachdem Schaumann die Intoxikationstheorie geprüft und
widerlegt hatte, ging er daran, den lebenswichtigem Stoff zu be¬
stimmen, der dem geschliffenen Reis fehlt und der in der Aleuron¬
schicht enthalten ist.
Bei diesem Suchen ging er in folgender Weise vor: Zu einer
Hauptnahrung von geschliffenem Reis wurden der Reihe nach ver¬
schiedene Stoffe zugegeben und geprüft, ob es gelingt, mit dem Ge¬
misch Tiere am Leben zu erhalten, m. a. W. ob der Stoff imstande
sei, geschliffenem Reis zu einer vollwertigen Nahrung zu ergänzen.
Eiweiss und Salze waren ohne Einfluss; Kohlehydrat enthält
der Reis selber genügend, Wasser war bei allen Versuchen im Ueber-
fluss gereicht worden, Fett kann bekanntlich aus Kohlehydraten ge¬
bildet werden: es musste sich also jedenfalls um einen anderen Stoff
handeln, als um die erwähnten Hauptkomponenten der Nahrung.
Nun gibt es ausser Reiskleie noch eine Reihe anderer „Schutz¬
stoffe“ — d. h. Stoffe, die als Zugabe zu geschliffenem Reis die da¬
mit gefütterten Tiere vor dem Auftreten von Polyneuritis schützen:
Katjang-idjoe, die Bohnen von Phaseolus radiatus, getrocknete Erbsen,
Hefe, ferner Stierhoden und Sperma und Eier von Fischen. Alle diese
Schutzstoffe sind reich an organisch gebundenem Phosphor; ge¬
schliffener Reis ist daran ziemlich arm. Daraus zog Schau mann
den Schluss: „Die Grundursache der Beriberikrankheit und der Poly¬
neuritis der Tiere ist auf den Mangel der Nahrung an gewissen, noch
näher zu bestimmenden organischen Phosphorverbindungen zurück¬
zuführen.“
Diese Schlussfolgerung wurde bald angegriffen: T e r u u c h i
konnte aus Reiskleie durch Extraktion mit Alkohol wirksame Frak¬
tionen erhalten, die praktisch phosphorfrei waren.
Nun beginnt auf Schau in anns Arbeit hin eine lebhafte Jagd
nach der wirksamen Substanz der Reiskleie, nach der Substanz, die
das Auftreten von Beriberi verhindert. Casimir Funk war der erste,
dem es gelang, aus Reiskleie eine reine, kristallisierte Substanz zu iso¬
lieren, die schon bei Zufuhr von wenigen Milligrammen imstande ist,
ausgesprochene Lähmungen bei Hühnern oder Tauben zum Ver¬
schwinden zu bringen. Funk bezeichnet diese Substanz als
„V i t a m i n“, d. i. eine lebenswichtige Stickstoffbase, und gibt für
ihre Zusammensetzung die empirische Formel C17H20N2O7 an; seiner
chemischen Natur nach hält er das Vitamin für ein Pyrimidinderivat,
d. h. für einen Stoff, in dem die beiden Stickstoffatome ähnlich wie im
Harnstoff gebunden und bei einem Ringschluss beteiligt sind. S u -
zucki, Shimamura und O d a k e, die anscheinend unabhängig
von Funk und mit anderen Methoden denselben Körper aus Reis¬
kleie darstellten — sie bezeichnen ihn als „O r y z a n i n“ — haben
durch Spaltungsversuche wahrscheinlich gemacht, dass es sich um ein
Pyridinderivat handelt.
Funk hat — • und dies ist für später folgende Ueberlegungen
wichtig — das Vitamin nicht nur aus Reiskleie, sondern auch aus
anderen Materialien, aus Hefe, aus Milch, aus Ochsenhirn isolieren
können.
Ueber die Funktion dieses Stoffes im tierischen Organismus
ist nichts Sicheres bekannt. Funk nimmt auf Grund des chemischen
Charakters des Vitamins an, dass es einen Baustein der Nukleine
bilde; Schaumann hat seine früheren Anschauungen modifiziert
und glaubt jetzt, dass das Vitamin bei der Synthese von Phosphor-
I Verbindungen als Katalysator wirke.
Nun, m. H., das sind alles nur Vermutungen. Mir persönlich
scheint es nach Versuchen, die ich im vorigen Jahr angestellt habe,
nicht recht wahrscheinlich, dass der Phosphorstoffwechsel bei den
beriberikranken Tieren primär gestört ist.
Ich möchte nun zum Schluss kurz auf die Resultate eingehen, die
: uns die ätiologische Beriberiforschung gegeben hat.
Zunächst haben wir erfahren, dass die tropische Beriberi durch
den Mangel an Vitamin in der Nahrung verursacht wird, und dass
1 Vitaminzufuhr oder Zufuhr vitaminhaltiger Speisen vor dieser Krank¬
heit schützt. Ich möchte ausdrücklich hervorheben, dass wir nicht
1 wissen, ob die eben geschilderte Aetiologie nun auch für alle Fälle
708
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
von tropischer Beriberi gilt, oder ob nicht unter diesem Krankheits¬
begriff ätiologisch verschiedene Störungen zusammengefasst werden;
überdies harren noch manche Punkte in der Pathogenese der Beri¬
beri, wie z. B. der Einfluss von Jahreszeit, Geschlecht, Lebensalter,
der Erklärung. Dass aber mindestens für eine grosse Zahl von Beri-
berifüllen Vitaminmangel verantwortlich ist, geht aus den überaus
günstigen Heilresultaten hervor, die Tsuzuki bei dieser Krankheit
durch stomachale oder subkutane Zufuhr von „A n t i b e r i b e r i n“,
einem vitaminhaltigen Präparat erhalten hat.
Dieses Resultat ist für den Tropenbewohner und den Tropen¬
hygieniker von höchster Wichtigkeit: aber auch für uns ergeben
sich — wie mir scheint — eine Reihe interessanter Folgerungen prak¬
tischer und theoretischer Natur.
Ich denke dabei zunächst an die Bereicherung unserer er¬
nährungsphysiologischen Kenntnisse. Wir brauchen zur ausreichen¬
den Ernährung ausser energiespendenden Nahrungsstoffen, Wasser,
Salzen und vollwertigem Eiweiss auch Vitamin oder vielleicht analog
funktionierende Stoffe.
Ferner möchte ich daran erinnern, dass eine Reihe älterer Unter¬
suchungen auf Grund dieser Erkenntnis revisionsbedürftig geworden
sind. Ich denke dabei z. B. an Versuche über die Wichtigkeit be¬
stimmter anorganischer Stoffe, über die Verwertbarkeit bestimmter
Eiweissarten und ähnliche Versuche, bei denen mit reinen oder ge¬
reinigten Nährstoffen gearbeitet wurde; möglicherweise sind manche
Resultate, die auf diese oder jene Nahrungskomponente bezogen
wurden, nur auf Vitaminmangel zurückzuführen.
M. H.l Ehe ich auf die praktischen Folgerungen, die wir für
uns aus der ätiologischen Beriberiforschung ziehen können, näher
eingehe, möchte ich Sie bitten, eines zu erwägen.
Wenn ausgesprochener Vitaminmangel — wie er nur bei Völ¬
kern vorkommt, deren Hauptnahrung geschliffener Reis bildet — zu
den schwersten Störungen führt, dann dürfte ein relativer Mangel
an diesem wichtigen Stoff — wie er auch bei uns Vorkommen könnte
— - für den Organismus wohl nicht gleichgültig sein. Daraus ergibt
sich für uns die Forderung, den Vitamingehalt unserer Nahrung zu
erhalten, ihn zum mindesten nicht leichtsinnig zu erniedrigen. Das
geschieht nun leider bei der fabrikmässigen Herstellung von Nähr¬
stoffen, speziell von Kohlehydraten: Der Zucker, den wir auf den
Tisch bekommen, ist sozusagen analysenreine Saccharose; manche
Mehle sind nahezu reine Stärke. Ich glaube, wir sollten einhalten in
dem Bestreben, unsere Nährstoffe möglichst rein darzustellen; mit
dem Abfall beseitigen wir auch das Vitamin.
Ferner ist zu bedenken, dass Vitamin bei länger dauerndem
Kochen, namentlich über 1Ü0°, rasch zerstört wird: es wird sich des¬
halb bei der Sterilisation von Nahrungsmitteln, namentlich unter
Druck, Vorsicht empfehlen. Ganz besonders gelten die besprochenen
Punkte für die künstliche Ernährung kleiner Kinder: im kleinen
Organismus des Kindes macht sich der Mangel an irgend einem Nähr¬
stoff viel rascher und schwerer geltend als beim Erwachsenen. Mög¬
licherweise sind die von Czerny und Keller seinerzeit in Schle¬
sien beobachteten „Mehlnährschäden“ auf Vitaminmangel zuriick-
znfiihren.
Ich würde mich in fruchtlose Spekulationen verlieren, wenn ich
andere Probleme anführen wollte, die vielleicht mit Vitaminmangel
in Beziehung stehen. Aus demselben Grund möchte ich darauf ver¬
zichten, auf den Zusammenhang der tropischen Beriberi mit anderen
Ernährungskrankheiten einzugehen. Auf diesem Gebiet ist noch vieles
unklar, und es wird noch einer gewaltigen Summe experimenteller
Arbeit bedürfen, um auch in dieses Dunkel Licht zu bringen.
Kritischer Rückblick über wichtige gynäkologische
Arbeiten aus dem Jahre 1912.
Von Prof. Dr. G. Schickele in Strassburg.
(Schluss.)
An dieser Stelle müssen auch die ausgedehnten Untersuchungen
von Dienst erwähnt werden. Seit Jahren hat D. versucht, dem
Wesen der Eklampsie näherzutreten. Es handelt sieb nach ihm um
eine abnorme Ansammlung von Fibrinferment im Blute, und zwar ist
es die Plazenta, aus welcher grosse Mengen dieses Stoffes in den
Blutkreislauf der Schwangeren abgegeben werden. Unter normalen
Verhältnissen werden diese Stoffe zerstört, wobei die Leber vermöge
ihrer Antithrombinproduktion eine hervorragende Rolle spielt. Ist
diese Entgiftung eine ungenügende, etwa infolge von Zirkulations¬
störungen, dann sind die im Blute kreisenden Fermente imstande,
Schädigungen der Gefässe und der Nieren (Albuminurie) hervor¬
zurufen. Dieses erste Stadium der Vergiftung wird überschritten,
sobald eine zunehmende Ansammlung von Fibrinferment eintritt; dies
ist bei ungenügender Durchblutung der Leber und infolgedessen zu
geringer Antithrombinbildung der Fall. Damit ist dann die Gelegen¬
heit zu schweren Schädigungen und zu dem Auftreten des Symptomen-
komplexes der typischen oder atypischen Eklampsie gegeben. Je
nach der raschen oder langsamen Entwicklung dieser Zustände
kommt es zu mehr oder weniger ausgedehnten Schädigungen lebens¬
wichtiger Organe. Man muss zugeben, dass Dienst versucht hat,
seine Theorie in jeder nur möglichen Weise zu stützen. Trotzdem
gibt sie zu zahlreichen Einwänden Anlass, unter denen ich nur den
einen erwähnen möchte, dass gerade der Ausgangspunkt dieser
Theorie, die Einfuhr von in der Plazenta gebildeten Fermenten in den
allgemeinen Kreislauf, des Beweises noch bedarf. Zahlreiche Einzel¬
beobachtungen dürften richtig sein, so die so häufige Hyperleuko¬
zytose, die Veränderung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes u. a.
Auch Engelmann und Ebeler sehen als feststehende Tatsache
an, dass in der Mehrzahl der Fälle die Gerinnungszeit des Blutes bei
der Eklampsie herabgesetzt ist, wenn auch nur um weniges. Ich
muss es allerdings dahingestellt sein lassen, ob dieser Nachweis eine
besondere Bedeutung hat, da ja nach den Untersuchungen von
Ebeler, die allerdings in unserer Klinik nicht bestätigt werden
konnten (Keller), die Gerinnungszeit des Blutes am Ende der
Schwangerschaft schon herabgesetzt ist und ebenso während der
Geburt, um dann im Wochenbett allmählich zur Norm zurückzukehren.
Also auch hier verschiedene Resultate; ebenso steht es auch mit der
Therapie bei der Eklampsie. Es scheint immer mehr, dass die Früh¬
entbindung, welche vor kurzem noch in den Himmel gehoben wurde,
etwas weniger beliebt wird. Aus den Referaten von B a r und
Commandeur (französ. Kongr. f. Geburtshilfe 1912) geht z. B.
hervor, dass die aktive Therapie eine zu hohe Mortalität aufweist
und dass deshalb die expektative Therapie wieder empfohlen wird.
Die beiden Berliner Frauenkliniken halten nach der Mitteilung von
R. Freund an der Frühentbindung fest. Die S t r o g a n o f f sehe
Methode hat dort keine Anhänger gefunden. Trotzdem scheint sie
anderswo Nachahmer zu finden, wenn sie auch allerdings nicht immer
ausschliesslich zur Behandlung der Eklampsie benutzt wird.
Zweifel empfiehlt neuerdings den Aderlass, wenn möglich primär,
zu 500 ccm; er soll durch teilweise Entgiftung und Erniedrigung des
Blutdruckes wirken, daneben wird nach Stroganoff verfahren.
Mit dieser Methode hat die Leipziger Klinik unter 80 Eklampsien
eine Mortalität von 6,25 Proz. (L i c h t e n s t e i n). Die Leistungs¬
fähigkeit dieses Vorganges kann natürlich noch nicht beurteilt werden.
Immerhin weiss auch Engelmann von besseren Erfolgen zu be¬
richten, die er mit diesem Vorgehen zugleich mit massiger Schnell¬
entbindung erzielt hat. Holste schlägt in derselben Weise be¬
sonders dem Praktiker die bedingte Beschleunigung der Geburt vor
(Metreuryse), daneben Stroganoff. Zangemeister empfiehlt
die Trepanation in der Auffassung, dass die Eklampsie eine Art
Reflexepilepsie sei und die Druckentlastung des Gehirns günstig
wirken müsse.
Die Arbeiten des vergangenen Jahres haben die Erfahrung über
die Wirksamkeit der Hypophysenextrakte bestätigt. Die ver¬
schiedenen im Handel befindlichen Präparate weichen in ihrem Wert
nicht voneinander ab. Diese Extrakte stellen das beste augen¬
blicklich zur Verfügung stehende Mittel zur Verstärkung der Geburts¬
wehen vor. Hohl hat in der Klinik von Helsingfors die weben¬
verstärkende Wirkung des Pituitrins mit Hilfe eines besonderen
Apparates studiert und in genauer Weise festgestellt, dass die Wehen
häufiger, stärker, oft auch länger werden; allerdings ist dies letztere
kein regelmässiger Befund, manche Wehe ist sogar kürzer an Dauer,
trotzdem aber intensiver. Die Verkürzung der Wehenpause ist viel¬
fach ganz auffallend deutlich, zuweilen sogar derart, dass infolge der
immer kürzer werdenden Abstände eine fast andauernde Kontraktion
des Uterus eintritt. In manchen Fällen werden Dauerkontraktionen
von 10, ja sogar bis 20 Minuten beschrieben. In dieser Weise ge¬
winnen die Wehen einen tetanusähnlichen Charakter und dabei lässt
sich immerhin die Frage aufwerfen, ob nicht einmal Schaden ent¬
stehen könnte. Hohl hat z. B. unter 42 Fällen 2 mal die Kinder
während der Geburt absterben sehen, und glaubt, „dass man in
beiden Fällen dem Pituitrin einen grossen Anteil daran zuschreiben
muss“. In 6 unter den genannten Fällen war ein Erfolg der Injektion
nicht nachweisbar. — Aus zahlreichen Erfahrungen geht hervor, dass
die besten Erfolge auftreten, wenn Wehen vor der Injektion schon
bestehen. Von ganz vereinzelten Fällen abgesehen, gelingt es nicht,
die Schwangerschaft durch Pituitrin allein im Laufe der ersten
Monate zu unterbrechen; zur Einleitung des künstlichen Abortes ist
das Mittel nicht wirksam. Dasselbe gilt von den späteren Monaten
der Gravidität, wenn auch hier einzelne Fälle vorliegen, wo mit
Pituitrin allein die Wehentätigkeit angeregt und die Geburt zu Ende
geführt werden konnte. Es ist aber im allgemeinen immer besser,
wenn Wehen vorher schon bestanden, sei es, dass die Geburt schon
in Gang gekommen war oder künstlich angeregt worden war. Nach
Dilatation der Zervix, Tamponade, Metreuryse konnte die so an¬
geregte Wehentätigkeit durch Pituitrin, sowohl in den ersten als
auch in den späteren Monaten der Gravidität erfolgreich unterstützt
werden. Aus der Strassburger Klinik hat Vogelsberger mit¬
geteilt, dass durch Galvanisation des Uterus nach der Methode von
Bayer in zweckmässiger Weise die Wehentätigkeit in Gang ge¬
bracht und dann durch Pituitrin gesteigert werden kann. Von
mancher Seite wird bei Placenta praevia lateralis Pituitrin empfohlen,
wenn nach der Blasensprengung die Blutung steht; liegt ein grosser
Plazentabezirk vor, so ist aktives Vorgehen am Platze. Die besten
Resultate geben die verschiedenen Formen von primärer und sekun¬
därer Wehenschwäche, wenn der Muttermund schon etwa drei- bis
fünfmarkstückgross ist. In einigen Fällen sind nun atonische
Blutungen nach der Geburt des Kindes verzeichnet worden. Es wäre
möglich, dass in diesen Fällen das Pituitrin kurz vor der Geburt des
Kindes injiziert worden war und dass die Nachgeburtszeit innerhalb
der sekundären Wirkung des Pituitrins fiel, welche an der Blutdruck-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
709
I. April 1913.
kurve in einer Depression sich äussert. Von anderer Seite wird
Pituitrin bei Kaiserschnitt gegeben (Krämer u. a.), in der Er¬
wartung, dass die kurz vor der Operation verabreichte Injektion eine
kontraktionserregende Wirkung in der Nachgeburtszeit entfaltet.
Stolz empfiehlt Pituitrin bei verzögerter Lösung der Plazenta in
normalen Geburten. Ich habe jedoch den Eindruck, dass die Mehr¬
zahl der Autoren sich nicht für Pituitrin zur Bekämpfung atonischer
Blutungen entscheidet und vielmehr in einem der geläufigen Ergotin-
oräparate ein zuverlässigeres und überlegenes Mittel erblicken!
Die Erfolge und Nichterfolge der Hypophysenextrakte können
toch nicht zahlenmässig exakt angegeben werden, aber soviel lässt sich
whon sagen, dass vollständige Versager selten sind und schätzungs¬
weise kaum mehr als 10 oder 15 Proz. betragen. Dabei muss aller¬
dings hervorgehoben werden, dass die Wirkung nicht immer nach
der ersten Injektion eintritt, sondern, wie vielfach mitgeteilt wird, erst
lach mehreren Injektionen. Manche wollen darin einen gewissen
Widerspruch erblicken mit der Wirkung des Mittels auf den Blut-
.Iruck; hier versagt nämlich häufig die zweite und nächstfolgende
Injektion. Aus meinen eigenen Tierversuchen kann ich diesen Be-
lauptungen entgegenhalten, dass eine Regel hierfür nicht besteht und
.lass gar nicht selten eine 2. und 3. ja sogar noch eine spätere In-
ektion eine Erhöhung des Blutdrucks auslöst, wenn auch zuweilen
n allmählich abnehmender Intensität. Die Frage des Widerspruchs
indet ihre Lösung in dem von mir geführten Nachweis, dass die
blutdrucksteigernde und wehenerregende Wirkung zwei voneinander
getrennte Erscheinungen sind und dass keine von der andern ab¬
hängig ist. Wehenerregende Wirkung besitzen nämlich auch Ex-
rakte, welche den Blutdruck gar nicht beeinflussen oder andere,
welche eine Senkung hervorrufen.
Für den Praktiker ist das von mancher Seite erhobene Be¬
denken wichtig, dass Pituitrin manchmal eine schädigende Wirkung
iiisüben kann. Durch die Summierung der Wehen (Wehensturm)
;olI das Kind gefährdet werden können. Mackenrodt spricht von
Jinem Tetanus uteri, der den Tod des Kindes zur Folge hatte. Auch
;tolz hat sinkende Herztöne beobachtet; Hamm konnte in einigen
allen unserer Klinik Strikturen im Bereiche des unteren Segmentes
iei Fehl- und Frühgeburten nachweisen, R i e c k e.ine Erschwerung
ntrauteriner Eingriffe infolge Dauerkontraktionen u. a. m. Derartige
'alle können nicht von vornherein gegen die Brauchbarkeit des
Vlittels verwendet werden, sondern fordern nur zu einer richtigen
Auswahl geeigneter Fälle heraus. Einstweilen dünkt mich die An¬
wendung des Pituitrins, bevor eine Entfaltung des unteren Segmentes
vorhanden ist, noch diskussionsfähig, wenn auch zweifellos Fälle
orhanden sind, in denen eine günstige Wirkung auftrat, ohne jede
Schädigung.
Es liegen verschiedene Versuche vor, die Anweudungsbreite des
ütuitrins zu erweitern. Jaschke sieht in ihm ein ausgezeichnetes !
;ardio-vaskuläres Mittel und teilt entsprechende Erfolge bei der Bc-
laridlung von postoperativen Blutsenkungen mit. F.r macht aber mit
^echt darauf aufmerksam, dass für den Fall, dass ein grösserer Blut¬
erlust vorhergegangen, dieser zuerst durch Kochsalzlösung ersetzt
verden muss und dass dann erst das Pituitrin in seine Rechte tritt.
Ausgedehnte Untersuchungen von Klotz berichten über die Be-
landlung der postoperativen Blutdrucksenkung bei Peritonitis mit
dtuitrin. Diese Therapie erinnert an die früher von H o 1 z b a c h
lusgearbeitete Adrenalinbehandlung zur Bekämpfung der perito-
ntischen Blutdrucksenkung. Wie dieses ist auch das Pituitrin bei
)steomalazie angeblich mit Erfolg angewendet worden (K o c h,
^eu). Alle diese Beobachtungen bedürfen wie die von Klotz
nitgeteilten Erfolge bei .der Behandlung der Rachitis noch weiterer
Jachprüfung.
Alles in allem kann man sagen, dass die Hypophysenextrakte
ich bewährt haben, in erster Linie als Wehenmittel. An dieser
Belle müssen jedoch die ausgezeichneten Erfolge erwähnt werden,
v eiche Hell an der v. H e r f f sehen Klinik mit kleinen Dosen von
'ekakornin zur Wehenanregung erzielt hat und die anscheinend der
dtuitrinwirkung kaum nachstehen.
Die Arbeiten von Bossi (Genua) über die gynäkologische
üophylaxe bei Wahnsinn haben grosses Aufsehen erregt. Bossi
üinmt die früher von B. S. Schultze verfochtene Ansicht wieder
uf, dass zahlreiche Psychosen auf gynäkologische Erkrankungen zu-
ückgehen und durch Behandlung letzterer gebessert oder geheilt
' erden können. In einer ersten Mitteilung widmet Bossi besonders
lern Zusammenhang zwischen der Manie des Selbstmordes und gynä¬
kologischen Leiden seine Aufmerksamkeit : „nicht weniger als die
lälfte der Selbstmorde sind bei Frauen gynäkologischen Ursprungs“,
gelbst leichtere Veränderungen im Bereiche der Genitalien können
liien Selbstmord veranlassen. Durch Ausführung der den gynä¬
kologischen ^Erkrankungen entsprechenden Operation kann Heilung
intreten. Es ist nun ganz sicher, seit altersher bekannt, auch heute
mmer noch anerkannt, dass zwischen den funktionellen Vorgängen
m Bereiche der weiblichen Genitalien (Menarche, Menstruation,
'Chwangerschaft, Puerperium, Menopause) und Psychosen gewisse
Beziehungen vorhanden sind. Viele und darunter auch neuere Ar¬
beiten sprechen dafür, dass toxische Momente hier mit im Spiele sind.
aber diese schwierige Frage aufzuklären, müssen ausführlichere
Beobachtungen und genauere Berichte zur Verfügung stehen als die
on Bossi mitgeteilten. Dies gilt besonders für die grössere Zahl i
'er gynäkologischen Erkrankungen bei schweren psychischen I
Alterationen. Die gynäkologischen Diagnosen, welche bei den
Kranken Bossis gestellt wurden, verteilen sich auf Rückwärts-
la^ei ung des Uterus, infektiöse Endometritis, Stauung des Uterus-
sekretes, Erosionen der Portio, parenchymatöse Metritis cervicalis,
pathologische Anteflexio des Uterus, schneckenförmiger Uterus u. a. m.
Zui Heilung dieser Veränderungen kamen zur Anwendung die Aus¬
schabung des Uterus, Aetzung der Erosionen, Plastik der Zervix, Ein¬
legen eines Intrauterinpessars. Eine besondere Beachtung wird der
Amenorrhoe bei psychisch Kranken geschenkt, zu deren Aus¬
lösung lokale Eingriffe am Uterus ausgeführt werden. Die von der
psychiatrischen Seite gestellte Diagnose betraf hauptsächlich manisch-
depressive Zustände, Melancholie, schwere psychische Traumen,
Dementia praecox. Auf Grund seiner Erfahrungen stellt Bossi eine
gynäkologische Klassifikation der durch die Üenitalerkrankungen ver¬
ursachten oder damit zusammenhängenden Psychosen auf. Diese
zerfällt in 3 grosse Gruppen: 1. die toxisch-infektiöse, die verall¬
gemeinerte schwere Infektion, die lokalisierte Infektion und die
lokalisierte schleichende Infektion, die besonders Erkrankungen am
Uterushalse betreffen, 2. Psychosen infolge krankhafter Funktion der
Drüsen mit innerer Sekretion, abhängig von angeborenen Miss¬
bildungen (schneckenförmiger Uterus, fehlerhaften Lageverände¬
rungen des Uterus, infektiöse Endometritis); diese sind die häufigsten
Vorkommnisse; 3. Psychoneurosen infolge Erschöpfung.
In den von Bossi mitgeteilten Fällen ist durch den gynäko¬
logischen Eingriff Heilung nach Auffassung des Autors eingetreten;
in einigen Fällen konnte für das Wiederauftreten der psychischen Er¬
krankung ein Rezidiv der gynäkologischen Alteration nachgewiesen
werden, deren Behandlung abermalige Heilung erzielte. Einige Fälle
sind über 1 Jahr beobachtet worden und waren nach dieser Zeit
noch gesund.
B. S. S c h u 1 1 z e benützt die Arbeiten von Bossi, um an seine
schon lange zurückliegenden ähnlichen Vorschläge zu erinnern, die
eine systematische gynäkologische Untersuchung der weiblichen
Kranken von Irrenhäusern forderten.
S i e m e r 1 i n g ist den Ausführungen von Bossi entgegen- .
getreten und hebt neben der unzureichenden klinischen Darstellung
der Fälle ihre unrichtige Auffassung hervor. Es wird sich in den
Bossi sehen Fällen um schwere Neurosen oder Psychosen gehandelt
haben, im Laufe derer als Einzelsymptome Selbstmordgedanken sich
entwickelt haben. In anderen Fällen drängt sich der Gedanke auf,
dass die Hauptsache der psychischen Alteration eine schwere hyste¬
rische Störung gewesen ist. Das wichtige bei der Behandlung
solcher Fälle ist nach S i e m e r I i n g in erster Linie psychische Be¬
handlung, der erst später spezialistische Behandlung eines eventuell
lokalen Befundes folgen soll. In manchen Fällen von Bossi dürfte
der Erfolg der eingeleiteten Behandlung nur den Wert einer sug¬
gestiven Behandlung gehabt haben. Auch auf der Naturforscher¬
versammlung in Münster wurde zu diesen Fragen Stellung genommen
(Aschaffenburg, A. Mayer u. a.) und der von B o s s i ver¬
tretene Standpunkt im allgemeinen abgelehnt.
Es war zu erwarten, dass von psychiatrischer Seite die Deu¬
tung, die Bossi seinen Fällen gegeben hat, eine Anerkennung nicht
finden würde. Es handelt sich ja zum Teil um mehr oder weniger
schwere Psychosen oder Neurosen, in deren Verlauf spontane
Remissionen oft von langer Dauer bekannt sind. Diese Fälle ge¬
hören zu dem von P. M a t h e s sogenannten psychasthenischen
Symptomenkomplex. Ob es sich bei den Heilungen der Fälle Bossis
um solche Remissionen gehandelt hat, lässt sich nicht beweisen, ist
jedoch sehr wahrscheinlich. In anderen Fällen dürfte mit Recht
eine suggestive Wirkung bei hysterischen oder psychopathischen
Patientinnen anzunehmen sein. Es ist aber zweifellos richtig, und
dies ist eine wichtige Folgerung aus den Arbeiten von Bossi, wenn
der Gynäkologe mehr als bisher auf psychopathische Zustände bei
seinen Patientinnen achtet und die von W a 1 1 h a r d z. B. erzielten
Erfolge zu erreichen trachtet. Die gynäkologische Diagnose der
von Bossi beschriebenen Fälle wird von den meisten Gynäkologen
wohl nicht ohne weiteres anerkannt werden. So dürfte die Bedeutung
einer sogen, infektiösen Endometritis (ausserhalb des Puerperium)
auf berechtigte Zweifel stossen, ebenso die Diagnose des schnecken¬
förmigen Uterus und die parenchymatöse Metritis cervicalis. Ebenso¬
wenig wird die Behandlung dieser Erkrankungen mit Ausschabung.
Zervixplastik, Einlegen eines Uterinstiftes auf Zustimmung rechnen
können. Das sind zum Teil Auffassungen, welche fast schon als über¬
wunden gelten konnten. Wenn auch berechtigte Zweifel über die
oben genannten Diagnosen und ihren gegenseitigen Zusammenhang
bestehen dürften, so kann andererseits ein Konnex zwischen gewissen
Funktionen im Bereiche der weiblichen Genitalien und psychischen
Zuständen nicht verkannt werden. Das Auftreten der Menstruation,
der Verlauf derselben während des Lebens, die Fortpflanzungsvor¬
gänge haben oft einen unleugbaren Einfluss auf das Auftreten und den
Verlauf geistiger Erkrankungen. Die Bedeutung toxischer Momente
wird von Psychiatern und von Gynäkologen vielfach anerkannt. Wir
können uns also zu den Arbeiten von Bossi nicht im allgemeinen
ablehnend verhalten, Bossi bleibt uns aber noch weitere Mit¬
teilungen nach längerer Beobachtung seiner angeblich geheilten Fälle
schuldig, da es doch sehr auffallend ist, dass alle von ihm behandelten
Fälle ohne Ausnahme geheilt worden sind, umsomehr, als es sich bei
schweren psychischen Veränderungen oft um ganz geringfügige
gynäkologische Erkrankungen handelte, über deren Bedeutung man
710
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
noch diskutieren kann. Die mit grosser Begeisterung vorgetragenen
Lehren von Bossi werden hoffentlich das Gute haben, uns auf die
Grenzgebiete zwischen unserem Spezialfache und der Psychiatrie
aufmerksam gemacht zu haben und auf die Notwendigkeit, sie zu
kultivieren; ihre kritische Betrachtung soll anderseits eine
Warnung sein, die Eingriffe der „kleinen Gynäkologie“ noch reich¬
licher, als dies immer noch geschieht, zur Anwendung zu bringen.
Bücheranzeigen und Referate.
H. Lundborg: Medizinisch-biologische Fainilienforschungen
innerhalb eines 2232 köpfigen Bauerngeschlechtes in Schweden (Pro¬
vinz Blekinge). Mit einer Vorrede von Professor Max v. Gruber
in München. XII, 519 und 220 S. 7 Karten, 5 Diagramme, 37 Ab¬
bildungen auf 10 Tafeln und 51 Deszendenztafeln im Atlas. Jena,
Gustav Fischer, 1913. Preis 120 Mk.
Das Werk Lundborgs stellt, wie Gruber in seiner Vor¬
rede hervorhebt, die umfangreichste und gründlichste Familienunter¬
suchung dar, die jemals unternommen wurde. Seine Vollendung war
nur durch unermüdliche Ausdauer und grossen Üpfersinn sowohl
seitens des Verfassers als auch durch das Verständnis der Be¬
hörden und Stiftungen Schwedens für die Wichtigkeit eines solchen
Unternehmens möglich, und das Zusammenwirken aller dieser Fak¬
toren ist auch für andere reichere Länder vorbildlich.
Der erste Teil des Werkes gibt eine Uebersicht über die geo¬
graphischen, historischen, demographischen, anthropologischen, sozial¬
biologischen und sozialanthropologischen Verhältnisse Schwedens
und des von dem untersuchten Geschlecht bewohnten Lisserlandes im
besonderen. In dem untersuchten Bezirk findet sich eine weit
stärkere Rassenmischung als in den übrigen Teilen Schwedens, eine
weit stärkere Beimischung der weniger begabten Kurzköpfe. Die
Bevölkerung zeichnet sich durch hochfahrenden Charakter, Streit¬
sucht, Gewalttätigkeit und Rachsucht aus. Die Branntweinproduktion
war dort mehr als anderswo entwickelt. Die in Schweden auffallend
häufige Epilepsie ist in dem Bezirk ganz besonders stark ver¬
treten.
Es folgt dann eine ausführliche Personalgeschichte des unter¬
suchten Geschlechtes, die unter Zuhilfenahme aller zugänglichen
Quellen, insbesondere auch der Kriminalakten gewonnen wurde.
Durch eine besondere Art von Haushaltsregistern neben den Kirchen¬
registern war es möglich, den Bestand an Personen bis weit in das
18. Jahrhundert hinein zu verfolgen. Im Anschluss an diese Personal¬
geschichte gibt Lundborg eine Uebersicht über die Demographie
und Statistik des Geschlechtes, das sich nebenbei auch durch einen
besonderen Reichtum an Kurzköpfen auszeichnet. Die Fruchtbarkeit
war im ganzen wie im Bezirk eine grosse, hat aber in den letzten
Generationen etwas abgenommen. Die Sterblichkeit war trotz der
vielen Minderwertigkeiten innerhalb des Geschlechtes eine ziemlich
normale. Aus dem folgenden Kapitel erfahren wir, dass in dem
Geschlecht nicht weniger als 20,6 Proz. minderwertige Personen mit
26,5 Proz. Minderwertigkeiten waren, wobei die Beobachtung der
letzten Generation noch nicht abgeschlossen ist. Darunter sind nicht
weniger als 10 Proz. schwere psychische und nervöse Erkrankungen
und 15 Proz. moralische Minderwertigkeiten, von denen Alkoholismus
allein 12 Proz. ausmacht. Lundborg behandelt sodann ausführlich
die einzelnen familiär auftretenden Krankheiten, Myoklonusepilepsie,
Paralysis agitans, Dementia praecox und andere Geisteskrankheiten
und deren Erbgang. Er zeigt das sprungweise Auftreten dieser
Krankheiten, ihre starke Beziehung zu Verwandtschaftsehen und das
Auftreten von Proportionen, welche die Anlage zu diesen Krank¬
heiten als rezessiv im Sinne Mendels betrachten lässt.
Die Ursache der starken Minderwertigkeit des Geschlechtes er¬
mittelt nun Lundborg in folgender Weise: Er hat festgestellt, dass
in dem Geschlecht nicht weniger als 35 Proz. Verwandtenehen, dar¬
unter 20 Proz. naher Verwandter, vorkamen (Geschwisterkinder und
Geschwisterenkel), was mit der starken Isolierung der Bevölkerung
infolge ihrer geographischen Lage zusammenhängt. Hingegen haben
Syphilis und Tuberkulose keine grosse Rolle gespielt. Er teilt nun
sein Material in 5 Gruppen, nämlich in von Minderwertigkeiten freie,
tuberkulöse, alkoholische, verwandte und mehr oder minder mit
sonstigen Minderwertigkeiten belastete Eltern. Es zeigt sich dabei,
dass die gesunden und tuberkulösen Familien eine geringere Frucht¬
barkeit hatten als die Minderwertigen und namentlich die Ver¬
wandtenehen. In den letzten 3 Gruppen sind die Minderwertigkeiten
bei den Kindern doppelt so häufig als in den gar nicht belasteten und
tuberkulösen Familien, die hochgradigen Minderwertigkeiten aber
sind mehr als 6 mal häufiger. Bei Zusammentreffen von Blutver¬
wandtschaft und erblicher Belastung sind die Minderwertigkeiten auf
das 3 fache, die hochgradigen auf das 12 fache gesteigert, und gleich¬
zeitig ist die Fruchtbarkeit dieser Familien ganz abnorm hoch.
Aus der Analyse des Materials zieht Lundborg den Schluss,
dass die von Haus aus minderwertige Beschaffenheit des Geschlechtes
durch starke Inzucht und Alkoholmissbrauch noch weiter ver¬
schlechtert wurde, wozu noch die Vererbung endogener Krankheiten
weiterhin beitrug. Eine Regeneration eines Teiles des Geschlechtes
hält er nicht für ausgeschlossen.
Nach zwei kurzen Kapiteln über die Kriminalität und Mortalität
des Geschlechtes und die Beschaffenheit der in das Geschlecht Ein¬
geheirateten bespricht Lundborg Zukunftsfragen der familien¬
biologischen Forschung, er tritt vor allem für Errichtung eines For¬
schungsinstitutes ein und bespricht die Wege der Gewinnung weiteren
Materials.
In einem Anhang schildert er die schwedische Kirchenbuch¬
führung, die ältere Gesetzgebung über die Herstellung von Brannt¬
wein in Schweden, gibt Aktenstücke zur Beleuchtung des sittlichen
Zustandes der Bevölkerung des Untersuchungsbezirkes, zahlreiche
Krankengeschichten, Strafregister und Gerichtsakten, endlich eine
Ordnung des Materials nach verschiedenen belastenden Momenten
und eine Uebersicht über die einzelnen 377 Familien^ aus denen sich
das Geschlecht zusammensetzt.
Weiterhin ist die Arbeit durch zahlreiche Photographien von
Schulkindern und Kranken illustriert und sind die familiären Zu¬
sammenhänge durch zahlreiche Deszendenstafeln, speziell auch eine
für die Minderwertigkeiten, wiedergegeben.
Der Verleger hat für die Ausstattung des Werkes grosse Opfer
gebracht. Schon aus diesem Grunde, ebenso damit dem Verfasser
die weitere Arbeit, die er in gleicher Weise fortzuführen beabsichtigt,
erleichtert werde, ist zu wünschen, dass alle diejenigen, die sich mit
ähnlichen Untersuchungen befassen, das Werk trotz seines hohen
Preises anschaffen. Durch die zahlreichen Anregungen wissenschaft¬
licher Art und als Vorbild eigener Arbeit wird es ihnen unentbehrlich
sein. Weinberg- Stuttgart.
Theodor Axenfeld: Lehrbuch der Augenheilkunde. Dritte
Auflage. Bearbeitet von: Prof. A x e n f e 1 d - Freiburg; weilanci
Prof. B a c h - Marburg; Prof. B i e 1 s c h o w s k y - Marburg; Prof.
E 1 s c h n i g - Prag; Prof. G r e e f f - Berlin; Prof. Heine-Kiel;
Prof. H e r te 1 - Strassburg; Prof. v. Hippel- Halle a. S.; Prof.
K r ii c k m a n n - Berlin; Prof. O e 1 1 e r - Erlangen; Prof. Peters-
Rostock; Prof. Stock- Jena. — Dritte Auflage. Mit 12 litho¬
graphischen Tafeln, 3 Farbendrucktafeln im Text und 554 zum grossen
Teil mehrfarbigen Textabbildungen. Verlag von Gustav Fischer.
Jena 1912. Preis broschiert M. 15. — , geb. M. 16. — .
Das in so neuartiger Weise durch die Zusammenarbeit Vieler
geschaffene Lehrbuch erlebt innerhalb eines Zeitraumes von 4 Jah'en
bereits die dritte Auflage, ein Zeichen für seine Beliebtheit unter
den Studierenden. Aus dem Kreis der Mitarbeiter ist inzwischen
Prof. Bach durch den Tod geschieden, doch ist sein Abschnitt über
die Linsenerkrankungen noch von ihm selbst bearbeitet. Den aus¬
gezeichneten O eile r sehen Tafeln ist eine neue (Retinitis anaemica)
beigefügt, auch die Textabbildungen und der Text selbst haben allerlei
Bereicherungen erfahren. Der Ueberfluss instruktiver Illustrationen
ist gewiss ein richtiges Prinzip für ein Lehrbuch; eine gute bildliche
Darstellung leistet mehr als viele Worte. Auch die Weglassung
mathematischer Formeln aus den Kapiteln über Refraktion und
Funktionsprüfung wird dem Buch keine Gegnerschaft unter den
Studenten hervorrufen; in der Tat sind sie (wie auch Ref. in seinem
Leitfaden schon betont hat) für den klinischen Unterricht vollständig
entbehrlich.
Die verschiedenen Mitarbeiter sind auch bei dieser Auflage be¬
müht gewesen, ihre Abschnitte tunlichst untereinander auszugleichen
und damit die Nachteile, die in der Vielheit der Autoren liegen können,
nach Möglichkeit zu verhüten. Salzer- München.
Albert Albu: Grundziige für die Ernährung von Zuckerkranken
nebst praktischen Anweisungen für die Diabetesküche. 1912. Halle
bei C. M a r h o 1 d. 163 Seiten. Preis geb. 4 M.
Das Büchlein enthält auf den ersten 67 Seiten klar, kurz und gut
geschriebene Ausführungen über die Grundsätze bei Feststellung
der Zuckerdiät, die Kohlehydratkuren, ferner die notwendigen
Nahrungsmitteltabellen und eine Uebersicht über die verschiedenen
Handelspräparate für Diabetiker. Der zweite Teil — eine Um¬
arbeitung der G i 1 b e r t sehen Diabetesküche — bringt eine grosse
Anzahl von Kochrezepten. Es kann allen, die mit der Behandlung
von Zuckerkranken zu tun haben, bestens empfohlen werden.
Kersch ensteine r.
Dr. C. Hochsinger: Gesundheitspflege des Kindes im Eltern¬
hause. 3. Aufl. Fr. Deut icke, Leipzig und Wien, 1912. 265 S.
4M.
Das zuerst 1895 erschienene Buch des erfahrenen Wiener Kinder¬
arztes liegt nunmehr in dritter, vermehrter und vielfach veränderter
Auflage vor. Es stellt zweifellos einen der umfassendsten und ein¬
gehendsten, also brauchbarsten Ratgeber für Eltern dar — allerdings
nur für solche Eltern, die (das betont das Vorwort, während es dei
Titel verschweigt) mit Glücksgütern recht sehr gesegnet sind, hi
3 Kapiteln (Besonderheiten der Säuglingspflege, allgemeine Kinder¬
pflege, Pflegemassnahmen für Schulkinder) wird alles Wichtige und
wohl auch einiges Unwichtige geschickt, klar und überzeugend vor¬
gebracht. Manche Anschauungen und Vorschriften sind reichlic'
subjektiv und dürften Widerspruch finden (so gewisse Diätvorschrif¬
ten für das ältere Kind u. a.), das meiste — vor allem auch die sym¬
pathische Behandlung einiger mehr erziehlicher als medizinischer
Fragen — wird jeder Arzt unterschreiben. Gött.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
711
1. April 1913.
Jahresbericht über soziale Hygiene, Demographie und Medizinal-
tatistik, sowie alle Zweige des sozialen Versicherungswesens.
!. Band: Bericht über das Jahr 1911. Herausgegeben von Dr. med.
i. Grotjahn und Stadtrat Dr. phil. F. Kriegei. Jena. Gustav
Fischer, 1912. 377 S. Preis 13 M.
Von den Jahresberichten, welche uns schon längst zu unentbehr-
chen Nachschlagebüchern geworden sind, entspricht der vorliegende
1. Band sowohl hinsichtlich des Wertes seines referierenden Ab-
cbnittes, als auch bezüglich der Vollständigkeit seines bibliographi-
chen Teiles seinen Vorgängern. Als Anhang ist eine Uebersicht der
ahlreichen Arbeiten von A. G o 1 1 s t e i n beigefügt.
A. Groth.
Geh. Med.-Rat Dr. med. Bernhard Schulz: Psychologische
Vanderungen auf Seitenwegen. Verlag G. Fischer, Jena. 242 S.
M.
Der Verfasser beabsichtigt eine Einführung in die moderne
'sychologie, wie sie der naturwissenschaftlichen Vorbildung des
Mediziners angepasst ist. Dabei wird er, gestützt auf die experiinen-
elle Methodik von W u n d t und K ü 1 p e, ihrer naturwissenschaft-
chen Seite gerecht; bei den erkenntnistheoretischen Teilen verliert
.'doch die Breite der Darstellung sichtlich an Ueberblick, und man
weifelt an der Fruchtbarkeit eines solchen Versuches. Ich denke,
'ass Fragen wie über die Phänomenologie des Bewusstseins sich
icht volkstümlich-medizinisch behandeln, sich schlechterdings nicht
iopularisieren lassen. Einen Fremdenführer durch die Psychologie
cird selbst der Redegewandteste nicht zustande bringen; man muss
ehon selber jeden einzelnen Weg gegangen sein.
Fr. Wolf- Dresden.
Dr. Theodor Plaut: Der Gewerkschaf tskampf der deutschen
lerzte. G. Braun sehe Hofbuchdruckerei und Verlag, Karlsruhe
B. 1913. 246 Seiten. Volkswirtschaftliche Abhandlungen der badi-
chen Hochschulen. Neue Folge. Heft 14.
Immer mehr beschäftigt sich auch der Volkswirt mit der Arzt¬
rage in der deutschen Arbeiterversicherung, insbesondere im Hin¬
lick auf die neue Reichsversicherungsordnung. In der letzten Zeit
ind in dieser Beziehung ausser dem vorliegenden Werke 3 be-
chtenswerte Bücher erschienen, welche die kassenärztliche Frage
om nichtärztlichen Standpunkte aus betrachten. Das Buch von
u 1 d „Die Ansprüche der Aerzte aus der Krankenversicherung“
eleuchtet die rein juristische Seite der Kassenprobleme, während das
Lieh von Puppe „Die Bestrebungen der Aerzte zu gemeinsamer
Vahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen“ diese Fragen vom rein
istorischen Standpunkte aus auffasst und das Buch von Gabriel
Die kassenärztliche Frage“ die Entstehung: und Entwicklung der
rztlichen Organisation, insbesondere des Leipziger Verbandes, dar-
tellt.
Das vorliegende Buch legt auf die geschichtliche Entwicklung
inen nur sekundären Wert, während es die Kassenprobleme mehr
om nationalökonomischen und sozialpolitischen Standpunkt aus be-
andelt. Es betrachtet z. B. die Forderung der freien Arztwahl nicht
mr als solche, sondern auch im Zusammenhang mit der ganzen
Teilung des Leipziger Verbandes im Kampfe der sozialistischen mit
er individualistischen Weltanschauung. Es führt zu dem Ergebnis,
ass die freie Arztwahl als liberal-individualisti-
che Forderung gegenüber dem Kassenarztsystem
es Sozialismus verstanden werden kann. Das Buch
erfüllt in drei Teile, deren erster sich mit der Frage befasst, was
iir eine Organisation die der Aerzte eigentlich darstellt, ob es etwa
ine Gewerkschaft ist. Der zweite Teil enthält die historische und
heoretische Betrachtung. Er sucht die Frage zu beantworten, wie
s infolge sozial-reformatorischer Eingriffe in das freie wirtschaftliche
letriebe durch unsere Versicherungsgesetze für den liberalen und
ndividuellen Beruf der Aerzte notwendig wurde, sich gerade nach
Vrt und Weise der Gewerkschaften zu organisieren und welche
(Schwierigkeiten dabei zu überwinden waren. Dabei beleuchtet er
en Kampf zwischen der kollektivistischen Weltanschauung auf der
inen Seite, deren Sache durch die Kassen geführt zu werden scheint,
md der individualistischen auf der anderen. Er zeigt eine gewerk-
chaftliche Organisation der Arbeitnehmer — hier der Aerzte —
ur Bekämpfung dieser kollektivistischen Tendenzen, während bisher
mr die gewerkschaftliche Organisation von Arbeitgebern in den
\ntistreikvereinen und Arbeitgeberverbänden zu diesem Zwecke be¬
gannt war. Der dritte Teil stellt den Versuch einer Würdigung aller
jieser Erscheinungen dar und zwar sowohl der Wünsche und For-
ierungen, wie auch der Mittel, die zur Erlangung dieser Forderungen
ingewandt werden. Der Verfasser hat nur die Absicht, einen Beitrag
iu ihrer Lösung zu geben, nur zu zeigen, dass die neuesten Kämpfe,
lie unsere Sozialpolitik entfaltet hat, über den Rahmen der sozjal-
’olitischen Interessensphäre hinaus Beachtung verdienen. Es ist
leshalb dieses Buch den Aerzten, Nationalökonomen, Sozialpolitikern,
I uristen und allen, welche an der sozialpolitischen Gesetzgebung des
Reiches Interesse haben, zu empfehlen, vor allem aber denen, welchen
lie ärztliche Organisation, der „Leipziger Verband“, eine unsym-
^athische Erscheinung ist. Scholl- München.
Neueste Journaliteratur.
Beiträge zur Klinik der Tuberkulose. Band XXV, Heft 2.
1912. Herausgegeben von L. Brauer-Eppendorf.
H. C. Jacobaeus - Stockholm : Ueber Laparo- und Thorako¬
skopie.
In der Arbeit, zu der Brauer ein Geleitwort geschrieben hat,
berichtet der Autor über die Resultate seiner 1 K- Jahre geübten
Methode. Wenn auch ihre 1 ragweite noch nicht abschliessend zu
beurteilen ist, so hat sie sicherlich praktischen Wert und es ist doch
die einzige Methode, die gestattet, leicht, mit geringer Gefahr und
ohne Beschwerden für den Patienten die Thoraxkavitäten einer oku¬
laren Besichtigung zu unterziehen. Das Instrumentarium ist ein
N i t z e sches Zystoskop No. 12 mit zugehörigem Trokar. — Bei
mit Aszites komplizierten Erkrankungen, bei denen die Laparö-
zentese indiziert ist, sollte man immer auch die Laparoskopie
vornehmen. Die Haut wird mit Jodtinktur desinfiziert und unter Lokal¬
anästhesie mit einem kleinen Schnitt durchtremit. Der Trokar wird
dann bis in die Bauchhöhle durchgestossen, nach Ablassen des Aszites
Luft eingeblasen und das Zystoskop eingeführt. Bei fehlendem
Aszites sind vorläufig noch nicht genügend Erfahrungen gesammelt
Uber die Grösse der dabei bestehenden Gefahr (Darmverletzung);
sollte diese gross sein, dann wäre die Laparotomie in diesem Fall
nie indiziert. Bei der Indikationsstellung ist natürlich auch auf die
anatomischen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, z. B. auf die Mög¬
lichkeit der Anlegung eines genügend grossen Luftraumes im Ab¬
domen. Leberkrankheiten und Peritonitiden und Aszitesformen
anderer Aetiologie sind das Hauptfeld für die Laparoskopie. Die
Kasuistik von Jacobaeus erstreckt sich auf folgende Fälle: Leber¬
zirrhose 14, Leberkrankheiten mit Pick schem Krankheitsbild 8,
Lebersyphilis 3, Stauungsleber 4, tuberkulöse Peritonitis 6, Bauch¬
geschwülste 24, andere Krankheiten 10. An diesen 69 Fällen wurden
109 Untersuchungen vorgenommen. — Zur Thorakoskopie werden
dieselben Instrumente verwandt. Der Patient liegt auf der gesunden
Seite. Haut und Pleura werden anästhesiert. Als Eingangsstelle
empfiehlt sich bei Pneumothorax am meisten entweder der VI. oder
VII. Interkostalraum etwas medianwärts von der vorderen Axillar¬
linie, bei exsudativer Pleuritis das 7., 8. oder 9. Interstitium, ziemlich
weit hinten, unterhalb und medianwärts vom Amgulus scapulae, so
dass das Exsudat leicht abgelassen und durch Luft ersetzt werden
kann. Beim Pneumothorax ist der diagnostische Wert der Thorako¬
skopie gering; ob es gelingen wird, durch das Thorakoskop chi¬
rurgische Eingriffe auszuführen, lässt sich z. Z. noch nicht entscheiden.
Die Thorakoskopie ist berechtigt nach jeder Thorakozentese. Die
Beurteilung der sichtbaren Veränderungen ist leider vorläufig weit
schwieriger als in der Bauchhöhle.
Es wurden untersucht: Pleuritis exsudativa acuta 32 Fälle,
chronica l(g Empyema pleurae 7, Pneumothorax arteficialis 17. Bei
diesen 71 Fällen wurden 88 Untersuchungen vorgenommen. — Auf
Grund seiner Erfahrungen glaubt der Autor annehmen zu dürfen, dass
die Thorakoskopie praktische Bedeutung hat für die Entscheidung
der Frage, ob eine bösartige Pleurageschwulst vorliegt oder nicht.
— Bei den tuberkulösen Pleuritiden zeigt sich — wie bei den Peri¬
tonitiden — eine intensive Rötung und samtartige Schwellung der
Pleuraflächen unter Aufhebung des Unterschiedes zwischen Rippen¬
feldern und Interkostalräumen, sowie mit Bildung von Fibrinbelägen.
Dann, wenn die Fibrinbildung nicht zu stark ist, also besonders in
akuten Fällen, sieht man aller Wahrscheinlichkeit nach als Tuberkel
anzusprechende Knötchen. Die Unterschiede gegenüber dem Aus¬
sehen der Pleura bei sog. idiopathischen oder nichttuberkulösen
Pleuritiden sind nicht derart, dass in jedem Falle direkt aus dem
Aussehen die Diagnose tuberkulös oder nichttuberkulös gestellt wer¬
den könnte. Auch 17 Fälle von künstlichem Pneumothorax wurden
untersucht und dabei die Frage der Entstehung von Exsudaten er¬
örtert. P. Schlippe - Darmstadt.
Zeitschrift für physikalische und diätetische Therapie.
1913, 3. Heft.
H. Determann - St. Blasien : Die diätetische Behandlung der
Funktionsstörungen des Magendarmkanals auf pathologisch-physio¬
logischer Basis.
Fortbildungsvortrag.
H. Boruttau: Ueber ein neues Ganzkornbrot und seine Aus¬
nützung. (Krankenhaus Friedrichshain, Berlin.)
Verf. hat Versuche mit einem Brot „Kernmarkbrot“ genannt
(aus der Genossenschaftsbäckerei in Breslau) gemacht, das aus be¬
sonders bereitetem Roggenmehl gebacken wird. Das Getreide wird
nicht zermahlen, sondern durch Zentrifugalwirkung mit sehr grosser
Geschwindigkeit gegen harte Flächen geschleudert, so dass ein sehr
feines Mehl durch Zertrümmerung entsteht. Stoffwechselversuche
an 3 Personen ergaben für die Trockensubstanz einen mittleren
Verlust von 13,15 Proz., für den Stickstoff von 36,6 Proz. Diese
Werte sind besser als die bisher für normales Roggenbrot gefundenen,
so dass Versuche in grösserem Massstabe sich lohnen würden.
S c h i 1 1 i n g - Leipzig: Entwicklung, Resorption und Elimination
der Darmgase.
Auf Grund eigener Untersuchungen und der Literatur gibt Verf.
einen Ueberblick über dieses Thema, erörtert vor allem die Ab-
712
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
hängigkeit der Darmgase von einzelnen Nahrungsmitteln. Er fand,
dass Spargel keine, Kartoffelsalat wenig, Kohlrabi, Schnittbohnen und
Reis massig, Stachelbeeren und Karotten mehr, aber Käse und
Gurkensalat starke Gasbildung hervorrufen. Bei normaler Kost
schätzt er die Menge der Flatus nur auf 20 — 25 ccm pro die. Karnii-
nativa helfen bei leichten Fällen, besser ist rasches Evakuieren durch
Bitterwasser oder Magn. usta oder rektale Einläufe mit Zusatz von
1 7'heelöffel Ol. Terebinth. und Eigelb und Fenchelthee.
W. S t e r n b e r g - Berlin : Die elektrische Küche.
Derselbe: Die elektrische Küche im Krankenhaus.
Beschreibung von Kochapparaten und der Küchenanlage der
Walderholungsstätte in Rheydt, die für 30 Kinder eingerichtet ist
(Allgem. Elektrizitätsgesellschaft). Verf. macht detaillierte Angaben
über die einzelnen Apparate, den Stromverbrauch, die mannigfachen
Vorzüge gegenüber den alten Küchensystemen. Freilich ist der Be¬
trieb zurzeit noch teurer als bei jenen.
P o d z a 1 n a d s k y - Baden b. Wien: Eine Bemerkung zum
Artikel: Die Anwendung der physikalischen Heilmethoden zur Be¬
handlung von zentralen Erkrankungen. (G o 1 d s c h e i d e r.)
Verf. wahrt in mehreren Fragen die Priorität seines Lehrers
Winternitz. L. J a c o b - Wiirzburg.
Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. 121. Band, 1. — 2. Heft.
Februar 1913.
Paul Ewald: Die Ursachen des Knick- und Plattfusses. (Aus
dem orthopädischen Institut von Dr. O 1 1 e n d o r f und Dr. Ewald
in Hamburg-Altona.)
Die alte Einteilung in statischen, rachitischen, paralytischen und
traumatischen Plattfuss ist nicht mehr haltbar. Will man nach dem
modernen Stande der Röntgenologie und Pathologie ein Einteilungs¬
prinzip aufstellen, so müsste massgebend sein der Ort der primären
Schädigung und die Schädigung selbst, die zum Platt- und Knick-
fuss Veranlassung gibt. Danach ergibt sich folgende Einteilung:
A. Das Bein (besonders der Unterschenkel) sind durch Ver¬
letzung oder Erkrankung so verändert, dass die Tibiagelenkfläche
nicht mehr parallel der Auftrittsebene steht oder dass der Fuss nicht
richtig in der Malleolengabel steht. Hierzu führen angeborene
(Fibuladefekt) und erworbene (Genu valgum, Rachitis, schlecht ge¬
heilte Fraktur, vermehrtes Längenwachstum der Tibia, Empyeme des
Talokruralgelenkes, Zerstörung bezw. Erweichung des Malleolus ext.,
Malleolarfrakturen) Anomalien.
. B. Die Fusswurzelknochen sind infolge Knochenbänder-. Muskel-,
Nerven-, Hauterkrankungen oder Verletzung in ihrer Form und Lage
zueinander so verändert, dass ein Knick- oder Plattfuss entsteht.
Hier kommen in Betracht: angeborene Stellungs- und Form¬
anomalien (angeborener kontrakter Plattfuss, Missbildung oder Ver-
grösserung des Kahnbeins, Os tibiale ext.), erworbene Form¬
anomalien der Fusswurzelknochen (Talusexstirpation, Fusswurzel-
tuberkulose, tabische Arthropathie, Fusswurzelbriiche, Luxation im
L i s f r a n c sehen Gelenk), erworbene Stellungsanomalien der Fuss¬
wurzelknochen (statischer Platt- und Knickfuss, Plattfuss nach
Klumpfussredressement, Pes valgus und planus nach spinaler Kinder¬
lähmung und Little, Narbenretraktion der Haut oder des subkutanen
Gewebes).
A. Ca de und R. Leriche: Klinische, pathogenetische und
therapeutische Studie über die gastrischen Krisen bei der Tabes dor-
salis. (Aus der chirurgischen Klinik in Lyon.)
Nach einer sehr guten Uebersicht über die Klinik, Pathogenese,
der internen Therapie der gastrischen Krisen von C a d e behandelt
Leriche kritisch die zur Heilung oder Besserung vorgeschlagenen
chirurgischen Eingriffe. Grosse Schmerzhaftigkeit mit starkem Er¬
brechen, Tachykardie, Aussetzen des Pulses und Larynxkrisen
charakterisieren die Vaguskrisen. In solchen Fällen ist die doppel¬
seitige Vagotomie nach Exner gerechtfertigt; dies Verhalten bildet
aber die Ausnahme. Das gewöhnliche ist die Sympathikuskrise. Bei
ihr kommt zunächst das K ö n i g sehe Verfahren in Frage: Injektion
von 100 ccm einer 0,5 proz. Novokainlösung in die Rückenmuskulatur
beiderseits von der Dornfortsatzlinie. Bei Misserfolgen sollte zu¬
nächst die von Franke- Braunschweig vorgeschlagene Extraktion
der Interkostalnerven versucht werden. Ueber den Erfolg der Deh¬
nung des Plexus solaris (Jaboulay) fehlt es an Erfahrungen. Bei
Rezidiven oder Versagen wird die Förster sehe Operation aus-
geführt (Durchschneidung der hinteren Wurzeln). Das extradurale
Vorgehen von Guleke verdient den Vorzug, womöglich sollten
7 Wurzeln durchtremnt werden.
Otto Grüne: Die moderne Bardenheuer sehe Extensions¬
behandlung im Vergleich zur Steinmann sehen Nagelextension.
(Aus der Akademie für praktische Medizin zu Köln a. Rh., 1. Chirurg.
Abteilung.)
Grüne wendet sich gegen die von S t e i n m a n n an der
B a r d e n h e u e r sehen Extensionsbehandlung geübten Kritik. Die
Bardenheuer sehe Statistik von 1907 ist bedeutend verbessert,
im wesentlichen durch Einführung stärkerer Semiflexion im Sinne
Zuppingers und Anlegung eines Zuges direkt am peripheren
Fragment neben dem altbewährten Längszuge. Bei richtiger Technik
trifft der Vorwurf der Schmerzhaftigkeit und Erzeugung von De¬
kubitus und Ekzem keineswegs zu. Wie der periphere Zug (Stiefel¬
zug, Kniegelenkszug, Ellenbogenzug, Handgelenkszug) mit dem Längs¬
zug vereinigt wird, wird des näheren ausgeführt. Die Kranken¬
geschichten beweisen, dass tatsächlich das moderne Barden¬
heuer sehe Extensionsverfahren auch bei veralteten Verkürzungen
ganz Ausserordentliches leistet. Die Nagelextension will Verfasser
lediglich für Splitterbrüche des unteren Humerusendes und kompli¬
zierte, mit grossen Weichteilwunden einhergehende Humerus- und
Oberschenkelbrüche reserviert wissen.
Eugen P o 1 y a : Jejunumkolon- und Magenkolonfistel nach
Gastroenterostomie. (Aus der 3. Chirurg. Abteilung des Sankt Ste¬
phan-Spitals in Pest.)
Jahr nach der hinteren Gastroenterostomie traten bei dem
Patienten Erscheinungen einer Fistul. gastrocolica auf. Die Operation
deckte eine Fistel zwischen Colon .transversum und dem Jejunum
(einige Zentimeter unterhalb der Flexura duodeno-jejunalis) auf. Nach
Lösung werden die Oeffnungen in Jejunum und Kolon quer zur Längs¬
achse mit zweireihiger Naht verschlossen, Heilung. Die Pathogenese
ist die, dass ein Jejunalgeschwür entstand, das dann in das Kolon
perforierte. Im ganzen sind in der Literatur 19 Fülle bekannt, in
denen es nach der Gastroenterostomie zu einer Jejunum- oder Magen¬
kolonfistel kam; in sämtlichen Fällen war wegen benigner Erkran¬
kungen des Magens gastroenterostomiert.
Die Situation ist so, dass entweder das Jejunum mit dem Dick¬
darm anastomosierte, oder es kommunizierte die Gastroenterostomie¬
öffnung selbst mit dem Kolon oder der Magen mit dem Kolon. 3 mal .
öffneten sich Magen und Jejunum gesondert ins Colon transversum
dabei war zuweilen die Gastroenterostomie obliteriert, zuweilen fan¬
den sich noch andere Jejunalgeschwüre. Die Symptome sind varia¬
bel. Das sicherste diagnostische Hilfsmittel ist die Röntgenunter¬
suchung. Sorgfältige Naht, diätetische Nachbehandlung bilden die
Prophylaxe. Da bei bestehenden Leiden die Patienten rasch an Ina-
nition zugrunde gehen, ist die Operation unbedingt indiziert. Das
Operationsverfahren richtet sich nach der Situation. Am einfachsten
ist die Trennung der Fistelränder mit Uebernähung quer zur Längs¬
achse. Bei obliterierter oder verengter Gastroenterostomie muss eine
neue angelegt werden. Dickdarmverengerungen sind durch Ana-
stemose zu umgehen. Nur neue Gastroenterostomie (v. Eiseis¬
berg) oder Kolokolonanastomose (G a r r e) bringen keine Heilung.
Das radikalste Verfahren ist die primäre Resektion des fistulösen
Kolonstückes (v. Herczel). Auf 18 operative Eingriffe kommen
2 Todesfälle.
C. Lauenstein: 1. Grosshirn-Schussverletzung durch ein
7-mm-Geschoss ohne erhebliche Folgen. (Aus dem Hafenkranken¬
hause zu Hamburg.)
Ein aus unmittelbarer Nähe abgefeuertes 7-mm-Geschoss drang
an der rechten Schläfe ein, durchdrang das Gehirn und seine Häute,
frakturierte noch das linke Scheitelbein, blieb aber unter der Kopt-
schwarte stecken. Nach 14 Tagen Entfernung des Geschosses durch
einfache Inzision. Die einzige störende Folge der Hirnverletzung war
eine Steigerung der Muskelreflexe an der Streckseite des rechten
Oberarms. Der glückliche Verlauf ist zurückzuführen auf das geringe ;
Kaliber, den Eintritt an einer sehr dünnen Schädelstelle und das Aus¬
bleiben der Deformierung, das Fehlen einer starken Blutung aus den
Hirnhäuten, die relativ indifferente Beschaffenheit der getroffenen
Hirnpartien (Darstellung des Weges an der Leiche) und die Asepsis
des Schusskanals.
2. Quetschung des Leibes durch Fahrstuhl. Intraperitoneale Zer-
reissung der Blase. Laparotomie, Naht der Blase. Heilung.
Guido Ler da: Beitrag zur totalen Meloplastik. (Aus dem Ospe-
dale Maggiore di San Giovanni der Stadt Turin.)
Lerda ging in einem Falle von Krebs der Wange so vor, dass
er nach Entfernung der Wange mit dem Tumor durch Herüberziehen
von Ober- und Unterlippe mit der anderen Wange den Defekt deckte.
In 2. und 3. Sitzung wurde eine Mundöffnung an normaler Stelle
wieder hergestellt.
W. K e p p 1 e r : Die blutige Stellung schlecht stehender Frak¬
turen. (Aus der Kgl. Chirurg. Universitätsklinik Berlin.)
Die „blutige Stellung“ der Fragmente in Deutschland, zuerst von ;
Schlange und von C 1 a i r m o n t angewandt, besteht darin,
dass nach Freilegung der Frakturstelle vom kleinen Schnitt aus ver-i
sucht wird, durch Haken, Elevatorium, Zug und Gegenzug die
„Zacken“ des einen Fragments in die „Lücken“ des anderen Frag¬
ments zu stellen. Das Verfahren wurde an der Bier sehen Klinik
in 40 Fällen angewandt, und zwar 29 mal bei Vorderarm- und Ra¬
diusbrüchen, 10 mal am Oberarm. Wie die beigegebemen Röntgen¬
bilder zeigen, ist das Resultat durchweg ausgezeichnet; dabei ist das;
Verfahren infolge seiner Kürze fast gefahrlos und ohne die Nachteile
des versenkten Fremdkörpers bei der Vereinigung durch Naht oder
Verschraubung.
Moli tieus: Kleidoplastik aus der Spina scapulae. (Aus der
Chirurg. Klinik der Akademie für praktische Medizin zu Düsseldorf.)
Die Klavikula wurde in 2 Fällen nach Entfernung wegen Tumor
mit vollem Erfolge durch die Spina scapulae ersetzt. (Röntgen¬
bilder.)
F. Ernst und F. El kes: Erwiderung auf die Bemerkungen
des Herrn Zahnarztes Rousseau.
Schiene und Zahnersatz sind von Claude Martin bzw
Schroeder, als dessen Famulus Rousseau arbeitete.
Otto Grüne: Ein Beitrag zur Luxatio pedis sub talo. (Aus
der Chirurg. Klinik der Kölner Akademie für praktische Medizin.)
. April 1913
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
713
1 Fall von Luxatio sub talo, Reposition. Heilung; und 1 Fall von
erreisung des Bandapparates zwischen Talus und Kalkaneus. Be-
andlung mit Bardenheue r scher Kalkaneusstrecke.
Otto Grüne; Ein Fall von isolierter Kahnbeinfraktur des
usses. Flörcken- Paderborn.
Zentralblatt für Chirurgie, 1913, No. 11.
Karl Deutschländer - Hamburg : Gelenkanästhesie.
Verf. schildert eingehend die Technik seiner Gelenkanästhesie:
;s wird zuerst eine Binde oberhalb des Gelenkes angelegt, um mög-
chst gute Blutleere zu erzielen, dann erfolgt die Injektion einer
• proz. Novokain-Suprarenin-Lösung in das Gelenkinnere; zur Ver-
eilung der eingespritzten Lösung (meist 10 — 20 ccm) in alle Buchten
es Gelenkes werden leichte Gelenkbewegungen gemacht. Direkt in
;ie Synovialis darf nicht eingespritzt werden, da sonst nur ein
ugbegrenzter Bezirk unempfindlich wird, aber die Synovialis muss
ut resorptionsfähig sein, um volle Anästhesie zu erzielen. Ebenso
cheiden die Gelenke aus dem Anwendungsgebiet aus, an denen sich
eine Blutleere erreichen lässt. Verf. hat mit dieser Methode zahl¬
eiche unblutige und blutige Eingriffe an Gelenken unter voller An-
sthesie ausgeführt.
Wilh. D a n i e 1 s e n - Beuthen : Sind Wundinfektion und lang-
auernde Abschnürung Gegenindikationen gegen die Gefässnaht bei
/'erletzungen?
Verf. teilt ausführlich die Krankengeschichte eines Falles mit,
lie beweist, dass trotz schwerer Wundinfektion und trotz 5 stiindiger
\bschnürung die Gefässnaht der Art. axillaris vollen Erfolg hatte,
iidem die Blutzirkulation erhalten blieb. Verf. spricht sich deshalb
tuch gegen prinzipielle Einschränkung der Gefässnaht bei
Vundinfektion und langdauernder Abschnürung aus.
Prof. W o 1 f f - Hermannswerder ; Sechsmalige Gastrotomie an
lemselben Magen. Gastroskopischer Nachweis einer Zahnbürste.
Verf. schildert einen Fall von einer psychopathischen Patientin,
>ei der 6 mal der Magen eröffnet wurde, weil sie die Manie hatte,
Teelöffel oder Zahnbürsten zu verschlucken. Beim 6. Mal konnte
mr durch das Gastroskop festgestellt werden, dass wirklich eine
(ahnbürste im Magen lag. Der gastroskopische Befund und die
Details der Operation, welche Pat. gut Überstand, sind eingehend
nitgeteilt.
E. P a y r - Leipzig : Zur Technik der Hirnpunktion.
Um bei Hirnpunktionen mit der Nadel sofort das Bohrloch im
(nochen zu finden, benützt Verf. einen Rinnenspatel, der bei im
(nochenkanal liegenden Bohrer diesem entlang bis in das Bohrloch
.‘ingedrückt wird; nach Herausziehen des Bohrers gleitet die Nadel
n der Führungsrinne des Spatels leicht in das Schädelinnere. (Mit
i Abbildungen.)
Prof. W i 1 m s - Heidelberg: Rippenquetsche zur leichteren Re¬
aktion von Rippen.
Um die Rippen leichter durchtrennen zu können und um glatte
Schnittflächen zu bekommen, hat Verf. eine Rippenschere konstruiert,
welche eine kräftige, nicht scharfe Schneide hat, die beim Zu-
juetschen der Zange zwischen 2 gezahnte Leisten hineintaucht. Diese
Schneide durchquetscht die Rippen, wobei man eine ganz glatte
Schnittfläche bekommt. Die schneidende Branche kann senkrecht
)der in der Richtung der Achse stehen. (Mit 2 Abbildungen.)
E. Heim- Gerolzhofen.
Zentralblatt für Gynäkologie, No. 10 u. 11. 1913.
Fr. Da eis- Gent: Ueber die Wirkung des Elektrargols Clin.
Experimentelle und klinische Untersuchungen mit elektrokol-
oidalem Silber. Bei Meerschweinchen, die mit abgeschwächten
Bakterienkulturen infiziert waren, war eine deutliche günstige Wir¬
kung festzustellen, nicht aber bei sehr virulenten Infektionen. Das
Diphtherietoxin wird in vitro und bei Tieren in seiner Giftigkeit
deutlich herabgesetzt. Im Blute erzeugt Elektrargol eine deutliche
Leukozytenvermehrung. Versuche an Menschen bei intravaskulärer
Einspritzung ergaben ebenfalls günstige Resultate, doch sind letztere
nicht eindeutig genug, um ein abschliessendes Urteil zu gestatten.
P. Ga 11- Triest: Pituglandol in der Behandlung der Placenta
Praevia.
10 Fälle von Placenta praevia, die mit Pituglandol behandelt
wurden, davon starben 1 Mutter und 3 bereits tot geborene Kinder.
U. injiziert stets 2 ccm Pituglandol und glaubt damit manches Kind
retten und manche Mutter vor den Gefahren des Blutverlustes und
der Infektion bewahren zu können.
F. Lie ven- Bonn: Zur Wirkung des Hypophysenextraktes.
Bei einer 37 jährigen V.-para mit normalem Becken machte L.
wegen Wehenschwäche bei völlig erweitertem Muttermund, aller¬
dings bei noch hochstehendem Kopf, eine Pituglandolinjektion von
1 ccm. Es traten Krampfwehen und Abgang von Mekonium ein, so
dass L. eine hohe Zange in Narkose anlegen musste. Mutter und
Kind blieben gesund.
Th. H. van de V e 1 d e - Haarlem : Ueber das Schalenpessar.
Wegen der Gefahr der Einklemmung der vorderen Muttermunds-
dppe in das zentrale Loch benutzt v. d. V. seit Jahren solche Pessare
ohne mittleres Loch, dagegen ganz besetzt mit den üblichen kleineren
Löchern, die bei den gewöhnlichen Modellen nur seitlich ange¬
bracht sind.
M. S. A 1 p e r i n - Moskau : Reflektorische Schmerzetnpfindungen
bei Druck auf den Plexus coeliacus bei entzündlichen Erkrankungen
der weiblichen Geschlechtsorgane. Zu kurzem Referat ungeeignet.
Guggisberg - Bern : Zur Eklampsiebehandlung durch In¬
jektionen in den Riickenmarkskanal.
Die von Rissmann empfohlene Injektion von Magnesium¬
sulfatlösung bei Eklampsie ist von Kocher bei Tetanus erfolgreich
verwendet worden. In 2 Fällen von Eklampsie hat sie G. versagt.
G. warnt vor grösseren Dosen, die durch Atemstörung gefährlich
werden können. Die Wirkung des Mittels ist ungenügend, wenn sie
auf die unteren Partien des Rückenmarks beschränkt bleibt, wirksam,
wenn es auch die oberen Partien anästhesiert, dann aber nicht mehr
gefahrlos. Die Dosis soll zwischen 5 — 10 ccm einer 15 proz. Lösung
liegen, je nach dem Gewicht des Patienten.
Peters- Wien: Zur Publikation Schottländers in No. 6
dieses Blattes: „Ueber die Bestimmung der Schwangerschafts¬
dauer etc.“
P. erläutert die Verwertbarkeit der S c h o 1 1 1 ä n d e r sehen
Befunde in forensischer Beziehung und kommt zu dem Schluss, dass
für den Wert derselben für forensische Zwecke noch manche Zweifel
bestehen.
S i e f a r t - Charlottenburg : Interstitielle Gravidität.
Es handelte sich um eine 25 jährige I.-para, die syphilitisch
infiziert gewesen war. Die Gravidität führte im 3. Monat zur Ruptur;
Pat. starb trotz Laparotomie durch innere Verblutung.
W. Rübsamen - Dresden : Technische Schwierigkeiten bei
der Punktion des Sakralkanals rachitischer Becken.
In den Fällen platt rachitischer Becken, wo das Kreuzbein in
seinen oberen Partien stark nach hinten abgeknickt ist, aber die
Schwanzwirbelsäule sich nach vorn umkrümmt, kann der Sakralkanal
in seinen unteren Partien so zusammengepresst sein, dass eine
Punktion desselben sehr erschwert oder unmöglich ist.
Aehnliche Verhältnisse fand R. bei spondylolisthetischen und
osteomalakischen Becken.
Helene Iiölder- Tübingen : Gestattet der „Probedämmerschlaf“
eine Bestimmung der Toleranz für Skopolamin-Pantopon bei der
nachfolgenden Operation?
Vorstehende Frage muss nach H.s Erfahrungen (24 Fälle) ver¬
neint werden. Der Erfolg der Probeinjektionen deckte, sich nur
selten mit dem als Vorbereitung zur Operation eingeleiteten Dämmer¬
schlaf. Dies beruht auf der beim gleichen Organismus beständig
wechselnden Resorptionsfähigkeit. H. gibt 0,02 Pantopon und
0,0003 Scop. hydrobrom. 2 Stunden und 1 Stunde vor der Operation
intramuskulär. Ueber die Gesamtmenge von 0,0006 Skopolamin soll
man nicht hinausgehen.. J a f f e - Hamburg.
Zeitschrift für Kinderheilkunde. Herausgeg. von F i n k e 1-
stein, Langstein, v. Pfaundler, v. Pirquet und
S a 1 g e. Berlin, Julius Springer. Band 6, Heft 1—3, 1913.
1) L. Langstein: Otto H e u b n e r.
Worte zu seinem 70. Geburtstage.
2) C. v. Pirquet: Das Bild der Masern auf der äusseren Haut.
Die Arbeit, die sich lediglich mit dem Studium des Masernexan¬
thems vom ersten Beginn bis zum Abblassen befasst, bringt an der
Hand von 456 Zeichnungen des Verfassers, von 8 Tafeln und von
vielen Diagrammen — eine Form der Darstellung, in der P. Meister
ist — genaue Daten über den Ausbruch, die Weiterentwicklung und
die Lokalisation des Exanthems im allgemeinen, der Einzelefflores-
zenz im besonderen. Wohl noch keinem Exanthem ist eine derart
genaue und systematische Bearbeitung zuteil geworden. P. kann in
diesen ersten Abschnitten wesentlich Neues natürlich nicht bringen,
er stellt lange Bekanntes auf das Fundament exakter Beobachtung.
Neu ist die Regel, die er aus seinen Befunden ableiten zu dürfen
glaubt: eine Hautstelle wird um so früher vom Exanthem befallen,
je rascher sie auf arteriellem Wege vom Herzen aus erreichbar ist,
je näher sie den grossen Gefässen liegt und eine je lebhaftere Zirkula¬
tion sie hat.
Und neu ist der Schluss, den P. hieraus im Sinne seiner be¬
kannten Anschauungen für das Wesen des Masernexanthems zieht:
die Sättigung der äusseren Haut durch Masernantikörper sei die Vor¬
bedingung zum Erscheinen des Exanthems.
3) R. Lederer: Zur Frage der Purpura abdominalis (He-
n o c h).
Die kurze Arbeit behandelt im Anschluss an 2 eigene Beobach¬
tungen die Beziehungen der H e n o c h sehen Purpura zur hämor¬
rhagischen Diathese und zur Entstehung von Intussuszeptionen. Die
Henochsche abdominelle Purpura sei die intestinale Manifestation
der hämorrhagischen Diathese und führe nur etwa in der Hälfte der
Fälle zur Intussuszeption
4) A. Reiche: Zur Frage des Rückflusses von Pankreassaft in
den Magen des Säuglings.
Der für den Erwachsenen sicher bewiesene Uebertritt von Pan¬
kreassaft in den Magen scheint auch nach diesen Untersuchungen
(Trypsinnachweis gelingt im ausgeheberten Mageninhalt nicht) beim
Säugling nicht vorzukommen.
5) M. Kassowitz: Der grössere Stoffverbrauch des Kindes.
Der Versuch, den relativ grösseren Stoffverbrauch des kleinen
Kindes durch die gesteigerte Wärmebildung infolge der grösseren
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
714
Körperoberfläche teleologisch zu erklären, ist anfechtbar. K. erklärt
die gesteigerte Wärmeproduktion kausal durch die grössere Frequenz
der alternierenden (Herz- und Atem-) Bewegungen, und diese wieder
durch die erheblich geringere Länge der Reflexbahnen. Q ö 1 1.
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde. Bd. 46, 2. Heft.
R o s e n b 1 a t h - Kassel: Ein Fall von Zystizerkenmeningitis
mit vorwiegender Beteiligung des Rückenmarks.
Kasuistik.
B e c k - Tübingen : Multiple Sklerose, Schwangerschaft und
Geburt.
Verf. kommt auf Grund statistischer Erhebungen zu dem Schluss,
dass in einer Reihe von Fällen die Schwangerschaft als auslösendes
Moment für die multiple Sklerose in Betracht kommt, seltener Geburt
und Wochenbett. Verschlimmernd auf das schon bestehende Leiden
können sowohl Gravidität wie Geburt wirken. Von einer generellen
Schädlichkeit der Generationsvorgänge kann jedoch nicht gesprochen
werden. Deshalb kann auch die Entscheidung über daraus sich
ableitende Massnahmen — Verhütung oder Unterbrechung der
Schwangerschaft — nur von Fall zu Fall erfolgen.
Merzbacher und C a s t e x - Buenos Aires : Lieber ein sehr
grosses multilokulares Fibrom im Zervikalmark.
Bei dem hier beschriebenen Fall war besonders merkwürdig,
dass trotz der Grösse des Tumors sensible Reizerscheinungen gar
nicht hervorgetreten waren. Wahrscheinlich hatte die wachsende
Geschwulst die Verbindung zwischen peripherer und zentraler
Leitungsbahn durch Kompression unterbrochen, noch bevor es die
Wurzeln zu reizen vermochte.
M o d e n a - Frankfurt: Totales Fehlen des Gehirns und Rücken¬
marks.
Bei einer reifen Frucht fehlten Hirn und Rückenmark völlig.
Hirnnerven, Hirnganglien, Spinalganglien, hintere Wurzeln und
peripherische Nerven waren gut entwickelt; doch war bei letzteren
von motorischen Endigungen nichts zu finden.
F i n k e 1 n b u r g - Bonn: Partielle Rindenatrophie und intakte
Pyramidenbahn in einem Fall von kongenitaler spastischer Para¬
plegie (L i 1 1 1 e).
Bei einem Fall von reiner paraplegischer Starre, der zur Ob¬
duktion kam. erwiesen sich die Pyramidenbahnen als völlig intakt.
Am Gehirn deckte erst die mikroskopische Untersuchung eine deut¬
liche Rindenatrophie der motorischen Region unter Verschonung der
Riesenpyramidenzellen auf, ein Bild, wie es zuerst Spielmeyer
und Höstermann beschrieben haben.
G o 1 d b 1 a d t - Kiew : Ein neues Reflexometer.
Der 1. Teil des Apparates dient zur Dosierung des reflex-
auslösenden Schlages, der 2. zur Messung der Extensität des Aus¬
schlages (= Winkelmesser), der 3. zur Messung der Intensität resp.
der Geschwindigkeit. O. Renner- Augsburg.
Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie. Bd. 70, H. 1, 1913.
K 1 e i s t - Erlangen: Die Involutionsparanoia.
Aus seinen, auf 10 ausführlich mitgeteilte Krankengeschichten
gestützten Erörterungen zieht Verf. folgende Schlüsse: 1. Es gibt
eine besondere abnorme seelische Konstitution, die durch erhöhtes
Selbstbewusstsein, herrisches, eigensinniges Wesen, Empfindlichkeit,
Reizbarkeit und Misstrauen gekennzeichnet ist: die hypoparanoische
Konstitution. 2. Bei einer Anzahl solcher hypoparanoisch Veranlagter
tritt zur Zeit der sexuellen Involution, wahrscheinlich im Zusammen¬
hänge mit den körperlichen Veränderungen eine Steigerung der
abnormen Wesenszüge zum Bilde der Involutionsparanoia ein.
3. Deren Elementarerscheinungen sind: Veränderung der Affektlage
im Sinne eines misstrauischen expansiv-depressiven Mischaffektes,
Missdeutungen, Illusionen, Erinnerungsfälschungen im Sinne der
Affektrichtung, Halluzinationen, eine Denkstörung durch Hemmung
und Haften mit Ideenflucht: aus dem Zusammenwirken dieser
Störungen resultiert die Wahnbildung. Die hypoparanoische Kon¬
stitution gehört mit der hypomanischen, depressiven und zirkulären
in eine Gruppe von Anlageanomalien.
Gg. L o m e r - Landesirrenanstalt bei Strelitz-Alt: Heilversuche
bei zwei Fällen von luischer Spätform.
Bei einem Falle von syphilitischer Pseudoparalyse und einem
von progressiver Paralyse wurden Injektionen von nukleinsaurem
Natrium und von Tuberkulin vorgenommen. In dem ersten Falle
trat eine Besserung ein. Rudolf Allers - München.
Virchows Archiv. Bd. 211, Heft 3.
20) K. Koch: Ueber die Bedeutung der Langerhans sehen
Inseln im menschlichen Pankreas. (Pathol. Institut in Berlin.)
Die Langerhans sehen Inseln sind keine selbständigen Ge¬
bilde. Uebergänge zwischen Insel- und Tubuluszellen sind häufig.
Die Inseln sind als rückgebildete, wahrscheinlich nicht funktionierende
und funktionsuntüchtige Parenchymteile aufzufassen.
21) M F u k u s h i : Ueber die pathologische Histologie der syphi¬
litischen Aortitis mit besonderer Berücksichtigung des Vorkommens
von Plasmazellen (Pathol. Institut in Berlin.)
Im grossen ganzen werden die bisherigen Ansichten und Be¬
funde bestätigt. Plasmazellen kommen nicht nur in Adventitia und
Media, sondern auch in der Intima vor. Diese Zellen finden sich bei
der Atherosklerose fast gar nicht. Auch Mastzellen sind bei der
syphilitischen Aortitis in der Wand häufig. Bei Aneurysmen ergeben
sich in allen Fällen die typischen Befunde der Aortitis syphilitica.
22) Saalmann: Ueber einen Fall von Morbus Recklinghausen
mit Hypernephrom. (Wenzel-Hancke-Krankenhaus in Breslau.)
23) A. Krokiewicz: Ein Fall von Situs viscerum inversus
completus.
24) Y. Kato: Ueber angeborenen Relief- und Leistenschädel bei
Spina bifida und Enzephalozele. (Pa.thol. Institut in Marburg.)
Die Reliefschädel, die stets in Verbindung mit Spina bifida Vor¬
kommen, sind auf eine lokale Störung der Knochenentwicklung an
den Hüllen des Zentralnervensystems zurückzuführen. Ein Einfluss
abnorm hohen intrakraniellen Druckes ist nicht vorhanden.
25) R. Gei gel: Die Mechanik der Embolie.
Nach den theoretischen Ueberlegungen des Verf. erfolgt beiir:
Lungeninfarkt die thrombotische Verstopfung in den Kapillaren
früher als die endgültige Verschliessung des Arterienrohres. Nach
dem Hineinfahren des embolischen Pfropfes ist der enge Weg
zwischen ihm und Arterienwand die einzige Stelle, wo zunächst di».
Geschwindigkeit der Strömung grösser wird, an allen anderen wird
sie kleiner. Hier also ist am allerwenigsten Gelegenheit zur Anlage
von thrombotischem Materiale gegeben, und so bleibt es, bis von
anderer Stelle vollständiger Verschluss und damit Stagnation überall,
jetzt auch im Spalt neben dem Embolus, eingetreten ist. Auch für die
roten und weissen Erweichungsherde des Gehirns nimmt Verf. eine
ähnliche Entstehungsweise an.
26) S. Saltykow: Zur pathologischen Anatomie des
Paratyphus.
Die anatomischen Veränderungen können sehr denen des
Typhus gleichen. Saltykow konnte unter 22 Fällen 14 mal eint
Beteiligung des lymphatischen Darmapparates feststellen, darunter
9 mal mit Geschwürsbildung.
H. Ribbert: Bemerkungen zu dem Aufsatze von Tsiwidis
in Bd. 211.
Polemik. Schridde - Dortmund.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 11 u. 12, 1913.
1) R. Lepine-Lyon: Fortschritte in der Behandlung des Dia¬
betes mellitus seit 50 Jahren.
Der Diabetes ist, allgemein betrachtet, weit weniger schwer
geworden, seitdem er besser behandelt wird. Seine Häufigkeit aber
hat zugenommen. Die Sterblichkeit hält aber nicht gleichen Schritt
mit der Morbidität, eben weil man heutzutage den Diabetes weit
besser zu behandeln versteht als zuvor. Vielleicht findet man später
einmal ein besseres Spezialmittel als die, welche wir jetzt be¬
sitzen: ein glyko- und ketolytisches Mittel. Bis dahin fahren wir
fort, uns nach den Elementen der Pathogenese zu richten, welche
unser Handeln bestimmen.
2) Ferdinand H u e p p e - Berlin: Sport und Reizmittel. (Nach
einem am 13. Dezember 1912 in Charlottenburg in der Vereinigung
zur wissenschaftlichen Erforschung des Sports und der Leibesübungen
gehaltenen Vortrage.) Schluss folgt.
3) T o u t o n - Wiesbaden: Darf Neosalvarsan ambulant ange¬
wandt werden?
Verf. erklärt die Warnungen W o 1 f f s und M u 1 z e r s sowie der
anderen Autoren vor seinem Vorschlag der ambulanten Anwendung
des Neosalvarsans für durchaus unbegründet und, weil auf Grund¬
lagen beruhend, die von seiner vorsichtigen Methodik absolut ab¬
weichen, für durchaus unzulässig, da sie nicht einmal auf dem Ver¬
such zur Nachprüfung seiner Methode beruht, sondern abstrahiert ist
aus den ungünstigen Resultaten ihrer eigenen, fehlerhaften Technik
(zu hohe und zu gehäufte Dosen). Die Verbannung des Neosalvarsans
aus unserem Arzneischatz überhaupt war das Resultat eines durch¬
aus voreiligen Urteils.
4) Oswald M a y e r - Berlin: Zur Kasuistik der Epityphlitis bei
Scharlach sowie der wiederholten Scharlacherkrankung.
Kasuistischer Beitrag.
5) L. Casper: Zur Harnblasenausschaltung wegen Tuber¬
kulose. (Demonstration in der Berliner med. Gesellschaft am 19. Fe¬
bruar 1913.)
cf. Dag. 434 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
6) Theodor Cohn und Hans Reiter- Köngsberg : Klinische
und serologische Untersuchungen bei Harneiterungen durch Bacterium
coli. (Schluss.)
Zu kurzem Referat nicht geeignet.
7) Bruno Valentin- Berlin : Die postoperative Parotitis.
Uebersichtsreferat über die Arbeiten von 1904 — 1912.
No. 12.
1) Alfredo R ub i n o - Neapel: Behandlung der Basedow sehen
Krankheit.
Die Basedowkrankheit beruht wenigstens in der Mehrzahl der
Fälle auf einer Hypersekretion der Schilddrüse, deshalb ist die Be¬
handlung mit dem Antithyreoidin von Möbius am meisten an¬
zuraten. Diese Behandlung ist natürlich mit allgemeinen hygienisch¬
diätetischen Massnahmen zu kombinieren. Wenn die Hypertrophie
der Schilddrüse einen auffälligen Umfang annimmt, so ist die doppel¬
seitige Galvanisation des Halssympathikus zu versuchen, oder die
. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
715
'aradisation der Schilddrüse oder auch die Anwendung der Röntgen- |
trahlen. Bei unaufhaltsamer Verschlimmerung des Allgemein- !
ustandes ist die Partiarresektion der hypertrophischen Schilddrüse I
eboten.
2) Max R o t h m a n n - Berlin : Gegenwart und Zukunft der
{ückenmarkschirurgie. (Nach einem Vortrag in der Berliner mediz.
iesellschaft am 12. Februar 1913.)
Cf. pag. 387 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
3) A. W e b e r - Berlin : Ueber die Bedeutung der Rinderbazillen
iir den Menschen.
Diskussionsbemerkungen zu dem Vortrage des Herrn Geheimrats
)rth in No. 10 der Berliner klin. Wochenschr. 1913.
4) Carl H e r t z e 1 1 - Berlin: Die Stauungsreaktion bei Arterio-
klerose.
Unterbricht man bei einem ruhenden Patienten die Blut-
irkulation in beiden Beinen und einem Arm vollständig durch
meuinatische Kompression, so tritt ein am anderen Arm zu messender
Anstieg des Blutdrucks ein (Stauungsreaktion), die bei normalem
lefässsystem ca. 5 mm Quecksilber beträgt, bei Arteriosklerotikern
lagegen bis zu 60 und mehr erreichen kann. Das arteriosklerotisch
eränderte Gefässsystem hat eben die Fähigkeit eingebüsst, sich in
mderen nicht komprimierten Abschnitten des Kreislaufs kom-
■cnsatorisch zu erweitern. Der positive Ausfall der Stauungsreaktion
■rgibt die Indikation, hydriatrische Prozeduren, die grössere An-
orderungen an die regulatorischen Funktionen des Gefässsystems
.teilen (kalte Duschen, Lichtbäder etc.), nur mit grosser Vorsicht zu
rebrauchen.
5) Ernst T o b i a s - Berlin: Ueber die praktische Bedeutung der
üochfrequenzbehandlnng (d’Arsonvalisation) — insbesondere bei
nneren und Nervenkrankheiten. Sammelreferat.
6) Carl L e w i n - Berlin: Die Wirkung von Schwermetallen aut
lie bösartigen Tiergeschwülste.
Die Wirkungen, die Verfasser mit der Injektion von Schwer¬
netallen in bösartige Tiergeschwülste erzielen konnte, waren
.klatante; sie beruhen auf einer Affinität der Metalle zu den feinsten
31utgefässen im Tumor.
7) W. R i n d f 1 e i s c h - Dortmund: Status thymolymphaticus
md Salvarsan.
Im Anschlüsse an 2 Todesfälle nach Salvarsanapplikation, bei
Jenen die Sektion einen ausgesprochenen Status thymolymphaticus
aufdeckte, erscheinen dem Verf. folgende Forderungen berechtigt:
1) bei Todesfällen nach Salvarsan soll der Obduzent auf das
Verhalten der Thymus und des lymphatischen Systems sorgfältig
ächten;
2. der Kliniker wird bei Verdacht auf Status lymphaticus Sal¬
varsan nur mit äusserster Vorsicht anwenden dürfen; eine ganz be¬
sondere Bedeutung gewinnt diese Mahnung in der Kinderpraxis;
3. der Morbus Basedowii, der in etwa 70 Proz. aller Fälle von
der genannten Anomalie begleitet wird, dürfte als eine Noli me
tangere für das Ehrlich sehe Heilmittel anzusehen sein.
8) J. C. Schippers und Cornelia de L a n g e - Amsterdam :
Zur Bedeutung der Döhle sehen Zelleinschlüsse.
Was die Bedeutung der Döhle sehen Zelleinschlüsse für die
Scharlachdiagnose anbetrifft, so schliessen sich die Verfasser der
Ansicht Schwenckes an, dass das Fehlen der Einschlüsse bei
hochfiebernden Kranken gegen Scharlach spricht.
9) H. B o n g a r t z - Berlin: Sind die Einschlüsse in den poly¬
nukleären Leukozyten bei Scharlach als pathognomonisch anzu¬
sprechen?
Auf Grund seiner Erfahrungen kommt der Verfasser zu der
Ueberzeugung, dass es sich bei den Einschlüssen in den polynukleären
Leukozyten um Kernabsprengungen handelt, ,die auf Grund toxischer
Einflüsse entstehen; aber für Scharlach absolut pathognomonisch sind
sie nicht zu betrachten.
10) G. B u n d e - Potsdam: Ueber einen Fall von medianer
Halsfistel. Kasuistischer Beitrag.
11) K. K r e i b i c h - Prag: Färbung der marklosen Hautnerven
beim Menschen.
Das von Unna und G o 1 o d e t z in die Färbetechnik ein-
geiührte Rongalitweiss, einer Mischung der Lösungen von reduziertem
Methylenblau (Methylenweiss) und Rongalit, einem starken Reduk¬
tionsmittel, ist in seiner Affinität zum Achsenzylinder dem gewöhn¬
lichen Methylenblau derart überlegen, dass es Nervenfärbung auch
dort ermöglicht, wo bisher letzteres versagt hat, z. B. bei der Färbung
der marklosen Hautnerven beim Menschen.
12) A d 1 e r - Berlin-Pankow: Zur Chirurgie der Gallenblase.
(Nach einer am 13. Februar 1913 in der H u f e 1 a n d ischen Gesell¬
schaft gehaltenen Demonstration.)
Die Erörterungen des Verfassers lassen die Ueberzeugung ge¬
winnen, dass die Veränderungen der Gallenblase, wie sie sich unter
der üblichen Indikationsstellung für das chirurgische Vorgehen
präsentieren, meist dermassen schwer sind, dass in der Regel nur
die Cholezystektomie in Frage kommen kann.
13) Ferdinand Hueppe: Sport und Reizmittel. (Schluss.)
Im allgemeinen ist die Anwendung von Reizmitteln beim Sport
absolut zu verwerfen, wenn sich auch nicht leugnen lässt, dass sich
zuweilen durch geschickte Anwendung derselben gewisse ausser-
gewöhnliche Leistungen erzielen lassen.
Dr. Grassmann - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 12, 1913.
1) Martin T h i e m i c h - Magdeburg-Leipzig: Ueber die Behand¬
lung der Krämpfe im frühen Kindesalter.
Klinischer Vortrag.
2) Marie Elise Schubert - Jena: Cymarin, ein neues Herz- und
Gefässmittel.
Aus dem Fluidextrakt von Apocyn. cannab. ind. wird von den
Elberfelder Farbenfabriken die wirksame Substanz in kristallisierter
Form hergestellt. Dieses Cymarin genannte Präparat bewirkt
schon in geringen Dosen eine plötzlich einsetzende starke Diurese und
hat in etwas grösseren Dosen bei Verlangsamung der Schlagfolge
eine Vergrösserung des Schlagvolumens des Herzens zur Folge. Es
scheint daher berufen, neben den Digitalispräparaten eine Stelle in
der Therapie der Herzkrankheiten einzunehmen, besondei^ in Fällen,
wo sich Oedeme oder Ergüsse in seröse Höhlen finden. Die Einver¬
leibung geschieht per os, intramuskulär oder intravenös.
3) S. Schoenborn und Wilhelm C u n t z - Heidelberg: Zur
Frage der „Parasyphilis“.
Der Begriff der „Parasyphilis“, der von F o u r n i e r geschaffen
wurde, ist heutzutage nicht mehr annehmbar. Das gilt ebenso für die
im Gefolge der syphilitischen Infektion auftretenden Herz-, Leber¬
und Nierenerkrankungen als besonders für Tabes und Paralyse, ob¬
wohl der Spirochätennachweis in solchen Fällen als eine Seltenheit
betrachtet werden muss. Dass man es mit einem regelrecht syphi¬
litischen Prozess zu tun hat, wird sich ergeben: aus der positiven
Anamnese, der positiven WaR. oder dem sicheren Nachweis einer
gleichzeitig an einer anderen Körperstelle vorhandenen zweifellos
syphilitischen Erkrankung.
4) B a c m e i s t e r - Freiburg i. B. und Henes-New York:
Untersuchungen über den Cholesteringehalt des menschlichen Blutes
bei verschiedenen inneren Erkrankungen.
Der Cholesteringehalt des Blutes wies eine sehr hohe Ziffer auf
bei cholesterinreicher Kost, bei allen schweren Stoffwechselerkran¬
kungen, Diabetes, Fettsucht, Nephritis, frischer Atherosklerose; ge¬
ringe Werte zeigte er bei cholesterinarmer Kost, Alter, Abzehrung,
schlechtem Allgemeinzustand und Fieber. Bei Typhus findet sich
Hypercholesterinämie. Cholesterin wird nicht im Körper gebildet,
sondern mit der Nahrung eingeführt. Da Einzelheiten über den nor¬
malen und pathologischen Cholesterinstoffwechsel noch ausstehen, er¬
scheint eine Cholesterintherapie gegenwärtig noch nicht angebracht.
5) M. L a n d a u - Freiburg i. B. : Nebenniere und Fettstoff¬
wechsel.
Der Gehalt der Nebennierenrinde an Lipoiden ist sekundärer
Natur, er ist in seinem Steigen und Sinken abhängig von dem mehr
oder weniger reichlichen Vorhandensein von Lipoiden im ganzen
Körper oder einzelnen Organen. Die Nebennierenrinde stellt also
nicht einen Herd für die Erzeugung von Lipoiden als vielmehr
nur einen Stapelplatz dar.
6) Adolf F e 1 d t - Höchst a. M.: Zur Chemotherapie der Tuber¬
kulose mit Gold.
Das Kantharidinäthylendiaminaurizyanid und -aurichlorid ebenso
wie kolloidale Goldlösungen haben im Tierexperiment hervorragend
bakterizide Eigenschaften gegenüber den Tuberkelbazillen gezeigt.
Die Wirkung war noch vorhanden in einer Verdünnung von 1 : 1 oder
2 Millionen. Die nach subkutaner oder besser intravenöser Ein¬
spritzung auftretende Reaktion ist in ihren ganzen Erscheinungen eine
als sekundär zu bezeichnende Tuberkulinreaktion: Abtötung der in
den peripheren Schichten des Tuberkelherdes liegenden Bazillen, deren
Auflösung durch die Zellenzyme, Frehverden gefässwandschädigender
Toxine, Entzündung. Die therapeutische Wirkung der Goldlösungen
stellte sich als bindegewebige Vernarbung der tuberkulösen Lungen¬
herde, Stillstand des tuberkulösen Prozesses mit Gewichtszu¬
nahme dar.
7) W. D i b b e 1 1 - Tübingen: Die Aetiologie der Rachitis und der
Kalkstoffwechsel.
Gegenüber R i b b e r t und K a s s o w i t z, welche die Rachitis
auf ein besonderes Toxin bezw. auf schlechte Atemluft zurückführen,
betont Verf. die von ihm durch experimentelle Untersuchungen dar¬
gelegte wichtige Rolle einer Störung des Kalkstoffwechsels, der sich
natürlich gerade am wachsenden Skelett mit seinem gesteigerten
Kalkbedarf schädlich bemerkbar machen wird. Die Momente, welche
eine Störung des Kalkstoffwechsels herbeizuführen geeignet sind,
dürften allem Anscheine nach recht verschiedenartiger Natur sein.
8) D i e s i n g - Gross-Hausdorf : Beitrag zur Aetiologie der Ra¬
chitis.
Ein ursächlicher Faktor für das Zustandekommen der Rachitis
wird hier in einer mangelnden Sonnenbestrahlung gefunden.
9) Emmo Schlesinger - Berlin : Die Ergebnisse der Röntgen¬
untersuchung beim Ulcus ventriculi.
Vortrag, gehalten in einer gemeinsamen Sitzung des Vereins
für innere Medizin und Kinderheilkunde mit der Berliner Gesellschaft
für Chirurgie am 20. Januar 1913, ref. in No. 4, 1913, der Münch,
med. Wochenschr.
9) A. N e u m a n n - Berlin: Weitere Erfahrungen mit der Ver¬
wendung der Netzmanschette, insbesondere bei der Behandlung des
perforierten Magen- und Duodenalgeschwürs.
Vortrag in der Berliner Gesellschaft für Chirurgie am 10. \
1913, ref. in No. 11, 1913 der Münch, med. Wochenschr.
716
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
10) M o m b u r g - Bielefeld : Die intraperitoneale Oelanwendung.
Der einigermassen zweifelhaften therapeutischen Wirkung der
zur Bekämpfung der Peritonitis empfohlenen Einbringung von Oel in
die Peritonealhöhle kann man Fälle gegenüberstellen, in welchen
durch das Oel peritonitische Erscheinungen geradezu ausgelöst oder
zum mindesten unterhalten werden. Dass dieser Umstand für bereits
geschwächte Individuen verhängnisvoll werden kann, beweist ein
ausführlich initgeteilter Fall. Verf. warnt daher vor der intraperi¬
tonealen Oelanwendung, bekennt sich andererseits als eifriger An¬
hänger der Heissluftbehandlung, die bereits drei Stunden nach der
Laparotomie einzutreten hat, dreimal täglich je Vi Stunde bei 80 — 90°.
11) J. L e w y - Freiburg i. B. : Angeborene Skoliosen.
Bericht über ein 1% jähriges und ein 16 jähriges Mädchen, bei
denen sich im Röntgenbild als Ursache für die vorhandene eigen¬
artige Skoliose die Existenz eines Keilwirbels mit rechtseitiger un-
paarer Rippe herausstellte.
12) Walther N e u m a n n • Heidelberg : Zur Behandlung grosser
mit kompletter Kieferspalte einhergehender Hasenscharten.
Antwmrt auf die Bemerkungen von Prof. K r e d e 1 in No. 5
dieser Wochenschrift.
13) A. F r e n z e 1 - Berlin-Schmargendorf : Interdentalschiene
oder extraoraler Verband bei Behandlung von Kieferbriichen.
Mit verschwindenden Ausnahmen ist für die Brüche aller der
Kiefer, welche noch über Zähne verfügen, die vom Zahnarzte anzu¬
fertigende Interdentalschiene zweckmässiger als- die grossen extra¬
oralen .Schienenverbände, obwohl mit diesen in der Hand einzelner
Chirurgen ausgezeichnete Erfolge erzielt worden sind.
14) A. D u t o i t - Montreux: Die Magnesiumbehandlung des Te¬
tanus traumaticus.
Uebersichtsreferat. Baum- München.
Korrespondenzblatt für Schweizer Aerzte. 1913, No. 7.
Stäubli-St. Moritz: Ueber Varizellen bei Erwachsenen.
Schluss folgt.
W. S c h u 1 1 h e s s - Zürich: Ueber orthopädische Gymnastik.
Verf. gibt in seiner akademischen Antrittsrede einen Ueberblick
über die Prinzipien der orthopädischen Gymnastik; er erörtert die
Einwirkung der Muskelarbeit, Bewegung und Belastung auf die
einzelnen Knochen, dann die Gesetze, denen die Stellungsverände¬
rungen unterliegen und die Regeln, die sich für die Orthopädie daraus
ableiten.
No. 6: Fortschritte auf dem Gebiet der physikalischen Medizin.
Uebersichtsreferat. L. Jacob- Wiirzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 12. K. F 1 e i s c h m a n n - Wien : Beitrag zur operativen
Myombehandlung.
F. berechnet auf 293 Operationen (1907 — 1912) eine Mortalitäts¬
zahl von 1,7 (Spitalpraxis 2) Proz., für die abdominelle Totalexstir¬
pation 5,2 Proz., für die .supravaginale Amputation 0,73 (Spital¬
praxis 0,9) Proz., für die abdominale konservative Myomoperation
6,2 Proz., für die vaginalen Operationen 0 Proz. Die günstigen Resul¬
tate beruhen nicht auf einer besonderen Auswahl der zu operierenden
Fälle.
Neben einigen statistischen und technischen Angaben werden
die Todesfälle und die mit Schwangerschaft verbundenen Fälle näher
erwähnt.
Die Röntgenbehandlung bei Myomen beurteilt Verf. im allge¬
meinen günstig. Bei der Auswahl der Fälle ist sorgfältig auf
Komplikationen mit Ovarialtumoren, eitrigen Prozessen im Becken,
Stieldrehung, Nekrose, oder bösartige Veränderung der Myome zu
achten; ferner müssen Schwangerschaft, ebenso schwerere Druck¬
erscheinungen seitens der Tumoren, fehlen und muss die Möglichkeit
bestehen, dass noch eine oder mehrere Blutungen ertragen werden.
L. Freund- Wien: Die Strahlenbehandlung der Psoriasis
vulgaris.
Da die jahrelang wiederholte, wenn auch schwächere Ein¬
wirkung der Röntgenstrahlen in den meisten Fällen doch zu einer
mehr oder weniger starken Schädigung der Haut führt, ist Verf., um
eine intensivere Wirkung auf die immer zu neuen Rezidiven führenden
„parakeratotischen Depots“ zu erreichen, dazu übergegangen, eine
ausgiebige Auskratzung der Schuppen und des parakeratotischen
Gewebes mit der Kürette vorzunehmen, an welche sich nach Stillung
der leichten Blutung sofort die Bestrahlung anschliesst. Die Resul¬
tate dieser kombinierten Behandlung übertreffen diejenigen aller
anderen Methoden, indem bei den bisherigen 7 Fällen 4 ohne Rezidive
blieben, bei den übrigen das Rezidiv frühestens erst nach einem
halben Jahr und in schwächerem Grade erfolgte. Die Nachbehand¬
lung desselben bestand wiederum in Exkochleation und leichter Be¬
strahlung.
Aehnlichen Erfolg ergibt die Kombination der Auskratzung mit
Radiumbestrahlung mit kleinen Dosen, die sich besonders für
zerstreute kleine Effloreszenzen eignet. Im allgemeinen ist es vor¬
zuziehen, solange die Neigung zu frischen Eruptionen der Psoriasis
besteht, von der Bestrahlung überhaupt abzusehen; die besten Erfolge
zeigen sich bei inveterierten, trockenen, harten, an gewissen Prä¬
dilektionsstellen hartnäckig wiederkehrenden Plaques. Im übrigen
verspricht das kombinierte Verfahren auch Nutzen bei Lichen ruber
planus, Mycosis fungoides und manchen chronischen, tiei infiltrieren¬
den rezidivierenden Ekzemen.
W. Denk- Wien: Erfahrungen und Eindrücke aus dem Balkan-
kriege.
Vorgetragen in der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien am
14. II. 13.
H. H i n t e r s t o i s s e r - Teschen: Ein Askaris im Ductus
hepaticus (Operationsbefund).
Mitteilung eines Falles.
O. O r t h - Innsbruck: Partieller Volvulus des Magens.
Krankengeschichte eines Falles. Ursprünglich bestand wahr¬
scheinlich ein Pylorusgeschwiir (Gastroenterostomie). Wiederholte
Operation wegen Adhäsionsbeschwerden, zuletzt kam.es wieder zu
mächtigen Adhäsionen und zwei Torsionen im Bereicne der Gastro¬
enterostomie. Bei der neuen Operation wurde u. a. eine Jejuno-
stomie angelegt zur Sicherung der nach Lösung der Adhäsionen
vorgenommenen Detorsionen der Gastroenterostomie; zur Beseitigung
der Perigastritis wurde nach Art der v. Eiseisberg sehen Pylorus-
ausschaltung vorgegangen.
R. Vogel- Wien : Oberkieferbrüchc, ein kasuistischer Beitrag.
V. beschreibt kurz 3 von Dusch 1 publizierte Fälle von
O u e r i n scher Transversalfraktur und 7 Fälle von totaler Lösung
der beiden Oberkiefer aus ihren Verbindungen aus Literatur mir
Hinzufügung eines weiteren aus eigener Beobachtung (Tod durch
in den Sinus cavernosus aufsteigende Eiterung). Schliesslich werden
noch 2 weitere Fälle von Oberkieferfrakturen (darunter 2 eigener
Beobachtung) kurz wiedergegeben.
E. H o f m o k 1 - Wien : Zur Eröffnung des Kaiserjubiläums-
spitales der Stadt Wien. Beschreibung der Anstalt.
F. Hamburger: Einige Fragen aus der Physiologie und
Pathologie der Verdauung und Resorption im Lichte moderner sero¬
logischer Lehren.
Fortsetzung der Diskussion zu W. Buetiners Artikel.
K. U 1 1 m a n n - Wien. : Ueber Organotherapie und Parasitotropie
des Atoxyls und Saivarsans.
Erwiderung auf die Bemerkungen Igersheimers.
M. K a s s o w i t z - Wien : Krampf der Bronchial- und Spasmo-
philie.
Entgegnung auf die Ausführungen Lederers betr. dessen
Artikel in No. 8. Bergeat - München.
Holländische Literatur.
Cornelia de Lange: Ueber Bauchperkussion bei Kindern und
über Pseudcaszites. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, I.)
Verf. beschreibt die sehr wechselnden Resultate der Bauchper¬
kussion bei Kindern. Durch eine Fehldiagnose kam sie dazu, die
Sache systematisch zu untersuchen und fand, dass sehr oft unregel¬
mässige Dämpfungsfiguren durch die Bauchperkussion auftraten, die
an verschiedenen Tagen sehr wechselten und auf den ersten An¬
blick für Aszites imponierten. Dieser Aszites wird dann begreiflicher¬
weise meistens einer tuberkulösen Peritonitis zugeschrieben. Bei der
Operation wurde kein Aszites gefunden. Diesen Zustand, der ziem¬
lich oft gefunden wird, nennt Verf. Pseudoaszites; er ist meistens die
Folge einer chronischen Enteritis, wobei viele flüssige Fäkalien in den
hinuntergerutschten Intestina angehäuft sind. Der Wechsel der Sym¬
ptome, die Fieberlosigkeit und die negative Reaktion von Pirquet
sind die wichtigsten diagnostischen Hilfsmittel.
G. C. Ni j hoff: Der Einfluss der Ovarien auf den weiblichen
Organismus. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, I.)
In einer Serie von .Aufsätzen gibt Nijhoff die heutzutage herr¬
schenden Ansichten über den Zusammenhang zwischen den Eier¬
stöcken und verschiedenen Teilen des weiblichen Organismus, auch
bei Tieren. Es wird klar, dass man z. B. die Menstruation nicht ohne
weiteres mit der Brunst der Tiere vergleichen darf. Die Brunst der
Tiere wird eingeteilt in ein Pro-oestrum, ein Oestrum und ein Met-
oestrum. Die Menstruation soll man nun eigentlich nur mit dem Met-
oestrum homologisieren. weil in diesem Stadium die Hyperämie der
Uterusschleimhaut schon wieder aufhört und kein Drang zum Koitus
besteht. So werden mehrere Zusammenhänge beleuchtet, die meistens
aber schon in der Literatur bekannt waren.
R. N. M. Eykel: Ein Fall von fibröser Sehnenscheidenentzün¬
dung mit Verengerung der Scheiden, in der Gegend des Processus
styloideus radii. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, I.)
Ein Fall dieser meistens bei Frauen vorkommenden Krankheit,
die zuerst von de Quervain beschrieben und operiert worden ist,
hat Verf. Anlass gegeben, diese Operation auch zu machen. Es ge¬
lang ihm. einen tadellosen Erfolg zu erzielen.
S. Mendes da Costa: Mitteilungen über die Behandlung von
Syphilis mit Salvarsan. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, I.)
Verf. gibt die Erfahrungen, die er an der Amsterdamer Universi¬
tätsklinik gemacht hat. Diese Erfahrungen sind teilweise sehr gut.
doch hat er auch ziemlich viele Rezidive zu verzeichnen, zumal
Neurorezidive. ln diesen Fällen meint er, dass man nichts tun soll,
wenn die Neurorezidive schnell nach der Injektion von Salvarsan auf-
treten; kommen sie erst später, dann soll man zuerst Quecksilber in
kleinen und später in grösseren Dosen geben. Wenn dann schliess¬
lich die Erscheinungen sich bessern, kann man selbst Quecksilber
!
1 April 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
md Salvarsan zusammen geben. Verf. endigt diesen interessanten
Vufsatz mit dem Ratschlag, dass man mit der Behandlung nicht ängst-
ich sein, aber bis zum Ende beharren soll. Vorsicht im Anfang,
cräftige Fortsetzung, fortwährende Kontrolle durch Wasser-
nanns Reaktion (auch der Zerebrospinalflüssigkeit, wenn eine
'lervenstörung da ist), und nicht aufhören, bis die Reaktion negativ
»leibt, das ist die gute Methode.
S. P. Swart: Ueber das Wesen und die Behandlung des Dia-
»etes mellitus im Lichte der neueren Untersuchungen. (Geneesk.
lladen 1911, No. 5.)
Verfasser steht mehr auf der Seite v. Noordens, der
lie Lehre der Ueberproduktion von Zucker im Körper ver-
lcht und glaubt, dass in dieser Materie Minkows ky, der
liese Ansicht nicht teilt, unrecht hat. Wir sind damit zu
ler ältesten Hypothese zurückgegangen, die jetzt aber durch
riftige Gründe gestützt wird. Wir wissen, dass in der Leber
,us den Kohlehydraten Glykogen gemacht wird und dass das Glyko¬
len nach Bedarf in Glukose umgewandelt wird. Jetzt aber wissen
vir ausserdem, dass die Leber an sich keine Hemmung oder Reizung
lieser Funktion geben kann, dass also die Leber, wenn man sie sich
elbst überlässt, immerhin Glukose fabriziert. Die Langerhans-
.chen Inseln im Pankreas scheiden nun ein hemmendes Sekret aus,
\ ährend die Nebennieren im Adrenalin einen reizenden Stoff für diese
■'unktion im Körper formen. Auch die Glandula thyreoidea scheidet
hoffe aus, die wie Adrenalin hemmend auf diese Pankreasfunktion
‘inwirken, ebenso die Hypophysis cerebri. Nennen wir nun schliess-
ich die bekannte Einwirkung des Zentralnervensystems, dann ist es
nöglich, alle diese Tatsachen in ein einfaches Schema zusammen-
'.ubringen, wie Verf. das getan hat. An der Hand dieses Schemas
st es nun möglich, rationell die Therapie zu regeln. Viele Ruhe, keine
ibermässige Nahrungszufuhr, zumal in schweren Fällen keine Eiweiss-
,‘rnährung.
F. A. Schaly: Etwas über Ulcus duodeni. (Nederl. Tijdschr.
/. Geneesk. 1911, IV.)
Diskussion über die jetzt viel ventilierte Frage des Vorkommens
md der Behandlung des Ulcus duodeni.
V. Nolet: Ileus. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, I.)
Ein Fall von Ileus, bei dem bei der Operation zwei Vierteile eines
\pfels als Ursache im Dünndarm gefunden wurden.
Th. H. v. d. Velde: Die spezifische Diagnostik der Gonorrhöe
jei der Frau. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, 1.)
Angaben über das kulturelle Verfahren der Diagnose von üono-
(okken. Verf. zeigt die vielen Fehler, die bei der bakterioskopischen
Jiagnose gemacht werden. Bei seinen Kulturen gebraucht er immer
rhalmannagar oder Aszitesagar. Da nun aber auch diese Methode
licht immer eine sichere Diagnose zulässt, gebraucht Verf. auch die
Viethode des opsonischen Index und meint, dass wenn dieser zweimal
untereinander sehr niedrig ist (ohne dass ein Einfluss der Menstrua-
ion zu befürchten ist), die Diagnose Gonorrhöe sehr wahrscheinlich
st. Schliesslich meint Verf., dass in sehr schwierigen Fällen eine
liagnostische Injektion mit einer mittelgrossen Dosis toter Gono-
<okken durch die auftretende Herdreaktion die Diagnose sicherstellen
cann. Man soll aber natürlich mit diesen Injektionen äusserst vor¬
sichtig sein.
D. de Vries Reilingh und R. R. Rochat: Paradoxe
Ltmung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, I.)
Von einem der Autoren wurde ein Fall von scheinbarer paradoxer
\tmung beschrieben, d. h. ein Fall, wobei während der Einatmung der
tauch sich vorwölbte, die untere Thoraxhälfte dagegen sich ver-
mgerte. Bei genauerer Beobachtung zeigte sich aber, dass sich dies
n Wirklichkeit nicht so verhält, sondern nur von den Interkostal-
iiumen vorgetäuscht wurde. Jetzt aber haben die Autoren bei einem
Lmphysematiker mit chronischer Bronchitis einen Fall wirklicher
Paradoxer Atrrgmg gefunden. Der untere Brustumfang war am gröss¬
ten während der Ausatmung und am kleinsten während der Ein¬
atmung. Der Ausschlag war 1,5 cm. Auch mittels Röntgenogrammen
sah man, dass die Lage des Zwerchfells viel zu niedrig war (5,5 cm
mter „the sterno-ensiform plane“ von Keith, normaliter 2,5 cm).
J. B. Katz: Ueber die beste Methode zur quantitativen Zucker¬
aestimmung ohne Polarimeter. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, 1.)
Verf. hält die Methode, wie sie von Prof. S c h o o r 1 angegeben
;st, für die schnellste und bequemste, um ohne Polarimeter in der
Praxis eine quantitative Zuckerbestimmung zu machen.
Die Methode wird folgenderweise ausgeführt: In einem Erlen-
:ney er sehen Kolben von 200 ccm bringt man zusammen: 10 ccm
hehling I, 10 ccm Fehling II und 1 ccm Urin in einer Verdünnung
von 1 auf 10. Das Ganze wird bis zu 50 ccm mit Aqua dest. angefüllt.
Dieses Gemisch wird genau 2 Minuten gekocht, gerechnet von der
ersten Gasblase, die in der Flüssigkeit entsteht. Dann wird der
Kolben schnell unter strömendem Wasser bis auf 60—70° C abgekühlt.
Danach werden 10 ccm einer 20 proz. Kalium-jodatum-Lösung zu-
geführt und schliesslich 10 ccm 25 proz. Schwefelsäure; die Flüssig¬
keit wird nun trübe und braun. Man lässt nun aus einer Bürette
1 io Normalthiosulfatlösung zufliessen, bis die Flüssigkeit beinahe ent¬
färbt ist, fügt dann etwas Stärkelösung zu (wodurch das Ganze
dunkelblau wird) und lässt wiederum Thiosulfat zufliessen, bis die
blaue Farbe verschwunden ist und eine Minute fortbleibt. Jeder
Kubikzentimeter entspricht etwa 0,32 Proz. Glukose im Urin, wie
eine beigefügte Tabelle angibt.
Die Ergebnisse dieser Methode sind sehr genau, und man
braucht kaum eine Viertelstunde, um eine Bestimmung zu machen.
Diese Methode, die schon 1899 von S c h o o r 1 angegeben worden
ist, ist 1909 von Citron von neuem entdeckt, ohne dass in dem
bezüglichen Aufsatz (Deutsche med. Wochenschr. 1909, No. 27) der
Name S c h o o r 1 s genannt wird.
A. W. K r ö n e r : Etwas über Radium und Mesothorium.
(Nederl. rijdschr. v. Geneesk. 1912, 1.)
Durch den Umstand, dass Verf. ein Radiumpräparat von 5 mg
als in medizinischer Hinsicht kaum radioaktiv wirksam fand, dagegen
ein Präparat von nur 2,8 mg als sehr wirksam, kam er zu dem Schluss,
dass die Mischung mit Bariumbromid, wie das bei den Handelsprä¬
paraten öfters geschieht, ungünstig auf die medizinische Wirksamkeit
einwirkt. Das erste Präparat war mit Bariumbromid gemischt,
welches die y3-Strahlen absorbiert. Wahrscheinlich sind nun die /i-
Strahlen die medizinisch wirksamsten.
Er bevorzugt aber das Mesothorium, d. i. ein Gemisch von
20 ä 25 proz. Radium mit 95 ä 80 proz. Thorium. Dieses Präparat
gibt dieselbe Strahlung wie ungemischtes Radium, nimmt in den
ersten 3 Jahren an Kraft zu und dann langsam ab, so dass es nach
10 Jahren noch kräftiger ist wie im Beginne. Nach 20—21 Jahren
hat es nur noch eine Radioaktivität von 20 Proz. Für einen prakti¬
zierenden Arzt wird das aber schon genügen.
C. Winkler: Dystrophia genito-adiposa und Akromegalie.
(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, II.)
Verf. beschreibt in historischer Folge die verschiedenen Be¬
funde bei Hypophysistumor, beginnend bei der Akromegalie von
Pierre Marie, dann die Fröhlich sehe Dystrophia genito-adiposa,
den allgemeinen Riesenwuchs (Gigantismus), hypophysären Diabetes
insipidus und mellitus, plötzlich auftretende Blindheit und schliesslich
die Fälle von hypophysärer Schlafsucht.
B e n d a hat zuerst die richtigen anatomischen Verhältnisse
durch pathologisch-anatomische Forschungen geklärt. Er fand im
Vorderteil der Drüsen zwei Zellarten: wenige kleine chromophobe
Zellen und viele grössere chromophile Zellen. Akromegalie ist nur
ein Hyperpituitarismus, es besteht dabei ein Adenom, eine Struma
der Hypophysis.
Erdheim fand nun durch seine Untersuchungen von Hypo¬
physengeschwülsten das Entgegengesetzte. Diese Tumoren ver¬
nichten die Drüsen, es folgt ein Hypopituitarismus und es entsteht
denn auch niemals Akromegalie, sondern Dystrophia genito-adiposa.
Läsion des Hypophysenstiels führt zu plötzlichem Tod.
Verf. beschreibt einige Fälle dieser seltenen Krankheiten und
ist durch den jetzigen Stand der Wissenschaft imstande, eine klinische
Diagnose zu stellen.
O. Lanz: Operative Heilung einer Hypophysisgeschwulst.
(Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, II.)
Einer der Patienten Winklers ist von Lanz operiert worden
mit glänzendem Erfolg. Er operierte durch die Nase und zeigt durch
eine Photographie, dass bei dieser Operationsweise keine hässlichen
Narben zurückzubleiben brauchen.
E. A. Rodriques Pereira: Ein Fall von Vergiftung durch
„Panterschwärze“. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. 1912, II.)
de Leenu: Anilinvergiftung. (Nederl. Tijdschr. v. Geneesk.
1912, II.)
In beiden Aufsätzen werden Fälle beschrieben von Patienten,
die zufällig (der eine Patient war Schuster, der andere war ein Kind,
das frisch schwarz angestrichene Schuhe angehabt hat) mit einem
schwarzen Farbstoff in Berührung gekommen waren, der benutzt
wird, um Schuhe schwarz zu färben. Dieser Farbstoff enthält Ani¬
linöl. Die Patienten sehen livide und zyanotisch aus und sind sehr
schläfrig. Sie haben einen frequenten Puls und meistens abends auch
Fieber. Auch ohne Behandlung sind in einem oder zwei Tagen die
Symptome verschwunden. Dr. S. J. de Lange.
Ophthalmologie.
Attias: Ueber Altersveränderungen des menschlichen Auges.
(v. Graefes Archiv für Ophthalmologie, Bd. 81, H. 3, S. 405.)
Nach den Untersuchungen von Attias über den Arcus senilis
besteht die Anschauung von Fuchs, dass es sich dabei um hyaline
Degeneration handle, nicht zu Recht, es ist vielmehr zweifellos, dass
Fett die Ursache der ringförmigen Trübung der senilen Kornea sei.
In der Gegend des Gerontoxon liegen die Fetttröpfchen in der Grösse
von 1 bis 4 und selbst 8 ß so dicht, dass sie die Hornhautstruktui
vollkommen verdecken. Auch die Zone zwischen dem Gerontoxon
und der Sklera enthält Fetttröpfchen, wenn auch nicht so reichlich
wie die Stelle des Gerontoxon. Auch im Epithel über dem Gerontoxon
fanden sich Fetttröpfchen und zwar vor allem im Protoplasma der
Basalzellen sowie zwischen den einzelnen Epithelzellen. Nur in den
oberflächlichsten Zellen findet sich Fett sehr selten. Aus dem Vor¬
handensein von Fett zwischen den Epithelzellen, wo die Endigungen
der senilen Nerven liegen, erklärt Attias die Herabsetzung der
Empfindlichkeit im Bereiche des Gerontoxon. In der Bownian-
schen Membran findet sich reichlich Fett, dagegen fehlt es in der
D e s c e m e t sehen Membran. Die perikornealen Gefässe fand A.
normal. — Als Altersveränderungen beschreibt er ferner Degeneration
der markhaltigen Nervenfasern der Hornhaut, Fettablagerungen im
subkonjunktivalen Gewebe, besonders in der Umgebung der Muskel-
718 _ _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ No. 13.
ansätze; Verfettung in der Sklera und zwar vor allem in den tieferen
Schichten, hyaline Degeneration des Pupillarrandes in der Iris,
Degeneration des vorderen Endothels, Sklerose der üefässe, Ver¬
änderungen des Pigmentepithels; im Corpus ciliare neben anderen
Veränderungen in allen Teilen Fettablagerungen, besonders reichlich
im Stroma; in der Linse feinste Fetttröpfchen im Linsenepithel in
der Nähe des Aequators und schliesslich auch noch degenerative Ver¬
änderungen in den äusseren Augenmuskeln.
R. K ii m m e 1 1 - Erlangen: Leber Drucksteigerungen bei Ver¬
ätzungen und Verbrennungen. Bemerkungen zur Glaukomfrage.
(Archiv für Augenheilkunde 1912, Bd. LXXIf, No. 261.)
ln der Universitäts-Augenklinik zu Erlangen wurde bei Ver¬
ätzung der Hornhaut mit Kalk oder Verbrennung mit Spiritus be¬
trächtliche Drucksteigerung beobachtet. Letztere pflegt besonders
dann einzutreten, wenn die Hornhaut in der Gegend des Limbus ver¬
letzt ist. Kennzeichnend ist, dass die Druckerhöhung sich bei tiefer
vorderer Kammer einstellt. Die klinischen Beobachtungen lassen
darauf schliessen, dass die Hauptursache der Drucksteigerung in der
Retention im Gebiet des Schlemm sehen Kanals zu suchen ist.
Die Behinderung der Saftströmung kann hiebei im Kammerwinkel
oder auch ausserhalb des Bulbus eintreten. Es wäre denkbar, dass
durch tiefgreifende Zerstörung des Gewebes um den Limbus herum
auch die die Augenflüssigkeit abführenden Gefässe zum Verschluss
gebracht würden, entweder durch direkte Zerstörung oder durch
Endovaskulitis. Vieles spricht indes dafür, dass die Behinderung im
Kammerwinkel selbst in verschiedener Weise eintritt, z. B. durch
eiweissreicheres Exsudat, Verklebung bzw. Verwachsung im Kammer¬
winkel durch entzündlichen Reiz. Nur im Falle der wirklichen Ver¬
wachsung ist die Drucksteigerung dauernd, sonst vorübergehend,
und — je nach Schwere und Verlauf des Falles — von mehr oder
minder grosser Bedeutung.
Drucksteigerung bei Verletzungen dieser Art sind bisher wenig
in der Literatur bekannt geworden. Die leichteren Grade können
sich in der Tat der Beobachtung entziehen. Die Kenntnis davon ist
aber allgemein wichtig.
Fernand Cuny-Basel: Weitere Untersuchungen über den
Zusammenhang von Sehschärfe und Schiessleistung der Infanterie.
(Zeitschrift für Augenheilkunde, Bd. XXIX, Heft 2, S. 135.)
Verf. hat als Schularzt in einer Infanterierekrutenschule in Basel
sämtliche Unteroffiziere und Rekruten auf ihr Sehvermögen geprüft
und zwar bei möglichst gleicher Tagesbeleuchtung im Freien ver¬
mittelst der Hackentafel an den Schiesstagen; Sehpriifung und
Schiessen fanden also unter gleichen äusseren Bedingungen statt.
Nach den über das Ergebnis der Sehprüfung und den Schiess¬
leistungen aufgestellten Tabellen wird die Tatsache bestätigt, dass
schon geringe Differenzen in der Sehschärfe das Resultat beim
Schiessen beeinflussen. Dieser Satz gilt auch für verschiedene Seh¬
schärfegrade über 1; so schiessen Leute mit Sehschärfe 2 ganz be¬
deutend besser als solche mit Sehschärfe 1,5 oder 1.
Ferner bestätigen die Untersuchungen C u n y s die schon von
anderen Autoren gefundene Tatsache, dass die Schiessleistungen der
Brillenträger gegenüber denen der Nichtbrillenträger bessere waren.
Verf. meint, dass für Brillenträger die besseren Resultate wohl ihren
durchschnittlich höheren intellektuellen Eigenschaften verdanken.
H i 1 b e r t - Sensburg: Ueber die sogenannte Farbenschwäche.
Sitzungsbericht des Vereins der Augenärzte von Ost- und West-
preussen. (Zeitschrift für Augenheilkunde 1913, Bd. XXIX, Heft 2,
S. 197.
Bei Gelegenheit der 82. Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte in Königsberg im Jahre 1910 und auch auf der 37. Ver¬
sammlung der ophthalmologischen Gesellschaft zu Heidelberg im
Jahre 1911 wurde über das Grenzgebiet zwischen normalem Farben¬
sinn und Farbenschwäche gesprochen und der Meinung Ausdruck
gegeben, dass in manchen Fällen ein mangelhafter Farbensinn an¬
genommen werden müsse. Vortr. tritt nun dem entgegen und stellt
die These auf: „Es gibt keinen Fall von Farbenschwäche und jeder
Untersucher, der Farbenschwäche diagnostiziert, ist stets das Opfer
eines Irrtums geworden.“
Entweder unterscheidet jemand die Farben, oder er unter¬
scheidet sie eben nicht. Farben mangelhaft zu unterscheiden ist un¬
möglich.
Der Hauptgrund der diagnostischen Schwierigkeit mancher Fälle
ist die mangelhafte Intelligenz des Untersuchten, der sich in die uns
so einfach erscheinenden Untersuchungsmethoden nicht hineinfinden
kann und daher versagt. Weiter tritt dann noch die mangelhafte
Erziehung hinzu. Hat nun ein ungeübter Untersucher einen solchen
Menschen vor sich, dessen Farbenbezeichnungen wild durcheinander¬
gehen, der keine pseudo-isochromatische Probe besteht, aber mit dem
Farbensortieren leidlich zurechtkommt, so ist die Diagnose
„Schwacher Farbensinn“ fertig. Der Untersuchte kann aber die
Farben ebensogut wie jeder andere Farbentüchtige unterscheiden: er
ist eben farbentüchtig.
Aus diesem Grunde versagen auch öfter die bei den Eisenbahn¬
verwaltungen bei Untersuchung des Personals üblichen Nagel sehen
Tafeln: Die untersuchten Leute sind vollkommen farbentüchtig, aber
sie sind wegen mangelnder Erziehung nicht imstande, die durch Bei¬
mischung von Grau abgeschwächten Farben zu erkennen, wozu sie
nacn einiger Uebung ebensogut imstande wären wie die Untersucher,
die sie für farbenschwach oder gar farbenblind halten. — Desgleichen
muss auch der Umstand berücksichtigt werden, dass das Erkennen
von Mischfarben, bzw. das Herausfinden der Komponenten einer
Mischfarbe durchaus Sache der Uebung ist.
Weiterhin ist auf den Adaptionszustand der Augen Rücksicht zu
nehmen, da das Farbenunterscheidungsvermögen denselben Gesetzen
unterliegt wie der Lichtsinn. Kommt jemand aus dem hellen Sonnen¬
schein in das Untersuchungszimmer, so wird er auch bei gutem und
geübtem Farbensinn eine gewisse Zeit brauchen, um seine Auger.
an die veränderte Beleuchtung zu adaptieren. Er wird anfangs nicht
die Na ge Ische Probe bestehen, wohl aber nach völliger Adaption
der Netzhaut. — Fernerhin beeinträchtigt herabgesetzte Beleuchtung
ebenso wie den Licht- oder Helligkeitssinn, so auch den Farbensinn,
und zwar durchaus in demselben Verhältnis, so dass auch beim
Farbensinn das F e c h n e r sehe Gesetz zu Recht besteht, dass die
Empfindung nicht proportional dem Reiz, sondern proportional dem
Logarithmus des Reizes ist.
Auch die Peripherie der Netzhaut ist keineswegs farbenblind
oder farbenschwach, sondern es bedarf nur einer grösseren Farben¬
fläche, um den Beweis zu führen, dass jede Farbe bis an die Grenzen
des Gesichtsfeldes empfunden wird. Nur in einer Beziehung geht der
Farbensinn nicht mit dem Lichtsinn parallel, sondern schliesst sich
der Sehschärfe an: er ist wie diese am besten in der Fovea centralis,
während die geringsten Helligkeiten 11 — 13° von der- Fovea entfern»
empfunden werden.
Es gibt mithin keine Herabsetzung des Farbensinns ausserhalb
der physiologischen Grenzen: Es kann jemand wohl farbenblind sein,
doch nie farbenschwach.
F e h r - Berlin: Zur operativen Behandlung der Netzhautablösung.
(Sitzungsbericht der Berliner ophthalmologischen Gesellschaft. Zeit¬
schrift für Augenheilkunde, Bd. XXIX, Heft 2, S. 192.)
Derselbe Gedanke, der in neuester Zeit Birch -Hirse hfeld
zu Injektionen von Flüssigkeiten nach Absaugung des subretinalen
Exsudats zu solcher mit Luft in den Glaskörper führte, bestimmte
Vortr. seit mehr als 4 Jahren der Punktion der Netzhaut¬
ablösung mit dem Starmesser sofort einen ener¬
gischen Dauerverband folgen zu lassen. Er glaubt,
dass durch den Dauerverband ähnliches erreicht wird wie durch die
Injektionen in den Glaskörper, deren Ungefährlichkeit, auch wenn sie
mit arteigenem Eiweiss, isotonischer Kochsalzlösung oder Luft ge¬
schehen, noch keineswegs erwiesen ist. Bei der einfachen Punktion
mit dem Starmesser fliesst nur soviel von der subretinalen Flüssigkeit
aus, als unter dem Druck der gespannten Bulbuskapsel steht; der
zurückbleibende Rest muss um so grösser sein, je ausgedehnter die
Ablösung ist. Der Druckverband plattet das punktierte Auge von
vorn nach hinten ab, der Inhalt wird verkleinert, der Glaskörper
muss die Netzhaut unter Glättung ihrer Falten gegen die Sklera
drücken und der Rest der subretinalen Flüssigkeit wird ausgepresst.
So wenig verständlich die Wirkung des Druckverbandes bei intaktem
Bulbus ist, so einleuchtend ist sein günstiger Einfluss, wenn das Auge
punktiert, an der Stelle der Ablösung offen ist. Da, wo in den
operierten Fällen die Netzhaut nicht völlig angelegt war, nahm sie
in den folgenden Wochen wieder an Ausdehnung zu, um in mehreren
Fällen den alten Zustand wieder zu erreichen. Hier musste der
Eingriff wiederholt werden.
Vortr. gibt zu, dass diese kombinierte Methode von Punktion
und Druckverband die für die Genese der Netzhautablösung be¬
deutungsvollen anatomischen Verhältnisse nur zum Teil berück¬
sichtigt. Eine Lösung der Verwachsung der elastischen Membranen
mit der Netzhaut wird dadurch nicht erreicht werden; in beschränktem
Masse auch nur eine Dehnung der verkürzten Netzhaut. Er hält es
daher für unwahrscheinlich, dass es mit ihr gelingt, Fälle mit vor¬
geschrittenen Veränderungen in Netzhaut und Glaskörper zur Heilung
zu bringen; dass dieses mit Glaskörperinjektionen möglich ist, ist
aber ebenfalls fraglich. Vortr. ist der Meinung, dass, wenn auch heute
kein abschliessendes Urteil über den Wert seiner Methode zu fällen
ist, man doch nie mit ihr schaden könne.
Johannes Ohm- Bottrop (Westfalen): Das Augenzittern der
Bergleute, (v. Graefes Archiv für Ophthalmologie, Bd. 83, H. 1.)
Der Nystagmus findet sich nur bei Arbeitern in Steinkohlen- und
Biaunkohlenzechen. Im Revier des Verfassers erkranken mindestens
3,3 Proz. der Bergleute. Die Stärke und Art, der Zuckungen ist am
besten mit der Augenspiegeluntersuchung im umgekehrten Bild fest¬
zustellen. Die subjektive Beobachtung der Scheinbewegung ist eine
sehr feine Methode, aber nur bei intelligenten Personen anwendbar.
Der Nystagmus der Bergleute ist kein Ruck-, sondern eher ein Pendel-
Nystagmus, oder richtiger ein wellenförmiger, denn die Geschwindig¬
keit ändert sich nicht, während das Pendel seine Bahn mit ver¬
schiedener Geschwindigkeit beschreibt.
Das Zittern entsteht in den obersten Teilen des Blickfeldes und
dehnt sich nach unten aus. Die Schwingungsgrösse wechselt und
die Zahl der Zuckungen schwankt zwischen 60 und 200 in der Minute.
Meistens beträgt sie 180 — 200. Die Zuckungen können zeitweise ganz
aufhören und kehren beim Blick nach oben am leichtesten wieder.
Seitenwendung der Augen lässt die Zuckungen nicht selten ganz ver¬
schwinden, Ermüdung, mangelhafte Beleuchtung, körperliche Er¬
schütterungen begünstigen das Auftreten» Unter Umständen kann
das Leiden so gering entwickelt sein, dass der Nachweis auf
. April 1913.
muenchener medizinische Wochenschrift.
719
chwierigkeiten stösst und erst nach wiederholten Untersuchungen
„dingt.
Einseitiges Auftreten wurde nie beobachtet, doch gibt es Fälle,
si denen das Zittern zeitweise nur auf einem Auge sich ein-
:ellt, und solche, bei denen es im Verlaufe der Heilung auf einem
uge früher verschwindet als auf dem anderen. Bei Einäugigen
urde nie Nystagmus beobachtet.
Neben dem Nystagmus sieht man zeitweise Krampf der Mm.
;cti int. und der Sphinkteren der Pupille, wahrscheinlich auch der
kkommodation. Während des Krampfes fehlt das typische Zittern.
i schlimmeren Fällen nehmen Stirn-, Nasen- und Mundmuskeln an
„un Krampfe teil.
Dass der Nystagmus Unfälle verursachen kann, ist zweifellos;
agegen ist es fraglich, ob er infolge von Unfällen entsteht, und ob
r die Heilung von Augapfelwunden verzögert. — Alkohol bewirkt,
i geringer Menge genossen, Milderung, in grösserer Menge voll-
tändiges Verschwinden der Zuckungen. Dagegen scheint er die
rbikulariskrämpfe zu steigern.
Jeder Nystagmus ist der Heilung fähig, wenn der Befallene die
rube verlässt. Im ersten halben Jahre pflegt die Besserung gering
u sein. Kehren die Geheilten in die Grube zurück, so erfolgen häufig
ückf alle. Am meisten von den Bergleuten werden die Hauer be¬
dien. Bis zur Entwicklung des Nystagmus betrug der kürzeste
iubenaufenthalt 2% Jahre; wobei zu berücksichtigen ist, dass die
eute erst nach mehrjähriger Vorbeschäftigung Hauer werden.
Hinsichtlich des Nystagmus lehren die Beobachtungen des Ver-
issers, dass von einem Zentrum des Gehirns ein Impuls ausgeht,
elcher beide Augen trifft.
Bei der Hebung des Blickes wirken zwei Impulse, ein gröberer
nd ein feinerer. Der gröbere bewirkt die gleichmässige Hebung,
er feinere löst gegensinnige Bewegungen aus, welche den Zweck
aben, durch Hebung des einen und Senkung des anderen Auges beide
ugen auf gleicher Höhe zu halten. Diese feinere Inner¬
ation ist gestört. Ebenso handelt es sich beim horizontalen
ystagmus nicht um eine Störung der assoziierten Wendungen,
andern um eine Störung der gegensinnigen, d. h. Konvergenz-
nd Divergenzbewegung. Der Sitz der Störung ist im Kern¬
ebiet des Okulomotorius und Trochlearis zu suchen, und der
ystagmus als Folge einer Ermüdung dieses Zentrums anzusehen.
Zur Verhütung des Nystagmus hat man schon lange auf möglichst
ute Beleuchtung der Gruben Gewicht gelegt. Verf. empfiehlt auch,
ass die Körpergrösse der Bergleute der Höhe der Flötze angepasst
ird. Grosse Männer begegnen in niederen Gruben besonderen
chwierigkeiten. Eine Behandlung ausser der Entfernung aus den
iruben gab es bisher nicht. Rhein.
Inauguraldissertationen.
Universität Leipzig. März 1913.
aetge Paul: Zur Eventratio diaphragmatica mit elektrokardio-
graphischen Untersuchungen.
reyer Hans: Sommersterblichkeit der Säuglinge in Leipzig in den
Jahren 1904 — 1911.
ich bäum Felix: Beitrag zur Kasuistik und Therapie der Binde¬
hauttuberkulose.
oevy Arnold: Die Briegersche Reaktion und ihr Ausfall bei
Karzinomen des Verdauungskanals.
önitz Karl: Kasuistischer Beitrag zur Diagnose des Ulcus duodeni.
iegfried Constanze: Ueber den Einfluss einiger gebräuchlicher
Schlafmittel auf die Blutzirkulation,
rienkauf Arno: Ueber Stiellappenfernplastik,
oehme Arthur: Ein- und gleichzeitige Vagus- und Akzessorius-
lähmung nach Schädelfraktur.
ridmann Schaja: Zur Rolle des Traumas bei Krankheiten des
Digestionstraktus und des Peritoneums,
i oller Hermann: Ueber Gallensteinileus, Aetiologie und Therapie.
Üihnchen Gotthold: Die Rolle des Traumas bei Stoffwechsel¬
krankheiten und den Erkrankungen des Blutes.
Universität Würzburg. Februar und März 1913.
'ster Armand: Ueber einen Fall von Doppelmissbildung: Dicepha-
lus tribrachius.
chmitt Walther: Ueber die Histologie der Salpingitis chronica.
^ erle Wilhelm: Ueber einen Fall von akuter aszendierender Mye¬
litis nach Influenza.
all Friedrich Karl: Ein Fall von puerperaler Eklampsie,
isssner Hans: Ein Fall von traumatischer Geistesstörung.
1 ö n 1 e i n Hans: Ein Beitrag zur Kasuistik der tuberkulösen Pylorus¬
stenosen.
ofmann Willy: Die Kenntnisse und Anschauungen der Alten über
den Bau und die Funktion der Leber.
1 u P e Paul: Ueber einen Fall von MediastlKialemphysem.
choenborn Günther: Untersuchungen über die Wirkung intra¬
venöser Salvarsaneinspritzungen auf die Zusammensetzung des
Urins.
veyama Yoshiaki: Ueber Ganglioneurome.
Auswärtige Briefe.
Brief aus Strassburg.
i (Eigener Bericht.)
Aerztekammer für Elsass-Lothringen. — Neue Krankenhäuser. —
Krankenhauswesen in Metz. — Feuerbestattung. — Strassendurch-
bruch in Mülhausen.
Nach P/g jähriger Pause hat Ende Dezember 1912 eine Sitzung
der Ae rztekammer für Elsass-Lothringen stattgefunden, die sich
mit einer Reihe wirtschaftlicher Fragen in erster Linie beschäftigte.
Hervorgehoben sei ein Entwurf zur Einführung einer ärztlichen
Gebührenordnung. Das Land entbehrt heute noch einer solchen und
in streitigen Fällen wird auf die preussische Taxe zurückgegriffen.
Nach dem von der Regierung vorgelegten Entwurf, der eine Er¬
höhung der Gebühren vorsieht und im übrigen modernen Anfor¬
derungen entspricht, sollen auch in Zukunft die ärztlichen Vergütungen
grundsätzlich dem Uebereinkommen der Beteiligten überlassen und
die Gebührenordnung nur in Streitfällen angewendet werden. Min¬
destsätze sind für gewisse Fälle vorgesehen; nämlich bei Unbe¬
mittelten oder Armenverbänden als Zahlungspflichtigen, bei Zahlungen
aus Landesfonds und bei auf Grund der RVO. eingerichteten Kranken¬
oder Knappschaftskassen, soweit nicht besonders schwierige ärzt¬
liche Leistungen oder längerer Zeitaufwand höhere Sätze recht-
fertigen. Vom Referenten wurde hierbei die Einführung einer staat¬
lichen ärztlichen Organisation beantragt, um den unlauteren Wett¬
bewerb einzelner Aerzte zu verhindern. Die Regierung nahm, wie
schon früher, hierzu keine bindende Stellung ein, auch in der Dis¬
kussion wurde vor einem solchen Antrag gewarnt. Eine Kommission
soll den Entwurf weiter begutachten. Ferner wurde auch be¬
schlossen, bei beiden Kammern des Landtages gegen die geplante
Doppelbesteuerung der Aerzte im neuen Steuergesetzentwurf vor¬
stellig zu werden. Letzterer sieht vor, dass eine bestimmte Gruppe,
zu welcher auch die Aerzte gehören, neben der allgemeinen Ein¬
kommensteuer von einem Teil ihres gewerblichen, dem sogen, fun¬
dierten Einkommen, nochmals Steuer zahlen soll. Die Kammer geht
dabei von der Ansicht aus, dass bei den meisten Aerzten das letztere
sich sehr schwer oder gar nicht feststellen lassen wird.
In Strassburg-Neudorf wurde vor einiger Zeit das neue
St. Odilien-Krankenhaus eröffnet, welches die Kongregation
der im Eisass durch ihre Krankenpflege weit verbreiteten und
geschätzten Niederbronner Schwestern errichtet hat. Sie verfolgte
damit den Zweck, einmal dem Bedürfnis nach einer weiteren Kranken¬
anstalt in Strassburg abzuhelfen, dann aber auch den, ihre
Schwestern, die als Krankenpflegerinnen verwendet werden und
staatlich als solche anerkannt werden sollen, in einer eigenen Anstalt
ausbilden zu können, nachdem die übrigen religiösen Genossen¬
schaften in Strassburg sämtliche eigene Krankenpflegeschulen haben.
Auch im hiesigen Biirgerspital ist mit Unterstützung des Ministeriums
eine mit Internat verbundene Pflegerinnenschule errichtet, in
welcher Privatpersonen unterrichtet werden. In der Universitäts-
Kinderklinik werden endlich junge Mädchen in der Säuglingspflege
vollständig ausgebildet.
Beim Bau des neuen Krankenhauses wurde besonderer Wert
darauf gelegt, die Lage des Gebäudes so ruhig wie nur möglich zu
schaffen; man hat deshalb fast sämtliche Krankenzimmer nach dem
Garten zu gelegt. Das Hauptgebäude besteht aus 3 Flügeln; in den
beiden ersten liegen die Krankenzimmer nach Süden und Westen, im
dritten nach der Strasse zu gelegenen Flügel sind ausser wenigen
Krankenzimmern Wohnungen von Pensionären, die Apotheke, Rönt¬
genzimmer, Operationssaal für septische Operationen, Hörsaal u. a. m.,
während der Operationssaal für aseptische Operationen im Erd¬
geschoss des einen Seitenflügels untergebracht ist. Auch eine aus
5 Zimmern bestehende Isolieranlage für ansteckende Kranke im
oberen Stockwerk des Wirtschaftsgebäudes ist vorhanden. Letzteres
ist weder von den Krankenzimmern noch von dem das Ganze um¬
gebenden Garten aus sichtbar. Je nach Lage und Grösse der Zimmer
kann den verschiedensten Anforderungen entsprochen werden; auch
für die weniger bemittelten Klassen sind solche mit je 6 Betten ein¬
gerichtet, in welchen der tägliche Pensionspreis, ärztliche Behandlung
inbegriffen 3.50 M. beträgt.
Das israelitische Krankenhaus hat gleichfalls mit
einem Kostenaufwand von 250 000 M. einen Umbau erfahren. 1884
erbaut, genügte es nicht mehr den heutigen Forderungen eines
Krankenhauses. Man hat das Hauptgebäude durch Aufbau eines
Stockwerks im Mittelflügel vergrössert und ausserdem im Südflügel
aseptische, im Nordflügel davon getrennte Operationsräume für
septisch Kranke eingerichtet und ein Röntgenzimmer, Entbindungs¬
räume, eine Säuglingsstation geschaffen, so dass das kleine aber
praktische Krankenhaus, das allen Bekenntnissen offensteht und in
dem jüdische Krankenpflegerinnen aus Frankfurt a. M. wirken, von
keinem grösseren gleicher Art übertroffen 'Wird.
Dagegen ist es mit dem Krankenhauswesen in Metz
nach wie vor nicht gerade zum besten bestellt. Ende vorigen Jahres
wurde das Krankenhaus „Mathildenstift“ durch Feuer zerstört und
teilweise unbrauchbar. 1875 für 250 Betten erbaut und von Dia¬
konissinnen verwaltet, hatte es 1912 durch Neuerrichtung eines
Seitenflügels eine Erweiterung vorgenommen, der nur einen Teil der
Kranken aus dem beschädigten Mittelbau aufnehmen konnte, während
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
die übrigen in den verschiedenen Krankenhäusern der Stadt unter¬
gebracht wurden.
An Privatanstalten bestehen ferner die Maternite mit einer Ent¬
bindungsanstalt und einer Krankenabteilung, von den Schwestern der
Charite maternelle verwaltet. ln der ersteren werden teils
Schwestern, teils Laien zu Hebammen vom Bezirk ausgebildet, in der
letzteren hauptsächlich Frauen und Kinder verpflegt. Als dritte An¬
stalt ist das Blandinenstift mit 230 Betten zu erwähnen. Es gehört
den Franziskanerinnen und ist 1873 aus einer ehemaligen französi¬
schen Gendarmeriekaserne zu einem Spital eingerichtet und später
durch einen Neubau erweitert worden. Es ist im allgemeinen den
heutigen Anforderungen angepasst. Ferner ist zu erwähnen das
Marienhospital, unter deutscher Verwaltung aus Privatgebäuden ent¬
standen. Es besteht aus einer Abteilung für Kranke mit 45 und einer
Augenklinik mit 22 Betten, wird von Schwestern „Zur guten Hoffnung1'
aus Lüttich geleitet und beabsichtigt die Errichtung eines Neubaues.
Endlich gibt es noch ein israelitisches Krankenhaus mit 12 Betten.
Von städtischen Krankenhäusern sind zu erwähnen das 1691 ge¬
gründete Hospital Notre Dame de Bonsecours mit 227 Betten, dessen
Umbau bereits seit 4 Jahren wegen seiner Unzulänglichkeit und
Mangelhaftigkeit behördlicherseits verlangt ist, ohne dass bis jetzt
von der Stadt etwas Greifbares geschehen wäre. Für das eigentliche
städtische Krankenhaus — Dispensaire — mit 88 Betten soll nach
einem Gemeinderatsbeschluss von 1909 ein Neubau errichtet werden.
1911 wurde Vorprojekt und Bauprogramm vorgelegt, u. a. sollte auch
eine Abteilung für Haut- und Geschlechtskranke eingerichtet werden,
in welcher auch ortsfremde Kranke Aufnahme finden sollen. Die
Stadt beansprucht deshalb vom Bezirk und Land eine Beihilfe und
macht hievon die Ausführung des Baues abhängig, so dass hierdurch
wieder eine neue Verzögerung in der Ausführung des Baues ver¬
ursacht worden ist. Auch mit den sonstigen humanitären Be¬
strebungen — Säuglingsfürsorge u. a. m. — ist die Stadt Metz nicht
sehr glücklich. Bei allen diesen wird die konfessionelle Frage mehr
oder weniger in den Vordergrund gestellt, während die Stadt als
solche billigerweise doch nur Unternehmen unterstützen kann, die
interkonfessionell sind und wirken.
Seit einiger Zeit macht sich im Anschluss an die Feuer¬
bestattung in Bayern und die Art wie man in Nürnberg zum
erwünschten Ziel gelangt ist, auch in Strassburg eine Bewegung zu
ihrer Einführung unter Vorantritt des hiesigen Feuerbestattungs¬
vereins unter Leitung des praktischen Arztes Dr. W. Back geltend.
Der Bischof von Strassburg sowie der von Metz haben zwar Hirten¬
briefe dagegen erlassen, in denen sie ihre Diözesanen vor der Feuer¬
bestattung warnen und mit kirchlichen Strafen bedrohen, aber nichts¬
destoweniger hat eine Liste zur Unterzeichnung eines Gesuchs an
den Gemeinderat behufs Errichtung eines städtischen Krematoriums
in kurzer Zeit über 9000 Unterschriften erhalten. Die Aerztekammer
hatte sich schon vor Jahresfrist mit einem solchen für die wahlweise
Feuerbestattung in Elsass-Lothringen an die Regierung gewandt und
der Aerzteverein der Stadt Strassburg letzthin gleichfalls ein Gesuch
an den Gemeinderat gerichtet, auch der Kreisgesundheitsrat hat sich
in seiner letzten Sitzung einstimmig für seine Errichtung ausge¬
sprochen. Möge nun der Gemeinderat der Stadt Strassburg unbeirrt
durch anderweitige Einflüsse weitblickend und energisch wie Nürn¬
berg an den Bau eines Krematoriums herantreten und dadurch zeigen,
dass er den zahlreichen Anhängern dieser Bestattungsweise in Stadt
und Land entgegenkommt in einer Weise, wie es die Bürger eines
geordneten Staates heutzutage erwarten können.
Aehnlich wie Strassburg hat vor einiger ZGt auch Mülhausen
sich zu einem grossen Strass endurchbruch entschlossen
und zu diesem Zweck ebenfalls mit der süddeutschen Diskonto¬
gesellschaft einen Vertrag zur Verwertung des Geländes vereinbart.
Auch er verfolgt die Absicht, durch Gewährung verschiedener Er¬
leichterungen das rasche Bauen zu befördern, weicht aber doch im
einzelnen vom Strassburger Vertrag ab. Vor allen Dingen verpflichtet
er nicht die Gesellschaft, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt die Be¬
bauung der Durchbruchstrasse zu vollenden, dagegen hat die Stadt
das Wiederkaufsrecht neben freiem Verkauf und Erbbaurecht sich
ausbedungen. Es entspricht dies dem Ulmer Vorbild. Bedenklich ist
dabei, das dieses Wiederkaufsrecht nur auf die erste Veräusserung
des Grundstücks beschränkt und die Stadt verpflichtet ist, falls sie
beim ersten Besitzwechsel vom Wiederkaufsrecht keinen Gebrauch
macht, dies im Grundbuch löschen zu lassen und dadurch von vorne-
herein darauf verzichtet, den erreichten Einfluss auf die Gestaltung
des Bodenmarkts festzuhalten. Bei den Bestimmungen über das
Erbbaurecht ist hervorzuheben, dass der Erbbauberechtigte innerhalb
10 Jahren nach der Bestellung des Rechts von der Stadt verlangen
kann, dass sie in seine Aufhebung willigt und ihm das Grundstück
zu dem ursprünglich angesetzten Wert verkauft. Der Käufer kann
sich dabei das Wiederkaufsrecht von der Stadt auferlegen lassen,
ist aber hierzu nicht gezwungen, und diese letztere Bestimmung
scheint sehr bedenklich. Denn von einer etwaigen Wertsteigerung
des Bodens zieht nicht die Allgemeinheit, sondern ein Privatmann
Vorteil, der bei einer etwaigen Wertminderung sich hüten wird, das
Erbbaurecht in Kauf umzuwandeln. Der Vertrag wird demnach keine
ungeteilte Freude bei den Bodenreformern hervorgerufen haben.
Wg.
No. 13.
Vereins- und Kongressberichte.
Altonaer Aerztlicher Verein.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 22. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Henop.
Schriftführer: Herr F eigner.
Herr P 1 a u t - Hamburg : Demonstrationen über Dermato¬
mykosen.
Plaut demonstriert 3 Kinder mit Mikrosporie und zeigt an
Kulturen, dass es sich um die gewöhnlich in Hamburg-Altona vor¬
kommende Varietät: Microsporon lanosum handelt. Ferner zeigt er
noch einige Trichophytiekulturen, die aus kürzlich in Hamburg be¬
obachteten Fällen stammen: Trichophyton cerebriforme (in Hamburg
häufig), Trichophyton acuminatum und violaceum (sehr selten in Ham-,
bürg), Trichophyton granulosuin, lacticolor und faviforme.
Zum Schluss bringt er ein kurzes Referat über Sporotrichose
unter Demonstration einiger Stämme.
Diskussion: Herr Bontemps fragt an, ob Herr Plaut
die von französischer Seite empfohlene Agglutination und Komple
mentbindungsmethode zur Diagnose der Sporotrichosen schon an
gewandt hat, und wie die Resultate mit dieser Methode sind.
Herr Bontemps demonstriert den Donath-Land¬
steiner sehen Versuch, den er mit dem Serum eines an paroxys
maler Hämoglobinurie erkrankten Patienten vorgenommen hat, uni
bespricht die zurzeit hierüber bestehende Theorie. Nach dieser fin¬
den sich im Serum paroxysmaler Hämoglobinuriker hämatoxische
Substanzen, welche aus 2 Faktoren bestehen. Der eine Faktor .wirk
in der Kälte bindend auf die roten Blutkörperchen, nach Bindung tritj
dann der andere Faktor bei 37" in Tätigkeit und bewirkt die Hiimo-I
lyse.
Herr Bontemps: Zur Serodiagnostik der Echinokokken
erkrankungen.
Als Bordet und Gengou im Jahre 1901 durch ihre klassi
sehen Versuche die Einheitlichkeit des Komplements bewiesen, inderr
sie in inaktiviertem homologen Typhus- resp. Choleraimmunserun
spezifische Ambozeptoren gegenüber Typhus- resp. Cholerabazille,
nachwiesen und hierbei das anwesende Komplement fixiert wurde
fand diese Tatsache zunächst in der medizinischen Welt wenig Be¬
achtung. Die Feststellung, dass man mit Hilfe der Komplementbin
dungsmethode auch in solchen Seren, die nicht bakteriolytisch wir
ken, echte spezifische Ambozeptoren nachweisen kann, erhob, wid
die beiden Forscher sofort erkannten, diese Methode zu einer sero
diagnostischen, und zwar in dem Sinne, dass man mit ihr sowoh
Antikörper als auch Antigen nachweisen kann. Das Anwendungsl
gebiet dieser serodiagnostischen Methode übertrifft das aller andern
da sämtliche Bakterienarten resp. Immunsera eine positive Reaktion,
geben, d. h. durch Verankerung des Komplements und Antigens an
den Ambozeptor das freie Komplement aufbrauchen, so dass keine,
mehr übrig bleibt für das später hinzugesetzte hämolytische System
Das Eintreten der Hämolyse dient also dafür als Indikator, dass dn
Bakterienart und das Serum nicht zueinander passen. In weiteren
experimentellen Arbeiten wies Gengou dann nach, dass nicht nu
alle zellulären Antigene spezifische Ambozeptoren bilden, sondern das
jede gelöste Eiweissart neben den Präzipitinen auch Ambozeptoren
entstehen lässt, die durch Komplementbindung und nur auf diesen
Wege nachweisbar sind. Die erste praktische Anwendung fand di'
Komplementbindungsmethode durch Widal und Lesourd, welch'
zeigten, dass die Bordet-Gengoii sehe Reaktion im Blutserum
Typhöser eher und häufiger nachweisbar w'ar, als die Agglutination
Trotz dieser klinischen Empfehlung und der weiteren Aussichten, di'
die Arbeiten B o r d e t s und G e n g o u s boten, blieb die Method'
dennoch mehrere Jahre eigentlich völlig unbeachtet und geriet ias
in Vergessenheit. Erst durch Neisser und Sachs, die durcl
M o r e s c h i sehe Arbeiten ähnlicher Art veranlasst waren, wurtl,
die Komplementbindungsmethode wieder der Vergessenheit entrisse:
und zwar arbeiteten diese Autoren eine Methodik aus, welche, gan
auf dem Bordet-Gengou sehen Grundprinzip aufgebaut, daz
diente, den Nachweis von Eiweissambozeptoren beliebiger Art al
Kontrollmethode zur biologischen Differenzierung von Eiweissc
neben der Präzipitation zu ermöglichen: und zwar gelang es de
Autoren, durch diese Methode Eiweiss selbst noch in solchen Spure
nachzuweisen, wo bereits die höchstwertigen Präzipitinsera ver
sagten. |
Die vielversprechenden Resultate von Neisser und Sacli
führten v. Wassermann über mancherlei Studien, die sich mi
dem Versuch des Nachweises gelösten Bakterieneiweisses im Serui
Erkrankter, ferner mit dem Nachweis von spezifischen Ambozeptore
im Serum Tuberkulöser befassten, und die im allgemeinen mehr theo
retisches als praktisches Interesse beanspruchen, endlich dazu, di
Erfahrungen, die er beim Studium dieser Infektionskrankheiten ge
wonnen hatte, auch auf das Gebiet der Lues auszudehnen. __ D>
Untersuchungen führten bekanntlich zu der Serodiagnose der Sypni
lis nach v. Wassermann. Eine wie grosse klinische Bedeutun
dieselbe trotz ihrer nicht absoluten Spezifität, deren Gründe ai.
anderen Gebieten liegen, erlangt hat, ist allerseits bekannt und an
April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
721
kannt. Im engsten Anschluss an die Serodiagnostik der Syphilis
t jetzt seit einigen Jahren auch die Benutzung der Reaktion zur Dia-
lostik von Wurmerkrankungen, speziell von Echinokokkenerkran-
uigen mit Erfolg herangezogen. Es zeigte sich, dass sich im Serum
:n Luesreaginen analoge Substanzen nachweisen lassen, die mit
'urmextrakten resp. Hydatidenflüssigkeit als Antigen Komplement
i binden vermögen. Nach Untersuchungen von Ghedini, Wein-
erg und Parvu etc. ist die Reaktion bei Echinokokkosen in den
eisten Fällen positiv. Wird bei der Operation die Zyste angeschnit-
n, so wird die Reaktion gewöhnlich stärker, resp. tritt überhaupt
st auf. Dagegen verschwinden die Antikörper, wenn die Zyste un-
rsehrt entfernt wird. Nach Parvu und Laubry reagiert die
imbalfliissigkeit nur dann positiv, wenn im Gehirn Echinokokken-
asen sind. Ghedini erhob analoge Befunde bei Askariden und
lkylostomen.
Ich selbst habe mehrmals Versuche bei echinokokkenverdächtigen
illen, welche ich der Abteilung des Herrn v. Bergmann ver-
nke, angestellt.
Was die Ausführung der Reaktion anbetrifft, so ist folgendes zu
gen: Als Antigen verwende ich Hydatidenflüssigkeit vom Schaf;
eselbe konserviere ich durch Zusatz von 10 Proz. 5 proz. Phenols;
f diese Weise habe ich dieselbe immer mehrere Monate lang un-
•rändert gehalten. Es werden dann abfallende Mengen Serum,
elches vorher eine halbe Stunde bei 56° inaktiviert ist, mit gleichen
engen des Antigens versetzt, resp. auch umgekehrt, und nach Hinzu-
ien von Meerschweinchenkomplement etwa Fünfviertelstunden der
utschranktemperatur ausgesetzt. Darauf wird das hämolytische
stem hinzugefügt. Von Wichtigkeit sind die Kontrollversuche, und
ar gegenüber Luesserum und -antigen. Einwandfreie Resultate er-
lt man nur, wenn die Kontrollmethoden eine negative Wasser-
a n n sehe Reaktion ergeben.
Neben der Komplementbindungsmethode habe ich auch die Prä-
jitationsmethode herangezogen und habe mich überzeugen können,
ss auch diese brauchbar ist.
Unter Demonstration der Komplementbindungsreaktion und der
zu notwendigen Kontrollversuche bespricht der Vortragende so¬
nn mehrere Fälle von Echinokokkenerkrankungen, bei denen durch
: Serodiagnostik die Diagnose klargestellt wurde, sowie auch einen
11, in dem eine frühere Staphylokokkeninfektion ein positives Fehl¬
sultat ergeben hat. — Genaueres darüber erscheint demnächst in
ier ausführlichen Arbeit.
Diskussion: Herr Plaut fragt an, ob das Blut des zweiten
tienten auf Eosinophilie untersucht sei. Nach Sabrazes sei bei
hinokokkenkranken die Zahl der Eosinophilen eine besonders
he.
Herr v. Bergmann fragt unter Bezugnahme auf Literatur-
. gaben aus der Rostocker Klinik an, ob bei Echinokokkenerkran-
ingen die Serodiagnostik immer ein positives Resultat ergebe.
Herr Bontemps: Dass Fälle von Echinokokkenerkrankungen
rkommen, in denen die Reaktion negativ ist, ist bekannt. Be¬
isend ist also — ähnlich wie bei der Lues — nicht das negative,
:idern das positive Resultat, und dieses nur bei negativem Wasser-
.nn. Die Eosinophilie ist nicht regelmässig anzutreffen, sondern
ir bisweilen.
Herr v. Bergmann demonstriert als Einleitung zum ange-
Indigten Vortrage über funktionelle Herzdiagnostik einige Energo-
i terkurven nach Christen als Teil einer grösseren Arbeit seines
sistenten, Herrn Dr. Hapke. Auf rein klinisch-empirischer Basis
1 st sich aussagen, dass die Kurven vom selben Individuum an ver-
Miedenen Tagen gewonnen unter vergleichbaren Verhältnissen gut
1 ereinstimmen, dass das normale funktionell tüchtige Herz gleich-
‘ >ge Kurven bietet, dass die Kurven des kindlichen Herzens nie¬
der verlaufen wie die des Erwachsenen. Auch vom rechten und
Ren Arm, vergleichsweise genommen, erhält man gleiche Kurven,
'mit ist zunächst die erste Grundlage geschaffen für eine klinische
Vwertung. Bei einem Aneurysma aortae konnte ein Pulsus
erens, der sonst nicht wahrnehmbar war, mit Sicherheit energo-
r Irisch nachgewiesen werden. Die Unterschiede der dynamischen
'rhältnisse des Pulses dekompensierter Herzen vor und nach Digi-
Usbehandlung, ein Versagen des Kreislaufes im Verlauf der Pneu-
: nie, das Scheitern einer Digitalisbehandlung bei einer schweren
opathie Hessen sich sehr deutlich zur Anschauung bringen. Es
; t einen Typus der Aorteninsuffizienzkurven, der Kurven bei Hyper-
|!ie und gegensätzliche bei Adynamie des Herzens. Zusammen-
;send lässt sich auf Grund eines grossen, auf der medizinischen
teilung gewonnenen Materials sagen, dass die dynamische Be-
f chtungsweise des Pulses uns klinisch eine vertiefte Einsicht in die
Rulatorischen Verhältnisse gibt, die mit den bisherigen, am
Unkenbett wirklich durchführbaren funktionell-diagnostischen Me¬
lden nicht annähernd zu erreichen war. (Die Fortsetzung des
rtrages, der über andere diagnostische Methoden noch berichten
d. wird wegen vorgerückter Zeit auf Vorschlag des Vortragenden
die nächste Sitzung verschoben.)
Gesellschaft- für Natur- und Heilkunde zu Dresden.
(Offizielles Protokoll.)
XIV. Sitzung vom 18. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr Schmaltz.
3. Heri Hey mann: Ein Fall der Bewährung der Iridodesis.
Herr Hey mann stellt einen Fall vor, der 1864 wegen Schicht¬
stares auf beiden Augen mit gutem und anhaltendem Erfolg von des
Vortragenden Vater mittels Iridodesis operiert worden ist und er-
oitert die Vorzüge dieser Operation — Vermehrung des dem Augen-
lnntergrunde zugeführten, regelmässig gebrochenen Lichtes, Ver¬
minderung des in das Auge eindringenden diffusen Lichtes, Erhaltung
eines erheblichen leiles der Pupillenreaktion, Vermeidung von Blen¬
dung — aber auch die Gefahren — Iritis, Iridozyklitis, unter Um¬
standen sympathische Ophthalmie — , welche es bewirkt haben, dass
die Iridodesis kaum 10 Jahre nach ihrer 1858 von Critchett er¬
folgten Empfehlung wieder verlassen worden ist und auch heute nicht
zur Ausführung empfohlen werden kann.
3. Fortsetzung der Diskussion über die Vorträge der Herren
Brückner, Teuffel, Flachs, Fritz Schanz und C o n r a d i :
Zur Prophylaxe der Diphtherie.
Herr Arnsperger: Um die äusserst unangenehmen Erschei¬
nungen der Anaphylaxie zu vermeiden, ist zu empfehlen, einige
Stunden vorher kleine Dosen, etwa 1 — 2 ccm, des Serums zu geben
und die grosse Dosis erst dann folgen zu lassen.
A. hat, seitdem er so vorgeht, keinen anaphylaktischen Schock
mehr gesehen.
Was die Wertigkeit der Diagnose betrifft, so soll man besonders
bei Kindern die klinische Diagnose zurückstellen gegenüber dem
bakteriologischen Befund, wenn dieser positiv ausfällt. Fehlt dagegen
bei deutlichem klinischen Befund der Nachweis der Bazillen, so wird
man sich mehr auf das klinische Bild verlassen und Serum geben.
Die Wirksamkeit ergibt sich immer wieder aus der ärztlichen Beob¬
achtung, wenn auch nicht aus der Statistik.
Zur Beseitigung der Keime bei Bazillenträgern ist bisweilen die
Einspritzung verdünnten Diphtherieserums von Erfolg, manchmal auch
die Pyozyanase.
Herr Leibkind: Nicht gar so selten sind Fälle von Haut¬
diphtherie, die in den letzten Jahren besonders von Marschalk o,
Savade und Reinhardt studiert worden sind. Man muss die
echte Hautdiphtherie von den Fällen fortgeleiteter Diphtherie trennen.
Herr L. berichtet über einen Fall von Hautdiphtherie, die sich in Form
eines Geschwürs am After bei einem Kinde am 10. Tage nach dem Be¬
ginn einer Rachendiphtherie zeigte.
Solche Fälle, die wie die Rachendiphtherie unter Serumbehandlung
heilen, haben auch eine gewisse Bedeutung für die allgemeine
Prophylaxe.
Herr W. L. Meyer macht bezüglich der Behandlung der
Bazillenträger darauf aufmerksam, dass im Jahre 1894. als das
Diphtherieserum kam, aus der Tübinger Klinik noch eine Arbeit er¬
schien, über die Behandlung der Rachendiphtherie mit Einblasungen
von Sulfur sublimatum crudum. Liebermedster selbst, der ein
hervorragender Beobachter war, rechtfertigte die Veröffentlichung
dieser Arbeit zu dieser Zeit damit, dass er sagte, die Erfahrungen, die
an seiner Klinik mit dieser Behandlungsweise gemacht worden seien,
seien doch derartig günstig, dass sie fast an eine direkt antibakterielle
Wirkung denken Hessen. Redner selbst, der damals eine sehr schwere
Diphtherie bei einer Sektion akquiriert hatte, wurde zum Teil auch
mit Schwefeleinblasungen behandelt und hatte einen günstigen Eindruck
von der Methode. Die Einblasung selbst wirkte angenehm kühlend.
Herr Faust: Wenn die Zahlen des Herrn T e u f f e 1 richtig sind,
muss man Herrn Schanz recht geben: dann sind die Bazillen
ubiquitär und zu den Bazillen muss noch ein anderes Moment, eine
„Disposition“ hinzutreten, wenn es zur Erkrankung kommen soll.
Herr T e u f f e 1 hat, wenn er die Kinder mittels dreimaligen Ab¬
striches untersuchte, in 71 Proz. Bazillen gefunden. In der Diskussion
wurde nun gesagt, es müsse, um die Virulenz festzustellen, die Tier¬
impfung herangezogen werden. Das ist bei der grossen Zahl der
Untersuchungen natürlich ganz unmöglich.
Vor einigen Jahren wurde an dieser Stelle ausführlich über die
Bedeutung der Diphtheriebazillen diskutiert. Die damals von Herrn
Schanz vertretene Auffassung, dass Diphtherie- und Xerosebazillen
identisch seien, wird durch die Zahlen des Herrn Teuf fei ent¬
schieden gestützt. Vor 2 Jahren wurde im Hamburger Krankenhause
St. Georg das Pflegepersonal untersucht, mit dem Ergebnis, dass 70
bis 90 Proz. Bazillenträger gefunden wurden, so dass man schliesslich
auf eine Absonderung verzichtete und die Frage der Bazillenträger
ganz vernachlässigte. Derartige Erfahrungen müssen recht skeptisch
machen.
Herr Thal mann: Die Ansichten über die Diphtherie- und
Pseudodiphtheriebazillen sind noch nicht geklärt. Im Institut für
Infektionskrankheiten in Berlin ist festgestellt worden, dass man in
alten Kulturen echter Diphtheriebazillen neben toxischen Bazillen auch
solche findet, die den Pseudodiphtheriebazillen ähnlich sind: Kurze
plumpe Stäbchen, die erst nach mehreren Tagen — nicht binnen
24 Stunden — die Körnchenfärbung gaben und für Meerschweinchen
nicht pathogen sind, also alles Eigenschaften, die wir bei den Pseudo¬
diphtheriebazillen finden. Ob eine Rückzüchtung in virulente Diph¬
theriebazillen möglich ist, ist allerdings nicht festgestellt worden.
722
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
Jedenfalls spricht das aber alles für eine nahe Verwandtschaft. Tat¬
sächlich finden wir nun in der Praxis bei echter klinischer Diphtherie
die echten für Meerschweinchen pathogenen Bazillen. Deshalb dürfen
wir — und Herr T. verfährt stets so — in der Praxis nur diejenigen
als Bazillenträger bezeichnen, wo die Bazillen nach Reinzüchtung die
Körnchenfärbung gaben und für Meerschweinchen pathogen sind.
T. glaubt, dass, wenn aile so verfahren, viel weniger Bazillenträger
festgestellt werden würden als jetzt.
Die Pseudodiphtheriebazillen sind sehr verbreitet, sie kommen
nicht nur in der Nase, sondern auch bei chronischen Eiterungen vor;
so hat sie T. erst heute in aktinomykotischem Eiter gefunden.
Echte und Pseudodiphtheriebazillen sind praktisch unbedingt zu
trennen.
Herr Georg Schmorl: Die Virulenz ist nicht massgebend.
Wenn auch im allgemeinen die echten, von Diphtheriekranken ge¬
züchteten Diphtheriebazillen Meerschweinchen binnen 1—2—4 Tagen
töten, so gibt es doch Stämme, die bei Meerschweinchen einen
wochen-, ja monatelangen Marasmus erzeugen, der schliesslich zum
Tode führt. Scheller warnt im Handbuch von Kolle-Wasser-
mann, sich auf den Tierversuch zu verlassen, denn es gibt Fälle von
avirulenten Diphtheriebazillen, von denen doch schwere Diphtherie¬
erkrankungen ausgegangen sind.
Man kann deshalb diese Methode nicht ohne weiteres auf die
Bazillenträger verwenden. Herr S. hat früher Tierversuche angestellt,
sie aber wieder aufgegeben — ganz abgesehen von der praktischen
Undurchführbarkeit für die grosse Zahl der täglichen Untersuchungen;
er nimmt sie jetzt nur noch auf ausdrücklichen Wunsch der betr.
Aerzte vor.
Herr Thalmann: Wenn ich von echter Diphtherie Bazillen
züchtete, so waren diese stets so virulent, dass Meerschweinchen
rasch zugrunde gingen; die Fälle, in denen bis zum Tod der Ver¬
suchstiere längere Zeit vergeht, sind anscheinend für die Praxis ohne
Bedeutung. Ich stelle mich hier, trotz der gegenteiligen Literatur¬
angaben, auf den praktischen Standpunkt und bleibe bei dem, was ich
gesagt habe.
Herr G. Schmorl: Die Verhältnisse beim Meerschweinchen
beweisen noch nichts für den Menschen. Nach den vorliegenden
Literaturangaben ist der Tierversuch nicht ausschlaggebend.
Herr Faust: Herr Thal mann bezeichnet diejenigen als echte
Diohtheriebaziilen, die von echter Diphtherie stammen. Nun wollen
wir aber in der Praxis gerade in zweifelhaften Fällen wissen, ob es
sich um echte Diphtherie handelt. Der springende Punkt ist der, dass
wir jetzt oft die Bazillen finden in Fällen, wo wir früher gar nicht an
die Diphtherie gedacht hätten, und auch umgekehrt.
Herr Thal mann: Herr Faust hat mich missverstanden. Ich
sagte: ln den Fällen, wo ich von klinisch sicheren Fällen die Bazillen
züchtete und dann den Tierversuch anstellte, zeigten sich die Bazillen
stets als virulent gegen Meerschweinchen.
Herr Brückner gibt an der Hand von Tabellen Daten über
die Mortalität der Diphtherie, die seit 1895 nicht nur in Deutschland,
sondern auf der ganzen Erde dort gesunken ist. wo das Serum syste¬
matisch verwendet wurde. Bei dieser Sachlage kann man für die
Beurteilung der Serumwirkung doch auch die Statistik als beweis¬
kräftig heranziehen. Ausschlaggebend ist stets die Beobachtung am
Krankenbett. Die Krankenhausbeobachtungen sind wertvoll besonders
durch die von Anfang an beobachteten Fälle von Hausinfektion, die
allesamt sehr leicht verlaufen, weil sie rechtzeitig Serum erhalten.
Ferner ist zu beachten, dass nie der Kehlkopf ergriffen wird, wenn
er zurzeit der Einspritzung frei war. Wie schon Herr Schmaltz
bemerkte, hat sich der Charakter der Diphtherie seit der Einführung
des Serums völlig geändert. Der Unterschied gegen früher ist so
gross und hat sich so rasch vollzogen, dass eine Täuschung hier nicht
mehr in Betracht kommt. Herrn Leonhardt gegenüber bemerkt
er. dass es ihm völlig ferngelegen hat, die Behörden anzugreifen oder
ihre Massregeln abfällig zu kritisieren; er wollte nur objektiv zeigen,
dass unsere bisherigen Massnahmen noch nicht zum Ziele geführt
haben.
Was die Frage der Diphtheriediagnose belangt, so kommt Oswald
V i e r o r d t auf Grund eines Materials von 3000 Fällen zu folgendem
Ergebnis: die Diphtherie kann als einfache lakunäre Angina verlaufen,
und eine Angina unter dem Bilde der Diphtherie. Das wussten wir
aber schon vorher: In der Heubn ersehen Klinik wurden solche
diphtherieähnliche Anginen früher als Angina crouposa bezeichnet —
aber freilich konnte man diese Diagnose erst retrospektiv stellen,
während wir es jetzt schon vorher sagen können.
In der Frage der Bazillenträger gilt es, zu sehen, wie wir uns
bei dem jetzigen Stand der Wissenschaft praktisch einrichten können.
Ob die Trennung in Haupt- und Nebenträger praktischen Wert hat,
möchte er nicht entscheiden, glaubt es aber nicht. Wir wissen, dass
die gesunden Bazillenträger nicht so gefährlich sind, wie die Dauer¬
ausscheider. Dass die Diphtherie übertragen werden kann durch
Menschen, die gesund sind, hat man längst gewusst (Jacobi 1884),
bevor man die Bazillen kannte.
Wer die klinische Diagnose der Diphtherie zu beherrschen
glaubt, der mag auf die bakteriologische Diagnose verzichten —
bis er einmal Reugeld gezahlt hat auf Kosten seiner Patienten. Die
Bakteriologie hat uns erst die Erkenntnis gebracht, dass die Diphtherie
sehr oft unter atypischen Bildern verläuft.
Viele Endemien, besonders in geschlossenen Anstalten, kommen
durch Isolierung und Desinfektion nicht zum Erlöschen, verschwinden
aber nach Entfernung der Bazillenträger. Also lassen wir die Bazillen
träger laufen, solange wir keine Epidemie haben; sobald sich aber dii
Diphtherieerkrankungen häufen und wir annehmen können, dass eint
Anzahl von Bazillenträgern nicht mehr harmlos sind, dann wollen wi
uns ihrer erinnern und sie dort, wo wir, wie in der Schule, die Mo«
lichkeit dazu haben, absondern.
Der Vorschlag des Herrn Flachs, bei Auftreten einer Diph
therieerkrankung die ganze Klasse bakteriologisch durchuntersuchei
zu lassen, geht zu weit. Richtiger ist es. in solchem Falle sogleid
alle Kinder anzusehen; man wird dabei viel öfter als man denkt
atypische Diphtherie finden. Verdächtig sind Kinder mit Rachen
katarrh, Schnupfen, rauhem Husten; sie werden nach Hause geschieh
und bakteriologisch untersucht.
Die bakteriologischen Erfahrungen legen die Annahme nahe, das:
der Körper eine gewisse Disposition haben muss, um an Diphtherie
zu erkranken. Der Beweis dafür ist von Herrn Schanz noch nicht
erbracht worden. Möglicherweise gibt es Menschen von verschiedene
Konstitution, die gute oder schlechte Nährböden abgeben. Das is,
aber noch nicht im geringsten bewiesen.
Die Pyozyanase ist ganz wirkungslos. Auch der Erfolg de:
örtlich mittels Spray angewendeten Serums ist nicht sehr überzeugend!
Stets ist zu berücksichtigen, dass bei der überwiegenden Mehn
zahl die Bazillen in der 3.-4. Woche von selbst verschwinden.
Herr F. Schanz: 47 Proz. der Kinder in der T e u f f e 1 sehet,
Poliklinik und schon 25 Proz. der Säuglinge des Säuglingsheims hatten
die Erreger der Diphtherie auf ihren Schleimhäuten, ohne an Diphtheri
zu erkranken. Vor 2U Jahren hätte man das für ganz unmöglich er'
klärt. Löffler hat auch nur die giftigen Bazillen als die Diphtherie)
erreger bezeichnet. Die ungiftigen, die er auf normalen Schleimt
häuten fand, glaubte er von jenen durch kleine, aber bestimmte Merk;
male unterscheiden zu können. Er bezeichnete sie als Pseudodipii
theriebazillen. Die von Löffler angegebenen Unterscheidungsmerk¬
male haben sich alle für nicht stichhaltig erwiesen. Thal man:
hat erst heute angeführt, dass man aus alten, von echter Diphtheri'
stammenden Kulturen auch Bazillen mit allen Merkmalen der Pseudo!
diphtheriebazillen züchten kann. Heute sucht man das häufige Vor
kommen der Löffler sehen Bazillen auf gesunden Schleimhäute:
dadurch zu erklären, dass man annimmt, dass solche Personen, ma
nennt sie Bazillenträger, in ihrem Blute Schutzstoffe haben, die sie vo
den schädigenden Wirkungen der Löffler sehen Bazillen schützei
Nun ist ja bekannt, dass im Diphtherieprozess durch die Einwirkun,
des Diphtherietoxins Antitoxine entstehen. Ob aber alle Bazillenträge
solche Stoffe beherbergen, das ist noch unbekannt, keiner der viele
Redner hat diesen Punkt berührt, und doch ist dies jetzt der wichtigst
Punkt in der ganzen Diphtheriefrage. Solange nicht der Nachwei
erbracht, dass alle Bazillenträger auch Schutzstoffe haben, ist ma
berechtigt, an der ätiologischen Bedeutung der Löffler sehen Ba
zillen zu zweifeln.
Conradi unterscheidet von Bazillenträger Hauptträger un|
Nebenträger. Hauptträger sind solche, die Diphtherie durchgeniach
haben, die Nebenträger haben nie an Diphtherie gelitten. Nur di
Hauptträger sind ansteckend. Wenn dieser Unterschied wirklich be
rechtigt ist, dann spielt bei den Hauptträgern noch ein uns völli
unbekannter Faktor mit, der für die Uebertragung der Diphtherie wich
tiger ist als der Löffler sehe Bazillus. Eine Ansicht, die ich scho
seit 18 Jahren vertrete.
Schmaltz hat erwähnt, dass sich das Aussehen seiner Diph
theriestation mit der Einführung der Serumtherapie sehr auffallen
verändert habe. Diese Tatsache ist nicht zu bestreiten. Sollten d
aber nicht noch andere Faktoren mitwirken? Die Serummengen, di
man damals verwandte, waren, wie man jetzt allgemein zugibt, urige
nirgend. Die Serumtherapie begann zu einer Zeit, wo die Epidenii
sich auf einem absteigendem Ast befand, die Erkrankungen wurde
seltener und milder. Mit der Einführung der Serumtherapie ändert
sich aber auch die Diagnose der Diphtherie. Vorher wurde si
klinisch gestellt, man scheute sich, Kinder auf die Diphtheriestation z
legen, die nicht das ausgeprägte klinische Bild der Diphtherie zeigtet
Mit der Einführung der Serumtherapie begann man die Diphtheri
bakteriologisch zu diagnostizieren. Bei dem häufigen Vorkommen de:
Bazillen auf gesunden Schleimhäuten sind sicher viele Bazillenträge
mit harmlosen Rachenaffektionen auf die Diphtheriestation gekommen
Sollten nicht diese Faktoren auf das veränderte Aussehen der Dipl
theriestationen mehr Einfluss gehabt haben, als die heute für in
genügend erachteten Serumdosen?
Herr Mann hat sehr anschaulich geschildert, wie heute die Di:
gnose bei Halsaffektionen gestellt wird, und welche groben Fehler d;
bei Vorkommen. Er hat die Hoffnung ausgesprochen, dass man dun.
Prüfung der Bazillen auf ihre Giftigkeit in der Frage weiter komme
kann. Dazu ist wenig Aussicht. Man findet auf derselben Schleim
haut neben höchst giftigen völlig ungiftige Bazillen. Aus dem Institi
für Infektionskrankheiten liegt jetzt eine Arbeit vor von Bernhard
und O r n s t e i n über die Variabilität pathogener Mikroorganismei
Denselben war es möglich, aus demselben Stamm auch in der Koloni
abweichende Typen zu züchten, von denen der eine hochgiitig, dt
andere in 50 facher Dosis ganz ungiftig war.
Wie will man bei dieser Sachlage durch die Prüfung der Bazille:
auf ihre Giftigkeit etwas erreichen?
Als ich vor 18 Jahren als erster auf das häufige Vorkommen dt
Löffler sehen Bazillen auf gesunden Schleimhäuten aufmerksai
machte, wurde ich von allen Seiten auf das energischste angegriffei
1. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
723
Ich hatte gesagt, dass sich bei jedem zweiten Menschen Löffler-
sche Bazillen nachweisen lassen, die T e u f f e 1 sehe Statistik, an
deren Richtigkeit nicht zu zweifeln ist, bringt dieselbe Zahl. Selbst
wenn man diese Zahl bezweifelt, so muss man doch zugeben, dass der
Löffle rsche Bazillus überall häufig anzutreffen ist. Was er¬
gibt sich daraus für die Praxis? Wiieviel harmlose Affektionen mögen
im Laufe der 18 Jahre auf Qrund der bakteriologischen Diagnose zur
Diphtherie geworden sein? Welchen Wert haben die Statistiken, in
denen man die klinisch diagnostizierten Diphtherien den bakteriologisch
diagnostizierten gegenübergestellt hat? Mit solchen Statistiken hat
man den Wert der Serumtherapie zu erweisen versucht. Ich habe
immer betont, dass sich der Arzt bei seinen Massnahmen auf das
klinische Bild, nicht auf die bakteriologische Diagnose verlassen soll.
Heute werde ich mit dieser Ansicht nicht mehr so allein dastehen, wie
vor 18 Jahren, als ich zum ersten Male diese Ansicht hier aussprach.
Herr Schmal tz verwahrt sich gegen die vom Vorredner er¬
hobene Behauptung, dass das Gesamtbild seiner Diphtheriestation durch
die Hinzunahme der ganz leichten, erst durch die bakteriologische
Untersuchung festgestellten Diphtheriefälle ein günstigeres geworden
sei. Es ist zweifellos, dass sich der Charakter der Krankheit seit der
systematischen Serumanwendung völlig geändert hat.
Herr Teuf fei: Nicht bei 71 Proz., sondern nur bei 47 Proz.
der untersuchten Kinder sind von ihm Bazillen gefunden worden.
Die bakteriologische Diagnose lässt auch bisweilen im Stich: Bei
einem von ihm beobachteten, an eitriger Rhinitis und leichter lakunärer
Angina leidenden Kinde wurden Diphtheriebazillen gefunden. Es
wurde Serum gegeben, doch ohne Erfolg; die Rhinitis erschöpfte sich
erst nach Wochen, sie war durch Staphylo- und Streptokokken er¬
zeugt, die Diphtheriebazillen waren nur ein Nebenbefund.
Für die Meldung an die Wohlfahrtsbehörde kann nur die klinische
Diagnose, nicht der bakteriologische Befund massgebend sein.
Bezüglich der Desinfektion glaubt er, dass in allen einfachen
Fällen die laufende Desinfektion genügt. Eine Schlussdesinfektion ist
nur unter besonderen Umständen nötig; so namentlich, wenn kurz
nach dem Auftreten einer Diphtherieerkrankung ein Wohnungswechsel
erfolgt.
Für die Berechtigung der Trennung der Bazillenträger in Haupt-
und Nebenträger ist Herr C o n r a d i den Beweis schuldig geblieben.
Herr Conradi: In der bisherigen Diskussion wurden vor allem
zwei Fragen erörtert: 1. die Ubiquität des Diphtheriebazillus und
2. die der Bazillenträger. Allgemein wird jetzt anerkannt, dass der
Diphtheriebazillus nicht ubiquitär ist, sondern nur innerhalb der In-
iektionskreise eines Diphtheriekranken oder -trägers vorkommt. Auch
Behring hat neuerdings dieser Anschauung zugestimmt und damit
seinen früheren Standpunkt aufgegeben. Nur Herr Schanz noch
behauptet das unbegrenzte Vorkommen des Diphtheriekeimes. Seine
Meinung begründet er zunächst damit, dass der Diphtheriebazillus mit
dem überall verbreiteten Pseudodiphtheriebazillus identisch sei. Dem¬
gegenüber möchte ich betonen, dass bei Untersuchung von Rachen-
und Nasensekret die typische Form und Lagerung der Diphtherie¬
bazillen, die M. N ei ss er sehe Körnchenfärbung, das Aussehen der
Kolonien auf der Tellurplatte und ferner der hängende Tropfen in
den meisten Fällen eine Unterscheidung von den Pseudodiphtherie¬
bazillen ermöglicht. Im Zweifelsfalle leisten die von Rothe an¬
gegebenen Lävulose- und Dextroseserumplatten wertvolle Dienste,
indem hier die durch den Diphtheriebazillus bedingte Säurebildung eine
Trennung zwischen den Diphtherie- und Pseudodiphtheriebazillen zu¬
lässt. Wir verfügen also jetzt über Methoden, die zwischen beiden
Gruppen scharfe Grenzlinien ziehen. Von einer Identität zwischen
Diphtherie- und Pseudodiphtheriebazillen, wie Herr Schanz noch
immer annimmt, kann nicht die Rede sein. Nun wurde vorhin ge-
äussert, dass bei Bazillenträgern wenigstens nur der Nachweis der
Tiervirulenz des gezüchteten Stammes diesen als Diphtheriebazillus
kennzeichne. Allein ganz abgesehen von der praktischen Unmöglich¬
keit, die Befunde bei Bazillenträgern jedesmal durch den Meer¬
schweinchenversuch zu sichern, darf nicht übersehen werden, dass es
schwach virulente und selbst avirulente Diphtheriebazillen gibt. Hält
man sich an die übliche Dosierung (0,5 ccm Bouillon auf 100 g Meer¬
schweinchen), so bleiben zuweilen die injizierten Versuchstiere am
Leben. Steigert man aber die Dosen in der Weise, dass man die
Abschwemmung ganzer Serumplatten intraperitoneal einspritzt, so
sterben dann Meerschweinchen an den für Diphtherie typischen Er¬
scheinungen. Die Virulenz der einzelnen Diphtheriestämme also ist
graduell verschieden und es hängt wesentlich von der Art der Do¬
sierung ab, ob ein Diphtheriestamm als virulent gilt oder nicht. Ueber-
dies scheint es schlechthin ausgeschlossen, aus der Tiervirulenz
eines Stammes dessen Virulenz für die Menschen abzuleiten. Nach
alledem muss man sich fragen, ob die vorhin aufgestellte Forderung
des obligaten Nachweises der Tiervirulenz nicht über das Ziel hinaus-
schiesst. Weiter hat Herr Schanz ausgeführt, dass die Häufigkeit
der Diphtheriebazillenträger für die unbegrenzte Verbreitung des Di¬
phtheriebazillus spräche. Allein die Schwärme von Bazillenträgern
erweisen keineswegs die Ubiquität des Diphtheriekeims, vielmehr nur
die extensive endemische Verbreitung der Diphtherie. Ein einzelner
Diphtheriekranker kann 20 und mehr Bazillenträger entstehen lassen.
Der gleichen Erscheinung begegnen wir bei dem Typhus. Wie
Hecker und Otto fanden, kommen auf einen Typhuskranken bis
zu 40 typhusinfizierte Gesunde. Niemand aber folgert daraus die Ubi-
quität des Typhusbazillus. Wenn auch bei Diphtherie die Zusammen¬
hänge zwischen Kranken und Trägern, zumal in der Grossstadt, sich
verlieren, so steht doch fest, dass jeder Diphtheriebazillenträger in
letzter Linie auf einen Diphtheriefall zurückgeht. Welchen Umfang
die Diphtheriedurchseuchung bei uns angenommen hat, zeigen die sero¬
logischen Untersuchungen von Benno Hahn in Marburg, der an einem
grossen Material nachwies, dass mit zunehmendem Lebensalter die
Antitoxinkurve des Blutserums ansteigt. Die Häufung von Bazillen¬
trägern also ist nur ein Symptom der Diphtherieendemie, nicht aber
der Ubiquität des Diphtheriebazillus.
Schliesslich noch einige Worte über die Gefährlichkeit der Ba¬
zillenträger. Ich bin der Meinung, dass aus epidemiologischen Grün¬
den die krankgewesenen Bazillenträger (Hauptträger) und die immer
gesunden Keimträger (Nebenträger) auseinanderzuhalten sind. Wäh¬
rend die Hauptträger genau so wie die Rekonvaleszenten die Di¬
phtherie verbreiten, scheinen die Nebenträger relativ harmlos zu sein.
Unsere prophylaktischen Massnahmen müssen sich also im wesent¬
lichen gegen die Hauptträger richten, während die Nebenträger in der
Regel unbehelligt bleiben können. Nun führte Herr Rietschel aus,
welche praktischen Schwierigkeiten sich ergeben könnten wenn ein
Nebenträger sich zu einem Hauptträger entwickele. Diese Bedenken
kann ich nicht teilen. Die Möglichkeit besteht allerdings, dass ein
Krankwerdender zunächst als Nebenträger aufgefasst wird. Allein die
Inkubationszeit bei Diphtherie beträgt in der Regel 2 — 3 Tage, so dass
also innerhalb kürzester Zeit der Charakter des Infizierten erkannt
werden kann. Weiter machte auch Herr S c h m o r 1 gegen die Ein¬
teilung der Bazillenträger in Haupt- und Nebenträger theoretische und
praktische Einwände geltend. So könnte ein an leichter Diphtherie
Krankgewesener als Nebenträger gedeutet werden. Vor solchen Irr-
tümern aber schützt wohl in der Mehrzahl der Fälle eine sorgfältig
aufgenommene Anamnese, sowie der objektive Befund (Rachen- und
Nasenhöhle, submaxillare und Halslymphdrtisen). Weiterhin führte
Herr Schmorl an einem Beispiel aus, dass auch Nebenträger die
Krankheit ti bertragen können. Allein die Angabe, dass sich die
diphtherieübertragende Krankenschwester wohl fühlte, schliesst noch
nicht die Möglichkeit aus, dass der objektive Befund die Diagnose
Diphtheria ambulatoria ergeben hätte. Derartige Verwechslungen
finden sich auch in der Literatur, z. B. bei Lippmann (St. Georgs-
Krankenhaus in Hamburg). Sie sind um so eher möglich, als Erwach¬
sene häufig eine larvierte Diphtherie durchmachen, wie S i m o n i n
und B e n o i t zuerst gezeigt haben. Einwandfreie Fälle von Krankheits¬
übertragung durch Nebenträger liegen noch nicht vor. Die jüngste
Veröffentlichung des Kölner Schularztes Schrammen, der in di¬
phtheriefreien Volksschulen 6 — 11 Proz. Diphtherienebenträgern be¬
gegnete, ist vielmehr wieder ein zwingender Beweis für die relative
Harmlosigkeit des Nebenträgers.
Schliesslich führte Herr Schmorl noch aus, dass bei
Diphtheriebazillenträgern die innere Desinfektion mit chemischen
Mitteln von vornherein wenig aussichtsvoll erscheine, weil bei
Diphtherie die Erreger in den schwer zugänglichen Tonsillenkrypten.
Nebenhöhlen und Speicheldrüsen persistieren. Dass bei letal endi¬
gender Diphtheria gravissima die Verhältnisse so liegen, ist sicher.
Aber eine andere Frage ist es, ob auch bei der Hauptmasse der
Diphtheriefälle, den in Genesung übergehenden Diphtherien, gleiche
Schwierigkeiten zu überwinden sind. Der pathologische Anatom, der
täglich die Wirkungslosigkeit ärztlicher Therapie vor Augen sieht,
wird immer kurative Mittel skeptisch betrachten. Chemothera¬
peutische Versuche aber sind notwendig. Ob die Malonsäure bei
Kranken und Trägern die Diphtheriekeime abtötet, müssen die im
Gange befindlichen klinischen Untersuchungen ergeben. Wie dem auch
sein mag, an den Diphtheriebazillenträgern wird die Diphtherie¬
bekämpfung nicht scheitern. Die Hauptschwierigkeit liegt vielmehr
darin, sämtliche Diphtherieerkrankungen, auch larvierte und leichte
Diphtheriefälle, rechtzeitig in Erfahrung zu bringen und deren Kon-
tagiosität im Keime zu ersticken. Hier versagen vorderhand die
kommunalen und staatlichen Organisationen der Seuchenbekämpfung.
Herr Flachs: Zu einer Infektion gehört sicherlich weit mehr
als der blosse Bazillus. Was aber noch hinzukommen muss, das
wissen wir nicht, und wir helfen uns mit dem Begriff Disposition oder
Diathese. Für die Diagnose ist in manchen Fällen die richtige Ein¬
schätzung des Kranken, die klinische Bewertung weit wichtiger als
der bakteriologische Befund.
Bei der Desinfektion hat die laufende Desinfektion im Vorder¬
grund zu stehen; die Schlussdesinfektion geht zu weit. Er wiederholt
seinen Vorschlag: Kommt in einer Klasse ein Diphtheriefall vor,
so sollen die Kinder, die in der Nachbarschaft des Erkrankten sitzen,
— nicht die ganze Klasse — untersucht werden; Anginen werden nach
Haus geschickt. Durch Ausscheidung der Anginen wird man am
besten einer Infektion Herr werden. Von der innerlichen Anwendung
von Salizylpräparaten hat er gute Erfolge gesehen, auch prophylaktisch.
Bei der Bekämpfung der Diphtherie müssen die allgemeinen For¬
derungen der Hygiene in den Vordergrund gestellt werden.
Herr F. Schanz: Wenn ich von der Ubiquität der Löffler-
schen Bazillen gesprochen habe, so stammt der Ausdruck nicht von
mir, sondern von Behring. Er soll sagen, dass der Löffler sehe
Bazillus überall häufig zu finden ist. Das ist nicht mehr zu
bestreiten und das beweisen die Zahlen, die man hier vielfach vor-
gebracht, hat doch Conradi selbst erwähnt, dass in Köln, zu einer
Zeit, wo keine Diphtherie dort vorkam, von 600 Kindern 10 Proz. den
Löffler sehen Bazillus beherbergten. Wenn C o n r a d i anführt,
dass man die Diphtheriebazillen von den Pseudodiphtheriebazillen
trennen könne auf Grund der verschiedenen Säurebildung in gewissen
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
724
Nährböden, so dürfte eine solche Trennung nicht möglich sein. Die
Säurebildung ist ein vitaler Prozess. Es ist doch nichts auffälliges,
wenn die giftigen, von frischen Diphtheriemembranen abgeimpften
Bazillen lebhaftere Entwicklung und stärkere Säurebildung im Nähr¬
boden zeigen, als die Bazillen, die von einer normalen Schleimhaut
kommen, und lange Zeit auf keinem so vorteilhaften Nährboden gelebt
haben. Conradi suchte nochmals nachzuweisen, dass die Einteilung
in Haupt- und Nebenträger berechtigt sei, aber die Antwort,
wie es kommt, dass nur die Hauptträger an stecken,
ist er schuldig geblieben.
Herr Brückner fragt Herrn C o n r a d i, wie er es in der
Praxis anfängt, um herauszubekommen, ob jemand, der z. B. einen
chronischen Rachenkatatrrh hat, Haupt- oder Nebenträger sei. Er
hält diese Feststellung für unmöglich.
Herr Conradi: Auf die Frage des Herrn Brückner möchte
ich erwidern, dass derUnterschied in den objektiven Symptomen liegt,
die der Hauptträger erkennen lässt. Ob diese unbedingt zur Diph¬
therie gehören, bleibe dahingestellt. Findet man Diphtheriebazillen bei
gleichzeitigem Rachenkatarrh, so würde man annehmen, dass letzterer
durch die Diphtheriebazillen bedingt ist.
Wenn Herr Schanz die Säureproduktion der Diphtheriebazillen
zur Unterscheidung nicht gelten lässt, so leugnet er damit überhaupt
die Anwendung der bakteriologischen Methoden. Ebenso wie Bac.
typhi, vom Bac. coli, so können wir heute auch den Diphtherie- vom
Pseudodiphtheriebazillus unterscheiden.
Insofern muss man Herrn Schanz zustimmen, als die Begriffe
der Immunität und Disposition heute völlig ungeklärt sind. Das x von
Pettenkofer spielt auch in die Diphtherie hinein. G o 1 1 s t e i n
meint, dass etwa jedes 10. Kind für die Diphtherie empfindlich sei.
Worauf das beruht, darüber wissen wir nichts.
Herr Rostoski: In der Praxis ist es äusserst schwierig, Haupt-
und Nebenträger zu unterscheiden. Auch beim Typhus können wir
oft nur auf Grund eines hohen Agglutinationstiters entscheiden, ob
jemand eine leichte Form dieser Krankheit durchgemacht hat oder
nicht. Aehnlich ist es bei der Diphtherie. Leichte Fälle machen gar
keine Beschwerden. Das Aufnehmen der Anamnese schliesst grosse
Fehlerquellen in sich; leichte Halsschmerzen sind so häufig, dass sie
rasch wieder vergessen werden. Die von Herrn Conradi er¬
wähnten Drüsenschwellungen sind selbst nach ganz schweren Diph¬
therien nach 2 Wochen, oft nach 3 Wochen meist verschwunden. Bei
leichten Diphtherien sind sie überhaupt nicht sehr ausgesprochen und
halten, wenn sie vorhanden sind, nur einige Tage an. Man kann sich
also für die Entscheidung, ob Hanpt- oder Nebenträger, auch nicht
auf die Drüsenschwellungen verlassen.
Naturhistorisch-medizinischer Verein zu Heidelberg.
(Medizinische Sektion.)
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 11. Februar 1913.
Vorsitzender; Herr Bett mann.
Schriftführer; Herr Fi sch ler.
Herr Holthusen stellt einen Fall von Zenker schem
Oesophagusdivertikel bei einem 70 jährigen Manne vor, mit Demon¬
stration von Röntgenaufnahmen. Es handelte sich um einen gänseei¬
grossen, links von der Speiseröhre gelegenen, bis zum Sternum herab¬
reichenden Sack, dessen topographische Verhältnisse durch eine
gleichzeitig in die Speiseröhre eingeführte Sonde radiograptiisch fest¬
gestellt wurden. Eine äusserlich wahrnehmbare Geschwulst am Halse
war nicht vorhanden, dagegen bestanden typische Halsgeräusche.
Herr E. Grafe: Unter welchen Umständen gelingt es, :nit
Ammoniaksalzen oder Harnstoff-Stickstoff- Ansatz zu erzielen.
Der Vortragende hat die Versuche über Stickstoffretemionen bei
Fütterung von Ammoniaksalzen, über welche er an gleisher Stelle
vor ca. einem Jahre berichtete, fortgesetzt und auch auf das Schwein,
das sich für derartige Untersuchungen weit besser eignet als der
Hund, übertragen. Die dort gewonnenen Versuche waren die gleichen,
wie sie früher beim Hunde erzielt wurden. Es gelingt durch Fütte¬
rungen reichlicher Mengen von Ammoniaksalzen und sogar auch von
Harnstoff bei gleichzeitiger Ueberernährung mit Kohlenhydraten sehr
erhebliche, dem Gleichgewicht sich nähernde Stickstoffretentionen zu
erhalten. Niemals war jedoch bisher eine dauernde Mehrung des
Stickstoffbestandes des Organismus zu erzielen gewesen.
Die Untersuchungen, über die Grafe im einzelnen berichtet,
sollten die Bedingungen eruieren, welche zur Erreichung eines
N-Ansatzes nötig sind. Die Versuche über die Frage, wie weit dies
bei einer ganz abundanten Darreichung von Ammoniaksalzen und
Harnstoff allein möglich ist, sind noch zu keinem endgültigen Resultate
gekommen, jedoch konnte Gr. zeigen, dass man bei Verfütterung
mittelgrosser Mengen von Amrnoniaksalzen und Harnstoff und sehr
kleiner Eiweissmengen, die weit unter der Menge liegen, mit der
allein ein N-Gleichgewicht erreicht werden kann, tatsächlich ein
anscheinend dauernder Stickstoffansatz sich erreichen lässt. Die
Methodik und die Resultate werden an der Hand eines 65 tägigen
Versuchs an einem Schweine demonstriert. Die Deutungsmöglich¬
keiten für diesen Stickstoffansatz werden erörtert, ohne dass Gr.
eine Entscheidung trifft, da er hofft, durch weitere Versuche eine
zuverlässige Erklärung finden zu können.
Herr Emmerich: Ueber Anreicherung von Spirochäten und
Trypanosomen im Kaninchenhoden.
Ausgehend von den Uhlen huth - und M u 1 z e r sehen Arbeiten
über experimentelle Kaninchensyphilis bespricht Vortr. die Bedeutung
der Tierimpfung bei Syphilis in diagnostischer Hinsicht und besonders
als Kontrolle für die Bewertung der Wassermann sehen Reaktion
bei primär und sekundär luetischen Erkrankungen. Die histologische
Untersuchung derartig luetisch infizierter Tiere ergibt eine Reihe sehr
interessanter Befunde, auf die bisher nur Koch hingewiesen hat,
dem das Uhlenhuth - und M u 1 z e r sehe Material zur Verfügung
stand. Bei der grossen Aehnlichkeit, die das klinische Krankheitsbild
bei experimenteller Kaninchensyphilis und experimenteller Trypano¬
somenerkrankung bietet, war es interessant zu sehen, wie sich das
histologische Bild gestalten würde. E. untersuchte im Uhlen-
h u t h sehen Institut eine grosse Reihe von Fällen von Dourine.
Nagana und Schlafkrankheit und hier ergab sich eine auffallende
Ucbereinstimmung mit den Veränderungen bei experimenteller
Kaninchensyphilis. Vortr. wird diese Befunde später ausführlich
mitteilen.
Vortr. berichtet weiter über gemeinsam mit Uhlenhuth an-
gestellte Versuche, die den Zweck hatten, festzustellen, ob die
Affinität zum Hodengewebe, die sich bei der Spirochaete pallida als
charakteristisch herausgestellt hatte, auch für die Trypanosomen
Geltung habe. Zahlreiche Versuche mit dem Trypanosoma equiperdum
bestätigten vollauf die Annahme; doch müssten natürlich diese Be¬
funde noch bei verschiedenen Stämmen erhoben werden, um sie im
Falle der Bestätigung auch als diagnostische Methode verwerten zu
können. Bei Trypanosoma Brucei und Lewisi liess sich keine An¬
reicherung im Hoden bei Kaninchen und Ratten erzielen. Dagegen
zeigten vielfache Versuche bei Schlafkrankheit das gleiche Verhalten
der Trypanosomen wie bei Dourine. Auch hier müssten weitere
Kontrollen die Brauchbarkeit der Methode für die Praxis feststellen,
die event. eine Frühdiagnose der Schlafkrankheit ermöglichen könnte.
(Demonstration syphilitischer, dourine- und naganakranker Ka¬
ninchen.)
Naturwissenschaft!. -medizinische Gesellschaft zu Jena.
Sektion für Heilkunde.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 13. Februar 1913.
Vorsitzender ; Herr R ö s s 1 e.
Schriftführer : Herr Bennscke.
Herr Maurer: Schilddrüse, Thymus und ihre Nebendrüsen
bei Wirbeltieren und dem Menschen.
Unter den im Bereiche der Kopfdarmhöhle, besonders der
Schlundspalten sich entwickelnden drüsigen Organen beim Menschen
haben neben der Schilddrüse besonders die Epithelkörperchen in den
letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Aerzte gewonnen, weil sie,
wie es scheint als Organe innerer Sekretion, funktionell von Be¬
deutung sind. Man hat die in der Umgebung der Schilddrüse und der
Thymus angeordneten kleinen Gebilde sehr verschieden beurteilt
und bezeichnet. Bald findet man sie als Parathymus, Parathyreoidea,
Epithelkörperchen, Sandström sehe Körperchen angeführt. Nicht
nur wegen der Störungen, die ihre Entfernung veranlassen, sondern
auch als anatomische Grundlage für Tumoren, Zysten und Fisteln ge¬
winnen sie unter Umständen praktische Bedeutung. In der letzten
Zeit ist eine Arbeit über diese Gebilde bei Säugetieren .erschienen
(Th. Mayr: Die Drüsenknospen Thymus und Tholus am Meta¬
pharynx der Säuger. Morphol. Jahrbuch, Bd. 45, H. 1, 1912), die
mich veranlasst, diese Fragen einmal wieder aufzunehmen. Dass
ich gerade an dieser Stelle mich darüber äussere, ist veranlasst durch
die wiederholten Fragen meiner klinischen Herren Kollegen betreffend
die anatomische Beurteilung von Halszysten und Fisteln, besonders
auch abnormen Bildungen im Bereiche der ersten Schlundspalte, die
doch im wesentlichen in dem Dienst des Gehörorgans eine besondere
Ausbildung erfährt.
In der zitierten Arbeit von Mayr findet man eine vortreffliche
Zusammenstellung der Literatur; auch sind dort meine Arbeiten über
diese Fragen in ausgezeichneter Weise kurz wiedergegeben. Die
eigenen Untersuchungen des Verfassers beschränken sich aber aui
Säugetiere und nach deren Befunden sind die angeregten Fragen nicht
zu beantworten. Ich halte deshalb die von Mayr vorgeschlagenen
Bezeichnungen für die neben Schilddrüse und Thymus sich findenden
Gebilde als Tholus (Ektholus und Entholus) für sehr ungeeignet,
denn dadurch werden tatsächlich sehr komplizierte Verhältnisse, die
durch die vergleichende Anatomie vollkommen aufgeklärt sind, ganz
unberechtigter Weise vereinfacht und dadurch ganz entstellt. Es ist
dieses ganze Problem, wie wenige, geeignet, klar zu zeigen, wie
wichtig die vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte fiii
die Beurteilung der beim Menschen bestehenden Verhältnisse ist.
Ohne zoologische Kenntnisse sind solche Probleme überhaupt nicht
zu lösen. Ich habe in früheren Jahren eingehende Untersuchungen
an Knochenfischen, Amphibien, Reptilien und niederen Säugetieren
gemacht und will versuchen, hier in Kürze ein Bild von der stammes¬
geschichtlichen Ausbildung der auch für den Menschen so wichtigen
Halsdrüsen zu geben. Es handelt sich um die Schilddrüse, die
Thymus, die Epithelkörperchen und den postbranchialen Körper.
I
April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
725
Um einen klaren Ausgangspunkt und damit eine präzise Frage-
ttilung zu erhalten, ist zunächst zu untersuchen, welche von den
enannten Organen bei niederen, im Wasser lebenden Wirbeltieren,
ie zeitlebens offene Kiemenspalten besitzen, bestehen. Danach wird
u eruieren sein, welche Organe erst auftreten, wenn die Kiernen-
palten eine Rückbildung erfahren und wie sie sich zum Verschluss
er Kiemenspalten verhalten. Das ist folgendermassen zu beant¬
worten: Bei Selachiern, Teleostiern und den Larven der ge-
jchwänzten Amphibien bestehen gleichzeitig mit den offenen Kiemen-
palten: die Schilddrüse, die Thymus und der postbranchiale Körper.
Venn bei den wenigen bis jetzt untersuchten Formen der Knochen-
sche der postbranchiale Körper noch nicht gefunden wurde, so ist
ies insofern für uns belanglos, als er sicher bei Selachiern und Uro-
elenlarven nachgewiesen wurde, also in seinem Auftreten nicht vom
erschluss der Kiemenspalten abhängig ist. Dagegen sehen wir,
ass bei keiner der genannten F'ormen die Epithelkörperchen be-
tehen. Deren Auftreten setzt also den Verschluss der Kiemenspalten
oraus. Bei Selachiern sind die uns interessierenden Verhältnisse von
»ohrn und van Bemmelen untersucht worden. Bei Knochen-
schen habe ich später die Entwicklung und die späteren Befunde
ntersucht. Da findet sich die Schilddrüse in der Anlage überall
leich gebildet. Sie entsteht in Form einer bläschenförmigen epi-
lelialen Ausstülpung der ventralen Wand der Kopfdarmhöhle in der
entralen Mittellinie zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen,
lier tritt sie bei allen Wirbeltieren, bis zum Menschen hinauf in
leicher Form auf. Sie ist das einzige Organ, das auch hinsichtlich
einer stammesgeschichtlichen Vorbildung ganz aufgeklärt ist durch
ie Untersuchungen Wilhelm Müllers an Zyklostomen. Bei Am-
lozötes, der Larvenform von Petromyzom findet man nämlich an
er genannten Stelle eine gabelig gespaltene Schleimdrüse, mit
ffenem, frei in die Mundhöhle mündendem Ausführgang (homolog
er Hypobranchia.lrinne der Tunikaten). Bei der Metamorphose von
mmozötes zu Petromyzon schnürt sich diese Schleimdrüse von der
lundhöhlenschleimhaut unter Verschluss ihres Ausführganges ab und
wird zu einer grossen Zahl getrennter rundlicher, mit Epithel ausge-
leideter Bläschen umgebildet, die in ihrem Lumen Kolloid enthalten,
on da an ist dieses Organ bis zum Menschen hinauf immer in
leicher Anlage und Ausbildung, sowie vom gleichen Bau nach-
eisbar. Die kolloidhaltigen Bläschen charakterisieren das Organ,
.nders die Thymus: Sie besteht bei Selachiern, Teleostiern und
tnphibien aus kompakten Wucherungen des Epithels der dorsalen
iementaschen. Die Wucherungen nehmen den Charakter adenoiden
iewebes an. Verschieden ist die Zahl der zur Bildung des Thymus-
ewebes herangezogenen Kiemenspalten: bei Selachiern sind es alle
palten, bei Knochenfischen die 2. — 5., bei Urodelen die 1. — 5., bei
.nuren (Frösche und Kröten) die 1. und 2. Diese Wucherungen
önnen mit den Kiemenspalten in Verbindung bleiben und als ge¬
änderte Gebilde hintereinander liegen, oder zu einheitlicher Masse
erschmelzen, sich auch von der Kiemenschleimhaut ablösen. Sie
elimen ihrer Entwicklung entsprechend immer eine dorsale Lage zu
en Kiemenspalten an. Betrachten wir nun die Vorgänge des Ver¬
drusses der Kiemenspalten, wie er sich bei Urodelen vollzieht:
lehmen wir die 3. Kiemenspalte als Beispiel: Die Thymus dieser
palte liegt abgelöst, dorsal von der Spalte. An letzterer unter-
cheiden wir einen inneren Kiemengang, einen mittleren Teil
ut dorsal und ventral ausgebuchteter Tasche und einen äusseren
iemengang. Innerer und äusserer Kiemengang erfahren einen
ölligen Verschluss und gänzliche Rückbildung, aus dem mitt-
:ren Teil aber wird unter eigentümlicher Wucherung der
pithelzellen der Kiementasche ein Epithelkörperchen, aus ganz
harakteristischem Gewebe bestehend: kleine Gruppen epi-
rtelialer Zellen, fest zusammengepresst liegend und durch Binde-
ewebe voneinander getrennt. Nirgends ist ein Lumen erkennbar,
her es besteht auch kein adenoides Gewebe. Mit Rücksicht auf diese
'ntstehung und den eigenartigen Bau dieser Gebilde, habe ich sie,
m hinsichtlich ihrer Bedeutung gar nichts zu präjudizieren, als
Epithelkörperchen bezeichnet, welcher Namen sich auch in der
iteratur eingebürgert hat. Bei Urodelenlarven besteht aber ausser
er Schilddrüse und der Thymus noch der postbranchiale Körper, in
inseitiger Ausbildung und zwar links, hinter der 5. Kiemenspalte
ls länglicher Schlauch mit epithelialer Wandung, ohne Kolloid, aber
lit engem Lumen versehen. Er wächst später zu einer Gruppe
leiner Bläschen aus, die ebenfalls epitheliale Wandung zeigen und
iemals Kolloid enthalten. Das Epithelkörperchen der zweiten
’.iemenspalte wird zur Karotidendriise. Ausser der oben geschil-
erten dritten Spalte bildet auch die vierte Spalte ein Epithel-
örperchen, nicht aber die fünfte, wenigstens nicht bei den von mir
Versuchten Exemplaren.
Bei Reptilien (Eidechse) kommen ebenfalls neben der Schilddrüse
nd der Thymus die Epithelkörperchen und der postbranchiale Körper
ur Ausbildung. Die Schilddrüse entsteht als unpaares Bläschen wie
ei Amphibien in der ventralen Mittellinie zwischen der ersten und
weiten Schlundspalte, der postbranchiale Körper in paariger Anord-
ung als kugeliges Bläschen hinter der vierten Spalte, er bildet kein
lolloid aus. Die Thymus bildet sich aus der zweiten und dritten
palte und die gleichen Spalten bilden auch Epithelkörperchen aus.
nteressant ist das Verhalten der dritten Spalte. Sie zeigt den
lebergang des Urodelen- zum Säugetierbefund: Nicht nur die ganze
orsale Kiementasche wird unter mächtiger Wucherung des Epithels
zu I hymusgewebe, sondern die Wucherung reicht soweit ventral-
wärts herab, dass das Epithelkörperchen dieser Spalte, das als eine
wohl abgrenzbare, histologisch vom Thymusgewebe scharf zu unter¬
scheidende kugelige Bildung mitten im Thymusgewebe nahe dem
ventralen Ende dieses Organs liegt. Die ventrale Kiementasche bildet
zuerst einen kleinen soliden Zapfen, dem ventralen Ende der Thymus
angeschlossen dann bildet sie sich zurück. Die zweite Spalte der
Eidechse bildet nur mit ihrer dorsalen Tasche eine Thymusknospe,
ihrem ventralen Ende ist vorübergehend durch einen Epithelstiel das
Epithelkörperchen dieser Spalte verbunden, löst sich aber bald von
ihr ab, so dass hier der Befund wie bei Urodelen besteht.
Bei Säugetieren (Echidna) sehen wir die Schilddrüse in der
bekannten vorderen unpaaren Anlage wie bei der Eidechse entstehen,
der postbranchiale Körper bildet sich paarig hinter der vierten Spalte.
Die Thymus wird nur aus der dritten Schlundspalte gebildet, die
Epithelkörperchen gehen aus der dritten und vierten Spalte hervor,
die Karotidendriise wahrscheinlich aus der zweiten Spalte. Die Ver¬
hältnisse der dritten Spalten sind die interessantesten: auch hier ist
zu unterscheiden wie bei Urodelen und Reptilien ein innerer Kiemen¬
gang, eine dorsale und ventrale Kiementasche und ein äusserer
Kiemengang. Innerer und äusserer Kiemengang erfahren unter nor¬
malen Verhältnissen eine völlige Rückbildung, auch die dorsale
Kiementasche verkümmert, während die ventrale Tasche unter mäch¬
tiger Wucherung ihrer epithelialen Wandung zur Thymus wird, und
am dorsalen Ende dieser Wucherung bildet sich ein Epithelkörperchen,
ebenso abgegrenzt und in seinem Bau eigenartig wie bei Lacerta,
es liegt am dorsalen Ende der Thymus, inmitten ihres Gewebes. Ver¬
glichen mit den Verhältnissen bei der Eidechse hat die Thymus¬
wucherung sich also weiter ventralwärts entfaltet, das Epithel¬
körperchen ist aber an seinem Platze geblieben. Es lag bei Rep¬
tilien am ventralen, bei Echidna am dorsalen Ende der Thymus der
dritten Spalte. Bei Urodelen war die Thymuswucherung ganz dorsal,
abgelöst vom Epithelkörperchen, bei Lacerta beginnt sie sich ventral
auszudehnen, das Epithelkörperchen ist ihr ventral eingelagert, und
bei Säugetieren ist sie ganz ventral herab ausgedehnt, das Epithel¬
körperchen , liegt in ihrem dorsalen Ende.
Wir sehen also in der ganzen Wirbeltierreihe die aus dem Kie-
menmarm hervorgehenden drüsigen Organe sich nach einem einheit¬
lichen Plane entwickeln und nach allen vorliegenden Literaturangaben
finden die höheren Säugetiere und der Mensch sich damit in Ueberein-
stimmung. Es ist ganz zweifellos sicher, dass die 4 Schlundspalten
des Menschen homolog sind den 4 vorderen Kiemenspalten der
niederen Wirbeltiere. Das beweist ihre ganze Anlage, die Ausbildung
der Thymus und Epithelkörperchen und die abnormer Weise öfter
auftretenden weiteren Reste, die gelegentlich zur Bildung von Tu¬
moren, Zysten und Fisteln führen. Für den Menschen ist festgestellt
die vordere unpaare Anlage der Schilddrüse, wie sie allen niederen
Wirbeltieren zukommt, die Ausbildung der Thymus aus der ventralen
Tasche der 3. Schlundspalte, die Bildung von Epithelkörperchen aus
der 3. und 4. Spalte, sowie die paarige Anlage des postbranchialen
Körpers hinter der 4. Spalte. Das Epithelkörperchen der 3. Spalte
steht von vornherein mit dem dorsalen Ende der Thymus in Zu¬
sammenhang, das der 4. Spalte ist selbständig. In ihrer späteren
Anordnung verhalten sich nun die Epithelkörperchen verschieden.
Es liegen mir Präparate von Neugeborenen vor, bei welchen sich
folgendes findet: links: Die Thymus erstreckt sich mit ihrem dem
Kopf zu gelegenen Ende herauf bis zur Schilddrüse und diesem
vorderen Zipfel ist das eine Epithelkörperchen fest verbunden,
während das andere frei daneben liegt. Rechts: die Thymus erstreckt
sich nicht bis zur Schilddrüse empor, die beiden Epithelkörperchen
liegen frei neben der Schilddrüse, als echte Glandulae parathyreoi-
deae. In einem anderen Falle fand ich die beiden Epithelkörperchen
nicht neben der Schilddrüse, sondern mit der Thymus herunterge¬
rückt, das eine mit der Thymus verbunden, das andere, frei daneben¬
liegend, als Glandulae parathymus. Schon daraus ergibt sich, dass
die Epithelkörperchen eine verschiedene Anordnung zeigen, was aber
doch in ihrer Entwicklung begründet und ganz verständlich ist. Nach
dem Angeführten werden sich die übrigen Varietäten leicht beurteilen
lassen. Es bleibt noch der öfter angeführte Befund zu erklären, wo
man inmitten des Thymusgewebes eine grosse Zahl, bis zu 20 kleine
Gebilde vom Bau der Epithelkörperchen (Sandström sehe
Körperchen) fand. Nach meiner Auffassung handelt es sich hier
darum, dass das Epithelkörperchen, welches in Verbindung mit der
Thymus blieb, bei seinem Wachstum durch das ebenfalls stark
wachsende Thymusgewebe in verschiedene Follikelkomplexe zerteilt
wurde, deren Zahl natürlich beliebig gross sein kann. Das spreche
ich indessen nur mit Vorbehalt aus, da ich es nicht beobachtet habe,
doch scheint mir eine andere Deutung nicht möglich. Der post¬
branchiale Körper, dem man früher eine grössere Bedeutung beim Auf¬
bau der Schilddrüse zusprach (W ö 1 f 1 e r und S t i e d a), verbindet
sich nach allen neueren Angaben beim Menschen mit der Schild¬
drüse, erfährt aber eine Reduktion unter normalen Verhältnissen.
Die Schilddrüse besitzt bekanntlich häufig einen vom Isthmus aus
aufwärts verlaufenden Processus pyramidalis. Dieser durch die Ent¬
wicklung des Organs veranlasste Fortsatz kann sich bekanntlich zer¬
teilen und zur Bildung verschiedener Nebenschilddrüsen führen, die
bei Vergrösserung durch ihre Lage recht verhängnisvoll werden
können (Struma subhyoidea). Hierbei spielen die Epithelkörperchen
keine Rolle.
726
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
Was den histologischen Bau der besprochenen Organe betrifft,
so ist das lymphatische Gewebe der Thymus bekannt. Die Schild¬
drüse ist durch die kolloidhaltigen mit Epithel ausgekleideten Bläs¬
chen charakterisiert. Auch der postbranchiale Körper, der bei
niederen Wirbeltieren niemals Kolloid ausbildet, sondern aus epi¬
thelialen Bläschen mit Flüssigkeit gefüllt besteht, bildet bei Säuge¬
tieren Kolloid aus. Die Epithelkörperchen bestehen aus kompakten
Epithelschläuchen und rundlichen Zellkomplexen, von welchen es
nicht erwiesen ist, ob sie bei einer Wirbeltierform oder dem
Menschen Kolloid ausbilden. Legt man sich die Frage vor, warum
diese Gebilde überhaupt zur Ausbildung kommen, so ist daran zu
erinnern, dass sie entstehen bei der Rückbildung der Kiementaschen,
wobei also grössere Schleimhautbezirke verschwinden. Es wird sich
fragen, ob diese Schleimhaut, resp. ihr Epithel nicht neben der respi¬
ratorischen Bedeutung noch andere Funktionen zu versehen hat. Da
erinnere ich an Untersuchungen, die ich über die Beziehung des Blut¬
kapillarnetzes zum Epithel der Mundhöhlenschleimhaut angestellt
habe, aus denen sich ergibt, dass diese Kapillaren weit in das Epithel
hinein Vordringen. Es ist denkbar, dass hier neben der Respiration,
auch andere Beziehungen zwischen Epithel und Blut bestehen, im
Dienste der inneren Sekretion, wie sie auch in der Schilddrüse nach¬
gewiesen ist. So könnte eine derartige Beziehung dazu führen, dass
bei Schwund der respiratorischen Kiemenspalten doch gewisse
Epithelbezirke im Dienste der genannten Funktion als Epithel¬
körperchen erhalten bleiben. Das sei natürlich nur mit Vorbehalt
ausgesprochen, aber in neuerer Zeit kommt man doch immer mehr
zur Ueberzeugung, dass die Entfernung der Epithelkörperchen
schwere Störungen zur Folge hat, so dass ihnen eine wichtige
Funktion zuzuerkennen ist.
Was nun die häufig am Hals vorkommenden Zysten und Fisteln
betrifft, so ist deren Ableitung von Resten der Schlundspalten wohl-
bekannt: Es handelt sich um abnormes Bestehenbleiben von Teilen
der inneren oder äusseren Kiemengänge, die unter Flüssigkeitsab¬
sonderung sich vergrössern können. Die Fisteln können ebensowohl
durch primäres Offenbleiben der fötalen Schlundspalten, als durch
sekundären Durchbruch abgeschlossener Zysten entstehen.
Hinsichtlich des Auftretens von Zysten im Bereiche der ersten
Schlundspalte, die in den Dienst des Gehörorgans tritt, sei daran
erinnert, dass auch bei dieser Spalte ein völliger Verschluss und eine
weitgehende Rückbildung eintritt, nachdem sie am Anfang der
4. Woche des Embryonallebens beim Menschen vorübergehend offen
war, und dass der spätere äussere Gehörgang, besonders aber die
Tuba Eustachii und die Paukenhöhle spätere Neubildungen sind, die
allerdings an der Stelle der ersten Schlundspalte auftreten. Es ist
aber sehr wohl denkbar, dass bei der Rückbildung der ersten
Schlundspalte sich Epithelreste erhalten, die keine Verbindung mit
dem späteren Mittelohr haben und gelegentlich zu Zystenbildung Ver¬
anlassung geben können.
Zum Schlüsse möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass die
hier behandelten Fragen nicht durch Untersuchungen an Säugetieren
entschieden werden können, dass vielmehr ein genaues Studium der
Verhältnise bei niederen Wirbeltieren notwendig war, worüber ich
in früheren Arbeiten genauer berichtet habe.
Diskussion: Herr Riedel erwähnt Fisteln, die vom
Mittelohre zum Kieferwinkel führen, sodann Zysten, welche diesen
Fisteln entsprechen, desgleichen abnorme Knochenvorsprünge an der
^ ch ä d 6 1 b s i s
Herr R ö s s 1 e : Für uns Pathologen wäre es sehr wichtig zu
wissen, ob und wo wir den postbranchialen Körper regelmässig an¬
treffen können. Nach den bisher vorliegenden Untersuchungen
scheint er nur bei Athyreosis konstant gefunden zu werden. Ferner
wäre genauere Kenntnis über die Art seines Epithels wünschenswert,
besonders weil Plattenepithelkarzinome in der Schilddrüse gefunden
werden, deren Herkunft bisher nicht vollständig befriedigend mit der
Benennung „branchiogenes Karzinom“ erklärt ist. Sophie G e t z o wa
hat für postbranchiale Zysten auch das Vorkommen von Platten¬
epithel angegeben.
Herr v. Bardeleben: Es gibt nicht zwei Proc. styloidei.
sondern nur einen; wenn der vordere Fortsatz ein Griffelfortsatz
war, so kann der etwa 2 cm weiter nach hinten und in der I iefe
gelegene nur ein Proc. paramastoideus oder Proc. paracoedytoideus
(beides seltene Varietäten beim Menschen) gewesen sein. — v. B.
weist ferner auf die zahlreichen Varietäten des hinteren Bauches
des Biventer und Stylohyoideus hin. Aus dem Muskelursprung
ist nicht zu entnehmen, ob der vordere Fortsatz der Griffelfortsatz
war. Beziehungen zum Zungenbein, sowie die Lage hinter dem
Unterkiefer sprechen dafür.
Herr Maurer (Schlusswort) : Zu den Ausführungen des Herrn
Kollegen Riedel bemerke ich, dass es für mich, da ich die an¬
geführten Fälle nicht gesehen habe, nicht möglich ist ein mass¬
gebendes Urteil abzugeben. Fistelgänge vom Boden der Paukenhöhle
aus können als Ausbuchtungen wohl entstehen, das ist denkbar. Sie
können auch aus Zysten hervorgehen, Resten der ersten Schlund¬
spalte, die sich mit der Paukenhöhle verbunden haben. Dass vor
der ersten Schlundspalte eine nach aussen führende Spalte bestanden
hätte, dafür gibt die vergleichende Anatomie keine Grundlage. Hin¬
sichtlich der beiden Fortsätze in Anschluss an das Kiefergelenk ist
zu sagen, dass der eine wohl dem normalen Processus styloideus
entspricht; Der zweite kann, wenn er davor liegt, was mir nach
Herrn Riedels Angabe wahrscheinlich ist, insofern einen sehr
interessanten Befund darstellen, als er infolge von abnormen
Bildungsvorgängen im Bereiche des ersten Kiemenbogens entstanden
sein kann. Es ist daran zu erinnern, dass das Kieiergelenk der
Säugetiere und des Menschen eine Neubildung ist, das Dentale als
Deckknochen lagert sich dem Meckel sehen Knorpel auf. Es könnte
sich der Processus longus oder Folianus des Hammers mächtiger
ausgebildet haben und unter Verknöcherung die Grundlage dieses
vorderen Griffelfortsatzes bilden. Sicheres kann ich ohne genaue
Prüfung des Befundes nicht sagen.
Was die Frage des Herrn Kollegen Rössle betrifft, so ist zu
sagen, dass der postbranchiale Körper unter normalen Umständen
wohl eine Rückbildung erfährt, dass es aber wohl denkbar ist, dass
er gelegentlich die Grundlage für Tumoren darstellt. Dass die Be¬
schaffenheit seines Epithels ihn deutlich vom Epithel der Schilddrüse
unterscheiden lässt ist ausgeschlossen: Plattenepithel kommt ge¬
legentlich ebenso in Schilddrüsenbläschen, wie in den Bläschen des
postbranchialen Körpers embryonal vor, ebenso kubisches oder
Zylinderepithel. Durch solche Verschiedenheiten allein im Bau einer
Struma ist also nicht mit Sicherheit auf deren Herkunft aus dem
postbranchialen Körper zu schliessen. (Schluss folgt.)
Allgemeiner ärztlicher Verein zu Köln.
(Bericht des Vereins.)
Sitzung vom 10. Februar 1913.
Vorsitzender : Herr Strohe 1.
Schriftführer : Herr Eugen Hopman n.
Herr Th eien: Diagnostik und Therapie der Prostatahyper¬
trophie.
In der Diagnostik und Therapie der Prostatahypertrophie sind
in dem letzten Dezennium erfreuliche Fortschritte gemacht worden,
die das Schicksal der Prostatiker in Zukunft verbessern. Die alte
Anschauung G u y o n s, die Prostatahypertrophie sei eine Teil¬
erscheinung allgemeiner Arteriosklerose ist durch genaue anatomisch-
pathologische Studien widerlegt und wir wissen heute durch die inter¬
essanten Arbeiten von Tandler und Zuckerkand 1, dass nur
die obersten, mit dem Blasenhals und der Pars prostatica zusammen¬
hängenden Massen, an der Hypertrophie partiziperen, also die Hyper¬
trophie keine totale, sondern nur eine partielle ist.
Wir können ferner durch die Zystoskopie die Konfiguration der
Prostatahypertrophie, ihre in die Blase vorspringenden Wülste und die
dadurch bedingten Veränderungen am Orificium internum, Trigonum
und der ganzen Vesica in vivo uns vor Augen führen. Durch die
Ureterensondierung und die Chromozystoskopie verschaffen wir uns
ein Bild über die Nierenfunktion des Prostatikers, die bei der Prostat¬
ektomie von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Ohne Zweifel kann die weitaus grösste Mehrzahl der Prostatiker
durch den Katheter gebessert und von ihren Beschwerden der akuten
und chronischen Harnretentionen befreit, ein erträgliches Leben führen.
Eine grosse Anzahl vermögen wir auch durch die suprapubische
Prostatektomie vollständig zu heilen und vor dem gefahrvollen Kathe¬
terleben, welches bei manchen dem chronischen Siechtum gleich¬
kommt, dauernd zu bewahren.
Die suprapubische Prostatektomie, die meist in Lumbalanästhesie
ausgeführt wird, ziehen die meisten Chirurgen und Urologen jetzt der
perinealen vor, weil sie technisch leichter auszuführen ist, ihre funk-
tionellen Resultate glänzend sind, die Potenz in der Regel erhalten
bleibt und eine Blasenfistel in keinem Falle zu befürchten ist. ln
letzter Zeit hat W i 1 m s eine neue Methode der perinealen Prostat¬
ektomie warm empfohlen, die technisch zwar schwieriger, aber nicht
so gefahrvoll ist, als die suprapubische.
Es fragt sich nun, wann und bei welchen Beschwerden wir drin¬
gend unseren Patienten die Prostatektomie anraten sollen, falls nicht
von seiten des Herzens, der Blutgefässe, der Lunge oder Nieren eine
Kontraindikation vorliegt. Vortragender rät zur Prostatektomie hei
allzu häufigem und vor allem schwierigen Katheterismus, der leicht
zu fausses routes führen kann, ferner bei starken, stets wiederkehren¬
den Blutungen, die eine stetige Gefahr der Infektion abgeben und bei
Konkrementrezidiven im Recessus prostaticus. Ausserdem sind Pa¬
tienten der arbeitenden Klasse, die an chronisch inkompletter Harn¬
retention leiden, also ein Katheterleben führen müssen, nach Möglich¬
keit zu operieren.
Vortragender hat in 8 Fällen im Alter von 63 bis 78 Jahren die
suprapubische Prostatektomie ausgeführt und einen Patienten an
Urämie und einen an hypostatischer Pneumonie verloren. Die übri¬
gen, welche infolge ihres enormen Prostatatumors mit Blasendis¬
tension ein Katheterleben führen mussten, sind jetzt alle imstande
spontan die Blase wieder vollständig zu entleeren.
Herr Huismans: lieber die Heilwirkung der deutschen See¬
bäder. , ,
Eingehende Würdigung der verschiedenen Heilfaktoren, ln aei
Seeluft werden die ultravioletten Strahlen stärker absorbiert wie im
Gebirge. Ein Vergleich zwischen See und Gebirge ergibt, dass die
See in der Behandlung von chronischen Tuberkulosen in die erste
Reihe gestellt zu werden verdient. Auch Asthmatiker, Blutarme,
Nervöse, Rekonvaleszenten finden an der See Heilung.
Der Vortrag erscheint in extenso in der Therapie der Gegenwar..
1 April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
727
Medizinische Gesellschaft zu Leipzig.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 25. Februar 1913.
Vorsitzender : Herr Marchand.
Schriftführer : Herr R i e c k e.
Herr v. Strümpell stellt 2 Brüder mit Myotonie und aus-
l ehnten Muskelatrophien (Gesicht, Sternocleidomastoidei, Unter-
ie, Hände, Unterschenkel) vor. (Die Fälle werden anderweitig
i lodert werden.)
Herr Mohr: Fall von ungewöhnlicher multipler symmetrischer
chwulstbildung.
Beide Hände (Abbildung 1) zeigen starke auffallend symmetri-
«i Deformitäten und zwar finden sich hier, besonders an beiden
Gelfingern, sehr ausgedehnte, derb elastische, mit der Haut fest zu-
; menhängende, gegen den Knochen anscheinend etwas verschieb-
i<e, unregelmässig gestaltete Tumoren. Auch die Daumen zeigen
gedehnte symmetrische Auswüchse zu beiden Seiten der Pha¬
gen, die zum Teil von weicherer, zum Teil von knorpelharter
v sistenz sind. Die übrigen Finger zeigen weniger ausgedehnte
liehe Geschwülste. Ueber den distalen Enden der Metakarpal-
ichen besitzen die hier gelegenen bis über haselnussgrossen Ge¬
hülste eine weichere Konsistenz und eine ausgedehnte Verschieb-
iceit gegenüber den Knochen.
Weitere symmetrische, anscheinend der Haut und dem Unterhaut-
ebe angehörende, mit den Knochen nicht in Zusammenhang
stehende Geschwülste finden sich über
den Ellenbogengelenken und zwar
weist die Gegend des rechten Ellen¬
bogens eine blaurot verfärbte, z. T.
etwas gelbliche, unregelmässig ge¬
lappte, derbe, stellenweise knorpel¬
harte, ca. 8 cm lange und bis 6 cm
breite Geschwulst auf, über die eine
ältere Operationsnarbe verläuft. Ueber
dem linken Ellenbogengelenke findet
sich eine kleinere weiche, unregel¬
mässig pilzförmig gestaltete, ebenfalls
gegenüber dem Knochen gut verschieb¬
liche Geschwulst, die an einer Stelle
in eine hahnenkammartige Hautwuche¬
rung ausläuft. Ueber den beiden Knie¬
scheiben (Abb. 2) finden sich ähnliche
pilzförmig aufsitzende, teils weichere,
teils derbere Tumoren, von denen einer
am rechten Knie eine ähnliche hahnen¬
kammartige Hautwucherung :zeigt. wie
am linken Ellenbogen. Die Tumoren
sind auch hier gegenüber dem Knochen
frei verschieblich. Etwas unterhalb der
Kniegelenke finden sich an den Vorder¬
seiten der Tibien ebenfalls symmetri¬
sche, grössere, zapfenartige Auswüchse
von knorpelharter Konsistenz, die an¬
scheinend mit den Knochen Zusammen¬
hängen und gegen sie nicht wesentlich
verschieblich sind: die Haut lässt sich
über diesen Auswüchsen gut ver¬
schieben.
Ueber dem unter dem linken
Kniegelenke gelegenen Auswüchse
findet sich noch ein in der Haut
gelegener und mit dieser gegen den
Auswuchs verschieblicher ziemlich
. _ derber, etwa kirschgrosser Knoten.
■ der Umgebung des Condylus externus der Tibia finden sich
malls beiderseits symmetrische kleine, derbe, zackige Vor-
linge, die mit dem Knochen fest Zusammenhängen und über denen
laut frei verschieblich ist; ähnliche sind beiderseits in der Umgebung
hibulaköpfchen. Auch in der Umgebung des Malleolus externus
internus finden sich beiderseits unregelmässige, dem Knochen
'• aufsitzende Vorsprünge, während sich oberhalb des Kalkaneus
Herseits längliche, weichere, anscheinend mit den Achillessehnen
! Zusammenhang stehende flachere Geschwulstbildungen finden.
i i ^ie- ^ejien s'n.9 f'e* von Veränderungen; dagegen zeigen sich
beiderseits im Bereiche der Fusssohle, mehr an der Innenseite gelegen,
dei ne, längliche, anscheinend der Haut angehörige flache Geschwülste,
von denen die am rechten Fusse befindliche grössere eine Länge von
j 4 cm und eine Breite von 2% cm hat. Schädel, Wirbelsäule und
j R'PPen zeigen keinerlei Knochenvorsprünge. Auf den Schultern und
am Nacken finden 'sich noch weiche, mit der Haut zusammenhängende,
kleinapfelgrosse, lipomartige Geschwülste.
Die inneren Organe sind ohne Befund. Die Augenlider frei von
Xanthomen.
Die Röntgenaufnahmen geben einen überraschend negativen Be¬
fund. Die Knochen der Hände, insbesondere auch die Phalangen der
so sta i k deformierten Finger, zeigen keine Knochenveränderungen,
vielmehr ist auch die feinste Struktur der Knochen gut erkennbar.
Ebenso zeigen auch die Knochen der Ellenbogen durchaus normale
Verhältnisse, es finden sich nirgends pathologische Knpchenvor-
spriinge. Nur auf den Aufnahmen der unterhalb der Kniegelenke sich
I findenden zapfenförmigen Vorsprünge finden sich ziemlich weit von
1 der Epiphysenlinie entfernt kleine knöcherne Vorsprünge der Tibia,
! die aber nicht tiefer in den Tumor hineinragen. Aehnliche, nocli
j winzigere zeigen sich an der Hinterfläche des Kalkaneus. Die Tu¬
moren haben auf den Röntgenplatten eine homogene Struktur, stellen¬
weise sind in ihnen, besonders ausgesprochen in den diffusen elefan-
tiastischen Verdickungen oberhalb des Kalkaneus in der Umgebung
der Achillessehne, Kalkeinlagerungen bemerkbar.
Bezüglich der Aetiologie der Affektion ist zu bemerken, dass die
Eltern und Grosseltern des Vorgestellten völlig gesund sind; dagegen
zeigt von seinen 4 Geschwistern ein Bruder angeblich dieselbe
Missbildung, während der andere Bruder und die beiden Schwestern
gesund sein sollen. Der Patient, der sonst immer gesund gewesen
sein will, hat in seinem 20. Lebensjahre angeblich einen fieberhaften
Rheumatismus durchgemacht, der ihn ca. % Jahr ans Bett fesselte.
Nach dem Ueberstehen dieser Krankheit sollen ganz allmählich und
ohne Schmerzen die Geschwülste aufgetreten und im Laufe der Jahre
nach und nach grösser geworden sein.
Aeusserlich betrachtet haben die Tumoren am meisten Aehnlich-
keit mit multiplen Enchondromen, durch die ähnliche elefantiastische
Verunstaltungen hervorgerufen werden können (v. Reckling¬
hausen: Virchows Arch. 118). Nach dem Ergebnis der Röntgen¬
untersuchung kann es sich jedoch um solche nicht handeln, sondern
es muss angenommen werden, dass es sich um multiple sym¬
metrische Fibrome handelt, in denen es an einzelnen Stellen
zu Verkalkungen gekommen ist. Als Ausgangspunkt ist das sub¬
kutane Bindegewebe und stellenweise auch das Periost anzunehmen.
Diskussion: Herr Marchand glaubt, multiple Enchon-
drome ausschliesen zu sollen.
Herr Payr hat in ähnlichem Falle fibromatösen Charakter der
Geschwülste histologisch gesehen.
Herr Payr: Demonstrationen:
1. eines Knaben mit grossen, abstehenden Ohren, durch Operation
beseitigt (Knorpelexzision);
2. eines 10 jährigen Kindes mit Periostitis tibiae mit Geschwulst¬
bildung (Riesenzellensarkom), Ostitis fibrosa vom Vortragenden
agnosziert; Ueberpflanzung eines gesunden Fibulastückes in die kranke
Tibia (Ersatz);
3. Mädchen mit schnellender Hüfte, wurde am 31. Januar ope¬
riert; Operationsbericht: guter Erfolg.
Herr Niessl v. Mayendorf: Beiträge zur Aphasielehre,
Vortragender bespricht zwei Fälle von motorischer Aphasie,
deren Deutung nach der herrschenden Lehre auf unüberwindliche
Schwierigkeiten stösst. Im eisten Fall hat sich die Sprachstörung
sowie die rechtsseitige Extremitätenlähmung binnen wenigen Wochen
bis auf Rudimente zurückgebildet, obgleich, wie an einer Serie von
Weigertpräparaten gezeigt wird, ein sehr umfangreicher Erweichungs¬
herd den grössten Teil des linken Klappdeckels, und zwar Rinde und
Mark, verheert hat. Untergegangen waren die Pars triangularis und
opercularis frontalis, das Operculum, Rolandicum und eine Muskel¬
faserungsentartung erstreckte sich im Operculum parietale weit nach
hinten. Die linke Pyramidenbahn erwies sich zum grössten Teil als
sekundär degeneriert. Welche noch leistungsfähige Gehirnsubstanz
mochte die rasche Restitution ermöglicht haben, die einzig hier zu¬
lässige Erklärung appelliert an die korrespondierenden Hirnpartien
der rechten Hemisphäre. Unterstützt wird dieselbe durch die auf¬
fallenden Volumsverschiedenheiten der beiden Hemisphären zugunsten
der rechten. Durch die Anwesenheit ausgesprochener Symptome
der sich bessernden Aphasie: „Anarthrie“, erschwerte Wortfindung in
der spontanen Regel anstandsloses Nachsprechen, bei ausserordentlich
reduziertem Wortschatz in der spontanen Rede „Paragraphie“, von
denen sich die erste Erscheinung auf mangelnde Uebung der rechten
motorischen Sprachsphäre, die anderen Symptome auf mangelhaft ein¬
geübten Verbindungen zwischen Klangbildzentrum und rechter motori¬
scher Sprachsphäre zurückführen. Drittens lassen sich die normalen
markbekleideten Faserzüge in den äussersten Paketen der inneren
Kapsel innerhalb der Operkularregion der Zentralwindungen an der
erkrankten Hemisphäre nachweisen, welche offenbar aus der Balken¬
brücke hervorgehen. Da gerade in diesen Bündelgruppen die ge¬
kreuzten absteigenden, hier entarteten Bahnen von der Rinde für die
Phonationskerne verlaufen, scheint eine Anlage von Leitungen aus
beiden Hemisphären durch den Balken auch anatomisch er-
728
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
sichtlich zu sein. Der zweite Fall betrifft eine nur etwa 3 Wochen
währende motorische Aphasie, durch Embolie eines grossen Astes
der Arteria Fossae Sylvii bei einem Herzkranken. Daneben eine
rechtseitige Parese, die sich bald verliert, hingegen permanente
Agraphie in allen Formen, keine Wortblindheit, Gedrucktes und Ge¬
schriebenes wird verstanden. Sektionsbefund: linke Hemisphäre: ein
enormer Erweichungsherd, welcher den hinteren Teil des ganzen
Schläfe-, Scheitel-, Hinterhauptlappens zerstört. Ausserdem ein
Plaque jaune in der hinteren Zentralwindung und ein dritter in der
hinteren Insel. Schräg von oben vorne nach hinten unten angelegte
Schnitte nach Weigert-Pal behandelt, lassen einen spaltförmigen
Defekt in der Capsula extrema hervortreten. Die vordere Temporale-
querwindung ist völlig intakt. Die Rinde der hinteren Temporalquer¬
windung zerfressen, wie angenagt, der Herd in der hinteren Zentral¬
windung reicht mit einem Zapfen in die vordere hinein, deren korti¬
kaler Klappdeckelanteil weiss und faserleer ist. Die motorische
Aphasie erklärt sich hier aus einer Läsion des Operculum Rolandicum
und dem spaltförmigen Herd in der Kapsula extrema, welcher die
vom Klangbildzentrum beider Hemisphären aufsteigenden Assozia¬
tionsbündel gleichzeitig unterbricht. Die Intaktheit des akustischen
Wortsinnverständnisses aus der Intaktheit der vorderen queren Tem¬
poralwindung das Erhaltenbleiben des Schriftverständnisses aus der
Unberührtheit der Sehstrahlungen.
Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 9. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr M. Hirsch.
Herr Habs hält einen Vortrag über Chirurgie des Pankreas;
derselbe wird in extenso in der Medizinischen Klinik veröffentlicht
werden.
Sitzung vom 16. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr T h o r n.
Herr P. Schneider zeigt einen enukleierten Bulbus vor, der
ein grosses dicht vor der Perforation stehendes Melanosarcoma
chorioidea enthält. Er bespricht kurz die Diagnose und Prognose
dieser Geschwülste und demonstriert zum Schluss einen enukleierten
Bulbus eines Kindes, der ein Gliosarcoma retinae aufweist.
Herr Habs stellt einen Fall von Spontanfraktur bei Tabes
dorsalis vor.
Der 48 jährige Patient, ein Lederarbeiter, bemerkte am Sonnabend
4. I. bei der Arbeit eine Schwäche im rechten Arm; er arbeitete aber
noch den ganzen Tag damit, trotzdem der Arm anschwoll. Am
Sonntag wurde die Anschwellung stärker, so dass Patient am Montag
nicht zur Arbeit ging. Der hinzugezogene Arzt (Kollege Winter)
konstatierte Schwellung und Krepitation und schickte den Patienten
zu mir. Ich stellte eine Fraktur der oberen Gelenkenden von Radius und
Ulna fest, die dann auch durch die Röntgenphotographie erhärtet
wurde. — Da die Frakturstelle so gut wie ganz empfindungslos war
— Patient beugt und streckt den Arm ohne Schmerz — und da die
Fraktur ohne nachweisbare Einwirkung einer äusseren Gewalt ent¬
standen war, fahndete ich auf Symptome von Tabes; es fand sich
ausgesprochene reflektorische Pupillenstarre und konsultierte ich
deshalb Kollegen V ö 1 s c h, der Ihnen nachher über den Nervenbefund
berichten wird. — Ich erwähne nur, dass die Wassermann sehe
Reaktion negativ war.
Die nunmehr eingehend erhobene Anamnese ergab, dass Pat.
bereits vor Jahresfrist (Februar 1912) sich durch Fall von der Leiter
eine Verletzung des rechten Fusses zugezogen hatte, mit der er
4 Tage ohne Schmerzen umherlief und die dann weiterhin bei Bett¬
ruhe unter feuchten Verbänden in mehreren Wochen heilte. — Die
jetzt von mir vorgenommene Röntgenuntersuchung ergab, dass es
sich um eine Kalkaneusfraktur gehandelt hatte. • — Ausserdem ergab
die Anamnese, dass Pat. seit 6 Jahren an Magenbeschwerden
(gastrischen Krisen) leidet und epileptiforme Anfälle hat. — Es ist
nach Angabe des Pat. nicht ausgeschlossen, dass er sich bereits etwa
3 Tage vor dem 4. I. bei einem solchen Anfalle den Arm verletzt habe.
Nun, m. H., wie dem auch sei, es handelt sich hier um einen
typischen Fall von Spontanfraktur bei Tabes.
Ich habe die Spontanfrakturen im Jahre 1905 (D. Z. f. Ch., Bd. 76)
durch Dr. Grunert bearbeiten lassen. Wir stellten damals fol¬
gendes Schema auf für die Aetiologie der Spontanfrakturen:
1. Knochenbrüchigkeit infolge lokaler Veränderungen des
Knochensystemes.
1. Durch Geschwülste (Sarkome, Karzinome, Schilddrüsen¬
tumoren, Zysten).
2. Durch entzündliche Prozesse (Osteomyelitis, Tuberkulose, Lues).
II. Infolge allgemeiner Erkrankungen.
1. Nervenkrankheiten (Tabes, Syringomyelie, Geisteskrank¬
heiten); 2. Senium; 3. erschöpfende chronische Krankheiten; 4. In¬
aktivitätsatrophie; 5. Skorbut, Basedowsche Krankheit; 6. Ra¬
chitis und Osteomalazie.
III. Idiopathische Knochenbrüchigkeit.
Wir haben damals betont, dass die Bezeichnung Spontanfraktur
eine ungenaue ist, und haben uns für die Bezeichnung: pathologische
Fraktur entschieden — denn irgend eine, wenn auch minimale Gewalt,
und sei es nur der Muskelzug, ist nötig zum Zustandekommen dei
Fraktur; das Wichtige ist die Abnahme der Widerstandsfähigkeit de;
Knochen gegen Gewalteinwirkungen.
Was speziell das Auftreten sogen. Spontanfrakturen bei Tabe:
betrifft, so ist Tabes wohl die häufigste Aetiologie der Spontan
frakturen. — Man nimmt an, dass es infolge vasomotorische
Störungen zur Verdünnung des kompakten Knochengewebes, Er
Weiterung der Haverskanäle und zur Erweichung des Knochen-
komme.
Wir wissen, dass die Frakturen in jedem Stadium der Tabes Vor¬
kommen, und ich möchte im diagnostischen Interesse betonen, dass sic
oft das allererste Symptom der Tabes darstellen können, und zwai
kann die Fraktur sich mehrere Jahre vor dem Manifestwerden de;
Tabes ereignen!
In den meisten Fällen sind allerdings bei Eintreten der Fraktui
schon ausgesprochene Symptome der Tabes vorhanden — wie auch
in dem vorgestellten — , doch auch hier hat erst die Fraktur dazu ge
führt, die bestehende Tabes zu erkennen.
Die Hauptkennzeichen des tabischen Bruches sind:
1. Dass er durch verhältnismässig geringfügige Traumen auv
gelöst wird.
2. Seine mehr oder weniger vollständige Schmerzlosigkeit: Mai!
kann die Bruchstücke hin und her bewegen, ohne dass Patien
Schmerzen verspürt. — Die Funktion ist infolgedessen meist auf
fallend wenig gestört: so erklärt sich auch, dass Pat. vor Jahresfris
mit seinem Kalkaneusbruch tagelang umhergelaufen ist.
3. Das multiple Auftreten.
Betreffs der Heilungsaussichten ist zu bemerken, dass die Kon
solidation meist eine verzögerte ist, oft aber auch in normaler Zei
eintritt.
Diskussion: Herr Völsch begründet kurz die Diagnose
des besprochenen Falles und betont anschliessend die Häufigkeit de.
Erhaltenseins der Sehnenreflexe bei nicht allzu vorgeschrittenen Tabes
fällen: Unter den letzten 50 Fällen der Privatpraxis waren die
Patellarreflexe in 40 Proz. (32 Proz. doppelseitig, 8 Proz. einseitig
erhalten, die Achillessehnenreflexe in 26 Proz. (20 bezügl. 6 Proz.)j
Mehrfach wiesen aber auch in diesen Fällen Abschwächungen um
Differenzen auf die Diagnose hin.
Herr Sandmann: Ein Fall von partieller halbseitiger Gesichts
hypertrophie ohne Beteiligung des Augapfels. (Demonstration).
Bei der jetzt 20 jährigen Patientin merkten die Eltern schon al.
kleines Kind eine Verdickung am äusseren Teil des linken obere;
Lides. Diese ging ganz langsam auf die benachbarte Schläfenhau
über. Am Schluss der Schulzeit konnte das Auge noch geöffne
werden. Ohne dass jemals Entzündungen der Haut oder ander
Krankheiten bestanden hatten, nahm die Schwellung an Ausdehmin;
und Stärke zu und es entwickelte sich allmählich der jetzige Zustano;
Bei der im übrigen gesunden Patientin sieht man, dass fast di
ganze linke Gesichtshälfte verdickt ist, am wenigsten, zum Teil ga.
nicht die Partien neben der Medianlinie. — So ist ca. */ s der mediale
Stirn, die linke Nasenhälfte anscheinend ganz normal, vielleicht auc
die medialen Teile der Oberlippe und des Kinns. Je mehr naci
aussen, um so stärker wird die Verdickung oben wie unten. — Da
Ohr ist nicht beteiligt; nach
dem Halse unmerklicher
Uebergang in die normale
Haut. Die mehr gleichmässig
geschwellte Wange — nur
die äussere Hälfte der Unter¬
lippe fällt als stärker ver¬
dickt auf — hängt tiefer
herunter, der Mundwinkel
ist nach links und unten ver¬
zogen, und der ganze Unter¬
kiefer um ca. XA cm nach
links verrückt, wie man beim
Oeffnen der Lippen aus der
Zahnstellung sehen kann.
Im Innern der Mundhöhle ist
nirgends eine Hypertrophie
zu erkennen. Nach oben zu
heben sich nun zwei Tu¬
moren heraus — der u n -
t e r e grössere beginnt am
innersten Teil des Oberlides,
zieht in Gestalt eines leicht
herabhängenden Wulstes bis
nahe ans Ohr, und in einer vertikalen Ausdehnung von 3 — 4 cm i|
nach unten konvexem Bogen zum unteren Lid.
Das obere Lid ist nicht ganz befallen; eine ca. ct
breite Partie der Haut und Konjunktiva am inneren Lidwinki
ist frei, alles übrige hängt als dicker Wulst unbeweglich weit über du
Unterlid herab. Die Dicke des Oberlides ist ca. 1 cm. Hebt ma
es an, so ektropioniert sich die kolossal verdickte, hochgradig g‘
rötete Conjunctiva tarsi und fornicis, und man sieht, dass die enorr
Verdickung des Oberlides hauptsächlich durch sie bedingt ist. D;
untere Lid zeigt nur im äusseren Drittel dieselben Veränderunge
hier aber ist die Schwellung ebenso so stark; in den inneren *'h sir
Haut und Konjunktiva nur wenig geschwellt. Der Bulbus und d
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
729
\prill913.
; iunctiva bulbi sind normal, insbesondere ist der Augapfel nicht
■ jrössert, der Tonus normal. (Schiötz: 15 mm Hg) 0 = n
i — 4 D. zyl. 125° = 0,4. An diesen grösseren Tumor schliesst
nach oben der ähnlich gestaltete zweite kleinere, der an der
; läfe nahe der Augenbraue beginnt, am prominentesten an der
: rgrenze, und unter den Haaren verschwindet (ca. 2 cm Breite,
, l cm Länge). Die Palpation ergibt, dass diese obere Anschwellung
rster Linie durch die Verdickung des Knochens bedingt ist, wenn
i die Haut über ihm voluminöser, weicher, schlaffer. Man fühlt die
dickung gleich oberhalb des Arcus zygomaticus, seitlich etwa
ler Grenze des Os sphenoid. und temporum, sie verläuft sich dann
, i dem Os parietale hin. Im Gegensatz zu diesem soliden oberen
' lor ergibt die Palpation, dass der untere grössere aus weichem,
, vammigem, gleichmässigem Gewebe besteht. Nirgends fühlt man
; inge, Verdickungen oder eine Resistenz, auch der Tarsus im
) rlid ist nicht fühlbar. Kein Oedem; durch Druck lässt sich das
.imen nicht verringern. Ob der Knochen darunter verändert ist,
; t sich nicht mit Sicherheit feststellen, und auch das Röntgenbild
darüber keine Auskunft; die Veränderung könnte also nur un-
i eutsam sein. Auffallend ist aber, wie deutlich man den Arcus
omaticus abtasten und wie tief man in die Fossa temporalis und
er den Stirnfortsatz des Jochbeins eindringen kann. Man hat
Eindruck, als wenn die Weichteile daselbst geschwunden wären,
i h hat man das Gefühl, als wenn in der Höhe des Arcus zygom.
Schläfenbein ein horizontaler furchenförmiger Defekt im Knochen
teht. Ich glaube aber nicht, dass das der Fall, sondern dass die
nttelbar darüber ansteigende Knochenverdickung eine Vertiefung
täuscht und dass der mangelnde Turgor der Haut und die ver-
i derte Konsistenz der Weichteile dieses genaue Abtasten der
Lehen gestattet. Die funktionelle und elektrische Prüfung der
/.»kein (Nervenarzt Dr. Völsch) hat gröbere Störungen derselben
i lt ergeben; vielleicht aber kann man die Verschiebung des
, erkiefers nach links als verminderte Kraftwirkung der Muse,
i ygoidei ansehen.
Das Krankheitsbild ist ein seltenes, wenngleich mehrere Dutzend
einschlägigen Fällen, meist als Elephantiasis mollis beschrieben
1. Michel hat in seinem Werk „Die Krankheiten der Augen-
i r“ im Graefe-Saemisch diese Bezeichnung wohl mit Rücksicht
1 auf, dass man als Elephantiasis nur die erworbene sekundäre Er-
:ukung verstehen soll, ganz fallen lassen, und das Krankheitsbild
i er die halbseitige Gesichtshypertrophie eingereiht. Er unter-
, eidet eine totale vollkommene Hypertrophie, wenn die ganze
Lichtshälfte betroffen, und in ihr Haut, Nerven, Muskeln und
Gehen, eine totale unvollkommene, wenn nur die Weichteile er-
: fen sind. Er bezeichnet sie als partielle vollkommene resp.
rollkommene, wenn nur in bestimmten Bezirken der Gesichts-
Lte Weichteile und Knochen resp. nur Weichteile befallen
ii. Eine exakte Trennung wird dabei oft nicht möglich
i i; so kann man vorliegenden Fall mit gleichem Recht eine
) tielle vollkommene wie eine partielle unvollkommene halbseitige
Lichtshypertrophie nennen. Es kommen eben die verschiedensten
Nationen vor, und es können Weichteile und Knochen in verschie-
hem Grade und in verschiedener Ausdehnung befallen sein. Be-
■ ders häufig ist Oberlid und angrenzende Schläfe beteiligt, seltener
Gge, Zähne, Wangenschleimhaut der betreffenden Seite. Fast
Jhognomonisch für das Krankheitsbild ist ein Buphthalmus. Da er
i unserem Falle fehlt, müsste man differentialdiagnostisch noch an
: Lymphangioma cavernosum denken, doch spricht dagegen die
der Knochenverdickung und die mangelnde Komprimierbarkeit
1 Hauttumors. Mikroskopisch handelt es sich um eine Hyperplasie
Bindegewebes der Kutis und Subkutis, und besonders um eine
'icherung des Peri- und Endoneuriums der kutanen und subkutanen
lutnerven. Wegen der gemeinsamen anatomischen Veränderungen
hnet Michel die halbseitige Gesichtshypertrophie mit dem
nkenneurom und Fibroma molluscum — mit denen sie auch gleich-
tig vorkommt — zu den Neurofibromen der Augenlider. Auch als
Sache des Buphthalmus nimmt Michel eine primäre Fibromatose
> Kammerwinkels an, die sekundär dann zu intraokularer Druck-
igerung mit ihren Folgen führt. Die halbseitige Gesichtshyper-
phie ist angeboren oder tritt sehr frühzeitig in Erscheinung. Sie
mit im Laufe der Jahre zu und kann, wie im vorliegenden Fall,
verschiedenen Teile der Gesichtshälfte in verschiedener Stärke
allen. Therapeutisch wird wohl nur auf operativem Wege etwas
< erreichen sein.
Diskussion: Herr Wendel antwortet auf die Anfrage von
Rrn Sandmann, dass er überzeugt sei, dass sich durch ent¬
gehende Exzisionen aus Haut und Unterhaut ein guter kosmetischer
fekt erzielen lassen würde, und wenn die elektrische Untersuchung
iukte Muskulatur ergeben habe, so würde sich auch die Lidspalte
i ht nur von den überhängenden Haut- und Unterhautmassen befreien
; sen, sondern es wäre auch eine normale Lidfunktion zu erwarten.
Ii Knochenverdickungen sind so gering und durch die Haargrenze so
rborgen, dass sie den kosmetischen Erfolg nicht in Frage stellen
Innen. Man muss also zu einer chirurgischen Behandlung der sehr
> tstellenden eigenartigen Erkrankung raten.
Herr Hahn: Die Behandlung der chronischen Leukämie mit
nzol.
Von einer eigentlichen Therapie der chronischen Leukämie
nn erst in den letzten 10 Jahren gesprochen werden, und zwar sind
es neben dem Arsen und dem Eisen, die nur der allgemeinen Kräfti¬
gung dienen, in erster Linie die Röntgenstrahlen, die, zwar
nur symptomatisch wirkend, doch, den leukämischen Blutbefund zur
Norm Reduzierend, die Leukümiker für ein und mehrere Jahre wieder
teilweise oder ganz arbeitsfähig machen können. Bestrahlt werden
die Milz resp. die Lymphdriisen und die langen Röhrenknochen
unter Verwendung harter Röhren zur Erzielung grösserer Tiefen¬
wirkung. Die weichen Strahlen werden am besten durch Aluminium¬
filter von 3 mm Dicke abgefangen. Die früher durchaus nicht seltenen
und oft jeder Therapie trotzenden Röntgenulzera werden dadurch
und durch die in letzter Zeit ermöglichte genauere Dosierung (nach
Holzknecht und Sabouraud-Noire) vermieden. Ein Nach¬
teil der Röntgentherapie ist darin zu sehen, dass sich die Leukämien
bei einer zweiten Röntgenbehandlung bisweilen refraktär den Strahlen
gegenüber verhalten.
Eine zweite Behandlungsmethode mit Thorium X, das, dem
Radium verwandt, bei der Glühstrumpffabrikation als Nebenprodukt
gewonnen wird, steht noch im Stadium der Vorversuche. Man hat
bei intravenöser und subkutaner Injektion und ebenso bei Anwendung
per os wohl in einigen Fällen gute Erfolge gesehen, doch ist das
Mittel nach Mitteilungen von Berliner und Wiener Instituten durchaus
nicht indifferent und vor allem bestehen bezüglich der toxischen
und letalen Dosis beim Menschen so gewaltige individuelle Unter¬
schiede, dass das Verfahren für die Verwendung in der Praxis noch
längst nicht reif erscheint.
Dagegen scheint das von Koranyi in die Therapie eingeführte
Benzol berufen, Rüstzeug des praktischen Arztes zu werden, der
bisher leukämische Patienten Krankenhäusern und Instituten zur Be¬
handlung zu überweisen gezwungen war. Es bringt das Benzol, das
ebenso wie Röntgenstrahlen und Thorium X nur symptomatisch wirkt,
im Tierexperiment die weissen Blutzellen vollkommen zum Ver¬
schwinden. Die analoge Wirkung zeigt es bei der chronischen Leu¬
kämie. Wir sehen in wenigen Wochen die weissen Blutzellen der
Zahl nach zur Norm zurückkehren; die für Leukämie charakteristi¬
schen Myelozyten verschwinden, die Milz und Lymphdrüsentumoren
werden kleiner, und gleichzeitig mit dem Rückgang der typischen
leukämischen Erscheinung sehen wir beim Absinken des oft be¬
stehenden Fiebers ein Schwinden der Oedeme und des Aszites und
eine Zunahme des Körpergewichts.
Als besonders bedeutungsvoll erscheint die Tatsache, dass Fälle,
die sich den Röntgenstrahlen gegenüber refraktär erwiesen, auf
Benzol noch gut reagierten.
Krankengeschichte: Ein 43 jähriger Patient war im
Sommer 1911 an einer myelogenen Leukämie mit starker Milzver-
grösserung erkrankt. Eine damals anderweitig vorgenommene
Röntgenbestrahlung (15 Sitzungen) blieb erfolglos. Bei der Auf¬
nahme ins Krankenhaus (November 1912) betrug die Zahl der weissen
Blutzellen 500 000, die roten Blutkörper und der Blutfarbstoff waren
stark vermindert. Die Riesenmilz reichte bis zum MacBurney-
schen Punkt und zur Symphyse, Lymphdrüsenschwellungen waren
nicht vorhanden; Körpergewicht stark herabgesetzt, Temperatur¬
erhöhung bis 38,5, Aszites, Oedeme der Beine.
Bei 4 g Benzol täglich (mit Olivenöl ana in Gelodurat-
kapseln) und Bettruhe schwanden Temperaturerhöhung, Oedeme und
Aszites schon in der ersten Woche. Die Milz war nach 6 Wochen
gerade noch bei tiefer Atmung zu tasten. Die Zahl der weissen Blut¬
zellen betrug 2400, Myelozyten (früher 46 Proz.) waren im Blut nicht
mehr nachzuweisen. 2 Monate später (Ende Februar) war bei 14 g
Benzol täglich die Zahl der weissen Blutkörper nicht wieder ge¬
stiegen. Nierenschädigungen oder Vergiftungserscheinungen wurden
nicht beobachtet.
Herr Blick stellt unter Hinweis auf den Vortrag des Herrn
Hahn zwei Fälle von Leukämie vor.
1 Frau S., 33 Jahre alt, krank seit 1909. Im Kahlenbergstift zu¬
erst behandelt vom 8. IX. 1910 bis 18. XI. 1910 mit Röntgenbestrahlung
und Atoxylinjektionen. Sie wurde damals beschwerdefrei und
arbeitsfähig mit bedeutend verkleinertem Milztumor entlassen. Sie
ist am 1. XII. 1912 wieder mit sehr grossem Milztumor und sehr
schlechtem Allgemeinbefinden aufgenommen und in der gleichen
Weise wie früher behandelt. Auch jetzt ist ein Erfolg festzustellen.
2. Eine Frau K., 40 Jahre alt, krank seit 1909. Im Kahlenbergstift
zuerst klinisch behandelt vom 11. XII. 1909 bis 3. I. 1910 mit Röntgen¬
bestrahlung und Atoxylinjektionen. Sie wurde ganz wesentlich ge¬
bessert und mit bedeutend verkleinerter Milz entlassen und ambulant
noch 8 Wochen weiter behandelt. Die Milz war damals nicht mehr
palpabel, das Allgemeinbefinden einwandsfrei. Frau K. hat 1911 einen
normalen Partus durchgemacht. Seit August 1912 sei die Milz wieder
gewachsen. Sie kam am 13. XII. 1912 wieder zur Aufnahme mit sehr
grossem Milztumor, der 2 Querfinger breit über die Mittellinie nach
rechts ging, und mit sehr ungünstigem Allgemeinbefinden. Sie wurde
wieder mit Röntgenbestrahlung und Atoxylinjektionen behandelt, und
zwar wieder mit deutlichem Erfolge unter Verkleinerung der Milz und
Zunahme des Körpergewichtes. Der Erfolg war hier rascher als
in dem anderen Falle.
Beide Kranke sollen jetzt ausser mit Röntgenbestrahlung mit der
Benzolmedikation behandelt und zur Kontrolle nach einigen Wochen
wieder vorgestellt werden.
730
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Aerztlicher Verein in Hamburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 25. März 1913.
Vorsitzender: Herr Deneke.
Fortsetzung der Diskussion über den Vortrag des Herrn
Jacobsthal: Ueber die praktische Bedeutung der Wasser-
mannschen Reaktion.
Herr Le weck: Bezüglich des Kapitels Ehekonsens und Wa.K.
ist folgender Fall bemerkenswert: 39 jähr. Mann, vor 20 Jahren
infiziert, oft antiluisch behandelt, trotzdem häufige Rezidive, zuletzt
tertiäre Symptome (üaumenperforation), in den letzten Jahren ganz
seltene Erscheinungen. Als vor lVa Jahren die Wa.R. negativ war,
heiratete er; nach einiger Zeit konzipierte die Frau. Während ihrer
Gravidität wurde Wa.R. nochmals geprüft und mit verfeinerter
Methode gleichfalls negativ gefunden. Gleichwohl endete die
Schwangerschaft im 7. Monat mit der Geburt eines totfaulen Kindes:
Also ist es nicht ohne weiteres angängig, den Ehekonsens vom Er¬
gebnis einer Wa.R. abhängig zu machen.
Herr Philipp untersucht sein klinisches Material selbst nach
Müller-Brendel scher Modifikation und lässt von einem Sero¬
logen das Blut nach der Original-Wassermann-Vorschrift gleich¬
zeitig prüfen. Die Differenzen, die diese beiden Methoden zwei ver¬
schiedenen Untersuchern ergeben haben, sind auffallend gering. Von
130 Fällen war 102 mal das Ergebnis völlig übereinstimmend, 13 mal
bestanden nur graduelle Unterschiede, 15 mal erwies sich die
Müller-Brendel sehe Modifikation als ein feinerer Indikator :
es handelte sich dann immer um Fälle beginnender Lues, oder alter,
viel behandelter Syphilis.
Herr D e 1 b a n c o berichtet über die Gennerich sehen Unter¬
suchungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Er selbst
hält die Wa.R. als ein diagnostisches Hilfsmittel sehr hoch, während
sie für ihn prognostisch und therapeutisch nichts bedeutet. Man
hätte ihn seinerzeit gefragt, ob er sich einen Schwiegersohn mit
einer 3 fach positiven Wa.R. auswählen würde; jetzt könne er nur
sagen, dass er sich bei diesem vor allem nach der Art des Verlaufes
der Syphilis und nach den klinischen Daten der Infektion erkundigen
würde und die Blutreaktion nicht allzu hoch veranschlagen würde.
Herr Hinrichs betrachtet im Gegensatz hierzu die Wa.R. als
Sjmptom einer noch aktiven, bestehenden Syphilis. Er spricht über
eine Anzahl Verfeinerungen der Reaktion.
Herr Max Fraenkel gibt in einer tabellarischen Uebersicht
das Versuchsergebnis einer Prüfung verschieden extrahierter Herz¬
extrakte. Das Alkoholextrakt wird nochmals mit Aether extrahiert,
der Rest nochmals mit Wasser extrahiert, ln dem Wasserextrakt
sind dann auch noch brauchbare Stoffe, die die Reaktion positiv
gestalten. Damit soll bewiesen werden, dass es sich nicht um Lipoide
handelt, sondern um blutfremde „ferment“artige Stoffe, die die Wa.R.
bedingen.
Herr P 1 a u t h bespricht die verschiedenen Methoden und ihre
Brauchbarkeit für den Praktiker. Für den praktischen Arzt eignet
sich das Brendel-Miiller sehe Verfahren.
Herr Bontemps sucht die amphoteren Reaktionen zu er¬
klären, bespricht ferner den Wert der Wa.R. für die Prostituierten¬
untersuchungen.
Herr Kellner kommt auf Grund der in den Aistendorfer An¬
stalten gewonnenen Erfahrungen zu dem Ergebnis, die Spezifizität
der Wa.R. anzuerkennen. Etwa 500 Sera wurden untersucht: 50 mal
fand sich die Wa.R. positiv und in allen 50 Fällen gab die klinische
Beobachtung die Bestätigung. Bei positiver Wa.R. verweigert er
radikal den Ehekonsens.
Ferner: Herren Brückner, Kafka und Jacobsthal
(Schlusswort),
Vortrag der Herren Albers-Schönberg und Prochow-
nick: Gynäkologische Röntgenbestrahlungen und Demonstrationen.
Herr Albers-Schönberg: Auf Grund der bis zum 1. Ja¬
nuar 1913 veröffentlichten und von L. Mohr statistisch bearbeiteten
796 Fällen mit Röntgenstrahlen behandelter Myome, sowie auf Grund
eigener Erfahrungen, gibt der Vortragende ein Bild über den augen¬
blicklichen Stand der Myomtherapie vom allgemein klinischen Stand¬
punkt aus und kommt dabei zu folgenden Schlussfolgerungen:
1. Die gynäkologische Tiefentherapie ist aus der Tatsache her¬
vorgegangen, dass die Röntgenstrahlen eine ausgesprochen deletäre
Einwirkung auf die männlichen und weiblichen Keimdrüsen haben.
2. Die Einwirkung auf die Myome ist in erster Linie eine ovarielle,
sodann findet mit Sicherheit in einem nennenswerten Prozentsatz eine
direkte Einwirkung auf die Tumorzelle, gekennzeichnet durch Ver¬
kleinerung und Verschwinden der Geschwulst, statt.
3. Die durch die Myome hervorgerufenen Beschwerden werden
vielfach wesentlich gebessert oder ganz behoben. Die Blutungen
werden in normalen Menstruationstyp übergeführt. Oligomenorrhoe
oder Amenorrhoe w'erden erreicht. Das Allgemeinbefinden bessert
sich, die Ausfallserscheinungen sind meist gelinde.
4. Der Prozentsatz vollständiger Heilungen ist ein hoher. Dauer¬
heilungen sind in geeigneten Fällen mit Sicherheit zu erzielen, eine
Anzahl von Myomen verhält sich refraktär.
5. Nicht alle Myome eignen sich für die Röntgenbestrahlung.
Indikationen, die sich in weiteren und engeren Grenzen bev'egen, sind
aufgestellt worden und werden im allgemeinen anerkannt. E;
grosser Prozentsatz der Myome bleibt nach wie vor der Operatii
Vorbehalten.
6. Die Gefahren für die Haut lassen sich durch eine geeigne
Technik auf ein Minimum beschränken. Ob Spätschädigungen >
befürchten sind, muss die Zukunft lehren. Werner.
Wissenschaft!. Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmei
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 28. Februar 1913.
Herr S c h 1 o f f e r: Demonstration eines Falles von ausgedehnt!
Resektion an der knöchernen Schädelbasis wegen Sarkom des Obe
Rief ers*
Herr O. Fischer: Gibt es eine Lues nervosa?
F. versuchte die Frage der Lues nervosa auf statistischem Wed
zu lösen, und zwar von folgender Ueberlegung ausgehend: Geset
den Fall man hätte eine bestimmte Anzahl von sicheren Paralyse!
deren Ehehälften auch luetisch infiziert waren; von den letzten!
muss ein Teil auch metaluetisch werden; wenn der so gefundene Pn
zentsatz wesentlich grösser ist als der sonst gefundene Prozentsa!
von Metalues bei Luetikern, könnte die Frage weiter diskutiert we
den, andernfalls müsste man die Existenz einer Lues nervosa ai
weisen. F. fand nun, dass, wenn man diese Berechnung für die ko,
jugale Paralyse bei verheirateten weiblichen Paralysen anwendt
man zu einem Prozentsatz kommt, der etwa 3 mal grösser ist als d
Metaluesprozentsatz gewöhnlicher Lues. Bei Berücksichtigung meh
facher Nebenumstände, auf die in einem kurzen Referat nicht ei
gegangen werden kann, kommt er zu dem Schlüsse, dass man ei
Lues nervosa annehmen müsse.
Aus den Wiener medizinischen Gesellschaften.
(Eigener Bericht.)
K. k. Gesellschaft der Aerzte.
Sitzung vom 7. März 1913.
Assistent Dr. Marschik zeigt und bespricht eine Reihe v
neueren Instrumenten. So Flügelbolzen nach C h i a r i - M a r s chi,
welche nach operativer Beseitigung von Larynxnarben die Ufte
haltung der Lichtung herbeiführen. Dann einen Mundsperrer nai
dem Wh iteheadschen Modell mit Vorrichtungen zur Apphkatn
von Allgemeinanästhesie und zur Beleuchtung der Mundhöh.
Endlich ein Besteck zur sogen. Oesophagotomia interna bei Narbo
stenosen des Oesophagus.
Dr. R. O. Stein berichtet ausführlich über eine an der Khu
Finger beobachtete chronische Form des Rotzes, welche in ersr
Linie Haut und Gelenke befallen hatte. Es bestanden inulti;
serpiginöse Hautgeschwüre an beiden Unterschenkeln, Osteoper¬
stiden, Gelenkempyeme in beiden Knie- und Sprunggelenken t.
Eine derartige „arthotrope Varietät“ des Bacillus mallei war
nun nicht bekannt.
Privatdozent Dr. Bäräny demonstriert ein kleines lnstrumu
zur temporären Abkühlung der Hirnoberfläche und bespricht des: i
erfolgreiche Anwendung in einem Falle. Sodann zeigt er eine ritt
mit einem Tumor der Vierhügel, welche mit „Nystagmus retractoru
behaftet ist.
Dr. R. S. H o f f m a n n zeigt das Präparat einer ausgetragem
Extrauteringravidität.
Dr. Hans Abels: Eine seltene Erscheinungsform von Rheur-
tismus nodosus. .
Ueber den Spinae ossis ilei post, und über dem Steissbein ei s
10 jährigen Knaben sitzen mehrere grosse Knoten, welche im Verlae
eines mit Endokarditis komplizierten Gelenkrheumatismus rasch «•
standen sind und schon an Grösse abgenommen haben. Der Rh:-
matismus nodosus zeigt sich sonst nur in kleinen, selten bis bohni-
grossen, subkutanen Knötchen, die meist im Verlaufe der Sen r
oder Sehnenscheiden, besonders in der Nähe von Gelenken und ,r
Periost, zumal an Stellen sitzen, die von aussen einem Drucke a>-
gesetzt sind. Auch die grossen Knoten im demonstrierten F<£
zeigen diese Lokalisation.
Prof. M. Benedikt bespricht die Lokalisation und Pathold«
des Symptomenkomplexes der gekreuzten Taubheit mit Paresis <1
Anästhesie der anderen Seite. Er leugnet, dass in diesem Falle tiö
mehrfacher Aborte und positivem Wassermann die Lues als ä-
logisches Moment gelten müsse, wie er denn überhaupt davor wa t
aus dem Wassermann voreilige therapeutische Schlüsse, besorn. ■
bei Paralyse und Tabes, zu fällen, da sie gewöhnlich für den Kram
fatal sind. Er schliesst auch das Vorhandensein eines Gehirntuberl¬
aus. möchte vielmehr die Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf ein
Krebsknoten stellen.
Die von ihm eingeleitete Behandlung mit Ortho-Kies
säure Hess eine überraschende Heilwirkung erzielen. Ende Jan
1. J. war die Frau schwachsinnig, verstimmt, auf dem rechten C <
vollständig taub und auf dem linken massig schwerhörig; die lin:i
Extremitäten waren paretisch, das Tast- und Schmerzgefühl 1
herabgesetzt, es bestanden Kopfschmerzen, früher heftige Schwind
1. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Unfälle, Ohrensausen etc. Dabei sah man beiderseits am Halse und
anderwärts zahlreiche Lymphdriisen. Der Gang, die Körper- und
Eingerhaltunsr und die Tendenz zur Propulsion des Körpers waren
ähnlich wie bei der Paralysis agitans. Jetzt (schon am 10. Februar 1. J.)
ist sie psychisch normal, ihr Gang ist besser und ihre Driisen-
schwellungen sind bis auf einzelne kleine Reste gänzlich ver¬
schwunden.
Der Vortr. besprach noch seine mit der Kieselsäure bei Krebs-
und Sarkomimpfungen bei Tieren angestellten Präventiveinspritzungen,
die angeblich auf den folgenden Verlauf der Infektion von Einfluss
waren. Er erwähnte die gute Wirkung des Mittels in einem zweiten
Falle, bei welchem es sich um luetische Hemiplegie handelte und
teilte mit, dass er jetzt auch bei anderen Fällen von zentralen Neu¬
rosen mit wahrscheinlich luetischer Aetiologie diese Therapie ver¬
suche. Bei Krebskranken, sagt Benedikt, kommt die präventive
Kieselsäuretherapie bei einmal glücklich Operierten usw. zur Ver¬
meidung von Rezidiven in Betracht und bei solchen Fällen
dürfte es auch möglich sein, das Frühstadium einer neuen Erkrankung
zu erkennen und rechtzeitig einzugreifen! Das von ihm angewandte
Präparat wurde ihm bisnun vom Laboratorium für medizinische
Chemie in Wien zur Verfügung gestellt, er gab es zumeist in Lösung
per os. Die grösste Dosis, die er bisher verabreichte, betrug 2 cg
in Lösungen von 3 mg in 1 Ccm sterilisierten Wassers.
XII. Kongress der deutschen Gesellschaft für
orthopädische Chirurgie
am 24. und 25. März 1913 im Langenbeckhaus zu Berlin.
(Referent : G. Hohmann - München.)
(Eigener Bericht.)
Der Kongress stand sichtlich im Zeichen dreier grosser Fragen,
auf die sich das Interesse allseitig konzentrierte: die Abbottsche
Methode der Skoliosenbehandlung mit einer eigenen
Art adressierender Gipsverbände, das aufgestellte Hauptthema des
Kongresses : die chronische Arthritis und Arthritis de¬
form ans und schliesslich die Stoffelschen Unter¬
suchungen über Nerve n anatomie und ihre prak¬
tisch-therapeutischen Konsequenzen. Prof. Abbott-
Portland war selbst aus Amerika gekommen, um sein Verfahren zu
demonstrieren.
Mit seinem Vortrage begann der den Verhandlungen voraus¬
gehende Projektionsabend am Ostermontag.
Abbott setzte in englischer Sprache, von dem Kongress¬
vorsitzenden Prof. S p i t z y - Graz verdolmetscht, das Wesen seiner
Methode auseinander. Es kommt darauf an, einmal Ueberkorrektur
zu erzielen und dann das Resultat solange zu fixieren, bis die Ge¬
webe sich der veränderten Stellung angepasst haben. Er fasst die
Skoliose nur als einen höheren Grad einer physiologischen Seitwärts¬
einstellung der Wirbelsäule auf, was er an der Schreibhaltung de¬
monstriert. Er zeigt dann sein Verfahren im Lichtbild, den rahmen-
artigen Tisch zur Anlegung des Verbandes, der bei gebeugtem
Rücken und elevierten Beinen in Ueberkorrektur angelegt wird, wobei
der Körper auf einer Art Hängematte liegt, das Becken durch einen
Zug fixiert ist und die Schultern der Deformität entsprechend eben¬
falls durch Züge korrigiert werden. Ein grosses Fenster im üips-
verband auf der bisherigen Konkavseite des Thorax erlaubt die Ent¬
wicklung dieser eingesunkenen Seite, wobei den Respirationskräften
ein grosses Stück der Aufgabe zufällt, während von schiessscharten¬
artigen Fenstern vorn seitlich aus durch eingeschobene Filzstücke die
Retorsion des Brustkorbes angestrebt wird. Verbanddauer mehrere
Monate. Nachbehandlung mit Zelluloidkorsett in Ueberkorrektur und
Uebiingen etwa 1 Jahr lang. Noch seien die Grenzen der Wirksam¬
keit des Verfahrens nicht zu ziehen, nicht immer habe er Erfolge,
aber im ganzen seien die Resultate gut. An zahlreichen Abbildungen
von Skoliosen vor und nach der Behandlung erläutert er seine Aus¬
führungen.
V u 1 p i u s - Heidelberg, der das Verfahren angewendet hat, de¬
monstriert die Ausführung der Methode und die bisherigen Resultate
und legt noch einmal eingehend die Prinzipien dar.
Ebenso Joachimsthal - Berlin, der die Methode etwas
modifiziert durchgeführt hat und die Wichtigkeit der Atemübungen
nachdrücklich betont.
Erlache r - Graz aus der S p i t z y sehen Klinik berichtet eben¬
falls über seine Erfahrungen. Er hat mit einem mit dem Gips ver¬
bundenen, auf der konkaven Thoraxseite aufsitzenden Respirations¬
messer festgestellt, dass die Zahl der Respirationen und ihre Tiefe
nach der Verbandanlegung vermehrt war. Von seinen Fällen hat nur
eine linkskonvexe Skoliose (alles andere waren rechtskonvexe) die
Prozedur schlecht vertragen. Röntgenbilder von rechtskonvexen
Skoliosen vor der Behandlung zeigen das Herz ganz nach links ver¬
lagert und die linke Lunge verdichtet, also luftleer, während nach der
Korrektur die Lunge aufgehellt erschien. Er legt Wert auf vor¬
bereitende Atemgymnastik, die' über einem Schrägbock ausgefiihrt
wird.
Max Böhm- Berlin weist auf die neben den Vorzügen vor¬
handenen Schattenseiten des Verfahrens hin und zeigt, wie wenig
Besserung oft im Röntgenbild zu erkennen ist. Da 60 — 70 Proz. aller
731
Skoliosen vor dem schulpflichtigen Alter vorhanden sind, muss auf
die Behandlung vor der Schulzeit der grösste Nachdruck gelegt
werden.
Axhausen - Berlin belegt mit zahlreichen Projektionsbildern
mikroskopischer Präparate seine bekannte Auffassung der Arthri¬
tis deformans als eines Symptomenkomplexes, der durch Knor¬
pelnekrosen in den Gelenken bedingt ist und durch statische Momente
nur unterstützt wird. Die Nekrosen hat er experimentell elektro¬
lytisch durch Nadeln erzeugt.
W o 1 1 e n b e r g - Berlin weist demgegenüber auf die Zotten¬
vennehrung und perivaskulären Zellanhäufungen bei Arthritis defor¬
mans hin. Er zeigt Röntgenbilder von Gichtarthritis (Ersetzung gan¬
zer Phalangenteile durch Gichtprodukte), von gonorrhoischer Arthri¬
tis (Verödung der Gelenkflächen, epiphysäre Atrophie, auch peri¬
ostale Auflagerungen).
C r a m e r - Köln bespricht die Ausfallserscheinungen bei Spina
bifida occulta: Klauenhohlfiisse und poliomyelitisähnliche Er¬
scheinungen, an der Hand einer grossen Zahl von Becken aus der
Marburger Anatomie, die kleinere und grössere Defekte der hinteren
Wand des Os sacrum aufweisen, sowie an der Hand von Röntgen¬
bildern von bettnässenden Rekruten, sowie Rekruten mit Klauen¬
füssen, bei denen Spaltbildungen im Os sacrum bzw. am letzten Len¬
denwirbel sichtbar sind. Von poiiomyelitischen Folgezuständen sind
die hier beobachteten durch die festere Muskulatur und das Fehlen
von Zyanose der Haut zu unterscheiden.
B i b e rg e i 1 - Berlin hat bei 14 Fällen von Klauen ho lil-
f u s s in 50 Proz. deutliche Spina bifida im Röntgenbild nachweisen
können. Klinisch war die Diagnose nicht zu stellen. Meist entsteht
der Hohlfuss erst im Alter von 6 — 8 Jahren. Möglicherweise handelt
| es sich um Entwicklungsstörungen, die vielleicht mit einer Myelo¬
dysplasie einhergehen.
G o c h t - Halle zeigt einige schwierige Frakturen und
ihre Behandlung im Röntgenbilde, Abreissung von Malleolen mit
Nagelung, Patellarfrakturen usw., die in kurzer Zeit mit Schienen-
hiilsenapparaten wieder gehfähig gemacht wurden.
D e 1 o r m e - Halle demonstriert interessante Röntgenbilder von
Gelenktuberkulosen, die ein auffallendes Wachstum der Epi¬
physen, besonders Zunahme ihrer Höhe aufweisen, so dass ein ab¬
normes Längenwachstum der Extremität resultiert. An Knie und
Hüfte beobachtet.
D r e h m a n n-Breslau bespricht die C o x a vara congenita
mit den charakteristischen Spaltbildungen am Hals, die er als Vor¬
stufe des kongenitalen Femurdefektes auffasst. Er empfiehlt an der
Hand seiner guten Resultate nochmals sein Verfahren der Inversion des
Schenkelhalses bei der Coxa vara adolescentium als eine sichere und
einfache Methode, welche neben guter Funktion auch eine ana¬
tomische Korrektur erzielt.
Brandes - Kiel berichtet über Heilung grösster Ti¬
biadefekte durch Transplantationen. Da die Tibiareste oft
sehr atrophisch sind und deshalb die Vereinigung mit einem freien
Implantat nicht erfolgt, bolzt Brandes die durchsägte Fibula in das
obere'Ende der Tibia ein. Wenn hier die Vereinigung fest vollzogen
ist, steckt er auch das untere Ende der Fibula in den unteren Tibia¬
rest, um das Talokruralgelenk zur Belastung zu erhalten und keine
Verbiegung des Knochens zu bekommen. (Röntgenbilder.)
Peltesohn - Berlin implantierte bei einem durch Tuberkulose
entstandenen Ulnadefekt einen Spahn aus der Fibula, während
er das luxierte Radiusköpfchen resezierte. Das Endresultat zeigte
eine Verschiebung an der Defektstelle, keine Vereinigung mit dem
Implantat. Die Fibula regenerierte sich vollständig.
v. A s s e n - Rotterdam berichtet über seltene Fussver-
letzungen, Fraktur des Processus posterior tali, Luxation und
Fraktur im Chopart sehen Gelenk mit hochgradiger Plattfussver-
unstaltung, die er durch Keilosteotomie wirksam behandelte. Nach
einer Exstirpation des Talus gab er zur Nachbehandlung einen Schuh,
dessen Absatz vorn höher war als hinten, so dass der mit der Ferse
zuerst auftretende Patient über die vordere Kante des Absatzes den
Fuss hinüberhebelt.
Die Hauptverhandlungen am 25. März eröffnet der Vorsitzende
Prof. Spitzy-Graz mit einem Nachruf auf die Toten des Jahres
und einer besonderen Begrüssung A b b o 1 1 s und P u 1 1 i s, des
Nachfolgers C o d i v i 1 1 a s in Bologna. Er weist dann auf eine wich¬
tige Aufgabe der Orthopäden hin, sich in Zukunft weit mehr noch
als bisher der Leibesübungen, des Turnens, anzunehmen und
in Schrift und Wort diese Bestrebungen zu fördern, was nicht nur im
nationalen Interesse liege, sondern auch eine nicht zu unterschätzende
Standesfrage sei, da man diese Angelegenheit nicht allein den Turn¬
lehrern überlassen dürfe. Eine Resolution in diesem Sinne fand An¬
nahme. Ebenso wurden die geänderten Statuten der Gesellschaft
angenommen, die danach in Zukunft den Namen „Deutsche or¬
thopädische Gesellschaft“ führt.
Dann trat man in die Verhandlungen über das Hauptthema:
Chronische Arthritis und Arthritis deformans ein.
Friedrich Kraus- Berlin behandelte in konzentriertester Form
Symptomatologie, pathologische Anatomie und interne Behandlung
der chronischen Arthritis, besprach ihre verschiedenen Formen, hob
die infektiöse Aetiologie vieler Arten von Arthritiden ( 1 onsillen,
Nasenhöhlen usw.) hervor (entsprechende Therapie) und behandelte
unter den Heilverfahren dieses Leidens besonders eingehend die Ein¬
führung radioaktiver Stoffe. Er empfahl besonders die kurzlebigen
732
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
Elemente, bei denen die entsprechenden Energiemengen schnell frei
werden. Der Weg, auf dem sie einverleibt werden, ist gleichgültig.
Die wohlfeilste und praktischste Methode ist die Trinkkur. Für die
intravenöse Injektion sind besonders die kurzlebigen Stoffe geeignet.
Als Dosen kommen nur die sogenannten Reizdosen, nicht die destru-
ierenden Dosen in Betracht. Bei der Gicht ist das Radium wohl ein
symptomatisches Mittel, indem es die Harnsäureausscheidungen be¬
fördert, aber es löst gleichzeitig damit auch Gichtattacken aus. Diesen
Nachteil hat das Atophan nicht. Die Thermalbäder sollen nicht ge¬
ringer geschätzt werden. Die G e i s t b e c k sehe Methode der Gicht-
behandiung mit grossen Adrenalindosen bringt gewisse, wenn auch
nicht allzu grosse Erfolge.
Poncet- Lyon vertritt seine bekannte Auffassung von der
tuberkulösen Aetiologie vieler chronischer Gelenkleiden, des tuber¬
kulösen Rheumatismus, bei dem das tuberkulöse Virus zu schwach
sei, um die spezifischen tuberkulösen Gelenkentzündungen zu machen,
sondern polyartikuläre Schädigungen hervorrufe. Klimatische Fak¬
toren, Ernährung, Immobilisation, Wärme. Lichtbäder, vor allem
Heliotherapie, sind von bester Wirkung. Nur bei fehlerhaften Ge¬
lenkstellungen Resektion.
Ibrahim- München gibt eine Uebersicht über unser derzeitiges
Wissen über die chronische Arthritis im Kindesalter, von der er selbst
6 Fälle gesehen, in der Literatur nur 273 Fälle gefunden hat. Er
will sich auf die chronische multiple Arthritis, den chronischen Ge¬
lenkrheumatismus beschränken. 2/s der Fälle sind Mädchen. Das
weibliche Geschlecht scheint dazu mehr zu disponieren, aber erst in
der zweiten Kindheit. 220 Fälle in den drei ersten Lebensjahren.
1. Sekundäre Formen: der typische akute Gelenkrheumatismus hinter¬
lässt Versteifungen, ebenso der Scharlachrheumatismus, letzterer mit
den lästigen Kiefergelenksankylosen und Tortikollis. sowie bei Me¬
ningenbeteiligung mit Extremitätenlähmung. Diese Gruppen sind als
Residualversteifungen zu bezeichnen. 2. Primär-chronische Formen:
beschleunigte Progredienz gegenüber Erwachsenen. Knie- und
Knöchelgelenke werden zuerst ergriffen, dann Finger, Halswirbel¬
säule (Kopf nach vorn geneigt, dadurch charakteristischer Anblick).
Spindelig-kugelige Gelenkformen. Nicht immer Fieber. Als besondere
Gruppe abzuscheiden die chronisch-infektiöse Polyarthritis (flüchtiges
Fieber, sehr lange Dauer, häufig Endokarditis und Perikarditis, Chorea
minor, schubweises Fortschreiten in Monaten und Jahren, Schmerzen
teils heftig, teils fehlend, häufig Nephritis). Die Poncet sehe tuber¬
kulöse Aetiologie ist nur für einen Teil der Fälle in Anspruch zu
nehmen. Prüfung mit Tuberkulinreaktion. Prognose nicht ganz un¬
günstig.
P r e i s e r - Hamburg sieht in der gestörten Statik ein ätiologi¬
sches Moment für die chronische Arthritis. Seiner Meinung nach
leidet die Hälfte aller die Bäder wegen arthritischer Beschwerden
aufsuchenden Patienten an statischen Störungen. Die Unterbrechung
der statischen Einheit macht sich an allen Teilen derselben be¬
merkbar. Pathologische Gelenkflächeninkongruenz disponiert zu Ar-
thrititis deformans. Die Schmerzen im Anfangsstadium entstehen
durch Verdrehung und Dehnung der Kapsel und Bänder. Demonstra¬
tion verschiedener Beckenformen: Rachitisches Becken und Steh¬
becken, letzteres findet sich bei 60 Proz. aller Stadtbewohner, die
dadurch mehr oder starke Beschwerden in der unteren Extremität
haben. Das rachitische Becken zeigt vermehrte Beckenneigung, Coxa
vara, Innenrotation der Beine, das Stehbecken steilen Schenkelhals,
antetorquiertes oberes Femurende und Aussenrotation der Beine. —
Korrektur mit Einlagen, Behandlung der Hüftgelenke mit physikali¬
schen Massnahmen, nur bei hochgradigen Formen mit Versteifung in
pathologischer Stellung forciertes Redressement mit dreiwöchent¬
lichem Gipsverband. Gefahr der Fettembolie, deshalb bei solchen, die
lange nicht gegangen sind, lieber subtrochantere Osteotomie. Bei
progressiven Formen der chronischen Arthritis Behandlung der Kon¬
trakturen, des Spitzfusses usw. mit Apparaten mit Gummizügen, in
schwereren Fällen mit Achillotomie und Redressement, um die Pa¬
tienten zum Gehen zu bringen, was sehr wichtig ist. Zurückhaltung
gegenüber der Resektion, da neben günstigen Fällen Verschlimme¬
rungen beobachtet worden sind.
Wollenberg - Berlin : Bei Initialfällen keine Schienenhülsen¬
apparate wie es H o f f a empfahl, nur bei Fortgeschrittenen. Besser
Massage und Bewegung.
Ax hause n- Berlin zeigt ein Präparat des Kniegelenkes eines
Hundes, dem er an drei bis vier kleinen Stellen des Gelenkes elektro¬
lytisch Knorpelnekrosen erzeugte und danach das schönste Bild
schwerer Arthritis deformans mit Zottenbildung, Exostosen, Osteo-
phyten entstehen sah.
W a 1 k h o f f - Gross-Lichterfelde wendet sich gegen Axhausens
Theorie der Knorpelnekrosen.
Schanz- Dresden nennt die Arthritis deformans eine „Ver¬
brauchskrankheit" und empfiehlt demgemäs Suspendierung der Be¬
lastung durch entlastenden Schienenhülsenapparat, sowie Anregung
der Zirkulation.
W e r n d o r f f - Wien spricht über Arthritis deformans
juvenilis, deren Ursache er im Sinne Preisers in einer Gelenk¬
flächeninkongruenz, deren Erscheinungen als Anpassungserschei¬
nungen ansieht. Neben diesen wirklichen Fällen von Arthritis defor¬
mans juv. gibt es viele, die so genannt werden, aber oft eine Caries
sicca sind.
Perthes- Tübingen sah 21 Fälle von Arthr. deform, juvenilis.
Auch er glaubt, dass unter den veröffentlichten Fällen viele Fehl¬
diagnosen sind. Die echten Fälle heilen alle aus, mit guter Beweglich¬
keit. Bei einer Operation sah er in einem selchen Falle den Ueienk-
knorpel normal, dagegen im Femurinnern Knorpelneubildungen.
B e c h e r - Münster zeigt einen schweren Fall von Arthr. dei.
des Knies mit unförmiger tabesähnlicher Gestalt, hochgradigem
X-Bein, Gehunfähigkeit.
Resektion erzielte ein festes brauchbares Bein. Es fanden
sich Knorpelzerstörungen, Auffaserung der Menisken, polypöse
dicke Gelenkkapsel. Der Fall spricht gegen das Schanzsche Wort
von der verbrauchten Gelenkkraft, da das Leiden einseitig ist.
T i e t z e - Breslau: Einheitliche Auffassung über Arthritis de¬
formans ist nicht vorhanden, zu unterscheiden hypertrophische und
atrophische Formen. Empfiehlt Resektion, von der er jahrelange
dauerndes gutes Resultat gesehen hat.
Röpke- Barmen empfiehlt Resektion mit Interposition von Fett¬
lappen.
J a k o b s o h n - Charlottenburg tritt ebenfalls für Trennung in
atrophische und hypertrophische Form ein.
V u 1 p i u s - Heidelberg hat bisweilen ebenfalls den tuberkulösen
Rheumatismus gesehen und ersucht um Mitteilung weiterer Fälle.
Eine Resektion einer arthrititischen Hüfte hatte ein gutes Resultat.
(Demonstration des Präparates.) Er weist auf die Sauerstoffinsufila-
tionen Wollenbergs in arthritische Kniegelenke hin, von denen
er schmerzstillende und mobilisierende Wirkung sah.
B i b e r g e i 1 - Berlin: Werndorff irrt, wenn er etwa unter
den aus der Joachimstal sehen Klinik veröffentlichten Fällen von
juveniler Arthritis deformans Tuberkulosen sucht. Denn sämtliche
Fälle sind gänzlich ausgeheilt.
Werndorff- Wien hat Fall 4 im Auge, welcher nach der
wiedergegebenen Krankengeschichte bei Massage und Uebungen
schlechter geworden ist. Für die Sauerstoffinsufflationen nimmt er
die Priorität in Anspruch.
B a d e - Hannover zeigt an vielen Abbildungen die Verände¬
rungen des Schenkelkopfes nach der unblutigen
Einrenkung kongenitaler Hüftverrenkung. Von 131
konzentrisch reponierten Fällen haben 70 — über 50 Proz. Ver¬
änderungen. Teils sieht man osteoporotische Erscheinungen schon
während der Behandlung oder nach der Fixationsperiode, die wieder
verschwinden, vielfach auch zu Abplattung des Kopfes, besonders
seiner medialen Seite führen, aber klinische Symptome von Arthritis
deformans nicht aufweisen. Oder es entstehen Anomalien der Ossi¬
fikation, der normale Kopf wird resorbiert, es entsteht ein 2- und
3 teiliger Kopf, bis schliesslich eine normale Form sich entwickelt.
Es gibt auch ganz kleine Köpfe, die sich resorbieren, an ihrer Stelle
treten Kalkschatten auf (wahrscheinlich durch rhachitische oder
osteomalakische Prozesse bedingt). Ferner treten bei schweren
Fällen im 5. — 9. Jahr starke Wucherungen am oberen Pfannendach
auf, die zur Resorption an der Oberfläche des Kopfes führen. Oft
wird der ganze Kopf resorbiert. Nur bei 1 schweren Fall wirkliche
Arthritis mit Neubildungen am oberen Pfannendach.
L u d 1 o f f - Breslau zeigt eine neue Operation bei H a 1 1 u >
v a 1 g u s, die im wesentlichen in einer Osteotomie des I. Metatarsm
schräg von unten vorn nach oben hinten besteht. Nach der Operahoi
verschieben sich die Fragmente gegeneinander, die Extensor hall.
Sehne wird entspannt und die Deformität lässt sich korrigieren
(Krankendemonstration.)
Klar- München will das vom Vorredner als Hauptursache be
zeichnete unzweckmässige Schuhwerk nicht gelten lassen, sonderi
weist auf die Heredität bezw. das familiäre kongenitale Vorkommen
der Deformität hin.
Henschen-Naef - Zürich bespricht die intrapelvine
Pfau ne n Wanderung der Hüfte auf koxitisch-arthropathi
scher Grundlage.
Lorenz- Wien fragt, warum so häufig bei Schenkelhals
fraktur Pseudarthrose entsteht. Je näher die Fraktur a
der Basis des Halses liegt, desto eher erfolgt knöcherne Heiluiy
und umgekehrt (Ernährung des Kopffragmentes!). Teils ist auch di
mangelhafte Reposition infolge nicht gestellter Diagnose schuld. L
nimmt in Narkose eine gründliche Mobilisierung vor, gleicht Adduk
tion und Flexion aus und gibt für 3 Monate einen Verband in Ab
duktion, Streckung und Innenrotation, dann für 1 Jahr Schienenhülsen
apparat.
K ö 1 1 i k e r - Leipzig schlägt zur Vermeidung von Nebei
Verletzungen bei der Osteotomie am Oberschenkel vo
von innen aus schräg zuerst ins Interstitium zwischen Rektus un
Vastus medialis und dann in das zwischen Vastus med. und laterali-
einzugehen, das Periost aber nicht abzulösen. . -* !
Stoffel- Mannheim ist auf Grund seiner nervenanatomische
Forschungen zu neuen Ergebnissen und Konsequenzen in der Be
handlung der Ischias gekommen. Er sieht das Leyden ledig
lieh als eine Neuralgie einer oder mehrerer sensibler Fasern de
Ischiadikus an. Die Lokalisierung der verschiedenen Schnierzzi
stände muss genau vorgenommen werden, dann ergeben sich be
stimmte, genau präzisierte Symptomenbilder. Deshalb ist St. gegt
die blutige Dehnung, deshalb hat die Injektionsbehandlung nur dar
Erfolg, wenn die gerade erkrankte Bahn für die Spritze günstig lieg
Stoffels Methode besteht in der Resektion der erkrankten Bahne
in schweren Fällen von Ischias. Bei der Mobilisierung und Entfernur
der betreffenden sensiblen Bahn müssen die motorischen sorgfältig:
geschützt werden. Einem sehr hartnäckigen, 4 Jahre lang bestehet
1. April 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. 733
den Fall von Ischias exstirpierte er 2 Nervenbahnen. Seitdem
schmerzfrei. Auch die Skoliose bildete sich danach spontan zurück,
ein Beweis dafür, dass sie durch Erkrankung einer sensiblen Bahn
entsteht.
Stoffel trägt sodann über neue Gesichtspunkte
auf dem Gebiete der Sehnenüberpflanzung vor, die
sich ihm beim Studium der Misserfolge der Sehnenüberpflanzung
ergaben. Sie betreffen 1. die Auswahl des Kraftspenders, die auf
Grund seines anatomischen Baues und seiner Funktion, seines indi¬
viduellen Wertes geschehen muss, z. B. kann Flexor hallucis niemals
den Tib. anticus ersetzen, nirgends in der Tierreihe verläuft ein Mus¬
kel durch Spatium interosseum, 2. die Spannung der zu verpflanzen¬
den Muskeln. Die natürlichen Muskeln weisen minimale Spannung
auf. Stärkere Spannung überdehnt die kontraktilen Elemente und
schädigt sie. St. verpflanzt periostal nach C o d i v i 1 1 a und B i e -
salski. Er redressiert zuerst, verwendet den gelähmten Muskel,
z. B. Tib. ant. durch Verkürzung in ein Ligament zur Fixierung der
Korrekturstellung und verpflanzt erst dann. Aus obigen Gründen
ist eine Verkürzung der Sehnen der nicht gelähmten Muskeln falsch,
da die Muskeln nur überdehnt werden. 3. Die Qualität der Muskeln
erkennt man nur ungenügend am Kolorit, sicherer mit Elektrode
während der Operation.
Gocht- Halle tritt für die bisherigen Methoden ein, die gutes
geleistet hätten, wie z. B. bei der Quadrizepsplastik.
ln der Mittagpause folgen Demonstrationen von Caro- Han¬
nover, der seinen Universalpendelapparat für passive
Gelenkbewegungen vorführt. L e g a 1 - Breslau zeigt einen
einfachen Uebungsstuhl zur Skoliosenbehandlung, der die Aus¬
führung verschiedener aktiver Uebungen erlaubt, ferner einen Schreib¬
sitz für Schulkinder, der auf einen gewöhnlichen Stuhl aufgesetzt
wird. Die Apparate sind für wenig Geld herzustellen und eignen
sich besonders für ambulante Behandlung. Weber- München führt
seinen Extensionstisch zur Einrenkung angebore¬
ner Hüftluxationen vor. Er beruht auf dem Prinzip der Ex¬
tension und des direkten Druckes auf den Trochanter major, lehnt
sich an den Bradford sehen Apparat an. Bei der Extension ist
die Beweglichkeit der Beine nach allen Richtungen hin frei. Der
Apparat ist vor allem für die schwierigen Luxationen zweckmässig.
Der Ileopsoas und Kapselisthmus, zwei wichtige Repositionshinder¬
nisse, werden gründlich gedehnt. Der Apparat wird an der Lange-
schen Klinik zur Einrenkung aller Luxationen benutzt (Fabrikation
durch Storz & Raisig in München).
ln der Nachmittagssitzung folgt die Aussprache über das
Abbott sehe Verfahren :
R i e d i n g e r - Würzburg führt aus, dass aus mechanischen
Gründen eine Skoliose weder in Kyphose, noch in Lordose seitlich
umgekrümmt, sondern nur gedreht werden kann (L o v e 1 1 s Unter¬
suchungen). Bei der K 1 a p pschen ebenso wie bei der Abbott sehen
Stellung flacht sich die Rotation des Rippenbuckels ab. R. hat schon
früher zur Fixierung der Wirbelsäule in Klappscher Stellung geraten,
ein eigener Versuch war erfolglos. Er ist gegen die Beseitigung der
Extension. Zur Technik der Methode schlägt er als Modifikation
eine Rotation am oberen Ende vor.
L a n g e - München fragt Herrn Abbott, ob er genaue Unter¬
suchungen darüber gemacht hat, bei welcher Stellung die beste Kor¬
rekturmöglichkeit vorhanden ist, ob vielleicht durch seine Stellung
künstlich dauernde Kyphosen erzeugt werden können, ob er solche
schädliche Folgen gesehen habe, ob wirklich ein total versteifter
skoliotischer Wirbelsäulenabschnitt beweglich wird, ob und mit wel¬
chen Resultaten er rachitische Skoliosen oder nur Totalskoliosen,
ob er doppelte Biegungen behandelt hat. warum er auf den Gegenhalt
am Hals verzichtet, ob er eine exakte Nachbehandlung durchführe?
B i e s a 1 s k i - Berlin hat 30 Fälle nach Abbott behandelt.
Er hält die Atemübungen für sehr wichtig. Er sah einzelne Besse¬
rungen. Bei 6 Fällen sah er Trichterbrust entstehen, indem der Re¬
dressionsmechanismus das Brustbein eindrücken kann. Wie steht es
mit den Rezidiven? Man rechnet damit, dass die erzielte Ueber-
korrektur bis zur Mittellinie wieder zurückgeht; hat man aber in der
Hand, dass sie nicht weiter zurückgeht?
S c h a n z - Dresden rät eindringlich zu einer sehr kritischen
Prüfung des Verfahrens im Hinblick auf den einst gleichen Optimis¬
mus bei der Say re sehen Gipsbehandlung. Zur Kritik fordern auch
Abbotts bildliche Demonstrationen heraus. Der Student, dem
Abbott durch seinen Verband eine hochgradige Skoliose bei¬
brachte und diese dann durch einen zweiten Verband in die entgegen¬
gesetzte Krümmung verwandelte, hat nach Schanz keine wirkliche
Skoliose, sondern nur eine Deformität der Wirbelsäule gezeigt, denn
in so kurzer Zeit können die bei einer Skoliose stets vorhandenen,
sie geradezu bedingenden anatomischen Veränderungen der Wirbel¬
körper nicht entstehen oder sich umwandeln.
Lorenz- Wien: Viele Einzelheiten des A b b o 1 1 sehen Ver¬
bandes sind alte Bekannte der orthopädischen Technik. Nur die
Kyphosenstellung ist neu. L. hat in der Skoliosenbehandlung stets
das lordosierende Prinzip betont, er sieht in der Kyphose ein gesund¬
heitsschädigendes Moment.
V u 1 p i u s - Heidelberg betont die technischen Schwierigkeiten
der Behandlung. Wichtig ist die richtige Lokalisierung des etappen-
mässigen Druckes durch Filzstücke. Fraglich bleibt, ob die Gegen¬
krümmungen so leicht, wie Abbott glaubt, zu korrigieren sind.
S p i t z-y - Graz; Aus Kyphosenstellung heraus entsteht am
leichtesten eine Skoliose und zwar aus einer schlaffen Kyphose. Das
A b b o 1 1 sehe Verfahren ist besonders für fixierte Skoliosen zu emp¬
fehlen. Bei einer linkskonvexen Skoliose sah er, dass Patient sich
schlecht fühlte (Verschiebung des Herzens?). Wichtig ist lange Nach¬
behandlung und Atemübungen.
Calve-Berck ist der Meinung, dass das A b b o 1 1 sehe Ver¬
fahren sich nur für nicht fixierte Skoliosen eignet, bei den fixierten
sind die Resultate nicht entsprechend. Er fürchtet Schädigungen für
das Herz, ebenso hat er Bedenken gegen die Einengung der Bauch¬
atmung. Die Resultate muss man durch Röntgenbilder kontrollieren,
ebenso muss man die Atemweite der beiden Thoraxhälften vor und
nach der Behandlung messen.
W u 1 1 s t e i n - Bochum glaubt, dass die Korrektur bei fixierten
Skoliosen ohne Extension nur eine Scheinkorrektur ist. Bei Total¬
skoliosen und überhaupt bei leichten Skoliosen braucht man das Re¬
dressement nicht.
F r a e n k e 1 - Berlin demonstriert den „Kniegang“ Klapps, bei
dem die Wirbelsäule ebenfalls detorquiert wird. Bezüglich der Frage
Lordose oder Kyphose hält er die erstere für richtiger. Dabei seien
die Wirbelkörper beweglicher, am freiesten an der lordosierten Hais¬
und Lendenwirbelsäule.
Spitzy-Graz: Letztere sind deshalb beweglicher, weil sie
keine Rippen tragen.
H o f b a u e r - Wien äussert sich als Physiologe. Die Bauch¬
atmung ist die wichtigste Kraft, die die Blutwelle zum Herzen zurück¬
treibt aus den Baucheingeweiden. Sphygmographische Demon¬
stration.
W i e r z e j e w s k i - Posen : Nur Totalskoliosen eigen sich für
Abbott. Hat asphyktische Erscheinungen im Verbände beobachtet.
Abbott antwortet auf die an ihn gerichteten Fragen: In
Kyphose sei die Wirbelsäule am lockersten, _wie ihm Untersuchungen
ergeben hätten. In einzelnen Fällen sei die erzielte Ueberkorrektur
stehen geblieben und musste durch Korsetts wieder zur Norm zurück¬
gebracht werden. Durch Röntgenbild könne er nachweisen, dass das
fixierte Wirbelsäulenstück beweglich geworden sei. Er habe viele
rachitische Fälle behandelt; dieselben erfordern intensive und längere
Behandlung, die Resultate seien gute. Bei S-förmigen Krümmungen
werden bestimmte Gegenzüge angewandt. (Schluss folgt.)
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Aerztlicher Bezirksverein München.
Vollversammlung vom 13. III. 1913.
Der Vorsitzende, Prof. Kerscheinsteiner, widmet dem
verstorbenen Kollegen Däschler warme Worte des Nachrufs und
begrüsst die neu aufgenommenen Mitglieder: Prof. v. R o m b e r g,
Prof. v. Hess, Dr. B i c h 1 e r. Ausserdem sind zum Schlüsse der
Sitzung 5 weitere Mitglieder aufgenommen.
Er teilt mit, dass das von einem Kollegen seinerzeit in den
Trambahnwagen angebrachte Plakat von diesem zurückgezogen wor¬
den ist.
Das Ministerium hat die neuen Satzungen des B.-V. genehmigt.
Die Vorstandschaft des B.-V. hat den Antrag des B.-V. Kissingen
an den D. Ae.-V.-B. betr. Praxisverbot an Ausländer unterstützt.
Eine Rundfrage der Vorstandschaft an die verschiedenen ärzt¬
lichen Standes- und Fachvereine Münchens betr. der Honorarteilung
zwischen Aerzten und Konsiliarien hat einige Beantwortung erfahren.
Der Vorsitzende will diese Frage demnächst vors Plenum bringen.
Nassauer schlägt vor, diese eingreifende, durchaus nicht einfache
Angelegenheit durch zwei Referenten (einen praktischen Arzt und
einen Spezialarzt) studieren und referieren zu lassen.
Hofrat Rommel hält einen knappen und doch einheitlichen,
übersichtlichen Vortrag über: Vorschläge zur Gründung eines
Krankenhauses mit freier Arztwahl in München.
Der Vortragende schildert zunächst die steigende Inanspruch¬
nahme der Krankenhäuser, die sich im Gegensatz zu früheren Zeiten
nicht nur auf die ärmeren Schichten der Bevölkerung beschränkt,
sondern sich auch bei den Bemittelten mehr und mehr einbürgert.
Ref. betont die vielen Vorzüge der Krankenhausbehandlung auf fasi
allen medizinischen Sondergebieten und wünscht die Anstaltsbehand¬
lung besonders noch mehr als bisher auf die Infektionskrankheiten
ausgedehnt zu sehen. Als Nachteile der Krankenhausbehandlung ist
der Massenbetrieb mit mangelnder Individualisierung anzusehen und
die Monopolisierung der Krankenbehandlung in den Händen weniger
Krankenhausärzte, was bei dem vermehrten Zuzug zum Krankenhaus
naturgemäss zur Beeinträchtigung der freien Praxis führen muss.
Es seien daher je nach dem vorhandenen Bedürfnis zweckmässiger
kleinere neue Krankenanstalten zu gründen, die einfacher im Bau
bei einer geringeren Bettenzahl — nicht über 250 — den Patienten
die Wahl des behandelnden Arztes gewährten. In diesen Kranken¬
häusern, welche als „Leichtkrankenhäuser“ im Sinne G r o b e r s
gedacht sind, dürfe das Bett nicht mehr als 5000 Mark kosten.
Die Kommune solle der Anstalt, die mit gemeinnützigem Charakter
gedacht ist, einen Platz zur Verfügung stellen. Die Baukosten wären
durch die Genossenschaften, Versicherungsanstalten, Kreismittel, '.n-
teilscheine der Aerzte und Stiftungen zu decken; Stadt, Kassen,
734 MUENCHENEfc MEDIZINISCHE WÖCHENSCttRlEt. No. 13.
Separatkranke hätten die Betriebsmittel aufzubringen. Als Unter¬
nehmer ist ein Krankenhausverein für freie Arztwahl gedacht; ver¬
antwortlicher Leiter für den ganzen Betrieb ein leitender Arzt, dem
eine Anzahl Betten zur Verfügung stehen. Mit der Anstalt sei eine
Pflegerinnenschule zu verbinden für die staatliche Krankenpflege¬
prüfung. Das Krankenhaus mit freier Arztwahl sei vorerst als all¬
gemeines Krankenhaus gedacht, einschliesslich Infektionskranker, die
in zwei Pavillons untergebracht werden sollten. Vortragender gibt
zum Schlüsse eine Schilderung des Baues und Betriebes derartiger
Anstalten.
Diskussion: Hofrat Schwertfeiner teilt mit, dass An¬
lass zu der aufgeworfenen Frage der Umstand gegeben habe, dass im
Krankenhaus 1. d. I. eine bedeutende Vergrösserung und auch eine Ver¬
mehrung der Separatzimmer geplant sei. Davon befürchtet eine An¬
zahl von Kollegen eine Beeinträchtigung der freien ärztlichen Tätig¬
keit.
Rommel erwidert, dass diese Bedenken unbegründet seien.
Scholl gibt an, dass Aussicht bestehe, die Berufsgenossen¬
schaften, die Landesversicherungsanstalten, auch den Kreis Ober¬
bayern für eine solche Anstalt zu interessieren und dass eine finan¬
zielle Beteiligung dieser Faktoren ev. in Betracht gezogen werden
könne. Auch die Krankenkassen würden wohl einen Vertrag mit dem
Krankenhaus abschliessen, analog dem roten Kreuz. Der Aerzte-
verein für freie Arztwahl kann sich mit Kapital nicht beteiligen, da
dies stets für dringende Fälle flüssig bleiben muss. Es solle eine
O. rn. b. H. gegründet werden, an der die Aerzteschaft sich durch
Anteilscheine beteiligen solle.
Schindler glaubt auf Grund seiner Erfahrungen im neuen
Nymphenburger Krankenhaus, dass die angenommenen Kosten zu ge¬
ring angesetzt seien.
Arthur M u e 1 1 e r begriisst das Projekt, das einer Vorjahren von
ihm gegebenen, aber nicht durchgeführten, Anregung entspricht. Er
meint, dass Staat und Stadt die Pflicht haben, das Unternehmen
zu fördern. Durch Zuzahlung zu den Betten in ihren Kranken¬
häusern treibe die Stadt unlauteren Wettbewerb gegenüber anderen
Anstalten.
Hecht will auch private Kapitalisten interessiert haben. Die
Stadt zahle schon in den städtischen Krankenhäusern auf jedes Bett
eine Summe zu. Das muss sie auch dem geplanten Krankenhaus
gegenüber tun. Das neue Haus hätte den Vorteil, dass niemand zu
lange, auf Kosten der wirklich Kranken, dort bleiben könne, da jeder
behandelnde Arzt seinen Kranken überwacht.
Kastl, der sich früher als Vorsitzender des B.-V. mit dieser
Frage besonders beschäftigt hatte, gibt wertvolle Winke.
Hengge befürwortet das Projekt.
Prof. v. Romberg gibt auf Grund langjähriger Erfahrungen an
grossen wie auch an kleinen Anstalten, interessante finanzielle Auf¬
schlüsse, die die enormen Kosten einer Infektionsabteilung etc. dar¬
legen. Er hält die wirklichen Kosten des Planes für grösser als
der Vortragende.
Hofrat Dornberger hält, als Kinderarzt, gerade eine Infek¬
tionsabteilung für die Kinder für am vordringlichsten, worauf
Prof. Ke r sch ensteine r mitteilt, dass im Schwabinger
Krankenhaus von den 70 Betten der Infektionsabteilung (von insge¬
samt 700 Betten) ein Höchststand der im Infektionshaus belegten
Betten von 12 stattfand! Meistens sind 3 — 4 belegt. Daraus könne
man die enormen Kosten berechnen.
Es wird nach einem Schlusswort Rommels die Angelegenheit
einer Kommission von 6 Mitgliedern überwiesen.
In der damit im Zusammenhang stehenden Frage der Ver¬
mehrung der Separatzimmer in den Krankenhäusern und daran an¬
schliessend des Schmerzenskindes der „Polikliniken“ erfolgt eine leb¬
hafte Diskussion.
Scholl führt an, dass eine Freibehandlung aller Studenten
durch die Polikliniken projektiert sei (10 000 ca.!). Diese sind zum
grossen Teile nicht bedürftig. Man müsse zum mindesten da auch
freie Arztwahl einführen.
v. Romberg gibt an: es sollen 'jedem Kliniker etwa 20 bis
30 Separatzimmer zugebilligt werden,
Hecht: Die Behandlung von Zahlungsfähigen hat in den Poli¬
kliniken grosse Ausdehnung erfahren, er rät zu energischem Vor¬
gehen. Es ist berichtet worden (und man solle diesen Bericht nach-
priifen), dass ein begüterter Patient in der Poliklinik abgewiesen
worden sei. Auf seine Beschwerde hin habe das Ministerium ver¬
fügt, dass Leute bis zu 4000 M. Einkommen in der Poliklinik (also un¬
entgeltlich) zu behandeln seien! Falls dies richtig sei, müsse Protest
dagegen erhoben werden. Leute mit solchem Einkommen sind nicht
unbemittelt. Dies Vorgehen würde eine immense Schädigung der
Aerzte bedeuten.
Scholl: Das Material der Polikliniken ist 5 — 10 mal so gross,
als es zum Unterricht notwendig ist. Die Leiter der Polikliniken soll¬
ten gehalten sein, einen Schein von den Patienten zu verlangen, der
ihre Bedürftigkeit aufweist (Steuerzettel etc.)
Schwertfeiner erinnert an das Versprechen bei Eröffnung
der neuen Poliklinik, das die Vorstandschaft der Poliklinik der des
B.-V. gegeben hatte, dass durch Behandlung der nur Dürftigen den
Aerzten keine Einbusse geschehen solle.
Sacki weist auf den Zulauf der zahlungsfähigen Bauern zu dpn
Polikliniken hin. Das Verlangen eines schriftlichen Ausweises für die
Bedürftigkeit ist schwierig und scheitert oft an den Assistenten und
Praktikanten.
Auch Menacher weist aui diese Schwierigkeiten hm.
Es wird ein Antrag Hecht angenommen, dass mit den Vor¬
stehern der Polikliniken vorläufige unverbindliche Verhandlungen
durch eine Kommission angeknüpft werden sollen, die mit dem Recht
der Kooption sofort in 5 Mitgliedern aufgestellt wird.
Nassauer.
Verschiedenes.
Czerny über Entstehung und Behandlung des Krebses.
Professor Czerny hielt am 5. März im wissenschaftlichen
Verein Urania in Berlin einen Vortrag über die neuen Bestrebungen,
das Los der Krebskranken zu verbessern. Obwohl ein Vortrag für
Laien, bietet er auch für Aerzte hohes Interesse, weil er die Ansichten
des hervorragenden Forschers auf Grund 40 jähriger Beobachtungen
über Entstehung und Behandlung des Krebses in knapper, gehalt¬
reicher Sprache zusammenfasst und dieses Interesse wird nicht ver¬
mindert, vielmehr eher erhöht durch das Bekenntnis, dass er aui
Grundlage subjektiver Ueberzeugung manche Behauptung aufstellt,
die für die streng wissenschaftliche Kritik noch nicht ganz reif ist.
Die Chirurgie hat allmählich in allen Organen des menschlichen
Körpers bis zum Gehirn und Rückenmark die Geschwülste aufgesucht
und entfernt. Während bei dem Sitz in den letztgenannten Organen
Heilerfolge noch zu den selteneren Ausnahmen gehören, kann inan
bei Hautkrebsen auf 80 — 90 Proz. Heilungen rechnen. Bei den Brust-
driisenkrebsen erzielen wir etwa 40 Proz. Radikalheilungen, d. h.
Heilungen, die 5 Jahre kontrolliert sind. Bei Magen- und Darm¬
krebsen kann man auf 20 — 30 Proz. Heilungen rechnen. Im grossen
und ganzen mögen von sämtlichen operierten Krebskranken etwa
40 Proz. dauernd geheilt bleiben.
Czerny verbreitet sich dann über die Untersuchungen an
hunderttausenden von Tieren, welche die Entstehung des Krebses
aufklären sollen, auf die Pfropfungen, bei denen die Uebertragungen
auf Tiere der eigenen Spezies, viel seltener auf fremde Tierarten
gelang, wie die Uebertragung von Hundesarkom auf Füchse
(Sticker), von Hasensarkom auf Kaninchen (v. Düngern), von
Ratlensarkom auf die Maus (L e w i n), ja selbst von Mäusesarkom
auf Kaninchen (Strauch).
Merkwürdig ist, dass der Erste, der sich experimentell mit
Krebsrnäusen beschäftigte — Morau — zu der Ueberzeugung kam.
dass Wanzen die Zwischenwirte sind, welche den Krebserreger
übei tragen. Er benützte seine infizierten Wanzen. um künstliche
Kiebse bei Mäusen zu erzeugen und konnte seine Mäuse gegen Krebs
schützen, wenn er die gesäuberten Käfige so isolierte, dass Wanzen
nicht beikommen konnten. Leider ist dieses experimentum crucis
nicht wiederholt worden oder doch nicht wieder gelungen.
Nachdem Czerny u. a. darauf hingewiesen hat, dass es Peytou
R o u s gelungen ist, aus zertrümmerten Hühnersarkomen durch ein für
Bakterien undurchlässiges Filter eine Flüssigkeit zu gewinnen, mit
welcher er durch Einspritzung bei Hühnern wieder Sarkome erzeugen
konnte, die auch weiter übertragbar waren und dass Jensen
Rattensarkome durch einer, säurefesten Bazillus erzeugte, folgert er:
es ist wiederholt gelungen, Krebse und Sarkome neu zu erzeugen,
ohne dass dabei eine Zelliibertragung in Frage kommt.
Nach Anführen der Versuche von B. Fischer fährt er fort:!
Wenn wir uns vorstellen, dass es Mikroorganismen gibt, welche
chemische Reizstoffe stets neu produzieren, wenn diese Mikro¬
organismen an die erkrankten Zellen angepasst sind und mit den¬
selben auf dem Blut- und Lymphwege verschleppt werden, so dürfte
das eine ausreichende Erklärung für die Erscheinungen der Krebs¬
krankheit auch beim Menschen geben.
Es wäre denkbar, dass es verschiedene Organismen gibt, welche
diese Reizstoffe produzieren, dass also die Ursache des Krebses keine
einheitliche wäre, wofür verschiedene Gründe sprechen.
Wie sollen wir uns dann die Entstehung der sogen. Röntgen¬
krebse erklären, denen schon etwa 65 Menschen zum Opfer ge-j
fallen sind? Manche Menschen sind gegen Röntgenstrahlen über¬
empfindlich und bekommen nach längerer Beschäftigung mit den
Apparaten, namentlich wenn sie die Schutzvorrichtungen nicht be¬
nützen, eine Hautentzündung, dann nässende Ekzeme, Geschwürs¬
bildungen, welche schliesslich krebsig entarten. Ich glaube, dass die
Hautentzündung die Eingangspforte schafft, durch welche die ubi¬
quitären Krebserreger eindringen können.
Die präkanzerösen Erkrankungen sind wichtig, weil man geger
diese ankämpfen und dadurch der Entstehung des Krebses vorbeuger
kann. Wir wissen, dass syphilitische, lupöse Geschwüre und Narben
dass chronische katarrhalische Entzündungen, Epithelverdickunger
der Schleimhäute, Magengeschwüre, Gallensteinreizungen, entzünd¬
liche Schwellungen der Brustdrüse manchmal den Boden vorbereiten
auf dem sich später Krebse entwickeln. Ebenso können Warzen unc
Muttermäler, sowie manche angeborenen Bildungsanomalien ir
späterem Alter degenerieren.
Kurz zusammengefasst gehört zur Entstehung dei
Krebse 1. eine gewisse individuelle Disposition, die
angeboren oder erworben sein kann. Worin diese Disposition be-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
n~>
Vpril 19U
1 1, wissen wir noch nicht. Cs können Schutz- und Abwehrstoffe
, »n; es könnte aber auch ein günstiger Nährboden sein, wie er z. B.
Th ' schwächende Krankheiten, wie Influenza zustande kommt.
; ;r manchmal werden auch blühende, scheinbar ganz gesunde
i sehen lange vor der Altersperiode befallen).
Ferner gehört 2. dazu eine lokale Eingangspforte, die
:h Verletzungen, Entzündungen, Narben, Warzen und andere
renitale Missbildungen vorbereitet wird.
Endlich gehört 3. der eigentliche Krebserreger dazu,
höchst wahrscheinlich aus der Gruppe der bisher unbekannten,
eicht ultramikroskopischen Organismen stammt und der durch
nd einen Zwischenträger in den Menschen gelangt. Ob das blut¬
ende Schmarotzer, ob es kleine Rundwürmer sind, die vielleicht
h Küchenschaben übertragen werden, ist für den Menschen noch
t sichergestellt.
Die Statistik und das Tierexperiment haben keine klare Antwort
die Frage der Erblichkeit gegeben. Bezüglich der A n -
ckungsfähigkeit drängen die Erscheinungen immer mehr
i ier Annahme, dass der Krebs eine Infektionskran k-
t ist, die aber nicht direkt, sondern bloss durch Zwischenwirte
tragbar ist.
Wie bei allen Infektionskrankheiten spielt sicher auch beim
; iserreger die Virulenz desselben und andererseits die Menge, mit
i :her er eindringt, eine grosse Rolle. Kleine Mengen werden
wunden, um so besser, je gesunder und widerstandsfähiger das
i llene Individuum ist.
Die operative Behandlung des Krebses hat entschieden
schritte gemacht durch die Einführung der hochgespannten und
dfrequenten Elektrizität. Man kann mit dem elektrischen Licht¬
en so rasch wie mit dem schärfsten Messer Geschwülste irn
i unden abtragen. Dabei bluten bloss grössere Gefässe und die
'nde wird unter der Hitze sterilisiert, die Gefahr der Rezidive
i Hindert. Diese suchen wir nach der Operation durch Anwendung
i trischer Blitzfunken oder durch Bestrahlung der Wunde und ihrer
rebung mit Röntgenlicht, mit Radium und Mesothorium zu ver-
i dern.
Ueber die nichtoperative Behandlung rezidivierter
i inoperabler Fälle sagt Czerny: So behutsam die Prognose ge-
i t werden muss, so zeitigt eine systematische zielbewusste Be-
Ulung nach unseren Beobachtungen in 27 Proz. verzweifelter Fälle
i auch dem Kranken sicht- und fühlbare Besserung und in einem
i:h Verbesserung der Behandlungsmethoden allmählich steigenden
’zentsatz (bisher etwa 13 Proz.) Beseitigung des Leidens, die man
1 ung nennen dürfte, wenn nicht die Beobachtungszeit dazu zu
i wäre.
Diese Behandlung ist heute eine komplizierte und schwierige
^st geworden, welche aber auf dem betretenen Wege grosse Er-
:e verspricht. Ich halte die Errichtung von eigenen
iil- und Pflegestätten für Geschwülste und G e -
lwiire für ein notwendiges Erfordernis, wenn die
• en Keime einer nicht operativen Krebstherapie sich kräftig ent-
. kein sollen.
In vollendeter Weise durch Stiftungen gefördert, konnte ich in
Helberg: 1906 das Institut für experimentelle Krebsforschung er-
en. __ Bis zum 1. Januar 1913 sind ihm durch Schenkungen, Bei-
' e. Zinsen etwas über 1 Million Mark zugegangen; aber noch ist
notwendig, dass durch einen grösseren Reservefonds ooer durch
(.‘lmässigen jährlichen Zuschuss die Zukunft des Instituts sicher¬
eilt wird. Ich habe deshalb den Heidelberger Sama-
erverein ins Leben gerufen, dessen Jahresbeiträge (minde-
bs 10 Mark an die Rheinische Kreditbank Heidelberg, Konto
-bsinstitut einzusenden) zur Unterhaltung des Instituts beitragen.
Dabei ist zu hoffen, dass wie bei der Lepra in Norwegen, durch
willige Isolierung der Krebskranken in hygienisch tadellosen
’ gestatten mit der Zeit die Zahl der Krebskranken sich ver-
dern wird.
So wünschenswert es ist, dass jede grosse Stadt oder Provinz
Krebsinstitut hat, so sehr zu empfehlen ist ein langsames schritt-
ses Vorgehen.
Es dürfte sich mehr empfehlen, ein zu errichtendes Institut an
grösseres städtisches Krankenhaus als an eine medizinische
idtät anzugliedern, weil die Stadtverwaltungen mehr für die prak-
hen Bedürfnisse ihrer Mitbürger zu sorgen pflegen.
Unter den friedfertigen Kulturbestrebungen des deutschen Volkes
H der Sieg über die schlimmste Geissei der Menschheit der
sste 1 riumph sein.
Therapeutische Notizen.
Bei der Anionenbestrahlung von Typhusbakterien
, Ilte S t e f f e n s - Freiburg eine zweifellose bakterienfeindliche
,/\ung beobachten. Der beste Erfolg zeigte sich bei Bestrahlung
tlst der Kondensatorenelektrode. St. regt an, die Anionen-
1 tranlung besonders bei Hautkrankheiten zu verwenden. (Ther.
’ oatshefte 13, 2.) Kr.
Jalerie hervorragender Aerzte und Naturforscher,
heutigen Nummer liegt das 319. Blatt der Galerie bei: Otto
neubner. Zu seinem 70. Geburtstag. (Vergl. den Artikel auf
7,)3 d. No.)
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 31. März 1913.
— Aehnlich wie in Deutschland die Medizin studierenden kli¬
nischen Semester sich in den Klinikerschaften — ein irreführender
Name, der besser durch Klinizisten-Vereinigung oder dergl. ersetzt
würde — zusammengeschlossen haben, ist auch in Frankreich
eine Art von Organisation der Medizinstudierenden
entstanden, die in <)er vergangenen Woche in Paris ihren ersten Kon¬
gress abgehalten hat. Auch hier stand die Ausländerfrage im
Vordergrund. Während aber die deutschen Künizisten ohne jeden
Chauvinismus sich auf Vorschläge beschränkten, die geeignet wären,
die jetzt an vielen Orten zum Schaden der Einheimischen bestehende
Bevorzugung der Ausländer zu beseitigen, hat der französische Stu-
dierenden-Kongress sehr radikale, direkt ausländerfeindliche Be¬
schlüsse gefasst. So drückte er den Wunsch aus, dass Ausländern
unter keinen Umständen die Ausübung der ärztlichen Praxis in Frank¬
reich, auch mit einem gültigen französischen Diplom, gestattet werden
soll. Da man einer derartigen Massregel keine rückwirkende Kraft
geben kann, soll bestimmt werden, dass solche ausländische Aerzte,
die das 32. Lebensjahr noch nicht überschritten haben, verhalten
werden sollen, sich als Franzosen naturalisieren zu lassen und ihre
Dienstpflicht nachträglich im aktiven Heere abzuleisten. In Zukunft
soll keinem Ausländer die immatrikulierung als Hörer der Heilkunde
gestattet werden. Gegen die russischen Studierenden in Paris wur¬
den noch besondere Repressivmassregeln vorgeschlagen. Wir wer¬
den auf den Kongress zurückkommen.
— Unter den § 184, 3 Str.-Ges.-B., der die Ankündigung von zu
unzüchtigem Gebrauch bestimmten Gegenständen an das Publikum
verbietet, fallen, nach konstanter Praxis des Reichsgerichtes, z. Z.
auch alle Mittel zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten. Gegen
diese Auffassung hat die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der
Geschlechtskrankheiten wiederholt Stellung genommen, wie es
scheint mit Erfolg, denn die Kommission zur Beratung des neuen
Strafgesetzbuches hat Gegenstände, die zur Verhütung der Ver¬
breitung der Geschlechtskrankheiten dienen, aus der bisherigen Ziff. 3
§ 184 Str.-Ges.-B. (§ 257. Ziff. 3 des Entwurfs) herausgehoben und
ihre Ausstellung, Ankündigung etc. nur dann als strafbar erklärt, wenn
sie in einer Weise erfolgt, die geeignet ist, Aergernis zu erregen,
wobei davon ausgegangen wurde, dass Mittel, die gleichzeitig zur
Verhütung der Empfängnis und zum Schutz gegen Ansteckung dienen,
unter die Ausnahmevorschrift fallen sollen.
— Die vor kurzem gegründete Vereinigung deutscher
Kranken haus ärzte hielt Montag in Berlin eine Sitzung ab,
in der vor allem Prof. Dr. S p r e n g e 1 - Braunschweig die Frage
der Medizinalpraktikanten behandelte. Während die Zahl der prak¬
tischen Aerzte überaus gross ist, besteht in den Krankenhäusern ein
Mangel an Assistenten, dem auch durch den bedrohlich zunehmenden
Andrang zum Medizinstudium nicht abgeholfen wird. Die Ursache
liegt, das war die allgemeine Ansicht der Versammlung, in der Ver¬
längerung des Medizinstudiums und dem auf das lange Studium
folgenden praktischen Jahre. Die dadurch schon ziemlich alt ge¬
wordenen jungen Aerzte haben hinterher wenig Neigung mehr, noch
mehr Jahre einer Uebergangstätigkeit vor ihrer Selbständigmachung
zu widmen. Die Versammlung war daher einmütig der Auffassung,
dass eine Abhilfe nur auf dem Wege möglich sei, dass den Medizinal¬
praktikanten in Zukunft gestattet werden soll, ihr praktisches Jahr
entweder in der jetzigen, nicht nach den neueren Verfügungen ein¬
geschränkten Form, oder auch in der Form einer Assistenzarztstelle
an einer Krankenanstalt abzuleisten. Voss. Ztg.
— Im Kaiserin Auguste-Viktoria-Haus zur Bekämpfung der
Säuglingssterblichkeit treten mit Beginn des neuen Etatsjahres am
1. April folgende Stellenveränderungen ein: Die bisherigen Oberärzte
Dr. B a h r d t und Dr. R o 1 1 sind zu stellvertretenden Direktoren bzw.
zu Dirigenten des Organisationsamtes für Säuglingsschutz der ge¬
nannten Anstalt ernannt und der I. Assistent Dr. Thomas zum
Oberarzt bestellt worden.
— Herr Geheimrat v. Dapper-Saalfels - Bad Kissingen hat
anlässlich seiner Versetzung in den Adelstand der bayerischen
ärztlichen Witwenkasse die Summe von 1000 M. über¬
wiesen.
— Die Firma E. L e i t z in Wetzlar hat vor einiger Zeit ihr
150 000stes Mikroskop fertiggestellt und dasselbe Sr. F.xz. Geh. -Rat
Prof. Dr. Ehrlich, Frankfurt a. M., als Dedikation überreicht. Das
lOOOOOste Leitz-Mikroskop wurde seinerzeit dem Begründer der
modernen Bakteriologie, Robert Koch, gewidmet.
— Der internationale Verein für medizinische
Psychologie und Psychotherapie wird seine Jahres¬
versammlung heuer in Wien und zwar am 18. und 19. September
unmittelbar vor dem Beginn des Aerzte- und Naturforschertages ab¬
halten. Das Programm wird rechtzeitig bekanntgegeben werden.
Aufschlüsse jeder Art erteilen: Dr. F r a n k - Zürich, Dr. v. Stauf-
f e n b e r g - München, Ziemssenstr. 1, und Dr. v. Hattingberg-
Miinchen, Rauchstr. 12.
— Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämp¬
fung der Tuberkulose hält seine Generalversammlung im
Reichstagsgebäude am 8. Mai ab. Das Vortragsthema lautet:
„Heilstätte und Krankenhaus in der Versorgung der Tuberkulösen“.
Eintrittskarten stehen in der Geschäftsstelle des Zentralkomitees.
Linkstrasse 29, soweit der Platz reicht, unentgeltlich zur Ver¬
fügung.
736
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
— Pest. Aegypten. Vom 1. bis 7. März erkrankten 17 (und
staiben 5) Personen. — Britisch Ostindien. Vom 16. bis 22. Februar
erkrankten 6002 und starben 5136 Personen an der Pest.
— ln der 11. Jahreswoche, vom 9. bis 15. März 1913, hatten
von deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblich¬
keit Hof mit 32,0, die geringste Berlin-Steglitz mit 4,0 Todesfällen
pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen
starb an Masern und Röteln in Hagen, an Diphtherie und Krupp in
Altenburg, Bremen, Koblenz, Dortmund. V. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Breslau. Geh. Med.-Rat Dr. Otto Küstner, Direktor der
Universitäts-Frauenklinik, feierte am 25. März das 25 jährige Jubiläum
als ordentlicher Professor der Gynäkologie.
Köln. Als Nachfolger von J o r e s ist Prof. D ii r c k - München
als Direktor des pathologischen Instituts und Mitglied der Akademie
zu Köln berufen worden.
Königsberg. An Stelle des nach Breslau berufenen Prot.
Henke waren vorgeschlagen: 1. S c h w a 1 b e - Rostock, He-
d i n g e r - Basel und R ö s s 1 e - Jena, 2. M ö n c k e b e r g - Giessen,
K a i s e r 1 i n g-Berlin und Dietrich-Charlottenburg. Hedinger
hat den Ruf erhalten.
Marburg. Die Vorschlagsliste für den Lehrstuhl der patho¬
logischen Anatomie lautete: 1. .1 o r e s - Köln und Schridde-
Dortmund, 2. M' ö n c k e b e r g - Giessen und R i s e 1 - Zwickau,
3. Schmincke - München. J o r e s ist berufen und hat an¬
genommen.
Athen. Der Leiter der deutschen Hilfsexpedition nach Griechen¬
land, Prof. Dr. C o e n e n - Breslau, wurde nach einem Vortrage über
die Tätigkeit des deutschen Roten Kreuzes von der medizinischen
Gesellschaft in Athen zum Ehrenmitglied ernannt.
Graz. Der mit dem Titel und Charakter eines ordentlichen
Universitätsprofessors bekleidete a. o. Professor der Ohrenheilkunde
Dr. Johann Habermann wurde zum ordentlichen Professor seines
Faches ernannt. — Der a. o. Professor für gerichtliche Medizin
Dr. Hermann Pfeiffer wurde zum a o. Professor der allgemeinen
und experimentellen Pathologie ernannt.
Lemberg. Der mit dem Titel und Charakter eines ordent¬
lichen Universitätsprofessors bekleidete a. o. Professor der Laryngo-
logie und Ohrenheilkunde Dr. Anton J u r a s z wurde zum ordent¬
lichen Professor dieser Fächer ernannt.
Wien. Der mit dem Titel und Charakter eines ordentlichen
Universitätsprofessors bekleidete a. o. Professor der Laryngologie
und Rhinologie, Hofrat Dr. Ottokar C h i a r i, wurde zum ordentlichen
Professor dieses Faches ernannt.
(Todesfälle.)
ln der vergangenen Woche sind zwei der ältesten, in ihrer
Art hervorragende bayerische Aerzte gestorben: der frühere Kreis¬
medizinalrat in Landshut, Obermedizinalrat Dr. Josef Georg Egger,
89 Jahre alt, und der Landgerichtsarzt a. D. Medizinalrat Dr. Joh.
Christof Huber in Memmingen, 83 Jahre alt. Egger war ein
ausgezeichneter Medizinalbeamter; seine wissenschaftliche Bedeutung
liegt aber nicht auf dem Gebiete der Medizin, sondern auf dem der
Geologie und Paläontologie, auf dem er eine Reihe wichtiger, auch
von der bayerischen Akademie der Wissenschaften anerkannter
Arbeiten geleistet hat. — Huber- Memmingen war weithin bekannt
als einer der besten Kenner der Geschichte der Medizin, ein Mann
von umfassender Gelehrsamkeit und ein scharfer kritischer Kopf.
In den letzten 25 Jahren, und noch bis in die allerjüngste Zeit, hat
er einen grossen Teil der historisch-medizinischen Literatur und der
Literatur über Helminthologie, die ebenfalls ein Spezialgebiet von
ihm war, in dieser Wochenschrift besprochen; seinen Besprechungen
merkte man stets die gründliche, dem besprochenen Autor oft genug
überlegene Beherrschung des Stoffes an. Sein Tod ist ein schwerer
Verlust für unser Blatt. Männer wie Egger und Huber, die neben
praktischer und amtsärztlicher Tätigkeit es in einem anderen Wissen¬
schaftszweige zur Meisterschaft bringen, werden unserem Stande
stets zur hohen Zierde gereichen.
Privatdozent Dr. Max Reiner, ein sehr tüchtiger Orthopäde
Wiens, erlitt vor einigen Tagen einen leichten Unfall, der nach Tagen
zu einer tödlichen Embolie führte. Er starb in Klobenstein bei Bozen,
an seinem 46. Geburtstage. Er war vorerst Operationszögling der
Klinik Albert, sodann viele Jahre lang Assistent der orthopädischen
Station des Prof. Lorenz und förderte sein Spezialfach durch
mehrere neuere Operationsverfahren. In Klobenstein wollte er eine
Anstalt zur Sonnenlichtbehandlung der Gelenks- und Knochentuber¬
kulose errichten. Der plötzliche und unerwartete Hingang des
Dr. Max Reiner wurde hier in allen ärztlichen Kreisen lebhaft
bedauert.
In Freiburg i. B. starb am 4. ds. der englische Chirurg
R. W. Parker. Er war konsultierender Chirurg am Deutschen
Hospital in London, wo er auch viele Jahre hindurch eine chirurgische
Abteilung (als Nachfolger Burgers) innehatte. Für seine Dienste
im deutsch-französischen Krieg erhielt er den bayerischen Militär-
verdienstorden.
In New York starb John Shaw Billings, der Begründer des
Index Catalogue, 74 Jahre alt. Ein Lebensbild des ausgezeichneten
Bibliographen und Organisators erschien in dieser Wochenschrift im
Jahre 1896, No. 10, aus der Feder seines Freundes F. v. Winckel.
Der Nummer lag auch das Porträt Billings bei. Wir stellen d
Blatt denen, die sich dafür interessieren, gerne zur Verfügung.
In Santa Cruz auf Teneriffa verstarb Ende Januar der dur
seine Malaria- und Gelbfieberforschungen bekannte Hannoverat
Arzt Dr. Otto.
(Berichtigung.) In No. 11 (F r ä n k e 1 : Entstehungswc-
übermässiger Beckenneigung) ist auf S. 581, Sp. 1, Z. 10 v. o. st
80—90° zu lesen: 70—80°; ebenda Sp. 2, Z. 12 v. u. statt „der“ 1.
„die“ (Fernwirkung).
Zu dem Referat über seinen Vortrag über Bromwirkung i
Epilepsie in No. 10, S. 564 schreibt Herr Dr. J a n u s chk e: Mm
Epileptiker bekam nicht 1 g BrNa und 1)4 g CINa pro dosi, sondu
1 g BrNa und 0,5 g CINa; das sind chemisch äquivalen:
Mengen. Ferner wird die spezifische Bromidjonenwirkung ni<t
durch Kochsalzzugabe unterstützt, sondern durch mässige En-
Ziehung eines lebenswichtigen Zellbausteines: von Lipoid.
Kalzium- oder Chloridjonen.
Korrespondenz.
Zur Einführung der neuen Krankenversicherung.
Warnung.
Neuerdings mehren sich die Fälle, dass Kassenvorstände u
Kassenverwaltungen an einzelne Aerzte und ärztliche Loli-
Organisationen mit scheinbar vorteilhaften Anerbietungen auf V
längerung oder Neuabschluss von Kassenarztverträgen herantrep
Solche Anerbieten sind irreführend und haben nur den Zweck, s
Aerzte einseitig zu binden. Nur sehr wenige Krankenkassen könh
mit Sicherheit behaupten, dass sie nach dem 1. Januar 1914, ch
Termin für das Inkrafttreten der neuen Kassensatzungen, bestim
noch bestehen werden. Und auch diese wenigen sind nicht in ;
Lage, sichere Angaben über Zahl und Art ihrer Mitglieder und ii:
ihre Leistungen zu machen, und können das auch nicht eher, als e
Bundesrat die Mustersatzungen herausgibt und die Oberversie
rungsämter die Zulassung ausgesprochen haben.
Wir warnen deshalb die Herren Kollegen und die Vorstände :
Kassenarztvereine entschieden davor, mit Kassen jetzt schon in L
tragsverhandlungen einzutreten, und bitten, falls Angebote genuli
werden, in jedem Falle von der betreffenden Kasse den Nach*
der erfolgten Zulassung und die Vorlegung der vom Oberversk
rungsamte genehmigten Kassensatzungen zu verlangen. Wir bis
ferner, uns als der vom Geschäftsausschuss des Deutschen Acre
Vereinsbundes eingesetzten Vertragszentrale, von jedem solchem t
geböte sofort Mitteilung zu machen und den Vertragsentwurf iji
das Vertragsangebot einzusenden und unsere Gegenäusserung, well
umgehend erfolgen wird, abzuwarten, bevor die Verhandlungen t
gefangen bzw. fortgesetzt werden.
Leipzig, Dufourstrasse 18.
Der Vorstand des Leipziger Verband«
H a r t m a n n.
Uebersicht der Sterbefälle in München
während der 11. Jahreswoche vom 9. bis 15. März 1913.
Bevölkerungszahl 622000.
Todesursachen: Angeborene Lebensschwäche einschl. Bildig
fehler 7 (91), Altersschw. (über 60 Jahre) 5 (9), Kindbettfieber —
and. Folgen der Geburt u. Schwangerschaft — (1), Scharlach —
Masern u. Röteln 5 (1), Diphtherie u. Krupp 1 (1), Keuchhusten 1 -
Typhus (ausschl. Paratyphus) — (— ), akut. Gelenkrheumatismus —
übertragbare Tierkrankh., d. s. Milzbrand, Rotzkrankh., Hundn
Trichinenkrankh. — (— ), Rose (Erysipel) — (—), Starrkrampf --
Blutvergiftung 1 (D, Tuberkul. der Lungen 31(30), Tuberkul. and. ’i
(auch Skrofulöse) 3 (4), akute allgem. Miliartuberkulose — ( — ), Luie
entzünd., kruppöse wie katarrhal, usw. 14(16), Influenza — (1), ve:
sehe Krankh. 1 (3), and. übertragbare Krankh.: Pocken, Fleckfi)
Ruhr, Genickstarre, Strahlenpilzkrankh., Lepra, asiat. Cholera, Wecv
fieber usw. — ( — ), Zuckerkrankh. (ausschl. Diab. insip.) 3 (4), Alko i
mus — (1), Entzünd, u. Katarrhe d. Atmungsorg. 4 (7), sonst. Kr il
d. Atmungsorgane 3 (7), organ. Herzleiden 16 (24), Herzschlag, D
lähmung (ohne näh. Angabe d. Grundleidens) 6 (1), Arterienverka j
2 (2), sonstige Herz- u. Blutgefässkrankh. 4 (1), Gehirnschlag 91
Geisteskrankh. 3 (— ), Krämpfe d. Kinder 2 (4), sonst. Krankh. d. Ne (
Systems 6 (5), Atrophie der Kinder 1 (1), Brechdurchfall 1 (— ), M;<
katarrh, Darmkatarrh, Durchfall, Cholera nostras 3 (6), Blinda
entzünd. 2 (3), Krankh. der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldri '
Milz — (2), sonst. Krankh. d. Verdauungsorg. 6 (5), Nierenentziind.
sonst. Krankh. d. Harn- u. Geschlechtsorg. 3(— ), Krebs 14 (17), f
Neubildungen 10 (4i, Krankh. d. äuss. Bedeckungen — (— ), Krank (
Bewegungsorgane 2 ( — ), Selbstmord 2 (4), Mord, Totschlag, 11
Hinricht. — (li, Verunglückung u. andere gewalts. Einwirkungen l
and. benannte Todesursachen 3 (4), Todesursache nicht (genau
gegeben (ausser den betr. Fällen gewaltsamen Todes) 1 ( — )•
Gesamtzahl der Sterbefälle: 183 (202).
M Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Fälle der VorwJ
Verlag von J. F Lehmann in München. — Druck von E. Mühlthalers Buch- und Kunstdruckerei A.O., München.
5i« Münchtner Medizinische Wochenschrift erscheint wöchentlich <• _ _ _ ___ Zusendungen sind zu adressieren 1
b Umfang von durchschnittlich 7 Bogen. • Preis der einzelnen IV /f I 1 NT f' IT T/ N I F/ f_) POrdie Redaktion Amulfstr.26. Bürozeit der Redaktion 8‘/t— 1 l/hr.
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Medizinische Wochenschrift.
ORGAN FÜR AMTLICHE UND PRAKTISCHE ÄRZTE.
fo. 14. 8. April 1913.
Redaktion: Dr. B. Spatz, Arnulfstrasse 26.
Verlag: J. F. Lehmann, Paul Heysestrasse 26.
60. Jahrgang.
Originalien.
(Nachdruck der Originalartikel ist nicht gestattet.)
,ns dem Rockefeiler Institute for Medical Research
in New York.
•tudien über den Nachweis der Spirochaete pallida im
lentralnervensystem bei der progressiven Paralyse und
bei Tabes dorsalis.
Von Prof. Dr. H. Noguchi.
Es wird heutzutage wohl von den meisten Klinikern an-
rkannt, dass die progressive Paralyse sowohl wie die
l'abes dorsalis ätiologisch mit einer früher stattgehabten
yphilitischen Infektion in Zusammenhang gebracht werden
nüssen. Eine grosse Anzahl, auf schärfster Beobachtung und
(riindlichster Systematik beruhender, Studien zahlreicher
’orscher, insbesondere die Arbeiten von E s m a r c h und
lessen, Kjelberg, Fournier, Erb, Winge und
} a n d b e r g, S t e n b e r g, A 1 1 h a u s, V i r c h o w, Krafft-
j: b i n g, K r a e p e 1 i n, Q o w e r s, Möbius, Strümpell,
Raymonds, Bin swänge r, Leredde, Hallopeau,
lomen, Mendel, Nonne, Mott und C o 1 1 i n s stellen
lie Existenz einer unleugbaren Beziehung zwischen der syphi-
itischen Infektion einerseits und den unter dem Sammelbegriff
.Parasyphilis des Zentralnervensystems“ bekannten Krank-
leitsbildern andererseits auf deutlichste fest. Die Behauptung,
lass die „meta- oder parasyphilitischen Krankheiten“ mit einer
riiheren luetischen Infektion Zusammenhängen, gründet sich
tauptsächlich auf die Tatsache, dass die Mehrzahl der an all¬
gemeiner progressiver Paralyse oder an Tabes dorsalis er¬
krankten Individuen nachweislich in einer früheren Periode
ihres Lebens Syphilis akquiriert hatte. Da nun allerdings die
Tabes und die progressive Syphilis die der Syphilis anderer
Organe eigentümlichsten histologischen Bilder im Zentral¬
nervensystem vermissen lassen, ausserdem auch antiluetische
Therapie diese Erkrankungen nicht beeinflusst, ist die oben er¬
wähnte Beziehung zur Lues vielfach angezweifelt worden:
und in der Tat, gäbe es nicht das Krankheitsbild der typischen
Zerebrospinalmeningitis mit wohlcharakterisierten histologi¬
schen Läsionen, leicht beeinflussbar durch methodische anti-
luetische Therapie, so möchte man fast zu der Annahme
neigen, dass Gehirnlues und spinale Syphilis besondere
in anderen Organen nicht auffindbare Eigentümlichkeiten auf¬
weisen. Da es nun aber viele Krankheitsfälle gibt, welche
sich histologisch und in spezifisch-therapeutischer Hinsicht als
typische Fälle von zerebraler und zerebrospinaler Syphilis
darstellen, wurde es natürlich schwierig, die progressive Para¬
lyse und die Tabes unter den engeren Begriff wirklich syphi¬
litischer Erkrankungen einzureihen. Fournier und andere
verfielen auf den Ausweg, den Begriff der Parasyphilis oder
Metasyphilis einzuführen, während andere Tabes und Para¬
lyse als postsyphilitische Erkrankungen bezeichnet wissen
wollten. Einige Forscher bekannten sich zu der Annahme,
dass die der Paralyse und Tabes eigentümlichen Läsionen auf
den schädigenden Einfluss gewisser toxischer Substanzen zu¬
rückzuführen seien, welche sich infolge einer durch die
frühere syphilitische Infektion ausgelösten Stoffwechsel¬
anomalie von unbekannter Qualität bilden sollten. Man hätte
es demnach mit einer Nachwirkung auf der Basis e uer
früheren Infektion, nicht mit dem Infektionserreger selbst zu
hin, weshalb man sich auch von einer gegen den Infektions¬
erreger selbst gerichteten Behandlung keine günstigen Re¬
sultate versprechen konnte.
Die Frage indessen, ob wir die sogenannten para- oder
postsyphilitischen Erkrankungen des Zentralnervensystems auf
No. 14.
das noch lebende Virus selbst beziehen sollen oder ob wir
dieselben lediglich als postinfektiöse Nachkrankheiten, als
solche nicht mehr in unmittelbarer Beziehung zum infektiösen
Virus stehend, ansehen sollen, diese Frage ist nicht nur
theoretisch äusserst interessant, sie ist auch praktisch von
einschneidender Wichtigkeit, da ja unser therapeutisches Han¬
deln durchaus von ihrer Beantwortung abhängen wird. Seit
der epochemachenden Entdeckung der Spirochaete pallida in
allen Stadien der Syphilis durch Schaudinn und Hoff-
mann haben viele hervorragende Pathologen wiederholt ver¬
sucht, die Syphilisorganismen im Gewebe des erkrankten
Zentralnervensystems in Fällen der sogen, parasyphilitischen
Affektionen nachzuweisen, aber alle ohne Erfolg. Dieser Miss¬
erfolg bewies jedoch keineswegs die Abwesenheit der Pallida,
vielmehr machten es die Befunde von positiver Wasser-
mann-Neisser - Bruck scher Reaktion im Blut und in
der Zerebrospinalflüssigkeit, die Pleozytose und Erhöhung des
Globulingehaltes der letzteren, sowie das stete Fortschreiten
der Erkrankungssymptome sehr wahrscheinlich, dass das in¬
fektiöse Virus in den erkrankten Organen dennoch gegen¬
wärtig sei. Ausserdem kam eine grössere Anzahl Fälle von
inkompletter Tabes dorsalis zur Beobachtung, in denen zweck¬
mässig eingeleitete und gründlich durchgeführte Salvarsan-
oder Neosalvarsankur die Erkrankungen subjektiv und objektiv
nachweisbar günstig beeinflusste Q.
Mein Interesse an diesen die „Parasyphilis“ -betreffenden
Fragen wurde rege, als ich mich experimentell eingehender
mit der Erforschung der Syphilis befasste, speziell aber dann,
als meine Aufmerksamkeit durch ein eigenartiges Phänomen
gefesselt wurde, welches ich bei meinen Studien der kul¬
turellen Eigenschaften der Spirochaete pallida beobachtete.
Ich konnte mich nämlich bei der Beobachtung meiner Pallida-
kulturen davon überzeugen, dass unter gewissen Bedingungen
die Spirochaete pallida in Reinkultur zahlreiche kleinste Körner
bildet, und dass von diesen Körnern nach Uebertragung in
einen passiven Nährboden wieder Spiralformen aussprossen.
Diese Wahrnehmung schien mir auf die Möglichkeit hinzu¬
weisen, dass in Fällen von Parasyphilis die Spirochaete pallida
vielleicht in Körnchenform vorhanden sei, und dass gerade die
Abwesenheit der gewöhnlichen Pallidaspiralformen in den
Gehirnen an progressiver Paralyse gestorbener Patienten es
verschuldet haben möge, dass so viele ausgezeichnete Beob¬
achter negative Resultate hatten. Unter diesem Eindruck
machte ich mich daran, zahlreiche Präparate von paralytischen
Gehirnen zu untersuchen. Wie icli und Dr. Moore* 2) ander-
weit schon berichtet haben, konnte ich binnen kurzem die
typischen Spiralformen der Pallida in 12 von 70 Fällen meiner
ersten Serie nachweisen. Dies ganz unerwartete Ergebnis
erregte mein Verlangen, noch weitere Fälle zu sammeln, um
womöglich Aufklärung darüber zu erhalten, warum die Or¬
ganismen nicht vorher schon nachgewiesen worden waren.
Es ist allerdings wahr, dass das Auffinden der Pallida in vielen
Präparaten unsäglich langwierig, ja oft unmöglich ist. Ich will
im Nachstehenden nun meine Erfahrungen über den Gegen¬
stand mitteilen, und will insbesondere einige technische Details
erörtern, die mir, wie ich glaube, das Auffinden der Pallida
im Zentralnervensystem von Fällen der progressiven Paralyse
und der Tabes dorsalis erleichterten.
*) S \v i f t and E 1 1 i s : The direct treatment of syphilitic diseases
of the central nervous System. NewYork Medical Journal,
July 1912.
2) Noguchi and Moore: A demonstration of I reponema i al-
lidum in the brain in cases of general paralysis. Journ. Exper. Med.,
Bd. XVII, No. 2, Februar 1913. (Ref. d. W. No. 8, S. 446.)
l
738
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 14.
Bisher habe ich 200 (ieliirne von Fällen der allgemeinen
Paralyse und 12 Rückenmarke von Fällen von Tahes dor-
salis untersucht. Den Herren Dr. Cotton, Dr. D u n 1 a p,
Dr. E 1 se r, Prof. Swing, Dr. Fischer, Prof. Graves,
Dr. Houg h, Dr. Kaplan, Dr. Lambert, Dr. Moore,
Captain N i c h o 1 s, Dr. 0 r t o n, Dr. R o s a n o f f, Dr. S m i t h,
Prof. S p i 1 1 e r, Prof. Weisenburg und Dr. Z a b 1 i s k i
möchte ich an dieser Stelle für das mir so freundlich zur
Verfügung gestellte Material meinen ergebensten Dank aus¬
sprechen.
Die Präparate wurden nach der von L e v a d i t i ange¬
gebenen Färbemethode mit einigen noch später zu besprechen¬
den Modifikationen angefertigt. Immerhin mag hier gleich
gesagt werden, dass die ältere Methode von L e v a d i t i in
einigen Fällen ganz gute Resultate gegeben hat.
In der Gesamtzahl der untersuchten Fälle (200 para¬
lytische Gehirne) konnte die Spirochaete pallida 48 mal ge¬
funden werden. Das Alter der Patienten, von denen diese
durch positiven Pallidabefund ausgezeichneten Gehirne
stammten, schwankte zwischen 29 bis zu 75 Jahren, und selbst
in einem Falle, wo die Erkrankung nachweislich 6 Jahre ge¬
dauert hatte, gelang es, die Spirochäten nachzuweisen. In
einem der mir von Dr. Lambert und Dr. Rosa n off zur
Verfügung gestellten frischen Paralytikergehirnen gelang es,
die Pallida im Dunkelfeld nachzuweisen, doch -war ihre Zahl
äusserst klein, und in den gefärbten Präparaten habe ich sie
in diesem Falle dann nicht wieder nachweisen können. Sehr
schwierig ist andererseits die Untersuchung des Rücken¬
markes. Im Beginn meiner Untersuchungen machte ich Quer¬
schnitte vom Rückenmark, doch erschwerte das strukturelle
Gefüge des Organs — eine Unzahl feinster Nervenquerschnitte
und von Neurogliafasern — die Uebersicht ganz enorm. Zum
Teil konnte ich diese Schwierigkeit überwinden, indem ich
Längsschnitte vom Rückenmark anfertigte, und in einem
der 12 Fälle ist es mir dann geglückt, im Hinterstrang des
Dorsalmarkes die Gegenwart der Spirochäten festzustellen.
Sie waren an Zahl sehr gering, und ihre Auffindung eine
harte Gedüldprobe. Die anderen Fälle untersuchte ich
noch weiter und will später über meine Befunde noch genauer
berichten.
Verteilung der Spirochaete pallida im Ge¬
hirn der Paralytiker und Beziehungen zu den
einzelnen Strukturelementen.
Die Verteilung der Spirochäten im grossen und ganzen
mit Bezug auf die Gehirntopographie zu erörtern, bin ich
nicht in der Lage, da es nicht meine Absicht war, die Unter¬
suchungen speziell nach dieser Seite hin zu richten. Ich kann
nur im allgemeinen sagen, dass der G y r u s f r o n t a 1 i s, der
Gyrus rectus und die Regio R o 1 a n d i hauptsächlich
für die gegenwärtigen Untersuchungen ausgewählt wurden,
und die oben erwähnten Befunde zeigten. In einigen Fällen
wurden auch der Gyrus hippocampi, das Ammons-
h orn und andere Regionen untersucht, in einem Falle fanden
sich die Spirochäten in allen Teilen, aber in weit geringerer
Zahl, als in den motorischen Zentren.
Die Pallida findet man häufiger und zahlreicher in der
Hirnrinde als in der weissen Substanz. In einigen Schnitten
sieht man sie in Gruppen von mehr oder weniger zahlreichen
Individuen regelmässig zwischen den Nervenzellen und den
Neurogliafasern verteilt. In anderen Fällen sieht man ver¬
einzelte Exemplare über weitere Strecken hier und da ver¬
streut. Nach Gegenfärbung der Gehirnschnitte mit Toluidin-
biau oder Thionin lässt sich beobachten, dass ein oder mehrere
Spirochäten sich eng an eine Pyramidenzelle anlagern, und
dass in einigen Fällen ein Teil des Pallidakörpers sich dem
Zytoplasma der Nervenzelle zu inserieren scheint. Zuweilen
hegen die Parasiten in den perineuralen Räumen längs des
Verlaufes der Achsenzylinderfortsätze. Oft auch sieht man
unregelmässige amorphe Niederschläge in der Nähe solcher
Zellen, vermutlich exsudativer Natur. Die mit der Pallida in¬
fizierten Nervenzellen zeigen Degenerationserscheinungen als:
Unregelmässigkeiten in der Form, Konturverzerrung, Schwel¬
lung oder völlige Auflösung des Kernes sowohl als der Zell¬
fortsätze. Nur ganz selten sieht man die Pallida in der Nähe
von Blutgefässen und fast niemals in den Gefässwandungen.
Ich habe die Pia mater untersucht, konnte aber hier das
handensein der Pallida n i c h t mit Sicherheit feststellen.
Bemerkungen zur Technik.
Bevor ich die Methode beschreibe, mit der ich recht
gute Resultate erzielte, möchte ich noch hervorheben.
dass die ältere Levaditimethode sich oft gut bewährte.
Freilich folgt die Methode, der ich mich für meine erste Serie
von Untersuchungen bediente, nicht ganz streng der ursprüng¬
lichen Vorschrift, und waren die zur Imprägnierung be¬
stimmten Stücke viel dicker geschnitten, als es von Leva-
diti empfohlen war. Macht man z. B. bei der Imprägnation
paralytischer Hirnteile die Stücke bis zu 5, auch mehr Milli¬
meter dick, anstatt sie nur 2 mm dick zu scheiden, so erweist .
sich dies bezüglich des Endergebnisses der Silberbehandlung;
oft sehr zweckmässig, da man im Innern so behandelter'
Stücke immer einen weniger tief imprägnierten Bezirk auf¬
finden kann, innerhalb dessen die Pallida sich von den weniger!
tief imprägnierten Neurogliafibrillen auf das schönste abhebt.
Eine andere Tatsache, der im allgemeinen wohl nicht streng
genug Rechnung getragen ist, lässt sich dahin formulieren, dass
in auch nur mit Formahn allein fixierten Präparaten die
Neurogliafibrillen sich mit der Silberbehandlung zwar schön
imprägnieren, dass die Spirochaete pallida aber unter solchen
Verhältnissen niemals die Silberimprägnierung annimmt,
gleichgültig wie lange und bei welcher Temperatur man die;
Stücke im Silberbad belässt. Für die Imprägnierung der Pallidaj
ist eine vollkommene Nachfixierung der Gewebestücke in Al¬
kohol absolut notwendig. Der allererste Schritt also, der be4
hufs erfolgreicher Darstellung der Pallida in den Geweben des
Zentralnervensystems getan werden muss, ist: völlige
Fixierung der Stücke erst in Formalin und
dann in Alkohol bevor man zur Imprägnierung
schreitet.
Ein zweiter wesentlicher Faktor ist die Tatsache, dass
langes Einwirken des Formahn die Beizfähigkeit der Neuroglia¬
fibrillen herabsetzt, während es die der Pallida erhöht. Bej
Gehirnen, die wenigstens schon ein Jahr lang in Formaliv
aufbewahrt worden waren, gewinnt man also mehr elektivd
Färbung. Doch selbstverständlich geben auch frische Spe,
zimen oft gute Resultate.
Auf Basis dieser Beobachtung formulierte ich folgende
Methode, die sich mir in praxi auch ganz zweckmässig erwies!
Von einem in lOproz. Formalin gehärteten Gehirn wird von
der Gegend des Gyrus frontalis, des Gyrus rectus oder irgend eine
anderen Region ein 5 — 7 mm dickes Scheibchen geschnitten und zu
nächst in einer aus 10 Proz. Formalin, 10 Proz. Pyridin, 25 Pro/
Azeton, 25 Proz. Alkohol und 30 Proz. Aqua dest. bestehenden Lösun;
bei Zimmertemperatur 5 Tage lang belassen. Darauf folgt gründliche.
Auswaschen mit destilliertem Wasser, 24 Stunden lang. Nun werdet
die Stücke in 96 proz. Alkohol übertragen, in dem sie 3 Tage ver
bleiben (sehr wichtig) und dann wieder 'gründlich 24 Stunden lam
ausgewaschen. Hiernach behandelt man die Stücke!-1 in dunkle
Flaschen in folgender Weise:!
1. Bad in 1,5 proz. Silbernitratlösung, entweder 3 Tage bei 37" i|
oder 5 Tage bei Zimmertemperatur.
2. 2 ständiges Auswaschen in destilliertem Wasser.
3. Reduktionsbad in 4 proz. Pyrogallussäurelösung, der ma
5 Proz. Formalin zugesetzt hat (24 — 48 Stunden bei Zimmer
temperatur).
4. Gründliches Auswaschen in destilliertem^ Wasser
5. Uebertragen in 80 proz. Alkohol auf 24 Stunden.
6. 95 proz. Alkohol, 3 Tage lang (täglich erneuern).
7. Absoluter Alkohol, 2 Tage lang.
8. Xylol, Xylol-Paraffin, Paraffin.
Es empfiehlt sich, die Schnitte aus verschiedener Tiefe der Ol
jekte zu entnehmen, um so desto sicherer die bestimprägnierte Zou
zu treffen. Dem Grade der Imprägnierung entsprechend, die in de
verschiedenen Spezimen der Gehirne ganz erheblich variieren kam
wird auch die Dicke der einzelnen Schnitte verschieden bemessc
werden müssen. 3 Mikren schneide ich gewöhnlich, oft aber sin
5 vorteilhafter, man hat dann mehr Aussicht, die Pallida in eiuei
gegebenen Bezirk zu entdecken. Sehr zweckmässig scheint es, er
beliebiges Stück syphilitischen Gewebes, das sicher zahlreiche Pallida
enthält, mitzuimprägnieren, um so für den Erfolg der Jmprägnierm
der Nervengewebe einen Indikator zu haben.
Fällt die Imprägnation gut aus, so erscheinen alle Geweb:
elemente des Gehirns schwach gelb oder gelblich braun, die Palhu,
körper aber tief schwarz. Zuweilen färben sich die Neurogm
fasern sehr deutlich, untersucht man diese bei künstlicher Beleucl
tung, so erscheinen sie jedoch bräunlich gefärbt, niemals schwär
Schnitte, in denen die Neurogliafasern gleichfalls schwarz erscheine
MUENCHENER MEblZlNiSCHE WOCHENSCHRIFT.
\pril 191.3.
, eil, mag man ruhig verwerfen: sie eignen sicli nicht zum Auf-
en der Pallida und nur selten ist es mir trotzdem geglückt,
i in solchen Schnitten noch die Pallida zufriedenstellend nachzu-
, seil. Bei der Durchmusterung der Schnitte beginne ich in der
1 el in der blasser gefärbten zentralen Zone und verbreite mich all-
ilicn nach den meist stärker imprägnierten Kanten zu.
All das oben Gesagte bezieht sich im gleichen auf die Riicken-
ksschnitte von Fällen der Tabes. Man stellt sich ca. 2 cm lange
mente des Rückenmarks her und fertigt Längsschnitte an.
Auf diese Art konnte ich die Spirochaete pallida in den
lirnen von Fällen der progressiven Paralyse und in
i Riickenmarksspezimen der Tabes dorsalis nachweiscn.
izentualiter stellten sich die positiven Befunde auf zirka
Proz. in den Fällen der Paralyse, während nur einet
i den 12 Tabesfällen bislang einen positiven Befund aufwies,
mag seltsam erscheinen, dass nicht alle Nervengewebe mit
itivem Erfolg auf Spirochäten untersucht werden konnten,
:h muss man auch in Betracht ziehen, dass die Fälle meiner
ie nicht völlig erschöpfend durchmustert wurden, da doch
der Mehrzahl derselben nur eine mehr oder weniger be-
nzte Region der Hirnrinde nachgesehen wurde, und von
sen schliesslich nur eine verhältnismässig beschränkte Aus-
hl von Schnitten. Ich zweifle nicht daran, dass bei einer
Ikommen und peinlich genau ausgeführten Untersuchung
es jeden Falles sich die Spirochäten schliesslich auch überall
len werden. Die Langwierigkeit der Technik hinderte mich,
Untersuchung noch eingehender zu gestalten, und ich hoffe,
;s andere die in den eben mitgeteilten Ergebnissen noch
ftende Lücke ausfüllen werden.
Die Pathogenese der für die progressive Paralyse
|i die Tabes dorsalis charakteristischen Läsionen war nie
iz einwandfrei klar; nachdem jetzt aber die Syphilis-
eger im Sitz der pathologischen Veränderungen selbst
;hgewiesen sind, mag man wohl annehmen, dass diese
sionen unmittelbar auf die Gegenwart der Pallida bezogen
rden müssen. Im allgemeinen charakterisieren sich die Ver¬
derungen im Gehirn als eine durch die invadierten Spiro-
iten hervorgerufene chronische parenchymatöse Enzepha-
s. Der Grund dafür, dass die therapeutische Beeinflussung
ser Form der Spirochätose durch die heutzutag üblichen
ilmethoden so wenig befriedigende Resultate aufweist, mag
>hl darin zu suchen sein, dass die Mikroorganismen, die, wie
■s an den Gehirnschnitten ersichtlich ist, in der Tiefe des
ganparenchyms liegen, gegen den Angriff spezifischer Medi-
mente wohl geschützt sind, während die beiden gewöhn¬
ten Formen der Syphilis des Zentralnervensystems durch
e Lage in der Nähe von Blutgefässen therapeutischer Ein-
rkung besser zugänglich sind.
Mit dem Auffinden der Spirochaete pallida in den Fällen
r sogen. Parasyphilis beginnt ein Dämmerlicht auf dies
tantische Problem der Therapie zu fallen *). Haben wir
ch gegen die wohlbekannten Formen der manifesten
philis, deren Erreger dieser Organismus ist, im Salvarsan
d Neosalvarsan eines der machtvollsten Kampfmittel in der
md und ist doch der Dämon jetzt kräftiger gebannt, denn
vor. Und kann es angesichts solcher Errungenschaften zu
-1 erwartet heissen, wenn wir der Hoffnung Raum geben,
ss E h r 1 i c h s Genius nochmals uns den Pfad zur thera-
utischen Eroberung dieser speziellen Art syphilitischer Fr¬
ankungen bahnen möge, die der menschlichen Gesellschaft
r allzutiefen Schaden zugefügt haben und gegen welche wir
dang völlig hilflos dastehen?
is dem Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten zu Ham¬
burg (Leiter: Obermedizinalrat Prof. Dr. N o c h t).
Untersuchungen über Verruga peruviana.
Von M. Mayer, H. R o c h a - L i m a und H. Werne r.
Ein von uns beobachteter Fall von Verruga peruviana
b uns Gelegenheit zu ätiologischen und klinischen Be-
'achtungen, über welche wir im folgenden vorläufig kurz
richten wollen. Eine ausführliche mit Illustrationen ver-
hene Darstellung wird später an anderer Stelle folgen.
J) Flexner: Local Specific Treatment ot Infections. Harvey
ctures. 1011 — 12, pag. 17. Lippincott Co.. Philadelphia.
Am 7. Dezember 1012 kam in dem mit dem Institut für Schiffs-
und 1 ropenkrankheiten verbundenen Seemannskrankenhause ein
22 Jahre alter Matrose H. in Zugang, der über Fieber und über
eine langwierige, durch Knotenbildungen charakterisierte Erkrankung
klagte.
H. machte über den bisherigen Krankheitsverlauf folgende An¬
gaben: Er habe im Februar und März 1012 von Lima aus das Oroya-
tal in Peru durchwandert, das von der Meeresküste in steilem An¬
stiege zur Kammhöhe der Anden emporführt. Bald nach seiner Rück¬
kehr nach Lima (April 1012) sei er an einem schweren Fieber er¬
krankt, wegen dessen er im Krankenhaus zu Lima 2X> Monate lang
behandelt wurde. Das Fieber sei durch Chinin nicht beeinflusst wor¬
den und schliesslich spontan zurückgegangen. Bereits 14 Tage nach
der Entlassung aus dem Krankenhaus kam es zu einer erneuten Er¬
krankung an einem ähnlichen Fieber, in dessen Verlauf die oben¬
erwähnten Knoteneruptionen — zuerst an den Beinen — auftraten.
Als Beginn dieser Knoteneruptionen wird vom Patienten der 16. VII.
1012 genannt. Seitdem haben nach Angabe des Patienten die Kno¬
tenbildungen bestanden bis zu der am 7. XII. 1012 erfolgten Auf¬
nahme in das Seemannskrankenhaus in Hamburg.
Im August und November 1012 kam es noch zu mehrmaligen
Malariaanfällen, die durch Chinin schnell unterdrückt wurden. Ein
weiterer Malariarückfall kam kurz vor der Ankunft in Hamburg,
Anfang Dezember 1012. zum Ausbruch.
Befundbei der Aufnahmeam 7. XII. 1012: Der 22 jährige
Patient ist von kräftigem Körperbau. Gesichtsfarbe ausgesprochen
anämisch-ikterisch. Milz geschwollen, Unterrand 3 Querfinger unter
dem Rippenbogen. Im Blute zahlreiche Tertianaparasiten.
Auf der Haut beider Unterschenkel — auf der Streckseite stär¬
ker als auf der Beugeseite — sind rote Papeln von sehr verschiedener
Grösse sichtbar, die halbkugelförmig aus der umgebenden Haut her¬
vorragen.
Ausser den Unterschenkeln sind — in geringerer Stärke — auch
die Oberschenkel und die Ellenbogen von den Effloreszenzen befallen.
Die Grösse schwankt von der einer Stecknadelkuppe bis zu
Haselnussgrösse.
Die Farbe ist ein Kirschrot von bei den einzelnen Papeln ziem¬
lich gleichmässiger dunkler Tontiefe.
Die Form der Papeln ist gewöhnlich die einer Halbkugel, die
aus der flachen Umgebung unvermittelt hervorragt. Bei 2 grösseren
Papeln zeigte sich ausgesprochene Neigung zur Stielbildung, wo¬
durch Pilzformen entstanden. Die_ Papeln sind von fester Konsistenz
und nicht druckempfindlich.
Die Oberfläche der Papeln ist glatt, glänzend, bei den meisten
epidermisiert, bei einigen grösseren Bildungen jedoch ist die Ober¬
fläche ohne Epidermisüberzug, feucht und von dem Aussehen einer
Schleimhaut. Neben den in der Haut liegenden Knoten sind andere
mehr fühl- als sichtbar, die in der Subkutis liegen und einzelne tiefe
Knoten scheinen in den Muskeln ihren Sitz zu haben.
Eine Beteiligung innerer Organe an der Erkrankung ist nicht
nachweisbar.
Das Blut zeigte, nachdem die durch die Malaria bedingten Stö¬
rungen beseitigt waren, deutliche anämische Veränderungen: Ver¬
minderung der Erythrozytenzahl, entsprechende Verminderung des
Farbstoffgehaltes und morphologische Veränderungen der Erythro¬
zyten (Makrozyten, Mikrozyten, Pessarformen, Polychromatophilie)
und bei den Leukozyten eine mässige Vermehrung der Einkernigen
bei annähernd normaler Gesamtzahl.
Der weitere klinische Verlauf war folgender r Die
Malaria und die durch sie bedingten Veränderungen wurden durch
Chinin prompt beseitigt.
Die Knotenbildungen zeigten ziemlich rasche Veränderungen.
Fast täglich kamen neue Papeln zum Vorschein, während die älteren,
grösseren ohne starke Formveränderung einschrumpften und ver¬
schwanden; nur die beiden obenerwähnten gestielten Papeln fielen
spontan ab. Ein Teil der Knoten wurde durch Blutungen von mehr
oder weniger grosser Stärke verändert und verfielen dann rascher
Zerstörung.
Im ganzen zeigte sich seit etwa Mitte Januar 1913 eine ent¬
schiedene Tendenz zum Zurückgehen der Affektion, die vielleicht
durch eine damals begonnene Salvarsankur noch eine Steigerung
erfuhr. Jedenfalls liess sich eine spezifische Wirkung des
Salvarsan s, das in 3 intravenösen Injektionen zu
0,5 gegeben wurde, nicht einwandfrei feststellen.
Nachdem Anfang Februar alle Krankheitserscheinungen geschwunden
waren, kam Patient am 7. II. 13 zur Entlassung.
Ucber weitere klinische Einzelheiten wird später berichtet
werden.
Hier sei nur noch darauf hingewiesen, dass nach dem
ganzen klinischen Bilde und nach der geographischen Pro¬
venienz aus dem durch die Verruga peruviana berüchtigt ge¬
wordenen Oroyatale an der Diagnose Verruga
peruviana nicht zu zweifeln war. Als wahrschein¬
lich darf auch angenommen werden, dass das anfänglich
in Lima überstandene, in zwei Schüben ver¬
laufene typhusähnliche Fieber, in dessen
J*
740
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
zweitem Abschnitt die Knoteneruptioneil
auftraten, als Carrionfieber aufzufassen ist.
Ferner sei noch bemerkt, dass das Serum des Kranken keine
Agglutination von Paratyphus B aufwies, ein
Punkt, der von Interesse ist mit Rücksicht auf den von B i f f i
in Betracht gezogenen Zusammenhang des Carrionfiebers mit
dem Bacillus paratyphus B; auch die Agglutinationsversuche
mit Bacillus typhi und Paratyphus A hatten ein negatives Er¬
gebnis.
In Zupf- und Klatschpräparaten des grössten Teils der
untersuchten Papeln fanden sich in mehr oder weniger grosser
Zahl spindelförmige Zellen mit grossen ovalen Kernen. Bei
Giemsafärbung färbte sich ihr Protoplasma hellblau und ent¬
hielt in der Regel keine Granulationen. Dagegen fanden sich
Zelleinschlüsse von zweierlei Art:
I. Zelleinschlüsse (Fig. 1 — 4), die sich bei Giemsafärbung unge¬
fähr in Kernfarbe violett-rötlich färbten, meist in einem etwas
helleren Ton als die dunkelvioletten Kerne selbst. Diese Einschlüsse
finden sich in ihrer kleinsten Form meist dem Kern an der Seite
oder einem Pole angelagert und erscheinen dabei teils als ca. 1 — 1,5 ß
grosse, ziemlich homogene, runde Scheiben, teils als ebenso grosse,
fein granulierte Gebilde. Man findet als grössere Stadien der Ein¬
schlüsse solche bis zur ungefähren Grösse von roten Blutkörperchen
(Fig. 3 und 4). Je grösser sie werden, desto deutlicher scheinen
sie feinkörnig. Von den jungen granulierten Stadien fanden sich
häufig auch 2 Einschlüsse in einer Zelle (Fig. 1). Nach der Löff-
1 e r sehen Geisselfärbung behandelte Präparate gaben wegen der
vielen Niederschläge in den zellreichen Präparaten keine klaren
Bilder. Bei feucht fixierten Giemsapräparaten färbten sich die Ein¬
schlüsse mehr graurot als der Kern und erschienen gröber granu¬
liert (Fig. 2).
Die Einschlüsse sind aber nicht immer dem Kern angelagert,
sondern liegen — besonders die granulierten — häufig frei im Proto¬
plasma.
11. Zelleinschlüsse, die sich bei Giemsafärbung hellrot, oft fast
ziegelrot färben, gleichfalls aus Körnchen wie die obigen bestehen
und einen grösseren Teil des Zellprotoplasmas anfüllen und zwar bald
als rundlicher Einschluss, bald eine Protoplasmahälfte der spindeligen
Zelle fast ganz ausfüllend (Fig. 5 und 6). Diese wurden in den
Ausstrichen meist nur spärlich gefunden, reichlich dagegen in den
Schnitten (s. unten).
Bei den unter I. genannten Einschlüssen ist es nicht aus-
zuschliessen, dass ein Teil (die homogenen kleinen?) vielleicht
Kernabschnürungen darstellt. Ein grosser Teil der Einschlüsse
ist ihrem Aussehen nach mit den sogen. Chlamydozoenci li¬
sch Bissen vergleichbar. Leider Hessen sich wegen des ge¬
ringen Materials bisher nicht viele andere Färbungsmethoden
anwenden. So ist es auch nicht sicher zu entscheiden, ob
die feingranulierten kleinen Einschlüsse in die unter II. be¬
schriebenen allmählich übergehen; immerhin erscheint uns
dies wahrscheinlich.
In frischen Präparaten, im Dunkelfeld, in Vitalpräparaten
und in gefärbten Ausstrichen wurden auch mehrfach feine,
den bei Variola beschriebenen, ähnliche Körperchen gesehen;
über ihre Natur können wir nichts aussagen.
Säurefeste Bazillen, wie sie von anderer Seite beschrieben
wurden, fanden wir bei Z i e h 1 scher Färbung nicht.
Die histologische Untersuchung von mehreren 1.
tanen und subkutanen Knötchen ergab ein verschied* -
artiges Bild, welches nicht auf essentiellen Differenzen I.
ruhte, sondern in der ungleichen Anordnung und Entwickh :
der verschiedenen Komponenten seine Erklärung findet.
Das Wesentliche am Verrugaknötchen ist eine Wuchert;
von Gefässen bzw. Gefässwandzellen, zu welcher sich starl <
Oedem und kleinzellige Infiltration gesellen.
Bei der Wucherung der Gefässelemente kann man di
verschiedene Typen unterscheiden, die ineinander übergelE
und nebeneinander bestehen können.
Erstens kann die Gefässwucherung unter dem Bilde *}i
Neubildung von Blutkapillaren erscheinen, wobei nur die Zi
und die unregelmässige Anordnung derselben ungewöhnll
sind. Starkes, ausgedehntes Oedem pflegt diese Gefässbildik
zu umgeben.
Ein anderer Typus der Gefässwucherung besteht in i
massiven Proliferation von Angioblasten, die zu der Bildijj.
von kompakten geschwulstähnlichen Gewebszügen und ZI
nestern führt. Diese Erscheinung ist die für die Verrm
knötchen am meisten charakteristische. Die Zellen haben di
spindelartige Gestalt oder besitzen mehrere Ausläufer; i
Protoplasma ist ziemlich homogen, und die Kerne sind i
mässig reich an Chromatin. Zwischen den kompakten <e
webssträngen findet man mehr oder weniger ausgedehnte e
biete, die sich durch Zellarmut und starkes Oedem keh
zeichnen. Wenn die kompakten und ödematösen Gebt
deutlich ausgebildet sind, bieten die Vcrrugaschnitte ein l
gemein charakteristisches Bild. An den Grenzstellen bei:
Gebiete werden meistens zahlreiche einkernige Zellen i»
lymphozytärem Typus gefunden, welche mindestens zum :
aus den spindeligen Zellen (Angioblasten) abzustamip
scheinen.
Im Protoplasma vieler dieser Zellen findet man Einschlii i
die mit den als Chlamydozoeneinschliisse bei andu
Krankheiten beschriebenen Gebilden die grösste Analdi
bieten. Sie sind nur nach Romanowsky-Giemsadi
lieh darstellbar. Sie können neben dem Kern oder von dien
weit entfernt liegen, sind zuweilen homogen, meistens ju
feinen, gleichmässig grossen Körnchen bestehend. Mit p
Granulis anderer Zellen (Leukozyten, Mastzellen), welcbu
demselben Material vorhanden sind, infolgedessen unter -
gleichen Bedingungen gefunden werden, stimmen die Kn
chen der Einschlüsse weder in der Zahl, noch in der Grc«
noch in der Färbung überein. Die Gestalt, Grösse und U
der meisten Einschlüsse schliesst die Möglichkeit vollkomje
aus, dass es sich um degenerierte Kerne handeln könt
umsomehr, als sie nur in einem Gewebe vorhanden sind, v
keinerlei Degenerationserscheinungen zu bemerken sind. ]
es nicht möglich ist, diese Einschlüsse mit irgend einer >
kannten Zellveränderung zu identifizieren, sie aber mit £
Chlamydozoeneinschlüssen übereinstimmen, scheint es i
möglich, dass es sich hier um solche handelt. Mit de::
Erythrophagen enthaltenen Resten von phagözytierten r:c
Blutkörperchen, wie sie von Bindo de Vecchi bescli'
ben worden sind, haben unsere Einschlüsse nichts zu tun.
Der Umstand, dass eine derartige spezifische Gewp
Wucherung eine Eigentümlichkeit der Chlamydozoenkn!
heiten ist, macht die obige Annahme wahrscheinlich. Ein.
sammenhang dieser Einschlüsse mit anderen, dicht neben p
Kern liegenden, runden Gebilden, die sich färberisch und Stil
turell wie diese verhalten, ist nicht gefunden worden.
Eine dritte Modalität der Gefässerscheinungen bestel
der Erweiterung von nebeneinander entstandenen Gefä'-'
die einen kavernösen Bau der betreffenden Gebiete zur F?
hat. Dieses Bild wurde nur an der äusseren Fläche der cs
flächlichen Hautknoten gefunden.
Tierversuche.
Es wurden nach dem Vorgehen von Jadassohn i
S e i f f e r t (Zeitschr. f. Hyg. u. Infekt.-Krankh., Bd. 66, H
eine Reihe von Affen an den oberen Augenlidern, zürn <
auch an der Nase geimpft. Die bisher erreichten p o s i t i
Resultate waren die folgenden:
Affe 1 (Cercopithecus) erhält am .18. XII. 12 zerriebenes Mai
einer grossen ulzerierten Papel über beiden Augen in Hauttas e
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
7-41
,pril 1913.
• Rest wird nach Skarifikation an der Nase eingerieben. Am
13 ensteht über dem linken Lid ein gerötetes, stecknadelkopf-
;es Knötchen, das bis zum 13. II. bis zu Kleinerbsengrösse heran¬
ist. Auch auf der Nase ist eine winzige rote Papel sichtbar.
15. II. ist bereits die Rötung beider Paoeln geschwunden und
; ; kleiner geworden. Exstirpation der Lidpapel ergibt makro-
pisch typisches Verrugaknötchen, was auch
histologische Befund bestätigt. Ein Teil wird am
I. auf Affen 4 verimpft . . .; am 12. 111. wird bei ihm eine Papel
. bar.
Affe 3 (kleiner Macacus rhesus) erhält am 18. XII. 12 kleine,
i lieh junge, oberflächliche Papel über beiden Augen (wie oben).
>1. 13 entsteht links oberflächlich ein Knötchen, das bis 29. I.
ich wächst, nicht gerötet ist, von ca. 6 mm Durchmesser. Rechts
' es Knötchen. Am 4. II. 13 Exstirpation des linken Knötchens;
rroskopisch und histologisch typischer Ver¬
aknoten. Geimpft wird mit dem Material Affe 7.
Affe 5 (Macacus rhesus) wird am 8. I. mit dem Berkefeklfiltrat
Aufschwemmung von 4 zerriebenen Papeln über den Augen ge-
jt, bleibt stets negativ und wird am 4. III. mit Papel von Affe 7
iziert.
Affe 7 (Macacus rhesus), 4. II. 13 über beiden Lidern mit Papel
Affe 3 geimpft; am 25. II. kleines Knötchen links, am 4. 111.
ts Knötchen von Halberbsengrösse wird exstirpiert; makro-
ipisch und histologisch typischer Verruga-
iten. Material wird verimpft auf Affen 5.
Es gelang also — wie dies zuerst Jadassohn und
iffert zeigen konnten — auch uns die Uebertragung von
rugapapeln auf Affen. In der ersten Passage betrug die
ibation 45 bzw. 34 Tage, in der 2. Passage nur 21, es ist
auch hier eine Virulenzsteigerung festgestellt worden,
•ndwelche Allgemeinerscheinungen zeigten die Affen eben¬
em.? wie charakteristische Blutveränderungen.
Zusammenfassung.
Bei einem sicheren Fall von Verruga peruviana wurden
len Hautknötchen Einschlüsse in den gewucherten Zellen
unden. die dafür sprechen, dass diese Krankheit in die
i ppe der sogen. Chlamydozoenkrankheiten gehört. Ueber-
;ung auf Affen gelang.
Aus der Kgl. Universitäts-Augenklinik zu München
(Vorstand : Geh. Rat Professor Dr. C. v. H e s s).
Ueber doppeltbrechende Myeline in Katarakten.
Von Dr. Michael Hoffman n, Assistenzarzt.
In den Jahren 1857 und 58 wies Mette nheimer1) auf
Vorkommen doppeltbrechender Substanzen in den athero-
:ösen Ablagerungen der Arterien sowie in kataraktösen
sen hin, die er mit dem Myelin von Virchow identifizierte.
Diese Befunde gerieten in Vergessenheit, bis durch die
ersuchungen von Kaiser 1 in g und Orgler auf die
chtigkeit des Verhaltens lipoider Substanzen im polari-
ten Licht hingewiesen wurde. Die Angaben Mettcn-
imers über das Verhalten des fettartigen Körpers in
eromatösen Arterien wurden bestätigt. Das Auftreten
ipeltbrechender lipoider Substanzen bei Katarakt wurde be¬
tten 2) 3).
Es konnte nun an der hiesigen Klinik bei sämtlichen bis-
daraufhin untersuchten Katarakten ein Körper festgestcllt
rden, der in wesentlichen Punkten der Beschreibung
etten heimers entspricht. Die wichtigsten Eigen-
aften dieser Substanz sind folgende:
Sie tritt in gelblichen, mässig stark glänzenden, eine
izentrische Schichtung zeigenden Kugeln oder in ausgebil-
en Myelinfiguren auf.
Bei Untersuchung im Polarisationsmikroskop erweist sie
ih als mehr oder minder stark doppeltbrechend. Beim Er-
rmen geht die Doppeltbrechung nicht verloren.
’) Mettenheimer: Korrespondenzblatt des Vereins für
leinschaftliche Arbeiten zur Förderung der wissenschaftlichen
•künde 1857, 24, p. 331; 1858, 31, p. 467.
*) F. Munk: Kommen doppeltbrechende Substanzen (Myelin)
der fettigen Degeneration des Herzmuskels vor? Inaug.-Diss.
lin 1908.
3) Toufesco: Annales d’Oculistique, Bd. 136, 1906, p. 1.
übrigen sei auf die Arbeiten von Asch off: Zieglers Beiträge,
.47, 1909, p. 1 und von Kawamura: Die Cholesterinester-
lettung, Jena 1911, verwiesen.
Bei Zusatz von Alkohol löst sich die Substanz auf bis auf
einen schattenhaften Rest, der in der Regel nachweisbar bleibt.
Sie löst sich nicht bei Zusatz von Aceton.
Mit Osmiumsäure färbt sie sich hell- bis tief dunkelgrau.
Weder in konzentrierter Schwefelsäure noch im Reagens
von O o 1 o d e t z ändert sie ihre Farbe.
Mit Sudan III färbt sie sich gar nicht oder ganz schwach
orange. Aehnlich verhält sie sich gegen Neutralrot. Auch
mit Nilblausulfat wurde keine Färbung erzielt.
Diese Substanz Hess sich nachweisen in der mehr oder
minder getrübten Kortikalis von mehr als 30 Altersstarcn,
ferner bei vereinzelten zur Operation gelangenden Exemplaren
von Cataracta traumatica, zonularis und sogen. Chorioideal-
katarakt. In zwei normalen Linsen Hess sich kein einziger
sicherer Myelinkörper nachweisen, zweifelhafte in ver¬
schwindend geringer Zahl. Von den beiden normalen Linsen
wurde ein Teil der Autolyse unterworfen (leider wurden bak¬
terielle Verunreinigungen nicht ganz vermieden). In beiden
Fällen konnten nach Beendigung des Versuches typische
doppeltbrechende Myelinkörper in ausreichender Zahl auf¬
gefunden werden, ein Befund, der dadurch an Bedeutung ge¬
winnt, dass auch andere Analogien zwischen kataraktösem
Zerfall der Linse und autolytischen Zerfallsprozessen bestehen.
Vom pathologisch-anatomischen Institut zu Christiania (Nor¬
wegen).
Ueber angeborene Tuberkulose.
Von Francis Harbitz,
Professor der allgemeinen Pathologie und path. Anatomie an
der Universität zu Christiania.
Obgleich wohl die meisten Verfasser jetzt den Standpunkt
vertreten, dass eine angeborene tuberkulöse Infektion selten
vorkonnnt, ist diese Auffassung doch nicht gänzlich durch¬
gedrungen, z. B. meinen ja v. Baumgarten und seine
Schüler etwas ganz anderes. Es dürfte daher berechtigt sein,
fortlaufend Untersuchungen mitzuteilen, die zur Lösung dieser
wichtigen Frage beitragen können.
Folgende Fälle sind kürzlich am pathologisch-anatomischen
Institut des Reichshospitales in Christiania zur Untersuchung
gelangt, und merkwürdigerweise wurden Mutter und Kind an
ein und demselben Tage obduziert (am 6. II. 1912).
Ueber die Mutter hat der Direktor der Entbindungs¬
anstalt zu Christiania, Herr Professor Dr. med. Brandt,
giitigst folgendes mitgeteilt:
Sie war eine 26 jährige, verheiratete Frau, Primipara. Vor
6 Jahren hatte sie Pleuritis. Später wurde sie leicht „erkältet“ mit
Husten, doch ohne Auswurf. Sonst hat sie sich wohl befunden und
deshalb nie einen Arzt befragt. Während der Schwangerschaft litt
sie an Uebelkeit und Erbrechen, hat sich aber sonst gesund ge¬
fühlt. Bei der Ankunft in der Entbindungsanstalt, am 8. I., wurde
eine tuberkulöse Infektion in der rechten Lungenspitze gefunden.
Nach der Entbindung (am 8. I.), die 11 Stunden dauerte, war
sie anhaltend febril und die physikalischen Befunde über dem Lungen
(bronchitische Geräusche, Rasselgeräusch usw.) nahmen stetig zu;
sie starb am 5. II. — - 28 Tage nach der Entbindung.
Bei der Obduktion fand man ausser fibrösen Adhärensen über
der linken Lunge in den Lungenspitzen eine chronische Tuberkulose
älteren Datums mit narbigem Bindegewebe, fibrösen Tuberkeln und
fermer in der linken Lungenspitze eine walnussgrosse und mehrere
kleinere Kavernen, teilweise mit käsigem Inhalt und Tuberkeln in
den Wänden.
Ausserdem fand sich eine Miliartuberkulose mit ver¬
streuten Tuberkeln in den Lungen (wo sie gross und zahlreich
waren), auf den Pleurablättern, im Peritoneum, sowie in Leber,
Milz und Nieren.
Die Genitalien zeigten bedeutende Veränderungen. Die
rechte Tube war stark geschwollen, gekrümmt, gefüllt mit einer
käsigen oder kittartigen Masse — eine tuberkulöse Salpin¬
gitis älteren Datums.
Der Uterus war gross, weich, 10cm lang, 6cm breit; Portio
uteri war offen; die Innenseite der Wand leicht blutinfiltriert mit
spärlichem, schleimigem Belag ohne Zeichen einer puerperalen In¬
fektion; auch keine Zeichen einer Entzündung in den Parametrien.
Keine zurückgebliebenen Plazentarreste. An der Plazentarstelle im
Fundus sah man einige kleine knotige grauweisse Prominenzen, die
grösstenteils Tuberkeln glichen. Mikroskopisch fand man hier
in einem begrenzten Teil der Decidua basalis ein typisches, tuber¬
kulöses Granulationsgewebe mit grossen käsigen Tuberkeln; hier
waren keine Villi chorii und nur undeutliches Dezidualgewebe. Die
7 42
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT,
No. 1
Tuberkeln lagen ziemlich tief in der Wand; sie waren in grossem
Umfange degeneriert, teilweise fibrös mit epitheloiden Zellen, Riesen¬
zellen usw. Die Plazenta, die 490 g wog und 16X19 cm mass,
wurde leider nicht aufbewahrt und deshalb auch nicht mikroskopisch
untersucht.
Das Kind war bei der Geburt mager und klein; die Länge
betrug 47 cm und das Gewicht 1400 g; wahrscheinlich war es bei
der Geburt nicht reif, wohl 35- — 36 Wochen alt. Das Kind hatte
eine Missbildung, nämlich 6 Finger an jeder Hand und 6 Zehen am
rechten Fuss. Es war mager und elend, wurde mit fremder Mutter¬
milch ernährt, nahm aber nur wenig zu. Es lag kaum im Arm
der Mutter, da die Lungentuberkulose der Mutter bald erwiesen
wurde, sondern befand sich in einem Bett mehrere Meter von der
Mutter entfernt uhd wurde mit Milch ernährt, die einer anderen,
gesunden Frau entnommen wurde. Es starb unter zunehmender Hin¬
fälligkeit am 2. II.; 25 Tage alt.
Die Obduktion erwies eine starke Abmagerung; das Ge¬
wicht betrug 1930 g, die Länge 49 cm. Das untere Ende des Schenkels
enthielt einen etwa 4 mm grossen Knochenkern; die Verknöcherungs¬
zone war überall scharf. Kein Exsudat in den Pleurahöhlen oder im
Herzbeutel. Die Lungen waren gross, überall lufthaltig und
krepitierend. Die Substanz war von zahlreichen hanfsamengrossen
gelben Infiltraten durchsetzt, die ziemlich gleichmässig über beide
Lungen und sämtliche Lungenlappen verteilt waren. Gegen die Basis
der Lungen hin konfluierten einzelne zu etwas grösseren Infiltraten.
Keine ramollierten Herde, keine eigentlichen Tuberkel. Die Lungen
waren so dicht von Tuberkeln durchsetzt und so fest, dass sie auf
ihrer Basis stehen konnten. An der Trachea entlang bis gegen Hilus
pulmonum hin waren die Lymphdrüsen etwas vergrössert, gelb-
weiss, käsig degeneriert; dagegen sah man keine deutliche Schwellung
der Bronchialdrüsen und auch nicht der Halsdrüsen, die kaum hanf¬
samengross und von graurötlicher Farbe waren. Im Hilus hepatis sah
man auch keine käsigen oder geschwollenen Lymphdrüsen.
Die Leber war etwas gross (Gewicht 100g), weich, blass,
zeigte keine makroskopischen Tuberkeln oder käsige Herde. Die
Milz war von etwa gewöhnlicher Grösse (Gewicht 11g), blaurot,
ohne deutliche Tuberkeln. Bei den Nieren, den sonstigen Urin¬
organen oder Geschlechtsorganen sowie dem Gedärm war nichts
Besonderes zu bemerken. Die Mesenteriallymphdrüsen waren nicht
geschwollen; sie waren grauweiss, ohne jegliche käsigen Herde.
Mikroskopisch sah man im Schnitt der käsigen Knoten in
den Lungen: Starke Hyperämie der Gefässe in den Alveolarsepta,
gleichzeitig mit hie und da etwas rundzelliger Infiltration. Die
Alveolen waren gefüllt mit einem teils serösen, teils fibrinösen Ex¬
sudat, untermischt mit grossen Mengen epithelartigen Zellen und
ausserdem an einzelnen Stellen mit Leukozyten. Auch in den Bron¬
chien Exsudat derselben Art. Diese Partien gingen ohne jegliche
Zone proliferierenden Bindegewebes in die käsig degenerierten Teile
über, wo die Struktur bald gänzlich verschwand. In der Ueber-
gangszone konnte man hie und da einzelne grössere Zellen sehen,
mit unregelmässigen Kernen mit reichlicher Chromatinsubstanz, doch
keine vollentwickelten Riesenzellen und durchaus keine tuberkel¬
artigen Bildungen. Ueberall in- und ausserhalb der käsig degene¬
rierten Teile sah man in grossen Haufen ungeheure Mengen von
Tuberkelbazillen, so dass die Schnittpräparate ganz rot waren; oft
waren sie in Bündeln oder Büscheln geordnet, die an die Erschei¬
nungen beim Reinzüchten erinnern, indem die Tuberkelbazillen gleich¬
sam ohne Schranken und Hindernisse irgendwelcher Art wuchsen.
Die Entzündung war auch eine reine Exsudation mit Nekrose, aber
ohne Tuberkelbildung oder andere Zeichen einer starken Reaktion
von seiten des Organismus.
3 Meerschweinchen wurden mit Stücken 1. der Leber, 2. der
Lungen und 3. der Plazentarstelle im Uterus geimpft; alle 3 Tiere be¬
kamen Tuberkulose, und von den tuberkulösen Organen wurden Tu¬
berkelbazillen gezüchtet, welche Eigenschaften der Tuberkelbazillen
vom Typus humanus besassen.
Epikrise: Das Kind ist also an einer tuberkulösen
Lungenaffektion, 25 Tage nach der Geburt, gestorben. Alle
Bedingungen zur Annahme einer angeborenen Infektion
scheinen hier vorhanden zu sein. Die Mutter litt an einer
Tuberkulose im Endometrium an der Plazentarstelle, so dass
die Möglichkeit einer Uebertragung von Tuberkelbazillen direkt
in das Blut des Kindes sich hiermit von selbst ergibt. Der Uterus
wurde wahrscheinlich während der Schwangerschaft von den
Tuben aus infiziert, wo sich eine ältere tuberkulöse Affektion
vorfand. Doch wurde bei der Mutter auch eine Miliartuber¬
kulose erwiesen, so dass die Möglichkeit einer hämatogenen
Infektion der Plazenta und des Kindes nicht ausgeschlossen
werden kann, wenn mir dies auch weniger wahrscheinlich
deucht. Es lässt sich also als Ausgangspunkt der Infektion
des Fötus am meisten wahrscheinlich eine Plazentar¬
tuberkulose annehmen. Ohne mich weiter auf die Frage
einzulassen, zu welchem Zeitpunkt die Infektion eines Kindes
mit angeborener Tuberkulose dem Vermuten nach stattfinden
kann (ob 1. eine germinative oder konzeptionelle oder 2. pl
zentare Infektion), möchte ich mich nur dahin äussern, da
meinem Dafürhalten nach die plazentare Infektionsweise c
häufigste ist, was unser Fall ja auch bestätigt.
Das Kind wurde so früh von der Mutter entfernt, da
man sagen muss, die Ansteckungsgefahr durch sie (durch 1
halation oder durch die Milch) konnte nur eine ganz gerin
sein.
Demnächst müssen die ganz bedeutenden und ai
gedehnten tuberkulösen Veränderungen in den Lungen ul
Lymphdrüsen mit in Betracht gezogen werden, die schon i
und für sich eine Infektion des Kindes vor der Geburt wab
scheinlich machen.
In Ansehung aller dieser verschiedenen Umstände mi,
man annehmen, dass man es hier mit einer angeboren i
tuberkulösen Infektion zu tun hat, die schon 25 Tage nach v
Geburt vom Tode des Kindes an ausgedehnter Tuberkuh .>
gefolgt wurde.
In dieser Verbindung macht sich übrigens die Frage d-
tend, inwiefern man eine Infektion nach der Geburt in dies);'
oder in ähnlichen Fällen ausschliessen kann, wo anatomisch
Veränderungen solchen Umfangs wie hier vorliegen. In andern
Worten, wie bald kann ein neugeborenes KirJ
das von seinen tuberkulösen Umgebung
mit Tuberkulose infiziert wurde, an diesi
Tuberkulose sterben? Die alltägliche Erfahrt .
lehrt, dass ein Säugling einer tuberkulösen Infektion sehr bj(
erliegt. In einer früheren Arbeit1) habe ich eine Reihe ji
Säuglingen geschildert, die im Alter von 3, 2)4 und 2 Monai
an Tuberkulose starben, und zwar wahrscheinlich durch et
Infektion nach der Geburt, und ich sprach als meine Ansih
aus, dass man zugeben müsse, eine tödlich verlaufende Tulr
kulose könne sich schon in den ersten 6 Wochen u
Grundlage einer nach der Geburt erworbenen Infektion d
wickeln. Und späteren Erfahrungen nach wäre ich genc;
die Grenze noch enger — auf etwa 1 Monat — anzuseta
In anderen Worten, ist das Kind 1 — 2 — 3 Monate alt und i
wenn auch nur kürzere Zeit hindurch, in tuberkulöser Ir
gebung gelebt, so können keine Schlussfolgerungen dam
gezogen werden, inwiefern die Infektion vor oder nach je
Geburt stattgefunden hat. Andererseits können allerdings ap
neugeborene Kinder, die bei der Geburt infiziert, aber scfi
von ihren tuberkulösen Müttern entfernt werden, noch ländr
Zeit hindurch — %—A — 1 Jahr und länger — leben, ehe^i
der Tuberkulose erliegen. Ob sie noch länger — Jahre n
Jahrzehnte hindurch — leben können, wie v. B a u m g a r ;
behauptet, ist dagegen wohl höchst zweifelhaft und jeden 1
bis jetzt gänzlich unerwiesen.
In dem vorliegenden Fall aber müssen wir eine ati
borene Infektion annehmen. Solche Fälle sintl>; w*e bekap
äusserst selten. Dies geht aus folgendem hervor:
a) In der gesamten Literatur finden sich nur Mitteilum
von etwa 120 Fällen vor, und werden diese Fälle däi
gesichtet, bleiben kaum mehr als etwa 20 übrig, die eine stry
Kritik bestehen können (es sei auf die Zusammenstelluu
von Hauser, Lebküchner, A. Wassermann, Sei i
ter, Sitzenfrey2) verwiesen). Einen Fall ziem
sicherer, angeborener Infektion bei einem neugebor j
3 Wochen alten Kinde habe ich früher mitgeteilt (1. c. S. ‘
die Mutter litt an einer Lungentuberkulose, an der sie snt
starb; das Kind, das bei der Mutter verblieb und von ihrg
nährt wurde, starb 3 Wochen alt und zeigte eine ausgede'
und bedeutende Lungentuberkulose mit zahlreichen Tubeie
und tuberkulös-pneumonischen Herden. Die Möglichkeit (jt
jedenfalls fortgesetzten tuberkulösen Infektion nach der 1
burt war in diesem Falle vorhanden, aber die anatomis»1
Veränderungen waren so bedeutend und so weit gediu
dass man kaum umhin kann anzunehmen, das Kind sei "
schon bei der Geburt infiziert gewesen.
1) Untersuchungen über die Häufigkeit, Lokalisation und 1
breitungswege der Tuberkulose im Kindesalter. Videnskab.-'
kabets skrifter, I. Math. Naturv. Kl., 1904. No. 8. Kristiania 190-
-) Die Lehre von der kongenitalen Tuberkulose mit beson 1
Berücksichtigung der Plazentartuberkulose. Berlin 1909.
3. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
743
b) Nach derselben Richtung hin — die Seltenheit also der
angeborenen Infektion betreffend — deutet demnächst der
wohlbekannte Umstand, dass das Vorkommen erweisbarer
tuberkulöser Infektion mit dem Alter rasch
i. u nimmt, und zwarvon Jahrzu Jah r, und, was hier
besonders interessiert, im 1. Lebensjahr auch von
Monat zu Monat. Dies geht aus allen statistischen Zu¬
sammenstellungen hervor, so auch aus der Uebersicht über
tuberkulöse Infektion im Kindesalter, die ich kürzlich zu
anderen Zwecken veranstaltete. Die wichtigsten Ergebnisse
hiervon möchte ich bei dieser Gelegenheit vortragen.
In den Jahren 1898 — 191 1 wurden an unserem patho¬
logisch-anatomischen Institut im ganzen 484 Kinder im Alter
V0I1 0—15 Jahren obduziert; hiervon erwiesen sich:
a) Frei von tuberkulöser Infektion 286: 59 Proz..
b) Tuberkulös infiziert 198: 41 Proz.
Von diesen letzteren waren:
1. QestorbenanTuberkulose 119: 60 Proz. aller Tuber¬
kulösen (oder 24,4 Proz. aller Obduzierten).
2. Mit Spuren latenter oder obsoleter Tuber¬
kulose3) 52: 26,3 Proz. aller Tuberkulösen (oder 10,7 Proz. aller
Obduzierten).
3. Mit latenten Tuberkelbazillen4) (erwiesen durch
Impfungen an Meerschweinchen) 27: 13,7 Proz. aller tuberkulös In¬
fizierten (oder 5,6 Proz. aller Obduzierten).
Betreffs des Vorkommens von tuberkulöser Infektion in den ver¬
schiedenen Jahren:
Im
l.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
li.
12.
13.
14.
15.
Gesamtanzahl der Obduzier-
teil in jedem Jahr ....
201
65
26
18
16
12
13
20
9
11
14
13
13
13
40
Tuberkulös Infizierte ....
40
17
8
6
9
10
6
13
6
8
13
9
9
12
32
Tuberkulös Infizierte in Proz.
20
26
31
33
56
80
46
65
67
73
93
69
69
92
80
Wie man sieht, steigen die Zahlen von 20 Proz. im
1. Lebensjahr rasch bis auf 27,5 im 2. und 3. Lebensjahr (25
von im ganzen 91), auf 44 Proz. im 4. und 5. Lebensjahr
(15 von 34) und bis auf 75 Proz. im 6. bis 15. Jahr (118 von
158 Kindern); im 14. und 15. Jahr allein fand man 49 von 53:
85 Proz. aller obduzierten Kinder tuberkulös infiziert.
Ganz besonderes Interesse aber für uns bieten in dieser
Verbindung die Zahlen des ersten Lebensjahres — von Viertel¬
jahr zu Vierteljahr.
An Kindern in den ersten 3 Monaten wurden obduziert 82, hier¬
von frei von tuberkulöser Infektion 76, tuberkulös infiziert 6.
Im 2. Vierteljahr 55, hiervon frei von tuberkulöser Infektion 46,
tuberkulös infiziert 9.
Im 3. Vierteljahr 36, hiervon frei von tuberkulöser Infektion 20,
tuberkulös infiziert 16.
Im 4. Vierteljahr 28, hiervon frei von tuberkulöser Infektion 19,
tuberkulös infiziert 9.
Also im 1. Halbjahr fand man, dass 15 von 137 obduzierten
Kindern = 11 Proz. tuberkulös infiziert waren, aber schon
im 2. Halbjahr 25 von 64 = 39 Proz. — * was natürlich stark
dafür spricht, dass die Infektion regelmässig erst nach der
Geburt geschieht; dies geht auch aus dem Umstand hervor,
dass Tuberkulose im 1. Lebensmonat ausserordentlich selten
ist, während sich im 2. und 3. Monat schon häufiger Fälle zu
melden beginnen, in denen Tuberkulose als Todesursache auf-
tritt oder die Infektion in Gestalt von latenten Tuberkel¬
bazillen sich vorfindet; dagegen ist eine anatomisch erweis¬
bare latente oder obsolete Tuberkulose in diesem Alter sehr
selten.
Aehnliche Erfahrungen vom Sektionsmaterial haben auch
andere gemacht; wir wollen uns beschränken, auf die Unter¬
suchungen von Hamburger3), G a f f k y ®), Thomesco
und Gragosky7) und Ungermann8) hinzuweisen.
U ngermann nahm systematische Impfungen mit Lymph-
drüsen von Kindern in allen Altern vor und fand keinen Fall
tuberkulöser Infektion bei Kindern bis zu 2 Monaten alt, da-
3) Die allermeisten im späteren Kindesalter, 46 Fülle nach dem
7. Lebensjahr.
4) Viele (13) schon im 1. Lebensjahr, später vereinzelte Fälle bis
zum 13 Jahr.
J) Wien. klin. Wochenschr. 1907, No. 36.
“) Tuberculosis, Vol. 6, No. 9-
') Mitgeteilt aui dem Tuberkulosekongress in Rom im Jahre 1912.
*) Tuberkulose-Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamt 1912,
H. 12.
gegen bei 10 Proz. von Kindern, die 3 — 6 Monate alt waren,
bei 23 Proz. von Kindern im Alter von 6 — 12 Monaten, bei
37,5 Proz. von Kindern im 2. Lebensjahr.
c) Auch systematische Tuberkulin Untersu¬
chungen an kleinen Kindern ergeben das gleiche; in dieser
Beziehung sei auf die Untersuchungen von z. B. v. P i r q u e t,
Hamburger und Monti9) verwiesen. Besonders inter¬
essant sind Thomescos und Gragoskis Tuberkulin¬
untersuchungen an 1080 gebärenden Frauen und deren
Kindern; obgleich sie positive Reaktion bei im ganzen
42 Proz. sämtlicher gebärenden Frauen erhielten (hiervon
hatten 59 klinisch erweisbare Tuberkulose), gab kein einziges
der neugeborenen Kinder Reaktion.
d) Hiermit im Zusammenhang steht auch das regelmässig
negative Ergebnis der genauen Untersuchungen (ein¬
schliesslich Impfungen von Organen) über tuberkulöse
Infektion bei Kindern, die, geboren von Müttern mit
Tuberkulose, schon im frühen Alter anderen Krank¬
heitenerliegen. In meiner Tuberkulosearbeit von 1904
(I. c). habe ich eine Reihe solcher Erfahrungen von kleinen
Kindern mitgeteilt, die bezw. 1 Monat, 2, 3 lA, 10 und 11 Monate
alt starben, sowie von einem Fötus von 6 Monaten — alle
waren von tuberkulösen Müttern geboren, doch frei von tuber¬
kulöser Infektion, insofern dies durch Inokulation von Organ¬
teilen auf Meerschweinchen erwiesen werden kann. Beson¬
deres Interesse bietet der eine Fall, wo die Untersuchung eines
Kindes, das einen guten Monat alt und von einer ebenfalls an
Plazentartuberkulose leidenden Mutter geboren war, nega¬
tives Ergebnis zeigte.
Diese Untersuchungen habe ich später fortgesetzt, indem
mir die letzten Jahre Gelegenheit boten, 6 andere Kinder zu
untersuchen — bezw. lA Tag, 1 Tag, 1 Tag, 2 Tage, 5 Wochen
und 5 Wochen alt — , die alle von tuberkulösen Müttern ge¬
boren waren; bei keinem dieser Kinder fanden sich makro-
oder mikroskopische Veränderungen; 2 oder 3 Meerschwein¬
chen wurden mit Stücken der Lunge, Milz, Leber und der
Lymphdriisen eingeimpft, 'aber keines der Tiere kriegte
Tuberkulose.
Aehnliche Erfahrungen haben auch andere gemacht; so
hat Sitzen fr ey (1. c.) kürzlich eine Reihe hiermit ver¬
wandter Fälle (im ganzen 19) mitgeteilt; andererseits be¬
schreibt er aber auch 3 sichere Fälle angeborener Tuberkulose
und verschiedene Befunde (7) von Plazentartuberkulose bei
tuberkulösen Frauen. Solche negative Ergebnisse sind natür¬
lich an und für sich nicht überzeugend, das sind nur die posi¬
tiven; aber die Zahl der negativen ist jetzt so weit ange¬
wachsen, dass sie doch stark für die Annahme spricht, dass
eine tuberkulöse Infektion nur selten angeboren ist.
e) Bestimmung über die Art der Infektion des I uber-
kelbazillentypus konnte in Betracht gezogen werden.
Man kann wohl kaum erwarten, hier einen Anhaltspunkt zur
Lösung der Frage: Infektion vor oder nach der Geburt rp- zu
gewinnen. Denn auch bei einer Infektion in den ersten Mo¬
naten nach der Geburt wird die Infektionsquelle eine tuber¬
kulöse Mutter oder sonstige kranke Umgebungen sein, wes¬
halb bei Infektionen in der ersten Zeit nach der Geburt auch
zu erwarten steht, Tuberkelbazillen des Typus humanus zu
finden. Im ganzen verhält sich dies auch so. Bezüglich dieser
Frage sei auf Ungermanns (1. c.) und Steffen-
hagens10) kürzlich herausgekommene Arbeiten verwiesen.
An unserem Institut hat der erste Assistent, Dr. de Besehe11),
auch ähnliche Untersuchungen über die Häufigkeit tuber¬
kulöser Infektion im Kindesalter gemacht, in Verbindung mit
der Bestimmung des Tuberkelbazillentypus. Dr. deBesc he
fand," dass die Tuberkulose bei Kindern, die in den ersten
6 Monaten an Tuberkulose starben, in keinem der Fälle auf
Tuberkelbazillen des Typus bovinus beruhte. Das Ergebnis
aller dieser Untersuchungen besteht darin, dass man auch bei
Säuglingen einige, wenn auch sehr wenige, Fälle von Tuber¬
kulose finden kann, die vom Tuberkel des Typus bovinus her-
9) Münch, ined. Wochenschr. 1909, No. 9.
10) Untersuchungen über Säuglingstuberkulose. I uberkulose-
Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. H. 11, 1912. ■
u) Bakteriologiske undersökelser over barnetuberkulose. I niaeg'
hefte til „Norsk Magsin for Laegevidenskab“, 1912.
7-14
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. R
rühren — wo die Infektion also sicher nach der Geburt erfolgt
ist; die Hauptmasse jedoch wird durch den Tuberkelbazillen
des Typus humanus verursacht und hier lässt sich also bezüg¬
lich der Infektionszeit nichts erforschen 12).
Im ganzen genommen gibt es der Beweisgründe, die zum
Besten der Anschauung vorgeführt werden, dass eine ange¬
borene Infektion (die gegebenenfalls auch den Aus¬
gangspunkt für eine Tuberkulose in späterem Alter bilden
kann) regelmässig und häufig vorkommt, meiner
Meinung nach, nur wenige; auch sind sie nicht sonderlich
schwerwiegend. Gestützt auf eigene Erfahrungen muss auch
ich mich denen anschliessen, die da meinen, dass die aller¬
meisten Tuberkulosefälle bei Erwachsenen und bei Kindern
auf einer Infektion nach der Geburt beruhen.
Aus der inneren Klinik am Hospital zum heiligen Geist in
Frankfurt a. M. (Direktor: Prof. Treupel).
Die röntgenologische Darstellung des Processus
vermiformis.
Von Dr. Franz M. G r o e d e 1, Vorstand des Röntgenlabora¬
toriums der Klinik, Arzt in Bad Nauheim.
Ucber Röntgenuntersuchung des Wurmfortsatzes haben
seither besonders französische Autoren berichtet (B e c 1 e r e
1909, A u b o u r g 1910, Leven und Barr et, Desternes
und B a u d o n), von Engländern B e n n e 1 1 und kürzlich
J o r d a n, während sich in der deutschen medizinischen
Literatur nur eine Publikation von Liertz befindet. In den
röntgenologischen Monographien, Hand- und Lehrbüchern ist
die Frage fast stets mit Stillschweigen übergangen worden.
Ich selbst habe mich vor Jahresfrist noch dahin geäussert,
dass ich den Wurmfortsatz nie im Röntgenbild nachweisen
konnte. Die gleiche Erfahrung scheint Rieder gemacht zu
haben, denn er bezeichnet den Wurmfortsatz (Münch, med.
Wochenschr. 1906, No. 3) als „auf Röntgenbildern nicht sicht¬
bar“, später (Fbrtschritte, Bd. XVIII, H. 2) als „auf röntgeno¬
logischem Wege schwer sichtbar zu machen“. Im Gegensatz
hierzu steht die Ansicht der meisten französischen Röntgeno¬
logen. A ub o u r g sagt z. B. (Arch. d’electric. med., Juli 1911),
dass der Wurmfortsatz häufig mit Wismut gefüllt werden
kann, so dass wir seine Lage genau feststellen können.
Desternes und B a u d o n (Arch. d’electr. med., 1912, S. 49)
fanden auf 100 Platten von Abdomenaufnahmen 5 mal den
Wurmfortsatz dargestellt, konnten bei 4 gesunden Personen,
die sie speziell daraufhin untersuchten, zweimal die Appendix
nachweisen. bei 3 Patienten mit appendikulären Schmerzen
einmal. Aehnlich zuversichtlich äusserte sich Jordan (Pro-,
ceed. of the Royal Soc. of Med. 1911, Vol. V), der auch
2 Fälle abbildet, in welchen ein vielleicht der Appendix ent¬
sprechendes Schattengebilde zu sehen ist.
Schon seit längerer Zeit habe ich mein Augenmerk auf
die Frage gerichtet, ob der normale Wurmfortsatz röntgeno¬
logisch darstellbar ist, ob er nur durch besondere Methodik
photographisch festgehalten werden kann, oder ob vielleicht
bestimmte Erkrankungen seine Sichtbarmachung ermöglichen.
Was die Methodik anbetrifft, so ist meiner Ansicht nach
die Röntgenoskopie vollkommen untauglich für die Unter¬
suchung des Wurmfortsatzes. Es kann hier nur die Röntgeno-
graphie einwandfreie Resultate zeitigen, und auch diese nur
bei Verwendung sehr kurzer Expositionszeiten. Zunächst
können wir mittels des Röntgeneinlaufes den Darm füllen.
Eine Photographie des derart gefüllten Darmes wird aber nur
dann die Appendix zeigen können, wenn letztere nicht retro-
zoekal gelegen oder um das Zoekum herumgeschlungen ist.
Deshalb empfiehlt es sich, nachdem die Einlaufflüssigkeit durch
Defäkation wieder entleert ist, nochmals eine Momentauf¬
nahme der Blinddarmgegend zu machen. Wir können hoffen,
dass so auch ein ungünstig gelegener, vorher gefüllter Wurm¬
fortsatz infolge des haftengebliebenen Metallsalzes sich dar¬
stellt. Auch bei der Untersuchung im Anschluss an die Rönt-
1S) Die Voraussetzung für die Berechtigung dieses Räsonnements
liegt natürlich darin, dass es möglich und richtig ist, vom Tuberkel-
bazilltypus Schlussfolgerungen auf die Infektionsquelle zu ziehen.
genmahlzeit genügt es nicht, nur einmal zu untersuchen. Wir
müssen sowohl zur Zeit der Zoekumfüllung (also etwa 1 / bis
2 Stunden nach einer Bariummahlzeit oder 2 bis 4 Stunden
nach einer Wismutmahlzeit), wie auch nach dessen Leerung
ein Photogramm herstellen. Auch hier werden nur ganz
kurze Expositionszeiten (am besten Einschlagaufnahmen) zum
Ziel führen. Sehr detailreiche Bilder, die selbst einen mit dem
Zoekumschatten sich kreuzenden Wurmschatten zu erkennen
geben müssten, erhält man bei Verwendung einer Kompres¬
sionsblende. Bei mageren Patienten kommt man bei Be¬
nutzung eines Verstärkungsschirmes sehr gut mit lA bis lA Se¬
kunden Expositionszeit aus.
Mittels der vorstehend skizzierten Methoden habe ich
seither eine grosse Zahl darmgesunder Menschen eingehend
untersucht, ohne jemals den Wurmfortsatz auch nur an¬
gedeutet zu sehen. Ich glaube daher sagen zu dürfen, dass
der normale Wurmfortsatz sich für gewöhnlich überhaupt nicht
mit den Kontrastmitteln (Röntgenmahlzeit und Röntgeneinlauf)
füllen lässt, also auch nicht röntgenologisch darstellbar ist.
Es entspricht dies ja auch der Erfahrung der Chirurgen, dass
der normale Wurmfortsatz fast niemals mit frischem Kot ge¬
füllt ist. Wenn von anderen, besonders französischen Autoren,
die normale Appendix früher häufig gesehen wurde, so lagen
wohl meist Täuschungen durch gefüllte Dünndarmpartien vor.
Auch der pathologisch veränderte Processus vermiformis
scheint nicht häufig röntgenologisch darstellbar zu sein. Ich
selbst kann aus meinem Krankenmaterial nur über zwei Fälle
berichten.
Fall 1 war ein 50 jähriger Herr, der mir wegen angeblich
neurasthenischer Darmbeschwerden zur Röntgenuntersuchung zuge¬
schickt wurde. Ich konnte bei wiederholter Untersuchung ein dem
Wurmfortsatz sehr ähnliches, mit Kontrastchymus gefülltes Darni-
stiiek auf den Platten nachweisen. Genauere Untersuchung war nicht
möglich.
Fall II stammt aus der chirurgischen Klinik des Hospitals zum
hl. Geist. Für Ueberlassung der ausführlichen Krankengeschichte und
des Operationsprotokolls bin ich Herrn Direktor Amberger zu
besonderem Danke verpflichtet.
Der 7 jährige kleine Patient kam etwa 6 Wochen vor der
Krankenhausaufnahme nachmittags aus der Schule und klagte über
starke Schmerzen im Leib. Nach zweitägigem Bestehen verschwan¬
den die Beschwerden für einen Tag, traten dann wieder auf usw.
Der behandelnde Arzt konnte keine Ursache für die Erkrankung auf¬
finden. Fieber bestand nicht. Waren die Schmerzen besonders
heftig, so trat galliges Erbrechen auf. Einmal war der Stuhl rot
gefärbt. Die Schmerzen steigerten sich weiterhin und traten fast
jede Viertelstunde auf. Der Schmerzbeginn war so heftig, dass das
Kind häufig aufschrie. Auch während des Krankenhausaufenthaltes
traten in Intervallen Schmerzen auf, die besonders stark in der
Ileozoekalgegend verspürt wurden. Hier war auch öfters eine Vor¬
wölbung der Bauchdecken zu sehen, die unter der palpierenden Hand
unter gurrenden und rollenden Geräuschen wieder verschwand. Auch
am übrigen Abdomen waren zeitweise ähnliche, unter Schmerzäusse¬
rungen des Kindes auftretende Darmsteifungen zu erkennen. Während
der Schmerzanfälle war der rechte Rektus im Vergleich zum linken
stark gespannt. Die Stuhluntersuchung ergab wiederholt positiven
Blutbefund, dagegen keine Wurmeier. Nach einiger Zeit sistierten die:
Anfälle, die rechte Unterbauchgegend blieb jedoch dauernd leichtl
druckempfindlich.
Die Röntgenuntersuchung führte zu folgendem Ergebnis: Durch
Röntgeneinlauf wird der Dickdarm in seinem ganzen Verlauf sichtbar.
Der Querdarm steht verhältnismässig hoch. Das S romanum ist stark
ausgedehnt. Die letzte Dünndarmschlinge scheint retrograd gefüllt zu
sein. Nach Entleerung des Einlaufes durch Defäkation erscheint das
Zoekum ziemlich leer, der übrige Dickdarm in toto weniger stark)
gefüllt. Vom Zoekum nach oben verlaufend ist ein vielleicht 0,5 cm
breites, über 10 cm langes, leicht gewundenes Schattengebilde^ zu
sehen, das dem Wurmfortsatz entsprechen dürfte. Am nächsten Tage
erhielt Patient eine Bariummahlzeit. Es zeigte sich jedoch der
Dickdarm noch nicht vollkommen vom Einlauf entleert, weshalb die;
Untersuchung abgebrochen wurde. Nach zweitägigem Abführer
wurde neuerdings eine Röntgenmahlzeit gegeben. Auf der sogleicl
nach der Mahlzeit angefertigten Platte sehen wir einen normalen
durch eine mit gutem Appetit verzehrte, aber etwas zu reichliche
Mahlzeit (es war die Menge, die sonst Erwachsene nehmen) ausge-
füllten Magen. Das Duodenum beginnt sich gerade zu füllen. Sons-
sind keine Kontrastmittelschatten im Abdomen zu sehen, ausser einen
gewundenen, aus etwa 5 — 6 zylindrischen Abschnitten bestehende!
schmalen Schattenband rechts unten in der Appendixgegend. Da di.
Schatten für Kotsteine oder dergl. zu scharf sind, wird mit Wahr
scheinlichkeit auf einen langen, trotz des zweitägigen Abführens nü
stagnierendem Kot gefüllten Wurmfortsatz geschlossen. Zwei Stua
den nach der Mahlzeit ist der Magen erst zu iU geleert, der Dünn
1. April 1911
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
745
lärm stark gefüllt, vom Dickdarm nichts mit Sicherheit nachzu¬
reisen. Da nach 4 Stunden der Magen immer noch starker gefüllt
st, der Dünndarm nun ganz abnorm stark, der Dickdarm dagegen fast
;och gar nicht sichtbar ist, wird bereits ein Hindernis in der Gegend
ier Ileozoekalklappe vermutet. Erst 8 Stunden nach der Mahlzeit
st der Magen fast vollkommen leer. Zoekum, Aszendens, Trans-
ersum und sogar Deszendens sind nun teilweise gefüllt. Der Dünn¬
arm hat sich zum grössten Teile geleert, nur die letzte lleumschlinge
st stärker sichtbar. Wir sehen sie vom Zoekum aus horizontal nach
mks durch das Abdomen verlaufen, über Querdarmbreite ausgedehnt
teils durch Bariumchymus, teils durch Luft - also das typische
iild einer Ileozoekalklappenstenose. Wieder 4 Stunden später, also
2 Stunden p. c., scheint das Hindernis überwunden, der Dünndarm
iemlich geleert zu sein. Am nächsten Morgen (24 Stunden p. c.) ist
Ier Dünndarm vollkommen leer (s. Abb.), der Kontrastchymus, ausser
?eringen Resten im Zoekum, vollkommen im Colon descendens und in
der distalen Querdarmhälfte angesammelt. Der Wurmfortsatz ist
wieder als gewundenes, wurmförmiges Schattengebilde deutlich zu
sehen. 32 Stunden nach der Mahlzeit war das Zoekum vollkommen
leer, der übrige Dickdarm noch in gleicher Weise sichtbar wie am
Morgen, jedoch als schmäleres Schattenband, da sein Inhalt durch
Deläkation vermindert worden war. Der Wurmfortsatz war noch an
gleicher Stelle und in gleicher Schärfe zu sehen, schien sich aber
mehrfach aufgerollt zu haben. Endlich wurde eine letzte Aufnahme
48 Stunden p. c. gemacht, nachdem wieder die Defäkation voraus¬
gegangen war. Es war am Dickdarm nur noch die Ampulle gefüllt,
der übrige Dickdarm durch Bariumreste noch teilweise angedeutet
und wieder der zusammengerollte, gefüllte Wurmfortsatz an alter
Stelle zu erkennen.
Die klinische Diagnose hatte gelautet: temporär auftretendes
Hindernis im Darmtraktus, wahrscheinlich bedingt durch vorüber¬
gehende Darminvagination und zwar vermutlich durch Invagination
des Dünndarmes in das Zoekum. Ursächliches Moment wahrschein¬
lich eine appendizitische Reizung.
Die Röntgenuntersuchung stützte diese Diagnose durch den
Nachweis eines starken temporären Passagehindernisses an der
Valvula Bauhini und durch den Nachweis eines kotgefüllten Wurm¬
fortsatzes.
Da neuerdings vermehrte Beschwerden auftraten, wurde nach
einigen Tagen zur Operation geschritten. Nach Medianschnitt wird
das Zoekum herausgezogen. Es zeigt sich, dass das lleum auf eine
Strecke von etwa 15 cm in den Blinddarm hineingeschlüpft ist. Die
Invagination ist jedoch ganz locker und löst sich auf den leisesten
Zug. Im Mesenterium des invaginierten Darmabschnittes finden sich
einige vergrösserte Drüsen. Die Appendix ist auffallend lang (12 cm),
mehrfach gedreht und geschlängelt, nicht verwachsen. Sie wird auf
die typische Weise entfernt. Dabei zeigt sich, dass sie mit diinn-
No. 14.
breiigem Kot gefüllt ist, dass besonders ihre Spitze prall gefüllt,
hicrselbst die Schleimhaut bläulich verfärbt ist und einige Blutpunkte
aufweist. Die Operation und Heilung verlief im übrigen vollkommen
glatt und bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
Dass im vorliegenden Fall die durch Darminvagination
bedingte temporäre Dünndarm- resp. Ileozoekalstenose rönt¬
genologisch nachweisbar ist, interessiert uns nur nebenbei.
Das ausserordentlich wichtige Moment ist die Tatsache, dass
bei einer leichten Appendizitis der Wurmfortsatz Kot enthält
und dementsprechend die Appendix auch röntgenologisch
durch Füllung mit Kontrastchymus dargestellt werden kann.
Es liegt daher der Schluss nahe, dass die Sichtbarkeit des
Wurmfortsatzes im Röntgenbilde (wir können dies auch mit
Kotinhalt gleichsetzen) als pathologisches Symptom auf¬
zufassen ist.
Bezüglich dieses letzten Punktes habe ich die Literatur genauer
durchsucht. Eine einheitliche Auffassung scheint nicht zu bestehen.
Oberndorfer (Beiträge zur pathologischen Anatomie der chro¬
nischen Appendizitis. Mitteilungen aus den Grenzgebieten XV., 5,
1906) gibt folgende Zusammenstellung (s. dort auch das Literatur¬
verzeichnis).
S u d s u k i fand in 57 Proz. der von ihm untersuchten 500 Fälle
Kot im Lumen, wobei auch die kleinsten Mengen berücksichtigt
wurden. R i b b e r t betont, dass normalerweise Kot in grösseren
Mengen überhaupt nicht in die Appendix gelangt; die Kotsteine, die in
11 Proz. seiner Fälle vorhanden waren, bestanden der Hauptsache
nach aus mit Epithelien und Leukozyten gemischtem Schleim, der sich
um zentrale Kotpartien anlagerte. A s c h o f f sah in dem von ihm
vorzugsweise bearbeiteten Material nur selten gröber geformte Kot¬
massen und warnt, sehr mit Recht, davor, jede gefärbte Inhaltmasse
als Kot anzusprechen. Nach v. H a n s e m a n n ist bei funktions¬
fähiger Ger lach scher Klappe nie Kot, sondern nur Schleim, bei
Fehlen einer suffizienten Klappe stets Kot in wechselnder Menge in
der Appendix. M e i x 1 hält die Frage für noch nicht geklärt, ob
in den gesunden Wurm überhaupt Darminhalt eintreten könne. Otto
Lanz sieht in dem Vorhandensein von Kot nichts Pathologisches,
während Kümmel Kotinhalt in der Appendix als Beweis eines
krankhaften Verhaltens betrachtet.
Oberndorfer selbst fand bei 600 genauer untersuchten
Fällen in 50 Proz. braunen Inhalt in der Leichenappendix. In weitaus
der grössten Anzahl dieser Fälle war aber der Inhalt der Appendix
ausschliesslich Sekretionsprodukt ihrer Schleimhaut. Die normale
und muskelsuffiziente Appendix enthielt nie oder fast nie kotigen
Inhalt.
Kotbefund in der Appendix ist daher nach Oberndorfers
Ansicht immer ein ausserordentliches Vorkommnis, bedingt durch
starke Vermehrung des Druckes im Zoekum oder hochgradige Er¬
schlaffung der Appendixwand, oder abnormen Bau des Organes.
Regelmässig findet sich Kot in den weiten trichterförmigen Fort¬
sätzen von fötalem Typus, die breit ins Zoekum einmünden; sie ent¬
halten denselben Inhalt wie das Zoekum, mit dem sie sich auch
offenbar gleichzeitig füllen und leeren und verhalten sich nicht
anders als z. B. die Meckelschen Divertikel des Dünndarms. An¬
dererseits zeigt sich die Appendix mit Kot in den Fällen gefüllt, in
denen Darmlähmung besteht, der gesamte Tonus der Darmwand in
Wegfall kommt.
Trotz dieser, auf reichem Beobachtungsmaterial beruhenden Aus¬
führungen ist die Streitfrage immer noch nicht entschieden. Sagt
doch, um nur ein Beispiel anzuführen, E. Kaufmann in seinem
Lehrbuch der speziellen pathologischen Anatomie (R e i m e r - Berlin),
dass er der Ansicht Oberndorfers, wonach Kot als Inhalt des
Processus vermiformis stets pathologisch sei, durchaus nicht zu¬
stimmen könne.
Umsomehr dürfen daher die röntgenologischen Beob¬
achtungen Interesse erwecken. Bei besonders daraufhin unter¬
suchten, vollkommen darmgesunden Menschen lässt sich,
meiner Erfahrung nach, auch röntgenologisch niemals das Ein¬
dringen des durch Kontrastmittel sichtbar gemachten Kotes
(Brei oder Einlaufflüssigkeit) in die Appendix nachweisen. Der
einzige von mir seither wirklich einwandfrei röntgenologisch
dargestellte Wurmfortsatz zeigte sich auch bei der Operation
kothaltig. Zufällig handelte es sich bei diesem Falle um
zweierlei Affektionen — eine Appendizitis und eine Invagi¬
nation — und ich kann daher nicht entscheiden, ob die Kot-
fülhrng des Wurmfortsatzes bei unserem Patienten für eine
Erkrankung der Appendix oder mehr für eine Mündungs¬
anomalie des Wurms oder eine Dickdarmerkrankung spricht.
Auf jeden Fall bin ich der Ansicht, dass Kotfüllung resp. die
selten mögliche röntgenologische Darstellbarkeit der Appendix
anormal ist.
2
746
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. H.
Die mongoloide Idiotie.
Von Dr. Kellner, Oberarzt der Hamburger Idioten- und
Epileptikeranstalt Alsterdorf.
Zu den interessantesten, eigentümlichsten Erscheinungen
auf dem grossen Gebiete des mit körperlichen Degenerations-
zeichen verbundenen Schwachsinns gehört ohne Zweifel der
Mongolismus, der, zuerst von Langdon Down erkannt und
beschrieben, seitdem häufig Gegenstand von Demonstrationen
und Besprechungen gewesen ist. Ob der Mongolismus bei
uns im Zunehmen begriffen ist, oder ob die Eltern eines
mongoloiden -Kindes sich jetzt leichter wie früher entschlossen,
dasselbe in eine Anstalt zu geben, will ich dahingestellt sein
lassen. Tatsache ist jedenfalls, dass uns jetzt viel häufiger
Mongoloiden zugeführt werden wie früher, und ich erinnere
mich noch sehr genau, dass wir vor 6 oder 7 Jahren nur
einen einzigen derartigen Fall in der Anstalt hatten. Und zu
übersehen ist ein Fall von Mongolismus, wenn man einmal die
typischen Erscheinungen desselben kennt, ja eigentlich gar
nicht. Ich glaube, dass diese schwachsinnigen Kinder in
früheren Jahren, in denen das auch jetzt noch hier und da
bestehende Vorurteil gegen Idiotenanstalten noch weit ver¬
breitet war, meistens in der Familie geblieben sind, was ja
recht gut anging, da der Mongole in der Regel ein gutartiges,
friedliches Gemüt hat und nicht gemeingefährlich wird. Auch
erreicht er selten ein höheres Alter und die meisten sterben
früher als ihre Eltern. Augenblicklich sind in den Alsterdorfer
Anstalten 10 Mongoloide untergebracht, von denen 7 in den
Jahren 1906 bis 1911 eingeliefert sind, während von 1899 bis
1906 nur 3 und von 1893 bis 1898 nur ein einziger uns zu¬
geführt wurden.
Ausser den in der Anstalt untergebrachten mongoloiden Kindern
hatte ich vor einem halben Jahre Gelegenheit, ein neugeborenes Kind
zu sehen, das die Zeichen des Mongolismus in geradezu verblüffender
Weise zeigte. Es war das nachgeborene Kind alter Eltern, der Vater,
der an einem schweren Herzfehler leidet, war 56, die Mutter 46 Jahre
alt. Das Ehepaar hatte 5 viel früher geborene, jetzt im Alter von
24 — 14 Jahren stehende gesunde Kinder. Das Herzleiden des Vaters
war erst nach der Geburt dieser 5 Kinder entstanden. Das mongoloide
Kind war sehr klein, trotzdem es völlig ausgetragen war, hatte sehr
schlaffe Glieder und Gelenke, einen sehr kleinen kurzen Kopf und die
ausgesprochensten Schlitzaugen. Leider hatte ich keine Gelegenheit
eine genauere Untersuchung zu machen, da ich gar nicht des Kindes
wegen gerufen war, und war auch, als dasselbe nach einigen Tagen
an Schwäche starb, eine Sektion nicht möglich.
Immerhin war es mir eine interessante Bestätigung der
Annahme, dass der Mongolismus als fertige Krankheitserschei¬
nung mit dem betroffenen Individuum geboren wird und auf-
zufassen ist als ein Stehenbleiben auf einer der nach dem
phylogenetischen Grundgesetz vor der Geburt zu durch¬
laufenden Stadien der menschlichen Entwickelung. Der Grund
solchen Stehenbleibens kann natürlich nur eine intrauterine
Erkrankung des keimenden Organismus sein, die wohl in den
allermeisten Fällen das Absterben des Organismus herbeiführt
und in den seltenen Fällen, in denen derselbe am Leben bleibt,
ihn doch derart schädigt, dass er sich nicht mehr generell,
sondern nur noch individuell weiter entwickeln kann und uns
auf diese Weise ein, wenn auch durch Krankheit verzerrtes,
doch einigermassen zutreffendes Beispiel des Zustandes liefert,
auf dem das Menschengeschlecht in seinem langen Entwick¬
lungsgänge dereinst gestanden hat.
Die Angaben mehrerer Forscher über den mongoloiden
Typus vieler aus Höhlenfunden stammender Knochen alt¬
diluvialer Menschen würden mit dieser Annahme überein¬
stimmen. _
In den Alsterdorfer Anstalten sind, wie gesagt, zurzeit 10 Mongo¬
loiden. von denen 8 männlichen und 2 weiblichen Geschlechtes sind.
Sie steheh im Alter von 27, 27, 18, 14, 12, 10, 9, 7 und 3 Jahren und
bieten sämtlich unverkennbare Zeichen des Mongolismus dar.
Gemeinsam sind ihnen allen folgende Symptome: Geistige Minder¬
wertigkeit, Mikro-Brachyzephalie, hinter der Norm zurückgebliebene
Körpergrösse, Sprachstörung, Schlitzaugen, rissige Zunge, ^ kleine
breite Nase, Schlaffheit und abnorme Beweglichkeit der Gelenke,
schwache Herzkraft und Kälte der Haut und der Extremitäten.
3 von ihnen sind spät geborene Kinder alter Eltern, eins ist
dagegen das 1. von 4 Kindern. Potatorium des Vaters ist bei einem
Kinde nachgewiesen.
Ein Herzfehler findet sich bei einem, grosse Herzschwäche
bei dreien. Bei einem männlichen Mongoloiden sehen wir den sogen.
Giraffenhals und Römernacken, ohne Vorwölbung des Hinterhauptes.
Degenerierte Ohren sind bei 5 vorhanden und zwar 2 mal als
W i 1 d e r m u t sches Ohr, 1 mal als Satyrohr, 1 mal als Henkeloh]
und in einem besonders interessanten Fall als Knickohr mit sehr
verengertem schlitzförmigen Gehörgang.
Syndaktylie findet sich in 2 Fällen. Die Geschlechtsentwicklum,
ist in 3 Fällen, bei 2 Männern und 1 Mädchen normal, in den übrigen
Fällen hinter dem Alter zurückgeblieben.
Während sich die aus der Doppelbildung des oberen Augenlides
entstandene schiefe Augenstellung in allen Fällen findet, ist eii
richtiger Epikanthus nur in einem einzigen Falle vorhanden. Die diel
Schiefstellung der Lidspalte hervorbringende Doppelbildung de-
oberen L.ides findet sich ja bei allen Mongoloiden, aber in den meiste;
Fällen hört diese Faltung am inneren Winkel der Lidspalte aut
Zum Epikanthus wird sie nur, wenn sie von der inneren Lidspaltt
nach unten sich senkend fortsetzt und wie eine Portiere von den
inneren Augenwinkel, zwischen diesem und der Nase, herabhängt
Dieser vorhangähnliche Epikanthus macht dann ganz den Eindruck
als wenn durch die flache, wenig vortretende Nase des Mongolei
ein Teil der ursprünglich für die Nase bestimmt gewesenen Hau
überflüssig geworden wäre und nun gefaltet an den Seiten der Nasu
herabhinge.
Die Sprachstörungen äusserten sich in 3 Fällen als Sprach]
losigkeit, in drei anderen als Beschränkung des Wortschatzes au|
wenige Worte, in zweien als lispelnde Aussprache und in einem Falb
als Echolalie. Prognatismus war mehr oder weniger in allen Fälleij
vorhanden, ebenso schlechte rhachitische, oft auffallend kleine Zähnt:
Ebenso findet sich bei allen ein Ekzem der Augenlider.
Die Kopfmasse der Mongoloiden.
Alter
Jahre
Geschlecht
Umfang
Länge
Breite
Höhe
Längen-
Breiten-Index
27
M.
51
16,5
14,5
9,5
88
27
W.
50
16,5
14,5
9,5
88
18
W.
50
16,5
14,5
9,5
88
14
M.
50
16
14,5
9,7
90
12
M.
46
14,5
13,5
9
90
10
M.
46,2
14,5
14
8,5
96,5
9
M.
48
16
13,5
10,5
84,4
8
M.
52
17
15,5
9,9
91
7
M.
43
14,5
12,5
8,5
86,2
3
M.
46
15,75
13,5
8,8
86
Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, sind sämtliche Mongoloid
Mikro-Brachyzcphale. Nach dem Längen-Breitenindex, der bekann
lieh berechnet wird durch Teilung des mit 100 multiplizierten Breiter
durchmessers durch den Längendurchmesser, teilt man die Köpfe ei
in Dolichozephalie. dessen Index bis 75 geht, in Mesozephale m
dem Index von 75 — 80, in Brachyzephale mit dem Index von 80—8
in Hyperbrachyzephale mit dem Index von S5 — 90 und in Ultr;
brachyzephale mit einem Index über 90. Danach haben wir unu
unseren Mongolen einen Brachyzephalen, 6 Hyperbrachyzephale ur
3 Ultrabrachyzephale, der Durchschnittsindex ist 88,5 also hype
brachyzephal. Die Höhe ist bei sämtlichen Mongoloiden gering, i
Mittel 9,1 cm. Ebenso stehen sämtliche Umfänge der Köpfe mj
Ausnahme des letzten, des 3 jährigen Kindes, unterhalb der physu
logischen Breite und sind mithin die Köpfe als mikrobrachyzepha
zu bezeichnen.
Die Körper grosse der Mongoloiden.
Alter
Geschlecht
Grösse
Normale
Grösse
Minder¬
mass
Jahre
in Zentimetern
27
M.
152
168
16
27
W.
142
158
16
18
W.
135
156
21
14
M.
145
147
2
12
M.
110
138
28
10
M.
115
127
12
9
M.
114
122
8
8
M.
98
116
18
7
M.
90
105
15
3
M.
80
86
6
Die Körpergrösse ist bei sämtlichen Mongoloiden hinter d
normalen Grösse zurückgeblieben und ein Fall eines aussergewöhnli
schnellen Wachstums, wie es nicht selten vorkommt, ist zurzeit
Alsterdorf nicht da. Das Mindermass der Mongoloiden beträgt i
Mittel 10,8 Proz.
Fälle von mit Mongolismus zusammen auftretenden Friet
re ich scher Ataxie habe ich nie gesehen.
Eine beim Mongolismus nie fehlende Erscheinung schei
die abnorme Biegsamkeit und Geschmeidigkeit der Glie
massen zu sein. Bei einem unserer Mongolen findet sich ei
ganz besondere Nachgiebigkeit der Wirbelgelenke, man ka:
den Knaben, wenn er sitzt, derartig um seine eigene Ach
; \pril 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
747
I hen. dass sein Hinterkopf vollkommen nach vorn steht und
ccradeaus nach hinten sieht. Einem anderen kann man die
•ne und Arme derartig an den Leib legen, dass er wie ein
■ npi ohne Gliedmassen aussieht. Neben dieser Biegsamkeit
i et sich oft eine spät entwickelte Motilität und eine Unfähig¬
zu feineren Bewegungen. Viele Mongolen sind nicht im-
lde. die Treppen steigen zu erlernen. Die Muskulatur der
, ngolen ist schlaff und weich, die Haut der Extremitäten
1 und schlecht ernährt, zu Ekzemen neigend. Die Schlaff-
der Muskulatur tritt besonders hervor als Herzschwäche,
der, abgesehen von den häufigen Herzfehlern, sämtliche
ngoloide leiden und die auch der Hauptgrund ihrer Wider-
idslosigkeit gegen Erkrankungen und Infektionen, beson-
i s Tuberkulose, ist , und ausserdem die Anwendung mancher
tel, z. B. des Thyreoidin. von vornherein verbietet. Bei den
nigen Mongoloiden, die über das Kindesalter hinauskommen,
t eine frühe Senilität ein.
In einem Falle findet sich neben einem ausgesprochenen
. ngolismus ein Myxödem.
big. 1 stellt einen 27 jährigen Mongolen (Tr.) dar, der, erblich
: k belastet, eine ganze Reihe von Degenerationszeichen aufweist.
; hat erst mit 7 Jahren gehen gelernt, die ersten Anfänge seines
unvollkommenen Sprachvermögens sind im 5. Lebensjahre be-
i chtet. Seine Körperlänge beträgt 152 cm. Er ist mikrozephal,
starken Prognatismus und den sogen. Römernacken, ohne jede
Wölbung des Hinterhauptes. Die Masse des Kopfes sind: Um-
i\ 51, Breite 14,5, Länge 16,5 und Höhe 9,5. Der Längen-Breiten-
x beträgt 88, er ist also hyperbrachyzephal. Die Ohren haben
Form der Knickohren, der linke Gehörgang zeigt eine starke an-
orene Verengung, die Zunge ist rissig und auffallend gross. Der
>ax zeigt die Form einer Hühnerbrust. Starke Insuffizienz der
, raiis findet sich am Herzen.
Fig. 1.
Die Finger sind verkrümmt, an den Füssen finden sich Syndak-
en. Die Genitalien sind vollkommen unentwickelt. Die Achsel-
llen zeigen eine eigentümliche Behaarung, in der Art, dass ein
rnlicher Haarzopf wie eine Fahne nach vorne herausragt. Die
rache ist, wie gesagt, sehr unvollkommen, häufig sich nur als
lolalie zeigend. Merkwürdig ist die Gelenkigkeit der grossen
len, die er durch Adduktion und Pronation ganz nach der Seite
kleinen Zehen hinüberbringen und damit greifen kann. Er steht
sehr tiefem geistigen Standpunkt, hat aber doch für manche
;hen und Personen ein gewisses Gedächtnis.
Fig. 2. big. 3.
Eine Mongolin von demselben Alter (27 Jahre) wie der vorige,
■hen wir in Fig. 2 (Br.). Sie ist ebenfalls mikrozephal und
'■perbrachyzephal; die Masse des Kopfes betragen: Umfang 50,
Länge 16,5, Breite 14,5 und Höhe 9,5 cm, der Längen-Breitenindex
demnach 88. Die Körperlänge misst 142 cm. Sie hat ebenfalls eine
Mitralisinsuffizienz. Auffallend ist die sehr dicke Oberlippe. Die
Zunge ist stark rissig, die Sprache lispelnd. Ihre Geschlechtsorgane
sind entwickelt und ihre Menstruation regelmässig. Die Daumen sind
sehr kurz und dick, die Fingernägel breit, die Fiisse dick und plump,
stets kalt und die Haare lang und straff.
Sie ist gutmütig, spielt am liebsten und zeigt eine grosse Gleich¬
gültigkeit gegen ihre Umgebung.
In Paula L. (Bild 3) sehen wir einen Typus des Mongolismus,
der ein grotesk komisches, koboldartiges Bild sowohl in der äusseren
Erscheinung wie in seinem Gebühren zeigt. Das 18 jährige Mädchen,
das aus der zweiten Ehe einer alten Mutter stammt, hat eine auf¬
fallende Aehnlichkeit mit einigen der auf den Böcklinschen Bil¬
dern dargestellten Nereiden, und zu einer derselben, im Spiel der
Wellen, könnte sie geradezu das Modell gewesen sein. In den auf¬
fallend schiefen Augen liegt eine lauernde Verschmitztheit, die durch
stetes Griinassieren noch verstärkt wird und auch keineswegs ganz
unbewusst zustande kommt, denn das im übrigen auf tiefer geistiger
Stufe stehende Mädchen hat einen scharfen Blick für Absonderlich¬
keiten ihrer Mitzöglinge und ahmt dieselben mit Geschick nach.
Ihre Geschmeidigkeit in den Gelenken ist eine erstaunliche und
besonders kann sie sich in ihrer Wirbelsäule ganz umdrehen.
Sprachvermögen ist vorhanden, wird aber nur selten gebraucht und
zu irgend einer Beschäftigung ist das Mädchen absolut ungeeignet.
Sie ist mikrohyperbrachyzephal, die Kopfmasse sind Umfang 50,
Länge 16,5, Breite 14,5 und Höhe 9,5 cm. Der Index beträgt 88.
Ihre Grösse beträgt 135 cm. Sie ist menstruiert, ihre Mammae sind
entwickelt. Epikanthus hat sie nicht, dagegen hochgradig degene¬
rierte, zu flachen Gruben gewordene Ohren und eine stark rissige
Zunge. Die Reflexe sind vorhanden, aber träge. Auf dem einen
Auge besteht Keratitis. Auch sie hat das eigentümliche, den Idioten
oft anhaftende anschmiegsame Wesen, das in seinem Bestreben, sich
möglichst dicht mit dem Körper an andere Menschen heranzudrängen,
an die Zudringlichkeit mancher Hunde erinnert.
Der in Fig. 4 dargestellte 12 jährige Mongole H. ist das 6. Kind
und eine Frühgeburt im 8. Monat. Er ist mikrozephal und mit einem
Index von 90 ultrabrachyzephal, der Umfang des Kopfes beträgt 46,
die Länge 14,5, die Breite 13,5 und die Höhe 9 cm. Der Unterkiefer
steht auffallend vor, der Mund klafft und die sehr grosse rissige
Zunge hängt aus demselben zwischen ebenfalls rissigen Lippen vor.
Er ist hochgradig idiotisch und kann nur wenige Worte sprechen.
Augenbrauen und Lidhaare fehlen gänzlich, an ihrer Stelle findet
sich ein ekzematöser Ausschlag. Die Beweglichkeit seiner Gelenke
ist gross; er kann sehr bequem mit seinen Hacken den Hinterkopf
berühren. Der. Kopf ist asymmetrisch, die Ohren haben die Satyr¬
form und sind angewachsen. Die Finger sind sehr plump, die Daumen
auffallend kurz.
Fig. 4.
Fig. 5.
In Fig. 5 sehen wir einen derjenigen Mongoloiden, die von der
Natur geradezu für den Beruf eines Hanswurstes vorgebildet er¬
scheinen. Alle die hierzu nötigen Eigenschaften sind bei diesem,
jetzt 10 jährigen Knaben vertreten. Ein feiner Beobachtungssinn und
grosse Auffassungsfähigkeit für Lächerlichkeiten im Aussehen und
Gebahren der Mitmenschen, grosses Nachahmungstalent sowohl in
Mienen wie in den Körperbewegungen, das im höchsten Grade in
dem Bestreben zum Karrikieren unterstützt wird durch eine unglaub¬
liche Gelenkigkeit, besonders des Kopfes, sind die augenfälligsten
Merkmale dieses Mongolen. Dazu kommt ein an sich schon höchst
komisches Aeussere, ein trockener listiger Blick aus den schiefen
Augen, eine gewisse lauernde Senkung des Kopfes, Henkelohren,
Nystagmus wirken zusammen, um einen koboldartigen Eindruck her¬
vorzubringen. Dieser Knabe, der nur wenige Worte sprechen kann
und vollkommen bildungsunfähig ist, hat dabei für die in das eben
geschiderte Gebiet der grotesken Komik fallenden Sachen ein er¬
staunliches Gedächtnis. Man erkennt dies, wenn man ihn aufforder:,
Karten zu spielen, wobei er in ergötzlichster Weise die Manieren
2*
74s
Muenchener medizinische Wochenschrift.
und die Mienen eines seine Karten durchmusternden, Zigarren rauchen¬
den, auftrumpfenden, bald missvergnügten, bald erfreuten Spielers
markiert. Er ist was die Kopfmasse betrifft, mikroultrabrachyzephal
mit einem Umfang von 46,2, einer Länge von 14,5 einer Breite von 14.
Höhe von 8,5 und einem Index von 96,5. Seine Körpergrösse beträgt
115 cm. Der Kopf ist asymmetrisch.
Fig. 6 stellt den 7 jährigen Mongolen Franz M. dar, der in
seinen Gliedern die grösste Beweglichkeit besitzt, die ich je an einem
Mongolen gesehen habe. Er ist mikro- und mit einem Index von
86,2 ultrabrachyzephal. Die Kopfmasse sind Umfang 43, Länge 14,5,
Breite 12,5 und Höhe 8,5 cm. Seine Grösse von 90 cm bleibt hinter
der normalen um 15 cm zurück. Er ist das 6. Kind eines trunksüch¬
tigen Vaters, seine Geburt war eine schwere. Er ist ein tiefstehender
Idiot ohne Sprachvermögen, ohne Kenntnis seiner Umgebung, unrein,
muss gefüttert werden. Der Unterkiefer steht weit vor und hängt,
die Unterlippe kann bis an die Nase hinaufgeschoben werden die
Zunge hängt vor und dient dem Knaben als einziges Spielzeug. Die
Zähne sind klein und sehr kariös, die Uvula ist vergrössert und ist
mit Knorpeln durchsetzt. Er kann weder gehen noch stehen und seine
Gliedmassen lassen sich in jede beliebige Lage bringen wie die Bilder
zeigen. An beiden Füssen finden sich Syndaktylien.
Fig. 6.
Fig. 7.
ln dem in Fig. 7 dargestellten 3 jährigen Mongolen Egon M.
sehen wir den einzigen in Alsterdorf zurzeit befindlichen Fall von
Epikanthus. Neben der bedeutenden Schiefstellung der Lidspalten
erkennen wir an dem en face-Bilde, dass der innere Augenwinkel
von dem Epikanthus, der wie eine von der Nase ausgehende Portiere
nach dem Auge hinüberzieht, zum Teil verdeckt ist. Der Knabe ist
das 8. Kind, hat jetzt mit 3 Jahren eine Grösse von 80 cm, gegen
die Normalgrösse von 86, und einen hyperbrachyzephalen Kopf mit
einem Index von 86. Die Masse des Kopfes sind: Umfang 46,
Länge 15,75, Breite 13,5 und Höhe 8,8. Die Zehen sind auffallend
plump. Geistig steht das Kind tief, zeigt keine Anlage zum sprechen
und ist von apathischer, verdrossener Gemütsart.
In einem weiteren Falle findet sich eine Mischung von Mongolis¬
mus und Myxödem.
Der 8 jährige Knabe (Johann P.) ist nebst einem gesunden
Zwillingsbruder das 6. Kind gesunder Eltern. Er hat spät Zähne be¬
kommen und laufen gelernt. Seine Körpergrösse beträgt 98 cm, also
18 cm unter der Norm. Der unförmlich grosse Kopf, der mit dem
platten breiten Gesicht einem Viereck gleicht, hat 52 cm im Umfang,
17 in der Länge und 15,5 in der Breite, der Index von 91, ist also
hyperbrachyzephal. Die Höhe des Kopfes beträgt 9,9 cm. Mitten
auf der Stirn findet sich eine talergrosse Knochenauftreibung über
der verdickte Haut sitzt. Das Gewicht des Kindes beträgt 20 kg.
Die Reflexe sind normal, doch besteht eine grosse Kitzlichkeit.
Der Knabe besitzt kein Sprachvermögen, stösst nur grunzende
Laute aus und ist sehr ängstlich.
Der Hals ist auffallend kurz und dick. Sein geistiger Standpunkt
ist ein sehr tiefer, er kennt seine Umgebung nicht, ist völlig teilnahms¬
los gegen alles, was um ihn her vorgeht, unrein, kann nicht allein
essen und beschäftigt sich mit keinem Spielzeug. Das Aeussere des
Knaben ist ausgesprochen mongoloid und sind die dem Mongolismus
kennzeichnenden Symptome in folgendem sämtlich vertreten:
Hochgradiger Schwachsinn. Hyperbrachyzephalie, in diesem
Falle kombiniert mit Hydrozephalie (s. u.). Hinter der Norm zurück¬
gebliebene Körpergrösse. Sprachlosigkeit. Mongolenfalte der Augen¬
lider. Rissige Zunge. Kleine breite Nase. Abnorme Beweglichkeit
der Gelenke. Schwache Herzkraft und Kälte der Extremitäten.
An Degenerationszeichen finden sich an ihm: Mikrodontie, Ek¬
zem der Lider und Wangen, undifferenzierte, etwas henkelig gebaute
Ohren.
Die Fiisse sind sehr dick und plump, besonders kurz und dick
sind die grossen Zehen, mit denen er aber trotzdem sehr geschickt
greifen und festhalten kann. Links besteht Kryptorchismus.
Neben diesen das Gesamtbild entschieden beherrschenden An¬
zeichen des Mongolismus treten aber die Symptome des Myxödems
unverkennbar hervor in folgenden Erscheinungen:
No.
Der sehr kurze Hals geht vermittels grosser lockerer Bindegexvc .
und Fettpolster auf die wulstigen Schultern über. Myxödemau
Wulste finden sich ferner an den Oberarmen, den Ellbogen, die Gr
chen zeigen, und an den Hüften. Der Leib ist fett und vorgewi
die Oberschenkel zeigen die dem Myxödem eigentümliche Qi .
faltung.
Eine Behandlung des Mongolismus ist aussichtslos. ,
mit Thyreoidin gemachten Versuche, die übrigens bei i
meisten Mongolen ihrer Herzschwäche wegen unausführ
sind, haben kein Resultat gehabt, ebensowenig wie die i
Jodpräparaten.
Auch die Bestrebungen, die geringen, dem Mongolen \-
liehenen Geisteskräfte weiter auszubilden, scheitern an •
Unmöglichkeit, ihn dahin zu bringen, das kleine Mass von Pi
merksamkeit, über das er verfügt, auf einen bestimm
Gegenstand zu lenken. Das einzige, worin der Mongole
und wieder Fortschritte macht und zwar durch eigene j
obachtung, ist die oben bereits geschilderte Erkennung i
Nachahmung von auffallenden und komischen Gebahren se .
Nebenmenschen.
Bei akuten, fieberhaften Erkrankungen ist die Progti
für den Mongolen eine sehr schlechte und erwachsene JVi
golen sind daher eine Seltenheit. Die fast immer vorhanen
Herzschwäche, die daraus entspringende Unterernährung .
ganzen Körpers, die grosse Neigung zu Erkrankungen ^
Luftwege, die Schwierigkeit Verletzungen zur Heilung/
bringen usw. bereiten dem Mongolen eine Menge Gefall i
denen er in der Regel schon im Kindesalter erliegt. Die t
kannte Tatsache, dass ein Organismus einen starken Eingj
wenn derselbe von kurzer Dauer ist, besser aushält als r
in die Länge gezogene Krankheit, habe ich indes auch h
Mongolismus beobachtet und zwar in der im Laufe diu
Jahres in den Alsterdorfer Anstalten aufgetretenen Dl
theritisepidemie. Während derselben waren wir gezwirnt
bei 3 Mongolen im Alter von 5, 7 und 8 Jahren, die
cheotomie, natürlich unter Narkose, zu machen, und ci:
Operation sowie die Diphtheritis wurde von zweien gut iife
standen, während der dritte am 3. Tage nach derselben
Herzschwäche zugrunde ging.
In Bezug auf die sehr interessanten Gehirnbefijc
beim Mongolen verweise ich auf die Untersuchungen (
Weygandt *).
Der Zweck dieser meiner Arbeit soll nur der sein, auH
äusseren Kennzeichen des Mongolismus, der meiner Am:
nach sowohl in unserer städtischen wie ländlichen Bef:
kerung im Zunehmen begriffen ist, hinzuweisen und dad <
vielleicht etwas zur möglichst frühen Erkenntnis difci
Leidens beizutragen.
Aus dem Sanatorium für chirurgische Tuberkulose in Georgji
gmünd bei Nürnberg (leitender Arzt: Dr. H. Mehlei
Beitrag zur Chemotherapie der Tuberkulose.
Versuche mit Borcholin (Enzytol).
Von Dr. H. M e h 1 e r und Dr. L. Ascher.
Auf Grund der von 1908 an publizierten Versuche c
I) e y c k e und Much und im Anschluss an die von Wert
in Gemeinschaft mit dem einen von uns (Asche r) am!
stitut für Krebsforschung in Heidelberg unternommenen
suche haben wir seit Sommer 1912 eine neue Therapie!
Tuberkulose in Angriff genommen. In seiner ersten hiev
gehörigen Arbeit stellte Deycke-Pascha mit R e s ch!<
Bey [l] die biologisch wichtige Tatsache fest, dass der)
ganismus nicht nur auf die Einbringung von artfremdem :
weiss mit der Bildung von Antikörpern reagiere, auch \'
nur auf die L i p o i d e, wie dies vor allem Bang und F o r ‘
m a n n gezeigt haben, sondern auch auf ein chemisch wolül
finierbares Neutralfett, das Nastin, Und zwar sind diese /!
körper, wie dann Much [2] hervorhob, nicht nur gegen!
Fettkörper selbst gerichtet, sondern auch gegen Bakterien!
—
*) Ueber Hirnrindenveränderung bei Mongolismus, Kretini i
und Myxödem, in der Zeitschrift für die Erforschung und Behauen
des jugendlichen Schwachsinns von Vogt und Weygandt, 1
V. Heft.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
iril 1913.
• n das Nastin ein gemeinsamer Bestandteil ihrer Leihes¬
tanz ist, vor allem säurefeste Bakterien, Lepra- und
rkelbazillen ; die Behandlung Tuberkulöser mit Nastin
i hält Much für gefährlich, da durch Nastin wohl die
liille der Tuberkelbazillen gelöst, die giftige bazilläre
I tanz aber in Freiheit gesetzt werde. Da nun für diese
: ,e Substanz kein Antikörper gebildet ist und die im
>er vorhandenen Schutzstoffe für die in Freiheit ge-
en Giftstoffe nicht ausreichen, so wird der Organismus
h die freigewordenen Giftstoffe nur geschädigt werden,
die Auflösung langsam vor sich geht und nur wenige
LIe bestehen, wird nach Much trotzdem eine Immuni-
:11g durch Nastinbehandlung einsetzen können. Es gelang
i als Much, Meerschweinchen durch Vorbehandeln mit
in gegen eine nachfolgende, allerdings nur sehr kleine
hionsdosis mit Tuberkulosevirus zu schützen. In etwas
rer Richtung bewegte sich die folgende Publikation von
7 c k e und Much [3], worin sie gegenüber U h 1 e n h u t h
iiweisen konnten, dass ihnen die Bakteriolyse von Tu-
elbazillen in weitgehendstem Masse geglückt sei. Von
Hypothese ausgehend, dass die Bildungsstätte der Tuber-
iseantikörper im Nervensystem zu suchen sei, hatten
ycke und Much schon ein Jahr früher [4] die Be-
htung gemacht, dass bei Einsaat eines ihrer Tuberkel¬
illenstämme in Gehirnemulsion die Tuberkelbazillen all-
lich ihre Säurefestigkeit verloren und bei geeigneter
t erung zugrunde gingen; es zeigte sich dann, dass
Gehirnemulsion diese ihre Eigenschaft, in grosser
ge eingesäte Tuberkelbazillen ihrer Säurefestigkeit zu
üben, dem Lezithin verdankt. Die mit Lezithin her-
: eilten Präparate enthielten die „aufgeschlossene Leibes-
i, tanz“, aber keine lebenden Tuberkelbazillen mehr,
i auffälliger jedoch liess sich die Bakteriolyse durch
Hin und Neurin, diese beiden Gehirnspaltungsprodukte, de-
strieren. Sät man in 2 ccm einer 25 proz. Neurinlösung
Lern einer fein verriebenen Bazillenemulsion, so sieht man
■>n innerhalb einer Minute eine deutliche Klärung der Mi-
ing; sowohl die bazilläre Fettsubstanz, wie
Granula werden enorm schnell aufgelöst,
besten gelingt dies bei 37 °. Mit Cholin erfolgt die Auf-
ng innerhalb einiger Minuten, quantitativ nicht so aus-
l iig, aber qualitativ weitgehender. Die Eiweisssubstanzen
den noch weitgehender erschlossen als durch Neurin. :
ktiscli verwendbare Impfversuche scheiterten damals an
. Giftigkent des Neurins. Wir sehen, dass Deycke und
I c h damals bestrebt waren, ein Tuberkulin herzustellen,
. im wesentlichen aus den durch Neurin oder Cholin ab-
i iteten Bakterienleibern bestand.
Schon vor diesen Arbeiten D e y c k e s und Muchs war
Werner [5] auf Grund der Arbeiten von E x n e r [6l
i Schwarz [7] gelungen, mit Cholininjektionen die bio-
:sche Strahlenwirkung zu imitieren. Man war also aus
i:m anderen Grunde wie Deycke und Much bestrebt,
»linverbindungen herzustellen, die möglichst ungiftig sein
noch volle Cholinwirkung haben sollten. Nach vielen
suchen, wobei von Werner vornehmlich das Cholinuni
icum und hydrochlorieum, von Werner und Ascher
jodatoxylsaure, atoxylsaure, jodbehzoesaure, ameisen-
; re, zimtsaure Glykokoll-Arsen-Cholin geprüft worden
• ren, fanden Werner [8] und Ascher [9] in dem
! cholin ein Präparat, das, in grossen Dosen appliziert, relativ
iftig war und dabei Cholinwirkung, resp. analoge Wirkung
die therapeutisch wirksamen Strahlen zeigte. Die beiden
ioren konnten zeigen, dass Borcholin nicht nur auf das
t wie Röntgenstrahlung wirkte, dass ebenso wie bei Be-
ihlung eine Dermatitis mit einer Latenzzeit von 1 — 9 Tagen
trat, dass 3 maximal grosse Rattensarkome und 9 Mäuse-
zinome völlig verschwanden, sondern auch das wichtigste
itobjekt, der Hoden von Ratten, dieselben degenerativen
■Hinderungen aufwies, wie nach Röntgenbehandlung.
Wir waren also berechtigt, auf Grund der Entdeckung
'i Deycke und Much und nach der gefahrlosen Er-
'bung des Borcholins beim Menschen, diese Substanz zu
rapeutischen Zwecken bei Tuberkulose zu verwenden,
de doch Werner [10] schon früher zeigen können, dass
749
die Zerfallsprodukte des Lezithins, das Cholin und die Gly¬
zerinphosphorsäure, antibakteriell zu wirken vermögen; er
konnte nachweisen, dass konzentrierte Auflösungen von
Kokkenreinkulturen, wenn ihnen zu gleichen Teilen 2 proz.
frische Cholinlösung oder konzentrierte Glyzerinphosphor¬
säure zugesetzt wurden, zugrunde gingen und darnach mit
diesen Kokken angestellte Kulturversuche und Injektionen bei
Kaninchen erfolglos blieben. Wir müssen gleich betonen, dass
unsere Versuche von denen Deyckes und Muchs in¬
sofern absolut verschieden sind, als die genannten Autoren
bestrebt waren, mit Hilfe des Cholins bzw. des Neurins Tuber¬
kulin, d. h. ein Heilpräparat aus abgetöteten Tuberkelbazillen
herzustellen, während wir versuchten, das Borcholin selbst
dem Organismus einzuverleiben, um die Tuberkelbazillen in
corpore abzutöten, also eine „Therapia stcrilisans“ im E h r -
lieh sehen Sinne ins Werk zu setzen.
An dieser Stelle wollen wir nicht unterlassen, darauf hin¬
zuweisen, dass nach unseren Versuchen die Chol in -
salze in vitro keine so auffällige Bakteriolyse der Tuberkel¬
bazillen bewerkstelligen. Jedoch ist mit genügender Sicher¬
heit aus den Versuchen am Krebsinstitut und aus unseren hie¬
sigen zu schliessen, dass Borcholin im Körper Cholin ab¬
spaltet. Näheres darüber in unserer II. Mitteilung.
Bevor wir nun auf die Technik und die Erfolge unserer
Therapie eingehen, müssen wir einige Bemerkungen über die
Art unseres 'Krankenmaterials vorausschicken. Wir glauben,
dass gerade unser hiesiges Krankenmaterial für die Beurtei¬
lung der Wirkungsweise eines solchen Präparates als ganz
besonders geeignet anzusprechen ist. Ist doch gerade bei
chirurgischer Tuberkulose der Ablauf des Heilungsprozesses
in fast idealer Weise zu verfolgen: Wir haben für die Be¬
urteilung des Krankheitsverlaufes nicht nur, wie bei Lungen¬
tuberkulose den Befund der physikalischen Untersuchung und
die äusserst subtilen Kriterien, wie Temperatur, Puls, Atmung,
Husten, Auswurf, subjektives Wohlbefinden der Patienten etc.,
sondern es stehen uns bei der Ausheilung die äusserlich sicht¬
baren Zeichen der Vernarbung, "Stärke der Sekretion, Neigung
zur Fistelbildung, Funktionsfähigkeit des erkrankten Gliedes
u. a. m. zur Verfügung. Wir wollen jedoch gleich hier be¬
merken, dass wir uns keineswegs darauf beschränkt haben,
an chirurgischer Tuberkulose erkrankte Individuen mit Bor¬
cholin zu behandeln, sondern auch unser reichhaltiges Material
von an Lungentuberkulose erkrankten Patienten in den Kreis
unserer Versuche gezogen haben. Obwohl wir auf Grund der
Wirkung des Cholins auf Tuberkelbazillen in vitro und auf die
durch die Heidelberger Versuche nachgewiesene Ungiftigkeit
einzelner Cholinsalze berechtigt waren, an tuberkulösen Men¬
schen dieselben Versuche zu machen, wie sie an Krebskranken
in Heidelberg schon seit einer Reihe von Monaten gemacht
werden, so hatten wir doch gerade wegen der bakterio-
lytischen Wirkung des Cholins folgende Bedenken: Wenn
unsere Hoffnung in Erfüllung ginge, dass Cholin in vivo ge¬
radeso oder ähnlich wirken würde, wie in vitro, so würden
durch Einverleibung von Cholin die vom Cholin erreichten
Tuberkelbazillen zwar aufgelöst, Endotoxine dagegen frei¬
gemacht. Nun erwogen wir aber, dass bei der grossen Zahl
von Krebskranken, die in Heidelberg mit Cholinsalzen be¬
handelt worden sind, Fälle von Tuberkelbazillentoxinvergil-
tung nicht beschrieben wurden, wiewohl kaum anzunehmen
ist, dass unter so vielen Krebskranken nicht eine gewisse An¬
zahl von Individuen vorhanden war, die tuberkulöse Herde im
Körper hatten. Diese theoretischen Bedenken fielen also weg.
Nichtsdestoweniger sind wir anfangs sehr vorsichtig zu Werke
gegangen und haben mit sehr kleinen Dosen angefangen.
Technik.
Die Art der Einverleibung des Borcholins in den menschlichen
Körper war von vornherein gegeben. Bei Versuchen an Ratten und
Mäusen, die der eine von uns mit Werner [8 und 9] anstellte,
wurden nach Einspritzung von einigen Kubikzentimetern 2 proz. Cho¬
linsalzlösungen ins subkutane Gewebe nach verhältnismässig langer
Latenzzeit (bis zu 9 Tagen) nicht allein in der Umgebung des Stich¬
kanals, sondern an entfernten Punkten, die von der direkten Infiltra¬
tion nicht mehr mitgetroffen sein konnten, sehr oft Erytheme und
Epidermisnekrosen beobachtet, mit sehr protrahierter Heilungsdauer,
Erscheinungen, wie sie in analoger Weise nach intensiver Röntgen¬
bestrahlung Vorkommen. Dagegen sind intravenöse Injektionen so-
750
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.
wohl heim Tier wie beim Menschen bisher anscheinend ohne Nach¬
teil vertragen worden: ja, es hat sich herausgestellt, dass Kaninchen
(> \\ ochen lang jeden 2. Tag etwa 0,08 g reines Borcholin intravenös
injiziert ohne jeden Nachteil vertragen haben. Wir müssen so¬
gar vor Injektionen in das subkutane Gewebe drin¬
gend warnen, da auch wir sehr unangenehme lang¬
dauernde Eiterungen beobachtet haben, wenn die
Vene verfehlt worden war und subkutan gespritzt
w urde. Zumal bei Patienter: mit beginnender Tuberkulose muss
peinlichst alles vermieden werden, was die Patienten, die oft noch gar
kein ausgeprägtes Krankheitsgefühl haben, in ihrem subjektiven
Wohlbefinden beeinträchtigen könnte. Werden nur ganz geringe
Mengen, nicht mehr als höchstens 2 ccm 1 proz. Lösung in das Unter¬
hautzellgewebe eingespritzt, so kann in den meisten Fällen durch
sofortige Massage, kalte Umschläge etc. der nekrotisierenden Ent¬
zündung vorgebeugt werden. Im übrigen hat sich herausgestellt, dass
die Empfindlichkeit gegen Cholinsalze nicht bei allen Individuen die-
selbe ist.
Unsere Gebrauchslösungen stellten wir uns nun folgendermassen
her: Da das Präparat, welches uns die Vereinigten Chemi¬
schen Werke, Charlottenburg in dankenswerter Weise zur
Verfügung stellten in 10 proz. Lösung abgegeben wird1), so mussten
wir uns aus dieser Stammlösung unsere 1 proz., l'A proz. und 2 proz.
Gebrauchslösung erst hersteilen. Wir verarbeiteten immer gleich den
ganzen Inhalt eines Fläschchens Stammlösung, da wir die bakterielle
Verunreinigung fürchteten. Zur Herstellung der Lösung wuschen wir
uns wie zu einer aseptischen Operation. Mit Hilfe von frisch destil¬
liertem Wasser wird z. B. zur Herstellung von 100 g einer 1 proz.
Borcholinlösung eine 0,7 proz. NaCl-Lösung hergestellt, filtriert, von
dieser filtrierten NaCl-Lösung 90 g in einem E r 1 e n m e ye r sehen
Kolben abgewogen, aufgekocht und in die erkaltete NaCl-Lösung
bei Erhitzung der Borcholinlösung tritt ein starker Geruch nach
Trimethylamin auf — vermittels einer sterilen Rekordspritze die zur
Verdünnung nötige Menge Borcholin, in unserem Beispiel 10 g 10 proz.
Lösung gebracht. Die so hergestellte Verdünnung füllen wir ver¬
mittels einer sterilen Rekordspritze, für welche wir uns eine ca. 12 cm
lange, dicke stumpfe Nickelkanüle anfertigen Hessen, in dunkle Glas¬
ampullen von 5, 10 und 20 g Inhalt ab, welche vor dem Gebrauch über
der Spiritusflamme abgeglüht werden. Dann wird der Hals der Am¬
pulle vorsichtig abgeschmolzen. Nach unseren Erfahrungen hält sich
auf diese Weise hergestellte Borcholinlösung mindestens 2 Monate,
wenn sie bei etwa 5° C aufbewahrt wird. Peinlichste Asepsis ist
bei allen beschriebenen Manipulationen durchaus nötig.
Zur Injektion haben sich uns am besten Rekordspritzen von 5,
10 und 20 ccm Inhalt bewährt, die vor und nach jedem Gebrauch
in Wasser ausgekocht und in der Zwischenzeit in 2 proz. Karbolglyze¬
rinlösung aufbewahrt werden. Für den Akt der Injektion, welche wir
stets in eine Armvene machten, genügt bei mageren Individuen mit
gut entwickelten oberflächlichen Venen die Kompression des Ober¬
arms mit der Hand, in einzelnen Fällen ist Stauung vermittels einer
Binde oder Recklinghausen scher Manschette zu empfehlen.
Nach Abreibung der Hautoberfläche mit Aether stechen wir eine kurz
abgeschliffene dicke Kanüle in die Vene ein, überzeugen uns durch
Zurückziehen des Spritzenstempels der nicht vollständig angefüllten
Rekordspritze davon, dass die Kanülenspitze sich im Venenlumen be¬
findet und injizieren dann langsam die Lösung.
Wir fingen gewöhnlich mit der Injektion von 1 ccm der von uns
hergestellten 1 proz. Lösung, also 0,01 g reinem Borcholin, an und
steigerten die Einzeldosis bis auf 0,25 g reinen Borcholins. Wir
spritzten durchschnittlich jeden zweiten Tag.
ln den letzten Wochen sind wir bis zu Einzelmengen von 1,0 g
Borcholin, also 10 ccm der Stammlösung gegangen, haben aber diese
Mengen nicht eingespritzt, sondern in % proz. Lösung in die Vene in¬
fundiert. Wir benutzten dazu den von Weintraud angegebenen
Apparat zur Salvarsaninjektion. Die Venenkanüle, eine kurz ab¬
geschliffene, ziemlich dicke Nadel, wird in die Vene perkutan ein¬
gestochen. Wenn reichlich Blut aus ihr läuft, wird der Irrigator¬
schlauch, aus dem die Luft sehr sorgfältig entfernt wurde, eingeführt,
der Kanülengriff mit Heftpflaster an die Haut geklebt und nun durch
Heben oder Senken des Irrigatorgefässes die Irifusionsgeschwindigkeit
so reguliert, dass in der Minute nicht mehr als höchstens 20 g ein-
laufen. Die Patienten zeigen während und nach der Infusion von
400 g '/ proz. Lösung, also 1,0 g Borcholin, ausser etwas Speichel¬
fluss nicht das geringste Unbehagen.
Nebenwirkungen der intravenösen Injek¬
tionen.
Bei Injektionen kleiner Mengen von Borcholin — bis etwa
0,05 g der reinen Substanz — klagen die Patienten über keine
unangenehmen Sensationen während und nach der Ein¬
spritzung. Wird die Einzeldosis bis auf 0,2 oder 0,25 g ver-
grössert oder das Borcholin in stärkerer Konzentration, etwa
2 proz., eingespritzt, so beobachtet man einen ganz charak¬
teristischen Symptomenkomplex, der bereits von den Pharma-
x) Die 10 proz. Borcholinlösung wird von der Fabrik jetzt unter
dem geschützten Namen Enzytol abgegeben.
kologen als Cholineffekt beschrieben worden ist. Es ti
während der Injektion Rötung des Gesichts, leich
Schwindelgefühl, Herzklopfen, rasch vorübergehende Dyspn
starke Sekretion der Speichel- und Tränendrüsen auf. \ .
den Pharmakologen wird auch erhöhte Pankreassekretion .
wähnt. Diese Erscheinungen gehen spätestens nach l <
2 Minuten vollständig zurück. Bei Tieren, insbesondere i
Kaninchen, wurde von Werner und Ascher nach .
jektion von etwa 0,08 g Borcholin derselbe Symptomenko-
plex beobachtet. Wir haben die Beobachtung gemacht, d;
die für den Patienten unangenehmen Nebenerscheinungen
der Einspritzung eng mit der Konzentration der Lösung i.|
der Schnelligkeit der Einspritzung, also mit der Menge Bl-
cholin, die in der Zeiteinheit den Zentren zugeführt wird. .
sammenhängen. Wir müssen an dieser Stelle hervorhebi
dass die einzelnen uns von der Fabrik zur Verfügung gestellt
Probemengen in Hinsicht auf die beschriebenen, währej,
der Injektionen beobachteten Symptome nicht gleichai.
waren. Die Unterschiede in den Symptomen waren qua«
tativer Natur. Während beim Gebrauch der ersten und letz t
Sendungen die Symptome erst bei grösseren Dosen und
viel abgeschwächterem Masse auftraten — vor allem war <
Dyspnoe kaum nennenswert — , so beobachteten wir hei eit
Sendung, schon bei Injektionen von 0,04 g derartige, alf-
dings rasch vorübergehende Dyspnoe, dass wir den weiten
Gebrauch dieser Probesendung aufgaben. Diese Pro!
Sendung fiel schon von vornherein durch ihren stärkeren .
ruch nach Trimethylamin auf. Nachuntersuchern ist also;;
empfehlen, entweder vor der Anwendung einer jeden Sendr
einige Tierversuche anzustellen oder mit ganz kleinen Dos
etwa 0,01 g, Borcholin zu beginnen.
Therapeutische Beobachtungen.
Chirurgische Tuberkulose wird bei uns im allgemein
so behandelt, dass wir uns selbsverständlich hüten, aus et
geschlossenen Tuberkulose eine offene zu machen und cf?
wir bei offenen Tuberkulosen operativ zwar gründlich, iv
doch möglichst konservativ Vorgehen. Bei unseren mit Bi
cholin behandelten Patienten haben wir mit Absicht lji
Jodoform oder ähnliche Arzneimittel, wie sie bei chirurgisifc
Tuberkulose üblich sind, angewendet, sondern haben li
Wunden nur aseptisch verbunden, um so die reine Chcp
Wirkung sich entfalten zu lassen. Schon am Tag nach c
ersten Cholininjektion beobachteten wir eine erheblich erhol
seröse Sekretion der Wunden. Diese wiederholte sich ii
jeder Injektion. Dabei entwickelten sich kräftige, frisch
sehende Granulationen, grosse Wundhöhlen füllten sich i
fallend rasch aus und heilten glatt ohne Fistelbildung zu. En
in Hand mit der objektiven Besserung im Aussehen
Wunden ging eine subjektive Besserung im Befinden <
Patienten einher. Die Kranken bekamen Appetit, rUhnc
unaufgefordert ihren guten Schlaf, nahmen sehr rasch an <
wicht zu, und der in manchen Fällen sehr quälende Huf
hörte meistens sehr rasch ganz auf. Wir heben besonders r
vor, dass wir erfolgreich bemüht waren, bei der Beurteil;
der subjektiven Besserungssymptome jede Suggestiv
Wirkung auszuschliessen; das wurde uns gar nicht sch’-'
da unsere Patienten gar nicht wissen, mit welchem Präpji
sie behandelt werden, nachdem Injektionen, auch intravem
z. B. mit Hetol, bei uns tagtäglich gemacht werden. Es u
sich uns die vermehrte Sekretion der Wunden insofern!
ein Vorteil herausgestellt, als dadurch scheinbar verhp
Fistelgänge deutlich und so chirurgischer Behandlung zug?i
lieh gemacht werden können. — Die obenerwähnten günstf
subjektiven Besserungssymptome, nämlich Nachlassen *
Hustens, guten Appetit, rasche Zunahme des Körpergewih
guten Schlaf konnten wir auch bei unseren an Lungentus
kulose erkrankten Patienten wahrnehmen. Dabei war nji
ein Herabgehen der Pulsfrequenz bis zur Norm zu beobacb'i
in einigen Fällen schien uns bei älteren Patienten der i
weicher zu werden, wofür wir keine ausreichende Erklä i
haben. Dabei wurde im Urin der mit Borcholin behandv
Patienten niemals Albumen oder sonstige abnorme Bestn
teile nachgewiesen. Im übrigen werden unsere an Lunh
tuberkulöse erkrankten Patienten, wie allgemein üblich, u
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
751
April 1913.
r e h m e r - D e 1 1 w e i 1 e r sehen Prinzipien, also mit Frei-
iftliegekur, Mastkur etc. behandelt. Bei den mit Borcholiu
ehandelten Patienten haben wir ausser diagnostischen sub-
utanen Injektionen mit Alttuberkulin Koch Tuberktilin-
ijektionen nicht verwendet. Zur besseren Beurteilung unserer
esultate haben wir uns bei Lungentuberkulose vorläufig auf
alle mit offener Tuberkulose beschränkt. Bei fiebernden
atienten gingen wir mit ganz minimalen Dosen tastend vor.
vir fingen erst mit 0,01 g der reinen Substanz an; denn wir
eobachteten bei einer floriden Tuberkulose (Stadium III,
urban - Gerhardt) schon nach Injektion von 0,06 g
.orcholin eine hochfieberhafte Reaktion bis 39,4 °, welche in
Tagen ablief. Im allgemeinen machten wir die Beobachtung,
ass die Cholininjektionen eine um so geringere Fieber- und
lerdreaktion im Gefolge hatten, je torpider der Verlauf der
rkrankung war. Selbstverständlich wird das Sputum der
lit Cholin behandelten Patienten regelmässig untersucht; da-
ei erhoben wir den überraschenden Befund, dass manchmal
.hon nach verhältnismässig wenigen Einspritzungen die nach
iehl gefärbten Tuberkelbazillen nicht mehr Stäbchen- son-
ern Körnerreihen bildeten. Es fehlt uns bisher jede Erklärung
atiir, dass nach Einverleibung von so kleinen Mengen Bor-
holin — in einzelnen Fällen waren es nicht mehr, wie im
anzen 1,5 g — eine so tiefgehende Destruktion der Tuberkel-
azillenleiber statthaben konnte. Auch der bekannte Einfluss
es Borcholins auf das Blut liess sich schon nach wenigen In-
.■ktionen daran erkennen, dass die Lymphozytose, welche bei
iner grösseren Anzahl unserer Patienten vorhanden war,
mgsam zurückging und manchmal sogar einer Lymphopenie
Platz machte.
Nachfolgend geben wir einen Auszug aus einigen inter-
ssanten Krankengeschichten. Die ausführliche Veröffent-
chung unserer Krankengeschichten — wir haben bisher in
a. 50 Fällen Borcholin verwendet — behalten wir uns für eine
asfiihrlichere Publikation vor.
Als Beispiel für die unangenehme Wirkung des Borcholius
iei subkutaner Injektion möge folgender Fall dienen.
Frau K., 40 Jahre alt, mit geschlossener Tuberkulose des rechten
niegelenks, geringem Lungenbefund, Adipositas universalis und sehr
chlecht sichtbaren Venen wird seit 27. IX. mit Borcholin behandelt,
.m 7. X. werden 0,06 g Borcholin einer 1 proz. Lösung statt in die
ene ins Unterhautzellgewebe injiziert. Darauf am 9. X. Temperatur¬
teigerung bis 38,8°, hochgradige Schmerzhaftigkeit und Erythem des
anzen Armes. Die Erscheinungen steigerten sich bis zum 15. X„
n welchem Tage die Injektionsstelle inzidiert wurde. Es entleerte
ich nur wenig triibseröse Flüssigkeit und die Erscheinungen am Arm.
ie bei oberflächlicher Betrachtung einer Verbrennung ersten Grades
hnelten, klangen langsam bis zum 25. X. ab. An diesem Tage be-
tand zwar keine Hautrötung mehr, aber eine gut aussehende Wunde
üt stark indurierter Umgebung und seröser Sekretion. Am 6. XI.
vird die Patientin mit noch nicht geheilter oberflächlicher Wunde
utlassen. Der nachbehandelnde Arzt teilte mit, dass die Wunde Ende
Jovember abgeheilt sei. Wir haben bei dieser Patientin die Ein-
pritzungen natürlich nicht fortgesetzt.
Als Beispiel einer heftigen Reaktion nach kleinen Dosen
iei florider fieberhafter Lungentuberkulose möge folgender
"all angeführt werden.
Herr J. U„ 33 Jahre alt, Stadium III (Turban-Gerhardt),
nit Temperaturen bis 38°, sehr reichlichem Sputum, in dem geradezu
Peinkulturen von Tuberkelbazillen vertreten sind, wird am 21. X.
rstmals mit 0,05 g Borcholin behandelt, nachdem 4 fieberfreie Tage
orausgegangen waren. Abends Temp. 38.1 ", am Abend des folgen-
len Tages 39,2°, am dritten Tage 39,4° mit hochgradigem Krank-
leitsgefühl, reichlichem grossblasigen Rasseln und sehr vermehrtem
■'Putum. Am 4. und 5. Tage klang die Reaktion langsam ab. Pat.
ntzog sich der weiteren Behandlung.
Als Beispiel des glatten Verlaufes einer schweren Lungen-
ind Gelenktuberkulose diene folgender Fall:
9. IX. 12. Herr M. H„ 44 Jahre alt, Körpergrösse 1,70 m,
virpergewicht 54 kg. Sehr heruntergekommen, kann nur wenig
nissige Speisen gemessen. Schlaflosigkeit, ständig quälender Husten-
eiz. Lungenbefund: R.V. Dämpfung bis 1. Rippe, R.H. bis VIII, B.-W.,
erschürftes Atemgeräusch, auf Hustenstösse trockenes Rasseln.
-V. Dämpfung bis 3. Rippe, L.H. bis VI. B.-W. Atemgeräusch ab-
reschvvächt. An der Spitze kleinblasige Rasselgeräusche. Puls 100.
-inkes Fussgelenk stark geschwollen, aktiv unbeweglich, bei passiven
Bewegungen sehr schmerzhaft. Ueber dem inneren Knöchel eine
angsverlaufende, 434 cm lange Inzisionswunde des vorbehandelnden
Arztes. Am 16. IX. wird in Aether-Chloroformnarkose die Inzisions-
"’unde nach oben und unten verlängert, die auf der Tibia befindlichen
schwammigen Granulationen entfernt und die Tibia wird freigelegt.
Etwa 6 cm oberhalb der Knöchelspitze führt eine Fistel in einen
walnussgrossen, auf unserem Röntgenbilde vorher nachgewiesenen
Erweichungsherd im Knochen: dieser wird ausgekratzt. Verband.
Lagerung auf V o 1 k m a n n sehe Schiene.
7 Tage post op. begannen wir mit der intravenösen Injektion von
0,01g Borcholin und steigerten die Dosen folgetidermassen : 23. IX.
0,01g. 25. IX. 0,015 g. 27. IX. 0,025 g. 29. IX. 0,04 g. 1. X. 0,06 g.
3. X. 0,08 g. 5. X. 0,1 g. 7., 9., 11., 13. und 15. X. ebenfalls je 0,1 g.
17. X. 0,15 g. 19., 21., 23., 25. und 27. X. je 0,2 g. 29. und 31. X.,
2., 4. und 6. XI. je 0,25 g. Am 8. XI. 0,2 einer neuen Sen¬
dung (II).
Während der Injektion sehr beschleunigte Atmung,
Herzpalpitationen, Schweissausbruch und hochgradige Sali-
vation. Die Erscheinungen gehen 134 Minuten nach der Injektion, die
vollständig schmerzlos und intravenös wie immer erfolgt war, spurlos
vorüber. Am Abend des Tages Temperatursteigerung bis 38,7°
ohne besonderes Krankheitsgefühl. Die nächste Injektion mit 0,25 g
Borcholin wurde am 12. XL und zwar mit der zuerst gebrauchten
Sendung (I) gemacht und verlief wieder ohne jede Reaktion; ebenso
eine Injektion von 0,05 g der Sendung II am 14. XI. Dagegen beob¬
achteten wir bei Injektion von 0,15 g der Sendung II am 16. XI.
dieselben Störungen wie bei der Injektion am 8. XL mit abendlicher
Temperatursteigerung bis 38,4°. Wir mussten nun, weil uns die
Sendung I ausgegangen war, und wir Sendung II wegen der Neben¬
wirkungen nicht weiter beim Menschen verwenden wollten, bis zum
Eintreffen einer frisch hergestellten Sendung pausieren und benutzten
die Zwischenzeit, um festzustellen, ob durch die Borcholininjektionen
eine schwächere Reaktion auf probatorische subkutane Tuberkulin¬
injektionen erfolgen würde, mit dem Ergebnis, dass auf Injektion von
0,2 mg die Temperatur auf 37,8° stieg ohne jede Herd- oder ander¬
weitige Reaktion, bei 1,0 mg auf 38 0 mit geringem Krankheitsgefühl.
Am 18. XII. waren wir wieder in der Lage, eine neue Sendung (III)
verwenden zu können, welche wir vorher, ganz vorsichtig mit der
Dosis steigernd, bei anderen Patienten ausprobiert und als ohne Neben¬
wirkung erheblicheren Grades befunden hatten. Auch bei diesem
Patienten H. zeigten sich bei Injektion von 0,2 g am 18. und 20. XII.
keinerlei Störungen. Die Wunde, die nach jeder Einspritzung auf¬
fallend viel serös sezernierte, hatte sich schon am 7. X. erheblich
verkleinert. Am 19. X. notierten wir: subjektives Wohlbefinden, vor¬
züglicher Schlaf und Appetit, kein Husten mehr, Gewicht 62,3 kg,
Wunde nur noch oberflächlich granulierend, keine Spur von Fistel¬
bildung. 8. XL Körpergewicht .65,6 kg, Wunde bis auf linsengrosse
Stelle glatt geheilt. Fussgelenk beweglich. 3. XII. Körpergewicht
67,4kg: Wunde geheilt.- Fussgelenk voll beweglich. Am 8. I. 13
wird der Patient mit guter Narbe, normal beweglichem Fussgelenk,
tadellosem Gang und Gewicht von 69,2kg entlassen. Lungenbefund:
R. unter dem Schlüsselbein rauhes Inspirium, L.V. Schallverkürzung
bis 1. Rippe, L.H. bis 3. Brustwirbel. Atemgeräusch abgeschwächt,
keine Rasselgeräusche. Puls 76. Kein Husten, kein Auswurf. Es
gelang schon länger nicht mehr, Bazillen im Auswurf zu finden. Am
1. II. teilte uns Pat., der in ärmlichen Verhältnissen lebt, mit, dass
sein Körpergewicht auf 71,2 kg gestiegen sei und dass er sich wohl
befinde.
Wenn wir die Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben,
übersehen, so ist uns das eine nicht zweifelhaft, dass Borcholin
bei florider Tuberkulose eine Reaktion auslöst. Da wir nun
nach neueren Untersuchungen, insbesondere von Lieber-
m e i s t e r [11] und R umpf [12] wissen, dass bei Tuber¬
kulose im Blute Tuberkelbazillen kreisen und wir annehmen
müssen, dass bei florider Tuberkulose mehr Bazillen im Blute
zu finden sind, als bei langsam verlaufenden Fällen, so ist es
wohl gar nicht abzulehnen, dass unsere Cholininjektionen ins
Blut zuerst die im Blute kursierenden Tuberkelbazillen er¬
reichen. Auch für die Lungen liegen die Verhältnisse insofern
günstig, als die nächste Herzkontraktion das mit Cholin ver¬
setzte Blut in die Lungen wirft. Wenn uns nun unsere Ver¬
suche in vitro auch gelehrt haben, dass die bakteriolytische
Kraft des Borcholins nur bei besonderer Versuchsanordnung
deutlich wird, so ist es immerhin nicht unwahrschein¬
lich, vielmehr durch die Versuche im Heidelberger Krebs¬
institut, wonach Borcholin im Körper ganz ähnlich wie
basisches Cholin wirkt, sogar ziemlich gesichert, dass das von
uns verwendete Borcholin im Körper Cholin abspaltet.
Es sind nun in der letzten Zeit vor allem von Finkler,
Professor Gräfin v. Linden und Strauss [13] hoch¬
interessante und vielversprechende chemotherapeutische Ver¬
suche zur Behandlung der Tuberkulose angestellt worden, und
zwar suchte Gräfin v. L i n d en dem Tuberkelbazillus im
Körper mit zwei ganz verschiedenen Substanzen beizu¬
kommen. Einmal mit Chlor- und Jodwasserstoffsalzen des
Methylenblau, andererseits mit Kupfersalzen. Dabei ergab
sich die für uns sehr wichtige Tatsache, dass von allen thera-
752
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
peutisch versuchten Verbindungen die Kupfer 1 e z i t h i n -
Verbindungen als die wirksamsten sich erwiesen. Gräfin
v. Linden gibt an [14]: Das Kupferchlorid und ebenso das
Kupfertartrat vermag in seinen 1 proz. Lösungen den
Tuberkelbazillus nach 12 — 24 Stunden abzuschwächen, die
komplexen Kupferlezithinverbindungen in öliger Lösung sind
dagegen imstande, in 1 proz. Konzentration die Tuberkel¬
bazillen schon nach 5 Stunden erheblich abzuschwächen, nach
24 Stunden abzutöten, so dass damit infizierte Tiere, auch
wenn es sich um eine Infektion mit stark virulenten Kulturen
handelt, nicht erkranken. Ihr Mitarbeiter S t r a u s s, welcher
Kupferlezithinverbindungen hauptsächlich als Suspensionen in
Oel und in Salbenform zur Behandlung äusserer Tuberkulose
empfiehlt, gibt ausdrücklich an [15], dass er Kupferlezithin¬
verbindungen in der Absicht verwende, damit das Lezithin den
Wachsmantel der Tuberkelbazillen auflösen solle.
Ob nun bei den von Gräfin v. Linden und S t r a u s s
verwendeten Kupferlezithinverbindungen das Kupfer allein
die wesentliche Rolle spielt oder ob nicht das Lezithin eine
ebenso wichtige Komponente darstellt, ist schwer zu ent¬
scheiden, zumal Gräfin v. Linden selbst fand, dass
Kupferchlorid und Kupfertartrat die Tuberkelbazillen abzu¬
schwächen, dagegen die komplexen Kupfer 1 e z i t h i n -
Verbindungen die Tuberkelbazillen in derselben Zeit und in
derselben Konzentration a b z u t ö t e n vermögen.
Wenn sich nun auch beim weiteren Ausbau unserer
Methode heraussteilen sollte, dass Cholinsalze, speziell Bor¬
cholin den Tuberkelbazillus im Körper nur insofern schädigen,
als sie den Wachsmantel durchdringen, so wäre Borcholin
unseres Erachtens immerhin als Transportmittel für bakterio-
trope Substanzen, speziell Metalle, Kupfer, Gold (Bruck
und Glück [16]) verwendbar, weil das Borcholin ein Lezi¬
thinspaltprodukt darstellt, welches leicht in wässeriger Lösung
und in verhältnismässig hohen Dosen ohne Schaden in die
Blutbahn gebracht werden kann. Diese Hoffnung beruht
keineswegs auf einer durch keine Tatsachen gestützten
Hypothese. Denn Werner fand bei Tierversuchen am
Krebsinstitut [8], dass Vitalfarbstoffe in wässerigen Lösungen
den tierischen Körper nur ganz langsam färben, während dies
mit Hilfe der kombinierten Lösung der Farbstoffe mit den
Cholinsalzen überraschend schnell und leicht gelingt. Wer¬
ner fügt hinzu, dass die Cholinsalzlösungen somit eine Art
von Trausporteurwirkung zeigen, wobei es bemerkenswert
sei, dass es sich um eine in weiten Grenzen ungiftige und
um eine mit therapeutisch günstigen Eigenwirkungen begabte
Substanz handle.
Zusammenfassung.
1. Lezithin und Lezithinspaltungsprodukte (Cholin) haben
erhebliche bakteriolytische Kraft, auch bei Tuberkelbazillen
(D e y c k e und Much).
2. Das Lezithinspaltungsprodukt Cholin lässt sich als
locker gebundenes Salz (Borcholin) ohne Schaden in verhält¬
nismässig grossen Dosen, auch bei Tuberkulösen, in die Blut-
bahn bringen.
3. Bei floriden Fällen von Tuberkulose löst Borcholin eine
typische Reaktion aus.
4. Therapeutische Versuche haben die Brauchbarkeit von
Borcholin bei Tuberkulose ergeben.
5. Ob Borcholin beim weiteren Ausbau der Methode sich
als genügend wirksames antituberkulöses Mittel erweist, oder
ob es anderweitig kombiniert werden muss, bleibt ferneren
Versuchen Vorbehalten.
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Fett als immunisierende Substanz bei der Lepra, seine theoretische
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kreisenden Blute. Verb, des 24. Kongresses für innere Med. 1907,
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kulose. Beiträge zur Klinik der Tuberkulose, Bd. 23, H. 2. — 15.
Strauss A.: Weiterer Beitrag zur Chemotherapie der äusseren
Tuberkulose. Münch, med. Wochenschr. 1912, No. 50. — 16. Bruck C.
und Glück A.: Ueber die Wirkung von intravenösen Infusionen mit
Aurum-Kalium cyanatum (Merck) bei äusserer Tuberkulose und Lues.
Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 2.
Aus der Kgl. Universitäts-Kinderklinik Breslau’ (Direktor: Prof.
Dr. T o b 1 e r).
Ueber die diagnostische Bedeutung der Döhle sehen
Leukozyteneinschlüsse bei Scharlach*).
Von Dr. Johanna Schwenke, Assistentin der Klinik.
Döhles Entdeckung von eigentümlichen Leukozyten¬
einschlüssen im Blute Scharlachkranker musste naturgemäß
das Interesse der Kliniker erwecken. Sein Befund ist von
verschiedenen Seiten nachgeprüft worden. Soweit ich die
Literatur übersehe, sind schon mehr als 500 Scharlachfälle
untersucht worden. Sie haben mit wenig Ausnahmen ein
positives Resultat ergeben.
Kretschmer hat als erster das konstante Vorkommen der
Döhle sehen Einschlüsse in frischen Scharlachfällen bestätigt und
die Untersuchung auf Einschlüsse als ein einfaches diagnostisches
Hilfsmittel zur Entscheidung in zweifelhaften Fällen empfohlen.
Nico 11 und Williams untersuchten 51 Fälle, in 45 Fällen
wurden Einschlüsse gefunden, in 6 Fällen fehlten sie: die Unter¬
suchung fand bei letzteren jenseits des 6. Krankheitstages statt, ln
einer zweiten Serie von 115 Fällen vermisste Ni coli sie 16 mal.
auch davon befanden sich aber 12 Patienten bei der Untersuchung
jenseits des 7. Krankheitstages, einer wurde am 4., zwei am 5. Krank¬
heitstage negativ befunden und einer war ein fulminant verlaufener
Fall. Ahmed fand die Einschlüsse konstant am 3. — 10. Krankheits¬
tage. F r ä n k e n - Halle vermisste dreimal unter 12 Fällen Ein¬
schlüsse. Harriehausen berichtet in der Gesellschaft der
Chariteeärzte über 86 Untersuchungen bei Scharlach, bei diesen,
zeigten 24 Fälle keine Einschlüsse; allerdings findet sich bei diesen
Angaben der beiden letzten Autoren keine Notiz über die Zeit, in
welcher die Untersuchung stattfand. Coltner fand in den, in den
ersten 3 Krankheitstagen Untersuchten 94 Proz. positiv. Bongartz
konnte in 11 untersuchten Fällen Einschlüsse nachweisen.
Ich hatte Gelegenheit, Fälle zu beobachten, die in der
ersten Krankheitswoche untersucht, alle einen positiven Be¬
fund ergaben. Die Zahl der Einschlüsse variierte allerdings
und zwar so, dass die leichteren Fälle wenig einschlusshaltige
Leukozyten zeigten und die Einschlüsse selbst meist kleinen
waren. Ich ging bei der Untersuchung ähnlich vor, wie
Harriehausen, indem ich in jedem Fall von 100 gezählten
Leukozyten die Zahl der einschlusshaltigen Leukozyten zählte.
Dieselbe betrug in den frischen Fällen 50 bis 80 Proz., in zwei
Fällen nur 20 Proz. Gleichzeitig nahm ich in vielen Fällen:
eine Leukozytenzählung vor, da wir einen Zusammenhang
mit der Leukozytose für möglich hielten. 5 klinisch beob¬
achtete Fälle wurden in der ersten Zeit öfter untersucht, und
dabei konnte konstatiert werden, dass die Einschlüsse von
Tag zu Tag abnahmen und jenseits des 7. Krankheitstages nm
noch Vereinzelt zu finden sind. Nur ein Fall, der durch eint
Phlegmone kompliziert war und lange hoch fieberte, zeigte)
noch am 11. Krankheitstage fast in der Hälfte der Leukozyten
Einschlüsse.
Alle Autoren stimmen darin überein, dass in der Mehrzah
frischer Scharlachfälle Leukozyteneinschlüsse reichlich vor¬
handen sind, ein Resultat, das dazu ermutigen konnte, dei
Blutuntersuchung auf Einschlüsse einen grossen diagnostischer
Wert beizumessen, zumal da diese Einschlüsse nach den An
*) Auszug aus einem Vortrag, gehalten auf der Versammluiir
Deutscher Naturforscher und Aerzte (Sekt. d. Ges. f. Kinderheilk.
Münster i. W„ 16. September 1912.
, April 1911
mueNcHeNer Medizinische Wochenschrift
Zoo
aben von Döhle und Kretschmer (I. Mitteilung) für
»charlach pathognostisch sein sollten. Die weiteren Unter-
uchungen haben aber gezeigt, dass dies nicht der Fall ist.
ondern dass Leukozyteneinschlüsse auch bei anderen Er-
rankungen gefunden werden, so bei Masern (A h in e d,
’r eis ich, Harriehausen), Sepsis (Ni coli), Erysipel
nd Typhus (N i c o 1 1, A h ni e d, C o 1 m e r), Diphtherie (C o 1 -
i e r, Bongart z, Kretschmer).
Diese Befunde waren noch nicht bekannt, als ich, angeregt
Uirch die erste Arbeit Kretschmers, begann, Blutunter-
uchungen auf Leukozyteneinschlüsse vorzunehmen, und vor
Ilern auch in zweifelhaften Fällen das neue Hilfsmittel zu
rproben. Es sollte uns bei Beginn unserer Untersuchungen
Ireima! in einem falschen Verdachte bestärken. Bei dem
■inen der hier in Betracht kommenden Fälle handelte es sich
nn ein Kind, das an Otitis media erkrankt und bei welchem
nfolge neuer Fiebersteigerung und Auftreten eines wenig
:harakteristischen Exanthems der Verdacht aufgetaucht war,
;s könne sich um einen Scharlach handeln. Die Blutunter-
<uchung ergab hier einen positiven Befund auf Einschlüsse,
las klinische Bild und der weitere Verlauf machten aber
Scharlach ausserordentlich unwahrscheinlich. Bei zwei
inderen Fällen, die bald nacheinander eingeliefert wurden,
leide mit hohem Fieber, aber ohne nachweisbaren Organ-
lefund, fand ich Leukozyteneinschlüsse in grosser Zahl. Bei
lern einen Fall war noch am Abend des Aufnahmetages, bei
lern anderen am nächsten Morgen der physikalische Befund
einer typischen kruppösen Pneumonie zu erheben. Dass es
sich in dem mikroskopischen Befunde um die von Döhle
beschriebenen Einschlüsse handeln musste, konnten wir mit
Sicherheit annehmen, da die gefundenen Einschlüsse den bei
Scharlach gefundenen Leukozyteneinschlüssen vollkommen
gleichen. Sie verhielten sich auch den verschiedenen Fär¬
bungen gegenüber absolut gleich, mit Methylenblau und Azur
waren sie schwächer gefärbt als der Kern, mittels der
Pappenheim sehen Färbung im Gegensatz zum grünen
Kern rot gefärbt. Die Befunde bei diesen beiden Fällen ver-
anlassten mich, speziell bei Pneumonien auf die Döhle sehen
Leukozyteneinschlüsse zu fahnden. Ich hatte Gelegenheit,
14 Fälle von sicheren kruppösen Pneumonien zu untersuchen;
es handelte sich um Kinder im Alter von 2 — 10 Jahren. Die
Untersuchung fand vor der Krisis innerhalb des 2. — 9. Krank-
heitstages statt. Die Pneumonie war in einem Teil der Fälle
zurzeit der Blutuntersuchung schon deutlich durch physi¬
kalischen Befund nachweisbar, zum Teil fehlte ein solcher
noch. Sämtliche Fälle fand ich positiv; in 12 Fällen fand
ich reichlich (mehr als 50 Proz.), in 2 Fällen mässig reichliche
einschlusshaltige Leukozyten. 3 Fälle, die ich klinisch genau
verfolgen konnte, habe ich wiederholt auf Leukozytenein¬
schlüsse untersucht. Bis kurz nach der Krisis fand ich sie in
der Mehrzahl der Leukozyten, dann nahmen sie allmählich ab
und waren nach 14 Tagen nur noch vereinzelt zu finden.
In 5 anderen Fällen, bei denen gleichfalls Verdacht auf
Pneumonie bestand, ein Lungenbefund aber nicht nachweisbar
wurde, fanden sich zweimal einschlusshaltige Leukozyten
reichlich, dreimal nur vereinzelt. 3 Fälle von Broncho¬
pneumonie bei Keuchhusten zeigten mässig reichlich ein¬
schlusshaltige Leukozyten, ca. 35 Proz. Die grösste Anzahl
Einschlüsse (98 Proz.) fand ich bei einem Fall, der im Rekon¬
valeszentenstadium eines Keuchhustens hohes intermittieren¬
des Fieber ohne nachweisbare Ursache bekam. In mässig
reichlicher Zahl waren Einschlüsse vorhanden bei Empyem
(2 Fälle 40 Proz.), eitriger Pneumokokkenarthritis (1 Fall),
abszedierender Pneumokokkenperitonitis (1 Fall), tuberkulösen
Drüsenabszessen (2 Fälle), während 2 andere Fälle negativ
gefunden wurden. Negativ verhielten sich gleichfalls einige
Fälle von tuberkulöser Pleuritis (2 Fälle), Lungentuberkulose
(3 Fälle), einige Fälle von tuberkulöser Meningitis, seröser
und eitriger Meningitis und Appendizitis. Unter 11 Fällen
von Anämie wurden nur 2 mal vereinzelte Einschlüsse
gefunden.
Von akuten Exanthemen, die differentialdiagnostisch
gegenüber Skarlatina besonders in Betracht kamen, unter¬
suchte ich 5 Masernfälle, von denen 2 reichliche, 1 spärliche
und 2 keine Leukozyteneinschlüsse zeigten; bei 3 Fällen von
No. 14.
Röteln, je ein Fall von Serum- und toxischem Hautexanthem
konnten keine Einschlüsse nachgewiesen werden. Von 5 Fällen
von Angina wurden 2 positiv befunden.
Es drängt sich nun die Frage auf, was sind eigentlich
diese Leukozyteneinschlüsse, die bei Scharlach und den ver¬
schiedensten anderen Erkrankungen mehr oder weniger kon¬
stant zu finden sind. Döhle hielt sie nach neueren Mit¬
teilungen für Teilstücke einer Spirochäte, die von den Leuko¬
zyten aufgenommen und verarbeitet worden sind, er konnte
einige feingewundene Fäden ausserhalb der Leukozyten nach-
weisen. In dieser Spirochäte möchte er den mutmasslichen
Erreger des Scharlachs sehen. Das Vorhandensein der Ein¬
schlüsse bei den anderen Krankheiten sucht er dadurch zu er¬
klären, dass auch hier eine Spirochäte Eingang in die Blut¬
bahn gefunden hat. Die Krankheiten, bei denen Einschlüsse
gefunden wurden, zerfallen nach seiner Ansicht in 2 Gruppen:
solche, deren Aetiologie noch unbekannt ist, und solche, bei
denen es sich um entzündliche Veränderungen im Darmtraktus
handelt, welche den Spirochäten die Eingangspforte geboten
haben könnten. Unter die letzte Gruppe fallen die Fälle von
Typhus abdom., Tuberkulose, der Fall von Wechsel mann
und H i r s c h f e 1 d von myeloider Leukämie, bei dem es zu
einer Ulzeration in der Mundhöhle gekommen war. Nur die
Fälle von Pneumonie konnte er auf diese Weise nicht erklären
und er möchte das Vorkommen bei dieser Krankheit an¬
zweifeln, denn von Kretschmer sei die Möglichkeit, dass
die Pneumonie erst im Anschluss an Scharlach eingetreten sei,
zugegeben und im eigenen Fall die Verwechslung mit einem
Scharlachpräparat nicht ausgeschlossen. Demgegenüber
möchte ich nun besonders hervorheben, dass bei unseren
Fällen von Pneumonie jeder Scharlachverdacht, ebenso wie
jede Verwechslung von Präparaten vollständig ausgeschlossen
ist. Wir können also auch an einen Zusammenhang von Spiro¬
chäteninfektion und Leukozyteneinschlüssen nicht glauben.
Näherliegend möchte uns schon erscheinen, dass eine Strepto¬
kokkeninfektion im Spiel ist, woran Kretschmer und
Colmer gedacht haben. Aber wahrscheinlich sind die ver¬
schiedensten Erreger imstande, das gleiche Blutbild hervor¬
zurufen. Ich möchte am meisten der Ansicht zuneigen, dass
die von Döhle beschriebenen Einschlüsse das Produkt einer
Giftwirkung auf das Blut oder Knochenmark sind, ebenso wie
nach N a e g e 1 i die Leukozytose eine vitale Reaktion des
Knochenmarks auf die Toxine ist. Da Scharlach und Pneu¬
monie mit Leukozytose einhergehen, waren wir von vorn¬
herein geneigt, diese in Zusammenhang mit den Einschlüssen
zu bringen. Ich habe eine Anzahl der Fälle hinsichtlich der
Leukozytose und Zahl der einschlusshaltigen Leukozyten ge¬
nau verfolgt, konnte aber ein Parallelgehen beider Erschei¬
nungen nicht in allen Fällen konstatieren. Vor allem fanden
sich Fälle, die mit hochgradiger Leukozytose einhergingen und
Einschlüsse gar nicht oder nur in ganz geringer Zahl zeigten.
Das Vorkommen der Einschlüsse bei Infektionskrankheiten, die
mit Leukopenie einhergehen (Typhus, Masern) spricht auch
gegen eine direkte Beziehung zwischen Leukozytose und
Döhle sehen Einschlüssen. Ich nehme an, dass beide Er¬
scheinungen ziemlich unabhängig voneinander der Ausdruck
einer Reaktion des hämatopoetischen Systems auf bakterielle
Gifte sind. — Ob es sich um wirkliche Einschlüsse handelt,
die aus dem Blute aufgenommen werden, z. B. zerfallene Blut¬
bestandteile, oder ob die sogen. Einschlüsse im Protoplasma
selbst entstehen, mag dahingestellt bleiben. Dass sie Bruch¬
stücke des Kernes sind, ist durch das verschiedene färberische
Verhalten wohl ausgeschlossen. Auffallend ist vielleicht, dass
sie sich bei allen Färbemethoden wie das Protoplasma der
Lymphozyten verhalten, worauf schon Wechselmann und
Hirschfeld hingewiesen haben. Jedenfalls sind die Leu¬
kozyteneinschlüsse eine interessante Erscheinung im Blut¬
bilde bestimmter Infektionskrankheiten.
Die diagnostische Bedeutung der Leukozyteneinschlüsse
wird von ,cRn verschiedenen Autoren auf Grund ihrer Unter¬
suchungen verschieden bewertet. Während die einen Autoren
(Preisich, Harriehausen, Bongart z) ihr jeden dia¬
gnostischen Wert absprechen, glauben andere (Ni coli,
Colmer), dass die Untersuchung auf Leukozyteneinschlüsse
zur Differentialdiagnose gegenüber verschiedenen Exanthemen
754
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
brauchbar ist, dass aber hauptsächlich nur ein negatives
Resultat von Wert ist. Kretschmer ist der Ansicht, dass
die Unspezifität der Einschlüsse die diagnostische Bedeutung
nicht wesentlich einzuschränken vermag, da Einschlüsse
hauptsächlich bei solchen Krankheiten nachgewiesen werden,
die differentialdiagnostisch gar nicht in Betracht kommen.
Meine Untersuchungsresultate und die sich daraus ergeben¬
den Schlüsse für die diagnostische Verwertbarkeit der Leuko¬
zyteneinschlüsse möchte ich kurz folgendertnassen zusam¬
menfassen. Die Leukozyteneinschlüsse werden bei frischen,
hochfiebernden Scharlachfällen konstant in der Mehrzahl der
Leukozyten gefunden, bei leichten, mit geringer Eieberstei¬
gerung einhergehenden Fällen in geringerer Zahl. Nach dem
7. Krankheitstage sind sie überhaupt nur noch vereinzelt vor¬
handen. Nur in frischen Fällen kann demnach die Blutunter¬
suchung auf Döhle sehe Einschlüsse als diagnostisches Hilfs¬
mittel in Betracht kommen. Die Leukozyteneinschlüsse sind
aber für Scharlach nicht pathognostisch, sondern sie finden
sich ebenso konstant und ebenso reichlich bei der kruppösen
Pneumonie der Kinder. Zwischen diesen beiden Krankheiten
kann demnach der Befund von Leukozyteneinschlüssen kein
differentialdiagnostisches Merkmal darstellen. Wie wir ge¬
sehen haben, können aber auch bei anderen akuten, sub¬
akuten und chronischen Erkrankungen die Einschlüsse in mehr
oder minder grosser Zahl gefunden werden und so ist ein
positiver Befund stets nur mit Vorsicht zu verwerten. Wich¬
tiger als ein positiver Befund ist ein negativer, insofern, als
ein negatives Resultat bei hochfiebernden Kranken entschieden
gegen Scharlach spricht. Bei einem leicht oder gar nicht
fiebernden Kranken kann allerdings auf Grund eines nega¬
tiven Befundes eine Scharlacherkrankung nicht ausgeschlossen
werden.
Die Untersuchung auf Leukozyteneinschlüsse bei Schar¬
lach muss demnach in ihrer diagnostischen Bedeutung eine
ziemlich weitgehende Einschränkung erfahren. Infolge der
einfachen Technik dürfte sie immerhin als unterstützendes
Hilfsmittel in zweifelhaften Fällen mit Erfolg heranzu¬
ziehen sein.
Literatur.
1. Döhle: Zentralbl. f. Bakteriologie, Bd. 61. — 2. Wechsel-
mann und H i r s c h f e 1 d : Zeitschr. f. klin. Med. 66. — 3. May:
Deutsches Arch. f. klin. Medizin. — 4. Nicoll und Williams:
Arch of Paediatrics, XXIX, 7. — 5. Nicoll: Arch. of Paediatrics,
XXIX, 6. — 6. Preisich: Berl. klin. Wochenschr., No. 16. —
7 Ahmed: Berl. klin. Wochenschr. No. 26. — 8. Frünken- Halle:
Ref. in Münch, med. Wochenschr. 31, 1912. — 9. Harriehausen:
Münch, med. Wochenschr. No. 34, 1912. — 10. Döhle: Zentralbl.
f. Bakteriologie, Bd. 64. — 11. Döhle: Münch, med. Wochenschr.
No. 30, 1912. — 12. Kolm er: Amer. Journ. of Diseases of Children,
Juli 1912. — 13. Bongartz: Berl. klin. Wochenschr. 1912, No. 45.
— 14. Kretschmer: Deutsche med. Wochenschr. 1912, No. 46.
Der neue Kissinger Sprudel und seine Bedeutung für
Herz- und Gefässkrankheiten.
Von Hofrat Dr. Leusser in Bad Kissingen.
Schon im Jahre 1898 wurde in einer Abhandlung:
„Kissingen für Herzkranke“ Q von mir darauf hingewiesen,
in welch hervorragender Weise Bad Kissingen alle
Postulate erfülle, die zur erfolgreichen Behandlung von
Herz- und Gefässkrankheiten nötig seien, und an erster
Stelle wurde neben dem Gebrauch der Massage, der
manuellen und schwedischen Heilgymnastik, der Elektrizität,
der Gelegenheit zu Terrain- sowie diätetischen Kuren und
guten klimatischen Verhältnissen seine vorzüglichen 1 bis
3 proz. abstufbaren kohlensauren Solbäder hervorgehoben,
ihre Indikationen für Herz- und Gefässerkrankungen nach
allen Seiten beleuchtet und durch Beobachtungen und Er¬
fahrungen erhärtet.
Dass mit jenen Ausführungen nicht zuviel behauptet
worden war, hat deutlich seinen Ausdruck darin gefunden,
dass sich seit jener Zeit von Jahr zu Jahr die Zahl der hilfe¬
suchenden Herzkranken in Bad Kissingen in raschem
Tempo vermehrte und letzteres heute unbestritten als Herz-
*) Leusser: Kissingen für Herzkranke. St. Petersburger
med. Wochenschr. 1898, No. 8.
heilbad ersten Ranges gilt, und so den ihm seit lange
gebührenden hervorragenden Platz unter den Herzheilbädern
einnimmt.
Durch Erbohrung eines neuen Sprudels, ca. 7 km von
Bad Kissingen entfernt, in der Nähe des Dorfes Klein-
brach im Laufe des Jahres 1909 wurde ein neues wich¬
tiges Hilfmittel in der Behandlung der Herz- und Gefässkrank¬
heiten gewonnen und die Abstufbarkeit der Bäder für diese
Kranken erhöht.
Die Erbohrung dieses neuen Sprudels, die im Aufträge des Kgl.
Staatsministeriums der Finanzen von der Kgl. Preussischen Bohr¬
verwaltung Schönebeck ausgeführt wurde, war mit grossen]
technischen Schwierigkeiten und hohen Kosten verbunden und führte I
in eine Tiefe von 916 m.
Sie ergab einen kohlensäurereichen erdig-muriatischen Eisen-'
Säuerling, der sich wesentlich von den bereits vorhandenen Sprudeln)
in seiner Zusammensetzung unterscheidet und eine Schüttung vonl
250 Minutenliter aufweist.
Gewaltige Mengen gasförmiger Kohlensäure entströmen in der
Tiefe von 520 m unter einem Atmosphärendruck von 50 den Zech¬
steinschichten; aus dem darüber sich aufbauenden Hauptbuntsandstein
entspringen drei starke Mineralwasserquellen in je 102, 145 und lS5m
Tiefe. Der so gewonnene neue Sprudel, der in einem 11,5 in unter
Tag reichenden gemauerten Schacht frei aus dem Bohrloch austritt.
wird von einer Spezialpumpe für kohlensäurehaltige W'ässer in die
fast 7 km lange Leitung gedrückt, und erreicht nahezu ohne Kohlen-f
säureverlust und Ausfällung des in Lösung befindlichen doppeltkohkn-
sauren Eisenoxyduls die Reservoire und Badehäuser.
Analyse des Neuen Sprudels zu Bad Kissinge n.l
Ausgeführt im Chemischen Laboratorium Fresenius von Dr. R. Fre¬
senius und Dr. L. Grünhut im Dezember 1912.
Temperatur 13,7° C (gemessen im Quellschacht).
Spezifisches Gewicht: 1,00436 bei 15° C, bezogen auf
Wasser von 4° C.
1. Ergebnisse der chemischen Analyse.
In 1 kg des Mineralwassers sind
Kationen Gramm
Kalium-Ion (Ka') . 0,08823
Natrium-Ion (Na') . 0,8738
Lithium-Ion (Li') . 0,000710
Ammonium-Ion (NHF) .... 0,000423
Kalzium-Ion (Ca'') . 0,5410
Strontium-Ion (Sr'') . 0,003619
Magnesium-Ion (Mg") .... 0,1711
Ferro-Ion (Fe") . 0,02944
Mangano-Ion (Mn") . 0,001241
A n i O n e 11 Gramm
Nitrat-Ion (Nos') . 0,001386
Chlor-Ion (CF) . 1,213
Brom-Ion (Br') . 0,002895
Jod-Ion (J') . 0,000007
Sulfat-Ion (SOF) . 0,9619
Hydrophosphat-Ion (HPOF') . 0,000123
Hydroarsenat-Ion (HASOF') . 0,000105
Hydrokarbonat-Ion (HCOa') . 1,729
5,618
Borsäure (meta) (HBOe) . . 0,002836
Kieselsäure (meta) (HaSiOa) . 0,01629
5,637
Freies Kohlendioxyd (CO2) . . 2,633
8,270
enthalten:
Milligramm-Ion
bzw. Milli-Mol.
2,257
37,99
0,1024
0,0235
13,50
0,0413
7,036
0,5273
0,0226
Milligramm
Aequivalent,
2,257
37,99
0,1024
0,0235
27,00
0,0826
14,07
1,055
0,0452
82,63
Milligramm-Ion
bzw. Milli-Mol.
0,0224
34,20
0,0362
0,00005
10,01
0,0013
0,0008
28,34
Milligramm
Aequivalent
0,0224
34,20
0,0362
0,00005
20,03
0,0025
0,0015
28,34
134,11
82,63
0,0644
0,2081
134,38
59,84
194,22
Daneben Spuren von Aluminium-Ion und Titansäure.
Das Mineralwasser entspricht in seiner Zusammensetzung uij
gefähr einer Lösung, welche in 1kg enthält:
Gramm
Kaliumnitrat (KNOa) . 0,002260
Kaliumchlorid (KCl) ....'.. 0,1666
Natriumchlorid (NaCl) . 1.861
Natriumbromid (NaBr) . 0,003728
Natriumjodid (NaJ) . 0,000008
Natriumsulfat (Na2S04) . 0,4345
Lithiumchlorid (LiCl) . 0,004340
Ammoniumchlorid (NH4CI) .... 0,001255
Kalziumsulfat (CaSÜ4) . 0,9469
Kalziumhydrophosphat (CaHPOa) . . 0,000175
Kalziumhydroarsenat (CaHASÜ4) . . 0,000136
Kalziumhydrokarbonat (Ca (HCO3) 2) . 1,061
Strontiumhydrokarbonat (Sr (HCOa) 2) . 0,008658
Magnesiumhydrokarbonat (Mg (HCOa) 2) . 1,030
pri! 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
755
i hydrokarbonat (FefHCO.Ts)
, anohydrokarbonat (Mn (HCOn) »)
i iure (meta) (HBO2) .
Isäure (meta) (HsSiOa) .
5 s Kohlendioxyd (CO>)
Gramm
0,09379
0.003997
0,002836
0,01629
5,637
2,633 = 1400 ccm bei
13,7° C und
8,270 760 mm Druck.
lsanimensetzung der aus dem Wasser des Neuen
Sprudels entweichenden Gase
(entnommen aus dem Windkessel der Pumpe).
1000 Raumteile Gase enthalten:
ndioxyd (CO2) .
■ an (CH0 . . .
■stoff (O2)
stoff (N2) und Edelgase
915 Raumteile
0,4
5
80
1000.
{Ergebnisse der physikalisch - chemischen Un¬
tersuchung.
Spezifische Leitfähigkeit.
Die spezifische Leitfähigkeit des Wassers des Neuen Sprudels
> sich bei 13,1 0 C in reziproken Ohm pro cm-Würfel
K 13,1° —0,005556.
Hieraus berechnet sich die mittlere Aequivalentleitfähigkeit, he¬
il auf 1/ (cm Ohm) bei 18° C zu
A 18° = —86,7.
Gefrierpunkt.
Der stationäre Gefrierpunkt des Wassers des Neuen Sprudels
I. der Gefrierpunkt, den das Wasser nach Austreibung einer
I en Menge freien Kohlendioxyds zeigt, dass eben Kalziumkar¬
tausscheidung beginnt) beträgt
A = —0,232° C.
I I. Ergebnisse der Untersuchung auf Radio¬
aktivität.
Die Untersuchung frisch aus dem Quellenschacht geschöpften
sers des Neuen Sprudels ergab mittels des Fontaktoskops von
1 e r und S i e v e k i n g für den Gehalt eines Liters Wassers an
umemanation einen Wert von 0,19 Mache-Einheiten.
Weitere, an aufbewahrtem Wasser ausgeführte Bestimmungen
en, dass die diesem Werte entsprechende Menge Radium -
lation sich nicht im Gleichgewicht mit einer entsprechenden
ummenge befindet, sondern als selbständiger gasförmiger Be¬
lteil in dem Mineralwasser gelöst enthalten ist.
Charakter des Wassers des Neuen Sprudels.
Die Summe der gelösten festen Bestandteile beträgt 5,6 g in
Auf Grund der Einzelergebnisse der Untersuchung ist das
ser des Neuen Sprudels als ein hypotonisches Mineralwasser zu
ichnen, dem eine Uebergangsstellung zwischen den erdig-salini-
ti und den erdig-sulfatischen Kochsalzsäuerlingen zukommt. Be-
;enswert ist der recht hohe Eisengehalt (29 mg).
Der neue Sprudel unterscheidet sich dadurch sehr wesentlich von
bereits vorhandenen Quellen, dass er viel mehr Kohlen-
re, einen bedeutend höheren Eisengehalt, g e -
gere Mengen Kochsalz und nicht unbedeutende
II gen von Arsen bei einer Temperatur von 12,5
13,5° C enthält.
Durch bakteriologische Untersuchungen wurde festgestellt, dass
Neue Sprudel vollkommen keimfrei und frei von organischen
■tanzen ist. Er ist ein reines Mineralwasser ohne Beimengung
Wildwässern 2).
Wir haben also in der Erbohrung des Neuen Sprudels einen
Aktor von eminenter Bedeutung gewonnen und meine in früheren
-iten wiederholt und zuerst im Jahre 1898 ausgesprochene Be¬
ttung, dass Kissingen unter den Badeorten, die
h vermöge ihrer kohlensäurereichen Quellen
Behandlung von Herzkranken ganz besonders
uen, einen bevorzugten Platz einzunehmen b e -
htigt ist, hat damit eine neue Stütze gefunden. Es stehen
nunmehr in Kissingen folgende Badeformen in zweckmässigen
tufungen für die verschiedenen Arten der Herz- und Gefässerkran-
gen je nach dem Kräftezustand des Patienten zur Verfügung:
1. entgaste oder kohlensäurefreie Solbäder,
2. kohlensäureschwache Solbäder,
3. gewöhnliche kohlensaure Solbäder und Wellenbäder,
4. neue (sehr kohlensäurereiche) Sprudelbäder.
*) Obige Analysen und Angaben verdanke ich der Liebens-
digkeit des Leiters unseres staatl. balneol. Laboratoriums, Herrn
P. H a e r 1 1.
Wie schon an anderer Stelle2) hervorgehoben, stehen die Kis¬
sing e r kohlensauren Bäder denen anderer Herzheilbäder in ihrer
Wirksamkeit nicht nach, ja ihr Kohlensäurereichtum ist sogar grösser
Was sie gegenüber anderen gleichnamigen Bädern an Kochsalz oder
natürlicher Wärme entbehren, können wir einerseits durch Zusatz
von Kissinger Mutterlauge und Gutsole leicht ausgleichen und
damit jede gewünschte Konzentration derselben erreichen, anderer¬
seits durch Erwärmung ausserhalb der Wannen vermittels eines von
Herrn Hofrat Hessing neu eingeführten Apparates, der jeden
irgendwie bedeutenden Verlust von Kohlensäure ausschliesst, jede
beliebige Temperatur des Badewassers erreichen. Es ist durch Ver¬
suche nachgewiesen, dass der Kohlensäureverlust der Bäder durch
diese Erwärmungsart nur 8 bis 10 Proz. beträgt. Bei dem hohen
Kohlensäuregehalt der Kissinger Bäder bedeutet dies gar nichts
und beeinträchtigt ihre Wirksamkeit in keiner Weise.
Der Einfluss der kohlensauren Sol- und Sprudelbäder auf den
Badenden ist bekanntlich so zu denken, dass durch ihren Reiz auf die
Haut Nervenendigungen und die Vasomotoren unter Erhöhung des
Blutdrucks einerseits und andererseits auf das Herz selbst eine Ein¬
wirkung unter Kräftigung des letzteren zustande kommt3 4). Nach
W i n t e r n i t z 5) findet auch eine Resorption von Kohlensäure im
Bade statt. Er weist in seinen diesbezüglichen Versuchen eine er¬
hebliche Vermehrung des Atemvolumens nach und hält diese für
eine spezifische Wirkung des kohlensauren Solbades. Und er erklärt
es sich so, dass durch die Vermehrung der Atemgrösse im kohlen¬
sauren Bad, durch welches eine Vertiefung der Atmung hervorgerufen
wird, der inspiratorische Zufluss zum Herzen und die Grösse der Dia¬
stole günstig beeinflusst werden, welch letztere wieder zu einer Er¬
holung und leichtdren Blutdurchflutung und Ernährung des Herz¬
muskels Veranlassung gibt. Wer ein kohlensaures Solbad oder
Sprudelbad genommen hat, weiss, wie anregend und angenehm das
lebhafte Ansetzen und Wiederbersten, das Vorüberstreichen der auf¬
steigenden Kohlensäurebläschen auf der Haut vermittels der Haut¬
nervenendigungen gleich einer elektrischen Welle empfunden werden.
Der Körper empfindet ein behagliches Wärmegefühl. Die Haut wird
rot, der Blutlauf wird durch die erweiterten peripheren Gefässe, deren
Widerstand verringert ist, erleichtert, die inneren Organe werden von
der Blutüberfüllung entlastetet. Die Lungen werden vor allem freier
und atmen leichter. Auch das Herz wird damit ruhiger und arbeitet
besser. Der Puls verlangsamt sich und wird unter stärkerer Füllung
der Arterien voller. Die ausserwesentliche Arbeit des Herzens wird
also durch Entspannung der Gefässe und Beseitigung der Widerstände
in der Blutbahn verringert und die Ernährung des Herzens durch Ver¬
langsamung der Herzarbeit und Verlängerung der Diastole unter
günstigere Bedingungen gesetzt. So tritt eine Stärkung und Kräfti¬
gung des Herzens ein. Damit wird aber seine Leistungsfähigkeit er¬
höht und wiedergewonnen und die Kompensation wiederhergestellt.
Auch die Chloride des Badewassers haben sicherlich einen Ein¬
fluss auf die Haut des Badenden, aber die Hauptwirkung kommt doch
der Kohlensäure zu.
Die Erfahrung hat gelehrt, dass zu kalte und zu warme hydro¬
therapeutische Massnahmen und Badeformen den Herzkranken scha¬
den. Darum sind kalte Duschen, Güsse, Wellenbäder bei Herzkranken
mit insuffizientem Herzen, bei Arteriosklerose und Klappenfehlern
gar nicht oder nur ausnahmsweise zu gestatten. Nicht zu kühle Haib¬
und Teilbäder, Abwaschungen und Abreibungen, aber nicht Ab¬
klatschungen, werden dagegen gut vertragen. Dampf-, Moor- und
elektrische Lichtbäder sind bei Herzkranken nur mit grösster Vor¬
sicht zu gebrauchen.
Die kohlensauren Solbäder können kühler als gewöhnliche
Wasserbäder genommen werden, weil der Kältereiz durch die reiche
Kohlensäureentwicklung — auser bei ganz blutarmen Personen —
nicht so stark empfunden wird, wie bei letzteren. Auch erstreckt
sich die durch kühle kohlensaure Bäder hervorgerufene Erregung der
Hautnervenendigungen und ausgiebigere Zuströmung des Blutes zur
Haut auf längere Zeit nach dem Bade, als dies bei gewöhnlichen
kühlen Wasserbädern und kalten Abreibungen der Fall ist. Da
manche Pat. gegen kühle Temperaturen von Natur aus schon emp¬
findlicher sind und mit einer energischen Verengerung der peripheren
Gefässe und damit verbundenen Erhöhung der Widerstände und Ver¬
mehrung der Herzarbeit antworten, so ist bei Herzkranken mit in¬
suffizientem Herzen besonders zu Anfang der Badeprozeduren grosse
Vorsicht zu gebrauchen, lieber mit wärmeren Temperaturen von
34 — 35 0 C zu beginnen und erst allmählich zu tieferen Graden über¬
zugehen.
Für einen Heilerfolg ist unbedingt nötig, dass während des
Badens die sogen. Reaktion, d. h. die Entspannung der Gefässe,
damit rascherer Blutumlauf, Verringerung der Widerstände und Herz¬
arbeit, eintritt und möglichst lange erhalten bleibt. Es dürfen darum
nicht schablonenmässig bei Herzkranken immer kühlere Tempera-
3) Leusser: Ueber die Wirkung der Kissinger kohlensauren
Solbäder bei Herzkranken. Münch, med. Wochenschr. 1901. —
Leusser: Bad Kissingen für Herzkranke. V. Aufl. 1911. Hof¬
buchhandlung Weinberger, Bad Kissingen.
4) Krehl: Die Erkrankungen des Herzmuskels. Wien 1901,
A. Holder.
5) Winternitz: Ueber die Wirkung
D. Archiv f. klin. Med., Bd. LXXII.
verschiedener Bäder etc.
3
MuencHener medizinische Wochenschrift
756
turen angeordnet und allgewendet werden, sondern es ist auf die Re¬
aktion sorgsam zu achten und event. bei den Wärmegraden stehen
zu bleiben, die noch eine solche hervorzurufen imstande sind. Es
gibt eine gewisse Anzahl von Kranken, bei denen es überhaupt nicht
zu einer Reaktion kommt; bei diesen handelt es sich wohl um Stö¬
rungen in der Reaktionsfähigkeit des Nervensystems und speziell der
Hautnervenendigungen.
In den 17 Jahren, in denen ich mich in Bad Kissingen vor¬
zugsweise mit Behandlung von Herzkranken beschäftigte und ein
reiches Material zur Sammlung von Erfahrungen zur Verfügung hatte,
habe ich sowohl von einer grossen, von Jahr zu Jahr zunehmende, n
Zahl von solchen Patienten, als auch von Kollegen selbst, die mit
Störungen der Herztätigkeit oder auch nur zur Erholung unseren
Badeort aufsuchten, die überaus günstige Wirkung der kohlensauren
Bäder sogar in Fällen, in welchen ich mir wenig mehr von dem
Bädergebrauch versprochen hatte, preisen hören, als auch diese selbst
deutlich beobachtet. Ich bin durchaus skeptisch veranlagt und hul¬
dige nicht dem Optimismus. Aber ich habe doch Kranke mit sehr in¬
suffizientem Herzen gesehen, die sich auf Jahre und Jahre hinaus
durch wiederholten Bädergebrauch mobil erhielten und nach jeder
Kur eine Auffrischung und Kräftigung ihrer Gesundheit, die sich auch
in erhöhter Leistungsfähigkeit dokumentierte, mit Freuden konsta¬
tierten. Ich will nicht verkennen, dass mancherlei Faktoren, wie
das Vertrauen zu Arzt und Bad, die Ausspannung vom Beruf, der
Wechsel des Milieus u. a. m. auch ihr Teil an den günstigen Erfolgen
der Badeorte haben, aber daran lag’s doch nicht allein, es waren
vielmehr die kohlensauren Bäder, die den grössten Anteil an der
guten Wirkung hatten.
Wenn ich noch ein paar Worte über meine Behandlungsart Herz¬
kranker sagen darf, so sind es diese: Obenan stelle ich die individuelle
Behandlung, und so ist es von vornherein schwer, allgemeine Normen
aufzustellen. Jeder Patient ist ein Fall für sich. Er ist ja auch nicht
mit jedem andern auf äussere Reize in der ganzen Anlage seines
Nervensystems, seiner Konstitution im allgemeinen, sowie seines der¬
zeitigen körperlichen Zustandes überhaupt gleich eingestellt. Je nach
erhöhter oder verringerter Reizempfänglichkeit, höherer oder ge¬
ringerer Suhffizienz des Herzens, stärkerer oder schwächerer Lei¬
tungsfähigkeit der Nervenbahnen wird die Verordnung eine andere
sein müssen. Bald erscheint es zweckmässig, sich stärkerer Kälte¬
reize zu bedienen und kühlere Bäder zu geben, bald wieder muss man
zu wärmeren Temperaturen seine Zuflucht nehmen, um nicht den Ein¬
tritt der Reaktion, die Entspannung der Gefässe und Erleichterung
der Herzarbeit zu verhindern oder zu verzögern oder gar diese Wir¬
kung ins Gegenteil, in noch stärkere Kontraktion der Gefässe, Er¬
höhung der peripheren Widerstände und Erschwerung der Herz¬
tätigkeit umzukehren. Dann wird es wieder nötig sein, den zu star¬
ken Reiz der Kohlensäureeinwirkung an sich auf den Körper herab¬
zusetzen, und den Kohlensäurereichtum der Bäder zu verringern, bzw.
erst allmählich zu erhöhen. Ferner spielt auch der höhere oder ge¬
ringere Gehalt an Chloriden bei den verschiedenen Kranken eine
verschiedene Rolle und ist danach zu bemessen. Genaue Beobachtung
des Kranken, Abwägung aller einzelnen Faktoren, fleissiges Kontrol¬
lieren von Puls und Herztätigkeit des Patienten und seines Allgemein¬
zustandes müssen berücksichtigt werden, um nicht dem Patienten
und sich selbst zu schaden. Bei schwächlichen und sensiblen Pa¬
tienten, Arteriosklerotikern stärkeren Grades und solchen mit stär¬
kerer Insuffizienz des Herzens lasse ich in der Regel mit kohlensäure¬
freien oder kohlensäurearmen Bädern beginnen, um dann allmählich
zu den stärkeren kohl&nsauren Sol- und wenn es der Fall erlaubt,
auch zu den neuen Sprudelbädern überzugehen. Bei kräftigeren
Patienten und solchen mit geringerer Insuffizienz des Herzens lasse
ich oft auch gleich zu Anfang kohlensaure Bäder stärkeren Grades
gebrauchen.
Wo es notwendig erscheint, tritt ein Zusatz von Mutterlauge
oder gradierter Sole hinzu.
Die Temperatur schwankt je nach Art der Erkrankung und Kon¬
stitution des Patienten zwischen 35 — 29 0 C. Die Dauer des Bades
muss unter gleichen Rücksichten festgesetzt werden. Wieviele Bäder
der Kranke nehmen soll, kann auch nur von Fall zu Fall entschieden
werden. Es soll sich der Patient ja keine zu kurze Zeit zur Ab¬
solvierung seiner Kur nehmen, wie dies leider häufig geschieht,
und nicht zu rasch nacheinnader baden, weil er damit nur den
Effekt seiner Kur, den er eben erzielt hat, wieder zunichte macht;
4 — 5 Wochen dürften für eine richtige Badekur notwendig sein.
Sehr wesentlich ist auch, dass nach jedem Bads besonders Herz¬
kranke genügend der Ruhe pflegen.
Ueber die Wirkung des neuen Sprudels und der daraus ge¬
wonnenen Bäder möchte ich für heute nur soviel sagen, dass vermöge
ihres grösseren Kohlensäuregehaltes ihre Einwirkung auf die Haut¬
nervenendigungen auch eine stärkere ist. Von verschiedenen Pa¬
tienten und Aerzten, die in der letzten Saison 1912 diese zum ersten
Male verabreichten Bäder gebrauchten, habe ich äussern hören, dass
sie die Bäder des neuen Sprudels viel mehr ermüdeten als die kohlen¬
sauren Solbäder, so dass Ruhe nach dem Bade ihnen geradezu zum
Bedürfnis wurde. Andere wieder stellten jede Ermüdung in AFrede.
Alle aber waren entzückt von dem enormen Kohlensäurereichtum
dieser Bäder und fanden sie wunderbar. Für die Herztherapie und
die Herzheilmittel unseres Badeortes stellen sie jedenfalls eine Be¬
reicherung von ganz hervorragender Bedeutung dar und werden dazu
No.
beitragen, die schon jetzt sehr grosse Zahl der Heilung und Bessert
ihres Leidens in Kissingen suchenden Herzkranken noch um
Bedeutendes zu erhöhen.
Angezeigt erscheint es, dass die .neuen Sprudelbäder nur j
ärztliche Verordnung verabfolgt werden, damit nicht Unheil s t
Heil aus ihrem Gebrauche erwächst.
Wie schon früher hervorgehoben, eignet sich Bad Kissing ,
zur Behandlung von Herzkranken auch deshalb ganz besondg
gut, weil durch den mild wirkenden Rakoczy und Maxbrunnen r
diejenigen Kranken, die zugleich an Stauungen des Pfortadersyste,,
Fettleibigkeit und Fettsucht, Magen-, Darm- und Nierenstöruns:,
neben ihrem Herzleiden laborieren, weitere sehr wichtige Indikation
gegeben sind und sich so mit der Badekur zugleich eine zwei
mässige, nicht angreifende Trinkkur verbinden lässt. Dass diese i
Vorsicht und unter Berücksichtigung des jeweiligen Krankheit*.
Standes zu geschehen hat, ist selbstverständlich.
Um den zu starken mechanischen Druck, der den Magen
blähenden Kohlensäure und ihre Resorption vom Magen und D;i
aus, die zu Beschleunigung der Herztätigkeit, Steigerung des Bt
druckes, Verengerung der Blutgefässbahnen und damit zu SchwinB
Aufgeregtheit, Herzklopfen, Ohnmachtsanwandlungen u. a. führen, i
vermeiden, erscheint es zweckmässig, den Brunnen durch längt
Stehenlassen, Umgiessen, Umriihren oder leichtes Anwärmen zu r
gasen und möglichst kleine Mengen desselben nehmen zu lasr
Wieviel der betr. Patient trinken darf, ob kalt oder warm, ric?
sich wieder nach jedem einzelnen Falle, der jeweiligen Konstitmr
Beschaffenheit des Herzens und seiner Leistungsfähigkeit usf.
Nervöse Herzkranke empfinden besonders leicht unangeneui
Sensationen von zu kaltem Rakoczy oder von zu grossen Merr
desselben. Arteriosklerotiker müssen auch mit der Aufnahme >
Kohlensäure recht vorsichtig sein.
Für eine Kur in Bad Kissingen eignen sich besonders: j
unseren modernen Kulturerrungenschaften zu verdankende grjs
Heer nervöser Herzkranken (nervöses Herzklopfen, Herzeretlüsu:
Neurasthenia vasomotoria und Neurasthenia cordis), ferner das de
physische und psychische, akute und chronische Ueberanstrengui;
und Alterationen, durch sexuelle Ausschweifungen, durch Nikii
Alkohol, starken Kaffee und Thee, geschwächte und ermüdete ft
auch das weakened heart der Engländer, das durch sitzende n
unzweckmässige Lebensweise und Ernährung (Unter- und Uep
ernährung), Anämie, wie Fettleibigkeit und Fettsucht weit
leistungsfähige Herz gehören hieher. In diesen Fällen kann auch ;c
ein Erfolg in Bad Kissingen erzielt werden, wenn sich s.c
Herzdilatation, leichte Oedeme und frequenter Puls. Kurzatmige
und Abnahme der Leistungsfähigkeit geltend gemacht haben.
Dass ein alter Klappenfehler an sich durch eine balneoth
peutische Kur noch Veränderungen zum Besseren erfahren köjt
wird niemand glauben, und auch niemand ernstlich behaupten w j
Wenn aber in einem solchen Falle noch nicht zu weit ytf
schrittene Inkompensationserscheinungen vorhanden sind, dann ko f
die kohlensauren Sol- und Sprudelbäder gewiss von heilsamem,
folge sein, sofern der Patient natürlich nicht zu alt ist, und K
genügende Reservekraft in seinem Herzen vorrätig hat. Herznh
mit Nierenerkrankungen, bei denen nicht zu kühle Bäder geg'<
werden dürfen, sind ebenfalls indiziert für Kissingen.
Dann kommt das grosse Kontingent der Arteriosklerotiker. i
bei ihnen besondere Vorsicht geboten ist, bedarf keiner weiji
Auseinandersetzung. Auch auf ziemlich weit vorgeschrittene Aru
Sklerose haben die kohlensauren Sol- und Sprudelbäder noch f
sehr guten Einfluss. Es ist bei dören Gebrauch nur darauf zu acte
dass die Einatmung von zu viel Kohlensäure in der Badezelle (Lfc
der Kabine vor dem Bade!) vermieden und die richtige Tempet
des Bades genau gewählt und eingestellt wird. Auch vor Ueb j
strengungen jeglicher Art müssen solche Patienten bewahrt we.f
Ich behandle eine ganze Anzahl von Arteriosklerotikern mit schw
Anfällen von Angina pektoris schon seit langen Jahren, die esp
der günstigen und lange andauernden Wirkung der kohlensä'
Bäder allein verdanken zu müssen glauben, dass sie so lange am L'
geblieben. Ein über 70 Jahre alter Herr, der seit langem in nf
Behandlung steht, und bei seinem ersten Kurgebrauch kaum ein a
Schritt- weit gehen konnte, ohne einen stenokardischen Anfall z 1
kommen, hatte diese Beschwerden nach wiederholtem Bädergebu
fast vollkommen verloren. Er versicherte mir, dass er nacl
Kur sichtlich die grösste Erleichterung verspürte und er brach
schliesslich — freilich gegen meinen Willen — sogar fertig,
Tages den 900 m hohen K r e u z b e r g, wie er sagte, ohne Besci f
den zu besteigen. Ein anderer Herr von über 70 Jahren, der b-
seit 14 — 15 Jahren unter meiner Beobachtung steht, verhält sich
lieh. Zuhause hat er bei geringsten Bewegungen oft die schlirm
stenokardischen Anfälle zu ertragen. In K i s s i n g e n fühlt epi
nach einigen Bädern jedesmal so wohl und leistungsfähig um 1
Gang wird so lebhaft und leicht, dass ich, als ich ihn einmal,
achtet von ihm, vor mir herschreiten sah, selbst nicht glauben k<
dass dies mein arteriosklerotischer Patient sein könnte. ;
Des Weiteren eignen sich für Kissingen und seine k<
sauren Sol- und Sprudelbäder primäre Muskelschwäche des nee
nach akuten fieberhaften Erkrankungen, wie Diphtherie, Typhu:1-
lenkrheumatismus, die chronische, infolge von Sklerose und •
' karditis auftretende Herzmuskelschwäche und Entartung, sowie
pril 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
757
, n, die bereits muskuläre Veränderungen erlitten haben. In
ren Fällen darf den Kranken durch die Badekur nicht zu viel
ü nutet werden. Es sind zu Anfang nur gaslose und kohlensäure-
ache Solbäder zu geben, und erst später stärkere kohlensaure
und Sprudelbäder, ev. auch elektrische Vierzellenbäder oder
ielektrische Bäder indiziert. Gymnastik ist hier nur mit Vorsicht
Auswahl zu gebrauchen. Am besten bewährt sich Ruhe ab-
> selnd mit leichter Bewegung in der Ebene (Abwärtsgehen!).
tel- Kuren sind zu vermeiden, passive Gymnastik und Massage
( sind heilsam. — Es kann gar nicht genug darauf aufmerksam ge-
t werden, dass immer individualisiert und genau beachtet werden
. , ob es sich nur um eine relative oder absolute Insuffizienz
; ferzens handelt, ob genügend Reservekraft vorhanden ist, d. h.
is Herz in der Ruhe noch seine wesentliche Arbeitsleistung —
! ieb des Blutes im ruhenden Körper — zu bewältigen vermag
, nicht. Jede ausserwesentliche Arbeit ist da so lange zu ver-
■ii, als das Herz nicht wieder einen gewissen Grad von Leistungs-
- keit erlangt und von der absoluten in die relative Insuffizienz
. getreten ist. Nicht Uebung, sondern. Schonung ist in diesen Fällen
erste. Das Elektrokardiogramm gibt uns Aufschluss über die
lionsfähigkeit des Herzens, man kann sich aber hierüber auch
rch unterrichten, dass man mit leichten Prozeduren in jeder Hin¬
unter Beobachtung des Verhaltens des Pulses, der Atmung, des
lruckes beginnt und ev. auch Differenzbestimmungen vornimmt.
Ist das akute Stadium der Endokarditis nach Gelenkrheuma-
is oder anderen Infektionskrankheiten vorüber, dürfen Kranke
. r Art auch mit kohlensauren Sol- und Sprudelbädern behandelt
. ;en. Je eher sie zur Behandlung kommen, desto günstigere Wir-
; en werden sie erzielen, doch ist dies cum grano salis zu
len.
Nach Ablauf des fieberhaften Stadiums dürfen ferner Perikardi-
: zur Badekur zugelassen werden. Es ist nicht unmöglich, dass
h den beim Bädergebrauch kräftiger angeregten Lymphstrom
h erstere entstandene Auflagerungen günstig beeinflusst werden.
Akute fieberhafte Erkrankungen und akute Schwächezustände des
ens verbieten eine Badekur überhaupt. Auch stärkere Erweite-
der Aorta und Aneurysmen, bei denen ein ungünstiger Einfluss
h Erhöhung des Blutdruckes und durch viele Unbequemlichkeiten
von der häuslichen Pflege fernen Patienten zu fürchten sind,
i;en von den Bädern ausgeschlossen werden. Solche Kranke
i en am besten zu Hause. Bei massigen Graden dieser Affektionen
habe ich nie Ungünstiges gesehen.
Aufmerksam möchte ich noch darauf machen, dass sehr nervöse
i sensible, hysterische und neurasthenische Menschen nach meiner
hrung kohlensaure Bäder ebenso wie elektrische Kuren und oft
i stärkere Massagekuren schlecht vertragen. Sie werden aufge-
schlaflos und schlechter Stimmung. Dagegen bekommen diesen
: enten kohlensäurefreie Solbäder, hydriatrische Kuren (Ah¬
nungen im Bett, Halbbäder) und leichte Streichmassage sehr
Auch mit Herzmassage muss man bei diesen hypochondrisch
: niagten Leuten vorsichtig sein, um ihr Augenmerk nicht auf ihr
hinzulenken und dadurch allerlei nervöse Sensationen erst recht
dieser Seite her auszulösen.
Resümierend möchte ich noch einmal anführen, dass wir
i gutem Gewissen Kissingen als Herzheilbad e r -
n Ranges neben seinen vorzüglichen W i r -
ngen auf Magen-, Darm-, Nieren-, Blasen-,
spirations-, Nieren- und Stoffwechsei-
Tnkheiten bezeichnen dürfen, und dass
■se Indikation, die schon so lange zu Recht
steht, als die kohlen sauren Solquellen
Bad Kissingen fliessen, erst recht hervor¬
hoben zu werden verdient, seitdem wir
rch dieErbohrung des neuen Sprudels eine
itere Abstufung von grösster Bedeutung
' die Verabreichung kohlensaurer Bäder
i Herz - und Gefässkranken erlangt haben.
Auch für Neuralgien, periphere Nerven- und Rücken-
kserkrankungen, Rheumatismus und Gicht eignen sich die
en Sprudelbäder in gleicher Weise.
Der neue Sprudel kann auch zu Trinkkuren benützt
rden. Sein Eisen- und Arsengehalt machen ihn für die
Handlung der Anämie und verwandter Zustände (Chlorose,
ikämie), der Skrofulöse, sowie von Erschöpfungszuständen
h schweren Krankheiten, nach Tropenkrankheiten, sein Ge-
t an schwefelsauren Salzen für Katarrhe der Verdauungs-
I Gallenwege und für Obstipation, sehr wertvoll.
Auch gegen Rachitis, Frauenleiden, Gicht, Katarrhe der
twege und Hyperchlorhydrie ist der neue Sprudel zu ge¬
liehen. Ferner wird er sich sehr gut zur Förderung der
isenfunktionen, Verflüssigung zäher Sekrete und .Resorption
i Exsudaten verwenden lassen.
Weitere Beobachtungen und Erfahrungen werden es im
Laufe der Jahre ermöglichen, die einzelnen Indikationen noch
genauer zu prüfen und zu umschreiben.
Aus der Nervenpoliklinik der psychiatrischen Klinik der Uni¬
versität Königsberg i. Pr. (Dir.: Prof. E. Meyer).
Ein Fall von Akromegalie nach Kastration bei einer
erwachsenen Frau.
Von Prof. Kurt Goldstein.
Krankengeschichte.
48 Jahre alte F'rau *), stammt aus gesunder Familie, ist die älteste
von 7 gesunden Geschwistern. Ausser Kinderkrankheiten als Kind
nicht besonders krank. Ist schon als Kind aufgefallen
durch besondere Grösse und Plumpheit ihrer Kno¬
che n, namentlich auch ihren Geschwistern gegenüber. Mit
14/4 Jahren menstruiert. Bis zum 20. Jahre oft Nasenbluten. Seit
dem 25. Jahre Störungen bei der Menstruation. Abgang von Blut¬
klumpen, Schmerzen. Deshalb im Jahre 1903 mit 38 Jahren
Totalexstirpation des Uterus und der Adnexe.
Befund: Multiple Myome. Seither keine Periode mehr. Im
Laufe des nächsten Jahres bemerkte Patientin
Grösserwerden der Hände und Fiisse und allge¬
meines Stärker werden. Die Zunahme bestand die ganzen
Jahre fort und besteht auch jetzt noch. Pat. hat jetzt 2 Nummern
grössere Schuhe und Handschuhe als früher. Dickerwerden
des Gesichtes, besonders der Jochbogengegend
und des Kinnes, sowie Vorspringen der Augenbrauen.
Gewichtszunahme: Vor der Operation 140 Pfund, Zunahme bis
170 Pfund. In letzter Zeit resp. Jahren abgenommen bis 154 Pfund.
Zeitweise Anschwellungen der unteren Gesichts¬
hälfte. Kreuzschmerzen. Starkes Schwitzen, aber auch
leichtes Frieren. In den letzten Jahren Zunahme der Be¬
schwerden. Viel Kreuzschmerzen, Schmerzen in den Gelenken.
Schmerzen im Kopf. Schwindelanfälle, plötzlich auftretend, ein paar
Stunden dauernd, kein Erbrechen. Herzklopfen, besonders nachts:
schwitzt leicht, friert aber auch sehr leicht, wenn es nur ein bischen
kalt ist. Zittert leicht. Meist Verstopfung, hat viel Urin. Das
Sehen und Hören ist schwächer geworden. Der Schlaf sei schlecht;
sie sei leicht missgestimmt. Obgleich sie keine Periode mehr hat,
spüre sie doch alle 4 Wochen Schmerzen im Unterleib und Unbe¬
haglichsein im ganzen Körper.
Die objektive Llntersuchung ergab -.Grosse, grobknochige
Frau, Gewicht 155 Pfund. Schädelgrösse: Umfang 55cm, biteinpo-
raler Durchmesser 15 cm, bifrontaler 11cm, fronto-okzipitaler 19 cm.
Beim Beklopfen empfindlich; ebenso die ganze Wirbelsäule. Rönt¬
genbild des Schädels zeigt keinerlei pathologische Verän¬
derungen, insbesondere sei hervorgehoben, dass die Hypophysen¬
bucht sicher nicht abnorm gross, sondern eher auf¬
fallend klein erscheint. Keinerlei Knochenwucherungen.
Am Gesicht fällt ein gewisses Vorspringen der seitlichen
Partien der Supraorbitalbögen sowie der Joch-
bögen, des Kieferbogens und des Kinnes auf.
Die Unterschenkel sind auffallend lang und breit; ebenso
die Unterarme, während dies am Oberschenkel und Oberarm weit
weniger auffällt. Besonders mächtig und lang sind die
Hände und F ii s s e. Dies fällt besonders auf den Röntgen-
bildern auf. Diese zeigen, dass abnorme Knochenwucherungen
nicht vorliegen, die Epiphysenenden aber besonders an den Phalangen
der Füsse ausserordentlich mächtig .und breit sind.
Im folgenden führe ich die Hauptmasse an, deren Vergleich mit
Normalmassen sofort die pathologische Grössenzunahme erkennen
lässt
Länge des Oberarms (Akromion bis Cond. ext. humeri) 37 cm,
Länge des Unterarms (Cond. ext. hum. bis Proc. styl, rad) 27 cm.
Länge der Hände 18 cm, Zeigefinger 10 cm, Mittefinger Ilern,
kleinen Finger 9 cm, der Handwurzel 9— 10 cm.
Umfang des Oberarms rechts 33 cm, links 30 cm, des Unterarms
rechts 27 cm. links 26 cm, des Handgelenkes 19 cm, der Mittelhand
(ohne Daumen) 22 cm, der Mittelhand mit Daumen 25 cm.
Länge der Oberschenkel (Tr. maj. bis unteren Rand der Patella)
99 cm, der Unterschenkel (unterer Rand der Patella bis Fusssohle)
48 cm.
Umfang der Oberschenkel 45 cm, der Wade 36 cm, des Fussge-
Ienkes 28 cm.
Länge der Füsse 27 cm, Breite der Füsse 10)4 cm.
Haut auffallend trocken, leicht brüchig. Die Behaarun g
ist am Kopf reichlich, am übrigen Körper spärlich, aber in normaler
Anordnung vorhanden. Fettpolster stark entwickelt, be¬
sonders an einzelnen Stellen, Leib, Armen und Beinen. Das Fett ist
nicht druckschmerzhaft. Zähne schlecht, sonst o. B. Gaumen o. B.
1) Demonstriert im Verein für wissenschaftliche Heilkunde, Kö¬
nigsberg i. Pr. cf. Sitzungsbericht vom 28. X. 12. Deutsche mc
Wochenschr. 1913, No, 1.
758 MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. No. U
Zunge o. B.. keine besonderen Drüsenschwellungen, Lungengrenzen
völlig normal, ebenso Atemgeräusch. Normale Herzdämpfung, Töne
rein. Puls mittelkräftig, im Liegen 56, im Sitzen 60, im Stehen 72,
regelmässig. Hämoglobingehalt 67 Proz. (S a h 1 i), Erythrozyten
4 100 000, Leukozyten 7250, P o 1 y n. Leukoz. 50 Proz., grosse
Leukozyten 3 Proz., kleine 41 Proz. Mononukl. und Uebergangsz.
2 Proz., Eosinophile 4 Proz.
Bauchorgane abgesehen von dem Fehlen der inneren
Genitalien ohne nachweisbaren pathologischen Befund. Urin frei
von Zucker und Eiweiss, Azeton, Azetessigsäure; spez. Gewicht
1013 — 1015. Schilddrüse in normaler Grösse fühlbar.
Thymus nicht nachweisbar.
Adrcnalineinträufelung (nach dem Vorgehen von
Löwi, Chiari und Fröhlich, Adler2) 3 T ropfen einer 1 prom.
Lösung) ergibt keine Erweiterung der Pupillen.
Neurologischer Befund: Pupillen gleich’, mittelweit.
R./L. + R./C. + Augenhintergrund und Gesichtsfeld o. B. Augen¬
bewegungen o. B. Konjunkt. Kornealreflex +. Fazialis links etwas
schwächer als rechts. Zunge Spur nach rechts herausgestreckt.
Uebrige Hirnnerven o. B. Sprache o. B. Sehnenreflexe lebhaft, sonst
o. B. Hautreflexe o. B. Motilität ohne jede Störung. Herabsetzung
der Schmerzempfindung auf der ganzen rechten Körperhälfte, sonst
Sensibilität o. B. Lebhaftes vasomotorisches Nachröten. Muskel der
unteren Extremitäten und grosse Nervenstämme beiderseits, druck¬
empfindlich.
Psychisch: Leicht reizbar und erregbar. Intelligenz massig,
doch nicht gerade besonders schwer gestört. Während zunächst
psychische Störungen nicht auffallen, ist nach wiederholten Unter¬
suchungen festzustellen, dass Patientin — wahrscheinlich seit einer
längeren Reihe von Jahren — an einer paranoischen Geistesstörung
leidet. Sie hat ein ausgebildetes Wahnsystem, das durch Sinnes¬
täuschungen genährt wird und sich um eine angeblich grosse Erb¬
schaft dreht. Diese Erbschaft sei ihr vorenthalten worden, sie habe
es gehört, ohne genau angeben zu können, von wem. Es seien hoch¬
stehende Personen beteiligt, das Testament werde zurückgehalten.
Alle Juden der Stadt wissen es; sie beobachten sie, sie wissen ihre
Gedanken. Pat. ist dabei völlig geordnet, versieht eine Stellung als
Köchin, in der sie allerdings durch häufiges Vorsichhinsprechen auf¬
gefallen ist. Es handelt sich wohl um das Krankheitsbild der
echten Paranoia chronica hallucinatoria, vielleicht
erwachsen auf dem Boden eines gewissen ange¬
borenen geistigen Schwachsinns.
Zusammenfassung: Einer jetzt 48jährigen Frau, die
von jeher durch ihre Grösse und Grobknochig¬
keit aufgefallen ist, sonst aber keinerlei Störungen,
die für unsere Frage in Betracht kommen, gehabt hat, werden
im Alter von 39 Jahren wegen Myoma uteri und Adnex¬
tumoren (im Jahre 1903) der Uterus und die Adnexe
vollständig entfernt. Cessatio mens. Seit dem der
Operation folgenden Jahre allmählich Grössen Zu¬
nahme der Extremitäten, besonders der
Hände und Füsse, Breiter werden des Gesich¬
tes und Hervortreten des Kinnes, Dickerwerden
des ganzen Körpers, starke Gewichtszunahme. Subjektiv:
Mitunter Schwindel, Herzklopfen, leichtes Schwitzen und
Frieren. Schlechter Schlaf. Kreuzschmerzen. Missstimmung.
Keine schweren zerebralen Symptome. Keine Sehstörungen.
Objektiv: Sehr grosse Extremitäten, beson¬
ders Hände und Füsse, besonders grosse
Finger. Verdickung der Weichteile. Ver-
grösserung des Gesichtes und Vorstehen des
Kinnes (gegen früher). Brüchige Haut. Nervöse Uebcr-
erregbarkeit. Keine Zeichen einer organischen
Hirnerkrankung. Augenhintergrund und Ge¬
sichtsfeld normal. Fehlen der Genitalien.
Die Grösse der Hände und Füsse, das Hervortreten der Akra
im Gesicht, die massige Knochenentwicklung besonders an den
Unterschenkeln lassen keinen Zweifel darüber, dass bei der
Patientin abnorme Wachstumserscheinungen besonders an den
Körperenden vorliegen. Da diese Störungen im vorgerückten
Alter, nachdem die Wachstumsperiode längst abgelaufen war,
entstanden sind, so kann es sich eigentlich nur um akro-
megalische Erscheinungen handeln. Gegen eine
Osteoarthropathie hypertrophiante pneumonique, an die man
vielleicht allein noch denken könnte, spricht sowohl der Be¬
fund an den Knochen selbst, wie das Fehlen irgend einer ur¬
sächlichen Erkrankung an den Lungen oder dem Herzen.
Es besteht nun kein Zweifel, dass die akromegalischen
2) Zur Physiologie und Pathologie der Ovarialfunktion. Archiv
f. Gjmäkologie 1911, Bd. 95, H. 2.
Erscheinungen hier im Anschluss an die Kastratio
entstanden sind. Sind sie einfach als Folge derselbe
aufzufassen? Wir wissen besonders seit den Untersuchungc
von Tandler und Gross, dass die Frühkastration beii
Menschen zu charakteristischen Veränderungen führt, die sie
einerseits in Anomalien der sekundären Geschlechtscharakter,
andererseits in abnormen Wachstumserscheinungen dartui
Tandler und Gross unterscheiden zwei Typen der K;
straten, von denen der eine durch abnorme Adipositas, dt.
andere durch abnormes Längenwachstum ausgezeichnet is
Mit dem zweiten Typ hat unsere Patientin zweifellos eir
gewisse Aehnlichkeit; doch unterscheidet sich das Krankheit:
bild bei ihr von dem bei Frühkastraten dadurch, dass es sic
bei ihr nicht wie bei den Kastraten um einfachen Rieser!
wuchs, sondern um echte Akromegalie handelt. Eine Bi
Ziehung zu jenen Befunden könnte man nur durch die Ansicl!
derjenigen Autoren finden, die (wie B r i s s a u d und M e i g
Massai ungo, Tandler und Gross u. a.) annehme
dass Akromegalie und Riesenwuchs dieselbe Erkrankung seie!
und der Unterschied beider nur durch das Alter bedingt st
indem die gleiche Störung im Kindesalter zu Riesenwuchs, bei:
Erwachsenen zu Akromegalie führe. Man könnte dar!
unseren Fall einfach dadurch erklären, dass hier bei eine
erwachsenen Individuum nach Kastration eben nicht einfach
Riesenwuchs, sondern Akromegalie auftrat. Diese Anschautir,
ist aber keineswegs als gesichert zu betrachten, ja sie !i|
sogar von seiten einzelner Autoren einen so energischen rij
anscheinend so wohl begründeten Widerspruch erfahr
(S t e r n b e r g, Fischer), dass man sie kaum ohne weiter
akzeptieren kann.
Andrerseits spricht gegen einfachen Zusammenhang df
Akromegalie mit der Kastration doch sehr eindringlich c?
Tatsache, dass bei der Kastration der Erwachsenen akromeg
lische Erscheinungen trotz der vielfachen Erfahrungen, die übf
die Spätkastration vorliegen, soweit ich die Literatur übi-
sehe und Erkundigungen bei erfahrenen Gynäkologen mir <L
geben haben, bisher nicht beobachtet worden sind. Es c-
scheint deshalb kaum möglich, auf den Ausfall d
Genitalfunktion allein das Auftreten d •
Akromegalie bei unserer Patientin zurüc-
z u f ü h r e n.
Dass allerdings auch nach Abschluss der Entwicklung
Periode gerade zugleich mit einer Funktionsstörung der Gef*
talien der Akromegalie ähnliche Störungen auftreten kömu,
das legen die eigentümlichen Veränderungen bei Gravier
nahe, über die wir auch Tandler und Gross ej-
gehende Untersuchungen verdanken. Diese Autoren wiesi
in diesem Sinne besonders auf die Plumpheit der Gesich-
weichteile, wie der Extremitäten am Ende der Gravidität h.
die sie als akromegalische Erscheinungen auffassten. PL
Veränderungen dürften jedoch nicht so sehr mit der Störig
der Genitalfunktion an sich, als mit der während der Gravidi t
ebenfalls zu beobachtenden, durch die Störung der Genitalfunkt n
wohl sekundär bedingten Ver grösserung der Hypophyt
im Zusammenhang stehen, also als Folge eines Hyperpituitai;-
mus zu betrachten sein, ebenso wie nach der jetzt wohl fsi
allgemein anerkannten Anschauung auch die echte Ak-
megalie bei Hypophysentumoren. Stellen wir uns auf den \r
Tandler und Gross vertretenen Standpunkt, nach du
der Einfluss der Genitalien auf das Wachstum besonders in n
Resorption der Knorpelfugen besteht, also mehr passi'J
Natur ist, während die Hypophyse einen aktiven Einfluss ai>-
übt, direkt das Wachstum anregt, so dürfte zur Erklärung 1
das vermehrte Wachstum eines erwachsenen Individuum
wie unserer Patientin, von vornherein eine Störung der Hy
physenfunktion weit eher in Betracht kommen als eine Sp¬
rung der Genitalfunktion an sich, da ja wegen der längst vj-
zogenen Verknöcherung der Epiphysenfugen die Geni'-
funktion direkt ja gar keine Möglichkeit des Angriffes H
Jedenfalls müssen wir dem Verhalten der Hypophyt
bei unserer Patientin ganz besondere Aufmerks;'-
keit schenken und festzustellen suchen, ob sich bei ihr irg't
welche sonstige Zeichen finden, die für das Vorliegen ei’i
Hyperfunktion der Hypophyse sprechen würden oder ob eU
eine Vergrösserung der Hyphophyse, die mit den akromei
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
759
. April 1913.
ischen Funktionsstörungen der Hypophyse gewöhnlich einher-
eht, sich nachweisen lässt.
Für den klinischen Nachweis des Hyperpituitarismus he¬
tzen wir recht wenig Anhaltspunkte. Aber auch von diesen
enigen bekannten Symptomen ist bei der Patientin nichts
achzuweisen. Diabetes oder alimentäre Glykosurie, die be-
mders seit den Untersuchungen von Borchardt als Aus¬
nick einer Hyperfunktion der Hypophyse aufgefasst werden
iirfen, finden sich nicht bei der Patientin.
Auch eine Vergrösserung der Hypophyse
iegt, soweit man dies nach dem Röntgenbilde der Sella
ircica sagen kann, nicht vor. Nach der Grösse der Sella
iirfte die Hypophyse eher abnorm klein sein. Es ist
ies um so bemerkenswerter, als ja schon bei der Gra-
idität, bei der ja entsprechend den weit geringer aus-
jesprochenen akromegalischen Erscheinungen die Vergrösse-
ung der Hypophyse weit weniger beträchtlich anzunehmen
,äre, die Vergrösserung im Röntgenbilde doch konstatiert
/erden konnte. Auch alle sonstigen lokalen Erscheinungen,
ie durch eine Hypophysenvergrösserung gewöhnlich hervor-
erufen werden, fehlen bei unserer Patientin, so Optikusver-
nderungen, Gesichtsfeldstörungen, zerebrale Druckerschei-
ungen etc. Eine Vergrösserung der Hypophyse
ei unserer Patientin als Ursache der Akro-
icgalie anzunehmen, dazu sind wir also nicht
i e r e c h t i g t. Wenn wir aber trotzdem daran festhalten
Rollen, dass doch eine Hyperfunktion der Hypophyse vor-
iegt — und nach allem, was wir über die echte Akromegalie
vissen, können wir ja daran kaum zweifeln — , so bleibt uns
igentlich nichts anderes übrig, als eine vermehrte Se-
retion ohne nachweisbare Vergrösserung
ler Drüse anzunehmen. Vielleicht handelt es sich nur um
ine Art relativer Hyperfunktion ohne Vergrösse-
ung der Drüse selbst durch Fortfall der entgegengesetzt und
ladurch vorher kompensatorisch wirkenden Ovarialdrüsen.
'ümmt man an, dass das Ovarialsekret normalerweise einen
Teil des Hypophysensekretes sozusagen in seiner Wirkung
neutralisiert, so kann man sich vorstellen, dass durch Fortfall
lieser Neutralisation es auch ohne abnorm vermehrte Se-
cretion der Hypophyse zu einer Ueberschwemmung des Or¬
ganismus mit Hypophysensekret und deren Folgen kommt.
Eine völlig befriedigende Erklärung ist dies allerdings
luch nicht, wenn sie auch besonders den Ausfall der Genital-
unktion als Ursache der akromegalischen Erscheinungen uns
/erstehen lassen würde; ich glaube aber, dass eine voll-
befriedigende Erklärung überhaupt kaum zu geben ist. Ich
ege deshalb auf meine Erklärung auch weniger Wert als auf
he ja ganz zweifellos unbestreitbare Tatsache, dass die Akro-
negalie bei unserer Patientin im Anschluss an die Kastration
entstanden ist.
Eine sich bei dieser Auffassung des Falles sofort auf¬
drängende Frage möchte ich aber doch noch erörtern. Wenn es
sich wirklich nur um die Folgen eines relativen Hyperpituitaris¬
mus handelt, warum treten denn derartige Er¬
scheinungen nicht häufiger bei der Kastra¬
tion bei Erwachsenen auf und warum sind sie
gerade bei unserer Patientin aufgetreten?
Dafür lässt sich nun eine Erklärung finden, die auch geeignet
ist, den vorhergehenden Erklärungsversuch wahrscheinlicher
zu machen. Das eine ist wohl sicher: es handelt sich bei
unserer Patientin um ein Unikum; anderenfalls müssten wir
derartigen Vorkommnissen bei den so häufigen Exstirpationen
der Genitalien häufiger begegnen; dass sie etwa bisher nur über¬
sehen worden wären, scheint mir bei dem lebhaften Interesse,
das den Störungen der Drüsen mit innerer Sekretion auch
von seiten der Gynäkologen entgegengebracht wird, wenig
wahrscheinlich. Es kann also die Kastration allein
wohl kaum für den Ausbruch der Erkrankung
verantwortlich gemacht werden, sondern es
muss noch irgend ein anderes Moment dafür
in Betracht kommen. Bei der Suche nach einem sol¬
chen muss einem sofort die ganz spontane Angabe von seiten
der Patientin auffallen, dass sie von jeher sich vor
ihren Geschwistern durch abnorme Länge
der Extremitäten und besondere Grob¬
knochigkeit ausgezeichnet habe, die darauf hin¬
zudeuten scheint, dass schon in der Jugend abnormes Wachs¬
tum bei ihr Vorgelegen habe, und zwar nicht so sehr in Form
der Akromegalie als vielmehr des Riesenwuchses. Die
Patientin hat eine Anlage zum Riesenwuchs. Wie
wir uns auch die Entstehung des Riesenwuchses zu denken
haben, wir müssen doch annehmen, dass der Regulations¬
mechanismus, der bewirkt, dass das Knochenwachstum nicht
über ein bestimmtes Mass hinaus stattfindet, nicht in der nor¬
malen Weise funktioniert, sei es, dass die das Wachstum
fördernden Einflüsse zu stark sind, sei es dass die hemmenden
zu schwach sind. Wahrscheinlich spielt auch beim Riesen¬
wuchs die Hypophyse eine gewisse Rolle. Der wesentlichste
Unterschied gegenüber der Akromegalie liegt wohl darin, dass
es sich bei letzterer um eine besondere Erkrankung, bei
ersterer um eine angeborene Entwicklungsanomalie handelt.
Sicher ist weiter, dass auch das Genitalsekret (neben Sekreten
noch anderer Drüsen) für das normale Wachstum von Be¬
deutung ist, und zwar anscheinend, in gewissem Sinne wenig¬
stens, von entgegengesetzter wie das Hypophysensekret. Wir
dürfen wohl auch bei unserer Patientin annehmen, dass der
aus verschiedenen Drüsen bestehende Regulationsapparat, der
das Knochenwachstum reguliert, nicht in normaler Weise an¬
gelegt gewesen ist. In einem solchen Apparat wird aber das
Gleichgewicht zwischen den einzelnen beteiligten Organen ein
ausserordentlich viel labileres sein als in einem normal ge¬
bildeten, und Ausschaltung eines Teiles des Apparates wird
viel leichter Störungen der Funktion des ganzen Apparates
hervorrufen, als unter normalen Verhältnissen nach einer
solchen Ausschaltung, etwa nach Kastration, aufzutreten
pflegen. Deshalb entstand bei unserer Patien-
tinnachExstirpation der Ovarien, die bei anderen
ohne schwere Störung des Knochenwachstums vorgenommen
werden kann, die Akromegalie.
Dass übrigens der Riesenwuchs eine Disposition für das
Auftreten allgemeiner Dystrophien, insbesondere für Akro¬
megalie, gibt, scheint auch nach anderen Erfahrungen ziemlich
sicher (S t e r n b e rg, Fische r). Es fragt sich nur noch,
warum es bei Patientin nicht zu einer einfachen Zunahme
des Riesenwuchses, sondern zu echter Akromegalie kam. Das
scheint mir aber durch den Hinweis darauf leicht erklärlich,
dass zur Zunahme des Längenwachstums (Riesenwuchs) das
Vorhandensein der Epiphysenknorpel notwendig ist, eine Vor¬
bedingung, die bei der erwachsenen Patientin fehlte. Es
konnte also wesentlich nur eine Dickenzunahme der Knochen,
also Knochenablagerung im Sinne der Akromegalie, statt¬
finden.
Fasse ich zusammen, so lässt sich sagen: Die Anlage
zum Riesenwuchs liefert die Grundlage, die
Ausschaltung der Genitaldrüsen war die Ver¬
anlassung zum Auftreten der akromegali¬
schen Erscheinungen.
Mit dieser Zurückführung der Akromegalie in unserem
Falle auf eine angeborene Anomalie und eine Gleichgewichts¬
störung im Apparat der Drüsen mit innerer Sekretion gewinnt
unsere Beobachtung eine Beziehung zu jenen Fällen abnormer
Wachstumserscheinungen, die in letzter Zeit als Ausfluss an¬
geborener Defekte im Apparat der Drüsen mit innerer Se¬
kretion mehrfach beschrieben worden sind [cf. Guggen-
heim3), Goldstein 4)]. Im selben Sinne möchte ich zum
Schluss noch darauf hinweisen, dass mancherlei dafür spricht,
dass auch bei echter Akromegalie angeborene Anomalien eine
gewisse Rolle zu spielen scheinen, eine Vermutung, die be¬
sonders durch die Untersuchungen Ettore L e v y s über die
Persistenz des Canalis cranio-pharyngeus bei Akromegalie
nahegelegt wird.
3) Guggenheim: Ueber Eunuchoide. Deutsches Archiv für
klinische Medizin 1912.
4) Goldstein K.: Deutsche med. Wochenschr. 1913, No. l
(Vereinsberichte).
760
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Aus dem Kaiserin Elisabeth-Krankenhaus in Hohenems.
Ueber Pylorospasmus und Ulcus ventriculi.
Von Dr. A. Neudörfer, dirigierender Arzt.
Die in No. 4, 1913 der Münch, med. Wochenschr. publi¬
zierte Arbeit von Bergmann veranlasst mich schon jetzt
über einen Fall zu berichten, der sowohl in chirurgischer, als
auch interner Beziehung von Interesse ist.
Ich lebe in einem Lande, in welchem das Ulcus ventriculi
zu den sehr häufigen Erkrankungen gehört, wie schon daraus
hervorgeht, dass ich in einem Zeitraum von etwas über
5 Jahren 120 Fälle von Ulcus und deren Folgezuständen zu
operieren Gelegenheit hatte. Wenn ich alle Fälle von Narben
und von Geschwüren des Pylorus abziehe, ferner von den
Perforierten, bleiben 39 Fälle, in denen das Ulcus entfernt
vom Pylorus sass, und nur diese sollen hier besprochen
werden. H a u d e k hat gezeigt, dass ein Magenrest nach
6 Stunden für Pylorus spricht, gleichgültig, wo das Ulcus
seinen Sitz hat, d. h. mit anderen Worten, dass ein Ulcus auch
entfernt vom Pylorus, durch Reiz des Vagus, Pylorospasmus
und dadurch verlangsamte Entleerung des Magens bewirkt.
Allerdings gilt dieser Satz nicht ausnahmslos. Unter meinen
Beobachtungen sind 18. Fälle, bei welchen andere Symptome
die Diagnose Ulcus mit Sicherheit feststellen Hessen, und bei
welchen die Operation das Ulcus aufdeckte, bei denen aber
trotzdem der Magen nach 6 Stunden leer war. Andererseits
habe ich Fälle gesehen, bei denen ein deutlicher Wismutbrei
sich vorfand, ein Ulcus bei der Operation aber nicht gefunden
werden konnte. Ich sehe natürlich von allen Fällen ab, bei
welchen durch irgend eine äussere Ursache der Pylorus oder
das Duodenum verengt waren, sei es durch Verwachsungen
perigastritischer Natur, schwere Gastroptose mit Knickung des
Pylorus oder durch arteriomesenterialen Duodenalverschluss.
Nun ist allerdings bekannt, dass die Fälle gar nicht selten sind,
bei denen ein Ulcus sicher vorliegt, die schwere Hämatemesis
überstanden haben, und bei denen trotzdem ein Ulcus bei der
Operation nicht gefunden werden kann. Ich erinnere nur an
die Publikationen von K r e c k e und die Arbeit von W i 1 m s,
der die Ulcera im Duodenum erst nachweisen konnte, nachdem
er vom geöffneten Magen aus mit dem Finger untersucht hatte.
Sehnliche Beobachtungen haben Rovsing veranlasst, sein
Gastroskop zu konstruieren, um das Ulcus durch direkte In¬
spektion zu finden. Ich habe 4 solche Fälle gesehen, und der
prompte Erfolg der Gastroenterostomie erhärtet ebenfalls die
Diagnose, da bekanntlich eine nicht inzidierte Gastroentero¬
stomie mehr schadet wie nützt. Es sind demnach die früher
erwähnten Fälle mit Wismutrest nach 6 Stunden, in welchen
sonst kein Symptom für Ulcus spricht, nicht als beweisend
zu betrachten; aber es gibt zweifellos Fälle, bei denen der
Pylorospasmus allein ohne Ulcus besteht, und 3 diesbezüglich
missliche Erfahrungen haben mich vorsichtig gemacht. Es
handelte sich um Fähe von langdauernden Magenbeschwerden,
die jeder Behandlung trotzten, bei denen ich allein auf den
Wismutrest nach 6 Stunden hin die Operation vornahm, bei
denen ich kein Ulcus und auch sonst ausser einem etwas dila-
tierten Magen keine Veränderungen fand. Die spätere Beob¬
achtung zeigte dann das Bild der Obstipatio spastica. Mög¬
licherweise handelte es sich hier tatsächlich um Fälle, in denen
noch kein manifestes Ulcus bestand, wie das Bergmann
vermutet, um Menschen mit Disposition zur Ulcusbildung, bei
denen die dann einsetzende Atropinbehandlung die Bildung
eines Ulcus zu verhindern vermochte. Der Pylorospasmus
der Säuglinge, der neuerlich ebenfalls Objekt chirurgischer
Behandlung geworden ist, scheint in seiner Aetiologie noch
so wenig geklärt zu sein, dass sich Schlüsse daraus nicht
ziehen lassen. Meines Wissens sind Ulcera bei Säuglingen
ausserordentliche Raritäten. Jedenfalls sind sie viel seltener
als das Bild des Pylorospasmus.
Wie schon gesagt, finden sich in meinem Material unter
den 39 Fällen 18, in welchen sich kein Wismutrest nach
6 Stunden im Magen feststellen liess. Weitere 9 Fälle muss
ich deshalb ausscheiden, weil ich eine Röntgenuntersuchung
nicht vorgenommen habe, teils, weil sie zu einer Zeit operiert
wurden, in welcher ich über einen Röntgenapparat noch nicht
verfügte, teils habe ich die Untersuchung unterlassen, weil es
No. 14.
bei der Ausheberung des Probefrühstückes zu einer Blutung
kam, weshalb ich jede weitere Untersuchung des Patienten
vor der Operation unterliess. Ich kann die Beobachtung von
Bergmann nur bestätigen, dass es sich zum Teil um ältere
Menschen handelt, welche jahrzehntelang ihr Ulcus getragen
haben, und bei denen der vermehrte Vagotonus nicht mehr
bestand; aber aus meinen Beobachtungen geht auch, so weit
ich jetzt sagen kann, hervor, dass die Mehrzahl der Patienten,
welche ein kleines Ulcus an der vorderen oder hinteren Wand
tragen, keinen Pylorospasmus aufweisen. Es scheinen die Ge¬
schwüre der kleinen Kurvatur besonders geneigt zu sein,
Pylorospasmus zu erzeugen, auch dann, wenn sie klein sind.
Ebenso ist es zweifellos richtig, was Bergmann über die
allgemeinen Nervenerscheinungen bei Ulcuskranken sagt, da
die neurasthenischen Symptome zu den gewöhnlichsten Be¬
gleiterscheinungen bei Ulcuskranken gehören. Die auf den
Sympathikus zu beziehenden Erscheinungen, wie leichter
Exophthalmus, erweiterte Pupillen, stets feuchte Hände etc.,
sind mir bei meinem Material nicht aufgefallen, obwohl ich
nicht genauer daraufhin untersucht habe. Es ist aber doch
nicht sehr wahrscheinlich, dass mir diese Symptome entgangen
wären, wenn sie bei meinen Fällen häufig bestanden hätten.
Es scheint ja übrigens, dass noch keine volle Klarheit über die
Zugehörigkeit dieser Symptome zu bestimmten Nervengruppen
besteht, wie ich aus einer Bemerkung von Bergmann
ersehe.
Die eben zitierte Arbeit veranlasst mich, schon jetzt einen
Fall zu publizieren, der wie ein Experiment die Richtigkeit der
Anschauungen Bergmanns demonstriert und auch sonst
manches chirurgische Interesse bietet.
Krankengeschichte. Fr. G., 47 Jahre alt, Bauer, ausge¬
nommen mit Pr.-No. 657 am 2. Oktober 1912.
Anamnese: Pat. ist angeblich früher stets magengesund ge¬
wesen. Vor ungefähr 3 Monaten begann er an Magenschmerzem
zu leiden, welche ziemlich rasch nach dem Essen auftraten, in der
Magengrube lokalisiert waren, in den Rücken ausstrahlten und
1 — lVz Stunden andauerten. Nie Erbrechen, nie schwarzer Stuhlgang.1
Kein Sodbrennen. Hartnäckige Obstipation. Pat. stand 2 Monate in
ärztlicher Behandlung ohne Erfolg. Pat. hat um 10 Pfund abge¬
nommen.
Status praesens: Ueber mittelgrosser, magerer, blasser
Mann, von etwas kachektischem Aussehen. Innere Organe gesund;
Abdomen im Thoraxniveau. Kein Plätschern in der Magengegend,
nirgends Druckempfindlichkeit, kein Tumor nachweisbar. Probefrüh-j
stück, nach einer halben Stunde ausgehebert, ist nur wenig verdaut.
Der filtrierte Magensaft enthält freie Salzsäure, Spuren von Milch¬
säure. Gesamtazidität 38, Die Wismut-Röntgenuntersuchung zeigt!
folgendes: Der Magen ist etwas quer dilatiert, die grosse Kurvatur
steht 2 Finger unter dem Nabel. Der Magen scheint normal konn
figuriert zu sein. Nach 6 Stunden ist der grösste Teil des Wismut-,
breies noch im Magen.
Operation 12. X.: Ruhige Narkose. Medianschnitt ober
dem Nabel. Es findet sich nun folgendes: An der kleinen Kurvatur
ziemlich nahe dem Fundus, sitzt ein zweikroneugrosses, kal loses
Ulcus mit deutlicher Delle, mit starker Perigastritis in der Um¬
gebung. Der Pylorus fühlt sich rigide, wie stenosiert, an. Bei de;
Palpation hat man deutlich die Empfindung, dass in der Hinterwanc
! desselben ein ungefähr bohnengrosser, harter Tumor sitzt. Im Liga¬
mentum gastrocolium mehrere vergrösserte Drüsen, die sich etwas
derb anfühlen. Da dringend der Verdacht auf Karzinom besteht
andererseits das Ulcus an der kleinen Kurvatur unverdächtig ist
wird beschlossen, im 1. Akt den Pylorus zu resezieren. Resektioi
des Pylorus nach Kocher.
Verlauf: Schon am Tage nach der Operation gibt Patient an,
beschwerdefrei zu sein. Der Verlauf ist ein vollkommen glatter, unc
er wird am 24. XI. vorläufig nach Hause entlassen, mit der Weisung
sich in einigen Wochen wieder vorzustellen.
Epikritisch wiederhole ich: Es hat sich um einen Kranken ge
handelt, bei welchem eine Reihe von Anhaltspunkten daiUr bestanden
ein Karzinom anzunehmen. Schon die Anamnese, ein 47 jährige
Mann, der früher stets magengesund gewiesen ist und erst seit 3 Mol
naten krank ist, ferner sprachen für Karzinom das blasse, etwa
kachektische Aussehen des Mannes, der Röntgen- und ein wenig aucl
der Säurebefund. Interessant ist auch, wie schnell ein Ulcus siel
vergrössern und kallös werden kann, da kein Grund zu der Annahni
besteht, dass der Mann lange Zeit sein Ulcus latent getragen ha)
Bei der Operation fand ich nach der Eröffnung des Peritoneums de
starr kontrahierten Pylorus. Er war so fest zusammengeschrumpi
dass er den Eindruck einer narbigen Stenose machte. In seine
hinteren Wand fühlte man eine harte Stelle von Bohnengrösse un
i es fanden sich einige vergrösserte Drüsen im Ligamentum gastro
eolicum im Bereiche des Pylorus. Die Affektion ün der kleinen Km
I vatur zeigte alle Merkmale des Ulcus callosum. Man fühlte durch di
!. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
761
ingestlüpte Magenwand die Delle, was Kocher als ein sicheres
eichen fiir Ulcus anführt. Ferner sprach im selben Sinne die Peri-
astritis, kurz, ich war überzeugt, dass es sich um ein Ulcus callosum
andle, während ich geneigt war, ein beginnendes Karzinom am
’ylorus anzunehmen. Ich überlegte, was ich in dieser Situation tun
ollte. Wollte ich den Pylorus und das Ulcus entfernen, so hätte
;h nahezu den ganzen Magen opfern müssen, ein Eingriff, der mir
ei dem ziemlich anämischen Manne nicht gerechtfertigt erschien.
;h wollte zuerst die Gastroenterostomie und sekundär, nach Er-
olung des Patienten, die Pylorusresektion ausführen, stand aber
, jeder davon ab, da mir zweimal, wo ich diese Operation wegen des
erabgekommenen Zustandes der Patienten machen wollte, der zweite
'.ingriff abgeschlagen worden war, da sich die Kranken gesund
iihlten. Ich beschloss primär den Pylorus nach Kocher zu rese-
ieren und eventuell sekundär das Ulcus zu entfernen, da ich mit
'icherheit annahm, dass der Mann seine Ulcusbeschwerden behalten
viirde. Warum ich die Methode Billroth II nicht machen wollte,
lariiber später. Diese Ueberlegung dauerte einige Minuten. Während
dieser Zeit blieb der Befund am Pylorus unverändert. Erst als der
’ylorus reseziert war, wurde ich etwas bedenklich, da ich keinen
Tumor mehr fühlen konnte, beendete aber die Operation so, wie
leschlossen. Am aufgeschnittenen Präparat fand sich nun keine Spur
ines Tumors oder eines Ulcus und auch der mikroskopische Befund
ler mitentfernten Drüsen und des Pylorus waren negativ. Der Ver-
auf war ein ganz glatter und Patient war vom Tage der Operation
ui beschwerdefrei. Er wurde 14 Tage nach der Operation ent-
assen aber unter Kontrolle gehalten. Er hat bis jetzt me mehr Be¬
schwerden gehabt, hat 12 Pfund an Gewicht zugenommen und fühlt
;ich gesund und arbeitsfähig, ln allerletzter Zeit konnte er wieder
lachuntersucht werden, Er verweigerte allerdings die Magenaus-
leberung, so dass ich über den chemischen Befund nichts sagen kann,
ch konnte nur die Röntgenuntersuchung vornehmen und diese ergab
olgendes: Der Magen zeigte normale Grösse und normale Form. Es
st keine Einziehung an der Stelle des Ulcus, oder wie das auch be¬
obachtet wurde, an der gegenüberliegenden grossen Kurvatur zu
sehen. Der Magen entleert sich durch den neuen Pylorus annähernd
normal. Er ist nach 4 Stunden leer.
Man kann wohl, nachdem jetzt fast 5 Monate nach der
Operation verstrichen sind, mit Sicherheit sagen, dass das
Geschwür ausgeheilt ist, eine Tatsache, die in mehrfacher Be¬
ziehung Interesse verdient. Erstens ist es ein Beweis, dass
die Beseitigung des Pyloropasmus allein ohne jede andere
Behandlung ein so grosses und schon kallöses Geschwür des
Magens zur Ausheilung zu bringen vermag, welches noch dazu
an einer Stelle sass, an welcher erfahrungsgemäss die Ge¬
schwüre besonders schwer therapeutisch zu beeinflussen sind.
Aus mehreren Arbeiten, ich erwähne nur die von C 1 a i r -
m o n t, von Payr und von K r o i s s, ist es ja bekannt, dass
hochsitzende Ulcera der kleinen Kurvatur selbst nach Gastro¬
enterostomie nicht zur Ausheilung kommen. Zweitens ist
dieser Fall geeignet, ein neues Licht auf die Wirkungsweise
der Gastroenterostomie bei Ulcus zu werfen. Bisher wurde
allgemein angenommen, dass es der veränderte Chemismus
sei, der die Heilung des Geschwürs veranlasst, wahrscheinlich
aber ist das gar nicht der Fall, sondern nur dadurch, dass der
Spasmus des Pylorus unwirksam gemacht wird, erfolgt die
Heilung. Ausserdem eröffnet sich eventuell eine neue ätio¬
logisch chirurgische Therapie bestimmter Fälle von Ulcus
ventriculi.
Ich hatte zuerst die Absicht, weitere Erfahrungen abzu¬
warten und nicht auf Grund eines Falles Schlüsse zu ziehen,
sehe mich aber infolge der Arbeit von Bergmann veran¬
lasst, schon jetzt einige Worte darüber zu sagen. Es ist in
'vielen Fällen unmöglich, die von T a b o r a und B e r g m ann
befürwortete, langdauernde Atropinbehandlung ausserhalb
eines Krankenhauses durchzuführen, und oftmals zwingen die
Verhältnisse des Patienten dazu, eine rasche Heilung zu er¬
streben, und deshalb wird immer ein grosser Teil der Patienten
mit chronischen Ulcusbeschwerden der Chirurgie zufallen.
Fs besteht nun scheinbar noch immer keine Uebereinstimmung
über die Wirkung und den Erfolg der Gastroenterostomie bei
Ulcus, und ich brauche nur auf die Kontroverse zwischen
Kocher und Payr hinzuweisen, obwohl die uns hier be¬
schäftigende Frage dabei nur gestreift wird. Wenn es nun
möglich ist, durch die Resektion des Pylorus nach Kocher
bei Kranken mit hochsitzendem Ulcus Heilung zu erzielen, so
muss ich sagen, dass diese Operationsmethode mir den Vorzug
ver der Gastroenterostomie zu verdienen scheint. Dieser
letzteren Operation haften immer noch 2 Gefahren an. das
sind der Circulus vitiosus und das Ulcus jejuni pepticum, wenn
diese Gefahren auch nicht gerade hoch einzuschätzen sind.
No. 14.
Ich selbst habe bei 117 Gastroenterostomien bei Magenerkran-
kungen 5 mal wegen Circulus vitiosus relaparotomicren
müssen. Alle Patienten sind geheilt. Ausserdem habe ich
4 mal Gallenrückfluss in den Magen nach Gastroenterostomie
erlebt. Zwei dieser Fälle sahen anfangs bedrohlich aus. Es
gelang aber, die Funktion der Gastroentcrostomieöffnung
wieder herzustellen. 2 Patienten wurden mit noch bestehen¬
dem leichten Gallenrückfluss in den Magen entlassen, und habe
ich über diese 2 Fälle derzeit keine Nachricht über ihr Be¬
finden. Soweit ich nach der Literatur urteilen kann, ist dieses
Ereignis keineswegs selten und bildet eine unerwünschte Kom¬
plikation nach Gastroenterostomie. Das Ulcus pepticum habe
ich dreimal gesehen, die Operation wurde aber verweigert.
Alle diese Komplikationen fallen nach der Pylorusresektion
nach Kocher, weil dadurch annähernd normale Verhältnisse
hergestellt werden, aus. Unter allen Gastroenterostomiefällen
habe ich 1 Todesfall, die Patientin starb an Wismutvergiftung
6 Tage nach der Operation. Soweit ich sagen kann, ist tech¬
nisch die Kocherresektion weder schwierig, noch dauert sie
länger wie die Gastroenterostomie. Auch die Gefahren dieser
Operation sind nahezu Null. So habe ich eine Serie von
15 Fällen in den letzten \XA Jahren ohne Todesfall operiert,
und Kocher hat über eine Serie von 17 Fällen ohne Todes¬
fall berichtet. Darin ist auch der Grund gelegen, warum ich
nur in den Fällen, in welchen die Methode von Kocher un¬
möglich ist, nach Billroth II operierte, da das Undicht¬
werden des Duodenalverschlusses so häufig Todesfall verur¬
sacht. Es erscheint nach dem Gesagten möglich, dass in Zu¬
kunft unter ganz bestimmten Indikationen die Gastroentero¬
stomie durch die Pylorusresektion wird ersetzt werden
können, und zwar dann, wenn es sich um jugendliche Indi¬
viduen handelt, wenn das Ulcus hoch oben an der kleinen
Kurvatur sitzt, oder so mit der Umgebung verwachsen ist,
dass seine Entfernung erhebliche Schwierigkeiten machen
würde, und, wenn die Röntgendurchleuchtung den Befund des
Pylorospasmus ergibt. Unter meinen 27 Fällen, welche in
dieser Hinsicht genau untersucht sind, finden sich 8, bei
welchen diese Therapie gerechtfertigt erschienen wäre. Ich
habe seit dem eben berichteten Fall 2 solche Fälle operiert,
konnte mich aber zur Pylorusresektion deshalb noch nicht
entschliessen, weil ich von der definitiven Heilung des einen
operierten Falles noch nicht vollkommen überzeugt war.
Ich muss zum Schlüsse noch einmal sagen, dass es mir
ferne liegt, weitgehende Schlüsse aus einer Beobachtung zu
ziehen, bin aber entschlossen, in meinen weiteren Fällen so
vorzugehen, und vielleicht entschliesst sich einer der Kollegen,
einmal diese Operation zu versuchen. Besondere Beachtung
scheint sie mir in den Fällen zu haben, in denen durch hoch
hinaufreichende Verwachsungen mit der Umgebung durch ein
Geschwür der hinteren Wand der Magen nahezu unbeweglich
ist, und auch die Gastroenterostomie nicht ausführbar ist. Mit
einem Wort, Fälle, in denen bisher die Jejunostomie ausge¬
führt werden musste, die nicht nur für den Patienten lästig
ist und einen sehr langen Spitalaufenthalt bedingt, sondern
auch in ihrem Erfolg unsicher ist.
Eine seltene Indikation zur Darmresektion.
Von Dr. C. Sultan, Spezialarzt für Chirurgie in Kiel.
Es handelt sich um eine 42 jährige, kräftige Patientin aus der
Nachbarschaft Kiels, Frau B. aus Sch. Drei Kinder leben. Ende No¬
vember 1911 erfolgte ein Abort. Die Erweiterung des Muttermundes
durch den auswärtigen Kollegen zwecks Ausräumung war damals
schwierig. Dann traten regelmässige Menses ein. Da in der Familie
der Frau Geisteskrankheiten erblich sind, und weil im Laufe der
früheren Schwangerschaften bei ihr stets melancholiscne Zustände
aufgetreten waren, wurde nun ein „Sterile tt“ (Obturator uteri)
getragen. Nach einigen Monaten ging das Sterilett verloren; es
sollen dann stärkere Blutungen eingetreten sein. Die nun in der
Folgezeit eintretenden Menses waren unregelmässig, langdauernd,
schmerzhaft, sehr blutreich. Am 20. VI. 12 wurde deshalb der Arzt
konsultiert. Die Diagnose schwankte zwischen hämorrhagischer
Endometritis und Abort. Am 25. VI. leitete der dortige Kollege
zwecks Ausschabung die Skopolamin-Morphiumnarkose ein. Er¬
weiterung mit Laminaria war nicht vorausgegangen. Die Dilatation
mit He gar sehen Stiften bis No. XIV war nicht schwierig. Bevor
kürettiert wurde, fühlte der Kollege einen T u m o r im Uteruskavum,
den er für einen Polypen hielt. Er versuchte, ihn mit der Abort-
■j
762
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
zange hervorzuziehen. Nun zeigte sich, dass es sich um eine Darm-
schlinge handelte. Eine Stunde darauf sah ich die Patientin.
Aus der Scheide hing ein schlaffes, dunkelblaurotes Gebilde, das sich
leicht ein wenig hervorziehen Hess und sich als Dünndarm-
schlinge erwies, die völlig von ihrem Mesenterium, und zwar
direkt an seinem Ansatz, abgelöst war. Nun wurden alle weiteren
Manipulationen unterlassen, sterile Gaze vorgelegt, die Patientin in
das P a r k - S a n a t o r i u m Kiel gebracht und in Aethernarkose
laparotomiert.
ln der Bauchhöhle befand sich eine geringe Menge flüssigen
Blutes. Der Uterus war von normaler Grösse und fester Konsistenz;
er wird an seinem Fundus mit einer Kugelzange gefasst und etwas
angehoben. Nun sieht man die beiden Schenkel einer Dünndarm¬
schlinge in eine links hinten sitzende, dem Corpus uteri ange¬
hörende Perforation eintreten. Der Riss in der Uterussubstanz ist
schlitzförmig, etwa IV2— 2 cm lang. Der Darm wird von der straff
kontrahierten Uterusmuskulatur so fest umschlossen, dass es ohne
weiteres nicht gelingt, ihn hervorzuziehen. Deshalb muss die Uterus¬
wunde scharf erweitert werden. Nach Vorziehen des Darmes aus
der Gebärmutter stellt sich heraus, dass ein etwa 20 cm langes
Dünndarmstück seines Mesenteriums völlig beraubt ist. Der Stumpf
des Mesenteriums ist stellenweise dunkelblaurot infarciert und blutet
nicht. Resektion des Darms. Zirkuläre, axiale Darmnaht.
Naht des Mesenteriums. Verschluss der Uteruswunde mit 4 durch
die ganze Dicke der Muskulatur greifenden Jodkatgutnä'nten. Voll¬
ständiger Nahtverschluss der Bauchdecken Die Heilung erfolgte ohne
Störung. Nach 3 Wochen verliess die Frau mit guter Narbe das
Krankenhaus. In der Zeit der Rekonvaleszenz ist ein Abort nicht
eingetreten.
Wie haben wir uns nun das Zustandekommen dieser Uterus¬
verletzung zu denken? Die Annahme, dass mit dem Hegarstift eine
Zerreissung hervorgebracht wurde, muss von vornherein abgelehnt
werden. Dagegen spricht der Sitz dieser Perforation. Zer v ix¬
risse werden wohl hie und da mit Hegarstiften erzeugt, und es mag
Vorkommen, dass ein solcher Riss bei unsachgemässem, brüsken
Vorgehen auch sich in das Korpus fortsetzt und in die Bauchhöhle
perforiert. Davon war in vorliegendem Falle keine Rede. Ein
Zervixriss war nicht vorhanden, und die Perforation sass
oben, näher dem Fundus als der Cervix uteri. Wenn wir nicht an¬
nehmen wollen, das vor dem Eingreifen des Arztes eine kriminelle
Betätigung von anderer Seite das Trauma veranlasst hat — und zu
dieser Annahme liegt kein genügender Grund vor — , so bleibt meiner
Ansicht nach nur folgende Erklärung übrig; Das monatelang ge¬
tragene ,,S t e r i 1 e 1 1“ hat ein Dekubitalgeschwür in der
Uteruswand erzeugt und die Perforation vorbereitet. Jedenfalls
deutet die Anamnese darauf hin, dass stärkere, entzündliche Ver¬
änderungen nach längerem Tragen des Obturators aufgetreten waren.
Es stellten sich damals stärkere Blutungen, unregelmässige, schmerz¬
hafte Menses ein. Jetzt hat die weitere Erklärung keine Schwierig¬
keiten mehr. Durch die erweichte und verdünnte Stelle des Deku-
bitalulcus konnte auch bei vorsichtiger Handhabung der Hegarstift
oder die Abortzange durchtreten und die Perforation komplett
machen. Allerdings muss zugegeben werden, dass bei der Be¬
trachtung des Uterusrisses deutliche Zeichen einer entzündlichen
Veränderung in der Wand nicht gesehen werden konnten. Ebenso¬
wenig machte nach Grösse, Konsistenz, Vaskularisation der Uterus
den Eindruck eines graviden.
Ueber die Art des chirurgischen Eingriffes sind nur wenige
Worte zu sagen. Der Versuch, etwa den Darm zur Vulva hervor¬
zuziehen und die Resektion hier vorzunehmen, hätte uns, auch wenn
er ausführbar gewesen wäre, mit der Asepsis arg in Konflikt gebracht.
Und wie wären wir mit der Reposition des genähten Darmes fertig
geworden? Zudem zeigte ja auch der Verlauf der Operation, dass
wir, um den Darm aus der Umklammerung durch die fest um ihn
kontrahierte Uterusmuskulatur zu befreien, die letztere mit dem
Messer noch weiter durchtrennen mussten. Auch war der wünschens¬
werte Verschluss der Perforation des Uterus nur auf dem Wege der
Laparotomie zu erzielen.
Zum Schlüsse möchte ich vor dem Gebrauch der sogen.
„S t e r i 1 e 1 1 s“ und ähnlicher Uterusobturatoren zwecks
Verhinderung der Konzeption warnen. Wenn diese Apparate auch,
soweit ich es beurteilen kann, selten zur Anwendung kommen, hie
und da geschieht es doch, und kann zu ernsten Schädigungen führen.
Hat die Blutsverwandtschaft der Eheleute einen schäd¬
lichen Einfluss auf die Gesundheit der Nachkommen?
Von Friederich Kann giesse r, Universität Neuchätel.
Zur Erläuterung der Tabelle sei gesagt: Gezählt und berück¬
sichtigt wurden nur die direkten Nachkommen der in Frage stehenden
Ehen, nicht aber die Kinder der Nachkommen. Kinder, die das erste
Lebensjahr nicht vollendet hatten, blieben in der Statistik unberück¬
sichtigt. Doppelt gebucht wurde nicht; also ein blinder oder taub¬
stummer Idiot wurde nur als geistesschwach vermerkt und in der
Berechnung der Blinden und Taubstummen nicht mitgezählt.
A zeigt die Verhältnisse bei Nachkommen nicht blutsver¬
Nachkommen
Geistes¬
schwache
Sehr schlecht sehend
oder blind
taubstumm
A .
200
8
1
0,2
1 .
84
1
1
—
11 .
86
6
—
III ....
66
12
3
5
IV ....
30
4
6
—
V ....
54
7
—
1
B .
320
30
10
6
wandter Eltern. Die Ziffern habe ich aus den mir bekannten Kreisen
berechnet.
I enthält das Ergebnis meiner Umfrage im Kosmos 1913, H. 2,
über die Gesundheitsverhältnisse von Kindern blutsverwandter
Eltern: Onkel und Nichte, Cousin und Cousine I. und II. Generation.
Die unter I aufgezählten Ziffern entstammen den Mitteilungen, die
von den Eltern selbst oder von deren Kindern gemacht worden sind.
Der statistische Wert von Reihe I und 11 wird dadurch herabgesetzt,
dass Eltern, die ungünstige Erfahrungen gemacht haben, diese wohl
kaum mitteilen werden und dass die Kinder solcher Ehen aus Pietät
ebenfalls sehr zurückhaltend sein werden.
II diesbezügliche Vergleichsziffern, die ich aus den Anamnesen
von Felix Peipers (Diss., Bonn 1912) berechnete.
III betrifft das Ergebnis von Mitteilungen, die mir von Fremden,
nicht in blutsverwandter Ehe Lebenden, über die Gesundheitsverhält¬
nisse von Kindern blutsverwandter Ehen auf erwähnte Kosmosumfrage
hin gemacht wurden. Der statistische Wert von Reihe III und IV
wird beeinträchtigt dadurch, dass von Fremden die sog. interessanten
Fälle oft mehr berücksichtigt zu werden pflegen.
IV. Diesbezügliche Vergleichsziffern, berechnet aus Peipers
Dissertation.
V betrifft das Resultat einer mündlichen Umfrage unter meinen
Bekannten über die Gesundheitsverhältnisse von Kindern der ihnen
bekannten blutsverwandten Ehen, wobei ich Wert darauf legte, dass i
jede solche Ehe genannt wurde, also auch die normal verlaufenen
Fälle.
B enthält die Addition von I— V, d. h. sämtlicher Nachkommen
aus blutsverwandten Ehen, soweit sie mir und Peipers bekannt
geworden sind.
Prozentualiter ausgedrückt finden sich:
A unter den Nachkommen nicht blutsverwandter Ehen 4 Proz.
Geistesschwache, 0,5 Proz. sehr schlecht Sehende oder Blinde und
ca. 1 Prom. (!) Taubstumme;
B unter den Nachkommen blutsverwandter Ehen 9,4 Proz.
Geistesschwache, 3,1 Proz. sehr schlecht Sehende oder Blinde und.
1,9 Proz. Taubstumme.
Betreffs Albinismus kann ich A. Blaschko zustimmen, der
in einem Aufsatz in der Berl. klin. Wochenschr. 1912, No. 45 bemerkt:
„Ist keiner der Eltern albinotisch, so besteht sehr häufig — in einem
Drittel der Fälle — Blutverwandtschaft der beiden Eltern“. — Aus
3 blutsverwandten Ehen sind mir Albinos bekannt, deren Eltern nicht
albinotisch, manche allerdings kränklich waren. Aber auch ein an¬
scheinend gesundes, nicht blutsverwandtes Ehepaar, dem aus seiner
Aszendenz kein Fall von Albinismus bekannt, hatte unter 8 Kindern
4 anscheinend gesunde Kakerlaken.
„In fast einem Drittel der Fälle von Retinitis pigmentosa handelt
es sich um Individuen, die von blutsverwandten Eltern abstammen ,
E. Fuchs, Lehrb. d. Augenheilk. 1905, p. 542. „Nur für die Retinitis
pigmentosa lässt sich wohl kaum in Abrede stellen, dass die Kon-
sanguinität einen schädlichen Einfluss ausübt“; G. Busch an ii
Mo 11s Handb. d. Sexualwissenschaften 1912, p. 908 — 915. „Mag
nus eruierte unter 374 Ehen, die blinde Kinder produziert hatten
45 Ehen zwischen Blutsverwandten, darunter 12 bei Retinitis pig¬
mentosa und 11 bei angeborener Sehnervenatrophie . Im Gesamt
durchschnitt zeigt sich bei meinem Material von Augenleidenden du
Blutsverwandtschaft der Eltern fast 4 mal so häufig .... als wie ii
der Gesamtbevölkerung derartige Ehen geschlossen werden. ....
(Uebrigens) stehe ich heute nicht mehr auf meinem früheren Stanu
Punkt, wo ich den Einfluss der Inzucht auf die Entstehung der hohei
Kurzsichtigkeit ganz leugnete“; Crzellitzer: Die Vererbung voj
Augenleiden; Berl. klin. Wochenschr. 1912, No. 44. — Frau Dr. mec
A. Geh e e b -L i e b e r k n e ch t - Gr.-Lichterfelde hatte die gross
Freundlichkeit, für die ich ihr an dieser Stelle meinen schönsten Dan
sage, mir den folgenden Fall zur Publikation zu überlassen: „Betrm
17 jähriges Mädchen mit Retinitis pigmentosa. Keine Geschwistei
In der Familie ist vorher niemals Retinitis pigmentosa vorgekommei
Die Eltern sind Vetter und Base erster Generation. Mutter lebt un
ist gesund. Vater starb an Diabetes.“
Ein Hochschulprofessor machte mir Mitteilung von einem Vate
der 2 aussereheliche (von 2 verschiedenen Müttern abstammencK
Kinder hatte; diese heirateten, ohne zu wissen, dass sie vom gleicht
Vater sind; sie haben 3 Kinder: eines militärtauglich, die beide
anderen Idioten.
Herr Dr. med. K a u p e - Bonn überliess mir folgenden Fall zi
Publikation und bemühte sich auf meine Anregung hin um die E
8. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
forschung des Falles in einer Weise, die zu dauerndem Dank ver¬
pflichtet. Es handelt sich um ein Kind seines Säuglingsheims, das von
einem 16 jährigen Mädchen und dessen 17 jährigem Bruder gezeugt
worden ist. Das Kind, das eine Atrophie der Netzhaut hat (Dr. Gal¬
lus), sieht offenbar sehr wenig und wird voraussichtlich vollkommen
erblinden. Da der Vater des von Frau Dr. Geheeb genannten
Mädchens mit Pigmentatrophie der Netzhaut an Diabetes gestorben
war, sei hier bemerkt, dass im vorliegenden Fall beide Eltern kein
Saccharum haben. Der Vater hat auf beidenAugen geringeUebersichtig-
keit und infolge eines in der Kindheit erlittenen Traumas links eine
seitliche Hornhautnarbe, die mit der Iris verwachsen und die Pupille
etwas verzogen hat; der Augenhintergrund ist gesund (Dr. Grube).
Die Mutter hat herabgesetzte Sehschärfe, da beide Augen stark über¬
sichtig und astigmatisch. Das rechte, zum Schielen neigende Auge ist
stark schwachsichtig. Augenhintergrund normal (Dr. B e r t r a m).
Da die blutsverwandte Ehe den Erblichkeitsfaktor verstärkt
und einen latenten Erblichkeitsfaktor zu aktivieren geeigneter ist als
die nicht blutsverwandte Ehe, und da der Erblichkeitsfaktor unter den
heutigen Verhältnissen eher ein pathologisches als ein physiologisches
Moment ist, sind die Aussichten, geistesschwache, blinde und taub¬
stumme Kinder zu bekommen, in blutsverwandten Ehen entschieden
grösser als in nicht blutsverwandten Ehen. Ich kann daher die bluts¬
verwandte Ehe nicht als eine rassenveredelnde — wie dies geschehen
ist — bezeichnen, sondern ich halte das Eingehen einer solchen Ehe
— wobei ich die Worte eines Verteidigers derselben gebrauche —
für ein gefährliches Beginnen.
Aus dem Sanatorium Wehrawald.
Ueber orthotische Albuminurie bei Tuberkulose.
Von Josef Sturm.
In No. 9, 1913 dieser Wochenschrift veröffentlicht Arnold aus
der Würzburger Hautklinik einen Artikel „Ueber orthotische
Albuminurie und ihre Beziehungen zur Tuberku¬
lose, nach Untersuchungen bei Hautkranken, ins¬
besondere bei Hauttuberkulose und Syphili s.“ Da
er in demselben auch die von Lüdke und mir in No. 19, 1911
dieser Wochenschrift erschienene Arbeit „Ueber orthotische
Albuminurie bei Tuberkulose“ bespricht, muss ich auf
seine Veröffentlichung, vor allem auf seine Versuche bei Haut¬
tuberkulose und die Verwertung von deren Ergebnissen, kurz
eingehen; dass auch bei anderen Infektionskrankheiten, auch bei
Syphilis, eine orthotische Albuminurie auftreten kann, haben wir
selbst betont und darin eine Stütze für die Aetiologie der orthotischen
Albuminurie gesehen.
Vor allem möchte ich bemerken, dass Lüdke und Sturm die
orthotische Albuminurie nicht als ein neues vollwertiges Frühdia-
gnostikum der Tuberkulose, wie es z. B. die subkutane Tuberkulin-
injektion ist, hingestellt haben, sondern lediglich sagten, dass die¬
selbe mitverwendet werden könne als frühdiagnostisches Merkmal,
vorausgesetzt, dass nicht anderweitige voraus¬
gegangene Infektionen die orthotische Albumin¬
urie bedingen! Mindestens ebensoviel Wert wie auf die Fest¬
stellung der eventuellen Frühdiagnostik legten wir in unserer damali¬
gen Arbeit auf die Theorien über Entstehungsweise und etwa vor¬
handene oder mögliche pathologische Veränderungen bei orthotischer
Albuminurie. Wir führten das Zustandekommen derselben auf toxische
Reize zurück, hervoreerufen durch Einwirkung der bei manchen Lun¬
gentuberkulosen im Blute kreisenden und mit demselben in die Nieren
gebrachten Tuberkelbazillen. Diese Anschauung hat einen neuen Be¬
weis erfahren durch Untersuchungen, die ich an einem grösseren
Krankenmaterial d°r Hamburgischen Heilstätte Edmundstal angestellt
habe und die zum Teil schon veröffentlicht sind (Brauers Beitr.). teils
demnächst ausführlich veröffentlicht werden. Ich fand bei ca. 70 Proz.
von Tuberkulose einen Zusammenhang zwischen Tuberkelbazillämie
und Ausscheidung von Tuberkelbazillen im Urin, und zwar derart,
dass die Bazillnmie diese Ausscheidung direkt bewirkte; bei aus¬
gesprochener tuberkulöser Nephritis fand ich stets (5 Fälle) Tuberkel¬
bazillen in Blut und Urin, bei 6 Fällen von ständiger reiner Albu¬
minurie 4 mal. Die Untersuchungen des Blut- und Urinbefundes bei
12 orthotischen Albuminurien (unter 20 Phthisikern 12 mal 60 Proz.)
ergab wiederum einen unzweifelhaften Zusammenhang zwischen Ba¬
zillenbefund in Blut und Urin und zwischen orthotischer Albuminurie,
der aus der folgenden Tabelle zu ersehen ist.
Es sind also Lüdkes und Sturms damalige 140 Fälle um
weitere 20 vermehrt, bei denen fast in der gleichen Prozentzahl
(60 Proz.) orthotische Albuminurie auftrat; erst recht beweisend sind
diese Fälle infolge ihrer genauen und ausführlichen Blut- und Urin¬
untersuchungen auf Tuberkelbazillen.
Arnold hingegen hatte unt°r 49 H a u t tuberkulösen nur 5 posi¬
tive Fälle = 11 Proz. Diese 5 Fälle zeigten auf Tuberkulin neben
der Herdreaktion auch eine Allgemeinreaktion, woraus Arnold
schliesst. dass sie neben der Hauttuberkulose auch eine Allgemein-
tuberkulöse hatten. Sonst erwähnt er nur noch 5 Fälle, die auf
Tuberkulin reagierten und keine orthotische Albuminurie zeigten, und
zwar unter 8 Fällen; ob nur diese 8 Fälle diagnostisch gespritzt wur¬
763
Fall
No.
Tuberkelbazillen
vor dem Stehen
Tuberkelbazillen
nach dem stehen
im Blut j im Urin
im Blut
im Urin
+
+
+
+
+
+
+
+
+
- -
+
—
+
9
10
11
12
+ ; +
+ : +
+ , +
den, geht aus seiner Arbeit nicht hervor. Auf jeden Fall können bei
der Beantwortung dieser Frage nur die Fälle berücksichtigt werden,
welche, entweder durch positiven Bazillenbefund oder durch positive
Tuberkulinreaktion, auch sicher tuberkulös sind, wie es bei unseren
sämtlichen, nunmehr 160 Untersuchungen der Fall war.
Wenn sich also Arnold schon auf nur relativ wenige ein¬
deutige Fälle stützen kann, so kommt hinzu, dass es sich nur um
Haut tuberkulöse handelt. Ob bei der Hauttuberkulose, einer
äusseren Form der Tuberkulose, die Verhältnisse ebenso liegen wie
bei der Lungentuberkulose, muss erst bewiesen werden. Wir glauben
nicht, dass man berechtigt ist, aus einem Befunde, der nur in dem
lokalisierten Gebiet der Haut tuberkulöse erhoben ist, auf die
Tuberkulose überhaupt zu verallgemeinern!
Ueber Serumfermentwirkungen bei Schwangeren und
Tumorkranken.
Erwiderung auf E. Abderhaldens Artikel in No. 13
dieser Wochenschrift.
Von R. Freund in Berlin.
Die Darstellung Abderhaldens nötigt mich, hier noch ein¬
mal mit Nachdruck zu behaupten, dass sein Artikel in der Me¬
dizinischen Klinik (1909, No. 41), in welchem zum ersten
Male die Anwendbarkeit der ‘optischen Methode zum Studium der
Schwangerschaft und besonders der Eklampsie ausgesprochen wird,
direkt unter dem Einfluss meines Besuches bei Ab¬
derhalden, dem ich die Ergebnisse der Eklampsieforschung vorge¬
tragen hatte, entstanden ist. Lediglich darauf hinzuweisen, be¬
zweckte meine jüngste Publikation; dass ich zur Zeit meiner Unter¬
redung mit Abderhalden über das Wesen seiner optischen Me¬
thode orientiert war, habe ich nicht behauptet.
Schon bei der gemeinsamen Veröffentlichung1) kamen wir beide
damals überein, die Idee der Verwendbarkeit der opti¬
schen Methode für die Graviditätsvorgänge als
eine von uns beiden ausgehende hinzustellen, und haben
deshalb in der zugehörigen Fussnote2 3) beide Arbeiten, Abderhaldens
Artikel in der Med. Klinik (1909, No. 41) und meine Arbeit r die als
Abschnitt eines Handbuches (Serumtherapie von Wolf f -Eis ne r
1910) naturgemäss etwas später erscheinen musstel. gleichzeitig an¬
geführt.
Ich hätte es danach in meiner letzten Veröffentlichung •’) nicht
nötig gehabt, noch einmal auf di°sen Punkt zuriickzukommeu, wenn
ich nicht bemerkt hätte, dass Abderhalden dieser unserer -ge¬
meinsamen, grundlegenden Arbeit mit Ausnahme eines einmaligen
kurzen Hinweises 4) nirgends mehr Erwähnung tut und weiterhin
ohne mich zu zitieren, sogar Ausblicke auf eine Serumtherapie bm
Eklampsie5 6) neuerdings gibt, welche ich bereits im Jahre 1910")
inauguriert habe.
Erwiderung auf obigen Artikel R. Freunds.
Von Emil Abderhalden in Halle a/S.
Die erste ausführliche Mitteilung über die An ¬
wendbarkeit der optischen Methode auf dem Ge¬
biete der Schwangerschaft und speziell der
Eklampsie findet sich in der 3. Mitteilung (S. 248)
über serologische Studien mittels der genannten
Methode. Diese Arbeit ist Ende Juli verfasst worden und ging
x) Abderhalden-Freund-Pincussohn: Ergeb. d.
Geb. u. Gyn., II, 2, S. 367.
2) 1. c. S. 368.
3) Zur Geschichte der Serodiagnostik der Schwangerschaft.
Münch, med. Wochenschr. 1913, No. 13.
4) Zeitschr. f. physiolog. Chemie, Bd. 77. S. 250.
5) Beiträge zur Klinik der Infektionskrankheiten und zur Immuni¬
tätsforschung etc. Würzburg 1913, I, 2, S. 269.
6) Handbuch der Serumtherapie (s. o.) 1910, S. 250, und Med.
Klinik 1911, No. 10, S. 371.
4*
764
No. 14.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
der Redaktion der Zeitschrift für physiologische Chemie am 16. August
1909 zu. In Bd. 62 der genannten Zeitschrift habe ich Seite 247—249
ausführlich die Anwendungsmöglichkeiten der optischen Methode und
der ihr zugrunde liegenden Gedankengänge und Vorstudien auf dem
Gebiete der Pathologie besprochen und betont, dass ich keine Frage¬
stellung für mich zu reservieren beabsichtige, im Gegenteil darum
bitte, meine Ideen und meine Methode möglichst mannigfaltig aut
ihre Anwendbarkeit zu prüfen. Diese Arbeit ist bei der Korrektur
einzig und allein in der Weise ergänzt worden, dass angeführt wurde,
R. F r e u n d werde an den Studien über Eklampsie teilnehmen. Erst
mehrere Wochen später habe ich die in der er¬
wähnten Arbeit ausgesprochenen Ideen in einem
r ri der AJedizinischen Klinik erschienenen Auisatz
wiederholt und gleichzeitig erweitert.
Würde R. Freund in seinem Artikel „Zur Geschichte der Sero¬
diagnostik der Schwangerschaft", diese Wochenschrift No. 13. 1913,
angegeben haben, wie er das jetzt tut, dass wir beide die Idee
gehabt hätten, meine Methode auf das Gebiet der Gravidität zu
übertragen, so würde ich dagegen niemals Widerspruch erhoben
haben, obwohl diese Angabe objektiv unrichtig ist. Mein Einspruch
gegen Freunds Darstellung der „Geschichte der Serodiagnostik etc.
geht einzig und allein gegen die nun zweimal aufgestellte Behauptung,
er habe, angeregt durch meine optische Methode, diese auf dem Gebiete
der Schwangerschaft und speziell der Eklampsie angewandt resp. mich
aufgesucht und gewissermassen bestimmt, mit ihm zusammen über
Eklampsie zu arbeiten. Freund sagt jetzt aus, er habe das
nicht behauptet. Ich verweise auf diese Wochen-
schrift No. 13, 1913 und die von mir in der ersten Er¬
widerung zitierte Stelle in der Medizinischen
Klinik.
Fortbildungsvorträge und
Uebersichtsreferate.
Ueber Ruhr und ihre Behandlung.
Von Karl J u s t i in Hongkong.
Unter Ruhr (Dysenterie) versteht man zwei ubiquitäre
Darmerkrankungen, die sich nicht nur ätiologisch und klinisch von¬
einander abgrenzen lassen, sondern auch in prognostischer und thera¬
peutischer Beziehung beachtenswerte Unterschiede darbieten, die
Amöben- und die Bazillenruhr. Dysenterieähnliche Zu¬
stände kommen vor bei Tuberkulose, Darmkatarrh, bei dem Ein¬
dringen gewisser Schmarotzer in den Darm (Bilharzia, Balan-
tidium und anderer seltenerer Parasiten); auch die kieselsäure-
haltigen Exkremente von Heuschrecken, mit dem 1 rinkwasser in den
Darm gelangt, sind nach P r o n t für ruhrartige Entleerungen ver¬
antwortlich zu machen. In der folgenden kurzen Uebersicht be¬
schränke ich mich auf die Ruhr im engeren Sinne.
Das mikroskopische Bild der Amöbe mit ihrer glashellen,
langsam schleichenden oder plötzlich vorwärts stossenden moto¬
rischen Zone und dem körnigen, phagozytären Endoplasma ist so
eigenartig, dass es schon vor einem halben Jahrhundert seinen ersten
Beobachter fand (Lambl). Aber erst in neuerer Zeit ist dank den
Untersuchungen Schau dinns die krankheiterregende Rolle der
Entamoeba histolytica allgemein anerkannt worden. Eine
Schwierigkeit für die Klarstellung der Aetiologie lag darin, dass in
einem grossen Teil der Ruhrfälle Amöben fehlten — es sind dies,
wie wir jetzt wissen, die bazillären Formen — , dass also erst der
Dualismus der Krankheitsgruppe erkannt werden musste, und dass
andererseits Amöben auch bei Gesunden aufgefunden wurden; diese
hat Schaudinn als die harmlose Entamoeba coli charak¬
terisiert. Stimmen, die der E. histolytica nur eine sekundäre Stellung
einräumen wollen (Tanaka), werden durch Versuche besondeis
von Strong (Manila) widerlegt, dem es gelang, durch die Ein¬
führung von bakterienfreiem Material aus der Wandung von
Leberabszessen Amöbenruhr bei Katzen zu erzeugen. Eine Abart
der E. histolytica ist die E. t et rage na; ihre Dauerkapseln
sind im Gegensatz zu der gewöhnlichen Amöbe vierkernig (Viereck
und Hartman n).
Die Haupttypen der Ruhrbazillen sind die giftarmen
Stämme F 1 e x n e r und Y und die Shiga-Kruse Stäbchen. Ausser
diesen sind noch eine Anzahl wenig verbreiteter Ruhrbazillen bekannt
geworden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass den verschiedenen
Stämmen verschiedene Erscheinungsformen der Krankheit ent¬
sprechen. B a e r in a n n und Eckersdorff haben ein etwas
abweichendes klinisches Bild auf die Infektion mit Streptokokken
zurückgeführt. _ .
Um die Art der Ruhrbazillen festzustellen, genügt für die Praxis
die Agglutination. In Hongkong, wo die Bazillenruhr die Amöben¬
ruhr bei weitem überwiegt — unter 245 Fällen des Gouvernement¬
hospitals waren 166 bazilläre und 79 Amöbendysenterien (Bell) — ,
hat H e a n 1 e y eine Reihe unserer Kranken untersucht und das
Vorkommen von Shiga-Kruse- und F 1 e x n e r Stäbchen sero¬
logisch nachgewiesen.
Pathologische Anatomie. Bei der Amöbenrunr
spielt sich die Entzündung hauptsächlich in der Submukosa ab als
Folge der hier eindringenden Parasiten. Eine ausgedehnte Zer¬
störung der Schicht durch Eiterung und Nekrose beraubt die Schleim¬
haut ihrer Unterlage, und sie wird, ohne selbst stärker geschädigt
zu sein, abgestossen. Oder es brechen Abszesse durch die Schleim¬
haut hindurch, es entstehen flascheriförinige Geschwüre. Pie
Bazillenruhr beginnt als akute Entzündung der Schleimhaut;
dem katarrhalischen Stadium kann ein diphtherisches, ein nekro¬
tisierendes, ein geschwiiriges und ein reparatives folgen. Aus dem
Vorherrschen und dem frühzeitigeren Eintreten der einzelnen Grade
ergibt sich die Verschiedenartigkeit der klinischen Bilder. Die
Amöbenruhr tritt, ausser in den schwersten Fällen, begrenzt auf und
setzt sich vorzugsweise im Colon ascendens und im Zoekuni fest:
die Bazillenruhr ist über das ganze Kolon mit besonderer Beteiligung
der Stagnationsstellen verbreitet. Jedoch ist das Verhalten der
Amöbenruhr nicht überall gleich; in Ostindien soll gerade das Colon
descendens besonders stark oder allein befallen werden. Perfora- |
t i o n e n kommen bei der tiefer in der Darmwand nistenden und
mehr zu Rückfällen neigenden Amöbenruhr leichter zustande, als bei
der bazillären Form. Wichtig ist das Weiterbestehen von Ge¬
schwüren nach scheinbarer Heilung; man findet sie gelegentlich bei
Sektionen. Bei der Amöbenruhr können sie noch nach Jahren Ver¬
anlassung zu Leber abszessen geben.
Klinische Symptome.*) In den akut beginnenden Fällen
von Amöbenruhr (etwa 60 Proz.) klagen die Kranken über:
krampfartige Schmerzen im Leib (K o 1 i k e n), die sich später mein
in die linke Seite ziehen. Die anfangs fäkulenten Stühle lassen erst
nach einiger Zeit (bis zu mehreren Tagen) die Ausscheidung von
entzündlichem Darmsekret erkennen, das immer häufigei und n
kleinen Mengen herausgepresst wird: Blut, farblosen durch¬
scheinenden oder durch Blut tiefrot gefärbten Schleim (Himbeergelec-
massen). Weiterhin erscheinen Eiterflocken und Schleimhautfetzen.
Erhebliche Blutungen sind selten; nach Finlayson (1873) und
Strong begünstigen Leberabszesse durch Stauung im Pfortader¬
gebiet schwerste, tödliche Blutverluste. Ist dei unterste Abschnitt
des Darms ergriffen — in älteren Fällen gibt das Rektoskop hierbei
interessante Bilder — , so kommt es zu T en esmen, dringenden
Schmerzen im Mastdarm, genau wie bei der Bazillenruhr
In den übrigen Fällen ist der Beginn schleichend; Schmerzen
fehlen manchmal ganz, ebenso Durchfälle; ja es kann Verstopfung |
Vorkommen. Die Kranken kommen dann mit unbestimmten Ver¬
dauungsbeschwerden zum Arzt oder mit der Angabe, dass sie etwas
Blut im Stuhlgang bemerken. .
Beim Uebergang in das subakute Stadium treten wieder fakulente
Entleerungen mit entzündlichen Beimengungen auf.
Die Mikroskopie des möglichst frischen, fade riechenden
Schleims oder Blutes ergibt meist schon im ersten Präparat die
Amöben, und zwar findet man sie vornehmlich da, wo grosse ge¬
quollene, oft verfettete Epithelien und einzelne rundkernige Leuko¬
zyten dem Schleim beigemengt sind. Besonders stark mit roten
Blutzellen sind sie beladen in den Himbeergeleemassen. Wichtig ist
das spärliche Vorkommen von Eiterzellen (polynukleären Elementen).
Für die Bazillenruhr kennzeichnend sind stürmische Er¬
scheinungen Häufig bilden Fieber und Gliederschmerzen die ersten
Symptome der Infektion. Die Durchfälle setzen plötzlich ein unter
heftigen drängenden Schmerzen im Leib und besonders im Rektum.
Sehr bald werden die Stühle schleimigblutig, schleimigeitrig oder nun
blutig. Niemals ist der Schleim glasig wie bei der Amöbenruhr, wenn
auch einzelne derartige Partien den schmutziggelblichgrauen Massen
beigernischt sein können. Unter dem Mikroskop erkennt man sotor
den eitrigen Charakter der Ausscheidungen; der Unterschied von dem
Bild bei der Amöbenruhr ist sehr auffallend und nach meinen zahl¬
reichen Beobachtungen ganz wesentlich. Im gefärbten I raparal
findet man Anhäufungen von Ruhrbazillen, falls der Schleim tnsc
ist, regelmässig. Verschlimmert sich der Zustand, so., werden du
Durchfälle wässerigflüssig, missfarbig, stinkend: gangränöse retzei
mischen sich bei, und der Kranke verfällt teils durch die loxin-
wirkung, teils durch den Wasserverlust. Häufiger als bei der Amoben
rühr ereignen sich bei der Stäbchenruhr ausgiebige Blutungen.
ln den leichteren Fällen und in der Rekonvaleszenz sind di
Stühle breiig oder gebunden und mit den entzündlichen Ausschci
düngen vermengt oder überzogen.
Nicht immer ist der Unterschied der beiden Ruhrarten klimsci
möglich. Dann, und wenn Verdacht auf eine M i s chinf cktio«
vorliegt, ist die bakteriologische Untersuchung unumgänglich, tsc
den Mischinfektionen findet man z. B. in eitrigschleimigen Massei
Atn'^Pr ognose. Während die Stäbchenruhr wenigstens in de
leichteren Fällen durch diätetische Massnahmen ausheilen kann, de
Körper also über die Infektion durch seine eigenen Mittel Herr wm
so erfordert die Amöbenruhr stets eine medikamentöse Behandlung
und sie neigt bei der Schwierigkeit, .auf die in der Subtnukos
wuchernden Schmarotzer einzuwirken, in hohem Grade zum Len.
gang in ein chronisches oder ein latentes Stadium. Jede Art vo
beziehen sich ai!
Französisch-Cliin;
*) Die hier niedergelegten Beobachtungen
Hongkong, sein Hinterland, die Philippinen, —
Kobert hat von Tsingtau, Dopt er von Nordafrika ähnliches m
richtet.
! \pril 191.^)'
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
765
> r ist sehr bedenklich, wenn sie als Komplikation auftritt. Die
ahr des Leberabszesses ist bei der Infektion mit Amöben gross,
der mit Bazillen verschwindend klein. Die chronische Ruhr führt
liesslich zum Verlust der Schleimhaut, zu ausgedehnten Narben,
auch mechanische Störungen hervorrufen, und zu Inanition.
ser Zustand wird hin und wieder fälschlich mit Sprue zu-
imengeworfen.
Therapie. Der Behandlung beider Ruhrforinen gemeinsam
; j die schmerzstillenden Massnahmen und die diätetischen Ver-
nimgen; letztere gelten# übrigens für alle schweren Durchfälle in
Tropen. Gegen die Schmerzen muss stets ein heisser Auf¬
lag verordnet werden: wenn kein Heisswasserbeutel zu haben ist,
5t man heissen Leinsamen oder gerösteten Reis in Säcken auf-
en. Bleiben trotzdem die Schmerzen sehr heftig, so gibt man
rphium subkutan oder gegen die Tenesmen Opium per rectum
l Weinglas laues Wasser mit 2 Esslöffeln Stärkemehl und 30 Tropfen
iumtinktur).
Diät. Akutes Stadium. Jeder Ruhrkranke gehört ins
it. Ein anfangs leichter Anfall wird durch Missachtung dieser
Igel unter Umständen sehr viel schlimmer. Der Leib ist warm zu
teil. Schwerkranke müssen die Bettpfanne benutzen. Die Nah-
lgszufuhr ist möglichst einzuschränken; kräftige Patienten erhalten
ie Hungerdiät (nur etwas Thee und Reiswasser), schwäch¬
te eine Schonungsdiät (Fleisch- oder Hühnerbrühe, Eiweiss-
isser, dünne Lösungen von Kindermehlen oder Eiweisspräparaten),
ies dies muss in kleinen Mengen und warm genossen werden. Bei
asseni Durstgefühl, bei Erschöpfung sind Salzwasser-
n g ii s s e unter die Haut oder in die Vene indiziert. Sie ersetzen
n Wasserverlust, regen die Herztätigkeit an und wirken durch |
bung der Harnausscheidung entgiftend. In einzelnen Fällen haben
r erfolgreich nur Infusionen gegeben und den Magen bis zu meh¬
ren Tagen völlig ausser Kurs gesetzt. Alkoholika sind während
r ganzen Zeit verboten; nur im Kollaps ist Brandy erlaubt. Wenn
r Darm sich beruhigt hat, so beginnt man mit Milch, erst verdünnt,
mn rein. Später reicht man an festen Nahrungsmitteln weich¬
kochten Reis (der vor dem Kochen 12 Stunden in kaltem Wasser
standen hat), Puddings von Mondamin, Maizena, dann weich¬
kochte Eier, Fisch, Hühnerpüree, geröstetes Brot, geschabtes
eisch, roh oder angebraten. Neben dieser Beikost rate ich dringend,
ne ausgiebige Milchernährung durch mehrere Wochen einzuhalten,
ährend in den ersten Tagen Verstopfung nicht unerwünscht ist,
iuss in der Rekonvaleszenz durch Darreichung von milden Abfiihr-
itteln tegelmässiger Stuhlgang erzielt werden.
Chronisches Stadium. Die besten Resultate habe ich
oii einer reinen Milchdiät gesehen. Nach einem Abführmittel be¬
ilint man mit lVa— 2 Litern frischer ungekochter Milch. Wo keine
ische Milch zu haben ist, ist Mecklenburger oder Berner Büchsen-
ülch der beste Ersatz. Die Menge wird auf 2 — 3 stündliche Mahl-
eiten verteilt und sie steigt allmählich auf 3 — 4 Liter. Da die
atienten gewöhnlich sehr abgemagert sind, erholen sie sich, trotz
er nicht grossen Kalorienmenge, schnell durch das Aufhören dei
»urchfälle. Bei der Amöbenruhr kommt die durch die Milch häufig
eschaffene saure Reaktion als hemmend für das Wachstum der
’arasiten in Betracht. Im übrigen hat die Milchdiät bei Kranken,
iie bisher eine gemischte Kost nahmen, eine Aenderung der Bak-
erienflora und damit eine aiitiseptische Wirkung im Sinne
ischerichs zur Folge; sekundäre Katarrhe schwinden schnell.
:.s gibt Menschen, die Milch nicht vertragen; sie erbrechen die Milch
'der sie bekommen unweigerlich Durchfall. Dann ist es sinnlos, lange
:u experimentieren; in diesen Fällen und, wenn bisher Milch ge-
lommen wurde, ist eine gemischte, leichtverdauliche Nahrung mit
\usschluss der Milch angebracht. Englische Aerzte (z. B. C a n 1 1 i e,
irown) ziehen der Milchkur eine mehr oder weniger reine Fleisch-
lahrung vor; ihrer Ansicht nach soll das Fleisch leichter verdaulich
sein und die Sekretion der Verdauungssäfte lebhafter anregen. Ich
nabe mich nicht mit dieser Diät anfreunden können; wer näheren
[Aufschluss haben möchte, findet eine erschöpfende Darstellung bei
ß r o w n.
Innerliche Mittel. Akutes Stadium der Amöben-
r u h r. Zunächst warne ich vor der Verordnung von Opium; es hat
unfehlbar wie bei allen schweren Darmerkrankungen im heissen
Klima eine Vermehrung der Noxe und damit eine erhebliche 'Ver¬
schlimmerung des Krankheitsbildes zur Folge. Im Gegenteil hat die
Behandlung stets mit einem Abführmittel zu beginnen. Beabsichtigt
man später ein pflanzliches Spezifikum zu verwenden, so empfehle
ich das Rizinusöl als gründliches und mildes Evakuans. Bei heftigen
Koiiken verordnen wir Magnesium sulfur.; von der konzentrierten
Lösung nimmt der Kranke 3 stündlich einen Esslöffel, bis eins mög¬
lichst schmerzfreie Entleerung erfolgt. Das Magnesium- wie das
Natriumsalz haben überdies die Eigenschaft, die Amöben an die Obei-
liäche der Schleimhaut zu schaffen. Von dieser Tatsache macht man
in zweifelhaften Fällen diagnostischen Gebrauch. Kalomel gibt man
in Dosen von 0,05—0,1 2 stündlich. Gewinnen die Stühle unter diesen
Medikationen eine erheblich bessere Beschaffenheit, so fähit man
mit ihnen fort und verordnet das Magnesium 3 mal täglich zu einem
Esslöffel, das Kalomel in allmählich kleiner werdenden Mengen,
'viele Fälle heilen auf diese Weise aus; namentlich sind die Eikran-
kungen der Kinder dem Magnesiumsalz zugänglich.
Tritt jedoch keine schnelle Besserung ein, so greift man zu den
Spezifika s. Hierunter versteht man der Eingeborenenmedizin
entnommene Substanzen, die schon nach den ersten Gaben Besserung
und in kurzer Zeit Heilung herbeiführen. Leider sind sie nicht zu¬
verlässig; sie bewähren sich in einer Reihe von Fällen in erstaun¬
licher Weise, in anderen versagen sie völlig; es kommt sogar vor,
dass bei demselben Kranken einmal ein Mittel prompt hilft, und dass
bei einem zweiten ganz gleichen Anfall dasselbe Mittel versagt. Man
darf deshalb niemals einem Patienten versprechen, dass die ver-
ordnete Arznei helfen wird. Ein Mittel gegen die Ruhr, das dem
Chinin bei Malaria gleichwertig ist, gibt es noch nicht, wenn es auch
schon häufig genug angesagt worden ist. Wenn manche Aerzte die
Spezifika völlig ablehnen, so ist das sicherlich ein übertriebener
Skeptizismus (z. B. J a c k s o n). Für die pharmakologische For¬
schung bietet sich hier noch ein weites Feld; nur wenige Mittel sind
näher analysiert worden und soweit die Bazillenruhr in Betracht
kommt, muss man sich auf Vermutungen über ihre Wirkungsweise
beschränken.
Das bestgekannte Mittel gegen die Ruhr und, wie wir wohl
sagen können, gegen die Amöbenruhr, ist die Ipecacuanha. Dass
so verschiedene Urteile über ihren Wert zutage getreten sind, liegt
zum Teil daran, dass die Ruhrspezies nicht beachtet wurde — auf
Ruhrbazillen hat sie keinen spezifischen Einfluss (V e d d e r) — , zum
Teil auf einer ungleichmässigen Beschaffenheit der Droge. Der Brech¬
reiz wird gemildert dadurch, dass man statt des Infuses das Pulver
in saloliiberzogenen Pillen oder in Keratinkapseln gibt. V e d d e r hat
die Giftwirkung der Wurzel auf Amöben experimentell erforscht und
glaubt sich zu der Annahme berechtigt, dass ihre Wirkung an beide
Alkaloide, das Cephaelin und das nicht erbrechenerregende
Emetin gebunden ist. Auf Grund dieser Versuche hat Rogers
bei einer Reihe von Amöbendysenterien salzsaures Emetin subkutan
gegeben und, ohne die leisesten Nebenwirkungen zu beobachten,
glänzende Erfolge gehabt. Versuche in dem hiesigen Gouvernements¬
hospital sind nach einer privaten Mitteilung Kochs mit demselben
Resultat gekrönt worden. , „ . •
Die innerliche Darreichung des Chinins hat auf die Amoben
keine sichere Wirkung (B e 1 1), da es fast ausschliesslich durch die
Nieren ausgeschieden wird.
Wenigstens ebenso zuverlässig wie die Brechwurzel ist nach
meinen Erfahrungen die Wurzelrinde der Siraaruba off i-
c i n a 1 i s. Sie hat vor jener den Vorzug, dass sie keine Uebelkeit
erzeugt. In dem folgenden Rezept ist sie mit dem amöbentötenden
Benzonaphthol, mit Wismut und den Adstringentien R a t a n h i a
und Acacia Senegal verbunden :
Rp. Simarubae pulver.
3,0
Benzonaphtholi
3,0
Bismut. subnitr.
8,0
Sir. Krameriae
30,0
Sir. Acaciae
200,0.
Alle 3—4 Stunden einen Esslöffel.
Ein anderes Rezept, das hier im Osten als das Dr. R h e i n sehe
Mittel bekannt ist, enthält neben der Simaruba chinesischen Zimmt:
Rp. Radic. Simarubae 1750,0
Cinnamomae 875,5.
Mit 3 Litern Wasser einzukochen auf 2 Liter; dazu 3 Esslöffel
Branntwein. Es wird nach gründlicher Entleerung des Darms duren
Rizinusöl gegeben, und zwar 4 mal täglich ein Weinglas voll.
Die Samenkörner von Brucea Sumatrana. ein in Java und
in Fi anzösisch-China bekanntes und hochgeschätztes Volksmittel. ent¬
halten das wirksame Kossamin, das in Paris in rablettenform
hergestellt wird. Die Körner führen die Darmschleimhaut reizende
Zelluloseteilchen; deshalb sind die Tabletten vorzuziehen. Meine
Resultate mit dem Kossamin sind günstig. In Persien, Indochina ist
es mit gutem Erfolg angewendet worden (Axisa). Ueber
Ailant us glandulosa, das in Südchina ausgebreitete Ver¬
wendung findet, und über die südafrikanische Monsonia ovata
habe ich keine Erfahrungen. ......
Gtosse Hoffnungen erweckt die Arbeit Guerbers über die
Uzara, ein afrikanisches Mittel, das wahrscheinlich durch Erregung
der Hemmungsapparate die glatte Muskulatur ruhigstellt, also anti-
diarrhoisch wirkt, und Amöben in wenigen Augenblicken abtotet.
W e r n e r hat die Uzara bei mehreren Fällen versucht; der erwartete
Erfolg blieb aus. Ich habe die Uzara bei 5 Amöbendysenterien ge¬
geben Bei 3 chronisch Kranken war die Wirkung gleich Null (m
einem der Fälle half dann das Kossamin prompt). In 2 anderen Fällen
war ein voller Erfolg zu verzeichnen. Ein Patient mit lange be¬
stehender, seit 2 Monaten rückfälliger Ruhr wurde innerhalb einer
Woche gesund und hat sich seitdem (in 3 Monaten) vorzüglich erholt.
Eine hämorrhagische Form, 8 Wochen alt, heilte in 3 Tagen völlig aus.
Bei der chronischen Amöbenruhr wird die V erstoptung
durch kleine Mengen des Magnesiums bekämpft. Führt die Diät allein
nicht zum Ziel, so empfehle ich die Darreichung von Simaruba oder
Kossamin. Betreffs der Uzara müssen weitere Versuche abgewartet
werden. Auf die Behandlung mit Einläufen komme ich spate, zu
spi i . k a m e n t e bei ß a z i ii e n r u h r. S h i g a hat zuerst
mit Serum behandelt. Er und Kruse erhielten es durch Immum-
766
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14
sierung von Tieren mit Kulturen. Todd (1903), Rosental,
V a i 1 1 a r d und D o p t e r verwendeten neben den Kulturen die
Bakterientoxine zur Herstellung der Sera. Die Resultate waren gut,
zum I eil ausgezeichnet. Die Schwierigkeit der bakteriellen Diagnose
hat man für die Praxis durch polyvalente Sera umgangen. Trotzdem
hat sich die Serumbehandlung noch nicht in derselben Weise ein¬
geführt, wie etwa bei der Diphtheriebehandlung, wohl deshalb, weil
die meisten Fälle auch ohne Seruminjektion glatt ausheilen. Wir
legen bei schweren Fällen Wert auf die Serumeinspritzung, aller¬
dings unter der strikten Bedingung, dass der Zeitpunkt für eine ener¬
gischere Behandlung nicht versäumt wird.
Akutes Stadium. Am sichersten ist es, die Behandlung
mit einem Abführmittel einzuleiten (Rizinusöl, Kalomel, Magnes.
sulfur.l. Das Magnesium mildert die Tenesmen und führt häufig unter
allmählicher Verminderung der Dosis zur Heilung, ln ganz frischen
Fällen kann man sogleich ein stopfendes Mittel geben. Von der
Ipekakuanha habe ich im Gegensatz zu anderen Aerzten keine Er¬
folge gesehen. Ich bin geneigt, sie als ein Spezifikum gegen die
Amöbenruhr allein anzusehen. Wir haben mit ausgezeichneten Re¬
sultaten die von Koehler 1903 bekannt gegebene Mischugn der
Fluidextrakte von Cortex Simarubae. Granatae und Lignum
C a m p e c h e verwendet. Koehler hat zwar nicht die Art der
Dysenterie angegeben, doch glaube ich, dass es sich in seinen
Fällen um Bazillenruhr gehandelt hat. 1904 haben wir 46 aufein¬
anderfolgende mittelschwere und schwere Ruhrfälle mit den Fluid¬
extrakten behandelt. Von diesen waren 36 akute, 7 chronische Ba¬
zillen- und 3 Amöbendysenterien. Bei 12 Kranken wurde zunächst
ein Abführmittel gegeben. Bei der ersten Kategorie versagten die
Extrakte in 3 Fällen, bei der zweiten waren nur volle Erfolge zu ver¬
zeichnen, und bei der Amöbendysenterie kam es nur zu vorüber¬
gehenden Besserungen. Die Heilungsdauer betrug bei den akuten
Bazillendysenterien im Durchschnitt 5,6, bei der chronischen Form
4,6 Tage. In 7 akuten Fällen war schon nach der ersten Gabe der
Durchfall sistiert, und der nächste Stuhlgang gebunden. Am erstaun¬
lichsten waren die Resultate bei der chronischen Bazillenruhr;
Kranke, die Wochen und Monate Durchfall gehabt hatten, wurden
innerhalb weniger Tage geheilt und aus ihrem trostlosen Siechtum
zum vollen Wohlbefinden zurückgeführt. Bei Erwachsenen beträgt
die Dosis einen Esslöffel, bei Kindern einen Theelöffel und bei Säug¬
lingen 20 Tropfen alle 12 Stunden. Im Laufe der nächsten Jahre ging
der Prozentsatz der Heilungen von 93 auf etwa 70 herunter. Dies und
der bittere Geschmack, der freilich durch einen Schluck Heidelbeer-
saft (ein ausgezeichnetes Stopfmittel) weggenommen wird, veran-
lasste uns, nach einem noch zuverlässigeren Mittel Umschau zu
halten. Versuche mit einem von Gans in Frankfurt a. M. her¬
gestellten Fluidextrakt der tanninreichen Fruchtschalen von Gar-
cinia mangostin ergaben in einzelnen Fällen gute Erfolge; sie
reichten indes nicht an die mit den Koehler sehen Extrakten er¬
haltenen Zahlen heran.
Bei Kindern ist die Baelfrucht (Aegle Marmelos)
empfehlenswert. Wir geben 3 stündlich einen Theelöffel der folgen¬
den Mischung:
* Extract. Belae ind. . . 5,0
Spirit, ammon. aromat. . 4,0
Mixtur, cretae aromat . 30,0
Aquae Cinnamomae . . 50,0
Umschütteln.
Säuglinge werden mit dieser Mixtur geheilt, ohne dass ein Diät¬
wechsel stattfindet.
Die Verwendung der Tonerde bei der Ruhr lag vor einigen
Jahren in der Luft. Meines Wissens hat zuerst T r u m p p (Bangkok)
die Bolus alba bei der Cholera verordnet. Später wurde sie
gegen Diphtherie und Angina empfohlen. Bekannt ist die trockene
Behandlung von Scheidenkatarrhen mit Bolus nach Nassauer.
Die Wirkung besteht in der Bindung der Bakterien durch die staub¬
förmige Substanz und in der Austrocknung entzündlicher Produkte.
Innerlich genommen wirkt die Tonerde wie ein durch den Darm sich
bewegendes Bakterienfilter. Bei Infektionen, die sich in tieferen
Schichten der Darmwand abspielen (Typhus, Amöbenruhr) wirkt sie
nicht spezifisch. Man gibt das Pulver in Wasser oder in Aqua
Cinnamomae verrührt, alle 3 Stunden einen Esslöffel. Bei heftigen
Durchfällen, oder wenn der Fall nicht mehr ganz frisch ist, führt man
vor der Bolusdarreichung ab. Wenn sie einschlägt, wird der Stuhl¬
gang nach einigen Stunden breiig, weisslich und dann fest. In der
Tonerde besitzen wir ein wertvolles, aber ein keineswegs völlig zu¬
verlässiges Mittel gegen die Bazillenruhr. Wenn die Bolus nicht half,
haben wir mit Erfolg die Koehler sehen Extrakte gegeben und
umgekehrt.
Die Uzara habe ich in einigen Fällen von akuter Bazillenruhr
versucht. Bei einem Kinde war die Wirkung bemerkenswert; nach¬
dem Bolus ohne Erfolg gegeben worden war, und heftige Blutungen
trotz Gelatineeinspritzung einen bedrohlichen Zustand herbeigeführt
hatten, trat unter der Darreichung von Uzaratabletten schnellste Hei¬
lung ein. Bei anderen Kranken war ihre Wirkung nicht prompter als
die anderer Spezifika; bei 2 Schwerkranken versagte die Uzara völlig.
Unsere Versuchsreihe ist noch zu klein, um Prozentsätze von Hei¬
lungen oder Misserfolgen zu rechtfertigen, aber keinesfalls sollte man
mit zu grossen Hoffnungen an die Verordnung der Uzara herangehen
da man die Patienten grossen Enttäuschungen aussetzen kennte.
Für die chronische Bazillenruhr empfehle ich ai
Medikamenten die Koehler sehen Extrakte und die Bolus alba.
Darmeingiessungen. Die Opiumklystiere bei der akuter
Ruhr habe ich schon erwähnt. Im subakuten Stadium sind Einläuft
warmer Lösungen von Tannigen, Borsäure, Kollargol von günstige;
Wirkung auf die Tenesmen. Ihr Hauptverwendungsgebiet sind dit
chronischen Erkrankungen; sie unterstützen hier die übrige Therapie
Für die Amöbenruhr sind Chininlösungen (I : 1000) zu verwenden
falls der Hauptsitz das Colon descendens ist, so wird eine heilendt
Wirkung von ihnen zu erhoffen sein. Dass die Einläufe auch nur it
einem beträchtlichen Prozentsatz der Fälle bis in das Colon ascenden:
Vordringen, glaube ich nicht. Manche Aerzte nehmen das jedoch al
ganz sicher an und erblicken in den Einläufen sogar einen grösserei
Heilfaktor, als in der Darreichung von Medikamenten (z. B
J a c k s o n). Bei chronischen Fällen gibt man täglich einen Einlau
nach einem Reinigungsklystier. Vorsicht ist wegen etwa vor
handener tiefer Geschwüre geboten.
Eine hervorragende Bedeutung haben die Darmspülungen, wem
sie in gleicher Richtung mit der Peristaltik vor
genommen werden. Schwerste Fälle von akuter Ruhr, bei dene
unsere bisher besprochene Therapie nicht hilft, sowie chronische Er
krankungen mit dauerndem Abgang von Schleimhautfetzen geben di
strikte Indikation zur Anlegung einer Fistel am Zoekum, am beste
durch die Appendikostomie. Wie mit allen lebensrettende
Operationen, darf man mit diesem kleinen Eingriff nicht warten, bi
es zu spät ist. Die Erfahrungen Müllers berechtigen uns z
der Auffassung, dass die Anlegung einer Fistel mit vorsichtige;
Spülungen eine beträchtliche Anzahl von Kranken am Leben erhalte
kann, die sonst unrettbar verloren wären, sei es durch die akut
Infektion, sei es durch langdauerndes Siechtum.
Zum Schlüsse noch einige Worte über den Klimawechsel
Wenn der Anfall überstanden ist, und sich die Erholung in dem heisse
erschlaffenden Klima verzögert, so ist eine Luftveränderung vo
grossem Werte. Bei häufigeren Rückfällen sowie nach Leben
abszess empfehlen wir die Rückkehr in die Heimat. Schickt ma
einen Kranken wegen chronischer Ruhr nach Hause, so muss man sic,
der Tatsache bewusst sein, dass der Klimawechsel allein kein
Heilung bewirkt; es muss während der Reise und dann, nach der An
kamt in der Heimat eine sachverständige Behandlung durchgefühn
werden.
Literatur.
P r o n t : Eine ungewöhnliche Ursache von dysenterische
Diarrhöe in den Tropen. Münch, med. Wochenschr. 1903. Septembei
— Tanaka: Bemerkungen über die Pathogenität der Amoeb
dysenteriae. Ebenda 1910, No. 44. — Bärmann und Ecker s
dorff: Ueber kruppöse Darmentzündungen. Ebenda 1909, No. 2,
— Bell: Report on the health and sanitary conditions of th
Colony of Hongkong 1905. — Robert: Beiträge zur Ruhrdiagnost
Archiv f. Schiffs- u. Tropenhyg. 1910, H. 14. — Dopter: Le dia
gnostic des dysenteries. Progres medical 1909, No. 19. — Strong
American Medicine 1906, Jan. 27. — Brown: Amoebic or tropicr
dysentery, London 1910. — Jackson: Tropical medicine, Londo
1907. — Vedder: An experimental study of the action of Ipe
cacuanha on Amoebae. Transact. of the 2. bienn. Congress of the Fa
East. Ass. of trop. med. Hongkong 1912. — Rogers: The rapi
eure of amoebic dysentery and hepatitis by hypodermic injection fl
soluble salts of emetine. Brit Med. Journ. 1912, Juni 22. — Axisa
Die Amöbendysenterie. Archiv f. Verdauungskrankheiten, Bd. 16 -
Giirber: Ueber Uzara, ein neues organotrop wirkendes Anti
dianhoikum. Münch, med. Wochenschr. 1911, No. 40. — Werner
Ueber Uzara bei Amöbendysenterie. Archiv f. Schiffs- und Tropei
hygiene 1912, H. 6. — Köhler: Zur Behandlung der Dysenterie i
den Tropen. Therap. Monatshefte 1903, September. — Müller
The surgical treatment of dysentery Transact. of the 2. biem
Congress of the Far East. Ass. of trop. med., Hongkong 1912.
Bücheranzeigen und Referate.
Der gynäkologische Untersuchungskurs am natürlichen Phantoi
als Ergänzung und Ersatz der Untersuchungsübungen an de
Lebenden. Von Prof. Dr. L. Blumreich in Berlin. (Mit 105 Al
bildungen.) Wiesbaden. Verlag von J. F. Bergmann, 1913.
B 1 u m r e i c h gibt in diesem Buch eine Darstellung seines be
kannten gynäkologischen Untersuchungsphantoms und gleichzeiti
erteilt er Ratschläge, wie der Untersuchungskurs beim Lehren de
Studierenden und Aerzte praktisch ausgeführt werden kann.
Nach meiner Ueberzeugung hat sich B 1 u m r e i c h durch sei
gynäkologisches Untersuchungsphantom ein grosses Verdienst ui
den gynäkologischen Unterricht erworben. In ein Becken werden di
in einer besonderen Flüssigkeit präparierten Geschlechtsorgane eir
gelagert. Anstelle der natürlichen Bauchwand funktioniert eine bt
sonders präparierte Haut, die durch Gewichte straffer oder wenige
straff gespannt werden kann, um die Palpation entweder zu ei
leichern oder zu erschweren. Die Konsistenz der Scheide, die Be
schaffenheit der Bauchwand entsprechen, wie sich Referent gelegen
MUENCHENER MEDIZINISCHE W0CHENSCHR1ET.
767
.prii 1913.
• seiner Uebungen am Phantom während des Unterrichts überzeugt
' weitgehend den natürlichen Verhältnissen, und üben infolge-
t en den Studierenden sehr gut für die Untersuchung an der
i nden ein. Referent teilt absolut die in dem Buche von Blum-
c h ausgesprochene Ansicht, dass der gynäkologische Unter- j
ungskurs an der Lebenden betrübend schlechte Resultate zeitigt,
liegt dieses in der Natur der Sache begründet. Dadurch, dass
den Studierenden nicht nach der Untersuchung event. durch
: nachfolgende Operation ad oculos demonstrieren kann, wie die
hältnisse wirklich liegen, gewinnt der Student erst nach sehr
, er Uebung im gynäkologischen Untersuchungskurs die notwendige
hnik. Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Ausbildung in der
äkologischen Untersuchungstechnik Hand in Hand ging mit dem
blühen der gynäkologischen Operationstechnik. Erst von dem
, enblick an, als die Gynäkologen sich häufiger durch die Lapa-
unie überzeugen konnten, welche Fehler sie bei der gynäko-
schen Untersuchung gemacht hatten, waren sie in der Lage, durch
| rektur dieser Fehler später bessere Untersuchungsresultate zu
den Für den Studierenden ist dieser Weg natürlich nicht gang-
: , sondern der Lehrer muss sich damit begnügen, den Studierenden
i ’h der Untersuchung zu sagen, ob sie richtig oder falsch untersucht
en. Es fehlt aber der so wichtige Gesichtssinn zur Kontrolle des
Ltsinnes. Dadurch, dass am B 1 u m r e i c h sehen Phanton am
Busse der Untersuchung, nachdem die einzelnen Untersucher
en Befund genau notiert und skizziert haben, die Bauchdecken
geklappt und den Studenten gezeigt werden kann, welche Fehler
bei der Untersuchung gemacht haben, wird ihnen am Blum-
ich sehen Phantom gewissermassen dasselbe geboten, was dem
erateur bei der Laparotomie so fördernd für seine Ausbildung der
! tersuchungstechnik gewesen war.
Ueber Einzelheiten in der Darstellung der Präparate des Beckens
um ich auf das Buch verweisen. Referent ist der Ueberzeugung,
ichdem er sich seit einem halben Jahre beim Unterricht des Blum -
ich sehen Phantoms bedient hat,, dass dieses Phantom berufen ist,
In gynäkologischen Unterricht wesentlich zu fördern. Wie das
burtshilfliche Phantom von B. S. Sch ult ze in keiner deutschen
inik mehr entbehrt werden kann, so wird auch das Blum-
ich sehe Phantom bald ein unentbehrliches Hilfsmittel beim
näkologischen Unterricht sein. Dass vielleicht die eine oder
dere Modifikation noch getroffen wird, um noch grössere Ver-
sserungen anzubringen, kann möglich sein.
Auf jeden Fall aber hat Blum reich den ersten wesentlichen
ihritt getan. K r ö n i g - Freiburg i. B.
Dr. Anton G hon: Der primäre Lungenherd bei der Tuberkulose
:r Kinder. Mit 72 Textabbildungen, einer schwarzen und einer
rbigen Tafel. Urban & Schwarzenberg, Berlin 191 2.
■eis 7 M.
Prof. E. Aufrecht: Pathologie und Therapie der Lungen-
hwindsucht. Alfred Holder, Leipzig 1913. 2. Auflage. Mit
Abbildungen und einer Kurventafel. Preis 8.60 M.
Wieweit wir heute noch von einer einheitlichen Beantwortung
ich nur der Hauptfragen in der Pathologie der Lungentuberkulose
ltfernt sind, kann kaum deutlicher illustriert werden, als durch die
egenüberstellung der beiden oben genannten Arbeiten.
Die Weichselbaum gewidmete Abhandlung Ghons stützt
ich auf 184 Sektionsbefunde kindlicher Tuberkulose, von denen
2.4 Proz. einen Lungenherd aufwiesen, „der die Eigenschaften des
ogen. primären Lungenherdes“ hatte. 142 mal fand sich nui ein
ungenherd, 15 mal fanden sich 2, 8 mal 3 — 5 Lungenherde und in
Fällen „war die Zahl der Lungenherde nicht bestimmbar . ln
6.5 Proz. der Fälle war die rechte, in 38,2 Proz. die linke, in 5,3 Proz.
eide Lungen befallen. Von den Herden sassen 40 Proz. subpleural,
der doch nahe unter der Oberfläche. Eine genaue Angabe übei die
lahl der zentral sitzenden Herde wird nicht gemacht. Es wird mit
m allgemeinen angegeben, „dass augenscheinlich die grössere Anzahl
»eripher ihren Sitz hatte“. Nur ausnahmsweise (in 2 Fallen) war
lie bronchogene Entstehung noch evident, d. h. es fand sich ein
Ironchus an einer umschriebenen Stelle seiner W and verkäst, da-
lurch etwas verengt, aber noch durchgängig, ln dem einen der
leiden Fälle war der regionäre periphere Lungenbezii k atelektatiscn.
nit miliaren und konglomerierten Tuberkeln, in dem anderen Falle
ehlte diese Veränderung des regionären Lungenbezirks. Lagegen
anden sich miliare Tuberkel in den Lungen, der Milz, der Leber,
Schilddrüse und den Nieren. — Mit Recht legt Ghon den grössten
Wert für die Beurteilung des Lungenherdes auf das verhalten dei
ihm regionären Lymphknoten. Mit nur einer Ausnahme fanden sich
tuberkulöse Veränderungen derselben auf der Seite des Lungen¬
herdes, in der Mehrzahl der Fälle mit einem Lungenherd waren sie
nur auf dieser Seite des Lungenherdes zu finden. In einem nicht ge¬
ringen Prozentsatz fanden sich aber auch tuberkulöse Veranderungei
der Lymphknoten beider Seiten bei einseitigem Lungenherd. n
keinem Falle waren die Veränderungen des Lungenherdes patho¬
logisch-anatomisch jünger als die Drüsenerkrankung (von 169 Fa
in 161 Fällen Lungenherd und Lymphdrüsentuberkulose gleichalt be¬
zeichnet). Von besonderem klinischen Interesse ist die Konstatierung,
dass 30 mal ein Einbruch eines meist dem Lungenherd regionären
Lymphknotens in den Bronchialbaum gefunden wurde, anscheinend
in der Mehrzahl erst kurz vor dem Tode eingetreten. Die von den
betreffenden Bronchien versorgten Lungenteile waren zumeist nicht
frisch tuberkulös erkrankt.
G h o n kommt damit zu folgenden Schlüssen :
1. Der Lungenherd ist bei den Kindern immer die Quelle für die
Veränderungen der regionären Lymphknoten; 2. die Tatsache, dass
sich in 38 Proz. nur ein Lungenherd fand, spricht gegen die hämato¬
gene Entstehung; 3. für die Entstehung des sogen, primären Lungen¬
herdes bei der Tuberkulose der Kinder „erscheint der aerogene Weg
als derjenige, der allein eine befriedigende Aufklärung bringt und
allein mit keiner Tatsache in der Frage der Tuberkulose in Wider¬
spruch steht“; 4. gegenüber einem Befund von mindestens 90 Proz.
primärer Lungeninfektionen „erscheint die Anschauung gerechtfertigt,
dass beim Kind die primäre Infektion der Lunge die gewöhnliche
Form der Infektion darstelb“.
Zu direkt entgegengesetzten Anschauungen kommt, wie bekannt.
Aufrecht, und zwar nicht nur für die Entstehung der chronischen
Lungentuberkulose, für die er in Anspruch nimmt, den pathologisch¬
anatomischen Nachweis der vaskulären Entstehung lückenlos ge¬
geben zu haben, sondern auch für die Kindertuberkulose. Aufrecht
beschreibt einen „vaskulär endständigen“ und den „perivaskulären"
Tuberkel als Urform. Er nimmt an, dass die solitären Herde, z. B.
Hi r schfelds, als primär vaskulär entstandene und erst sekundär
peribronchitische Herde anzusehen seien, die erst später, nach dem
Durchbruch durch die Bronchialschleimhaut, zu „offenen ‘ wurden.
Die tuberkulöse (desquamative) Pneumonie kann „nur als Folge eines
entzündlichen Prozesses in der Umgebung von käsigen Tuberkeln
angesehen werden“. A. beschreibt einen Fall, bei dem es zu totale i
käsiger Pneumonie eines ganzen Lungenlappens kam durch Ver¬
stopfung eines Lungenarterienzweiges durch einen grösseren,
Tuberkelbazillen enthaltenden Venenthrombus, und glaubt damit den
allgemeinen Entstehungsmodus pneumonischer Verdichtungen in der
Umgebung von Tuberkelherden im Grossen beobachtet zu haben.
Als häufigste Eingangspforte der Tuberkulose betrachtet A. die Hals¬
schleimhaut (Tonsillen). In die Lunge gelangen die Bazillen via
Lymphgefäss-Venensystem-Herz.
A.s Lehrbuch beschäftigt sich nach diesen pathologisch¬
anatomischen Darlegungen, die zum Unterschied von den makro-
skopischen Beobachtungen Qhons auf mikroskopischen Beo .a-
chtungen beruhen, in einer Reihe weiterer Kapitel noch eingehend
die Disposition zur Lungenphthise (53 S.), die Klinik der Lungen¬
schwindsucht (118 S.) und schliesslich die Prophylaxe und Iherapie
der Lungenschwindsucht (135 S.)..
Um ein einigermassen vollständiges Bild zu erhalten, muss man
diesen Angaben noch' die Resultate der Heller sehen Schule mit
ihrer sorgfältig geführten Evidenz zahlreicher primärer Darmtuber¬
kulosen gegenüberstellen. In der Zusammenstellung von Edens im
II. Band der Ergebnisse für innere Medizin und Kinderheilkunde finden
wir Prozentsätze von 16 — 47,6 Proz. primärer Darmtubeikulose unter
allen sezierten Kindertuberkulosen aufgeführt. Angesichts derartigei
Meinungsverschiedenheiten der pathologischen Anatomen wird der
Kliniker nicht umhin können, mit jedem Urteil zuruckzuhalten.
Immerhin seien hier einige Gesichtspunkte erwähnt, die vielleicht zui
späteren Orientierung führen könnten. Zunächst muss daran erin
werden, dass die chronische Lungentuberkulose, d. h. die eJite
Phthise, ein durchaus ungeeignetes Objekt zur Untersuchung ck
Infektionsmodus ist. Solange Aufrecht die echte Phthise .
eigentliches Arbeits- und Erfahrungsgebiet — allem im Auge behalt,
dürfte er mit ziemlich grosser Wahrscheinlichkeit mit der vorwiegend
vaskulären Entstehung und Verbreitung der Lungenmanifesta¬
tionen Recht behalten. Einen „primären Herd“ kann eine phthisische
Veränderung so wenig darstellen, als etwa ein syphilitisches Gumma
als primäre Manifestation der Lues angesprochen und damit für den
Infektionsmodus in Anspruch genommen werden konnte.
Zu Untersuchungen über den Infektionsmodus sind geeignet aus¬
schliesslich solche Tuberkulosen, bei denen sich von einem be¬
stimmten Herd aus die uns vom Experiment geläufige Ausbreitung
der Tuberkulose tatsächlich verfolgen lässt. Solche sicher primären
Herde sind, soweit wir dies heute beurteilen können, : rte sd
Lunge, wie im Darmtraktus — im weitesten Sinne des Wortes —
und auf der Haut gefunden worden. Die reHtive Häufigkeit dei
beiden Hauptinfektionsmodi — Inhalation und Deglutition wj
wohl nach dem Milieu Schwankungen aufweisen, die namentlich für
die Darmtuberkulose sichergestellt zu sein scheinen In Ghons
Material fällt demgegenüber vor allem die aussergewohnlich niedrige
Zahl der nichtaerogenen Tuberkulosen auf. Durchsucht man das
O h o li sehe Material daraufhin genauer, so findet man, dass in dem¬
selben nur 19 Proz. enthalten sind, bei denen ausser der Lungen- und
Lungendrüsentuberkulose die übrigen Organe tuberkulosefrei be¬
funden wurden. In 73,4 Proz. fand sich neben Lungenveranderungen
hämatogene Tuberkulose“, in 62,5 Proz. auch Lymphdrusentubei-
fie der anderen Organe, in 2,7 Proz. fanden sich von G hon als
sicher nicht aerogen angesprochene Infektionsweisen. Für die g o .
Mittel^ ruppe <62,5 Proz.) scheint nun dem Referenten - mit allem
wissenschaftlichen Vorbehalt - ein non Hauet * emba',
stimmte Zuweisung zur aerogenen Tuberkulose. Ber,uc^1r^i‘'^ Kon_
da™ die Lungen und die Lungendrüsen ein notwend'ger Kon
zentrationspunkt für alle kreisenden Bazdlen sind, so ist ihre
768
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
erfahrungsgemässe Beteiligung bei jeder generalisierten Tuberkulose
nicht weiter verwunderlich.
Dass die Miterkrankung der Drüsen nicht als ausschlaggebendes
Moment für die Diagnose eines primären Herdes benützt werden
darf, ergibt sich ferner ohne weiteres daraus, dass Drüsenerkran¬
kungen bei jeder rasch verlaufenden Allgemeintuberkulose in einer
ganzen Reihe von Organen auftreten. Um nur ein Beispiel anzu¬
führen, erwähnt Qho n, unter Sektions-No. 496, p. 135, neben ver¬
kästen Drüsen in der Radix mesenterii und im bronchopulmonalen
Gebiet „einige hanfkorngrosse käsige Tuberkel in der Milz, totale
Verkäsung der Lymphknoten am Milzhilus“. Niemand wird die Milz¬
knötchen als primären Herd ansprechen, weil die Tuberkulose nicht
primär in die Milz gelangen kann. Trotzdem verhalten sich die
Drüsen am Milzhilus, als ob die Milz einen primären Herd beherberge.
Ls setzen also auch hämatogene Herde im Verlauf der generalisierten
Tuberkulose weitgehende Veränderungen in den regionären
Drüsen.
Die Hauptquelle der heutigen Meinungsverschiedenheiten liegt
demnach in der verschiedenen Auffassungsmöglichkeit der Befunde.
Demgegenüber darf, mit der gebotenen Vorsicht, vielleicht doch auf
die klinische Erfahrung hingewiesen werden. Nach ihr weisen die
schweren, raschverlaufenden Tuberkulosen ganz vorwiegend früh¬
zeitige Manifestationen in Lunge und Lungendrüsen auf. Die leichten
Fälle zeigen klinisch mehr oder weniger allgemeine Driisenerkran-
kungen, zwar mit regelmässiger Beteiligung der bronchopulmonalen
Drüsen, aber meist ohne klinische Lungenherderschei¬
nungen. Erst bei weiterem ungünstigen Verlauf pflegen Lungen¬
herderscheinungen aufzutreten. Es liegt mir fern, dieses klinische
Verhalten für einen sicheren Beweis des anatomischen Ganges zu
halten. Ich möchte aber doch darauf hingewiesen haben, dass die
Schwere der Erkrankung sich klinisch ganz und gar aus der Art der
Beteiligung der Lungen und Lungendrüsen ergibt. Sind „indolente“
bronchopulmonale Drüsen im Röntgenbild oder perkutorisch nach¬
weisbar, so ist das für den Träger meist nahezu irrelevant. Bestehen
dagegen ausserdem Lungenherderscheinungen, so ist immer eine
prognostisch viel schwerer zu beurteilende Erkrankung gegeben.
Diese prognostische Differenz bedarf den Wirkungsergebnissen
gegenüber der Berücksichtigung.
Zur Klärung kann uns hier nur ein Weg führen : die Auffindung
sicherer anatomischer Kriterien des tuberkulösen Primäraffekts.
G h o n scheint sich im Besitze solcher Kriterien zu glauben. Sie sind
in seiner Arbeit nicht genügend dargelegt, um diskutiert zu werden.
Ehe wir aber nicht primäre und sekundäre Herde anatomisch sicher
unterscheiden können, werden wir auch die Frage nach dem Infek¬
tionsweg der Tuberkulose nicht beantworten können.
Dr. Karl Ernst Ranke- München.
A. W. Meyer: Die Digitalistherapie, ihre Indikationen und
Kontraindikationen. Mit 23 Abbildungen. Jena 1912 bei Fischer.
138 S. 4 M.
Auf dem für den Praktiker so sehr wichtigen Gebiet der Digi¬
talistherapie wird gegenwärtig viel und fleissig gearbeitet, mit
schönem Erfolg. Es ist daher sehr zu begriissen, dass Meyer eine
zusammenfassende Darstellung der gesamten klinischen Digitalis¬
forschung gegeben hat, aus der der Praktiker die zurzeit festgestellten
Indikationen und Kontraindikationen ersehen kann. Die Darstellung
der oft nicht ganz einfach liegenden Dinge ist bei aller Gründlichkeit
klar und gut leserlich. Den Anfang bildet eine wertvolle historische
Darstellung der Digitalistherapie, dann folgt ein kurzer, vielleicht
etwas zu kurzer Abriss der experimentell-pharmakologischen
Forschung, eine Darstellung der Digitalisindikation mit Rücksicht auf
den Herzrhythmus und mit Rücksicht auf die Diagnose des Herz¬
fehlers. Auf die neueren pharmakologischen Forschungen über die
Konstitution und Wirkung der Digitaliskörper und auf den Wert und
die Verwendung der vielen Digitalispräparate der modernen che¬
mischen Industrie, auf die rektale, subkutane und intravenöse Digi¬
talismedikation ist Verf. absichtlich nicht eingegangen. Von den
digitalisähnlichen Körpern wird nur das Strophanthin einigemale kurz
beiührt. Es wäre doch wünschenswert, wenn in einer hoffentlich
kommenden 2. Auflage diese Dinge berührt würden, da sie für den
Praktiker sehr wichtig sind und lebhaftem Interesse begegnen
werden. Die Kenntnis der rationellen Digitalistherapie wird ja gerade
deshalb immer seltener, weil die vielen modernen Mittel verwirrend
wirken. Kerschensteine r.
A. Wagenmann: Verletzungen des Auges mit Berücksichtigung
der Unfallversicherung. Graefe-Saemisch, Handbuch der ge¬
samten Augenheilkunde. II. neubearbeitete Auflage. Verlag von
W. Engelmann, Leipzig.
Mit dem Erscheinen der letzten Lieferungen (225 bis 227,
Preis M. 9.—) ist nun auch das zweibändige Werk über die Augen¬
verletzungen komplett geworden. Der Schluss bringt die Verletzungen
durch Einwirkung der Elektrizität, durch Sonnenlicht, Schnee¬
blendung, ultraviolette Strahlen, Röntgenstrahlen, Radiumstrahlen;
ferner die Explosionsverletzungen, die Schussverletzungen und
endlich die Beschädigungen des Auges durch Verletzung des übrigen
Körpers. Die Ausstattung des ganzen Werkes mit reichlichen Figuren
und Tafeln ist wie immer vorzüglich. Salzer- München.
Die Kosten der Seuchenbekämpfung und ihre Verteilung nacl
preussischem Recht. Von Dr. A. Foerster, wirkl. Geh. Rar
Berlin 1913, bei Richard Schütz. Preis 3 M.
Das kurz gefasste Werk gibt in überaus klarer Weise einer
Ueberblick über die Seuchenbekämpfung überhaupt und über dk
Kosten, die durch die Seuchenbekämpfung entstehen, im besonderen
Insoferne ist es von allgemeinem Wert. Bezüglich der Kostendeckung
berücksichtigt es nur die preussischen Verhältnisse. Diese Stimmer
mit den Verhältnissen in anderen Bundesstaaten nur bezüglich de:
sogen, gemeingefährlichen Krankheiten überein. Bei diesen Krank
heiten werden nach dem RG. v. 30. Juni 1900 die Kosten der behörd¬
lichen Ermittelungen, der Beobachtung kranker, krankheitsverdüch
tiger oder ansteckungsverdächtiger Personen, der Desinfektion um
der besonderen Vorsichtsmassregeln für die Behandlung der Leich e i
aus öffentlichen Mitteln bestritten. Bei den übertragbaren Krank
heiten, die nach dem Gesetz v. 28. August 1905 der Anzeige unter
liegen, werden in Preussen aus öffentlichen Mitteln bestritten dit
Kosten für die Beteiligung der Kreisärzte, für die ärztliche Fest
Stellung der ersten Fälle von Scharlach, Diphtherie und Körnerkrank
heit, die Kosten der Beobachtung, ferner die Kosten der Desinfektion
und der besonderen Vorsichtsmassregeln für die Behandlung du
Leichen, wenn der Zahlungspflichtige die Kosten nicht tragen kamt
Bei allen übertragbaren Krankheiten werden endlich die Kostei
der Absonderung aus öffentlichen Mitteln bestritten, wenn die abge
sonderte Person die Kosten nicht tragen kann und während der Ab
sonderung nicht erkrankt.
Von den aus öffentlichen Mitteln zu bestreitenden Kosten über
nimmt der preussische Staat die für die Beteiligung der Kreisärzte
für die ärztliche Feststellung der ersten Fälle von Scharlach, Dipli
therie und Körnerkrankheit, endlich die Kosten der Schutzmass
regeln in den landespolizeilichen, d. h. in jenen Fällen, in dene;
die Schutzmassregeln das Uebergreifen der Krankheit aus der
Ausland auf das Inland oder von einer Gegend des Inlands aui eiul
andere verhindern sollen. Aber auch in den Fällen, in denen di
Beschränkung der Krankheit innerhalb des Ortes selbst im Vorder
gründe steht, die Kosten also der Gemeinde zur Last fallen, nimn
der Staat unter gewissen Voraussetzungen den Gemeinden, Kreise)
und Provinzen einen Teil der Kosten ab.
Gebhardt - München.
Maurice F i s h b e r g - New York ; Die Rassenmerkmale de
Juden. Eine Einführung in ihre Anthropologie. Mit 42 Tafeln i
Kunstdruck. 272 Seiten. München 1913. Ernst Reinhardt. Prei
geb. M. 6.50, broschiert M. 5. — .
Für die deutschredende Welt Europas hat Fish b erg obige
Buch geschrieben, das Adolf H e p n e r - München mit instruktive;
Fussnoten versehen und Siegfried W a c h s m a n n - New York i
den Kapiteln über Pathologie revidiert hat. Die breit angelegte Stud
gipfelt in dem Satz: Das Judentum war und ist ein
Religion — aber niemals eine Rasse. Dieser Satz k.
das Leitmotiv des ganzen Buches. Nach dem Autor, welcher Ar:
ist, gibt es kein typisches AJerkmal, das den Nachkommen der altu
Hebräer unveränderlich anhaftet oder abgeht. Die für die Jude
angeblichen Charakteristika findet man ebenso unter den Völkei
verschiedenen ethnischen Menschenschlags, z. B. unter den Spanier
Italienern, Griechen, Armeniern und anderen. So fällt nach den Au
fiihrungen des Verfassers auch die vielfach herrschende Annahrr
von der spezifischen Disposition für gewisse Krankheiten in sich i\
sammen. Eine „Judenkrankheit“, von der die Völker andere
Glaubens verschont sind, gibt es ebensowenig, wie irgend ein Leide
gegen welches die Juden dauernd immun sind. Diejenigen path'
logischen Unterschiede, die sich zwischen den Juden und Ihren nie
jüdischen Mitbewohnern entdecken lassen, können auf der Grundku
sozialer Bedingungen erklärt werden. Es lässt sich keine ethnisd
Basis finden, auf welche pathologische Eigentümlichkeiten zurüc
geführt werden könnten, ln diesem Sinne werden verschiedei
Krankheitsbilder behandelt, wie Diabetes, Nephritis, Karzinom, d
Erkrankungen der Atmungs-, Zirkulations- und Verdauutigsorgan
die Augenkrankheiten, Cholera, Tuberkulose, Nerven- und Geiste
krankheiten. Auch das Suizidium findet ein Kapitel.
Es handelt sich bei dem Buche Fishbergs um ein Wer
dem der Anthropologe nicht minder wie der Mediziner höchst
Interesse entgegenbringen muss. Zahlreiche gute, der Wirklichke
entnommene Illustrationen vervollständigen den Text.
Gottfried Trautmann - München.
R. F. F u c h s - Breslau: Physiologisches Praktikum für Met
zincr. 311 Seiten mit 110 Abbildungen im Text und 4 in den Te
eingefügten Tafeln. Verlag von .1. F. Bergmann, Wiesbaden 19
Preis S M.
Das Fuchs sehe Praktikum, von dem vor einigen Jahren be
Erscheinen der 1. Auflage nur Gutes berichtet werden konnte, lic
nunmehr in 2. Auflage vor. Wenn bei der Neubearbeitung auch
der prinzipiellen Anordnung des Stoffes nichts geändert wurde,
musste doch dem Fortschritte der Wissenschaft Rechnung getrag
und eine Reihe neuer Versuche aufgenommen werden, ßeriicksicht
wurden dabei besonders Versuche, wie sie am Breslauer physi
logischen Institute, dem neuen Wirkungskreise des Verfassers, unt
der Leitung von K. H ü r t h 1 e eingeführt sind. So ist das Buch u
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
760
(pril 1913.
j. — s -
Seiten und 17 Abbildungen, man kann wohl sagen, bereichert
den. Ueberall macht sich im Buche die bessernde Hand des Vef-
ers geltend, welcher die neu eingefügten Versuche dem Prak-
uten in gleicher Sorgfalt nahe zu bringen sucht wie die schon
er beschriebenen.
Dem Wunsche des Verfassers, es möge das Buch, das sich
inders an den Studierenden der Medizin und zwar den Anfänger
idet, in Fachkreisen eine wohlwollende Aufnahme finden, wird
;r sicher entsprochen werden. K. Bürker - Tübingen.
Neueste Journaliteratur.
Zeitschrift für experimentelle Pathologie und Therapie.
Band, 2. Heft.
9) R. Kaufmann: Heber den Einfluss des Schmerzes und der
italis auf die Herzarbeit des normalen Menschen. (Aus der
siol. Abteilung des allgem. Krankenhauses St. Qeorg in Hamburg.)
Die Untersuchungen des Verfassers ergeben, dass bei der Mes-
g der Herzarbeit mittels der Stickstoffmethode für pharmako-
sche Zwecke zu beachten ist, dass durch Sauerstoffatmung eine
inge Herabsetzung der Pulsfrequenz bei gleichbleibendem Blut-
ck bewirkt wird und dass der Schmerz, z. B. bei einer schmerz¬
ten Injektion eine Erhöhung des Miinutenvolums, des Blutdrucks
i der Herzarbeit bewirkt. Durch intravenöse Digaleninjektionen
gesunden Menschen wurde eine Herabsetzung der Pulsfrequenz,
e Steigerung des Blutdrucks, eine Herabsetzung des Minuten-
umens bei gleichbleibendem Schlagvolum und eine Erhöhung der
rzarbeit pro Schlag bei gleichbleibender Herzarbeit pro Minute
ielt. Diese Versuche sprechen dafür, dass auch beim normalen
•nschen eine ausgesprochene Gefässwirkung der Digitalis vor-
1C*10) 'k. Basch: Beiträge zur Physiologie und Pathologie der
ymus. III. Die Beziehung der Thymus zur Schilddrüse. (Aus dem
itschen physiol. Institut in Prag.) . , . .
Die Thymus steht entwicklungsgeschichtlich und physiologisch
n Schilddrüsenapparat am nächsten, sie steht sowohl zum Knochen-
stem wie zum Nervensystem und besonders zum Pupillarapparat
s Auges in funktioneller Beziehung. Die Ausfallserscheinungen
:h Thymusexstirpation treten nur nach frühzeitiger und vollständi-
r Wegnahme des Organs auf und scheinen in e-inem ursächlichen
sammenhang mit den Störungen des Kalkstoffwechsels zu stehen,
sind weniger intensiv als nach Wegnahme der Schilddrüse, ent-
ckeln sich langsamer und haben meist nur vorübergehenden
larakter. Sie können sich wahrscheinlich dadurch leicht zurück-
den, dass für die normalerweise sich involvierende Thymus andere
üsen mit innerer Sekretion, vornehmlich die Schilddrüse die Funk-
in übernimmt, und das zunächst von der Thymus geleitete gleich-
rmige Wachstum des Körpers in weiterer Richtung ausbaut. Thy-
iis und Schilddrüse wirken zusammen, jedoch ohne dass eigentlich
i Organ das andere vertreten kann. Die Beobachtung, dass die
eisten Kinder nach der Geburt einen Hypothyreoidismus darbieten,
rieht dafür, dass in der ersten Lebenszeit hauptsächlich die Thymus
is Wachstum leitet. Die normale Involution der Thymus in der
jbertät steht mit der selbständigen Entwicklung des Geschlechts-
iparates in Beziehung. Die Beteiligung des Lymphapparates an
:r normalen Entwicklung der Thymus, an der Umwandlung ihres
sprünglich epithelialen Charakters hat ausser der Korrelation der
riisen mit innerer Sekretion zur Thymus auch eine frühzeitige Be¬
eilung der Thymus zum Lymphapparat zur Folge. Das feine Re¬
gieren der Thymus auf allgemeine Ernährungsstörungen, auf kon-
itutionelle Diathesen, hängt mit dieser Beziehung zum Lymphappa-
it zusammen. Die gelegentliche Beteiligung der Thymus an dem
rankheitsbild des Basedow ist sekundärer Natur. Sie wird wahrschein-
eh durch eine frühzeitige Störung und Vergrösserung der Schild-
riise ausgelöst, die dann zu einer gleichsinnigen Vergrösserung der
hymus führt. Die Bedeutung des Status thymicolymphaticus, seine
eziehung zu plötzlichen Todesfällen, dürfte erst durch weitere ex-
erimentelle Untersuchungen Aufklärung erhalten.
XI. H. Jastrowitz: Experimentelle Untersuchungen über die
lerapeutische Wirkungsweise des Hafermehles. (Aus der med. Poli-
linik in Halle.)
Beim Pankreasdiabetiker finden sich unter Haferfütterung ge-
;gentlich nicht unwesentliche Mengen von Glykogen in der Leber,
le ihre Quelle wahrscheinlich in dem verabfolgten Kohlehydrat
aben. Der Blutzucker steigt dabei nach Haferfütterung an. Bei
’hloridzin- und Pankreastieren steigt der Blutzuckergehalt auch im
’fortaderblut nach Haferfütterung an. Bei pankreasdiabetischen
leren wird ein Teil des Kohlehydrates bei Haferdarreichung oxy-
iert. Das Hafermehl verhält sich also ebenso wie die übrigen Kohle¬
hydrate. Dass die Haferstärke therapeutisch versagt und nur das
fafermehl wirkt, liegt wahrscheinlich hauptsächlich an der viel lang-
ameren Resorption des Hafermehles, da ja auch sonst vom Dia-
’etiker Kohlehydrate um so besser vertragen werden, je langsamer
lie Resorption vor sich geht, je schwerer die mechanische Auf-
■chliessbarkeit der Substanz ist.
12) G. v. Bergmann- Altona : Zur Wirkung der Regulatoren
les Intestinaltraktes. (Als Einführung der folgenden Arbeiten.)
Durch die Einführung der Röntgenuntersuchung und das Studium
ler im viszeralen Nervensystem verlaufenden hemmenden und er¬
regenden Impulse haben sich neue, für die Erforschung des Intestinal¬
traktes sehr fruchtbare Gesichtspunkte ergeben, welche auch die
folgenden 4 Arbeiten veranlasst haben.
13) Beiträge zum Studium der Darmbewegungen. I. Mitteilung.
G. Katsch und Ed. Borchers: Das experimentelle Bauchfenster.
(Aus der med. und Chirurg. Abteilung des Stadtkrankenhauses in
Altona.)
Die Verfasser schneiden bei Kaninchen aus der Mitte der Bauch¬
decken ein rechteckiges Stück heraus und ersetzen es durch eine
Zelluloidplatte, welche als Fremdkörper anstandslos einheilt. Dieses
experimentelle Zelluloidbauchfenster ist die einzige chirurgisch¬
physiologische Methode zur feineren und direkten Beobachtung der
Magendarmbewegungen. Es ermöglicht chronische Beobachtung
durch Tage und Wochen und ist allen einschlägigen Vivisektions¬
methoden und in einigen Punkten auch dem Röntgenverfahren über¬
legen.
14) Beiträge zum Studium der Darmbewegungen. II. Mitteilung.
G. Katsch und E. Borchers: Ueber physikalische Beeinflussung
der Darmbewegungen. (Aus der med. und Chirurg. Abteilung des
Stadtkrankenhauses in Altona.)
Die Beobachtungen am experimentellen Bauchfenster ergaben
folgendes: An den 4 funktionell verschiedenen Abteilungen des Ka¬
ninchendarms sind folgende Bewegungsformen zu sehen. Am Dünn¬
darm finden sich rhythmische Kontraktionen der Längsmuskulatur,
„das longitudinale oder Längspendeln", am häufigsten vorkommend,
dann rhythmische Kontraktionen der zirkulären Schicht, „transver¬
sales oder Querpendeln“; und „gemischtes Pendeln“; auserdem die
Peristaltik, zu welcher auch die Rollbewegungen zählen. An dem
sehr ausgedehnten Zoekum sind grosse und kleine peristaltische Be¬
wegungen zu sehen, nur selten andeutungsweise Längspendeln. Die
grossen Mischbewegungen sind ein Wechsel von Pro- und Anti¬
peristaltik. Die Kontraktionen sind dabei nicht so stark, dass es zu
einem Verschwinden des Lumens kommt, wie beim Dünndarm und
Rektum. Ausserdem kommen noch einfache Tonusschwankungen
des Zoekums in toto vor. Am proximalen Teil des Kolons ist das
charakteristischeste die zur Bildung der Kotballen führende Haustren-
bewegung, wobei die Sakkuli rein funktionell und von verschiedene:
Grösse sind, gleichsam den Darm entlang wandern, dem Fort¬
schreiten einer Meereswelle vergleichbar. Im Endkanal sind die
ausschliesslich abführenden Bewegungen verschieden lebhaft. -
Kältereiz bewirkt unter Tonusvermehrung und Anämisierung stets
zunächst Ruhigstellung der direkt betroffenen Darmschlingen, jedoch
reflektorisch auch anderer Darmteile. Eiskalter Rektaleinlauf be¬
wirkt nach vorübergehender Ruh'igstellung lebhafte, zur Ausstossung
des Klysmas führende Tätigkeit. Massige starke Wärmeapplikation
ruft Hyperämisierung der sichtbaren Darmschlingen und Bewegungs¬
steigerung hervor; wenn vorher der Tonus vermehrt war, auch
Nachlassen des Tonus. Durch Massage liess sich keine Peristaltik
am Kaninchendarm erzielen, nur Hyperämisierung. Verschiedene
Elektrisierungsversuche bei geschlossener Bauchhöhle hatten keinen
Effekt. Ebenso war rekto-abdominale Elektrizitätsanwendung wir¬
kungslos. Die Verfasser hatten auch Gelegenheit, an einer Frau
bei einer sehr grossen Hernie mit atrophischer Bauchhaut die Darm¬
bewegungen zu studieren.
15) Beiträge zum Studium der Darmbewegungen. III. Mitteilung.
G. Katsch: Pharmakologische Einflüsse auf den Darm (bei physio¬
logischer Versuchsanordnung). (Aus der medizinischen Abteilung des
Stadtkrankenhauses zu Altona.)
Die eigentlich klinische Wirkung mancher am Darm angreifenden
Mittel ist noch nicht experimentell begründet. Dazu sind Beobach¬
tungen unter nichtartifiziellen, nichtpathologischen Bedingungen not¬
wendig, wie sie mittels des experimentellen Bauchfensters ausgeführt
werden können. Durch die Bauchfenstermethode sind alle bisherigen
Methoden am ganzen Tiere, mit Ausnahme des Röntgenverfahrens,
entbehrlich geworden. Die Bahnen für motorische und vaso¬
motorische Reiz- und Hemmungsimpulse am Darm weisen eine in
funktioneller Hinsicht weitgehende Dissoziation auf. Die Mechanik
der Darmbewegung ist in der geschlossenen Bauchhöhle eine durch¬
aus andere als im isotonischen Bad. Viele darminhaltfördernde Kon,
traktionen werden am flottierenden Organ in Eigenbewegungen des
Darmes umgesetzt. Durch Narkose und abdominelle Eingriffe sind die
Darmbewegungen bei Kaninchen auf Stunden bis Tage wesentlich
herabgesetzt. Bei Einführung von Darmpharmazis in die Blutbahn
werden alie Bewegungsformen des ganzen Darmtraktus in gleich¬
sinniger Weise beeinflusst. Durch Pilokarpin und Physostigmin wird
ausser einer mächtigen Motilitätssteigerung eine Hyperämie des
Darmes erzeugt; es gewinnt demnach die Vermutung, dass der Vagus
gefässerweiternde Bahnen für den Darm führt, an Wahrscheinlich¬
keit. Die durch Pilokarpin und Physostigmin angeregten Bewegungen
haben einen atypischen pathologischen Charakter; sie sind im Ver¬
gleich zur normalen Tätigkeit unzweckmässig. Die Beobachtung,
dass keine Proportionalität zwischen Bewegungsintensität und In¬
haltsförderung des Darmes besteht, ist auch für die menschliche Pa¬
thologie von Wichtigkeit. Atropin wirkt beruhigend,
wegungen werden träger, vor allem wird die Frequenz herabgesetzt.
Auf die rhythmischen Bewegungen übt Atropin bisweilen einen regu-
larisierenden Einfluss aus, Motilitätsanregung wurde nicht beobachtet.
Die vasokonstriktorische Wirkung des Atropins im Splanchnikusgemet
I jst unbedeutend. Adrenalin bewirkt plötzlichen Stillstand und plotz-
770
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 14.
liches Erblassen aller durch das Fenster sichtbaren Abdominalorgane.
Die Adrenalinhemmung ist vollständiger, aber weniger nachhaltig als
die durch Atropin oder Morphin. Adrenalin und Physostigmin sind
Antagonisten sowohl für die Motilität wie auch für die Gefässfüllung
des Darmes. Bei rektaler Einführung ist die Adrenalinhemmung mehr
lokal und teilt sich weniger den höheren Darmabschnitten mit.
Nikotin macht anfangs eine Hemmung und Anämie des Darmes, ähn¬
lich wie das Adrenalin. Im Anfang der Koffeinwirkung tritt vorüber¬
gehende Blässe und Bewegungshemmung am Darm auf (Sympathikus¬
reizung). Nach Hypophysininjektion tritt anfangs eine Anämie auf,
welcher später manchmal, aber nicht regelmässig, eine Hyperämie
folgt. Die Darmbewegungen werden durch Hypophysenextrakt
mächtig angeregt, sie sind koordinierter und physiologischer als
bei Pilokarpin und Physostigmin. Die Inhaltsförderung ist daher sehr
energisch; geringe Unregelmässigkeiten kommen aber auch vor.
Durch Morphin werden die Darmbewegungen auch des unbeein¬
flussten, im ruhigen Tempo arbeitenden Kaninchenserums primär be¬
ruhigt. Im Anfang beobachtet man dabei eine kurze Vasokonstriktion
in der Bauchhöhle und gleichzeitig meist ein vorübergehendes voll¬
ständiges Bremsen der Darmbewegung, darnach ist die Motilität auf
längere Zeit herabgesetzt. Aehnlich wie Morphin wirken Pantopon,
Opon (morphinfreies Pantopon) sowie salzsaures Apokodein.
16) Beiträge zum Studium der Darmbewegungen. IV. Mitteilung.
G. Katsch: Psychische Beeinflussung der Darmmotilität. (Aus der
medizinischen Abteilung des Stadtkrankenhauses in Altona.)
Die Beobachtungen am Bauchfenster zeigen, dass durch Angst und
Schreck, z. B. durch ein lautes Geräusch oder durch Erregung von
Schmerz eine Gefässkontraktion im Splanchnikusgebiet und eine
Hemmung der Darmbewegungen eintritt, während umgekehrt Lust-
afiekte, wie Vorhalten des Futters, lebhafte Darmbewegungen aus-
lösen.
17) E. G. 0 s e r und E. E. P r i b r a m : Ueber die Bedeutung der
Milz in dem an malignem Tumor erkrankten Organismus und diel
Beeinflussung von Tumoren durch Milzbrei. (Aus der I. chirurgischen
Klinik in Wien.)
Der Milz kommt eine grosse Bedeutung in dem an malignem
Tumor erkrankten Organismus zu. Splenektomierte Ratten zeigen
ein rascheres Tumorwachstum. Durch Injektion von Milzbrei kann
bei Sarkomratten eine Rückbildung oder ein Wachstumsstillstand des
Tumors bewirkt werden. Es scheint dies durch Substanzen vielleicht
nach Art der Antikörper herbeigeführt zu werden, die im gleichzeitig
entnommenen Blut nicht vorhanden sind. Injektionen in maligne Tu¬
moren selbst sind zu vermeiden.
18) J. Rihl; Ueber anfallsweise auftretende regelmässige
Kammertachysystolie in Fällen von Irregularis perpetuus. (Aus der
propädeutischen Klinik der deutschen Universität in Prag.)
Zu einem kurzen Referat nicht geeignet.
19) K. Retzlaff: Die Atophanwirkung beim Gesunden und
beim Gichtiker. (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Die Versuche an purinfrei ernährten Gesunden und Gichtikern er¬
gaben die bekannte Steigerung der Harnsäureausscheidung unter der
Atophanwirkung, während der Purinbasen-N keine Vermehrung
zeigte. Gleichzeitige Blutuntersuchungen ergaben beim Gesunden
2 Stunden nach der 2 g betragenden Atophandarreichung einen Ge¬
halt von 1,5 — 3,8 mg Harnnsäure in 100 ccm Armvenenblut, während
vorher das Blut harnsäurefrei war. Beim Gichtiker war durch
Atophan kein Verschwinden der Harnsäure aus dem Blute zu erzielen,
nur manchmal eine Abnahme derselben. Die Wirkung des Atophans
ist demnach keine elektive Nierenwirkung, sondern besteht in einer
direkten Beeinflussung des Purinstoffwechsels, in gesteigertem Zerfall
von harnsäurebildenden Substanzen durch Steigerung der Fermente
des Nukleinstoffwechsels sowe in einer Mobilisierung des aufge¬
speicherten Vorrates an Harnsäure bezw. Harnsäurevorstufen.
20) E. Zander jr. ; Zur Frage der Salzwirkung auf die Funk¬
tion insuffizienter Nieren. (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Sowohl bei der kranken (nephritischen) Niere, wie bei der Stau¬
ungsniere der Herzkranken hat das Kochsalz einen ausgesprochenen
antidiuretischen Effekt. Massgebend ist in erster Linie nicht die
Menge der Moleküle anorganischer Salze überhaupt, sondern lediglich
ein bestimmtes Molekül, nämlich das chlorhaltige, dabei kommt es
aber nicht auf die Base, sondern auf das Chlor an, welchem man
spezifische nierengiftige oder besser antidiuretische Wirkungen zu¬
schreiben muss.
21) H. E. Hering-Prag; Zur Erklärung des Herzalternans.
(Zugleich eine Kritik der einschlägigen Arbeiten von Leon und Henri
F r e d e r i c q.)
Der Verfasser weist nach, dass die Meinung von Henri F re¬
de r i c q, dass irgendwelche in seiner (Fredericqs) Mitteilung
veröffentlichte Versuche zu der Anschauung des Verfassers über den
Herzalternans nicht passen würden, in keiner Hinsicht zutrifft.
22) M. Koch mann: Beiträge zur Pharmakologie der Misch¬
narkose. I. Wirkung von Narkotikagemischen auf poikilotherme
Wassertiere. (Aus dem pharmakologischen Institut der Universität
Greifswald.)
Die Giftlösung, die bei Carassius vulgaris Seitenlage und bei
Kaulquappen Reaktionslosigkeit auf Kneifen des Schwanzes hervor
ruft, also narkotische Wirkung hat, ist für Chloralhydrat 2 Prom., für
Urethan 3 Prom., von Morphium mit 6 Prom. dpr freien Base bei
Fischen kaum erreicht, bei Kaulquappen 10 mal kleiner. Für Skopola¬
min konnte aus technischen Gründen die Grenzdosis für Fische nicht
festgestellt werden, für Kaulquappen beträgt sie ungefähr 4 Prom.
der Base. Chloralhydrat und Urethan addieren sich in ihrer Wirkung
bei Kombination von Morphium mit Urethan, Chloralhydrat und be¬
sonders mit Skopolamin ist ein potenzierter Synergismus zu konsta¬
tieren. Die Kombination von Skopolamin mit Chloralhydrat und
Urethan bedingt eine verhältnismässig geringe Wirkungsverstärkung
Am stärksten ist die Potenzierung bei Kombination von Morphium
mit Skopolamin (bis um 60 Prom., was mit älteren Versuchen des
Verfassers am Hund übereinstimmt). Aeltere Tiere werden schneller
narkotisiert als junge. Da ein potenzierter Synergismus auch bei
Ausschaltung der Zeit als Versuchsfaktor zu beobachten ist, so ist
die Erklärungshypothese B ii r g i s abzulehnen.
23) J. Schneller: Zur Methodik der Harnsäurebestinimuns:
im Urin und im Blut. (Aus der med. Klinik in Erlangen.)
Das Harnsäurebestimmungsverfahren nach Röthlisbergerl
ist ebenso wie das nach Ruhemann nicht zu quantitativen Unter¬
suchungen geeignet, da die Fehler 60 — 75 Proz. betragen können. Der
Verfasser arbeitete eine Methode zur quantitativen Harnsäurebestim¬
mung im Blut aus, bei welcher vor der Eiweissfällung durch Motio-
kaliumphosphat 'mittels Formaldehyd die Harnsäure in eine leicht
lösliche Verbindung übergeführt wird; im Filtrat von der Eiweiss-
koagulation wird dann durch Natriumbisulfit und Kupfersulfat die
Harnsäure gefällt, gewaschen und zersetzt und dann nach Ludwig;
Salko wski mit ammoniakalischer Silberlösung gefällt und be
stimmt.
24) G. Ewald: Ueber intravenöse Verabreichung von Nuklein¬
säure und ihren Abbauprodukten beim Hund. (Aus der med. Klinik i;
Erlangen.)
Bei intravenöser Einverleibung von Hefenukleinsäure oder!
Thymonukleinsäure (4 — 5 g), sowie nach Fütterung mit Thymonukleiii-
säure fand sich stets ein bedeutendes Plus an Purin-N im Harn (bis
zu 40 Proz.), welches wohl nur zu einem Teil durch die gleichzeitig
einsetzende starke Leukozytose zu erklären ist. Die Injektion von;
Hefenukleinsäure scheint schädlicher empfunden zu werden als jene
von Thymonukleinsäure. da dabei die Gesamtstickstoffausscheiduu.*
ungeheuer gross ist und die vermehrte Allantoinausscheidung viel
länger sich hinzieht. Auch nach Injektion von Guanin und Xanthin;
(in Piperazin gelöst) fand sich eine vermehrte Purin-N-Ausscheidung.
davon 96 Proz. Allantoin. Die dabei auftretende Leukozytose ist!
auch hier nicht die einzige Ursache der Mehrausscheidung; die Ver¬
mehrung der Gesamt-N-Ausscheidung um das 3 — 6 fache weist auch,
dabei auf eine Alteration des allgemeinen Stoffwechsels hin. Ebenso
fand sich nach Injektion von reiner Harnsäure eine Vermehrung des;
Purin-N mit einer längerdauernden Vermehrung der Alhntoinausschei-
dung, welche wieder auf eine stärkere Stoffwechselstörung neben der
mässigen Leukozytose zu beziehen ist. Piperazininjektion allein be-j
wirkte eine viel geringere Leukozytose, keine sehr deutliche Allantoin-,
Vermehrung, aber eine starke Steigerung des ausgeschiedenen Ge-;
samt-N, hat also auch eine Stoffwechselstörnng zur Folge.
25) A. Schittenhelm und R. Ullmann: Ueber den Nuklein¬
stoffwechsel unter dem Einfluss des Atophans. (Aus dem Labora
torium der med. Klinik in Erlangen.)
Verfasser beobachtete bei einem Gichtiker einen typischen Gicht¬
anfall trotz 7 tägiger vorhergehender Atophandarreichung; in den
ersten Tagen der Atophandarreichung war die Harnsäureausfuhr ir
typischer Weise gesteigert. Versuche mit Fütterung von a-thymo-
nukleinsaurem Natrium bei einem chronischen Gichtkranken ergabeii
nur ein geringes Ansteigen der Harnsäure während der Nukleinsäuren
Periode; 3 Versuche an Kranken mit chronischer rheumatischer Poly-i
arthritis und Neurasthenie ergaben eine starke Erhöhung der Harnj
säureausfuhr nach Nukleinsäurezufuhr bei gleichzeitiger Darreichung
von Atophan gegenüber der atophanfreien Nukleinsäureperiode. Bei
einer Leukämie fand sich unter Atophandarreichung eine Steigerung
der Harnsäureausfuhr um 43 Proz., während gleichzeitig die Leukn-
zytenzahl erheblich abnahm. Bei einem Hund war durch Atophan unq
Nukleinsäure zusammen keine Steigerung der Allantoinausfuhr zu er¬
zielen. Die Atophanwirkung ist demnach eine sehr komplizierte1
wahrscheinlich hat das Atophan eine beträchtliche Einwirkung auf
den intermediären Stoffwechsel.
26) H. P e c h s t e i n : Zur Frage des experimentellen Diabetes
I. Mitteilung: Zuckermobilisation durch Adrenalin in Leberdurchblu-
tungsversuchen. (Aus der II. med. Klinik in Berlin.)
Bei den Versuchen zeigte sich, dass das Adrenalin den Glykogen¬
abbau steigert, dass jedoch diese Steigerung in keinem nennenswerte;
Verhältnis zum Glykogenabbau bei Durchblutungen überhaupt steht
Dass Nikotin in der Leber selbst keinen Einfluss auf die Adrenalin
Wirkung hat, ergab sich bei einem Versuch, bei welchem trotz grossei
Nikotindosis eine deutliche Steigerung der Zuckerausscheidung durcl
die Adrenalineinwirkung stattfand. Lindemann - München.
Zentralblatt für Chirurgie, No. 12, 1913.
B o i t - Königsberg : Ueber Pleuraresorption.
Verf. teilt seine an Hunden gemachten Beobachtungen über die
normale und pathologische Physiologie der Pleura mit. Nähere De
tails sind am besten in der Arbeit selbst nachzulesen.
Raffaele Bastianelli - Rom : Wie soll man eine Pyelotomie-
wunde behandeln?
. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
77!
Verf. tritt für die Pyelotomie ein und macht verschiedene Vor¬
eilige über die Behandlung der Pyelotomiewunde. Er empiiehlt,
as Nierenbecken bis zum Stein direkt durch das Fett hindurch zu
urchschneiden und durch Katgutnähte, welche Fett und Pelviswand
lbmukös durchdringen, wieder zu vereinigen. Einfach und sicher
isst sich ein Beckenschnitt, der sich nicht nähen lässt, durch einen
ettlappen decken; diese Lappenplastik empfiehlt sich besonders bei
iner langen oder zerrissenen Nierenbeckenwunde. Fs ist wichtig,
as Nierenbeckenfett möglichst intakt zu lassen. Als letzte Methode
leibt noch die von Payr (No. 42. 1912) empfohlene Plastik mit einem
appen der Capsula fibrosa übrig.
Fr. Steinmarin - Bern ; Ausschaltung des Wurmfortsatzes.
Verf. warnt auf ürund einer üblen Erfahrung gleichfalls dringend
or der von Kofmann (No. 50) empfohlenen Ausschaltung des
Vurmfortsatzes. Der Fall selbst wird ausführlich mitgeteilt.
E. Heim- Gerolzhofen.
Zentralblatt für Gynäkologie. 1913. No. 12.
E. G e r s t e n b e r g - Wilmersdorf ; Bemerkungen zu Heinrich
Dotters: Verfahren zur Heilung enger Becken.
R o 1 1 e r s Operation besteht in der prophylaktischen Abmeisse-
ung eines Stückes des Promontoriums bei Multiparen mit plattem
lecken und Verkürzung der Conj. vera bis zu 7 cm herab. Aus Ver¬
buchen an der Leiche ergaben sich G. folgende Einwände gegen die
Operation: Er erlebte an der frischen Leiche eine anhaltende, nicht
Unbedenkliche Blutung aus dem 1. Kreuzbeinwirbel. Bei Conj. vera
mter 84 cm bleibt dieselbe auch nach der Operation noch zu kurz,
im ernste Geburtshindernisse zu verhindern. G. hält eine Verbindung
ler Rot ter sehen Operation mit der künstlichen Frühgeburt even¬
tuell für nützlich.
0. K r u g - Magdeburg: Ein neuer Handgriff (Kreuzgriff) bei Ent¬
bindungen.
K. hat seinen Ffandgriff bereits im Zentralbl. f. Gynäkol. 1910
(No. 24) beschrieben und empfohlen. Die Hände werden dabei ge¬
kreuzt in die Scheide eingeführt und üben in. der Richtung des queren
Beckendurchmessers einen Druck aus, wobei das ganze Becken etwas
gehoben wird. K. empfiehlt den Handgriff neuerdings bei protrahier¬
ten Geburten.
Rudolf Patek-Wien: Ein Fall von primärem Sarkom des
Dünndarms.
Der Fall betraf eine 49 jährige Frau. Die Diagnose schwankte
zwischen einer stielgedrehten Ovarialzyste und Tumor des Darms.
Bei der Laparotomie fand sich ein grosszelliges Spindelzellensarkom
des Jejunum, das in einer Länge von ca. 10 cm reseziert wurde,
worauf nach Verschluss der beiden Darmlumina eine seitliche Entero-
anastomose vorgenommen wurde. Zunächst Heilung, die nach 7 Mo¬
naten noch fortdauerte.
H. Kondring - Posen : Primäres Zystosarkom des Magens.
Eine 35 jährige Frau kam mit einem grossen Abdominaltumor
: zur Operation. Derselbe erwies sich als ein 17 Pfd. schweres Spin-
delzellensarkom mit multiplen Erweichungen, das von der hinteren
Seite der grossen Kurvatur des Magens ausgegangen war. 1 rotz
vieler Lebermetastasen erfolgte zunächst glatte Heilung, die 11 Mo
nate post op. noch anhielt.
Max Hirsch -Berlin: Ueber das Verhältnis der Geschlechter.
H. hat gefunden, dass der überwiegende Teil der Aborte und
Frühgeburten Knaben sind. Letztere müssen eine geringere Wider¬
standsfähigkeit gegenüber den Schädlichkeiten haben, welche zum
Abort oder zur Frühgeburt führen. Die männlichen Früchte über¬
wiegen umsomehr, je früheren Schwangerschaftsmonaten sie ent¬
stammen. H. fordert zu einer Sammelstatistik auf. die diese Tat¬
sachen noch näher prüfen soll. Er meint, dieselbe könne auf die ge¬
schlechtsbestimmenden Faktoren ein aufklärendes Licht werden.
J a f f e - Hamburg.
Jahrbuch für Kinderheilkunde. Band 77, Heft 2.
Otto Heubner zu seinem 70. Geburtstage. (Mit Porträttafel.)
Von den Herausgebern und dem Verleger des Jahrbuches.
7) Elsa Liefmann: Die Azetonausscheidung im Drin gesunder
und spasmophiler junger Kinder. (Aus der Universitäts-Kinderklinik
zu Strassburg.)
Verf. fand^die Azetonmenge des Harns gesunder Kinder indivi¬
duell verschieden und mit zunehmendem Alter ansteigend, von 1 bis
4 mg bei Säuglingen und 5 — 10 mg bei älteren Kindern. Die Menge
des ausgeschiedenen Azetons ist vermehrt bei fettreicher Nahrung
— gleichzeitige relative Azidose — und wird durch Beigabe von
Kohlehydraten deutlich vermindert. Im Hunger steigt der Azeton¬
gehalt des Harns rapide an; ist jedoch auch individuell verschieden.
Bei Spasmophilie — besonders in manifesten Fällen mit Krämpfen —
fand die Verf. eine beträchtlich vermehrte Azetonausscheidung im
Harn. Auch hier zeigte sich eine wenn auch verlangsamte Einwirkung
der Diät auf die Azetonausscheidung. Die von der Verf. hypothetisch
angenommene Azidose wäre durch den Nachweis von /J-Oxybutter-
säure zu erbringen, und behält sich die Verf. diesbezügliche
Untersuchungen vor. Für die Aetiologie der Spasmophilie nimmt die
Verf. hypothetisch eine Störung im Kohlehydratstoffwechsel an (oder
des Fett Stoffwechsels — Ref.).
8) Gottfried v. R i 1 1 e r - Pilsen: Ueber die klinische Verwend¬
barkeit der Azetonreaktion in der Kinderpraxis.
Verf hält nach seinen Beobachtungen in der Praxis die Azeton¬
reaktion für ein wertvolles diagnostisches Hilfsmittel zur Erkennung
jener unklaren oft febrilen Erkrankungen des Kindesalters, welche
auf Intoxikationsvorgänge im Bereiche des Magendarmkanals zurück¬
zuführen sind. Diese Erkrankungsfälle betreffen nach Ritter meist
Kinder zwischen dem 2. und 13. Lebensjahr und dauern als reine Fälle
meist 7 Tage oder weniger. Zu Beginn meist Erbrechen, Stuhl
oft angehalten; anamnestisch öfters Diätfehler. Die Therapie be¬
steht nach Ritter in der Darreichung von Kalomel, Klysmen,
schwachgesüsstem Tee, Kohlehydraten, event. Natr. bicarb. Ver¬
meidung von Fett.
9) Else Anna Frank- Hannover : Die Anwendung der Molke¬
therapie bei ruhrartigen Darmkatarrhen und ihre Erfolge. (Aus der
Universitäts-Kinderklinik zu Göttingen [Dir.: Prof. F. Göppertl.)
Nach der üblichen Evakuierung durch Rizinus und Darmspülungen
Darreichung von Molke mit Schleim, später mit Milchanreicherung.
Polemik gegen die Behandlung der in Rede stehenden Affektion mit
Kindermehlen (Nestle und Kufeke) bzw. Mehldiät überhaupt, die sich
allerdings auch noch in manchen pädiatrischen Lehrbüchern findet.
Die guten Resultate zeigen, dass man auf verschiedenen Wegen zum
Ziel kommt; so empfiehlt Ref. seit langem bei Dickdarmaffektionen
fetthaltige Nahrungsgemische (Ramogen, Eiweissmilch u. a. m.).
10) E. Rachmile witsch-St. Petersburg: Hautreaktionen
von Kindern mit exsudativer Diathese. (Aus der Universitäts-Kinder¬
klinik in Strassburg.) (Mit 1 Abbildung im Text.)
Experimentelle Untersuchungen, um die Reizbarkeit der- Haut
von exsudativen Kindern zu erproben. Die Versuche wurden mit
Priessnitzumschlägen, Buttersäure und Senfölpaste bei intakter und
vorher skarifizierter Epidermis angestellt. Nach vorheriger Skari-
fikation trat bei den Kindern mit exsudativer Diathese nach Ein¬
wirkung einer Mustardpaste eine Quaddelbildung ein. und zwar wurde
die positive Reaktion nicht nur bei älteren Kindern, sondern bereits
bei Neugeborenen angetroffen — ein Zeichen, dass es sich um eine
angeborene Konstitutionsanomalie nach Czerny handelt. Dabei
konnten quantitative Unterschiede der Reaktion in der Weise be¬
obachtet werden, dass dicke (in utero gemästete — Ref.) Kinder
eine stärkere Quaddelbildung erkennen Hessen. Verf. wünscht
selbst eine Vervollkommung der Methode, durch welche es er¬
möglicht wird, diese Diathese im latenten Stadium oder in zwei¬
felhaften Fällen zu erkennen.
11) Walther U s e n e r - Torgau: Ueber Nabelschnurbruch. (Aus
der chirurgischen Abteilung der Kinderklinik in Leipzig [Obeiarzt.
Geh. Rat Prof. T i 1 1 m a n n s].) Kasuistische Mitteilungen.
Kleine Mitteilungen:
I. Friedlaendersepsis mit schweren Nebennierenblutungen in
einem Fall von Lues hereditaria. Von E. C o n r a d i - Köln.
II. Postdiphtherische Fazialislähmung. Von S. Wolff- Wies¬
baden. . . ... , , , rr
III Wiederholte Erkrankungen an Parotitis epidemica. Von J. K.
F r i e d j u n g - Wien. O. Rommel- München.
Vierteljahrschrift für gerichtliche Medizin und öffentliches
Sanitätswesen. 1913. 1. Heft.
I. Gerichtliche Medizin.
1) Ueber die Gerinnung und Dekoagulation des Blutes nach dem
Ertrinkungstode. Von Dr. H. F. Roll, Batavia. (Schluss folgt.)
2) Eigentümliche Funde bei Verbrennungen (Mordbrand). Von
Francis H a r b i t z, Christiania, Norwegen.
Gerichtliche Sektionen, die im Feuer umgekommenen Personen
gelten, sind gerichtlich vor grosser Bedeutung, teils weil die Ent¬
scheidung darüber, ob der Verstorbene lebend ins Feuer gekommen
ist oder nicht, recht schwierig sein kann, teils weil postmortal eine
ganze Menge eigentümlicher Veränderungen eiutreten kann, die zu
der Auffassung führen können, als seien sie bei lebendigen Leibe ent¬
standen und durch äussere Gewalt verursacht.
Als die wichtigsten Merkmale dafür, dass ein Verbrannter
lebend verbrannt ist. führt Verf. an die Reaktions¬
phänomene seitens der Haut — Entzündungserythem, Blasen¬
bildung usw.. 2. die A s p i r a t i o n s p h ä n o m e n e (in den Luft¬
wegen) und 3. den Befund von Kohlenoxyd im Blut.
Unter den Aspirationsphänomenen weist er auf das Einatmen von
Russ, Kohlen Partikeln, von Blut und auf die Aspiration von
erhitzter Luft und warmen Gasen und die Wirkung hieran auf die
Schleimhaut in Mund, Schlund und Kehlkopf.
Schliesslich verweist Verf. u. a. noch auf eine postmortale Wir¬
kung auf den Kopf, die man ab und zu bei bedeutenden Verbren¬
nungen, wenn grössere Teile des Schädels verbrannt sind, antrifft,
nämlich das Bersten der Dura mater, so dass das Gehirn
austritt und die Dura mater umgibt. Anfänglich schrumpfe die Dura
mater ein, aber infolge des Drucks vom Gehirn werde sie bald, zu¬
meist an der Konvexität gesprengt.
3) Beitrag zur Identifizierung von Schartenspuren von Dr.
Nippe. (Aus dem Institut für gerichtliche AJedizin zu Königs¬
berg i. Pr.) ... .
Verf. bespricht an einem Fall die Art der Identifizierung von
Schartenspuren nach der von ihm etwas erweiterten Methode von
772 ______ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ _ No. 14.
K o c k e 1 und A. S c h u 1 z. Es handelt sich im betreffenden Falle
um Eruierung eines Baumfrevlers.
4) Hirnerschütterung oder Vergiftung als Todesursache. Von
Prof. Dr. L. W. Weber. (Aus der städtischen Nervenheilanstalt
Chemnitz.)
W. teilt den Sektionsbericht mit von einem Verstorbenen, der
vom Motorrad bei einem Zusammenstoss mit einem Wagen stürzte,
erst nach einigen Tagen unter Gehirnerscheinungen erkrankte,
während der Krankheit mehrfach Morphiumeinspritzungen erhielt und
am 17. Tag nach dem Unfall, x/\ Stunde nach Morphiumeinspritzung
plötzlich verschied. Bei der Sektion fand sich im Gehirn an der
Schädelbasis unter der intakten Hirnhaut ein Knochenriss mit blutig
imbibierten Rändern, das Gehirn selbst war zwar blutreich, jedoch
ohne grösserem freien Bluterguss.
Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung konnte
als Todesursache angesprochen werden: über das ganze
Gehirn verbreitete, multiple miliare Hirnblu¬
tungen und perivaskuläres Hirnöde m. Veränderungen,
die allmählich erst im Laufe mehrerer Tage nach dem Unfälle ent¬
standen sind, hauptsächlich durch bindegewebige Entartung der Ge-
fässe bei dem 47 Jahre alten Verunglückten. >
5) Ein Beitrag zur Lehre von den Gewebsembolien. Von
0. Kunze- Braunschweig.
K. berichtet über das Sektionsergebnis bei einem durch einen
Automobilunfall tödlich Verletzten. Es wurde, abgesehen von
Rippenfrakturen eine ausgedehnte Leberzerreissung festgestellt.
Grössere und kleinere Leberstückchen wurden dabei losgerissen,
von den Lebervenen durch das Herz in den Lungenkreislauf ver¬
schleppt. Zwei grosse Stücke verstopften die Haupt¬
äste der Pulmonalis und führten kurze Zeit nach der Ver¬
letzung zum plötzlichen Tode.
Verf. bespricht dabei auch die Frage, ob eine Leb^rruptur un¬
bedingt zum Tode des Individuums führen muss. Es hänge dies von
der Schwere und dem Umfange der Leberverletzung ab. Der Tod
werde stets durch die starke intraabdominale Blutung herbeigeführt.
Indes brauchen ausgedehnte und tiefgreifende Leberrupturen nicht
immer in Kürze zum Tode führen, kleinere Leberrupturen können
ohne Schaden für den Menschen ganz ausheilen.
Leberzellenembolien können auch bei geringfügigen
Leberverletzungen zustande kommen, sie werden begünstigt durch
die enorme Saugkraft des Herzens und dadurch, dass die Venae
hepaticae nicht wie andere Venen imstande sind, bei der Diastole des
Vorhofes zu kollabieren.
Nachgewiesene Embolien von Leberzellen lassen den unbedingt
sicheren Schluss zu, dass die Verletzung der Leber intra vitam
entstanden ist.
6) Experimentelle Beiträge der Lehre vom Ertrinkungstode. Von
Otto V ö 1 p e 1 - Frankfurt a. M. (Aus dem Institut für gerichtliche
Medizin der Universität Kiel.) (Schluss folgt.)
7) Zur forensen Bedeutung der Nabelschnurumschlingung. Von
Dr. Engau. (Aus dem Institut für gerichtliche Medizin der Uni¬
versität Leipzig.)
Beschreibung eines Falles, bei dem die Nabelschnur um die
linke Halsseite herum nach der rechten verlief, wo sie zu einem ein¬
fachen wahren Knoten verschlungen war. Am Halse des Kindes fand
sich weder eine ringförmige Strangfurche, noch ein dem Knoten ent¬
sprechender Eindruck. Lungen, Magen- und Darmkanal waren luft¬
haltig; die Luftwege waren frei, unter dem Lungenfell spärliche
Ekchymosen.
Wie der Tod des Kindes zustande kam, konnte nicht mit Sicher¬
heit festgestellt werden.
8) Besprechungen, Referate, Notizen.
II. Oeffentliches Sanitätswesen.
1) Geburtenzahl und Säuglingsiürsorge. Von Med.-Rat Dr.
G r a s s 1 - Kempten.
Verf. erörtert die Gründe für die Abnahme der Kinderzahl, die
er zum Teil in der Herabsetzung der Zeugungsfähigkeit, vor allem
aber in dem herabgeminderten Willen nach dem Kinde sieht. Bei
dem Weibe ist die Herabminderung des „Muttertriebes“ von Gefahr.
Bei der ohnehin geringen Kindersterblichkeit bei den gesellschaftlich
höher stehenden Schichten sei eine weitere Einengung der Kinder¬
sterblichkeit ein biologischer Fehler, es sei denn, dass diese Ab¬
minderung durch erhöhte Brustdarreichung erzielt werde. Die Ab¬
nahme des Muttertriebes sei die Hauptursache des Niedergangs aller
Kulturvölker geworden.
Im weiteren Verlauf der Abhandlung nimmt der Verf. Stellung
gegen die Anschauung, dass die geringste Kindersterblichkeit das er¬
strebenswerte Ziel der öffentlichen und privaten Kinderfürsorge sei.
Vom nationalen und Rassenstandpunkt'müsse die geringe Kindersterb¬
lichkeit als die beste erklärt werden, die mit einer so grossen Ge¬
burtenzahl begleitet sei, dass ein möglichst hoher Ueberschuss bleibe.
Gegenden, in welchen solch grösster Ueberschuss tatsächlich vor¬
handen sei, seien mit der neuen Lehre der geringsten Kindersterb¬
lichkeit und geringsten Geburten sorgfältigst zu verschonen; für diese
dürfe zur Vermeidung der hohen Kindersterblichkeit nur das Selbst¬
stillen und die Selbstpflege des Kindes empfohlen werden, künstliche
Heilmittel, wie Milchküchen, Kinderpflegerinnenausbildung, Krippen¬
wesen, Kinderspitäler und andere soziale Einrichtungen seien von
diesen Landbezirken ängstlich fernzuhalten. Die mehr oder minder
grosse Sterblichkeit bei grösstmöglichem Ueberschuss möge die Be¬
rufshumanitätsapostel beschäftigen, nicht die Biologen oder Medizinal¬
statistiker und Soziologen.
Ein Grundsatz aller öffentlichen Säuglingsfürsorge muss sein,
dass die Last der Aufzucht durch die Fürsorge nicht wachsen darf.
Das erhöhte Absterben der Kuhkinder stelle teilweise einen
Selbstreinigungsprozess des Volkskörpers dar, und überall da, wo die
künstlich aufgezogenen Kinder die gleich geringe Sterblichkeit auf-
weisen, wie die Brustkinder, finde ein wesentlicher Rückgang in der
Qualität und auch in der Quantität der Bevölkerung statt.
2) Wesen, Verhütung und Bekämpfung der akuten spinalen
Kinderlähmung vom Standpunkte der öffentlichen Gesundheitspflege.
Von Dr. Max A b e s s e r - Greifswald.
A b e s s e r gibt eine ausführliche Darstellung der gegen¬
wärtigen Kenntnis über diese Krankheit. Danach könne mit einer
aii Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden,
dass der Erreger ein invisibles Virus sei. Die medizinische
Wissenschaft sei deshalb auf die klinische Beobachtung angewiesen.
Die Diagnose sei im Anfangsstadium kaum möglich, wenn die typi¬
schen Lähmungen auftreten, sei sie leicht.
Das Inkubationsstadium sei auf 5 — 10 Tage zu berechnen. Die
ersten plötzlich auftretenden Symptome seien häufig Fieber und Er¬
brechen, dem Absinken des Fiebers folgt die Lähmung.
Völlig unaufgeklärt sei die epidemiologische Erfahrungstatsache,
dass das Auftreten der Krankheit in den Sommer falle, jedenfalls
im Spätherbst die Seuche erlösche. Als möglicher disponierender
Faktor werde Ueberhitzung mit plötzlicher Abkühlung der Körper¬
oberfläche in vielen Fällen erwähnt.
Eine therapeutische Beeinflussung des akuten Stadiums nach ein¬
getretener Krankheit sei bisher noch nicht gelungen.
Als Schutzmassregeln empfehlen sich Absonderung
der Kranken für die Dauer des akuten Stadiums, eventuell Ueber-
fiihrung in ein Krankenhaus; da wahrscheinlich der Erreger in den
Ausscheidungen des Kranken, vor allem im Nasenrachenschleim ent¬
halten sei, empfehle sich, letzteren in Gefässen aufzufangen, die zur
Hälfte mit desinfizierender Flüssigkeit gefüllt seien. Stuhl, Urin und
Erbrochenes seien mit verdünntem Kresolwaser oder Kalkmilch zu
desinfizieren usw.
Schlussdesinfektion werde mittels Formalin-
apparates vorgenommen.
3) Der Einfluss der Erwerbs- und Arbeitsverhältnisse der Tabak¬
arbeiter auf ihre Gesundheit. Von Dr. Thiele- Varel (Oldenburg).
(Schluss folgt.)
4) Zusammenfassende Uebersicht.
Alkoholismus von Dr. H o 1 i t s c h e r - Pirkenhammer bei
Karlsbad.
5) Besprechungen, Referate, Notizen.
III. Amtliche Mitteilungen.
Dr. Spa et- Fürth.
Berliner klinische Wochenschrift. No. 13, 1913.
1) T o u t o n - Wiesbaden : Die jetzigen Heilmittel der Syphilis
und ihre Anwendung in der Praxis.
Nach Ansicht des Verfassers ist das Quecksilber das noch immer
sicherste Mittel gegen die Syphilis. Das Salvarsan hat es nicht ver¬
drängt, sondern beide bestehen nebeneinander. Die Kombination einer
Quecksilberkur mit einigen Salvarsaninfusionen ist z. Z. die beste
und aussichtsreichste Therapie. Der Verfasser gibt am Schlüsse
seiner Ausführungen (ohne ein Schema aufstellen zu wollen) einen Be¬
handlungsplan für die ganze Krankheitsdauer.
2) C. Gutmann - Wiesbaden : Ueber Parallelversuche mit Alt-
und Neosalvarsan.
Ein definitives Urteil zu fällen in der Frage der Beeinflussung
der Wassermannreaktion durch Alt- und Neosalvarsan, erlaubt das
verhältnismässig kleine Vergleichsmaterial dem Verfasser nicht. In¬
dessen für unser therapeutisches Handeln dürften sich aus den bei
diesen Versuchen gewonnenen Erfahrungen folgende Gesichtspunkte
ergeben: In Anbetracht der auffallend höheren Zahl fieberhafter
Reaktionen nach wässerigen Salvarsaninjektiotien verwende inan
prinzipiell nur Kochsalzlösungen zur Infusion. Ferner im Hinblick
auf die geringeren Nebenwirkungen dürfte es sich empfehlen, bei
Fällen mit sehr ausgebreiteten Erscheinungen die Kur mit Neo¬
salvarsan durchzuführen oder wenigstens zu beginnen. Um das Auf¬
treten anaphylaktoider Erscheinungen zu vermeiden, die ausnahmslos
an das Altsalvarsan gebunden sind, dürfte es angebracht sein, beide
Präparate kombiniert anzuwenden.
3) P. G. Unna: Tatsachen über die Reduktionsorte und Sauer¬
stofforte des tierischen Gewebes. (Vortrag, gehalten in der Berliner
physiologischen Gesellschaft am 24. Januar 1913.)
Die Ausführungen des Verfassers zeigen, dass im tierischen
Gewebe starke Gegensätze bestehen, welche auf die funktionellen
Beziehungen der Gewebselemente zueinander Licht zu werfen ge¬
eignet sind. Die Lehre von der Gewebsatmung wird in Zukunft diese
vorgebildeten Gegensätze der Sauerstofforte und Reduktionsorte im
Gewebe nicht ausser acht lassen dürfen.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
S April 1911
*++ ->
/ 7o
4) Walther S c h m i d t - Breslau : Das Ulcus rotundum duodeni
im ersten Lebensjahr. .......
Das Ulcus rotundum duodeni ist im ersten Lebensjahr hautigei
als iin allgemeinen angenommen wird und zwar tritt es im ersten
Lebensjahr häufiger als in den 7 nächsten auf. Jede Erkrankung des
Kindes, die mit einer starken Schwächung des Gesamtorganismus
einhergeht, begünstigt das Auftreten des Leidens.
5) Paul K r a u s e - Berlin: Vergleich der Wirkung von
Thorium X- und Röntgenstrahlen.
Im vorliegenden Falle konnte die Wirkung von Thorium X und
der Röntgenröhre messbar verglichen werden. Es haben sich
210 elektrostatische Einheiten (= 2,1 Millionen Macheeinheiten), in
6 Tagen verabfolgt, bzw. 390 elektrostatische Einheiten, in 3 Wochen
verabfolgt, nicht gleichwertig einer Erythemdosis der Röntgenröhre
gezeigt, die in einer Sitzung verabfolgt wurde.
6) A. H i r s ch b e r g- Berlin: Das Thigenol in der gynä¬
kologischen Therapie. ^ ,
Das Thigenol hat sich in der konservativen Behandlung der
weiblichen Unterleibsleiden als ein wertvolles und zuverlässiges Heil¬
mittel erwiesen, dort, wo ein Schwefelpräparat eine therapeutische
Wirkung entfalten kann.
7) Max R o t h m a n n - Berlin : Gegenwart und Zukunft der
Riickenmarkschirurgie. (Vortrag, gehalten in der Berliner mediz.
Gesellschaft am 12. Februar 1913.) Schluss.
Cf. pag. 387 der Münch, med. Wochenschr. 1913.
8) v. Tobold: Technische Neuheiten.
Eine transportable Stirnlampe, ein Bronchitiskessel mit Alarm¬
vorrichtung, ein Extensionsrollenständer, eine praktische Tropf¬
flaschenapotheke, ein Normalgelenkstuhl, der es ermöglicht, dass die
Lagerflächen des Stuhles in allen Stellungen dem Körper des Patienten
sich anschmiegen, eine Beinlagerung, ein Augenschutzapparat zum
Abblenden des Lichtes, eine verstellbare Klammer zur Knochen¬
fixierung nach Kniegelenkresektion, ein Apparat zur künstlichen
Atmung, Fingerlinge aus schwarzem Leder, für jede Grösse ver¬
stellbar, eine Jodtinkturtransportilasche.
9) Bruno Künne: Die Littlesche Krankheit.
Kritisches Uebersichtsreferat. Dr. G r a s s m a n n - München.
Deutsche medizinische Wochenschrift. No. 13, 1913»
1) Oskar V u 1 p i u s - Heidelberg: Die Behandlung des an¬
geborenen Klumpfusses. Klinischer Vortrag.
2) K. H ü r t h 1 e - Breslau : Ueber Förderung des Blutstroins
durch den Arterienpuls.
Untersuchungsergebnisse, welche teils bei Lähmung der Geiässe
durch Absperrung der Blutzufuhr, teils durch ihre Erregung mittels
Adrenalin, Pituitrin und Digitalis gewonnen wurden, weisen darauf
hin, dass die Arterien aktiv durch Kontraktion ihrer Muskelwand,
welche durch die pulsatorische Druckschwankung ausgelöst wird,
zur Unterhaltung des Blutstromes beitragen.
3) H. Leo- Bonn : Ueber die Wirkung gesättigter wässriger
Kampferlösung.
Die gesättigte wässrige Kampferlösung enthält etwa 2 Prom.
Kampfer, bei Temperaturen über 15° weniger. Bei intravenöser In¬
jektion wirkt diese Lösung ausserordentlich viel stärker, als das sub¬
kutan injizierte Kampferöl, auf Zentralnervensystem, das Atemzentrum
und den Zirkulationsapparat. Bisher sind nur Tierversuche angestellt
worden; da diese bei 10 ccm pro Kilogramm Tier ausgesprochen
toxische Erscheinungen erkennen Hessen, wird erst noch, bevor man
die therapeutische Verwendung beim Menschen heranzieht, die Gift¬
grenze festzulegen sein. Ebenso bedarf die anscheinend spezifische
Wirkung des Kampfers gegen Pneumokokkeninfektionen noch der
weiteren Prüfung.
4) Joh. B i b e r f e 1 d - Breslau : Die neuen Arzneimittel des letz¬
ten Jahres.
Besprechung der verschiedenen jüngeren Opiumpräparate, der
Kombinationspräparate, wie Codeonal und Chineonal, der neueren
Brompräparate. Antipyretika, Antineuralgika, Desinfizientia usw., zu¬
letzt auch des Neosalvarsans.
5) B. Möllers- Berlin: Serologische Untersuchungen bei Le¬
prösen.
Das Serum solcher Kranker, welche an der gemischten oder
tuberösen Form der Lepra leiden, zeigt sich in mindestens 95 Proz.
der Fälle fähig, mit Tuberkulinpräparaten einen positiven Ausfall der
Komplementbindungsreaktion herbeizuführen; der Prozentsatz ist bei
anderen Formen niederer, am kleinsten bei der anästhetischen Form.
Bei ausgeheilter Lepra ist die Reaktion negativ.
6) Richard M ü h s a m - Berlin: Chirurgische Erfahrungen im
Deutschen Roten-Kreuz-Lazarett in Belgrad.
Von den 296 in Behandlung gekommenen Schussverletzungen
mussten durchschnittlich 20 Proz. als infiziert angesehen werden;
schlechte Transportverhältnisse gaben höhere Ziffern. Der erste
Verband entsprach durchaus modernen Anforderungen. Unter der
Befolgung des Grundsatzes, dass im Kriege die konservative Behand¬
lung der Schussverletzungen wenn irgend möglich anzustreben ist,
wurden nur 55 Operationen vorgenommen, darunter eine Trepanation,
eine Eröffnung eines perirenalen Abszesses, zwei Amputationen, zwei
Aneurysmaoperationen, eine Laparotomie wegen Peritonitis, eine
Nervennaht, eine Neurolvse, einige Rippenresektionen, Aufmeisse-
lungeti wegen Osteomyelitis, Kugelentfernungen.
7) Ludwig S c h 1 i e p - Berlin : Ueber Gelenkschüsse.
Vom serbisch-türkischen Kriegsschauplatz wird über die Er¬
fahrungen mit Gelenkschüssen, darunter 48 Schussverletzungen
grosser Gelenke, berichtet. Es zeigte sich hier wie überall in der
Kriegschirurgie, dass die konservative Therapie die aussichtsreichste
ist. 10,2 Proz. der Gelenkschüsse waren infiziert; besonders für diese
erwies sich die Stauungshyperämie als ein ganz hervorragendes
Mittel, das auch prophylaktisch angewendet neben der Immobili¬
sierung zweifellos vorzüglich wirkte.
8) L o t s c h - Berlin: Ueber die Wirkung des Spitzgeschosses.
Das türkische Spitzgeschoss hat ein Kaliber von 7,65 mm und ein
Gewicht von 10 g. Ueber seine Wirkung, wie sie in bulgarischen
Spitälern beobachtet werden konnte, ist zu sagen, dass sie sich von
der des früheren Ogivalgeschosses nur wenig unterscheidet. Die Zahl
der Steckschüsse, sowie der Gefäss- und Nervenverletzungen scheint
zugenommen zu haben. Die Neigung zu Querschlägern bedingt eine
grosse Zahl schwerer Verletzungen. Bei glattem Durchschlag ist
das Spitzgeschoss eine sehr humane Waffe, so dass die Verwundeten
oft kurze Zeit nachher schon wieder kampffähig sein können.
9) W. A. F r e u n d - Berlin: Ueber das Emphysem.
Zur Kritik der in den Charite-Annalen, 36. Jahrgang 1912, S. 74
publizierten Arbeit des Herrn J. Pie sch.
10) E. S a 1 k o w s k i - Berlin: Zur Harnanalyse.
Bemerkungen zu der Mitteilung von Peter B e r g e 1 1 in No. 42
(1912) dieser Wochenschrift (s. No. 44. 1912 der Münch, med.
Wochenschr.).
11) Christian S c h ö n e - Greifswald: Ueber die praktische Be¬
deutung der Blutdruckmessung bei der Diphtherie.
Entgegnung auf die Bemerkungen des Herrn Sanitätsrat Dr.
B r ii c k n e r in No. 8 dieser Wochenschrift (s. No. 9 der Münch, med.
Wochenschr.).
12) Max Cohn -Berlin: Der Wurmfortsatz im Röntgenbiide.
Nach einem Vortrage, gehalten in der Berliner Gesellschaft für
Chirurgie am 10. Februar 1913, ref. in No. 7 (1913) der Münch, med.
Wochenschr. „ , .
13) Otto Loose und Erich S t e f f e n - Berlin : Ueber Corpora
amylacea im endoskopischen Befunde der hinteren Harnröhre.
Zwei farbige endoskopische Bilder, bei welchen die in den Duc¬
tus prostatici sitzenden als Corpora amylacea bezeichneten Konkre¬
mente sehr gut zu sehen sind; sie stammen von einem 57 jährigen
Manne, der über blutige Färbung des Samens und leichte Schmerzen
bei der Ejakulation zu klagen hatte.
14) Max H e n i u s - Berlin : Der heutige Stand der Behandlung
der Arteriosklerose. • Baum- München.
Korrespondenzblatt iür Schweizer Aerzte. 1913, No. 8.
K. R e b e r : Zur Behandlung der Nachgeburtsperiode. (Geburtsh.
Klinik Bern.)
Die Berner Klinik behandelt in normalen Fallen die Nachgeburts¬
zeit nach der D u b 1 i n e r M e t h o d e, d. h. Abwarten unter ständiger
Kontrolle des Uterus, erst nach 2 oder mehr Stunden Expression mit
Crede, wenn die Zeichen der Löung der Plazenta vorhanden sind.
Gelingt es bei stärkeren Blutungen nicht, durch die gewöhnlichen Mit¬
tel (Kneten des Uterus, Spülungen etc.) die Blutung zum Stehen zu
bringen, so hilft oft der Crede sehe Handgriff in Narkose, so dass
man keine manuelle Plazentarlösung braucht. Eine Prüfung beidei
Methoden, der Dubliner und des Crede an dem gleichen Ma¬
terial ergab für erstere bessere Resultate, was Verf. auch zahlen-
mässig an klinischen und poliklinischen Fällen nachweist.
Stäubli-St. Moritz: Ueber Varizellen bei Erwachsenen.
(Schluss.) _ • „ , . „■
Verf. beschreibt ausführlich 3 Fälle von Varizellen bei Er¬
wachsenen, die infolge besonders günstiger äusserer Verhältnisse,
was die Fragen der Ansteckung etc. betrifft, genau beobachtet wer¬
den konnten. Bei einem Kranken waren die Effloreszenzen sehr deut¬
lich infiltrierend, hatten teilweise eine zentrale Delle und trü¬
ben, meist eitrig.en Inhalt. Pocken waren mit Sicherheit auszu-
schliessen, weil jede Ansteckungsfähigkeit fehlte, die Patienten (2 Brü¬
der) 4 mal, zuletzt vor 4 Jahren geimpft waren (die beiden letzten
Male mit ganz schwacher Reaktion) und weil vor allem auch das
Blutbild absolut dagegen sprach. Nach Kämmerer besteht bei
Variola Leukozytose (10—20 000) mit starker absoluter Vermehrung
der Lymphozyten, bei Varizellen dagegen meist Leuko¬
penie; in den vorliegenden Fällen war leichte Leukopenie mit Ver¬
mehrung der grossen Mononukleären und Uebergangsformen vor-
Uanrien L. J a c o b - Würzburg.
Oesterreichische Literatur.
Wiener klinische Wochenschrift.
No. 13. J. Bartel- Wien: Das Stadium „lymphoider“ Latenz
im Infektionsgange bei der Tuberkulose.
Verf. verteidigt seine Anschauungen gegenüber der muorneis
Schrift: „Die Skrofulöse“ enthaltenen Kritik.
B. A. H o u s s a y - Buenos Aires: Ueber die Kombination voi
Adrenalin und Hypophysin und deren klinische Verwendbarkeit.
Durch Kombination von Adrenalin und Hypophysin lasst s cl
intensivere Wirkung des ersteren mit der Protrahierten Wirkung des
letzteren verbinden und die Dosis des relativ giftigen Adrenalins ..in
774
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
das harmlose Hypophysin herahsetzen. Die günstigste Mischung be¬
steht in 4 — 5 Tropfen der 1 prom. Adrenalinlösung und 1 ccm des
„aktiven Bestandteils der Hypophyse“ oder der 20 proz. Verdünnung
irgend eines anderen Bestandteiles des Hinterlappens. Diese Lösung
eignet sich zur inneren oder subkutanen Anwendung bei Schock und
Kollaps, stürmischen Intoxikationen mit Hypotension, bei Tachykardie
und Myocarditis toxica. Die Kombination erzielt eine stärkere und
anhaltendere lokale Ischämie als das Adrenalin allein. Es dürften sich
in der Ophthalmologie und Laryngologie Versuche zusammen mit den
lokalen Anästhetizis empfehlen. Das Adrenalin neutralisiert die
enterokinetische Wirkung des Hypophysins, der aktive Bestandteil
der Hypophyse mindert die mydriatische Wirkung des Adrenalins.
W. Q e s s n e r - Olvenstedt-Magdeburg: Ueber den Fettston¬
wechsel.
Q. würdigt in einem kurzen Ueberblick die Bedeutung der
neueren Forschungen (Asch off und seine Schüler) bezüglich der
Phloridzinwirkung, der Phosphor-, Aether- und Alkoholanwendung,
der Phosphatide in der Nahrung (z. B. Bedeutung des Hafers in der
Ernährung der Kinder und der Zuckerkranken), schliesslich der Er¬
nährung mit verschiedenen Fettarten.
K. ölaessner - Wien : Ueber Pankreassteine.
Pankreassteine könnten klinisch öfter, als es geschieht, fest¬
gestellt werden. Krankengeschichten von 4 Fällen einer Pankreas¬
erkrankung, in zweien fanden sich Konkremente im Stuhl, in den
beiden anderen handelte es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um
Pankreassteine. Wichtig ist die Untersuchung des Stuhles nament¬
lich zur Zeit nach den Schmerzanfällen, ausserhalb der Koliken kann
der Stuhl ganz normal sein. Die Cammidge sehe Probe war nur
in einem Fall positiv, spontane Glykosurie bestand nur einmal; von
Interesse ist es, dass die — vor, im und nach dem Anfall stets posi¬
tive — alimentäre Zuckerprobe in 2 Fällen nach Zufuhr von Glykose
von Fieber bis 39° begleitet war; in dem einen Fall war diese Er¬
scheinung wiederholt geradezu experimentell festzustellen. Radio¬
logisch konnte G. die Konkremente nicht nachweisen. Therapeutisch
schien eine Oelkur verbunden mit reichlicher Durchspülung durch
alkalische Flüssigkeit wirksam zu sein.
H. Ka ha ne -Wien: Ueber Angstzustände.
Die Analyse dieser mannigfachsten Zustände lässt sich in Kürze
nicht wiedergeben. Für ihre Behandlung leistet das Duboissche
„psychagogische“ Verfahren in vielen Fällen hervorragend Gutes.
A. Mayer- Tübingen : Die Lehre B o s s i s und die Gynä¬
kologie.
Verf. erachtet es für notwendig, der Lehre B ossis, ins¬
besondere aber der Art und Weise ihrer Ausbreitung durch die Tages¬
presse, wodurch Irrtiimer und Schädigungen hervorgerufen werden,
auch vom Standpunkt des Gynäkologen energisch entgegenzutreten.
Die Behauptungen über die durch gynäkologische Eingriffe herbei¬
geführte Heilung schwerer Psychosen sind keineswegs in aus¬
reichender wissenschaftlicher Weise bewiesen, sie widersprechen
teilweise — u. a. namentlich in bezug auf die Retroflexio uteri —
der allgemeinen Erfahrung und sind schon deshalb mit besonderer
Vorsicht aufzunehmen, da nach den Veröffentlichungen ein guter Teil
dieser Psychosen anscheinend auf hysterischer Grundlage beruht.
Prager medizinische Wochenschrift.
No. 1. H. Wollin-Prag: Chronische Intussuszeption als Folge
einer iiberstandenen Appendizitis.
Der Fall entspricht dem einzig bisher bekannten, gleichfalls aus
der Bayer sehen Klinik publizierten. Er entstand durch eine an
eine Appendizitis sich anschliessende Perikolitis, indem sich zwischen
der Wand eines Haustrums und der benachbarten Wand des Zoekums
eine Verwachsung und damit im Innern des Darmes eine Wand-
duplikatur bildete; an dieser staute sich der Darminhalt und entstand
allmählich eine lnvagination, an welcher sich das Zoekum, die
Appendix und der lleozoekaltibergang beteiligten. Es ist möglich,
dass derartige Invaginationen, aber vorübergehender Art, sich öfters
an eine Appendizitis anschliessen; klinisch treten dabei Anfälle von
Uebelsein, Kolik, Stuhl- und Windverhaltung auf, welche bei der
spontanen Lösung der lnvagination wieder schwinden.
No. 4. W. P 1 ö n i e s - Hannover: Die Auskultophonation als
Unterswehungsmethode mit besonderer Berücksichtigung der Technik
der Lungenuntersuchung und der aus frühester Kindheit stammenden
tuberkulösen Lungeninfektion.
P. stellt fest, dass die von ihm seit langem geübte Methode der
Auskultophonation schon in gleicher Weise im Jahre 1908 von
E. Schlesinger und zwar als Phonometrie beschrieben worden
ist. Die Uebereinstimmung der guten Resultate spricht für den Wert
der Methode.
No. 8. E. H a i m - Budweis : Ueber Lokalanästhesie in der
kleinen operativen Gynäkologie.
verwendet eine 1 — 2 proz. Novokain-Suprareninlösung
(Höchster Mischung in Tabletten) und ist sehr zufrieden mit den
Ei folgen, z. B. bei der aus verschiedenen Gründen indizierten Dila¬
tation des Zervikalkanals mit Hegarstiften, die übrigens unter dieser
Leitungsanästhesie nicht nur schmerzlos, sondern auch leichter vor
sich geht. Aehnlich ist die Lokalanästhesie zu verwenden bei der
Abtragung von Hämorrhoidalknoten, zur Anästhesierung des Dammes
bei der Geburt und für die Dammnaht, ferner die Dammplastik, wie
für kleine Eingriffe an der Vagina und der Zervix, schliesslich sogar
bei der Alexander-Adams sehen Operation.
No. 9. C. M i c h e j d a - Olmiitz: Zur Behandlung der chirur¬
gischen Tuberkulose mit Mesbß.
Verf. empfiehlt anschliessend an 6 kurze Krankengeschichten
einen Versuch mit Mesbe, dem er eine allgemein roborierende und
eine günstige lokale Wirkung auf die Wundheilung zuerkennt.
No. 9. W. S t e r n b e r g - Berlin : Wir praktischen Aerzte und
das Appetitproblem.
Es sei nur kurz hervorgehoben, dass St. das Versagen des
Appetites auf Fleisch (Bouillon) und den Abscheu vor Fleisch als ein
wichtiges diagnostisches, sogar differentialdiagnostisches Zeichen für
Karzinom bezeichnet; allerdings ist es kein Frühsymptom, sondern
vielmehr scheint es für eine allgemeine Karzinosis, also prognostisch
im ungünstigsten Sinn zu sprechen. B e r g e a t - München.
Otologie.
H. Streit: Weitere Beiträge zur Histologie und Pathologie der
Meningitis und Sinusthrombose. (Arch. f. Ohrenheilk., Bd S9
H. 3 u. 4.)
Der Ausgangspunkt für die tierexperimentellen Untersuchungen
war die Frage der bakteriellen Einwirkung bei der Entstehung von
Entzündungen an der Durainnenfläche resp. den Leptomeningen, ob
die Anfänge der Entzündung daselbst vom Eindringen der Bakterien
in den Intraduralraum abhängen oder ob eine rein toxische Wirkung
von extradural befindlichen Bakterien hiezu genügt. Bakterielle Reize
an der Duraaussenfläche haben fast stets entzündliche Veränderungeil
auf deren Innenseite zur Folge, deren Weitergreifen nach dem bub¬
duralraum bzw. den weichen Hirnhäuten das Endothel der Dura-
innen- und Arachnoideaaussenfläche erheblichen Widerstand zu bieten
vermag. Die Pachymeningitis intern, ist gewöhnlich bakterieller resp.
bakteriell-toxischer Herkunft, selten beruht sie auf toxischer Feru-
wirkung extraduraler Bakterienanhäufungen; im Subdural- und Pia-
arachnoidealraum scheinen dagegen der Fortentwicklung der Bak¬
terien bedeutende antibakterielle Kräfte entgegenzustehen. Str. gibt
eine sehr eingehende Beschreibung der Histologie und Pathologie der
Entzündungen an der Dura und den Leptomeningen, sowie der Menin¬
gitis serosa und der Sinusthrombose unter besonderer Berücksichti¬
gung der ersten Stadien der Erkrankung.
E. Urban tschitsch - Wien : Der Einfluss otogener Er¬
krankungen auf die Blutgerinnung. (Aus der k. k. Universitäts-
Ohrenklinik Wien.) (Monatsschr. f. Ohrenheilk., Bd. 16, H. 9.)
In allen Fällen von Pyämie wurde eine ganz erhebliche Be¬
schleunigung der Blutgerinnung beobachtet; ebenso wie bei Throm¬
bose wurde eine derartige Beschleunigung auch bei anderen intra¬
kraniellen Komplikationen (Hirnabszess) konstatiert. Ueber die Be¬
schaffenheit der Sinusthrombose gab die Methode keinen Aufschluss.
Normal oder gar etwas verzögert war die Blutgerinnung in den
Fällen von Sepsis.
Fr. Siebenmann - Basel: Ein- und gleichseitige Lähmung der
Vagus-, Akzessorius-, Glossopharyngeusgruppe als Folge von Schädel¬
bruch, von Erhängungsversuch und von Sinusthrombose. (Zeitschr.
f. Ohrenheilk., Bd. 65, H. 2 u. 3.)
Im Anschluss an eine kasuistische Zusammenstellung und Be¬
sprechung derartiger komplizierter Lähmungen veröffentlicht S. aus
der Baseler Klinik einen Fall von Mittelohreiterung, in deren Verlauf
sich eine gleichseitige Lähmung des Gaumens, der hinteren Rachen¬
wand, sowie Rekurrensparese am Stimmband einstellte. Ursache
dieser hochsitzenden peripheren Vaguslähmung war eine Thrombose
des Bulb. ven. jugul.
E s c h weiler- Bonn : Zur Stauungstherapie der akuten
Mastoiditis und schweren Otitis. (Ebenda.)
E. befürwortet unter genauer Berücksichtigung der Kontraindi¬
kationen die Anwendung der Stauungshyperämie bei Otitis media und
Mastoiditis. (Die Stauung bei Ohreiterungen ist nur mit grösster
Vorsicht verwendbar. Die Möglichkeit, dass durch sie das Entstehen
ernsterer Komplikationen verschleiert wird, muss stets berücksichtigt
werden. Ref.)
W i 1 1 m a a c k und Lanrowitsch- Jena : Ueber artifizielle,
postmortale und agonale Beeinflussung der histologischen Befunde
im inembranösen Labyrinthe. (Ebenda.)
Die Schwierigkeit einer einwandfreien Deutung der histologischen
Befunde veranlasste W. und L. zu ausgedehnten diesbezüglichen
Untersuchungen. Die bei der Herstellung des Präparates durch
mechanisch-physikalische Schädigungen auftretenden Veränderungen
lassen sich relativ leicht als artifiziell erkennen. Als postmortal be¬
zeichnen die Verfasser die durch das allmähliche, reizlose Aus¬
klingen der Lebenstätigkeit der Zellen bedingten Veränderungen, als
agonal solche, die beim Absterben einzelner Zellgruppen unter gleich¬
zeitiger Einwirkung erregender bzw. reizender Einflüsse Zustande¬
kommen (Anhäufung von Krankheitsgiften in der Agone, Behandlung
der Präparate mit Chemikalien vor der Fixierung, ferner auch zu
langsame Durchtränkung der Gewebe mit der Fixierungsflüssigkeit).
Postmortale und agonale Veränderungen finden sich fast ausschliess¬
lich am Epithel der Sinnesendapparate, und besonders am Nerven¬
gewebe lassen sich ihre unterscheidenden Merkmale deutlich er¬
kennen; welcher Art die letzteren sind, kann hier nur angedeutet
werden: am Sinnesendapparat ist die Umwandlung der ursprünglichen
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
775
April 1913.
i orm in eine kugelige unter Auflösung des Zellgcfiiges für post-
i tale Veränderungen charakteristisch, das Auftreten von Aus-
idungsprodukten für agonale Veränderungen; am Nervengewebe
.ui postmortal die Struktur-, agonal die Konturveränderungen
en Vordergrund. Für die Beurteilung von Labyrinthbefunden ist
von Wichtigkeit, dass agonale (also auch durch mangelhafte
erung gesetzte) und intravital erworbene, auf elektiver Schädi-
r einzelner Zellgruppen beruhende Veränderungen histologisch
•he Bilder liefern; eine Unterscheidung lässt sich nur durch Ver-
;h der beiderseitigen Gewebselemente, spez. der verschiedenen
.enbahnen ermöglichen.
L i n k - Königsberg: Beitrag zur Klinik und Anatomie der tympa-
n, eitrigen Perforationslabyrinthitis. (Universitäts-Ohrenklinik
igsberg.) (Ebenda.)
Während beim Eintritt einer akuten Mittelohrentzündung an der
yrinthwand überall gleichmässig widerstandsfähiges Gewebe vor-
t, bestehen bei der Otit. med. purul. chron. teils durch den
nkheitsprozess verstärkte, teils aber auch durch rarefizierende
tis geschwächte Stellen (Rezessus und Promontorium). Prü-
■ctionsstelle für den Labyrintheinbruch bei chronischer Mittelohr-
rung ist der im engen Rezessus gelegene horizontale Bogengang,
der akuten Mittelohreiterung verhindert, von schweren Infek-
en u. a. abgesehen, die knöcherne Labyrinthkapsel das Ueber-
fen der Entzündung von dem mittleren ins innere Ohr, auch die
nbranösen Fenster sind im allgemeinen durch die reaktive Ge-
nsschwellung geschützt; beim Fehlen dieses Schutzes (Infektions-
nkheiten u. a.) sind sie aber durch Retention des Eiters in den
sternischen besonders gefährdet, speziell das runde Fentser infolge
engen Oeffnung seiner Nische nach der Paukenhöhle.
A. K n i c k - Leipzig; Pathologische Histologie des Ohrlabyrinths
h Durchschneidung des Nervus acusticus. (Aus der oto-laryngo-
schen Universitäts-Klinik Leipzig.) (Zeitschr. f. Ohrenheilkunde,
65, H. 4.)
Der Frage, wo bei der nervösen Schwerhörigkeit der Ursprung
beobachteten regressiven Veränderungen am Nervenendapparat,
l Cor tischen Organ, liege: im Nervenstamm oberhalb des Gang¬
spirale oder primär im Endorgan selbst, versuchte Knick auf
experimentellem Wege näher zu treten durch Beobachtung der
gen am peripheren Neuron nach Durchschneidung des Akustikus-
nmes. Da gleichzeitig mit der Durchtrennung des Nerven sich
; Verletzung der denselben begleitenden Labyrinthgefässe nicht
meiden liess, sind die im Labyrinth darnach auftretenden Ver-
erungen auf die durch die Gefässverletzung gesetzten Ernährungs¬
rungen zurückzuführen und nicht als sekundäre Folge der Nerven-
chschneidung anzusehen. Die hiebei beobachteten Veränderungen,
generation der Labyrinthnerven und der Endorgane, können^ zur
rung der nervösen Schwerhörigkeit bei Erkrankung und Ver¬
eng der Labyrinthgefässe (Arteriosklerose, Lues) herangezogen
rden. Bei den wenigen Fällen, in denen die Nervendurchtrennung
te Gefässverletzung gelang, liess sich für den Nerv, vestibul. fest-
llen, dass eine Verletzung seiner Nervenfasern oberhalb des Ggl.
tibul. keine Degeneration des peripheren Abschnittes (Ganglion,
venfasern und Sinnesorgan) zur Folge hatte. Das Verhalten des
cochlear. nach Akustikusverletzung bei erhaltenen Gefässen ist
:h nicht sichergestellt; nach den bisherigen Untersuchungen er-
eint es nicht ausgeschlossen, dass sein peripherer Abschnitt auch
h supraganglionärer Verletzung atrophiert.
V. U c h e r m a n.n - Christiania : Die durch suppurative Mittel¬
entzündungen verursachten Labyrinthkrankheiten. Komplika-
len, Diagnose und Behandlung. (Zeitschr. f. Ohrenheilkunde, Bd. 66,
1 und 2.)
Der Aufsatz, ein Referat zum I. skandinavischen Oto-Laryngo-
en-Kongress 1911, bespricht die endokraniellen Komplikationen bei
npanogener Labyrintheiterung.
K. L ii d e r s - Wiesbaden : Blutungen bei der Parazentese des
ammelfelles. (Ebenda.)
Verf. teilt einen Fall von wiederholter Sinusblutung nach Para-
ltese bei Otit. med. acuta mit, der infolge hinzutretender Pyämie
al endigte. Infektions- und Konstitutionskrankheiten verursachen
stärkere Blutung bei der Parazentese; selten — bisher sind 8 Fälle
röffentlicht — ist eine Verletzung des im Boden der Paukenhöhle
teilen freiliegenden Bulbus ven. jugul. die Ursache der Blutung.
R i c h t e r - Plauen i. V.; Exstirpation des vestibulären Laby-
thes mit Kleinhirnabszessoperation, ferner ein neues Refiex-
änomen. (Ebenda.)
Geheilter Fall von Kleinhirnabszess nach Labyrintheiterung
ekrose anscheinend nur des vestibulären Teiles). Hält man die
mmischläuche eines Membransthetoskopes in die Gehörgänge und
st die Branchen einer vibrierenden Stimmgabel gegen die Mem-
lu antrommeln, so wird durch das starke Geräusch ein deutlicher
ireflex ausgelöst, ln dem vorliegenden Falle Hessen sich Anzeichen
n erhaltener Hörfunktion auf dem labyrinthoperierten Ohre fest-
ilen. Da die Schnecke bei der Operation erhalten blieb, bei der
»rpriifung sich aber Störungen in der Beurteilung der Schallstärke
d -richtung zeigten, ist Verf. geneigt, ersterer die Qualität des
irens, dem Vestibulum die Quantität und den Bogengängen die
ahrnehmung der Schallrichtung zuzuschreiben. Ref. glaubt, dass
m Vestibulum und den Bogengängen zu viel zugemutet ist. Die
Orientierung über die Schallrichtung geschieht durch die gegenseitige
Unterstützung beider Ohren.
M. Q o e r k e - Breslau : Die Leichenveränderungen im Ohrlaby-
rinthe und ihre Diagnose. (Internat. Zentralbl. i. Ohrenheilkunde,
Bd. X, H. 12.)
Verf. referiert über die wichtigsten, in letzter Zeit erschienenen
diesbezüglichen Arbeiten und gibt einen Ueberblick über den der¬
zeitigen Stand der wissenschaftlichen Ergebnisse. B e v e r.
Inauguraldissertationen.')
Uebeudie Funktionsprüfung des Pankreas, ins¬
besondere mittels Monojodbehensäureäthylester
(Winternitz’ Diagnostikum) hat Paul Sy ring am St.
Elisabethenkrankenhaus in Halle Untersuchungen angestellt, über
die er in einer Leipziger Dissertation berichtet. Er hat zunächst in
Vorversuchen festgestellt, dass Jodipin auch bei nüchterner Aufnahme
gespalten und resorbiert wird, so dass bald nach der Aufnahme die
Jodreaktion im Harn positiv wird. Winternitz hat Mono¬
jodbehensäureäthylester, eine dünnölige Flüssigkeit mit
25 proz. Jodgehalt, zum Nachweis der Störung der Fettverdauung
empfohlen. Bei nüchterner Aufnahme von 3 — 4 ccm des sogen.
Winternitzschen Diagnostikums soll man nach
Winternitz 3 — 5 Stunden später im Urin in der Regel kein Jod
finden. Zahlreiche Versuche bei nüchternem Magen ergaben, dass
das Diagnostikum in 96 Proz. der Fälle ungespalten bleibt, während
in allen Versuchen, in denen der Ester mit einem Probefrühstück ge¬
reicht wurde, eine genügende Spaltung und Resorption eintrat, um
innerhalb 3 — 5 Stunden den Jodnachweis im Harn zu ermöglichen.
Damit ist die Grundlage gegeben, um eine Funktionsprüfung des Pan¬
kreas bezw. eine Erkrankung desselben zu erkennen, insofern in
solchen Fällen trotz gleichzeitiger Nahrungsaufnahme die Spaltung
und Resorption des Esters und damit auch die Ausscheidung von Jod
im Harn unterbleibt. Wenn bei Einnahme von 5 ccm des Diagno¬
stikums mit gleichzeitiger Nahrungszufuhr in den nächsten 24 Stunden
die Jodreaktion ausbleibt, kann mit Sicherheit auf eine Pankreas¬
insuffizienz geschlossen werden. (Leipzig 1913, 36 S., Emil Leh¬
mann.) Fritz L o e b.
Neuerschienene Dissertationen.
Universität Freiburg. März 1913.
Engelhardt Leopold: Ueber den Nachweis von Tuberkelbazillen
im aspirablen Staub.
E n g e 1 k i n g Ernst : Intraligamentär entwickelte Eierstockschwan¬
gerschaft.
Gelderblom Ernst: Die Entwicklung des Kystoskops.
Hoppenstedt Günther: Die Imitation der biologischen Strahlen¬
wirkung.
PI och er Richard: Zur Frage des kompletten Dammrisses.
Re dicker Walter: Ueber sekundäre Entzündung bei Gliom der
Retina.
Schlund Eduard: Ueber das primäre Karzinom der Vagina.
St oll A.: Neuere Methoden in der Behandlung des Nabelschnur¬
restes.
Woerner Robert: Ueber die mit Kalkablagerung einhergehende
Entzündung der Schultergelenk- Schleimbeutel.
Universität Greifswald. März 1913.
Müller Friedrich: Ueber einen Fall von ganz enormer zystischer
Entartung beider Lungen.
Raschke Walther : Intelligenzprüfungen und Assoziationsversuche
an Kindern.
Forbrich Fritz Otto: Die submuskuläre Trepanation der Sklera
bei Glaukom.
Kempe Georg: Ein Fall von Dermoid der behaarten Kopfhaut.
Universität Rostock. März 1913.
Steinbuch Friedrich: Erfahrungen über Trigemin.
Trögle Franz: Ueber die normale und pathologische Physiologie
der Hypophysis cerebri nebst einem Beitrag zur Differential¬
diagnose der mit Störungen der Hypophysenfunktion verlaufenden
intrakraniellen Prozesse.
Kohn Karl: Ueber einen Fall von Tuberkulose der Iris und der
Sehnervenscheiden beim Rinde.
Guthke Franz: Die Tätigkeit des Institutes für öffentliche Gesund¬
heitspflege zu Rostock zur Ermittelung und Bekämpfung über¬
tragbarer Krankheiten im Jahre 1910.
Büntgen Eva: Ueber Zerreissungen der äusseren Augenmuskeln.
Universität Strassburg. März 1913.
Gillerson Reisa: Die wahre Luxation der Hand.
Gross Emil: Das Me ekel sehe Divertikel als Ursache der Invagi-
nation des Dünndarmes.
Viville Gaston: Die Beziehungen der Menstruation zum Allgemein-
organismus bei gynäkologischen Erkrankungen.
B Zusendung von Dissertationen an die Adresse der Redaktion:
München, Arnulfstrasse 26, erbeten. Besprechung Vorbehalten.
776
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
Vereins- und Kongressberichte.
42. Versammlung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
zu Berlin vom 26. — 29. März 1913.
(Berichterstatter: Privatdozent Dr. M. Katzenstein.)
1. Hauptthema: Behandlung der Knochen- und Gelenktuberkulose.
Referent : Herr Qarre - Bonn.
Als Leiter der chirurgischen Kliniken in Rostock, Königsberg,
Breslau und Bonn hat Vortr. seit 19 Jahren 1000 Fälle von Knochen-
und Gelenktuberkulose stationär behandelt. Für den Erfolg der Be¬
handlung sind lediglich spät unternommene Nachuntersuchungen mass¬
gebend. Diese hat Vortr. in einer möglichst grossen Anzahl aus¬
geführt. Die Behandlung soll nicht einseitig sein, sondern möglichst
modifiziert werden, je nach dem Alter, den sozialen Verhältnissen,
sowie auch nach dem jeweiligen, dem betreffenden Chirurgen zur
Verfügung stehenden Krankenmaterial, das in den verschiedenen
Gegenden und Krankenhäusern ganz verschieden ist. Verschieden
war auch die Behandlung der Tuberkulose in den einzelnen Gelenken.
Die Schultergelenkstuberkulose wurde meistens mit
Jodoforminjektionen konservativ behandelt. Die Resultate waren be¬
züglich der Ausheilung gut, sie erfolgte jedoch fast ausnahmslos mit
volkommener Ankylose. Nur in einem Falle, bei dem es zu einer
Atrophie des Caput humeri kam, trat Beweglichkeit im Gelenk ein.
Die Resektion wurde nur in schweren Fällen vorgenommen, und
zwar nach Langenbecks Methode. Von 22 nachuntersuchten
Fällen zeigte sich als Höchstmass auf V* verminderte Kraft und auf
3 verminderte Beweglichkeit.
Bei der Tuberkulose des Ellbogengelenks wurde im kind¬
lichen Alter meist konservativ verfahren und die Jodoforminjektion
mit Fixation des Gelenkes angewendet. Bei Erwachsenen wurde
die Resektion bevorzugt. 22 Fälle von Resektion konnten nachunter¬
sucht werden, hiervon waren 19 Fälle vollkommen ausgeheilt, 11 Fälle
vollkommen leistungsfähig bei bestehender Ankylose. Es wurde
niemals Schlottergelenk beobachtet und bisher nie Muskelinterposition
nach Helfer ich zwecks Erzielung einer Beweglichkeit ausgeführt.
Die Eröffnung des Gelenkes bei der Resektion wurde vermittelst des
O 1 1 i e r sehen Schnittes ausgeführt.
Bei der Tuberkulose des Handgelenkes waren die Re¬
sultate bei konservativer Behandlung sehr günstig. Weniger er¬
freulich waren die Erfolge bei der Resektion. Diese sollte niemals
in typischer Weise ausgeführt werden, da aus naheliegenden Gründen
alsdann die funktionellen Resultate ungünstig sind.
Die H ii f t g e 1 e n k s t u b e r k u 1 o se wurde ebenfalls vorzugs¬
weise konservativ behandelt. Kontrakturen in Flexionsstellung ver¬
suchte man durch Extensionsverband in bessere Stellungen überzu¬
führen, das Brisement zum gleichen Zwecke ist durchaus zu ver¬
meiden. War die Stellung gut, dann wurde sofort der fixierende und
entlastende Geh-Gipsverband angewendet. Jodoforminjektionen wur¬
den nur bei der abszedierenden Form der Hüftgelenkstuberkulose
angewendet. War der Prozess ausgeheilt, so wurde zur Ver¬
meidung einer sekundären Flexionskontraktur ein sog. Badehosen-
Gipsverband mit freiem Kniegelenk angelegt. Die Ausheilung der
Hüftgelenkstuberkulose nahm im Durchschnitt eine Dauer von
3 Jahren in Anspruch. Die Resektion wurde auch bei Zerstörung des
Schenkelhalskopfes sowie der Pfanne vermieden. Sie wurde nur aus
vitalem Interesse, nicht zur Besserung der Resultate ausgeführt, bei
Eiterungen mit Fieber, sowie bei der schweren fungösen Form, bei
der das Allgemeinbefinden in hohem Masse gestört ist. Im allge¬
meinen operierte Vortr. nach König, nur wenn der Sequester vorne
lag, wurde der H ü t e r - S c h e d e sehe Schnitt angewendet. Die
Nachuntersuchung ergab bei den konservativen Fällen ein wesentlich
günstigeres Resultat als in den Fällen, wo operiert werden musste.
Die Kniegelenkstuberkulose ist die Form der Ge¬
lenkstuberkulose, bei der Ref. vorzugsweise die Resektion anwendet.
Er hat sie in 268 Fällen ausgeführt und wendet den T e x t o r sehen
Querschnitt an. Bei Kindern muss zur Vermeidung der sekundären
Flexionskontraktur jahrelang eine Hülse getragen werden. Von 188
Nachuntersuchungen waren 14 gestorben, 7 davon an Tuberkulose,
ln den 174 Testierenden Fällen war de Tuberkulose in 92 Proz. aus¬
geheilt. Bei der Resektion im kindlichen Alter wird die Epiphyse
möglichst geschont, der Knorpel oberflächlich mit dem Messer weg¬
geschnitzt. Infolgedessen war in den meisten Fällen die Verkürzung
der Extremität nicht sehr hochgradig. Bei einer Verkürzung
bis zu 3 cm ist sie ohne Bedeutung. Nur wenn die Epiphysenknorpel
durch den tuberkulösen Prozess zerstört waren, wurde später eine
grössere Verkürzung beobachtet. Bei entsprechender Nachbehand¬
lung sind Flexionskontrakturen vollkommen vermeidbar. In 14 Proz.
der Nachuntersuchungen wurden stärkere Kontrakturen beobachtet,
bei 31 Proz. war eine Kontraktur bis zu 150° vorhanden, und in
53,4 Proz. war überhaupt keine Kontraktur nachweisbar. Das Ge¬
samtresultat bei der Kniegeienkstuberkulose war ein ausserordent¬
lich günstiges, da die Funktion des Beines sowie die Stellung im
Kniegelenk in 83 Proz. der nachuntersuchten Fälle ein gutes war.
Aus diesem Grunde wird die Kniegelenkstuberkulose auch im Kindes¬
alter besser operiert als konservativ behandelt.
Die Fussgelenkstuberkulose (220 Fälle) wurde in
60 Proz- konservativ und in 40 Proz. operativ behandelt. Die Re¬
sektion wurde bei schwerem Fungus, bei Sequestern und in Fälle
von Eiterung vorgenommen. Von 87 Resektionen waren die Half
Kinder, ein Viertel im zweiten Lebensdezennium. Die Resektion di
Fussgelenks wurde nach König ausgeführt. Die Resultate dürfen
bezug auf die definitive Ausheilung der Tuberkulose und vor alle
in bezug auf guie Gelenkbeweglichkeit als sehr gut bezeichnet we
den (80 Proz.).
Im Anschluss an diese Schilderung seines Beobachtungsmateria
geht Ref. noch auf Einzelheiten neuer Behandlungsmethoden ei
Wegen der Gefahr der Sekundärinfektion warnt er vor der Inzisk
von Abszessen. Fisteln sollen möglichst durch Resektion des tube
kulösen Herdes zur Ausheilung gebracht werden. Bei der Sta
ungsbehandlung hat Ref. wenig Erfolge gesehen, Tuberkulin hat
nie angewandt. Auch die Röntgenbehandlung war nicht sehr b
friedigend, da bei der Knochen- und Gelenkstuberkulose die Strahlt!
wegen der mangelhaften Tiefenwirkung und wegen der Dichtigke
des Knochens nicht an die kranke Stelle gelangen können. E
grosser Wert ist auf die gute Allgemeinbehandlung zu legen, ui
zum Schluss seines Vortrages verweist G. auf die glänzenden E
gebnisse, die Rolli er mit der Freiluft- und Sonnenbehandlung i
Hochgebirge erzielt hat. Da aber die in Rede stehende Erkrankui
99 Proz. unbemittelter Personen betrifft, so kommen diese Faktorn
für die Mehrzahl der davon Betroffenen nicht in Betracht.
Herr 0. V u 1 p i u s - Heidelberg : Die Heilstättenbehandlung d
chirurgischen Tuberkulose.
Die Bedeutung der Allgemeinbehandlung vor allem macht c
Verbringung der chirurgisch Tuberkulösen aufs Land nötig: Hoc
gebirgs- und Seeklima sind nicht erforderlich, wohl aber reichli
Luft und Licht. Der Enthusiasmus für physikalische Heilmethod
und für operationslose Therapie der chirurgischen Tuberkulo
schiesst übers Ziel, Chirurgie und Orthopädie sind zu kombinier
mit jenen. Das Spezialsanatorium muss also Einrichtungen für d1
gesamte Heilverfahren aufweisen.
Schon rechtfertigen die Erfolge die Forderung nach solchen He;
Stätten. Vortr. hat durch seine Erfahrungen in dem von ihm geleitet)
Sanatorium Rappenau die Ueberzeugung gewonnen, dass au
im Binnenlande bei richtiger Ortswahl überraschend gute Heilerfolj.
während des ganzen Jahres zu erzielen sind.
Herr F r a n g e n h e i m - Leipzig: Zur Behandlung der chro
sehen Osteomyelitis am unteren Femurende.
Bei einem Patienten, der seit 15 Jahren an Fisteln des Ob'
Schenkelknochens infolge chronischer Osteomyelitis litt, und bei du
vielfache Operationen nicht zum Ziele geführt hatten, wurde durt
Implantation des M. vastus externus in die Knochenhöhle des Obi-
schenkelknochens eine dauernde Heilung erzielt.
Demonstration des Operationsverfahrens an Bildern.
Herr W. v. Wrzesniowski - Czestochowa : Operation ul
offene Behandlungsmethode der eitrigen fistulösen Gelenkstubi-
kulose.
Breite Eröffnung des Gelenkes mit Querschnitt von der I
tensionsseife, im Bedarfsfälle mit Hinzufügung von beiderseitig!
Längsschnitten. Dann Aufklappen des Gelenkes, wodurch die Mt-
lichkeit einer genauen Besichtigung geboten wird, Ausschneiden er
tuberkulösen Wucherungen in den Weichteilen und Entfernung c
Krankheitsherde des Knochens. Hierauf Tamponade des Gelenb
mit Vermeidung einer Naht und Immobilisierung in richtiger Stellu;
des kranken Gelenkes. Bei jedem Verbandwechsel wird das Gele:
aufgeklappt, der Mull entfernt, alle Vertiefungen genau angesehen ui
eventuelle neue Herde der Tuberkulose aufgesucht und vernicht,
dann das Gelenk nach neuerlicher Ausfüllung mit Mull zugeklappt ul
immobilisiert.
Diskussion: Herr Bier -Berlin demonstriert eine grosse
Anzahl von Patienten mit verschiedenen Gelenkstuberkulosen. i
denen er auffallend günstige Resultate mit Beweglichkeit der 0-
lenke erzielt hat. Bier vermeidet die Fixierung der Gelenke r 1
kombiniert mit der Stauung, die täglich 12 Stunden dauern soll, t£
kräftige Jodtherapie. Kinder erhalten 2 g, Erwachsene 3 g pro T-
Durch diese Jodanwendung werden die sonst bei der Stauung lein
auftretenden kalten Abszesse fast sicher vermieden. Bei 57 Fäh
wurden nur zweimal Abszesse beobachtet. Sind solche Absze;:
schon vorhanden, so gehen sie auf Jodverabreichung zurück.
Herr de Q u e r v a i n - Basel sieht den Hauptfortschritt in u
modernen Tuberkulosebehandlung in der Berücksichtigung des All -
meinzustandes der Patienten. Seit 10 Jahren beschäftigt er sich l
der Sonnen- und klimatischen Behandlung der Gelenkstuberkuld-
Ungeeignet für diese Behandlung sind die Fälle, die sekundär infizi t
sind, oder bei denen schon Amyloid der Organe vorhanden ist. fl
den übrigen Fällen ist ein sehr bedeutender Prozentsatz von E -
lungen beobachtet worden. Die Dauer der Behandlung beträgt z*i
Jahre, jedoch kommen auch bei ihr zuweilen Rezidive vor.
Herr Ritter-Posen empfiehlt statt der venösen die arterU
Hyperämie, zugleich mit Anwendung des Gipsverbandes und hat hi*
bei vorzügliche Resultate gesehen.
Herr K ö n i g - Marburg: Eine Beurteilung des Wertes der t-
zelnen Verfahren ist nur möglich, wenn die behandelten Krank
einer Dauerkontrolle der Kliniken, die durchaus möglich ist, um¬
stehen. Erst die Zusammenstellung einer solchen von vielen Klinik
lange durchgeführten Kontrolle lässt eine Entscheidung über die 1-
handlung der verschiedenen Behandlungsarten zu. Zurzeit steht i
ganz auf dem Standpunkte wie G a r r e bezüglich der konservativ
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
777
l Ipril 1913.
, operativen Behandlung der verschiedenen Gelenkstuberkulosen.
■ niissen jedoch ausserdem die modernen Verfahren berücksichtigt
Jen. Da die Mehrzahl der Kranken die Sonnenbehandlung im
i ugebirge nicht haben kann, so muss man nach Ersatz suchen. Die
\ kung der Sonnenstrahlen ist durch die ultravioletten Strahlen be-
i t, und solche stehen uns in den Quarzlampen zur Verfügung.
i e Quarzlampenbestrahlung hat K. zuerst hei schwer heilenden
I twunden, dann bei Hauttuberkulose mit gutem Erfolge an-
i andt. Er ging alsdann zur Behandlung von Gelenk- und Knochen-
j rkulosen über. Er verwendet sie als lokale sowie auch als
j :-meine Bestrahlung. Die lokale Bestrahlung des tuberkulösen
j Jes wird in einer Entfernung von 30 — 40 cm bis zu 30 Minuten
] 2 Tage ausgeführt. Es entsteht danach eine intensive Rötung,
ich wie beim Gletscherbrand. Danach sehr günstige Beein-
;ung des tuberkulösen Prozesses. Die Allgemeinbestrahlung findet
; ich statt. Es wird hierbei der nackte Körper in einer Entfernung
1 m 5 Minuten bis 1 Stunde lang bestrahlt. K. hat nie eine
■ adigung von dieser Behandlung gesehen, im Gegenteil, ausser-
i entlieh günstige Wirkungen. Lokal trat eine Besserung und
i ung des tuberkulösen Prozesses ein, das Allgemeinbefinden hob
, der Appetit wurde besser, ebenso der Schlaf, die Patienten
men an Gewicht zu. Nur dreimal fand eine Gewichtsabnahme
t. Im ersten Falle handelte es sich um eine Spondylitis mit
iundärer Infektion, im zweiten Falle lag eine Komplikation durch
zfehler vor und im dritten Falle handelte es sich um ein sehr
v reiches Individuum mit Spondylitis.
Herr W i 1 m s - Heidelberg hat ausgezeichnete Erfolge von der
dtgentherapie gesehen, die er mit Sonnenstrahlenbehandlung kom-
i ert. Die Operation wird nur bei Sequesterbildung und bei der
i egelenkstuberkulose alter Leute vorgenommen.
H£rr Voelcker - Heidelberg hat in 8 Fällen von Rezidiven
i h Kniegelenksresektion mit gutem Erfolge das Kniegelenk aufge-
eppt und die offene Behandlung durchgeführt.
Herr I s e 1 i n - Basel, der Begründer der Röntgentherapie, be¬
itet ausführlich über seine Erfahrungen mit diesem Verfahren.
Herr M ü 1 1 e r - Rostock bezweifelt die Notwendigkeit der von
rn Frangenheim mitgeteilten Operation.
Herr R o s e n b a c h - Göttingen begründet theoretisch die Wir-
vig des von ihm dargestellten Tuberkulins.
Herr Menne- Bad Kreuznach hat mit den konservativen Me-
den bei der Gelenktuberkulose vorzügliche Erfolge gesehen.
Herr Friedrich - Königsberg warnt vor einem allzu sche-
tisch durchgeführten konservativen Verfahren bei der Behandlung
■ Gelenktuberkulose. Er ist im Laufe der Jahre immer mehr zur
irativen Behandlung übergegangen, deren Ergebnisse ihn weit mehr
i riedigen. Vor der von Bier angewendeten allzu reichlichen Jod-
rreichung bei jugendlichen Personen warnt er wegen der Gefahr
• Atrophie der Geschlechtsdrüsen.
Herr M ü 1 1 e r - Rostock : Zur Entstehung und Behandlung der
1 sphlegmonen.
Die Aetiologie der Erkrankung ist keine einheitliche, jedoch wird
meistens durch den Bacillus caps. aerogenes hervorgerufen. Die
: nveren Fälle (meist nach Schussverletzungen) geben eine schlechte
ognose. Günstiger stehen die mittelschweren Fälle, die nach Ver-
zungen der Mundhöhle sowie nach Operationen der Magen-Darm-
ilcimhaut, auch nach der Intervalloperation der Appendizitis vor-
mmen. Hier liegt meistens eine Mischinfektion vor. Die Therapie
r Erkrankung bestand bisher in frühzeitigen und ausgiebigen In-
iionen. Die Mortalität betrug im ganzen 30 Proz. Berücksichtigt
in nur die schweren Fälle allein, so liegt eine Mortalität von
Proz. vor. Vortr. selbst hat im Anschluss an eine aseptische
liegelenksoperation eine derartige Gasphlegmone entstehen sehen,
ie die bakteriologische Untersuchung ergab, lag eine Reinfektion
ich den Bacillus aerogenes vor. In diesem Falle brachten die von
h i r i a r d eingeführten Sauerstoffinsufflationen momentan eine Bes-
rung des schweren Allgemeinzustandes. Vorübergehend wurde
eser jedoch wieder schlechter, um bei nochmaliger Anwendung der
uierstoffinsufflätionen in eine endgültige Heilung dieser gefährlichen
Implikation überzugehen.
Diskussion: Herr K i r s c h n e r - Königsberg hat auf dem
iegsschauplatz des Balkankrieges zwei solcher Fälle von Gasphleg-
one gesehen. Im ersten im Anschluss an die Zerschmetterung des
iterschenkelknochens. Heilung durch Amputation. Im zweiten Falle
at die Gasphlegmone im Anschluss an einen Schulterschuss auf,
eite Spaltungen führten zur Heilung.
Herr W o h 1 g e m u t h - Berlin hat auch bei anderen Eiterungen
uistige Erfolge durch die Sauerstoffinjektion gesehen.
Herr W. K a u s c h - Berlin: Ueber Kollargol.
Bei echter .Sepsis mit remittierendem Fieber hat K. das Kollargol
icdü nie im Stich gelassen. K. demonstriert zunächst eine Anzahl
Jeher Temperaturkurven: die Temperatur steigt zuerst meist noch
ii. fällt dann entweder rapid zur Norm oder auch allmählich. Gegen
in zufälliges Zusammentreffen von spontanem Temperaturabfall und
ollargolinjektion spricht die Regelmässigkeit dieses Vorkommnisses,
loch beweisender sind die Fälle, in denen Kollargol nochmals ein-
espritzt werden musste, weil es zunächst nur vorübergehend half,
'emonstration von fünf solcher Kurven.
Geringen oder keinen Erfolg sah K. bei Sepsis mit kontinuier-
ichem hohem Fieber. Demonstration zweier solcher Kurven.
Bei kleinen Eiterherden hilft Kollargol auch, nicht bei grösseren.
Ausgezeichnet wirkt es. wenn das Fieber nach Eröffnung der Eiter¬
herde bestehen bleibt. Demonstration dreier solcher Kurven (Diph¬
theriehalsabszess, Ohrsepsis, Empyem).
Prophylaktisch hat K. bisher Kollargol noch nicht angewandt,
wird es aber tun.
K. verwendet ausschliesslich das von Crcde angegebene H e y-
d e n sehe Präparat. Die intravenöse Injektion ist die einzig rationelle
Methode, die rektale kommt nur in Betracht, wenn die intravenöse
nicht gelingt oder nicht gestattet wird.
Bei kleineren Dosen, bis 20 ccm, versucht K. die perkutane Ein¬
spritzung in die Vene, bei der geringsten Schwierigkeit wird die
Vene freigelegt. Die gewöhnliche Dosis ist 10 ccm der 2 proz. Lösung,
bei ausbleibender Wirkung und schwerster Sepsis täglich oder jeden
zweiten Tag 20 — 30 ccm. Die Injektion muss ausserordentlich lang¬
sam geschehen, dann ist sie völlig gefahrlos.
Dann hat K. 11 Fälle von inoperablem Krebs mit grossen Kol-
largoldosen behandelt, bis 100 ccm, einen Teil davon kombiniert mit
Röntgenstrahlen. Geheilt wurde kein Fall; die Patienten Hessen aller¬
dings auch nicht energische Fortsetzung der Behandlung zu.
“ Ein Fall von Leberkrebs, solitäre, freigelegte Metastase nach
Magenkarzinomresektion, wurde deutlich vorübergehend gebessert.
Ein Fall zeigte bei der Sektion in den multiplen Knochenmetastasen
überall hämorrhagische Zysten (Demonstration); ein Zusammenhang
mit der Kollargolbehandlung ist nicht von der Hand zu weisen. Ein
Fall starb im Anschluss an die Kollargolinjektion (80 ccm) drei Tage
nach derselben. Die Niere war mit Silber vollgepfropft.
Die Versuche mit Kollargol bei Karzinom werden fortgesetzt,
ausserdem solche mit anderen Schwermetallen.
Diskussion: Herr P f 1 u g r a d - Salzwedel hat in vier Fällen
von inoperablem Karzinom grosse Dosen von Kollargol nach dem
Kauschschen Vorschläge injiziert und danach stets eine Reaktion,
bestehend in abnormen Sensationen im Tumor und Euphorie ge¬
sehen. Auch traten Besserungen auf. Bei einem Falle von Struma
maligna trat jedoch eine hämorrhagische Nephritis, die zum Tode
führte, danach ein. Die Drüsenmetastasen waren in diesem Falle
zurückgegangen.
Herr E y f f - Nimptsch hat von der Anwendung des Kollargols bei
puerperaler Sepsis keine sicheren Erfolge gesehen. Dagegen hat
er mit gutem Erfolge bei Erysipel zweimal das Kollargol intravenös
angewendet. Es wurden mehrere Tage hintereinander 10 g Kollargol
intravenös injiziert. .
Herr Bier -Berlin warnt vor der Ueberschätzung der Reaktion,
die nach Anwendung irgendwelcher Mittel bei Karzinom auftritt. Er
hat solche Reaktionen bei den verschiedensten Anwendungen beob¬
achtet, ohne aber je eine Dauerheilung zu sehen.
IX. Kongress der Deutschen Röntgengesellschaft
in Berlin (Langenbeckhaus) am 29. und 30. März 1913.
Berichterstatter: R. G r a s h e y - München.
(Eigener Bericht.)
T.
Der unter dem Vorsitz von I m me 1 m a n n - Berlin tagende
Kongress wurde bedeutend entlastet durch den unmittelbar vorher ab¬
gehaltenen Internationalen Kongress für Physiotherapie: in dessen
röntgenologischer Sektion wurden fast alle therapeutischen Vorträge
gehalten, die heuer reif geworden waren; sonst hätte der Röntgen¬
kongress kaum in drei Sitzungen erledigt werden können; der nächst¬
jährige, zehnte, unter dem Vorsitz von Le vy - D o r n -Berlin, wird
wohl zwei Tage beanspruchen, soll auch durch eine Ausstellung be¬
reichert werden.
Der folgende Bericht hält sich nicht an die zeitliche Reihenfolge
der Vorträge, sondern ordnet sie nach ihrem Inhalt.
1. Diagnostik.
Herr H a u d e k - Wien: Beiträge zur Röntgendiagnostik der
Magenkrankheiten.
H. verbreitet sich zunächst über das Nische nsympto m,
seine Entstehung, seine Vortäuschung durch andere Erscheinungen.
Zur Erklärung dafür, dass sich eine ausgesprochene, so deutlich sicht¬
bare Nische findet, muss man sich vorstellen, dass eine Art Hals durch
spastisch kontrahierte Muskelzüge gebildet wird; bei der Operation
und bei der Autopsie kann das Geschwür dann ganz flach erscheinen.
Eine Nische kann sich zeigen, und dann während der Heilung des
Geschwürs wieder verschwinden. Ferner kamen Patienten nach
scheinbarer klinischer Ulcusheilung, welche die Nische noch hatten.
Das Geschwür braucht also keine Schmerzen zu machen. Eine Nische
kann vorgetäuscht werden durch verkalkte Drüsen neben der Wirbel¬
säule, durch Schatten in der benachbarten Flexura duocfenojejunalis.
Das Röntgenbild zeigt Geschwüre am besten in der Pars medi i.
viel weniger gut am Pylorus, wo es dafür deutlichere klinische
Symptome macht. — Der Sanduhrmagen ist viel seltener als
man nach Röntgendurchleuchtungen glauben sollte. Meist handelt es
sich um zirkuläre Spasmen, die grosse Kurvatur wird tief eingezogen
nach dem an der kleinen Kurvatur sitzenden Geschwür hin; ähnliche
Einkerbungen können am Pylorus sichtbar sein; die Hauptsache bleibt,
dass man daraus das Ulcus diagnostiziert. Sanduhr kann auch du re i
atonische Zustände, durch Vordrängen der Nachbarorgane oder u-
778
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. H
moren vorgetäuscht werden, ferner durch Buchtenbildung an der
Flexura lienalis im gasgeblähten Magen. Angeborener Sanduhrmagen
ist sehr selten. Beim karzinomatösen Sanduhrmagen hat man den
ausgesprochenen Tumorbefund, das Sanduhrsymptom ist Nebensache.
Das Doppelmahlzeitverfahren hat sich bewährt; gewisse
Ergänzungen sind in manchen Fällen notwendig. Um zu sehen, ob
über Nacht ein Rest bleibt, gibt man dem Patienten ein Päckchen
W ismut mit, das er abends einnimmt, um dann morgens wiederzu¬
kommen. Bei starker Hypersekretion empfiehlt sich Ausheberung des
Magens vor der Wismutmahlzeit; zur Unterscheidung eines physio¬
logisch kleinen Magens vom karzinomatös geschrumpften belastet
man den Magen stark mit gewöhnlicher Nahrung und gibt dann etwas
Wismut, welches alsbald den kaudalen Pol markiert, ausser wenn
der Magen geschrumpft ist. — Die Peristaltik wird viel intensiver
und deutlicher sichtbar, wenn der Patient den Bauch einzieht. Die
Unterscheidung zwischen Ulcus callosum und Ulcus carcinomatosum
ist sehr unsicher. Ein häufiger Befund beim nischenbildenden Magen¬
geschwür ist der Pylorospasmus; findet sich Nische und beschleunigte
Magenentleerung, so erweckt diese eher den Verdacht auf Karzinom.
Bei röntgenologischer Ulcusdiagnose fanden Chirurgen wiederholt
scheinbar inoperable Karzinome; der weitere Verlauf nach Jahren
Hess aber dann Karzinom ausschliessen. Der Röntgenbefund gibt oft
nur eine Hilfsdiagnose. — Die Untersuchung geschieht mit Wismut-
brei ; doch empfiehlt es sich, zur Darstellung von Nischen, auch von
Gastroenteroanastomosen eine wässerige Wismutaufschwemmung
vorauszuschicken.
Ueber Perigastritis gibt Vortr. ebenfalls diagnostische An¬
haltspunkte. Auch die kleinste Zackenbildung an der kleinen Kurvatur
spricht für tiefgreifendes Magengeschwür. Aussackungen neben Ver¬
wachsungen sind immer rundlich. Zackenbildungen nach der Milz
hin infolge von Strängen können karzinomverdächtige Bilder liefern.
Herr H o 1 i t s c h - Pest zeigt 1. Röntgenbefund bei einem Fall
von luetischem Sanduhrmagen. Der lange enge Magenschlauch mit
anscheinend sehr dicker Wand erweiterte sich wieder unter anti¬
luetischer Kur. 2. Bilder von 4 histologisch bestätigten karzinomatös
entarteten Ulcera ventriculi. Für charakteristisch und gegenüber dem
kallösen Geschwür differentialdiagnostisch verwertbar erklärt H. eine
flache, schildförmige Aussparung in der Magensilhouette.
Herr Krause- Jena zeigt 2 Fälle vom Eventratio diaphrag-
matica; im einen wurde Atrophie des N. phrenicus gefunden; das
Zwerchfell war in einen schlaffen fibrösen Sack verwandelt. Die bei¬
den Fälle waren sicher angeboren, wenngleich auch erworbene Vor¬
kommen (z. B. nach Lungentuberkulose). Der eine Kranke hatte
schwere Magenbeschwerden, Hyperazidität. Ulcussymptome, der be¬
handelnde Arzt hatte an Dextrokardie gedacht, während Dextro-
positio vorlag; auch die zweite Kranke hatte Herzbeschwerden, be¬
sonders nach Genuss kohlensäurehaltiger Getränke. Während ihrer
Gravidität war sie durch Schlankheit aufgefallen. — Ferner zeigt
Vortr. seltene, operativ bestätigte Röntgenbefunde von Abdominal¬
erkrankungen: a) Apfelgrosser, dem Darm ungehöriger Tumor; der¬
selbe ging von der Appendix aus. b) Grosser zystischer Tumor bei
einem Kind; die Durchleuchtung zeigte, dass der Tumor den Darm¬
schatten verdrängte, also ausserhalb lag; es war ein doppelt ent¬
wickelter, mit Flüssigkeit gefüllter Ureter, c) Entwicklung eines
Ulcus pepticum nach Gastroenterostomie wegen Pylorusstenose und
Dilatation.
Herr L o o s e - Bremern betont den Wert der vorherigen Thorax¬
untersuchung bei Magendarmdiagnosen. Auch bei zweifelhaften
Knochen- und Gelenkaffektionen kann die Thoraxdurchleuchtung
wichtige Hinweise geben.
Herr Max W o 1 f f - Berlin erläutert an Bildern den Wert der
Röntgenuntersuchung für die operative Indikationsstellung beim
Pneumothorax.
Herr Tele mann - Königsberg zeigt einen Fall von partieller
Wismutfüllung der Bronchien intra vitam. Der betreffende Kranke
hatte wegen Schluckbeschwerden einen Schluck Wismutaufschwem¬
mung bekommen, diese lief durch die bestehende Oesophagusbron-
chialfistel (Karzinom) in die Bronchien; der Schatten wurde später
wieder kleiner, das Wismut wird auf dem Luftweg und Lymphweg
fortgeschafft. Kaninchenversuche Hessen diese Verhältnisse ebenfalls
erkennen. Herr Max Cohn-Berlin hat einen ähnlichen Fall be¬
obachtet: Füllung der Trachea mit Wismut bei Oesophaguskarzinom.
Herr S a b a t - Lemberg zeigt Bilder zur Röntgendiagnostik der
Erkrankungen von Kopf- und Wirbelsäule. Bei Epileptikern
waren kleinere und grössere Verkalkungsherde im Gehirn sehr deut¬
lich zu sehen, bei einem Kind mit Anfällen die durch erhöhten Hirn¬
druck stark erweiterten Gefässfurchen; ferner demonstrierte Vortr.
Bilder von Oberkieferzyste, Achondroplasia foetalis, Spondylitis de-
formans.
Herr L e v y - D o r n - Berlin projiziert u. a. Bilder von: Tabes
der Wirbelsäule (tumorartige dichte Wucherungen nach Art der
Arthropathien); Angiom der Dura (tiefe Gefässfurchen, vielverzweigt,
mit Perforationsstellen); Sanduhrmagen mit scheinbarem schlauch¬
förmigen Zwischenstück (der Nachmagen füllt sich nicht rasch genug
bzw. entleert sich rasch); Duodenalstenose, perforierendes Duodenal¬
geschwür; Magenkolonfistel bei Karzinom; Studium der Magenanti¬
peristaltik; vermutliche Darstellung des Wurmfortsatzes; Obstipatio
chronica bei unregelmässigem Wechsel von Hypertonie mit Hypo¬
tonie; hochgradige Dickdarmstenose und -atonie, durch Schlingen-
bildung bewirkt.
Herr Haenisch - Hamburg zeigt a) Fälle von Epiphysen
lösung am oberen Humerusende bei Geburtslähmung; nach Erkennun
der Kernverschiebung auf dem Bilde wurde in mehreren Fällen 0pe
riert und die Deformität korrigiert, einer Verkürzung und bleibende-
Deformität des Arms vorgebeugt; die Kinder waren 8 Tage in
5 Monate alt. b) seltene Röntgenbefunde: Adhäsionen der Pleura
Wiederentfaltung der Pleura bei Pneumothorax; kindliches Herz mi
offenem Ductus arteriosus Botalli; 6 monatlicher Säugling mit grosse
Thymus und Miliartuberkulose; verschluckter Esslöffel; wahr
Zwerchfellhernie; lleozoekaltuberkulose (Füllungsdefekt); hoch
gradige Gicht; Syringomyelie; Spaltbildung der Patella (Pseudofrak
tur); kleine Kugel in der Orbita, beim Blickwechsel beweglich, ob
wohl extrabulbär; 3 Fälle von Luxation der ganzen einen Beckenh’äük
Herr Eduard M ii 1 1 e r - München zeigt Bilder von 1. multiple-
Metastasen eines hinter dem Magen gelegenen Sarkoms in beide
Lungen; der betr. Offizier war eben noch in der Frornt gestanden
die Metastasen wuchsen dann rapid; 2. hochgradige H a n d knochen
atrophie nach akutem Gelenkrheumatismus; Indikation zu gymnas"
scher Therapie; 3. nach Gastroenterostomie Luftansammlung zvi
sehen Zwerchfell und Leber, welche abwärts gedrängt erscheint.
Herr Max Cohn- Berlin projiziert Bilder aus der Magendarm
Pathologie: Spasmus bei Magenkarzinom trotz Anazidität; Darstell
lung einer Gastroenteroanastomose erst, nach Beckenhochlage
rung; Duodenalgeschwür (Luftblase); Magemspasmen bei Bleikoiik
Spasmus an der Flexura sigmoidea; verkalktes Myom im Lig. latum!
Milzechinokokkus.
Herr J a c o b s o h n - Charlottenburg zeigt typische Arthritis
urica-Befunde an Fingern und Zehen: lochförmige scharf begrenzii
Defekte am Rand und im Innern der Gelenkflächen.
Herr G r a s h e y - München zeigt typische Altersveränderunge
des Skeletts, welche mit Entzündungsherden, Verletzungsfolgen ver
wechselt werden können.
Herr G r ä s s n e r - Köln zeigt posttraumatische Verknöche
rungen: a) zwischen Klavikula und Skapula, nach Verletzung des Lu
coracoclaviculare, ohne Funktionsbehinderung des Schultergelenks!
b) auf der Beugeseite des Ellbogengelenks nach Ueberstreckung
c) traumatische Exostose innen oberhalb des Trochanter minor: nu
geringe Abduktionsbehinderung. Ferner einen Fall von Bildung eine
neuen Pfanne mit vollkommen freier Beweglichkeit nach Luxations
fraktur des Hüftgelenks.
Herr T h o s t - Hamburg zeigt Bilder von pathologischen Kehl
köpfen (welche demnächst in einem Ergänzungsband der „Fortschi
a. d. Geb. d. Röntgenstr.“ erscheinen): Karzinom des Sinus piriformi-
Papillom nahe dem Stimmband: Lues u. a. Er verwendet Silhouetten
förmig ausgeschnittene Platten, welche die Schulter vorn und hinte
umgreifen.
Herr W es ki- Berlin bringt röntgenologische und mikre
skopische Studien aus dem Gebiete der Kieferpathologie. Das Rönj
genbild liefert keime sichere Unterscheidung, ob die durch „Gram
lome“ an der Wurzelspitze pulpatoter Zähne bewirkten Defekte Eite
enthalten oder mit Bindegewebe gefüllt sind; nur relativ grosse ep]
theliale Zysten sind gut erkennbar.
Herr Mosenthal - Berlin verfolgte das Wachsen und Wander
der Nierensteine, die Vergrösserung in die Nierenkelche hinein; da
Tiefertreten; Steinbildung bei Hufeisenniere-
Herr Rosenblatt - Odessa zeigt seltene Bilder aus der Dam
Pathologie, ferner spricht er über Pyelographie. Bei einer Kollargn'
aufnahme brach die Flüssigkeit offenbar dicht an der Niere in da
umgebende Gewebe durch.
Herr Schütze- Berlin teilt einen interessanten Röntgenbeiun
bei einer beabsichtigten Blasenaufnahme mit; der sich zeigende Schal
ten schien von Jodkali in der Vaginalschleimhaut (nach JK-Tampori
behandlung) herzurühren, ln der Diskussion wird an die Ver
kalkungsherde nach Jo dipin- und S a 1 v a r s a n injektionen (i
die Muskulatur) erinnert. Jahrelang nach Jodipininjektioneu könne
immer wieder Schüttelfröste auftreten; es hat sich dann ein Abszev
in der Muskulatur gebildet, der gelbe schmierige Massen enthäl
(Schluss folgt.)
IV. Internationaler Kongress für Physiotherapie.
i.
Sektion IV. Diätetik.
Sitzung vom Donnerstag, den 27. März 1913, vormittag)
, Referent: K. Re ich er -Bad Mergentheim.
A. C z e r n y - Berlin : Die Abhängigkeit der natürlichen Immun
tät von der Ernährung.
Die Erhaltung der natürlichen Immunität ist eine Funktion d:
lebenden Gewebes. Von den reif geborenen Kindern, welche m
Frauenmilch ernährt werden, weist die Mehrzahl einen so hohen Grä
von Immunität auf, dass ihr Gedeihen durch keinerlei Infekte g--j
stört wird. Das Kind eignet sich ausgezeichnet zum Studium de
Frage, wie weit die Abhängigkeit der natürlichen Immunität von de
Ernährung geht. Ein normales neugeborenes Kind, welches an de
Brust genährt wird, kann man von der Mundhöhle nicht mit Sooi
Pilz infizieren.
Diese natürliche Immunität geht aber verloren, sobald auch ne
eine leichte Ernährungsstörung eintritt. Durch Beseitigung derselbe-
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
\ April 1913.
779
\ird die natürliche Immunität wieder restituiert. Sie nimmt mit dem
ebcnsalter der Kinder rapid zu und der Einfluss der Ernährung
henso ab. Die natürliche Immunität bewahrt das Ammenkind vor
-'rnährungsstörungen, die beim Eiaschenkind einen grossen Prozent¬
satz der Todesursachen bilden. Die Frauenmilch enthält auffallend
ie! Fett. Brustkinder weisen nun die beste natürliche Immunität auf.
inseitige Ernährung mit Kohlehydrat dagegen setzt die Immunität
ier Kinder in stärkster Weise herab, es wird daher mit Vorteil Fett
n Form von Lebertran der Nahrung zugesetzt. Aehnlich konnte
vVeigert bei Tieren ein rapides Vordringen der Tuberkulose unter
Coh'ehydratfütterung und dadurch bedingter Wasseranreicherung des
)rganismus wahrnehmen, während die mit Fett gefütterten Tiere sich
,ebr resistent gegen die Tuberkulose erwiesen. Je höher der Wasser¬
gehalt. desto geringer die natürliche Immunität. Leider wird der
Vassergehalt der Kinder unnötigerweise durch überwiegende Kohle-
ydratnahrung auf bedeutender Flöhe erhalten und auch das Kör¬
pergewicht steigt bei dieser Nahrung rapid an. Solche auf-
■•eschwemmte Kinder bewähren sich aber bei Infekten sehr schlecht,
ßeim wasserreichen Säugling bedeutet jede nachweisbare Infektion
mit Tuberkelbazillen eine aktive Tuberkulose, die eine grosse Ten¬
denz zeigt, sich im Organismus zu verbreiten. Bei Mangel an re¬
sorbierbaren Kalksalzen in der Nahrung erlangen die Kaliumnatnum-
salze, welche Quellungen begünstigen, im Organismus die Oberhand.
Häufig wird die ausreichende Ausnutzung des Kalkes durch Kalk¬
seifenbildung bei gleichzeitiger Verabreichung von Kuhmilchfett ver¬
hindert. Durch den Seifenverlust können dem Organismus soviel Al¬
kalien entzogen werden, dass eine Azidose, ja sogar im ersten Lebens¬
jahre Lebensgefahr eintritt. Diese vorübergehenden Schwankungen
der Alkaleszenz genügen anscheinend auch, um Mikroorganismen das
Eindringen im Organismus zu ermöglichen. Die exsudative Diathese
ist in überzeugender Weise zu beheben, wenn man nach dem ersten
Lebensjahre von der Milchernährung nur massigen Gebrauch macht.
Ewald: Alkohol und Infektionskrankheiten.
Lieber den Nutzen des Alkohols resp. der alkoholischen Ge¬
tränke in der Therapie und besonders in der Behandlung der Infek¬
tionskrankheiten sind die Ansichten der Aerzte geteilt zwischen völ¬
liger Abstinenz und reichlichem Gebrauch. Es lässt sich aber sta¬
tistisch feststellen, dass Alkoholkonsum in den letzten Jahren in den
Hospitälern gegen früher erheblich zurückgegangen ist. Die experi¬
mentellen Arbeiten, die das Verhalten der Infektionskrankheiten bei
gleichzeitiger Alkoholtherapie oder bei Alkoholdarreichung vor der
Infektion studiert haben, sprechen sämtlich in dem Sinne, dass der
Mkohol schädigend auf den Verlauf und die Entwicklung der Krank¬
heit einwirkt. Die natürliche Schutzkraft des Organismus wird durch
denselben herabgesetzt, Blutdruck und Respiration werden geschä¬
digt. Die geringe temperaturherabsetzende und eiweisssparende
Wirkung des Alkohols kommt demgegenüber nicht in Betracht. Die
erregende Wirkung auf das Herz ist nur von kurzer Dauer und von
einem starken Absinken gefolgt. Die klinische Erfahrung spricht in
demselben ungünstigen Sinn. Bei den infektiösen Tropenkrankheiten,
bei der Syphilis und anderen Geschlechtskrankheiten, bei Lungenent-
Zündung, Rheumatismus, Scharlach, Masern und Diphtherie hat sich
ein Nutzen der Alkoholtherapie niemals sicher nachweisen lassen, da-
gegen häufig ein offensichtlicher Schaden. Bei der Tuberkulose liegen
die Verhältnisse scheinbar günstiger, bei genauem Zusehen erweist
sich aber auch hier der deletäre Einfluss des Alkohols, Die Statistiken
aus den grossen Krankenhäusern bestätigen diese Anschauungen, sind
aber noch zu wenig zahlreich. Vortr. gibt Alkohol nur bei schwerem
Herzkollaps aus toxischen oder mechanischen Ursachen, ebenfalls
bei hoffnungslosen Kranken, um sie über die letzten Stadien ihres Lei¬
dens hinweg zu trösten, endlich (aus bestimmten Ursachen) bei der
Zuckerharnruhr. Alkoholische Getränke werden in seinem Hospital
nur auf ärztliche Verordnung verabfolgt und der Weinkonsum ist in
den letzten 9 Jahren um die Hälfte herabgegangen.
Sitzung vom Freitag, den 28. März 1913, vormittags.
v. N o o r d e n - Wien: Die Diät bei Diabetes gravis mit beson¬
derer Berücksichtigung der Azidosis.
Unter Glycosuria gravis versteht man auch heute noch mit
Traube diejenige, welche bei Entziehung von Kohlehydraten nicht
weicht und bei der wir die Eiweisszufuhr weitgehend beschränken
müssen, um den Harn zuckerfrei zu machen. Im Gegensatz dazu gibt
es zahlreiche Fälle im jugendlichen Alter, bei denen noch ganz an¬
sehnliche Mengen von Kohlehydrat gut vertragen werden und trotz¬
dem die Krankheit als eine sehr gefährliche, progressive Form be¬
zeichnet werden muss. Andererseits kennt man Fälle von wahrer
schwerer Glykosurie, bei der Jahre und Jahrzehnte hindurch das All¬
gemeinbefinden sehr gut bleibt.
A. Maligne Form von Diabetes. Es ist vom prognostischen
und diabetisch-therapeutischen Standpunkt aus sehr wichtig, mög¬
lichst früh zu einem klaren Urteil zu gelangen, ob man es mit einem
malignen Fall zu tun hat oder nicht. Wenn wir auch den Verlauf der
malignen Fälle nur ausserordentlich wenig therapeutisch beeinflussen
können, so befinden sich dennoch diese Patienten am günstigsten bei
75 — 120 g Brot unter Einschaltung kurzer Perioden von Gemüsetagen,
Hafertagen und einzelnen Hungertagen. Kurz gesagt, je aussichtsloser
der Fall, desto liberaler darf die Diät sein.
B. Benigne Formen der schweren Glykosurie. Es sind dies Fälle
von zweifellos schwerer Glykosurie, wo wir dennoch von einer ge¬
wissen Gutartigkeit der Krankheit sprechen dürfen, weil bei vor¬
sichtiger diätetischer Behandlung der Verlauf der Krankheit ein gut¬
artiger bleiben kann. Denn schon die leichteste Glykosurie zeigt an.
dass die einfallenden Reize mit allzu grosser Zuckerproduktion be¬
antwortet werden. Wir müssen den Patienten infolgedessen mit Rück¬
sicht auf seine Zukunft gewisse Opfer auferlegen. Zu diesem Zwecke
sind Toleranzbestimmungen auf viel breiterer Basis als bisher not¬
wendig. Es kommt dabei nicht nur auf die Kohlehydratmenge an,
welche innerhalb 24 Stunden vertragen wird, sondern auch darauf, ob
die gleiche Summe auf einmal oder in kleinen Portionen, ob die Kohle¬
hydrate morgens, mittags oder abends gegeben werden. Manche
haben eine viel höhere Toleranz, wenn sie unmittelbar nach Kohle¬
hydratnahrung Arbeit leisten, andere müssen danach ruhen etc. Viele
Patienten können eine strenge Kost dauernd nicht essen und magern
daher ab. Vielfach wird dieser Uebelstand durch Belehrung und
kulinarische Technik überwunden. Dis so gefürchtete Klippe der
Ketonänüe verschwindet vielfach wieder und gerade monatelang
durchgeführte strenge Diät erweist sich als das beste Mittel gegen
fortschreitende Steigerung der Azetonurie. Ebensowenig entsteht
durch strenge Diät Nephritis. In Fällen, wo man durch strenge Vor¬
schriften den Harn dauernd zuckerfrei halten kann, ist nur im Not¬
fall die Gestattung von Kohlehydrat als Beikost zulässig, gefährlich
ist dabei immer die Ueberreizung des zuckerbildenden Apparates, ln
diesen Fällen eignen sich vorzüglich die Hafertage zur Einschaltung
unter Vorausschickung eines Gemiise-Eiertages oder eines Hunger¬
tages. Ebenso muss den Hafertagen mindestens ein Gemüsetag
folgen. . , . - , ,
In einer zweiten Gruppe kann man mit keiner genugend nahr¬
haften Diät den Patienten zuckerfrei machen, höchstens vorüber¬
gehend durch eine Reihe von Oemiisetagen oder einen Hungertag.
Auch solche Fälle kann man mit der gewöhnlichen strengen Diät zu
behandeln versuchen, wenn keine zu starke Azetonurie eintritt. In
letzterem Falle ist zur Abwendung augenblicklicher Gefahren eine
gewisse Menge Kohlehydrat gestattet.
ln allen diesen Fällen bewährt sich die sog. Wechseldiat, bei
der man zwischen die strenge, mit 50 — 80 g Kohlehydrat auszustat¬
tende Diät, einzelne Tage mit Kohlehydratentziehung oder einzelne
Fett-Gemüsetage einschiebt; schliesslich gehen aber doch alle diese
Fälle in das Stadium der chronisch-diabetischen Autointoxikation
über. Durch häufige Einleitung von Haferkuren kann man den Ein¬
tritt des Komas bedeutend hinausschieben.
Was den Alkohol betrifft, so ist er in den weitaus meisten Fallen
von schwerem Diabetes ein wichtiges diätetisches Hilfsmittel. Er
erleichtert die Fettzufuhr und ist ein hochwertiger Energiespender.
Bei drohendem Koma sollen einzelne Tage eingeschaltet werden, bei
denen nichts anderes als sehr grosse Mengen verdünnten Brannt-
weins gereicht werden, ca. 150 — 200 ccm Kognak oder Whisky. Dei
günstige Einfluss der Alkalien beruht darauf, dass sie sich mit den
Säuren binden und ihren Export erleichtern. Wir bekämpfen die ge¬
fährliche Ketonämie. während die Ketonurie eher ansteigt. Den
Mineralwasserkuren kann v. N. keinerlei Heilkraft auf den diabeti¬
schen Prozess zuerkennen. Besonders bedenklich ist. dass die I a-
tienten nach Absolvierung einer Trinkkur der Ansicht sind, nun wieder
alles essen zu können. Leider wird in der Praxis vom Publikum eine
energische Behandlung des Diabetikers erst dann für nötig gehalten,
wenn der Diabetes sich schon der schweren Form nähert oder sie
bereits erreicht hat.
Marcel Labbe - Paris (2. Referent) : Die schwerer. Diabetiker
sind nicht nur der Gefahr der Hyperglykämie ausgesetzt, sondein sie
haben auch den Eiweisszerfall und die Azidosis zu fürchten, die zum
Koma führt. Die Hyperglykämie verlangt eine Reduktion der Kohle¬
hydrate und der Eiweissstoffe, der Stickstoffverlust eine eiweissreiche
Diät. Die Azidosis zwingt uns zur Einschränkung der Eiweiss¬
nahrung. Diesen entgegengesetzten Indikationen ist es sehr schwer,
praktisch gerecht zu werden, gemischte Fleischkost mit Einschrän¬
kung der Kohlehydrate wird gut vertragen, ist wirksam gegen die
Hyperglykämie und den N-Verlust, aber sie begünstigt die Azidosis.
Milchdiät, Mehlkuren und Leguminosen sind nützlich gegen die Azi¬
dose jedoch vermehren sie leider die Hyperglykämie. Sie scheinen
hauptsächlich durch den Ersatz des Fleischeiweisses durch das weni¬
ger ketoplastische Pflanzeneiweiss zu wirken. Leguminosenkur wird
am besten vertragen. Fastenkuren wirken günstig auf die Hyper¬
glykämie und die Azidosis. sind aber, zu häufig wiedeiholt, nicht un¬
gefährlich. . ,
L. B 1 u m - Strassburg : Die Diät bei Diabetes gravis mit beson¬
derer Berücksichtigung der Azidosis.
Der Zuckergehalt des Blutes übt einen grossen Einfluss aus am
die Verbrennung der Glukose, indem mit Anwachsen des Blutzuckers
das Verbrennungsvermögen abnimmt und umgekehrt beim Sinken des
Blutzuckers die Toleranz steigt. Offenbar handelt es sich hierbei um
eine Schädigung der Organfunktionen durch Hyperglykämie. Der
Eiweissgehalt der Nahrung, insbesondere der Fleischgehalt, ist auch
von Einfluss auf die Verbrennung des Traubenzuckers. Füttert man
Kaninchen längere Zeit mit Fleisch, so sinkt bei ihnen allmählich die
Toleranz des Traubenzuckers. Gleichzeitig nimmt ihre Empfindlich¬
keit gegen Adrenalin zu. Während bei Hafernahrung bei wiederhol ei
Adrenalininjektion immer grössere Dosen notwendig sind, um Glu¬
kosurie zu erzeugen, tritt bei fleischgefütterten Tieren bereits nacii
sehr geringen Dosen von Adrenalin Glykosurie auf. Für den r.i
der Haferkur ist ausschlaggebend ausser der Hyperglykämie um
780
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
dem Eiweissgehalt der Nahrung die Schwere des Diabetes. Die
Kuren gelingen uni so leichter, je weniger fortgeschritten die Er¬
krankung ist. Die Haferkur ist nichts anderes als eine besondere Art
der Mehlkur. An eine Kohlehydratdiät sind folgende Forderungen
zu stellen: Es darf die Glykosurie durch sie nicht wesentlich gestei¬
gert werden, wenn möglich, soll sie eine Minderung erfahren, ebenso
die Azidosis. Gleichzeitig muss die Kost genügend Nährstoffe ent¬
halten, um den Bedarf zu decken, besser noch einen Ueberschuss.
Dieser Anforderung entspricht die Noorden sehe Haferkür durch¬
aus. Die Quantitäten des Hafermehls müssten in bestimmten Fällen,
die keine grosse l oieranz besitzen, auf 150—100 g herabgesetzt wer¬
den. Dafür werden dann die eingeführten Kohlehydrate entsprechend
besser ausgenützt. Bei den Mehlkuren scheint es belanglos zu sein,
ob man Weizen-, Hafer- oder Gerstenmehl anwendet; dagegen ist es
nicht angängig, das Mehl in einer anderen Form als in Brei- oder
Suppenform zu geben. Die Anwendung von Mehlkuren ist angezeigt
in allen Fällen von schwerem Diabetes mit drohendem Koma, ferner
beim Auftreten von Verdauungsstörungen (Magenbeschwerden,
Durchfälle) und endlich beim schweren Diabetes, wenn selbst bei
strenger Fleischdiät Zuckerfreiheit nicht eintritt. Hat die erste Mehl¬
kur keinen Erfolg, dann kann man nach einer Pause eine zweite und
selbst eine dritte folgen lassen. Für gewisse Fälle hat sich B. eine
eigene Diät mit geringen Kohlehydratmengen zurecht gelegt, welcher
er gute Erfolge nachsagt. Wichtig ist immer die Vorbereitung der
Kohlehydratgabe durch eiweissarme, womöglich vegetarische Kost.
Die bei den Haferkuren auftretenden Oedeme sind meist durch die
gleichzeitige Darreichung von Natrium carbonicum verursacht. Bei
gleichzeitiger Erkrankung des Herzens, der Nieren oder der Leber ist
oft die Einschaltung einer kurzdauernden Milchkur angezeigt.
Roubitsehek - Karlsbad : Kohlehydrattherapie des Diabetes.
Unter den Kohlehydraten behauptet nach wie vor der Hafer
die führende Stellung. Denn er wirkt sowohl auf Ketonurie als auch
auf die Glykosurie günstig ein. Das Inulin ist als Anhydrid der
Lävulose nicht berufen, den Hafer zu ersetzen, da seine anti-
ketonurische Wirkung gering ist. hingegen entfaltet es manchmal eine
kumulative Wirkung in dem Sinne, dass nach Inulindarreichung eine
erhöhte Zuckerausfuhr erfolgt. Hediosit setzt die Zuckerausfuhr
herab, hat aber auf die Azidose keinen Einfluss. Man gibt es am
besten in Kombination mit Gemüselagen. Bananen enthalten ein
Kohlehydrat, das der Diabetiker leicht assimiliert. Sie werden als
Zusatz zur Standardkost, sowie als Bananentage gegeben und führen
keine Steigerung der Glykosurie herbei. Die Azidose wird durch
Bananen günstig beeinflusst.
W. W o 1 f f - Bad Neuenahr: Melilkuren und Kartoffelkuren bei
Diabetikern.
Sorgfältig angestellte Vergleichsversuche mit Kartoffelkuren zei¬
gen, dass diese einen grossen praktischen Wert für die Behandlung
des Diabetes besitzen. Die Butter-Mehlsuppenform ist für den Dia¬
betiker am besten geeignet, wobei Gemüsetage vorausgeschickt wer¬
den. Inulin zeigt sich den verschiedenen Mehlarten in seiner Wir¬
kung überlegen.
Bela Tausz-Pest: Neuere Gesichtspunkte in der Diätetik des
Diabetes mellitus.
Je mehr Eiweiss man schweren Diabetikern zuführt, desto mehr
Aminosäuren werden im Urin ausgeschieden, so dass schliesslich ein
Nahrungseiweissverlust zwischen 10 und 18 Proz. sich bewegt. Es
muss daher neben der Kohlehydrat-, auch die Eiweisstoleranz be¬
stimmt werden. In Fällen von Nierendiabetes rät T. Schwitzkuren,
Glühlichtbäder und Aufenthalt im Süden an.
XII. Kongress der deutschen Gesellschaft für
orthopädische Chirurgie
am 24. und 25. März 1913 im Langenbeckhaus zu B e r 1 i n.
(Referent; G. H o h m a n n - München.)
(Eigener Bericht.)
(Schluss.)
B a d e - Hannover behandelt spondylitische Läh-
tn u n g e n mit einem Korsett mit Beinschienen, an denen die Gelenke
durch Gummizüge versteift sind. In diesem Apparat wird der Patient
zum Stehen und Gehen gebracht. Das Letztere ist mühsam, aber die
Bewegungen hält B. für wichtig, weil er glaubt, dass dabei drückende
Abszesse abfliessen und der Lymphstrom beeinflusst wird, so dass
das Oedem abgesaugt wird. Durch Beseitigung der Spasmen be¬
kommt das Rückenmark Ruhe. Zuerst kann Patient wieder die Zehen
bewegen (die bei Poliomyelitis am häufigsten erhaltene Bewegung).
Nach 1 Jahr kann man den Patienten von den Beinhülsen befreien.
Bisher 8 Fälle mit gutem Erfolge behandelt.
Brüning- Hessen erläutert eine Reihe von Tabellen, aus denen
über Verbreitung und Entstehung der Rückgrats¬
verbiegungen interessante Einzelheiten hervorgehen. In Ober¬
hessen unter 12 220 Schülern 1366 Skoliosen = 11,2 Proz.
Müller- Berlin demonstriert einen Fall von Riesenwuchs
mit Verbiegungen der Oberschenkel, X-Bein, kleinem Schädel, Exo¬
stosen daran, unentwickeltes Genitale. Die Extremitäten sind nicht
vergrössert. Der Mittelpunkt des Körpers ist weit über dem
Nabel.
S c h 1 e e - Braunschweig führt ein einfaches Verfahren zur
Skoliosenmessung vor, bestehend in Scnattenprojektion eines
Systems von Linien des Messgitters.
S c h a n z - Dresden: Vor 3 Jahren hat Semeleder den
Grundgedanken eines solchen Verfahrens bereits ausgeführt.
S c h 1 e e bejaht dies, sein Verfahren sei aber viel einfacher.
v. S a a r - Innsbruck führte eine Nervenplastik aus, die
durch die Entfernung eines Tumors am Nerv, radialis notwendig
wurde, indem er das periphere Ende des Radialis in den N. medianus
implantierte. Jetzt, nach 2 Jahren, sind alle Muskeln bis auf den
Supinator longus vollkommen erregbar.
H i n t e r s t o i s s e r - Teschen demonstriert das Präparat eines
partiellen Riesenwuchses (Finger).
E r 1 a c h e r- Graz weist auf die nervenanatomischen Unter¬
suchungen namentlich über die Nervenendigungen hin. Durch Naht
der Nerven wurde die Innervation verzögert, durch Aneinanderlegen
beschleunigt. Bei der Implantation ist die Topographie des Nerven-
inneren (Stoffel) zu beachten.
J a n s e n - Leiden spricht über Muskelbündellänge
und neurogene Kontrakturen. Die Muskeln, welche
grössere Funktion haben, zeigen gefiederten, auch doppeltgefiederten
Bau und kürzere Muskelbtindet, umgekehrt die Muskeln mit leichterer
Funktion. Agonisten und Antagonisten zeigen verschiedenen Bau. die
Gruppe der Dislatoren (Abduktoren der Hüfte, Strecker des Unter¬
schenkels, Auswärtsdreher des Beins) zeigen kurze Bündel, dagegen
die Proximatoren, die Antagonisten (Adduktoren, Beuger usw.) lange
Fasern. Im pathologischen Zustand ändert sich der Tonus der Mus¬
keln, bei Erhöhung stellt sich Extremität in Proximationskontraktu;
(Hemiplegie, Little), indem sich die langbiindeligen Muskeln mehr als
die kurzbündeligen verkürzen. Deshalb ist den langbiindeligen durch
Tenotomie die Gelegenheit zur Verkürzung zu geben.
S t o f f e 1 - Mannheim: Zur Behandlung der spasti¬
schen Lähmungen.
Alle Muskeln eines spastischen Gliedes sind spastisch affiziert,
längeres Verharren in bestimmter Stellung bedingt die betreffende
Kontraktur. Experimente Munks zeigten, dass bei Affen mit De¬
fekten der Hirnrinde solche, die eine bestimmte Haltung einnahmen,
eine Kontraktur in dieser Haltung bekamen, die anderen nicht. Im
Anfangsstadium Lagerung des Gliedes auf Schiene in Ueberkorrektur
um Muskelgleichgewicht zu erzeugen. In schwereren Fällen hilft
nur die Operation, die die Spannung beseitigen muss. Die Tenotomie
ist ein meist unnötiger Eingriff, da selten eine Schrumpfungskontraktur
besteht. Nach der Tenotomie zieht sich der spastische Muskelbauch
sofort zusammen, seine Hypertonie wird vermehrt, er fühlt sich auch
härter an als zuvor. Es fehlt die Möglichkeit der Dosierung (Rezi¬
dive, Ueberkorrekturen). Die bisweilen geübte Verkürzung der Anta¬
gonisten ist zwecklos, es findet eine Dehnung und somit Schädigung
statt. Die Nervenplastik (Medianus-Radialis) ist nicht logisch, weil
die beiden Nerven unter denselben Verhältnissen stehen und einer
dem anderen nichts geben kann. Die Resektion allein schaltet die
hypertonischen Muskeln teilweise aus und beseitigt die Deformität.
Wichtig ist Nachbehandlung (Uebung der Antagonisten). St. legt bei
Operation am Tibialis wegen Spitzfuss einen Silberdraht an den
Nervus peroneus und elektrisiert von dem aus der Wunde heraus¬
geleiteten Draht den Nerven. Die Resultate der Operation sind be¬
friedigend, besonders an der oberen Extremität jedem Eingriff am
Muskel überlegen. Normalzustand ist meist nicht zu erreichen, da
die Schädigungen zu gross sind.
Foerster - Breslau weiss sich theoretisch mit Stoffel eins,
Nur die Bezeichnung der Radialis-Medianus-Plastik als unlogisch kann
er nicht anerkennen. Auch spielt die Schrumnfungskontraktur bei
den spastischen Lähmungen eine grössere Rolle als Stoffe!
meint.
H o h m a n n - München hat 8 mal nach Stoffel operiert, bei
spastischer zerebraler Hemiplegie und bei Little. Die Resultate sind
sehr gute, die Spitzfussstellung wurde ohne Tenotomie beseitigt, die
Adduktionskontrakturen der Hüften ebenfalls und die gebrauchs¬
unfähigen Hände mit dem Krampf der Fingerbeuger wurden weich.
Hessen sich willkürlich öffnen und schliessen und wurden gebrauchs¬
fähig (durch Abbildungen illustriert). Von den Fällen waren mehrere,
die vorher anderwärts schon, z. T. mehrmals tenotomiert oder mit
Muskelverkürzung ergebnislos behandelt waren. Mehrmals wurden
neuralgische Schmerzen einige Tage nach der Operation in der ope¬
rierten Extremität beobachtet, die dann wieder verschwanden. Sehr
wichtig ist, die Heilung der Wunde gut abzuwarten, nicht zu früh zu
bewegen, da sonst die Wundränder klaffen und sehr lange zum Heilen
per granulationem brauchen; Heilungsdauer ist etwas länger als ge¬
wöhnlich, 2 — 2Vi Wochen. Bezüglich Dauerresultaten ist noch ab¬
zuwarten. H. glaubt aber, dass die Methode, die weiter verfolgt wer¬
den muss, einmal als ein sehr nennenswerter Fortschritt in der Ner-
venchirurgie gewertet werden wird.
Stein- Wiesbaden hat 8 mal nach Stoffel operiert, ist sehr
zufrieden mit den Erfolgen. An der unteren Extremität hat er die
Methode verbunden mit der Tenotomie der Adduktoren, er hat noch
kein Rezidiv gehabt. Um sie zu verhüten, klappt er das zentrale
Nervenende um, damit es nicht nachwächst.
Erlach er - Graz : An der unteren Extremität ist die Tenotomie
noch immer das beste und ausreichende, anders an der oberen.
8. April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
781
Pe 1 1 e s o h n - Berlin stimmt dem bei. Ein Kind, das er anfangs
nach Stoffel operierte,.. musste nachher noch tenotomiert werden.
Bei einem Little, bei dem auf der einen Seite Tenotomie der Adduk¬
toren, auf der anderen Stoffel gemacht wurde, bekam auf der letz¬
teren Seite nach einem halben Jahr Rezidiv, das Tenotomie notwendig
machte.
K o f m a n n - Odessa hat Stoffel mit bestem Erfolge ange¬
wendet.
B i e s a 1 s k i - Berlin hat 20 mal nach Stoffel operiert, zum
Teil mit sehr gutem Erfolg, zum Teil auch mit Rezidiven. Die Opera¬
tion steht und fällt mit der Uebungsnachbehandlung, zu der die Opera¬
tion erst die nötige Vorbedingung schafft. Es wäre wichtig, die
physiologischen Gesetze der Uebungstherapie kennen zu lernen.
Pradervand - Charkow: Bei einer Stoffel sehen Operation
hörte auf einmal die Erregbarkeit des Nerven auf und kehrte erst nach
Lösung des Esmarch wieder.
Lorenz -Wien ist an der unteren Extremität immer ohne
Stoffel ausgekommen, an der oberen hält er ihn für berechtigt. Ueber-
korrekturen nach Achillotomie lassen sich durch einen schrägen
Schnitt vermeiden. Statt der Obturatoriusresektion empfiehlt er
seine Myorrhexis.
G u r a d z e - Wiesbaden : Trotz Stoffel sind an der unteren Ex¬
tremität noch öfter Tenotomien notwendig.
S t o f f e 1 - Mannheim : Am Obturatorius müssen stets beide
Aeste reseziert werden, sonst kommt Rezidiv. Gegen Foerster
ist zu sagen, dass durch eine Medianusbahn den Streckmuskeln un¬
möglich Kraft zugeführt werden kann, vor allem auch aus technischen
Gründen, da die zu innervierende Bahn an einer für die Einpflanzung
ungünstigen Stelle des Nervenquerschnittes verläuft. Nur bei zwei
Erwachsenen war wegen Schrumpfungskontraktur Achillotomie not¬
wendig. Er empfiehlt nach der Operation unblutiges Dehnen der
Sehne und Fixation auf Schiene für 14 Tage. Neuralgiforme Schmer¬
zen hat er niemals beobachtet.
v. A b e r 1 e - Wien : Fettembolie. Hauptsächlich nach
Streckung von Kniekontrakturen nach langer Bettruhe, ferner bei
Klumpfüssen. Infraktionen vermeiden beim Knie! Etappenredresse¬
ment. Bei drohender Fettembolie bei der Osteotomie keine Blut¬
leere. Am besten ist die S c h a n z sehe intravenöse Kochsalzinfusion
und die Erhaltung der Herzkraft.
St re iss ler -Graz und S p r i n g e r - Graz sprechen über
Madelungsche Handdeformität und über die Operation
der Gabelhand bei dieser, und empfehlen die Osteotomie des Radius.
Röpke -Barmen verpflanzt die Palmaris-longus-
Sehne auf den paralytischen Klumpfuss.
Glässner - Berlin zeigt 4 Fälle von Coxa vara adoles-
centium, die er nach Lorenz operiert hat und die einen sehr
guten Gang aufwiesen.
Maas- Berlin empfiehlt bei kongenitaler Vorderarm¬
synostose Resektion des deformierten Radiusköpfchens und
Osteotomie der am oberen Ende verbogenen Ulna.
Rosenfeld-Nürnberg empfiehlt statt dessen Osteotomie der
Synostose und Zwischenlagerung eines Faszienfettlappens.
Müller- Stuttgart zeigt die Resultate seiner blutigen
Klump fussoperation an Gipsmodellen und betont, dass keine
Störung des Wachstums zurückgeblieben ist.
v. Mayersbach-Innsbruck: Beim Pes adductus hält
der Muse, adductor hallucis die falsche Stellung fest. Zu seiner Be¬
seitigung empfiehlt er eine Verlagerung des Muskels.
Bei der Wahl zum Vorsitzenden für das nächste Jahr erhielten
Stimmen K ö 1 1 i k e r - Leipzig 77, L u d 1 o f f - Breslau 56, Dreh¬
mann-Breslau 28, S c h a n z - Dresden 18 usw. In der Stichwahl
wurde Kölliker mit 130 Stimmen gewählt, auf Ludloft fielen
92. Ludloff wurde zum Beisitzer in den Ausschuss gewählt.
Rosenfeld drückte zum Schluss dem Vorsitzenden den Dank des
Kongresses durch ein Hoch aus. Am nächsten Tage demonstrierte
Abbott das Anlegen seines Gipsverbandes am Patienten und be¬
antwortete noch verschiedene Fragen. Die angenommene Resolution
über die körperliche Erziehung der Jugend hatte folgenden Wortlaut.
. „Da die körperliche Erziehung ihrer Hauptsache nach als Prophylaxe
gegen die Entstehung von körperlichen Minderwertigkeiten, Wachs¬
tumsstörungen und Deformitäten aufzufassen ist und die Ueber-
wachung der Entwicklung und Lösung dieser Fragen in den Fach-
bereich der Orthopädie gehört, werden die entsprechenden Fach-
vertreter an den Universitäten und medizinischen Schulen aufgefoi-
dert, Vorlesungen und Vorträge über körperliche Erziehung zu halten
sowie für die offizielle Einstellung dieser Vorlesungen in den Lehr¬
plan Sorge zu tragen. Die Deutsche Gesellschaft für orthopädische
Chirurgie, als die Zusammenfassung aller Fachärzte, ist sich dei
Pflicht und Aufgabe der Fachärzte bewusst, nicht nur gegen bereits
vorhandene Fehler anzukämpfen, sondern soweit als möglich deieu
Entstehung zu verhindern und so zur Hebung und Erstarkung unserer
Volkskraft, die in der Heeresmacht ihren höchsten Ausdruck undet,
beizutragen.“
Aerztlicher Verein in Frankfurt a. M.
(Offizielles Protokoll.)
1641. ordentliche Sitzung vom 12. März 1913,
im Sitzungssaal, abends 7 Uhr.
Vorsitzender: Herr F 1 e s c h.
Schriftführer : Herr B e n a r i o.
Herr E. Wolff berichtet über eine von L. Rehn ausgeführte
Operation der Lungenarterienembolie nach Trendelenburg.
Die Kranke konnte nicht gerettet werden. Nach der Eröffnung
des Thorax war bereits Herzstillstand eingetreten, und es kam trotz
rascher Entfernung der Embolie aus der Arterie, künstlicher Atmung
und trotz längerer direkter Massage des Herzens zu keiner Tätigkeit
desselben mehr. Es wird betont, wie schwierig unter Umständen die
Diagnose der Embolie und besonders die Indikationsstellung ist, soll
man operieren oder nicht, da eine Anzahl schwerer Embolien unter
inneren Mitteln genesen. Nach Trendelen bürg wird bei der
Eröffnung der Arteria pulmonalis das Blut durch Kompression der
Gefässe mit einem um sie herum geführten Gummischlauch abgestaut;
dabei kann es zur Ueberdehnung des Herzens kommen. L. R e h n
hält es für zweckmässiger, die Abstauung des Blutes durch Ab¬
klemmung der Venae cavae zu bewirken. Diese wird vom Herzen
länger und besser vertragen und ist unschwer mit 2 Fingern nach
Eingehen der Hand in den Herzbeutel auszuführen. Allerdings muss
man dazu das Herz in grösserer Ausdehnung mittels Durchschneidung
auch der tieferen Rippen freilegen, was aber zugleich den Vorzug
hat, dass man bequem direkte Herzmassage bei Herzstillstand aus¬
führen kann.
Diskussion: Herr F 1 e s c h und Herr Wolff.
Herr Klose: Demonstration zur Pathologie der Thymusdrüse.
Durch Verbitterung kalkarmer und saurer Nahrung gelingt es
experimentell nicht, bei Tieren eine Rachitis zu erzeugen, die mit der
menschlichen übereinstimmt. Dagegen treten nach Thymusexstir¬
pation bei Hunden, Schweinen und Ratten Skelettveränderungen auf,
die analog sind der menschlichen Rachitis, vor allem in den Störungen
der endochondralen Ossifikation. In der Zukunft muss die Frage
entschieden werden, ob nicht eine der Bedingungen der menschlichen
Rachitis in Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Thymus ge¬
legen sein kann. Die experimentellen Veränderungen werden an zahl¬
reichen Präparaten demonstriert. Die Beziehungen der Thymusdrüse
zur Schilddrüse sind vikariierend, nach Thymusexstirpation wird die
Schilddrüse hypertrophisch, histologisch basedowähnlich. Die Schild¬
drüse kann die Thymusdrüse- in ihrer Funktion nicht ersetzen. Die
Erkrankung der Thymusdrüse bei Basedow ist gleichsinnig und
meistens sekundär. Der Thymus hyperplasticus der Kinder kann die
Luftröhre, den Oesophagus, die grossen Gefässe und den Vagus
komprimieren. Entsprechende Präparate werden vorgelegt. In den
meisten Fällen zeigt die Thymusdrüse auch qualitative Struktur¬
veränderungen.
Diskussion: Herr Grosser weist auf die R i b b e r t sehe
Publikation über das Verhalten der Knorpelzellen bei Rachitis
und auf die Schwierigkeiten hin, die Tierexperimente mit der
menschlichen Rachitis zu vergleichen.
Herr S. A u e r b a c h : Ich will nur erwähnen, dass die Erkenntnis
von den Beziehungen des Thymus zur Myasthenie bereits zu einem
erfreulichen therapeutischen Resultat geführt hat. In einem jüngst
von Schumacher und Roth in den Mitteil. a. d. Grenzgebieten
publizierten Falle von Morb. Basedowii mit Myasthenie gelang es
durch Exstirpation des Thymus die myasthenischen Erscheinungen
zu beseitigen. Man wird sich dieses Ergebnis vor Augen halten
müssen, wenn man einen Fall dieser seltenen, fast stets zum Exitus
führenden Erkrankung zu behandeln hat. Ob alle Fälle von
Myasthenie auf Veränderungen des Thymus zurückzuführen sind, das
freilich müssen weitere Erfahrungen entscheiden.
Herr Siegel fragt an, wie gross die Gefahr der partiellen und
totalen Thymektomie bei Tieren und beim Menschen sei.
Herr Klose.
Herr R. B e t k e berichtet über eine von L. Rehn erstmalig
ausgeführte Entfernung von vergrösserten verkalkten tuberkulösen
Lymphdrüsen, welche dem rechten Hauptbronchus aufsassen
und zu schwerer Atemnot Veranlassung gegeben hatten. Die vor
der Operation vorhandenen Erscheinungen, welche in Zyanose, Venen¬
stauung, keuchhustenähnlichem Reizhusten, schwerer Dyspnoe und
Dysphagie bestanden, sind nach der Operation sämtlich geschwunden.
Der Operationsverlauf wird an der Hand topographisch-anatomischer
Tafeln erläutert und die schweren Folgen der Bronchialdrüsentuber¬
kulose, Durchbrüche in die Luftwege, Gefässe und den Oesophagus
werden an der Hand anatomischer Präparate demonstriert.
Herr E. Wolff gibt einen Ueberblick über das Wesen, die Ent¬
wicklung und Technik der Nagelextension. Die Methode soll die
anderen Frakturbehandlungsmethoden nicht verdrängen, sondern nur
ergänzen und dann zur Anwendung gelangen, wenn die anderen Ver¬
fahren nicht verwendbar sind oder nicht zum Ziele führen. Sie kommt
hauptsächlich in Betracht bei komplizierten und bei auf andere Weise
nicht reponiblen Frakturen. In solchen Fällen leistet die Methode
ausgezeichnete Dienste. Die Nachteile, die von verschiedenen Seiten
beobachtet sind: Infektionsgefahr, Möglichkeit von Verletzungen beim
7 82
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. R
Durchtreiben des Nagels, Zurückbleiben von Fisteln, lassen sich ver¬
meiden. Vor allem darf der Nagel nicht zu lange liegen bleiben,
möglichst nicht länger als 3 — 4 Wochen. Ks wird ein vom Vortr.
konstruierter Nagel demonstriert, der perforierend eingeschlagen
wird, aber in zwei Teilen entfernbar ist, um ein Durchziehen der
einen nicht aseptischen Seite des Nagels durch den Knochenkanal
bei seiner Entfernung zu vermeiden (angefertigt von der Firma
Ludwig D r ö 1 1 in Frankfurt a. M.).
Diskussion: Herr Löwe: Ein Surrogat für die mit vielen
Nachteilen verbundene Nagelextensionsmethode besteht im Umlegen
eines Filzrings um das Fussgelenk, an dem sich mit Hilfe seitlich
angebrachter Zügel eine starke Extension anbringen lässt. Das Ver¬
fahren ist mit Erfolg angewandt worden.
Herr Wolff (Schlusswort).
Herr Propping berichtet über die Darminvaginationen, die
in den letzten 5 Jahren an der Rehnschen Klinik behandelt wurden.
Es wurden 17 Fälle operiert mit einer Mortalität von 60 Proz. Die
Mortalitätsziffer ist so gross, weil zu viel Spätfälle in dem Material
sind. Das lehrt folgende Zusammenstellung:
A. Resektionsfälle: 8 mit 7 + — 87 Proz. Mortalität.
1. Säuglinge (Kinder bis zu 1 Jahr) 4 mit 4 + = 100 Proz.
Mortalität.
2. Erwachsene 4 mit 3 + (2 mal Karzinome, 1 mal Peri¬
tonitis) = 76 Proz. Mortalität.
B. Desinvaginierte Fälle: 9 mit 3 + = 33 Proz. Mortalität.
1. Säuglinge 4 mit 2 + = 50 Proz. Mortalität.
2. Aeltere Kinder 5 mit 1 T = 20 Proz. Mortalität.
(Der Todesfall durch ausgedehnte Schleimhautnekrose.)
Die Frühdiagnose muss häufiger gestellt werden. Sie ist mög¬
lich. weil die Symptome prägnant sind (plötzlicher Schmerz, Er¬
brechen, blutiger Schleim, charakteristischer Tumor). Die Operations¬
prognose ist bei reponiblen Invaginationen nicht schlecht (siehe B. 2),
nur bei Säuglingen ist sie dubiös. Die unblutige Therapie ist unsicher
(Rezidive) und nicht ungefährlich (Perforation). Wenn sie unter
Narkose ausgeführt wird, verschlechtert sie die Aussichten einer
nachträglich notwendigen Laparotomie.
In bezug auf den Mechanismus erinnert Vortr. an seine 1910 auf¬
gestellte Theorie (Mitteil. a. d. Grenzgeb., Bd. 21), die das Anfangs¬
stadium der Invagination lediglich auf Tätigkeit der Ringmuskulatur
des Darms zurückführt. Die Invagination beginnt stets mit einem
Spasmus. Dieses Moment muss bei der Aetiologie berücksichtigt
werden. (Ein Tumor ist nur insofern Ursache der Invagination, als
er zum Spasmus Veranlassung gibt.)
Herr G r ii t z n e r berichtet über einen Fall von B a n t i scher
Krankheit. Bei einem lOjähr. Mädchen, das seit 1 Jahr an zu¬
nehmender Anschwellung des Leibes und schwerer Anämie erkrankt
war, wurde nach dem Versagen der internen Therapie die Splen-
ektomie ausgeführt, die zu rascher Heilung führte.
Der mikroskopische Befund der Milz charakterisierte sich:
1. Durch einen Schwund des lymphatischen Gewebes, besonders
in einer peripheren Zone.
2. Durch eine Hyperplasie endothelialer Zellen.
3. Durch eine Verdichtung und Verdickung des retikulären
Bindegewebes, vornehmlich im Anschluss an den Trabekel und
an das Perithel der pinselförmigen Arterien.
4. Fanden sich Auflagerungen auf der Intima von Hilusvenen.
Zur Pathogenese wird die Vorstellung entwickelt, dass eine
toxisch infektiöse Noxe, wahrscheinlich enterogenen Ursprungs, auf
dem Lymphwege in die Milz eindringe und die Ursache für die
anatomischen und biologischen Veränderungen abgebe.
Herr Herterich hat 2 Fälle von Starrkrampf mit intraduralen
Injektionen von 10 proz. Magnesium-sulfuricum-Lösung behandelt; es
wurde jedesmal ein promptes Auf hören der Krämpfe erzielt ohne
schädliche Nachwirkungen.
Der eine Fall, ein lokaler Tetanus des rechten Armes nach
Schussverletzung, endigte letal infolge Pneumonie.
Wissenschaftliche Vereinigung am städt. Krankenhaus
zu Frankfurt a. M.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 14. Januar 1913.
Vorsitzender: Herr E d i n g e r.
Schriftführer : Herr Traugott.
Herr Krusinger: a) Sehnervenangiom. b) Jequiritireaktion.
Diskussion: Herren Edinger, Schnaudigel, Rosen¬
meyer.
Herr Schnaudigel zeigt im Epidiaskop drei sehr gut in der
Form konservierte Schnitte, die die verschiedenen Ektasieformen des
Augapfels demonstrieren. Das erste Präparat stammt von einem
Auge, dessen vorderer Abschnitt hochgradig staphylomatös ausge¬
buchtet ist. Die sagittalen und transversalen grössten Masse sind
29:21mm. Der zweite Schnitt ist von einem höchstgradig kurz¬
sichtigen Auge (Leichenauge) gewonnen; bei ihm kommt die anterior¬
posteriore Verlängerung hauptsächlich auf Rechnung des hinteren
Augenabschnittes. Masse; 33:25mm. Das dritte Präparat ist ein
allseitig ausgebuchteter, regelmässiger Hydrophthalmus mit äusserst
dünner Skleralwand, der 33 mm in der Länge und 29 mm transversal
misst.
Herr Schnaudigel demonstriert das Gullstrandsche Oph¬
thalmoskop, das die Zeisswerke anfertigen.
Herr Schnaudigel stellt einen 56 jähr. Mann vor, der wegen
Entzündung des linken Auges in die Augenklinik eingewiesen worden
war. Die Schleimhaut des linken Auges war chemotisch, das Seh¬
vermögen mit + 7 35’ weit nach vorne zu bemerkte man innen
oben einen kugeligen Tumor, der weit in den Glaskörper vorsprang
und einen entsprechenden Gesichtsfeldsausfall verursachte. Der Manu
litt an Aortitis luetica, Wassermann positiv (bei Abfassung des vor- t
liegenden Referates lebte der Patient nicht mehr, er ist an De-
compensatio cordis verstorben). Der Tumor wurde in Anbetracht
der Chemose als Abhebung der Chorioidea mitsamt der Netzhaut ,
angesehen, denn er war völlig durchleuchtbar. Nach 17 Tagen war
ausser langen, strichförmigen Pigmentierungen der Netzhaut nichts
mehr zu finden und die Funktionen waren normal. Das Ungewöhn¬
liche des Falles liegt darin, dass 5 Tage nach Abheilung des Pro¬
zesses sich genau dasselbe Krankheitsbild am rechten Auge ent¬
wickelte, nach Ausdehnung, Lokalisierung und Aussehen fast ein
Spiegelbild des Prozesses links. Auch hier trat in 16 Tagen völlige
Heilung ohne weitere therapeutische Massnahmen ein und auch hier
finden sich als Reste der Entzündung langgestreckte Pigmentstreiien
in der Retina. Es handelt sich somit um eine doppelseitige, nach¬
einander aufgetretene zirkumskripte spezifische Abhebung der Netz- j
haut-Aderhaut von kugeliger Form mit rascher Resorption des Ex¬
sudats und vollkommener Rückkehr der Augenhäute in ihre normale
Lage.
Herr Schnaudigel demonstriert einen Schnitt durch die Linse
des Schweines, der sehr schön die Konturen der Linsenfasern etwa
wie bei der Versilberung erkennen lässt, die Linsen waren in i
Sublimat gehärtet und dann in Schwefelwasserstoffwasser oder
Schwefelammonium behandelt worden.
Diskussion: Herr Edinger.
Verein Freiburger Aerzte.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 24. Januar 1913.
Ueber die Hypophysis cerebri.
Herr Wiedersheim besprach zunächst die äusseren Form-
und Lageverhältnisse der Hypophyse und ging dann zu einer Schil¬
derung ihrer Genese über. Dabei wurde auf die prinzipielle vei-
schiedenheit des Vorder- und Hinterlappens (Adenohypophy sc
und Neurohypophyse), sowie auf die eventuelle Persistenz
des Verbindungsganges mit dem Pharynx, bzw. auf die dann und
wann vorkommende Hypophysis pharyngea hingewiesen.
Nach eingehender Berücksichtigung der ferneren Struktur¬
verhältnisse aller drei Gebilde wandte sich der Vortragende zu:
stammesgeschichtlichen Entwicklung des Organes. Er machte aut
die, bei gewissen Fischen dauernde, offene Verbindung des
Hypophysenganges mit der Mundhöhle, sowie auf die zahlreichen
Kommunikationen des dem Vorderlappen höherer Vertebraten ent¬
sprechenden Drüsenabschnittes mit dem Infundibularschlauch (Neuro-,
hypophyse höherer Vertebraten) aufmerksam.
Die Entleerung des Sekretes jener Drüsenschläuche an das betr.
Lumen der Neurohypophyse lässt sich bei den betr. Fischen, w.e
z. B. bei Polypterus und Calamoichthys, aufs deutlichste
nachweisen.
Zum Schluss wurde noch auf den Saccus vasculosus der
Knochenfische aufmerksam gemacht und auf Grund der Unter¬
suchungen von Boeke und Dammermann die Bedeutung des¬
selben als ein Sinnesorgan („Tiefeorgan") erörtert.
Rückblickend ergaben sich Parallelen zwischen Hypophyse und
Schilddrüse, insofern beide Organe in der phyletischen Entwicklung
der Wirbeltiere ihrer ursprünglichen Bedeutung entkleidet wurden
und allmählich einen Funktions Wechsel durchmachten, der sie
anderen lebenswichtigen Aufgaben entgegenführte.
Herr A s c li o f f bespricht zunächst die feineren morphologischen
Veränderungen während des Alterns, unter besonderer Berück¬
sichtigung der gegenseitigen Beziehungen zwischen dem Vorder¬
lappen, der Intermediärzone und dem Hinterlappen. Während der
Vorderlappen im grossen und ganzen unverändert bleibt, von einer
Wachstumsvergrösserung abgesehen, vollziehen sich, gleich nach der
Geburt beginnend, die wichtigsten Veränderungen in der inter¬
mediären Zone, indem sich der epithelbekleidete zystische Spalt in
zahlreiche kleinere kolloidgefüllte Bläschen zerlegt. Die Epithelien
dieser Bläschen wandeln sich aus indifferenten Zellen in eigenartige
basophile Elemente um, welche — wie hauptsächlich die Unter¬
suchungen von Kohn, Stumpf, Tölken, Vogel gezeigt haben —
mit Beginn der Geschlechtsreife, vereinzelt auch schon früher, in den
Hinterlappen einwandern. Diese Einwanderung dauert während des
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
783
^ April 1913.
zen Lebens an und erlischt allmählich im Qreisenalter. Sie ist
i viduell sehr wechselnd. Verschiedene Autoren, insbesondere
ge 1 und Jonnesco, vertreten die sehr naheliegende Hypothese,
I , durch Umwandlung und Zerfall dieser Zellen Substanzen inner-
il) des Hinterlappens frei gemacht werden, welche zum Teil die
■ nnakologische Wirkung desselben bedingen, zum Teil als Pigment¬
ierschläge in den Neurogliazellen in die Erscheinung treten.
igel hat auf die eigentümliche Tatsache aufmerksam gemacht,
1 s bei Schwangeren das Pigment w ieder abnimmt, vielleicht infolge
kerer Durchströmung.
Zweitens erwähnt der Vortragende die Verschiede n-
i t e n der Hypophysisstrukturen beim männ-
hen und weiblichen Geschlecht, und weist vor allem
. die Arbeit von Erdheim hin, welcher die Wucherung und
Wandlung der Hauptzellen zu Schwangerschaftszellen bei Graviden
i hweisen konnte. Aus diesen Schwangerschaftsveränderungen
■ dtiert das durchschnittliche Ueberwiegen des Gewichts der weib-
) en über die männliche Hypophyse. Der Druckerscheinung am
ikus während der Schwangerschaft wird kurz Erwähnung getan.
Beziehungen der Schwangerschaftshypertrophie der Hypophyse
/ den Funktionspausen des Ovariums sind noch nicht einheitlich
j lärt.
Endlich schildert Vortragender kurz die pathologischen Ver¬
zierungen, besonders die Geschwulstbildung der Hypo-
i yse, unter denen bestimmte Gruppen unterschieden werden
!- inen : einmal die Tumoren des Vorderlappens, unter denen die
l inophilen Strumen insofern eine besondere Bedeutung haben, als
- in erster Linie das Krankheitsbild der Akromegalie auszulösen
> leinen. Bei Fehlen solcher Tumoren muss man immer an Ge-
m wülste im Keilbein oder am Rachendach denken, wo zum Teil
; v siologisch, zum Teil pathologisch Reste des Hypophysengangs
r unden werden.
Eine zweite Klasse von Geschwülsten sind die sogen. Hypo-
; \ senganggeschwiilste, welche sich aus epithelialen Resten des
1 pophysenganges im Gebiet des Stieles oder der intermediären Zone
.wickeln und aus anscheinend weniger differenzierten Stellen be-
: hen. Durch die Zerstörung und daraus folgenden Querschnitts-
i [erbrechungen des Stieles scheinen sie in erster Linie das Bild der
I strophia adiposo-genitalis hervorzurufen, wobei zwischen den Ein-
ikungen bei jugendlichen und erwachsenen Individuen selbst-
rständliche Differenzen bestehen.
Endlich wird noch auf die gerade bei Hypophysistumoren wieder-
11t beobachtete Glykosurie hingewiesen, die wohl auf einer Reizung
s Hinterlappens durch primäre und sekundäre Tumoren (Fall von
:<undärem Karzinom von Simmonds beschrieben) zuriick-
fiihren sind.
Herr Straub berichtet über die experimentelle Hypophysen-
schung. Demonstration von Bildern der Exstirpationsfolgen an
tir jugendlichen Tieren. Wirksame Substanzen sind zurzeit nur in
n Neurohypophysen gefunden worden und zwar sind es nach
uesten Forschungen Alkaloide, die' alle zusammen gleichen
irkungscharakter haben. Dem Wesen nach ist die Wirkung
renalinähnlich, unterscheidet sich von dieser aber durch die lange
luer. Kinematographische Demonstration der Pituitrinwirkung auf
utdruck und Atmung (ähnlich dem anaphylaktischen Schock) und
f den Uterus (ähnlich der Mutterkornwirkung).
Herr Schlimpert: Es werden besprochen: einmal die Ein-
irkungen des Genitales auf die Hypophyse (Einfluss der Schwanger¬
haft und Kastration) und zweitens die Veränderungen des Genitales
i Hypophysenerkrankungen (Akromegalie, Zwerg- und Riesen-
uchs, hypophysäre Fettsucht).
Drittens werden die Erfahrungen mit Hypophysenextrakten in
r Geburtshilfe und Gynäkologie erwähnt. Die Freiburger Frauen-
inik verfügt über 359 Fälle, in denen Pituitrin oder Pituglandol als
ehenmittel gegeben wurde; darunter 216 mal als einmalige In-
ktion, davon fielen auf die Eröffnungsperiode 123 Injektionen.
• mal w ar der Erfolg wahrscheinlich, 39 mal möglich, 12 mal un-
ahrscheinlich. 81 Injektionen wurden in der Austreibungsperiode
erabreicht. Hier war ein Erfolg im Sinne der Verstärkung der
eben wahrscheinlich in 43 Fällen, möglich in 32 Fällen, unwahr-
peinlich in 6 Fällen. Ein wesentlicher Unterschied in der Wirkung
on Pituitrin und Pituglandol konnte nicht festgestellt werden. Bei
er Beurteilung der Wehenbeeinflussung ist mit grosser Skepsis vor-
ugehen, da ja normaliter die Wehen bis zum Ende der Geburt sich
tigern und plötzliche Aenderungen der Intensität der Wehen auch
hne vorangegangene Medikation beobachtet werden. Sicher ist,
ass die Hypophysenextrakte in einem hohen Prozentsatz der Fälle
irksam sind. Sicher ist es aber auch, dass sie trotz mehrfacher
ijektion vollständig versagen können. Mit dem von den Höchster
arbwerken hergestellten Hypophysin, das die vier wirksamsten
■äsen des Neurohypophysenextraktes in reiner Form enthält, wurden
" 7 Fällen Versuche angestellt; 5 mal war die Wirkung auf die
'>ehen günstig, 2 mal blieb sie aus.
Biologische Abteilung des ärztlichen Vereins in Hamburg.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 4. Februar 1913.
Vorsitzender : Herr Schmilinsky.
Schriftführer : Herr Schaedel.
Herr O. Schümm: Ueber Hämatin im Blutserum Kranker.
Auf Grund des von ihm beobachteten Vorkommens einer aus¬
gesprochenen Hämatin ämie bei toxischem Blutkörperchenzerfall
hat Sch. gemeinsam mit C. H e g 1 e r, zum Teil auch mit H. S c h o 1 1 -
müller Untersuchungen über das Vorkommen von gelöstem
Hämatin im Blutserum Kranker ausgeführt und gibt nunmehr die
genauere Anweisung für die Erkennung des Hämatins, namentlich in
solchen Fällen, wo das Blutserum neben Hämatin noch Methämoglobin
enthält.
Bei stärkerem Hämatingehalt zeigt das Serum einen Absorptions¬
streifen im Rot auf etwa ßn 621. Bei Blutserum, das nur Methämo¬
globin enthielt, fand Sch. den Absorptionsstreifen im Rot auf ca. /iß 634
(Messungen im Gitterspektrömeter bezw. an Gitterspektrogramnien).
In Fällen, wo das Blutserum neben Methämoglobin noch reich¬
lich Hämatin enthielt, hatte der Absorptionsstreifen im Rot eine ab
weichende mittlere Lage, z. B. auf ca. 625 — 627 u. ä. Weiteren
Aufschluss ergibt die Prüfung des spektroskopischen Verhaltens nach
Zusatz geeigneter Reagentien.
Sch. demonstriert Spektrogramme mehrerer durch den Bacillus
emphysematosus (E. Fraenke 1) hervorgerufener Fälle von Bak¬
teriämie, die von Dr. H. Schottmüller beobachtet waren und in
denen Schümm im frischem Serum grössere Mengen von Hämatin,
z. T. neben Methämoglobin aufgefunden hat. (Autoreferat.)
Herr E. Reye: Ueber Spondylitis infectiosa.
Herr R. demonstriert das Präparat einer Wirbelsäule von einem
Mädchen im Alter von 6)4 Wochen. Das Kind war in der ersten
Zeit ganz gesund gewesen, in den letzten 2 Wochen schrie es.
sobald es angefasst oder aufgehoben wurde. Einige Tage vor dem
Tode wurde es sehr kurzluftig. Die Sektion ergab eine akute,
durch den Staphylococcus aureus hervorgerufene,
eitrige Spondylitis der Brustwirbelsäule, die zu einer
völligen Zerstörung des 6. Wirbelkörpers, Komprimierung des Rücken¬
marks, Gibbusbildung und Infektion der rechten Pleura (Empyem)
geführt hatte. Im Blut ebenfalls gelbe Staphylokokken.
Der geschilderte Fall nimmt eine besondere Stellung ein einmal
wegen des ausserordentlich foudroyanten Verlaufes.
Weiter muss das Vorkommen . einer derartigen Erkrankung im
jüngsten Säuglingsalter als ganz aussergewöhnlich be¬
zeichnet werden. Endlich erscheint das Zustandekommen der
Infektion von besonderer Bedeutung: Die Mutter des
Kindes litt an einer doppelseitigen eitrigen Mastitis, trotzdem hat sie
das Kind dauernd gestillt. Aus diesem Grunde ist man, zumal irgend¬
welche lokale eitrige Prozesse oder anderweitige infektiöse Krank¬
heiten bei dem Kinde nicht beobachtet wurden, zu der Annahme be¬
rechtigt, dass das infektiöse Virus mit dem Sekret der Brustdrüse
resp. beim Anlegen in den Körper des Kindes gelangt ist und auf
diese Weise auf dem Wege des Digestionstraktus eine Ansiedelung
der Staphylokokken im Wirbelmark zustande gekommen ist. (Auto¬
referat.)
Diskussion: Herr E. Fraenkel hebt die Foudroyanz
des Verlaufes und die Hochgradigkeit der Zerstö¬
rung in dein vorliegenden Falle hervor. Er hält die Feststellung
für wichtig, dass innerhalb einer so kurzen Zeit — das
Kind ist i. g. nur 6 Wochen alt geworden und war anfangs ganz
gesund — ein ganzer Wirbelkörper zugrundegehen
kann. Fr. hat bei den von ihm im Laufe der Jahre untersuchten,
tödlich verlaufenen Fällen von infektiöser Wirbelentzündung eine der¬
artige Destruktion nie beobachtet. Seiner Ansicht nach kann die
Kenntnis dieser Tatsache unter Umständen eine wichtige Rolle bei der
Entscheidung der Frage eines etwaigen Zusammenhanges zwischen
vorangegangenem Trauma und eitriger Wirbelsäulenentzündung spielen.
Einige der Fr. sehen Fälle sind nur dadurch entdeckt worden, dass er
es sich zur Aufgabe gemacht hat, bei allen Fällen von sog.
okkulter, auch durch die Sektion nicht aufgeklärter Pyämie und
bei ätiologisch unklaren Fällen von eitriger Me¬
ningitis regelmässig die Wirbelsäule aufzusägen.
Besonders lehrreich war in dieser Beziehung eine durch Staphylo¬
kokken verursachte eitrige Meningitis, als deren Ausgangspunkt eine,
namentlich in den Lendenwirbeln lokalisierte, eitrige Osteomyelitis
angesehen werden musste. Es gelang in diesem Falle, auch die Ein¬
gangspforte festzustellen. Dem Patienten war einige Zeit vor dem
Tode beim Fällen eines Baumes dieser auf den Fuss gefallen und
hatte zur Vereiterung des Nagels der grossen Zehe geführt. Lediglich
durch die Durchsägung der Wirbelsäule und durch das Auffinden von
Eiterherden in einzelnen Wirbeln war der Fall als solcher, sowie
der Zusammenhang von Unfall und tödlicher Krankheit aufgeklärt und
damit die Möglichkeit gegeben, den Hinterbliebenen eine Unfallrente
zu verschaffen.
Es braucht aber gar nicht immer zu makroskopisch sichtbaren,
eitrigen Prozessen in den Wirbeln zu kommen, es kann sich vielmehr
— - und das trifft nach den Erfahrungen von Fr. für die Mehrzahl
der Fälle zu — um nur mikroskopisch nachweisbare Herde im Wirbel-
784
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
mark handeln, die dann den Ausgangspunkt für ausgedehnte Meta¬
stasen in den Organen des kleinen und grossen Kreislaufes abgehen
können. Ein derartiges Wirbelpräparat wird Vorgelegt.
Ferner die Herren : Plaut. Halberstadt, ö r ii n e b e r g,
Oehlecker.
Herr E. Fraenkel: Röntgenologisches über kongenitale Sy¬
philis platter Knochen. (Erscheint ausführlich in „Fortschritte auf
dem Gebiete der Röntgenologie“.)
Herr v. Bergmann: Experimentelles über Darmbewegungen.
Vortr. berichtet über die Resultate, die einerseits durch das
experimentelle Bauchfenster, andererseits durch die Röntgenunter¬
suchungen am Menschen von Katsch auf der medizinischen Ab¬
teilung des Altonaer Krankenhauses gewonnen sind.
Die Methode des experimentellen Bauchfensters gibt als einzige
der bestehenden die Möglichkeit, unter physiologischen Bedingungen
die Gesamtheit der Darmbewegungen zu erfassen. Die Arten der
Pendelbewegungen am Dünndarm, die Auffassung der gesamten Roll¬
bewegungen, die Antiperistaltik und die wurmartigen Bewegungen am
Zoekum und Kolon, über die Widersprüche bestanden, erfahren ge¬
wisse Klärungen, ebenso die Art der Haustrenbewegungen, ja das
zum Teil Funktionelle der Haustrenbildung selbst. Ebenfalls ist ein
Urteil über die Durchblutung der Därme gewonnen.
Im ganzen lässt sich sagen, dass die Bewegungen meist in allen
ihren Teilen Vermehrung oder Herabsetzung erfahren, dass die Ver¬
hältnisse also für praktische Fragen einfacher liegen als aus den
analysierenden Teiluntersuchungen am überlebenden Darme zu er¬
warten war. Von physikalischen Einflüssen hemmt die Kälte, gleich¬
zeitig mit Verengerung der Blutgefässe, fördert die Wärme die Be¬
wegungen, gleichzeitig Gefässerweiterung im Splanchnikusgebiet.
Psychisch Hemmung durch Unlustaffekte (Schmerz), Förderung durch
lustbetonte Empfindungen (Nahrungsaufnahme).
Genauer werden besprochen die Einflüsse durch die Pharmaka
des vegetativen Nervensystems. Pilokarpin und Physostigmin (die
Vagusreizer) machen gewaltige Darmbewegungen und Darmspasmen,
Atropin (Vaguslähmer) verringert die Bewegungen, den Tonus und
die Haustreneinschnürungen, Adrenalin (Sympathikusreizer) bewirkt
momentanen, vollkommenen Stillstand und maximale Blässe des
Darmtraktes. Entspricht dies im wesentlichen den Eigenschaften des
Vagus als Erreger und des Sympathikus als Hemmer des Darmes,
so darf doch der pharmakologische Einfluss nicht so schematisch
aufgefasst werden. Durch die automatischen Plexus am Darme und
ihre Beeinflussung durch diese Pharmaka sind die Dinge kompli¬
zierter.
Eine grosse Reihe von Röntgen-Kolon-Bildern des Menschen,
teils durch Klysma, teils durch Metallbreizufuhr per os gewonnen,
zeigt grosse Uebereinstimmung mit jenen experimentellen Ergeb¬
nissen. Die Haustren erscheinen auch hier zum Teil als etwas
Funktionelles. Auf die grossen Kolonbewegungen beim Menschen
und den retrograden Transport im Kolon wird hingewiesen. Es
zeigt sich weiter beim durch Atropin beeinflussten Kolon noch als
Besonderheit, dass die Valvula ileocoecalis sich durch Atropin öffnen
läst und so eine mächtige Dünndarmfüllung resultiert. Es fällt auf,
dass unbeeinflusste Därme bei spastisch Obstipierten aussehen wie
der durch Physostigmin spastisch gemachte Darm anderer Individuen.
Es wird zum Schlüsse darauf hingewiesen, dass vermehrte Vagus¬
oder Sympathikusimpulse, kurz, dass Gleichgewichtsstörungen im
vegetativen System überhaupt einen Einfluss auf die Form und den
Bewegungsmodus des Darmes haben, der sich zum Teil experimentell
nachahmen lässt durch die Pharmaka des vegetativen Systems.
(Vergl. auch die Referate auf S. 769 und 786 dieser Nummer.)
Naturwissenschaft!. -medizinische Gesellschaft zu Jena.
Sektion für Heilkunde.
(Offizielles Protokoll.)
Sitzung vom 13. Februar 1913.
Vorsitzender: Herr Rössle.
Schriftführer : Herr Bennecke.
(Schluss.)
Herr Berger: 2 Fälle von familiärer amaurotischer Idiotie.
B. berichtet über 2 Geschwister einer nicht jüdischen Familie,
von denen die ältere Schwester mit 10 Jahren an Sehstörungen und
epileptischen Anfällen erkrankte. Es erfolgte bei ihr im Laufe der
Jahre eine vollständige Erblindung und weitgehende Verblödung.
Im 19. Lebensjahre erlag die Patientin einer Schluckpneumonie und
bei der Obduktion fand sich der typische Befund einer Schwellung
und Pigmenteinlagerung in fast allen Nervenzellen des Zentralnerven¬
systems. Der jetzt 14 jährige Bruder ist seit dem 8. Lebensjahre
erblindet, leidet seit dem 12. Lebensjahre ebenfalls an Krampfanfällen
und einem langsam aber stetig zunehmenden Rückgang seiner
geistigen Kräfte, der aber zurzeit noch keine erheblichen Grade er¬
reicht hat. Bei beiden Geschwistern fehlten alle Lähmungserschei¬
nungen, jedoch trat bei dem noch lebenden Bruder schon sehr früh
auf beiden Seiten das B a b i n s k i sehe Phänomen auf, während bei
seiner Schwester objektive Zeichen einer organischen Läsion des
Nervensystems dauernd vermisst wurden. Die Fälle stehen sowohl
klinisch als auch nach dem histopathologischen Befund, der an mikro-
No. l
skopischen Präparaten demonstriert wurde, denen Spielmeye
am nächsten. Die Wassermannreaktion war bei den daraufhin iuik
suchten Familienmitgliedern — Mutter und Sohn — negativ.
Diskussion: Herr Schäf.er: Ich habe den einen d
beiden Fälle, bei dem post mortem die histologische Untersuchu
die Art der seltenen Erkrankung feststellen Hess, bis Oktober lü
mehrere Jahre in unserer Idiotenanstalt beobachtet und damals eben
w ie der Herr Vortragende ihn als einfache zunehmende epileptisc
Demenz, bei der infolge Retinaerkrankung allmählich Erblindung ei
getreten war, angesehen.
Herr Stock: Ich habe Gelegenheit gehabt 3 solcher Fälle v
amaurotischer Idiotie sowohl klinisch als pathologisch-anatomisch
untersuchen.
Die Verblödung trat auch im 6. — 7. Lebensjahre ein, die bi
blinilung erfolgte unter dem Bilde der Pigmentdegeneration dl
Retina. In einem Falle wanderte kein Pigment in die Retina ei
man musste hier die Diagnose einfache Degeneration der Retina oh
Pigmentierung stellen.
Wenn auch, wie in neuerer Zeit Spielmeyer anerkem
diese Form der amaurotischen Idiotie mit der von Tay-Sacl
beschriebenen im anatomischen Befunde im Zentralnervensystem v
Gemeinsames hat, so dass man diese 2 Erkrankungen als zusamnie
gehörig bezeichnen muss, so möchte ich doch darauf Hinweise
dass sowohl die klinischen als pathologisch-anatomischen Belum
am Auge so verschieden sind, dass ich doch befürworten möchi
diese Krankheitsbilder zu trennen.
Bei der T a y - S a c h s sehen Form gehen primär die Gangliel
zellen der Retina zugrunde, klinisch unter dem Bild der Embolie dj
Zentralarterie, bei dieser Form sind die zuerst betroffenen Kiemen:
die Stäbchen und Zapfen.
(Ich weise auf meine diesbezüglichen Veröffentlichungen in d<
Klinischen Monatsblüttern für Augenheilkunde und in dem Beric
der ophthalmologischen Gesellschaft Heidelberg hin.)
Herr Berger: In seinem Schlusswort weist B. darauf h
dass diese Form der Erkrankung des Zentralnervensystems, c
eigentlich etwms zu Unrecht den Namen der Idiotie führe, nichts
tun habe mit den sonst als Idiotie bezeichneten Fällen, bei dem
angeborene Entwicklungshemmungen und abgelaufene Enzepha
tiden etc. die pathologisch-anatomische Grundlage bildeten.
In psychiatrischen Kreisen stehe man auf dem Standpunkt, da
namentlich im Hinblick auf den übereinstimmenden Befund ein
allgemein verbreiteten Nervenzellerkrankung, trotz des von Her
Stock hervorgehobenen verschiedenen Befundes der Retina us
die Falle von Tay-Sachs und diejenigen von Spielmeye-
Vogt als infantile und juvenile Form derselben Krankheit, ebi
der familiären amaurotischen Idiotie, zuzurechnen seien.
Herr Berger: Traumatische Läsion des Kleinhirns.
B. stellt ein 14 jähriges Mädchen vor, das im Juii 1911 auf di
Hinterkopf fiel und damals die Erscheinungen einer schweren Gehir
erschütterung hatte, sie bot in der Folgezeit die typischen Erseht,
nungen einer schweren Läsion des Kleinhirns dar. Es besteht jet
noch eine schwere Gehstörung, horizontaler Nystagmus, eine Pare
des rechten Abduzens, starke Klopfempfindlichkeit des Hinterkopft
Augenhintergrund, Gehör ohne Störung, die Reaktion des Vestibula
apparates ist erhalten, am rechten Arm lässt sich ein Fehlen d-
B'arany sehen Zeigereaktion bei kalorischem und Drehnystagim
nachweisen, so dass man eine Läsion der rechten Kleinhirnhälf;
annehmen müsste. Ataxie und Intensionstremor der linken Hau
Ataxie des linken Beines, das beiderseits nachweisbare B a b i n s k
sehe Phänomen legen aber den Verdacht nahe, dass vielleicht aut
das Kleinhirn in grösserer Ausdehnung zertrümmert wurde und lasst}
es angezeigt erscheinen, dass bei der vorzunehmenden Operativ
auch die linke Kleinhirnhälfte einer Besichtigung zugänglich g
macht wird.
Im Anschluss an diesen Fall berichtet B. über einen 24jährigö
Patienten mit einer Zyste in der rechten Kleinhirnhälfte. Die Di.
gnose wurde auf einen Tumor der linken mittleren Schädelgrube g|
stellt, eine Palliativtrepanation über dem linken Scheitelhöcki
brachte eine wesentliche Besserung der schweren subjektiven Bt
sclnverden, jedoch verstarb Pat. 2 Tage nach der Operation gar,
plötzlich, als er sich im Bette aufrichtete. Der an einem Fronta
schnitt durch Grosshirn und Kleinhirn demonstrierte Befund zeigt
dass wmhl der beträchtliche, vorwiegend auf der rechten Seite en
w ickelte Hydrocephalus internus des Grosshirns die falsche Lokal:
sation bedingt hatte. Der Gehirnschnitt zeigt auch, dass sein
2 Tage nach der Operation an der Trepanationsstelle eine deutiiel
Veränderung in der Färbbarkeit der Markscheiden eingetreten is
die auf eine beginnende Degeneration an der Operationsstelle troi
des aseptischen Verlaufs des Eingriffs im vorliegenden Falle Hinweis
Diskussion: Herr S t i n t z i n g fragt den Vortragenden, u
sich der Druck der Spinalflüssigkeit verhalten habe. Er be* icht<
über eine eigene ktirzliche Beobachtung von Kleinhirntumor, bei dp
vermutlich infolge von Einpressung in das Foramen magnuni
der Druck des Liquor fast gleich Null war. Der verbreiteten Ansicl
von der Gefährlichkeit der Lumbalpunktion bei Hirntumoren, di
auch der Vortragende vertritt, kann er auf Grund zahlreicher Beol
achtungen entgegentreten. Wenn man nur die Vorsicht gebrauch'
den Druck zu messen und bei der Punkton nie unter einen Druc
pril 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
785
, 120 ccm Wasser herunterzugehen, bei niedrigerem Druck aber
t abzubrechen, so sei die für diagnostische Zwecke sehr wert-
Methode ungefährlich. In therapeutischer Hinsicht habe sie
lings bei Hirntumoren nur geringen palliativen Wert.
Herr Riedel macht darauf aufmerksam, dass die rasche Zer-
ng der Gehirnrinde an der Trepanationsstelle vielleicht durch
'Druck des Hydrozephalus verursacht sein könne.
Herr Wrede meint, dass die Veränderungen der Hirnoberfläche
er Operationsstelle durch starkes Vorquellen des Hirns infolge
hohen Hirndrucks entstanden sind, oder vielleicht durch eine
>onade der Operationsstelle.
Herr Berger: In dem Schlusswort gibt B. an, dass eine Spinal¬
lion in beiden Bällen aus dem Grunde nicht vorgenommen
en sei, da er dieselbe nach seinen persönlichen Erfahrungen bei
umoren, namentlich solchen der hinteren Schädelgrube, für ge-
icher halte als die Hirnpunktion, welche in beiden Fällen aus-
lrt wurde.
B. kann leider nicht angeben, ob die Dura an der Operations-
■ wieder genäht worden sei*); von einer Punktion an der
ationsstelle könnten nach seinen Erfahrungen die im Mark-
denpräparat nachzuweisenden Veränderungen, die sich auf
ere Quadratzentimeter der Rindenoberfläche erstrecken, nicht
ihren.
Herr Hegner: Beitrag zur pathologischen Anatomie der
jlie der Zentralarterie.
(Erscheint als Originalabhandlung in den Klinischen Monats-
srn für Augenheilkunde.)
Herr Ahrens: Ueber Endoskopie.
Vortr. zeigt absolut durchsichtige Gummiballons von verschie-
ir Grösse, dieselben werden über ein Gastroskop (Köl liker),
oskop oder Urethroskop gestülpt, abgebunden und in die zu be-
igende Körperhöhle eingeführt. Wenn der Ballon mit Wasser
Luft aufgebläht wird, so legt sich der Gummi der Höhlenwand
nd man kann dieselbe, bis auf kleine Buchten, genau besichtigen.
Verfahren eignet sich für alle Höhlen, die sich nicht abschliessen
nicht klarspülen lassen, so z. B. für die Harnblase, wenn eine
1 vorhanden ist, für den Magen, auch von einer Fistel aus usw.
Vorteil ist noch der, dass der Gummi die Höhlenwand vor Ver-
ngen durch das Instrument mitschützt, ferner ein Erhitzen der-
•n durch das glühende Lämpchen unmöglich macht.
(Die Ballons macht G. Härtel in Berlin.)
Diskussion: Herr Rössle: Ich möchte den Herrn Vor-
niden fragen, auf welche Weise er diese Gummiblasen steri-
t, und ob nicht Gefahren dadurch entstehen können, dass die
en in den Körperhöhlen reissen, z. B. in der Harnblase.
Herr Klauhammer: Fall von puerperaler Sepsis.
22 jährige Pat., welche nach ungestört verlaufener 9 monatiger
vangerschaft zur Entbindung in die Klinik aufgenommen wurde,
machte einen ganz normalen Partus durch und blieb zunächst
Temperaturerhöhung. Am 3. Tage post partum setzte ein hohes
ttierend.es Fieber ein, welches bis zu dem 5 Vs Wochen post
Jin erfolgten Exitus anhielt. Erklärung dieser Temperatur-
egung bot diagnostische Schwierigkeiten. Keine Lochiometra!
Uterus bildete sich gut zurück, Parametrien und Adnexe ohne
. Befund. Anfangs bestand eine geringe bronchopiieumonische
ration des rechten Unterlappens; Pat. war ohne irgendwelche
.'Inverden. Serumdiagnose nach Abderhalden war noch
ochen post partum stark positiv. Auf Grund einer Veröffent-
ng von Kausch (Deutsch-med. Wochenschr. 1912, No. 35), der
•tige Erfolge von der Anwendung grosser Kollargoldosen sah,
breichten wir 30 ccm einer 2proz. Lösung. Eine günstige Wir-
: haben wir nicht feststellen können, eher waren wir geneigt, die
einsetzende Verschlimmerung in dem Befinden der Pat. auf das
irgol zurückzuführen. Es traten Schüttelfröste auf. Es Hessen
zum ersten Male im Blute hämolytische Streptokokken nach-
>£■!• Auftreten einer beiderseitigen metastatischen Ophthalmie,
pfung LHU. (kein freier Erguss!) Geräusche an den Herzostien.
us.
Sektionsdiagnose: Puerperale lymphangitische Sepsis, metasta-
ler abgekapselter Abszess im linken Oberlappen; fibrinös-eitrige
;eitige Pleuritis, Dilatation beider Ventrikel.
Herr Erggelet: Fall von metastatischer Ophthalmie.
Bei dem eben besprochenen Fall von Puerperalfieber (Strepto-
iämie durch hämolytische Streptokokken) brach am 30. Tag p. p.
»eiden Augen eine metastatische Ophthalmie aus, die am 37. Tag
■ag vor dem Exitus) links zur Perforation der Kornea führte.
Bei der anatomischen Untersuchung der Bulbi, die von Herrn
• Rössle dem Vortragenden zur Verfügung gestellt wurden, er¬
sieh der interessante Befund, dass die Metastase in beiden
en in die Iris erfolgt war, während in der Mehrzahl der meta-
scheu Ophthalmien durch Eitererreger diese auf dem Weg der
nalgefässe eindringen. Diese Lokalisation in der Retina ist um so
ölender, als sonst gerade die Uvea sich mit Vorliebe an allge-
ien Infektionskrankheiten beteiligt (Gelenkrheumatismus, Lues,
erkulose) und die Retina geschont wird.
) Eine nachträgliche nochmalige Einsicht des Sektionsprotokolls
in der Tat ergeben, dass eine Naht der Dura unterblieben war.
Im rechten Bulbus ist die Iris nekrotisch, an einer Stelle an der
Wurzel eitrig eingeschmolzen. Dagegen hat die Retina ihre Struktur
auffallend gut bewahrt. Im übrigen bietet der Bulbus das Bild der
schwersten eitrigen Panophthalmie. Es besteht eine Destruktions¬
luxation der Linse. Sie schwimmt in einem Eitersee. Ihre Kapsel ist
zerstört und liegt zusammengerollt daneben. Nach rückwärts im
Glaskörper nimmt der Umfang der Eiterung ab. Die Vorderkammer
ist fast völlig mit Eiter gefüllt. Die nekrotische Kornea ist stellen¬
weise bis auf wenige Lamellen verdünnt. Vom Limbus aus dringt
ringsum eine mehr oder weniger dichte Leukozyteninfiltration in die
Hornhaut ein.
Die Mikroorganismenfärbung nach Gram weist zahllose
Streptokokken nach, und zwar häufen- oder zugweise in der Iris;
im Glaskörper, wo sie meist in Leukozytenleibern liegen, nehmen sie
nach rückwärts an Zahl ab. In der Netzhaut fanden sich keine,, ein
weiterer Beweis für die Annahme über die Lokalisation der Meta¬
stase. ln grosser Menge haben die Kokken die Vorderkammer über¬
schwemmt. An der festen Barriere der M. descemeti werden sie auf¬
gehalten. Nur in der Nähe des Lig. pectinatum sind einige kleine
Züge zwischen die ersten Hornhautlamellen eingedrungen.
Am linken Auge ist der Prozess weiter gegangen. Vom vorderen
Bulbusabschnitt sind lediglich Reste der Hornhaut und des Ziliar¬
körpers erhalten. Iris und Linse fehlen. Der Bulbus ist kollabiert.
Die Netzhaut zeigt auch hier auffallend gut erhaltene Struktur. Auch
an diesem Auge ist demnach die Metastase in die Iris erfolgt. —
Demonstration der Präparate.
Diskussion: Herr Stock: Der Vortragende hat vielleicht
nicht so ganz deutlich zum Ausdruck gebracht, dass an diesem Falle
besonders interessant ist die Lokalisation der Metastasen in der Iris.
Während bei der Tuberulose die Erkrankung sich im Auge fast
immer in der Uvea niederlässt, findet man im Gegensatz dazu die
metastatische Ophthalmie durch Eitererreger in der Mehrzahl der
Fälle ausgehend von der Retina. Man hat die verschiedensten
Theorien aufgestellt, warum wohl in dem einen Falle die Uvea, in
dem anderen die Retina bevorzugt wird. Eine ganz befriedigende
Erklärung kann man aber noch nicht geben.
Physikalisch-medizinische Gesellschaft zu Würzburg.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 20. Februar 1913.
Herr Flury: Ueber Trichinosis.
Vortr. berichtet über die wesentlicheren Ergebnisse einer Unter¬
suchung über das Wesen der trichinösen Infektion vom toxiko¬
logisch-chemischen Standpunkt aus. Zum Zwecke der Iso¬
lierung giftiger Substanzen aus den Organen und Ausscheidungen
trichinenkranker Tiere wurden Meerschweinchen. Kaninchen, Katzen
und Hunde mit trichinösem Material infiziert und deren Organe, sowie
das Muskelfleisch von Ratten und Schweinen mittels chemischer Me¬
thoden verarbeitet. Da bei den ersten orientierenden Tierversuchen
unter den äusserlich wahrnehmbaren Vergiftungserscheinungen be¬
sonders auffallende Ermüdungssymptome und Störungen der Muskel¬
funktionen in den Vordergrund traten, erschien es von Interesse,
den Gehalt der trichinösen Muskeln an dem „Ermüdungsstoff“ Kreatin
und den Muskelstarre erregenden Purinbasen festzustellen. Im
Gegensatz zu der erwarteten Vermehrung dieser Substanzen zeigte
sich jedoch im ersten Stadium der Muskeltrichinose eine deutliche Ver¬
minderung des Kreatins und der Purinbasen. Die im Anschluss an
diese Beobachtung unternommene vollständige chemische Untersuchung
stark trichinöser Muskeln führte zu zahlreichen neuen und inter¬
essanten Befunden, die unsere Kenntnis der chemischen Pathologie des
Muskelgewebes in mehr als einer Richtung fördern. Je nach dem
Stadium und der Intensität der trichinösen Infektion zeigen sich mehr
oder weniger tiefgreifende Veränderungen in der chemischen
Zusammensetzung des Muskels. Der Wassergehalt des
Muskels ist insbesondere in den ersten Wochen beträchtlich vermehrt
und demgemäss die Menge der festen Bestandteile herabgesetzt.
Weiter tritt alsbald ein starker Abfall in dem Glykogengehalt des
Muskels ein, der fast bis zum völligen Schwund dieses Kohlehydrats,
nicht nur in der befallenen Faser und ihrer nächsten Umgebung,
sondern auch in der gesamten Körpermuskulatur führen kann. Bei
der Färbung solcher chemisch als fast glykogenfrei gefundenen
Muskeln mit Best scher Karminlösung zeigen sich nur die Trichinen
in ihrem Hautmuskelschlauch strotzend mit diesem Reservestoff ge¬
füllt. Die wasserlöslichen Bestandteile, die sogen. Extraktivstoffe,
speziell die nicht koagulierbaren Anteile derselben, das „Nicht-
eiweiss“, zeigen deutliche Vermehrung auf Kosten des Gehaltes an
Muskelfaser, die sich in manchen Fällen bis auf die Hälfte der
normalen Werte reduziert erweist. Der anfänglichen Verringerung
des Kreatin- und Puringehaltes kann im späteren Verlauf der Trichi¬
nosis eine starke lokale Häufung derselben im Muskel folgen. Wäh¬
rend der Gesamtstickstoff vermindert ist, wird der Gehalt an Am¬
moniak vermehrt gefunden. Auch im Gehalt an Milchsäure und flüch¬
tigen Fettsäuren werden abnorm hohe Werte gefunden, desgleichen
ist die direkt durch Titration bestimmbare Azidität erheblich grösser
als im normalen Muskel. Auch in der Leber zeigt sich ein weit
geringerer Gehalt an Glykogen, dagegen ein viel grösserer Betrag
von Stickstoffsubstanz als bei den Kontrolltieren. Der Harn weist
786
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
anfangs geringere Mengen von Kreatinin und Purinen als der bei
gleicher r.rnährung vor der Infektion gesammelte. Später werden
diese Stoffe in stark vermehrter Menge ausgeschieden. Ijlpi der Katze
zeigte sich eine starke Zunahme der durch Phosphorwolframsäure
fällbaren Basen, des Ammoniaks, der flüchtigen Säuren, der Phenole
und des Indikans. Abgesehen von den bekannten morphologischen
Veränderungen des Blutbildes ist der Gehalt des Blutes an Wasser
im ersten Stadium auserordentlich hoch, es besteht starke Hvdrämie.
Durch die gesteigerte Ueberschwemmung mit den zur Resorption
kommenden Zerfallsprodukten des Muskels können im späteren
Verlaufe gerade entgegengesetzte Veränderungen auftreten, wobei
das spezifische Gewicht des Serums abnorm hoch wird und die
Erythrozyten eine derartige physikalisch-chemische Veränderung er¬
leiden, dass sie sowohl von 0,85 proz. Kochsalzlösung als auch von
Ringerlösung hämolysiert werden. Bei einem Dialyseversuch er¬
starrte das Serum eines schwer trichinösen Kaninchens zu einer
Gallerte. Das Serum von Katzen und Kaninchen enthielt grössere
Mengen von Albumosen und Nukleoproteiden. Auch im Gesamt¬
stoffwechsel kommt es durch den Zerfall von Muskelsubstanz
je nach dem Grade der Retention, Resorption und Ausscheidung der
Zerfallsprodukte zu eingreifenden Veränderungen, über die Vortr. in
Gemeinschaft mit Hermann Groll noch ausführlicher berichten wird.
Die im Anschluss an die chemischen Untersuchungen angestellten
Tierversuche mit den Bestandteilen normaler und trichinöser Mus¬
keln usw. führten zu folgenden in toxikologischer Hinsicht be¬
deutsamen Schlüssen. Wie bei Menschen zeigen sich auch bei Tieren,
besonders Fleischfressern (Hunden und Katzen), die aus der mensch¬
lichen Patholgie bekannten äusseren Krankheitserscheinungen von
seiten des Muskel- und Nervensystems, Eosinophilie und, wenigstens
bei Hunden und Katzen, starke Diazoreaktion des Harns. Für die
heftigen Schmerzen im Verlaufe der Trichinosis sind neben den
osmotischen und sonstigen physikalischen Störungen im Muskel die
lokal reizend wirkenden freien Säuren und wohl auch
die in vergrösserter Menge auftretenden basischen Abbauprodukte und
sonstigen Zerfallsstoffe des trichinösen Muskels verantwortlich zu
machen. Auch die Magen- und Darmerscheinungen sind, wenigstens
zum Teil, auf solche lokal reizende Substanzen zurückzuführen. Die
brettharten Infiltrationen der Muskeln sind Wirkungen von freien
P u r i n e n und anderen chemisch und pharmakologisch den Purinen
nahestehenden Giften, also von Substanzen der pharmakologischen
Gruppe des Koffeins, deren Muskelstarre erregende Wirkung allgemein
bekannt ist. Daneben handelt es sich um basische Stoffe mit
kurarinartiger Wirkung, welche die motorischen Nerven¬
endigungen in verschiedenem Grade lähmen und so zu der bekannten
ausserordentlichen Erschöpfbarkeit des Muskels beitragen. Als solche
Verbindungen kommen vielleicht in erster Linie Zersetzungsprodukte
des Kreatins (Guanidinderivate) und andere Nerven- und Muskel¬
gifte der Pyridin- und Chinolinreihe in Betracht. Ausser diesen
Substanzen sind im trichinösen Muskel aber auch noch kolloidale und
anscheinend sehr labile Stoffe vorhanden, die chemisch zurzeit noch
nicht genügend charakterisierbar sind, deren Gegenwart sich aber
durch die stark lähmende Wirkung beim Tierversuch feststellen lässt.
Alle diese Verbindungen bilden neben den hiehergehörigen normalen
Stoffwechselprodukten des Muskels eine umfangreiche Gruppe von
„Ermüdungsstoffe n“, denen sich noch eigenartige Oedeme
hervorrufende Gifte anreihen. Abgesehen von den Säuren
lassen sich durch kolloidale Nukleinproteine aus trichinösen Muskeln
auf experimentellem Wege an Fröschen und auch an Hunden starke
Oedeme erzeugen. Für das Zustandekommen der Oedeme ist von
grossen Bedeutung die Auffindung eines Kapillargiftes im
trichinösen Muskel, das zu Darmblutungen, Lungenblähung und
Lungenödem führen kann und höchstwahrscheinlich die Entstehung
des Frühödems, der Ekchymosen und sonstiger hämorrhagischer
Prozesse bei der Trichinosis bedingt. Die temperatu r stei¬
gernde Wirkung von Extrakten aus trichinösen Muskeln ist be¬
deutend stärker als die Wirkung normaler Muskelauszüge, besonders
wirksam erwiesen sich die kolloidalen Anteile derselben. Bei Beur¬
teilung des Blutbildes und der Blutgiftwirkung der Trichinen,
speziell bei kleinen Tieren (Ratten, Meerschweinchen), ist auf die
chemischen und physikalischen Veränderungen des Blutserums be¬
sonderer Wert zu legen. ,
ln biologischer Hinsicht ergaben sich folgende, auch für
die vergleichende physiologisch-chemische Forschung verwertbare
Resultate. Die Trichine schliesst sich auch nach ihrer Lebensweise
eng an die ihr zoologisch am nächsten verwandten Darmhelmin¬
then an, zu denen sie ja auch während des Stadiums der Darrn-
trichinosis unbedingt gezählt werden muss. Wie bei diesen, z. B. den
I änien und Askariden, ein auffallend grosser Teil (oft ein Drittel
und mehr) der gesamten Körpertrockensubstanz aus Glykogen be¬
steht, so sind auch die ! richinen durch einen hohen Gehalt an diesem
Stoff ausgezeichnet. Wie bei anderen parasitisch lebenden Würmern
spielt also auch hier der Kohlehydratstoffwechsel eine
hervorragende Rolle, und deshalb findet die junge Trichine gerade im
Muskel in der Periode ihres schnellen Wachstums günstige Vor¬
bedingungen zur Befriedigung dieses Bedürfnisses. Wegen des Man¬
gels an freiem Sauerstoff vollzieht sich nun der Stoffwechsel aber
auch bei der Trichine in ganz anderer Weise als bei den frei leben¬
den Organismen und es treten, wie dies bei Askaris genau studiert
ist, infolge der anoxybiotischen Lebensweise zahlreiche
No.
Produkte unvollkommener Verbrennung auf, unter denen im Mm i
besonders leicht freie Fettsäuren nachzuweisen sind, die :
in Ger Umgegend der Parasiten ansammeln können. Der Isolier <■
der sonstigen sicher noch gelieferten Ausscheidungen stell n
Schwierigkeiten gegenüber, da diese Verbindungen wahrschein i,
zum grössten Teil mit den intermediär auftretenden Produkten s
normalen Stoffwechsels des Wirtes identisch sind. Die vielfach .L
kutierte Frage, warum die Trichine gerade im Muskel ihre Entwi
hmg vollendet, lässt sich jedenfalls auf Grund der experimentell
wonnenen Resultate nunmehr einfach und ungezwungen beantwor >
Die jungen Trichinen werden nicht, wie früher angenommen wm
auf ihrer Wanderung in den „besonders engen" Kapillaren des Ml’
kels festgehalten, sondern sie bleiben, veranlasst durch den Seih,
erhaltungstrieb, in diesem Organ, das, vor allem infolge eines Gly„
gengehaltes, den eigenartigen Lebensbedürfnissen der Parasiten n
besten entspricht.
Herr Gerhardt: Ueber Störungen der Wasserbilanz hei Ht -
kranken.
G. berichtet über einige Beobachtungen, welche den prompL
Erfolg der Karelischen Milchkur bei Herzkranken deutlich .
monstrieren. Gegenüber den Darlegungen einiger neuerer AuUh
ist zu betonen, dass solche gute Wirkungen, in denen das Körn¬
gewicht einmal in 8 Tagen um 17,5 kg sank, auch ohne Digitaliszugä:
ja mehrfach nach vorangehender wochenlanger erfolgloser Digitak-
behandlung, erzielt wurden.
Für die Frage, ob Durstkuren mehr (nach Oertels Lehre) s
Herz oder mehr (nach modernerer Auffassung) die Nieren entlast),
lassen sich folgende Beobachtungen verwerten.
Zwei Herzkranke mit mässiger Kompensationsstörung erluu
nach einmaliger Zulage von 1 Liter Tee eine deutliche Steigerung ■
Störung: es blieb nicht nur die sonst zu erwartende Vermehrung r
Urinmenge aus, sondern die Harnmenge sank am Tag nach dem ren-
üchen Trinken auf die Hälfte der früheren Höhe herab.
Die hiedurch nahegelegte Vermutung, dass durch solch red¬
liches Trinken nicht sowohl die Nieren, als vielmehr das Herz stärlr
belastet und überanstrengt werde, fand eine Bestätigung in folgeniin
Fall: Eine Herzkranke, welche 1 Liter superponierte Flüssigkeit ■-
tiniert hatte, schied 600 ccm intravenös injiziertes Salzwasf
prompt aus.
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde zu Ber
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 31. März 1913.
Tagesordnung:
Herr v. Bergmann - Altona und Herr K a t s c h (a. G.) : Ue:r
Darmbewegung und Darmform. Experimentelles und Klinisches.
Schon früher hat B. an der gleichen Stelle über die grosn
Bewegungen des Kolon gesprochen; dies ist der Grund, warum erin
gleicher Stelle die Fortsetzung gibt. Zur Einführung erwähnt er. djs
die Begriffe Vagotonie und Sympathikotonie sehr viel Konstruktiv
enthalten, da in der Praxis des einzelnen Falles die Symptome e
rein sind. Trotz dieser Bedenken spricht er vom Adrenalinsysin
im Sinne eines das Sympathikussystem, vom Pilokarpin- und Choi-
system im Sinne eines das Vagussystem beeinflussenden Mittels.
Am Herzen sind die Verhältnisse des Vagus- und Sympathik;-
einflusses am meisten studiert; weniger am Darm: der Sympathi s
fungiert hier als Hemmer des Darmes, ejer erweiterte Vagus als Rei r
des Darmes. Eine neue Methode erlaubt hier neue Aufschlüsse: ti
Tier gibt das sog. „Bauchfenster“ (im Verbindung mit, dem Röntgi-
verfahren) ein Bild der unter dem Einfluss verschiedener Mittel jn
Darme sich abspielenden Vorgänge.
Herr Katsch demonstriert an 2 Kaninchen die von ihm anl-
gebene Methode des Bauchfensters. Es hat vor dem Röntg*-
verfahren Vorzüge, da das Röntgenverfahren als ein indirektes r
die Verschiebung des Inhalts demonstriert. Ein synthetisches V-
fahren wie das Bauchfenster erlaubt die Analyse von bis dahimi
ihren Komponenten vollkommen ungeklärten Einflüssen, wie z. !-
kleiner und grosser Atropindosen. Eine solche Analyse durch I-
duktion war bisher unmöglich, da die auf die Reiz- und Heinmun-
nerven z. B. von Atropin ausgeübten Effekte sich theoretisch in 6-
gegengesetzter Richtung bewegen und daher sich eigentlich ; -
heben. Am Bauchfenster sieht man die Wirkung verschiede)
Agentien auf den Darm, wie z. B. Abkühlung die Därme blutljr
macht und die Bewegungen hemmt, während z. B. durch Fresn
ausgelöste psychische Lufteffekte die Bewegungen stark vermehrt-
Ueber die kleinen Kolonbewegungen ergibt das Bauchtens-
folgendes: Sie bestehen z. T. in einem langsamen Fliessen der Haus-
welche langsam die Skybala vorwärtsschieben. Daneben beste!'
dann noch zahlreiche andere Bewegungen der Haustra, die er 1
Kaninchen und Affen demonstriert. Die Haustra hält Vortr. für rJ
funktionelle, nicht anatomisch begründete Gebilde, die sich irn Bau-
fenster durchaus frei verschieben, also an einer Stelle verschwind
und an anderer Stelle sich immer von neuem bilden.
Beim Menschen zeigen Röntgenbilder, dass nach Atropin -
Konfiguration des Colon transversum sich ändert, indem der To*
der Taeuie nachlässt, während nach Pilokarpin die Haustra tief tS
schneiden, was auf spastische Kontraktion zurückzuführen ist. $
April 1913.
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
787
ese Phänomene können am Darm spontan bisweilen auftreten, also
ine pharmakologische Agenden, doch lassen die beiden Phänomene
ch konstant durch die genannten Pharmaka erzeugen. Man darf
eileicht annehmen, dass in dem betreffenden Nervensysteme ähn-
he, mit der Wirkung dieser Pharmaka zu analogisierende Reize
irsieren.
Am Röntgenbild kann man noch weitere interessante reststel-
ngen machen. Atropin sprengt oft den tonischen Verschluss der
alvula Bauhini, so dass Wismutbrei in den Dünndarm einläuft,
drenalin wieder lässt die haustrale Konfiguration verstreichen. In
nem Falle spastischer Obstipation wurde die Stuhlbewegung durch
llokarpin im Gegensatz zu Atropin beschleunigt, was darum paradox:
scheint, da es schon bestehende spastische Komponente noch mehr
ermehrte.
Zu einer Analyse der die Obstipationen bewirkenden Vorgänge
n Darm liegt bisher kein genügendes Material vor. Nach den Er-
ibrungen am Bauchfenster werden durch pharmakologische und
Mistige Agentien alle Bewegungstypen am Darm synchron vermehrt,
der alle gleichzeitig vermindert. (Vergleiche auch die Referate auf
eite 769 und 784 dieser Nummer.)
Herr M. Senator: Weiteres über ätiologische Beziehungen
wischen Rheumatosen und nasalen Erkrankungen.
Vortr. hatte in einem vor etwa Jahresfrist im Ver. f. innere
\ed. gehaltenen Vortrage darauf hingewiesen, dass als Eingangs¬
forte für die Gelenkrheumatismusinfektion Nase und Nasenrachen-
aum in Frage kommt. Die sog. Rheumatosen: Erytheme, Peliosis,
;horea minor sind ebenfalls auf Infektionen beruhende Krankheiten,
ir welche ebenfalls als Eingangspforte die Nase und ihre Anhangs-
rgane in Betracht kommen.
Als Beispiel für die Beteiligung dieser Organe am Zustande-
ommen der Infektion führt er den Fall eines lOjähr. Mädchens an,
ei dem am 9. Tage nach der Entfernung der adenoiden Vegetationen
ine Chorea minor eintrat. Vortr. lehnt die Annahme eines zufälligen
lusammentreffens ab.
Die Operation der Rachenmandel ist überhaupt nicht so harmlos.
Ge manchesmal angenommen wird. Es treten doch öfter einmal In-
ektionen im Anschluss an die Operation auf, die allerdings meist
eichter Natur sind.
Vortr. erwähnt noch einen zweiten analogen, von anderer Seite
•eobachteten Fall. Wenn er auch wohl weiss, dass so vereinzelte
alle keinen strikten Beweis für den von ihm angenommenen Zu-
ammenhang darstellen, glaubt er doch, dass sie wohl geeignet sind,
lie Aufmerksamkeit auf die von ihm angeschnittene Frage zu lenken.
Wolff-Eisner.
Vissenschaftl. Gesellschaft deutscher Aerzte in Böhmen.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 14. März 1913.
Herr Adler bespricht einen Fall von Diabetes insipidus (21 jähri¬
ger Mann), der an pathologischen Symptomen eine Polyurie (4 bis
f Liter Harn von der Dichte 1005—1008) und eine Polydypsie aufwies,
-’iir venerische Infektion war kein Anhaltspunkt vorhanden. Die
Wassermann sehe Reaktion war stark positiv. Mit Rücksicht
ruf diesen Befund wurde dem Kranken Salvarsan, und zwar 0,6 intra¬
venös injiziert. Ausserdem bekam der Kranke 2,5 g Jodnatrium inner-
ich und eine Schmierkur mit Quecksilberresorbin. Erfolg der Kur:
Rückgang der Diurese zur Norm, Steigerung der Harndichte zur
Rorm, Körpergewichtszunahme des Patienten von 58,7 zu 62,7 kg.
Herr Steiner bespricht die Bedeutung der Schwebelaryngo¬
skopie und 'demonstriert ihre Anwendung an einem Falle.
Herren G hon und Roinan: Ueber plasmazelluläre Leukämie
und Pseudoleukäme.
Mitteilung von 2 Fällen plasmazellulärer Hyperplasie des lym-
phatisch-hämatopoetischen Apparates. Fall I: Plasmazelluläre
Pseudoleukämie bei einem 72 jährigen Manne mit Lues in der Ana¬
mnese. Sektionsbefund: Hyperplasie des lymphatisch-hämatopoe-
tischen Systems, Residuen von Tuberkulose in den Lungen, mani¬
feste Tuberkulose der Haut und zahlreiche Bildungsanomalien. Fall II :
Akute plasmazelluläre Leukämie bei einem 55 jährigen Manne mit
Streptokokkenseptikämie. Im Blutbild so gut wie keine gekörnten
Elemente und keine Normoblasten, dagegen bestanden die weissen
Elemente aus Türk sehen Reizungszellen und Plasmazellen (15 Proz.).
Histologisch vorwiegend plasmazelluläre Hyperplasie der Lymph¬
knoten und der Milz von myeloischem Wucherungstypus wie im
1. Falle, aber ohne myeloische Elemente. Im Knochenmark keine
Granulozyten, sondern dominierend Plasmazellen. Als Nebenbefund
ein Kystadenom des Pankreas.
Herr Schleissner: Scharlachinfektionsversuche bei Affen.
S. hat an Macacus-rhesus-Affen Scharlachinfektionsversuche vor-
genommen, bisher im ganzen, die Kontrollversuche nicht eingerechnet,
22 Versuche, von denen 9 positiven Erfolg zeigten. Als Infektions¬
material wurden ausschliesslich Reinkulturen von ’Scharlachstrepto-
kokken verwendet, die aus Venaepunktionsblut, aus dem Herzblut
eines foudroyant verstorbenen Scharlachfalles und aus dem Otitiseiter
eines schwer scharlachkranken Kindes gewonnen waren. Die In¬
fektion erfolgte, um den natürlichen Verhältnissen möglichst nahe
zu kommen, intraoral, indem die Bouillonkulturen mit einem Zerstäu¬
ber den Affen als feiner Spray auf die Tonsillen und in die Nase ein¬
geblasen wurden. Die Affen erkrankten nach einer Inkubationsfrist
von 3 — 5 Tagen mit Fieber bis 4U,7°. Etwa am 4. Tage zeigte sich
eine follikuläre Angina und zuweilen ein Enanthem; ein typisches
Exanthetn war nie deutlich ausgesprochen; später zeigte sich auch
rast immer Himbeerzunge und allgemeine Drüsenschwellung. Um den
10. Tag trat Schuppung im Gesicht und an den Aussenflächen der Ohr¬
muscheln auf, noch später lamellöse Desquamation an Handtellern
und Fussohlen, die zuweilen ein ganz typisches Bild darbot. Durch
Einreibung des Rachensekretes auf die Tonsillen gesunder Affen ge¬
lang es, die Krankheit zu übertragen. Die Fälle zeigten verschiedene
Intensität, keines der Tiere starb. Gegen später vorgenommene
Scharlachstreptokokkeninfektionen schienen die genesenen Tiere
immun, doch ist die Zahl der Versuche hier noch viel zu gering.
Hält man diese Beobachtungen neben die von Bernhardt,
Cantacuzene und L e v a d i t i und Landsteiner gemachten
Mitteilungen, die mit Organen von Scharlachkranken bei anthropoiden
und niederen Affen ein identisches Krankheitsbild hervorgerufen
hatten, so ist es als sicher anzusehen, dass es sich um wirklichen
Affenscharlach handelt, der in diesem Falle durch Reinkulturen von
Streptokokken erzeugt war. Nun liegt zwar gegen den Streptokokkus
das Bedenken vor, dass er ja auch andere Krankheiten hervorruft,
man muss sich aber von dieser rein morphologischen Anschauung frei¬
machen, da doch zwischen septischen und Scharlachstreptokokke i
auch schon biologische Differenzen nachgewiesen sind (Foix und
Mallein, Livierato, Spiro, Schleissner. Schleissner
und Spät). Auch haben ja die Impfungen von Qabritschewski
mit abgetöteten Streptokokkenkulturen beim Menschen vielfach ein
ganz scharlachähnliches Bild erzeugt. Auffällig ist es, dass die
Streptokokken, von denen der eine sogar aus einer eitrigen Otltfs
stammte, beim Versuch nicht septische, sondern gerade die primären
Scharlachsymptome hervorriefen, die sonst immer dem hypothe¬
tischen Scharlacherreger zugeschrieben werden. Versuche mit den
bakterienfreien Filtraten von Streptokokkenbouillonkulturen Schar¬
lach zu erzeugen, misslangen, indessen blieben in dieser Reihe auch
die Parallelversuche mit den Kulturen selbst erfolglos.
Schleissner hält angesichts der relativ geringen Zahl der
Versuche vorläufig mit seinem endgültigen Urteil noch zurück, er
vermutet zwar danach, dass der Streptokokkus wirklich der Erreger
der Krankheit ist, hält aber die beigebrachten Beweise noch nicht für
ausreichend, unbestreitbar und zwingend. R o t k y - Prag.
Verein deutscher Aerzte in Prag.
(Eigener Bericht.)
Sitzung vom 7. März 1913.
Herr P u c h e r - Kladno : Ueber kriegschirurgische Erfahrungen
im letzten Balkankriege.
Der Vortr. weist zunächst auf die erheblichen Schwierigkeiten
hin, die die österreichische Hilfsexpedition des „roten Kreuzes“
(2 Aerzte, 10 Krankenschwestern, reichliches Sanitätsmaterial) in
der Türkei zu überwinden hatte, bevor sie ihre Tätigkeit entfalten
konnte. Die Expedition führte erst nach Saloniki und von dort nach
kurzem Aufenthalte nach Konstantinopel, wo sie in der als Notspital
eingerichteten Taschkischlikaserne tätig war. Behandelt wurden
650 Verwundete, von denen ca. 1 Proz. starb, 67 Proz. geheilt und
32 Proz. invalid wurden. Das Verhältnis der Verwundungen durch
Gewehrprojektile zu denen durch Geschützprojektile war 58:42.
70 Proz. waren Extremitätenverletzungen, 3 Proz. Lungenschüsse
(von denen alle geheilt wurden), 2 Proz. Kopfschüsse und 4 Proz.
Bauchschüsse kamen zur Beobachtung. 75 Proz. aller eingelieferten
Verwundeten waren infiziert. Alle Frakturen kompliziert. Von
4 Tetanusfällen starb einer. Antitoxinbehandlung erwies sich als
wertlos.
Die Narkose bei den (ausschliesslich türkischen) Verwundeten
zeigte auffallende Erscheinungen. Fehlendes Exzitationsstadium,
keinerlei Ueblichkeiten nach dem Erwachen. Die Therapie war mög¬
lichst konservativ, Jodtinktur und Mastisol bewährten sich bestens.
Peinlichste Asepsis (Gummihandschuhe). Die konservative Behand¬
lung erfordert nachträglich vielfach plastische Operationen, derent¬
wegen die Patienten viel länger in Spitalbehandlung bleiben müssen,
als bei weniger konservativer Behandlung. Darin liegt nach der
Meinung des Vortr. eine gewisse Gefahr, da die für den Kriegsfall
vorbereiteten Spitäler ev. nicht ausreichen könnten. Mit Rücksicht
auf diesen Umstand müssten die Vorbereitungen noch erweitert wer¬
den. Die kleinkalibrigen Infanteriegewehre erwiesen sich als die
humansten Geschosse, vielleicht für den Kriegszweck zu human, da
doch der Verwundete für den ganzen Krieg ausgeschaltet sein soll.
Dagegen stellen sich die Geschützprojektile als fürchterliche Ge¬
schosse dar.
Im Anhänge berichtet Herr P. über die gemachten Choiera-
erfahrungen, wobei er bemerkt, dass das angewendete Serum keiner¬
lei Erfolg brachte.
Die freiwillige Krankenpflege durch Frauen bewährte sich nach
der Ansicht des Vortr. nicht. Für das allerwichtigste hält Herr I
die primäre Anlegung eines aseptischen Verbandes und empfiehl
Päckchen mit aseptischer Gaze, nicht mit imprägnierter.
O. \V i e n e r.
788
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
Deutsche Medizinische Gesellschaft in Chicago.
(Offizielles Protokoll.) -
Sitzung vom 5. D e z e m b e r 1912.
Vorsitzender: Herr J. H o 1 i n g e ri
Schriftführer: Herr Aug. Strauch.
Herr G. Kolischer hält einen Vortrag» über Nierenstein-
operationen.
Seitdem man gelernt hat, Nierensteine zu diagnostizieren, findet
man, dass das Leiden viel häufiger ist, als man früher allgemein an¬
genommen hatte. Naturgemäss wurden die Operationen häufiger und
deren Indikationen schärfer umschrieben. Die letzte Instanz für die
Sicherstellung der Diagnose ist das Röntgenbild, und zwar die Ori¬
ginalplatte, nicht aber eine von dieser gewonnene Photographie.
Bei unsicherem Befunde des Bildes wird man sich natürlich auf di?
klinischen Erscheinungen zu stützen haben, vor allem auf das Ge¬
winnen von Blut aus dem Ureter mittels des Katheters. Doch muss
die Anwendung desselben unter gewissen Kautelen geschehen zur
Vermeidung von Verletzungen, die künstlich Blutabgang erzeugen
würden. Schon das blosse Liegen des Katheters im Ureter durch
längere Zeit kann Blutung verursachen. K. spricht über die Lokali¬
sation von Steinen mittels Kollargol und der Bleisonde in zweifel¬
haften Fällen. Sollte das Katheterisieren des Ureters nicht möglich
sein, so macht man die Diagnose erst nach vollständiger Blosslegung
der Niere durch Abtasten des Nierenbeckens und der Niere selbst.
In den Operatiönsmethoden ist ein Umschwung der Ideen elngeVeten.
Die Eröffnung des Nierenbeckens wurde vielfach verlassen- und die
des Parenchyms zum Auffinden und Entfernen des Steines 'mit gutem
Resultate ausgeführt. Doch sind die postoperativen Blutungen und
die Zerstörung des Parenchyms sehr zu fürchten. Die Blutungen
können das Leben des Patienten gefährden. In einigen Fällen musste
die Niere später entfernt werden, um die Patienten zu retten.
Gefährliche Nachblutungen werden besonders begünstigt durch
den Unfug der Gummidrainage, indem dieselbe zu Usureit und be¬
deutenden Arrosionen von Arterien führen kann. Bei Nierensteinen
mit Infektion ist die Spaltung des Nierenbeckens die Operation der
Wahl, und der Spaltung des Nierenparenchyms vorzuzienen zur Ver¬
meidung der Vernichtung des Nierengewebes und einer Ausbreitung
der Infektion. Die Erfolge sind besser, und es gelingt, selbst sehr
grosse Parenchymsteine auf diese Weise zu entfernen. Der Blut¬
verlust ist gering, die Operation ist einfach und schnell durchzuführen.
Beim Herumwühlen in der Niere mittels Sektionsschnitten ist der
Schock sehr gross. Kolischer sah 2 Patienten durch einen auf
diese Weise hervorgerufenen Schock zugrunde gehen. Handelt es
sich um sehr grosse Steine, bei denen der grösste Teil des Gewebes
zugrunde gegangen ist, und um Infektion der ganzen Niere, dann ist
die Nephrektomie der Nephrotomie vorzuziehen. Bei Pyelotomie
ist der Schnitt in der Richtung des Nierenbeckens, mit Vorsicht aus¬
geführt, besser als die bogenförmige Schnittführung. Sollte infolge
Brüchigkeit des Gewebes bei Entfernung eines grösseren Steines
das Gewebe einreissen, so kann man den Defekt mit Oberflächen¬
gewebe der Niere decken. Bei grösseren Defekten eignet sich die
Lappenbildung aus der fibrösen Nierenkapsel. Sitzt der Stein höher
oben in den Kelchen, so gelingt es oft, denselben durch vorsichtiges
Massieren herunter zu bringen, wie es Kolischer des öfteren ge¬
tan hat, ohne Blutung erzeugt zu haben.
Von grosser Wichtigkeit ist die Untersuchung des Ureters auf
Freisein von einem Stein oder Fragment nach der Nierenoperation.
Bei Obstruktion des Ureters kann man den Tod des Patienten unter
stürmischen Erscheinungen erleben, wie es Kolischer einmal sah.
10 Stunden nach einer Steinoperation durch einen Kollegen bekam
Pat. heftige Kolikanfälle. Die Temperatur stieg auf 103 Fahr., der
Puls wurde sehr frequent. Nach 4 Tagen Exitus. Die Sektion
ergab Verstopfung des Ureters durch einen Stein, .der etwa 10 cm
unterhalb der Niere eingeklemmt war. Perinephritis mit sehr starkem
Oedem des Fettgewebes durch Platzen der Nähte.
Die Indikationen für die Pyelotomie, Nierenspaltung und
Nephrektomie sind folgende: Der Beckenschnitt ist die Operation der
Wahl, die man, wo immer nur möglich, versuchen soll. Gelingt
sie nicht, so hat der Versuch nichts geschadet. Bei schwerer Infek¬
tion ist die Nephrektomie zu machen. Die Spaltung der Niere ist
nur dann vorzunehmen, wenn man berechtigte Befürchtung hegt,
dass die andere Niere die Elimination nicht besorgen wird; doch sind
die funktionellen Prüfungsmethoden leider nicht zuverlässig, ln der
Nachbehandlung ist die übermässige Drainage zu verurteilen, da sie
zur Fistelbildung führen kann. Das stumpfe Präparieren zur Frei¬
legung der Niere, wie es von den Schweden empfohlen wird, hat K.
nur einmal, und. zwar bei einem mageren Manne ausgeführt.
Diskussion: Het r Emil Ries macht einige Bemerkungen
zur Methode des stumpfen Präparierens der Muskeln. Bei Wander¬
nierenoperationen sah R. Fälle, bei denen das Petit sehe Dreieck
einen sehr bequemen Zugang zur Niere bot. Unter diesen Um¬
ständen kann man natürlich ohne viel Muskeldurchtrennung an die
Niere herankommen. Die Nachblutungsgefahr beim Durchschneiden
des Nierenparenchyms ist gering, wenn der Stein lange eingekeilt
war, so dass das Becken sehr ausgeweitet und das Nierengewebe
verdünnt ist. R. stimmt mit Kolischer in der Beurteilung der
Drainage und Tamponade zur Blutstillung überein. Infolge Kom-
1 pression der Venen wird die Blutung durch die Tamponade in der
I Gegend des Nierenbeckens eher gesteigert. Die blutenden Punkte
I der Niere nach Sektionsschnitten müssen, wo man sie sieht, gründlich
versorgt werden. Das Radiogramm hat einen wertvollen Beitrag zu
liefern: Wir können aus Symptomen Steine erkennen, aber nicht
wissen, ob e i n Stein vorhanden ist oder ob mehrere vorhanden
sind. Zeigt das Röntgenbild 5 Steinschatten, so muss man bei der
Operation für 5 Schatten Rechenschaft ablegen, wie es z. B. bei
einem Knaben der Fall war. 4 Steine wurden aus dem Nieren¬
becken entfernt; ohne das Röntgenbild hätte man nicht geahnt, dass
auch ein Parenchymstein vorhanden war. Der Knabe genas.
Herr M. Reichmann pflichtet Kolischer in der Forderung
nach den Originalplatten zur Diagnose bei. Es ist gutzuheissen, dass
die hiesigen Gerichte nur Originalplatten anerkennen, aber nicht die
Photographieabdrücke. In fraglichen Fällen ist stets der ganze
Urogenitaltrakt radiologisch zu untersuchen.
Herr Kolischer (Schlusswort) hat noch niemals eine Störung
von seiten der Nieren gesehen, die sich nicht an den Ureteren-
mündungen verraten würden, sei es durch Klaffen, Oedem, Injek¬
tion etc. Bei latenten Nierensteinen, die keine Veränderungen an
den Ureterenmündungen zeigen, würde K. nicht operativ Vorgehen.
Aus den Veröffentlichungen der Schweden geht hervor, dass das
stumpfe Präparieren der Muskeln zur Freilegung der Nieren unter
Umständen schwierig sein kann. In der letzten Zeit mehren sich die
Fälle, bei denen Kollargol schwere Schädigungen gesetzt hat; viel¬
leicht aber bloss infolge fehlerhafter Technik unter zu starkem Druck
(Spritzen), Kollargol soll darum nur, wenn dringend nötig und dann
nur unter massigem Druck (Heber) verwendet werden.
Herr Emil Ries berichtet über folgenden Fall: Frau. Seit einer
vor 2 Jahren von einem Kollegen wegen Myom ausgeführten Ope¬
ration besteht eine Ureteren-Blasen-Scheidenfistel mit Zystitis.
Ries pflanzte den Ureter in die Blase ein und vernähte nachher die
Scheidenfistel, wobei er es streng vermied, die Naht durch die
Blasenschleimhaut zu führen. Nach 3 Monaten klagte die Frau über
Urinbeschwerden. Bei der Zystoskopie fand sich ein kleiner Stein
an der Stelle der früheren Fistel. Der Stein war nach 3 Wochen
grösser. Entfernung des Steines mittels des üperationszystoskops.
Derselbe enthielt einen Seidenfaden, der offenbar in die Blase hin¬
eingewandert war.
Herr Kolischer weist im Anschluss an diesen Fall auf die
merkwürdige, nicht so seltene Tatsache hin, dass Seidenfäden eine
Neigung haben, aus der Umgebung in die Blase einzuwandern. Man
hat diese Beobachtung besonders bei den Massenligaturen bei der
vaginalen Hysterektomie gemacht. In einem Falle hörte Kolischer
von Einwandern eines Gazestückes in die Blase.
Herr J. Hol in ger gibt einen kurzen Bericht über den inter¬
nationalen Otologenkongress in Boston im August 1912.
Er spricht über die von Denker aus Halle demonstrierten Prä¬
parate des Gehörorganes von Papageien, bei denen sich sehr deutlich
eine aus Saiten bestehende Basilarmembran nachweisen lies, wodurch
die frühere Annahme, dass die Vögel keine Basilarmembran besässen,
widerlegt erscheint. Der Befund ist eine wichtige Stütze für die
H e 1 m h o 1 1 z sehe Theorie und besitzt eine grosse Bedeutung für die
Physiologie und Pathologie.
Lin Amerikaner demonstrierte zur Frage der Otosklerose eine
Reihe von Photographien von Manasse aus Strassburg, auf Grund
welcher M. behauptet, dass der Prozess entzündlicher Natur sei.
S i ebenman n, der Hauptvertreter der gegenteiligen Ansicht,
nämlich der Ansicht, dass es sich nicht um eine Entzündung, sondern
um Wachstumsvorgänge handelt, wies durch seine Präparate nach,
dass Knorpelteile in der Labyrinthkapsel eingeschlossen sind und dass
sich diese in spongiösen Knochen umwandeln. Siebenmann
zeigte, dass die bei Ma nasses Präparaten sich vorfindenden Ver¬
dickungen des Periostes Artefakte seien, indem die Präparate, die
niemals frisch waren, postmortale Quellungen und anderweitige Ver¬
änderungen aufwiesen. Siebenmann, der stets nur ganz frische,
höchstens 3—5 Stunden alte Präparate benutzt, hat niemals diese
Periostverdickungen sehen können.
Aus den englischen medizinischen Gesellschaften.
Edinburgh obstetrical Society.
Sitzung vom 11. Dezember 1912.
Eklampsie und Pseudoeklampsie.
J. Halliday Croom berichtet über einen Fall, welchen er als
Pseudoeklampsie registriert: Eine Il.-para im 7. Monat der Gravidität
wurde wegen Krämpfe und Komas von 2 tägiger Dauer mit der Dia¬
gnose Eklampsie vom Hausarzt in die Klinik überwiesen. Es fand sich
aber nichts Abnormes im Urin; andererseits konnten aus der Unter¬
suchung der Augen und der Prüfung auf Nervenläsionen keine be¬
stimmten diagnostischen Anhaltspunkte gewonnen werden. Erst nach
dem Tode klärte sich der Fall durch den Nachweis eines kleinapfel¬
sinengrossen Cholesteatoms, das am vorderen Ende' der linken Gross¬
hirnhemisphäre gelegen war, auf. Ein Gegenstück zu diesem Falle
bildet ein zweiter, bei welchem Eklampsie durch Meningitis vor¬
getäuscht wurde. Nach diesen Erfahrungen und auf Grund von ana¬
logen Beobachtungen, welche bei der Diskussion vorgebracht wurden,
;8. April 1013.
MUENCHENER MEblZlNlSCHE WOCHENSCHRIFT.
780
bekennt sich Redner zu der These, dass man beim Fehlen von Albu¬
minurie jedenfalls nicht von Eklampsie sprechen kann, sondern
etwaige Symptome dieser Art auf andere Ursachen beziehen muss.
G. R. Livingston verfügt über 5 in seiner Landpraxis be¬
obachtete Fälle von Eklampsie. Eine, eine Primipara, wurde tief
<omatös ins Krankenhaus verbracht, wo man sie für verloren ansah
nid, um das Kind zu retten, den Kaiserschnitt ausführte. Schliesslich
<enas die Frau doch und ist seitdem gesund. Von den anderen 4
iilieben 3 am Leben unter Behandlung mit subkutanen Injektionen von
Morphium sulfuricum (0,03 oder mehr). Tödlich verlief die Krankheit
nur bei einer V.-para, welche bei allen 4 vorherigen Entbindungen
uicli eklamptisch gewesen war. Redner glaubt, dass die Verwendung
ron Chloroform in diesem Falle an dem ungünstigen Ausgange schuld
war. Ph.
Aus den französischen medizinischen Gesellschaften.
Academie de medicine.
Sitzung vom 7. Januar 1913.
Das Brot als Träger der Diphtherie.
Rene Moreau hat Gelegenheit gehabt, eine kleine Diphtherie¬
epidemie zu beobachten, deren Aetiologie eine sehr ungewöhnliche
ist, indem sie von einem Bäcker auf seine Kundschaft, der er Brot
zugestellt hat, zuweilen sogar ohne sie gesehen zu haben, übertragen
wurde. Diese Epidemie hat 11 Personen ergriffen und 4 Todesfälle
verursacht. Sie war nicht auf eine Ortschaft beschränkt, sondern
über 3, 4 — 6 km voneinander entfernte verbreitet. Diese Ausbreitung
ist um so überraschender, als die Diphtherie in keinem dieser Orte
häufig ist. Ausserdem ist zu bemerken, dass mehrere Bäcker diese
Gegend mit Brot versorgen, dass aber alle Kranken ohne Ausnahme
Kundschaft desselben Bäckers waren, dessen Frau und Tochter zu¬
erst ergriffen waren. M. vermutet, dass auf der Oberfläche der Brote
die Diphtheriebazillen ihre Verbreitung gefunden haben. Nachdem
übrigens die verseuchten Häuser und mit besonderer Sorgfalt das des
Bäckers desinfiziert worden sind, war die Epidemie vollkommen er¬
loschen, was den Verdacht gegen die Behausung, wo der Herd sich
entwickelt und von wo er sich weiter verbreitet hat, bestärkt. M.
hält sich daher für vollkommen berechtigt, zu erklären, dass Brot,
welches von einer mehr weniger schlecht gehaltenen und von Diph¬
therie infizierten Bäckerei stammt, die Krankheit auf die Konsumen¬
ten übertragen kann. An kleineren Orten, wo die Nachforschungen
besser gelingen wie in den grossen Städten und die Quelle des
Uebels rascher entdeckt wird, wird es daher leichter möglich sein,
dasselbe wirksam zu bekämpfen. Immerhin ist es wichtig, zu wissen,
dass das Brot fähig ist, dem Diphtheriebazillus als Träger zu dienen.
Aus ärztlichen Standesvereinen.
Rechtsschutzverein Münchener Aerzte.
Mitgliederversammlung vom 18. März 1913.
Der Vorsitzende, Herr Schwertfeiner, eröffnet die Sitzung
und erstattet einen kurzen Bericht über das verflossene Vereinsjahr,
aus dem hervorgeht, dass die Geschäfte ohne Schwierigkeiten erledigt
wurden. Ein Beschluss vom 15. März 1912 betr. Durchführung eines
prinzipiellen Prozesses (Haftung der Ehefrau für Bezahlung von Arzt¬
kosten bei Vermögenslosigkeit des Mannes) musste nicht durchgeführt
werden, da es dem Syndikus gelungen ist, in dem betreffenden Fall
einen günstigen Vergleich zu schliessen. Der Verein hat einen erfreu¬
lichen Zuwachs an Mitgliedern zu verzeichnen, deren Anzahl die Zahl
200 bereits überschritten hat.
Der Syndikus, Herr Rechtsanwalt Dr. Oestreich, betont
in seinem Bericht den Wert des Eintretens des Rechtsschutzvereins
für die Relikten verstorbener Kollegen, denen die Unannehmlichkeiten
des Eintreibens von Forderungen abgenommen wurden. Die Zahl der
überwiesenen Liquidationen hat sich fast um die Hälfte der vorjähri¬
gen Anfallsziffer vermehrt. Sie betrjig 1698, die jenen entsprechende
Summe belief sich auf 69 742 M., von denen mindestens die Hälfte ein¬
gegangen sind. Ein Teil der Forderungen ist naturgemäss noch nicht
ganz erledigt; bei einem anderen haben die Vereinsmitglieder aus ver¬
schiedenen Gründen in eine Reduktion der Ansätze, bisweilen auch in
einen Verzicht eingewilligt. In Anbetracht dieser Umstände und mit
Rücksicht auf die Tatsache, dass leider ein grosser Teil der Forderungen
erst relativ spät (am Ende des zweiten Jahres) oder dann dem Verein
überwiesen wurden, wenn des Schuldners Aufenthalt unbekannt war,
und schliesslich angesichts der wirtschaftlichen Depression muss das
Resultat als durchaus günstig bezeichnet werden.
In der Diskussion betont Herr Hecht die Notwendigkeit viertel¬
jährlicher Rechnungsaufstellung, wie sie vom Aerztl. Bezirksverein
bereits beschlossen worden ist; ferner solle man nochmals ausdrücklich
darauf hinweisen, dass die Herren Kollegen nicht bis kurz vor dem
Verjährungstermin mit den Ueberweisungen warten sollen, weil sonst
am Ende des Jahres das Syndikat überlastet wird und aus äusseren
Gründen nicht alle Eingänge noch rechtzeitig erledigt werden können.
Der Kassenwart, Herr Freudenberger, sowie Auf¬
sichtskommission, Syndikus und Vorstand erhalten Entlastung,
werden wiedergewählt, und es wird ihnen der Dank des Vereins
für ihre erfolgreichen Bemühungen ausgesprochen.
Der Schriftführer : Nadoleczny.
Verschiedenes.
Rekrutierungsergebnisse in Frankreich und Deutschland.
Die in Frankreich in Aussicht stehende Einführung der drei¬
jährigen aktiven Dienstzeit hat schon vielfach in den
Tageszeitungen zu Vergleichen bezüglich der Rekrutierungs¬
ergebnisse zwischen Deutschland und Frankreich Anlass gegeben,
was ja naheliegend ist. Man kann aber ziemlich sicher annehmen,
dass alle bisherigen Erörterungen hierüber mehr oder minder mangel¬
haft erscheinen, da Zahlen oder Statistiken besonders bezüglich
Frankreichs nur sehr schwer oder gar nicht erhältlich sind. Der
kürzlich erschienene V. Band des Lehrbuchs der Militärhygiene
(Bibliothek v.' Co ler, v. Schjerning), bearbeitet von Professor
Oberstabsarzt Dr. H. Schwiening, bringt die Rekrutierungs¬
statistik der meisten Kulturstaaten, hievon am ausführlichsten jene
von Deutschland, Frankreich, Oesterreich-Ungarn und Italien. So
einfach es scheint, Vergleiche zwischen den Ergebnissen der Rekru¬
tierung in Deutschland und Frankreich anzustellen, so schwierig sind
dieselben; denn die Grundlagen, auf denen die beiden Statistiken
aufgebaut sind, differieren gar sehr.
Aus nicht näher zu erörternden Gründen wollen wir mit der
Zeit nach der Errichtung des Deutschen Reiches beginnen. In
Deutschland blieben sich die gesetzlichen Vorschriften für die Taug¬
lichkeit der Militärpflichtigen seit 40 Jahren ziemlich gleich. In
Frankreich brachte das Wehrgesetz vom 27. VII. 72 eine wesentlich
veränderte Rekrutierungsart, indem die allgemeine Wehrpflicht zur
Einführung kam. Bis dahin wurden nur so viele Wehrpflichtige
untersucht, als man eben zum erforderlichen Rekrutenkontingent
brauchte, von 1872 ab aber müssen alle Wehrpflichtigen untersucht
werden. Im Gegensatz zum deutschen Aushebungsverfahren
(Musterung und Aushebung) findet in Frankreich nur eine Unter¬
suchung statt, was auch in Deutschland schon einmal geplant war.
Nicht ausser acht zu lassen ist, dass in Deutschland die drei¬
jährige aktive Dienstzeit bis zum Jahre 1893 dauerte, welches Jahr
die zweijährige für die nicht berittenen Waffen brachte. In Frank¬
reich hingegen dauerte die aktive Dienstpflicht vom Jahre 1872 bis
zum Jahre 1S39 5 Jahre, von da ab trat die dreijährige Dienstzeit mit
Abschaffung aller Dispense ein mit der Einschränkung, dass solche,
die früher Dispens hatten, nunmehr 1 Jahr dienen mussten. Im
Jahre 1905 wurde die zweijährige Dienstzeit eingeführt, die alle
Befreiungen aufhob, indem sogar die nur für den Hilfsdienst geeig¬
neten Pflichtigen nunmehr dienen müssen.
Stellen wir nachstehend die Zahl der Wehrpflichtigen in den
Jahren 1875 — 1899 nebeneinander; leider ist es nicht möglich, Jie
Zahlen weiter zu führen, da von 1899 ab die Freiwilligen nicht mehr
nach Jahresklassen geführt werden.
Deutschland
Frankreich
Deutschland
Frankreich
1875
343 284
297 846
1888
419 099
295 707
1876
356 729
294 382
1889
441 099
310 275
1877
381 637
286 107
1890
435 039
300 247
1878
394 062
295 924
1891
392 951*)
277 425
1879
404 180
316 662
1892
465 433
343 651
1880
393 015
306 833
1893
476 644
330 138
1881
385 374
309 689
1894
485 390
337 109
1882
388 131
312951
1895
500 399
331368
1883
405 052
313 951
1896
513 191
338 327
1884
404 085
309 097
1897
520 068
331 179
1885
402 171
306 090
1898
513 669
324 538
1886
421 929
316 090
1899
517 547
324 334
1887
411 154
308 245
1909:
316 200
*) Krieg 1870/71.
Aus vorstehender Tabelle ist deutlich ersichtlich und wohl schon
ziemlich allgemein bekannt, dass die Differenz, die in den 70 er Jahren
noch gering war, sich immer mehr zu gunsten Deutschlands steigerte.
Nicht uninteressant ist ein Vergleich beider Länder bezüglich
der Frage, wie viele von den lebendgeborenen Knaben noch nach
20 Jahren vorhanden waren, was nachstehende Zahlen vor Augen
führen:
Deutschland Frankreich
Geboren in den Jahren: Hievon lebten nach 20 Jahren:
1872/76 56,3 Proz. 68,6 Proz.
1877/80 ' 58,3 „ 67,5 ;
Es kommt hier deutlich zum Ausdruck, dass in Frankreich für
die genannten Jahre bessere Lebensbedingungen ausschlaggebend
waren.
Stellen wir nun die Tabellen der als tauglich mit der Waffe
Befundenen nebeneinander, so finden wir:
Deutschland Frankreich
1875—1887 durchschnittlich 42 Proz. durchschnittlich 52 Proz.
1888—1905 „ 51 „ „ 54 h
1906-1910 „ 54 . * 75 ,
Die auffallende Steigerung für Frankreich in den Jahren 1906
bis 1910 erklärt, sich durch das Gesetz vom Jahre 1905.
Im Laufe dpr Jahre hat sich in Frankreich das Bedürfnis ein¬
gestellt, die Anforderungen an die Tauglichkeit herabzusCtzeti, um
die Zahl der einzustellenden Rekruten erhöjie/i zu können, bedingt
duich den dauernden Rückgang der Geburten. Durch Gesetz vom
790
MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT,
No. 14.
2. IV. 01 wurde das Minirnalmass aufgehoben, so dass Leute unter
154 cm zujn aktiven Dienst eingestellt werden konnten. Durch diese
Massnahmen steigerte sich die Zahl der Tauglichen im Jahre 1902
auf 87,3 Proz.! Neue Anforderungen an die Ausnutzung der vor¬
handenen Wehrpflichtigen stellte die Einführung der zweijährigen
Dienstzeit im Jahre 1905. Die Ciesamtzahl der zum aktiven Dienst
mit und ohne Waffe eingestellten Rekruten belief sich 1906/10 sogar
auf 90,4 Proz.!
„Dass die Heranziehung eines so hohen Prozentsatzes der ver¬
fügbaren Kräfte, sagt Verf., nicht in einem tatsächlich so überaus
günstigen Gesundheitszustand der französischen männlichen Jugend
begründet sein kann, sondern nur durch die Macht der Verhältnisse,
d. h. den Mangel an Wehrpflichtigen im Vergleich zu dem auf¬
zubringenden Rekrutenkontingent bedingt ist und nur durch eine sehr
erhebliche Herabsetzung der an den einzelnen Mann zu stellenden
Anforderungen erreicht werden kann, leuchtet ohne weiteres ein;
man kann wohl ohne Uebertreibung sagen, dass die Anspannung der
Wehrkraft bald die Grenze des Möglichen erreicht haben wird und
man darf angesichts der weiteren Abnahme der Geburten und damit
des verfügbaren Ersatzes gespannt sein, wie sich in Zukunft die Ver¬
hältnisse in Frankreich gestalten werden, ob insbesondere die
zweijährige Dienstzeit sich weiter wird durch¬
führen 'lasse n.“
Auf die Folgen für die wirtschaftlichen Verhältnisse einzugehen,
ist hier nicht der Ort.
Von Interesse ist nun ein Vergleich zwischen den einzelnen
Fehlern und Gebrechen, die dienstuntauglich machen, und da ergibt
sich für Frankreich die überraschende Tatsache, „dass diejenigen
Untauglichkeitsgründe, über deren Einfluss auf die Eignung zum
militärischen Dienste keine Zweifel bestehen können, wie Geistes¬
krankheiten, Epilepsie, Kretinismus, Lungenschwindsucht, schwere
Gebrauchsstörungen der Extremitäten, Blindheit usw. keine Abnahme,
sondern sogar eine Zunahme aufweisen, während die anderen Krank¬
heiten und Körperfehler, deren Beurteilung hinsichtlich ihres Ein¬
flusses auf die Militärtauglichkeit grösseren Spielraum darbietet, im
Laufe der Jahre abgenommen haben. Es bedarf keines besonderen
Beweises, dass diese Abnahme zum allergrössten Teil keine tat¬
sächliche ist, sondern nur in den Aenderungen der Bestimmungen
bzw. der Bewertung der einzelnen Fehler begründet ist und dass
diese wiederum in der Notwendigkeit ihren Grund gehabt haben, aus
dem im Verhältnis zu dem erforderlichen Rekrutenbedarf nur geringen
Ersatz möglichst viel Taugliche herauszufinden.“
Höchst lehrreich wäre es nun, zu erfahren, ob dieser hohe
Prozentsatz von „Tauglichen“ den Anforderungen des Dienstes ge¬
recht wird oder nicht, d. h. ob die Erkrankungsziffern die gleichen
oder höhere sind als in anderen Staaten. Diese Frage kann nun
leider nicht beantwortet werden, da im französischen Heere ein sehr
giosser Prozentsatz als schonungskrank (malades ä la chambre) ge¬
führt wird, der in der Heeressanitätsstatistik nicht erscheint. Man
wird aber nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass diese unheim¬
liche Menge von „Tauglichen“ auch eine entsprechende Zahl von
Kranken liefert. Die Statistik lässt sich eben auch korrigieren und
frisieren. Reh.
Gerichtliche Entscheidungen.
Fahrlässige Tötung durch Verabreichung über¬
mässiger Mengen von Alkohol.
Die bekannte Kausaltheorie des Reichsgerichts, der zufolge als
Ursache jede menschliche Handlung anzusehen ist, die zu dem Ein¬
tritt eines bestimmten Ereignisses auch nur das geringste beiträgt,
hat Vor kurzem zu einem Urteil geführt, das vom Standpunkt der
sozialen Hygiene bemerkenswert ist. Wie’ der Reichsgerichtsrat
Dr. Lobe in dem Sächsischen Archiv für Rechtspflege 1913, S. 106
berichtet, hat das Reichsgericht entschieden, dass die Darreichung von
übermässigen Alkoholmengen an einen Trinker als fahrlässige Tötung
auf Grund des § 222 StGB, bestraft werden kann, wenn der Potator
daraufhin an Alkoholvergiftung zugrunde geht. Um die Anwendung
des § 222 zu rechtfertigen, braucht der Alkoholkranke zurzeit der
Darreichung des Getränkes noch nicht ganz unzurechnungsfähig ge¬
wesen sein, es genügt ein Zustand, in dem durch gewisse Alkohol¬
mengen die 1 runksucht dominierend geworden sei und gebieterisch
nach weiteren Giftdosen verlangt.
„Die durch die Tätigkeit des Beschuldigten an und für sich
begründete volle Ursächlichkeit kann durch den Umstand, dass auch
andere für den Erfolg mitwirksam geworden sind, nicht zum Weg-
Ial|k°mmen ’ j13* das R-ichsgericht früher ausgesprochen (Entsch.
d. RG. in Strafsachen, Bd. 1- S. 374). Das neue Urteil ist nur ein
Anwendungsfall dieses Grundsatzes. Geht das Reichsgericht einen
Schritt weiter und erkennt es an, dass Wirte, die Alkoholkranken
geistige Getränke verabreichen, trotzdem sie deren Zustand kennen,
sich auch der fahrlässigen Körperverletzung schuldig machen können,
vvenu krankhafte Erscheinungen aut somatischem oder psychischem
Gebiet sich einstellen, so hätte die Rechtsprechung dem Kampf gegen
den Alkoholmissbrauch einen wertvollen Dienst geleistet, der um so
segensreicher wäre, als gesetzliche Aenderungen in weiter Ferne
stehen und die hier und dort erlassenen matten Polizeiverordnungen
irgendwelche Wirkungen nicht entfaltet haben. Da die Verletzung
einer Gewerbspflicht vorläge, hätte die Verfolgung von Amtswegen
ejnzutreten (§ 230, Abs. 2). v. H e n t i g.
Therapeutische Notizen.
Chlorsaures Aluminium bei schwerem Gelenkrheuma¬
tismus in 2,5 proz. Lösung unter Zusatz von 10 Proz. Liquor Aluminis
acetico-tartarici zu feuchten Umschlägen auf die betroffenen Gelenkt
sowie zum häufigen Gurgeln benützt, hatte in 8 Fällen prompt Fieber
abfall und Heilung in wenigen Tagen zur Folge ohne Anwendung
irgend eines anderen Mittels.
Aluminiumsalze erzielen im Protoplasma der Zellen eine grösser.
Durchgängigkeit für sonst unlösliche Stoffe (Max Fluri für dir
Pflanzenzelle); die Färbetechnik benützt diese Eigenschaft des Alu¬
miniums seit langer Zeit. Das in relativ grosser Menge freiwerdende
und eindringende Chlor wirkt vermutlich einerseits auf die suppo-
nierten Erreger des Gelenkrheumatismus, andererseits erzielt es in den
Geweben eine starke Hyperämie, wie man sie z. B. an den stark
geröteten Rachenpartien nach längerem Gurgeln sehen kann. Jeden¬
falls ist eine Nachprüfung an grösserem Material angezeigt.
Dr. Wiedemann - Strasskirchen.
Die Friedenthalschen Gemüsepulver haben sielij
nach ’ den Untersuchungen von L. Langstein und K. Kasso-
witz- Berlin als ein brauchbares Diätetikum bewährt (Ther. Mon -
Hefte 12, 12). Bei vergleichenden Stuhluntersuchungen fand sich das
Gemüsepulver viel besser ausgenützt als das unpräparierte Oe-J
müse. Bei Stoffwechseluntersuchungen ergab sich eine stark positive
Aschenbildung bei der Darreichung des Spinatpulvers. Man gibt die
Gemüsepulver am besten mit der gleichen Menge Mehl und der}
halben Menge Zucker zusammen in Milch oder Haferschleim. Kr
Tagesgeschichtliche Notizen.
München, den 7. April 1913.
' — In einer an der Spitze dieser Nummer erscheinenden Arbeiij
berichtet Prof. N o g u c h i - New York über weitere Untersuchunger
über das Vorkommen von Spirochäten im Zentral¬
nervensystem. Es gelang ihm jetzt auch in einem Falle von
Tabes der Nachweis der Spirochäten im Rückenmark; bei Paralyse
wurden sie in 200 untersuchten Gehirnen 48 mal gefunden. Die vor!
N o g u c h i angewandte Technik wird ausführlich beschrieben.
— Der Geschäftsausschuss des Deutschen
Aerztevereinsbundes hat am 30. März eine Sitzung in
Leipzig abgehalten, in der beschlossen wurde, den diesjähriger
Aerztetag in der Zeit vom 3. — 5. Juli in Elberfeld abzuhalten. Diq
Tagesordnung wurde vorläufig festgestellt. In der gleichen Sitzuni)
wurde eine eindringliche Erklärung abgegeben gegen den Abschluss
von Sonderabkommen mit Krankenkassen. Erst wenn die Ober
Versicherungsämter über die Statuten der Krankenkassen entschieden
haben und wenn die vom Geschäftsausschuss nunmehr genehmigtet
Musterverträge in der Hand der Aerzte sind, kann mit Verhandlungen
begonnen werden, die in engster Fühlung mit der Zentralorganisatioij
zu führen sind.
— Die Angelegenheit des Gisela-Kinderspitals ii
München, das in Gefahr war, aufgelassen zu werden, weil derj
Magistrat sich anfänglich weigerte, es weiter mit Mitteln zu unter¬
stützen (vergl. die Darlegung in No. 50, S. 2790, 1912 d. W.), ist jetzt
in der denkbar günstigsten Weise geregelt worden, indem die Stadl
München am 1. d. M. den Betrieb des Spitals übernommen hat und vor¬
erst beabsichtigt, es mit all seinen Attributen (Ambulatorium, Milde
kiiehe, Beratungsstelle, Pflegerinnenschule) in unveränderter Weise
fortzuführen, bis die ganze Anstalt in einen hiefiir zu errichtenden
Pavillon übergeführt werden kann.
■ — Am 5. ds. wurde der Neubau des A u g u s t e -V i k t o r i a •
Krankenhauses Berlin-Weissensee feierlich einge¬
weiht. Das Krankenhaus enthält ca. 200 Betten. Leitende Aerztej
sind Dr. v. Domarus für die innere, Dr. S e 1 b e r g für die chirur¬
gische Abteilung.
— Am II. ds. Mts. feiert der Senior der Nürnberger Aerzte, der
hochgeschätzte Frauenarzt Hofrat Dr. Wilhelm Merkel, seiner;
80. Geburtstag.
— Während der chinesischen Revolution, also von Mitte Ok¬
tober 1911 bis Mitte Februar 1912, war in Hankou von den deutscher.
Marineärzten und dem dort ansässigen deutschen Arzte ein „Deutscher
Lazarett des Roten Kreuzes“ errichtet und verwaltet, in welchen
gegen 400 verwundete chinesische Soldaten und Offiziere, sowoh
von der kaiserlichen, wie von der Revolutionsarmee, verpflegt unc
behandelt wurden. Für diese Tätigkeit hat nunmehr der Vize¬
präsident von China, der ehemalige Führer der Revolutionsparte
General Li Yuen Hung eine chinesische „Rote Kreuz-
Medaille“ gestiftet und sie am 15. März persönlich verteilt unter
dankbarer Anerkennung der von den Westländern geleisteten Tätig¬
keit. Die silberne Medaille erhielten die Marinestabsärzte
Dr. Gebecke (S.M.S. Leipzig), Dr. Kn e iss (SMS. Tiger)
Dr. Meyer (S.M.S. Luchs), Dr. Kosenbach (S.M.S. Iltis).
Dr. Liebau (S.M.S. Vaterland). Ferner der deutsche Arzt von
Hankou Dr. R o e s e. (Dr. Meyer und Dr. Kosenbach gehörten
früher der bayerischen Armee an.) Die Sanitätsmannschaften er¬
hielten bronzene Medaillen. Die Medaille ist ein 9 strahliger von
einem Lorbeerkranz umwundener Stern aus Silber, der vorne das
rote Kreuz auf weissem Grunde in Email, auf der Rückseite das
Bildnis Li Yuen Hungs trägt. Die Aufschrift in chinesischen.
pril 1913. _ MUENCHENER MEDIZINISCHE WOCHENSCH R I FT.
791
k ä m p f u ii g des Kurpfu schert u m s statt, in der sich der
geschäftsführende Ausschuss neu konstituierte. Es wurden gewählt:
als Vorsitzender Prof. Dr. Bey.th.ien, als stellvertretender Vor¬
sitzender Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Schmorl, als Schriftführer
Dr. Neustätte r, als stellvertretende Schriftführer Dr. Decker
und Dr. H. Weber, als Kassenführer Dr. E g e r, als Beisitzer
Exz. Geh. Medizinalrat Dr. Fiedler, Medizinalrat Dr. Thierse h,
Prof. Dr. Rietschel, Dr. Weisswange, Dr. Leonhardt.
Sämtliche Herren haben ihren Wohnsitz in Dresden. Zuschriften
werden erbeten an den Schriftführer Nr. N e u s t ä 1 1 e r, Dresden-
H e 1 1 e r a u, auf dem Sand.
— Der II. Tag der Fttrsorgest eilen für Lungen¬
kranke wird in diesem Jahr vom Deutschen Zentralkomitee zur
Bekämpfung der Tuberkulose zum 22. Oktober nach Berlin einberufen
werden im Anschluss an die Internationale Tuberkulosekonferenz.
Auch die Tuberkuloseärzteversammlung soll mit dieser
Konferenz verbunden werden.
— Cholera. Türkei. Vom 12. bis 17. März wurden aus
Konstantinopel 3 Erkrankungen und 1 Todesfall gemeldet. — Nieder¬
ländisch Indien. Zufolge Mitteilung vom 20. Februar sind auf Java
124 Erkrankungen (und 113 Todesfälle) festgestellt worden. Die
Stadt Batavia mit ihrem Hafen Tandjong Priok ist am 4. Februar
wieder für verseucht erklärt worden.
— Pest. Aegypten. Vom 8. bis 14. März erkrankten 18 (und
starben 7) Personen. — Niederländisch Indien. Vom 26. Februar bis
II. März wurden auf Java gemeldet 178 Erkrankungen (und 215 Todes¬
fälle). Für die Zeit vom 12. bis 25. Februar sind nachträglich aus
Paree 4 Todesfälle mitgeteilt worden. Insgesamt sind im Dezember
und Januar 1056 Erkrankungen (und 997 Todesfälle) zur Anzeige ge¬
langt. — Hongkong. Vom 9. bis 22. Februar in der Kolonie 3 tödliche
Erkrankungen, davon 1 in Viktoria. — Mauritius. Vom 3. Januar bis
6. Februar 29 Erkrankungen und 18 Todesfälle. — Brasilien, ln
Rio de Janeiro vom 19. Januar bis 1. Februar 6 Erkrankungen und
1 Todesfall. — Chile. In Antofagasta ist Anfang Februar 1 Person
an der Pest gestorben.
• — ln der 12. Jahreswoche, vom 16. — 22. März 1913, hatten von
deutschen Städten über 40 000 Einwohner die grösste Sterblichkeit
Halberstadt mit 27,7, die geringste Altenessen mit 3,0 Todesfällen
pro Jahr und 1000 Einwohner. Mehr als ein Zehntel aller Ge¬
storbenen starb an Diphtherie und Krupp in Buer, Hamborn, Reckling¬
hausen. v. d. K. G.-A.
(Hochschulnachrichten.)
Dresden. Der dirigierende' Arzt der städtischen Heil- und
Pflegeanstalt, Dr. N i t s c h e, ist als Oberarzt und stellvertretender
Direktor der Landesanstalt' Sonnenstein in den Staatsdienst über¬
nommen worden.
Düsseldorf. Zum ärztlichen Direktor der städtischen Kran¬
kenanstalten ist der Generaloberarzt Dr. Wilhelm C 1 a s s e n, Divi¬
sionsarzt der 30. Division und Chefarzt des Garnisonslazaretts 1 in
Strassburg berufen, (hk.)
F r e i b u r g i. B. An Stelle des nach Strassburg berufenen
Prof. Salge waren für die Professur der Kinderheilkunde vor¬
geschlagen : I. Nöggerath - Berlin, II. Hecker- München,
III. V o g t - Strassburg. Nöggerath wurde ernannt.
Kiel. Prof. Dr. Otto L u b a r s c h - Düsseldorf wurde zum
ordentlichen Professor und Direktor des pathologischen Instituts an
der Universität Kiel ernannt, (hk.)
Königsberg. Wie wir hören, wird Prof. Dr. Ernst H e d i n -
g e r - Basel dem Rufe nach Königsberg i. Pr. keine, Folge leisten, (hk.)
München. Geheimrat Dr. Franz v. S o x h l.e t, Professor der
Agrikulturchemie an der technischen Hochschule und Vorstand (Jpr
landwirtschaftlichen Versuchsstation für Bayern \yurde auf sein An¬
suchen von der Verpflichtung Vorlesungen abzuha!lteri, enthoben. An
seiner Stelle wurde Prof. Dr. Henkel in Weihenstephan ernannt.
Mit S o x h 1 e t tritt einer der populärsten Gelehrten Münchens von
der Lehrtätigkeit zurück. Sein Name ist in der Medizin nicht min¬
der bekannt und gefeiert wie auf seinem eigentlichen Forschungs¬
gebiet. Auf die von ihm herbeigeführte Reform der Säuglings¬
ernährung ist bei gerechter Würdigung ein grosser Teil der in den
letzten 25 Jahren erzielten Verminderung der Säuglingssterblichkeit
zurückzuführen.
ftzeichen lautet vorn: Zur Erinnerung an die Revolution, auf
Rückseite: Ueberreicht von Li Yuen Hung.
— Der von der Arztenswitwe Frau Helene Ober reit in Lin-
mit einem von dem verstorbenen praktischen Arzt Dr. Fritz1
rreit letztwillig zu diesem Zweck bestimmten Kapitale von
10 M. errichteten, zu Zuschüssen für Ferienkolonien und für
lingspflege sowie zur Beschaffung einer ärztlichen Behandlung
nbemittelte, einer Anstalts- oder ambulanten Behandlung bedürf¬
ender bestimmten „Dr. Fritz Oberreitschen Jugend-
, o r g e s t i f t u n g“ mit dem Sitze in Lindau i. B„ wurde die
i. Genehmigung erteilt.
— Dr. Anton Grossich in Fiume erhielt für seine Verdienste
ie aseptische Wundbehandlung durch Einführung des Jodtinktur-
ichs das Komthurkreuz des Italienischen Kronenordens.
-'In der Zeit vom 21. bis 26. Juli ds. Js. veranstaltet die
ner Akademie für praktische Medizin wie im Vorjahre einen
tbildungskursus für Schulärzte.
— Das Zentralkomitee für das ärztliche Fort-
ungs wesen in Preussen veranstaltet im Mai d. J. wieder
seitliche Fortbildungskurse für praktische Aerzte in Berlin und
inz Brandenburg. Es finden ferner im Juni zwei kurzfristige
Zyklen statt: 1. vom 2. bis 11. Juni in Gemeinschaft mit dem
■rin-Auguste-Victoria-Haus zur Bekämpfung der Säuglingssterb-
jsit und dem Seminar für soziale Medizin über: Die Fortschritte
irztlichen und sozialen Versorgung des gesunden und kranken
lings; 2. vom 19. bis 28. Juni in Gemeinschaft mit der Dozenten-
nigung für ärztliche Ferienkurse: Zyklus von Kursen und Vor-
n mit Berücksichtigung sämtlicher Disziplinen. Zur Teilnahme
;n Fortbildungskursen ist jeder Arzt des Stadtkreises Berlin und
’rovinz Brandenburg gegen Lösung nicht übertragbarer Karten
;htigt. Die Karten sowie die Verzeichnisse der Fortbildungs-
: sind im Bureau des Kaiserin-Friedrich-Hauses für das ärztliche
lildungswesen (Schalter für Kartenausgabe) zu erhalten, wo auch
unft über die Kurse erteilt wird (nur schriftlich, oder wochen-
;h 9—2 Uhr persönlich). Beginn der neuen Meldungen am
>ril. Alle Zuschriften sind zu richten an das Bureau des Zentral¬
tees, NW. 6, Luisenplatz 2 — 4 (Kaiserin-Friedrich-Haus für das
iche Fortbildungswesen).
— In der Zeit vom 26. Mai bis 7. Juni 1913 findet wiederum
r akademischen Kinderklinik Düsseldorf unter Leitung von Prof.
Schloss man n ein vierzehntägiger Ausbildungs- und Fort¬
lungskursus für Aerzte in der Physiologie, P a -
logie und Hygiene des Säuglingsalters und in
Säuglingsfürsorge statt. Ausser den Vorlesungen und
Arbeiten in der Klinik und im Laboratorium finden auch Be¬
igungen moderner Einrichtungen in der Säuglingsfürsorge in
eldorf und den benachbarten Städten statt. Anmeldungen und
agen sind zu richten an die Geschäftsstelle des Vereins für
lingsfürsorge im Regierungsbezirk Düsseldorf. Düsseldorf, Wer-
rstrasse 150, von wo auch auf Wunsch Programme kostenlos
endet werden. Ausser einer Einschreibgebühr von 30 M. wird
Honorar nicht erhoben.
— Vom 16. II. bis 8. III. 1914 findet an der psychiatrischen Klinik
11 n c h e n der nächste psychiatrische Fortbildungs-
s statt. Als Dozenten beteiligen sich die Herren: Allers:
nische Pathologie und Dii^to-Therapie der Psychosen. Brod-
ln -Tübingen: Topographische Histologie der Grosshirnrinde,
e r 1 i n : Experimentelle Psychologie. Psychotherapie. Kraepe-
Psychiatrische Klinik. L i e p m a n n - Berlin: Ueber aphasische,
stische und apraktische Störungen. Plaut: Liquor- und Serum-
•suchungen. Demonstrationen zur forensischen Psychiatrie, ein-
esslich der psychiatrischen Jugendfürsorge. Rüdin: Ueber Ent-
ig und über Vererbung geistiger Störungen. Spielmeyer:
omische Grundlagen der Geisteskrankheiten. Weiler: Psycho-
alogische Untersuchungsmethoden. Zahl der Vorlesungsstunden
, 100. Die genauere Stundeneinteilung wird später bekannt ge-
n. Honorar M. 61. — . Anmeldungen an Herrn Privatdozent
arzt Dr. Rüdin, Nussbaumstr. 7, München. Im Herbst 1913
t kein Fortbildungskurs statt.
— Nach dem Rechenschaftsbericht des Vereins zur Unter-
tzung invalider hilfsbedürftiger Aerzte und
leidender hinterbliebener Aerztefamilien in
ern für das 47. Verwaltungsjahr 1912 wurden im Berichtsjahre
verzte mit einer Gesamtsumme von 27 620 M. unterstützt: die
venkasse unterstützte 74 Witwen und Waisen mit 12 222 M. und
-ilte ausserdem 1100 M. als Weihnachtsgabe. Die Zahl der Mit-
er des Vereins betrug 2748 (gegen 2742 im Vorjahre), die Summe
Einnahmen betrug 86 492.92 M. (darunter 27 805 M. an Mitglieder-
ägen, 3430 M. Staatszuschuss, 9689.25 M. Geschenke), die Summe
Ausgaben 72 448.86 M., das Gesamtvermögen beträgt 478 760 M.
mal. Infolge der starken Steigerung der Anforderungen musste
r die Höchstsumme der Unterstützung, die früher 15 — 1800 M.
einzelstehende, 2400 M. für verheiratete Kollegen betrug, auf
1300 bezw. 18 — 1900 M. herabgesetzt werden. Als Kreiskassiere
len neu aufgestellt Hofrat Dr. Franz Zeit ler in Straubing für
erbayern, Dr. Max Fikentscher in Augsburg für Schwaben,
iche für invalide Aerzte sind an Dr. Friedrich Merkel, Nürn-
• Maxplatz 20, Gesuche für Witwen- und Waisenunterstützung an
losef Hollerbusch, Fürth i. B., Mathildenstrasse 1 zu richten.
— Am 9. März d. J. fand in Dresden eine Sitzung des Ge-
vorstandes der Deutschen Gesellschaft zur Be-
Bologna. Der bisherige Privatdozent in Genua Dr. M. P a z z i
habilitierte sich als Privatdozent für Geburtshilfe und Gynäkologie.
— Dr. A. Ghedini habilitierte sich als Privatdozent für operative
Medizin.
Boston. Dr. R. P. S t r o n g wurde zum Professor der Tropen¬
krankheiten an der Harvard-Universität ernannt.
Catania. Als Privatdozenten habilitierten sich Dr. A. D’U r s o
für Anatomie und Dr. G. Z u r r i a für externe Pathologie.
Lausanne. Der Privatdozent für Chirurgie Dr. H. Vulliet
wurde zum ausserordentlichen Professor ernannt.
Lemberg. Der Speziälarzt für Zahn- und Mundkrankheiten
Dr. Anton Cieszynski - München ist zum ausserordentlichen Pro¬
fessor der Zahnheilkunde an der Universität Lemberg ernannt wor¬
den. (hc.) — Privatdozent Dr. G. Bickeles (Neurologie) er¬
hielt den Professortitel.
Lille. Dr. L a m b e r t wurde zum Professor der chirurgischen
Klinik ernannt.
Montevideo. Der Professor der externen Pathologie Dr. G.
Afrizabalaga wurde zum Professor der chirurgischen Klinik,
792
der Professor der operativen Medizin Dr. J. H. Oliver zum Pro¬
fessor der externen Pathologie ernannt.
Neapel. Dr. R. L e 1 1 i e r i und Dr. J. S c a 1 o n e habilitierten
sich als Privatdozenten für externe Pathologie.
P a v i a. Habilitiert: DDr. F. Marcona (medizinische Patho¬
logie) und Q. V e r d e 1 1 i (Geburtshilfe und Gynäkologie).
Philadelphia. Dr. R. H. S k i 1 1 e r n wurde zum Professor
der Laryngologie am Medico-chirurgical College, der Professor am
Jeiierson Medical College Dr. R. C. Rosenberger zum Professor
der Hygiene am Womans Medical College ernannt.
Prag. Prof. Dr. R. Schmidt in Innsbruck wurde an Stelle
des verstorbenen Prof. P r i b r a m zum ordentlichen Professor der
inneren Medizin an der deutschen med. Fakultät ernannt.
Rio de Janeiro. Der ausserordentliche Professor der Medi¬
zin Dr. A. Austregesilo wurde zum Professor der Klinik der
Nervenkrankheiten ernannt.
R o m. Der ausserordentliche Professor in Modena Dr. R. D a 1 1 a
Vedova wurde zum ausserordentlichen Professor der Orthopädie
ernannt.
(Todesfälle.)
Dr. N. P. T i c h u t k i n, Privatdozent für Histologie und Embryo¬
logie an der militärmedizinischen Akademie zu St. Petersburg.
Dr. Ph. H. Hiss, Professor der Bakteriologie am Columbia Uni-
versity College of Physicians and Surgeons zu New York.
Dr. Prince A. M o r r o w, früher Professor der Krankheiten des
Urogenitalapparates am University and Bellevue Hospital Medical
College zu New York.
Dr. J. R. Lerne n, früher Professor der Krankheiten der Re¬
spirationsorgane an der Universität St. Louis.
Dr. J. T. Dun n, früher Professor der Krankheiten des Rektum
an Kentucky School of Medicine zu Louisville.
Dr. L u i z da C u n h a F e i j ö, früher Professor der Geburts¬
hilfe und Gynäkologie in Rio de Janeiro.
(Berichtigung.) In der Arbeit: Riibsamen, „Klinisch¬
experimentelle Untersuchungen über die Wirksamkeit der Wehen¬
mittel in der Nachgeburtsperiode“ ist auf Seite 630 in der 4. und
5. Zeile von oben links statt „dass sich atonische Nachblutungen mit
Sekakornin allein nicht beeinflussen lassen“ zu lesen „dass sich
atonische Nachblutungen mit Sekakornin allein nicht sofort be¬
einflussen lassen“.
Korrespondenz.
Wir werden um Aufnahme nachstehender Zuschrift ersucht:
„Die Ausführungen von H. Berger in Ihrer Wochenschrift
(„Zur Psychologie der falschen Literaturangaben“, 1913, No. 12,
S. 652), sowie diejenigen von K. M a r b e in den von ihm heraus¬
gegebenen Fortschritten der Psychologie (Bd. I, H. 1, 1912, S. 6)
geben mir Veranlassung zu den nachstehenden Bemerkungen, welche
ein ähnliches Gebiet betreffen: Es handelt sich um die weitverbreitete
Gewohnheit der Druckereien, in Zeitschriften, Lehrbüchern und
wissenschaftlichen Werken nicht nur die erste Textseite, sondern
überhaupt jede Seite, auf welcher ein neuer Abschnitt oder eine neue
Abhandlung beginnt, ohne Seitenzahl zu lassen. Ich ver¬
mute, dass dieses Weglassen der Seitenzahl aus Gründen der
Aesthetik erfolgt. Aber ich glaube, dass die Nachteile dieses
Weglassens die Vorteile bedeutend überwiegen. Denn gerade die
erste Seite eines Abschnittes oder einer Abhandlung möchte man
zitieren und ist, da die Seitenzahl nicht angegeben ist, stets genötigt,
durch Umblättern sich die gewünschte Seitenzahl erst zu verschaffen.
Wer bei seinen wissenschaftlichen Arbeiten viel Literaturangaben
machen muss, empfindet diesen Zeitverlust manchmal recht störend.
Ausserdem besteht die Gefahr, dass Autoren, welche es mit der Ge¬
nauigkeit des Zitierens weniger ernst nehmen, die Angabe der Seiten¬
zahl aus diesem Grunde überhaupt unterlassen.
Ein zweiter hier zu nennender Uebelstand ist glücklicherweise
selten; er besteht darin, dass manche Zeitschriften in den, einer Ab¬
handlung beigegebenen, Separatabzügen die Seitenzahl, wie sie der¬
jenigen in der Zeitschrift entspricht, abändern und die Paginierung
im Separatabzug von 1 an neu beginnen lassen. Bei Zeitschriften mit
sehr grossem Format, bei denen der Separatabzug ein bedeutend
kleineres Format hat. mag diese Umänderung der Seitennumerierung
gerechtfertigt sein. Bei Zeitschriften, bei denen der Separatabzug
das gleiche Format hat wie die Zeitschrift selbst, wirkt die Abände¬
rung der Seitenzahl nur verwirrend. Der Separatabdruck ist dann
für die Zwecke eines genauen Zitierens unbrauchbar, wenn man nicht
die Zeitschrift selbst zur Hand nimmt und die richtigen Seitenzahlen
sich nachträgt.
Vielleicht geben, irn Interesse eines genauen Zitierens. die vor¬
stehenden Bemerkungen einen Anlass, das Paginieren der Zeitschrif¬
ten und der Separatabdrücke in entsprechender Weise durch¬
zuführen.“ Prof. Reichardt, Psych. Klinik, Würzburg.
Mitteilung zu der Arbeit von Herrn Dr. M a g n u s - Marburg über
„Wundbehandlung mit Zucker“.
(Diese Wochenschrift 1913, No. 8, S. 406.)
Im Hinblick auf die obenbezeichnete Arbeit und die von Herrn
Dr. Hoffmann- Dresden in No. 10 dieser Wochenschrift (S. 568)
No. 4
j dazu gegebene Notiz dürfte der Hinweis von historischem Inter
sein, dass Prof. Lücke, der einstige Direktor der chirurgis, '
Klinik in Strassburg, schon vor nahezu 30 Jahren über die Anwenu
| des Zuckers in der Chirurgie gesprochen hat. In dem Sitzungsbet i
des Ortenauer ärztlichen Vereins vom 9. Oktober 1883 (Aerztl
Mitteilungen aus Baden 1883, No. 24, S. 212) heisst es: „Herr i ,
I L ii c k e spricht über die erfolgreiche Einführung des Zuckers in
antiseptischen Verband. Anfangs wurde Naphthalin und Jodoform ii
Zucker versetzt und verdünnt; es stellte sich jedoch heraus, <