Skip to main content

Full text of "Rheinisches Museum für Philologie"

See other formats




Google 


This ıs a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before ıt was carefully scanned by Google as part of a project 
to make the world’s books discoverable online. 


It has survived long enough for the copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 
to copyright or whose legal copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that's often difficult to discover. 


Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the 
publisher to a library and finally to you. 


Usage guidelines 


Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work 15 expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken steps to 
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying. 


We also ask that you: 


+ Make non-commercial use of the files We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 


+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's system: If you are conducting research on machine 
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 


+ Maintain attribution The Google *watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 


+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in copyright varies from country to country, and we can't offer guidance on whether any specific use of 
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liability can be quite severe. 


About Google Book Search 


Google's mission is to organize the world's information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers 
discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the full text of this book on the web 


alhtto://books.google.com/ 








Mæcœmæær 7: σσεεέστετι͵ 


4 bo^ 1854) Ä : : 
LE. | lo £x | 3 


ren ? 








Rheiniſches Mufeum 


für 


»5itotosagít. 


Herausgegeben 


8. 8, Welcker und A. 5 Näke. 





Zweiter Jahrgang. 





— € Ας — 


Bonn, 
bei Eduard Weber. 
183 4. 


123). f inna 24. 
c) 
Din: W Goocunn 

Φιέω HH ζέ, 


Inhalt 
des zweitehlH Jahrgangs. 


σδ 
Drion, von Hofrath und Profeffor K. D. Müller zu Göttingen 


Ueber bie PYantomimen ber Römer, von Dr. C. 3. Grpfa " 
Oberlehrer am Fatholifhen Gpmnaflum zu Gótu. . 

lerander des Großen Shge dur Zuran, von Dr. 3 6. 
Droyſen, Privasdocenten zu Berlin . 

Weber die Inſchriften im Theater »" θε, von vro 
Qittting zu Im . 

Ueber ein neuentbedte$ Bruchſtück eines Binderiſgen Zbrenoe, 
von Dr. δ. W. Shneidewin gu Venet mit einem 
Sufabe von δ. ©. Welder 

Benträge zur Erklärung bes Wrifopfanet, von Dr. 6. : έν 
Leutfch, Privarbocenten zu Giéttingem - 

Unzeige. Le lever du soleil sur un vase peint m αμ. 
Blacas, publié par Mr. Th. Panofka 1833, yon 8. Q. Welder 

Bepträge zur Dentuug ber — Tafeln, von Profeffor 
2affen, Schtuß 

Die Phylen von Gió unb Din, von dor 2 D. Sutter 
in Göttingen . 

Kleine Bepträge zur £ateinifchen ων. von Vrr«o 
8. € á mend, in Frankfurt am Mai . 

Eos unb Tithonos, von 3. ©. Welder 

Nachtrag zu bem Wuffage über die Syn(doriften im Tora i 
Syrakus, von Prof. Göttling zu Sena - 

Die Engubinifhen Tafeln, von Dr, X. Lepfins in Ber 

Mothologiſche Miscellen, von 4. Säwend 

Drey Stellen be — don σον und ο e. 
Welcker 

9n jeigen. Ibyci carminum — ed. Fr. G. Schnei- 
dewiu 1833 und C. F. Ranke de Lexici Hekychiani vera 


origine et genuina forma Commentatio :831 ‚ von 8. ©. 
Weider 


203 


, 311 


Inhalt. 


Seite 
Inedita et nuper primum edita, VI, Epigrammata Graecas . 303 
Ueber ben aig id δεό — , von ολα κ Diane " 
Siefen . 305 
Aliquot Cornelii — lod recensentur, ton : ones, 
Gpmuaflaliehrer in Linz . 336 
Bepträge zur Erklärung des ών κά d ‚von €. 6 von 
gentíd. Beſchluß . 349 
Ueber den Plan einzelner bes - vae, von 8. d. 
Welcker 364 
Unaͤchtheit ber Rede des xylia gegen den Eolranter tenes 
von bemfelben . 9 391 
Anzeigen. C. F, Rauke de Lexici Hesychiani vera origine 
et genuina forma Commentatio, Befchluß, und Handbuch 
ber Archäologie ber zur von > o. ο: u von 
bemíetben . ϕι 
Callimachi Hecale, von U. 4. "T | " ; . 509 
Die Peſt, eine Statue in Φερίπα, von δ. ©. W. 589 
Weber Plat. Civit, I p. 327 a, von €. 4. von eutíd 591 
Myothologiſche Miscehen, von K Shwend - . 596 
Inedita et nuper primum edita, VII, Beytrag zn den Griechi⸗ 
(chen Wörterbüchern, von Dr. Er. Dübner, in Waris - 599 





O9 t io n 


En EIU OSEE ANUPEPEMS 


G, ift ein gerechte 9Riftrauen, mit welchem die Alterthums⸗ 
forſchung unferer Tage bie vor wenigen Sahrzehenden fo bes 
liebte Deutung der Mythologie, insbefondre ber Griechifchen, 
aus den Sternbildern betrachtet. Bel Dupuis war diefe 
Weiſe, die alten Neligiond » Sagen am deuten, ein revolutio⸗ 
närer Angriff gegen bie poſitive Religion; aud) der chrifle 
[tfe Glaube follte nach feiner Abficht dadurch als ein nich, 
tiger erfcheinen, bag alle Religionen auf einen in Bildern 
dDargeftellten Calenber zurücgeführt wurden. Unſeren Dents 
ſchen Mythologen fónnem ſolche Abfichten nicht vorgeworfen 
werden; ihnen fchien die Sagenwelt durch bie Beziehung auf 
den Sternenhimmel an Würde und Erhabenheit zu gemwins 
nem; aber fie bedachten nicht, wie oft fie, ftatt wahrer und 
natürliher Gefühle, ein [εετεὸ Spiel mit entleguen Bezie⸗ 
hungen und nüchternen Abftractionen als bie Grundlage finn» 
soller Mythen ausflügelten. Zugleich iſt dies wohl ber Theil 
der Mythologie, in mefdjem die Afriffe am weiteflen getries 
ben worden ifi; Vorausſetzungen, wie bie einer Belannts 
fchaft ber vorhomerifhen Griechen mit dem Zhierfreife und 


feinen. zwölf Zeichen, machen ganze große Parthieen in my» 


thologifchen Schriften ungenießbar für den, ber ber Ge, 

fhichte ihr Recht läßt; nnd man muß eà oft herzlich bebaus 

erm , von foldyen Borausfegungen und deren Folgerungen bie 

eindringenden unb fruchtbaren Ideen nicht trennen du fous 
R. Rhein. Muſ. f. Phi. II. 1 


9 Drion. ΄ 


N 


nen, weídje, au lebensvoller Naturanſchauung hervorgegans 
gen, uns von berfelben Mythologie dargeboten werben. 

Und bod) fcheint ed dem Berfaffer des folgenden Aufr 
(αθεὸ an ber Zeit, bie Betrachtung wieder zu den Ster⸗ 
nen-Mythen zurüczulenten, und den Berfudy zu machen, 
ob er diejenigen Cagen, deren Beziehung auf die Geftirne 
πώ fiher und deutlich darlegen laͤßt, im ihrer Entſtehung 
und Bedeutung der Phantafle ‚feiner Lefer näher bringen 
fonne. Die innige und naive Poeſie, mit ber die Griechi⸗ 
(te Vorwelt die Natur auffaßte und belebte, zu erneuern, 
und dadurch bie am tiefften [iegeubeu Theile der Griechifchen 
Mypthologie — gleihfam die ἀῑίεβει Lageruugen, weldje 
durch fpätere Niederfchläge am meiſten vecbedt und unfennts 
lich gemacht find — and Licht zu ziehen, ſcheint mir mod) 
immer eine ber fchönften Aufgaben unfrer Deutichen Philolos 
gie, wiewohl bagu die legten Sabre eben Feine Kortichritte, 
eher Nüdfchritte, gemadt haben. Grabe die Sternen » Eas 
gen können dazu die Einleitung machen; ba die Erfcheinuns 
gen, durch weídje diefe Gebilde der Phantafie hervorgerufen 
wurden, nod) ganz diefelben find, und auch unter unferm 
Himmelsſtrich beobachtet werden fönnen, gewähren fie eine 
nügliche Sorübung zur Herftellung ber Mythenpoeſie, welche 
fid an mehr locale Eigenheiten und vorübergehende Zuftände 
der Natur anfnüpft. 

Sc habe ſchon im Jahre 1824 δεί der durch limflánbe 
befchleunigten Abfafjung der »Prolegomenen zu einer wiſſen⸗ 
fhaftlihen Mythologie« einen Abriß über die Sternenmythen 
des Griechiſchen Alterthums gegeben, worin id) befondersd 
anf genaue Trennung ber wirklich aud bem Aublide ber Ges 
ſtirne hervorgegangen Sagen von ben Katafterismen der 
Alerandrinifchen Gelehrten gedrungen babe, welche letztern 
blos darin beftehen, bap für eine fdjou früher am Himmel 
gezeichnete Figur irgend eine Kabel oder aud) ein andred Ges 
fchichtchen gefucht wurde, wodurd der Figur fid) eine ins 


bj 


Drion. 3 


tereffante Deutung nnd mythologiſche Beziehung unterlegen 
ließ. Leber dies Verfahren — deſſen Fortgang und burd) 
die von Arat beichriebene Sphäre ded Eudoros, bie noch 
fo wenig Mpthologifches enthält, fla? vor Augen liegt — 
bat nad) denfelben Anſichten Buttmann geiprochen in der 
trefflihen Abhandlung: »Uber die Entitehung der Eternbilder 
anf ber Griechifchen Sphäres, welche er der Akademie ber 
Wiffenfchaften zu Berlin am 8. Iunins 1826 vorfaé. Bei 
fortgefegter Aufmerkſamkeit auf den Begenftand haben — fid) 
mir bie damals ausgeſprochenen Grundſätze noch mehr 5e 
feftigt5 nur bat fid) mir gugleih ber Kreis mírffid) alter 
Sternen » Mythen in einigen Regionen erweitert; in andern 
flebt mir Die urfprüngliche Auffafung deutlicher vor Augen. 
Sd) werde damit anfangen, Alles was von ben Sagen über 
Drion dem Sternbilde angehört, zu entwideln; und habe 
vor, in berfelben Form aud) die Mythen vom Sirius, den 
Pleiaden und Hyaden und einigen andern Geſtirnen au be 
handeln. 


Ziemlich alle Gejtirne, welche ber Griechifchen Sagen. 
poefie einen größern Stoff dargeboten haben, befinden (id 
in be m Abfchnitte ded Himmels, welcher von der Sonnen⸗ 
babm (übfid) liegt; nicht in bem fo viel groferm Raume, 
weldyer von der Ekliptik πώ nach dem Pole erftredt. Dort 
haben ziemlich in einer Linie Sirius, Orion, bie Hya⸗ 
den und Pleiaden ihre Stellung, von denen uur bie 
Pleiaden einige Grade norblid) von der Ekliptik entfert find. 
Zwar fommen auch unter ben Nordgeftirnen die Bärin oder 
ber Wagen, πεί bem Bärenwäcter oder Ochſen⸗ 
büter, frühzeitig unter diefen Ramen vor, indem fie den 
Griechen hauptfächlich zur Richtſchnur bei ihren Schifffahr⸗ 
ten dienten — denn bie dem Pol nühere Gonftellation δε 
fleinen Bären zum Augenpunft zu uehmen, haben bie 





4 Orion. 


Griechen erft fpäter den Phoenififhen — Ceefabrerit abge» 
lernt —; aber einen bedeutenden Einfluß diefer Benennuns 
gen auf die Geftaltung von Mythen Tonnen wir nicht nach⸗ 
weifen. Die mythologiſch bekannten Geftirne, melde (id) 
von dem Zobiacal » Sternbilde des Stierd längs der Mildyr 
firaße beim Pol vorbeiziehen, Perſeus, Kaffiepeia, 
Andromeda und Kepheus, haben allerdings das Eigne, 
bag Πε nicht, wie bad Pferd und ber Knieende und ber 
Sclangenhalter und Andre, zuerft unter Namen vorfome 
men, welche blo8 bie Figur bezeichnen, fondern , fobald man 
fie erwähnt findet, aud) gleid) biefe mythologifchen Namen 
haben, welche überbied alle von Perfonen einer und Derfels 
ben Königefamilie hergenommen find; deſſenungeachtet find 
die genannten Sternbilder der Griechifchen Poefie vor Alles 
ranber ganz fremd, und laffen fid) überhaupt erft auf ber 
von Aratos befchriebenen Sphäre des Eudorod nachweifen. 
Mir ift eà fehr wahrfcheinlich, bag man durch biefe Namen 
von Heroen und Heroinen, welche eine gewiffe, wenn aud) 
nur fcheinbare, Beziehung zum Drient hatten, Chaldäis 
(d)e Benennungen überfeßen wollte, welche aus einer ähnfis 
hen Fabel der orientalifhen Mythologie entnommen fein mo» 
gen. Daß aber etwa Perjeus und Andromeda und die mit 
ihnen verbundenen Perfonen in der Griechifchen Sage felbft 
urſprünglich fiverifhe Wefen feien, läßt fih durchaus nicht 
wahrfcheinlich machen; es i(t Fein Zug in biefem Mythen⸗ 
freife, welcher deutlich und beftimmt eine Deutung: aus bet 
Afrognofie verlangte. Was aber bie zuerft ausgeſprochene 
Bemerfung anlangt: fo erflärt fid) der Umſtand, daß bie 
mythologiſch wichtigern Geftitne füdlich von der Sonnenbahn 
ftehen, wohl genügend dadurch , bag biefe Sternbilder nicht 
das ganze Jahr über am Himmel erfcheinen, fondern zu Zeis 
ten unfichtbar find, wodurd ihr Erfcheinen doppelt merk⸗ 
würdig wurde und zu allerlei Combinationen Beranlafjung 
gab. Bei den Zodiacalgeftienen ift dies fchon weniger ber 





Drion. | 5 


Kal, fie würben beinahe im jeder Nacht fichtbar fein, wenn 
vom Aufgang θἱδ zum lintergang der Sonne völlige Dun, 
Betheit herrfchte ; aber bie Dämmerung, welche vor bem einen 
und mad) bem andern eintritt, bemirft, bag jedesmal bie ber 
Sonne zunächſt fiehenden Zodiaealgeftirne eine Zeitlang nicht 
gefehen werden können; welder Zeitraum für bie im Naden 
des Stiers fiehenden Pleiaden von Heflod befanntlih auf 
vierzig Tage angegeben wird. Die nörblicheren Geftirne 
aber, welche jede Nacht längere oder fürgere Zeit oder and) 
beitändig am Himmel zu fehen find, erfcheinen, wie alles 
Alltägliche, minder auffıllend, unb fonnten auch durch eine 
dichterifch kühne Phantafle ungleich (dymerer in Beziehungen auf 
andre SRaturereignijje , und dadurch in Bewegung und Hands» 
kung geíebt werden. Wenn man aber zu einer folchen Lage 
mod) eine fo auffallende Geftalt hinzunimmt , mie bie des 
Sternbilded Drion it, mit bem drei in einer Linie nahe zus 
fammenftehenden Gürtelfternen der zweiten Ordnung, und 
den ſechs andern hellen Sternen, welche hauptſächlich bie 
Stiftung der Arme und Beine an bezeichnen dienen, und (id) 
von feíb(t mit jenen zu dem Bilde eines riefenmäßigen Mans 
neß verbinden, womit bans bie Vorftellung aud) nod) ben 
nicht weit entfernten Sirius, bie erfle ber Sonnen am Nachts 
himmel, in Berbindung zu bringen ſucht: fo dürfen wir und 
nicht wundern, wenn ein folche® Sternbild vor allen andern 
zu Sagen und Mährchen die Beranlaffung gegeben hat. 1) 
Bon diefen Mährchen fcheint mir mod) nicht Alles richtig ge» 
deutet zu fein; grade denen, welche alle Heroen der Mytho⸗ 
logie auf Sternens Aufs und Untergänge und Kalenders&pos 
dn zurüdzuführen fuwten, bat fih ber Sinn für den nai 


v) Neben diefer AUnficht bes Sternbildes gab es freilich noch ei: 
ne andre wenig poetifche und gan, unmprhologifhe, aber gewiß ächt 
volfsmäßige , weiche bie Ὀτίοιό : Sterne qn der Figur eines coloſſa⸗ 
ien Qabuenfufges, ἀλεχτροπόδιο», verband. Der Gürtel bee 
Driva war baun der Sporu bed Dahnes. 








6 Drion. 


ven, halb treuherzigen halb ſchalkhaften Geiſt biefer Gat» 
tung von Kabeln oft am wenigſten erſchloſſen; wir wollen 
verfuchen,, durdy genaue Bergleichung ber Erjcheinungen des 
Sterubilded unter Griediifdbem Himmel mit ben auf den 
Drion bezüglichen Mythen eine möglichlt beftimmte und eins 
lendtenbe Deutung bet legteren zu erlangen , und auf [οίώε 
Weiſe die ſich alljährlich mieberbolenbe Geſchichte des Drion, 
wie fie fich in ber Einbildung bed. Griechifchen Volls zufams 
πιεπερίε, darzulegen. 

Wir beginnen mit dem erften Erfcheinen ober bem 
Srühaufgange ded Orion im Sommer, 

»wann man zuerft erfchaut Orions mächtige Stärfe«, 
wie Heflob fagt. 1) Go lange bie Sonne fid) in ihrer Laufe 
bahn oberhalb ded Orions im Stier und den Zwillingen bes 
findet, Tann dies Sternbild die ganze Nacht nicht gefebem 
werden; erft wenn die Sonne bie gegen dad Ende des Stern« 
bilds ber Zwillinge vorgerädt ift, wird unterhalb ber vor (60, 
rem Aufgange fich erhebenden Sobíacalgeftirne am Ende ber 
Stadt etwas vom Orion fidhtbar werben können, ehe bie 
Ctrabfen ded Tages ed unmöglid) machen, die über dem Kos 
rigont befindlichen Geftirne mit unbewaffnetem Auge zır ers 
fennen. Rad) Eudoros bem Knidier (350 o, Cr.) fing Drion 
an fihtbar zu werben, menn bie Sonne beu 24ten Tag üt 
den Zwillingen (tanb; an demfelben Tage fab man nad) δι, 
ktemon (430 ο. Chr.) die Schulter be$ Orion hervorfommen, 
b, D. Die rechte ober weftliche mit dem Sterne Bellatrir. 3) 
Nach Demokritod (420 v. Ehr.) trat diefer Aufgang erft ben 
2iten Tag ber Zwillinge ein. Für Heſiods Zeitalter (800 v. 
Chr.) wirb der Frühaufgang des Drion auf den neunten Sue 
liu, nad) Julianiſchem Kalender, berechnet. 4) Se weiter 


2) Zage und Werke V. 598. Göttt. 
3) Geminnus Gifagoge p, 365. ed. Altorph. 


4) Sbeleg Handbuch der Cfronologie Bd. I. &, 247. vgl. Lehre 
bud ©. 102. : 








Deion. 7 


aber die Sonne (n den Krebs vorrückt, um deſto mehr Zeit 
gewinnt Orion fich vor Tagesaubruch über den Horizont zu 
erheben; am elften Tage bed Krebſes fab man nadj Cubo 
χοῦ 5) fchon die ganze Figur Ὀεβείθεις umb von Tage zu 
Tage fállt nun der Aufgang bed Geflirné weiter in bie Nacht 
binein, fo daß er etwa am Ende des Standes der Sonne im 
Löwen, gegen die Mitte bed Septembers, ſchon um Mitters 
nacht aufgeht, und fid bereits in feinem SHöbenftlande befin⸗ 
det, wenn bie aufgebenbe Sonne ihn feines Glanzes beraubt. 
Ehe aber Drion biefe Höhe am Himmel erreicht hat, 
fam ed bem, der die Erfcheinung des Eeflirnd in einer eins 
zelnen Nacht betrachtet, fcheinen, als folge bie Morgenröthe 
dem Drion gleídjam auf dem Fuße und als wolle fie ibn 
sicht am Himmel herauffonımen faffet, und fo entwidelte ftd 
beim Griechiſchen Volke die VBorftelung »€06, bie herauf 
fommende Tageshelle, raube den Drion,« woraus denn nach 
ber Art alter Raturmythen eine Liebeögefchichte murbe. Eos 
liebt den Drion und raubt ibn fi zum Gemahl, lautete bie 
einfache Volksſage. Daß beffenungeadhtet Orion jeden. Tag 
beber heraufkommt, und ben Umarmungen der Eos fpäter 
anheimfälle, darauf nimmt die Dichtung biebei feine Rück⸗ 
fit, indem fie fich blos an bie Erfcheinung einzelner age 
halt. Schon Homer laͤßt die Atlas Tochter falppfo über bie 
Härte der Götter, die aud) ihr ben geliebten Mann nicht 
[offen wollen, fid) auf ſolche Weiſe beklagen 6): 
Arg feid ihr, o Götter, nnd eiferfichtig vor Anbern, 
Daß ihr den Göttinnen grollt, die (id fterblidien Maͤnnern 
gefellen, 
Ihe” εὁ zu hehlen, wenn eine ben lieben Gemabl (id ers 
febren. 
So ald den Orien ſich geraubet die rofige Eos, 
Grolltet ihr jener fo lang, ihr leicht binfebenbem Götter, 
5) Geminus Cijagoge p. 345. 
6) Obyffee V. i21. 


8 Drion. 


Bis auf Ortygien ihn die goldenthronende Jungfrau 

Artemis, fchnell annahend , mit milden Gefchoffen getóbtet. 
Co flat eà nun bier ift, bag bie Morgenröthe den Orion 
auf feine andre Weife raubt, als indem fie ihn verfdiminben 
läßt 7): fo wenig‘ läßt fid) bod) die daran gefnüpfte Dichtung 
von ber Tödtung beó Orion burd) die Artemis bamit in ei« 
nen innern Zufammenhang bringen, Wollte man etma aud) 
(id) erlauben, fchon bei Homer bie Artemis für den Mond 
anzufehen : und den Mythus darauf zu beziehen fuchen, wie 
durch das Licht des wachfenden Mondes die Sterne immer 
mehr verbunfeít werden: fo hätte dies bod) nicht leicht ald 
eine Tödtung ded Drion, be(fet Hauptiterne dabei immer 
fihtbar bleiben, gefaßt werden fünnen; und eben fo wenig 
würde ſich auf bieje Weife zwifchen dem Raube durch bie 
E08 und der Toͤdtung durch bie Artemis ein natürlicher Zur 
fammenhang ber Erfcheinungen am Sternenhimmel nachwei⸗ 
fen laffen. Hier wird eà alfo gerathen fein, eine auf ans 
berm Boden gewachfne, nicht auf bad Sternbild Orion bes 
zügliche Fabel anzunehmen, welche die epifdie Poefle zeitig 
mit jener fiverifchen zu einer dem Scheine nach ſich natürlich 
entwidelnden und burd) die gewöhnlichen Neigungen und Leis 
benfchaften der Götter ganz gut motivirten Erzählung vers 
webt hat. 

Man darf (id) freilich billig verwundern, wie fhon Ho⸗ 
mer eine Dichtung, bie ſich fo Far auf dad Verſchwinden 
eineg Geflirtà in ber Morgenröthe bezieht, unter andern δεί, 
fpielen unglüdlicher Bermählungen von Gottimnem mit Sterb« 
lichen fo ganz mit der Miene erzählen fonnte, als trage er 
eine wirfliche Begebenheit and früheren Jahrhunderten vor. 


2 Die ἆλληγορία des Mythus bei Euſtathios und. ben Scholien: 
Die Leihen ſchoͤner Jünglinge feien vor Tagesanbruh zu Grabe ge: 
tragen worden, ald wenn die Sonne das traurige Schaufpiel nicht 
fehen dürfte; barum habe man gefagt, Drion fel von ber Eos ge: 


vaubt worden ; fommt gegen jene einfache und natürliche Erklärung 
ia feinen Betracht. 


Drion. 9 


Man kann dies auf zweierlei Weife erflären. Entweder war 
der Sinn ber damaligen Sänger wirklich (dou fo febr von 
ben Ericheinungen bed Sternenhimmeld und ber Natur, welr 
che ber Phantafle früherer Zeiten zu fo vielen Gebilden bie 
Beranlaffung gegeben hatten, abgemenbet, baß fie ben Raub 
des Drion durch die Dorgenröthe nacherzählen Tonnten ohne 
daran zu benfen, bag (id) dies immerfort auf biefelbe Weife 
am Simmel begebe. Diver in bem alten Sänger ift, bei 
fcheinbarer Ehrlichkeit, fo viel Berftellung,, daß er, bie 8e 
ziehung ded Mährcheng wohl fennenb, (id) abfidytlid) hütet, 
fid) davon etwas merfen zu laffen. Wenn bie lebte Annah⸗ 
me keineswegs in allen Fällen zu verwerfen ift: wirb man 
πώ bier bod) wohl für bie erftere entfcheiden: aber in bem 
einen wie in dem andern Kalle find folche Stellen im Homer 
febr Ichrreiche Beifpiele für ben großen Hauptfag der Grie⸗ 
chiſchen Neligiond e und Mythengeſchichte: bag in der Zeit ber 
Homerifhen Ῥοε[ίε bie alte Raturfabel nicht mehr 
in ihrem eigentlichen und urfprünglichen Zufammenhange bars 
geftellt und verftanden wurde, fondern nur einzelne Bruch 
flüfe davon, aufgefaßt im Geifte der heroifchen Mythologie, 
in der unermeßlichen Fluth von Sagen mit fortgetrieben wur, 
ben. Ein genauered 9tad)beufen über folhe Stellen würde 
wohl aud) Voß gelehrt haben, bag baé fo oft gegen das 
höhere Alter der Raturfabel aufgerufene 3eugnig Homers, 
mit feinerem Ohre vernommen, grabe für ein fo hohes Al⸗ 
ter berfelben fpricht, bag fie Damals fchon zu einer fall 
unfenntlichen Ruine geworben mar, aug welder wir erft 
den fchönen Plan ber álteften Griechifchen Dichtung herzuftels 
[ει die Aufgabe haben. &) 


8) Ich wünſchte, taf tRibf d$ zur Stelle der Odyſſee, Erklaͤren⸗ 
be Snmerfungen Bd. Il. ©. 22, fid) mehr darüber ausgeſprochen has 
ben módte, mie er die Gage auffagt. Nah ben Worten » Den 
Orion, den Jäger von ausnehmender Etärfe und Schönheit, hatte 
fid) Eos zum Liebling erforen. Wir finden ihn bei Homer fdou mie 
beiden Spätern als &ternbilb« Bann mau nod) nicht binlänglich urtheilen. 


10 Drion. 


In ber folgenden Zeit des Jahres geht. Orion immer 
mehr gegen den Anfang der Stadjt auf. Wenn die Sonne 
im Scorpion fteht, alfo ungefähr in ber Mitte zwifchen Herbſt⸗ 
Aquinoctium und Winterfolftitium , danız geht er in Gries 
chenland atronychifch ober zum letztenmale ſichtbar am 
Anfange ber Nacht auf. Euboros giebt den zwölften Tag 
des Scorpions ald den Beginn des akronychiſchen Aufgangs 
bed Driond an. 9) Gebt bewegt fich aljo das mächtige Sterns 
bifb die ganze Nacht am Himmel hin, und wenn bie Sonne 
aufgeht, (inft er am weftlichen Horizont hinab. Auf biefer 
Bahn bewegen fidy vor dem Orion ber bie beiden Sterngrups 
yeu der Pleiaden und Hyaden. Die Pleiaden ober dad 
Siebengeſtirn, είπε bichtgedrängte Gruppe Pleiner Sterne, Πε, 
ben über ber vechten Schulter ded Orion, wenige Grabe nbybs 
lich von ber Efliptit; fpdter murben fie zum Nüden des 
Stiers gerechnet, wie die Hyaden den Kopf diefes Zodiacals 
Bildes vorfteltten; das Somerifdje Alterthum wußte von dies 
fer ganzen Eintheilung noch nichte. Die Hyaden, etwas (15, 
lid von der Efliptit, ſtehen Drion mod) näher; ber gläns 
zendite Stern bed Dreiecks, welches fie bilden, Aldebaran, 
ftebt in einer Rinie von dem Schulterfierne des Drion, Bellas 
trier, nad ben Pleiaden bin ziemlich, in der Mitte. Die uns 
ter dieſen Sternbildern am meiften weßlich geftellten Pleiaden 
erreichen gegen die Mitte der Zeit, in ber bie Eonne im 
Scorpion ftebt, zuerfi vor Tages⸗Anbruch den weltlichen Hos 
font; je weiter bie Sonne vorrüdt, um befto früher trifft 
ihr Untergang vor den Aufgang ber Sonne. Demofritod 
fet den erften fichtbaren Untergang ber Pleiaden auf den 
vierten Tag bed Scorpion; gewöhnlich werden aber von den 
alten Sternenbeobadhtern die Tage zwiſchen dem fünfzehnten 
und neunzgehnten angegeben; 10) Mad) Speler traf diefer Un⸗ 


9) Bei Geminus a. O. p. 351. 
1ο) Bei Φ eminus p. 251. 





Dricn. 11 


tergang in Seffobé Zeit ben dritten Rovember nach Juliani⸗ 
fhem Kalender, den (edià und zwanzigften October παΦ Φις 
gorianifchem. 11) Die Hyaden fieht man nach ben Aftronos 
men bei Geminus zuerſt untergehen am fieben o. ober neum 
und zwanzigften Tage des Scorpion, nach Ideler traf biefer 
Untergang in Heſiods Zeit auf den fliebenten November nad 
Sulianifhem Kalender. 12) Indem δίεε untergehen, hat 
man fchon mehrere Sage den unteren ‘Cheil ded Orion vor 
Tages » Anbruch unter den Horizont hinabfinfen geſehen; aber 
erft nach den Hyaden taucht er fih ganz (m die Wogen des 
Drand. Der Frühnntergang dei Drion wird baher 
bei Geminus vom neunzehnten Tage bed Scorpion bid zum 
achten Tage des Schügen angeſetzt; jet wird für den vllt 
gen Untergang ded Drion in Heſtods Zeit ber fünfzehnte Row 
vember nad) Sulían. Kalender ausgerechnet. 

Diefe Zeit des Jahres bezeichnet Heſiod, indem er dem 
Zeitpunft angeben mill, von welchem an ba$ Meer burch bie 
Herbſtſtürme für bie Griechen unfchiffbar wurde, mit bem 
Worten : 

Wann dad Pleiadengeflirn vor der Riefengewalt 
Driong 
Flüchtig hinabwärts finfet zum nebelumfchatteten Meere. 13) 
Drion wird nämlich bier als ein gewaltiger Kämpfer unb 
Syüger gedacht, bem wilden Jäger ımfrer Sage nicht unähns 
lid), mie er aud) noch in der Unterwelt gefpenftifd) die Schats 
ten der Thiere mit eherner Keule vor fíd) herjagt; 14) vor 


11) Handbuch der Epronologie Bd. I, ©. 24a. 246. 
13) Handbuch ber Ehronologie G. 246. Lehrbuch ©. 103. 


15 Tage und Werke V. 619. Goͤttl. Von derfeiben Zeit Theo 
Prit XII, 54. 

Χώταν dq! ἑσπερίαις ἐρίφοις νότας ὑγρὰ dieixy 

κύματα, x Ωρίων 81 in’ ᾽ώκεανῷ πόδας ἴσχεν, 
Daher ber Drion nimbosus, Virgil Aen. I, 535. aquosus, IV, 5a. 
saevus VII, 219. und Viel dergleichen bei ben Sidtern. 


sh) Odyſſee ΧΙ, 571. — Mein verehrter Freund,  Sorofe(for W. 





19 Orion. 


ihm müſſen (idi bie Pleiaden flüchten, und werben in dieſer 
Zeit ded Jahres geuöthigt, f) in die Wogen des Dceand zu 
retten. Dabei fiellte man (id) die Pleinden ohne Zweifel urs 
fprünglic ale einen Zug wilder Tauben vor: eine Vor⸗ 
ftellung, die fídy zugleich aus dem Anblide der Sterngruppe 
unb aud ber Achnlichfeit des Klanges zwifchen den Namen 
Πληιάδες unb πελειάδες fehr natürlich entwidelte; and einer 
finnvollen Stele Homers, 15) deren genauere Cntioidelung 
bier den Zufammenhang unterbrechen würde, 16) weiß man, 
. daß (eit alten Zeiten bie Pleiaden, mit deren Frühaufgange 
bie Getraibe » Erndte in Griechenland anhob, als Tauben ges 
faßt wurden, welche, vou ber Welt Enden herflatternd , den 
Dlympifhen Göttern 9hnbrofía brädten. Diefe Jagd des 
Drion war überhaupt in der früheren poetifchen Borftellung 
nicht (o beſchraͤnkt, wie nach ber fpätern Cintheilung ber 
Sternbilder, wonach man bem gewaltigen Stiefen einen toes 
nig in bie Augen fallenden Hafen ald Gegenftanb feiner Jagd 
unter die Füße legte; vielmehr [ie man fie fid; über dem 
größten Theil des Himmels erftreden; aud) bie Bärin 
Drebt am Himmel ſich ringe, Orion immer erfpähend, 
Cie bie allein niemald in Dfeanos Fluthen (id) babet, 

wie eine homerifhe Stelle fie fchildert. 17) Sie erfpäht beit 
Drion und lauert auf feine Bewegungen, weil fie immer beu 
Kopf auf ihn zumendet, uud ihn mit ihren Bliden zu vers 
folgen fcheint ,„ als fürchtete fie, daß er plöglicd auf fie [ods 


Grimm, macht mid anf eine Menge auffallender Vergleichungs⸗ 
puufte des Orion mit dem wilden Jäger aufmerffau, die wohl 
gu der Unterfuchung anregen fónnten , ob beiden Sagen wirklich eine 
gemeinfame Grundlage anfomme. 

15) Odyſſee XH, 62 ff. 

16) Auch faun dafür befogberó auf Völders Mothofogie bet 
Sapttiben C. 83 (f. verwiefen werden. Ueber bie Pieiaden ald Tau⸗ 
ben Nitz (d zur Odyſſee V, 269. 

17) Otgffee V, 274. ἥ v αὐτοῦ στρέφεται y. f. m. «ἀὐτοῦ, 
am Himmel ſelbſt vollenden (fe ben Kreislauf, nicht zum Theil unter 
bem Horizent. 


Drlon. 13 


gehen werde. Man ficht daraus, bag man fid) bad Stern⸗ 
bild des großen Bärd im Ganzen eben fo gerichtet dachte, 
wie man e$ jeßt zeichnet; nur muß man bem and vielen klei⸗ 
nen Sternen beitehenden ftopfe des Thiers nicht die Figur 
der heutigen Himmelsfarten, fonberm die mad) der Stellung 
der Sterne natürlichere Richtung geben , in welcher er arabe 
gegen den Orion gewandt i(t, fo bag man aus ber Cage dies 
{εὸ Kopfes der Bärin den Stand des Drion, auch wenn dies 
fe$ Sternbild fíd) unter dem Horizont befindet, fogleidh abs 
nehmen fann. 19) Natürlich wurde in dieſes große Syagbbiib 
από das Hundsgeftirn αἴδ Sagbbunb des Orion mit 
aufgenommen; daher fhon bei Homer ber in Waffen ſtrah⸗ 
fenbe, aus ber Ferne leuchtende Achillens mit dem Sterne 
verglichen wird, | 
Welcher zum Fruchtherbſt fommt, unb im Dunkel der 
fhwärzeften Nachtzeit 
Unter dem Sternengewähl vorleuchtet mit funkelnden Strah⸗ 
len, 
' Welchen bie Menfchen den Hunb Orions nennen mit 
Namen: 
Es iſt der ftrahlendfte Stern, bod) zu fchäblichem Zeichen 
geſetzet, 
Weil viel ſengende Glut er zum Schmerze der Menſchen 
herbeiführt. 19) 
Jedoch war es doch wohl bei dieſem Geſtirne nicht die Ge⸗ 
ſtalt und die Stellung gegen Orion, die einen Hund darin 
finden ließ, ſondern man hatte den Sirius wegen der ihm zu⸗ 
geſchriebenen Wirkungen ſeit alten Zeiten als einen wüthen⸗ 
den Hund am Himmel angeſehn; da man nun aber einmal 
dieſes Thier in ibm faf, mar ed natürlich, bag man ihn mit 
Drion in Verbindung brachte, und an jener großen Jagd 
unter den Sternbildern feinen Theil nehmen ließ. 


18) Buttmann über die Entfiehung der Cternbilber ©. 17. 
19) Ilias XXII, 27. 








14 ODrion. 


Wenn ao urfprünglich wohl aud) die Verfolgung ber 
Pleiaden ald ein Theil des Drionifhen Waidwerks gefaßt 
wurde: fo haben dagegen bie Dichter des Alterthums das 
Berhältuiß fo ausgebildet, bag bie Pleiaden als fchüchterne 
Zungfrauen gedacht werden (wie fie denn auch Φε[οδοδ fchon 
Arlass Töchter nannte), Orion aber ald ein wilder Riefe, 
ber fie ober ihre Mutter mit leidenfchaftlicher Begierde vers 
folgt. Für biefe Erzählung werden fchon bie kykliſchen Epi⸗ 
fer 20) und Piudar 21) angeführt, welder aud) in einer ans 
dern Stelle22) fagt: es ziemt (id), bag Orion nicht weit fei von 
den bergentfproffenen Peleiaden. Pindar fol auch fchon er» 
zählt haben, daß Zeus bie von Orion fliebenben Pleiaden, 
um ibrer Angft ein Ende zu machen, in Tauben verwandelt, 
und alé Zeichen der Sahreszeiten an den Himmel ρε[εθί habe. 
Wobei freifich, wie in den Dichter» Mythen fo oft gefchieht, - 
der Zufammenhang der Sache grade umgebreht wird, indem 
die 9Imme(enbeit der Pleiaden am Himmel, der Urfprung ber 
Vorſtellung von ihrer Verfolgung durch Orion, nun ale eis 
ge mittelbare Wirkung beríelbem vorgeftelt wird. Bei Späs 
teren kommt diefe Sagenform häufig vor. 23) 

Bon bem oben bezeichneten Seitpunfte (inft nun Drion 
jeden Tag längere Zeit vor Tages s 9Inbrud) unter den Ho⸗ 
rigont, fe bag er, wenn bie Sonne im Waſſermann fteht, 
ífon am Anfange der Nadıt culminirend erfcheint und um 
Mitternacht untergeht. Sit die Sonne im Widder, fo Πευί 
man den Drioa nur nod) grade herabfinten, wenn eben erſt 


a0) Bei den Scholien zu Ilias XVIIT, 486. 7 Ἱστορία παρὰ τοῖν 
κυχλικοῖς. In die Erörterungen über bie Bedeutung diefes Aus⸗ 
drudes Fann ih Hier uod) nicht eingeben. 

21) Sragment 11 aué deu Ditbpramben, beim Etymol. 9X. p. 
625, 33. u. Euftarhiog zur Il. XVII p. 1155. Rom. 


22) Nemea II, ı2. Auf Die Paronomafle in diefer €tefle hat 
Diffen aufmerffam gemadt. 


33) Hpgim Poet. astron, II, 2:1. S t$endos XI p. 49o. Echo: 
[ία µας iae XVIII, 486. 





Drion. 15 


dad Dunkel ber Nacht eingetreten it; ver Spätunter⸗ 
gang des Sternbildes tritt ein. Eudoxos giebt bie Tage 
von breizehnten des Widders θἱδ zum erſten des Stiers als 
bie Zeit an, in welcher nad unb nad) das ganze Sternbilb 
des Drion verfchwindet, 22) Während ed aber (rüber. beim 
Anfange ber Nacht am Sübbimmel ziemlich body in anfredys 
ter Stellung erblidt murbe, fieht man e$ jest mur fchräg ger 
gen den weſtlichen Horizont liegen, weldye Stellung aud) Ho⸗ 
taj anbentet, wenn er den herbftlichen Gübipinb 
den wilden Genoſſen bed vorgeneigten Orion 

Wennt. 25) Alsdann fommt bem Orion die Sonne zu nah, 
als bag er nod) am Abend fichtbar fein könnte: er bleibt et» 
ne Zeitlang verborgen, und ed vergehen unter bem Himmels⸗ 
ftrihe Griechenlands über fünfzig Tage, che Orten wieder 
gegen Morgen am Oſthimmel, der Sonne vorauégebeub, 
fihtbar werden und der oben erwähnte heliakiſche ober 
Srühanfgang eintreten fann. 

Diefe dem Orjon eigenthümlichen Berhältniffe haben bem 
Etoff zu einem feltfamen Mähren gegeben, welches fid) 
feiner Abentheuerlichfeit ungeachtet bod) beinahe in allen Züs 
gen vollfommen (idyer erflären läßt, wie aud) bie Alten bie 
Beziehung defielben auf dad Geſtirn theilweile erfannt δα, 
den. 20) 


a4) Gemíuus a. D. p. 261. 263. 
25) Carm. I, 28, 23. devexi Orionis, 


26) Unter beu Steuern fot Völker, Mythologie ber Japetiden 
€. τιή ff. die meiften Züge δίε[εό Mythus (don ridtig gedeutet. — 
Die folgende Geſchichte it entnommen aus 9 ppollobor J, 4, 3. 
$v»gín P. Α. IH, 34. Gratoftb. Katafler. 3. Parthenios ao. 
Gervius zur Weneis X, 763. Theon zu rat. Phaen. 353. 
Schol. Jtifanb. Theriaka ı5. Dal. Arat. Phaen. 640. πεθᾷ ben 
€do(. Tyesg. Chil. HII, 226. Lufian π. τοῦ olxov 28. Man 
vermushet { Schneider zu teu €dot. 9tifanb. a. D.), daß Pin: 
dar in ben Dithyramben bie Geídidte (don behandelte; doc id died 
auf jedenfoll zweifelhaft zu fielen. €. Diffen zu Pind. Dithpr. 
€. 625. Dagegen ift es fiber, ta6 Sophokles im Kebalion, eis 
nem Drama Sauprifon, den Mythus berübrte; aud fanm das bar: 





16 frt. 


Drion, heißt ed, fam aus feiner Heimath Boeotien 
nad) bem Eiland Chios, und freite hier um die Tochter des 
Könige Denopion (ded Weinmannes), ber ein Sohn war 
beà Gottes Dionyfos und ber Ariadne. In feinem Dienft jag: 
te er ald rüfliger Jaͤgersmann alled Wild, bad auf der Ins 
fel zu finden war. Als aber Denopion die Heirath immer 
weiter binausfchob, brad) Orion in ber Xrunfenheit das 
Schlafgemad der Jungfrau auf, und fchänbete fie. (SInbre 
nennen dabei, ftatt ber Tochter. bed. Denopion, Merope , fei 
πε Gemahlin, Aerope, als die von Orion entehrte.) Die 
Satyrn aber, mit denen Drion geged)t batte, binden ihn und 
überliefern ihn fo dem Denopion. Denopion brennt ihm aur 
Strafe bie Augen aus, und wirft ihn hilflos an bie Küfte 
bin. Drion tappt nun blind umher, bis er aus der Ferne 
das Gerüu(d) einer Schmiede « Effe pernimmt, und diefem 
folgend zur Werfftatt des Hephaͤſtos unb der Kyklopen, in 
Lemnos, gelangt. Der Keuergott giebt dem Orion hierauf 
den Knaben Kedalion zum Führer, "ben ar auf feine Schul: 
tern (egt und fich von ihm leiten Tágt. Der Knabe führt den 
Sion burd) den Okeanos immer gegen Often, fo daß bie 
Sonne beftändig in feine Augenhöhlen ſcheint. Auf diefe 
Weiſe geben ihm die Sonnenftrahlen das Augenlicht wieder, 
und Orion eilt, von neuem fehend geworden, zurüd, um 
den Denopion zu flrafen. Doc, diefer hat (id) indeß in ein 
von Hephäftos gebautes unterirdifches Gemad) geborgen, mo 
Driond Rache ihn nicht mehr erreichen kann. 

Zur Erklärung dieſes Maͤhrchens gehört nun vornehmlich 
ber Umftand, bag man die Erfcheinungen beà Drion nebft 
dem Sirius in Verbindung brachte mit dem Reifen und Leien 
des Weines Der Wein fing an zu reifen, wenn Drion 
fid) am Himmel erhebt. Man jchrieb dies befonderd ber Eins 
wirfung des Sirius zu, be(jem Frühaufgang nad) Meton 


aus Wugefüprte: αὐτοχτίστους dd y 394 fid) auf das DEREN Φε; 
mad bezogen haben, das in der Sage vorkommt. 


Drion. 17 


(430 v. Cbr.) auf den fünf unb zwanzigften, nad) bem gleich» 
zeitigen Cuftemon und nad) Cuboros$ auf den fieben unb 
zwanzigften Tag bed Krebſes fällt; 27) in Homers Zeit ers 
eignete e& fid) am Ende des Monats Julius. 25) Diefe «Bor» 
ftellung veranlaßte mehrere Sagen, ttamentlich die Netolifche, 
Bach welcher der Weinftod, alà ein Holzftüd, von bem Quite 
de Maera oder Sirind geboren wird. 39) Go (ange nun alfo 
der Wein reift, ift Drion bem Könige Oenopion, deffen Na⸗ 
me nur ber zur Perfon geftempelte »Weine ift, bem Beherr⸗ 
fdyet der tranbenreihen Inſel Chios, bienflbar, und jagt ihm 
bie Thiere am Himmel. Natürlich nimmt er bann aud) ander 
Weinleſe Antheil, und beraufcht fi (m frifchgefelterten Moft. 
Run beginnt in Griechenland die Weinlefe, nad «Οε[οδὸ 
SSerfdyrift, in der Zeit: 
Wann (id) zur Himmel! ‚Mitt Orion und Sirins heben, 
Und das Geſtirn Arktur anfchauet die rofige 606. so) 

Hiermit wird der Frühaufgang des Arktur bezeichnet, welcher 
nach den alten Parapegmen vom zehnten bis zwanzigften Tage 
des Standes ber Sonne in der Jungfrau flattfand, 51) und in 
Heſiods Zeit auf den achtzehnten September traf; 51) man 
betrachtete ihn ald ben Beginn des eigentlichen Herbſtes (Mes 
toporon). In derfelben Zeit bed Jahres geht Drion um Mits 
ternacht auf, unb iſt bid zur Mitte be& Himmels hinan ge 
fliegen, wenn der Morgen anbricht, unb, wie Heflod fagt, 
bie Eos den Arktur anfchauet. Bid dahin ift alfo Orion im» 
mer aufwärts gefliegen; von ba an beginnt er abwärts au 
finten. Diefes Herabfinfen betrachtete ber Volkswitz als eine 
Φοίρε der Theilnahme des Drion an bem mit ber Weinlefe 


37) Geminus a. D. p. 265. 
48) S beler Handbuch Br. I. ©. 244. Lehrbuch 6. 102, 
29) Bol. aud Nonnos Dionyſ. XII, 287. 
3o) Tage und Werke 609. Goͤttl. 
Δι) Guftemon bei Geminus p. 14ο. 
94) Ideler Qantbud Bd. Ι ©. 247. 
m. Rhein. Muf. {. €5it, 11. 3 


18 Drion, 


verbundnen Zechgelagen. Man konnte babei (mbeg auch bett 
Stand des Orion in fpätern Monaten vor Augen und in 
Gedanken haben, da die Weintefe fid in Griechenland durch 
mehrere Donate hindurchziehtz namentlich traf das Attifche 
Weinleſe⸗Feſt der ländlichen Dionyfien erft in ven Poſeideon, 
gegen das Winter » Solftitium, alfo in eine Zeit, in welche 
Drion bereitd untergehend den Horizont erreicht hatte, und 
ſich alle Tage früher in die Wogen des Oceans fenfte. Im 
diefer Jahreszeit fonnte theild das Herabſinken bed Drion, 
theild die fchräge Stellung, in der bie Niefenfigur (id) über 
die Erde hinzuftreden fchien, wohl am leichteften auf bte Bot» 
ftelung eines Trunfenen führen. Merkwürdig, daß aud) 
ber hebräifche Name des Drion Kefil einen Unbefonnenen 
und Thoren bezeichnet; s3) es fcheint bag e& ben alten Böls 
fern febr natürlich war, den Drion zwar ald einen gemaftis 
gen Riefen, aber auch alà einen übermüthigen und thörigten 
Gefellen anzufehn. Die in diefer Trunfenheit vollbrachten Uns 
thaten werden burdj die «Blenbung ded Rieſen gerochen. 
Es ift von felbft Mar, daß fid) dies auf das gänzlihe Vers 
fdiinben beà Drion im Frühjahr bezieht. Er irrt nun blind 
und unfichtbar umher, feine Augen haben ihr Licht verloren, 
Niemand fieht ihn. Wenn für und hierin eine Verwechfelung 
des Aftivum unb Paſſivum zu liegen ſcheint, fo war biefe 
dem Alterthum weniger befrembenb, wo τυφλὸς, caecus und 
andre Bezeihnungen von Sinnenthätigfeiten oder deren Mans 
gel in fubjectivem und objectivem, ober activem und paffivem 
Sinne genommen werden. Hierauf vergehen einige funfzig 
Tage, dann erfcheint auf einmal der Sternensftiefe , welchen 
man in Weſten verſchwinden gefehen , in Often wieder, und 
erhebt fich mit erneuertem Gange. Das [εθτίε bec Augen» 

33) G4 i mir nicht unbefaunt, daß die Deutung bes 5195 
auf den Orion nicht allgemein angenommen iſt (vgl. Ideler Unters 
fudunaen über den Urfprung der Gteru:9tamen €. 264): doch (eint 


mir am meiften dafür zu fprehen. Wenn man Kefti durch Gigant 
erklärt, thut man bem Worte offenbar Gewalt an. 








Orion. 19 


ſchein, bag Orion bei ber Sonne geweſen war; früher hatte 
man ihn der untergeganguen Sonne nachſinken fehn, jebt 
fab man ihn vor ber aufgehenden emporfommen. Die Cone 
babe ibm mit ihrer Feuerkraft die Augen wiedergegeben, war 
eine ganz natürliche Vorſtellung. Daß er dabei feinen Weg 
durch den um ben Erdkreis firömenden Okeanos genommen, 
beruht auf derfelben Vorkellung, nad) welcher ber Sonnen⸗ 
gott — wie Mimnermos und Pherelybes erzählten, — wenn 
er im Weſten vom Himmel niebergefahren ift, auf goldenem 
Rachen über bie Fluthen des Okeanss nad) Often herumfährt 
um bort wieder am Himmel emporzufleigen. Nur daß Orion 
wanbelub burd) die Wellen des Okeanos hiudurchfchreitet, 
wie ed feiner riefigen Statur gemäß ift, unb mie eó bernad) 
mod) aus andern Dichtungen (id) beflätigen wird. Hephäſtos, 
ber Ssuhaber alles Feuers, konnte won der Dichtung leicht. 
bereingezogen werden ; bei ihm Tonnte fid) Orion am beflen 
Raths erholen, wie er fein Licht miebergeminnen könne. €i» 
ne räshfelhafte Figur ber Sage ift der guomenartige Knabe 
Kedalion, melden Drion zum Führer erhielt. Doc führt 
Diefe darauf, daß die ganze Sage in Naxos zu Haufe war, 
wo allerlei intereffaute Kabeln, welde (jd) auf den Verkehr 
von Hephältos unb Dionyfoß bezogen und auf alt» Thralis 
ſche Poeſie zurüdzuführen (inb, im Schwange waren. $ier 
in Naxos fol Hephäſtos ben Kebalion zum Lehrer in der 
Schmiedekunſt gehabt haben. sa) Vielleicht war er aud) in 
der Drionds Sage urfprünglih ein großer Feuer + Dämon, 
und wurde zum Kuaben nur, um anf bem Schultern des 
Drion Ῥίαϐ zu haben. Ein Knabe, vielleicht mit leuchtender 


34) Euſtathios zur SI. XIV, 294. p. 987. Rom. Völder ©. 
115 leitet Κηδαλίων pon χηδεύειν ab, und benft ſich ben Kedalion 
als einen Zodtenführer, indem ber untergegangene Orion als Zobter 
gedacht werde. Dies paßt aber wicht bintánglid in den Sufammet: 
bang des Mythus, und id ſtimme Dem bei, was Welder darüber 
vefagt hat, Nachtrag zur Trilogie 6. 315; wo zugleih ber Name 
Κηόαλίων als Bürforger erklärt wird. 


90 Orion. 


ffadel auf den Schultern bes Rieſen figend, war ein Bild, 
zu deſſen Ausführung die weit audeinanderflehenden Schuls 
terfterne beà Orion febr einluden. So gezeichnet, war er 
ein nicht minder pittoreöfer Gegenftand als unſer St. Chris 
ftophoros; aud) gab ed, nad) ufian, Gemälde, welche biefe 
Gruppe mit Hephaͤſtos und Helios zufammen barftellten, unb 
wenn auf Vafengemälden Satyr⸗ ähnliche Figuren vorkom⸗ 
men, welche einen fadeltragenden Knaben auf dem Naden 
figend forttragen: 35) fo könnte dies vielleicht burd) die Ein» 
führung des Drion in bie Umgebung ber Satyrn erflärt wers 
den, moburd) Drion felbfl einen Satyrartigen Eharafter ans 
nahm. Der Unhold mit bem Kedalion auf ben Schultern, 
in Verbindung mit einem Ehor von Satyrn, war gewiß audi 
in Sophofled Kedalion eine Hauptfigur, und aus bemfelben 
Satyrdrama möchte ber oben (aud Servius) angegebne Um⸗ 
ftand genommen fein, bag die Satyrn ben Orion dem Denos 
pion gefefjelt übergaben. — Dod) wir wenden und zu bem 
Schluſſe ded Mährchend. Der wieder fehend gewordene Drion 
will πώ an feinem Feinde, bem betaäubenden Traubenfafte, 
rächen , aber diefem ift indeß ein unterirdiſches Gemach bereis 
tet. 56) Am natürlichiten wird eà fein, bei biefem Hephäftis 
fhen Gemadhe an die irdenen Amphoren und ähnliche Ges 
füße zu denfen, im welche ber Wein nad Griechifchem Ges 
brauche im Frühjahr umgegojfen, unb burd) forgfältige Ein- 
fdiliegBung allen Wirkungen der Luft entzogen wurde. Da 
Hephäftos auch bem Handwerke ber Töpfer vorffanb, zum 
Beifpiel in Athen ald ein Hauptgott bed Kerameifos ober 


35) Millin et Maisonneuve Peintures de vases antiques T. I pl. 
3ο. Die ganze Sompojition ift freilich febr räthfelhaft. 

36) Nach der Unalogie des Wetolifhen Mythus, nah dem bat 
von dem Sirinus zur Welt φεύταφίε €tüd Holz vergraben wird, um 
im Frühjahr als Weinſtock emporgumadhfen , könnte man aud fier an 
bie in Erde gelegten Reben : Schößliuge, malleoli, benfen. Doch 
ftimmt die Seit des Aufgangs des Orion damit nicht; und ich habe 
daher tic im Φεχίε folgende Erklärung vorgezogen. 


. Orion. 21 


Töpfer» Quartierd, fo Founte der Volkswitz dieſe gebrannten 
Gefäße febr gut ein von Hephäftos gebautes Gemad, nennen; 
und Denopion in biefem Haufe verborgen ift eine ähnliche 
Vorſtellung, wie bie in bem fchönen Liebe von Novalis, eis 
nem Mythus von neuefler Schöpfung : 
»Gie legen ihn in enge Wiegen 
Ins unterirdiſche Geſchoß; 
Er träumt von Feſten und von Siegen, 
Und baut ſich manches luftge Schloß. 
Es nahe keiner ſeiner Kammer, 
Wenn er ſich ungeduldig drängt, 
Und jedes Band und jede Klammer 
Mit jngendlichen Kräften ſprengt.« 
Nicht blos mit der Reife der Weintraube, auch mit andern 
Herbſtfrüchten brachte bie Phantaſie der Griechen das Orious⸗ 
Geſtirn in Verbindung. Namentlich mit dem Granatbaum, 
welcher bei ben Griechen gewöhnlich ῥοιὰ, bei den Boeotern 
(unter denen bie Driond» Sage befonders zu Haufe war) 
σίδη hieß. s7) Drion, lautete eine Sage, ss) habe fid) mit 
der Side vermählt, bie fo (dom gewefen fei, bag fie mit 
der Hera ſelbſt um den Preid ber Schönheit wetteiferte; 
Hera aber habe dies fo übel empfunden, bag. (te fie in die Uns 
teriwelt gefteßen. Der Granatbaum kommt auch fonft in ber 
Sriechifhen Mythologie vor; eine Sonifche Sage nannte die 
SRboeo die Tochter des Staphylos, bed Traubenmanned, und 
eine Geliebte δεὸ Apollon. 39) Die fchwellende und ſaamen⸗ 
reihe Frucht eignete (id) zum Symbol ber Kruchtbarfeit, das 
ber bie Argivifhe Statue der Hera einen Öranatapfel in ber 
Hand hielt; 4») nad) Kyprifcher Gage follte Aphrodite ben 
37) Athenaeos XIV p. 650 £. 
38) Upollodor I, 4, 3. 
39) Die Delifhe Rede, deren Unfang bei Dionyf. Hal. über 
Dinar €. 661. Reiske, gegeben iſt. Diodor. V, 6a. 


4o) Bon bem Granatapfel ald Hera⸗Symbol fpräht auch pet 
[oniné von Thana bei Philoſtrat. IV, 38 p. 168 Diear. 





22 Orion. 


Baum gepflangg haben. οἱ) Haͤufiger indeß erfcheint dies 
Symbol in Verbindung mit Tod und Unterwelt, wie in dem 
Eleuſiniſchen Mythus, in welchem Perſephone durch den Ge⸗ 
nuß einiger Granatkerne dem Reiche des Aides, wenigſtens 
für die Winterszeit, verfällt, a2) dann in den myſtiſchen Les 
genden, mad) welchen ber Granatbaum bald aus bem Blute 
beà Dionyfos, as) bald aus bem ber Phrygifchen Gottheit 
Agdiſtis aa) hervorgewachfen fein foll 5 aud) in der Erzählung, 
bag die Erinnyen einen Granatbaum auf das Grab. des 
Thebanifchen Eteokles gepflanzt haben, aus befjen Früchten 
immer von neuem Blut hervorſtröme. as) Offenbar hat theils 
bie große Fülle von Saamen, theild auch die röthliche Farbe 
ber Kerne und des Fleifched am Granatapfel diefe Dichtun« 
gen und bie ganze Anſicht von ber Bedeutung ber Frucht vers 
απίαβε, aud) der Umftand daß die reifende Frucht aufplast, 
und das Kleifh mit den biutrothen Körnern hervortreten 
läßt. Died Zerplagen der reifen Granatäpfel zu verhüten, 
war, mie man aus Golumella and Palladius lernt, immer 
eine Hauptforge der alten Obſtgaͤrtner. 

Yuf dad Berfchwinden des Drion nah Sonnen⸗Un⸗ 
tergang bezieht (id) nod) ein Mythus, den ich nicht umbin 
fanm der älteren Periode der Mythenbildung zuzueignen, wies 
. wohl wir erfi burd) Sfiroó, den Schüler des Kallimadyos, 
Davon hören. a6) Hier heißt ed: Artemis habe den Orion 

41) Untiphanes bei Athenaeos III p. δή c. Nah Elemens 
Gtrom. VI, ı5 p. 388 Sylb. war bie ῴοια aud) dem Hermes heilig. 


43) Voß freifid) meinte (zum Hymn. auf Dem. 373) : die Gra: 
natkerne hätten Hierbei nidté zu bedeuten, (le fländen ganz allgemein 
für jede Frucht, bie in den Gefilden des Aides wuchs. Uebrigend 
babe Perfephone , um nicht zu erhungern, in der Zeit ihres Aufent: 
halts in der Unterwelt die gewöhnlihe Götternahrung genoffen. 

43) Elemens Protrept. c. 8 6. ı9. p. 6. Silb. 

44) Wruobiusd adv. gentes V, 6. 

45) Philoſtratos Imagines II, ag. Ginen feputeraten Bezug 
ber Granate auf ben :Denfmálern bemerft Raouls 9todette Mo- 
numeus inédits T. I p. 159. 


46) Bei Hygin P. A. II, 34. Istri fragm.coll Lenz et Siebelis p. 69, 








iion 23 
geliebt, snb fei beinahe entſchloſſen geweſen fid) ibm zu ver 


mählen. Apollon (ei Damit zwar unzufrieden gemeíen , aber 
habe die Schweſter von dem Gedanken daran nicht abbringen 
fonnen. Da babe er einmal ben in weiter Gntfernung im 
Meere (hwimmenden Drion entbedt, von bem grade nur das 
Haupt über bie Wellen hervorragte, und fogleid) die Schwer 
fter zu einer Probe ihrer Kunft im Bogenfchießen aufgefors 
bert, indem er behauptete, fo gut fie den Bogen zu führen 
verfiehe, werde fie bod) dad Schwarge, was man bort im 
Meere füähe, nicht zus treffen vermögen. Artemis babe fíd) das 
durch täufchen laſſen, und im Eifer des Streites dad Haupt 
ihres eignen Lieblinge mit ihren Pfeilen durchſchoſſen. Als 
nun bermad) die Fluch ben Leichnam and Ufer getrieben, und 
Artemis das unglüdliche Ziel ihrer Schießübung erfannt, ba» 
be fie ihn heftig beweint, und zu einer Art von Genugtbuung 
unter bie Geſtirne gefegt. Dffenbar bezeichnet bier dad im 
Meere, oder urfprünglicher im Dfeanog, hervorragende Haupt 
beó Orion ben Untergang bed Sternbildes; der Tod ereilt 
den Orion, indem er alébaun völlig hinabfinft ; bag Artemis 
diefen verurfacht, ift aus ber alten jedem Griechen bekann⸗ 
sen Sage genommen; bag fie ihn aber hernach unter bie 
Sterne verfegt, in einer Zeit zugefügt worden, wo man eó 
verfannte, bag auch vorher fchom oen Drion am Himmel bie 
9tebe gewefen war. Auch ber Umſtand, bag baé Haupt bes 
Drion am Horizont als ein ſchwarzer Fleck erſcheint, [ὰβί (id 
am Sterubilde redytfertigen ; gegen beu Strahlenglanz bet 
Schultern erfcheint das Haupt bunfel und naͤchtlich. Dage⸗ 
gen darf man behaupten, bag Iſtros darin nicht die ur» 
fprünglicdye Erzählung wiedergegeben bat, bag er ben Drion 
im Meere ſchwimmen läßt; in der ächtpoetiſchen Boritel- 
fung dachte man fich Orion alà einen Rieſen, 47) 


47) Die Meere bezeichnet iubar Iſthm. ΠΠ, 65 durch 
qois Quoauꝶalu 


94 | Orton. 


Der mit den Füßen den Weg durch bie tiefeſten Fluthen 
be$ Nereus 
Tretend die Schultern empor hebt über bie W(üdje bet 
Mogen 
Und, von den Gipfeln ber Berge bie Efche zur Keule (td) 
bredhend, 
Her fid) am Boden bewegt und dad Haupt einhullet in 
Wolken. 
Co beſchreibt Virgilius a8) bte Erſcheinung bes Orion, ſo⸗ 
wohl beim Aufgange und Untergange, als wenn er hoch am 
Simmel ſteht, ohne Zweifel nach alten Griechiſchen Vorgaͤn⸗ 
gern. Der Logograph Pherekydes 49) fihreibt ebenfalld dies 
Mandeln burd) basé Meer dem Orion αἴδ feine eigens 
thümliche Kunft gu, die ihm fein Vater Pofeidon verliehen 
habe; und man kann nicht zweifeln, bag bie ganze Geneafos 
gie, nad) welcher Orion Sohn des Pofeidon und der Eury⸗ 
afe ift, auf ber oben fdjom berührten Borftellung beruht, 
bag Drion nad) feinem Untergange in Welten am Boden des 
Dfeanos hin die Erbe nad) Offen umwandere. Eben fo darf 
man mit Grund annehmen, bag Birgik dad Bild eines ben 
Berg binanklimmenden Tägerd zur Bezeichnung ded am 
Himmel emperfleigenben Orion von einem älteren Griechen 
entíebut habe, und bag man alfo bie Gegend bed Südhim⸗ 
mels, welche bie dem Zodiakos angehörigen ober benachbar⸗ 
ten Θεβίτπε emporzutragen fcheint, mit einem Gebirge ver« 
gli, Dann können wir auch die Stelle ber Odyſſee, so) wo 
Ddyfiend von den fchattenartigen ©eftalten erzählt, welche 
er in ber Unterwelt wahrgenommen, fo erflären, bag wir 
babei die Vorſtellung des Sternbildes dabei feftfaften: 
Dann aud) (djauet' (dj Drion, ben gewaltigen Rieſen, 
ee X, 264 ff. vgl. Theokrit in ber oben angeführten 


49) Bei Upolloder I, 6, X 
69) XI, δι ff. 


Driou 95 


Wie er dad Wild anfjagt rings von ber Asphodelos⸗Wieſe, 
Weldyes er felber erfchlagen auf einfamen Stiegen ber 
Berge, 
Spannend bie Hand um die Keule, die eherne, nimmer 
zerbrochne. 
Das Wild find dann die Gebilde am Himmel (τὰ τοίρεα πάντα), 
welche Drion, fo lange er am Himmel ift umb an jenem einjameu 
Gebirge emporklimmt, vor ((d) her jagt; ift er berabgeganget, 
fo wird angenommen, daß ec aud) nod) in der Schattenmelt 
biejelben in Schatten vermanbelten Thiere jage. | 
Die biöher behandelten Sagen tragen alle den Charakter 
ber Alterthümlichkeit an fih. Die Erfcheinungen, an welche 
πε fi anknüpfen, find in bie Sinne fallend, und die Auf 
merfjamteit in Auſpruch nehmend; bie Schöpfungen ber Phans 
fafie haben jene Einfalt und Sinblid)feit, weldye ber Raturs 
poefie des vorhomerifchen Zeitalterd zufommt. Anders iſt es 
mit folgender Erzählung, welche erft im Alerandrinifchen 
Zeitalter, auf feinen Kal [ange vorher, ent(tanben fein fan. 
Als Gewährsmänner dafür fennen wir den Euphorion οι) 
unb Aratos, s2) aus bem britten Sabrbunbert v. Chr., bod) 
bezeichnet fie der [εβίτε ſchon ald eine von ben Frühern übere 
lieferte Rebe (προτέρων λόγος) bag aber (djow der Logograph 
Pherekydes (um 450 v. Cbr.) dafür angeführt wird, οἱ) bes 
ruht mafrídeinfid) nur auf einem Irrthum. Sie ift übris 
gend von bem alten Mpthenſammlern febr häufig wieberholt 
worden. 3) Drion, heißt es in biefen Erzählungen, habe 


51) Bei den fBenetiani($en Scolien zur Alias XVIII, 486. 
en t Ddpffee V, 120. ο Bru. v. Meineke n. 
ο . 15. 


52) Phaenom. 637. wo einige Berfchiedenheit in der Erzählung. 


53) ShoL Leid ed N. XVII, 486. bei Heyne zur 3. 
vgl. Heyne zum Apollodor I, 4, 3 p. 23. Sturz Pperekpb. ώς. 
35 p. 153, ed. alt. 

54) Nikandros Theriaka 13 mit ben €dol. Dvid Fasti V, 
431. Der fegen. Gratoftóenes Sato. [7. 2lucan IX, 836. 


26 Orion. 


gegen Artemis mit feitter Stärke und Jagdkunde geprahlt, 
oder auch, er habe (id) Unziemlichleiten gegen Artemis. zu 
Schulden kommen laffen, ober auch, die von der 9Irtemié 
geliebte Jungfrau Upis, welche von den Hpperboreern Ach» 
ren brachte (Οὖπις ἁμαλλοφόρος) mit wilder Begierde ange 
taftet. Da habe Artemis, um feinen Uebermuth zu züchtigen 
unb zugleich zu demüthigen, aus der Erde den Scorpion 
hervorgehen laſſen, ber den Orion in ben Knoͤchel geftochen 
und baburd) getübtet habe. Zeus habe aus Mitleid den Orion 
unter die Sterne verfeßt, aber aud) hier gehe er aus alter 
Feindſchaft unter, wenn der Scorpion am Himmel fiditbar 
wird. Allerdings (ft ed Flar, bag die ganze Erzählung in 
dem [εβίοι LUmftande ihre Bedeutung imb den Grund ihrer 
Entftehung fat; aber eben fo Mar ift ed, daß man bem Altes 
ren Mythus von Orions Tödtung burd) die Pfeile ber Arte 
mis den Scorpion erft zufügte, ald man mit diefem Namen 
dad Zeichen des Sobiafoà benannt hatte, welches dem Drion 
gegenüber liegt, unb fich über den Horizont erhebt, wenn 
Orion im Hinabſinken ift. Der Scorpion gehört aber nidyt 
zu ben alten Cternbilbern, von denen die Griedífde Sage 
und Poefle Kunde hatte; er fann den Griechen erſt mit ber 
voliftánbigen Eintheilung bed Zodiacnd, die unftreitig δει 
Chaldäern verdanft wird, befannt geworden fein ; aud) ift in 
ber Beziehung, in welche folche gegenüberliegende Geſtirne 
gefeßt werden, mehr bie witelnde Verknüpfung einer fpätern 
Zeit, ald die Lebendige Anſchauung früherer Jahrhunderte 
wahrzunehmen. 55) 


user 
wur Odyſſee Y 111. p. 1527, 44. Nigiduis δεί den Odot. zum 
(Dermanicns v. 80. € dol. zum Statius Theb. MU, 27. Nons 


66) Huch bie Upis ift won! aus demſelben Grunde in biefe 
Gage hineingezogen worden, um eine Beziehung auf die Geflirne 


. 





£ríon. 97 


Dagegen ſchetat ed, tag fchon viel früher ble aftrogne- 
ftifhe Sage noch über das Verſchwinden des Orion hinaus⸗ 
ging, und eine Yortfehung der Otions⸗Geſchichte gebichtet 
wurde. In Boeotien erzählte πίαι von Töchtern des 
Drion, weiche Koronifche Iungfrauen hießen, und nach dem 
Gebot eines Orakels ald Sühnopfer zur Abwendung einer 
Onungersndth fielen, worauf πε die unterirbifchen Gottheiten 
ans Mitleider an den Himmel verfebten, wo fie ald Kom 
ten erfheinen. οὐ) Kometiterne ald vom Orion ausgegan⸗ 
gen anzufehtn unb. Kinder bes Drion ju nennen, dazn l'onnte 
vielleicht ein befondrer Sall die Veranlaſſung geben, wo εἰ 
Komet zuerft in der Nähe des Orion fichtbar wurde. — Qüte 
ἁθπ[ίώε Sage erzählte rat: 57) baß είπε der Pleladen, 
Elektra, durch bie Zerflörung der ihr befreundeten Stabt 
Troja in fe[d)e Trauer verfegt worden fei ,- daß fie bie Orup⸗ 
ye ihrer Schweftern am Simmel verlaffen babe, und, nad 
den Gebräuchen der Trauernden dad Haar fang herabhängen 
laffend , in Geftalt eined Kometen wieder zum Borfchein ger 
fommen fei. 

So weit rebet die Dríond» Fabel auf eine verftändliche 
Weife von dem Sternbilde Wir wollen nicht ben Verfuch 
madjen, auch alle hbrigen Sagen, die fich an den Namen 
Drion anknüpfen, mit Gewalt in diefen Kreis gu ziehen. 
Sd) halte mich um fo mehr davon zurüd, je mehr bem ein, 
mal von gewiffen Borftelungen Ergriffenen auch Tünftliche 
und gezwungene Berfnüpfungen, bie den Kreis zu erweitern 
dienen, anziehend und natürlich fcheinen fónnen. Es muß 


mehr zu gewinnen. Dieſe Uchrenträgerin deutet nämlich ſehr bes 
ftimmt auf bie Jungfrau mit der Aehre im Zodiacus. Cin befondres 
ee ber Oternbilber untereinander läßt (id) freifich nicht nad: 
weifen. 

56) 9 ntoninué Liberalis Met. 25. vgl. Ordomenos ©. 
200. 

55) à πρὸς Oed éxizgdel bei Ve . αι. 
xvii p) μα τῷ πρὸς προπον — iy απ Schol. J 


28 Drioen. 


aber nach weiter Meinung überhaupt anerkaunt werben, bag 
ber Name und die Borfellung von bem Riefen Drion wicht 
zu erſt am Himmel ihren Platz hatte. Eine (olde Perſon 
muß gewiß fchon im ber Phantafie vorhanden fein, ehe fie 
das Auge am Himmel erbliden fan. Orion möchte ein ur⸗ 
alter Bott in Boeotien gewefen fein, Zeiten angehörig vor bes 
nen, in welchen dad Syſtem ber Olgmpi(den Götter (id) aude 
bildete und fe(lítellte. Leber feinen Namen, ber in urfpräng- 
líder Korm (bei ber Korinna, Pindar und Kallimachos) 
Αλαρίων Iantet, fat bie von Buttmann sa) anfgeftellte 
Meinung große Wahrfcheinlichleit, bag er mit bem Namen 
des Ares zufammenbing. Die heroifche Sage (εθίε ihn das 
Ber nach der Boeotifchen Stadt Hyria, aus welcher wirklich 
in mythologifcher Zeit große Heldengefchlechter hervorgegangen 
zu fein fcheinen, unb nanute ihn einen Sohn bed Könige 
Ὀντίεμδ, bed Stammherod von Hyria. Diefed Hyria 
bíeg im Munde ber Boeoter Uria, 59) wie Hyrieus liri» 


58) Bei Ideler, Unterſuchnngen über den Urfprumg und bie 
Bedeutung der Sternnamen ©. 33: f. und in ber Abhandlung über 
bie Entflehung der Sternbilder 6. 28. Für Orion als einen alten 
Otreitgott απ Orchomenos ©. 100. N. a. 


59) Diefe 9tamenéform, welche bie Wnalogie be$ Boeotiſchen 
Dialekts verlangt, Eommt, wie Welder bemerkt hat, in bem Frag⸗ 
ment eines Aesliſchen Dichters bei Priscian p. 554. Putſch vor: 
Καλλιχόρου χθονὸς Odplas Sovydıno. Ueber dies Bruchſtück Wels 
der Alcmanis Fragm, ı29. und Corinna, Creuzeri Meletemm. Fasc, 
1 p. ı7. Watthiae Alcaei Fragm. Inc. 122. p. 69. unb Welcker 
in ber Recenfion darüber, Jahns Sabrbüdjer, Jahrg. V. Bb. I. 9. 1 
ur Stelle. Ih halte mit Weider e$ für das Wahrfcheinlichte, bag 

er Ders der Rovinna οεβδτί. Korinna, die Zauagräerin, behan⸗ 
be(te gewiß viel die Sagen des benachbarten ría; (le (είτε ben 
Drion ale einen edlen, frommen Mann, als einen Entwilderer des 
rauhen Landes, bar (Schol. zu Stifanb. Then. 13. nach εἰπίειφίει- 
ber Verbefferung) ; er war bei ibt ein mächtiger anbesfónig (mad 
dem Sragment bei Apollon. Dyskolos); aud für jene Gage von den 
Zöchtern des Drion wird diefelbe.Boeotiihe Dichterin (mie ich über: 
eugt bin) ald Duelle angeführe. — Auch bei Plutarch de exilio g. 
Φτείθε ich für Θουρίας, was ald Drions DBaterland genannt wird, 
Οὐριάς, nicht Τρία. Cd wird ben Boeotern freiftehen, bie νεο» 
tiſche Stadt mit dem Boeotiſchen Namen zu nennen. — Waͤhrſchein⸗ 
lid iſt auch bei Antoninns Liber. 12 — wo der Aetoliſche See Dy 


Drion. 29 


ens, οὐ) und nur aus dieſem, andern Griechen auffallenden, 
Klange dieſer Namen iſt, nach meinem Bedünken, bie widerliche 
Gage von Drions Zeugung entſtanden, bie man fo gern ans 
bent fonft fo fchönen Fabelkreiſe entfernen möchte, und im 
welchem ich mid) nicht entfchließen Tann, mit Buttmann, οι) 
eine Beziehung anf die Gruppirung der Sterne im Bilde des 
Drion zu fehen. 


vie (bei Obid Met, VII, 373.), ber in Strabons gewoͤhnlichem Tertt, 
X p. 460, Hydra heißt, X bpríe genannt wird — biefelbe Eorrups 
tion und bialeftííe Nebenform anzunehmen, unb für 61ΡΙΗ — 
OTPIH $8 fdreiben. 

6o) Orchomenos S. 99. Wo ᾿Ωριεὺς vorkommt (GC dol. zn Nikander 
Ther. 15. Tjep. Lyk. 328), beruft e$ wohl nur auf SBerfennung ber Borm 
Οὐριεύς. Daß aber Orion ſelbſt Οὐρίω» geheißen (Dvid Fasti V, 
535. Qin P. A. II, 34 unb Οπότε), (Φείπε ein etymologiſches 
Spiel; e$ (timmt dies niht mit Ωαρίων al$ ber nrfprüngliden Borm, 
welche nad Korinna unb Pindar in Boeotien ſelbſt einheimiſch gewe> 
fen fein muß- 

6ι) Weber die Entflehung ter Sternbilder ©. 44. 


8. D Miller 





Lieber bie Pantomimen der Römer. 





Die Cntíebung und Ausbildung diefer wunderfamen 
Gattung theatralifcher Darſtellung feßen die alten Schriftftels 
ler übereinfiimmend in die Zeit bed Kaifers Auguft. Als 
Grünber bieíer Kunſt und zugleich αἴδ die größten Meifter 
werden mit ber nemlichen Uebereinftimmung Pplades und 
Bathyllus angegeben, Bei Zosim. hist, I p. 4 ed. 
Steph. heißt ed: παντόμιµος ὄρχησις ἐν ἐκείνοις τοῖς χθόνοις 
(sc, τοῦ Σεβαστοῦ) εἰσήχβη, οὕπω πρότερον οὖσα) Πυλάδου 
καὶ Βαθύλλου πρῶτον «αὐτὴν μετελθόντων, Dg. Athen. 
I, 20. e. f£ Lucian. de salt, c. 34. Dio Cass. LIV, ı7. Eu- 
seb. chron, 155. Suid. s. v. ὄρχ. παντόμ. und s. ν.᾿4θηνόδωρ. 
Melcher [egtere in feiner Angabe nur darin irrt, daß er baé, 
was die beiden genannten Künftler unter Auguft zuerit 
in Gang bradıiien, bem Kaifer felbit alà deſſen eigene Erfin- 
bung zufchreibt. Auch wird der Name pantomimus bei Gries 
hifhen und Römifchen Echriftitelern ber vorauguftifchen Zeit 
nicht gefunden. Es wird aber die Wort nicht nur von ber 
Kunftgattung felbft gebraucht, z. S. Plin. h. n. VII, 54 
(duo in eodem pantomimo obiere); fonberm aud) vom Künfts 
ler, wie bieg unzählige Stellen  bemeifen. — Jedoch (δε, 
fchränfte (id der Cpradjgebraud) auf biefen fpeciellen Aus⸗ 
druc nicht; fondern geftattete aud) den allgemeineren und 
früher (don von verwandten Darftelungen üblichen Termi⸗ 
nus: saltare, saltatio, saltator. Ich nenne basé Wort sal- 





Ueber bie Dantomimen der Römer. 31 


tare einen aligemeiueren. Ausbrud, und verfiche barunter 
jede Darkellung eined Gedankens oder einer Empfindung 
Durch Geberden, im. Gegenífage der Sprache nob Schrift. 
In biejem Siuse fonte Appulei. X p. 235 Oudend. saltare 
solis oculis (aget. Daß aber ber Pantomime fchlechthin sal. 
tator unb feine Handlung saltatio genannt wurbe, kann nicht 
befremden; bod) permeije ich auf Stellen, wie folgende: Ju- 
venal. sat. VI, 10. Macrob. sat, II, 7 und το) Plio. ep. 
VII, 24. Sueton, Cal. 54. Arnob, adv. gent, 4. Auch bie 
Griechen bediemten (id), obſchon das Wort παντόµιμος aus 
ihrer Sprache hergenommen war, befielben feltener, unb (age 
tem dafür licher ὀρχηστὴς, 9027701, ὀρχεῖσθαι. Go nennt 
Sibaminé in ber berühmten Rede gegen die Pantomimen, Dies 
felben immerfort ὀρχησταί, und nicht anders ftellt Philo orat. 
in Flacc, die dexnosus bem µίµοις und αὐληταῖς durchaus 
entgegen. Kür ba8 Berbum ὀρχεῖσθαι bedarf ed Feines Ber 
weitet. Sollte, um Verwechſelung mit Früherem oder Achn- 
lidyem zu verbüten , der Gegenftanb genauer bezeichnet mere 
den, fo fagte man freilich‘ oexnoıs παντόµιμος, wie Zosim. 
a. a. D., sder ὄρχησις Ἰκαλικὴ, wie Athen, I p. 20 e. Dod) 
blieb das bloße ὄρχησις üblicher, und daher ift e$ gekommen, 
daß Lucian felbit deu merkwürdigen Dialog, ber fid einzig 
und allein auf bie Pantomimen bezieht, περὲ ὀρχήσεως übers 
fihrieben hat. Dieß darf und nicht irre ober glauben machen, 
als habe er von pantomimifchen Darktelungen, bie felbit im 
älteren Griechenland nicht unbekannt waren, gefprochen. 
Denn zuvörderſt ift die Rebe von theoretiſchen Darftellungen, 
wie bieB auó cap. 4 und 5 hervorgeht: umb bamm fegt er, 
um anzuzeigen, daß er ed gerade mit dem Römiſchen Pantos 
mimus zu thun habe, c. 534 auébrüdlid) hinzu: ἀλλὰ Toys 
ἐν τῷ παρόντι μοι κεφάλαιον τοῦ Auyov τοῦτό dor, τὴ» viv 
ὄρχῃησεν καθεστώσαν ἐπανέσαι καὶ δεῖξαι, ὅσα ἐν ars, 
σερπνὰ καὶ χρήσιμα περιλαβούσα ἔχει, οὐ πάλαι ἀρξαμένη 
ác τοσοῦτον κάλλος ἀπιδιδόνφι, ἀλλὰ κατᾳ.ςὀν Σεβαστ ὃν 


39 Ueber die Bantomimen 


μάλιστα. Der Dialog wird abgehalten zwiſchen dem Stoifer 
Erato und bem muntern Lycinus, ber begeiftert für die alle 
Melt bezaubernden Pantomimen eine Apologie derſelben übers 
nimmt. Bei diefer Gelegenheit erfahren wir, worin das We⸗ 
fen, die Vorzüge und Eigenthümlichkeiten biefet neuen Knuft 
beftanden. Weßhalb diefe Schrift des Kucian ein unſchaͤtz⸗ 
bar wichtiged Document für die Gefchichte be& Pantomimus 
geworden, und in nachfolgenden Unterfuchungen von une üt 
ber Art zum Grunde gelegt werden foll, daß alle andere Zus 
gabe nur als Erläuterungs, und Ergäanzungsmittel betrachtet 
werben mag. 

Die Orcheſtik im Sinne der Alten, ald Kunft bed Auss 
brudé durch Geberden und Bewegungen ded Körpers, geht im 
die Alteften Zeiten der Griechen und Römer hinauf. Vg. 
Lucian. de salt. ο. 8— 26. Rhythmik wurde fräh damit bere 
bunden, und erfcheint banm meiftentheild ale ein wefentlicher 
Beitandtheil derfelden. Schon Homer fannte bie Kunft in 
diefer Form unb Ausbildung. Aber in den Zeiten bed Ae⸗ 
fhylus muß fie (djom eine bedeutende Höhe erreicht haben, 
wenn einiges Gewicht auf bie Nachrichten zu legen ift, welche 
Athen. I p. a1 f über die hohe Kunftfertigleit des Orcheften 
S elefte& giebt: πολλὰ ἐξεύρηκε σχήµατα, ἄκρως ταῖς 
χερσὶ τὰ λεγόμενα δεικνυούσαις , . οὕτως ἦν τεχ» 
νίτης, ὥστε ἐν τῷ ὀρχεῖσθαι τοὺς Ἕπτα ἐπὲ Θήβας φανερὰ 
ποιῆσαι τὰ πράγματα δι ὀρχήσεως. Ueber ven Aeſchy⸗ 
ἴμό fefb(t, ald Verbeſſerer der Orcheſtik vg. Atben. I p. 21 e. 
Um diefe Zeit und kurz nachher erhielten die drei Arten des bras 
matifchen Chortanzes ihren eigenthümlichen Charafter unb zus 
gleich einen ſolchen Grab von Bolltommenheit, bag fie alle 
anderen Gattungen bei weitem übertrafen. Es gab nemlich 
in den verfchiedenen Gegenden Griechenlands eine Unzahl von 
heiligen und profanen, von ernftem und burledfen Zanjarten. 
An (egteret war befonderd reich Sicilien, das tauzluflige. ' 
Der fleißige Meurſius hat mit Aufzählung ber in zerſtreuten 





bet Römer 33 


Rachrichten ber Alten erwähnten Tänze ein ganzes Buch (de _ 
orchestra) angefüllt. Bei den Römern gaben bie aus Etrurien 
berübergerufenen Tänzer (a. 904 U. C.) nad) Liv, VII, a. 
der DOrceftif einen neuen Schwung. Schon um die Zeiten 
be8 zweiten Punifchen Kriegs gab ed Tanzfchulen in Rom, 
bie fogar von den angefeheniten Männern und edelften Ma⸗ 
tronen beſucht wurden. Scipio Africanus der Jüngere bes 
flagte es eint in einer Rede, bag er mehr als fünf hundert 
folcher vornehmen Lehrlinge in einer Tanzfchnle ertappt hätte. 
In Eicero’d Zeit galten ber Conſular Gabinius, 9X. Coelius 
und Licinius Eraffus bei aller Welt ald Männer, die e6 in 
der saltatio fehr weit gebracht. «Bg. Macrob, Sat. II, το, Es 
zeigten aber , wie fchon aud der eben angeführten ‚Stelle bei 
Macrobins hervorgeht, die Römer in den meiflen ihrer Tänze 
eine große Reigung zum Obſcoönen unb Burlesken. Vellei, 
Paterc. II, 85, 2 erzählt von einem Schreiber des Antonius, 
wie er den Gíaucud getanzt, unb nennt ihn zugleich rerum 
ebscoenissimarum auctor. An eine grob »fomifdje Pantomime 
benfe id), menn bei Horat, Sat. I, 5, 63 Meffius den plum» 
peu Sarmentud aufforbert, uti agrestem Cyclopa saltaret. 
gig. epist. II, 2, 125. . Daher wirb e8 begreiflich, wie in der 
vorauguftifhen Zeit bie saltatio unter Die res turpes gehös 
ren, und saltator ein Schimpfuame feyn ζουμε. Vg. befon» 
ders Cicero pro Mur. 6. 

Über weder in biefen Älteren und rohen Tänzen der ti» 
mer, noch in der mehr ausgebildeten Orcheſtik der Gricchen 
ift der wahre und nächte Urfprung der Pantomimen zu [ο 
chen. So fab fdjom Lurian Die Sade an, indem er ο. 33 
Das Verfahren derjenigen verwirft, die, um ben Pantomimus 
zu erflären, eine ganze Reihe früher erfundener Tanzarten 
aufzählten, und deren Urfprünge nachwiefen; dann c. 34 aus⸗ 
brüdííd fagt, der Pantomimus ſey durchaus als Römifche 
Erfindung zu betrachten, und unter Auguft in Gang ge 
fommen, mit dem Zufaß: αἱ μὲν γὰρ πρώται äxsivaı, ὥσπερ 

9t. Rhein, 9tw. f. obit. LI. 3 


34 Weber die Pantomimen 


τινὲς état xai δεµέλιοι "i ὀρχήσεως ἡ ἦσαν" τὸ δὲ ardos av. 
τῆς καὶ τὸν τελεώτατον xagnóv, ὅπερ νῦν μάλιστα ἐς τὸ ἀχρό- 
τατον ἀποτετέλεσται, τοῦτο νῦν 6 ἡμέτερος λόγος διέρ zeras 
παρεῖς τὸ θερμαὔσερίζειν xai yégavoy de χείσθαι, καὶ τὰ 
ἄλλα, ὥς μηδὲν τῇ νῦν reden ὅτι προσήκοντα, 
οὐδὲ γὰρ ἐχεῖνο τὸ Φρύγιον τῆς ὐρχήσεως εἶδος, τὸ παροί- 
yıoy καὶ συμποτιλὸ», μετὰ µέθης γιγρόμενον, ἀγροίκων πολ- 
λᾶκις Ἆρὸς αύλημα γυναικεῖον ὀρχουμᾶνων, σφοδρά, xai xa- 
ματηρὰ πηδήµατα, καὶ νῦν ἔτι ταῖς ἀγροικίαις ἀπικολάζοντα, 
$z' dyvolas παρέλιπον, ἀλλ ὅτι μηδὲν ταῦτα τῇ νῦν 
ὀρχήσει κοενωνεῖ. Syd) finde baber ben eigentlichen Keim 
ber neuen Kunft in dem canticum der Römer, und gwar in 
ber Weife, wie Πε fchon feit Livind Andronicus vorgetragen 
wurde. Nach Liv. VII, 2 tanzte er Das canticum , während 
ein Anberer ben Text beflelben zur Flöte abfang. Livius di- 
citur, quum saepius revocatus vocem obtudisset , venia petita 
puerum ad canendum ante tibicinem quum statuisset, canti- 
cum egisse aliquanto magis vigente motu, quia nihil vocis 
usus impediebat. Gerade bie(e drei Beſtandtheile, pantomis 
mifcher &ang, Bortrag des cauticum bird) Gejang unb be: 
gíeitenbe Muſik werben uns in der Folge beim Pantomimus 
wieber begegnen. Dazu nehme man nun folgende Stelle des 
Diomedes bei Putsch. p. 489, ber in dem Pantomimus einen 
aus bem Drama αμδρε[ώίεδεπει und nun befonderd audges 
bildeten Beftanbtheil wiederfand. Primis autem temporibus, 
ut asserit Tranquillus , omnia quae in scena versantur, in 
comoedia agebantur, Nam pantomimus et pythaules et cho- 
raules in comoedia canebant, Sed quia non poterant omnia 
simul apud omnes artifices pariter excellere, si qui eraut 
inter actores comoediarum pro facultate et arte potiores, 
principatum sibi artificii vindicabant, Sic factum est, ut no- 
lentibus cedere mimis in artificio suo ceteris, separatio fieret 
reliquorum. Nam dum potiores inferioribus, qui in omni 
ergasterio erant, servire dedignabantur, se ipsos a comoedia 





bet Römer 35 


separaverunt: ac sic factum est, ut exemplo semel sumto, 
unusquisque artis suae rem exsequi coeperit, neque in co- 
moediam venire. Zum beſſern Berftändniß ber Stelle halte 
man nur feft, bag ber Grammatifer zwiſchen mimi umb pan- 
tomimi nicht ſcharf unter(d)eibet, und mit bem Worte co- 
moedia bett allgemeinen Begriff bed Drama verfnüpft. Nun 
ετᾷ erhalten Lucian's Worte c. 30 πάλαι uà» yap οἱ «vrot 
καὶ ᾖδον καὶ ὠρχοῦντο: εὖς ἐπειδὴ κινουμένων τὸ ἆσθμα τὴν 
ᾠδὴν ἐπετάραττεν, ἄμεινον ἔδοξεν ἄλλους αὐτοῖς ὑπᾷδει», bie 
genau mit den Worten bes Livius übereinflimmen , ihr volles 
Licht unb ihre gehörige Beziehung. Gemäß dem Zufammens 
hange, worin fie vorkommen, redet er von bem lirfprung 
des Pantomimnd; daß er aber bei bem πάλαι οἱ αὐτοὶ ᾖδον 
x. t. À. an das alte Römifche Drama dadıte, kann nad) bent 
bisher Sefagten Niemanden mehr zweifelhaft fern. Dod) ift 
bad abgetrennte canticum noch [ange fein Pantomimud. 
Größere Ausdehnung, pfanmáfige Gompofition, Tunftvollere 
Drceftif und mandye andere Zuthat machten erft die neue 
Kunftgattung zu dem, was fie war: wie ſich aus nachſtehen⸗ 
ben Erörterungen ergeben fol. 

Segen bíefe Anficht Scheint freilich da8, was Athen. I. 
p. 20, e über bie Entftehung ded Pantomimus fagt, zu ftret» 
ten. τοῦτον τὸν Βά9θυλλον φησὺ «4ριστόνικος xai Πυλαδην 
εὖν Ἰταλικὴν ὄρχησιν συστήσασθαι ἐκ τῆς κωμικῆς, 7j ἐκαλεῖτο 
κόρδαξ, καὶ τῆς τραγικῆς, 7] ἐκαλεῖτο ἐμμέλεια, καὶ τῆς σα- 
τυρικῆς, 7 ἐλέγετο σέχιννις. Sonderbar ift biefe Notiz; aber 
nod) fonderbarer, daß Feiner der Erflärer fi auf bie Deus 
tung berfelben eingelaffen hat. Wollte ber Grammatifer, ber aus 
dem Athenäus biefe Nachricht entlehnte, eine Zufammenfeßung 
tragifcher, fomifd)er unb fatgrifdjer Chortänze in bem Pants 
tomimus finden, fo machte er denfelben zu bem feltfamften 
Quodlibet , von bem fid) Allen anderen Ergebniffen zufolge 
aud) nicht eine Spur in jenem nachweifen läßt. Soll aber 
mir bem συστήσασθαι ein Bermifchen der in bem tragifchen,.. 


\ 





30. Ueber bte Bantomimen 


komiſchen und fatyrifchen Tanze wahrnehmbaren Eigenthüm⸗ 
Iichleiten angedeutet ſeyn, fo hat der Schriftfteller etwas Wis 
berfinniged gefagt, indem ein Bermifchen fo verfchiedener, 
oder vielmehr entgegengefegter Elemente undenkbar {Π. Es 
bleibt und daher, um die auf jebe Weife etwas ungefchickt 
ansgedrückte Stelle nicht völlig aufzugeben, nur folgende Aus 
nahme übrig. Pylades unb Bathullus erhoben dad canticum 
nicht bloß zu einer felbftändigen Darftellung von größerem 
Umfang; fondern fie vervolllommneten aud) ben früheren 
Tanz durch eine mehr reigenbe und kunſtvolle Geftifulation. 
Daß bíe ber Fall war, fagt von Pylabed namentlidy Ma- 
erob. Sat. II. 7. Hic ferebatur mutasse rudis illius saltatio- 
nis ritum , quae apud maiores viguit, et venustam induxisse 
novitatem etc, Räumen wir mum jenem Grammatifer, ber fo 
gerne dad Ganze auf einen Griechifchen Urfprung zurüdgeführt 
hätte, es immerhin ein, bag jene beiden Künftler von ber 
griechifcyen Orcheſtik, welche Πε ald Griechen vollfommen in, 
ne hatten, foviel auf die Ausbildung und Vervollkommnung 
bed Pantomimusd übertrugen, als Πε anwendbar fanden: uud 
obige Stelle bat wenigfiend nod) einigen Sinn. 

Verfuchen wir nun zuerft, und über den Namen panto- 
mimus pad) dem Vorgang ber Alten felbft zu verftändigen. 
Lucian. fagt c. 67 zur Erklärung beffelben folgendes: οὐκ 
ἀπεικότως δὲ xai oi Ἰταλιῶται τὸν ὀρχηστὴν παντόμιµον κα- 
λοῦσι», ἀπὸ τοῦ ὁρωμένου σχεδόν. καλή γὰρ καὶ 9 ποιητικὴ 
παραήνεσις ἐκείνη, τὸ c) nal, Ποντίου Φηρὸς πετραίου νόον 
ἴσχων, πάσαις πολίεσσιν ὀμίλει, καὶ τῷ ὀρχηστῃ ἀναγκαῖα, 
καὶ δεῖ προσφύντα τοῖς πράγµασι συνοικειοῦν Eavröv ἑκάστῳ 
τῶν δρωµένων. τὸ dà ὅλον, 797 καὶ πάθη δείξειν καὶ 
ὑποκρινεῖσθαι ἡ ὄρχησις ἐπαγγέλλεται, νῦν μὲν ἐρῶντα, νῦν 
ds ὀμγιξόμενόν τινα εἰσάγουσα, καὶ ἄλλον usunvora καὶ ἄλλον 
λελυπημένον καὶ ἅπαντα ταῦτα µεμετρηµένως. τὸ yov» πα- 
ῥαὐυξότατον, τῆς αὐτῆς ἡμέρας ἄρτι μὲν 4θάμας µεµηνώς, 
ἄρτι δὲ dro goßovusın δείκνυται, καὶ ἄλλοις ᾿4ερεὺς 6 








der Römern 37 


αὐτὸς» καὶ μετὰ μικρὸν Θυέστης, sita Atyıadog 7, ᾿4ερύπη” 
καὶ πάντα ταῦτα sig ἀνθρωπός ἐστιν. Damit vergleiche man 
Cassiod. V, L. IV. δι. His sunt additae orchistarum loqua- 
cissimae manus, linguosi digiti, silentium elamosum, expositio 
tacita, quam musa Polyhyinnia reperisse narratur, ostendens, 
bomines posse et sine oris affatu suum velle declarare, . . 
Pantomimus igitur, cui a. multifaria imitatione nomen est, 
quum primum in scenam plausibus invitatus advenerit , assi- 
stunt consoni chori diversis organis eruditi : tunc illa sensuum 
manus oculis canorum carmen exponit, et per signa com- 
posita, quasi quibusdam literis edocet. intuentis aspectum: 
in illaque leguntur apices rerum, et non scribendo facit, 
quod scriptura declaravit, Jdem corpus Hecaben designat et 
Venerem, feminam praescBtat et marem, regem facit et mi- 
litem , senem reddit et iuvenem : ut in uno credas esse mul- 
tos tam varia imitatione discretos. Der [lettere Theil biefer 
Stelle findet fid) mit benfelben Worten bei Tertullian. apol. 
»9. Faſſen wir bieje beiden Befchreibungen,, welche einander 
ergänzen unb erläutern, aufammen : fo fünnen wir für unfere 
Definition be& Pantomimus vorläufig zwei wefjentlid)e Merks 
male abftrahiren. Nämlich in bem Pantomimus flellt erſtens 
eine einzige Perfon affe Rollen eined Stüdes bar, 
und zweitend, nur vermittelt ber Geberdbenfprade. 
Damit ijt nun freilich die Schilderung diefer Kunftart nicht 
erfchöpft; mandje andere Eigenthümlichfeiten derfelben follen 
Daher uad) ausführlicher Erpofition der beiden Haupt» Merk 
male in nachfolgenden Crorterungen noch bejondere beipros 
chen werben. . 

Eine einzige Perfon fpielte alle Rollen bed Panto⸗ 
mimus, die weiblichen unb bie männlichen , die Haupt» und 
Nebenrollen, verſteht fid) in einer fuccefiven Folge; denn an 
ein Nebeneinander wie im Diverbium ded Drama’d war ja 
dabei nicht zu denfen. Man glaube nämlich nicht, bag bei 
den aus Ca(jlobor citirten Worten Idem corpus Herculem de- 


^ 





38 Ueber die Pantomimen 


signat et Venerem etc. oder bei Lucian xoà ἄλλοτα Arosuc 
ὁ αὐτὸς καὶ μετὰ μικρὸν Ὀρέστης κ.τ.λ. an verſchiedene eins 
Δείτε Darftellungen derfelben Perfon zu deufen fep ; beum ders 
felbe Lucian giebt ο. 63. die einzelnen Rollen und ihre Fol⸗ 
ge, die ein Pantomime in einem einzigen Stück aufführte, 
mit biefen Worten an: αὐτὸς ἐφ᾽ ἑαυτοῦ ὠρχήσατο τὴν ᾿φρο- 
δίτης καὶ ᾿άρεος µοιχείαν, Ἡλιον µηνύοντα καὶ Ἡφαιστον 
ἐπιβουλεύοντα, καὶ voicdisouotg ἀμφοτέρους, τήν τε 4φροδίτην. 
καὶ τὸν don σαγηνεύοντα, καὶ τοὺς ἐφεσεῶτας Φεοὺς ἕκαστον 
αὐτῶν, καὶ αἰδουμένην μὲν τὴν '4φροδίτην, ὑποδεδρικότα τα 
xai ἱκετεύοντα τὸν “4ρη καὶ ὅσα τῇ ἱστορία ταύεῃ πρόσεσειν. 
Der Pantomime Zenophon, auf den das. 353(le Epigramm 
unter den adesp. bei Jacobs anthol. gedichtet ift, tanzte bie 
in den Verſen felbit bezeichneten Rollen ded Bacchus, Pens 
tbend, Tireflad, ber Agave. Im diefem Bezuge nennt Kri⸗ 
nagoraé epigr. 47 einen Pantomimen τέτταρσι διπλασιασθέν- 
τα προσώποις, Natürlicherweife wurden für eine jede Rolle 
bie Masten und aud)? wol meiftens dad ftoftüm geändert. 
Dies geht aud folgender Erzählung bei €ucían c. 66 hervor. 
ἰδῶν γὰρ πόντε πρόσωπα τῷ ὀρχηστῇ, παρεσκενασ- 
µένα (τοσούτων γὰρ μερῶν τὸ δρᾶμα 9») ἐζῆτει, ἕνα down 
τὸν ὀρχηστὴν, τίνες οἱ ὀρχησόμενοι καὶ ὑποκοινούμενοι τὰ 
λοιπά προσωπεῖα sisv: ὀπεὲ δὲ ἔμαθεν, ὅτι ὃ αὐτὸς ὑποκρι- 
νεῖται καὶ ὑπορχήσεται τὰ πάντα , ἐλελήδεις, ἔφη, d βέλ- 
τισ, σώμα MEY τοῦτο ἓν, πολλὰς δὲ ψυχὼς ἔχων. 
Es gehörte zu den Vorzügen είπε gewandten Pantomimen, 
recht viele Rollen unmittelbar mad) einander, b. B. in einem 
und demfelben Stück geben zu können. Das Spiel eines fols 
hen nannte mam πολυπρόσωπος, Bg. Jacobs ad anthol. II, 
4 p. 308. Eine fonderbare Abweichung (ft in ber Erzählung 
bed Lucian c. 83 angedeutet. Bon dem bem rafenden Ajar. 
fpielenden Pantomimen heißt ed: Evos δὲ τῶν ὑπαυλούντων 
τὸν αὐλὸν ἁρπασας, τοῦ Ὀδυσσέως πλησίον ἑστῶτος 
καἰ ἀπὲ τῇ νέκῃ µέγα φρανοῦντος διεῖλε τὴν κεφαλὴν 





der Römer. 39 


πατενεγχών. καὶ siys un ὃ niÀog ἀντέσχο, καὶ τὸ πολὺ τῆς 
πληγῆς ἀπεδέξατο, ἁἀπολώλει av ὁ κακοδαίκων ὈΟδυσσεὺς, 
ὀρχηστῇ παραπαίοντι περιπεσὼν. Wenn nidht einer der Choris 
Ren fpagbafter Weife bier Ὀδυσσεὺς genannt wird, woran gu 
glauben die Worte εἴγο un 6 niAog x. τ λ., womit ba$ Kos 
(im beà Odyſſens bezeichnet ift, mid) verhindern, fo hätten 
wir bier geben dem  Sauptípieler eine zweite mit einer Ne⸗ 
benrolle verfehene Perfon. Ein zweites Beifpiel diefer Art 
ift mir freilich noch nicht vorgefommen, — Sebenfallá waren 
ſolche Perfonen feine weſentliche Zuthat bes Spieled, nod) 
mochten Πε häufig erfcjeinen. Aber zuweilen erhielt bod 
durch eine folche Nebenfigur, aud) wenn fie bewegungslos 
blieb, das Spiel des Pantomimen erft feine volle Deutung 
oder bod) einen höheren Grad von Anſchaulichkeit. Eine Abs 
weichung ganz anderer Art iff freilich bei Appulei, metam, 
X p. 252 ed. Oudend, angedeutet. Da wirb gemeldet, mie 
in einer Griechiſchen Stabt ὑπὸ Urtheil bed Paris par 
tomimiſch aufgeführt worden. Wenigſtens fünf Sauptper 
fonen, Ῥατίό, Mercur und bie brei Göttinnen erfcheinen 
ouf ver Bühne, uud fpielen die ihnen angehörigen Rollen. 
Aber die ganze Erzählung iſt zu fuftig und mährdenhaft, 
αἴό baf man hier an ein wirkliches Factum glauben, und 
baraué einen Schuß für bie im Rede flebenbe Trage ziehen 
fónnte, 

Dag einzige Mittel der Darftellung, befjen f(d) bie Pans 
tomimen bedienten, waren bie Bewegungen der Hände und 
ber übrigen Körpertheile. — ucíam. c. 60. μιµητικός. ἐστι 
(sc. 9 ὀρχηστής) καὶ xiv nace τὰ ἀδόμενα dar'ser vnt- 
σχνεῖται. An bet Mafke, die ffe trugen, waren fogar bie 
Lippen verfchloffen. Vg. Lucian. c. 29. Und in Bezug auf 
alle Eutferuung der Cyprade burd) Töne wurde ihre Kunfl 
aud) wol eine muta disciplina genaunt. η. Cassiod. I, ao. 
Hanc partem musicae disciplinae mutam. nominavere maiores, 
scilicet quae ore clauso manibus loquilur et quibusdam gesti- 











40 | Leder ble Pantomimen 


! 
culationibus facit intelligi, quod vix narrante lingua aut 
scripturae textu possit agnosci, Daß Gefang unb Muſik eine 
nicht me(entlid) qur. Darftellung beà Pantomimen gehörige Bes 
gleitung waren, das zeigte eint ein Pantomime dem Zweif⸗ 
fer Demetrius durch die That, indem er ohne jene Begleis 
tung fpielte. Bg. Lucian ο. 63. Alte Gfieber des foro 
vers dienten bem Pantomimen als Bezeihnungsmittel: und 
burd) die Mannichfaltigteit der Gefle und Bewegungen, die 
baburd) möglich ward, mußte fein Auddrud eine Anſchaulich⸗ 
feit und Cebenbigfeit gewinnen, von ber wir zufolge unfecev 
groben und fehr befchränften Pantomimit und faum eine 
Borftelung machen können. Daher heißt e$ von bem Pantos 
mimen in der anthol. lat. I p. 611. 
Tot linguae, quot membra viro! mirabilis ars est, 
Quae facit articulos ore silente loqui. 

Sn ähnlicher Weiſe fagt Sidon, Apollin. carm, XXI. von 
zwei Dantomimen : 

Coram te Caramallus aut Phabaton 

Clausis faucibus et loquente gestu, 

Nutu, erure, genu , manu, rotate; 

Toto in schemate vel semel latebit 

Sive A&ias et suus Iason etc. 
Und nun fährt er fort, Die vielen argumenta ber Pantomi⸗ 
men aufzuzaͤhlen. Man ſollte nun freilich erwarten, daß die 
Bewegungen des Auges und des übrigen Geſichtes den vor⸗ 
züglichſten Beſtandtheil ber Pantomimenſprache ausgemacht 
haͤtten. Aber dies war wenigſtens nicht immer der Fall, in⸗ 
bem ber unbezweifelte Gebrauch der Maſken dies unmöglich 
machte, unb andererſeits die Größe der alten Theater bie 
Mienenfprache für ben größten Theil der Zufchauer unver 
fändlich machte. Daher iff auch weniger von bem vultus 
ber Pantomimen bie Nebe, ald von bem nutus bed ganzen 
Kopfes, durch den viel auédgebrüdt werben konnte. Inzwi⸗ 
(dieu wurde die Mafle nicht immer gebraucht, unb dad Mie⸗ 








der Römer 4 


wen(pief mochte befonders eintreten, wenn der Pantomime 
feine Kunſt in kleineren Sreifen zeigte. Defto bervorfted)enber 
waren die Figuren nnd Bewegungen ber Finger und ber 
ganzen Hand. In ihnen muß gleihfam bad Alphabet ber 
SDautomimíf gefucht werben. Daher nennt ein Unbelannter 
bei Brunck Adesp. n. 744. ben Pantomimen ἑστορίας δείξας 
nal χερσὲν ἅπαντα λαλήσας. Sm gleihem Sinne wird 
Pylades in bem 27ſten Epigramım bed Antipater Theffal. à 
παμφώνθις χερσὲ λαχενύόμενος genannt. Go if 
auch Gaffiobor V. L. IV. δι zu verftehen: orchistarum lo- 
quaeissimae manus , linguosi digiti, silentium clamosum eto, 
Zur Mimik neigen die Sübländer, und befonderd bie 
Italiener, mehr als jebed andere Boll, vermöge eines. eiges 
sen Suftinctes, durch den fie Gefte madjen unb veríteben, die 
bent minder beweglichen Norbländer unbemerkbar ober unbete 
fünblid) find. Zur Probe — denn eó [iege fid Kon aus 
Reiſebeſchreibungen ein ganzes Negifter folder Gefte zufams 
menftellen — nur eines, das fid) in Kephalided Reifen (u 
Stal. und Sicil. Bd. II &. 354 über die Art des Italieners, 
burd) Gefle zu verneinen, erzählt findet. „Einer unferer 
Freunde wollte fidy in einer Sicilianifchen Stadt eine Scheere - 
faufen; trat deßhalb zu einer Bude, und fragte bie Beſitze⸗ 
rint, Signora, habt ihr Scheeren? Ohne einen Laut zu 
antworten, bob fie ganz phlegmatiſch bem Zeigefinger ber 
rechten Hand und bewegte ihn ein wenig hin und ber, was 
ber erfte Berneinungsgrad der Staliener ifl. Gegen die wies 
berholte Frage, weil dad Zeichen nicht verftanden wurbe, ges 
brauchte fie den zweiten , fie fchnalzte nämlich mit ber Zune 
ge, wie wir ed thun, um gu tadeln; die flárfer erneuerte 
Frage ward abermald ſtumm burch den flárferen Grab ber 
Berneinung beantwortet, der Kopf warb langfam in bie Höhe 
sub hintenüber gebogen; ale er hierauf, immer πο nicht wiſ⸗ 
feb, woran er ſey, aum vierten Mal, etwas verbrießlich, 
verſtaͤndliche Antwort verlangte, vig auch ber (tummen Sicis 





42 Ucber die Dontomimen 


Haneriun die Gebufd; fie ſtrich wieberholentlid bad fum, 
welches der vierte unb lebte Grab durch Zeichen zu verneis 
zen ift, unb rief ärgerlich: ich habe ed euch ina ſchon bres 
wal gefagt, bag id) Feine Gcheeren habe.« 

SorjigRd) (tarf und mannichfaltig waren fie in benjeuis 
gen Geberben, burd) welde fie Spott oder SBeraditung and« 
drüdten. Eine foldye Geberbe oder Grima(je nannte ber Roͤ⸗ 
mer aberhaupt sauna; ber Grieche µῶκος, wenn der Spott 
burdj bad Geſicht; ἐργόμωκος, wenn er burd) andere 
Körpertheile bezeichuet wurde. Se nachdem una ber Spott 
durch bie Angen, Nafe, Lippen, Finger ober andere Glied⸗ 
maßen hervorgebracht wird, (ib in bem alten Sprachen bes 
feubere Berben gebräuchlidg, welche von der Häufigkeit biejes 
Mimik ebenfo zeugen, wie bie vielen Cpottma(fen, προσω- 
πεῖα τωθαστικα, melde Kopien der Gannionen waren. Auch 
bievon mögen einige Beifpiele hier eine Stelle ſinden. Die 
von Perfins sat. I, A0 (rides et nimis uncis maribus indulges) 
erwähnte Rüumpfunug ber afe, fonft and, wie V, 91. 
bei Perſius sanna rugosa ober aud) wie Ill, 87 nasus. cri- 
spatus geuannt, war ein Ausbrud des Geringfchägung , ber 
fo gang unbefannt aud) bei uns wicht il. Horat, I, 6,5 
fagt dafür maso adunco aliquem suspendere, bie Griechen 
σιλλοῦν, Bg. Hesych. s. v. ine andere bobnenbe Geberbe, 
durch bem Zeigefinger ber τεώίει Hand hervorgebradyt, bes 
ſchreibt Rindelmanı W. B. II 6. 58 uad) einem unter beg 
Hercnlanifhen Alterthümern vorfindlichen Priapus » Bilde. 
»Dieſer Priapus, fo find feine Worte, madıt eine Art von 
Geberde, weldye den Welfchen febr gemein, den Teutſchen 
aber ganz und gar nnbefannt if. Die Figur zieht mit dem 
Zeigefinger der rechten Haud auf den Backenknochen gelegt, 
das untere Augenlied herunter, indem zugleich der Kopf nad) 
oben der Seite geneigt ift; melde Geberbe ben Pantomimen 
ber Alten eigen gewefen fegn muß, unb von wieljadyer und 
finulicher Bedeutung if. Diefe Geberbe wirt indgemein (lil 


ber Römer. 43 


ſchweigend gemacht, ald wenn man fagen wollte: büte dich, 
er ift fein, mie Galgenbof;; ober, er wollte mich anführen, 
und ich habe ihn ermi(d)t; oder zu jagen: bir kaͤmſt mir redit 
Das wäre ein gefunden Freflen für dich !« Drei Arten einer 
berberen sauna find in folgenden Berfen des Perfing Sat. 1 
v. 58 angebeutet: 

O lane, a tergo quem nulla ciconia pinsis, 

Nec manus auriculas imitata est mobilis albas, 

Nec linguae quantum sitiat canis Appula, tendit! 

Vos, o patricius sanguis, quos vivere fas est 

Occipiti caeco, posticae occurrite sannae. 

Die erjte Art, ber Storchſchnabel, beftanb bartn, 
Daß man hinter einem Dritten die Hände audredte und zus 
fammenfhlug, wie der Storch feinen Schnabel. Das follte 
ein höhnifcher Applaus ſeyn, gleichfam f. v. a. »Dich follen 
die Störche beflapyern, nicht aber bie Menfchen beflatfchen !« 
Bon diefem feltfamen «oo9roc ift ba& Verb pinsere mit Abſicht 
gewählt. Vg. Casaubon. zu b. St. Die zweite Art, auri- 
culae albae, Efelöohren, .fo genannt von ber weißgraulichen 
Farbe des Efeld oder’ auch von der weißen Farbe der (mnes 
ren Ohrenflaͤche befjelben, wurde hervorgebracht burd) das 
Emporfchieben und Bewegen des Fingers ober der Hand über 
bem Sobre, deflen Berlängerung angedeutet werben follte. 
Zweifelöohn gehört bie sanna beé Pylades hieher, von ber 
Sueton Octav, 45 fpricht: et Pyladem urbe atque Italia sub- 
movit (sc. Augustus), quod spectatorem, a quo exsibilabatur, 
demonstrasset digito conspicuumque fecisset. Denn — baé 
bloße Hinweiſen auf benfelben wäre ja gmedío8 und albern 
gewefen. — Die legte Art, das Ausſtrecken ber Zunge, δε, 
darf feiner Erffärung. Vg. über dieſe drei [ebterm sannae 
. bie Abhandlung ded Bern. Ferrarius de applaus. et acclam, 
lib. II c. ro bei Graev. thes. antiq. tom. VI. — Endpdlich 
zähle id) hieher diejenige Sjobngeberbe, welche bie Griechen 
mit dem Worte σκιµαλίζειν, bie Römer mit digitum infamem 





44 Ueber ble Daontomtmen 


oder impudicum porrigere bezeichneten. Mit diefem Finger 
ift der mittlere gemeint, bem die Alten wegen feiner Aehnlich⸗ 
feit mit dem männlichen Gfiebe aud) verpus nannten (bei bem 
Griechen δρῖλος), und deöwegen nie mit einem Ringe ſchmück⸗ 
ten. 99. Plio, h. n. XXXIIL 1. Gegen men fie nun dien 
fen obfcönen Finger mit Zufammenziehung der übrigen auds 
firedten, von dem fagten Πε gleihfam: du bift aus lauter 
Schaͤndlichkeit zufammengefegt! Vg. die Ausleger zu Iuven. 
X, 52. Pers. 1I, 35. Martial. IX, 69. Alexand, ab AL 
Gen. dier, IV, 26. Einen gfeid)et Sinn hatte der objcóne 
Geſt, mit bem ber Kaifer Galigula ben weibifchen Kriegsoberften 
Eaffind Chaerea abfertigte, wenn eà von ihm bei Suet, Cal, 
56 heißt: Caius seniorem iam, ut mollem et effeminatum de- 
notare omni probro consuerat: et modo siguum petenti Pria- 
pum aut' Venerem dure: modo ex aliqua causa agenti gra- 
tias osculandam manum offerre, formatam commotamque in 
obscoenum modum. Die Art und Weife diefed Geſtes erflärt 
PWindelmann a. a. SO. nad) derfelben Priapusfigur fo: 
Mit ber Linken Hand macht bíe(e Figur dad, was bie Wels 
fhen eine Feige (weiblichen Geſchlechts) fica nennen, welches 
Wort die weibliche Ratur bebentet, und wird gezeigt durch 
ben Daum, welcher zwifchen den Zeigefinger unb. zwifchen ben 
mittleren gelegt wird, fo daß derſelbe zwifchen beiden, wie 
eine Zunge zwifchen bem Lippen zu (eben it. Man nennt 
bied aud) far castagne, von ber Spalte, womit man bie 
Scale der Kaftanien auffhligt, um diefelben gefchwinder zu 
finben.s  Meberbaupt aber waren obſcöne Gefte fehr beliebt 
und mannichfaltig. 

Bei einem großen Reichthum an Geften und Mienen, 
welche die Natur felbft bot und erläuterte, und der hödhiten 
Geſchwindigkeit im Nachbilden αἴεὸ Anfchaulichen durch Die 
Bewegungen verfchiedener Körpertheile reichte man bod) nicht 
aus beider Darftellung der Begriffe und Empfindungen, die 
ber finnlichen Anfchauung allzu fehr entrüdt find. Da wußte 











ter Römern 45 


war aber andzuhelfen burd) Erfindung willfürlicher Zeichen, 
bie von den Pantomimen burd) die Bewegungen der Finger 
ebenfo gehandhabt wurden, mie wir jebt das Alphabet durch 
Schrift ober articulirte Töne anwenden. Man konnte Πε in 
gemiffer Beziehung die λέξεις oder γλὠσσαι der Pantomimen 
nennen. Sie vervollitändigten gleichfam den großen Spradys 
vorrath, den bie Natur erfunden, und in deſſen Beflg ein 
jeder war: und wurden aud) mol in eigenen Bergeichniffen, 
worin bíefe Zeichen abgemalt waren, oder durch mündliche 
Belehrung erklärt. An dem Borhandenfeyn folcher willlürs 
lid) und sad) Verabredung eingeführten Zeichen kann kein 
Zweifel ſeyn, wenn man folgende Stelle bei Augustin. doctr, 
christ. II, 38 betrachtet. Illa enim signa, quae saltando fa- 
ciunt histriones, si natura, non instituto et consensione ho- 
minum valerent, non primis temporibus saltante pantomimo 
praeco pronuntiaret populis Carthaginis, quid saltator vellet 
intelligi. Quod adhuc multi meminerunt senes, quorum re- 
latu haec solemus audire, Quod ideo credendum est, quia 
nunc quoque si quis theatrum talium nugarum imperitus in- | 
traverit, nisi ei dicatur ab altero, guid illi motus significent, 
frustra totus intentus est. Appetunt tamen omnes quandam 
similitudinem in significando, ut ipsa signa, in quantum 
possunt, rebus quae siguificantur, similia sint. Sed quia 
multis modis simile aliquid alicui potest esse, non constapt 
talia signa inter homines, nisi consensus accedat, Noch beuts 
lider fpricht von derſelben Sache Cassiod. V. L. IV, δι, 
wo et biefe Zeichen gerabezu mit den Buchflaben des Alyhas 
betà vergleicht: tunc illa sensuum manus oculis canorum car- 
men exponit, et per signa composita quasi quibusdam literis 
edocet intuentis aspectum : in illaque leguntur apices rerum, 
et non scribendo facit, quod scriptura declaravit, 

Auf jede Weife aber blieben die natürlichen Zeichen 
Sauptmittel ber Darſtellung. So beutlih und ver(tánblid) 
mü(j der Ausdruck eines guten Pantomimen feyn, fagt Zus 





46 Ueber die Pantomimen 


cían, bag ohne alle Nachhilfe eines Juterpreten derſelbe 
verftanden werde. ο. 62 énei δὲ µιμητικός ἐστι, xad κινήµμασι 
ra ἀδόμενα δείξειν ὑπισχνεῖται, ἀναγκαῖον αὐτῷ, ὅπερ xoi 
τοῖς ῥήτορσι, σαφήνειαν ἀσκεῖν, ὡς ἕκαστον τῶν δεικνυμένων 
ün’ αὐτοῦ δηλοῦσθαι, μηδενὸς ἐξηγητοῦ δεόµενον. AAN 
ὅπερ ἔφη 6 Πυθικὺς χρησµὸς, δεῖ τὸν Φεώμενον ὄρχησιν, καὶ 
κωφοῦ συνιένὰι καὶ un λαλέοντος (τοῦ ὀρχηστοῦ) ἀχούειν. 
An einer anderen Stelle c. 36 nennt er bied 7 σαφήνεια τῶν 
σχημάτων. Damit man aber jehe, bag Ὀίεε Foderung audj 
verwirklicht wurde, erzählt er an jener Stelle folgende Auek⸗ 
boten. »Der Kyniker Demetrius, ber unter Nero lebte, 
war den Pantomimen ebenfo abhold, wie unfer Krato, ber 
im Dialog des Lucian den Gegner bes Lycinus macht. 
Er pflegte zu fagen, dad Spiel der Flöten und Pfeifen, das 
feibene Gewand und bie fihöne Mafle des Tänzers , die den 
Tanz begleitenden Chorgefänge feyen ed, was die Zufchauer 
reize und feffeíe: der Tanz bed Pantomimen felbft fep eine 
unbedeutende und ganz überflüffige Zuthat. Einer ber tüch⸗ 
tigften der damaligen Pantomimen hörte von diefen Kritte⸗ 
leien des eigenfinnigen Kynikers, und ohne eine Widerlegung 
burd) Worte zu verfuchen, bat er ihn, eine feiner pantomi⸗ 
mifhen Darftelungen, bie er ohne Muſik und fonftige Zus 
that geben wollte, anzufehen und dann zu urtheilen. Der 
Philoſoph that Died. Den Flötenfpielern und bem Chore murs 
be Stillfchweigen geboten: unb nun tanzte er ben Chebruch 
des Mars und der Venus, bie Anzeige ded Gomnnengotte$, 
die Nachſtellungen des Bulcan und mie er jene beide in eis 
nem fün(tfid)en Nege gefangen nahm, und einen jeden ber 
zufchauenden Götter, baun Die verfchämt thuende Venus, unb 
den mehr fürdjtenden und bittenden Mars, kurz alles was in 
biefer Gefchichte vorfommt, in folcher Weiſe, daß ber übers 
rafchte und im höchften Grade ergögte Demetrius den Pans 
tomimen zu preifen begaun. Ich bore, rief er mit lauter 
Stimme, was bu tbuft, o Mencch, nicht fehe ich bloß! ben 








der Römer à 


bu fcheinft mit beh. Händen felbft zu fprechen! Ein anbermat 
traf der nàmlidje Pantomime mit einem ansländifchen Kürs 
fter. zufammen, ber ſich Gefchäften halber am Hofe beà Nero 
anfbieft, und gab in befjem Gegenwart einen Pantomimus 
wit folcher Deutlichkeit, bag dem Fremden, obwol er bad, 
was gefungen wurde, nicht verfland (denn er war ein Salbe 
grieche) bod) die ganze Darſtellung verfländlih war. Als 
num bíefer (id) zur Abreife bereitete und Nero beim Abfchiede 
ihn, maé er nur wünfche, fodern hieß, fagte er: glüdlich 
würdeft du mich machen, wenn bu mir jenen Pantomimen 
fdjenfteft. Wozu, fragte Nero, fol dir denn ber Tänzer 
nüßlich fegn ? Sch babe, erwiederte jener, Barbaren zu adj 
barn, die verfchiedene Sprachen reden: und fchwer ift e8, 
- Immer einen Dolmetfcher zu befommen, den man bei ihnen 
gebrauchen fónnte. Habe ich nun jenen Tänzer, fo kann ich, 
fo oft es nöthig (ít, mid) durch Gebehrbenfprache be(felbem bei 
jenen verftändlichh machen.« So febr war die flare und [ο 
bendige Darftellung des Pantomimen ihm in die Seele ges 
drungen. Vg. Athen, I, 90 d. mo von bem Pantomimen 
Memphis behauptet wird, feine Darftellungen hätten die ber 
beften Rebefünftler an Deutlichkeit übertroffen. 

Außerdem verlangte man von dem Pantomimen, bag er 
water mehreren Geften, womit eine und biefelbe Sache bes 
geichnet werben fonnte, gerade ben angemeflenften wählte. 
Zumeilen waren felbft bie größten Meifter in der Beurthels 
lung be(jen, was mehr oder minder (Φ(α[ίά war, nicht einig. 
So tanzte einft Hylas, ber berühmte Schüler des Pylabes 
ein canticum, das mit den Worten τὸν µέγαν "Ayauduvova 
ſchloß. Um nun die Größe ded Königs auszudrücken, hob 
fi Hylas auf den Zehen empor, gleid)jfam als hätte er Dies 
felbe durch ein Längenmaaß angeben wollen. Diefe Unſchick⸗ 
Iichfeit bemerkte Pylades, unb rief auó der cavea: σὺ µα- 
xoó», οὐ µέγαν ποιεῖ. Da aber verlangte bad Publicum, 
daß er dafjelbe canticum tanzen möchte. Er ıhat Died, unb 


48 Ueber ble Pantomimen 


αἴδ er an bie von ihm gerügte Stelle fam, flellte et ben £3» 
nig in (tillem Nachdenken vertieft bar, meinenb , bag fid) für 
einen großen Feldherrn nichts (o febr fd)ide, al& das Den» 
fet und Sorgen für Alle. Vg. Macrob. Sat. II, 7. Lag üt 
bem unſchicklichen Geft zugleich ein Verftoß gegen die Wahrs 
heit, 3. 8. in Begug auf den Ort, bie Perfon, Zeit u. f.w.: 
fo entftand dad, was man in ber Theaterfprache σολοικισµός 
nannte. Vg. Lucian c. 80. €o erzählt Philoftratus p. 541. 
ed. Olear. von einem tragifchen Acteur, der bei bem Ausruf 
€ Ζεῦ feinen Arm zur Erde gefiredt, und gleich darauf bei 
bem Ausruf ὦ ya feinen Bi zum Himmel erhoben. Dies 
fem Babe bamt Polemon, der Borfiker der Spiele, die mißs 
Iungenen Geífe mit den Worten οὗτος τῇ χειρὶ ἐσολοίκισε 
verwiefen. Doc; eó fiehen und nod) näher liegende Beifpiele 
zu Gebot. Derfelbe Hylad, von dem id) eben geredet, tante 
einft ben Debip, nicht mit offenen Augen, wie Lefing 
meint, Werte 3. XXIII, ©. 198, fondern mit fo ficherem nnb 
feftem Auftreten, ale wäre er fein Blinder gemejen. Diefe 
Nachläßigkeit (securitatem saltandi) beftrafte Pylades fagend: 
σὺ βλέπεις. Vg. Macrob. a. a. D. fuciam fagt a. a. 3. 
er habe einft einen Pantomimen gefehen, der bie Geburt des 
Supiter und die Gier bed Saturnus in ber Berfchlingung 
feiner Kinder barzuftellen gehabt. Derfelbe fep aber, durch 
bie Nehnlichfeit des Stoffes verführt, mit feinem Gebehrden⸗ 
fpiel in die Gefchichte be8 Tchyeftes hineingerathen. Ein απ. 
dermal follte einer bie Semele fpielen , wie biefelbe vom Blit 
erfchlagen wird: ber aber tanzte bie Glauke, bie bod) lange 
sad) der Semele lebte. 

Eine andere Klippe, vor welcher bie Kunftrichter den 
Pantomimen warnten, war das allzugroße Streben nad) Gf» 
(ect, burd) welches bie Tänzer leicht bie Gränze der Wahr, 
beit überfchritten, und in's llebertriebene verfielen. Dies 
nennt Sucian ο, 82 κακοζηλία, ein Fehler, be(fem fid) 4. 3. 
diejenigen (d)ulbig machen, welche [αι des Großen das Uns 











der Römern | 49 


"ebeure, ftatt tes. Weichen und Zarten bad Weibifche unb 
Entnerote, ftatt ber Mannhaftigkeit baͤuriſche Wildheit bar» - 
ftelen. And folgt ο 83, um eine Probe übertriebener Dar» 
ftellung zu geben, tadyfteenber Theaterbericht. Ein Künftler 
von bewährter Birtuofitàt fpielte einft den rafenden Ajax. 
Als er bie jt dem Moment gelangt war, wo bie Beflegung 
des Ajar dargeftellt werden mußte, überfchritt er alles Maas 
feined Spieles fo fer, daß er nicht mehr einen 9tafenben 
darzuftellen, fondern felbit zu rafen fchien. Er gerriß bie Ges 
wande eined von denen, die mit der eifernen Sohle den Saft 
ſchlugen; einem der Flötenfpieler nahm er feine Flöte, und 
ſchlug damit den in ber Nähe ftehenden und fih in feinem 
Siege wohlgefallenden Ulyſſes fo aufs Haupt, daß ber uns 
glückliche Held ded Todes gemefem wäre, wenn nicht fein 
Hütchen tie Gewalt des Schlages geſchwächt hätte Darauf 
wurde nun freilich Das ganze Theater von einem gleichen ὅπ, 
thuſiasmus befallen. Man fprang auf, fchrie, warf die 
Kleider weg. Rämlidy ber große Haufen, ber wenig Sinn 
für das Schiellihe hatte, noch bie Grünen des Echönen 
nnd Häßlichen deutlich erfannte, glaubte im jenem übertries 
denen Spiele bie vollkommenſte Darflelung des Wahnſinns 
su fehen. Die Gebildeteren aber, ob(djon fie das Beffere 
erfannten, und ſich des Borfalls fchämten, rügten den Ber 
Ποβ nicht einmal ὑμτώ Stillfchweigen, fondern Rimmten noths 
gebrungen in das Beifallägefchrei beà Pöbeld ein, weil ffe 
glaubten, bag das Gefchehende eine Folge bes wirklichen 
Wahnfinns ſey, in den der Schaufpieler gerathen wäre. Dies 
fem aber genügte das nod) nicht, was er auf ber Scene ges. 
than. Er flieg von dee Bühne herunter, und feßte fid) fo 
wie er war, zwifchen die beiden Gonfuln, bie in der grofs 
ten Angft waren, unfer Ajax möchte fie, mie ber in ber Tras 
góbie einen Widder, ergreifen und zerprügeln. Auch biefen 
legteren Act bewunderten nod) einige; Andere aber wurden 
βµμρίᾳ und befürdhteten, der Pantomime möge wirklich den 
9. Wen, GXwf. f, ΦΜΙ. Π. 4 


50 Ueber tfe Pantpomimen 


Verſtand verloren haben. Derfelbe Kimftler kam jedoch bald 
wieder zum Bewußtſeyn, und bereute feine ertracagante Dar» 
ftellung fo fcbv, daß er fogar vor Kummer darüber, daß 
man ihn nicht ohne Grund des Wahnfinnd befchufdigt hatte, 
in eine Krankheit verfiel. Bald nachher forderte die Partei 
ber Zufchauer, die an feinem übertriebenen Spiel @efallen 
gefunden hatte, ihn auf, den Ajar mod) einmal in jenrr 
Weiſe zn geben, aber (fatt deffen trat ev auf, und empfahl 
einen anderen Acteur mit dem ausdrädlichen Zufaß »es (ey 
fir ihn genug, einmal gerafet zu baben.« Diefer andere 
nun, der fein Nebenbuhler war, gewann Aber ihn ben Preid, 
Denn ba er nad) demfelben oder bod) beinah gleichem Terte 
fpielte: ftellte er den Wahnfinn mit einer ſolchen Mäßigung 
bar, bag man fein Spiel gerade deöwegen meifterhaft nam 
te, weil er es innerhalb der Schranken des Schieflichen gehals 
ten, nnb nicht durch regellofe Wuth verunftaltet habe. 

Auf finnlihen Reiz war dad Spiel der Pantomimen 
mehr, als jebed andere berechnet. Hier fanden Lüfterne Aus 
gen eine Koft, wie nirgendwo: und vielleicht war es gerade 
diefe verführerifche Seite ber neuen Sunft, welche fie gleich 
von ihrem Entftehen an bis fomeit wir ihre Gefchichte verfols 
gen fönnen, zur Lieblingsfache des verderbten Publicums 
machte. Bg. Arnob, adv. gent. 4. Dieb ift ed aud), wei» 
halb Zoſimus I, 6 eine der Daupturfachen der Schwächung 
bed Römifchen Reich in den Pantomimen findet. Dazu fam, 
daß aud) meiftend und vorzugsweife ſolche Stoffe gewählt 
wurden, die auf Liebe und Geſchlechtsluſt Bezug hatten. 
Schon Ovid. rem. 753 fíagte, bag in den Pantomimen ims 
merfort Liebesgefchichten dargeftelt würden: 

Mlic assidue ficti saltantur amantes, 
Quid caveas, actor: quid iuvet, arte docet. 
Vg. Augustin. de symb, 4. Tertull. de spect. p. 269 ed. 
Par. Melde Wirkungen Tänze diefee Art bei bem weiblis 
chen Geſchlechte hervorbradhten, z. 8. wenn Bathyll die wols 








bet Römer. 51 


Inftige Geſchichte ber eba darftellte, das befchreibt und Ju⸗ 
venal Sat, VI, 63 mit ftarfen Zügen. Im Allgemeinen vet» 
den bie gestus obscoeni, motus impudici, lascivi al® eine durchs 
gängige Eigenfchaft ber Pantomimen bei fehr vielen Schrifts 
ftellern bezeichnet. Bg. Juven. ΧΙ, 167. Arnob. adv. g. b, 
wo lascivire und saltáre bafjefbe find, Aristid. in salt. p. 
569 ed. Dind, Augustin. civ, dei. II, 20. serm. 198, Eine 
befondere Art von unzüchtiger Bewegung verftand man uns 
ter den clunes crispatae oder coxendices fluctuantes. «ng. Ar- 
nob. l I. Darin waren die Mäddken von Gades vorzäglich 
flarf. Gerne fah man diefe Iendenfchütternden Dirnen; aber 
man gewährte fid) den Anblick ihrer Reize anfangs nur bei 
©aftmälern und Iuftigen Gefagen. — Wie δεί folchem Anblick 
Männer und Frauen vor Luft und DBegterde vergehen moll» 
ten, darüber fehe man Juvenal XI, 151 — 57. Die Aus 
übung beà Beifchlafs felbft und die fchändlichften Arten ber 
Unzucht, für deren Belchreibung unfere Sprache zu becent 
ift, warden bier obne Bedenken nachgebildet. Sch will, um 
des Schmuges nicht zu viel zu häufen, nur eine einzige &ün» 
zerinn erwähnen, welche das wad man τρίβακον περὶ πασ- 
σαλον nannte, in ihrem Pantomimusd ausbrüdte. Der Dich⸗ 
ter Antomedon hat fie in folgendem Epigramm bem Anden, 
ten erhalten: 
Την ἀπὸ τῆς woínc ὀρχηστρίδα, τὴν κακοτέχνοις 
σχήµασιν ἐξ ἁπαλῶν κινυµένην ὄνύχω», 
«ἰνέω, ovy ὅτι πάντα παθαύνεται, ovó' Ort βάλλει 
τὰς ἁπαλάς ἁπαλῶς wie καὶ ὧδε χέρας» 
AM ὅτι xoi τρίβακο» περὶ πάσσαλον ὀρχησασθαι 
οἶδε, καὶ οὐ φεύγει γηοαλέας ῥντίδας. 
Γλωττίζει, κνίζει, περιλαμβανει’ nv à ἐπιτρέψῃ 
τὸ σκέλος, ἐξ ὧδου τὴν κορύνην ἀνάγει. 
Ueber die Erklärung der einzelnen Ausdrüde vg. Jacobs an- 
thol. II, 2 p. 129 *, Später traten die Tänzerinnen oft 


*) Die Tänzerin wird hier nicht als (ote, jondern wegen ihrer 


52 Ueber die Pantomimer 


völlig entblößt anf bte Bühne, und fuchten burd) alle möge 
liche Poflturen der Schamhaftigfeit τοῦ zu bieten. Die be 
rüchtigte Theodora, nadjmalige Gemahlinn des Kaiferd Juſti⸗ 
nian, mit derem fchamlofen Bühnenftreichen Prokop ein ganzes 
Buch anfüllen zu können verfichert, feßte ihre reizende Geſtalt 
in biefer Weiſe oft dem öffentlichen Anblid aus. Einſt ers 
(άίει fie ohne alle Hülle auf der Bühne, und — fo fährt 
Prokop fort — τῷ ἐδάφει κρυπτία ἔκειο. Θἥῆτες δέ τινες 
κρίσδας αὐτῇ ὕπερθεν τῶν αἰδοιῶν ἔῤῥιπτον, ἃς δὲ οἱ χῆνες 
of ἐς τοῦτο παρεσκευασµένοι ἐτύγχανο», τοῖς στύμασιν ἐν- 
Φένδε κατὰ μίαν ἀνελόμενοι ἠσθιον. Bg. das Fragm. des 
Procop. anecd. 9, in bem Menag. Ill, p. 254 — 279.* Den 
Sinn ber wüften Scene befenne ich, nicht zu verfichen. Das 
weibliche Perfonal unter bem Pantomimen, das fid) oft zu 
foihen Darftellungen hergeben mußte, verband daher mit bent 
Gewerbe der Künftlerinn in der Regel noch das ber Buhl⸗ 
dirne. Sene Theodora war von ihrer erften Jugend an, ebenfo 
wie ihre Freundinn und Kunftgenoffinn Chryfomallo, zugleich 
eine Hetäre. Vg. Procop. anecd. p. 78. ed. Lugd, Umge⸗ 
febrt wurden aud) Buhldirnen aus ihren Schlupfwinfeln hers 
vorgeholt snb zu foldyen Auftritten abgerid)tet. Mit flarfen 
Worten fíagt über dieſes Gebrechen des fpäteren Theaters 
&ertulliam de spect, p. 260. ed. Paris. Hoc igitur modo 
eliam a theatro separamur, quod est privatum consistorium 
impudicitiae , ubi nil probatur, quam quod alibi non proba- 
tur. Ita summa gratia eius de spurcitia plurimum concinna- 
ta est, quam Atellanus gesticulatur, quam mimus etiam per 
mulieres repraesentat, sexum pudoris exterminans, ut facilius 
domi quam scenae erubescant, Quam denique pantomimus 


andern Künfte gepriefen, unb ὀρχήσασθαι iſt uneigentii zu verſte⸗ 
den. Dieß [Φείπί mir offenbar. Auch hat Jacobs ín den Worten zu 
DB. :3: laudatur autem pantomima, quod omnes affectus artis ope 
praeclare exprimat et imitetur, gewiß nur an bie pantomimifche 
$un(t überhaupt gedacht, wegen ber diefe Pantomime aber hier gerade 
nicht gelobt merbe, wie es wiederholt gefagt ift. δ. (9. W. 








ber Römer. 53 


a pueritia patitur, ut artifex esse possit! Ipsa etiam prosti- 
bula publicae libidinis hostiae in scena proferuntur, plus mi- 
serae in praesentia feminarum , quibus solis latebant, per 
quae emnis aetatis, omnis dignitatis ora transducuntur, lo- 
cus, stipes, elogium etiam, quibus opus nón est, praedica- 
tur. Etiam taceo de reliquis, etiam quae in tenebris et in 
speluncis suis delitescere decebat, ne diem contaminarent. 
Erubescat senatus, erubeseant ordines omnes. Ipsae illae 
pudoris sui interemtrices de gestibus suis ad lucem et popu- 
lum expavescentes semel an non erubescant? etc, Daher ei» 
fern bie Kirchenväter ſaͤmmtlich, fo oft fle von den Panto⸗ 
mimen reden, gegen diefe Spiele, als gegen eine Schule ber 
Unzucht und eine Werkftätte des Satand. ο 

Was den Gegenftanb der pantomimifchen Darftellung bes 
trifft, fo war derfelben ein ganz beflimmter Kreis von Sie 
tuationen und Handlungen angewiefen Welche? darüber 
find wir am wenigften in Zweifel. Sie waren weder aus 
bem gemeinen Teben der gröberen Art genommen, moburd) 
die Pantomimen fich fcharf von ben Mimen unterfcheiden, 
Bod) aus jenem Kreife von Begebenheiten, wie ffe die Kos 
mödie behandelt. Die Stelle bei Dio Gafffuá LXI, ı7 καὶ 
ὠρχήσαντο τραγῳδίας τε καὶ χκωμφῳδίας ὑπεκρίαντο iſt uns 
genauerer Ausdruck, und fann gegen die Mehrheit der Stels 
len nichts erweifen. Der Stoff war durchaus und immer: 
fort aus der Mythologie entnommen, und von biefer Seite 
war ber Pantomimus mit der Tragödie verwandt: fep e$ 
vun, daß bie Darftellung nıcht über eine einzelne Situation 
oder Handlung binanégieng, ober burd) die Verflechtung von 
mehreren aud) dem Umfange nad) bad Ganze einer Tragödie 
wiebergab. Mögen einige beftimmtere Nachweifungen bare 
über hier eine Stelle finden. Als argumenta pantomimorum 
werden alfo erwähnt bei Lucian 2 die Liebesgefchichten der 
Phaädra, 9tbobope und Parthenope, bei Suvenal VI, 
50 bie ber vom Supiter-in Geftalt eines Schwanes befuchten 


bà Ueber die Dantomimen 


Leda, bei Arnobius adv. gent. 6 und 7 bie ber Ceba, Ems 
topa, Dana, beá Ganygmeb, Atys unb Adonig, 
ebend. 4 und Rucian 63 bie des Mars undberBenus, bei 
Macrobius Sat. 11,7 die Leiden des wüthenden Hercules 
und beó Debip, bei Orelli inscriptt. n. 2629 die tragifchen 
Gefchichten des Con unb ber Troerinnen, bei Jacobs 
anthol, III, 45 und 127 die Kabeln ber Daphne und Nios 
be, und ebend. III, 4, 100 bie vom Pentheus, ber Agas 
ve und bet Bachantinnen, bei Sueton Ner. 51 ber 
Turnus bes Virgil. *) Eines weiteren Aufzählens Debüt: 
. fen wir nidt, da &ucían im ber mehrmald erwähnten 
Schrift von Kap. 37 bie 61 die Fabelfreife nicht nur der 
Griechen und Römer, fondern aud) der 9feggptier, Phoenis 
jier u. a. Völker, vom. Urfprung des Chaos unb den Uran 
füngen der Welt bià auf die legten Geſchichten der Helden, 
zeit Durchgeht, unb alle diefe Sagen den Pantomimen vindis 
cirt. Dann fchließt er c. 61 die lange Aufzählung mit den 
Morten: Zuveiorrı dà εἰπεῖν, οὐδὲν τῶν ὑπὸ τοῦ Ὁμήρου 
καὶ Ἡσιόδου καὶ τῶν ἀρίστων ποιητῶν, καὶ μάλιστα τῆς 
τραγωδίας ἀγνοήσει. ταῦτα navv ἀλίγα ἐκ πολλῶν , μᾶλλον 
dà ἀπείρων τὸ πλῆθος ἐξελὼν, τὰ κεφαλαιωδέστερα κατέλεξα, 
τὰ ἄλλα τοῖς v6 ποιηταῖς ἄδειν ἀφεὶς, καὶ τοῖς ὀρχησταῖς 
αὐτοῖς δεικνύναι, καὶ coí προσεξευρίσχειν καθ ὁμοιότητα 
τῶν προειρηµένων, ἅπερ ἅπαντα πρόχειρα xai πρὺς τὸν κχαι- 
069 ἕκαστον τῷ ὀρχηστῇ προπεπορισµένα καὶ προτεταµιευ- 
μόνα κεῖσθαι ἀναγκαῖον. Damit flimmt eine andere Stelle, 
wo bie Tragödie mit den Pantomimen zufammengeftellt wird, 
überein: ο, 31. αἱ δὲ ὑποθέσεις κοιναὲ ἀμφοτέροις, καὶ οὐ- 
δέν τι διακεκριµέναι τῶν τραγικῶν αἱ ὀρχηστικαν 


9) Prudentins: Hymn. X, 22i: 


Cygnus stuprator peccat inter pulpita, 
Saltat Tonantem tauricornem ludius — 
Meretrix Adonem vulneratum scenica 
Libidinosa plangit affectu palam, 


ber Römern 55 


πλὴν ὅτι ποικελάσεροι οὗται, καὶ πολνµαθέστεραι xoi µυ- 
e/ac µεταβολὰς ἔχουσαι Plinius aber nennt. im biefem 
Bezuge b. n. Vil, 54, den pantomimus mythicus. 

Wie aber ift ed zu verfichen, wenn bei Sueton Calig. 
55 geradezu eine Tragödie, die auf der Bühne aufgeführt 
worden, ald Object eined Pantomimen bezeichnet wird: Et 
pantomimus Mnester tragoediam saltavii, quam olim Neo- 
ptolemus tragoedus ludis, quibus rex Macedonum occisus 
est, egemat. Ebenſo fagt Arnobius adv. gent. 4, daß bie 
Trachinierinnen des Sophokles: ber Cpigrammenbidter Pals 
fabaé aus Alerandrıa bei Jacobs anthol. I p. 249, daß bie 
Hyrnetho und die Temeniden des Euripides von Pantomis 
men getanzt worben. Wie fonnte, ba nur eine einzige Per 
fon den Pantomimus gab, Dad Zufammentreten mehrerer Per: 
fonen, mie endlich gar ber Ehor der Tragödie im Pantomis 
mus dargefiellt werben? 

Es wurde allemal ein eigener Text componirt, um ihn 
bem Pantomimud unterzulegen. Daß dies geſchah, folgt 
ganz deutlich aus Lucian ο. 84, wo ed von einem Pantomis 
men, ber den Yjar nad) einem eigends dazu verfertigten 
Texte tanzte, heißt: τοῦ γὰρ ὁμούου Alayrog αὐτῷ 
γραφέντος, οὕτως κχοσµίως καὶ σωφρύνως τὴν µανίαν 
ὑπεκρίνατο. κ. T. 4, Diefer Zert war ber Worm nad) von 
δες Tragödie ſowohl, wie von ber bloßen Erzählung mefente 
Hd) verfchieden. Es wurden námfid) mit Ausfchließung aller 
Diverbien und Chöre die Situationen ber verſchiedenen Hanpt⸗ 
perfonen herausgehoben, und burd) Monologe vargeftellt. 
Dadurd daß diefe Monologe in einer folchen Reihe auf ein, 
ander folgten, wie fie ber Gang der jededmaligen Begeben, 
beit bildete, blieb dad Gange in allen feinen Theilen erkeun⸗ 
bar, zumal da die Bekanntſchaft beà Publicums mit der ges 
fammten Mythologie bier leicht nadibelfen fonnte. Dem Un 
fange nad) mochte bier eine große Verfchiedenheit in den Dan» 
tomimen ſelbſt Ratt finden, indem fid) die Darftellung-nuf eis 


δ6 Ueber bte Bantomimen 


nen einzelnen Monolog befchränten, ober, wie bled. vom eds 
ten Pantomimus präbicirt werben muß, eine beflimmte Mehr⸗ 
beit von Monologen abmachen konnte. Wenn 4. B. Bathyl⸗ 
lus die Leda tanzte: fo bleibt e& wenigſtens bentbar, bag ος 
nicht über ben einen Act, wie Leda von dem himmlifchen 
Schwane befudjt und überflügelt ward, hinaudgieng. In 
ber Probe aber, von ber Lucian 63 redet, wurde bie Ciebeds 
gefchichte ded Mars unb ber Venus durch eine Mehrheit vou 
Gitnationem bargeítellt. Diefe Monologe nun, ober cantica, 
wie (ie bei den Römern immerfort heißen (Gr. τὰ adousva 
ober «ouaza) bilden den Tert ded Pantomimus, nb mere 
ben als folche bafb in dee Mehrzahl bald in ber eiufadjen 
Zahl von den Schrififtellern erwähnt. Macrobius II, ? quum 
canticum saltaret Hylas. Caſſiodor V. L. IV, 51 illa πια. 
nus canorum carmen exponit, Sueton Calig. 54 desaltata, 


cantico. Auguftinu& de symb. 4 cantio. pantomimi. Plim - 


epist, VIT, 24. singulos gestus cum canticis reddebant. Lu⸗ 
cian 63 ἄνευ aou avrov ἐπιδείχνυσθαι. ib. 2. ᾷσμασιν 
ἀκολάστοις ἐναβρυνόμενον,. Diefer Tert. war meiltens in 
Griechiſcher Sprache verfaßt, da biefe damals ſehr beliebt 
war, und bie Somponiften deffelben auch mobi ganze Paſſa⸗ 
gen mehr ober minber verändert aus Griechifchen Tragödien bere 
nahmen. Bei Lucian 64 ift von einem folchen Griechifchen canti- 


cum die Rede, und ed wirb hinzugefeßt, ber unter den Zuhörern. 


anmwefende Fürft aus den Gegenden des Pontus habe Ὀα[είθε 
nicht verflanden, weil ey nur ein Halbgrieche gewefen. Bei 
Macrobius II, 7 werden bie Schlußworte eines canticum in 
Griedj(d)er Spradye: τὸν µέγαν “4γαμέμνονα angegeben, *) 


*) Der Name fabulae salticae, deren Annaͤus Lucanus, unter 
Nero, in der Blüthe der Pantomimen, nah bet alten Lebensbe⸗ 
ſchreibung vierzehn gefchrieben haben fol, mwärde biefeu Gompofitios 
nen ganz angeme(fen feyn. Die@rflärungen bey Wernsdorf Poet, Lat. 
min. J. IV p. 589 find fier ἱττίβ. Die des Huetius dal. T. V p. 
1484, fabulae ad saltationis usum compositae, ſucht nur ihren bes 
ſtimmten Gegen(tanb. $9. G. 9. 


| . — En 





der Römer 57 


Wenn aber gerabezu eine Tragödie des Sophokles oder Ci 
sipided, wie vorher Gemerft worben, Text eined Pantomis 
wind genannt wird, fo darf wan dies nicht ganz buchſtäblich 
nehmen; fondern muß am eine eigene Bearbeitung ber(elbeu 
zum Behuf pantomimifcher Darftellungen benfen. 

Diefe cantica wurden auf ber Bühne abgefungen, fo bag 
Πε das Spiel ded SDantomimen begleiteten. Bon gleichzeitis 
gem Ge(ange ift Lucian's Difinition de Pantomimus c. 63 
zu verfiehen: κινήµασι τὰ ἀδόμενα δείξεν ὑπισχνεῖται 
und gleich baragf c. 64 fagt er von einem, ber die Geſte 
febr gut, nicht aber den Gefang verfland: ἐ9εᾶτο μετὰ τῶν 
ἄλλων τὸν ὀρχηστὴν οὕτα σαφῶς ὀρχούμενον, ὥς καίτοι µη 
ἑπακούοντα τῶν ἀδομέναν x. v. λ. (yerner wird c. 
63 von jenem Pantomimen, ber vor bem Kyniker Demes 
trius tante, gefagt, er babe diefem verfprochen, ohne Des 
gleitung des Gejangeé zu fpielen. Aus [egterer Stelle folgt 
- gun nod) zweierlei. Erftend wurde ber Gejang von einem 
ganzen Chore vorgetragen, und zmar nad) dem Takte, den 
einer ober auch mehrere Choriften vermittelft einer eifernen 
Sohle durch ſtarkes Auftreten angaben. ἠσυχίαν γὰρ τοῖς 
τε κτυποῦσι xai τοῖς φὐλοῦσι xad. αὐτῷ παραγγείλας τῷ 
2ορῷ κ. t. À, c. 68 wird bies Auftreten ποδῶν κτύπος ges 
nannt. Das Werkzeug des Taftfchlägers befchreibt Libanius 
Ars salt, Reisk. tom, III p. 385, οὗτος δὲ ἀπὸ ψιλοῦ τοῦ 
ποδὸς οὐκ Gv αποχρῶν sig. δεῖ δέ τινα καγόνα σιδηροῦν 
ἀπὸ τῆς βλαύτης ὁρμώμενον ἀρκόῦσαν ἠχὴν ἐργάσασδαι. 
‚Bei beu Römern wurde ed scabillum genannt. Bg. Völtiger, 
quid sit doc. fab. e mon, etc. p 7. Der Taftfchläger fand 
ία ber Mitte des Chores, wovon er auch wohl den Namen 
480070005 erhielt. Vg. Plin, ep, Il, τή. Gewoͤhnlicher je» 
bod) manntem ihn bie Griechen ἡγεμὼν ober ἔξαρχος τοῦ 
20000, vg. Libanius adv. Tisam. II p. 240, die Römer aber 
magister chori, 99. Ammian. Marcel. XIV, 6, ı9, wo 
saltatrices, Ghöre derfelben und bie magistri berfelben zus 


58. Leber ble Pantomimen 


fanımen erwähnt find. Zweitens vonrbe der Ehorgefang vor 
mufltalifchen Inſtrumenten begleitet. Lucian fpricht c. 2 und 
O^ nur von bem tibiis, mwahrfcheinlich weil dieſe wegen ber 
Stärfe ífreà Toned ald das Haupt » Inftrument betrachter 
wurden, Doc, tönten. indgemein noch mehrere andere Inſtru⸗ 
mente cag. Deswegen mirb bei ἀμοίατ ο. 72 die zuſammen⸗ 
gefebte Muſik des Pantomimus πολυφωνότερον ἄχουσμα 
genannt, unb c. 68, mo die verfchiedenen Beftandtheile bea 
Pantomimus zufammengefaßt find, wird neben bem großem 
Klöten (tibiae) auch noch die Nohrpfeife und Cymbel ges 
nannt. xoà &veorı ποιχίλην καὶ παμμιγῇ τῆν παρασκενή». 
αὐτῦ ἰδαῖν, αὐλὸν, σύριγγα, ποδῶν κτύπο», κυμβ άλλου 
ψόφον x. X. 4. Ovid Remed. 753 fügt zu ber lote med) Eis 
ther⸗ unb. Harfenfpiel, Die Pofaune und NRohrpfeife Tommt 
neben der tibia vor bei Arnobius adv. gent. 2. Allgemeiner- 
giebt biefe- Mehrheit: von Tonwerkzeugen Caſſiodor V. L. 1V, 
51 an: pantomimus.igitur, quum primum in scenam adve- 
nerit, assistunt chori diversis organis eruditi etc. 

Mean. beswedte mit diefen mufifalifhen Begfeitung zus. 
naͤchſt, bem Tänzer, der in feinen Bewegungen. von den Ges 
fegen ber Rhythmik nicht abweichen durfte, Leichtigkeit und 
Sicherheit zu verfchaffen. Libanius a. a. D. fagt von bem 
ZTaktichläger, xrunov δεῖ τοῖς ὀρχησταῖς, à δαιµόνιε, ueido- 
νος, ὃς Ta τε τοῦ χοροῦ διοικήσεται πρὸς τὴν χρείαν, καὶ 
τοῖς ὀρχησταῖς συμβαλεῖ πρὸς εὐρυυμίογ. Auch Lu⸗ 
cian c. 6 zählt e$ unter die Vorzüge ded Pantomimus, τὸ 
µετά μουσικῆς xot ῥυοὸμοῦ ταῦτα πάντα ποιεῖν, und 
umgefehrt wird c. 80. ein Berftoß gegen den Rhythmus. mit 
ben. Worten gerügt: οἱ μὲν ἄλογα κιγούµενδι, καὶ undev, dg 
qam, πρὸς τὴν χορδήν. ἕτερα μὲν γὰρ ὁ ποῦς, ἕτερα Ó' ὃ 
ῥυθμὸς λέγει. Dvib Remed 753 nennt die brachia deg Tän⸗ 
zers numeris mota, suis, Hier war befonders der Flötenfpies 
ler won Wichtigkeit. Bathyllus gebrauchte nad) der Erzäh« 
lung bei Phädrus fab. V, 7 gewöhnlich den Princeps, bet 


bet Wimet. 69 


baburd) fehr zu Ehren fam, fo bag, ald er ein ein Bein 
gebrochen und eine lange Zeit hindurch nicht erſchien, man 
ihn fchmerzlich vermißte.- Desiderari coepit, cuius flatibus 
Solebat excitari saltantis vigor. 

Das machte ben guten Ylötner freilich (o übermüthig, bag et 
Die bei feinem Wieder » erfcheinen bem. Kaifer zugerufene Yca 
elamation: Roma incolumis salvo principe auf fíd) deutete, 
Bo. bie Erzählung dieſes fpapigen Mißverſtäͤndniſſes bei Phaͤ⸗ 
brué a. a, D. 9tud) mußte der Pantomime alle Gejte und 
Bewegungen fo einrichten, bag er mit ber Muſik anfteng, 
fortfchritt und endete, wofür Libanius den eigenen Aus⸗ 
brud συγκαταλύειν τῷ ἆσματε gebraucht. Aber ed war zur 
gleich, wie Died ber Gefchmad der damaligen Menfchen mit 
fid brachte, um Bervielfältigung der Ergößnngsmittel zu 
thun, was in Betreff der Muſik bes Pantomimen ſelbſt von 
€ucíatt ο. 72 nicht abgefeugitet wird. Denn ed void) ber Chas 
rafter derfelben fehr von ber einfachen und firengen Mufif 
ber früheren Zeiten ab Man erftrebte einerfeitö einen βάτ, 
feren Effect, 3, B. durch bie lauterfchallenden Töne (baé 
ιγυρῶτερον αὐλοῦ καὶ σύριγγος bei €ucíatt 72) oder durch 
das Zufammenklingen vieler Werkzeuge, ber Flöten, Cymbeln, 
Gitber, Harfe, Dofaune u. f. m. NAndererfeits ſuchte man 
in die Modulation einen größeren Reiz zu bringen, 3. δ. 
burd) bie fo oft erwähnten Zriller, im Singen und Spielen, 
bie τερετίσµατα bei €uciat 2 und 63. Dazu fam eine ge 
wife Weichlichkeit, bie zwar bem Sobre fchmeichelte, nicht 
aber dem Gemiütbe verberbfid) ward. Schon Ovid a. a. O. 
fagte von bíefer Muſik: Enervant animos citharae lotosque 
lyraeque, et vox et numeris brachia mota suis. Bei Plinius 
im Panegyr. 54 wird diefelbe mit den Worten voces effemi- 
patae bezeichnet, und nicht ganz grundlos ift Daher ber Vor⸗ 
wurf ded Krato in unferem Dialog, meldyer den Ordjeften 
ἄσμασιν ἀκολάσεοις ἐναβρυνόμενον nennt. Ein febr fcharfeg 
Serbammungéurtbeil fpricht über Die Mufit dee Tänzer und 


68 Ueber ble Dantomimen 


Tänzerinnen überhanpt Arnobius adv. gent. 2, symphouizcas . 
agunt et fistulatorias hic artes, ut inflendis tibiis bucculas 
distendant, cantionibus ut praeeant abscoenis numerositer, 
et scabillorum eoncrepationibus sonoris, quibus animarum 
alia bhasciviens multitudo iscompositos dissolvatur in moe 
tus etc, 

Aus einer migoerítaubenen Stelle bei Dio Caffius LXI, 
47 bat Jemand folgern wollen, daß bie Pantomimen in den 
erſten Zeiten ihred Auftretens in der Orcheſtra getanzt hät« 
sen. Dagegen (tteitet, um nue eine einzige Stelle. geltend zu 
machen, Lucian ο, 83. Bon dem Tänzer, ber ben rafenden 
Yjar gab, und darüber in eiue momentane Raſerei gerieth, 
wird ba gefagt, er fey heruntergefprungen (καταβὰς γὰρ ἐς 
τὸ μέσον), uud habe unter den Gígen der Senatoren Plag 
genommen. Alſo fam er bod) wol vom pulpitum ín bie ore 
chestra herunter. Daß aber das pulpitum für die Pantomie 
meu befimut war, folgt auch aus Seneca Quaest. nat. VII, 
32, privatim urbe tota sonat pulpitum , Worte, beren er fid) 
bedient, um das häufige Aufführen biefer Spiele zu bezeich⸗ 
sen. Hinter demfelben nach der SHinterwand ber Scene zu 
war der Chor aufgeftellt, wie fid) aus dem Anfang ber Cty 
sählung bei Lucian a. a. O. ergiebt. Die Bühne felbft fcheint, 
ba uns feine Abweichung gemeldet wird, beim Pantomimus 
biefelben Einrichtungen und Deforationen, wie bei ber Tra⸗ 
gödie, gehabt zu haben. Sind die Berfe 6 unb 7 bei Phaͤ⸗ 
brué fab V, 7 vom Pantomimud zu verflehen: fo wurden 
fogar Mafchinerien, wie Dad pegma, ín bemfelben angewandt. 
Das Auftreten ded Pantomimen und ben Gegenftand feines 
Stücks verkündete allemal ein Herold. — 9g. Auguftinus doctr. 
christ, II, 58 und Dio Gaffius LXI, 20, an welcher letztern 
Stelle ihm ( freilich in Betreff des Gitbaróben) daſſelbe Ges 
(haft übertragen if. So wie der Pantomime auf bie Bühne 
ftat, begann ber Chor eine Art von Borfpiel, dem bie Zus 
ſchauer, wenn fie einen beliebten Künftler fahen, einen Laus 


der Rbmet. 81 


ven Applaus ber Aufmunterung wegen hinzuzufügen vilegtem 
Gajfiebor. V. L. IV, 51. Pantomimus igitur quum primum 
in scenam plausibus invitatus advenerit, assistunt consoni 
chori diversis orgmis eruditi, Dann baufte ber Pantomime, 
und erbat Πά) Geneigtfeit und Aufmerkſamkeit. Wan name 
dies adorare. ya einem alten Epigramm (lib. IV p. 134 im 
P. Pith. epigr.) heißt eà: 
Ingressas scenam populum saltator adorat, 
Sollerti spondens prodere verba manu. 

Eine Sitte, bie felbft ber Kaifer Nero, wenn et ald Cit» 
röde auftrat, befolgt Nach Div Caſſius LXI, 20 rief er 
dem Volke zu: Kvpıoı uov, εὐμενῶς µου dxovcave. Sg. 
Tacit. ann, XVJ, 4, wo ed manu venerari heißt. 

Die Pantomimen erfcheinen meifenà in einem prächtigen 
Goflüm. Nero trug, fo oft er als saltator auftrat, allemal 
das Pracdtgewand eined Tragöden. Vg. Eutrop. VII, ιά, 
Suetonius im Calig. 54 läßt diefen Kaifer bei feinem Abend» 
Yantomimus in einer palla und einer tunica talaris erfchels 
wen. Das Gewand, baé fie trugen, war, um bie Leichtige _ 
feit ber Bewegungen gu befördern , Von Seide, unb muß das 
Reizende ihrer Geftalt bedeutend erhöht haben. Die ἐσθὴῆς 
Σηρικὴ wird bei Lucian 63 auébrüdfid) ale Qigentbum des 
Pantomimen bezeichnet, und wegen ber [egterem. Eigenfchaft 
beißt fie a. a. D. eine dodng µαλακή. Bei Appulejus Apol, 
p. 15, wo mit bem Worte histrio im Gegen(age von tragoe- 
dus und mimus nur der Pantomime gemeint feyn kann, wirb 
demfelben das feine fafranfarbige Damenfleid, bie crocota, δεί; 
gelegt. Sie trugen gewöhnlid 9Xaffen. δρ. Macrobind IT, 
7, wo es vom :polabe$ heißt: er babe bie Mafle abgelegt, 
um zu ben 3ufdjauerm zu [ρτεώεπ. Gin προσωπεῖον εὐπρε- 
zes theilt aud) Lucian 63 dem Pantomimen zu, und nod 
deutlicher heißt ed c. 20 τὸ δὲ τοῦ ὀρχηστοῦ σχῆμα «ὥς μὲν 
κόσμιογ καὶ εὐπρεπὲς , οὐκ ἐμὲ yon λέγειν ia γὰρ τοῖς 
ug τυφλοῖς ταῦτα" τὸ δὲ πρόσωπο» αὐτὸ, ὥς κάλλισεον, 





02 Ueber die Pantomimen 


xui τῷ ὑποχειμένφ ὀῥώματι ὁοικὸς, οὐ κεχηνὸς δὲ cc ὀκεῖνα, 
ἀλλὰ συμμεμυκύς' ὄχει γὰρ πολλοὺς τοὺς ὁπὲρ αὐτοῦ 
βοῶντας. 

Anfangs wurde die Pantomimik, wenigftend duf der 
Bühne, nur von Männern ausgeübt. Wir hören daher, wie 
fe ſowohl weibliche ald männliche Rollen gegeben. Bathyls 
lus war fogar vorzüglich, (tarf in ber eba. Auch konnte es 
wol nicht anders ſeyn, indem «ind einzige Perfon alle Rols 
Ien eined Stuͤcks, alfo auch die weiblichen geben mußte. us 
cian gebenft in feiner Schrift noch feiner öffentlich auftre» 
tenden Zängerinn ? und bie pantomimae , von denen Geneca 
Consol. ad Helv. 12 redet, find, wie fid) aud bem Zufammens 
hange ergiebt, ſolche, welche Röniifche Großen zu ihrer Pri⸗ 
vat⸗Beluſtigung in ihren Häufern hielten. Bid gu dem vier 
ten Sjabrbunbert. unferer Zeitrechnung deinen Die Tänzerin, 
nen mit wenigen Auenahmen bie Bühne gemieden, und nur 
in Privathäufern ihre Kunſt ausgenbt zu haben. Bon ba an 
ward οὐ freilid andere. Ich will mid) nicht auf die 3000 
Tänzerinnen, von welchen Ammianus XIV, 6 fpricht, berus 
fen; denn aud) in diefen könnte Jemand nur folche finden 
wollen, welche bloß außerhalb des Theaters auftraten. . In 
Griechenland und vorzüglich in Byzantium beftand in biefeit 
fpäteren Jahrhunderten die Sitte unzweifelhaft, daß Frauen 
pantemimifche Darftellungen auf ber Bühne gaben. Ja εὁ 
behamptes der Dichter Reontius im feinem fiebenten Gpigramm 
(Sjaeobé anthol, IV p. 74), daß auf die Byzantinerinn Hel⸗ 
[αδία gebídytet ift, bag das Weib in der Orcheſtik eine befons 
bere Stärfe entwidle. ὁὉῆλυς ἐν ὀρχηθμοῖς κρατέει φύσις 
x. τ.λ. Außer diefer Helladia, bie aud) im 6. 8. und 10, Epi⸗ 
gramm Ὀίε[εὸ Dichterd afà pantomima gefeiert wird, Iernen 
wir als vorjkglide Kümnftlerinnen in ‚diefer Gattung im 5. 
Epigramm die Sthobocíea , im 9. die Anthufa kennen. Ueber 
Theodora unb Gbrofomallo, die unter Zuftinian bie Haupts 
(erben der Byzantinifchen Bühne waren, vg. Suidas δι v. 


der Nöiner, 63 


Damit aber Niemand einwende, daß biefe Damen wol unter 
Die mimae, bie ja aud) oft ald saltatrices aufgeführt werdet, 
zn verfeben feyen: fo bebenfe man nur bied Eine, bag ber 
be(agte Leontind epigr. 8 bie Helladia den Hektor, alfo einen 
Ppantomimiſchen Gegenftanb darftellen Täßt. 

$96 die Pantomimen in Wettlämpfen aufgetreten, das 
Könnte man bezweifeln, wenn man auf Lucian'& Ausſage c. 
32 Gewicht legen wollte, indem berjefbe bes für biefe Kunſt 
tm höchften Grade eingenommenen Lyciuns (jagen läßt, εδ 
fen diefelbe allzu vortrefflich, αἲδ bag fie Gegenftand eines 
Wettkampfs hätte werden können. εἰ δὲ μὴ ἐναγώνιος 5j ὃρ- 
Χησις, ἐκείνην φημιὲ εἶναι αἰτίαν, τὸ δύξαι τοῖς ἀγωνοθέταις 
μεῖζαν καὶ σεβνότερον τὸ πρᾶγμα, 7j ὥστε sic ἐξέτασιν κα- 
λεῖσθαι. Nir eine Stalifche Stadt, von Gbalfíà beritammeub, 
in welcher die Interpreten nicht ohne Grund Neapel erfanat 
haben, wird ausgenommen, aab in Betreff berfelben einges 
träumt, daß fie die Pantomimen mettfämpfend habe auftres 
ten laffen. ἐώ λέγειν, ὃτε πόλις ἐν Ἰταλία, τοῦ «Χαλκιδικοῦ 
γένους doforg, καὶ τοῦτο ὥσπέρ τει κόσµηµα, τῷ παρ) ad- 
τοῖς dye» προστέθεικεν. Jene Notiz widerfpricht jeboif) fonts 
berbarer Weife fo vielen anderen Angaben, im denen biefe 
Wettkämpfe deutlich bezeichnet werden, bag man Πε ald um 
haftbar aufgeben mng. Schon gleid nad bem Entſtehen 
diefer Kunftgattung mußten die Sünfller kampfweiſe auftres 
ten; denn wie fünnte es font δεί Tacitus Annal. I, 54 von 
Auguſt da, mo bie Pantomimen beà Pylades und Bathyllus 
erwähnt werben, heißen: ludos Augustales tunc primum 
coeplos turbavit discordia, ex certamine histrionum, Indul- 
serat ei ludicro Augustus, dum Maecenati obtemperat, effuso 
in amorem Bathylli etc. Auch trat der berühmte Pplades 
mit feinem eigenen Schüler Hylas in folhem Wettlampf auf, 
wenn wir dem Zeugniß des Macrobius Sat. II, 7 trauen bürs 
fen. Nec Pylades histrio nobis omittendus est, qui clarus 
in opere suo fuit temporibus Augusti,: et Hylam discipulum 


64 | Ueber bte Pantomimen 


usqué ad &equalitátis contentionem eruditione próvexit, Pos 
pulus deinde inter utriusque suffrägia divisus est. Untet 
Nero, der die Votliebe für die Pantömimen burd) fein eiger 
nes Beiſpiel δἱίδ aut Wuth fteigerte, Tam es bei ber SCheils 
nahme an bem Wettfämpfen mitunter zu Thätlichkeiten, bet 
denen ber Kaifer ſelbſt nicht müßig blieb. Gneton Nero 26. 
Interdiu quoque clam gestatori sella delatus in tbeatruni 
seditionibus pantomimorum ex parte proscenii superiori,  si- 
guifer simul et spettator aderat, Et quum ad miánus ventum 
esset, lapidibusque et subselliorum frágminibus decerneretur; 
multa et ipse iecit in populum etc. Moch unzweifelhafter ift 
ber Bericht bes Plinius Ep. ΤΗ, 24, ber bem vom Wett 
fampf gebräuchlichen Ausdruck commissio aud) auf die Pan 
tomimen amvenbet. && heißt dort: Mirabefis et ego mira- 
tus sum, proxiinis sacerdotalibus ludis productis in commis- 
sione pantomimis etc. Krönungen und Siege der Pantomis 
men — ſolche aber Fönnen ohne Wettkampf nicht ſtatt fin» 
den — werben angeführt in bem inscriptt. lat. δεί Orelli m 
2627, n. 2628 — denn ber hier erwähnte Apolaustus hieros 
nica bis coronatus wirb n. 2650 pantomimus genannt, — 
n. 2657 und 2626. Sa Caſſiodor, der in ſpaͤter Zeit ſchrieb, 
ſpricht fogar von großen Parteien des Volks, durch verſchie⸗ 
bene Farben bezeichnet, bie den einen ober anderen Pantomi⸗ 
men beim Auftreten in Schuß genommen hätten. δρ. V, L. 
I, 20 und 33. 

Diefe Wettlämpfe aber unb Siege führen noch auf eine 
andere verwandte Frage. Nämlich bei Drelli inscriptt, lat, 
n. 2629 fehen wir, von wem dad dem Pantomimen Pylades 
gefegte Denkmal herrührte, aus den Worten der Infchrift: 
grex Romanus posuit. Was für ein grex war dies 7 Cpielte 
ja ein einziger Pantomime alle Rollen feines Ctüdé: wozu 
bedurfte ed ba einer Gefellfchaft, wie bei bem übrigen Gat⸗ 
tungen bed Drama’? Und bennod) heißt aud) Sorredus Va- 
lerianus bei Drelli Maximus pantomimorum , und bei Gruter 





ber Römen 65 


inseriptt, p.351: führt ber Pantomime M. Ulpins Apolauftus 
denfelben Namen. Nicht den ansgezeichnetften der fünftfer 
deutete Died Wort an; denn dafür haben die Infchtiften den 
Ausdrud sui temporis primus: fondern den Vorfteher einer 
Seſellſchaft don Pantomimen, zu denen er fich verhalten 
mochte wie der archimimus oder magister mimorum au den 
übrigen Mimen. Nicht bie Meifterfchaft im Spiele gab die» 
fem, vbíe bem actor primarum partium bei den Tragöden und 
Komöden, diefen Vorrang; fondern das Alter oder Ueberein⸗ 
funft der Mitglieder. Die ihm untergeordnete Gefellfchaft 
fourbe auch synodus genannt, wie bei Drelli insc, n 2627. 
lim nun nod) einmal auf die oben befprocenen Wettkämpfe 
zurückzukommen, fo íft wol keine Gonjertur natürlicher ale 
biefe, daß Die einzelnen Mitglieder eines synodus ober grex 
als certirenb aufgetreten, und der erfte Preis von bem Dis 
vector der Geſellſchaft ebenfo gut verfehlt, als von jedem ans 
deren Mitgliede gewonnen werben fonnte. Errang nur einer, 
and nicht zwei zugleich benfefben : fo hieß ein folcher Aiero- 
nica solus, wie bei Orelli n. 2627. 

fon einem guten Pantomimen verlangte man befondere 
Eigenfchaften, ſowol geiftige old törperfiche. Ein folcher ſollte 
weder von zu großer nod) zu Feiner Statur, weder zu feift 
noch zu hager, und vor allem Dingen fehr gefchmeidig und 
beweglich in allen Gliedmaßen feyn. Als in Antiochia eim 
mal ein Meiner Pantomime den Hektor tanzte, ba riefen bie 
Buftbauer: das iR Aftyanarz aber wo ift Seftor? Ein απ. 
bermaf ftellte ein übergroßer Tänzer den Kapaneus vor, und 
wie er Anftalten machte, die Mauer von heben zu erftei» 
gen. Dem riefen fie zu: Spring nur über die Mauern; 
denn but haft Feine Leitern nothwendig. Sn Bezug auf einen 
dien und fetten PBantomimen, der große Sprünge zu machen 
verfuchte, fagten fie: wir bitten bid), beim δεί zu fchonen. 
Dagegen jdjidtem fie einem allzu Abgemagerten den Ausruf 
ju, womit man Kranke begrüßt: wir wünfchen bir das befte 

9%. Rhein. Maſ. f. Phil. 11. 9 


66 Ueber die Bantomimen | 


Befinden! $5. aca 75-78. Qár ebenſo noͤthig hielt man 
eine lebhafte Phantafie, am fid) in die jebedmalige Sitwation 
bineinarbeiten zu fünnuen, ein großes Gebádtmip, um ben 
reichen Stoff der Pantomimen zu beherrihen, Klugheit und 
Scarffinn, nm allemal dad Schickliche und Angemeflene in 
ber Darftellung zu treffen, und enblih Geſchmack unb Kunſt⸗ 
bildung, um aud) Die begleitenden cantica und bie Muſik 
wach ber beften Weife einzurichten. Sg. Lucian 30 u. 74. 
Dabei mngte der Pantomime durch fortgefegte Beobachtung 
Die Triebe unb Peidenfchaften ber Menfchen unb deren Aeuße⸗ 
sungen kennen lernen, wenn es ihm gelingen follte, Daß (id 
die Zufchauer in feinem Epiele wie in einem Spiegel wieder 
erfanuten. €ucían. 81. Den technifhen Theil der funft 
fernte man in eigenen Schulen. Schen Pylades eröffnete 
eine folche, aus welcher unter anderen ber berühmte Hylas 
berborgieng. Bg. Macrobins sat, 2, 7. Geneca quaest. nat. 
VII, 3a. befíagt «8 fogar, bag es diefer Schnien allzn viele 
gegeben, und auf das glüdliche Wortbefteben derſelben deutet 
eod) hin der fpäte Ammianus XIV , 6, 19, 

Bom erfien lirjprunge ber Pantomimen bis tief in bie 
Zeiten ber Byzantiner hinunter zeigten bie Römer ohne Uns 
terfchied des Alters, Gefchlechtes, Standes eine leidenfchaft- 
fiche oft an Raferei grängende Borliebe für biefelbem. Auch 
ber Lyeinus in dem Dialoge bed Luciau fpricht al$ Enthuſiaſt 
feine Apologie ber Pantomimit: nub wenn aud) der Schrift 
ſteller (elb(t mad) feiner ‚gewohnten Weife «6 etwas (ronifd) 
mit feinem 9pologetifué meinen follte: fo (prad er bod) ganz 
im Φείβε feiner Zeit. Die 3ufdauer legten ihren Beifall 
und ihr Entzücken auf eine fo ausfchweifende Weile an den 
Tag, bag man fie mit Recht für eine Schaar von Rafenden 
hätte halten Fonnen. Vg. faciam 5. Und als eínf unter 
Nero an einem gewiflen Feſte andere Theaterfpiele mit Aus⸗ 
fehließung der Pantomimen gegeben wurden: legte das Volt 
feinen Nerger dadurch au beu Tag, daß cé jette nicht einmal 


der Römer. 67 


mit einem mittelmäßigen Applaus beehrte. Co find bie Worte 
des Tacitus Ann, XIV, 21 »ne modica quidem studia plebis 
exarsere, quia nedditi quanquam scenae, Pantomimi certa- 
minibus sacris prohibebantur« zu verſtehen. Gieng ein bes 
liebier Tänzer über bie Straße: jo fatte er eine Ehren⸗Suite 
der achtbarſten Mäuner neben und Hinter (i gehen. Vg. 
Plinius h. a. XXIX, 5. unb Seneca ep. 47, ber deshalb bie 
iuvenes nobilissignos mancipis pantemimorum ient. 

Was fagtem end) nicht alled bie Biebhaber ber Pantomi⸗ 
if wow ben wunderſamen Wirkungen biefer Sunft! bie Bue - 
ſchauer würden, dies melbet unfer Lycinus δεί Luciau A nicht 
Mut wie vox einem Sirenengefange begawbert, ſondern ge⸗ 
wönsen hier auch eiue (olde Keuntmiß des Lebens, baß fie 
Müger und umfictiger gu den Beichäften dad Lebens aus bent 
Theater heimlchrten. Auf fie paßten die Homerifchen Worte: 
{ερψάµαενος Welraı xai πλείονα sida, Mer front ſey an εἰ, 
ner heftigen Leidenfchäft, 3. B. der Liebe ober ded Kummers, 
der fönnte Heilung in bderfelben finden, und verließe bag 
Theater heil und froh, ald hätte er den Becher der Bergefr 
fenbeit getrunken. Lucian 79. Bald rühre das Spiel durch 
die Darftelung des Tragifchen bte Zufchauer bie zu Thränen 
(c. 79), bald enthülle es mit einer folden Wahrheit unb 
Tiefe dad menfchliche Swnere, daß man mit dem größten 
Behagen πώ felbit darin wiederfinde, und die Aufgabe des 
Delphiſchen Bottes yradı σεαυτὀν gelöft zu haben glaube. 
Eucian 84. 

Sogar in Privashäufern ließ man fi) SBorflellungemn von 
Pantomimen geben, bei Gafmälern und ähnlichen Beranlafs 
fungen. Der Kaifer Auguft gieng mit feinem Beifpiel voran. 
Macrobius U, 7 ergablt von Pylades, bag er in Cpeifefaal 
des aifer& den bereits gegebenen Hercules furens habe wies 
berbolen máffen. Wie aber zu feiner Zeit biefe Sitte übers 
hand genommen hatte, wie Männer und Frauen wetteiferten, 
ihr Entzücden an den Tag zu legen, barüber brüdt Seneca 





„> 


68 Ueber die Bantomimen 


Quaest. nat, VII, 32 fi fo aus: at quanta cura laboratur, 
ft ne cuius pantomimi nomen intercidat? Stat per successo- 
res Pyladis et Bathylli domus: harum partium multi disci- 
pnli sunt, multique doctores, Privatim urbe tota sonat pul- 
pitum, In hoc viri , in hoc feminae tripudiant, Mares uxo- 
resque inter se contendunt , uter det latus illis, Plinius 
epist. VII, 24 erzählt von einer alten Dame, Quadratilla, 
. Πε habe fid) zu ihrem Vergnügen Pantomimen gehalten, und 
von bíefem ihren liebſten Hausgenofien in ihren Ruheftunden 
ergögen laſſen. Einft habe einer diefer Günftlinge είτε öfe 
fentliche Vorftelung gegeben, bei der die Hausfreunde ber 
Quadratilla zugegen gemefen, um der Dame wegen jenem zu 
applaudiren. Nach geendigtem Spiele ſeyen denn bie Schmeiche 
fer heimgefehrt, um ber alten Thörinn durch Wiederholung 
aller einzelnen Gefte bie Leiftungen ihres Lieblings zu ſchil⸗ 
dern. Noch Tächerlicher ift, was Ammianıd XIV, 20 von 
den Weibern feiner Zeit berichtet, bie, was Πε im Theater 
gefehen, zu Kaufe in eigenen pantomimifchen Berfuchen nach⸗ 
zuahmen (id) bemitbten. Et licet, quocumque oculos flexeris, 
feminas affatim multas spectare cirratas — adusque taedium 
pedibus pavimenta tergentes, iactari volubilibus gyris, dum 
exprimunt innumera simulacra, quae finxere fabulae theatra- 
les. Auch fehlte εδ nicht an Thoren, bie ihre Verehrung 
burd) verfchwenderifche Gefdjenfe an die von ihnen liebgewon⸗ 
nenen Tänzer oder Tänzerinnen befundeten. Solche zwei⸗ 
felsohn bezeichnet Seneca Consol. ad Helv. ı2, wenn er 
fagt, daß Πε ihren freigelaffenen pantomimae eine Million 
Sefterzen ald Außfteuer ſchenkten. Es konnte nicht fehlen, 
bag aud) bie höheren Stände, von diefer Liebhaberei ange» 
ftedt, oft ihre Würde vergaßen. Senatoren mürbígten bie 
Pantomimen ihres vertrauten Umgangs, und befuchten ihre 
Häufer. Vg. Tacit, Ann. I, 77. Xänzer genoffen bie Liebe 
nnb Gunft fürftlicher Frauen, oft in unerlaubtem Grabe, 
wie dies befannt von der Kaiferinn Domitia, vg. Λίο Φα 


Der Römer. 69 


find LXVII, 3 und vor der Gemalinn Antonins des Philos 
fophen. Vg. Capitol. in Anton. 35. 

Das Benchmen der Kaifer, die als Auffeher der Sitten 
wol befugt gewefen wären, dem allzumeiten Umſichgreifen Dies 
κό üppigen Spieles zu fleuern, war von der Sinnedart bes 
Volkes nicht jebr verfchieden: wenn nicht eigene Laune, Grunde 
füge, Klugheit fie anders ftimmte. Anguſt, der fonft ein 
beiterer Mann und befonderer Freund bey Theaterfpiele mar, 
mochte freilich in biefem neuen Erzeugniffe der Heppigfeit εἰ» 
was Arges fehen, indem er nur aus Gefálligleit gegen feinen 
geliebten Mäcenad bem öffentlichen Auftreten der Pans 
somimen zufah. Tacit, Ann. I, 59. Indulserat ei ludicro Au- 
gustus, dum Maecenati obtemperat, efluso in amorem Ba- 
thylh. Strenge verfuhr er gegen die Sünjler biejer Gate 
sung, wenn fie fid) in ihren Darftellungen zu viele Freihei⸗ 
ten herausnahmen. Einft ließ er auf den Antrag des Prü- 
tord den Santomimen Hylas in ber Borhafle feined Pallaſtes 
geißeln: und bem Pylades verjagte er wegen ber einem vor» 
nehmen Manne zugefügten Kränkung aus Italien. Bg. Sue 
ton Oct. 45. Aber freilich er rief ihn bald wieder zurüd, 
und mußte gar bie Bemerkung von bem felbfigefälligen Tän⸗ 
jet hören, bag er burd) feine Gegenwart bem Kaifer beim 
Römifchen Bolf vor Nutzen feg. Vg. Die Caffiué LIV, i7. 
Der freudenfchene Tiberius that wenigſtens etwas mehr. Cr 
verbot e&, daß Senatoren bie Häufer ber Pantomimen be’ 
(ud)ten. Vg. Tacit, Ann, I, 77. Diefen Heinen Berdruß 
machte aber Caligula wieber gut, indem er feine Vorliebe für 
bie Pantomimen jo unverholen ap den Tag legte, daß er 
bem Pantomimen Mneiter öffentlich (m. Theater küßte, und - 
jeden Zuſchauer auf ber Stelle geißeln ließ , wenn er, währ 
rend jener tanzte, nur baé geringfte Geräufch machte. — 33g. 
Sueton Calig. 55. Rod) feltfamer iff, wad Cuetoniu$ c. 54 
von diefem Kaifer erzählt. Saltabat auteın nonnunquam noc- 
tu: et quondanı tres consulares secunda vigilia, in palatium 





70 Ueber die Santemimen | 


acoitos , multaque et extrema metuentes super pulpitum eol- 
locavit: deinde repente magno tibiarum? et scabillorum ere- 
pitu, cum paella tunicaque talari prosilmit: ac desaltato can- 
tico abiit, Und nun gar Nero! Anfangs beguigte er fid), 
Zufchauer und Befürderer diefer Spiele zu feyn. Vg. Sue 
ton Ner. 26. Dann verſuchte er felbft fidy in folchen Vor⸗ 
ſtellungen, und zwar zuerſt am abgefonderten Plägen im 
$reife und vor bew Augen feiner Freunde «vg. Tacit. Anm, 
XIV, 155, zulegt abes öffentlich. δρ. Sueton Ner. 31. Die 
Ga(fuà Ll, 17. Eutrop. VI}, 44. 9fud) zwang er bie at 
gefehenften Männer und bie edelſten Franen ein Gleiches zu 
thun, und in der naͤmlichen Weiſe zu raſen. Da fab das 
Bolt — dies find bie Worte des Dio Caſſius a. a. Q. — 
bie Nachfommen der größten Helden, der Furier, Poreier, 
Kabier, Valerier herunter gefunten zum infamen Gewerbe 
ber Tänzer. Vg. Tacit. Ann. XIV, 14. δεί den ludis iu« 
venalibus, einer eigenbé von Nero zu theatralifchen Darſtel⸗ 
lungen gegründeten Feftlichleit, mußte einmal fogar eine acht⸗ 
zigjährige Matrone, bie Aelia Catella ald saltatrix. auftreten, 
unb manche andere, denen Alter ober fonftige Gebredjen Died 
nicht geflatteten, wußte wenigſtens im . Gore fingen. Bg. 
Die Caſſius LXI, 49. (Segen diefen herabwärdigenden Zwang, 
welchen ber Kaifer und Ceuat herbeigeführt Kitten, erheb 
fid) einft bei Gelegenheit der ludi Lustrales bie: Gotitieme eines 
noch nicht verborbenen Roͤmers; aber fie verſcholl, wie bie 
eined Propheten in der Wufte. 9g. Tacit. Annal. XIV, 20, 
Sn hoher Gunſt andern die Pantomimen auch bei Domi⸗ 
tian. 3) S9. Suvenaf. VII, 88. Erf der firenge Trajan 
perbot oder befchränfte wenigftend die Darftekungen derjel⸗ 
ben, was Plin, paneg. 46 ihm zum großen obe aurechnet. 


*) Don Titus fagt Suetoniu$ c. 7. Quosdam e gratissimie 
delicatorum, quamquam tam artifices saltationis, ut mox scenam 
tenuerint, non modo fovere prolixius, sed spectare omnino in pu- 
blico coetu suporsedit. . εδ 9. 3g 


ber Xàmes. 71 


Wenn abet der Panegyriker a. a. O. vom Bolke fagt: idemi 
ergo populus, ille aliquando scenici unperatoris spectator et 
applauser, nunc in pantomitnis queque aversatur, et dam- 
nat effeminatas artes et indecoras seculo studia. Ex quo ma- 
nifestum est, principum. disciplinam capeve eliam vulgus: [6 
kann man daran mit Grund zweifeln. Denn wenige Sabre 
nachher fehen wir dag Spiel wieder zu Snaden femmen, und 
zwar bei bem bravften ber fpäteren Kaifer, Antonin bem Phis 
bofopbem, ber ficherlidy nur dem dringenden Berlangen des 
Volkes nachgab. Bei Sapitolinus 23 wird von ihm erzüblt, 
taf er befondere Befehle ertheilt, bie Pantomimen an beſon⸗ 
bereit Tagen aufzuführen, unb zwar etwas fpäter als die 
übrigen Schaufpiele, die am den diebus votis gegeben wur» 
den. Diefe Jurüdfegung war vielleicht nod) ein Ueberreſt ber 
Trajaniſchen Verordnung, bie in ber folgenden Seit. immer 
mehr in Vergeffenheit fam. Leber den Heliogabal vg. it 
biefer Beziehung den. Herodianus IV, 3. 7. Unter Conſtan⸗ 
tiué aber und Gallus gefdab zu Gunſten der Pantomimen 
etwas Außerordentliches. Wegen. einer bebor(tebenben Hun⸗ 
gerönoth, ſagt Ammiauus XIV, 6, 19, wurden alle rem» 
ben, auch alle Redner, Dichter, Lehrer der freien Künfte 
and der Stadt entfernt; aber drei tauſend Tänzerinnen mit 
eben {ο vielen Ehosfängern hielt mas zurüd. ») Richt ame 
ders handelten felbft die fpäteren chrifllichen Saijer. X eos 
bofín$ fergie, mie wir aus einem Briefe bei Eaffiodor V. E. 
1, 21 fehen, febr angelegentlich für die Pantomimen, und 
gab dem Stadtpräfecten eigene Suflructionen, wie ihnen die 
zur Aufführung ihrer Stücke nothwendigen Pläbe follten ot 
gewiefen werden. ud) war ed ja unter Theodoſins, 
ald Arnobind adv. gent. 4 εὖ bejammerte, daß der Seuat 
und alle Magifrate (i$ im Schanfpielhaufe verfammelten, 


*) Damals Ireferte Gáfarea bie been Pautomimen. S die Or- 
bis Descr. in 3. Dais Auctt, class. T. 3 p. 396 c 139.8. 9.39 


72 Ueber die Pantomimen 


um Pantomime zu fehen. In Juſtinians Zeiten hatten bie 
ausfchweifenden Darftelungen ber Pantomimen wol ihr Höch« 
ſtes erreicht; aber bie einzige befchränfende Verordnung , bie 
ber Kaifer nad) einer früheren Beflimmung des Arkadius 
in fein Gefegbud) aufnahm, lautet dahin, bag Bildfäulen 
oder [οπβίφε Abbildungen ber Pantomimen nicht an offentlis 
dien Plaͤtzen ober gar neben den Statuen der Kaiſer flehen, 
fondern höchſtens im Eingang des Gircus oder auf dem Pros 
frenium des Theaters Platz haben (ollten, Vg. cod. XI. tit. 
4o. 4. 

In bem übrigen Italien, ja in bem ganzen Römiſchen 
Neich fand bie verführerifche fun(t biefelbe willtommene Auf⸗ 
nahme, wie in den Hauptflädten Rom und Syjantium Mans 
che Inſchriften fprechen nod) jebt für dag Daſeyn derfelben 
an vielen Orten außerhalb Roms. Nicht nur in dem präch 
tigen-Pränefte, deſſen Bürger den Gieg des Pantomimen 
M. Aurelius Agilius burd) Dentmal unb Inſchrift vere 
emigten (vg. Drelli inscriptt, n. 2627 und Gruter. inscriptt. 
550 n. 3, mo Sieg unb Krönung δεβείθεα in Lanuvium 
erwähnt (f), fondern felbit in dem rauhen Samniterlande 
ergögte man fid) an pantomimifchen Vorſtellungen. Bg. bir 
Juſchrift bei Orelli n. 2626, in welcher bie colonia Telesia 
ben Gieg beó Pantomimen 9. Rebelius Renatus unter ber 
Regierung des Antoninus Pius meldet. Aber ganz vorzüglich 
blühte biefe Kunft in dem lebendfrohen Iufligen Kampanien. 
Bon dem. Aufenthalt einer Pantomimen » Gefellichaft in biefer 
Stadt fpricht bie Snfchrift bei Gruter. p. 343 n. 8. Hier 
heißt Apolaustus Augustalös (sc. pantomimus) Capuae Maxi- 
mus, Ueber Pompeji, wofelót Pylades (pielte, vg 
Dreli ο. 2530. Und von der Gtabt Neapel, alà einer 
ganz befonderen Pflegerinu ber Pantomimens Kunft, ift bie 
Rede bei ucían ο. 32. Weiterhin hegte Griechenland und 
befonder Byzantium — als befannt bedarf die Cade 
feined befonderen Bemeifed — dieſe Kunft bie in die fpäteflen 


des Römer. 13 


Zeiten hinunter. Selbſt in dem benachbarten Illyrien blieb 
fie nicht nubefannt. Einer Infchrift bei Gruter, p. 332 n. 
& zufolge gab auf dem Theater zu Antipoli& der Pantomim 
Septatrio zwei Tage hindurch Vorftellungen, und erhielt gro⸗ 
Ben Beifall. Die Einwohner von Antiochia in Syrien was 
ren fehr verwöhnte, unb daher frittfid)e Beurtheiler ber Pan⸗ 
tomimen, wenn man aus ber Erzählung bei Lucian 78 einen 
Schluß ziehen darf. Auguſtinus endlich de doctr. chr. Il, 
. 98 fpricht von ben Pantomimen ald Spielen, die zu feinen 
und feiner Bäter Zeiten in Afrika und namentlich iu Kartha⸗ 
9o gegeben wurden. 

Die fpätere Literatur ber. Römer hat uns zwar fein Ders 
geichniß berühmt gewordener Pantomimen hinterlafien; aber 
bei den Schriftftellern aller Art findet fi) doch fo mandjer 
diefer Künftler angeführt, bag man mit ziemlicher Vollftäns 
bigfeit einen folchen Katalogus für Die verfchiedenen Zeiten 
zufammenfegen könnte. Hier genüge ed, nur von einigen brc 
vorzüglichften Pantomimen Kunde gegeben zu haben. Wir 
eröffnen die Reihe mit Pyplades, ben auch dad Alterthum 
felbft am höchften gehalten zu haben fcheint Er lebte, wie 
bereitö oben bemerft worden, unter Auguft, war aber fei» 
ner Herkunft nad ein Eilicier, aus bem Fleden ber Mifthars 
πετ. Bg. Suidas s, v. Pylad. und Eufebind cbron, 155. 
Die Erfindung der Pantomimenfunft wird bei Athenäus I p. 20 
e, f. ibm und bem Bathyllus gemeinjdja(tlid) zugejchrier — 
ben: τοῦτον τὸν Βαθυλλόν φησιν ᾿ριατόνικος καὶ Πυλά- 
δην, οὗ ἔατι καὶ σύγγραμμα περὶ ὀρχήσεως, τὴν Ίταλι- 
239 ὄρχησιεν συστήσασθαικ.τ. A Damit läßt fid) 
‚die etwas unbeflimmte Notiz δεί Zoſimus Hist, I p. 4 .vers 
einbaren. Dagegen nennen ihn Suidad und Euſebius den 
alleinigen Erfinder. Woraus wir freilich nichte zu feinem 
fBortbeil folgern wollen, ba Athenäus einen Älteren Gewährds 
mann für feine Angabe nennt. : Eher mag man eà hervorhes 
- bet, daß er eine Schrift über feine Sung binterlaflen, wie 


74 Ueber ble Pantomimen | 


aué Athenaͤus a. a. D. und Suldas hervorgeht. Daß er 
ſchon αἴθ Grieche ble Tanzkunſt amégeitót, Täßt (id) aus bem 
früher befprochenen Umſtande fchließen, bag er burch Anwen⸗ 
dung griechifcher Drcheftif das neue Nömifche Spiel vervolls 
fommnete. In feiner Darftelung waltete die Würbe des 
tragifchen Tanzes vor. Athenaͤus a. a. D. fagt von ihm: 
ἦν δὲ jj Πυλάδου ὄρχησις ὀγκώδης, παθητικὴ xai πο- 
λύχοπος. Die naͤmlichen Worte finden fid bei Plutarch 
symp. VII, 8, nur bag hier att des Fetten Adjectivs πολυ- 
πρόσωπος (tebt, b. b. in einem und demfelben Stüde viele 
Derfonen fpielend, womit ein befonderer Vorzug des 
Pautomimen angebeustet wnrbe. Deshalb: wollte Jacobs An- 
thol, 1, 4 p. 308 fettere ξεδατί auch bei Athenäns ſubſtitu⸗ 
irt wiffen. Auch nennt ein Dichter in Beundd Anal, T. Ik 
p. 127 den Pylades ὀρθά κατὰ τραγικῶν τέθµια µουσο- 
πολών. DVerfuchte er fih daher bann nnb wann in Darflels 
lungen, welche komiſche Leichtfertigleit nothwendig machten, 
dann war er (id felber wicht mehr ähnlich. Seneca declam. 
epit. t1. praef. Et ut ad morbum te meum vocem, Pylades iu 
comoedia, Bathyllus im tragoedia multum a se aberanı. Un⸗ 
übertrefflih war fein Spiel, wenn der Gegenſtand das hödy 
πε Pathos und die ungeſtümſte Begeifterung erheiſchte. So 
gelang ihm vorzüglich, die Darftelung des Bachus unb ber 
Bacchantinnen nad) der befannten in der Euripideirfchen Tras 
gödie behandelten Fabel. Antinater von Theſſalonich verherr⸗ 
kichte ihn wegen eined folden Tanzes im 27. Epigramm. 
Unbdere tragifche Rollen, wie 3. Θ. der Yon, bie Zroerinnen, 
werben als won ihm gefpielt bei Gruter. inseriptt. p, 1024, 
5. bezeichnet. Er war ſich feiner Vorzüge im hödhfien Grade 
bewußt, uud ertrug ebenfo ungern Zabel, αἴδ er geneigt 
war, feine Berdienfte berauszuftreichen. Sieber gehört die 
Anecbote bei Macrobius Sat. II, 7. Quum in Herculem fu- 
rentem prodisset, et nonnullis incessum histrioni convenicn- 
tem non servare videretur: deposita persona ridentes uicre- 


Der Römern . 75 


puit: uo00l, uatyousvo» ὀρχοῦμαι. Ἠδο faebüla et sagittas 
iecit in populum. Eandem persoram quum iusse Augusti im 
triclinio ageret: et intendit arcous et spicula πο, Neque 
indignatus est Caesar eodem se loco Pyladi, quo pop. Roma« 
no fuisse, Hic, quia ferebatur mutasse rudis illius saltatio- 
nis ritum, quae apud maiores viguit, et venustam induszisse 
movitatem ı interrogatus ab Augusto, quae saltationi contulis- 
set, respondit : αὐλῶν συρύγω»ν τ’ ὀνοπὴνι bpadoy 7’ ἀνθρώ- 
ze. Pylades that fehr viel für bie Ausbreitung ber πια 
erfundenen Kunſt. Er mag eine Menge Schüler gebildet hae 
ben, wofern die Stelle bei Seneca Quaest. nat. VII, 32 nid 
übertrieben if. Stat per successores Pyladis et Bathylli do» 
mus: harum partium multi discipuli sunt multique doctores, 
Privatim urbe tota sonas pulpitor, Einer feiner berühmte 
Bet Schüler war Hylas, von Ven ich bereits erzählt habe, 
wie er wegen verfehlter Geſte von feinem Meiſter zurechiges 
wiefen worden. Dazu fommt, ba Pylades feine Leitungen 
auf bie Hauptitabt nicht befchränkte. Derfiche id) bie Worte: 
honoratus ab civitatibus splendidissimis Italiae in ber gleich 
anzuführenden Infchrift richtig: fa gab er Borflellungen in bes 
meiften Hauptftädten Italiens. Daß er tiamentfid) in Dom, 
peji aufgetreten, folgt aus einer Imfchrift δεί Orelli in- 
script. n. 2530, die in diefer Stadt Aufgeftellt worden zum 
Andenken an bie Apollitarien, an denen außer anderen Spies 
len aud) Pantomimen gegeben roorben, Hier wird Pylades 
auébrüdíid) erwähnt. Lieber fein übriges Leben ift wenig bes 
kannt. Dem Cuetoninó Octav. 45 zufolge verjagte ihn einft 
Anguft aus Stadt und anb, meil er einen Römifchen Großen 
anf der Bühne verhöhmt hatte. Aber Die Caſſius LIVE, 17 
erzählt bíe Sache anders, indem er die Verbannung ald Kole 
ge eined zroifchen Pylades nnd Bathyllus entklandenen 
Zwiſtes betrachtet. Auch jebt legterer hinzu, e8 babe ihn ber 
Kaifer bem Volk zu lieb bald wieber zurüdgerufen. Bon ba 
qu muß er bis qu feinem Tode größtentheils in Rom gelebt 


76 Ueber bte Pantomimen 


haben. Nach feinen Tode fete ihm eine Geſellſchaft Römi« 
fer Pantomimen ein Denkmal, deſſen Inſchrift nod) erhats 
ten ift. Bemerkenswerth find befonders folgende Worte: Py- 
ledi pantomimo honorato a spleudidissimis civitatibus Italiae- 
grex Romenus ob merita eius tit. memoriae posuit, Vg. 
Öruter. 10%. 5. 

Zeitgenoffe und Nebenbuhler des Pylades war Bathyl⸗ 
[ué. Einen Aleraudriner nennt ihn Athenäus I p. 20 f.. 
Aller Wahrfcheinlichleit nad) war er ein Freigelaſſener be& 
Mäcenas. Wenigſtens heißt er bei Seneca controv. praet. 
5. Bathyllus, Maecenatis (sc. libertus). Der wolfüftige Mä« 
een fiebte ben fchönen Sklaven, vieheicht etwas ungebührs 
lid; denn bie Worte bed Tacitus Ann. I, 54. Maecenas ef- 
fusus in amorem Bathylli Iaffen etwas ber Art vermuthen. 
Glimpflicher flelft Dio Caſſius LIV, 17 dies Berhältniß bar, 
indem er ihn Ἰαικήνατι mooolxovra nennt. Bon feinen 
Schickſalen ift weiter nichts befannt, als bag er mit feinem 
Kunftgenofien Pylades in Stoietrad)t febte, bei ber e$ an hefs 
tigen Aeußerungen nicht gefehlt haben mag, indem Pylades 
einmal wegen derfelber aus der Stadt gejagt wurde. 33g. 
Dio Eaffius a. a. O. Ihm wird, wie bereitö bemerkt wor« 
den, mit Pylades gemeinfchaftlich die Erfindung der Pantos 
mimik zugefchrieben. Der Charakter feined Spieles war je» 
bod) von dem des Pylabes febr verfchieden. Er ftellte gern 
und mit Gfüd dad Zarte und 9teigenbe dar. Daher 
nennt ihn Suvenal als Tänzer der Leda mollis Bathyllus, 
Gab er dieſes Stück, fo fannten bie weiblidjien Zufchauer in 
ihrem Entzücken feine Gränze. Richt anders verftehe ich das 
47íte Epigramm des Grinagorad, wenn er bem Bathyll χε- 
oolv χάριτες beifegt. Damit flimmt endlich dad Urtheil dee 
Athenäus 1 p. 20 £ überein, der im Allgemeinen die Orche⸗ 
fit δεὸ Bathyll ἑλαρωτέρα nennt , wobei weniger an komi 
(den ald an reigenden und gefälligen Tanz gebacbt 
werden muß. Verſuchte fi Dagegen Bathyllus in tragifchen 


der Römer. 71 


Dantomimen, fo gelang fein Spiel nicht fonderlich. $6. Seneca 
declam. epit, III. praef, Wie damit aber bie Angabe bes Ather 
nänd a. a. O. τῆς dà κατὰ τοῦτον (sc. ἸΜέμφιν t. παντομ.) 
ὀρχήσεως τῆς τραγικῆς καλουµένης πρῶτος γέγονε Bá- 
ὤνλλος κ. τ. A. zufanımengereimt werben fol, ift nadı bent 
Gefagten (diver zu verfichen; zumal da in bem nämlichen 
Zufammenhange und einige Zeilen nachher bad Prädicat iAa- 
θωτέρα den Pantomimen bed Bathyllus beigelegt wird. 3} 
Dad Publicum (tellte ihn ebenfo hoch ald ben Pykades: mg. 
Ceneca quaest. nat, VII, 32. Bon bíefem Geſichtspunkte 
aus find auch bie Verfe V, 222 bet Perfins zu benten: nec 
quum sis cetera fossor, Treis tantum ad numeros saturi mo- 
veare Bathyli; an welder Stelle die allgemein  befannte 
Meifterhaftigkeit des Bathyllus in taftmäßiger Bewegung einen 
Kontraft mit der plumpen Schwerfälligfeit eines rohen Baus 
ern bilden fol. Es fcheint fogar ber eine unb andere ihm 
den Borzug gegeben zu haben. Demnach fagt Syemamb δεί 
Seneca controv. praef, 3, Si Threx essem, Fufius essem: 
si pantomimus essem, Bathyllus essem. — Man hat mehs 
rere Monumente, die ſich auf den Bathyll beziehen, in bem 
columbarium ber Είρία an ber finfen Seite der via Appia 
gefunden. Darunter befinden fih z. B. feine Graburne, eine 
Bildfäule den Bathyll vorftellend, mit einer dazu gehörigen 
Inſchrift. 9g. Wicoromi de larv. scen. p. 8. 

Auch fey bem Pantomimen Paris bier ein Pläbchen 
vergönnt. Es gab zwei Künftler diefed Namend. Der ältere 
und minder berühmte mar ein Zeitgenoffe des Kaiferd Nero. 
Diefer war ein Freigelaffener ber älteren Domitia, ber Tan⸗ 
te des Nero; flieg aber bald fo fer in ver Bunft des fai» 


*) Plutarch Symposiac. VII, 8, 3. Anonlunw δὲ τῆς ὀρχήσεως 
τὴν Πυλάδειο», ὀγχωδη καὶ παθητικὴ» xai πολυπρύσωπο» ουὐσαν' 
elJot δὲ τῶν ἐγκωμίων ἐκείνων, ἃ «Σωκράτης πἐρὶ ὀρχήσεως δεῦλὸε, 
Φεχόμαι τὴν Βαὖ ύλλειον αὐιόδεν πέζαν τοῦ χόρδαχος ἁπτομένην, 
Ἠχοῦς à ἤ τινος ΓΠανὸς 5j Ἀατύρου σὺν Ἔθωτε χωμµάζοντος, ὑπόθρχη- 
pá τι διατιθεµένην. Cf. Casaub. S. P. 1, (p. us. 8. Θ. W 








78 Ueber die Dantomimet 


ferd, daß er bei befiem geheimen Berguügungen und Unter 
nehmungen fein vertranteftee Genoffe wurde. Bg. Tacit. ann, 
Xil, 19. 22 und 27. Gpäter änderte fid) freilich, Died Ber 
haͤltniß; benz nad) Einigen (ug. Gueton Ner. 54) ließ ihr 
biefer Tyrann hinrichten,, weil er einen gefährlichen Neben» 
bubier in ber Orcheftit au ihm fand ; nach Anderen deswe⸗ 
gen, weil er fidy nicht hatte anſchicken wollen, bem Fürſten 
die Pantomimentunk µε Ichren. Vg. Dio Eaffius LXIII, 48, 
Bon biefem nun muß durchaus unterfchieden werben ber füns 
gere Paris, der unter bem. Kaifer Domitian lebte. Er 
war der vorzũglichſte Pantomime feiner Zeit, und galt ohne Wi⸗ 
berrede al ber Liebling des damaligen Publitums. Daher negnt 
(6n Martial in dem unten folgenden Cpigramm urbis deliciae 
und Romani decus theatri. Dadurch gewinnt aud) eine Gtelle 
bei Juvenal ihr gehöriged Licht. Nämlih VI, 51 iff von 
einer ebeín Dame die Rebe, die, um mit einem liebgewonne⸗ 
nen Schanfpieler zu entlaufen, es über ihr Herz bringen 
fonnte, ihre Heimat, ihren Gatten und ihre Kinder zu vers 
laffen: und dann fährt der Dichter, um die größte Aufopfer 
rang zu begeichnen, fo fort: 
Utque magis stupeas, ludos Paridemque reliquit! 
Wie viel mure ber Mann bei den Damen gelten! Das 
vie erwarb fid) große Reichthümer, mit denen er jedoch nicht 
fargte, be(onberé wenn ed darauf anfam, einen armen. hans 
geraden Dichter zu unterflügen. Als einen folchen bezeichnet 
uns Suvenal Vli, 88 den Declamator Statiud, ber ὃαπα und 
wann in bittere Roth gefommen zn ſeyn ſcheint; aber bei ben 
Pantomimen Paris, bem er feine poetijd)en ip zum 
Verkanf brachte, Rettung fand. 
Auditur (sc. Statius), sed quum fregit subsellia versu, 
Esurit, intactam Paridi nisi vendat Agaven. 

Auch galt ber Maun eine, Zeit [ang fchredlich viel bei 
Hofe. Durch ihu wurden Soldaten befördert, Dichter in den 
Stitterflanb erhoben, fegar bie Würde eines praefectus oder 


der Römern 170 


tribunos tente der vielgeltende Pünfllet qm beicheren, menn 
er durch gelungene Darfiellungen güufige Augeunblicke bei 
Kaifer und Kaiſerinn hervorgezanhert hatte: Denn ſo fährt 
Guvenal fort : 
Ille et militiae multis largitur honotem, 
Semestri vatum digitos circumligat auro. 
Quod non dant proceres, dabit histrio: tu Camerinos 
Et Baream, tu nobilium magna atria cures! 
Praefectos Pelopeia facit, Philomela tribunos, 
War er der Günftling aller Damen: fo that bie Kaiferinn 
Domitia diesmal ein Aeußerſtes, fie verliebte (id) in bes 
Paris bis zum Sterben. Paridis amore deperditam nennt fle 
Sueton Domit. 3, and baffelbe Verhaͤltniß ift angedeutet bet 
Aurel. Vict. Caes, XI, 7 und epit, XI, 1. Als aber endlich 
der Kaifer Cfebrud) gewahrte, da trieb er keinen Spaß. 
Vorläufig entfernte er bie Kaiferinn vom Syofe, und bem 
fpantomimen erbolchte er mitten auf der Straße. m8. Sue 
ton a. a. D. und Φίο Cajus LXVII, 3. Sa fein Groll 
war fo fürchterlih, bag er felbit biejenigen, welche bie 
Stelle, auf ber der geliebte Künftler gefallen mar, mit Gal» 
bem und Blumen befirenten, hinrichten [ίεβ. Bg. Dio Gaf» 
find a. a. D. Auch ließ er einen Schüler bed Paris, ber 
feinem Meifter febr. ähnlich war, umbringen, aus Argwohn, 
jener möchte noch ἴεθει, Vg. Sueton Domit, 40. Su ber 
Holge wurde das Andenfen an diefen Liebling ber Bühne 
auf mannichfache Weile wieber aufgefrifcht., Martial bichtete 
auf ihm bíefeà vielfagende Epigramm lib. XI, 11. 
Quisquis Flaminiam teris viator, 
Noli nobile praeterire marmor. 
Urbis deliciae salesque Nili, 
Ars et gratia, lasus et voluptas, 
Romani dolor et decus theatri 
Atque omnes Veneres Cupidinesque 
Hoc sunt condita, quo Paris , sepulcro. 


80 Ueber bie Pantomimen der Römer. 


Sein Grabmal fland alfo dm ber Klaminifhen Straße. 
Vielleicht mar auch dort ba6 Bildwerk und die Sufchrift, bie 
ihm Athenodoras Zyſtirus febte, Vg. Gruter. inscriptt, p. 532. 

Außer diefen glänzt nod) mandyer Name; obwol bie Kun⸗ 
be über das Leben unb bie Leiftungen ber @inzelnen bürftis 
ger iſt. Noch in bie legtet Zeiten des Auguft gehört ber 
Pantomime Hylad. Er war ein Schüler bed Pylades; ge» 
[απρίε aber bald zu einer ſolchen Meifterhaftigfeit, bag er mit 
feinem Lehrer wetteifern konnte, und das Volk in feinen Ur⸗ 
theilen über den Vorzug des einen ober bed andern getheilter 
Anficht war. Vg. Macrobins Sat, II, 7. Auch Sueton Oc-- 
tav, 45 erwähnt ihn, um an feinem SBeijpiefe barzuthun, bag 
Auguft fefbft bie berühmteften Schaufpieler mit entehren« 
den Strafen nicht verfdjont babe. Ob aber der bei Cuciait 
63 angedeutete Pantomime, welcher den Liebeshandel bed 
Mars und ber Benus getanzt, biejer Hylas gewefen, wie Sas 
cobs Animadv. anthol. II, t p. 308 vermuthet, ift unficher. 
Großen Ruf muß auch ber unter Saligula blühende Mune⸗ 
fter gehabt haben. Nach Sueton Calig. 55 Iiebte ihn der 
Kaifer fo febr, bag er ihn im Theater vor allen Menfchen 
füfte. Kurz vor bem obe diefes Tyrannen tanzte Mnefter 
bedeutungsvoll diefelbe Tragödie, welche einit der Grieche 
Neoptolemus bei den Spielen aufführte, an denen Philipp 
von Macedonien getöbtet wurde. — 33g. Sueton Calig. 57. In 
viel fpäterer Zeit waren Garamallud und Phabaton bod) be» 
rühmt. Sidon, Apollin, , der im fünften Sabrbunbert lebte, 
gebenft carm. XXHI v. 267 ihrer in einer Weife, bie uns 
auf den weitverbreiteten Ruhm derfelben fchließen läßt. Pha⸗ 
baton wird fonft nirgendwo erwähnt. Den anderen bezeicdy, 
net Malal. chron. tom. Il p. 98 aí8 einen Zeütgenoffen des 
Kaiterd Zeno I, und als einen Griedjen. Seine Borzüge 
werden auch bei Aristaenet, epist, I, 26 befprochen. 

6. 3. Gryfar 


Alerander des Großen Züge butd) 
Turan. 


ps" HESSE 


Alerander des Großen Aflatifche Keldzüge , Entdeckungen 
‚und Eroberungen zugleich, find für die Geographie bed einft 
Perfifhen Afiens nod) heute die reichfte und reinfte Quelle; 
von dem größten militärifchen Talente des griedyiichen Alters 
thums geleitet, durch die merfwürbigfte Nachwirkung auf ei» 
ne Reihe son Jahrhunderten gleichfam beftätigt, müflen (te 
über die großen und allgemeinen Naturverhältniffe jened Laͤn⸗ 
bercyclus in bemfelben Maaße aufklären als allein in biefen 
ihre Möglichkeit, ihr nothmenbiger Gang, ihr bauernber Cr» 
folg begründet war. Ihrer Seit aber erhalten fie durch 
bie erweiterte Länbers und Qolferfunbe Aflend, die wir ben 
legten Jahrhunderten danken, mannichfache Erläuterung und 
eft überrafchende Beſtätigung; fd)on fat fih in bent fübnen 
Tigrisübergange bei Bedzabde, welcher die benfmürbige Schlacht 
bei Gaugamela zur Folge hatte, bie taktifche funt wiederer⸗ 
kennen, die das Alterthum bewunderte; fchon fónnem die Ope» 
rationen in bem Kaspiſchen Gebirge nad) bem vier Haupt⸗ 
päffen deffelben mit Sicherheit orientirt werben; [ώση iff der 
Sufammenfang des befchwerlichen Feldzuges am Indiſchen 
Kaukaſus mit dem glücklichſten Scharffinn dargelegt worden; 
manches andere erwartet nur die Sorgfalt einer näheren Uns 
terfuchung, um mit gleicher Evidenz hervorzutreten. 

Zu den merkwürdigen Unternehmungen δεὸ großen 8o» 

9t. Rhein. Muf. f. Phil. LI. 6 


82 Alerander des Großen 


nigs gehört der Krieg in den Transoxianiſchen Ländern ; ihre 
eigenthümliche Meltftellung, bie heftigen und überaus einflußreir 
chen Kontrafte ihrer Natur, die alte Kivilifation ihrer paras 
biefifchen Diftrifte neben ben wüflen NRäuberhorden ber Kas⸗ 
pifhen, ber Mongolifhen Steppen haben fie ftet8 zu einem 
. 99ingefpunfte der Aftatifchen Bölfergefchichte, zur Vormauer 
Weſtaſiatiſcher Bildung gemacht. Cie waren bem neuen 
Herrn des Achämenidenreiches vor allen wichtig; und e$ bes 
durfte der Arbeit zweier Jahre, ffe zw unterwerfen; fortan 
waren fie für das helleniftifche Leben gewonnen, be(fen Spus 
ren fid) unter deu vielen Ablagerungen, bie das unabläfjige 
Ueberfluthen anderer und anderer Bölfer hier mehr al8 ít» 
gendwo zurückgelaſſen bat, bis auf diefen Tag zu erfeunem 
find. Die Cabjité von Bolchara fennem außer ihrem Koran 
nichts ald das Buch von Syéfanber. 

Die Länder Baltrien und Sogbiana, feit Eyrus Zeiten — 
Thelle des Sranifchen Reiches, ftanden in ber Regel unter eis 
nem Satrapen, der eben fo unabhängig von bem Großfönia 
ge, wie die einzelnen Fürften und Häuptlinge feines Canbed 
ΦΟΝ ihm felbft waren. Ald num des unglüdlichen Darius 
Flucht den Macedonifchen Sieger weiter und weiter gen Oſten 
fährte, als (don bie Perfifhen unb Medifchen &bore, bie 
Kaspifchen Südpäffe in feiner Gewalt waren, da glaubte ber 
fBaftri(d)e Satrap mit dem Tode feines königlichen Oheims 
den fBefíg Baltriens und den Königenamen Artarerred nicht 
zu theuer zu erfaufen; er flüchtete zum Oxus, er glaubte 
durch Gebirge und Wüſteneien, durch die mitjchuldigen Gas 
trapen Ariana's, Durch den reichen und leichten Gewinn, mit 
dem das Wunderland Indien den Eroberer bienden mußte, 
fein Land genug aefidyert. Alerander verfolgte ihn; burdy 
den Auffland ber Urier gezwungen den Weg von 9Rero zu 
verlaffen, durcheilte er während bes Herbſtes 330 Ariana; 
das Arifche und Arachoflfche Aleranprien, Herat und Kanda⸗ 
bar, auf dem fchleunigen Zuge gegründet, ſicherten den Beſitz 


Züge Durch Zuran. 83 


bes weiten Landes; ber fchneereiche Winter zwang ihn im 
Lande ber Paropamifaden zu raften; Alerandrien am Kaus 
tafus 1) wurde am Kreuzwege zwifchen Ariana, Indien und 
Baltrien gegründet; ed war der Ausgangspunkt bed Baltrie 
(fen Feldzuges, der mit bem Frühjahr 329 begonnen hatte. 

Die Lage biefer Stabt bezeichnet ihr Name ad ipsum 
Caucasum ; am Weflabhange be6 Schneegebirges, das gen 
Rordweſten die Indiſchen Länder begrängt und ſich felbft gen 
Welten im Paropamifus zwiſchen Arlana und Baktrien führt. 
Bamian liegt fchon mitten im Gebirge; etwa 30 Meilen find 
von bíefer Stadt gen Kabul; eine Meile fidwärts von ihr 
führt ber Weg bei bem Fort Toptchi über den Chutur⸗Ger⸗ 
dan, der höchften Paßgegend auf biefer Straße; zwei Tage⸗ 
reifen füdlicher erreicht man bei ben Quellen beà Gert ded 
meh den Sübfuß ded Gebirgeà unb bie Grenze von Afghanis 
ftat, von hier ift Kabul nod) 10 Meilen entfernt. 2) Diefe 
Gegend, durch alte Wunderfagen berühmt, möchte ber ofa» 
litaͤt Alerandriend ent(pred)en, welches mad) ben officiellen 
Gtathmen ded Diognetus und Bäton, die Pliniud 9) mit voll 
fommmer Genauigkeit excerpirt bat, zehn Meilen von Orto» 
fpana ober ftarura dem heutigen Kabul, entfernt war. 

Noch fag in den Bergen tiefer Schnee, ald das Heer 
and Aleranprien aufbrad); nad) 15 Tagen eines höchſt mühe 
feligen Gebirgsmarſches erreichte man bie erſte Baftrifche 
Stadt Zrapfafa 4) ober Adrapſa; s) fle wurbe der Haupt⸗ 
waffenplag des Baltrifchen Landes, Beweis genug für (bre 
militärifch wichtige Lage. Die Straße führt von Bamiar 
über einige Sergfetten zu einem Fluffe hinab, ber in ber Ge⸗ 
gend vos Khullum von ben Bergen zu beiden Seiten fünf 


ı) Arriau IIT, 28. 6. 

3) Meyendorf voyage εἰς, p, 14o. 
3) Plin H. N. VI, 16. 

4) Arrian III, ag. 1. 

5) € trabo XV p. 312 ed. Tauch, 


84 Alerander tes Großen 


andere Bäche aufnimmt; hier beginnt (id) das Thal zu ers 
weitern, bie Berge werden niedriger, die Gegend freundlis 
dier, der Meg wendet fid) nordweitwärtd über Hügel und 
Aderfiseden; am zweiten Sage Περί man die weitläuftige 
Stadt Balk vor ſich liegen. o) Vielleicht, bag jene Pofltion 
von Sbullum am Nordausgange be& Paßweges, entfprechend 
ber auf der Sübfeite bed breiten Gebirgegürteld, ben Namen 
des Baltrifhen Alerandriens, ben Stephanus von By⸗ 
gau nennt, 7) erbielt. Ebn Haufal und andere Drientalen 
nennen nod) in diefer Gegend ein Iskandereh. s) Sonderbas 
ret Weife fommt auf bem Wege von Drapfala nad Baltra 
ein Aornos vor, obfchon felbft Die Paphöhe von Muzar 
ober Schach⸗Merdan, die legte auf biefem Wege, nicht eben 
über den Bogelflug binauéreidyt. 

Beim Herannahen ded Macedonifchen Heeres war δεί, 
fud aus Baktra über den Oxus geflohen; er verbrannte bie 
Schiffe, bie ihn gerettet hatten, er eilte ber Stadt Nautaka 
zu, um in bem Thale des Sogdfluſſes Zuflucht ober Beiftand 
zu finden. Alerander folgte im; in zwei Tagen burchzogen 
feine Macedonier die Wüſte, bie den Fluß von Ball bie zu 
feiner Mündung in bem Orus begleitet; in ber Gegend von 
Termez, fo fcheint ed, yaffirten Πε auf ihren ald Pontons 
gebrauchten Seltbüuten den Strom, ber hier mit einer Breite 
von 1800 Schritten in das ebene Land tritt. Die Flucht bes 
Beſſus zeichnete den weitern Weg vor, ben Alerander eins 
fchlagen mußte unb der ihn in das aub Maveralnahar führ 
ren follte. Die eigenthümlichen Berhältniffe dieſes Landſtriches 
beflimmen die nächftfolgenden Operationen bed Macebonifchen ' 
Heeres. Leider ift unfre Kenntniß von jenen Gegenben πού 
febr Tüdenhaft; naͤchſt bem Berichten Arabifcher Geograpben 


6) Mepyenborf a. a. DO. 
7) Steph. Byz. v. ««λεξάνδρεια, 
8) Ebn Haukal p. 228. Ousely. alii, 


Züge dur Zuran. 85 


find die Memoiren beà Sultan Baber das wichtigfte Dokus 
ment zur Stenntníg diefes Landes; einzelne andre Nachrichten 
find von feinen gelehrten Weberfegern beigebracht und anf 
Waddington’d Charte bemutt; auf bem trefflihen Berghaus'⸗ 
fdjen Blatte »Iran und Zuran,« glauben wir aud, Meyen⸗ 
dorf's Angaben berückſichtigt zu ſehen. 

Maveralnahar, das Meſopotamien des Oxus und Ja⸗ 
xartes, beginnt da, wo die Asferah⸗Berge, die Waſſerſcheide 
beider Stromgebiete, (id) unter bem Namen ber Berge von 
Ailak nordbwärts zum Sararted, unter bem Namen der farae 
tagh ober ſchwarzen Berge fübwärts zum Oxus wenden; je 
πε fchließen bie quellreiche Kerghana , δίεε das Wünfflrome 
fanb beà Oxus. Bei Kojend unb bei Termez verlaffen die 
beiden Ströme ihren obern Lauf und wühlen fich burch die 
Wüfte abendwärte. Bon jenem Quermall von Gebirgett, ber, 
bem höhern Belurtag ziemlich parallel, etwa 50 Meilen von 
RO. gen W. flreicht, geht eine Reihe von minder hohen 
‚Bergen, gleihfam eine weitere Waſſerſcheide ber beibeu Stroms 
gebiete, gen Abend fort. Cà find dieß bie montes Oxii bes 
Ptolemaͤus; 9) etwa 3 Tagereifen fübwärts von Kojend bes 
ginnen fie unter bem Namen der weißen Berge, 9fftagb ober 
Ak⸗kaya; δίδ zu ben Trümmern von Schirad; einige Mei⸗ 
lett norbwärts von Samarkand flreichen fie gen SW. , wen» 
den (id) bani ald weidereicher Bergrüden einige Meilen morb, 
würt$, um πώ noch einmal gen Welten hin bid zu bent 
quellreihen Nauratagh zu erheben, beffem Gipfel man vom 
SRarft von Bokchara aus 10 Meilen gen Rorben erblidt. 
Bon da ab fenfen fi die Höhen imb verlieren fih bald im 
den Sandhügeln ber Wüfte. — Wo fid) die montes Oxii von 
bem ſchwarzen Bergen trennen, hat der Soghdfluß Ῥοίριί, 
metus ber Alten feine Quellen; er empfängt reichlidye Zus 
flüfe aus bem Nauratagh zur Rechten und bem Albos 


9) Ptolemäus VI, 11. 


δ6 Alerander des Großen 


tom, το) bem Weftabfall der fchwarzen Berge zur Cínfen, er 
bewäffert in viele Kanäle getheilt das fchöne Thal von Cas 
markand und Bokchara; hier wirft ihn die von Welten bete 
eindrängende Wüfte (übmürté, ‚fie fat ihm die Mündung in 
den Orué geraubt; ber Sumpfiee von Karaful, in bem fein 
Waſſer flagnirt, ift ohne fichtbare Verbindung mit bem Haupt⸗ 
firome : die älteften und neueſten Berichte und namentlich 
Arrian und SDtegenborf find darin einig, obfchon fih Elphin⸗ 
fione in Kabul dad Entgegengefegte erzählen [ίεβ. — Im 
Süden ded Soghdfluſſes ftreihen vom Albotom aus die 
Höhen von Amak⸗Dayan ober von Zarkoh 11) bie Sogdii 
montes δε Ptolemäus; der Kokſcha oder Fluß von Kefch 
und Karfchi, ber (übmürt& an ihnen entlang fließt, mag 
gleichfalls εἰπβ in ben Oxus gemünbet haben; jebt ijt aud) 
er von der Wüſte zugeweht, wenige Stunden unterhalb Kars 
fchi verflegt er. — Wieder im Güden Ὀίεεὸ Fluſſes geht 
mit bem Amak Dayan parallel ein Bergrücken gen Weſten; 
er fendet einige Klüßchen, unter biefem den Sirabab (15, 
wärtd; auch fie verfchwinden, ehe fie ben Oxus erreichen; 
denn die Drianifche Wüfte Bat (dj ftromauf bis Klif und 
&ermeg hineingebrängt, fie macht die Thäler des Soghdfluſ⸗ 
(età, des Kokſcha, des Girabab zu halbiſolirten Dafen. — 
Noch gewaltiger ift die Wirkung des Flugſandes gegen das 
Waffergebiet des Sararteó, das ohne (d)ügenbe Bergzüge ib» 
rem Eindringen ganz Preis gegeben if. Auch nicht einer 
von den zahlreichen Quellftrömen, die ber Norbabhang ber 
weißen Berge und bie Höhen von Uratippa hinabfenden, vers 
mag einen irgend bedeutenden Lauf zu entwickeln; unmittels 
bar am Fuße der waldigen Höhen fluthet bad Sandmeer, e$ 
verfchlingt alle Gewaͤſſer und der Sarartes erhält unterhalb 
der Ferghana feinen weiteren Zufluß. 


10) Abulſeda. 
ει) Ebn Haukal p. 250. 


Züge burd Zuran. 87 


So bie Hauptformen diefes merfwürbigen Landes, das, 
durch feine Weliſtellung das vermittelnde Glied zwifchen dem 
Derfifhen und Ehinefifchen Aſien zu aller Zeit ba& Land ber 
Handelscaravanen und ein Hauptmarft des ventralen Aſiens 
gemefen iſt; am Sarartes hinab führt die große Serica via bis 
Kojend, um fid) dann füdwärtd bnrd) den weißen Paß (Ak 
kutel) zum Soghdfluß zu wenden; von hier gehen mehrere 
Straßen ſüdwärts über den Oxus unb burd) die Wüſte, fo 
bie von Bokchara über Tjerdiou nad) Merv und Rifapur, 
fo die von Karſchi über Kirki gen Aekoi und Herat über fTif 
ober Termez gen Ball und Kabul. Su militärifcher Hinficht 
(ft befonberé bie Bergſtraße widtig, die von Keſch aus 
durch ben Dag von Kohluga 19) über ben Karatagh führt; 
an beffen Oftfuß menbet fie (fd) in der Gegend von Hiffar uns 
terhalb der berühmten Steinbrüde fübwärts an bem Fluffe 
Dſcheganian und Wekſchab zu beffem Mündung in ber Nähe 
von Termez hinab: dort geht man über den Oxus eine Tas 
gereife unterhalb feiner letzten Strömungen. Das Einzelne 
biefed Weges ift unflar und die Morgenländifchen Angaben 
geben Fein genügendes Bild von bemíelben, inbeB iff [ουίεί 
ausgemacht, bag die Paßgegenden von Kobluga und Hiffar 
die beiden Sauptpunfte diefer Straße find, jene beherricht 
Maveralnahar, diefe die Linie des Wekſchab und damit das 
obere Baltrien, das Fünfftromland des Oxus. 

Zwifchen biefer SBergftrage und dem Steppenwege gen 
Karfchi und Kefch Hatte Beffus auf feiner Flucht zu wählen; 
thörichte Hoffnung leitete ihn fo, wie e8 feinen Berfolgern am 
gelegenften fein mußte; ber Fürſt Spitamenes von Gogbíara 
verrieth den Königsmörder; ein Macebonifched Gorpé erreichte 
ihn, nachdem es in vier Tagen einen Weg von 10 Tages 
märfchen zurückgelegt, in einem verfchanzten Dorfe vor Nans 
tafa, bem nächften Ziele feiner Flucht, fpätere Märfche Ales 


33) Hist. of Ghenigiscan, p. 257. 


88 Alezander des Großen. 


sanberd ergeben, bag diefe Stadt im Thale der Kokſcha lag, 
und Πε dürfte wohl mit ber alten unb heiligen Stadt Keſch, 
bem Geburtsorte Timurs zu identificiren fein. 

Alerander rüdte über Nautala uad) Maracanda vor; 
die auffallende Namensähnlichteit mit beni heutigen Samars 
fand, ein fonderbares Spiel des Zufalld, Darf unà nicht bins 
dern, üt der Stadt Samar's, bed Arabifchen Croberer$, obit: 
gefähr die alte Sogbianifche Nefidenz, die Stabt des heiligen 
Seuerd (Μετα - kand) wieder zu erfennen. 19) Alerander em: 
yfing hier die Huldigungen des Spitamened, gab ihm feine 
Herrſchaft zurüd und wandte fih mit Zurüdlaffung einer 
Macedonifhen fBefagung norbwärts ‘zum Sararted, dem 
Grenzftrome der Monarchie, in deren Recht und Θες er eine 
getreten war. Sein Weg führte ihn durch den weißen Ῥαβ 
unb über die Höhen Osruſchnah, die zu Sultan SBaber'é Zeit 
Mratíippa hießen, ein Name, beffen Alter die Analogie des 
Naniens Xeníppa 14) beweifen fonnte. Nachdem bie Barbas 
sen, bie bad Heer auf bem Marche überfallen hatten, ges 
ſchlagen und ihre Bergſchanzen zerftört waren, erreichte Ale⸗ 
xauber ohne weitered Hinderniß die Ufer des Sarartes, 

Hier beginnt für den weiteren Verfolg gesgraphifcher 
Drvientirung eine Reihe von Schwierigkeiten, welche burch bie 
Vorurtheile und Erflärungsverfuche alter und neuer Philos 
logen außerorbentlich vermehrt find Mau fagt, Alerander 
habe diefen Strom Tanais genannt in ber wunbderlichen Meis 
nung, bieß (ef der große Zufluß des Mäotifchen Θεός ders 
[είδε Alerander, fo wird behauptet, glaubte aber, daß dag 
Kaspiſche Meer ein Bufen des Oceans {εί und durch biefen 
mit den Snbifdjeu und Perfifhen Gewäffern in Verbindung 
Rebe: in ber That ein fo Eraffer Widerfpruch, bag man ges 
ueigt wird ben Mangel am richtiger Einficyt weniger bei 

13) Mem. of Sultan Baber. Introd. p. XXXIX, 

34) Curt. VIII, 1. 14 ; 


Züge burdj Turan. 89 


9(feranber, αἴθ bei den Gelehrten, die über feine Unkunde 
Lächeln, zu fuchen. Was fchon Herodot 15) mit entfchiebener 
Gemigbeit audgefprochen, was Ariftoteles nach ihm ald ums 
zweifelhaftes Factum wiederholt hatte, 16) bag nämlich nord⸗ 
wärts des Tänderumfchloffenen Kaspifchen Meeres Europa 
und Allen mit einander grenzten, bad mußte bem Könige neis 
erbings bie Gefandtfhaft Europäifcher Scythen, bie er hier 
am Sararted empfing, beitättigen; unb nirgends ift bie ge» 
ringſte Spur, daß Alexander baran gezweifelt habe; bie 
Flotte, bie er in Hyrlanien bauen ließ, weit entfernt, aus 
dem Kaspifchen Deere burd) den Dcean zum Indus fegeln 
zu follen, hatte nur die Beſtimmung bie Ufer des Kadpifchen 
Sees zum Behuf eines Schthenzuges, Der nad) bem Indiſchen 
Zuge unternommen werden follte, zu unterfuchen. Was den 
zweiten Punkt, die Identität bes Europäiſchen und Aſiati⸗ 
fhen Tanais anbetrifft, fo hat fih zwar funfzig Sahre fpäs 
ter ber Syrifche General Demodamad aus Milet viel damit 
zu Gute gethan, diefen geographifchen Irrthum aufgebedt zu 
haben unb zum Gedächtniß bíefeó welthiftorifchen Factums 
Altäre an dem Orte feiner Gutbedung errichtet; 17) und es 
mag bei ber Maffe des Macedonifchen Heeres wohl ber 
Glaube gegolten haben, von dieſem Fluſſe fey es nun nicht 
mehr weit zur Heimath. Alerander aber wußte biefen Stt» 
thum, den verbreitet zu fehen ihm in mancher Hinficht ers 
wünſcht (egit mochte, febr wohl erfannt haben; dafür (pres 
chen [είπε Unterhandlungen mit dem Charasmierfönig in δε, 
zug auf den fpüter zu unternebmenben Ecpthifchen Feldzug. 19) 
Der Name Tanais endlich, der einzige reelle Beweis gegen 
biefe Anficht, ijt nicht etwa willführlich und irrthümlich bem 


15) Herod. I, 203. 

16) Aristot. Meteor. II. in, 
37) Solin 4ο. ο inipp. 
18) Arrian IV, 15. 





90 Alerander des Großen 


Fluſſe gegeben worben, fonberm die Macebonier Iernten ihn 
{ο wie bie Namen Jararted und Silys an Ort und Stelle; 
und diefe verfchiedenen Bezeichnungen find ein merfwürdiges 
Beifpiel über die Stammverfchiedenheit ber anwohnenden Völ⸗ 
fer, mit denen Alerander in Berührung fam. | Tanais, ein 
häufiger Flußname bei europäifchen nnd genauer farmatie 
(fet Scythen, 19) beweilet, wie weit oflwärts fid) die Cite 
biefer Bölferfamilien in jener Zeit ausdehnten; nur fo wird 
εὅ begreiflich, wie eine Gefanbt(djaft europaͤiſcher Scythen 
bier zu Alerander gelangen mochte. Der Name Sjararteé ges 
hört der Mongolifchen Sprache an, 20) und die Afiatifchen 
Ecythen, gegen die Alerander hier zu füámpfen hatte, was 
ren gewiß von jenem Mongolifchen Stamme, bie, von bem 
Ctrome norboftwärtd, weithin wohnten. Silys endlich, bem 
heutigen Zurfiftanifchen Namen Syr oder Sihon entigrechend, 
bieß der Fluß bei den Turkiftanifhen Scythen oder Safern, 
die ald Tocharer, Mafiageten, Aspaſiaken die urfprüngliche 
Bevölferung ber Wüfte und Berge be$ Transorianifchen ais 
des ausmachten. EI 
Gegen die Sncurfionen blefer Bölferfchaften war (eit als 
ter Zeit ein Reich von fieben Feflungen gegründet, unter der 
wen Gaza und Cyropolis genannt werden; 21) feine von 
ihnen [ag am Sararted, was Strabo 22) ungenau von 60: 
τοροίίὁ behauptet; durch dieſe Fefle zog fif) ein trockenes 
Flußbett hin, deffen Wafler nur in ber Regenzeit bis jenfeit 
der Mauern floß: man erkennt barané, daß fie fchon am 
Buße der Berge, am Anfange der Wüfte ber Kara Kilpats, 
die aud) Gaza ober Ghasna genannt wird, 23) lag. Der 


ı9) Klaproth nouv. Journ. Asiat. I, p. 5o. 
20) Ritters Geographie IL 478. 

31) Arrian IV, 5. 4. 

32) Strabo XI, 440 


33) Ketal- Yemini hei Silv. de Sacy na'ices et extraits ete, IV, 
P. 354 cm 


Züge durch Zuran. 91 


Name ber zweiten Weftung Gaza fcheint eher Yon bem ber 
Würte abzuleiten ald den verfchiedenen anderen Gaza's des 
Perſerreichs gleich zu fein. Die Reihe der Feſtungen fpäterer 
Seit beginnt mit Sailaa nnb Dehfat, 23) und Waddington's 
Karte nennt auf bem Wege von Kojend nad) Uratippa einen 
Ort Kurak; vielleicht entfpricht Died bem ἄνρουπολις der Gries 
chen; wenigftens iſt der einheimifche Name: diefer alten Stabt 
gewiß nicht Soreédjarta. geweſen, wie bie Erflärer zum Gtes 
phan. Byzant. gemeint haben, fonberm eher Kurafend. Wie 
bem auch fei, bie fieben Feſtungen lagen, wie man aus Ales 
ranberé fpäterem Zuge gegen biefelben flet, von Sojenb (übe 
weitwärts am Fuße der Berge entlang, gegen bie Wüſte von 
Gaza gewandt, in geringem Abflande von einander. 

Bei Aleranders erftem Anrüden aus ben Bergen von 
Uratippa ber hatten (id) dieſe Keftungen ergeben, unb jebe 
eine Keine Macebonifche Beſatzung erhalten, ber König war 
an den Sjararteó vorgerüdt; er befchloß hier ein letztes Ales 
zandrien, Alexandria eschata in ultimis Sogdianorum fini- 
bus 25) zu gründen. Sur fojenb hat die militärifch wichtige 
Lage, bie bem Plan Aleranderd entfprechen konnte; und bieje 
€tabt ift zu aller Zeit ber Schlüffel zur Kerghana und zw 
Maveralnahar,, der Centralpunkt des Handels zwifchen Gas 
marfanb und Kafchgar, eine Hauptitation ber via Serica ges 
wefen. Sultan Baber fagt, 1) bie Stadt fei fehr alt, ihre 
Burg liege auf einem Kelfen, von dem ber Strom einen Büch⸗ 
fenfchuß entfernt vorüber (trómt, auf bem Norbufer träten 
bie Berge Myog⸗hill bis nah an bem Fluß, ber ſich von bier 
aus durch den Sand uorbwärts weiter wähle. Hier mußte 
die Feſtung liegen, welche bie Wongolifchen Scythen words 
oſtwaͤrts, die Sarmatifchen nordweſtwaͤrts, die Tahariſchen 


24) Ebn Haufal p. 267. Baber p. 94. 
35) Pin. VI. ι6. 
26) Baber ı und }. 


92 Alerander des Großen 


im Südweſten in Zaum hielt; hier war ber nörblichfie Punkt 
bes Sogdianifchen Landes, das ohne biefe Pofitien weber ge? 
fhügt nod) behauptet werben fann : hieher famen zu Nlerans 
ber die Gefandten der europäifhen Scythen und ber 
Abier; jenes räthfelhaften Volkes, deflen Namen ſchon Ho⸗ 
mer und bie griechifche Tragödie fennt. Es liegt außer bem 
Plan diefer Abhandlung, bie alten und neuen Mährchen, bie 
auf ihren Ramen erfunden find, zu unterfuchen; bie Schrifts 
ſteller Alexanders beflätigen, bag fie ein friedliches uub ges 
rechted Bolt waren, und ed fcheint glaublich, bag bie Ferg⸗ 
bana ihr Wohnſitz, bag Handel mit bem Inneren Afiens ihre 
Befchäftigung war. 

Während Aleranderd Aufenthalt an dem nörblichften 
Grenzpunkte feines Reiches waren in feinem Rüden höchſt 
gefährliche Bewegungen audgebrohen. Der Sogbianifhe - 
Fürft Spitamenes hatte ((dj im Einverſtändniß mit den Bak⸗ 
trianifchen Häuptlingen empört, hatte an ber Spige von 7000 
Reutern, bie in dem Feldzuge von Arbela mit geweſen was 
ren, bie Bevölferung feines Landes zu den Waffen gerufen, 
die Befabung von Marakanda angegriffen und eingefchloffen; 
die Barbaren ber fieben Grenzfeſten fchloffen fid) diefem Auf⸗ 
flanbe an, unb ermordeten die Macedonifchen Befagungen ; 
auf die Kunde von diefen Bewegungen er(d)ienem Mongolifche 
Horden jenfeit des Sarartes, bereit auf ihren Pferden den 
Strom zu durchſchwimmen, fobald die Verwirrung zu Ueber 
fall und Beute Gelegenheit geben würbe. Aleranders — Tübue 
und rafche Bewegungen retteten ihn und dad Heer, und bes 
wahrten die Sogblata vor einem Einbruch der Nordvölker, 
beffen mögliche Folgen ähnliche Bewegungen fpäterer Sahrs 
hunderte im ihrer Surchtbarfeit gezeigt haben. Nachdem in 
furzer Zeit bie fieben Feftungen überwältigt und bem Erdboden 
gleich gemad)t waren, eilte Alexander zum Strom zurüd, 
und jagte die Mongolen in ihre Steppen hinaus; burd) 
die fchnellen und entfcheidenden Erfolge erſchreckt fanbien 


Züge dur Turan. 03 


bie Safer in der Wüſte von Ga; die Zeichen der linter 
werfung. 27) 

Schon Heeren 28) hat darauf aufmerkſam gemacht, bag 
fid) bei biejem Sogdianiſchen Aufftande febr bentlid) ber Uns 
terfchied einer herrfchenden, kriegeriſchen und einer gehorchen« 
ben, Aderbau treibenden Einwohnerclaffe erkennen fafje. 
Die Tadjik's von Bolchara erzählen nod) heutigen Tages, 
bag fie fchon feit Séfanber'à Zeit in dem Lande wohnen, aber 
nie [εί einer aus ihrer Mitte ded Landes Fürft gewefen; fie 
verftänden nur zu gehorchen. 9) Hammer erfenut in dieſen 
Tadjiks bie Dadiken bed Serobot, 30) und bag der Name alt 
in diefen Gegenben iſt, beweifet ein dhinefifcher Neifebericht 
aué bem zweiten Sahrhundert vor unferer Zeitrechnung, in 
dem es heißt: bie alten unter ben Tiaostchi b. (. Sabjif'é 
wiffen aus Tradition, bag bei ihnen ber Ja⸗choni und Gi» 
vangsmou b. Db. die Mutter des Königs im Welten gemefen 
ift, .aber von ben noch lebenden hat fie Peiner gefehen. 21) 
Beſtand Died Verhältniß ber Dadiken, 32) wie wir nicht zwei⸗ 
fe[n, fo wird eà erflärlich, wie eine verhältnißmäßig [είπε 
Zahl Macedonier fi bis zur Ankunft eines Entſatzcorps in 
Mitten des infurgirten Laudes halten konnte und wie fid 
Spitamenes bei beffen Anrüden ejlig nad) ber zweiten Re 
fidenz feined Landes zuräd jog, ofne daß von einer Bewer 
gung bed Volkes in Waffe and) nur eine Spur wäre; viels 
mehr 199 der Kürft einige Hundert Maflagetifche Reuter am 
fi, mit deren Hülfe er das ihm nadrüdenbe Macebonifche 
Eorps in einer Waldgegend am Polgtimetus überfiel unb bete 
nídjtete, Die Richtung feined oben erwähnten Ruͤckzuges gen 


27) Yrrian IV, 5. @urt. VII, 9. ao. 
28) Heeren's Ideen I, 1. 343. 

29) Meyendorf p. 194- 

30) Nouv, Jour. Asiat. 1828 p. 68. 

31) Ibid. 1829. p. 435. 

32) 3. Malcolms Geſchichte Perſiens. I, 101. 


94 Alerander des Großen 


Weſten zur Wüfte hin giebt ed und an bie Hand, baf die 
zweite Reſidenz des Landes im Wellen von Samarland und 
Meat auf dem Tinten Ufer des Fluſſes zu fuchen ift; vielleicht 
barf man an das heutige Bolchara erinnern; zwölf Sahrhuns 
berte ald große und blühende Stadt berühmt, iſt fie gewiß 
viel älter ald die erſte fichre Angabe über fie; ihre überaus 
glüdfiche age auf ber πἀώ[ειι und gewöhnlichen Straße zwi⸗ 
fden Iran und bem Sararteétbale in der Nähe ber wichtigen 
foruépaffage Tjardjon mußte fie zu aller Zeit zu einem wichtis 
gen Plate machen. Nun finden wir .in ben Tafeln des Dto» 
lemáné einen Ort &vibactra wenige Minuten norbwärtd von 
ber palus Oziana ; 33) Barbie du Bocage glaubte dieß [εί ber 
Aralfee, bod) zeigen Ptolemaͤus Angaben deutlich feine Iden⸗ 
titàt mit bem ſchwarzen See (ftavatul). 3) Aber woher ber 
Name ? warum nicht palus Sogdiana? Ptolemäus burd) ben 
fogenannten Parthifchen Ochus verwirrt, nennt bie alte und 
eigentliche Orusmündung in das Kaspifhe Meer αἴδ Müns 
dung des Polytimetus, beffen er in ber Tafel von Sogdiana 
gar nicht weiter erwähntz er fagt von ben bortigen Gebirgen 
defluunt fluvii, quorum plerique sunt ignobiles, invicem con- 
fluentes, eorum unus lacum Oxianum facit, be(fem Lage er 
denn dahin bezeichnet, bag er 1/0 Grab morbmürtó vom 
Soruéflrome zwei Grab weitwärts von Alerandria Dri» 
ana entfernt iſt. Der Sogdfluß feinerfeitd theilt (id) heut gu 
Tage in bie beiden Arme von Waffend, ber fid) gerade weſt⸗ 
wärts in bie Wüfte verliert, und von Zerafchan, ber in ein 
Mes von Kanälen vertheilt endlich fübmoártà in dem Schilffee . 
son Karakul erftirbt. Vielleicht (ft jener Stotbarm von Waf⸗ 
fenb das eigentliche Flußbette, wofür bie Bergfette von Nau⸗ 
ta zu fprechen fcheint, vielleicht war bfejem parallel einft der 
Lauf des Fluſſes von Karfchi, beffem einheimifcher Name 


33) Cf. Ammian Marcell. XXIII. 298. 
34) Waten bei Nicol. Witfen Tartarye ed. s tom. x. p. 403. 


Züge burd) Turan. 95 


Kokſcha nichts anders ald Oxus ift und bem Gee von fara» 
ful Urfprung und Namen gegeben haben mag. 

Auf bie Nachricht von jener Niederlage war NAlerander 
fohleunig nad) Marafanda zurücgefehrt 5; er verfolgte ben flier 
henden Spitamened bi an die Grenze der Wüfte, flrafte das 
Land mit Sranb(djagung und Verwüſtung, und $09, ba ins 
beg der Winter herangelommen war, nad) Βατίαδρα, wo 
hin er die Baktrianiſchen Häuptlinge zu einer Derfammlung, 
wie fie bie fpätere Zeit unter bem Namen SKorultai fennt, 
berufen hatte. Nach Strabod Ausdrud »Baktra, welches 
auch 3aríaépa genannt wird« 35) zu vermuthen, wären beide 
Städte Ὀα[είθες doch laffen fi Dagegen widtige Bedenken 
vorbringen. Zunäachſt nennt Arrian beide Namen und bezeich⸗ 
net mit ihnen verfchiebene, wenn aud) nicht weit von einan⸗ 
der entfernte Städte; so) aud) Polybins erwähnt Zariaspa 
ohne den befannteren Namen Baltra hinzuzufügen. 37) Wide 
tiger nod) ift ed, bag Piolemäaus beide Städte unter verſchie⸗ 
denen Grabbeflimmungen nennt, und damit aller Zweifel vere 
fchwinde, hinzufügt: Baltra liegt am Fluſſe Dargidus, Sas 
riaépa au bem Kluffe Zariasped. Steht fo bie Berfchieben« 
heit beider Städte feg, fo fragt fid, wo Zariaspa zu fue 
en ifi. Man hat auf das untere Merv gerathen ss) und 
in der That bietet bieje Annahme [ουἱεί Anfprechendes, daß 
man fie gern erwiefen fehen möchte; noch heut ift Merv bie 
füblid)fte Grengortichaft der Uzbecken, 9) deren fchnöber Dede 
yotismus die legte Spur ihrer einfligen Blüthe zu vernichten 
gewußt hat. 1ο) Gpeciellere Gründe find indeß für jene Au⸗ 
nahme nicht vorhanden, Ptolemäud Angaben über die Cis⸗ 


35) Strabo XI, 434. 439. 
36) Arrian IV, 17. 1. cf. Curt. VIII, 1. 6, 
37) Yolpb- X, c. 49. 
' 38) Ritter t. Il, p. 499 
39) Meyendorf p. 155. 
40) Anquetil du Perron ZendAvsta II, 283, 


96 9 ferantet te? Großen 


orianifhe Randfchaft ftimmen im Ganzen fehr genau mit un: 
jeren Charten; fein Dragomanes 21). ift der Herirud; zwifchen 
dieſem Fluffe und dem Ochus bem Murghab unferer Charten 
fag Ulerandria Margiana, fpäter Antiochia, heute Merus 
tub; fein Dargidus iff der bei Balk vorüberftrömende Fluß 
Darja⸗dahas; fein Hauptſtrom Oxus a2) ift ber Affurai, ber 
bütid)fte Steom jenes wafferreichen Bergrevierd, das NAlerans 
der entbedit hat: Indem wir fo hintereinander die von Ptos 
lemaͤus genannten Flüffe nachweifen fónnen, bleibt unà nur 
fein Zariaspes übrig, von befien Mündung ein wenig fübs 
würtà die gleichnamige Stadt von ihm beflimmt wird. a3) 
Bon einem Fluffe zwifchen dem Dahas und Murghab wiffen 
zwar unfre Eharten nichts, indeß erfuhr Meyendorf in Bok⸗ 
chara , daß bei ber eine flarfe Tagereiſe im Welten von Balk 
liegenden Stadt 9fmfot, über bie ber heutige Karavanenweg 
aus Maveralnahar gen Herat geht, ein Klüßchen vorüber 
fließt, das allerdings bem alten Zariaspes entfprechen dürfte, 

Während Aleranderd Winterraft in Βατίαδρα war von 
Neuem ein Aufitand in der Sogbiana ausgebrochen; deshalb 
eilte dad Heer mit bem Frühjahr 328 über ben Oxus zurüd, 
und durchzog in fünf Kolonnen das Thal des Sogpdfluffes ; 
ſchnell wurben die einzelnen Ortfchaften unterworfen; bie get» 
fprengten Infurgentenhaufen flüchteten (id) in bie Schluchten 
und Kelfenfchlöffer der Sogdifchen und Drifchen Berge, und 
flegreid) zogen Aleranderd Generale von ben verfchiedenen. 
Seiten in Marafanda ein. as *) Sollte das Land endlich ber 
rubigt werben, fo mußte vor allem für die durch bie wie, 
derholten Verwüſtungen verarmte, ihrer Wohnungen und 
der nothwendigften Bebürfniffe beraubte Bevölferung ger 


41) Artus, Polyb. X. 48. Orchomaues, Ammian Darc. 1. ο. 
42) ΡΙἰπίμό nennt ihn Icarus. 


43) RAR, PIT und MAIA; in edd, MI; qu. [Φτείδεν 
it PIBLS uud MT. 


43*) Arrian ed 15. 


Züge durdh Zuren. 07 


9 

ſorgt, anbererfeité aber alles aufgeboten werben, um endlich 
ben Fürften Spitamenes, ber von ber Wüſte der Maflageten 
aud biefe Infurrektion geleitet hatte, aufzubringen. Diefen 
Befehl erhielt der General Könus; Hephäftion Dagegen wurde 
ausgeſandt, die zerftörten Städte neu zu erbauen , die alten 
Gemeinden wiederherzuftellen, baà Land mit Borräthen zu 
derforgen. Aletander felbft sog mit bem größten Theile des 
Heeres aud, bie Felfendurgen, in welche fid) die Häupter ber 
Snfurreftion geflüchtet hatten, zu unterwerfen. 

Die wichtigfte unter biefen wär bie ded Ariomaze®, a) 
bie fogenannte Sogdianifhe Burg. 4s Daß Alerander 
don Marafanda aus gegen fie og, bag er fid) bann erft 
gegen die Drifchen Berge im Norden ded Poiytimatnd wandte, 
endlich daß der Baktriſche Fürft Oxyartes in biefe Burg feine 
Tochter Rorane geflüchtet hatte, baà alfe8 fpricht dafür, daß 
fie im Dften von Maviralnahar, im Norden von Baltrien 
lag. Dean bat fie in dem berühmten Hiſſar⸗Chaduman am 
Fluſſe von Wekſch zu finden geglaubt: indeß wird bei ber 
Belagerung weder eines Fluſſes gebad)t, noch könnte biefer 
Ort am Sí(tabbange der mächtigen, dad Orianifhe Künfe 
firomland abjchließenden SKarataghgebirge mod) zur Sogdiana 
gehören. Richtiger dürfte er in der Papgegend von Kohluga 
zu fuchen fein, obngefábr wo Waddingtons Karte bie Berg 
feíte Kohiten angiebt. Die Zeitumftäude erlaubten nicht, auf 
ber fo geöffneten Bergfirage von Kohluga mad) dem Baltris 
fden Oberlande, wo noch mehrere Häuptlinge in gefährlicher 
Unabhängigkeit haufeten, vorgubringen ; ein plöglicher Heber» 
fall des Spitamenes gegen Saríadpa zeigte, wie gefährlich 
darch dieſen kühnen und unermüblidjem Prätendenten bie 
uod) unbemültigten Bergfeiten in Nordweſten der Sogdiana 
werben fonntenu. 


44) Curt. VII, i. sqq. Polyaen. IV, 3, 19. 
45) Arriau IV, ιδ. Strabo XI, 44o ift vermirtt. 
Wt. Rhein. Muſ. f. voit. 1]. 7 


96 Alexander des Großen 


Alerander eilte nad) Maralanda zurück; nad) einem Auf 
enthalt von 15 Tagen, ber durd den Tod bed Reutergene- 
ταίὁ Klitus eine traurige Berühmtheit erlangt hat, wandte er 
fid) gegen die borfreichen Berge von Xeníppa, bie fid, fo 
fcheint es, melli) von dem weißen Paß erheben. Nach Uns 
terwerfung δίε[ετ Gegend rüdte er gegen bie Berge von Raus 
τα, wo fid) bie Burg des Syfimithres 16) befand. Man 
wird nicht irren, wenn man in ber oben erwähnten Ruratagh 
den alten Namen diefer Berge wieder erkennt; es finden (id) 
dort manche Stätten alter und heiliger Erinnerungen. 47) 

Während der Belagerung diefer Burg hatte Spitamenes 
noch einmal an der Spige Maffagetifcher Horden einen Cin» 
fall in fein altes Fürftentbum gewagt; er erfchien vor Bagä 
an ber füdweftlichen Grenze Gogbianad: er wurde von Kö⸗ 
nus zurüdgebrängt, von Alerander, ber eben die Burg ein» 
genommen, in der Seite bedroht, fliehend von den Maffages 
ten ermorbet. Ulerander ging nad) Stautafa, um bort ben 
Winter 3295/5 zuzubringen. Das Sogbianifche Land. war völs 
lig unterworfen unb beruhigt; eine beträchtliche Anzahl neuer 
Städte ficherte den Bejig und gab Centralpunfte für bie 
Hellenifirung des Landed. Nach Strabo waren 8, nad) Zus 
ftit 12 neue Städte in Sogdiana und Baltriana gegrüns 
bet; a8) und Kurtiud erzählt, bag Alerander auf feinem 
Marſch von Zariaspa gen Marakanda, nachdem er bie Klüffe 
Dchus (7) und Oxus paflirt, zur Stadt Margiana ges 
fommen (ci und dort umher die Gründung von fechs Städten an» 
geordnet habe, zwei gegen Mittag, vier gegen Morgen , alle 
nicht weit von einander, um fíd) gegenfeitig Hülfe leiften zu 
koͤnnen, alle auf Auhöhen erbaut. #9) Sbre Lage wieberzus 


46) Curt. VIIT, 2, 20. 

47) Alebab bei Abulfeda 1, c. 

48) Strabo ΧΙ, 440. Juſtin XII, 5. 
$9) Curt. VII, 10, (5. 


Säge durh Φ ΗΣΑΠ. | 99 


finden ift nicht möglich, gewiß aber follten fie είπεν ber Tran» 
vríanifdjen Thäler vor Incurfionen von der Wüſte ber fchütr 
en. Alerandris Driana lag nad Ptolemäus im Sü⸗ 
den des Kokſchathales, wo heute Karſchi. Außer biefem Ale⸗ 
zandrien, im Katalog bed Steph. Byz. unter dem Namen des 
Dfianifhen das fünfte, ift oben bereitd Alerandria bei Bar 
tra (Adrapfa) oder Alerandria am Tanaid erwähnt. Noch 
führt Stephanus ein Alerandrien in Sogdiana bei ben Paro⸗ 
pamiſaden an, was eben (o verkehrt ift, mie fein Orianifches 
fit der Nähe von Indien; das nur von ihm genannte Ales 
zandrien in Makarene am Fluſſe Marates bür(te auch in 
diefe Gegend gehören, mag man mum für Marated den Sa» 
yarteó ober den Baskates des Ptolemäus, für Mafatene die 
Memaceni des Curtius so) ober die gleih zu erwaͤhnende 
Landſchaft Sacafene ſubſtituiren. | 

Es blieb nun nod) das Baktriſche Oberland zu unter 
werfen. Mit bem Frühjahr 327 brach Alerander aus Nau⸗ 
tafa gegen bie Felfenburg bed Chorienes auf, in welde 
fid) viele Landeshänptlinge geflüchtet hatten. Aus Arrian σι) 
14βι ſich für die Lofalifirung biefer Burg nichts weiter ent» 
nehmen, ale daß fie anf der Stirn eines fleilen Felſens lag, 
an weichen in einer tiefen Schlucht ein Gebirgsfirom vor» 
überraufchte, ferner daß Alerander von Stautafa oder feíd 
gegen Πε, und daß er von ihr mad) Baltra ging, daß er von 
bier den Kraterus, um bie beiden legten Empörer in Pas 
rätacene zu bewältigen, audfandte, der fi dann bald in 
Baktra wieder mit ber Hauptarımee vereinte. Gurtiuà fagt, 52) 
Alerander fei von Stautafa in die Gegend, welche nad 
ſchwankender Lesart Sabaza, Sazaba ober Babas heißt, 
borgebrungen ; tiefer Schnee, häufige Regenſchauer, Blatt 


50) Gurt. VII, 6, 17. 
δι) Arrian IV, 21, 11. 
52) Gurt. vo, 4 und 5. 


100 Alerander des Großen 


eis, Gewitter, 9fequinoftiaftürme hätten den Weg burd) bie 
Berge fehr befchwerlich gemacht, endlich [εί man in das anb. 
ber Safer (Sacafene) gefommen ; von ber Belagerung bes 
Chorienesfelfens fprid)t Curtius nicht, ba er alled, was ans 
derweitig davon berichtet wird, fchon bei dem Syſtincthres⸗ 
felfen aufgebraucht bat; endlich fügt er hinzu, bag die beiden 
legten Empörer im Lande Bubacene burd) Kraterus befiegt 
feyen. Wo find nun alle diefe Namen zu fuchen? van ber 
Gfyà 53) hat mod) Fürzlich den alten Srrtbum, der Chorieneds 
felfen fey mit bem von Naura identifch, ald SIuéfunftémittel 
gebrancht; bod) nennt niemand die Gegend von Nuratagh 
Parätacene, obgfeid) in der Geographie des alten Perfiens 
biefer Rame fonft mehrfach vorfommt. In bem befannten 
Ercerpt and Iſidors Parthifchen Stathmen, welche vom Zeugs 
ma des Euphrat über Seleucia burd) die Medifhen und 
Kaspifhen Püffe burd) Marsiana, Aria, Drangiana bis 
endlich zum Arachoſiſchen Alerandrien ober Kandahar die große 
Heerftraße angeben, heißt ed, nach der Drangiana folge Gafas 
ftana , welches auch Parätacene genannt werde, mit benund den 
Städten. Die verfehrten Zahlen, die jened Ercerpt angiebt, 
dürfen nicht florem; dad Land zwifchen Drangiana und Aras 
chofia fann Fein andere& fein, aí8 ber Theil Gebroftené, 
burd) den die große Straße führt, Gafaftanam ift ber voll, 
fommen Indifhe Name sa) für diefe feit bem Sturz bes 
E Baltrifchen Reiches von Scythen ober Sakas occitpirten Ges 

genden: Belooddiftande und Shorabald, auf bie mad) bem 
Epoche machenden Siege bed Bilramaditya , das Indo⸗Scy⸗ 
thifche Reich 55) mit ber Hauptitadt Minnagar befchränft war. 
Diefe Gegend, zu Aleranders Zeit nod) nicht Scythifches Land, - 
hatte das Macedonifhe Heer von Turrah ober Ῥτορθίθαβα 


53) Comment, geosr. in exped. Alex. p. οἱ. 
54) Nouv. Journ. Asiat. 11, 344. 2affen Pentapol, p. 56. 
55) Ἰνδοσχύθαι Eustath, ad Dionys. 1087. 


Züge durch Turan. tet 


und dem bod) cultivirten Lande ber Energeten ober. Artadpen 
am Hindmend nad) Kandahar in Arachofien marfchirend im 
Gypütherbft 329 paffirt. 5ο) Hier lag gewiß nicht das Schloß 
des Choriened und die Landfchaft Bubacene. Die einzige 
Möglichkeit , fich zurecht zu finden, giebt SDtolemáné. fiebente 
Tafel Sacarum situs; er fagt: im Norden ber. Safer mob» 
πει Scythen (Mongoliſche) von der Biegung des Jaxartes 
den Strom aufwärts 10 Grab gen Oſten hinauf; im Dften 
der Safer feyen andere Scythen in den Gebirgen (man fani 
hinzufügen des Belurtagh); im Süden [ο ber Imaus, im 
Weſten Cogbiana; und derfelbe Ptolemäus beftimmt die Oft 
grenze diefer Sogdiana fo: Safer von ber Biegung beó Gas 
rarteó bie zu beffem Quellen, die der Geograph πώ (übbft 
licher denkt, ald fie liegen. Gerade dieß ift dad Gebiet ber 
Turfeftanifchen Alpen, in denen man mit Recht beà Polybius 
9fépafiafen 57) gefucht bat. Demnach fcheint e8 gewiß zu 
feyn, bag Parätacene offmürtà von Sogbiana, wordwärts 
vom Jrué lag; e8 fcheint wahrfcheinlicd), bag, ba Chorienes 
unb bie Baftrifchen Häuptlinge in bem Aufflande des Spitas 
mened verwidelt gewefen, der Chorieneds Felfen ber Cog» 
diana zu lag; εὖ iR möglich, bag er auf der mehrfach er« 
wähnten Bergitraße zu fuchen ift; vielleicht ift ed von Wick, 
tigfeit, bag eine Landſchaft des fpäteren Indo⸗ſcythiſchen Rei⸗ 
ches Parätacene genannt wird, gerade wie dad Sakerland 
im Norden ded Oxus, unb daß fletd das Baftrifche Neich 
' bie Angriffe der Roßſaker gefürchtet bat and ihnen endlich 
erlegen ift. Sufegt iff noch anzuführen, daß die Landichaft 
Bubacene eine entfernte Namensähnlichleit mit Badakſchan 
oder wie Glpbinftone fchreibt, Buduffchan hat, ein Umftand, 
der freilich nicht mehr Gewicht hat ale der Glaube bortiger 
Sürftengefchlechter von Iskander abzuflanmen. 


56) Arrian III, 18, 2, wo jede Emendation unnáp. 


57) Ritter ©. 4go bezeichnet fie mit Recht als Asp⸗ſaken, 
&ep(cotfen. 


102  leranber des Großen Züge burd Zuran. 


Alerander felbft ift nicht fomeit ind Innere biefer Berge 
landfchaften vorgedrungen; er eilte nad) Baltra zurück, um 
über den Paropamifus zu geben und δει Yürften Taxiles 
und Schykyptos den verfprocdhenen Schuß gegen Abiſares 
von Kafıhmir und Porus in Panfchab zu [eiflen. 


395. Gu (ít. Droyfen, 





Leber die Snfehriften im Theater zu 
Syrakus. 





Im Juni des Jahres 1828 beſuchte ich auf einer Reiſe 
in Sicilien auch Syrakus mit ſeinen merkwürdigen Alter⸗ 
thümern. Vor andern Gegenſtänden zogen mich die an den 
Sitzreihen des Theaters angebrachten griechiſchen Inſchriften 
an, deren Zweck und Bedeutung nach dem, was Reiſende, 
wie Riedeſel und andere, darüber berichtet hatten, mir durch⸗ 
aus räthfelhaft erſchienen war, weil aus ber Beſchreibung 
hervorzugehen ſchien, die Inſchriften ſeyen auf den Sitzreihen 
(bett gradini) im horizontaler Lage eingehauen, gleichſam als ob 
durch die Genitive der darauf gehauenen Namen angezeigt ſey, 
dieſe Sitze ſeyen allein beſtimmt geweſen für gewiſſe, durch 
die Inſchriften namhaft gemachte, Perſonen. Allein der ei⸗ 
gentliche Zweck derſelben ergiebt ſich deutlich durch eigene ge⸗ 
naue Anſicht des Locals. 

Bekanntlich iſt vom Theater zu Syrakus bloß ein Theil 
des eigentlichen «Φέατρον oder be& Locald für bie Zufchauer, 
nichtö non der Scene erhalten. Der Theil des nod) vorhans 
denen ὑΦέατρον, welcher nach Weſten zu gerichtet ift, oder 
Bad) ber linken Hand δε Zufchauerd und dem Meere, ijt 
überhaupt weniger gut erhalten alà ber nad) Diten, weil an 
jenem Theile eine Mühle angebracht ijt, welche burd) einen 
ziemfich wafferreichen antífen Canal von den oberen Gegen» 
ben ber alten Stadt, von ber Burg Cabbalon her, verjergt 


404 Ueber ble Inſchriften 


unb in beftändiger Thätigfeit erhalten wird. Daburch haben 
fd) auf diefer Seite eine große Menge Geffráud) und (ona 
flige wilde Pflanzen angefeht, welche übel auf bie Glätte und 
Seftigkeit der Steine eingewirft haben. Die GCigreibeu bes 
fanden urfprünglih aud drei Ctodmerfen, aber nur das 
mittlere ift verhältnißmäßig gut erhalten, das untere faft ganz 
zerfiört. Die beiden unteren Stodwerfe find nod) jegt durch 
einen acht Fuß breiten wohl erhaltenen Weg (διάζωμµα, prae- 
cinctio) von einander getrennt, welcher zur Bequemlichkeit 
der zu ihren Sitzen fich begebenden Zufchauer diente. Ohn⸗ 
gefähr in Manneshöhe erhebt fid) von der Baſis tiefer Präs 
einctien eine fenfrechte Mauer (altitudo praecinctionis), über. 
welcher dann die Sitreihen beà höheren Stockwerks auf einer 
Baſis angebracht find, die nur um ein geringes tiefer liegt 
als bie Krone biefer Mauer. Acht verfchiedene Pleinere Stier 
gen durdhfchneiden als eben fo viel Radien bie peripherifchen 
Sipreihen, und waren dazu Be(timmt, um von den Präcincs 
tionen auf die eigentlichen Cíge zu gelangen. Dur dieſe 
' Otíeget , welche bad ganze Theater burchliefen, werden 
die Sitreihen ober » und unterhalb der Präcinctien in neun 
verfchiedene Abtheilungen (κατατοµαί, cunei) gefihieden. Diefe 
. radialen Stiegen fcheinen anfangs κερκίδες genannt worden 
zu feyn (Pollux IV, 123), dann aber, weil biefelben bie κα- 
sarouag hervorbrachten, (f£ das Wort κερκίδες aud) als (ben 
tiſch mit den Feilförmig zulaufenden κατατομαῖς gebraucht 
worben (Pollux IX, 44). Dicht unter der ftrone der genanns 
ten Präcinctiondwand finden fih nun die erwähnten Ssnfchriß 
ten eingehauen. Die Buchflaben find alle über einen Palm 
Dod) (dad O ausgenommen, welches feiner ift und etwas 
über die Baſis der übrigen Buchflaben erhoben), und jede für 
fid) beftehende Infchrift erfüllt jedesmal fa(t den ganzen- obern 
Rand eines der neun Theile der Präcinctionswand, welcher 
jedesmal durch die radialen Stiegen hervorgebradjt ‘wird. Die 
beiden erften, am beflen erhaltenen Inſchriften an der Oflkis 


im Theater zu Syrakus. 105 


chen Seite erfüllen jede einen Raum von 14/4 Palmen, ber 
Theil der Präcinctionswand aber, welcher bie erſte Dflio 
che κατατοµή ſchloß, iſt zerfört, fo baf bier feine Infchrift 
mehr übrig; unter bey Krone der Präcinctiondwand ber zwei⸗ 
ten κατατοµή fteht die Infchrift BASLAIEZAS NHPHIAOS, 
'unter derjenigen der dritten BASIAISZAS OLAÁAIZTIAOS, 
unter derjenigen ber vierten BAZ....... ΝΑΣ, unter 
' ber fünften . .. ZOAT... ., unter der fechften habe (dj 
nichts finden fonnen, weil biefer Theil bereits gu fehr vom . 
ber Näffe gelitten batte, unter ber fiebenten... AP... 
P445... ®PONOZ (bie legten beiden Sudjtaben nicht 
deutlich); unter der achten und neunten, welche theild ganz 
zerwafchen find, theild durch die Einwirkung ber Mühle, theils 
burd) das üppig wuchernde Gefträuch, welches aus ben Fu» 
gen der Mauer herausgewacfen war unb. welches ich erf 
mit ber Art hinwegarbeiten mußte, babe ich nichts bemerken 
fönnen. Sch habe aber Gelegenheit gehabt, meine Ledarten 
mit denen δεὸ Caval. ἑαπδοίίπα, ber vor längerer Zeit bie 
Anfchriften genau unterfuchte, nad) einer Tafel zu vergleis 
‚hen, weiche er im jtäbtifchen Antifenmufeum zu Gyrafué 
aufgehängt bat: biermad) bat Sandolina am fünften cuneus 
4IOX OAT. „IOT gelefen, am fehlten Π 4Ν... 4... 
AN . ., am fiebenten H- AK AEOSE* @PONIOF, am adj 
ten ... 4... 4. . P .., am neunten ein T. Sch habe 
fpäter abermals Bergleichungen angeftellt, aber nichts weiter 
entbeden koͤnnen als das eben mitgetbeilte. 
Gewöhnlich ít man nun über die Bedeutung δίε[ε Ins 
fchriften der Meinung, fie bezeichnen bie Namen der fürfifis 
den Perfonen, welche das Theater haben erbauen ober res 
ftauriren- offen , unb ber Architekten, welche ed ausgeführt. 
Cine andere verflánbigere Meinung hat und neuerlich Pas 
Woffa mitgetheilt in: Lettera a S. E. il Duca di Serradifalco 
: del dottore Teodoro Panofka sopra una iscrizione del tea- 


tro Siracusano,  Poligrafia Fiesolana, 1835, 8. Hier ift bie 


408 Ueber die Inſchriften 


womit er bie Strenge berfelben sub zugleich die rothe Karbe 
bezeichnete. Es ift {εθέ flar, warum gerade auf der mittles 
ren Präcinction jene Namen angebracht maren; denn bort 
konnten Πε von den Eingängen der Drcheftra aut. am deut 
lichften überfehen werden. Die Benennungen der cunei felbft 
waren nun theild von hiftorifchen Perfonen genommen, melde 
den Syrafufanern in der Zeit des erften punifchen Krieges 
werth waren (denn in diefe Zeit fallen die Snfchriften und 
bie Namengeberei der cunei, obgleich das Theater felbft weit 
älter iD, theild von Göttern, deren Eultus in Syrakus bes 
fonberé gefeiert war, fo daß die ὑβίώε Seite den Menſchen, 
bie weftliche Seite den Göttern ihre Namen verbanfte. Zu 
den erfieren gehörten die Königinnen Nereid und Philiſtis und 
König Hiero; denn bag am vierten cuneus BAZLAEQRZ 
JEPSQNOZ geſtanden, fcheint mir faum bezweifelt werden zu 
Können. Dürfte man von ber Nachbarfchaft der Snfdriften 
ἈἩασιλίσσας Φιλίστιδος und Βασιλέως “Ἱέρωνος eine SBeftátis 
gung der edhelichen Conjectur hernehmen, bag Philiflie bie 
Gemahlin Φίεχοῦ gewefen und daraus einen ferneren analco 
gen Schluß auf die Infchrift am erſten cuneus wagen, fo 
möchte dieſe BIZLAERZ TEAQDNOZ gefautet haben, am 
fünften cuneus mag dann ZIOZ OAYMHIOT, om ſechſten 
vielleicht ILANTPO®OT AAMATPO2, am fiebenten HPA- 
KAEOTZ ΕΤΦΡΟΝΙΟΣ (denn in einem foldyen Beinamen war 
biefe Wortform ftatt &vgooroc wohl geftattet); ber achte und 
neunte euncus endlich mar vielkeicht ber Artemis und bem 
Apollo geheiligt, welche, wie Demeter und Herafled, eiuen 


. nicht unbedeutenden Eultus in Syrafus hatten. Vielleicht if 


ſelbſt anzunehmen, daß über ben Unfchriften bie Hermen je 
ner Fürften und Götter, in bey Mitte alfo eine größere bes 
olympifchen Zeus, angebracht waren, (o bag man die Stelle 
eined Ῥίαβεδ noch leichter von fern finden fonnte, wenn mas 
wußte auf der wienielften Sitreihe -ded.cuneus der Nereis ober 
Phitiflis oder des olympifchen Zend im erſten, zweiten ober 


im Theater ju Syrakus. |... 409 


dritten Stockwerke man feinen Play hatte. Kür biefe Anficht 
fpricht wenigftend eine allein nod) vorhandene vieredige Vers 
tiefung in der Krone der Präcinctionswand unter ber Ins 
fohrift Βασιλίσσας Νηρηΐδος, welche fhwerlich zu etwas atto 
derem gedient haben fann, ald um eine Herme dort einzus 
laffen. Daß die Siße in den Theatern im 9iftertbum nad 
den Stochwerfen und cuneis beflimmt wurden, zeigen die 
Stellen in der Atti de’ fratelli Arvali bei Marini T. I pag. 
CXXXI Hier (ft vom Gig ber fratres Arvales im Colosseum 
oder Ámphitheatrum Flavium Die Rede: — Loca adsignata in 
amphitheatro — fratribus arvalibus Maeniano I, cun. XII, grad, 
marm. VIII u. f. w. Hier ift zu beachten, bag die Gtod» 
werfe bed Gofoffeun, mie fie burdy Präcinctioned a6gefonbert was 
ren, Maeniana von den Römern genanut wurden, und daß 
man fomit einen Cíg beftimmte nad) ber Zahl ber Maeniana, 
der. Zahl ber cunei und der Zahl der gradus. Das gefhah 
in Syrakus auf eine gleiche Art, nur daß die cunei eben 
feine Zahlen hatten wie im le fondern eigenthümliche 
Benennungen. 


Sorting 


Ueber ein neuentdecftes Bruchſtück eines 
Pindarifchen Threnoe. 


In den von Amati zuerft abgefd)riebenen , in ber Glass 

gower Ausgabe des Euripides befannt gemachten und von 
Ludwig Dindorf am Ende des erften Bandes ded Teubner, 
fhen Euripides wiederholten alten Batitanifchen Scholien zu 
bem Rheſos fteht zu Vers 895 ein längeres, leider febr vers 
flünmelted Bruchſtück Pindars, welches Böckh πού nicht ken⸗ 
nen fonnte G8 lautet bei Amati fo: 
Ἰαλέμω . «ο. « e.  λεγονπαρωνομᾶσθαι ἐπὲ τιµῇ ἴαλέμου, 
τοῦ ἀπόλλωνος καὶ καλλιόπης Og φησι πίνδαρος» ἕντι μὸν 
γρυσαλακάτου τεκέων . . , . . .. GR CO νεο. ο ο παιᾶ- 
vidsg* £v... «« ἕλλονες' ἐκ xigv .". στέφανον dx 
(i... «ο. αἰόµεναε. τὸ δὲ κοιμισαντῷ e oie 
«ος ο ως s nns. ἀποφθιμένων . à μὲν ἀχέταν λίνον 
αἴλινον ὑμνεῖν . a δὲ ὑμέναιον" ἐργάμοισι χροϊζόµενον « « 
Leere... UAR ποῶς . . Außer: ἐσχάτοις ὕμνοις à δὸ 
ἐάλεμον ὁμοβύλῳ νούσῳ. ὅτι παῖδα Φέντὸὂι σθένος υἱὸν οἵα- 
γρον: — (λείπει.) 

Einen Auffag über biefe Stelle in anbrer Geftaft batte (d 
im Unfang des Jahres an Hrn. Profeffor Welcker geſchickt, et» 
bteft ihn aber mit einer nochmaligen genauen Bergleichung 
des DBaticanifchen Gober, bie Herr Dr. Ambrofch in Rom aus 
gefertigt hatte, von dem hochverehrten Manne zurüd. — Dae 
nach zerfallen allerdings mehrere meiner Vermuthungen in 





Ueber ein Bruchſtück eineb Pindarifhen Threnos, 111 


Nichts, Anderes kann man nun erft beflimmen, was vorhin 
zu fchwanfend war Außerdem fchicte mir Welder feine εἰ» 
genen trefflichen Bemerkungen mit ber ausbrüdlichen Erlaubs 
niß fie mitzutheilen, abweichende Anfichten aber furg zu bes 
merfen. 
Manches, welches früher nod) lesbar mar, ift jeßt, wie 
Dr. Ambrofch in feinem Briefe vom 2. Suni 1832 bemerft, 
volífommen unfichtbar geworden, da Amati oder ein anderer, 
der den Gober verglichen, burd) Anwendung einer Cinftur 
den fchon am fid) fehr befchädigten Sext nod) mehr verbuns 
feft habe. Dürfen wir indeß Amatis Worten in der Bors 
rede ad lectorem p. 448 beà Dindorfifhen Abdrucks trau⸗ 
en, fo bat er wenigftend nicht dazu beigetragen die Hands 
(drift nod) mehr zu verderben. Denn er fagt: Nec certe per 
chartae genus, quod bombycinum appellamus, auxilii aliquid 
a medicaminibus illis speraódum erat, quae nunc membranis 
adhiberi solent. — In folgenden Punkten [α fih Dr. Am⸗ 
broſch genöthigt, Abweichungen zu bemerken: » Hinter τεκέων, 
fihreibt er, ift «{ατοῦς (welched ich, mieaud) Welder, vermus 
(δεί batte) bis auf geringe Spuren verſchwunden, doch halte 
ich e8 für ſicher; παιάνιδες ift nicht fo weit von os ober ov, 
wie bie Handſchrift hat, getrennt. Sin der folgenden fehr übeln 
Stelle fieht man jest nur noch: .. λλοντες ἐκισῦ -στέφανονα 
die Züge &xıov find nicht ganz ficher, indeß kann von feinen 
zwei Kappa bie Rebe fegns auch jened ἐκδιο ift zweifelhaft. 
Nachher ift alles erlofhen, und daher wage ich nicht über 
». aruerar zu entfcheiden; doch führen bie Ueberbfeibfel auf 
biefe Verbalendung. Das Folgende ift ganz erloſchen; nur 
σώματ, (deint Πάει, bod) fehlt ber Apoſtroph; in der 
Darauf folgenden beffer lesbaren Stelle ift nur zu bemerfen, 
daß der Gober „Awvov hat; ἐργάμοισι ift ganz ficher. Hinter 
xoot;óusvo» it Alles erlofchen, fo bag über ov 1) ober .. 5 Ἱ 


v) Meine Gonjectur, fo wie σώµατ, dag in Verbindung mit χοι- 
ulcay, hier von befonderer Wichrigkeit ifi, der ganze angenommene 


112 Ueber ein neuentbedteé Bruchftuͤck 


Sr nichts entſchieden werden kann; von ὁμοβόλῳ it nur mod 
... 9 fenntfíd. Dann find auch die Worte ἐσχάτοις 
Unyor; etia verdächtig, denn menigítené fcheint ber über ber 
legten Spibe von ὄμνοις ftehende Buchflabe ein a zu feyn.« 
— So weit die Bergleihung. Der Scholiaft führt Pindars 
- Worte am, um ju beweifen, daß die Klagelieber, ἔλεγοι alls 
gemein geheißen, zur Berberrlihung des Mufenfohne Jale⸗ 
mos den Namen bejfelben führen. Wonad der Anfang be 
Scholions fi leicht ergänzt: [Φασὲ τὸν &]Asyoy παρῶνομν 
u. f. w. Pindars Worte ftehen in folgendem fchönen Zus 
fammenhange: . Apollon unb Artemis gehören bie 
Paianen, Dionyfos die Dithyrambenz aber bie 
brei Mufen haben die Leiber ihrer iu der Blüte 
ber Sabre flüglid) hingefhwnndnen Söhne ju 
Grabe getragen; bie eine den helltönenden Li— 
n08, bie andre ben am eignen Hochzeitdtage eis 
benben Hymenäos, die dritte den Salemos: Aeu⸗ 
Berlich wird bíefe Anficht, in ber wir mit Welder im Allge⸗ 
meinen unbewußt zufammengetroffen find, beftätigt burdy bie 
Bemerkung Ariftarche bei den Schofien zu Som. Il. XVIII, 569 
Aivos εἶδος dózc 7 vuvov (Pindar: ἀχέταν Alvov αἴλινον 
ὑμν εἶν), ὥς καὶ ὃ παιὰν καὶ ὁ διθύραμβος, Pindar [eis 
tet den Hauptpunft, die Trauer, nad) gewohnter Weife burd) 
ein paar fchöne Gegenfüge ein: herrlich werden bem ernften 
Trauerweifen bed Threnos, wozu die männliche Dorifche Tou⸗ 
art, in welcher dad Lied unverkennbar geícGt war, fehr paf» 
fend gewählt ift, die frohen, heitern Päanen und bie taus 
melnden und beraufchten Dithyramben gegenübergeftellt. Der 
Form nad) i(t am ähnlichften Olymp. A.im Anfange Aus 


Qa 


Sufammenhang berußt auf tiefer Gonjectur: und οὐριείῷ Amati 
nichts von dem Worte geiehen harte, fe traue id) bod) bem geübten 
Blicke des Herrn Dr. Ambroſch, ber nad meiner Ergänzung bie 
Handſchrift zu vergleichen die Gefütligfeit hatte und dieſes owu«z 
beftatigt.. Ich bebaure mur, nicht aud) bie genau von ihm  nadges 
malten Züge der Schrift bier wiedergeben zu können δ. © W. 


, 


eined Dinbarifden Threnos. E 113 


diefer Anordnung der Strophe läßt fid) mit Gewißheit fchlies 
Ben, bag wir den Anfang eines Pindarifchen Threnos vor 
und haben. Die Anwendung wird Pindar geiftreich gemacht 
haben auf einen ebenfalls in ber Jugend bingerafften, von 
feinen Elagenden Angehörigen beftatteten Süngling; eine An- 
nahme, die nad) fidjrer Analogie Pindarifcher Technif nicht 
fühn erfcheinen darf. 

Sm Anfange mug man zweimal ἔντι (d)reiben : bag Au- 
τοὺς zu ergänzen fei, war mit Sicherheit anzunehmen, da das 
Epitheton χρυσαλάκατος, beffem wahre Bedeutung Boch Expll. 
Pmd. p. 163 erörtert, nicht felten ein bei Leto ftehendes ift. 
Daher auch Nem. VI, 37 -χρυσαλακάτου ἔρνεσι '«4ατοῦς. 
"Aodai muß man mit παιάνιδες verbinden, und Paianen- 
gefänge verfiehen. Pindar mußte diefes fonft nicht vorkom⸗ 
menbe Adjectio wählen, weil er die ἀοιδαέ aud) im Folgen» 
ben wiederholen wollte. Uebrigens zeigt aud) diefe Pindaris 
ſche Stelle, bag aud) ber Dorifchen 9tationalartemid die Pais 
anen neben ihrem Ppthifchen Bruder angehörten, worüber 
mehr δεί Müller Dorier I, 371. — Im Folgenden darf 
man nur vermuthen, daß ein adverſatives da ausgefallen ift: 
Άλοντὲς ift Dunkel; dagegen halte ich es für ausgemadt, daß 
in xıov nichts anderes flet, alà κισσοῦ orepavor, wie ans 
derswo bei Pindar ἄνθεμα χρυσοῦ. Dann mag das Fols 
gende gelautet haben: ἐκ «4ιω[νύσου μεταμ]αιόμεναι, t. B. 
e8 giebt aoıdar, welche dem Epheufranz vom Dionyſos nad 
trad)ten, weldye in Dionvfifhen Wettfänpfen den Gott des 
Feftes preifen, ale Lohn in biefem ἀγών στεφανίτης ben bem 
Gotte geheiligten Epheufranz davon tragend, furg Dithys 
ramben. Das von mir hergeftellte µεταμαίεσθαι hat Pins 
bar noch Nem, II, 77 vom Adler, der auf feinen Fang [ose 
flürmt. Wenn aber ber Dichter ben Liedern felbft baà Bes 
gehren zufchreibt,, fo ift babei eben fo wenig an Perfonificas 
tion zu benfen, ald menm Nem. VI, 3 bie dodo! heißen 
σοφαὶ ]Ηοισᾶν Φύγατρες. 

9t. Rhein. Muf. f. Phil. Il. | 8 


114 Ueber ein neuenttedte& Bruchſtück 


Wir kommen zum andern Hanpttheile, wozu Welder 
bemerkt: »Radı den Berfen über Päan und Dithyramb fcheint 
der Scholiaf, dem ed nur auf ben ob des Jalemos zum 
Beleg aukam, Worte überfprungen ju haben unb mit wo δὲ 
bie Fortſetzung einzuleiten.« Dabei drängt (id) aber bie rage 
auf, wie εὖ komme, bag dann der Scholiaft überhaupt das 
Borhergeheude berührt babe? Sobann wäre e$ ſehr undeut⸗ 
lich, wollte ber Scholiaft mit τὸ δὲ zu eipem andern getrenm 
ten Ctüde überfpríngen ; man würbe dann vielmehr καὶ 
ὑποβάς, καὶ ὕστερον ober etwas Aehnliches erwarten. Mir 
fcheint ed bemnady feinem. Zweifel gu unterliegen, bag bet 
Dichter bem Gegenfab, ver .fcharf hervorgehoben werden 
mußte, durch τὸ δὲ eingeleitet babe, was hinter µετα- 
µαιόμεναι geftanden zu haben fcheint. Diefe Wendung 
dagegen aber if nit ungewöhrlih, (. Bernhardy 
Cpntar 5, 310. Eben fo và δὲ (m Simonides Όαπαε 
$. 10. | 

lieber baé Folgende bemerft Welder: » Dem Zuſam⸗ 
menhange nad) ift mir, was ben zwesten Theil betrifft, fols 
geuded wahrfcheinlich, bem Siune nad) ale ſicher vorgekom⸗ 
men, wobey ich annehme (was ich eben beftritten habe), bag 
der Anfang der Periode fehlt: 

. xofpicav τρ[ιῶν Heut viov] σώματ᾽ ἀποφθιμένων * 

& μὲν ἀχέταν .Aivov αἶλινον ὑμνεῖν, á ὃ) "μέναιον 

ἐν γάµοισε χροϊζόμενον [λέχος ἱμερτὸν] avunpara λαβ' 

ἑσχατ ÜuvoUyO - 

ἆ à' Ἰάλεμον ὁμοβόλῳ νθύσῳ, 

ὅτι πεδαθέντα σθένος vió» Οὐάγρου — 
Su ber zweyten Zeile hängt αἰλινον ὑμνεῖν von ἀχέταν ab; 
ia ber dritten fcheint ἐργάμοισι in ber Handfchrift durch falfche 
Emenbation von ἐγγαμοισι ent(lanben zu feyn; λάβε tritt für 
ὀκοίμισε ein, bie Gonftruction vor bem Schleppenden zu bes 
wahren und zugleidh ein malerifcher Ausdruck, der baumn aud) 
auf ὁμοβόλῳ νούσῳ übergeht; bie eine traf beu Hymenäos 


eines Pindariſchen Threnos. - 115 


tobt, bie andere beu Jalemos augleid) mit bem Orpheus, deſ⸗ 
fen Sterbelied er fang, hinſterbend.« 

Auf einige biefer Cmenbationen war auch ich gefommen, 
wie τριῶν, πεδαθένεα, vio» Οἰάγρου. Linse, uad) Heſiodos 
fragm. XCVII Göttling. Uraniad Sohn, — andre zum 
Theil febr ſpaͤte Geuealogieen weit nad) Köſter de canti- 
len. popull. vett, Grr. p. 2ı — heißt o£uvoc, weil biefe 
Morte Hanptbeftandtheile der in Hellas weitverbreiteten eis 
nosflage ausmachten; er heißt ἀχέτας, weil er mit helltünen, 
der, burd)bringlidyer Stimme gefungen wurde, wie alle ſolche 
Klageweifen. Unſre Stelle ift entſcheidend fiber die beftrittwe 
Bedeutung ded Homerifcyen λεπταλέῃ φωνῃ. Mau verftanb 
aemfid zum Theil mit leifer gebämpfter Stimme, wie 
Heyne, Müller Dor. I, 347 und biefer Deutung giebt 
Köſter a. a. D. ben Vorzug. Das Wahre evfaunte Welder 
im der Abhandlung über Είποδ, Allg. Schulztg. 1830 Abth. 
II Nr. 2. Der Linosgeſang {β ἀχέτας, belltóneub, gleid» 
wie ber ἠχέτα τέτειξ bei Hefiod SL. unb W. 480 und Gaye 
sho fragm, XLVIIL ber Andg. von Neue λιγυρή doióz δεί, 
gelegt wird. Seine von Ῥίαδας unangebentet gelaßne Tobess 
art wirb verfchieden angegeben, woräber Müller und 
Welcker a. a. D. dad Nöthige bemerfen. — Welckers Er⸗ 
gaͤnzung ber dritten Zeile fcheint fer annefmbar, da bie 
Emendation eine gute Stäbe in dem erhaltuen χροϊζόμενον 
Bat. Zu vergleichen ift Eurip. Herakl. 915, wo Herakles in 
die Wohnung ber Himmtifchen aufgenommen "Has sgurav 
χροΐζει λέχος. Mehr bei Baldenner zu b. Ῥθδπίῇ. 1619, 
Μεθτίρεπδ bemerft Welder: »In den Worten Pindars if ber 
Schöne Gegenfag von πρῶτα χροϊξόμενον λέχος umb bem les 
ten Klange des Hochzeitsliedes ficher,, und das nachbrüdlicdye 
συμπρῶτα würde collfommen an feiner Stelle feyn. Auch dit 
mir ἔσχατ᾽ ὑμνοῦντα wahrfcheinlicher, alà Amatis seyarors 
ὤμνοις, nicht bloß nach ber von Dr. Ambroſch nachgemalten 
Schrift, ba εὁ mehr auf die Endigung aufommt, Zuſammen⸗ 


116 Ueber ein neuentdedtes Bruchſtück 


giehung umb Berfürgung des Worts hier nicht befrembtid) ift, 
fondern aud), damit ἔσχατα bem πρῶτα entfpreche, unb weil 
ὑμνοῦντα (fd) febr ſchicklich mit "Tuévai» verbindet, indem 
ed ben Sinn des Mythus durch die Etymologie bervorbfiden, 
und ihn unfchuldig fchalfhaft ald Allegorie erkennen läßt.« 1) 
— Syd) muß indeß geftehen, daß jened Aag" ἔσχαν᾽ vurourd' 
etwas kraus und rauf bleibt. 

$ymenaío8 , Terpfichored Sohn nad) Alfiphron (Epp. 1, 
43), Proklos (Chrestom. p. 524), eges (Chill. XI, 599), _ 
von Ῥίπδας nur Mufenfohn genannt, wie. von Glaudian 
(Epith. Pall, 31), bei Catull al@ summe colendus caeles von 
Urania entffammt, sad) Catull und Antoninus Liberalig (23) 
der Sohn beà Magnes, war ber volfétbium[id) zur Gottheit 
erhobne Nepräfentant der Hochzeitölieder. Diefe wurden nach 
Proklos a. a. D. aus Sehnſucht nad) ihm gefungen, ber an 
feinem Hochzeitstage plöglich verfchwunden feyn follte. Nach 
Tzetzes a. b. St. verfchwindet er, ein Argiver, ficdherlich im 
Bezug auf Argos alte Ehegöttin, aud bem Brautgemade; er 
wird, wie fid) Servius zu Virg. Aen. I, 651 ausdrüdt, am 
Hochzeitötage unter Trümmern begraben: einfacher und nad) 
der Analogie andrer ähnlicher Volksgötter fágt ihn Euftathius 
p. 1157, 23 Rom., den wunderfchönen Knaben, vor der Zeit 
hinfterben, weshalb man [είπες an Hochzeitöfeiern gebenfe. 9tad) . 
Servius zu Ecl. VII, 50 liebte Heöperog, den man am Seta vere 
ehrte, den fchönen Hymenaios, ber bei ber Hochzeitöfeier ber Aris 
αΌπε und bed Dyonpfos feine Stimme im Gefang verlor ; ähnlich 
[àgt ihn Cornelius Balbus «bei Servius Kuld. in Aen. IV, 127), 
δει Süngling von mäÄbchenhafter Schönheit, ben im Gefange 
erfahrnen, feinen Geift aushauchen,, ald er die Hochzeit des 
Baters Είδες uud ber Althaia (worüber Heyne zu Apollod. 
6. 48) burd) heilige Lieder verberrlid)t. Dieſes alles find 
wunderfchöne Züge einer fanft melandholifhen Gemüthsſtim⸗ 


2) Ueber das Versende im Apoſtroph f. Boͤckh über die fritis 
[Φε Behandlung des Pindar $. 6. αἀχέτα», «ἴλινον ὑμνεῖν, wie εὐ- 
ὀρακῆς ἀεύσσειν vgl. Wunder ju Soph. Philoct. 830. 8. Φ. W. 


eines Pindariſchen Threnos. 117 


mung. Die Orphiker mußten nad) Apollodor TIT, 10, 3, bag 
Oymenaiod burd) Asklepios ind Leben zurücgerufen war, 
Anf der Ruhmrebdigfeit der eingebildeten Sefropier, die fid) 
oder ihrem Kekrops bie Einführung eined gefeßmäßigen Che: 
ftandes beimaßen, beruht die Gefchichte bei Serv. Fuldenſ. 
in Virgil. Aen. IV, 90, wo $ymenaíos, aus dem Mittels 
ftande, eine abfige- Sungfran glühend fiebt und endlich auch, 
nachdem er fíd) burd) vielfache Beweife feiner unwandelbaren 
Liebe erprobt und fich obendrein auch um die Keufchheit ans 
brer Artifchen Jungfrauen ein unbeftreitbares Verdienſt ers 
worben bat, das Ziel feiner Leidenfchaft glüdlich erreicht. 
Die Ehe war febr glüdlich und defhalb befchloffen bie Athes 
ner, feiner bei allen Hochzeiten zu gedenken. 3) Alſo ganz 
wie ber Römifche Thalaſſio. Wunderlich nimmt Sicbdrat 
de carmm, nuptiall. vett. Grr. et Rom. p. 74 an, daß biefe 
Erzählung auf hiflorifhem Grunde fiehe. In ähnlichen Sinne 
it die Cegenbe bei dem Scholiaften zur Sliad (XVIII, 403) 
und Cufatbiud (p. 1157 Rom.) entflanden, von dem Argiver 
Hymenaios, der auf einer Reife nad) Athen Atiſche vou Per 
[adgern, die man (id) ald Räuber zu denken gewöhnt hatte, 
eutführte Sungfrauen nod) zeitig genug errettete. Endlich 
follte Hymenaiod, Aphroditend und ded Dionyſos Eohn , of» 
fenbar τοῦ umb finnlich gefaßt , wie bei Seneca (Med, 110), 
zuerft eine glückliche Ehe geführt haben, woraus man feinen 
Antheil an allen Hochzeiten berleitete , f. Serv. Fuld. in Aen. 
IV, 127. 4) Daraus entwidelten jid) bann bie von. Giram; 
matifern gegebenen Ableitungen des Hymenalod von ὁμο;οεῖν 
und ὁμοῦ ναίν. 


3) Auch Proklos in ber Chreflomathie: οἱ Jà, κατα τὴν τοῦ 
"ετικυῦ ᾿Ἰμεναίου, 100109 γάρ φισέ now διώξανια ώφελεσθαν 
χούφας ᾿4ιτικας λμστῶν. 


4) Araros, der Sohn des Ariſtophanes, fchrieb eine Komödie 
Hymendos, einen Dithyramb des Namens Teleſtes. Auch Jalemos 
kommt ats Komödie vou Amphis vor, fo Dithyrambos von Amphis 
uyd von Unaxandrides. 8 G. W. 


118 Ueber ein neuentdedtes Bradfüd 


Die Sagen von dem Tode ded Hymenaios bezog ich 
‘ früher darauf, daB mit ber ehelichen Verbindung ein ganz 
neues Leben, völlig verfchieden von bem bisher verlebten, ein⸗ 
tritt, bag, fobald fein Gefang ſchwindet, auch jenes frühere 
Dafeyn in baé Dunkel der Nacht zurücktritt. Miſchen fid) 
bod) auch unter bie frohen Hymenden Klagen und Sammer, 
wie man ſchon and Batull erficht. Allein ich trete Περὶ ber 
Erklärung SBe(derà beo, bie durch Pindars Worte felbfk, 
nad) ber angenommenen Erflärung und Ergänzung, unter 
fügt wird. Er bemerkt in feinem Briefe: » Hymenäod 
flirbt, wad wir biöher nur bey Gpäteren fafem, wie ber 
Hochzeitögefang verhallt und bie Heirath vollzogen wird, ges 
tabe fo wie dad Jahr in einer Puppe fterben maß, wie ber 
Carneval begraben wird η. ſ. w. Er verfchwindet bey ber Heie 
rat , fagt Proklos, aud dem Trautgemad) , Sete, ift ein 
Süngling, ber am Hochzeitdtage unter Trümmer begraben 
wird, nach dem derberen Ausdruck des Servius, ober, glimpfs 
líder, feine Stimme verliert, wie berfelbe an einer andern 
Stelfe anfübrt. Oder flirbt er, oder verliert die Stimme 
aud) nicht an feiner eigenen Hochzeit, fondern an der 
feligfien von allen, an ber in Feſten überall gefeyerten, in 
Bildern überall vorgeftellten ded  :Diongfod, des Dionp⸗ 
foó und ber íbera, mad) Servius, bed Dionyjos und 
ber Althbda, wenn er mad) Magneſia verfept wurde, maé 
Cornelius Balbus — befolgte. Im Sinne biefer Allegorie 
find aud) die andern fihönen Züge fíae, daß Hymenäos 
von Hesperos geliebt wirb, bag er Sohn ber Terpfichore, 
ein ſchöner, mad) Balbus mäbchenhafter Süngling iſt. 
Froſtiger ift, was die Orpbifer bey. Apollobor hinzufegen, daß 
Asklepios ihn ind Leben zurücgerufen, und profaifch, bürgerlich 
find die Erzählungen von einem tren Liebenden nud bie Braut 
reblich verdienenden Jüngling aus Athen oder Argos; in Dies 
fen wird Hymenäos nicht als die (djóne vergängliche Ct» 
fheinung des Hochzeitöliedes mit Rührung naiv betrachtet, 


eines Pindariſchen Threnos. 119 


fondern Werth und Bedingung eines geſetzmäßigen Eheſtan⸗ 
des angedeutet. Hierauf bezieht fid) dann die Erflärung des 
Hymenäod im Etym. und in den Scholien 11. VI, 403 von 
einem Süngling Symenáed , ber burd) feine Heyrath berühmt 
geworden. An ihm fptegle unb freue fid) jeber, ber e8 dahin 
zu bringen fucht, daß er fein Hochzeitsfeſt gfeid) (rob und zu 
Ehren des Sgmenáoó feyre! 

Wir fommen zu Salemod. Ten Zuſammenhang, über 
den ich nichtd Gewifled gefunden hatte, beitimmt Welcker 
fo: »Faft eben fo unzweifelhaft, ald bie Tobesart ded omes 
μᾶοὸ fcheint mir ber 3ufammentang, bag Jalemos bey ber 
Klage um Orpheus geftorben (ep, oder weil er den ermors 
deten Sohn be$ Oeagros, aud) einen Mufenjohn, aber fein 
fieb, weßhalb er von den andern dreyen getrennt. ift, mit 
tödtlichem Schmerze Hagte. Damals zuerft alfo wurde das 
in und ἐλελεῦ gefungen oder, in Perfon zufammengezogen, 
.ter Salemoó, und durch den fterbenden Jalemos wird das 
Sterbegeheul perfonificirt, wie durch den geRorbenen Linos ber 
Klagelaut λιλι. &o erklärt fídy das fonft nicht vorkommende 
von Sbíen verworfene ἑμοβόλῳ, s) dem übrigend dad von 
Ihnen angeführte τηλεβόλος νοῦσος zu Etatten fommt; e6 
hebt die fchnelle Aufeinanderfolge beà Todes biefer beyben 
Mufenfühne hervor, und es bezieht fich darauf das voranges 
benbe Scholion ἰαλέμῳ τῷ εὐθὺς γενομίνρ Ὀρήνῳ, obgleich 
biefe Beſtimmung an (id), nicht richtig ift.« Sft diefer Zus 
fammenbang, bei bem eà befondberd auf baó von mir aus 
mehreren Gründen bezweifelte und mit ὠμοβόρῳ vertaufchte 
ὁμοβόλῳ νούσῳ anfommt, richtig, fo muß man wenigſtens 
für ὅτι fd)reibem ὅτε. Suum. paßt aber allerdings baé Zus 
gleichgetroffenwerden ganz be(onberà ſchoͤn zum Reprafentans 

5) Noch ein ähnliches Eompofitum fehlt in den Wörterbücher, 
der homogyros in Argos, bey Darro B. B, 11, 5, 4, wo mehrere 


Handicriften biefe, die offenbar richtige Lesart, andre homogyros 
haben, nod) Schneider aber ein finnlofed ο,όγυρος parum 


120 Ueber ein neuenttedtes Bruhfüd 


ten des Sterbelieded und daß man von einem Fläglichen, bes 
jammernöwerthen Hinfcheiden auch dieſes Mufenfohnes wußte, 
geht aus dem oft angeführten Spridyworte Ἰαλέμου ψυχρύτε- 
005, οἰκερότερος hervor, f. Etym. M. p. 465, 15 und U. 
Nur bat dad óuogoÀm durchaus nit, wie Welder glaubt, 
einen Etußpunft in dem Snterlinearfcholion zu den Worten 
beà Rheſos, wo zu dem (ηλέμῳ αὐθιγενεῖ der Erklärung hals 
ber τῷ εὐνθὺς γενομένῳ Ionvm hinzugefegt ift: entweder eine 
falfhe Deutung, ba ed auf bie Nermwandtfchaft ded Rheſos 
ald Mufenfohnes mit Safemoà geht, oder, nad) einer andern 
Lesart, vielleicht εὐνυγενεῖ. 6) Tiov Οἰάγχρου ijt gewiß ficher: 
auf diefe Stelle Pindars geht unftreitig , was ber alte Schor 
(aft zu Pyth. IV, 313 bemerkt: ᾿άπόλλωνος τὸν Ὀρφέω 
φησὶν εἶαι, ὃν καὶ αὐτὸς ὁ Πίνδαρος καὶ ἄλλοι Otuygov 
λέγουσιν. Apollon und Diagrod waren ja — ur[prünglidy 
nicht viel mehr verfchieden, ald Pofeidon uud Aigeus. 
In den legten Worten ift nun vielleicht nur nod) σθένος 
nicht geheilt; möglich, bag eine Form wie στένεν darin vers 
borgen liegt. 

Uebrigens ſtellt Welcker bie vom Schbliaſten aud) am 
geführten Worte ded Aöflepiades fo her: Καὶ ᾿σκληπιάδης 
ἐν τ[οἴς] περὶ δουλ[οσύνης Θεοῦ] πλείους τῆς Kurlıonng λέτ 
ye. παῖδας ἐν τούτ[οις"] Ἰαλλιύπῃ γὰρ τὸν «ἀπόλλωνα µιχ- 
Jévra γει[νῆσαι] «4 [ον] τὸν πφεσβύτερον (für πρεσβύτατογ)λ 
καὶ roti; μετ ἐκείνου, Ἰμέναιον, [άλεμον xat] Ὀρσφέα, τῷ 
δὲ νεωτέρῳ (νεωτάτῳ, Orpheo) τὴν μὲν ἐπιβυμίαν [κα- 
Φαρμάτων καὶ μανε]ευμάτω» ἐμπεσεῖν, κι περὶ τὴν uovot- 


6) Auf biefe Lesart geht Das angeführte Sholion, und beyde 
brüden aus, daß, ber Jalemos unmittelbar auf den ob folgte, etra 
wie ein Sreudengeföhrey gleich bep der Geburt eines Kindes erhoben 
wurde (Hom. H. in Apoll το Callim. in Del, 258); da aber bie 

ieber hier felb(t als ſterbend vorgeftellt (iub, ber Jalemos wie ber 
ino£ und ber Hymenäos, fo ijt wohl allerdings der mit Orpheus zu: 


gleich, ὑμοβόλρ νυύσῳ, ſterbende Jalemos nichts anders. alg Taleuas 
εὐώυγενής. $. G. W. 





eines Pindarifchen Threnos. 121 


9 ^e Li J day 
xrv [πεοιγενέσθαι] παντων. οὐ μὴν τοιοῦτὸ γε πανος [τῶν 
ετέρων] γενέσθαι. 7) 


Dr. $. W. € dj neibemin. 


Auf einen andern Threnos des Ῥίπδας möchte ich aus 

den Worten ded Horatins fchließen: — 

flebili sponsae juveneimve raptum 

plorat, ct vires animumque moresque 

aureos educit in astra, 8) nigroque 

invidet Orco. 

Diffen fagt p. 654: Quum Pindarus in Threnis etiam raptos 
flebilibus sponsis juvenes ploraverit, in tali Threno memo- 
rari potuit haec res. Horatius aber. fcheint vielmehr einen 
beflimmter Threnos, einen fchönften von allen, ins Auge zu 
faffen, der aud) baburd) fehr beftimmt von andern fih uns 
terfchied , bag darin die Seele bes Berftorbenen nicht in ben 
Hades übergieng, fondern wegen ihrer golden Reinheit den 
Weg zu den Sternen nahm. Wie Pindar in einem Threnos 


Pythagoreiſche, in einem andern Elenſiniſche Vorſtellungen 


über das Leben nach dem Tode, wahrſcheinlich mit Bezug 
auf den bdeſonderen Glauben des. Gefeyerten, vortrug, fo hats 
te er hier diejenige befolgt, die ich neulich nicht bloß für bie 
Keifche beà Prodikos, fondern auch für eine Bhotifch » efto 


, 7) In tiefer, gleichfalls neuen, Stelle des Asklepiades techn 
wir, wie bep fDinbar, ben Orphens von ben bre andern Diufenföh- 
nen unterfchieden,, übrigens ihnen fammt dem Orpheus die ΑαΠίορε 
zur Mutter gegeben, was aus einer andern befannten Schrift beffets 
ben Asklepiades vou dem Echofiaften dee Pindar P. IV, 313 wieder: 
boft wird. Dermuthlich batte er jeden einzeln bey verfchiedenen af: 
ten Dichtern ald Sohn der Kalliope angegeben gefunden. Deu Or: 
pheus nennt er dabey Sohn des 9fpoflon, mie e8 Pindar fonft aud 
thut, der aber hier nicht ohne Abftcht neben dem Apollonsſohne Syas 
lemos jenem den Deagros zum Vater giebt. $. Φ. m. 


8) Ctatind Silv. HE, 1, 26 von Herakles astra tenes. 


122 Ueber ein neuenttedtee Bruchſtück 


difche angefprochen habe. Brotos, t. i. ter Meufch, welchen 
Heflodod bed Aetherd und ber Hemera Sohn nennt, o) iſt 
nicht für das Dunkel der Unterwelt beſtimmt, fondern muß 
ium 3fetber, unter den Sternen, feine wahre Heimath haben, 
unb Menfchenfeelen find bie Dämonen der Seftobifd)et Tage 
und Werke, bie nur der Seltenheit hoher Tugend wegen üt 
baé goldene Weltalter verfegt wurden, aber eher als man, 
in firenger Betrachtung der Menfchen und der Zeiten wie fie 
find, ein rein idealiſches Weltalter ausdachte, ald Menfchen- 
feelen ber Vorfahren und der. Bellen geglaubt wurden. Biel 
leicht waren in bem Threnos, worauf Φοταίμό fich bezieht, 
die goldnen Sitten des Jünglings mehr ald was er felbft 
fonft Durch golden bezeichnet, des golbnen Alters würdige. 
So wenig faun ich daher meined lieben Freundes Dif 
ſens Zweifel an bem dritten Bruchflüde ber Threnen theilen, 
bap ich bieg vielmehr in Vergleihung und Verbindung fete 
wit den Hefiedifchen unfterblichen Dämonen, der Menfchen 
Hütern über der Erde, und der zweyten Klaſſe der fterblichen 
Hüter (φύλακες flatt µάκαρες Iynzoi [a8 Ῥτοίίοὸ und muß 
nothwerdig chen), auf oder unter der Erbe, abgeleitet aus 
dem filberuen Zeitalter, welches in der vorgefchichtlichen, rein 
erbichteten Zeit ben Gegeníag der Ruchloſigkeit gegen die Uns 
ſchuld darſtellt, bie in der Gegenwart des Dichterd zu uns 
gleichen heilen unter einauder gemijcht vorkommen. Die 
Begrändung biefer Anfichten muß ich aud) jegt nach verfparen. 
^n der gedachten Abhandlung billigte ich zugleid bey 
Gelegenheit (S. 619) die SBermutbung Wyttenbachs, daß 
Pindar die Gefchichte von Trophoniod und Agameded , wel« 
che Böckh unter den Päanen anführt, in einem Threnos eut» 
widelt habe. Daffelbe glaube ich von der Erzählung, wie 
Silenos im Nofengarten dem Midas ober dem Olvmpos, dei 
feiner Schäge wegen für den glüdlichiten ver Menfchen von 


eines Pindarifhen Threnos. 123 


ihm erklärt feyn möchte, das Elend des Menſchenlebens ente 
- büllt unb die Oeligfeit ded Todes anpreift. Diffen dachte ſich 
daß [εβίετε in einem Skolion (fr. inc. 25 p. 657) ; wogegen 
er zwey andre Stellen (fr. 420 und 130 feiner Ausg.) zu ben 
Threnen zieht. 

Einen mythologifchen limftanb führt aus Pindar Sul» 
gentiug I, 42 an, ber (n bec Sammlung der Fragmente 
noch vermißt wird. Im hujus (Apollinis) etiam tutelam cor- 
vum ponunt — sive quod in horoscopicis libris , . secundum 
Anaximandrum , sive etiam , secundum Pindarum, solus in- 
ter omnes aves sexaginta quatuor significationes babet vocum. 
SOber follte, was Pinbar betrifft, bie Sache auf einer fal» 
fden Lesart unb lächerlihen Erklärung von Ol. XIII , 99 
ἀλαθής ré µοι ἔξορκος ἐπέσσεται &Emg xo» tux. δὴ ἀμφοτέ- 
ρωῦεν ἀδύγλωσσος (loa κάρυκος ἐσλοῦ beruhen? 


5 6. Welder. 


Beiträge zur Erklärung des Ariftophanes. 


I. 


--- Πῶς οὖν o) ᾳεγάλως εὐδαιμονεῖς, 

ἔτε voy τὸν ὀφδαλμὸν παράβαλλ εἰς Ἱίαρίων 
τὸν δεξιόν, τὸν Ó' ἕτερον εἰς Καλχηδόνα. 
4X3. Εὐδαιμονήσω ὅ᾽, εἰ δαστραφήσοµαε: 


Sa Equit. 172 bei Dindorf. Demoſthenes enthüllt bem 
Wurſthändler das Glück, welches ihm zu Theil werde, went 
er feinen Ratbichlägen Gehör gäbe: er läßt ihn, um ibm 
dies recht anfchaufich zu madjen, auf ben Wurfttifch treten 
und alle Inſeln überfehen: er will ihn nod; mehr fehen [α[: 
fen und verlangt, er fole das rechte Auge nad) der einen, 
bas [infe nach der andern Seite werfen. Man fchwanft nun 
zwifchen den Lesarten Καλχηδόνα und Καρχηδόνα: letzteres 
ſchützen, fo vielich weiß, alle codd. , ferner edit. princ,, Scholl. 1): 
die interpp. dagegen find feit Küſter 2) alle bem Palme- 
tiu $ Exercitt. p. 725 gefolgt und haben Καλχηδόνω gefchries 


t) Schol, ad Arist. Eq. 123 fagt: παίζει πρὸς τὸ ἐνταῦθα xu- 
χέισε ὅρα. j μὲν γὰρ Καρία πρὸς ἕω. ἡ δὲ πρὺς δύσιν fj Καρχηδω», 
ἡ Καρταγέννη λεγοµένη. Breilich ein arger &efier: aber ber Schol. 
fand doch im feinen codd. Καρχηδών, — Schol. ad Ar. Eq. 1303 --- 
Καρχηδὼν δὲ πόλις Owctxác περὶ τὸ Βυζάντον: was für Gbalcebou 
richtig: vgl. Popp. Thucyd. Proll. 1, a p. 434: ε6 fcheint aber ber 
Schol. corrupt unb die Gorruption aus Erklärung verfchiedeuer Les: 
arten hervorgegangen au (eon , wie (o oft. 

P C? hat Καρχηδόνα im Texte, billigt aber in den Noten Κιά- 
χηύογα, 


Beiträge zur Erllärung des Ariflophbanes. 125 


ben: bafjelbe gilt von Equit. 1303, nur bag ba ſchon δα, 
faubon geändert. Fragt man nad) den Gründen , welche il» 
nen diefe 9fembermug als fo nothwendig darftellten, fo find 
biefe allein bei Paulmier zu finden. Er behauptet, es habe 
fein Berfehr, überhaupt feine Verbindung zwifchen Athen und 
Karthago Statt gefunden: es fey ferner den Demagogen faum 
bekannt geweſen und hätten fie daher von ihm feinen Gewinn 
hoffen konnen. Es rebucirt (id) bíeB alfo auf bie Frage: 
trieb Athen mit Karthago Handel? Diefe ift nun unbedingt 
zu bejahen: s) monad) bie Argumente ber Ausleger für Kulyn- 
o» verfchwinden : 4) man muß alfo auf Anderes finnen. Was 
die Stelle bedeute, wenn man Καρχηδόνα lefe, fab zuerft 
Böckh: ο) er fab, e8 gebe auf den Plan ber -athenifchen 


3) Sehr lebhafter Handel mochte wohl zwiſchen beyden Staa- 
ten nicht beftehen: ba ber Phönifier mit Athen, Athen mit Italien 
und Gifelien handelte, fo wußten bod) Wtfeuer und Karchager ge: 
genfeitig auf fid aufmerffam werden, unb fchon Oiernad darfte mit 
Andern Wahsm. Hel. Alt. L ı ©. 142 nicht zweifeln: Mir finden 
aber ín fartfago athenifche Arbeit: vgl. Gerhard und Ῥαπο[ία 9teap. 
Antik. €. 348, was freylich nicht unmittelbaren Handel beyder Stan: 
ten beweift: vgl. Welder Stein. Muf. I, a ©. 335. Dieſen bewei(t 
aber Hermippos in ber aus ben «Ῥορμοφόροι bey Athen. I p. 27 E 
entiehnten Stelle, val. 23: Καρχηδων Jdanıdars καὶποι- 
xzilanpooxeyalnıa. scil, παρέχει, Ed war dieß Ctüd eine 
Komödie, wogegen nicht Athen. XV p. 700 D ſpricht, der ed ὀρᾶμα 
nennt, da diefes gewöhnlicher Name von Komödien it: die Stelle, 
weiches befagtes Fragment im Stücke eiunehme, bat A. Weland de 
praecipuis parodiarım homericarum scriptoribus. .Götting. 1833 p. 
31 rídtig in ber Parabafe gefunden. Gr fonnte fle aber einmal nod 
genauer dahin beftimnen, daß διε[ε Parodie die Stelle bed. dvanaı- 
στος vertrat: dann durfte er nicht über(eben , was Meineke Quacst. 
Scenic. Specim. I p.3« auf(telit, daß nämlich alle Parodieen des Her⸗ 
mippos in be(jen Komödien gemefen: das fcheint bad Richtige- — δεις 
ner war ba(felóe noch um OL. 1:5 der Sal: ©. Antiphan. ap. Athen. 
I p. 38 D: ohne Βιοεί[εί hatte Polemon — um DI. 144 — davon 
auch gehandelt in feinem Werke: περὶ τῶν ἐν Καρχηδόνι πέπλωνα 
Athen. XI p. 541 A. Und war doch griechiſche Literatur in Karthas 
40 bekannt: 9tieb. 90.8. 1 &. ı5ı. Gram. Gefd). d. Graief. I ©. 117. 

4) Meberfaupt haben biefe die Stelle nicht verflauden : wie Éónns 
te fonft 4. B. Küſter fagen: neque de Carthagine vetere in Africa 
locus hic intelligi potest, utpote quac urbs Atheniensibus num- 
quam subjecta fuit, 


5) Gtaatéf. ber Athen. $e. I ©. 314. Dagegen dgl. 8. δ. 
-Herm. Gríed. Ctaatealtertf. © 320 Not. 14. 


126 Beiträge zur Erklärung 


Demagogen, Karthago zu erobern. Da er bíefem nun ans 
Alkibiades Kopfe erwachfen glaubte, fo verwarf er deflen Er⸗ 
wähnung DL.88, 4: 6) er fagt: »an beiden Stellen ((E offen, 
bar Καλχηδων für Καρχηδών zu (eben, wie der Schol. Be. 
4300 hat und à. 474 ber Sinn erbeijd)t.« Die erſte Bor 
ausfegung nun, bag von Alfibiabes erſt ber Plan Karthago, 
Libyen, Sicilien zu erobern, ausgegangen (eg, erfcheint uns 
richtig. Denn die hierher gehörigen Stellen aue Plutarch 7) (a» 
gen grade zu, bag fchon zu Perikles Zeiten viel davon bie 
Rede geweien, Stalien u. f, w. gu erobern. Perikles aber 
war dagegen: als ev geſtorben, machte bis qur Zeit der Aus⸗ 
führung diefes Plans öfter in ber atbegi(den Volksperſamm⸗ 
Jung davon gefprochen fepn: wahrſcheinlich auch grade, als 
bie Ritter aufgeführt wurben. Denn ba die Gejdjid)te nun 
nicht mehr ber Lesart Καρχηδόνα entgegenfteht, fo glaube ich 
auch zu ber Kolgerung qué 56. 41303 berechtigt, daß eben 
Φυγετθοίοῦ der gewefen, welcher diefen Plan wieder aufges 
rührt hatte: baber züchtigt ihn ber Dichter, deſſen politifcher 
Tendenz diefer Plan ungemein verhaßt war. Doch wir mis 
fen die Lesart ber erflen Stelle noch von dem Vorwurfe bes 
freyen, daß fle gegen ben Sinn (eg. Wenn ich nicht irre, 


6) Denn da find bie Bitter aufgeführt: vgl. Ullrich Quaest. 
Aristoph. Spec. I p. 3. 


») Plutarch. Pericl, 20. τἆλλα d’ οὖν συνεχωρει ταῖς dguals τών 
πολιτών οὐδὲ συνεξέπιπτεν, ὑπὸ ῥώμης καὶ τύχης τοσαύτης ἐπαι- 
θοµένων «4ἰγύπτου τε πάλιν ἀντιλακβάνεσθαι xai χινεῖν τῆς βασι- 
λέως ἀρχῆς τὰ πρὸς Φαλάσσῃ. πολλοὺς dà καὶ «Σικελίας ὅ ὀυσέρως 
ἐκεῖνος ἤδη καὶ δύσποτμος ἔρως εἶχεν, ὃν ὕστερον ἐξέκαυσαν of 
περὶ τὸν ᾽4λχιβιάδην ῥήτορες. ἦν δὲ xai Τὑρρηνία xai Καρχηδὼν 
ἐνίοις ὄνειρος — — ἀλλ d Περεκλῆς χατεῖχε τὴν ἐκδρο- 
μὴν ταύτην xal περιέκοπτε τὴν πολυπραγμοσύνη». 
— id. Alcib. 17. «Σιχελίας dà xaà Περιχλέους ἔτι ζώντος 
ἐπεθίμουν ᾽4θηναῖοι καὶ τελευεήσαντος ἥπτοντο x. v, 4, Aristid. TT, 
II p. i24 Jebb. vgl. Güvern üb. Ariſtoph. Vog. iu rift. b. δεί. 
Wfab. 1827 ©. 16. Die Stellen "'hucyd. VI, 15. go zeigen nur, 
daß Wlcibiades den Plan wieder aufnahm: eben fo wenig fpricht Iso- 

crat. Zuup. 29 für Boͤckh · Es ift dieß auch in ber athenifchen 
Demagogie gar nicht auffallend. 


tes Ariſtophanes. 127 


fo bat Boch fo geſchloſſen: Demofthened wird bem Wurſt⸗ 
händler das ganze Gebiet Athens zeigen und um δίεβ anzus 
deuten, nennt er bie Außerftien Grenzen. ϱ) Allein fo richtig 
υίεβ ift, fo wird damit bod) nicht bie Unrichtigkeit δε Καρ- 
zndora dargethan. Denn es ift bey Ariftophanes nichts häu⸗ 
figer, 9) ald bag er flatt des Wortes, welches er, um unfrer 
Erwartung zu entfprechen,, fegen follte, ein anderes nimmt, 
welches wegen des mit ihm verbundenen Ueberraſchenden 
nicht in den Zuſammenhang zu paſſen fcheint, aber bod) ger 
ται betrachtet einen tiefen Sinn und eine echt ariftophanifch- 
fomifche Seite durch bie Anfpielung erhält, welche in ihm 
liegt. Wenden wir dieß anf nufere Stelle an, fo fagt Der 
mofthened: »wirf das eine Auge auf Karien, bas andere auf 
Karthago, welche, wie bie Demagoger träumen, 
bald die Grenze unfered Staated ſeyn wird.« Und nur fo 
erklärt ((dj diefe ganze Stelle und ihre Form. So viel mir 
befannt ijt, bat man bie jegt eben fo wenig an eine Erklaͤ⸗ 
rung vom 96, 475 gedacht, ald au eine von Yrifl, Av. 177; 
“auch nicht barmad) gefragt, warum bems hier ber Dichter 
diefen Wig gewählt: οὐ war bie um fe nothwendiger, ho 
Ariftophanes einen Wis, nur menu er der figuificantefte iſt, 
wieberhoft. 10) Demofthened verlangt bier vom Wurſthändler 
Eimas, wovon diejer bey ber Ausführung ben größten Schar 
den hätte: wie nun der Wurfihändler fi ſelbſt aufonferu 


8) Eben fo Krueger ad Dionys. Hal. Hist. p. 346. Süvern 1. ο. 
p. 18. | 
9) €» (teft Arist. Equit. 467 — — καὶ δερατηγύς κλαστάσεις 
ὀήσεις, φυλάξεις, ἐν πρυτανείῳ λαικάσεις 
wo Schol, nachzuſehen: eben fo ibid, 405 c. Scholl. Hierher gef: 


— zum Theil bie Stellen, welche Bernd. Wiſſ. Ehut. ϐ. 426 
auführt. 


ιο) Eben fo ift auf Wiederholungen von Wendungen zu achten: 
e$ febrt 5. 9B. die Verbindung von ἄδολος und díxeiog bey Berträ: 
aen öfter wieder: Arist. Αν, 633. Lysistr. 168: da war fie p(ficielf, 
dal. Boeckh ad Corp. Inscript. T, I p. 112. 


128 Beiträge zur Erklärung - 


würde, eben fo nnmöglich ift, bag bie Athener eine Erpedis 
tion gegen Karthago mit GIüd auszuführen vermögen. Was 
heißt nun εὐδαιμονησω d’, 11) εἰ διαστραφήσοµαιΏ Cà heißt: 
Werdet ihr Athener glücklich (egit, wenn ihr Gud) Ὀμτά) diefe 
Unternehmung fo gefchabet habt, wie ber Wurfthändler, falls 
er fo unffug wäre, bem Demofthenes zu folgen? Durch biefe 
politifche Bedeutung erhält die Stelle erft ihr Salz: durch ffe 
wird erft flar, marium fie bier ftebe, während jede andre Ers 
flarung fie als müflig darftellt, als hervorgebracht durch ein 
Sagen nad) Witen, dad bem Ariftophaned ganz fremd ift. 
Man beachte πού die Stelle in ihrem ganzen Zuſammen⸗ 
hange: ohne Ἰαρχηδόνα würde fie viel zu wenig Wig haben. 
Hat diefe Stelle nun dazu gedient, bie Tiefe des $tomiferé 
zu zeigen, fo dient Πε aud) zum Beweife, welche Fülle des 
Witzes diefer Dichter hat. Denn nicht genug, bag er ber 
politifchen Schwindeley feiner Mitbürger einen Hieb giebt: er 
zieht auch die Tragiker, Dithyrambifer zugleich mit durch, 
wie ber Scholiaft 12) angedeutet. Und dieß finden wir fo oft! 
— Wir haben gefehen, wie die Ledart Kupyrdova bie ridhs 
tige zu fegm fcheine: wir wollen nod) bie Eonjectur Καλχη- 
dova betrachten. So wird jet von Dindorf gefchrieben, weit 
er dieß ber Münzen wegen, wie eà (d)eint, für bie beffere 
Form hielt: die Frühern haben Χαλκηδόνα, Allein Καλχη- 
δων ift nicht altsattifche Worm. Freylich ift hierüber Streit, 
und fchon bie Spätern fcheinen zweifelhaft gemefeu zu feyn. 


ει) So muß mit cod. Βαν. gefchrieben werden , nicht, mie früher 
y’, ba γε bier falfch wäre: vgl. Herm. und Elmal. ad Eurip. Med. 
1334 : dann ift dt in Anreden, melde Verwunderung „Unwillen bgl. 
ausbrüden, grade an feiner & telle : vgl. iutt. ad 'Sophocl. Oedip. 
Tyrenn. 38o. Matth. ad Eurip Orest. B Hartung Lehre v. b, 
fDartif(. d. gried. Sprache. Bd. I ©. 178 

12) Da er fagt: παίζει πρὸς τὸ ἐνταῦθα κἀχεῖσε ὅρα. — € olde 
Wendungen oft bey Euripides: Eur. Helen. 1141, und ſchon die Al⸗ 
ten bemerften, daß dieß auf Curipides gehe: Valcken. ad Eurip. 
Phoen. 272. Arist Αν. 424. Thesmoph. 666. Auch ähnliche Gegens 
fäge, wie Arist. Ran. 1:107 gehen auf diefen Dichter; Ar. Eccles. 485. 





bee Ariflepbanes, 129 


Bekker. Anecd, T. ΤΠ p. 1207 — Καρχηδών Κωρχηδύνος, ἡ 
. ἐν τῇ Zion, Καλχηδών Καλχηδόνος, 5 κατὰ τὸ Bular- 
τιον, 13) ἥτις καὶ Χαλκηδων καλεῖται' εὑρίσκομεν γὰρ ὅδια- 
φορουµένην τῇν χρῆσιν: bod) bat Göttling 14) fdjon das 
Wahre gefagt, vielleicht nur zu kurz, um Beiltimmung zu 
finden. Was die Münzen anlangt, fo find alle folche, met; 
che Chalkedon felbft gefchlagen, wie das Gepräge zeigt: 15) 
fie beweifen daher nur, bag die Ghalfebosier fid) felbft Λαλ- 
χαδύνιοι oder Kaiyndorioı nannten: für ble Schreibart und 
Ausfprache ber Athener können fie demnach gar keine bemeis 
fende Kraft haben. 16) Weil die Attifer aber in bem joni⸗ 
{hen Formen die Aspirate oft umfeßen , wie fie aus xidov 
machen zırov und dgl., fo ift und mußte δίεβ auch δεί Ghat, 
febon gefchehen: anders erflürte fid) auch nicht bie Variante 
Xaàxgócv. 17) Es ergiebt fid) alfo, daß die altem Attiker 
nur Χαλκηδών haben fchreiben können und man mit Unrecht 
gezweifelt, welche Form Thukydides gebraucht: wie bei Ari⸗ 
ftophanes kann bei ihm nur Χαλκηδῶν gelefen werden. Da 
aber bie faldjebonier fid) Καλχηδόνιοι, Kuaryadorıoı nanııs 
tet, fo Bat man fpäter, als bie 2ialefte in bie κοινή übetz 


13) Sollte biefe geographiſche Beſtimmung vielleicht darauf ge 
ben , daß mau beide Städte wirklich verwecfelte ? 


14) Ad Artst. Polit. p. 323. 


15) Rasche Lex. Num. T. I s. Calchedon: feine δεβίες corrigirt 
Eckhel Doct. Num. T. II p. 411; add. Mionet Discript, des Medaill, 
T. Hl p. Aaı. 

16) Daher irren zum heil Sirmond. ad Sidon, Apoll p. τοῦ 
ed, 1651. Spanlem, de us. et praest num. p. 76. ej. Exerce. Il de 
orb. Rom. e, 18,  Holsteu. ad Steph. Byz s, Ζάρητα et Καρχηδων. 
Palmer. Exerc. ad Arist, Eq. 194. :299. Ducker, ad Thucyd. IV, 
75. intt. ad Hesych. s. Χαλκηδών. Schweigh. ad Athen. 11 p. 92 F. 
VII p. 320 A, ad Polyb. IV, 39, 5. VIII, 24, 3 intt. ad Herod, IV, 
144. Passow ad Parthen. p. 61. 

17) Diefe ift febr Häufig und από ihr ward oft Kaoyndwr: cf. 
VV. DD, in not. 16 add. Niclas ad Arist. Auscult Mirab. e. 59 id. ad 
Antig. Caryst. c. 146. 162 in ed. Beckm.: fo 3. Ῥ. auch Plat. Rep. I 
p. 348 B ibiq. Stallb, in ed. maj, Phot. Bibl. p. 38 1, 1ο Bekk. 
Doch wozu mehr? 


91. Rhein. Muſ. f. voit, 1T. 9 


130 Beiträge zur Erklärung 


giengen, geglaubt, Καλχηδόνιοι ale dad Genauere fchreiben 
zu müffen. Daher fchreiben Archeftratos, Polybios u. 9f. fo; 
auch die Cateiner: 19) ed ward fpäter immer üblicher, da uns 
ter den Römifchen Kaifern diefe Form ded Namens beybes 
halten ward: daher denn Memnon 19) fo fehreibt, und Ins 
fchriften 20) diefe Form haben. Bei bem Spätern, wie bei 
den eltern fällt bie Entfcheidung jebt nicht ſchwer: hingegen 
bey Zenophon ift Πε fchon bebenffidjer, zumal ba bie Hands 
fohriften ungemein variiren und bey diefem Schriftiteller fidy 
fhon Manches findet, was ber firenge 9itticióm nicht billigte: 
eà fcheint δίεβ aud) Poppos 21) Urtheil fo (dymanfenb ges 
madt zu haben. Es fann wohl keinem Zweifel unterliegen, 
bag im gemeinen Leben zu Athen früh die Form Καλχηδων 
eriftirte: 22) es ift Daher nicht unmahrfcheinlich, bag Kenos 
phon beide gebrauchte. Daher gehe man in ihm fireng nad) 
den beiten codd. jebod) fo, bag XoeAyzdo» in zweifelhaften 
Fällen den Vorzug erhalte, ba fo viel ffar ift, bag Kalyr- 
dwv eher von den Abfchreibern einge(d)mürat worden: 23) man 
führe aber nicht, wie Dindorf, eine Form confequent burdj, 
weil man ba gegen codd. ändern muß und bad Eudrefultat 
aller Unterfuchungen über orthographifche Gegenſtände bod) 
baé zu ſeyn fcheint, daß mir nur eine confequente Inconſe⸗ 
quenz in diefem Punfte befolgen dürfen. — Und fo fcheint 


18) Eckhel I. c., Forcell, Lexic. s. v. 


:9) Phot, Bibiioth, p. 232. b. 25 Bekk. Daher fpäter Sormen 
wie Calcedona : cf, Muucker. diss. de Ilyg. in Myth, Lat. p. * + 5, 


20) 66 geht Hieraus von felb(t hervor, ba Böckh ad Corp. 
Inscr. T. 11 p. 45 ohne Zweifel rídtig Καλχηδονίοις geichrieben. 


21) Poppo Prolegg. ad 'l'hucyd. I, a 34. ad "I'hucyd, IV, -δ. 
ad Xen. Auab. VI, G, 38. ‚2 p. 434 y 5 


22) Doch darf man δίεβ nicht auf unfere Stelle anwenden: e$ 
wäre gerade (0, ald wenn Gótbe ohne alle Beranlaffung Hilmſen (att 
Hildeshein aefagt hätte. 

19) € » muß Xenoph. Hellen. J, 3, a. 9 nad Gail Kalyndur 
geichrieben werben. 


des Ariſtophanes. 131 


and) von einer andern Seite die Ledart Καρχηδόνα gerecht⸗- 
fertigt: denn Καλχηδόνα ít unattijd), ἉΧαλχηδόνα liegt zu 
weit von den Zügen ber eodd. ab. 


II. 


Ἐν Ölen y', ἐπεὶ τὰ κοινά πρὶν λαχεῖν κατεσθίεις, 
κοποσυκάζεις πιέζων τοὺς ὑπευθύνους σχοπῶ», 
ὅστις αὐτῶν eig ἐστιν 7 πέπων 7 pin nano, 
κάν τιν αὐτῶν γνῷς ἀπράγμον ὄντα καὶ κεχηνότα, 
παταγαγὼν ἐκ Χερρονήσου διαλαβὼν ἠγκύρισας, 
εἰ ἀποστρέψας τὸν ὤμον αὐτὸν ἐνεχολήβασας, 


€o Arist. Eq. 258 bei Dindorf. Der Chorführer erwies 
dert auf die Klage ded Klcon: Mit vollem Rechte 1) wirft 
bu gefchlagen, da du dad Ctaatégut raubeft und die Buns 
deögenoffen brüdft. 2) Diefer zweite Borwurf mirb nun weis 


1) Es iff ἐν δίκῃ ye mit Nahdrud gefagt: Arist.. Nub. 1332. 


2) Gé it in Vs. 259. 46ο. 26ı Pein Wort ohne befondern 
Grund gefagt: daher Folgendes. Da ber Dichter κατεσθίεις — hers 
unterfehlingen, Arist. Nub. 556 5» τὸ χήτρς ἠσόιεν: daher heißt 
Arist Eq. 248 Χάρυβύὺις ἁρπαγῆς: "e Roͤtſcher Arift. u. f. Seitalt. 
65. 169. Jacobs Verm. Schrift. Bd. IV 6. 368 eben fo ἀμέλγειν Ar. 
Eq. 326 Bion, I, 48 — gefagt, bleibt er in dem Zropus und ſetzt 
ἀποσυχάξεις , bu pflüdit Zeigen ab unb zwar πιέζων fie brüdenb, 
um fie zu erproben: dadurch aber, daß ὑπευθδύνους gefagt wird, 
flatt σῦχα, erhält ἁποσυκάζεες einen andern Sinn: du verlänmbeft, 
mad(t den Sykophanten, wie nad Anleitung des Schol. ad h. I, und 
Suid s. v. ἀποσυχάζεις (on Gafaub. erflärt: add, C. Fr, Herm, ad 
Lucian. quom, hist. conscr. oport. p. 248: babu:d wird ferner πιά: 
ζω» in feiner Bedeutung beflinmt; e$ ift fo brüdeub, bag Schmer⸗ 
zen entftehen: Arist. Pac. 1032. Ran. 3. 3o: benu e$ war bey beu 
athenifhen Demagogen diefer Zeit nichts gewöhnlicher, als bie Dun: 
desgenoffen zu drüden, worüber Wriftophanes fo oft unwillig if: 
Stotfer ©. 173. Richtig bat jebt Dindorf in Poet. Sc. Gr. binter 
σκοπών das Komma geftrichen: ed gehört oxonwr zum Zolgenden unb 
zeigt das aufmerffame Lauern des Kleon an, Ar. Pac. 1:161: daher 
richtig Schol. ad 259 ὥσπερ οὖν ἐπὶ ro» καρπών ἐκ uin τών 
πεπανλέντω» ἔστι ὑρέψασθαι χαὶ φαγεῖν, ἐκ δὲ vor ἀώρων xa) 
αἰμῶν οὐχέτι, οὕτως, φησὶ, xci ἐπὶ πῶν ἀνθρώπων» ὁ Ἁλέων διελο- 
}έζετο καὶ διέχρινε τίς ἐπιτηδειος διασεισθῆναὶ, καὶ τίς σκληρὸς 
x«l δυσχαταμάχητος. In $34. 260 bleibt der Dichter im Tropus: 
es geht ὠμός wie πέπων auf die Jeigen: es fragt ſich aber, weßhalb 
nv μὴ nénox hinzugefent (09: coc ift rof, gans unreif, und baber 


132. Beiträge zur Erklärung teo Ariftophanes. 


ter ausgeführt: Wenn bu einen fiebít, wit bem du leichte 
Arbeit zu baben boffít, fo führt du ihn mad) Athen, vers 
wicdelft ihn in Proceffe und befiegeft ihn mit Syfophantens 
ftreihen. Sn diefer Schilderung leſen bie Herausgeber feit 
Gafaubon nad) befjen Gonjectur alle ὁιαλαβω», während bie 
codd. einftimmig διαβαλων haben. Che wir zeigen können, 
bap bie Lesart ber codd. aud) hier bie wahre ijt, müflen wir 
zuvor bic einzelnen Worte genauer beiradıten. Es (tóft ung 
bier zuerft ἠγκύρισας auf: fo Brunck, Dind,, da man früher 
«yxvoriaac fchrieb, mae offenbar fal(d), obgleich bie Ueberein⸗ 
ſtimmung der Lerifographen auffallend i([: 3) wie fle aber 
über die Lesart nicht im Klaren waren, fo and) nicht über 
den Sinn. Gorrupt iff auch der Schol, ad n, l.; aud) S. 
Beffer hilft nicht: ὑποσκελίσας, κατάξας;, ueruxuÄsouusvog‘ 
οἷον τῇ ὦγκύλη καταλαβὼν, ὅπερ ἐστὶν ἀκοντίου εἶδος. 7 
καιαπαλαίσας' παλαιστρικά γάρ ἐισι ταῦτα, καὶ τὸ δταβα- 
λὼν καὶ τὸ ἀγκυρίσας. καὶ ἀγκύρισμα εἶδος πἀλαίσματος 
καὶ σκεῦος ἀγοευτικὸν σύκων. 


ungeniehbar, wie e$ denn auch einen ungenießbaren Menſchen bezeich: 
net: e8 (lebt alfo bem πέπων grade gegenüber: beyten ift 7 ur πέ- 
πων beygefünt,, mad feinen Gegen(ap zu ihmen bilder, fondern zwi: 
ſchen beyden in der Mitte (let: πέπων ift nemlich eine ganz befon: 
ders füße Art von Feigen: Lob ad Phryn p. 258: alfo heißt es: 
er [εί yu, welche Beige τοῦ oder bie befte oder mittelmäßig iſt: 
eene Umschreibung für: wer unterfuht Alles» Bey folchen Umfchrei: 
bungen findet man oft bey den Dichtern, Daß, um ja nichts augzulaf: 
en, zu den Endpunkten noch das in ber Mitte Liegende gefügt wird: 
darauf zieht Ariftophanes vielleicht (08: Aesch. Prom. Vinct. 765. 
Blonf. ad Aesch, Proin, Vinct. Gl. 116. Eurip, Helen. 1137; 6 τι 
λύςν 5 207 φεὸς, m τὸ µέσο». Man muß (id aud) nicht durd 6, - 
„61 irre führen lafen: denn der Dentlichfeit wegen — cf. iufr. — 
(at der Dichter bier aud dem Zropus und bezicht «πράγμονα und 
xtz4s0u6 auf UneuJurQUS: biefer ἀπράγμων und zeyıvws iff ein πέ- 
"6 nah Kleons Art. 


3; Dennoch liegt bie Corruptel vor unferu codd Zweifelhaft bin 
ib, ob die Füiorcntt. bei Dind. Aristid. cd, 1830 ἠγκυρέσας oder dyxu- 
εως haben: ec fcheint, als hätten (ie erfterec. 


(Sortiegung folgt.) 


——rſ fr rn' — — — 


Anzeige. 


Le lever du soleil sur un vase peint du Musée Blacas, 
publié par M, Th, Panofka , Secrétaire dirigeant de l'Insti- 
tut archéologique. A Paris de l'imprimerie de Crapelet, rue 
de Vaugirard N. ο. 1833. Gr. 4. 17 6. 2 Kuyfertaf. 

Möchten wir unfern Lefern eben fo leicht bie Umriſſe 
diefes foftfidyem Bildes felbft vorzulegen im Stande feyn , ale 
eine kurze Beſchreibung davon! Es wird ald befonderer Ab⸗ 
brud aud, dem Musée Blacas, worin e8 Tafel 17 und 18 
einnimmt, ausgegeben. Bon neuem (eben wir bier, wenn 
wir nemlich auf ben inneren Zufammenhang ber fo naío nnb 
mit fo viel [ebenbigem Raturgefühle bargeftellten allegorifchen 
Handlung be8 Sonnenaufgangs unfer Augenmerk richten, wie 
wahr Simonided von der Griechifhen Malerey fagte, bag fie 
eine ſtumme Poeſie fe. 

Der Neuer hauchenden Roſſe Führer, wie Pindar den H ee 
lios nennt, fleigt aus dem Meer am Himmel empor mit 
feinem Biergefpaun, unb bie Keuerroffe find bier. geflügelt. 
Die Sterne, die gleid) der Sonne bem Meer entfeigen und 
darin untergehen, im Dfeanos nad) ber Ilias (V, 0) fid) bas 
den, weichen eiligit in bie Wellen zurück, weiche Helios vers 
ließ. Durch vier nadte Knaben find fie dargeftellt; brey gang 
mad) ber Natur von Badeluſtigen und in fichtbarer Abſtufung 
auch diefer vorübergehenden Erſcheinung. Der eine ift. fchon 
halb in ben Wellen und jchläg: die Arme als ob ed ibm mobs 
lig drinnen wäre, ber andre berührt fie fchon, indem er nod) - 
umblickend nad) dem Bahnen, woraud er verjagt wird, fid) 
binabgeworfen hat; über diefe beyden geht der Wagen bes 


134 Anzeige. 


großen Lichts fchon hinweg. Gerade vor bemfelben flürzt ber 
dritte (id in der Haltung eines Schwimmerd, ber von hohem 
Ufer ober einer Brüde fid) hinabwürfe, häuptlings fenfrecht 
in die Wogen. Zwifchen' ihm aber und den beyden andern, 
und mit ihm im fchärfften Coutraſte, finft ber Morgens» 
tern, ber eine ffeine Weile mod) allein fichtbar bleibende, 
fid) gerade umb fteif haltend, wie wieberftrebend und uns 
gern weichend, mit empor geftredten Armen und indem er mit 
einer Hand an einem der Hufe be8 Lichtgefpannes fid) feft 
halt, Iangfam hinunter. Aber diefer Ouf empfängt davon 
fo wenig Eindrud ald ob einer der taufend Schatten (id) 
daran Βεβείς, bie ber Wagen vor (id) hertreibt. Das Meer 
hebt fich indeifen bem Phosphoros entgegen in einer hohen 
breiten Maſſe, afé um ibm zum Fußgeftelle zu dienen, wie 
auf einem Phifoftratifchen Gemälde (II, 8) ber Fluß Meles 
feine Wogen aufwölbt um die Kritheis, ber Inachos auf eis 
nem andern (1, 8) um bem Poſeidon und ber Ampmone zum 
Thalamos zu dienen, nachahmend beg Enipeus ber Odyſſee 
(Xl, 2412.) 

In ber Mitte erfcheint Pan mit zwey kleinen Hörnchen 
auf der Stirne, übrigens, wie öfters, in reiner Menfchene 
geftalt, 1 auf Gebirgehöhn, bie durch eine Linie und einen 
Baum gezeichnet find s er (djaut der Selene nad, die fchon 
entfernt, am andern Ende des Bildes, fangíam auf einem 
erde davon reitet. Das Paar i£ aus feiner Umarmung 
anfgeftórt; bod) braucht Pan nicht mit zu entweichen, ba er 
‘eine nicht auf die Nacht befchräntte Lichtnatur bat, ale ein 
Dior, «4ύχειος, Lucidus, ber in Flammen herniederfährt unb 
burd) Feuer verehrt wird; feine Schritte find barum, indem 
er ſeiner Buhlin nad) der einen Seite nadıflebt, auf bie aus 
bre des Helios hingerichtet, deſſen Hike zur am Mittage ihn 


|) 3.8 an der marmarnen Vaſe Chigi, F Suegaé. Abhaudlan⸗ 


gen Taf. V, au der Mhenifhen Vaſe mit Peleus und Thetis & 
Duliois Maisougucuve pl 70, 


Anzeige. 135 


in den Schlaf ſenkt. Pan umgab fih, wie 9ifanber bey. 
Dhilargyrins zu Virgils Landbau (III, 392) erzählt, und Mas 
erobing (Sat. V, 22) im Ganzen beftätigt, mit fchneeweißer 
Wolle um Selene zu gewinnen, b. 5. er verwandelte fid) im 
einen lichtweißen Schafbod, worin man die Wieberholung 
ded, nach Herodot, altpelasgiichen Symbold von Hermes und 
ber Oefate Brimo, die babeb mit zu verfichn iſt, nicht vers 
femen wird. Birgil, ber den Nikander nadjabmt , fe6t bas 
für ein Gefchent von fchneeiger Wolle, womit Pan bie Mond» 
göttin zu (id) in die Bergwaldung lodte; und fein Erklären 
Probus bringt ſodann ftatt beffen bie weißere Hälfte ber gait» 
zen Pansheerde vor. Die Arkadiiche Höhle ded Pan Lykeios 
und ber Celene bey Porphyrind (A. N. 20) beweiſt, bag die 
Sage alte Landesreligion angieng- Darum fanden and) Pan 
und Artemid fid) gegeneinander über bey bem Eingange eis 
ned Asklepieion in Sikyon, fo wie Altäre bes Pan und be8 
Helios hinter dem Heräon eben bafelbft waren. 2) 

Auch Eos fehlt nicht; beflügelt ift fie dem Helios vore 
angefchritten unb treibt den «άρει Kephalos rafch, wie bie 
Qe beà neben her Taufeuben Hundes zeigen, vor (id her. 
Er felbft hat Feine Eile, er hält der ſtürmiſch brüngenben 
feine Sagdfpieße entgegen, wendet im unfreywilligen Lauf (id) 
mad) ihr um und hält ihr (m der rechten einen Stein entge» 
gen; 3) aber weder mit den Spießen, nod) mit dem Gteine 
wagt er (id) ernfilich zu miberfegen. Einzeln, wie am Throne 
δε Amykläos, 4) boten bíéber fchon bie Bafenbilder dieſe 
Gruppe häufig dar; 5) doch ετ[ in biefem Zufammenhange 


3) Pausan. Il, 1ο, 2. 11, 3. | 

3) Kephalos flegt mit der Schleuder. Hygin. 273 p. 381, 

4) Pausan. 111, 18, 7. Χέφαλος dà τοῦ κάλλους ἕνεχα ὁπὸ Ἡμέ- 
θάς έοιὶν ἠρπαγμένος. 


5) Zifhbeig II, 6: (Gal. mythol. XXIV, 94), IV, 13. (4:.) Mil- 
lin Pciut. II, 34 sq. Millingen Vases Coghill. pi. ı4. Laborde Vases 
Ji 33. Panofka Mus. Bartold, p. i111. 


136 Anzeige 


Härt deren Bedeutung (id) eutfchieben anf. Gà. ἵ keine am 
bre afé bie, melde Ref. fchon vor zehn Jahren ald Bermus 
shung mit biejen Worten audgefprochen hatte: 

»Wenn Eos den ſchönen Drion raubt, beu Kephalss 
(Ksígoloc, Finfterling, weßhalb Kepheus der 9(gronomie Ers 
uber genannt wird) entführt, fo war es zuerft nicht mehr, 
. e$ bag mit bem Morgenrothe ber Sterne Licht verfchwindet 
and von bemfelben dad Dunkel hinmeggenommen wird.« 6) 

Eos verfolgt dad Dunkel, den Kephalos, fie liebt ihn, 
wird ib erfaffen und fid) mit ihm in ben Dfeanos beiten, 
aus weldyem aud) fie, gleich Helios unb ben Sternen, bero 
sorgeht; 7) fo bag dieſes Paar ber Bereinigung entgegen» 
geht, während das andre getrennt wird. Die fnigéballe 
zu Athen hatte παΦ Paufaniad (1, 3, 4) auf dem Dadıe 
poco Gruppen aus gebrannter Erde, Thefeus den Skiron im 
Bas Meer feufend, und Semera (b. i. Eos) den fdjónem fe» 
phalos, bem fie liebte, entführend; unb febr richtig iff Hrn. 
Panoflad Bemerkung, bag dem Kephalod baffefbe, was dem 
Giren, bevorſtehe. Es (lub Gegenftüde, bepbe beziehen fich 
anf das Meer; nur foll. Kephalos nicht allein, fondern mit 
der Entführerin zugleich darin untergehn. Euripides im 
Hippolyt (455) läͤßt ffe ihn zu den Göttern bringen. 

Panfanias führt zugleich aus dem Heſiodiſchen Gebidyt 
auf die Weiber an, was wir aud) ın der Theogonie (986) 
Iefen, daß Hemera von Kephalos den Phaëthon gebar , wels 
hen Aphrodite zum Hüter ihres Tempels madite; fraftig und 
jung, in zarter Blüthe ber. herrlichen Mannbarteit, einen 
fröhblihen Knaben, rafft’ ihn Aphrodite fid) weg und feste 
fíd) ihn zum nächtlichen Tempelwärter, einen göttlichen Däs 
mon. Phasëöthon heißen Verſchiedene; unter ambern aud), in 
in ber Odyſſee, das eine der Pferde ber Qoà, Diefer hier 


6) Meber eine Kretifche Kolonie in Theben ©. 76. 
7) Odyss. XXIII, 243. Hyınu. iu Merc. 188. 


Anzeige 137 


ift der Leuchter im nächtlichen Seilígtbume ber Liebe, ber die 
Lichtnatur bat von ber liebenden Eos und bem Kephalos ans 
gehört durch die Zeit ber Finfterniß, bie er erhellt. ϱ) 
Bedentfame Züge fcheinen ποώ, bag fepbaloà aus dem 
Gefchlechte ded Endymion hergeleitet wird, 9) und daß er im 
ber Attifchen Zabel 6eo Pherekydes febnfüd)tig zur Nephele 
ruft. Sonft fieht man and) an ihm fehr deutlich, wie fo ganz 
als Teibhaft menfchfich bie Griechen, bier durch die Schilderung, 
reischder Jugend und bie Liebe einer Göttin verbfenbet, eine 
allegorifche Perfon aufzufaffen vermochten, da fie ihn in 66, 
nealogieen und Landesſagen einflechten, gleich fo vielen und 
verfchiedenen Wefen durchaus ideeller Art. Vorzüglich ges 
fdjab δίεβ in Phokis; denn des Phofifchen Könige Deion ober 
Deioneus Sohn hieß Kephalos fowohl in bem Noften, wenn 
er mit ber Minyastochter Kiymene verbunden ward, 10) als 
in ber weit berühnteren Attifchen Cage, mo et die Profrig, 
δεὲ Frechtheus oder beé Pandion Tochter, bie ſchon in ber 
Odyſſee unter den Frauen der Poefie in der Unterwelt ges 
nannt ift, zum Weib hat. Aber bie Attifhe Sage hat ihn, 
wie ed fcheint, fid ganz zu eigen machen wollen, und ihn 
befwegen zum Sohne der Herfe von Hermes gemadjt. Apols 


8) Ariſtarch, wenn er für Aoxlloyos mit Recht gefebt wird, 
ſcheiut Die Wüegorie nicht verflanden , fondern, wie er gewohnt war, 
die Gefchichte dujerlid) und als bedeutungslos aufgefaßt zu haben, 
nach feiner Emendation αύχιον für νύχιον, wobey er nur an das 
Adotum eines mir£(tben Tempels gedacht haben Pann. Der andre 
verſtand, welcher [djreiot: »uzzegiwör" τὰ γὰρ τῆς ἀφροδίτης µυ- 
ἀτήρια γυκτερφινά. Sicht tiefer Phaëtbon {β ber Hesperos, € obtu 
ber Wurora unb des Gephalus, bey Hygiu P. A. Il, 4a; fondern eine 
Geburt wie Godpboros (ober Phosphoros) unb bie Sterne als Kin- 
ber der Cos. in der Theogonie 3315 und wenn er mit menus. flreitet 
und Stern ber Venus genannt wird, fo iff e$ wie wenn Dpmenäos 
ben Hesperos [tebt. 


9) Schol. Eurip. Hippol. 455. 


10) Pausan, N, a9. Klomenos ift bey Laſos ber Hades; barum 
ſcheint Klymene felbft ein für Kephalos gewählter, bezügliher Name. 
€ouft iſt aud) Sol Klymeuos Hygiu. 154. 


198 Anzeige. 


[obor führt biefe doppelte Abflammung an unb verbindet Das 
mit beybemale die Entführung der Eos, 11) fo bag ed nicht 
das Richtige ift, wenn Heyne zwey Kephalos unterfcheibet. 
Der Attifhen Sage gehört vielleicht die Geftaltung ale Iäs 
getémaun an, ba bie Prokris Syágerín ift und Jagbfpieß und 
Hund, die in biefen Fabeln berühmt mwurben, bem fe» 
phalos fchenkte. Die Kephallenier leiteten fi und den Na⸗ 
men ihres Landes von ihm her, wozu offenbar die zufällige 
Uebereinftimmung beyder Namen den erften Grund bergab; 
unb um dieß einzuleiten führte man den Sohn ded Deioneng, 
von Attifa Der, mo er, wegen ber unfregwilligen Todung 
ber Profris (nad) Hellanikos) durch den Areopagos zur Ders 
bannung verurtheilt war, nad) Theben, in baà Seer beé 
Amphitryon gegen die Teleboer ober Taphier, und gab ihm, 
baé eroberte Raphos, nunmehr Kephallenia, für feinen Aus 
theil an dem Eiege. 12) So wird nun von ihm bad Ges 
fdjfed)t des Odyſſeus abgeleitet, 19) und wirkliche Geſchlech⸗ 
ter der Inſel hielten ihn für ihren wirklichen Ahnheren und 
verhandelten demzufolge mit den Athenern. 14) Durd einen 
mythologifchen Galembourg, wie fie unter den Griechen febr 
im Geifte des Volks maren, fagten bie enfabier, Kephalos, 
bed Deionens Sohn, (ep der erfte geweſen, der (id) von (6, 


11) Apollod, 1, 9. 4. IIT, ı5, 1. 14, 3. Deiond, des Ueoliden, 
Sohn if der Attiſche Kephalos bey Pherekydes, Heilanikos, Kalli⸗ 
machos in Dian. 209, Antoninus Lib. 4ı. SchoL Eurip. 1, c. 
Hyg. 48 (unter den Wttifden Königen), 189. Bey demfelben a4: 
Deionis sivc Mercurii filius, 16ο Mercurii ex Creusa Erechthei fiilia, 
So bey Ovidins Metam. VI, 681. VII, 672. Acolides, Deions 69001, 
hingegen A. A. III, 925 Cyllenia proles, 


1:2) Apollodor II, 4, 7. Strabon X, 2, 15. at p. 456. 459. 
Dlautus Amphitr, IV, 4, 50. Schol. lad. II, 631. IV, 330. Anton. 
Lib. 41. Zonaras v. Κεφαλληνία p. ııgı. Eudoc, p. 260. Tzetz. im 
Lyc. 932. * 

13) Schol. Tl. IT, 73. Hyg. 189. 


14) Panfanias 1, 37, 4. Epaphroditos Commentar zur Odyſſee 
im Etym. M. p. 507, 26. 





Anzeige. 139 


eem Felſen ind Meer herabgeftürst habe, unb zwar aus iebe 
zu dem Pterelas ober Pterelaod. 15) Co erzählt Strabon (X, 
2, 9 p. 452), und außer bem Erfinder nahmen ja auch bergleis 
den bald alle andern ald Gefchichte bin. Pterelaos aber, 
ber Sohn ded Taphiosſs, mar in bem Teleboerkrieg eine Haupts 
perfon, und babeg der Sohn ober ein Begünfligter des Pos 
ſeidon; und den Sühnopfern, bie an dem Apollonsfeſt im 
Leukas in baé Meer geflürzt wurden, unb die zu der Did 
tung Anlaß gegeben, bag (oíd) ein Sprung, wer ihn glüds 
ld) überlebe, wohl vou ber ftärfiten Liebe heilen könne, wur⸗ 
den, um fie zu retten, allerleg Klügel (πτερά) und Bögel aus 
gehängt, wie Strabon gleichfalls berichtet. Dieß fegeint man 
untereinander fpielend verknüpft zu haben. 

Der Attiſche Kephalos wird mad) Thorikos in ber Ata⸗ 
mantiſchen Phyle geſetzt; 16) derſelben gehörte ber Demos Ke⸗ 
phale au. Sollte dieſer auch und zuerſt den Kephalos ſein 
genannt haben, und alſo auch hier der Ortsname die Urſa⸗ 
che gewefen ſeyn, eine Perfon ber allgemeinen Mythologie 
heranzuziehen ? Eine jämmerliche Genealogie (ff die, welche 
man mad) Apollobor (III, 44, 3) für Paphos in Eypern ges 
madt bat, um die Kinyraden, ben Pygmalion, ben Adonis 
von bem Attifchen Kephalos, Sohn des Hermes und ber Herſe, 
und, mit ber Eos, Vater beB Tithonos, Großvater ded Phazs 


- "jer (mobeg man auf den SHefiodifchen Diener der Kypris 


fußte), 17) fergufeitet, In biefed [odere Netz wurden zugleich 
ποώ berühmte Ramen von Syriſchen und Kilikiſchen Königen 
und Städten eingefangen. So fol von Athen Lykos nad 
Lykien gefommen feyn. Biel Kunft und Gefebrfamteit ift von 


15) Apollodor II, 4, 5. 7. Schol. Apollon. 1, 747. Tzetz. Ly- 
cophr. 932. Game auf Kephalonia tat den Kephalos auf Münzen- 
Combe Num, Hunter tab. XLVI, 

16) Pherekydes fr. 25. — U, 4, 9. Antoninus Lib. {ι. 


17), So fam F. A. Wolf zu feiner unglücklichen Emendation des 
Scholiaſten. 


140 Anzeige. 


ba ausgegangen; aber lächerlich war es, barum aud) Urge⸗ 
fchlechter anderer Länder von Athen abgammen zu ἴαβεπ. 
In ſolchem Sand eitler Genealogie, einfältiger Volksſage 
unb weit abgefchmadterer Gelehrſamkeit verrinnen bey den 
Griechen bie fchönen Springquellen áfteer, reiner, frijcher 
Raturpoefie: und e8 ift febr erfreulich und, abgefehen von 
dem Genng an Acht Sricchifcher , Acht füufileri()er Darftels 
Inng, höchlich zu [Φάδειι, wenn von Zeit zu Zeit ein Werk eine 
dentenden Künftlerd wen zum Borfcheine fommt, mobnrd) uns 
fere Einficht im jene Naturpoeſie bereichert , berichtigt ober 
beſtaͤtigt wird. 
δ. G. BWelder. 


N 


mu ee —— un 


Beiträge zur Deutung ber Cugtus 
binifhen Tafeln. 
(€ d tu f.) 
Arsie tio subocav suboco dei grabove, arsier frite tio su- 
bocav suboco dei grabuve: b. f. 

adsis te(?) invoco invocatione, di grabove, adsis rite(?) 

te(?) invoco invocatione, di grabove, 

Die übrigen Wörter bis auf frite find alfe früher befprochen. 
frite habe ich muthmaßlich mit rite erflärt ‚ ohne jedoch eine 
Analogie für diefe Boranfegung eines f vor r nachweiſen zu 
tönnen. Es kommt fpäter ein Wort fri oder frif (VI, 30 u. 
f. w.) vor, welches flammverwandt ſeyn mag, aber gewiß 
nicht baffefbe Wort ift. frite fommt einige Male (VII, 33, 
36) mit einem von ihm regierten Genitiv vor. Sd) feße zum 
Bemeife bie Stellen her: 

prestota serfia serfer martier tiom subocav : 

prestotar serfiar serfer martier foner frite tiom subocav: 
bier fan der Genitiv prestotar serfiar nur von {Πίο abe 
bangen. 

Mit bem je6t hier folgenden di grabovie fängt eine ei» 
tanei an, bie dreimal mit benfelben Worten wiederholt wird; 
nur fteht bei gewiffen Wörtern in ber zweiten Wiederholung 
etru ( b. B. itero=altero) , in der britten tertiu (b. B. tertio). 
Diefe Wiederholungen werde ich als verfchiedene Handfchrifs 
ten gebrauchen. Diefelbe Litanei fert noch bei bem Opfer 
an den tefrei ober tepre iovi wieder (VI, 85—95); einige 
Formeln lieft man auch in bem Gebet an bie prestota serfia 

M. Mein. Wuf. f. Pbil. II. 10, 


149  . Beiträge zur Deutung 


serfer martier (VII, 39—36). Die Barianten aus diefen 

fünf verfchiebenen Wiederholungen werde (dj mit A. B. C 

D, E, bezeichnen. 

25. Di grabovie tio esu bue peracrei pibaclu ocre ; 

26. per fisiu tota per iovina irer nomne per erar nomne per 

dei grabovie orer ose etc. 

Barianten.: 25. tiom. C. D, peracri B. ρεταταὶ C. — Nach 
pihaclu fat B. etum, G. tertiu. —  ocrí C. D, — erer 
B. C. D. 36. di D. 6, — crabovie B. — 

Die fhon behandelten Wörter. berühre ich natürlich nicht. 
esu buei, e. hoc bove, Namlich die drei Ochfen: werben nad) 
eitander geopfert und bei jedem Opfer wird das Gebet wie⸗ 
derhalt; daher bir ber Singular bue. — peracrei pihaclu, 
Das legte Wort ift piaculo ; a8 eingefchobene h fommt aud) 
(απ im Altitaliſchen vor; fo in der Volſciſchen Infchrift bei 
Lanzi Hl, 616. pihom. eatu., Aus einem ähnlihen nur üt ber 
Ausſprache vorhandenen Einfchieben. eines Hauchs ift ed. andy µε 
erflären, wenn im Lateiniſchen aus fluo das SDerfectum fluxit 
lautet; nämlich das bh. vergröherte ((d). vor dem s zu ο. — 
peracrei kommt wor bei sacris QVI, 111. 115.) com peracris. 
sacris, ohne daß die Beheutung bed Wortes. dort flarex wäre 
αἴδ hier. Auch von der Bermifchung, zweier Declinationen 
giebt biefe8 Wort. wieder ein Beifpiel, indem peracrei (ob. 
cri) der Ablatig Sing. der dritten ift, peracris der Abl. Pur. 
der zweiten. Sch werbe den. Ablat. Plur. ber dritten unten 
nachweifen. peracer wäre das zunädhft liegende Lateinifche Wort, 
nur ift die Bedeutung bier gewiß eine andre. Die Wur⸗ 
gel ac bedeutet im. Ratein fcharf, (pig feyn ; die Kbertragenen. 
fBebeutungem , die biefelbe Wurzel im Umbrifchen angenoms 
men haben mag, zumal in Verbindung mit Präpofitionen,. 
laſſen (id) aber aus bem Latein nicht ermeflen. Zu ber Ap⸗ 
pofition esu bue peracrei pibaclu vergleicht Lanzi fehr. paſſend 
ba6 Gebet δεί Cato de r. r. cap. 139: Eius rei ergo te hoc 
porco piaculo immolando bonas preces precor, ut sies vo- 


* 


der Cugubini[djen £afetn. 143 


lens, propitius mihi etc. — etur, was in der zweiten Wieder 
holung vorfommr, ift ein Schreibfehler für etru, Ablativ von 
etrus; mie iterum im Patein auf is, id zurüdgeht, itara im 
Ganétvit ein Gompavatio ift vom Pronominal + Stamm ἑ (bie 
fev unter zweien , der andere), fo ift etrus bie analoge Ab» 
Leitung, vom limbrifchen Pronominals Thema e, mefdieó, wie 
wir bei eso und erer gefehen habert, auch in ἑ hinüberfhwantt, 
Die, welche bie Erflärung des Namens Etruria. and ἑτέρα 
and'ora annehmen, haben hier dad aifitatifde Wort ναιν. 

26. orer. Da wir ein Berbum brauchen in bent Cate, 
wobei wie jetzt Rebeir, unb fein andres Wort eà feyn kann, 
etfídve ich over dafür, Nun it aber aus dem vorhergehen» 
den zu fihließen , daß dieſes eine erfle Perfon des Singulars 
fry: Es liegt nahe orer von orare abzuleiten, was vortreffs 
lich zum Gonterte paßt. Der Form nach müßte ed ber Coi» 
jnuctiv ſeyn; nur kann idy dieſe im Umbriſchen fonft nicht 
nachweifen, eben fo wenig, bag ble Umbrer orari für orare 
fagten, obwohl e& (id) freilich denken Füße, ba man orari (o 
gut fagen fónnte, wie precari. Dean koͤnnte verfucht wer⸗ 
bes, ose mit orer zu verbinden ; bed) ergiebt fid) daraus 
feine leichtere Erklärung unb beide Mörter finden [4 nie 
zufammengefchrieben. 

Bei ose können. wir nur rather: Es fommt VI, τοῦ 
vor: destre onse fertu (dextrà ansâ fertö?); unb n im Ins 
mein ber Wörter wird fes willkührlich ausgelaſſen, fo daß 
mon vermuten fornite, e& fey ose δαῄείθε Wort. Die eben 
vorgefdjlagene Erktärung von onse ift. jebod) auf ose wegen 
des übrigen Gates nicht anwendbar. Sch kann mur zwei 
Möglichkeiten entbeden. Entweder ift ose ein Nomen im 916» 
fatio, alfo os, welches dem Berbum orer emphatifch belges 
fügt iR, mie (dj oben bei subocav suboco angenommen habe, 
und welches dann Gebet heißen müßte, ja wegen bed Wech⸗ 
feld Όσα r und s identifch in der Wurzel mit orare ſeyn 
tónnte. Hierfür fprif)t, bag ose nur nad orer vorfommt, 


144 Beiträge zur Deutung | 


Oder ose ift eine Partikel und bebentet: auf δίε[ε Weife 
se, si, sei bildet Adverbia mit ber Bedeutung ber Art und 
Weife, wie pusei, fo wie, wovon unten. Das eríte Ele⸗ 
ment des Wortes ο wäre baun aud einem Pronominal⸗Stam⸗ 
me zu erklären, der auch im Lateiniſchen uti, ut, ubi, un- 
quam, uter (wie iterum von i) vorzufommen [Φείμε, wenn 
man nicht lieber an hoc benfem will. 

Die folgende Stelle gehört zu den dunkelſten bet ganzen 
Tafel , theild wegen der (dimer zu beftimmenden. Bedeutung 
der einzelnen Wörter, theild wegen ber Unficherheit in bent 
Berhältniß der Säge zu einander. Nur dieſes (eint ſicher, 
bag mit persei immer ein nener Sab anfange und bag dei 
grabovie, wie eine Art von Refrain am Enbe jedes Cate 
(lebe. Sch werde nach diefer Abtheilung die Säge herfeßen 
unb einzeln behandeln. 

26. persei ocre fisie pir orto est toteme iovine arsmor dersecor 
27. subator sent pusei neip eritu dei grabovie — 
 SBariantem: 26. pirse C. perse D, — ocrem fisiem C. — 
ortom C. — tote B, — iovinem C. — 27. pusi C. D. — 
bereitu B. heritu C, D. — di B. C, — crabovie B. — 
persei muß und hier von befonderer Wichtigkeit feyn. Ans 
der Stellung im Anfange, fo wie’ aud den fonft im erfien 
Cate enthaltenen Wörtern drängt [6 bie Bemerkung anf, 
bag es eine Partikel fey; denn ba ein Subject im Gate ets 
fordert wird, persei es aber nicht ſeyn fann, wegen ber Art, 
wie eà in den folgenden Sägen vorfommt, bleibt feine am 
bre Annahme übrig. per haben wir oben ald poftponirte Prä- 
pofition in der Bedeutung von pro feunemn gelernt; si, sei, se 
erfcheint in der Partikel pusei, puse, pusi, welches ber Ber 
Deutung mad) sicuti ift, den Elementen nach quasi, wie man 
fchon früher ertlärt bat. Naͤmlich p fleht für qu wie im 
Dffifchen (pitpit=quidquid, petora=quatuor, pe=que), Da es 
num pusei, nicht pasei heißt, fo müffen wir annehmen, bag nicht 
ber Ablativ fem. qua, fondern ber ded Maſcul., der im Um⸗ 


ber Eugubinifhen Zafeln. 145 


brifchen pu lauten müßte, mit sei zufammengefeßt (rp. sei 
in biefen 3Dartifefn bebentet die Art und Weife; pusei heißt 
fo wie. 3.28. VII, ı03. puse veris eo treblanir, fo wie bei 
den verir treblanir; eo modo quo, quemadmodum. Bor - 
persei müfjem wir ein gleichlautended Nomen unterfcheiden, 
weiches mit den Beflimmungen von rechts und Linfe vor 
fommt. VI, 97. 98. destru co persi; nertru co persi. — Syit 
ber vierten Tafel heißt diefed Wort peri. 5. 50, 35. testru ku peri, 
nertru ku peri, wogegen unfer hieflge® persei dort pere lau- 
tet. Bergl. IV, 53. pere mers est mit persei mers est. ©. 
VI, 28 mit den Varianten. Eine andre Partikel ift od) por- - 
sei, wo ber zweite Beltandtheil wieder sei ift, ber erfle por, 
welches aus ber Berbalform purtuvitu und andern ale eine 
Präpoflition zu erfennen i£; pur ift Etruffifche Schreibung 
für por. Aus ber Stelle VI, 15: possei subra screhiter 
sent (-supra scripti sunt) geht die Bedeutung prout hervor, 
gleihfam ald ob man ateínijd) pro si fagfe; pro ca ratione, 
qua. Wir hätten (omit drei Kormen , bie im LUmbrifchen ber 
Lateinifchen Präpofition pro (id) vergleichen laſſen: pro und 
per (wovon fchon oben), dann por. Auf weldye Art fle in 
ihren Bedeutungen modifteirt find, darüber können wir aus 
den wenigen Beifpielen nid)t mit Beſtimmtheit entfcheiden. 
per bat die Korm des Lateinifchen per und id) bin felb ges 
neigt anzunehmen, bag man per richtiger mit bem Lateinis 
(fet per vergleicht; der Gebrauch des Umbrifchen per in 
nomne per würde (id) mit biefer Vergleichung wohl vereinia 
gen; man bedenke, wie fein bie Unterſchiede in den abgeleites 
ten Bedeutungen der Dräpofitionen oft find. Aus diefen Ges 
mentem erfenne ich mun in persei eine Partifel, welche die 
Art und Weiſe (sei, si), und den Grund, bie Beranlaflung 
bezeichnen Der Bedeutung nad) (djeiut mir das Lateiniſche 
quoniam am nächlten zu fommen. 

Das Subject des Satzes ifl pir, dad Pradicat: Dazu or- 
tom est. Daß ortom bie vollfländige orm und richtige Lesart 


- 


146 Beiträge gut Deutuug | 


ig, (f mir nad) den oben gemachten Bemerkungen über m 
nicht zweifelhaft. pir ift al(o ein Neutrum und der Nominas 
tiv. aug vergleicht ed mit πῦρ , und ich glaube, ba er 
richtig getroffen hat. Ich fchließe diefed ans Stellen, wo 
pir mit urere, verbrennen, mit asa, Altar, vuku=focus und 
antentu, (εβε baranf (an-tenere) in Verbindung vorkommt. 
3. 8. II, 12 pir persclu(m) uretu. II, 2: (vuke) pir ase 
antentu, V, 19 pir ase antentu. Daß baé r radikal (ft, geht 
daraus hervor, bag auch bie Ctruéfi(djen Tafeln fo fchreiben. 
Der Einwenbung., daß das Latein bíejeó Wurzelwort nice 
befíge und ed daher unwahrfcheinlich (eg, bag das Umbris 
(fe cà aufbewahrt Babe, fcheint mir leicht zu begegnen. Man 
Bat buro in comburo durch einen Uebergang von p in b mit 
zig in Verbindung (eger wollen, mit welchem Rechte, tools 
len wir hier nicht unterfuchen. pir mit bem Lateinifchen pus, pu. 
ris zu vergleichen, erlauben bie oben angeführten Stellen nicht. — 

ortom {ft ohne Zweifel das Lateinifche ortum, nur, wie 
ed fcheint, mit einer pafliven Bedeutung, etwa angeregt, vom 
Teuer gefagt: angefacht , angefchürt. 

ocre fisie ift ber Dativ ober Ablatio; ber Abfativ würbe 
gut paſſen, wenn man ihn in (ocaler Bedeutung nimmt: 
auf bem Berge. Run findet ſich aber die Bariante ocrem 
fisiem und da wir mit einiger Wahrfcheinlichfeit oben angen 
nommen haben, bag bei foldhen Varianten biejenige, bíe dad m 
anfügt, die wahre Lesart barbiete, (o fragt es πώ, wie bier bee 
Accuſativ fid) erflären läßt. Da nun aber bei toteme iiovine auch 
biefed m vorkommt Ciiovinem), unb weber die Endung eme in 
toteme, noch em bei iiovinem ber Accuſativ iſt (biefer Laute 
im Accuſ. Sing. ber erſten Declin. vollftänbig ſtets am) , fo 
barf man (diliegen , Daß ocrem fisiem, welches in Appofition 
mit toteme iiovinem fliehen muß, auch fein Accufativ fey, 
fondern bag burd) Nadjläßigkeit des Schreiberd ober aue 
Verkennen einer in der Grade nur nod) wenig gebräuchlis 
hen unb hinfterbenden Eafusendung eine bem Accafativ dm 


tet Gugubinifden ZafeIn. 147 


faute Ahnlihe Form mit dem Accaſativ verwechſelt worden 
fep. Mit einem Worte, (d) glaube bag Man bei ocrem fisiem 
fowoht als bei iiovinem bie Endung -me, ble bei Yoteme vor» 
waltet, aud) anzunehmen habe und id) halte dieſes me für 
einen Caſus, ber im Umbrifchen (id) zwar and bem höhern 
Alterthum erhälten batte, aber (m Ansfterben begriffen war 
und Daher weder überall gefe&t wurde, wo er bingehörte, 
noch gehörig mehr von ähnlichen Endungen unterfchieden 
wurbe. Es würde nicht (dimer fällen, aus der Geſchichte 
anderer Sprachen ähnliche Beifpiele anzuführen, baß bei ber 
zunehmenden Abftumpfung der Kormen ihre urfprüngliche Gel, 
tung verlohren geht und bag Πε bann unrichtig gehandhabt, vM» 
Ἡᾳ vergeffen und durch andere erjeGt oder vertreten werden. 

Meine Annahme diefer Ga(u&form me im lmbrifchen 
gründet fich im ber obigen Stelle auf die Betrachtung, baf 
ed willführlich feyn würde, ben Dativ ocre fisie - tote iiovine 
zu emendiren, bag ber Accufativ nicht paßt und aud) eine 
ganz gratuite Eimendation feyn würde (totam -iiovinun), end⸗ 
lid) vorzüglich darauf, bag fonft hinreichend viele und uns 
laͤugbare Beifpiele diefes Caſus vorfommen: anglome VI, 9. 
acersoniame VI, 111. asame Vl, 1ο, (asama I, ı6 ijt οκ 
Gchreibfebler für asame oder asamar) destrame VI, τοῦ. tet- 
tome VI, 14. todcome VI, 1ο. termnome Vl, 110, 116, 
ruseme VII, 8. 9. rubiname ΥΠ, 43. purome VII, 38. 
sandome VI, ı4. pertome VI, τά. carsome Vl, 15$. i4. 
persome VI, 97. 98. Dann mit bem angehängten ce beé 
Pronomens: enumek VI, 46 u. f. w. Nun find biefer Bei⸗ 
friele (djom zu viele, um die Gelbftftánbigfelt der Endung me 
zu verlennen; anzunehmen, bag e hinzugefügt worden zum 
Accuſativ, etwa um das fonft ſchwache m ín ber Ausfpradhe 
zu tragen (wie ein Sranzofe, um bad reine m am Ende eines 
Wortes feinen Landsleuten zu bezeichnen, einen Vocal hinzue 
fügen müßte), verbietet ber Zufammenhang vieler jener Stel 
‚In, die feinen Accuſativ gufaffen. 





148 Beiträge zur Deutung 


Ich bin alfo geneigt, biefe Endung aud) in un(rer Stelle 
anzunehmen unb vermuthe, bag der Schreiber bie volle orm 
nicht feßte, weil ihm die Beugung ocrem fisiem geläufiger 
war ober weil der Ablatiy oder Dativ. ocre fisie ſchon ange⸗ 
fangen hatte, fich in die Stelle besjenigen Caſus eitgubrügger, 
ber eigentlich durch die Endung me bezeichnet wurde. Die 
legte Annahme wird dadurch beftätigt, bag wir toteme iiovine 
Sefen , nicht totame iiovinam (e), wie in den obigen Beifpielen 
biefer Caſus in der erſten Diclination lautet. Nämlich ber 
Dativ ift tote iiovine und biefem Dativ, nicht dem Thema 
tota iiovina, findet fich bie Flexion me angehängt. 

Betrachten wir die Sefchichte der mit bem Latein vers 
wandten Sprachen in Beziehung auf die arfprünglidie Orga 
nifation ihrer Declination , fo ergiebt fid) mit Sicherheit, bag 
Πε alle urfprünglich adit Caſus unterfcheiden, nämlich außer 
den fechd Lateinifchen einen Inſtrumentalis und einen €ocatío. 
Die Umbrifche Endung me fcheint mir ein Locativ. zu (egt. 
Alfo ocre fisie für ocreme fisieme, auf dem geheiligten Berge, 
toteme iiovineme, in der ganzen Tribus iiovina *). — $56 


ϐ) Um nit ben Ge meiner DeutungssMerfuche mit einer 
Unterfuhung aufzuhalten, die nur für ſolche Lefer ein Intereſſe 6a: 
beu wird, bie mit alfgemeiuern Forſchungen Aber vergleichende 
Spradenkunde beichäftigen , füge ich folgendes in einer Note bei 
Besen die obige Anfiht darf man nur die @inwendung nicht 
machen wollen, daß e$ unwahrfcheinlich fep , bag eine fo vermafrlofte 
Sprache wie die Umbri(de, einen Eafus (i aufbewahrt habe, ber 
in den weit gebildetern Gprachen des elaſſiſchen Alterthums nicht 
mehr durch eine eigenthümliche Endung unterſchieden wird Was bie 
einzelnen Sprachen von ihrem urfpränglichen organifchen Baue aufbes 
wahrt haben, was nicht, das hängt oft von Hrfaden ab, die wir 
Kine ergründen Fönnen; nur dieſes ift fiher, bag bie Stufe bet 
litterariihen Bildung der Sprachen auf die @rhaltung der Formen 
nicht immer einen ent(predenben Cinfuß ausgeübt bot. Wie Fönns 
feu fonft die Jahrhunderte hindurch fid felbft überlaffenen und jeder 
«pflege beraubten getti(en Sprachen, vorzüglich die Litthauiſche, eine 
[ο reihe S:ectinations : &orm (id) erbalten haben? Auch der frühere 
Anfang ſchriftlicher Auffaſſung (let nicht mit dem Formen-Reichthum 
überall im Einklange. Hat bod) die Althochdentfche Mundart ben Ins 
ſtrumentalis bewahrt, während er im Gothifchen fo qut ats fehlt. 
Was nun bie von mir angenommene Eudung des Umbriſchen Lo: 





der Cugubinifden Safeln. 149 


sun bie hier vorgetragene Meinung von einem Umbriſchen 
Locativ begründet ift oder nicht, wird (id) erit ausweiſen fono 
zen, wenn alle die Stellen erläutert find, wo bieje Endung 


me vorkommt. 
Den nächſten Satz toteme iiovine arsmor dersecor su- 


hator sent halte ich für einen Parallelſatz mit bem vorherge⸗ 
benbem. toteme üovine ((f eben erflärt, sent ift sunt, wie 


cativs betrifft, fo wirb es nicht am unrechten Orte feyn, Bier zu 
verfuchen , ob e$ nicht möglich (ep, feine Verwandtfchaft mit ber For⸗ 
mation deffelben Eafus In den verwandten Sprachen nadqumeifen ; denn 
p$ne diefed würden wir, [Φείπέ mir, feine rechte Bürgichaft haben für 
mníereün(idt. Ober nähmen wir an, biellmbrer hätten fich jeneu Qa: 

(16 unabhängig gebildet, fo müßten wir verfuden, feine Bildung 
and Umpbrifchen Elementen zu ermitteln, 

Der Locativ des Gíngular$ hat im Synbi(den, um hievon qué: 
zugeben, ben Bocal ἑ zum Kennzeichen, [ενώ nur beim Nomen; 
biefelbe Bezeichnung des Locativs hat man wohl im Griechiſchen mund 
£ateiniíden mit Recht wiedererfannt, in Bormen,, wie οἴχοι, Meya- 
qoi, not, domi, ruri, humi, Das Andifhe Pronomen hat aber eine 
andre Endung, in, bie mit ài verwandt ſeyn mag, mas und bier 
nit angeht. Beim Pronomen wird nun zwifchen den Wortſtamm 
unb die Flexion ein sm eingefchaltet, fo daß bie Endung smin wird. 
Die vom Gausfrit abgeleiteten Sprachen, das Pali uud Praßrit, 
übertragen diefen Locativ aber auch auf das Nomen, afjimiliren aber 
Bas s bem m, und werfen das finale 2 meiftend ab; fo entfichen für 
bie verfhiedenen Wortfiämme die Endungen; ammi, immi, ummi. 
Diefe Form des Locativs {ῇ es, die id mit der Umbriſchen vergleiche; 
ih nehme an, baf ame, ome, eme au$ einer ältern der Jñdiſchen 
näher Eommenden Zorm abzuleiten. Eine analoge Affimilation jenes 
sm bat Grimm mit feinem gemófntiden Scharfſtun (Gr. I, 826) 
in der Gotbiíden Borm des Dativs Singularis nachgewielen. (thbamma 
Φο(β. tasmai Indiſch). Sim Alte Preußifhen Dativ stesmei ((t bage: 
gen dad s geblieben. 

.. @rft nachdem id) dieſes niebergefchrieben hatte, Fam mir bie oben 
citirte Abhandiung von Herrn Dar. Schmidt de pronomine Graeco 
et Latino indie Hände. SY fefe, baf ber Berfafler dem Lateinifchen den 
Rocativ zu vinbiciren fucht- 6.65.26. Ich befenue mid) gerue in der 
Hauptſache vom Verfaſſer überzeugt zu ſeyn, ohne daß ich ihm grade 
alte feine &ocatibe einräumen fann. Cr nimmt n» für die eigentliche 
Endung und betrachtet m als eine SRobiflcation bapou. Unſere Unterz 
ſuchungen begegnen (id) alfo unerwartet; me, abgefürgt m, habe id) 
für bie Umbriſche Borm des Locativs erklärt und, wenn bie Webers 
reite eines Lat. Locativs, bie Or. Schmidt annimmt , e$ wirklich find, 
ift die Endung aud, eigentlich ein m, baé burd) folgende Anhängfel zu 
n verwandelt wird. Dieſes zu beweifen, brauchte gar nid eiumahl 
einer SBergleidung mit dem Umprifchen. 


150 Belträge zur Deutung 


die oben berührte Stelle VI, 15 beweißt. or ift bie Endung 
des Rom. Pur. 2ter Declination, wie biefelde Stelle zeigt. 
Da wir nun im Lateinifhen für biefen Enfus eine Endung 
finden, nämlich i, bie mir mit or nicht vergleichen Tonnen, 
wird es nöthig fegm, etwas weiter auszuholen, um nnd ori 
entiren zu fónnem. Wie or für bie zweite Declin:, [ο tft er 
bíe Endung des Nom. Plur. in der britten im Made. umb 
Gem. Kür dad Neutrum wirb eine andre Biegung, wahrs 
fheinlic, a, angenommen werben müflen. Die Beifpiele für 
er ftehen VI, ı20. foner, pacrer von den Stämmen fon - pa- 
eer (pacrer, wie nomner für nomener Da mum das finale 
r bem Lateinifchen s entfprid)t, fo it er in ber dritten ganz 
gleich bem at. es (ped-es, patr-es). or aber, Rat. os, zeigt 
und eine bemerfendwerthe Abweichung , indem im Lat. wie 
im Griech. die erfte und zweite Declination im Nominativ 
Dur. ἑ zur Endung haben (a Stamm, i Endung, baher ar, 
ai=ae; o Stamm, ; Gnbnng, daher οι, oii). Das Umbrifhe 
hat jebod) bier die urfprünglichere Form aufbewahrt, wie dad 
Ganéfrít zeigt, mo bie entfprechende Declination (die erfte 
anf a, Mafcul. &, Feminin. à) aud) s zur Endung im Nom. 
Pur. haben. à fommt im Canéfrít ald Endung ded Nom. 
Sur. Mafenlin. nur im Pronomen vor, das Keminin des 
Pronomen hat 5, Beifpiele: acvas, equus, acväs, equi, di- 
vy&, diva, dea, diuyds, deae, divae, taiste, ol, täs=ral, 
Diefe Pronominal » Endung ded Nom. plur. z befchränft 
fih alfo im Indifchen anf das Pronomen Mafe. ift im 
Griech. audgebehnt auf das Feminin beé Pronomens und bie 
erfte und zweite Declination; im Gothifchen bleibt das i bes 
fdjránft auf das Adjectiv Mafcul. (blindai), fonft gilt mod) 
das s; im Ritthanifchen flimmt das Maſcul. mit bem Lateis 
πί[ά) » Griechifchen (ponai, dominj) , das Feminin mit bem 
Gothifch » Indifchen (rankós, manus) Das Umbriſche Pronos 
men konnen wir nicht nachweiſen. Kür das Nomen dürfen 
wir überall das bem s gleichgeltende r annehmen, 


bet Gugubintfden Tafeln. 151 


Schwieriger {β ble ffRebentung dieſer Wörter. In subaton 
dürfen wie wohl, vorzüglich nad) der Schreibung subahtu 
(V, 42) subacti ertennen; ο iſt hier abgeſtumpft gu bh, in sube- 
tor gang verſchwunden. Daß ο im Umbrifchen em ſchwacher 
Buchſtabe war, erhellt aus dem, was über feitu, ditu, pase 
‚oben gefagt werben. Diefe Erklärung «ft (don von few: 
Dersecor deutet berfelbe burd) desecti; allein nur halb vido 
fíg. Das finale Eateinifche s erfordert im Umbrifchen ein r, 
der (ft alfo dis, ber Wechfel zwiſchen ο und ἑ ift wie in nam⸗ 
ner=nominis wx. a. secor ift weiter fein Particip Waffe, 
denn dieſes bewahrt das t, wie eubetor zeigt. Dersecor maf 
son der Wurzel secare kommen, wie mergus ven mergere, 

vivus von vivere und eine active Bedeutung haben. Das 
Umbriſche Berbum kommt im Perfect vor (VI, 121, 122) 
.— Ong. dersecust, Plur. dersicurent; dissecare {ft auch im La⸗ 

tein eine unverwerfliche Zuſammenſetzung. Sad) bíefer Aus⸗ 
einanderfeßung müßte dersecor heißen dissecantes,  arsmor et« 
Märt Lanzi burd) armi; das s könnte (m kateiniſchen ausge⸗ 
fallen feyn, wie in remus für: resmus, omen für osmen, 
coena für coesna (co- esna, συσσιτία]. arsmor fommt in zwei 
andern Verbindungen vor, einmal mit perca 1t. tia (VI, το, 
perca arsma tia habitu), wo ber Zufammenhang und auf 
nichts ficheres führt, bann (VI. 3o. 32. und öfters) in folgen⸗ 
ber Reihe: arsmo veiro pequo castruo ; {ch wetbe unten zeis 
gen, daß diefe Wörter Genitive des Pluralis find: alfo — 
virorum pecuum eastrerum ; bier (eint ed, müßte ber Zus. 
fammenhang bie Bedeutung geben. Die beiden erfien Geni; 
tive find regiert von nerf, was (d glanbe durch vires, Kraft, 
Stärke, deuten zu fonnen. Sch füge nod) hinzu, daß arsma 
(VL, 19) ein Feminin feyn muß; das Wert wechfelt alfo Ger 
and, wahrfcheinlih weil es ein lebendiges zweigefchlechtiged 
Weſen bezeichuet. Nehmen wir nun die Etymologie zu 
Hülfe, fo müjfen wir erft einen Stamm ars annehmen. Die 
eutfprechende Lateinifche Wurzel fcheint mir arc zu feyn, weil 


153 Beltráge gut Deutung 


ich fpäter glaube mod) andre Beifpiele nachweifen zu Können, 
wo das c aufer bem oben angenommenen Falle voc. einem e 
mub ἑ *) in s übergeht. Vergleichen wir nun ben Grundbe⸗ 
griff ber Lateinifchen Wörter arx, arcere, arcos, ar- 
canus, arcubiae, arculus, arma für arcma (nad) Varro's Ab⸗ 
leitung da L. L. IV, 24), fo erhalten wir δει bed Schuͤ⸗ 
Gens, Abwehress und habe ich Necht arsmor mit berfelben 
Wurzel in Berbindung zu bringen, fo würbe das Wort 
Gdüger, Wehrmänner bedeuten. Reben (veiro) viro- 
rum [Φείπέ diefe Erklärung nur das gegen [6 zu haben, 
bag fie eine SLautofogie annimmt; doc wäre biefe nicht µε 
groß für ben etwas peinlich ferupulöfen Stil diefer Tafeln. 
Aber wie [Aft fich biefe Bedeutung mit unſerm Gage arsmor 
dersecor subator sent vereinigen? Sind arsmor bie Beſchuͤtzer 
ber Heiligthümer , bie Priefter? Aber wie find hiemit die 
Epitheta dersecor subator gu vereinigen? Oder bedeutet das 
Wort geheiligte Thiere, die eingefperrt und δεί dem Sei» 
ligtbume gehalten wurden? Hiemit wäre fowol dissecare al& 
subigere leichter zu verbinden. Oder follem wir am arculus 
denfen? — Arcula dicebatur avis, quae in auspiciis veta- 
bat aliquid.fieri. Festus s. v. — Doch ih will nicht mebu 
ing Blaue bíneinratben. 

Zu ben beiden coorbinirten Sägen: persei ocre fisie pir 
ortom est und toteme iovine arsmor dersecor subator sent, 
mug pusei neip eritu dei grabovie der Rachfag (eos. pusei 
ſteht bier im Anfange des Nachſatzes, bei den folgenden Nach⸗ 
fágen ſteht εὁ wicht, obwohl wie hier, persei im Aufange [6 
vorfindet. pusei ift oben erflärt. neip oder nep iſt für ne- 
que, wie im Oſtiſchen (Müller Ctr. I, 30) , jedoch erfordert 
die Partikel nicht, wie e$ fcheint, einen vorhergehenden ihm 
coorbinirten &ag. (6. V, 5. VI, 110), wie hier ja auch fein 


) Eine Spur diefer Verwandlung im Kateinifhen iſt parcus, 
parsimonia. 


der Eugubinifhen Lafeln, 153 
Imperativ vorhergeht. Eben fo nec. in ben zwölf Tafeln: 


sei acnatos nec escit ή. f. t. 

' hereitu ober heritu (fo (t zu Iefen, f. die Varianten) {β 
nicht (ο feit zu erklären. Wir finden bafür eine andre 
Form in unfern Tafeln, nämlich ba& Perfect: heriest (VII, 
52). Dann (lebt bei den zu opfernden Dingen, dem Mein 
34. f. w. oft das Beiwort heri, herie, heris, heries, was mit 
unferm Berbum verwandt (deínt. Dem Lante stad) wäre 
and bem Latein zu vergleichen herus, hera, dann baó bunfle 
herie Junonis (Gell. N, A, XIII, 22), obwohl es sticht auo 
gemacht ift, bag biefe Wörter in die Reihe jener Umbriſchen 
gehören. Dagegen kommt das identifche Derbum im Oſtiſchen 
vor, in ber Sn(djrift von Bantia. Aus Mällers Er. I, 38 
febe ih, bag Hr. Prof. Klenze herest durch volet. erfíárt, 
jeboch zweifelnd. Seine Gründe kenne ich nicht, ex kann aber 
feine andre haben, ald den Zufammenhang ber Stellen, wo 
das Wort vorfommt. Diefe fcheinen mir allerbingé, wo nicht 
den Begriff des Wollens, bod) einen ähnlichen zu erforder. 
Gd) fee ble Stellen her: suae pis ionc fortis meddis mol- 
taum herest=si quis hunc fortis meddix multare —; suae 
pis contrud exeic fefacust, ionc , suae pis herest meddis, mol- 
taum licitud-si quis contra - fecerit, hunc, οἱ quis - med. 
dix, multare liceto. Nun bürfen wir hier eben fo wohl bee 
fehlen, erlauben, gutbeigen, als wollen für herest 
annehmen. Da das Umbrifche hereitu und heriest mit dem 
Oſtiſchen herest eine ibentí.se Wurzel bat, fo verlange ich 
für beide Mundbarten eine übereinftimmende Erklärung. Wenn 
ih zu dem VBerbum das LUmbrifche Adjectiv herie t. f. Ww. 
binzunehme, fcheint mir ber gemeinfchaftliche Begriff der be 
Gnutbeifené zu feyn. Der Meddir fanctionirt die Buße 
des Frevlerd, der Supiter Grabovis fonnte bie Strafe gute 
heißen, in bie der Umbrer fich verfallen glaubte und die er 
bird) ein piaculum fühnen wollte; berie vinu ift endlich ber 
ein, der gutgebeigen ift, ber zum Opfer tauglich erffärt ift. 


154 Beitzäge zur Deutung 


Daß heros (ím Lateinifchen) biefer SSegrifóbegimmamg nicht 
wiberfprechen mürbe, fieht man leicht ein. 

Nach dieſer Entwickelung würde der Sag pr. erllären 
ſeyn: »fo wie bu, o Jupiter Grabove, nicht gutbeißen müs 
grít-« Ich halte biefe Deutung für wahrſcheinlich, nur if 
ber Zuſammenhang mit bem vorhergehenden Sage bunlel. 
Es ſcheint mis, baf darin etwas gefagt (epit mu, was nicht 
ſeyn foßte, was für eine Ctva(s angefehen wurde, gefühnt 
werden mae und mas ber Betende den Gott fleht, wicht 
zuutlaſſen. Auf denfelben Gedanken dürfte auch subator 
pariet, Koch ich gehe weiter. 

37. persel taes perseler vaseto est pesctom est peretom est, 
38. frosetom. est daetom est tuer perscler virseto avirseto vas 
est di gvalovie. 

-Berianten: 25. persi B, perse C. D, — tover für tuer D. 
-— vasetom B. C.D. — 28. tufz €. e tover D. 
- pescler C. D. — 

, ὃν le quoniam: tuis persclis (?) vacatum est pacatum est 
. peratum. est rogatum" (?) est. datum est, tuis persclis (7) 
vertere avertere fug est. 

Die Theilung ber Säbe ift bier ffar; ber Vorberfah et 
bigt mit. daetom est, ber Nachſatz beginnt mit bem weiten 
tger perscker. 

Das legt exwähnte Wort bildet bier bie Hauptſchwierig⸗ 
. feit, doch kann id) es einigermaaßen beflimmen. tuer perscler 
if. ber Ablativ Pluralid. Run i aber perscler (pescler { eine 
weichere Ausſprache ober nachläffige Schreibung ) ohne Zweifel 
verwandt mit bem Perfect peperscust (VI, 64. VIL, 8). Dies 
#5 gebt aus VII, 8 bervor: ape supo postro pepescus (b. h. 
peperscust f VI, 64) enom pesclu (für persclum) rusete ve 
sticatu. Das Berbum hat zum Stamme persc. Da num aber 
ac bei bem Lateinifchen Berbum nur ein Bildungs» Affir des 
Praͤſens und ber bavon abgeleiteten Tempora ift, wie gno- 
sco - (g)notus, cresco - crevi, disco (für dicsco) - didici, na- 


δες Cugubinifden Tafeln, 155 


Scor- natus bemweifen, fo fäme ald Wurzel per heraus. Cine 
entfprechenbe Lateiniſche Wurzel faun ich wicht mit Beſtimmt⸗ 
heit machweiſen. Mau müßte entweder an parere, ober pa 
rare beufeu; ober ifl bie Wurzel pesc in compesco, dispesco 
entſanden aus persco, was mis ber weichern Umbriſchen 
Screibung in pepeseus(t) ganz flimmen würbe; benn daß 
pesco nicht mit pasco gufammenhängt, darin mug mar wohl 
Struve Recht geben. S. Mober bie Lat. Decl. u. Conj. ©. 
224. Doc hilft uns diefe Zufammenftelung nicht qum Chine 
des Worted. Der Anfang ber fechften Tafel lautet nun: este 
perselo aveig aseriater enetu , wofür bie vierte fchreibt: este 
perskhum. ovas anxeriates enetu. Der Genitio aveis a(n)seria- 
ter fani mur vog persclo(m) εερίετί (επ. Gehen wie mut 
weiter. Vaf ed eit Theil des Opfers war, der gefotten wur⸗ 
be, wenn ich nämlich die Stelle II, 21 recht audlege: ap vuku. 
kakehes(t) iepi persklum arkapitu=postquam foco. cochım est 
iepà (?). perselwma aceipito , fo wird es wohl erlaubt ſeyn 
zu vermuthen, bag e& eis: Theil bed Opferthieres fen. Wick 
cher, möchte nicht fo leicht audsumitteln ſeyn. Da tuer babet 
. πεί, fo muß ed ein bem Gotte befonder& geheiligter feyn. 
Iſt eà etwa ber Kopf? Festus führt s. v. aus den Salifchen: 
Liedern an: pesca, b. D. capitia ex pellibus agninis facta. 
Gf bie Vergleichung richtig, fo wäre für pescia nad) bem obí» 
gen είπε ältere unb richtigere Form perscia vorauszuſetzen. 
Oder i& persclum bad Fell und persco die Haut abtrennen? unb. 
pescia bei, den Saliern nach bem Felle ber Laͤmmer benannt ἓ 

vasetom (wie für vaseto zu lefen) muß vacatum (8, 
aber nicht wach der erſten Qonjugation, wie im Latein , fol 
been nach ber dritten. Denn ba man im Umbriſchen ,. 9. 
osatu fagt, fo ift fein Grund anzunehmen, daß im Particis 
pium Verba auf a ihren dharafteriftifchen Vocal einbüßen 
follten. Wil man bod) die eríte annehmen, fo muß man 
vorauéfegen, bag im Umbrifchen bie erfte Conjugation. im 
Particip Paſſ. ben Bindevocal e (εθί, wie im Latein bie zweite 


- 


156 Beittüge zur Deutung 


nicht monstus faßt, fondern mit dem fBinbebocal i monitus; 
Das e bewirkt bie Verwandlung von c in s, wovon oben; 
and bei pesetom für pacatum. Daß ber Wurzelvocal durch. 
eine Art von Umlaute nicht in e übergeht, wie in peretom 
and pesetom, dafür famm ich den Grund nicht angeben. δεί 
daetom für datum (djeint ber Umlaut neben dem Wurzelvo⸗ 
cal zu ſtehen. Denn είπε andre Erflärung ald datum {ft mir 
unmwahrfcheinlich, am meiften die von Cant, die man bei ihm 
ſelbſt nachfehen möge. 

frosetom habe id) Durch rogatum erflärt, zweifelnd unb aus 
Ermangelung etwas befferit. Doch will ich angeben, was dafür 
fprídt. c geht in s über vor e und i, das Analogon iſt das 
her bei g nicht unmahrfcheinlih. Daß ein Labialhauch vor 
r trete, nahm ich oben bei frite an; (d) werde baffelbe (os 
gleich bei noch einem Worte annehmen müſſen unb zu zwei 
zweifelhaften Beifpielen dieſes Lautgeſetzes möge fich frosetom 
als ein drittes gefellen. Eine entfprechenbe Kateinifche Wur⸗ 
gel wäre zwar frus in /Fustum, frusto, ‚frustra, frustro, 
doch was (ft bier Damit anzufangen ? — 

vas est ift ohne Zweifel fasest, virseto und avirseto fonts 
men nur in diefer Verbindung vor und ohne Varianten. Wir 
dürfen daher hier fein andgelaffened m annehmen. — Sinperas 
tive find es nicht; denn biefer Modus hat nur tu zur Ems 
dung, im Pur. tuto (fututo VI, 120). vas est forbert Suft 
nitive unb biefe find ed. tu und tum gehören zwar (m Las 
teinifchen bem Supinum; ich vergfeid)e aber bie Umbrifche 
Form mit bem Indiſchen Infinitiv zu und tun, weldyer zus 
gleich bie Function des Lateinifchen Supinums übernimmt. 
Die Trennung bed Begriffd des Supinums von bem bes 
Infinitivs burd) eine verfchiedene grammatifche Form ift über, 
haupt eine Eigenthümlichfeit beà Lateind und fteht unter den 
verwandten Sprachen, fo viel ich weiß, einzig da. Auch der 
Oſtiſche Infinitiv ((. multaums in den Stellen aus ber Su» 
fhrift von Bantia) ſtimmt nicht mit bem Lateinifchen. Der 


der Eugubiniſchen Tafeln. 157 


form nach (ft alfo der Umbrifche Infinitiv gleich bem ateí» 
niſchen Supinum, welches wiederum wie ber Infinitiv im 
Sanskrit lautet, virseto [eite (d) ab von vertere, avirseto 
affo von avertere; e8 ergiebt fid) mir hieraus zugleich das 
autgefeB, bag rs, wo ed im Umbrifchen zu beu radicalen 
Elementen des Wortes gehört, im Latein rt ent(prid)t. Co 
fagte Accius für mersare mit bemfelben Wechſel mertare. Doch 
if diefes Lautgefeg im Umbrifchen nicht durchgreifend. Festus 
führt arse verse als Etruffifch an für ignem averte; wäre bie 
Stoffe Umbriſch, was ohnehin wahrfcheinlicher feyn möchte, 
da ein echt Lateinifched Wurzelwort wie verto (Indiſch υπ, 
vartate) im Gtrujfijd)en befremdend wäre, fo hätten wir eine 
directe Betätigung unferer Erflärung. arse könnte mit ardeo, 
arsi, ardere verglichen werben. 

28. persei mersei esu bue 

29. peracrei pıhaclu pihafei di grabovie, 

Varianten: 28. persi mersi B. pirsi mersi C. perse mers 
est,D. — ag. peracri C. D. — pibaclu etru B. pihaclu 
tertiu C. —  pibafi B. C; D. — 

persei mers est bildet bem "Borberíag. Daß mers est zu [ευ 
fen, geht hervor aus VI, 114. IV, 53, wo die Formel pue 
mers est, pirse mers est lautet. Da nun pue fo viel ale 
quia , fo ift fein großer Unterfchieb zwiſchen ben beiden For⸗ 
meln anzunehmen. Bon berfelben Wurzel find noch 11, 6 
pure (=porse) fratru (s. fratrum) mersus fust, Il, ει. via 
mersuva, li, 28 iuka mersuva uvi kum habetu; dann mod) 
die Formen merstu, mersto, mersta, merstaf, (VI, ı folgg.), 
die von Vögeln gebraucht werden. Iſt bie obige Herleitung 
von arsmor aus dem Lateinifchen Stamme arcere richtig, fo 
ift hier mers mit merx, merces, mercor ju vergleichen; für 
rc Περί wieder rs. Nur mug man ben Orundbegrif von 
merr und den dazu gehörigen Wörtern heranszufinden fus 
chen; denn ber Begriff einer Wurzel’ ift im Anfange concret 
fianlih, und als folder bem Sprachgefühle jeher beftimmt, 
m. Rhein, Mut. f. viii. Il. 11 


158 Beiträge zur Deutung 


bem Berftande aber fchwer zu befiniren, meun er [6 be 
mübt, die bem Sinne deutliche Borftcllung zu einem Haren 
Begriffe zu erheben. Daher die Schwierigkeit für und, bie 
urfprünglichen Bedeutungen von Wurzeln zu beſtimmen, weil 
wir in Haren Worten mit dem Berftande befchreiben follen, 
was ber ältefle Eprachgeift mit dem Sinne fühlte, und weil 
jede Wurzel, je mehr ihre Bedeutung der finnfid)en Allges 
meinheit entrüdt wird, eine Menge engerer aber bem Bers 
ſtande leichter zu definirender Begriffe entwideln Tann. So 
liegt 3. 38. ber Indiſchen Wurzel pat (Hallen), πετάννυµι und 
petere Πάει nur Ein Grundbegriff zu Grunde, etwa ber eis 
πετ ſich (enfenben Bewegung, die jede der drei genannten 
Spracden in eine engere aber beftimmtere Sphäre gezogen 
bat. Nur wird freilich unter den Mundarten deffelben Sprach⸗ 
ſtammes die Sphäre einer Wurzel fchon enger gezogen feyn, 
als unter €prad)en derfelben Familie, bie in Raum und Zeit 
weiter auseinander geriffen worden find. Kehren wir zu merx 
zurüc, fo (dent, weil der Handel im Anfang Tauſch war 
und die Waare dasjenige, was einem andern Dinge au 
Werth gleichgefegt oder ald Aequivalent dafür angeboten 
wurde, ber Grumnbtegri(f der Wurzel merc der des Anbies 
tens eined Dinges ald vom gleihen Werthe mit einem 
andern. Iſt es erlaubt diefe Bedeutung auf das Umbriſche 
mers zu übertragen, fo wäre ber Sinn diefer, bag dag Ops 
ferthier ald Crjag für baé begangene Bergehen bem  Gotte 
angeboten wurde; aljo: weil eà ein Erfag ift, fey burd 
diefen Ochfen , durch Diefed Opfer yefühnt, o Supiter gra- 
bove. Kine ähnliche Bedeutung erfordert auf jeden Fall ber 
Zufammenhang. Doch müfjen wir vielleicht den aufgeftellten 
Begriff von mers etwas mobdificiren, um bie andern Ableis 
tungen berfelben Wurzel mersuva, mersto ic. damit in Eins 
Hang zu bringen. Bas nicht bieher gehört. pihafei habe ich 
alé Imperativ ded Paſſivs 2ter Perf. Sing. genommen. Das 
Activ haben wir gleid) Darauf: pibatu, meld)eó mit einem 


der Eugubiniſchen Tafeln. 159 


Dbject (tebt und zwar wie fich gebührt, im Accuſativ: ocrem 
fisiem , totam iiovinam. Hier ftebt pibafei mit bem Ablativ, 
alfo führt ſchon bie Gonftruction auf ein andres Genus des 
Verbums. Auch bie Form führt darauf; denn fei oder fi ift 
nichtd als das Lateinifche fi, und wir müflen für das Pafliv 
von piare eine Umbrifche Form pibaferi annehmen. Ob das 
Umbriſche alle Pafliva fo bilde, ift eine Unterfuchung, auf bie 
ich jeßt nicht eingebe. Alſo ift ber Nachſatz zu überfeßen: hoc 
bove peracri (?) piaculo expiare, di grabove. 

Habe ich im vorhergehenden die Geduld des Lefers oft 
durch unfichere und gewagte Erflärungen auf die Probe ſetzen 
müſſen, fo glaube íd) den Reſt unferes Gebets mit ziemlicher 
Sicherheit deuten zu können, wenige Worte ausgenommen. 
29. — pihatu ocre fisiei pihatu tota iovina di grabovie | 

Barianten: ocre fisi B. D. ocrem fisim C, — totam iiovi- 
nam C. 
b. h. expiato ocrem fisem, expiato totam iovinam, di grabove. 

Daß die Formen mit m (ocrem u. f. w) die richtige Less 
art, nämlich ben Accuſativ barbieten, brauche id) nicht weiter 
du erinnern. 

99, —  pihatu ocrer 
30. fisier totar iovinar nome nerf arsmo 'veiro pequo castruo 
fri pibatu, 
Varianten: 2ο. viro C. — 
b. B. expiato ocris fisis, totae (totius) iovinae nomen, vires 
arsmorum (?) virorum, pecuum castrorum rura expiato. 
nome ift ber Accnfativ, ber von pihata abhäugt und bie 
Genitive ocrer und iiovinar regiert. Der Accuſativ nomem, 
IV, 52 ift ein Schreibfehler, weil das Zeichen des Ackufatios 
bier fehlen mug, wie im Xateinifhen nomen. Daß ber 
Stamm nomen i(t, wie im Lateinifchen, geht aus dem Genis 
tiv nomner hervor. Sd) bemerfe, daß aud) dad Sansfrit bei 
diefen Neutris das im Nom. und Accuſ. Sing. abwirft, 
wie das Umbrifdye (αὔσια). 


100 Beiträge zur Deutung 


nerf und frif (bag fo zu leſen, beweifen die fräteren 
Stellen) find wieber Accufative (aber im Muralis) die von 
pibatu abhangen und zwar von dem pihatu., womit die Stelle 
fhließt. Daß nerf Accuf. fnr. fey, geht, wenn es hier zweifels 
haft wäre, aus VII, £8. hervor Dort ftehn die Genit. Sing. 
trifor uud noinner dabei, fhon hieraus wäre zu fchließen, daß 
arsmo etc. Genitive wären. f als Zeichen bed Accuf. Pur. 
habe ich fhon oben nachgewiefen. Dad Thema ift alfo zer. 
Aus diefem Thema ift noch die Korm nerus abzuleiten (VII, 
50), die, wie ich bort zeigen werde, der Dativ Plur. ift. 
Sch kann ohnehin us ald die Endung für bem Abl. Pur. 
nachweifen, aber nur in Wörtern , bie im Latein zur dritten, 
Declination gehören würden. Der Accuf. Plur. nerf ift ge» 
bildet ald ob man im Lateinifchen sorors fagen würde für so- 
rores, Die Bedeutung, die ich nerf beilege, gründet Πώ auf 
die Sabinifchen Wörter nero, nerio, neriene, welche Gtärfe, 
Heidenfraft bezeichnen; eigentfíd) wohl Männlichkeit, denn 
nero ift verwandt mit bem Indiſchen nara, nri, nälrı=dvno, 
Mann. Ob nervus in diefe Wortreihe gehöre, laffe ich jegt 
-dahingeftellt. Daß arsmo und veiro von nerf regiert find, 
pequo imb castruo von frif, liegt, (dyeint mir, Mar vor Aus 
gen. frif habe ich burd) rura erffärt, was fühner fcheint, 
als cà ift. Löfen wir das Gafugzeichen ab, fo bleibt ale 
Thema fri. i entfpriht nun dem Lateinischen vadicalen u, 
wie in sif für sues. Wie für sif aus Nacläffigkeit si ges 
fhrieben wird (3. B. VI, 58), fo hier fri für fri Sch trens 
πε aber weiter dad f von frif ab, wie in frite und frosetom. 
3d) führe ald viertes Beifpiel jegt zur Beftätigung frehtu (I, 
91) und frehtef (V, 26) an, was nur aus rectus erflärt 
werben kann, das ο in h verwandelt, wie in subahtu für 
subacto, Die Einwendung gegen meine Erklärung liegt cr» 
tens im Genus, denn frif bat nicht die Endung des Neu: 
trumd. Doch halte ich biefe Einwendung für unerheblich, 
weil das grammatifche Gejd)led)t von Wörtern, bie fein nas 


der Gugubinifdjen Tafeln. 161 


türliche® bezeichnen, unter nahe verwandten Sprachen oft 
wechſelt. Wichtiger iff die Form; denn rus hat ein ταὈίκα[εδ 
s am Ende (ruse für rure bei Varro de L. L. VI, 5 beweift 
dieſes; bie Sprachvergleichung Tebrt, daß überall mo s und 
r im Latein wechfeln, s die ältere und urfprünglidie Form 
giebt)... Nun fcheint aber bie Umbrifhe Sprache das f, mos 
mit fie den Acc. Plur. bezeichnet, immer nur unmittelbar an 
baé Thema anzufeßen, ohne Hülſe eined 3Binbevocaló; und 
deshalb darf man vermuthen, bag das f (n frif den radicalen 
Endvocal verdrängt hat, und daß biefer unter andern Um⸗ 
ftänden wirklich erfcheinen würde (3. 15. im Genitiv Sing. 
der nad) meiner Boraudfegung friser lauten müßte), 

Es bleibt mir übrig, den Genitiv Plur. in arsmo u, f. 
w. zu beweifen. Zuerft ift erom ein deutlicher Genitiv Plur. 
erom nomne fteht VII, 50, wie fonft erer nomne, erar nom- 
ne; ba erom nun nicht Genitiv Sing. feyn fann und dort 
auf mehr als Ein Wort (id) zurücbezieht, muß es Pluralis 
feyn. Für diefed erom (lebt aber VII, 13. Vl, ται gefchries 
ben ero; ba die übrigen Wörter mit VIT, 5o ganz ſtimmen, 
[ο ift fein Zweifel, bag ero auch Genitiv Pluralis (eg. Run 
muß bie Etruffifche Schrift dafür um feßen oder mit ber ges 
wöhnlichen Auslaffung des m, blog u. So flehen auch fra- 
trum und fratru neben einander 11, 6, fratru mersus. If, to. 
uvem urtas puntes fratrum. V, 7ο. natjne fratru atiüeriu III, 
r2. arputrati (arbitratu) fratru atüeriu; enblid VII, 55 se- 
vacne fratrom atiersio ‚desenduf (i, e. duodecim ). Daß Die 
richtige Schreibung mit bem m ift, lehrt die Sprachvergleis 
Hung. Sn allen mit bem Sanskrit verwandten Sprachen 
mug man als ältefte Korm δεὸ Genitiv Plur. ein m (εί, 
ches in π übergehen fann) mit einem vorhergehenden langen *) 
Bocal vorausſetzen. Wo das Thema mit Eonfonanten fchließt, 


*) gang müffem wir den Vecal twfprünglid anfeben, and wo wir 
die Länge nicht mehr nachweifen können. 


162 Beiträge zur Deutung 


wird diefe Endung unmittelbar angefügt: pad- &. PL. pad- 
ám, näman, 9, Pl. nám(a)nüm ; Φεόντ -ὤν, nad - cv; ped- 
um, virtut-um u. f. w. Wo aber das Thema mit einem 
Bocal endigt, wird entweder ein Gon(onant zu Hülfe genom⸗ 
men, um die Gontraction zu vermeiden, oder man läßt beide 
Bocale neben einander , oder contrahirt fie. ALS folche Gon; 
fonanten braucht das Indiſche beim Nomen n, beim Pronor 
men s; baé Latein braucht 7, wofür ein urfprüngliches s zu - 
vermutben, im Oriechifchen,, wie wir ed fennen, kommt nur 
die Qontraction oder bie nicht contrabirte Form vor, fein 
eingefchobener Sonfonant. Hienach reihe ich die DBeifpiele am 
einander: 

Eingefchobener Sonfonant: 

Indiſch: putrá -n- ám, kavi-n-äm, bhánü- n-àm, mä- 
tri-n-üàm. tä-s-äm (esrum), sarvä -s- ám (omnium). 
Zateinifh: mensarum, dominorum - dier-um; illerum, 
earum, 

Uncontrahirte orm: 

ἸΜουσαώ», Ion, xwv , τριηρέων u. f. w. 

fructuum ; omnium ; eun für eorum bei Festus s. v. 
Contrahirte Form: 

Πονσῶν, λόγων u. f. w. 

virum (virorum) signiferum (f. bet Struve ©. 15.) 

coelicolum , amphorum (dafelbft &. 9). 

Sm Umbrifchen ift nun arsmo, veiro, erom, ero, bie 
contrahirte Form, castruo, pequo von Stämmen auf u nicht 
contrahirt, wie fructuam ; fratrum, fratrom ein Thema mit 
ſchließendem Sonfonanten. Aber auch das eingefchobene r wie 
im Lateinifchen fommt vor, jedoch nur bei ber erften Dech- 
nation; nämlich aru (für arum) worüber fpäter. Duß castrum 
im Umbrifchen ein radicales u hat, geht aud dem Adjectio 
kastrubiie 111, 5 uud aus kastruvu Ill, 20 hervor. Wie das 
Umbrifche, koßen aud) - ange und Litthauifche das 
m ab (Goth. ó, Litth. à 


y 


der Gugubíinifdien.Safeln. 163 


30. — ſfutu fos pacer pase tua ocre fisi 
34. tote iovine erir nomne erar nomne di grabovie. 
Barianten: 3o. fons C. D. — fisie B. — 51. erer B. C. D, 
Diefe Worte find alle fchon oben behandelt worden. 
31. — salvo sentu ocre fisi salva ceritu tota iiovina di 
32. grabovie salvo seritu ocrer fisier totar iiovinar nome 
33. nerf arsmo veiro pequo castruo fri salva serit. 
fBartanten; 51. ocre fisim B. ocrem fisim C. (fo ift zu fev 
fen). — salvam C. (die richtige Vedart. salvam mit bem 
folgenden seritu fehlt D. ceritu für serito fommt nur hier 
vor). — totam B.C. D. — iiovinam €, D. — 52. salv- 
vom B. salvom D.E. — viro B. C D. E. — fiif B.C. E. 
— salvva B. — b. f. 
salvum servato ocrem fisem , salvam servato totam iovi- 
„am, di grabove, salvum servato ocris fisis, totius io- 
vinae nomen, vires arsmorum (7?) virorum , pccuum ca- 
strorum rura salva servato. — 
für salva am Schluſſe ber obigen Stelle íft salvaf herzuſtel⸗ 
len, namlich Accuſ. Blur. Semiftin; benn es erhellt, daß frif 
dieſes Gefchlechted if. seritu ift dem Sinne nad) das Las 
teinifhe servare, ber Form nad) aber serere, sero, serui; ba 
nun servus mit servare zufammenhängt, felbft aber von serere 
berfommt, wie arvus vor aro, parvus von parum, curvus 
von κύρω (xvorog), δίε[εὸ serere ferner nicht sero, sevi ſeyn 
fann, weil darin das r nicht rabical ift (f. Struve S. 295), 
fo läßt fih aus diefen Elementen, verbunden mit ber Beden⸗ 
tung des Umbriſchen serere über die Ableitung von servus 
entfcheiden. Cim serere, binden, muß nämlich aud) ber Bes 
οτί des Aufbindens, Aufhängens, Feſtbindens einer Eas 
che um fie zu bewahren, gelegen haben; daher das lim» 
brifche serere bier für bewahren ſtehen fann. Da nun die 
mit vus abgeleiteten Woörter im Latein eine paffive Bedeutung 
haben (mie arvus, geyflügt, pulvis von pello, pepuli, baé Um⸗ 
bergewirbelte, Staub), fo wird es richtig feyn, servus zu 


164 - Seitrage zur Deutung | ! 


erffárem von ben fellgebundenen und verfchonten Kriegsge⸗ 

fangenen; biefer nun ift der Sclav, und fein Gefchäft ser- 

vire. Sn servare { der zweite Begriff des Stammmorts au» 

geprägt, während serere im Latein nur den erflen nod) aufs 

bewahrt. 

33. futu fos pacer pase tua ocre fisi tote iiovine erer nomne 
erar nomne di grabovie tio esu bue 

34. peracri pihaclu ocre per fisiu tota per iiovina erer nom- 
ne per erar nomne per di grabovie tio subocav. 

Varianten: 33. fons B, C. fonsiacer D. (I für P). — tuva 

B. — tiom B.C. D, — essu B. — 34. pihaclu etru B. 

— pibaclu tertiu C, — ocri B. C. D. — fissiu B. tiom B. D. 
Nach di grabovie (3. 33) fährt aber die britte Wiederholung 
beà Gebeté nicht mit benfelben Worten fort, wie bie beiden 
frühern, fondern folgendermaaßen: 

54. — tio camohota tribrisine buo peracnio pihaclo 
55. ocri per fisiu tota per iiovina erer nomne per erar nom- 
ne per di grabovie tiom subocav. 

Da bie übrigen Wörter früher erflärt (inb, bleiben nur 
Diejenigen zu unterfuchen, bie bier zum erften Male uns bee 
gegnen. 

$n tribrisine erfennen wir einen Ablativ bee dritten Des 
elination; dad Thenia wird tribrisin feyn, oder -sen, wie im 
Latein pecten, pectinis. Ein verwandted Wort if tribrisu 
(Il, 9). Der folgende Genitiv Pur. buo muß bavon res 
giert (ει. Da mun tri in bem Worte beutfíd) vor Augen 
liegt, fo giebt ber Zufammenhang, daß tribrisen ein Opfer 
von drei Thieren, eine τριττὺς oder τριττύα, Cf. Boeckh 
Thes. lnscr. 1, 811) feg, bier von drei Odj(en. Das Wort 
it ein Syeminin, mie bad Adjectiv comohota bemeift. co muß 
bier mit dem Worte zufammengefegt feyn, denn al8 getreunte 
Dräpofltion fteht co mad). Die Ableitungs «Form tft bie eio 
ned Particips auf tus oder ber Lateinifchen Adjective versutus, 
astutus, corautus, Die Wurzel alfo moho, oder moh. S 





der Eugubinifchen Zafeln. 165 


dDiefe verwandt mit mos, moris? und bie Bedentung her 
kömmlich? — 

Statt des frühern Beimortd von pibaclo, peracri. füte 
den wir bier ein neues: peracnio. Andre Formen davon find 
peraknev (Ill, 7. sis sakreu perakneu ), perakne und per- 
aknem (V, 5 iuve patre bum perakne, mouad) V, :0 zu 
verbe(jern ift: iuvip uve peraknem, lied iuvi puve(m) perak- 
nem). Hieraus fdhließe id) mit Yanzi, daß ed perennis feg, 
aber in dem Sinne, bag es bedeute, was Ein Jahr ges 
dauert hat ober jedes Sahr mwiederfehrt. Die erfte Bedeutung 
paßt auf bum (bovem), die zweite auf pibaclo. acnu wäre 
alfo die Umbrifche Form für annus und in der That (dyeínt 
Lanzi Recht zu haben, posti acnu (III, 57) mit post annum 
zu erflären. 

Sd) bred;e bier gegenwärtig ab, Mit den zunächſt fols 
genden Worten tases persnimu hört bad Gebet auf und es 
fängt die Befchreibung der einzelnen Opferhandlungen an, 
deren Erklärung wir und zwar burd) die bie hieher gewon⸗ 
nenen Ergebniffe erleichtert haben, bie aber bod) neue Com⸗ 
binationen erfordert, um zu etwas führen zu fónnen. Um 
diefe anzuftellen, würde ed aber nothwendig feyn, auf bie 
folgende Columne der Tafel Rüdficht zu nehmen, deren Deus 
tung größtentheild gelungen feyn würde, wenn wir bie [ego 
ten nod) übrigen Worte der erften Columne entziffert hätten. 
Der Schluß der Tafel geht wiederum auf den Anfang zus 
rück unb der Erflärer muß beide mit einander verbinden. 
Sd) würde demnach, wenn ich auf diefe Verfuche zurückkom⸗ 
men follte, zuerft bie von 3. 55 bie 105 enthaltenen Opfers 
handlungen zu beftimmen fuchen; bod) find hieraus fchon 
ganze Stüde (mie 85—95) im vorhergehenden erläutert. 
Zweitend wäre der Anfang 9. 1 — 19 und ber Schluß 106 — 
124 ein paffenber Gegenítanb eines befondern Verſuchs. Nach⸗ 
bem dieſes ausgeführt iſt, bleibt in der flebenten Tafel nur 
wenig, was nicht fchon feine Deutung gefunden haben wird. 


166 Beiträge zur Deutung der Eugubinifchen Tafeln. 


Aber für bie Etruffifchen Tafeln bleibt felbft nad bíefen Sors 
arbeiten die Aufgabe ungewöhntich fhwierig. Wie viel von 
den hier angedenteten Unterfuchungen der Berfafler unters 
nehmen mirb, muß zum Theil davon abbangen, ob bie hier 
befolgte Methode und bie gemonnenen Ergebnuffe ibm fo viel 
Zutrauen bei den Lefern erworben haben, bag er für dag 
nod) Mitzutheilende im voraus einen wohlwollenden Empfang 


hoffen darf. 


» 


Die Phylen von Gíid unb Piſa. 


Es heißt vielleicht ben Verſuchnngen, welche unfre ρε, 
riodifche Citteratur mit (íd) führt, zu viel nachgeben, wenn 
man aus dem Ganzen der Alterthumskunde kleine Abfchnitte, 
fo zu fagen Paragraphen, herausreißt und einer befondern 
Behandlung unterzieht, die ετῃ am ihre rechte Stelle ges 
bracht für (id) felbft und das Ganze ein erfreufiches Licht ger 
winnen fomnnen. Wenn wir e8 nun bod) mit einem Abfchnitte 
aus der Lehre von den Phylen » Abtheilungen der Griechifchen 
Staaten bier nicht anderd machen, fo liegt unfre Entfchuldi« 
gung theild darin, daß eine vollftändige Behandlung diefes 
Kapitels der Alterthümer, fo febr fie an ber Zeit wäre, bod) 
eben nod) nicht im Werke zu ſeyn fcheint, bamt, bag — tàu 
ſchen wir und nit — die Meine Unterfuchung,, welche wir 
mittheilen wollen, mad) fo verfchiedenen Seiten hin einen 
Lichtftreifen fallen [ἀβί und einen intereffanten Schimmer vers 
breitet, daß ed wohl [obnt, fie an dieſem Orte den Bears 
beitern verfchiedener Felder unfrer Willfenfchaft zur Ermäs 
gung vorzulegen. 

Bon den Stämmen ober Phylen ber Eleer hören wir 
bejonberà bei Belegenheit der Vermehrungen, welche mit der 
Zahl der Sellanobifen oder Kampfrichter von Olympia 
vorgenommen wurden. Ueber δίε[ε SBerünberungen hat neuers 
lid) Meier gefprodem 1); um fo mehr dürfen wir uns bes 


s) In dem Artikel der Oalti(den Encgelopädie: Olympi(de Spiele 
€. 11 p. 309 f. 


108 Die Phylen von Elis 


gnügen hier nur das hervorzuheben, was unfren Zweck an⸗ 
geht. Zuerft, fagt Paufaniad 2), war nur ein Sellanobife, 
aus dem Eleiſchen Herrfchergefchlechte ded Oxylos; in ber 
fünfzigften Olympiade aber wurde zwei Männern, die aus 
der Sefammtheit der Eleer durch das Roos beflimmt waren, 
aufgetragen, ber Spiele zu warten; fo blieb es lange Zeit. 
In ber fünf und fiebzigften Olympiade aber (wie bet Paufa- 
niad wahrfcheinlich zu fchreiben ift) 3) fegten bie Eleer neum 
Hellanodifen ein, und vermehrten in ber folgenven biefe Zahl 
auf zehn. Olympias 103 waren nach Paufaniad zwölf Eleis 
(be Phylen , und aus jeder Phyle ein Hellanodifed. Da 
aber die Eleer von ben Arfadern im Kriege bebrümgt murs 
den, mußten fie einen Theil ihres Gebietes fammt den Stt 
ſchaften (δήµοις) darin aufgeben, und fo famen fie Olympias 
104 auf acht Phylen, und eben fo viel Hellanodifen aurüd. 
Olympias 108 aber wurden wieder zehn Sellanodifen einges 
führt, deren Zahl nad) Paufaniad hernady unverändert blieb. 

Es gab alfo nad) diefem Zeugniffe, womit alle andere 
in der Hauptfache übereinftimmen, zuerft nur fehr wenige 
Hellanodifen, welde, wie εὖ fcheint, nur aus ben eigentlis 
chen Eleern (wie man gemuthmaßt hat aus den Gefchlechters 
Stämmen von Elis) genommen wurden; banm tritt auf eim» 


2) V, 9, 4. 5. 


3) Sm ert des Paufanias fteht πέµπτῃ dà Ὀλυμπιάδε xat el- 
xoc:j. Boͤckh zu den € dot. Pind. Or. HII, 22 fagt dazu: corrige 
aut néuntg xai ἐξηχοστῇ aut πέμµπτῃ xal ἐνενηκοστῇ. avon mwürs 
de ich jenes vorziehen, da Hellanikos, mabrídeinlid ber Kesbier — 
vor Thufpdides — nad den Schol. Pind. (don von ben ‚zehn Elei⸗ 
(den Phylen geſprochen hatte. (Fragm 128, 6 δεί Sturz). Meier a. 
D. 6. 310 beffert mehr, nämlich ὀγδοή καὶ ἑβδομηκοστῇ (on für. έν, 
um anf Olymp. 97 , 2 zu Fommen, wo Elis eine mehr bemofrati(de 
Verkaſſung erhalten zu haben fcheint. Dieie Veränderung der Der: 
faffung Eönnte indeß einige Olympiaden (rüber (dou begonnen haben, 
umd ich beanüge mich für εἰκοστῇ ἑβδομηκοστῇ Μι fchreiben: was ἰώ 
dem ἐξηχοστῆ deswegen vorziehe, weil nach diefer letztern Lesart bie 
Bahl ber zwei Dellanotifen nicht eben feft (lange Beir (ἐπὲ πλεῖ- 
στον) befanden hätte. Wenioſtens ift e nach bic(em Sufbrude bet 
Daufanias rathſam, möglihft weit berabyugepu. 





Pd 


unt ifa. 169 


mal eine febr viel größere Zahl auf, mefde nad) ten Stäm⸗ 
men ded gefammten Eleiſchen Staatögebietes beftimmt wird. 
Es fann feinem Zweifel unterworfen feyn, daß die Bezies 
bung der Hellanodifen auf diefe Stämme zu der Zeit eins 
trat, und die ganze Veränderung damals vor fid: ging, als 
für bie zwei Hellanodifen die nenn gewählt wurden, und 
daß biefe neun fchon aus neun Phylen genommen waren; 
obgleich Pauſanias erft bei der hunbertdritten Olympiade 
unb den zwölf Sellanobifen bíefe8 Verhältniß auébrüdlid) 
angiebt. Dagegen bezeugt ed Hellanikos ſchon von ben zehn 
Hellanodifen feiner Zeit (um Olympias 80), daß fie den Phys 
[ει ber Eleer entfprachen, und jeder von jenen einer von dies 
fen angehörte. Es ijt alfo Far, bag um Olympias 75 (πα ' 
der angenommenen Ledart) neun, um 76 zehn, um 103 
zwölf, 101 adj t, 108 wieder zehn Kleifche Phylen ma» 
ren. Da biefe Zahlen mit ber Ausdehnung und Befchränfung 
des Eleifchen Gebiets wachfen unb abnehmen: fo ift ed aud) 
deutlich, bag bie Phylen von Elis, von denen Bier die Rede 
ift, feine Sefchlechterftämme (φυλαὶ yerıxar), fondern Local⸗ 
Dhylen (τοπικα φυλαί), Abtheilungen ber Landichaft, Seife 
des gefammten Gchieted waren, ähnlich den Attifchen Phylen 
des Kleifihenes, und den tribus rusticae von Rom. 

, Wenn wir nun den Verſuch anftellen wollen, biefe Zah—⸗ 
[et der Phylen in ein genauered Berhältniß zu bringen mit 
den Gebietsveränderungen des Staates von Elid: fo werden 
wir davon ausgehn müffen, bap das Gebiet der Eleer in feis 
ner größten Ausdehnung in drei Sauptabtheifungen zerftel, 
daß eigentliche Elis, beffe bebeutenubfler Theil eine von 
Bergen grogentbeilà eingefaßte Ebene, die Κοίλη Ἠλις war, 
bie Landichaft Pifatis am Alpheion, und das noch füblidere 
Tripbylien, meldeà bie jur Meflenifchen Gränze reichte. 
Ta mir bier die Verhältniffe dieſer Landſchaften nicht durch 
alle Zeiten, von denen wir Nachrichten haben, verfolgen fons 
nen, wollen wir einen feſten Anhaltspunkt fuchen an dem, 


170 Die Phylen von Elig 


was von ben Ereigniffen um Olympias 104 erzählt wird. 
Vorher muß dad Gebiet von Elis febr groß gewefen feyn, ba 
ed zwölf Phylen enthielt; bernad) wurde es plößlich fehr bes 
deutend verengert. Sene zwölf Phylen find die höchſte Zahl, 
melde Clià überhaupt erreichte; (ie läßt fid) nur burd) bie 
Annahme erflären, bag aud) die (übfid)e Landfchaft Triphy⸗ 
lien damald ganz oder faft ganz zu Elis gehörte, indem nur 
mad) diefer Seite eine fofd)e Ermeiterung möglich war. Nun 
wiffen wir freilich, bag Elis fchon in bem Frieden, welchen 
ed Olymp. 95, 3 mit Sparta zu fchließen genöthigt wurde, 
die Triphyliſchen Städte, nebft einigen andern, zum Theil 
urfprünglich Pifatifchen , aufgeben und freilaffen mußte; 4) 
und fo fange Sparta die Hegemonie im Peloponnes hatte, 
fonnte die Eleer die Herrſchaft über biefe ihre früberm 
Derivelen fchwerlich wiedergemwinnen. Als aber durch die 
Schlacht von Leuktra (Olympias 102, 2) biefe Hegemonie 
gebrochen war, und ber Schu aufhörte, welchen Sparta 
bisher bem Fleinern Drten gegen die Hauptfläbte im Pelopon⸗ 
ned gewährt hatte, werden die Eleer nicht gezögert haben, 
die losgeriſſenen Gegenden, namentlich dad ganze Triphylien 
wieder zu befegen. Die muß in ben lebten Sahren ber 
Olympias 102 gefchehen feyn, fo bag Olympia 103 zwölf 
Hellanodiken für zwölf Phylen auftreten konnten. Durd) Xer 
sophon erfährt man nur, bag die Eleer bem von den Athes 
nern Olymp. 102, 3 in Borfchlag gebrachten Bunde nicht 
beitreten wollten, weil aud) nad) diefem alle großen und Fleis 
nen Städte automom feyn follten, und nad) ihrer Meinung 


4) Kenoph. Hell. 111, 3, 31. τοῦ F ἐπίοντος θέρους πέμψας 
Θρασυδαῖος εἰς Aaxedaluova ξυνεχωρησε «Ρέας τε (nad) 8. Siaborfé 
etüdider Eonjectur) το τεῖχος περιελεῖν xci Κυλλήνη» (wohl Χυλ- 
λήνης), xai τας Τριφυλίδας πόλεις ἀφεῖναι boitay xai Ἐπιτάλιον 
x«i .4ετρίνους xai ᾽ἄμϕιδόλους καὶ Μαργανεῖς. πρὸς δὲ ταύταις xai 
᾿4χρωρείους xai .4ασέωνα τον in’ ᾿4ρχάδων ἀντιλεγάμενον, Mars 
ganeis, welches nebft Amphidoloi und Βείτίποί nördlih vom Wis 
θείο lag , (cbetnt hier zu den Triphyliſchen Orten gerechnet au wer: 
den; richtiger indeß möchte die Unterfcheidung (eon, Hellen. VI, 5, a. 


und $pifa. 171 


die Marganeer, Cfiffuntier und Zripboffer nicht autenom 
gemacht werben durften, da biefe Städte ihnen, den Eleern, 
gehörten. 5) Ale aber Olympias 103, 1 bie Arkader (id) auf 
einmal zu einem höhern Range unter den Griechiſchen Stans 
ten zu erheben, und die Hegemonie im Peloponnes für fi 
gu gewinnen trachteten, da fchloffen fich auch alsbald die Tri⸗ 
phylier πεθᾷ andern Orten an fie an, unb fuchten unter if 
rem Schute fíd) von der Herrſchaft der Eleer zu befreien. 
Zenophon (Hell. VII, 1, 26) ſpricht fe davon, bag e$ fcheint, 
bag die Befreiung Triphyliens von Elis gleich zu Stande 
gefommen {είς bod) möchte fie wohl ετ das Refultat des 
Krieged um Olympias 104 geweſen fei. Diefer Krieg wurde 
(nach Xenopf. Hell. VII, 4, 14 ff. Diodor XV, 77) taburd) 
herbeigeführt, bag Arkadifche Verbannte, melde fid in Elis 
aufhielten, ylöglich Faflon einnahmen, einen Grenzort Ars 
fadiend und Xriphpliend, welcher ſchon früher zwifchen ben 
Arkadern und Eleern fireitig gewefen war, und bamalé von 
den mäcdtigeren Arkadern behauptet wurbe. Doch folgt daraus 
sod) nicht, bag bereitd damals das ganze Triphylien in bem 
Händen ber Arkader gewefen ſei; dies würde fid) wenigſtens 
sticht mit ber Nachricht vertragen , welche Diodor giebt, bag 
bie Arkader in diefem Kriege den Eleern aud) Kypariffia und 
Koryphafion entriffen hätten. Died find bekannte Küftenorte 
Meſſeniens; aud) diefe fónnen nur in der Verwirrung, αεί, 
che die Schlacht von Leuftra für den Peloponnes herbeiführs 
te, in die Hände ber Eleer gelemmen- feyn, obgleich Epa⸗ 
minondas Meffenien dem Namen nach wierer hergeftellt hats 
tes fie können aber nicht Eleifch geworben feyn, ohne bag 
aud) Triphylien großtentheild derſelben Botmäßigfeit unters 
worfen war. Befanutlid wurde diefer Rrieg den Eleern 
höchft gefährlich; felbft das alte Recht bie Dipmpifchen Spiele 

5) Xenopf. Oei. VI, 5, 2 dgl. Schneider Evimetr. ad Xenoph. 


Anab. p. τι. In dieſelbe Zeit ^ trifft bie Croverung von Céillu$ 
durch bie Eleer, Tiogen. £aert. 11, 6, 53. 


172 Die Phylen von Elis 


zu feiern, wurde ihnen für Olympias 104 entriffen , welche 
Dlympias von den Pifaeern und Arfadern angeordnet, und 
daher ín den Verzeichniffen der Eleer als '4νολυμπιας offen 
gelaffen wurde. Jedoch wiffen wir, bag die Eleer in dem 
auf diefen Krieg folgenden Frieden bie Feier der Olympi⸗ 
fden Spiele zurückerhielten (Kenophon Hell. VII.A, 35), unb 
es fonnte wohl nicht anders feyn, ald daß fie zugleid, ben 
Boden ded alten Pifa unb bie umliegende Landfchaft wieder 
in ihren Beftg befamen ; dagegen bie Triphylifchen Städte viel 
längere Zeit bei Sfrfabien blieben, daher bei Skylax, und 
noch nad) einem Zeugnifle des Dikaͤarchos, Arkadien an dies 
fer Seite eine Strede der Meeresküſte zugefchrieben wird. 

Hiernady ift anzunehmen, daß, während die Zahl ber 
zwölf Phylen fid) auf die weitefte Ausdehnung des Eleifchen 
Eebieted, wo ed and) Triphylien umfaßt, bezieht, die acht 
Phylen dagegen ungefähr das eigentliche Elis mit Piſatis zu- 
fammen enthalten. Damit laffen (id) aud) die andern Angas 
ben über die Zahl der Phylen recht wohl vereinigen. Die 
früheren neum und zehn Phylen gehören einer Zeit an, in 
welcher bie Φίεος außer Pifatis auch die meilten Städte ber 
Minyer in Tripbylien vermiü(tet hatten (bereits in Herodots 
Zeit, IV , 148), aber in der Lepreon, wiewohl in einer ges 
wiſſen Abhängigleit, bod) feinen eigentlichen Theil des Elei⸗ 
fhen Gebietes bildete (Thukyd. V, 31). Eben fo müffen bie 
fpätern gehn Phylen von Olymp. 108 wieder auf einer Er; 
weiterung ded Gebietd gegen Triphylien beruhn, mad) wel; 
der die Cleer aud) nad) jener Demüthigung immer mit gro» 
fem Eifer ftrebte (Demofthen. über Magalop. 6. 2060): wenn 
diefe Erweiterung vieleicht and) ziemlich unbedeutend war: 
fo mochten fie die Eleer bod) gern dazu benugen, die Zahl 
ihrer Phylen wieder auf zehn zu bringen. 

Mit diefen Ergebniflen, auf welche die Zahl der Hellas 
nodiken geführt hat, vereinigen fi) mun andre aufs befte, die 
fid) an den Wettlaufder Sungfrauen an ben He 


und Piſa. 173 


räen von Olympia anfnüpfen. Auch biefe verbanfen wir — 
dem Ῥαμίαπίαδ, (V, 16, 4); daß wir Πε aber zu biefem 
Zwede benuten können, ετβ einer weientlichen Berbeflerung, 
die ber Tert ded Paufaniad in Bekkers Necenfion erhalten 
bat. Der Ölympifchen Hera, erzählt Pauſanias, weben alle 
vier Sabre die fechzehn Frauen einen Peplos; biefelben Frauen 
ordnen and) den Agon an, ber in einem Wettlauf von Jung» 
frauen befteht; dabei dienen fechzehn andre Grauen. Man 
fegt den Urfprung biefeà Wettkampfs in alte Zeit; Hippodameia, 
bie Gemahlin des Pelops, foll. aus Dankbarkeit gegen Hera 
die fechszehn Frauen verfammelt und zuerft mit ihnen die Hes 
tüem απρεοτὸπεί haben. Sin Bezug auf bie fechzehn Frauen 
erzählt man aber noch eine andre Sage von diefer Art. Des 
mophon jol( αἴδ Sgranm von Pifa den Eleern viel Unbilden - 
zugefügt haben. Als biejer Demophon flarb, und die Pifäer 
die Vergehen des Tyrannen nicht ald mit Bewilligung ber 
Gemeine verübt anerkannten, den Eleern aber ed aud) ganz 
.erwünfcht fam, bie Streitpunfte mit jenen aufs Reine gu 
bringen : fo wurden vön den ſechzehn Städten, die Damals 
in dem Gleifchen Lande Cwelches hier Pifatis inbegreift) bes 
wohnt wurden, aus jeder eine Frau gewählt, welche burd) 
Alter, Würde und Anfehn die vorzüglichite ſchien. Die 
Städte, and welchen man bamald die fechzehn Frauen 
wählte, waren Elid ..... 6). Aus diefen Städten alfo 
waren die Frauen, meldje ben Bertrag zwifchen den Pifäern 
und Eleern aufrichteten. Hernach erhielten fie dad Amt, den 
Agon ber Hera unter ihrer Aufficht feiern zu laffen, und ber 
Hera den Peplos zu weben. Zugleich bilden diefe ſechzehn 
Frauen zwei Chöre; den einen nennen Πε den Chor ber Phye- 
fea, den andern der Hippobameia. Die Physkoa fol aus 
6) Hier ift eine 2üde, im welcher fünfzehn Gleiffe Ortsnamen - 
ausgefallen find: ein unerfeglicher Verluſt für die Landesfunde von 
Elis. Uber auch das ift viel werth, daß man jest bier eine Lücke 


erkennt, die früher durch bie Βεόατι: σαν "Häsdoc ( wofür Bekker 
"Hhg . . , «) verbedt war. 


N. Rhein. Muſ. f. €bit, 1T. 12 


474 , Die bpten vou Elis 


dem Hohlen Elis geweien fen, and dem Demos Drthia. 
Dionyfos foll fie geliebt, und fie vom Dionyfos eineu Sohn 
9tarfáoó geboren haben, einen großen Krieger, welcher ber 
Athena Narkaͤa ein Sjeiligtbum gründete und den Dienft des 
Dionyfos im Lande einführte. Diefer ἈῬθφθίοα alſo wurde 
nebft andern Ehren aud) ein nach ihr benannter Chor von . 
fechzehn Frauen zugetheilt. Die Cleer üben aber den altem 
Brauch fort, wiewohl die Städte felpft (toie namenttid) Si» 
fa) untergegangen find. ) Denn in adt Phylen getheilt, - 
wählen fie and jeder zwei Wranen. Alten Handlungen bet 
fechzehn Frauen, wie der Hellanobifen, geht ein veinigenbed 
Schweineopfer und eine Ablution bei bee Quelle Piera ors 
aus, welche auf bem Wege durch die Ebene zwiſchen Olympia 


. unb Elis liegt. 


Tiefe Stelle ift Ichrreich unb wichtig, aud) wenn mam 
die aus ber Gagettgeit oder der Altern Geſchichte dabei vors 
fommenden Erzählungen befeitigt, und fid) ganz an das δαΐ, 
tifhe, bie Kinrichtung bed Kollegiumd der Sechzehn 
Frauen, hält. Sie wurden aus adt Eleifhen Phys 
ben gewählt: Man bat hieran Anftoß genommen, weil ja 
bod) zu Paufaniad Zeit zehn Eleifche Phyleu waren. — Als 


lein gegen jede Aenderung ift die Stelle dadurch hinlänglich 


gefhügt, bag ber Frauen, wie Panfaniad fo oft wiederholt, 
zweimal acht und nicht mehr waren. Daraus folgt, bag bie 
adt Phylen, aus denen biefe rauen genommen wurden, 
nicht die fpäteren Erweiterungen von Elis gegen Triphylien, 
fondern nur das vereinigte alt⸗Eleiſche und Pifatifche 


7) Die Erklärung diefer Stelle, beruft auf Eonjectur. Die Hand: 
(dt. geben: φυλάσσουσι δὲ οὐδὲν ἠσσον Ἠλεῖοι καὶ all’ ὅμως 
sur πόλεωφ. Siebelis nimmt είπε Lüde nah "Hiero: an, Bekker 
niht Koraes ſchlägt bor: καὶ τα ἄλλα duofog τῶν παλαιῶν. Mir 
fehien der Text einen folden Gedanken zu verlangen: quA. δὲ οὐδὲν 
goooy Ηλεῖοι χαταλυδεισών ὅμως τῶν πόλεων. Die Stellung Des 
äus bei bem Varticiplum , welches das Sugegebne enthält, ift (don 
sit befprochen ; wieleid)t iſt es inbeB, für den projaiihen Styl des 
Paufanias, vatófamer ὅμως zu löfchen: 


und Piſa. 175 


Gebiet umfaßten, welches nad) der obigen Andeinanderfegung 
wirklich in acht Phylen zerfiel. Dies ftimmt aber wieder das 
mit vortrefflih, bag das Eollegium der Sechzehn Frauen 
durch einen Bund ber Landfchaften Pifatis und Eli entitans 
den feyn fol. Aller Wahrfcheinlichkeit nad) war jede von 
beiden in vier Localphylen getheilt geweien. Urſprüng⸗ 
ih aber repräfentirte jede dieſer Frauen eine Drtfchaft, 
eine πόλις ober δῆμος von beiden Gebieten , welche Ortfchafs 
ten in einer gewiſſen Unabhängigkeit neben einander geſtan⸗ 
den haben müffen, bevor Elis burd) Bereinigung mehrerer 
Demen ober Heinen Städte zu einer großen Stadt erhoben 
wurde (συνωκχίσθη). Olymp. 77, 9. 8) Hiernach müffen wir 
annehmen , daß e$ damals adj t Pifatifche Ortfchaften unb 
eben fo viel in ber Ko/42 Ἡλις gab. Eine febr et 
wünſchte Beflätigung dafür gewährt die Nachricht Strabons 
(VIII p. 356), daß Pifatis ehemals unter acht Städte getheilt 
war, unter denen Salmone, Kyleflon, Harpinna, Herakleia 
(p. 356. 357) genannt werben ; Pifa felbft foll nad) ben von 
Strabon angeführten Echriftftellern o) nicht unter den adt 
gewefen feyn: was (id) aber nur auf Zeiten beziehen kann, 
wo Pifa zerflört und die Einwohner (ald χωρῖταε) in Dörfer 
zerfireut, die Stelle Pifas jedoch durch einen andern Ort 
ετ[εθι war, um die Anzahl nicht unvollftändig werden zu 
laffen. : 

Sollen wir ed verſuchen, die Doppelte Adıtzahl ber Elei⸗ 
(diem und Pifatifchen Orte zufammenzubringen,, und durch an⸗ 
berweitige Kunde zu erfeßen, was und ein neibifche® Geſchick 
in der Stelle des Ῥαπ[απίαὸ entriffen hat? Wir wollen babet 
wenigftend die Orte, welche burd) Alterthum und größere 


8) Straß. VIII p. 337. Diedor XI, 54. | 

9) Strabon VIII p. 356. Τινὲς dà πόλιν μὲν οὐδεμίαν ytyo- 
véyas Illoay φασίν. εἶναι γὰρ ἀν μίαν τῶν Oxte-: κχρήνην 
dk µόνη», ἣν νῦν καλεῖσθαι Bicay, Κυχησίον πλησίον πόλεως me- 
γίστης τών ὀκτω. 


176 - Die Phylen von Elise 


fBebeutung am meiften Anfpruch haben, auszuwaͤhlen (udyett, 
und diejenigen durch die Schrift auszeichnen, von denen e6 
ganz fiher ift, bag fie dazu gehörten. Darnadı geben wir 
das Verzeichniß: 10) λις, Ὀρδίαι Πύλος Ἠλιακὸς, 
ἠκνλλήνη, Φειά, Ὁποῦς, Βουπράσιο», ἸἼυρτούντιο», IlZaa, 
Σαλμώνη, Κυκήσιον, Ἡρακλεία, Agaıyya, Av- 
σπόντιον “άμφίδολοε, ]μαργανεῖς, und um einen Φτίαῦ für 
Difa zu haben, mod) «4{ετρῦνος. 11) Sd) habe dabei die Orte, 
deren Andenken bloß burd) die Homerifche Poefie erhalten ift, 
nicht aufgenommen; wiewohl bei Homer felbft in den vier 
Unführern und vierzig Schiffen, welche den Cleern, dem 
alten Bewohnern der Κοίλη Ἠλις, im Schifföverzeichniß gu 
getheilt werben (Ilias 1I, 618, 619), eine Anfpielung qu lie 
gen fcheint auf die vier Phylen des alt» Eleifchen Landes. 
Hiernach wird ed auch nicht mehr dunkel feyn, was bie 
beiden Chöre zu bedeuten haben, in welde die fechzehn 
Agonothetinnen der Heräen fich theilten. — Hier tbeift (id) bie 
Verfammlung,  burd) welche die Verbindung beider Land⸗ 
{haften ausgebrüdt war, nad) ben Landichaften felbit in zwei 
Hälften. Der eine Chor war der Pifatifhe, der andre ber 
eigentlich Eleiſche. Jener hieß der Gor ber Hippodameia, 
von ber Pifatifchen Φετοίπε, ber Tochter des Pifarifchen Kö⸗ 
nige Oenomao£; diefer ber Chor der Physloa; unb mai 
fania® felbft belehrt nnd, bag Physkoa eine Hanpt + Heroine 
einer Ortídjaft im Hohlen Eli war. Der Name der 99596» 
foa hängt mit bem der Lokriſchen Völterfhaft Physkeis zu⸗ 
fammen (Plutarch Θτίεώ. Fragen 15), welche ehemals fehr 
wichtig gemwefen feyn muß, ba bie gefammten Cofrer nad 


το) Bat. bie Lifte Eleifher Ort(djaften in @lintons Fasti Helle- 
mici App. XXII p. 436 sqq. Krüger. 


vw) San Fóunte erwarten, €íttus in biefer iffe zu fiuben, 
ba Skilluntier fdon vor Oxylos den HerasXempel zu Olympia ges 
eründer haben folfen (Paufan. V. 16, 1. Agaklytos bei Photios p. 
(Q4. Χυψελιδῶν dyd9qua, dgl. Ouibaé s. ».): aber die Gfillum 
tier werden überal( Zriphylier, nirgends Pifaten genannt. 


md Piſa. 117 


Physkos, 9Impbiftyoné Sohn und Lokros Vater, Buoxos gev 
heißen haben follem 12 Ohne Zweifel war Physkoa eine alt, 
Epeifche Ortfchaft, da bie enge Stammverwandtſchaft zwifchen 
den Eleern von Eli und ben ofrern jebt hinlänglich im Klaren 
(ft. ss) Bon ber Quelle Piera, an welcer die Pifatifchen- und 
Efeifdyen Frauen die vorbereirenden Reinigungsbräuche vere 
richteten-, darf man vermuthen, daß fie an der Stelle des 
Meged von Olympia nah Elis fag, wo bie alten- Marfen 
von Pifatis und Elis zufammenftiefen: 

Obgleich wir bier unfer eigentliches Thema erfchöpft has 
ben, fónnen wir und nicht enthalten, noch einen Augenblid 
bei dem angenehmen Bilde der beiden Chöre, welche die He⸗ 
monoea und VBerschwifterung der beiden Landfchaften fo (bón 
andbrüden, zu verweilen, und einige Kolgerungen für die 
ältere Gefchichte von Elis anzudeuten. Es ift nicht zu Fänge 
nen, bag das Verhältniß, in welchem wir hier. Die. beiden 
benachbarten Landſchaften erbliden, nicht recht übereinftimmt 
mit bem: Borftellungen, weldye über: diefen Gegenftand die ges 
wöhnlichen find. Freilich hängen biefe Vorfielungen- auch in 
fid) wenig zufammen. Man denkt fih, bag Elis feit ber 
Zeit des Iphitos und Lykurgos allein den Olympiſchen Agon 
verwaltet habe, welchen bod) bie Pifier immerfort. ald ihr als 
teà Recht in Anfpruch nahmen, obne bag man das Jahrhun⸗ 
bert nachweifen fam, wo ffe einmal‘ mirffid der Olympi⸗ 
ſchen Weflfeier vorftanden. Es wird angenommen, vag Etis 
burdy Ausbreitung feiner Macht und Herrichaft Dazu gelangt 
war, die Olympien⸗ Feier fídy anzueignen und zu behaups- 
ten. Dabei dauert inbe(fen immer noch Ῥί[α. als eine bebeus 


12) Enftath. zur Ilias H, 53i. p. 377 ed. Rom. vgl. Stephan. 
Bpyanz- X 

p^ Beſonders durch Boͤckhs Commentar zum neunten Olympi⸗ 
(hen Gedicht des Pindar. Ich füge hinzu, daß ber Name Ondess, 
Ὁσοῦς, an melden fi δίε[ε Stammfagen Enüpfen, felbft Die Stadt 
ber Epeer bedeutet. Denn Ὀπόεις verhält fid) zu "Eneco£ eben (o 
wie |. 98. τροφόεις zu τὸ τρέφος, στονόεις zu τὸ στένος n. bgl. 


178 Die Phoͤlen von Elis 


tende Stadt (ort; feine Manern Tiegen nur fechd Stadien, 
nisht einmal ein Sechflel einer Meile, von bem Haine des 
Dlympifchen Zeus; in ber Zeit von Olympias 30 bie 50 ums 
gefähr herrfchen hier mít Macht die Könige ober Tyranuen 
Pantaleon, Damophon, Pyrrhos; und bod) bemerften Wie 
Eleer in ihren Kiften nur, bag bie Pifäer erſtens bie achte 
Olympiade, wo ber Argivifche König Pheidon von ihnen Bets 
beigerufen worden war, dann bie vierumddreißigfie C unter 
Pantaleon), endlich viel fpäter bie hundertundvierte wider⸗ 
rechtlich gefeiert hätten, fo bag mum diefe nach ber Anficht ber 
Eleer ᾽4νολυμπιαάδες gewefen wären: 14) worin freilich fchon 
Strabon nicht übereinftimmt (VIIJ p. 355), nach welchem 
bie Pifäer nad) ber ſechsundzwanzigſten Olympiade ihr altes 
Gebiet wiedergewonnen und den Dlympifchen Agon gefeiert 
haben follen, θίό geraume Zeit fräter die Spartaner, weil 
bie Pifaten unter Pantaleon ben Mefleniern im zweiten Krie 
ge eifrig beigeftanden hatten, die Eleer aber auf die Seite 
ber Spartaner getreten waren, 15) den Eleern wieder bie 
Serr(djaft und die Agonothefle verfdjafften. Mir (Φείπί das 
Stebeneinanberbe(leben von Pifa und Elis fchon in früheren 
Zeiten nicht denkbar zu feyn ohne ein geregelted Bundes» 
verhältniß. Φυτά bie etolifche Einwanderung war als 
[erbingé Elis der müdjtigíte Ort geworben; hier wohnten bie 
anfehnlichften Gefchfechter, mie namentlich die Oxyliden. Doch 
möchte aud) Pifa damals Aetoler aufgenommen haben, aus 
denen eben jene Herrfchers$amilie hervorging; indem es wohl 
nicht ohne Bedeutung i(t, daß der feltne Samen Pantaleon, 
außer Piſa, fonft nod) bei einem Aetoler vorkommt. 1) €6 
darf auch angeführt werden, bag in ben Ercerpten aud He 


.. 14) Paufan. VI, 24, 2, 10 ταύτας τὰς Ὀλυμπιάδας auf die 
Olymp. 8 imb 84 zurädgeht. 


15) Ueber diefe Verhältniſſe Dorier I, 7, so. Bd. 1 6. 149. 
6) Polpbios an mehrern Stellen. 


und Pifa. ο 


rakleides Politieen Pantaleon als Qerr(dyee unter den Eleern 
bezeichnet wird. 17), Eben fo hießen (nad) Phlegon bei Ste⸗ 
phanos von. Byzanz), ein Dyspontier, welder Olympias 8, 
unb ein anbrer, ber Olymp. 27 fiegte , in den Berzeichniffen 
der Sieger Elser von Dyspention, obgleich ber Sort enfchie 
den Piſatiſch war. Bei der ( geihichtlichen ). Grünbung ber 
Dlympien war nun allerdings. Inhitad ber Zorplibe, mit $y» 
furgoé , bie Hauptperfon; wenigſtens nannte Diefe beiben das 
alte :Denfmal, der Diſskos des Ipbitod mit ber. Kormel des 
Dlympifchen Gottesfriedens; 15) ob indeß nur biefe alleim, 
wird nicht. angegeben, unb muß nod) für zweifelhaft erklärst 
werden. Der Pifäer Kleofthened, Kleonikos Sehn, welder 
neben ihnen ald Anordner der erjten. jOfgmpien » Feier ges 
nannt wird, fiebt gar nicht wie eine erfunbene Perfon aus; 
außer dem Fragmente des Phlegon über bie Olympien, 19) 
reden. auch nod) bie Scholien zum Platon (Staat V p. 346, 
7 Bekker) mon biefem Kleefthenes ; fie erzählen überdies, bag 
„den Eleern- damals bie Leitung be$ Agon übertragen, von dies 
fen aber mieber den. Pifaten übergeben worden (eg. Rus. 
wird ed auch mabr(dyeinfid), Baß bie zwei Hellanodifen, mefe 
dje nach Paufanias erft- feit Olympias 50 nad) dem Einen, 
ber urfprünglich der Spiele wartete, | mad) Qellanifoé aber 
gleich von- Anfang an das Amt theilten , nicht. beide aué bei. 
Eleern erwählt wurden, fondern Nepräfentanten dee verbi 
Beten. Staaten, Elisund Pifa waren. Die Eleiſchen Berzeichniffe 
ntögen indeß bloß bie Namen der erſtern, der aus Elis ente. 
foroffenen, enthalten haben, die aud) wohl bie Soberleitung, 
Batten, bie Zeit auégenommen, wo burd) Pantaleon: 115. 
Damophon die friedlichen Verhaͤltniſſe — wie ed wenigftend 


17) Naebius dagegen nannte den Pantafeon Pisalilem, mad 
6. 


18) Plutarch gpfurg ı. Paufanias V, 20, 1. 
»9).Bei SReurfiu$ Opp. T. VII p. 127. 


180 Die Phylen von Elis 


bie Cíeer barftelíten — erfchüttert wurden. 9tad) Damophons 
A obe wurde mum jene Berfühnung gefti(tet , von welcher die 
zum Grunde gelegte Stelle beà Paufanias erzählt; ohne au 
bie Vermittelung beà Friedens durch die fechzehn Frauen zu 
glauben, müſſen wir bod) das als faktifch fefthatten, daß 
vor Pifas Zerflörung einige Zeit die Pifatifchen und Elei⸗ 
fen Ortſchaften gleichen Antheil an ber Anorbuung ber 
Diympifchen Hetäen hatten, und bie gleiche Zahl beider 
durch einen gleichen Chor von Frauen (ich möchte fagen, wie 
bie Attifchen Bundesgenoſſenſtädte durch den Ehor in Eupolis 
1Π1όλεις) dargeftellt wurden. Das völlige Gleichgewicht, mel» 
ches dabei in der Zahl ber verbündeten Örtfchaften ftattfins 
bet, fat nicht zufällig entanten, ed muß durch Derträge 
felbft {εβρε[εθί worden feyn, um die gleichen Rechte ber Gleis 
(den und Pifatifhen Gauen auszudrücken. Diefe Berträge 
wären aber wohl nie ju Stande gefommen, wenn früher 
Elis fchon eine eigentliche Herrichaft über Pifatis auégeitbt 
hätte. Run murbe aber burd) den Krieg des Pyrrhos und 
ben Sieg der Eleer, um Olympias 50, dieß ganze Berhält- 
nig verändert, Piſa bem Boden gleichgemacht, die Einwoh⸗ 
ner der Pifatifchen Dyspontier wanderten größtentheild nad) 
Epidamnos und Ayollonia, 20) und das frühere Pifatis bilo 
bete von nun an vier Phylen ber Periöfen von Elid. Don 
jegt an mögen bie zwei Hellanodiken wirflih, wie ed Pau⸗ 
fanias fagt, bloß aus bem Eleern erwählt worden ſeyn, obs 
wohl bei dem fechzehn Agonothetinnen, aud Scheu vor relis 
giöfer Sagung, bie vier and Pifatifchen Orten beftehenbes 


πο) Vielleicht gingen aud) Dyspontier nad Eretria, und die 
Eleiſche Eolonie von Eretria (Strabon X p. 448) war eine Piſatiſche. 
Daß die Dyspontier fon früher Cleer genannt wurden, ift oben δε: 
merft.. Dürfte man dieß annehmen, fo würde ber Rhotacismus und 
bie übrigen Aehnlichkeiten des Cretrifhen und Eleiihen Dialekte 
(Dorier Beit. 4, a. Bd. Ἡ 65. διά) darauf führen, bag die Pifaten 
aud) die eigenrhümliche Mundart der Cicer zu der ihrigen gemacht 
hatten. 








und Piſa. 181 


Phylen die Rechte von Pifatis behalten zu haben fcheinen. 
Dieß Peridten » Land der leer wurde anfangs auf alt» aris 
ftofratifche Weife von dem Sauptorte aus regiert, aber um 
die Zeit des Perferfrieges traten auch hier demokratiſche Bes 
wegungen ein, und wiewohl die 3Berfajjung von Elie immer 
gewiffe ariſtokratiſche Elemente behielt, wurden bod) mun.bie 
Hellanobiten — etwa wie bie Ctrategen. in Athen — nad) 
den Lokalphylen bed Gefammtgebietd gewählt, 21) die in ber» 
felben Zeit burd) bie Eroberungen von Triphylien bis auf 
neun und zehn gebrachi wurben. 

Sd) unterbrüde alle weiteren Bermuthungen über die Als 
tere Gefchichte ber Eleer und Pifaten, aus Furcht, bag ba$ 
Bertrauen, welches bie oben gegebene, firenge Berfettung von 
Zeugniffen für fi) gewonnen haben könnte, burch ein zu küh⸗ 
ned Zortbauen auf diefem Grunde erfchüttert und fdymanfeub 
gemadjt werden möchte. 


$ D. Müller. 


‚ 21) Doch nennt Pindar nod Olymp. 76, 1 ben Hellanodifen 
einen Yetolifhen Mann, OL II, ı2. Gr. (let alfo wohl ebenfalls 
auch die Pifatiihen ΦεΠαποδίξεα für Aetoler an- Dann enthält bie 
an eine Beflätigung von bem oben über die Aetoler in Piſa Qe 
agten. 


Kleine Beiträge zur lateínifd)en SBort- 
forschung. 





vinc'ere, 

Dieſes Zeitwort bat, wie aus bem Derfectum sub Supinum, 
fo wie aus den Ableitungen victor, victoria erhellt, vicere zum 
Stamm, welcher auch in vivere im Perfectum n. f. w. zum. 
Borfchein fommt, und zu welchem (id) vivere verhält, wie- 
das von Feſtus bei Gato gefundene fivere zu figere. Die Bes 
deutung dieſes Stammes ift: 9tegfamfeit, Kraft, Leben; denn 
diefe Begriffe find eng mit einander verwandt, wie im 
Griechiſchen βία, Kraft, Gewalt heißt, βίος Leben. Die 
Degriffe der Stärfe, Gewalt, unb des Siege find ebenfalls 
eng verwandt und in einander übergehend, deun der Sieg ift 
eine Gewalt über den Feind, und im Griechifchen iit κρα- 
edv, bewältigen, befiegen und κράτος die Stärfe, Gewalt, 
weiche Wörter bie aufgeltellte Begrifföverwandtfchaft binlänge. 
lid) beweifen. Auch in vigere, welches, ehe der Buchftabe g 
im Lateinifchen aufgenommen worden, vicere gefchrieben ward, 
it Regſamkeit, Kraft der Grundbegriff, weßhalb eà ald eine 
Nebenform jenes Stammes betrachtet werden muß, welcher 
burd) die Annahme des g ftatt des c nur wenig unterfchie« 
den werden follte, fall dieß überhaupt beabfichtigt ward;. 
denn wir find zu befondern Schlüffen in biejer Sadye πιΦί 
berechtigt. Den Begriff ber Wachfanıfeit, welcher in Ablei⸗ 
tungen (vigil, vigilare) hervortritt, fnüpft fid) an ben bet 





Kleine Beiträge zur [ateinifdjen Wortforfgung. 183 


Kraft und 9tegíamfeit; denn was kraͤftig unb regfam ift, (ft 
munter und mad. 
bison. 

Plinius nennt den bison (genitiv. bisontis) eine Art wil» 
ber Dchfen, unb die lateinifche Cypradje bietet feinen Stamm 
für biejeó Wort bar, weßhalb man ed als ein entlehntes 
Wort anfeben darf. Wirklich finden wir feine Quelle in dem 
Deutihen, wo Bifant, welches außer Gebraud) gefommen ift, eis 
nen Ochfen bedeutete, vog meifenaltbod)b. wisan führen, ale 
Anführer der Heerde, wie bie Bienenfönigin aus bemfelben Grun⸗ 
de Weijel, althochd. wisal, mittelbod)b. wisel, ſchwed. wise heißt. 

dardanarius. 

dardanarius, ber Getraidehändler, Korumucherer, muß 
früher den Wucherer im Allgemeinen bedeutet haben, weil 
fi fein Stamm findet, weldyer ©etraide bedeutend είπε 
fautátnlidfeit mit diefem Worte hätte. Dagegen finden wir 
danere, geben, bey Plautus, und daneben bie Gíofje danus, 
foenerator und danista, Φανειστης, (Gelbleiber. Bon bíiefem 
danere fönnte num vermittelt der Reduplication dardanarius 
fommen, ftatt dasdanarius, weun mir dasno al$ frühere 
Korm für dano wollen gelten laſſen, wie und gemeldet wird, 
daß casno ältere Form für cano mar, cesna und fabinifch 
scesna für cena, coena, fo daß alfo das- danarius bie ut» 
fprüngliche reduplicirte Ableitung geweſen müáre, übergehend 
in dardanarius, wie casmen in carmen, moneben casmena iu 
camena übergeht, alfo baó s verliert. gesmen geht ebenfalls 
in germen fiber, gesmanus in germanus, baneben gesminus 
in geminus, ge»ma in gemma. 

fibra. 

fibra , die Safer, gebildet wie flabrum von flare, latebra 
von latere u. f. w. weißt auf fio als feinen Stamm, weldyeé 
bie Bedeutung be& Zeugend, Entftehend enthält, und mit dem 
griehifchen φίω, pvo nahe verwandt ift. Daß biefe Bedeu» 
tung für den Begriff von fibra paſſend (eg, zeigt bie deutfche 


184 Kleine Beiträge 


Sprache, in weldher Faſer von bem in bem Ableitungen ers 
haltenen Stamm fisan, erzeugen, entitehen fommt, welcher 
fis-, fas--, fes- , abzumandeln ift, und woher angelf. füst, 
Sudt, Nachkommenſchaft, neuhochd. Faſel⸗vieh u. a. m. 
fommen: fimbria gehört zu fibra. Eben fo fommt filum, bie 
Safer, ber Kaden von fio, mie φῦλλον von φύω, und bes 
zeichnet zuerft die gewachjene $yafer, banm den Faden im All 
gemeinen. Auch festuca, Halm, welches Feſtus von fetus 
ableitet, ift auf feo oder fero zurückzuführen (für leßtere Abs 
leitung wäre analog con-festim, festenus, festinus von fero, 
oder nach äfterer Sprache feso) wie im Deutfchen daß alts 
Dodjb. vesa, fesa, welches festuca bedeutet, zu dem Stamme 
fisan gehört. Barro und Feſtus leiten den Namen ded Bis 
bers, fiber von fibra ab, weil er fid) an den Ufern aufhalte, 
und fibra, fimbria, dad Neußere, den Rand bedeute, melde 
Ableitung unannehmbar ift. Angelf beißt der Biber .beofer, 
isländ. bifr, bior, fchwed. befwer, althochd. pipar, engl. bea- 
ver, franzöf. bievre, bifre, ital. bivaro, mittellat. veber, 
(ter Scholiaft. des Suvenal. feber, beber) (fao. bobr , und 
illyr. dabar. Diefe Namen find nicht aud dem Kateinifchen 
entlehnt und beweifen die Kinrichtigfeit jener Abteitung. Wie 
fehr übrigens die Ableitungen von fisan mit ben Inteinifchen 
von feo, fero übereinftimmen, zeigt aud) fere, welches mit faft 
übereinfimmt nnb von fero fommt wie faft, wovon feft 
Rebenform ift (althochb. vesti, ſchwed. angelf. fast, feft) von 
fisan. Wahrfcheinlich liegt den Wörtern festus und feriae ber 
gleiche Begriff des Feften zu Grunde, fo bag Πε feftber 
ſtimmte &age bezeichnen, mit dem hinzutretenden Begriffe, 
daß fie feierlich begangen werben; denn begbe Wörter find 
auf feso, fero, zurüdzuführen. 
labor. 

Zu bor, Mühe, Noth, Arbeit, Schmerz, findet fid) 
läbare, wanfen, ald ein Wort, welches üt der Form bie. 
Möglichkeit einer Berwandtfchaft zeige. Die beutfche Sprache 


zur [atelnifdjen Wortforſchung. 185 


erhebt dieſe Moͤglichkeit zur Wahrſcheinlichkeit, indem Πε eine 
Anaglogie darbietet; angel. svincan, laborare, svinc, labor, 
mittelhochd. swanc, vibratio, swankel, vibratilis, neuhochb. 
(dmanf. Diefes svincan ift Nebenform von winken, woher 
ablautend wanfen, mit dem im Griechiſchen, Lateinifchen 
und Zeutíden vortretenden s. Wäre die Bedeutung von 
svincan nicht auch wanfen, fo fünnte swanc nicht vibratio 
heißen, und das im Ablaut zu svincan ftehende ſchwanken, 
wäre unerflärlih. Der Begriffsübergang möchte wohl feyn 
das Manfen , das Erfchüttertfeyn, daun, weil Erfchütterung 
mit Niedergefchlagenheit und fchmerzlicher Empfindung vers 
bunden zu feyn pflegt, Schmerz, Noth. Aehnlich kommt von 
fhwingen, im Ablaut ſchwanger, welches nicht befruchtet, 
trächtig beißt, fondern den abgefpannten, tragen Zuftand, 
welcher mit ber Befruchtung verknüpft iſt, anzeigt; angelf. 
svongr , svongor , somniculosus , svongornesse , somnolentia, | 
taedium , assatio , aud) heißt svingan im Angelf. außer cae- 
dere, verberare, tod) laborare und svong, cruciatus, sveng, 
deses , svengan, vibrare, quassare, svencan, turbare. DBiels 
leicht giebt eà fonft nod) Analogien, wiewohl mir jegt feüte 
andere gegenwärtig ift. 
nudus. 

nudus, nadt, bloß, kann aus nucidus zufammtengezos 
gen ſeyn, wobey c ausgeſtoßen ward, wie angelf. nyd , ne- 
cessitas, vis, nydan, egere, cogere, für nyhd, nyhdan 
ftebt , und wie in Not, Roth, das B auégeftogen ift. Der 
Begriff ber Noth , beà Mangels, der Dürftigfeit, geht leicht 
über in den der Blöße, woran fich ber ber Nadtheit fdiliegt; 
fhwed. snöd, isländ. snaudur, dürftig, bloß, nadt von jenem 
Stamme, woher nyd, mit vorgetretenem {. Demnach fónnte 
nudus mit Ώου - in necesse u. f. mw. verwandt fegm , von 
einer noceo zunächft fiehenden verlornen Form nuc. , Ueber 
Noth und necesse vgl. Beitrag zur lateinifchen Wortforfchung 
6. 50. : 


186 Kleine Beiträge 


σ ασ6 ΓΡ 0. 

quaero, in älterer Sprache quaeso , fuchen, muß zur 
Orundbedentung den Begriff des Eindringensd haben, moraué 
(id) die andern entwiceln. Statt qu ift früher c gefchrieben 
worden, und das fabinifche Speer gehört zu quaero, wie im 
Deutfhen Speer zu fpüren, ferner cuspis, in cus-pis 
aufzulöfen, denn fchwerlich dürfte bie Auflöfung in cu-spids, 
und die Vergleichung mit Spieß (Grimm Gramm. II 6. 990) 
angehen, da weder für cu - noch für spids ein Stamm im 
Lateinifchen aufzufinden wäre. Heißt quaero zuerſt eindrins 
gen in eine Sache, fo folgt daraus der Begriff des Cpürené, 
Nachſpuͤrens , aus dieſem der des Suchens, Forſchens. 

poples. 

Daß im Lateiniſchen neben plicare ein einfacher Stamm 
ſtatt fand, welcher ohne den Formationsconſonant das Bie⸗ 
gen ‚bedeutete, geht hervor aus po-ples, b. f. post-ples, 
Hinterbug, Kniekehle, du-plus, doppelt neben duplex beftes 
hend. Sm Deutjchen iff der mod) nicht zufammengezogene 
Stamm in falsten übrig; denn in πλέκειν, plicare, flecdhs 
tet, ift nichtd wurzelhaft al8 pl, durch Zufammenziehung 
entftanden, wie in zoo, pro, nur pr wurzelhaft ift, gleich 
wie im Deutfchen fromm (probus) gotb. fruma , angelf. for- 
ma , fat. primus, litth. pirmas , wobey dad nicht zuſammenge⸗ 
zogene vor und für im Deutfchen erhalten ift. ben fo 
Fülle, vol, gotf. fulls, griech. noAvc, neben bem aufammere 
gezogenen πλέω, πλεῖος und plenus, pleo, plus. 

a n u s. 

Wenn Knus aus avinus entftanden ift, wie ich vermuthet 
habe, foift die Angabe, e& müße dann änus fepit, feine Widerles 
gung biefer Anficht, denn von foveo fommt fócus, von juve- 
re, juvare, eben fo jöcus, indem bey ber Iufammenziehung 
die Sylbe vi ganz auögeftoßen ward. Es wäre daher nicht 
bie Korm, fondern die Bedeutung, welche Anftoß geben fomno 
te, und εὁ bleibt bahin geftellt, ob die Stellen, in welchen 


jut lateiniſchen Bortforfhung. 187 


avus vom reife und von den Borfahren gebraucht wirb, 
genügen , um diefem Worte bie Bedeutung eines Alten, eines 
Greifed ἐκ vindiciren. 

JSlaccus 

Sn den früher in biefer Zeitfchrift gegebenen Bemerkun⸗ 
gen, habe id) flaccus wit bem deutfchen welt verglichen, dad 
aber falfch abgeleitet, indem ich val für wal lad; welf heißt 
afthochd. welh , und fommt von wilcan (abzumwandeln wilc-, 
wale-, wele, wolc), volvere, woher Wolfe, daher ift melt 
eigentlich gerungelt ; angel. veole, engl. welk, die gewundene 
Schuecke, engl. welked, wolfig, gerungelt, warzig 

cruor. 

Da ich das Wort cruor, ton cruere, gruere , in bet 
fBebentung : rinnen, laufen, abgeleitet habe, fo füge ich, weil 
íd) ed verfäumt batte, eine analoge Benennung ded Blutes 
anzuführen,, jebt eine fofd)e aus dem Denutichen hinzu, näms 
fid) althochd. tror, angelf. dryre, cruor, von driusan, cadere, 
ruere, (engl. drizzle, drose), 


Konrad Schwend. 


Eos und Zitbonos. 


Den Tithonos, welchen Tyrtäog (III, 5) den fchönften von 
alleır nennt, raffte nach Euripides in den Troerinnen (866) 
der Sterne faffraniged Viergefpann empor. Die in ber Ilias 
(XI, 1) erwähnte Liebfchaft der Eos mit ihm gehört zu den 
garten und naiven Raturallegorien Griedjifd)er Borzeiten: denn 
fie bedeutete die vergängliche Dauer des Morgenrothed. Eos 
hat ſich den göttergleichen Süngling entführt, von Zeus Unfterbs 
lichkeit für ihn verlangt, aber bie ewige Jugend zu fordern vers - 
geffen. So fang er nun jung mar, ergötzt' er ſich mit ber 
goldenthronenden,, morgengebornen Eos an bed Okeanos Strös 
men. Aber fobald ihm grau die oden vom fchönen Hanpt 
und edlen Bart herabfallen, dann grant ber Tag. Eos ent» 
hält fich feined Lagers, hegt ihn aber nod) im Pallaſte, fpeift 
ihn mit ambrofifhem Brod und giebt ihm fchöne Gewänber. 
Dieß find die be8 Morgenhimmels, ber in Südbländern fo mute 
derbar farbenreich if. Doch wenn er ganz alt geworden ift, 
er die Glieder nicht mehr regt, ihm die Stimme. zittert und 
die Lebenskraft fehlt, baun fperrt fie ihn im Schlafgemadh ein: 
er iff nun ganz verfhwunden. Go ber Homerifche Hymnus 
auf Aphrodite (249—39.) Die moralifche Erklärung des Kle⸗ 
archos 3) ift mehr des Zeitalterd und ber Schule ale ihrer 
felbft wegen zu bemerken. Da die Ilias (III, 150) gefprächige, 
thatlofe Greife den Grillen vergleicht, fo bat eine Kabel ane 
brer Art den alten Tithonos in die Eicade verwandelt; 190, 
von fowohl Hellauikos (welchem Tithonos und feines Gfeidjen 
nur biftorifche Perfonen find) in ben Scholien hier, als tero 
nomos zu 11. XI, 31. a. den richtigen Sinn verfehlen ; **) bey 
Servius (Aen. IV, 585) ift er fchon errathen. Cine neue und 
gute Wendung giebt ber Fabel von dem alten Tithonos Pros 
pertius (II, 18, 7.) $. ©. Welder. 

*) Athen. I p. 6 b, XII p. 584 f. περὶ βίων (. Zenob. VI, 18. 

**) Tzetzes Lyc. 18. 9Xitfderlid Hor. I, 38, 8. Sturz Hellan. 
fr, 143. Meiner [ῴοιι früber gegebenen Erklärung fept Schwenck 
$om. Hymnen ©. 277 andre zur Geite. 


Re ee 








ὶ 4 ᾧ trag 


zu dem Auffage über die Inſchriften im Theater 
zu Syrakus. 


Rhein. Mufeum Jahrg. IT, Heft T Geite 103). 


Herr Panofla hat feine Meinung über dieſe Sufchriften 
im erften Bande ber Annali dell’ Instituto di corrispondenza 
archeologica p. 5344 wiederholt und in ber Nachricht des 
Herrn Lenormant über einige mit Inſchriften verfehene Site 
aus dem Odeum anf Melos eine Beflätigung zu finden ges 
‚glaubt. Herr Cenormant fand nämlich auf der Hohlkehle bes 
einen diefer Steine (deren Größe er leider nicht angegeben 
bat) die Buchflaben NEANLSK, auf dem zweiten OARNTONI, 
auf dem dritten OIIOZTMN, auf dem vierten 2NTONOZ 
und ergänzt fie NEANIZSKONTOIIOS, TMNOIAONTO- . 
ΠΟΣ: Spanoffa billigt dieß mit Recht und vergleicht die 
&telle bei Suidas unter Βουλευτικὸς τόπος und die befpros 
chenen Infchriften des Theaters zu Syrakus, mo er bei Bu- 
σιλίσσας Φιλίστιδος, Βασιλίσσας Νηρηΐδος, Ads Ὀλυμπίου 
ebenfo τόπος fupplirt, indem, wie eà fcheint, bei der [εθίειι 
der genannten Inſchriften jegt nod) ὠμφιπόλου bloß fupplirt 
werden (off , nicht aber angenommen wird, daß δίεβ Wort 
mítflid) eingehauen gewefen (ey. Diefe Ellipie finde ich zu 
πανί. Außerdem aber ift ein großer Unterfchied in der o» 
calität der Infchriften des SDbeum zu Melos und derjenigen 
des Theaters zu Syrakus; denn nad) Lenormants δε[ώ εί, 
bung find jene an ven Sitzen ſelbſt angebracht, während 

MR. Rhein. Mut. f. phil. 11. 13 


190 Ueber die Snfihriften im Zheater zu Sorakus. 


die Syrakuſaniſchen im die Praäcinctionswand einge 
hauen ſind. Für meine Anſicht aber habe ich in den Rittern 
des Ariſtophanes Vs. 539 eine Beflätigung gefunden. Dort 
wird von Kratinus ungeehrtem Alter gefprochen, ber für fei» 
ne Berdienfte bie Speifung im Prytaneion und bie Proedrie 
im Theater verdient hätte. Das letztere wird auégebrüdt 
durch die Worte ἀλλὰ Φεᾶσθαι λιπαρὸν παρὰ τῷ «4ιονύσῳ, 
Diefes kann offenbar nicht, wie der Scholiaft meint, für ἐν 
τῷ διονυσιακῷ Φεάτρῳ ftehen, ifl aber nod) viel weniger mit 
Elmsley in παρὰ τῷ «4ιονύσου zu verwandeln; fondern ὁ 
«4ιόνυσος {ft ohne Zweifel eine Diongfodberme, welche im 
Theater zu Athen wahrfcheinlidyh ebenfo auf ber Mitte bet 
mittlern Praͤciuctionswand angebracht war, wie bie Des 
olympiſchen Zeus im Theater zu Syrakus. Θεᾶσθαι παρὰ sd 
Aovsar konnte deshalb von jedem gefagt werben, welcher 
einen Gig (m der Mitte des Theaters batte, hier aber iit e$ 
von tet Mitte des πρωτόβαθρο» , oder ber erſten Sigreihe, 
verstanden. 


Gottling 


Die Eugubinifhen Tafeln. 


Aus einem Briefe an Herrn Prof. Gerhard in Rem. 


Bor einigen Tagen iff mir endlich baé dritte Heft bes neuen 
fRbeinifdyen Muſeum zugekommen, um welchesich mich wegen ber 
Mbhandlung von Drm. Prof. Laſſen darin über die Cugublni» 
{chen Tafeln ſchon lange, aber vergebene , bemüht hatte, 
Meine Freude darüber, daß faft zu gleicher Zeit mit meiner 
s:Digertation über die Eugubinifchen Tafeln αμ von andes 
ver Geite auf benfelben Gegenſtand aufmerffam gemadyt 
wurbe, vermehrte fd) noch, als id) bei Durchleſung bes 
Aufſatzes anf ben erften einleitenden Seiten Die Anfichten 
des Hrn. 8. über die Ungemifchtheit der Lateinifchen Sprache 
fo völlig bem meinigen begegnewd fand, bag ia) in einem (rito 
bern Auffage über ba& Thema: Linguam Latinam non esse 
mixtam — welches Thema Sie aud in der Snhaltsanzeige 
hinter meiner Differtation wiederfinden — fogar biefelbe Bes 
weidfuhrung zum Theil angewendet hatte. 

Richt fo einleuchtend, wie ber Inhalt diefer einleitenden 
Worte, fcheint mir die Anwendung dieſes Jiefnítaté, fo wie 
überhaupt der Uebergang auf die Deutung der Eugubinifchen 
Tafeln 6. 365. 366. Hrn. Laffend Hauptaugenmerk bei Er 
forſchung der übrigen Stalifchen Dialekte ift nämlich darauf 
gerichtet, zu finden »was bem altitalifchen Sprach⸗ 
ffamme eigenthümlich angehöre, jp wie aus der Vers 
gleichung des Latein mit den andern altitalifchen Dialelten 
Gesvorgehen müfle, was eigentbümiid) Lateiniſch fep.« 


- 


109 Die Eugubinifhen Tafeln. | 


Sch glaube nun in ber That, daß beide Aufgaben bei bem 
geringen Material, welches und bie Lieberrefte der altitalis 
fchen Sprachen, außer der lateinifchen bieten, für jest gang 
unauflöglich find, unb und viel näher liegende Aufgaben zw 
der Unterfuhung der Eugubmifchen Tafeln und überhaupt 
ber altitalifhen Dialefte auffordern müffen. Noch gilt es 
nicht zu finden, was ihnen eigentbümlid) war, fonberm was 
fie überhaupt hatten, denn das wiffen wir noch nicht. Hat 
man bod), und ich meine mit Recht, noch nicht einmal vers 
fucht, daS eígentbümfid) Griedifd)e oder Deutfhe im Ges 
genfate zu dem ganzen Sprachſtamme befouders darzuftellen, 
fondern fíd) beguügt, biefe Sprachen in ihrer Gejammtbeit 
aufzufaffen und fo darzuftellen, nur im Einzelnen, wo es 
bie Forfchung etwa ergab oder erforderte, andere Sprach 
gweige vergleichend: oder man bat aud), wie ganz neuerdings 
Bopp, unternommen, allgemeine Grundzüge beà in ben vers 
ſchiedenen verwandten Sprachzweigen Gemeinfchaftlichen bare 
zulegen, nicht das Unterfcheidende. Unfer Gefichtöpuntt, 
glaube ich, für das Altitalifche ift unà fchon gegeben. Was 
für die Deutfche Sprache [ώοπ fo unübertre(flid) geleiftet ift, 
eine gefchichtfiche . Darftelung des Sprachſtroms in feiner 
ganzen erforfchbaren Länge und zugleich Breite zu liefern, 
das muß, fo weit ed möglich ift, aud) für bie claffifchen 
Sprachen geihehn. Sie müflen in ihrem organifchen Wachs⸗ 
thum und zugleich in ihren bialektifchen Berzmeigungen er» 
forſcht und bargeftellt werden. Freilich bieten für beide bie 
vorhandenen Monumente weder einen fo langen Zeitraum 
dar für bie Verfolgung des Bildungsganged, mod) einen fo 
großen Reichthum für bie Vergleichung neben einander δεῇε, 
benber Dialekte , wie die. Deutfche Sprache, unb unter bei» 
den ift wieder das Material für das Altitalifche gar micht zu 
vergleichen an Reichbaltigfeit mit dem für bie Griedyifche 
Sprache; aber noch ift für beide auch nicht einmal ein Ser» 
fud) gemacht, durch ειπε volliländige Sammlung ded Mater 


Die Eugubinifchen Tafeln. 153 


ridis unb eine der heutigen Sprachforſchung gemaͤße Behand⸗ 
lung wenigſtens tad Mögliche zu erreichen. Indem ich von 
ber Anfiht einſtweilen ald Borandfegung audgehbe, daß das 
Altitalifche ungeführ ebenfo in feiner Einheit beftanden habe 
und daher zu erforfchen feo, wie das Griechiſche; bag fi 
das Lateiniſche pr den übrigen. Dialekten Italiens etwa ver: 
‚halten babe, wie dag Sontfche zu dem Dorifchen: liegt es 
Ammé zunächſt eb, die verſchiedenen Staff(d)en, Dialekte fo. yes 
mau kennen gu lernen, neie ed die Monumente "und alten 
‚Nachrichten gefintten, unb - die. Refultate dann: zu bennben, 
‚ein möglichft nollftändiges Bild des Italiſchen Sprachzweigs 
gu entwerfen, wobei natürlich bie Rateinifche Sprache fert 
während Dauptfache und Mittelpunkt bleiben, und das 
ber vor allen Dingen in ihrer biftorifhen Einheit erforkht 
{ενα muß. Daher i£ auch beit einer Behandlung der Sstalis 
fhen Dialekte hauptfächlich von einer durchgängigen Verglei⸗ 
dung urit dem Fateinifchen auégugefen, und nur entfernter 
auf den ganzen Sprachſtamm Rückſicht zu nehmen, ganz wie 
wir etwa Unterſuchungen über einzelne Griechiſche Dialekte 
anftellen würden. Auf ber andern Ceíte wird aber ber Weg, 
den wir bier einfdjlagen müſſen, gar (cbr bedingt durch das 
Material, welches unà für bieje Unterfuchungen zu Gebote 
feht. Wir würden fo gut, wie bei der neu entdedten Zend⸗ 
fpradie — in ber That ein höchſt merkwürdiges Phänomen, 
Amb der glänzendfte Beweis von der Höhe und Bedeutung 
uuferer heutigen Sprachforſchung — jeder lleberfegung ober 
Kommentars: fo ziemlich entbehren fünnen , wenn ung ebenfo 
reihe Schäße wie dort eröffnet wären. Aber mir haben, aus 
Ber den Eugubinifchen Tafeln, welche allerdings wegen des 
bedeutenden Umfangs, ber doppelten Schriftart, ber Unver⸗ 
letbeít des Denfmald und mancher anderer glüdlicher Um⸗ 
fände für uns. von unſchätzbarem Werthe find, nur fure, 
unzufammenhängende , oft fragmentarifche unb nod: öfter uns 
genau und irreführend mitgetheilte Inſchriften, bie durch ganz 


194 Die Eugubinifhen Φα[εία, 


alien aufgefunden find. Hieraus fäßt fid natürlich kein 
vollftändiger lleberbfif der Dialekte tonfirniren,. wem malt 
aud) die Nachrichten, bie bht und wieder bei den Alten bar 
über vorkommen, dazu nimmt. Was uns aber zu thun fibvig 
bleibt, ift folgendes: a 
Zuerft iR ein möglift vollftändiged Corpus. Inscriptio- 
. pum Italicarum nöthig, worte nicht nur ſaͤmmtliche Etruski⸗ 
(fe, Umbriſche, Oskiſche, Euganeifche Infchriften, ſondern 
aud) die Alteften Nömifchen bie anf eine gewiſſe Epoche mit 
aufgenommen werben mü(fen, fo wie alle bie, melde man 
‚gewöhnlich unter dem Namen barbarifcher aller ferneren Uns 
terfuchung enthoben zu haben glaubt, ein Bedürfniß, welches 
(do von vielen Seiten, und noch kuͤrzlich von ihnen ferMt 
audgefprochen worden if. Dann aber wird das erfle Bes 
fchäft (egt, bie Paldographie dei alten Slafiené auf "eine 
gründlichere und umfichtigere Art zu behandeln, αἵδ ed bis⸗ 
ber gefchehen ii. Ein Specimen, wie mir eine (οἵθε ἴπίες. 
ſuchung anzuftellen fcheint, babe ich für bie Umbrifche Palkor 
graphie in meiner Differtation gegeben. Von hier aus ifk 
erft zur Lautlehre, bant zur Formenlehre Fortzufchreiten, 
Mit biefer ift für die Darftelung der Dialekte die Haupt⸗ 
fache geſchloſſen. Alle folgenden Entbedungen, fo überra⸗ 
ſchend, fo bedeutend, und fo begründet ffe oft ie Einzelnen 
feyn mögen, werden bod) nie ein Ganzes ergeben, ned mit 
einer gleichen Sicherheit ber Unterfuchung fortgeführt werden 
fónnem. Etwas anderes ift es mit ber Lateiniſchen Sprache. 
Dieſes Bekenntniß wird aber die keineswegs von bergkeichen 
Unterfuchungen abfchreden, woeld)e die wichtige Bebentung 
ber Lautlehre und Sormenfebre bei allen Sprachunterſuchun⸗ 
gen fennen, welche wiflen, daß die erfte faft ganz, bie zweite 
zum großen Theil aud) ohne, ober nur mit einem unvolls 
ſtändigen Verftändniß der Wurzeln dargeftellt werden fami, 
umb daß, wenn wir auch nur diefen Punkt mit einiger Bolls 
ſtaͤndigkeit erreichten, ſich fd)on die Hauptfragen über dad 


Die Eugubiniſchen Zafeln, 195 


Berhältniß der einzelnen Dialekte gu ber Lateinischen Spra⸗ 
che, unb dieſer zu bem ganzen Stamme nothwendig löſen 
müſſen. So glaube ich audj, bap alle nod) fo gründlichen 
Unterfuchungen auf dem Felde der Etruskiſchen Archäologie 
fo lange feine unerfchütterlichen Refultate über die vátbfefbaf: 
ten Clemente des Ctrnéfifd)en Volks, über welche ſelbſt bie 
umfaffendfte hifkorifche Unterfuchung noch in Zweifel geblies 
ben it, gu Tage fördern werben, bíà man durch ſprachliche 
Unterfuchungen der angegebenen Art guerft ein Regulativ für 
tie archänlogifchen und hiftorifchen Korfhungen, bie barauf 
fortbauen müflen, gewonnen bat. 

Aber Sie fehen auch ans Ὀίήει meinen Anfichten, bag 
(dj mit dem von rm. gaffe. eingeſchlagenen Wege der Ber 
handlung der Eugubinifhen Tafeln πι übereinilimmen 
Tann. Er fängt gerade da mit der ‚Erklärung an, wo id 
der Hauptſache nach aufhören möchte, hämlich mit ber Er 
Härung der Worte ſelbſt. Die Kenutniß der Schrift fegt er 
voraus, hält alfo q wie biäher für ein r, A für ein), + für 
ein x, fennt baé J ber Lateinifchen Tafeln mod) nicht, uud 
geht gleich von ber, wie ich in meiner Differtation nadıges 
wiefen zu haben glaube, durchaus unrichtigen Behauptung 
aus, man mäffe die Schriftbezeichnung auf den Etrugfifchen 
Tafeln für mangelhaft und der Umbrifhen Sprade unam 
gemeffen halten, und durch bie vollfommnere ber Latein:fchen 
Tafeln ergänzen, was natürlich auf die ganze Behandlung 
der Umbrifchen Sprache vom durchgreifendſten Einfluß ift. 
Und es ergiebt fid) daher aud) für ihm fegleid) baà Geſetz, 
»mit den Lateinifhen Tafeln anzufangen, um nicht burd) bie 
Ctruéfi(d)e Vermiſchung bíefer Laute verleitet zu werben, 
Stämme und Formen zufammen zu werfen, bie aus einan⸗ 
der gehalten werden müffen.« 

Dann geht er fogleih von der Erklärung einer Etelle 
aus, die ihm beſonders leicht zu verſtehen ſcheint, und folgt 
hiebei fo ziemlich Lanzi (Saggio T. IH p. 748. 749) unb. O. 


196 Die Eugubinifchen Tafeln. 


Müller ( Etrusf. 1 6. 54. 55). Er beginnt: »Das erfte, 
was einem im diefen Worten (tb. VI » 1, 22—24. Dempst.) 
aus bem Latein ffar feg mug, ift, bag von einem Opfer au 
einen Supiter mit dem Beinamen garbovei (er erklärt ed (piv 
ter felbit für eine einzelne unrichtige Abweichung von ber ges 
gewöhnlichen Schreibung grabovei) bie Rede feo, und daß 
diefed Opfer im drei Ochſen beftehe. fetu heißt facito mit 
ber. Bedeutung: opfern (Müller brüdt fi aus: wenn cà 
das heißt, woran ich faum zweifle). Ueber bie Form wollen 
wir und nachher erllären (vgl. S. 377. 378: ο geht vor e 
und i im Umbriſchen in s über (?), wovon gleich unten, s 
wiederum in h (9), welches häufig elibirt (9) wird. Hier⸗ 
mad) könnten bie Stufen diefe feyn: facitu, fecitu , fesitu, 
fehitu, fectu, fetu). Das Wort fommt häufig genug vor, 
um die Bedeutung zu fichern. iuve garbovei ift alfo der 
Dativ der Perfon, ber geopfert wird; buf treif dad Object, 
welches geopfert wird« (99). Dieß leGtete, was er ©. 377 
f hr auffallend aus einem Uebergange des s in f erflärt und 
womit er bie Indiſche Verwandlung bes finalen s mad) a iu 
u — rámas, rámau, rámó — vergleicht, behauptet er gegen 
Lanzi mit Müller 6. 55, welcher jedoch felbft (chon in Dies 
(επι Punkte längft feine Meinung geändert hat). ©. 376 ers 
. Härt er den Beinamen bes Supiter: grabovei aus ber Wur⸗ 
δεί gra, wachſen, nähren, und dem ihm heiligen bos, bovis : 
»Grabovis wäre bemnad) Supiter, ber die Weiden grünen 
läßt und die Ochſen nährt.a. ©. 378: »tu (in fetu) ift bie 
Endung fowohl ber dritten afà zweiten Perfon sing. des Im⸗ 
perativs; am richtigften nimmt man wohl hier die dritte Pers 
fon mit unbeflimmtem Subject (?) an: man opfere« Es 
kann nicht mein Wille ſeyn, Ihnen bier eine ind Einzelne 
gehende Kritif des ganzen Auffages mitgutfeilen ; id; würde 
bod) immer nur zeigen können, daß dad Ganze eben nur 
Sonjecturen find, bie id) theild, auch als foldhe, verwerfen 
möchte, theild mit andern vertaufchen fónnte, tbeilà aber 


Die Cugubinif den Tafeln 197 


aud recht glüdlich finde, und fo bag ich fehr geneigt bin, 
ihnen für mich Gíauben zu fchenfen. Es wäre aud) tbo» 
tígt zu leugnen, bag ſelbſt auf bem von Hrn. Laſſen einge, 
fchlagenen Wege viel Gutes gewonnen werben Tonne, befons 
ders bei der gewiß febr vatbfamen Beichränfung auf bie 
Bergleihung mit ber Lateinifhen Sprache, fo wie aud 
Lanzi und defien Borgänger neben dem vielen Willfürlichen 
in ihren Erklärungen bod) aud) mande treffende Bergleis 
ungen machen, bie befonberà bei [egterem auch meilt eine 
große Gelchrfamkeit befunden. Hr. Laflen würde die gewiß 
aud) mit mir anerkennen, da er ja felbft in bem audgewähls 
ten Gage über die Hälfte der Wörter gerabe wie Lanzi ers 
flàrt; and; hatte ich mir ἡ. 38. über das Wort ocneper in 
meinen Gollectaneen faft diefelben Zufammenftellungen aes 
macht (aud) bei frühern Erflärern kommt Einiges bavon 
vor);.die gewiß richtige Bemerkung, ba erer nonneper, 
erar nomneper als masc. und fem. auf ocneper fisiu (masc.) 
und totaper Iovina (fem.) zurückweiſt, babe ich bei ihm zus 
ert gefunden. Nur vermiffe ich, wie fchon gefagt, alles dag, 
was diefen einzelnen Vermuthungen vorauégefen muß, um 
ihnen einen feftern Hinterhalt zu geben, ohne weichen. aud) 
das (dyeínbar Sicherfie feine Ueberzeugung gewähren kann, 
Co hat gewiß bis jegt, um ein Beifpiel anzuführen, jedem 
Erflärer nichts ficherer gefchienen, alà daß von bem häufig 
mwieberfehrenden totaper iiovina dag erfte Wort das fateini» 
(de totus, a, um bedeute, das zweite bie Stadt oder Tribus 
Iguvium, wie aud) Alle bis auf Hrn. Laffen (6. 388: »Was 
tota fey, ift unnöthig zu bemerfen«) angenommen haben. ch 
hoffe Dagegen, im Berlaufe meiner Unterfuchung Mar zu eis 
gen, daß tota dag Subftantiv, liovina das Adjectiv fey. 
Paris, 22. Auguft 1833. 


Dr. idjarb Lepfins. 





( 


Mythologiſche Miscellen, 


Bey Heſpchius Iefen wir: «4άῤῥων. ἸΜακεδονικὸς δαι- 
po», ᾧ ὑπὲρ τῶν νοσούντων εὔχονεαι. Daß biefer Dämon 
eine befondere Gottheit geme(en (eg, ift nicht qu vermuthen, 
fondern wenn man Aehnliches in der Mythologie vergleicht, 
fühlt man (id) geneigt, eine Perfoniftcation anzunehmen, wie 
z. D. die ΗἨσυχία bey Pinbar, welche, wenn fie aud) in Yes 
gina einen Cultus gehabt haben folte, worüber ih Difr 
fens wohl überlegter Annahme nicht wiberfprechen möchte, 
bod) immer nur eine Perfonification war. Eben fo erwähnt 
Hefydhius einen Dämon Φράασος (9oucoc, darum) , Zuvers 
fidt, Muth, und biefer fcheint ber macedonifche zfaggor 
zu ſeyn, welder dem Muthfaffen, Getroftfeyn der Kranken 
vorftand; denn baé maceboni(dje ὁάῤῥων müßte attifh 9ag- 
vor (επ, ba die Macebonier ὃ flatt 9 gebrauchen , wie β 
flatt 9, 4. B. δαινών, κτείων. Ἰακεδόνες. δανὸν γὰρ Ma- 
κεδύγες τὸν Iararov καλοῖῦσι. Doch da fich bie Belege für 
ben Wechfel von ὁ und’ 9 (δεὺς, θεὸς — ἄαλλειν, Φαλλειν --- 
φέλει», Φέλειν n. f. το.) im Doriſchen unb Aeolifchen übers 
baupt finden [affen, fo bedarf bieó Feiner weiteren Bemers 
fung, zumal ba cà fihon im Etymol. magn. bemerft ijt. 


Bey Hyginus (Fab, 185) { (m ber Aufzählung ber 
Horen, für Carpia, Odice zu fefet Carpo, Dice, fo daß baé 
o vor dice zum vorhergehenden verderbten Worte ehemals 
gchörte. Aus den beyden zuleßt fichenden Namen Hecypris, 


Mothologiſche Miscellen. £99 


Yysis, welche nur einen Namen enthalten büefeu fewohl wer 
gen bed voranflebenben et, ald auch wegen ber vou Hpgiuus 
angegebenen Zahl, ift vielleicht zu Anatole und Mesembria beg 
Name Catadysis gu bilden, denn Eodysis dürfte nicht pafjen, 
wiewohl dann bie Tertverberbung leichter zu erklaͤren waͤre. 





Wenn es heißt: Majis Idibus mercatorum dies festus 
erat, qood eo die Mercurii aedes esset dedicata, fo ift hier 
bie Maja bie Mutter ded Mexrcur im Griechiſchen, wegen des 
Gleichklaugs der Namen berücichtigt, ba biefer Monat neu 
ben bem Junius fiehend eine andere Bedeutung hatte, und, 
wenn er einer Gottheit geweiht war, nicht der Griechiſchen 
Maja, fondern ber italifchen Maja, welche aud) Gemahlin des 
Vulcanus heißt, geweiht gemwefen wäre. Dieſe Maja wird auch 
Majesta genannt, b. {. bie Große. "Vulcanus ift Kumſtler 
und in Italien nad) des Horatius Bengniß ald Bott des 
Feuers in Verbindung der Frühlingswärme, fall8 die Stell⸗ 
lib. 1 Od. 4 v. 7. 59. 

dum graves Cyclopum 
| Vulcanus ardens urit officinas 
wicht anders auszulegen ift, was freilich nur gesmungen Bere 
anskommen fünnte. Sn ähnlicher Bedeutung, wie bie hier 
angenommene, Kit fid) Vulcanus zur großen Göttin denken, 
wie zur Ops, deren Gemahl er ebenfalld war unb welche, 
wenn nicht eind mit Maja, bod) ihr wenigftend ähnlich war. 


Antoninus Liberalis cap. 26 erzählt )_ Herakles habe 
ben Polyphemus zur gelaffen, um Hylas zu ſuchen, Dies 
fer aber (eg geftorben. Hier ift durchaus an feinen Before 
bern mythologiſchen Zug biefer Zabel zu benfem, fondern εδ 
‚geht diefe in bie Mythe gebrachte Perfonification bfog auf 
dad Rufen des Hylas (xa! αὐτὸν dE ὀνόματος eig τρὶς 6 
ἑερεὺς φωνεῖ, καὶ εἰς τρὶς ἀμείβεται πρὸς αὐτὸν 775) und 
ift ald eine unbedeutende Spielerey zu betrachten. 


200 Mothologifhe Miscellen. 


9n ber Kabel von Perdir find mehrere Kabeln zufam⸗ 
mengefloffen, und nad) biejer Zufammendrängung it Deutung 
verfucht worden. Er liebte feine Mutter. Polykaſte. Weil 
dad Rephuhn an der Erde bleibt, nicht fliegt, alfo bie Erde 
zu lieben fcheint, fo deutete mau Polykaſte ale Polyfarpe, 
multifructa terra, und nahm an, er habe die Jagd, zu 
bere Ausüber er aud. einem Gegenftanbe derfelben geworden 
war, aufgegeben und ſey Ranbbauer geworben. Selbſt tie 
Erfindung der Säge burd) ihn brachte man in Verbindung, 
und meinte, er babe Πε den Sügern quasi maliloquium erfun- 
den, weil serram ducere cum aliquo ein Sprüchwort für 
zanfen war, naͤmlich eine Cade wechfelfeitig an fid) ziehen, 
nicht fog fa(fen, alfo bildlich darüber hadern. 


In Kapıya ward Artemis ald ἀπαγχομένη verehrt, und 
man hatte über diefen Namen bie von Paufaniad erzählte 
Enge. Wir finden eine ähnliche Göttin in der Artemis ἆσπα- 
Ms, (voll(tànbig ἀσπαλὶς ἀμειλήτη Ἑκαέργη) und ebenfallé 
eine Sage darüber, erzählt von Anton. Liberal, cap. ı3. 
Shr Opfer war: κα ἔχαστον ἔτος ai παρθένοι ziuapov 
ὤᾶορον ἐχρήμνω», ὃτι καὶ $ Aonalig παρθένος οὖσα &uv- 
sz» απηγχόνισεν. Wurden der Artemis je. Denfchguopfer ge 
bracht, fo ift biefe Cage darauf gu beziehen, und wir [ere 
nen aus bderfelben das biefem Falle (ubftituitte Opfer fennen. 


Έννοστος, ἀγαλμάτιον εὐτελὲς ἐν τοῖς µύλωσιν, ὃ δοκεῖ 
ἐφορᾷν τὸ ἐπίμετρον τῶν ἀλεύρων, ὅπερ λέγεται Νόστος. ὡς 
Keowv ἀπὸ τοῦ κεράσαι. Heſych. vgl. die Aumerk. zu diefer 
Stelle. Es laͤßt fid) gegen δίε[ε Notiz nichts einwenden, wenn (te 
nicht einen Erflärungsverfuch enthält. Sollte Died der Fall 
feyn, fo wäre es be(jer, εὔνοστος wie πολύνοστος, viel Mehl 
gebend zu erklären, wie neben ἐμαλιά, Σροφή, ἐπέμετρον τών 
ἁλεύρω», ἵμαλιον, πολυφόρον, καρποφόρο», νόὀοτιμον und 
ἱμαλίς, νόατος  ὀύναμις erklärt wird, 


Mythologiſche Miscellen 201 


Daß Antimachod dem Aides dad Beywort ζειροφόρος 
gegeben haben foll, wie Hesych. und Lex. Seguer. p. 261 (Anti- 
mach, fragmm, ed. Schellenberg p. 114) angeben, iſt [οι 
berbar; deshalb vermuthe ich, bag der gegürtete Ares eins 
mal fo benannt worden fey, und bag "dons iu «4ἴδης vet» 
derbt ward. 


Die Fortuna primigenia läßt fid) wohl auf mehr αἴθ eis 
ne Art erffären, bod) bie natürlichfte Art fcheint, Πε nicht für 
eine allererfie, erítgebobrne zu nehmen, fondern für bie For⸗ 
tuna, unter deren Schuß etwas begonnen, gegründet wird, 
gleichfam die Stammfortuna y. B. einer Stadt, eined Came 
des, oder was εὁ fonft feyn mag. Primigenius sulcus dici- 
tur, qui in condenda nova urbe tauro et vacca designationis 
causa imprimitur, Festus. 


Ares wird und als Jäger genannt in gafoníen, nämlich 
(Φηριτὰς oder) Inosıras ; denn alle Berfuche died Wort ans 
ders auszulegen fcheitern an der orm. In welchem Sinne 
er aber Jäger genannt worden, ob ald wirklicher Säger ber 
Thiere, oder ber Menfchen, läßt fid) bey dem Mangel aller 
Notizen darüber nicht beftummen , fo wenig wie manche ans 
dere Einzelheit in der Mythologie. Diefer Name erinnert mich 
an die Lat. vox hybrida contheroletas bey Fulgent. III cap. 
2, wo Munder contheroteras [efem will (atjo Φηρολέτης bey 
Heſychius etwa nicht für richtig hält), jedoch ohne genügen» 
ben Grund; denn grade daß der Ausdruck etwas poetiſch ift 
ober gefuchter ald 9700170, empftehlt ihn an diefer Stelle. 


Wann Pan ein Sohn der ὄβρις heißt, fo tft unter ὄβρις 
ber Begattungstrieb zu verfichen (wie bey Pindar e$ heißt: 
ὧβοις ὁρθία κνωὐάλων von den Efeln) und der damit auds 
gebrüdte Sinn bey bem Sirtengotte leicht zu verfichen, mel» 





202 Mythologifhe Miscellen. 


cher den Eeegen der Seerbe unter feiner Obhut bat. Ob er 
ähnlich Inuus und Incabus geworden (f. Munck. ad Mytho- 
graph. Albric. philos. IX, mo im Anfang für diebus nicht 
gentibus, fondertt dictus zu leſen) laſſe ich bafis gegtelit 1 
denn wir haben nur Verwechfelungen bed Pan mit ähnlichen 
Gottheiten in Italien, felbft mit Faunus, tvefdyer Name sicht 
von Pan flammte, fondern offenbar von favere, und einen 
guten Gott bezeichnet (man beufe an Ariſtäus uub die bona 
dea), Als Weiffager heißt diefer fatuus (fari, fateri, gebil⸗ 
bet wie lituns, welches gu litare gehört, viduus, welches qu 
videre (tt dividere gehört m. a. m.) ohne bie üble Mebenbes 
deutung des Wortes, welche erft fpäter hinzu fam, von bem 
exaltirten Zuftanbe ded Weiſſagens Übergetragen auf ben bed 
unklaren Geiftedzuftandes, endlich felbft der Mibernbeit. Denn 
aus guter Bedeutung gehen Wörter in ſchlimme über, wie 
baé angeführte albern althochb. wari, mittelhochd. all-waere, 
al-waere, ganz mild, ganz fanft, dann albern in ber jegt 


geltenden Bedeutung bezeichnet. 
8 Shwend. 


Drey Stellen des Sophofles. 


Oedip. Colon. v. 707 sqq. 
άλλον d^ αἶνον ἔχω µατροπύλει τᾷδα κράτιστον, 
φώρον τοῦ μεγάλου δαίµονος εἰπεῖν, 
αὐχημα μέγιστο», 
δὐίππον, εὔπωλο», εὐθάλασσο». 

Da nah Musgrave Reiſig (m fegten Verſe einen Pleos 
nasmus erb[idfte, nahm er feine Conjectur evzAovro» in ben 
tert auf, doch hat fíd) diefelbe nicht gehalten, unb ward mit 
Parallelſtellen der alten Lesart zurücgewiefen. Man kan 
die Parallelftellen vermehren, 3. 38. burd) Euripid. Supplic. 
056 οὔκετ) οὕτεχνος, οὐκετ᾽ οὗπαις, 967. ὅπαις, ἄτεχνος und 
ähnliche, von welchen οὗ mir nicht bekannt ift, ob fie bey 
gebracht worden, da id) die neueren Ausgaben des Oedipus 
Colon. nicht zur Hand habe. Aber ein philologifher Rabu⸗ 
lift könnte fophiftiffren, mad fann ein Autor von geringerer 
Bollendung für einen in der Sprache fo vollendeten Dichter 
wie Sophokles beweifen ? Aber es liegt in ber ganzen Stelle 
felbft der Beweis, bag jene Conjectur nichtig fey. Der Dis 
mon, welcher bier gemeint ift, Tann fein anderer feyn aid 
Dofeidon ; ‚denn Sophofles fährt fort: 

ὦ παῖ Κρόνου, σὺ γάρ νιν εἰς 

109" — αὐχημ αναξ Ποσειδαν. 
Und weiter nennt er dad Bändigen der 9to(fe nnd das Schif⸗ 
fen ale die Gaben, erflärt fich alfo ſelbſt und fagt nichte 
von Reichtum und Seegen. Poſeidon ift auch nicht ſpeciell 





204 Drey Stellen 


ein Reichthumgeber, und da er den bezeichneten Ort dadurch 
ausgezeichnet, daß er daſelbſt bie Baͤndigung der Roße lehrte, 
fo kann dies nur ganz abgeſchmackt εὔπλοντον genannt wer⸗ 
den, und doch würde die einzige Rechtfertigung dieſes Wor⸗ 
tes darin beſtehen können, bag das darauf folgende bie màs 
here Erklaͤrung des allgemeinen Ausdrucks wäre. Wollte je⸗ 
mand aud) bie Abgeſchmacktheit paſſiren laſſen, daß Poſeidon 
mit dem, was er dafelbft”ertheilte, Reichthum ertheilt habe, 
fo mirb diefe gänzlich gurüdgemiefen durch die Worte ἄλλον 
αὖνον ἔχω εἰπεῖν; denn ba Sophofles vorher den Delbaum 
als herrlichen Seegen diefed Ortes genannt hat, fo mug num 
fpeciel eine andere Zierde folgen, nicht aber ein allgemeis 
ner Ausdruck von Ceegen; hätte diefer ftatt haben follen, 
fo hätte er im Anfang bed ganzen Lobes fliehen müffen, denn 
bert wäre er, wenn auch überflüßig , bod) nicht unpaffend 
gewefen. Wer gegen biefe Gründe fophiftifiren mill, muß 
eine oder mehrere Stellen aud Sophofles beibringen, welche 
Diefer nad) Annahme von εὔπλουτον gleichen; bod) Died wird 
Niemand vermögen. Der Lefer diefer Blätter glaube nicht, 
ba ich bieje Andeinanderfeßung gebe, um grade bie ange, 
führte Eonjectur nod) mebr zurüdzumeifen, ale es fchon ges 
(deben if. Mein Zwed ift nur, an einem Bepfpiele zu zei⸗ 
gen, wie viel zu bebenfen (ερ, wenn'man Gonjecturen mas 
chen will, unb bag diejenigen , welche befonders nad Gon» 
jecturen trad)tet unb daher überall bereit find, welche ans 
zubringen, feid)t in den Fall fommen, den &ert zu verber, 
ben, wenn fie Geift und Ausdruck des Autors nicht vor als 
lem berüdfichtigen. Um an einer wirklich verderbten Stelle 
etwas zu feßen, was der Autor etwa hätte fegen koͤnnen, 
muß man ihn fo gang im Geift und Ausdrucksweiſe erfaßt 
haben, wie 4. 8. Böckh und Diffen ben Pindar, wie 
Safobé unter andern ganz befonderd die fpäteren Autoren. 
Die gewöhnliche Disputirzufpigung eines gefcheidten Kopfs 
führt eher zu euer advocatiſchen Behandlung der &ritif, wo 


des Sophokles. 205 


Martey und Gegenparteg einen langen Chikanenprozeß über | 
Gegenitände der Gelebrfamfeit führen, ald bag der Wiſſen⸗ 
ſchaft im ernflen Sinne des Worts etwas genügt würde. 


Trachin. v. 550. 
ᾗ 9' ἔχω, φίλαι 
λυτήριον λύπηµα TiO, ὑμῖν φράσω. 


»Libri, ᾗ δ᾽ ἔχω λυτήριον λύπημα, 170" ὑμῖ]φράσω — 
distinctionem mutavi, ut 77d’ ad Tolen referatur, Quomodo 
habeam , inquit, liberatricem aegrimoniam huic, dicam vobis. 
Voce erigendum 770. Hoc enim vult: marito me irasci 
non est aequum : sed hwic mulieri habeo quomodo in meam 
utilitatem noceam. λύπημα — aegrimoniam significat, Atque 
ut λυπεῖν saepe nihil aliud est, quam damno afficere , ita 
hic Deianira nibil nisi privari illam amore Herculis cupit, 
minime vero gaudere se illius dolore significat« Hermann. 
Daß Dejanira bie Sole nicht fränten wolle, fondern Mits 
leid mit bem Gefdjid derfelben empfinde, liegt in biefer Tra⸗ 
gödie Mar vor, unb gehört al8 wefentlicher Zug zu bem aufs 
geftellten Charakter ber Dejanira, ba biefe nur durch Unbe⸗ 
fonuenheit unglüdfid) wird, fonft aber durchaus ebelbenfenb 
(t. Wenn bemnad) die verfuchte Abtheilung und Erflärung 
richtig feyn follte, fo müßte das Wort λύπηµα wirklich bloß 
Schaden ald Berluft bezeichnen fünnen, und dad zur Unter 
flüßung angeführte λυπεῖν Schaden, Berluft erfahren. Dies 
ít aber nicht der Fall, fondern die Bedeutung von λυπεῖν 
ift bie ber Kränfung, und follte hier biefelbe nichts weiter 
bezeichnen afó eine Verdrängung aus der Liebe des Herakles, 
fo müßte bieó fchon angedeutet ſeyn, und mit biefem Worte 
als etwas bie Sole Cdymergenbed bezeichnet werden; denn 
Kränfung, Schmerz bleibt der Hauptbegrif, und Befchädis 
gung wird damit ald Kränkendes, Schmerzendes bezeichnet. 
Da nun hier feine weitere Bezeichnung Πε, fo bleibt 

9t. Rdein. Muf. (. vli. Li 14 





206 Drey Stellen 


bioß ber Begriff, wie ich diefer einen Schaden, welcher fle 
(dimergt und mid) befreit, anthun Cann, will íd) euch fagen. 
C8 ig nicht möglich die Stelle anders zu nehmen, ald bag 
λύπημα der Sjauptbegri(f fey, und λυτήριον ber Nebenbegriff, 
wenn man Hermanns Anficht folgt, und es fommt dann als 
[erbíng8 ein in der Tragödie fonft nicht begründeter Flecken 
auf den Charafter der Dejanira. Nehmen wir bdiefe brftrits 
tene Stelle aus, fo fehen wir Dejanira nur eiferfüchtig auf 
Sole und bemüht die Liebe beà Herakles von ihr ab unb fid) 
wieder zuzumenden, nicht aber ihr eine Beſchädigung zugute 
fügen. Statt λύπηµα müßten wir bemnad), um bem font 
erfichtlichen Charakter nichts Neued und wirklich nicht in ihm 
Liegendes hinzugefügt zu fchen, ein Wort haben, weldjed Ders 
drängung, Beflegung bedeutete, fo daß der Sinn wäre, 
wie ich aber eine mid) befreiende Verdrängung oder Befles 
gung biefer gefunden habe, mill ich euch fagen. Denn ber 
Begriff ihrer Befreiung muß, ba er Hauptbegriff bleiben 
muß, burd: Das zu Avrnocov βε[ερίε Hauptwort nicht ges 
ſchwaͤcht werden, fondern died muß jenes entweder erflären 
oder verftärfen, was mit bem Begriffe des Schadens, ber 
Kränfung nicht gefchieht. Sollte felb(t eine Berbrángung für 
die Sole franfend feyn, fo wäre e8 immerhin eben fo unebel 
für Dejanira died an den Tag gu legen; deun ed miürbe zeis 
gen, daß fie nicht bloß mit ihrer Eiferfucht und mit bem 
Mittel bie Nebenbuhlerin zu verdrängen befchäftigt ijt, fons 
dern Daß fie babeg das Beſchädigen, bie fránfenbe Wirkung, 
welche für die Nebenbuhlerin damit verfnüpft find, in Das 
Auge faßt, αἴ[ο offenbar einen Haß oder ein Rachegefühl, um 
nicht zu fagen Schadenfreude, zeigt. Da auf die von Her 
mann verfuchte Weife die Stelle nicht erflärt werben barf, 
fo bleibe πίώτὸ übrig, alà entweder λύπημα τῇὸ für vers 
berbt zu halten, und einen Genitiv baraud zu machen, ober 
anzunehmen, bag λυτήριος bier in einer eigenen Bedeutung 
fiehe, nämlich bag bie Ctelle heißen könne, wie id) bie Kräns 


des Qopbofles. 207 


tung, welche mich betroffen, den fnmmer, welcher mich ers 
füllt, lösbar habe, b. i. [bfen fónne, ober enbfíd) auf welche 
Weiſe ich den Kummer gelößt babe, fo daß Avrzoroc paffive 
genommen würde. Ob das angebe, will (d) nicht unter(us 
hen, ba ich nicht den 3med habe, biefe Stelle aufzuhellen, 
fondern nur das Nidhtpaffende zu bemerfen. Blomfield 
nimmt ῥανεῆριος (Aeschyl. Agam. 1060 ed. Blomf.) für bes 
{prengt, bod) befenne ich, bag id) auf Gelefríamfeit unb . 
Urtheil biefe& Mannes von »philologifcher Fertigfeit« nichts 
‚ gebe, wahrfcheinlich mit Unrecht, da er in Anfehen fleht. 
Ob bie Stelle ἔλπις σπέρµατος σωτηρίου in den Choephoren 
Durch Hermann (Observ.) hinlänglich erflärt fey, weiß (dj 
nicht, wiewohl bie Crffárung zu verftehen ift, wenn aud) 
MWellauer wunderlicherweife fie nicht verftanden zu haben 
befennt. — Wie hier die Snterpunftion den Text verberbt 
bat, fo würde v. 907 ber Borfchlag δίπαιδας οὐσίας, went 
er angenommen würde , ihn ebenfalld verberben , meil er eis 
με Sache andentet, welche die Dejanira in dem tort am» 
gedeuteten Gemütbésuftaub als ein mit Anderem zum Selbſt⸗ 
morb Treibendes nicht befehäftigen Tonnte. Dies liege fid, 
fobald jene Eonjectur in den Tert vüdte, gegen jebe πού) fo 
ſcharfe Sophiftif Leicht durchführen. Wenn ein Berd wie 
1035 à πολλὰ δὴ xai θερμὰ καὶ λόγῳ κακὰ Ciceros tidy 
tige Ueberfegung ο multa dictu gravia, perpessu aspera für 
(6 bat, bann dürfte e$ wohl überflüßig feyn, ihn gegen 
Bothes Eonjectur κοὺ λόγῳ κακὰ vertheidigen zn wollen, 
wiewohl Bothe (n feinen Borfchlägen öfters Geſchmack 
zeigt. 


K. $dwend. 


208 Drey Stellen 


Trachin. 1259. 


"ys νῦν, πρὶν τήνδ) ἀναχινῆσαι 
νόσο», ὦ ψυχἠ σκληρά, χάλυβος 
λιθοκόλλητον στόµιον παρέχουσ’, 
d»anavs Pony, ὥς ἐπίχαρτον 
τελέουσ᾽ ἀεκούσιον ἔργο». 


Eine falfche Lesart, älter ald die Scholien , bat hier, 
wie in manchen andern Stellen des Sophoffes, bie Ausle⸗ 
gung zu gewagten Sprüngen getrieben, die ihr Ziel noth⸗ 
wendig verfehlen mußten. Dad dem Pferbegebiffe gegebene 
Beywort ijt nur von gofonen und fllbernen, mit Edelſteinen 
eingelegten Arbeiten üblich und dafür der eigentliche und fles 
bende 9hudbrud, wie Lithoftroton von eingelegten Fußböden. 
Theophraft von den Steinen 6. 35 oic δὲ eic ra λιθοκόλλητα 
χθῶνιαι ἐκ τῆς Βακτριανῆς tici πρὸς τῇ &oguq. (Plinius 
XXXVII, 65. Hae sunt gemmae, quae ad ectypas scalptu- 
ras aptantur. Ib. 6 vasa ex auro et gemmis.) Bey einem 
Spmpofion, das Kleopatra bem Antonius gab, waren, nad) 
Athenäus (IV p. 147 f) πάντα χρύσεα καὶ λιθοκόλλητα, 
περιττῶς ἐξεργασμένα ταῖς τἔχναις. Eratoſthenes bey Mas 
crobius Sat. V, a1: κρατῆρα ἔστησαν τοῖς Φεοῖς, οὐκ ag- 
γύφεον, οὐδὲ λιθοκὀλλητον. Bey den Sabäern, nad) Otras 
bon XVI, 4, 19 p. 778, Φυρώματα καὶ τοῖχοι καὶ ὀροφαὲ 
δι ἐλέφαντος καὶ χρυσοῦ καὶ ἀἄργυρου καὶ λιθοχολλήτου 
διαπεποικιλµένα. Am Perfifchen Hofe χλέαι λιθοκόλλητοι 
καὶ ὁλόχρυσοι, mad) Philon 5. Eufebius Pr. ev. VIII p. 
589 a. Einer Taube, neben einer von 9lópafía bey bem fb» 
nig Cpruà geweihten goldnen Aphrodite, alfo einer goldnen 
Taube, giebt Yelian V. Η. Xll, 1 daffelbe Beywort. Dior 
bor XVIIL, 27 nennt Halsbänder χλιδῶνας λιθοχολλήτους, 
Eucian im Timon 27 eine Maske διάχρυσο» καὶ λιθοκύλλη- 
τον, Heliodor VII, 27 Halsbänder (περιαυχένια), fo auch 
Degengehenf IX, 23 und golomne Kränze X, 32, Plutarch im 


des Gophofles, 209 


Phokion 19 und Eunapius Aedes. p. 3ο Wyitenb. χρνυσοῦν 
καὶ λιθοκόλλητον κόσμον. Menander ἐν Παιδί. ΧἈρυσοῦν 
ἐπόφισας ' εἰφε λιθοχόλλητον gv, καλὺν ἦν à» οὕτως. S. 
Polur X, 187 bat λιθοχόλλητον ἄκπωμα, wie NAthenäns 
Phialen (Plinius XXXIII, a turba gemmarum potamus et 
smaregdis teximus calices. Juvenal V, 42.) Sn Stahlund Eifen 
fügte man Ebelfieine , etwa wie in neuerer Kunft Stahlpers 
Ien, nur ausnahmsweiſe ein; fo fommt ein Helmband vor, 
zu dem filbergleich polirten Stahlhelme von Theophilos, wel⸗ 
chen Alerander trug, περιτραχήλιον σιδηροῦν λιθοκόλλητο», 
beg Plutarch im Alexander ο. 32. Herafles mahnt fid, den 
Schrey der Schmerzen einzuhalten, (id) einen ſtarken Zügel 
anzulegen um den Schmerz; und dad Gefchrey zu unterdrük⸗ 
fen. Ein Pferdegebiß mit Edelfteinen befegt ift. ohnehin ein 
Unding, nur die Riemen des Saumé fo gefchmüct kommen 
vor, bey Lucian (Prometh. 4), wie in der Ilias (V, 585) bie 
ἡνία λευκ᾽ ἐλέφαντι. Hier wo ed bey bem Gebiß allein auf 
die Gewalt der Wirkung anfommt, wäre felbft wenn fie 
fonft [αι fände , biefe Art der Zierlichkeit unzuläffig. 

Gebr wahrfcheinlich fchrieb Sophokles, welchen, wie ſchon 
Brund, %. Dinborf in bem neuen Thefauruß 1. Gr. (unter βαρί- 
Bas) mit Recht vocabulorum etiam fingendorum artificem inge- 
niosissimum nennt, χάλυβος λυκοχύλλητον orouto», frena 
lupata (Plutarch Sympos. II, 8 ἀπὸ τῶν χαλιν ὤν τῶν vxo», 
Heſychius λύχος, τὸ ἐν χαλινοῖς σιδήριο»), was, weil man e$ 
nicht verfiand, in das (o befannte λιθοκόλλητον falfch emendirt 
wurbe. Eine andre Nachbildung ift χρυσοκόλλητος», welches 
@uripides in den Phöniffen (2) vom Wagen, im Palamedes 
von einem Griff (κώπη) , Antiphanes (b. Athen. XI p. 782 
e) von einem Becher gebraucht, Heſychius vom Siegelring 
anführt. 

Was ber eine Scholiaft angiebt, λιθινὸν καὶ σκληρὸν 
χαλινὸν, und, auffer H. Stephanus im Thefaurus, Erfurbt 
und ber verfländige Groddeck befolgen (λιθοκόλλητον, simpli- 


910 Drey Stellen des Sophokles. 


citer quod solidissimum est et durissimum), fiegt fo wenig 
in bem Worte, als was Solger in der Ueberſetzung »ger 
ſtaͤhlt, felsdicht anfchließend« ausbrüdt. Abenthenerlich ift, 
was einem andern Grammatifer einfiel: ἐνδοῦσα τὸ σεαντοῦ 
στόμα dupgaynvas, ὡσανεὶ στόµα φρέατος Aldıy κεκολλημό- 
φον πρὸς τὸ µηκέτι ὕδωρ ἀνιμᾶσθαε, wobey er vermuthlich 
nicht einmal eine wirkliche Redensart im Auge hatte, übris 
gend aber χάλυβος auf bie harte Seele des Heralles bezog; 
und ich weiß nicht, ob andern Hermannd Vergleichung der 
ferrea compages, qua saxa, ne hiscant, conjunguntur, mit 
dem Zurückhalten des Aechzens, und die lleber(egung ferre- 
um exhibens saxorum frenum, viel glüclicher vorgefommen 
find. Könnte man (id) je θεα beweglichen Zügel αἴδ eine 
Mauer vorftelen, fo würbe bod) ficher niemand errathen, 
bag χάλυβος λιθοκόλλητος eben fo viel ald λίθων χαλυβο- 
κόλλητος bedenten ſolle. Dieß um fo weniger ald man auch 
für einen Steinfitt λιθοκόλλα ſagte, fo ‚wie ein Kupferoder 
zum Loͤthen des Golbed χρυσοκόλλα , Goldloth, heißt. Ob 
nun aud) in ο ψυχἠ σκληρὰ eine Anfpielung auf das Roß 
liege, welches beà harten Zügeld bebarf, ober ob ed numit⸗ 
telbar anf bie Abhärtung gehe, womit Herafles bid dahin fo 
vieles ertragen, muß bahin geftellt bleiben. 


5.6 Ῥείόά ει. 


Anzeigen 


Ibyci Bhegini carminum reliquiae Quaestionum lyri- 
carum L. 1. Scripsit Fr. Gu, Schneidewin, Phil. Dr. Helin- 
stadiensis, Praefixa est Epistola Caroli Odofredi Mülleri. 
Gottingae sumptibus G. Kuebleri MDCCCXXXIII. 8vo 
XXIV qw. 222 6. 


Oo fehen wir benm endlich aud) biefen merkwürdigen, 
bíéber noch vernachläffigten alten Dichter burd) eine vollftàns 
bigere Saminlung und vorgüglíd) burd) eine genauere Sebanbs 
[ung der geringen Ueberbleibfel and Licht gezogen. In bem 
Df., ber diefe Arbeit πο vor dem Abgange von ber Alades 
mie vollendete, lernen wir einen jungen Philologen femen, 
ber nicht bloß ein ungewöhnliches Maß von Kenntniffen, 
Wertigfeiten und Belefenheit, fondern aud) fo viel Lebhaftigs 
feit bed Sinnes, Seibfithätigkeit be& Urtheild, Scharffian nub 
Talent überhaupt befígt, bag wir von feinem Eifer und 
Fleiß nicht wenig zu erwarten berechtigt find. Allem Güne 
fligen und Wohlwollenden, was bie vorangefeßte — auffers 
bem an eignen Bemerfungen reichhaltige und durch Geiſt 
und Form auégegeidjnete — Zufchrift ausdruͤckt, wird ber 
aufmerfjame Leſer des Buchs bereitwillig suflimmen. Die 
Kunſt und Methode Fragmente biefeá Schlags zu bearbeiten, 
bat fíd) almälig erweitert unb vervolllommmet, und es iſt une 
zu beflagen, bag, wenn fie (id) bald völlig ausgebildet und 
nıehrere der bieherigen Ausgaben eine Umformung erfahren 
haben werden, deren befonberó aud) bie beà Alkman bes 
darf, e$ am Stoffe, ber nod) anzufammeln unb mit Luft und 


212 Anzeigen, 


Sicherheit auszubeuten wäre, fehlen wird. Große Umſtaͤnd⸗ 
lichkeit, felbft wenn fie bier und da Πώ als entbehrlich aeigs 
te, i(t für jegt in der Behandlung fo alter und unfchäßbarer 
Dichterfragmente,, von der man bie weit untergeordneter Ars 
sen gar ſehr unterfcheiden follte, nicht zu tadeln. Die Haupte 
ſchwierigkeit liegt darin, mit ber Kühnheit des Muthmaßens 
und ber Folgeruugen, bie hier ganz befonders möthig, bie 
Vorſicht, ohne bie jene niemals des Zieled gewiß ift, fo viel 
ald möglich zu verbinden. — Jemehr die Luft erwacht bie Gies 
fchichte der aͤlteſten Griechifchen Kitteratur zu erneuern und 
durchErforſchung aller Einzelheiten aufzuhellen, um fo noth» 
wendiger ift eó, wenigſtens in bem Kreife ernfthafter gelehrs 
ter Arbeiten, darauf zu halten, bag das Neue nicht unges 
prüft durchgehe, damit nicht zu den großen Irrthümern, bie 
gefaßt wurden, weil man (id) zu fern geftellt batte und bie 
Sathe (id) zu leicht machte, eine Schaar neuer (id) gefelle, 
bie mit vieler Anftrengung aus einer mifroffopifchen Betrach⸗ 
tung heraudgefponuen worden. Schon zeigt fid) das Vers 
führerifche einer freyeren und lebendigeren Art, ἱπδθείοιδετε 
Die ältere Griechifche Citteratur zu behandeln, in einem les 
berfluge von tbeilé halbwahren, theild grundfalfchen Bermus 
thungen und Anfichten,, in leicht bingeworfenen Abhandluns 
gen und Büchern voll oben abgefchöpfter Gelehrſamkeit, des 
ren nachtheiligem Cinffuge nur burd) bie Gebiegenbeit und 
gewiffenhafte Genanigkeit einer noch fo geringen Anzahl θε 
ferer Arbeiten entgegengemirft werben kann. An folder Ge 
genwirfung Theil zu nehmen iſt Hr. €. burd) feine bieheris 
gen Studien wohl vorbereitet, und, wie wir nicht zweifeln, 
auch mehr geneigt ald nach dem eitlen Freuden des Scheines 
und ber Selbittäufchung zu haſchen. Er beweift durch biefe 
ειπε Schrift Spürfinn und Erfindfamteit; und wenn das 
Reue nicht immer ald wahr befteht, fo ifl ed bie Cade ber 
Zeit und Erfahrung die Unterfcheidung zn fchärfen unb die 
Selbfiverläugnung zu mehren. Einen nicht unwilllommuen 


q*«50ct 6. 213 


Anlaß zur wiederholten Prüfung mancher feiner Vermuthun⸗ 
gen hofft ihm Ref. burd) biefe Anzeige zn geben. Die Aus⸗ 
führlichleit berfelben fonnte nur denen unfrer Leſer anftößig 
ſeyn, die die Wichtigkeit aud) nur eines Kleinen neuen Abs 
fchnittd in ber Gefchichte der Briechifchen Poefte ganz vers 
fchieden von bem Bf. wie von feinem Rec. anfchlügen. 
Ueber ein Drittheil ded Buche nehmen die Prolegomena 
de vita et carminibus Ibyci Rhegini ein. Den Namen bed 
Dichterd leitet Hr. €. von dem Bogel ἔβυξ (aud) Bus, 
ἔβις) ab, fo wie (p. 120) ben der Penelope von einer Ente; 
beydes fchwerlicdy mit Recht. Sn Anfehung ded Ibykos, eis 
ned Namens, den bey Athenäus auch ein Pythagoreer trägt, 
geht das Etym. M (nicht dad Gud.) in diefer Ableitung vore 
an, und Athenäus freylich fpielt auf biefelbe mit einem Worts 
wige an. Aber was bedeutet dad, ba auch umgefebrt andre 
Grammatifer dad Trompeten, ἐβυκίζειν, ἐβυκινεῖν, wie man 
bey Euſtathius 11, XXIII p. 1321, 50 und Suidas flieht, von 
bem Dichter falíd) herleiten? Da Vs» Cwoher aud) ber 
ivyE), bey Heſychius, mit bem Digamma, ζβύειν, dann aud) 
Zube, ἰβύζειν, allgemein ſchrey en bebentet, baber bey Φε, 
ſychius έβυκη, igvc burd) εὐφημία ertlärt wird — (nemlich 
(o wie ἐβυχινῆσαι durch ἐπευφημῆσαι, βυῇσαι) — fo ftebt 
dahin, ob bey ἔβυξ und ἴβυκχος, was von ἔβυξ nur wie φι- 
λακος 80Η φυλαξ, τριβακὸς von τρύβαξ, Φύλακος von 9UAaE 
u. f. w. verfchieden ift, Schreyer, Ausrufer, ald Name, 
von jeher gerade an ben Schreyvogel gedacht wurde, mie man 
bey crus, gruere nur an ben Vogel benft. Was Heſychins 
bat, ἰβίβυος, παιανίσµος, fcheint ber Genitiv von ἐβίβυς zu 
feyn. Theokrits duxra ἸΜενάλκας, b. i. 0 λιγύφθογγος, | ift 
von iBvxos nur gelind mad) der Form verfchieden,, und ber 
ἠπύτα κἠρυξ fünnte eben fo genannt werden. Nur weil er 
nicht auf diefe einfache Bedeutung ded Namens geachtet, hat 
ber Vf. p. 10 and Hefychind einen namhaften Kretifchen 
Dichter Ibykos entnommen, bem er dann einen ber von Suis 


214 Anzeigen. 


das angegebenen Bäter des unfrigen, Kerdas, zufchiebt, um 
ben auf diefe Art [οὐ zu werden. Die zufammengezogenen 
Worte: Ἰβηκτήρ (1. ἐβυκτήρ), 6 παρὰ Κρησὺ ἔβριος, ἆμβα- 
τήριον ποιησάµενος, ὅπερ 6 ἆδων οὕτω καλεῖαι, fcheinen 
nichts andere zu enthalten als dieß: ἐβυκτηρ, bey den Kre⸗ 
tern ἔβριος, gilt ihnen ald VBerfertiger eined Embaterion ober 
son Smbaterien; fo heißt nemlich ber, welcher dad Embates 
zion vorfingt. Da die Kreter deu Namen des Dichters nicht 
wußten, fo fchrieben Πε ihr Embaterion einem Namens Bors 
fünger zu, fo wie man Töpferwaare bem Keramos, Schnitz⸗ 
bilder bem Smilid, bie Erfindung bed κάνθαρος bem Saw 
tharos, die ber Gefäße mit Xhierfiguren einem Therikles 
(Bentley bat dieß nicht richtig gefaßt) beylegte. Die Worm 
ἵβριος (vielleicht ἴβρις) mit ἔβυκος zu vertaufchen, iſt mie 
lic, da bey Heſychius auch ἐβρά- αλοι, χοῖροε, alfo von 
sBe:k, und dieß wohl vom grunzenden Laute — fo wie aud) 
ἔβηο, χερσαῖόν τι Θηρίον — vorkommt; and bem Wort 
ἐβρίκαλοι fcheint bann das ifor, βοᾶν bey Heſychius falíd) 
angenommen zu feyn. Das o aber erfckeint auch in ΙΠρό- 
κρις von πρὀξ. 

ALS Bater ded Ibykos wird mit Recht Phytios (ober 
Dhytiad) vorgezogen ‚ein Name, ber mod) von zwey andern 
Rheginern vorfommt (p. 18), und es ift ans Boͤckhs Ins 
fchriften befannt, wie viel man auf biefen Umſtand zu fehen 
Urfache fat; der andre angebliche Bater aber, Polyzelos, ber 
Mefjenier, ver Gefchichtfchreiber, alà einer ber Borfahren ans 
geícben, welcher Gefchichtfchreiber genaunt werde, weil Iby⸗ 
kos auch gefdjidytfidje Dinge ausführte. Hierbey findet die 
Doransfeßung (tatt, wofür fchwerlich ein einziges Beyſpiel 
vorzubringen ift, bag man bey Scrriftitelern berühmte Väter 
aufzuführen gefudit, und zugleih bie, daß man in Zeiten 
der Grammotifer in dem bloßen Titel eined ἑστοριογραφος, | 
ohne perfünlichen Ruhm, etwas Großes gefehn habe. — 9fud) 
bie Verwechſelung eines Großvaterd oder Urgroßvaterd mit 


Sboeuß. 215 


bem Vater wirb in bem Leben ber fchriftftefleriichen Alten 
nicht vorfontmen, wenn aud) bey Pittakos neben bem Bater 
der Stammvater genannt ift, und endlich wäre es ſeltſam 
gewefen, wenn man bem Vorfahren bed Dichters einen Stand 
andichtete, ihn nicht eben auch zum Dichter zu machen. Daß 
der Meffenifche Gefchichtfchreiber, etwa um die 50 DI. went 
er der Vater ded Ibykos, ober nod) früher, wenn er einer 
feiner Vorfahren war, wegfallen müfle, wird man zugeben. 
Vielleicht ift bie Angabe aus einer Stelle gefloffen, worin ber 
Mheginer Hippys, deffen Bater wohl Gefchichtichreiber feyn 
fonnte, wie er felbft, in S69foà verborben war, fo wie bey 
Hieronymus diefer im Hibicus, Hippicus übergegangen ift 
(p. 13), obe? eigentlih in Hypicus. Denn in ben von Prof. 
Heinrih ín einem Programm in Kiel herausgegebenen Not. 
ad los. Scaligeri Anim, in Chronol. Euseb, fieft man p. 91: 
Primus Pal. Cod. vetustissimus, quem cum multis aliis con- 
tulimus, habet Aypicus, prono errore pro Jbycus. In reli- 
quis omnibus nihil aut de Hippico aut de lbyco legitur et 
pericopen non agnoscunt. Bey Athenäus I p. δι b hat 
Boffind den Hippys aus Innias hergeftellt. Ein Kyrener 
Polyzelos fommt bey Ptol. Θερθάβίοι VI vor. Was der 
Df. and dem Dichter felbft anführt, nm die Meſſeniſche Abs 
μπε, die man der Seltenheit megen fonft vielleicht gern 
annähme, zu unterſtützen, verfchwebt ind Unbeſtimmte, wie 
3. DB. bag Ibykos ben Adel pried und gerade Mefjenifche Fas 
milien in Rhegion Vorzüge behaupteten ; denn in dieſer Hins 
πώ: wird er mit Simonides, Ῥίπδας, Alkäos und Stefichos 
τοῦ zufammen angeführt. Den dritten Baternamen Kerdas 
auf den Goldgewinn ber Kitharöden zu beziehen, dürfen wir 
uns burd) Pindard Lob der Moioa οὐ φιλοκερδὴς nicht abs 
halten laffen, ba, wie'ber Bf. felbit bemerft, Ibykos vom 
Polykrates gewiß nicht weniger ald Anatreon befchentt murs 
be und nicht jedem Grammatikerwitz allfeitige hiftorifche Cr» 
wägung zu Grunde liegt. Ein Bildhauer mit biefem Beynas 


216 Anzeigen 


men (ᾷ befannt, M. Koffutius fterbon. Anch Die betrefs 
feude Stelle in dem langen Epigramm auf die neun Lyriker, 
welches ber Bf. (mit der Syll. Epigr. Gr. p. 279) gegen Räs 
kes Berdacht der Unächtheit, befonders nod) burd) den Grund 
in Schug nimmt, bag es in Handfchriften des Pindar, oh» 
ne Zweifel älter ald Mufurud, dem ed Näfe zufchrieb, vore 
fomme, fucht der Bf. weiter unten (p. 21) für feine Anficht 
zu benugen. In bem Bere: 

"Ißvxog "ItaAóg αὖ ἐκ Ῥηγίου 72 ἸΜεσηνης, | 
fchreibt er mit Urfinus, ἠδὲ, und verfteht nicht Meffana, fons 
. dern Meffenien, ale das Land ber Vorfahren. Nam talem 
memorare discrepantiam rumoris glossographo convenientius 
est, quam vel aridissimo poetae, Als Dichter ift ber Bf. biee 
fed Epigramms faum zu betrachten, fondern einzig ald eím 
Grammatifer geſchmackloſer uud Fleinlich gelebrter Art. Ein 
Gerücht der Abftammung des S6pfo8 von Meffana iſt fonft 
nicht befannt, fondern diefer Berd allein bat dem Laskaris 
und ben Mongitoren zu ber Annahme den Grund hergeges 
ben. Der Epigrammatift aber kannte vielleicht einen Demos 
vor. Rhegion 9tamené Meflana ale "Geburtsort des Ibykos, 
oder geftel e8 ihm, ba er fichtlich dad Gefuchte liebt, Rhe⸗ 
gion , wegen feiner vornehmen Gefchlechter, Mefjene zu men» 
nen, fo wie Anarilad, der Herr von Rhegion, feiner eignen 
Abftammung zu Ehren, wie Thukydides fagt, vielleicht aber 
aud) mit Bezug auf altme(feni(dje Familien, bie er unter den 
gemifchten Einwohnern dahin führte, der Stadt Zanfle den 
Namen Meffana beylegte. In beyden Fällen ift zà beyzubes 
halten. Beziebt man hingegen ἠδὲ Meonyns allein auf bem 
Ibykos als Altmeffenier, fo ift theild die Verbindung Ἰταλὸς 
ἐκ Meonvns, theils die nöthige Ergänzung bey ἐκ Ῥηγίου, pete 
ſoͤnlich, δὲ Meonyns, butd) uralte Abkunft, febr hart. Wie 
viel anders brüdt ber Berfafler ein ähnliches Verhältniß aus: 

. Akxuuv ἐν «4υδοῖοι, µέγα πρέπει. ἀλλ’ ᾿4δάμαντος 
ori xai ἐκ Σπάρτης, «ωρίδος ἁρμονίης. 


*Sbocus ar 


Eher noch möchte man unter Meffene wirklich Sanfle verftes 
hen, ba der Anachronismus des neuen Namens hinfichts 
ih des Ibykos, da biefer Name bod) fhon von ber 70. 
Olympiade herrührt, gegen bie große Zeitferne von ba bie 
auf dad Epigramm verfchwindet, und ba aud) Iroàoc auf 
die fo nah Rhegion gegenüber fliegende Ctabt mitbezogen eis 
ne Meinere Kicenz if. Sanffe war burd) Ghalfidier aus fus 
mà bevölfert, fo bag der Vater des Dichterd ober er [εί 
leicht dort und and) in Nhegion Bürger geweſen feyn fónnte. 
Der p. 61 angeführte Grammatifer Johannes zählt ben Iby⸗ 
foó mit Pindar, Simonided unb Bacchylides au ben Doris 
fhen Dichtern nichtborifcher Abkunft. €o viel über dieſe 
Kleinigkeit. Mit bem vierten Bater beà Ibykos, ber nur in 
demfelben Cpigramme vorfommt, hilft πώ Hr. 6. durd 
Aenderung von Ἠελίδα in Ἠετίδα, SRüfe fchreibt in bem 
Ind. Lectt, 1838— 29 p. 5: Suidas Phytium dixerat, Noster 
miro lusu, sc. memor glossae: φύτιος, ἧλιος pro Qvzíov fe- — 
cit Ἠελίδα, quod potius debuerat Ἡλιάδα esse, Der Mann 
müßte aus bem Patronymicum ein Lob, Kiud des "et 
haben machen wollen. 

Sehr umſichtig ſind die Zeitangaben geprüft. Bey Sui⸗ 
dad ὅτε αὐτῆς noys Πολυκράτης, 6 τοῦ τυράννου πατήρ, 
wird ftatt des unrichtigen Vorgängers in ber Derrfchaft vore 
gefchlagen ὁ τοῦ τυραννικοῦ ober τῶν τυράννων n, b. i. 
πρῶτος. Diefe gelehrte Zwifchenbemerfung, um von bem 
Ausdruck abzufehen, wäre unerwartet. Sollten wicht bie 
Worte richtig, aber al8 ein falfches Gin(dyiebfel durch eine 
irrige chronologifcye Berechnung entflanden feyn ? 

Ueber die Erzählung von der Todesart des Ibykos hat 
der Bf. diefe Anficht gefaßt: Hujusmodi fabellas nemo am- 
biget fundo niti aliquo: quin temporis progressu varie exor- 
natae sermonibus populi variisque convestitae floribus poe- 
tarum sint, nemo dubitabit, Quare hoc quidem lubenter 
accipimus, poetae iu solitaria regione interfecti infortuniuta 


918 Ungeigen. 


miro casu in lucem protractum esse. Er glaubt, ber Tob⸗ 
ſchlag fey in ber Nähe von Rhegion erfolg" mad) langer 
Zeit beraudgefommen , und nad) Korinth verlegt worden 
burd) Berwechfelung mit Arion (bed Erfchlaguen mit bem Gerets 
teten, durch eine Verwechſelung der Sage felbfl, die nicht anf 
bie Art wie Grammatiker zu verwechfeln und zu verwirren pflegt.) 
Jenes beweife das Epigramm anf bed Ibykos Grab in 9tfes 
gion, welched fein Kenotaph gewefen feun fónne, ba ber 
Berfaffer fouft bie Rheginer barum nicht fo febr [oben könnte 
(mie fo? eher wegen ber Worte Ἴβυκον Φῆκεν), weil ed Mite 
bürgern zukomme cihnen allein?) den Mord eines berühmten 
Mannes auch nad) fanger Zeit zu rächen, endlich weil Sam» 
blicho8 ben frommen Betrug, bie Gefchichte nad) Kroton zu 
verlegen , nicht gewagt haben würde, wenn fie nicht in Uns 
teritalien vorgefallen wäre. Nach der Vorrede bat ihn bie 
in diefer Zeitfchrift unlängft aufgeftellte Erflärungsart in fete 
uen Gründen nicht wanfend gemacht. Mef. aber vermuthet, 
bag H. €. den Hauptgedanken der [egteren. fich nicht recht fíae 
gemad)t babe, ben er fon(t, rad) den mythologifchen Studien, 
bie er in diefer Schrift, fo mie in der gründlich unb, gelehrt 
verfaßten Differtation de Diana Phacelitide et Oreste bes 
währt, fdywerlid) abweiſen dürfte Es ift biefer, bag wenn 
eine Gage, bie eine religiöfe ober moralifche Sbee, ober einen 
affectvollen poetifchen Stoff enthält, auf verídjiebene Perfos 
πει und Orte deffelben ober gar weitentlegener Länder fidh 
bezogen findet, (ie alsdann nicht woillfür[id) bey ber einen 
ober der andern Perfon und Gegend für wahre Geſchichte 
angenommen werden fann. Um nur von bloß poeti(dyen Gas 
gen ein Beyſpiel zu nehmen, fo bemeift fdon bie für bie 
Dichtung ausgefuchte Dertlichleit von Toggenburg unb von 
9Rofanbéed, fo wie die Hügelpyaare von Signe nnb Sagber 
an verfchiedenen Punkten von Seeland, bag die Dichtungen 
früher ald Namen nnd Orte, daß fie allgemeiner Statue und 
obne perfönliche Anläße waren. Weit mehr ift dieß nod) bey 


gb»cuft, 219 


MWunberfagen ber fymbolifch » religiöfen Art der Kal. Die 
Idee ift hier der Grund, die wunderbaren Umflände, wie z. 
$5. vie Vögel ald angerufene Zeugen und Entdeder, machen 
das Wefen, Perfon und Srt bie Nebenfache aus; und bey 
„einer Fabel wie bie vom Ibykos, welche die Idee fo wenig 
verbirgt, wirkt ber von dem Bf. angewandte Grundfag zer⸗ 
flbrenb. Die von ibm aus Samblichos im Leben des Pytha⸗ 
gora® (c. 27) beygebrachte Erzählung machen wir und gegen 
ihm felbft zu Nutze. Cerfabrer, die einige ber Mitreifenden 
ind Meer geftürzt hatten, find im Theater zu Sroton, Krar 
niche fliegen überweg, einer von jenen fagt zu dem andern: 
fiebft du die Zeugen? Ein Pythagoreer, der dieß hörte, führt 
fie vor die Obrigkeit, welhe ὑμτώ Unterfuchung heraus⸗ 
bringt, bag bie vom Schiffe Geftürzten die Kraniche zu Zeus 
gen angerufen hatten. Hier find Mehrere flatt Eines, Ras 
menlofe (tatt eines Berühmten, Scifffahrer [αι Räuber, 
Kroton ftatt Korinth ; und man fan eben fo wenig behaupten, 
wie Samblidué thut, bag bie Gefchichte von Unfundigen anf 
andere Orte übergetragen worden (eg, womit er wahrfcheins 
lid) Korinth und den Ibykos meynt, ald wie Hr. ©. thut, 
daß die Pythagoreer bie Sage von Ibykos verbreht hätten. 
Als Motiv hierzu vermuthet er, bag fie baburd) den Scharfe 
(amm ihrer Sefte hätten beweifen wollen: aber ba$ Wort: 
fiehft Du bie Zeugen? mußte jedermann verbächtig feyn, ber 
nur anfmerkte. Jamblichus erzählt die Sache unter mehrer 
ren andern in Bezug auf das bürgerliche Leben löblichen 
Handlungen der Ppthagoreer. Ihnen [εί iſt ed gemäß, 
daß fie bie Volksſage von den geflügelten Rächern wegen der 
darin beutlichen göttlichen Vorſehung fchägten, und fie daher, 
um fie mit befferer Wirkung zu erzählen, in Kroton natnras 
liſirten. Man Eönnte daher aud). vermuthen, bag δίε bey bet 
Berfolgung beà Kylon mad) Rhegion geflüchteten Pythago⸗ 
teet oder ihre Nachfolger fie dorthin verprlanzt hätten, indem 
fle ihr einen berühmten Rheginer einverleibten. Indeſſen 


220 Anzeigen. 


läßt uns das Epigramm auf Ibykos, das ſein Grab in Rhe⸗ 
gion unter ber Ulme erwähnt und nur feinen glücklichen Les 
bendgenuß preift, vermuthen, bag man zu ber Zeit jene 
Sage über ihn mod) nicht hatte. Und dann zeigt fich aud) ein 
andrer, viel wahrjcheinlicherer Anlaß fie auf den Ibykos ans 
zuwenden in dem Namen des Dichters, ber mit bem ber 96, 
gel (wenn aud) vielleicht nur zufällig) zufammentrifft. In 
bem Philologifhen Mufeum von Cambridge (I, 622) vermus 
tbet Hr. Kentod, bag igv5, von iBvsıw, βοᾶν, ben Kranidy 
bedeute (aud) γέρανος kommt wohl von γηρυύειν): for those 
who are accustomed to trace ancient fables, will not easily 
believe that Ἴβυκος and the crane have come together by 
chance in.the well known story. Auch Hr. ©. i(t auf bieg 
Zufammentreffen aufmerkffam; er Περι das Abfichtliche in 
der Wahl der Bogelart darin, daß der Dichter gleichfam im 
Schuße der Vögel, nad) denen er benannt war, geweſen feg. 
Aber wer denkt unter den Alten daran, bie unzähligen Thiers 
arten, monad) Eigennamen gebildet waren, aud) nur ente 
(erit ald Genien ihrer Namendbrüder zu betrachten? Bers 
muthlich war alfo die Erzählung urfprünglich bie, daß ber 
Mitfchuldige den andern fragte: ὁρᾶς τοὺς ἔβυκας, τοὺς µάρ- 
Έυρας» [ο daß man απ Sjbgfoà, ber eben vermißt wurde, 
aad) durch den verrätherifchen Zufall des Wortlauts erinnert 
wurde, unddiefe Erfindung ift einem Grammatifer zuzutrauen. 
Daß gerade Stefichorod auch von NRäubern erfchlagen more 
den feyn folf , mindert die Wahrfcheinlichkeit der Tharfache bin» 
ſichtlich des Ibykos, und fonnte mit zu der Fabel über ihn Anlaß 
geben. Diefer nennt fid) felbft in einem der Bruchltüde alt. 

Mit Recht führt der Vf. die Ausfprüche über bie Liebes 
wuth des Ibykos zu Sünglingen allein auf den Subalt [είπες 
Gedichte zurüd. Dad zu Ovid Tris. 1l, 304 in einigen 
Handſchriften beygefchriebene Diſtichon: 

Alocus ingentes novit praeceptor amores, 

Alceus ipse tamen transit in urbe sua, 


ο ὃ 0 ε α ὁ, 221 


bezieht er mit Heinfind und, Burmann anf Alckus unb 369; 
«u$, will aber die Namen vertaufcht miſſen: 

Alcaeus gentes movit praeceptor amoris, 

Ibycus ipse tamen transit in urbe sua. 

Ibycus blieb nicht daheim, fo bag man bad Sprichwort 
ἀρχαιότερος Ißvxov erflärte: ἐπὶ τῶν Eundav- οὗτος γὰρ 
τυραννεῖν δυνάµενος ἀπεδήημησεν» (vieleicht rührt e8 aus εἰ, 
ner Fabel vom Kraniche ber, die bad Fortziehn der Kraniche, 
wie viele Kabeln die Eigenheiten ber Thiere, erflárte): aber 
ohnehin ift eine Umftelung und zugleich Umänderung beyber 
umgeftellten Namen, wenn je zuläffig, bier gewiß uicht ans 
zunehmen, ba die ganze Annahme, daß ber Urheber diefer 
SBerfe auf Eicero Tusc. IV, 55, 71 Rüdficht genommen habe, 
eine offendare Täufchung ift. Wäre 9f[fáoó gemegnut, fo 
müßte ᾿.άλκευς alà Metapladmud gebad)t werden. Aber ber 
Witz des Abfchreibers fpielte vielleicht mit ber Bedeutung bey» 
der Namen, wovon ber eine entftellt ift, (nbem er nicht bate 
an badıte Verſe einzufchieben, fondern ein Cplgramm an rech⸗ 
ter Stelle gegen Ovid felbft anzubringen, auf welchen prae- 
ceptor (amoris) neben movit amores ziemlich flar hindeutet. 
Oder follte eà auf einen praeceptor artium liberalium der 
Zeit und Belanntfchaft des alten Abfchreibers gehen? 

Hierauf folgt p. 34 — 61 eine Linterfuchung, weit bie 
wichtigfte, de generibus et indole carminum ab lbyco con- 
fectorum. Ueber Charakter und Befchaffenheit derfelben Tiegt 
in den Alten nidjtà vor. Hr. C. aber behauptet, bag auffer 
den Liebesliedern, bie nach bem lirtbeilen über den Dichter 
anzunehmen, und wovon Bruchflüde vorhanden find, bie zum 
Theil eigne, zum Theil die Liebe anbrer enthalten ſollen, eis 
ne andere Klafle von anderm Inhalte geweien feo, und zwar 
von der Stefichorifchen epifch» Igrifchen Gattung, wovon er 
in den Kragmenten Troica, Argonautica Aetolica, Heraclea 
zu erkennen glaubt und Πέ deßwegen banad) (fr. 14—30) ans 
orbnet. Ueber bie Auffere Beſtimmung und dad hievon abhaͤn⸗ 

N. Rein. Muſ. f. Yhil II. ; 15 


AN 


202: wnjcigen 


gige eigentliche Weſen diefer Gattung (tellt er eine neue An⸗ 
fiht auf. Aufferdem unterfcheidet er ποώ allerley befonbere 
Gedichte. Ref. Dat fid) von al dieſen, obwohl fcharffinnig 
‚und gelehrt durchgeführten Bemerkungen nicht überzeugen ἴδα, 
nen, indem er felbft über bie eigentliche Dichtart des Ibykos 
eine Bermuthung gefaßt bat, ans ber ſich dad Meifte Leiche 
ter unb befriebigendber zu erflären fcheint. 

Pindar nennt nemlicd im Eingange bes zweyten Iſth⸗ 
mifchen Geſangs zum Gegenſatze ber für Gelb beftellten Epi⸗ 
nitien feiner Tage, die oft, wie ber gegenwärtige Somos, 
aufgefchoben würden, bie füßflingenden Knabenhymnen (παι- 
δείους ὕμνους), welche die alten Dichter va(d) zum Ziel ents 
fandten, wenn einer (djóm war unb in ber füßeften, ber 
Aphrodite eíngebenfen Blüthe fland, damals, als noch bie 
Mufe keine Lohndienerin war. Diefe Alten, wenn Πε ben 
Mufenwagen beftiegen , nahmen bie Raute, aber ihre Mufe, 
welche bie fügen weichlautenden Lieder nicht um Silber vers 
laufte, war &erpfid)ore. Diefe deutet offenbar choriſche 
Doefte an, gleich ber des Pindar und der übrigen Dorifchen 
Dichter. Go ver(lebt aud) Diffen : aber eben darum hätte 
er nicht im Borhergehenden nad) dem Scholiaften, ber bieß 
nicht eingefehen hatte, mit dem Ibykos zugleich den Altäos 
und den Anafreon, auf meldje Pindar ziele, verbinden follen. 
Auch das Scholton beó Cod. Rav. zu den Thesmophoriazu⸗ 
fen 161 bemerkt von denfelben breg Dichtern, ba Ariftophar 
nes fie verbindet, nur, bag Πε Lieder zur Laute gejchrieben ; 
unb dort war auch feit Anlaß zu unterfcheiden. Der Pine 
darifhe Grammatiker fhreibt oberflächlich hin: ὅτι δὲ περὶ 
παιδικοῦ ὄρωτος ἦν τοῖς λυρικοῖς 7 τῶν ποιημάτων σπουδή, 
δημώδης 6 λόγος. ταῦτα δὲ τείνει καὶ εἰς τοὺς περὶ Al» 
καῖον καὶ Ίβυκον καὶ 4νακρέονα, καὶ si τινες τῶν πρὸ 
αὐτοῦ Φονοῦσι περὶ τὰ παιδικὰ ἠσχολῆσθαι: οὗτοι γὰρ πα- 
λαιάτεροι Ilswdagov. Die gemeine Bemerkung hätte er (pas 
von Tönuen, uud das Befoubere und Beachtenswerthe hervor, 


“ομαλά κς το sem TON QNT V TD ee nn — — 


Sb5pcu t, 223 


heben (offen. Diefed DBejonpre, eine nur aus biefem einzigen, 
aber durchaus ficheren Zeugniße befannte, höchſt eigenthümli⸗ 
de Dichtart, laͤßt (id) unter allen uns befannten älteren 
Dichtern gerade nur auf den Ibykos beziehen, und εδ eröff- 
πεί und für deffen Hymuen einen neuen und beflimmten Ge» 
ſichtspunkt. Doch fcheint aud) Anafreon in ben von bem 
Scholiaften Pindard angeführten Worten: οὐδ’ ἀργυρέη κοτ 
ἔλαμψε Ilsı9o, diefe Dichtart im Auge zu haben, im Bergleich 
mit Simonided, wie aud) Tzetzes (Chil. VIII, 829) verfteht. 
Die Ehöre fegen Felle voraus, veranftaltet, nicht von bem 
Dichter , fondern von andern, von Gefellichaften, zu Ehren 
glängender Jugendbfchönheit, nicht einem oder einigen, bie etwa 
nacheinander ein Ibykos geliebt hätte, fonbern vielen, wie εὐ 
Zeiten und Umſtände brachten, die der Dichter nicht immer 
: nach eígner Wahl, fondern nach erhaltener Auffoderang, mit 
Entzücken und Liebe athmender Poeſie zu preifen hatte. Aber 
rafch (ῥίμφα), leicht und bereitwillig, wie ber Scholiaft rich⸗ 
tig fagt, ohne auf fpátere Jahresfeyern bie Lieder, wozu ffe 
aufgefordert waren, zu verfchieben, wie Pindar gethan hats 
te, machten bie für Schönheit begeifterten Dichter biefe Lies 
* (ber, gefellten gern (id) einer gefellfchaftlichen Feyer ber Schöns 
1 beit bey unb flimmten den allgemeinen Ausdruck der Bers 
liebtheit an. 

Der längere Anfang eines Ciebe&liebed von Ibykos in Chor⸗ 
fropben und alle übrigen Bruchſtücke berechtigen zu ber Ans 
nahme, Όαβ feine ganze Poeſie für Chöre eingerichtet war. Hier⸗ 
and aber folgt, bag wir zwifchen Liedern eigner Liebe, wor 
hin Hr. 6. (p. 34.) fr. 1—3 zieht, und zwifchen Hymnen 

κ auf fchöne Knaben, wie fr. 4— 6, zu unterfcheiden nicht bee 
fugt find, fondern allgemein eine ganz eigenthümliche Der, 
fhmelzung von Gefühl und Kunft anzunehmen haben, wel⸗ 
dje die genaue Sonderung des rein Subjectiven mit wenigen | 
Ausnahmen felbit den Belannten des noch lebenden Dichters 
ſchwer gemacht haben möchte. Daß ber Bf. Cp. 78) den‘ 


224 Anzeigen. 


Chor und Begleitung mehrerer Inftrumente nur feiner heros 
ifchsIyrifhen Gattung zufcreibt, unb bie andre von bem 
Dichter felbft ober andern zur Lante gefungen glaubt, ift als 
ἐπ willlürlich; und wenig gliche ed Griechiſcher Kunft, 60ος, 
firophen kunſtreich zu feßen ohne den Zwed zu wollen, ber 
bey diefer Form einzig ber Tanz war, und den wir daher 
aud) bey ben Pindarifhen Skolien voraugfegen. Wie bey 
biefen, uad) Böckhs und Diſſens Bemerkung, bte Zecher ein- 
zeln und abwechfelnd fangen umb ber Chor fchweigend begleis 
tete, fo fang Ibykos, unter gleicher Begleitung, zur Laute 
ben ganzen Hymnus, in welchen aber vermuthlic ein anbrer 
&teil der Geſellſchaft einfímmte. Daß er fang und ein 
Chor tame, ftebt burd) Pindar fejt. 

Die Betrachtung ber Dichtart ift bier demnach nothweudig 
zu verbinden mit ber eined und neuen κκ nur aus geringen 
Anzeichen zu vermuthenden Gebraudjà. Nur ganz allgemein 
fpríd)t Pindar von den Feften der Schönheit: 

ῥήιφα παιδείους ἐἑτόξενον μελιγάρυας ὄμνους, 

ὅστις ἑων καλὸς εἶχεν ᾽άφροδίτας 

εὐθρόνου µνάστειραν ἀδίσταν ὁπάραν. 

S69fo6 ald Rheginer weift uns auf Chalkidifche Sitte. Die 
Chalfidier in €ubóa hatten nach Ariftoteles bey Plutarch üt 
dem Liebesbuche (c. 17) folgendes Lied von bem Vereine von 
Heldenmuth und Liebe, dad man auf Anton uud Philiftos 
und ben Selbentob bes erften burd) Die begeifternde Gegen, 
wart des andern bezog, indem man zugleich eine andre Ahns 
liche Erzählung von einem Siegestode aus Liebe in bem als 
ten Kriege zwifchen Eretria und Chalkis hatte, ber burd) ein 
anfehnlidyes Grab geehrt war. Das Kieb war: 

Ὦ παῖδες, oh Χαρίων τε καὶ πατέρων λάχετ ἐσθλωῶ», 

un 93ovel9^ ὥρας ἀγαθοῖσιν ὁμιλίαν : 

σὺν γὰρ ἀνδρείᾳ καὶ ὁ λυσιμελῆς Ἔρας 

ἐπὲ Χαλκιδέων Φάλλει πόλεδιν. 

So theilt Meinele zum Euphorion p. 10 bie Serfe ab. Cr 


Sbycuß, : 225 


vermuthet darin uur honestiorem amorem, wa® burd) jj 
qJovti9' ὥρας ὁμιλίων mehr ald zweifelhaft wirb; bod) folgt 
hieraus nichts für bie ältere Zeit imb fo ftattliche Feſte, wie 
die, worauf wir aus Ibykos zu fchließen haben. Die aya- 
Joi find Edle, εὐγενεῖς, und bag S6pfoà in ber Plutarchi⸗ 
fhen Schrift vom Adel (2) unter den Berehrern be& Adels 
genannt wird, erflärt fid) hinlänglich and den Liedern anf 
Zünglinge guter Geburt ; denn nur für (ofdie konnten ſolche 
Feſte ftatt finden. Daß diefelben Chalfidier den Ganymedes, 
wie aud? die Kreter, und bie von Kyzikos, fid) zueigneten 
und einen mprtenbewachfenen Platz bey fid) die Entführunges 
ftàtte nannten, ift and Athenäns (XIII p. 601 e), und wie 
febr fie durch Snabenlíebe fid) anezeichneten aus Heſychins 
unter χαλκιόιζειν befannt. Bon den Cbalfibierm in Rhe⸗ 
gium bat f(d) der üble Ruf bis anf ihre fpäteften Nachkom⸗ 
umen in einem gemeinen Cprüd)morte fortgepflanzt, baé man 
aud) im mittleren Stalien von Bettnrinen und ihres Gleichen 
hört. *) Will man (id) bie Pindarifche Gegeneinanderftellung ber 
damaligen bezahlten und zumeilen aufgeíd)obenen Ciegeélieber 
mit ben von älteren Dichtern raſch und wie freywillig verfafteu 
ale fireng angemeflen vorftellen, fo muß man auch bey biefen an 
eine durch beſondre Anläße erhaltene Auffoderung für ven 
ΦίΦίες, an Siege in Wettlämpfen ber Schönheit denken, 
wie fie nad) Theophraft bey Athenäus (XIII p. 609 f) einft 
bey den Eleern im Gebrauche waren. Das Geridıt entſchied 
Dort forgfältig und fireng, ber Preis beitand aus Waffen, 
bie ber Sieger, nad) Dionyfiod von Cenftra, im Tempel ber 
Athene weihte; dahin wurde er, mit Tänien gefhmüdt, im 
Zuge von ben Freunden begleitet, Der Kranz aber war, 
wie Myrſilos in feinen hiftorifchen Paraboren erzählte, aus 
Myrten geflochten. Die Eleer glaubten den Ῥείορό hoch zu 
ehren indem fie ihn, wie aus Pindar befaunt ift, zum Gas 
nymedes des Pofeiden machten; bag bie Liebe aber auch bey 
* Và a Beggio farti — 


226 Unzeigen. 


ihnen mit der Tapferkeit verfchwiftert war, wie in Chalkis 
und in der heiligen Echaar zu Theben, beweilt der ftampfe 
preis biefer Kallifteien. Auch an den Diofleen in Megara, bem 
Wettfampfe der fhönen Sünglinge im reizenden Kuß, mobeg ber 
Kampfrichter den Ganymedes anrief, war bie Cegenbe, wie in 
Chalkis, bag ber als Heros gefeyerte Liebhaber feinen Lieb⸗ 
ling rettend in einer Schlacht gefallen fey (Schol, Theocr. 
XII, 28), und mit foldyen Sagen Περ auch der Gebraud) 
der Sparter vor den Schlachten dem Eros zu opfern in Vers 
bindung (Athen. XIII p. 561 e) Eicher trennten die Bes 
gleiter be8 Eleiſchen Siegerd πώ bey dem Tempel nicht, fons 
bern blieben zum Siegesmal vereint: und eben fo gewiß ift, 
daß, wenn aud) ein Feyerlied des myrtenbefränzten Siegers 
angeftimmt wurde, bieB uichtd anders ald bie Charid und 
‚Deitho des fiegenden Schönen, die Huldigungen ber entzüds 
‚ten, verliebten Freunde enthalten fonnte, ein παίδειος ὕμνος 
feyn mußte. Wie man für diefe Syefte einen Ibykos, fo möch⸗ 
te man für Ibykos ähnliche Feſte vermuthen, und die Stelle 
(fr. 7) von Morten, Beil und Helichryfos , Aepfeln, Roſen 
und Eorber, die Hr. ©. burd) Vergleihung mit einer Stefis 
choriſchen vortrefflid von Phylobolie ober einem Sieger zu⸗ 
geworfnen Zeichen ber Theilnahme und Freude erklärt, giebt 
der Borandfegung eine Peine Stite mehr. So einleuchtend 
die Annahme folher Schönheitöfpiele an einem beftimmten 
Sabreétage zur Erflärung der merkwürdigen Pindarifchen 
6ιεῖε und der Dichtart bes Ibykos ift, fo braucht man body 
legtere nicht einförmig auf ſolche Gelegenheiten zu befd)rünfen ; 
ſondern ähnliche Hymnen, als Enfomien, Skolien, fónneit 
aud) auf andere Beranlaffung gedichtet worden feyn, wenn 
bie leidenfchaftlichen Freunde einem fchönen Düngling ein Φεβ 
veranftalteten, 3. 5. an Geneflen ober bem Geburtétage, ber ber 
Ehöre nicht minder mertf mar, al& ber wieberfehrende Ster⸗ 
betag bet. Threnen mit Mahl und Gforbegleitung. Sa ein 
jedes Sympofion konnte folche Hymnen aufnehmen, wie benn 


Ibpeus. 227 


Bacchylides in dem Paͤan anf den Frieden ſagte, ohne wohl 
gerade folche chorifche zu verfteben : 
συµποσίων ὃ) ἐματῶ»ν βρί9οντ dyviai 
παιδικοί 9' μνοι φλέγονται. 
Der follten bie dem Bacchylides unter Epinifien, Hymnen, 
Ditbyramben, Parthenien zugefchriebenen ἐρωτικά felbft παι- 
δικἀ, παιδικοὶ ἆμνοι gewefen fey? Wenn Ibykes fagt (fr.1), 
daß zu feiner Jahreszeit in ihm bie Liebe ſchlummre, fo folgt. ; 
fchon daraus bie manigfaltige Anwendung feiner Liebeschöre. 
Ein Knabenhymnus [Φείπί aud) das feurige Skolion 
des Pindar auf Theorenos gewefen zu ſeyn. Diffen vermu⸗ 
tbet, daß e& am den Epinifien des Knaben, ber etwa an dem 
Herafleen in Theben gefiegt babe, gefungen worden fep, ob» 
wohl er (p. 640) aud) Liebe als Gegenftand der Ehorffolien 
überhaupt mit erwähnt. Der vorliegende Anfang — denn 
den Anfang bilden febr wahrfcheinlich biefe Verſe — trägt 
völlig verfchieden von dem elften Olympifchen Epinifos, mo 
rin der (eitbem altgewordne Ringerknabe bod) aud) nur we 
gen feiner Schönheit gepriefen wird. Daß der Dichter feine 
SDerfónlid)feit hervortreten ließ, fcheint zur Form der ganzen 
Dorifchen Gattung der Chorpoefie gehört zu haben, und 
mehr als zweifelhaft ift e8 daher, ob bie Fiebe, bie hier ber 
Dichter andfpricht, indem cr gleich im Anfang andeutet, bap 
bey ihm eigentlich die Zeit derfelben vorüber (ep, alé eigne ^ 
Jund ernftbafte zu nehmen fey, ober nur dazu diene, bie Gd, 
derung ber umwiberftehlichen Schönheit des Theoxenos zu bes , 
‘leben; und davon hängt es wieder ab, ob die Sage, baf, ^ 
als Pindar in Argos flarb, der Süngling, ber mad) bem 
íebe felbft in Tenedos wohnte, ihm zur Geite gemejen, 
für wahr zu halten oder nad) bem fo leicht miszuverſtehen⸗ 
den Gedichte vielleicht rein erfunden fey. Zeuris hatte (nad) 
Verrius Flaceus) ein altes Weib gemalt, worüber Jeder⸗ 
mann fer lachen mußte: man erzählte, ber Maler (elg feo 


228 3 ngeige n. 


am Lachen darüber geftorben unb zwey Samben wurden auf 
dad Gemälde gefchrieben ed zu verfichern. *) Sol man in 
folhen Dingen den Griechen glauben ? Vermuthlich i(t bae 
eine fcherzbaft zu Ehren des Gemälded, und fo dad andre, 
yatbetifd)er, aus Bewunderung bes fchonen Skolion erdichtet 
. worden. 

Auf gleiche Weife wird es dann aber aud) zweifelhaft, 
ob S6gfoà in bem zweyten Bruchitüde fic wirklich von Eros 
aus bunfeln Augen fehmelzend angeblidt und in die Siege 
ber Kypris nochmals verlodt fühlte, ober ob δίε nur ers 
funden fey zu einem Gingange, wie der Knabenhymnus ihn 
erfoberte, angepaßt den alternden Jahren des Dichters. Es 
fommt darauf an, wohl zu bebenfen, wie febr der Styl der 
Chorpoeſie erfoberte, daß der Dichter aud) in ber ausgedrück⸗ 
ten Gemütheftimmung den Ton angab und daß er, wie mit 
der Würde eines Priefterd , feine Perfon eiumifd)te, Auſſer⸗ 
dem läßt über biefe Sache (id nicht urtheilen ohne auf das 
innerfte Weſen des dichterifchen Genies einzugehen, uud ed 
giebt im ganzen Umfange der poetifchen Kunft nichte , mors 
an eà [ebrreidjer wäre baà Berhältniß ber Begeifterung zur 
Kunft, ber Form zu bem Stoffe zu erforfchen, ald gerade 
die Chöre des Ibykos nad) der Vermuthung, bie wir über 
den Charakter derfelben bilden müjfen. Diefe Poeſieen nal» 
men biernad) nicht bloß in ber Neihe der Griechiſchen Dicht: 
arten eine merfwürdige Stelle, fondern ganz allgemein in gc 
wifler Hinficht den Gipfel der Kunft ein. Denn bag fie bie 
dem Chor gemáge Stimmung aud) lebendig ausdrückten und 
weit entfernt waren von dem Scheine des Crfün(lelten und 
Affectirten, Davon "vermögen und bie wenigen Bruchſtücke 
vollkommen zu überzeugen, wenn wir eà nicht fehon burd) 
bie Stimme ded Alterthums müften. Daß die Alten, bie 
von Ibykos fprechen, zwifchen dem Dichter und dem Mens 


*) Fu Silligs Catalogus artificum hätte bieB verdient bemerkt 
au werden. €6 fehlt auch der ©. 209 erwähnte Theophilos. 


Ibyeus. 229 


ſchen nicht unterſcheiden, iſt aus dem doppelten Grunde zu 
erflären, bag fie entweder bie Lebendige Einheit des Subjecti⸗ 
ven und Öbjectiven, die der Dichter gefchaffen, nicht aufzulöfen 
Luft hatten, fondern ihn eben fo willig ale verliebt auffaßten, 
wie er aus Sympathie mit bem Ghore (id) alé verliebt gab 
und den Ton des Entzückens und der Sehnfucht anftimmte, 

er daß fie, wie man ed von ben meiften annehmen ober 
aud) nachweifen kann, dad Geheimniß ber wahren Kunfl 
nicht verfianden noch ahndeten. Wir haben eine ähnliche Gr» 
fheinung an den Dithyramben ‚und, den Trinkliedern. Ars 
chilochos ſchon ftellt fíd) beraufcht ald Borfänger für δε 
raufchte bey bem Bacchifchen Kreistanze: 

Wie fo wohl des Dionyfos fdjóneó Lieb zu flimmen an 

Ich, den Dithyramb, verftehe, Weinesblig burdyüdt ben 

Geift. 
Und Epicharmos fagt fherzhaft : 

Richt wird's ein Dithyrambos wenn bu Waſſer trinf(t. 
Wie gut Pindar die Kunft verftand den Geif der Trunken⸗ 
heit den Dithyramben einzuhauchen, zeigt uns der glüdlich ers 
baltene Anfang von einem derfelben. Die Grammatifer aber 
unterfuchten, ob Alfäo8 unb Anafreon mäßig ober Trunfens 
bofbe gewefen feyen; aus Stellen bed erftern von beyden 
zeigt Athenäus (X p. 420), bag er den Wein febr liebte und 
zu allen Zeiten und unter allen Umftänben tranf; von bem 
andern aber bemerft er (p. 429 b), es (ey den meiften uns 
befannt, daß diefer im Schreiben nüchtern und ordentlich ges 
weſen unb fid) nur beraufcht ohne Noth fiele.. Daß ὅπα, 
freon demohnerachtet die Sympoſien liebte, ift gewiß, und 
nicht weniger find Leidenfchaftlichkeit und Liebesgeſchich⸗ 
ten beg Ibykos voraudzufegen, ohne die er in ber Poefie 
nie erreicht hätte, was Cicero urtheilt, daß er, wie feine 
Schriften zeigen, am meiften unter -allen von Liebe entflammt 
gewefen fep. Und mer wollte làugnen, bag ein Theil feiner 
Geſaͤnge auch unmittelbar Empfindung und Hulbigung enthals 


230 Ungeigen. 


ten haben möchte? Aber bíe ift Nebenfache, und bagegen 
‚ber Gefidbtépuntt wohl fet zu halten, bag durch feftliche 
| Beranftaltung der Dichter dahin geleitet wurde, auch bie 
Stimmung der hödjiten Berliebtheit in das (rege Innre aufs 
Izuuehmen und zum Inhalt einer Iprifchen Kunftart zu mas 
chen, nicht anders wie den Bacchifchen Feftraufch, bie Trau⸗ 
er um Verftorbene, die Andacht und fromme Erhebung. 
Merkwürdig ift der Φείβ ber Gefellfchaft und des Zeitalters, 
ber folche Kefte und foldye Poeſie, aus Shaltidifchen und Dos 
rifchen Elementen des Lebens und der Künfte aufgefchoflen 
alé eine feltene und vorübergehende , höchroth prachtvolle 
Blüthe, hervorrief. Die fnabenliebe, dort öffentlich erlaubt, 
wird durch die elle zugleich auf den Gipfel neibenómertber 
Gliüdfeligleit binaufgerüdt und vor bem Verfinfen in das 
Sinnlicdye und vor böfem Schein unb Verdacht auf fo lange 
bewahrt vermittelft der gemeinfam ertheilten Kränze und aufs 
geführten Chöre ſelbſt. Enthuſiaſtiſche Unnatur finden wir 
auch in andern Zeiten anderswo entwidelt und bedeutend — 
eingreifenb im bie ganze Bildungsweife ausgezeichneter Mens 
fhyen, wie z. B. in der Liebe vieler Troubadours, im Dies 
tismus, in ber empfindfamen Freundfchaft unter einer Ans 
zahl unferer eigenen Dichter eines gewiffen Periode. Aber 
faum wirb etwas anderes je fo viel bedenkliches mit fo viel 
Gei(t und Kunft verfchmolzen haben, als bieje Liebeöraferey, 
nicht in Monobdieen, fondern im Chor, in einem Style, mots 
in bie Leidenfchaft und die Kunft um den Borzug zu ringen 
fcheinen, und bod) nur die funt bie Herrfchaft wirklich führte. 
Wenden wir und nun zu den Vermuthungen des Sete 
auégeberé über bie Poefie des Ibykos, bie um fo mehr eiue 
vollländige Erwägung erfodern, als fein Lehrer, Prof. Mül⸗ 
ler, in dem vorangeftellten Schreiben an ihn allem Wefentlis 
chen feine Zuftimmung gegeben bat; für die gelehrte und 
fharffinnige Art der SBebanbInng gewiß das vortheifhaftefte 
Zeichen. Hr. €. beuft fd) als Borbilder des Ibykos bey 


— en ὃν - oM «-- 


- — — —— P an m n o m 


^ S659cu$ 231 


en Liebedgefängen bie Lokrifchen Lieber, welche Klearchos 
für ähnlich denen ber Sappho unb des Anafreon erflärt. 
Hiernach find die Lofrifchen Lieder allerdings im Allgemeinen 
zu beurtheilen hinfichtlicy des manigfaltigen Inhalts; body ers 
fcheinen fie nach bem Namen felbft und nad bem einen er⸗ 
baltenen (das ((d) wie ein mittelalterliched Wächterliebchen, 
nur im Munde der jungen Frau felbft, ausnimmt) ald Volke, 
lieder: und fo bleibt die Hauptſache, orm und Ausführung, 
bey ihnen und Ibykos weit genug von einander getrennt. 
Auch ift bod) wohl zu vermuthen, befonderdö ba von alten 
Dichterwettfämpfen an den Leichenfpielen bed Amphidamas 
in Chalfis erzählt wird, bag die alten für Tapferkeit und 
Liebe glühenden Hippoboten von Chalkis aud) ihre Lieber 
ſchon in Älteren Zeiten gehabt hatten. Auch war ja Stefls 
choros in Metaurog, nicht weit von Nhegion zu Haufe, δε 
fen eigene Dichtart Hr. ©. (p. 40) feit alter Zeit (djon uns 
ter den Sttaliern, vielleicht mit weit weniger Recht, ausgeübt 
glaubt. Uebrigens nimmt er an, (p. 24), baß bed Ibykos 
Mufe keineswegs in Kiebesliedern alt geworden (eg (wogegen 
fr. 2 zu nennen wäre), und (p. 20) bag diefe Zeugen feiner 
Berliebtheit etwa aud dem Alter herrührten, wo er mit Anas 
freon in Samos lebte. 

Um die Stefihorifche Gattung bey Ibykos zu begründen, 
geht ber Bf. von ber Bemerfung aud, bag ber mater des 
Statius die Liebedlieder deffelben nicht mit feinem Sohn und 
andern Schülern gelefen haben würde. Es ift zu bemerken, 
bag Statius (Silv. V, 3, 151) nad) Ibycus unb andern Iys 
riſchen Dichtern zunächſt die Metrik lehrte: 

qua lege recurrat 

Pindaricae vox flexa lyrae, volucrumque precator 

Ibycus, et tetricis Alcman cantatus Amyelis, 

Stesichorusque ferox, actusque egressa viriles 

Non formidata temeraria Leucade Sappho 

Quosque alios dignata chelys: 


232 Anzeigen. 


während er bey Kallimachos, Lyfophron, Sophron und fo» 
rinna die Dunfelheiten erflärte, aus Homer den Inhalt umb 
deffen Großartigfeit, aus Heflodos und Cpidjarmoé- (denn 
diefer, nicht Theokrit, (ft ber Sicilifche Alte) ben bem froms 
men Landmanne wohlthätigen inhalt hervorhob. Der 9f. 
hätte fíd) bier einer Stelle des Philodemus von der Muſik 
(Hercul, Vol. T. I col, 14) bedienen können, wo dieſer ge» 
gen den Ctoifer, welcher den Melodieen unter andern aud) 
Einflaß auf die beffere ober die finnlicye iebe zufchrieb, bes 
 metft: ἄλλα: διανοηµάτων μὲν ἐμφατικῶς συµπαρέσνρε xat 
v0 µέλος, οὐδὸ τοὺς νέους τοῖς µέλεσε διαφδείροντας παρέ- 
δειξεν τὸν Ίβυκον καὶ τὸν "4νακρέοντα καὶ τοὺς ὁμοίους, 
ἀλλά τοῖς διανοήµασε. Aber wenn gleich ber Epifureer und 
der Stoifer darin übereinftimmen, bag folche Poefie ber Ju⸗ 
gend nachtheilig und von ihr migbraucht werden fünne, fo 
ift bod) febr zu bezweifeln, bag ein Grammatifer zu Nea⸗ 
pel, ber feine Zuhörer mit δει Griechiſchen Dichtern übers 
haupt gelehrt befannt machen wollte, ihnen ganze Kunftfors 
men der ebelften Art des verliebten Inhalts wegen vorents 
halten haben folíte. Was dort die Jugend unvermeidlich von 
jener Griechifchen Liebe immer und überall hörte, lad und in 
. Bildern (ab, machte ed unnütz ihr Dichter zu verfchließen, 
bie Πε edler behandelten, und Statius fonnte ja auswählen, 
wie wir aud) in den Schulen thun. *). Der zweyte Grund 
ift, bag Ibykos wegen ber Liebeslieder nicht als Lobpreiſer 
; ded Adeld neben Simonided, Pindar, Alkäos, Steſichoros 
; habe genannt werden fónnen; wir nahmen an, daß fie ge 
-rade an vornehme Sünglinge gerichtet gemefen. Der dritte, 
daß bie Verbindung in einem Epigramm auf die neun Lyriker: 


*) Aus derfelben Schrift des Philodemos col. 2o ift zum Steſi⸗ 
choros ſowohl als zum Pindar nachzutragen, taf Πε die δε(Φωίώ- 
tigung ber Unruhen zu Sparta, jenet durch bic Muſik des Thaletas, 
diefer durch die des Terpander erzählt hatten. αλλά µην καὶ τὸ 
μὲν κατὰ «Στησέχορον οὐχ ἀχριβώς ἑστορεῖται, τὸ δὲ Ilwdageıor, 
tl τῆς διχογοίας ἔπεισεν, οὐκ οἴδαμεν. 


Ibyeus. 233 


λάμπει Στησίχορός τε καὶ "IBvxoc, diefelbe Gattung verras 
tbe, ift faum anzufchlagen, ba bíefefbe dorm und die Nähe 
bet Zeit und bes Vaterlande beyber Dichter, der Zufall felbft 
Diefe Zufammenftellung ebenfallà verantworten mürbe. 

Bon den übrigen gewichtuollern Gründen ftellen wir ben 
legten, ald den bebentenb(len, voran, ber die in ben ὅταρ, 
menten berührten mythifchen Perfonen betrifft. In allen dies 
fen Anführungen zufammen bekennen wir nicht bem geringe ‚x 
flet Anlaß zu der Annahme epifcher Darftellungen zu ers ] 
bfíiden. Sie enthalten faft nur Namen mit den einfachften 
SRebenbeftimmungen, unb einen Berd über Kaffandra unb 
vier eine über die Molioniden, fo daß vom Style, ber in 
diefer Gattung fíd von dem der Knabenhymnen fehr unters 
fcheiden würde, nichts zu fagen if. Was Müller p. XII 
bemerft: Atque ad epicum Stesichori carminum colorem 
etiam Ibycum prope accessisse, unum est quod suadeat: quod 
in tam paucis istis horum poematum particulis duae super- 
sunt, quae sermonum inter heroas indicia continent. Alte- 
rum eorum est casus ille vocandi, quem jure mihi restituisse 
videris: ὀνομακλυτὸς Ὄρφη (8), alterum Herculis de rebus 
a se gestis dicta: τέκνα IMoAi0vao κτάνον etc. Tales au- 
tem sermones etiam apud Pindarum nonnissi ubi longiores 
narrationes e fabulis repetuntur, locum habent, ít allerbing& 
gegründet; nur tar biefe epifche Farbe in bem mythifchen Theis 
Ie der Epinitien, Enfomien, Threnen und andern Chorarten, 
denen darin auch bie Kuabenhymnen gar wohl geglichen has 
ben können, bod) von Ctefídjoroà wohl nod) zu unterſchei⸗ 
den. Auch bey Bacchylides fpricht Heralles fr. 32. Go it 
alfeà, woraus wir Troifche Gefchichten nach Art einer Dres 
flea in zwey Büchern oder einer Iliuperſis von Steſichoros 
entnehmen follen, bíeg: Hektor, Sohn Apollons, Kaflandra 
berühmt, Odyffeus Arkeifiades, Achilleus mit Medea in Ely⸗ 
fion, Diomedes mit Hermione und den Diodfuren auf bet 
Inſel Diomedea unſterblich wohnend, Menelaos burd) das 





234 Anzeigen. 


etíte Wiederfehen der Helena entwaffnet, mad) der Kleinen - 
Ilias, was mit bem Wohnen beyder in Elyſion, *) und das 
bey dieß Paar mit den beyden andern in einer einzigen Stels 
le verbunden feyn konnte. Wiewohl ed wahrfcheinlicher ijt, 
bag Helena von Ibykos in andere Beziehungen geftellt war. 
Achilleus bot ihm für feine Gattung von Liebeögefängen reis 
chen Stoff bar, mobeg vielleicht ber Uebergang nad) Eiyfion 
nur eine Nebenfache war. Wenn bieg zureichte Stefichoris 
fched Epos zu begründen, (o dürften wir es aud) dem Alk 
man zutheilen, aus welchem ein ganzer Verd gegen Paris, 
einer über ben fümpfenbem Ajad, dann baé fpredjenbe Roß 
Xantfoé, die Mutter ded Priamos, unb der Gargarod, aud) 
Kirfe, bie bem Odyſſeus und feinen Genoffet bie Ohren 
verſtopft, an fedj8 verfchiedenen Orten vorfommen. Wenn 
wir and Ibykos erfahren, bag Herafles die Molioniden 
tóbete, Ctiere wegtrieb, wer die Mutter ber Amazone war, 
und daß er von Hephäftos bie Warmbäder empfieng, fo wifs 
fen wir aus Ῥίπίατώ, bag Alkman nicht anders wie Steſi⸗ 
choros und Pindar, Homer und Hefiobos , ben Böotifchen, 
sticht einen Aegyptifchen Herakles bargeftelt hatte. Auch aus 
bre Mythen, Tantalos an ber Göttertafel, nad) den Noften, 
und die Kinder ber Niobe, werden aus Allman erwähnt, 
Was die 9Irgorautifa ansmachen fol, iſt Jaſons Schweſter 
Hippolyte, bet rühmliche Orpheus, und ein Sprichwort; 
Die 9fetofía follen fid) entfalten aus ben bloßen Samen ber 
Althaͤa, Mutter Meleagerd, der Leda von Pleuron und des 
Endymion, Könige von Eli. Gegen dieß alles ijt πίώί 
bloß ber allgemeine Charakter der Iyrifchen Poefie einzumens 
den, bie auf die manigfaltigfte Weiſe von bem mythiſchen 


*) Die Scene, bie von LZefches vielleicht mit Ironie behandelt 
war, fonnte aud) als bie ſchnellſte und wunderbarfte Ausſoͤhnung mit 
bem ewigen einträctigen Sufammenmobnen treuberzig unb mit guter 
Wirkung verfnäpft werden, was wegen p. 8 unb p. X zu bemerfen. 
Was Gtefihoros dafür erfand, flellt den Triumph ber Selena nod 
größer bar, (didte (id) aber Peineéroegé zur Einfiichen Selena, 


Ibypeus. 235 


Derfonen Gebrauch machte, fonbern aud) ber befonbre ber 
einen wirklich befannten Dichtart be8 Ibykos. Selbft wenn feine 
Entomien immer die Schönheit priefen, wäre nicht zu glauben, 
baf fie (id) Darauf je befchräntt hätten, bag Πε nicht eft auch 
anf andre Eigenfchaften und auf mythifche und poetifche nam» 
bafte ihnen der Gefchlechter, denen fein Euryalod, Gorgíaé 
und, wie zu glauben, eine Menge ambrer von ihm gefeyerr 
ter Sünglinge angehörten, übergegangen wären. In bem 
Lied anf Gorgias war die Fabel von Gauymedes ausführ⸗ 
lid) erzählt, in einem andern (fr. 41) von 9tbabamantb bent 
gerechten und feinem Liebhaber Talos, vermuthlich auch nicht 
pbenbín, fondern nach der ganzen Ausdehnung ber Gage voit 
ihnen, die Rede. Schon hierans ift ffar , wie in blefer fo 
gut ald in bem andern verwandien chorftrophifchen Arten, z. 
$8. andy ín ben Pindarifchen Cnfomíen und Stolien, *) My⸗ 
then Platz fanden. Konnte nun nicht 3. 3D. ein einziges Lies 
beslied, wenn wir fo bie Chöre des Ibykos nod) nennen 
wollen, indem ed, wie den Zeus und Ganymebes, fo ben 
Heralled und Hylad ober einen andern Liebling beffelben 
anfführte, alled, was über jenen vorfommt, zufammen enthal- 
ten? Orpheus konnte vorkommen mit einem Hymnenknaben, 
ben er liebte, Endymion, ber fchöne, mit irgend einem Lieb, 
baber, wie Likymnios bey Athenäud uns als foldhen ben Hypnos 
aufftelit. Hr. 6. ſelbſt benft daran (p. 70), daß and) En⸗ 
Dymion mit Selene vorgeflellt geweien feyn fünne, ba daß 
erfte Buch citirt ift und er die erften den Liebesgedichten an» 
weit. od) pat etne Kiebhaberin weniger. 

Aufferdem fucht ber Bf. feinem Ziele, bem Ibykos bie 
Dichtart des Steſichoros anzueignen, (id) noch durch folgende 
Erwägungen zu nähern. Beyde Dichter find aus Chalfidi- 
fhen Städten mit Dorifhen Mitbewohnern, mobeg jedoch 
zu bemerfen, bag Metaurod, von wo Steſichoros abflammte, 
nad Stephanos, ofrifd) war, und bag zwifchen ihm unb 

*) Encom. fr. 2 von Dtfobos, Scol. fr. 7 von Typhoͤbs. 


200 Anzeigen. 


den Lofrifchen Hefioden Zuſammeuhang wahrſcheinlich ift, 
worhber auffer dem Herandgeber ber Fragmente auch ber Uns 
terzeichnete in ber Rec. derfelben in den Jahnſchen Jahrbü⸗ 
chern 4829 fid) erflärt hat. Gbalfibifd) aber waren Himera 
und Satana, begbe durch Chöre des Stefichoros berühmt, 
und an beyden Orten hat andy Ibykos (id) befunden mad) eis 
ner Erzählung bey Himerius (Or. XXIT,6.) Er oll. auf 
bem Wege von Katana mad) Himera vom Wagen gefallen 
feyn und bie Hand befhädigt haben, fo daß er [auge Zeit 
nicht zur Laute fingen fonnte und fie daher dem Apollon 
weihte. Die eignen Snftrumente berühmter Dichter mögen 
die Tempel unter ihren Weihgefchenfen nicht felten aufgezeigt 
haben. In einem Eypigramm (Anthol. VI, 16, 2) tveibt δι, 
molpos feine Laute, bey Apollonius (I1, 930) Orpheus bie 
feinige. Ohne Zweifel bie Laute mar aud) das Weihgefchent 
bes Thaletad, das er in Sparta aufftellte, nachdem er burd) 
fie den Bürgerzwift geftillt batte nach Philodemod (de mus. 
.col. 19 — [ἀλα]ζονευόμενον di’ ἀναθήματος, εἴπερ ἀγέθη- 
xt» οὕτως ἐπιγράψας, ὥς οὗτοι λἐγουσιν) Syn Himera alfo, 
wo bed Stefihorod Grab, zeigte man bie bed Ibykos, und 
zu der Weihung mit ber Legende konnte eine [αἴ[Φ ausgelegte 
Stelle ded Dichterd Anlaß geben, ber, wie Pinbar, im War 
gen ber Mufen ober, wie bey Simonided in bem Epigramm 
auf den Siegsbreyfuß ber Akamantiſchen Phyle der kykliſche 
Chorführer , in dem Wagen ber Chariten fuhr. Doch auf 
. die gebrod)ne und wieder geheilte Hand, die Himerius mit 
der Erblindung und der Palinodie bed Stefihoros verbindet, 
fommt nichts an; ber Aufenthalt des Ibykos in Himera (ft 
wahrfcheinlich, die Chorpoefie war dort fo wohl begrünbet, 
' bag nod) Olymp. 73 ein Stefihoros, und wieder DL. 102 
ein andrer von ba nach Athen fam , wie der SDari(dje Mars 
mor meldet. Anch ben fr. 32 erwähnten Steindamm, bet 
Driygia mit Syrakus verband, fannte Ibykos wohl aus εἰ, 
ner Anfchauung. Aber viel zu ausgedehnt ift bie Folgerung: 


$55ceu14 937 


Ibycus igitur quod has potissimum urbes invisisse traditur 
cum lyra, argumento est, idem genus poesis choricum co- 
luisse et ipsum ,. quod in illis urbibus floreret. Sie επί, 
hält eine Befchränfung für bie Simeráer von ber auffallend 
flet Art, um fo mehr als Ibykos ein halbes Menfchenalter 
fünger ald Stefihorod war. Und wie wenn umgelfehrt Stes 
ſichoros felbit ſchon manche Chorlieder von ber Gattung ber 
Rheginifchen gemacht hätte, bie nur durch bie Maffe feiner 
andern und burd; die zahlreihen und vielleicht in ihrer Art 
weit ausgezeichneteren des Ibykos verbunfelt worden wären? 
Die Worte des Athenäus (XIII p. 601 a): καὶ ῴτησίχορος, 
δ᾽ οὗ μετρίως ἐρωτικὺς γενόμενος, συνέστησε καὶ τοῦτον]! 
τὸν τρόπον τῶν doparov* ἃ dz xaé τὸ παλαιὸν ἐκαλεῖτοι 
παιδιά καὶ παιδικά, woranf von Ibykos bie Rede (t, find, 
freylich das Einzige was dahin führt; aber Πε find (τοῦ als, 
[em , was Ref. felbft in der oben gedachten Necenfion (G. | 
297 f.y darüber vorgebradyt hat, in diefem Sinne am eine; 
fachften zu erflären, wenn man nur παιδιὰ in παίδεια (b. : 
ὤμνοι παίδειοι) verwandelt, 

Unter diefen Berhältniffen wird, was mmm folgt, fid) 
leicht begreifen laffen ohne Cinerlegbeit der befondern choris 
(dien Gattung (cognationem poesis utriusque vini) bdabey 
vorauszuſetzen. Es ift biejeó: bey beyden Dichtern fam πη- 
Ψέλοψ, βρνυαλλίκται (oder vielmehr ὀρχησταίὶ μενέδονποι) 
unb in befondrer Bedeutung χάρµη vor, beg beybem aud) 
ἄτερπνος ftatt ἀτέρυπνος, was ein anderer ben Rheginern gue 
fchreibt, indem er ed nur bey Ibykos kannte; denn daß δίεβ 
darum ein Idiotismus augfchließend der Nheginer (ep, it 
eben (o unwahrſcheiulich, ald bag diefer Ausdruck überhaupt 
ber Bolföfprache angebore. Daß bey einem eiuzigen mythor 
Iogifchen Umftande, ber Abflammung des Hektor von Ayols 
lot, Tzetzes den Stefichorog nebit Euphorion und Alerander 
nennt ;. während Porphyrius zum Homer aufjer Ddiefen den 
Ibykos bat, macht noch weniger aus, wenn Tzetzes, wie bet 

ο, Rhein. Mur. f. vbi. 11. 16 


238 Anzeigen. 


Wf. richtig bemerkt, das andre Homeriſche Scholion, das allein 
den Steſichoros angiebt, kannte und, indem er dieß anbrach⸗ 
te, den Ibykos beliebig ausließ, wie ſolche Citationen öfter 
ſich einander ergänzen. Simonides gebrauchte wie Ibykos 
ἠλσάμην (fr. 29) und vielleicht andere ungewoͤhnlichere For⸗ 
men, er folgt ihm hinſichtlich der Liebe des Idomenens qur 
Helena and ber Heyrath des Achilleus unb ber Medea (fr. 
18.) Folgt daraus Gleichheit der Dichtarten? 

Bon größter Wichtigkeit aber ift. bem Bf. ber Umſtand, 
bag nach Athenaͤus IV p. 172 d, der hierin ihm (p. 74) 
Aerandrinifchen Grammatikern gu folgen feheint, die ἆθλα 
ini Πελία des Stefihorod, für den ein ent(d)eibenber Grund 
angeführt wird, von andern bem Ibykos beygelegt wurden, 
wie denn ber Pardmiograph Mylon bey Βειοθίμό e& getbam 
zu haben fiheint (p. 45), indem er ein Sprichwort , welches 
aud) Aeſchylas im Glaukos von Potniä gebraucht und viel 
leicht aud jenem Chorgebichte von gleichem Inhalt aufgenom⸗ 
wen bot , bem Ibykos beylegt. Hr. €. hingegen fchließt blete 
aus, bag von ihm wie von Steſichoros ἆθλα ἐπὶ Πελίᾳ oet» 
handen waren. Das eine ober das andre, (o berechtigt wes 
der jene Ulternative noch ein zwiefaches Oborlieb über bie 
eidyenfptefe des Pelias gu bem Schluße, bad des Ibykos 
Gedichte Aberhaupt Den Stefichorifchen, vel argamenti delece 
tu, vel couformationis ratione, ganz ähnlich gewefen feyen. 
Beh wir über das eine Stück hinans, fo tbun wir có, mie 
alle andre liegt, auf eigne Gefahr: denn Ibykos könnte ja 
aud) nur Das eine, oder einige und unbefannte Gebidyte bier 
fer Art, wie vielleicht Steſichoros etliche ber feinigen, ge» 
macht haben. Mit Recht würde man uns entgegenhalten, 
daß, fo oft aud) von unferm Dichter bey ben Alten die Rebe 
(t, bod) Fein anderer Titel ähnlich denen der Steſichoriſchen 
Poeſien, umb überhaupt nichts, das auf Ὀίεε Gattung, Die 
für bie Grammatifer bod) ungleich wichtiger gewefen wäre, 
als die andre, bey ihm hindeutete, vorfommt, daß er hinges 


$5259t€28. 939 


gen von Ariſtophanes, Philodem und Gicero mit Alkaͤos und Ana⸗ 
freon und überhaupt (o häufig nur als Dichter der Knabenſchön⸗ 
heit genannt wird. Selb das verdient Aufmerffamkeit, bag 
Gicero in Steigerung zu fprechen (d)eiut: Fortis vir, in sua 
republica cognitus, quae de juvenum amore scribit Alcaeus? 
nam Anacreontis quidem tota poesis est amatoria, Maxime 
vero omnium flagrasse amore Rheginum Ihycum apparet ex. 
scriptis. Daß fein befonderer Titel eineó Gedichte von Iby⸗ 
foó vorkommt, findet Hr. €. felbft (p. SU) fehr auffallend, 
und eben fo, daß feine Gedichte nur fieben, die bed Gtefis 
choxos fechd und zwanzig Bücher, wovon die Dreften zwey, 
ausmachten. Im Gegentheile faun irgend ein Zufall Urjache 
gewefen feyn, warum die ἆθλα ind Πελιφ dem Ibykos völlig 
grundlod beygelegt wurden, es fey durch Verwechſelung, 
wenn begbe Dichter in bem τεῦχος der Lyriker neben einane 
ber, ober, woran Hr. ©. felbft benft, für fid) zufammen, 
wie etwa Hipponar unb Ananiod, Simonided unb Bacchyli⸗ 
bes, gefchrieben waren , und dann baé legte Gedicht bed Ste⸗ 
fihoro® für dad erfte bed Ibykos genommen wurde, ober 
nach falfchen Citaten von Steffen, aus benen oft flatt aus 
den Büchern felbft Angaben gefloffen find , die und vermwirs 
ren, ober aus irgend einem gang befonderen uichtigen Anlaße. 

Ueber die »hesoifch sIprifchen oder epiſch⸗lyriſchen⸗ Ges 
dichte des Stefihoros felbft βείι Hr. €. eine neue Hypo» 
thefe auf, wobey er die Widerlegung einer fruberen (p. 57) 
forglofer behandelt als er fonft pflegt, fo febr bag er eine 
mad) Maßgabe des bürftigen Stoffe möglich]t forgfältige Uns 
terfuchnng nicht einmal vollftändig überlefen zu haben ſcheint. 
Qr überficht ganz bie in bem Nachtrag zur Trilogie ©. 243 
angeführten Tragöbdien , tragifchen Dramen des Simonides 
und Pindar, des Kenophanes und Empedofles, bie wir ουν, 
ale Chöre benfen müffen, uud fo lange bis eine neue is 
klaͤrung über fie gegeben fegu wird, nad) bem big jegt un— 
sweydentigen Titeln ald Darftellung von Mythen und alo 


240 Anzeigen. 


Shorbramen an Bachhifchen Kelten wohl nehmen können. Sis 
monides unb Pindar würden biefe Art der Chöre, wenn cé 
die Stefichorifche war, in Sicilien kennen gelernt haben, die 
aber in Hellas, als eine fremde, unb neben den Dithyrams 
ben und bey dem Aufiehn des Attifchen Theaters, wenig ober 
bod) nur vorübergehend Eingang gefunden zu haben fcheint. 
Der eine von Himera nad) Athen gefommne Stefichoros foll 
gefiegt haben; in welchen Choören δίεβ gefchah, (tebt noch bas 
hin. Xenophanes, welcher Tragödien gefchrieben haben fol, 
die derfelben Art gemefen feyn müßten, hat mad) Diogenes 
eine Zeitlang in den Ghalfidifhen Städten Satana. und 
Zanfle gelebt; fonft werden nod) dem Sicilifchen Empedokles 
welche beygelegt. Weber jenen ift Karten in der Ausgabe 
der Fragmente 1830 p. 23 zu vergleichen. Was die Selle 
der Kaiferzeiten betrifft, fo fonnten daran Iyrifche Tragödien 
von Einzelnen ohne Chor vorgetragen werden: daß man fo 
den Steſichoros, Ibykos und die andern Lyriker alle zur 
aute fang, bemerkt ber Vf. nach dem Grammatifer in δεί, 
ferà Anecd. p. 1461. Und αμὸ Eupolis if ja befanat: 
Στησιχόρου πρὺς τὴν λυραν οἴνοχόην ἔχλεψεν. 

Seine eigne Bermuthung gründet Hr. €. auf die Stelle 
aus ber. Oreſtea ded Steſichoros: 

Τοιάδε xor Xopırwy δαµώµατα xallıxöumy ὑμνεῖν, 

Φρυγιον µέλος ἐξευρόντα[ς] 

ἀβρῶς, 7005 ἐπερχομένου. 
Oeffentlich gefungene Fieber, δηµώματα, Phrygiſche Melodie, 
geeignet zum Felt im regen , wenn alle ber Frühling ent 
zuckt. Nun wurden in Gicilien und Großgriechenland vies 
[en Heroen Todtenopfer gebrad)t, in arent ben‘ Atriden, 
Tydiden, 3leafiben und Laertiaden zufammen, den Agamems 
noniden an einem befondern Tage, in Metapont bem. eli» 
den, in Sybarid bem Philokteted ; die Heroen aber, die mit 
den unteren Göttern in enger Berbindung fanden, wurden 


beg der Wiederkehr des Frühlings verehrt, zu welcher Zeit 


Ibyeus. 241 


die unteren Götter Blumen und Reichthum den Menſchen 
wieder heranfzufchicken fchienen. Tunc circa tumulos heroum 
juvenes virginesque certabant neque cantus chori defuisse videri 
debent. Velut 'Theocr, XII, 3o de Diocle Atheniensi, Megaris sc- 
pulto. — An folchen Felten alfo wurde bie SOreftea — uud bie 
übrigen Ehorlieder des Steſichoros und des Ibykos — aufgeführt. 

Das Felt der ſchönen Küffe, der blühenden Jugendſchön⸗ 
heit mußte (regfid) im erften Frühlinge gefegert werden; ob 
man aber dann aud) die ἐναγίσματα allgemein ober gewöhn⸗ 
lich anftellte, ob auch die Troifchen Heroen den Pluton an: 
giengen, wie-in gewifler Hinficht bie aud dem eignen Boden 
des Landes erwachfenen, ob Xodtenfegern ber Heroen mit 
Phrygiſcher Muſik begangen werben konnten, ob Chöre ir 
genbmo fid ihnen anichloffen, ob überhaupt muftfalifche 
Spiele zu den gumnifchen an Seroenfeften vorfamen ( da e$ 
mit Adraflos eine eigne Bewandniß bat', dieß und manches 
andre, was hier fich noch fragen ließe, ift zum Theil mebr ale 
zweifelhaft. Die Enagismen in Tarent waren nad) der ans 
geführten Etelle κατά τινας χρόνους. Kampfipiele eines He 
τοῦ Keirileos , vielleicht von Gerilli im Bruttifchen,, lernen 
wir burd) bie Sinfchrift eined Preishelns (bey Böckhen. 32) 
aus einem Grabe in KRumä fennen, und ein Gefäß aus 
bemfelben enthält einen Wettlauf. Der Heros von Himera 
und Katana, be(jen Frühlingsfeft die ganze Stefichorifche, iu 
der Familie, wie Hr. €. mit Kleine bemerft, erbliche Poefle 
hervorrief, follte nicht unbefannt ſeyn; ev wäre unter beu 
Seroen, wie Dionyfod unter ben Göttern, der einzige, ber 
an feinem Feſte bie ganze alte Heldenpoefle in verjüngter 
Geftalt zu einem zweyten Dafeyn erwedt hätte. Nähmen 
wir die verlangten Gbortánge um die Gräber der SHeroen, 
auch ohne irgend einen Gewähremann, an, fo dürften mir 
Doch jedem Heros nur feinen eignen Hymnus qzufchreiben, 
während die und befannten Steſichoriſchen Stüde nicht auf 
eine Anzahl von Seroem gewiſſer Orte, fondern auf (rege 


242 Ungeigen. 


Auswahl aus bem ganzen Kreife der epifhen Poeſten beue 
ten. Und von einer fo bedeutenden Gattung follte von 6ἱ. 
monided unb Pindar feine Nachahmung verfucht worden und 
überhaupt nicht die mindefte Spur erhalten feyn? 

Die Iprifche Tragddie bleibt freyfich auch immer in mans 
dier Hinficht ein ſchwieriger Gegenftanb, ber faum je aufges 
heilt werden wird; aber für fie ift bod) eine äuffere Bes 
flimmung burd) den Namen ſelbſt gegeben, die Dionyſien, 
die fo reich an eigenthümlichen poetiſchen Erzeugniflen und 
Kormen waren , und gerade hiermit verträgt fih auch ber 
eintretende Frühling und die Phrygifche Muſik. Sa die Bor» 
te des Steſichoros felbft (deinen zu ihnen zu flimmen, wähs 
rend (ie wenigſtens Heroen und Todtenfefte entfchieden nicht 
angeht. Denn Χαράων δαμωματα fbnnen nicht ale publici 
chori verftanden werben, ba das Beywort χαλλιχόμων , fo 
wie aud) ὑμνεῖν ble abgeleitete und uneigentliche Bedeutung 
der Chariten nicht zuläßt, bie Ehariten aber unmittelbar unb 
mehr perfönlich verftanden, mit 7005 ἐπερχομένου verbunden, 
ganz einfach die mit Dionyfos im Frühling erfcheinenden find. 
Aus dem Eingang eined andern Etefichorifchen Liedes koͤnnen 
die Worte feyn (fr. 75): ὅταν 7005 coa κελαόῇ χελιδώ». 

Daß Ibykos ſich nicht auf eine einzige Art von Hymnen 
befchränfte, foudern auch mandje Gedichte von werfchiedener 
Beftimmung gemacht habe, ift im Allgemeinen zu vermuthen, 
befonderd wenn man ihn mehr mit allen fpäteren ^ Chorbide 
tern aló mit Steſichoros vergleicht. Indeſſen halten wir es nicht 
für möglich hierüber mit Wahrfcheinlichfeit etwas zu ermite 
ten, nachdem, wie unà fcheint, die große aud) zu bem Ende 
angewandte Mühe anfereà fcharffinnigen Vfs. feinem be[riev 
bígenbem Erfolg gehabt hat. Er überfchreibt fr. 94 -- 960 Car- 
men in Dianam Ortygiae ut videtur. Alpheios führt unterm 
Meere den in Olympia empfangenen Golbpocal ber Arethuſa 
zu, womit bie Berfe von dem Steindamme zwiſchen Ortygia 
und Syrakus nàg χέρσον λίθινον x. v. λ. in Verbindung ge 


5 ῦ 9 ε ὓ ὁ, 033 


ftanben haben femen. Ibykos aber, wicht bloß als Liebesdich⸗ 
ter, fondern als Dichter jener Zeit überhaupt, konnte bie Sage 
kanm anders faflen, ale daß Alpheiod bie goldne Cale ber 
Nymphe als ein Liebesgeſchenk brachte. Nun läßt er aud) 
ben Afopos in Sikyon aus Phrygien fließen, unb nennt den 
Eifyon Cohn bed Pelops. Als Seitenftüd bed. Alpheios 
möchte wohl auch Aſopos aud verliebtem Triebe den weiten 
Weg gemad)t haben. Auch er führte mad) ber Cage bey 
fDaufaníad (IT, 7, 8) eine Gabe aus ber Heimarh mit fich, 
die Flöten ded Marfyas, und Flöten flimmten beym frater 
bie Geno(jen ded Pelops an, wie Teleftes der Selinuntier 
Παρί. Ob Ibykos bergleichet Sagen in f'uabenbomnen feet 
audfübrte, jegt fur; in Zufammenftellung berührte, flebe das 
bin; aber von Artemis Ortygia, von einem Götterhymnus 
fberhaupt ift doch auch gar fein Kennzeichen gegeben. 

Dann folgt Carmen in Samum insulam , mit der Bers 
muthung, bag Ibykos während feined Aufenthalts bey Polys 
frated res Samiorum in Gedichten verherrlicht habe, blog nad) 
den Worten: Οὐδὲ Κυάρης 6 Mndav σερατηγὀς. Hr. ©. 
verfteht den friegerifchen Kyarares Ol. 32, Müller abet (p. 
XVIII) Kyros, der fel6bft nicht einmal die Samier 
unterworfen babe, obgleich von einem Kriege gegen fle 
erzählt wurde. Aber zugegeben, daß von Samos her ber 
Dichter feine Kenutniß von biefem Könige batte, fo ifl both 
die fpecielle Ergänzung feines Gedankens wenigfteng nicht 
fo wahrfcheinlich als jede allgemeinere, wie 3. B. Kyros 
ſelbſt fóunte nicht gluͤcklicher ſeyn, würde nicht von mir be» 
. neibdet. Die großen Könige fpielen ſchon in der Älteren Poe⸗ 
fie eine Rolle, Archilochos fagt: οὗ µοι τὰ Γύγεω τοῦ πο- 
λυχρύσου µέλει, Tyrtäoß fiellt beà Tithonos Schönheit, dee 
Midas und Kinyras Reichthum, bed Pelops Majekät, des 
Adraſtos Zunge zufammen. Anakreon aber möchte Cfr. 5) 
nicht das Horn der 9hnaítbea noch hundert fünfzig Sabre 
über Tarteſſos herrfchen wie Arganthonioe. 


244 Anzeigen. 


Zuletzt iſt noch Dipsas et asinus, eine vortreffliche Fa⸗ 
bel, als ein beſonderes Gedicht herausgeſtellt. Fabeln an 
und für ſich fünnen nicht Gegenſtand lyriſcher und choriſcher 
SDoefte ſeyn, und wurden in den Tagen des Steſichoros unb 
Ibykos wohl überhaupt nod) nicht einzeln in Berfen erzählt. 
Die von ber Schlange, bie baé Alter auszieht und dafür dem 
Durft eintaufcht, würde ein gutes Symbol ber Aphrodite 
Ambologera abgeben und fann, menn der Dichter mehr nad) 
den wefentlichen Umftänden fich auf fie bezog ald fie aus⸗ 
führlich erzählte, bey ihm fehr wohl den Eingang eined fuas 
benhymnus gebildet haben, ein Gegeuftüd zu bem, worin er 
πώ mit einem alten Wettrenner vergleicht , ber vor bem 
Kampfe, wie nun er vor dem Eroß, jittre. 

Eines von Ibykos i(t bem Herausgeber entgangen, was 
er unter die Troica geífe&t haben würde, nemlid) Schol, 1. 
XII, 517 Cand von Euftathiud aufgenommen), wo von 
Deiphobos , ber fletd dem Idomeneus zürnt, gefagt iſt: ὡς 
ἀντεραστὴς Ἑλένης, ας μαρτυρεῖ Ἴβυκος καὶ Σιμωνίδης. 
GA ούτε noa (6 Ἰδομενεὺς) µεσαιπόλιος (v. 361), οὔτε τὸ 
παρὰ Ἰβύκῳ ἀληθές» ἀλλὰ διὰ τοὺς πεσόντας (ol ἔχε κότονι) 
Heyne in den Add. Vol. VI p. 647 bemerft, bag bey Hy⸗ 
git 81. 270 Idomeneus, ald einer der fchönften, unter den 

Freyern der Helena erfcheint, woraus er irrig folgert, bag 
das dort aufgeftellte Verzeichniß ber Freyer von Ibykos unb 
Simonides herrühre. Der Grammatifer. fpricht von gegen. 
wärtiger , feit der Freyerey alfo fortbauernbet Liebe des be» 
meneus, und vermuthlich gehörte baber bie @iferfucht bee 
Deiphobos gegen ihn bey Ibykos ber fpäteren Zeit an, mo 
biefer, nad) bem Tode beà Paris, mit Helena vermält war, 
nad) ber Kleinen Ilias. Diefe hat S6gfod auch bey Menes 
ἴαοῦ und Helena vor Augen: und eà ift möglich, bag beydes 
mit einander verbunden war unb Frauenliebe und bie 
von (δε Beherrfchten babeg in ungünfligem Lichte gezeigt 
wurden. 


4 ὃ 9 ευ ὁ. 243 


Der übrige Theil ber Einleitung betrifft den Dialekt, 
die Eintheilung in fieben Bücher, Die Sylbenmaße, bie von 
bem Bf. befolgte Anordnung und bie früheren Sammlungen 
ber Fragmente, Bey dem erſten ift vorzüglich dad σχηµα 
Ἰβύκχειον oder die Form zo: für ει, wie in ἐγείρησιν, Exnow 
und im Eonj. φαίῃσι in den Fragmenten felbft , gelehrt abe 
gehandelt. Nur hält fid) nicht, bag ber Bf. ber unerweislis 
chen Meffenifchen Abkunft des Dichterd wegen, fie den Meſ⸗ 
feniern zueignet. Er bemerkt ſelbſt (p. 63), daß von ftren« 
gerem Dorismus Feine Spuren in den Fragmenten vorkom⸗ 
meg, und (p. 68) aus Panfaniad, bag die Meflenier den 
alten Dorismus am reinften von allen Peloponnefiern bie 
auf feine Zeit bewahrt hatten. Wäre die Korm Dorifch, fe 
würden wir aud) anderswo Bepfpiele finden, bie Grammar 
tifer weuigftend gefunden haben, bie fie hingegen Rheginiſch 
nennen. Dagegen finden wir Πε (p. 69) bey nicht Dorifchen 
Dichtern, bey Bacchylides und in zwey Homerifchen Hymnen ; 
und befanntlid) hat der Aeolifche Dialekt viele Wörter in µε 
erhalten. Eher ift alfo anzunehmen, bag Ibykos Πε ald eine 
archaiſtiſche gebrauchte, wie denn Hr. ©. fr. 56 and) eine 
andere Wortform bey ihm aus antiquitatis studium mit Recht 
erklärt, und bag die Grammatifer, wie gewöhnlich, der Bar - 
seritadt des Dichterd das Befondre zufchrieben, was ihnen 
bey ihm auffiel. War das nicht, fo würden wir dieſen Lee 
berreft uralter Sprache Chaltidifch nennen. Daß Heraklides 
bie Form als Doriſch angiebt (τὸ s δωριζόµενον κατὰ ‘Pryivous 
yévotz' ἄν — ῆσιν) bedeutet hier nichts. Auffer dem Sans 
flrit, worin die erfien Kenner befjelben alle vier Arten bet 
Griechiſchen verba in µι aufweifen, find aud) die Stawifchen 
Sprachen verglichen worden von Gräfe in Peteröburg: de 
verborum Graecorum terminationibus c et su, quibus, ut 
in Latinis ο et m, ita in Slavicis dialectis u et m vel mi 
respondent, als Spec. I von Lingua Gr. et Lat, cum Slavicis 
dialectis in re gramm. compar. 19827. Οὐθίο ift bier über» 


246 Anzeigen. 


ſehn; gezeigt aber, wie die Lateinffche Sprache durch ben 
Reihthum der Formen in m, wovon im Präfensd indic. nur 
mod) sum und inquam übrig find, mit tem Yeolifchen übers 
eín(timme. Aeolismen bey ben Chalkidiern können nach ber 
Urgefchichte von Eubda nicht befremden. 9 | 

Auf bie Behandlung be8 Metrifchen iſt die Annahme 
zweyer verfchiebner Dichtarten nicht ohne Einfluß geblieben. 
Carmina amatoria, fagt der Bf. p. 79, quibus modis compo- 
sita fuerint, quaerere distuli nec scire fas est omnia: Dori- 
cam melodiam habuisse carmina heroico .lyrica (Stesichori) 
rhythmi arguunt. Quamquam nec Phrygios modos defhisse, 
Orestea docuit Stesichori. Die heroifchsIyrifhe Gattung 
feunen wir nur aus Steſichoros, da bem' Ibykos von ihr 
fefbft nad) Hrn. Schneidemind Annahme nur einige wenige 
Berfe zufallen; doch erflárt er p. 46. 72 bie Sylbenmaße 
beyder Dichter für febr aͤhnlich, während ber gefebrte mor» 
εεῦπετ p. .VHI ο. einen Unterfchied entwidelt. Anakreon ge» 
Ὀταμώίε nad: Poſſdonius bey Athen. XIV p. 635 d Phrys 
gífdje, Dorifche und Lodiſche Melodieen. Nicht zu übergeht 
ift bier die in anbrer Abfiht p. 32 angezogene und richtig 
erflärte Stelle ded Ariftophanes in den Thesmophoriazu⸗ 


fen 161: 
σκέψαι ὃ' ὅτι 


"IBvxoc ἐκεῖνος κανακρέαν d Τήϊος 

κάλκαῖος , οἵπερ ἁρμονίαν ἐχύμισαν 

ἐμιτροφόρουν τε xo4 διοκλὠώντ’ " Kovixax. 
Diefe Dichter trugen die Mitra um das Hanpt (weiblich, 
weichlih, wie Polykrates), fo wie fie bie Harmonie fäftigten 
und Sonifch gebrochen fangen. Das διεκλώντ ζωνικῶς bas 
ben alle Audleger von Toup an, nad) dem Sorazifchen ar- 
tibus frangi und bem κλάσαι τὸ σώμα bey Pollux, vom 
Tanze verftanden. Porfon fügt med) aus Manilius V, 152 
hinzu: fractique placent in mollia gressus. Allein Philodem 


*) Platarch Quaest. Gr. 33 (p. 396 d) Heyne Opusc. H, 27% 


Ibyeus. 247 


von ber Muſik (col. 44), ber nach der trefflichen Emendation 
von Visconti zu den Triopiſchen Inſchriften CI, 31. Oeuvres 
div, T. I p. 510) (id) auf die Stelle bezieht, verſtand, fo 
wie aid) der Stoifer, bem er beftreitet‘, διεκλῶντο von ber 
Stimme. Τὸν d’’Agıoropaynv τοὺς ὠργαίους dnog[arve]ty 
ἐνκεκλ[ασ]μένη, καθάπερ οἱ παλαιοί, τῇ Garn χρῇσθαι, καὶ 
τοῖς ὀφθαλμιοῖς προαγωγεύειν ἑαυτοὺς οὐ τοῖς µέλεσεν (δίεβ 
qué den Wolfen 078.) Bisconti führt dabey go» κεκλασ- 
µιένη aus Xí(pbi(in im Elagabalus, dann Lucretius V , 231 
elmae nutricis blanda atque infracta loquela und Heinfluß 
ed Claud. in Eutrop. I, 261 p. 290 Burm. an. Philon de 
merc. meretr, T. II p. 266 hat κλάσεις ἐμμελεστάτης qo 
νῆς und Sextus Cmp. adv. Mathem. VI, 15 µόλη κεκλα- 
euéva; Appulejus Met. VIII p. 576 Oudend, (171) vox 
fracta, rauca et effeminata, eine ber 32 neu edirten Fabeln 
(IX, 2) fracte loquendo et ambulando molliter. Dionyfio® 
de Dem, vi dic, p. 1095 Reisk. gebraucht den Ausdruck von 
den Bopordjemati(d)en und Joniſchen Rhythmen, die er δια- 
κλωμένους nennt, und Tricha fagt von dem Sonifchen Bere: 
οἰνακλώμενα dà — παρ᾽ 8009 6 ἐν τοιούτοις ῥυθμὸς ἀνακλᾶ- 
ται πρὸς τὸ χαῦνον καὶ μαλακό», Daher denn aud) ganz 
allgemein bey Heſychins: διεκλῶν, θρύπτω», Ariſtophanes 
drüct alfo, indem er von den brey berühmteften Liebesdich⸗ 
fern fpricht , in feiner Weife aus, was Pindar bewundert, indem 
er die Knabenhymnen bed Ibykos füge, weihlautende 
nennt. 
Wir gehn zu den Bruchftücen über. 

Fr. I. Diefe Stelle, wovon Athenäus fagt Boa καὶ κέ- 
κραγεν (6 Ißvxoc), ift εδ , die uns, περ dem folgenden 
SBrudyftüde, von der Kräftigleit und Wärme, der Fülle und 
Kunft in bem febr eigenthümlichen Style diefed großen Dich, 
ter$ den beften Begriff giebt. Er nimmt hier den Eingang 
von einem Spruche, den aud) Pindar gebraucht und fo aus⸗ 
brüdt (N. XI, 39): 





N 


248 Anzeigen. 


Ἐν σχερῷ d’ ovv' ὧν µέλαιναι καρπὸν ἔδώκαν ἄρθνραι, 

δένδρεά 7’ ovx ἐθέλει πάσαις ἑτέων παρόδοις 

ἄνθος εὐῶδες φέρειν πλούτῳ laor, 

ἆλλ᾽ ἐν ἀμείβοντε. καὶ Ἀνατὺν οὕτως ἔθνος ἄγει 

{Ποῖρα, | 
Sm Frühlinge, fagt Ibykos, treibt der Kydoniſche Apfelbaum 
unb bie MWeinrebe, feine Jahrszeit aber fchlummert bey mir 
Erod. Kydoniſche €epfel ober Quitten werden mit Miyrten, 
Rofen und Violen in ber Selena des Stefihoros (vgl. Ibyc. 
fr. 7) auf den Wagen des Fürften, vermuthlich des Ῥατίδ, 
alà Siegers in den Kampffpielen, durch bie er erfannt ward, 
geworfen; mit Quitten eine Schöne auf den Bufen getroffen 
mad) einem Komödiendichter, welchen Athenäus (III p δι d) 
zugleich anführt. Nach Solonifchem Glefege verzehrten Braut 
und Bräutigam, wenn fie in den Thalamos eingiengen, eine 
Quitte, wie Plutarch berichtet (Sol. 30. Quaest. Rom. 65, 
Praec. conjug. 1) ; Birgil läßt damit feine Hirten ihre Maͤd⸗ 
chen befchenfen. Des Vorzug der Kydonifchen Aepfel vor ans 
dern in der Poefie ift daher Mar; ihren mobíffiugenben Ras 
men führten fie von einer Kretiſchen Stadt. Aber kein alter 
Schriftfteller ober aud) fün(tler jteígert fie bie zu den gold» 
nen Aepfeln der Hesperiden (während man umgekehrt in Vafebüs 
mou, wenn nicht bfof ein Lakoniſcher Dichter, gewifle gute 
Aepfel Hesperidenäpfel nannte.) Die Erllärung einiger 
Grammatiker, ben. König Juba an δε Cpige, wie Athes 


naäus erzäblt, bie, nach der Art der Peripatetifer in ber My⸗ 


thenerflärung, Gitronet und Orangen in diefen dichteriſchen 
Früchten erfannten,, ift fo febr dem urfprünglichen Sinn und 
Geifle der Dichtung entgegen, baß wir, an(tatt wegen ber 
παρνένοι bed Ibykos auf Hesperidenäpfel zu rathen, bie 
Hr. 6. mit Echweighäufer und andern annimmt, umgelehrt 
fhon and den Kretifhen Aepfeln folgern müffen, die Sung» 
fern ſeyen nicht bie Hesperiden, fondern Nymphen, Wa» 
jaden. 


Ibyeus. 249 


Ἡρι μὲν αἳ τε Κυδώνιαι 

µαλίδες ἀρδόμεναι ῥοᾶν 

ἐκ ποταμών ἵνα Παρθένων 

κῆπος ἀκήρατος — 
Schon Spanheim de usu et pr. num. I p. 355 bemerft 
richtig, gegen Bodaͤus a Stapel: Si vero Cydonia et Hes- 
peridum mala eadem fuissent, cur non id uno verbo prodi- 
disscnt veteres, qui utriusque arboris et fructus non semel 
meminere? immo cur de iis, ut diversis omnino fructibus 
aut plantis, diverso etiam loco agit Athenaeus vel antiqui 
auctores ab illo producti? Mit natürliden 9fBeinftóden find 
natürliche Apfelbäume verbunden, bie ben Frühling nicht voto 
niger wie die fabelhaften empfinden; die Wäfferungen in den 
Ohfigärten find aus der Odyſſee und einem Bruchflüde ber 
Sappho (fr. 4) befannt, unb die Klüffe und Bäche haben 
(bre Nymphen, denen ſchon wegen fliller Abgefchiedenheit ein 
ungemähter, beiliger Garten, fo ald ob ihnen aud) wirflidy 
foíd)e gewidmet würden , bidyteri(d) beygelegt werden founte. 
Darin gedeihen, von ben Bächen benegt, die Bäume am 
fröhfichften. Aus der Darfiellung des Herausgebers könnte 
e8 fcheinen ald ob bie Schilderung des Euripides von bem 
ἀχήρατος Asıuov ber Artemis in Trözen von ben Hesperi⸗ 
ben gälte, deren µηλόσπορος àxra in berfelben Tragüdie 
(739) kurz erwähnt if. Bäche der Heöperiden werben fchwers 
lich vorfommen, weil bey diefen der Sinn πό auf etwas 
anders ald auf treibende Fruchtbarkeit richtet; gewiß aber 
nicht ῥοαὲ ἐκ ποταμῶν, rivuli ex fluviis deducti ad irriga- 
tionem agrorum, Auch überfieht der Vf., bag bey fybonis 
fchen Aepfeln nicht zugleid an Gebraud) ber Liebenden (p. 
80) und an Sedperibenfrüd)te gedacht werden kann, da nicht 
jeder ein Heralles war, um folche für feine Schöne zu bos 
Ien. Die Reidenfchaft des Ibykos felbft werden wir babey 
ganz aus dem Spiele laffen; nod) mehr aber baé, was p. 
89 iu παρθένων κἤπρο ἀκήρατος nit zum Glücklichſten ges 


250 Anzeigen. 


ſucht wird. Was nun den Ausdruck Παρθένοι don Nym⸗ 
phen betrifft, ſo hat Ref. zum Philoſtratos (p. 465) gezeigt, 
wie bey Pindar einmal aud) Ἰόραι von denſelben gebraucht, 
in ber Recenfion des Steſichoros von Kleine (S. 291), wie 
bey Theofrit (I, 82) Kooa von ber Nymphe des Daphnis 
zu verftehen ijt. Eubulos fagt 6. Athen, XIII p. 568 £ οἵας 
"Hoidavog ἀγνοῖς ὕδασε κηπενει κόρας. Platon im Phäs 
broà p. 229 b καθαρὰ xai διαφανῆ τὰ ὑδάτια φαίνεται xad 
ὀπιτήδεια Κόραις παίζειν παρ) avıa. (Nachher p. 230 b, 
Νυμφῶν τό τινων καὶ ᾿άχελωου ἱερὸν ἀπὸ τῶν κορῶν τα 
καὶ ἀγαλμάτων ἔοικεν εἶναι, θεδεμίε κόραι Statuen, wie 
mehrmals in Attifchen Infchriften, nicht zu vermechfeln mit 
κόρη, Puppe, und den κόραις und κύροις ber κορόπλαθοιι) 
Zimäos, der Gefchichtfchreiber, b. Diogenes VIII, τι, fagt 
von Pythagorad, λέγειν αὐτὸν τὰς συνοικούσας ἀρδράσε 
θεῶν ἔχειν ὀνόματα, Κόρας, Νύμφας, sita Μητέρας, wo 
Κύραέ vermuthlich mit Νύμφαι gleichbedeutend ((t, ἸΜητέρες 
aber bie von Plutarch im Marcelus (20) erwähnten Göte 
tinnen Mareges in Engyion, in GSicilien, und vielleicht 
aud) anderwärtd find. Auch Heſychius, κόραι, καὶ αἱ 
νεύγαµοι xogat, καὶ lMovoot, καὶ Seo, verfteht wahrs 
fcheinlich bie Göttinnen, bie im Allgemeinen Rymphen 
heißen. — Wie ἕρνεσιν 93. 4, fo hat Pindar J. I, 27 
ἕργματι. Nach) coa» ſetzen wir mit bem geiftvollen Vorred⸗ 
ner (p. XVII) ein Semifofon ober vielmehr, da fchon burd 
ein andres bie lange Periode in zwey Theile gejonbert ift, 
aur Komma, um fo ein dem Schwunge und der Fülle der 
Ausführung angemeffened Redeganzes zu bilden. Boreas ift 
φλέγων für fid) felbft, und ὑπὸ στεροπᾶς brüdt nur ein nes 
beneinander aud, wie bey Sophofles im Ajas 380 πόλνν 
yélo)" ὑφ ἡδονῆς ἄγεις. Theophraſt fagt de sign. vent. p. 
(ai 9égovc; ὅταν ὠἀστραπαὶ καὶ βρονταὲ γίνωνταε, ἐντεῦθον 
πνεύματα γύεται ἰσχυρά, ἐὰν μὲν σφόδρα xai ἰσχυρὸν 
ασεράπτῃ, Jüsro» καὶ σφοδρόεερον πνεύσουσε, day δὲ ἠρέμα 


*S5595cus. 251 


wei μιανῶς, zur’ ὐλίον' τοῦ δὲ χειμώνος καὶ qOiyoncQov 
τουγαωρτίον. Lobed, ber biefe Stelle zum Ajas 255 anführt, 
lit bey Ibykos, mit Sacobé, fo mie fpäter Hermann a3" 
ὑπὸ (für τε ὑπὸ), was wenigftend vor ὥστε barum deu Vor⸗ 
zug verdient, weil A von bem vorhergehenden QPAN leich- 
ter ald DI verfchlungen werben mochte. Der Heransg. fagt: 
φλέγων fortissime dietum de turbine ex frequenti translatione 
bujus et similium verborum — Tum et ideo h. |, positum 
est, quia Doreas ingruit quasi ardens fulminibus ipsum 
eomitatis. Sturm und Blig find nicht in ber Art verbi 
Den, bag der Wind durch die Blige erbigt gu werden (dies 
we; vielmehr brennen nad) der Unfchanung der Alten bie 
heftigen Winde überhaupt. Βορρᾶς — παντάπασιν dnoxaloy 
καὶ πηγνὺς τοὺς aydgwnoug. Xenophon Anab, IV, 5, 3, 
und oftmals bey Theophraft πνεύματα ἀποκαίοντα, ἀπυκαςε, 
ἄναμοι ψυχροὲ ἐπέχαυσα», Wie perurere von der Kälte (Koe- 
ler ad Senece. Qu. nat. IV, 13, 6), daher aud) bie Namen 
πρηστήρ, καικίας, ber Sohn bed Boread Καλαῖς, ventus fer- 
vidus, bey Plinind, ähnlich auch dad Wort torrens (Maji 
Interpr, ad Aen. Il, 305.) Auch iſt ἀζαλέαις µανίαισιν 
wohl nicht siccantibus, fonbera darauf zielend, bag bey gro» 
Ber Dörre und Hige die heftigften Etürme ausbrechen. Wich⸗ 
tiger it bie Frage über die richtige Cedart ber legten Worte 
παιδόθεν φυλάσσει ἡμετέρας ( ἁμετέρας) Φρένα.  9tef. 
hält, mit Diffen, Naͤkes πεδόθεν für Πώετ und für nothwen⸗ 
dig, vermutbet aber in φυλάσσει eine falfhe Emendation eis 
get burd) Neuheit dem Abfchreiber auffallend geweienen Form 
Φυράσσει, auftatt φύρει, φυρᾷ, gleichbedeutend, nur noch 
fräftiger ald τινάσσει, αἰθύσσει, σαλάσσει, was andre vorges 
fchlagen haben. Eros, der nimmer fchlafende, ift ein unter 
Bligen brenmenber Thrafifcher Boread, der vost der Sypríé 
herwehend ( ἀίσσων παρὰ Κυπριδος follte durh Kommata 
gejondert fegn ) , finiter in lechzender Raſerey, mächtigen 
Trotzes, die inneren Tiefen aufrührt, wie ber wirkliche 


059 Anzeigen. 


den Meeresgrund. Weber ald a primis pueritiae annis, ttod) 
αίδ a puerorum inde regione (p. XVII), wa® mit naoa Kv- 
πριδος flreitet, fagt und παιδόθεν zu, und felbft der trochäi⸗ 
[ώε Rhythmus παιδόθεν φνλάσσει ift matt am Schluße eis 
nes mad) Gedanken, Verſen und Worten gfeidj mächtigen 
Satzes. ine perpetuitas amoris von Kindesbeinen an, more 
auf aud) mod) in den Zufäten p. 222 Gewicht gelegt wird, 
wäre ein neuer Gebanfe neben dem burch die prachtvolle 
Vergleichung mit dem Apfelbaum und. der 9tebe in höchfter 
Energie bingeftellten: ἐμοὶ d’ Ἔρως οὐδεμίαν κατάκοιτος 
ὥραν, ein Gedanke, bem es babey ſchon für (id) felbft, im 
Zufammenhange folher Schilderung, an Wahrheit und Kraft 
fehlt, und ber zugleig dem andern Abtrag thut, ba man bie 
jebíge raftlofe Ceiben(djaft nad) den erften noch fchwachen Re⸗ 
gungen ded Knabenalterd bemefjen müßte , (tatt fie der Macht 
bes von Grund aufwühlenden Sturmes ernftlich zu vergleis 
chen. Daß das Lied zur Frühlingszeit gefchrieben worden, 
(deint der Eingang nicht anzudeuten; eher in der entgegen» 
gefeGtet oder in jeder andern Sahresgeit. Eben fo wenig fu» 
chen wir fr. IV in den Roſen der Peitho eine Anfpielung 
auf bie Roſenkraͤnze der 3edyer. Í 

Fr. II. Ebenfalls der Anfang eined Gefanges, wie aud) _ 
Prof. Müller p. XVII beflätigt. Zu bemerfen ift. baber der 
ähnliche Eingang der Horazifchen Dde 1V, 1, ber fih als 
freye Nachbildung des unfrigen benfem läßt. Nicht zu übers 
fehn aud), bag Platon im Parmenided dem Dichter etwas 
unterfchiebt,, baà er nicht fagt, und dad dieß unrichtige vom 
Erasmus bey dem Sprichworte Ibyci equus p. 18 und von 
andern nacherzählt wurde. DBgl. bie Mufeum Th. I 6. 399. 

Fr. ΠΠ. Der Srrtbum ov µε f. δυμὲ ift burd) bie Schrift 
OTME entftanden; fo auf einem Steine OTNOM A aus 
OTM2MA. Syll. Epigr. Gr. n. 46, 6. So fr. II p. τοῦ 
in einer Handſchrift aoxwr, «40ΚΩΝ für déxov, mit bem 
runden E. 


*59cu t. 253 


Fr. IV. Athenäus fchreibt:, 
.Εὐρύαλε γλαυχέων Χαρίτων Φαλος, 
καλλικόμων µελέδηµα, σὲ μὲν ἆνπρις 
* ἅ v ἀγανοβλέφαρος Πειθὼ ῥοδέοισιν ἐν ἄνδθεσι Socwgr. 
Hr. ©. ändert, mit Jarobs und Schweighäufer, γλαυχέων in 
Ἀλυχέω», er zwar nur metri gratia, was hier ein zu unflchrer 
Grund ift, zumal ba Alkman in tetrametrifchen Strophen 
den Spondeud nicht felten gebraucht. Athenäus fegt an bem 
obe ber Galatea im Munde des Kiyflopen von Philoreno® 
aus, bag die Augen übergangen feyen und ftellt biefe Worte 
des Ibykos entgegen, wohl nicht wegen der ἀγανοβλέφαρος 
Ilsı30 allein und hinterdrein, fondern wegen des zwiefachen 
Präbicatd ber Augen. Ibykos nennt auch die Kaffandra 
(fr- XV) γλαυκῶπις unb Moſchos fagt in ber Europa 3. 86 
0008 Ó' ὑπογλαύσσεσκ di ἵμερον ἀστράπτονε. Athene 
γλαυκὴ haben Sophokles, Euripides und Theofrit XX, 
35, und 9. Stephanus führt an Ariftoteled Probl. το διὰ 
τέ οἱ λευκοὶ άνθρωποι καὶ οἱ ἵπποι eg ἐπιπολὺ γλανκοίς 
Zenophanes bey Elemend Strom. IV, 4, 22 (p.502) nennt bie 
Thrafer πυῤῥοὺς xai γλαυκούς. So ift aud) der Name Glaukos 
(ausgenommen bey dem Seegott), Glaukias, an einer Bolcen» 
ter Bafe καλὸς Γλαύκω», nut von bem Augen zu verftehen. 
Der Bf. bemerkt, daß καλλικόμων nicht auf Χαρίων gehen 
ἴδηπε, als ob zwifchen füßen (nad) feiner Ledart) und (dioi 
Iodigen Chariten unterfchieden werden follte. Dieß ift ſchein⸗ 
bar genug: indeflen, da das doppelte Beymwort der Chariten 
eigentlich den Augen und bem Haare bed Euryalos gilt, fo 
wie die Rofen ber Peitho feiner Farbe, der füßen 9totbe der 
Wangen, wie Apollonius (III, 121) fagt, fo fteht bod) febr 
babin, o5 nicht Ibykos Chariten ber Augen und Ehariten des 
Haared unterfcheiden wollte und in den Gedanken Auoızwov 
γλαυκέων τε καὶ καλλικόμων ὢάλος καὶ µελέδηµα, nad) bem 
freyften Gebraudje jener allegorifchen Perfonen, Ὀίεε {είπε ᾿ 
Unterfcheidung aufnahm. Die Ehariten (ur ft) heißen zui- 
$t. Rhein. Mo. (. Φέι. 1I. 17 


254 Anzeigen. 


λίκοµοι aud) bey Stefihoros. Hr. 6. benft fif gu καλλι- 
κόµων Mädchen hinzu; aber fowohl biefe Auslaſſung des Cubo 
jectd, als tie Einmifhung von Mädchen, ober ſeyen ed aud) 
fhöne Knaben, unter die Göttinnen hat ihre eignen Schwie⸗ 
rigteiten. Gà kann nur von bem Göttervereine bie Nebe 
feyn, den wir aud) bey Antipater bon Sidon auf Sappho 
(ερ. 10) finden: 

ἂν Κύπρις καὶ Ἔρως σὐναμ᾿ ἔτραφον, & µέτα [15:90 

ἐπλεκ ἀείζωον Πιερίδων orépavor. 

Das σύναμα in diefen Berfen läßt an Iaua (beg Pinbar 
gleich Guo, wie Bockh zeigt, das auch dort Nem, VII, 20 
eine falfche e&art, σᾶμα. bewirkt hat) für Iarog beufen: 

Εὐρύαλε γλαυκέων Χαρίτων Juua, 

καλλικόμων, µελέδηµια, σὲ μὲν Κύπρις 

á τ’ ἀγανοβλέφαρος Πειθὼ ῥοδέοισιν ἐν ἄνθεσε θρέψαν. 
Aber febr eigen und fühn wäre biefe Prolepſis bed. Adver⸗ 
bíum und faum zu ertragen. Ans dem gegen Hru. O. gels 
tend gemachten Grunde fam Ref. aud) nicht mit Hermann 
in ber Epit. doctr. metr, annehmen, daß vor καλλικόρων 
ein Vers anégefalfen (eg. Mau müßte erfi Göttinnen and, 
benfen, Die hier neben den Ghariten, der Kypris unb ber 
Deitho fliehen könnten. Ein Irrthum ift p. 411 and Meineke 
Quaest. scen, übergegangen, mdem ber citirte Lyd, de men- 
sibus p. 282 hinter der Schrift de ostentis féd) befünbet. 
Meinekes Emendation ἀγλαομειδὲς ἔρως ſtatt ἀγαλμοειδὲς 
ift auch aus dem tieferen Grunde gewiß, baf der fonfther 
nicht befannte Lakedaͤmoniſche µελοποιὸς Eurytod, der mit 
dieſen Worten ein Lied, vermuthlich einen Hymnus an Gros, 
anhub, diefen einen Sohn des Zephpros nannte (wie Alkaͤos 
fr. 24), und Zephyros fchafft heillachenden Himmel. Das 
fenft aud) nicht befannte Gompofitum ἀγαλμοειδης würde für 
Eros nicht charafteriftifch paffen und überhaupt etwas plump 
ſeyn. 
Fr. V. VI. Das Led auf Gorgias enthielt die Ente 


*55tnu5. 955 


führung bed Ganymedes und ben Raub bed Tithono® durch 
Eos, unb Ref. fam nicht anders als der finnreichen Vermu⸗ 
hung Müllers, bag diefe beyden Geſchichten in Verbindung 
andgeführt worden wegen des entgegengefegten Looſes ber 
begben Entführten und des Vorzugs, welchen ein Banymebes 
vor bem, ber fich ber Qranenliebe ergiebt, behaupte, im 918» 
gemeinen zuffimmen. Man erinnre fid), mie fhnöbe Pindar 
in dem feurigen Stolion anf den (donem Theorenod (mo 
pear Diffen anders, doch nicht überzeugend, erflärt) die bem 
weiblichen Geſchlechte bargebrad)ten Syufbignngen bem Ent⸗ 
güden an Knabenſchoͤnheit nicht weniger als die Leibenfchaft 
sum Gelbreid)tbume nachfebt : 
Xony μὲν κατὰ xaipó» ἐρώτων δρέπεσθαε, δυμὸ σὺν 
ἡλικίᾳ» 
εὰς dà (εοξένυ ἀκτῖας εις ὅσσων µαρκαριζοίσας 
δρακχείς 
ὃς μὴ πόθῳ κυμαίνεται, FE ἀδάμαντος 
$à σιδάρου κεχάλκενται µέλαιναν καρδίαν 


wvyog φλογέ, πρὸς δ' ᾽4φροδήας ἀτιμασθεὶς ἔλικο. 
Pispapov 

7 περὶ χρήµασι µοχθίζει βιαίως, 7 γυναικείῳ Iouass 

ψυχὰν φορεῖεται πᾶσαν ὁδὸν θεραπεύω». 
Was hingegen bie Geftaltung und bie Art ber Berfnüpfung 
der zwiefachen Gefchichte betrifft, unter denen Müller bie 
allerdings tief in ber Sache gegründete, einfadye Idee fid) 
behandelt denkt, fo fehlt eà ihr, wie gefällig auch bie Nach⸗ 
Dichtung fid) darſtellt, an ber Aufferen Beglaubigung, die 
gerade für das willfürlich Freye der Form erforderlih iff. 
Denn burd) die Scholien zum Apolloniud erfahren wir mit 
Sicherheit nur, daß biefer (III, 158) die erhabene Schildes 
rung der Pforte des Olympos, zwifchen zwey Bergfäulen, 
Trägern des Himmelsgewölbes, die zuerft von ber (au bent 
Meer au(fleigeuben) Sonne befchienen werden, der Pforte, 


256 Anzeigen 


aus welcher die Himmelsſtraße qur Erbe hinab führt, aus 
Ibykos entlehnt habe: ἐν oic περὶ τῆς Γανυμήδους ἁρπαγῆς 
εἶπεν, ἐν τῇ elc Γοργίαν ᾠδῇ' καὶ ἐπιφέρει περὶ τῆς Hose 
ὡς ἧρπασε Τιθωνόν. Dort geht aus der Pforte Eros hine 
ab, um, auf Befehl des Zeus, Medea für ben Jaſon zu επί, 
zunden, und ed werden ihm Städte, Flüffe, Höhen und 
Meer der unter ihm auögebreiteten Erde fihtbar , und diefer 
Anblick gehörte wohl auch noch zu der Schilderung bes Iby⸗ 
feà. Ob aber bey bíefem auch Eros den Weg hinab gieng, 
alébamt gewiß nur um das Herz des Ganymedes zu rühs 
ren, nicht um zu entführen, was feiner Perfon nicht ange, 
meſſen ift, ober aber nicht, und mie die Entführung bewerk⸗ 
ftelligt wurbe, bieg bleibt eben fo ungewiß, wie bie Art ber 
Verknüpfung beyder Gefhichten. Sin ber Ilias (XX, 234) 
ranben den Ganymed die Götter, im Hymnus auf Aphros 
bite (209) ein göttliher Sturmwind; die Entführung burdj 
zwey Adler bey Theokrit (XV, 124) oder durch einen bey 
Apollobor (II, τα, 2), in weldhen Zeus felbft ſich verwan⸗ 
delt, bey Ovidius (Met. X, 157 ) und Eucian (D. D. 4), 
möchte von ber bilbenden Kunft audgegangen feyn; auch bee 
Staub der Μερίπα durch den Adler fommt nur bey Späte 
reu, Athenäus, Nonnus und in den Elementinifchen Homilien 
vor, nicht beg Pindar, Pherelydes u. a. wie Diffen ( Nem. 
\ VIII, 5 der größeren 91.) erinnert. Zwifchen jenen beyben 
Habeln, bie der Homerifche Hymnus als Beweife des ος, 
jugé der Qroer in der Gunſt der Himmlifchen vereinigt , bee 
Rand and) nad) ihrem urfprünglihen Sinn ein Gegenfag. 
Nicht unwahrſcheinlich ift die VBermuthung , bag Platon im 
Dhädros, worin er mod) eine andre Stelle des Gbpfoó an⸗ 
führt, mit der Quelle jened ῥεύματος, ὃν ἵμερον Ζεὺς Γα- 
, vvugdovc ἐρῶν ὠνόμασε auf ihn veute (Ίμερος ein ῥεῦμα, 
imber, bíe nad) Platon, wie aud) p. 251 d), wonach denn 
aud? ber 9(udbrud ded Apollonius, wenige DBerfe vorher 
(117), von Zeus, κάλλεος ἱμερθείς, welcher fonft zn allges 





Sb5cu& | 95] 


mein iR, um Entlehnung zu muthmaßen, eben bahin zurüͤck⸗ 
gebt. Aber man kann weiter gehen nnd auch fr. XII bie 
Ambrofa, neunfad) fo füg ald Honig, ein Ausbrud, ber 
nichts ſcherzhaft fpielendes, fondern lautre epifhe Simplici- 
tät enthält, und fr. XIII afé ein dem Vater des Ganymedes 
von Zeus gemachted Gefchen? hierher ziehen: im Ganzen nad 
bem Hymnus auf Aphrodite. Hier dauert den Zend des 
wehllagenden Vaters, er fchenkt ihm die Roſſe, wovon bie 
Ilias (V, 265) Erwähnung tfut, und läßt ihm fagen, bag 
Ganymedes nnfterblich ſey und alterfo8 alle Sufunft (211.) 
Ibykos alfo fegte dafür Iprifch bie füße Ambrofia, die ber 
Knabe genieße, unb bem Bater ließ er zwar ein andres Ges 
fchent zufommen, aber aud) and epifcher Poefie. In biefe 
Bothſchaft fälle bann auch, bag Zeud jebt den Namen des 
Liebeeverlangens gefchaffen habe, oder die Ableitung aller 
Knabenliebe auà diefer des Zeus zum Gangmebeé. In fol» 
chem Genufe der Seligkeit erfcheint Ganymedes aud) bey 
Pindar (Ol. XI, 403): 

ἐδέᾳ τε καλὺν 

ὥρᾳ TE κεχραµένο», à nors 

ἀναιδέα Γανυμήδει πότμον ἄλαλκε σὺν Κυπρογενεζ. 

Fr, VIN. Tüuos &vnvoc (ober ἄτερπνος, b. {. ἀτέ- 

θυπνος fr. ΙΧ) κλυτὸς ὄρθρος ἐγείρησιν ἀηδόνας, Die 9len» 
derung in ὠύπνους ift nicht zu billigen ; denn wenn bie Nach⸗ 
tigaflen fchlaflos find ober dann gerade, wenn fie nicht mehr 
fhlafen, findet aud) fein Wecken flatt. Hingegen (t von 
κλυτὸς ὄρθρος ba Beywort febr fchön; ber Morgen ift wach 
während bie andern alle nod) fchlafen, bie Nacht vielleicht ſelbſt. 

Fr. XII. Die Worte bey Athen. IX p. 388 e, bie 
manche, indeſſen nicht erhebliche μα übrig laflen, 
fchreibt der Herausg. fo: 

ToU μὲν πετάλοισιν En’ ἀκροτάσοισι 
ξανθοῖς πανέλοπες [παμ]ποικίλοι αἰολόδειροι , 
dàÀxvoveg 3° ἁλιπορφυρίδες τε τανύπτεροι. 





258 Anzeigen. 


Die ſonderbare Erfcheinung empfiehlt er ben Ornithologen 
zur Beachtung , erinnert aber an gewiffe bunte und langhal⸗ 
fige Seevögel, die unlängkt auf der Inſel Rügen aufamen 
und ihre Nefter auf die höchften Gichen machten. Die Era 
Härer der Griechiſchen Dichterfragmente werden zuweilen 
auf bad Eis geführt, und fünnen leicht, aud) obme ihre 
Schuld, bem Unkundigen das [uftige Schaufpiel bereiten, in 
ihren Bermuthungen nicht weniger auffallend auseinanderzu⸗ 
gehn als gemiffe Drientaliften in berüchtigten Ueberſetzungen 
einzelner Stellen mit einander im Gtreite liegen. So δει 
Stef. bier nur an ein Wert des Goldſchmieds, nicht bioß 
weil die Blätter oder Zweige (denn für bichtbelaubte Zweige 
fheint πέταλα aud; Odyss. XIX, 520 $n gelten) gelb ges 
nannt werden, fondern aud) wegen der feltnen und poetis 
fhen, nad) [ο von ben Enden bed Okeanos herfommens 
den Vögel, die auf biefe gelben Zweige gefest find. Wenn 
eine Kunftart ((t, bie fid) von Einfachheit und Natur feidyt 
entfernt und in Buntheit und feltfiamen, (dyregenben Sierra» 
then fid) gefällt, fo ift e& bie des Golbíd)miebà, und der Did 
ter durfte ihren Charakter im Ganzen nadjabmen, aud) wenn 
er nicht eim beflimmte& , bedeutendes Bildwerk vor Augen 
hatte. Die Baticanifchen Scholien zu deu Sroerimten (822) 
lieferten, ald aus ber Kleinen Ilias die Berfe, welche bie 
alten zum Oreſtes (1370) ofne den Namen bed Gedichts 
enthalten, und die nad) Vergleichung beyder Terte fo zu 
fchreiben ſeyn möchten: 

"Aunsiov, ἣν Koovidns ἔπορεν οὗ παιδὸς ἄποινα, 

χθυσείην, φύλλοισιν ἀγαννοῖσιν κοµόωσαν 

βότρυσι 9’, οὓς Ἡφαιστος ἐπασκήσας «hit natoi 

day’, 6 dà Aaousdovrı πόρεν Γαρυμήδρος ἄντι. 
Wenn diefen Weinftod Ibykos mepnte, ber aus demfelben 
Epos auch fr. XVI gefchöpft bat, fo i(t ber Zufag ber Wun⸗ 
dervögel aus dem Kortichreiten der Kunft ober eher aus ber 
gefteigerten Phantafle der Dichter unb dem Geſchmacke ber 


4 55cus 959 


lyriſchen Poeſie feicht begreiflih. Das rov mug (id) auf einen 
alfgemeineren, für ἄμπελος felbft gebrauchten Ausdruck bezo⸗ 
gen haben. Sm der Art biefer Kunſtwerke iſt eine Nachah⸗ 
mung ®ydifchen und Perfifchen,, aud) wach Serufalem vere ᾿ 
pflanzten Gebrauchs zu erfennen., Ein goldner Weinſtock 
ward auch der Familienfchag ober dad Geſchlechtsſymbol der 
Söhne der Hypfipyle nach einem ber. Cpigramme von Kyzi⸗ 
£08 (17), alfo vielleicht eines Lennifhen Königshaufes: ei 
nen Palmbaum von Erz weibten aad) Paufaniad (X, 45, 3) 
die Athener in Delphi. 

Fr. XV. Daß der Kaffandra bad Beywort γλαυκῶπις 
gegeben feo, um fie als Prieflerin der Athene Glaukopis kn 
bezeichnen , und daher von ihrem Raub burd) den Diliden 
bie Rede geweſen fep, if allzu fein gefchloflen. Ref. bat 
bey dem Curgaloé fr. III, welchem folche Augen unb ſchö⸗ 
ned Haar, was auch hier damit verbanden (t, gugefchrieben 
werben, biefe Augenfarbe aud) der Europe und ben. ione 
den überhanpt vinbicirt. Das andre {β um fo unfichrer, da 
ber Sag allgemein iſt: Κασσάνόραν φᾶμις ἔχησι βροτῶν. 
Konnte fie nicht aud) αἴδ Geliebte des Apollon, ober mit 
zwey, bregen ihrer Gefchwifter vereinigt, als ein Stolz bed 
unglüdlihen Haufed der Priamiden genannt fepn? 

Fr. XVI. Aus dem Scholion zu Ariftophanes Lys. 155: 
5 ἑστορία παρ᾽ Ἰβύκῳ * τὰ δὲ αὐτὰ καὶ «4έσχης 5 Adaßres 
ἐν τῇ μικρᾷ Ἰλιάδι. τὸ τοῦ ΘΦερεκράτους καὶ Βέριπίδης, 
läßt Hr. €. die Worte τὸ τοῦ (Φερεκράτους aub, die als 
eine Randnote des Binned, daß bey Pherekrates baffelbe 
vorfomme, in ben Gert gefommen find. Auch inter Samm⸗ 
[ung der Fragmente des Pherefrated (j£. dieß übergangen. 
Die Gefdbid)te war aud) am Kaften des Kypſelos. 

Fr. XVII. Durdy eine febr gelehrte Auseinanderſetzung 
über die Stelle beà Diomedes: Est Ulyssi agnomen polytlas, 
Nam praenomen est, ut ait Ibycus, Ulysses, nomen. Arci- 
siades , cognomen Odysseus. Et ordinantur sic: Ulysses 


260 Anzeigen. 


Arcisiades Odysseus polytlas, ift Ref. dennoch nicht übers 
zeugt worden, bag unfer Ibykos gefchrieben habe Ουὐλίξην 
"Aonsıoıadıy Ὀδυσσέα, und zwar fo: ut causam simul atque 
rationem appellationis prodiderit. Das gegtere liegt freylich 
in den Worten bed Diomedes; aber eben barum muß, ba e$ 
durchaus nicht Iyrifch iſt, ſein Ibycus entweder verfchrieben, 
oder ein unbefannter Grammatifer (egt , wie deren aud) mit 
bem Ramen Hipponar Alläos und Pindar *), Kratinod und 
Ariſtophanes befannt find. Schon ba8 iſt nicht wahrfcheins 
lich, bag ber weltberühmte Ddyfleus des Epos, felbft wenn 
bet Dichter bie eponyme Bedeutung geltend machen wollte, 
der örtlichen und unpoetifchen Korm Οὐλέης, bie aus 
fpfutard) Marcell, χο ald Sicilifch feft Περί, nur auf einen 
Augenblid hätte weichen müffen. Mögen die Wolfenbüttler 
Handſchriften Recht haben, wiewohl es nicht ber Fall zu 
feyn fcheint, da e8 Gier nicht auf dad A nod) 5, foudern auf 
das sus anfam, bey Pridcian Vl, 48, 92 Οὐλιξεὺς zu fchreis 
ben, woraus nach dem Dorismus ης das Lateiniſche Ulixes 
geworben fep, wie denn auch Stef. in ber Anzeige von Gers 
barbé Bericht (6. 343) an einer Bafe von Bolci OATIETS 
anerfannte, fo beweift bieB keineswegs, bag Ulyxes Doriſch 
feo. Auch Polpdeukes, für Πολυλεύχης, if Fein Dorifcher 
Name; unb hierin haben die Ctrürier das A nicht vorgezo« 
gen, aber die Römer. 

Fr. XXIII. Dieß Sprichwort ((t auch bey Platon Leg. 
I p. 751 e. "Alta yag ἀγῶνα προφάσεις oU nayu ÓéysoJer 
qoot, dann in ben Acharnern und den zweyten Thedmophoria« 
‚zufen (nad) Schol. Plat. Cratyl. p. ı6, was bey Dindorf 
fehlt) und bey Suidas v. dywvagxas (Prov. e Suid. I, 17. 


*) ©. bie Rec. des Alkäos vou Matthiä in ben Jahnſchen Jahr: 
büdern für Philologie 1830. All, 29. Weber Pindarion, Pindaros 
f. aud) Wernsdorf Poet. Lat, min. IV, 563, Lobeck Aglaoph. p. 350. 
996. Auch den Girammatifer Archilochos, ber mur in den Scholien 
der Zheogonie 99 vorfommt, vertheidigt gegen Ruhnkens Emen⸗ 
tation Ariſtarchos Mützell de emend. theogoniac Hesiodeae p. 506; 
duch dieß nicht wahrſcheinlich. 


Ihocus, 261 


18.) Den Pardmiographen IMvAo» bey Zenobins 1I, 45, dem 
Fabricius IV, 9 folgt, fchreibt Hr. €. mit Urfinne M», 
Menage zu Diogen. III, 40 beuft bey Φίλων ἐν παροιµίαι 
an Mvào». . 

Fr, XXXII—XXXIV find nur eind. Fr. XXXVIII will 
ber Heraudg. aus dem Ariftiad (von Phlind), bey Aelian H. 
A. VI, 51, xai «Φεινόλοχος 6 ὠνταγωνιστῆς "Eniyaguov xai 
"IBvxoc 6 "P. καὶ ριστέας (είπε Handſchrift bey Jacobs hat 
“Apıorias, und ohnehin it ed nur ein Name) καὶ ᾽4πολλο. 
φάνης ποιηταὲ κωµφδίας, ben Ariftopkanes machen. Richti⸗ 
ger Meinele Comm, miscell I, 23: Quibus e verbis eodem 
jure Ibycum comicis poetis adnumeres, In ejusmodi rebus 
minus accuratus est auctor Aelianus, nisi is scripsit hoc loco 
ποιητής. Dadurch, bag Ariftophaned in bee Komödie das 
Alter die Fabel von ber Durfifchlange angebracht haben 
fónne, ba fie bod) in jeder unb in jedem Gatyrfpiele mit 
Bezug auf trinkluftige Brüder vorfommen fonnte, wirb die 
nicht nothwendige 9fenbernug nicht unterftügt ; und fie weiter 
in den Spbigeron bed Apollophanes zu fegen, weil diefer e» 
zen ähnlichen Inhalt gehabt haben könne, ba body Ariftophas 
nes den alter(djmadjen Demos vorftellte, ber das Alter wie eine 
Schlangenhaut abwarf (ber Plural bey Athenäus τὸ γῆρας 
ὠποβαλόντες ift aud) nur eine beliebige lngenauigfeit), bet 
Sjpbígeron aber, weldyen auch Otrattíó behandelte, eher eine 
Gerontomania, wie Anarandribes fchrieb , ober bergleichen 
etwas enthalten mußte, ift einer ber Auswüchſe, die man aus 
der vorzüglihen Schrift entfernt wünfchte. Lieber die Seit 
hung, die Ibykos der Kabel gegeben haben fünne, iſt oben 
©. 244 eine Bermuthung aufgeftellt. 

Fr. XLI iſt ποτᾶται und νωμᾶται allerdings nur Bas 
riante, und baber bleibt der Dichter nugemig, Ibykod oder 
Backhylides. 

Fr. XLII hätte ber Df. nicht bie Sprache ded Komilers 
verfennen follen , deſſen Namen 3. Schott in den Sprich» 


262 Anzeigen 


wörtern aud Suidas XIV, 56 p. 570 wohl nur nadj fers 
muthung binzufeßt: Χάους ἀἁρχαεότερος καί Koo- 
vio», ἐπὶ τῶν navv παλαιῶν. ἔρθεν Ó ᾽4ριστοφάνης: 6 dà 
φλυαρεζ τοῦ χάους ἀρχαιότερον «αἱ Κρονίων ἁπόζοντά, 
Darin ift auffer ber Entflellung bed zweyten Eitats zu ta» 
dein, bag ber Zufammenhang mit dem erften. verkehrt iſt. 
Denn Worte eined Komikers, vermuthlich des Ariftophanes, 
find dieſe: χάους αρχαιότερος καὶ Kooviov, unb daher (ft 
καὶ αὖθις ganz an feinem Plage indem diefelben Worte, nur 
zum Theil in anderer Beziehung und Bedeutung, in der Res 
be einer Perſon der Konröbie folgen: 0 δὲ φλυαρεῖ καὶ μά- 
χην ἡμῶν λήρον zaraysl τοῦ χάους ἀρχαιότερον καὶ Kom 
νίων ἀπόζοντα. Das eine, Κρονίων übo» , ift aud) in beh 
Wollen 397. Kür bie Derfon aus der fombbie ift θείο, 
ber ἡμῶν λῆρον καταχεῖ charatteriſtiſch. Vollſtaͤndig ift 
Abrigens, wie der mangelhafte. Rhythmus zeigt, die Stelle 
nicht angeführt. Bey fr. XLVII ift zu bemerken, bag Pho⸗ 
tin nicht unter σείοιος, dad er aud) (m feiner Neihe dito 
führt, fondern unter σίριον den Ibykos anführt, einen Dos 
rismus, der vielleicht and) fr. 7 zu behaupten (ft, wo Ather 
nänd τέρινα für τέρεινα fchreibt. 

Fr. L. Stt Bovalixsar- πολεμικοὶ ὥρληται psv aidoi- 
nav Ἴβυκος καὶ Ἀτησίχορος, bey Hefychins, wofür Cobed im 
Aglaophamus p. 4088 Killfhweigend ὀρχησταὶ ust". ai- 
δούν fchrieb, vermutbet Hr. €. ὀρχησταίὶ μελῳδοῦντες, ins 
dem er annimmt, bag die beyden Dichter unter βρυαλίκταν 
nur Tänzer, andre aber πολεμιχκοὺς verftanben hätten. Um⸗ 
gefehrt glaubt Nef. bag Heſychius ὀρχησταὶ µενέδουποει wie 
zu lefen ift, *) zur Erläuterung davon anführt, daß βρυαλ- 


*) Hierin, fo wie in einigen Bemerkungen zu fr. 4, ift Ref. wit 
Hermann in den Neuen Jahrbüchern für Philologie im 4 Hefte des 
8. Bandes sufammengetroffen. Er läßt die unmittelbar nad Erſchei⸗ 
nung des Buchs gefchriebene Mecenfion, wie Πε. aud einem unb ben 
auberu Freunde burdj bie Hand gegangen mar, ohne bie geringfle 
Aenderung noch Zufäge abdrucken. 








$95b9cu t. | 203 


, ἵπαι, Tänzer, ald πολεμικοὶ von einem andern ober viele 
feicht von den Cafonern gemeinhin, gebraucht wurde. Dieß 
möchten wir aber nidjt aus der Zaftmüfigfeít beà Dorifchen 
Gemüths nnb einer Dorifchen bedächtigen Berbindung ber 
Tanzkunſt mit triegerifchen Fertigkeiten, foudern aus bem 
Humor der Sprache ableiten, wonach aud) unfre- Volles 
dichter vom wilden Kriegeötange reden, und wonad) Ἱρο- 
ορχηστὴς bey ben Theffalern und praesul aufgelommen 
ift. Lucian vom Tanze (14) zwar meynt aud, ba bie 
Theſſaler barmm, weil fie ed im Tanzen weit gebracht, ihre 
Borfteher und Borfämpfer Bortänzer genannt und an Ota« 
tuen gefchrieben hätten: προὔκρινε προορχηστῆρα à πόλις und 
Εἰλατίωνι và» eixova ὁ ἁᾶμος s$ ὀρχησαμένῳ td» uayov, 

Fr. LI. Dieß große Wort des Ibykos benugt aud) Pros . 
Mod zum Kratylos p. 51 c. 95. Die andern Gtellen find 
fhon bey Ruhnken Tim, v. δυσωπεῖσθαι, Fr. LVI, Asßva- 
φιγενῆς wagt Ref. nicht zu ändern ; es fcheint wie Σεχνὼν 
für Σικυών. Treffend ift die Beziehung des Worts auf 
Dallas. 

Unter den zahlreichen Bemerkungen zu andern, beſon⸗ 
ders lyriſchen Dichtern zeichnen (id) aus die Creurfe zu fr. 
XVII, über bie Verſe des Arktinod bey Divmedes und zu fr. 
XXHI über Stefichoros Leichenfpiele. des Pelias nnd die das 
zu gehörigen fragmente, An bem, was ber Bf, zu dieſen 
and Zenobins VI, 44 binjufügt, beweift er eine Gewandtheit, 
bie, mit fo viel Gelebr(amfeit verbunden, (id unfehlbar zur 
Vorſicht und Sicherheit ausbilden wirb , und ber wir recht 
viele glüdlichere Gegenflände wänfchen, ale diefer iR. Xeı- 
eofeó τι δεσμφ». τοῖς ποκτικοῖς εἴμασι (ἐμῶσι), ἀιὰ τὸ 
sác "σάρκας Διακόπτειν καὶ «ἀναλίσκεν. ᾖβέλτιον δεσμὸν 
ἀκούειν τὸν ἀποβιβρώσκοντα τὼ χεῖρε, Dffenbar ift biet 
ποκτικοῖς nicht, mit Leopard, im πυκτιχοῖς zu ändern, fons 
bern mit Hartung (bey 6698), in κοπτικοῖς, weil darauf 
διακόπτειν fich bezieht ε und Mar iſt, obgleich von Hrn. ©. 


264 ‚Unzeigen. 


verfannt, bag der Unterſchied gemad)t wird, ob die Riemen 
den, ber. getroffen wird, zerfleifchen, ober bem die Hände zer, 
reiben, ber fie ange(d)nürt hat. Ob das folgende: ἐδεήνη 
γὰρ &v τινι πετραίῳ Srmolyopog εὐγαρχεῖν τῶν ἐπὲ Πελίαν 
ci. Πελέα) ἆθλων, dahin gehöre ober angeffidt (ep, laͤßt Schott 
dahingeftellt. Es ift aber flar, bag οὗ mit Fauftriemen durdy 
από in feiner Verbindung (tebt, und durch Zufall fíd) felt» 
(fam verirrt hat. Vielleicht war zu χειροβρῶτι δεσμῷ Ote 
ſichoros ald ber Autor gefebt, und eine andre Stelle von 
biefem wurde am Rande beygeſchrieben, daun eingefchoben, 
und barum ber Name zu ber erfien Stelle getilgt. Hr. ©. 
emenbirt ἐν ἀρχῃ, nicht wahrfcheinlih, da das GCítire von 
Anfang, Mitte oder Ende eined Gedichts wenigſtens Aufferft 
felten, und auch eher ein ungewöhnliches alà ein ſolches Wort 
dem Misverftaud und Schreibfehlern ausgelegt war. Er am 
dert ferner ἐδεήθη in ἐγεννηθην und zwar allein barum, bas 
mit er aud) γάρ in yzo ändern und bann bierunter Γηρνὸ- 
γης verſtehen fónne, wegen folgender Stelle des Strabon: 
Ἐοίκασι δὲ οἱ nacio! καλεῖν sóv Βαΐτιν Ταρτησσόν. τὰ δὲ 
Tudsıpa καὶ τὰς πρὸς αὐτὴν νήσους Ἐρυθείαν, διόπερ οὗ- 
voc εἰπεῖν ὑπολαμβανουσι Σεησίχορον» περὶ τοῦ Γηρυόνος 
BouxoAov: διότι γεννηθείη σχεδὸν ἀντιπέραν κλεινᾶς Ἔρυ- 
θείας, Ταρτησσοῦ ποταμοῦ mapa παγὰς ἀπείρονας ἀργυρο- 
θέ0υς, ἐν κευθμώνων πέεραις. Hier (oll nun ἐν κευθμῶνε 
πετραίῳ αμδ Zenobius geíegt , nnd biefem zum Austaufche 
wieder κευΏμῶνι abgegeben werden: ἐγεννήδη yyo (i. e. Γη” 
ϱυόνης) ἐν κευθμώνι πετραίῳ' Στησίχορος ἐν ἀρχῇ τῶν ἐπέ 
Jl. d. $jügte (dj aber auch das Wörtliche leichter und mit 
einiger Wahrfcheinlichleit,, fo fragte e& fid) bann, was bie 
Geburt des Geryones im Anfange der Leichenipiele follte, 
ober vielmehr der Geburtéort oder die Heimath feiner eet» 
be, ba bie früher vorgefchlagne Aenderung in βουκόλου 
durch nid)té begründet if. Und mie wenn bie Aendeyung 
xsuguors verfehlt und nur Κευθδμώγων groß zu fchreiben 


x 





Ibyeus. 965 


wäre, als Dichterifcher Name bet Inſeln, wo in Felsklüften 
biefe fombolifchen Geburten, nad) Heſiodos σταθμῷ àv Περύ- 
εντι, weiden, fo wie der Feld, bie Inſel, das QGejtabe ber 
Entführung, I-agnndov, im Dfeanos nad) den Kyprien (fr. 
18) und beg andern Dichtern, oder in Thralien, wohin nad) 
Simonided und andern bie geraubte Dreithyia gebracht, ber 
λιμὴν Aonayias, wo Gangmebed entführt wurde (Schol, Il, 
XX, 234), in Chalfis ber Ῥίαβ Lorayıov, u. b. gl. mehr? 
Oder wenn Strabon , weichem (mie auch Groéfunb in ber 
Ueberfegung bemerft) bie Worte διότι γεννηθείη, 3) fo wie 
qud) σχεδὸν, gehören, nid)t ben Ausbrud γεννηῦη felbft aus 
Steſichoros beybehalten hätte? Demnach bleibt ohne Zweifel 
ber entitellte Zufag nach zu enträthfeln. Ref. mag fid) dar 
auf nur nad) dem Grundfag einlaffen, bey Dichterfragmens 
ten möglichft diplomatifch zu verfahren. Das Wort εὐναρ- 
χεῖν bat einen guten poetifhen Sinn, und faum baber als 
ein von Stefichorog wirklich gebildeted Compofitum gelten. 
Die ἆθλα ἐπὲ Πελίᾳ waren, aufler Dreyfüßen , des Königs 
Töchter, Alteftis und andre — fo können die Worte ded ans 
ſanias V, 47, 3: κεῖται δὲ χαὲ τρίποδες, ἆθλα δὴ τοῖς 
νικῶσι, καὲ θυγατέρες eioiy al Πελίου, verftanden werden, 
und hätte er felbit ed nicht fo verftanden , fo meynte ed ber 
Meilter des Kypfelostaften fo — δίεε Töchter fonnten nicht 
anders ale (dion (egi ; und bie Größe ber Schönheit deuten 
die Dichter zumeilen durch das Berlangen am, bad (le et» 
wedt. In diefem Sinn erflärte Ref. einen Vers aus der 
Niobe des Aeſchylus: 
οἴσερος **) τοιαύτας παρθένους Aoysveran. 
Auf folhe Sungfrau’n lauert Liebesbrunft geheim. 

*) διότε für ὅτι ἰᾷ keineswegs nur ben fpäteren Schriftftellern 

eigen, wie der Heraudg. ter Gragm. des Steſichoros bebanptet. 


Auffer den von Paſſow angeführten Rednern und Herodot hat Pla 
ton dieß διότι Phaedr. p. 244 a. 


i$) Anh bey Guripibed Iph. T. 384 iſt οἵστρος in ber Aldina π. 
a. Ausgaben in Ἴστρος übergegangen: o£0rooc vermutbete Brodäus 





266 Anzeigen 


Aehnlich wie Böthe fagt: »unb tücifch lauert Lebewohl qus 
[eGt.« Es wünfchte Stefihoros alfo (indem er fid) in ble 
Zeit qurüdverfeGte) folder Preidiungfrauen Bett oder — 
wenn uns noch einen Ausdrud von Φδίθε zu vergleichen ete 
laubt i — Bufen und Leib zu beherrfchen. Dann find bie 
Worte freylich aus den Leichenfpielen, bod) ohne bag biefe 
mit dem Titel felbft angeführt wären: und man fühlt leicht, 
bag fowohl der Anfang ἐδεήθη γὰρ 8» vit πετραίφ, went 
nicht πετραίῳφ verborben ift, ba es faum für eine Felfengrotte 
(alà Thalamos, wie ber der Dido) flehen fünnte, als τῶν 
ἐπὶ Πελία ἆθλων nicht wörtlich fo von Steſichoros herrührt, 
fondern, wie fo oft, die bichterifche 9tebe nad) dem Giune 
frey zufammengezogen ifl. | 

Auch in Anfehung bed erften Ercurfus können wir nicht 
zuftimmen, daß bíe zwey Verſe des Arktinos, die ben Aus⸗ 
fall eines Kämpfers, προφόρῳ ποδὶ, ausbrüden, von einem. 
Achäifchen oder etwa Aethiopifchen Helden Jambos zu verfle» 
hen fegen. Unbelannt ift der Krieger, von welchem Arktinos 
fpricht, aber nicht das jambifche Versmaß, beffen Natur zus 
fällig bie Berfe fchildern, ungefähr fo wie Quinctilian (IX, 
4, 36): omnibus partibus insurgunt (iambi), et a brevibus 
in longas nituntur et crescunt, Archilochos leitete den pyr⸗ 
richiſchen Tanz von des Pyrros Giegétang πα ber Erlegung 
des Eurypylos her; aber für das Epos ſcheint eine mípig ger 
ferte Bemerkung diefer Art eben fo ungeeignet ald der Ras 
me Jambos für einen der Heroen: und nod) feltfamer wäre 
ed, wenn burd) Zufall der Sambos fo jambengleich aufgetres 
ten ſeyn follte. Ein Grammatifer hatte bie beyden Verfe auf 
das Ausfallen des Versfußes und dad Streitbare der Vers⸗ 
art angewandt um dieje Dadurch zu perfonificiren, vielleicht 
und fand fld (piter in den Handichriften von Paris unb goremy. 
Das Aoysderas malt fer fdón beu plóplidjen Ausbruch großer eis 
ben(fjaft und das Süd des Augenblicks, das fole Schönheit, aus 


ihrer fBerborgenbeit hervortrerend, dem Auge ber begierig entgegen: 
barrenben Jugend zuführt. . , gierig entgeg 


Ibdeus. 267 


aud num dem Gedächtniße der Schulfnaben qu Hülfe zu kom⸗ 
men; andre bann flellten e& einfältig fo bar, als habe man 
uugefebrt den Jambus zur 9tad)bilbung der Verſe ober aus 
Aulaß derfelben erfunden, und Diomeded, wenn nicht ein Abe 
ſchreiber, verfteht δίεβ fo rob, bag er ald Subject ὁ ἔαμβος 
(wofür nun Hr. ©. [ώτείθι ὁ d’ "Iaußos) Griechifch, ald aus 
bem Arktinos ſelbſt, fupplirt. Dieß ift bie Bermuthung und 
Veberzeugung ded Ref. Doch macht es ihm Vergnügen über 
tiefe Stelle aud) wörtlich vorlegen zu können, was barüber 
vor Jahren fein Freund. und College 9t áfe gelegentlich nie» 
bergeichrieben. 

Cogitanti mihi — in mentem venit descriptio elegantissima 
vuetm iambici , versibus facta ab antiquo poeta, latens eo 
loco, et apud scriptorem generis eius, quod omnino non- 
dum ea, qua par ést, diligentia exploratum atque excussum 
dixerim. Latere autem dico, quoniam inter multos, qui 
de metris scripsere temporibus recentissimis, neminem equi- 
dem novi, qui loci quam maxime memorabilis mentionem fecerit, 
Miraberis autem quum nomen audiveris poetae, qui ita primus 
non solum nominavit iambum, sed etiam descripsit naturam iam- 
bi; tam vetustua est. Nempe Arctinus est, ille Arctinus, 
Homeri, ut nonnulli tradunt discipulus; unus ex antiquissi- 
mis eorum, qui post Homerum elaborare in materie cele» 
bratissima , novasque condere lliadas instituerunt ; carminis 
wobilissimi, Aethiopidos, auctor. Certe huio Arotino versus 
istos, quos statim prolaturus sum atiribuit magnus Scaliger 
Animadvers. in Eusebium p. 69. 

In universum quidem notam antiquis naturam ac vim 
iambi egregiam fuisse constat, ut Quintiliano, Eam rem 
poeta ille, et cui versus huius poetae debentur, Diomedes 
Grammaticus libro III. non longe ab initio, ubi de inven- 
tione iambi agit, uberius declarant imagine. Jdcirco ex 
brevi et longa pedem hunc esse compositum , quod hi qui ia- 
culentur, ex brevi accessu in extensum passum proferuntur, 





268 Wnijetgen. 


„at promtiore nisu felis ictum confirment, auctor huius libra. 
tionis Arctinius graecus. his versibus perhibetur: ó ἴαμβος 
ἐξ ὀλύγνυ διαβὰς προφόρῳ ποδί, ὄφρα oi γυξα τεινόµενα ῥῶ- 
otro, καὶ εὐσθενὲς εἶδος ὄχησι. Quasi germanice dixeris 
eodem metro; der Jambus Geht mit wachfendem Fuße, von 
feinem aus: immer, fo fang ihm Nüftig die Glieder fid 
regen, unb. fraftooll wird (bleibt?) die Geftaltung. Sed 
periculosum videri debet, vertere velle ea, quae merito du- 
bites an sint satis emendata. Hoc statim apparet non 6 
iaufoc'legendum esse, sed ὁ d’ ἔαμβος, inserta dà particula, 
ut est apud Scaligerum ad Eusebium: cuius verae scriptu. 
rae indicium exstat in editionibus Diomedis antiquioribus 
ante Putschium, Deinde corruptum est ὄφρα οἱ γυῖα. For- 
tasse ἔτι scribenduni est et pro ὄφρα — τόφρα: vOgQ B 
γυῖα. ὄφρα το Theogn. 955. Verum, quod gravius, quae- 
rendum ante omnia, an verum sit, quod statuit Scaliger, 
versus illos ipsos esse Arctini. ld quod Diomedes [ut nunc 
leguntur verba Diomedis] non dicit diserte: scribit enim sim- 
pliciter: auctor huius librationis Arctinus graecus his versi- 
bus perhibetur. Sed ut concedamus recte interpretatum esse 
Diomedis verba Scaligerum, et sane arbitror recte interpre- 
tatum esse, restat gravissima dubitatio de nomiue poetae, 
Apud Putschium Arctinius est, apud Scaligerum Arctinus. 
In editionibus ante Putschium , quas tamen neque multas 
habui, neque valde antiquas (Mediol, 1513. Ascens. 1516.) 
Agretinus ed, lo. Caesarii Agretius. 


C. F. Ranke de Lexici Hesychiani vera origine et ge- 
nuina forma Commentatio. Lipsiae et Quedlinburgi sumpti- 
bus librariae Beckerianae. 1851. 146 ©. 8. 


In ber Borrede forídyt ber Bf. von der Sanbfd)rift bes 
Heſychius, von Mufurus, Schow, preiſt (wie aud) p. 07) 
das heutige Beftreben die Duellen und bie Entfichungsart 
der alten Schriften zu erforfchen, urtheift, bag die Gramma⸗ 
tífer, Scholiaften und Leritographen weniger αἴδ andre faf; 
fen der Schriftfteller in Unterfuchung gezogen worden feyen; 
wovon man nad) Berhältniß eher dad Gegentheil behanpten 
möchte, bag bie Kritif feine größeren noch fchwereren Auf 
gaben habe als bie in Erforfhhung der wahren Berfafler der 
auf unà gefommnen Bücher θεβεθε, was eben fo wenig jit 
gegeben werden fami, macht einige treffende Bemerkungen 
hber das Berbrängen ber Namen der erften Gründer ber Phi⸗ 
[οἵορίε durch ihre in Auszügen und Zufammenftellungen als 
ler Art gefchäftigen Nachfolger, und fchließt damit, bog die 
befonderd dentwürdige Gefchichte des Lexikon von Hefychind 
zwar von vielen andgezeichneten Männern angerührt, body 
von feinem vollfländig und von allen Seiten glücklich behan⸗ 
delt worden ſey — ba Πε, burd) den Mangel an Nachrich⸗ 
ten abgefd)redt, die Sache bald unverrichtet ober. nicht weit 
gebracht aufgaben unb nichts großes Ieifteten (p. 3) — und 
mit der befcheiben andgedrüdten Hoffnung, bag feine eigne 
Unterfuchung einen gludlichen Erfolg gehabt mnb er alle qu 

MR. Rhein. Mei, (. oit. ΠΠ. 18 





270 Anzeigen. 


feiner Auſicht überziehen werde. Dieſer Glaube ſpricht ſich 
im Verlauf zuverſichtlicher aus (p. 99. 103. 108. 120. 432. 
437. 141), wenn er nun von allen Gefchäften das fchwierigfte 
mad) ficherer Begründung der Hanptfache und feſter Grund» 
legnng ohne große Gefahr des Irrthums abzuthun und dar 
her dad promere linguam am Orte glaubt. 

Im erfien Kapitel p. 8— 21 find Criticorum de Lex. 
Hesych. opiniones potissimae anseinandergefeßt. Ruhnkens 
Behauptung in bem Lex rhet. Sangerman. eingejdjobene Arti- 
fel eines Achten und volftändigeren Hefychius entbedt zu bas 
ben, worauf bejonberé Villoiſon zum Appollonius p. L ff. ges 
baut hatte, wird hier leicht, aber genugfam widerlegt. Nur aus 
ber übergroßen Ciebbaberey zu ben haudſchriftlichen Schägen, die 
et fich in Paris gefammelt, (at fid) Diefer Wahn. des hellſehen⸗ 
ben und befonnenen Mannes als eine verzeihlidhe Schwache 
heit ertlären. Er vertheidigt ben Brief au Eulogius ale 
ühereinftiumend mit bem. QUerfe, wicht wie eà jet ſey, [ου 
beru wie es geweſen, als jemer geichrieben wurbe, unb 
Rimmt bed) — feinen Lex. rhet, zu Liebe — is die Mey 
nung ein, bag Heſychius große Abkürzungen ewfahren Gabe; 
et befchäftigt πώ mit deu Gloſſarien eruftlich und mit Vor⸗ 
liebe, und fonnte fid fchmeicheln bag wegen einer Ausahl 
sufammentreffender Urtilel gerade zwifchen bem einen aus 
ber ganzen Menge vorhandnen, das im feine glüdliche Hand 
geraten , und Heſychius ein beſtimmtes Berhältniß beftebe. 
S. 9. Wolf Anfiht in den Borlefungen über bie Griechi⸗ 
ſche Litteratur €. 416 konnte Hr. R. uod) nicht anführen, 
Die Rothwendigkeit ben Gegen(lanb von neuem in Unterſu⸗ 
dug zu ziehen, beftätigt ich burd) bie DBefchaffenheit ber 
Urtheile eines folhen and durch feine Qauptarbeíit auf den 
ὢνώίμὸ fo fehr hingewiefenen Manned. Seine eigne Aus 
fidt, qua, wie er fagt, nisi egregie fallor, res tota absolvi- 
tur, felit der Vf. in dieſen Worten auf: Verum ego libri 
bujus augtorem Pamphilum esse credo , Alexandrinum gram- 


φε[υδίι ὃ, 271 


maticum, Primo illud post Christum seculo conditum, se- 
cundo est ab Diogeniano grammatico excerptum.  Dioge- 
niani librum igitur manibus terimus, ab Hesychio nescio 
quo additamentis pollatum et maculatum. Er handelt babet 
im vierten Kapitel p. 54 — 71 de Diogeniano lexicographo, 
im fünften p. 72 — 136 de Pamphili Glossis a Diogeniano 
excerptis, und im ſechſten p. 157—142, eigentlid, aber (dyom 
von p. 122 an, nur furz de Hesychio lexicogr. lexicique 
ejus hodierna forma. Auf dad gleídje Refultat mar Ernefli' 
in ber Abhandlung über die Gioffarie 1742 gefommen. 
Has omnes (λόξεις et γλώσσας) separatim antea editas post 
Diogeniani, Zopyrionis et Pamphili opera, tempore incer- 
tam est quo in unum corpus digessit et multis ex omni 
librorum genere, etiam e sacris utriusque foederis et theo- 
logorum veterum libris repetitis auxit Hesychius, Alexandri- 
nus gramwaticus. Diefe Worte glaubt Hr. 9t. von Alberti 
nnd Ruhnken überfebn ; feine eigne Abhandlung if ein Comm 
mentar darüber, obgleich er nnabhängig anf biefelbe Anſicht 
gefommen zu ſeyn verfidert , und fo wie er unr der Sache 
näher trat, leicht kommen konnte. Den Zopyrion als Aus 
fänger be& von Pamphilos vollendeten Werks hätte and) er 
gleich vorn herein mit ihm verbinden und in feiner Abhand⸗ 
lung nicht durchhin vernachläfligen follen. 

Bon bíefee SIRegnnng nun Aber bad Werk des Heſpchins 
Dat Ref. die Ueberzengung, bag Πε mit alten Srrt&ümeru 
neue nicht weniger ſtarke verfchmelze: und ba bie Gtreitfrage 
nicht gleichgültig ig, fo wirb er [είπε Gründe, fo weit εὁ ohh⸗ 
ne zu febr in das Befondere einzugehen móglid) iR, ber im 
Ganzen mit viel Gelebr(amfeit und Scharffiun ausgeführten 
Abhandlung entgegenftellen. Den Werth derfelben (εί es 
vorzüglich in die den größten Theil ber Schrift einnehmende 
Sammlung ber Artitel and Diogenianos und aus Pamphi⸗ 
(08, auf den der Bf. aud) die Gloffen aus Sirtemibor, Arte 
fiophanes von Byzanz, Epänetod , Syermonar ober Sermon, 


272 Unzgeigen 


6εἴεμῖοῦ, Heralleon, Timachidas und Amerias bey Athenäus 
zurkdführt. Dieß Legtere faun man zugeben ohne den Grund 
. dafür darin zu ſetzen, bag diefelben Gloſſen aud) bey Heſy⸗ 
ind vorfommen : fie waren Gemeingut geworden. Dabey 
fommt beun vorzüglich auch mehr απ den Tag, mie fo febr 
viel Athenäus bem Pomphilus verbanft , fo bag biefer ganze 
Abfehnitt in Bezug auf jenen fall wichtiger ift a(& beà Pam⸗ 
yhilus wegen. Leber biefem gebenft der Df. (p. 20) eine 
befondre Schrift herauszugeben , in welchee freplich jene 
Sammlung der Fragmente beffer ihren Plag gefunden hättes 
eine aubre verfpricht er über die von Snidas befolgten Ste» 
θεία der Ortbegrapbie (p. 65), anderes bey.andrer Gelegen⸗ 
heit (p. 44.) Bey Hrn. Rankes Neigung und Geſchicklichkeit 
zu Forfchungen Aber die Citteratur ber Orammatifer wäre zu 
wünfchen, daß er Πε nicht in Monographieen zerfireuen möch⸗ 
te, die. viele Verwicklungen und Wiederholungen mit (id) fib» 
vett, bag ev wenigftend in der Ausführung für das Publis 
eum lieber einen größeren Umfang und Zufammenhang ab⸗ 
prüeden, etwa ganze Schulen, wie bie Arikardırer, oder 
ganze Klaffen, wie die Lerifographen , oder ganze Jahrhun⸗ 
beste, wie das er(ie, das zweyte, zur Weberficht und Durchs 
fd zu bringen fuchte. Auf biefem Felde ift. jeßt eine reiche 
Crnbte zu thun. Einer ins Einzelne ftrebeuden Kenntniß und 
Forſchung ber Citteratur, mie fie unfrer Zeit eigen ift, mero 
den fid) Bemerkungen in Maffe auforángen, und bie Mühe 
ded Sammelns, Sichtens und Ordnens reichlich belohnen. 
Maß zu halten uud fireng auszuwählen wird zuweilen nicht 
keicht feyn. Wenn Hr. R. dann (id) noch etwas mehr im bie 
Mitte der alten Bibliothefen verfegte, anftatt fich mit feinen 
Urtheilen und Combinationen zu febr an uufre geringen Ue⸗ 
berbleibfel aus denfelben zu heften, wenn er ferner etwas 
mehr Zeit auf wiederholte Prüfung, fchärfere Bellimmung 
uud beſonders auf είπε gebrängtere, mehr burdigearbeitete 
Behandlung was die Anlage, minder gefchwätig was bie 


$ejío9gdtus. 273 


Darftellung betrifft vermenbete, nnb durch Audfchließung ber 
- an jeder Stelle entbehrlichen SRebenbinge und Kleinigkeiten, 
bie nad) ber Natur ded Stoffes zuftrömen, auf bie Bes 
. quemlichkeit der efer Rüdficht nähme, fo würden bíefe um 
fo dankbarer fo verdienftiiche Arbeiten anerfennen und ihrer 
um fo mehr fich erfreuen, je mehr fie bie Schwierigkeiten Ders 
felben, die der funbige ohnehin erfennt und ermift, fid) 
verfteckten. Sonflus batte ſich vorgefe&t ein Buch über die 
Grammatifer überhaupt zu liefern. 

Die gegenwärtige Unterfuchung bericht großentheilß‘ anf 
ber Vorrede ait Culogíod, die daher der Pf. im zweyten 
Kapitel, fo wie fie etwa aus ber Hand be$ Hefychius herr 
vorgegangen fep, mit vielen Pritifchen Noten vorlegt. Diefe 
Zufchrift hat zugleich Wichtigkeit für bie Gefchichte der Ins 
terpretation, die oft um fo größere Schwierigkeiten bat» 
bietet ober zu erregen veranlaßt, je weiter die Schrift von 
dem Staffifchen abfiegt. Ueber Lesart u Sinn einiger 
Etellen bemerken wir folgendes. 

P. 24. Φεφώίμὸ fagt, bag Diogenianusd bie meifleu 
der Sprichwörter iioc καὶ ἄνευ τῶν ὑποθέσεων gefept, und 
p- 27, daß er bie(e ὑποθέσεις, ben Inhalt, bie Beziehung (von 
Sprihwörtern vermuthlich ber technifche Ausdruck) beygefügt: 
babe. In ben Zufäten wird die Bedeutung, worin ein Geiſt⸗ 
lider des fechezehnten Sahrhundertd hypothesis willfürlich 
gebraucht, hier angewandt, vermuthlich bod) nur aus Scherz. 

Was gleich daneben αἱ ἐζητημέναι τῶν λέξεων feyen, 
erklärt Heſychius felbft p. 27, wo er, in ber gleichen Vers 
bindung mad) beyden Seiten fagt: καὶ τῶν πλειόνων λόξεων 
xai σπανίως εἰρημένων κ. T. À, Kür das offenbar verborbne 
πλειόνων fdjreibt Hemfterhuys nicht unwahrſcheinlich παλαιῶν: 
bod) fíegt noch näher, gerade weil eà eine neue Wortform 
ift, auch weil längere Wörter oft durch Abbreviaturen επί, 
ftellt wurden, πλειονοσήμων, mit Bezug auf πολνσήµους im 
Borhergehenden Cähnlic, wie πλειονομοιρέω) Warum follte 


274 Unzelgen. 


σπανίως contra vulgarem usum et consuetudinem, insolenter 
feyn? Baldenär: vocabula rariora, quorum significatus — 
solebat exquiri. Ruhnken Praef, p. XII ambigua et rara 
vocabula, wovon das erfte nicht in bem Worte liegt, aber 
der Ratur ber Sache nach bey folchen Ausbrüden oft ein» 
tritt. Mehrbeutige oder alte und felten gebrauchte Woͤrter, 
barum mit den Namen der Schriftfieller und der Schriften 
zu verfeben. Die Veränderung von ἐζητημένας in ζητουμέ- 
vac wäre nicht gu billigen, ohne bag man batum die beſon⸗ 
bere Bedeutung ausgefucht, aus vielen Büchern auéges 
fpürt, anzunehmen braucht: die gewöhnliche von τὰ ζητου- 
μενα, das Unterfuchte, von Srammatifern Behanbelte, 
erhält durch diefe Form eine Beziehung auf bie lange und 
faft bis zum Abjchluffe geführte Kolge folcher lexikaliſchen €t» 
Örterungen. Rad παραλιπεῖν mug nur Cemifolon ſtehn. 
Su verwundern ift, wie in ber andern Stelle, wo bie Cors 
ſtruction unbeholfen ift, ber Vf. gen. abs. annehmen Tonnte, 
quia plurimae voces simul sunt raro dictae, was in feiner 
Hinſicht paßt. 
| P. 26. Man braucht nur für J' αὐτὸς zu fegen αὐ- 
sóc δὲ, um bie Einfchiebung von πάντα eutbehren zu (δα, 
Wei; das ohnehin, wenn einer anlünbigt, bag er ein Buch 
eigenhändig zufammenfchreibe, überflüffig iſt. Vielleicht aber 
it and) die Umftellung nicht nöthig, fondern nur bieje Zur 
terpunction: Ov γὰρ ὀκνήσω μετὰ παῤῥησίας εἰπεῖν, ὃτι 
τῶν ᾿4ριστάρχου καὶ ᾽ἁππίωνος καὶ Ἡλιοδώρου λέξεων tv- 
πορήσας, καὶ τὰ βιβλία προθεὶς (wie p. 144 and ber Hand⸗ 
fchrift ſelbſt beygebracht {β) «{ιογενιανοῦ, ὃ πρῶτον καὶ µέ- 
γιστον ὑπάρχει, πλεονέκτημα ὃ’ αὐτὸς ἴδίᾳ χειρὶ γράφω», 
x, v. À. zum befondern Vorzug ober obenein. Auf gar bes 
fondre Ausdrucksweiſe muß man uad) dem Style dieſes Brie⸗ 
{εδ gefaßt ſeyn. 

P. 26. Exsiym δὲ γραφὴν ἠξίωσα, ἧς εὕρισκον xai 
τὴν διάγοιαν τέλος περιέχουσαν καὶ τὴν φράσιν µετά τοῦ 


$ef9dius. 275 


doxiuov 0097. Hr. 9R. (e&t flatt γραφη», scriptorem, wie 
Alberti Aberfeht, in den ert felbfl γραφής: illam autem 
(vocem) dignam, quam reciperem censui, weil vorhergeht: 
γρώφων ἐγω uera πάσης ὀρθότητος καὶ ἀκριβεσεάτης γρα- 
φῆς. Allein wie im Cingange λέξις colfectío und gleich bars 
auf für das einzelne Wort ffebt, fo fann hier γραφή in-bops 
pelter Bedeutung gebraucht (επ. Zuerft fpricht der Bf. von 
feiner forgfältigen, nad) Herodian geregelten Abfchrift , daun 
von feiner Aufmerkſamkeit auf die Lesart, bie indeſſen nicht 
verhindert bat, bag eine große Anzahl offenbarer Schreibfeh⸗ 
ler aus den früheren Sammlungen in die Reihe der Wörter 
eingelaufen ig. Die Aenderung ift. aud) aus bem Grunde 
zweifelhaft, bag vorhergeht: ἀλλὰ καὶ πλείστας (λέξεις) 
οὐχ εὗὑρὼν προστέώεικα, alfo folgen müßte nicht ὀκείην δὲ 
γραφῆς ἠξίωσά, ἧς , fondern ἐκείας — e», dagegen exec 
v5» fein eigued Subject zu erfodern (djeint. Wenige Seilew: 
darauf folgt: πάντων μὲν ἀπὸ τῶν ἀντιγράφων προστίθεις, 
οὐδαμοῦ δὲ πονεῖν παραιτησάµενος. Wie der Epitomator 
bes Athenaͤus öfters bemevft za 0^ ἄλλα οὐκ ἦν διαγνώναι 
oder τοῦτο ins ἔσφαλται, οὐ µετέγραψφα, unb wie wir fine 
den, bag nad) demjelben Grundſatze bie Grammatifer bànftg 
Namen und Dichterftellen weggelaffen haben, fo fuchte aud 
Heſychius unverfändliche und verfchriebene Wörter gu vers 
meiden. Sollte inbejjeu bie Cimenbation vorgezogen werben, 
bamt müßte man wenigſtens weiterhin (Φτείδει: εἰ un now 
τις 7 οὐ σαφὴς οὖσα λέξις 7 οὐκ ἀναγκαία παραλέλειπται, 
Ratt 7 σαφὴς οὖσα; und flünde diefe Negation im Cert, fo 
müßte fie zu jener Emendation veranlaflen. 

Die größte Schwierigkeit bietet der verborbene Schluß 
bar: Καὶ πληρώσας τὴν πραγµατείαν, 0009 εἰς ανθρωπί- 
vy» ὀλήλυθε κρίσιν, τέλος γογενηµόένη», εἰ u nov sig 7 σα” 
φὴς οὖσα λέδις 5n οὐκ ἀναγκαία παραλέλειπται, ansorsıla 
πρὸς τὴν σὴν ἀναμείλικτον φιλίαν πεπεισμένος μὲν εἶναι v0 
κτῆμα ' µετά δὲ, τὴν an» καὶ µειζύνων ἀξέων ὑπάρχονσαν, 


276 Anzeigen, 


Hr. R. nimmt, mit Alberti, die Cmenbatton bed Mufurnd ἀάνα- 
µίλλητον (incomparabilem ), die auſſer ber Ald. nad) Als 
berti die Florent. befolgt, Die Hagenoensis in ἀναμίλλικεον 
verwandelte, in ben Tert auf, und billigt von bem lebten 
Morten die des Hemfterhuys: πεπεισμένος μὲν εἶναι τὸ xr 
µέγα, τὴν δὲ σὴν φιλίαν καὶ µειζόνω»ν ἀξίαν ὑπάρχουσαν. 
Ein unbelannted, aber verfländliches Wort ber. Handfchrift 
- (ft einer Erfindung ded Muſurus vorzuziehn, und mit ber 
Herfiellung des Hemfterhuys flreitet ὑπάρχουσαν, dad in Dies 
fer Verbindung leer feyn würde. ‚Ein Compofitum ἀναμει- 
λίσσω ift nicht widerfiunig ; ba das Falfche beleidigt und aljo 
eine Wieberbefänftigung erfobert: (o liegt in ἀνευρέσκω eine 
Beziehung auf Berlieren ober, das bisherige Verſtecktſeyn. 
Auch ift in ἀναγιγνώσκω u. a. bie Partikel bloß verftärkend. 
''ἀναμείλικτος iſt alfo verfühnlih, nadhfihtig Da 
nun ὑπάρχουσαν bie vorangehende oder aud) bie zu Gute 
kommende Freundfchaft des Eulogios bedeutet, fo muß ἀξδίαν 
falfch fepit und, in ἄξιον verwandelt, auf κτῆμα bezogen 
werben, in welcher Vergleichung alsdanı φιλίας zu ἄξιον 
in Gebanfen zu wiederholen if. Falſch erfcheint hiernach 
ferner δὲ, weldyes hinzugefebt worden feyn muß ald man 
ἀξίαν [Φτίεῦ und den ganzen Gedanken misverftand,. ber an | 
fid) einfad) und ſchicklich ift. Hefychius, ein armer Gram. 
matiker, widmet das Werk ber nachſichtigen Freundſchaft, 
vermuthlich aud) nur eines Gelehrten, und hofft, bag dafs: 
felbe nad) bem Borgange von be(feu Freunbfchaft auch ber 
größerer Perfonen würdig fegm, würdig werbe befunden 
werden: «ὠπέστειλα πρὸς τὴν σὴν ἀναμείλικτον φιλίαν, πε- 
πεισμένος μὲν εἶναι τὸ κτῆμα μετὰ [δὲ] τὴν σὴν καὶ µει- 
ζόνων ἄξιον (φιλίας) ὑπάρχονσαν, (mie Photius Cod. 149 
Ηολλίωνος λεξικὸν ἔχει πλείστας μὲν ποιηεικὰς λέξεις, ἧττο» 
δὲ «4ιογενιαγοῦ), ober bag ed nachdem deſſen Wreunb(dja(t 
ihm zu Theil geworden, ihm gewogen ift, awd) größeren 
Werth haben werde (µειζόνων ἄξιον εἶναι.) 


Heſychins. 277 


Das dritte Kap. judicium de epistolae scriptore ex ejus 
scribendi genere adumbratum p. 299 —33, ift nicht mit ber 
diefer (rage gebährenden 9fufmerffamteit und Unbefangenheit 
behandelt, woher denn die in das fechfte geworfnen δοίρε 
zungen hber bie Zeit des Buch, die freylich zum Theil auch 
von der gegenwärtigen Beichaffenheit befjelben abhängen, ben 
ungeheuren Irrthum Baldenärs hinfichtlich des Zeitalters, 
worin ber Brief gefchrieben fep, in fid) anfnehmen. Alles, 
man follte e$ bey der Wichtigkeit ber Sache nicht erwarten, 
was Hr. R. über den Styl und Charakter der Zufchrift bes 
merkt, {ft dieſes: Quicunque accurate et diligenter perlegit 
epistolam, ei-extra controversiam verum esse videbitur, ejus 
scriptorem omnis in dicendo elegantiae expertem miram 
adamare ineptamque verborum exsuperantiam nec obscura 
prodere negligentiae signa, Exemplis non opus est, Quid 
enim? nemini non molestum erit πάσας, πᾶσι, πάσας ad 
satietatem usque repetitum ; additum illud ὁμοῦς mem- 
brum, quale hoc est, αὐτὸς idíg χειρὶ γράφων ἐγὼ μετὰ 
πάσης ὀρθύτητος xai ἀκριβεστάτης γραφῆς et alia similia, 
Festino ad majora, nec a quoquam hucusque explicata ; 
snb Diefe majora, wovon ber Vf. dann unmittelbar zu uod) 
größerem, zum Diogenianus, übergeht (vocor et rapior ad 
majores res), befteht in ber Erflärung beà Titels Π εριεργόπε- 
vysc, den nad) dem Briefe biejer feinem Lexikon gegeben 
batte, ein Umſtand alfo ber den Heſychius felbft und feinen 
Styl nicht entfernt angeht. Der Bf. verítebt περιέργου πἐ- 
Yntes, rerum supervacuarum pauperes, die Auslaſſung bed 
Ueberfläffigen (p. 437), und ftellt babep ein Beyſpiel gelehr⸗ 
ter περιεργία dieſer Art auf, an die bey bem Titel felbft fo ges 
wiß nicht zu benfen ift, als diefer einfach unb fachgemäß ausbrüdt 
ber fleißige Arme, *) ber arme Studierende, und dahin von 
Hefychius felbft anf das Befriedigendfte erflärt wird. Achnlich 


*) Wpion wird περιεργότατος ypa κών von Ufricanus D. 
Eufebius Pr. ev. X genannt. ET f 


278 8 njeigen 


ift ber Titel von bem verlornen Werke bed Longin οἱ Φιλό- 
Aoyoı, womit Stnbnfen. in ber Biss de Longino $. 10 bem 
Barronifchen Loghistorici und des NHierofled Buch Φιλίστο- 
ϱες zufammenftellt. And «{ειπνοσοφισταὶ ift ein, wiewohl 
nicht ganz, ähnlicher Titel. NIS eine ähnliche Wortbilbung 
führt ber Bf. dad Syerobotifd)e γεωπεῖναι (b. i. γεωπένητες, 
vielleicht mit einer Bezüglichleit in ber Form auf γεωπόνοι) 
an, die nichts gemein hat. Er hat (id) nicht erinnert, bag viele 
composita Subject und Prädicat verbinden, wie αἰνολέω», 
ἑερόδουλος, κακόδουλος, xaxoysérov, ἀγαθοδαίμων, ἀριστύ- 
µαντις, κραιπαλύκωµος, ἠδύκωμος , ἡδύοινος, Γλαυκοῦέα, 
ΠΜεγαλόπολις, γλυκύμαλον, dygıxaovov , µελαναίετος und 
viele andre, f. Geibler Eurip. Tr. 553, Bothe Soph, Phil. 
4256, Meinefe Euphor. p. 444. Auch in einer Note zu dem 
Briefe (not. 15) ift fchon behauptet, bag Ὀετείθε ganz mit. 
Pleonasmen angefüllt ſey. Diefer Vorwurf ift von Valdenär 
übernommen, aber nicht gegründet. Das eine von Hrn. R. 
ausgefprochene Beyſpiel einer inepta verborum exsuperantia, 
συλλήβδην ὁμοῦ, füllt weg burd) dad, was er felbit Not. 
6 unb in ben add. darüber ald über gemeinen Sprachgebraud) 
anfährt: und man findet fie in der That nirgende. Gemil- 
bert. erfcheint Dagegen bey ihm ber gegründete Vorwurf, tels 
den PBaldenär burd) mera sermonis stribiligo auébritdt. 
Ungewöhnliche Ausbrüde find λέξεις ἐζητημέναι, àv δευ- 
τέρῳ κειµεγής τῆς τῶν φιλεπιτιμητῶν µέμψεως, διάνοια 
τέλος περιέχουσα, πληρώσας πραγµατείαν — τέλος γεγενημιένη», 
ἀναμείλικτος, und befonderd ἀπέστειλα πρὸς τὴν» onv φιλία», 
wozu Alberti,'der Ὀίεβ, praeter alia, af8 Zeichen ber fpäteren Zeit, 
erfennt, bod) nur fagt: notum dictionis genus inprimis po- 
steriore aetate, und vorgüglidj εὔχομαε τῷ 96 σωζόµε- 
πὀν σε καὶ ὑγιαίνντα χρήσασθαι τοῖς βιβλίοις, weniger bet 
Singular Jig, als bie Formel an fi, worauf allein So⸗ 
ping in feiner Borrede Gewicht legt, ba fie eines Chriften 
würdig fey. 


Sefygyius. 279 


Beyfpiele dieſer Wormel aus heiduniſchen Schriftſtellern vers 
miflen wir (einer der bem Apollonind von Syana zugeſchrie⸗ 
benen Briefe fchließt: ὑγιαίνειν os εὔχομαι); aber aud bie 
(em eingigen Grunde den Heſychins für einen Chriften zu 
nehmen, wie Gafaubon und Fabriciud thaten, darf, alles ers 
wogen, fhon darım Niemanben einfallen, weil eine ſolche 
Kormel in jener Zeit fo leicht von den dhriftlichen Giefebrten 
zu den heidnifch gebliebenen übergehn konnte. 3n beu legten 
zählt Ref. ben Heſychins, mit Bentley, Alberti und Ruhnken, 
nur noch entfchiebner ale die legteren ed thaten. Sa er mug 
befennen, daß er ſich nicht zu erklären weiß, wie Hr. R. bey 
einer umfaffenden Unterfuchung biefed Gegenſtandes, und ba 
er wenigftend ben Brief dem Heſychius nicht abfpricht, heute 
noch auf die Meynung gurüdfommen fonnte, bag bie Gloſ⸗ 
fen zum 9. unb N. X. faft das ganze Cerifou des Cyrillus 
unb die Anführungen aus Epiphanius u. a. chriftlichen Schrift: 
ftellern nicht fpätere Einfchtebfel feyen (p.441), ohne nur bie 
Gegengründe zufammenzuftellen und zu würdigen. In (εἰ, 
nem oben abgefchriebenen Urtheil if, was Heſychius wirk⸗ 
lid) geleiftet, gänzlich übergangen, und was in das Sud) 
fpäter eingetragen worden, ihm zur aft gelegt. Die Grün, 
be, welche gegen bie Aechtheit ber diriftfíden Gloffen am 
ſtärkſten fprechen find biefe. 1) Die Vorrede an Culogíus, 
bie alle übrigen Beltandtheile bed Buchs genau angiebt, bes 
rührt diefen nicht, ber bod) von dem übrigen fo fehr abflicht. 
Das Gewicht diefed Umftandes, ber feinem aufmerkſamen es 
fer entgehen kann, iſt von Alberti (p. IV) geltend gemacht. 
Auch Ernefti in der Anzeige des eriten Bandes in den Act. 
Erudit. 1786 Oct, p. 576 betrachtet ihn als entfcheidend und 
als Beweis, bag Heſychius nicht Chriſt gemefen feg. 2) Die 
vox Bentley in bem Brief an Biel nachgewiefenen äufferlis 
chen Kennzeichen, befonders ber Umſtand, bag Heſychius die 
Wortfolge nad) ben beyben erflen Sylben im Allgemeinen 
genau beobachtet unb die Zufäge bed Ghriften. dieſe Orbunng 





280 Anzeigen. 


faft durchgängig verlegen. Hierbey (ft noch zu bemerken, bag 
Hefychius ín ber Vorrede von dem Wörterbuche ded Dioge⸗ 
πίαποθ diefe Cinríd)tung, die er natürlich, wie in ber Abs 
ſchrift, fo üt feinen Zufigen, auch befolgte, ausdrücklich 
tübmt. Helladios hielt (id) nur an den Anfangeduchftaben. 
Hr. 9t. fagt (p. 20), daß wir alle burd) die Gottfid)feit des 
Genies be& Englifchen Kritikers fortgeriffen werben , hebt in 
der Aufftellung ber früheren, (dion von Alberti gefammelten 
Meynungen (p. 14) jenen unabweislichen, einfach verftändis 
gen, für fíd) allein fchon entfcheidenden Grund aus, tabeft 
ihn (audacter R. Dentl. sacras voces omnes spurias esse et 
insititias judicavit) und [obt ihn (breviter omnia et prae- 
clare), bemerft, bag Alberti auf diefelbe (freylich nicht ver» 
(tedite, nicht zu verfehlende Spur) gefommen war, giebt aber 
ber Gadje Peine Folge, fdyeuft ihr feine Rückſicht, obgleich auch 
Baldenär dieß ald von Bentley ausgemacht anfah, daß bie 
glossae sacrae aevo recentiori unter die von einem alten 
Srammatifer zufammengefchriebenen aufgenommen worden, 
und Gom ed eifrig beftätigt hatte. 3) aber fehen wir 
nun aud) auf das innere der Sache. Ruhnken madıt 
(Praef. p. XIT) die Bemerkung, daß es die Sache chriftlicher 
Grammatífer nicht war, die feltneren Wörter alter Schrift 
fteller durch, Zeugniffe feitzuftellen (was Heſychius in der 
Borrede zu leiften verfpricht), fonbern Diefe, αἴό unnüge Zus 
gaben, mwegzufchneiden und zu vernichten, wie Hemſterhuys 
zam Plutus wiederholt erinnere. Doc wir müfjen weiter 
gehn. Heſychius fobt die φιλοκαλία des fleißigen Diogeniar 
nos, wie Timäoß in der Zufchrift feined Piatonifchen Wör⸗ 
terbuch® τὴν περὶ Πλάτωνα σπουδὴν καὶ φιλοκαλίαν feines 
Freundes, und bag Divgenianos durch fein umfaffendes Wör⸗ 
terbuch den eifrigen und unbemittelten τῶν φιλολόγων ein 
febr nüglideó Hülfemittel zur gefammten Bildung in bie 
Hand gegeben babe, indem er biefelbe Abſicht durch die vet» 
mehrte Ausgabe, welche feine forsfältige Abfchrift au&madite, 








Sefydius. 981 


ferner zu befördern fucht, ohne bag die Umftände im Allge⸗ 
meinen verändert erfcheinen. Alſo jeder Wohlhabende in 
feiner Umgebung hatte die befondern Gloſſarien leicht zur 
Hand, Philologie blühte, die Etudien waren nicht fo febr 
φιλοπονίαε, wie Πε z. B. Dofitheo® (Interpretament. |. 5) 
pub der Beyname des lebten Alerandrinifchen Srammatifers, 
Johannes, bezeichnet, ober πολυµαθία, wie man zur Zeit 
des Photius fagte, ald φιλοκαλία (voie Ἑμείαα fagt περὲ 
παιδείαν φιλόκαλος), und bie περιεργοπένητες lafen allgemein 
den Homer, die Iyrifchen, bie tragifchen,, bie komiſchen Dich 
ter, die Nebner, die 9fergte, die Gefchichtichreiber. Ganz 
bejonberé müfjen bie Oomerifchen Studien noch im Schwuns 
ge gewefen feyn; denn Heſychius begnügte (id) nicht mit ben 
von Diogenianos aufgenommenen Homerifchen Wörterfamms 
lungen des Apion und bes Apollonios, fondern er hatte fid) 
einen guten Borrath von Erklärungen (λόξεις) beó Ariftars 
djo& , Apion und Heliodoros Cderfelben, worauf Apollonios 
in feinem Lexikon fich bezieht) aud deren Schriften nemlich, und 
darunter auch aus denen bed Apion, be(jen Cerifon alfo nicht 
alle aus feinen eignen. Büchern, oder nicht übereinftinsmend 
enthielt, verfchafft, die er mit bem ganzen Diogenianos, ale 
der Hauptfache, zu feinem Buche vereinigte. Daß dieß ber 
Sinn der Worte τῶν ᾿4ριστάρχου καὶ Anniwvos xai Ἡλιο- 
φώρου λέξεων εὐπορήσας fey, hat Ruhnten (p. V—IX) übers 
zeugend audeinandergefegt, auch Villoifon in ben Prolegos 
menen zur Sliad p. XXVIII gegeigt. Da unfer Df. deunoch 
(p. 138) εὐπορήσας auf Seltenheit der Bücher und glüdlie 
chen Fund deutet, fo it daran zu erinnern, bag Heſychius, 
wie er fagt, zu den alten und feltuen Wörtern des Dioges 
nianos die Namen ber Serfa(fer und bie Titel ber Bücher 
aus allen Abfchriften beyzufügen (id) bemühte, und alfo von 
der ganzen alten Citteratur umgeben war. Die Wichtigfeit 
der eignen Homerifchen Sammlungen des Heſychius hebt fid) 
nod) mehr durch die befcheidne, Stellung, weldye dagegen bie 


282 Anzeigen. 


verſchiedenen andern Zuſaͤtze zu den Artikeln des Diogenianos 
in feiner Vorrede einnehmen, umb durch den Titel: «έξεων 
nao» gvyayeyn κατὰ στεοιχεῖον ἐκ τῶν ᾿ἐριστάρχου καὶ 
Anntovos καὲ Ἡλιοδώρου, Ἡσυχίου γραμματικοῦ ᾽4λεξάν. 
ὄρεως, worin fchwerlich, wie Ruhnken meynte, die Homerifchen 
Erflärer von einem Abfchreiber jugefebt, worin eher ber Ras 
me des Diogenianod und vielleicht bie der widhtigften von 
ihm aufgenommmen Lexika ober aud) nur ein Auslaffungezets 
chen ausgefallen ifl. Oder wenn er felbft ihn fo unvollfläns, 
Dig angegeben hätte, fo wäre δίεβ ein Zeichen, wie das Ho⸗ 
merifche ihm alà das Anlockendſte erfchienen wäre, das ja 
aud) im Diogenianos einen Haupttheil ausmachen mnßte: 
Run vergleiche Han mit diefem Zuflande ber ítteratue unb 
der Studien dad Mittelalter, vergleiche ben urfpränglichen 
Hefychius mit bem Mönch Zonaras im elften oder zwölften 
Sahrhundert, und thue vor allem fih um nad) bem Zuſtande 
der Gelebr(amfeit in Alerandria, wo Heſychios al8 yoauua- 
τικὸς ᾽άλεξανδρεὺς bod) gefchrieben zu haben fcheint, in ber 
Zeit ber ultimi aevi Graeculorum, In ein MM wird 
man fich verwidelt fehen. 

Alberti, in ber richtigen Ueberzengung, baf allein nach 
dem Briefe zu urtheilen feo, war geneigt ba& Wert, baé ein 
unerſchoͤpflicher Schab ber Belehrung für uns ift, gegen das 
Ende be8 vierten Sahrhunderts oder wenig fpäter zu feßen 
(Praef, p. V.) Ruhnken, vielleicht hierin durch Saldenàr irre ges 
madt, begnügte fich (effguftellen , bag er vor bem zehnten 
Sabrfunbert gelebt habe, wegen des Rhetorifchen Perifoné, 
worin er Stellen bed Hefychius vermuthete, und nicht Cbrift 
gewefen fep, weil er Namen der Autoren beyfügte., Gare 
im Onomaftiton beftätigt Albertis Meynung. Wahrfcheine 
licher gebt man etwas höher alà Alberti, vor das Jahr 389 
hinauf, mo zwey andre Lerifographen, Hellabius unb. Am» 
monius, heidnifche Priefter in Alerandria, weil der Patriarch 
Theophilos die Ehriften zur Zerflörung ber Tempel anfreiste, 


Sefydiue. 283 


fih von ba nad) Genftantitopel zurückzogen, wie Sokrates 
in der Kirchengefchichte (V, 16. Phot. Cod. 28) uns meldet, 
be(fen Lehrer fie wurden. Im vierten Jahrhunderte fchrieb Har⸗ 
pofration aut Alerandria, im fünften lebte Drion and Theben in 
Aegypten und lehrte Hyperefchiod aus Ulerandria, der Vorgaͤn⸗ 
ger ded Lerifographen Philemon, von bem biefer in der Vorrede 
und Suidas melden, in Rom. Hinſichtlich des Eulogios iſt 
überfehn worben, bag ein Eulogios Scholaſtikos δύσκλιτα 
ὀναμάτα gefchrieben hatte, woraus im Etym. M. v. χέω eint 
Stelle abgefchrieben ift. Denſelben Namen führt auch ein 
Shriftfieller Qu. Vitellius bey Sueton (Vitell. r.) 

,9tidten wir anf den inneren Gbarafter des Brief an 
Eulogios den Blid, fo erfennen wir einen wohlmegnenden, 
(leigíg und zwedmäßig arbeitenden Mann, ber das Werk, 
wovon er eine vermehrte Ausgabe liefert, mad) feiner Eine 
sichtung, Beſtimmung und Berdienftfichkeit fchildert, den Sor» 
gänger lobt, einiges, was er vermißt, mit aller Sorgfalt 
nachzutragen verfpriht. Mit großer Befcheidenheit Anffert 
er (id) über fein ganzes Unternehmen: οὐ yao ὀκνήσω μετὰ 
παβῥησίας εἰπεῖν, unb rühmt allein, was nad) Lefling Jeder⸗ 
mann zu rühmen (rep ftebt, feinen Fleiß, bag er feine Mühe ger 
ſcheut babe um nicht bíefelben Borwärfe, Die et dem Diogenianuos 
mache, mit Recht aud) auf (id) zu ziehen. Nachdem er die 
Arbeit fo viel möglich vollendet habe, ſchickt er fie feinem ges 
liebteften Freunde, deſſen Nachficht ibr zur Empfehlung ger 
zeichen werde. Für einen großen Gelehrten giebt er nicht 
entfernt fich aus; und gerade den Clemens und Porphyrius 
in biefer Hinſicht ihm emtgegenzuftellen, war von Bentley 
fonderbar. | 

Wer, der ein fo bebächtig und der Gadje, wenn and 
nicht dem Style nach einfach gefchriebened Bormort mit Uns 
befangenheit lieſt, fellte nicht geneigt (eps, ihm Glauben beyzu⸗ 
meſſen, nach ihm: feine Vorſtellung über das Werk, ba auget 
bem darüber ſchlechthin nichts gemeldet wird, zu bilden? und 





284 Unzeigen. 


follte man (idy- nicht fcheuen, einem Schriftfteller, ber und fo 
manches überliefert, das wir ohne ihn gar nicht wüßten, 
manches auch, das wir anderwärts beftätigt (een, ohne bie 
wichtigften Gründe irgend einen beſtimmten Punkt feiner Ans 
gaben abzuläugnen und abzuftreiten ? Richtig fagte auch gleich 
Aldus Manutius bie Zufchrift auf, nur daß er mit Unrecht 
bie von Heſychius erwähnten Zufäße zum Diogenianos zum 
Theil für verloren hielt, ba fte vermuthlich nicht Durchgams 
gig beygefügt waren ; richtig fegt auch ber ſchwatzhafte nab 
nicht vorzüglich feharffinnige Manffac den Juhalt derfelben 
auseinander (Diss. crit. de Harpoer. 1615 p. 395); weniger 
gut Fabricius. (VL, 206), Bentley an Mill (Opusc. p. 481), 
Alberti (p. IV), und Ruhnkenius (p. XII) ín fo fern nicht 
genan, als er annimmt, daß Heſychius auch die Woörterbü⸗ 
cher des Apollonius, Theon und Didymus in Händen ger 
habt, im Diogenianus aber bie größte Unterſtützung gefunden 
habe, da dieſer bod) felbft fchon jene ausgezogen hatte. 

Daß unfer Heſychius vou feinem alten Schriftfteller ges 
nannt und nur in einer Handfchrift auf ung gefommen iſt, 
fiel anf, und mit ber gewöhnlichen Voreiligkeit haben daher 
"manche die Aechtheit ded Namens auf verfchiebene Art bes 
zweifelt. Aus Berfeben (egt Hr. R. p. 10 unter biefe amd) 
den einfichtövollen Soping, der darüber vielmehr leiſe fpottet 
unb nur die Berwechfelung mit dem Milefifchen Heſychius 
abwehrt. Auch Mörls, ber bod) früher lebte, wird erft und 
allein von Photius genannt: quis Didymi in Homeruuz 
aliosque poetas comiaentarios memorat? fragt Baldenär in 
ber Vorrede zum Ammonius. Und was bie eine Haubfchrift 
betrifft — denn die Spuren einer Mebdiceifchen und einer in 
England (p. 1), ba Πε verborgen waren, kommen nicht in 
Anfchlag — fo zähle man bod) nad), wie viele sub meldje 
Griechifche und Nömifche Schriften nur in einer Hanbfchrift 
erhalten find. Selbft von dem Lexikon be& Photius, das 
bod) für die fpäteren Zeiten eine ganz andre Brauchbarleit 


Sefodhius. 285 


batte 618 Hefuchins, ift ber Cod. Galeanus daB einzige alte 
Eremplar. *) Daß (n der SBorrebe zu diefem ber Patriard) 
Das Leriton bed Diogenianod, den wir auch von vielen 
Orammatifern angeführt finden , als die vorzüglichfie Gamme 
[ung der λέξεις, περὶ ἃς τὸ ποιητικὸν νέµεται έθνος, aus- 
zeichnet, Iäßt vermutben , daß die Berühmtheit des Original⸗ 
merfé ber Verbreitung der durch Se(pdiiué vermehrten Auss 
gabe vielleicht Eintrag gethan batte. Möglich ift auch, daß 
diefe felbft bey manchen unter dem Namen bed Diogenianoß 
gegangen wäre. Die Specialgloffarien, und unter dieſen 
befonberé die rhetorifchen, philofophifchen, bie über das Atti⸗ 
(fe, mußten, jemehr die Geftalt der Gefebrfamfeit fid). Ans 
berte, ber Kreid fich verengerte, um fo größeres Ueberge⸗ 
wicht über die allgemeinen erhalten, befonderd auch. barum, 
weil in Ὀίείει das Studium ber Dichter weit am meiften bes 
dacht mar. In ben Zeiten nad) bem vierten Sabrbunbert, 
in welches man ben Heſychins (egt, einen Grammatifer, von 
bem nichts ald bie vermehrte Abfchrift eines Wörterbuchs bes 
fannt if, nicht angeführt zu finden , ift in ber That nicht 
gu verwundern; und weniger iſt's zum Grftaunen, bag nicht 
mehrere, als daß wirflih ein Exemplar bewahrt geblieben 
ift, während das unveränderte, vielleicht febr viel gebrauchte 
Werk δεθ Diogenianos untergieng. 

Was und zufommt ift, zu präfen, in wie fern mit ber 
fBorrebe das Werk jelbft, feiner Anlage und Befchaffenheit 
mad, im Allgemeinen ibereinftimme, und die Notizen, bie 
wir zufammenbringen founen, mit denen, welde fie enthält, 

*) Weber die Vaticaniſche Handihrift, wovon A. Mai Scriptt. 
vett. nova coll Vol, 1 P. s p.L fpricht, ift nähere Aufflärung zn wüns 
(den. Die Worte οὕτως ἐγω «Ἀώτιος ὁ πατριάρχης, bie er unter 
Κρόνος fand, {ιδ eben fo auch im Etym. Gud. p 586 (vgl. Kulens 
Pamp ib. p. XXII; im Etym. M. v. Κρόνος nur «Βώτιος πατρ. 
Aber biefe Stelle ift vieffeicbt aud einer Schrift des Photius in das 
Lerifon, weit fie dahin fich fehichte, aufgenommen worden , fo wie die 
Erklärung von ἐγκομβωσασῦθαι 46 deffen 156. Briefe, welde Toup 


zum Suidas unter diefem Worte abſchreibt, aud) hätte bepgefígt wer: 
δει fónnen. | 


R. Rhein. Mu. f. phii. IH, 19 


286 Wnjetgen. 


zu vergleichen. Und es i(t jepo nídyt (diwer fid) bie Ueber⸗ 
geugung zu fchaffen, daß alled, was ber Vorredner über feis 
te Arbeit fagt, wenn man billig urtheilen, bie Natur 
des Gegenftandes wohl ermeffen und mehr auf das Ganze 
oder die Regel nachgiebig und vermittelnd eingehn, ale peins 
lich und fpigfindig fi an die Ausnahmen und Befonderheir- 
ten heften will, gegründet feg. Der Gebrauch ihre Schrifs 
ten Freunden zu widmen herrfcht unter den Grammatiferm 
weit und breit, unb e& finden (id) davon gerade aud) bins 
fihtlich ber Gioffarien viele Beyſpiele. So bejd)enfte nad 
. Photius (158) Phrynichos Arabios Freunde mit den einzel 
nen Büchern feine® großen Werke, einen barunter zum Ges 
burtötage,, fo wie Timäos mit dem Platonifchen Lexikon beg 
Gentianos an den Saturnalien. Auch dad ded Boethos und 
das des Aelios Dionyflos hatten (ofd)e Zufchriften , wie wit 
aus Ῥθοιίπό (151. 152) ſehen; wir finden Πε bey der Gffoge 
des Phrynichos, bey Erotian, bey Philemon und tem Peri 
fon des Photius fefoft. Daher erklärt πώ aud) der Titel 
Φιλέταιρὸς (otoob( ber von Pierfon edirten Woͤrterſammlung 
des Aelius Herodianus , ald des Zenodotifchen Verzeichniſſes 
der Wörter, welche Thierſtimmen anébrüden , bey Baldenär 
ad Aumon. Ill, 86, welchen Titel Pierfon (p. XLVIID, wes 
gen des Fleinen Umfangs beyder Schriften, für ein Babes 
mecum nahm. 

Was nun den Snhalt der Borrede an Eulogios betrifft, 
fo ift ein Homerifched Lerifon von Apollonios in unſern Häns 
ben; von dem bed Apion aber nicht einmal eine Notiz. %. 
9(. Wolf mill in den nachgefchriebenen Vorfefungen (6. 413) 
auf den Namen des Apollonios bey dem Lerifon nicht viel 
bauen. Die Sammlung von Gloffen des Apion, die aué eis 
ner durch Baſt von Paris in bie großherzogfiche Bibliothek 
gu Darmftadt gelieferten Handſchrift jegt hinter dem Etym. 
Gud. gedrudt vorliegt, unb von demfelben (Gregor. Cor. p. 
891) für (δεπιί[ά) mit denen des Cod. Baroccianus, wovon 





$efy9dtus. 287 


Ruhnken (p. V) fpricht, gehalten wurden, Tonnte Heſychius 
nicht meynen. Aber wenigftene beweifen beyde Gloffarien 
bie Methode, aus den Schriften der berühmteften Someris 
chen Grammatifer die Erflärungen alphabetifch zufammenzus 
fielen. Das, welches des Apollonios Namen führt, flimmt 
mit Heſychius überein; viel leichter alfo ift cà ein ähnliches 
früheres aus Apion zur Zeit des Diogenianos, al8 in bie» 
. fer Hinficht bey Heſychius einen Irrtbum vorauszuſetzen, wie 
"Hr. R. (p. 134) thut. Bemerkenswerth ift in diefer Hinficht 
iud), ba Apollonius in bem erifon zuweilen bie Lerifogras 
phen, die Grammatifer zur Sfiad und Odyſſee bie Gloſſo⸗ 
graphen allgemein anführen: und daß »ein großer Theil ber 
Homerifchen Cerifa aüà Apions Gommentarien zum Homer 
abgeleitet worden, fonnte ja aud) Baldenär nicht bezweifels 
(de scholiis ad Hom. ined. Opusc. I, 151), fo daß eine be» 
fondre Auswahl von beffest Goffen, der dann fein Rame in ans 
berer Beziehung αἴδ ber des alphabetifhen Sufammenftellené 
zufam , eine höchſt wahrfcheinlicdye Sache if. Ein tragifches 
und fomifches Lerifon von Didymos, ein fomifched und nicht 
unwahrfcheinlich auch ein tragifches von Theon weift Ruhn⸗ 
fen (p. IX s.) tad): und aus ben Worten des Heſychius ſelbſt 
ift zu fchließen, daß, wenn ber eine, dann aud) der andre 
τάς κωμικᾶς idíg καὶ τραγικὰς λέξεις gefchrieben hatte. Die 
Art der alphabetifchen Ordnung bey Divgenianos wird beftätigt 
durch Photind Cod. 145, wo er von dem Lerikon des Hel⸗ 
[αδίοῦ fagt: πἐζου δὲ λόγου Earl τὸ πλεῖστον τῶν λέξεω», 
ἆλλ᾽ οὐχὲ ποιητικοῦ, ὥσπερ «ἄιογενιανῷ ἐκπονηθεῖσα συλ- 
Aoyg* οὐδὲ κατὰ πᾶάσας τὰς συλλαβὰς τὴν τοῦ στοιχείον 
τάξιν φυλάττει, ἀλλὰ κατὰ µόνην τὴν ἄρχουσαν. Daß des 
Diogenianod Lerifon nicht über Verdienft erhoben werde, 
jeigt, auffer dem Buche fefbít , das Urtheil des Photius in der 
Vorrede zu beni feinigen. 24i τῶν λέξεων πλείους, περὶ ἃς 
τὸ ποιητικὸν γέµεται ἔθνος, εἰς TO ὠφελιμωώτατον τοῖς βου- 
λοµένοις προσέχειν , «4ιογενιανῷ συγελέγησαν. εἰ γὰρ καὶ 


288 Unyeigen. 


πολλοῖς ἄλλοις ἐπὶ νοῦν ἤκεν τὴν ἴσην καὶ ὁμοίαν πραγμα” 
τείαν ἐνστήσασθαι, ἀλλ’ οὖν ὅσα γε ἐμὲ εἰδέναι, οὐδενὲ τῶν 
πρωτείων οὗτος περί γε τὸν εἰωημένον πὀνον ἐἔξισεαται. 
Nachdem er nun feinen eignen Plan audeinanberge(eGt, wor 
beo er die Dichterworte nicht gänzlich augfchließe, fügt er 
ohne Zweifel mit Bezug auf Divgenianos hinzu: ἐπεὶ und 
ὅσοι ταύτας συνειλόχασι τῶν ἁρμοζόντων τῇ χωρὶς µέτρον 
φοάσει παντελώς ἀπέσχοντο. Dad Berhältuiß ber profaís 
ſchen λέξεις qu den poetifchen giebt Photind in der Bibliothek 
(Cod. 139) ähnlich an, wo er von bem Lerifon bed Pollion 
fagt, bag es doppelt fo groß als das des Diogenianos, vors 
züglich Wörter der Dichter, bod) weniger ald δίεβ, nemlich 
im Berhältniß der profaifcen, enthalte. So [επι er (Cod, 
14^) dem Φίορβεπίαποὸ auch ded Helladios proſaiſches eris 
fon entgegen. Dieß nun ift ungefähr das Berhältniß, worin 
wir im Heſychius bie profaifchen Gloſſen, aus SHippofrateg, 
aus bem Philofophen, Gefchichtichreibern und Nednern zu ber 
Fülle ber poetifchen aus den Igrifchen, tragifchen und fomis 
fhen Dichtern (bie drey Tragiker und Ariſtophanes nadh 
bem Maße, das Πε bey den Grammatifern gegen ihre Kunſt⸗ 
genoffen behaupten) und aus Homer ímébefonbre antreffea. 
Sed haec pauca sunt et nihil ad largissimam illam poetico- 
‘rum vocabulorum copiam, (agt Ruhnfen (p. X) von bem 
profaifchen. Auch bieB deutet Hefychins ehrlich απ durch dem 
llebergang: οὐ un» ἀλλὰ xai τὰς παρὰ τοῖς lurools τὰς 
τε παρὰ τοῖς ἑστοριογράφοις. Die Herodotifhen λέξεις im 
Heſychius flimmen mit bem befondern Herodotiſchen Gloffar 
fo febr überein, bag Weſſeling zu biefem bemerkt, Heſychius 
(vielmehr Diogenianos) müſſe ein ähnliches Gloffar wie der 
Bf. von jenem benugt haben. Einen Hauptbeweis ber Wahre 
heit bed. Briefs fand Siubufem (p. XI) auf in ber Bemers 
tung , das alle Worterflärungen, die bey den Grammatiferm 
aus Diogeníanoó vorfommen, (id) auch im Heſychius finden. 
Die Homerifchen Erklärungen ded Ariftarchoe, Apion, Helios 











$efodtus. 289 


dorod, welche wir bey Apollonios finden, find »faft alle,« 
mie Ruhnken fich ausdrückt, auch im Hefychius, unb mober 
anders als aus ihnen, fragt derfelbe, wären die durch das 
ganze Werk ausgeftreuten Homerifhen διττογραφίωιὮ Hefys 
chius verfichert, (fd) nach den Regeln Herodians (ber περὲ 
ὀρδογραφίας gefdyrieben hatte) gerichtet zu haben: Bentley 
behauptet nad) des Theodoflus handfchriftlicher Epitome τῆς 
κανόλου von Herodian, bag dieß wenig oder nicht gefchehn 
fey. Aber bieg, wenn man e$ ohne nähere Unterfuchung und 
Beſtimmung zugeben will, beweift nichts, ba die Abfchreiber 
be8 Heſychius andre Grundfäge befolgt, ober, wie ſchon Far 
bricius (VI, 207) gegen Bentley bemerft, durch Nachläffige 
feit diefen Unterfchieb bewirft haben fonnen. Was nun bie 
Zufäße betrifft, bie Hefychius, außer denen aus den Scrif- 
ten ber drey SHomerifchen Grammotifer,, gum Diogenianos 
gemacht haben will, fo ift eine Art derfelben fo, bag (tid) bars 
über nicht urtheilen, affo auch nicht zweifeln läßt, eine Ans 
sahl λέξεις nemlich, oie er in jenen Grammatifern und bem 
Diogeniands nicht fand; denn auf begbe geht λέξιν μὲν ου- 
δεμίων παρέλιπον κειµένην ἐν αὐτοῖς, ἀλλά καὶ πλείστας 
οὐχ εὑρὼν προστέθεικα. Von ihm allein rühren bie Ramen 
ber Echriftfteller und der Bücher her, melde Divgenianog, 
für die Aermeren fchreibend und barum der Kürze fich be 
fleißigend , weggelaffen hatte. Heſychius fagt ausdrücklich, 
baf er bey den ἐζητηκιέναις τών λέξεων unb den verſchieden 
gebrauchten die Eitate und die befondere Bedeutung, die bey 
einem jeden Schriftfteller vorfomme, bey Diogenianos vers 
miffe oder beyzufügen nöthig befunden habe, felbft nach bem 
Plane eines folchen Cexifonà, keineswegs aber bey allen: πα 
türlich, weil eà nur bey den zweifelhaften Ausbrüden des 
Sufammenbangé und aljo des Citats bedarf um felbft prüfen 
zu können. Eine glänzende Reihe von Citaten, für mancher» 
[ερ philologifche 3mede von unermeßlicher Wichtigfeit,, vers 
banfen wir anf diefe Art Dem vielgefchmähten fleißigen He 


290 Anzeigen. 
ſpchius. Demohnerachtet vermißte ſchon Aldus Man. in ber 


Handſchrift plurium dictionum et quae rariores sunt aucto- 
ritates, quas is ipse studiose addiderat, nnd of. Scaliger 
bildete (id) ein (Scaligerana sec. p. 109), Hesychium in om- 
nibus laudasse auctores, e quibus aut Grammatici et glossa- 
tores superiores aut ipse unum quoddam verbum petiisset ; 
und fo entfland ber Wahn, welcher wohl in Scaligerd Kopf 
entfproßt , Durch feinen Hauss und Ctublengenofjen Heinftus 
aber vielfältig ausgefprochen, bid auf Ruhnfen verbreitet und 
durch ihn befeftigt wurde, bag an unfern Heſychius Epito⸗ 
matoren bie Hand gelegt hätten.  Stubnfen meynte fogar, (p. 
VI), daß der Epitomator die Namen des Ariſtarchos, Apion 
und Heliodoros, die nur hier und da ftehen, bey allen übris 
gen Erflärungen von ihnen getifgt habe, unb bezieht fid) 
wegen folcher Auslaffungen aud) auf ben Brief (p. IV), bet 
bem ehemaligen, nicht bem epitomirten Heſychius entfpreche, 
(p. V.) Diefer aber verfuhr übereinflimmend, wenn er bey 
feinen Homerifhen Wörtern nicht mehr, cher weniger Ras 
men ald zum Diogenianos , hinzuſetzte. Baldenärs Wider, 
fpruch im biefer Hinficht founte uid)té wirken, ba er mit 
wunderlidhen Urtheilen verflochten war. Unterftüßt wurde 
biefer Verdacht der Abkürzung durch die Sprichwörter, von 
welchen Heſychius, ba Ὀίοφεπίαποῦ bie meiften faf, obue 
bie Erflärung gelaſſen hatte, wie aud) Snidas bier und ba 
gethan, fnrg fagt: ταῖς παροιµαις unodsduxa τὰς ὑποθέσεις. 
Und fiehe da, mande Cpridjmórter haben feine Erflärung. 
Stid)t auf die vielen, welche damit verfehn find, (ab man 
C. Schott hat fie in ben Noten zum Diogenianod und ju 
denen aus Suidas und der Vat. App. audgehoben) , fondern 
auf bie Anducahmen, deren mad) Mauſſac (Diss. cr. p. 395) 
wenige find, unb (o megnte ſchon Aldus Manutius, bag bnrd) 
irgend eine 9tadjláigteit der Inhalt ber Spridwörter ba, 
wo er fehlt, ausgefallen fey, wofür man nachher den Cyito 
mator figuriren ließ, wie 3. 18. Fabricius (VI, 207.) Map 











$eí9dius. 991 


bebadyte nicht, mie relatio bie Angaben in ben Borreden über 
gemi(fe gefebrte Beforgungen allgemein zu feyn pflegen, mie 
verzeihlich eà ift, wenn Φεφώίμὸ mid) gerade von jebem 
Sprichwort eine Erklaͤrung in feinem Büchervorrathe aufzu⸗ 
finden wußte, oder unter bem Abfchreiben mit Nachſuchen (id 
jedesmal aufhalten mochte. Mit den Namen der Schriftſtel⸗ 
ler war ed anders: diefe konnte er in deu von Diogenianoß 
audgezogenen Gifoffarien finden. Was Mauſſac erignert, Dio⸗ 
‚genianos fónne die Sprichwörter nicht unerflärt gelaffen ha⸗ 
ben, da wir unter feinem Namen eine Sammlung von 
Sprihmwörtern be(fgen, fágt verfchiedene Auswege offen. Wie 
treffend daher find bie Worte von Coping: Apparent hie 
omnia, quae ipse auctor se praeslitisse dicit, Argumenta 
scilicit proverbiorum, elsi im multis vitiosa et imperfecta 
reperiuntur, Autositates rariorum dictionum , etsi MON ome 
nes, ex nomine, cujusque libri citatae et laudatae leguntux. 
Quid igitur restat, quod huic scripto deest? quid deest, 
quod restat? promisitne alia plura? Legant Epistolam Eulo- 
gio nuncupatam, et sentient, spero quoque assentient,  llub 
wie nichtig, wenn Bentleys Freund €, Küfter fíagb, Lexicon 
Hesychii tam, splendidis promissis minime respondere. 

Nun aber tritt von auſſen, bin(ditfid) des Hauptpunk⸗ 
tes, des Lexikon von Diogenianod und feiner Belchreibung 
fowohl durch Hefychius ale durch Photius, eine Schwierig» 
feit, ein aufdeinender Widerſpruch hervor, und diefer ift für 
Hru. 9taufeá Arbeit serbángnigooll geworden. Suidas — 
qui, reliquis testibus amissis, fere semper laqueis nos irreli- 
tos suis tenet et difficultatum mole obruit (p. 5o) — führt 
von Diogenianos aus Heraklea, ber von manden für ben 
Grammatifer aus Heraflea am Pontos unter Habrian gebal» 
ten werde, obgleich hierüber fein ausdrückliches Zeugniß vor» 
liege, daher nielleicht der Arzt Diogeniauos aus Qerallea Al⸗ 
bafe in farien, ber mancherfey gefchrieben, zu nerfichen fev, 
as der Cpíge siniger andern Schriften an: λέξεις n«vsodg. 


292 Ungeigen. 


nal κατὰ στοιχεῖον ἐν βιβλίοις 6: ἐπιτομὴ dd ἔσει τῶν 
Παμφίλου λέξεων, βιβλίων d καὶ τετρακοσίω», καὶ τῶν Ze- 


πυρίωνος. Diefelben Worte bey ber Cubofía (p. 133), die - 


hier bey 7 ἐκ τῆς ᾽4λβάκης Ηρακλείας τῆς ἐν Καρίᾳ bas 
Gitat κατα 2fvo(uayov vor Θμίδαδ voraus hat. Bon Pam⸗ 
philos überliefern und beybe (Suidas IT, 14, Cubofía p. 359), 
bag er ein Grammatifer aus Alerandria (was auch bey Athes 
naus dfter vorkommt), ein Ariftarcheer gemejen ſey und ger 
(dirieben habe: eura: (dori δὲ ποικίλων περιοχή.) περὶ 
γλωσσῶν ἠτοι λέξεων 08. ὅστι δὲ ἀπὸ τοῦ € στοιχείου ἕως 
τοῦ ὢ- τὰ γὰρ ἀπὸ τοῦ α µέχρι τοῦ ὃ Ζωπυρίω» ἐπεποιη- 
κει Das Berzeichniß von elf Grammatiferr vor dem Suis 
das (b. Fabricins VI, 419) enthält: Πάμφιλος λειμῶνα λέ- 
- ξεων ποικίλων, περιοχὴν βιβλίων ἐννενήκοντα návre. ἔσει δὲ 
ἀπὸ ο. στοιχείου ἕως του Ωω. τὰ γὰρ ὠπὸ τοῦ α µέχρι τοῦ 
ὃ Ζωπυρίωνμἐπεποίηκε. (Daß Baldenär zum Theofrit fae 
gen mag: eadem leguntur in Zopyrion, ba biefer bey Cni» 
- daß (εί, ift auffallend.) Vorhergeht in jenem Berzeichniße : 
Ὀνυηστῖνος (wie für Ιουστῖνος, auch nad der alphabetifchen 
Folge, zu lefen (ft) Ἴονλιος, σοφιστὴς, ἐπιτομὴν τῶν Παμ- 
φίλου γλωσσῶν βιβλίων ἐννενήκοντα &vog (|. €, πέντε.) Die 
zwiefache Epitome beftätigt (if) burd) das Scholion zu Gres 
got von Nazianz bey Montfaucon Diar. Ital. p. 214: &x 
τοῦ «4ιογενιανοῦ τῆς ἐπιτομῆς τῶν Οὐσηστίνου (l, Ovsozivov) 
Ἑλληνικῶν. So las Hemſterhuys, dachte, wie Hr. R. (p. 
66). bemerkt, wabr(djeinfid) an Juſtins Sefchichte, nnb Baldes 
"für (tínmte ihm bey (Phoeniss. p. 593.) Aber bey Monts 
faucon folgt auf Ἑλληνικών nod) 6. 0 , eine: Abfürzung für 
ὀνομάτων , und fo finden wir diefelbe Sache nochmals citirt 
bey dem Homerifchen Scholiaften zu Il. V, 576: ἐκ τῶν 
«{ιογενιανοῦ τῆς ἐπιτομῆς Ἑλληνικὼν ὀνομάτω», mit Auslaſ⸗ 
fung beó andern Namens. Hierdurch ermweift πώ zugleich, 
was Ref. ſchon aud ber in jener Lifte von Lerilographen 
vorkommenden zwiefachen Epitome , bed Veſtinus unb bes 


$eíodius. 293 


Diogenianus , gefchloffen hatte, bag in dem Scholion bey 
Montfaucon der Name Οὐηστένου eine in den Gert. eittges 
fhwärzte 9tanbbemerfung ift, die Semand gemacht batte, 
der fid) erinnerte, bag auffer. Diogenianus aud) Veſtinus eis 
‚nen Auszug aus ded Pamphilos Gloffar gefchrieben hatte. 
Wie oft auf folche Art, befonders in Lerifographen, beys oder 
übergefchriebene Wörter in die Zeilen felbft fid) eingefchlichen 
haben, bemerft n. a. Bentley zum Heſychius Opusc. p. 480. 
485. Die Zahl der Bücher ded Pamphilos wird zu 405 und 
95 andgefchrieben, und in Zeichen zu 75 (o5, aber aud) zu 
205 (σέ), ble in den Älteren Ausg. ded Suidad v. Nlau- 
φιλος, wo die Parifer Handfchriften ἐννενήκονία névre har 
ben, angegeben. Davon ift vermuthlich 95 richtig, indem δαδ 
Zahlzeichen Koppa 9 für 90, wenn das Schwaͤnzchen wegs 
fällt, zu ο (70), und dieß leicht auch zu v (400) unb zu σ 
(200) wird. Was Ruhnken (p. X) und unfer 3f. p. 66. 
431. 145 über den Veſtinus vorbringen , bedarf hiernadh kei⸗ 
ner befondern Widerlegung. Der Marcus Beltinus bey 
Dhlegon ift von dem Berfaffer der Epitome zu unterfcheiden, 
bem ber Borname Julius gegeben wird. 

Daß ded Diogenianod Auszug (n fünf Büchern aud bem 
Sloffar des Zopprion und Pamphilos, unter bem Titel, wie 
εδ nad) Cuíbaé fcheint, Adseıs παντοδαπαί, den aud) Helr 
ladius gebraucht hat, mit bem von Heſychius befchriebenen 
Buche unter bem Namen Περιεργοπένητες eind fey, hat man 
‚ohne weiters allgemein angenommen, namentlich 3. 3B. 9. 
Scott in der Griechifchen Zufchrift vor den Sprichwörtern 
bed Θίορεπίαποῦ, Küfter zum Suidas (Il, 14 not, 10.) Hes 
ſychius fagt, Divgenianos habe den Fleifigarmen felbft aus 
Specialgloffaren, bie er einzeln anführt, zufammengefeht 
und in fireng alphabetifche Ordnung gebrad)t, und mad) 
Suidas hatte derfelbe nur einen Auszug aus einem von ans 
dern vollendeten großen Gloſſar gefertigt. Suidas hat Ans 
"fen in den Fitterarifchen Nachrichten, Heſychius mußte ba» 


294 Anzeigen. "i 


ber πώ gefalleu faffen, entroeber für (o unmwiffend zu gehen, 
bag er nicht ausgemacht hätte, wie ed (id) mit bem Werke, 
das er abfchrieb unb vernollftändigte, verhielt, bag er viel» 
keicht von Pamphilos nie etwas gehört hätte, aber ein üge 
nes und Betrüger gefcholten zu werden. Eines wäre fo unhe⸗ 
greiflicy wie das andre, und auch das iſt unbegreiflich, mie bie, 
weiche bie Sache prüften, dabey haben fteben bleiben kön⸗ 
sen. Ruhnken zwar wurde ein wenig (rre, Er fagt (p. X) 
obenhin: Quid impedit, quo minus, qui ante nonnullorum 
Gremmaticorum. Lexica contraxisset, posthac ex omnium 
hujus generis libris. universale quoddam lexicon compilarit ? 
Sg der Hauptfache richtig, aber auffallend die Cutftellung ber 
Epitome aus Zopyrion und Pamphilos in den legten Wor⸗ 
ten, uud verfehlt das darauf. folgende: Quamquam saepe 
animus tentatus est, ut putarem de alio Diogeniano Suidae 
sermonem esse, de alio Hesychio, Fuerunt enim duo. hujus 
nominis Grammaglici, ‚eodem Suida teste, alter Heracleota, 
alter Cyzicenus. 

Die Berfchiedenheit begber Terifalifcher Werke, bie wir 
nicht demfelben Diogenianos zuzufchreiben keinen Grund bas 
ben, würde (djon wegen ber burchaus verfehiedenen und von 
beyden gleich deutlih und gleich glaubwürdig angegebenen 
Entſtehung und Beihaffenheit unbedenklich anzunehmen jeyn. 
Allein ed kommen einige Umfänbe und Betrachtungen hinzu, 
um uns hierin zu beflärfen. Heſychius iſt Lerifograph, er 
übt dieß Gefhäft, ober bie ganze Borrede wäre ein undes 
greifidies Gewebe ber feltfamften Lügen, nicht ehne einen 
Vosrath von Gloſſarien und audern Bücheru, nicht ohne fleis 
fige Nachſuchung, unb er fchreibt dem Diogenianos bie ers 
fte Ausfuhrung eines allgemeinen Giojaré zu (ὁμοῦ da na- 
σας zorzwxr οὐδὲ εἷς), einer Erfindung, die bey ber Anfehns 
lichkeit dieſes Litteraturzweigs, der befouders im Alexandria 
feit fo [anger Zeit gepflegt war, nicht gering‘ anzufchlagen 
(t. Hätte nun (djon Pamphilod ein Jahrhundert vor Dies 








$eí»dius. $95 


genianos ein ſolches Lexikon, in weit größerem Umfang, im 
95 Büchern, gefchrieben, Diogenianos aber im feinem Aus⸗ 
zuge daraus, ober dad Eremplar bed, Heſychius von demſel⸗ 
ben ben Namen bed Pamphilod auch gar nicht enthalten, fe 
mußte bod) an fo vielen andern Orten von bem Perifon, bed 
Pamphilos, des Alexandriners, des Ariftardheerd, Die Rebe 
(ton, daß ed bem Heſychius, bem Alerandriner , nicht dem 
Titel nad) unbefannt ſeyn, und ba er alfo nicht den Dice 
genianos , hätte er auch be(feu Epitome irrig für Original 
gehalten und die Gíoffarien, woraus bieg Driginal zufame 
mengefegt (ey, aus bem Buche feldft abgenegmen, Φις 
biefer Art von Wörterbüchern nennen kounte. Sodann war 
das Werk, welches Diogenianos in fünf aus fünf und neuns 
zig Büchern auszog, ein Asi», entweder λειμὼν 7 περὶ 
γλωσσῶν ober λειμῶων λέξεων ποιχίλων. Schon diefer Name 
deutet auf Abtheilung in Klaffen, nicht durch dad Beywort 
Cohuehin zweifelhaft) λέξεων ποικίλο», welches auf bie Arten 
der Wörter und Stylarten geht (wie des Helladios λόδεως 
ποωτοίας χρῆσις, beà Engenios παμμµιγὴς λέξις, beybe alpha⸗ 
betifch , ded Diogenianod παντοδαπαὺ γλὠσσαι), fondern vere 
möge des Begriffö λειμµώ», der Erflärung ποικίλων περιοχὴ 
(variarum rerum collectanea), welche Suidas davon giebt, und 
ber Nachahmung der Cubofíia und des Apoſtolios durch bey 
Namen io», Innerhalb ber Klaffen fonnte baum eine 
fachliche Ordnung (epu, wie in dem Onomaftifon be6 Pol⸗ 
Íur, oder aud) eine alphabetifche, wie in den drey größeren 
Kapiteln des Nonius Marcelus, der unter den erhaltenen 
Lexikographen allein der Anlage des Asi» , bie wir vermus 
then, nahe fommt, und ín den beyden Violengaͤrten. are 
[εὸ zum Fabricius (VI,374) erflärt pratum mit Recht varia, 
instar Anthologiae. In dem Lehrer-Apparat, der σοφιστική 
παρασκενη, ded Phrynichos Arabios (unter Gommobué), einer 
συναγωγἠ λέξεών τε καὶ λόγων κομματικών, ἐνίων δὲ καὲ 
sis κώλα ᾽παρατεινομένων τῶν χαριέντως το xai καινοπρο- 


296 Anzeigen. 


πῶς εἴρημένων τε καὶ συντεταγμένων» (nad Photius Cod. 
458), waren bie Wörter ber 9tebner , Gefchichtfchreiber , die 
gefellichaftlichen , die ſcherzhaften, die ber Kiebe abgefonbert. 
Dergleihen Werke mochten auch eher in Büchern abgetheilt 
werben, wie eben das bed Phrynichod 36 Bücher ausmachte: 
von alphabetifchen Wörterbüchern wirb man weniger ευ. 
fpiele diefer für folche vollig zweckloſen Einrichtung haben. 
Photius erwähnt (Cod. 152) die Arrixu ὀνόματα vou Aer 
find Dionyſius ἐν πἐντο λόγοις, und @rotianud in der Vor⸗ 
rebe eine Reihe von Schriften über Hippokratiſche Wörter 
in Büchern; aber es fleht dahin, o6 diefe nicht ἄτακτα, ober 
nicht wenigftend in Klaſſen alphabetifch aufgeführt waren. 
Bon des Didymos τραγική λέξις führt Harpofration ba& 28. 
B. an, und bíeg Buch ((t unter denen , bie Hefychius in ber 
ffBorrebe im Allgemeinen alphabetifch nennt. Auch enthielt 
Gertus Pompeius Feſtus 20 Bücher; ob die vielen beà Ders 
v6 Flaccus, die er, wie er fagt, in wenige auszog, and) 
im alphaberifcher Ordnung und im einer umfaflenden waren, 
tft wobE nicht ausgemacht. Bey bem λειμων ift der befon, 
bere Umftand, bag Pamphilos ihn vom fünften Buchftaben 
an fortfegte. Ein Lerifon nad) der Art ded Heſychius Tegt 
man nicht Buchftabe vor Ἁμώπαθε an: Pamphilos müßte 
alfo entweder die Arbeit ziemlich wieder von vorne angefan⸗ 
gen, oder die Sammlungen und Vorarbeiten bed Sopyríom 
etwa geerbt haben. Aber e& ift auch denkbar, daß das Als 
phabetifche ber 95 Bücher (die als ein allgemeined Gloffar 
ungleich auf bie Buchftaben vertheilt gemwefen ſeyn müßten, 
wie ed beym Feftus ber Fall war), auf die Siubrifen ber 
ποικίλα fid) bezog. Daß wir λέξις «4ἰσχύλου und ᾿άττικαὶ 
λέξεις von Pamphilos angeführt finden (wovon nachher), 
giebt biefer Vermuthbung Gewicht. So fdhrieb ein andrer 
Pamphilos εἰχύνας κατὰ στοιχεῖον. Unter ves Pamphilos 
Namen gieng wahrſcheinlich im Allgemeinen dad Ganze, fo 
bag ber ded Sopprion faft verfchollen if. Die Einrichtung 





Sefydius. 997 


ſcheint demnach beyde Arbeiten be&. Diogenianos, bie Cyitome 
des Pamphilos in fünf Buchern, und dad von Heſychius bes 
fchriebene allgemeine Lerifon, ohne Büchereintheilung, eben 
fo febr unterfchieden zu haben ale die Titel παντοδαπαὲ λέ- 
Esıs und περιεργοπένητες verfchieden find. Sur die Abſicht 
war ähnlich, durch ein Handbuch (ein πρὀχειρον μικρὸ») ber 
größeren Anzahl derjenigen, die nicht die vielen Specialglofe 
farien oder die vielen Bücher ber Trift von Zopprion. und 
Pamphilos zu benugen im Stande waren, nüglich zu feyn. 
Wie fehr aud) in dem allgemeinen Lexikon Diogenianos feine 
Vorgänger abkürzte, fält an den 28 Büchern des tragifchen 
Lerifon von Didymos in bie Augen. Ein drittes Werk δε, 
felben hat ähnlichen Charakter. Denn Suidas ſchreibt ihm, 
aufer einem ἐπιγραμμάτων ἀνθολόγιον, aud einer Auswahl 
für ein grogercé Publicum, noch folgendes gu: περὶ ποσο» 
p», λιμνῶν, xonv@r , ὁρῶν, ἀκρωρειῶν, περὶ ποταμῶρι 
κατὰ στοιχεῖον, ἐπίεομον ἀναγραφή»ν, συναγωγή» ΄ xai πί- 
νακα τῶν ἐν naon τῇ yp πόλεων. Darin erkennt man leicht 
πορὶ ποταμῶν κατὰ στθιχειον, ἐπίτομον ἀναγραφήν, συνα- 
yoynv, al6 einen Theil be& vorher vollftändiger genaunten 
Werks, ift daher veranlaßt κατὰ στοιχεῖον unb ἐπίτομον dva- 
γραφή», συναγωγή», auf ba6 Gane überzutragen; und baé 
fBer;eid)nig der Städte gehörte wahrfcheinfich ebenfalls zu 
diefem alphabetifchen Auszug aus geographifchen, vielleicht 
zum Theil auch (d)on alphabetifch genannten, aber bie ein⸗ 
zelnen Materien augführlicher behandelnden Büchern. 

lab (ft es denn nur zu verwundern, wenn bey Suidas 
οἱ Ilsgısoyonsyns:s, ein für den Schüler beſtimmtes, den 
Gelehrten nicht zureichendes, und eben barum ganz uatürlid) 
von ihnen weniger berückfichtigted, vielleicht erft fpäter feiner 
Kürze und Umfaffung wegen mehr hervorgegogened Hand⸗ 
buch, unter den Schriften des Diogenianos fehle? Nicht im 
Mindeften. Fügt doch Suidas felbft am Schluſſe des Arti⸗ 
kels hey: καὶ zu λοιπὰ, unb an Vollſtändigkeit in Aufzäh⸗ 


298 Anzeigen. 


Tung der Schriften ber Grammatiker und der ſpaͤteren Schrifts 
fteller überhaupt find wir gar nicht gewöhnt. Gin einziges 
Beyfpiel mag hier genügen, da εδ unferem Kalle fo vorzüge 
fid) angeme(fen it, Das oben erwähnte meift poetifche geris 
Ton des Pollion bey Photins. Unter den elf erifograypben, 
bie vor dem Suidas verzeichnet ftebn, findet fi auch Πω- 
Λίων ᾿4λεξανδρευς, Artızaoy λέξεων συναγωγὴ ,κατὰ στοι- 
χεῖον. Alfo zwey Lexika von Pollion; Suidas aber (III, 
164) and Cubofía (p. 360) haben feins vom beyden, fon, 
dern nur eine ganz andre Schrift: Πωλίων 7 Πολίων (I. 
ΕΠολλίων) γραμµατιχός, ἔγραψε περὲ τῶν παρὰ γράμμα 
ἁμαρτανύντων. Guíbaé trennt den Grammatifer Pollion vot 
dem Alerandriner Pollion, mit Beynamen Balerius, unter 
Hadrian (Lehrer bed. SRarc Antonin nad) Eapitolinus),, wels 
chem er die συαγωγην Arrixcoy λέξεων κατὼ στοιχεξον καὲ 
ἄλλα τινὰ φιλόσοφα beplegt, weßhalb er ihn auch ale φι- 
λύσοφος at(fübrt. Aber diefer φιλόσοφος und ber Yyoauua- 
εικὺς waren fehr wahrſcheinlich nicht verfchieben. Bon dem 
Valerius Pollion find aud) die ἀπομνημονεύματα ἸΜουσω- 
yiov τοῦ φιλοσοφου, welche Guibad einem britten älteren 
Pollion, unter Pompeius, lange vor Mufonins, belegt. 
Fonſius, ber diefen Irrthum berichtigt (IIT, 7, 9), giebt ohne 
Auſtand diefem Philofophen das Lexikon bey Photins, ohne 
aa die andre grammatifche Arbeit bey Suidas zu denken. 
Aber wenn dießmal aud dad Wahrfcheinlihe nicht wahr 
wäre, fo genügt und der Umſtand, bag Suidas wenigſtens 
das Lexikon des Pollion fo wenig ald ba& ganz ähnliche des 
Diogenianos anführt. 

Ein ganz andred Berfahren bat unfer Bf. beobachtet, 
beffet Prüfung uns nunmehr obliegt. Offenbar bat auf 
feine linterfuhung Baldenärs berühmte Schediasma de 
Epistola ad Eulogium einen nacıtheiligen Einfluß ausgeübt. Hr. 
90. ift über biefe Dissertatio palmaria , wie fie von manchen 
denannt worden ift, obgleich er die Widerlegung Ruhntend 


Sefydinus. 900 


anerkennt (p. 18), von bem er dann in Hanptfachen abgeht, 
nicht gang ind Klare gefommen (p. 29) , da fein Urtheil im 
Syauptpitnften von ihr abhängt. Um fo mehr muß εδ Daher 
Außgefprochen werden, bag dieß Schediadma, in Berbindung 
mit den fpäteren, uad) Ruhnkeuns Gegenbemerfungen. trotig 
wiederholten Behauptungen in bem vierten Excurs zn den 
Adoniazuſen, unerachtet mancher febr (dhágbaren Nebenbemer⸗ 
fangen und vorjüglíd) der richtigen Behanptung , daß wir 
nicht einen Auszug aus Hefychius haben (was aud) Hr. R. 
€. 49 zugefieht), zu dem Berlehrteflen gehört, was bie pbis 
lologiſche Gelehrſamkeit aufzuweiſen bat. Schwerlich bat in ei» 
ner andern als ber alten Litteratur einer der anerfannteu 
Kenner und Meifter ein Beyfpiel einer fo widerfinnigen Un⸗ 
terfuchung, einer folhen Mievdentung und Mishandlung eis 
nes Terted gegeben, wie bieje Schediasma Πε enthält. Die harte 
Urtheil möchte, was die Sache felbft betrifft, ber Drüfung eio 
ned eben anheim gegeben ſeyn. Wenn aber eine Milde 
rung manchem durch die fo großen Serbienftet und Thätigs 
keiten ſchuldige Hochachtung geboten zu ſeyn fcheint, fo wer» 
den dagegen andre bey einer ſolchen Verfennung und Ber» 
drehung der Thatfachen (fep ed and Mangel an gefchichtli« 
den Sinn und Wahrheitsgefühl oder aus faunenbaftem Miss 
brauche der Kritik), wie fid) bier der unbefangnen Erwaͤ⸗ 
gung aller Sachverhaͤltniſſe zu erkennen giebt, Verdruß nud 
Aerger nicht unterdräden fünnen nod) mögen, follten ffe aud) 
an Uinterfuchungen wie bie über 9Immoniud und befonders 
Aber Ariftobulus ihre große Freude gehabt haben. Balder 
sát felbft, im feiner Jugendarbeit, enthielt (id) nicht des ges 
rechten Huwillenó gegen H. Stephanus hinfichtlid beà Am⸗ 
monins, und ungleich weniger ift. Unempfindlichleit in Ber 
(ug auf fein ungleid größeres Unrecht gegen ven Hefychins 
gu foderu. Es fcheint fogar hier einer ber Fälle, wo es eis 
fer redlichen Kritik geflattet (εΦ muß, um nur zu begreis 
fen, wie berühnte Männer. fo gar eerfebrte Unſichten auf» 


300 Anzeigen. 


ſtellen und verfechten mochten, die dann noch ſpaͤtere Ge⸗ 
ſchlechter verwirren, in Zeitumftänden und Perfünlichkeiten 
einen Auffchluß zu fuchen. Als Daldenär bad Schediasma 
im Sabre 1747 fchrieb, [ag ibm der erſte Band ber neuen 
Ausgabe des Hefychius, mit bem vollftändigen Apparate gu 
der Frage, nod) ziemlich neu vor. Unter bie Freundfchaftss 
verficherungen des geftrengen Kritikers gegen ben theologifchen 


Gollegen fcheint fíd) einige Nederey und etwas herausfodern⸗ 


des zu mifchen. Dum probabilis offert se opportunitas, de 
Epistola Hesychio praefixa quid sentiam, contra receptam 


persuasionem liberrime dixisse nihil nocebit: certe confido, 


editorem cl. quem inter paucos facio sane maximi, meam 


in re non gravi libertatem minime iimprobaturum, meque, 


etiam, ubi aberravero, comiter in viam reducere non recu- 
saturum, — Digito tantum attigi, quae copiosius poterunt 
confutari, si quis epistolae scriptori defensor improvisus sub- 
oriatur, quocum otiosus velim hac in re disputare. Qt» 
πεί fagt in den Nov. Act. Erud. 1769 Aug. p. 54o, vet» 
‚muthlich nad) Briefen von Alberti: Dubitarat enim aliquis 
crebris cum Alberto sermonibus epistolam ab Hesychio scri- 
ptam, quoniam opus non tale esset , quale epistola promit- 
teret. Hesychium autem non esse mutilatum. Ruhnken war, 
wie er felbft fagt, in ber Zufchrift ber erſten Epist, crit, 
4749, die, nad) Wytteubach, ſechs Jahre mad) feiner Ans 
funft in Leiden erfchien, erſt zwey Sabre vorher, Durch Sete 
mittlung bedeutender Männer, mit Baldenär bekannt gewors 
den und rüfmt ſich häufiger Briefchen von ifm. Seinen 
und Baldenärd nunmehr alten Lehrer nennt. er divinnm vi- 
rum. Auf bas Schediasma antwortet er nad) vielen Jahren 
in der Borrede zum zweyten SBanbe, zu dem er bebül(lid) ges 
weſen war, mit freundfchaftlicher Verehrung und vorfichtiger 
Zurückhaltung: entichuldigt feine abweichende Anficht in re 


levi (p. V) und beutet auf Gbicane gegen den Brief am, 


Eulogius höchftend in den Worten (p. X): Hinc forte ea- 





$efodiusa. 301 


villator aliquis ausam arripiat veteratorie callideque elu- 
dendi Photiani , quo Hesychius premitur, testimoniL Sed 
rum nostrum sit ingenue et simpliciter agere cet. Den Als 
berti nennt ex visum unum omnium doctissimum — quem 
praecipuum nascentis laudis suse fautorem babuisset. (ies 
ben Sabre fyäter zu beu Adoninzufen, ſchreibt Valdenär: — 
dum totus esset lo. Alberti in. Hesychio, cujus ego librum 
paene puer jam coutriveram et cum Homero aliisque dili- 
gentissime contuleram , adjeci reliquis Schediasma — sig 
seripäum , ut putarem, quae in illo disputassem , visum iri 
herum rerum intelligentibys vera, sie ut cadere vix pas. 
sent in dabitationem: nee tamen valle mireber loannem 
Alberti sua quaedam. isti schediasmati per epistejam obmo- 
ventem. Sed hauc disputationem ingredi nwpe spiamodum 
non est. Nihil prolatum vidi, quod ab opinione me sus- 
cepta demoveret , in qua dies me magis magisque confirma- 
vit. Welcher Fremde mbd)te dem Manye abiprechen, was 
Wyttenbach, nachdem derſelbe abgefchieden war, an ihm 
rühmt, rerum humanarum perspicientiam et vanitatis despi- 
cientiam, oder bie von Ruhnfın, bem πού jungen und ab» 
bángigen, in der Epiſtola critica au ihm gelobte animi mag- 
pitudo , quae quo. rarius in his, qui in hoc ipso litterarum 
genere versantur , reperitur, eo. magis videtur suspicienda ? 
Aber in jenem Syerabfehn auf Alberti und sua quaedam, in 
ber verftedten Schnöbheit und der offenbaren Berftocktheit ges 
gen 9tubnfené, wahrfcheinlich im Wefentlichen früher auch ſchon 
von Alberti fchriftlich geüufferte Gegengrünbe, in bem Bab. 
se, daß über einen Schriftficher, den man von Jugend auf 
iu den Händen abgerieben , und über freyefte Gonjecturen, 
bie man in Betreff feiner aufgeftellt hat, alle fernere Unter⸗ 
fuchung abge(d)nitten bleiben follte, ift nichts alà gemeiner, 
zäher Sjanbmerfé(tofg ober ber bed berühmten und weithin 
berrídenben Profeffor litterarum. antiquarum gu erkennen. 
Die fteife Förmlichkeit jener durch VBeharrlichleit und Ueber» 
NM. Rhein. Mur. f. Phil. 11. 20 





302 Anzeigen. 


[egtheit höchft ſchäͤtzbaren, durch ihre Gaben und Leiſtungen 
ehrmwürdigen Kritifer , die faft Römifche Gravität, womit ffe 
bie Fasces vor einander fubmittiren‘ oder auch felbft Lictos 
ren vor fich einherziehen laſſen, bie großen Perüden fogar, 
‚die nicht ohne großen Einfluß auf bie Art ber Studien Olei, 
ben fonnten, beobachtet und berücfichtigt man nicht ungern, 
wie jede Eigenheit unb Farbe der Zeitalter. Aber mit Peiner 


e 


andern Art von angenommener unb fünftlicher Würde dür⸗ 


fen Eigenfucht und Anmaßung weniger (id) verbinden, went 
fie nicht febr abftoßen foll, als mit wifienfchaftlichem Anfehn, 
wo diefe Eigenmacht als ungelehrt Eleinlihe, wahrheitver« 


laͤugnende Nechthaberey und Stenommíítereg Πώ Aufjert, die, . 


fobald fie ald das, mad Πε find, erfannt werben, einem. Vir 
Summus (o übel anftehn. 


(Befhluß folgt.) 


Inedita et nuper primum edita. 
VI. 
Epigrammata Graeca. 


19. 

Φθέγγεται ἦρεμ) de( , γελάει µόρον’ 5 τάχα δώσει 

τᾷδε À(Qo ψυχἀάν. μορφώ τόσον ὀύναται. 

Marmor prope Argos anno 18:0 una cum aliis a Veli 
Pascha effossis emptum a Northio, Comite de Guilford. Ti- 
tulum, a Mauromato Cocyraeo, Academiae Ionicae socio, ex- 
scriptum, hoc modo edidit et interpretatus est Stellio Doria Pros- 
salendi in Diario Ital. litterat. Patavii 1811 T. XXVIII p. 95. 

Φδέγγεται, ἠρεμέει, γελάει µόνον ; καὶ τάχα δώσει 

τὰν δὲ λίθῳ ψυχάν; μορφαὰ τόσον δυύλαται. 
Parla, s’acgucta, ride sol? ο anche presto 
Darà anima al sasso? Tanto ριὸ la forma. 


Boeckhius in Corp. Inscr. Gr. T. I p. 585 n. 1147 interro- 
gationis signa delet, µόνον metro obesse, µορφὰ secundam 
male corripere, animadvertit, pro obscuro ta»ós yvyar, cum 
tà» δὲ ferri nequeat, conjicit τῷδε A(/gm. Equidem, pace 
quod Mauromati factum sit, paulo liberius emendavi et MO- 
NON quidem iu MOPON mutato genuinum poemati haud 
saue ineleganti sensum reddidisse mibi videor: neque 1ρε- 
μέει, lapide denuo perspecto, revocatum iri credo, Reliqua 
Iacobsius meus in litteris ad me datis correxerat, qui prac- 
terea 600» volebat pro τόσον. Et H si lapis habet, fortasse 
pro K accepit Mauromatus, quod saepe pro Κ.άΙ in marmo- 
ribus invenitur. De 7 ray« v. lacobsii Animadv. ad Me- 
leagri ep. 12, v. 5; de feminino λίθος Not. crit. ad Anthol. 
Pal. p. 135. TAIAE transiit in TANAE ut ΦΩΝΗΙ in 
ΦΩΝΗΝ Syll. Epigr. Gr. n. 190. Epigramma, quod in- 
tegrum esse nunc statuo, subscriptum fuisse videtur statuae 
sepulerali, quales composui plures in Syll. Epigr. n. 187. 
Add. Corp. Inser. n. 1030 ήτις καὶ μο]οφὴν ἐτύπωσεν πᾶ- 
σιν ὁρᾶν µε. lmagines Polybius VI, 55 describit οἱονεὲ To- 
σας xai πεπνυµένας. Syll. n. 160 sixóy ἀναστήσασά σε- 
Φεν, μορφᾶς τύπον 8unvovy. Antiochus, Anthol. XI, 412 
ψυχὴν μὲν γοάψαι χαλεπόν μορφὴν δὲ χαράξαι 'Ῥαδίν. 
A Platone ερ. τὸ «anus artificis dicitur κωφῷ Φεσπεσίως 
πνεῦμα βαλοῦσα Ad. (Pro ἐμβάλλειν πνεύμα ali χέειν.) 
Cf. Erinnes Ep. ı. Novum est in nostro commentum, non 
artificem, sed statuam, quum jam loquatur et rideat, mox ipsam 


304 Inedita et nuper primum edita. 


animam ct intimum vitae sensum esse manifestaturam. Si- 
mile est quod iu Noetem dormientem Michaelis Angeli dic- 
tum refert Vasarius T. VI p. 228: destala, se nol credi , e 


parteratti, 
20. 


Γαΐαν ἐς ὀθνεί]ην σ᾿ ἐλθόντ', ἄπορον δὲ xéxev[9s 
& κόνις] Apyslov, θυμὸν ἀφέντ ἀπονει. 

Argis, in muro destructae eoclesiae, sub auaglypho vi- 
rum cum puero ante aram repraesentamte. Paulo plenius 
quam Boeckhius n. sı4ı, ex sehedis Fourmenti, edidit Leake 
Travels in thc Morea Inscr. n. 65. Parum certa est re- 
stitutio prioris versus : 

HSOPINHNTEAÁAGONTA NOP.. dAEKEKEYO 

APTEIQNOTMONAD®ENTATIIONEI 
Ex OPINHN feci ΟΘΝΙΗΝ. Fourmontus dedit ZOPHNHN, 
omisso in fronte H. Idem pro T ante ἐλθόντα L. 
25. 

"Oc τόδ᾽ ἆγαλμ᾽ ἀνέθηχε, Φιλόστραχος ἔσι ὄνυμ αὐτῷ, 

πατρέ δὲ τῷ τήνου «{αμοφόων ὄνυμα. 

Iu columna (columnam seele) in Aegina ab Anglo re- 
rta, Titulum prepesuit Leake in consessu Societatis litter. 
ondig,. sense Majo 1835 habito, 

22. ; 
Οὕρομα Φιλοκύνηγος ἐμοί. τοῖυς yao ὑπάώφχων 
Φηρσὺν ἐπὶ φοβεροῖς κραιπνὸν Enxu φόνον. 

Pergami, in fronte balnei, olim eeclesiae, sub.agno ana- 
glypto, quem alienum a titulo esse puto. Descripsit Proke- 
schius et cum aliis tradidit Societati, quae Friburgi floret, 
historicae, Ultima non optime legisse videtur KPALHNEO- 
KAHON. Litterarum formac rotundae sunt o, C, simul 
tamen, ndest E. | 


Drudfiebhler. 

6. sıı Not. I. χοέµισα». — ©. 119 8. 20 I. ὀμοβόλν — ©. 
119 S. a9. u. I. homogiros. — ©. 168 Not 3 7 1. Φεαρο «188. 
€. 169 3. 3o I. Alpheios. S. ı72 S. a5 1. ſtrebten. ©. 174 S. 6 
u. 7 I. von den ſechzehn rauen. S. 176.3. 8 |. „Fergirm. 6. 
18ο 3. 21 I. des Pilatıfhen Dyspontion. S. 220 3. κι I. ὁρᾷς. 
©. 238 8. 33. f. nehmen f. nahmen. ©. 273 8. 6 ift fie zu Nilaey. 

©. 2275 3. ı5. Fu dem Orafet au Homer bep Pintard de 
vita Hom. c. 3 duavoa» Jelldwr ὁσσων. 


— οφ ΗΕ port À— À——— 


Ueber den Ampbitruo des Quíautue. 


Unter allen und erhaltenen Plautinifchen Dramen zeich⸗ 
wet fich ber Amphitruo nicht allein burd) bie wirkliche Ueber⸗ 
fchwenglichkeit des ungebundenften, in biefer Komödie reich, 
lich entfaftetet fomijd)en Gehalts, fondern eben fo febr durch 
die Merfwürbigfeit beà ihr zum Grunde liegenden Gegens 
ftanbeà aus, der unfere Aufmerkfamfeit vorzüglich aus bem 
Grunde in 9fnjprud) nehmen muß, weil eà unter den übris 
gen und erhaltenen Komödien des Plautus feine einzige 
giebt, welche fich rücfichtlich des in ihr behandelten Stoffe 
mit bem Amphitruo in Bergleichung fielen ließe. Der 9Im» 
phitruo (lebt in biefer Hinficht unter allen Komödien, nicht 
blos des Plautus, fondern bed gefammten Römifchen Alters 
thums einzig und ohne Beifpiel da unb verbient in biejer 
Hinſicht bie größte Beachtung. Das Charafteriftifche, moz 
burd).(íd) ber Amphitruo von den übrigen Römifchen Komö⸗ 
bien unterfcheidet, ift der mythologifche Stoff, ber hier Ge: 
genftand fomifd)er Bearbeitung geworden, und bie daraus 
nothwendig folgende ganze Haltung in der Darftelung. Dies 
fen durchaus neuen, von feinen übrigen Werfen gänzlich abs 
weichenden Charakter fcheint Plautus felbft in feinem Prolog 
angedeutet zu haben, wo dieſes Drama eine Tragicocomoe- 
dia genannt wird, ein höchſt merfmürbiger Ausdrud, ber 
weiter feine @rörterung finden wird. Das mannigfaltige 
Treiben beà hunslihen, alltäglidien Lebens in bem Seife 
einer oder mehrerer Samilien , welches (id) in der Regel um 

9t. Rhein. Muſ. fe boit, 1, 21 


300 Ueber den Ampbitruo 


Die giebesabentheueh und Intriguen eines jungen, vom .eba 
nem verfchmitten Helferähelfer in ter Perſon eined Sklaven 
unterftüßten Mannes brebt, wie wir Ὀίε[εὸ unter mancherlei 
Mobificationen in fümmtlid)en πο vorhandenen Dramen 
des Dichter mehr oder weniger dargeftellt wieder finden, 
wird vergeblich im Amphitruo ge(ud)t, wo wir dagegen eine 
uralte Gage der Griechiſchen Vorzeit komiſch behandelt feben, 
in welcher der Vater der Götter die Hauptrolle felbft übers 
nommen hat, und die Bühne mit Blik und Donner erfüllt. 
Es handelt (id) in dieſer Mythe um nichts Geringeres ale 
um die Geburt des ftünfflen der Götter, des Herakles, bei 
welchem Zend Vater» und Hebammmenftelle zugleich vertritk, 
Mena dagegen fonk Plautus und in die Berhältniffe einer 
gemeinen niedern Sphäre des Griechifchen Lebens einzufüh⸗ 
ren pflegt, wie fie furg vor bem Untergang Griechiſcher Nas 
tionalität beftauden haben mögen: fo werden wir im Amphis 
trno in bie. Altefle Vorzeit felbft geführt, gegen welche bie 
Begebenheiten vor Ilion jung unb neu genannt werben fons 
nen, in eine Zeit, bie jenfeitd ber Gefchickte liegt und bare 
um dem Dichter feinen Zwang. anlegt, in Beachtung: vog 
Seits umb SDrtéverbültnifen ängflich genau zu ſeyn. Und im 
der That bat fih der Dichter in δίεε Hinficht Dinge ers 
lau6t, bie nicht feiner Umwifjenheit ἔδππει zur Laſt gelegt 
werden, fondern vielmehr Durch baó ihm zuflehende Recht, 
feine poetifche Kreiheit geltend machen zu bürfen, erlärt mers 
den müffen. So liegt ibm, um ein Beifpiel anzuführen, das 
Böotifche Theben ganz in der Nähe ded Meeres, wohin man 
in furzer Zeit aus dem Hafen gelangen kann. Ferner fcheint 
er ſich gar nicht die Mühe gegeben zu haben, auszumittelm, 
wohin eigentlich das Gebiet der Telebver und Taphier, mit 
weichen Theben unter Amphitrvons Anführung Krieg führt, 
zu verlegen ſey. Schwer würde es ihm aud) fallen, meii ex 
von dem in den Worten I, 1, 248 nonne hac noctu noslra 
navis huc ex portu Persico advenit; quae me advezit (vgl. 


des Plautus. 307 


noch 9. 256. 11, 2, 191) erwähnten Hafen Rechenfchaft ab» 
legen follte. 

Wenn nun bemuad) ber Ampbitruo bed Plautus eine 
für ſich ſelbſt beítebenbe Gattung der Komödie darzuftellen 
fcheint , die ohne anderes Beifpiel in der Ritteratur der Roͤ⸗ 
mer ift: fo verlohnt ed fich wohl ber Mühe, bie(e orm ber 
Komödie ihrem innern und äußern Weſen mad) näher Ten 
nen zu fernen. Das Verſtändniß derfelben einzuleiten, flud 
folgende Bemerkungen beitimmt, welche jebod), was gleich 
bevorwortet werben muß , keineswegs beabfichtigen, Die künſt⸗ 
lerifche Behandlung des Amphitruo als eines poetiſchen Kunſt⸗ 
werkes zu entwideln. Vielmehr ſtellen wir und nur bie Aufs 
gabe, den Standpunkt zu bezeichnen, welchen der Amphitruo 
in der Gefdjibte der Römischen Komödie einzunehmen habe. 

Der Gegenſtand des Plautinifchen Amphitruo beruht auf 
einer Mythe, deren Grundzüge wenigfiend in ihrer einfach, 
ſten Geftalt in das höchſte Altertum hinaufreichen. Die 
Ausbildung der Mythe, wie Πε jegt vorliegt, darf in jene 
Zeiten nicht hineingetragen werden , fondern gehört der ſpä⸗ 
teren Zeit au. Die erfle Spur finbet fich fchon in ber Ilias 
XIX, 96, mo ed bem Dichter nur darauf anfam, δίε Hits 
derniffe, welche Here der Geburt des Herafles in den Weg 
gelegt, darzulegen, unb den daraus zwiſchen ihr und Zeus 
entflandenen Zwift zu befiegen. Die fonfligen Berhältniffe 
ber Alkmene bleiben Dabei unerörtert, und ob εὁ Zufall (ο, 
bag bierbei aud) Amphitryon unerwähnt bleibt, (eg dahin ge» 
ftellt. Als Gemahl ber Alfmene wird er jebod) (don Odyss. 
Xi, 265 aufgeführt), unb zwar zugleid mit Herakles, ber fci» 
nen Urfprung der Umarmung beó Άεμὸ und der 9Hfmene 
verbanfe. Wir find gezwungen, um und ben ganzen My⸗ 
tboà in feinem Umfaug anfchaulich zu machen, bie Nachrich⸗ 
ten Späterer ergänzungsweife zu benugen, ohne ed jedoch 
jegt ernfihaft unternehmen zu wollen, bie fpätern Zufäge von 
den alten urfprünglichen Beltaudtheilen ded 9Diptbo$ andy 


308 Ueber ben Amphitruo 


fcheiden , oder ihn in feiner ganzen Audführlichkeit bars 
zuftellen. 

Das Geſchlecht des Herakles wird von mütterlicher 
Seite nach der Sage auf den Perfeus zurücgeführt: deſſel⸗ 
ben lirfprungà war auch fein Adoptivvater Amphitryon. 
Perfeus zeugte mit Andbromeba außer einer Tochter Gorgos 
pbone ben Perſes, Alkäos, Sthenelos, Φ[είοὸ , Meitor und 
Cíeftryon. 1) Vom Alkaͤos entfprang aus einer Verbindung 
mit fíipponome, beà Mendkeus Tocter, Amphitryon 2) 
und eine Tochter Anaro, welche ihr Oheim Gíeftrgon δεί, 
rathtete, unb außer einigen hieher nicht gehörigen Söhnen 
Alkmene geugte. Eine andere Linie bildete des Perfeus Sohn 
Meſtor, deffen Gattin Lufidife aus einer Umarmung mit 
Dofeidon den Taphios gebar, welcher Taphos grünbete unb 
bie Bevölkerung Teleboer nannte. Bon diefem Taphiod ente 
fprang Pterelaos, welchen wir auch beim Plautus erwähnt 
finden. Soweit nad) Apollovor II, 4, 5 die Abſtammung 
ber Perfonen, meldje in der Fabel, foweit fie bramati(d) bes 
handelt worden, die Hauptrollen fpielen. 

Amphitryon, erzählt Apollobor weiter, nachdem er un⸗ 
verfchuldet den Elektryon erfchlagen, 3) ward gezwungen, 
mit Alkmene und Likymnios, Sohn Eleftryond , die Herr» 
fhaft von Mykene dem Sthenelos, Sohn beà Perfeus, zu 
überfaffen und wandte Πώ nad) Theben , befjem Herricher 
‚Kreon ihn freundlicdy aufnahm, von feinem begangenen Vers 
brechen entfühnte unb bem Likymunios feine eigne Schweſter 


1) Lepterer Heißt beim Plautus Prol. gg Elektros, in ber uns 
tergefhobenen Scene IV, 4, 54 dagegen Eleftryon. Ebendaf. 49 wird 
aud der Gorgophone gedacht, die fou(t beim Plantus nicht vorkommt, 
und Amphitryon ihr Enkel genannt. 


3) Schol. Eurip. Πες. 869 ed. Matth, 


3) Ob (id Hierauf tie Nachricht des Helladios δεί Phot. Bibl, 
Cod 299. p. 871. (533. a. ed, Bekker,) "4oyove γὰρ ἣν χωρίον το 
καλούμενο» Κύδνιο», οὗ τοὺς ἄνδρας now ᾽ἀμφιτρύων ἀνεῖλε πάν- 
τας, πλην ὀλίγων πἁνυ beziehe, it nicht Flar. 


des Plautus. 309 


SDerimebe zur Gemahlin gab. Früher waren die andern 
Soͤhne des Elektryon in einem Kampfe mit den Söhnen des 
Dierelaos erfchlagen worden, und biefe lintbat zu rächen, 
wird bem Ampbitryon von Alkmene als Bedingung ihrer 
Gun(t und Zärtlichkeit gefegt. Diefen Siegerlohn fid) zu 
verbienen, bezieht Amphitrvon bie Taphier ober Zeleboer 4) 
mit Krieg unter Beihülfe des ftepbaloó von Thorifod 5) in Ats 
tifa, bed Panopeus ans Phofis, des Φ[είοῦ, Sohnes des 
Derfeus, und ded freom von Theben. Pterelaos flirbt, und 
nad Beflegung der Taphier fominen die Inſeln, Die fie ber 
wohnt, theild an Eleios, theild an Kephalos. Che jedoch 
Amphiteyon nad) &beben, wo er die bié dahin von ihm uns 
berührt gebliebene Alkmene zurücgelaffen, surüdfommt, hat 
Zeus unter der Geftalt ded Amphitryon Alkmene getäufcht: 
er it ald Amphitrvon aus dem Feldzug heimgefehrt , bat zu 
feiner Beglaubigung ihr die Ereiguiffe und bem Crfolg bed 
Sugé erzählt, unb ihre Gunſt drei Tage fang, bie er in 
Eine lange 9iad)t verwandelt Bat, genojfem. Amphitryon 
endlich felbft, einen Tag mad) diefer verhängnißvollen Nadıt, 
zurückgekehrt, entdeckt des Zeud Betrug durch eine Offen 
barung des Sehers Teireſias, 6) ohne ihn jedoch zum Grunde 
einer Trennung von Alfmene zu macden. Aus der Doppels 
ehe entfichen zwei Kinder: vom Zeus gebiert Alkmene ben 
Herafled, vom Amphitryon einen Tag darauf ben Iphikles. 
So weit Apollodor, mad) Pherefydes, mie es fcheint, 
welchen er aud) 1I, 4, 8, 5 als Gemábràmann in diefer Gas 
ge anfübrt. Vgl. Schol. Odyss. A, 266. Es id für ben 
vorliegenden Zwed unnöthig, weder auf bie Anachronismen, 
welche fich in tiefer Sage anhäufen, aufmerkffam zu machen, 


4) Schon Φεβοδοό Scut. ı9 fagt Ταφίων 1dà Τηλεβοάων. — 
lieber die Veranlaſſung diefes Kriegs vol. Tzetzes zu Lykophron 33. 


5) gl. Antonin. Lib. 4t. 


. 6) Etwas anders wird die Cade vorgeſtellt bei bem jüngeren 
Philoſtratos Imag. 5. 


310 Ueber ten Amphitruo 


noch aud) die Abweichungen Anderer, vorzüglich in bem 
genealogifchen Theile ber Sage, bier anzumerken, in fo fern 
biefe nicht mejentfid) find. Nur das verdient bemerft zu 
werden, bag biefefbe Form des Mythos, bis auf einige gleich 
anzugebende Nebenpunfte, (Id) in geringerer Ausführlichleit, 
oder, menn man lieber will, in größerer Einfachheit bei Her 
ſiodos Scut. Herc, init. findet. Nur in zwei Gtüden floßen 
wir dafelbft auf merkwürdige Abweichungen: einmal, bag 
die Berfappung in Geftalt Amphitryons, mittelft welcher Zeus 
bie Alfmene berüdt, unerwähnt bleibt, rad gewiß vom Dicke 
ter nicht unerwähnt geblieben wäre, wenn -Ὀίε[εδ damald 
ſchon in ber Sage vorhanden gewefen wäre; zweitend heißt 
ed nur ganz einfach, daß Zeus ber Alkmene in der Nacht 
beigewohnt habe, in welcher {είπε Stelle der fpäter anfoms 
mende Amphitryon eingenommen habe. V. 35. 

αὐτῇ μὲν γὰρ νυκτὶ τανυσφύρου Ἠλεκτρνώνης 

εὐνῇ xai φιλότητι µίγη , τέλεσεν ὃ᾽ up! ἐέλδωρ. 

Alfo Feine Erwähnung ber drei Tage währenden ober ber, 
wie andere angeben, in einen Tag verfchmolzeuen drei Näch—⸗ 
te, wovon Herakles bei Spätern den Beinamen τριέσπερος 
führt. Lykophron 33, wo Xzeßed zu vergleichen. Ein unge 
druckter Scholiaft ded Clemens Aler. in der Königl. Bibkios 
fbet zu Parid: λκμήνῃ μὲν τρεῖς νύκτας 0 Zeig aumider- 
&vJev τριέσπερος 6 Ἡρακλῆς, Einer ehernen Statue dieſes 
Herakles gebenft Niketas Shon. in Fabricii Bibl. Graec. T. 
VI p. 408. — Die ετῃε Spur von der Nadhäffung ber 
Geſtalt Amphitryons findet fid) bei Pherekydes: beim es iſt 
wohl feinem Zweifel unterworfen, bag man in der amge — 
führten Stelle des Scholiaften mit Sturz ἐοικὼς ftatt ἑοικὸς 
zu [eje habe. Die andere Abweichung wird man aber flcher 
als fpätern, ausſchmückenden Zufap der Sage anerkennen 
müflen. Pherekydes [είθβ, nad) bem Auszug des angeführe 
ten Scholinften ga urtheilen, weiß von biefer fpätern Aus⸗ 
ſchmückung noch nichts, und menu Apollodor bei feiner Dare 


des Plautue. 311 


ſtellung ben Pherekydes wirklich auch vor Mugen batte, wie 
vermuthet wurde, fo ſtellt ((d) jene Nachricht von ber berhds 
tigten langen Nacht als eine ſolche heraus, bie Apollodor aus 
andern fpätern Quellen ſchoͤpfte uud damit bie Pherekydiſche 
Veberlieferung zu ergänzen meinte: ein Verfahren, beflen 
Apollodor fii mehrmals ſchuldig gemacht hat. Jedoch findet 
fi, bei Pherekydes eim neuer Zuſatz, welchen Apollodor als 
unmwefentlich übergieng. Nämlich nad) Pherefybes zeigte Zend 
der Alkmene, nachdem er ihr den Verkauf des Zuges gegen 
bie Teleboer erzählt hatte, zu feiner Beglaubigung eine 
Scale oder Becher vor, welcher demjenigen gli , welchen 
Amphitryon als Bente nad) Haufe zu bringen und der Als 
mene als Geſchenk darzureichen im Begriff Hand: ἐν ταύτῃ 
Ζεὺς τῇ vvxri ἀφικνεῖται ἐπὶ τὴν Augpırpvevog 'oluiay, ἔχαφ 
καρχήσιον, ἐοικῶς ᾿.Πμφιτούωνι. ἡ δὲ ᾽ἄλκμηήνη δοχοῦσα 
τὸν ἑαυτῆς παοτὸν 7) εἶναι, πυνθάνεται περὶ τῶν Τηλεβοών 
εἰ κατέκτεινεν αὐτδύς. ὁ δὲ Zeus λέγων αὐτῃ πάντα ὅσά 
ἐγένετο, δίδωσι καὶ τὸ καρχήσιον, Φάµενος ἀριστεῖα εἶλη- 
φέναι παρὰ τῶν στρατιωτών. Diefe Schale ober Becher 
bleibt von nun an in der Sage und fie wird von den Späs 
teren, die des ganzen Abentheuers gedenken, fall ohne Aus⸗ 
nahme mit erwähnt. Dem Plautus ift fie eine patera, weil 
er das den Römern ungewöhnliche scyphus gu vermeiden 
fuchte, wie Makrobius V, 21. p. 425 ed. Pontan, fagt. le 
ber diefed Gefäß wol. Heyne Obs. ad Apollod, p. 13:. lle 
brigens iſt bie Erwähnung biefer Schale mod) Alter ale Phes 
rekydes: denn fie finder fid) ſchon unter bem Ramen σχύφος 
bei Anarimandros, dem Zeitgenoſſen des Thales, weicher in 
einem Fragment feiner Floworoyra bei Athen. XI p. 498 C. 
vielerlei davon zu berichten weiß. Sie fep, heißt es bafelbft 
unter andern, ald Ge(djent von Pofeidon feinem Sohne Tes 


7) Sturz danaaıdy, Butimann ἐραστήν. Vielleicht τὸν ἑαυτῆς 
πόσιν αὐτὸν εἶναι zu lefen, 


812 Ueberden Amphitruo 


boad gegeben morben, und (o (ei Πε in die Hände des mte 
relaos gefommen. 

Daß die fpätere Zeit in ber Ausbildung diefed Mythos 
fib gefallen mochte , ift leicht θερτείβίώ, unb der Stoff (elb(t, 
welcher an fid) (dion die erwünfchteften Situationen ber Ko« 
mödie barbot, mußte bie bramatifchen Dichter, und vor als 
[et die &omifer zur Behandlung einladen. Wir wiflen, daß 
ſelbſt Sophofles einen ᾽μφιτρύω». gefchrieben. in und 
bieraus erhaltenes Fragment bei Schol. Oed. Col. 589 

ἐπεὶ dà βλάστοι τῶν τριῶν μίαν λαβεῖν 

εὔσοιαν ἀρχεῖ.... « 
beweift, daß, gleich wie Plautus, fo auch Sophokles dem 
Theil ber Mythe von der verlängerten Nacht benugt hatte: 
wie den Sinn dieſes Kragments aud) (djou richtig Lenz im 
Hal. Litt. Zeit. 1808 No. 118 ©. 930 auffagte. Daß 
übrigens bíefer ᾽άμφιρύων ein Drama fatgrícum gemefen, 
Tann feinem Zweifel unterliegen. Außer Sophokles behans 
delten dDenfelben Gegenftand, fo weit unfere Nachrichten reis 
chen, drei Komifer, unter welchen vor allen Archippos, ber 
alten Komödie zugehörig, zu nennen ift, von welchem weiter 
unten die Rede feyn wird, wie aud) vom Rhinthon, bet 
gleichfalls einen Amphitrgon fchrieb. Endlich wird nod) eiu 
Amphitryon von einem jüngern Aefchylos, einem Alerandrie 
niſchen Lichter, welcher fidy auch im Epos verfucht, ange» 
führt bei Athen. XIII p. 500 E, wo und zwei Berfe dam 
aus erhalten worden, and denen jedoch für Inhalt und 
Anordnung ded Dramas mit Sicherheit nichtd abgenommen - 
werden kann, wie dieß leider αιιώ von bem übrigen Dras 
men, bie wir erwähnt haben, großentheild gelten mug. Für 
Nachbildungen von Scenen aus alten Dramen dieſes Ins 
halts find wir aber auf jeden Fall θετεώιέρι mehrere Dar» 
ftellungen aus alten Werfen ber Kunſt zu halten. Ein Bas 
fengemälde biefer Art wird weiter unten angeführt werden. 
Auf einem Serculanijd)en Wandgemälde ift der kurz nad) der 





des Plautus. 38 


Geburt mit zwei Schlangen fämpfende junge Herakles bars 
geftellt: Amphitryon zudt das Schwert, um bem angegriffes 
πει Herakles zu Hülfe zu fommeu: Iphikles wird von einem 
alten Pädagogen in Phrygifcher Sklavenkleidung getragen: 
im Hintergrund fteht die erfchrodene Altmene Vgl. Anti- 
quite d’Hereul. L Tab, 4. Pictur. Hereulan. T, I p. 37. 
Diefe Darftellung,, von ber Plautus gang abweicht, ſtimmt 
ganz mit der Erzählung bei Theokritos und zum Theil mit 
der Beichreibung eined Ὀεμ[είθει Gegenſtand behandelnden 
Gemäldes bei dem jüngeren Philoſtratos Imag. 5 überein. 
£56 diefer bildlichen Darſtellung jedoch eine bramatifche Sce⸗ 
πε als Vorbild zum Grunde gelegen, bleibe dahingeftellt. 
Wenden wir und nun zum Plautus, um zu (eben, wie 
derfelbe die Sage in feinem Amphitruo verarbeitet bat. 
Mit den Teleboern führen die Thebaner Krieg, und 
amar unter Anführung beà Amphitryon, welcher, ald er ins 
Feld zieht, feine Gattin Alkmene, des Elektros Tochter, 
fhwanger zurückläßt. Prolog. 100. Er wird ein Argiver 
genannt (Prol. 98) unb amar in Theben fid) unter ber Jie» 
gierung ded Könige Kreon anfbaltenb. I, 4, 39. Während 
Amphitryons Abweſenheit nähert fih Zeus, von Liebe ent: 
brannt, ber Altmene in der Geſtalt und Kleidung ihres Ges 
mahls, in Begleitung [είπε getreuen Hermes, der bie Geftalt 
des Sofia, eines der Diener Amphitryond, angenommen, wos 
burd) die Taäͤuſchung vollfommen wird. Zeus giebt vor, 
eben aus dem Feldzug: zurücgelehrt zu ſeyn, unb illt feine 
Luft, indem ihn Alkmene für 9[mpbitrgon θὰ Auch if 
ihm Eine Nacht nicht genug: fondern es wird bie Zeit von 
drei Tagen in Eine lange Nacht verwandelt, in welcher Zeus 
bie Alkmene genießt. Prol. 114. Um die Täufchung noch 
vollkommner zu machen, find von Zend und Hermes fogar 
bie Gejdjenfe entwendet worden, melde Amphitryon beim 
glüdlichen Ende ded Kriegs erhalten, unb werden nun vom 
Zeus ber Altmene zum Gefchen? gemacht, zu welchem Zweck 





314 Weber den Amphitrud 


(e and) Amphitryon beflimmt hatte. Prol. 138, 'IT, 2, 128. 
Der Krieg, ber burd) Raͤubereien von Selten ber Teleboer 
veranlaßt worben , (ft unterdeffen glücklich für bie Thebaner 
und Kreons Herrfchaft beendigt (I, 4, 39): die Teleboer find 
in einer hartnädigen Schlacht gänzlich überwunden worben 
und Amphitryon hat eigenhändig ihren König Pterelaos ete 
ſchlagen (1, 1, 96. 259. 2, 37.) Als Preiß dieſes Sieges 
and Unterpfand des Friedens bat Amphitryon eine goldne 
Schale von den Teleboern erhalten, aus welcher Pterelaos 
zu trinken pflegte (T, 1, 108. 262. 2, 36.) Amphitryon ii 
tun heimgefehrt unb (didt vom Hafen and feinen Diener 
Soſia voraus, um ber Alkmene feine glüdliche Ankunft zu 
melden: diefer wird aber voit dem Schildwache flehenden Sero 
mes vom Haufe bed Amphitryon nicht auf die fanftefte Weiſe 
wieder weggemiefet (I, 4.) Bor Anbruch bed Morgens, 
welcher auf die lange Nacht folgt, verläßt Zeus bie Alle 
mene, angeblich uim zum Heere zurüdzufchren, baó er nur 
heimlich verlaffen habe, um fie durch einen Se(ud) zu ers 
freuen (1, 3.) Bei hellem age tritt num ber ächte Amphis. 
tryon auf, und nun entftebt Verwirrung und Zwiſt zwifchen 
beiden Eheleuten. Zur Entfcheidung deſſelben fol Naukra⸗ 
ted, s) ein angeblicher Verwandte der Alkmene herbeigehoft 
werden, der mit Amphitrvon angefommen, aber im Hafen 
geblieben fep. Nach mancherlei Moftificationen Amphitryons 
von Seiten Jupiters wird endlich bie immer mehr zunehs 
menbe Berworrenheit und Berwidelung ber Berhältniffe ihrer 
Löſung näher gebracht durch bie erfolgende plögliche Ries 
berfunft der Altmene. Sie gebiert zwei Knaben unter bem 
Beiftand des ihr als Donnergott nahen Zeus, von denen bet 
eine ftärfere an dem leichten Erwürgen zweier ihn in ber 
Wiege überfallenden Schlangen als Zeus Sohn erfannt wird. 


8) Dieß ift eine vom Dichter fingirte Perſon, von ber fi we: 
er in Lite Mothos nod) in ber Genealogie des Perfeus irgend eine 
pur finder. 





des Plautus. 315 


(Der Rame Hercules wirb jeboch hierbei nid)t genannt.) 
indem Amphitrpon im Begriff ift, bem Xeireflad über δίεΤε 
Greigniffe zu befragen (V, 1), tritt Zeus fefbft auf, um das 
Näthfel zu köfen und beide Gatten miteinander zu verfühnen 
(V, 2. 3), womit fid) die Handlung fchließt. 

In wie weit fid) Plautus bei Behandlung diefed Gegen, 
ftanbé von ber überlieferten Sage entfernt und  biefem nad) 
bramatifdjen Bedürfnifien und Zweden benupt und umgeſtal⸗ 
tet babe, braucht nicht im Einzelnen verfolgt zu merben. 
Mir finden, bag er ihn πα allen Regeln der Dramatik bes 
handelt und zwar auf eine Weife, bie bem Dichter nur zur 
größten Ehre gereicht. Abgefehen von ber fomifdjen Wir⸗ 
fung Όεδ Dramas, von welchem wir einen Theil wohl bem 
an fi wahrhaft fomifchen Inhalt des Mythos zufchreiben 
müffen, it die Anordnung und Benugung der Sage für dras 
matifche Zwecke im höchften Grade gelungen und vollfommeg 
zu nennen. Die burd) Zeitverhältniffe von einander getrenn, 
ten Ereigniffe werben durch die Kunft des Dramatiterd 
nahe an einander gerüdt und bilden nun eine fortgehende, 
zufammenhängende Handlung, welche durch Feine fünftfide 
Sprünge braucht zufammen gehalten zu werden. Die Dauer 
der Handlung felbft erſtreckt fich nicht über den Zeitraum eis 
ned Tages hinaus. Die Handlung beginnt vor Tagesans 
bruch in der Morgendämmerung und fchließt fif mod) am 
bem anf diefelbe folgenden Tage. Was der Dichter, um bie 
in vielen Momenten andeinander liegende Handlung in eine 
©ucceffion zu verwandeln, an dem überlieferten Mythos Aus 
bern mußte, muß den Rechten bramati(der Freiheit zugeftans 
bem werden, die, im ihren natürlichen Schranken gehalten, 
bie Seele eined vollendeten dDramatifchen Kunſtwerks ifl. So⸗ 
genannte Unwahrſcheinlichkeiten finden fid) zwar aud) im Am⸗ 
phitruo , wie in allen dramatifchen @rzeugniffen ber größten 
Dichter diefer Gattung: diefe find aber nur dann ftórenb, 
wenn ed innere find, was aber im Amphitruo sicht ber Sall 





316 Ueber ten Amphltruo 


it. Aeußere Unmwahrfcheinlichfeiten, flatt bag ffe ftbrenb anf 
ben Gang ber Handlung einwirken follten, geben im Gegen» 
theil oft den Komiker Mittel zur Erreihung tomifcher und 
humoriſtiſcher Effecte an die Hand, wovon bie Komödien 
bed Ariſtophanes das bündigfte 3eugnig abgeben. Dieß gils 
aud) vom Plautinifchen Amphitruo. Ueberhaupt, rechnen wir 
die yerfönlichen und eine beffimmte Zeit mit ihren Ereignife 
fen betreffenden Anipielungen ber Ariftophanifchen nud alten 
Griechifchen Komödie und bíe babnrd) herbeigeführte politi⸗ 
fche Tendenz derſelben ab, fe nähert ff) der Amphitruo im 
manchen Stüden biefer Gattung der Komödie. Diefe Ber 
merfung, die weiter unten wieder aufgenommen werden muß, 
führt unmittelbar auf bie zwei Hauptfragen bei biefer gan⸗ 
zen Unterfuchung, die jebod) ihrem Wefen nach fo zufammen 
mit eiganber hängen, bag mit ber Beantwortung ber eines 
zugleich bie andere gewiffermaßen erkedigt wird: nämlidy erw - 
hend zu welcher Gattung der komiſchen Dramatif der Plaur 
tinifche Amphitruo zu rechnen, und zweitend welche bie 
wahrfcheinliche Griechifche Quelle fey, welcher Plautus às 
Bearbeitung feiner Komödie gefolgt fep. So genau beide 
Fragen aud) von einander abhängig find, fo wird e8 bod) 
zwedmäßig feyn, unà über die erfle, fo weit e8 mbglidy, 
abgefondert zu verfländigen. 

Zu weldjer Gattung der alten Dramatif der PM autiniv 
fhe Ampbitruo gehöre, if eine Frage bie zwar fchon vou 
Dielen aufgeworfen, von Wenigen aber, wenn aud) nur vers 
muthungsweiſe, mit einiger Wahrfcheinlichfeit beantwortet 
worden if; einer ernftlihen Beantwortung derfelben iſt die 
‚fer Gegenſtand unfres Wiſſens nod) nirgends unterworfen 
worden. Die Berfchiedenheit des Charakters dieſer Komödie 
von ben übrigen Mautinifchen Dramen erfdyien zu groß und 
‚auffallend, ald bag man nicht hätte auf die Vermuthung 
‚Sommen wüflen, Plautus habe beim Amphitruo eine gauz 
‚andere Gattung der Griechifchen Komödie in feinen Dienſt 


des Blautuß, 317 


genommen, ald welcher er (ih fonft bei Verfertigung feiner 
Bbrigen Dramen zu bedienen gepflegt habe. Diefe Wahre 
nehmung fcheint das Urtheil derjenigen Kunftrichter beflimmt 
zu haben, welche die Griehifche Grundlage beà Plautinie 
then Amphitruo auf einem fremden und ungewöhnlichen Bos 


den fuchen und ſich fchon damit begnügen zu müffen geglaubt, ^ 


wenn bieje Vermuthung auch nur ald eine Möglichkeit fin» 
geftellt werde. Im Ganzen genommen vereinigen fich bie 
Meinungen Aller, die in biejer Sache geurtheilt haben, das 
bin, daß der Amphitruo nah einem Griechifchen Borbilde 
gearbeitet fey , welches in Großgriechenland entflanden und 
aud) einen der mannigfaltigen Charaktere der Sicilifchen Kos 
mödie an fíd) getragen habe. Ohne die Möglichkeit bíefet 
Annahme gleich von vorn herein lTäugnen zu wollen, kann 
diefe Anficht im Gegentheil vielmehr aus dem Grunde um 
fo wahrfcheintiher bebünfen , als eà befannt it, daß aller» 
dings Plautus überhaupt Vieles aus dem Epicharmos ente 
lehnt habe. Wir willen ferner fogar, daß Dichter, biejer 
Gattung der Griechifchen Komödie angehörend, wie Rhin⸗ 
thon, beníelben Mythos zum Gegenfland ihrer Dramen ges 
macht, mornad) einzelne Scenen bildlich ὈατρεβεΠί morben 
zu ſeyn fcheinen, wie eine in Großgriecheniand gefundene bes 
rühmte Bafe beweift, deren Gemälde und Supiter unb Mers 
cur darſtellt, wie Πε verfleidet mit Leitern fi dem Hauſe 
Amphitryons nähern, aus welchem durch ein Kenfter bie ihs 
ven Gemahl erwartende Alfmene einladend blidt. o) Sm wie 
weit jedoch biefe ganze Anficht begründet fep, wird fid) am 
beften aus einer nähern Erörterung der einzelnen Meinuns 
gen ergeben. 


9) Beichrieben wurde biete Vafe zuerft von Windelmann Gámmrt. 
Werke Z6. 3, ©. 253, weicher ihon richtig einfah, bag bier eine 
Scene από einer Komödie υοτβεβείί fep. — Wbgebilbet ift fle bei 
d’Hancarville IV, 105, Millin Gallerie mythologique, Tab. CVIII 
bis, und in deffeiben Vases peints, 


^ 


348 Ueber ben Ampßitruo 


Rad einer beiläufigen Vermuthung 9. W. Schlegets 
Vorlef. über dramatifche Kunft Th. I €. 360, melde wir 
bier voranftellen, weil fie am fchnelliten befeitigt werden 
kann, foll der Plautinifche Amphitruo aus bem Griechifchen 
bed Epicharmos entlehnt feyn. Es foll diefe Vermuthung num 
zwar keineswegs burd) bie Bemerkung zurückgewieſen wers 
ben, daß und zu diefer Annahme die Ueberlieferung aus 
bem Alterthume fehle, daß Epicharmos ein Drama biefes 
Namens gefchrieben habe. Es fann die Möglichkeit Liefer 
Behauptung gern zugegeben werden, und Schlegel führt 
pa(femb am, es (eg befannt, bag Epicharmos vorzugsweiſe 
mythologifche Gegeuflände behandelt babe. Allein es bleibt 
bie bod) eben nur immer eine Bermuthuug, die aller hiſto⸗ 
sifchen Begründung ermangelt, um nur einigermaßen ben 
Namen einer wahrfcheinlichen zu verdienen. Allein es if 
biefe Bermuthung nicht einmal eine wahrfcheinliche zu mens 
nen. Denn in dem ganzen Amphitruo findet ſich, unſeres 
Wiſſens, aud) nicht die [είεβε Spur eines Sicilifchen Borr 
bildes, wenn man nicht das nichts ober febr wenig fagenbe 
Argument geltend machen will, der Diener Amphitryons 
heiße deßwegen Softa, weil biejer Name in Sieilien febr 
häufig und übfid) gewefen (ei. Siehe Burmann in d'Orvillii 
Sieula p. 504. 555. Schneider zu Xenoph, Anab. I, 2, 9. 
Diefer Umftand würde nur dann Berüdfichtigung. verbienen, 
wenn er durch andere auffallenbere und. zuverläffigere Spu⸗ 
yen einer Bearbeitung nad) einem Siciliſchen Mufter untere 
ftügt würde, was keineswegs ber Sall if. Dagegen in ben 
Dramen, in welchen nad) ziemlich wahrfcheinlihen Vermu⸗ 
thungen Plautus Steilifhe Komödien des Epicharmos.vor Aus 
gen batte, finden ſich dergleihen Hinweifungen und Anfpier 
ungen ungefucht, wie 3. 3. in den Gefangenen und Mes 
naͤchmen, mae hier jebod) nicht näher erörtert werden fau, 
Sa, dann finden [6 aud) gewöhnlich fchon in den Namen 
ber Perfonen Anflänge des Dorifchen Dialekts, z. B. Phi 


des Plautus. 219 


lodamus ftatt Philodemus, und dergleichen, wovon vergeblich 
eine Spur im Amphitrno gefucht wird. 

Weit größere Wahrſcheinlichkeit nimmt eine andere Mei⸗ 
nung für πώ in Anfpruch, wornach der Amphitruo eine fos 
genannte Hilarotragodia, eine Gattung der parodiſchen Kos 
mödie, fey, und zwar bearbeitet nad) einer Kabel Rhinthons, 
des Gründers bíefer in Großgriechenland ublichen Gattung, 
welche Komödie Rhinthons gleichfalls ᾽άμφισρύων überfchries 
ben fey. Vgl. Athen, (11 p. 414 C. Diefe Meinung if 
ſchon früher. ausgefprochen worden, bis Πε Eichfädt de 
dram. Graeco comico - satyrico p. 45 durch Gründe feſtzu⸗ 
ſtellen fíd) bemüht hat. Beiläufig, ohne weitere Begründung 
hinzuzufügen, erflärt aud) der um ben Plautus mannigfach 
verdiente Köpfe in Wachsmuths Athenaum II, 2 €. 174 
ben Amphitruo für eine Silarotragddia, in der Art ber Rhins 
thonifhen Gattung. Um diefe Anficht gehörig zu würdigen, 
fommt alles darauf an, ung über das Weſen und bie Form 
diefer Rhinthonifchen Hilatragodie zu verfländigen. Ange 
nommen und von Niemand bezweifelt (f£, daß das innere 
Weſen diefes Lufitrauerfpield in nichts anderm beflanden has 
be, als daß der Stoff nicht aus ben Verhältniffen des ges 
wöhnlichen Lebeng, wie in den fonftigen Komödien , fondern 
vielmehr aus der Tragödie erhabenen Styls entnommen und 

Diefe ax jid) pathetifchen Elemente nun mittelt Parodie für 
einen Fomifchen Effect bearbeitet worden fepen, Daher ber 
9$tame Silaretragóbia, deren Stoff tragifh, b. D. ber Sra» 
gödie angehörig, die Behandlung beffelben aber komiſch ger 
weſen fey. Sie ift demnach wohl zu unterfcheiden von der 
Hilarodia, deren Stoff und Behandlung rein Tomifch 
war. Bol. Eichstaedt I, c. p. 42. Malıne de Aristoxeno p. 
129 ed. Schaef, Anal, crit. p. 71. Daß das Wort ἱλαρὺς 
oft mit der Bedeutung ded Worte κωμικὸς ziemlich in eins 
zufammenfiel , beweilt Atben. VI, 78, wo es von den Kos 
mödien des Sylla heißt: ἐμφανζουσι d’ αὐτοῦ τὸ περὲ 


320 Ueber den Wmpbitruo 


. ταῦτα ἐλαρὸν ai un’ αὐφοῦ γραφεῖσαι σατυρικαὶ κωμβδίαυ 
τῇ πατρίῳ φώνῃ. Wenn aber nun der Urheber diefer Hila⸗ 
rotragöbie Rhinthon gewefen ift, wie nad) Suidas v. Piv- 
ὃων allgemein angenommen wird, fo folgt von felbft, baf 
diefe Art der Komödie früher eine ganz unbelannte Sache 
war. Dieß ift aber num durchaus nicht ber Kal. Denn «6 
laͤßt fi eine große Anzahl ber Zeit mad) viel früherer Ros 
mödien nachweifen, zu welchen felbft Epicharmos viele δεί, 
fieuern würde, in welchen auf diefelbe Weife tragifche Stoffe, 
natürlich durch Parodie, für die Komödie bearbeitet worden. 
Rhinthon gehört nemlich gewiffermaßen fchon einer fpäten 
Zeit an, indem fein Geburtsjahr, nad) Suidas, in bie Res 
gierung des Ptolemäod Lagi fülft. Demnach war alfo ber 
Charakter der Hilarotragddia entweder nicht ber eben anges 
ebene, was jeboch nad) den vorhandenen Zeugniffen nicht 
wohl in Abrede geflellt werden Tann, oder Rhinthon war 
nicht Erfinder derfelben. Wie gelangen fo auf dad Dilems 
ma: entweder muß zwifchen der Hilarotragödia und ber 
Rhinthonifchen Hilarotragöbia ober Fabnla Rhinthonica, wie 
fie die Römer nennen, noch ein Unterfchieb obgemaltet has 
ben, wogegen aber alle Zeugniffe find, ober der angegebene 
Charakter der Hilarotragddia war nicht erfchöpfend angeger 
ben, um dad Weſen diefer Gattung. vollfommen zu bezeiche 
nen. Daß [εβιετεὸ ber Fall fey, laͤßt fid) ſchon aus bem 
Umftand folgern, bag, wie wir fagten, der Gebraud) tragis 
(fer Stoffe in der fomóbíe zwar fchon lange vor Rhinthon 
beitanden, diefe Gattung aber wor Rhinthon nie mit bem 
Namen einer Hilarotragbdia bezeichnet worden (eg. Ariſtote⸗ 
les fenut diefen Namen nod) nicht: er fommt vielmehr er 
fpäter auf in dem Zeitalter ber Alerandriner und wird nur 
von Dichtern gebraud)t, welche Großgriechenland ihr Baters 
land nennen. Wir find demnach gezwungen, und mad) eis 
nem wirklich charakteriftifchen Unterfcheidungszeichen umzuſe⸗ 
ben, welches lediglich der Dilarotragüdie eigen war, und 


des Plautus, . 321 


wodurch fle eben aufhörte, dem technifchen Ausdruck nad, 
είπε Komödie zu heißen. Diefes findet fíd) als ein febr mec 
fentliched Merkmal in bem Versmaas, wodurch biefe Gate 
tung der Komdbdie allerdings eine gang πεπε Geftaltung im 
Yeußern erhält, wie wir fchon Anal, crit. p. 74 augführlich 
angemerft haben. 10) Nemlich mad) einem Klaren und bes 
flimmten Seugnig bei So. aur. €9boó de mag. Rom. I, 41 
fei. fid) Sthintbon in feiner Komödie des baftylifchen Hexa⸗ 
meters bedient "haben. Die merfwürbige Stelle lautet alfo: 
Ῥήώθωνα καὶ “σκήραν καὶ ἈἘλαῖσον καὶ τοὺς ἄλλους τῶν 
Πυθαγορείων icut» κωμικῶν 11) διδαγμώτων ἐπὶ τῆς µεγά- 
Ans Ἑλλάδος γενέσθαι καθηγητάς, καὶ διαφερόντως τὸν Ῥέν- 
Serva, ὃς ἑξαμέτροις πρῶτος ἔγραψε τὴν κωμφδίαν' ἐξ οὗ 
. πρῶτος λαβὼν τὰς ἀφορμᾶς ««4ουκίλιος ὁ Ῥωμαῖος ἠρωϊκοῖς 
ἔπεσεν ἐκωμῴδησε. Mes ὃν καὶ τοὺς μετ αὐτὸν, οὓς κα- 
λοῦσι Ῥωμαῖοι σατυρικούς, οἱ νεώτεροι, τὸν Kourivov xul 
Εὐπόλιδος χαρακτῆρα ζηλώσαντες, τοῖς μὲν Pív9evog ué- 
εροις — Ὀράτιος μὲν x. τ. A. 11). Mittelft biefer Stelle ift 


v0) Diefer ganze Abſchnitt unferer Eritifchen Analekten gehört 
übrigens hierher und fann für πιαπΦεό als Beleg dienen, was bier 
als ausgemachte Sache kurz nur berührt wird. 

11) Go nad Langes Vindic. tragoediae Rom. p. 50 vortrefflis 
cher Gmenbation, flatt οὐ µιεχρώ», wie bie Sanbídrift fat. 


- 12) Diefe ganze Stelle ift ausführlich Anal. crit. p. 74 sp. bes 
andelt worden, worauf wir hier verweifen müffen. In berfelben 
telle beißt e$ ferner 'Ῥινδωνικὴ 7) έξωτική, wofür wir Anal, crit, 

P. 75 ἐξαμετρεκὴ zu lefen vorfhlugen. Ohne auf biefe Vermuthung, 

bie (ifj auf bie merrifche Borm ber Rhinthoniſchen Zabel ρε, er: 

was geben zu wollen, werde nur bemerkt, daß zur Dertheidigung 
der Lesart έξωτική andere Gründe verlangt werden als diejenigen 
find, weiche neulich Lange Vindic. tragoediae Rom, p. δι vorgebracht 
bat. QWustánbif nemfich, ſagt er, hätte diefe Gattung wohl in fo 
fern genannt werden Pónnen, als fie nur auf Griechiſchen Theatern, 
nie aber zu Rom óffentlid mie die fabula palliata jur Bühne ge: 
bracht worden wäre. Allerdings ein fehr triftiger Grund, wenn er 
bewiesen werden fann, was aber von Lange nicht geſchehen ift, und 
wohl aud) nicht gefchehen dürfte. Da nemlich die fabula Rhintho- 
nica neben den übrigen Gattungen ber Römifchen Komödie, die zur 
öffentlihen Mufführung beflimnt waren, genannt wird, fo Dürfen wir 
wicht zweifeln, daß daffelbe aud) mit δες Rhinthonica ber Zall gewe— 
fen, trop dem daß wir ein Beyſpiel einer wirklich öffentlich aufge⸗ 


M. Rhein. Ouf, f. Phil. LI. | 22 


322 Ueber den Amphitruo 


nun fehr Teiht ein Schuß zu machen. Nhinthon iſt Grün; 
ber einer neuen Gattung der Komödie: biefe Rhinthouniſche 
Komödie wirb nad den Zeugniffen der Alten Hilarotragödia 
genannt: bag fie Diefelbe (ο, wird durch bie überlieferten 
ſaäämmtlich muthologifhen Namen der Komödien Rhinthong, 
fo weit wir fie femen, 13) nod) mehr beftätigt: Rhinthon 
fchrieb in Herametern, alfo ift die Hilarotragödie gleichfalls 
in Herametern abgefaßt. Ehe von biefer metrifhen Korm 
weiter gefprochen werde , verbient zum weitern Erweis jeter 
Thatfachen angeführt zu werben, daß die bramati(dje Pas 
roden , wie Matron, Gopatro& , welche aud) φλυαχκογράφοε 
genannt werben und von ben SHilarotragoben nicht weſentlich 
verfchieden find, wirffid and) in Herametern fdhrieben , wie 


führten Rhinthonica nit namhaft machen Föunen: was bei ben fpär- 
(iden Nachrichten, die wir a biefe Komödie haben, Nies 
mand in Dermunderung (eben wird In Peinem Wall aber war ἐξωτιχη 
ein paffend aewähltes Beimwort, um Damit ben Charakter der Rhintho⸗ 
nica auch nur einigermgfen zu ΑΝ ή . mas Raurentius bod) bei 
den übrigen Namen ber von ifm angeführten Komödiengattungen 
tbut: er Pounte wohl fanen, die Rbinthonifche Zabel (ei eine and 
[ἀπ δ (Φε, aber niht die ausländifhe, ἡ ἐξωτεκὴ, mie er fib 
ausdrädt. Gaͤnzlich unftatthaft muß aber bie Rechtfertigung δἱε[εθ 
Deimorts erídeinen, welche Bothe ad Q. Novii fregm. p. 4^ unters 
nommen fat: indem er zwei Gattungen der Rhinthoniſchen &omóbie 
annımmt, eine togata unb eine palliata, macht er e$ mir zum Vorwurf, 
biefen Unterfchied unbeachtet nelaffen au haben, unb verfteht unter der 
ἐξωτικὴ die palliata Mo aber nichts zu unterfcheiden ift, fonute 
id) aud? nichts unterídeiben, Weder Laurentius nod) irgend ein Den: 
ge des Witert$umé Bennt einen folchen , überhaupt bei dieſer Gats 
tung Paum denkbaren Unter(djieb und Laurentius zumal würde ſicher 
gerade an biefer &telle, wo er bie einzelnen Arten der Nömifchen 
Komödie genau angiebt, biefen Unterfchied anzugeben nicht untertafs 
fen bafen: er fagt mit einfaden Worten, bie Komödie werde in (les 
ben Gattungen eingetheilt, námlid eis παλλιάταν, τογάτα» , dıel- 
λάνην. ταβερναρίαν, Ῥινθωνεκην, nlaryınedaglay καὶ µιµιχή», unb 
erklärt fle dann. Von einer Rhirthonica palliata oder togata {fl nit: 
nende die Rede, und wenn auch biefe beiden Arten nachgewieſen wer: 
den fönnten , fo bleibt das Briwort ἐξωτικὴ bei Laurentius doch aes 
rade fo dunfel und verdächtig wie vorher, ba man nicht einſieht, 
matum der-Schriftiteller nur bie eine Art namhaft gemacht, bie am 
dere dagegen übergangen Babe. IVermuthlich ἐξοδιχήη. &. Φ. W.] 


13) Siehe Anal. crit. p. 721. Zwei andere werben unten nad». 
träglich augefährt werben. 


des Plautue. 323 


(bre $ragmente beweifen: fiehe Anal. crit, p. 75. Eichstaedt 
l. c. p. 51. : 

Wenn nun ber baftylifche Heranıeter als dad Versmaas 
angegeben wurde, baé der NHilarotragödie eigen geweſen fey, 
fo darf man jedoch hieraus keineswegs fchließen, daß eà das 
einzige Metrum gewefen fey, in weldem fich bie Hilarotra⸗ 
gödie bewegt habe. Ein wirklich zur theatralifchen Auffühs 
rung beflimmted Drama, mie bie Hilarotragödie wirklich 
war, 14) hätte, wäre ed in lauter Hexametern abgefaßt ger 
wefen, durch die Monotonie feines Versmaaßes nur bie 
größte Langeweile hervorgebracht. Vielmehr belehren uns die 
Fragmente, die wir von ben Dramen biefer Gattnng übrig 
haben, bag aud) andere Metra in benfelben ihre Stelle fame 
ben. Der Zufall fcheint hier den Gegnern biefer Anficht auf 
eine in ber That feltfame Weiſe Waffen in die Hände ger 
fpielt zu haben, indem die fechd Berfe, welche wir wörtlich 
som Rhinthon übrig haben, gerade aus jambifchen Grimes 
tern beftehen. Das eine Fragment findet (id) bei Cic, ad 
Attic, I, 20; das andere bei Athen. XI p. 500 F, nad) uns 
ferer Herftellung Anal. crit. p. 75. inen andern Berbeffes 


14) Ein Beifpiel einer wirklich aufgeführten Parodie mirb Anal. 
crit, p. 73 angeführt. Reuvens Collect, litterar. p. 84 (teft zwar 
an, die mir£tide Anfführung der Oilarotragóbie zugugeftehen. Hier⸗ 
von hätte ihn jedoch bie Betrachtung zurückhalten jollen, daß, wenn 
unter die Gattungen ber Römifhen Komödie die fabula Rhintho- 
nica (Milarotragddie) wirklich gehörte, wie bieje$ burd) die Beugs 
nife der Alten einftimmig beflätigt wird, man fib darunter Feine 
andere denfen fann und darf als eine folche, bie wirklich zur Auffüh⸗ 
rung anf dem Theater beftimmt war. Alle Zweifel, bie man hierges 
gen hegen Eönnte, werden leicht gehoben, wenn man fidj tie Sache 
fo denft, wie id fie Anal. crit. p. 72 ín den Worten angebentet 
babe: „Quod Arpwdia» Cuperus I, c. p. 76 magis carmen fuisse 
quam fabulam suspicatus est , idque saltatione ct actione mimiea 
exornatum ab hilarodis decantatum esse, idem de ἑλαροτραγφδίᾳ sen- 
tiendum arbitror, cujus carminis recitatio cum gesticulatione fuisse 
videtor conjuncta: quale spectaculi genus adamasse Siculos ae Ta- 
rentinos, notum est.“ Menn biefe Anficht bie richtige it, und wir 
haben bie Περι Beinen Grund gefunden , davon abzugeben, fo wird 
freilich jent wohl niemand mehr bei bem Plautinifchen Amphitruo 
an eine Silarotragóbie denken. 


324 Ueber ben Ampbitruo 


rungsverfuch giebt Fiorillo Observ. crit. in Athen. p. 50, 
welche Schrift jegt nicht zur Hand il. In ber meueften 
Ausgabe beà Athenäus findet fid) noch bie alte edart, ohne 
weitere Bemerkung. Das dritte Fragment fteht bei Hephaͤ⸗ 
ftion de metr. p. 4 ed. Pauw, (p. 1o ed. Gaisf.) in dem Abs 
(dinitt über bie doppelzeitigen Syiben, eine Stelle, bie eine 
genauere Anficht verdient: “Ρώθδων μὲν yup καὶ ἐν iaufio 
ἐπισημασίας ἠξίωσε τὸ τοιοῦτον. &» yag '"Ooéorg ὁδραµωτέ 
φησι», 

ὥς σὲ «4ιόννσος αὐτὸς ὄξωλη Oir. 

(9^ "Innovaxtog τὸ μέτρο», οὐδέν uot µέλει. 
Den zweiten Vers führt aud) Φετοδίαα bei Valcken. ad 
Phoen. ı508 an, und zwar ald Beifpiel eines vor xr kurzge⸗ 
brauchten Vocals CInnwärxros), was darauf hätte binfübren 
müflen, bte richtige Lesart im Hephäftion herzuftellen : denn 
wie oben der Berd nach Gaisford gelefen wird, i(t er ohne 
Versmaas. Bei Herodian fehlt «IF und diefed muß notbmenbíig 
vom Verſe getrennt werden. Vortrefflich bilft bier eine auf 
der. Großherzoglichen Bibliothek zu Darmftadt befindliche 
Handfchrift des Hephäftion aus, welche 5/9" flatt i9" δατθίε, 
tet: fchon bie Suntina hat εἰδ, wie Gaisford anmerft. Dies 
ſes εἶτα nemlich gehört dem SHephäftion, welcher auch fonft 
häufig fid biejer Partikel in Ähnlichen Fällen, z. δ. wenn 
er nod) ein anderes Beifpiel anführen mill, mie p. 42 (p. 
72 ed Gaisf), bedient. -Darnadı wäre aljo die Stelle fo 
zu ordnen: 

ὥς σε «{ιόνυσος αὐτὸς ἐξώλη Seg, 

εἰ’ | 

Ἱππώνακτος τὸ µέτρον , οὐδέν uoc µέλει. 15) 
Den Zufammenhang der Stelle verftehen wir (o, bag Rhin⸗ 
thon den erfien 33crà abfichtlich ald Skazonten gebildet, um 
' baà beliebte Versmaas des Hipponar zu parobiren , ja viels 


15) Oben angeführte Dandichrift enthält weiter Leine andere 
Variaute als d flatt ὥς σε. 


/ 





des Plautus. 325 


leicht war «8 ein Vers des Hlpponar felbft, welchen cr pa» 
rodirend anführte und dann feine Anficht über. Diefen Vers 
eué(prad), der nicht unmittelbar auf jenen gefolgt zu feyn 
fdyeint. In der Darmflädter Handichrift bemerkt ein Schos 
[ίαβ zu dem zweiten Berfe: ἐπιλαμβάνεται Innwvaxıog ὡς 
χωλιαμβογράφου ἐπιιηδεύσαντος x. v. λ. — Endlich fommen 
zu Diefen vier Berfen Rhinthons noch zwei jambifche Trimes 
ter aus feinem ὀυνλος Meitaygos und feiner Ἰοβάτα 10) bei 
Herodianod περὲ µονήρ. λέξεως p. 19. 

Um nod) einmal auf die obige Stelle des Lydus zurück⸗ 
zufommen, ber neben Rhinthon angeführte Bläſos 17) vers 
dient bier allerdings Berüdfichtigung, ba er von Stephanus 
Bpz. v. Καπρύῃ ein σπουδαιογελοίων πθιητής genannt wird, 
was nur ein anbrer Ausbrud für Hilarotragodos ill. Go 
semlich, nicht σπουδογελοίων, wie in den Ausgaben ſteht, 
glauben wir, muß nad) einer Nhedigerifchen von Paſſow be» 
faunt gemachten Handfchrift 19) gelefe werden, troß bem 
bag bei demfelben — Ctepbanud v. Γαδαρα Menippos ein 
οπουδογέλοιος (ohne Variante) genannt wird, wie fid) dats 
felbe Beiwort be(fefben Mannes aud) nod) bei Strabon XVI 
p. 759 (348 ed. Tzsch.) und als dad eines gewiſſen Heras 
Bleitos bei Diogenes Caert. IX, 17 findet, wo ed Menage 
richtig erklärt durch «ridiculorum, sed quibus seria admixta 
sunt, scriptor.e Das Wort σπουδογἑλοιος, wenn e8 (id) nicht 
nod) an andern Stellen und zwar in einem andern Sinne 
gebraucht findet, muß fehr verdächtig erfcheinen: einmal ift 
dieſes Wort das einzige Beifpiel biejer Wortcompofition und 
fann feiner Bedeutung nad) nur denjenigen bezeichnen , der 
πώ bed Scherzes oder ned Komifchen beeifert, befleißigt , eis 


16) So ftetit Dindorf biefen Titel mit Wahrfcheinlichkeit im In- 


dex auctorum fet. 

17) Auch bei Athen. HIE p. 11:1 C. werden Rhinthon und Blä⸗ 
[ο nebeneinander geftellt. 

16) Variae lectiones e codice Stephapi Byz. Breslau. 1824. 


ὦ26 Ueber den Amphitruo 


nen Luſtigmacher, wie wir ſagen würden. Wer dagegen 
Scherz und Ernſt zu verbinden verſteht, {Π ein onovdusoys- 
λοιος, nad) ber Bedeutung beider Worte, aus welchen σπου- 
δαιογέλοιος zufammengefegt if. Diefe Sebentung ift nun 
aber allen denen Stellen, mo dad Wort bid jeBt gefunden 
worden, angeme(jem, und wir nehmen feinen Anftand zur 
Aufnahme diefed Worts in die Terte anzurathen, zumal ba 
die wichtige Variante in ber erfigenannten Stelle ded Ste, 
yhanus und hier bereits den Weg gezeigt bat. — Daß eins, 
zige Fragment übrigens, welches uns von dem Gaturnog 
Ὀίε[εὸ Blaͤſos bei Athen, XI p. 487 C aufbewahrt worden, 
(eint wenigftend ein daftylifches Versmaas zu enthalten. 
Wenn nun aber dad Metrum der erhaltenen Fragmente 
Rhinthons keineswegs als herametrifch erfcheint, fo dürfen 
wir ed in der That Reuvens nicht übel nehmen, wenn er 
Collectan. litter. p. 80 s. (id) nicht will nehmen lat, 
Rhinthon habe nicht in Herametern gefchrieben, unb wenu er 
meint, die Nachricht bei Soanned Lydus beruhe auf einem 
Sirrtbum. Daß diefe Behauptung aber ungegründet fep, geht 
aus dem, was über die Hilarotragödie oben bemerft worden, 
far hervor, und ed fómmt nur darauf an, zu zeigen, wie 
die Erfcheinung, bag dennoch vom Rhinthon auch jambifche 
Metra gebraud)t werden konnten, mit der obigen Behaups 
tung, ba die äußere Form der Hilarotragödie epifch geweſen 
feb, πώ vereinigen laffe. Es ift (chon bemerft worden, bag 
ein für theatralifche Aufführung beftimmteó Drama unmög⸗ 
lich in denfelben burd) Monotonie ermüdenden epifchen Vers⸗ 
maafe konnen beitanden haben. Wenn nun aber daffelbe ale 
hauptſaͤchliche und charafteriftifche Form für die Hilarotragödie 
feftgehalten werden muß, fo fehließt biefeó jedoch ten Ges 
brauch anderer Metra daneben keineswegs aud, unb fo mag 
neben bem heroifchen Verſe aud) ber jambifche Trimeter, afà 
ber bem Drama geläufigfte Cob auch mod) andere Seré: 
maafe, wiffen wir nicht) in berfelben feine Stelle gefunden 





des Plautus. 327 


haben , jebod) gewiß fo, daß biefeà jambifche Versmaas nie 
das überwiegende in einer Komöbie biefer Gattung geweſen (ey. 
Es ift dieſes ba(felbe Nefultat, ba& wir ſchon Anal. crit. p. 
»2 deutlich, menn aud) furj, audgefprodyen haben, und wir 
haben, nach wiederholter Betrachtung biejeé Gegenſtands, nur 
neue Beftätigung diefer Anſicht gefunden, 

Nach diefen Erörterungen brancht wohl nicht weiter aue: 
geführt zu werben, bag ber Plautiniſche Amphitruo, nach bem 
gewöhnlichen Begriff von Webertragung eines Schriftwerfe 
in eine andere Sprache, nach dem Amphitryon Rhinthons nicht 
gearbeitet ſeyn fünne, noch daß er nicht eine fog. Hilarotra⸗ 
Αδδίε fey. Wenn man num aber dagegen an und ben Ans 
ſpruch macht, die angeregten Tragen auf eine befriedigende 
Weiſe zu beantworten, fo fehen wir und in der That in fei 
ne geringe Berlegenheit verjept, (bem wir, aus Mangel εἰ» 
ned hiflorifchen Fingerzeigs wiederum an bloße Bermuthuns 
gen angemiefen find, vor denen baffelbe Schickſal zu befürch⸗ 
ten (tebt , welches Diejenigen erfahren haben, welche in ber 
Fabula Rhinthonica bie €ófumg des Näthfeld finden wollten. 
Demohngeachtet tragen wir fein Bedenken, unfere Anficht 
audzufprechen , in der Hoffnung , daß biefefbe wenigfiend ben 
Weg bezeichnen werde, ber berein(t zu einem Reſultate fü 
ren ἔδαπε. Leider finden wir in dem Prolog bes Amphitruo 
feinen Wink über das Griechifche Vorbild , wie wir bergleis 
hen in audern Plautinifhen Prologen bier and ba vom 
Dichter erhalten, Jedoch finder fidh folgende Stelle, die dep: 
wegen menigítené verdient betrachtet zu werden, weil man 
in ihr, freilich mit Unrccht, einen Beweis für die Annahme 
bat finden wollen, ber Amphitruo fey είπε filarotragóbic. 
Dafelbit nemlich B. 51 heißt es: 

Post argumentum hujus eloquar trogoediae. 

Quid contraxistis frontem? quia tragoediam 

dixi futuram hanc? Deus sum: commutavero. 

eamdem hanc, si voltis: faciam ex tragoedia 


908 Ueber ben Amphitruo 


comoedia ut sit, omnibus iisdem versibus. 

Utrum sit, an non, voltis? Sed ego stultior, 

quasi nesciam vos velle, qui divus siem. 

Teneo, quid animi vostri super hac re siet. 

Faciam, ut commixta sit tragicocomoedia : 

nam me perpetuo facere , ut sit comoedia, 

reges quo veniant et Di, nón par arbitror. 

Quid igitur? quoniam hic servus quoque parteis habet, 

faciam hanc, proinde ut dixi, tragicocomoediam, 
Es ift in ber Thas wicht ſchwer einzufehen, was Plautus 
bier mit bem Ausdrucke tragicocomoedia .gemeint habe , und 
bag dieß keineswegs eine Ueberſetzung von ἑλαροτραγῳδία 
feo. Ganz richtig faßt die Stelle (dom Mad. Lefevre (m ibs 
rer 9inmerfung dazu. Um allem vagen Hin » und Serreben 
mit Einemmale ein Ende zu machen, 19) führen wir die 
Worte eined Kunftrichters an, gegen beffem Autorität wohl 
niemand etwad einzuwenden haben wird. Lefling in der 
Hamburg. Dramaturgie II, 6. 23 äußert πώ über dieſen 
Gegen(tanb alfo: »Tragifomödie hieß die Vorſtellung einer 
wichtigen Handlung unter vornehmen Perfonen, die einen vera 
gnügten Ausgang bat; — Plautus braucht zwar das Wort 
tragicocomoedia; aber er braucht ed bloß im Scherze, und 
gar nicht, um eine befondere Gattung dadurch zu bezeichnen. 
Auch bat ed ihm in bie(em Berftande Fein Menſch abgeborgt, 
bis es im 16. Sahrhunderte den Spanifchen und Stafiánis 
fchen Dichtern einfiel, gewiffe von ihren Misgeburten fo zu 
nennen. — Wenn aber aud) Plautug feinen Amphitruo ins 
Ernfte fo genannt hatte, fo wäre es boch.nidht aus ber Ur⸗ 
fache gefchehen, bie ihm Voltaire andichtet. Nicht weil ber 
Autheil, den Sofiad an der Sanb(ng nimmt, fomijd) und ' 
der, den Amphitruo daran nimmt, tragifch ift: nicht barum 
hätte Plautus fein Stüd eine Tragikomödie nennen wollen. 

ιο) Cin unglücfeliger Griticus in Beilage ιο zu den Blättern 


für firterarifche Unterhaltung, 1828 nannte eben uod) den Plautini: 
ihen Amphitruo eiu Satyrfpiel, weil er eine Zvagifomóbie (ti. 





be8 Plautus. 329 


Denn fein Stud if ganz fomifd), und wir befuftigen und am 
der Verlegenheit des Ampbitruo eben fo febr al& an ber 
bed Soſias. Sondern barum, weil biefe komiſche Hand⸗ 
[ung größtentheild unter höheren Perfonen vorgeht, al6 man 
in der Komödie zu fehen gewohnt if. Plautus felbfi erklaͤrt 
fid) darüber deutlich genug.« 20) So weit effíng. Selbſt 
der Ausdruck tragicocamoedia íft eine reine, Tomifhe Era 
findung bed Plautus, die für einen augenblidlichen Zweck 
gefchaffen, aud) gar nicht in den Nömifchen Spracgebraud, 
übergegangen if. Die Griechen wiffen nichts von einer 
τραγικοχωµφῳδία, Höchſtens kann Bergleihungsweife bie xo- 
umdorgaypdın beà Alkäͤos ober Deinolochos angeführt wer« 
ben: 21) wir fünnen aber nicht einmal mit Beflimmtheit aus 
geben, ob diefe κωμῳδοεραγῳφδία eine Gattung ber Komödie 
oder ber Titel einzelner Komödien gemefen (ey. 

Ceben wir und nun burd) den Namen tragicocomoedia 
in diefer Unterfuchung eben fo wenig weiter gefürbert, fo meta 
den wir gewiß einen andern, fcheinbar feiteren Auhaltungs⸗ 
punft zu gewinnen meinen in ber Nachricht von einem 
Drama ᾽άμφιτρύω», welches Archippos, einen Dichter ber 
alten Komödie zum Verfaffer bat, und begierig fepit, die und 
hieraus erhaltenen Fragmente mit bem Plautinifchen Drama 
zufammen zu flellen. 


20) (650 wie den Alten das fog. bürgertihe Trauerſpiel unbe 
faunt war, fo erhob (id) der Kreis der Perfonen in der gewöhnlichen 
Komödie eben fo wenig in bie Sphären von Zürften oder vornehmen 
Herren, fonbern ihr Stoff bemeate (id) in ben merbáltnifen der uie: 
deren Geíelí(daft. Es braucht hier nur an das Horaziihe (Epist. 
11, 1, 168) res ex medio arcessit erinnert zu werden. Zerentiauué 
Maurus de metr. p. 3443 Putsch, fagt ven ber Komödie: ut quae 
loquantur, sumpta de vita putes. Bon ben Fabulis tabernariis ſagt 
Diomedes III p. 478, fie wären comoediis pares, in quibus non 
magistratus regesque, sed humiles homines et privatae domus indu- 
cuntur, Go bezeichnet auf der andern Seite das Wort tragifch 
alles, mas erhapen ift, und in diefem Sinne βε[ί Cicero de orat. 
11, 56 tragicus und divinus nebeneinander. 


, 21) Weber jenen vgl. Fabricii Bibl. Gr. II p. 282. Harl, über 
diefen Bekker. Anecd. Gr. I p. 112, 39. 


330 Ueber den Amphitruo 


Unter den wenigen Fragmenten bed Archippifchen Aus 
phitryon Cich fenue nur fedjà), welche aud) mehrentheild nur 
einzelne Wörter enthalten, laͤßt fid) eigentlich nur ein einzis 
ges anführen, dem man bie Plautinifche Stelle gegenüber 
fegen könnte, unb auch biefeó nicht einmal mit Sicherheit. 
Nemlich ἐπενώτισεν δεί Hefychius, welches mit Wahrfchein« 
lichfeit oom Alberti diefem Drama vinbicirt wird, liege fick 
wohl vergleichen mit I, 1, 83: 

sed fugam in se tamen nemo convortitur , 
oder mit 2, 11 quod perduelles vieit. Ber mag aber (nt^ 
Ernſte auf diefe Zufammenftellung etwas geben? Dagegen 
find wieder zwei Fragmente von ber Art, bag fie πώ im 
bem Plautinifhen Amphitruo durchaus nicht unterbringen 
fajjen, ja eine Situation in dem Archippifchen Drama ver« 
muthen [αῇεα, welche mit ber Anlage des Plautinifchen 
Stücks unvereinbar if. Dahin rechnen wie das (rage 
ment bei Athen. X p. 426 B, 


>) - 7 , » » 
τές ἐκέρασε aquo», ὦ κακοδαιµον, tcov low; 9) 


welches ficherlich feine Stelle in einer Scene fand, bie eit 


23) Die Lesart ffjeint verborben zu fein, wie (don aus bem 
Singular bed. Vocativs, ber zu τές σφών nidt (timmt, abgenommen 
werden fann. Ich vermutbe daß in oq» vielmehr σκύφος verbor- 
gen liege, was zu hoher Wahrfcheinlichkeit durch eine Nachricht bei 
Athen. XI p. 499 B gebracht wird, wornach Archippos ín feinem 
Umppitryon wirklich biefes Wort gebraucht fatte, und zwar die Form 
im Neutrum (τὸ σχύφος, neben ὁ ox.), welche Echneider im 986r; 
terbuche gar nicht angemerfr hat. Leichter wäre freilih σχύφον zu 
verbeffern. Weiter oben. fagt auch Athenäus p. 498 A von diefem 
Wortes οἱ AArzsxoi τὴν εὐθεῖαν καὶ ἀρσενιχῶς καὶ οὐδετέρως 
λέγουσι». O σχύφος findet fid auf. einer Juſchrift zu Neapel, in 
Diar. litt, Flor. T. IV p. 230. Walch. Obs. ia Matthacum p. 69. 
Der Suíag Zoo» Top in unferer Stelle bezieht ib auf bie Miſchung 
des Weins aus aleich viel Theilen Wein unb. Waller, und fómmt 
häufig vor. Siehe Athen. X, 37 p. 430 s. Xl p. 493 C. aa4 C. 
Webrigens dürfte man auf die obige Vermuthung eine neue fortbau⸗ 
end grüuben, fo fóuute man verfucht (epu zu glauben, daß unfer bem 
bier genannten σχύφος eben das Trinfgefäß ver(tanben werde, wel: 
Φεό Amphitryon als Siegeszeichen von feinem Zuge gegen die Zeile: 
boer heimbrachte, und welches nad) Anaximandros, mie oben bemierkt 
worden, ein σχύφος War. 


δεὸ Plautus. -331 


S rinfgelag barftellte, Aus berfelben Scene (ft vielleicht aud) bat 
Wort ἀσκοθύλακος entnommen, welched aus biefem Drama 
angeführt wird bei 3Beffer Anecd. Gr. I p. 452. 

Wenn aus der Vergleichung biefer Fragmente (den bets 
vorgeht, bag ber Plautinifche und Archippiſche Amphitryon 
nichts miteinander gemein zu haben fcheinen,, fo wirb biefes 
Ergebniß aud) nod) durch eine andere Betrachtung beftätigt, 
Nach Suidas nemlic erhielt Archippos den Preid Olymp. 
91, nad) welcher Zeitangabe er nothwendig zu den Dichtern 
der alten Komödie gerechnet werben muß, vomit dud) nod 
bie Thatfache übereinftimmt, daß die Dramen δε Archippos 
wirklich yerfönliche Perfiflagen und Spöttereien enthielten, 
wie ein Fragment, den lüderlihen Sohn des Atkibiades be» 
treffend, bei Plutarch vit. Alcib. init, bínfdnglid) betveift, 
wobei jeboch zugegeben werden fann, bag er den Untergang 
diefer Komödie erlebte nnb fid) felbft vieleicht fd)on bem Chas 
rafter der mittlern näherte. Diefe Gattung der Komödie 
tonnte aber unmöglich Gegenſtand einer Römifchen Bearbeis 
tung werden, ba der ganz in Darftellung individueller Oi» 
tnationen und Perfönlichkeiten begriffene Stoff den Roͤmern 
unverfländlich geweien und ungenteßbar geblieben wäre. Sp 
wie (à demnach ganz unmöglich war, für die NRömifche 
Bühne ein Drama diefer Gattung zu bearbeiten, fo it je» 
bod) nicht zu läͤugnen, bag ficher Plautus wenigfiend bie 
Meifter der alten Komödie eifrig flubirt, und ficher mehr 
noch, ale wir jeßt fchon nachznweifen im Stande find, aus 
derfelben im Einzelnen entiehnt habe. Es wird genügen ein 
Beifpiel nambaft zu machen. Der Vortrag des λόγος di= 
καιος in den Ariftophanifchen Wolfen V. 955 (f£ zum Theil 
fihtbar benugt worden in Bacch. IH , 3, 16 ss., wie fchon 
Lipſius Quaest. per epistol. III, ı7 bemerkt bat. Auch mag 
bier nod) das Zeugniß beó Hieronymus Epist. ad Pamma- 
chium feine Stelle Gnben: Terentius Menandrum, Plautus et 
Caecilius veteres comicos interpretati.sunt, wo unter biefem 





902 Ueber ben Amphltruo 


alten Somífern, im Gegenfag vom Menander, angenſcheinlich 
bie Dichter ber alten und mittlern Komödie zu verfteben find. 
Und fo dürfen wir immerhin annehmen, daß Pfautus ſelbſt 
aus bed Archippos Amphitryon einzelne Parthieen vielleicht 
in ben feinigen aufgenommen habe: nur bleibe dee Gebanfe 
fern, daß wir im Plautinifchen Amphitruo eine Lateinifche 
Uebertragung beà Archippifchen Dramas hätten. 

Diefe Betrachtung führt auf einen Gegenftand, ber von 
‚ber größten Wichtigkeit für biefe Unterfuchung tft, über meb 
“hen man fib jedoch, unfered Wiſſens, eigentlich noch gar 
nicht verfländigt hat. . €à fragt fich nemlich, wad man denn 
eigentlich unter der fogenannten Römifchen Bearbeitung eines 
Sriehifhen Dramas zu verffebem habe, in wiefern eine 
folche den Samen einer Ueberfegung verdiene, ober ob fie üt 
ber freien Behandlung eines in einer beflimmten Komöbie 
vorliegenden Stoffes beſſehe, wobei dem Römiſchen Bearbeis 
tee Freiheit geblieben, feine eigne Cinfid)t in dad Weſen bet 
Dramatik geltend machen zu können. Die Erörterung dieſer 
Trage feGt die möglicht fidere Aufſuchung der Griechifchen 
Quellen und deren mergfeithung mit den Römiſchen Nach⸗ 
bildungen voraus, was mir in Bezug auf ben Plautus üt 
einer zur Befanntmachung bereit liegenden Schrift de exem- 
plaribus Graecis, quae Plautus comoediis scribendis adhibuit 
ver(udjt haben. Hieraus nehmen wir folgendes, was uufer 
Urtheil in Bezug auf den Ampbitruo leiten mng. 

Mit vollfommner Gewißheit [άβι fi über die Art ds 
miſcher Uebertragung fein Urtheil fällen, da fid) fein Gries 
chiſches Original vollftäntig erhalten hat, daS einer der und 
befaunten Römifchen Komödien zur Grundlage gedient hätte. 
Allein die Bergleichung erhaltener Bruchflüde zwingt uns zu 
der Annahme, bag die Römifchen Dichter fid) bei dem Leber, 
tragen diefer Stellen die größte Freiheit und mit Recht, ber 
είπε mehr, der andere weniger erlaubten, daß ferner voll 
kommen wahr ((t, was Cicero Acad. 1, 3, 10 von beis Rös 


des Plautus 333 


mifchen Tragikern, Ennius, Pacuvins, Attlus, fagt und viels 
feicht nod) mehr auf die Komifer feine Anwendung findet, 
fie hatten non verba, sed vim Graecorum poetarum in {θε 
ren Uebertraguugen wiedergegeben. Dieß bezieht fich nur auf 
bie Behandlung einzelner Stellen. In Bezug auf die Ues 
bertragung bes Ganzen ift ed Xhatfache, bag menigftend 
Plautus fih nicht an das eine Vorbild allein fflavifch feffeln 
ließ, fondern bag er fid) erlaubte Stellen aud andern Gries 
chiſchen Komödien herüber zu nehmen und fie feinem Drama 
einzuverleiben,, je nachdem: die eine oder die andere feinem 
Zwede förderlich zu fegn (dem; woraus fíd) (dom ſicher 
fchließen läßt, bag er auch bei der Anordnung der einzelnen 
Theile zu einem dramatifchen Ganzen dad ihm zuftehende 
Sted)t einer freien Bearbeitung, die (id) beinahe bis zur Höhe 
und Selbftändigfeit eines Originalwerks emporfchwang, in 
volle Ausübung brachte. Dafjelbe wird burd) bie Thatſache 
beftätigt, daß wie Seren, jelb(t Deridytet Andr. prol, 18, 
Mlautus und mit ihm auch andere Komiker zuweilen amet 
Griechiſche Komödien in eine zufammenfchmolzgen, was bei 
Beachtung innerer Einheit in der Sefonomte des Ctüd uns 
denkbar if, wenn mir nicht hierbei bie freiefte Benutzung 
des gegebenen Griechiſchen €to(fà zugeben. 

Wenn wir demnach in den Komödien bed Plautus 23) 
keineswegs eine (flavi(d)e llebertragung Griechifcher Borbils 
der fuchen bürfen, fo wird bierburd) das Dunkel über den 
Urfprung (older Komödien nur noch größer, bei welchen wir 
durch den Prolog nicht unterrichtet find, welche Griechifche 
Komödie er ſich al& Grundlage gewählt babe, und ba ber 
Amphitruo in diefe Klaffe gehört, fo müflen wir und geras 
begu eines Urtheild befcheiden, wie viel Davon bem Genie 


23) Su Bezug auf ze mag diefes Urtheil Einfchränkung 
erleiden, zumal da er ſelbſt Adelph. prol. 10 von (id) fagt: eum hic 
locum sumpsit sibi in Adclphos, verbum de verbo expressum 
extulit. 


334 Ueber den Amphitruo 


bes Dichter felbft angehöre, ober auf Rechnung εἶπεν Gries 
chifchen Vorbild fomme. Ob aué bem Umftande, baf 
Plautus in feinem Prologe, weldhen wir bid auf einige ges 
ringfügige Interpolationen für dad Wert des Dichters hals 
tet, feine Griechifhe Quelle, der er gefolgt, namhaft macht, 
wa er fonit bod) oft zu thun pflegt, zu folgern fey, er har 
be bei Berfertigung des Amphitruo nicht eigentlich fid) an 
ein beſtimmtes Vorbild gehalten, fondern den Griechiſchen 
Mothus, wie er oben entwidelt worden, mit Benußung mans 
cher Sriechifhen Bearbeitungen beffelben Gegenftands, ja 
vielleicht genauer Uebertragung mancher einzelnen Parthie 
aus Griedjifden. Komödien bdeffelben Gegenflande zu einem 
gewilfermaßen eignem Geifteöwerfe verarbeitet, das (ft aller 
bingà eine jest (d)mer zu beantwortende Frage, auf welche 
wir jedoch eher bejahend als verneinend antworten würden. 
Und warum bürfen wir einem Dichter, der ungeachtet aller 
fremden Aneignung feine eigne Originalität hinlänglid bes 
urfundet , nicht zutrauen , daß er einmal verfucht Babe , fid) 
der ibm von Gewohnheit und Gebraud) angelegten Feſſeln 
zu erledigen und auf eignen Füßen feltzuftehen? Muß jedoch 
jene Frage verneint werden, fo find wir geneigt den Charak⸗ 
ter be$ Plautinifchen Amphitruo in der Eigenthümlichkeit bee 
mittlern Komödie der Griechen wiederzufinden, nnd unter 
den Dramen biefer Gattung wäre demnach dad Vorbild auf» 
zufuchen, dem Plautus gefolgt fey. DBerlaffen und hierin 
aud) alle weitere Nachrichten, 24) die und auf die Spur jes 
ned Borbilds leiten fünnten, fo ift ed body ber Sharafter ber 
mittlern Komödie felbft, welcher und berechtigt, gerade bier 
dad Vorbild aufzufuchen. Da bie politifche Tendenz zum 
Theil, bie perfönliche Perfiflage ganz aus der mittlern Kos 
mödie verbannt war, welche Einfchränftungen ber alten Uns 

24) In der Νὺξ μακρὰὸ Platons folte man beinahe bie Babel 


bes Amphitryon behandelt vermuthen; bod (gt fi diefes aus ben 
erhaltenen Fragmenten nicht mehr beweifen- 


des Plautus, 335 


gebundenheit in der Komödie vorzüglich von Olymp. 9, 4 
an eingetreten zu feyn fcheinen, 25) fo mußte auch großen» 
theid in ihr der Stoff umgewandelt werben, und fo trat ges 
wig off an die Stelle ber Gegenwart nun die Vergangenheit 
mit ihrer unerfchöpflihen Duelle der reid)(ten Mythen. Dies 
fe Veränderung Des Gegenftanbé deutet fchon Platonios an, 
wo er von den Didtern der mittlern Komödie fpricht: κὺ- 
Όους γάρ τινας τιθέντες àv ταῖς κωµφδίαις τοῖς παλαιοτέ- 
potc εἰρημένους, διέσυρον ὥς κακῶς ῥηθέντας. Und αἴει 
dings finden fíd) unter ben Dramen ber mittlern Komödie 
- viele Stüde, welche mythologifche Gegenftände behandelt has 
ben. Wenn daffelbe auch nod) (n einzelnen wenigen Erfchela 
nungen bei der neuen Sombbie der Kal it, fo find biefe je 
bod) mehr Ausnahmen von ber Regel zu nennen, was fid 
vorzüglich auf die Komödie Des Diphilos bezieht. Daß aber 
Plautus aud) aus der mittleren Komödie, obwohl feltener, 
feine Vorbilder entlehnt babe, wirb fünftig am einzelnen εί, 
fpielen wahrfcheinlidy gemacht werben. 


δ. Dfans. 
25) Giche Meineke Quaest. scen. epec. I p. 34. 


V nmerfuusg. Sin ber febr lange nad) Sibfaffung vorftefenber 
Abhandlung er(dienenen Schrift De fabula togata Romanorum ser. 
1. H. Neukirch 1833 {ῇ p. 15—318 ber Amphitruo vou Plautus wies 
der als ein Muſter ber Ahinthoniihen Hitarotragddie und als gleich 
bedeutender 9tame Zragifofomödie dargeftelit. Der leptere wird be 
Zutatind ad Stat. Thcb. V, 16ο nachgewieſen, unb behauptet, da 
fhon Alfäos und Anurandrides in ihrer Komodotragödie (Meineke 
Qu. se I, 55) bem Rhinthon_den Weg gebabnt hätten. Daß Kos 
mobotragóbie Zitel und alfo Stoff unb nicht auf eine Dichtart zu 
beziehen fen, geht aud der Unführung von der bed. Deinolochos bey 
dem 9fntiatticita (p. 112) beflimmt hervor. Hermann in der Leipz. 
Litt. Zeit. 1833 &. 2206 erflärt fi binfichtlich des Ampbitruo ges 
gen Nenfirh unb für 9f. W. v. Schlegel. Was die im Obigen 
vorgetragene Vermuthung betrifft, fo Fann die Webereinftimmung des 
Amphitruo mit der mittlern Stomóbie in Hauptpunkten uicht geläugs 
net werden: uur feheint die Bezichung von biefer auf Attiſche Tras 
aödien aud) ein mefenttider Sua, und diefe fiel in Rom ne 





PE πρ Zn YES. ο. ποπ» του  ”-- μα — n we 





μμ dii d CEN TL AT ua NE Lom P RT Tt n a rem m vue IAM ολα —— e PASS T Kar, ον 458 er tolo Y RR A wm ο 
. 


Aliquot Cornelii Nepotis loci 
recensentur. 


Themist, 6, 2 negarent oportere extra , Peloponnesum 
ullam urbem haberi, Argutantur viri docti, urbs habetur 
posse latine significare rati: locus est moenibus circumdatus, 
Quicquid eruas, ex Cod, Leid. legendum esse ullam urbem 
muros habere, convincit plurimorum Codd. lectio habere, 
iuxta quod negligentia omissum est muros, maximeque verba 
Thucydidis I, go ure ἄλλον µηδένα τεῖχος ἔχοντα, quem 
noster hic expressit, ut locis aliis permultis. Omissa se- 
mel voce muros, oriri oportuit kaberi; unde mira lectio- 
nis vulgatae latinitas nata est, quae omnino defendi 
non potest, nisi ab iis, qui omnia modo defendere, modo 
alis in locis omnia vituperare volunt, pro animi natura. 
Rectissime , ut verbo dicam, de loci ratione disputavit Mo- 
sche, cujus integram adnotationem transcribere nolo. 
Quum Nepos toties ad Thucydidis auctoritatem provocet, 
tam in ipsa Themistoclis vita (cap. ı, 4 et 9, 1 et 10, 4), 
quam aliorum (Pausan. a, 2. Alcib. 11, 1), quumque verbis 
eius latine reddendis delectetur, cur tandem, ipsa re cla- 
mante, hoc loco ad idem illud exemplum eum respexisse ne- 
gemus? Alia certe ratio est Pausan, 5, 5 et procul ab eo 
loco infoderunt, quo erat mortuus. Ubi scripti et editi libri 
ad unum omnes procul exhibent, Bremius tamen, Bosio prae- 
cunte, pluribus ex Thucydide reponendum contendit non 
procul. Thucyd. I, 134 ἔδοξε πλησίον nov κατορύξαι i. €, 











Aliquot Corneli Nepotis loci recensentur. 337 


loco aliquo propinquo, qui ad sepeliendum aptus erat. Com- 
mode ct accurate Nepos vertit procul ab loco moriendi: 
qua eadem prorsus latinitate ct significatione idem Nepos 
Them. 8, 7 procul ab insula, Adde Liv. 57, 55 procul ab 
domo, (ο. de Rep. post init, procul ab aetatis Iudsu 
memoria. 

Themist, 10, 4. Huius ad nostram memoriam monu- 
menta manserunt duo: sepulerum prope oppidum, in quo est 
sepultus; statuae in foro Magnesiae. Incommoda est huius 
sententiae positio: mala ad latinam sententiarum iuncturam ; 
pergi enim vix ac ne vix quidem potest De cuius morte: 
mala etiam ad rerum narratarum seriem. Quamobrem to- 
tum locum, qui de Themistoclis monumentis agit, loco mo- 
vendum et extremac Vitae suffigendum censeo, Aptissimo 
ordine sic omnia procedunt. Desumta rcs ex Thucydide est, 
ut Nepos ipsis verbis fatetur. "Thucydides (I, 138) autem: 
νοσήσας δὲ τελευτᾷ τὸν βίον. «4έγουσι δὲ τινες cet, ἐν' τῇ 
ἀγορᾷ. Tu δὲ ὁστᾶ φασι cet. φεύγοντο Sepulcrum ex 
alio fonte huc migravit. Plutarchus Themist, ο. 5: eodem 
quo Thucydides ordine : »Pollicita exsequi contemnens veneno 
sumto Magnesiae exstinctus est, Et (c. 52) τάφρον αὐτοῦ 
λαμπρὸν in foro Magnetes moliti sunt. Diodorus Periegetes 
(addit. inferius) nominat eius prope l'iraeum βωμοειδὲς τάφος, 
provocatque ad versus Platonis comici« De quo eodem se- 
pulcro cf. Pausan. Attic. p. 3. Facta, quam proposuimus, 
transpositione eliam ipsis verbis lux affunditnr; et ob fac- 
tam iam in praecedentibus Atticae mentionemi in dubio non 
amplius relinquitur, quin prope oppidum sit prope Athenas. 
Certe Cornelius Nepos hoc ordine narraverat. At vero, 
obiiciet aliquis, Aemilius Probus, vel quisquis fuit, qui 
mutilum nobis Nepotem reliquit, rerum seriem turba- 
vit, idemque nobis omne restituendi et transponendi ius 
ademit! Cäncesserim : tum vero ne tentes etiam verba ir 
quo est sepultus; nam ista quoque sunt Probi. Dremius ex- 

M. Sein, Muſ. f. Phi IL 23 





338 Aliquot Cornelii Nepotis 


plodit. Cornelius certe, facta iam Themistoclis in Attica 
sepulti mentione, non opus habuit ista lacinia: Probo au- 
tem, confundenti rerum seriem, necessaria ea videbantur, 
quoniam videlicet de sepeliendo nondum quidquam praeces- 
serat, Desinas porro cerebrum discriciare de locis his: 
Them, 1, 4 Nulla res maior sine eo gerebatur, celeriterque 
quae opus erant reperiebat ; neque minus in rebus gerendis 
promptus quam excogitandis erat, quod. et de instantibus (ut 
ait Thucydides) verissime iudicabat et de futuris callidissime 
coniiciebat, Epam. 3, 1. Ad hanc corporis firmitatem plu- 
rima etiam animi bona accesserant, — Erat enim | modestus, 
prudens, gravis, temporibus sapienter utens, peritus belli, for- 
tis manu, animo maximo , adeo veritatis diligens, ut ne ioco 
quidem mentiretur. Alcib. 1, 5. Disertus — ut nemo ei di- 
cendo posset resistere ; dives; quum tempus posceret laborio- 
sus, patiens ; liberalis cet. Primo enim loco, quicquid viri 
docti extorqueant, Cornelius scripserat: celeritergue — repe- 
riebat, quod et de instant. — conüciebat; neque minus — 
erat, auctore Thucydide (T, 158), ut recte iudicarunt Buch- 
. nerus et Graevius, "Thucydides, depingens quippe ingenii 
praestantiam Themistoclis, sententia negue minus — erat ca- 
ruit; Cornelium autem, fortitudinem quoque in rebus manu 
gerendis docturam, quis credat, hanc Thucydidis sententiis, 
quarum capita reddit, interiecisse? Optime contra characte- - 
rem ista sententia concludit. Secundo loco Bremius verba 
fortis manu a librario inculcata putat; Lambinus ante ea 
versum imprudenti scriptori excidisse adnotat. Tertio loco 
pro dives Bremius excogitavit diligens; Lambinus, qui in 
nonnullis Mss, viderat deinde, corrigit idem; alius, nescio 
quis, scite coniecit dicens hoc nexu: ut nemo — posset re- 
sistere dicens, At foit Epaminondas fortis manu, fuit Alci- 
biades dives. Quare non est, quod amplins dubites, Cor- 
nelium utrumque expressisse, posteriorem autem hominem, 
qui correptum misereque saepe adfectum scriptorem manibus 


€ 


loci recensentur. 330 


nostris tradidit, omnia loco suo movisse et pro arbitrio sua. 
que prudentia disposuisse. 

Alcib. 7, 9. Jtaque huic maxime putamus malo fuisse 
nimiam opinionem ingenii atque virtutis. Ita cd. Ultraiec- 
tina, et post Lambinum vulgatae. Libri scripti fere omnes 
legunt imputamus , et plurimi post majo inserunt caussam. 
lure merito dicere aliqujs possit, caussam interpolatum fuisse 
ex interpretatione vocis maxime hac: »maximam putamus 
mali caussam fuisse: hincque etiam mazime imputamus or- 
tum esse negligenter scribendo maximam putamus; ita ut 
utraque lectionis varietas veluti vinculo quodam conjunga- 
tur: deinde in nonnullis libris caussam fuisse omissum, re- 
tento tamen praecedente imputamus. Sed non sufficere sa- 
tis hanc rationem fateor ; et praeter alios viros doctos etiam 
Bremio locus aegrotare videbatur. Profecto praescripta lec- 
tio tam plana et expedita est, ut librarios , nisi aliter legis- 
sent, in ea offendisse aut aliquid mutasse, paene sit incre- 
dibile. Attamen nihil affirmaverim. Sive autem verum vi- 
derit Lambinus, sive iudicium eum fefellerit; duas propo- 
nere licitum sit coniecturas, haud eas temerarias, Igitur 
una est facillima haec : Jtaque huic maximam putamus malo 
caussam fuisse nim. op. Paullo quidem insolens primo ad- 
spectu constructio videtur: sed Pausan, 4, 5: Quaerit, caus- 
sae quid sit tam repentino consilio, ubi cf. Intpp. Ceterum 
saepissime apud veteres tertius casus ponitur loco secundi, 
Altera coniectura est: Jtaque huic maximo (ita aliquot libri) 
imputamus malo fuisse nim. op, i, e, maximo malo adscri- 
bimus, adponimus, vertimus; vel quod idem est: putamus 
illi maximo malo fuisse, maximi mali caussam fuisse: ex 
quali interpretatione verba caussam fuisse fucrint profecta. 
Sine exemplo quidem dices esse formulam alicui aliquid 
malo imputare. At probatum est genus dicendi alieu: ali- 
quid imputare; totaque formula non est insolentior, quam 
aliae haud paucae in eodem Nepote, a viris doctis dudum 


340 Aliquot Cornclii Nepotis 


castigatae. — Omnino ancipiti indole latinus Nepotis nostri 
sermo praeditus est. In universum virtutibus , quac Cicc- 
roni laudi dantur, est ornatus: contra ea passim aperto 
fronte posterioris corruptionis vestigia praefert, Qui Nepo. 
tem, quem nunc legimus, relictum nobis tradidit, is in con- . 
trahendo exemplo suo non in adnectendis modo sententiis 
saepe in peius lapsus est, sed formulas quoque ipsas per- 
multas pessumdedit, 

Alcib, 10, 4. Noctu ligna contulerunt circa casam eam, 
in qua quiescebat, eamque succenderunt. Gifanium et Schop- 
pium sic emendantes secuti sunt alii, Sed libri: circa Sa- 
meum, cirea sanneam, circa sammeam, circa sarmeam, circa 
samenam, οἴποα samineam. In quibus scripturis memorabi- 
lem licet verborum plurium in unum a librariis confusorum 
videre imaginem. Casam recte se habere manifestum est: 
sam in plurimis libris integrum remansit; ca autem ab ul- 
tima syllaba praecedentis circa absorptum est. Quac re- 
stant meam, enam, ineam , plenaque samenam, samineam, 
sarmeam , longiorem ea vocem indicant, quam eam Gifanii 
et Schoppii. Non opus est Oedipo; immo certissimus iudex 
oculus tibi persuadebit, in illis male multatum latere stra- 
mineam quae conjectura, nescio cujus, patronum nacta est 
Lambinum, Scilicet quamadmodum ex casam fieri in libris 
potuit sam, ita ex stramineam potuit ineam , armeam: syl- 
laba ca voois circa absorbuit syllabam ca vocis casam , syl- 
laba autem sam vocis casam absorbuit iterum syllabam 
stram vocis siramineam. Una littera t, quae in corrupte- 
lis desideratur, in illo tumultu praeda facta est Scyllae. 
Loquendi autem genus casa straminea vulgatum est. cf. 
Ovid. Amor. II, 9, 17. Propert. II, 13 (16), 20. Odio 
denique, quod veteres viri docti in Lambinum turpiter pro- 
prioque dedeeori exercuerunt, factum est, ut viri summi 
coniectura, utpote ebiter memorata ideoque a. recentioribus 
bon gatis expensa, nondum exemplaria Nepotis omet. 


loci recensentur, 341 


Datam, 6, 5. Mithrobarzanem persequitur: qui tantum 
quod ad hostes pervenerat, Datames signa inferri jubet. ln 
Mss. et edd. vett. fere omnibus disertis verbis legitur: Mithr. 
persequitur : tantum. qui dum ad host, perv., ia nonnullisita, 
ut post tan!um interpungatur, illudque praecedentibus ad- 
nectatur: quod factum esse a librariis apparet, qui ex.his 
velut locorum engustiis salvi evadere nequiverint. Nullam 
judico varietatem esse, quod in uno et altero libro pro 
dum invenitur cum, et omittitur vel tantum vel qui: ita 
ut antiquorum exemplarium dicere possis lectionem esse (an- 
tum qui dum.  Heusingerus adnotat: »An et (antum dum 
dicere licet, ut vixdum, nondum? Hoc vix mihi concedent 
plerique, sed tamen consideratione baud indignum putabunt 
ii , qui multa loquendi genera obliterata esse sciunt, quae. 
olim satis trita fuerunt,«e Docte; verum hic non placet. Di- 
verse a ceteris libris in ed. Ultraiectina escusum fertur qui 
tantum. non i. e. propemodum. Egregie quidem ad sensum; 
quo respectu bene etiam P. Daniel et Longolius probant 
qui vixdum. Sed ex interpretatione haec profecta esse, nemo 
est quin videat; sin id minus, etiam ne sic quidem Nepos 
sanatur: aegrotat enim loci syntaxis, quum in seqq. efllagi- 
tetur quum Datames- iubet. Quid igitur? Lambinus „ Gro- 
novius et Cellarius legunt qui-tantum quod, et sic ediderunt 
ali. Persuasum mihi est, tantum quod a Nepotis manu 
esse. Simillima enim sorte hoc exquisitum loquendi genus 
igoorantia librariorum in aliis quoque scriptoribus corruptum 
exstat. Verbi gratia Sueton, Ner. 6 pro tantum quod in ed. 
Paris 1555 et Colon. 1539 video jam tum quidem; quae 
scriptura a tantum qui dum nihil differt. Cf. Sueton. Oc- 
tav. 98, ubi in iisdem edd. tunc quidem. Eadem similisve 
alis aliorum veterum locis ratio obtinet. — Immerito igitur 
Bremium de lectionis tantum quod veritate dubitare arbitror. 
Rectius Heusingerus, alioquin Lambinianam cmendationem 
servans, insolens essc profitetur, quod Nepos non scripse- 


342 Aliquot Cornelii Nepotis 


rit: qui tantum quod ad h. perv,, cum Datames s, inf. iu- 
- bet. Nonne igitur, qnum sic optime procedat oratio , sicque 
veteres saepe locuti sint; isto loco cum inseramus? Cave 
facias medicinam, ubi nullum est vulnus. Alias cura adhi- 
benda est; aegrum enim locum esse, clamat mutila oratio, 
Latere autem — ne diutius te morer — vitium debet ante 
verba tantum quod. Yn ed. Ultraiectina, fortasse etiam aliis, 
práecedit qui ; quod viri docti servarunt, Sed id ipsum νο. 
rum esse nequit, quia non procedit oratio; desideratur enim 
in seqq. guum Datames - iubet. Praecesserat aliud » huic 
simillimum , quod, facta corruptela tantum qui dum et voce 
tantum imperite ad praecedentia reiecta, a librariis, locum 
non intelligentibus , necessario omissum est, Exciderunt au- 
tem verba cui guum, quae scripturá sibi ipsis tantum non 
sunt paria (guum enim scribebatur quá vel cfi) , quaeque in 
. nonnpllis edd. corrupta in gui restitere, Sic igitur procedit 
oratio: cui, quum tantum quod ad h. perv,, Datames s. inf. 
iubet. lunge: cui Datames signa inferri iubet. Fortasse 
aliquis deleto quum malit: cui, tantum quod cet. welchen, 
er war fo eben beim Feinde angefommen, Datamed amus 
greifen befahl. Non vitupero hanc velut parenthesin; et for- 
tasse haec quoque librarios diversos agitaverit: sed tamen 
prius magis probari arbitror, — — Omnino persaepe in libris 
mutant cul, qui , cum, quum, quin. Opprimitur cui etiam 
Tacit, Ann. XII, 20 quin arriperet oblata et servaret exsu- 
lem ; cui inopi quuanto longiorem vitam , tanto plus supplicii 
Jfore, ubi Codd, guin inopi, Bachio, qui in hoc Museo T. I p. 
353 hanc lectionem defendere laborat, prius guin idem valc- 
re asseverans, quod cur non, alterum idem quod quin etiam, ja 
fegar, nemo opinor assentietur , partim quia ista ratio nimis 
nimisque quaesita est, partim quia orationi erga Claudium 
Imperatorem importunae immodestiae nota imprimeretur. . 
Contra ea quam expeditum quamque egregium est cui inopi, 
quod Lipsio auctore a Taciti editoribus est vulgatum! Quin 


loci recensentur, 343 


exbortantis est, cuf causam continet. Cf. Sallust, fragm. in 
Cottae orat, Praeterea senectus, per se gravis, curamduplicat ; 
cui misero, acta iam aetate ,| ne mortem quidem honestam 
sperare licet. Quod imitatur Dict, Cret. IH, αι. Dubium 
non est, quin in, τῷ qu in Codd, adhaerens, originem de- 
beat litteris initialibus sequentis vocis ipi; profectum au- 
tem hinc monstrum cuiin vel cuin sequi librariorum oportuit 
opinio , Tacitum scripsisse quin. »Sed nimirum hoc illud 
est, quod nostra aetate codicum lectioni vel corruptissimae 
inhaerere, quem certis summorum virorum emendationibus 
vitia tollere malunt. ut utar verbis egregii Grauerti in 
Museo Rhen. a Niebuhrio ed. T. I p. 176. 

Epam. 3, 4. Amicorum in se tuendo caruit facultatibus, 
Jide ad alios sublevandos saepe sic usus est, ut p. cet, Mss. 
ct edd. plurimae caruerit. Non sine gravissima causa. Quid 
multa? Tu quidem meo periculo rescribas fac: Jdmicorum, 
quorum in se tuendo caruerit facultatibus, fide cet. Relati- 
vum quorum a praecedenti exitu corum interit. — Atque 
elegantior quoque et concinnior nunc fluit oratio. 

Calo 3, 2. Qua ex re iralus, senatu peracto, privatus 
in urbe mansit. Sie in Mss, legitur; sed sine senso,  Pighii 
coniecturam consulatu peracto in ordinem recepit Bremius, 
" Atqui extra omnis dubitationis aleam positum est, quod eruit 
Dosius: iretus senatui, consulatu peracto; cui album calcu- 
lam adiecit lleusingerus, alii, in textuque locus datus est, 
Ob syllabas μαι - latu , litteris sonoque similes, posterius 
consulatu ab incuriosis librariis exciderat. Nihil certius, 

Hamilc. 1, 4. donicum aut certe vicissent, aut victi ma- 
nus dedissent. Libri vel plurimi aut ut certe. Al. aut certe: 
cui lectioni plarimi viri docti patrocinantur auctoritate for- 
mulae Livianae (22, 54) vere vincere. Ob voculam tamen 
ut, in libris haud temere insertam, multum indulsere con- 
iecturis, in quibus magna veri specie praedita est Lambini 
aut virtute, et Bremii aut vitae certamine, — Morum neutrum 


3414 Aliquot Cornelii Nepotis 


equidem Nepotis stilo prodiisse arbitror, prodiisse autem aut 
vi aut arte. Ecce emendatio verissima , quum ad latinitatem 
et sententiae pondus eifectumque , tum ad codicum vestigia, 
Arte corruptum est in certe, littera a supra hiante, Centies 
autem in libris mutant «x et 14, quum νὲ exararetur ui, ex 
quo ob litterarum ἑ et £ similitudinem factum est ut,  Ita- 
que quum facies antiquissimae scripturae esset qut ut aut 
certe, deleto dein altero aut, quod repetitum videbatur, 
exiit plurimorum Codd. lectio aut ut certe; cui iterum. vox 
ut, superflua scilicet ad sensum, postea demta est. 

Hisce emendationibus animi causa adiiciam prorsus simi- 
lem ex Curtii Rufi lib. X, 9, 28 ed. Zumpt., quae iisdem 
rationibus criticis nititur, atque supra virorum doctorum 
iudicio propositae, Inclyto autem Curtii loco sic edebatur: 
et cum pluribus corpus quam capiebat onerassent.. Niebuh- 
rius (81. hiſt. u. phil. Schrift Bd. I ©. 309) corrigit: pluri- 
bus corpus capitibus onerassent. Propius ad librorum vesti- 
gia accederet: etenim pluribus corpus quum capitibus oneras- 
sent. Vox capitibus, Niebuhrii summo ingenio restituta. 
deesse omnino nequit; nam capita et cetera membra oppo- 
nuntur: quae oppositio etiam paullo infra legitur. An vero 
capiebat ex capitibus corruptum sit, quaeritur. Ego suspi- 
cor, capiebat recte se habere, sed post illud librarios, simi- 
litndine vocis sonoque deceptos, omisisse capitibus; ut sic 
legendum censeam: et quum pluribus corpus, quam capiebat, 
capitibus onerassent , cetera. membra deficere. coeperunt, 

Haonib. 4, 1. Confixzerat apud Rhodanum cum P, 
Cornelio Scipione (os. eumque pepulerat. Cun hoc eodem 
de Clastidio apud Padum decernit; saucium inde ac fuga- 
tum dimittit. Tertio idem Scipio cet. Coniieit Ernstius 
Conf/lixerat apud. Ticinum. Contra quem recte disputat Bo- 
sius: »lluic emendationi repugnat, quod Cornelius ait con- 
flixerat non conflixit Hoc enim videtur innuere, id proc- 
lium ante transitum. Alpium commissum essc.e Praeterca cf. 


locı recensentur. 345 


cap. 6, t quem ipse primum apud Rhodanum , iterum apud 
Padum, tertio apud Trebiam fugaverat. Verbis igitur nulla 
adspersa est macula. Contra ea rerum gestarum fidem con- 
taminatam esse, dudum recte monuerunt. Gloriatur quidem 
coram militibus Scipio (Liv. XXI, 41), se, castris ad Rho- 
danum motis, equestri proelio, qua parte copiarum conse- 
rendi manum fortuna data est, hostem fudisse, Sed re vera 
gessisse, ipsis tironibus nunc notum est, Namque Scipio, ad 
Rhodani ostium castris locatis, trecentos delectos equites, du- 
cibus Massiliensibus et auxiliariis Gallis, ad exploranda om- 
nia praemisserat (Liv. c. 26). Etiam Hannibal, traiecto 
Rhodano Gallisque in ripam occursantibus in fugam versis 
(Liv. ο. 27 et 38), Numidas quingentos speculatum emittit : 
qui trecentis Romanorum equitibus occurrunt. Proelio atroci 
Romani vincuntur (Liv. c, 39). Triduo fere post, quam 
Hannibal ab ripa Rhodani movit, Scipio ipse quadrato ag-: 
mine ad castra Hannibalis venerat, nullam dimicandi moram 
facturus, Ubi autem deserta munimenta videt, ad mare ac 
naves rediit, tutius faciliusqne ita descendenti ab Alpibus 
Hannibali occursurus (Liv. c, 31). Cf. Polyb. III, 43 sqq. 
Leve quidem crimen est condonandumque scriptori , qui, 
rerum capita tantum secutus, Romanorum rem male gestam 
in ipsum ducem quamvis absentem transtulit. Similis notae 
est , quod in sqq. refertur, Scipionem cum "Tiberio Longo 
ab Hannibale ad Trebiam profligatum esse; quum vel ex 
Livio constet, Scipionem, vulnere in proelio ad Ticinum 
accepto , Tiberio Sempronio Longo (hoc plenum nomen est) 
collegae pugnam dissuasisse (Liv. XXI, 52), Sempronium au- 
tem, avidum certaminis, spreto collegae consilio hostes proc- 
lio lacessivisse et victum a Poenis fugatumque esse. — Multo 
autem gravius contra rerum gestarum memoriam peccatur 
jn verbis: Cum hoc eodem de Clastidio apud Padum decer- 
nit. Vox Clastidio multum vexata est. Abest a libris 


346 Aliquot Cornelii Nepotis 


scriptis omnibus editisque plurimis praepositio de, Factis 
coniecturis (vid. Intpp.) adiungere possis hanc: Cum Ἆοε 
eodem [Cos. Scipione] apud Pad. dec.; et hanc: Cum hoc 
eodem Cos. proelio apud P. dec. Sed vulgatam de Clasti- 
dio, praeeunte Puteano a Lambino, Heusingero aliisque re- 
ceptam , Bremius ab ipso scriptore profectam iudicat, in vita 
Hanuibalis fontibus nobis incognitis uso. Id consentio, rec- 
tum esse de Clastidio, quamvis reluctantibus veterum scrip- 
torum testimoniis; sed de reconditis fontibus quod adstrui- 
tur argumentum minus placet, Aliae in promptu sunt de- 
fensionis rationes. Nimirum Nepotem, ubi de historia quae- 
ritur, explicaturus semper teneas et nnnquam ex animo 
omittas, lunc scriptorem mores magis virorum  depingere 
instituisse , quam res manu strenue gestas ordine suo enu- 
merare , eumque ex hoc genere ea solummodo parca manu 
lecturis exhibere, , quae ad morum imaginem declarandam 
requiruntur. Quod indicasse videtur ipse Nepos, volumen 
suum inscribens Fitz exeellentium virorum , non res gestae, 
cf. Pelop. 1, 15 idque luculenter ostendit vita Epaminondae. 
Hac autem mente Nepotem ne credas, ubi res gestas me- 
moriae prodit, anxia semper diligentia veteres libros scru- 
tasse; immo memoriter facta repetens, licet fatorum populi 
sui, quis dubitabit! gnarissimus , tamen, ut est ingenium 
humanum, negligentiae se errorisque passim reum fecit. 
lalium autem errorum plena est vita Hannibalis, Levioris 
momenti fuere quae supra proposuimus de Scipione exein- 
pla. Acrius insimulandus est noster, quod cap. 5 narrat: 
»Hannibalem post pugnam Canbensem contra Romam pro- 
fectum esse.« Prudenter sane fecisset Hannibal, si post 
hanc victoriam sine mora Bomam aggressus esset: id quod 
suaserat Maharbal, Poenorum praefectus v, Liv, XXII, 5r. 
Sed scriptoris est, rerum veritatem sectari, non propriam 
prudentiam obtrudere et cogitata pro factis venditare. Con- 
tra rectam tantum non ab omnibus veteribus proditam re- 


> 


loci recensentur. 347 


rum seriem peccatur etiam in iis, quae statim adnectuntur: 
»Hannibalem, quum hiuc reverteretur Capuam, in agro Fa- 
lerno a Q. Fabio Maximo locorum angustiis clausum esse.« 
Falsum etiam est et memoriae fidei contrarium , quod cap. 
7, x et cap. 8, 2 de Magone inseritur, utpote iam ante 
pugnam ad Zamam defuncto v. Lib, XXX, 1:8. Clamentin- 
terpretes, in his rebus Cornelium ex reconditis incognitis- 
que hausisse fontibus, ct fruantur suo errore: ego aliter 
sentio. Verum ne de nostro loco longius te morer: miror, 
quod origo erroris contra rerum memoriam tamdiu viros 
doctos latuerit. Significari pugnam ad Ticinum, vel ex vul- 
nere Scipionis palam est, Sed audiamus historiam. Han- 
nibale Alpes transgresso , Scipio ad Padum festinavit, eoque 
traiecto ad Ticinum amnem castra movit (Liv, XXI, 39). . 
Hic Romanis occurit Hannibal, pugnaque equestri incensa 
Scipio vulneratus eiusque exercitus fugatus est (Liv. ο, 
46): pulsos Hannibal ultra Padum persecutus prope Pla. 
centiam eastra communivit (c. 47). Scipio, vulnere gra- 
vis, recesserat ad "Trebiam, ibique, nec vexationem vulne- 
ris ultra patiens et collegam ratus exspectandum,  lo- 
cum, qui prope flumen tutissimus stativis est visus, delec- 
tum communiit. Nec procul inde Hannibal quum consedis- 
set, anxius inopia, quae per hostium agros euntem , nus- 
quam praeparatis commeatibus, maior in dies excipiebat , ad 
Clastidium vicum, quo magnum frumenti numerum conges- 
serant Romani, mittit. Ibi quum vim pararent, praefecto 
praesidii corrupto, Clastidium Hannibali traditur. Id hor- 
reum fuit Poenis sedentibus ad "Trebiam (c. 48). Hactenus 
plus satis. Quid igitur? Ticini et Padi commutatio facilis 
error est, Memor deniqne, Hannibalem post hanc pugnam 
ob crescentem in dies rei frumentariae inopiam veritum esse, 
ne exercitus magno famis discrimine circumveniretur, hoc 
autem periculo facta Clastidii proditione se exemisse, Nepos 
rem ita narravit, quasi Hannibal cum Scipione de Clastidio 





348 Aliquot Cornelii Nepotis loci recensentur, 


possidendo decertasset, Igitur cave credas Tzschuckio ad- 
notanti : »An caussam illius proelii, quam alii vel ignora- 
verunt vel praeterierunt, sic indicavit Nepos?« Mihi vero 
stat sententia , istis commemorationibus omnem fidem pror- 
sus esse derogandam. Quis tandem,  exclamabis, Cornelium 
Nepotem, intimum illum Tullii et Attici amicum, tantisque 
laudibus celebratum, tot foedorum lapsuum increpare ausit! 
Memineris tu quidem, etiam Cornelium fuisse hominem, Atqui 
nonne hoc plus est, quam errare solito hominum more? 
Recte quidem. Neque etiam rerum singularium mirarum- 
que captatorem fuisse Cornelium , exosum ea, quorum ve- 
ritas plurimorum hominum auctoritate confirmatur, ex ve- 
terum testimoniis exque iis, quae memoriae prodidit, satis 
superque liquet. Ut dicam, quod sentio: gravium peccato- 
rum si non omnjum, at plurimorum saltem culpa tribuenda 
est non ipsi Cornelio, verum Aemilio Probo, qui in mori- 
bus ubique copiosus atque exemplo suo in pluribus ad ver- 
bum paene addictus, in rebus gestis, parce ab ipso auctore 
descriptis, negligentius est versatus, de Hannibale vero pe- 
ius quam ullo alio duce meritus est. 


Andreas Dedcrich, 





Beiträge zur Erflärung des 9fciftopbaneé. 
(SBef luf.) 


Es befteht biefe8 Scholion wie fo oft aus Reſten aus⸗ 
führlicher Noten: was jedoch ber Sinn, wie ed entitan- 
den, wird aus ben Lerifographen πώ darthun laſſen. Es 
heißt, ἀγκύρισμα, ἀγχυριίζειν ſey Ausdrud ded gemeinen 2er 
bens 4) für einen Kunftgriff in der παλη 5), weßhalb von 
δει Schriftftellern 6) höherer Style flatt feiner καταπαλαίειν 
gefegt werde. Da nun ἀγκυρίζειν durch καταπαλαίειν, nies 
derringen, erflärt wirb 7), fo muß burd) dieſes σχήμα nothr 
wendig das Fallen ded Gegners hervorgebracht werden, alfo 
anfcheinend der Sieg. Alle Worte nun, welche mit ἄγκων 
zufammenhängen, bezeichnen etwas Gebogened , Krumme ; 
daher 4. B. ἄγκυλος aud) in ber Rhetorenfprache Gebogenes, 
Verſchlungenes andentet 8): eben fo ift ἀγχύρισμα, ἄγκυρα 


4) Moerid. Lex. s. ἀγκυρίσαν » τὸ nalmıorgıxöv κοινώς. ibiq. 
Sallier. p. go ed. Lugd. 


5) Poll. Oa. III $. 155: ἄγχει», στρέφει», απάγειν, ἀυγίξειν, 
ἀγκοινίζει», ἀγκυρίζειν, ἀνατρέπει», ὁράσσειν, ὑποσχελίδειν — 
— παλαισµάτων ὀνόματα. — Hesych. s. ἀγκύρισμα. σχῆμά τι ἐν 
naln. 

6) Plat. Reip. II p. 363 D, intt. ad Mocr. 1. c,, Steph. Lex, 
s. v.: t$ fat bad Wort aud) Arist. Ach. 710. 

7) Zonar. Lex. p. 36. ἀγχυρίσας: ἀντὲ τοῦ καταπαλαέσας. 


8) C. F. Herm. ad Lucian. 9. hist. conscr. op. p. 262; auch 
inu. ad Eurip. Iphig. Taur. 1408. 


350 Beiträge zur Erklärung 


ein Inſtrument, womit die Feigen abgenommen werben, 9) 
e8 war died ohne Zweifel rund, Dobf. 10) Da wir nun 
wiffen, bag dad σχῆμα ſich auf bie Füße bezog, 11) fo mit(s 
fen diefe dabei gefrummt worden feyn und zwar fo, daß das 
σχῆμα bem ὑποσκελέζειν Ähnlich, aber nicht, wie Hemfters 
huys 13) zu meinen fcheint , daffelbe mit biefem war. Denn 
aus Lukianos 13) geht hervor, daß beim ἀγκυρίζειν beide 
Füße in Thätigkeit zu fegert waren: es faßt alfo bei der 
Ausführung ded ἆγκύρισμα ber Stinger den Gegner mit den 
Händen vor bie Bruft, umfchlingt mit feinen Füßen jenes 
Knie und wirft ihn hinten über. Demnach find bie Erfläs 
rungen ber Frühern 14) irrig: auch beftätigt meine Erklaä⸗ 
zung unfre Stelle. Denn natürlid) war mit dem oyxvoroua 
ber Fall beider Ringer verbunden: daraus erffárt ſich ano- 
στρέψας τὸν ὤμον, was Cauſabon 15) falfch verftanden hat: 
Kleoy {β der ἀποστρέψας. Q8 bedeutet ἀποστρέφειν zurüds 
wenden, 16) 3. B. πόδας καὶ χεῖρας: hier foll die Schulter 
autíüdgebogen werben, bie alfo vorgefchoben war, Es hats 


9) Zon. Lex. p. 33 s. ἀγχύρισμα. Eidos παλαίσµατος. xe 
σχεῦος ἀγρευτιχὸν σύχων. — Suid. s. dyxuigsaun εἶδος παλαί- 
Operoc: χαὶ ἀγχυρίσας dyti τοῦ χαταπαλαίσας ἡ τῇ ἀγκύρῃ κατα- 
βαλών, "Eorı δὲ καὶ σχεύος ἀγρευτιλὸν σύκων. «άριστοφάνης — 
folgt unfre Stelle. 


10) Hesych. s. ἄγχυρα" ἐν 7 τὰ σῦχα λαμβάνουσιν. 

11) Bekker, Anecd. T. I p. 327, 1o. ἀγχυρίσας' αάμψας τὸν 
710da- σχῆμα δέ ἐστι παλαιστρικόὀ». Εὔπολις Ταξιάρχαες. Beim 
ὑποσκελίξειν war nur ein Bein nothwendig. Dal. Schol. Ven, und 
Eustath. ad Dom, IL, XXIII, 28ο. 

12) Hemsterh. ad Lucian, Dial. Dcor. ΤΗ T. II p. 267 ed. Bip. 


13) Lucian. Dial. Deor. VII, 3: x9ic δὲ προκαλεσάµενος τὸν 
Ἔρωτα κατεπάλαισεν εὐθύς, οὐχ old’ ὁπῶς ὑφέλχω» τὼ πόδε. Vol. 
Luc. Contempl. $. 8, welche Stelle verborben. 


14) € Scalig. ad Chron. Eus. n. 4108, Salmas, ad Lamprid: 
Comm. p. 520 ed. Lugd. 1671, welche intt, ad n. 1. anführen. 
15) Casaub. ad n. I. 


16) Es ift bic& Grundbegriff des στιρέφειν: Arist, Rau, 1102. 
Xenoph, Hell. VI, 5, 11. 21.43 


des Ariſtophanes. 351 


ten nemlich die Ringer viele oxnuara , welche barauf ab» 
zweckten, beim Ballen auf die bem Geguer gefährlichfte , fid) 
aber vortheilhaftefte Art zu fallen: bíeg ift num beim Vorkeh⸗ 
ren der Schulter offenbar, da der Gegner anf Ihr nicht (eft 
liegen kann: baé ifl ἐς τὸν ὤμον πύπτειν. 11) Hat der 690, 
ner aber aud) biefe Schutzwehr zu Nichte gemacht, fo hat er 
gefiegt und fanm nun das ἐγχοληβάζειν folgen. Weber dieß 
Wort find wir im Dunkeln: nur bei den erifograpben. fin, 
bet fid) einiges Licht. Es mag feyit, daß eine Form κολα- 
βεῖν, ἐγκολαβεῖν eriftirt habe: bag fie an unfrer Stelle nicht 
fiebe fünne, zeigt das Metrum. Es fichert aber Heſp⸗ 
ins 18) die Form ὀγκοληβάζξειν, gebildet wie κυρηβάζω, xo- 
λοιβάζω, 19) ohne Zweifel Worte bed gemeinen Lebend. Aber 
ber Sinn? Der Scholiaft erflärt: ἄκολος, ψωμός. ὅδεν τὸ 
dvsxolußnoas ἀντὲ τοῦ καταπέπωκας: (o auch Anbree 20) C6 
fcheint biefe Bedeutung demnach die befanntere gewe(en zu 
feyn: καταπύειν zeigt nun Unerfättlichleit am unb wirb von 
denen gejagt, welche fo viel αἴδ Πε irgend koͤnnen, herab⸗ 
fchlingen. 21) Es hat aber das Wort aud) eine Bedeutung 
in der πάλη, welche wir Suidas 22) verbanfen: es (ft nem- 


7 So if Arist. Eq. 571 zu nehmen: Schol, eidos παλαίσμα- 
τος, ὅ Tıyas ψευδόπτωµα καλοῦσιν. ἐπέμεινε dà τῇ εροπῇῃ. Nur 
(ο viel ift richtig. 


18) Hesych. s. xoAnßalss: ἐσθδίεε, zaraniveı. 


19) Aristoph. Eq. 273. — Hesych. s. κολοιβάζειν' ἀτάκτως 
ἐσθίει». 


20) Etym. M. s. ἐνεχολλήβασε: κατέπιεν' ἴσως dno τοῦ κόλου 
καὶ τοῦ βύσαε. — Hesych. s. ἐκκολλαβήσαντα. ἐκλαχέντα, ἐἔκφρο- 
φήσαντα (?) — id. s. ἐνεχολάβησε' κατέπιεν' ἀπὸ τών dxóloy: 
5$ xai ἐπέρανεν, ὥς τινες. ol δὲ ἐνεκολήβασα». — Suid. s, dyxV- 
θισµα — τούτεστι προσέχρουσας j καταπέπτωκας, ἀπὸ τοῦ φω- 

oU, ὃν ἄχολον ἔλεγον, — Eustath. ad Hom, Od. o p. 1817, 56 
om, — ἐνεχολάβισε», Ayovy díixgy κολλάβου κατέπιέ», 


21) Arist, Ach. 484. Nub. 338. Av. 1137. τά. Ban. 1466. 

Stalib. ad Piat. Euthyphr. p. 5 E, vs 
32) Suid. s, ἐκολάβησας, προσέκρουσας' τὸ δὲ ὅλον, κατεπά- 

2αιδας αὐτὸν καὶ ἐκπεριελθων xai διασείσᾳε ἀγχυρίζῃ' παρὰ «o 


352 Yelträge zur Erklärung 


lich eine Art des γαστρίζειν, 23) anf ben Bauch treten, fchlas 
gen, um den Gegner gang matt zu machen. Bliden wir 
nun auf die Stelle im Zufammenhange auti, fo bat ber 
Dichter zuerft einen Tropus von den Feigen genommen, B. 259. 
260, ift aber $5. 364 aué ihm heraus gefallen, daher er 
dann zu einem andern übergehen durfte. Diefer zweite ift 
nun vom Ringen hergenommen,, um die Gewalt anzudeuten, 
mit welcher Kleon zu Werte gehe. Zuerft verliumdet er die 
Angeklagten: Περί er dann unter ihnen einen, der für ihn 
befonders paßt, fo fchleppt er ihn herbei und beflegt ihn auf . 
die (d)redid)fle Weife. Es mußte jedoch hierbei angedeutet 
feyn, bag δίεβ Ringen fein wirkliches, fondern nur ein bie 
Sykophantie des [eom bezeichnendes fey, und bagu mar 
noch nid)t hinreichend, bag bie Worte faft alle eine Bezie⸗ 
hung auf die Feigen zulaffen: 24) e8 mußte vielmehr δίεβ 
befonders hervorgehoben werden, und δίεβ thut διαβαλών, 
nicht διαλαβών, 25) Es bezeichnet διαβάλλειν bei Ariftophas 
ned und Andern 26) häufig verläumpden, alfo grade das 


ἐπὶ κόλαις βαένειν' xóÀa δὲ y yaoıjo“ 59 ἔδραυσας, ἔκλασας, κατ- 
έπιες: ἀπὸ τοῦ κολλάβου, 6 ἐστι ψωμύς. βούλεταν δὲ λέγειν, ὅτι 
ὃν ἂν παρελάβῃ, ἄρδην ἀπόλλυσιν. — Suid. s. κόλα” ἡ γαστήρ. 


23) Weber welches cf. Arist Eq. 224. 454. Vesp. ı529 ibiq. 
intt, SchoL, befonders Diogen. Laert. VII, 172 Lob. ad Phryn. p. 
94. Es ἱᾷ eine Art des κολετρᾶν: Arist. Nub. 552 ibiq. Schol. 


24) Dieß bat Paffow Lex. s. ἀγκυρίζω ohne Zweifel berantaft, 
die Worte nur auf Zeigen zu beziehen, und Be. 262 flatt wuor zu 
lefen or. Abgeſehen davon, bafi die Annahme, ἀγκυρίξειν bedeute 
ein σχῆμα in der πάλη, nicht willkürlich, daß nach Paſſow καταγα- 
γών vounderlich gefagt, ἀποστρέψας nicht paßt, ift die Wiederholung 
a ng auch fo matt, daß Wriftophanes unmöglich (o gefchrieben 

aben fant. 


25) Es Hat διαλαμβάνει» eine Bedeutung in ber πάλη: Hesych. 
s. V.: es iſt in ber Mitte umfchlingen. Sonſt Fommt ἔχει», ἔχεσθαι 
fo vor: Arist, Ach. 511. Eq. 388, Nub. 1047. Ran. 469 ibiq, Scholl. 
Gegenmittel gegen diefed Umfchlingen war dyxortteir ,— ἐξαγχωνί- 
δειν: Arist, Eccles. 369 ibiq. Schol. Ed wäre hier überfläffie ín: 
zugefept. 

26) Kür biefe Bedeutung führt Schol ad Arist, Av. 1635 bem 
Homer , Alfäos, Archippos an: add. Arist. Eq. 64. 288. Plut, 204. 


be8 Ariſtophanes. 353 


Gejdjà(t des Cyfopbanten, unb ín'biefem Sinne Περί es 
bier: es iff alfo gefegt, um bie Beziehung der Worte auf 
den Sykophanten hervorzuheben ; wie alfo ὑπευθύνους zu 
ἄποσυκάζεις fid) verhält, (o διαβαλών zu ἠγχυρίσας. Dies 
(e$ ift ganz der Art des Ariftophanes 27) gemäß und ftimmt 
biefe Sprache mit dem Charakter feiner Komödie überhanpt 
volllommen überein. ' 


11. 
* Hi σὺ πιστεύων ἀμέλγει τῶν ξένων τοὺς καρπίµους 
πρῶτος ὤν". ὁ ὁ᾽ Ἱπποδάμου λείβεται θεώμενος. 

So ſchreiben Arist. Eq. 327 die codd. und editt. eins 
ftimmig |) und nur aud Suidas und einem Schol, ad h. |. 
wird als Variante ὁ d’ Ἱππόδαμος angeführt. Sp viel id 
weiß, bat allein Bothe an ber 9tídtigfeit der Stelle gezweis 
(eit, indem er fab, bag a in Ἱπποδάμου furg fep, weil an 
einen Ἱππύδημος nicht gedacht werden fünne. Nun ift aber 
in den Worten, wie auch bie Antiftrophe zeigt, Alles fo ges 
(nnb, fo treffend in jeder Hinſicht, bag jeder Verſuch ber 
Etelle durch Gonjectur zu helfen, fcheitern muß. Daher, 
fcheint es, ift die Stelle auch richtig. Zu den Eonfonanten, 
welche die Hellenen verdoppeln, gehört aud) 4, obwohl bei 
‚ihm, foviel wir willen, die Verdoppelung ſeltner zugelaffen 


Gramm. Meerm. ap. Schaef. ad Gregor. Cor. p. 647. Schaef. ad 
Greg. Cor. p. 535. Wyttenb, ad Plat, Phaedon. p. 168. Lips. Stallb. 
ad Plat. Phaed. p. 67 E ad cj. Euthyph. p. 3 C, €» diRerre: 
Burm. ad Prop. 1, 4, 21. 


27) Derſelbe Sall. í(t bei ber bisher falſch verftanbenen Stelle 
Arist. Av. 1473 
ἔστι γὰρ δένδρο » neyuxös ἔχτοπόν τι, καρδέας dnoitQu, 
Κλεώνυμος, 
χρήσιμο» μὲν οὐδέν, ἄλλως δὲ d ειλὸν xal μέγα" 
τοῦτο τοῦ μὲν npos dei βλαστάνει καὶ συκοφαρτεῖ 
τοῦ δὲ Bor πάλι» τὰς ἀσπίδας φυλλορροεῖ. 


Eben fo Arist Pac. 888 und dfter. Dot. Roͤtſcher rift. und fein 
Zeitalt. €. 28 unb die treffenden Worte Jean Pauls daſelbſt. — 


1) Nur in den Noten will Küfter ὁ ὁ "Innedegos. 
N. Rein. Muf. f. wi. IL. 24 


354 Beiträge zur Erflärung 


(ft: bod) fonnte Πε bei einem nomen proprium um fo teni, 
ger auffallen, ba biefe Klaffe von Worten fo febr bevorzugt 
war. Daher denn Aeſchylus Ἱππομμέδοντος fprechen ließ, 2) 
eben fo Παρθεννοπαΐος, Sopholles ᾽᾿ἀλφεσαιβοίαν. 3) ©. 
Hermann 4) will jebody bie allein aus ber Gewalt beà ictus 
erklären : eà hat biefer auch fonder Zweifel zur Verdedung 
der Verlängerung beigetragen: dba aber. Τελλεύταντος 5) 
zeigt, bag ber ictus zur Production bed ε nicht nothwendig 
war, fo werden wir ber Berboppelung der liquida bod) te: 
nigflenà einen eben fo (tarfen Antheil an biefer Erſcheinung 
beilegen bürfem. Dieß find Beifpiele aud den Tragikern: 
was diefen erlaubt war, war ed aud) für die ftomifer , wels 
che nod) weiter gehen Fonnten,, wenn die Sprache des täglis 
chen Lebens nicht entgegenftand. So fonnte Ariftophaned 6) 


2) Acschyl. Sept. c. Theh. 488. 542 ibiq. Well. Schreiben mug 
man aber nur mit einem µε, », o κ. f. w. 


3) Sophocl. ap. Prisc, p. 1348. à $ 
4) Herm, El. D. M. p. 44. 
5) Sophocl. Aj. 210 ibiq. Lobeck. 


6) Arist, Eq. 417 : cf Mnetzell de emend. 'Theog. Hes. p. 449, 
der aus meinen Thes. Sexag nr. LVI nod) um Etwas veroott(tánbigt 
werden fann , übrigens irrt, wenn er die Worte des Sophokles bei 
Eustath, ald ein Fragment anzufehen fcheint: Soph, Philoct, 780. 
Das eine alte Form χέφαλλος eriftirt, beweift außer Heflod aud) 
Ibykos, bei bem Schneidew. ad Ibyc fragm. p. 124 sp. ohne Weite: 
res ἱσοσειράλους hätte annehmen ſollen: daß ferner in Athen κέφαλ- 
loc qt Ariſtophanes Zeit habe gefprochen werden Εὔππεα, fchfieße id) 
außer dem bereits ll. cc. Angeführten aus ber ihre SReiubeit (yon mehr 
und mehr verlierende Sprache, aus duquxeqiloc bei Eubul, ap. Athen, 
IX p. 450 A ibiq. interpp., aus χδλιδες bei Menandr. p. 11 ibiq, 
Meineck., endlich aus der Inſchrift eines Hermes im Kerameifos, 
Εραῇ τετραχέφᾶλε, καλὸν Τελεσαρχίδου ἔργον (Eustath ad Hom. 
Il. XXIV, 333 p. 1353 Rom.), wo, obgleich das Zeitalter des fünf: 
ferd unbekannt, Henne falſch ο... emendirt hat, unb Sillig. 
Catal. Arist. p. 437 dieß nicht Gátte billigen follen- ©. Hermann 
Aug. Schulztg 1833. 11 S. gas will freilid) von zeyalos nichts ιοί: 
fen: aber der Beweiſe ((ub jest zu viele und zu fidere. Auf feine 
Meile will ich aber Hiemit Dindorfs «{«αχξδαιμόνιο» ober Maspes 
«οιδῦρία vertheidigt haben: cf. Dind. ad Arist. Vesp. 418 cd, 
Weidm., Raspe de Eupol. Dem. et Pol, p. 35, wogegen fon G. 
Herm. Wig. Schulztg 1933, II ©. 98 ad Eurip. Iph. Taur, 19a. 








des Ariſtophanes. 355 


κυνοχεφάλφ fagen, d. B. κυνοχεφάλλῳ, weil bieß durch bie 
gewöhnliche Pronuntiation gerechtfertigt war: ohne Anftoß 
zu erregen, konnte er Ἱπποδάμμου fprechen laflen: ed gieng 
mit diefem 9tamen um fo eher, da er, wie die obigen, nicht 
Attifcher Zamilienname war. — Wenden wir und jet zur 
Erklärung, fo ift die erfte Frage, wer (ft unter ὁ d’ Inno- 
δάµου jm verfichen? Die Scholien enthalten hier zwar Mans 
cherlei; aber fo verwirrt und durch einander geworfen, Daß 
Πε ald Beweis ganz verfchiednen Anfichten haben dienen müſ⸗ 
fen. Sch fege Πε her, wieich meine, bag Πε zu faffen feyen: 
οὗτος 7) à» Πειραιεῖ κατῴκει καὶ οἴχίαν εἶχεν ἤνπερ ἀνῆκα 
δημοσίαν εἶναι. 9) — καὶ πρῶτος αὐτὺς τὸν Πειραιᾶ κατὰ 
καὶ Mndıza συνήγαγεν' ἦν δὲ ᾿4θηναίοις τίµιος" 9) --πι- 
κρὺς οὖν λέγει, ὅτι σὺ μὲν ἀνάξιος ὦν σφετερίζη καὶ ἀπὸ 
πάντων κερδαίνεις, 6 δὲ εὐνούσεατος dy τῇ πόλει καταλεί- 
βεται τοῖς Φάκρυσιν ἀναξίως ὁρῶν σε τὰ τῆς πόλεως καρ- 
πούμενον * — Auneital, φησι», 6 «ρχεπτόλεμος" 10) — οὗτος 11) 
γὰρ πολλά ὠφέλησε τὴν πόλιν καὶ oi μὲν αὐτόν φασι Θου» 
gio», oi δὲ Μιλήσιον. 12) KA£ovog δὲ ἐχθρὸς ἦν. 13) — 


7) Nämlih Ἱππόδαμος: bie alten ErPlärer müffen zu dem Ders 
ftlánbni& unfrer Stelle genaue Kenntniß diefed Mannes für nötbig 


erachtet haben: fonft würden wir nicht fo fpeciele Notizen über ibu 
bier finden. 


8) Man flieht, wir Haben nur einzelne Städe; an Bufammens 
fang iſt Hier nicht zu denken. 


9) Es muß auch hier eine 2üde feyn, ba Archeptolemos erwähnt 
werden mußte. 


το) Ranfe Vit, Arist. p. CCCLXXXI verfteht darunter einen 
Grammatifer. 


* 11) Hier, mein’ ich, beginnt ein Scholion eines andern Scho⸗ 
tà ett. = E 

12) Wenn Otanfe 1, c. p. CCCLXXX fagt: in Piraeo erat Athe- 
nis forum Ilippodamium ab homine nominatum aut Thurio aut Mi- 
lesios fo irrt er: Hippodamos Fonnte nach feiner Vaterſtadt Mitefier, 
aber eben fo gut Thurier genannt werden. Weberhaupt aber Flingt 
fobigté, als wenn Hippodamos fo unbekannt fep. 


‚13) Man kann dies freitih auch auf Archeptolemos beziehen: 
Meier ap. Dind. ad Arist. Schol, T, XII p. 459 bezieht e8 anf Hip⸗ 


356 Beiträge zus Erklärung 


λείπει δὲ ὁ ὀφδαλμύς, 14) ἄλλως. Ἱππόδαμος μόνος λεί- 
βεται καὶ ἠττᾶται: διεβάλλετο yag. ἐπὲ πολυφαγίᾳ ὁ Inno- 
όαμος. ὡς οὖν τοῦ Κλέωνος ὄντος γαστριµμάργου, παρευ- 
doxıuovusvov dà ὑπὸ Ἱπποδάμου, κέχρηται τῇ συγκρίσεε 
χθησιμώτατα. 15) ὁμοῦ γὰρ καὶ τὸν Ἱππόδαμον καὶ τὸν 
Κλέωνα διαβάλλει. Hieraus fehen wir, bag die alten Erfläs 
ser an ben Saumeifter Hippodamos und beffeu Sohn 16) Ar» 


pobautoé, was aud) geht; wenn biefer Gelehrte aber fortfährt: Οἱ. 
ei 4 octogenarins saltem fuit (sc. Hippod.) qua quidem aetate cum 
Cleone nullas suscipere potuit inimicitias, neque omnino unquam 
suscepit, si Milesium fuisse memineris Thurios, quum haec colonia 
conderetur, profectum, fo ift das zu eilig gefchloffen. Einmal hat 
Hippodamos feinem Charakter gemäß nicht thätig gegen Kleon agirt: 
er fate ihn, blieb aber in feiner Ruhe: baun founute er von bem 
DI. 84, 4 gegründeten Thurii laͤngſt wieder zurüd (ει. Endlich 
war aber Hippodamog um diefe Seit Fein Achtziger: denn, wie id) 
alaube,, ifl bie Kebengzeit des Oíppobamoó von D. Müller Handb. b. 
een b. 8. ©. 89 (τοῦ Sillig. Catal. Artiff, p. 23: richtig aus 
gegeben. 


14) Wenn man Sufammenbang in diefe Stüde bringen darf, fo 
(ff bie von Meier 1. c. vorgenommene Umſtellung gewiß nichtig. 


19) Diefes Schol. (tammt aus einer fpätern Zeit, wo man bie 
zoumdouuere nicht mehr kannte und überhaupt von den im Stüde 
genannten Perjonen Genaueres nicht mehr wußte Aus folder lius 
wiſſenheit find eine Dienge verfehrter Erflärungen entflanden: }. 98. 
ad Arist. Av, 17. Freilich meint 9tanfe L ο. die Scholl ad n. 1, fát: 
ten aus Aristot, Pol II, 5gefchöpft: alfein bie Stelle müßten Πε bann 
doch (er. (lüftig gelelen baben, ba Arifloreles nicht im Euntfernteften 
von πολυφαγία fpricht, fondern warum Oippobamos in Qiuigem eim 
Souderling gemefen, burd) Worte erflärt, bie für diefen nur ehren« 
voll find‘ λόγιος δὲ xai περὶ την ὅλην φύσιν εἶναι βουλόμενος: 
wer nun in Ullem Adyıps zu fen fid) beſtrebt, wird bod) Fein πολυ- 
φέγος fepn. Richtig fagt Meier I. c., ben Ranfe nidt gefannt zu 
babeu ſcheiut, praeter hanc liberalium artium honestaeque vitae 
laudem non ıninus celebratur ejus nomen in architectura. Dann 
flebt man ber ganzen Erflarung an, bof fie nur aus einer verkehr⸗ 
ten Anſicht von unjrer Stelle hervorgegangen ift. 


16) Rank. 1. c.: sed de solo Hippodamo, non de ejus filio, 
nescio quo, scholiastas locutos esse, simul patet. Daß die bier er; 
wähnten Hippodamosd unb Archeptolemos nicht verichieden (iub von 
beu bei Piurarch genannten, kann, fo viel ich einfehe, nicht beſtrit⸗ 
ten werden: Plut. Vitt, X Oratt, in vit, Antiph. fin.: "Aoxentdis- 
uoc Ἱπποδάμου ᾽άγρύληδεν. Schon ber Name Hippodamos beweift 
e8. Auf Feine Weife it unfer Archeptolenos aber eine Perſon mit dem 
iulr. ^94 erwähnten Spartaner diefes Namens, wie noch Meier L c. jebt 
auch Sievers Commoentt. histor. de Xenoph. Hellen. I p. 21 trot Krueg. 


des Ariſtophanes. 367 


cheptolemo8 gedacht haben. Sie waren Athenifche, zu der 
Phyle Antiochie und dem Demos Agryle gehörende Bürger, 
ba Φίρροδαμιοῦ feiner Verdienſte wegen ohne Zweifel dag 
Bürgerrecht erhalten. Er war nad) Arifloteled 17) ber erfe, 
welcher ohne praftí(d)er Staatsmann zu fegn über ben beften 
Staat philofophirt: tad wir von feinen Anfichten wiſſen, 
tveift deutlich auf Segünfligung von Ariftofratie hin. Daher 
wird er auf feinen Sohn aud) ſchon fo eingemirtt haben, bag 
diefer, ald er fid) in Staatehändel mifchte, nur auf bie 
Seite ber Ariftofraten (id) fielen konnte. Daß er bieß aud) 
that, fchen wir aus feinem Ende: ale Theilnehmer an der 
Regierung der Vierhundert wurde er jugleid) mit Antiphon 
von bem, wie dad Urtheil zeigt, auch gegen ibn fer aufge 
brachten 19) Volke hingerichtet. Wir fennen demnach bie Pero 
fonen, welche ber Dichter im Sinne bat: es ift nun zu be 
flímmen, was er mit ihnen wolle. Der ältre Scoliaft geht 
Davon aus, daß, da Kleon getabelt werde, Archeptolemos Lob 
empfangen mü(fe. Jedoch paßt bíeg Lebtere weder zu den 
einzelnen Worten, nod) zu dem ganzen Sinne, nod) eublid) 
zu der von Ariftophaned bei Anfpieluugen befolgten Des 
thode. Es ijt λείβεσθαι, binfchmelzen, ver(d)mad)ten, ein βατ, 
(εῷ Wort: 19) erverfchmachtet Φεώμενος, zufehend, b. b. in Uns 
thätigleit. 20) Demnach fagt der Dichter: »ber Erfte im 
Staate wmäflet fid) durch Scänblichleiten. Archeptolembs 
bärmt fid) zwar darüber, thut aber nichts, um dem Uebel ab⸗ 


ad Dionys. Hal. Historiog. p. 96. Rank. I. ο. p. CCCLXXVIII ange: 
nommen bat: man Paun nicht φέρει τὴν εἰρήνη» für εἰσφέρειν s. 
elg. fageg. — Uebrigens fónute man aud) aus δε Namen Arche⸗ 
ptolemos auf Vorliebe des Hippodamos für Ariſtokratie (dtiefen. 
12) Aristot, Polit. II, 5 ibiq. Schneid. B 
18) Plutarch. Vit. X Oratt, I, c. 
19) Pind. Pyth. AH, το. 


20) Dean in φεᾶσθαι liegt biefet Begriff: daher Δεσταί, bie el« 
ne Handlung fehen, ohne thätig in (le eingveifen zu koöͤnnen ober eur 
zugreifen: lhucyd. 11, 38. 


f 


358 Beiträge zur Erklärung 


zuhelfen :« eà giebt alfo Ariftophaned bem Archeptolemoß ei⸗ 
nen Sieb, obgleich biefer ald Ariftofrat auf der vom Did» 
ter begünfligten Seite fand: man vergleiche die Witze, 
wenn man fo (agen darf, über Nikias, 21) und follte man 
nicht meinen, bag biefe Erwähnung für den Archeptolemod 
ein Fingerzeig hat ſeyn follen? Und es erklärt fich aud) bier» 
mad) die Ausdrucksweiſe der folgenden Berfe : 
αλλ ἐφάνη γὰρ ἀνηρ ἕτερος πολν 
σοῦ μιαρώτερος — 

ed fagt ja der Dichter: »doch bíefe Männer brauchen wir 
nicht mehr, ba ja jeßt ber erfchien, ber und von allem les 
bei befreien wird :« biefe Erflärung paßt volifommen zu ben 
Partikeln ἀλλὰ γάρ. Ὢ) Aber nod) nicht völlig ift hiemit bie 
Stelle erflärt: eà fragt fíd) noch , warum denn Ariftophanes 
ὁ d’ Ἱπποδάμου und nicht grabegu 4ρχεπτόλεμος gefagt fas 
be? Dergleichen ift bei unſerm Dichter ſtets von Gewicht. 23) 
Denten wir und in die Cage, in bie Denfungsweife des jus 
gendlich ftürmenden Ariftophanes hinein , fo wird ſchwerlich 
die Behauptung für zu fühn gehalten werben, bag ihm Hips 
podamod unb deffen biefem fanft nachwandelnder Sohn trot 
ihrer wadern Gefinnungen nicht eben als die lobenswerthe⸗ 
ften erfchienen: er hielt fie für brav , aber verlangte unaus⸗ 
geſetzt thätige Bemühung, den Kleon zu flürzen, um das 
herrliche Tageslicht fo ſchnell als möglich herbeizuführen, am 
bem Kleond Herrfchaft zu Ende gebe. Daher er beim biefe 
Form gewählt hat, um feinem Tadel die weitefte Beziehung 
zu geben: ber Sinn ift: in Unthätigleit 6lidt der Tangfame 
Archeptolemod, des .unthätigen Φίρροδαπιοὸ Sohn, dem 
fhändlichen Treiben zu. 


21) Arist. Equit. 358. Av. 363. 640. Zewpy. ap. Plut. Nic, c. 8. 
23) Pass. Lex, s, v. Hartung Lehre b. griech. Part. Bb. 16. 470. 
23) Dot. Nr. IV. 





des Ariflophanes. ° 359 


IV. 


Kunidoro τὸν μὲν Θαῤῥελείδου τονεονὲ 
χολοιὸν ὀβυλου ' τηνδεδὲ τριωβολον. 


So Arist. Av. 17. 18 ohne Varianten, welche eine weis 
tere Würdigung verdienten, ald fie bei Dinborf gefunden has 
ben. Dagegen iR fchon ein von ben Scholtaften geführter 
Streit, wie die Anfpielung zu verfichen ſey. Die Mehrzahl 
der Erflärer, 1) von denen wir Symmachos noch namentlich 
femen , fupplirten veov: ner verfaufte mir den Sohn beà 
Tharrheleides , diefen Raben bíer:« nnd bemerfem, es gehe 
auf Aſopodoros, ben aud) Telekleides verfpotte, weit er fo 
klein gewefen (eg. Cà war mm (dion ein Spott, eine Ser; 
böhnung, Jemanden Klein zu nennen: dieß Durchziehen des 


— $üeigened bekam 2) durch den Zufab ὁ μικμὸς erf feine rechte 


Bitterfeit. Da nun bie Dohle ein febr Meiner Vogel fi, fo 
Περί in ihrer Nennung eine Anfpiefing anf Bie Heine Statur 
bed Aſopodoros. Dieß allein kann aber bek Dichter nicht be; 
zeichnen wollen: eö muß vielmehr nod) Andered hier augebeus 
tet (egt, zumal da Ariſtophaues nicht feft Jemanden for» 
perlicher Fehler und Gebrechen wegen verfpottet, wenn er 
nicht zugleich moralifch báglid) iſt umb verworfen, wie Arche⸗ 


ı) Schol. ad n. L Zuuunyos, ᾽4σωπόδωρον. καὶ γὰρ οὗτος 
ἐπὶ —* ὑπὸ Τ. Ἰλεχλείδου κεχωμφῴόητας, χαὶ ὁ χολοιὸς us 
χρὸς wr É» τών πτερῶν τὴν σύστησιν ἔχει' "4«λλως": ddnkor & “σω- 
πύδωρον λέγει, (c χωμφδεῖιαι ἐπὶ σωικρότητι σώµατος' 4v» dà 
x«i θαῤῥελεέδης μικρός. ᾽ἄλλως" oi μὲν πλείους ὑπδελή- 
φασιν υἱόν τινα εἶναι Θπῴ(ελείδου βραχὺν xci παραπλήσιον χυ--. 
Aoi. χωμφδεῖσδαι. οὐχ ἔχομεν . dà υἱὸν αὐτοῦ dia τῆς xwuwdius 
ἐιπεῖν' µήποτε οὐ», φησι, χατὰ περίφρασιν el, yxep Θαῤῥελεέύνυ 
χολοιόν, ἐν lop τῷ Θα ῥελείδης, ὃς ἐστι κολοιώθης: 9 ὡς zolosuus 
αυεὺν πωλοῦντα Φιαβαλλει, (St wohl ἀπό Ar. Av. 13: gefloffen). 
"άλλως, 6 τοῦ Θαῤῥελείδου vlog ἐγένετο κολοιός. 


2) Arist. Ran. 709: wo Schol. (56. 721) τῷ caua. Önkordıs- 
φαένεται δὲ o Κλειγένης negl τὰ πολιτιχά. καὶ τῶν» πλυνσίων mer 
έσειν ξένος δὲ καὶ βάρβαρος οὗτος. Das Schimpfwort 2/9uxoc be: 
ie fib auch auf bie Peine tatur: ο Weichert. Poett. Latt. 

r)gm. p. 289. 


360 Beiträge zus Erflärung . 


Ὀεπιοῦ, Ktefiphon, Kleigened zeigen: 3) auch Philokles gehört 
hierher. 2) Dad nun, was ber Somifer in moralifcher 5) 
Hinſicht an Afopodoros als fchlecht barítellen will, muß gerade 
durch bíe Vergleichung mit dem κολοιὸς fcharf hervortreten: 
e$ war δίεβ um fo leichter und ver(tanbfidyer, da die Athes 
πες ober richtiger bie Hellenen, von früher Zeit an gewohnt 
waren, aud) den Vögeln eine moralifche, ethifche Bedeutung 
und Beziehung zu geben, ihr Benehmen, ihre Sitten zu er» 
forfchen und biefe bann mit denen der Menfchen zu vergleis 
chen, fo daß fie fürmliche Repräfentanten menſchlicher Rich⸗ 
tungen wurden ; man benfe nur an den Gebraud) ded Wors 
ted ὄρνις in diefer Hinficht. So galten denn bie Doblen für 
ſchwatzhaft, garrulae, λάλοι, 6) daher Πε denn zur Bezeich⸗ 
nung von Schwägern 7) dienen: ganz natürlich ift mum , bag 
von den Komitern die Redner, Demagogen mit ihnen vergli« 
hen werben, s) und zwar foldhe Redner, bie fowohl eine 
übelffingende Stimme hatten, 9) ald aud) bummed Zeug, 
bloß um zu reden, fchwaßten: 10) die Meinungen der Seítges 
noflen konnten darüber freilich verfchleden feyn. Der Ser 
gleíd) pagte aber in biefer Hinficht, ba die Dohlen auch für 


3) Wachsmnuth Φε. Alt. I, α ©. 165, 
4) Arist, Av. 283. 1283. Thesmoph. 168 ο, Scholl. 
5) Dian wird bíefen Ausdrud wohl nicht mißverftehen. 


6) Schol. Ven. ad Hom. Il, 1, 575: ἀπὸ μεταφορᾶς τοῦ xo- 
λοιού’ δορυβῶδες γὰρ καὶ κραυγαστικὸν τὸ ὄρνεον' Isidor. Origg. 
ΧΙΙ, 7, 45 — est autem loquacissimum genus et vocibus impór- 
tunum., 


7) Schol. ad Pind. Nem. 111, 143. Gesner. de Avib. p. 5015sqq. 
8) Aristoph. Eq. 1020 ibiq. Scholl. 


9) So Lucret. V, 1083 von ben cornices: aber von bem »o- 
λοιοῖς ift κολωάω, κολωέω bei Hom. Il. Il, 212. Antim, fr. XXVII 
Schellenb,: daher αρωζει», xodieuw von (offen Stimmen gefagt 
wurde: oft in ber Anthol, Weberhaupt find bei bem Wlten nur me- 
nige Bögel, deren Stimmen ihnen angenehm erfchienen und wohl: 
klingend: fle hatten faft alle für (ie etwas Barbariſches. 


10) Aristoph Plut. 369 ibiq. intt. 


des Ariſtophanes. 361 


dumm gehalten wurden. 11) Darnach, (eben wir, liegt der 
Vergleichung bed Afopodor mit einer Dohle die [είπε Sta⸗ 
tur bed Mannes mit der nach der Anficht ber Hellenen ba» 
mit zufammenhängenden Gefchmäsßigfeit und Dummheit zum 
Grunde, fo bag wir wohl fchließen dürften, Afopodoroe has 
be zu den auf der Seite ded Demagogen (tebenben Rednern 
und fonftigen Handlangern der Zeit gehört. C8 ift nun noch 
übrig zu erflären, warum ber Dichter 6 Θαῤῥελείδου unb 
nicht gradezu 4σωπόδωρος gefagt habe. Es ift bei biefer 
Frage das Scholion zu beachten, welches und von ber leis 
nen Ctatur des Tharrheleides felbft unterrichtet: ſonſt willen 
wir nichtd von bem Manne: genug, daß er zu ber affe 
der Athener gehört haben mag, die eben die Lieblinge des 
Ariftophanes nicht waren. 12) Daher er denn bei bíefer Ges 
legenbeit aud) einen Hieb bekommt, ber barin liegt, daß et 
ber Vater einer Dohle ift: zugleich mirb aber bie Darfiels 
Iung dadurch Iächerlicher, bag er felbft klein war, benn der 
Sinn ift num: des dohlenartigen Peinen Tharrheleides bob» 
lenartiger fleiter Sohn Aſopodoros: ober: bíefer Kleine aus 
der Familie der Kleinen, der Zwerge. Daher folche lime 
fhreibungen immer früftiger find, mitiger, beißender, αἴδ die 
Kennung des Namens felbft nur hätte ſeyn können. 15) — 
Endlich ift nun darauf aud) zu achten, daß ter Preis und 
zwar ein fo geringer dabei fteht: 14) er zeigt ja auch au, 

11) Das fam von der Urt, wie fie fif) fangen Hefeus Schol, ad 
Hom. Jl ϱ, 355: — εἰσὶ (οἱ xoloiot) δέ πως καὶ τῶν ἄλλων dyon- 
τότεροε, ds xai ὅ τῆς θήρας αὐτῶν μαριυρεῖὶ τρόπας. ἐλαίου γὰρ 
πλήρη κρατήρα τιθέασιν»' οἱ δὲ κολοιοὶ ἐπεβάντες τῷ χείλει xal 
ειρορώντες Eis τὴν σχιὰν ἑαυτῶν, ἄλλους κολοιοὺς ὁρᾷν» voullou- 


σι» εἶτα ἐπιπεσόντες τῷ ἐλαίῳ, (ὡς δῇ9εν πρὸς τοὺς ἑταίρους κατ- 
εόρτες, ἆλίσκονται συγκολληθέντες τὰ πτερὰ 1d. ἐλαίφ. — 

12) Man fann ihn für einen Golden halten, auf ben ber Name 
πολοιὸς auch gepaft hätte. 


13) Val. Nr. ΠΠ. Arist. Av. 126. 763, auch 763: τοῦ «Ῥνλήμονος 
pe up gehören hierher Wige wie «1ιόννσος, υἱὸς Σταμνίαυ Arist. 
an. 22 u. f. mw. 


14) Das war Preis in Athen: cf. Boͤckh Gtaatef.Rb. Athen. 1 


362 Beíttáge zur Erklärung - 


wie hoch ben Tharrheleides und Familie Ariſtophanes ans 
ſchlaͤgt. 


V. 


Ocos vv» ἐγὼ ᾽μαυνεῷ προσαγάγω τὸν xod, 
sb» νοῦν iv’ ἄρδω καὶ λέγω τι δεξιόν. 


Den zweiten diefer Verfe, Equit. 213. 114, haben 
alle codd,, eben (o auch der Scholiaft, der au «odo 1) bie 
Bemerkung madıt: ποτίσω. τὴν δὲ τροπὴν ἔλαβεν ἀπὸ τών 
φυτῶν: dennoch meinte Wieland , dem Bothe folgt, bag er 
bier οὔτε Weiteres zu ftreichen fey, weil er fchon 8. 96 vors 
gelommen. 2) Doc; hätte bie genannten Gelehrten von dies 
fer Meinung eine aufmerffamere Betrachtung unferer Stelle 
abbringen (offen. Nikias, ber firenge, gebt ab und Bleibt 
nun Demofibenes (id) felbft überlagen : er bat V. 96 ſchein⸗ 


6. 1:2. Daß die χορώ»η mehr Eoftete, fam daher, daß fie größer id, 
ats der αχολοιός; c£. Hesych. xoloiot* μεκραὺ αορῶναι. 390. Gesn. 
de Avib, p. 506. 


1) Die Bemerkung ift richtig ; eben fo Schol, ad Arlst. Lysistr‘ 
384: ἄρδειν ift urfprünglid) nach Buttm. gerit. Bd. II G.170 nepen “ 
babet gefagt von bem Waſſer, was die Erde befeuchtet, irrigare , be’ 
gießen: πεύίον Xenoph, Anab, II, 3, 8 χώραν: Arrian, Exp. Al. VII» 
7: ba dadurch nun bie Erde befeuchtet wird, fo fagt man εό von 
alle bem, wad burd) Waller, Naßes, Rutzen bat: fo Pferde, alfe 
tränfen: Herod. V, ια nach Valcken., cf, Meineck. ad Euphor. 
fragm. p. 143: daher denn wie τρέφει», αὔξειν, αὐξάνει», nıalyeır, 
φέρβεσδαν dgl. von Allem, mas turf Etwas befeuchtet und (omit 
in beffern, reichlihern Zuſtand ge(ebt wird: καρπούς, Arist. Nub. 
382, öißor: Pind. Ol. V, 23 ibiq. Schol. und interpp., συµποσίοις 
αὐτούς: Plat. Phaedr. p. 276 D. ibiq. Ast.. StaMb. welcher anfübrt 
Wyttenb. ad Plutarch. de S. N. V. p. 119, ad ej. Sept. Sap. Conviv. 
p. τδι E: befonders (dn wird ed nun vom Geiſte gebraucht: ψυ- 
χάς Xenoph. Conviv. c. II $. 24, unb, um den Begriff zu verflärfen, 
im biefer Bebentung verbunden mit τρέφειν, αὐξάνεινς Plat. Reip. 
ΥΙΗΙ p. 550 B, X p. 606 D. 


2) Go hat Bel, bem Bothe Recht zu geben fcheint, Aristoph. 
Av. 1218 flreichen wollen, weil berfetbe Vers ibid. 196 gewefen: ohne 
alfen Grund. Eben fo Fönnte man einmal Aristoph. Acharn. 465. 
Av. 949, oder Arist. Ey. 119. Arist. Av. 177 oder Catull. XXI, = 
XXIV, 2 amd Catull. XXIU, 1. XXIV, 5 flreichen: vat. auch Wagu 
ad Virgil. Aen. X, 871. 


- 


des Ariſtophanes. 363 


bar ernſthaft biefe Worte ald Argument gebraucht, ben Ni⸗ 
kias zum Stehlen zu bewegen: jebt, wo Nikias nicht zugegen, 
führt er ironiſch diefe Worte an: »je&t will ich trinken, und 
zwar, wie ich dem bummen Nikias weiß gemacht, um πιεί, 
nen Geift zu erfrifchen: im Grunde aber thue ich ed nur, 
weil ich gar zu gern Wein trínfe und deßhalb feine Gele⸗ 
genheit vorüber gehen Inge, Wein zu befommen.« Es if 
bieß alfo mit Lachen gefagt ober mit einem verbeutlichenden 
Geſtus, deren die Alten ja fo viele hatten. Uebrigens bes 
tflertt Beck wohl richtig, bag ber Feldherr Demofthened ohne 
Zweifel Vorliebe für Wein gehabt habe. 


C. 2. von Leutſch. 


Ueber den Plan einzelner Gefánge 
des Pindar. 


Cm einem früheren Auffat in biefen Heften habe ich das 
hohe Verdienft bes neneften Herausgebers in Erforfhung 
der Funfireichen Anlage und ber Einheit (n den Pinbarifchen 
Gedichten zu würdigen gefucht. Schon Thierſch hat ín fei» 
ner Einleitung (6. 120) bemerkt, bag der Dichter felbft in 
mehreren Stellen auf beflimmted Geſetz, auf eine durch Sitte 
unb innre Gründe gebotene Anordunng und Ausführung bes. 
Siegslieds hindeute. Die Iyrifche Kunft war die Zwillinge, 
fehweiter ber Muſik; und ba e$ biejer eigen und unertaglid) 
ifl, den Lernenden fireng an ber Hand der Negel zu leiten, 
fo mußte in ihrer Gefellfchaft aud) jener bie Gewöhnung au 
beftimmte Grundfäge in allen Theilen ihrer Ausübung, im 
Ganzen wie im Einzelnen, leicht fallen. Diefe Sagungen 
ber Kunft fcheint Pindar, nicht anders wie bie des Aegimios 
ober ded Drafon, τεῦµους zu nennen: der Siegshymnus 
felbft, der Siegszug ift ihm eine Gagung, ı) und fo jede in 
bem Hymnus zu beobad)tenbe Regel und Rückſicht. 2) Er 


1) Ol. VII, 68 τίµα μὲν ὕμνου τεθμὸν Ὀλυμπιονίχαν. XIII, ag. 
δέξαι δὲ ob στεφάρω»ν ἐγχώμιον τεθµὀ», b. i. κώμον τέθµιον , we⸗ 
gen der Giegéfránge, nicht, wie Thierſch €. 121 erflárt, einen nad 
ber Sapung ausgeführten Gefang zum Schmucke des Gieges- 

2) Nem, IV, 33 τὰ μακρὰ d' ἐξενέπειν ἐρύχει us 169 ud c, 
wor: v? ἐπειγόμεναι, Bol. Diffen. Ishm, V, 19 ὕμμε 7’, € χρυσ- 
ἆρμιαοε «4ἰαχκίδαι, τέθμµιεόν µοι paul σαφέσεακον εἶναι τάνδ’ 
ἐπισιείχοντα νᾶσον ῥαιγέμεν εὐλογίαις. 


Ueber ben Plan einzelner Gefánge des Pindaxr. 365 


vübmt die Kunſtweisheit, den Kunftverfiaud, 5) bad Nachſin⸗ 
nen über den Gegenftand,, a) den Kunftvortheil, o) nicht bie 
Leichtigkeit; vielmehr ftellt er die Ausführung als eine Arbeit 
bar. 6) Auch verftedt er die Regel nicht gefliffentlich bits 
ter die Ausführung, fondern weifet und vielmehr oft felbft 
darauf hin; fo bag gewiß bie meiften Sagungen ober Haupts 
punkte (τόποι) des Epinikos leicht aufzuftellen find. Mehr⸗ 
mals, wie bereits Thierſch erinnert hat, bezeichnet er bem 
Eingang als mit Abfichtlichkeit gebildet. Er gebraucht babey 
ben Kunſtausdruck ύμνου προκώµιον (N. IV, 11), προοίµιον 
xonnid’ ἀοιδᾶν βαλέσθαι (P. VII, a. IV, 138), und vete 
gleicht dad Profomion mit dem Sänfenportale bed Saales 
«Οἱ. VI, 4.) Eine gewiffe Gleihmäßigkeit nnb Regelmäßig, 
feit, eine fefte Methode iſt durchhin fühlbar, in dem Borbes 
reiten unb Motiviren, in den Uebergängen und dem Anknü⸗ 
pfem, wie im Abbrechen und Sondern, im Gebrandje der 
Sprüche und im Epifchen, unb fo herrfcht ficher auch in ber 
Zufammenfegung und Behandlung des Ganzen, in bem ver 
einigten Beziehungen nicht Zufall und SfBillfür , fondern bes 
flimmte unb klare Abficht. Nicht perfönliche Eigenheit, (ome 
dern Sabung ift ed, bag ber Dichter fein eignes Berhältniß 
zu dem Gefeperten und deflen Mitbürgern berührt, von fei» 
uer Baterftadt und bem Sefchlechte feiner Abflammung, von Gaſt⸗ 
freundfchaft und Prorenie, von feinen Gelübben, feinen Reis 
fen zum Feſt ober feinem Bleiben, Aufichub oder Cile, 


3) P. IV, 248 oiuo» ἴσαμ, βραχύ». πολλοῖσν ὃ' ἄγημαι σο- 
φίέας ἑτέροες. Ol, 1, 116 πρόφαντον σοφίᾳ καθ’ Ἑλλάνας ἐόντα 
παντᾷ. P, I, 12 ἁμφί s€ .4ατοίδα σοφίᾳ βαθυχόλπων τε Μοισᾶν. 


, 4) ΟΙ. 1, 19 εἴ t£ 10« Πίσας 18 καὶ «κρενίχου Ἰχάρες vdoy ὑπὸ 
γλυχυτάταις ἔόηχε φρογντέσιν. 


5) P. VIII, 34 ἐμᾷ ποτανὸν ἀμφὶ uayayd, wie N. VII, 23 
von Homer: ἐπεὶ ψεύδεσέ ol. ποτανᾷ τε µαχανᾷ σεμνὸν ἔπέ- 
στέ τιν. 


6) J. 1, 3 μή pos κραναὰ νεμεσάσαιν «4ἄλος, ἐν & κέχυμαι. --- 
i£ov, ὦ ᾿πολλωνίας' ἀμεοτερᾶν τος χαρίτων» σὺν Φεοὶς ζεύξω εέ- 
Aoc. J. M, 45 ἐπεί τοι οὐκ έλινύσοντας αὐτοὺς εὐἰργασαμα». 


366 Ueber den Plan 


ber Arbeit, die er verläßt ober die er vorfat , von feinen 
Tadlern und feinem Bewußtfeyn, von feinen Grundfägen und 
Gefinnungen, Verhältuiffen und Begegniffen fpricht und daß 
feine Perfönlichleit in dem Inneren ber Poeſie eben fo be» 
flimmt durchhin gegenwärtig bleibt, wie ber Chorführer Aus 
θετίιώ hervortritt. Satzung ift es vermuthlich, bag häufig 
kurze trauliche Zwifchenrebe,, die den Dichter und feine Dew 
fuügéart angeht, den feyerlicheren Ton unterbrídjt (mole g. 
69. Ol. Vi, 88 —91); Satung, daß bie vorhergegangenen 
Siege vollfidubíg in Hebrängter Reihe, wie wenn fie an eis 
eem Öffentlichen Denkmal in Infchrift prangten, aufgezählt 
werben; 7) Satzung verräth fi befonbers in ber kunſtmaͤßi⸗ 
gen She und ber Wahl und bem wohl abgewognen Maße 
des Qobà s) unb in der Rädficht auf ben Ueberbruß der cher 
qum Neid ald zur Bewunderung Geflimuten unter ben Zus 
hörern. Eine Eigenthümlichkert im Ertheilen ber Lobſprüche 
ift e& aud), tag ber Dichter, wie wenn ber Herold bey (εἰ, 
stem Auftreten fid) erſt Aufmerkſamkeit verfchaffte ebe er beu 
Ausruf auhübe, vorher gleichfam ſtillſteht, Π vorbereitet, 
ragt. 9) Einmal (Ol. VI, 49) trifft eine Wendung νι dies 
ſem Swede zufammen mit biefer: Mit Niemand βτεί (dj, 
aber ich geb’ ihn (ten Preis) m. f. m. Mancherley Winke 
Aber den befonderen San(igebraud) wird man, wie e8 zn ge» 
ſchehen pflegt, nun, bg dieſe Art der Porfie im Allgemeinen 


7) S. bie Stellen bey Bockh Not crit. p. 389 s. Ol. XIII, 98 
navop ὅ' ἔπει θήσω φανέρ᾽ ἀθρόα. J. 1, 6ο πάντα d’ ἐξειπεῖν — 
ἁφαιρεῖται βραχυ μέτρο» ἔχων ὄμνος, (mo vermuthlich unbebeutens 
dere Drte übergangen find.) 


8) P. IX, 76 doeral d' alei µεγάλαι πολύμυθοε’ Bein. ὅ' Ey µα- 
x0030s ποιχίλλειν dxod Goqoic. P. X, 53 ἐγχωμίων γὰρ dwros 
ὕμνων en’ dilor ἄλλον ott µέλισσα θύνει λόγον. P. XI, 4t 
Μοῖσα, τὸ δὲ τεόν, εἰ µισὸφ συνετίθευ παρέχει» φωνὰν ὑπάργυρον 
ἆλλοι' ἅλλᾳ ταρασσέµε», Thierſch 6. ται erflärt die beyben 
legten Stellen auders. 


- 9) Οἱ. 1i, 8g. xin. 93. N. VI, az. VIH, 19 J. 11, 35. IH, 19. 


einzelner Geſänge tes Pindar 367 


Harer ugb lebendiger aufgefaßt wird, vielleicht med) heraus⸗ 
zufinden im Stande feyn. Inventis addere facillimum. 
Das Wichtigſte, um von der Befonnenheit, Abfichtlichteit 
und Runft in ber ganzen Gompofitiow zu urthellen, ift bie 
Wahl und Behandlung des mythifchen Stoffe. Im Allge⸗ 
meinen waren, wie Pindar felbft fagt (J. IV, 30), bey ben 
Keften der 9Meteler bie Demiden, in Theben Jolaos, Perfene 
in Argos, die Dioskuren in Sparta und in Aegina bie Aea⸗ 
tiden zu preifen, ober Grundlage ded Hymmud;, er nennt eà 
(J. V, 20) gefeblid) (τέθµιον), wenn er ald Dichter Aegina 
befacht, bie Aealiden gu erheben, und beobachtet diefe Regel 
in allen elf Siegöliedern auf Wegineten. Diefe zu preifen 
waren durch bie Heafiden allerwärtd breite Zugänge (N. VI, 
47), und bieß edle Gefchlecht nicht vorbeyzugehn erkennt ev 
sod) ausdrücklich, indem er ben zufällig berährten Herakles 
verläßt, in einem Lied anf einen Wegineten als Pflicht an 
(N. III, 26.) Aber nicht die ganze Sage von ben Aeakiben 
war auf einmal zu’ erfchöpfen (N. IV, 33. 60), fo wenig wie 
die ber Argiver (N. X, 10), follte auch nicht bis zur Cr, 
mitbung fortgeführt werden (N. VIT, 53): und ed war nicht 
einerley, was jededmal aud ber Wille ber Mythen herandges 
griffen wurde, fondern ed mußte bedacht werben, welcher 
Theil δεῦ Allgemeinen der günftigíle fey zum Schmad ber 
einzelnen Perfon und zu dem Sinn und Entwurfe beà Ge» 
dichts. Dieß Wählen und Ermägen iff burd) ein ſchönes 
Bild in dem Epinikos auf einen Lokrer angebentet. 10) Wenn 
es nicht undichterifch mar, bíeg im Allgemeinen zu erkennen 
zu geben, fo dürfen wir nicht aud) über bie Abſichten im 
Einzelnen , über bie befondern Gründe das eine hier vorzus 
siehn und das andre dort zu übergehn ober zu vermeiden 
, von bem Dichter viele Kingerzeige erwarten. Alles ſinnreiche 
will gefucht (egt ; dem Berflänbigen erflingen die fchnellen 


ιο) Ol. ΧΙ, 9. Νῦν ψᾶψον ἑλισσομέναν ὅπα χὔμα κατακλύσ- 
σει (éoy ; ὅπα τε κοινὺν λόγον φίλε» τίσαµεν ἐς χάριν»; 


368 Ueber ben Plan 


Dfeile, fir die Menge bebürfen Πε (bie Beziehungen ber My⸗ 
then) der Ausleger. 11) Denn blind ift bie Bruſt ber Meis 
ften. 12) Doch fehlt eà nicht ganz an Hindentungen anf die 
befondre Abſicht in bem Gedichten felbít, wie Bödh febr 
wohl erinnert bat. 15) Als Kunftgenofien getabelt hatten, 
bag Pindar fíd) zu frey bewege und abfchweife, antwortet er 
darauf genügend für und unb mit dem höchſten, von ber 
Zeit, weld)er er vertraut, geredjtfertigten Selbfigefühle. 14) 
Um ein gründliche® Urtheil über diefen Punkt vorzubes 
reiten kann man auch ben Standort höher und in bet 
Mitte der gefammten Sellenifchen Kunft nehmen , nnb fo 
durch mancherley Bergleichungen prüfen, ob wohl die neuges 
bildete Erflärungsmeife im Geifte diefer Kunſt und nach beim 
allgemeinen Kunftgebrauch erforderlich, ob fie durch ihre übere 
einftimmende Art zur tieferen Ergründung dieſes vollendets 
ften Kunftgebrauchs gegenfeitig dienlich (eg. Schon die epis 
(Φε Ῥοε[ε lehrt uns bie fige Wahl und Anwendung der 
Mythen nad) dem Gharafter ber Perfonen und dem Erfor⸗ 
bernige der "uigenblid[iden Ragen. Hierauf madyt ein Grau 
matifer zu der Stelle ber Ilias aufmerffam, wo Diomedes 
zu dem Cage, bag er nicht mit Göttern flreiten wolle, bie 


11) Ol. 11, 83. 7olàà µοι Un’ ἀγχώνος αἰχέα βέλη ἔνδον ἐντὲ 
φαρέτρας φωνᾶντα συνετοῖσι»' ές δὲ τόπαν ἑρμηνέων χατίξει, 


12) N, VII, 23, ευφλὸν ὅ ἔχει ἧτορ ὅμιλοςυ ἀνόδρων ὁ 
πλεῖστος. 


13) Pyth, IV p. 264. Talis enim in his carminibus Pindarus 
hinc inde reperitur, ut ipse aliqua significatione, quomodo quaeque 
intelligenda sint, indicet: quas tamen significationes negligit vulgus 
interpretum. $Bg(, zu Ol. EX, 8o p. 194. Diffen p. XXIV: Non 
pauca in Scholiis tradita habemus : alia Pindarus ipse indicat, in- 
terdum brevissime, P. XLVI Quid significent fabulae rarissime ef- 
fatur Pindarus, sed reliuquit lectori explorandum. @ine foldye Deu⸗ 
tung ift Ol. I, 33. 35. J. 111, 69 (nicht bem Orion, fondern bem 
Untäos gleich.) 


ι4) N. IV, 37 sel. Diſſen p. 402. Auch N. ΥΠ, 64 f. ift iu 
ähnlicher Beziehuug denfwurdig und babeo der Kunflausdrud παρ 
µέλας zu bemerken. 


einzelner Gefänge des Pindar. 369 


Geídjid)te von Dionyfod und Ἐφίατροῦ erzählt. 15) Nur 
glaube man nicht, bag in diefer Hinficht Homer ſchon überall 
feinen Ansleger gefunden habe. Auſſer den Reben war eine 
befondere Form durch Mythen bie Perfonen und bie Verhälts 
niffe zu beleuchten, vergleichend, andeutend oder ergänzend zu 
fchildern, die Parekbaſe durch Befchreibung von Toreumen oder 
andern Kunftwerfen, wie in ben Kyprien, den Epigonen, 16) 
der Telegonee,, in welcher der be(d)riebene Krater allerdings 
aud) die Handlung angeht. Die Mythen find au diefen Ges 
fügen nicht anders wie in den fpäten Neliefen von Kyzikos, 
wie an gewiffen Kunſtwerken bey Paufaniad, an mandyer 
glücklich erhaltnen Vaſe von Silber und gemalten aus Bolci 
x. f. wm. unter einem beftimmten Gefichtöpunfte su(ammenge» 
ftellt und bíernad) find die gewählten Reihen fireng zur Sas 
che felbft gehörig. Aus Homer ſelbſt wurden wahrfcheinfich 
bie Rhapſodieen yaffend zu der Gelegenheit, Hochzeit ober 
Felt, ausgewählt, obgleich der Nachricht, welche Euftathius 
hierüber giebt, eine falfche Vorausſetzung aus verfehrter Ety⸗ 
mologiesbeygemifcht (ff. 17) 

Welches Feld aber eröffnet (id) wenn wir und nach ben 
Tempeln und den Bilbwerfen allee Art hinwenden und die 
iBebeut(amfeit, bie Poeſie betrachten, womit überall von ben 
Mythen vergleihend unb anfpielenb, zum Preife der Götter 
unb der Heroen, zur Befriedigung für das vaterftädtiiche Ges 
fühl ober das ber Edelgefchlechter,, zur Mahnung und Wars 
nung, zur Ergögung des Wiged und Scharffinns ein bezügs 
licher Gebrand) gemacht ik. Wer einft bie Külle ber ſinn⸗ 
reichften uud anmuthigften Gedanfen und Erfindungen biefer 


15) JL. VI, 129. Toic δὲ λεγοµένοις καὶ κεκρατηκόσι μύθοις 
Ὅμηρος κρένων αὐτοὺς εἰς χρῆσιν κατὰ καιρὸν τοῖς ρωσιν 
ανατέθειχεν,. τὰ δὲ κατὰ τὴν «4υκουργία» οἰκεῖον nv εἰδέναι τῷ 
Aounde x. v. λ. 


16) A. Schulzeitung 1832 ©. 218. 
, 12) Jl. p. 6, 39 ἐξ ἑχατέρων "Οωηρικών ποιήσεων συρραφεῖσα 
ϱ) δη αναλόγως τῷ ὑποκειμένῳ πράγµαιι, γάµω τύχον 5» ἑυρτῇ. 
N. Rhein, Mus. f. wi. 11. 25 


970 Ueber den Plan 


Art,.die zum Theil fchon erfamnt find, zum Theil ει (id 
nad) und. nad) nod) auffchließen werden, von Gliebelfelbern, 
Briefen und Metopen, von Thronen und Fußgeſtellen, Altäs 
ren und Weihgefchenfen aller Axt, 19) von Grabíteiuen und 
Sarkophagen, von bem irbenen Zierrathe ber Häufer- und ber 
Gräber, den gemalten Vaſen, nad) geordneten Reihen eut 
wickelt, alles auf feine Gründe: zurücdführend und aud ein⸗ 
ander erflärend, ber wird feinem andern einen kunſtgeſchicht⸗ 
lichen Stoff der Erforfchung unb Seftaltung zu beneiden δα. 
ben. (δὲ ift δίεβ eine eigene Mpthenfpradye der Kunft, uns 
endlich reicher al& die Durch Blumen je feyu könnte, eine ger 
wiffe febr poetifche Hieroglyphik, deren Princip nicht im ei^ 
genfinnigem Verſtecken, fondern in burchfichtiger Berhüllung 
bes nadten Gedankens befteht. Sft bod) auch die gefammte 
SDoefte, wie Platon fagt, 19) räthfelhaft und nicht jedem fie 
zu verftehen gegeben. Alle Kunſt ift in ihrer Entfaltung und 
Zunahme darauf gerichtet, verichiedenartige Beflandtheile eis 
ned Ganzen innerlich mit einander zu vereinigen. Cine neue 
Art ber Malerey 3. B. weiß in dad Berhältniß zwiſchen 
Staffage und Landfchaft, ihrer Beleuchtung und Färbung, 
die finnzeichften Beziehungen zu legen. Doch flebt alle neuere 
Kunſt an Empfänglichkeit für innere Harmonie und in bent 
Streben barnad) hinter ber ber Alten im Ganzen zurüd, und 
man muß gefteben, daß, auffer bem den Griechen vor allen 
angebornen Berufe zur Kunſt, aud) der Vorzug ihrer unver 


18) So bemerft 4. B Millingen in den Αππα dell’ Inst. ar- 
cheol. T, Il p. 227. En examinant les descriptions donudes par 
Pausanias des offrandes dedices dans les divers trésors sacrés (de 
Delphes), on trouve que le sujet de ces offrandes avait, en général, 
rapport a des faits qui intéressaient tes donateurs. Gín fehrreiches 
fBepfpiet ift SBrüntfiebé Deutung ber Metopen des Parthenon aus 
dem Kreife der Attiſchen Mythen. Am mei(ten i(t über Bezügfichkeit 
der Mothen tu Vaſengemälden auf die verfchiedene Beſtimmung ber 
Vaſeun und die Perſonen gerathen und gar maudes aud) glüdlid er: 
rathen worden. 


19) Aleib, II p. 147 b. 





einzelner Geſänge des Pindar. 371 


gleichbaren Mythologie, die zuletzt freylich aus derſelben 
Wurzel entſproſſen iſt, ihnen hierin die größten Antriebe und 
Bortheile ver(dja(fte. Es ift fogar anzunehmen, bag Πε durch 
das Cymbolijd)e ihrer Naturreligion den Sinn für innere 
Bezüge ober für zwiefache, verfchmolzne Bedeutung von Ans 
beginn außbildeten und die Liebe zu finnreichen Andeutungen, 
zum Näthfel, die in älteren Zeiten überhaupt herrſcht, mehr 
unb länger bewahrten. 

Aus diefem allgemeinen und fortgeerbten Kunftfinn ers 
klaͤrt es πώ denn auch, bag wir bie alten Girammatifer, fo 
febr eà ihnen an umfaffender und zufammenhängender Kunfl 
lebre fehlte, bod) nicht felten bey ihren Semerfungen zum 
Pindar von demfelben GrunbfaGe geleitet finden, welcher bes 
flimmter, methodifcher und fruchtbarer durch die neue Erfiäs 
ruugeweife geltend gemacht worden ift, von bem Grundſatze, 
daß, nad) ihrem urfprüngliden Sinn und Verflande, alles 
in diefen Gedichten, im Großen und in Nebenzüugen, feine 
beftimmte Abficht und Bedeutung habe, und bag wir hinfidıts 
lich der Umflände und der yerfönlichen Berhältniffe, wo fie 
nicht biftorifch befannt find, zur Vermuthung unfre Zuflucht 
nehmen müffen. Man konnte daher ganz wohl aud) bamit 
anfangen, dieß Erklaͤrungsſyſtem und insbefondre die Noth⸗ 
wendigfeit der Hypotheſen für viele Fälle aus den Scholien 
abzuleiten, und eà fommt nur darauf an, burd) Umficht und 
Scharfſinn, die man au ihren Hppothefen fo oft vermißt, 20) 


20) Allzu hart und zu allgemein urtheilt Schneider Pindard Les 
ben ©. 88 über die Grammatifer „wenn es darauf anfomme bie 
$unff in der Anlage, in der Behandlung und Ausführung des Pıians 
u zeigen.“ Sie fuchten im Allgemeinen für jeden Mythüs, obalcich 
le den Ausdruck παρέχβασες gebraudjen (P. V, 1. X, 42), beu. Grund 
im (Gedichte, ben fie aber zumeilen nicht Iu entbeden vermögen, wie 
binfihtlid, bed Irion, der Hpperboreer (P. II, 39. X, 47); vorzüg⸗ 
lid) gehn ihre ζητήματα und Streitigfeiten die Aurufung im Ῥτοῦς 
mion au, und hier finden ((d richtige DBorausfesungen und emer: 
kungen (wie Ol. ITI, ı P. , » N. VII, 1), und verfehlte αυ. 
τοσχέδια (Didymus gebrauchte biefen Ausdrud N. VI, 2); ſolche 
fat(d angenommene Thatſachen und Umftände auch jon(t nicht felten 








372 Ueber den Plan 


theils bie Berhäftniffe, die eine Annahme nöthig machen, glück 
licher auszufinden, thals in der Art diefe Annahme zu bilden fie 
zu übertreffen: belehrend fónnen oft aud) ihre verfehlten Deus 
tungen und unanwendbaren Notizen und Hypothefen feyn. 

Im Aufſuchen und Beflimmen der Beziehungen zwifchen 
den Kampfflegern und den mit ihrem obe verknüpften Mys 
them, fo viel unb preiswürdiges auch bereits geleiftet ift, darf 
burchgängiged Zufammentreffen und Mebevein(timmen and 
unter im Ganzen einverflandnen Erflärern, nad) der Natur 
ber Cadje, am wenigften jet fd)on, erwartet werben. Uns 
ter fo vielen höchft gelungnen Erflärungen haben aud) mans 
che (id) eingefchlichen,, in denen bie angenommene Beziehung 
zwifchen dem Sieger und ber mythiſchen Perfon entweder 
nicht richtig aufgefaßt ober gar nicht vorhanden zu feyn 
fcheint. Bon beyderley Arten werde ich nach Zeit und Ge 
legenheit einige Beyfpiele darlegen und baburd) wenigſtens 
beytragen die Auslegung bey einem fo würdigen Gegenflande 
feftzubalten. 


Der neunte Ῥνιθί[ώε Sefang, auf bet Kyrener 
Telefttrates. 


Bey fcheinbarer Leichtigkeit bietet diefed Gedicht dennoch 
in Hinficht des Plans und des eigenthümlichen Hauptgebans 
kens nicht geringe Schwierigkeiten dar. Diffen fchöpfte aus 
der Darftelung des Mythus von Apollon und Kyrene, 
aus ber (m allen Theilen des Liebes wiederholten Beziehung 
auf Liebe und Ehe, und aus ber Erwähnung von Gegnern 


(mie Ol. VI, 149. N. VI, 104.) Befonderd fede und einfältige Cr: 
Dichtungen zur Erkläruug find 4. $8. P. I, ı. N. V, 1... Merfwärdig 
ift (da Ueberſchriften gänzlich fehlten) bie Uneinigfeit über deu Ort 
der Spiele bey P. Η. Go ift eine Nemeiſche Ode unter die Iſth⸗ 
mifchen geſtellt (VII), eine unter bie Pptehifchen, bie einen Sieg im 
Theben angieng (1I, eine Iſthmiſche in zwey getrennt (III. IV), der 
Grund, warum ein Sieg bed Arkefilaos burd) zwey Gelänge gefeyert 
worden, falſch angegeben (P. V, 1), eine unter ben 9temeifden fheint 
——— (XI), bie erſte Nemeiſche hielt Timaͤus für eine Olym⸗ 
piſche. 


einzelner Sefänge des Pindar. 373 


bed Siegers die Bermuthung , daß derſelbe fid) (n heben, 
wo ber Komos gefegert worden zu feyn fcheint, 21) gegen 
ein Bürgermäbchen Freyheiten erlaubt habe, und bag barum 
Empfehlung der Sittſamkeit fid) mit bem Ruhme ber Kraft 
in dem Gedichte gatte. Das erfte beruht auf folgender Ίδεῃ, 
bung in bem Mythus. Als Apollon bie Nymphe, welde 
9tadjté die Stierheerden ihres Vaters mit Wurffpieß und 
Schwerd vor den wilden Thieren (d)üGte , mit einem Comer 
bed Pelion ringend erblickt bat, ruft er den Ehirom aus ber 
Grotte hervor und fragt ihn, and welchem Geſchlechte fie 
entfproffen, unb ob ed Jied)t feg, Hand an Πε zu legen oder 
im Bette die Blume der Schönheit zu pflücken: worauf Chis 
ron allerdings für das Legtere fpricht. Allein dieß als Gr» 
mahnung gegen lingebürlid)feit zu deuten, erlaubt meines 
Erachtens die Fabel, bie hier in ihrer urfprünglid)en, alte 
belleni(djem , naiven Einfalt getreu nacherzählt ift, wenn man 
fie nad) ihrem Sufammenbange näher betrachtet, keineswegs. 
Apollon ift nicht im Zweifel darüber, ob er diefe Jägerin 
mad) Kyrene führen und als die Seinige verehren laffen folle 
oder nicht : durch dad Bändigen des Löwen hat fie felb(t bes 
reitö ihre Beſtimmung für Afrita bewährt. Daß in ber fünfs 
ten Pythiſchen Dde (V. 53) Battos, mit Hülfe ded Ayollon, 
die Löwen wegfcheucht um der Kolonie Sicherheit zu geben, 
dft, wie Diffen auch bemerft, nur eine andre @infleidung 
derfelben Sache; und barum. ringt aud) bey Kallimadyos und 
andern bie Kyrene in Libyen {εί mit bem omen, zum 
Schutze ber Heerden bed Eurypylos. 2) Alfo bleibt Apols 


21) Go ber Sieg des SYamiben Ageflas aus Syrakus in Stym⸗ 
phalos Olymp. VI. Nah Theben begab fid Damophilos von Άντε: 
ne, vertrieben von Arkefiiaos Pyth. IV. Den Tenedier Zórorenos 
des zweyten Skolion benft fid) Diffen in Theben. 


22) Callim, in Ap. οι. Akeſtor und Phylarchos in verfchiedenen 
Sagen 6. Schol, Apollon. II, 500. Apollonios felb(t nennt ffe daher 
DB. 509 Jägerin in Kyrene, dyodzır. Da der Löwe ber Kyrene my: 
thiſch aus Afrika nad) bem Pelion zurüdverfegt i(t, (o geht er die . 





374 Ueber den Plan 


(on ganz feiner hohen und heiteren Befonnenheit getreu ins 
dem er in bem Augenblicd eines fofdjen Entſchluſſes den weis 
fen Ehiron auf die Probe (tellt, beffen Rath er in der That 
nicht wirklich für fid) bedurfte. Er fragt, aus welchem Ges 
fchlechte biefe unerfchrodne,, Fampfliebende, Traftvolle Jung⸗ 
frau im Gebirgsthale beà Pelion (e95 von Reizen, bie auf 
ihn wirkten , ift nicht die Rede. Bey dem folgenden iſt biels 
leiht, mit einem Nachdruck auf xivra» χέρα., der Vorzug 
ded Standes im Vorbeygehn hervorgehoben : ift. ed Recht eine 
vornehme Hand an fie zu legen, wie εὖ (egt möchte, went 
fle aud dem Ῥοΐέε wäre, oder (ft fie edel genug um mid 
mit ihr zu vermälen? GChiron aber, ber mit propbeti(d)em 
Geifte des Gottes wahre Abficht mit der Kyrene erräth, ant» 
mwortet mit Lächeln über die Verftelung (nicht leniter repre- 
hendens), um auf den Scherz einzugehn , fprichwörtlich über 
dad Geheimniß Heiliger Liebe: er weift den Gedanken eíne8 
angenbliklichen Beylagers hier im Freyen zurüd, giebt aber 
fogleich zw erfennen, bag er den hulbvollen Einfall des Got; 
feà wohl verftehe, deſſen Allwifjenheit er mit altteftamentlis 
(jer Kraft fchildert. 23) Daher unterläßt er ed auch das 
Sefchledyt ber Kyrene ihm anzugeben, um aber bod) mit dem 
Meifter gleichfam zu wetteifern (3B. 50), fagt er ihm voran, 
was berfelbe thun werde und von felbft gewollt hatte, die 
allerdings vornehme, δε Bundes mit ihm würbige Jungfrau 
(εὐκλέα νύμφαν) nad) Libyen führen, wo fie, im gofpnen 


Naturgefchichte eben fo wenig an ald ber Nemeifhe, welchen Epimes 
nides bey Aelian H. A. XII, 7 aus dem Monde herabgefallen ſeyn 
läßt. Was Eudemos bey demfelben Il, 21 von einer Lowin auf dem 
Thrakiſchen Pangäon und einem Bären erzählt, gleicht ganz einer 
erdichteten Geídidte. Xenopbon von der Jagd ο. τι bewei(t Εεἰπεθιοερό 
Löwen weder auf bem Pindus, noch überhaupt in Europa. Auffallend 
ift es, daß Ariſtoteles und Plinius über Löwen zwifchen bem Neſtos unb 
Acheloos uud in Europa Überhaupt nur die Nachricht des Herodot 


Vil, 126 gefannt zu haben fcheinen. Die Given 6. Spanheim Cal- 
lim. in Cer. 5a. 


23) Wehulich auch Pyth. III, 29 s. 


einzelner Gefänge des Pindar. 375 


Hand aufgenommen, reich an fruchtbaren Ländereyen und 
Jagdrevieren, ald GStifterin verehrt, den Gott Ariſtäos gebäs 
ren und bíefer ihr Sohn von Hermes zu ben Horen und zur 
Gaͤa getragen werben folle. 2) Dur den Contraft einer 
vorgeblichen Erniedrigung oder Geringfhätung ber Kyrene 
von Seiten Apollons foll nur die Herrlichkeit des ihr wirk⸗ 
lid) auf einmal beflimmten Loofed gehoben werden. Zugleich 
wirft die Vorherverfündigung deflelben durd, den Mund des 
Ehiron ähnlich wie bie Prophezeiung des Tireſias von bem 
Thaten beà Herakled beg ber Geburt defjelben in der erften 
Nemeiſchen, oder die Berfündigung eines Sohnes, Ajas zu 
nennen nach den Zeichen des erfcheinenden Adlerd, welche 
Herakles dem Telamon macht, in der fünften Sfthmifchen Ode 
(nach den Eden.) 

Boch, welcher die neue, von Diffen gegebene Erklärung 
ausführlich beurtheilte,, 25) erkennt in ber Beobachtung, bag 
in dem Lied alles auf Liebe und Ehe bezogen werde, einen Forts 
fchritt der Auslegung an, geftebt ein, daß, wenn auch baé 
gefammte Mythiſche nad) den fräher von ihm felbft gefaßten 
Geſichtspunkten (djon paffe, bod) augenſcheinlich noch etwas 
beſondres verborgen ſey: er geht in den Gedanken ein, daß 
die Stelle von ber Berfchämtheit der erften Liebe ihren Grunb 
zunächft in ber mpthifchen Erzählung felbft babe, madyt aber 
gegen die dem Xelefifrates nachtheilige Hypothefe gegründete 
Einwendungen aus den Sitten und Verhältniffen. Er fel» 
nerfeitö glaubt den Schlüffel zu finden in der Annahme, daß 


a4) B- 64 würde ich lieber ἀνδράσι χάρμα φίλοις, ἄγχιστον 
ὁπάονα unlwv (Agıoraiov) abtüeilen, als χάρµα φίλοις ἄγχιστον 
verbinden. Zu V. ο ift nicht zu überſehn, daß das fBepmort bet 
Aphrodite ἀργυροπέξα, wie fonft der Thetis, auf den Urfprung aus 
bem Meere bentet, wie Stefihoros in der Geryonis παγας doyvoo- 
pítove, Euripides, Theofrit u. a. ἀργυρέους ποταµους fagen. Cine 
wahre Herftellung des Sinne ift Diffens Erflärung V. 23 unb feine 
Cnienbation VB. ga. qvyór2' uud τόνδε, wo PITONG in ΦΣΓΟΟΝ, 
IToN übergegangen war. 


25) Berliner Jahrbücher f. wiss. Kritik 1830 Th. 11 ©. 999—608. 


376 leber ten Plan 


der Sieger, ald dad Gedicht abgefaßt wurde, ald 9fegíbe, 
der er πα einer fehr wahrfcheinlichen Vermuthung war, 
fid) mit einer Gefclechtögenoffin in Theben verlobt gehabt 
babe, die er alfo im Begriffe wäre mit mad) Kyrene zu füh⸗ 
ren. So erhält für ihn Apollons Heimführung einer Theß 
falifchen Braut nad) Kyrene eine typifche Bedeutung, bie als 
lerdings beutlich genug wäre, unb bie Erklärung geht πού 
weiter, und weift in dem Ariftäos die Hoffnung edler Sprößs 
[ίπρε aud) für jeneà Paar, in dem Empfang der Kyrene eis 
me freundliche Ausficht für die neue Braut im Baterlande 
des Bräutigamd nad); barum werde dieß τείώ am fchönen 
Frauen genannt und erwähnt, bag manche Jungfrau bort fíd) 
den Teleflfrated zum Gemal, manche Mutter m Sohne ges 
wünfcht batte und mandjed andre. 

Um die fremde Braut des Mannes , bet ihnen ſelbſt fo 
wänfchenswürdig erfchienen war, befonderd günflig aufzus 
nehmen, müßten die Kyrenerinnen von den Schönen andrer 
JOrte (ehe verſchieden gewefen ſeyn. Aber wichtiger als 
dieß íft, bag ber ganze Mythus ſich auflöft, wenn bie Korts 
führung ber Kyrene nad) Libyen, bie Verehrung, die fie dort 
fand, und Ariſtaͤos wegfallen oder untergeorbnet werden 
follten. Gehört aber dieß alles zunaͤchſt und weſentlich bem 
Mpthus felbft an, fo könnte e$ nur zufällig zum typifchen 
Gebraudje dienen, und die Hypotheſe, bie wir brauchen, 
fel nur das, was ohne fie nicht begreiflich ober ſchicklich màs 
te, verftändlich machen und rechtfertigen. Dabey fcheint 
aud) an fid) ein Fall von fo Πατ eigentbümficber Art, daß 
an den Kampffieg fich unmittelbar eine Heyrath, an die zus 
fällige ὕεψει des Siege an dem Sitze uralter Gefchlechtövers 
mandter eine Heyrath von faft romantifhem und menigftené 
febr ungemóbnlidem Schlage anfchlöffe,, bem Kreis, in wel⸗ 
em unfre Hypothefen fid) halten müffen, au überfchreiten ; 
unb eà ift nicht einmal abzufehn, warum der Dichter fo bes 
beutenbe perfünliche Umflände nicht geradezu oder in Elarer 








* 


eingelner Gefánge des Pindar. 377 


Anbentung, wie y. B. in bem dritten Pythifchen Liebe bie 
Krankheit beà Hieron zu der Zeit, aufgenommen haben folls 
te, um fo mehr ale Ὀίεε Umftände fo erfreulich waren. Da 
denn diefe Erklärung nicht weniger al8 bie andre unbefriedis 
gend und unannehmlich erfcheint, fo liegt und ob zu verfus 
chen, wie alle diejenigen Punfte, welche beyde fo fcharffins 
nige Ausleger mit einer zu ungewiffen, von auflen hereinge- 
zogenen und von ihnen felbft rein erfundnen Thatfadıe, die 
bey jedem von beyden eine ganz andre ift, üt Serbinbumng 
fleflen , unter einer Anficht, die den im Gedichte felbft bes 
flimmt gegebenen Berhältniffen entfpreche, zu vereinigen feyen, 
und wie bad, was etwa dahin nicht gehöre, in feinem bes 
fondern Zufammenhange fich erklären laffe. 

Der Mythus von Apollon und Kyrene bient zur Ehre 
des Kyrenifchen Siegers allgemein. Doc ift er. bier, vor 
den andern im vierten Pythiſchen Komos, nicht ohne Bezie⸗ 
bung im Allgemeinen zu ber Norm bed Gedichts, der Per⸗ 
fonlichfeit beà Siegers gewählt, und biejem Motiv iff fogar 
das, was im fünften die Aegiden in der Gtiftungéfage ber 
Kolonie Kyrene angeht, und was, wenn Teleſikrates Aegide 
war, fid) fonft wohl hierher ſchickt, 26) nachgeſetzt. Aphro⸗ 
bite nimmt das Paar auf ba ihe Tempel und Dienft am 
SOrte (id) audjeidynen, wie wir in ber fünften Pythiſchen Ode 
(eben. 2). Die Worte B. 12: 

καί σφιν Eni γλυκεραῖς εὐναῖς ἐρατὰν βάλεν αἰδῶ, 

ξυνὸν ἁρμόξοισα Je τε γάµον μµιχθέντω xovog 9’ 

Ὑψέος εὐρυβία - 
enthalten nicht mehr ald der Schluß der Erzählung, ber πα 
Pindars gewöhnlicher Weife im voraus angekündigt wird, 
unb fonnten leicht auf einen Hymnus ſich gründen und bes 
sieben. Lüge etwas die Perfon ded Teleſikrates angebenbeé 


26) Nach Isth. VII, 5 ziemt e$ wegen gemeinfamer Abſtammung 
ben in Theben Geboruen den Aegineten zu preiſen. 


27) V. 22 vgl. Bödh p. 283. 


378 Ueber den Plan 


in bem Mythus, fo wäre es die Kräftigfeit der Kyrene, ba 
aud) ber Waffenlauf befondre Etärfe erforderte. Er num, 
der jebt durch den Ppthifchen Gieg die Göttin Kyrene vers 
herrlicht bat, fchmüdte feine Stadt auch mit Siegen in Ye 
gina und Megara bregmal und fiegte vielmal in allen eins 
heimifchen Feften. Und hieran fnüpft fid das, woraus bie 
Snbivifualität ded Gebid)tà entfpringt; bey diefen Spielen 
fahen die Kyrenifchen Sungfrauen ibm zu und jede wünfchte 
ftill , daß er ihr lieber Gemal oder (daß fo fünftig ihr) €oba 
feyn möchte: wie er denn aud) gleich im Eingang ein glück⸗ 
lider Mann, die Krone Kyrenes genannt wird. In dieſer 
Theilnahme der Mädchen an den Spielen wird örtliche Sitte 
berührt, die zwar auch allgemein :Dorífd) und altpeloponner 
ſiſch ift, fo wie bie Wettfämpfe der Kyrenifchen Iungfrauen, 
bod) aber unter dem Einfluffe beà fremden Bodens, ba auch 
die fchönen Libyerinnen ähnliche Mädchenfpiele übten, nub 
da das Bild ber gewaltigen Sägerin freue dort allen tor» 
ſchwebte, einen eignen Anftrich angenommen zu haben fcheint. 
Anf jeden Fall beſtand das Gíüd eined Wettfiegerd in Ky⸗ 
rene vorzüglich aud) in der Bewunderung der Zuſchauerin⸗ 
nen; unb fo muß natürlich nicht felten die Schönfte unb 
Edelſte, wenn fie auch nicht, wie nad) ben alten Sagen, 
zum Preis ausgeſetzt war, bem rüftigften und ſtattlichſten der 
Kämpfer zu Theil geworden feyn. Darum gleich im Ueber, 
gange von dem Mythus ber fügreme die Aeuſſerung, daß 
biefe den Telcfifrates, ba er liebreizenden Ruhm heimbriuge, 
in der Heimath fchöner Frauen freundlich empfangen werde. 
Auf das Beywort ded Ruhms fíebreigenb (δύξαν iuso- 
vá»), in Verbindung mit Heimath fchöner Frauen, ift. großed 
Gewicht zu legen. Hiermit verbindet fid) leicht die Erzaͤh⸗ 
Iung am Schluſſe, wie der Ahnherr des Telefitrated , eben 
fall Sieger im Wettlauf, eine fchöne Libyfche Königstochter 
als Preis errungen habe. Diefe Sage beruht ohne Zweifel 
auf einem Θεύταμώε ber Nomaden, aber vieleicht „auch auf 


einzelner Gefánge des Pindar. 379 


angenommener und nicht einmal allzu entfernter Sitte ber 

Kyreniſchen Dorier felbft, und ftellt auf jeden Fall die Aus⸗ 

fldót des Siegerd nad) feiner Heimkunft auf eine neidenswer⸗ 

the Verbindung in eis helleres Licht. Nur (djeimbar iſt dies 
fer Theil burd) die Worte (5B. 103): 

ἐμὲ Ö’ ὧν τις ἀοιδᾶν 

dpa» ακειόμενον πράσσει χρέος αὖτις ἐγεῖραι 

καὶ παλαιὰ δόξα τεῶν προγόνων" 
fo αἴό o5 er auffer bem Plane flunde angehängt; bieg ift nur 
eine Formel des Uebergangs, ähnlich denen, womit der Dichs 
ter fich zuweilen Einhalt gebietet, fid) von angeblichen 36, 
fohweifungen zurüdruft, geſchickt um das Abfichtliche in ber 
Zufammenfegung zu verfärfen, uud aufferbem, wie Diffen 
treffend bemerft, um neuen Durft des Liedes in dem Zuhörer 
zu erregen. 

Mas nun noch dazmwifchen Liegt, zu Ehren be8 Jolaos 
und Herakles, die in Theben gemeinfam verehrt wurden, eins 
geleitet burd) eine an bad Borhergehende geknüpfte Centen;, 
δίεβ würde fchon im Allgemeinen baburd) motivirt feyn, daß 
in Theben das Felt gefeyert wurde und der Sieger Yegide 
war; aber, wie ed fcheint, hatte e8 noch ben befondern Ans 
laß, bag Pindar felbft bem Jolaos und Herakted, fammt dem 
Sphifled, ein Gelübbe für den Selefifrate8 gethan hatte, das 
er mut in dieſem Komos fefb(t durch das Angeführte augens 
bfidiid) loft. Er fónute im voraus. anf den Kal des Sieges 
fd) zum Liede verbunden, alfo dafür Parthey genommen und 
daher dad Gelübde gethan haben: aber es fanum auch bloß 
poetifch fo angenommen feyn, bag er ed gethan. Die Worte 
(8. 89) wären demnach zu verbinden : τοῖσι», ἐσλόν τι En’ 
εὐχᾷ παθὼν τέλειον, κωµάσοµαι: worauf ber Dichter uns 
mittelbar und abgebrochen, wie oftmals, bie früheren Siege 
[obt, Die Worte, wodurch er hiezu fid) ermuntert: Xaoc- 
των κελαδεννᾶν un µε Alnoı καθαρὸν φέγγος, verbindet Difs 
fen, fo wie Heyne und Gurlitt, mit dem Borhergehenden, 


- 





380 Ueber den Plan 


indem er En’ εὐχᾷ κωμάσοµαι nicht auf bie jebige Feyer, 
fondern auf bie Zufunft, ober auf begbe (nunc et olim) bes 
zieht. Die Sufunft aber ließ für den Teleſikrates und feine 
Thebifchen Freunde viel Gemeinfdjaftfideó Faum erwarten. 
Ein Gelübbe thut Pindar auch für den Hieron zur Kybes 
le, 28) und er fragte auf dem Wege tad) Delphi dad Dras 
fet, of Ariftomenes, der Aeginete, ben er befingt , ‚den Gieg 
erlangen verbe. 29) Eines ift noch hinzuzufügen. Die Worte 
B. 93 — 96 feinen nicht nothwendig eine 9Inbeutintg von 
Gegnern des Telefifrated zu enthalten, so) fondern nur feyers 
lich andzufprechen, bag Freund und Feind, falld er nemlidy 
aud) Feinde unter feinen Mitbürgern nicht in Theben) hätte 
(sé φίλος ἆστ ov, εἴ τις ἀντάεις), ihn und τὸ y, ἐν Συνῷ 
πεπογαμόνον οὐ [oben müjfe, wenn anders, nad) dem Worte 
des Geealten, aud) am Feinde eifriged und rechtes Thun 
zu Ioben fey. 

Nach biefem allem tritt ein febr einfacher Grundgebante 
hervor, nemlich ber: Siegesfreude burd) die Ansficht auf ble 
reizendfte Verbindung. Teleſikrates ift glücklich, dorthin, wo 
eine wegen ihres Kampfmuthes von Apollon erhobene  Cayís 
thenjungírau als Stadtgründerin verehrt wird, mo ihn früher 
fhon bey geringeren Kampfipielen der Sungfrauen Blide 
verfolgten, mo auch fein Ahnherr burd) Wettlauf des einheis 
miſchen Königs Tochter gewann, wo Schönheit der Frauen 
einbeimi(d) und Aphrodite eine hehre Göttin (ft, den r eigens 
ben Kampfruhm mitzurischzubringen, er, für Freund und 
Zeind ein Gegenſtand des Preifes, für bie ſchönen Ky⸗ 


28) Pyth. III, 77. 


29) P. VII, 58. Theilnehmend freut er fid bes Giegé feiner 
Gaftfreunbe OL IV, 4, 1X, 65. J. HI, 48 u. f. w. 

3o) Diſſen zu Nem. VIII p. 469. De sola privata inimicitia 
quo minus hic cogitetur, et ipsius loci eximia gravitas prohibet, 
quum nusquam alias apud Pindarum tali modo privatae calumniae 
exagitentur, et Aeacl cet, Su Isthm. I p. 522 dagegen notans si- 
mul divites quosdam Herodoti obtrectatores. 





einzelner Gefánge des Pindar, 381 


renerinuen ber Sehnfucht: denn zog er biefe fchon in dem 
Kyreniſchen Kampfipielen au, mit welchen Augen erft werben 
fie als Pythiſchen Sieger ihn anbliden ! 

Bon einer ethifchen Beziehung oder Betrachtung, wie Πε 
mehrere andre Gefänge, a. B. der elfte Nemeifche, auf den 
Proytanen von Tenebos, mit dem einfachen Preife der Schöns 
heit, der Kraft unb der Siege verbinden, vermag ich in dies 
(fem keine Spur zu erbliden. Dagegen trifft ed in der glück⸗ 
verheißenden Hindeutung auf eine neidenswerthe Heirat 
mit andern zufammen , über welche Diſſens feinfinnige Ber 
merfungen zu vergleichen find. sı) Ueberhaupt ift ein heitrer, 
hoffnungsreicher Blick in die Zufunft ber Befungenen, wie |. 
B. auf einen neuen, größeren Sieg im dreyzehnten Olympis 
fchen, biejen Gefangen eigen. 


Der fiebente OIgmpi(die Gefang, auf Diagoras 
von X bobos. 


Die Mythen diefes Gedichte, das wohl verbiente in 
goldner Schrift im Tempel der Lindifchen Athene aufgeftellt 
zu werden, find nad) ber Zeitfolge, die ba8 Gefe& bed Mes 
108 umfebrt, diefe. Als die Götter die Länder unter fid 
theilten, wurde der abwefenbe Helios vergefien unb Zeus 
wollte die Berloofung erueuerm ; ba aber jener gerade bie 
fruchtbare Infel Rhodos aus beu Wellen herauswachſen fab, 
ließ er diefe fich zufchwören. Auf Πε regnete Zeus Gold nies 
ber, ald αμὸ feinem Haupt Athene geboren ward, und Ses 
lios ermahnte feine Söhne, zuerſt ihr zu opfern und Zeus 
zu erfreuen: fie vergaffen in Eile, ba Πε zur Stabthöhe (voi 
Lindos) hinanzogen Feuer mitzunehmen und brachten daher 
feuerfofe Opfer. Zeus aber führte eine goldne Goldwolke 
über fie und Athene verlief) ihnen in jeglicher Kunſtart ber 
Menfchen mit gefchickteften Händen zu.herrfchen; Werke, Res 
benden und Wandelnden ähulich, bebedten die Straßen und 


31) Nem. IV p. 394. N. VIII p. 470. 








— ------ - 


382 Ueber den Plau 


tief war bet Ruhm. 32) Diefe glücliche Inſel empfieng ans 
Apollond Händen Tlepolemos, des Diagoras Ahnherr, nachs 
dem er den Likymnios, ſeiner Mutter Alkmene Bruder, im 
Zorn erſchlagen hatte. 


32) Die Worte V. 53 δαέντι δὲ καὶ σοφία µείζων ἀδολος τε- 
λέθει erklärt Diffen, υἱε[είφί durch mich veranlaßt: Qui quidem fabri 
quum praestigiis magieisque artibus osi videantur, ut signis suis 
augustiorem speciem conciliarent; contemnit has fraudes Pindarus 
prae Heliadarum arte, Magna fuit Heliadarum gloria, ait, et jure 
quidem; nam ut ín omnibus rebus fraus improbanda, sic etiam in 
arte sciens et intelligens judex praefert quae sine fraude iacta sunt. 
Cs (deint mir aber jebt unzweifelhaft, bag bie Gon(lruction daérrs 
de xci µέείξων οὖσα σοφία τελέδει ἄδολος bie richtige (ep. Bödh, 
der fie aud) vorzieht, über(ebt: doctus et exercitatus in aliqua arte 
etiamsi majorem habet prudentiam, tamen sine fraude eam habere 
potest, nec debet praestigiator videri. Doch möchte δαέντε nicht 
auf den Künftier, fondern auf den Urtheilenden, den Gadjfunbigen 
gehen: nur den Unkundigen iſt große fun(t ας wie ed alle 
Zeitalter ber Unwiſſenheit beweiſen. Pindar af(o Εἰάτε die Zäu- 
(hung der Denge, die dad Wandeln der Statuen für buchſtaͤblich 
wahr hielt, auf. Diefer Aberglaube aber an das. Leben der Statuen 
war nicht bloß auf Rhodos, fondern im höheren Alterthum allgemcin 
gewelen, (0 daß and im Homer mande Spuren davon vorkommen. 
Hierüber urtheilt febr wohl Unfelm Feuerbach in feinen reich 
battigen und durchdachten, fehr ausgezeichneten Abhandlungen Der 
Paticanifhe Apollo ©. 31: (f. Mit Hecht verglich Jacobs über den 
Reichthum der Gr. an plaft. Kunftwerken die Sage bey Gu(tatfius 
ad Dionys. 504, daß e& in Rhodus viele Statuen gegeben, die man 
anbinden mußte, damit Πε nicht fortgiengeu, mft den Worten Pin: 
dars. Uebrigens hat man biefen biöher allgemein fo verftanben, als 
ob auch bie Detiabeu felbft die Kunfl ansgcübt hätten. Aber dieß 
kann nídt der Sinn der Worte αύτα δέ σφισιν wage τέχ»αν fegn, 
ba von diefen Künftlern, bie bod) Hocdhberübmt feyn mnften, menu 
fDinbar fle über bie Telchinen ſetzen folfte, das Alterthum nichts 
weiß, be(lo groͤßer bingegen ber Ruf bet Zeldinen, Schmelzer oder Künfts 
ler, it. Ohnehin hat eine zwiefahe Kunft an demfelben Ort, in äls 
teiter Sage, burdjaus Feine 9Babr(deintidfeit. Entweder find bie 
Zeichinen unter den Heliaden mit 4n verflehn; oder geht τέχναν 
oyloıv das Land unter ihnen an Für die ätlteſte Kunfkgefchichte i(t 
dieß eines der wichtigften Zeugniße, die wir haben, und e$ iit nicht 
zu fürdten, Daß ed und entriffen wärde durch bie Anfechtung im 
Aglaophamus p. 1187: quibus verbis magica et praestigiosa Telchi- 
num phantasmata tacite denotari neque veteres interpretes suspicatí 
sunt — die uud gat viel qu. entziffern übrig and noch öfter fo leicht 
verfländliches unberührt delaffen Haben — neque ratio suadet, Die 
ratio, nicht wider, SE für, beftet in den KunftalterthHämern und 
in einer vom rechten Mittelpunkt und den álteftem Merkmalen aués 
gehenden Erklärung der Teichinen. 


einzelner Gefünge des Pindar. 383 


Der bebeutfame Schluß: ἐν δὲ μιᾷ µοίρᾳ χρόνου ἄλ- 
λοτ’ ἀλλοξαι δεαιῷ ύσσοισιν αὗραι, ließ ben alten Crflárer 
ein kurz vorhergegangened Unglück vermuthen, bem nun trol 
liche Freude folge; Böoͤckh aber ficherte demfelben burd) bie 
gelehrtefte Audeinanderfegung feine Beziehung auf die fünf» 
tige Gefahr, bie der Rhodiſchen Ariftofratie von Athen aus 
damals fchon drohte, da nachher die Söhne beà Diagoras 
durd die Athener vertrieben und zum obe verurtheilt more 
den find; und bierburd) ergab fih ihm dann aud) die Ver⸗ 
muthung, daß die in der Erzählung ausgeftreuten, einander 
ähnlichen Gedanken auf bie Zeitverhältniffe berechnet feyen, 
indem der Dichter, bey der ſchwankenden Lage ber Rhodier, 
babe aufmerffam machen wollen, wie fefe Leibenfchaftslos 
figkeit und Borficht auf beyden Seiten Noth thue. Wenn 
bíeg der Fall war, "fo verräth (id) in biefer indirecten Hin» 
wirfung oder in biefem burd) die Theilnahme aufgedrungnen 
Erfülltſeyn gerade von biefem Betrachtungen eine ungemeine 
Zartheit: und ich will eà nicht beftimmt läugnen, da eà ims 
mer auffallend ift, bag alle Sentenzen im Gedicht, obgleich 
jede tür πώ ihrem befondern Zufammenhang ungeswungen 
gemäß ift, ziemlich in einem einzigen Gedanken zufammentrefs 
fen. Pindar fónnte mit Diagoras bey beffen Aufenthalt anf 
bem Fefllande fid) unterhalten gehabt haben. Die Betrach⸗ 
tungen find diefe: ἀμφὶ d’ ἀνθρώπων φοασὶν ἀμπλακίαι 
dvagidunsoı κρέµανται, τοῦτὸ δ ἀμάχανον εὑρεῖν 6, τι 
νῦν àv καὶ τελευτᾷ φέρτατον ἀνδρὲ τνχεῖν, αἱ dà φρενῶν 
zupayal παρέπλαγξαν καὶ σοφό», ἐν Ó' ἀρετὰν ἔβαλεν καὶ 
xaouar’ ἀνθρωποισι Προμάθεος αἰδώς, ἐπὲ ud» Bayer τι 
καὶ À&Jag αἀτέχμαρτα νέφος καὶ παρέλχει πραγμάτων ὀρθὰν 
ὁδὸν ἔξω φφρενῶν. Dieß nimmt Böckh für eben fo viele Wars 
nungen, bag die Rhodier, vielleicht auch das herrfchende He⸗ 
raffidifche Gefd)fed)t felbft, πίώίό aus Uebereilung, Zorn oder 
Stolz thun möchte, bejfem Πε nachher gerente. Tlepolemos, 
fagt ex, begieng ein Verſehen, bie Rhodier thaten e8 , bie 


334 Ueberden Plan 


Götter ſelbſt, was bem andern zur Entihuldigung dient; 
aber die Folgen biefer Berfehen waren glüdlich. Daher konnte 
man, ftatt Angflliche Ahnung zu faſſen, hoffen, daß unglück⸗ 
Liche Uebereilungen aud) jegt zum Glück ausſchlagen würben« 

Hiergegen wendet Diffen ein, bag der Dichter, wenn er 
abmahnen wollte, 9tadjtbeile, bie aus Verſehen entfprungen 
waren, aufführen mußte, da er biefe bod) entichuldigt, und 
nimmt daher am, bag von Diagorad oder feiner familie εἰ, 
was, daß der Entfchuldigung bedurfte, begangen worden ſeyn 
mü(fe. Da aber in den Mythen das Berfehlte mit bem Heile 
zufammeuhängt, fo vermutbet er, bag beg bem Siege felbft 
ein Unfall fich ereignet, ber riefenhafte Diagoras im Fauſt⸗ 
fampf einen der Gegner fo hart getroffen habe, daß er ge» 
ftorben fey. Dieß konnte demfelben Abneigung zuziehn, die ber 
Dichter durch bie Idee des aus glüdlidyen Ereigniffen unb 
Unfällen wunderbar gemifchten Looſes der Inſel unterbrüden 
wolle, damit den Diagoras feine Misrede treffe — ὁ d’ 02- 
fioc, ὃν φᾶμαι κατέχοντ᾽ ἀγαθαί (10.) 

Die Richtigkeit der Folgerung und den firengen Zufams 
menhang hierin faun man nicht verfennen. Aber es ift. bie 
Frage , theild ob die Ahodifchen Mythen vom Dichter nicht 
genommen werben mußten wie fie waren, ob hier auch, wie 
anberémo, Auswahl gegeben war, nnd nur in biefem Kal 
ift eine befondre Bezüglichleit anzunehmen; theild ob dieſe 
Mythen aud) im Sinne der Alten, des Pindar felbft, das 
Gemeinfame wirklich hatten, das wir finden, ober ob fie in 
jeder Hinficht verfchieden und eigenthümlich, unb babeg mit 
den Gedanken am Schluße des Gedichts gar nicht verfuüpft 
find. 

Was zuerft Die Sage von ber Befisnahme ber Juſel 
durch Helios betrifft, fo ift babep weder burd) ein Wort, 
noch durch eine Sentenz augebeutet, bag die Götter ein Bere 
geflen fih hätten zu Schulden fommen laſſen. Helios ift nidyt 
da, als fie theilen, und Feiner erinnert au fein Theil, das ift 


einzelner Gefánge des Pindar. 385 


Zufall oder fo gut feine Schuld , ald bie der andern: wer 
nicht ba ift, nicht zur rechten Zeit fommt, erhält nichts. Es 
ift auch kein Schade, ed braucht nur nod) einmal gelooft zu 
werben, wozu Zeus gleich bereit it; ja es ijt ein Vortheil, 
ba Φείίδό nun gerade das Land empfängt, das ihm befon» 
ders gefällt. Sym der Legende von der Annahme des 9itbenes 
bienftes, worin bie Heliaden allen andern zuvorfamen , has 
ben Πε, Dan? bem Rathe des Hyperion, den Augenblid ers 
griffen und den Lohn ber lleberfegíamfeit bavon getragen 
(ἐν 9' ἀρετὰν ἔβαλεν καὶ yapuar’ ἀνθρώποισι Προμαδέυος 
αἰδῶς)» Zeus regnete Gold zu ihrem eilfertig dargebrachten 
Opfer und Athene verlieh dem Lande bie munberbarfte &unft. 
Daß Πε Feuer mitzunehmen vergaffen, hat durchaus feinen 
Nachtheil gehabt. Diefer Umftand ift nichts a[8 die [egets 
benartíge Erflärung der fenerlofen Opfer, bie dort üblich 
waren, fo mie alle heilige Gebründe auf Gefchichten zurüds _ 
geführt werden, und an Athen und andere Orte, δίε ber 
Athene Branbopfer bradıten, iſt babeg nidyt gebadıt. Das 
zufällige Bergeffen hat etwas gültiges unb geheiligted verans 
faft, ift nichts üble8 gewefen, mie aud) der Segen des Sys 
feré bemeift; und es konnen alfo bie Worte: 
ἐπὲ ga» βαίνει τε καὶ λαθας ἀτέκμαρτα νέφος 
καὶ παρέλκει πραγμάτων ὀρθαν . ὁδὸν 
ἔξω φρενῶν' 
aud) ohne alle Nebenbebentung, bloß dazu — das hier 
gerade gleichgültige, weder ſtraͤfliche mod) nachtheilige Vers 
geſſen nur als einen örtlichen, zu der Geſchichte des glückli⸗ 
chen erften Verehrens ber Athene in Rhodos gehörigen Um⸗ 
ftand, burd) eine allgemeine Bemerkung, sad) Art des Pins 
dar, hervorzuheben. In der Erzählung von Tlepolemos ends 
lich ift ein Todfchlag und die Nothwendigkeit auszuwandern, 
zwar als eine Chat der Uebereilung — aug δ' ἀνθρώπων 
φρασίν ἀμπλακίαι avyagiIunror αρέµανται — aber ald der 
Grund des Glücks für ihn und feine Nachkommen dargeſtellt 
9. Rhein. Muf, f. Phil. 11. 26 


386 Ueber ben Plan 


— τοῦτο d’ ἁμάχανον εὑρεῖν, ὃ τε νῦν ἐν καὶ τελευτᾷ φέρ- 
τατον ἀνδρὶ τυχεῖν. Wer weiß, was bent Menfchen zulegt 
am beften ift? Oft ift εὁ ein Unglüd, fo wie hier. Schon 
Das erfte entfchuldigt die Handlung mit der Unzahl menſchli⸗ 
cher Srrungen, und das andre rüdt fie vollends aus bem 
Kreife ded Tadelhaften oder nur Beflagendwerthen. Fehde 
und Todfchlag haben unter den Heroen nichts gehäffiges, 
unb ein großer Theil der Gründungslegenden geht von fols 
hen Gefchichten aud; man war alfo gewohnt fie im Allge⸗ 
meinen als ehrenvoll, wie andre Abentheuer, wenn auch uns 
bequem in ihren Folgen, etwa wie wir nod) häufig Duelle, zu 
betrachten. Demnach fcheint ed, bag wir den naiven unb (te 
dividuellen, das Ethifche nicht einmal anftreifenden Charakter 
‚ der verfchiedenen Mythen antaften, wenn wir burd) Reflerion 
und Abftraction fie unter einem gemeinfamen Begriffe vers 
fnüpfen. Fehler find in allen Ότερεα nicht ober faum merk 
lich, aud) Unfälle eigentlich in dem erften und zweyten nicht 
gegeben, und bie Flucht beà Tlepolemos war die Urfache fei» 
ner Befisnahme von Rhodos. 

Pindar will die Nymphe oder bie Inſel Rhodos fingen 
(14), um den Sieger zu loben (ὄφρα αἰνέσω)» ihn und fein 
Geflecht zu feyern beginnt er mit Tlepolemos, als ber bief 
Geſchlecht angehenden Sage (ξυνὸν ἀγγέλλων λόγον, 21); und 
um den Cip ihrer Herrfchaft zu ehren, fügt er hinzu, baß 
diefe Herakliden die Uranbeter ber bie Kunft verleihenden 
Athene waren und bag Helios ihr Land fíd) felbft erforen hats 
te. Die Mythen (ten nicht einzeln da, (onbern fchlingen fid) 
in einander; das Land erwächſt aus dem Meere, blüht, wird 
dem Ahnherrn bed. Diagoras zu Theil: aber nur von erfreus 
lichen Seiten berühren fie diefen, ald eben fo viele Beweife 
eined glücklichen Geſchicks, worin fein Gefchlecht mit bem des 
Landes vereinigt war, ohne auf das Misliche, was bie Ges 
genwart haben mochte, ſich vorbedeutend zu beziehen. Daß 
fie auch fo eine Beſtimmung für das Gedicht vollfommen er» 





einzelner Gefünge des Pindar. 387 


reichen, kann nicht zweifelhaft ſeyn. Hiernach würde ἰώ alfo 
die Beziehung auf die Zeitverhäftniffe, abgefondert unb 
nicht unterftügt durch dad Mythiſche, febiglid) in dem Auss 
gange fuchen. Daß biefer aber Πε wirklich, und nicht etwa, 
wie fonft öfter der Schluß, eine Mahnung, Uebermuth zu 
meiden, enthalte, ergiebt fid) bey unbefanguem Abwaͤgen ber 
legten Worte: ἐν dà μιᾷ µοίρᾳ χρόνου ἄλλοτ' ἀλλοῖαι διαι- 
Φύσσουσιν αὐραι. Durch diefe aufmerkſam gemacht, fühlt 
man leicht, bag die vorhergehenden: Ἐρατιδᾶν τοι σὺν χαρί- 
τεσσιν ἔχει Φαλίας καὶ πῦλες , der Berfaffung das Wort res 
ben, die der Stadt viele Feite, nad) ber hergebradhten Weife 
bes herrfchenden Gefchlechts, gemähre, Herrlichkeiten, bie gleich, 
(n einem Augenblide, wegfallen würden, wenn man, im 
Sinne ber Athener, nicht mehr Luft hätte an bie Abfunft eis 
ner Kamilte väterlicherfeitd von Άεμὸ zu glauben und eine 
Ahnfrau wie Aſtydameia zu ehren (23.) Selbſt die beyden 
gefälligen Namen Kallianar, an andern Drten Xitel und 
Würde, und Eratiden, was an alled Heitre und Freundliche 
erinnerte (σπἐρμ’ ἀπὸ Καλλιάνακτος, Ἐρατιδᾶν σὺν χαρί- 
τεσσιν), wenn nomen et omen gelten fol, haben etwas eins 
fihmeichelnded. Geht man weiter zurüd, wie gewichtig er» 
fcheint nun das un κρύπτε κοινὸν σπέρµ. ἀπὸ Καλλιάνακτος, 
wie nahdrüdlich, bag biefer Wunſch zum Gebet an Zeus 
erhoben it! Und damit vereinigt (id) endlich bie Art des 
Lobes fowohl des Diagoras als feined Vaters, ber vermutb» 
lich Prytan war. Diefer regiert der Dife wohlgefällig (17) 
und fein Sohn befigt angeboren der Väter richtigen Sinn 
and bat den Uebermuth. Möge Zeus ihm ben Olympiſchen 
Sieg sur Mehrung achtungsvoller Gruft bey Einheimifchen 
und Fremden gedeihen laſſen! 


Der vierte Olympiſche Gefang. 


Hier wird die Gefdjid)te bed Erginos von Lemnos mit 
bett Gage διώπειρά τοι βροτῶν ἔλεγχος verknüpft. 


* 


388 Ueber ben Plan 


"περ Κλυμένοιο nalda 

“{αμνιάδων γυναικῶν 

ἔλυσεν ἐξ ἀτιμίας. 

χαλκέοισι d' ἐν ἔντεσι νικῶν δρόμο», 

ἔειπεν Ὑψιπυλείᾳ, μετὰ στέφανον (ών' 

οὗτος ἐγὼ ταχντᾶτι : 

χεῖρες δὸ καὶ rop ἴσον. 

φύονται δὲ xoi νέοις ἐν ἀνδράσιν 

πολιαὶ Φαμὰ καὶ παρὰ τὸν ἁλικίας 

ἐοικότα χρόνο». 
Diefe Erzählung erklärt (id) mein Freund Diffen burd) die 
Annahme, daß Pfaumis ebenfalld, zwar nod) nicht febr alt, 
bod) fehon grau von Haaren gewelen und barum, ba er ale 
Kämpfer in Olympia auftreten wollte, gefpottet worden 
ſey. Es i(t an (id) nicht eben wahrſcheinlich, bag ein τὰ» 
fliger Mann, ber erwachfene Söhne hatte, wie Pfaumis (V, 
23), und dabey nod) am Wagentampfe Vergnügen fand, eis 
nen andern ald guten Eindrud gemacht haben follte, wenn - 
er aud) babeg graued Haar hatte: und Pindar wünſcht ihm 
(1V, 13) noch zu fünftigen ähnlichen Unternehmungen Gfüd. 
Der Grund, warum jene Geſchichte hervorgezogen wird, 
fcheint daher ein andrer zu ſeyn: fle dient bem vorangehen« 
ben Cape zum Beleg, als ein albefanntes und auffallendes 
Beyipiel der Bewährung irgend einer Kigenfchaft gegen ben 
Auffern Aufchenn. So gewiß Φτρίποῦ ben Unglauben ber 
Leınnierinnen an feine Nüftigkeit zu nidjte machte, fo gewiß 
wird Pfaumis immer den Neid befhämen, meldjer das ihm 
ertheilte Lob beà Pferdehaltend, der Gaftfreundfchaft und bür- 
gerlichen  Gemápigtbeit bezweifeln wollte: bie, Sache felbft 
fpricht dafür. 

Die Stelle ift mit andern zu verbinden, worin wir dies 
felbe &igenthümlichkeit, einen Ausſpruch oder ein Sprichwort 
aus der clafjifchen, epifchen Sage abzuleiten, ihnen durch dem 
Zufammenbang, in wefdjem fie gleichfam zuerſt and Licht ges. 


einzelner Gefünge bes Pindar. 389 


treten find, eine breite Unterlage, fele Begründung ober bod) 
mehr Nachdrud zu geben, wahrnehmen. Dahin gehören Ol. VI, 
42—18 baé Lob der Seher zugleid, und Kämpfer, wie Am⸗ 
pbíataoé, mad) bem Ausfprude des Adraflod in ber Thebais, 
deſſen Zeit und ' Umſtände fegerlid) ausgeführt werden; unb 
Ol. IX, 28—35 der Cap, burd) Gott find die Menfchen 
ftarf und weife, wie denn Herakles bey Pylos durch göttliche 
Anlage drey Göttern, bem Pofeidon, Phöbos und Habes wis 
berftanb — wo bem zur Befräftigung heraugezogenen Diys 
thus fogar eine fromme Beurtheilung 35 —41 beygefügt wird. 
Rhadamanthys wird Pyth. II, 73—75 αἴδ Mufter gefellt zu 
ber Lehre, (id) nicht durch täuſchendes Lob verführen zu faf 
fen. Mit dem fprichwörtlichen ουὐχέτι πρόσω ufuzay ἅλα 
κιόνων ὑπὲρ Ἡβακλέος περᾶν εὐμαρές ift Nem. lll, 22— 26 
ber Mythus von Gründung biefer Säulen, nebenbey von Bes 
zwingung der Ceeungefeuer durch Herafles, verbunden , in 
epifcher Abjchweifung, fo bag der Dichter fid) auch zuruft: 
Φυμὸ viva πρὺς ἀλλαδαπὰν ἄκραν ἐμὰν πλόον παραμείβεαι; 
Den Grunbfap ὁ καιρὸς ὁμοίως παντὸς ἔχει κορυφάν, ben 
berjelbe ſich für feine Darſtellung vorfchreibt, (tüGt er P. IX, 
79-83 durd dad Mufter des Jolaos. Klug fol man (epu 
wie Oedipus P. IV, 262. Diefer pardmifche Gebrauch, wenn 
man ihn fo nennen will, des Mythen und myihifcher Derfonen 
als ftebeuber Charakter, zeigt, bag die Methode der Grammatifer, 
bie Sprichwörter überhaupt anf beflimmte einzelne Vorfälle und 
Merjonen zurücdzuführen, nicht aus der Luft gegriffen war, 
fo febr fte aud) durch leere, gezwungene oder abgeſchmackte 
Gonjecturen vielfältig midbraucht worden if. — Manche der 
überlieferten Ge(d)iditen, wie 3. 3B. zu 4ιὰς Kogwdos, maé 
auch Pindar Nem. VIT, 105 gebraucht, find wahrfcheinlich 
genug. Bon den Mythen, in denen Sprüche begründet find, 
oder bie mit gewiffen Sätzen zur Erläuterung verbunden mer» 
ben, find, um dieß beyläufig zu erinnern, Sprichwörter nod) 
zu unterfcheiden , die bloß auf mythologifchen Zufälligfei.en 





390 Ueber den Plan einzelner Gefänge des Pindar. 


berufen, wie Nem. II, 40, die Bergplejade und Orion (ber 
Bergmann) find von einander nicht weit. 

Das Gegentheil des hier erläuterten Gebrauchs iſt wenn 
ein Spruch zum Eingang ober zur Vorbereitung einer my 
thifhen Erzählung genommen wird, wie P. IX} 78. X, a9. 
N. ΥΠΙ, 22 u. f. w. 


Der zweyte Iſthmiſche Geſang. 


Diſſens ſehr feine Erklaͤrung, in der Einleitung und p. 
538, ſcheint eine kleine Modiſication gu erfordern. Er fagt: 
ridens suaviter Musam mercenariam excusat dilationem car- 
minis eo, quod, opera ante locata aliis, non statim officium 
praestare potuerit Thrasybulo. @ine Beziehung auf andre 
SBeftelfungem , die ihn gerade jet befchäftigt und abgehalten 
hätten, drückt Pindar nídt aus. Aber e& genügt aud), bag 
bent ῥίμφα, der ftetd bereiten Mufe früherer, der Schönheit 
hufdigender Dichter bie jegígem beſtellten Lobgedichte auf 
Kampffleger entgegenftellt werden, bte nemlid), weil der Dich⸗ 
ter fie oft aud weiter Entfernung einfchicfte , weil ihrer viele: 
von vielen Drten ber verlangt wurden oder aus welchen 
Gründen immer, wie andre Beftelungen, zuweilen Aufſchub 
fitten, In diefer allgemeinen Bemerkung, darin daß zu dies 
fer Klafje das Gedicht für Thrafpbulos gehörte, liegt vom 
fe(bft die Cntfd)ufbigung. Den Schluß madht: ἐσσὲ γαρ 
ὦν σοφός, und hier follte Punkt fliehen. Ganz abgebrodhen 
ift Die Fortfegung οὐκ ἄγνωτ) ἀείδω, nicht ald Apodoſis von 
jenen Worten durch quare, quare transeo zu verbinden, 


(Hortfegung folgt.) 


Unächtheit der Rede des £pfiad gegen 
den Gofratifer Aefchines. 





Die Schilderung des Aefchined and einer dem Lyſlas 
zugefchriebenen Schuldklage gegen ihn bey Athenäus (f fole 
cher Art, bag Niemanden, der die Berhältniffe erwägt, bie 
Rede für Acht gelten kann, obgleich dad Bruchſtück von als 
len Herausgebern, wie von Taylor, Steidfe und Auger, fo 
auch von Bekker, Förtfch, Franz, unbedenklich aufgenommen 
- ift. 3) Nur Elericus hatte Verdacht audgefprochen, und dabey 
mit Recht Rückficht genommen auf Sofrates felbit und auf 
bie Stelle be& Aefchined, worin er von gemiflen Schülern 
bed Prodifos und Anaragoras einen Schatten auf die Lehre 
fallen fieg. 2) Fifcher aber in feiner dritten Ausgabe ber 
bem Aeſchines zugefchriebenen brep Dialoge wiederholt ums 
ter den Stellen der Alten über ihn bie des Lyfiad ohne jte 
ned Verdachts nur zu gedenken. 

Die Gefchichte, bie bier von Wefchines erzählt mirb , ift 
biefe. Er fdynfoet dem Wechfler Soſimos und dem Ariftos 
geiton Geld und 3infen, fegtere zu drey Dradymen monath 


1) Athen, XIII p. 61: c,f.612 cf, Was Athenäus p.612 c im 
Anszug aus der Rede mittbeilt, (ol(te nicht weggelaffen fegn, ba es 
bey Sammlung von Sragmenten ntt blog auf die Norte, fondern 
auch auf ben ausgezoguen Inhalt anfonunt. 

3) Aeschinis dial. tres. Ed, Io. Clericus 1711. Testim. Vet. 
Ρ. 27. 


392 Unächtheit ber Rede des Eyfias 


lich gerechnet, (oll begfalb audgetrieben werden und leiht, 
um fich Durch Salbenbereitung gu helfen, zw biefer Ans 
ftalt bey dem Kläger zu .neun Obolen die Mine. Diefer 
trägt vor, wie er den Worten bed Aeſchines getraut und das 
bey gedacht habe, bag derfelbe ein Schüler ded Cofrateà 
fey, unb, ba er über Gerechtigkeit und Tugend viele und 
feyerliche Reden führe, niemald trad)ten und wagen würde 
zu handeln wie die ſchlechteſten und unredlichfien 9menjdjen; 
er erzählte weiter, wie der Mann borgte unb dann weder Zins 
fen nod) Capital abzahlte, dann vor Gericht nicht erfchien 
und (id) einen gebranbmarften Sklaven ald Pfand nehmen 
ließ und vieled andre. Darauf fuhr er wörtlich jo fort: 
»Aber nicht gegen mid) allein ift er fo, fondern gegen alle, 
bie mit ihm zu thun haben. Berflagen ihn nicht die mal) 
wobuenben Wirthe, von denen er den Trunf nimmt und 
nicht erítattet, und fchließen (fnr die Wirthehäufer zu? Die 
Nachbarn aber leiden fo arg von ihm, bag Πε ihre Häufer 
verlaffen und audere entfernt miethen. So oft er SBeptrüge 
zu Eßgeſellſchaften eingefammelt bat, fegt er die übrig bleis 
benden Gaben nicht zurüd, fondern Πε gehn bey diefem 
Wirthfchafter, wie bey einem Leichenfchmanfe, zu Grunde. 3) 


‚I Es ift möglich, daß ich fehr irre ; aber dieß ſcheint mir der 
Sinn der befonders bunfíen Worte zu feyn: ὅσους ὃ ἐράνους συν»- 
ellexıas, τὰς μὲν ὑπολοίπους φορᾶς οὐ κατατίδησεν., ἄλλα περὶ 
τούτον 10r κάπηλον wg περὶ στήλην διαφθείρονται. Hier find drep 
Morte ἔρανος, χάπηλος unb στήλη der Bedeutung nad) (treitig, und 
eine zwiefahe Vorausſetzung muß zu der gegebenen Erklärung in den 
Sehräuchen Athens gemacht werden. Soups Erklärung von χαπηλος, 
veterator, faun fhon darum nicht richtig ſeyn, weil gleich darauf 
vorkommt d»:j καπήλου µυροπώλης, und ed ungefchidt wäre, daſ⸗ 
felde Schimpfwort, zumal eines, das hier ohne befttmmte Beziehung 
und Ouébrud ſeyn würde, hinter einander zu wiederholen. ähme 
man ed für Krämer und bver(tünbe darunter Wurſthändler, weil des 
ἄε(Φίπεό Vater ein Wurftmacher geweien mar, fo ift από fo ber 
Stadbrud nicht abzufehn, den dagegen das Wort, wie e$ (Φείπί, in 
der erften Stelle durch den Zufammenhaug erhält, (o bag der Red: 
ner, der energifch ſeyn will, nochmals auf bie durch diefen Zufammen: 
bang bedingte Bedeutung zuruͤckkommt. Unter ἔρανος verftcht Gafauton 
die Beyfleuer der Freunde, worüber cr zum Theophrafl Char. 





gegen den Colsotifes Aeſchines. 393 


Und fo viele gehn nad) feinem Haufe gleich mit dem Tag 
am ihre Schuld au fodern, bag bie Vorübergehenden mey⸗ 
nen, fie fümen zum Begräbniß, ba er geftorben wäre. Die 
im Piraͤeus find fo geftimmt, bag fie es für viel ungefährlie 


15 ausführlich und ausgezeichnet handelt. Pecunia omnis, quam ab 
amicis potest Aeschines corradere nomine erani, non impenditur ab 
eo in solvendis bona fide reliquiis pensionum quas debet (atque 
adeo propter quas a sodalibus stipe collatitia fnit adjutus): aed 
universa ista pecunia, quanta est, apud proximum cauponem pe- 
xit (diefer Syrrt$um i& von Βοίείιό uub Toup gerügt), sicut mavis 
a ad columnas impegerit. Die Bedingung der Zurüdzabinng ber 

eyſtenern, wenn die Umftände (id be(ferten, nimmt er zum Theo⸗ 
phraft p. 28: an, bod) ohne Seugniß, vermutplich παΦ der fo vers . 
ftonbnen, fier gar nicht berübrten Stelle des Athensus. Um aber 
bey Athenaͤus diefen Sinn zu erhalten, hat er bep fid) offeubar die 
Stelle des Harpofration eingemifht , wo bdiefer von ἔρανος in der 
Bedeutung Unterffüsungs: Verein und ben dazu monathlid 
u entrihtenden Beyträgen, alfo von etwas ganz Verſchiedenem 
pridjt. '"Egaviarzc μέντοι χυρίως ἐστὶν d τοῦ ἐράκου ῥετέχω», 
xai tv φορὰν ἣν ἑκάστου μηνὸς Ks καταβάλλειν, εἰσφέ- 
qov. Steg erklärt aber, fo viel ich febe, durchaus nicht τὰς Uno- 
λοίπους φοράς. Galmaflus Je usuris c, 3 p. 59 überfegt: Quibus- 
cunque conviviis ex eranistarum collatitla stipe instructis interfuit, 
pensiones, qnibus reliquatus cst, non dependit, Hierin iſt συνείλε- 
χται aufgeopfert und τὰς ὑπολοίπους φορὰς eben fo wenig, e$ 
von Eafanbon, richtig gefaßt. Ich uehme daher an, daß ἔρανον συλ- 
λέγει», wie fon(t von dem ἐρανίζειν, φίλο» παρα φίλοες, fo hier von 
bem Ginfammein der Bepträge au einer gemeinfhaftlihen Mahl⸗ 
i verftanden werde, dem fich einer unterzog. Diefer legte nads 
er Rechnung ab, was über den Bedarf zuiammengefommen war, 
wurde zu Pünftigem Gebrauche niedergeleat; Unterfchleif aber konnte 
von bem Einſammler leicht begangen, und ein ſolcher Veranſtalter, 
mit Rüdfiht auf das, mas für ihn babep abfiel, und ben Erwerbs 
weig, den er daraus matte, ganz wohl κάπηλος genannt werden. 

iefe Vermuthung ergiebt fi wenigſtens ohne Zwang, unb nur 
burd) fie fcheinen die Worte ὅσους ἐράνους συ»είλεχται und τὰς 
Önokosnous φορας (ἐράνους) χκατατίθησι Sufammenfaug erhalten zu 
können. Unter στήλη denkt Reiske, und mis ihm Schmweighäufer, 
ba Cafaubons Deutung gegen den Sprachgebraud ift, die Säule des 
Sippodroms, an ber die Mennwagen fcheitern. Über fie fcheitern 
nicht allzumal, fonberu ausnahmsweiſe; unb ihr Untergang iſt ges 
waltfam und dur Zufall bedingt, mas hier auch nicht zu der Cade 
paßt. Ich benfe mir daher bey περὶ στήλην den Leichenftein, uub 
eine bildliche Bezeichnung beg περίδειπνο». Es läßt fif nach bem 
Geiſte der Alten beftimmt erwarten, daß, was von einem Leichen- 
mal übrig blieb, nachher nothwendig ungenoifen blieb; und bie. Er- 
P'árung erhält dadurch MWanrfcheintichkeit, dab Map, wie im Erfien 
allein verflanden werben Panu, mit Mahl zu vergleichen natürlich. i(t. 


394 ünádtelt der Rete des Eyfias 


cher halten in den Adriatifchen Meerbufen zu fchiffen, alà 
mit diefem zu handeln; benn weit mehr hält er für fein eis 
gen, was er borgt, alà was ifm fein Vater hinterließ. Und 
bat er denn nicht dad Bermögen ded Gaíbenbünbleró Her⸗ 
máoé im Befig, bem er bie fiebzigjährige Frau verführt Bat? 
In diefe ftellte er fich verliebt und brachte fie fo weit, daß 
πε «Raum und Söhne arm gemadıt , ihn aber vom Wirth« 
fhafter zum Salbenhändler gemad)t hat: fo zärtlih hands 
habte er, indem er ihre Jugend genoß, dad Schäbchen, dem 
e$ leichter ift. die Zähne zu zählen al8 die Ringe an ber 
Hand. 4) Und tretet mir vor, ihr Zengen für bieje Dinge. 
So alfo it das Leben des Sophiften beichaffen.« 

Solche Streihe kann ein Mann nicht gemadot, ein fole 
ches Leben der nicht geführt haben, der einer ber treueften 
Anhänger des Sokrates, bid zum Gefängniffe, s) ber ein 
ächter Freund von ihm mar, 6) der gewöhnlich mur neben 
Platon, Kenophon, Antifibened und den ihnen zunächt Ste 
henden genannt wird, aíá von Ὀίοδος, Plutarh, Marimus 
Tyrius, Athenäus, Cucían; ber mad) der S(agrebe felbit über 
Gerechtigkeit und Tugend viel und ernft [ebrte, der in feinen 
Dialogen ald ein rechtfchaffuer und mäßiger Mann erfchien, 
wie Athenäus ſelbſt bey biefer Gelegenheit bemerkt, umd bet 
babeo arm war, wie derfelbe bey einer andern (XI p. 507 
c) meldet, und einem Ariſtipp in allem von Natur entge⸗ 


4) Anch im Erprias Fommt biefe Art der Verſchwendung abter 
Weiber vor. 


5) Plat. Phaed. p. 59 b. Idomeneus (über die Sofratifer) b. 
Diogen. Il, 6ο. III, 36 s. 


6) Ariffides Or. Plat, I p. 35 Cant. AM εἴγέ τινας, ὥσπερ 
nailas, οὕτω xal ἑταίρους yor λέγειν γνησίους , «4ἰσχίνη» Σωκρά- 
tovc παρειλήφαμε». Aus einem Gofrati(eu Dialog iſt wohl das 
Wort des Sofrates bep Diogenes II, Go: µόνος ἡμᾶς olde Tıuay 
ὁ τοῦ αλλαντοποιοῦ. Unter ben zehn anggezeichneteften Sokrati⸗ 
fern, nach dem Platon, Xenoppon, Antifthenes, Περι Aeſchines oben 
an bey Diogenes TI, 47. Unter den Dialogen des Euflides waren 
Sieibines nud Kriton. Diog. U, 108. Dem Xenophon wurde εἰμ 
Brief an Aeſchiues umtergelegt. 








gegen ben Sokratilker Aeſchines. $95 


gengefegt. 7) Daß die Beichuldigungen wahr feyen, blef ift, 
wenn aud) fonft nichts über Perfon und Leben des Aeſchines 
befannt wäre, fo beftimmt unmöglich, bag es feiner Cnt» 
wiclung ber Gründe bebürfte. Auffallender aber wird bet 
Betrug durch die im Wefentlihen glaubwürbigen Nachrich⸗ 
ten bey Diogenes und andern über des Aefchines Fleiß von 
feiner Jugend au, ber ihn zum Sofrated zog, über feine 
durch bie Armuth veranlaßte Neife nah Sicilien zu Dionys 
fios, mit dem er bis zu deffen Sturz unb ber Rückkehr des 
Dion nad) Syrakus gelebt, unb von bem er für einige ber 
Dialoge Gefchente erhalten habe; 8) banm über bie Borles 
fungen , die er nad) feiner Zurüdkunft in Athen für Gelb 
hielt und die Verfertigung von Gerichtsreden, die er, ohne: 
Zweifel auch zum Erwerb, fchrieb, flatt ihn in Salben zu 
ſuchen. Platon ertheilt ihm bey Plutarch 9) vor bem Dies 
nyflos das Zeugniß, bag er von Charakter fo fehr a(8 einer 
von den Freunden beó Sofrates redhtfchaffen und burd) feine 
Rede die, mit denen er umgehe, zu beffern fähig fey. Nicht 
ohne Grund fonnte δίεβ wenigftens bem Platon in ben Munb 
gelegt werden, wenn eà auch wahr wäre, was bey Diogeneb 
1; Gr. III, 36) behauptet wird, daß nicht Platon, fondern 
Ariftipp den Aefchines bey Dionyfios eingeführt habe, indem 
man dem Platon aud) gegen Aeſchines Eiferfucht andichtete, 
Athenäus erzählt (XI p. 507 c) — eine gefälfchte Gefchichte 
zwar — daß Yefchined den Xenofrateó zum einzigen Schü⸗ 
ler gehabt, welchen Platon, fo arm Nefchines aud) mar, ibm 
entzogen habe. Diogenes fennt als deflen einzigen Schüler 
einen Ariftoteled, genannt 6 μῦθος. Zu verwundern ift, daß 
Caſaubon, ber zum Diogenes bemerkt, aus Athenäus, einem 
ganz vorzüglich guten Schriftfteler, lerne man, mie wenig 


7) Plutarch de cohib. ira 14. 


8) Val ucían de paras. 32, Philoſtr. V. A. I, 35, ὑπὲ - 
µάτων. Epist, Socrat. 23 ed. Orell. : s dd — 


9) Vom Freund und vom Schmeichler 26 vgl. Wyttenbach. 


396 Unächtheit der Nede des Iyfia 


der Verluſt der Dialoge beà Aeſchines zu beffagen fep, feinen 
Athenäaͤus von gewiffen Seiten uid)t beffer kennen gelernt 
fatte, uud babeg nicht richtiger, ſowohl bem hoben Werth 
ber verlornen Dialoge des Aefchines, ald ben Charakter der 
Achten Reden bes Eyfias anfchlug. 

Was unter diefen Umftänden allein Unterfuchung ver⸗ 
. dient, ift der Zufammenhang der Umfkände, woraus die Em 
findung. der Rebe im Namen und Styl des Lyſias, man fehe 
anf den Feind ober auf ben Angegriffenen, (iib erklären lafle. 
Die. Rede fommt zwar aud) fanft vor, und dieß Zufammens, 
treffen mag beygetragen haben, die Sriti von ihr entfernt 
zu halten. Demetrius führt (128. 262) den Einfall von ben 
Zähnen der Alten unter beà Lyſias Kamen an, 10) und ote» 
leicht megnt ffe auch Ariftides (n einer Stelle. 11) Beydes (ft gleich» 
' gültig, ba beyde Schriftiteller in bent Gebrauche, meldjen fie ma» 
djen, zwiſchen Acht und unächt zu unterfcheiden fich Beicht bie 
Mühe erfparen konnten. Uebrigens nennt Demetrius das 
einemal den Liebhaber der Alten anftatt des Aeſchines. Dies 
fer Scherz fonnte auch in einer Achten Rede des Lyfiad vou 
kommen, und durfte gar wohl von einem Nachahmer aufges 
nommen. werben. Aber aud) Harpokration, ber bey fo vie 
len andern. Reben bes Lyſias fein οὐ γνήσιος feót, führt, 
ohne: Ὀα[είθε das Wort aus Lyſias gegen Aeſchines den Cor 
Éfvatifer ἄστικτον χωρίον, τὸ ur ὑποκείμενον δανειστῇ, an, 
bag in ber, die Bier für unächt erffärt wird, geftanben haben 
möchte. Ob aud) χατωπλήξ, wobey er ebenfalld cititt ἐν τῷ 
κατὰ Aoxivnv τὸν Σακρατικόν, iſt ungewiffer. Denn wir 
haben ein unverdaͤchtiges Zeugniß, bag ἐρ[αό eine andre Res 
be wider biefen Aeſchines wirklich gefchrieben hatte — Ct 


‚ 10) Demetrius, fpäter als Dionpflus und bie Redekunſt eines 
Hipparchos, nad) Syrianus bey Speugel Artium scrr, p. 76. 


τετ) Or, Plat. H p. 311. OU. .4υσίας Πλάτωνα σοφιστήν καλεξ 
καὶ πάλιν «ἰσχίνηνι diefer Husdrad βοπιπιέ in bem Brudftüde vor; 
um (o verkchrter, dab Soup πάλιν in xanundov dubern wollte. 


gegen ten Sokratiker Vefdjines. 307 


weicher benn auch Ariftibes Leicht benfelben Ausdruck Sophis 
rd, von Aeſchines gebraucht, gelefen haben fan) — ja e$ 
laͤßt fid) Ὀἱε[εὸ Sengnig aus der Θαώε felbft beftätigen. Auf 
biefe Nede geht, wie ſich zeigen wirb, des Harpokration brite 
te8 Cítat unter ᾿4σπασία, nicht auf die andre, wohin eà 
Süeiéfe und andre ziehen. Die Achte Rede war nach Dioge⸗ 
nes überfchrieben über Sylophantie, und auch Menage bielt 
biefe für biefelbe, woraus Athenäus die Stelle anführt, πρὸς 
“ἰσχ. τὸν 3. χθέως, (o leidjt aud) Schulden und Syko⸗ 
phantie zu unterfcheiden find. — Taylor bat (fr, 2) bíejem 
Irrthum eingeſehn; aber bagegen bie eben fo falfche Vermu⸗ 
thung aufgeftelt, bag bie 9tebe über Syfophantie mit ber 
bey Harpofration (v. Ἀνύτροι) vorkommenden κατ’ «4ἰσχίνου 
περὶ τῆς Ónucvosoc biejelbe (fep, fo bag nun Reiske, ihm 
bierin beppflid)tenb (fr. 2), zu der erhaltenen Rede πορὲ τῶν — 
᾿4ριστοφάνους χρημάτων πρὸς τὸ δημόσιο», Wo von "Beto 
fihwendern ganz allgemein die Rede iſt (p. 618), die fehr 
üble Bemerkung macht: Memineris autem haec in Aeschi- 
nem Socraticum dici, qui, ut constat ex fragmento Lysiag 
apud Athenaeum conservato, sua omnia abligurierat bona 
— (bieg ift dort nicht einmal gefagt.) — — Atque etiam qui 
bas Aristophanis fortunas, de quarum condicione hic agitur, 
publicari impetravit. Hoc constat ex Harpocratione, S 
Bekkers Anecd. Graec, p. 132. fommt aud) gum Vorſcheine 
4dvoíag ày τῷ πρὸς «4ἰσχένην βλάβης, 12) und wir babes. 
aud) dieſe Cdjabenéfínge [ώοι mit ber GCyfopbautie for 
wohl als mit ber Schuld zufammengeworfen gefehn. Doch e$ 
find vier verfchiedene Gegenítánbe, und ba nur bey den bey⸗ 
den eriteren der Cofratifer Aefchined genannt wird, der Na⸗ 
me, Aefchines aber fehr häufig mar, unb ber 3ufag Sofratis 
fer um fo mehr erwartet werden müßte, aíà dieſe Perfon eis 
ue große Merkwürdigkeit hat, fo find die Reden wegen δες. 


12) Daraus: οὗτος ἐμοὶ βλάβης dedixacın. ©. Meier unb 
Schoͤmaun utt. Proc 6. 475 f. ' n 


398. Unaͤchtheit der Rede des Eofias 


mögendeinziehung und wegen Schaden ohne weiterd von dies 
fem ab auf einen unbelannten Aefchines zu werfen. Gegen 
den Sofratifer behalten wir affo die wegen Sykophantie bey 
Diogenes und die wegen Schulden, aus welcher außer Athes 
naͤus wahrfcheinlich aud) Darpofration und vielleicht Demes 
trius und Ariftides, jeder etwas andred anführen. 

Aus biefem Anführungen Tann, wiewohl nicht gang 
fireug, die Folgerung abgeleitet werben, bag vou den älterem 
Kritikern die Schuldflage nicht unter bie ‚unächten Reden 
Des Lyſias ausgeſchieden worden war: aber bieß beiveifet kei⸗ 
neswegs ihre Aechtheit. Dionyfius und Gäcilind erflärten 
son 325 Reden, die ded Lyſias Namen führten, nur 230 
oder 233 für àdjt. 19) Dionyfius fagt im Lyflas (12 fJ, 
wenn er wegen einer der dem Lyſias zugefchriehenen Reben 
ungemwiß, und es ihm nicht leicht fey durch die andern Sel» 
chen das Wahre zu entbed'en, fo nehme er zu derjenigen Eis 
genfchaft, als zur legten. Entfcheidung, feine Zuflucht, welche 
bie charafteriftifchefle und eigenthümlichſte des Lyſias fep, die 
Anmuth und Lieblichkeit (dad, was ſich fo wenig erflären 
[affe, ald ma& am fchönen Körper ὥρα, (n ber Bewegung 
des Geſangs und der Verflechtung der Töne τὸ εὐάρμοστο», 
in der Abgemefjenheit ber Zeiten τάξις unb τὸ εὔρυθμον, 
und in jedem Werk und Dinge καιρὺς fey, und worin τὸ 
piésguov -beftehe,.c. 11, 7 χώρις καὶ ὃ πάντα μµετρῶν καιρός, 
6 45.) Wenn Retiz und Luft der Sprache die Rebe zu 
fihmüden fcheine, fo nehme er an, daß fie aus bes Έφβαδ 


. 13) Rad Photius Cod. 262 unb Plutarch X Orat, Vit. 3. Dio 
nofind dé Lysia jud. 17 διαχοσίους οὐκ ἐλάττους δ(κανιεκούς. 
Suidas: .4óyo: de αὐτοῦ λέγονται εἶναι γνήσιοι ὑπὲρ τοὺς Y, xal 
ἕτεροι πρὸς τούτοις ἀμφιδοςούμενοι. Die gegen Aeſchines war 
nady Athenäus (p. 611 d) ἐν τοῖς tu» συμβολαίων» λόγοις, in den 
Reden über Gontracte, bie alſo, wie GSchweighäufer erinnert, were 
muthlich in einen befoubern Band abgefoudert waren. Wal. Meier 
and Stchömann ©. 493. - Dionpflus c. 1. 3 tbeitt ab in Gerichtsre⸗ 
den und berathende (31), aujjertem ῥαπεροτί(Φειἐγκώμια bey Plutarch 
X orast. und Suid.s, erorifche, epiflotiiche, nennt aber ο. 20 auch eine 
Klaſſe der έιεροπεχοί. ] 


gegen den Gofratifes 9efdjines. 399 


Seele gefloffen, unb achte es nicht der Mühe werth weiter 
zu forfchen; wo nicht, fo fahre er aurüd und argmöhne, 
bag fie uid)t vom ihm fey, und tbue nicht mehr bem Ges 
fühle, wofür fid) feine Nechenfchaft geben [affe , Gewalt an, 
auch wenn bie Rede im Uebrigen febr gut fcheine und — vors 
züglich ausgearbeitet. Oftmals habe er beg Neben bed ye 
ſias, bie von der Menge unter den gar ächten geglaubt würs 
beu, wenn fie im Uebrigen nicht auffallend waren, aber bie 
Lyfaffiihe Anmuth nicht athmeten, noch das Fließende jes 
ner Sprache hatten, Verdacht gefchöpft, unb wenn er untere 
fischte gefunden, daß fie nicht. von Lyſias fegen. So bey bes 
ten für bie Statue uud zur SSertheibigung des Spbifrateé, 
worin er, ald er bie Zeiten hinzunahm , Beweife fand, bie 
ben Argwohn rechifertigten, und Gründe, bag begbe von bene 
felben Verfaſſer und vermuthlich von Iphikrates felbft (eget. 
Es iſt natürlich, bag fo bie rebnerifchen Sritifer immer vous 
Styl audgiengen und ihre Unterfuhung auf die Sachen, ba — 
fie e$. weder auf politifche, mod) Litteraturgeſchichte abfahen, 
nur bann richteten, wenn Πε in dem Nebecharafter Anlaß 
dazu fanden. Wie aber wäre zu erwarten, bap (e die ge» 
nanefte Prüfung auf alle einzelnen: Stüde fo zahlreicher 
Sammlungen erftredt hätten, ohne felbít die nach Juhalt ode 
Ausführung geringeren unberührt zu. Saffen? Umgekehrt (i 
zu benfem, daß fie (b. nur an die hervorſtechenderen auffen 
den verbächtigen felbft hielten. Dionyflus {εθί (id) (c. 14) woe. 
in einer befondern Schrift. über Lyſias unter andern auch zu 
beflimmen, welche feiner Reden ächt ſeyen; diefe muß erfchien 
nen fen, ba wir bie Zahl derfelden nad) Dienyfius angeges 
ben finden, (Die fchon fertige, wovon er darauf im Síào8 
ο. 2 ſpricht, fann bier nicht gemeynt feyn.) Schriften vom 
Qücifiuà für Lyſias erwähnt Lougin, CCXXII,:2.).. Paulus 
von Mpfien batte , wie Photius angiebt, viele fchöne und 
aͤchte Reden aué&gefloBen ; aud) andre der Gommentatoren 
wuhrfiheinlich auch bie Kritif geübt. Ihnen müßte es ein 


400 Unäcgtheit der Sete des Enfias 


leichteß gewefen feyn, menn fie darauf ihr Augenmerk richtes 
fet, der unfrigen, von welcher ein Bruchflüd und zur Ser» 
werfung hinreicht, Gründe aller Art entgegenzufegen. Ue⸗ 
bereinftimmung zwifchen allen dreyen genannten und andern 
Kunftrichtern in ben Gutachten über Unächtheit der einzelnen 
Neben ift gewiß nicht voraudaufegen : und mahrfcheintich ijt 
ed, bag man im gewöhnlichen gelehrten Gebraudye fid) nadj 
ſolchen Berzeichniffen der unächten Reden richtete, worin die 
Kritiker mit einander übereinflimmten. So fünnte alfo aud) 
die Schuldflage gegen den Sofratiter Aeſchines von mehr 
ald einem verworfen und dennoch von Φατροϊταίοι und 
Demetrius ohne Bemerkung durchgelaffen worden feyn. Daß 
Athenaͤus mit Vergnügen nad) ihr gegriffen hätte, aud) wenn 
fie von allen Krititern beftritten war, brancht kaum. eritts 
Wert zu werben, — 96er fey Πε auch ganz umangetaftet geblies 
Ben, wie wir annehmen wollen, fo ift Dad Negative, bag fie 
ber Kritik der Alten fíd) entzogen hätte, nicht hinreichend um 
fie gegen die Verwerfung aud) fo fpát noch zu fchügen. She 
Schweigen ließen Valdenär, $y. A. Wolf u. a. πώ nicht abe 
halten, felbft den Epitaphios zu bezweifeln. 

Um nun zu erflären, wie in der Schule der Rhetoren 
ein Verehrer des Lyfiad auf die Erfindung verfallen konnte, 
Ihn ben angefehenen Sokratiker mit Schmach überfchätten zu 
Inffen, müflen wir auf Lebens » und Bildungsverhältniffe fes 
hen, die. e$. wenigftend wahrjcheinfich machten, daß bie bey⸗ 
ben einander Gegner geweſen ſeyen. Aeſchines aber hatte 
fdy nicht begnügt Sofratifhe Dialoge zu fchreiben und pbi» 
loſophiſche Reden gegen Eintrittögeld abzulefen, fondern auch 
Gerichtöreden. für andre abgefaßt, wodurch er dem Lyſias 
in das Handwerk griff. 14) Diogenes (IIT, 62) brüdt fid 
Abrigens nicht zufällig. fo aus, bag Aefchined den ungerecht 

j^ MD Bruder (1, 575) argwöhnre, baf δαό Bleben(dreiben Schuld 
αν $ e ἳ 


an der üblen Nachrede des Lyſias, bie bafer keinen Glauben 
verdiene.’ - 





gegen ben Oofrattfes Aeſchlnes. 401 


Angellagten Gerichtöreben gefchrieben habe: denn barauf 5e; 
giebt er da6 Wort bed Timon ἐς €? Aloxivov οὐκ ὀπιπειθῆς 
γραψαι, wo nur zu bemerken, bag γράψαι Klagichriften aus 
geht. 15) Vertheidigungsreden fchidten fid) wenigftend für 
den Anhänger δε Sofrated im Allgemeinen beffer al& Ans 
Hagen. Als Beweife für be& Aeſchines Geübtheit im Red⸗ 
nerifchen zeichnet Diogenes die Bertheidigung bed Vaters des 
Strategen Phäar und die des Dion (alſo bieg feine wirkliche 
Gerichtörede) aud. In biefem Neben fchrieh Aefchines nicht 
feinen eigenen Sofratifhen Styl, fondern in bem des Gor» 
gias, wie Diogenes fagt, 16) numb Dierburd) unterfchied und 
entfernte er (ib von Lyſias genng, um aud) barum zwifchen 
ihnen als Kunftgenoffen Abneigung vermuthen zu dürfen. 
Wie Lyfiad über jene Schule denfen mochte, fant man aus 
der Art abnehmen, wie Dionyſius (ο. 48) ihn in Schu 
nimmt gegen Theophraft, welcher Künfte beó Gorgiad in ber 
Rede des €pfíad für den Nikias gerügt hatte, ohne zu bemerken, 
daß fie unädht (eg, wovon jener fid) überzeugt bielt. Aber 
das gegenfeitige inre Widerſtreben zwifchen Lyfiad und Aes 
fchined war auch zum Ausbruche gefommer, Aefchines hatte 
ben Lyſias, welchen and) Platon im Phädros und im Mes 
πεχεποό angreift, in feinem Dialoge Telauged nicht wenig 
durchgezgogen. Auch dieß erfahren wir durch Athenäus (V 
15) Statt γράφεσδαι,. So Plutarchs ſchönes Wort über £y; 
fander: γράψαντος αὐτῷ Θρασυβούλου πολιτεία». Cafauboné Her: 
ftellung von 7c τ’ and jc, woben, wie Elericns richtig bemerkt, Ic 
οὐκ ἐπεπειδης γραάψαι πο völlig unverftünblid) blieb, wird burd 
biefe Bemerkung zur Gewißheit, und ὃς zu einer gauz audern Bes 


dentung αίό einer bloßen Periphraſis ber. Perfon erhoben. Vollſtaͤn⸗ 
biger giebt Diogenes bie Stelle im Xenopfon 11, 55; 

"4dag9tyeaxij τε λόγων dvas ἢ τριὰς 9 ἔτι πόρσω, 

οἷος Δεινοφόω», Is τ’ «έ«ἰσχίνου, οὖκ ἐπιπειθὴς 

yodyas. 


16) Philoſtratus an Julia Auguſta p. 887: yopyıalaı ἐν τῷ περὶ 
Θαργηλίας, von einer einzelnen Periode. Vermuthlich in ber Aspa⸗ 
fla; denn die berühmte Buhlerin fcheint gemepnt,. wovon Plutarch 
im Verifles 24 (prit; τῷ ajfo das Neutr. nicht Aöyp, wie |. 3. 
Φαὐτίείαό II, 697 febt. 


N. Rein. Muf. f. δι. IT, 27 


402 Unächtheit der Rebe des Epfias 


p. 220 b.) Der Rebe beà Eyfiad gegen Aeſchines über Syko⸗ 
phantie ift fchon gedacht worden. lim bem Juhalt und Ehas 
tafter diefer Rede zu errathen, ift es nöthig bie andre eigen, 
thümliche Stylart des Aeſchines und ben Geift feiner Dias 
Loge vorher ind Auge zu faſſen. 

Sieben Gefpräce von Aeſchines hielt Panätios für ächt, 
während er auffer denen des Platon, wovon ihm Phädon uns 
ächt fdjien , 17) und ded Zenophon unter allen Sofratifchen 
Dialogen mur mod) die des Antifihenes (von weldyen Phry⸗ 
πίώοὸ nur zwey anerfennt) für fiher, bie bed Phädon 
und Euflides für zweifelhaft, alle andern für unächt ers 
Härte. 15) Eben fo viele bemunberte Phrynichos und fieben 
den Sofratifhen Charakter behauptende geben andy, überein, 
flimmend in den Namen, Diogenes (1I, 61) und Cuibaé an, 
wovon fie andre ald unächt unterfcheiden. Unter den Achten 
i ber Telanges, worin Lyſias getadelt war. Der Berfafler 
ftellte darin. bem Sohne ded Pythagoras, wenn bíefer mit 
Recht verftanden wird, den Cofrate8 gegenüber, wie aué den 
Worten Marc» Yureld (VII, 66): »woher mwiffen wir, ob 
Sokrates von Gemüth beifer ald Telauges war?« zu vers 
muthen ifl. Dem SKritobulos, Kritond Sohn, warf er Uns 
wiffenheit und ein (djmugigeé Leben vor. Auffer biefem Ge⸗ 
' fprádje nennt Athenäusd, indem er zeigen mill, daß bie meis 


19) Anthol. IX, 358, 


. 18) Diogenes 1I, 64. Wenn Diogenes ο. 6ι genau fchrieb, fo 
möchte Panätios bíe& gegen den Perfäos, Schüler des Seuon, bes 
hauptet haben. Aber hier fcheint ein arger Irrthum zu fleden. Sio 
genes gedenkt der fogenaunten ἀκέφαλοι, melde Dilfiratos von Gpbe: 
(08 bem Wefchines abgefprochen habe, unb fährt bann fort: x«i zw» 
£nid δὲ τοὺς πλείστους Περσαῖος qoi Πασιφῶντος εἶναι τοῦ 
Ερειρικοῦ, εἲς τοὺς «4ἰσχίνου δὲ χατατάξαι, ἀλλὰ καὶ τὸν "άντι- 
σθένους 10» τε μικρὸν Κυρο» καὶ τὸν Ἡραχκλέα τὸν ἑλάσσω και 4λ- 
χιβιάδην καὶ τοὺς τών ἄλλων δὲ ἐσκευώρηται. οἱ d’ οὖν τοῦ Al- 
σχίνου τὸ «Σωκρατιχὸν ἠδος ἀπομεμαγμένοι cl aiv ἕπτά. Unter 
den fieben des Paſiphon verfteht er alfo bie ächten: aber ba aud) ber 
unádten uad Suidas fieben waren, fo wurden vermuchlich dieſe von 
dem Schriftitelfer, weichen Diogenes vor Augen hatte, die fieben ges. 
nannt und dem Eretrier zugeichrieben. 


gegen ten Sofratifer VL efdjines, 403 


fien Philofophen mehr als die Komiker Abel nachreben, 
ba ed fogar Aefchined der Sofratifer thue, zugleich As 
paſia, Kalliad und Artochod, die ebenfall zu ben àdy 
en gehören. Im Kalliad fam der Zwill des Kallias 
mit feinem Vater vor, unb die Angüglichleit gegen 
Prodifos und Anaxagoras, Daß jener den Theramenes, 
biefer ben Philorenos und Ariphrades ald Schüler bin 
terlaffen habe, and deren Thun und Leben auf bie ent 
pfangene Lehre fid) ein nachtheiliger Schluß machen ließ: 
im Axiochos (verfchieden von dem erhaltenen, ben man ben 
zweyten ober den ffeinerem Axiochos nennen fünnte, wie wir 
zweyte Altibiades, Hippias, Kyros, Herakles theild nod) has 
ben, theild fennen) mar Alkibiades wegen Trunfliebe und 
Weiberverführung bitter angegriffen. Den Telauges ftellt 
Demetrius (201) ald ein Meifterflüd feiner Sofratifcher 
Sronie dar, indem man faft immer in Ungewißheit bleibe, 
06 (id) Spott ober Bewundrung aué(predje. 1) Er führt 
daraus (297) den Ranzen ded Telauged an, Athenäus ben 
Bug, bag derfelbe für den Mantel jeden Tag bem Walker eis 
nen halben Obolos bezahle, (id) mit einem Pelze gürte und 
die Schuhe mit Bändern von δα befefligee Ueberhaupt 
fehlen dem Demetrind (297) bie eigentlich -(ogenannte Sofras 
tifche Art am meiften dem Aefchines und Platon eigen. is 
cero und Marimus Tyrius ftellen hinfichtlich derfelben Pla⸗ 
ton, Zenophon und Aefchined zufammen : Ariftided nennt im 
Bergleiche ben Platon vornehm (σεμνὸν), ben Aeſchines wibig 
(κομψόν), und Lucian die Dialoge beé fegteren lang und ars 
tig (ἀστείους) Man darf glauben, bag kein anbrer bem eis 
genthumlichen Ton des Sokrates beffer getroffen hatte ale 


19) Mollayou µέν τοι καὶ ἐπαμφοτερίζουσιν. οἷς ἑοιχέναι εἴ 
τις ἐθέλοε, καὶ ψόγους εἰχαιοψόγους (?) εἶναι δέλοι τις, πιαράδει- 
yua τὸ τοῦ Αἰσχίνου ἐπὶ τοῦ ἸΓελαυγοῦς. πᾶσα γὰρ σχεδὸν d 
περὶ τὸν Τελαυγή διήγησις ἁπορίαν παράσχοι ἄν, tite Δαυμασμός, 
εἴτε χλευασµός ἐστι. τὸ δὲ τοιοῦτον Eidos ἀιιφίβολον, καί του 
εἰθωνεία οὐχ óy, ἔχει tuya. ὅμως καὶ εἰρωνείας έµφαθι». 


404 Unächtheit der Rede des 69 [ία 


Aeſchines. Nriflipp fol, als berfelde in Megara vorlag, 
gefagt haben: woher haft du dad, Räuber? und Menede⸗ 
mod, der Schüler ded Phäadon und Stilpon, ber gern ſpötti⸗ 
(fen Eiufällen Luft machte, 2o) fagte ihm nadj, bag die mei» 
flen feiner Dialoge nid) von ihm, fondern vom Gofrates 
[εί unb ihm von ber Kanthippe mitgetheilt fegem. Idome⸗ 
nens (über bie Cofratifer) führte bieß wenigſtens an, und 
nach den Worten des Athenäud (ΧΗΙ p. 611 d), bem es 
felbft 10 behagte, müßte man glauben, daß er ed auch anges 
nommen hätte. Diogenes erwähnt die Sade; Phrynichus 
fagt, mandje entzögen dem Aefchined Die fieben Dialoge und 
gäben fie dem Sofrates ; Ariſtides erflärt, ber Irrthum fey 
nicht ganz unvernünftig ; fie feyen fo febr dem Charakter des 
Sofrated eigeuthümlich gemäß befunden worden, daß baburd) 
biefe Meynung Plat gefunden babe. Menedemos fowohl 
als Arifipp megnten eà fo gut wohl nicht, fondern tabelten, 
bag Aeſchines fich eutweber in der Manier ober aud) in Gee 
banfem unb Einfällen zu viel unmittelbar angeeignet habe. 
Die Griechen hatten einen eigenthümlichen Hang bie Erfinduns 
gen bed Scherzes unb der Laune über Perfonen nub δε 
bältniffe der fpäteren, wie bie Mythen und Dichtungen über 
bie ber alten Zeiten buchftäblicy zu nehmen und emfígit üt 
Geíd)id)te zu verwandeln. Aus bem engen Sujammenbange 
des Aefchined mit Sofrates iſt auch bie Angabe des Phabos 
rin gefloffeu, daß biefe beyden zuerſt die Stebefünft gelehrt 
hätten. Wichtig ift das Urtheil des Ariftides, bag Aeſchines, 
welchen dem Platon an die Ceite zu ftellen, wie viele So⸗ 
phiften thäten, er weit entfernt fey, fage, was er gehört habe 
oder maé dem ganz nah (lebe, während Platon, mit umfafs 
fendem Geifte, fo viel fremdes und eigned dem Gofrated une 
terlege. Aefchined that wohl, ſich bem Meifter fo eng amus 
fchließen, wie Euklides, bie Gefprádje des Sofrates ſich qu 


20) Diogen. II, 127. 


gegen ben Sokratiker Aeſchines. 405 


Syaufe niederzufchreiben, 21) und Simon ber Schuiter : 22) 
nichts ift fo verdienftlih, fo verfländig und würdig, baé 
nicht, mit ber Perfon, aud) Gegner und Zabler fände. Wit 
ber glüdlichen Nahahmung des Sofratifchen Tones und 
Spottes flimmt der Charakter der Schlichtheit überein , mad) 
welchem Simon den Aefchined mit Xenophon zufammen» 
ſtellt, 23) und Hermogened den Styl beyder fcharffinnig und 
fein vergleicht. Phrynichos Arabios (zur Zeit Marc Aurels) 
führte den Aeſchines unter den Muflern der reinften Attifchen 
Proſa auf, ja er z0g ihn πεθβ bem Platon und Demofthenes 
allen Attifchen Profaifern und Dichtern zufammengenommen 
vor, ba Momos ſelbſt an diefen nichts zu tabe[n fände. Uns 
ift an(fer den Stellen bey Ariftides noch ein Bruchſtück aus 
dem Miltiades erhalten, das mit den Parallelen ded Johan⸗ 
ned Damafcenus unlängft an das Licht fam. 

Bon diefen Dialogen, in denen einer der werthvollſten 
Beftandtheile ber Attifchen Litteratur untergegangen zu feyn 
fcheint, ift und etwas näher bie Aspafia befannt. Sn eis 
ner von Cicero (de invent, I, 31) überfegten unb von μίας 
tilian (V, 11, 27) mit einer guten Erinnerung wiederhoften 
Stelle unterhält fid) bie Fuge Milefierin mit Xenopbon und 
feiner Frau, und vertheidigt, wie eà fcheint, ihre Lebends 
weife mit dem Grunde, ber aud) einer Deutihen, went 
nicht 9(épafía, doch Schriftftellerin in den Mund gelegt 
wird, baß fie einen Mann nach dem andern verlaffen habe 
um ben vorzuͤglichſten zu finden. Lucian aber ſagt in den 
Gemaͤlden (17), da ein Ideal der Bildung und Einſicht ent⸗ 


21) Platon Theaet. p. 143 a. 

22) Diog. II, 122: Suidas nennt unter den unächten Dialogen 
bes Wefchines Σχυθικούς, und Diogenes 1l, 105 nennt unter Phä- 
don einen Diedios und 2χυθικοὺς λόγους, welche andre dem Aeſchi⸗ 
nes gaͤben. Vielleicht ſollten e$ σκυτικοὲ ſeyn, wie mau die des Si⸗ 
mon naunte, als eine veraͤchtliche, nicht wirkliche Benennung, des 
Sinnes, daß fie, wie Simons Sokratiſche Unter haltungen, woͤrtlich 
uud, Funfttos aufgezeichnet fepeu. Denn an WUnacharfis ift Faum " 

enfen 

23) 9tet, 15. 


4 


406 Unächthelt ter Nede des Epftas 


tvorfen werden folf, unter. andern Muftern derfelben habe Ae⸗ 
fehines, der Freund des Sofrated, und Sokrates felbft eines 
nad) jener Sonierin ausgeführt, Maler und Meifter, die vor 
allen Künftlern fíd) auf das Treffen verftunden, um fo mehr ale 
fie mit Liebe malten. Schon bie Gegenüberflellung der Frau 
des Xenopbor, ohne Zweifel als einer ihres tugendfamen und 
hausväterlichen Gemald würdigen Matrone, zeigt die Rolle 
an, welche Adyafıa im Grunde fpielte: bod) beweift aud) bie 
Schilderung Lucians, bag fie mit feiner Ironie und fcheinbar 
fhmeichelhaft durchgeführt mar, fo bag die Aspaſia von Ans 
tifthenes febr abgeftochen haben mag. Was Athenäus fagt, bag 
(n ber beà Aefchined bie Sonifchen Frauen alle zufammen buh⸗ 
 ferífd) und erwerbfüchtig genannt würden, und was Harpos 
fratíon daraus anführt, daß Aspafla den Demagogen pfi 
kles, mit bem ffe lebte, zu ihrem Finanzverbefferer (ποριστὴς) 
hatte, dieß find Dinge, bie, an die rechte Stelle verfledt, mit 
diefem Tone fid) gar wohl vertrugen. War bod) aud), wie 
Plutarch im Perifled (24) aus Aeſchines erzählt, Lyſikles 
der Schafhändler, im Umgange mit 9fápafía, nad) des Pes 
rifled Tode, von einem unvornehmen und von Ratur niedris 
gen zum erften ber Athener geworden. Plutarch erzählt (32) 
bem Aefchined auch nach, bag Perifles, ale Adpafla des Uns 
glaubens angefíagt war, die Richter burd) viele Thränen 
erweicht habe, was freylich Antifthenes in feiner Aspaſia auch 
behauptete. 2) 

Kun fehn wir aus Harpofration, bag von der Aspaſia aud) 
Eyfias in ber Rede gegen den Sofratifer Aefıhines fprach. 25) 
Lyſias fchrieb, wie aus Diogenes Defannt ifl, gegen Aeſchines 


24) Athen. ΧΗΙ p. 589 e. 


25) V. Mon«cía. Gier ift die Bemerfung von Mauſſac und 
Menage richtig, bag ber Nanıe Aeſchines das einemal ausgefallen unb 
alfo zu verftchen feo, von Ἀόρα[α (prede Lyſias in ber Rede gegen 
Aeſchines und Meichines in bem Aspaſta überfchriebenen Dialoge , fo 
wie aud) bie andern Gofratifer häufig. Darum iff aud) eine Stelle 
aus dem Dialpge Hinzngefägt- 








gegen ben Sofratifer Aeſchines. 407 


über Sykophantie; er ſchrieb auch erotiſche Reden, und es 
lag alſo in feiner Stellung, ber Asypafla ſich anzunehmen; 
und daß er bem Aeſchines abgeneigt war, ift bód)ft wahrs 
(Φείπίίώ. Hieraus zufammen fpringt die Vermuthung Det 
vor, das Lyfiad beà Aeſchines Schilderung der Adpafla in 
ber Rede ale ſykophantiſch behandelt habe, mobey er aber 
wahrſcheinlich benfelben Vorwurf dem Adichined allgemein 
machte, fo wie ed Athenaus tbnt, ihn als einen Sylophans 
ten überhaupt barftellte unb (id) vieler ber befannteren, mit 
ironifcher Laune und nad) Gofrati(der Schätzuug von Nes 
ſchines angetafteten Perfonen annahm. — Qin foldher Angriff 
gegen Aefchines begreift πώ, und ift bem nicht unangemeflen, 
ber in einer andern epibeifti(jen Rebe für den Sofrates ges 
fchrieben hatte. 6) Die Schuldflage hingegen ift nicht weni» 
ger des Lyſias unwürdig alà bed Aefchines ſelbſt. 

Das Bruchſtück bep Athenäus tft in Haitung und Aus⸗ 
führung plump und gehäffig. Die Armuth des Aefchined war 


befannt. Sein Vater Lyſaniäs, ber Sphettier , 27) war ein 


Murftmacher gewefen; mie er unbemittelt (id) dem Sokrates 
angefchloffen, bezeugt die Anekdote von feiner Anrede an 
(n ; 28) auch [οί Sofrated ein anbermal zu ihm gefagt har 
ben, er möge von fich felbft Leihen indem er am täglichen 
Brod abzöge. Dieß wird aud) wohl gefchehen feyn; darum 
hat das Wort fich, erhalten. Aber denken mir und and) Ser» 
legenheiten, Schulden, eine ftlagfd)rift fogar von Lyfiag ſelbſt; 
fónnen wir biefem auch unverfchänter DBerläumdung fähig 


26) ©. Spengel Artium seriptores p, 136 ss. 


27) So nennen ihn Platon Apolog. p. 33 e, Phrynichus, Ariſti⸗ 
bed, Philoſtratus. Sonderbar ift daher bey Diogenes und Suidas 
Xeolyov τοῦ ἀλλαντοποιοῦ, ob δὲ oder τενὲς δὲ «4υσανίου. (fati: 
no6 muß entweder ein Beyname fen, welchen Lofanias hatte, ober 
eine Erfindung der Komödie oder ber Rhetoren, die damit etwa auf 
ben rebneri(fen, nach Gorgias gebildeten Styl des. Sohnes zielten. 


28) Seneca Benefic. I, 8. Diogenes 1I, 34. Die Armuth des 
Aeſchines dient auch einem ber Sofratifchen Briefe (22) zur Grundlage. 





408 Unäctheit der Rede des eoflas 


halten? Selbſt für einen fpäteren Rhetor, und meum fogar 
Umftände wie Die angebeuteten durch boghafte Scherze von einem 
Timon, Menedemos, Krated, Bion, von Peripatetifern vers 
fchlimmert worden wären, beweift bie Klage entweber grobe 
Unfenntniß ober die Abſicht [oógefajfen zu fhhmähen. Auf 
der einen Seite die Dialoge bed Aeſchines, worin er die Sits 
ten des Alkibiades, beà Kritobulod rügte, bie Aspaſia fein 
fomóbirte, im Miltiades, nad) dem erhaltenen Bruchftüd, eis 
nen altathenifch erzogenen, fräftigen Mann fchilderte, im Kals 
lias 29) den Ariftided über die Armut) und Ihren Stolz; in 
bemfelben Geifte reden ließ, ber (n dem ihm zugefchriebenen 
Gefprád) über Armuth und Reichihum herrfcht, und alles ges 
dacht, was nad) bem, was vorliegt, in den untergegangnen 
Schriften der Sofratiter hundertfältig für ihn gefprochen has 
ben muß; auf ber andern dad Kraftflüd be& Redners bes 
trachtet, und man wird bie Erfcheinung auffallend und eines 
befondern Auffchlußes bebürftig finden. Auch Lyſias, ale 
9tebrtet, wußte zu vergrößern, zu übertreiben, zu erfinden, ao) 
wo e$ hingehörte, wiewohl manche Rhetoriker behaupteten, 
daß er eben fo ſchwach fey :die Auflagen zu verftärfen ale 
unter allen audgezeichnet in ber. Beweisführung; 31) aber 
dieſer Rhetor i(t fe genug zu der Gefdjid)te von der Sieb» 
jigjährigen und der ganzen Gemeinheit des Lebenswandele 
Zeugen vorzurufen. Lyſias war vorzüglich βατέ in ber Etho⸗ 
pdie oder Charakteriſtik; s2) bod) wenn er aͤhnlich den Unger 


29) Dahin gehört ohne Zweifel, was Plutarch im Ariſtides 25 
ans We(diues erzählt. 

30) Dionyſius Lys. 18. Τοσαύτην ἔχει πειδὼ καὶ ἀφρούίτην 
τὰ λεγόμενα, xai οὕτω λανθάνει τοὺς ἀχούοντας, ele ἀληθή ὅντα, 
εἴτε πεπλωσµένα. C. 14. «Ἱηλοῦσι δὲ μάλιστα την δεινότητα τῆς 
εὑρέσεως αὐτοῦ of τε ἀμάρτυροι τῶν λόγων, xai οὗ περὶ τας πα- 
ῥαδόξους σννιαχθέντες ὑποθέσεες. 


31) Phot. 364 p. 489 b. 


^ 82) Dionyfins 8. 13. 19. Phot. p. 488 b. Quinctil. HI, 8, 51. 
cf. Spalding. Rutilius v. ethoppéia p. G6. 


gegenden Sokratiker Aeſchines. 409 


bifdeten zu ſprechen ſchien, unterſchied er ſich aͤußerſt von eis 
nem Ungebildeten. 33) 

Nur die Eiferſucht, der Partheygeiſt der Schulen und 
Bildungsſtaͤnde erklaͤrt die Erſcheinung eines ſo pasquillan⸗ 
tiſchen Angriffs, Wie der Grammatiker Athenaͤus ſich daran 
ärgert (V p. 2206), daß einem Platon, Aeſchines, Antiſthenes 
nicht ein gefeßlicher Feldherr, nicht ein achtbarer Sophilt, 
nicht ein nüßlicher Dichter, nicht eine wohlverfländigte Volks⸗ 
gemeinde Rath geben zu konnen fcheine, fondern Sofrates; 
wie er die Rebe abfd)reiót, um zu zeigen, daß nichts une 
philofophifcher fey als bie Philofophen, ba man gewiß nicht 
gehofft hätte, bag Aefchines fo wäre, und wegen beà vielen 
Brüftend ber Philofophen, fo ift fie aus Partheyhaß aud) 
erfunden und entworfen von bem. unbekannten Berfaffer, der 
vielleicht ein Lehrer der Redefunft war. Unter den Rheto⸗ 
ren, in früheren Zeiten und in Griechenland, in Athen ſelbſt, 
waren viele, die heftigeren Haß gegen bie Philofophen , als 
jemals bie Grammatifer, hegten. Gerichtliche Klagen behan⸗ 
beiten bie Rednerfchulen; sa) die Klaffe wegen Schulden war 
fiher darunter; ‚gegen Aefchines war zu dem allgemeinen 
Miderfireben gegen die Sokratiker überhaupt, bie in irgend 
einem einzelnen, aud) laͤngſt verftorbenen berühmten Mitglied 
ihrer Klaſſe mit angegriffen und gedemüthigt wurden, ein bes 
fonderer Grund: er hatte Neben gefchrieben, hatte den Lyſias 
angegriffen und war von ihm beflritten worden, er war, 
wie man ed anfah, gegen Lyſias unb andre Sykophant ges 
weien und follte Sykophantie nun auch erfahren. Nicht uns 
wichtig ift e& nad) diefem Zufammenhange, daß der 9tbetor 
gerade im Anfange der Rede bie Sache bed Aeſchines, bie 


. 33) Dionpfius 3. Derf. i13. ἡ ες συνθέσεως τών ὀνομάτων 
ἡδονή, µεμουµένη τὸν ἰδεώτην. 


34) Beyſpiele von verſchiednen Arten der Klagen, die häufiger 


geübt wurden, in Meiers und Schömanns Att. Proceß ©. 288. ff. 
297. 311. 345. 


A10 — Uniditeit der Rede des Epflas gegen den Aeſchiues. 


bod) eine ganz andere war, fofophantifc nennt: ss) er fcheint 
fíf) baburd) zu verrathen. so) So ift ed auch auffallen, 
daß ín ber Anklage zweymal von Salben die Rebe ift: Ly- 
fía$ will eine Salbenfabrif anlegen und er iſt durch die Alte 
ein Salbenhändler geworden. Sollten babey wißige Kunſt⸗ 
genoſſen an die Salbfläfchhen der Stebefunft und an Gorgias 
benfen ?. Noch einiged andre laͤßt fid) aufnehmen wenn man 
in * Kleinſte eingehen will. 


F. © Welder 


35) Οὐκ ἄν nor’ ϱ)ήθη», ἄνδρες δικαστας, Αἰσχίνην τοὶμήσαι 
οὕτως αἰσχρὰν ὀίχην δικάσασθαε» γοµίζων οὐκ ἂν ῥᾳδίως αὐτὸν 
ἑτέραν ταύτης συκοφανεωθδεστέραν ἐξευρεί». 


36) Schweighaͤuſer führt dieß an gegen sid an, ber bie 
CyPopfantie vou der Schuld trennte 











Anzeigen. 


C. F, Ranke de Lexici Hesychiani vera origine et ge- 
nuina forma Commentatio. Lipsiae et Quedlinburgi sumpti- 
bus librariae Bekkeriannae 1851. 146 ©. 8. 


Φε[ώ ἵα β. 3) 


Wenn e8 nütlid) i(t, an Beyſpielen, auch wie bie Krir 
tie nicht geübt werben (oll, zu zeigen, fo findet man wenig 
beffere als diefes von bem großen 9, €. Baldenär aufges 
(tete. Hier ober nirgend (lebt man, wie nachtheilig εδ ift 
zu zweifeln, zu ändern, zu tadeln, zu verwerfen unb pr 
fhmähen bevor man alle einzelnen Momente wohl gegen 
einander gehalten und alle Berfuche der Auslegung und eis 
ner in dad Begebene eindringenden Ergänzung erichöpft hat. 
Die auffallenbften Wunderlicyleiten nnb 9fBiberfprüd)e in dem 
Heinen Schebiagma, nm in das Einzelne und nicht zu fehr 
einzulaffen, find folgende. Durchgehends fpricht der Vf. von 
Heſychius, wo er von Diogenianud reden mußte, ohne ſichs 
nur einfallen zu faffet, das, was ber Brief an Eulogins 
über biefen ald Verfaſſer beà erifon fagt, zu beftreiten und 
gu widerlegen. Er fragt, was denn and Ariſtarch, Apion 
und Heliodor in das Lexikon übergegangen fey, ba fie mit 


*) 6 292 8. 14 ift bie Synterpnuction falſch. Man fepe: Ndu- 
en λειμῶνα, λέξέων noixiloy περἰοχήν, βιβλίων ἐνγενήκορτα 
πέντε 


412 8 ngeíge n. 


dem, was ben beflem und größten Theil bed Werts and 
"mache, nídjté gemein bätten, mit den Gloſſen πεπίί aus 
den Dichtern verfchiedener Dialekte und Gattungen, und ger 
ftebt bod) zu, daß im Heſychius ein lexicon luculentum dic- 
tionum Homericarum liege, bag in ihm die von 9fpiou und 
Heliodor gefammelten Homerifchen Lesarten des Ariſtopha⸗ 
nes, Ariſtarch und andrer nicht felten verborgen feyen. Hatte 
bod) fchon Heinſius gefagt, bag ohne genaue Kenntniß bes 
Homer die Kritit am Heſychius nichts ausrichten Fünne,, ba 
er größentheild aus Syomerifd)en Wörtern beftehe, unb Ruhns 
en behauptet (p. IX): Unus Hesychius scienter periteque 
tractatus, si non plures, certe meliores variantes suppedi- 
tabit, quam omnes omnium bibliothecarum veteres mem- 
branae. Den beiten Theil, fagt Baldenär, machen die ans 
dern Sloffen aus, beffer als den Someri(den, bod) nur, 
wie er gleich darauf auéfpridjt, in (o fern, αἴδ Gloffarien 
der andern Art nit erhalten find. Nicht auf die lleber» 
(ώτίῇ, zumal bey einem grammatifchen Wert, und in einer 
Handichrift, einer einzigen, wo fie fo leicht von einem Abs 
fchreiber, nad) der Borrede, sugejeGt worden feyn Tann, mugs 
te bie linterfudjung gegründet, wenigfiend mit bem Titel bie 
Borrebe, ohne Vorurtheil, zufammengehalten werden, mo fid) 
denn von felbft ergab, daß λόξεων πασῶν συναγωγὴ κατὰ 
σεοιχεῖον auf dad Werk ded Tiogenianos , bie vereinigten 
Specialgloffarien, und ἐκ τῶν “ἀριστάρχου καὶ "Annlavog 
καὶ Ἡλιοδώρου auf die wichtigſten 3ufáge des Heſychins 
gehe, bag πασῶν nicht zu einem Homeriſchen, fo mie bie ges 
nannten Grammatifer nicht zu einem allgemeinen erifon 
pafjem, und baé Ganze alfo nid)t vollfländig sod) richtig in 
der Faſſung fep. Nur weil bie Borrede unbenugt blieb, 
fhien dem Vf. ber Titel, was ihm aud) Ruhnken (p. V) 
noch zugiebt, nichts weiter ald ein Homeriſches Lexikon zu 
bezeichnen; unb da er überzeugt war: a veteri Grammatico, 
qui primus glossaria et lexica in unum congessit , huuc 





Heſpchius. | 41$ 


operi non potuisse titulum praefigi, warum führte ih nicht 
bíeg wenígítenà zu einer bejjeren Würdigung des Briefs zus 
tid, wovon er behauptet, bag er nicht mit dem Buche übers 
einftimme, aufferdbem thöricht und fügenbaft fey? Die Gründe 
hierfür, auffer denen, welche Ruhnken zu widerlegen unters 
nahm, zum Theil felbft diefe, bie Mäfeley an einzelnen Auss 
brüden find, um nichts flärferes gu fagen, muthwillig unb 
(eer, wiberlich. Aus bem ungelenten und bier und da firups 
pigen Styl είπε Aegyptifchen Griechen fchließt Baldenär, 
bag ber Verfaffer des Briefs ultimi aevi Graeculus gemefen 
fev, fpüter ald Suidad und das große Ctymologicum , ja 
Graeculus recentior: ein Baldenär thut dieß, ohne fid) ums 
zufehn, ob aud) eine Spur von neugriechiſcher Sprache nnb 
Schreibart ba fey. Der ignobilis tenebrio wird eräminirt : 
Memorantur a te Theon et Didymus: uter eorum Lexicon 
Comicum, uter Tragicum conscripserat ? Tragicum, inquies, 
Didymus. Εύγε, Theon itaque, Comicum? Dic nobis quaeso, 
quo tandem in angulo scriptum repereris, Theonem Lezxici 
Comici fuisse auctorem: nam te Lexicon illud non legisse, 
hoc certo scimus, Daß Theon dieß wirklich gefchrieben habe, 
hatte der Kritiker felbft in einem Winkel des Phrynichus ge⸗ 
funden, aber δίεβ machte ibit nicht aufmerffam auf das Bers 
wegne feines Verdachts. Uebrigens fagt Heſychius nicht, bag 
er den Theon gelefen, fondern bag Diogenianos ihn in das 
£eriton aufgenommen habe. Das Misverſtändniß bie al» 
phabetifchen Homerifchen λέξεις bed Apion und Apollonios 
mit den Worten τῶν 4ριστάρχου xai ᾽ἀπίωνος καὶ Ἡλιο- 
δώρου λέξεων εὐπορήσας zu vermifchen und εὐπορήσας zu 
nehmen, ald wenn biefe Grammatifer nur allein dem Schreis 
ber des Briefd in bie Hände gefallen wären, müßte, da nicht 
alles immer (id) auf einmal aufllärt, entſchuldigt werben, 
wenn nicht biejer fo gar feinen Anlaß gegeben - hätte ihn 
Ῥεβθαίθ einer abfihtlichen Lüge zu zeihen und wenn eine 
(οίώε Lüge nicht fo zwecklos und ſinnlos geweſen wäre. Den 








444 Ungeigen. 


Serthum zeigte Ruhnken. Bon der Sucht, fein Berbienft 
weit über dad bed Diogeniauos zn erheben und biefen her⸗ 
αὐμιίεβειι, ift. ber Brieffteller frey; das Urtheil des Kritikers 
it unwahr. Diefer nimmt hier λόξεις collectio und fagt, Aris 
ſtarch, Apion und Heliodor haben feine Lexika gefchrieben; wenn 
e8 aber heißt , bag Diogenianos οὐδεμίαν λέξιν παρέλιπε, 
fo erflärt er, Diogenianum ne unicum quidem praetermisisse 
vocabulum, um ben Schreiber mit fid) in ben grellften Wis 
derfpruch zu (eger, obgleich er anf berfelben Geite ſelbſt aus 
führt 6 τὴν κωµικήν λέξιν συναγαγώ», nad) ganz gewoͤhnli⸗ 
chem Gebrandje. Divuyfins fagt 4. B. τροπικἡ λέξις, Euge⸗ 
nios fchrieb mauuıyny Adkır, Helladios λέξεως παντοίας χρῆ- 
σιν, andre συμµίκτην λόξιν, vgl. Ruhnk. p. IX. XI. Aber 
auch von den wirklich genannten Geben Homeriſchen Lerici 
ift nur das des Apollonius erhalten, dad von Apion unbe 
faunt. Hier war zu bedenfen, bag auch das bed Theon fid) 
in einen kleinen Winkel verkrochen und bort nod) im Aus⸗ 
Ότμά verfledt hat, bag eà mit dem beà Apion Ähnlich ergans 
gen feyn köune, bie einzige Note aber eined Grammatiferà über 
den, Punkt vieleicht noch nicht zum Vorfchein gelommen wäre. 
fBaldenár hingegen bebanptet, ber Vf. habe bloß aud Suidas 
unter Apion feine Kenntuiß diefer Grammatiker gefchöpft, 
toad lächerlich erfcheint, fchimpft Lügner und brobt: nisi plu- 
res plagas tibi vis intentari, dum fraus perpluit, tandem ta- 
men fatere, huno Suidae locum cogitationem tibi injecisse, 
ubi memineras Apionis et Apollonii, Theonem et Didymum 
commemorandi, indem er zugleich, mit einem unter bie Wor⸗ 
te inprimis cum aliunde didicisses fchlecht genug verftedten 
Widerfpruche, geftehn muß, daß baé tragiiche Lexikon des 
Didymns, das fomijde bed Theon bem Schreibenden anderes 
woher befaunt geweſen ſeyen. Das heißt die Kritit zum 
Spott machen. — Dod) nod) weiter geht die kritifche Leidens 
fchaft, der Leichtfinn, oder will man ed Muthwill nennen? 
Weil mit bed Diogenianoà Andzug aus Zopyrion und Pam⸗ 


Y 





Sefygiue. 415 


philos bed Heſychins Lexikon, wie εδ in bem Briefe befchrieben 
wird, nicht übereinftimmt, fonute man;zweifeln, Erklärung des 
anfcheinenden Widerſpruchs ober Widerlegung des Briefes vers 
fuchen. Valckenaͤr erfläy dad Meifte, was biefer berichtet, 
für verdächtig ober lächerlich; und weil er gefühlt zu haben 
(dient, bag etwas Tächerliched bod) hier üt ber That nicht 
zu finden fey, fo fchlüpft er abermals gewandt über biefe auf 
Effect angebrachte Erdichtung hinweg: Sed in tanta copia 
rerum, quae risum non inutilem movcant, haec ferenda es- 
sent aliquo modo cet. Gleich barauf fagt er: Quos notat 
in Diogeniano defectus, totidem paene verbis in praefatione 
quapiam sive alterius seu Diogeniani, nisi fallor, repere- 
rat memoratos. Das, was anégeíeGt wird, hängt mit ber 
Einrichtung bed Werks aufammen ; von Φίορεπίαποῦ felbft 
follen diefe Bemerkungen ober Eingefländniffe herrühren, unb 
dennoch eben fo falfch und lächerlich feyn, al& wenn fie von 
dem nebulo und falsarius , von welchem viri perspicacissimi 
fd tänfchen ließen, herrührten. Daß dagegen mit der Epi⸗ 
tome des D. bey Suidas biefe Rügen fid) vertragen, Tann 
sticht behauptet werben, da fie nicht vorliegt. Kerner veri» 
djert hier der Krititer, das erifon bed 3D. babe nicht Wörs 
ter und Schriften aller Art, wie der Brief berichte, fonberw 
ποιητικὰς λέξεις enthalten, quod auctoris idonei ,, Photii ni- 
titur testimonio ; und Ruhnken p. X geílebt ihm dieß ait, 
erklärt eó aber aus bem großen Uebergewichte ber poetifchen. 
(Auh Hr. Ranke fagt p. 134: Photius poeticas solum 
dictiones conceptas a Diogeniano nominavit) Doch Photins 
fagt das Gegentheil Cod. 449, und: damit läßt (id) bie unbe, 
ftimmtere Beziehung Cod. 445 ungezwungen iu Ueberein⸗ 
(timmung bringen. Endlich wird fogar behauptet, aus den 
Sammlungen ded Suidas laffe (id) beurtheilen, bag bie Epi⸗ 
tome ded D. von dem Lexikon bey Hefychius verfchieden ges 
wejem fey. Diefe Verfchiedenheit nehmen auch wir an; aber 
burd) einen einzigen Artifel aus Suidas fie zu Gemeifen, if 





416 Anzeigen. 


nicht möglich, wie Hr. Ranke (p. 43) gezeigt hat. Welche 
Dreiſtigkeit zu behaupten, wer den Brief geſchrieben, haͤtte 
nicht ein einziges Gedicht von Alkman, Hybrias, Rhinuthon, 
wenn die laͤngſt verlornen wieder Yım Vorſcheine gekommen 
wären, verſtehen fónnen! Wie flüchtig aud) bie Bemerkung, 
bag aus den von Euſtathins viel gebrauchten Lericid des 
Pauſanias, Aelius, Divnyfius u. a. in dad des Heſychius 
vieled übergegangen fey! Wie aus ber Luft gegriffen und 
"ganz unfritifch bie Behauptung, bag ber, welcher den Brief 
gefchrieben, unb zum Diogenianos unb den Homeriſchen Cr: 
Härungen alter Grammatiker binzugefebt zu haben verfichert 
eine Anzahl λέξεις, zu den Spridwörtern bie Crflárumg , zu 
den feltneren Wörter die Namen der Verfaffer und Bücher, 
ftf momenti nullius augmenta, unbeflimmt von welcher Art, 
hinzugefügt habe, nur er das Schlechte, obgleich zugegeben 
wird, daß dad Werk bereitd durch die Hände chriſtlicher 
Snterpolatoren gegangen war; wie unwahrſcheinlich, bag er 
dad Sud) burd) splendida mendacia zu empfehlen gedacht 
habe, ba der Augenſchin, die Vergleichung wit bem Dioge⸗ 
nianos felbft ihn fogleich der Unwahrheit überführen founte! 

Wo er, zum Theokrit, auf die Sache zurückkommt, übers 
trifft Valckenaͤr (id) fefUft, indem er vermuthet, bag gerade 
ber aevi recentioris magistellus, ber bie Namen von Lexiko⸗ 
graphen auf bem eriten Blatte des  Cnibaé aufgezeichnet, 
aud) den lügenhaften Brief verfertigt, ober ihn bod), als das 
Product eines Freundes, gelefen babe, ba er zum Lobe-ded 
, Riogenianus gefchrieben fey: warum? weil unter den elf 
Wörterbüchern aud) — nicht das Lexikon — fondern die Epis 
tome des Diogenianod (id) befindet. Noch ergöglicher (ft ober 
erftaunlicher, daß ber glänzende Lügner fo gefchrieben haben 
fol, ut lectorihus persuadere niteretur; Lexicon post epi- 
stolam a se scriptam fuisse contractum, Qui hoc negavit, 
dubitare utique non poterat, quia in variis Lexicis antiquis 
permulta (Glossae tamen diversarum gentium eximendae 





Heſpchius. 417 


horum sunt numero), reperta fuerint pleniora, quam nunc 
in Hesychii libro legantur. Wenn man bebadyte, daß $e» 
ſychius gar nicht behauptet, Divgenianus babe alle 9frtifel 
ber Gloſſarien vollftändig abgefchrieben, bag δίεβ aud) bem 
Plan unb ber Beſtimmung [είπε Werks durchaus nicht ges 
mäß gewefen wäre, fo mußte man eine Cpiítome zwar ber 
Gloſſarien, aber eine urfprünglid)e, nicht fpäter bewerfftels 
ligte annehmen. Aber es iff die Crbunart der Kritik, (id 
eilfertig in Unfoflten zu fegen ohne vorher ved)t zu prüfen, 
ob nicht alles in gutem Stande fey. 

Uebrigens fcheint e& nicht, wie unfer Bf. (p. 20 vgl. 34) 
vermuthet, bag PValdenär burd) Albertis Ungewißheit über 
die Perfon des Hefychius und durch Bentleys Bemerkung 
binfichtlich der Herodianifchen Orthographie auf feine Anficht 
geführt worden. Bon bem Widerfpruche zwiſchen bem Brief 
und Suidas in Betreff des Werks von Diogenianos gieng 
aud) feine ganze Bemühung aud. An Kühnheit gleicht fei» 
ner Erfindung die εἰπεὸ Englifchen Philologen, ber in der 
Anzeige beà Porfonfchen Photind im Classical Journal (1823 
XXVII, 358) feine llebergeugung dahin ausfpricht, bag mer 
ber Photius, noch Heſychius, ber Presbyter, und ber 
Patriarch Eyrilus zu den Wörterbüchern, die ihren Namen 
tragen, einen Finger anſetzten; fondern die Bücher δίε[ε Nas 
men lediglich dem Umftande, in dem Beflte biefer geiftlichen 
Herrn gefunden worden zu feyn, verbanften. Wie follte, 
mepnte der Df., Photius, da feine Bibliothek reich genug an 
Wörterbüchern mar, (id) felbft an das Schreiben gegeben 
haben? Und ber entfcheidende Grund beſteht in der Stelle 
des Photius bey Soup zum Suidad v. ἐγχομβώσασθαι, woe 
rin er die ganze Zunft der YWörterjäger lächerlich machen 
(ο, in der That aber πώ zu ihnen befennt, einen Artifel 
liefert, den man dem Lexikon beyfügen fonnte. Diefer geift 
reiche Einfall verdient darum bemerft zu werben, weil aud) 
bier eine lange Vorrede vorliegt, die εδ bem Kritifer in den 

N. Rhein. Muf. f. phil. II. 23 


418 Anzeigen. 


Wind zu (Φίαφειι belicht, Doch erläßt und diefer bie Ein- 
wendungen gegen deren Wahrhaftigkeit und Yechtheit. Wahr- 
ſcheinlich ift dieſer Kritiker Blomfield, der im Edinb. Rev. 
aud) die Hermannifche Ausg. des Leriton recenfirt hat , nicht 
ohne über bem Patriarchen einige andre munberlidje Ῥεπιετ, 
tungen zu machen. Im folgenden Bande zwar find Noten 
zum Photius G. Blurges) unterzeichnet. Durch 9f. Mai 
Quaest, Amphilochiana XXI p. 234 (ft. (eitbem die Bemer⸗ 
fung des Photins felbft befannt geworden, Daß er das exi 
ton gefchrieben habe τὴν τῶν μειρακίων ἡλικίαν παραλ- 
λαττων. _ 

Schen wir nun, wie Hr. 9. die Verwicklung zu löſen 
unternimmt. Wenn Heſychius, fagt er, nur eine vermehrte 
and verbefierte Audgabe des Diogenianifchen erifonà επί. 
häft, fo muß alles was bey den Grammatikern aus Dioges 
nianos vorkommt, würtlíd) bey Heſychius fíd) finden. Dies 
fen Anführungen geht er daher viel weiter ald Ruhnken ſchon 
gethan hatte sad), und ϱὁ findet ſich, bag bey Heſychius 
fehlt: 

Ἑρμαῖα, λέγεται δὲ καὶ παίδων οὕτως ἅγῶὼν παρὰ Συ- 
ρακουσίοις, ὡς φησι «4{ιογενιανός. Schol. Plat, Lys. während 
vier andre Stoffen ἐπ diefen Scholien mit Heſychins übers 
einflimmen. 

Ταλαίπωρος" ἐπίπονος, ἄθλιος. εἴρηται δὲ, ὡς «4ιο. 
γενιανός, παρὰ 10 τᾶλας καὶ τὴν ὥραν, ταλάωρος xai τα- 
λαίπωρος. κυρίως δὲ λέγεται κ. 1. A, Etym. M. Heſychius 
nur: ταλαίπωρος, ἐπίπονος, τλητικός, Dagegen hat er τα- 
λαώρεα ποξεύµατα, wo bie Erklärung fehlt, aud) πῶρος, 
πωρεῖν, πενθεῖν, πωρητύς, (In ooa ift nichte bahin gehörir 
ged.) Bevdog — «{ιογένης. ἔστι πόλις — παρὰ Ἑομιρνεῦσι 
δὲ καὶ ἄγαλμα. Etym, M, Qr. nur καὶ ἄγαλμα. 

4ράξων — na;aà οὖν τὸ δράτεεσθαι. εἰς τὸ «{ιογένους 
εὗρον ἐγὼ δράξων σημαίνειν πορνοβοσκόν. Etym. M. Heſy⸗- 
hius hat dieſe Bedeutung weder hier, noch unter “donayy 


x 


Heſychins. 419 


Κιννώρον, und ed it andy nicht abzuſehn, ba ein Hurenwirth 
überhaupt. Raffer, der Geld aufammeníd)arrt , recht gut ges 
nannt werden kann, marum gerade der GSicilifhe Kuppler 
Kinnaros, der feinen Nachlaß bem Volke Preis gab (eic 
aonayny), nad) einem Feſtgebrauch in Sicilien, wobey denn 
bie Theilnehmenden οἱ dgaborrseg genannt wurden, barum 
{εί δραάξων geweien wäre, wie obed! vermuthet hatte. 

ρίστυλλος --- 4ιογένης ἀντὲ τοῦ ἄριστος, Etym, M. 

Eiöns — über εἴδω, εἴσω, οἶδα, εἰδώς, εἴδοιμι, εἰδείηνι 
sido, «{ιογένης, Etym. M. 

Ὑπόξυλος — «4ἰσχύλος à» Πέρσαις (l. Tleooıdı) µέμνη- 
ται καὶ «4ιογενιανὸς ἐν τῇ λέξει τούτον. Phrynich. Arab. D. 
dem Schol. beà. Hermogened in Bekkers Anecd, p. 1073. 

| Zyıllas, λεπτὸς παρ) ᾽άττικοῖς» οὕτω «4ιθγενι . . . 
Schol. Clem. Alex. b. Baft zum Gregor. p. 241, auà Aris 
ftophanes, wie aus Phot v. /oy»og hervorgeht. Borzügs 
[id die Beſtimmung des Sicilianifchen Talente Schol. Jl. V, 
576. Schol, Gregor, Naz, bey Montf. Diar. It, p. 214, wo bie 
Epitome cítirt ff. | 

Berfchiebenheit zeigt fld) im : 

"Averar (νὺξ) — διογενία («ιογενιανὸς ober befjer Aio- 
yEyns, da im Etym. M. ber Name oft unb immer fo gefchries 
ben (ft) προσέρχεται. Etym, M. Heſychius: ἄνεται, ἀνύε- 
ται xai ἀναλοῦται. 

Aaysıov. Ἅ«{ιογένης µερίδος ἰσχύ», γέρας. Etym. M. 
Heſychius: «{ανός ἀληθὲς 7 δῶρον 7 μερίδα n ἰσχύν. 
γέρας n δάνειον, 

Εὐεστώ, εὐημερία, εετηρία, 7 καλλίστη τῶν ἐτών ὅια- 
γαγή. «4ιογενιανὸς ἄνευ τοῦ ὁ γράφει. Gloss. Herod. und 
Bachmann, Anecd. Il, 361. Heſychius aber: εεστώ, εὔθη- 
vía ἀπὸ τοῦ εὖ εἶναι. καὶ εὐδαιμονία ἀπὸ τοῦ tU ἑστα- 
ναι τον olxoy* 7 ἀπὸ τοῦ δαψιλεῖν τὰ πρὸς| τὸ ἐσθίει», 
εὐετηρίέα. Doch biet wäre abgeholfen, menn man fagte: D. 
feßte εὐετώ , εὐεστώ, woranf bit verſchiedenen Ableitungen 


420 Unzeigen. 


von s) εἶναι ober aud) Eros und von ἑστάναι (id) beziehen, 
and der Abfchreiber lich die eine Form aus, weil (ouft immer 
nur eine den Artikeln voranfteht. 

Manche Abweichungen find nur ſcheinbar, nicht wirk⸗ 
fiche Verſchiedenheiten, z. 8. Hesych, "44»avgoc, ὄνομα ποτα- 
μοῦ. ἀναύροις, ὀίχα ἀνέμου. Etym. M. ᾿4ναυρος, ὁ ἐξ 
«ἑετῶν συνιστάµενος ποταμὸς παρὰ τὸ μὴ ἔχειν augag, oder 
Hesych. «ἀνήνορα — ἄνανδρον. Etym. M. οὐ γεννῶντα 
ἄιογένης, oder Hesych. ἄημα, πνεῦμα, φύσημα, Cyrill. Lex. 
Ms. ünka γὰρ τὸ πνέον παρὰ «4ιογενιανῷ», ober Hesych. 
χλοάσουσιν, βλαστήσουσιεν, Schol. Nicandri «4ισγενιανὸς δὲ 
χλοάςιν, καλῶς αὐξεσθαι καὶ βλαστανει». 

Hr. R. um die Ὀπεβεπθείίεα auszugleihen, nimmt an, 
bag zu "Eonala für Diogenianos zu leſen (ey Dionyfios, δέ, 
Ten Artliches Lex. in denſelben Scholien angeführt ifl. (wie 
eine λέξις Ἡρωδιανοῦ p. 47 bem Diogenianos, und δίεβ 
wohl fidwer, gegeben wird), daß σχιζίας vielleicht burd) bie 
Sofchreiber , zwifchen σχίζα, σχίζης u. a. ausgelaſſen fey, 
und fo vieleicht mandyed andre, bag befonderd Erklärungen 
und Bemerkungen über Form und Ableitung ber Worte nicht 
felten auegelaſſen feyen, was er nicht einzuräumen braucht, 
ba wad) ber genauften Bergleichung ber angeführten Stellen, 
anfler dem, was hier andgehoben worden, alles übrige eben 
fo gut ald 3uíag ber andern wie ald Weglaffung des Heſy⸗ 
chius fd) benfen [ἀβε, *) enbíid), bag, wenn auch einige 
Wörter des D. von Heſychius übergangen wären, barum 
nicht an Betrug ober Lüge, nod) auch an Epitome zu dens 
ten ſey; denn daran fey nicht zu zweifeln, bag Heſychius als 
les habe abjchreiben wollen, da wir in allen Theilen des 


9) 8. 3. Etym. M. ὠλάβασετρον καὶ didßaorpoc. λήχνδος }ι- 
Φίνῃ πρὸς µύρω» ἀπόθεσιν. λαμβάνει δὲ τὸ ϱ, ἀλάβαστος οὖσα. 
οὕτως εἰς τὸ «Φιογένους. Hesych ἀλάβαστος, λήκυθος. ἀλάβασερο». 
ε.υροθδήχη, λίδος Ψψήφινος. Etym. M. ἅπιος ἔξω τοῦ Φένδρου xai 
τοῦ καρποῦ βοεάνη εις καλουµένῃ. «Διογένης. Hesychius, ἅπιος, 
y ὄχνη παλουµένη βοτάνη. 


HSefydhius. 421 


Werks Diogenianifhe Gloſſen finden. Dieß freylich ift fo 
weit und allgemein, daß e8 die Kalfchheit der SBorrebe (o gut 
wie bie Epitome burchläßt. 

Su einem zweyten Paragraphen handelt ber Vf. von 
Kamen, Zeit und C djri(ten, im dritten nod) befonderd vom 
Leriton des Diogenianod. Das erfte, mir langen Digreffio- 
nen über andre fchriftftellerifche Diogenes übergehn wir mit 
dem Bemerfen, bag wir unferem Diogenianos weder περὶ 
ποταμών κατὰ στοιχεῖον mod) ἐπιγραμμάτων ἀνφολόχιορ a6» 
zunehmen, jened auf den Diogened von Kyzikos, diefed auf 
beu von Laerte, ald die Sammlung feiner eignen Cpigram» 
me, fouft πάµµετρον genannt, überjutragen einigen zurei⸗ 
chenden Grund fehen, fonderu wünjchten, baß ber Bf. has 
tantas difficultates Sieber gar nicht erregt hätte Willkürlich 
erfcheint es, den Titel der Epitome ded D. bey Suidas λέ- 
ξεις παντοδαπαὲ xarà στοιχεῖον und den beg Φεβώίκὸ πε- 
ῥιεργοπένητες dahin zu vereinigen, bap ber [εβίετε eine beſon⸗ 
dere Heber(dyrift der einzelnen Bücher gewefen ſey. Wo (οἱ. 
che Weberfchriften einzelner Bücher vorfommen, da brüden 
fie deren befonderen Sjnbalt aus. Περιεργοπένητες tft einer 
der Haupttitel, *) welche einen zweyten erflärenden , die 
Sache felbft bezeichnenden zulafien, wie bier λέξεις feyn würs 
de, oder ἐκλογαέ (wie Lasfarid Gramm. 3, 3 die λέξεις δε 
Harpokration an(übrt) Sm bem Brief aber ift. biefer aus⸗ 
brüdlid) bem Ganzen beygelegt, und von Büchern nicht bie 
Nede. Wie bie übrigen Bemerkungen zu unjerer Annahme 
von ber Berfchiedenheit beyber Werke (id) flelen, wirb ber 
Lefer leicht inne merben. 

In diefer Annahme bietet fich zugleich bie feiditefte Er- 
Härung dar für alled, was als Diogenianifch angeführt wird 
ohne bey Heſychius (id) zu finden. Dieß aber bitten wir im 
Berhäftuiß zu der nicht allzugroßen Anzahl der Stellen, wo 


*) Gehnlih i(E anffer den S. 278 angeführten, bey. Πολυμνήμων 
des Qrammatiferó Rheginos (Socrat. η. eccl. III, 23.) did 








422 Unzeigen. 


überhaupt Diogenianos angeführt wird, zu betrachten, um 
zu ermeflen, wie febr beträchtlich danach die Differenz wohl 
feyn würde, wenn wir deren febr vicle flatt der bloß zufäls 
Iigen Ueberrefle vor Augen hätten. Zuvörderſt ift zu bemers 
fen, daß, nad) ber Art der Girammatifer, wovon im fols 
genden Kapitel eine Menge Beyfpiele aus Athenäus nachge⸗ 
wiefen find, fehr mabr(djeínlíd) der EC choliaft ded Hermoge⸗ 
ned bey δεῖίει Anecd. p. 1073 wegen des Wortes ὑπόξυλος 
den Aeſchylos in der Perfis, nebſt Diogenianod ἐν τῇ λέξει 
τούτου (τοῦ «4ἰσχύλου), und Dionyſios ἐν τῇ ἐκλογῇ τῶν 
ὀνομάτω», nebft einem oou Ὀίείεπι beygebrachten Verſe des 
Menander, nit aus den Büchern des Diogeníamoó und 
Dionyſios felhft, fondern aus der σαφιστική παρασκευή beó 
Phrynichos, womit dad Scholion anfängt, mit citirt , und 
bag wir alfo fhon bey Phrynichos (gu Marc Aurels Zeit) 
eine Spur ded Gebrauchs von einem Lerifon des Diogenias 
208 finden. So wenig παντοδαπαὲ λέξεις ald περιεργοπένη- 
τες wird irgendwo citirt, und nur eine Stelle ἐκ τῶν «4ιο- 
γενιανοῦ τῆς ἐπιτομῆς Ἑλληνικῶν ὀνομάτων, WO τῆς ἐπιτο- 
uns E. 9, ald Erklärung zu dem andern einzuklammern und 
su E, ὀνομάτων Pamphilos zu verftehn ift. Gerade, was hier 
' and der Epitome vorfommt, über das Sicilifche Talent, fehle 
bey Heſychius, uud unfer Bf. geſteht deßwegen (p. 128) : iu 
tantam difficultatem projicior , ut me desperasse interdum 
confitear ; ermuthigt (id) aber, und fagt in Bezug auf Ruhns 
ten, ber hierbey an ein andred Bud, ald das im Hefychius 
dachte, aber nicht viel aus ber Sache machte: Nos non tam 
celeriter absolvimus reperta; vermag indeffen bod) zuleßt, 
was unfere eigentliche Srage betrifft, nichts weiter yorzubrins 
gen al& dieß: Id vero ipsum quod in Hesychio non reperi- 
tur, non pirum est, quia s, v. τώλαντο», omissis testium 
nominibus, de varia vocis τάλαντον notione nou accurate 
disputavit, Itaque hoc quoque testimonio esse potest, Dio- 
genianum non ipsum condidisse lexicon, sed excerpsisse tan. 


"$eí9dius. 423 


tnmmodo Pamphili libros. Das Teste hätte nie cineó Bes 
weife8 bebur(t; aber hier iff fein Grund dafür, denn aus 
ber Cpitome felbft führt ber Schol. an, maà im Heſychins 
fehlt: und wenn e8 fo wenig zu verwundern ift, bag δε: 
ins biefe abfür;te in Einer Stelle und in einem foldhen 
Punkte, fo möchte er ed eben fo gut in andern Artifeln und 
in unwidhtigern Dingen gethan haben, wonad) aber ein git» 
ter Theil der gegenwärtigen Schrift ihren Zweck verlöre. 
Daß dieß nicht gefchehen fey, läßt [ιά nicht gerade bebaups 
ten, ba der VBorredner nur fagt: λέξιν οὐδεμίαν παρέλιπον 
κειμένην ἐν αὐτοῖς, nicht bag er keine Bedeutung oder Cv» 
órterung audgelafien habe. Wahrfcheinlich iſt es aber nicht, 
ba beríeíbe dem Diogenianod vorwirft, daß er τὰς noAvon- 
µους übergangen und (bird) Sefídiránfung auf bie einzelnen, 
gewöhnlichiten Bedeutungen) unklar gelafien, und er ſelbſt alfo 
eher Bedeutungen zufebte als wegfchnitt. Eben fo fügte er 
bie Eitate bey, ba fie in den Fleißigarmen fehlten, und über 
das Sicilifhe Talent citirt Diogenianos in ber Epitome den 
Apollodor über Sophron. Hiermit verbinden wir ben weiter 
unten Cp. 136) berührten Fall, bag in einer Stelle des Dies 
genianos bey Harpofration (asızorw) Antiphon ἐν ἀἁληθείας 
δευτέρῳ citirt wird, und man alfo von neuem bie SBorrebe 
für unwahr zu erflären hätte, fünnte man nídt beyde Eis 
tate, wie alle andre mit Heſychius nicht Verträgliche, ber 
von ihm verfchiedenen Epitome zufchieben. 

Sn den Scholien zum Platon fommt einmal ἐν τῷ Jıo- 
γενιανῷ (fonft viermal ὥς φησι «4ιογενιανὸς), und im Etym 
M, bregmal εἰς τὸ «{ιογένους ((onft fer oft mue Auoyayns) 
vor. Dieß läßt auf den Gebraud) ded einen oder anberit 
Werks felber fchließen. Bey allen andern {β οὐ febr zweifel⸗ 
baft, οὗ fie nicht, ohne ben ©. felb(t in Händen zu haben, 
allein aus Eitaten in andern Schriften fchöpften, wie aud) 
bie Dichterftellen von einen! zu dem andern wanderten, Θεία 
Name fommt, nad) Hrn Rankes Nachfuchungen, je zweymal 





424 Anzeigen. 


vor in den Scholien des Clemens und des Hermogenes und 
je einmal in denen des Kallimachos, Nikander, Gregorius 
Naz. bey Harpokration (durch Interpolation) und Suidas, 
bey Photius, bey Euſtathius, in einem Lex. Ms. Coisl. einem 
Etym. Par. Ms. einem Lex. Cyrilli Ms. einem chriſtlichen bey 
Bachmann und bey Chöroboskos, von welchem Hr. R. (p- 
47), unb εὖ fcheint wohl, im Allgemeinen von den andern 
auch, voraméfeGt , bag fie den Diogenianos ſelbſt gebraudıt 
hätten. Bemerfenewerth if, bag dad Etym, M. nur in den 
vier erfien Buchſtaben den Diogenes anführt, dad Etym. Gud. 
gar nicht. Der 9f. vermuthet (p. 44), daß demohngeadhtet 
vieled darin aus ihm gefchöpft fey, und (p. 37), daß ber 
&tymologus δίεβ dem, was er in einem älteren Etymologi⸗ 
fon vorfand, hinzugefügt babe, im Etym. Gud. aber δίείε 
Zufäge, wieder weggelaffen worden fepem. Dieß (Φείπί zu 
fünfllih. Den Etymologus trennen wir lieber nicht von bem 
Etymologiton, und benfem ung, ba ein Befiger Ὀεβείδει 
anfieng aus bem Diogenianos Zufäße zu machen, mad) bem 
vierten Buchflaben aber ermübete, Damit ftimmt baà ego» 
ἔγω bey einigen Stellen überein, das auch fonft öfter, % 
B. p. 809, 34 einen 3ufag aus Culogíos, im Gud. v. Kpo- 
vos einen and Photius, bezeichnet. Aus dem blofien Zufams 
mentreffen der λέξεις bar( mau nur mit großer Borficht auf 
Benutzung beflimmter Borgänger fchließen, ba Πε in unzäh⸗ 
ligen größeren und kleineren Gíoffaricm wiederholt verbreitet 
waren. So bemerkt Photind (Cod, 158), daß viele λέξεις 
beé Phrynichos auch bey Helladios vorfamen, Bey den ver» 
fchiebenen sragifchen , komiſchen, rhetoriſchen, Platonifchen, 
Attifchen, Dorifchen u. a. Gloſſarien verfteht fih die Wieder, 
holung von felbft. Im Ctpmologíeum M. fcheint nun allere 
dings nad) fo vielen Stellen der Diogenianos des Heſychius 
ercerpirt zu feyn. Dennoch fehlen bey biefem das Wort 
ὅραξαν und Ότερ Etymologieen und eine Bemerfung zur 
Conjugation; aud) zeigen fid) im Ausdruck der Erflärung 


x 











Sefydius. 425 


einige Verfchiedenheiten. Daher muß man bod) wohl glaus 
ben, daß ber Etymologus nicht, wie Photius, das Lerifon 
δεῦ :Díogeníano8 , fondern die Epitome gebraucht habe. 
Auch in dem einen Scholion des Platon werden die Syra⸗ 
fufifchen Hermäen aus bem παντοδαπαῖς γλὠσσαις, wenn 
auch nicht unmittelbar, gefloffen feyn. Ein großer Theil als 
ler λέξεις muß in beyden Büchern fid) wiederholt haben, fo 
daß gar manche hier oder dort vorfommende Diogenianifche 
λέδις, bie fid) im Heſychius findet, bod) ans der Epitome beé 
Pamphilos gefloffen feyn fami. 

Sehr richtig fab Hr. R. ein, bag, wenn man alles, was 
von Diogenianos angeführt wird, im Heſychins fucht, aud) 
was aus Pamphilos vorfommt, deffen Gloffen Diogenianod 
ausgezogen batte, mit Heſychius zufammengehalten zu wers 
ben verdient, bag alfo Ruhnken auf halbem Wege ftehn ges 
blieben war. Daher ibie Abhandlung im ſechſten Kapitel 
de Pamphili Glossis a Diogeniano excerptis p. 72—134. Gie 
beginnt damit, bag, was Hefychius und Photius von bem 
Lerifon ded Φίορεπίαπο, erzählen, durch Suidas widerlegt 
werde, daß von einem andern Cerifon fein Wort vorfonme. 
Quodsi solus Hesychius aut dolo malo usus aut imprudens 
in errorem abiisset, eam rem non magni faceremus, Id au- 
tem vehementer miramur, quod non solum permulti illi 
grammatici, qui Diogeniani λέξεις citarunt nihil de Pamphili 
epitome cognosse videntur; sed Photius quoque, vir doctis- 
simus et a librorum copia instructissimus, sua auctoritate pro 
iisdem partibus pugnat. Die Grammatifer verfahren ganz üt 
ihrer Weife und auch untadelhaft, wenn fie für αἴεὸ , was 
πε aud. ber Epitome anführen, furzweg den Diogenianos cis 
tiren, etwa wie wir ben Suflinus, den Sonaraó , ben Heſy⸗ 
djind fogar, ber bod) noch weniger felb(t that als ein Epitos 
mator, ber nur abfchrieb, nicht aber Diogenianod ἀπὸ τοῦ 
Παμφίλου (wie & τῷ βιβλίῳ τῶν παροιμιῶν Ζηνοβίου ἀπὸ 
τοῦ Ταῤῥαίου, Sch. Aristot, Rhet. I): nur daß Heſychius 





4060 Anzeigen. 


πώ geirrt oder einen Betrug begangen hätte, ift nicht glaub: 
fih, ba bie Cpitome felbft in der UWeberfchrift ober ber Vor⸗ 
rebe ihren Urſprung, ihr Berbältniß zum Pamphilod ohne 
Zweifel eben fo, wie Suidas Πε befchreibt, darſtellte. Alles 
alfo, was Athenäus aus⸗Pamphilos anführt, deffen voll(tàns 
diged Werk er (mid) fortasse, wie p. 78 bemerft it, fons 
dern ohne Zweifel, wenn er nicht ale ein Ged ihn ſelbſt ftatt 
ber Epitome nennt) benutzte, während er den Diogenianos 
gar nicht nennt, und was aus Pamphilos unmittelbar in 
andre Schriften übergegangen, kann wohl, muß aber nídt 
aud) in ber Cpitome vorgefommen feyn und fo bem Namen 
des Diogenianosd angenommen haben. Hätte der Vf. bieg 
erwogen ober gelten laffen, wie e& bod) faum abzuweiſen ift, 
ba wir eine Vorrede der Epitome, ein Beriprechen der Boll, 
günbigfeit in den Wörtern ober den Erklärungen von dem 
Epitomator nicht haben, fo hätte bie ganze Bemühung ben 
Damphilos mit Hefychins Fünftlih im Webereinftimmung zu 
bringen, wo er es nicht gerade iff, erfpart werden können, 
und ed war genug die Bergleichung durchzuführen, um zu 
feben, wie (id) ber eine zum anbern verhalte und etwa im 
dem häufigen Zufammentreffen eine Beftätigung im Gauzen, 
oder aud) für den Diogenianos bed Heſychins aus der Quelle 
defjelben Erläuterungen im Einzelnen aufzufuchen. Hr. R.. 
hingegen behauptet: adsunt e Pamphili lexico fragmenta, a 
pluribus scriptoribus servata, quae cum Hesychii lexico com- 
parata, quod verum sit, docent, und zweifelt allmálig gar 
sicht mehr, Pampbili nos babere librum (p. 103), ober quin 
Hesychius noster fere nihil sit nisi Pamphilus brevior (p. 
108.) 3) Wie konnen bod) die Fragmente ded Pamphiloe 
für den Auszug des Diogenianod, von dem wir nicht wif» 
fen, wie er fid) gu dem großen Originalwerke verhielt, das 


*) Wenn SDampbilos ein Gegner des Herodian war, wie p. 123. 
126 bemerft ift. (o (dio (id dagegen Heſhchius an deffen orihogra« 
phiſche Grundſaͤtze au.‘ 





$efodius. 407 


beweifen, daß diefer Auszug volftändig im Heſychius ente 
halten fey? 

Umgefehrt aber können Gíoffem dee Pamphilos, wenn 
deren viele, viele für eine zufällige Probe des Berhältnifleg, 
worin Pamphilos und mit ihm bie Qpitome ded D. zu He 
fochius (lebe, vorkommen, die in diefem nicht find, beweifen 
ober wahrfcheinlich machen, baf Heſychius nicht die Epitome, 
fondern das Lerifon für Unbemittelte abfchrieb; und insbes 
fondre fcheint ed, bag bie Verfchiedenheit in ber orm ber 
λέξις bey Pamphilos und bey Heſychius oder Kleine Eigen» 
thümlichfeiten der Erklärung bey biefem bier Beachtung ver» 
dienen. Alfo µουκηρόβατον, µετάνιπερο», ξηροπυρίαν, εἰ 
λέατροι bey Pamphilos laſſen vermuthen, bag in ber Epis 
tome bed D. eben fo (anb, während Heſychius µουκηρόβας, 
µετάνιπτρος, ψΨηροπυρίαν, ἐλέατροι bat. Go hat anftatt 
τετρακίνη, ἡ δρίδαξ, aus Pamphiloe, Hefychins 7 ἀγρία 
θρίδαξ, ober βία τευθίς, néuua τι, au Pamphilos, πέµµα 
πλακουντῶδες, ftatt κελέβη, Φερµοποτίς, aud Ῥ. Φερμηθὲς πο- 
τήριον u. f. w. Ganz verſchieden find beyde unter πίνναι, 
πῖνος , κότυλος , κοτυλίσχκος, ὀρνιστήριον, und gar nicht fü 
den wir bey Heſychius die Wörter Κορωνισταύ, ἴσθμιο», 0À- 
λιξ (wobey bie Aenderung in ὄλκιον p. 93, gleich manden 
- andern, nicht überzeugend ifl), πρόαρον (mofür wir nedayyn 
hinnehmen follen), πόρνη Aggodırn, ἐπαίχλεια (wofür He⸗ 
ſychius αἴκλον und ἀνωίκλεια hat), ἄωτον und ἄμφωτον, 
Trinfgefäße. | 
| Zu verwundern ift, bag ber Df. bey einer fo forgfältis 

gen, und hier und da überlabnen Behandlung bet Gloſſen 
des Pamphilos, den Titel der Schrift nicht beſſer ins Auge 
gefaßt hat. Da, wo er ihn aus Suidas anführt (p. 74), 
und überhaupt übergeht und überſieht er das ſicher Achte Ası- 
μῶν ganz, und wo er bem andern ober erfíürenbem Titel bes 
fiimmt (p. 82), erinnert er (id) nicht be Scholion zur Ilias 
und zum Gregor, ἐκ τῶν Aioyeviuvoũ τῆς ἐπιτομῆς Ἕ λλη- 





498 Anzeigen. 


νικῶν Orou&rcv, nod) des alphabetiſchen Verzeichniſſes von 
elf Grammatikern, wo unter Pamphilos λειµών λέξεων ποι- 
χίλω», unb unter Veſtinus (mie bey Suidas ſelbſt) Epitome 
τῶν Παμφίλου γλωσσῶν gefchrieben ift. Wahrſcheinlich meynt 
Plinius den Pamphilos indem er in der Zuſchrift unter den 
Titeln der Oriechen aud) λειµων anführt, was Gellius in 
feiner Borrede wiederholt und hinzufügt: est praelerea qui 
Pratum (gewiß nidyt Wiederholung von λειμῶ», wie Salmas 
fing meynte.) Suidas fügt zu λειμῶν hinzu: περὶ γλωσσῶν 
ἦτοι λέξεων, Athenäus citirt περὶ ὀνομάτων καὶ γλωσσῶ», 
πεοὶ γλωσσῶν καὶ ὀνομάτων, Gud) περὶ ὀνομάτων und περὶ 
γλωσσῶν allein, οὓει ἐν ταῖς γλὠσσαις, ἐν γλὠσσαις, ἐν 
τοῖς περὶ γλωσσῶν, wovon Hr. R. περὶ γλωσσῶν καὶ ὀνυ- 
µάτων für bie Achte Ucherfchrift hält. Aber follte nicht Fa- 
Anvıza ὀνόματα, zugleich aber and) λειμὼν λέξεων ποιχίλω», 
als vollftändiger bezeichnend und zugleich ald eigenthünlicher, 
(id empfehlen? Vermuthlich alfo war ber Titel: Asızav λέ- 
Eemy ποικίλων καὶ Ἑλληνικῶν» ὀνομάτω», woraus Diogenia* 
108 παντοδαπὰς γλώσσας und der andre Epitomator, wie 
ed [Φείπί, ἐπιτομῆν τῶν Παμφίλου γλωσσῶν βιβλίων Evvs- 
φῄχοντα πέντε, dem Titel nad), bildete. Was Suidas fe6t : 
περὶ γλωσσῶν ἦτοι λέξεων, fcheint am wenigſten worttreu, 
und ift aufferdem nicht volftändig. (Weber den Unterſchied 
ber ovouaorıxa und der λέξεις f. T. H. Poll. p. 33 s.) Aber 
wie dem auch fey, fo durfte ber 9f. nicht (p. 408), was 
Arhenäus einmal citirt: Πάμφιλος ἐν “άττικαῖς λέξεοι, für 
gleichbedeutend mit dem Namen ded ganzen umfafjenden 
Werks halten: 3) fondern δίεβ kann nur den Theil bezeich- 
nen. Alfo haben wir im Leimon abgefondert Attifche Wör⸗ 
ter: und dann find auch bie Lakoniſchen aus dem Gloſſar 
beà Ariftophaneg, die Dorifchen aus dem bed Artemidor (auf 


*) So ift die oben aus Phrynichos erwähnte ἐκλογὴ τῶν ὀνο- 
— (Aelius) Dionyſius nicht zu verwechſeln mit deſſen Ar- 
τιχαι εις. 














Heſychius. 429 


derſelben Seite nachgewieſen, wo die Attiſchen das ganze 
Werk von 95 Büchern bedeuten ſoll), die ὀψαρτυτικαὶ von 
Cpünetoà und fo fort die übrtgen ald Abtheilungen zu dens 
fen. Diefe Seftaltung des Werks entwidelt πώ nun ferner 
aus den oben angeführten Worten des Phrynichod Arabios: 
“Αἰσχύλος ἐν Πέρσαις (1. Πέρσιδι) καὶ Aroyevınvog Ev τῇ λέξει 
τούτου, b. i. in dem Theile, ber die λέξις «4ἰσχύλου enthielt; 
Denn eine in ein Gefammtfexifon verftedte einzelne λέξις fanum 
nimmermehr fo angeführt werden, wie dort ein namhafter 
Grammatiter citirt. Hr. 9t. (p. 46), betroffen, daß die Dor 
genianifche λέξις ὑπόξυλος im Hefychius fehlt, fagt: At quaeri 
potest, utrum ad nostrum librum, an ad alium pertinuerit, 
quo separatin Acschyli glossae tractabäntur. Daß Dioge⸗ 
nianos in feiner Cpitome die Einrichtung ded Pamphilifchen 
Werks beybehielt, fàágt (id) nicht bezweifeln. Für uns fallt 
daher alles Befremden meg. wenn in unferm Diogenianuds 
Heſychius ein Aefchplifched Wort, ober ein Ariſtophaniſches, 
wie σχιζίας, und manches andre aus der Komödie fehlt; ba 
wir die λέξις 4ρισεοφάνους ober κωµικη überhaupt, fo wie 
anderer Dichter und Profaiften, abgefondert annehmen dürs 
fen und Heſychius nicht bíefe Epitome , fondern das allger 
meine Wörterbuch herausgegeben hat. Hiermit aber ift ferner 
zu verbinden, was Πώ aus Suidas ergiebt, wenn er fd)reibt: 
Ουησεῖνος Ἰούλιος χρηµατίσας ἐπιτομὴν τῶν Παμφίλου γλὠσ- 
coy βήβλους δ᾽, ἐκλογὴν ὀνομάτων ἐκ τῶν «{4ημοσθένους βι- 
βλίων, ἐκλογὴν ἐκ τῶν Θουκυδίδου, "Ioatov, Ισοκράτους xai 
Θρασυμάχου τοῦ ῥήτορος xai τῶν ἄλλων ῥητόρων,. Denn 
biefe ἐχλογαὲ ὀνοματων fcheinen eben einzelne Stüde ber Epi⸗ 
tome zu ſeyn, wonach denn auch der Leimon felbft die ὀνό- 
µατα ber genannten SDrofaifer, eben fo wie bie ὀνόματα oder 
auch λέξεις der dramatifchen Dichter, abgefondert enthielt; 
und vermuthlich umfaßte bie Epitome nur gewiffe Theile des 
Werks. Endlich, wenn Athenäus (III p. 144 b) fagt: καὶ 
ei γλωσσογράφοι δὲ ἄρτων ὀνόματα καταλέγονσι, unb mum 





430 Anzeigen. 


aus Seleukos, Amerias, Timachidas anführt, ſo denkt man 
ſich gern beſondere Zuſammenſtellungen des Backwerks, ſo 
wie Namenverzeichniffe der ὀψαρτυτικά, und dieß auch bey 
Pamphilos, aus bem, wie Hr. R. (p. 114) bemerkt Athenäus 
biefen Theil feines Buchs gefchöpft zu haben (dyeint ; und eben fo 
bey jenem auch einen Abfchnitt über die Bechernamen, über 
deren alphabetifche Ordnung bey Athenäus bey Gru. R. p. 
83 s. zu vergleichen ift. Im Nonius Marcelus finden mir 
mod) etwas ähnliches vor. Diefe befonderen Umflände find 
mit bem allgemeineren, woraus wir zuerft, und in der That 
noch ohne auf jene authentifchen Anzeichen und das llebrige 
aufmerffam geworben zu feyn, die Geflaltung des Acor 
entwidelten, wohl zu verbinden. 

Roc einen Umſtand, auf den ber Bf. mit Recht achtet, 
möge er fich gefallen Laffen für die Trennung der Epitome 
vom Heſychius, und alfo wider fich geltend gemacht zu fer 
ben, wie man δίεβ ja in Litterärifch-Pritifchen Unterfuchungen 
oft erfahren muß. Er bemerft (p. 432), bag von Sprich⸗ 
wörtern ded Pamphilos nidyt bie geringfle Spur (eg, und 
vermag bieß burdjauà nicht genügend damit in Uebereinſtim⸗ 
mung zu bringen, daß bey Heſychius fo viele vorfoms 
men und eine Sammlung unter bem Namen δεῦ Diogenias 
nos geht. Uebrigens vermuthet er, bag Diogenianos biefe 
zuerft befonders aufgeftelt und dann in das Lexikon aufge 
nommen habe, fo bag Πε auf zwiefachen Wege auf uns ger 
tommen (eg. Wäre bie burd) etwas begründet, fo müßte 
man dann wohl auch, mit guten_Borgängern, bey Suidas 
unter Diogenianos περὶ παροιμιῶν (tatt π. ποταμών fchreis 
ben. Aber ber Vf. ſelbſt giebt vorher (p. 65) zu, daß bie 
Aechtheit der Sprichwörter febr zweifelhaft fey; und es iff 
gar wohl möglih, daß ber Sammlung‘ der Name bed 
Diogenianos fpät beygelegt worbenift, weil er durch die Vorrede 
des Heſychius in Bezug auf Sprichwörter berühmt geworben 
war. Die grammatifchen Bemerkungen des Pamphilos (m 


Heſychius. 431 


Etymologicum und in den Scholien zur Ilias, bie fanmtlid 
bey Hefychins fehlen (p. 122), follten auch Hrn. Ranfe gleich, 
gültig feyn, ba bie Epitome Πε audgefchloffen haben fonnte. 

Φαβ Φίορεπίαποὸ aud) bey bem allgemeinen gerifon den 
Pamphilos mit benutzt habe, ift nicht gerabe wahrfcheinlich, 
da die befonderen, wenigſtens zum großen Theil fpäteren, 
und darum auch wohl reicheren Homerifchen, tragifchen,, fos 
mifchen und andern Gloffarien zu feinem Zwecke zureichen 
mußten. Doch ift e$ auch nicht undenkbar, da das Wert 
ibm befonberà vertraut gewefen (egt mug. Ein guter Theil 
ber aud Pamphilos erhaltnen Gloſſen gehört zur Komöbdie ; 
bey Heſychius finden fie (id) bis auf wenige Ausnahmen, 
viele mit benfelben Citaten der Dichter oder Stellen. Hatte 
nun Hefychins die Epitome felbft aur :Hand, fo Tonnte er 
darin diefe Gítate aufſuchen; aber Πε fonnten auch. alle ohne 
Ausnahme ín den komiſchen Gloffarien von Didymos uud 
Theon, aud denen Diogenianos im Lerifon gefchöpft hatte, 
fid) ebenfalls finden. 

So halten wir e8 gerechtfertigt, menn wir bem ganzen 
‚Beweis aus Athenäud p. 73 — 119, daB der Hefychis 
fche Diogenianos den Auszug aus Pamphilos enthalte, 
welcher bem Vf. ffarer ald das Licht ber Sonne bünft, 
ablehnen. Die Frage: credisne Diogenianum , opera 
Pamphili neglecta, improbum istum laborem ultro sus- 
cepisse lexica inspiciendi vetera et utilia (inutilia?) sci- 
tuque haud digna excerpsisse ? Credat Iudaeus Apella! bat 
für uns feinen Sinn Für eine beftimmte Angabe wie bie 
δεῦ Suidad über die Epitome i£, bie noch dazu durch das 
Scholion zur Ilias beftätigt wird, bedarf eà gar feines Ber 
weifed um fie für wahr anzunehmen. Deſto firenger aber 
fodern wir Beweis dafür, bag die nicht minder beilimmten 
und wahrfcheinlichen Behanptungen des Briefs an Eulogios 
entweder irrig oder erbichtet (eyen, wovon baé eine zu beweifen 
aicht möglich ift, das andre if) nicht andere als unvernünftigund 





432 Anzeigen. 


zwecklos benfen läßt. Hier treffen wir nun auf die (d)mády 
fte Seite ded Buche, und Ref. gefteht bier felbft die Vorficht 
und Bedädhtigkeit zu vermiffen, die man aud) ba am den 
Tag legen fann, wo man für eine falfche Borausfegung nad) 
Gründen: ernftlicy fucht. Den Einwand, bag aud) Photius 
den Diogenianos felbft, nicht den Pamphilos als urfprünglis 
chen Berfertiger bed erifoné fannte, macht fich ber Vf.: aber mit 
der Wendung: quam ob rem alia nobis est ratio quaerenda, 
giebt er dieß auf und kommt nicht entfernt wieder barauf 
zurüd. Dafür nimmt er zweyerley an. Diogenianus zog 
ben P. aus, that aber andres felbft hinzu, wie unzählige ans 
bre Cpítomatoren ; dieß muß und bewegen, bag wir be8 
Pamphilus aliquatenus vergeffen. Wir münfdjten Beyfpiele 
von Eyitomatoren, über die wir bie Originale, wenn fie nod) 
vorhanden wären, fo gänzlich vergeflen würden, wie Heſy⸗ 
Φίμό und Photiud die Gloſſen des Pamphilos vergeffen has 
ben follen, der eine ald Herausgeber, ber andre αἴό Lexiko⸗ 
graph felbft, ber aud) eine Reihe von andern Wörterbüchern 
und (djifbert. Sodann fell. das Bud, ded Pamphilus eine 
Sammlung von andern gefchriebener Lexika gemejen feyn, (o 
daß alfo Diogenianus eigentlich biefe, nicht den Pamphilug, 
auszog. Daß Pamphilus gewiffe Gloffarien benupte, fchen 
wir aus Athenäus, und es verfteht ((d) bey einem Wörters 
buche diefed Umfangs, zu diefer Zeit, von ſelbſt. Daß er aber 
bie ganzen Gloffarien beà Apion und Apollonius, des Didys 
mus und Theon, die Heſychius nennt, enthalten babe, ift 
nicht anzunehmen, da nichts Dafür fprid)t; denn bier hilft 
Athenäud nicht aus, nicht eine einzige λόξις bed Apion, Apols 
[ομίοῦ, Didymos ober Theon bey Pamphilos ift nachzumeis 
fen. Die Borrede ded Hefychius fagt aber auch, daß Dior 
genianos nicht bloß bie Lerifa ber eben genannten Grammas 
tifer abfchrieb, fondern aud) die Igrifchen,, rhetorifchen,, árgts 
Πάει und hiftorifchen λέξεις felbft fammelte. Daher denn der 
Schluß (p. 132): ita facillime et Suidae et Photii et Hesychii 





$efydtus. 433 


sententiae conjunguntur et sese invicem explanant, nicht (eflet 
ficbt, αἴδ was vorhergeht: non raro Pamphili opiniones 
praeteriit Diogenianus, ut vidimus, aliorumque dicta fere 
nunquam neglexit. Als ob er (efbft (id uuficher fühlte, fährt 
ber Bf. fort: At unde hanc meam opinionem probari et 
confirmari credam, dicendum est. Und bíejer Beweis? Die 
Sprichwörter fcheint wirklich Diogenianos beygefügt, Pame 
philos fich damit nicht befaßt zu haben. Iam. quod de pro- 
verbiis dixi, fortasse de verborum generibus non minus certe 
contendatur; equidem tamen , quo ulterius progrediar sine 
crrandi periculo, non habeo, Quae via sit ad hanc rem 
- accuratius indagandam indicabo. Heſychius fagt: οὐδεμίαν 
λέξιν οὔτε τῶν παλαιῶν, ούτε τῶν En’ ἐκείνου γεγενηµένων, 
Alfo ift ed nicht ſchwer, ba wir bie Schriftfieller, bie zwi⸗ 
(dien Bamphilos und Diogentanos lebten, nach bem Regiſter 
ausſcheiden können, von ded Pamphilod Quellen auch diefe 
Art der Zufäte abzufondern. Aber biefe Art der 3ufáge 
flimmt mit der Vorrede nicht überein, ift ald eine Klaffe von 
Zufäten erbíd)tet, und alle Gitate aus Schriften nad) der 
Zeit ded Pamphilod beweifen vielmehr, daß nicht die Epis 
fome vor unà liegt. Das Deficit bey der ganzen Rechnung 
wird natürlich dem Vorredner zur Laft gejchrieben; er ift 
nicht (reg von Irrthum, wenn auch fein und ded Photius 
Stillſchweigen zu entfchuldigen iſt; der Fleiß des Diogenias 
woó war nicht fo groß, als er rühmt, der Tadel wegen ber 
ausgelaſſenen Dinge höchft ungerecht, indem Heſychius beffen 
Abficht gar nicht [αβίες von einem alphabetifchen Lexikon des 
Apion, obwohl er von dem des 9fpollonto8 (zweymal Apol⸗ 
fobor gedrudt) die Wahrheit fagt, hat er geträumt, quum 
Apionem raro inter Homericos apparere et Λέξεις explicasse 
vidisset, inde in errorem ductus; nicht fichrer ift bad eris 
fon des Theon (warum? weil wir nur wenig bey aubetit 
daraus angeführt finden, aus Didymos hingegen mehr) — 
nisi utergue Theo et Apio pari fato propterea lexicorum 
N. Rhein. uf. (. Phil. II, 29 








434 Unzeigen 


suorum inemoriam ad posteros ferre non potuerunt, quia 
qui excipiebat eos lexicographus, eorum famam gloriamque 
obscuravit, Das Εεβίετε wird jedermann vorziehen, unb 
barum wäre bad andre befler ausgeftrichen worden: vorzu⸗ 
geben aber gewiß iſt Baldenärd Schluß: weil Apions Lexi⸗ 
fon und ſonſther nicht befanmt ig, fo [ügt bie Vorrede hier, 
und thut fie e8 bier, (o können überall Lügen angenommen 
werden, und jeder kann jeden Punkt derfelben verwerfen ober bres 
ben wie es zu feinen Gombinationen paßt. Die ſtaͤrkſte Beſchul⸗ 
Bigung folgt noch und das flärkfie Misverſtändniß der Bors 
rede. Nominat autem libros, quibus ad augendum lexicon 
usus fucrit, ᾿4ριστάρχου, "ánniovoc et Ἡλιοδώρου λέξεις, 
i, e. glossas veterum scriptorum ab Aristarcho, Apione et 
li. explicatas. Ohne Baldenär, aus (id) ſelbſt, ftellte Nie⸗ 
mand zum zweytenmal diefe Behauptung auf; er aud) mag 
durch feinen berühmten Namen bey unferm Bf. fie eut(djub 
bígeu. Denn daraus folgt nun: At auditis modo horum 
virorum nominibus, quicunque quae hactenus explicavimus 
accurate pensitavit, de audacia hominis obstupescet, qui post- 
quam questus est de testimoniis scriptorum ab Diogeniano 
omissis, ca addere sese paratum esse ait, et jam nibil pro- 
fert, nisi Aristarchi, Apionis et Heliodori dictiones. — Hic 
Hesychii sesc prodit inscitia, qui si quid de Pamphilo au- 
diisset , si quem thesaurum rerum utilissimarum Diogenianus 
collegisset, cognitum habuisset, haud dubie aliter judicaturus 
fuisset. Es hat eine gewilfe Merkwürdigkeit, zu (eben, bi$ 
wohin falfche Annahmen einen Sritiler treiben können. *) 


/ 

*) Auch Villoiſon zum Lerifon des Ἀρο[οπίμό giebt ein ſtarkes 
Beyſpiel bapon, iu welche Widerfprühe man (if oft bey Unterfu: 
hungen biefer Urt ganz unbefangeu verwicelt bat. Er fagt p. XI: 
Apollonium a capite ad calccm descripsit Hesychius, und nimmt 
mit — an, daß Heſychius bie von Apollonius geſetzten Namen 
ber Homeriihen Grammatifer bey vielen Worten weggelaffen habe, 
bie er zufemmenfleltt. Nun citirt Hefochius beu Wpion unter ἀφρόου, 
Φαλαμηπόλος, µηκάδες, οὐδενόσωρα, πόποε, φοινηέντα, ἀγυρτούς, 
wb» er bey üpeloniud fehlt, fiebeumal, und nur fünfmal treffen fe 

t 


$efífodtus - 435 


Heſychins, der Abfchreiber des Divgenianod, ald den der mf. 
ſelbſt ihn anerkennt, foll. ihn nicht gekannt, und and »Irrs 
chain, den er zum Theil ſelbſt fcheine eingefehn zu haben, bá 
er bed Diogenianod Lerifon [ιέγιστον πλεονέκτημα ſeines 
Buchs nenne,« verfidyert haben, bap er aus den Homerls 
fchen Grammatifern die Stoffen ded Pamphilod zu andern 
Scriftfielern mit GCitaten vermehrte. To magis ejus lo- 
quendi ratio vituperanda est, qua sua merita nimis extollit, 
Kicht Srrtbum und Stebemelfe, fondern Lug und Betrug der 
tboridytíten Art wäre das, wie aud) Baldenär herzhaft fof; 
gert. Irrthum nennen wir ed, bag Hr. 91. bie λέτεις bet 
bteg Grammatifer veterum scriptorum glossas erffärt, und 
baf er aus ihnen die fehlenden Gitate zugeſetzt gfanbt, ob, 
gieíd) im Zufammenhange der Borrebe nicht bad Mindefte 
liegt, das dazu veranlaßen ἔδαπίε, und ohne unb wiber Πε 
bie Meberfdsrift nicht in Betracht fommen follte. Heſychius 
(pridjt erft von den Gloſſen aus jenen, afjo Homerifchen, mie 
ſich von ſelbſt verftand, dann von zugefehten Wörtern, bie 
er weder bey den Ότο Homeriſchen Grammatifer, nod bey 
Divgenianos gefunden, von beygefügten Erflärungen bet 
Spridywörter,, zulegt von ben Eitaten, womit er mehrden- 
tige unb feltne Wörter verfah, aus allen Abfchriften,, Feine 
Mühe (d)emenb. Holte er nun wohl and) die Erklärungen ber 
Sprichwörter aud 9friflard), Apion und Heliobor, oder vielmeht 
jede8 da, 100 et cà imt feinem Bischervorrathe fand? Mehr ald Bero 
feeit, etwas flüchtiges und fchwanfended zeigt ber Schluß ber 
Unterſuchung; ber 3f. fcheint ermitbet zu feyn, wie e8 uns 
fete. 2efer ohne Zweifel aud) find, und führt auf einer weie 
teu und siefgehenden Grundlage ein kleines und unglaublich 


in diefem Gitate zufammen (p. LVII); fo den Qelíobor, wo er bey 

Apollonius fehlt «p. LXI). Dieß ftimmt mit bem Brief an Culo: 

etos überein, monad Heſychins die Echriften dieſer Grammatiker 

beuupte, ber Anuahme Ruhnkens Περί es [Φπείδεμὸ entgegen: ba 

us aber läßt Villdiſon (id) nit irr machen auf feinem fat(deu . 
tgt. 


436 Anzeigen. 


lockeres Brettergerüft anf. Nunc. vero audi, quid afferam, 
Heſychius hat wahr gefprochen, er hat and den Commentas 
ren ded Nriftarchog, Apien und Heliodor, nad) ſchlechten 
Abfchriften, viele Homerifhe Verfe den einzelnen Wörtern 
beygefügt (viele Wörter, Ledarten eingetragen, δίεβ hatte 
Ruhnken gezeigt). Ex his apertum est, quod antea indigita- 
vimus, non omnia veterum scriptorum testimonia ab Dio- 
geniano omissa esse. Die Eitate, bie Φενώίμό ſelbſt δε, 
gefügt zu haben verfihert, ftanben fchon im Diogenianos 
Catfo er bat nicht wahr gefprochen), mit höchftem Unrecht ta» 
delt er ihn, nihil Hesychio adscribere possumus, nisi versus 
Homericos additos et λέξεις inepte intrusas, Doc, um wicht 
ungerecht zu feyn, er fagt ja, daß er Wörter, bie bey bes 
drey Homerifchen Girammatifern und bey Diogenianos fehls 
ten, zuſetzte: neque id iufitias ire aut volumus aut possumus 
Caber marum bags das andre [üugnen ?); denn manches 
(nonnulla) fann von Pamphilod unb Diogenianos nicht herr 
rühren. Da nun Heſychius rühmt, bag ber Ießtere affe bie 
auf feine Zeit gefchriebenen Ερχίέα gefammelt Cthut er bas?), 
daß er (ut idem pronuntiat) alle Wörter der heidnifchen 
Schriftiteller erklärt babe (ber heibnifchen Schriftfteller? alle 
Wörter, voces?), fo wirb febr wahrfcheinlich feyn , daß Her 
ſychios andre nad) D. gebildete Wörterbücher benußte, und 
quid restat aliud quam lexica illa, quibus Vetus et Novum 
'Testamentum explanantur ? Daher baé ganze Lexikon des Ops 
rillus im Heſychius und nicht felten Einzelnes aus chriftlichen 
Schriftftellern, wie aus Epiphanius. (Gelt(ame Wahrfchein, 
lichkeit, nicht bloß a posse ad csse, fondern daß ein Herands 
geber prahle mit dem, was er nicht gethban , und dad Mühe 
famfte und Wichtigfte, was er beygefügt, nicht mit einem 
Worte berübre.) His explicatis nihil amplius dubitationis 
saperest. Cognovimus enim Hesychium, grammaticum Ale- 
xandrinum , hominem Christianum , qui fortasse nen imme- 
rito ultimi aevi Graeculus a Valckenario vocatus est cet. 


Θ ο [0 ὅὁ ἵ ὸ, 437 


nicht ein Wort hat ber Bf. für das Chriſtenthum des Her 
ſychius, nichts für fein fpäted Zeitalter gefagt; unb Baldenär 
feíbft, der den Verfaffer des Briefes [ο fpät [εθίε, vom Dio⸗ 
geniano® aber, confequent genug, nichtd wiffen wollte, nahm 
bod) einen alten Grammatifer an, der zuerft bie Gifoffariem 
und Lerifa in eind verbunden habe, dazu bie chriftliche Ins 
terpolation , und aufferbem proverbia nonnulla cum quisqui- 
liis non paucis sero demum ın eum codicem congesta.) Ipse 
quoniam scse sua manu scripsisse omnia gloriatur, quid im-' 
pedit quo minus eum nil nisi librarium fuisse opinemur? 
Cohnerachtet der Homerifchen Verfe und des ganzen Cyrillus, 
die er einirug.) Doch ließ er manches aus, nicht bloß Wör⸗ 
ter, fondern auch Erklärungen (obgleich er nur von Zufägen 
zu dem allzufurzen Sanbferifon , nicht von Yuslaffungen 
fpricht.) Imprimis, ut suspicor, eontra singulorum gramma- 
ticorum nomina, quorum in epistola sua non meminit, li- 
center grassatus est. (Die von Pamphilos benußten Gloſſa⸗ 
rien find gemeynt, Πα deren Heſychius bie von Apollonius, 
Apion, Didymus und Theon nennt, bie bey jenem nicht vor» 
fommen.) Denique perspexisse nos credimus , additamenta 
Saepe perversa non a librariis intrusa , sed ab Hesychio pro- 
fecta fuisse (die Homerifchen Verfe und Wörter): ea omnia 
facile additamenta sese produnt. Si enim antea nonnulli ad 
rem explicandam ad librarios confugerunt, possum nunc in 
Hesychio acquiescere. Hat man gerade biefe bem Abfchreis 
bern je zugefchrieben ? Und Snterpolationen , die wir im es 
xikon des Apollonius, im Möris, mit Ausnahme ded Cod, 
Coisl. und überhaupt nirgend häufiger ald in den Lerifos 
graphen finden, follten wir bey Heſychius nicht vermuthen ®) *) 
Ita omnis opinionum diversitas, etsi nemo, quid verum sit, 
viderit, prorsus evanescit, Bentley erftaunte bey ber Kühns 
heit und den Irrthümern ded Heſychius: neque is immerito; 
insunt enim Pamphilo adsuti panni foedissimi ab. Hesychio. 
*) € 66ου Praef p. ΥΠ! s. 





438 Anzeigen. 


(Aber die von Bentley erkannten Schreibfehler treffen weder 
Gloſſen der Homeriſchen Grammatiker noch des Cyrillus, ſon⸗ 
dern gerade ſolche, die offenbar aus Diogenianos herrühren.) 
Und dennoch will zuletzt der Vf. mit Heſychius glimpflich 
verfahren, einmal, weil er durchſchaute, daß vieles (viele 
Fehler) von Pamphilos ſelbſt herrühren (warum dieſe nicht 
angeführt ?), bann. weil er einen großen Theil nicht für δεῖ, 
[ες halte, fondern hoffe, bag viele ber von Bentley verſpot⸗ 
teten Formen ihren Bertheidiger finden werden. (Bieled wird 
πώ auffläxen, uud bat fid) aufgeklärt; aber ber von Bentley 
entdedten Schreibfehler iR eà (dier fid) anzunehmen.) 
Syemebr eine unbegründete, auf ben bloßen Buchflaben 
der Alten im Gebiete der Glelebr(amfeit geheftete Orthodoxie 
bie Korfchung au befchränfen anfhört, je mehr es feit einiger 
Zeit der Philologie nad) neuen Aufklärungen gelüítet, um fo 
bedachtfamer , feiter und geſchickter follte bie Forſchung vors 
zufchreiten bedacht feyn, damit nicht Durch Misbrauch die 
edle und vielverfprechende Fregheit leide. Beſonders aud) 
follen wir nicht vergefien, was Tib. Hemfterhuyg in Bezug 
auf feinen Sul. Pollur (p. 4o) fagt: Id tamen illi veteres 
eruditionis nostrae auctores suo quodam jure sibi postulant, 
ut quid temere et calente judicio de se ne statuatur: ae- 
quum igitur est, ut hoc ipsis tanquam educationis praemium 
retribuamus et solidum ab inani judicio defaecato secernamus, 
Ueber den Grammatiker Θε[ρΦίμὸ aus dem Werke zu 
urtheilen, ift faft unmöglich, theild weil faum ein audrer 
entftellter durch Abfchreiber auf uns gefommen if, nachdem 
er felbft µετά πάσης ὀρθότητος καὶ ungıßsorurns γραφῆς 
gefchrieben hatte, theild weil die entbedtem Fehler πιείβ von 
der Art find, bag fie aud) vor ihm, wer weiß, wie viele 
getänfcht hatten. Wie langfam die Kortfchritte der Wortkri⸗ 
tif gewefen find, unb wie fireng fid) die Alten an den übers 
lieferten Buchftaben gehalten haben, Tann man aus ihn wie 
aus vielen alten Lesarten in den Handfchrifien und den Scho- 





6efífodtuà Ä 439 


lien der Dichter erforfchen. Bentley (Opusc, p. 481) behauptete, 
daß Heſychius fehlerhaft gefchriebene Wörter aus Scholiakten, 
Grammatifern, nicht alphabetifcen Lexicis eingetragen babe, 
infinita ex mendosis codicibus, wie er zum Kallimachos wie⸗ 
berbolt, und Baldenär (p. 154) trägt Ὀίεβ namentlich auf bie 
tragifchen und Tomifchen Lexika über, bie wahrſcheinlich ἄτωτα 
geweien feyen. Es liegt jett ant Tage , bag ber Tadel ber 
Kurzſichtigkeit, Unbeholfenheit, Dummheit, welchen Bentley 
im Feuer der Cntbedung feinen eignen glüdlichen Emenda⸗ 
ktonen zur Unterlage giebt, und welcher andern , die ihn 
wiederholten, noch weniger anfftbt, weit mehr ben Dioge⸗ 
πίαποδ und deſſen Vorgänger, ald den Hefychiuß trifft. Die 
fer fagt zwar: ἐκείνην δὲ γραφὴν ἠξίωσα, ἧς εὔμισκον καὶ 
£z» διάνοια» τέλος περιέβνσα» καὶ τὴν φρήσε µετά τοῦ 
δοχέµον σαφή: aber bieß famt nur auf bad. vorhergehende: 
ἀλλὰ καὶ πλείστας (λέξεις) οὐχ εὑρὼ» προστέθείκα, mit 
auf den abgefchriebenen Diogenianod mit bezogen werden. Ak 
biefem fete er fid) vielleicht, wenn er zumal eine gute Abs 
fchrift vor fid) batte, fo wenig etwas zu ändern vor, als 
Hermann an der febr fihlechten des Photind, werin fu vieles 
leicht und ficher zu berichtigen war, wie Blomfteld nachzu⸗ 
weifen ſich beeilt hat. 

Eins ber bringenditen Bedürfniſſe der Philologie tft ges 
genwärtig eine neue Ausgabe des Heſychius, oder zu bem 
von Sj. Bekker au erwartenden neuen Cert. ein vollfländiger 
kritifcher Commentar, der zugleich für den, welcher feinen 
Fleiß der Wortkritit und ohne affe Rückſicht auf bie Leip⸗ 
iger Meſſe, aber mit defto mehr auf bie Dauer und den Um⸗ 
fung der Wirkung, einem Buche Sabre zu widmen gefonnen 
(f, eine ber anjebentften Arbeiten abgeben würde. Mit 
umfaffender Kenntniß ber Lautlehre, der Kormeh und ber 
Dialekte, müßte berfelbe gute Sachkenntniße, befonderd in 
Mythologie und Poefle, verbinden, aus den von Alberti and 
Ruhnken gejammelten Anmerkungen, aus ben Emendationen 


440 Anzeigen. 


von Taylor, welcher ſtillſchweigend den Weg Bentleys ver⸗ 
folgt, von Toup, Wakefield u. a. alles irgend belehrende, in 
noch zweifelhaften Faͤllen moͤglicherweiſe künftig brauchbare, 
auswählen, bod) meiſt aud) den Worten nad) auszüglich 
zufammenftellen,, alle8 fchlechthin Berfehlte, Entbehrliche und 
Gleichgültige ausſchließen und dazu bie zerfireuten, und nicht 
obenhin aufzulefenden Bepträge, welche die neuefte Litteratur 
barbietet, fleißig einfammeln. Die Maffen werben febr zuſam⸗ 
mengehn, dad unentbehrlihe Buch aber in diefer neuen Ges 
flalt und Audrüftung würde wahrfcheinlich, wie in Deutſch⸗ 
land, fo in England, den Niederlanden unb wo fonft Phis 
Iologie blüht, mit ungewöhnlicher Gunſt aufgenommen wers 
den. Ein Wort des T. Hemſterhuys cin dem Brief an Als 
berti, den bíejer mittheilt), womit wir. biefe Anzeige befchlies 
Ben, Tann dem kritiſchen Bearbeiter ald Wahrzeichen und 
Regel gelten: Quod ad Hesychium attinet, sic existino, eum 
ingeniorum nón. solum esse cotem, verum etiam lapidem 
Lydium , qui curam levem ac perfunctoriam aspernatur et 
prono in errores lapsu vindicat, sed diligentem contra seque 
dignam praeclaris emolumentis remuneratur. 


$. OG. Belder 











Handbuch ber Archäologie ber Kunft von f$. D. Mills 
ler, Profeffor zu Göttingen. Breslau im Verlage von or 
[εί Mar und Comp. 1830. 8. XVI u. 618 ©. 


Died Werk, überall günftig aufgenommen, und hier 
nnd da angezeigt, iſt bod) bisher nirgends vollflánbiger bes 
urtheilt worden. Den nächſten Anlaß dazı gab dem Bf. das 
Bedürfniß eined Leitfadens für feine Borlefungen; in ber 
Ausführung erweiterte fid) fein Plan zu dem Berfuche, »bie 
gefammte Wilfenfchaft ber alten Kunft in einer foftematifchen 


Vollftändigfeit zu entwerfen.« Seine Berficherung, daB er _ 


bey diefer überfichtlichen Darftelung des bisher Erforfchten 
bod) aud) mandje eigne Unterfuchung und Erklärung einges 
webt habe, ohne gerade befonderd darauf mit dem Finger zu 
zeigen, und bag er aud) ba, mo er bem Zwecke des Buche 
gemäß Bauptfád)fíd) zufammentrage, bod? mur die Früchte 
eigner Sammlung und Lectüre darlege, ift volffommen ges 
gründet unb fehr befcheiden ausgedrückt. Denn das Buch 
beurfundet nicht nur eine große Belefenheit, fonbern and) eine 
Gülle von eignen Bemerkungen und lirtbeílet neben der ges 
wandteften und geiſtreichſten Benußung ber Materialien und 
ber Anfichten andrer, der verfchiedenften Hülfsmittel und Vor⸗ 
arbeiten, befonders ber neueften, einen Fleiß, welchen Diejenigen, 
die mehr den Leiftungen des fé. in andern Zweigen gefolgt 
fub, fih faum fo groß vorftellen möchten, ald er wirklich 


geweſen feyn muß. Wir behaupten nicht, bag bie Darſtellung, 





— -- 





442 Unzeigen 


fel6ft ín wichtigen Punkten, durchaus auf eigner Unterfis- 
dung 6erufe; und wer den gegenwärtigen Stand ber Kunfts 
gefchichte fennt, wird bie kaum fodern oder vorauéfeten. 
Aber auch ohne diefe innere durchgängige Vollendung war 
das Buch febr willfommen, von ber Zeit gefobert wie mes 
nige, und ganz geeignet eine Menge von Xhatfachen, Ers 
fcheinungen und Senntniffen, die bid dahin mnr denen, wels 
chen die anfehnliche und ἔοβθατε neuere Litteratur des Fachs 
zugänglich war, befannt (eom fonnten, in weiteren Kreifen 
zu verbreiten. Hier muß man nothwendig über die Reich⸗ 
Baltigfeit und Manigfaltigfeit des in einem Bande zuſam⸗ 
mengedrängten Inhalte, und wäre ed nur ber Titterärifchen 
Neberficht wegen, vorzüglich erfreut feyn. Der Bf. felbft 
änfferte in ben Göttingifchen Anzeigen bey Erfcheinung def 
felben , niemand könne mehr, als er, abgeneigt fegn, eine 
Miffenfchaft, vou ber eigentlich wur bie und ba einzelne 
Theile auf eine befriedigende Weife butdigearbeitet feyen , in 
Form eines Compendium zu faflen, bie über alle Punkte des 
Ganzen auf eine bündige und beftimmte Weife fd) auszu⸗ 
fprechen nöthige. Indeſſen fey e$, abgefehen von bem δε, 
bürfniße des Univerſitaͤtslehrers, auch wohl für bie Fortbil⸗ 
bung ber Wiffenfchaft heilfam , wenn man von. Zeit qx Zeit 
zufammenzufaffen verfuche, wie viel ungefähr bie jebt et» 
forfcht und zu allgemeiner Kunde gelangt ſey. Ohneradhtet 
er achtmal Borlefungen über den Gegenitand gehalten, hätte 
er, in ber llebergeugung, bag bod) nod) ganz andere Vor⸗ 
orbeiten und Studien dazu gehörten, um aus ber Maffe des 
bisher Erforfchten ein völlig genaues Bild bed jebigen Zur 
ſtandes der Wiffenfchaft entwerfen zu fóusen, gewünfdt, bag 
einer von den Vielen, denen ohne Zweifel umfaffenbere Mas 
terialien zu Gebote flünden, mit einem ähnlichen Berfuche bete 
Yortreten πιδώίε. Allerdings haben (id) durch die manigfal⸗ 
‚tigen Entdedungen der widıtigften Kunſtdenkmäler felt. δεί. 
nahe dreißig Jahren merfwürdig große und viele Beränder- 


8. D. Müllers Archäologie, 443 


ungen begeben, fo bag man die Erfiheinung größerer und 
ausführlicher Werfe, bie nicht ansbleiben fann, ber εἰπεὸ 
Lehrbuchs gern hätte vorausgehn ſehn. Demohngeachtet kann 
Ref. bie Rüſtigkeit des Vfs. nur preifen, und er that ed um 
fo mehr, je öfter er feinen eignen Zuhörern gegenüber fogar 
ald Vorwurf empfunden hat, bag er ihnen nicht ein Hülfs⸗ 
buch ähnlicher Art in bie Hände zu geben alle Abhaltungen 
ober auch entgegenfichenden Bedenflichkeiten zu überwinden. 
wußte. Auch war Hr. M. gewiß im SBefíge fo vieler Ma⸗ 
terialien und er vereinigt damit fo manigfache Alterthums⸗ 
enntniffe , bag Das Beyſpiel dieſes Handbuchs einem auge, 
ber fich βατ fund zu geben anfängt, gu ernöten bevor bie 
Saat ganz reif ift, feinen Borfchub thun ἵαπα. Wenn aber 
ber 9. (id) bemnad) durch diefe Arbeit neue Anfpräche auf 
die Achtung aller derjenigen, bie eine angefirengte erſprieß⸗ 
liche Thätigfeit zu ſchätzen wiſſen, erwarb, fo weiß ihm Ref. 
noch ínébefonbere den beiten Danf für die große Sorgfalt, 
womit er aud) feine an verfchiedenen Orten ausgeſtreuten 
Bemerfungen über Gegenflände der alten Kunft durchgängig 
berüdfichtigt und beynahe gefammelt hat. Auffer den vielen 
Stellen, wo die Gitate Dieß zeigen, nimmt er an nicht weniger 
andern Webereinftimmung mit feinen Aenßerungen oder Wis 
berfprud) wahr, eines fo gern wie Das andre, ba er Pars 
theylichkeit eher für ale wider feine Anfichten erkennen muß, 
und baber fich überall nur des wohlthuenden συμφιλολογεῖν 
mit einem Forſcher bewußt wird , ber fid) nach allen Rich⸗ 
tungen mit bem Stoff und den Anfichten befaunt gemacht 
bat und fo ausgezeichnete Gewandtheit des Urtheild beſitzt. 
Co find 3. 3. die Gemälde beà Philoftratns in biejem Hand⸗ 
buche mehr alà je vorher in der Kunftgefchichte benntzt. Hr. 
M. ((t überhaupt einer von ben Wenigen, die von allen Theis 
len der Alterthumsgelehrſamkeit Weberficht genug haben, um fick 
neuer und gegründeter Bemerkungen eines jeden andern zu freus 
en, wäre ed nicht ber Sache ſelbſt inegen, was wir ihm ganz zu⸗ 





444 Anzeigen 


trauen, bod) barum, weil (id) immer wieber um fo mehr seu zu 
entbeden und aufzuhellen findet, je mehr einzelnes an das Licht 
gezogen wird. Das Verhältnig, worin Ref. aud) in απΌτες 
Hinficht zu diefem Buche fid) befindet, iff zu eigen, als tag 
er ed ganz mit GStillfchweigen übergehn dürfte, wenn er eit» 
mal, nad) bem Wunfche bed befreundeten Vfs. ſelbſt, bars 
über veben fol. Seine eignen, jährlich wiederholten Vorle⸗ 
fungen über die Kunft find und waren auch früher in Göts 
fingen im Allgemeinen nad) bemfelben Plan eingerichtet, ins⸗ 
befondre aud) hinfichtlich der fortfchreitenden Verbindung der 
Baufunft mit den bildenden und ber eingreifenderen Benutung 
ber Münzen; und von Anfang an ift fein Beflreben dahin 
gerichtet gewefen, die neuen Entdeckungen mit bem befanns 
ten Alten zur Erweiterung und theilmeife zur Umgeſtaltung 
ber Kunftgefchichte gleichmäßig anzuwenden. Schon aus den 
Mappen Dodwelld hatte er mehrere Sabre vor der Erfcheis 
nung ber Epoche machenden Reifebeichreibungen das Löwen⸗ 
thor, durch welches bte Atriden aud und einzogen, umd jene Ky⸗ 
Hopifchen Bauten und Stabtmauern kennen gelernt, den genann⸗ 
ten Reifenden felbft von ſechs nnb zwanzig Städten verſchiede⸗ 
ser Zeiten, wovon er Weberrefte folchen Gemäuers gefunden 
hatte, erzählen gehört. Stuart war damals fein Tiebfted 
Bud; geworben, und die Choifeulfchen Friesſtücke, einzelne 
Vorläufer ded großen. Zuges, ber ihnen bald nachfolgen 
follte, ermedten in nicht Wenigen nene Ahnungen über bie 
wichtigfien Kunftverhältniffe. ef. erinnert ſich wohl, wie 
viel größeren Unmuth es (bm , ald bem Eigenthümer (cl6ft, 
machte, bag ble auf Akerblads Veranftaltung abgeformten 
Metopen vom Parthenon in den Kiften verunglückt waren. 
Den nachfolgenden großen Entdedungen und den burd) ffe 
veranlaßten Berhandlungen nachzugehn, trieb ihn ſeitdem 
fortwährend bie früh angeregte Theilnahme und Wißbegierde, 
fo daß er dieß große Zeitalter für die Kunftgefchichte recht 
eigentlich an fich erlebt hat. Auch bie alte Litteratur giebt 








4. D. Müllers Archäologie. 445 


anf neue Fragen neue Auskunft; Sammlungen aus ihr 
mußten (id) natürlich mit bem , mas bie neuefte der Kunſt fo 
reichlich barbot, verbinden. Durch eine befondre Illuſſon 
betrachtet man leicht dad nach und nad) eingefammelte Reue, 
welches ó(fentíid) mod) niemald zufammen geftelt wurde, 
welches man einzeln, wie e$ an den verfciedenflen Punkten 
glüdfid) zum Vorſchein und auf ben verfchiedenften Wegen 
zur Mittheilung gefommen war, an feine Stelle feGte, zu 
Bemerkungen nugte, mit ber Liebe eine® Sammlers, ber πώ 
immer mehr zu vervollftánbigen hofft, bemabrte, ale eine Art 
yon eigenthämlich angehöriger Anlage. So íft es gefchehen, 
bag ber Aublick des Müllerfchen Handbuchs, binfichtlich ber 
fBerfdjmelgung bcr aus der neuellen Zeit hervorgegangenen 
Beitandtheile mit dem Bekannten, da denn auch zwifchen bes 
begberfeitigeu allgemeinen Anfichten über Kunft und Alters 
thum die Uebereinftimmung nicht gering ift, bem Ref. suevft 
ben überrafchenden Eindruc machte, als ob er einen großen 
Theil feiner eignen, nach derfelben Anordnung und Beſtim⸗ 
mung zugefchnittnen Arbeiten veröffentlicht (dfe. Niemand, 
ber über einen andern Gegen(tanb heutiged Tags ein Com⸗ 
pendium erfcheinen fieht, kann leicht eine ἀθπίίώε Erfahrung 
machen. 

Indeſſen bleiben bey biefem ungewöhnlichen Zuſammen⸗ 
treffen auch Berfchiedenheiten, felbft in der Richtung und 
den leitenden been übrig. Wir wollen darunter nicht mit 
zählen, was bie nächſte Beflimmung des Buchs für Borles 
fungen angeht, da der Bf. zugleich eine andre im Auge hat, 
und fid) vermutlfid) vorbehielt, in jenen ald Hauptſache 
durchzuführen, was ihren wefentlichften Zweck ausmacht. 
Was die Griechen auszeichnet, ihrer Mythologie unb Poefle 
ben höchften Werth giebt, und ihre ganze Bildung durchdringt, 
das Plaftifche, tritt in den Werfen ber Künſte, bie von ibm deu 
Namen haben, in größerer Aufchaulichleit und Fülle hervor, 
als in allem Uebrigen. Darum find fie eine Schule ber 


440 Anzeigen. 


Alterthumserkeuntniß überhanpt und ein nothwendiger und 
großer Beſtandtheil der Alterthumsſtudien. Der Sinn aber 
für das Kunſtſchöne und für den Inhalt der Kunſtwerke 
mug erweckt und erzogen werden. Sin früheren Jahren fehlt 
dafür den meiften bie Cmpfüngfidfeit nicht, die fid) fpäter 
oft ganz verliert, etwa wie fogar die Neigung oder Kähigs 
keit Sprachen andrer Kamilien zu erlernen bey folchen, bie in den 
claffifchen die Gefebrteften find. Was F. Schlegel in der Borr. 
zum 6. δε, der Werke in biefer Hinficht bemerkt, (dyeint und bem» 
nach, in folhem Umfange wenigftene, nicht gegründet. Man 
Jeite Das Auge auf die Poefle ber Kunft, unb der Stun 
wird Dadurch angezogen werden, aud) bie Geflalten zu fafs 
fen und zu erfpähen,, wie groß dann aud) in den Sinnen, 
in dem NAuffaffen von Formen und Farben die Verſchieden⸗ 
heit ber Anlagen feyn möge. Sft ed nun bie Abficht bed 
Lehrers vorzüglich den Sinn zu bilden, (djauem ἐπ Ichren, 
das Auge an die Kunft zu gewöhnen und Nachfinnen über 
fe zu erweden, fo muß er natürlich das, was fid) auf bie 
gewohnte Weiſe and Büchern erlernen laͤßt, unterorbnen, 
snb überall mehr in die Tiefe als bie Breite zu geben bes 
badjt fern. Gieid)güftig i(t in diefer Hinficht , fo anregend 
Immerhin die Vorlefungen feyn mögen, auch die Geftaft und 
der Charakter eines Lehrbuchs nicht, auf welches der fleißige 
Zuhörer vielmehr ald auf einen Typus berfelben zurückkehren 
follte: Das Ganze eined Buchs übt aud) eine Wirkung and. 
Wichtiger als lange Verzeichniffe von Künftlern, mit Sahrs 
zahlen verfehen, find dem Anfänger die förnigen Charakters 
zeichnungen alter Schriftfteller von den erften Meiftern, lehr⸗ 
reicher eine Audeinanderfegung der Sculpturen des SDartbes 
non ober aud) nntergegangner Giebelgruppen, Friesvorſtek⸗ 
ungen u. f. w. als die ber Ruinen Roms and δίε Littera⸗ 
fur über den Untergang GCenftantitopelé. Beffer dürfte cà 
daher amd) gerade in ber Knuſtgeſchichte, mehr als bey jedem 
andern Gegenftande, feyn, das Lehrbuch, zur erfien Gp 














8. D. Müllers ἄτφὰ οἴοβίε. 447 


weihung in die Sache, unb eine abichließende Ueberſicht, ber 
auem und beichrend für bem fachfundigen ober witforfchens 
beg Leſer, wicht mit einander zu verbinden. Zumal in Dies 
(em Seitpunfie, wo unà eine Polyhiſtorie, die ben Geijt nicht 
naͤhrt, fondern Aufgedunfenheit beroorbringt , gefährlich ift, 
und Daher beg ber Sugenb vor allem bahingewirkt werben 
muß, bag die &enutuijje in Saft unb Blut verwandelt wers 
ben, daß fie in Hauptbegriffen flar und feft werde und (id 
nicht gemöhne Treibhauspflangen einer eitien Gelebrfamteit 
mit ächter Bildung zu vermed)jelu. Möchten wir οὗ nicht 
esleben, daß eine fpikfindig gelehrte, unfrudytbare Erklaͤrungs⸗ 
weife, ber es nicht einfällt, den Spuren des Kunſtgeiſtes 
befcheiden nachzugehn, um die Schäße der Erfindung aud 
in dieſer Gattung im Sinne ber Eugen und einfachen Alten 
felb(t aufzufchließen, der Bildwerke (id) bemächtigte. Diefen 
Durchgang aber wird dad Sunftlubium bey und wahrichein, 
lich überftebeu müjfen, wenn nicht mit der Ausbreitung des 
Unterrichts auf eine firenge Sonderung bed Wefentlichen, 
reine , beftimmte Begriffe Fördernden Bedacht genommen. 
wärde. 

Derwandter Art find bie Grunde, aus benen die Ser 
fchiebenheiten in bem vom Ref. befolgten Plan und beffen 
Andführung fid) größtentheil herleiten. Er mucht mehr das 
Weſen ber Kunft, αἷθ dad am meilten Gricchifche non als 
lem, zum Mittelpunkte des Ganzen. Niemand verfenut, baf 
»nur det Öriechen bie Sbee offenbart worben ijt, welche bem 
Leib des Menſchen zum Leben unb zur Ecyönheit ausbildet,« 
Worte Niebahrs in ber Rom. Gejdy (I, 87 ber erften Ausg ) 
Hiernach fant unter den Kunftwerfen der alten Völker ein 
Hanptunterfchied gemacht und die Griechifche Sumfitgefd)idhte 
für fid) allein, mis befändiger Rüdficht auf die Kunſtprinci⸗ 
pien und bie Reihe von mehr oder weniger algemein gülti⸗ 
grt uub ewig belebremben und fortwirkenden Cntwidfungen 
bebanbeit werben, in einer Weiſe wie e8 im Ganzen. biöher 








448 Unzeigen. 


noch nicht verfucht wurde. Winckelmann, deffen Geift unb 
Berdienft und Mufterhaftigkeit zu ehren, das Kortfchreiten 
in der Kenntniß der alten Sun(t nur immer neuen Anlaß 
giebt, (tanb biefer Anficht nah, indem er (IV, 4) die Runft 
unter den Griechen ald die »vornebmfte Abficht feiner Ges 
ſchichte betrachtet, ald ben Theil, in welchem »nicht bloß 
Kemntniffe zum Wiffen, fondern aud) Lehren zum Ausüben 
vorgetragen, in welchem unfere Begriffe auf Eins unb auf 
das Wahre beftimmt und eine Regel im Urtheilen und im 
Wirken aufgeítellt voürbe.« Die Kunft anderer alter Voͤlker 
wird bierburd) in der Behandlung nicht ganz, wohl aber ihr 
Ganzes ausgefhloffen. Aehnlichkeiten nnd Unähnlichfeiten, 
Gegenfäge felbft dienen zur Belehrung, jened mehr für die 
früheren, bieg für bie beften Perioden ber Griechifchen Kunſt⸗ 
gefchichte. Unſer Bf. verweift die ungriechifchen (ober nichtgrier 
djifdjen) Bölter, die Aegypter, die Syrifchen Stämme, bie 
Arier, bie Indier in einen Anhang, wobey im Grunde Wins 
ckelmanns Plan die Kunftgefchichte der alten Welt überhaupt 
barzuftellen bod) bepbehalten (jt, unb führt die Griechiſche 
Kunft bey den Stalifchen Völkern zwifchen ber vierten und 
fünften Periode der Griechen ald eine »Epifode« anf, bie 
bier etwas flörendes hat. Hierbey fehen wir nun feinen 
zureichenden Grund die Geltifchen, Germanifchen, Stawifchen 
Bölfer, welche Bed (6. 69 ff.) wirklich bingugog, die Mexi⸗ 
Taner, Peruaner und GChinefen augzufchließen, ein. Auch 
führe Hr. M. bod) ©. 304. 312 Druidifche Deutmäler üt 
Frankreich und England an, mitten unter Griechifcdien und 
Stomifdjen. Die Semerfungen über den Geift der Judier ία 
der Kunft fcheinen febr. treffend, wie benm überhaupt bem 
Bf. Umfaffung und Allgemeinheit in der 2ergleidjung befon- 
derd eigen ift, und können an ihrer Stelle in ber Griechi⸗ 
fhen Kunftgefchichte febr wohl dienen. Dagegen ift ben Ae⸗ 
gyptern ein ausführlicher Abfchuitt eingeräumt, der alle 
Kunftarten, die Öattungen der Gebäude und ſelbſt die Got» 





8. D. Müllers ἅτ Φἁοίορίε. 449 


terlebte umfaßt, bie dann and) von ben Judiern hätten auf⸗ 
geführt werben fünuen. Ohnrhin tft εδ in dem Aegyptiſchen 
Pantheon noch nicht ſehr lit; Wilkinſons Erklärungen 
weichen von den Shamipollionfchen nid)t wenig ab; unb et 
fol mit vorgitgíid)em Gíid! in Aegypten ſelbſt gefammelt has 
ben. Sonft ift am ſich biefer Abfchnitt eine Frucht vieler 
Studien , wobey ed nur zu verwundern, bag bed eigentlis 
chen Verdienfted 3oegaé, obgleich ber Bf. das Werk über bie 
Obelisken mehrmals anführt, nicht gedacht if. Nicht Leicht 
hat Jemand die Forfchung bie zu einem gewiffen Punkte 
volí(tünbiger abgefchloffen und zu bem Entdedungen einer 
neuen Periode ein fo gutes Hülfsmittel dargeboten, ber im 
biefer unerfenntlicher überfehen worden wäre, αἴδ Άοερα. 
Dieb bemerkte (djon Prof. Pfaff in Erlangen in feiner Schrift. . 
über Hieroglyphik 1824 (6. 87. 63 F.) Ausgezeichnet find 
die Stellen S. 243 über bie Gegenfüge der 9Irdyiteftur ib 
©. 246. 251 bie ber idealifchen und ber hiflorifchen Bilder bey 
Griechen und, Aegyptern. Ein vorzüglich ern(t and überlege 
— urtheilender fünftler, der trefflihe Arditelt San aus Goln, 
nennt in feinen Rubifchen Dentmälern (p. 11) Diejenigen, 
welche die Aegyptifche Kunſt mit der Griechifchen vergleichen, 
Enthufiaften. Quant à moi, fagt er, je n'ai vu sur. les mo. 
pumens en Egypte, à trés peu d’exceptions prés, qu'une 
seule et méme physionomie propre aux mémes personnages et 
mille fois reproduite comme par un moule, Rod) (tárfer ber BE. 
bed Iupiter. Ol. (p. 130. 37), Payne Knight und andre, 
Bon ber Kunft der Phönizier [άβι (id) faſt vollfländig in ber. 
erften Periode der Griechen reden, mo dieſe von ihnen ge⸗ 
ade viel angenommen zu haben (djeímem. Die Etrurifche 
nimmt füglid) ihre Stelle ein in einem großen Abfchnitt iiber 
die Verbreitung der Briechifchen Kuuft unter andre Bölfer, 
wo denn Aegypter, Aflatifche Volker bis nad) Baftrien, Etrus 
τίες und Römer, Onllier und Britannier, zum Theil πώ 
fonnend unter dem Lichte ber einen unb Iebendigen S&unff, 
οἱ, Rhein. Muf, f. vhil. lI. 30 





450 Mugelgen. 


zum Theil wenigfiend bemerffid) durch abentbenerlidje Schat⸗ 
ten, die von ben Werfen berfefben über fie hingleiten, πας 
verfchiebenen Anordnungen, beren jede ihre befondere mors 
theile bat, zufammengeftelt werben können. 

Durch die Ideen über eine jur inneren nnb Aufferen 
Ginbeit geítaftete Kunftgefchichte ber Griechen fieht ſich Ref. 
auch zu einer Herzensergießung über den ihm (wiſſen⸗ 
fehaftlich) verbagten Namen Archäologie veranfapt. Die 
Spartaner, nady dem Platonifchen größeren Hippias, hörte 
getu erzählen über alle ἀρχαιολογία, Hippias, Phanodemog, 
Dionyfiod, Sofepbnà fchrieben Archäologie, allgemein, ger 
fihichtlich, und die Neneren, befonberà (eit Routh und Pots 
ter, gebrauchen bad Wort für die Alterthümer des öffentlis 
chen und Privatlebend und aller Künſte, Wiffenfchaften und 
Anftalten. Wie man nun heutiged Tags Ebräifche, biblifche 
Archäologie, bogmatifchrarckäokogifche Abhandlungen fdhreibt, 
fo möchte man auch von Archäologie ber Griechiſchen Sunff 
reden, wenn man Alterthümer von bem Weſen unb ber ger 
fammten Entwidlung der Sache, bie zu ihrer jüngften Zeit, 
zu fondern für notbig fünde. — Siebenkees betitelte fein Sud) 
gerabesu Archäologie ober Nnleitung zur Erklärung ber 
Kunfiwerfe und zur Gefchichte ber Kunit; und fo unterfchieb 
εί 5. A. Wolf nad) feinen Antiqu. von Griechenland (€. 
44) Archäologie ald Kunde der Denkmäler Cantiquarifch, 
nicht eragetifch) von Kunftgefchichte, der jedoch in feiner En⸗ 
οφίίοφἀδίε bie »&efchichte ber Kunft ober die Lehre von ben 
Kunftwerten ber Alten« aufführt. Jetzt fdyeint man ο zu 
fhwanfen, ob man Erklärung ober Gefdhichte oder beybes 
unter Archäologie verſtehe. Auch Hr. M. gebraucht, wie 
Böttiger, Bed, Peterfen u.a. das Wort abfolut (4. δ. 6. 21 
»Berbienfte um gelehrte Archäologie«), während er feine Dor» 
leſungen ald Archäologie und Gefchichte ter fun(t ber Alten 
anfünbigt. Archäologie ber zeichnenden Sünfte ift wenigftend 
sicht gegen den Wortfinn, ‚indem e8 bie alten von den neuen 


e 





8. D. Müllers Archäologte. 451 


Süníten unterfcheidet. Als zuerft Spon 1) 9Rünyen, 2 In⸗ 
fchriften, 3) Baumerfe, 4) Statwer und Gemälde, 5) ein 
gegrabene, 6) erhobene Werke, Stonographie, Glyptographie, 
Torenmatographie, 7) Bibliographie (Paläographie), umb 8) 
Angeiographie , nebit Maß und Gewicht, wie e8 fcheittt, mit 
Hinficht auf Abbilbungen, unter dem Titet Arhäographie, 
sufammenfaßte, welchen Millin beybehalten und and) Biss 
eonti ein und bad andremal gebraucht bat, während andre 
Archäologie vorzogen, wollte er gewiß nichts anders (04 
als Antiquar. Nicht fo Windelmann, dem auch ber Titel 
Antiquar wenig, umb Archaäolog gar nicht: zu feinen Lebzeis 
ten zu Cheil geworden, fo wenig wie den Visconti, 3oega, 
oder auch Ce(fing. reylich giebt «3 nunmehr eine Acade- 
mia Romana di Archeologia, ven ber feit 4821 Schriften er 
fdjienen , und ein Instituto di corrispendenza archeologica 3 
biefe Fonnten eined umfaffenden, wenn aud) unbeflimmten 
Beyworts nicht entbehren, das aud) in Rom um fo paflens 
‚ ber ift, je weniger man dort an andre Arten bed Archäolos 
Hifchen benft. . Aber Akademieen und Inftitute fönnen unters 
gehn , die Wiſſenſchaft foll nur das am (id) Richtige, zu jeder 
Zeit Gültige ind Auge faffen und ihr Ziel rein und beftimmt 
herandfagen, ohne dem zufälligen und verworrenen Sprach⸗ 
gebraud)e der Zeit anderd αἴδ mo es gleichgültig iſt πό 
ansufchmiegen. Gefchichte der Poefle, ber Philofophie fchließt 
Iötterärifche Bergeichniffe, neben der Ableitung und Schilde 
rung ber bedeutendften Werke, nicht aus; ber Herausgeber, 
Sammler und Erflärer von alten Schriften und Bruchſtük⸗ 
fé aber wird nicht Archäologe genannt , wie bod) folgerecht 
gefchehen müßte, wenn Archäologie darin beflünde dag Ges 
fhäft und die f'ung beó Erflärers an alten Werken zu 
üben. Ob burd) den Namen der Wiffenfchaft felbft an der 


*) Lanzi gebraucht noch bas alte, unzweydeutige und nicht unan⸗ 
ſehnlicher flingende Antiquaria. Da che l'Antiquaria ha incommin- 
ciato ad averc per oggelto non la storia solamente. de’ popoli come 
utia volta, ma quella ancora delle belle arti — 





452 Anzeigen. 


Cpíge vou Handbüchern bie Menge bey ben. Gedanken vos 
Gefchichte und Zufammenhaug, Geil, Kunfl und Bollendung, 
Auslegung und Methode feftgebalten oder auf die nun eins 
mal nicht ganz zu verbrängenden Borfiellungen von Stück⸗ 
werf und von Dilettantismus, bie id) mit bent Antiquaris 
(den eder Archäologifchen gemeinhin verfuüpfem, bingebramgt 
werde, ift gewiß nicht einerfey. Ja vielleicht würde Hr. M. 
ſelbſt, wenn er flatt Archäolegie Kunftgefchichte gefagt hätte, 
manches, was er über Geräthfchaften, über Ardhiteftur wub 
gewifle Arten ihrer Anwendung fagt, Sachen fowohl ale 
Nomenclatur, ben Antiquitäten, wie unwillfürlich , überlafe 
fen, und Dagegen recht gefliffentlich ben. Kunfifinn, den Ges 
fchmad ber Einfachheit, Zweckmäßigkeit, Anmuth , finnvollen 
Abwechjelung der Formen auch in Gegenfländen ded Ge, 
brauchs in Uebereinſtimmung mit δες frey -bildenden Sung, 
und die Rückwirkung der gegebenen Flächen und Anläfe der 
Berzierung auf jene mehr hervorzuheben und nachzuweiſen 
gefucht haben. 

Wenn bieje Bemerkungen vielleicht manchen nicht eiu 
leuchten ober unwichtiger zu ſeyn fcheinen, fo fann Ref. bins 
gegen nicht umhin, noch einen andern Fachsſsnamen, melden 
der mf. innerhalb ber Archäologie neu einführt, der Prüfung 
ber Gadjfunbigen zu empfehlen. Derfelbe faßt nemlid) (€. 
40. 314) unter dem Namen Tektonik, im Gegenfage ber 
nachahmenden Künfte, die Reihe derjenigen zufammen, wel 
de Geräthe, Gefäße, Wohnungen und Berfammlungserte 

geftalten, an ein zwederfüllendes Thun gebunden fegen, unb 
deren Gipfel die Architektouik ausmache. Demnach (elit. er 
im geſchichtlichen Theile zwifchen Architeftonit und bildende 
Kunft »bíe übrige Zeftomif ;« jebod) nur in ber erfien pe 
tíobe. „Aber incckeſer, wo unter τέκτονες die Künſtler aller 
Arten zufammenbegriffen wurden, bie bildende «μα nod, 
wenig ober feine Selbfländigfeit erlangt hatte, ift bad Ber 
haͤltniß grundverfchieden, und ber Df. felbft bat in allen vier 


8. Ὁ. Müllers Archäologie, 453 


folgenden Perioden fein Syſtem im Stiche gelaffen, indem 
er ohne Zweifel fühlte, bag z. B. zwiſchen das Parthenon 
und den Olympiſchen Supiter bie Kiften und Kaften, Dreys 
füße, Bafen und Töpfe einzufchieben,, unfchiklid wäre. In — 
dem fuftematifchen Theil aber, oder der Sunftfebre, find Ars 
djiteftonit und Gerátfe ald Theile der einen Tektonik behan⸗ 
belt, Geſchwiſter febr ungleichen Wuchfes, von welchen das 
eine durch den Namen ded andern fcheinbar in eine [α[ fos 
mifche Unterwürftgfeit, bie nie flatt gefunden bat, verfegt 
wird. Griechiſche Kunftwörter beyzubehalten, ift oft zweck⸗ 
mäßig; neue zu bilden, wären fie auch treffender als eine 
unlängft geborne ferpftif, oder neue Bedeutungen unterzus 
fhieben , wird fehr felten gut gerathen. *) Bey den Alten 
war ber ἀρχιτέκων (bey Platon und Ariftophaneg, τεκ- 
τύναρχος Movoa bey GCopfofíe8 ; bey Ariftoteles, Demofthes 
ned, Cicero aud) von andern ald den Baumeiflern) der _ 
Meifter, der den ganzen Bau leitete, zunädhit dem Haufen - 
ber τέχτονες, λιδοξόοε, λατυποει, τειχοποιοέ µ. [. m. vor! 
flaub , **) und τέκτων hörte daher nicht auf and) Baumeilter 
(οἰκοδόμος, wie Platon und Ariftophanes fagen) zu ſeyn, 
bey Θίαδίδαα (wie in den Bögen 1135. 115%), Tempeln 
(mo man genauer fagte, νεωποιός, iegonosög, Poll, I, 12), 
und Häufern (Aesch, fr. 3:8, "Theocr. VII, 45. Poll. VII, 
118, wo der Steinfahrer ber τεκτονικὴ τέχνη dient, He:ych. 
τεχτονουργύς, αρχιτέκτων), bey Holzbauten (Eurip. Ion. 1144 
σκῆναι) und bey Wallmanern und Lagern (Poll. I, 161.) 


In engerem Sinne wird dann τεκτονική vom Schreiner und 


Zimmermann (der ξυλουργικὴ, im Θερεπίαθε ber χαλκευτική) 
gebraucht (Poll. VII, εἰ. X, 146, Ammon. s. v. Sch. 


Hr. 9X. erlaubt. (i$ auf Techniken, ia Wort, gegen 
welches bie Vntife nod gokten if. Auch Wusbrüde wie Judi⸗ 
cum, Quadrupeden, prominente Züge, polychromes Erz, belicate 
χλανές, enorme Schlankheit der Saͤnlen, Commüne, Details fallen 
iu einem Lehrbuch auf. TP 

**y Der Meifter Gerhard von Eöln heißt in ber alten Urkunde 
sector fabrice nostre, 


454 Anzeigen 


Arist. Plut. 160, Theophr. H. Pl. V, 7, 6. Xenoph. 
Anthol. Pal, XV, 14, Diog. L. HT, too. Sophocl. Oenom. T'hc- 
ocr, IX, 24); nicht aber von Thon, Marmor und Metallen, 
woraus ber in ber Kunft faft ausfchliegend wichtige Theil 
ber_Geräthfchaften gebildet wurde, fo daß alfo zexrovexg 
bald die Architektur, bald wenigftend das nicht angeht, was 
ber Df. des Handbuchs fo nennt. Wenn Sophofles (Tr. 765) 
und Curipibeó (Alc. 358) auch die Verfertiger von Statuen 
τόκτονας nennen, fo it δίεβ nach ber alten allgemeinen Be: 
Deutung des Worts, wie τέκτονες ἐπέων, κωµων, bey Pins 
bat, εὐπαλάμων vurov bey Ariftophaned (Equ. 550), wie 
Jıdorextovag, χρυσοτέκτονες (Sch. Jl. IV, 110), und bey Drs 
phens τεκτονόχεερε. Philoſtratus gebraucht einmal ( V. 
Soph. p. 499) Tektonik, neben Jatrik, Mantik, Mufit, Rhe⸗ 
torif und Handwerk, für Bau » und Bildkunſt zufammen. 
Uebrigens wird man, wenn einmal bie Materialien gu einer 
Technologie der Alten gefammelt werben follten, leichter bie 
Örenze zwifchen dem dahin Einfchlagenden und dem, was bie 
Kunftgefchichte fowohl in ber Werkſtaͤtte als faft in jeder Art 
zum Leben und Verkehr der Menfchen anfländig eingerichteter 
Räume ber alten Welt allerdings zu fuchen hat, richtig einhalten. 

Sn Anfehung der Perioden flimmt Hr. M. mit dem Ref. 
in ber Zahl überein, und darin, daß die crfte bie Anfänge 
bis zur 50. DIL, enthält, bie zweyte bis auf Phidias geht, 
nur daß Ref. diefe nur bie zus Schlacht von Calamié DL 
75, Hr. M. bie DI. 80 fortführt, wo Phidiad, auch wenn 
man den Zeitbefimmungen bes Vfs. folgt (mas ef. nicht 
durchgaͤngig Tann), ‚mit wenigftend adıt nub zwanzig Sab 
ren, fchon über ba8 Alter hinaus war, mo in einem Kunfs 
genie wie bieje& bie Epoche, bie e& zu machen beflimmt war, 
entfchieden ifl. Die britte Periode bi Alerander kann nicht 
zweifelhaft feyn; bie vierte geht bey Ref. von ba bis mad) 
den Antoninen, bey bem Df. erftredt fie fid) nur bis zur 
Zerflörung Korinthe, wonach denn feine fünfte, von da bie 





$, O. Müllers Archäologie. 45b 


ins Mittelalter, allzu verfchiebenartigen Inhalt µι vereinigen 
hat, während bie des Ref. nur die Iange Befchichte beà Vers 
falls umfaßt und, im Gegenfage ber drey mittleren, der ers 
ften ungefähr entfpricht. Uebrigens wundert Π Ref. auf 
bie Stufenfolge Aefchylus, Sophofles, Euripides, Menans 
der keine Nücficht genommen zu feben, ba dieſe Eutwick⸗ 
Jungsreihe im Ganzen viel Aufichluß über den Gang ber 
Kunft giebt und in vieler Hinficht auffallende und Lehrreiche 
fDergleíd)punfte mit Phidiad und Polygnot, mit Polpflet und 
Zeurid, mit Prariteled, mit Lyſipp und Apelled barbietet. 
Hr. M. theilt dagegen ab »die Zeit beà Phidiad und Polys 
Fleitod« und »bíe Zeit bed Prariteled und Lyſippos,« wor» 
and uns Schwierigkeiten für die richtige Erflürung unb Uns 
terfcheidung bed Styls und beó Θείβε ber Darſtellungen 
hervorzugehn feheinen. 

Auf bie Befchichte mit bem Anhange läßt Hr. M. eine 
fyftematifche Behandlung folgen, (m die er aud) die Seren, 
ftände der alten Kunft ald dritten Abſchnitt aufnimmt. Wins, 
delmann verfuhr umgefehrt, indem er der Kunfigefihichte alis 
gemeinere Abhandlungen, vorzüglich über das Wefentliche ber 
Kunft, über ihren Wachsthum uud Kal ober bie. Stylarten 
und über dad Mechaniſche voraudjdiidte. And wer möchte 
nicht zugeben, daß diefe Stellung bie angemeflenere fey, ba 
ohne Kenntniß des Techniſchen, be8 Materials, der Formen 
bie Geſchichte unverftändfih ift? Etwas aubers iff es, ob 
überhaupt biefe Nebeneinanderfiellung der Kunflchre und der 
Kunftgefchichte ratbfam ſey. In Vorlefungen wenigſtens ges 
Rebt Ref. fie niemald anwendbar und ausführbar gefunden 
zu haben. Er ſucht durchgängig bepdes mit einander zu 
verfchmelzen, fo daß nur die Ueberfiht der Kunſtdenkmäler 
ben zweyten Theil ded Ganzen abgiebt. 

Prof. Gerhard in Rom hat im Bulletino des ardjaos 
logifchen Synftitutà 1830 (p. 307) den Wunfch auégebrüdt, 
daß unfer Df. noch bic alte Topographie, Numismatik und 


456 Anzeipden 


Gpigrapbif, dann aud) die zur Erflärung ber Dentmäler ers 
forderliche Gefchichte und Mythologie hinzufügen möge, um 
: fo baé: Gate archaͤologiſcher Wiffenfchaft abzufchließen, unb 
in feinen Örundzügen ber. Archäologie (Hpperboreifch » Stout, 
ſche Studien 1833: €. 19. 22. 28) an(djaulid) zu machen ger 
fudjt, bag wegen der Wechfelbeziehung after Religion und 
Kunft die Gütterfebte von der Kunftgefchichte nicht getrennt 
werden Tonne, !fondern zu ihr und ben Denkmälern ald dritte 
Mafle gehöre. Died hängt damit zufammen, daß er das Als 
fertum in Schriftwerfe und Sunfimerfe und die Wiſſen⸗ 
ſchaft deſſelben in Philologie und Archäologie abtfeift. Wie 
febr die. Götterlehre und bie Mythologie überhanpt aus beu 
Dentmälern bereichert werden können, was ehmals ernſtlich 
bezweifelt wurde, geigt fid) jeden Tag mehr und mamenb 
líd) werben verfchiedene von Gerharb vorzüglich aufgefischte 
Klaſſen von Monumenten dazu beptragen: aber barum hört — 
die Mythologie nicht auf, zur Ritteratur ein mod) näheres 
Verhältnis zu haben, und wird alfo vielmehr, aus begben 
Quellen ihre Nahrung ziehend, beyben gleichmäßig wieder 
zu gute fommen. Die Infchriften, au(fer den Cpigrammen, 
bilden dad Urkundenbuch zur Gefchichte und bie Münzen ges 
hören einerfeítà gleid)fallà zur Geſchichte und zur Staats⸗ 
Funde, wie von ber andern Seite zur Kunſt. Für Deutſch⸗ 
— lanb wenigftens iff ber Beruf in dem Alterthumeftubium die 
Einheit und die Kreisform, flatt der Ellipſe mit Archäologie 
und Philologie ald Brennpunften , aufrecht zu erhalten far, 
und Niemandes Anfichten fonntem in dieſer Beziehung von 
denen feined Freunded Gerhard (id) beflimmter trennen, als 
die be8 Ref. Kleinere Kreife der befonderen Hülfsſtudien 
and den fammtfíd) ineinandergreifenden bed weiten Alters 
tfumé müffen fid) immer nach den Smeden derjenigen, bie 
. fid) einzelnen Fächern befonderd widmen, zufammenfeßen ; 
und bie wird um fo eher gefchehen , wenn auffere Anſtal⸗ 
ten, wie Mufeen von Marmorn, von gemalten Vafen, bet 





8. D. Müllers Archäologie 437 


Münzcabinete, ober Gymnaſien, philologifche Semimarien - 
dazu den Anlaß geben und fortwährend unterhalten. Φυτά 
bie Münsfammlungen ijt eà vorjüglid) veraulaßt worben, 
bag bie Stumiématif , wenigftend ehemals, (td) weit mehr 
ifolirte, felbfändig und einfeitig heraugftellte, ale wir wünſch⸗ 
ten, daß es in Zukunft bie Archäologie tbum möchte. Eins 
zelne aber werden πώ aud) für eine hiftorifchpolitifche, eine 
poetifche, philoſophiſche Alterthumsforfchung ihre Kreife abs 
ſtecken müflen,, die mit bem grammatifchen, bem archäologi⸗ 
. fen, fobald ἄμπεε Anftalt und Anwendung hinzufäme, 
um den Rang ftreiten möchten. Denn eben fo gut als jene 
können der Staat und dad Leben, Gefchichte unb Alterthü⸗ 
mer, die innere Gefchichte der Poeſie jede ihren Mann vore 
zugöweife und vollftändig befchäftigen, und δεπποώ würde 
man darum nicht mit einem diefer Studien eimen andern 
Theil ded Ganzen, ber auch nad) audern Seiten hin unente 
bebrfid) ift, in folche Verbindung fegen wollen, bag baburd) 
die Selbfländigfeit feiner Bearbeitung gefährdet würde. Die 
Behandlung eines jeden befondern Gegenflanded wird immer 
um fo richtiger ausfallen, je mehr man denſelben, zwar ab» 
gegränzt in (id, aber nicht abgefchnitten von allen übrigen 
zu gleiher Selbftändigfeit erhobenen Disciplinen, vielmehr 
nach allen feinen wefentlichen Bezügen gleichmäßig in Bes 
trachtung zieht. Und fo ift die fogenannte Archäologie mit 
ficter Ruüͤckſicht, nicht blog auf Mythologie, fonberm eben fo 
febr anf bie Poeſie in allen ihren Phafen und Kormen, zus. 
weilen auch auf die DOrcheftit und Mimif und andre Dins 
ge, bie befonbre Namen führen, ja überhaupe auf dad große 
Ganze der antiten Welt und Bildung zu erforfchen. 
Dagegen achtet Ref. eine Erweiterung nnd Ausbildung 
ber Kunftgefchichte nad) innen für ein wahres sBebür(nig ober 
für eine Aufgabe unferer Zeit, und erlaubt fich feine Ges 
banfem hierüber an biefem Srt auszufprechen. Er ift dabey 
weit davon entfernt, unferm Bf. einen Borwurf daraus zu 








458 Anzeigen. 


machen, bag er ſchwierige Kapitel, über DR er nod) nicht 
sufammenhängend vorgearbeitet (anb , nicht felbft neu aufge, 
Rellt bat. Jedes berfelben erfodert au(merfjame Beobachtung, 
burd) den ganzen Umfang der Kunftdentmäler fortgeführt, 
und ihre Sereinbarnng mit ber bisherigen Kunfigefchichte wirb 
Jfüs bie Berhältuiffe, Stellungen und Zufchnitte des Meiften 
fo großen Einfluß haben, bag das Ganze derfelben eine neue 
Geftalt gewinnt. Nur wohin fie feiner Iebhaften Leberzeus 
gung nad zu fireben habe, menn ihre innre Cutwid(ung 
bem änfferen Zuwachs entfprechen (elf, will er kürzlich bats 
feoen, am auf eine Art von Wahrnehmungen und Unterſu⸗ 
ungen , die ihm feit manchen Jahren nnd gewiß vielen aus 
dern Genuß und Unterhaltung gewährten, bie aber ihrer 
Natur xad) zur Mittheilbarkeit nur nach und nad) (id) làn 
tern und geflalten, wo möglich, die Aufmerkſamkeit unb die 
thätige Theilnahme etwad mehr heranzuziehen. 

Zuerſt ift die ber Kunft eigenthümliche Poefie unb 
Mythologie, bie flumme Poefie ber Malerey , nad Gis 
monides, zu entwideln. Die Kunft übt eine freye ſelbſtän⸗ 
dige Production aus; daher ijt bie Behandlüng ihrer Ges 
fchichte einfeitig, wie Πε es bidber iu ber That im Ganzen 
war, wenn Πε nur auf den Charakter der Formen, nicht 
aud) auf die gefammte innere Auffaſſung des Gegenftandes, 
den mythologifchen und poetifchen Inhalt, Gei(t und Gedan⸗ 
en, in fo fern aud) diefe uuter Kunftbediugungen ftehen, 
fid) richtet. Andre Stoffe veranlaffen und begünftigen aus 
dere Darftellungsweifen, andre Erfindungen und Kunftvors 
theile: auf be(timmte Weiſe erreicht bie Kunft den Ausdruck 
des Erhabenen, bed Tragifchen, ber Anmuth, des Komifchen, 
ber Garicatur, bes Raiven und Idylliſchen u. f. v. und wenn 
man and) nicht mad) den Gefühlsſtimmungen Kunſtarten, 
wie Dichtarten, aufzuftelen bat, fo verlohnt εὁ fid) bod) 
bie fun(tergeugni(je aud) nad) den äfthetifchen Tonarten zu 
vergleichen und zu würdigen, und ben Gefchmad ber Zeit 





8. D. Müllers Yechäologie. 459 


alter aud) mit Rückſicht auf ben herrfchenden Charafter ber 
Darftelungen im Zufammenhange zu unterfcheiden. ine 
Kunftnythologie der Urt wie Böttiger fie auégebadt und 
mit bem gelehrteften Fleiße fie zum Xheil ausgeführt has, 
läßt (id) in ein mythologiſches Huͤlfsbuch für Die Kunſterklä⸗ 
rung indbefondre, wie ed Prof. Gerhard verlangte, umgen 
falten; man fónnte alle Denkmäler nad) bem mpthologifchen 
Inhalt (pftemati(d) zuſammenordnen oder zu den Deufmälern 
alle mythologifchen Erläuterungen von anderwärts ber zus 
fammentragen ohne nur zu berühren, was wir hier (m Auge 
haben, nemlich Gebanfen und beflimmte, auf ausgesuchte 
Beyfpiele geftügte, aus Vergleichungen abgeleitete und bid 
zu ben allgemeinften Begriffen hinausgeführte Nachweiſun⸗ 
gen über den Einfluß der bildenden Kunft auf die religiäfe 
und die Heroenmythologie und ihre Rüdwirlung, in tanfend 
Einzelnheiten und felbft in größeren Bezügen, auf bie Poefle- 
Don bíefem Standpunkt aus würbe man 3. 38. nicht veríe 
gen ſeyn aus den zufammengefeßten Thieren einen guten Ger 
braud) zu machen, von denen Hr. M. nur ganz furg umb 
— beglüufig bey den natürlichen Thieren (8.608) fpricht, währ 
rend er die Kentauren (OC. 523), »wegen ihres finnlichen 
Naturlebende, ben Bachhifchen Perfonen zugeſellt. Dadurch, 
daß bie Gegenflände ber alten Kunft, Götter, Nebengütter 
And Heroen, Abbildungen bes wirklichen Lebens, Menfchen, 
Thiere, Gebräuche, abgefondert aü(gefüfrt werben , ift bod) 
nur der Kreid der Kunft Aufferlich wmftedt und ihr Verfah⸗ 
sen im Einzelnen befchrieben; es wäre nun auch mit gleis 
diem Fleiß audeinanderzufegen, wie fie e8 mit den Bezie⸗ 
hungen ber Perfonen unter einander, mit ben Danblungen 
hält. Die Eitteraturgefchichte mag für dad Epos ober bie 
Tragödie den Charakter der Hauptperfonen der Meihe xad) 
beurtheilen ; aber fie bleibt dabey nicht (leben. Auf die Char 
safteriömen der Hauptfiguren bildender Kunſt i(l feit Wins 
delmann viel Fleiß verwandt worden, auch von unfer Bf. 





400 | Anzeigen 


nicht wenig, welchem babey Die neueren mythologifchen Eins 
fihten trefflich zu ftatten famen. Derfelbe führt aud) bey 
den einzelnen Perfonen die Mythen an, in denen fie vorzügs 
lich aufgenommen find. Aber follte nicht die Art unb Meife, 
wie dieſes gefchieht, der Umfang, die von ber ροεί(ώει 
Darfielung durchaus verfchiedene Geftaltung, welche bet . 
Mythus in dem Kunſtwerk annimmt, ba Πε bod) fo febr wie 
irgend etwas ihre feften Regeln und Analogieen hat, ihre 
fidjtbaren Uebergänge und Wechſel erfährt, eben fo fehr und 
πού weit mehr erflärt und bezeichnet zu werden verdienen 
als die einzelne Gejtaft? Bon biefer wird ohnehin , jemehr 
fid) die Gypsabgüſſe verbreiten, um fo leichter zu reden 
ſeyn; gegenfeitige Beziehungen und innere Verknüpfung ete 
fodern weit mehr eine Verftändigung. 

Insbeſondre fcheint ed und, daß bie allegori(dje 
Spracde der Griechifhen Kunft einer genaueren @rörtes 
rung und zufammenhängenderen Betrachtung bedarf. Bir 
unterfcheiden Ὀίεε von ber Neihe der Perfoniftentionen der 
Natur, die fi ſaͤmmtlich mebr ober weniger den alten Git» 
tergeftalten fombolifcher Art anreihen Iaffen, und befchränfen 
fie auf die aud Neflerion hervorgegangnen Bilder menfihlis 
cher Zuftände und befondrer Tünftlicher Erfchernungen, bie 
gar häufig den von Allegorie nicht zu trennenden Cbarafter 
Ὀεῦ Näthfelhaften unter dem naivſten Scheine verfteden unb 
baburd) der vorgenannten Klaffe ähnlich werben. Die Gries 
Φί[ώε Kunftallegorie ift eine höchfl merkwürdige , febr eigens 
thümliche Erfcheinung , die in ber allgemeinen Schäßung des 
Hellenifchen und indbefondre der Poeſie ber Griechifchen Kunft 
burdjaud nicht überfehn werden darf. Es giebt daher eine 
ganz falfche Vorftelung, wenn wir in bem Handbuche ©. 
553 f. eine Reihe Griechifcher allegorifcher Perfonen mit der 
Römifchen der Münzen, die ohne ben beygefchriebenen Nas 
men fat nichts find, zufammengeftellt (een: ber Mangel am. 
Sunflgeift iſt att letzteren, obgleich Styl und Geſchmack noch 











$8, Ὁ, Mällers Archäologie, 464 


gut find, faum weniger fühlbar ald an den vielen allegori» 
fchen Figuren ber öffentlichen Monumente aus älterer Zeit, 
mobutd) London entflellt wird. Hiemit vergleiche man bie 
finnige Erfindung der Cuplóa oder Glücklichen Reife, Gus 
ten Seefahrt, in einem Bafengemälde in Berlin (Annali dell’ 
instit, archeol. IIT, 420) 5 oder ben Momos ober Phthonos 
einer Tifchbeinfchen SBaje (T, 57) , welcher der Nike (είπεδ. 
andern) heimlich und Ieife eine Feder aus den Schwingen 
zieht, ein Süngling, ber fich auf einen Stab ſtützt, weil er 
auf feinen eignen Küßen nicht {εβ ift, und bey feinem Dieb» 
ftahle fídj sufammenfaudjt ; oder auch bie Ker. Don diefer 
wurden im neueften Hefte der Annalen bed Suftítutà (T. V 
tav, D) zwey Bilder, wie fie den Alfyoneud im Kampfe mit 
Herakles binftredt, mitgetheilt und andere ähnliche, im älter 
sen Styl, genaunt. Den dort gegebenen Erflärungen tüns 
nen wir nemlich nicht beyſtimmen, unb nichts anders erfens 
nen ald bie Ker des firadhinlegenden Todes. Ges 
flügelt, wie ber Tod kommt, (at Πε bem fchon geſunkenen, 
noch die letzten Lebendkräfte entgegenfegenden Giganten, bier 
dad Haupt mit beyden Händen um ed zu Boden zu drücken, 
indem (ie ihm babeg den Fuß auf die Bruft fegt, bridt ihm 
dort mit angeftemmten Beinen den Arm nieder, bem er nod) 
dem Herakles entgegenhält, indem der Todesſtreich verfekt 
wird, ober preßt dort ibm den Schenkel. In allen οετ/Φίε, 
benen Wiederholungen ift fie alfo thätig das Durchbringen 
be8 Niefenleibes von ber Gewalt bed Todes zur Anſchauung 
zu bringen, wobey zugleidy Die Riefenftärfe des Ungeheuers, 
die einer fo bümonijd) wirkenden Kraft unterliegen muß, 
deutlich wird. So gewahren mir, welchen Nachdruck ber 
Dichter in das einzige Beywort τανηλεγέος Φανάτοιο legte, 
und überzeugen und von der naiven und energifchen Art, 
"womit die Künftler Sage und Dichterwort auffagten, Eine 
Fülle finnreicher Gedanken und 9fuébrudéarten, zu biefer 
Klaſſe gehörig , ift in den Kunſtwerken auögeflreut, bie ges 


462 | Anzeigen. 


wíg fogar vor manchem andern, fe6 (m einem Abriffe ber 
Kunſtgeſchichte, mit Unterfcheidung ber Zeiten (wie gleich bey 
der Ser zu bemerken, menn man auf den Kaſten des Kypſe⸗ 
108 zurüdgehn will), andgezeichnet zu werben verdienen. 
Cine πού näher liegende und zugleich aud) leichter zu 
erfällende Foderung geht bie Compoſition an, von wel 
cher Hr. M. nur im allgemeinen Theile auf nicht viel mehr 
als einer Seite (S. 435) (prit, womit wir noch dad ©. 
398 unter dem Namen ber optifchen Technik über Perſpec⸗ 
tive SBemerfte verbinden wollen, während fie ald ein Haupts 
gegenfland durchgängig in jeber Periode der Θε[ΦίΦίε ber» 
vortreten follte. Die Bemerkungen in Toͤlkens Schrift über 
dad fBaérelief und bem Unsterfchied ber. ylaftifchen und ber 
malerifchen Eompofition fcheinen ihm entgangen zu fep. Dieß 
(ft gerade der Theil der Kunſt, der, auf feine Regeln und 
Gründe zurüdgeführt, fid). am reinften und volftändigften 
ausfprechen läßt, und ber and) denjenigen, bie wenig Sinn 
für die bildende Kunft haben, faglid) und anziehend gemacht 
werden fann. *) Belbft das Einfachfle, 3. B. Reihen von 
breg, fünf, fieben Figuren oder Paaren, ihre Uebereinſtim⸗ 


*) Def. gab in ben Göttiugifchen μα 18:9 N. 39 6. 377 
den Inhalt einer von ihm vörgetragenen Rede mit vdiefen Worten 
an: »Der Gegenftanb war die bisher nicht gerfigte Unvollſtaͤndigkeit 
in bem Plane der Windelmannfhen alten Kunftgefchichte, daß bie 
Geſetze des Ausdrucks, der Harmonie und Ebenmäßigfeit, fo wie das 
eigeuthümlich Sinnvolle und Sinnbildiihe, meldes alles zufammen 
in ber Eompofltion mehrerer Figuren in, der Darſtellung zufammen- 
gefester Handlung Περί, unb nicht weniger Stoff zur Entwidiung 
barbietet, als die Borm an fich unb das einzelne in fich felbft abge: 
ſchloſſene Symboliſche, nicht erforfht und abgehandelt worden (inb. 
Don der Seite, nad welcher fid die biidende Kunſt mit der Poefle 
vergleichen läßt, betrachtet, it e$ aí 05 ber Unterſchied ber Gat: 
tungen nod) faft ganz überfefen worden fep: wenigſtens iſt, was in 
diefer Hinficht bte und da bemerkt worden, bem Ganzen ber. Basre: 
tiefe und Gemälde aus bem Witertbume nicht angemeflen und tvo die 
Vergleichung faft allein fer fruchtbar werden kann, in Hinficht ber: 
jenigen Bildwerke, melde man dramatifche nennen Pann, nnd be: 
ren Unordnung im Allgemeinen mit ber theatralifchen,, inneren 9x05 
tiven nad, gar fehr übereinfimmt , ift (le bisher noch nicht durchge⸗ 
führe worden.“ 








$8. D. Müllers Ardhäologte, 463 


mung oder Verſchiebenheit binfidtlid) ber Hauptperſon anb 
ber andern, bad überall hervorleuchtende Streben wad) Eins 
heit, Ineinaudergreifen und Abrundung, die Beſchränkung 
auf mythologifche oder Einmiſchung allegorifcher Figaren; 
verdient durch gefemmelte und geordnete SSepfpiele zur feidys 
ten und beftimmten Senntnig gebracht zu werben. In bem 
Handbuche vermigt man ganz eine Leberfiht ber Statuen; 
gruppen, bet Neliefe, mad) ihren Klaffen, der Gemälde, der 
Moſaike, wie Πε fchon Beck in der zweyten, nicht erfchienes 
gen Abtheilung feines Grundriffes (tad) C. VIII) zu geben 
porhatte. Eine ſolche Meberfid)t kann fi auf die erhaltenen 
Denkmäler befchränfen, wird aber richtiger mit denjenigen 
ber untergegangenen, bie aus Befchreibungen ber Alten bent» 
lich zu erkennen ſind, in Berbindung gefebt. Cine ‚Lieber 
πώ der Kunftgegenflände, ohne Unterfcheivung der Kunſt⸗ 
werte nad) ihrer Gattung, bat ihre Bortheile; body möchte, 
wenn nicht beydes verbunden wird, ma vielleicht bey. viels 
fältigem Ineinanbergreifen Teicht gefchehen fóunte, bie Zw 
fanımenftellung der Kuuflwerfe nad) den Arten der Kun 
und der Darftellungen, von der Einzelfigur an, mod) noth⸗ 
wenbiger feyn. Schon Junius hat im dritter Buch feiner 
Schrift de pictura veterum über die Compofition,, fo 
wie aud) über die fünftlerifche Erfindung, wenigſtens eine fo 
große Menge von Stellen der Alten zufammengetragen, daß 
der bloße lleberblid fert, wie viel bier, bey vertrauter Bes 
Sanntfchaft mit den Werken felbft, auszuführen übrig bleibe, 
wenn Berhältniß üt die vereinigte Kunftgefchichte und Kuufts 
lebre fommen fol. 

Endlich wäre febr zu wünfchen, bag in einer Hermes 
neutik der Kunft alle bey ihr im Ganzen und Einzelnen 
eigenthämlich zu nehmenden Gefichtöpunfte zufammengefaßt 
würden. Vielleicht bedarf Fein andrer Gegenfland mehr ber 
Anwendung allgemeiner hermenentifcher Principien auf feine 
befondre Ratur und Befchaffenheit 5 feine andre fpecielle Her⸗ 


444 Anyeigen. 


menentik wärbe zugleich ben Bortheil haben, eine fo große 
Menge von Webfern, felbfl von: den berühmteften Männern 
begangen, ſchlagend nachzuweiſen, und auch in ber Gegeus 
wart, bey .fo viel fortgefchrittuer . Ausubung und bey einer 
μι Tage liegenden Erfahrung, bie gegen arge Verftöße ſchuz⸗ 
zen könnte und follte, einem bod) immer noch häufig vore 
tommenden Derumtappen, Sclöfttäufchen , Selbitbelieben ers 
folgreich zu begegnen. Unſer Bf. erflärt 6. 23 Sermeneus 
tif und Kritik, formelle Discipkinen, als nicht. befonderd bars 
ſtellbar; unb bod) bemerkt er zugleich, bap zur Hermenentif 
ber Kunit bie Sunft zu (eben. gehöre, über welche Milizia 
geid)rieben ; unterfcheidet auch S. 21 Berdienfte um Kunfter 
Härang von andern um gelehrte Archäologie, ftellt 6. 282 
bie Wufeographie uud die Topographie ber Kunſt ald Haupt 
mittel ber &ritit und Sermenentif dar und fpricht jouft im 
Werke manchen bermenentifchen Gag aus, 3. 8. ©. 424, 
daß εὁ wichtig zur Beſtimmung ber. Heroenfiguren ſey, bie 
Nationaltracht der Stämme zu beobadten. Wie man eine 
Sermeneutit ded A. und R. T. des Römiſchen Rechts anf 
ftellt, fie in engerem Kreife, 3. B. für Homer, mit Ruben aufs 
ftellen fünnte, fo würde bie der Kunft ganz befonderd, wenn 
auch nicht die Archäologie unmittelbar erweitern, bod für 
bie Archäologen gewiß bód)ft förderlich feyn. Die Kunft zu 
(eben, die Zeichnung zu würdigen, die Bilder gleihfam p 
Iefen , den Ausdrud in Mienen, Stellung, Bewegung, Ges 
berben und Handlung leicht und ſicher aufzufaffen, aud) eine 
Menge bebeutfamer Zeichen von gleichgültigeren zu unterfcheis 
ben, eine Fertigkeit, die nicht immer von ben Erflärern ges 
nug geübt mirb, entfpricht eigentlid) ber grammati(d)en Kennts 
πίβ und macht die Borfchule und Bedingung alles Erklaͤrens an. 

Nachdem wir fo lange bey diefen Vorbemerkungen vers 
weilten, dürfen wir in das Einzelne weniger eingehen, wozu 
ein Buch wie Diefed anf jeder Seite mehrfachen Anreiz bar» 
bietet. Bon BVerfchiedenheiten „des Urtheils in hundert Din 





8. D. Müllers Archäologie. 465 


gen, wo bie Beurtheilung mit Recht eine gewifle Weite 
ober auch etwas ſchwankendes hat, ober in ber Erfiäs 
rung einzelner Werke kann nicht die Rede feyn, nicht 
von SujüGew, am wenigſten aus dem Sreife der feitbem 
ert befannt geworbenen Entdeckungen in mehreren Läns 
dern, Bekanntmachungen von allen Klaffen der Monumens 
te, Unterfuchungen und Bemerkungen, die fait alle Theile 
des Buchs angehn. ben fo wenig würde ed frommen eine 
Reihe Schöner nud ridjtiger Bemerfungen aus ben vielen, bie 
baó Buch eigenthümlich enthält, auszuzeichnen. Wir hoffen, 
bag die Punkte, die wir aucheben, bem Bf. felbft wenig» 
βειιό vor andern, worüber (id) fpred)en ließe, nicht ohne 
Grund herausgegriffen zu feyn fcheinen werben. 

Sn ber erften Periode der Kunfigefchichte bringt bie 
Sonderung der Arten eine fo große Buntheit der Materien 
hervor, bag bie Ueberficht der Zeiten, die in diefem einen 
ausgebehnten Zeitraume bid zur 50. DIL. nod) wohl zu um 
terfcheiden find, ganz verloren geht. Da finden wir vor den 
Kyklopiſchen Mauern weit getrennt bie Kyflopifchen Löwen, 
ben Kaften be& Kypſelos, an bem fid) wohl durchdachte und 
Énnítreid) georbnete Darftelungen entfalten, nicht unter bee 
bildenden Kunſt, fondern unter den Geräthfchaften, eben fo 
den Schild des Achilles, wie dagegen in ber folgenden Pes 
tíobe ber Amplläifche Thron, ohne Undeutung bed mythi⸗ 
(de Stoffe, begláufig in einer Note bey ben Cultusbildern 
vorfümmt. Die Späifchen Daftylen find ©. 30 bey ben Ges 
' vütben, die Telchinen 6. 47 unter den Holsfchnigern aufges 
führt u. f. w. Den Kaften bed Kypſelos hält ber Bf. mit 
Hirt für elliptifch, weil λαρναξ vom Schiffe des Dentalion 
und andern gebraudyt wird. Man nennt Schiffe aud) fa: 
(tet. (90045), Gefäß Can ber Oſtſee), legno, gang allgemein; 
der Kaften (λάρναξ) des Hephäftos Jl, XVIIL, 443 braucht 
barum nicht elliptifch gedacht zu werben. Die Compofitiort 
am Kaften des Kypſelos ift (o ffae und beftimmt, wie man 

9). Rhein, Muſ. f. voi. LI. 31 


406 Anzeigen. 


es nur wünfchen faun: aber dieſe Seite ber alten Kunſt 
übergeht ber Bf. mit Stillfchweigen. Später (OC. 561 f.) 
äuffert er gegen das höhere Alter dieſes berühmten Kaſtens 
Berdacht, weil tad) Paufaniad V, 17, 4 Herakles ſchon fein 
gewöhnliches σχῆμα habe. Aber aud) in ber Gruppe mit 
Atlas (V, 18, 1), wo ber Name des Herafled gleichfalls nicht 
beygefihrieben (tanb (begbemal bedeutfam), mar ja ber Heros 
fenntlich, nicht an der Keule, fondern an allem andern, und 
hatte ein Schwerd. So alfo aud) dort. Hagen de Hercu- 
lis laboribus 1827 Ῥ. 7o wollte bem Paufaniad (tatt des 
Schwerds eine Keule unterfchieben, da jenes in feinem Kunfts 
werfe vorfomme. Der Grund wäre unzureichend; aber Des 
raffes mit dem Schwerd ift wirklich in mehreren Bafenbils 
dern zu fehen, wovon eines dad oben erwähnte mit bem 
Kampfe gegen Alkyonens ift. Auch verweift ber Bf. S.414 
mit Recht hinfichtlich ber Flügel und der »ber menfchlichen 
Form in ihrer Bedeutungsfülle noch nicht mächtig gewordnen 
Kunft« anf den Kalten des Kypſelos und die Errurifchen 
Kunſtwerke. Was S. 26 ganz allgemein von ber bildenden 
Kunft bis zur 50. DI. behauptet (ft, bag fie fortwährend eis 
nem auf Erfüllung äußerer Zwede gerichteten , handwerks⸗ 
mäßigen Thun und Treiben untergeorbnet geblieben und der 
eigentliche Geift der bildenden Kunft nur im Keime vorhans 
den gewefen fep, kann fehr leicht übel verfianden werden. 
Heilige Gerátbe mit Bildwerken zu fchmüden bat aud) (pis 
terhin bie Sunft noch befchäftigt und erzogen. Cine Ueber⸗ 
fiht des Kunftbetriebd mad) Homer, ober für bie Zeit ber 
Ilias und bie der Odyſſee abgefondert, bie vorzüglich nös 
tbig (d)eint, ift fchon durch ben Plan ausgefchloffen. Mans 
ches im bic erfte Periode Gehörige ift ετβ in der zweyten 
nachgeholt, wie Pfammetihod ©. 52, die Anfänge des 
Müunzweſens ©. 73. 

Bey ber älteften Architektonik (S. 26) vermiffen wir fehe 
die Rückſicht auf €yfien, nad) der Cage von den Lykiſchen 


8. DO. Müllers Archaͤologie. 467 


Kyklopen, bie um fo mehr in biefem bunflen Alterthume gels 
ten muß, alà aud) bie Tyrrhenifchen Mauerbauer auf ben 
Zufammenhang Griechenlands in Hinficht biefer Bauten mit 
Afien hindeuten, wo denn auch am Sipylod Nefte Kyklopi⸗ 
fher Mauern gefunden werden. Sn ber Ilias (ft ber Zie 
rpntbi(d)e Prötos mit Lyfien in Verbindung, und ber Lyki⸗ 
(die Gíaufoà mit Diomedes vor Argos in väterliher Gat: 
freundfchaft. Lynkeus (ober bie Lykier) ift. in ber Völkerge⸗ 
nealogie bey Apollodor Großvater des Akriſios nnd des Prö⸗ 
808; Die Mauern von Argos, Myfenä und Tirynth heißen 
vorzugsweiſe Soffopi(d), jene bey Pindar und in zehn Gtels 
lett bey Curipibeà, biefe bey Apollodor, Gtrabon, Paufanias. 
Perſeus bringt nach Pherekydes bie Kyklopen (woher, ift aus⸗ 
gelafien) nad) Argos, ald er (eon Kepheus her) von Geri 
phos kommt, und baut durch fie, nad) Apollodor und Pan 
ſanias, aud) bie Mauern von Miden und Mykenaäͤ. Dem 
SDróto8 bauen die Kyklopen die Mauern, und bíefe ((mb bey 
Strabon (VII, 6, 11 p. 373), unb zwar nad) Hekatäos, 
wie Creuzer (Historic. Gr. fragm. p. 71, ang Poll, I, 50) 
nicht unmwahrfcheinlich vermuthet, aus Lykien geholt, Leute, 
bie fich von ihrer funft nährten, daher Handbäuche genannt, 
fieben an ber Zahl (ein Meifterverein, wie Bathyfled und 
fein Chor?) Der Name ift mythiſch; aber nicht ein einziges 
mythiſches Merfmal wird angegeben, uns (rr zu machen, 
unb diefer ihnen gegebene Name felbft fcheint nur dag, linge» 
beure diefer Mauern anzugehn, [ο wie mam ben Erfinder der 
Mauern Thrafon, den Kühnen, uud den Tyrrhenifchen Maus 
erbauer Hyperbios benannt hat *). In der gewiß altem 
Sage beym Scel. bed Euripided (Or, 955) kommen bie 


*) Pausan. T, 38, 3. Pliu. VI, 57. Den Bruder dieſes us 
petbíod Ayoölas erklärt Sillig Catal. artif. p. 465 lapkdicoactor. 
Auch ber Daktyl Alkmon ift ὑπέρβιος in bem Bruchſtücke der Phoro⸗ 
nis, und Hyperbios von Korinth Erfluder des Toͤpferrads, nad) Theo» 
phraft π. εὑρημάτων Schol Piud. OL XIII, 27. Plin. I, e, Hyper⸗ 
bios, des Ares Sohn, tödet zuerſt Thiere. Plin, L c, 


408 Ungelgen. 


Kyflopen aus Kuretid zum Proͤtos, aber and ofla wb 
der unbefannten Kuretis kommen ihm au Hülfsgenoſſenn 
gegen Akriſios. Schwerlich gehörte dazu von Anfang, was 
vorbergeht, bag die fofíopen, vom Könige fofíopà benannt, 
ein Thrakiſches Volk fegen, bie beften Saufünfiler, bie durch 
Krieg aus ihrem Lande vertrieden, fid) an verfchiedeuen Or⸗ 
ten, die meiften aber in Kuretis, niederließen. Wir wollen, 
οὔτε den Gehalt ber Sage von den Lykiſchen Kyklopen zu 
verwerfen, barum nicht bie alten Mauern überhaupt, die 
man jebt Kyflopifche nennt, auf Lykier und Syrrbener qu 
rückführen, von Lykoſura an, ber Alteflen Stade vom allen, 
welche die Sonne befchienen (wovon nun Hr. Quinet ohn⸗ 
weit des Dorfes Stella Kyklopifche Trümmer, die Dodwell 
nicht fand, entbedt zu haben behauptet), bis Thefjalten, in 
Epirus, Attifa, Suböa, Italien n. f. w. ben fo wenig 
können wir fie ganz allgemein für Peladgifch halten, wie bie 
verfchiedenartigften Gelehrten, da der Same fo leicht fadcl 
nirt, gethan haben, die Herrn Petit Radel, Staonl SRedjette, 
Fauvel, Dodwell und unfer Df. Gemeinfame Erfcheinungen 
einer Weltperiobe ober bod) Welttheilsperiode beweifen nicht 
ein gemeinfames Urvolf, wozu die Pelasger zu erheben üt 
unferer Zeit die Gelehrfamteit große, bod) wir fürchten, vers 
gebliche Anſtrengung gemadıt hat. Ganz wohl fagte wam in 
Kyzikos (nad) Apollonius I, 989), der dortige »vróc Au» 
feo ein Werk ber ynysveis, der Urbewohner, bie gewaltige 
Kräfte hatten; *) unb die Erklärungen zweyer unbefanuter 
Schreiber in den Scholien, daß biefe ynysveic von Kyzikos Räns 
ber oder daß fie aus Theffalien vertriebene Pelasgifche Handbaͤn⸗ 
che geweſen feyen, die fíd) gegen bie TCheffaler durch ben Damm 
zu fchügen fuchten, fcheinen gar nidyt anders wie ber Mys 
thus, daß fie vom Stemeijd)em Löwen abftammten, baare Ct» 

*) In Ambrafia waren die Dioskuren und Helena gemalt manu 


Autochthonis, et nemo iuvenire potest, quis pinxerit. Umpekins 
P. 18. 








8. O. Müllers ?Irdjáelogic. 40^! 


ſindung zu fepn. Dabey if die Nehnlichkeit mit den aus 
Thrake vertriebenen Kyklopen nicht zu überfehn, ba beydes, 
wie aud) bie Lofifchen foflepet aus alten Traditionen von 
wandernden Baubrüderſchaften zuletzt gefloffen feyn möchte. 
€. 29 find in einem furgen Paragraphen wichtige Dinge 
enthalten, bie wir micht zu vereinigen wien. Der Bf. bat 
fid) darin zu viel auf bie Erflärungen ber erri W. Gell, 
ibobmell und 9t. Walpole verlaffen. Der Thefauros in Ordo 
menos, ber nad) Pauſanias (IX, 36, 3. 38, 25, nebft den 
Mauern von Tirynd, bem Wundern Aegyptiſcher Bauten 
nift nachſtand, und ber von Mykenaäͤ werben aud) hier, wie 
in früheren 9luf(ápen und Büchern bes Vfs., als »meijt uns 
terirbifche Baue« betrachtet (fo 6. 343 »die Thefauren, mov 
bey unterirdifche fellerartige Gewölbe auch πού fpäter als 
Hanptfache vorfommen«), und Daher ald „ähnlich deu οὐδοῖς 
mancher alten Tempelgebände, felferartigem. uud febr. maflis 
ven Anlagen. Diefe finb entnommen and bem Anirog ov- 
Jóc zu Delphi, der ein Thefaures (ey, and Kyflopifchen 
Felsmaſſen errichtet, nach dem Hymmus anf den Pythiſchen 
Apollon. Eine Art Thefauren auch der Homerifhe ὑψόροφος 
Φάλαμος, in der Tiefe gelegen und mit allerley Gütern ge 
fANt, bey Odyſſeus, Menelaod, Priamos; nub von entſpre⸗ 
chender Form die Iarauor , verborgne Frauengemächer, ber 
ber Kafjandra bey Lyfophron, der eberne ber Danae, die 
ber Alkmene, der PBrötiden, und felbft die Gefängniffe jener 
Borzeit, wie der Aloiden nnd des Euryfihens ehernes Faß, 
und das ín Mefjene, worin Philopömened umkam. Um bey 
dem fegten zu beginnen, (o war mad) Plutarch (e. 49) ber 
Meflenifche fogenannte Theſauros ein οἴκχημα xarayssor, 
ohne Luft und Licht von auffen, ohne Thüren, und wurde 
durch einen herumgedrehten Stein verfchloffen. Livins 
(XXXIX , 50) nennt e8 thesaurum publicum *) sub terra, 
*) Diefer 9 usbrud widerkent die Meynung von Rob. Walpole 
Memoirs p. 565, daß bíeg ein Sernfelle (ep, dergleichen man au 


470 Anzeigen. 


saxo quadrato septum. Eo vinctus demittitur et saxum in- 
gens, quo operitur machina, superimpositum est, fiel» 
leicht ift ber Thefauros ber Sropier in bem 9Dfepbióma bey 
«9060 n. 1570 a |. 33 ähnlich zu benfen, nad) den Worten 
ὁ δὲ συλλογεὺς ἀνοίξας τὸν Φησαυρό», cg νοµίζεται, ἐξελέτο 
τὸ γινόμενον ἀνάλωμα. Denn bey bem Auffchließen nad 
gewöhnlicher Art würde man faum dad Seffnen , wenn ber» 
ausgenommen werben foll, ausdrücken. Sin Argos faf Paus 
faniad (II, 23 , 7) ein κατάγαιο» οἰχκοδόμημα , über wels 
chem einft Akrifios den ehernen Thalamos der Danae ets 
richtete, den aber der Tyrann Perilaod weggenommen has 
ben folite. Sophofles fagt von der Danae (Antig. 955) κρυ- 
πτοµένα àv τυµβήρει Φαλάμῳ, wodurch Siebelis ſich verlels 
ten ließ ἐπ᾽ αὐτῷ zu erflären: in subterraneo aedificio aeneum 
hunc fuisse thalamum, Allein der Dichter nennt nur bilde 
lid) den Thalamos, die χαλκοδέτους αὐλάς, Die bem Licht 
angehören, grabartig. Das eherne Gefängniß der Danae, 
welches Gell (Argolis p. 35) fich inwendig mit Erz gebedt 
dachte, fcheint reine Fabel, wie fie ſelbſt, geweſen zu feyn. 
Denn nach Pherefybes (Sch. Apollon. IV , 1091) war bet 
Thalamos felbft unterirdifch (κατὰ γῆς), im Hofe des fiv 
nigshauſes, und fo Bat man alfo fpäter,, im Widerſpruche 
mit ber ältern Gage, nur hinzugedichtet, bag er auf einem 
andern Bau und zwar ba geftanben habe, wo ein fleinerner 
unter ber Erde wirklich mar. Go gewann man wenigſtens 
die beflimmte Stelle, was für ble Ctabtaltertbümter viel iff. 
Die Stelle aber über dem unterirdifchen Gebäude hat man 
ihm wahrfcheinlich angebid)tet, weil εὁ zu der Zeit ein Schatz⸗ 
feller war und auf die Danae Zeus Gold herabgeregnet hats 
te, wodurch diefer Boden, nad) des Volkes Einfalt, wie ges 
weibt (dieit, um fpäter das Gold und Silber von Arges 
in Π6 aufzunehmen. Auf jeden Kal ift ein unterirbifche® 


ben Wegen hielt, Φησαυροὶ mad) Ariſtoteles Oecon. Il, auch bey 
Strabon XII in Kyzikos, bey Diodor XIX, 44 σειροί. 








8. D. Müllers Archäologie. 471 


Qebiube, über welchem einſt eit anderes geftanden haben 
fell, ben oben (pig zugehenden Thefanren nicht ähnlich, [οι 
bern entgegengefeßt. Auch ift nicht glaublich, bag dieſe Keller 
biefefbe Eonftruetion wie die Thefanren über der Erbe gehabt 
hätten, da ein fo wunderbar funftreiches Werk auszuführen, 
am εὖ nachher mit Erbe zu überfchütten, thöricht wäre. Aber 
wie bie Keller ohne Oberbau waren, fo follten bie gewöhn⸗ 
lid) fogenannten Thefanren wohl aud) ohne Keller geweſen 
fep. Wie paftem diefe dazu? wozu dienten fie? woranf 
gründet fid, bie Behauptung derfelben 9. Wenn Dodwell (1I, 
421) bey Pharſalos eine breite cirkelförmige Aushöhlung int 
Boden fand, die er auf einen Theſauros bezieht, fo bemeift 
dieß gar nichtd. Nach diefen Vorausſetzungen tritt für bie 
Torte beà Paufanias (II, 16, 5) über das Schatzhans bes 
Atrend eine große Schwierigkeit hervor, bie nad) den biöhes 
rigen darin liegt. Er (agt υκηνῶν dà τοῖς ἐρειπίοις κρήνη 
τό ἐστι καλουµένη Ilegosía, καὶ ᾽4τρέως καὶ Tor παίδων 
ὑπόγαια οἰκοδομήματα, &y9a oi Φπσανροί σφισι τῶν χρη- 
µάτων ἦσαν, τάφος δέ ἐστι uà» ἀτρέως, εἰσὶ dà xai ὅσους 
σὺν ᾽.4γαμέμνονι ἐπανήκοντας 45 ᾽Ιλίυ δειπνίσας χατεφό» 
φουσεν Alyıcdos. Ein: Gebäude gegen 50 Fuß bod), mit εἰ, 
ner 18 Fuß hohen Pforte, wobey der Keller, wenn e6 je eis 
nen batte, weber von auffen bemerflich nod) die Hauptfache 
war, foll hier ein ὑπόγαιον οἵχημα feyn, was in Argos bey 
Panfaniad gewiß, und aud) in Meſſene ald ein wirklich uns 
ferirbijdjer Bau vorfommt? Paufanias, der das gleichartige, 
nicht gar viel größere Gebäude in Orchomenos befchreibt 
^ als rund, nicht gar fpíg& zugewölbt und auf ben Schlußs 
flein die ganze Harmonie berechnet, ohne eines unterirdifchen 
Theil zu erwähnen, foll ben hohen Tholod in Myfen& als 
unterirdifch und nichs weiter bezeichnen? Dieß ift unglaubs 
lid), eine (o verkehrte Darftelung in Sachen des Augenfcheing 
ann auf feine Weife angenommen, eà muß anberémo eine 
Erklärung und Vermittlung aufgefucht werden: und Πε iit 


472 )J Anzeigen. 


nicht weit zu ſuchen. Unter dem Grabe des Atreus imei 
Panſanias verſtehn, was wir jetzt bem Thefauros nennen, 
and die Ueberreſte von drey aͤhulichen kleineren Gebäuben, 
bie ſich vorfinden, bie Gráber ber Genoſſen Agamemnons 
ſeyn;] die unterirdiſchen Schatzkammern aber, äͤhnlich bem 
vorher beſchriebenen, ſind erſt noch aufzufinden, und wer⸗ 
ben, {ο ſehr find wir bom dieſer Erklaͤrung aberzengt, 
vermuthlich noch ausgegraben werden. Dodwell (II, 237) 
bemerft, daß fein Raum in Griechenland (ep , wo ein rer 
gekmäßiger unb audgedehnter Andgrabungsplan mit wahrs 
fcheinlicherem großen Erfolg auszuführen wäre. 3) 3u cb 
nem Königsgrabe paßt dad Gebäude vollkommen, πα ber 
Tonifchen Ge(talt, welcher die alten ἠρία, bie Lelegergräber 
oder Amazonenhügel zum Borbilde dienten; nad) ber großen 
Dfoste, bie hohe Leichte im ben lichtleeren Raum aufzuneh⸗ 
men, während eine Niederlage von Habfeligfeiten zwedmäßts 
ger butd) eine fleinere verwahrt würde; enbf(d) nad) bet 
€age, ba, wie Gfarfe (II, 2, 689) fchon erinnert hat, **5 bie 
Schatz⸗ und Waffenfammer auf ber Akropolis vermuthet 
werden mitte , wo. aber weder in Myfenä, noch in Orcho⸗ 
menos ber merkwürdige Rundbau fich befindet. Die Nägel 
an den Inneren Wänden fomtten zum Aufhängen der Waffen 
und anderer Zierrathen der Grabmäler dienen. Auch Scyäße 
verfhloß man in bie fouigégrüber, Wir brauchen nicht anf 
Nitokris unb das Grab Davids zurüdzugehn; Pyrrhus or 
nete, mad) Diodor (XXII p. 563,) das Grab der Tem 
niden zu Aegä weil man erfuhr, bag nach einem alten Ge» 
brand) in die königlichen Gräber viel Gefo mit den Tobten 
begraben werde; wie beum aud) in den gewöhnlichen hänfig 
Münzen gefunden werden. Als eine geheime Schaglammer 
mag, baher ein altes fóníglid)e& Kamiliengrab in einer gemis 


*) SBefonberé fand er dort aud Stüde von gemalten Vaſen aus 
Gräbern umher ausgeftreut. 


**) Er beuft (id) bad Heroon des Perſeus, flatt bes Schapes bes. Atreus. 








8. D. Müllera Archäologie. 473 


fen Zeit erfchienen feyn. Daß bie Orchomenier bem Pau⸗ 
faniad erzaͤhlten, Minyas babe zuerft von allen Meufchen 
einen Thefauros zur Aufbewahrung des Geldes gebaut , da 
er an Einkünften und Reichthum alle vor ihm übertroffen, 
fcheint rein fabelhaft, wie bie Schaplammern bed Hyrieus, 
des Augias von Trophonios und Agamedes, mit den Ge⸗ 
fügen voll Gold nnb Silber darin, und mit ber darauf übers 
tragenen Gefchichte von ber Schatzkammer bed Rhampfinit, *) 
wie Minyas, Hyriens und Augias, Trephonios und Agas 
medes ſelbſt. Nur ein uralter Reichthum in eria, wie in 
Orchomenos, ober eim mythiicher König, welcher Schaͤtze 
ſammelte, wie Autolykos auf bem Parnaß, leuchtet iaus 
den ſpaͤten Sagen hervor. Eben ſo aus der von Angias. 
Wir beſtreiten nicht, was Hr. Müller Orchomenos S. 99 
nachweiſt, daß zwiſchen ben Sagen von bem Schatze des 
Hyriens und bem bed Augias Zuſammenhang ſey, wonach Πε 
alfo eigentlich nur eine find , είπε Minyeiſche. Darum if 
auch mit beyben gleich die Aegyptiſche von ben beyden Schatz⸗ 
dieben , derem einer auf der Flucht ben Kopf ded andern mit 
fid) nimmt, verfnüpft worden. In ber Erzählung beB Pries 
flerd Gharar von Trophonios und Agamedes bey Augiad (bep 
Schol. Aristoph. Nub. 504) íft dad ταμιεῖον χρυσοῦν — ὦ 
καταλεύψαντες ἁρμὸν λίθου x. τ. λ. (m ταμιεῖον χρύσοὺ zu 
verwandeln. Hier ((tà eine befondre Gdjagtammer, mas 
fieht nicht welcher Art; wahrfcheintich aber ift eine jener um 
terirbifchen zu verſtehn, ein ὑπόγειον οἴκημα , wie ein Scho⸗ 
liem zu derfelben Stelle die Höhle des Trophonios nennt. 
Denn diefe, ein Quell der Schäße, ald ein Srafeí, ſcheint 
eigentlich ben Mittelbegriff zu bilden, durch welchen Tro⸗ 
phonios, ber ja auch in andrer Beziehung ein Pluton war, 
nebft Agamedes, welcher bie Weisheit ded Orakels angeht, **) 

*) 650 ift auf Telekles und Theodoros, bie den Apollon Pytha⸗ 
neus bilden, eine Aegyptiſche Anekdote Üübergetragen. 


. **) Darum fährt Zrophonios mit bem Φαπρίε ded Agamedes in 
die Kluft hernieder. Suid. Proverb. VI, ao. Darum heißt er audj 





474 . Anzeigen. 


da er das Heiligthum ſich ſelbſt zuerſt zum Verſtecke gebaut 
haben foll, mit der Gründung von Gebäuden, worin Schaͤtze 
verwahrt werben, verfnüpft worben iff. Und bamnm fällt bie 
Einrichtung bed Meffenifchen Thefauros auf, ber bird) einen 
einzelnen, flatt der Thüre dienenden , eingefugten und vers 
muthlich eingeflammerten, nicht ohne eine bejondre Vorrich⸗ 
tung und eine Art von geheimem Schlüffel wegzunehmenden 
Stein gefhhloffen war. Hierin, ba dieß febr wahrjcheinlich 
biefen Schagfellern überhaupt eigen war, (djeint der Aue 
Indpfungspunft für bie Aegyptifche Sage zu liegen. Bon 
ber Ge(taít des Thefauros bed Hyrieus fagt Ῥαμίαπίαδ (IX, 
37, 3) nichts; aber er neunt ihn ein Königshaus. Tropho⸗ 
niod unb Agamedes, fagt er, waren gefhicdt ben Göttern 
Tempel und βασίλεια den Menfchen zu bauen: καὶ γὰρ 
τῷ Anöllovs τὸν vaó» ᾠκοδομήσαντο τὸν ἐν «4ελφοῖς καὶ 
Ὑριεῖ τὸν Φησαυρόν. Alfo die Burg felbft nannte man δεις 
Schaß bed Hyrieus. Der biebí(dje Autolykos, ber nach Phes 
refydes Schäße fammelte (ἐνθησαύριζε»), baut fíd) nicht, zus 
Thefauros in Geftalt eines Tholos , ein µέγα δώμα in ber 
Ddyffee (XIX, 410); fondern die ift fein mütterliches 
Wohnhaus, 69 nov µοι κτήματ ἔασι; und vermuthlich 
nannte dieß die Sage bem Thefauros des Autolykos, (o wie 
der Schaß des Hyrieus und feine Königeburg eins find. In 
der gleichen Beziehung auf die verwahrten Schäge fcheint es 
und nun, bag das Banmeifterthum des Trophonios und 
Agamedes aud) auf den Tempel zu Pytho, deſſen Reichthü⸗ 
mer fchon in ber Ilias fprichwörtlich erwähnt find, und me 
ed fonit vorkommt, alſo aud auf den Arfadiichen des Pos 
feidon and auf den Thalamos des Amphitryon übergetragen 
worden if. Was den Orchomeniſchen Thefauros betrifft, (o 
(t die Trage allein, ob ben Orchomeniern eines fpäten 
Jahrhunderts, ald man längft gewohnt war, Theſauren zur 


Sohn bes Agamedes; ; ein heimlich ergeugter, να, mit Bezug 
auf das Unterirdiſche, doppelſinnig. Schol. Nub. 





8. D. Müllers Archäologie. 475 


Aufbewahrung von Weihgefchenten zu bauen, wie in Delphi, 
Dlympia, 9ebabea, vo der Schag des Trophonios (Corp. 
Inscr, n. 1571), zuzutrauen fey, daß fie, aus Stolz anf ben 
reichen Minyas und zum Trofte für ihre eigne Armuth, bad 
herrlichfte alte Denkmal ihrer Stadt lieber für deſſen Schatz⸗ 
haus ausgaben, als für fein Grab, wozu fie nun ein ans 
bre8 altes Grab erfehen mußten (wie fie auch eines zu bem 
des Hefiodos beflimmten), oder nicht. Wenigftend befteht al» 
lein in ihrer fpießbürgerlichen Auffage bey Paufaniad und 
einer Anfpielung des Priefterd Charar auf diefe ihre Annah⸗ 
me, was unfer Berf. ín den Wiener Sahrbüchern *) Tra⸗ 
dition be8 Alterthums binfichtlich der Theſauren nannte, 
welcher er nicht zu wiberfprechen wagte. Nach Pauſanias 
gab man in Srdjomenoó aud) den Baumeiftern des Schabes 
den alten König Erginos zum Water, ohne Zweifel wegen 
der Namendbedeutung SBerfmei(ter, ba bod) fonft Trophonios 
Sohn ded Apollon (ín Bezug auf Srafel), des Agameded 
(der Allwiffenheit), oder örtli des Stymphalod genannt 
wird. Charar, welcher nicht fange vor Paufaniad, nad) Ne⸗ 
ro und befjem Nachfolgern fchrieb , [gt den Trophoniod vom 
Augias erft tad) Orchomenos und dann von dba wieder nad) 
Qebabea entfliehen. Die Sage von dem Bau bed. Schapes, 
dem Diebflahl unb ber Flucht ded Trophonios von Elis nach 
febabea und bie Cinfled)tumg jener Aegyptifchen Sage ift bem 
Koyrenifchen Dichter ber Telegonee beftimmt zuzutrauen, ba ber 
Krater, woran bie Gefchichte vorfam, in Elis, von einem Cr» 
ben bet heerdenreichen Trift bed Augias gefchenft wird. Auch 
bie Verbindung des Attifchen Diebe Kerkyon, ber fid) auf 
der Flucht trennt und in Athen bleibt, mit Trophonios kann 
als eyifch gelten. Die vorhergängige Flucht nach Orchome⸗ 
nos aber, um dort das Schatzhaus zu bauen, if eine Baris 
ante, mythographifch ber älteren zugefellt, eine Schmarogers 


*) Der Abfchnitt über die ZThefauren if daraus abgebrndt in 
den Epochen der bildenden Kunft von Thierſch S. 10—16. 


476 Ungeigen. 


pflanze. Wenn demnach Sv. Müller εδ auch wahrſcheiulich 
findet, daß »bíe alten Auakten Griechenlands für ihre Waf⸗ 
fen, Becher, Gewänder und andre Stüde von Werth wohl ΄ 
gern ein beſondres Gebäude errichten mochten ,„« fo iſt bieg 
etwas ganz andres als wovon jene Volksſagen fprechen, Ges 
fäße voll Goldes und Silbers im Schatzhauſe des Hyriens, 
des Augiad (ταμιεῖον χρύσου) und natürlich eben fo in dem 
δεὸ Minyas; und etwad, wofür aus den Alten (diwerlid) 
ba6 Geringfte mit Grund anzuführen if. Bey Homer di, 
wie im Stammhaufe des Autolyfos, fo überhaupt im Kös 
sígéfaufe ſelbſt die Schatlammer. Durch den 9inébrad 
Φάλαμον κατ εβήσατο Odyss, II, 337 ift Nitzſch, welchem 
Hr. M. Hierin folgt, verleitet worden, »ein tieferliegende® 
Gewölbe, einen Keller« zu verſtehen, fo bag mum aud) Her 
feta und Menelaos in den Keller herabftiegen uns unter den 
Keimelien einen Becher und filbernen Krater, und aud bet 
Laden einen der bunten Peplen herauszunehmen (XV, 99), 
und in der Ilias (VI, 288) Φείαθε ftatt in ba8 buftige 
Wohngemach, in ben buftigen Keller hinabfteigt, wo ihr die 
bunten Sidonifchen Peplen verwahrt liegen. Aber ein Keller 
kann nicht leicht ὑψόροφος feyn und eine Stelle der Odyſſee 
ſelbſt (XXI, 8) beweift, bag hinab hier nur die Tiefe, wie 
wir (ager, ben hinterfien Raum ded Thalamos bebentet , B5 
à' ἔμεναι Φάλαμόνδε — ἔσχατον, wo die Keimelia bed 
Odyſſeus lagen, Erz, Gold und Eifen, Bogen und Köcher, 
und (DB. 43) der Penelope Laden ftanden mit duftenden Kleis 
dern, nach ber früheren Stelle Gold und Erz gehäuft waren, 
aud) wohlduftendeds Del und der befte, ältefte Wein, des 
Ddyfiensd harrend, in Gefäßen reihweid an der Wand (olefe 
nicht »vor allem,« fondern als eine Einfafjung der größeren 
Koftbarkeiten, für die 'biejer Raum eigentlich beftlimmt war.) 


(S.efdiiug folgt.) 


— — —— 











Befhluß der Anzeige 
von 8. D. Müllers Archäologie. 


In einer andern Stelle (Jl. XXIV, 191) heißt ed: αυ. 
τὸς Ó' ἐς Φάλαμον κατεβήσετο xmwirsa κέδρενον, und 
ein Keller aus Qebernbolg Cwoher der Duft, wie der 
Scol. bemerkt) ift aud) ein Unding. Es wäre zureichend 
gewefen Damme Lexikon zu vergleichen, wie Ref. hinterdrein 
thut. Diefer bemerkt ſchon: et notat id non solum βαφύ- 
τητώ τινα ἀλλὰ καὶ μέγεθος βασιλικοῦ Φαλάμου in genere, 
die Grösse der fürstlichen Wohnung, Sic xaredv πὀλ»», übers 
fegt aud) Od. II, 337 intravit, Nur hat er nod) nicht Die unges 
wohnte Bedeutung bed Zeitworts Mar und in allen Berbins 
dungen erfannt. Sie fommt auch, unb febr bezeichnend, bey 
dem großen Haufe der Kirfe vor (Od. X, 432), Ἱίρκης ἐς 
µέγαρον καταβήµεναι, aus weldjm man bie ‘Treppe hinabs 
fteigt (558), fo bag al(o von bem bloßen Eingange nicht 
herabfleigen, fondern hinauffleigen zu fagen wäre, und babere - 
auch die Grammatifer agítieger. Denn fie fcheinen dieſe Bes 
. deutung nicht erfannt zu haben, da Ariftarch Jl. VI, 288 
wohl nur barum emendirte 7 d’ εἰς οἴκον ἰοῦσα παοίστατον 
fo wie Sog Od. XXI, 8 85 d’ ἐµεναι Φάλαμόνδε emendirt: 
»eilete dann zur Kammer hinab, fanmt dienenden Weibern, 
binterwärtd.« Eben fo fíar it Od. XI, 522 αὐτὰρ or 
εἰς ἵππον xureßuivouev, wodurch fid) die Fänge des Raums 
aufichließt, wie die des Pythiſchen Tempels bey Pindar Pyth. 
IV, 55 τὸν μὲν πολυχρύσφ ποτ ἐν δώματι Φοῖβος άμνκοει 
Φέμισσιν Ilvdıov ναὺν καταβάντα (Schol, napaysyousvor,) 
Derfelbe Nem. IV, 38 σφόδρα ὀόδομεν δαΐων ὑπέρτεροι' 

N. Rhein. Muf. f. Phil. ll. 32 


478 Anzeige, 


ἐν φάει καταβαίνειν, wo der Scholiaft falſches einmifcht, 
aber auch das Hinfchreiten, Dinausfchreiten (Aeu- 
πρῶς διοδεύειν) audbrüdt. Diem verfteht in der er(lem 
Stelle bloß Eingehn, wie Odyss. IV, 680 κατ’ οὐδοῦ βάντα, 
und fo nimmt er aud) Od. X, 432 K/oxzc ὃς uéyago» xa- 
ταβήµεναι, erflärt auch die andre verichieden. 

Die Φάλαμοι ber Prötiden, wie man gewiſſe Gebünbe bey 
Tiryns nannte (Paus, II, 28, 8), waren unftreitig Wohnhäns 
fet, wie andre Iarapoı. So aud) ift ber Thalamos ber Alle 
meite, ber sad) Panfanias (IX, 44, 2) nod) in ben Trüm⸗ 
mern Thebend feuntfid) war, nichts anders ald ein Theil des 
Hauſes (oixéac) , welches dem Amphitryon Trophoͤnios und 
Agamedes erbanten, kein Tholos, Fein Thefauros nach jeßi- 
gem Gebrauche bed Wortd. Die Banmeifter fcheinen aud 
hier auf 9teiditbum zu deuten, welchen die Sage anf δίείε 
Art hyperboliſch pried. Eben fo entfchieden als bie Keller 
der Herrenhänfer vermirft Ref. den Theſauros als unterirdie 
fehen Behälter in Delphi, worauf aud) wieder in einer neus 
fich erfchienenen Unterfuchung über Homer und die Jliad von 
Grotefend als auf einer » Gruft«, in ber That nicht ale auf 
einem Fundamente, bie weiteflen Folgerungen nen aufgebaut 
worden find. Was kann klarer feyn als bie Homterifchen 
and Hefiodifchen Stellen, wo οὐδὸς durchgängig Schwelle 
bedeutet? {(ὀδὸς, wie οὖλος für ὅλος, οὖδας, Fußboden, 
Eſtrich, daun auch Erbboben.) Was verſtaändlicher alà in ber 
Iſias (IX, 404) οὐδ' ὅσα Aaivog οὐδὸς ἀφήτορος ἐντὸς é£o- 
«γει Φοίβου ᾽4πόλλωνος (mo Zenodots Emendation ηοῦ 
᾿πόλλωνος nur das Poetifche be& Ausdrucks abftreift)? Was 
gültiger zur Auslegung als die Odyſſee (VIII, 80), 09 ὑέρβη 
Aaiyov οὐδὸν χρησόµενος, ald der Qomeri(dbe Hymnus auf 
δει Pythiſchen Apollon (116), mad) welchem Trophonios 
nnb Agamedes auf breiten und langen Fundamenten bem 
λάΐνος ὀύδὸς legten und umher (nicht um die Schwelle, fons 
bert ringe die Grunbíagen entlang) aus behauenen Steinen 





8. D. Müllers Archäologie. 479 


ben Tempel bauten? Im Hymnus auf Hermes 238: κχατε- 


βήσατο λάένον οὐδὸν ἄντρον ἐς ἠερόεν ἕκατηβόλος αὐτὸς 
"Απόλλων, ift κατεβήσατο auf ἄντρον bezogen und ὑπέρβη 
mad; bem Sinn hinzuzudenten. In ber Orafelfíuft lag Gold 
unb Silber bier fo wenig als inıder Höhle des Trophonios, 
mo ed, nad) der Erzählung bed Pauſanias, einer fnchte und 
barum fterben mußte. Das Deiphifche Adyton, aus fünf 
Steinen, bey Stephanus (Seigod) ift von Trophonios und 
Agamedes, ber Theil, wie bad Ganze; unb vielleiht war 
dieß aus dem alten Tempel begbebaften, wie Hadrian zu 
Mantinea in einen neuen Tempel bem alten des Trophonios 
und Agamedes aufnehmen ließ (Paus. VIII, 40, 2) Die 
Emphafe, die offenbar in Auivog oddos liegt (man fieht εδ 
aud) in dem ben Gybariteit gegebenen Orakelſpruche bey Aes 
liau III, 43), fließt and der Heiligkeit ded Raums, aus 
dem Gefühle, womit man biefe Schwelle betrat. Θείο der 
Phokeer, ber wegen ber Stelle der Ilias den Marmorboden 
ded Tempels aufheben ließ (Strab. IX p. 424), fonnte ου δὸς 
nur als Schwelle verftehen, und wegen ἐντὸς nicht an einen 
Kellerbau , der (id) nicht verfledt hätte, fondern nur an ges 
beim vergrabne Schäße denfen. Kür Chefauren im eigentlis 
chen Sinn ober zur Aufbewahrung von Gold und Koſtbar⸗ 
feíten urfprünglich und ausfchließend beflimmte Räume gelten 
und daher nur jene Cdjagfeller des Atreus und feiner Söhne, 
bie in Argos und Meflene und die Chefauren bey den Tempeln. 
Einen alten Grabtholos konnte man, ἁθπίίά) wie die Tem⸗ 
pef, zur &djagfammer machen : und es ijt zu vermuthen, daß 
ed in Orchomenos gefchehen ift, als dort nach einer überfehenen 
Nachricht zur Odyſſee XI, 459 οἱ κοινοὲ τῶν πόλεων Jicav- 
ooi lagen , weßhalb die Stadt Afylie genop, indem hierdurd) 
bie Sage entfpringen konnte, bag (dom Minyas für feine 
eignen Gelder diefen Wunderbau aufgeführt habe Auch 
konnte man der unterirdifchen Schatgewölbe, wenn fie aufs 
fer Gebraud) gefommen waren, ftatt eines Gefaͤnguiſſes fid) 





480 Unzeige 


bedienen, wie dad Beyſpiel der Meffenier zeigt, unb eben 
fo jener Grabgewölbe. Lyfophron (350), bey weldem Kafs 
fanbra von Priamos in einen balfenlofen, oben zugewölbten 
Raum eingefperrt wird, nennt ihn zwar Parthenon, aber auch 
einen finftren Berfchloß und fcheint allerbinge einen Tholos 
wie dag Grab des Atreud zu verfiehn, wodurd die Stelle 
nicht verliert. Bon eigenen Gefängniffen jener Borzeit und 
deren Form ift nichts befannt, obgleich fie gewiß nicht fehls 
ten. Befondre Gebäude ber höchiten Kunft and Anftrengung, 
und von einem gewiſſen erhabenen nnb. ernften Charakter, 
fiehn zur Aufbewahrung von Neichthümern in feinem Bero 
häftniß und find ohne Beyfpiel unter andern Völkern; als 
Näume für SHabfeligkeiten ded Gebrauchs und der radit 
unb für Waffen, die man befier in der Naͤhe behält, fom» 
men fie and unglaublid nnb faft undenkbar vor. Keines⸗ 
wegs unwahrſcheinlich find dagegen, wiewohl benfmiürbig 
genug und reich an großen Folgerungen für die Zeit, foldhe 
erhabene Denkmaͤler zu Ehren eined Königsgefchlechtd nud 
feines Ahnheren. Das Grab (χώμα) bed Tityos in Eubda 
batte ein Drittel Stadium im Umfange (Paus. X, 4, 4); das 
der Epigonen von Argos bey Glifad war ein Heiner, fpäter 
von Bäumen bebedter Hügel (Id. IX, 19, 2.) Das Grab 
beó Aepytos in Arkadien, das in ber Sliad (IT, 604) uud 
bey Theofrit (I, 425) vorfommt unb von Gell. wiedergefuns 
den wurde, aud) ein Erbhügel, weldhen Pauſanias (VIN, 
46, 2) unanfehnlich findet, ift ringsum auf einer Grund» 
[age von unbehauenen Steinen errichtet. Auch fab Ῥαμία, 
nias (II, 25, 1) ohnweit Argos ein yyramidenähnliches Grabe 
mal, welches den im Kampfe zwifchen Akriſios und Prötog, 
ald man zuerft mit hölzernen Schilden ftritt, Gefallenen ers 
richtet worden feyn follte, und in Gelíó Argolid wird eine 
andre ſtark zerflörte Pyramide, die vierzig Fuß ind Gevierte 
mißt, entfernter von Argos als bie von Paufaniad angeges 
bene, befchrieben. Alle dieſe Denkmäler können ald Ueber⸗ 


8. Ὁ. Mullers Archäologie. 431 


gänge zu dem Grabmale bed Atreus, und wie wir annehs 
men, des Minyas, von fo viel Fünftlicherem Bau unb wahrs 
fheinlid von prachtvoller Einrichtung im Snneren, gelten; 
Anftalten die (id) im Hinficht des königlichen Anfehnd und 
Glanzes, die fie verrathen , mit ben morgenlänbifchen Grab; 
monumenten, eined Cyrus, Darınd u. a. (wovon €. 270 
. des Handbuchs die Rede if) vergleichen [a(fen. Bedeutend 
abnehmend an Größe find die Drey andern Rundgebäude, or 
treasuries, wie aud) er annimmt, deren lieberrefle Dobwell 
(11, 306) befchreibt, das eine mit einer Pforte über 7, das 
andre von 51/5 $. Breite; bie Mauer des erften 10 F. did. 
Zur Beftätigung unfrer Erflärung dienen endli auch bie 
koloſſalen Sarbdinifchen Nuregen, deren Beſtimmung zu Grab» 
flätten ganz neuerlich Hr. bella Marmora zu Turin in et 
nem von ber Hall. Litt. Zeit. im December vorigen Jahres 
(N. 101) -mitgetheilten Schreiben von. neuem. zu erhärten 
ſucht; fo mie bie torre de’ Giganti auf der. Infel Φομο bey 


Malta, worüber das Bullettino des ατώἀοί. Snfituté im 


Juuy beffelben Jahres einen fchägbaren Bericht giebt. Bey 
all dem ift ‚nicht zu verbeblen, bag es auffällt, den Pauſa⸗ 
mía über die Form des von und fo fehr bemumbesten Gras 
bed des Atrens (tilljd)meigenb weggehn zu fehn, ba er [ρᾶ, 
terbin den angeblichen Thefauros in Orchomenod , der zwar 
größer war, felbft fo fehr anftannt. Uber von Schweigen 
und Uebergehn laflen fid) aus Ῥαμ[απίαὸ viele Beyfpiele aufs 
fielen, wodurch diefe Schwierigkeit zu heben (ft. 

Den kleinen burd) Hawkins bekannt gewordnen Tempel 
auf Berg Ocha ©. 33 (vermuthlidy ein Heräon) würden wir, 
ba er mod) fáufeníoà und mit pyramidalifchem Thore verfes 
. ben ift, ald einzigen Ueberreft in Griechenland, aber in Ver⸗ 
bindung mit bem alten Delphifcyen im Hymnus auf ben Py⸗ 
thifchen Apollon befchriebenen und durch den λάΐνος οὐδὸς 
ber Ilias und Odyſſee ficher bezeichneten, fo wie mit andern 
glaubhaft überlieferten Tempeln, auf die Kyklopifchen Maus 


+ 


482 Anzeige. 


ern folgen laſſen, und darauf erſt die Doriſche Bauart. Daß 
dieſe mit der Einwanderung der Dorier beutlih zuſammen⸗ 
hänge (6. 31), ift nicht leicht nachzuweiſen. Cigentlih bat 
nur Korintb eine beflimmte, und in ber That eine fehr bes 
beutenbe Sage für (íd), die bey Pindar über die Erfindung 
des GBiebelfeldes. . Denn biefed deutet auf Säulen darunter 
und die ganze eigentlich, Griechifche Bauart, die man fpäters 
bin, ba fie ſich verbreitete, [Φείπι Dorifch genannt zu haben 
wie dad altgriechifche Kleid, wie nod) Aeſchylus in bem Pers 
fern die Hellenen Dorer nennt. Die Erklärung bed αέτωμα, 
des zwiefachen über ble Göttertempel geſetzten Adlers, 
nach Pindars poetifchem, den impofanten Cinbrud bes Fron⸗ 
tons veranfchanlichenden Ausdruck, ber aber vermuthlich alt 
$olfémügig war unb auch im gemeinen eben , obgleich «Dol» 
[ur VII, 449 ihn als poetí(d) betrachtet, allgemein üblich 
war (Ariftophanes Av. 1140. Euripides Hypsip. 12. Pause 
faniad I, 24,5. V, 10, 2. IX, τε, 3, X, 19, 5: babet 
eicrialos λίθοι in der Inſchrift C. 1. n. 150, 73), won εί. 
nem im Gíebelfelb angebradjten Adler, nad) Windelmann, 
Visconti unb Böckh Expl. p. 213, ig (idjer nicht bie Fichtie 
ge; vielmehr bie bey Bekker Anecd. Gr, I, 36r: adsser, ru 
προνόμια τῶν ναὦν, τὰ φατνώµατα τῶν ὀρόφαν, διὰ τὸ 
ἐοικέναι πτέρυξι ἀετῶν, big aud) bey Galen Lex. Hippoer. 
Suidas, Euſtathius (JI. IV, 347 p. 4352) und, unter andern 
irrigen, bey Photius Quaest, Amphiloch. 24 in 9f. Mais 
Collect. Vatic, I, 250 vorfommt. Diefelbe befolgen Timäog 
and Didymos in den Scholien zum Pindar, nicht die andre; 
von Neueren aber H. Stephauus im Theſaurus, Foeſins, 
Stieglig, Broͤndſted Reife in Griechenland 11, 154, und vors 
zuglich Böttiger in einem trefflihen Excurs Amalthea 1, 
74—74. Weder von einem Adler ald antefixum is Relief in 
der Mitte, noch von zweyen ald Akroterien iſt der Gebrauch 
als alt oder al8 ziemlicd, allgemein erwiefen ; aud) wäre fob 
de Verzierung fein Gegenftand fo großen Ruhmes, und cine 





$8. D. Müllers Archäologie. 483 


ſolche Si benfadye, zumal da Πε nicht allgemein war, fouberu 
aubre Figuren ale Afroterien befannt find, fein wahrfchein: 
licher Anlaß zur Benennung des Frontons geweien. Bey 
Plinius XXXV, 45 geht Ac (et fastigia templorum orta) 
auf Korinth, nice auf bie personas tegularum imbricibus 
impositas. Vielleicht würde (id) lehrreich nachweifen laflen, 
wie aus bem Aetom bie ganze Doriſche Baukunſt fid) ent» 
widelte, fo wie bie Deutſche aus dem Cpigbogen, nad) 
Boiffereed Auseinanderſetzung, der in (id) wolleubetitem, nad) 
biftori(d) stheoretifcher Eutwicklung uud Darſtellung meiſter⸗ 
hafteſten Schrift über Kunfigegenflände, bie wir feunem. 
Diefe von Pindar erwähnte Erfindung in Korinth fagt mehr, 
als daß Doros das Heräon bey Argos erbant haben fol 
(Vitr. IV, 15, eiue federe Dichtung, die (id ganz unzeitig 
des Stammpaters bedient nnd vielleicht wur ben Cultuá ans 
gieng, ben man baburd), obwohl uuwahr, für uabori(d) 
emégab. Wenn bie Doriſche Bauart überhanpt von Korinth 
ausgegangen war, fo erfeheint es weniger sufällig. bof ber 
Tuscaniſche Tempelban van bem Dorikchen abhieng, ba 
überhaupt Korinthifche Sunft mit Damaratos (Ol. 29) uad) 
Etrurien einzog , und daß ed aud) ein Kopinther war, ber 
nad DI. 58 ben Delphifchen Tempel neu qufhaute. Später | 
erhielt bíejer alte Hauptort der Architeftur durch Kallima⸗ 
djo8, ber das neue Capital und Säulenuerhältsiß erfinder, 
von neuem einen Vorſprung. Die Erfindung ber Dyxiſchen 
Bauart allein aus der Allgemeinheit eines Volkscharakters 
berzuleiten, wenn nichts einzelnes hifterifches hinzukommt, 
bleibt immer mislich; wohl aber if ihr Charakter in ber 
Ausbildung und. ber Bewahrung gewifler Formen und Vers 
bültrige au den Charakter des Volksſtamms zu halten: und 
in biejer Hinſicht id gerade der Gegenfag ber Sonifchen Ar 
diiteftur fo lehrreich. Diefe ale etwas  »wefentlid) verfchies 
bened«, ohne allmälige Uebergänge, alio entweder als. eine 
zweyte Erfindung im Wefentlichen der Bauart, obra ald ents 


484 Unjeige. 


lehnt von Ῥει[οροῖίδ, wie wir einzelne Verhaͤltniſſe und 
Verzierungen bort wieder finden, fich vorzuftellen fant Ref. 
fid) nicht entfchließen. 

6. 40 entzieht der Bf. dem Knoſſiſchen Dädalos bew 
Tanz von Sünglingen und Iungfrauen, welchen nadı bem 
Schilde des Achilles (Jl, XVIII, 590) die Kreter, indem ge 
dafür ein Marmorrelief unterfhoben und andgaben, aber auch 
alle Leſer Homerd ohne Ausnahme verftanden, namentlich auch 
Voß in den Mythol. Br. IIT, 106. Denn aud die Gram; 
matífer, welche χορὀν für den Tanzplatz nehmen, verftehen 
bod) augleid) die Tänzer mít. Aber (fe irrten fehr, wern ffe 
meynten, daß χορὸς wegen ἔνδα hier nicht den Tanz ſelbſt 
bedeute; denn ἔνθα, auf das Bildwerk bezogen, ift ohne ab 
[en Anftoß. In ber Odyſſee (VIII, 260), wo bie Bebentung 
Tanzplatz wirklich (att findet, heißt e8 λείηναν δὲ χορὀν; *) 
bier aber ὁ[αίδαλος ἤσκησεν, der gewöhnliche Ausdruck von 
"Runftarbeit, wie ſchon Thierfch in ben Epochen 6. 37 in Bes 
zug auf bie Stelle bemerft hat. Da dieß feft (tebt, fo dachte 
είπεν der Scholiaften an Säulen und Statuen, womit man 
den Platz rings, nad) Art ber fpäteren Zeiten, verziert babe. 
Weder δίεβ, nod) das Ebnen Ὀεὸ Bodens (didt fi für ben 
Däbalod, und mod) weniger möchte ed für ben Dichter paf 
fen, flatt einfach ein Sun(tmert mit dem andern zu vergleis 
hen, nut für einen Theil eine Aehnlichkeit aufzuſuchen, nb 
für weichen Theil? An dem Schilde fonnte bod) ber Tanz 
pfag nur ald ein Raum gebacht werben, wie in der Odyſſee 
(XII, 4. 318) der Eos οἐχία xai χορού, ber Nymphen καλοὲ 
χοροὲ ἠδὲ Φόωκοι; und der χορὸς in Sparta, wo bie Ephes 
ben die Gymnopädien tanzten, war bod) eben auch nur ein 
Platz (τόποξ) Dennoch ift Riefch zur Odyſſee (VII, 258. 
262) der 9Rüller(en Erklärung beygetreten. Wahrfcheiukich 


, 3) In ber Ilias TII, 393 i. xooóvde ἔρχεσθαι zum Tanz gehe, 
wie Od. VI, 65 ἐς χορὸν ἔρχεσθαι , ib. 157 χορὸν εἰσοιχνεῦσαν» 
denn es folgt: n& xoooío réor λήγοντα χαθίζει», 


κ 








4. O. Müllers Archäologie. 485 


{ft γορὸς von veo, von bem ἀλλήλων ἐπὲ καρπῷ χεῖρας 
ἔχειν, unb ber Ῥίας felbft wird Tanz genannt, mie ber Schos 
liaſt zur Odyſſee richtig erflärt, ähnlich wie man Fiſch im 
Athen fagte, und Del für den Srt, wo fie verfauft wurden. 
Hingegen ift in καλλέχορος (Sch. Od. XI, 28:1) wie in εὐ- 
ovyoooc bad ω daftylifch verkürzt. 

€. 45. "Edoc ift das Gottesbild mit Bezug auf δίε ins 
mwohnende Gottheit, ein wichtiger Ausdrud daher in feinem 
lang fortgefegten Gebrauch; ein Sibbild aber wohl fo wenig 
jemals, wie cubile ein liegendes bezeichnen fünnte. Die κα- 
ταµύσεις des Pallasbildes find eine folge diefed Claus 
bens, nicht ein Mythus über die ὄμματα usuvxóra , 
bie ja aud) andern als Götterfiguren gemein waren. 
Daffelde Palladium, das blinzt, zückt auch bie Lanze, 
aber beybed nur gegen den Frevler im Seiligthum, eis 
nen 2ofrifchen Ajad, oder wendet fid) ab bey dem Mord 
am MAltare, wie bie Here in Spbarid (Athen, ΧΙ p. 
5o: f), ober fchmigt bey Landesgefahren aus Angit, nad) 
dem Drafel bey Herodot VII, 140 und andern Stellen 
(Wessel ad Diod, XVII, 10.) 

In ber zweyten und den folgenden Perioden follten 
in ben Berzeichniflen der untergegangenen nnd ber erhalte 
nen Tempel wohl die Sonifchen und die Dorifchen getrennt, 
aud) bey jedem einzelnen Tempel die befondre Gattung wer 
nigftend genannt fepn, wenn aud) die Erklärung berfelden 
bem fuftematifchen Theile vorbehalten blieb. Es fällt in bie 
zweyte Periode aud) das Didymäon, das S. 87 in ber drits 
ten vorkommt , wogegen ein Theil der Tempel in Selinunt 
(6. 57) nod) der erften anheim fällt. Thierfch 6. 423 fcheint 
richtig zu urtfeilen. Bey ber bildenden Kunft beginnt hier 
die durch baé ganze Werk verbreitete Terminologie einzugreis 
fen, monad) Toreut, Toreutik die Goldelfenbeinarbeit 
einfchließt. Durch ein eigenes Schickſal ift ber Srrtbum Quas 
fremere$, gegen welchen Ref. in einer Beurthrilung des 


486 Unzyeige 


Slarackhed Mufeumsd in den Aunalen bes ardäologifchen 
Inſtituts fpät proteflirt bat, ba eine (djom für feine Zeite 
(drift in Göttingen, bald nad) Erfcheinung des Jupiter Olym. 
pien, gefchriebene Rec. ungedrudt geblieben war, in unzäb⸗ 
lige Schriften über alte Kunft unb in andre übergegangen 
und hat taufendfältige Verwirrung angerichtet, Wie hängt 
e8 ὁ. 3. zufammen wenn wir bier in ber vierten Periode 
©. 140 $ofojjalbilber in Tempeln, argentum caelatum , 4i 
κρότεχνοι unter Toreutik in demfelben Paragraphen verbuns 
ben fehn? und ebenfo im technifchen Theile €. 376. Mas 
konnte eben fo gut Elephanten und Inſekten, etwa bed Stüfs 
felö wegen, in dieſelbe Klafie fegen, wie des Phibiad mit 
Gold und Elfenbein befleideten Kolofj, ber, wenn er aufs 
(liege, dad Dach aufheben würde, und bie Kleinen Arbeiten, 
wegen beren gerade er bey Plinius toreutices stator genannt 
wird. Unter ἀνδριάντας €. 63 wäre ber Bathyllos, vou 
Dolykrated in Samos geweiht, zu feßen, wenn nicht bie 
Beichreibung ded Apuleius (que nibil videor effectius cog- 
novisse) flarfen Verdacht erregte, bag ein fo lebensvolled 
Bild fpäterer Zeit angehörte. Man fómme in bem Muſenm, 
welches das Heräon ausmachte, einem reizenden jungen Ki 
tharöden είπε falfche Sufchrift gegeben haben, wie die be$ 
Naniſchen (jegt dem Grafen Pourtaled gehörigen Erzfigärs 
chend (6. 69) gewiß aud) falfch ift. Daß aber ber Df. Dies 
fen Bathull für Phobos Bathyllos nimmt, ber aud) ©. 105 
und 467 wieberfehrt, beruht auf einer Erflärung des Schlufs 
fed eines fchleckten Anafreontifchen Gedichte, bie wir ibm 
nodjmalé zu prüfen auffodern. 

Ueber Yeginetifchen Styl (OS. 68), im gewöhnlichen 
Sinne, fommt bey bem Alten nichts vor, aufer bag nad 
Ῥαμ[αμίαὸ (VIL, 53, 5. X, 56, 5) ber Aeginifchen Artemis 
Limnatis ober Diftgmma in Tegea und anderwärtd, aus 
ſchwarzem Marmor und Ebenholz, und (I, 42, 7) in Megara 
einem Apollon aus Ebenholz, ähnlich den -«4ὐγινητικυὲς ἐβ- 


bl 











8. S. Müllers Archäologie. 487 


yors, an denen nad) Heſychius Die Beine nicht getrennt was 
ren, Alyınıvar ἐργασίαν zufchrieb (wie man τετράγωνος &p- 
γασία von ben Hermen fagt, ober Paufaniad κίονες ἐργασίας 
τῆς Ἰώνων), bezüglich alfo auf bie πόδας συµβεβηκότας unb 
die Karbe. Ein hölgerner Apoll in 9legina CIL, 30, 1), τέχ- 
νης τῆς ἐπιχωρίου, wird ähnlich gewefen feyn, ba Artemis 
und Dionyfos ald Gewandfiguren entgegengeftellt find; und 
dieß beflätigt auch der Erpthräifche Herafles (VII, 5, 3), 
ber »weder den (ogenanuten Neginäifchen, mod) den älteften 
ähnlich, fondern durchaus Aegyptiſche war. Vgl. Bullett. 
dell inst. archeol, 1831 p. 188. Die Crgmijdjung von Yes 
gina war berühmt, nnb gewifle wilde Bode, bie barin ges 
macht wurden, und im Bruftbild auch auf Münzen von Ae⸗ 
gina (alà Zeichen bed Namens) gefunden werben, nennt Pau⸗ 
ſanias X, 17, 6 «4ἰγιναίαν τέχνη», nidyt des Stylömegen, fonts 
dern der Art und dem Ort nad. Den Ramen bes Aeginetifchen 
Stols für ben älteren überhaupt hasten nach der Belannt- 
werbung ber Giebelgruppen von Aegina Quatremere be 
Quincy, Bisconti, auch berühmte Deutſche Gelehrte ſchnell in 
Umlauf gefegt. Ref. erflärte fid dagegen in einer ausführ⸗ 
lichen Kritik ted Berichts von Wagner unb Schelling in den 
Gétting. Anzeigen 4818 ©. 1145. Hr. Gattaneo in Mais 
[anb (Osservazioni sopra un framm. di bronzo Mil. 1819 
p. 21) fchlug dafür vor Stalíoti(d) , weil bie altisalifchen 
Münzen, die in ber frühen Zeit Die Griechiſchen übertreffen, 
biefem Aeginetifchen Style gleichen. Diefe Cínfeitigfeiteu find 
vorüber: aber wenn Hr. M. ©. 69 fagt, man nenne ben 
altgriechifchen Styl den hieratifhen oder ardaiftis 
hen Styl, fo möchten wir den wefentlichen Linterfchieb 
geltend machen, wonach biefe Ausdrücke, beyde begeichuend, 
gebraucht werben konnen und vielfältig bisher ſchon ges 
braucht wurden, wiewohl allerdings auch manche vorzügliche 
Gelehrte nur maniera arcaica Greca und elegante Greca ges 
geneisanderüberflellen. Der Name stile ioratico , für bag, 


488 Anzeige. 


was Windelmann Etruriſch nannte, findet (id) in Joegas 
Papieren [ώοι im Sahr 1789, und war eine Cntbedung, 
hervorgegangen aus Einficht in das Wefen ſowohl ber Stunt 
a[8 in das des Zempelgebrauchd, bie durch diefen Begriff 
aufgefchloffen werben. Herder ſpricht in der Kalligone (HI, 
200) vom »fogenannten heiligen oder Kirchehfiple« , wahrs 
fcheinlich mad) 3oegaé Belehrung, bod) ohne des Vorgangs 
zu gebenfen , wie. große Geilter pflegen und felbit die klein⸗ 
ften nicht weniger. Böttiger in ber ber Ausgabe des Longin 
4809 vorangeftellten Explicatio anaglyphi, bemerft , bag man 
von diefem Style beutígeé Tags zu reden angefangen habe, 
nnd bedient fíd) ded Namens in der Mychol. ber Juno nnb 
fonft öfter. Zoega aber unterfchied zugleich auch (dom bem 
wirklich alten Styl, ber nad) bem vorherrfchenden Geifte der 
Periode und mad) Beziehungen, die in den Werfen berfelben 
fh am zahlreichfien vereint finden , ber hieratifche oder Cem» 
pelſtyl Cbezeichnender als der 'archaifche oder alte) genannt 
werden Tann, und ben stilo 'imitativo (3. B. Dassir. T. II p. 
57) oder ben arcaiftifchen. Leichter find die Werke bed legs 
ten, als die beà eriten beſtimmt zu erfennen, ſowohl in Res 
liefen als in DBafengemälden. Die Berfuche, biefe Untere 
ſcheidung bey einer Reihe der befannteften Denfmäler , und 
bie zur Sonderung und Ginorbnung in bie wahrfcheintiche 
:Zeitfolge am meiften auffodern, durchzuführen, haben gewiß 
jeden, ber fid) der Kunftgefchichte und der Erforfchung ber 
religiöfen und dichterifchen Mythen ernfilich und aus wahrer 
‚Liebhaberey widmet, leicht fo viel ald irgend etmad auf dies 
(επι weiten Feld endlofer Betradıtung und Prüfung befchäfs 
tigt: und ed hätte Daher aud) wohl gleich hier von biefem 
Unterfchied und von ber Wortbauer bed alten Styls ὑμτώ 
alle Zeiten bie Rede feyn follen. inter ben Dentmälern, bie uns 
fer Df. aufführt, find aud) mande archaiftifche, wieder Dresd⸗ 
ner Gandelaberfuß, das Eapitolinifche Puteal mit zwölf Góts 
tern u. a. aber vielleicht nur der früheren Urbilder wegen, gen nut. 





8. 9). Müllers Archäologie. 499 


Die Paragraphen über den Styl der bildenden Kunſt, 
bie 6. 65 auf die Gculptur folgen, würden beffer den ſaͤmmt⸗ 
lichen Arten entweder voraudgehn oder nachfolgen. Unter 
diefen ift bie Malerey verfürgt, da ber Df. mit Mifon 
bier beginnt. Die Schule οι. Thafos , Aglaophon, Polygs 
nots unb Ariftophond Bater unb Meifter, geht dem Kimon 
voran; der Athener Eumaros aber, qui- primus in pictura 
marem feminamque dıscrevit, figuras omnes imitari ausus, 
weichen Hr. M. (6. 49) vor der 50. DI. fett, dürfte in bie 
zweyte Periode gehören, ba nad) Plinius Kimon deſſen Er- 
findungen ausbildete, alfo wohl aud) der Zeit nad) fid) ziem⸗ 
lich ihm anfchloß. 

Dritte Periode. Athen wird Mittelpunkt. Doch 
follten Sicilien u. a. Orte (wie in ber folgenden Periode 
6. 198) aud) in die Ueberficht aufgenommen ſeyn. Die Ars 
djiteften, ein Iktinos, Libon, Skopas. u. a. mochten hier, 
wie die ber vierten Periode €. 131, angeführt, bie Tempel 
aber hier und dort den fpäteren Arten der Gebäude voran 
gefegt werden. Bon Polyflet wird ©. 99 bemerft, daß er 
in feiner Hera nach Cínigen bie Kunſt der Toreutik nod 
vervolifommnete, bod) in Götterbildern im Allgemeinen bem 
Phiviad bey weitem nachitand: tereuticen sic erudisse ut 
Phidias aperuisse judicatur. Da dieß nicht Koloffe, fondern - 
die bloße caelatura angeht, worin aud) Mpron zugleich bes 
rübmt war, fo ift fein Widerfpruch zwifchen Plinius und 
Quinctilian: Phidias in ebore longe citra aemulum, ober 
Strabon: τά Πνλυχλείτου $óava τῇ τέχνῃ κάλλιστα, wähs 
rend bem Phidiad τὸ σεμνὸν καὶ µεγαλότεχνο» eigen ifl. Die 
Nachbildung der Hera im lupiter Olympien ift fchlimmer 
ald eine Saricatur. Die Gmenbatiott quem et canona arti- 
üces vocant, für et quem achtet Ref. für unmiderleglich bes 
feitigt durch Thierfch &. 357 f. Bon Phidias am tritt die 
Torentif unter die Kunilarten, und wird bald eine [εῦτ bes 
Jiebte und bedeutende, und fpäterhin immer mehr ein fruchts 


400 YUnzeige 


bare8 Feld der geiftreichiten Erfindung. Die Gruppe ber 
Niobe ift merkwürdig genug burd) den in Soiſſons gefund⸗ 
nem Pädagogod mit einem Knaben, woeldyem R. Rochette in 
den Mon. ined,‘pl. 79 mittheilt, bereichert worden. In bie 
von unferm Bf. in den Dentmälern der alten K. Taf. XXXIII 
f. verfuchte Anordnung der Hauptitatuen geht diefe Gruppe 
nicht ein. Die befannte Panfratiaftengrupye,, die mas fonft 
unter die Niobiden (tellte, ift dort Taf. XXXV, 149 als 
Nachbildung des Kephiffobotifhen Stingerpaaré gegeben unb 
bie alte von Windelmann , Meyer, Böttiger, neulich από 
von Anfelm Feuerbach in feinem Batic. Apollo ©. 74 anges 
nommene Erklärung ift dort und auch in unferm Handbuche 
6. 107. 594 befolgt. Kephiffobot aber, ald Erbe der väter, 
lichen (Praritelifhen) Kunft, berühmt burd) feine Setären, 
fegte wohl die Welt nur burd) ein erotifched Symplegma 
(Martial, XII, 43, 9) in Erftaunen; und eö war ein flars 
feó Misverftändniß Pana et Olympum /uctantes, von Helios 
bet — quod est alterum in terris symplegma nobile (Plin. 
XXXVI, A, 10), ftatt ed zur Deutung beó. Kephiffobotifchen 
zu benugen, felbft für gymnaftifch au nehmen. Die Sache 
it Mar unb entichieden, aud) durch das (4, 8) Vorhergehende: 
Nec minor quaestio est in Septis Olympum et Pana Chi- 
ronemque cum Achille (lascives Geitenftüf von Pan als 
Lehrer nnb Olympos,) qni fecerint: praesertim cum capitali 
satisdatione fama judicet dignos. Dieß vermuthlich mad) 
einer rhetorifchen Schulübung,, einer Anflage der fünftler 
burd) den Sophrofgnen oder Kosmeten, und Verurtheilung 
zum Tode, woraus eine Kunftanefdote geworden. So ges 
nommen würde die Gruppe des Kephiſſodot, ald Wirkung 
und Fortfchritt, ald eine merfwürdige, aber natürliche Aus⸗ 
 artung der Praritelifhen Kunft S. 111 nicht fehlen dürfen: 
bít Weichheit des Fleifches und ber zarte Drud darauf war, 
was bie fünfller an biejem Marmor berunberten. 

Unter den Malern würden wir dem Polyguot (6. 117), 





8. D. Müllers Ardhäologie. 491 


dem Aefchylus unter ihnen, beu Namen ded großen geben, 
noch eher ald bem Apelles (€. 125), fo geiftreid) und tas 
lentvoll biefer aud) war, ein Menander im Lebenvollen und 
in Grazie ein Lyſias. Die herrfchende Stimme der Zeitges 
noffen und ber fpäteren Schriftiteller darf uns .nicht irren. 
So nennt Philodem περὶ ποιημάτων in den Drforbifchen 
Hercul, Volum, P. I! col. 55 p. 149 unter Beyfpielen der 
beiten in ihrer Art, als Ariſtides, Phokion, Cpifur, Perikles, 
die Malerey des Apelles; aber er fagt aud) auf derfelben 
Seite τό τε μιμεῖσθαι τὸν Ὅμηρον ἐμ πᾶσι καὶ Εὐρεπί- 
δην καὶ τοὺς ὁμοίως τεθαυµασμένους. — ©. 123 bie 
Zeihnung wird in pen Unterricht aufgenommen. Teles, bey 
Stob, XCVIII, 72, nennt unter den Meiftern der Epheben 
Den ζωγράφος und den ἁρμονικὸς, ber Ariochos (7) unb £e 
bes (13 p. 306 Schweigh.) dafür die κριτικούς. 

'^  Sierte Periode. Dinofrates, der Erbauer von 
Alerandria (mit Kleomenes von Nanfratis), ift e, der aud) 
die fogenaunte Pompejusſaͤule CS. 184) errichtet hat, wie 
Prof. Oſann in einem ſchon vor breg Sabren für die Schrifr 
ten des archäologifhen Inſtituts eingefchicdten Abhandlung 
zu großer Wahrfcheinlichkeit erhebt. Er bezieht auf ffe, ba 
Cyriacus Itiner. p. 50 von einem alten epigramma an ber 
Baſis fpricht, wonad fie von Dinofrated dem Alerander ets 
richtet (eg, bie, zwar fpätere, Infchrift bey Gruter (p. ‚CVI, 
2) und Muratori] (Π p. 949, 6), AHMOKPATHS (AEI- 
NOKPATHZ) περιχλυτος αθχιτεκτος µε ωρθωσεν dıa αλε- 
Ἑανδρου µακεδονος βασιλεως, und bie Etelle ded Auſonius 
Mosell. 311. Def. fügt zur Beftätigung des Aphthonius Cf» 
phraſis der Akropolis von Alerandria hinzu, woraus ſchon 
Soega de Obel, p. 607 entnahm, daß diefe Säule unter bes 
fagibem errichtet worden fey. Auch ift zu bemerken, bag Abs 
dollatif (trad. par Silv. de Sacy p. 282) verfihert, in Alles 
zandria 400 in zwey ober drey Stüde gebrochne Säulen von 
demfelben Stein, wie die ungeheure, und einem Drittheil 


4^9 Anzeige. 


oder Viertheile, wie es ſcheine, der Größe geſehen zu haben. 
Auch in Alexandria in Troas war eine ähnliche Säule ers 
richtet. Die Trajansſäule und ähnliche hatten bemnad) in 
ber Größe und Beflimmung ald koloffaler Etelen für ein 
alled überragendes Herrfcherhanpt eben fo wohl ein altes 
Vorbild als für die Umkleidung mit Reliefen in den Stylos 
pinafien von Kyzikos, Cabranba (lon, Ant, Ich. IV, 5) und 
dem Auguflustempel in Mylafa (bey Chishull.) Letronne 
(Rech. sur |’ Egypte p. 366) glaubte, daß bie Pompejuss 
fäule aus ben in den Sahren 205 — 9 eröffneten Granitbrüs 
fen hervorgegangen (eg. Als Uebergang von ber gewöhns 
lichen Stele zu deu Folofjalen, Füniglichen darf man vielleicht 
auch anführen, bag in Athen auf dem Kekropifchen Felſen 
zwey Korinthifche Säulen ftanden, die vermuthlich gemeihte 
Dreyfüße trugen (Stuart II, 45 vgl. 488 der Deutfchen Ue» 
berf.); fo aud), daß Aemilius Paulus, mad) Plutarch, in 
Delphi auf eine große Säule, die eine goldne Statue des 
Königs Perfeus aufnehmen follte, feine eigene ſetzen ließ. 
Unfer Bf. betrachtet die Anlage ganzer Städte als die größte 
Aufgabe des Architekten (S. 88), mo befonberà nod) Smyrs 
na aus Strabon XIV p. 646 und Vitruv I, 7, de electione 
locornm ad usum communem civitatis beyzufügen.) Leber 
bie Anficht laͤßt fich flreiten, in fo fern ba8 Erhabene nicht 
im Raume liegt: aber großartiger ald der Lindier Dinocha⸗ 
red, befonderd nach ber thurmgleichen Aleranderdfäule als 
Maßſtab und Schlußftein der ganzen, dem (δεί Aleranders 
nacheifernden Stadtanlage, ift in biejer ftunflart Fein andrer 
zu nennen. — Eine üde ifl, bag in diefer Periode bie 
Theater, die Gymnaſſen (Ion, Ant. T, II) im erweiterten 
Griechenlande ganz übergangen find; Πε vollftànbíg auszu⸗ 
füllen ift wegen der häufigen Ungewißheit ber Zeiten, ſchwie⸗ 
rig, aber, fo viel es geſchehen fann, aud) für die Gefchichte 
des Theaters und ber Muflk wichtig und nothmendig. 

Der geit ber Rhodiſchen Kunftbluthe eignet der Vf. dem 


8. O. Müllers Archäologie. 493 


Raofoon, wie den Stier, zu (5. 137) und erflürt. fid) bier 
(6. 130), fo wie früher in den Wiener Sahrbüchern (Bb. 
39), und wie auch kurz vorher Ref. gethan hatte (Bonner Kunfts 
muf. €. 29), entfchieden gegen Biscontid umnatürliche, aus 
gewiffen Prämiffen allzu Fühn erzwungne Anficht von einem 
fehshundertjährigen gleihen Gang unb Geifte der Kunft. 
So wie man bey Plinins similiter auf das zunächſt vor» 
bergebenbe de consilii sententia, bie gemeinfchaftliche Ars 
beit mehrerer Künſtler am €afoon, bezieht, *) anílatt dar 
burd) Palatinas demos Caesarum replevere mit qui est in 
Titi imperatoris domo zu verbinden, was an fich, zumal ba 
baé andere fo nah liegt, gezwungen iit, fo fällt für den Laos 
foon jede Zeitbefiimmung weg. Nur bag deu drey Künftlers 
paaren, qui Palatinas domos Caesarum replevere probatissi- 
mis signis, hinzugefügt ift: et singularis Aphrodisius Tral- 
lianus, würde und nöthigen das Aehnliche nicht in das Zus 
fammenarbeiten, fondern in dad Arbeiten für einen Kaifer 
gu fegen, wenn ed nicht Plinius wäre, der [Φτείθί, »der oft 
über ale Befchreibung nacjläffige Plinius,« mie Thierſch 
feloft (Epochen ©. 131) ihn nennt. Der Zufaß et singularis, 
ber aud) fpäter- flüchtig beygefügt feyn fünnte, paßt nicht im 
den Zufammenhang, follte aber wahrfcheinlich dienen, bie 
gelegentlich gegebene Notiz von bem Sauptbilbmerfen bes 
Kaiferpalafied zur Bollftändigfeit zu erheben. Daß gerade 
für dieſen Palaft, wenn nicht gleichzeitig , bod) bald hinter» 
einander drey Künftlerpaare fíd) zu gemeinfchaftlicher Arbeit 
vereinigt haben follten, was bod) immer nur ausnahmeweife 
and felten gefchehen konnte, **) Iäßt zweifeln, ob Plinius 
nicht zugleich noch Durch eine gefuchte, fehlerhafte, ihm ebenfalls 
eigne Kürze bie drey Künftlerpaare fcheinbar zu Zeitgenoflen ber 


*) €» Heyne Opusc. V, 3gı, 


**) ud) barum würde es febr auffallend fepn , wenn man zu — 
verbinden hätte, für das Haus des Titus wie für das ber Caſarn 
petbanben (id) Künftier zu gemeinfchafslicher Arbeit. 


9€. Rhein. quf. f. Phil. 1l, 33 





494 Ungeige 


Kaifer macht (ald welche fle auch in unferm Sanbbude ©, 
110 und in Silligs Catal. artif, auftreten), da Πε es eigeuts 
lich nicht waren nod) fegm follten. Denn ed fónntem die 
Worte bey ihm allerdings auch bebeuten, daß jene ſechs 
Künftler, bie fonft unbekannt find, je zwey zuſammen, die 
trefflichen Werke machten, welche jetzt den Palaft ber Gà» 
fart erfüllten, ohne bag fie, zu ihrer Zeit, dieß ahnden 
fonnten; bag fie die Werke machten, bie gleichfam dazu bes 
flimmt waren, ober welche die hohe Auszeichnung erhielten, 
den Palaft ber Caͤſarn zu fehmüden. Hierauf i(t auch Visconti 
feloft verfallen. Er fagt: »Um nicht bie Wahrheit zu vers 
bebfen , was Plinius von den Künftlern fagt, Palatinas do- 
mos Caesarum replevere probatissimis signis, fünnte glaus 
ben machen, bag er (fe nicht (rüber ale dad Römiſche Kai⸗ 
ferreich hielt. Diefe Kolgerung, welcher indeflen von Ries 
manbem widerfprochen worden, fiheint mir nicht febr bünbig 
attendu la variété et la recherche que Pline a affecté dans 
ses phrases.« Die Worte vom Laofoon opus omnibus prae- 
ponendum gehn gewiß nicht auf die Werke im Ῥαϊαῇ: aud 
die Wiederholung im Lob summi artifices läßt diefe Ein» 
fchränfung nicht vermuthen. Wie die Stelle nad) dem Zur 
fammenhange mit dem VBorhergehenden die Zeitbeftimmung, 
die aus ber Verfnüpfung mit dem Folgenden abgeleitet wird, 
durchaus nicht enthalten ἔόππε, bat Sumpt in ben Berlimer 
Jahrbüchern 1833 Ἡ C. 86 treffend gezeigt. Er prüft dort 
die Bemerkungen Gerhards über die Zeit bed Laofoon und 
bie Kunſt der früheren Kaiferzeiten (im ber Beſchr. der Stadt 
Rom I, 201—906) , welcher das befonders Yon Thierfch auf 
die Worte beà Pliniud gelegte Gewicht, obwohl mit ſichtba⸗ 
rem Widerſtreben ſeines Kunſtgefühls und geſchichtlichen 
Sinnes, für entſcheidend anzuerkennen, gleich mehreren ans 
dern, nicht umbin Tonnte. Gegen die inneren Gründe des 
fcharffinnigen Verfaſſers der Epochen ift nicht im Vorbeygehn 
zu ſtreiten: wenigſtens είπε Abhandlung ift erforderlich, uns 


8. $. Müllers Archäologie. 495 


ihn felbft und andere zu überzeugen, bag man biefe Gründe 
zu würdigen und zu ehren wiffe, ohne ihnen beyzuflichten. 
Hier bemerfen wir nur mod), daß mad) Strabon (XIV p. 
652) in Rhodos die meiften Kunſtwerke fih im Dionyſion 
befanden, was einen näheren Bezug der Nhobifchen Kunfts 
fhule zum Theater vermuthen läßt. Auch der Charafter 
ber dortigen Nednerfchule ift mit ber pathetifchen Rhodiſchen 
Sculptur einigermaßen zu vergleichen, die wenigftend gewiß 
den Ton angab in derjenigen, die ſich enger an die Tragö⸗ 
die anfchloß.  Diefe Abtheilung ift jeßt durch eine von eus 
em an dad Licht gezogne Gruppe bereichert worden, bie von 
bem Troilos des Sophofles auszugehn feheint, und die eine 
fhon fonft wahrgenommene merfioürbige Kunftregel der Grle, 
chen, die Hauptfigur burch abfichtliche Unterordnung und Ber, 
nachläffigung der andern in ber fünflferi(d)em Ausführung 
zu heben, durch das Verhältniß des Heltor (wie wir antteb» 
men) zu ber (donem Leiche ded Knaben, bie er dem Achil⸗ 
leus vor dem Stäifchen Thor entriffen bat und in die Stadt 
trägt, von neuem. beftätigt. Die gegebene Erflärung hat 
Stef. neulih in D. €. Zimmermannd Zeitfchrift für Alters 
thumewiffenfhaft Febr. N. 6 6. 54 begründet. 

€. 306 ift dad Amphitheater von Capua nicht erwähnt, 
beffen Trümmer fo gewaltig, aber wenig befannt find. Dafs 
felbe Schidlfal haben bie ausgedehnten Ruinen auf der Höhe 
von Terracina, die fonft unter den Bauten Theodorichs ©. 
187 genannt feyn würden. — Cie erinnern an die Römifchen 
auf dem Palatin. dg 

€. 351 verdient bie Art von marmornen Afchengefäßen 
beygefügt zu werden, mit Infchriften und zuweilen aud) $i» 
guren , die in Attifa häufig gefunden werden. Das Mufeum 
des Louvre enthält deren mehrere. Mofchos IV, 34 ἕνα 
χρύσειον ἐς ὁστέα κρωσσὸν ἁπάντων λέξαντε, Erinna 
ep. 2 πένῶιµος κρωσσός So aud) Segeífpp ep. 6. Heſy⸗ 
chius κρωσσὀς, AzgxvJoc. Daher Letronne im Journ. des 


406 Anzeige. 


Sav. 1830 p. 508 beyde aud) für eins, als vase funéraire, 
erflärt. Aber λήκυδος ift nicht Waflergefäß, wie κρωσσός, 
nach Dichtern und Grammatitern, die Letronne anführt; 
die λήκυθος möchte hier und da κρωσσὸς genannt werden; 
aber ber Afchenfrug (κρωσσὸς) niemald λήκυδος, da bíiefe 
mur Wohlgerüche enthielt. 

€. 367. Ueber γυψοπλασία ift im Bonner Muf. S. 
7 bey Theophraft bie wichtige Stelle de lapid. $. 67 übers 
fehn. Er fagt vom Gypfe: diagége dà. δοκεῖ καὶ πρὸς 
ἀπομάγματα πολὺ τῶν ἄλλων. elc 0 καὶ χρῶνται μᾶλλο», 
καὶ μάλισθ) oi περὶ τὴν Ἑλλάδα [δια τήν] γλισχρότητα xai 
λειότητα. ( Graeciae artifices — ad excipiendas et expri- 
mendas formas.) Bey Herodot (III, 24. VII, 69) (ft γύψος 
fein andrer alà der befannte (Clarac Mus, du Louvre I p. 54.) 
Ein Zeus von Theofosmog, angeblich mil Hülfe des Phidias, 
von Thon und Gyps, das Geſicht von Gold unb Eifenbein. 
Paus. I, 4o, 3 — 6. 500 Not. 3. Die tunica picturis varie- 
gata einer Erzftatue bey Apulejus möchte mirffídje, emaifat» 
tige Malerey feyn, mie bie tabula Bembina enthält (S. 244), 
nad) Aegyptifcher Art (Plin, XXXIII, ο.) Weber die Fär- 
bung durch Erzmifchung, bie χαλκοῦ βαφάς, ift Hauptftelle 
Aesch, Agam. 623 vgl. 9tadjtr. zur Tril. €. 42, wozu Klaus 
fen in feiner Ausg. (570) noch dad Motiv hervorbebt , daß 
diefe Sunt damals vielleicht nen und wenigen bekannt war. 
— 6. 374 von ben Marmorarten. Kür Pärifhen Marmor 
wird von den Künſtlern allgemein, nicht ein feinförniger, 
fondern der marmo salino, mad) Art ded Salzes glänzende 
gehalten, und ber cipollino (ff ber Penthelifche, wie benu 
aud) die Befichreibung, die ber 9. von beyden giebt, übers 
einftimmt. Wichtig ift die Cntbedung des fchönen verde an- 
tico, beffen Herkunft ein Räthfel war, in Makedonien durch 
Gou(inerg. — ©. 375 xoviaoız ift nur ftalfanmurf, Stucco 
(lourn. des. Sav. 1833 p. 433, und [Φοι Salmas, Exerc. 
Plin.), nie die circumlitio, — S. 379, Aus Beruſtein 


8. D. Müllers Archäologie. 437 


die Statue des Auguſtus Paus. V, 12, 6 (τὸ δὲ ἄλλο ἦλε- 
κτρον ἀναμεμιγμένος ἐστὶν ἀργύρῳ χρυσὸς.) Plinius XXXVII, 
42 Taxatio in deliciis tanta, ut hominis quamvis parva ef- 
figies vivorum hominum vigentiumque pretia superet. Andre 
FSabricate daraus bey Dilthey de electro et Eridano Darm- 
stadii 4824 p. 195. Die von Hr. M. angeführte 2497»a 
ἠλεκτρίνη aneiner Fibula war wohl aus der gleichnamigen Mes 
tallmifchung, die, wie ber Bernitern, den Namen vom fonnigen 
Glanz batte (bent ἠδυφαές, nicht vor ἕλκτρον.) So die patera 
electrina, quae in medio Alexandri vultum haberet, bey 
Treb. Ῥοβίο, und andre Cadjen, die vorfommen. ©. bie 
angef. Abh. p. 9 und über bie Mifchung p. 7 s. (Plin, XI, 
4ο, 65 addere electris — b. i. auro argentoque — aera, ut 
Corinthia fiant, XXXVII, 12 in Coriuthiis aes placet auro 
argentoque mixtum. 

Den Benerfungen über das Schöne der natürlichen Ge». 
fichtöformen bey den Griechen 6. 405 fügen wir hinzu bie 
Schönheit verbunbner Augenbraunen ClIacebs ad Philostr, 
Imag. p. 60, 29); Augen πάνυ γλωυκοὶ, unfdon (Lucian 
Dial. meretr. 2); χείλη διηρηµένα (Aristaen T, 1 p. 213 cf. 
216) , προχειλίδια, nad) Dollur, λεπτὰ χείλη, σύκμετρα, 
über πρόχειλος T. Hemst. Aneed. p. 97, ber aud) über bag 
Haar p. 484 zu vergleichen ift, über bad dr«oiuo» τρίχωμα 
δε Zeus p. 200. 

Um auch von ben Gegenftánben der Kunft wenigflend 
εἰπίρεὸ zu berühren, bie Juno Ludoviſi €. 450 heißt nick 
gut eine Koloffalbüfte, ba der Kopf zu einer Statue ger 
hörte. Amphitrite €. 455, fonft felteit, ift an dem Ehren⸗ 
bogen be8 Auguftus zu Rimini, und an der Bafe von Agris 
gent mit dem Herafled gegen Ότευ Götterpaare, in den Mon, 
dell, instit, archeol. tav. 20, Ballett. 1834 p. 132—396. (9f. 
Schulzeit. 4834 R. 138.) Ref. bemerfte, bag diefed merke 
würdige Gemälde einem Zeftfpiele nachgebildet ſey; aud) 
Feuerbach Batic. Apollon S. 393 Auffert diefe Vermuthung 


408 Anzeige. 


eines yantomimifchen Tanzes; denn Politis Pugua de’ Gi- 
ganti ift dieſelbe Vaſe. Millingen wies einen folchen Tanz 
in der Darfiellung von Peleus und Thetis und in einer 
Backhhifchen an derfelben Bafe nach (Peint. de vases tab. 5 
p. ı2), und es finden fih andre Depípiele. Sowohl hinfichte 
lid der Orcheſtik a(à der Bafenerflärung verdient biefe 
Spur verfolgt zu werben. — Vollkommen  übereinftinmend 
ift dad ©. 493 über die Aphrodite Semerfte mitden Aus 
fihten, die Ref. immer in feinen Vorlefungen geltend zu machen 
fuchte, auch fonft bier und ba angedeutet hat, wie in Zoe⸗ 
gas Abhdl. 6. 418. Es ift bíeg einer ber Punkte, von bes 
sen bie wichtigften Neuerungen in ber Kunfigefchichte nud 
bem Kunfturtbeil, wozu unfere Zeit veranlaßte und berech⸗ 
tigte, audgehn mußten. Die Venus Genitrir (65. 495) fdyeint 
nur ber Abfunft des Julius Cäfar zu Ehren von Arkefilaos 
eingeführt zu feyn, fo mie Auguſtus nad) bem obe bes 
Julius ihr Spiele ftiftete. (Plin. II, 25), und hat fchwerlich 
bem Auguftifchen Ctaatégroede bie Ehen zu befördern gebient. 
Ohne Zufammenhang mit der früheren Urania, ftellt Πε die 
junge reigende Matrone bar, und ihre Vervielfältigung er⸗ 
klaͤrt (id) and der mod) weit größeren Anzahl der nadten 
Benudftatuen berfelben Zeiten. — Auf den fchönen Reliefen, 
wo Aphrodite bem Paris bie Helena zuführt (6. 501), faßt 
Stef. jene nicht ald Ehegöttin. — Die vom Schwan über 
Meer getragne Nymphe, die fo verfchieben gedeutet wird 
(€. 502), ift vielleicht Kyreue, die nach Afrifa getragen 
wird. Go Aegina burd) des Zeus Adler entführt, an einer 
Kolerfchen Bafe (Berl. Kunftbl. 1828 S. 350), fo Europa 
vom Gtiere bavongetragen. — Sollte ber bonus eventus 
aus lapis lazuli im Britt. Muf. S. 507 antik ſeyn? — Die 
Giuſtinianiſche Statue S. 509, eines der bedeutendften Denk» 
mäler der älteren Kunſt, nannte Zoega Hera. — 

Den Bacchiſchen Kreis (6. 510) , zwifchen den Olympi⸗ 
ſchen Zwölfgöttern unb den »neben» und untergeorbneten 


$8. D. Müllers Arhäologie, 492 


Gottheiten⸗, abzufondern, ift in ber Kunft nicht ohne große 
Unebenheiten. Auch Pofeidon bat feinen Kreis, der 6. 454 
mit bem Bacchiſchen fogar verglichen wird, Demeter, Aphro⸗ 
bite die ihrigen, und jeder biefer Kreife ift groß und manigs 
faltig. Θείο in der Mythologie würde eine fo allgemeine 
, €ntgegenfegung befchränfend ſeyn und manche andre wichtige 
Berhältniffe verrüden. Der weite Cyclus des Lebens des 
Dionyfos iff aus unedirten Reliefen mehr ald irgend eim 
andrer zu erweitern; befonderd aud) die Kindheit erfcheint 
Darin ald Gegenftand manigfaltiger Erfindungen und Spiele. 
An dem hieratifchen Relief in Winckelmanns Mon. ined, I, 
6, einem der wichtigeren und nod) nicht gehörig erklärten, 
ift Dionyſos nicht wirflich gepanzert, was aud) ber 3f. 6. 
515 bezweifelt, ſondern in ber Pantherhbaut. S. Zoega 
Dassir. T. II p. 255. ea Descr. ant, per la V. Alb. n. 
249. An bem Dentmal des Lyfitrates (6. 516 vgl. 112) iſt 
über dem Ausdruck ber Wildheit ber Gatgrm im Bäandigen 
der Tyrrhener nicht der durch Das Gange gehende behaglidhe 
Humor, der den Kampf zugleich zum Spiele zu machen 
fcheint , nnb burd) bie heitre Ruhe ded Dionyfod gehoben 
wird, zu überfehen. — ©. 528. Bey Eros follte die Zeit 
ber Beflügelung angegeben (eom, ba ed 6. 109 nicht geſche⸗ 
ben. — Eileithyia befinder fih S. 531 in befremdlicher Ge⸗ 
ſellſchaft. Die koloffale Melpomene ©. 534, obgleíd) 
Canova fie nicht liebte, was auf ihr Suritdbleiben in Paris 
Einfluß gehabt Bat, ift eins der 'erhabenften YBerfe. — ©. 
561 ijt irrthämlich nach Euripides in Som 158 (191) von 
Bildern an ben Metopen des Deiphifchen Tempels bie Rebe. 
— ©. 572. Die Dioskuren follten nicht bloß ale Nerven, 
fondern aud) unter den Dämonen erfiheinen. Zur Campabobros 
mie S. 804 ift, au(fer ber befannten marmornen Vaſe in Pers 
gamo$, woran das dortige Kacdelrennen zu Pferd, zu bemerfen : 
Spiegazione di un raro marmo Greco, nel quale si vede l'Attico 


modo di celebrare i giuochi lampadici. Napoli 179t. 


500 Anzeige. 


Den fo feltnen biftorifchen Darftelfungen «6. 582) ifi 
Telefilla beyzufügen aus Panfaniad TI, 20, 7, Autolykos ale 
Sieger im Pantration nad) Xenopbonéó Sympofion, von 
Leochares bep Plinius — (was der Erklärung, bag Polyklets 
Diadumenus molliter juvenis und Doryphorus viriliter puer 
den Prodifos nachabınten, zur Unterflüßung dient) — und, 
neben der Hochzeit des Maflniffa unb der Sophonidbe, Die 
beé Alerander und der Rorane von 9fétiom, bey Lucian 
Herod. 4 ss. Eine Thüre am Palatinifchen Apollotempel ento 
bielt, nach Propertius (II, 11, 23), deyectos Parnaesi vertice 
Gallos, ald 9tadje ded Gottes an dem Frevlern gegen fein 
Heiligthum, und bierburd) wird Stef. beftärft in der (m erſten 
Bande des Muſeums (6. 529) vorgetragnen, από im Hande 
buche 6. 598 berührten Meynung, bag der fogenannte ſter⸗ 
bende Fechter, eigentfid) ein Gallifcher Kriegsführer — das 
Galliſche und Britannifche Halsband findet fi aud) in ber 
von einem wackern jungen Schotten, J. Bladie, gründlid 
erffärten Markomannenſchlacht, an einem ber. ausgezeichnet⸗ 
ften Sarfophage, Mon. dell’ instit, archeol. tav. 5ο, Annal, 
IH, 307) — zur Giebelgruppe eined Apollotempeld ges 
hörte. 3) 


*) Weber bie meifterhafte Statue felbft find bort bie Obserra- 
tions sur la statue du pretendu Gladiateur mourant von R. Rodette 
in bem Feruſſacſchen Bulletin universel, Yuguft 1830 Sect, VII nicht 
erwähnt. Der gefefrte Dr. denft fich lieber eine Schlacktvorftellung 
nad Art der auf jenem Sarkophag vorgeftellten, von ihm bomalé 
sicht als Römiſch betrachteten, fondern als die Niederlage des Brens 
pus erklärten, und bod) auch wieder une figure d'ornement, propre 
à δίτο placée au pied d'un trophée ou sur tont autre monument 
honorifique, die, vielleicht nadjgebilbet bem vulneratus deficieus pog 
Ktefllaud, nachher in Rom une figure d'étude geworden fep, wie bet 
Seythe ober der Marfvad. Er eriunert an die Worte des Plinius: 
plures artifices fecere Attali et Eumenis adversus Gallos (in Mysia) 
proelia, Isigonus, Pyromachus, Stratonicus, Antigonus, Eiu proekam 
equestre führt Plinius aud von Cutbpfrate$, dem Sohne des 80; 
fipp, an, Alexandri veuationem von Lyſipp felb(t. Uber bey dem 
aroßen Unterfhiede der Statuengruppen von der malerifhen Compo 
fition ber Retiefe fheint e€ auf nichts mehr ald auf die hinſinkende 
Stellung der Figur anzufommen, bie bem MWinfel eines Sgmpanon 
fo fer augemeſſen ift. 


8. D. Müllers Arhäologie. 501 


Zwey berühmte Könige früherer Zeiten, auf Vaſen von 
Φοῖεί, Krdfos auf bem Scheiterbaufen, und Arkeſilaos 
von Kyrene — biefer im alten Styl und, wie ed fcheint, als 
Sefbfiverwalter eines Magazins von GSilphion, ald Gros 
händler , vielleicht nach einem Spottgedicht ober nach Anfpies 
lungen bramati(der Poffen der Zeit — erfchienen in beit 
zwey lebten Lieferungen ber Monum. dell’ instit. archeol. 
Taf. LIV und XLVII, durch bie Vorforge und glückliche 
Wahl des Herausgebers derfelben in Paris, Hr. Ῥαπο[α. 
Da gerade einige Bfätter auf biefem Bogen zufälliger Um⸗ 
flánte wegen auszufüllen (inb, fo glauben wir fie nicht befs- 
fer αἴδ mit einer kurzen Befchreibung und Erklärung wenige 
ſtens eines diefer überrafchenden und, bey fo manchen Gegen, 
fügen der Behandlung in Anfehung der gänzlichen Reuhelt 
einander ähnlichen Darftellungen benugen zu fünnen. Beyde 
find in den Annalen ſchon erflärt von bem Duc deLuynes, 
GSecretär der Franzöfifchen Abtheilung bed Inſtituts, Arkeſl⸗ 
laos T. V p. 56 — 64 und Kröfos, ben wir für jebt waͤh⸗ 
Ien, p. 23751. 

Der 8oberfóníg, mit Beyfchrift ΚΣΟΕΣΟΣ, figt auf bem 
enbifch aufgebauten Scheiterhaufen, auf einem anfehnlichen 
Throne mit Fußfchemel, dad Haupt mit Corber befränzt; mit 
ber Linken faßt er den hohen und "aufgeftüpten Königsſtab, 
indem er mit der gerad anggeflredten Rechten eine Patera 
ausgießt, fo bag bie Libation im vollen Strom vorn an bem 
Scheiterhaufen Dinabfliegt. Ruhig und majeftätifh [Πρι er 
ba, etwa wie an den Grabmonumenten der Achämeniden 
ber König ayf einem Gerüft, unter Berrichtung einer heilis 
gen Handlung, erfcheint. Die Flamme durddringt. (dom 
das ganze Gerüſt, bad aus Freuzweife, mit großen Swifdjen» 
räumen übereinander gelegten Balfen erbaut iſt, von unten 
bis oben auf allen Seiten gleich; aber (ie fpielt mod) um 
die derben Baumflämme und bedarf nod) fure Zeit um fich 
in fliegende Maffen zu verinigen. Ein Mann, der nur μαι, 


502 Anzeige. 


gürtet mit einem Gewand, übrigens nackt, dabey bekränzt 
und bärtig iſt, EPOVMO, d. i. Εὔθυμος (dieſe Auslaſſung 
des Endbuchſtabens iff auf den Vaſen von Volci häufig, 
ſchon dreyzehn Beyſpiele waren bekannt, Rh. Muſ. I, 319), 
hält, vor ſich gebüdt, auſſen über die Mitte des Holzſtoßes 
ber, zwey Fadeln, in jeder Hand eine, um diefen anzuzün- 
ben, fo behaupten Gerhard (Bullett. 4830 p. 263. Annal. 
4831 p. 49) und ber Franzöfifche Erflärer. ber ed find 
nicht Fackeln, bie er hält, fondern, ganz deutlidy gezeichnet, 
Beſen ober Wedel; fo hält man aud) nicht Fadeln zum Ans 
. zunden, wie Euthymos ſich anftellt, und wozu enblid) απο 
den an einem Punkte, wenn die Flamme ſchon burd) und 
durch und auf allen Seiten verbreitet it? So ſcheint allo 
ein Wunder zu gefchehen. Dad Wunderbare erfobert gerabe 
Werkzeuge, die von dem wirf[id)en und gemeinen Gebraudye 
bad Widerfpiel find; und in einem Orakel Apollone, terim 
er dem Kröfos feine Rettung verhieß, wäre der Einfall, bag 
er durch die Wedel des Tempels, dem priefterlich beſcheidnen 
Ehrenzeihen der Reokoren, die Flammen ausfehren laſſen 
werbe, wie er (nach Kteſtas) bem in feinen Tempel geflüch⸗ 
teten König unfichtbar bregmal bie δε[εία abnahm, gamj 
wohl denkbar. Doch i(t auch dieß Gefchäft nicht natürlich 
auégebrüdt, und mau fíebt feine Wirkung davon. Daher 
(ft denn wohl nicht zu zweifeln, bag Euthymos vichmehr 
περιῤῥαντηρια ober Weihwedel, deren Größe in Ber 
häftniß zu dem Holzftoße gebracht ift, . während Kröſos bie 
heilige Spende bineíugiegt, an denfelben anlegt. Hierdurch 
wird ber religiöfe Charakter der Scene verftärft. Bekannt 
íi, bag man in Athen fogar alle Berfammlungsorte fpreugte 
(PolL VIII, 104, Harpocr. καθάρσιον), worauf aud baé 
Gefeg beg Aeſchines (in Timarch. p. 4, in Ctesiph, p. 79) 
gebt: und’ ἐντὸς τῶν Tas ἀγορᾶς περιῤῥανεηρίων πορευ- 
έσθων und bag in ben Tempeln ὁ εἴσω τῶν περιῤῥαντηρίων 
πύπος, von bent ἔξω τῶν n. getrennt und befonderd geweiht 





8. D. Müllers Archäologie. 503 


war (Poll. 1, 8), was von bem Orte, mo die Weihmaffers 
gefäße (περιῤῥαντηρια) aufgeftellt waren, au unterfcheiben {Π. 
Bermuthlich batte aud) der ἑδρανός, 6 ἀγνιστὴς τῶν Elsv- 
owiov (Hesych. Id, οὐδράνε, περεκαθαίρε. «4ἄκωνες 
wie in Athen der περιστίαρχος, ὁ περικαθαίρων) nidt 
bie Perfonen, wie Lobeck (Aglaoph. p. 183) erflärt, ſondern 
‚die Räume zu den jedesmaligen Feyern ringsum zu weihen. 
Sn dem Sefiobifden Aegimiod (Sch. Apollon, 111, 584) weihte 
(ἀγνέσας) Phrixos das Vließ ohne Zweifel ὑμιώ Eprengen 
ehe er fíd) in bad Haus bed Aeetes wagte. In Rom wu» 
den einft uad) Tacitus, (Annal. XV, 44) Tempel uud Bild 
der Juno durch Sprenge mit Seewaſſer geweiht.  Gemig 
if es daher nicht unangemeſſen, bag für Kröfo, der üt bes 
Tod zu gehn bereit ift, ber Holzftoß geweiht wird, wie man uns 
ter Beiprengung (περιῤῥανάμενος Poll. I, 25) den Göttern 
fid) nabte. Sn diefer Derfaffung erwartet er den Ausgang; 
ber denn burd) Donner und lig ohne Zweifel aud) nad) 
der Geftalt ber Sage, die unfer Künftler befolgte, wie nad) 
den von Herodot, Kteflad unb Nikolaos erzählten, entichier 
bet wurde. Zu folhem Gefchäft fommt aud) dem Tempels 
biener der Kranz zu, und dad Gewand hat er abgelegt und 
um die Hüften gebunden wegen ber Hite be8 fchon brennen 
den Scheiterhaufens. Daß Kröfos, verfichert des göttlichen 
Beyſtandes, ohne Furcht bie Flamme fid) unter feinen Fü—⸗ 
fen erheben fehe, bemerkt aud) der Duc be Luynes (6.345), 
wie e8 denn unverfennbar aus$gebrüdt if. Durch deu Ras 
men Euthymos ift angedeutet, bag Kröſos mobígemutb, 
ber nahen göttlichen Hülfe getroft mar. Eben fo nannten 
bie Temeffäer ben, welcher mit dem böfen Heros, dem fie 
jaͤhrlich eine (done Jungfrau hatten opfern müffen, in δε; 
fen eignen Heiligthume gerungen und ihn befiegt hatte, fo 
daß fie wieder wohlgemuth fegm durften. Sn hohem Alter 
gieng diefer Euthymos in den Slug Φάῑίπο zurüd, beffen 
Sohn er war; bie 3Dolfé(age aber bey Strabon, Paufanias 





504 | Anzeige, 


und Yelian vermifchte mit ihm, der einem Dämon gewach⸗ 
fen gewefen war, einen Cofri(djen DOfymptaffeger, einen Fauſt⸗ 
Kämpfer aus ber Zeit des Xerxes, der freylich nicht glänzens 
ber, als hierdurch , erhoben werden fonnte. Ungefähr fo 
bat man oft große Gdtterfefte in die von Helden ded Tages 
verwandelt. *) | 

Die Darftellung ift großartig, die Zeichnung, zumal ale 
Eopie einer Vaſenfabrik betrachter, wie aus ber beiten Zeit 
ber älteren Malerey; bie Einheit des Ausdrucks, ber in bem 
©ottvertrauen bed gleichfam hochthronenden Könige umd im 
ber Heiligfeit des ernften Augenblids liegt, vollftändig. Eine 
Nebenfigur, ein Zufchauer founte nur flören und die Wir- 
Kung fchwächen. Ganz mad) ber Weife der Griechifchen 


*) Der Sceiterhaufen, der gegen Perſiſche Religionsbegriffe 
‚verftößt, und. bey Kteflas nicht vorkommt, iſt vermutftid) erft δατώ 
bie Grieden in die Lydiſchen Fabeln von des Kröſos wunderbarer 
Mettung hineingedichtet worden, fo wie (ie auch ihren Solon damit 
verflochten, in der Βείι als die (leben. Weiſen ein Deliebter Ge 
gen(tanb fínnreíder und belehrender Erdichtungen waren. Ein (dà: 
nes Gegenflüd ift in der Erzählung von Bias oder Pittakos bey 
Kröfos f. Synes, de provid. 1, 27. Und wahrſcheinlich brachte mau 
das Urtheil zum Beuer damit in Verbindung, daß Kröfos einft im 
Zorne gebot, den Adraftog, der ihm feinen Sohn Atys auf der Jagd 
nnabfihtlih getóbet Hatte, lebendig zu verbrennen , ihm aber nachher 
arofmütfig verzieh. Diod. Exc. p. 553. Vielleicht deutet fogar der 
Mame Adraftos auf die Vergelterin Adraſtea; Kröfos fchenere fie, 
und e$ fam ihm zu gut, ald aud) er den Scheiterbaufen  be(tieg. 
Herodot, welcher (I, 87) die Lodiſche Gage ausbrüdlid) unterſcheidet, 
bat fle vermuthlich vereinfacht und dem Helleniſchen Geſchmack und 
der Schlichtheit des Ganzen angepaßt. Den Kern berfeiben,, daß 
Kröfos fromm unb bag der Hellenen Gott Schuld an feinem Kriege: 
zug und feinem Unglüd gewefen fen, läßt er beflchen; übergeht 
aber, was dazu urfprünglich zu gehörem fcheint, und bep Kteſias bie 
Seele der ächt volfsmäßigen Sagen ift, daß ter Lodiſche Apolton ihn 
wunderbarrettet. Die Rettung ſchwebte unftreitig auch dem Künſtler vor. 
Im Gegenfape jener Anklage und im JIntereſſe des Delphifhen Got» 
tes i erfunden, was Herodot vorher (47 ss.) erzahlt und was Xes 
nopfon (Cyrop. VI, 2), mit Ausſchließung alles Wunderbaren, zur 
Dewährung des γνώδι σαυτὸν uud zur Rechtfertigung des Pythi— 
(ώει Apollon noch mehr ausbifbet. as Nıkolaos erzählt ift vidt 
mehr Sage, fonberu polí(tánbía Novelle; unb ber Kanthos, melden 
er folgt, i(t nicht ter Achte, Lydiſche, lonbern Dionyſios (Gfptobra- 
ion, wie Ref. in Seebodes N. Archid für Philologie 183o ©. 2o 
ff. nachgewiefen bat, wo ©. 75 f. auch be(fen Erzählung von Kröfes 
Fur; anatyfirt iff. 


8. O. Müllers Archäologie. 505 


Künfller ( im 9engeren nichts frembe$, vom Briechifchen, 
nach der Convenien; der Kunft feftgeftellten Eoftüm abwei⸗ 
chendes eingemifcht. Kröfos war fo weidheitsliebend daß man 
ihn als einen Hellenifchen König nehmen fonnte und gegen 
den Gricchifchen Apollon fo ehrfürdhtig geweien, bag man bey 
dem Gotte, welhem er vertraut, den Griechiſchen denken 
fonnte. Die NRüdfeite (lellt vor OESEYZ, die ANTIOILE 
Davon tragend, begleitet und gebedt burd) ΠΕΡΙΘΟΣ: auf 
fer aller Verbindung mit dem andern Gemälde. 

Die von bem Duc be Luyned, einem leidenfchaftlichen 
Freund und anögezeichneten Kenner der alten Kunftwelt, ber 
babeg in Kunfttheorie nnb Ausübung gleich erfahren ift, mit 
größtem Fleiß ausgeführte Erflärung geht von fo fehr vete 
fchiedenen Principien aus, bag die gegenwärtige ihm und bes 
nen, welche feine Vorausſetzungen theilen , fehr verfehlt und 
oberflächlich erfcheinen muß, unb bag unfere Gründe gegen 
feine Bermuthungen ihn wahrfcheinlich fo wenig überzeugen 
würden als bieje nad) unferm Standpunkte der Widerlegung 
zu bedürfen fcheinen. Daher Fein Wort über die Beziehung 
beó Κροῖσος auf einen radical verfchiennen Autochthonen 
Ἀρῆσος und bie Bereinigung dreyer Hauptcharaftere, Menſch, 
Priefler des Apollon und enphemiftifches Bild des Pluton, 
in bem frommen König Kröfos, mod) von allen geheimen 
und folgenreihen Beziehungen , die bey einem edlen Kunfls 
wert einfacher, klarer Griechiſcher Kunſt in Berzierungen, 
wie ein Stern in ber Opferſchale, eine Blume auf dem Scep⸗ 
ter, oder von dem Abfichten, bie in der Bereinigung ber zwey 
Bilder an derfelben Bafe, ba bod) ein zufälliged Zufammentreffen 
ganz gewöhnlich ift, gefucht, *) von den Schwierigkeiten, die 
in bad Verhältniß zwifchen Künftler und Gefchichtfchreiber 


3) La mort d'une jeune fiille nommée probablement Autiope 


. et transportée de la terre sa patrie par "lhésée et Pirithous (qui 


paraissent jouer ici le méme róle que, dans l'lliade, Hypnos et 
Thanatos emportant Sarpédon du champ de bataille) dans le séjour 
de Pluton représenté par Crésus. 


506 Anzeige. 


hier, wo beyden durch die Sagen Spielraum genng gegeben 
war, wie uns ſcheint, nur hineingetragen werden. Der 
treffliche Vf. ſagt: L'arché0logue, qui arriverait par la mar- 
che ordinaire à une solution compléte de la question qui 
nous occupe, servirait à la fois la science et ceux qui ne 
poursuivent pas volontairement des erreurs, Möchten denn, 
was wir von ihm nicht zu hoffen wagen, fo erfreulich eg 
ſeyn würde, andre im Stande feyn zuzugeflehen, daß der ges 
wöhnliche Weg hier wirklich zum Ziele führe. 

Unfern Zagen war ed beftimmt aud) in ber Gattung 
gefchichtlicher Darftelungen und zugleich in ber der Megals⸗ 
grapbie ein bód)fteó fenem zu lernen, durd das Moſaik mit 
ber Schlacht zu Iſſos. Ein Fußboden läßt und bie 
ganze Höhe, die die Sunft erreicht batte, in neuem und vols 
lem Glas erbliden, Entwicklung und Vollendung nad) mebs 
reren Seiten, wo fie weniger groß gedadıt wurden, erken⸗ 
nen und ahnden, unb babeg mit Erflaunen die Herrfchaft der 
‘dee und der alled durchdringenden Füunftlerifchen Einheit und 
Harmonie in ber Malerey nod) gerettet erbliden, da fie im 
ber Ῥοε[ε meiít (dom heruntergefommen oder verfchwunden 
waren. Das Werk eined Meifterd, der, wenn aud) (ebe 
berühmt unter den Zeitgenoflen, bod) nicht aus ber Klaffe 
berjenigen feyn kann, die mit ihrem Stufe die Welt und alle 
Zeiten erfüllen , nöthigt und, und zwar durch eine Copie im 
einer der Kunft felbit am wenigiten güuftigen Art, zur 
Vergleihung mit Raphael in biefer Kate von Compoſitionen 
und zu bem Gefländniße, daß durch diefe Vergleichung bie 
Bewunderung beó einen und des andern nur in gleichem 
Maße gewinnen fanu. Quaranta, ber den Gegenitand des 
Mofaits erfannte, vermuthete, bag ed Kopie nach Philores 
n08, Schüler ded Nikomachos, (eg, von meldem Plinius 
ein Alexandri praelium cum Dario nennt. Genannt tft uns 
felbft von ben Meiſterwerken biefer Zeit gewiß nur eine Fleine 
Anzahl. Daher (ft ed erlaubt, aud nad) dem, was unter 
dem Staunenswürdigen unfered Gemäldes das Größte iff, 
Die dDichterifche Idee und die Kunft der Anlage, an die Schu» 
le der Zeit zu denken, deren hödhfted Verdienſt gerade in bent 
be(laub, was, menm burd) irgend etwas, und durch dieſes 
Werk veranfchaulicht wird, an bie beó Pamphilod , des 
Lehrers von Apelles, Melanthiod und Paufiad. Pamphilug, 
primus in pictura omnibus litteris eruditus, praecipue arith- 
meticc et geometrice, hatte den Sieg ber Athener bey Phlius 
gemalt. Shn und den Melanthius ftellt Quinctilian hinfichts 
lich ber ratıo über alle andern, unb Plinius (egt bem legte: 


8. D. Müllers Archäologie 507 


ven imöbefondre ben Apelles in der dispositio nad. Von 
Melanthius ift und, auffer Schriften über ble Malerey, nur 
ein Siegedwagen mit Ariftratod von Sikyon darauf befannt; 
aber feine und feines Weifterd Bilder fammelte Aratus auf 
um fie dem dritten Ptolemäud zu fchenfen, und Wagen, Reis 
ter, Schlachten waren darunter, nad? dem Ge(djmade bet 
Zeit, höchſt mabrfdeinfid) nicht wenige. Des Melanthius 
würdig ift unfre Alerandersfchlacht, und bag aud) er, gewiß 
mit manchen andern, einen folchen Hauptgegenfland, der feis 
ner Schule und Zeit fo angemeffen ift, gewählt habe, nicht 
unmwahrfcheinlich. In bem Moſaik ift vor allem andern, fo 
viel es and) zu bebenfen giebt, die geiftvolle Erfindung zu 
bewundern, monad) der von Aleranders Θατίῇα durchbohrte 
Perſiſche Feldherr, des zeug, Bruder Drathred, bie Eins 
heit der Handlung unb die Mitte der Darfiellung ausmacht. 
Er fämpfte voran und erfcheint, da feinem Kalle plötzlich 
allgemeine Flucht folgt, wenn nicht ber Wagen be& Darins 
fchon vorher zur Flucht gewandt war und von ihm nod) ges 
bedt wurde, aí8 die legte Stübe des Φεετὸ indem jetzt ber 
Kuhrmann ded Königs die Pferde mit umgewandtem Peitfchens 
ftiel antreibt und die Perfiichen Großen am Ende rechts mit 
Entfegen nad) demfelben Sturze vie Blicke hinrichten, ber 
den Darins einzig befchäftigt. Diefer wendet auf feinem Wa⸗ 
gen fid) um, fieht die Rettung mit dem Rüden an, vergißt 
fich und die Schlacht über dem Gefühl und ber Pflicht eines 
Könige und eined Bruderd gegen ben (infenbem Feldherrn 
nnd Beihüger und firedt ben Arm nad) feinem Getreuen and. 
Diefer Arm begleitet eine Rede, unb bie Worte des Erhabes 
nen, die dad Getümmel verfchlingen würde, find im Bilde 
vernehmlich unb geben ihm eine Größe, wodurd das ὅταν, 
fenhafte der Scene gemildert und die fürdhterliche phyfiiche 
Gewalt des Angenblidd wie von einem Genius der funt 
gezügelt wird. Dem Gieger, ber in ruhiger feiter Haltung 
vorbringt und nun nahe daran ift bie Drohung wahr zu mas 
chen, die er ausgeſprochen haben foll, den Darius feíbft is 
ber Schlacht zu tüben, wird burd) diefe fónigfidie Haltung 
unb menfchlide Größe ein fo guted Gegengewicht gegeben, 
bap das Mitleid nicht weniger ald die Furcht (id) reinigt 
durch die Kunft, ja daß der Untergehende eigentlich als ber 
Cieger erfcheint. Indem die Entfcheidung der Schlacht in 
ihrem rechten Mittelpunfte Far vor und liegt und bie ergreis 
fenden, malerifch fo kräftigen Einzelheiten, in einfacher, weife 
gewählter Manigfaltigfeit, fi vor unferu Bliden ausbreiten, 
reißt bod) die magifche Gewalt des großen und fchünen und . 


508 Anzeiger 


fo würbig und anſprechend ausgeführten Gebdankens Siun und 
Theilnahme überwiegend zu fid) bin. Hier iſt entſchieden ges 
Ieiftet, was wur von wenigen Tragödien in gleichem ober 
größerem Maße gerühmt werden Bann, daß ein hochtragifcher 
Gegenftand durch die Kunft (íd) zur wahren Geifteöbefriedis 
ung auflöft, und nicht bloß Ruhe, fondern Entzuden wirft. 
óthbeà Worte: »Mitwelt und Nachwelt werden nicht hits 
reichen, folche® Wunder der Kunft würdig zu commentiren, 
und wir genöthigt feyn, nad) aufflärender Betrachtung und 
Unterfuchung, immer wieder zur einfachen, reinen Bewundes 
rung zurüdzufehren« — gefchrieben zwölf Tage vor feinem 
Ende und am demfelben, an dem er zuerft eine Zeichnung ers 
halten batte — (Allgem. Zeit. 1832 Beyl. NR. 176) — fomt 
ten enthufiaftiich erfcheinen. Wie wahr uud tief Πε zugleich 
feyen, wird Seber um fo mehr empfinden, je mehr er dem 
eigenthümlichen Geifte der Griechifchen Poefle und Sunft bul 
bigt. Das δεβε, im Ganzen, was biöher über dieß Gemälde 
ausgeführt worden, ohne daß wir vou manchen Bemerkungen 
ber Herrn Quaranta, Niccolini und Schorn gering benfen, 
fiheint uns bie Abhandlung von Gervinus in den Qeibelbers 
ger Zahrbüchern 1833 €. 142—163 zu feyn, obgleich der Df. 
befennt, bag feine Studien ihn zur Zeit nod) ſehr wenig bes 
fugt machten darüber zu reden. Geſtehn müffen wir dagegen 
unfere Berwunderung über die Art wie ein Kunftfenner wie 
Hr. Director Schorn (Kunftblatt 1832 N. 10, ©. 403 f.) 
ben Darius und die Bedeutung ded Ganzen auffafien ober 
sad) unfrer innigften llebergeugung vielfach und burd) numb 
durch misverftehen fonnte. 
Bon bet Dentmälern ber alten Kunft, bie Hr. 
SQ. in Verbindung mit Hr. Karl Sefterfeg dem Handbuche 
zur Begleitung herausgiebt, find bis jetzt drey Hefte erfchies 
nen, oiet unb vierzig Tafeln euthaltend, zu den Drey erftem 
SDerioben der Kunftgefchichtee Schon Bed (6. VI) batte eis 
nen ähnlichen Plan gefaßt: die Zweckmaͤßigkeit beffelben, der 
Ruben, den ein wohl ausgeführte Unternehmen biefer Art 
ftiften fan und muß, leuchten von felbft ein. 


$. G. 3. 


CALLIMACHI 
H E C A L E. 


1, 
4 

Prooemium quoddam Callimachum suae de Hecale tiar: 
rationi praeposuisse facile quivis ex usu poetarum con- 
iiciet. Id ego prooemium ex genere τῶν δικανικῶν προοιµίωνι 
quae Aristoteles dicit, vel, quod vulgo dicitur, prologum 
galeatum fuisse indiciis quibusdam, non illis ab omni parte 
certis, sed tamen indiciis, credo, Primum quum Callima- 
chus etiam hoc egisse Hecale scribenda videatur, ut adver- 
sarios suos, qui ipsum carmini maiori, continuo, uni, epico, 
scribendo imparem esse significassent, refelleret, qua de re 
in Prolegomenis ad Hecalen pag. 4. 5. et 6. expositum est, 
eam criminationem attingendi aptissima occasio erat in exor- 
dio eius carminis, quo Callimachus se criminationem illam 
refütaturum , praeclaro exemplo, sperabat. Deinde inter 
Fragmenta Hecales, ea dico quae addito carminis nomine 
afferuntur ab antiquis scriptoribus et grammaticis , nonnulla 
sunt, quibus nullum aptiorem locum quam in hoc, quem 
ego menle concepi, prologo, excogito. Qua in re nón mo- 
ror, si qui futuri sint, qui dicant fingi a me prologum , ut 
habeam, quo loco collocem, quibus alium locum invenire 
nequierim, Iniqui illi, si quid video, neque satis edocti, 
quas leges et quam libertatem critici munus habeat, cui 
colligere membra destructi ac deperditi operis dispersa, mem» 
brorumque fragmenta, atque iterum componere, et in 
unum quasi corpus, pristino, quod olim fuerit, quam si- 

9t. Rhein. Muf. f. Phil. LI, 34 


510 crime: 


millimum, redigere propositum sit. Quod munus quum fere 
totum in veri similitudine constet, neque postulari hoc neque 
exspectari potest, ut'quicquid superest fragmentorum, certis 
locis assignetur. Sic illa poteram inter fragmenta incerti 
loci ponere. Nunc prologo assigno, quum et prologum 
fuisse probabile sit, et illa ei prologo sint accommodatissima, 
Neque mirum videbitur, quod ex prologo fragmenta non 
pauca numero servata sint, Prooemia enim operum quum 
magis exposita oculis magisque nota sint, quam partes ope- 
rum mediae, nihil mirum, quod ex prooemiis facilius loci 
quam ex mediis operibus laudentur, 

Igitur ponam quae mihi videntur Prologi fragmenta 
esse, ponamque ordine, non eo, quo posita fuerint *in 
carmine, quis enim hoc praestet? sed quo posita pro- 
babilem sententiarum seriem, Callimachi indole, de qua 
prorsus meam facio Buttmanni in Diss, de Cydippe Mythol. 
1]. p. 122. sententiam, haud indignam praebeant. 

Semel moneo fragmenta Callimachi ea, quae er Hecale 
diserte laudant antiqui scriptores et grammatici, asterisci 
signo * distincta a me apponi. 

Fragm. CLXV. : 

und’ an’ ἐμεῦ διφῶτο µέγα ψοφέουσαν ἄοιδη». 
Fragm. XLIT. 3 

ἀείδει καί πού τις dyro ὑδατηγὸς ἱμαῖο». 
Fragm. CCLXXXVI, 

εἴνεχεν οὐχ ἓν ἄεισμα διηνεχὲς .. .. 

ἦνυσα, 

Fragm. Lil. * 

αὐτοὶ μὲν φιλέουσ’, αὐτοὶ δέ τα πεφρίκασιν * 
ἑσπέριον φιλέουσιν, drào στυγέουσιν ἔφον, 

Fragm. XLVTII. 3 

οἳ yv καὶ ᾿πύλλωνα παναρκέος Ἠελίοιο 
χῶρι διατιήγουσε, καὶ εὔποδα «4{ηαΐνην 
᾽4ρτέμιδος. 


Hecale. 511 


— meque a me Carmen petite altisonum. ΑΠ moliantur 
prandia. Canit etiam vír aquam hauriens ἐμαῖον cantilenam. 
Invidos non moror, qui me calumniantur, quod nullum 
continuum poema perfecerim (vel sic, superbiori conver- 
sione: Sed tamen qui mihi obiiciunt, quod nullum conti- 
nuum poema perfecerim , mox arguentur mendacii), invidi 
isti, inconstantes ac fragili fide, quí iidem et amant et 
oderunt: mane amant, vesperi oderunt, ipsi non satis artis 
musicae periti, gui Apollinem ab omnipotente Sole. diri- 
mant, et pernicem Proserpinam a Diana. Non dico haec 
ita arcte inter se nexa fuisse, ut ego nexa dedi: potuerunt 
haec in prologo, fortasse satis longo, et alio modo nera 
esse, et alia interiecta. 

Iam singula pertractanda sunt. 

Fragmentum CLXV. und’ an’ due) διφᾶτε etc. quod 
Bentleius Ovidii Remed. 581. versu: Callimachi numeris non 
est dicendus Achilles, illustrabat , Ruhnkenius autem a Ῥγου 
pertio IV. 1, 58, ita expressum: Hei mihi , quod nostro est 
parvus in ore sonus, putabat, Valckenarius primum verbo, 
in Epistolis Virorum doctorum, Ruhnkenii, Valckenarii, alio- 
rum, ad Io, Aug. Ernestium, a Tittmanno editis, p. 48. deinde 
disertius in Callim. Elegiar. Fragm. p. 481. et p. 285. Elegis 
vindicavit Callimachi. Cui accedebant Ernestius et Ruhnke- 
nius. Mihi, qui illud in prooemio positum Hecales con- 
iicio, meo iure, ἀοιδή uéya ψοφέουσα tum omnino os magna, 
sonans tum maxime maiestas, vel etiam cum reprehensione 
aliqua, tumor est carminis heroici, cui Callimachus suam 
opponit tenuitatem, quam ne in Hecale quidem, carmine, 
formam si spectes, epico, sed argumento atque ambitu 
multum ab illis magnis carminibus heroicis diverso, dese- 
ruerit, Etiam sic aptus est, quem huic fragmento Val- 
ckenarius admovet, locus Propertii II. 1,39. Noverat haud 
dubie Hecalen Propertius, et tamen illud scripsit verissime, 
et ex ipsius Callimachi sententia: Sed negue Phlegraeos Io- 


512 Callimachi? 


vis Enceladique tumultus Intonet angusto pectore Callimachus. 
Scripsi cum Valckenario ἀπ᾿ ἐμεῦ, ex ipso Etymologi p. 279, 
47. loco; et sic iam in Callimachi Fragmentis a Vulcanio 
collectis, p. 174. ed. Vulc. p. 354. ed. Ern, Vulgo, in Fra- 
gmentis Bentleii, an’ ἐμοῦ legitur, relictum, ut multa vitiosa, 
a Blomfieldio. διφᾶν vocabulum, semel apud Homerum 
lectum, semel apud Hesiodum, Callimachus et hic habet et 
Epigr. XX XII. (XXXIIL) 2. διφέω Crinagoras in Brunck. 
Anal. XXIV. 3.  Placeret etiam in Callimachi Epigr. XLII. 
(XLIIL) 5. ( Anthol. Palat. II. p. 471.) coniectura lacobsii, 
9/9200», nisi omnia suaderent, nomen ibi restituendum esse 
pueri. 

Fragmentum XLII*. consulto ita posui in illa mea Cal- 
limachi sententiarum compositione, ut ambigua esset si- 
gnificatione, Fuit enim aut in laudem dictum, ad declaran- 
dum late patentem amorem carminum canendique cupidita- 
tem, hoc fere modo: ego mea mihi parva, sed suavia car- 
mina fingo, poeta modestus: ut omnis homo canit; u£ eam 
vir ὑδατηγὺς suam cantilenam canit. Aut in reprehen- 
sionem contemptumque, contra alios; Quod malto magis 
probabile, Certe ἐμονιοστρύφου µέλη Dionysus Aristophanis 
in Ranis v. 1297. (1552. Kust.) ad quem locum vetus inter- 
pres graecus fragmentum profert Callimacheum , in contem- 
ptum dicit, diserte id significantibus et interprete illo et Suida 
in Ἰμονιοστρόφου u. de cantico sive rudi, sive incondito, 
sive alio quodam modo insuavi atque insolenti auribus, Ve- 
nit in mentem , an forte ea comparatione Callimacbus infi- 
nitam longitudinem non variantis sonum carminis notare 
voluerit: nam tales esse solent eorum, qui in longo ac dif- 
ficiliore labore occupati sunt, cantilenae, Ut poeta illum 
snum magnorum poematum contemptum significet, de quo in 
hymno Apoll. extr. Atque sic haec sententia aut hic, ubi 
est a me inserta, aut inferius inserenda erit, "inter Fragm. 
Lil. εἰ XLVIII, Ad particulas κα zov τις ex Apollonio 





— 


Hecale. 513 


IV. 1457. καὶ nov τις adscripi, ut monerem de di- 
versa καί particulae potestate, quam vel ordo monstrat 
particularum. — Apollonio ibi καί copula, Callimacho est 
etiam: es singt auch wohl etc, Ruhnkenius vehementer 
errat, qui ita scribit: Legendum potius ex Moschopulo 
περὶ Σχεδῶν p.16. — καί nov τις ἀνὴρ ὑδατηγὸς ἱμαῖον 
ἀείδει. Non est mihi Moschopulus iste ad manum, sed 
haud dubie quicquid habet, ab Suida habet, apud quem 
in v. Ἱμαῖον ἆσμα sic: καί nov τις ἀνὴρ ὑδατηγὸς (-ὰν) 
ἱμαῖον ἄδει legitur;. in cod. E. Gaisfordii illud ipsum, 
quod ex Moschopulo profert Ruhnkeoius. Eandem pra- 
vam caesuram in Callim, Fragm. CCLXI. inferebat Ruhn- 
kenius: v. infra Cap. VI. Ut taceam, quae idem alibi si- 
milia erravit, e.g. in Theocriti Adonias, v, 99. infelici eon- 
iectura Φεῶν ys novauura φασεῖς ; utque taceam longo infe- 
licissimum Ernesti conatum in Callim. h. Del. 147. Verum 
hoc sine inepta gloriatione in Ruhnkenium et in aetatem il- . 
lam dictum esto, cui multa licebat ignorare, quaé nune, post 
Hermannum, nemini ignorare impune licet. Perstringam hac 
opportunitate quae pauca in Callimacheis exstant huius pravae 
caesurae trochaicae exempla, Omitto ea quae speciem tan- 
tum pravitatis habept, qualia sunt h. Apoll. 55. b. Dian. 144. 
201. h. Cer. 46. Fragm. CXX. 1, CXXXVI, CCXCI. CCCCXL, 
Deinde omitto haec, quae tantum per aliquantum temporis 
librarii negligentia aut ex virorum doctorum errore malave 
emendatione elegantiam deformarunt Callimachi: b. Cer. 138, 
iv’ ὃς &goo', ἐκεῖνος ἁμάσσοι in Ms. Veneto apud Ruhnke- 
nium Epist, erit, II. p. 173. Fragm. XXX. in collectione 
Annae F. p. 566. ed, Ern. ὥσπερ ἐκεῖναι πρώκας ἔραζε πε- 
σούσας, quae verba, derivata ex scholiis "Theocriti IV. 16. 
ubi male cum alio fragmento conflata leguntur, quum Ca- 
saubono, et Scaligero quoque Castig. in Append. Virgil. p. 
254. fraudem fecissent, ad suum locum qui est in hymno 
Apollinis v. 4e. 41. revocata atque inde emendata sunt a Daa. 


514 Callimachi 


Heindio et Toupio. H.Iov.35. Λέδη δὲ 0’ ἔδωκε χοµείσ- 
σαε, ex mala Brunckii emendatione, qui propter eandem 
augmenti cupiditatem, eandem caesuram in Apollonio pro- 
pagavit aliquoties, I, 54a. II. 237. H. Dian. 18. πόλιν δὲ wur» 
(sic) τινά νεῖμον, e coniectura H. Stephani, quae nostro tem- 
pore placere Blomfieldio potuit. Igitur his omissis tria o- 
mnino, si recte numeravi, restant caesurae trochaicae in quarto 
pede exempla: h, lov. a1. h. Del. 215. Epigr. I. 15. Quorum 
illud quod est in h, Iov, etsi lenissima haec sit ac paene nulla 
emendatio, augmentum tollere, tamen iis annumerare malim, 
in quibus speciem tantum esse pravitatis dixi: illis maxime, 
h. Cer. 46. Fragm, CXXXVI. | Dum ör' arcte coniungimus 
pronunciando cum éAvcaro, id quod ipsa natura voculse 
cogit ut faciamus, obscuratur caesura, Nemo enim ita pro- 
nunciabit: ‘Pen óz' | ἐλύσατο u. sed: ‘Pen | ör’ ἐλύσατο p. 
Alia res est, eaque satis memorabilis in h. Del. 215. 
νύμφα «4ιὸς βαρύθυμε, σὺ ὁ) ovx ἄρ᾽ ἔμελλες ἄπυστος 
δὴν ἔμεναι. | 

ubi ego etiam minus de emendatione ea, quae facile fieri 
tollendo augmento posset, cogitaverim. Quippe reputo haec 
ipsa verba, οὐκ &o' ἔμελλον, apud Homerum aliquoties plane 
eodem modo posita legi , ut caesuram faciant trochaicam in 
quarto pede: lliad, V. 205. 686. XVIII. 98. Recte secusne, 
Homerum quod attinet, nunc non quaero: Callimachum cen- 
seo quum ita scriptum in suo Homeri exemplo repperisset 
agnossetque, non dubitasse hac auctoritate eandem in verbis 
iisdem caesuram facere. Et sic, quod memorabile, recen- 
tiores post Homerum et post Callimachum : ἐπεὶ οὐκ ἄρ' ἔμελ- 
λεν ἐκείνη Aratus Phaen. 657, σὲ d’ οὐκ ag’ ἔμελλεν ὀνι]- 
σειν Quintus Smyrn, XII. 368. At in. Epigrammate Calli- 
machi I. 15. sive illud re vera Callimachi sit, sive alius sed 
non mali poetae, ubi vulgo ex Anthologia, etiam Palatina, 
τὴν ὁ) ὀλίγην ὥς κεῖνος ἐς οἶκον ἐπήγετο νύμφη», νεὶ ἀπήγετο, 
vix dubium quin praeferenda Diogenis scriptura Lacrtii sit: 





Hecale. 515 


τὴν Ó' ὀλίην ὣς κεῖνος ἐς olxioy ἤγαγε νύμφη». 
οἰχίον, non inusitatum Callimacho, h. Del. 283, οἱ Fragm. 
CXCVIHL sed, significatione deminutivi propria, inprimis 
aptum huic loco. opponitur μείζονος oix8 v. 13. 

Fragmentum CCLXXXVII, documento est, quantis sit 
fragmentorum tractatio, etiam diligens et sollerter instituta, 
vicissitudinibus obnoxia. Quamdiu haec tantum ex Ammonio 
p. 106. nota erant verba Callimachi: εἴνεχκεν οὐχ 8» ἄεισμα, 
probabili Valckenarius Callim, Eleg. Fragm p. 297. coniectura 
coniunxisse ea verba cum Fragmento CCLXXIX. huoc in 
modum: εἴνεχεν οὐχ ἓν ἄεισμα, νόθοι d’ ᾖἤνθησαν doidar, 
videri poterat, visusque est mihi in Dissertatione critica, 
Annal, Ácademiae Rhenanae p. 397. Fugiebat tum me cru- 
tum ex Apollonio περὲ συγδέσµων a Bastio ad Greg. Cor. p, 
899. insigne auctarium ἤννσα, quo illa coniectura penitus 
evertitur, Verba sunt Apollonii, ubi in Ἔνεκεν tam similia 
Ammonii p. 106. disputationi disserit, ut Ammonium sua si 
non ipsi Apollonio , certe alii cum Apollonio conspiranti 
grammatico debere pateat, in Dekkeri Anecdotis IT. p. 505, 
16. ἐπίμεμπτοι οὖν οἱ τὰς συντάξεις παρασυγχέοντες, ὧν ἐστὲ 
Καλλίμαχος: οὐδ' ἔνεκ Εὐρυνόμη Τιτηνιάς,  εἴγεκεν οὐχ 
ἓν ἄεισμα. φέρεται γὰρ ὃ σύνδεσμος éni τὸ ἤνυσα, καὶ 
δέον τῷ οὗνεκα καταχρήσασθαι. Quo animadverso statim ad 
Hecalen hoc fragmentum, εἴνεχεν ovy ἓν ἄεισμα.. .. « 
ἦνυσα, retuleram, suppleveramque ad sententiam, quod su- 
pra in paraphrasi illa mea positum est, continuum, quum id 
ipsum, quod ego supplendum conieceram, codicem praebere 
Apollonii intellexi. Ita enim, quem sero inspexi, Bekkerus 
in Annot. critica, Anecd. ΠΠ. p. 1117. scribit: Post ἄεισμα 
addit διηνεκὲς margo codicis. ltaque hoc fragmentum cer- 
tissimis indiciis et intelligendum de Hecale esse, et pomen- 
dum in exordio Hecales statuimus. ὀὁιηνεκές vocabulum aliud, 
puto, eadem fere significatione, verbum excipiebat, vel dua 
verba; 7»vo« versum exordiebatur alterum. ἠνοκές idem 





516 Callimachi 


Callimachus Fr. CXXXVIII. de cantu perpetuo: xai τὸν ins 
ἆαβδῳ μῦθον ὑφαινόμενον ἠἡνεκὲς ἀείδω δειδεγµένος. rur- 
sus ὁιηνεχές Fr. CLVIII. Ἅἄξισμα non valde fiequentatam, 
si recte memini, formam vocabuli, Callimachus et hic et 
Epigr. XXVIII, (XXIX.) habet, et Gregorius Theol, Epigr. 
113. A. Ρα]. Lp. 569. οὐχ 8» non eo modo dictum, qui post 
Homeridam h. Merc. 384. et Tragicis, ut Aeschylo Sept. 103. 
Euripide Suppl, 94. praeeuntibus, Callimacho placuit h. Του. 
89. b. Dian. 33. et Nicaeneto IV. 5, Anal, Br, I. p. 417. et 
Nonno XXII. 579. XXVIII. 184. 185. XL. 54. ut significetur 
quod unitati oppositum, multi, vel plures; quem in modum 
olim Dioscoridis locum Epigr. XXIX. Anal. Br. I. p. 301, ita 
conformabam haud inepte: πρὸς δ) αὐδὴν ἑλκόμενος μεγάλην 
ends» ρώων τύπος οὐ y Evi’, καιθτομηθεὶ τῇ Φφιλοχιν- 
due φροντίδι Σωσιθέου: sed nullum est simpliciter, ut apud 
Apollonium Rhod, IV. 498. vel potius, quod aliquanto fortius, 
non ullum, ut nicht ein aliquanto gravius est quam kein. Cf. 
Bast. et Schaefer. ad Greg. C. p. 56. not, Proinde illud, 
νόθοι d' ἤνθησαν doido/, ad alium nescio quem locum rele- 
gandum , ubi Cellimachus, teste Schol. Aristoph, Nub. 532. 
qui hoc fragmentum servavit, atque Suida v. Κυκλίων, di- 
thyrambos notabat. v090s autem an »09a: scribendum sit, 
fortasse decernet diligens Callimachi lector, Nonnus, qui dum 
fatigat multo usu hoc vocabulum significatione non propria, 
feminini forma ubique hac, νόθη, utitur; rarius plurali, sed 
tamen aliquoties, IV. 167. XLVI, 208. Contra apud Colu- 
thum 302. (395.) όΦοι-γυναῖκε. Tum quod alterum 
fragmentum Callimachi Apollonius |. |. περὶ συνδέσμων, pro- 
fert, Bastio ad Greg. C. p. 899. sic legendum videbatur: οὗ 
d', ἔνεκ Εὐρυνόμη Tıirmias, ilii vero, quoniam Eurynome 
Titania. Scilicet οιδ invenerat, vel invenire sibi visus erat 
in codice Bastius, non ovd, Alius o/ó' hariolabitur. 

Ad disputationem quae praecedit Apollonii, p. 504. de 
οὕνεκα coniunctione, infra accedemus Cap. IHE, in Fragm. LIII. 





Hecale 517 


Caeterum hic in mentem revocanda est similis disputa- 
tio Callimachi h, in Apoll; 106. οὐκ ἄγαμαι τὸν ἀοιδόν, ὃς οὐδ' 
ὅσα πόντος dsidss: quem versum ®9Iovos s. Moog in au- 
rem Apollini dicit; Apollo Qvo» pede repellit atque in- 
crepat: magno flumine multas etiam sordes volvi, neque Ce- 
reri ab omni aqua sacra fieri, sed ab ea, quae pura atque 
intemerata profluat πίδακος ἐξ ἱερῆς ὀλίγη λιβάς, ἄκρον ἄω» 
το». Ubi Apollonium a Callimacho tàngi Rhodium mature 
coniecerunt viri docti, quos Weichertus de vita et carm. 
Apollonii Rhod, p. 79. recenset, Is. Vossius, Salvagoius, Spanhe- 
mius, E. Gerhardus, «uibus fortasse Valckenarius Callim. 
Eleg. Fr. p. 282, addendus est; disertissime autem Spanhe- 
mius et Weichertus |. ]. p. 38.81. vetus ad eum locum scho- 
lion in hanc sententiam interpretantur: Apollonium esse, qui 
banc Callimacho criminationem obiecerit, quod nullum facere 
magnum poema posset. Scholion est ad Callimachi v. 106. 
(Callim. Fragm. LXV.) quod iam vidimus in Prolegomenis : 
ὀγχαλεῖ διὰ τούτων (Callimachus) τοὺς σχώπτοντας av- 
τὸν un δύνασθαι ποιῆσαι µέγα ποίημα, ὃθεν ἠναγκάσθη 
ποιῆσαι τὴν Ἑχάλην. Sane ut de Apollonio cogites , praeter 
alia inimicitiae, quae fuit inter Callimachum et Apollonium, 
indicia ac testimonia, hoc maxime facit minime contemnen- 
dum argumentum, quod Apollonius magnum ipse poema 
scripsit. Callimacho boc obiicere , quod nihil posset magni, 
id eum inprimis decebat, qui ipse magnum poema fecisset. 
Verumtamen hic rationes expendendae sunt temporis, in qui- 
bus esse, quod coniecturae: per se satis commendabili obstet, 
video. $i enim sunt in carmine Apollonii loci expressi ex 
. Hecale Callimachi, vel in quibus obversatam esse Apollonio 
Hecalen Callimacbi iure dixeris ,. cuiusmodi esse locos infra 
Cap. II. et III. ad Fragm. Hec, XLVI. et XLIV, dicetur, ut 
nunc Fragmentum mea coniectura ad Hecalen referendum 
CCXII. taceam : fieri vix potest, ut Apollonius putetur is 
esse, cuius criminatione irritatus atque excitatus Callimachus 


518 Callimachi 


primum ad Hecalen scribendam se accinxerit. — Nisi ita sta- 
toas, Apollonium, quum primum moliretur magnum carmen 
suum, criminationem illam in Callimachum iactasse, tum pro- 
gredientem in opere ex Hecale nonnulla, quam interea pro- 
vocatus criminatione Callimachus edidisset, sive nolentem 
sive volentem suos in usus convertisse, Cui coniecturae ali- 
quam veri inesse speciem minime nego. Multum haud dubie 
temporis inter conceptum Argonauticorum opus et perfectum 
atque editum interfuit; multumque est ab Apollonio cum 
familiaribus suis, ab his cum aliis, de eo opere, antequam 
perficeretur atque ederetur , disputatum. Mihi primum, ut 
iam in Prolegomenis p.4. seqq. significatum est, scholion il- 
lud, quod saepe accidit Grammaticis, etiam doctioribus hoc 
Callimachi interprete, quem non esse antiqua eruditione 
nutritum cum Valckenario Diatr. Eurip. p. 385. A. sentimus, 
aliquid videtur veri, sed non omne verum dicere. Docui- 
mus ibi Hecalen non μέγα ποίηµα fuisse. Unde sequitur 
non scriptam esse eo consilio Hecalen, ut sc magnum poema 
facere posse poeta ostenderet, Hoc voluit Hecale scribenda 
probare Callimachus contra obtrectatores suos, et vero pro- 
bavit, non imparem se carmini continuo, διηνεκεῖ, epici ge- 
neris, scribendo esse. Deinde qui imparem obtrectatores 
dixerint, ignoratur, Habuit baud dubie Callimachus in illo 
IMovaéov ταλάρῳ obtrectatores praeter Apollonium alios, habuit 
ante Apollonium. At in hymno Apollinis, quem hymnum 
Ptolemaeo Evergete regnante scriptum esse diserte docenti 
interpreti graeco ad versum 16. credimus, Apollonium no- 
tari, id ego statuo ut qui confidentissime, Addo, e com- 
iectura, sed ea admodum speciosa, quod ibi scriptum est, 
ὀλύη λιβάς, ἄκρον ἄωτον, eo ipsam significari Hecalen. 
Certe sic elegantissime Callimachus Hecalen, parvum epos, 
opponit magno carmini epico, quo gloriabatur Apollonius, 
Itaque ut primariorum nonnullorum Callimachi operum tem- 
pora, quantum quidem feri liceat coniiciendo , constituam, 


Hecale. 519 


Hecale medium quendam locum obtinet. Fuit enim maturi 
ingenii opus politissimum, Ab viro scriptam, non ab iuvene 
fuisse, posterioribus magis operibus Callimachi quam priori- 
bus annumerandam, ex illa ipsa criminatione colligo, quae 
occasionem scribendi dedit: imparem maiori carmini con» 
tinuo scribendo esse, id ei tantum poetae recte et cuin 
probabilitate obiicitur , qui iam multa carmina, sed parva 
omnia, scripserit, Igitur multa ante Hecalen scripserat Cal- 
lunachus, scripserat baud dubie, ut unum commemorem, ce- 
leberrimum nominis Callimachei monumentum,  Aetia , satis 
magnum, si ambitum spectes, opus, sed non unum atque 
continuum poema. Denique post Hecalen alia, hymnus in 
Apollinem, et fortasse alii hymni, In Hymnis equidem non 
simplicitatem, sed mediocritatem quandam stili agnoscere mibi 
videor, hoc est, verba grandia, rara, audacter dicta non 
tam cumulata, quam fuisse in aliis operibus cuinulata cre- 
dibile est. Quo factum est, ut aliquanto, nisi fallor, rae 
rius Hymni Callimachi ab antiquis grammaticis laudentur, 
quam alia poemata. Dico, ab antiquis: non moror enim 
Draconem, qui ubique Hymnis utitur. Est ubi incertus 
haereas, utrum qui laudat Callimachum grammaticus, ex 
Hymnis locum, an alium ex opere deperdito respiciat. Vel- 
uti quae nunc Callimachi Fragmentum CCCCIV. efficiunt, 
verba interpretis graeci in Apollon. Rhod. II. 4. Ἰελίαν δὲ 
φησιν αὐτὴν διά τὸ τινᾶς τῶν νυμφῶν Ἰηελίας καλεῖσθαε 
ἁπὸ Mellag τῆς Ὠκεανοῦ, ὥς φησι ἸΚαλλίμαχος: ea Span- 
hemius referebat ad hymnum in lovem v, 47. Poterat ea- 
dem ad hymnum in Del. v. 8o. ubi cf. schol. Fragmentum 
CCCLXXV. ex iisdem scholiis Apollonii ad lib. I. 117. pe- 
titum;.éxegavyo25 δὲ (Asopus) ὑπὸ «4ιὸς διώκων αὐτόν, 
διὰ τὸ ἠρπακέναι τὴν θυγατέρα αὐτοῦ «4ἰγιναν, og καὶ Καλ- 
Αίμαχος φησίν: ego aliquando eximendum ex numero Fra- 
gmentorum, versumque obversari hymni in Del. 78. interpreti 
Apollonii opinabar; de occasione vulneris quod addit, διώ- 








520 Callımachi 


xo» ayróy διὰ τὸ 707. t. 9. av. «4ἴγιναν, aliunde. didicisse 
poterat. Hygioi Poet. Astron. 1I. 55. et cx Hygino Scholi- 
astae Germanici ad v. 3o. testimonio recte Bentleius nullum 
inter Fragmenta Callimachi locum dedit: pertinet enim ad 
h. in Dian. 2. ut animadvertit Munckerus. At eadem ratione 
quaeras, quo iure eiusdem Hygini II. 18, et 54, de Callimacho 
testimonia inter Fragmenta ferantur Callimachi, CCCLXX XVI. 
et CCCLXXXVII. Quid enim, si utrumque ad hymnum ín 
Dianam, illud prius ad v. 266.7. alterum ad versum 265. 
spectet? Restat ut explicem, cur in h. Apoll. 106, pro eo, 
quod certatim Dawesius, Ernestius, Brunckius, Blomtieldius 
scribi jusserunt, oUy, ego revocare vulgatum ^vÀ' ausus sim. 
ovÀ ita defendas, ut cum acumine et superlatione dictum 
sit: ne tantum quidem quantum mare, der nicht einmal so 
viel als ein meer singt, vel, der nicht wenigstens so viel als 
ein meer singt. Simile apud Apollonium III. 952. est, sed 
ubi οὐδ) usitate dicitur: ὠκλειὴς Ode µάντις, ὃς οὐδ Oca 
παῖδες ἔσασιν οἶδε etc, οὖκ in versu Callimachi, praeter eos 
quos dixi, exhibet, sed ex memoria haud dubie, laudatus 
Santenio in sua Hymni in Apollinem editione Scaliger ad 
Catull. p. 112. et 123. 

Ia Fragmento LII*. mira cernitur inter eos, qui illud 
afferunt, discrepantia, dum Olympiodorus in Meteora Ari- 
stotelis p. 12. qui utrumque versum protulit: αὗτοί μὲν gu- 
Adovo', αὐτοὶ ὁέ τε πεφρίκασι», ἕἑσπέριον Φιλέουσιν, dno- 
στυγέσνσιν ἔφῷον, et qui posteriorem , Eustathius in lliad. 
AXII. 511. 8. p. 1271, δή. Bom. vel p. 1375, 27. Bas. de stel- 
la Veneris, Lucifero eodemque Hespero, verba accipere Cal- 
limachi videntur, at Tzetzes Chiliad. VIII. 8397. itemque in 
Epistola, quam frustra quaero inter notas mihi Tzetzae epi- 
stolas, sed laudatur Bentleio, in eum dictum hoc, ἑσπέριο» 
φιλέουσιν, ἀτὰρ στυγέουσιν ἔῷον, docet, qui fidem non ser- 
vet in amicitia, sed vacillet ac mutet. Eam discrepan- 
tiam ita dirimit Bentleius, ut errare bonum virum Trzetzen, 








Hecale 591 


et cum eo Hadrianum Iunium, qui illud in Adagiís p. 352. 
Teetene insistens vestigiis, in heredipetas videri convenire 
monuerat, dicat: loqui enim Callimachum de novis maritis, 
qui Hesperum festinare cupiunt, Auroram vero tarde venire, 
Praeiverat hoc Bentleio Scaliger ad Catulli Carmen nupt. 
LXII. (LXIIL) cuius carminis pars magna in hac observa- 
tione ludit, Hesperum gratum sponso esse, ingratum nuptis. 
Ibi igitur Scaliger p. 65. et Callimacho usus erat, et Ciri v. 
35o. Quem pavidae alternis fugitant optantque puellae, 
Hesperium vitant, optant ardescere solem. ubi, quod obiter 
dictum esto, non puto emendatione opus esse, quam et Bent- 
leius h. l. et ad Cirin Heinsius, itemque, Friesemanno teste, 
Schraderus, fecerunt: optant ardescere Eoum. Idem Sca- 
liger cum Callimacho facere Senecam observaverat, Medea 
v. 71.Sqq. Denique Ruhnkenius versus qui nunc sunt apud 
Weichertum Poetar. Lat. Reliq. p. 188. Cinnae, admovet: Τε 
matutinus flentem. conspexit Eous, Et flentem etc. Recte 
illi hoc quidem. Mihi tamen Callimachum quod attinet, 
media quaedam via probatur, quo suum Olympiodoro Eusta- 
thioque, qui ex Callimacho eundem esse Luciferum et He- 
sperum docent, et suum tribuatur Tzetzae, qui eodem Cal- 
limachi loco nonnullorum in amicitia inconstantiam notari 
scribit, Digna acumine Callimachi sententia est: quod in. 
stellis accidat, ut eandem iidem, scil. sponsi, et ament et per- 
horrescant, ament vespertinam, matutinam odio habeant, 
idem cerni in hominibus, ut eundem iidem ament et perhorre- 
scant, vespertinum ament, oderint matutinum, Atque ita con- 
formatam sententiam fuisse, satis aperte, ut mihi quidem vi- 
detur, verba loquuntur quae proxime praecedunt ante versus 
Callimachi, Olympiodori, Quibus verbis sententia contine- 
tur Callimachi, sed soluta oratione poetica, in breve con- 
tracta, eo grammaticorum more, de quo Cap. VII. ad Fragm. 
CXLIV. monui. ὅτι yàg 0 αὐτός ἔστι καὶ ἕῷος καὲ ἑσπέριος, 
δηλοῖ καὶ Ἰαλλίμαχος λέγων ἐν «4ἰκάλλῃ, ἡνίκα μὲν γὰρ 


599 Callimachi 


yalvsras τοῖς ἀνθράώποις ταὐτὰ, αὐτοὶ μὲν φιλέουσ᾽ 
etc. ld ita videntur accepisse viri illi docti: guum stella, 
quae eadem Lucifer et Hesperus est, apparet hominibus. 
Veram si hoc volebat, quorsum ra 974? Dicendum fuerat 
ὁ αὐτός, Immo hic fuit expressus a Callimacho , indicatus 
ab Olympiodoro, sensus verborum ac series: Experior in 
me, inquit, quod observatur in ἀστέρι ᾿ἀφροδίτης, id etiam 
alis in rebus cerni: quum enim eadem apparent atque ac- 
cidunt hominibus, illi iidem et amant et perhorrescunt: 
matutinum amant, etc. Itaque, quae mea sententia est, am- 
biguitas quaedam inerat in ἑσπέριον et &wov, quae semel 
proprie ad αστέρα, sed etiam, non proprie, ad res quac 
mane accidunt, itemque vesperi, et ad homines, qui mane 
et vesperi obviam sunt, referuntur: eo modo, quo Calli- 
machus, ut alios taceam, in hymno Iovis: ἑσπέριος κεϊνός 
ye νοεῖ τά x&v ἦρι vogon* ἑσπέριος τὰ µέγισα. Sen- 
serat aliquid horum Ernestius, sed ille nescio quomodo 
eodem tempore aliquid contrariae sententiae tribuens Val- 
ckenarii. Quippe Valckenarius, cuius nunc ipsa verba in 
Epistolis a Tittmanno editis p. 51. prostant, sic versu locu- 
pletari posse, ex Olympiodoro, fragmentum Callimachi con- 
üciebat: g»x' ἂν ἀνθρώποισι κατ’ ᾗέρα ταὐτὰ φανεί, αὐτοὶ 
μὲν φιλέουσ’, etc. κατ Πέρα Callimacheum esse, de stellis 
positum : quam in rem laudat h. Del. 176. τείρεσιν, ἡνίκα πλεῖστα 
κατ᾽ Πέρα βουκολέονται. Mox sentiens, ut puto, molestum 
esse, ac vix intelligi posse in tali nexu ravra, addit: nisi 
dedisset Olympiodorus ταὐτά, hic fortasse poni posse λύχνα 
. qav&/g ex Callim. Fr. CCLV. Quae omnia, ut taceam de 
quo satis expositum est, aliam postulare illud ταύτα senten- 
tiam, et propter insolitam structuram ἠνίχα à» φανεί] su- 
specta, et supra modum audacter excogitata sunt. Sive 
enim librariorum culpa versum, qualem finxit Valckenarius, 
paullatim omni metro exutum esse, et in haec quae nunc 
apud Olympiodorum leguntur prorsus pedestria transforma- 


tum statuas, nemo credet, quum qui sequuntur versus Cal- 
limachi nihil labis passa sint, in istum unum' tam crudeliter 
grassatos esse librarios; sive, quae haud dubie mens fuit 
Valckenarii, ipsum ex versu Callimachi ista fecisse pedestria 
Olympiodorum dicas, minime credibile est , Olympiodorum 
paraphrasi circumscribere versum Callimacheum, . quam, 
quod aeque breve, vel etiam brevius eret, ipsum apponere 
versum maluisse. Mihi verba 7»a --ταύτά duorum vel 
trium versuum Callimacheorum videntur paraphrasis esse; 
verborum autem Callimachi si quid in his supersit, hoc fere 
fuerit: 
ἡνίχα μὲν γῶρ ταύτὰ μετ ἀνθρώποισι . . « 
φαίνεται — 

ἡγίκα μὲν yag caesura magis quidem Homerica quam Calli- 
machea, sed ad quam tamen proxime accedunt haec exem- 
pla: h. Apoll. 87. h. Del. 59. 59. Sunt et alia, in quibus aut 
interpunctio succurrit, aut ita sunt verba ordinata, ut, si 
coniungas pronunciando, quae verba arctissime coniungi sen- 
sus iubet, quae autem disiungi iubet, disiungas, nemo ani- 
madvertat caesuram post pedem secundum ; h. Apoll. 44. 109. 
h. Dian, 151. 152. 225, 249. h. Del. 115. 119. Epigr. XV. t. 
. Fragm. XLII. XLV. ΟΧΙ. 3, CXXIII. r. CXXXVI. CCXXXII, 
CCCVIH, — Vel sic; ἡνίκ' ἐν dy9gonoi0t . . . . ταὐτὰ ... 
φαίνεται. potest enim γάρ particula, vel alia, in versu fuisse 
eo; qui praecedebat. ταὐτά etsi non spoponderim esse a 
Callimacho, putem tamen posse a Callimacho esse: v. alia cra- 
seos exempla ad Fragm. XLIV *. Cap. III. 

Quae restat in versibus Callimachi scripturae varietas, 
eam, quum novorum subsidiorum nihil, ac ne Olympiodo- 
rum quidem ipsum praesto habeam , ex probabilitate ipsius- 
que bonitate scripturae diiudico. Ac primum haud cunctan- 
ter αὐτοὶ μὲν φιλέουσ’, αὐτοὲ dd τε π. praetuli alteri le- 
ctioni, quae venustior et Callimachi acumine dignior vide- 
batur Ruhnkenio. Mihi haec venustior oppositio: idem 





594 Callimachi 


eundem, ἑσπέριον et ἔῷον, amant et oderunt: scilicet advo; 
μὲν φιλέουσ’, αὐτοὶ δέ τε πεφρίχασε», ipsi amant, ipsi perhor- 
rescunt, idem est ac si scriptum esset, üdem et amant et per- 
horrescunt, In Olympiodoro edito αὐτοὶ — αὐτοὶ — esse, 
credo Bentleio. αὖςόν-- αὐτὸν laudat, utrum ex Olympio- 
doro manu scripto an e coniectura nescio, Is. Vossius ad 
Catullum p. 153. atque sic habetur in, prima Fragmentorum 
Callimachi collectione p. 158. ed. Vulc. p. 547. ed. Ern. Sic hane 
appello, primam Fragmentor. Callim, colléctionem : quam si 
Aonae Fabri tribuit Ruhnkenius, ut videtur tribuere hoc loco, 
erravit, quum ea collectio iam in Callimacho exstet Vulcanii, 
unde repetitam, suis auctam notulis, exhibuit Anna Fabri. 
Scaliger ad Catull. l.l. αὐτὸν — αὐτοὶ laudat. In versu 
altero quod criticis recentioribus, Ernestio, Valckenario, 
placuit, ὧτ ἂρ στυγέουσιν, Tzetzes tuetur et Eustathii exem- 
plar utrumque. Apud Olympiodorum ἀποστυγέουσιν esse, 
fidem faciunt, praeter Bentleium, Scaliger et Vossius ad Ca- 
tull. I. 1. et prima Fragmentor. Callim. collectio. Ut tamen 
illad reciperem, Eustathii maxime auctoritas apud me effe- 
cit, Ita enim coniicio: Eustathium, quem ab Olympiodoro 
accepisse versum Callimacbi probabile est, codicem Olympio- 
dori antiquiorem his, ex quibus nos editum habemus Olym- 
piodorum , habuisse, in quo scriptum dr«g στυγέουσιν esset. 
Si liberum iudicium fuisset, ego asyndeton, ἑσπέριον φιλέ- 
ουσιν, ἀποστυγέουσιν &gor, praetulissem tamquam elegantius. 
Ad dictionem aeque bonum est στυγέουσιν et ἀποστυγέουσι». 
Legitur ἀπέστυγον in bymno Deli v. 223. et apud alios eius- 
dem disciplinae: cf. Callim. Fr. CIX. ibique Bentl, sed etiam 
Ernestius ibidem, et Valckenarius Callim. Eleg. Fr. p. 349. 
ἀποστυγώ praesens apud Tragicos; στευγέουσιν ex Ho- 
mero Hesiodoque notum.  Memorabilis etiam Gregorii 
Nazianzeni Carm. III, v. 575. versus, tg» ἄλλοι φιλέου- 
σιν, ἀπέστυγεν ἄλλος ἀὐτμην: quem adhiberi posse ad 
defendendum illud dzogsrvyéovot» significat Valckenarius: 


e 


Hecalc. 526 


statuit enim hanc imitationem esse Callimachei loci. Cf, de 
Apollinare dicenda Cap, II. -Similis dicendi brevitas, cum 
aliqua sententiae similitudine, in Demetrii apud Diogen, 
L. V.85, et Suidam ín Φθονῶ σοι, versu πρὺς τοὺς g9Jo- 
vepovc* Lo0» ἀτιμήσαντες ἀποφθίμενον noJéovot, De eo 
autem, quis primus animadverterit Luciferum et Hespe- 
rum eundem esse, quum disceptetur a veteribus, ea in- 
ventio utrum Pythagorae, quae fortasse plerisque communis 
sententía fuit, an Parmenidi tribuenda esset, noti sunt 
Diogenis Laertii loci, in Pythagora, VIII. 14, in Parmenide, 
IX. 33. coll. Suid. v. Παρμενίδης. Ubi quae male habet Dio- 
genis secum ipso dissensio, eam nunc sustulit iuvenis inte- 
gerrimus , praematura morte his litteris, quas cum multa sol: 
lertia tractabat, ereptus, H. G. Hübnerus, recepta priori loco 
emendatione Casauboni: o£ δέ φασι Παρμενίδην pro vulg, 
ὥς φησι Παρμενίδης. ^ Fortasse recte. Sed quod idem in 
posteriore loco verba Ἰαλλίμαχος δέ φησι μὴ εἶναι αὐτοῦ 
«0 nofgua de Pythagora, quae etiam Füllebornii in Fra- 
gmentis Parmenidis p. 36, opinio est, mihi rectius Bentleius 
in Fragmentis Callim, p. 47 t. ed. Ern. de carmine aliquo, quod 
genuinum esse Callimachus negaverit, Parmenidis cogitare 
videtur. Non negligendum hanc in quaestionem Parmenidis 
ex Stobaeo fragmentum, Fülleborn. p. ıor. 

In Fragmento XLVIII*. οἳ vv καὶ '“ἀπόλλωνα nuyapxéog 
Ἠελίοιο etc. ad excitatos a Bentleio testes, Scholiasten Pin» 
dari Nem. I. 5. et Suidam v. JIavagxéo; , Ruhnkenius Epist, 
Tittmann. p, 101. Suidam v. 24oíoragyoc Teysarns , et felix 
recentioris aetatis in eruendis grammaticorum reliquiis indu- 
stria praeclarum testem, Apollonium περὶ ἐπιῤῥημότων ap. 
Bast. ad Greg. C. p. 532. in Bekkeri Anecdotis II, p. 549, t. 
573, 3. tum etiam Ioannem Alex. zo». παραγγ. p. 37, 7. addi- 
dit. Bentleius quidem quod vulgo ap. Schol. Pindari legitur; 
χωρίον διατµήγουσε, sola Etymologi p. 607, 23. (cf. Gudian. 
p: 446, 20.) et Eustathii, tribus locis, auctoritate, adverbii χωρίό 

N. Rein. Muf. € «yit. ΠΠ. 35 





526 Callimachi 


etiam hanc formam, xögı, commemorantium, feliciter emen- 
daverat χῶρι διατµήγουσι, Nunc plane hoc ipsum, χῶρε 
διατμήγουσι», non addito nomine Callimachi, Apollonius et 
Ioannes praebent. Ut tacere possim irritum conatum Annae 
Fabri p. 360. ed. Ern, coll. Fragm. a Spanhemio collect, p. 588, 
ed. Ern. et conatum Scaligeri, de quo mentionem Valcke- 
narius Epist. Tittmann. p. 5o, facit; et rursus alium ipsius 
Valckenarii ibid. eonatum , proponentis Ὥρον ἀποτμηγουσε, 
quam ille coniecturam docte exornat, ostendens exemplis 
eundem esse Apollinem, Horum, Solem. zuny® praesens, 
cum compositis, non infrequens huic poetarum scholae. zurys 
Nicander apud Athenaeum IV, p. 135, D. ἀποτμήγων idem 
Theriac. 715. ἀποτμήγει Dionysius Perieg. 1122. Sed tamen 
ἀποτμήγουσι iam praeiverat Homerus lliad. XVI. 590. Rursus 
alia singularis forma est ἐτμήγη Callim. Fr. 000, ἆἄποτμη- 
γέντες Apollon, Rhod, IV, 1052. Sic Nonnus in Evang. Io, dxo- 
τµήγουσι, διατµήγει; PaullusSil. ἀποτμηγέντος, διατμηγεῖσα, 
(διέεµαγε»,) περιτµηγέντι, vugyévrac. In forma «{ηϊώνην iam 
Anna Fabri haeserat. certe illa p. 252. ad εὔποδα δμώνην 
scribit: Hoc etiam mihi suspectum est. Disertius Valckenarius 
tum in Epistolis Tittmann. ]. ]. p. (9. sq. tum ad Herodot. VIII. 
65. p. 648, 42, Anicovnv dici potuisse negat, et {ηωΐνην corrigit. 
Recte omnino. Quotquot ante oculos habeo patronymicorum, 
vel similiter formatorum, in co»z vel (ώνη exempla , Alveı- 
ὤνη, Καδμειώνη, Οὐρανιῶναι, Ηλεκτρυώνη, “κρισιώνη, 
quod cum Homero commune Nonno XXX. 270, est: Ρειώνη 
Euphorionis fragm. ΟΧΧΧΥΠΙ. apud Meinekium , cui qui 
laudatur, Salmasius ad Inscr. Herod. p. 91. an ulia ignota mihi 
exempla habeat nescio; Ἰναγχιώνη Callimachi hymno in Di- 
anam; '"Herto»g apud Quintum Smyrn. I. 115. XIII. 268. 
et Christodorum; Τυνδαρεώνη ap, Tryphiodorum, Coluthum, 
Cbristodorum ; "1xag19»5 ap. Maximum, ter ; «{ιῶνη, quod no- 
men Eustathius in Iliad. V. 570, p. 558. IX. 555, (557.) p. 776. 
cum patronymico “4κρισιῶνη comparat ; Θυώνη, Oivóvy, fuv- 











— — — — — ⸗ u um πω. - - 


Hecale 597 


µανη, διμώνη apud Callimachum in Epigrammate; . Tav- 
ριώνη apud Suidam , quam vocem ne nunc quidem, post 
Gaisfordium , extrudi ex Suida iusserim; ᾽τρντώνη, quod 
apud Homerum in bac tantum phrasi, — Jos τέκος, "Arov- 
τώνη, apud posteriores, ut Quintum I. 514. XIV. 326. 530. 
Coluthum, aliter, et rursus aliter apud Hesiodum legitur; Xi- 
τώνη apud Callimachum in. hymnis lovis et Dianae; Eios- 
σιώνη: inter omnia nullum, quod cum hoc exemplo, zfrtovz, 
recte ab omni parte compares, Et omnino ferri nequit sic 
producta ε littera, — Aliud est «ὤηϊονίδαο producta secunda 
syllaba, Callim. h. Dian. 209. Patronymicorum in t»; exempla 
quae annotaveram, pleraque occupata ab Valckenario locis 
laud. video, ut hoc tantum reliquum sit, testimonia addere 
auctorum : 'Aksavdyn, "Adonorivn, Εὐηνίνη (Eveninae Ovid), 
Θειαντύη, Κλεοβουλίη (unde fabularum Cratini et Alexidis 
tituli; Diogen. L. in Cleobulo, et praeter alios Plutarch. Prae- 
cept. coniug. p. 145. E. Conviv. Septem Sap. p. 148. C. abi KAso- 
βουλήνην recte expulit Xylander, de Pythiae orac, p. 401. B. 


ubi vulgo male KAsoßovAn»), Νηρηΐνη (Oppian. Halieut, I. 


386. Quint. Smyrn. III. 125, 596. 768. 786. IV. 118. VII. 555. 
ΙΧ. 29. et Suidas; Nerine Virgil), Neptunine. Add. ἴητίη 
(Regulae prosod. Hermann. p. 440. 9o. corrigend, ex Dracone 
p. 45. et 105.) Dionys. Perieg. 490. Aeetine Ovid. Her. Epist. 
VI. 103. laudatusque ibi ab Heinsio Avienus Descript. Orb, 
v. 657. 1221. Quae addit Heinsius, Nonacrine, et locorum 
nomina, Elephantine, Daphníne , nimis aliena ab hac quae- 
stione sunt: quippe Nonacrina, nam Nonacrine non memini 


me legere usquam, notum Callistus, Atalantae, cognomen, 


nomen adiectivum gentile est; Elephantine, Daphhine, ut 
quae iuxta Daphninen commemoratur, Acanthine, vix dubium 
quin fuerint Ἐλεφαντύη, dfagvévyg , ᾽4κανδίνη penultima 
correpta, quorum tantum gentilia adiectiva longitudinem 
adsciscebant, ut est "EAegavrtvn, Ἐλεφαντῖνος apud Stephanum 
Byzantium. Aliquanto rectius a me observata adhibeantur: 





598 Callimachi 


ἙἘκαλένη, restitutum ante me ct ante hos, quos Prolegg. p. 8. 
dixi, a Xylandro ad Plutarchi locum paullo ante laudatum, 
in Conviv. Sept. Sap. frustra refragante Wyttenbachio Anl- 
madv, p. 922. Mvgiyn , χοιρίνη, «Χοιρίνη, et quam supra 
modum audacter in 'ExaAíyy», vel, ut ipse malebat ᾿Εχαλή- 
νην, transformat Wyttenbachius, Εὐκολύη. ᾿ριπύη 
Leonid. Alex. XX1.3. (Anth. Pal.I.p.295.) De Φαιακοσίῃ 
Valckenarii v. nunc Boeckh. Corp. Inscr. οἱ. ΠΠ. p.29. Etibid. 
Εὐκολύη Vol. I. p. 515. 536. 548. ΑΙ ᾿άκιλείης p. 590. for- 
tasse' Aquilinge est. Denique ἠρωΐνης est, in extremo 
versu, apud Callimachum h. Del, 161. in Theocriteis XIII. 
20. XXVI. 36, lpsum naiv graecum non magis, puto, 
exstat, quam /nwig, quod tamen latine scriptum, notum ex 
Ovidio Ausonioque, recte comparat, ad tuendam Zfgeivz», 
Valckenarius. Sic Anrwis est, et Anzolas, ac posset inde 
esse «4ητωΐνη. «4ητιῶνη non potest. Ego, si quid in hac 
scriptura, /niovny, probi esset, duos de quibus aliquis co- 
gitet modos video : aut, quam in rem Etymologi testimonio 
p. 265. extr. ε litteram in nomine Ana agnoscentis utaris, 
«4{οώνην; aut, quod magis placeret, «4ηοϊώνην, o transeunte 
in o litteram, metri caussa, ut fit Anto, «4ητόος, Amoidns. 
Ab Heynio et Boeckhio inSchol. Pind. Anioivnv editum. Pedum 
pulchritudinem, εὔποδα, Proserpinae iam Homerus praedicat 
h. Cer. 2, αὐτήν, 708 9vyarga. τανύσφυρο». 

Qui sint, quibus hoc vitio vertit Callimachus, quod 
Apollinem a Sole, Proserpinam a Diana dirimant, non habeo 
compertum. Hoc, vitio id verti illis a Callimacho, et con- 
trarium sensisse Callimachum, etiam scholiastes Pindari vi- 
derat, qui hoc consilio profert versus Callimachi, ut eandem 
esse Proserpinam et Dianam probet: ὅτι δ) 5 αὐτή ἐστε 
τῇ “άρτέμιδι, Καλλίμαχος ἐν ExáAn* οἳ vv καὶ ᾿ἀπόλλωνα etc. 
Sed quomodo contrarium sensisse Callimachum docebitur, qui 
ipse in hymnis, qui exstant, in Apollinem et Dianam, Apol- 
linem a Sole, Dianam a Proserpina, Hecate, Luna, dirimat? 


Hecale 529 


Ita res se habet. Hymnus in Apollinem medicae quidem artis - 
peritiam ao praesidium tribuit v. 45. 6. Apollinl, non ut agno- 
ecere Callimachus Paeanem Homericum videatur 3 at doctrinae 
de Apolline Sole nullum vestigium. Hymnus in Dianam 
dum cum llithyia miscet atque confundit Dianam v. a1. sq. (cf. 
126.) unde credibile est alibi Callimacho, quum Εἰλείθυιαν dicit, 
h. lov. 12, Epigr. LVI. simul Dianae obversari imaginem, 
excepto tamen tertio h. Del. 132. 257. loco, ubi de Diana co- 
gitari nequit, neque in Eivarın Fragm, CLXVIII. notio ex- 
pressa Dianae est: igitur hymnus in Dianam nullam neque 
Proserpinae proprietatem neque Hecates neque Lunae in Di- 
anam confert. Ambiguum est, et hoo fortasse ambiguum 
esse voluit poeta, φαέσφορε, sed suam in se idoneam, 
dominanti per totum hymnum imagini Deae venatricis ac- 
commodatam explicationem habet ex loco superiore v. 11. ubi 
φαεσφορίην non illud, quod somniat interpres graecus, sed, 
ut verbis utar Sophoclis, πυρφόρους ᾽«4ρτέμιδος αἴγλας si- 
gnificare, EU» aic Avxı’ Όρεα διάσσει Deu venatrix, satis 
evincit sententiarum nexus. Sic in Trachiniis v, 314. ἆμ- 


'qnegog epitheton, quod per se ambigua est significatione, 


in illa verborum coniunctione, propter alterius viciniam epi- 
theti, manifesto ad venatum pertinentis, sine ambiguitate 
unam, ut decet poetam, deae noctu vagantis cum faeibus, ut 
excutiat e latebris feras, imaginem praebet: "fortu "Opze- 
γίαν , &agpnßoAov, ἀμφίπυρον. Neque Οὗὖπις cognomen h. 
Dian. 204. 240. eius significationis, quam indicat apud Span- 
hemium Servius, quicquam prodit apud Callimaehum, sed 
simpliciter est Dianae cognomen , quod illa, ut alii viderunt, 
&b Opide nympha , cuius in hymno Deli v. 392. mentio, as- 
sumpserit: ut idem Callimachus Diotynnae nomen a nympha 
translatum esse in Deam, Dianam, diserte significat. Nequo 
Χησιάς, Iufigaaí/n, Dianae eodem in hymno v. 228, cogno- 
mina, perse tantum valent, ut Callimachum his comprobare 
voluisse Stoicorum Servii ad Virg. Georg. 1, 5. doctrinam, 


530 Gallia hb. 


Lunam eandem Dianam, eandem Cererem, eandem Iunonem, 
eandem Proserpinam esse, ostendant, Scilicet distinguendum 
est in hac quaestione, quid poetae receptae inde ab Homero 
consuetudini consentaneum luserint, quid ipsi secum sense- 
rint, Veluti Callimachus potuit in hymnis ita agere, tacendo, ut 
ex usitato poetarum more distinguere Apollinem a Sole, Dianam 
ab Hecate, Luna, Proserpina, videretur, et tamen contrariam 
secum ipse, poeta philosophus, fovere sententiam, eosque repre- : 
hendere, qui diserte dirimendum esse a Sole Apollinem, a 
Diana Proserpinam, docuissent, ltaque hoc faciebat ille, 
quisquis fuit, quem carpit Callimachus. — ille in declaranda 
natura Apollinis, Dianae, non solum, quod etiam Callimachus 
facit, yt vidimus, separandis fabulis, et seponendis atque 
omittendis iis narrationibus nominibusque, in quibus signi- 
ficatio inerat, aut videri inesse poterat, Solis, Proserpinae, 
dubium reliquerat, utrum ipse primitus coniunctam Apollinis 
et Solis, Dianae et Proserpinae, naturam notionemque fuisse, 
an diversos esse deos sentiret, liberumque cuivis hac de re 
iudicium permiserat: sed diserte, sive in poemate aliquo, 
sive alio modo, negaverat , unquam quicquam Apollini cum 
Sole, Dianae cum Proserpina, commune fuisse, Quis ille 
fuerit, ignoro, Poetam fuisse credibile est; Apollonium 
fuisse nullo probabili argumento evincas: et omnino, ut 
aliquid contra Apollonium fuisse in exordio Hecales scri- 
ptum concedas, etsi nos id cur affrmare non audeamus, 
paullo ante declaratum est, non sequitur totum contra Apol- 
lonium scriptum exordium fuisse. Potuit Callimachus semel 
multorum invidorum adversariorumque diversas aggressiones 
calumniasve una defensione ac responsione comprehendere, 
ulcisci, De re ipsa, utrum differat an non differat ab Sole 
Apollo, Diana ab Luna, Hecate, Proserpina , multa et dicta 
esse et posse dici constat, Ego nunc hac in re uno defungar 
memorabili Plutarchi loco, qui quam opinionum differentiam 
Calli machi aetate fuisse vidimus, eam etiam postea cerni, mul- 


Hecale. 531 


tumque agitatam iu scholis posterioris aevi hanc quaestionem 
esse docet: de Pythiae oraculis c. 12. p. 400, C, ὥσπερ οὖν ὁ 
τὸν ἀλεκτρυόνα ποιήσας ἐπὶ τῆς χειρὸς τοῦ “ἀπόλλωνος ἕω- 
θινὴν ὑπεδήλωσεν ὥραν, καὶ καιρὸν ἐπιούσης ἀνατολῆς, 
οὕτως ἐνταῦθα τοὺς βατράχους ἑαρινῆς ὥρας φαίῃ τις ἂν 
γεγονέναι σύμβολον, ἐν jj κρατεῖν ἄρχεται τοῦ αέρος ὃ Z- 
λιος, καὶ τὸν χειμῶνα διαλύει». εἴγε δεῖ καθ ὑμᾶς τὸν 
'πόλλω καὶ τὸν ji» μὴ δύο 9εοὺς, ἀλλ ἕνα νοµίτειν. 
καὶ ó Σεραπίων' σὺ γὰρ, εἶπεν, οὐχ οὕτω νομίζεις; ἀλλὰ 
οἵει τὸν ἥλιον διαφέρειν τοῦ ᾽4πόλλωνος: "Eyoys, εἶπενίο»), ὥς 
τοῦ ἡλίου τὴν σελήνην, AAN’ αὐτὴ μὲν οὐ πολλάκις οὐδὲ πᾶσιν 
ἀποχρύπτει τὸν ἦλιον, ὃ δὲ ἥλιος ὁμοῦ τι πάντας ἀγνοεῖν τὸν 
.πόλλωνα πεποίηκεν, ἀποστρέφων τῇ αἰσθήσει τὴν διάνοιαν 
ὠπὸ τοῦ ὄντος ἐπὲ τὸ Φαινόμενον, Serapion ille Plutarchi, 
ut p. 596. D. E. p. 40a. F. traditur, Atheniensis, poeta philo- 
sophus est, et quidem, ut in disputatione his, quae descri- 
psimus, proxima significatur, stoica sapientia imbutus, Prae- 
terea quum in Callimacho versemur, duo sunt considerandi 
loci Callimachi, quibus ille, contra morem usitatum, suam 
veram sententiam, de Apolline Sole et Diana Luna, palam 
facit vel facere videatur. Fragm. CLXXXVII. ex Clementis 
Alex, Protrept. p. 35, (18,) (Φοΐβος “Ἱπερβορέοισιν ὄνων ἔπι- 
τέλλεται ἐροῖς. quod quum sic accipi posse, sacra illa fieri 
solita esse sub solis ortum, animadverterint Bentleius et 
Hemsterhusius, mihi semper placuit, ut nec Bentleio displi- 
cet, ἐπιτέρπεται, quae est Tan, Fabri, testante Anna filia p. 
942. ed. Ern. coniectura, nata ex altero eiusdem Callimachi 
loco, Fragm. CLXXXVIII. τέρπονσιν λιπαραὶ Φοῖβον óvo- 
σφαγίαι. Si tamen retinendum sit ἐπιτέλλεται ea, quam vo- 
lunt Bentleius et Hemsterhusius significatione, fortasse non 
de nihilo est, quod Φοῖβον hac in re quam ᾿«4πόλλωνα dicere 
maluit Callimachus. Quid enim si latinorum poetarum con- 
suetudinem acute observatam ab 1. H. Vossio, ut Phoebum 
quidem commune Soli cum Apolline nomen faciant, at 4po/- 


539 Callimach:! 


dinem nunquam appollent Solem, iam praelverlnt Graeci? 
Aliquanto certior res est in altero loco, Fragm, CCCCXVIL 
ex Stephano Byzantio, Ita enim Stephanus: .4iJonuo» (sle 
MSS, vulgo .4ἰθιόπιον), χωρίον «4υδίας παρὰ Ὕλλῳ, πλησίον 
εοῦ Εὐρίπου. dg' οὗ ἡ ΄4ρτεμις «4ἰθοπία (vulg. Aldıonia). 
oí δὲ, ὅτι παρὰ τοῖς «4ἰθίοψι διάγουσαν ᾽ἀπόλλω» Ίγαγεν 
αὐτην. οἱ δὲ, τὴν αὐτὴν τῇ Σελή»Ί, παρὰ τὸ αἶθειν, 
ὡς Καλλίμαχος. οἱ δὲ, ὅτι 7 αὐτή ἐστι τῇ Ἑκάτῃ, ἡ- 
τις αεὶ ὀᾷδας κατέχει, ὡς ᾿Ερατοσθένης. Quamquam hie 
quoque incertum est, quam aperte Callimachus aut quam 
tecte sententiam suam dixerit. Aliud confusae a Callimache 
Dianaecum Hecate exemplum habeo, quod totum in coniectura 
positum. Composui alibi versum, quem primus integrum Ba- 
stius ad Greg. C. P. 241, ex Etymol, Ms, Paris, (v. nunc Ety- 
mol. Gud. p. 539, 59.) protulit, quum particula tantum versug 
apud Suidam in v."Yda exstaret, cum Fragmento Callimachi 
LXXVI. Nunc vide, an his ita compositis subiungendum sit 
Callim. Fragmentum LXII. quod ab Hecale alienum esse infra 
Cap. X, doceo, Quo et initium praeclarum carminis iambici 
et conclusionem, h.e, versum conclusioni proximum, vel 
ipsum, qui conclusionem faciebat, versum repraesentabimus : 

"Fóst» ἔοικο τὴν φερέζωον κάρη», 

τὴν Ὀγαμέμρων, ὥς ὁ μῦθος, εἴσατο, 

τῇ xoi — xai µύνωπα Ἀνύεται. 

χαῖζρ᾽ EUxoltyg . « «ος. « 
φερέζωυος, rarum vocabulum, quod ego ex Nonno XIL 6. 
Evang. loann. cap. V. 35. XVI. 27. ex Ioanne Gaz. et Apol- 
linaris Psalmis annotavi, aut Dianae Lucinae epitheton, aut 
Dianae Hecates erit, respondens Hesiodeo κουροτράφος. 


Haec sunt partim Hecales fragmenta, partim mea eon- 
iectura ad Hecalen relata, quae in prooemio pono non sine 
multa probabilitate, quinque. Quibus alia subiungamn , de 











53d Callimachi 


Dictum in garrulum quendam , qui ad dicendum provocatus 
nunquam finem facere potuit, . Addo gquidem: in garrulum 
quendam, adversarium Callimachi. In proverbio versari lo 
cum Callimachi Bentleius senserat, fortasse Erasmi in adagip 
Dodonaeum aes, sed maxime Stephani memor, qui in ho 
ipso capite de Dodona bis meminit proverbii: Ἔστι δὲ zul 
«4ωδωναῖον χαλκίον παροιμία ἐπὶ τῶν πολλά λαλούντω», d; 
μὲν ὁ 4ήμων φησύ' — et paullo post: — εἰκότως sig πα- 
θοιµίαν παρεγένετο. µέμνηται αὐτῆς Ἰένανδρος ἐν dior 
φόρῳ (p.27. ed. Meinek.)* ἜἘὰν δὲ κινήσῃ etc. Ne qui 
sutem miretur, quod Menandri uti auctoritate ad conr. 
mandum proverbium Stephanus maluerit quam Callimachi, 
cuius ipse verba haec, τὸν ἐν «ωθῶνε — myeıpor, low 
superiore apposuerat, reputet, ea verba ibi tantum ad com 
probandam dativi formam, «{ωδῶνι, apposita esse a Stephano. 
Ergo quum de proverbio dicere coepisset, maluit scriptoris 
alius, eiusque antiquioris, testimonio uti , quam ad laud 
tum ante alio consilio Callimachum relegare lectores (ak 
limachi ipsius fragmenta supt apud Stephanum eo loco duo, 
probe a se invicem discernenda, ut sunt a Bentleio dis 
creta. Unum, de quo coepi disputare, Fragm. CCCVI. Al 
terum ex Aetiorum secundo, ubi de origine Dodonae fabulam 
poeta tractaverat, quod Bentleio est Fragm. XXIV. ad quem l- 
cum non dubito quin pertineant duo neglecta adhuc insigni 
frustula Callimachi, quae ex Scholiis Victorianis Heynius sd 
Iliad. XVI. 334. et 235. Suppl. T. VII, p. 785. protulerat: 
 xoyvécov 1' Εὐρώπῃ µισγοµέάνων Exarov: 
ut nunc Bekkerus exhibuit, quum Heynius κρηναίων τ’ Er 
qon; µισγοµένων, omisso ἑκατόν, dedisset: Εὐρώπή intel 
ligenda ea, de qua eadem Schol. Vict. ad versum Homeri 
praecedentem , Oceani filia: cf. Hesiod. Theog. 557. deinde 
ad v. 235. hoc: 
olow ἄθικτον 
σαµβαλον αὐλείου : 


— — - - — 


Hecale . 535 


ut Callimachum seripsisse, aut potuisse scribere coniicio: qui- 


bus intacta vestibulo solea, vel quibus nunquam solea attigit 
vestibulum. cf. Callimachus h. Dian. 201. uvgroso ds χεῖρεφ 
ἀθίκτοι. σάµβαλα dixit Diotimus Epigr. II. 6. (Anth, Palat. 
I. p. 254.) ἀσάμβαλος Nonnus aliquoties, locis ab Intpp. He- 
sych. v. Σάµμβαλα et ab Iacobsio laudatie; denique locupletior 
his testis, ipse ille, ut puto, cui debet exquisitum vocabu- 
lum Callimachus, Eumelus apud Pausan, IV. 55, 2. Heynius 
ex Schol. Vict, dederat: 706» εχδους συµβαλο» αυλειου; Bek- 
kerus: ἦσεν ἐκδοὺς σάμβαλον αὐλείου, Sed ut illuc rever- 
tar, ante omnia redintegrandum ‚ac bona sui parte, quae 
deerat apud Stephanum , augendum est Fragm. CCCVI. Id 
quod ex Constantino Lascare fecit Blomfieldius; nos nunc ex 
illo ipso, ex quo sua hausit Lascaris, nisi fallor, Choerobosco 
Bekkeri Anecd, ΠΠ]. p. 1146. Apponam, ut comparentur cum 
Choerobosco, verba Constantini Lascaris, qui non est in 
omnium manibus, ex libro Grammaticae tertio : εὑρήσεις δὲ xad 
παρὰ ποιηταῖς τοιαύτας δοτικὰς πεπονθνίας μεταπλασμὸν 
διὰ τὸ μέτρο», καὶ παρὰ τῷ nor ἐν 9 ἑλιάδος, llavgo- 
τεροε µέμασαν δὲ καὶ ὡς ὑσμῖνι µάχεσθαι, ἀντὶ ὑσμύνη. xo 
dixi πεποιθὼς , ὠντὲ ἀλκῃ. καὶ παρά Καλλιμάχῳ, Mn µε 
τὸν ἐν «4ωδῶνι λέγοι µόνον εἴνεχα χαλκοῦ. ἀντὶ δωδώνῃ. 
Apud Choeroboscum Bekkeri οὕνεχα χαλκόν legitur, Quibus 
coniunctis cum Stephani, qui ὦγειρον verbum conservavit, te» 
stimonio, sententiam Callimachi, hoc est; ipsius de se loquen- 
tis Callimachi sententiam efficimus hanc: 
un µε, τὸν ἐν «{ωδώνι λελθγμένον οὕνεκα χαλκὸν 
γειρον ,. ο . . 

ne me, quod aes illud Dodonaeum excitaverim, culpent periti 
rerum iudices. vel, cum maiori acerbitate: ne me, quod aes 
Ülud Dodonaeum excitaverim , severe puniant dii. Excita- 
verat Callimachus aliquem ad dicendum: qui quum multa 
garrulitate molestum se fecisset , Callimachus excitatae ab se 
garrulitatis culpam avertit ac deprecatur. Unum in his 





536 — Callimachi 


ambiguum, quid restitutum a Bentleio Asteyusvor significet. 
An ut sit, quod dicitur esse Dodonae? Vereor ut recte, 
Atque unicum hoo bene observasse Iac, Gronovius, ubi λεγό- 
µονον inepte defendit contra Bentleium, videtur, λελογκένον 
non esse guod dicitur, Quare λελεγμένον inusitate dictura 
ab Callimacho, sed ex analogia Homericorum λέξομαε, ἐλό- 
Paro, ἔλεκτο, καταλέγμενος (Odyss, Xl. 62. XXII. 196.), xa- 
ταλέχὃαι (Odyss. XV. 394.), existimo: quod iacet, χείµενον, 
vel, ut propius ad usitatam Homero significationem verbi 
accedatur, quod cubat Dodonae, dası gelagerte, das ruhende. 
Quadrat ad rem illustratus a Tollio ad Longin. p. 37. verbi 
ἐγείᾳειν usus, quod de iis rebus dicitur, quae ante iz- 
cuerant oblivione, situ, obrutae sepultaeque. Bentleius 
quomodo acceperit suum λελεγμένον, dubitare licet. Sane 
exstat apud Bentleium interpretatio latina: — quia aes 
quod dicitur Dodonaeum Excitavisse (sic in edit, Graevii) — 3 
verum admodum probabilis dubitatio est Hemsterhusii, de 
qua Ruhnkenius ad Ernestium Epistt. Tittm. p, 27. De Epi- 
grammatum et Fragmentorum versione Latina quid Tibi vi- 
detur? | Negat Hemsterhusius illam. Bentleio deberi. et Ρ. 18. 
Epistola quae sequitur: De Epigr. et Fragm. versione non 
aliam habet Hemsterh. dubitandi caussam , quam quod multis 
locis indigna est Bentleio, nec accommodata ad certissimas, 
quas in textum recepit, emendationes, — Deinde non repu- 
gnabo vehementer, si cui εἴγεκα inferre placeat propter Con- 
stantinum Lascarin, sic: um us τὸν ἐν {ωδῶνι λελεγμένον 
siysxa χαλκὸν ἤγειρον. οἴνεχα rariori et Callimacheo usu 
eo, quem vidimus in εἴνεχεν οὐχ 8» ἄεισμα, et οὐδ᾽ Eysx' 
Εὐρυνόμη Τιτηνιώς. Mihi tamen Choerobosco Bekkeri e& 
maxime Stephano obtemperare satius füit, Sedem quaerenti 
ita constituto atque explicato Fragmento CCCVI. prooemium 
Hecales non aptum visum est, quod illud reciperet ; magis 
apta Jbis videbitur, ubi in Apollonium, et in fastidiosam 
Argonauticorum carminis longitudinem, sive garrulitatem, 

















536 ος 


tare hoc, «e£ redintegrare carminis deperditi per suas 
partes, ordinemque partium, imaginem liceat, haec sunt 
quatuor. Primo illud, de quo in Prolegomenis p. 5. di- 
ctum, quod de argumento ambituque Hecales certis te- 
stimoniis constat. Deinde quae de factis Thesei, factorum- 
que ordine, mythographi vel historici narrant alii: de quo 
significatum Proleg. p. 7.12. Tum accurata fragmentorum, 
quae ex Hecale afferuntur a grammaticis, vel quae apta vi- 
deantur ad hoc argumentum, observatio. Denique conie- 
ctura, Et hac quidem tum ad tria illa priora, tum eo opus est, 
ut dispositionem rerum efficias haud indignam poetae minime 
contemnendi ingenio. 

Primam partem sive primum caput, vel, si exordium 
annumeres, secundum, tauri descriptionem fuisse Marathon 
puto. Ita decebat poetam, Primo taurum ponere, occasio- 
nem carminis, Deinde .ut prodiret Theseus, debellaturus 
taurum, "Theseo ut obviam fieret Hecale. : 

De tauri illius origine, furore, et quomodo ex Creta ad Ma. 
rathonios pervenerit, narrationem apponam sive ex Callima- 
cho ductam, sive ex aliis, quibus in iis, quae sunt praecipua, con- 
veniebat cum Callimacho, Pausaniae I. 27, 9. 10. ᾿ἀνέθεσαν δὲ 
καὶ ἄλλο Θησέως Enyov, «καὶ ó λόγος οὕτως ds αὐτὸ ἔχει. Κρησὲ 
τήν τε ἄλλην γῆν καὶ τὴν ἐπὲ ποταμῷ Τεθρύι ταῦρος ἐλυ- 
µαίνετο. πᾶλαι dà ἄρα τά Inola φοβερώτερα ἦν τοῖς ar- 
Φρώποις, ὥς ὃ v ἐν Νεμέα λέων καὶ ó Παργνάσιος, καὶ δρά- 
κοντες τῆς Ἑλλάδος πολλαχοῦ, καὶ ὃς περέ τε Καλυδῶνα καὶ 
Ερύμανθο» καὶ τῆς Κορινθίας ἐν Κρομμυῶνι, ὥστε καὶ 
ἐλέγετο τὰ uày ἀνιέναι τὴν γῆν, τὰ δὲ ὥς ἱερὰ Ein 
Φεῶν, τὰ δὲ καὶ ἐς τιµωρίαν ἀνθρώπων ἀφεῖσθαι. καὶ τοῦ- 
«ον οἱ Κρῆτε τὸν ταῦρον ἐς τῆν γῆν neuyaı 
σφίσι Tloosıdava Φφασιν, ὅτι θαλάσσης ἄρχων 
Ἰένως τῆς Ἑλληνικῆς οὐδενὺς Ποσειδῶνα nyev ἄλλου 
Φεοῦ μᾶλλον ἐν tiui. κοµισθῆναι μὲν δὴ τὸν ταῦρον τοῦτόν 
φασιν ἐς Πελοπόννησον ἐκ Κρήτης, καὶ Ἡρακλεῖ τῶν δώδεκα κα- 











540 Callimachi 


τὸν φανέντα. τοῦ δὲ Ποσειδώνος ταῦρον ἀνέντος aft ὅια- 
απρεπῆ, τὴν βασιλείαν παρέλαβε. v0» δὲ ταῦρο» eis τὰ Pov- 
xoÀia πέµμψας, 6Jvot» ἕτερο. Θαλασσοκρατῆσας dà 
πρῶτος πασῶν τῶν νήσων σχεδὸν ὑπῆρξεν, Ὀρ- 
ισθεὶς δὲ αὐτῷ Ποσειδῶν ὅτι μὴ κατέθυσε τὸν ταῦρον, 
τοῦτον uà» ἐξηγρίέωσε' Πασιφάην dà ἐλθεῖν εἰς éne- 
Ova» αὐτοῦ παρεσκεύασεν. etc. Continuat hoc argumen- 
tum, de Androgeo, quem Aegeus, ut occideretur, ἐπὲ τὸν 
άαραθώνιον ἔπεμψε ταῦρο», de bello, quod Minos, ὅα- 
λασσοκρατών, Athenis intulit, ac Megaris, deque pacis 
acerba conditione illa, Apollodorus ΠΠ. 15, 7.8.9. Quae 
idem de postremis tauri Marathonii fatis habebat, qua in oc- 
.casione haud dubie etiam Hecales mentionem fecerat, ea in- 
terciderunt, Diodori locum IV. 59. extr. posui Cap. IX. p. 20. 
Cf. idem IV. 13. extr, Denique Isocrates Encom. Hel. p. 256, 
25. ed. Bekker, καὶ τὸν t5 ταῦρον τὸν ἀγεθέντα μὲν 
ὑπὸ Ποσειδώνος, τὴν δὲ χώραν Auuamöusvov, ὃν παν- 
τες οὐκ ἐτύλμων ὑπομένει», µόνος (Theseus) χειρωσάμενος etc. 
In his una tenenda est, ne cui fraudi sit iterata Minois 
mentio, observatio chronologica, iam praeparata illa atque 
inchoata a nobis, nunc paullo explicanda uberius. lud 
dico, quod Proleg. p. 12. iterumque p. 20. significavi, alie- 
num ab Hecale poemate Minotaurum esse. Sane equidem 
non hoc in me recipio, ut chronologiam scribam Thesei , et 
cuivis facinori Thesei ut suum tempus assignem. Sed tamen 
nonnulla ita videntur poetarum mythographorumque con- 
sensu stabilita indicioque circumscripta temporis fuisse, ut 
Callimachum recessisse a narratione omnibus communi, et 
quae iam historicam haberet fidem, incredibile sit. Sunt 
autem haec, quae iam recensuit ordine Meursius in Theseo 
cap. 5. sqq. Primo una facinorum Thesei, quae iuvenilia, 
vel adeo puerilia, appelles, series, communi quodam 
vinculo inter se cohaerentium. A quibus separatus proxi- 
mum locum obtinet coniunctus cnm fabula Hecales taurus 


542 Callimachi 


liqua narrantur. Tum Athenis perrexit contra taurum Ma- 
rathonium. Denique, dA/yg ὕστερον, ut ait Plutarchus, in 
Cretam, Hyginus etsi factorum Thesei, quae prima speci- 
mina iuvenilia dico, ordinem alium facit, in eo tamen, quod 
nobis praecipuum , consentit cum illis, post illa ponendum 
esse taurum Marathonium, et ultimo loco Minotaurum. là 
enim Hyginus Fab, XXXVII, et VIII. Qui (Theseus) cum ad 
puberem aetatem. pervenisset , mater praecepta Aegei indicat 
ei, lapidemque ostendit, ut ensem tolleret, et iubét eum Athe- 
nas ad Aegeum proficisci, — eosque, qui illic tum itinera in- 
festabantur , occidit, | Corynetem — Pityocampten — Pre 
crusten — Scironem — Cercyonem — aprum qui fuit Cro- 
myone — taurum qui fuit Marathone — Minotaurum. Qui 
obiter commemorant facta Thesei, non mirum si tempora 
confundant, ut Statius Theb. XII. 576. sq. 581.23. Ovidiu 
Jbide 4og. sqq. At ubi ordinem tenet fabularum Ovidius, in 
opere quasi historico, VII, 453. sqq. illa quidem priora suo 
Ordinat arbitrio, at in re primaria facit cum mythographis. 
Nam quod ibi in recensendis Thesei factis primum locum 
tauro dedit Marathonio, non negligentia factum aut er- 
rore puto, sed consulto, quoniam hoc tum recentissimum, 
eoque gravissimum civibus, "Thesei non ita pridem patri 
Athenisque donati facinus. de Minotauro victoriam The- 
sei prudenter loco inferiori VIII. 169. ss. 262. s. reserva 
vit. Idem ubi facta Thesei, non omnia, sed nonnulla 
potiora, imaginibus inscriptionibusque celebrata recenset, He 
roid. Epist. II. 69. sic procedit ordine: Sciron, Procruste, 
Sinis, Minotaurus; tum bellum Thebanum, Centauri, descen- 
sus ad inferos, 

Apparet ex his, quid in Hecale de Minoe ac Minotauro 
potuerit scriptum esse, quid non potuerit, Non potuit in 
Hecale Cretensis expeditio Thesei et devictus Minotaurus esse. 
Nisi ea de re aliquid quasi vaticinando occupaverit Callima- 
chus. At potuerunt esse, ac fuerunt, at puto, quae ad historiam 





ee, 543 


tauri Marathonii necessaria de Minoe Pausanias loco paullo 
ante adscripto habet. Igitur vestigia legens Pausaniae sic 
fere coepisse coniicio poetam? Immissum Cretae taurum a 
Neptuno esse, quum multum polleret Minos, ac maris insu- 
larumque imperium: classe teneret. Huc refero insigne Cal. 
limachi fragmentum , omissum a Bentleio, Fragm. à Span- 
hemio collect. p. 592. XVI. ed. Ern. nunc Fragm. DI. Blomf. 
xai νήσων ἐπέτεινε βαρὺν ζυγὸν αὐχένι Mivoc. 
ex Cyrillo Alex. contra Iulian. lib. VI, p. 19i. T.I. Spanh. 
De Minois quae tum fuit Φαλασσοχρατίᾳ perque insulas do- 
minatione praeter Pausaniam l. l. et praeter Apollodori l. |, 
verba inprimis illa ad Callimachum apta, Φαλασσοκρατήσας 
dà πρῶιος πασῶν τῶν νήσων σχεδὸν ὑπῆρξενι cf. Thucyd. 
I. 4. Isocrat. Panathen. p. 269, 45. ed. Bekker, Diodor. IV. Go, 
Strabo I. p. 48. (p. 85. A.) Cyrillus testimonio Callimachi uti- 
tur ad comprobandam Minois iniustitiam atqué intemperan- 
tiam: de quo aliquid Spanhemius ad Callim. h. Dian. 194. 
ubi idem rursus profert fragmentum Callimachi, Videbar 
etiam mihi ita scriptum legisse: »7z 0 «c v ἐπέτεινδ etc, quae 
si non proba genitivi forma, certe Callimachea foret: cf. Cal- 
lim. h. Del, 66. 275. "Suidas (cf. infra tractandum Callim. Fr. 
CCCCXXVIILI.) : Κολωνάων, καὶ Ῥησάων. παραλόγως ἐχρη- 
σατο Καλλίμαχος. οὐ γὰρ παράγεται ἀπὸ τῆς κολώνης, ἀλλ᾽ 
ἀπὸ τοῦ κυλωνοῦ. add. fragmenta, fortasse Callimachi , '4ρ- 
reuı, Konrawv notvıa τοξοφύρω», et καλδὲ vgoáov dorégsc, 
quae cum alio Epicharmi primum publicavit Heynius ad 
lliad. XIX, 1. mirum ibi Korsawv, quod Hermannus ali- 
quando ΕἈρηταέων fuisse putabat: nam sane aliud est Koz- 
τάων -εὐρειάων apud Homerum. Nunc video constanter sic 
legi: καὶ νήσών ἐπέτεινὲ etc. Modum si quis quaerat, quo 
haec nexa fuerint, ut de multis proponam unum, Callimachus 
ita potuit: Ἡν χρόνος, Tx — — — xai νήσων ἐπέτεινε 
B. 5. α. M, ad exemplum similium iuitiorum apud Lobeckium 
Aglaoph.I. p. 246. Vel Ἡν ὅτε — ut in Cypriis, Callima- 


pa 


544 Callımachi 


chus ipse in Choliambis Fragm. LXXXVII. quod pro exordio 
fabulae alicuius habeas: Ἠν΄ κεῖνος οὐνιαυτός, i τὸ τε 
πτηνὀν etc. 

Ad dictionem similia annotavi haec ex Apollinare: Psalm, 
LXXI. οἴσατε νῆσοι δῶρ᾽, — γαίης uev βασιλγες ὅλης ἅμα 
γουνάσσαιντο, ἐθγεά οἱ παντοῖα zs ovi ζυγῷ αὐχένα 9εέη. 
Ps. XCIX. dIavarov χαίροντες ὑπὸ ζυγὸν «9 χένα Φέσθε. 
Ps. CI. αὐτὰρ κοιρανίοισιν (60 y ζυγὸν αὐχένα (αὐχένε) 
Φήσει. At futilis auctor, audio; neque ea similitudo, 
ut quicquam ad illustrandum Callimachum conferat. Neque 
ego annotassem ista, nisi semel monendum esset, Apollinarem 
ita Homeri, Callimachi, usu ac lectione nutritum exercita- 
tumque videri, ut similitudo etiam levior facile imitationis 
sive voluntariae sive non voluntariae suspicionem moveat. 
Et Homericam imitationem taceo, quum et manifesta multis 
locis, et Homerus is sit, quem norunt omnes. Ut unum 
proferam de levioribus, et quae facile praetereant legentem, 
Homericum est Javu« μ ἔχει Psalm. CV. et CXXXVIII, 
unde in lacunoso Paulli Silentiarii loco Ἔκφρ. τ. µ. à, II. 96. 
quo Graefius iure Φαῦμα d’ ἔχω supplet, eodem iure aliquis 
θαύμα μὲ ἔχει restituat. Callimachi autem: non solum vo- 
cabula multa, h.e. primum divulgata a Callimacho ac fre- 
quentata versu heroico, et adamata Callimacho vocabula, sive 
ex ipso Callimacho doctus, sive ex aliis Callimachea elegantia 
imbutis poetis, frequentat Apollinaris: εἴγεκα (pro οὔνεκα, 
semel, si verum est, Ps. XXXVIII. efyex' ἐγὼ Σεῖνος), ἄει- 
oua (Ps. CXLIIT, et saepe in titulis Psalmorum), ἠγεχέως, φερέ- 
ζωος, (σελήνης Ps. LXXI. epitheton, alibialiter), ἀβάλε, ἆερ- 
τάζειν, ἀριήκοος, ἀοίδιμος, ἔμπα, &una ye μήν, ἐσσή», εὐαγής, 
νήχυτος, ὁὀμέστιος, περιηγής, πολύθεστος, συγέµπορος, ψέ- 
Soc (Ps. CVIII.): sed etiam complexus verborum habet ad 
similitudinem locorum, qui sonabant ante aures, Callimachi 
conformatos, Ps.LXVI. 9efoy Όρος, πολυανθὲς ὄρος µάλα 
πζον ἐτύχθη, πῖον ὄρος, — ad Lav. Pall, 4o. Κοεῖον δ' 





liciter annectimus Fragmentum Hecales XLVI*, — Immisit 
Neptunus tauro oestrum, 

βουσσόὀο», ὅντδό µύωπα βοῶν καλέουσιν ἆμορβοί, 
eoque in rabiem egit. Anna Fabri versum ad Jojg ἀφιδιν 
pertinere suspicabatur, p. 569. ed, Ern. Emendato a se in 
sua Fragment. Callim. collectione p, 385. ed, Ern. versu utitur 
Spanhemius ad h.Dian, 45. ubi vocem ἀμορβός explicat, cui 
disputationi addendum Fragm. Blomf. CCCCLX XV. infra Ca. 
VI. De oestro sive µύωπε: non puto enim accurate obserra- 
tum poetis discrimen esse, quod scholia Apollonii locis statim in- 
dicandis inter utrumque faciunt : bobus infesto, praeter βοη- 
λάτην uvona Aeschyli, cf. Apollonius Rhod. 1. 1265. ὡς d 
ὅτε τίς τε µύωπι τετυµµένος ἔσσυτο ταῦρος, — et qui ma 
gis memorabilis locus, III. 276. 7. τετρηχώς, oiov τε viu; 
ἐπὶ φορβάσιν oloroog τέλλεται, ὄντε µύω πα βοῶν xti 
ουσι νομῆες. quod scribenti ipsum hunc versum nostrum 
ex Hecale obversatum esse haud dubie recte statuit Gerhar- 
dus Lect. Apollonian, p. g. Cf. Tryphiodor. 561. Coluth. (5. 

^ Deinde immanem beluam, quum Cretam vastasset, trans 
latam ab Hercule in Peloponnesum esse, atque hinc inva 
sisse Atticam, et in campum excucurrisse Marathonium, 

ἐννότιον ΙΗαραθώνα, 

cum mythographis narrabat poeta. Sed quod hac opportu- 
nitate inserui, Fragm. CCCL. etiam infra collocatum ess 
potuit, in eo quod nobis Caput VIII. est, vel poemate alio. 
Qui tauro primum ab Iove furorem subiectum, ut Cretensium 
agros ac moenia vastaret, scribit, interpres Statii, idem hot 
habet, ipsi, nisi fallor, proprium, taurum Argos perductum 
ab Hercule, ab Iunone in Atticam regionem expulsum 65 

Hinc dubitandi campus ac materia aperitur. Scilicet in- 
terfectum a tauro Androgeum Minois filium, et bellum, quod 
ea de caussa Atheniensibus Minos pater intulit, finivitque 
conditione hac, ut per novem annos in Crctam quotann 
funera. Cecropiae , nec funera, portarentur, in.dapem Mino- 





et carm. Apollonii Rhod. p. 55. haec plane ipsa verba fuisse 
Callimachi : καὶ τὰ μὲν ὡς ἦμελλε μετὰ χρόνον ἐκτελέεσθαι. 
etsi qui conservavit hoc fragmentum, vetus interpres Apol- 
loni Rhodii, eius testimonium ita comparatum est, ut aliquid 
admittere dubitationis videri queat. Haec enim est ad Apol- 
lonium, ubi hic versus cxstat I. 1309. xal τὰ μὲν dg nuelle 
µετά χρύνον ἐκτελέεσθαι, interpretis graeci annotatio : Καλ- 
Άιμάχου Ó στίχος. vel, quod idem est, in Schol. Parisinis: 
— στίχον εἶναί φασι Ἰκαλλιμάχον. Id aliquis ita acceperit, 
apud Callimachum non eundem versum, sed tam similem 
fuisse, ut idem esse videri posset, Verum hoc si voluisset 
interpres Apollonii, sic, puto, scripsisset: ἀπὸ Καλλιμάχου 
0 Gtíyoc , et addidisset ipsum versum Callimachi, Certe 
sic accuratius: ut in re simili interpres loquitur Aristophanis 
Acharn. 891.(885). Sic Apollonium congruere cum Calli- 
macho supra p.546. vidimus. Haec olim furta (cf. BentL ad 
Fragm. CXXIV.) appellabant, nos imitationes solemus, vel, 
mitissimo omnium vocabulo, rewuniscentias, Et in Apollonio, 
bono potta, omnino non tulerim furti appellationem, facilius 
in Nonno: quamquam ne in Nonno quidem, si furta dicas 
ea, quae quis sua coactus inopia, et quae clam abstulerit. 
Necessitas spoliandi Callimachum nulla ei erat, apud quem 
ipsum et copiam verborum, et magnam facilitatem versus 
faciendi fuisse manifestum est; neque clam esse Nonnus, 
quod imitaretur Callimachum , sed magis suam doctrinam 
ostentare scite intexendis vocabulis, membris, hemistichiis 
Callimachi, doctissimi poetae, voluit. Ut eo loco, propter 
quem haec disputata sunt, quem locum debemus Ruhnkenii 
Epist. crit. II. p. 186. diligentiae: V, 211. καὶ τὰ μὲν ex 
Ἴμελλε γέρων χρόνος ὀψὲ τελέσσαι. Addo alterum, in quo 
aeque aperta, vel magis, imitatio Callimachi: XX. 142. xai 
τῷ μὲν ὣς ἤμελλε μετὰ χρόνον ὀψὲ τελέσσειν Βάκχος ἄναξ. 
Evang, loann. XVI. 3. καὶ τά μὲν — ---τελέσουσιν. Similia 
iam apud Homerum, ut lliad. XII. 54, ὡς ap’ ἐμελλον Onıods 








Hecale. '991 


Ποσειδάων καὶ ᾽πόλλων Φησέμενα, — Apollonii haec ob- 
servavi ad versum Callimachi partim idem sonante versus 
initio, partim sententia accedentia : II. 528. καὶ τὰ μὲν ὡς 
ὑδέονται. IV. 618. καὶ τὰ μὲν ὡς κείνοισι μετ ἀγδράσε κε- 
κλήΐσται. IV. 1216. ἀλλὰ τὰ μὲν στείχοντος ἄδην αἰώνος 
ἐτυχθῃ. 


Praeter haec nullum, quod Capiti 1I. attribuam, fra- 

gmentum praesto est. Nisi de tauro per Atticam, aut ante 
. per Cretam, grassante accipere placeat Fragm. CCCOCXXXIV. 

iv’ ἕλλερα πολλὰ τέλεσχεν Quod nos ad Caput νι. dif- 
ferimus. 

Sed antequam ulterius progrediar, illa prius a me scri- 
ptorum correctio, quam paullo ante p.547. 8. proposui, ad- 
monet, ut de alio loco, quem Cap. IX. p. 3o. tractavi , di- 
versam ab illa mea priori sententiam proferam. Accidit 
mihi, dum contra fálsas Toupii sententias disputo, ut illud 
quoque, quod recte observatum in iis sententiis videatur, una 
cum falsis reiicerem, — Verba sunt Suidae: Στόργησε. ζωναες. 
Ai dà γυναῖκες στόρνῇσιν ἀνέστ(ρ)εφον. περὲ Θησέως. Hinc 
Toupius Emendat. in Suid, P. III. Vol. II. p. 197. (T. 1. Lips. 
p. 441.) fragmentum sic a se dispositum: 

αἱ δὲ γυναῖκες . 
[αὐτὸν μὲν] στόρνῃσιν ἀνέστεφον, 
ad Hecalen retulit, Est autem hoc fragmentum Callimachi, 
opinor, in Hecale: ubi de Theseo a Creta post occisum Mi- 
notaurum reduce, et ab Hecale hospitio excepto agebatur. de 
quo Plutarchus in Theseo. Confer etiam Suidam supra v. 
Περιαγειρόµενοι Tom. III, p.80. In his quid falsum sit, at 
longe falsissimum , apparet post ea quae de argumento am- 
bituque Hecales carminis tam in Prolegomenis quam supra 
p. 540. sq. docuunus, At enimvero nihil, ut videtur, im- 
pedit, quominus in Hecale haec fuisse putentur eo loco, ubi 
viclor redux cum devicto tauro Marathonio Theseus a civi- 


ο πο ο ο κατα πο e 


Hecale. 553 


magno ambitu et vario argumento fabulas, cuiusmodi est 
fabula Minois, uno Callimachum loco pertexuisse atque ab- 
solvisse. Plerumque partes fabularum, per se constantes 
aliquo modo, quas deinde inter se nectere in unum diligens 
lector, cogitandoque efficere, quid de toto fabulae complexu 
sensisset Callimachus, poterat, in diversis carminibus, vel in 
diversis locis eiusdem operis ferebantur. Vel eandem fabu- 
lam, partemve fabulae, uno loco data opera explicatius tra- 
ctaverat, altero perstringebat obiter, Ut Molorchi historia 
fortasse «4ΐτιον fuit hac quaestione: quando et qua occasione 
instituta Nemea fuerint, vel cur in Nemeis victores tali qua- 
dam corona coronentur. Nullamne igitur Callimacbus alterius 
narrationis , magis celebratae antiquitus, de institutis propter 
Archemorum Nemeis, mentionem fecit? Nullam, puto. Certe 
fecisse Callimachum non constat testimoniis, Nisi peracta 
Molorchi historia, renovata illa altera occasione Nemea esse 
obiter adiecerit, quemadmodum adiicit Probus, vel aliquid 
ea occasione in Nemeis novatum esse, Quo testimonio Sca- 
liger ad Propert. II. 54. (25. ed. Scal.) probabat, Callimachum 
Nemea ad Archemori exequias tractasse in Aetiis, ipsius 
Propertii, id testimonium nullum est, si quidem Propertius, 
ut apertum est, v. 37. sqq. non Jfirío» argumenta, sed The- 
baidos alicuius argumentum atque imaginem describit. Rur- 
sus Molorchi in Hecale mentio si non facta est, certe potuit 
fieri obiter. Etsi pro certo hoc tantum dabimus, obver- 
satum Molorchum Callimacho esse Hecalen scribenti. De 
Aetiis quaestionem nunc ea de caussa attigi, ut monstrem, 
fabulas inserendi ad Minoem spectantes occasionem non unam 
fuisse in Aeliis, Eius operis argumentum ambitumque quum 
supra modum auxisset atque extendisset Salmasius Exercit, 
Plin. p. 601, b. G. qui fabularum omnium origines et causas 
exposuisse Áetiorum opere Callimachum scribit, et rursus 
idem opus quum finibus iusto arctioribus circumscripsisset 
Salvagnius ad Ovidii Ibin v. 57. qui dicit eo poematio, nam 





554 Callimachi 


poemation vocat, Callimachum complexum esse sacrorum ritus 
et causas, sapientissime Hemsterhusius ad Propert. p. 950. 951. 
ubi etiam de ingenio operis aliquid in universum monet, 





556 ο ο πας 


De Thesei pueritia, primaque adolescentia, aliquid insertum 
fuisse, ubi primum poeta producebat Theseum, tum quivis 
per se ipse coniecerit, tum fragmenta nonnulla suadent, 
quae sponte quasi eum in finem inter se coeunt. Primum 
ponimus, Plutarchi Thes. c. 3. indicio: Θησέως τὸ uà» πα- 
toov γένος eis ἜἘρεχθέα xai τοὺς πρώτους αὐτόχθονας árz- 
κει’ τῷ δὲ μητρῳῳ Πελοπίδης 7v: quo etiam cap, 19. nar- 
rata de aveyım Thesei Daedalo adhibenda sunt, Fragmen- 
tum Hec, LX1*. Narrant Scholia Homerica ad lliad. II. 
547. de ortu Erechthei, regis Atheniensium , τοῦ xe "Epi- 
χθονίου καλουµένου , genitum esse a Vulcano, notam fabulam 
obscoenam , eiusque rei in fidem testimonium addunt Calli- 
machi : 

ἱσεορεῖ Καλλίμαχος ἐν Ἑκάλῃ. 
ἓν Εκάλῃ scholia tantum minora , s. Didymi, adiectum ha- 
bent, et quod ego addo, Spanhemio ad Callim. Fragmenta 
a se collecta p. 588, VIL ed. Ern, testante, Schol. MSS. olim 
Is. Vossii: ut nihil dubites quin recte sit adiectum, Igitur 
Callimachus, dum prosapiam laudat Thesei, consistens paul- 
lisper in auctore generis, de Erechtheo sive Erichthonio, 
vero Autochthone, miram ettigit fabulam. Ut exspectari po- 
terat a docto poeta, Etsi nec diu moratum esse in hoc ar- 
gumento poetam , et modeste, per ambages quasdam, verbis 
exquisitis, obscoenam rem adumbrasse puto. Ut in rebus na- 
turalibus enunciandis Callimachus, ubi veterum simplicitas 
fabularum reddenda erat, non fuit anxius et supra modum 
verecundus , quod ostendit hymno in Iovem v. 15. sqq. 44. 
ita nec libidinosus poeta fuit, Quem libidinosum merito di- 
xeris, Nonnum, ex eius bac de re locis erui posse, detracta 
ea, quae propria Nonno, luxuria, verba putaveram, quibus 
fere rem declarasset Callimachus. Sed nihil certi efficio. 
Interea comparetur Nonnus XIII. 171.sqq. XXVII. 110. sqq. 
ΧΧΙΧ. 505.044. XLI.65.sq. Veluti quod de posteriore 
Erechtheo apud Nonnum, id apud Callimachum similiter 








560 Callimachi 


promiscue. H.in Del, 156. οὐδ’ ἥτις Κόρκυρα φιλοξεινωςάτη 
ἄλλων, ο Fragm. CLXIV. ἀλλά Φεῆς, ἥτις µε διάκτορον &A- 
λαχε Παλλάς, H. Dian. 18. 9, πύλιν δέ um ἤντιρα νεῖμον, 
ἤντινα λῇς' quod cum duobus Antonini Liberalis locis, qui- 
bus abusus fuerat Ernestius, expedivit Hermannus ad Viger. 
p.710. In eodem hymno ν. δτ. rarum est, nisi fallor , in 
medio insertum εὖ ó' ays.  H. Cer, 96. πολλάκι esse διὰ µέ- 
σου animadvertit Ernestius: βαρὺ Ó' ἔστενον αἱ dV ἀδελφαί, 
XO μαστὸς τὸν ἔπινε, καὶ ai δέκα πολλάκι δώλαι, cf. h. Del. 
119, Fragm. CCCCXLV. οὐδ' 69ev, οἶδεν, ὁδεύει, Ὀγνητὸς 
dyne. Nonnulla habet hoc in genere ab usitata simplicitate 
epica recedentia Moschus, Megarae auctor: v. 45. σὺ ö’ ἠὔτε 
λείβεαι ὑδωρ. v. 56, ra δέ oi Φαλερώτερα δάχρυα μήλων. 
v. 9t. πρὸς d’ ἔτι u ἑπτοίησε διὰ γλυκὺν αἰνὸς ὄνειρος ὕπενον. 
In Theocrifi versu III. a1. τὸν στέφανον τῖλαί µε κατ’ as- 
τίχα λεπτά ποιησεῖς, non, ut vulgo, puto, accipitur cum 
Valckenario, κατ et τῖλαι, quod qui legendo reddere volet, 
insuavem fieri caesuram sentiet, sed cum Heinsio iungo κατα 
λεπτα: non tamen ut αὐτίχα ad ποιηδεῖς referam , quod 
Heinsius volebat, sed ita: κατ αὐτίχα λεπτά, ut extemplo 
fragmenta fiant, in augenblicks kleine Stücke. igitur hic 
nulla est traiectio. cf. Callim. h, in Del. 88. τὸν αὐτίκα πὀ- 
τµο». Denique ad quaestionem de traiectione artificium Cal- 
limachi, nam Callimacho puto artificium fuisse, in praeposi- 
tione semel ponenda, et quidem cum secundo nomine con- 
iuncta, de quo post Ruhnkenium in Epist. crit, ad h. Apoll. 
8. praeter alios Boissonadius in Callim. p. 195. pertinet, et 
copula non suo loco collocata: h. Dian. 24. ὅττι µε xai τι- 
χτουσα καὶ ovx ἤλγησε φέρουσα. h.in Del. 324. παίγνια xov- 
ρέζοντι καὶ ᾽4πόλλωνι γελαστύν. Epigr. XXXI. (XXXIL) 5. 
ὀστέα coL xoi μοῦνο» ἔτι τρίχες. quam Valckenarius Callim. 
Eleg. Fragm. p. 24. iniuria verborum σύνυεσιν non Callima- 
cheam dicit. Ad refutandam obiectionem alteram, graviorem 
ilam, quam ab re petit Valckenarius, annotatum habebam, 


nR—— 





Hecal e. 561 


quod nunc occupatum ab lacobsio in Anthol, Palat. Not. or. 
P. 746. video, exemplum Theocriti XIV. 5. 4. Approbatam 
aliis. coniecturam Valckenarii , ὀστέα σοι καὶ ῥινὸς ἔε, οὐ 
τρίχες" mihi primum insuavis caesura suspectam reddidit, 
idem ex Epigr. XXXI. defendo atque explico Epigr. Callim. 
XXV. 5. λοξὸν 0giv καὶ μοῦνον ἔχων Eípog* nibil nisi en- 
guem et gladium, non γυμνό», ut coni. Brunckius. 

Ut ad Theseum redeam, vel potius ad Aegeum et sa- 
xum illud, error est, ex male lecto Tzetze natus, quod ad 
Lycophronis v. 494. in scholio Par, B. apud Bachmannum 
traditur, Kolovoalay eam petram Callimachum et Plutarchum 
appellare. Nihil eiusmodi Plutarchus, neque hoc nomen 
fuisse proprium videtur. Etsi hoc, proprium fuisse nomen, 
et terminatio usitata in nominibus gentilibus αιος facile ali- 
cui persuadeat, et Tzetzen credidisse. ex verbis eius col- 
ligas. At certe Suidas aliter: Koàovgaía πέτρα” κοίλη, 
κεχαµεμένη, ἢ στρογγύλη. παρὰ Καλλιμάχῳ. Et habet nomen 
proprium Pausanias II. 52, 7. 54, 6. πέτρα Θησέως ὀνομαζο- 
µένης ante Theseum, πρὀτερον, Iovis βωμὸς σθενίον. Ex- 
plicationem Suidae priorem, χοίλη, Plutarchi saxi descriptio 
"hes. c.3. commendat. Apud me, propter etymologiam, xó- 

Aoc , κολοβός, et quod proximum, κόλουρος, explicatio de 
tribus apud Suidam media praevalet, χεχαμµένη, h.e, saxum 
abruptum , incurvatum ac propendens in unam partem, 
Quae etiam saxa facilius attolluntur, vel attolli posse videntur, 
quam quae aequali undique fundamento innixa paullatim in 
altum eriguntur. Hyginus ubi Engonasin sidus describit, 
quod, Hegesianacte auctore, T'heseum repraesentet, Troezene 
extollentem saxum, Poet. Astron, 11, 6. itaque niti videtur, 
inquit, ut quam altissime possit lapidem extollat, Plutar- 
chus cap. 6. ὁ δὲ 17» μὲν πέτρα» ὑπέδυ, xai ῥᾳδίως ἀνέωσε. 
Pausanias I. 27, 8. τούτου δὲ six» dv ἀκροπόλει πεποίηταε 
τοῦ λόγου, χαλκοῦ. πάντα ὁμοίως πλὴν τῆς πέτρας. Cf. Win- 
ckelmann, Monumenti ant. ined. Num. 96, Vol, I. ubi Win- 





564 US 3xvwdldguachi 


τύπυν, ὥσπερ τὴν Ευβοιαν, Ελλοπίαν xÀAr9gra:. 
Idem X. p. 445. (683. A.) καὶ ᾿Ελλοπία d’ ὠνομάσθη dao 
Ἕλλοπος τοῦ Ἴωνος: oi δὲ «4ἴκλου καὶ Κόθου ἀδελφόν φα- 
σεν, ἃς καὶ τὴν ᾿Ἑλλοπίαν κτίσαι λέγεται χωρίον ἐν τῇ Qoia 
καλουµένῃ τῆς Ἱστιαιώτιδος πρὸς τῷ Τελεθοίῳ ὄρεε, καὶ 
τήν Ἱστίαιαν προσκτήσασθαι, καὶ τὴν Περιάδα, καὶ Knesr- 
90», καὶ «4ἴδηψον, καὶ Ὀροβίας, -- sequuntur de Ellopien- 
sibus alia, Stephanus Byz, ᾿Ελλοπία, χωρίον Ευβοίας. καὶ 
αὐτὴ ἡ νῆσος ἀπὸ Ἑλλοπος τοῦ Ἴωνος, τὸ ἐθνικὸν, Έλλο- 
πιευς. Cf, Eustath. in Iliad, 11. 538. p. 280, 5ο. Itaque docte 
Hegesianax Ellopium ensem dixerat, h. e, Euboicum. celebris 
fuit ferri atque aeris fabrica, Euboica. Sed quod gravissi- 
mum, hoc ipsum, talem fuisse illum Aegei Theseique gla- 
dium, alius scriptoris testimonio comprobatur. Is scriptor 
Callimachus est, in Hecale, Fragm. LI. b. quod posuimus 
Cap. VIII, àgxiog, 7 χείρεσσιν ἑλων Aldyyıoy dog. ubi 
quod Bentleius scribit, Aldnyıov dog esse quemvis ferreum 
vel aeneum ensem ; commune enim epitheton esse, ut _4ye- 
λωίον ὕδωρ ; id nunc aliter se habere videbitur, postquam 
duos antiquos scriptores vidimus consentientes in eo, ut 
Euboicum dicant illum 'Thesei gladium. «άἰδηψιον quo iure 
dicat Callimachus, incertum est, Nam aut prope Aedepsum 
nota ferri aerisve metalla erant, celebris fabrica, aut Ae- 
depsum pro Euboea dixit, ut faciunt nonnunquam docti poe- 
tae, partem pro toto, In universum hoc tenendum, de quo 
tantum, quantum sufficiat , interpretes ad Stephanum Byz, v. 
4fiónyog: fuisse in Euboea ferri atque aeris metalla, et nota 
fuisse τὰ ψνχρήλατα τών Σιφῶν fabricae Euboicae, Lan- 
datur Aeschylus Fragm. 560. Dind, λαβων γὰρ αὐτόθηκεον 
Εὐβοικὰν ξίφος. Nos nunc Callimachi ea de re locum, ab 
eodem Stephano v. „Aidnyos conservatum, tractabimus, non 
quod meliorem habeamus Bentleiana emendationem, sed ut 
caveamus, ne quis forte bunc quoque locum ex Hecale de- 
sumptum esse suspicetur. Stephanus ita: — 7» δὲ καὶ σι- 


| | 


Hecale 565 


Inga x«i xalxá μέταλλα κατα Ενβοιαν. Καλλίμαχος δαιδα 
Ev δὲ λάχαινε μὲν ἔργα σιδήρου. οἱ γὰρ Εὐβοεῖς σιδηρουρ- 
οὲ xci χαλκεῖς ἄριστοι. ᾿Επαφρόδαος δὲ μαρτυρεῖ, ὀκεῖ 
χαλκὸν περῶταν εὑρεθῆναι. καὶ πρώτοι ὀχεῖ χαλκὸν ἐνεδύ- 
σαντο oí Κούρητε, etc, Reliquimus verba Callimachi ut 
exhibet Bentleius Fragm, CCCV, — Bentleius satis. probabi- 
liter: δέδαεν δὲ λαχαινέµεν ἔργα σιδήρου. δέδασν, docuit, 
vel scit, callet, ut δεδάασιν Callim, h, Ap. 46. scil, Euboea, 
ut puto, Atque habeo Dionysii Periegetae locum, in quo 
jures Callimachi Dionysio obversari verba, ut sunt a Bent- 
leio restituta, v. 769. Chalybes μογεροῦ δεδαηκότες ἔρ- 
γα 0t0790v: sensu nonnibil diverso, si quidem Dionysio 
ἔργα σεδήρον manifesto tractationem ferri, laborem qui partim 
in effodiendo, partim in cudendo ferro (cf. Callim. Fr. CXX1X.) 
cernitur, siguificat, at apud Callimachum ἔργα σιδήρου, propter 
λαχαινέµε», significabit ipsum ferrum, s, moles ferri, ea circuitio- 
ne, de qua C, Rittershus. in Oppian, Halieut. L 105, et ut unum 
nominem de doctioribus, Valckenarius in Eur, Phoen, 206. In 
Rehdigerano tamen post δαιδαεν lacuna est, sic, ut annota- 
vit Passovius: Καλλ. δαιδαεν . . δὲ Any. Quo immi- 
nuitur aliquo modo quae per se inest in Bentleii coniectura 
veri similitudo: ut taceam vix intelligi, quo consilio haec 
Stephanus verba Callimachi apposuerit, in quibus neque Ae- 
depsi neque Euboeae mentio. Quare videndum, an lacuna 
sit in verbis poetae, istae autem litterae dat, quae est prior 
Bentleii coniectura, significent d’ ai, hoc est, quarto «4ἰτίων. 
Aut, si αι pertineat ad verba poetae, sic: Καλλίμαχος à, 
Callimachus quarto. ut alibi eidem Stephano breviter lauda- 
tur Καλλίμαχος δευτέρᾳῳ, Καλλίμαχος τρίτῳ, «Καλλίμαχος 
ἐν τετάρτῳ, scil «4ὐτίων. vel etiam Καλλίμαχος ἐν τρίτῃη, 
Καλλίμαχος τετάρτῃ. nam utrumque licet, tam femininum 
quam neutrum ; cf, praeter I, Gronovium ad Steph. Byz. Fra- 
gmentum p. 107. Vol. VII, Thes, Antiq. Gr. et Ernestium ad 
Callim. Fr. XIII. Bastius Comment. palaeogr. p. 853. med. Etsi 





568 esilinsch: 


Ammonium, unde «4ἰγέος emendatio longe facillima, At in 
Ammonii MS, Regio plane illud nostrum, sic: Tovvexev Ai- 
γευς ὄσκεν. si fides Ruhnkenio in Epistolis a Tittmanno 
editis p, 115. Sic restituta verba quum duplicem inter- 
pretationem admittant, unam hanc, recognovisse Aethram 
gladium Aegei crepidasque, haud dubie unice vera est al- 
tera: Sensit dethra, filium esse Aegei, Non quod antea 
id ignorasset: ipsa enim gravidam se esse ex Αεροο sciverat, 
ac diserte Plutarchus: — οὕτως αὐτὸν 7 «4ἶθρα πρὸς τὴν 
πέτραν προσαγαγοῦσα, Kal φρἀσασα περὲ τῆς γενέ 
σεως τἆἀληφθὲς ἐκέλευσεν ὑφελεῖν τὰ πατρῷα σύμβολα, καὶ 
πλεῖν εἷς ᾿49θήνας. sed cum acumine dictum : intellexit veram 
esse Αερεὶ sobolem, agnovit in "Theseo patriae documenta 
virtutis, Quam in sententiam, quum interdum grammatici 
brevitatis studio imperfectas relinquant scriptorum quas lau- 
dant sententias, ut supra, Ammonium εἴνεκεν οὐχ ἓν ἄεισμα, 
abrupta sententia, citantem vidimus, non ineptum fuerit, sup- 
plementum versus eiusmodi fingere; vovwexev Alydos ὅσχεν 
Ἐρεχθείδαο γενέθλη. Ἐρεχθείδαο, vel etiam, ut est oyv- 
. gio» viss Ἐριχθονιδᾶν in Epigrammate, Ἐριχθονίδαο: 
aut latiore significatione, pro Atheniensi, de quo modo 
dicendi Eustathius in lliad, II. 547. sq. in Odyss, VII, 81. 
et viri docti monuerunt passim; aut proprie , ut respi 
ciatur ad derivatam ab Erechtheo s. Erichthonio origi 
nem Thesei, de quo supra. Cf. Apollonius Rhod, I. τοι. 67- 
σέα Ó', ὃς πέρι πάντας Ἐρεχθείδας ἐκέκαστο. γενέθλη, de 
uno, apud eundem Apollonium I. 153. apud Callimachum non 
memini me legere, Etsi quum etiam Etymologus ia verbo 
ἔσκεν desinat, lubentius credo interpunctum fuisse post 
ἔσκεν, Praeterea, ut nihil celem, non tam certum est, quam 
dixi esse, compertum Aethram de partu suo, quod Aegei es 
set filius, habuisse. Suo more antiquitas, ut aliis, quorum 
maior ferebatur virtus, quam quae a patre insita videri mor- 
tali posset, deos genitores assignavit, ita Thesei natalibus 





a-—— t 


ΗΒ οσα |ος, 569 - 


Neptunum admiscuit. Sic hoc dico ambigue, Neptunum ad- 
miscuit: de modo enim varie et iudicabitur, et fortasse iu- 
dicatum est antiquitus. Licebat sic: incertum esse, utrum 
Aegei magis an Neptuni filius djcendus esset Theseus. Vel 
Sic, patrem re vera fuisse Neptunum, nomen praebuisse Ae- 
geum, ut certissima Iovis proles, Hercules, tamen Amphi- 
tryoniades audit, et nonnunquam ita Amphitruoni attribui- 
tur, ut verum fuisse Amphitruonem patrem diceres, nisi _ 
aliud  nosses aliunde, veluti "Theocritus Idyllio XXIV. nus- 
quam. diserte divinam originem prodit, si forte excipias ver- 
sum 102, Denique sic licebat, patrem fuisse Aegeum , sed 
aliquid in Theseum gloriae ex eo redundasse, quod eo- 
dem tempore mater, et nocte eadem, amplezibus honorata 
Neptuni fuerit. Hyginus Fab, XXXVII. ita: Neptunus et Ae- 
geus, Pundionis filius, in fano Minervae cum Aethra Pitthei 
Jia, una nocte concubuerunt. Neptunus quod ex ea natum 
esset, Aegeo concessit, Apollodorus III. 15, 7. et ex eo Tze- 
tzes ad Lycophr, 494. τῇ δὲ αὐτῇ νυκτὲ καὶ Ποσειδών ἐπλη- 
σίασεν. αὐτῇ, nihil illi addentes de concessione Neptuni. 
Neptuni filium diserte, et sine dubitatione, Theseum faciunt 
laudati Meursio in Theseo cap. 1. Diodorus Sic. IV. 59. Iso- 
crates Encom. Hel. p. 354, 18. ed. Bekker, his verbis: — Θη- 
σεύς, ὁ λεγόμενος μὲν «4ἰγέως, γενόμενος δ' ἐκ Ποσειδώνος, 
et mox p.235. extr. Cicero de Nat, D. III. 18. et 51, denique 
Aristides. Atque narratione de tribus Thesei votis, quam ex 
Euripide, Seneca Tragico, Cicerone, Meursius ibid. exhibet, 
eadem continetur sententia, Nihil in contrariam partem ex 
eo efficias, quod Aegiden appellat Theseum Hesiodus, Scut. 
H. 182. Θησέα v? Aiysiönv, ἐπιείκελον ἀθανάτοισιν: cf. Hom. 
lliad. I. 265. ubi eum versum praeter laudatum Heynio Dio- 
nem etiam Pausanias X, a9. extr. agnoscit, Quid Theseidum 
auctores tradiderint, non constat; sed tamen non sine au- 
ctore, ut puto, Quintus Smyrnaeus XIII. 509, sq. haec Ae- 

. thram dicentem facit valde simplicia, vix quicquam de divina 





Hecale. 573 


bo quod sequitur, ἀντιμαχηστύς, — Sed unde est, quod Blom- 
Beldius laudat: ᾿4βολῆτις. ἔντευξις, dmárrgoig, Zfyriua yog? 
In nostro Etymologico ibi non est nomen Antimachl. 

In τοὔνεκεν quum duo notanda sint, et vero notentur 
ab Ammonio, terminatio non illa antiquis usitata epicis in 
κεν, et usum loquendi quod attinet, ro v — ea siguificatione 
dictum, qua usitate o2 ȣxa dicitur: cur hoc voluerit Calli- 
machus, non statim liquet. Dixeris, quae Hermanni ad Ho- 
meri h. in Cer. 66. observatio est in re simili, placuisse per 
x in initio versus, fortasse propter sonum pleniorem. At 
οὕνεχα, οὔνεκεν, idem in initio versus, h. Dian. 45. h. Del. 
55. Fragm. XXI. Quare τοὔνεκεν hoc tantum consilio scri- 
psisse censeo Callimachum, ut aliquid auderet. Quo decjara- 

: tur, cur boc tantum loco ausus sit. Scilicet Callimachus, alii 
nonnulli, quum perpetua hac cupiditate flagrarent, rara et ex- 
quisita, vel periculosa, dicendi omnia, tamen ea in re non 
constiterunt sibi, ita ut quod semel audacter dixissent, id in 
usum reciperent constantem, sed nunc usitate dicendo, nunc 
rarum hoc vel illud inspergendo, tamquam lumina orationis, 
delectare voluerunt. Sic semel experiri voluit, an hoc im- 
pune posset, τοῦνεκεν. At poenas dedit ausi huius, ut simi- 
lium aliornm, tum suae aetatis grammaticis nonnullis haud . 
dubie, tum posterioribus. Affine est, quod Callimachus ali- 
quoties τόσσα dixit, ubi significatur ὅσα; τόθι, To9ev, ubi 
691, 69:»: de quo usu poetarum recentiorum Hermannus ad 
Hom, h. Cer. l.l. itemque ad h. Ven, 158. τόσσα h. Apoll, 81. 
94. h. Del. 346. τόδι h. lov. 5a. quod recte pro 6%, ubi, ac- 
cipit lacobsius in Anthol. Palat. p.565. τόδεν h. Dian, 114. 
τόφρα h. Del. 29. E quibuslocis hi sunt maxime memorabiles; 
h. Apoll, 94. h. Del. 39. ubi sibi respondent τόσα, tot, — τὸσ- 
00, quot; et τόφρα — τόφρα, quoad — tam diu. ut alibi, in- 
versa licentia, ὅσον — ὅσσον apud Theocritum, óxxógo» — 
ὕσσον in fragm. Callimachi: ad quae nunc addo mirum ὅσον 
ὕσσον Leonidae Tarent. LXX. 3. Anthol, Pal. I. p. 450. Non 
ο. Rhein. Muſ. f. voit. IT, 38 


\ 





574 Callimachi 


semper autem hac in re metrica ratio duxit Callimachum et 
odium χασµωδίας. certe τύσσα h. Del. 246. in initio versus 
est, item τόφθα ibid.59. Denique, ut nihil intactum relin- 
quam, quod huc pertinere videatur, τάων, quarum, est in 
h. Dian. 224. at eadem potestate τέων in h. Del. 185. Cf. Ni- 
cander Alexiph. 2, τέω», quorum, mascul. et 559. (618.) uhi 
restituendum est z gc, h. e, 7c, comparandum illud cum Ho- 
merico Eng lliad. XVI, 208, 

Quae ad hunc usque locum tractavi spectantia ad The- 
seum fragmenta Hecales, non omnia hoc quo a me tractata 
sunt ordine posita fuisse spondeo. Neque de ratione nar- 
randi ita constat, ut nihil dubites, Licebat sic: profectus 
est contra taurum Theseus, Theseus ab antiqua Erechtbhei 
stirpe oriundus; qui antea apud Pittheum nutriebatur; Ae- 
gei filius an Neptuni, incertum; tum illud de gladio cal- 
ceisque. Licebat, si non omnia, saltem partem horum in- 
texere descriptioni primum prodeuntis Thesei. Descriptionem 
in Hecale fuisse huiusmodi, qua totus, quasi in tabula, The- 
seus, id est, iuvenilis forma, vestitus, arma, prodeuntis 
contra taurum Marathonium Thesei, exponeretur legentibus, 
vel unum persuadet Fragmentum LIX. *, Thesei descriptioni 
apte respondebat deinceps non minus diligenter expressa 
imago Hecales. Fragm.LIX*. quod Bentleius, solius memor 
Suidae, sic imperfectum exhibet in edit. Graevii: Sradıos 
χιτών, quum iam prolatum plenius a Spanhemio in Fragm. 
Callim. p. 286. ed. Graev. p. 396. ed. Ern. esset, ita se habet: 

στάδιο» d’ ἐπίεστο χιτώνα, 
ἐπίεστο emendatio Rutgersii, In Scholiis Apollon. Rhod. III. 
1226. atque inde apud Favorinum, oradıoy Ó' $gétozo χ. 
vulgabatur; ex Parisiois nunc στάδιον ἐμφίηστο x. prola- 
tum est, ab Ruhnkenio in Epistt, Tittm. p. 116. στ. ἠμφέεστο 
X. profertur. στᾶδιον ἐπὶ ὅστο χιτῶνα citat Salmasius in 
Tertull, de Pall. p. 5o. σταδιον χιτῶνος explicationem me- 
liorem , certe in Callimacho, ea, quam scholia Apollonn 








Hecal e. 579 : 


scholiis Rulınkenius Epist. crit, I]. p. 198. Verum is propter 
aliquod eorundem scholiorum indicium hanc coniiciebat esse 
posteriorem Apollonii scripturam : v £0 y nov κἀκεύῳ ἐπιστ. TV, 
In libris Apollonii σον 'est: quod bene tuetur Gerhardus. 
Statuit autem cum Ruhokenio Gerhardus, prius scriptum 
óopuoi mutavisse Apollenium, ze quid Callimachus sibi sur- 
reptum queri posset ; neque ego excogito, quo alio consilio 
mutaverit. Nam mutasse Apollonium certum videtur, si 
quidem duo fuisse diversa Argonauticorum exemplaria cer- 
tum est, et commemoratam in scholiis ad h. |], scripturam 
ex priori de duobus exemplaribus esse, coniectura tar pro- 
babilis est, ut pro certa sit. Obloquitur Weichertus de vita 
et carm, Apollonii Rb. p. 55. 57. Tantum de imitatione Apol- 
loni. Minus expeditum est aliud, de quo scire velim 
quid Valckenarius senserit. Si ille non solum esse de The- 
seo iuvene versum , sed etiam de sede versus nexuque loci 
aliquid secum exploratum habuit, Qaid sibi vult illud in 
Callimacho, xaxsyo? Monui in Dissertatione de Tzetzae 
loco et fragmentis Callimachi p. 398, 401. sq. καί copulam non 
poni secundo loco, ut nec δέ tertio; eamque admonitionem 
iterum commendavi supra p. 515, Ergo κἀκείνῳ necessario est 
&li quoque , et respicitur ad alium quendam, cui commune 
cum Theseo fuerit primum efllorescens lanugo. Prorsus ut 
Apollonius, quum ἐσόν zov (vel, ut primum scripserat, ἆρ- 
μοξ που) x ἆ κείνῳ etc. scribit, significat, diserte praecipien- 
tibus interpretibus graecis, comparari Cyzicum iuvenem cum 
Iasone, vel cum Argonautis in universum, qui et ipsi iuve- 
nes, Ut apud Homerum, quum καὶ κεῖνος dicit, Iliad, VI. 
200, XV, 179. καί non esse de nihilo senserunt grammoatici. 
Sed quemnam alium spectari putabimus apud Callimachum ? 
Id tam difficile mihi erat, ut iam removendum hinc, ponen- 
dumque alibi, infra, fragmentum Callimachi, aut quaerendum 
esse putarem, an forte comitem aliquem huius itineris secum 
habuerit Theseus. Nunc repperi, quo et difficultas tollatur, et 





£82 Callımachi 


ἐν Εκάλη fuisse versum certo constat. apud eum: ἐπέτρεχεν 
ἁβρὸς ἴουλος, Quod recepit Boissonadius. Scilicet aeque 
bonum hoc et illud. «Boos est apud Orpheum Argon. 226. 
(15ο.) τῷ d’ οὕπω ὑπὲρ ὃροσεροΐο γενείου «ἀργεννὰς dov- 
Θηνε παρηΐδας ἀβρὸς ἴουλος. quod exprimi, manifesta imi- 
tatione, ab Nonno X, 179. οὖὐδέ οἱ ἀβρὸς ἴουλος ἐρευθομέ- 
νοιο γενείυ ἄχνοα χιονέης ὀχαράσσετο κύχλα παρεεῆς, 
Ruhnkenius dicit Epist, cr. II, p. 250. 258. Contra λεπτός 
idem est Asclepiadi Epigr. I. (Anthol. Palat. 11. p. 460.) No» 
αἰτεῖς, ὅτε λεπτὸς ὑπὺ κροτάφοισιν ἴουλος ἔρπει, ubi Iacob- 
sius memor Callimachi fuit. Quid tam commune inter Ae- 
schyli locum et Callimachi, ut ex Aeschylo adumbratus vi- 
deri versus Callimachi debeat, non percipio. An quod ore- 
2ει ὁ᾽ ἴουλος apud Aeschylum , et ἐπέτρεχε apud Callima- 
€hum? At sic ἔρπει apud Asclepiaden, et similiter παρὰ τὰ 
era ἄρτι ἴονλος καθέρπει apud Xenophontem Sympos. ο, 4, 23, 
deinde alii modeste ac venuste dictum στεύχει, ἔρπει, ὁπέ- 
80€ ye, auxerunt in nimium: Strato Epigr. IX, r. (Anth. Pal. IT. p. 
452.) Ei χαί σοι τριχόφοιτος ἐπεσκίρτησεν ἔουλος etc. cf. Rufin. 
XXXI. 53. (Anth. Pal. I. p. 111.) Video nunc etiam aliud. cum 
Aeschylo commune esse Callimacho, Aeschylus: στείχεε d' 
ἴουλος ἄρτι, ut apud Callimachum ἆρμο, In eadem re ἄρτε 
Callim,Lav. P. 75, Theocrit. XI. 9. Stat. Flaccus Epigr. I. »dor 
Apoll. Rhod.I1. 779. Praeterea non negligendus Zonaras est, p. 
310, 'Mouof nov, ἁοτίως. γεωστί. οὕτω Καλλίμαχος, Cf. quae 
Bastius ad Greg. C. p. 568, prorsus cum Zonara 'Fittmanni con- 
gruentia ex Lexico MS. Bibl. Rog. num. 1667. profert, recte ille 
ex fragmentis Callimachi expungens , quod vulgo est Fragm. 
CCCCLHI. In codice Zonarae Dresdensi ἁομοίπου legitur: 
Tittmaon. Prolegom. p. XVII.  águo? iterum Callimachus 
Fragm. CCXXX. incertum, utrum ex dialecto, an ex Ae- 
schylo: nam undecumque locupletat sermonem suum Calli- 
machus, Cf. Hesych. v. «ρμοῖ ibique Intpp. Blomfeld, Gl. 
Aesch, Prom. 656. De xáxeí»9 quae moveatur quaestio, cur 





Hole 583 


‚sic cum crasi poeta maluerit, quam quod a poeta Judos ama- 
tore non immodico, sed tamen amatore, aliquis exspectet, 
tota ex artificio Callimachi metrico diiudicanda est. Utrum- 
que reperitur apud Callimachum, nunc κείνος, nunc ἐχεῖνος, 
prouti commoditas postulat metri. Quae ita comparata 
exempla sunt, ut per metrum utrumque admitti potuisse vi- 
deatur, in iis tamen fere omnibus, cur hoc scriptum sit, 
non illud, docet subtilioris legis metricae observatio. Sic 
certum est ἐξέτι xe/vov in Ἡ, Apoll. 47. h. Del. 375. atque 
hinc apud Apollonium, Quod enim &à' et οὐκ à' eliditur, 
tum aliis tum Callimacho, inde non sequitur eiusdem elisionem 
litterae in ὀξέτε, εἰσέτι, placuisse Callimacho. In h.Del. οἱ. 
ἀλλ’ ἔτι κεῖνο maluit quam «AA ἔτ ἐκεῖνο, fortasse ne duae 
accumularentur elisiones, "Unam elisionem non defugit ibid. 
295. ounos’ ἐκεῖνι. — Rursus in Epigr. XLI, (XLII.) 5. κἠ- 
zéuvo' ἐκείνων suaviorem caesuram facit in numero trochai- 
co, quam faceret κἠπέμυσα xeivov. Contra in Epigr. XLIX. 

^  (L.)6. quod est in Anthol. Palat, II. p. 542. sentitur minus 
i suave futurum esse Jvzxavr'' dxeivoug à. In Epigr. I. (An- 
thol. Pal. I, p. 552.) 8, sive legas, quod vulgo legi dicit Ia- 
: cobsius, 71/0’, ἐχεῖνοι, sive nunc receptum ab omuibus ἠνίδε, 
| xsiyo! σοι, commendabile eo, quod in eodem epigrammate 
bis v. 11.15. x&'vov, xsivyoc, non ἐκείων, àxsiyog , legitur: 
neutro modo usitatam Callimacho elegantiam habebis, Sane 
inter tot versus elegiacos Callimachi unicum est, nisi alte- 
rum me praeterierit, ita dissolutis pedibus ingredientis pen- 
tametri satis certum exemplum , Fragm. XXXII. ex emenda- 
& tione Bentleii: «4ειπνιὰς ἔνθεν µιν — Nam quod olim fere- 
batur, Epigr. V. 6. ποσσὲν, iy ὥσπερ καὶ — nunc emenda- 


j tum est partim ex coniectura , partim ex codice: ποσσέ vw, 
ὥσε᾽ ὄργῳ — Et in Epigr. IV. 2. τὸ σκότος" ὑμέων γὰρ — 
i gravius ad sententiam et mihi et Jacobsio, ut puto, τὸ σκό. 
i σος. ὑμείων, sine γάρ, videtur. Sed ista tamen per metrum 


! ferri poterant, vel possent ferri, omnia, quia insuavem cae: